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Otto Benkert, Hanns Hippius Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie 8., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage
Otto Benkert · Hanns Hippius
Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie 8., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage
Unter Mitarbeit von C. Fehr · G. Gründer · P. Heiser · C. Hiemke · H. Himmerich · C. Lange-Asschenfeldt · M.J. Müller · M. Paulzen · F. Regen · A. Steiger
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Professor Dr. med Otto Benkert, Mainz Professor Dr. med. Hanns Hippius, München Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Fehr, Frankfurt/Main Professor Dr. med. Gerhard Gründer, Aachen Professor Dr. med. Philip Heiser, Frankfurt (Oder) Professor Dr. rer. nat. Christoph Hiemke, Mainz Professor Dr. med. Hubertus Himmerich, Leipzig Priv.-Doz. Dr. med. Christian Lange-Asschenfeldt, Düsseldorf Priv.-Doz. Dr. med. Dipl.Psych. Matthias J. Müller, Marburg/Gießen Dr. med. Dipl.-Kfm. Michael Paulzen, Aachen Dr. med. Francesca Regen, Berlin Professor Dr. med. Axel Steiger, München Anregungen bitte unter: www.ottobenkert.de ISBN-13 978-3-642-13043-4
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Springer-Verlag GmbH ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2011 Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Planung: Renate Scheddin, Heidelberg Projektmanagement: Renate Schulz, Heidelberg Lektorat: Karin Dembowsky, München Umschlaggestaltung: deblik Berlin Coverbild: Dieter Krieg, Strenge Bettruhe, 2004, Kohle/Silikon/Acryl/Papier/Leinwand, 140 x 100 cm, Ausschnitt Satz: medionet Publishing Services Ltd., Berlin SPIN: 12787760 Gedruckt auf säurefreiem Papier
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Vorwort
Das Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie liegt jetzt in der 8. Auflage vor. Es ist in der Nachfolge der seit 1974 in 6 Auflagen erschienenen Psychiatrischen Pharmakotherapie geschrieben worden. Das Kompendium fasst die Kenntnis der klinischen Praxis und der psychopharmakologischen Wissenschaft in einem kompakten, zuverlässigen und aktuellen Leitfaden zusammen. Die Aktualität wird durch die regelmäßig im Zwei-Jahres-Rhythmus erscheinende Neuauflage gesichert sowie durch ein parallel dazu publiziertes frei zugängliches Psychopharmakablog (www.kompendium-news.de). Dem Leser wird weiterhin seit 2009 die Gelegenheit gegeben, sich in den Jahren, die zwischen den Neuauflagen des Kompendiums liegen, über den neuesten Stand zu den einzelnen Präparaten im Pocket Guide: Psychopharmaka von A bis Z mit eigenen Schwerpunkten für die Praxis zu informieren. Es ist unser Ziel, das gesicherte Wissen ausgewogen in das Kompendium einzubringen. Neue Ergebnisse werden gesichtet, kritisch hinterfragt und sorgfältig aufgearbeitet. Daraus ergibt sich oft eine Wertung möglicher Therapiestrategien; sie wird auch in dieser Auflage sehr gezielt eingesetzt. Mit unserem Bewertungsvorgehen stehen wir zwar zum Prinzip der evidenzbasierten Medizin, lassen uns aber nicht in ein steifes, längst nicht abgesichertes Kriteriengerüst zwängen. Efficacy-Studien haben für uns einen hohen Stellenwert, die klinische Erfahrung geht aber immer mit in die endgültige Empfehlung ein. Die Off-label-Anwendung von Psychopharmaka nimmt einen breiten Raum ein. Wir bemühen uns, auf wissenschaftliche und klinisch bedeutsame Erkenntnisse bei der Indikation von Psychopharmaka, auch ohne Zulassung, frühzeitig aufmerksam zu machen. Durch eine Kennzeichnung des Zulassungsstatus im Präparateteil kann der Leser die Indikationen und Dosierungen genau zuordnen. Auf eine noch fehlende Zulassung bei wichtigen Indikationen und auf neue Indikationen, die durch erste Studienergebnisse angedeutet oder schon begründet sind, wird hingewiesen. Auch die Nutzenbewertung einiger Psychopharmaka durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) wird diskutiert. In dieser 8. Auflage steht die Neuordnung der Wechselwirkungen (Interaktionen) ganz im Vordergrund. Die für den klinischen Alltag wichtigsten pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Wechselwirkungen finden sich jetzt gesammelt im Abschnitt »Interaktionen« unter jedem Präparat. In diesen gehen auch die bisherigen Informationen aus den Tabellen im jeweiligen allgemeinen Teil eines jeden Kapitels mit ein, weshalb sie
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Vorwort
dort entfallen. Zusätzlich kann der Leser das pharmakokinetische Wechselwirkungsrisiko mittels neuer Tabellen im 7 Anhang INT des Buches (und in 7 Kap. 17) für jedes Präparat überprüfen und den zugrundeliegenden enzymatischen Prozess genau nachvollziehen. Eine Anleitung findet sich in der Legende der Anhangstabellen. Ein eigener Abschnitt »Interaktion« für jedes Präparat findet sich im Kompendium erst seit der Auflage aus dem Jahre 2000 und ein eigenes Kapitel zu den Wechselwirkungen wurde zuerst in der Auflage 1995 geschrieben. Unser Wissen zu diesem Thema – gerade für die Anwendung im klinischen Alltag – hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Unser Ziel ist es, dem Leser einen Rahmen vorzugeben, der ihm kenntlich macht, wo die Risiken bei einer Kombinationstherapie beginnen. Erfreulicherweise gibt es in vielen Fällen risikoärmere Kombinationen, die durch unser neues Informationssystem leicht erkennbar sind. Jedem Arzt bleibt natürlich vorbehalten, den von uns empfohlenen Rahmen zu akzeptieren oder die Grenzen für sich weiter zu stecken. Für die Treue zu nunmehr 36 Jahren Psychiatrischer Pharmakotherapie bedanken wir uns bei unseren Lesern sehr. Wir hoffen, dass wir mit den Aktualisierungen, den formalen Neuerungen und den regelmäßigen KompendiumNews weiterhin den Standard bei der Verordnung von Psychopharmaka vorgeben können. Eine Gelegenheit zur weiteren Vertiefung des Wissens in unserem Fachgebiet wird dem Leser durch eine in Arbeit befindliche Neuauflage des Handbuchs der Psychopharmakotherapie (Hrsg.: G. Gründer und O. Benkert) gegeben sein. Auf dem Cover dieser Auflage findet sich ein Ausschnitt aus dem Bild »Strenge Bettruhe« von Dieter Krieg. In das Kompendium ist das Wissen, die Erfahrung und die sorgfältige Bewertung neuer wissenschaftlicher Befunde aller Koautoren eingegangen; ohne ihre Arbeit hätte auch diese Neuauflage nicht entstehen können. Es gilt nicht nur ihnen mein großer Dank, sondern auch I. Anghelescu, E. Davids, O. Möller, A. Szegedi, I. Vernaleken und H. Wetzel für ihre frühere Mitarbeit. Mainz, im Herbst 2010
Otto Benkert
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Leseanweisung 5 Die Kapiteleinteilung richtet sich primär nach den Psychopharmaka der großen Substanzgruppen (7 Kap. 1–11). Am Ende des Buches folgen allgemein wichtige Kapitel der psychiatrischen Pharmakotherapie (7 Kap. 12–18). 5 Die 7 Kap. 1–6 (Antidepressiva, Medikamente zur Behandlung bipolarer Störungen, Antipsychotika, Anxiolytika, Hypnotika, Antidementiva) sind einheitlich gegliedert: Nach Übersichtsdarstellungen im jeweils ersten, allgemeinen Teil werden im zweiten Teil die einzelnen Präparate beschrieben. 7 Kap. 7 (Medikamente zur Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen) ist im allgemeinen Teil nach den einzelnen Suchtmitteln geordnet. In den 7 Kap. 8–11 geben die Diagnosen die Ordnungsstruktur vor. 5 Die Beschreibung der Präparate folgt immer der gleichen Systematik: − Die Auflistung der Handelspräparate unter Einschluss der Generika erfolgt leicht auffindbar in den gelb unterlegten Textboxen: Ist die Zahl der Generika hoch, werden die Darreichungsformen nur für das zuerst zugelassene Präparat beschrieben; ist die Zahl der Generika sehr hoch, wird für die Darreichungsformen auf die Rote Liste verwiesen. Bei wichtigen Generika werden identische Darreichungsformen in einer Fußnote angegeben. − Die Handelsnamen mit ihren Dosierungen und Darreichungsformen sowie ihrem Zulassungsstatus sind der neuesten Roten Liste oder den aktuellen Fachinformationen entnommen. Es wurden alle bis zum Spätsommer 2010 neu eingeführten Präparate berücksichtigt. Die Handelsnamen in Österreich und der Schweiz, soweit sie eigene Bezeichnungen haben, sind in das Sachverzeichnis mit aufgenommen. Für die Angaben kann keine Gewähr übernommen werden. − Für die Hauptindikation ist der Zielbereich der Plasmakonzentration (mittlere Plasmakonzentrationen bei therapeutischen Dosierungen im Steady State) dann mit einem hochgestellten p gekennzeichnet, wenn therapeutisch wirksame Konzentrationen in Studien nachgewiesen wurden. Wenn der therapeutische Bereich weniger gut belegt ist, sind die zu erwartenden mittleren Plasmakonzentrationen mit einem hochgestellten (p) hervorgehoben. − Unter Indikationen ist der Zulassungsstatus mit einem hochgestellten z gekennzeichnet. Die Ausweisung bezieht sich immer auf das zuerst zugelassene Präparat. Der Zulassungsstatus für die Gene-
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Leseanweisung
rika und für nichtpsychiatrische Indikationen wird in der Regel nicht berücksichtigt. Bei Altzulassungen ist oft die Diagnose nicht hinreichend definiert (z. B. Neurose) oder kann nicht mit einer ICD-10-Diagnose in Einklang gebracht werden; auf diese Fälle soll durch die Kennzeichnung mit einem hochgestellten (z) aufmerksam gemacht werden. Zugelassene psychiatrische Indikationen sind kursiv gedruckt, andere Zulassungen für ein Psychopharmakon oder Randindikationen für die Psychiatrie erscheinen in Normaldruck. − Die Definition der Evidenzgrade ist in der wissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich. Gegenwärtiger Zulassungsstatus und Ergebnisse der wissenschaftlichen Literatur spiegeln sich unter »Indikationen« in folgenden Kennzeichnungen wider: – z: In der Regel Evidenzgrad Ia,b – mindestens zwei randomisierte, kontrollierte Studien aus unabhängigen Gruppen, d. h., die Wirksamkeit ist für die Indikation gesichert, das Präparat ist für die Indikation zugelassen. – (z): Es besteht zwar eine Zulassung für die Indikation, aber die Wirksamkeit ist nicht gesichert, oder es handelt sich um eine Altzulassung. – »Hinweise« entspricht in der Regel Evidenzgrad IIa – mindestens eine randomisierte Studie weist auf die Wirksamkeit hin, aber das Präparat ist nicht zugelassen. – »Erste Hinweise« entspricht in der Regel Evidenzgrad IIb – es existiert eine Serie von gut angelegten Studien, Fallkontrollstudien, experimentellen Einzelfallstudien, manchmal auch Evidenzgrad III (deskriptive Studien); alle Studien reichen aber für einen Wirksamkeitsnachweis bei der betreffenden Indikation noch nicht aus. 5 Die Angabe der maximal zugelassenen Dosis, bezogen auf das zuerst zugelassene Präparat, ist ebenfalls mit einem hochgestellten z gekennzeichnet. Die Angaben zu den Dosierungen beziehen sich, wenn nicht anders erwähnt, auf alle zugelassenen Indikationen. 5 Die Zulassungsdiagnosen, auch bei neuen Substanzen, sind für verschiedene Präparate oft nicht identisch und beziehen sich nicht unbedingt auf die ICD-10-Nomenklatur; es wird in der Regel die Zulassungsdiagnose übernommen (kursiv). Ansonsten werden in der Regel ICD-10-Diagnosen verwendet; falls Studien überwiegend an Patienten mit DSM-Diagnosen durchgeführt wurden, werden auch diese benutzt. 5 Der Abschnitt »Nebenwirkungen« wurde in dieser Auflage erweitert: die Angaben zu Nebenwirkungen sind den Fachinformationen, auch mit Angabe der üblichen Häufigkeitsangaben – sehr häufig (> 1/10), häufig (> 1/100 bis < 1/10), gelegentlich (> 1/1000 bis < 1/100), selten (> 1/10000 bis < 1/1000), sehr selten (< 1/10000) – entnommen. Die Nebenwirkungen der Gruppen »sehr häufig« bis »gelegentlich« ent-
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sprechen in der Regel (bis auf Zusammenfassungen, Vermeidung von Wiederholungen, Gewichtungen) den Originalangaben der Hersteller. Für die seltenen Nebenwirkungen ist unter der Rubrik »Sonstige Nebenwirkungen« eine subjektive Auswahl getroffen. Wichtige Einzelfallbeschreibungen aus der neuesten Literatur werden zusätzlich erwähnt. Zeichnet sich ein Präparat durch (weitgehend) fehlende Nebenwirkungen aus, wird dieser Vorteil im Abschnitt »Indikationen und Behandlungshinweise« oder in der Bewertung erwähnt. Die wichtigen Kontraindikationen werden aufgezählt; darüber hinaus erfolgen jeweils Verweise auf ergänzenden Ausführungen. Kontraindikationen, die sich auf pharmakodynamische oder pharmakokinetische Wechselwirkungen beziehen, finden sich ab dieser Auflage jeweils im Abschnitt »Interaktionen«. Vollständige Angaben sind darüber hinaus den Fachinformationen zu entnehmen. Im Präparateteil werden die klinisch relevanten Interaktionen erwähnt. Neu sind die Interaktionstabellen im Anhang (7 Anhang INT, Legende). Die Präparate werden bewertet. Wenn sie zwar zugelassen, aber unseres Erachtens entbehrlich oder mit zu großen Risiken behaftet sind, werden nur unerlässliche Informationen gegeben. Zu aktuellen Themen gibt es an mehreren Stellen den Hinweis auf die ausführliche Darstellung mit Literaturangaben in den KompendiumNews (www.kompendium-news.de). Die Empfehlungen des Kompendiums gelten für das Erwachsenenalter.
Leseanweisung für das Kompendium Farbleitsystem für die einzelnen Kapitel 322
Warnhinweise
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Achtung !
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Kapitel 4 · Anxiolytika
> CAVE
Bei schneller i.v.-Verabreichung von Benzodiazepinen kann es zu vorübergehender Atemdepression, zu Blutdruckabfall und u. U. sogar zum Herzstillstand kommen. ! Abhängigkeitsentwicklungen ist durch strenge Indikationsstellung, Wahl
Wichtige Übersichten
3 Wirkstoff in ausführlicher Beschreibung im Präparateteil Handelsnamen mit Darreichungsformen inkl. Generika
der niedrigsten notwendigen Dosis und einer Verordnung möglichst nicht über 4–6 Wochen hinaus vorzubeugen.
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Leichte Absetzsymptome
Schwere Absetzsymptome
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5 Vermehrte Angst 5 Schlaflosigkeit 5 …
5 Verwirrtheitszustände 5 Depersonalisation/Derealisation 5 …
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Buspiron
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Anxut (Eisai) Tbl. 5/ 10 mg
Azapiron
p
Zielbereich der Plasmakonzentration für die Hauptindikation
9 z Zulassungsstatus beim BfArM, immer bezogen auf das zuerst zugelassene Präparat
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Mindestens eine randomisierte Studie weist auf Wirksamkeit hin; das Präparat ist nicht zugelassen; Evidenzgrad IIa
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Es existiert eine Serie von gut angelegten Studien, Fallkontrollstudien, experimentellen Einzelfallstudien; diese reichen aber für einen Wirksamkeitsnachweis bei der betreffenden Indikation noch nicht aus; Evidenzgrad IIb, z. T. auch III Weiteres Interaktionsrisiko in Anhang INT überprüfen
Busp (Hexal) Tbl. 5/ 10 mg
Pharmakokinetik 5 Plasmakonzentration: 100–300 ng/mlp. 5 Plasmakonzentration: im Mittel 3 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. 5 Alkoholentzugssyndrom(z): 7 7.2.1. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → GAS leichter bis mittlerer Ausprägung (7 1.4.1). 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → PTBS und zerebellärer Ataxie. Dosierung 5 Empfohlene Höchstdosis ambulant 20 mg in abendlicher Einzelgabez. Stationär können höhere Dosen gegeben werden (bis zu 150 mg(z)) 5 CYP3A4-Inhibitoren, z. B. Erythromycin, können den Buspiron-Plasmaspiegel erhöhen (7 Anhang INT).
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(z)
Zwar Zulassung für die Indikation, aber Wirksamkeit nicht gesichert, oder Altzulassung
(p) Zu erwartende mittlere Plasmakonzentrationen bei weniger gut belegtem therapeutischem Bereich
z Angabe der max. zugelassenen Dosis, bezogen auf zuerst zugelassenes Präparat; Dosierungsangaben beziehen sich, wenn nicht anders erwähnt, auf alle zugelassenen Indikationen
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Inhaltsverzeichnis
1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.3 1.4 1.4.1
1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.6 1.4.7 1.4.8 1.4.9 1.4.10 1.4.11 1.4.12 1.4.13 1.4.14 1.4.15 1.4.16 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.3 1.6.4 1.6.5
Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Antidepressiva nach ihrer chemischen Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Antidepressiva nach primärem Angriffspunkt im ZNS . . . . . . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Depressive Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede im Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil von Antidepressiva bei der depressiven Episode . . . . . Andere Medikamente und Verfahren zur Depressionsbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . Panikstörung mit/ohne Agoraphobie . . . . . . . . . . . Generalisierte Angststörung . . . . . . . . . . . . . . . . Angst und depressive Störung, gemischt . . . . . . . . . Phobische Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Posttraumatische Belastungsstörung . . . . . . . . . . . Somatoforme Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzsyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronic-Fatigue-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . Depressive Störungen bei Abhängigkeitserkrankungen . Essstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlafstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimakterische Beschwerden . . . . . . . . . . . . . . . Persönlichkeitsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva und Psychotherapie bei der Depression . Gesamtbehandlungsplan der Depression . . . . . . . . . Psychotherapeutische Verfahren bei Depressionen . . . Antidepressiva und Psychotherapie im Vergleich . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kardiale Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Vegetative Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . Sedierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hämatopoetisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurologische Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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22 27 29 30 30 31 33 35 35 38 38 39 39 39 40 40 40 41 42 45 45 47 47 48 49
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1.6.6 1.6.7 1.6.8 1.6.9 1.6.10 1.6.11 1.6.12 1.6.13 1.6.14 1.7 1.8 1.8.1 1.8.2 1.9 1.10 1.10.1 1.10.2 1.10.3 1.10.4 1.11 1.11.1 1.11.2 1.11.3 1.12 1.12.1 1.12.2 1.12.3 1.12.4 1.12.5 1.13 2 2.1 2.1.1 2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3
Inhaltsverzeichnis
Allergische Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewichtszunahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endokrine Begleitwirkungen und sexuelle Funktionsstörungen . . . . . . . . . . . . . Osteoporose und Frakturen, Gelenkbeschwerden . . . . Absetzsyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion . . . . . . . . Induktion einer (hypo)manischen Episode und eines häufigen Phasenwechsels . . . . . . . . . . . . Suizidalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentrales Serotoninsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharmakokinetische Interaktionen . . . . . . . . . . . . Pharmakodynamische Interaktionen . . . . . . . . . . . Routineuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dosierungsrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plasmakonzentrationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungseintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva im höheren Lebensalter . . . . . . . . . . Behandlungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akuttherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhaltungstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezidivprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapieresistenz und unzureichende Response bei der depressiven Episode . . . . . . . . . . . . . . . . Erste Maßnahmen bei unzureichendem Therapieerfolg Wechsel des Antidepressivums und Dosiserhöhung . . Kombinationsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Augmentationsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Strategien bei Therapieresistenz . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zugelassene Arzneimittel bei bipolaren affektiven Störungen Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manische Episode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bipolare affektive Störung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezidivprophylaxe bei schizoaffektiver Störung . . . . . . . .
133 133 134 136 138 139 139 144 154
Inhaltsverzeichnis
XIII
2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.10.1 2.11
Stimmungsstabilisierer und Psychotherapie . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Routineuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer im höheren Lebensalter Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 3.1 3.1.1
Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Antipsychotika nach der chemischen Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Antipsychotika nach der antipsychotischen Wirksamkeit (»neuroleptische Potenz«) . . . . . . . . . . . Einteilung der Antipsychotika nach ihren »atypischen« Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinische Wirkungsprofile der Antipsychotika . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schizophrene Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlung komorbider psychiatrischer Störungen bei Patienten mit Schizophrenie . . . . . . . . . . . . . . . . Schizotype Störungen, wahnhafte Störungen, akute vorübergehende psychotische Störungen, induzierte wahnhafte Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schizoaffektive Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Affektive Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angststörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demenzielle Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tief greifende Entwicklungsstörungen . . . . . . . . . . . . Alkohol- und drogeninduzierte Psychosen . . . . . . . . . . Persönlichkeitsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzsyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurologische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika und psychosoziale Interventionen bei Schizophrenien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unerwünschte neurologische und zentralnervöse Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metabolische Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kardiale Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3
3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.4.7 3.4.8 3.4.9 3.4.10 3.4.11 3.4.12 3.4.13 3.5 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3
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155 156 156 157 157 160 161 162
. 181 . 181 . 181 . 182 . . . . . .
182 186 189 192 193 194
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208 209 211 212 212 213 214 215 216 216 216
. 217 . 221 . 223 . 227 . 232
XIV
Inhaltsverzeichnis
3.6.4 3.6.5 3.6.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.10.1 3.10.2 3.10.3 3.10.4 3.11 3.11.1 3.11.2 3.11.3 3.11.4 3.12 3.12.1 3.12.2 3.12.3 3.12.4 3.13
Vegetative Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . Veränderungen des hämatopoetischen Systems . . . . . Sonstige Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Routineuntersuchungen und -hinweise . . . . . . . . . . Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharmakokinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika-Plasmakonzentrationen . . . . . . . . . Depotmedikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika im höheren Lebensalter . . . . . . . . . Behandlungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungseintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Medikationsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikation für eine Langzeitmedikation . . . . . . . . . Dosisreduktion und Absetzversuch . . . . . . . . . . . . Non-Response, Therapieresistenz und Therapieversagen Behandlungsoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Wechsel und Umstellen des Antipsychotikums . . . . . Kombination von Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . Augmentationsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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234 235 236 237 238 239 243 244 245 246 247 248 248 249 250 251 252 253 254 257 260 262
4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6 4.4.7 4.4.8 4.4.9 4.4.10 4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.7
Anxiolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Depressive Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Panikstörung mit/ohne Agoraphobie . . . . . . . . . . Generalisierte Angststörung . . . . . . . . . . . . . . . Phobische Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Posttraumatische Belastungsstörung . . . . . . . . . . Somatoforme Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Manische Episode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schizophrene Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Extrapyramidalmotorische Störungen . . . . . . . . . Anxiolytika und Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abhängigkeitsrisiko bei Benzodiazepinen . . . . . . . Absetzproblematik bei Benzodiazepinen . . . . . . . . Benzodiazepinentzugsbehandlung . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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327 327 327 330 332 332 333 333 334 334 334 335 335 335 335 336 336 338 339 340 341
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV
Inhaltsverzeichnis
4.8 4.8.1 4.8.2 4.9 4.10 4.10.1 4.11
Pharmakokinetik und Interaktionen . Pharmakokinetik der Benzodiazepine Interaktionen der Benzodiazepine . . . Routinehinweise . . . . . . . . . . . . . Dosierung und Behandlungsdauer . . Anxiolytika im höheren Lebensalter . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 5.1 5.2 5.2.1
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
370 372 372 376 376
5.4.3 5.4.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.8.1 5.8.2 5.8.3 5.8.4 5.9 5.10 5.10.1 5.11
Hypnotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veränderungen von Schlaf-EEG-Parametern unter Hypnotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . Spezielle Therapiehinweise . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primäre Schlafstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlafstörungen bei psychiatrischen Erkrankungen und Stressoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlafstörungen bei körperlichen Erkrankungen . . . Schlafstörungen und Substanzeffekte . . . . . . . . . . Hypnotika und Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharmakokinetik und Interaktionen . . . . . . . . . . Pharmakokinetik der Benzodiazepinhypnotika . . . . Pharmakokinetik der Non-Benzodiazepinhypnotika . Pharmakokinetik der übrigen Hypnotika . . . . . . . Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Routinehinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dosierung und Behandlungsdauer . . . . . . . . . . . Hypnotika im höheren Lebensalter . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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377 378 379 379 381 382 382 382 384 384 384 384 385 385 386
6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.4.4 6.4.5
Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alzheimer-Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vaskuläre Demenz und gemischte Demenz . . . . . . Frontotemporale Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . Lewy-Körperchen-Demenz . . . . . . . . . . . . . . . Demenz bei M. Parkinson . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . .
407 407 408 410 413 415 418 420 421 423
5.3 5.3.1 5.4 5.4.1 5.4.2
. . . . . . .
. . . . . . .
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. . . . . . .
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341 341 343 343 343 344 345
. . . . 367 . . . . 367 . . . . 368
XVI
6.4.6 6.4.7 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 7
Inhaltsverzeichnis
Leichte kognitive Störung . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie der demenzassoziierten Verhaltensstörungen Nichtmedikamentöse Maßnahmen in der Behandlung demenzieller Syndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen und Kontraindikationen . . . . . . . Interaktionen und Dosierung . . . . . . . . . . . . . . Behandlungsdauer und Therapieresistenz . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 424 . . . . 425 . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
428 429 430 430 432
7.2.7 7.2.8 7.3
Medikamente zur Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapieelemente bei schädlichem Gebrauch und Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharmakologische Interventionen bei Abhängigkeitserkrankungen . . . . . . . . . . . . . Suchtmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alkohol (Ethanol) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzodiazepine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Opiate/Opioide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kokain, Amphetamine und andere Substanzen aus der Gruppe der Psychostimulanzien . . . . . . . . Ecstasy und Eve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychotomimetika (LSD, Meskalin, Psilocybin und ähnliche Substanzen) . . . . . . . . . . . . . . . . Cannabis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nikotin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
466 467 467 470
8 8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.2.5 8.2.6 8.3
Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermindertes sexuelles Verlangen . . . . . . . . . . . . . . . . Erektionsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Störungen der sexuellen Erregung bei der Frau . . . . . . . . Ejaculatio praecox und andere Ejakulationsstörungen . . . . Gesteigertes sexuelles Verlangen und Paraphilien . . . . . . . Substanzinduzierte sexuelle Funktionsstörungen . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
505 505 506 506 507 509 510 511 512 517
9 9.1 9.2 9.2.1
Medikamente zur Behandlung von Essstörungen Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anorexia nervosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
527 527 528 528
7.1 7.1.1 7.1.2 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 7.2.5 7.2.6
. . . .
. . . . 445 . . . . 445 . . . . 446 . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
447 449 449 458 458
. . . . 463 . . . . 465 . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
Inhaltsverzeichnis
9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5 9.3 10 10.1 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.3 11 11.1 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.2.4 11.3 12
Bulimia nervosa . . . . . . . . . . . . Binge-Eating-Störung . . . . . . . . . Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . Gewichtszunahme als Nebenwirkung unter Psychopharmaka . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . .
XVII
. . . . . . . . . . . . . . 530 . . . . . . . . . . . . . . 531 . . . . . . . . . . . . . . 532 . . . . . . . . . . . . . . 534 . . . . . . . . . . . . . . 536
Psychostimulanzien und weitere Medikamente zur Behandlung von ADHS und Hypersomnien . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen . . Narkolepsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primäre Hypersomnie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlafapnoe-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
539 539 541 541 545 546 547 548
Medikamente zur Behandlung von Bewegungsstörungen in der Psychiatrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 Restless-legs-Syndrom und periodic limb movement disorder 561 Tic-Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 Parasomnien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 Psychogene Bewegungsstörungen und Anfälle . . . . . . . . 566 Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
12.3.2 12.3.3
Medikamente zur Behandlung von Persönlichkeitsund Verhaltensstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlichkeitsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Borderline-Persönlichkeitsstörung . . . . . . . . . . . . Verhaltensstörungen bei Intelligenzminderung . . . . . Spezifische Impulskontrollstörungen . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
573 573 574 576 576 577 582 583
13 13.1 13.2 13.3 13.4 13.4.1 13.4.2
Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen Übersicht und allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . Psychomotorische Erregungszustände . . . . . . . . . . . Delirante Syndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Störungen des Bewusstseins . . . . . . . . . . . . . . . . . Quantitative Bewusstseinsstörungen . . . . . . . . . . . . Qualitative Bewusstseinsstörungen . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
585 585 591 594 596 596 597
12.1 12.2 12.3 12.3.1
XVIII
13.5 13.6 13.6.1 13.6.2 13.7 13.8
Inhaltsverzeichnis
Stuporöse Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Suizidalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umgang mit suizidalen Patienten . . . . . . . . . . . . . Suizidprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akute Belastungsreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka als Ursache psychiatrischer Akutsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzneimittelinduzierte psychiatrische Akutsituationen durch andere Pharmaka (»Nichtpsychopharmaka«) . .
. . . 608
14.1 14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.2.5 14.2.6 14.2.7 14.3 14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4 14.3.5 14.3.6 14.3.7 14.4 14.4.1 14.4.2 14.4.3 14.4.4 14.4.5 14.4.6 14.4.7 14.5
Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka im Alter . . . . . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen . Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anxiolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Pharmaka/Psychopharmaka . . . . . . . . . . Psychopharmaka bei Lebererkrankungen . . . . . . . Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anxiolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Pharmaka/Psychopharmaka . . . . . . . . . . Psychopharmaka bei Nierenerkrankungen . . . . . . . Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anxiolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Pharmaka/Psychopharmaka . . . . . . . . . . Psychopharmaka bei Diabetes mellitus . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 15.1 15.2
Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit . . . . 639 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640
13.8.1 13.8.2 13.8.3
14
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
598 600 601 603 603
. . . 605 . . . 605 . . . 605
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
611 611 614 614 615 617 618 619 620 620 621 621 622 624 625 626 627 627 629 629 630 632 632 633 634 634 636
Inhaltsverzeichnis
XIX
15.2.1 15.2.2 15.2.3 15.2.4 15.3 15.4 15.5 15.6 15.6.1 15.6.2 15.7 15.8 15.9
Trizyklische Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer . . . . Monoaminoxidasehemmer . . . . . . . . . . . . . . . Andere Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . Lithium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antikonvulsiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anxiolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzodiazepine und Non-Benzodiazepinhypnotika Andere Anxiolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sucht- und Substitutionsmittel . . . . . . . . . . . . . Andere Psychopharmaka . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrokrampfbehandlung und Schwangerschaft . .
16
Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit . . . . . . . . . . . . 655
17 17.1.1 17.1.2 17.1.3 17.1.4 17.1.5
Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen Pharmakokinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzneimittelwechselwirkungen . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka bei Rauchern . . . . . . . . . . . . Substrate von CYP-Enzymen . . . . . . . . . . . . .
18 18.1 18.2
Intoxikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptomatik und Therapie spezieller Intoxikationen mit Psychopharmaka und Drogen . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anxiolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychostimulanzien/Medikamente zur Behandlung von ADHS und Hypersomnien . . . . . . . . . . . . . . . Medikamente zur Behandlung von Bewegungsstörungen in der Psychiatrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drogenintoxikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.2.1 18.2.2 18.2.3 18.2.4 18.2.5 18.2.6 18.2.7 18.2.8
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
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. . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
640 640 643 643 644 646 647 649 649 650 650 653 653
659 659 661 663 665 667
. . 669 . . 669 . . . . . .
. . . . . .
670 670 673 675 677 678
. . 679 . . 680 . . 681
Anhang INT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691
XXI
Abkürzungsverzeichnis
A AADC AAP ACE ACh AchE-I ACTH AD ADAS-cog ADH ADHS ADME AE AESB Amp. AMPA AN ApoE APA APP APS ARDS ASP
aromatische Aminosäuredecarboxylase atypisches Antipsychotikum Angiotensin-converting-Enzym Acetylcholin Acetylcholinesterasehemmer Adrenokortikotropin Alzheimer-Demenz Cognitive Section of the Alzheimer’s Disease Assessment Scale antidiuretisches Hormon Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen Absorption-Distribution-Metabolismus-Exkretion Alkoholembryopathie Alkoholentzugssymptombogen Ampulle α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazol-Propionsäure Anorexia nervosa Apolipoprotein E Amercan Psychiatric Association Amyloid-Präkursor-Protein attenuierte psychotische Symptome adult respiratory distress syndrome alkoholismusspezifische Psychotherapie
B BB BES BfArM BLIPS BMI BN BPS BPSD BtMVV BZD
Blutbild Binge-Eating-Störung Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte brief limited intermittent psychotic symptoms Body-Mass-Index Bulimia nervosa Borderline-Persönlichkeitsstörung behavioral and psychological symptoms in dementia Betäubungsmittelverschreibungsverordnung Benzodiazepin
C CADASIL CBASP CCK CDLB
cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leucoencephalopathy cognitive behavioral analysis system of psychotherapy Cholezystokinin Consortium on Dementia with Lewy-Bodies
XXII
CERAD cGMP CK COMT COPD CPAP CPZ CRH CRP CYP
Abkürzungsverzeichnis
Consortium for the Establishment and Registry of Alzheimer’s Disease zyklisches Guanosinmonophosphat Kreatinphosphokinase Katecholamin-O-Methyltransferase chronische obstruktive Lungenerkrankungen continuous positive airway pressure Chlorpromazin Kortikotropin-Releasing-Hormon C-reaktives Protein Cytochrom P450
D D1 DA DAR DAT DBT DD DHEA DLK Drg. DSM-IV
Dopaminrezeptor Typ 1 Dopamin Disulfiram-Alkohol-Reaktion Dopamintransporter dialektisch-behaviorale Therapie Differenzialdiagnose Dehydroepiandrosteron Lewy-Körperchen-Demenz Dragée(s) Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen (IV. Revision)
E EEG EKB EMDR EKG EM EMG EPS ERP
Elektroenzephalogramm Elektrokrampfbehandlung eye movement desensitization and processing Elektrokardiogramm extensive metabolizer Elektromyogramm extrapyramidalmotorische Störungen exposure with response prevention
F FAS FDA FMS FTD
fetales Alkoholsyndrom Food and Drug Administration Fibromyalgiesyndrom frontotemporale Demenz
G GABA GAS GFR GH GHRH GSK
γ-Aminobuttersäure generalisierte Angststörung glomeruläre Filtrationsrate Wachstumshormon (growth hormone) Growth-hormone-Releasing-Hormon Glykogensynthase-Kinase
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
H H1 HEE HPA-System HSDD 5-HT HWZ
Histaminrezeptor Typ 1 high expressed emotions Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-System hypoactive sexual desire disorder Serotonin (5-Hydroxy-Tryptamin) Halbwertszeit
I ICD-10 IQWiG IPT IVIG
Internationale Klassifikation Psychischer Störungen (10. Revision) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen interpersonelle Psychotherapie intravenöse Immunglobuline
K KAP KHK Kps. KVT
konventionelle Antipsychotika koronare Herzerkrankung Kapseln kognitive Verhaltenstherapie
L LOLA LSD Lsg.
L-Ornithin-L-Aspartat Lysergsäurediethylamid Lösung
M mACh MBT MAOH MCH MCI MDA MDMA MMST MRT
muskarinischer Acetylcholinrezeptor mentalization-based therapy Monoaminoxidasehemmer melanozytenkonzentrierendes Hormon leichte kognitive Störung (mild cognitive impairment) 3,4-Methylendioxyamphetamin („Eve“) 3,4-Methylendioxymetamphetamin („Ecstasy“) Mini-Mental-Status-Test Magnetresonanztomographie
N Noradrenalin nichtarteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie noradrenerg/spezifisch serotonerges Antidepressivum mit α2-adrenozeptorantagonistischer Wirkung NDRI Noradrenalin- und Dopaminwiederaufnahmehemmer NICE National Institute for Health and Clinical Excellence NINCDS-ADRDA National Institute of Neurological and Communicative Disorders and Stroke ‒ Alzheimer’s Desease and Related Disorders Associated NA NAION NaSSA
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
NINDS-AIREN
NK NMDA NNT NO NPY NSAID NYHA
National Institute of Neurological Disorders and Stroke/Association Internationale pour la Recherche et l’Enseignement en Neurosciences Neurokinin N-Methyl-D-Aspartat number needed to treat Stickstoffmonoxid Neuropeptid Y nichtsteroidale Antiphlogistika New York Heart Association
O OR OROS OSAS
Odds Ratio osmotic controlled release delivery system obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
P PAH PANSS PCK PCP PDD PDE-5 PET PIP2 PLMD PM PMDS PPHN PPHN PRL PSD PTBS
pulmonale arterielle Hypertonie Positive and Negative Symptoms Scale Proteinkinase C Phencyclidin Demenz bei M. Parkinson Phosphodiesterase Typ 5 Positronenemissionstomographie Phosphatdylinositoldiphosphat periodic limb movements disorder poor metabolizer prämenstruell-dysphorisches Syndrom primäre pulmonale Hypertonie bei Neugeborenen primäre pulmonale Hypertonie bei Neugeborenen Prolaktin Post-stroke-Depression posttraumatische Belastungsstörung
R RCT REM ROT rTMS RLS
randomisierte klinische Studie rapid eye movement Realitätsorientierungstherapie repetitive transkranielle Magnetstimulation Restless-legs-Syndrom
S SAD SET SFT SIADH SKAT SODAS
saisonal anhängige affektive Störung Selbst-Erhaltungs-Therapie schema-focussed therapy Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion Schwellkörperautoinjektionstherapie spheroidal oral drug absorption system
Abkürzungsverzeichnis
SPECT SNRI SRI SSNRI SSRI SSW Susp.
XXV
Single-Photon Emission Computed Tomography selektiver Noradrenalinwiederaufnahmehemmer Serotoninwiederaufnahmehemmer selektiver Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer Schwangerschaftswoche Suspension
T t1/2 Tbl. TDM TEAS TEI TFP THC Tmax Trpf. TSF TTS TZA TSH
β-Eliminationshalbwertszeit (bzw. Freisetzungshalbwertszeit bei Depotpräparaten) Tablette therapeutisches Drug-Monitoring treatment-emergent switch Training emotionaler Intelligenz transference-focussed psychotherapy Tetrahydrocannabinol Zeit bis zum maximalen Plasmaspiegel Tropfen Training sozialer Fertigkeiten transdermales therapeutisches System trizyklisches Antidepressivum Thyreotropin
U UAW UM
unerwünschte Arzneimittelwirkung(en) ultrarapid metabolizer
V VD VLPO VNS VT
vaskuläre Demenz ventrolaterales präoptisches Areal Vagusnervstimulation Verhaltenstherapie
W WFSBP
World Federation of Societies of Biological Psychiatry
Z ZNS
Zentralnervensystem
1
1
Antidepressiva
1.1
Übersicht
Antidepressiva sind eine heterogene Gruppe von Pharmaka, die bei depressiven Syndromen unterschiedlicher nosologischer Zuordnung und Charakteristik einen stimmungsaufhellenden und/oder antriebsverbessernden Therapieeffekt haben. Zusätzlich sind sie bei einer Reihe weiterer Störungsbilder wirksam, sodass der Begriff »Antidepressiva« nur einen Teilaspekt ihrer therapeutischen Potenz darstellt. Die Einteilung antidepressiv wirksamer Arzneimittel basiert in der Regel auf chemischen Struktureigenschaften und/oder auf pharmakologischen Wirkprofilen und berücksichtigt damit nur einige der verschiedenen Eigenschaften einzelner Substanzen. Somit geben die nachfolgend aufgeführten Einteilungen (7 1.1.1 und 7 1.1.2; . Tab. 1.1) nur ein grobes Raster vor. Die frühere Klassifikation bezog sich auf die chemische Struktur (7 1.1.1). Heute werden die Antidepressiva nach dem primären Angriffspunkt im ZNS kategorisiert (7 1.1.2; . Tab. 1.1). Dieses Einteilungsprinzip ist zu bevorzugen, da es pharmakologisch aussagekräftiger ist. Dabei gestaltet sich die Klassifikation antidepressiv wirksamer Substanzen zunehmend komplexer: zum einen werden Antidepressiva mit neuen Wirkmechanismen eingeführt (z. B. Agomelatin), zum anderen wird der Vereinigung multipler Wirkansätze zunehmend eine entscheidende Bedeutung zugeschrieben (z. B. Mirtazapin, Duloxetin, Trimipramin). Unterstützung erhält die Annahme einer besonderen Bedeutung multipler Wirkansätze durch positive Befunde zu Kombinationstherapien von Antidepressiva sowie auch durch den Einsatz von atypischen Antipsychotika (AAP) mit ihrer primären Blockade der Dopamin-D2- und Serotonin(5-HT)2A-Rezeptoren in der Behandlung depressiver Störungen. Schließlich gewinnt die Vereinigung multipler Wirkansätze einzelner Substanzen dadurch an Bedeutung, dass dosisabhängig verschiedene Wirkmechanismen mit entsprechend unterschiedlichen Wirkungen im Vordergrund stehen können (z. B. bei Doxepin oder Quetiapin schlafanstoßend oder antidepressiv/antipsychotisch). 1.1.1
Einteilung der Antidepressiva nach ihrer chemischen Struktur
5 Trizyklische Antidepressiva (TZA): abgeleitet von Imipramin; in der chemischen Struktur charakteristische Anordnung von 3 Ringen (»Trizyklus«). Unterschiede der Substanzen am Zentralring und/oder an der Seitenkette sind zwar strukturchemisch häufig nur gering, doch resul-
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Kapitel 1 · Antidepressiva
tieren daraus oft erhebliche qualitative Änderungen des pharmakologischen und klinischen Wirkungsbildes. 5 Tetrazyklische Antidepressiva: Maprotilin, Mianserin, strukturchemisch auch Mirtazapin. 5 Chemisch neuartige Antidepressiva: Sie zeigen untereinander keine strukturchemische Ähnlichkeit mehr, z. B. Agomelatin, Bupropion, Duloxetin, Reboxetin, Venlafaxin oder selektive Serotonin(5-HT)-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). 1.1.2
Einteilung der Antidepressiva nach primärem Angriffspunkt im ZNS
Nichtselektive Monoaminwiederaufnahmehemmer 5 Amitriptylin, Amitriptylinoxid, Doxepin, Imipramin: TZA mit Noradrenalin(NA)- und 5-HT-Wiederaufnahmehemmung zusammen mit Neurorezeptorwirkungen. 5 Clomipramin: TZA, überwiegende 5-HT-Wiederaufnahmehemmung, Metabolit Norclomipramin bevorzugter NA-Wiederaufnahmehemmer zusammen mit Neurorezeptorwirkungen. 5 Nortriptylin: TZA mit überwiegender NA-Wiederaufnahmehemmung zusammen mit Neurorezeptorwirkungen. Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) 5 Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin. Escitalopram hat die höchste Selektivität. Überwiegende oder selektive NA-Wiederaufnahmehemmer 5 Reboxetin: selektiver NA-Wiederaufnahmehemmer. 5 Maprotilin: tetrazyklisches Antidepressivum mit überwiegender NAWiederaufnahmehemmung. 5 Mianserin: tetrazyklisches Antidepressivum, NA-Wiederaufnahmehemmer mit zusätzlich Histamin-H1-, 5-HT2- und α1- und α2-antagonistischen Effekten. Kombinierte 5-HT- und NA-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) 5 Venlafaxin: selektiver 5-HT- und (in hohen Dosen) NA-Wiederaufnahmehemmer. 5 Milnacipran und Duloxetin. Kombinierte selektive NA- und Dopamin(DA)-Wiederaufnahmehemmer (NDRI) 5 Bupropion. Noradrenerg/spezifisch serotonerges Antidepressivum mit α2adrenozeptorantagonistischer Wirkung (NaSSA) 5 Mirtazapin: Verstärkung der serotonergen und noradrenergen Neurotransmission bei weitgehend fehlender Monoaminwieder-
1.2 · Wirkmechanismen
3
1
aufnahmehemmung; durch antagonistische Eigenschaften an 5-HT2- und 5-HT3-Rezeptoren werden antidepressive Effekte wahrscheinlich über indirekte 5-HT1-Rezeptorstimulation vermittelt, α2-adrenozeptorantagonistische Wirkung. Monoaminoxidasehemmer (MAOH) 5 Moclobemid: reversibler selektiver Hemmer der MAO-A. 5 Tranylcypromin: irreversibler nichtselektiver MAOH (beeinflusst werden 5-HT und NA über die MAO-A, DA über die MAO-B). Andere Wirkprinzipien 5 Trimipramin: TZA, antagonistische Eigenschaften an Histamin-, Acetylcholin-, 5-HT2-, DA- und α1-adrenergen Rezeptoren; fehlende Monoaminwiederaufnahmehemmung. 5 Trazodon: schwache 5-HT-Wiederaufnahmehemmung; antagonistisch an 5-HT2- und α1-adrenergen Rezeptoren. 5 Agomelatin: Melatoninrezeptoragonist (MT1 und MT2) mit durch Antagonismus an 5-HT2C-Rezeptoren vermittelter Verstärkung der dopaminergen und noradrenergen Neurotransmission bei fehlender Monoaminwiederaufnahmehemmung. 5 Phytopharmaka: Wirkmechanismus von Hypericum-Extrakten beruht nach bisherigen Untersuchungen auf einer Wiederaufnahmehemmung von 5-HT, NA, DA, γ-Aminobuttersäure (GABA) und Glutamat (Hyperforin) und gleichzeitiger Steigerung der Sekretion von GABA, Aspartat und Glutamat, wobei der Hauptmechanismus in einer Modulation von Ionenkanälen besteht; entspricht damit keinem der bislang bekannten Präparate. 5 AAP: für Aripiprazol, Olanzapin und Quetiapin 7 3.13, Päparate. 1.2
Wirkmechanismen
Auch wenn sich auf dem Boden zahlreicher pathophysiologischer Erkenntnisse mehrere Erklärungsmodelle der Entstehung depressiver Störungen herausgebildet haben, sind die neurobiologischen Ursachen bislang nicht hinreichend geklärt. Theorien der Pathogenese depressiver Störungen umfassen eine Dysfunktion verschiedener zentralnervöser Neuromodulatoren (noradrenerges, serotonerges und dopaminerges System; glutamaterges System und proinflammatorische Zytokine; GABAerges System und neuroaktive Steroide; Tachykininsystem), eine Veränderung neuroendokriner Systeme (Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-System; Wachstumshormon(GH)-Sekretion; gonadale Steroide; HypothalamusHypophysen-Nebennierenrinden(HPA)-System) sowie einen Mangel an neurotrophen Faktoren (Neurotrophinhypothese der Depression). Die meisten heute gebräuchlichen Antidepressiva folgen dem aus der sog. Monoaminmangelhypothese der Depression abgeleiteten Wirkmecha-
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Kapitel 1 · Antidepressiva
nismus und bewirken durch Hemmung der Wiederaufnahme am jeweiligen Transportermolekül, durch Hemmung des abbauenden Enzyms (MAOH) oder indirekt (z. B. Mirtazapin) eine Verstärkung der serotonergen, noradrenergen und/oder dopaminergen Neurotransmission. Aufgrund u. a. auch der zusätzlichen Beeinflussung anderer Neurotransmittersysteme (z. B. acetylcholinerger oder histaminerger Systeme) ergeben sich trotz dieses gemeinsamen Wirkansatzes mit grundsätzlicher Ähnlichkeit der klinischen Wirkprofile substanzspezifische Eigenschaften. Der eigentliche Wirkmechanismus von Antidepressiva ist noch unbekannt; für die antidepressive Wirkung werden vielfältige Prozesse angenommen, die den durch eine Beeinflussung verschiedener Neurotransmittersysteme entstehenden Effekten auf Rezeptorebene nachgeschaltet sind. So führt die indirekte oder direkte Stimulation der Rezeptorsysteme auf der Ebene der intrazellulären Second-messenger-Systeme und der nachgeschalteten Genexpression zu einer Fülle von adaptiven Vorgängen, die sich mit der antidepressiven Wirkung unter Berücksichtigung verschiedener möglicher neurobiologischer Modelle depressiver Störungen in Zusammenhang bringen lassen. Dabei scheinen Antidepressiva wie auch Plazebo letztlich einen Heilungsprozess anzustoßen, der bei einer Gabe von Antidepressiva eine größere Anzahl an Patienten als bei einer Gabe von Plazebo betrifft. Derzeit werden auch im Hinblick auf die Entwicklung neuer antidepressiver Wirkansätze (s. unten) u. a. die Ursachen und Folgen einer gesteigerten Aktivität des HPA-Systems, die Rolle von Neuropeptiden sowie die Bedeutung von Neurotrophinen und der adulten Neuroneogenese in der Entstehung depressiver Episoden und ihre therapeutische Beeinflussung untersucht. Andere wichtige sekundäre Wirkprinzipien der Antidepressiva beziehen sich auf eine prä- und postsynaptische glutamaterge Beeinflussung, auf die Synthese des Proteins p11, welches die 5-HT1B-Rezeptordichte erhöht, und auf die Acetylierung von Histonen. Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung zur Depressionsentstehung und zu antidepressiven Wirkmechanismen liegt in genetischen Polymorphismen und epigenetischen Modifikationen. So finden sich beispielsweise genomweite Assoziationsstudien zur Identifizierung neuer genetischer Varianten, die einen Einfluss z. B. auf die Therapie-Response ausüben, Untersuchungen von Polymorphismen von Genen, deren Produkte monoaminerge Funktionen ausüben (Serotonintransportergen, Gen für die Katecholamin-O-Methyltransferase COMT, Gen für die MAO-A) sowie Untersuchungen der Bedeutung von Varianten im Gen für den purinergen P2X7-Rezeptor. Neue pharmakologische Ansätze 5 Kortikotropin-Releasing-Hormon(CRH)-Rezeptor-1-Antagonisten sind ein neuer Ansatz. Die Strategie leitet sich aus der Vielzahl von empirischen Befunden ab, die eine Hyperaktivität des HPA-Systems, das u. a. die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol reguliert, bei depressiven Störungen annimmt (Kortikosteroidrezeptorhypothese der Depres-
1.2 · Wirkmechanismen
5
5
5
5
5 5
5
1
sion). Auch der Einsatz von Kortisolsynthesehemmern (Metyrapon), von Glukokortikoidrezeptor(GR)-Antagonisten (Mifepristone) sowie die Untersuchung der Bedeutung des FK506-bindenden Proteins 51 (FKBP51) und die Entwicklung von FKBP51-Inhibitoren liegt theoretisch hierin begründet. Diese Ansätze sind klinisch nicht etabliert. Im Hinblick auf Befunde, die auf eine Bedeutung des Tachykininsystems bei Depressionen hindeuten, werden NK1(Substanz-P)- und NK2-Rezeptorantagonisten auf ihre antidepressive Wirkung hin untersucht. Die Ergebnisse sind bisher nicht eindeutig; im Gegensatz zu präklinischen Studien ergaben mehrere kontrollierte klinische Studien zur Wirkung des NK1-Rezeptorantagonisten Aprepitant ein negatives Ergebnis. Dehydroepiandrosteron (DHEA) ist ein neuroaktives Steroid mit antagonistischer Wirkung am GABAA-Rezeptor und antiglukokortikoidem Effekt. In mehreren Studien wird DHEA antidepressive Eigenschaft zugeschrieben. Es ist als »Anti-Aging-Substanz« – allerdings ohne nachgewiesene Wirksamkeit – beliebt. In einer kürzlich publizierten, kontrollierten Studie konnten bei gesunden älteren Menschen keine positiven Effekte einer DHEA-Gabe auf kognitive Funktionen oder auf das subjektive Wohlbefinden nachgewiesen werden. Auf dem Boden von Hinweisen auf eine Dysfunktion des glutamatergen Systems bei Depressionen (glutamaterge Hypothese der Depression) werden auch antidepressive Eigenschaften von Modulatoren der glutamatergen Neurotransmission diskutiert. So fanden sich in zwei kontrollierten Studien nach i.v.-Gabe des NMDA-Antagonisten Ketamin (0,5 mg/kg) bereits innerhalb von Stunden deutliche, wenngleich nur vorübergehende Besserungen depressiver Syndrome. Eine Studie zu Memantine erbrachte jedoch im Gegensatz dazu ein negatives Ergebnis. Auf eine positive Wirkung von D-Cycloserin in höheren Dosen, Riluzol oder Amantadin gibt es Hinweise. Es gibt auf der Basis eines gestörten Metabolismus der Homocysteinsäure sowie von Methionin als direktem Vorläufer von S-Adenosylmethionin (SAM) die Hypothese, dass Folsäure (800 μg), Vitamin B12, Vitamin B6 sowie SAM einen protektiven Effekt bezüglich der Entwicklung depressiver Symptome sowie eine antidepressive Wirkung haben sollen. Epidemiologische und klinische Studien weisen auf eine antidepressive Wirksamkeit von Omega-3-Fettsäuren (7 1.4.2, Fettsäuren) in der Monotherapie sowie als add-on zu Antidepressiva hin. Andere experimentelle Substanzen, die sich in präklinischer Entwicklung in antidepressiver Indikation befinden, sind Vasopressinantagonisten, Neuropeptid-Y-Antagonisten, MCH-1-Rezeptorantagonisten, Ampakine, Phosphodiesterase-4-Inhibitoren (z. B. Rolipram) und Glykogen-Synthase-Kinase-3(GSK-3)-Inhibitoren.
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Agomelatin
Amitriptylin
Amitriptylinoxid
Bupropion
Citalopram
Clomipramin
Doxepin
Duloxetin
Escitalopram
Fluoxetin
Fluvoxamin
Hypericum
Imipramin
Maprotilin
Milnacipran
Mirtazapin
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H1
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?
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DA-I
8
NA-I
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5-HT-I
. Tab. 1.1 Übersicht der pharmakologischen Angriffspunkte von Antidepressiva
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Antidepressivum
6 Kapitel 1 · Antidepressiva
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Moclobemid
Nortriptylin
Paroxetin
Reboxetin
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Tranylcypromin
Trimipramin
Venlafaxin
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α1
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α2
5-HT-I: 5-HT-Wiederaufnahmehemmung, NA-I: NA-Wiederaufnahmehemmung, DA-I: DA-Wiederaufnahmehemmung, MAOH: Monoaminoxidasehemmung, mACh: Antagonismus an muskarinischen Acetylcholinrezeptoren, H1: Antagonismus an Histaminrezeptoren (Typ 1), 5-HT2: Antagonismus an 5-HT2-Rezeptoren, DA: Antagonismus an DA-Rezeptoren, α1: Antagonismus an α1-Adrenozeptoren, α2: Antagonismus an α2-Adrenozeptoren; +++ sehr stark, ++ stark, + schwach, +/– sehr schwach, 0 nicht wirksam. Es sind nur die Antidepressiva gelistet, die auch ausführlich im Präparateteil beschrieben werden. Agomelatin: selektiver, spezifischer Agonismus am Melatoninrezeptor, Antagonismus an 5-HT2C-Rezeptoren.
5-HT-I
0
Antidepressivum
. Tab. 1.1 Fortsetzung
1.2 · Wirkmechanismen 7
1
8
Kapitel 1 · Antidepressiva
3
5 Selegilin ist ein selektiver, irreversibler Hemmer vorzugsweise der MAO-B mit zusätzlich auch präsynaptischer DA-Wiederaufnahmehemmung; dosisabhängig erfolgt eine Hemmung auch der MAO-A. Selegilin ist in USA in Form eines transdermalen therapeutischen Systems (TTS) zur Behandlung depressiver Episoden zugelassen. In Deutschland besteht keine Zulassung in dieser Indikation. Selegilin ist hier zur oralen Gabe für die Behandlung des M. Parkinson zugelassen.
4
1.3
1 2
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Allgemeine Therapieprinzipien
Diese Therapieprinzipien beziehen sich auf den Einsatz von Antidepressiva bei depressiven Störungen. Soweit sich in anderen Indikationen abweichende Empfehlungen ergeben, sind diese gesondert aufgeführt. 5 Grundsätzlich sollte die Verordnung von Antidepressiva im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans erfolgen, der neben der medikamentösen Behandlung auch psycho- und soziotherapeutische sowie psychoedukative und unterstützende Maßnahmen umfasst (7 1.5.1). Therapieziel ist die vollständige Remission und Rückfall- sowie ggf. Rezidivprophylaxe. 5 Den Patienten sowie ggf. auch deren Angehörigen sollte ein verständliches Krankheits- und Behandlungskonzept vermittelt werden (7 1.5). Behandlungsstrategien, davon erhoffte Wirkungen und mögliche Nebenwirkungen (NW) sowie die verschiedenen Behandlungsphasen sollten mit Patienten besprochen werden und die Therapieplanung im Sinne einer gemeinsamen Entscheidungsfindung nach Möglichkeit mit den Patienten abgestimmt werden. So treten zu Beginn der antidepressiven Behandlung typischerweise zunächst NW auf, danach erst zeigen sich die antidepressiven Effekte (7 1.10.3). Auch besteht bei der Behandlung mit Antidepressiva nicht etwa – wie oftmals von Patienten befürchtet – das Risiko einer Abhängigkeitsentwicklung. Darüber sollten Patienten aufgeklärt und informiert werden, um die Compliance zu sichern. 5 Die Behandlung depressiver Störungen mit Antidepressiva umfasst eine Akuttherapie, eine Erhaltungstherapie sowie ggf. eine Langzeitbzw. Rezidivprophylaxe (7 1.11). 5 Die Auswahl des Antidepressivums erfolgt im Einzelfall unter der Berücksichtigung verschiedener Auswahlkriterien wie beispielsweise dem NW-Profil einer Substanz, evtl. vorliegenden Komorbiditäten und Komedikationen, dem Ansprechen in einer früheren Krankheitsepisode, der Patientenpräferenz sowie ggf. dem vorliegenden Zielsyndrom. Eine zuverlässige Vorhersage eines individuellen Therapieerfolgs mit einem bestimmten Antidepressivum ist dabei auch heute noch nicht möglich.
1.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
9
1
5 Prinzipiell ist zur besseren Steuerbarkeit eine Monotherapie mit einem Antidepressivum anzustreben. Kombinationsbehandlungen werden in der Regel nach ungenügender Response favorisiert (7 1.12.3). Allerdings gibt es erste Studien, die zeigen, dass der Einsatz einer Kombination verschiedener Antidepressiva bereits zu Beginn der Behandlung einer Monotherapie überlegen sein kann (7 1.1.1 und 7 1.4.1, Unterschiede im Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil von Antidepressiva bei der depressiven Episode). 5 Eine Behandlung sollte bei mittelschweren oder schweren depressiven Episoden möglichst frühzeitig erfolgen. Dabei kann eine Behandlung bei leichten und mittelschweren depressiven Episoden aus einer Pharmakotherapie und/oder einer Psychotherapie bestehen; bei schweren depressiven Episoden sollte eine Kombination aus Pharmakotherapie und Psychotherapie angeboten werden (7 1.5.2 und 7 1.5.3). Je schwerer die Depression ist, desto mehr kann von der Behandlung profitiert werden. Zur akuten Suizidalität 7 13.6. 5 Bei Non-Compliance sollte ein Gespräch mit dem Patienten über dessen Gründe für die Nichteinnahme erfolgen; dabei sollte erneut über die Nutzen-Risiko-Abwägung informiert werden sowie ggf. ein Umsetzversuch auf ein Antidepressivum mit günstigerem NW-Profil erfolgen. In der Erhaltungstherapie bzw. Rezidivprophylaxe sind für die Entwicklung von Non-Compliance folgende NW von besonderer Bedeutung: sexuelle Funktionsstörungen, Gewichtszunahme sowie Sedierung. 5 Da die Plazeboansprechraten in den letzten Jahrzehnten bei Depression aus verschiedenen Gründen deutlich zugenommen haben, beträgt der Plazebo-Antidepressivum-Unterschied gegenwärtig nicht mehr als ca. 20 %. Dabei zeigt sich mit zunehmendem Schweregrad einer depressiven Symptomatik eine zunehmende Abgrenzbarkeit der Wirkung von Antidepressiva gegenüber Plazebo. Während also bei leichten depressiven Episoden Unterschiede zwischen Plazebo und Antidepressivum statistisch nicht nachweisbar sind, zeigt sich bei mittelschweren bis schweren depressiven Episoden ein ausgeprägterer Wirkunterschied zwischen Antidepressiva und Plazebo. So belief sich beispielsweise in einer kürzlich publizierten Metaanalyse die Anzahl der notwendigen Behandlungen (number needed to treat, NNT) für leichte, mittelschwere bzw. schwere depressive Episoden auf 16, 11 bzw. 4 (www. kompendium-news.de vom 12.05.10). Dennoch muss die Wahl einer geeigneten Behandlungsstrategie unter Berücksichtigung verschiedenster Faktoren immer für den Einzelfall erfolgen (7 1.5). Mit steigender Schwere der Depression ist dabei in der Regel ein Antidepressivum zunehmend unverzichtbar. Im Einzelfall sollte aber auch bei Vorliegen einer leichten depressiven Episode ein Antidepressivum verordnet werden.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
10
Kapitel 1 · Antidepressiva
1.4
Indikationen
Antidepressiva sind nosologieübergreifend wirksam. Es ist in den letzten Jahren eine stetige Ausweitung des Indikationsgebiets zu beobachten. 1.4.1 Depressive Störungen Die Vielfalt von Symptommustern, die bei depressiven Störungen auftreten können, führte zu Unterteilungen, die jeweils deskriptiv bestimmte Aspekte des depressiven Syndroms hervorheben, z. B. den Längsschnitt (unipolarbipolar, Dysthymie, recurrent brief depression, Rapid Cycling), die aktuelle klinische Symptomatik (gehemmt, ängstlich-agitiert, atypisch, melancholischer Subtyp), den Schweregrad (leichte, mittelschwere, schwere depressive Episode, mit oder ohne psychotische Merkmale, Major Depression, Minor Depression) oder das Auftreten im Rahmen anderer Störungen (bei Schizophrenien, Alkoholabhängigkeit, Demenz). Hinzu kommt eine immer größer werdende Gruppe von Patienten mit depressiven Störungen und psychiatrischen sowie nichtpsychiatrischen Komorbiditäten. Diese Patienten werden aus klinischen Studien ausgeschlossen, sind aber im klinischen Alltag häufig anzutreffen und können auf Antidepressiva gut ansprechen. Gesichert ist heute, dass eine depressive Symptomatik im Rahmen einer komorbiden Persönlichkeitsstörung oftmals schlechter auf eine antidepressive Therapie anspricht. Eine begleitende Angststörung kann das suizidale Risiko erhöhen. Auch scheint das Vorliegen ausgeprägter Angstsymptome während einer depressiven Episode mit einem schlechteren Ansprechen auf eine antidepressive Behandlung (geringere Remissionsrate, verlängerte Wirklatenz) und höheren NW-Raten assoziiert zu sein. Depressive Episode als einzelne Episode oder im Rahmen einer rezidivierend depressiven Störung (unipolare Depression) Wenngleich es hinsichtlich des klinischen Wirk- bzw. Nebenwirkungsprofils teils deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Antidepressiva gibt, die man sich im Einzelfall zunutze machen kann (z. B. sedierende NW, s. unten), ist die Studienlage bezüglich möglicher Wirksamkeitsunterschiede einzelner Antidepressiva uneinheitlich. Bedeutsame Unterschiede zwischen Substanzen können sich hingegen bezüglich des NW-Profils ergeben (. Tab. 1.4). 5 Auch AAP, insbesondere Quetiapin, haben in Studien antidepressive Effekte gezeigt. Zu Antipsychotika in der Behandlung der unipolaren Depression 7 1.4.2 und 7 1.12.4. Zu Benzodiazepinen in der antidepressiven Behandlung 7 1.4.2. Zu weiteren Medikamenten und Verfahren in der Depressionsbehandlung 7 1.4.2 und 7 1.5.
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Unterschiede im Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil von Antidepressiva bei der depressiven Episode 5 SSRI und andere neue Antidepressiva sind aufgrund des günstigeren NWProfils den TZA vorzuziehen (7 1.6 und . Tab. 1.4). Auch ist das Risiko, eine Manie zu induzieren, bei den TZA (aber auch bei Venlafaxin) größer (7 2.4.2). 5 In einer kürzlich publizierten, vergleichenden Metaanalyse über 117 randomisierte klinische Studien (RCT), in der die SSRI Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin sowie die neuen Antidepressiva Bupropion, Duloxetin, Milnacipran (nur zugelassen in Österreich), Mirtazapin, Reboxetin und Venlafaxin hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit miteinander verglichen wurden, zeigte sich für Escitalopram, Mirtazapin, Sertralin und Venlafaxin, gemessen anhand der Response-Rate, ein Wirksamkeitsvorteil gegenüber den anderen Substanzen. Hinsichtlich der Verträglichkeit, gemessen anhand der Anzahl der Therapieabbrüche, ergaben sich Vorteile für Escitalopram, Sertralin, Bupropion und Citalopram. 5 In einer weiteren Metaanalyse über 203 RCT, in der SSRI und neue Antidepressiva miteinander verglichen wurden, fanden sich hinsichtlich der Wirksamkeit keine klinisch signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Substanzen. Vonseiten des NW-Profils hingegen ergaben sich klinisch relevante Unterschiede zwischen den einzelnen Substanzen (s. auch 7 1.6, . Tab. 1.4). So zeigte sich für Mirtazapin und Paroxetin im Vergleich zu anderen neuen Antidepressiva eine höhere Rate an Gewichtszunahmen (Mirtazapin > Paroxetin), für Venlafaxin und Duloxetin im Vergleich zu SSRI eine höhere Rate an Übelkeit und Erbrechen sowie für Sertralin im Vergleich zu anderen SSRI und zu Venlafaxin eine höhere Rate an Diarrhö. Hinsichtlich sexueller Funktionsstörungen ergab sich für Bupropion eine geringere Rate an sexuellen Funktionsstörungen; für Paroxetin fand sich im Vergleich zu anderen SSRI eine erhöhte Rate. 5 Es gibt Hinweise, dass Substanzen, die multiple Wirkansätze wie eine direkte Beeinflussung von mindestens zwei Monoaminsystemen aufweisen, insbesondere bei schweren oder therapieresistenten depressiven Episoden eine geringfügig höhere Ansprech- und Remissionsrate zeigen. Auch gibt es Hinweise, dass Präparate mit dualem Wirkmechanismus wie Mirtazapin und Venlafaxin (aber auch der SSRI Escitalopram) einen geringfügig früheren Wirkungseintritt aufweisen (7 1.10.3). Innerhalb der Gruppe der SSRI wiederum werden mögliche Wirksamkeitsvorteile von Escitalopram gegenüber den anderen SSRI diskutiert. 5 Hinweise auf Vorteile durch Vereinigung multipler Wirkansätze ergeben sich ebenfalls aus Studien, in denen eine Kombination verschiedener Antidepressiva bereits zu Beginn der Behandlung einer Monotherapie überlegen war. So zeigten sich in einer neuen RCT signifikant
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höhere Remissionsraten für eine gleich zu Beginn der antidepressiven Behandlung eingesetzte Kombination aus Mirtazapin plus Venlafaxin, Bupropion oder Fluoxetin (Remissionsraten von 58 %, 46 % bzw. 52 %) im Vergleich zu Fluoxetin plus Plazebo (Remissionsrate von 25 %). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kam in seiner Nutzenbewertung von Antidepressiva zu der Schlussfolgerung, dass die Wirksamkeit von Reboxetin insgesamt nur unzureichend belegt ist (http://www.iqwig.de/). Im Vergleich zu SSRI ergab sich ein geringer Nutzen von Reboxetin. Auch in einer vergleichenden Metaanalyse (s. oben) erwies sich Reboxetin als weniger wirksam und schlechter verträglich im Vergleich zu SSRI und zu Bupropion, Duloxetin, Milnacipran (nur zugelassen in Österreich), Mirtazapin und Venlafaxin. Bupropion zeigt eine den SSRI und Venlafaxin vergleichbare antidepressive Wirksamkeit bei möglichen Wirksamkeitsvorteilen bei anhedon/gehemmt-depressiven Patienten; vonseiten des NW-Profils weist Bupropion Vorteile bezüglich einer fehlenden Gewichtszunahme sowie eines geringen Risikos sexueller Funktionsstörungen auf. Ebenfalls ein günstiges NW-Profil in Bezug auf sexuelle Funktionsstörungen zeigen Agomelatin, Mirtazapin, Moclobemid und Reboxetin. Eine sedierende Komponente lässt sich nutzen bei ängstlich-agitierter Ausprägung mit Antidepressiva, die ein sedierend-schlafanstoßendes Profil haben (z. B. Mirtazapin, Amitriptylin, aber auch mit dem AAP Quetiapin). Jedoch wirken auch nichtsedierende Antidepressiva (z. B. SSRI, MAOH, Bupropion) angstreduzierend. Nur bei schwer ängstlichdepressiven Patienten zeigte sich in einer Metaanalyse ein leichter Vorteil von SSRI gegenüber Bupropion. Die initiale Sedierungspotenz ist weitgehend auf den H1-Rezeptorantagonismus zurückzuführen (. Tab. 1.1). Geschlechtsspezifische Unterschiede: Es gibt Hinweise aus Metaanalysen, dass bei einer Behandlung mit SSRI Frauen im Vergleich zu Männern ein besseres Ansprechen zeigen; für Imipramin wird eine höhere Wirksamkeit bei Männern diskutiert. Bei zusätzlicher Betrachtung des Body Mass Index (BMI) fand sich in einer Metaanalyse insbesondere bei übergewichtigen Männern keine Wirkung von SSRI im Vergleich zu Plazebo. Ob dies in geschlechtsspezifischen pharmakokinetischen Unterschieden mit letztlich bei Männern relativ zu niedriger Dosis pro kg Körpergewicht oder in pharmakodynamischen Unterschieden begründet ist, ist unklar. Es wird angenommen, dass eine psychomotorische Verlangsamung ein Hinweis auf ein Dopamindefizit bei einer Subgruppe depressiver Patienten ist. Sollte bei diesem Syndrom gleichzeitig eine Non-Response auf z. B. Fluoxetin vorliegen, kann an eine dopaminerge Augmentationsstrategie gedacht werden.
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Depressive Episode im Rahmen einer bipolar affektiven Störung (bipolare Depression) 7 2.4.2
Depressive Episode mit psychotischen Symptomen (wahnhafte Depression) 7 3.4.5
Depression bei schizophrenen Störungen 7 3.4.1, depressive Symptomatik und Suizidalität Atypische Depression Depressives Syndrom mit erhaltener affektiver Modulationsfähigkeit, Hyperphagie/vermehrtem Appetit, vermehrtem Schlafbedürfnis, ausgeprägtem körperlichen Schweregefühl und Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisungen. Es gibt eine Hypothese, dass es sich bei der atypischen Depression um eine Form der bipolaren Störung II (7 2.4.2) handelt; sie ist besonders häufig mit der Hypersomnie assoziiert. 5 Über bevorzugtes Ansprechen auf MAOH und SSRI wird berichtet. Für Moclobemid fehlen kontrollierte Studien. SSRI sind wegen des günstigeren NW-Profils Mittel der Wahl. 5 In einer Studie gibt es mit kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) gleich gute Responder-Raten wie mit MAOH. Saisonal abhängige affektive Störung (SAD, Winterdepression) Auftreten und Remission depressiver Episoden in Abhängigkeit von den Jahreszeiten (meist mit depressiven Episoden im Winter); oft zeigt sich eine atypische Symptomausprägung des depressiven Syndroms (s. oben). Die neurobiologischen Störungen mit niedrigen Kortisolspiegeln ähneln der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) (7 1.4.8). Eine serotonerge Dysfunktion wird postuliert; eine pathophysiologische Rolle konnte Melatonin (7 5.1) nicht zugeschrieben werden. 5 Lichttherapie (7 1.4.2) zeigte in mehreren kleinen, kontrollierten Studien Wirksamkeit bei SAD; bei leichter Symptomausprägung, gutem Ansprechen auf Lichttherapie in der Vorgeschichte, Patientenpräferenz oder Kontraindikationen gegen eine medikamentöse Behandlung gilt Lichttherapie als Therapie der 1. Wahl. Die Durchführung erfolgt üblicherweise so lange, bis im Frühjahr von einer ausreichenden natürlichen Lichtexposition ausgegangen werden kann. Die Response bei SAD tritt meist innerhalb von 2‒4 Wochen ein. 5 Eine medikamentöse Behandlung (z. B. schwere depressive Episode, Suizidalität, früheres gutes Ansprechen auf eine medikamentöse Behandlung, fehlendes Ansprechen auf Lichttherapie) erfolgt prinzipiell entsprechend der Behandlung unipolarer depressiver Episoden. SSRI und MAOH werden empfohlen. Bupropion zeigte in RCT bei
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prophylaktischer Gabe (Herbst bis Frühling) eine Wirksamkeit zur Verhinderung erneuter depressiver Episoden bei SAD. Dysthymie und double depression Die dysthyme Störung ist ein chronisch depressives Syndrom meist leichter Ausprägung, bei dem die Kriterien für eine depressive Episode hinsichtlich der Schwere für den zu beurteilenden Zeitraum selten oder nie erfüllt werden. Die Störung sollte nach DSM-IV mindestens 2 Jahre bestehen, sie kann auch lebenslang andauern. Es können sich Perioden der Besserung in den chronischen Verlauf einschieben; Zeiträume von mehr als 2 Monaten ohne Symptome während der betreffenden 2-Jahres-Periode schließen die Diagnose nach DSM-IV jedoch aus. Tritt eine Major Depression hinzu, spricht man von einer double depression; sie ist sehr therapieresistent. 5 Die Wirksamkeit von Antidepressiva bei Dysthymie ist gesichert. SSRI sind aufgrund ihrer Verträglichkeit besonders geeignet. Zu Amisulprid gibt es mehrere Studien, die eine positive Wirkung von niedrigen Dosen (50 mg/d) bei Dysthymie über 3–6 Monate zeigen. 5 In einer Vergleichsstudie zeigten dysthyme Patienten einen größeren Vorteil von Sertralin (58 %) als von interpersoneller Psychotherapie (IPT) (35 %) oder unterstützender Psychotherapie (31 %). Die Kombination Sertralin + IPT brachte keinen Vorteil. Minor Depression und unterschwellige Depression Depressives Syndrom mit ähnlicher Symptomatik wie Major Depression, aber mit geringerem Ausprägungsgrad (weniger Diagnosekriterien sind erfüllt). Bei Vorliegen der Störung über einen Zeitraum von 2 Jahren werden die Kriterien für das Vorliegen einer Dysthymie (s. oben) erfüllt. Die Begriffe Minor Depression und subsyndromale bzw. unterschwellige Depression werden synonym gebraucht. 5 Die Datenlage ist insgesamt gering. Die Wahl einer geeigneten Behandlungsstrategie sollte unter Berücksichtigung verschiedenster Faktoren für den Einzelfall erfolgen. 5 Der Nutzen von Antidepressiva ist umstritten, SSRI scheinen wirksam zu sein. 5 Entsprechend dem Vorgehen bei der Diagnose »Angst und depressive Störung, gemischt« (7 1.4.5) kann zunächst zugewartet werden, unspezifische, problemorientierte und stützende Gespräche können angeboten werden, ein Aktivitätenaufbau kann angestrebt werden oder auch eine spezifische psychotherapeutische Behandlung (KVT) erfolgen. 5 Im Einzelfall kann z. B. bei hohem Leidensdruck oder früheren depressiven Episoden ein medikamentöser Behandlungsversuch mit SSRI sinnvoll sein.
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Rezidivierende kurze depressive Episoden (recurrent brief depression) Die wiederkehrende kurzzeitige depressive Störung, mit zwar sehr kurz anhaltender, aber oft sehr ausgeprägter depressiver Symptomatik bis hin zu Suizidalität, wird manchmal zu den unterschwelligen Depressionen gezählt, sollte aber wegen der schwierigen Behandlungssituation eine Sonderstellung einnehmen. Auf eine schwierige Abgrenzbarkeit zu den emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen wird hingewiesen. Auch kurze hypomane Episoden von 1‒3 Tagen Dauer können im Verlauf auftreten und weisen auf eine mögliche Assoziation zum Spektrum bipolarer Störungen hin. Bislang ist keine befriedigende antidepressive Pharmakotherapie etabliert. Auch ist nach einer neuen Metaanalyse nicht geklärt, ob eine Erhaltungs-/ Langzeittherapie mit Antidepressiva bei häufigen Episoden genauso wirksam ist wie bei wenigen Episoden. Psychotherapeutische Interventionen sind in jedem Fall indiziert. Rapid Cycling 7 2.4.2
Prämenstruell-dysphorisches Syndrom (PMDS) Das PMDS zeigt körperliche und psychische Symptome, die zyklusgebunden während der späten Lutealphase auftreten und die Patientinnen erheblich beeinträchtigen. Remission tritt einige Tage nach der Periode auf. Kardinalsymptome sind Irritabilität und Dysphorie, ferner Anspannung, Schlafstörungen, vermehrter Hunger nach Kohlenhydraten, Spannungsgefühl in den Brüsten, Wassereinlagerung, Gelenk- und Muskelschmerzen. 5 Die Wirksamkeit von SSRI (Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin) insbesondere auf Irritabilität und Dysphorie ist belegt. Auch für den SNRI Venlafaxin und das TZA Clomipramin liegen positive Studienergebnisse vor; für die Wirksamkeit von Duloxetin gibt es Hinweise. Überwiegende oder selektive 5-HT-Wiederaufnahmehemmer sind in der Behandlung des PMDS noradrenergen Substanzen überlegen. 5 SSRI können als Dauertherapie und als intermittierende Gabe (in der Lutealphase bis zum Ende der Menstruation) angewandt werden. Die Wirkung tritt schnell ein und wird meist schon im ersten Zyklus gesehen, bereits niedrige Dosen sind wirksam. 5 Es wird angenommen, dass bei intermittierender Gabe im Gegensatz zu kontinuierlicher Gabe kein Wirkungsverlust bei einer längerfristiger Therapie (über mehr als 6 Zyklen) eintritt; allerdings liegen nur wenige Studien vor, die eine intermittierende im Vergleich zu einer kontinuierlichen SSRI-Gabe über einen längeren Zeitraum untersuchten. In Bezug auf die Wirksamkeit werden teils Vorteile einer kontinuierlichen im Vergleich zu einer intermittierenden Behandlung gesehen.
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5 Bei intermittierender Gabe muss auf das mögliche (offenbar aufgrund der nur kurzen Behandlungsdauer von 2 Wochen insgesamt nur seltene) Auftreten von Absetzeffekten insbesondere bei SSRI mit kurzer Halbwertszeit (HWZ) geachtet werden. Perinatale depressive Störungen Schwangerschaftsdepression Die Prävalenzraten liegen bei 10 %. Risikofaktoren sind insbesondere depressive Episoden in der Anamnese (besonders bipolare Störungen) oder in der Familie, Substanzmissbrauch, geringe soziale Unterstützung, unerwünschte Schwangerschaft, Fehlen eines Partners und Arbeitslosigkeit. Die Entwicklung einer depressiven Episode während der Schwangerschaft gilt als Risikofaktor für eine postpartale Depression (s. unten). 5 Bei einer leichten bis mittelschweren Depression müssen alle psychotherapeutischen und psychosozialen Möglichkeiten zur Behandlung ausgeschöpft werden. Nichtmedikamentöse Therapieverfahren sind Mittel der 1. Wahl bei leichten bis mittelschweren depressiven Episoden. Es gibt Hinweise auf positive Effekte von Schlafentzug und Lichttherapie (7 1.4.2). 5 Trotz aller Risiken bei der Verordnung von Antidepressiva während der Schwangerschaft besteht bei einer schweren Depression, insbesondere bei Suizidalität und psychotischen Symptomen, eine Indikation für Antidepressiva (7 15.2, 7 Box 4). Eine Monotherapie ist dabei einer Kombinationsbehandlung mit mehreren Psychopharmaka zwingend vorzuziehen; Medikamentenwechsel sollten möglichst vermieden werden. In Einzelfällen (z. B. therapieresistente Depression mit Gefahr nichtbeherrschbarer Suizidalität) kann auch eine Elektrokrampfbehandlung (EKB) (7 1.4.2) erwogen werden. 5 Das Beenden einer bereits bestehenden Therapie mit SSRI in der Schwangerschaft ist mit einem 3-fach erhöhten Rezidivrisiko im Vergleich zur Fortführung der Therapie verbunden (7 15.2). Im Falle einer vorbestehenden rezidivierenden depressiven Störung und geplanter oder bestehender Schwangerschaft kann bei einem hohen Rezidivrisiko im Einzelfall unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung die Fortführung einer Therapie mit Antidepressiva sinnvoll sein. 5 Da eine in der Schwangerschaft begonnene antidepressive Therapie häufig nach der Entbindung fortgeführt wird, sollten bei Stillwunsch der Mutter die mit dem Stillen assoziierten Risiken einzelner Antidepressiva (7 15.2) bereits in der Therapieplanung berücksichtigt werden. Postpartale Depression (Wochenbettdepression) Verschiedene Schweregrade depressiver Episoden treten bis zu einem Jahr nach der Entbindung bei 10–15 % der Frauen auf. Der häufigste Beginn liegt innerhalb von 4–6 Wochen nach der Geburt des Kindes. Es handelt sich oft um eine schwere Erkrankung mit relativ hohem Suizidrisiko, bei der eine
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schnelle und intensive psychosoziale Unterstützung, möglichst auch stationär, notwendig ist. Das Risiko einer postpartalen Depression ist erhöht bei Frauen mit depressiven Episoden oder postpartalen Depressionen in der Vorgeschichte. Häufig finden sich postpartale Depressionen bei bipolar affektiven Störungen und bei positiver Familienanamnese für bipolar affektive Störungen, sodass bei einer ersten postpartalen depressiven Episode, insbesondere bei positiver Familienanamnese, die mögliche Entwicklung einer bipolar affektiven Störung in Betracht gezogen werden sollte. 5 Grundsätzlich unterscheidet sich eine Behandlung postpartaler depressiver Störungen nicht von einer antidepressiven Therapie zu anderen Zeitpunkten; eine Überlegenheit einer bestimmten Substanz ist nicht bekannt. 5 Nichtmedikamentöse Therapieverfahren sind Mittel der 1. Wahl bei leichten bis mittelschweren depressiven Episoden. Es gibt Hinweise auf positive Effekte von Schlafentzug und Lichttherapie (7 1.4.2). 5 Antidepressiva sind bei schweren Depressionen indiziert. Bei einem Stillwunsch der Mutter sind unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung die mit dem Stillen assoziierten Risiken von Antidepressiva (7 15.2) zu berücksichtigen. Suizidalität 5 Für Lithium wurde bei langfristiger Therapie in mehreren Studien unabhängig von Alter und Geschlecht ein suizidprotektiver Effekt berichtet, so v. a. bei bipolaren Störungen, aber auch bei unipolarer Depression, nicht jedoch bei anderen mit Suizidalität einhergehenden Erkrankungen. In einer Studie war Lithium dabei Valproinsäure überlegen. Es muss jedoch die geringe therapeutische Breite von Lithium (7 Kap. 2) beachtet werden. Zur Anwendung von Lithium in der Rezidivprophylaxe 7 1.11.3; zur Anwendung von Lithium als Augmentation 7 1.12.4. 5 KVT war in einer großen Studie in der Verhütung von Suizidversuchen wirksam. 5 Bei schwerer Suizidalität kann auch eine EKB erwogen werden. Akutbehandlung 7 13.6; Suizidalität als NW unter Antidepressiva 7 1.6.13 Depression und körperliche Erkrankungen Studien zeigen vermehrt, dass es zwischen körperlichen Erkrankungen wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und depressiven Störungen einen engen bidirektionalen Zusammenhang gibt. So stellen einerseits depressive Störungen bei bestehenden körperlichen Erkrankungen einen behandlungsbedürftigen und prognostisch relevanten Komplikationsfaktor dar, welcher die Prognose der körperlichen Erkrankung deutlich verschlechtert. Andererseits gibt es hohe Evidenzen zum engen, wahrscheinlich ursächlichen Zusammenhang zwischen einer primären Depression (und Dauerstress) und
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körperlichen Folgekrankheiten, an erster Stelle Herz-Kreislauf-Erkrankungen (mit Arteriosklerose und Hypertonie) (s. unten und . Abb. 1.1); daneben wird eine Assoziation mit Diabetes Typ 2 (s. unten) und Osteoporose (7 1.6.9) gesehen. Das Risiko depressiver Patienten, an diesen Folgekrankheiten zu versterben, ist hoch und lange Zeit unterschätzt worden. Im Vordergrund des Mortalitätsrisikos bei Depressiven stand bisher allein das Suizidrisiko. Patienten mit schweren Depressionen, bipolaren Störungen und insbesondere Schizophrenie (7 3.6, Einleitung) haben insgesamt eine eingeschränkte Lebenserwartung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.
Depression bei Diabetes mellitus Diabetes und Depression treten gehäuft gemeinsam auf. Depressive Störungen sind dabei mit einem erhöhten Risiko der Entwicklung eines Diabetes sowie bei Vorliegen eines Diabetes mit einer schlechteren Blutzuckereinstellung (HbA1c-Wert), mikro- und makrovaskulären Komplikationen und einer erhöhten Mortalität assoziiert. 5 In einer Plazebostudie war Sertralin in der Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe depressiver Episoden bei Patienten mit Diabetes Plazebo signifikant überlegen. Eine anhaltende Remission ging dabei unabhängig von der Art der Behandlung (Sertralin oder Plazebo) mit einer besseren Blutzuckereinstellung einher. 5 SSRI sind zu empfehlen. TZA sind wegen der NW, besonders der Gewichtszunahme, zu vermeiden. MAOH führen zu plötzlichen Hypoglykämien.
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Dauerstress
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Fehlregulation der Stresshormon-Achse
Imbalance des Sympathikus-ParasympathikusSystems
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5 Viszerale Adipositas 5 Erhöhte Insulinresistenz 5 Hypertonie
Störung der Hämostase
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Pulsfrequenz ↑ Ventrikuläre Arrhythmie ↑ Herz-Frequenz-Variabilität ↓ QT-Variabilität ↑
17 Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen . Abb. 1.1 Zusammenhang zwischen Dauerstress/Depression und Herz-KreislaufErkrankungen. (Nach Benkert 2005: StressDepression. Beck, München)
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Depression bei kardiovaskulären Erkrankungen Eine Depression tritt bei Patienten nach Myokardinfarkt 3-mal häufiger als in der Allgemeinbevölkerung auf. 18–45 % der Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK) weisen die Symptome einer Depression auf. Eine Reihe von Studien zeigt, dass depressive Störungen die Prognose kardiovaskulärer Erkrankungen verschlechtern und insbesondere beim akuten Koronarsyndrom als mortalitätserhöhender Faktor zu werten sind. Ursachen hierfür liegen zum einen in biologischen Zusammenhängen wie z. B. einer bei Depression eingeschränkten autonomen Adaptationsfähigkeit bei reduzierter Herzratenvariabilität, zum anderen in Verhaltensfaktoren wie z. B. bei Depression reduzierter körperlicher Aktivität oder erhöhtem Nikotinkonsum. Anhand von Ergebnissen aus einem 7-Jahres-Follow-up der SADHART-Studie bei 361 Patienten nach akutem Koronarsyndrom konnten die heute als gesichert geltenden, negativen Folgen einer depressiven Komorbidität auf das kardiologische Langzeit-Outcome kürzlich erneut belegt werden. So gingen sowohl eine fehlende Besserung der depressiven Symptomatik über den 6-monatigen Behandlungszeitraum als auch eine schwere initiale Ausprägung des depressiven Syndroms unabhängig vom Zeitpunkt seiner Manifestation (vor oder nach dem Koronarereignis) mit einer Verdoppelung der Mortalität über den Beobachtungszeitraum von 7 Jahren einher. Erstmals ergaben sich anhand der Studienergebnisse dabei Hinweise, dass ein initiales antidepressives Therapieansprechen zu einer Senkung der Langzeitmortalität führen kann. Eine Senkung der Mortalität bei den ehemaligen Therapie-Respondern war dabei unabhängig davon, ob die Besserung der depressiven Symptomatik mit Verum oder Plazebo erreicht wurde (www. kompendium-news.de vom 28.10.09). 5 Einer kürzlich publizierten Metaanalyse nach zeigten Antidepressiva (Sertralin, Citalopram, Fluoxetin und Mirtazapin) in der Behandlung depressiver Episoden bei Patienten mit KHK bei guter Verträglichkeit Wirksamkeit im Vergleich zu Plazebo. 5 SSRI sind aufgrund ihres günstigen NW-Profils Mittel der Wahl; anhand der Studienlage sollten Sertralin und Citalopram aktuell bevorzugt werden. RCT liegen ebenfalls für Mirtazapin und Fluoxetin vor. 5 Auf eine konsequente antidepressive Therapie sollte insbesondere bei nachgewiesener guter Verträglichkeit der genannten Antidepressiva in dieser Indikation nicht verzichtet werden. 5 Wenngleich die Effektivität von Antidepressiva bei Patienten mit KHK v. a. bei schweren depressiven Episoden gezeigt wurde, ist aufgrund der Anwendungssicherheit ein Einsatz von SSRI auch bei einer (ersten) leichten und mittelschweren depressiven Episode zu erwägen. 5 Aufgrund des (sehr seltenen) möglichen Auftretens von Arrhythmien, Verlängerungen der QTc-Zeit, Elektrolytstörungen und orthostatischer Dysregulation werden regelmäßige EKG-Kontrollen empfohlen. Weiterhin zu beachten ist die Möglichkeit eines erhöhten Risikos gastrointes-
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tinaler Blutungen im Falle einer oftmals anzutreffenden Komedikation mit Thrombozytenaggregationshemmern oder Antikoagulanzien. 5 Hinsichtlich KVT und IPT bei Depression und KHK kann nach dem jetzigen Stand der Forschung keine eindeutige Empfehlung ausgesprochen werden. Post-stroke-Depression (PSD) Depressive Symptome nach zerebralen Ischämien sind häufig (bei ca. 30 % der Patienten im Verlauf von 3–6 Monaten nach zerebraler Ischämie) und verschlechtern oft Prognose und Rehabilitationserfolge. 5 SSRI und den neuen Antidepressiva sollte aufgrund der besseren Verträglichkeit der Vorzug gegeben werden; Citalopram, Fluoxetin, Mirtazapin, Reboxetin und Sertralin waren (z. T.) in kontrollierten Studien wirksam. In einer Untersuchung stellte die mit der Gabe von SSRI einhergehende Alteration der Thrombozytenfunktion (7 1.6.4) kein erhöhtes Blutungsrisiko dar. 5 TZA sollten wegen deutlich höherer NW-Raten (Erniedrigung der Krampfschwelle, Blutdruckabfall) nicht gegeben werden. 5 In einer Studie war die Kombinationsbehandlung aus Sertralin und IPT nicht effektiver als die jeweilige Monotherapie. 5 Unter einer präventiven Gabe von Antidepressiva konnte teilweise eine signifikante Verringerung der Prävalenz der PSD im Vergleich zu einer Plazebogabe bzw. einer fehlenden Behandlung gezeigt werden. Escitalopram schützte 12 Monate nach einem Ereignis bei nichtdepressiven Patienten mit geringen Einschränkungen signifikant vor einer Depression. In einer weiteren RCT zeigte Escitalopram nach einem Schlaganfall, unabhängig von einer Wirkung auf depressive Symptome, signifikant positive Effekte auf kognitive Funktionen. Insgesamt fehlt zurzeit zwar noch die Evidenz für eine prophylaktische Antidepressivagabe zur Verhinderung der Entwicklung einer PSD nach einem Schlaganfall, ein Einsatz von SSRI (z. B. Escitalopram) kann zur Prophylaxe einer PSD jedoch im Einzelfall erwogen werden. Depression bei M. Parkinson Die Häufigkeit depressiver Symptome liegt bei ca. 30 %. Die Datenlage zur Wirksamkeit von Antidepressiva ist insgesamt unbefriedigend. 5 Die Daten sind zwar für TZA besser als für SSRI, TZA können aber aufgrund anticholinerger NW zu kognitiven Störungen und psychotischen Symptomen führen (andererseits kann sich der Tremor bessern). Besonders Trimipramin und Clomipramin sollten wegen der D2-antagonistischen Komponente gemieden werden. Eine Verschlechterung der motorischen Symptomatik durch SSRI bei Einzelfällen konnte systematisch nicht bestätigt werden. 5 Aufgrund der besseren Verträglichkeit sollten SSRI (Citalopram) den TZA vorgezogen werden. Bei Gabe eines TZA ist Nortriptylin zu bevorzugen.
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5 Auch dopaminergen Substanzen (L-Dopa, Pramipexol, Ropinirol) werden antidepressive Eigenschaften zugeschrieben. In einer neuen RCT hatte Pramipexol (0,125–1 mg, 3 × täglich) eine gute antidepressive Wirkung. 5 In einer RCT war Nortriptylin (25–75 mg/d) wirksam, Paroxetin (12,5– 37,5 mg/d) hingegen nicht. Das hohe Nebenwirkungs- und Interaktionsrisiko von Nortriptylin ist zu beachten. 5 Zu Bupropion liegen positive Einzelfallberichte vor, die teils auch eine Besserung der motorischen Symptomatik berichten. 5 Es gibt erste Hinweise auf positive Effekte von Omega-3-Fettsäuren, Lichttherapie und von repetitiver transkranieller Magnetstimulation (rTMS) (7 1.4.2). Depression bei dermatologischen Erkrankungen Bei vielen Hauterkrankungen (z. B. Akne, Psoriasis, Urtikaria) wird eine Komorbidität mit Depression gesehen. Pruritus als eines der vorherrschenden Symptome sowohl primär dermatologischer als auch systemischer Erkrankungen kann daneben psychogen verstärkt werden oder bedingt sein. 5 Antidepressiva sind (auch in kontrollierten Studien) wirksam. Die H1-Blockade (bei Amitriptylin, Doxepin, Trimipramin, Mirtazapin) lässt sich bei Pruritus und Urtikaria auch unabhängig vom Vorliegen einer depressiven Symptomatik nutzen. 5 Eine sedierende Komponente kann bei Schlafstörungen aufgrund von Pruritus zusätzlich hilfreich sein. 5 SSRI sind vermutlich insbesondere bei Pruritus, der ein zwanghaftes Kratzen provoziert, wirksam. Depression im höheren Lebensalter und bei Demenz Die Prävalenz depressiver Störungen im Alter beträgt etwa 15 %, unter Heimbewohnern oder stationären Patienten bis zu 45 %. Depressionen bei älteren Menschen sind häufig chronifiziert, unterdiagnostiziert und untertherapiert. Klagen über kognitive Störungen und Konzentrationsstörungen (»depressive Pseudodemenz«) sowie ausgeprägte, uncharakteristische körperliche Beschwerden (diffuse Schmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit) prägen das klinische Bild, körperliche Erkrankungen können die Symptomatik überlagern. Die Folgen einer unbehandelten depressiven Störung im Alter sind reduzierte Lebensqualität, medikamentöse NonCompliance, erhöhte Morbidität, Mortalität, verlängerte Krankenhausaufenthalte und ein erhöhtes Suizidrisiko, insbesondere bei Männern. Depressive Symptome sind im Alter oft mit einer Demenz assoziiert (bei etwa 35 % der dementen Patienten im Verlauf der Erkrankung). In bis zu 40 % der Fälle zeigen sich depressive Symptome bei einer beginnenden Demenz. 5 SSRI sind aufgrund des günstigen NW-Profils Mittel der 1. Wahl. Venlafaxin, Duloxetin und Mirtazapin sind bei Patienten > 65 Jahre mit
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Depression auch wirksam und gut verträglich. Die bei jüngeren Patienten favorisierten Kombinationen sind auch im Alter möglich. 5 Es gibt eine Langzeitstudie bei über 70-Jährigen, die nahelegt, dass selbst bei späten Erstmanifestationen eine medikamentöse Langzeitbehandlung zur Rezidivprophylaxe notwendig ist. Diese war einer Rezidivprophylaxe mit IPT in dieser Population überlegen. 5 In schweren Fällen ist EKB eine Alternative. 5 Die Behandlung depressiver Störungen bei Demenz entspricht der antidepressiven Behandlung bei geriatrischen Patienten. Zu Citalopram, Sertralin und Moclobemid liegen in dieser Patientengruppe positive Ergebnisse vor. Antidepressiva im höheren Lebensalter 7 1.10.4 ! Anticholinerge zentralnervöse NW (Delir, Verwirrtheits- und Desorientiert-
heitszustände) sind auch bei üblichen TZA-Dosen (7 1.10.4) möglich. Bei MAOH orthostatische Hypotonie (Sturzgefahr) möglich; mangelnde Compliance mit diätetischen Maßnahmen.
1.4.2
Andere Medikamente und Verfahren zur Depressionsbehandlung
Benzodiazepine Es gibt zwar keine Belege für eine spezifische antidepressive Wirkung von Benzodiazepinen (BZD), es wurde aber in einer Metaanalyse zur Kombination von BZD mit Antidepressiva im Vergleich zur alleinigen Antidepressivatherapie ein deutlicher Vorteil für die Kombination beschrieben. Auch gibt es erste Hinweise, dass eine kombinierte Gabe von Antidepressiva und BZD oder Non-Benzodiazepinhypnotika möglicherweise nicht nur das Schlafverhalten, sondern auch die depressive Symptomatik und das Ansprechen auf eine antidepressive Behandlung (Remissionsrate) positiv beeinflusst. 5 Zum kurzfristigen Einsatz in Kombination mit Antidepressiva sind BZD bei starker Unruhe, Angst, Suizidalität und Panikattacken gut geeignet. Nach 2–4 Wochen sollten sie ausschleichend abgesetzt werden. 5 Feste Kombinationen von Antidepressiva und BZD sind nicht sinnvoll. 5 Bei stark gehemmt-depressiven Patienten mit Stupor und Mutismus: Lorazepam (7 13.5). Antipsychotika 5 Atypische Antipsychotika (AAP) haben in Studien antidepressive Effekte gezeigt. 5 Für Quetiapin (150–300 mg/d) liegen mehrere RCT vor, in denen sich Quetiapin in der Monotherapie unipolarer depressiver Episoden als wirksam erwiesen hat. Eine Zulassung von Quetiapin in der Monotherapie unipolar depressiver Episoden (entsprechend der bipolaren
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Depression 7 2.4.2) wurde allerdings aufgrund von Bedenken bezüglich möglicher NW zurückgestellt. Eine Monotherapie mit Quetiapin bei unipolar depressiven Episoden kann derzeit trotz nachgewiesener Wirksamkeit aufgrund des NW-Risikos insbesondere in der Langzeittherapie nicht als Therapieoption der 1. Wahl empfohlen werden, eine Off-label-Indikation ist im Einzelfall gerechtfertigt. 5 Auch in der Augmentationstherapie depressiver Episoden wurden mit AAP positive Ergebnisse vorgelegt (7 1.12.4 und . Abb. 1.3). Quetiapin (150–300 mg/d) ist zur Behandlung unipolar depressiver Episoden als add-on zu Antidepressiva bei therapieresistenten depressiven Episoden kürzlich zugelassen worden (7 1.12.4). Zu Aripiprazol, Olanzapin und Risperidon als add-on bei therapieresistenter Depression 7 1.12.4. 5 Amisulprid hat eine positive Wirkung bei der Dysthymie. 5 Konventionelle Antipsychotika (KAP) können aufgrund des höheren NW-Risikos bei Depressionen nicht empfohlen werden; dies gilt insbesondere für Depotpräparate (7 3.13.3). Stellenwert von Antipsychotika bei depressiven Störungen im Rahmen schizophrener 7 3.4.1 und schizoaffektiver Störungen 7 3.4.4; Einsatz von Antipsychotika in der Behandlung schwerer depressiver Episoden mit psychotischen Symptomen 7 3.4.5; Einsatz von Antipsychotika in der Behandlung bipolar affektiver Störungen 7 2.4.2 Hormone 5 Hormone können eine Therapieoption als Zusatztherapie (Augmentation) bei Therapieresistenz sein (7 1.12.4). 5 Ein Einsatz von Östrogenen (17β-Östradiol; 100 μg) kann bei Frauen in der Menopause Erfolg versprechend sein. Bei Frauen konnte ein in der Menopause um das 2,5-Fache erhöhtes Risiko, an einer Depression zu erkranken, gezeigt werden. Auch scheinen Frauen mit bekannter postpartaler Depression sensitiv für psychotrope Effekte von Östrogenen und Gestagenen zu sein. Der Einsatz einer Östrogensubstitution als Augmentationsstrategie ist bei Frauen in der Menopause erwägenswert, ein Einsatz als Monotherapie ist aber meist nicht ausreichend. Grundsätzlich scheint die Remissionsrate bei zusätzlicher Hormonersatztherapie einer alleinigen Therapie mit Antidepressiva überlegen zu sein. Allerdings muss auf das erhöhte Risiko des Hormoneinsatzes hingewiesen werden (nur in enger Zusammenarbeit mit Gynäkologen). 5 Auch wird ein Zusammenhang zwischen erniedrigten Werten von Testosteron und dem Risiko der Entwicklung depressiver Episoden insbesondere bei Männern (aber auch bei peri- und postmenopausalen Frauen) diskutiert. Es gibt Hinweise, dass eine Testosteronsubstitution als Augmentationsstrategie bei erniedrigten Testosteronspiegeln positive Effekte zeigen kann. Ebenso gibt es Hinweise auf positive Effekte
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einer Testosteronsubstitution auf Symptome einer Dysthymie oder Minor Depression bei Männern mit erniedrigtem/niedrignormalem Testosteronsspiegel. Zu einem Einsatz von Testosteron zur Behandlung depressiver Episoden kann derzeit im Hinblick auf Nutzen-RisikoAbwägungen (Gynäkomastie, Hämatokritanstieg, Entwicklung und/ oder Förderung des Fortschreitens einer benignen Prostatahyperplasie oder eines Prostatakarzinoms, mögliche Induktion manischer Symptome u. a.) nicht geraten werden. 5 Es gibt Hinweise, dass DHEA bis 450 mg/d eine antidepressive Wirkung hat (7 1.2 und 7 8.2.3). Fettsäuren Große skandinavische Studien zeigten eine Assoziation zwischen geringem Fischkonsum und Depression bei Frauen, nicht jedoch bei Männern. Auch war eine mediterrrane Ernährung (reichlich Obst, Gemüse, Fisch, Vollkornprodukte) in Studien mit einem erniedrigten Risiko für depressive Störungen und Angststörungen verbunden. Omega-3-Fettsäuren wird eine mögliche antidepressive Wirkung zugeschrieben. Erwogen werden kann eine Gabe bei z. T. uneinheitlicher Studienlage ggf. als add-on zu Antidepressiva. Auf eine möglicherweise verstärkte Blutungsneigung bei Kombination mit Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmern sollte geachtet werden. Schlafentzug Bei vielen Patienten ist Schlafentzug eine sinnvolle Zusatztherapie zur Gabe von Antidepressiva. Da ca. 50 % der Patienten vom Schlafentzug profitieren können, ist ein solcher Therapieversuch, besonders bei zunächst unzureichender Wirkung des Antidepressivums bei vorhandenem klinischem Setting, lohnend. Der Effekt ist unmittelbar am Folgetag beobachtbar; er hält allerdings meist nur kurzfristig an. 5 Durchführung: Die Behandlung erfolgt meist in Serien (1- bis 2-mal pro Woche). Dabei wachen die Patienten entweder die ganze Nacht (vollständiger Schlafentzug) oder die zweite Nachthälfte hindurch (partieller Schlafentzug). Während der Schlafentzugsnacht und am Folgetag darf keine (auch nicht eine vorübergehende) Schlafperiode eintreten. Eine Durchführung in Gruppen erleichtert das Wachbleiben. Auf eine Gabe schlafanstoßender Medikamente sollte vor der Schlafentzugstherapie möglichst verzichtet werden. 5 Zur Erhaltung des Schlafentzugeffekts kann eine Schlafphasenvorverlagerung sinnvoll sein. Hierbei wird versucht, den gestörten SchlafWach-Rhythmus im Anschluss an einen kompletten Schlafentzug durch stundenweise Vorverlagerung der Schlafphase im Verlauf von einer Woche wieder zu normalisieren. 5 Nebenwirkungen: Eine Erniedrigung der Krampfschwelle mit der Möglichkeit zerebraler Krampfanfälle sollte bei Patienten mit erhöhtem
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Risiko für zerebrale Krampfanfälle berücksichtigt werden. Bei schweren depressiven Syndromen mit Suizidalität oder wahnhaften Symptomen kann es zu einer Verschlechterung kommen. Lichttherapie Die Patienten werden täglich einer Lichtquelle mit artifiziellem weißem Licht ausgesetzt. Der Wirkmechanismus ist noch ungeklärt; es wird eine Normalisierung (phase advance) von zirkadianen Rhythmen, die in der Depression verzögert sein sollen, postuliert. Gleichzeitig können Antidepressiva verordnet werden. Ob über die SAD hinaus bei der depressiven Episode grundsätzlich eine Indikation zur Lichttherapie besteht, ist zurzeit noch nicht geklärt; für die additive Therapie wird zumeist ein Vorteil gesehen. 5 Durchführung: Je nach Stärke der künstlichen Lichtquelle erfolgt eine Exposition über 30–120 min/d (10.000 Lux für 30 min, 2500–6000 Lux für 60–120 min), bevorzugt morgens zwischen 6 und 8 Uhr, über 2–4 Wochen. Ein einstündiger täglicher Spaziergang am Morgen über mehrere Wochen soll einen ähnlichen Effekt haben. 5 Nebenwirkungen: Über Risiken für die Augen wird nicht berichtet, dennoch ist eine vorherige augenärztliche Kontrolle anzuraten. Es kann zu Beginn über Kopfschmerzen, Sehstörungen, überanstrengte Augen, Übelkeit und Müdigkeit geklagt werden, außerdem über Menstruationsunregelmäßigkeiten. Sehr selten sind leichte manische Symptome. Lichttherapie sollte nicht angewendet werden bei gleichzeitiger Gabe von zu einer Photosensibilisierung führenden Medikamenten (TZA, Hypericum, Phenothiazine). Bewegungstherapie Es gibt zwar eine Reihe neuer Befunde, die einen genuinen antidepressiven Effekt für regelmäßige körperliche Aktivitätsprogramme beschreiben, nach einer Metaanalyse sind die Ergebnisse aber nicht signifikant. Es fehlen auch abgesicherte Trainingsprogramme, die eine Überforderung des depressiven Patienten ausschließen. Stimulationsverfahren Elektrokrampfbehandlung (EKB) Wirksamkeit und gute Verträglichkeit der EKB sind bei sachgemäßer Durchführung belegt (die Entstehung struktureller zerebraler Läsionen wurde bei sachgemäßer Anwendung nicht beobachtet). Eine Stellungnahme der Bundesärztekammer zur EKB findet sich unter: http://www.aerzteblatt. de/v4/archiv/artikel.asp?id=35741. Ein Vorteil der EKB liegt im raschen Therapieerfolg. 5 Wichtigste Indikationen: schwere gehemmte Depression (auch mit Suizidalität), Depression mit psychotischen Merkmalen, therapieresistente Depression. Schizophrenie 7 3.12.4.
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5 Gefahren und Nebenwirkungen: Anästhesierisiko; kognitiv-amnestische Störungen, Herzfrequenz- und Blutdruckerhöhung (meist passager). Bei Patienten mit erhöhtem intrakraniellen Druck ist die EKB kontraindiziert. Relative Kontraindikationen sind kardiovaskuläre Erkrankungen. 5 Durchführung: EKB wird mit Applikation von Kurzpulsstimuli in Kurzzeitvollnarkose und Muskelrelaxation durchgeführt. Die Durchführung der EKB erfolgt bevorzugt stationär. 5 Unilaterale Stimulation über der nichtdominanten (rechten) Hemisphäre zu Behandlungsbeginn ist zu bevorzugen (weniger mnestische Störungen), begleitende EEG-Ableitungen sind sinnvoll. Bei unilateraler Stimulation ist für die wirksame Behandlung eine ca. 6-fache Ladung der Krampfschwelle notwendig. Bei bitemporaler Stimulation reicht die einfache Auslösung eines generalisierten Krampfanfalls meist aus. Für die bitemporale Behandlung wurden ein schnellerer Wirkungseintritt und/oder eine bessere Wirksamkeit beschrieben. 5 Behandlung in Serien von 6–12 Sitzungen an nicht aufeinanderfolgenden Tagen (z. B. Montag, Mittwoch, Freitag). Meist ist eine Erhöhung der Ladung im Behandlungsverlauf wegen einer steigenden Krampfschwelle notwendig. 5 Ob eine begleitende medikamentöse antidepressive Behandlung Vorteile erbringt, ist anhand der gegenwärtigen Studienlage unklar und muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der zu erwartenden antidepressiven Wirksamkeit, der möglichen Eignung als Erhaltungstherapie sowie der NW in Zusammenhang mit der EKB (s. unten) entschieden werden. In einer kürzlich publizierten kontrollierten Studie erwies sich eine begleitende Gabe von Nortriptylin und Venlafaxin als gut verträglich; für die Kombination aus Nortriptylin und EKB zeigten sich positive Effekte auf die depressive Symptomatik sowie auf kognitive Funktionen. 5 Nach erfolgreicher Behandlung ist eine Erhaltungstherapie, meist mit einem Antidepressivum, notwendig, da sonst hohe Rückfallquoten zu befürchten sind. Vorteile für Paroxetin wurden beschrieben; in einer weiteren Studie war die Kombination aus Nortriptylin und Lithium der alleinigen Gabe von Nortriptylin in der Erhaltungstherapie überlegen. Erfahrungen aus kontrollierten Untersuchungen mit EKB als Erhaltungstherapie sind noch gering. ! BZD und Antikonvulsiva sollten vor der EKB weitestmöglich reduziert
werden. Allerdings ist EKB auch unter antiepileptischer Medikation möglich, manchmal sogar notwendig. Cave: gleichzeitige Gabe von Lithium, Clozapin und Bupropion (Verlängerung der Anfallsaktivität) sowie Tranylcypromin (Narkoserisiko).
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Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) Nichtinvasives Verfahren, bei dem kortikale Neurone mit kurz dauernden Magnetfeldern hoher Intensität stimuliert werden. Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass repetitive Stimulationen des (bevorzugt linken) präfrontalen Kortex antidepressive Wirkungen, möglicherweise über eine Erhöhung des serotonergen Tonus, haben können. 5 rTMS ist nicht zugelassen. Bezüglich der Wirksamkeit bei depressiven Störungen ist die Datenlage uneinheitlich; bezüglich der Stimulationsparameter ist die Vergleichbarkeit einzelner Studien gering. Vorteile bestehen in einer guten Verträglichkeit. EKB ist rTMS überlegen; im Vergleich zu EKB ist rTMS unter den Stimulationsverfahren gegenwärtig als Therapie der 2. Wahl anzusehen. Vagusnervstimulation (VNS) Nach operativer Implantation eines Schrittmachers, der an den linken N. vagus angeschlossen wird, erfolgt eine intermittierende repetitive Stimulation, die über Mittelhirnstrukturen zu limbischen und kortikalen Arealen geleitet werden soll. Es wird vermutet, dass es durch die Stimulation zu einer Normalisierung dieser hyperaktiven Areale kommt. 5 Trotz einiger Erfolg versprechender Ergebnisse ist die VNS zur klinischen Anwendung noch nicht ausgereift. Tiefe Hirnstimulation Die tiefe Hirnstimulation in der Behandlung von schweren, therapieresistenten depressiven Episoden und von Zwangsstörungen befindet sich noch im experimentellen Stadium. 1.4.3 Panikstörung mit/ohne Agoraphobie Die Panikstörung ist gekennzeichnet durch rezidivierende, paroxysmal auftretende Angstzustände mit vegetativen Begleitsymptomen (Herzklopfen, Atemnot, Schwindel, Übelkeit); initial oft unerwartet (spontan), später auch durch angstvoll besetzte Situationen auslösbar. Oft findet sich die Ausbildung von Vermeidungsverhalten/Agoraphobie. Auch für die Panikstörung wird eine Assoziation mit kardiovaskulären Erkrankungen sowie ein erhöhtes Risiko für Myokardinfarkte und die Entwicklung einer KHK beschrieben (7 1.4.1, Depression und körperliche Erkrankungen), was insbesondere im Hinblick auf die sich teils überschneidende Symptomatik (z. B. Engegefühl im Brustbereich und Luftnot) von Bedeutung ist. Bei der Panikstörung sollte schon vor Beginn der Akutbehandlung abgewogen werden, ob der Patient auch längerfristig zu der gewählten Therapieform steht. Es ist davon auszugehen, dass die Panikstörung eine chronische Erkrankung ist, sodass eine längerfristige Behandlung notwendig werden kann (s. unten). 5 Antidepressiva sind bei der medikamentösen Behandlung der Panikstörung zu bevorzugen, zumal oft auch depressive Störungsbilder
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parallel vorhanden sind. Besonders gut untersucht sind Imipramin, Clomipramin, SSRI und irreversible MAOH. Wegen der guten Verträglichkeit bieten sich SSRI und Venlafaxin als 1. Wahl an. Zugelassen sind Venlafaxin, unter den SSRI Citalopram, Escitalopram, Paroxetin und Sertralin sowie unter den TZA Clomipramin. Die Dosierung sollte langsam einschleichend erfolgen. Empfohlene Initialdosen pro Tag: Citalopram 10 mg, Escitalopram 5 mg, Fluoxetin 5–10 mg, Fluvoxamin 50 mg, Paroxetin 10 mg, Sertralin 25 mg, Venlafaxin 37,5 mg. Zieldosis: Citalopram 20–40 mg, Escitalopram 10‒20 mg, Fluoxetin 20 mg, Fluvoxamin 150 mg, Paroxetin 20–40 mg, Sertralin 50–100 mg, Venlafaxin 75‒150 mg. Bei Clomipramin können Tagesdosen von 30–60 mg ausreichen. Zunächst ist mit unerwünschten Wirkungen und erst nach 2–4 Wochen mit einem gewünschten Therapieeffekt zu rechnen; hierüber muss der Patient informiert werden, um die Compliance zu sichern. Derzeit sind zur Behandlungsdauer keine allgemeinen Empfehlungen möglich. In der Regel wird nach erfolgreicher medikamentöser Behandlung die Fortführung der Gabe von Antidepressiva über 1–2 Jahre empfohlen. So konnte gezeigt werden, dass bei Weiterführung der Erhaltungstherapie mit Antidepressiva in einem hohen Prozentsatz der Behandlungserfolg beibehalten wird. Für Imipramin konnte gezeigt werden, dass die Rückfallrate nach Absetzen der Medikation dann niedriger ist, wenn zuvor eine 18-monatige statt einer 6-monatigen Erhaltungstherapie durchgeführt wurde. BZD (z. B. Alprazolam, Clonazepam, Lorazepam) haben den Vorteil eines schnellen Wirkungseintritts; der Nachteil liegt bei langfristiger Anwendung in der Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung (7 4.6.1). Bei schwerer Panikstörung kann eine überlappende Behandlung mit BZD indiziert sein (Beginn mit beiden Substanzklassen, nach 2–4 Wochen Ausschleichen des BZD). Zu vermeiden sind β-Rezeptorenblocker. Bei ungenügendem Ansprechen kann eine vorübergehende Fortführung der Behandlung mit gleichbleibender Dosis, eine Dosisoptimierung, eine Augmentation z. B. mit BZD, eine Kombination mit KVT oder ein Präparatewechsel versucht werden. Welche der verschiedenen Vorgehensweisen bei Therapieresistenz vorzuziehen ist, kann anhand der derzeitigen Studienlage nicht entschieden werden.
Antipsychotika und Angsterkrankungen 7 3.4.7 Psychotherapie und Kombinationstherapie bei der Panikstörung Die Verhaltenstherapie (VT) zeigt in dieser Indikation eine gut belegte Wirksamkeit, besonders bei sachgerechtem Einsatz von Expositions- und Konfrontationsübungen. Der Vorteil der VT liegt in der aktiven Teilnahme,
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dem Erlernen der Selbstexposition und den oft anhaltenden Effekten, auch nach Abschluss der Akuttherapie. In einer neuen RCT bei 150 Patienten mit Panikstörung (die Hälfte mit Agoraphobie) war die Kombination verschiedener SSRI mit KVT (18 Sitzungen) einer alleinigen KVT klar überlegen; gegenüber einer Monotherapie mit SSRI zeigten sich geringfügige Vorteile für eine Kombinationstherapie. Pharmako- und Psychotherapie – Bewertung
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5 Bei einer Panikstörung mit/ohne Agoraphobie ist die Kombinationstherapie von VT und SSRI Mittel der 1. Wahl. Dies gilt insbesondere für schwere oder chronische Panikstörungen, mit und ohne begleitende Depression. 5 Falls eine Kombinationstherapie nicht möglich ist, sind SSRI allein Mittel der 2. Wahl (nicht aber VT allein). 5 Da nach Absetzen von Antidepressiva das Risiko für einen Rückfall steigt, ist im Rahmen einer Erhaltungstherapie eine VT indiziert. Empfohlen werden Auffrischungssitzungen (Booster-Sessions).
1.4.4 Generalisierte Angststörung Die generalisierte Angststörung (GAS) ist gekennzeichnet durch unrealistische oder übertriebene Angst und Besorgnis über Belange des Alltags (Beruf, Finanzen, Angehörige und Partner); damit verbunden sind Hypervigilanz, vegetative Übererregbarkeit, erhöhte Aufmerksamkeit und motorische Anspannung. Die Symptome sind oft chronisch mit fluktuierender Intensität. 5 Antidepressiva waren in kontrollierten Studien wirksam; zugelassen sind hierbei Duloxetin, Escitalopram, Paroxetin und Venlafaxin. Der Wirkungseintritt erfolgt meist innerhalb von 2–4 Wochen; bevorzugt sprechen psychische Symptome der Angststörung auf Antidepressiva an (chronische Besorgtheit, Anspannung, Grübelneigung, Ängste im interpersonellen Bereich). Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen SSRI und SNRI scheint es nicht zu geben; Escitalopram (10 mg) hatte Vorteile gegenüber Paroxetin (40 mg). Es gibt erste Hinweise für eine Wirksamkeit von Agomelatin. 5 Die Dosierung der Antidepressiva entspricht weitestgehend mit einigen Ausnahmen (Paroxetin eher 40 mg/d, Venlafaxin schon ab 75 mg/d) der Behandlung depressiver Störungen. Escitalopram 20 mg war nicht besser als 10 mg. 5 Pregabalin ist eine neue Therapieoption für die Behandlung der GAS (7 4.2 und 7 4.11, Präparat). 5 Buspiron ist als nichtsedierendes Anxiolytikum wirksam; langsamer Wirkungseintritt wie bei Antidepressiva (7 4.2 und 7 4.11, Präparat). 5 BZD zeigen bei raschem Wirkungseintritt (wichtig bei Krisenintervention) eine gute Wirkung insbesondere auf somatische Angstsymptome.
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Wegen des chronischen Charakters der Störung ist allerdings von der Notwendigkeit einer längerfristigen Behandlung (1–2 Jahre) auszugehen. Bei einem langfristigen Einsatz von BZD ist an das Problem einer Abhängigkeitsentwicklung zu denken (7 4.3). 5 Nicht indiziert sind KAP; es gibt aber positive Studien zu AAP bei der GAS, insbesondere für Quetiapin (7 3.4.7). Quetiapin (50–150 mg/d) kann derzeit trotz nachgewiesener Wirksamkeit aufgrund möglicher NW insbesondere in der Langzeittherapie nicht als Therapieoption der 1. Wahl bei der GAS empfohlen werden; im Einzelfall kann eine Gabe in dieser Indikation jedoch sehr sinnvoll sein. Psychotherapie und Kombinationstherapie bei GAS 5 Psychotherapeutische Verfahren sind wirksam zur Bearbeitung von ängstlich-dysfunktionalen Kognitionen (kognitive Umstrukturierung). Insbesondere für die KVT wurde die Wirksamkeit bei der GAS gezeigt. Über vergleichende Effekte zwischen Psychotherapie und Antidepressiva gibt es noch zu wenige Daten. 5 Bei schweren und chronischen Formen sind Antidepressiva, möglichst in Kombination mit KVT, indiziert. 1.4.5 Angst und depressive Störung, gemischt Es liegen Angst und Depression gleichwertig in relativ milder Ausprägung vor, ohne dass die Kriterien für eine Angststörung oder eine depressive Episode erfüllt werden. Zumindest vorübergehend treten einige vegetative Symptome wie Herzklopfen, Mundtrockenheit, Tremor etc. auf. 5 Wie bei der subsyndromalen Depression (7 1.4.1.) ist der Nutzen von Antidepressiva umstritten. 5 Zunächst kann das Vorgehen in Zuwarten, in unspezifischen, problemorientierten und stützenden Gesprächen, in Aktivitätenaufbau oder auch in einer spezifischen psychotherapeutischen Behandlung bestehen. 5 Im Einzelfall kann z. B. bei hohem Leidensdruck oder früheren depressiven Episoden auch ein medikamentöser Behandlungsversuch mit SSRI sinnvoll sein. 1.4.6 Phobische Störungen Eher ungefährliche Situationen oder Objekte werden gemieden oder unter Angst ertragen. Die Ängste reichen von leichten Befürchtungen bis hin zu panischer Angst. Bei der sozialen Phobie steht die anhaltende Angst vor Bewertungen im Vordergrund, sodass schließlich soziale Situationen gemieden werden. Die spezifische Phobie wird durch bestimmte Situationen, wie Höhen und Objekte, oder durch Tiere ausgelöst. 5 Die Agoraphobie tritt häufig zusammen mit Panikattacken auf; die Behandlung erfolgt dann wie bei der Panikstörung mit/ohne Agoraphobie (7 1.4.3).
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5 Bei der sozialen Phobie sind aufgrund der Wirksamkeit und des günstigen NW-Profils SSRI oder SNRI (Venlafaxin) Mittel der 1. Wahl, zugelassen sind dabei Venlafaxin, Paroxetin, Sertralin und Escitalopram. Mehrere Studien haben auch die Wirksamkeit von MAOH bei der generalisierten Form der sozialen Phobie gezeigt (zugelassen: Moclobemid), sie sind aber den SSRI unterlegen. Auch Gabapentin und Pregabalin zeigen Wirksamkeit. 5 Wirksam sind daneben BZD (z. B. Clonazepam), sie sind den Antidepressiva deutlich unterlegen und sollten möglichst nur vorübergehend verordnet werden (7 4.4.2). 5 Stehen bei der sozialen Phobie körperliche Symptome wie Zittern oder Schwitzen im Vordergrund, können β-Rezeptorenblocker indiziert sein (7 4.2); der Wirksamkeitsnachweis ist aber nicht überzeugend. 5 Bei den spezifischen (isolierten) Phobien stehen psychotherapeutische Verfahren im Vordergrund, eine psychopharmakologische Behandlung erfolgt nur selten. Im Falle einer psychopharmakologischen Behandlung sollten die neuen Antidepressiva verwendet werden. Psychotherapie und Kombinationstherapie bei phobischen Störungen 5 Expositionstherapie und kognitive Verfahren sind allein und in Kombination mit Antidepressiva gut wirksam. 5 Bei den spezifischen Phobien besteht eine klare Präferenz für die VT. 5 Bei den phobischen Störungen konnte eine generelle Überlegenheit oder Unterlegenheit der Kombination von Psychotherapie und Psychopharmakotherapie gegenüber der alleinigen VT nicht festgestellt werden. Es fehlen aussagekräftige Vergleichsstudien. 1.4.7 Zwangsstörung Eine Zwangsstörung ist gekennzeichnet durch wiederkehrende, als unsinnig oder quälend erlebte Zwangsgedanken und/oder -handlungen. Zwangsgedanken betreffen besonders aggressive, religiös-blasphemische und sexuelle Gedankeninhalte, ferner Themen der Symmetrie, Kontamination und des Hortens. Zwangshandlungen umfassen Kontroll-, Ordnungs-, Zähl-, Wiederholungs-, Reinigungs- und Sammelzwänge. 5 Überzeugende Wirksamkeitsnachweise sind für Antidepressiva mit überwiegender oder selektiver 5-HT-Wiederaufnahmehemmung vorhanden (zugelassen: Clomipramin, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin). Da kein Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Clomipramin und den SSRI besteht, gelten SSRI aufgrund der besseren Verträglichkeit als Mittel der 1. Wahl. In einer Studie ist auch für Venlafaxin eine Wirksamkeit gezeigt worden. 5 In einer kürzlich publizierten RCT zeigten sich erstmals Hinweise für einen möglichen Vorteil des Beginns der Behandlung mit einer Kombination aus SSRI und AAP; so erwies sich ein erster Therapieversuch
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mit Citalopram plus Quetiapin einer Monotherapie mit Citalopram überlegen. Citalopram plus Mirtazapin zeigte in einer Pilotstudie einen schnelleren Wirkungseintritt. Es sind meist höhere Dosen als in der Depressionsbehandlung notwendig. Dosis langsam auftitrieren. Der Therapieerfolg stellt sich oft erst nach 2–3 Monaten ein. Meist wird nur eine graduelle Besserung von 40–50 % erreicht. Bei der Zwangsstörung ist eine längerfristige medikamentöse Erhaltungstherapie (mindestens 12‒24 Monate) erforderlich; Absetzversuche sollten langsam ausschleichend und möglichst nur unter einer VTKombination erfolgen (s. unten). Bei Therapieresistenz entwickeln sich verschiedene Strategien: − In einer großen kontrollierten Studie war bei SSRI-Non-Respondern das Umsetzen auf einen anderen SSRI (Paroxetin) wirksamer als das Umsetzen auf Venlafaxin. Andererseits konnte in einer anderen Studie gezeigt werden, dass bei Therapieresistenz ein Versuch mit Venlafaxin erwägenswert ist. − Eine Add-on-Therapie von SSRI mit AAP erwies sich in Metaanalysen als wirksam bei therapieresistenter Zwangsstörung. So zeigten sich für eine Add-on-Therapie mit Risperidon 0,5–3 mg gute Ergebnisse; für einen positiven Effekt von Olanzapin (bis 20 mg/d) als Add-on-Therapie gibt es Hinweise. Studien zu SSRI plus Quetiapin sind widersprüchlich. Für eine Add-on-Therapie mit dem KAP Haloperidol ergaben sich positive Ergebnisse vergleichbar denen einer Augmentation mit Risperidon. AAP sollten bei therapieresistenten Zwangsstörungen aufgrund des erhöhten NW-Risikos und der noch nicht gesicherten Wirksamkeit (7 3.6) erst nach einem weiteren Versuch mit einem Antidepressivum und einer VT eingesetzt werden. − In einer kleinen kontrollierten Studie bei Clomipramin (Oral)-NonRespondern war Clomipramin i.v. in 14 Infusionen, beginnend mit 25 mg aufsteigend bis 250 mg, signifikant besser als Plazebo. − Positive Berichte gibt es über die Kombination von SSRI mit Lithium, Buspiron sowie Memantine. − BZD sind in der Regel nicht wirksam; allerdings gibt es eine positive Studie mit Clonazepam. − Die tiefe Hirnstimulation ist bei Zwangsstörungen bisher am meisten und z. T. (ca. 50 %) auch über mehrere Jahre anhaltend erfolgreich angewandt worden. Sie stellt jedoch noch keine abgesicherte Therapieoption dar.
Psychotherapie und Kombinationstherapie bei der Zwangsstörung 5 KVT und ERP (exposure with response prevention, Expositions-Reaktionsverhinderung) scheinen gleich wirksam zu sein.
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5 Ein Vorteil zeichnet sich für die KVT im Vergleich zu Antidepressiva bei Zwangshandlungen ab. 5 Eine Indikation für Antidepressiva parallel zur KVT (oder ERP) ist in der akuten Phase immer dann gegeben, wenn Zwangsgedanken (im Vergleich zu Zwangshandlungen) vorherrschen, eine Komorbidität mit einer Depression oder mit Angststörungen besteht oder die Störung schwer ist. 5 KVT und SSRI sind bei Horten und sexuellen bzw. religiösen Obsessionen nur mäßig wirksam. 5 Die VT hat einen nachgewiesenen Langzeiteffekt. 5 Ein Absetzen der Antidepressiva sollte bei der Zwangsstörung nicht ohne parallele VT erfolgen, weil sonst eine Rückfallquote von ca. 80 % riskiert wird. 5 Eine Indikation für eine alleinige medikamentöse Therapie ist dann gegeben, wenn eine Motivation für eine VT nicht besteht oder die Wartezeiten dafür zu lang sind. 1.4.8 Posttraumatische Belastungsstörung Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist ein Störungsbild, das sich in der Regel innerhalb von 6 Monaten nach einem traumatisierenden Ereignis von außergewöhnlicher Schwere entwickelt und sich in wiederholten, sich aufdrängenden Erinnerungen oder Wiederinszenierungen des Ereignisses in Gedächtnis, Tagträumen oder Albträumen äußert, die von starker Angst oder einem Gefühl der Hilflosigkeit geprägt sind. Dabei entwickeln sich häufig emotionaler und sozialer Rückzug, Gefühlsabstumpfung, Vermeidungsverhalten bezüglich an das Trauma erinnernder Stimuli, anhaltende Hypervigilanz, Schlafstörungen und kognitive Verzerrungen. Bei der PTBS finden sich im Gegensatz zur Depression erniedrigte Kortisolspiegel (s. auch SAD, 7 1.4.1). Mit dem Ansteigen der Symptome findet sich, unabhängig von der begleitenden Depression, eine Assoziation zu Herz-KreislaufErkrankungen (7 1.4.1, Depression und körperliche Erkrankungen). 5 Die meisten positiven Ergebnisse liegen zu Paroxetin und Sertralin vor (beide zugelassen). Daneben zeigen Studien für Mirtazapin und Venlafaxin eine gute Wirkung. Insgesamt sind die Erfolge mit Antidepressiva bei der PTBS nicht so gut wie bei der Depression. 5 Mit niedriger Dosis beginnen, dann mindestens 8 Wochen (eher hohe) Erhaltungsdosis. Unter SSRI kommen Albträume vor. 5 Es gibt Empfehlungen zu einer 1- bis 2-jährigen Behandlungsdauer; nach Absetzen ist das Risiko für einen Rückfall größer. Die längste kontrollierte Studie mit Venlafaxin war über 6 Monate (mäßiggradig) effektiv. 5 Bei PTBS mit psychoseähnlichen Zuständen können zusätzlich AAP hilfreich sein (7 3.4.7), für Olanzapin und Quetiapin liegen Hinweise auf eine positive Beeinflussung von Schlafstörungen bei PTBS vor. Bei Aggression kann eine Behandlung mit Valproinsäure versucht werden.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 BZD sind bei vorherrschenden Panik- und Schlafstörungen vorübergehend indiziert, nicht aber als längerfristige Monotherapie. 5 Der α1-Antagonist Prazosin (Adversuten®, 1–20 mg) zeigt positive Effekte auf Albträume und Schlafstörungen bei PTBS (in dieser Indikation nicht zugelassen). Psychotherapie und Kombinationstherapie bei der PTBS 5 Die traumafokussierte KVT ist eine bewährte Therapie, insbesondere scheint das Expositionselement wichtig zu sein. EMDR (eye movement desensitization and processing) ist eine Variante des Konfrontationsverfahrens mit suggestiven (hypnotischen) Anteilen und ebenfalls wirksam. 5 In einer Follow-up-Studie konnte zwar beim Vergleich zwischen Fluoxetin und EMDR während der Akutbehandlung kein Unterschied festgestellt werden, nach 6 Monaten allerdings war EMDR signifikant dem Antidepressivum überlegen. 5 Noch unklar ist der beste Zeitpunkt einer psychotherapeutischen Intervention, insbesondere im Hinblick auf Möglichkeiten der Prävention einer PTBS. Nach einer Studie profitieren Patienten, die eine akute Belastungsreaktion entwickelt haben, von einer frühen Expositionsbehandlung; sie entwickeln seltener eine PTBS. In zwei anderen Studien wird darauf hingewiesen, dass es in den ersten Wochen nach einer traumatischen Erfahrung (allerdings ohne Entwicklung einer akuten Belastungsreaktion) meist zur Spontanrückbildung der anfänglichen Symptomatik kommt und eine Frühintervention zu keinen positiven Effekten führt. In einer neuen Metaanalyse ergaben sich für frühe, innerhalb von 3 Monaten nach dem Ereignis beginnende psychotherapeutische Interventionen keine protektiven Effekte bezüglich der Entwicklung einer PTBS, sondern vielmehr Hinweise für mögliche negative Folgen. In einer weiteren aktuellen Metaanalyse zeigten sich einzig für Patienten mit akuten Belastungsreaktionen oder einer PTBS positive Effekte einer frühen, traumafokussierten KVT auf die bestehende Symptomatik, während sich keine Effekte für Traumaopfer unabhängig vom Vorliegen einer akuten Belastungsreaktion oder PTBS fanden. Pharmako- und Psychotherapie bei der PTBS – Bewertung
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5 Therapie der 1. Wahl sind bei leichteren Störungen psychotherapeutische Verfahren. Die traumafokussierte KVT ist eine bewährte Therapie, EMDR ist ebenfalls wirksam. 5 Bei schweren Formen sollten gleich zu Beginn psychotherapeutische Verfahren mit einem SSRI kombiniert werden. 5 Eine frühe, innerhalb von 3 Monaten nach dem Ereignis beginnende traumafokussierte KVT sollte Patienten angeboten werden, die bereits in dieser frühen Phase die Zeichen einer akuten Belastungsreaktion oder PTBS zeigen.
1.4 · Indikationen
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1
1.4.9 Somatoforme Störungen Der Begriff umfasst je nach Diagnosesystem verschiedene Störungsbilder, bei denen körperliche Beschwerden im Vordergrund stehen, für die keine (ausreichende) organische Erklärung gefunden wird. Medizinische Untersuchungen werden trotz negativer Ergebnisse hartnäckig gefordert, psychische Ursachen werden negiert. In der Simultandiagnostik sollen organische und psychosoziale Faktoren berücksichtigt werden. 5 Trotz hoher Prävalenz der Störungsgruppe beruhen Therapieempfehlungen auf Beobachtungen aus Studien mit affektiven oder psychotischen Störungen und Angstsyndromen, jeweils mit begleitenden somatischen Symptomen. 5 Psychotherapeutische Interventionen, besonders KVT, sind erste Therapieoption. Das Erlernen von Entspannungsübungen und körperliche Aktivität ergänzen die Therapie. 5 Am schwierigsten ist die Abgrenzung zu depressiven Störungen mit somatischen Symptomen. Bei beiden Störungen sind Antidepressiva oft wirksam. 5 Häufig bestehende Begleitsymptome wie Anspannung oder Angst rechtfertigen einen vorübergehenden Einsatz von BZD. Zur längerfristigen Behandlung sollten aber Antidepressiva oder Opipramol vorgezogen werden. 5 Für die körperdysmorphe Störung, eine Unterform der hypochondrischen Störung, wird über Behandlungserfolge unter SSRI berichtet. In einer Studie war Fluoxetin Plazebo überlegen, besonders bei körperbezogenem Wahn. ! Problematisch ist der immer noch verbreitete langfristige Einsatz von
Depot-Antipsychotika (z. B. Fluspirilen) mit dem Risiko von Spätdyskinesien. Auch für Fluspirilen fehlen kontrollierte Studien zu operationalisiert definierten somatoformen Störungen.
1.4.10 Schmerzsyndrome Ein Drittel der depressiven Patienten leidet unter Schmerzen. Bei 20 % von ihnen wird eine Depression nicht erkannt. Die Hälfte aller Patienten mit Schmerzsyndromen zeigt eine komorbide depressive Störung oder Angststörung. Antidepressiva beeinflussen Schmerzen im Rahmen der antidepressiven Therapie positiv. Darüber hinaus haben sie einen antinozizeptiven Effekt, der von der antidepressiven Wirkung weitgehend unabhängig zu sein scheint. 5 Antidepressiva können erfolgreich zur symptomatischen Behandlung chronischer Schmerzzustände unterschiedlicher Ätiologie eingesetzt werden; die gleichzeitige Gabe von Analgetika kann oft reduziert werden. Mögliche Indikationen sind Schmerzsyndrome bei Krebserkrankungen, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Kopfschmerzen, Lumbalgien, Polyneuropathien (z. B. diabetisch), neuralgiforme
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Schmerzen (Postzosterneuralgie, Trigeminusneuralgie) und Thalamusschmerz. Antidepressiva sind auch bei Zosterschmerz, besonders als Augmentation zur Opioidanalgesie, wirksam. Eine Toleranzentwicklung besteht nicht. 5 TZA sowie duale Antidepressiva (Duloxetin, Mirtazapin, Venlafaxin) mit kombinierter serotonerger und noradrenerger Wirkung sollen besser wirksam sein als SSRI, vermutlich deshalb, weil beide Neurotransmittersysteme interaktiv über Interneurone in die deszendierende zentrale Hemmung der Schmerzleitung eingebunden sind. Metaanalysen ergeben sehr widersprüchliche Ergebnisse, einmal zur Wirksamkeit der SSRI bei dieser Indikation überhaupt, zum anderen auch zum Vorteil der dualen Antidepressiva. 5 In einer kürzlich publizierten RCT zeigte eine antidepressive Behandlung in Verbindung mit einem Selbstmanagement-Programm zur Schmerzbewältigung bei Patienten mit Depression sehr gute Wirkung in Bezug sowohl auf die depressive Symptomatik als auch auf die Schmerzsymptomatik. Neuropathischer Schmerz Bei neuropathischen Schmerzen sind unter den TZA Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin und Imipramin, unter den SNRI Duloxetin (für Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie) zugelassen. Auch Venlafaxin (SNRI), Nortriptylin, Maprotilin, Gabapentin (Neurontin®), Pregabalin (7 Kap. 4) und mit Einschränkungen Carbamazepin und Lamotrigin (7 Kap. 2) sind wirksam (von diesen zugelassen: Gabapentin, Pregabalin, Carbamazepin). Dabei zeigt Lamotrigin keine überzeugende Wirksamkeit bei der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie, jedoch bei postischämischen zentralen Schmerzsyndromen oder nach Rückenmarksläsionen. Carbamazepin ist wirksam in der Behandlung der Trigeminusneuralgie, in Bezug auf andere neuropathische Schmerzen ist die Datenlage uneinheitlich. Duloxetin ist für Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie wirksam. Für Bupropion, Citalopram und Paroxetin liegt jeweils eine plazebokontrollierte Studie mit positivem Ergebnis vor. 5 Als Therapie der 1. Wahl gelten Antidepressiva (s. oben), Gabapentin und Pregabalin. Die Kombination aus Nortriptylin und Gabapentin zeigte sich in einer RCT wirksamer als die jeweilige Monotherapie in der Behandlung neuropathischer Schmerzen. Rezidivprophylaxe bei Migräne 5 In der Rezidivprophylaxe der Migräne sind neben β-Adrenozeptorantagonisten (z. B. Propranolol), Valproat, Topiramat, Kalziumantagonisten und 5-HT2B-Rezeptorantagonisten auch Antidepressiva mit gutem Erfolg eingesetzt worden. Da eine hohe Komorbidität mit Depression und Angststörungen besteht, sind Antidepressiva besonders bei parallelen depressiven oder ängstlichen Störungsbildern vielversprechend.
1.4 · Indikationen
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Positive Studienergebnisse zur Migräneprophylaxe liegen vor für Amitriptylin, Escitalopram, Nortriptylin und Venlafaxin (beste Studienlage gegenwärtig für Venlafaxin). Escitalopram und Venlafaxin zeigten in einer kürzlich publizierten Studie positive Effekte bei Patienten ohne komorbide depressive Störungen. ! Der Einsatz von Antidepressiva könnte theoretisch den Einsatz von 5-HT-
Agonisten (etwa von Triptanen wie Sumatriptan, Zolmitriptan, Naratriptan, Rizatriptan) in der Akutbehandlung des Migräneanfalls wegen der Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms einschränken.
Fibromyalgiesyndrom (FMS) Das FMS zeichnet sich durch chronische (über mindestens 3 Monate anhaltende), polytope Schmerzen oder Steifheit im Stütz- und Bewegungsapparat sowie druckschmerzhafte Muskelansätze an typischen Stellen (tender points) aus. Zusätzlich treten oft Kopfschmerzen, Erschöpfbarkeit, Schlafstörungen, neuropsychiatrische Symptome, gastrointestinale Beschwerden, andere vegetative Symptome (Zyanose der Akren, Dermographismus) oder Schwellungsgefühl an Händen und Füßen auf. Die Ursache ist nicht geklärt, Stress als Auslöser wird vermutet. Häufig findet sich eine begleitende depressive Symptomatik. 5 In der FMS-S3-Leitlinie 2009 wird für eine zeitlich begrenzte medikamentöse Therapie des FMS als Therapie der 1. Wahl (Stufe 1) Amitriptylin 25–50 mg/d empfohlen; bei unzureichender Besserung kann im Weiteren (Stufe 3) Duloxetin 60–120 mg/d, Fluoxetin 20–40 mg/d, Milnacipran (nur zugelassen in Österreich) 100–200 mg/d, Paroxetin 20–40 mg/d oder Pregabalin 150–300 mg/d versucht werden. Dabei hat keines der genannten Präparate eine Zulassung für die Behandlung des FMS; für Amitriptylin liegt eine Zulassung für die »Behandlung chronischer Schmerzen im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts« vor. 5 In einer aktuellen Metaanalyse ergaben sich für TZA (Amitriptylin), SSRI (Fluoxetin, Paroxetin), SNRI (Duloxetin, Milnacipran – nur zugelassen in Österreich) und MAOH (Moclobemid, Pirlindol – nicht im Handel) positive Effekte. Dabei zeigten alle Substanzen Wirksamkeit in Bezug auf Schmerzen. Für Amitriptylin fanden sich zusätzlich positive Effekte auf Fatigue und Schlafstörungen; für Duloxetin und Milnacipran zusätzlich positive Effekte auf Schlafstörungen und depressive Verstimmungen. 5 In Bezug auf den Wirksamkeitsvergleich von TZA und SSRI/SNRI oder MAOH ist die Studienlage uneinheitlich. In einer aktuellen Metaanalyse zeigten sich in Bezug auf Schmerzreduktion für TZA große, für MAOH (Moclobemid, Pirlindol – nicht im Handel) mittlere und für SSRI/SNRI kleine Effektstärken. In der aktuellen Leitlinie wird ein Ein-
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Kapitel 1 · Antidepressiva
satz von MAOH (Moclobemid) bei jedoch insgesamt uneinheitlicher Studienlage nicht empfohlen. 5 Für Mirtazapin und Venlafaxin liegen erste Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit vor. Chronischer Spannungskopfschmerz Bei chronischem Spannungskopfschmerz erwies sich die Kombination von Amitriptylin plus Citalopram oder Mirtazapin als wirksam. Chronische Rückenschmerzen Bei chronischen lumbalen Rückenschmerzen zeigte Duloxetin (120 mg) über 13 Wochen insgesamt keine positive Wirkung. 1.4.11 Chronic-Fatigue-Syndrom Das Chronic-Fatigue-Syndrom ist ein diagnostisch unscharfes Krankheitsbild mit chronischer (mindestens 6 Monate) übermäßiger körperlicher und geistiger Erschöpfbarkeit, begleitet von einer Vielzahl unspezifischer Symptome wie Hals-, Muskel-, Kopf- und Gelenkschmerzen, leichter Temperaturerhöhung, Frösteln, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen oder schmerzhaften Lymphknoten. Die Ursache ist unbekannt; objektivierbare Parameter für die Diagnose gibt es bislang nicht. Es besteht Ähnlichkeit zum Krankheitskonzept der Neurasthenie. Betroffene Patienten leiden oft an depressiven oder somatoformen Störungen sowie Angsterkrankungen. 5 Über Behandlungserfolge mit niedrigen Dosen von TZA (bis 75 mg/d), SSRI und Duloxetin wird berichtet. 1.4.12 Depressive Störungen bei Abhängigkeitserkrankungen Eine komorbid zu einer depressiven Störung vorliegende Alkoholabhängigkeit verlängert die Dauer depressiver Episoden; eine fortbestehende Depression wiederum stellt einen Risikofaktor für einen Trinkrückfall dar. 5 Die Datenlage zur Wirksamkeit von Antidepressiva auf depressive Symptome und auf das Trinkverhalten bei depressiven Patienten mit Alkoholabhängigkeit ist eingeschränkt und uneinheitlich; eine positive Beeinflussung zeigt sich häufiger für depressive Symptome als für das Trinkverhalten. 5 In einer kürzlich publizierten RCT bei depressiven Patienten mit Alkoholabhängigkeit zeigte sich die Kombination aus Sertralin (200 mg/d) plus Naltrexon (100 mg/d) der jeweiligen Monotherapie und Plazebo signifikant überlegen im Hinblick auf die Abstinenzraten, den Zeitpunkt eines Trinkrückfalls sowie die Verträglichkeit. Auch zeigte sich ein Trend zu einer höheren Remissionsrate der depressiven Störung unter der Kombinationstherapie. Antidepressiva werden in der klinischen Praxis auch bei der Behandlung von Entzugssyndromen eingesetzt.
1.4 · Indikationen
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5 Bei Alkohol- und Opiatabhängigkeit kann nur bei leichten Entzugssyndromen Doxepin versucht werden (7 7.2.1 und 7 7.2.3). 5 In der Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit nach erfolgter Entgiftung gibt es positive Studien mit Antidepressiva (7 7.2.1). 5 Bei einer BZD-Abhängigkeit können Antidepressiva adjuvant hilfreich sein (7 4.6.3). 5 Bei einer Abhängigkeit von Stimulanzien (Kokain, Amphetamine, Ecstasy) können Antidepressiva ein depressives Syndrom im Rahmen eines Entzugssyndroms günstig beeinflussen (7 7.2.4 und 7 7.2.5). 1.4.13 Essstörungen 5 Bei Anorexia nervosa liegen keine überzeugenden Wirksamkeitsnachweise von Antidepressiva vor (7 9.2.1). 5 Bei Bulimie ist eine Wirksamkeit von mehreren Antidepressiva gezeigt. Fluoxetin ist zugelassen (7 9.2.2). 5 Bei der Binge-Eating-Störung gibt es mehrere Studien, die Hinweise für eine Wirksamkeit von Antidepressiva geben (7 9.2.3). 1.4.14 Schlafstörungen Schlafstörungen allgemein 7 Kap. 5; Antidepressiva bei Schlafstörungen 7 5.3.1; Hypersomnien 7 Kap. 10. 1.4.15 Klimakterische Beschwerden Hitzewallungen, Schweißausbrüche und depressive Symptome in der Postmenopause zeigten in kontrollierten Studien und Metaanalysen eine Besserung unter Venlafaxin 37,5–75 mg/d, dem aktiven Metaboliten Desvenlafaxin 100 mg/d (in USA zur Behandlung der Major Depression und von Hitzewallungen zugelassen), Paroxetin 10–25 mg/d und Gabapentin 900– 2400 mg/d. Bei z. T. uneinheitlicher Studienlage zeigen auch Sertralin, Citalopram und Fluoxetin Wirkung. Für die Wirksamkeit von Duloxetin, Escitalopram, Mirtazapin und Pregabalin gibt es Hinweise. 5 Therapie der 1. Wahl ist Venlafaxin und nur mit Einschränkungen Paroxetin (s. unten und 7 1.13, Präparat). 5 Bei ungenügendem Ansprechen oder Unverträglichkeiten bieten sich als Therapie der 2. Wahl Citalopram, Fluoxetin, Sertralin oder auch Gabapentin (Neurontin®) an. ! Aufgrund der Inhibition von CYP2D6 durch Paroxetin und Fluoxetin und
der daraus folgenden verminderten Metabolisierung von Tamoxifen (Prodrug) zu seinem aktiven Metaboliten Endoxifen dürfen Paroxetin und Fluoxetin nicht zur Behandlung von Hitzewallungen bei Frauen unter Tamoxifen-Behandlung gegeben werden. Auch sollte keine Kombination von Tamoxifen mit anderen Inhibitoren von CYP2D6 wie z. B. Bupropion, Duloxetin oder Propranolol erfolgen. Risikoarm erscheint eine Kombina-
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tion von Tamoxifen mit Venlafaxin, Citalopram oder Escitalopram (www. kompendium-news.de vom 25.03.10).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
1.4.16 Persönlichkeitsstörungen Bei depressiven und auch anderen Störungen im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen, so bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen, gibt es immer mehr Ansätze, die für eine Wirksamkeit von Antidepressiva sprechen (7 Kap. 12).
4 1.5
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Antidepressiva und Psychotherapie bei der Depression
1.5.1 Gesamtbehandlungsplan der Depression 5 Entsprechend der Motivation des Patienten, der Verfügbarkeit psychotherapeutischer Behandlungsmöglichkeiten und dem Schweregrad der depressiven Episode wird in einem Gesamtbehandlungsplan (7 1.3) der Schwerpunkt auf eine antidepressive Pharmakotherapie und/oder eine psychotherapeutische Behandlung gelegt. Neben der antidepressiven Pharmakotherapie sind bei allen Patienten individuelle Faktoren, die zur Genese oder Aufrechterhaltung der Symptomatik beitragen, zu beachten und ggf. psychotherapeutisch zu behandeln (am häufigsten die Stressoren: Partnerschaftskonflikte, berufliche oder finanzielle Belastungen). 5 Befindet sich ein Patient in psychotherapeutischer Behandlung – mit oder ohne Antidepressivum – und kommt es zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Symptomatik oder auch zu Suizidalität, können im Bedarfsfall BZD gegeben werden (7 1.4.2). Es besteht in der Regel keine absolute Kontraindikation, auch im Rahmen einer längerfristigen VT, BZD vorübergehend zu verordnen. Eine Ausnahme bildet der Konfrontationsversuch im Rahmen einer VT. 5 Da der notwendige und sinnvolle Einsatz einer Pharmakotherapie zur Depressionsbehandlung für viele Patienten nicht von vornherein verständlich und noch immer mit vielen Vorurteilen behaftet ist, ist die Vermittlung eines biopsychosozialen Krankheitsmodells, welches für den Patienten verständlich und akzeptabel ist und den Einsatz sowohl einer medikamentösen Behandlung als auch einer psychotherapeutischen Behandlung und ggf. anderer psychosozialer Maßnahmen zur Linderung psychischer Beschwerden erklärt, unerlässlich. Dies gilt besonders dann, wenn eine langfristige Behandlung mit Antidepressiva notwendig ist (7 1.11), um die Compliance zu erhöhen und Rezidive zu vermeiden. In Bezug auf die Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung bietet sich eine Erklärung biologischer Aspekte von Depressionen z. B. mithilfe des Krankheitsmodells einer »Stoffwechselstörung« an, durch welche analog einer Behandlung eines Diabetes
1.5 · Antidepressiva und Psychotherapie bei der Depression
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oder einer essenziellen arteriellen Hypertonie die Notwendigkeit eines Einsatzes von Antidepressiva zur symptomatischen, aber effektiven Therapie erklärt wird. Ein solches Krankheitsmodell behindert auch den psychotherapeutischen Zugang zu einem Patienten nicht, wenn man mit ihm die verschiedenen Aspekte seines Störungsbildes und deren Bedeutung nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell bespricht. Während die medikamentöse Therapie den biologischen Aspekt der Störung symptomatisch, aber effektiv behandelt, kann z. B. eine KVT den Patienten zunehmend in die Lage versetzen, auf der Ebene seiner Gedanken und des Verhaltens möglichst großen therapeutischen Nutzen aus der erzielten klinischen Besserung zu ziehen und so den Behandlungserfolg aktiv zu verstärken. 5 Es ist wichtig, psychoedukative Elemente in die professionelle Therapie der Depression gerade dann zu integrieren, wenn eine längerfristige Therapie erfolgen muss. Dabei sollen Patient und Angehörige über den typischen Verlauf der Erkrankung und die möglichen Behandlungsstrategien in einer Erhaltungs- und Langzeittherapie informiert sein. Die notwendige Medikation mit ihren möglichen NW und Risiken bei Kombination mit anderen Medikamenten muss dem Patienten vertraut sein. 5 Therapiealternativen können in Familiengesprächen diskutiert werden. Die individuellen Frühsymptome einer neuen depressiven Episode sollten besprochen werden. 5 Es gibt Hinweise, dass auch ein Problemlösetraining, das durch Nichtspezialisten durchgeführt werden kann, bei depressiven Patienten wirksam ist. Dieses ist bei leichten depressiven Störungen eine Alternative, wenn psychotherapeutische Verfahren nicht zur Verfügung stehen. 1.5.2 Psychotherapeutische Verfahren bei Depressionen Die Bedeutung einzelner psychotherapeutischer Verfahren zur Depressionsbehandlung kann nicht ausführlich dargestellt werden. Es werden aber die prinzipiellen Gesichtspunkte erwähnt. 5 Die kurzeitigen Wirkeffekte psychotherapeutischer Verfahren liegen nicht über denen von Antidepressiva. Spezifische Effekte der verschiedenen bekannten Ansätze in der Psychotherapie sind bisher nicht gezeigt worden. 5 Unter den spezifischen psychotherapeutischen Verfahren sind die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) und die interpersonelle Psychotherapie (IPT) auf ihre Wirksamkeit als Monotherapien oder in Kombination mit Psychopharmaka bei Depressionen am besten untersucht; der Wirksamkeitsnachweis ist anerkannt. Der Therapiefokus der IPT liegt auf der Bewältigung psychosozialer Stressoren. 5 Speziell zur Behandlung chronischer Depressionen ist auf der Grundlage kognitiv-behavioraler Techniken die CBASP (cognitive behavioral
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Kapitel 1 · Antidepressiva
analysis system of psychotherapy) entwickelt worden. Im Allgemeinen wird für die Behandlung chronischer Depressionen eine Kombination aus Pharmakotherapie und Psychotherapie empfohlen. Insgesamt besteht aber gerade auf dem Gebiet der Behandlung chronischer Depressionen erheblicher Forschungsbedarf. So zeigte in einer RCT die Kombination aus einer medikamentösen Behandlung und CBASP Vorteile gegenüber der jeweiligen Monotherapie bei chronischer Depression, in einer kürzlich publizierten RCT hingegen ergab eine Augmentation mit CBASP keine Vorteile gegenüber einer alleinigen medikamentösen Behandlung oder einer Augmentation mit unspezifischen, supportiven Gesprächen. 5 Einzelne Wirksamkeitsnachweise liegen für die psychodynamische Kurzzeittherapie und die Gesprächspsychotherapie vor; sie haben aber für die mögliche Therapie der Depression auch in Kombination mit Antidepressiva keine Bedeutung erlangt. 5 Im Rahmen der ambulanten Versorgung depressiver Patienten von den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erstattungsfähig sind in Deutschland die KVT bzw. VT und die tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie. 1.5.3 Antidepressiva und Psychotherapie im Vergleich Besonderes Augenmerk wurde in den letzten Jahren auf den Wirksamkeitsvergleich von Antidepressiva und Psychotherapieverfahren gelegt. Die Ergebnisse lassen sich wegen methodischer Probleme und der Komplexität der Problematik nicht ohne weiteres generalisieren. 5 Metaanalysen kamen zu dem Ergebnis, dass auch bei der Akuttherapie von schweren depressiven Episoden keine signifikante Überlegenheit der Pharmakotherapie gegenüber der Psychotherapie festzustellen ist. Allerdings weisen Ergebnisse einer kürzlich publizierten Studie darauf hin, dass eine KVT nur dann eine der Pharmakotherapie vergleichbare Wirksamkeit erreicht, wenn der Psychotherapeut exzellent ausgebildet ist. Eine Kombinationsbehandlung aus antidepressiver Medikation und IPT oder KVT zeigte sich in Metaanalysen einer alleinigen Psychotherapie bei schweren Depressionen überlegen. In einer prospektiven, multizentrischen, kontrollierten Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit verschiedener, sequenziell angewandter Behandlungsformen bei ambulanten Patienten mit unipolarer Depression (STAR*D-Studie) fand sich bei Patienten, die eine ungenügende Response oder mangelnde Verträglichkeit einer medikamentösen Behandlung mit Citalopram gezeigt hatten, eine den ebenfalls angewandten medikamentösen Switch- und Augmentationsstrategien der 2. Behandlungsstufe vergleichbare Wirksamkeit von KVT allein sowie in Kombination mit Citalopram. 5 Ein Hinweis auf das präferenzielle Ansprechen auf ein psychotherapeutisches Verfahren (CBASP und IPT) scheint Studien zufolge das
1.5 · Antidepressiva und Psychotherapie bei der Depression
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Vorliegen früher Traumatisierungen (wie Missbrauch, früher Elternver-
lust oder familiäre Vernachlässigung) zu sein. 5 Ein Nachteil einer alleinigen psychotherapeutischen Behandlung kann in der im Vergleich zu einer medikamentösen Behandlung längeren (aber nicht unumstrittenen) Wirklatenz gesehen werden. 5 Bei summarischer Bewertung der Studienlage kristallisiert sich als (nicht unwidersprochen gebliebene) Folgerung heraus, dass mit steigender Schwere der Depression doch eine zunehmende Überlegenheit der Pharmakotherapie gegenüber der Psychotherapie zu verzeichnen ist. Bei schweren Depressionen ist in der Regel ein Antidepressivum unverzichtbar. Ebenso kann aber auch bei Vorliegen einer leichten depressiven Episode im Einzelfall der Nutzen einer psychopharmakologischen Intervention erheblich sein. Generell vermitteln klinische Beobachtungen und zunehmend auch Studien den Eindruck, dass eine Kombination aus KVT oder IPT und Antidepressivum einen synergistischen Behandlungseffekt hat. 5 Auch für chronische Depressionen und Dysthymie wird gegenwärtig eine Kombination aus psychotherapeutischen Verfahren (CBASP bzw. KVT/IPT) und Psychopharmakotherapie empfohlen. Die Datenlage ist diesbezüglich jedoch vergleichsweise eingeschränkt. Für die chronische Depression zeigte sich in zwei RCT die Kombination aus CBASP plus Antidepressivum gegenüber der jeweiligen Monotherapie überlegen; in einer kürzlich publizierten Studie fand sich jedoch kein zusätzlicher Vorteil von CBASP im Vergleich zu alleiniger medikamentöser Behandlung oder unspezifischen supportiven Gesprächen. Für Dysthymie und double depression zeigten sich Vorteile einer Kombination aus KVT oder IPT plus Antidepressivum gegenüber der jeweiligen Monotherapie. Im Vergleich zwischen psychotherapeutischen Verfahren und medikamentöser Behandlung erwies sich hier eine alleinige KVT/IPT einer alleinigen medikamentösen Behandlung als unterlegen. 5 Neben der Akuttherapie haben sich psychotherapeutische Verfahren auch in der Erhaltungstherapie und in der Rezidivprophylaxe (7 1.11) als wirksam erwiesen. Die Wirksamkeit scheint allerdings von der Rückfall- bzw. Rezidivneigung der Patienten beeinflusst zu werden. In einer plazebokontrollierten Studie zur Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe bei älteren Patienten mit Major Depression zeigte sich über einen Beobachtungszeitraum von 2 Jahren Paroxetin in der Verhütung eines Rückfalls und eines Rezidivs Plazebo überlegen, während eine alleinige, in monatlichen Abständen durchgeführte IPT diesbezüglich keinen signifikanten Vorteil gegenüber Plazebo erbrachte. Ähnlich zeigte sich in der Rezidivprophylaxe Imipramin einer IPT überlegen. Allerdings ist ein medikamentöser Behandlungserfolg in der Erhaltungstherapie bzw. Rezidivprophylaxe der Depression nur solange gegeben, wie die Pharmakotherapie fortgeführt wird. Bei psychotherapeutischen Verfahren hingegen gibt es Hinweise, dass eine erfolgreiche
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Therapie auch nach ihrer Beendigung einen rezidivprophylaktischen Effekt hat. 5 Auch in der Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe rezidivierend depressiver Störungen zeichnet sich insgesamt ein synergistischer Effekt einer Pharmakotherapie und psychotherapeutischer Verfahren ab. Eine alleinige Erhaltungstherapie mit psychotherapeutischen Verfahren erscheint allerdings einer Studie nach dann unzureichend, wenn zuvor in der Akutbehandlung der depressiven Episode die Gabe eines Antidepressivums zum Erreichen einer Remission notwendig war.
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Pharmako- und Psychotherapie bei der Depression – Bewertung
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5 Bei der Akuttherapie der leichten Depression ist zunächst KVT oder IPT allein indiziert (z. B. Kurztherapie bis zu 8 Sitzungen über 12 Wochen). Voraussetzung ist die Verfügbarkeit und die Bereitschaft des Patienten zu einer spezifischen Psychotherapie. Wenn sie nicht gegeben ist oder wenn ein Erfolg durch Psychotherapie nicht gesehen wird, sollte ein medikamentöser Behandlungsversuch angeboten werden. 5 Handelt es sich aber um die Akuttherapie einer leichten Depression mit einer mindestens mittelschweren Depression in der Vorgeschichte, sollte gleich eine Kombination aus Antidepressivum und KVT oder IPT (z. B. bis zu 20 Sitzungen über 9 Monate) erwogen werden. 5 Bei der Akuttherapie der schweren Depression sollte von Beginn an eine Behandlung mit einem Antidepressivum erfolgen. Die meisten Studien und Metaanalysen belegen, dass eine Kombination aus Psychotherapie und Pharmakotherapie bei schweren depressiven Episoden vorteilhaft ist. Insbesondere bei unzureichendem Therapieerfolg bzw. Therapieresistenz ist die Kombinationstherapie anzustreben. Auch bei der wiederkehrenden Depression mit einem Rezidiv unter einer bestehenden Rezidivprophylaxe mit antidepressiver Medikation ist die zusätzliche KVT oder IPT indiziert. 5 Bei chronischen Depressionen, bei Dysthymie oder bei einer double depression sollte eine Kombination aus psychotherapeutischen Verfahren (CBASP bzw. KVT/IPT) und Psychopharmakotherapie angeboten werden. Sollte eine Kombinationsbehandlung nicht möglich sein, erscheint eine medikamentöse Behandlung einer alleinigen psychotherapeutischen Behandlung überlegen. Bei Vorliegen einer frühen Traumatisierung kann eine Psychotherapie (CBASP) gegenüber einer medikamentösen Behandlung vorteilhaft sein. 5 Bei der Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe sollte KVT oder IPT möglichst in Kombination mit einem Antidepressivum eingesetzt werden. Die Rückfall- bzw. Rezidivrate kann dadurch gesenkt werden. Sollte eine medikamentöse Rezidivprophylaxe beendet werden, kann durch KVT oder IPT das Risiko eines Rezidivs nach Beendigung der Pharmakotherapie signifikant reduziert werden. Auch zeigen KVT/ IPT im Gegensatz zu einer stattgehabten medikamentösen Behandlung 6
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1.6 · Nebenwirkungen
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noch nach ihrer Beendigung nachhaltige Effekte; so liegt die Rezidivrate nach Beendigung einer Psychotherapie unter derjenigen nach Beendigung einer medikamentösen Behandlung. 5 Wenn in der Akuttherapie zum Erreichen einer Remission eine medikamentöse antidepressive Behandlung notwendig war, ist eine Erhaltungstherapie mit Fortführung der medikamentösen Behandlung notwendig und eine alleinige Erhaltungstherapie mit psychotherapeutischen Verfahren nicht ausreichend.
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Nebenwirkungen
Aus dem Ausmaß einer Blockade verschiedener postsynaptischer Rezeptoren sind typische NW abzuleiten (. Tab. 1.2). Die selektive Hemmung der 5-HT- oder NA-Wiederaufnahme führt zu einer Reihe charakteristischer, meist nur vorübergehender NW (. Tab. 1.3). 5 NW treten bevorzugt zu Beginn (2–4 Wochen) einer Therapie auf. Es können einzelne oder alle der genannten Effekte auftreten. 5 Im Verlauf einer Behandlung bilden sich die NW (besonders vegetative Symptome) zurück, ohne dass die Dosierung verändert werden muss. Einige der Effekte können jedoch persistieren (z. B. orthostatische Dysregulation, Mundtrockenheit, sexuelle Störungen). Eine Dosisanpassung oder ein Präparatewechsel kann dann notwendig werden. 1.6.1 Kardiale Nebenwirkungen 5 Wichtigste kardiale Wirkung der TZA ist die Verlangsamung der kardialen Erregungsleitung (AV-Überleitung und His-Purkinje-System). Verantwortlich ist eine (Klasse-IA-Antiarrhythmika-ähnliche) chinidinartige Wirkung mit Blockade des Natriumkanals mit »membran. Tab. 1.2 Nebenwirkungen bei Blockade verschiedener postsynaptischer Rezeptoren Rezeptortyp
Nebenwirkungen bei Rezeptorantagonismus
Muskarinische Acetylcholinrezeptoren
Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, Obstipation, Sinustachykardie, Miktionsstörungen, Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit, Delir
H1-Rezeptoren
Müdigkeit, Sedation, Gewichtszunahme, Verwirrtheit
5-HT2-Rezeptoren
Gewichtszunahme, Sedation
DA-Rezeptoren
Prolaktinanstieg, Libidoverlust, EPS
α1-adrenerge Rezeptoren
Orthostatische Hypotonie, Schwindel, Müdigkeit, reflektorische Tachykardie
H Histamin, 5-HT Serotonin, DA Dopamin, EPS extrapyramidalmotorische Störungen.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
1
. Tab. 1.3 Nebenwirkungen bei Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin (5-HT) und Noradrenalin (NA) (z. B. durch SSRI oder SNRI)
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Hemmung der Wiederaufnahme
Nebenwirkungen
5-HT
Zu Behandlungsbeginn (erste 2–4 Wochen): Appetitminderung, Übelkeit, Diarrhö, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schwitzen, Agitiertheit, sexuelle Funktionsstörungen. Öfter bei langfristiger Therapie persistierend: sexuelle Funktionsstörungen
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Effekt vermittelt durch indirekte Rezeptorstimulation an den Rezeptorsubtypen
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5-HT2A
Ängstlichkeit, Agitiertheit, sexuelle Funktionsstörungen
5-HT2C
Appetitminderung, Reizbarkeit, sexuelle Funktionsstörungen
5-HT3
Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen
NA
Tremor, Tachykardie, Unruhe, Kopfschmerzen, Miktionsstörungen, Schwitzen, Mundtrockenheit
stabilisierender«, erregungsleitungsverzögernder Wirkung. Im EKG resultieren Blockbilder. Vorbestehende Erregungsleitungsstörungen oder gleichzeitige Gabe von Medikamenten, die solche induzieren können, sind daher kontraindiziert. Grundsätzlich gilt auch eine QTcVerlängerung als Risikofaktor; dies insbesondere in Kombination mit Pharmaka, die selbst wiederum zu einer QTc-Verlängerung führen. Bei Tachykardien: Dosisanpassung, ggf. β-Rezeptorenblocker (z. B. niedrige Dosen von Propranolol). Bei orthostatischer Hypotonie: Aufklärung und Beratung zu Verhaltensregeln (rasches Aufstehen vermeiden, bei längerem Stehen Wippen auf den Fußspitzen, Vermeidung von Hitze) sowie Bewegung und Wechselduschen. Bei unzureichendem Erfolg ggf. Dihydroergotamin (z. B. Dihydergot®, bis zu 6 mg/d) oder Etilefrin (z. B. Effortil®). Während einer Therapie mit irreversiblen MAOH (Tranylcypromin) muss eine tyraminarme Diät eingehalten werden, um hypertensive Krisen zu vermeiden. Dies gilt nicht für Moclobemid in den empfohlenen Dosierungen. Unter ansteigender Dosierung von Tranylcypromin tritt öfter eine orthostatische Hypotonie ein (besonders bei älteren Patienten). Ein günstiges NW-Profil bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben SSRI (s. aber auch 7 14.2.2). Dagegen haben SNRI, Bupropion und Reboxetin aufgrund der noradrenergen Komponente stärkeren Einfluss auf das kardiovaskuläre System; insbesondere hypertone Reaktionen sollten bei ihnen beachtet werden. Die Herzfrequenz ist regelmäßig zu überprüfen. Aufgrund von ersten Hinweisen auf eine mögliche, nicht auf Faktoren wie verändertes Essverhalten zurückzuführende Erhöhung des LDLCholesterins um ca. 10 % durch Antidepressiva (berichtet z. B. für Par-
1.6 · Nebenwirkungen
47
1
oxetin, Sertralin sowie Venlafaxin) sollte im Behandlungsverlauf insbesondere bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Kontrolle der Blutfette erfolgen. > CAVE
Keine TZA bei kardialer Vorschädigung; keine Kombination mit Antiarrhythmika und Arzneimitteln, die zur QTc-Verlängerung oder zu Erregungsleitungsstörungen führen. Es ist zu bedenken, dass das Infarktrisiko schon bei Herzgesunden unter TZA verdoppelt ist. Zur Einschätzung kardialer Risiken 7 14.2.
1.6.2 Vegetative Nebenwirkungen 5 Bei stark ausgeprägten anticholinergen Effekten (z. B. Miktionsstörungen, Blasenatonie, Harnverhalt, Atonie des Magen-Darm-Trakts) Gabe lang wirksamer peripherer Cholinesterasehemmer: Distigmin (Ubretid®; 2,5–5 mg p.o.) oder Pyridostigmin (Kalymin®; alle 4 h 60 mg p.o. oder alle 4‒6 h 1‒2 mg i.m.) unter internistischer Kontrolle, ggf. Katheterisierung. Zur Therapie des zentralen anticholinergen Syndroms 7 13.8.2. > CAVE
Ileus ist unter TZA möglich.
5 Verstärktes Schwitzen kann in einigen Fällen eine Dosisanpassung oder ein Umsetzen des Antidepressivums erforderlich machen. Die genauen Mechanismen, über die Antidepressiva zu einer verstärkten Transpirationsneigung führen, sind nicht bekannt; angenommen werden ein Einfluss sowohl von NA als auch von 5-HT auf die sympathische Aktivität und die zentrale Thermoregulation. Sollte eine Dosisanpassung oder ein Wechsel des Antidepressivums nicht in Frage kommen, weisen Einzelfallberichte auf eine mögliche Wirksamkeit einer zusätzlichen Gabe von Benzatropin, Cyproheptadin, Terazosin, Clonidin und Mirtazapin hin. 1.6.3 Sedierung 5 Eine klinisch relevante Sedierung kann bei Antidepressiva, die 5-HT2und H1-Rezeptoren antagonisieren, auftreten. Die Sedierung wird klinisch genutzt, z. B. bei Agitation oder Schlafstörungen, sie kann aber auch störend oder gefährlich sein (bei Arbeit an Maschinen oder beim Führen von Kraftfahrzeugen). Eine Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit kommt bei Antidepressiva mit sedierender Komponente meist zu Behandlungsbeginn vor und bildet sich im Verlauf von 2–4 Wochen oft zurück. Patienten müssen über die Möglichkeit einer verminderten Reaktionsfähigkeit aufgeklärt werden. Antidepressiva mit fehlender oder geringer Sedierung: . Tab. 1.4, Spalte »Sedierung«.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
1.6.4 Hämatopoetisches System 5 Leukopenien/Agranulozytose kommen sehr selten unter TZA, aber auch unter Mianserin vor. Das Antidepressivum muss dann abgesetzt werden. Regelmäßige Blutbildkontrollen bei diesen Präparaten sind indiziert (7 1.9). ! Es ist möglich, Blutbildveränderungen entsprechend den Empfehlungen
der . Tab. 1.5 frühzeitig, aber niemals sicher zu erkennen. Die Empfehlungen können daher nur ein Kompromiss aus Risikoverhütung und Praxisnähe sein. Bei risikoreichen Substanzen müssen Patienten angewiesen werden, bei Auftreten von Symptomen wie Fieber, Halsschmerzen oder Infektionen der Mundschleimhaut keinen eigenen Behandlungsversuch durchzuführen, sondern den Arzt aufzusuchen.
5 Alteration der Thrombozytenfunktion: Aufgrund einer Thrombozytenfunktionsstörung mit verminderter Aggregationsfähigkeit bei herabgesetztem Serotoningehalt kann es unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme selten zum Auftreten einer verlängerten Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung (z. B. Ekchymose, gynäkologische Blutungen, gastrointestinale Blutungen und andere Haut- oder Schleimhautblutungen) kommen. In Bezug auf gastrointestinale Blutungen zeigte sich hierbei ein erhöhtes Risiko vergleichbar demjenigen unter einer Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern. Die Wirkung ist dosisunabhängig. 5 Bei der gleichzeitigen Verordnung von SRI und gastrotoxischen und/ oder die Thrombozytenfunktion beeinflussenden Substanzen steigt das Risiko für gastrointestinale Blutungen überadditiv. Eine deutliche Risikoreduktion scheint durch die Gabe von Antazida erreicht werden zu können. Daher sollte die Gabe eines Antazidums insbesondere bei einer gleichzeitigen Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID), Kortikosteroiden und Thrombozytenaggregationshemmern oder bei Bestehen anderer Risikofaktoren für das Auftreten gastrointestinaler Blutungen erwogen werden. Bei Vormedikation ist auf mögliche Wechselwirkungen besonders zu achten; ggf. häufigere Kontrolle der INR-Werte. 5 Bei einer gleichzeitigen Verordnung von SRI und oralen Antikoagulanzien zeigte sich ein erhöhtes Risiko für Blutungen außerhalb des Gastrointestinaltrakts vergleichbar demjenigen einer gleichzeitigen Verordnung oraler Antikoagulanzien mit NSAID oder Thrombozytenaggregationshemmern. 5 Wenn neben Antidepressiva NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, ist zu erwägen, ob nicht Substanzen mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter (überwiegende oder selektive NA-Wiederaufnah-
1.6 · Nebenwirkungen
49
1
mehemmer, TZA mit überwiegender NA-Wiederaufnahmehemmung, Mirtazapin oder Bupropion) vorzuziehen sind. ! Eine Alteration der Thrombozytenfunktion bei Gabe von Antidepressiva
mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme sollte insbesondere bei Patienten beachtet werden, die gleichzeitig mit oralen Antikoagulanzien, die Thrombozytenfunktion beeinflussenden Arzneimitteln oder anderen Medikamenten, die das Risiko einer Blutung vergrößern können, behandelt werden oder Blutungsanomalien in der Vorgeschichte aufweisen.
1.6.5 Neurologische Störungen 5 Generalisierte zerebrale Krampfanfälle oder Myoklonien treten unter TZA und Maprotilin gehäuft auf. Begünstigend sind zerebrale Vorschädigungen, hohe Dosen, rasches Aufdosieren oder schlagartiges Absetzen hoher Dosen. Die neuen Antidepressiva haben in therapeutischen Dosen eher einen antikonvulsiven Effekt; unter Bupropion allerdings ist die Inzidenz für Krampfanfälle dosisabhängig erhöht. 5 Tremor, sehr selten rigorartige Tonuserhöhungen der Muskulatur oder dystone Bewegungsstörungen unter Antidepressiva. Subjektiv störender Tremor besonders zu Behandlungsbeginn, der sich aber in vielen Fällen im Verlauf spontan zurückbildet. Bei Persistenz kann ein Präparatewechsel notwendig werden. 5 PLMD (periodic limb movements disorder, 7 11.2.1) wird in Einzelfällen unter SSRI und Venlafaxin beschrieben. PLMD wird auf ein Transmitterungleichgewicht (Serotonin n, Dopamin p) zurückgeführt. 5 Auch eine Verschlechterung oder das Neuauftreten eines RLS (Restlesslegs-Syndrom, 7 11.2.1) unter Antidepressiva, insbesondere Mirtazapin, wird berichtet. Die Induktion oder Verschlechterung eines RLS zeigt sich frühzeitig im Behandlungsverlauf. Bei leichten Beschwerden kann eine mögliche spontane Besserung im Verlauf abgewartet werden, bei stark ausgeprägten Beschwerden kann ein Präparatewechsel notwendig werden. Bupropion zeigte in Einzelfallberichten positive Effekte auf vorbestehende RLS-Beschwerden auch unabhängig vom Vorliegen depressiver Symptome; günstig in Bezug auf RLS/PLMD erscheint daneben Trazodon. 1.6.6 Allergische Reaktionen 5 Allergische Exantheme sind besonders unter TZA, aber auch bei allen anderen Antidepressiva möglich. Ein Präparatewechsel ist dann indiziert. 1.6.7 Gewichtszunahme 5 Eine Gewichtszunahme kann besonders bei längerfristiger Therapie je nach pharmakologischem Wirkprofil eines Antidepressivums auftre-
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Kapitel 1 · Antidepressiva
ten und die Compliance des Patienten gefährden. Bei Antidepressiva, die 5-HT2- und H1-Rezeptoren antagonisieren, tritt eine Gewichtszunahme häufiger auf. Da einer Gewichtszunahme oft eine Veränderung des Essverhaltens vorausgeht, können verhaltenstherapeutische Maßnahmen (z. B. Vermeiden hochkalorischer Zwischenmahlzeiten) hilfreich sein, ggf. sollte ein Wechsel zu einem Antidepressivum mit anderem Wirkprofil (. Tab. 1.4, Spalte »Gewichtszunahme«) erfolgen. Zur Gewichtszunahme unter Psychopharmaka 7 9.2.5. 1.6.8
Endokrine Begleitwirkungen und sexuelle Funktionsstörungen
5 Unter der Therapie mit Antidepressiva kann es bei insgesamt geringer Datenlage selten zu einer Prolaktinerhöhung kommen, unter den TZA besonders häufig unter Clomipramin und Amitriptylin. Citalopram, Fluvoxamin, Paroxetin sowie Tranylcypromin führen zu einer geringfügigen Erhöhung. Für Fluoxetin und Venlafaxin liegen Einzelfallberichte über klinisch signifikante Prolaktinerhöhungen vor. Für Sertralin und Bupropion fanden sich keine Hinweise auf Prolaktinerhöhungen. 5 Unter SSRI treten häufiger verzögerte Ejakulation (7 8.2.4, dort auch Therapiemaßnahmen), seltener verminderte Libido und Erektionsfähigkeit sowie auch sexuelle Dysfunktionen bei der Frau auf. 5 Unter Reboxetin können schmerzhafte Ejakulationen auftreten; sexuelle Funktionsstörungen werden seltener als unter SSRI beschrieben. 5 Substanzen mit zusätzlich antagonistischer Wirkung an 5-HT2-Rezeptoren scheinen sexuelle Funktionsstörungen seltener zu induzieren (Mirtazapin). Unter Moclobemid und Bupropion sind sexuelle Funktionsstörungen am seltensten. Auch Agomelatin scheint diesbezüglich ein günstiges NW-Profil aufzuweisen. Ausführlich 7 Tab 8.1. 5 Es gibt erste Hinweise auf eine unter der Einnahme von Antidepressiva möglicherweise verminderte männliche Fertilität (Einzelfallberichte für SSRI, Venlafaxin, eine Studie zu Paroxetin) auf dem Boden von Veränderungen des Spermiogramms und einem erhöhten Anteil an Spermatozoen mit vermehrter DNA-Fragmentation. 1.6.9 Osteoporose und Frakturen, Gelenkbeschwerden 5 Es gibt Hinweise, dass das Risiko einer verminderten Knochendichte und das Risiko von Frakturen (u. a. auch in Zusammenhang mit Stürzen) unter TZA und SSRI bei älteren Menschen erhöht ist. Die Serotonintransporter, über die auch Osteoblasten, Osteozyten und Osteoklasten verfügen, haben wahrscheinlich eine Funktion im Knochenstoffwechsel. 5 Ob Antidepressiva ursächlich zu einer verminderten Knochendichte und Frakturneigung führen oder ob nicht vielmehr die zugrunde liegende Erkrankung einer Depression über eine erhöhte Kortisolausschüttung oder andere pathophysiologische Mechanismen einen Risi-
1.6 · Nebenwirkungen
51
1
kofaktor darstellt, ist noch unklar. So gibt es vier Kohortenstudien, die ein erhöhtes Risiko für eine Osteoporose bei der Gesamtpopulation der depressiven Patienten aufzeigen. In einer aktuellen Metaanalyse erwies sich das Vorliegen einer Depression insbesondere bei prämenopausalen Frauen als signifikanter Risikofaktor für eine verminderte Knochendichte, dies vermutlich auch aufgrund des zunehmenden Einflusses anderer Risikofaktoren mit der Menopause und demzufolge Verminderung des Einflusses einer Depression auf das Osteoporoserisiko. 5 Neben regelmäßiger körperlicher Aktivität sollte bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Osteoporose auf eine ausreichende Zufuhr von Kalzium (1000 mg/d) mit der Nahrung geachtet werden. Ggf. sollte eine Supplementierung von Kalzium sowie bei ungenügender Sonnenexposition auch eine Supplementierung mit 800–2000 IE Vitamin D3 proTag erfolgen. 5 Unter Mirtazapin und Mianserin werden Gelenkschmerzen und -schwellungen beschrieben. 1.6.10 Absetzsyndrome 5 Absetzsyndrome sind nach schlagartigem Absetzen von Antidepressiva nach langfristiger Therapie mit Duloxetin, Mirtazapin, SSRI (mit kurzer HWZ, besonders Paroxetin), TZA und Venlafaxin möglich. Symptome: Schwindel, Gangunsicherheit, Übelkeit, Erbrechen, grippeähnliche Symptome (Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen), sensible Störungen (Parästhesien, elektrisierendes Gefühl), Schlafstörungen. Auch Irritabilität, gedrückte Stimmung, psychomotorische Unruhe, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bis hin zur Verwirrtheit können auftreten. Die Symptomatik ist meist leicht ausgeprägt und bildet sich spontan nach wenigen Tagen zurück. Ein Wiederansetzen des Antidepressivums bringt meist eine umgehende Rückbildung der Symptome. Antidepressiva sollten daher ausschleichend abgesetzt werden (7 1.10.1 und . Tab. 1.7). 1.6.11 Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion 5 In seltenen Fällen, insbesondere bei älteren und weiblichen Patienten, kann unter Antidepressiva (meist in den ersten 3 Wochen nach Therapiebeginn) ein Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) ausgelöst werden. Durch vermehrte ADH-Sekretion wird Flüssigkeit vermindert ausgeschieden, was sich klinisch als konzentrierte Harnausscheidung, laborchemisch in Form einer Hyponatriämie und verminderter Serumosmolarität äußert. Klinische Symptome: körperliche Schwäche, Übelkeit, Erbrechen, Lethargie, Gewichtszunahme, Kopfschmerz bis hin zu Verwirrtheit, Krampfanfälle und Koma. Im Verdachtsfall Absetzen des Antidepressivums, nach klinischer Besserung
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Kapitel 1 · Antidepressiva
des SIADH Prüfung des Kausalzusammenhangs und evtl. Präparatewechsel. Immer engmaschige Kontrolle der Elektrolyte anschließen. ! Bei älteren Menschen sollte unter einer Therapie mit SSRI oder SNRI zum
Ausschluss eines SIADH regelmäßig, insbesondere im Verlauf der ersten Behandlungswochen, eine Kontrolle der Elektrolyte erfolgen (. Tab. 1.5).
1.6.12 Induktion einer (hypo)manischen Episode und eines
häufigen Phasenwechsels 7 2.4.2, Bipolare affektive Störungen
1.6.13 Suizidalität 5 Die Frage, ob Antidepressiva das Suizidrisiko, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, erhöhen können, wird weiterhin kontrovers diskutiert. Dabei geht die Behandlung depressiver Episoden mit Antidepressiva insgesamt mit einem protektiven Effekt bezüglich Suizidideationen und/oder suizidalem Verhalten einher. Unbehandelt depressive Patienten tragen ein höheres Risiko für Suizidalität als jene unter einer antidepressiven Medikation. 5 Allerdings kann unter Antidepressiva während der ersten Behandlungswochen besonders bei gehemmt-depressiven Patienten der Antrieb gesteigert sein, ohne dass die Stimmung bereits aufgehellt ist. Dies sowie eine zu Beginn der Behandlung möglicherweise zunächst eintretende Symptomverschlechterung mit Zunahme von Angst, innerer Unruhe und Schlafstörungen birgt ein Risiko erhöhter Suizidalität in sich. So fand sich auch in einer kürzlich publizierten retrospektiven Fall-Kontroll-Studie in Bezug auf das Risiko eines Suizidversuchs während verschiedener Phasen einer Behandlung mit Antidepressiva im Verlauf der ersten 55 Tage der Behandlung ein signifikant erhöhtes Risiko eines Suizidversuchs. Ebenso ergab sich ein signifikant erhöhtes Risiko eines Suizidversuchs in Zusammenhang mit Dosiserhöhungen und -erniedrigungen, im Verlauf der ersten 2 Wochen nach Absetzen eines Antidepressivums sowie im Anschluss an eine frühzeitig beendete antidepressive Behandlung. 5 In einer Metaanalyse der amerikanische Zulassungsbehörde FDA zum Suizidrisiko unter Antidepressiva, die 372 RCT berücksichtigte, ergab sich eine Altersabhängigkeit des Zusammenhangs zwischen einer antidepressiven Behandlung und Suizidideationen und suizidalem Verhalten mit einem mit jüngerem Alter zunehmendem Risiko suizidalen Verhaltens. So zeigte sich für Kinder und Jugendliche sowie auch für junge Erwachsene von 18–24 Jahren ein im Vergleich zu Plazebo erhöhtes Suizidrisiko. Hingegen fand sich für die Gruppe der > 65-Jährigen ein vermindertes Suizidrisiko unter Antidepressiva. Von der FDA war für Kinder und Jugendliche bereits im Oktober 2003 ein Warnhinweis zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Antidepressiva und Suizidalität
1.6 · Nebenwirkungen
1
53
mit entsprechenden Änderungen der Produktinformation von Antidepressiva ausgesprochen worden; dieser wurde im Mai 2007 auf junge Erwachsene im Alter von 18–24 Jahren erweitert. 5 Erste Daten zu den Auswirkungen dieser FDA-Warnungen bezüglich der ambulanten Versorgung depressiver Patienten wiesen darauf hin, dass es nicht etwa zu der allseits empfohlenen Zunahme des Monitorings beim Einsatz von Antidepressiva, sondern vielmehr – unabhängig vom Alter der Patienten – zu einer geringeren Verordnungswahrscheinlichkeit von Antidepressiva und einer Abnahme der Diagnose einer Depression mit einer möglicherweise damit assoziierten erhöhten Suizidrate gekommen war. Aktuelle Studien zeigen, dass diese zunächst als vorübergehend angesehenen Effekte der Warnhinweise auf die ambulante Versorgung depressiver Patienten weiterhin anhalten. So berichtet eine Studie über alle Altersgruppen hinweg eine fortbestehende Abnahme in den Diagnoseraten von Depressionen und eine verminderte Rate an Verordnungen von SSRI. Ein vermehrtes Zurückgreifen auf alternative Behandlungsstrategien wie etwa psychotherapeutische Verfahren oder die Verordnung von Anxiolytika oder AAP fand sich dabei einzig in der Altersgruppe der Erwachsenen und hier in Form einer geringfügigen Zunahme des Anteils an Patienten, die einer psychotherapeutischen Intervention zugeführt wurden. 5 Zur akuten Suizidalität 7 13.6. Antidepressiva und Suizidalität – Bewertung
4
5 Patienten, Angehörige und behandelnde Ärzte sollten wissen, dass insbesondere zu Beginn einer antidepressiven Behandlung möglicherweise ein zunehmendes oder auch neu auftretendes Risiko suizidalen Verhaltens bestehen kann. Das Risiko besteht besonders für Kinder und Jugendliche und für die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen. 5 Insbesondere zu Beginn einer Behandlung mit Antidepressiva, aber auch in deren Verlauf (nach einer frühzeitig beendeten Therapie, bei Dosisänderungen sowie bei Absetzen) sollten Patienten insbesondere bei Vorliegen eines hohen Risikos für suizidales Verhalten (suizidales Verhalten in der Vorgeschichte oder Suizidideationen zu Beginn der Behandlung) engmaschig überwacht werden. 5 Die zurzeit geführte kritische Diskussion zur Frage des Suizidrisikos unter Antidepressiva sollte dazu Anlass geben, depressive Patienten besonders zu Beginn der Therapie einem engmaschigen Monitoring zu unterziehen. Sie sollte jedoch nicht dazu führen, Antidepressiva bei entsprechender Indikation nicht z u verordnen.
5 Intoxikationen in suizidaler Absicht sind mit SSRI oder Mirtazapin seltener mit vital bedrohlichen Komplikationen belastet als mit TZA oder MAOH (nicht Moclobemid). Für Bupropion und Venlafaxin ist die Letalität bei Überdosierungen höher als unter SSRI (. Tab. 1.4, Spalte
54
3 4 5
Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö
Agitation, Schlafstörungen
Sexuelle Funktionsstörungen
Orthostatische Hypotonie
0
0
+
0
0
0
0
0
0
Amitriptylin
+++
0
+++
0
++
+++
+++
++
+++
10
Amitriptylinoxid
++
0
+++
0
++
++
+++
++
+++
11
Bupropion
0
+
0
++
0
0
0
+
+
Citalopram
0
++
0
++
++
0
0
0
+
12
Clomipramin
++
+
+
+
++
++
++
++
++
Doxepin
+++
0
+++
0
++
+++
++
++
+++
Duloxetin
0
++
0
++
++
0
0
0
0?
Escitalopram
0
++
0
++
++
0
0
0
0
Fluoxetin
0
++
0
++
++
0
0
0
0
Fluvoxamin
0
++
0
++
++
0
0
0
0
Hypericum
0
0
+
0
?
?
?
0
?
16
Imipramin
++
0
+
++
+
++
++
++
+++
Maprotilin
++
0
++
0
+
++
++
+
+++
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Mianserin
+
0
++
0
0
++
+
0
+
Milnacipran
0
++
0
++
+
0
0
0
0
Mirtazapin
0
0
++
0
0
+
+
0
+
Moclobemid
0
0
0
+
0
0
0
0
0
8 9
13 14 15
Gewichtszunahme
Anticholinerge Nebenwirkungen
Agomelatin
7
Sedierung
Antidepressivum
6
. Tab. 1.4 Häufigkeit relevanter unerwünschter Wirkungen von Antidepressiva in der klinischen Praxis Letalität bei Überdosierung
2
»Letalität bei Überdosierungen«); allerdings ist unklar, inwieweit dies durch Substanzeigenschaften oder durch eine bestimmte Patientenauswahl (Einsatz vorzugsweise bei Vorliegen von schweren depressiven Episoden und Suizidalität) bedingt ist. Intoxikationen mit Antidepressiva, insbesondere mit TZA, können zu lebensbedrohlichen Arrhythmien führen. Diagnostisch hilfreich ist eine Plasmakonzentrationsbestimmung des Antidepressivums. Bei Anzeichen einer Intoxikation ist eine stationäre, evtl. intensivmedizinische Überwachung indiziert (ausführlich 7 18.2).
EKG-Veränderungen
1
Kapitel 1 · Antidepressiva
1
55
1.6 · Kontraindikationen
Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö
Agitation, Schlafstörungen
Sexuelle Funktionsstörungen
Orthostatische Hypotonie
+
0
0
+
+
+
+
+
+++
Paroxetin
0
++
0
++
++
0
0
(+)
0
Reboxetin
0
+
0
++
+
+
0
0
0
Sertralin
0
++
0
++
++
0
0
0
0
Tranylcypromin
0
0
0
++
0
+++
0
0
+++
Trazodon
0
+
+++
0
0
++
0
+
+
Trimipramin
+++
0
+++
0
++
+++
+++
++
+++
Venlafaxin
0
++
0
++
++
0
0
(+)
+
Gewichtszunahme
Anticholinerge Nebenwirkungen
Nortriptylin
Sedierung
Antidepressivum
EKG-Veränderungen
Letalität bei Überdosierung
. Tab. 1.4 Fortsetzung
+++ häufig bis regelmäßig, ++ mäßig häufig, + selten, (+) sehr selten, 0 unerheblich oder nicht vorhanden, ? Häufigkeit nicht bekannt, eingeschränkte Datenlage.
1.6.14 Zentrales Serotoninsyndrom 7 13.8.2
1.7
Kontraindikationen
Wichtigste Kontraindikationen für Antidepressiva
5
5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate. 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation. 5 Akute Manien. 5 Leber- und Nierenerkrankungen: 7 14.3 und 7 14.4. 5 Für Antidepressiva mit anticholinerger Begleitwirkung: − Prostatahypertrophie, Harnverhalt, − Engwinkelglaukom, − Pylorusstenose, Ileus, − akute Delirien. 5 Für TZA: kardiale Reizleitungsstörungen, zerebrale Krampfanfälle. 5 Für Bupropion und Maprotilin: zerebrale Krampfanfälle.
6
56
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Für Bupropion: derzeitige oder frühere Diagnose einer Bulimie oder Anorexie. 5 Risikoreiche Interaktionen 7 1.8, 7 Kap. 17 und 7 1.13, einzelne Präparate.
Spezielle Kontraindikationen 7 1.13, jeweiliges Präparat; Antidepressiva bei internistischen Erkrankungen 7 14.2–14.5 1.8
Interaktionen
1.8.1 Pharmakokinetische Interaktionen Die folgenden Interaktionen müssen bei jeder Therapie mit Antidepressiva bedacht werden. ! Werden mehrere Medikamente gleichzeitig mit Antidepressiva verab-
reicht, kann es zu Interaktionen mit dem Resultat einer Erhöhung oder Verminderung der Plasmakonzentration von Antidepressiva oder auch von anderen Medikamenten kommen. Besonders wenn Bupropion, Fluoxetin, Paroxetin oder Fluvoxamin und TZA kombiniert werden, können die Plasmakonzentrationen des TZA stark ansteigen und zu toxischen Spiegeln führen (7 Kap. 17 und 7 1.13, einzelne Präparate). Das Interaktionsrisiko von Fluoxetin hält nach Absetzen von Fluoxetin wegen der langen HWZ von Norfluoxetin noch 2–8 Wochen an.
1.8.2 Pharmakodynamische Interaktionen 5 Überwiegende oder selektive 5-HT-Wiederaufnahmehemmer dürfen nicht mit MAOH kombiniert werden, da die Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms besteht. Symptomatik: Tremor, Agitation, erhöhter Muskeltonus, Hyperreflexie, Myoklonien, in schweren Fällen Bewusstseinstrübung, Krampfanfälle, Hyperthermie bis hin zum Tod (7 13.8.2). 5 Auch Kombinationen von MAOH oder SSRI/SNRI mit L-Tryptophan oder Lithium können, wenn auch seltener, wegen des synergistischen Effekts auf die serotonerge Neurotransmission ein zentrales Serotoninsyndrom auslösen. 5 Irreversible MAOH sollen mindestens 2 Wochen vor Beginn einer Therapie mit einem überwiegenden oder selektiven 5-HT-Wiederaufnahmehemmer abgesetzt werden. Umgekehrt soll nach Therapie mit einem SRI oder SSRI/SNRI eine Karenzzeit von einigen Tagen (mindestens 5 × HWZ; bei Fluoxetin mindestens 5 Wochen!) abgewartet werden, bis ein MAOH verordnet wird. 5 Auch bei Kombination von MAOH mit anderen Antidepressiva besteht das Risiko einer toxischen Reaktion infolge einer zentralen Hyperaktivierung biogener Amine mit hypertensiven Krisen bzw.
1.8 · Routineuntersuchungen
5
5
5 5 5 5
1.9
57
1
einer dem zentralen Serotoninsyndrom ähnlichen Symptomatik aus Übelkeit, Erbrechen, Hyperthermie, Hyperexzitabilität, Agitation, Kreislaufdysregulation und Krampfanfällen. Diese Reaktion ist wahrscheinlicher, wenn bei bestehender MAOH-Behandlung ein TZA hinzugegeben wird bzw. der MAOH ohne Einhaltung der Karenzzeit durch ein anderes Antidepressivum ersetzt wird. Bei gleichzeitigem Beginn einer Kombinationstherapie von TZA und MAOH ist das Risiko wahrscheinlich geringer (viele Hersteller warnen allerdings vor einer solchen Kombination). Bei sukzessiver Verordnung sollten die entsprechenden Karenzzeiten eingehalten werden (s. oben). Irreversible MAOH sollen mindestens 2 Wochen vor geplanten Operationen abgesetzt werden, um Narkosezwischenfälle (z. B. mit Pethidin oder Dextromethorphan) zu vermeiden. Reversible MAOH (Moclobemid) können bis kurz vor der Operation (2 Tage) gegeben werden. Kombinationen von anticholinerg wirkenden Antidepressiva mit Anticholinergika oder anticholinerg wirkenden Antipsychotika sollten vermieden werden, ganz besonders bei älteren Menschen (Erregungszustände bis hin zum Delir möglich). Kombinationen von Antidepressiva mit Sympathomimetika können zu hypertensiven Krisen führen. Kombinationen von Antidepressiva mit α1-antagonistischer Wirkung können die Wirkung von Antihypertensiva verstärken (Prazosin, Doxazosin, Terazosin) oder vermindern (Clonidin). TZA sollen nicht mit Antiarrhythmika vom Chinidintyp kombiniert werden. Generell sollten Antidepressiva und Alkohol (besonders in größeren Mengen) nicht kombiniert werden; Gefahr der wechselseitigen Wirkungsverstärkung bis hin zum Koma.
Routineuntersuchungen
5 Routineuntersuchungen werden zur Therapieüberwachung mit allen Antidepressiva empfohlen, da es in seltenen Fällen zu Elektrolytstörungen, Nieren- und Leberfunktionsstörungen sowie, insbesondere bei TZA, zu Blutbild- und EKG-Veränderungen kommen kann. Bei den anderen Antidepressiva können Routineuntersuchungen teils sehr viel seltener als bei den TZA durchgeführt werden. 5 Zum Ausschluss möglicherweise auftretender Hyponatriämien (SIADH, 7 1.6.11) sollte v. a. bei älteren Patienten (7 1.10.4) unter SSRI oder SNRI regelmäßig Natrium, insbesondere im Verlauf der ersten Behandlungswochen, bestimmt werden. 5 Eine Übersicht über die empfohlenen Kontrollen gibt . Tab. 1.5. Häufigere Kontrollen sind nötig, wenn ein untersuchter Parameter patholo-
58
1 2 3
Kapitel 1 · Antidepressiva
gisch ausfällt oder klinische Symptome auftreten, die einer Abklärung bedürfen. 5 Die Kenntnis des EEG vor Beginn der Therapie gehörte vor Einführung der bildgebenden Verfahren zur Routinediagnostik in der Psychiatrie. Heute ist ein EEG nur vor Gabe eines TZA empfehlenswert; die Kontrolle nach einem Monat ist optional (. Tab. 1.5). Das EEG ist wichtig bei krampfgefährdeten Patienten und zur Abklärung des
4 . Tab. 1.5 Empfehlungen für Routineuntersuchungen unter Antidepressiva
5
Präparate
6
TZA
Vorher
Monate 1
2
3
4
5
6
Blutbilda
X
XX
XX
X
X
X
X
Kreatinin
X
X
–
X
–
–
X
–
X
8
Leberenzyme
X
X
X
X
–
–
X
X
–
9
Natrium
X
X
Xb
Xb
–
–
X
–
X
EKG
X
X
–
X
–
–
X
–
Xb,c
EEG
X
(X)
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–
–
–
–
–
–
RR, Puls
X
X
X
X
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–
X
X
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X
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–
–
–
X
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Xe
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Halbjährlich
X
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Andere Antidepressiva Blutbildd
12
Vierteljährlich
X
Kreatinin
X
X
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–
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Xe
Natrium
X
Xb X
Xb
Xb
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X
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Xb,e
Leberenzymef
X
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X
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Xe
EKG
Xc
Xc
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–
–
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–
X
X
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X
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X
Xh
–
RRg,
Puls
X Kontrollen; die Anzahl der notwendigen Routinekontrollen ist bisher nicht empirisch abgesichert. a Kontrollen sind insbesondere bei Auftreten von Fieber und grippalen Infekten während der Behandlung angezeigt. b Kontrolle bei Patienten > 60 Jahre empfehlenswert. c Bei Patienten mit einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. d Für Mianserin empfehlen die Hersteller in den ersten Behandlungsmonaten wöchentliche Blutbildkontrollen. e Bei langfristig stabilen Patienten können jährliche Kontrollen ausreichen. f Unter Agomelatin sollte eine Kontrolle der Transaminasen zu Beginn, nach ca. 6, 12 und 24 Wochen sowie bei klinischer Indikation erfolgen. g Unter Venlafaxin in hoher Dosierung und unter Bupropion ist der Blutdruck häufiger zu kontrollieren, weil es in seltenen Fällen zu anhaltend erhöhten Werten kommen kann. h Bei langfristig stabilen Patienten können halbjährliche Kontrollen ausreichen.
1.10 · Dosierung
59
1
Anfalls- und Toxizitätsrisikos, allerdings sollte bei ihnen auch kein TZA verordnet werden. 5 Für anticholinerg wirkende Antidepressiva (Mundtrockenheit) sind nach langfristiger Anwendung gehäuft Zahnkaries und Mundschleimhautveränderungen beschrieben worden. Zahnärztliche Kontrollen können indiziert sein. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15; Antidepressiva und Fahrtüchtigkeit 7 Kap. 16 1.10
Dosierung
1.10.1 Dosierungsrichtlinien Es werden allgemeine Dosierungsrichtlinien für Antidepressiva besprochen. Detaillierte Angaben zu einzelnen Präparaten und zu verschiedenen Indikationen finden sich jeweils im Präparateteil (7 1.13). 5 Eine langsame Aufdosierung kann den Wirkungseintritt eines Antidepressivums verzögern; eine zu rasche Aufdosierung, besonders bei TZA, kann zu vermehrten NW und unbefriedigender Compliance führen. 5 Dosisreduktionen gehen mit einem erhöhten Rückfall-/Rezidivrisiko einher und sind sehr behutsam vorzunehmen. Das gilt für die Erhaltungstherapie sowie auch für die Rezidivprophylaxe. In einer neuen Studie lag das Rückfallrisiko bei Patienten mit verringerter Dosis um 62 % höher als bei Patienten, bei denen die Dosis beibehalten wurde (7 1.11). 5 Antidepressiva sollten zur Vermeidung von Absetzsyndromen (7 1.6.10) bei Beenden einer Akuttherapie nicht abrupt abgesetzt werden, sondern schrittweise reduziert werden. Fluoxetin kann aufgrund seiner sehr langen HWZ über einen kürzeren Zeitraum abgesetzt werden. 5 Zum Beenden einer Erhaltungstherapie sollten Antidepressiva langsam ausschleichend über 6–8 Wochen abgesetzt werden, dabei ist auf ein Wiederauftreten depressiver Symptome mit ggf. Notwendigkeit einer erneuten Dosiserhöhung zu achten. Bei Beendigung einer Rezidivprophylaxe sollte eine Dosisreduktion über einen Zeitraum von mehreren Monaten erfolgen (. Tab. 1.7). 5 Bei Umstellungen sind bei überlappender Gabe sowie nach Absetzen eines Präparates die möglichen pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Interaktionen zu beachten (7 1.13, jeweiliges Präparat). Besonders sind die Karenzzeiten bei Umstellungen von/auf MAOH (7 1.8.2) zu berücksichtigen. Bei einer Umstellung von Fluoxetin auf andere Präparate sind die aufgrund der langen HWZ von Fluoxetin und besonders dem aktiven Metaboliten Norfluoxetin noch über meh-
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Kapitel 1 · Antidepressiva
rere Wochen nach Absetzen von Fluoxetin möglichen pharmakokinetischen und -dynamischen Interaktionen zu beachten. 5 Bei Panikstörungen (7 1.4.3) sollte die Anfangsdosis niedrig gewählt werden und die Aufdosierung langsam erfolgen, da die Patienten auf mögliche NW oft empfindlich reagieren. 5 Bei Zwangsstörungen (7 1.4.7) sind in der Regel Dosen im oberen Dosierungsbereich erforderlich. Trizyklische Antidepressiva und MAOH 5 Es empfiehlt sich für TZA, besonders im ambulanten Bereich, schrittweise bis zur Zieldosis aufzudosieren (in der Regel innerhalb von 3–7 Tagen). 5 Je nach HWZ der Substanz kann die Dosisverteilung auf täglich 1–3 Einnahmezeitpunkte erfolgen. Bei Einmalgabe ist die Compliance, wenn die Substanz gut vertragen wird, oft besser. Wenn NW auftreten, kann eine Verteilung der Tagesdosis ohne Dosisreduktion bereits eine Verbesserung der Verträglichkeit bewirken (z. B. bei sedierenden Antidepressiva Gabe der Hauptdosis zur Nacht; hierdurch kann sich auch ein zusätzliches Hypnotikum bei Schlafstörungen erübrigen). 5 Zieldosis für TZA bei der Depressionsbehandlung sollte in der Regel 150 mg/d sein, mindestens jedoch 75–100 mg, falls höhere Dosen nicht toleriert werden. Niedrigere Dosen gehen oft mit einer geringeren Erfolgsquote einher. Bei einigen TZA gibt es die Möglichkeit, die Plasmakonzentrationen zu bestimmen und damit die Dosierung besser zu steuern (7 1.10.2). 5 Eine Dosiserhöhung kann bei TZA und MAOH erfolgreich sein, wenn niedrigere Dosen nicht ausreichend wirksam waren. SSRI und neue Antidepressiva 5 Bei der Mehrzahl der neuen Antidepressiva (SSRI, SNRI, NDRI, Agomelatin, Reboxetin und Mirtazapin) entspricht in der antidepressiven Behandlung die Startdosis der Zieldosis; sie wird in einer Einmaldosis begonnen, so z. B. Bupropion 150 mg, Citalopram 20 mg, Duloxetin 60 mg, Escitalopram 10 mg. 5 Bei SSRI ist ein verbesserter Therapieerfolg durch Dosiserhöhungen bei der Behandlung depressiver Störungen nicht nachgewiesen. Es wird angenommen, dass der Serotonintransporter schon bei niedrigeren Dosierungen weitgehend belegt ist. Bei Venlafaxin ist dagegen damit zu rechnen, dass eine Dosiserhöhung einen Therapieerfolg zeigen kann, wenn niedrigere (aber ausreichend hohe) Dosierungen nicht erfolgreich waren. Antidepressiva als Tropfinfusion 7 1.12.5; Antidepressiva im höheren Lebensalter 7 1.10.4; Antidepressiva bei internistischen Erkrankungen 7 Kap. 14
1.10 · Dosierung
61
1
1.10.2 Plasmakonzentrationen 5 Für einige Antidepressiva (insbesondere TZA) und für spezifische Indikationen ist die therapiebegleitende Kontrolle der Konzentrationen in Plasma oder Serum («Plasmaspiegel«) (therapeutisches DrugMonitoring, TDM) zur Therapieoptimierung sinnvoll. Dies ermöglicht eine individuelle Dosisanpassung für den Patienten, da gleiche Dosierungen bei oraler Gabe in unterschiedlichem Ausmaß vom Patienten resorbiert und verstoffwechselt werden. 5 Die Streuung der resultierenden Plasmakonzentrationen ist so hoch, dass von einer gegebenen Dosis nicht zuverlässig auf die Plasmakonzentration geschlossen werden kann. Dies gilt für alte und neue Antidepressiva. Die Konzentration am Wirkort ist die entscheidende Größe für Wirksamkeit und NW. Plasmakonzentrationen korrelieren mit den Wirkspiegeln im Gehirn wesentlich besser als die Dosis. Daher ist der Plasmaspiegel von Antidepressiva ein geeigneter Surrogatparameter für Konzentrationen im Gehirn. 5 Mögliche Beziehungen zwischen Plasmakonzentration und klinischer Wirkung: − Es existiert eine untere Schwellenkonzentration, die für einen Therapieeffekt überschritten werden muss. − Es existiert eine untere und obere Schwellenkonzentration, zwischen denen die Plasmakonzentration für einen optimalen Therapieerfolg eingestellt werden sollte (»therapeutisches Fenster«). 5 Plasmakonzentrationen sollten immer im Steady State gemessen werden, mit Ausnahme der Kontrolle von unerwünschten Effekten. Eine Übersicht gibt . Tab. 1.6. 5 Am besten belegt ist ein »therapeutisches Fenster« für Nortriptylin; Empfehlungen für Plasmakonzentrationen können zudem für Imipramin und dessen Hauptmetaboliten Desipramin sowie für Amitriptylin gegeben werden. Für viele TZA, SSRI und andere Antidepressiva ist die Plasmakonzentrations-Wirkungs-Beziehung noch nicht geklärt. Weitere pharmakokinetische Aspekte 7 1.8 und 7 Kap. 17 1.10.3 Wirkungseintritt In der Regel beobachtet man unter einer Behandlung mit Antidepressiva eine graduelle Besserung im Zeitverlauf. Voraussetzung ist eine kontinuierliche antidepressive Pharmakotherapie in einer ausreichend hohen Dosierung. 5 In Bezug auf depressive Störungen mehren sich Hinweise, die die weit verbreitete Annahme eines verzögerten Wirkeintritts von Antidepressiva oder psychotherapeutischen Interventionen widerlegen und den hohen prädiktiven Wert einer frühen, graduellen Besserung (early improvement) für das Behandlungsergebnis unterstützen. Eine solche, frühe, mindestens 20 %ige Besserung der Symptomatik innerhalb der
62
Kapitel 1 · Antidepressiva
. Tab. 1.6 Therapeutisches Drug-Monitoring (TDM)
1
Indikationen
Compliance-Verbesserung Kontrolle unerwünschter Effekte Kontrolle von Interaktionen Kontrolle bei unzureichendem Ansprechen Kontrolle bei Therapieresistenz Optimierung des Therapieerfolgs Kontrolle bei Rückfall oder Rezidiv Kontrolle bei Patienten mit Begleiterkrankungen Kontrolle bei älteren Patienten (> 65 Jahre)
Durchführung des TDM
Im Steady State (Gleichgewicht zwischen Zufuhr und Ausscheidung des Medikaments) Faustregel: nach 5–7 Tagen gleicher Dosierung ist bei fast allen Antidepressiva Steady State erreicht (Ausnahme Fluoxetin) Blutentnahme zu Zeiten minimaler Wirkspiegel (Talspiegel), in der Regel morgens vor Tabletteneinnahme
Kontrolle von ausgeprägten unerwünschten Effekten
Bei TZA steigt bei Konzentrationen oberhalb von 350 ng/ml das Risiko für delirante Symptome, Krampfanfälle, Überleitungsstörungen des Herzens (AV-Blockierungen)
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5 5
ersten 2 Behandlungswochen stellt einen hochsensitiven Prädiktor für eine spätere, stabile Response oder Remission dar. Dies scheint für verschiedene Schweregrade depressiver Episoden, für Antidepressiva unterschiedlicher pharmakologischer Wirkprofile, für psychotherapeutische Verfahren (KVT) und auch für die Plazebo-Response zu gelten. Dabei ist eine frühe Besserung keine Garantie für eine anhaltende Response oder Remission; das Ausbleiben einer stabilen Response bzw. Remission kann hingegen in der Mehrzahl der Fälle durch ein Fehlen einer graduellen Besserung innerhalb der ersten 2 Behandlungswochen (die S-3-Empfehlung von 3–4 Wochen ist durch Studien nicht belegt) vorausgesagt werden (hoher negativer Vorhersagewert). Durch kürzlich publizierte Studien konnte der prädiktive Wert einer frühen Besserung für den weiteren Behandlungsverlauf auch zunehmend auf die Behandlung der GAS und SAD erweitert werden. Hier scheint bei Ausbleiben einer 20 %igen Besserung innerhalb der ersten 4 Behandlungswochen nur noch selten eine spätere Response oder Remission einzutreten. Auch bei älteren Patienten scheint der Wirkungseintritt eher bei 4 Wochen zu liegen. Gut verträgliche Substanzen, bei denen ein rasches Auftitrieren möglich ist, können zu einem schnelleren Wirkeintritt führen. Für Escitalopram, Mirtazapin und Venlafaxin wurde ein solcher, früherer Wirkungseintritt in Studien beschrieben (7 1.4.1, Unterschiede im
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64
Kapitel 1 · Antidepressiva
1.11
Behandlungsdauer
Patienten mit einer depressiven Episode entwickeln in mehr als 50 % der Fälle im Verlauf weitere Episoden (unipolarer Verlauf . Abb. 1.2; zu bipolaren Verläufen 7 2.4.2). Bei mindestens jedem 5. Patienten klingt die depressive Symptomatik nicht vollständig ab, es persistieren subsyndromale Bilder, die den Patienten wesentlich beeinträchtigen. Etwa 15 % der Patienten mit einer affektiven Störung suizidieren sich im Krankheitsverlauf. 5 In der Therapie unipolarer Verläufe werden unterschieden: Akuttherapie, Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe (. Tab. 1.7; bipolare Verläufe 7 2.4.2). Zur Anwendung der Psychotherapie in der Akuttherapie, Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe 7 1.5
7
! Ziel einer antidepressiven Therapie ist das Erreichen einer Remission.
8
1.11.1 Akuttherapie 5 Die Remission sollte innerhalb von 4‒6 Wochen eingetreten sein. Einige Autoren raten, 6‒8 Wochen abzuwarten. Restsymptome können noch verbleiben. Manchmal tritt in diesem Zeitraum auch nur eine Teilremission auf (7 1.12).
9 10
Depressive Residualsymptome sind ein hohes Risiko für einen Rückfall.
11
Akuttherapie
Erhaltungstherapie
Rezidivprophylaxe
Ziel: Remission
Ziel: Erhaltung der Remission 6-12 Monate
Ziel: Verhinderung neuer Episoden 1 Jahr u. länger
12 13
Euthymie
14 15 Rückfall
Rezidiv
16 17 Zeit Beginn der Behandlung
. Abb. 1.2 Verlaufsschema bei unipolarer Depression. (Nach Kupfer 1991)
65
1.11 · Behandlungsdauer
. Tab. 1.7 Übersicht über die Behandlungsabschnitte zur Therapieplanung bei depressiven Episoden (unipolar) Akuttherapie
Erhaltungstherapie
Rezidivprophylaxe
Mittelfristig: Fortführung einer Behandlung, nachdem eine Remission erzielt wurde, zur Verhinderung eines Rückfalls in der Indexepisode und zur Festigung der Remission
Langfristig: Fortführung einer Behandlung zur Vermeidung eines Rezidivs (Auftreten einer neuen Episode nach vollständigem Abklingen der letzten Episode und durchgeführter Erhaltungstherapie); langfristige Symptomfreiheit
Ziele Kurzfristig: Durchführung gemäß u. g. Empfehlungen bis zum Erreichen einer Teilremission über 4–6 Wochen (auch 8 Wochen werden diskutiert) bzw. einer Remission (dann: s. Erhaltungstherapie) (s. aber auch Wirkungseintritt 7 1.10.3)
Dauer In der Regel 6–9 Monate, immer häufiger werden 12 Monate empfohlen
Mindestens 3 Jahre nach der 3. Episode, ggf. über Jahre, evtl. lebenslang
Dosis Beibehaltung der Dosis, die zur Remission führte. Dosisreduktionen gehen mit einem erhöhten Rückfallrisiko einher (7 1.10.1; 7 1.11.2)
Beibehaltung der Dosis, die zur Remission führte. Dosisreduktionen gehen mit einem erhöhten Rezidivrisiko einher (7 1.10.1; 7 1.11.3)
Indikation Nach erfolgreicher Akuttherapie
3. Episode oder 2 Episoden in 5 Jahren oder eine weitere schwere Episode innerhalb der letzten 3 Jahre oder eine weitere Episode und positive Familienanamnese einer bipolaren Störung oder rezidivierenden Depression oder früher Beginn der Störung (vor dem 30. Lebensjahr) gleichzeitig bestehende dysthyme Störung (double depression) oder Angststörung, Restsymptome während der Erhaltungstherapie
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1
Kapitel 1 · Antidepressiva
. Tab. 1.7 Fortsetzung Akuttherapie
Erhaltungstherapie
Rezidivprophylaxe
Beendigung
2
Möglich, wenn keine weitere Episode anamnestisch bekannt ist Möglich, wenn eine leichte Episode mehr als 5 Jahre zurückliegt Nicht indiziert, wenn Akuttherapie nicht zur vollständigen Remission führte
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Nach Abwägung des individuellen Risikos in Kenntnis der Vorgeschichte; bei bekannt schweren Verläufen lebenslange Behandlung erwägen
Vorgehen bei Beendigung
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Antidepressiva nicht abrupt absetzen
Dosisreduktion über 6–8 Wochen
Dosisreduktion über 3–6 Monate
5 Zu beachten in der Akuttherapie ist das Auftreten oder Ausbleiben einer frühen, graduellen Besserung: wird in den ersten 2 Wochen der Behandlung keine graduelle Besserung von mindestens 20 % beobachtet, sollte eine Anpassung oder ein Wechsel der Therapiestrategie erwogen werden (7 1.10.3). Bei älteren Patienten ist wahrscheinlich mit einer längeren Wirklatenz zu rechnen (7 1.10.4). 5 Während der Akuttherapie wird empfohlen, den Behandlungserfolg in 1- bis 2-wöchigem Abstand zu kontrollieren. 1.11.2 Erhaltungstherapie 5 In dieser Phase, deren Länge jetzt bis zu einem Jahr diskutiert wird, soll einem Rückfall vorgebeugt werden. Restsymptome sollten nicht mehr vorhanden sein. Einzelheiten . Tab. 1.7. 5 Dosisreduktionen gehen mir einem erhöhten Rückfallrisiko einher; bei Halbierung der Dosis des Antidepressivums (Imipramin, Paroxetin) zeigte sich eine erhöhte Rückfallrate (7 1.10.1). 5 Es wird empfohlen, den Behandlungserfolg in 1- bis 2-monatigem Abstand zu kontrollieren. 1.11.3 Rezidivprophylaxe Die Rezidivprophylaxe der Depression setzt nach erfolgreicher Akut- und Erhaltungstherapie ein. Für den Erfolg sind eine gute Psychoedukation und Compliance entscheidend; diese kann durch Psychotherapie gestützt werden. Der Patient sollte die Zeichen eines Rezidivs kennen. Der Hintergrund einer langfristigen medikamentösen Behandlung nach Abklingen der subjektiven Beschwerden muss dem Patienten sorgfältig erläutert werden, um
1.11 · Behandlungsdauer
67
1
die Compliance zu sichern. Dem Patienten muss ein tragfähiges Krankheitsmodell vermittelt werden, das ihm eine Erklärung für die Notwendigkeit langfristiger Medikamenteneinnahme bei bereits überwundenen psychischen Beschwerden gibt (7 1.5). 5 Die Weiterführung einer Pharmakotherapie mit Antidepressiva (Einzelheiten . Tab. 1.7) ist die Strategie der Wahl bei der Rezidivprophylaxe. Da bei einer langfristigen Behandlung das NW-Profil für die Compliance eine große Rolle spielt, sind die Vorteile der neueren Antidepressiva gegenüber den TZA in dieser Indikation besonders zu nutzen. Sertralin (50 mg oder 100 mg) führte bei Hochrisikopatienten (mindestens 3 depressive Episoden in den letzten 4 Jahren) zu einer signifikant längeren Rezidivfreiheit als Plazebo, unabhängig von einer vorherigen Therapie. Ein ähnliches Ergebnis wurde für Escitalopram (10‒20 mg) gezeigt. In einer 2-Jahres-Studie hatte Venlafaxin (flexible Dosis) ebenfalls einen rezidivprophylaktischen Effekt. Zugelassen sind für die Rezidivprophylaxe unter den Antidepressiva Sertralin und Venlafaxin. 5 Für Citalopram und Duloxetin liegt eine Zulassung nicht explizit zur Rezidivprophylaxe, wohl aber für eine Fortführung der Gabe über die Erhaltungstherapie hinaus vor (»Behandlung von depressiven Erkrankungen« in den Fachinformationen im Sinne einer sich an eine Erhaltungstherapie anschließenden, bis auf Weiteres erfolgenden »Langzeittherapie« bei rezidivierend depressiver Störung, www.kompendiumnews.de vom 17.06.10). 5 Unter den Stimmungsstabilisierern ist nur Lithium (7 2.11, Präparat) zur Rezidivprophylaxe bei rezidivierender unipolarer Depression zugelassen. Lithium scheint bei unipolarem Verlauf den Antidepressiva ebenbürtig zu sein, daneben senkt Lithium das Suizidrisiko. Aus Gründen der Verträglichkeit und Praktikabilität wird Lithium im Routinefall selten angewandt. Der Lithium-Spiegel sollte zwischen 0,6 und 0,8 mmol/l liegen. 5 Eine rezidivprophylaktische Wirkung über 1 Jahr konnte von dem AAP Quetiapin gezeigt werden. Zu AAP in der Behandlung der unipolaren Depression7 1.4.2; bei Therapieresistenz 7 1.12.4. 5 Vorübergehende, leichte depressive Symptome treten im Verlauf häufig auf; sie können durch psychotherapeutische Intervention in der Regel abgefangen werden. Treten dagegen die ersten Anzeichen eines Rezidivs ‒ oft mit dem für den Patienten typischen Symptommuster ‒ auf, sind die Strategien unter 7 1.12 anzuwenden. 5 Es gibt Hinweise, dass nur etwa 30 % der Patienten mit rezidivierend depressiver Störung eine medikamentöse Rezidivprophylaxe langfristig fortführen. Bei Beendigung einer medikamentösen Rezidivprophylaxe können psychotherapeutische Maßnahmen einen prophylaktischen Effekt zeigen (7 1.5).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Eine Diagnoseänderung hin zu einer bipolaren Depression wird generell bei 10‒20 % gesehen. Risiken von Antidepressiva zur Induktion einer Manie 7 2.4.2, 7 Box 2. 5 Der Behandlungserfolg bei Durchführung einer Rezidivprophylaxe sollte in 2- bis 3-monatigem Abstand kontrolliert werden. 1.12
Therapieresistenz und unzureichende Response bei der depressiven Episode
Das eigentliche Ziel einer antidepressiven Therapie ist die Remission, das Erreichen von Symptomfreiheit sowie die vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Funktionszustands. Patienten, die eine Remission erreicht haben, besitzen eine günstigere Langzeitprognose. In klinischen Studien wird eine Response meist als mindestens 50 %-Reduktion der depressiven Symptomatik, gemessen anhand einer Schweregradskala, definiert. Von einer partiellen (oder unzureichenden) Response spricht man, wenn die erreichte Besserung zwischen 25 % und 50 % nach etwa 4–6 Wochen Behandlung beträgt. Non-Response liegt vor, wenn in diesem Zeitraum weniger als 25 % Besserung eintreten. Für eine Therapieresistenz gibt es bislang keine unumstritten akzeptierte Definition. Als Minimalkonsens sollte in Bezug auf unipolar depressive Störungen von Therapieresistenz gesprochen werden, wenn zwei verschiedene Antidepressiva mit unterschiedlichen Wirkprofilen jeweils nach 4–6 Wochen Behandlung in ausreichender Dosis wirkungslos waren. 5 Etwa 60 % der Patienten profitieren klinisch nicht in ausreichendem Maße von einem ersten Therapieversuch von 8 Wochen mit einem Antidepressivum; d. h., es kommt nicht zu der gewünschten Remission. Bei 30 % tritt auch nach einem zweiten Versuch keine Remission ein. Schließlich verbleibt auch nach mehreren Therapieversuchen eine Restgruppe chronisch Depressiver von ca. 15 %. 5 Die Ergebnisse der STAR*D-Studie (Sequenced-Treatment-Alternativesto-Relieve-Depression), eine vom US National Institute of Mental Health finanzierte RCT zur Wirksamkeit und Verträglichkeit verschiedener, sequenziell angewandter Behandlungsformen bei ambulanten Patienten mit unipolarer Depression, weisen die Erfolgschancen bei therapieresistenten Depressionen geringer aus als bisher angenommen. So fanden sich in der ersten Behandlungsstufe unter einer offenen Monotherapie mit Citalopram eine Remissionsrate von 28 % und eine ResponseRate von 47 %. Mit Zunahme der durchlaufenen Behandlungsstufen ergab sich eine Abnahme der Remissionsrate, insbesondere nach zwei und drei erfolglosen medikamentösen Behandlungsversuchen. Es fanden sich höhere Rückfallraten für diejenigen Patienten, die sich zu Beginn der Nachbeobachtung nicht in Remission befanden, sowie ‒ unabhängig davon, ob eine Remission bezüglich der depressiven Sym-
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69
1.12 · Therapieresistenz und unzureichende Response
ptomatik erreicht worden war oder nicht ‒ mit zunehmender Anzahl durchlaufener Behandlungsstufen. 5 Hinsichtlich möglicher neuer Behandlungsstrategien weisen die Ergebnisse der STAR*D-Studie darauf hin, dass vor einem Wechsel der Behandlungsstrategie längere Behandlungszeiträume gerechtfertigt sein können: auch nach 8-wöchiger Behandlung kann noch eine substanzielle Besserung der Symptomatik eintreten. Auch scheint sowohl ein Wechsel zu einem Antidepressivum mit gleichem Wirkmechanismus (within-class switch) als auch ein Wechsel zu einem Antidepressivum mit anderem Wirkmechanismus (out-of-class switch) berechtigt (s. unten). Weitere differenzialtherapeutische Hinweise dazu, welche Behandlungsstrategie zu welchem Zeitpunkt der Behandlung einer depressiven Episode erfolgversprechender ist, ergeben sich aus den Studienergebnissen nicht. 5 Je nach erreichter Besserung und der Anzahl der erfolglosen Behandlungsversuche können somit unterschiedliche Strategien sinnvoll sein, ohne dass es bislang eine empirisch abgesicherte Reihenfolge der im Folgenden beschriebenen Therapiestrategien gibt. Der Algorithmus (. Abb. 1.3) bezieht sich auf den Beginn einer Therapie mit AntidepresUnzureichender Therapieerfolg mit Antidepressiva Optimierung der Behandlung (Strategien ggf. parallel anwenden): Konsequente Psychotherapie
Vertiefte Psychoedukation und unterstützende Maßnahmen
Überprüfung der z psychiatrischen Diagnose z medizinischen Diagnose z Einnahme depressiogener AM/Drogen/ Alkoholanamnese
Überprüfung der z Compliance z Plasmaspiegel
Bewegungstherapie Lichttherapie Schlafentzug
Weiterhin unzureichender Erfolg: neue Strategien nach spätestens 4 Wochen einleiten
Strategien unter regelmäßiger Routinekontrolle:
Einfache Strategien: Wechsel des AD (möglichst mit anderem Wirkmechanismus)
Dosiserhöhung erwägen (nicht SSRI)
Kombination: z z. B. SSRI/SNRI + Mirtazapin z SSRI + Bupropion
Augmentation mit AAP: AD + Quetiapin (zugel.) AD + Aripiprazol (Ch: zugel.; D: off-label) z AD + weitere AAP z z
Andere Augmentationen: z AD + Lithium z AD + SD-Hormone
Keine Besserung (nach mehreren Optimierungsversuchen)
EKB
. Abb. 1.3 Wichtigste Maßnahmen bei unzureichendem Therapieerfolg. AD Antidepressivum, AAP atypische Antipsychotika, AM Arzneimittel; SD-Hormone Schilddrüsenhormone, EKB Elektrokrampfbehandlung.
70
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Kapitel 1 · Antidepressiva
siva, nicht aber auf den Beginn einer psychotherapeutischen Behandlung ohne begleitende Pharmakotherapie. 5 Zu psychotherapeutischen Verfahren bei Depressionen und speziell bei chronischen Depressionen 7 1.5. 1.12.1 Erste Maßnahmen bei unzureichendem Therapieerfolg 5 Stellt sich in den ersten beiden Behandlungswochen eine partielle Response ein, kann zunächst mit der begonnenen Behandlung fortgefahren werden. Bleibt diese aus, kann schon früh im Behandlungsverlauf von einer geringen Chance, in den nächsten 2–4 Wochen noch eine Response bzw. Remission zu erreichen, ausgegangen werden (7 1.10.3). 5 Bei Vorliegen einer Non-Response muss zunächst versucht werden, die antidepressive Behandlung – wie in . Abb. 1.3 – zu optimieren. Eine Vertiefung der Psychoedukation und eine konsequente Psychotherapie sind besonders anzustreben. Als Begleittherapien sind Bewegungsund Lichttherapie sowie ggf. Schlafentzug frühzeitig einzusetzen. 5 Bei weiterhin unzureichendem Therapieerfolg sollten die folgenden Strategien der . Abb. 1.3 eingesetzt werden. 1.12.2 Wechsel des Antidepressivums und Dosiserhöhung 5 Sowohl ein Wechsel zu einem Antidepressivum mit gleichem Wirkmechanismus als auch ein Wechsel zu einem Antidepressivum mit anderem Wirkmechanismus kann nach einem ersten Therapieversuch erfolgreich sein (s. oben, Einleitung zu 7 1.12). Nach Versagen eines ersten SSRI besteht bei einem Wechsel auf einen zweiten SSRI eine 25‒50 %ige Response-Chance. Eine Response kann noch nach 3-maligem Wechsel erwartet werden. Alternativ kann direkt oder im Weiteren ein Wechsel auf ein Antidepressivum mit anderem Angriffspunkt im ZNS erfolgen. Dies ist besonders bei schweren Depressionen zu empfehlen, weil sich in einer Studie ein Umstellen auf Venlafaxin in dieser Gruppe günstiger als ein erneuter SSRI-Versuch herausstellte. In einer anderen Studie wurde bei SSRI-Non-Respondern ein positiver Effekt mit Duloxetin gesehen. In einer aktuellen Metaanalyse ergab sich bei Patienten mit unzureichender Response auf einen ersten SSRI ein geringfügiger, aber signifikanter Vorteil eines Wechsels zu einem Antidepressivum mit anderem Wirkmechanismus (hier Bupropion, Mirtazapin und Venlafaxin) im Vergleich zu einem weiteren Therapieversuch mit einem SSRI. 5 Die Datenlage zur Wirksamkeit der häufig angewandten Strategie des Wechsels des Antidepressivums im Vergleich zu Augmentationsstrategien (7 1.12.4) ist unzureichend. Vorteile dieser Strategie sowie auch einer Dosiserhöhung (s. unten) bestehen in der Beibehaltung einer Monotherapie mit damit möglicherweise besserer Verträglichkeit, höherer Compliance und geringerem Risiko eventueller Wechselwirkungen. Von Nachteil sind das mit dem Absetzen eines Antidepressi-
1.12 · Therapieresistenz und unzureichende Response
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1
vums verbundene eventuelle Auftreten von Absetzsyndromen und ein möglicher Verlust einer zumindest partiellen Wirksamkeit. Ein Wechsel des Antidepressivums bietet sich insbesondere bei fehlender oder nur geringer Besserung der Symptomatik (Non-Response) oder Vorliegen von NW an, die eine Fortführung der Behandlung in ausreichend hoher Dosis erschweren oder eine weitere Dosiserhöhung unmöglich machen. Hinweise zum Vorgehen bei der Umstellung von Antidepressiva 7 1.10.1. 5 Eine Response durch Dosiserhöhung ist nur für TZA, MAOH und Venlafaxin belegt. Sie scheint besonders bei partieller Response eine plausible Strategie zu sein. Bei TZA kann die Dosis bis zu 300 mg/d betragen (dann häufigere Kontrollen von EKG und ggf. EEG). Die Bestimmung der Plasmakonzentration des TZA kann eine relative Unterdosierung aufdecken (7 1.10.2). Eine Dosiserhöhung unter SSRI ist in der Regel nicht mit besseren Behandlungsergebnissen verknüpft. 1.12.3 Kombinationsstrategien Darunter wird der gleichzeitige Einsatz von zwei Antidepressiva mit nachgewiesener antidepressiver Wirksamkeit in jeweiliger Monotherapie verstanden. Auf mögliche pharmakodynamische und pharmakokinetische Interaktionen ist bei allen Kombinationen zu achten. Es empfehlen sich ggf. Plasmakonzentrationsmessungen (7 1.10.2). Die komplexen pharmakologischen Wirkprofile von Antidepressiva geben heute immer früher dazu Anlass, zwei Antidepressiva zu kombinieren. Dies entspricht dem multifunktionalen Ansatz (7 1.1). 5 Bewährt hat sich die Kombination zweier Antidepressiva mit unterschiedlichen Wirkprofilen. Dabei ergeben sich durch einen komplementären pharmakologischen Wirkmechanismus neue Response-Chancen, auch kann durch ein unterschiedliches Wirkspektrum eine breitere psychopathologische Symptomatik abgedeckt werden (z. B. Antriebssteigerung durch Venlafaxin und gleichzeitige Schlafförderung durch Mirtazapin). 5 So zeigte die Kombination eines SSRI oder von Venlafaxin mit Mirtazapin in RCT Wirksamkeit bei Non-Respondern auf eine Monotherapie. 5 Auch die Hinzugabe von Reboxetin zu SSRI, SNRI oder Mirtazapin zeigte in offenen Studien Wirksamkeit bei Non-Respondern auf eine Monotherapie. 5 Hinweise auf Vorteile einer Kombination zweier Antidepressiva ergeben sich ebenfalls aus einer RCT, in der eine Kombination von Mirtazapin plus Venlafaxin, Bupropion oder Fluoxetin bereits zu Beginn der Behandlung einer Fluoxetin-Monotherapie überlegen war (7 1.4.1, Unterschiede im Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil von Antidepressiva bei der depressiven Episode).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Die Hinzugabe von Bupropion zu einem SSRI bei SSRI-Non-Respondern ist ebenfalls eine beliebte Strategie, die in offenen und nichtkontrollierten Studien Wirksamkeit gezeigt hat. In der STAR*D-Studie (s. oben) ergab sich unter der Kombination von Citalopram mit Bupropion bei Citalopram-Non-Respondern eine Remissionsrate von ca. 30 % bei geringfügigen Vorteilen bezüglich der Verträglichkeit gegenüber einer Augmentation mit Buspiron (7 1.12.4). 5 Dagegen hat sich die Kombination von Amitriptylin mit langsam steigenden Dosen von Tranylcypromin nicht bewährt. Sie ist zu risikoreich. Besonders sind die Kontraindikationen zu beachten (MAOH mit Antidepressiva mit überwiegender 5-HT-Wiederaufnahmehemmung oder SSRI/Venlafaxin). 5 Kombinations- sowie auch Augmentationsstrategien (7 1.12.4) bieten sich insbesondere dann an, wenn in einem ersten Therapieversuch eine partielle Response erreicht wurde und die Verträglichkeit gut war. Im Vergleich zu Augmentationsstrategien (7 1.12.4) ist die Datenlage zur Wirksamkeit von Kombinationsstrategien stärker eingeschränkt; am besten ist die Hinzugabe von Mirtazapin und Bupropion evaluiert. 1.12.4 Augmentationsstrategien Unter Augmentation versteht man die Zugabe einer Substanz zu Antidepressiva, für die als Monotherapie keine regelmäßige antidepressive Wirksamkeit angenommen wird. Entsprechend den Kombinationstherapien (s. oben, 7 1.12.3) ist auch bei allen Augmentationsstrategien auf mögliche pharmakodynamische und pharmakokinetische Interaktionen zu achten. Im Hinblick auf eine Wirksamkeit auch von Quetiapin als AAP in der Monotherapie der unipolaren (7 1.4.2) sowie der bipolaren Depression (7 2.4.2) wird die Grenze zwischen Kombinations- (7 1.12.3) und Augmentationsstrategien in der hier definierten Bedeutung unschärfer. Lithium Bei der am besten belegten Augmentationsstrategie werden Lithium-Konzentrationen wie bei der Phasenprophylaxe (0,6–0,8 mmol/l) angestrebt (s. auch 7 2.11). Es wird ein synergistischer Effekt über die serotonerge Transmission angenommen. In einer kürzlich publizierten Metaanalyse von 10 RCT zeigte sich eine Lithium-Augmentation Plazebo signifikant überlegen. Gesicherte Prädiktoren für ein Ansprechen fehlen bislang, die Wahrscheinlichkeit einer Response scheint aber mit zunehmender Dauer und Dosis der Vorbehandlung abzunehmen. Ein Therapieerfolg kann nach 2‒4 Wochen eintreten; in einer Studie zeigte sich bei 40 % der Patienten bereits nach 1–2 Wochen (selten nach 6 Wochen) eine Response. Ist nach 4 Wochen bei sich im therapeutischen Bereich befindlichen LithiumSpiegeln keine Response eingetreten, sollte ein Wechsel der Therapiestrategie erwogen werden. Ergebnisse einer Studie sagen, dass eine erfolgreiche Lithium-Augmentation mindestens 1 Jahr fortgeführt werden sollte. Ob ein
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Absetzen des Lithiums dann allerdings sinnvoll ist, wurde nicht untersucht. Lithium ist zur Augmentation bei therapieresistenter Depression zugelassen. Einzelheiten zum Präparat 7 2.11. Atypische Antipsychotika Gegenwärtig liegen für die Augmentationsstrategie von SSRI/SNRI mit AAP im Vergleich zu anderen Augmentationsstrategien die meisten Daten vor. In einer
ersten Metaanalyse, die 10 RCT unter Berücksichtigung von Olanzapin, Quetiapin und Risperidon umfasste, ergab sich für die genannten AAP als add-on zu Antidepressiva eine signifikant positive Wirkung im Vergleich zu Plazebo. In einer aktuellen Metaanalyse mit Einbeziehung von 16 RCT, welche die AAP Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon umfasste, zeigte sich ebenfalls ein signifikanter Wirksamkeitsvorteil einer Augmentation mit AAP im Vergleich zu Plazebo. Vorteile einer Augmentation mit einem AAP gegenüber einem anderen AAP ergaben sich dabei hinsichtlich der Wirksamkeit nicht. 5 Quetiapin (150‒300 mg/d) hat in Europa in seiner retardierten Darreichungsform eine Zulassung bei der depressiven Episode als add-on zu Antidepressiva (»Zusatztherapie«) bei Patienten, die unzureichend auf die Monotherapie mit einem Antidepressivum angesprochen haben, erhalten (7 1.4.2). Zu den Risiken 7 3.13, Präparat. 5 Eine Augmentation von SSRI/SNRI mit Aripiprazol hat in 3 RCT Wirksamkeit bei unzureichender Response unter Antidepressiva gezeigt. In den USA erfolgte 2007 für Aripiprazol als erstem AAP eine Zulassung in dieser Indikation; in Europa (außer der Schweiz) ist nur eine Off-label-Verordnung (2,5‒10 mg/d, maximal 15 mg/d) möglich. 5 Die Kombination aus Olanzapin (6‒18 mg/d) und Fluoxetin (25‒50 mg/d) war ebenfalls bei therapieresistenter Depression wirksam und ist seit 2009 in USA zur Behandlung der therapieresistenten, unipolaren depressiven Episode zugelassen. In einer kürzlich publizierten, gepoolten Analyse von 5 RCT erwies sich das Ausbleiben eines frühen Ansprechens auf diese Kombinationsbehandlung als hochsensitiver negativer Prädiktor einer späteren Response (s. auch 7 1.10.3). Die Augmentation anderer Antidepressiva als Fluoxetin mit Olanzapin ist wenig untersucht. 5 Risperidon war in einer Dosierung von 1‒3 mg wirksam. Eine Fortführung der Gabe von Risperidon in der Erhaltungstherapie war allerdings Plazebo nicht überlegen. 5 Eine Augmentation mit AAP ist eine sinnvolle und wirksame Strategie bei therapieresistenter depressiver Episode. In der aktuellen Leitlinie hingegen wird eine Indikation für Antipsychotika bzw. AAP einzig bei Vorliegen psychotischer Symptome gesehen. Zu bedenken ist bei nachgewiesener Wirksamkeit das NW-Risiko von AAP insbesondere in der Langzeittherapie (7 3.6.2). Problematischer als die Frage nach der Wirksamkeit der genannten AAP als Augmentationsstrategie bei
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therapieresistenten Depressionen erscheint die noch ungeklärte Frage, über welchen Zeitraum die Gabe eines AAP bei einer Augmentation erfolgen sollte und inwieweit AAP in der Erhaltungstherapie der Depression wirksam und verträglich sind. ! Die Add-on-Therapie mit AAP ist mit dem Risiko eines metabolischen Syn-
droms verbunden. Es ist bei Aripiprazol geringer als bei Olanzapin, Quetiapin oder Risperidon (7 3.6.2).
5 Stellenwert von Antipsychotika bei depressiven Störungen im Rahmen schizophrener 7 3.4.1 und schizoaffektiver Störungen 7 3.4.4; Einsatz von Antipsychotika in der Behandlung schwerer depressiver Episoden mit psychotischen Symptomen 7 3.4.5; Einsatz von Antipsychotika in der Behandlung bipolar affektiver Störungen 7 2.4.2. Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin, Thybon®) war in Dosen von 25–50 μg zu einem TZA und zu SSRI bei therapieresistenter Depression ‒ auch bei euthyreoter Stoffwechsellage ‒ erfolgreich. Im Rahmen der STAR*D Studie (s. oben; 7 1.12) fand sich in der 3. Behandlungsstufe hinsichtlich der Wirksamkeit kein signifikanter Unterschied zwischen einer Augmentation mit Lithium oder T3. Vorteile einer Augmentation mit T3 gegenüber einer Lithium-Augmentation ergaben sich in dieser Studie in Bezug auf die Verträglichkeit (seltener NW, weniger Therapieabbrüche aufgrund von NW) und die Einfachheit der Anwendung. Bei Ansprechen (bei bis zu 50 %) kann T3 mit den Antidepressiva langfristig weitergegeben werden; die Sicherheit und Verträglichkeit einer langfristigen Gabe ist allerdings unklar. Die Zugabe von T4 (L-Thyroxin, 250‒400 μg, Beginn mit 100 μg, wöchentlich steigernd) in supraphysiologischen Dosen kann ebenfalls zu einem Therapieerfolg führen. Diese Augmentation ist noch wenig evaluiert, 8 Wochen sollten bis zu einer Response abgewartet werden. Es gibt allerdings auch Studien, in denen diese beiden Augmentationen nicht wirksam waren. Schilddrüsenhormone sollen eine modulierende Wirkung auf die Neurotransmission haben. Weitere Substanzen zur Augmentation 5 Antikonvulsiva: Über eine Augmentation mit Lamotrigin (7 Kap. 2) gibt es bei der unipolaren Depression einige positive Berichte. In einer offenen Studie zeigte eine Augmentation mit Lamotrigin ein der LithiumAugmentation vergleichbar gutes Ergebnis. Zwei RCT mit kleiner Fallzahl zu Lamotrigin als Augmentation bei therapieresistenter Depression ergaben allerdings ein negatives Ergebnis. Lamotrigin bei bipolarer Depression 7 2.4.2. 5 Positive Ergebnisse an kleineren Patientenkollektiven liegen für eine Augmentation mit Dopaminagonisten (Bromocriptin, Pergolid) vor.
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Auch Amantadin wurde mit positivem Ergebnis mit Antidepressiva kombiniert. 5 Das Psychostimulans Methylphenidat (7 Kap. 10) zeigte als add-on in 2 RCT Wirksamkeit bezüglich Symptomen von Apathie und Kraftlosigkeit, nicht aber auf die allgemeine depressive Symptomatik. Bei insgesamt uneinheitlicher Studienlage zeigte eine Augmentation mit Modafinil (7 Kap. 10) insbesondere auf Restsymptome in Form von schneller Erschöpfbarkeit und Tagesmüdigkeit teilweise gute Effekte. 5 Hormonpräparate: 7 1.4.2. Eine Augmentation mit Kortisolsynthesehemmern (Ketoconazol, Metyrapon) zeigte in kleineren Patientenkollektiven positive Ergebnisse. 5 Augmentationsstrategien mit Pindolol oder Buspiron haben keinen regelhaften Erfolg gezeigt; im Rahmen der STAR*D-Studie zeigte sich in der 2. Behandlungsstufe unter der Kombination von Citalopram und Buspiron (bis 60 mg) eine der kombinierten Gabe von Citalopram und Bupropion (bis 400 mg) vergleichbare Remissionsrate. 1.12.5 Andere Strategien bei Therapieresistenz 5 Sehr hoch dosierte Gabe von MAOH, SSRI oder Venlafaxin: Die hoch dosierte Gabe von Tranylcypromin in Dosen über 40 mg (bis zu 180 mg/d sind beschrieben) kann zu einer Remission führen. Patienten müssen über die relativ hohen Risiken aufgeklärt werden. Ein schriftliches Einverständnis wird empfohlen. Auf Diätfehler mit möglichen fatalen Folgen muss hingewiesen werden (hypertensive Krisen mit Blutungsgefahr). Zudem kommt eine orthostatische Hypotonie unter hohen Dosen von MAOH häufiger vor. Risikoärmere Therapien verdrängen diese Strategie. Außerdem war Tranylcypromin in einer Studie nicht wirksamer als die risikoärmere Kombination Venlafaxin/Mirtazapin. 5 Unter 100–300 mg Fluoxetin wurde bei Non-Respondern bei ca. 50 % ein Therapieerfolg gesehen. 5 SSRI-Non-Responder reagierten teilweise positiv auf Venlafaxin bis zu 375 mg. 5 Antidepressivagabe als Tropfinfusion: Eine überlegene Wirkung der i.v.-Applikation gegenüber oraler Verabreichung ist nicht belegt. Die Tropfinfusion kann bei ausgewählten Patienten (orale Einnahme schwer möglich, Compliance-Probleme) bereits im ersten Behandlungsschritt durchgeführt werden. 5 EKB (7 1.4.2) ist nach wie vor eine Therapiestrategie mit gut belegter Wirksamkeit bei Therapieresistenz. Neuere Untersuchungen weisen auf die Möglichkeit hin, die EKB schon frühzeitiger einzusetzen. Allerdings ist weiterhin unklar, welche Erhaltungstherapie bei Therapieerfolg nach EKB anzuwenden ist. Daher erfolgt ihr Einsatz oft erst, nachdem andere Strategien nicht erfolgreich waren.
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Repetitive transkranielle Magnetstimulation 7 1.4.2; Stimulation des N. vagus 7 1.4.2
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Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet. Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der NW und Kontraindikationen in 7 1.6 und 7 1.7 sowie auf die Besonderheiten im Alter und bei internistischen Krankheiten (7 Kap. 14) hingewiesen.
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Präparate
Agomelatin Melatoninrezeptoragonist und selektiver Serotoninrezeptorantagonist N-[2-(7-Methoxy-1-naphthyl)ethyl]acetamid Valdoxan (Servier) Tbl. 25 mg (28, 98 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Melatoninrezeptoragonist (MT1 und MT2). 5 Durch selektiven Antagonismus an 5-HT2C-Rezeptoren vermittelte Verstärkung der dopaminergen und noradrenergen Neurotransmission im frontalen Kortex bei fehlender Monoaminwiederaufnahmehemmung; Resynchronisierung im suprachiasmatischen Nukleus. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften, keine Beeinflussung adrenerger und dopaminerger Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit ca. 3 %; Tmax = 1–2 h; t½ = 1‒2 h. 5 Lineare Kinetik (nur im therapeutischen Dosisbereich), Metabolisierung vorwiegend durch CYP1A2 (90 %, in geringerem Umfang auch CYP2C19), keine aktiven Metaboliten. 5 Wegen der kurzen HWZ sind bei chronischer Behandlung keine messbaren Talspiegel (. Tab. 1.6) von Agomelatin zu erwarten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depressionz. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → generalisierter Angststörung. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Eine Kontrolle der Transaminasen sollte zu Beginn der Behandlung, nach ca. 6, 12 und 24 Wochen sowie bei klinischer Indikation erfolgen. Bei Anstieg der Transaminasenwerte über das 3-Fache des oberen Normbereichs sollte die Gabe von Agomelatin beendet werden. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4; Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15.
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Dosierung 5 Initial 25 mg, ggf. bei unzureichender Wirkung im Verlauf Dosissteigerung auf 50 mg/dz in einer spätabendlichen Einzeldosis (vor dem Schlafengehen). 5 Dosisanpassung bei Leberfunktionsstörungen, bei Nierenfunktionsstörungen scheint keine Dosisanpassung erforderlich. Bei Absetzen der Behandlung kein Ausschleichen der Dosis erforderlich (keine Absetzeffekte). Bei Rauchern höhere Dosis (s. Interaktionen). Nebenwirkungen Häufig: Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel, Müdigkeit, Schläfrigkeit,
Schlaflosigkeit, Angst, Übelkeit, Diarrhö, Obstipation, Oberbauchschmerzen, vermehrtes Schwitzen, Rückenschmerzen, erhöhte Transaminasenwerte. Gelegentlich: Parästhesien, verschwommenes Sehen, Ekzeme. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Hepatitis. Kontraindikationen 5 Eingeschränkte Leberfunktion (d. h. Leberzirrhose oder aktive Lebererkrankung). Interaktionen 5 Zu einer Kombination mit SSRI, SNRI oder MAOH liegen bisher zu wenige klinische Daten vor. Theoretisch ist durch den Anstieg von Serotonin eine Abschwächung der 5-HT2C-Rezeptor-antagonistischen Wirkung von Agomelatin anzunehmen. 5 Keine Kombination mit CYP1A2-Inhibitoren, wie z. B. Ciprofloxacin, Fluvoxamin (7 Anhang INT). Vorsicht bei Kombination mit mäßigen CYP1A2-Inhibitoren (z. B. Propranolol). 5 Bei Rauchern erscheint es aufgrund der Verstoffwechselung über CYP1A2 sinnvoll, eine Tagesdosis von 50 mg/d anzustreben. Bewertung Antidepressivum mit neuartigem pharmakologischem Profil und sehr günstigem NW-Profil (keine sexuellen Funktionsstörungen, keine Gewichtszunahme, keine Tagesmüdigkeit bei Verbesserung des Schlafverhaltens bei depressiven Patienten, keine Änderung der Schlafarchitektur bei gesunden Probanden; keine Absetzsymptome). Transaminasen regelmäßig überprüfen. Noch liegt zu wenig klinische Erfahrung vor, ob Agomelatin eine vergleichbare antidepressive Wirksamkeit wie z. B. Escitalopram, Mirtazapin, Sertralin oder Venlafaxin aufweist. Der Hersteller empfiehlt eine Erhaltungsdosis von 25 mg und eine Erhöhung auf 50 mg nur im Falle einer nicht ausreichenden Response nach 2 Wochen.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Amitriptylin Trizyklisches Antidepressivum 3-(10,11-Dihydro-5H-dibenzo[a,d]cyclohepten-5-yliden)-N,N-dimethylpropylamin Amineurin (Hexal) Tbl. 10/ 25/ 50 mg Tbl. 100 mg (Amineurin retard) Amitriptylin beta (betapharm) Tbl. 10/ 25 mg Kps. 50 mg (Retard) Amitriptylin-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 25/ 75 mg Amitriptylin-neuraxpharm (neuraxpharm) Drg. 10/ 25/ 50 mg Tbl. 75/ 100 mg Kps. 25/ 50/ 75 mg (Retard) Lsg. 40 mg/ ml
Amitriptylin-Sandoz (Sandoz) Tbl. 100 mg (Retard) Saroten (Bayer Vital) Tbl. 50 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Saroten Tabs) Tbl. 75 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Saroten retard Tabs) Amp. 50 mg/2 ml (5 Amp.) Syneudon (Krewel Meuselbach) Tbl. 50 mg
Pharmakodynamik 5 Etwa gleich starke Hemmung der NA- und 5-HT-Wiederaufnahme (pharmakologisch aktiver Metabolit Nortriptylin inhibiert bevorzugt die NA-Wiederaufnahme). 5 Stark ausgeprägte antiadrenerge, aber auch anticholinerge und antihistaminerge Wirkung (bei Amitriptylin, weniger beim Metaboliten Nortriptylin). Pharmakokinetik 5 Bioverfügbarkeit ca. 45 %; t½ = 10–28 h nach oraler Gabe (Nortriptylin 30 h); Tmax = ca. 1–5 h. 5 N-Demethylierung durch CYP2C19, CYP2C8 und CYP2C9 zum aktiven Hauptmetaboliten Nortriptylin und Hydroxylierung durch CYP2D6 und CYP3A4. 5 Plasmakonzentration (Summe Amitriptylin plus Nortriptylin): 80–200 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz: Ausgeprägter (akuter) sedierender Effekt (bei Schlafstörungen oder Suizidalität vorteilhaft). 5 Schlafstörungenz. 5 Langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei →Fibromyalgiesyndrom (Therapie der 1. Wahl nach der S3-Leitlinie), → Bulimie, → Prophylaxe der Migräne, → chronischem Spannungskopfschmerz, → Depression bei M. Parkinson.
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5 Aufgrund der antihistaminergen Wirkung mögliche Vorteile bei Pruritus und Urtikaria bei depressiven Syndromen im Rahmen dermatologischer Erkrankungen. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Sehr häufig (meist passageres) Ansteigen der Leberenzymaktivität. Gelegentlich Leberfunktionsstörungen, Blutbildveränderungen (insbesondere Leukopenien). Körpergewicht dokumentieren. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung Oral: 5 Depressive Störungen: Initial 2‒3 × 25 mg, Erhaltungsdosis 3 × 50 mg
oder 2 × 75 mg/d (ambulant: 150 mg/dz). Bei älteren Patienten kann die halbe Dosis ausreichend sein. In der Klinik Erhöhung bis auf 300 mg/ dz möglich. Es empfiehlt sich eine Dosisverteilung (z. B. 1/3 morgens, 2/3 abends). 5 Schlafstörungen ohne depressive Symptomatik: 25–50 mg. 5 Schmerzbehandlung: 50‒150 mg/d verteilt auf 2‒3 Einzelgaben. 5 Fibromyalgiesyndrom: 25‒50 mg/d. Parenteral:
5 Als Tropfinfusion 25–100 mg in 500 ml Standardinfusionslösung in aufsteigender Dosierung (3–7 Tage über mindestens 90 min mit Tropfgeschwindigkeit von 1,5 ml/min; dann Übergang auf orale Medikation); auch i.m.-Injektion möglich, jedoch ohne klinischen Nutzen. Nebenwirkungen Sehr häufig: Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, orthostatische Dysregulation (insbesondere bei älteren Patienten), Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Schwitzen, Sprachstörungen, Tremor, Mundtrockenheit, verstopfte Nase, Akkommodationsstörungen, Obstipation, Gewichtszunahme, meist passageres Ansteigen der Leberenzymaktivität. Häufig: Innere Unruhe, Durstgefühl, Hyponatriämie, Miktionsstörungen, Hautausschläge, Libidoverlust, Impotenz. Bei älteren Patienten erhöhtes Risiko für delirante Syndrome, insbesondere unter rascher Dosissteigerung. Gelegentlich: Kollapszustände, Erregungsleitungsstörungen, Verstärkung einer bestehenden Herzinsuffizienz, Hypersensitivitätsmyokarditis, Ileus, Harnsperre, Blutbildveränderungen (insbesondere Leukopenien), Leberfunktionsstörungen (z. B. cholestatische Hepatose), Galaktorrhö. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Agranulozytose, Verlängerung der QTcZeit. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahyperplasie mit Restharnbildung, Delir, Pylorusstenose, Ileus, angeborenes Long-QT-Syndrom, Hypokaliämie, Bradykardie. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Anfallsbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und KHK). Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (unter stationären Bedingungen möglich, 7 1.12), Cimetidin, Methylphenidat, Pimozid, Thioridazin, Tramadol, anticholinergen Substanzen, z. B. Biperiden; Benztropin, Trihexiphenyl oder Metixen. 5 Plasmaspiegelkontrolle bei Kombination mit CYP2D6- oder CYP1A2Inhibitoren, z. B. Bupropion, Duloxetin, Fluoxetin, Fluvoxamin, Metoprolol, Paroxetin oder Propranolol, ebenso bei Kombination mit CYP3A4Induktoren, z. B. Carbamazepin (7 Anhang INT). 5 TZA können die QTc-Zeit verlängern; möglichst keine Kombination mit anderen die QTc-Zeit verlängernden Substanzen. 5 Bei gleichzeitiger Anwendung von Amitriptylin und Cumarinen ist eine fortlaufende Kontrolle der Blutgerinnungswerte erforderlich. ! Unter Kombination mit Fluoxetin ist über schwere Intoxikationen berichtet
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worden.
Bewertung Lang bewährtes TZA mit ausgeprägter sedierender Wirkung (bei Schlafstörungen oder Suizidalität vorteilhaft), aber starken anticholinergen Eigenschaften (Vorsicht insbesondere bei älteren Patienten). TDM unter Amitriptylin gut untersucht. Sehr häufig Gewichtszunahme und passageres Ansteigen der Leberenzymaktivität. Verträglichkeit und therapeutische Breite geringer als bei den neueren Antidepressiva. Zugelassen auch zur Schmerzbehandlung und bei Schlafstörungen. Amitriptylinoxid Trizyklisches Antidepressivum 3-(10,11-Dihydro-5H-dibenzo[a,d]cyclohepten-5-yliden)-N,N-dimethylpropylamin-N-oxid Amioxid-neuraxpharm (Neuraxpharm) Tbl. 30/ 60/ 90/ 120 mg
Equilibrin (Sanofi-Aventis) Tbl. 30/ 60 mg (20, 50, 100 Tbl.)
17 Pharmakodynamik s. Amitriptylin 5 Geringere periphere anticholinerge Wirkungen als unter Amitriptylin bei gleich starker zentraler anticholinerger Wirksamkeit.
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Pharmakokinetik 5 Bioverfügbarkeit 77 %; t½ = ca. 2 h; Tmax = 20–80 min. 5 Metabolisierung zu Amitriptylin und Nortriptylin, die Metaboliten sind die eigentlichen Wirkstoffe (s. Amitriptylin). 5 Plasmakonzentration (Amitriptylin plus Nortriptylin): 80–200 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressionen vom ängstlichen und agitierten Typz. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Beginn mit 60 mg/d; stufenweise Dosiserhöhung bis zum Erreichen einer Tagesdosis von 90‒120 mg. Tageshöchstdosis ambulant 150 mg/ dz; unter stationären Bedingungen Dosissteigerung bis zu einer Tageshöchstdosis von 300 mg/dz möglich (in Ausnahmefällen höher). 5 Dosisverteilung wie Amitriptylin. Nebenwirkungen 5 Wie Amitriptylin, vegetative NW angeblich geringer. Kontraindikationen s. Amitriptylin Interaktionen s. Amitriptylin Bewertung TZA mit im Vergleich zu Amitriptylin geringeren peripheren anticholinergen Wirkungen bei gleich starker zentraler anticholinerger Wirksamkeit; ein im Vergleich zu Amitriptylin günstigeres NW-Profil ist dabei klinisch nicht abgesichert. Verträglichkeit und therapeutische Breite geringer als bei den neueren Antidepressiva. Trotz verschiedener Zulassungsdiagnosen sind die Indikationen von Amitriptylin und Amtriptylinoxid identisch. Bupropion Kombinierter selektiver Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (NDRI) (RS)-2-(tert-Butylamino)-3’-chlorpropiophenon Elontril (GlaxoSmithKline) Tbl. 150/ 300 mg (30, 90 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Kombinierter NA- und DA-Wiederaufnahmehemmer. Minimale Wirkung auf die Serotoninwiederaufnahme, auf postsynaptische Rezeptoren des cholinergen, adrenergen, histaminergen, dopaminergen oder serotonergen Systems.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Pharmakokinetik 5 Elontril®: Tmax = ca. 5 h (Bupropion) bzw. 7‒8 h (aktive Metaboliten); die Metabolisierung erfolgt im Wesentlichen über CYP2B6, Hauptmetabolit ist Hydroxybupropion; Tablette mit veränderter, d. h. diffusionskontrollierter Wirkstofffreisetzung (im Gegensatz zur Retardtablette Zyban®), sonst 7 7.3. 5 Plasmakonzentration (Summe Bupropion plus Hydroxybupropion): 225–1500 ng/ml(p). Bupropion und Hydroxybupropion sind nur in eingefrorenem Plasma (bei mind. –20 °C) stabil. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depressionz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei →neuropathischen Schmerzen, → SAD zur Verhinderung erneuter depressiver Episoden bei prophylaktischer Gabe (Herbst bis Frühling); in den USA bei der SAD zugelassen. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → Depression bei M. Parkinson, → RLS-Beschwerden (auch unabhängig vom Vorliegen depressiver Symptome). 5 Bei bipolarer Depression erste Hinweise auf geringeres Switch-Risiko als unter Venlafaxin. 5 Unter Zyban® zur Entwöhnungsbehandlung bei Nikotinabhängigkeit in Verbindung mit unterstützenden motivierenden Maßnahmenz zugelassen (7 7.3). 5 Vorteil einer fehlenden Gewichtszunahme sowie eines im Vergleich zu anderen Antidepressiva geringen Risikos sexueller Funktionsstörungen. Keine Prolaktinerhöhung. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9; besonders Anfallsanamnese. Regelmäßige RR-Kontrollen, insbesondere bei Patienten mit vorbestehender Hypertonie; bei relevantem RR-Anstieg ggf. Beendigung der Gabe. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 150 mg/d mit Steigerung auf 300 mg/dz als morgendliche Einmalgabe möglich. 5 Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen 150 mg/d. 5 In der Raucherentwöhnungsbehandlung 7 7.3. Nebenwirkungen Sehr häufig: Schlaflosigkeit; Kopfschmerzen; Mundtrockenheit, Übelkeit und Erbrechen. Häufig: Schwindel, Zittern, Agitiertheit, Angst, Asthenie, Appetitlosigkeit, Geschmacksstörungen, Sehstörungen, Tinnitus, Gesichtsröte, erhöhter Blutdruck (manchmal schwerwiegend), Hautausschlag, Schwitzen, Fieber, Brustschmerzen.
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Gelegentlich: Konzentrationsstörungen, Depressionen, Verwirrtheit, Gewichtsverlust, Tachykardie. Sonstige Nebenwirkungen: Sehr selten erhöhte Leberenzymwerte, Ikterus, Hepatitis, Änderungen in der Miktionsfrequenz und/oder Harnverhalt. Aus der klinischen Anwendung liegen Berichte über teils schwerwiegende Blutdruckerhöhungen sowohl bei Patienten mit als auch ohne vorbestehende Hypertonie vor. Dosisabhängiges Risiko für Krampfanfälle (1/1000). Die in plazebokontrollierten Studien beobachteten NW sind in der Häufigkeit ihres Auftretens und der Relevanz bezüglich einer Nutzen-RisikoBewertung je nach Anwendung von Bupropion als Antidepressivum oder in der Raucherentwöhnungsbehandlung unterschiedlich bewertet worden. Manche der als NW aufgeführten Symptome können auch in der jeweils anderen Indikation aufgetreten sein, 7 7.3. Dies gilt möglicherweise auch für die vom Hersteller angegebene NW »Depression«.
Kontraindikationen 5 Anfälle aktuell oder in der Vorgeschichte; Tumor des ZNS; Alkoholentzugsbehandlung oder Entzug eines anderen Präparats mit während des Entzugs erhöhtem Risiko des Auftretens von Krampfanfällen; schwere Leberzirrhose; Bulimie, Anorexia nervosa. 5 Kombination mit MAOH: Bupropion kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 24 h nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden. 5 Relative Kontraindikationen: Vorliegen von prädisponierenden Faktoren, die das Risiko für das Auftreten von Krampfanfällen erhöhen (gleichzeitige Gabe von Substanzen, die die Krampfschwelle herabsetzen, Alkoholmissbrauch, Anamnese eines Schädel-Hirn-Traumas, Diabetes); höhergradig eingeschränkte Leber- und Nierenfunktion. 5 Beim Einsatz von Bupropion in der Raucherentwöhnung gilt das Vorliegen einer bipolaren Störung aufgrund einer möglichen Induktion einer manischen Episode als Kontraindikation. In der Indikation als Antidepressivum scheint das Risiko dagegen geringer als unter Venlafaxin. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH. 5 Vorsicht bei Kombination mit Dopaminergika (L-Dopa) (vermehrte NW möglich). 5 Die gleichzeitige Gabe von Substanzen, die die Krampfschwelle herabsetzen können (Antipsychotika, Antidepressiva, Theophyllin, systemische Steroide, Antimalariamittel, Tramadol, Chinolone, sedierende Antihistaminika), kann das Risiko für Krampfanfälle erhöhen. 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP2B6-Inhibitoren, z. B. Clopidogrel oder Itraconazol (7 Anhang INT).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Bupropion hemmt in vivo CYP2D6. Vorsicht ist daher geboten mit Arzneimitteln, die Substrate von CYP2D6 sind und darüber bevorzugt metabolisiert werden, z. B. Diphenhydramin, Perphenazin oder Tolterodin (. Tab.17.5). 5 Wenn Bupropion zur Raucherentwöhnung eingesetzt wird, ist mit einem Ansteigen derjenigen Medikamente zu rechnen, die Substrate von CYP1A2 sind, z. B. Clozapin oder Olanzapin (. Tab.17.1) ! Wenn bei fehlender Therapie-Response unter Bupropion mit einem SSRI
kombiniert werden soll, ist im unteren Dosisbereich mit dem SSRI zu beginnen.
Bewertung Nichtsedierendes Antidepressivum mit möglichen Vorteilen bei anhedon/ gehemmt-depressiven Patienten; positive Wirkung auf Erschöpfung und Hypersomnie. Antidepressive Wirksamkeit vergleichbar den SSRI und Venlafaxin. Vorteil einer fehlenden Gewichtszunahme sowie eines geringen Risikos sexueller Funktionsstörungen; zusammen mit Citalopram, Escitalopram und Sertralin in einer Metaanalyse Vorteile hinsichtlich der Verträglichkeit gegenüber anderen neueren Antidepressiva. Zur Kombination mit einem SSRI bei SSRI-Non-Respondern geeignet. Unter dem Handelsnamen Zyban® Anwendung in der Entwöhnungsbehandlung bei Nikotinabhängigkeit (7 7.3). Relativ viele Interaktionen; Letalität bei Überdosierungen höher als unter SSRI. Citalopram Selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) 1-[3-(Dimethylamino)propyl]-1-(4-fluorphenyl)-1,3-dihydroisobenzofuran5-carbonitril Cipramil (Lundbeck) Tbl. 20/ 40 mg (20, 50, 100 Tbl.) Amp. 20 mg = 0,5 ml Infusionslösungskonzentrat (5 Amp.) CitaLich (Winthrop) Tbl. 10/ 20/ 40 mg Citalopram-1A Pharma (1A Pharma) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40/ 60 mg Citalopram AbZ (AbZ-Pharma) Tbl. 10/ 20/ 40 mg Citalopram AL (ALIUD Pharma) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40/ 60 mg Citalopram beta (betapharm) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40/ 60 mg Citalopram-biomo (biomo) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40/ 60 mg Citalopram-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 20/ 40 mg Citalopram HEXAL (HEXAL) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40/ 60 mg
Citalopram Holsten (Holsten Pharma) Tbl. 20 mg Citalopram Hormosan (Hormosan) Tbl. 10/ 20/ 40 mg Citalogamma (Wörwag) Tbl. 20 mg Citalon (Krewel Meuselbach) Tbl. 20/ 40 mg Citalopram-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40/ 60 mg Citalopram-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40 mg Citalopram Sandoz (Sandoz) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40/ 60 mg Citalopram STADA (STADApharm) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40/ 60 mg Citalopram TAD (TAD Pharma) Tbl. 20/ 40 mg
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Pharmakodynamik 5 Selektive Hemmung der 5-HT-Wiederaufnahme. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit ca. 80 %; t½ = ca. 33 h; Tmax = ca. 3 h. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2C19 und nachgeordnet über CYP2D6 und CYP3A4 zu zwei schwach aktiven Metaboliten: Desmethylcitalopram (t½ = ca. 50 h), Didesmethylcitalopram (t½ = ca. 100 h). 5 Plasmakonzentration: 50–130 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz (auch zur »Langzeittherapie« 7 1.11.3). 5 Panikstörung mit und ohne Agoraphobiez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Zwangsstörungen, → depressiven Episoden bei Patienten mit KHK, → Post-stroke-Depression, → Depression bei M. Parkinson, → depressive Störungen bei Demenz, → prämenstruelldysphorischem Syndrom, → klimakterischen Beschwerden, → neuropathischen Schmerzen. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → sozialer Phobie. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. SSRI in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung Oral: 5 Depression: 20 mg/d in einer morgendlichen Einzeldosis (niedrigste
wirksame Dosis und Erhaltungsdosis); im weiteren Verlauf ggf. Steigerung auf maximal 60 mg/dz. 5 Panikstörung: Mit 10 mg beginnen, Steigerung auf 20 mg/d, im weiteren Verlauf max. Steigerung auf 60 mg/dz. 5 Ältere Patienten: 10–20 mg/d, im weiteren Verlauf max. 40 mg/dz. Bei eingeschränkter Leberfunktion Dosisanpassung (max. 30 mg/dz) bzw. Verlängerung des Dosierungsintervalls; bei leichten bis mäßigen Nierenfunktionsstörungen keine Dosisanpassung erforderlich. Parenteral:
5 Die Dosis entspricht bei einer i.v.-Gabe der oralen Dosis. Nebenwirkungen Sehr häufig: Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Asthenie, Schwitzen, Tremor, Mundtrockenheit, Übelkeit, Obstipation. Häufig: Müdigkeit, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Agitiertheit, Verwirrtheit, anormale Träume, EPS, Myalgien, Arthralgien, Gähnen, Appetitmangel, Geschmacksstörungen, gastrointestinale Beschwerden, vermehrter Speichelfluss, Gewichtsveränderungen, Tachykardie, Palpitationen, orthostatische Hypotonie, Sehstörungen, Tinnitus, Parästhesien, Juckreiz, Hautausschlag, Harnretention, sexuelle Störungen.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Gelegentlich: Krampfanfälle, Appetitsteigerung, Synkopen, Bradykardie, Mydriasis, Purpura, Photosensibilität, Urtikaria, Haarausfall, Ödeme, anormale Ergebnisse von Leberfunktionstests. Sonstige Nebenwirkungen: In Einzelfällen: SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Fälle von QTc-Verlängerungen, überwiegend bei Patienten mit vorbestehenden Herzerkrankungen. Selten Hepatitis, Thrombozytopenie. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4.
Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen. Erhöhte Blutungsneigung. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (können frühestens 7 Tage nach Absetzen von Citalopram angesetzt werden; Citalopram kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden), Triptanen oder tryptophanhaltigen Arzneimitteln, Atomoxetin, Pimozid, Thioridazin, Tramadol. 5 Vorsicht bei Kombination mit TZA. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. 5 Plasmaspiegelkontrolle bei Kombination mit CYP2C19-Inhibitoren, wie z. B. Fluvoxamin oder CYP2C19-Induktoren, z. B. Phenytoin (7 Anhang INT). Bewertung Nichtsedierender SSRI mit sehr guter Verträglichkeit und breitem Indikationsspektrum. Zugelassen bei depressiven Erkrankungen sowie bei Panikstörung mit/ohne Agoraphobie. Relativ geringes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial. In einer aktuellen Metaanalyse zusammen mit Bupropion, Escitalopram und Sertralin gegenüber anderen neueren Antidepressiva Vorteile hinsichtlich der Verträglichkeit. Es besteht im Vergleich zu anderen SSRI eine höhere Letalität bei Intoxikationen in suizidaler Absicht (7 18.2). Clomipramin Trizyklisches Antidepressivum 3-Chlor-5-(3-dimethylaminopropyl)-10,11-dihydro-5H-dibenz[b,f]azepin Anafranil (Dolorgiet) Drg. 10/ 25 mg (20, 50, 100 Drg.) Tbl. 75 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Anafranil retard)
Clomipramin-CT (ct-Arzneimittel) Tbl. 25 mg Tbl. 75 mg (retard)
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Clomipramin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 25 mg Tbl. 75 mg (retard) Clomipramin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10/ 25 mg Tbl. 75 mg (retard)
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Clomipramin Sandoz (Sandoz) Tbl. 10 mg Tbl. 75 mg (retard)
Pharmakodynamik 5 Starker, aber nicht spezifischer Serotoninwiederaufnahmehemmer; auch NA-Wiederaufnahmehemmung v. a. durch den aktiven Metaboliten Desmethylclomipramin. 5 Leichte bis mäßige 5-HT2-, leichte D2-Blockade. 5 Anticholinerge und α1-antagonistische Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit ca. 50 %; t½ = 16–60 h (Clomipramin) bzw. 36 h (Desmethylclomipramin); Tmax = 3–4 h (unretardierte Form) bzw. 5–8 h (retardierte Form). 5 Metabolisierung zum aktiven Metaboliten Desmethylclomipramin durch CYP2C19, CYP1A2 und CYP3A4 sowie zu Hydroxymetaboliten durch CYP2D6. 5 Plasmakonzentration (Summe Clomipramin plus Desmethylclomipramin): 175–450 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Syndrome unabhängig von ihrer nosologischen Zuordnungz. 5 Zwangsstörungz: Die Wirkung setzt häufig später als bei einer Depression ein (gelegentlich erst nach 6–8 Wochen) und ist unabhängig vom antidepressiven Effekt. 5 Panikstörungz. 5 Phobienz. 5 Langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz. 5 Schlaflähmung, Kataplexie und hypnagoge Halluzinationen bei Narkolepsiez. 5 Enuresis nocturna (ab dem Alter von 5 J. und nach Ausschluss organischer Ursachen)z. 5 Hinweise für Wirksamkeit bei → prämenstruell-dysphorischem Syndrom. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9, Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Depression: Initial 25–75 mg, Erhaltungsdosis: Tagesdosen um ca. 100 mg (75–150 mg als retardiertes Präparat) können für viele Pati-
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Kapitel 1 · Antidepressiva
enten adäquat sein, Erhöhung auf 3 × 75 mg/d möglich (stationär raschere Aufdosierung möglich, z. B. innerhalb von 3 Tagen auf 225 mg, maximal 300 mg/dz); bei älteren Patienten niedrigere Dosis. Zwangsstörung: Zunächst oft höhere Dosen, nach Ansprechen langsame Reduktion auf übliche Erhaltungsdosis. Panikstörung: Beginn mit sehr niedrigen Dosen (10–25 mg/d), da bei Therapiebeginn auftretende NW als Verschlechterung verkannt werden können; zur Erhaltungstherapie ist i. Allg. die antidepressiv wirksame Dosis ausreichend (s. oben), möglicherweise auch niedrigere Dosierungen (30–100 mg/d), insbesondere bei längerfristiger Erhaltungstherapie. Kataplexie: 25–75 mg/d. Schmerzsyndrome: 75‒150 mg/d. Enuresis: 10‒50 mg/d am Abend, ggf. bei frühem Einnässen Teildosis um 16 Uhr.
Nebenwirkungen Sehr häufig: Benommenheit, Müdigkeit, innere Unruhe, Schwindel, Kopf-
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schmerzen, Tremor, Myoklonien, Schwitzen, Mundtrockenheit, Obstipation, Übelkeit, Appetitsteigerung, Gewichtszunahme, Akkommodationsstörungen, verschwommenes Sehen, Miktionsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. Häufig: Delir, Verwirrtheitszustände, Halluzinationen (insbesondere bei älteren Patienten oder Parkinson-Kranken), Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Angstzustände, Erregung, Schlafstörungen, Erbrechen, Diarrhö, Anorexie, Tachykardie, Palpitationen, orthostatische Dysregulation, EKG-Veränderungen (z. B. ST- und T-Veränderungen), Hitzewallungen, Gähnen, Sprachstörungen, Parästhesien, Muskelschwäche, Muskelhypertonie, Tinnitus, Mydriasis, Geschmacksstörungen, Photosensibilität, Juckreiz, Galaktorrhö, Gynäkomastie, Erhöhung der Transaminasen. Gelegentlich: Krampfanfälle (in Dosen bis 250 mg/d bei ca. 0,5 %, in Dosen ab 300 mg bei ca. 2 % der Patienten). Sonstige Nebenwirkungen: Selten Störungen der Erregungsleitung des Herzens. Sehr selten Leukopenie, Agranulozytose, Thrombozytopenie, Eosinophilie, Harnverhalt. In Einzelfällen: SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung, Pylorusstenose, Ileus; Delir; Myokardinfarkt, angeborenes Long-QT-Syndrom. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Anfallsbereitschaft, kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und KHK).
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Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (nach der Behandlung mit Clomipramin Sicherheitsabstand von 2 Wochen zur Verordnung eines MAOH; nach Absetzen von Moclobemid Wechsel auf Clomipramin am übernächsten Tag möglich), tryptophanhaltigen Präparaten, SSRI, SNRI, Antiarrhythmika vom Chinidin-Typ, Sympathomimetika, Alprazolam, Cimetidin, Disulfiram, Methylphenidat, Tramadol. 5 Vorsicht bei Kombination mit 5-HT1B/D-Rezeptoragonisten, z. B. Sumatriptan, Zolmitriptan oder Naratriptan wegen der Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms. 5 TZA können die QTc-Zeit verlängern, deshalb möglichst keine Kombination mit anderen die QTc-Zeit verlängernden Substanzen. 5 Plasmaspiegelkontrolle bei Kombination mit CYP3A4-Induktoren, z. B. Oxybutynin oder Inhibitoren von CYP1A2, z. B. Fluvoxamin oder CYP2D6, z. B. Bupropion, Fluoxetin, Metoprolol oder Paroxetin wegen Interferenz mit dem Abbau von Clomipramin (7 Anhang INT). 5 Bei Rauchern ist die Elimination beschleunigt durch Induktion von CYP1A2, nach einer Entwöhnung ist mit erhöhten Wirkspiegeln zu rechnen. 5 Plasmaspiegelkontrolle bei Kombination mit hohen Östrogendosen (50 mg/d). 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. Bewertung Bewährtes TZA mit breitem Indikationsspektrum, aber starken, anticholinergen Eigenschaften (Vorsicht insbesondere bei älteren Patienten). Referenzsubstanz bei der Behandlung von Zwangsstörungen bei jedoch im Vergleich zu SSRI stärkeren NW. Sehr häufig Gewichtszunahme, relativ hohes Interaktionsrisiko. Verträglichkeit und therapeutische Breite geringer als bei den neueren Antidepressiva. Gute Wirksamkeit in der Therapie chronischer Schmerzsyndrome. Doxepin Trizyklisches Antidepressivum 3-(6,11-Dihydrodibenz[b,e]oxepin-11-yliden)-N,N-dimethylpropylamin Aponal (Cheplapharm) Drg. 5 mg (100 Drg.); 10/ 25 mg (50, 100 Drg.) Tbl. 50/ 100 mg (50, 100 Tbl.) Trpf. 10 mg/ ml (30 ml/ 3 × 30 ml) Amp. 25 mg = 2 ml = 1 Amp. (5 Amp.)
Doneurin (HEXAL) Tbl. 10/ 25/ 50/ 75/ 100 mg Kps. 10/ 25/ 50/ 75/ 100 mg Doxe TAD (TAD Pharma) Tbl. 25/ 50 mg
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Doxepin (Holsten Pharma) Tbl. 25/ 50/ 75/ 100 mg Doxepin-1A Pharma (1A Pharma) Tbl. 10/ 25/ 50/ 75/ 100 mg Doxepin AL (Aliud Pharma) Tbl. 50/ 100 mg Doxepin beta (betapharm) Kps. 10/ 25/ 50 mg Tbl. 50/ 100 mg doxepin-biomo (biomo) Tbl. 50/ 100 mg
Doxepin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 25/ 50/ 75/ 100 mg Trpf. 40 mg = 20 Trpf. = 1 ml Doxepin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10/ 25/ 50/ 100 mg Doxepin Sandoz (Sandoz) Kps. 10/ 25/ 50/ 75/ 100 mg Doxepin STADA (STADApharm) Tbl. 50/ 100 mg Mareen (Krewel Meuselbach) Tbl. 50/ 100 mg
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Pharmakodynamik 5 Neben Amitriptylin wichtigster Vertreter der Antidepressiva mit sedierender Wirkung; auch strukturchemisch besteht Ähnlichkeit mit Amitriptylin. 5 Besonders starke antihistaminerge Wirkung. 5 NA- etwas stärker als 5-HT-Wiederaufnahmehemmung. 5 Anticholinerge und α1-antagonistische Effekte. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit 30 %; t½ = 15–20 h (Doxepin) bzw. das 2- bis 4-Fache (Desmethyldoxepin); Tmax = 2–4 h (Doxepin) bzw. 2–10 h (Desmethyldoxepin). 5 N-Demethylierung bevorzugt durch CYP2C19 zum aktiven Metaboliten Desmethyldoxepin, Hydroxylierung durch CYP2D6. 5 Plasmakonzentration: 50–150 ng/ml (Summe Doxepin plus Desmethyldoxepin)(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Schlafstörungenz. 5 Leichte Entzugserscheinungen bei Alkohol-, Medikamenten-, Drogenabhängigkeitz. 5 Angstsyndromez. 5 Chronische Schmerzsyndromez. 5 Aufgrund der antihistaminergen Wirkung mögliche Vorteile bei Pruritus und Urtikaria bei depressiven Syndromen im Rahmen dermatologischer Erkrankungen. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Sorgfältige Kreislaufkontrollen besonders in der initialen Therapiephase. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15
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Dosierung Oral:
5 Depression: Beginn mit 3 × 25 mg, Erhaltungsdosis 3 × 50 mg bis 3 × 75 mg/d, in Ausnahmefällen stationär Erhöhung bis auf 300 mg/dz möglich. Bei Schlafstörungen im Rahmen depressiver Störungen Dosisverteilung mit Hauptdosis zum Abend. 5 Schlafstörungen ohne depressive Symptomatik: Versuch mit 5 mg am Abend. 5 Entzugssyndrome: Häufig Höchstdosis notwendig (z. B. 3 × 50 mg bis 6 × 50 mg/d in den ersten 3 Tagen, dann schrittweise Reduktion). 5 Chronische Schmerzsyndrome: 25‒50 mg/d, ggf. Steigerung auf 150 mg/d. 5 Bei älteren Patienten niedrigere Dosierung. Parenteral:
Als Tropfinfusion bis 150 mg/dz in steigender Dosierung in einer Standardinfusionslösung, nach Besserung Umstellung auf orale Therapie in absteigender Dosierung; i.m.-Injektion möglich, jedoch ohne klinischen Nutzen. Stärkere Sedierung durch parenterale Anwendung, jedoch zeigt Dosiserhöhung bei oraler Applikation den gleichen Effekt; daher ist eine i.v.- bzw. i.m.Verabreichung verzichtbar. Nebenwirkungen Sehr häufig: Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, orthostatische Dysregulation, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Tremor, Schwitzen, Obstipation, Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, trockene Nase, Akkommodationsstörungen, meist passagerer Anstieg der Leberenzyme. Häufig: Innere Unruhe, Verwirrtheitszustände, Miktionsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. Gelegentlich: Störungen der Erregungsleitung des Herzens, Verstärkung einer bestehenden Herzinsuffizienz, Tinnitus, Ödeme, Parästhesien, Harnverhalt, Galaktorrhö. Sonstige Nebenwirkungen: Sehr selten Gynäkomastie, Änderungen des Blutzuckerspiegels, Hepatitis, Blutbildveränderungen. In Einzelfällen SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/ oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Prostatahyperplasie mit Restharnbildung, Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Delir, Ileus. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Anfallsbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und KHK); Hypokaliämie, Bradykardie; Blutbildungsstörungen.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (unter stationären Bedingungen u. U. möglich, 7 1.12), Antiarrhythmika, Antiepileptika, anticholinergen Substanzen, z. B. Biperiden; Benztropin, Trihexiphenyl oder Metixen. 5 Keine Kombination mit Cimetidin, Sympathomimetika, Antihypertonika, Clonidin, Methylphenidat, Pimozid, Thioridazin, Tramadol, Phenothiazinen. 5 Keine Kombination mit Inhibitoren von CYP2C19, z. B. Fluvoxamin (7 Anhang INT). 5 TZA können die QTc-Zeit verlängern, deshalb möglichst keine Kombination mit anderen die QTc-Zeit verlängernden Substanzen. Bewertung TZA mit ausgeprägten sedierenden und anticholinergen Eigenschaften (Vorsicht insbesondere bei älteren Patienten). Neben Amitriptylin wichtigster Vertreter der Antidepressiva mit ausgeprägter sedierender Wirkung. Sehr häufig Gewichtszunahme. Verträglichkeit und therapeutische Breite geringer als bei den neueren Antidepressiva.
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Selektiver Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (SNRI) (+)-(S)-N-Methyl-3-(1-naphthyloxy)-3-(2-thienyl)propylamin Cymbalta (Lilly) Kps. 30/ 60 mg (28, 98 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Selektive Hemmung der 5-HT- und NA-Wiederaufnahme. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften, keine Blockade dopaminerger, serotonerger oder opioiderger Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 t½ = 9–19 h (im Mittel 12,5 h). 5 Lineare Kinetik, extensiver Metabolismus unter Beteiligung von CYP1A2 und nachgeordnet CYP2D6, keine aktiven Metaboliten. 5 Plasmakonzentration: 60–120 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz (auch zur »Langzeittherapie« 7 1.11.3). 5 Generalisierte Angststörungz. 5 Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathiez (für diese Indikation ist das mit Cymbalta® identische Ariclaim® jetzt ebenfalls im Handel). 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Fibromyalgiesyndrom (60–120 mg/d). 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → prämenstruell-dysphorischem Syndrom, → Chronic-Fatigue-Syndrom, → klimakterischen Beschwerden.
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5 Indikation außerhalb der Psychiatrie: Frauen mit mittelschwerer und schwerer Belastungsinkontinenz (2 × 40 mg Yentreve®). 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Startdosis 30 mg/d, Erhaltungsdosis 60–120 mg/dz. 5 Bei Rauchern Tagesdosis von 120 mg/d anstreben. Nebenwirkungen Sehr häufig: Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Mundtrocken-
heit. Häufig: Angst, Agitiertheit, Schlaflosigkeit, Appetitmangel, gastrointestinale
Beschwerden, Gewichtsabnahme (gelegentlich -zunahme), Palpitationen, Schwitzen, Tremor, muskuloskeletale Schmerzen, Muskelkrämpfe, Muskelsteifigkeit, Tinnitus, unscharfes Sehen, Hautausschlag, Parästhesien, sexuelle Funktionsstörungen. Gelegentlich: Verwirrtheit, Bruxismus, Hyperglykämie (insbesondere bei Diabetes-Patienten), Anstieg der Kreatinphosphokinase, Erhöhung der Leberenzymwerte, Hepatitis, akute Leberschädigung, Tachykardie, supraventrikuläre Arrhythmien, Blutdruckanstieg, orthostatische Hypotension, Myoklonien, Dyskinesien, RLS, Geschmacksstörungen, Mydriasis, Sehstörungen, Synkopen, Nachtschweiß, Urtikaria, Lichtüberempfindlichkeit der Haut, Harnverhalt, Dysurie. Sonstige Nebenwirkungen: Anfänglich leichter Blutdruckanstieg möglich, Galaktorrhö, Hyperprolaktämie. In Einzelfällen SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Leber- und Nierenfunktionsstörungen, unkontrollierte Hypertonie, 7 1.7. 5 Relative Kontraindikationen: Bekannte Blutungsneigung; erhöhter Augeninnendruck oder Engwinkelglaukom; vorbestehende arterielle Hypertonie, Kombination mit anderen serotonergen Präparaten, Johanniskraut-Präparaten. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH, serotonergen oder JohanniskrautPräparaten. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Keine Kombination mit CYP1A2-Inhibitoren, z. B. Fluvoxamin, Ciprofloxacin oder Enoxacin (7 Anhang INT). 5 Bei Kombination mit Metoprolol verdoppelt sich der Metoprolol-Spiegel (Bisoprolol sollte ggf. vorgezogen werden). 5 Bei Rauchern werden in der Regel 120 mg/d benötigt wegen beschleunigter Clearance von Duloxetin und niedrigen Plasmaspiegeln. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum (SNRI) mit insgesamt guter Verträglichkeit. In der Regel keine Gewichtszunahme. Es gibt Hinweise für mögliche Wirksamkeitsvorteile im Vergleich zu einigen SSRI, nicht aber im Vergleich zu Escitalopram. Zugelassen auch für die Behandlung von Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie. Möglicherweise Vorteile bei körperlichen Symptomen und Schmerzen im Rahmen depressiver Störungen. Dosisanpassung bei Rauchern aufgrund einer beschleunigten Clearance. Escitalopram Selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) (S)-1-[3-(Dimethylamino)propyl]-1-(4-fluorphenyl)-1,3-dihydroisobenzofuran-5-carbonitril Cipralex (Lundbeck) Tbl. 10/ 20 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trpf. 20 mg/ml (15 ml Lsg.)
Pharmakodynamik 5 S-Enantiomer des razemischen Gemischs Citalopram. 5 Selektive Hemmung der 5-HT-Wiederaufnahme (unter den SSRI am selektivsten). Durch eine zusätzliche, schwache Bindung an eine allosterische Bindungsstelle des Serotonintransporters wird die Bindung von Escitalopram an die primäre Bindungsstelle verstärkt und damit die Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin potenziert. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit ca. 80 %; t½ = ca. 30 h; Tmax = ca. 4 h. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2C19 und nachgeordnet durch CYP3A4 und CYP2D6 und Bildung zweier schwach aktiver Metaboliten (Demethylescitalopram, Didemethylescitalopram). 5 Plasmakonzentration: 15–80 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depressionz. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobiez. 5 Generalisierte Angststörungz. 5 Soziale Phobiez. 5 Zwangsstörungenz.
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5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Prophylaxe der Migräne, → prämenstruelldysphorischem Syndrom, → Prophylaxe einer Post-stroke-Depression (7 1.4.1). 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → klimakterischen Beschwerden. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. SSRI in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15 Dosierung 5 Major Depression, GAS, soziale Phobie, Zwangsstörung: Start- und Erhaltungsdosis 10 mg/d in einer morgendlichen Einzeldosis, ggf. Dosissteigerung auf 20 mg/dz, bei sozialer Phobie ggf. im Verlauf auch Dosisreduktion auf 5 mg/d. Bei Zwangsstörung wurden Erfolge mit Dosierungen von bis zu 50 mg/d beschrieben. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobie: Beginn mit 5 mg/d für 1 Woche, Erhaltungsdosis 10 mg/d, ggf. Steigerung bis auf max. 20 mg/dz. 5 Bei älteren Patienten (> 65 J.) ggf. Beginn mit 5 mg/d und ggf. reduzierte Erhaltungsdosis. 5 Bei eingeschränkter Leberfunktion werden in den ersten 2 Behandlungswochen 5 mg/d empfohlen; im Verlauf ggf. 10 mg/d. Bei leichten bis mittelschweren Nierenfunktionsstörungen ist keine Dosisanpassung erforderlich. Nebenwirkungen Sehr häufig: Übelkeit. Häufig: Müdigkeit, Zwangsgähnen, Ruhelosigkeit, Schlaflosigkeit, Schwin-
del, Ängstlichkeit, verminderter oder gesteigerter Appetit, Erbrechen, Diarrhö, Obstipation, Gewichtszunahme (gelegentlich -abnahme), Schwitzen, Tremor, Arthralgien, Myalgien, Mundtrockenheit, Parästhesien, sexuelle Funktionsstörungen. Gelegentlich: Verwirrtheit, Bruxismus, Schlafstörungen, Tachykardie, Synkopen, Tinnitus, Mydriasis, Sehstörungen, Geschmacksstörungen, Urtikaria, Hautausschlag, Juckreiz, Ödeme, erhöhte Blutungsneigung (Nasenbluten, gastrointestinale Blutungen), Metrorrhagie oder Menorrhagie bei Frauen. Sonstige Nebenwirkungen: In Einzelfällen SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten; Einzelfälle von Hepatitis, Harnretention, Thrombozytopenie. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; Kombination mit tryptophanhaltigen Präparaten, anderen serotonergen Präparaten. Erhöhte Blutungsneigung. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (MAOH frühestens 7 Tage nach Absetzen von Escitalopram verordnen; Escitalopram kann 14 Tage nach
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden), serotonergen Wirkstoffen, Johanniskraut-Präparaten. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. 5 Plasmaspiegelkontrolle bei Kombination mit CYP2C19-Inhibitoren, z. B. Cimetidin, oder -Induktoren, z. B. Phenytoin (7 Anhang INT). Bewertung Selektivster SSRI mit breitem Indikationsspektrum; nicht sedierend, keine Gewichtszunahme, insgesamt sehr gute Verträglichkeit. Zusammen mit Mirtazapin, Sertralin und Venlafaxin möglicherweise Wirksamkeitsvorteile gegenüber anderen Antidepressiva; möglicherweise geringfügig früherer Wirkungseintritt. In einer aktuellen Metaanalyse zusammen mit Bupropion, Citalopram und Sertralin gegenüber anderen neueren Antidepressiva Vorteile hinsichtlich der Verträglichkeit. Unter den Antidepressiva wahrscheinlich geringstes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial.
8 Fluoxetin
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Selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) (RS)-N-Methyl-3-phenyl-3-(4-trifluormethylphenoxy)propylamin Fluctin (Lilly) Kps. 20 mg (28, 100 Kps.) Tbl. 20 mg (28, 100 Tbl.) FluoxeLich (Winthrop) Tbl. 20 mg Fluoxetin 1A Pharma (1A-Pharma) Tbl. 10/ 20/ 40 mg Fluoxetin AbZ (AbZ-Pharma) Kps. 20 mg Fluoxetin AL (Aliud Pharma) Tbl. 20 mg Fluoxetin beta (betapharm) Kps. 20 mg Tbl. 20/ 40 mg Fluoxetin-biomo (biomo) Kps. 20 mg Tbl. 20 mg Fluoxetin-CT (CT Arzneimittel) Kps. 20 mg Fluoxetin HEXAL (HEXAL) Kps. 10/ 20 mg Tbl. 10/ 20/ 40 mg Lsg. 5 ml/20 mg
Fluoxetin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 20/ 40 mg Kps. 20 mg Fluoxetin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 20 mg Kps. 20 mg Lsg. 4 mg = 20 Trpf. = 1 ml Fluoxetin Sandoz (Sandoz) Kps. 20 mg Tbl. 10/ 20/ 40 mg Fluoxetin Stada (Stadapharm) Kps. 20 mg Tbl. 20 mg Fluoxetin TAD (TAD Pharma) Kps. 20 mg Fluoxgamma (Wörwag) Kps. 20 mg Fluxet (Krewel Meuselbach) Kps. 20 mg Tbl. 20 mg
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Pharmakodynamik 5 Selektive Hemmung der 5-HT-Wiederaufnahme (auch durch den Hauptmetaboliten Norfluoxetin). 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 Bioverfügbarkeit: 85 %; Tmax = 6–8 h (nach Gabe einer Einmaldosis); t½ = 4–6 Tage (Norfluoxetin: t½ = 4–16 Tage); wegen der langen Eliminations-HWZ (= längste HWZ unter den SSRI) Erreichen eines Steady State erst nach einigen Wochen. 5 Metabolisierung unter Beteiligung von CYP2D6, CYP2B6, CYP2C19 und CYP2C9 mit Bildung des aktiven Metaboliten Norfluoxetin, wegen Autoinhibition der Metabolisierung nichtlineare Pharmakokinetik. 5 Plasmakonzentration (Summe Fluoxetin plus Norfluoxetin): 120– 300 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depressionz. 5 Zwangsstörungenz. 5 Bulimiez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei →Panikstörungen, → prämenstruell-dysphorischem Syndrom, → PTBS, → depressiven Episoden bei Patienten mit KHK, → Post-stroke-Depression, → Fibromyalgiesyndrom, → klimakterischen Beschwerden. 5 In der Kombination mit Olanzapin (6–18 mg/d) positive Effekte bei →therapieresistenter Depression. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. SSRI in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Depression: 20 mg/d morgens, Dosiserhöhungen bis 60 mg möglich. Tageshöchstdosis 80 mg/dz, bei älteren Patienten 60 mg/dz. 5 Panikstörung: Mit 10 mg beginnen, dann 20 mg. 5 Zwangsstörung: 20–60 mg. Bulimie: 60 mgz. 5 Prämenstruell-dysphorisches Syndrom: 20 mg/d. 5 Bei eingeschränkter Leber- bzw. Nierenfunktion Dosisanpassung bzw. Verlängerung des Dosierungsintervalls. Nebenwirkungen Häufig: Müdigkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Zwangsgähnen, Schlaf-
störungen, innere Unruhe, Schwindel, orthostatische Hypotonie, Tremor, Arthralgien, Myalgien, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Diarrhö, Mundtrockenheit, Schwitzen, Juckreiz, Ausschlag, Urtikaria, Mydriasis, verschwommenes Sehen. Gelegentlich: Verwirrtheit, Panikattacken, Geschmacksveränderungen, sexuelle Funktionsstörungen, Priapismus, Galaktorrhö.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Sonstige Nebenwirkungen: Selten allergische Hauterscheinungen (da solche gelegentlich im Rahmen schwerer systemischer Reaktionen mit Beteiligung von Leber, Lunge oder Niere vorkommen, muss Fluoxetin dann abgesetzt werden); systemische Reaktionen auch ohne Hautbeteiligung; von der Norm abweichende Leberfunktionstests; Hepatitis. Einzelfallberichte über Hypoglykämien bei Diabetikern. In Einzelfällen: SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/ oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4.
Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Anfallsbereitschaft. Erhöhte Blutungsneigung. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (MAOH 14 Tage vor Fluoxetin absetzen; nach Absetzen von Fluoxetin sollten wegen der langen HWZ des Metaboliten Norfluoxetin 5 Wochen gewartet werden, bevor ein MAOH gegeben wird; nach Absetzen von Moclobemid kann Fluoxetin am übernächsten Tag gegeben werden) Triptanen, Tryptophan, TZA (besonders Amitriptylin), Johanniskraut-Präparaten,Tramadol. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. 5 Mögliche Erhöhung der Plasmaspiegel von Diazepam wegen verzögerter Elimination. 5 Mögliche Verstärkung von EPS bei Kombination mit Antipsychotika. Die Kombination mit Risperidon kann zu erhöhten Risperidonplasmaspiegeln führen (Cave: Nasenbluten; neue Studie). 5 Keine Kombination mit Prodrugs wie z. B. Tamoxifen oder Codein, die Substrate von CYP2D6 sind und dadurch aktiviert werden. 5 Fluoxetin und sein Hauptmetabolit Norfluoxetin sind potente Inhibitoren von CYP2D6 und geringfügig auch von CYP3A4. Daher Vorsicht bei Kombination mit Arzneimitteln, die bevorzugte Substrate von CYP2D6 sind (. Tab.17.5). Wegen der langen HWZ von Fluoxetin und besonders von Norfluoxetin kann mehrere Wochen nach Absetzen von Fluoxetin noch ein Interaktionsrisiko bestehen. > CAVE
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Aufgrund der Inhibition von CYP2D6 durch Fluoxetin und der daraus folgenden verminderten Metabolisierung von Tamoxifen (Prodrug) zu seinem aktiven Metaboliten Endoxifen darf Fluoxetin nicht bei Frauen unter Tamoxifen-Behandlung gegeben werden (möglich sind dagegen Escitalopram oder Sertralin).
1.13 · Präparate
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Bewertung Nichtsedierender SSRI, keine Gewichtszunahme. In der Kombination mit Olanzapin (6–18 mg/d) positive Effekte bei therapieresistenter Depression; in dieser Kombination seit 2009 in USA zur Behandlung der therapieresistenten, unipolaren depressiven Episode zugelassen. Hohes pharmakokinetisches Interaktionsrisiko und damit Therapieeinschränkungen, die aufgrund der langen HWZ von Fluoxetin und besonders von Norfluoxetin noch mehrere Wochen nach Absetzen von Fluoxetin fortbestehen. Vorteil der lange HWZ: seltenes Auftreten von Absetzsymptomen. Unter den SSRI zeigen Citalopram, Escitalopram oder Sertralin eine günstigere Nutzen-RisikoRelation. Fluvoxamin Selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) (E)-5-Methoxy-4’-(trifluormethyl)valerophenon-O-(2-aminoethyl)oxim Fevarin (Solvay Arzneimittel) Tbl. 50/ 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) Fluvohexal1 (HEXAL) Fluvoxamin AL1 (Aliud Pharma) 1
Fluvoxamin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 25/ 50/ 100 mg Fluvoxamin-ratiopharm1 (ratiopharm) Fluvoxamin STADA1 (STADApharm)
Alle Fluvoxamin-Generika: Tbl. 50/ 100 mg
Pharmakodynamik 5 Selektive 5-HT-Wiederaufnahmehemmung. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 t½ = ca. 20 h. 5 Metabolisierung durch CYP2D6 und CYP1A2, keine aktiven Metaboliten. 5 Plasmakonzentration: 60–300 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Zwangsstörungenz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Panikstörung, → sozialer Phobie, →Binge-Eating-Störung. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → Bulimie. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. SSRI in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Depression: 100 mg/d, später 200 mg/d möglich, maximal 300 mg/dz. 5 Zwangsstörung: Wahrscheinlich höhere Dosierungen von ca. 250 mg/d erforderlich. 5 Panikstörung: 150 mg/d.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Bei eingeschränkter Leber- bzw. Nierenfunktion Dosisanpassung bzw. Verlängerung des Dosierungsintervalls. Nebenwirkungen Sehr häufig: Übelkeit, Erbrechen. Häufig: Schwindel, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Schlafstörungen, Zwangsgähnen, innere Unruhe, Ängstlichkeit, Asthenie, Tremor, Appetitlosigkeit, Dyspepsie, Obstipation, Diarrhö, Mundtrockenheit, Palpitationen, Tachykardie, Schwitzen. Gelegentlich: Verwirrtheitszustände, Halluzinationen, orthostatische Hypotension, Arthralgien, Myalgien, Ataxie, EPS, Hautausschläge, Urtikaria, Rash, Juckreiz, Angioödem, sexuelle Funktionsstörungen, insbesondere Ejakulationsverzögerung (unter den SSRI wahrscheinlich geringste Rate). Sonstige N0ebenwirkungen: Selten Leberfunktionsstörungen, Krampfanfälle, Galaktorrhö. In Einzelfällen SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen, erhöhte Anfallsbereitschaft. Erhöhte Blutungsneigung. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (frühestens 7 Tage nach Absetzen von Fluvoxamin ansetzen; Fluvoxamin kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid gegeben werden, serotonergen Substanzen, Triptanen, Tryptophan und Tramadol. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. 5 Möglichst keine Kombination mit Tee, Kaffee. 5 Erhöhte Plasmakonzentration von Methadon. 5 Erhöhte Plasmakonzentrationen von Arzneimitteln, die Substrate von CYP1A2 oder CYP2C19 sind (. Tab.17.1 und . Tab.17.4), insbesondere von Clozapin (!), Amitriptylin, Clomipramin, Imipramin. Bei Kombination unbedingte Kontrolle der Plasmaspiegel. Bewertung SSRI mit Zulassung auch für die Behandlung von Zwangsstörungen (in den USA nur bei Zwangsstörungen zugelassen). Unter den SSRI wahrscheinlich geringste Rate an sexuellen Funktionsstörungen; bei einigen Patienten sedierende Komponente. Hohes pharmakokinetisches Interaktionsrisiko
1.13 · Präparate
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und damit Therapieeinschränkungen. Unter den SSRI zeigen Citalopram, Escitalopram oder Sertralin eine günstigere Nutzen-Risiko-Relation. Hypericum-Extrakt/Johanniskraut Pflanzliches Antidepressivum Hypericum-Präparate sind für die Indikation der mittelschweren Depression verschreibungspflichtig. Es werden nur die Präparate aufgelistet, bei denen zumindest in einer methodisch befriedigenden kontrollierten Studie die Wirksamkeit überprüft wurde: Cesradyston (Cesra) Kps. 425 mg Trockenextrakt aus Johanniskraut Esbericum (Schaper & Brümmer) Tbl. 250 mg Felis (HEXAL) Kps. 425 mg Tbl. 650 mg Hewepsychon uno 425 (Hevert) Tbl. 425 mg Hyperforat (Klein) Tbl. 250 mg Jarsin (Cassella-med) Tbl. 300/ 450/ 750 mg Tbl. 300 mg (Jarsin Rx) Johanniskraut 650 (1A Pharma) Tbl. 650 mg Johanniskraut AL (Aliud Pharma) Kps. 425 mg Johanniskraut-CT (CT Arzneimittel) Kps. 425 mg Johanniskraut-ratiopharm (ratiopharm) Kps. 425 mg
Johanniskraut Sandoz (Sandoz) Kps. 425 mg Kira (Riemser) Drg. 300 mg Laif (Steigerwald) Tbl. 600/ 900 mg Neuroplant (Schwabe) Tbl. 300/ 600 mg Neurovegetalin (Verla) Kps. 425 mg Psychotonin 300 (Steigerwald) Kps. 300 mg Remotiv (Madaus) Tbl. 250 mg SE Hypericum N (Spitzner) Tbl. 300 mg Spilan (Sandoz) Kps. 425 mg Texx (Krewel Meuselbach) Tbl. 300 mg
Pharmakodynamik 5 Wirkmechanismus von Hypericum-Extrakten beruht nach bisherigen Untersuchungen auf einer Wiederaufnahmehemmung von 5-HT, NA und DA, GABA und Glutamat (Hyperforin) und gleichzeitiger Steigerung der Sekretion von GABA, Aspartat und Glutamat, wobei der Hauptmechanismus die Modulation von Ionenkanälen zu sein scheint. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit zur → Rückfallprophylaxe der Depression, bei → somatoformen Störungen.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Dosierung 5 3 × 300–350 mg/d Johanniskraut-Trockenextrakt; jedoch sind DosisWirkungs-Beziehungen bisher kaum untersucht. Die Dosis wird meist zu niedrig gewählt. Eine Einmalgabe von 900 mg/d scheint bezüglich der Wirksamkeit keine Nachteile gegenüber einer Aufteilung der Tagesgesamtdosis auf mehrere Einnahmezeitpunkte zu haben. Nebenwirkungen Johanniskraut-Präparate können zur Photosensibilisierung führen. Sonst meist sehr gute Verträglichkeit: s. allerdings Interaktionsrisiken. Interaktionen 5 In Einzelfällen zentrales Serotoninsyndrom in Kombination mit SSRI; Wirkungsabschwächung von oralen Kontrazeptiva (mit Zwischenblutungen). 5 Der Inhaltsstoff Hyperforin ist ein starker Induktor von CYP3A4 und des Effluxtransporters P-Glycoprotein (P-gp) (7 Anhang INT). Dies kann zur Senkung der Wirkspiegel und Wirkabschwächung anderer Medikamente führen (nach Absetzen dauert die Deinduktion ca. 1 Woche), die Substrate von CYP3A4 sind, wie z. B. Digoxin, Indinavir oder Ciclosporin (. Tab 17.6). 5 Keine Kombination mit dem Immunsuppressivum Sirolimus oder Ciclosporin A. 5 Vorsicht bei Kombination von Theophyllin und Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ (Phenprocoumon, Warfarin), Lipidsenkern (nicht Pravastatin). 5 Bei Gabe von SSRI, Duloxetin oder Venlafaxin sollte Hypericum 3 Tage vorher abgesetzt werden. Bewertung Es gibt eine größere Anzahl von plazebokontrollierten Studien bei leichter bis mittelschwerer Depression mit Überlegenheit für Johanniskraut-Präparate. In einer Metaanalyse ergab sich eine Wirksamkeit bei leichten bis mittelschweren depressiven Episoden. Eine Wirksamkeit bei schweren depressiven Episoden ist nicht hinreichend belegt. Von Vorteil ist eine geringe Rate an NW und die oftmals gute Akzeptanz bei Patienten. Zu beachten sind dabei aber mögliche pharmakokinetische Interaktionen, insbesondere Wirkungsabschwächungen von gleichzeitig verabreichten Substraten von CYP3A4. Patienten sollten über mögliche schwere Wechselwirkungen von Johanniskraut-Präparaten mit anderen Präparaten, wie z. B. oralen Kontrazeptiva, aufgeklärt werden. Bei der Verordnung von Hypericum sollte bedacht werden, dass es vom wissenschaftlichen Standpunkt viele Unsicherheiten zu Wirksamkeit, Dosierung, unterschiedlichen Wirkstärken und Zusammensetzung der verfügbaren Präparate gibt. Ein Einsatz sollte nur bei leichten bis mittelschweren depressiven Episoden und Patientenpräferenz erwogen werden.
1.13 · Präparate
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Imipramin Trizyklisches Antidepressivum 5-(3-Dimethylaminopropyl)-10,11-dihydro-5H-dibenz[b,f]azepin Imipramin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 25/ 100 mg
Tofranil (Dolorgiet) Tbl. 25 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Etwa gleich starke Wiederaufnahmehemmung von NA und 5-HT. 5 Anticholinerge und α1-antagonistische Effekte. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit ca. 22–77 %; t½ = 11–25 h; Tmax = 2,2 h. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2D6, CYP1A2, CYP2C19 und CYP3A4; Hauptmetabolit ist Desipramin (pharmakologisch aktiv, starker, relativ spezifischer NA-Wiederaufnahmehemmer mit geringeren anticholinergen Eigenschaften als Imipramin). 5 Plasmakonzentration (Imipramin plus Desipramin): 175–300 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Syndrome unabhängig von ihrer nosologischen Einordnungz. 5 Langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz. 5 Zur Behandlung von Enuresis nocturna (ab einem Alter von 5 J. und Ausschluss organischer Ursachen) und Pavor nocturnus im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz (7 11.2.3). 5 Hinweise zur Wirksamkeit bei → Panikstörung, → GAS, → Bulimie. 5 Erste Hinweise zur Wirksamkeit bei → Kataplexie bei Narkolepsie. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Depression: Beginn mit 2‒3 × 25 mg, Erhaltungsdosis 3 × 50 mg bzw. 3 × 75 mg, maximal 3 × 100 mg/dz. 5 Kataplektische Symptomatik im Rahmen einer Narkolepsie: 25–100 mg/d. 5 Enuresis nocturna: Beginn mit 10 mg, dann Erhaltungsdosis bei 5- bis 7-Jährigen 20 mg (innerhalb von 7‒10 Tagen); bei 8- bis 14-Jährigen 20‒50 mg; > 15 Jahre: 50‒80 mg/d. Nebenwirkungen Häufig: Benommenheit, Schwindel, Tremor, orthostatische Dysregulation,
Tachykardie, klinisch nicht relevante EKG-Veränderungen (T- und ST-Strecken-Veränderungen), Schwitzen, Hitzewallungen, Obstipation, Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, verstopfte Nase, Akkommodationsstörungen, verschwommenes Sehen, passagerer Anstieg der Transaminasen.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Gelegentlich: Müdigkeit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, innere Unruhe, Angst, Verwirrtheitszustände, Delir, Arrhythmien, Reizleitungsstörungen, Palpitationen, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Durstgefühl, Parästhesien, Miktionsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten zerebrale Krampfanfälle, Blutbildveränderungen (Leukozytopenien, in Einzelfällen Eosinophilie, Thrombozytopenie und Agranulozytose), Harnverhalt, Verstärkung einer bestehenden Herzinsuffizienz, Blutdruckanstieg, kardiale Dekompensation, Ileus, klinisch relevante Leberfunktionsstörungen. In Einzelfällen Hepatitis, Mydriasis, Glaukomanfälle, Prolaktinerhöhungen; SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4.
Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung, Delirien, Pylosrusstenose, Ileus, Remissionsphase nach einem Myokardinfarkt. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und KHK); Prostatahypertrophie ohne Restharnbildung; Blutbildungsstörungen; Nebennierenmarktumoren. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (unter stationären Bedingungen möglich, 7 1.12), Sympathomimetika, Antihypertensiva, Antiarrhythmika, Antiparkinsonmitteln, Antihistaminika, Atropin, Biperiden, Cimetidin, Tramadol, SSRI (besonders Fluvoxamin, Fluoxetin, Paroxetin) und anticholinerg wirksamen Präparaten, z. B. Biperiden, Benztropin, Trihexiphenyl, Metixen. 5 TZA können die QTc-Zeit verlängern, deshalb möglichst keine Kombination mit anderen die QTc-Zeit verlängernden Substanzen. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. 5 Plasmaspiegelkontrolle und ggf. Dosisanpassung von Imipramin bei Kombination mit Arzneimitteln; die Inhibitoren von CYP1A2, CYP2D6 oder CYP3A4 sind (7 Anhang INT). 5 Bei Rauchern ist die Elimination beschleunigt durch Induktion von CYP1A2, nach einer Entwöhnung ist mit erhöhten Wirkspiegeln zu rechnen.
1.13 · Präparate
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Bewertung TZA mit deutlichen anticholinergen Eigenschaften (Vorsicht insbesondere bei älteren Patienten). TDM unter Imipramin gut untersucht. Häufig Gewichtszunahme; relativ hohes Interaktionsrisiko. Verträglichkeit und therapeutische Breite geringer als bei den neueren Antidepressiva. Maprotilin Tetrazyklisches Antidepressivum N-Methyl-3-(9,10-dihydro-9,10-ethano-9-anthracenyl)propylamin Ludiomil (Dolorgiet) Tbl. 25/ 50/ 75 mg (20, 50, 100 Tbl.) Maprotilin-CT1 (CT Arzneimittel) Maprotilin Holsten1 (Holsten Pharma) 1
Maprotilin-neuraxpharm1 (neuraxpharm) Amp. 25 mg/2 ml Maprotilin-ratiopharm1 (ratiopharm)
Alle Maprotilin-Generika: Tbl. 25/ 50/ 75 mg
Pharmakodynamik 5 Relativ selektive NA-Wiederaufnahmehemmung, außerdem antihistaminerge Wirkkomponente und α1-Antagonismus. »Tetrazyklisches« Antidepressivum (strukturchemisch sehr enge Verwandtschaft zu TZA). 5 Etwas geringere anticholinerge Wirksamkeit als TZA. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit 66–70 %; t½ = 20–58 h; Tmax = 6–8 h. 5 N-Demethylierung durch CYP2D6 und nachgeordnet CYP1A2 zum Hauptmetaboliten N-Desmethylmaprotilin (pharmakologisch aktiv). 5 Plasmakonzentration: 75–130 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → neuropathischen Schmerzen. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung Oral:
5 Beginn mit 3 × 25 mg oder 1 × 75 mg abends, Erhaltungsdosis 1 × 75 mg bis 2 × 75 mg (oder 3 × 50 mg)/d, auch höhere Dosen werden gut vertragen (dann jedoch erhöhtes Anfallsrisiko); maximal 150 mg/dz, stationär bis 225 mg/dz möglich. 5 Bei älteren Patienten geringere Dosis. Parenteral:
5 Als Tropfinfusion 3–6 Amp. (75–150 mg) in 500 ml Standardinfusionslösung; Infusionsdauer 2–3 h; später Übergang auf orale Medikation.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Nebenwirkungen Sehr häufig: Müdigkeit, Unruhe, Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Tremor, Myoklonien, Mundtrockenheit, Obstipation, Akkommodationsstörungen, Miktionsstörungen. Häufig: Schlafstörungen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Angst, Übelkeit, Erbrechen, abdominelle Beschwerden, Gewichtszunahme, Sinustachykardie, Palpitationen, EKG-Veränderungen (T- und ST-Veränderungen), Synkopen, Hypotonie, Dysarthrie, Muskelschwäche, Parästhesien, Hitzewallungen, Schwitzen, Photosensibilität, Petechien, sexuelle Funktionsstörungen. Gelegentlich: Dosisabhängige Krampfanfälle, Verwirrtheitszustände, Delir, Akathisie, Ataxie, Fieber, Diarrhö, Arrhythmien, Blutdruckerhöhung, Erregungsleitungsstörungen, Ödeme, Glaukomanfälle, erhöhte Leberfunktionswerte. Sonstige Nebenwirkungen: Sehr selten dermale Vaskulitis, Erythema multiforme, Haarausfall, Purpura; Hyperprolaktinämie, Gynäkomastie, Galaktorrhö, Blutbildveränderungen, Hepatitis/Ikterus. In Einzelfällen SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung, Delir, Pylorusstenose, Ileus, hoher Blutdruck, Myokardinfarkt. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und KHK); Blutbildungsstörungen. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH, Cimetidin, Methylphenidat, Tramadol, die QTc-Zeit verlängernden und anticholinerg wirksamen Präparaten, z. B. Biperiden, Benztropin, Trihexiphenyl, Metixen. 5 Maprotilin kann die gerinnungshemmende Wirkung von Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ verstärken. 5 Vorsicht bei Kombination mit Bupropion, Duloxetin, Fluoxetin, Paroxetin, Antihypertonika, Sympathomimetika, Phenothiazinen, Haloperidol. 5 Plasmaspiegelkontrolle bei Kombination mit CYP2D6- oder CYP1A2Inhibitoren (7 Anhang INT), da der Plasmaspiegel stark ansteigen kann. Bewertung Tetrazyklisches Antidepressivum mit sedierenden Eigenschaften (Vorteile bei depressiven Syndromen mit Schlafstörungen) und mäßig anticholinergen Eigenschaften (geringer als TZA). Ähnliches NW-Spektrum wie TZA. Krampfanfälle dosisabhängig und häufiger als bei anderen Antidepressiva. Relativ hohes Interaktionsrisiko. Verträglichkeit und therapeutische Breite geringer als die von SSRI oder SNRI.
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Mianserin Tetrazyklisches Antidepressivum 1,2,3,4,10,14b-Hexahydro-2-methyldibenzo[c,f]pyrazino[1,2-a]azepin Mianeurin (HEXAL) Tbl. 30 mg Mianserin-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 10/ 30 mg Mianserin Holsten (Holsten Pharma) Tbl. 10/ 30 mg
Mianserin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 30/ 60 mg Mianserin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10/ 30 mg
Dosierung 5 Beginn mit 3 × 10 mg oral, bei ambulanter Behandlung älterer Patienten kann mit einer niedrigeren Dosis begonnen werden, Erhaltungsdosis 60–90 mg/d oral, Hauptdosis abends. 5 Plasmakonzentration: 15–70 ng/ml(p). Bewertung Wirksames Antidepressivum (NA-Wiederaufnahmehemmer mit zusätzlich H1-, 5-HT2- und α1- und α2-antagonistischen Effekten) mit sedierenden Eigenschaften. Wegen möglicher Granulozytopenien werden von den Herstellern wöchentliche Kontrollen des weißen Blutbildes empfohlen (Aufklärung über Agranulozytose bzw. Knochenmarkdepression!). Leukopenien in der Anamnese stellen eine Kontraindikation dar. Aufgrund der Ähnlichkeit zu Mirtazapin, aber deutlich stärkeren NW-Risiken kann auf Mianserin in der psychiatrischen Pharmakotherapie bei depressiven Störungenz verzichtet werden. Milnacipran1 Selektiver Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (SNRI) (1R,2S)-2-(aminomethyl)-N,N-diethyl-1-phenylcyclopropan-1-carboxamid Ixel (Pierre Fabre Médicament) Kps. 25/ 50 mg (28, 56 Kps.) 1
Nur zugelassen in Österreich.
Pharmakodynamik 5 Etwa gleich starke Hemmung der Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme. 5 Keine signifikante Affinität zu α1-adrenergen, H1-histaminergen, dopaminergen, serotonergen und muskarinischen cholinergen Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Gute orale Bioverfügbarkeit (> 85 %); t½ = 8 h; Tmax = 2 h. 5 Metabolismus ohne Beteiligung des Cytochromsystems bevorzugt durch Glukuronidierung; überwiegend renale Elimination (90 %).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Episodenz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Fibromyalgiesyndrom. 5 Bisher keine Absetzsymptome. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 100 mg/dz in 2 Einzeldosen zu den Mahlzeiten. Bei Niereninsuffizienz 25–50 mg/d. 5 Bei älteren Patienten ist keine Dosisanpassung erforderlich. Nebenwirkungen Häufig: Schwindel, Angstzustände, Schwitzen, Hitzewallungen, Dysurie. Gelegentlich: Kopfschmerzen, Zittern, Agitiertheit, Hypertonie, Hypotonie,
Tachykardie, Palpitationen, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Mundtrockenheit, Urtikaria. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Krampfanfälle, Harnverhalt, sexuelle Funktionsstörungen (auch Hodenschmerzen), Transaminasenanstieg, SIADH (7 1.6.11). In Einzelfällen Ekchymosen, zentrales Serotoninsyndrom, Hepatitis. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Prostatahypertrophie, Niereninsuffizienz, Bluthochdruck. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Engwinkelglaukom, erhöhte Anfallsbereitschaft. Interaktionen 5 Keine Kombination mit serotonergen Präparaten, Triptanen, MAOH, Digitalis, Levomepromazin, Tramadol, α- und ß-Sympathomimetika. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. 5 Milnacipran wird nicht über das Cytochromsystem abgebaut und beeinflusst den Abbau anderer Pharmaka nicht. Bewertung SNRI mit insgesamt guter Verträglichkeit und relativ geringem pharmakokinetischem Interaktionspotenzial bei überwiegend renaler Elimination. Keine anticholinergen NW, Kardiotoxizität oder Gewichtszunahme. Kaum sexuelle Funktionsstörungen. Antidepressive Wirksamkeit vergleichbar mit SSRI und TZA. Bei Überdosierung weniger toxisch als TZA.
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Mirtazapin Noradrenerg/spezifisch serotonerges Antidepressivum mit α2-Adrenozeptor-antagonistischer Wirkung (NaSSA) (RS)-1,2,3,4,10,14b-Hexahydro-2-methylpyrazino[2,1-a]pyrido[2,3-c][2] benzazepin Mirtagamma1 (Wörwag) Mirtazapin axcount1 (axcount) MirtaLich1 (Winthrop) Mirta TAD1 (TAD Pharma) Mirtazapin-1A Pharma1 (1A Pharma) Mirtazapin AbZ1 (AbZ-Pharma) Mirtazapin AL1 (Aliud Pharma) Mirtazapin HEXAL1 (HEXAL) Mirtazapin-Hormosan1 (Hormosan) Mirtazapin-neuraxpharm1 (neuraxpharm) 1
Mirtazapin-ratiopharm1 (ratiopharm) Mirtazapin beta1 (betapharm) Mirtazapin biomo1 (biomo) Mirtazapin-CT1 (CT Arzneimittel) Mirtazapin Sandoz1 (Sandoz) Mirtazapin STADA1 (STADApharm) Mirtazelon1 (Krewel Meuselbach) Remergil SolTab (Essex Pharma) Tbl. 15 mg (6, 48 Schmelztbl.) Tbl. 30/ 45 mg (18, 48, 96 Schmelztbl.) Lsg. 15 mg/ml (66 ml Flasche)
Alle Mirtazapin-Generika: u. a. Tbl. 15/ 30/ 45 mg
Pharmakodynamik 5 Zentral wirksamer präsynaptischer α2-(schwächer auch α1-)Antagonist, dadurch indirekte Verstärkung der noradrenergen und serotonergen Neurotransmission. 5 Postsynaptischer 5-HT2- und 5-HT3-Antagonismus führt zur vermehrten Stimulation von 5-HT1-Rezeptoren. 5 Zusätzlich potente antihistaminerge Eigenschaften. 5 Keine anticholinerge Wirkung. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit ca. 50 %; t½ = 20–40 h (Steady State nach 3–4 Tagen); Tmax = ca. 2 h. 5 Extensive Metabolisierung unter Beteiligung von CYP3A4, CYP1A2 und CYP2D6, demethyliertes Derivat ist pharmakologisch schwach aktiv und zeigt das gleiche pharmakokinetische Verhalten wie die Muttersubstanz. 5 Plasmakonzentration für Depressionsbehandlung: 30–80 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz (insbesondere mit Schlafstörungen). 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Schlafstörung ohne Depression, → Kopfschmerz u. a. chronischen Schmerzsyndromen, → sozialer Phobie, → Zwangsstörungen, → PTBS, → depressiven Episoden bei Patienten mit KHK, → Post-stroke-Depression. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → Fibromyalgiesyndrom, → klimakterischen Beschwerden.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Aufgrund der antihistaminergen Wirkung mögliche Vorteile bei Pruritus und Urtikaria bei depressiven Syndromen im Rahmen dermatologischer Erkrankungen. 5 Im Gegensatz zu TZA und SSRI kaum sexuelle Funktionsstörungen. 5 Routineuntersuchungen 7 1,9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Risiken in der Schwangerschaft 7 Kap. 15. Dosierung 5 Depression: Initialdosis 30 mg/d, Erhaltungstherapie 30‒45 mg/dz; Applikation vorzugsweise abends bzw. spätabends. Schmelztbl. bei Patientenpräferenz oder z. B. bei Schluckstörungen. 5 Schlafinduktion ohne Depression: 7,5‒15 mg abends. 5 Schmerzsyndrome: 30‒45 mg/d. Nebenwirkungen Sehr häufig: Kopfschmerzen, Sedierung, Appetit- und Gewichtszunahme (dabei scheinbar keine Beeinflussung des Glukosemetabolismus wie bei den AAP), Mundtrockenheit. Häufig: Benommenheit, Erschöpfung, Schwindel, anormale Träume, Verwirrtheit, orthostatische Hypotonie, periphere Ödeme, Arthalgien, Myalgien. Gelegentlich: Psychomotorische Unruhe, Schlaflosigkeit, RLS (ab 30 mg), Synkopen, orale Hypästhesie, Parästhesien. Sonstige Nebenwirkungen: Selten akute Knochenmarkdepression (Eosinophilie, Granulozytopenie, Agranulozytose, aplastische Anämie und Thrombozytopenie). Selten Krampfanfälle, Anstieg der Transaminasen. Einzelfallberichte über dosisabhängiges Auftreten von Somnambulismus. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen, erhöhte Anfallsbereitschaft. Cave bei Harnverhalt und Engwinkelglaukom (obwohl kaum anticholinerge Wirkung, s. oben). Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (Abstand von 14 Tagen nach Absetzen von MAOH). 5 Verstärkte Sedierung bei Kombination mit Antipsychotika, Antihistaminika, BZD oder anderen sedierenden Präparaten. 5 Bei Kombination mit anderen serotonergen Substanzen (SSRI, SNRI, Triptane, L-Tryptophan, Johanniskraut-Präparate, Linezolid, Lithiumsalze, Tramadol) kann es zum zentralen Serotoninsyndrom kommen. 5 Bei Kombination mit Carbamazepin ist mit beschleunigtem Abbau von Mirtazapin zu rechnen; evtl. Dosiserhöhung von Mirtazapin. 5 INR-Erhöhung wurde in Kombination mit Warfarin beobachtet. Bewertung Bewährtes Antidepressivum (NaSSA) mit anfänglich sedierenden Eigenschaften (Vorteile bei depressiven Syndromen mit Schlafstörungen); wich-
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tige Alternative zu SSRI/SNRI. Zusammen mit Escitalopram, Sertralin und Venlafaxin möglicherweise Wirksamkeitsvorteile gegenüber anderen Antidepressiva und geringfügig früherer Wirkungseintritt. Geringes Interaktionspotenzial; für eine Kombination mit anderen Antidepressiva (z. B. SSRI, SNRI) bei unzureichender Response auf eine Monotherapie gut geeignet (7 1.12). Vorteil einer schlafinduzierenden Wirkung und einer geringen Rate an sexuellen Funktionsstörungen; Nachteil einer häufigen Appetit- und Gewichtszunahme. Moclobemid Monoaminooxidasehemmer (MAOH) 4-Chlor-N-(2-morpholinoethyl)benzamid Aurorix (MEDA Pharma) Tbl. 150/300 mg (50, 100 Tbl.) Moclobemid 1A Pharma1 (1A-Pharma) Moclobemid AL1 (Aliud Pharma) Moclobemid Hexal1 (Hexal) 1
Moclobemid-neuraxpharm1 (neuraxpharm) Moclobemid-ratiopharm1 (ratiopharm) Moclobemid Sandoz1 (Sandoz) Moclobemid STADA1 (STADApharm) Moclobeta1 (betapharm)
Alle Moclobemid-Generika: Tbl. 150/300 mg
Pharmakodynamik 5 Kurz wirksamer selektiver reversibler MAOH vom A-Typ. 5 Abklingen der MAO-Hemmung nach Absetzen innerhalb von 24 h (bei irreversiblen MAOH innerhalb von 7–10 Tagen). 5 Keine Wiederaufnahmehemmung biogener Amine, keine Interaktionen mit Rezeptoren für Neurotransmitter. Pharmakokinetik 5 Bioverfügbarkeit 50–80 %; t½ = 2–7 h; nach Mehrfachdosierung im Laufe einer Woche Erhöhung auf 80 % (vermutlich durch ein abbauhemmendes Zwischen- oder Endprodukt). 5 Extensive und komplexe Metabolisierung bevorzugt durch CYP2C19, keine relevanten aktiven Metaboliten. 5 Pharmakokinetisch bedingte Vorteile gegenüber irreversiblen nichtselektiven MAOH im Hinblick auf gefürchtete NW wie hypertensive Krisen nach Einnahme von tyraminhaltigen Nahrungsmitteln: Aufgrund des kompetitiven Hemmmechanismus ist eine Verdrängung von Moclobemid durch Tyramin aus der Bindung an die MAO-A möglich, die dadurch für die Inaktivierung von biogenen Aminen – wie Tyramin selbst – frei wird; außerdem kann Tyramin z. T. noch über die MAO-B abgebaut werden. Vorteil: Tyraminarme Diät nicht mehr erforderlich, keine Karenzzeit bei Gabe von TZA oder operativen Eingriffen, erheblich kürzere Karenzzeit bei Gabe von SSRI. 5 Plasmakonzentration: 300–1000 ng/ml(p).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Syndromez. 5 Soziale Phobiez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → depressiven Störungen bei Demenz, → Fibromyalgiesyndrom (in der aktuellen Leitlinie wird Moclobemid bei FMS bei uneinheitlicher Studienlage nicht empfohlen). 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → atypischer Depression. 5 Günstiges NW-Profil in Bezug auf sexuelle Funktionsstörungen. 5 Bei Umstellung von anderen Antidepressiva auf Moclobemid Karenzzeiten beachten (s. unten, Interaktionen, und 7 1.8). 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Depression: Tagesdosis 300–600 mg/d; initial 300–450 mg/d in 2–3 Einzeldosen, danach kann schnell auf 600 mg/dz gesteigert werden. 5 Soziale Phobie: 600 mg/d. 5 Keine Dosisanpassung im hohen Alter oder bei eingeschränkter Nierenfunktion, jedoch bei schwerer Leberinsuffizienz (erheblich reduzierter First-pass-Effekt, Erhöhung der Plasmakonzentration auf das 3-Fache, Verlängerung der Eliminations-HWZ auf das 2- bis 3-Fache). Nebenwirkungen
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Häufig: Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schwindel, Übelkeit, Mundtro-
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Gelegentlich: Schlafstörungen, Angst, Reizbarkeit. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Verlängerung des QTc-Intervalls und
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ckenheit.
erhöhte Leberenzymwerte. Unter therapeutischen Moclobemid-Dosierungen bei Tyraminmengen von 100–150 mg pro Mahlzeit keine klinisch relevanten Blutdruckanstiege, jedoch sollten Nahrungsmittel mit sehr hohem Tyramingehalt sicherheitshalber vermieden werden, da entsprechende unerwünschte Wirkungen niemals gänzlich ausgeschlossen werden können; Cave nach wie vor z. B. bei bestimmten Käsesorten (100 g Cheddar enthalten 10–100 mg Tyramin, 100 g Stilton ca. 50 mg Tyramin). Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Phäochromozytom, Thyreotoxikose. Instabile Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Interaktionen 5 Keine Kombination mit Naratriptan, Rizatriptan, Selegilin, Sumatriptan, Zolmitriptan. 5 Es sollten zurzeit wie bei Tranylcypromin auch bei Moclobemid die Empfehlungen zur Vermeidung von Kombinationen, besonders mit TZA und SSRI, angewandt werden.
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5 Bei Gabe von Antidepressiva nach MAOH Karenzzeiten beachten, sie sind bei Moclobemid deutlich geringer als bei Tranylcypromin. Bei Gabe von MAOH nach vorheriger Gabe eines anderen Antidepressivums ist bei vorheriger Gabe von Clomipramin, Fluvoxamin, Paroxetin oder Sertralin eine Karenzzeit von mindestens 1–2 Wochen (je nach vorheriger Dosis), bei Venlafaxin von einer Woche, bei Fluoxetin von 5 Wochen einzuhalten. 5 In Einzelfällen zentrales Serotoninsyndrom unter Kombination mit Clomipramin bzw. Citalopram. 5 Moclobemid hemmt CYP2D6 und CYP2C19, daher ist Vorsicht bei Kombinationen mit Arzneimitteln geboten, die Substrate dieser beiden Isoenzyme sind, z. B. Metoprolol oder Trimipramin (. Tab.17.4 und . Tab.17.5). Bewertung Kurz wirksamer, selektiver, reversibler MAOH mit im Vergleich zu TZA deutlich weniger vegetativen bzw. anticholinergen NW. Nicht sedierend, keine Hinweise auf kardiotoxische Wirkung. Gute Verträglichkeit, Vorteil des Fehlens sexueller Funktionsstörungen. Tyraminarme Diät nicht erforderlich, dennoch sollten Nahrungsmittel mit sehr hohem Tyramingehalt sicherheitshalber vermieden werden. Relativ hohes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial im Vergleich zu neueren Antidepressiva. Nortriptylin Trizyklisches Antidepressivum N-Methyl-3-(10,11-dihydro-5H-dibenzo[a,d]cyclohepten-5-yliden)propylamin Nortrilen (Lundbeck) Drg. 10 mg (20, 50 Drg.) Drg. 25 mg (20, 50, 100 Drg.)
Pharmakodynamik 5 Stärkere Hemmung der NA- als der 5-HT-Wiederaufnahme. Pharmakokinetik 5 t½ = ca. 30 h; Tmax = 4–6 h. 5 Metabolisierung bevorzugt über CYP2D6, Hauptmetabolit ist 10-Hydroxynortriptylin. 5 Plasmakonzentration: 70–170 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Zustandsbilder jeglicher Ätiologiez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Depression bei M. Parkinson, → neuropathischen Schmerzen (auch in Kombination mit Gabapentin), → der Prophylaxe der Migräne.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15.
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Dosierung 5 In den ersten 3 Tagen mit 3 × 10 mg bis 3 × 25 mg beginnen, Erhaltungsdosis 100–150 mg, Höchstdosis 225 mg/dz. 5 Bei älteren Patienten niedrigere Dosierung.
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Sehr häufig: Benommenheit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Mund-
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Nebenwirkungen trockenheit, Obstipation, Übelkeit, Palpitationen, Tachykardie, Schwitzen, Tremor, Akkommodationsstörungen. Häufig: Innere Unruhe, Verwirrtheit, Gewichtszunahme, EKG-Veränderungen (Verlängerung der QTc-Zeit, QRS-Verbreiterung), kardiale Erregungsleitungsstörungen, orthostatische Dysregulation, Ataxie, Geschmacksstörungen, Mydriasis, Parästhesien, Hautausschläge, Miktionsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. Gelegentlich: Krampfanfälle, Schlafstörungen, Schlaflosigkeit, Angst, Leberfunktionsstörungen, gastrointestinale Beschwerden, Verstärkung einer bestehenden Herzinsuffizienz, Blutdruckanstieg, Synkopen, intraokuläre Druckerhöhung, Glaukomanfälle, Tinnitus, Harnverhalt, Galaktorrhö. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Erhöhung der alkalischen Phosphatase, meist passagerer Transaminasenanstieg, Knochenmarksdepression, Agranulozytose, Blutbildveränderungen (insbesondere Leukopenie), Ileus, Delir. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung, Delirien, Pylorusstenose, Ileus. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankung; erhöhte Anfallsbereitschaft; Prostatahypertrophie ohne Restharnbildung; Blutbildungsstörungen; Hyperthyreose; Hypokaliämie; Bradykardie; kardiale Vorschädigung. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH und Präparaten die die QTc-Zeit verlängern oder eine Hypokaliämie hervorrufen können. 5 Nortriptylin kann die Wirksamkeit von Antihypertensiva vom Guanethidin- bzw. Clonidin-Typ abschwächen mit der Gefahr einer Rebound-Hypertension bei mit Clonidin behandelten Patienten. 5 Nortriptylin kann die Wirksamkeit von Antiarrhythmika besonders vom Typ Ia (z. B. Chinidin) und vom Typ III (z. B. Amiodaron) verstärken. 5 Vorsicht bei Kombination mit anticholinerg wirksamen Medikamenten z. B. Biperiden, Benztropin, Metixen oder Trihexiphenyl, wegen des Risikos eines Delirs.
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5 Bei Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren, z. B. Metoprolol, steigt die Plasmakonzentration von Nortriptylin (7 Anhang INT); daher Kombinationen unter Plasmaspiegelkontrolle. Bewertung TZA ohne sedierende Eigenschaften, weniger anticholinerge Eigenschaften im Vergleich zu anderen TZA, geringeres Ausmaß an Kreislauf-NW. Bei Neigung zu orthostatischer Dysregulation ist im Fall der Wahl eines TZA Nortriptylin vorzuziehen. TDM unter Nortriptylin gut untersucht. Häufig Gewichtszunahme, kardiale Erregungsleitungsstörungen. Hohes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial. Verträglichkeit und therapeutische Breite geringer als bei den neueren Antidepressiva. Paroxetin Selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) (3S,4R)-4-(4-Fluorphenyl)-3-{[3,4-(methylendioxy)phenoxy]methyl}piperidin ParoLich (Winthrop) Tbl. 20 mg Paroxalon (Krewel Meuselbach) Tbl. 20 mg Paroxat (HEXAL) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40 mg Paroxetin 1A Pharma (1A Pharma) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40 mg Paroxetin AbZ (AbZ Pharma) Tbl. 20 mg Paroxetin AL (Aliud Pharma) Tbl. 20 mg Paroxetin beta (betapharm) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40 mg Paroxetin-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 20 mg Paroxetin-Hormosan (Hormosan) Tbl. 20/ 40 mg
Paroxetin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40 mg Paroxetin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 20/ 30/ 40 mg Paroxetin Sandoz (Sandoz) Tbl. 10/ 30/ 40 mg Paroxetin STADA (STADApharm) Tbl. 20 mg Paroxetin TAD (TAD Pharma) Tbl. 20 mg Seroxat (GlaxoSmithKline) Tbl. 20 mg (20, 50, 100 Tbl.) Susp. 2 mg = 1 ml (150 ml) Tagonis (GlaxoSmithKline) Tbl. 20 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Selektive 5-HT-Wiederaufnahmehemmung; sehr schwache anticholinerge Potenz (unter den SSRI höchste Affinität für muskarinische Cholinorezeptoren; Wirkung aber etwa 15-mal schwächer ausgeprägt als bei Amitriptylin). Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; hoher First-pass-Metabolismus. 5 t½ = ca. 16 h (8–30 h) nach Einmalgabe, nach mehrmaliger Gabe Anstieg auf etwa 18 h (12–44 h).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Metabolisierung zu einem instabilen Catechol-Intermediat unter Beteiligung von CYP3A4 und CYP2D6, keine biologisch aktiven Metaboliten. 5 Plasmakonzentration: 30‒120 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobiez. 5 Soziale Angststörung/soziale Phobiez. 5 Generalisierte Angststörungz. 5 Zwangsstörungz. 5 Posttraumatische Belastungsstörungz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → prämenstruell-dysphorischem Syndrom, → Fibromyalgiesyndrom, → klimakterischen Beschwerden (Cave: keine Kombination mit Tamoxifen), → neuropathischen Schmerzen. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. SSRI und besonders Paroxetin in der Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Depression: 20 mg in einer morgendlichen Einzeldosis (niedrigste wirksame Dosis und Erhaltungsdosis). Dosiserhöhung auf bis zu 50 mg/dz möglich. 5 Panikstörung: Mit 10 mg/d beginnen, Dosissteigerung auf 40 mg/d (empfehlenswerte Tagesdosis); maximal 60 mg/dz. 5 Generalisierte Angststörung, soziale Phobie und PTBS: 20 mg/d; maximal 50 mg/dz. 5 Zwangsstörung: Beginn mit 20 mg/d, dann 40 mg/d. Im Verlauf ggf. bis 60 mg/dz. 5 Klimakterische Beschwerden 10–25 mg/d. 5 Bei älteren Patienten maximal 40 mg/dz.Bei eingeschränkter Leberoder Nierenfunktion: Dosisanpassung oder Verlängerung des Dosierungsintervalls. Nebenwirkungen Sehr häufig: Übelkeit; sexuelle Funktionsstörungen. Häufig: Kopfschmerzen, Zwangsgähnen, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit,
Schwindel, Asthenie, Agitiertheit, ungewöhnliche Träume, verminderter Appetit, Obstipation, Diarrhö, Erbrechen, Gewichtszunahme, Cholesterinerhöhung, Mundtrockenheit, Akkommodationsstörungen, Schwitzen, Tremor. Gelegentlich: Verwirrtheitszustände, vermehrte Blutungsneigung (7 1.6.4), EPS, Mydriasis, Sinus-Tachykardie, vorübergehender Blutdruckanstieg oder -abfall, orthostatische Hypotonie, Hautausschlag, Harnverhalt und -inkontinenz.
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Sonstige Nebenwirkungen: Selten Hyperprolaktinämie, Galaktorrhö. Sehr sel-
ten gastrointestinale Blutungen, Thrombozytopenie, Erhöhung der Leberenzymwerte, Hepatitis. Erste Hinweise auf eine möglicherweise verminderte männliche Fertilität (7 1.6.8). In Einzelfällen SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Anfallsbereitschaft; erhöhte Blutungsneigung; wegen geringer anticholinerger Eigenschaften nur sehr geringe Kontraindikationen für Engwinkelglaukom oder Prostatahypertrophie. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (MAOH frühestens 7 Tage nach Absetzen von Paroxetin ansetzen; Paroxetin kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. frühestens 24 h nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden), tryptophanhaltigen Präparaten. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. 5 Kombination mit TZA nur unter TZA-Plasmaspiegelkontrolle. 5 Keine Kombination mit Tamoxifen oder Tramadol, die durch CYP2D6 aktiviert werden, da Paroxetin ein potenter Inhibitor von CYP2D6 ist. 5 Wegen ausgeprägter Hemmung von CYP2D6 durch Paroxetin erhöhte Plasmakonzentrationen von Arzneimitteln, die Substrate von CYP2D6 sind (. Tab.17.5). Bei Kombination mit z. B. Perphenazin, Atomoxetin Anstieg der Plasmaspiegel (bis auf das 2- bis 4-Fache). 5 Bei Kombination mit Johanniskraut und anderen Induktoren von CYP3A4, z. B. Carbamazepin, ist mit einem Absinken der Wirkspiegel und möglicherweise verminderter Wirksamkeit zu rechnen (7 Anhang INT). > CAVE
Aufgrund der Inhibition von CYP2D6 durch Paroxetin und der daraus folgenden verminderten Metabolisierung von Tamoxifen (Prodrug) zu seinem aktiven Metaboliten Endoxifen darf Paroxetin nicht bei Frauen unter Tamoxifen-Behandlung gegeben werden (möglich sind dagegen Escitalopram oder Sertralin).
Bewertung Nichtsedierender SSRI mit breitem Indikationsspektrum. Im Vergleich zu anderen SSRI und neueren Antidepressiva (außer Mirtazapin) zeigt sich häufiger eine Gewichtszunahme, im Vergleich zu anderen SSRI eine erhöhte Rate an sexuellen Funktionsstörungen und Absetzsyndromen (7 1.6). Hohes
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Kapitel 1 · Antidepressiva
pharmakokinetisches Interaktionspotenzial und damit Therapieeinschränkungen. Auch der risikoreiche Einsatz von Paroxetin in oder bei geplanter Schwangerschaft engt die Indikation ein (7 Kap. 15). Paroxetin zeigt im Vergleich zu anderen SSRI, besonders Citalopram, Escitalopram und Sertralin, eine ungünstigere Nutzen-Risiko-Relation.
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Reboxetin
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Selektiver Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (±)-2(R*)-2-[(αR*)-α-(2-Ethoxyphenoxy)benzyl]morpholin
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Edronax (Pharmacia) Tbl. 4 mg (20, 50, 100 Tbl.)
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Solvex (Merz Pharmaceuticals) Tbl. 4 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Selektiver Hemmstoff der NA-Wiederaufnahme. 5 Kein direkter Effekt an β1-adrenergen und muskarinischen Acetylcholinrezeptoren. 5 Vegetative NW meist als sympathomimetische Effekte durch NA-Wiederaufnahmehemmung möglich. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit 60 %; schnelle Resorption; Tmax = 2 h; t½ = 13–30 h; Steady State nach 5 Tagen. 5 Bevorzugte Metabolisierung über CYP3A4, danach teilweise oder vollständige Glukuronidierung oder Sulfokonjugation. Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten. 5 Verlängerung der HWZ bei Leber- oder Niereninsuffizienz. 5 Plasmakonzentration: 60-350 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur Behandlung akuter depressiver Erkrankungen sowie in der Erhaltungstherapie z. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei der →Post-stroke-Depression. 5 Erste Hinweise zur Wirksamkeit bei →Fibromyalgiesyndrom, → Panikstörung. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Initiale Dosis: 2 × 2 mg für 3 Tage, danach 2 × 4 mg/d als empfohlene Dosierung für Patienten bis 65 J. (bei älteren Patienten reduzierte Tagesdosis von 4 mg/d). Bei Nichtansprechen Steigerung auf 10 mg/d möglich, Höchstdosis: 12 mg/dz. 5 Unter hohen Dosen von 8 mg/d zu Beginn zeigen sich hohe NW- und Abbruchraten.
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! Dosishalbierung bei Leber- oder Niereninsuffizienz (Beginn mit
2 × 2 mg/d).
Nebenwirkungen Sehr häufig: Schlaflosigkeit, Mundtrockenheit, Obstipation, Schwitzen. Häufig: Schwindel, Kopfschmerzen, Tachykardie, Palpitationen, Gefäßerweiterung, orthostatische Dysregulation, Akkommodationsstörungen, Appetitverlust, Miktionsbeschwerden und Harnverhalt (nur bei Männern), Harnwegsinfektionen, sexuelle Funktionsstörungen (. Tab.8.1), Hodenschmerzen. Gelegentlich: Angst, Reizbarkeit, Übelkeit, Erbrechen, Hypertonie, Parästhesien, kalte Extremitäten, Hyponatriämie. > CAVE
Harnverhalt bei Männern: dann sofortiges Absetzen notwendig.
Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Niereninsuffizienz; kardiale Vorschädigung; Prostatahypertrophie, Blasenentleerungsstörungen, Glaukom, erhöhte Anfallsbereitschaft. Cave bei der Kombination mit Antihypertensiva und ergotaminhaltigen Präparaten. Interaktionen 5 Keine Kombination mit Antihypertensiva und ergotaminhaltigen Präparaten (Blutdruckerhöhung). Wirkverstärkung mit anderen adrenergen Substanzen. 5 Bei Kombination mit Arzneimitteln, die Inhibitoren oder Induktoren von CYP3A4 sind (7 Anhang INT), ist mit einem Anstieg bzw. Abfall der Plasmaspiegel von Reboxetin zu rechnen, aber ohne klinische Relevanz. 5 Vorsicht bei Kombination mit MAOH. Bewertung Antidepressivum mit selektiver Hemmung der NA-Wiederaufnahme. Nicht sedierend, vonseiten des NW-Profils Vorteile bezüglich einer fehlenden Gewichtszunahme sowie eines im Vergleich zu SSRI selteneren Auftretens sexueller Funktionsstörungen. Allerdings dosisabhängige, relativ hohe NWRate; häufig Miktionsbeschwerden und Harnverhalt bei Männern. Sehr geringes Interaktionspotenzial. Einer Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach ist die Wirksamkeit von Reboxetin insgesamt nur unzureichend belegt; im Vergleich zu SSRI ergab sich ein geringer Nutzen von Reboxetin. Auch in einer vergleichenden Metaanalyse erwies sich Reboxetin als weniger wirksam und schlechter verträglich im Vergleich zu SSRI und anderen neueren Antidepressiva. Reboxetin eignet sich möglicherweise vielmehr für eine Kombinationstherapie bei unzureichender Besserung unter einer Behandlung mit SSRI, SNRI oder Mirtazapin als für eine Monotherapie (7 1.12).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Sertralin Selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) (1S,4S)-4-(3,4-Dichlorphenyl)-1,2,3,4-tetrahydro-N-methyl-1-naphthylamin Sertralin-1A Pharma1 (1A Pharma) Sertralin AbZ1 (AbZ-Pharma) Sertralin AL1 (Aliud Pharma) Sertralin beta1 (betapharm) Sertralin biomo1 (biomo) Sertralin-CT1 (CT Arzneimittel) Sertralin HEXAL1 (HEXAL) Sertralin Hormosan1 (Hormosan) Sertralin-neuraxpharm1 (neuraxpharm) 1
Sertralin-ratiopharm1 (ratiopharm) Sertralin Sandoz1 (Sandoz) Sertralin STADA1 (STADApharm) Sertralin Winthrop1 (Winthrop) Sertralon1 (Krewel Meuselbach) Sertra TAD1 (TADPharma) Zoloft (Pfizer Pharma) Tbl. 50, 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) Lsg. 20 mg/ml (60 ml)
Alle Sertralin-Generika: Tbl. 50/ 100 mg
Pharmakodynamik 5 Selektive Hemmung der 5-HT-Wiederaufnahme. 5 Affinität zu σ-Bindungsstellen (klinische Relevanz unklar) und schwacher Inhibitor der Dopaminaufnahme. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 t½ = ca. 26 h; Tmax = ca. 4–8 h. 5 Ausgeprägter Metabolismus mit Beteiligung von CYP2B6, CYP2C9, CYP2C19 und CYP2D6; Hauptmetabolit N-Desmethylsertralin (t½ = ca. 60–100 h) 20-fach schwächer als Muttersubstanz. 5 Plasmakonzentration: 10–50 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Rezidivprophylaxe depressiver Erkrankungenz. 5 Panikstörung mit/ ohne Agoraphobiez. 5 Zwangsstörungz. 5 Soziale Angststörung/Soziale Phobiez. 5 Posttraumatische Belastungsstörungz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → prämenstruell-dysphorischem Syndrom, → depressiven Episoden bei Patienten mit KHK, → Post-strokeDepression, → depressiven Störungen bei Demenz, → klimakterischen Beschwerden. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → GAS, → depressiven Störungen bei Alkoholabhängigkeit in Kombination mit Naltrexon. 5 Keine Prolaktinerhöhung. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. SSRI in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15.
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Dosierung 5 Depression und Zwangsstörung: Beginn mit 50 mg/d in einer morgendlichen Einzeldosis (niedrigste wirksame Dosis und Erhaltungsdosis), ggf. Erhöhung der Tagesdosis um 50 mg je Woche bis maximal 200 mg/dz. 5 Panikstörung, PTBS und soziale Phobie: Beginn mit 25 mg/d; Dosiserhöhung nach einer Woche auf 50 mg/d. Ggf. im Weiteren Erhöhung der Tagesdosis um 50 mg je Woche bis maximal 200 mg/dz. 5 Bei eingeschränkter Leberfunktion Dosisanpassung; bei Niereninsuffizienz nicht nötig. Nebenwirkungen Sehr häufig: Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Diarrhö, Übelkeit, Mundtrockenheit, Ejakulationsverzögerung. Häufig: Zwangsgähnen, Albträume, Bruxismus, Angst, Agitiertheit, Erbrechen, Obstipation, Dyspepsie, Flatulenz, Anorexie, verstärkter Appetit, Tremor, erhöhter Muskeltonus, Myalgien, Palpitationen, Hitzewallungen, Schwitzen, Tinnitus, Geschmacksveränderungen, Sehstörungen, Parästhesien, Erektionsstörungen, verminderte Libido. Gelegentlich: Krampfanfälle, Hyperkinesien, Hypästhesien, Sprachstörungen, Schwindel, Migräne, Apathie, Tachykardie, Hypertonie, Bronchospasmus, Dysphagie, Gewichtsabnahme oder -zunahme, Alopezie, Urtikaria, Miktionsstörungen, Sexualstörungen bei der Frau. Sonstige Nebenwirkungen: Selten erhöhtes Serumcholesterin, Hypoglykämie, Erhöhung der Transaminasen, veränderte Leberfunktion, schwere Leberfunktionsstörungen, Hepatitis, Dermatitis, Harninkontinenz, Priapismus. In Einzelfällen Leukopenie, Thrombozytopenie, SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme: 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Lebererkrankungen; erhöhte Anfallsbereitschaft. Erhöhte Blutungsneigung. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (MAOH frühestens 7 Tage nach Absetzen von Sertralin angesetzen; Sertralin kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid gegeben werden), serotonergen Substanzen, Disulfiram, Pimozid, Thioridazin, Tramadol. 5 Vorsicht bei der Kombination mit TZA, Atomoxetin, Bupropion, β-Rezeptorenblockern; Fallbericht über zentrales Serotoninsyndrom in Kombination mit Bupropion. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Bewertung Nichtsedierender SSRI mit breitem Indikationsspektrum und sehr guter Verträglichkeit, allerdings häufiger Diarrhö als NW als bei anderen SSRI. Zusammen mit Mirtazapin, Escitalopram und Venlafaxin möglicherweise Wirksamkeitsvorteile gegenüber anderen neueren Antidepressiva; zusammen mit Citalopram, Escitalopram und Bupropion möglicherweise Vorteile hinsichtlich der Verträglichkeit. Es gibt im Vergleich zu anderen SSRI mehr Studien zur Rezidivprophylaxe. Geringes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial. Keine Gewichtszunahme. Positiv mehrfach untersucht als Antidepressivum nach Myokardinfarkt. Tranylcypromin
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Monoaminooxidasehemmer (MAOH) (±)-trans-2-Phenylcyclopropylamin
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Jatrosom (esparma) Tbl. 10, 20 mg (20, 45, 90 Drg.)
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Pharmakodynamik 5 Irreversibler nichtselektiver MAOH; auch Wirkung auf multiple Transmittersysteme. 5 Chemische Strukturähnlichkeit mit Amphetamin. 5 Zwei stereoisomere Formen: (+)-Tranylcypromin (hauptsächlich Hemmung der MAO-B), (–)-Tranylcypromin (vornehmlich Beeinflussung der Wiederaufnahme und Freisetzung biogener Amine). Pharmakokinetik 5 t½ = 1,5–3 h; Tmax = 0,5–3 h. 5 Metabolisierung in der Leber mit Bildung von p-Hydroxytranylcypromin und N-Acetyltranylcypromin. 5 Trotz kurzer HWZ erheblich längere biologische Wirkdauer, da Tranylcypromin als irreversibler MAOH mit dem Enzym in der Nähe des aktiven Zentrums eine kovalente Bindung eingeht, sodass das Abklingen der MAO-Inhibition von der Neusyntheserate des Enzyms abhängt. Daher ist die Messung von Plasmaspiegeln von Tranylcypromin nicht sinnvoll. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Syndrome unabhängig ihrer nosologischen Zuordnungz. 5 Hinweise zur Wirksamkeit bei → Zwangsstörung, → sozialer Phobie. 5 Tyraminarme Diät notwendig (Risiko von Blutdruckkrisen). 5 Bei Umstellung von anderen Antidepressiva auf Tranylcypromin oder Gabe von Antidepressiva nach vorheriger Gabe von Tranylcypromin Karenzzeiten beachten (s. unten, Interaktionen, sowie 7 1.8). 5 Wirkungseintritt sehr unterschiedlich: dosisabhängig innerhalb weniger Tage bzw. erst nach 10–14 Tagen.
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5 MAOH sind nicht kardiotoxisch (s. aber Hypotonie und hypertensive Krisen unter 7 Nebenwirkungen). 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Beginn mit 10 mg/d in einer morgendlichen Einzeldosis, im Verlauf Dosissteigerung um 10 mg je Woche bis zum Erreichen einer Tagesdosis von 20‒40 mg/d verteilt auf 1‒3 Einnahmezeitpunkte. 5 Unter stationären Bedingungen bei unzureichendem Ansprechen ggf. Dosiserhöhung bis zum Erreichen der maximalen Tagesdosis von 60 mg/dz. 5 Letzte Verordnung vorzugsweise nicht nach 15 Uhr, bei älteren Patienten langsamere Dosissteigerung und Dosisanpassung. Nebenwirkungen Sehr häufig: Orthostatische Dysregulation, Schlafstörungen. Häufig: Schwäche, Müdigkeit, Schwindel, Angstzustände, Agitiertheit,
Mundtrockenheit, Palpitationen, Hypertonie, Gewichtszunahme oder -abnahme. Gelegentlich: Hypertensive Krisen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Anämien, Leukopenie, Neutropenie, Agranulozytose, Thrombopenie. Sehr selten Halluzinationen, Verwirrtheit, Krampfanfälle, Leberfunktionsstörungen, Anstieg der Leberenzymaktivität, SIADH (7 1.6.11). ! Hypertone Blutdruckkrisen überwiegend nach Einnahme stark aminhalti-
ger Nahrungsmittel (besonders Tyramin). Die Amine werden nach Anreicherung der MAOH in der Leber nicht metabolisiert und führen zu einer hypertensiven Reaktion; tyraminunabhängig können hypertensive Krisen besonders bei Vorliegen eines Phäochromozytoms und bei Thyreotoxikose auftreten.
Kontraindikationen 5 Phäochromozytom, Karzinoid, vaskuläre Erkrankungen des Gehirns, Gefäßfehlbildungen wie Aneurysmen, schwere Formen von Hypertonie bzw. von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leberfunktionsstörungen, schwere Nierenfunktionsstörungen, Porphyrie, Diabetes insipidus, maligne Hyperthermie (auch in der Vorgeschichte), Delirien, 7 1.7. 5 Relative Kontraindikationen: Kardiale Vorschädigung (v. a. höhergradige Herzinsuffizienz); erniedrigter oder erhöhter Blutdruck, erhöhte zerebrale Anfallsbereitschaft, Diabetes, schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen. ! Gleichzeitiger Genuss von tyraminhaltigen Lebensmitteln: Einhaltung
einer tyraminarmen Diät erforderlich. Zu meiden sind: Käse (besonders reifer, alter Käse; Frischkäse ist erlaubt), Fischhalbkonserven wie z. B. Salz-
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Kapitel 1 · Antidepressiva
heringe, Hefeextrakte und -hydrolysate, Pilze, Soja und Sojaprodukte, Saubohnen, gealtertes Fleisch oder Fleischextrakte (Frischfleisch ist erlaubt), Sauerkraut, Salami, fermentierte Würste, Geflügelleber, saure Sahne oder Joghurt (große Portionen), verdorbene oder getrocknete Früchte wie verdorbene Bananen, Feigen oder Rosinen, sämtliche nichtfrische bzw. konservierte Lebensmittel; möglichst Alkoholkarenz (trotz geringen Tyramingehalts der meisten Alkoholika); besonders Biere, schwere Rot- und Süßweine.
Interaktionen 5 Keine Kombination mit TZA, SSRI, Bupropion, Duloxetin, Milnacipran, Naratriptan, Sumatriptan, Venlafaxin oder anderen Serotonin stimulierenden Substanzen, Sympathomimetika, Buspiron, Disulfiram, Pethidin oder Tramadol. 5 Bei Gabe von Antidepressiva nach MAOH Karenzzeiten beachten (Tranylcypromin: mind. 2 Wochen). Bei nachfolgender Therapie mit Antipsychotika allenfalls leicht erhöhtes Risiko bei Anwendung von Phenothiazinen. Bei Gabe von MAOH nach vorheriger Gabe eines anderen Antidepressivums Karenzzeit beachten (mind. 5 × t½; im Falle von Fluoxetin 5 Wochen!). 14 Tage vor Allgemeinnarkose Tranylcypromin absetzen. Bewertung Irreversibler, nichtselektiver MAOH mit in einigen Fällen guter antidepressiver Wirksamkeit bei unzureichender Response auf andere Antidepressiva, insbesondere in höheren Dosierungen (50–60 mg/d). Von einer Kombination mit TZA sollte jedoch auch bei Therapieresistenz Abstand genommen werden (7 1.12). Selten sexuelle Funktionsstörungen, keine Gewichtszunahme, nicht sedierend. Nachteil eines hohen Interaktions- und NW-Potenzials, einer geringen therapeutischen Breite und der Notwendigkeit der Einhaltung einer tyraminarmen Diät (Risiko von Blutdruckkrisen). Ein Einsatz sollte daher stets unter Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Trazodon Serotoninwiederaufnahmehemmer und 5-HT2A-Rezeptorantagonist 2-{3-[4-(3-Chlorphenyl)-1-piperazinyl]propyl}-[1,2,4]triazolo[4,3-a]pyridin3(2H)-on Thombran Tabs (Boehringer Ingelheim) Tbl. 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trazodon HEXAL (HEXAL) Tbl. 100 mg
Trazodon-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 100 mg
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Hinweise für Wirksamkeit bei → primärer Schlafstörung. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15.
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Dosierung 5 Depression: Beginn mit 100 mg, Erhaltungsdosis nach einer Woche 200–400 mg/dz; Einnahme jeweils nach dem Essen. Unter stationären Bedingungen auch schnellere Aufdosierung möglich; Tageshöchstdosis hier 600 mgz. 5 Schlafstörungen: 25–150 mg/d. 5 Bei älteren Patienten 100–200 mg/d. 5 Plasmakonzentration: 700–1000 ng/ml(p). Nebenwirkungen Häufig: Schwindel, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Unruhe,
Sedation, orthostatischer Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen (Bradykardie, Tachykardie, ventrikuläre Rhythmusstörungen, insbesondere bei Patienten mit vorbestehenden Rhythmusstörungen), gastrointestinale Beschwerden, Mundtrockenheit. Gelegentlich: Zittern, Verwirrtheit, Sehstörungen, Blutdruckerhöhung, Obstipation, Gewichtszunahme oder -abnahme. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Priapismus. Sehr selten Blutbildveränderungen, Krampfanfälle, Leberfunktionsstörungen und Hepatitis. QTc-Verlängerung möglich (Einzelfälle). ! Priapismus wurde mehrfach beschrieben, daher Aufklärung über diese
ernste Komplikation (sofort urologische Intervention; akuter Notfall!).
Kontraindikationen 5 Karzinoid-Syndrom, hereditäre Galaktoseintoleranz, Laktasemangel oder Glukose-Galaktose-Malabsorption. 5 Relative Kontraindikationen: Herzrhythmusstörungen bzw. dekompensierte kardiovaskuläre Insuffizienz, angeborenes Long-QT-Syndrom, gleichzeitige Behandlung mit das QTc-Intervall verlängernden Medikamenten; Hypokaliämie, Bradykardie; Leberinsuffizienz. Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Psychopharmaka, z. B. Chlorprothixen oder BZD und auch mit Alkohol. 5 Risiko eines zentralen Serotoninsyndroms bei Kombination mit Serotonin stimulierenden Präparaten, z. B. SSRI, Tramadol oder Tryptophan. 5 Verstärkung der blutdrucksenkenden Wirkung bei gleichzeitiger Einnahme von Phenothiazinen, wie z. B. Chlorpromazin, Fluphenazin, Levomepromazin oder Perphenazin. 5 Anstieg der Plasmakonzentration von Trazodon bei Kombination mit CYP3A4- oder CYP2D6-Inhibitoren, z. B. Thioridazin (7 Anhang INT). 5 Abfall der Plasmakonzentration bei Kombination mit CYP3A4-Induktoren, z. B. Carbamazepin (7 Anhang INT).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Bewertung Antidepressivum mit schwacher 5-HT-Wiederaufnahmehemmung und antagonistischer Wirkung an 5-HT2A-, α1-adrenergen und (schwach) Histamin H1-Rezeptoren. Gute schlafinduzierende Wirkung (auch günstig in Bezug auf RLS/PLMD), keine Gewichtszunahme, keine sexuellen Funktionsstörungen. Gegenüber TZA geringere akute Toxizität bei Überdosierung, allerdings im Vergleich zu neueren Antidepressiva erhöhtes NWund Interaktionsrisiko. Häufig eingesetzt in niedrigeren Dosierungen zur Behandlung von Schlafstörungen; in der für eine antidepressive Wirksamkeit notwendigen Dosis oftmals ausgeprägte Sedierung. Wegen vorhandener risikoärmerer Alternativen ist Trazodon als Antidepressivum in der Regel nicht zu empfehlen, da die Vorteile die Nachteile nicht ausgleichen.
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Trimipramin
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Trizyklisches Antidepressivum (RS)-5-(3-Dimethylamino-2-methylpropyl)-10,11-dihydro-5H-dibenz[b,f] azepin
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Herphonal (Temmler Pharma) Tbl. 25/ 100 mg Lsg. 40 mg/ml Stangyl (Sanofi-Aventis) Tbl. 25/ 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Stangyl Tabs) Lsg. 40 mg/ml (30/ 90 ml) Trimineurin (HEXAL) Tbl. 25/ 50/ 100 mg Lsg. 40 mg/ml Trimipramin 1A Pharma (1A-Pharma) Tbl. 25/ 50/ 100 mg Trimipramin AL (Aliud Pharma) Tbl. 25/ 100 mg Lsg. 40 mg/ml Trimipramin beta (betapharm) Tbl. 25/ 100 mg
Trimipramin-biomo (biomo) Tbl. 25/ 100 mg Lsg. 40 mg/ml Trimipramin CT (CT Arzneimittel) Tbl. 25/ 100 mg Trimipramin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 25/ 100 mg Trimipramin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 25/ 50/ 75/ 100 mg Lsg. 40 mg/ml Trimipramin Sandoz (Sandoz) Tbl. 25/ 50/ 100 mg Trimipramin STADA (STADApharm) Tbl. 100 mg Trimipramin TAD (TAD Pharma) Tbl. 100 mg
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Pharmakodynamik 5 Stark sedierende Wirkung aufgrund der Histaminrezeptorblockade. 5 DA-antagonistischer Effekt. 5 Keine wesentliche Beeinflussung der NA- oder 5-HT-Wiederaufnahme. Pharmakokinetik 5 Bioverfügbarkeit 40 %; t½ = 23–24 h; Tmax = ca. 2–3 h.
1.13 · Präparate
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5 Metabolisierung durch CYP2C19, CYP2D6 und CYP2C9 zu N-Desmethyltrimipramin und Hydroxmetaboliten. 5 Plasmakonzentration: 150–350 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) mit den Leitsymptomen Schlafstörungen, Angst und innere Unruhez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → primärer Schlafstörung, → chronischen Schmerzzuständen. 5 Aufgrund der antihistaminergen Wirkung mögliche Vorteile bei Pruritus und Urtikaria bei depressiven Syndromen im Rahmen dermatologischer Erkrankungen. 5 Im Gegensatz zu den meisten Antidepressiva keine REM-/Tiefschlafsuppression; sonst ähnliches Wirkungsspektrum wie Amitriptylin. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Dosierung 5 Depressive Störungen: Einschleichender Beginn mit 25–50 mg/d, anschließend langsame Dosissteigerung. Bei mittelgradigen depressiven Zuständen 100–150 mg/d; bei schweren depressiven Episoden 300‒400 mg/d (wegen starker Sedierung Hauptdosis spätabends), Tageshöchstdosis 400 mg/dz. 5 Chronische Schmerzzustände: Beginn mit 50 mg/d, danach durch langsame Dosissteigerung Erhöhung auf eine mittlere Tagesdosis bis zu 150 mg/d. 5 Schlafstörungen ohne begleitende depressive Symptomatik: Versuch mit 25–50 mg. 5 Bei älteren Patienten niedrigere Dosis. Nebenwirkungen Sehr häufig: Müdigkeit (stärkere Sedierung als bei Amitriptylin), Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Tremor, Tachykardie, orthostatische Dysregulation, Obstipation, Übelkeit, Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, Schwitzen, Akkommodationsstörungen, meist passagerer Anstieg der Leberenzymaktivität. Häufig: Innere Unruhe, Schlafstörungen, Hautausschläge, Durstgefühl, Miktionsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. Gelegentlich: Verwirrtheit, Blutbildveränderungen, Leberfunktionsstörungen, Hypoglykämie, SIADH (7 1.6.11), Ileus, Synkopen, Tinnitus, Parästhesien, Haarausfall, Harnverhalt, Galaktorrhö. Sonstige Nebenwirkungen: Sehr selten Agranulozytose, Krampfanfälle, Glaukomanfälle. In Einzelfällen Herzrhythmus- und Reizleitungsstörungen, Verstärkung einer bestehenden Herzinsuffizienz, Verlängerung des QTcIntervalls, Torsades de pointes, cholestatische Hepatitis.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Prostatahyperplasie mit Restharnbildung, Engwinkelglaukom, akute Delirien; Pylorusstenose; Ileus. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Anfallsbereitschaft; Prostatahyperplasie ohne Restharnbildung; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen, KHK); Hypokaliämie; Bradykardie; angeborenes Long-QT-Syndrom; Blutbildungsstörungen. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (unter stationären Bedingungen möglich, 7 1.12), Antiepileptika, Cimetidin, Clonidin, Methylphenidat oder Tramadol, anticholinergen Substanzen, z. B. Benztropin, Biperiden, Diphenhydramin, Metixen oder Trihexiphenyl und mit anderen die QTc-Zeit verlängernden Präparaten. 5 Kombinationen unter Plasmaspiegelkontrolle mit Inhibitoren von CYP2C19 oder CYP2D6, z. B. Fluoxetin, Fluvoxamin, Moclobemid, Paroxetin oder Bupropion (7 Anhang INT). Bewertung TZA mit stark sedierenden Eigenschaften bei fehlender REM- /Tiefschlafsuppression; auch bei chronischen Schlafstörungen einsetzbar. Sehr häufig orthostatische Dysregulation, Gewichtszunahme und meist passageres Ansteigen der Leberenzymaktivität. Verträglichkeit und therapeutische Breite geringer als bei den neueren Antidepressiva.
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Venlafaxin
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Selektiver Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (SNRI) (±)-1-{α-[(Dimethylamino)methyl]-4-methoxybenzyl}cyclohexanol
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Trevilor retard (Wyeth) Kps. 37,5 (7, 50 Kps)/ 75/ 150 mg (14, 50, 100 Kps.) Venlafaxin-1A Pharma (1A Pharma) Tbl. 37,5/ 75 mg Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin AbZ (AbZ-Pharma) Tbl. 37,5/ 75/ 150/ 225 mg (retardiert) Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin AL (Aliud Pharma) Tbl. 37,5 mg Tbl. 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin betapharm (betapharm) Tbl. 37,5 mg Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin biomo (biomo) Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert)
Venlafaxin-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 37,5/ 75/ 150/ 225 mg (retardiert) Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin Hennig (Hennig) Tbl. 37,5 mg Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin HEXAL (HEXAL) Tbl. 37,5/ 75 mg Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin Hormosan (Hormosan) Tbl. 37,5 mg Kps. 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 37,5/ 50/ 75 mg Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert)
1.13 · Präparate
Venlafaxin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 37,5/ 75/ 150/ 225 mg (retardiert) Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin STADA (STADApharm) Tbl. 37,5 mg Tbl. 75/ 150 mg (retardiert) Venlafaxin TAD (TAD Pharma) Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert)
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1
Venlafaxin Winthrop (Winthrop) Tbl. 37,5 mg Tbl. 75/ 150/ 225 mg (retardiert) Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlagamma retard (Wörwag) Kps. 37,5/ 75/ 150 mg (retardiert) Venlasan (mibe) Tbl. 37,5 mg Kps. 75/ 150 mg (retardiert)
Pharmakodynamik 5 NA- und 5-HT-, außerdem schwache DA-Wiederaufnahmehemmung. 5 In niedrigen Dosisbereichen bis 75 mg präferenziell 5-HT-, in höheren Dosisbereichen zusätzlich NA-Wiederaufnahmehemmung. 5 Keine Affinität zu Acetylcholin-, Histamin- oder α1-adrenergen Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption, ausgeprägter First-pass-Metabolismus. 5 t½ = 5 h (O-Desmethylvenlafaxin 11 h); Tmax = 2–4 h. Retardpräparation: t½ = 14–18 h; Tmax = 8–9 h. 5 Bildung des aktiven Metaboliten O-Desmethylvenlafaxin mit ähnlichem pharmakodynamischem Profil wie Muttersubstanz durch CYP2D6 und des inaktiven Metaboliten N-Desmethylvenlafaxin durch CYP3A4, CYP2C19 und CYP2C9. 5 Plasmakonzentration (Summe Venlafaxin plus O-Desmethylvenlafaxin): 200–400 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depressionz mit Rezidivprophylaxe von Episoden einer Major Depressionz. 5 Generalisierte Angststörungz. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobiez. 5 Soziale Phobiez. 5 Hinweise zur Wirksamkeit bei → PTBS, → chronischen Schmerzsyndromen, → neuropathischen Schmerzen, → der Prophylaxe der Migräne (unter den Antidepressiva zurzeit beste Studienlage), → klimakterischen Beschwerden, → prämenstruell-dysphorischem Syndrom. 5 Erste Hinweise zur Wirksamkeit bei → Zwangsstörung, → Fibromyalgiesyndrom. 5 Der aktive Metabolit O-Desmethylvenlafaxin ist in USA zur Behandlung der Major Depression und von klimakterischen Beschwerden (Hitzewallungen) zugelassen. 5 Routineuntersuchungen 7 1.9. Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, Box 4. Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15.
130
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Dosierung 5 Depression: Empfohlene Anfangsdosis: 75 mg, bei Bedarf auf 150 mg/d erhöhen. Stationär auch Beginn mit 150 mg/d und rasche Dosissteigerung bis maximal 375 mg/dz möglich. Bei mittelschwerer Depression waren auch 75 mg/d wirksam. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobie: Einschleichend über 4‒7 Tage mit 37,5 mg/d beginnen (Retardpräparation); empfohlene Tagesdosis 75 mg/d (Retardpräparationz); ggf. Dosissteigerung auf 225 mg/dz. 5 Soziale Phobie und GAS: Beginn mit 75 mg/d (Retardpräparationz); ggf. Dosiserhöhung bis auf 225 mg/dz. 5 Bei klimakterischen Beschwerden: 37,5 mg/d, dann 75 mg/d. 5 Bei Schmerzsyndromen: 75‒150 mg/d. 5 Retardpräparation als Einmalgabe; die unretardierte Form auf 2–3 Tagesdosen verteilen. 5 Bei älteren Patienten langsame Dosiserhöhung, sonst keine Dosisanpassung erforderlich, vorzugsweise Gabe der Retardpräparation. 5 Bei schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen Dosisanpassung. 5 Eine Dosiserhöhung kann Therapieerfolg zeigen, wenn niedrigere, aber ausreichend hohe Dosierungen nicht erfolgreich waren. Nebenwirkungen Sehr häufig: Kopfschmerzen, Mundtrockenheit, Übelkeit, Schwitzen (einschließlich Nachtschweiß). Häufig: Asthenie, Nervosität, Zittern, Schwindel, Zwangsgähnen, Schlaflosigkeit, ungewöhnliche Träume, verminderter Appetit, Erbrechen, Obstipation, Gewichtsabnahme, erhöhte Muskelspannung, Parästhesien, Blutdruckanstieg, Vasodilatation, Palpitationen, Akkommodationsstörungen, Mydriasis, Sehstörungen, erhöhte Cholesterine, Miktionsstörungen, Pollakisurie, Libidoabnahme, (Ejakulations- und Orgasmusstörungen, Anorgasmie, erektile Dysfunktion), Menorrhagie, Metrorrhagie. Gelegentlich: Apathie, Agitiertheit, Bruxismus, Diarrhö, Gewichtszunahme, Geschmacksveränderungen, orthostatische Hypotonie, Synkopen, Tachykardie, Myoklonien, Tinnitus, Hautausschlag, Lichtüberempfindlichkeitsreaktion, Ekchymose, gastrointestinale Blutungen, Harnverhalt, Orgasmusstörungen (bei der Frau). Sonstige Nebenwirkungen: In Einzelfällen SIADH (7 1.6.11), dann v. a. bei älteren Patienten; Blutbildveränderungen, Leberwertveränderungen, QTcVerlängerung, Herzrhythmusstörungen, Prolaktinerhöhungen (7 1.6.8). Venlafaxin induziert nach einer Studie häufiger Manien als Sertralin oder Bupropion. Es gibt Hinweise, dass bei Intoxikation in suizidaler Absicht eine erhöhte Letalität im Vergleich zu SSRI (aber geringer als unter TZA) besteht; dabei ist zu berücksichtigen, dass Patienten unter Venlafaxin oft schon zu Behandlungsbeginn ein höheres Risikoprofil aufweisen. Alteration der Thrombozytenfunktion mit selten verlängerter Blutungszeit
1.10 · Dosierung
63
1
Wirkungs- und NW-Profil von Antidepressiva bei der depressiven Episode). Es gibt Hinweise, dass auch das AAP Quetiapin zu einem schnellen Wirkungseintritt führt. 5 Je nach dem pharmakologischen Wirkprofil des Antidepressivums können einzelne Symptomkomplexe des depressiven Syndroms unterschiedlich schnell auf die Therapie ansprechen. Unter Mirtazapin besserten sich Schlafstörungen, Agitation und somatische Beschwerden im Behandlungsverlauf schneller als unter SSRI. 5 Wird in den ersten 2 Wochen der Behandlung einer depressiven Störung keine graduelle, mindestens 20 %ige Besserung der depressiven Symptomatik beobachtet, sollte die Therapiestrategie überdacht und ggf. geändert werden (z. B. Dosiserhöhung, Augmentation, Präparatewechsel, Wechsel der Therapiestrategie, 7 1.12). In der Behandlung der GAS und SAD sollte bei Ausbleiben einer graduellen Besserung nach 4 Behandlungswochen eine Anpassung der Therapiestrategie erwogen werden. Prospektive, kontrollierte Studien zum Behandlungsergebnis unter Beibehaltung im Vergleich zu einem Wechsel der Therapiestrategie bei Patienten ohne graduelle Besserung der Symptomatik innerhalb der ersten Behandlungswochen liegen allerdings noch nicht vor. 1.10.4 Antidepressiva im höheren Lebensalter 5 Antidepressiva sind auch bei älteren depressiven Patienten gut wirksam; die Wirkungslatenz ist allerdings verzögert; es sollen in der Regel zu Beginn niedrigere Dosen gewählt werden. Bupropion, Duloxetin, Mirtazapin und Venlafaxin werden auch in den empfohlenen Zieldosen gut vertragen (weitere Risikoeinschätzung 7 Kap. 14 und . Tab.14.2). 5 SSRI sind gerade im höheren Lebensalter besser verträglich als TZA (höhere Empfindlichkeit für die anticholinerge Komponente; arrhythmogene Wirkung). TZA und MAOH sollten im höheren Alter gemieden werden. Wird dennoch ein TZA gewählt, sind sekundäre Amine (Nortriptylin) zu bevorzugen (weniger anticholinerge und α1-antagonistische Wirkungen). Anticholinergika beeinflussen die Kognition negativ. Es sind niedrige Anfangsdosen und langsame Dosissteigerungen zu empfehlen; bei ausgeprägten NW sind die Plasmakonzentrationen zu bestimmen. 5 Es sollten SSRI mit geringem Wechselwirkungsrisiko wie Sertralin, Citalopram oder Escitalopram vorgezogen werden. 5 Bei Gabe v. a. von SSRI, aber auch bei SNRI und Mirtazapin ist eine mögliche Hyponatriämie insbesondere in den ersten Behandlungswochen durch Elektrolytkontrollen auszuschließen (7 1.6.11, 7 1.9, . Tab. 1.5). Risikoeinschätzung der einzelnen Antidepressiva im Alter . Tab.14.2
1.13 · Präparate
131
1
und/oder Anzeichen einer Blutung unter Antidepressiva mit (selektiver) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme 7 1.6.4. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen; erhöhte Anfallsbereitschaft; unbehandelte oder schlecht eingestellte arterielle Hypertonie, Patienten mit kardialen Risikofaktoren (insbesondere kardiale Insuffizienz, schwere Herzrhythmusstörungen). Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH (nach Venlafaxin Abstand von einer Woche zur Verordnung eines MAOH einhalten; nach Absetzen von Tranylcypromin Karenzzeit von 2 Wochen, bevor mit Venlafaxin begonnen wird; nach Absetzen von Moclobemid ist ein Wechsel auf Venlafaxin am übernächsten Tag möglich), tryptophanhaltigen Arzneimitteln, Tramadol oder anderen Serotonin stimulierende Präparaten wegen der Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms. 5 Wenn NSAID, Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulanzien verordnet werden müssen, sollten Antidepressiva mit fehlender relevanter Affinität zum Serotonintransporter vorgezogen werden. 5 Vorsicht bei der Kombination mit Fluoxetin oder Melperon oder anderen CYP2D6-Inhibitoren (7 Anhang INT). 5 Anstieg der Wirkspiegel bei Kombination mit Ketoconazol oder anderen CYP3A4-Inhibitoren (7 Anhang INT). Bewertung Nichtsedierendes Antidepressivum (SNRI) mit breitem Indikationsspektrum. Keine Gewichtszunahme, insgesamt gute Verträglichkeit. Zusammen mit Mirtazapin, Sertralin und Escitalopram möglicherweise Wirksamkeitsvorteile gegenüber anderen Antidepressiva; möglicherweise geringfügig früherer Wirkungseintritt. In einigen Fällen wirksam bei Versagen von SSRI, möglicherweise Vorteile bei schweren depressiven Episoden. Letalität bei Überdosierungen höher als unter SSRI. Dosisabhängig Blutdruckanstieg möglich. Retardpräparation sollte wegen besserer Verträglichkeit bevorzugt werden.
133
2
Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen 2.1
Übersicht
Die Komplexität der Behandlung bipolarer affektiver Störungen ergibt sich daraus, dass im Krankheitsverlauf fünf verschiedene Symptomkonstellationen auftreten können (Depression, Hypomanie, Manie, gemischte Episode, Rapid Cycling), was oft zu einer polypharmazeutischen Therapie führt. Mehr als bei jeder anderen psychischen Störung muss schon bei der Behandlung der einzelnen Episode der langfristige Verlauf und dessen besondere polare Natur berücksichtigt werden. Folgende Syndrome sind voneinander abzugrenzen: 5 Die Manie (Synonym: manische Episode) ist durch situationsinadäquat gehobene Stimmung, Erregung, Hyperaktivität, Rededrang und Größenideen gekennzeichnet. Bei schweren Ausprägungsformen können Wahn und Halluzinationen hinzutreten (Manie mit psychotischen Symptomen). Eine einzelne manische Episode erlaubt noch nicht die Diagnose einer bipolaren affektiven Störung (s. unten). 5 Die Hypomanie stellt eine leichtere Ausprägungsform der Manie dar. Wahn und Halluzinationen werden nicht beobachtet. 5 Eine bipolare affektive Störung ist durch mindestens zwei affektive Episoden mit mindestens einer Hypomanie oder Manie charakterisiert (ICD-10). DSM-IV grenzt von der bipolaren Störung Typ I, bei der mindestens eine manische Episode diagnostiziert worden sein muss, die bipolare Störung vom Typ II ab, bei der neben depressiven nur hypomanische Episoden vorkommen dürfen. 5 Die bipolare Depression ist phänomenologisch nicht von der unipolaren Depression zu unterscheiden. Allerdings sprechen das gehäufte Auftreten von atypischer Symptomatik mit Hypersomnie und Gewichtszunahme, ein früher Beginn und Therapieresistenz eher für einen bipolaren Verlauf. 5 Treten zur depressiven Symptomatik Wahn oder Halluzinationen hinzu, liegt eine Depression mit psychotischen Merkmalen vor. 5 Werden depressive und manische Symptome gleichzeitig bzw. in raschem Wechsel beobachtet, wird von einer gemischten Episode gesprochen. 5 Rapid Cycling ist durch mindestens vier Episoden in einem Zeitraum von 12 Monaten gekennzeichnet.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Bei der Therapie bipolarer affektiver Störungen sind Substanzklassen, die bei dem heutigen Kenntnisstand für alle Phasen der Störung gleichermaßen geeignet erscheinen (»Stimmungsstabilisierer«), von solchen zu unterscheiden, die sich nur für spezifische Syndrome eignen. Während Stimmungsstabilisierer die Basis jeder Therapie und Prophylaxe bipolarer affektiver Störungen darstellen, sind die meisten Antipsychotika, Antidepressiva oder Benzodiazepine (BZD) primär als Adjuvanzien zu betrachten. Allerdings konnte nun gezeigt werden, dass auch einige atypische Antipsychotika (AAP) eine rezidivprophylaktische Wirkung haben. Dadurch wird die Abgrenzung der beiden Gruppen unscharf. 2.1.1
Zugelassene Arzneimittel bei bipolaren affektiven Störungen
Stimmungsstabilisierer und AAP stellen die Grundlage der Therapie dar. Sie sollen über die gesamte Dauer der Pharmakotherapie der bipolaren affektiven Störung verabreicht werden, unabhängig von der akut bestehenden Phänomenologie. 5 Lithium: Klassische Referenzsubstanz zur Behandlung bipolar affektiver Erkrankungen. Lithium war der erste entdeckte Stimmungsstabilisierer. Lithium ist wahrscheinlich weniger wirksam bei Vorliegen zahlreicher Vorphasen, bei gemischten Episoden und bei Rapid Cycling. Lithium hat sowohl eine stimmungsstabilisierende Wirksamkeit als auch einen suizidprophylaktischen Effekt. 5 Antikonvulsiva: Valproinsäure (und Carbamazepin) sind Substanzen mit guter antimanischer Wirksamkeit, beide sind auch rezidivprophylaktisch wirksam. Lamotrigin wirkt rezidivprophylaktisch bei der bipolaren Depression und auch bei Rapid Cycling. Die Datenlage zur rezidivprophylaktischen Wirkung auf manische Episoden ist allerdings unzureichend. 5 AAP: Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon haben antimanische Wirksamkeit und sind zur Behandlung mäßiger bis schwerer manischer Episoden zugelassen. Ziprasidon ist bei bipolaren Störungen nur zur Behandlung von manischen oder gemischten Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad zugelassen. Für die Rezidivprophylaxe der manischen Episode haben Aripiprazol, Olanzapin und Quetiapin eine Zulassung. Für die Rezidivprophylaxe der depressiven Episode hat nur Quetiapin eine Zulassung. Die Zulassungen bei der Rezidivprophylaxe gelten nur dann, wenn die manische oder depressive Episode auf das jeweilige AAP angesprochen hat (. Tab. 2.1). Olanzapin und Quetiapin sind nach der gegenwärtigen Datenlage auch bei gemischten Episoden und beim Rapid Cycling wirksam. AAP sind wegen der besseren Verträglichkeit den konventionellen Antipsychotika (KAP) vorzuziehen, allerdings sind die metabolischen Risiken bei den meisten AAP (bis auf Aripiprazol und Ziprasidon) hoch.
135
2.1 · Übersicht
2
. Tab. 2.1 Zulassungsstatus bei bipolaren Störungen Wirkstoff
Akutbehandlung
Rezidivprophylaxe (Prävention)
Stimmungsstabilisierer Carbamazepin
Nein
Ja, nur bei Versagen von Lithium oder bei KI gegen Lithium
Lamotrigin
Nein
Ja, nur überwiegend depressive Episoden
Lithium
Ja
Ja
Valproinsäure – retardierte Form
Ja, nur wenige Generika
Ja, nur wenige Generika
Atypische Antipsychotika (AAP)
a
Jaa, nur überwiegend manische Episoden
Aripiprazol
Ja, mäßige bis schwere manische Episoden
Asenapin
Zulassung beantragt
Olanzapin
Ja, mäßige bis schwere manische Episoden
Jaa, nur manische Episoden
Quetiapin
Ja, mäßige bis schwere manische Episoden und schwere depressive Episoden (bipolare Depression)
Jaa, manische und depressive Episoden
Risperidon
Ja, mäßige bis schwere manische Episoden
Nein
Ziprasidon
Ja, leichte bis mäßig schwere manische und gemischte Episoden
Nein
Nur wenn das AAP in der Akutbehandlung wirksam war (die rezidivprophylaktische Wirksamkeit wurde nur bei Patienten untersucht, die in der Indexepisode auf die Substanz angesprochen haben). KI Kontraindikationen.
5 KAP haben eine gute antimanische Wirksamkeit. Unter KAP kommt es häufiger als unter Plazebo zur Entwicklung depressiver Syndrome; deshalb sollten sie bei bipolaren affektiven Störungen nur dann gegeben werden, wenn für AAP eine Kontraindikation besteht. 5 Antidepressiva sind in der Regel Mittel der 1. Wahl bei der Rezidivprophylaxe unipolarer Depressionen (7 1.11.3). Antidepressiva können bei bipolaren Störungen Manien induzieren. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand können sie auch das Risiko für die Entwicklung eines Rapid Cycling erhöhen. Daher muss die Indikation für die Anwendung eines Antidepressivums bei bipolarer Depression eng gestellt werden.
136
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Dies gilt insbesondere für trizyklische Antidepressiva (TZA). Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) und Bupropion haben, auch im Vergleich zu Venlafaxin, ein geringeres Risiko, eine Manie oder Hypomanie (wahrscheinlich auch Rapid Cycling) zu induzieren. Antidepressiva sollten bei bipolarer Depression nur unter dem Schutz eines Stimmungsstabilisierers verordnet werden. Eine Alternative ist die Verordnung von Quetiapin, das bei Monotherapie antidepressive Wirkungen zeigt. 5 BZD: Geeignet als Adjuvans in der Therapie manischer und depressiver Syndrome. 2.2
Wirkmechanismen
Lithium und Antikonvulsiva entfalten die unterschiedlichsten zentralnervösen (und peripheren) Wirkungen. Es ist unbekannt, welche der folgenden Effekte ihre Wirksamkeit bei bipolaren affektiven Störungen ausmachen. 5 Wirkungen auf Signaltransduktionssysteme: Einer der wesentlichen Wirkmechanismen von Lithium bei affektiven Störungen scheint dessen Wirkungen auf Second-messenger-Systeme mit dem zentralen Angriffspunkt des Inositolphosphatstoffwechselwegs zu sein. Die Phospholipase C katalysiert nach Aktivierung durch Neurotransmitter die Bildung der intrazellulären second messengers Inositoltriphosphat und Diacylglycerol. Während Diacylglycerol die Proteinkinase C (PKC) aktiviert, reguliert Inositoltriphosphat wesentlich die intrazelluläre Kalziumfreisetzung aus dem endoplasmatischen Retikulum. Kalzium wiederum reguliert neben einer Vielzahl von Zellfunktionen Synthese und Freisetzung von Monoamin-Neurotransmittern. Bei bipolaren affektiven Störungen wurden die intrazellulären Kalziumkonzentrationen erhöht gefunden. Lithium hemmt die Inositolmonophosphatase, wodurch es zu einer Verarmung an freiem Inositol kommt. Inositol steht nun nicht mehr in ausreichenden Konzentrationen zur Bildung von Phosphatidylinositol zur Verfügung, aus dem wiederum Phosphatidylinositoldiphosphat (PIP2) nicht mehr in genügender Menge entsteht. PIP2 jedoch ist das Substrat der Phospholipase C, die damit nicht mehr über ausreichend Substrat verfügt. Neueren Untersuchungen zufolge stellt die intrazelluläre Depletion von Inositol einen gemeinsamen Wirkmechanismus nicht nur von Lithium, sondern auch von Carbamazepin und Valproinsäure dar. Andere durch Lithium beeinflusste Second-messenger- und Transduktionssysteme sind die Adenylylzyklase, G-Proteine (für die eine Hyperaktivität bei bipolaren Störungen postuliert wurde) und die PKC. Eine Hemmung der PKC ist sowohl für Lithium als auch für Valproinsäure beschrieben. Als relevanter Mechanismus wird für Lithium, Carbamazepin, Lamotrigin und Val-
2.2 · Wirkmechanismen
137
2
proinsäure auch eine Hemmung des Arachidonsäure-Umsatzes diskutiert. Für Tamoxifen, einem relativ selektiven Inhibitor der PKC, konnte in einer ranadomisierten klinischen Studie (RCT) eine antimanische Wirksamkeit gezeigt werden. 5 Lithiuminduzierte Neurogenese: Möglicherweise fördert Lithium aktiv die Neurogenese, unter Lithium-Therapie zeigt sich MR-tomographisch ein Anstieg von N-Acetylaspartat (NAA) als Marker neuronaler Intaktheit. 5 Neuroprotektive Wirkungen: Die Synthese des antiapoptotischen Proteins Bcl-2 (B cell lymphoma protein 2), eines Zelluntergänge verhindernden Eiweißes, kann sowohl durch Lithium als auch durch Valproinsäure direkt oder über den ERK-MAP-Kinase-Signalweg hochreguliert werden. 5 Wirkungen auf neuronale Ionenkanäle: Die meisten Antikonvulsiva (Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin) führen zu einer Inaktivierung spannungsabhängiger Natriumkanäle und damit zu einer Reduktion des Natriumeinstroms sowie wahrscheinlich auch zu einer Erhöhung der Kaliumleitfähigkeit; dies hat eine Reduktion neuronaler Entladungsfrequenzen zur Folge. In Analogie zur Kindling-Hypothese epileptischer Erkrankungen, nach der ein epileptischer Anfall weitere Anfälle begünstigen kann (kindling), vermutet man, dass Antikonvulsiva auch bei bipolaren affektiven Störungen, bei denen es bei fehlender Behandlung zu einer Zunahme von Frequenz und Schwere der Krankheitsepisoden kommen kann, ihre Wirkung über eine Verminderung der zentralen Erregbarkeit entfalten. 5 Wirkungen auf inhibitorische und exzitatorische Transmittersysteme: Viele Antikonvulsiva und Lithium verstärken auf unterschiedlichste Weise die (inhibitorische) GABAerge Neurotransmission. Valproinsäure hemmt den GABA-Katabolismus, erhöht die GABA-Freisetzung und vermindert den GABA-Turnover. Die Antikonvulsiva sollen auf der anderen Seite die Freisetzung des (exzitatorischen) Glutamats hemmen. 5 Wirkungen auf die serotonerge Neurotransmission: Lithium verstärkt die serotonerge Neurotransmission auf den verschiedensten Ebenen. Es verstärkt die Synthese durch eine Erhöhung der Tryptophanaufnahme in serotonerge Neurone, führt zu einer verstärkten Serotoninfreisetzung und vermindert dessen Katabolismus. Die Wirkungen auf die Dichte von 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren sind hirnregional unterschiedlich, in den meisten Studien wird jedoch eine Abnahme der Dichte dieser Rezeptoren gezeigt. Auch Olanzapin und Quetiapin führen zu einer verminderten Verfügbarkeit von 5-HT2A-Rezeptoren. 5 Wirkungen auf die Genexpression: Lithium ist ein potenter Induktor der fos-Expression. Außerdem beeinflusst Lithium die Expression von ver-
138
1 2 3 4 5 6
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
schiedenen G-Proteinen und Adenylylzyklasen sowie Peptidhormonen und ihren Rezeptoren. 5 Beeinflussung zirkadianer Rhythmen: Lithium bremst zirkadiane Oszillatoren in einer Vielzahl von Spezies. Chronische Behandlung verlängert zahlreiche zirkadiane Rhythmen unter frei laufenden Bedingungen. Da bei ‒ insbesondere bipolaren ‒ affektiven Störungen eine Phasenverschiebung (phase advance) biologischer Rhythmen vermutet wird, soll Lithium seine Wirkung z. T. über diese Phasenverlängerung endogener Rhythmen entfalten. 5 Ein genetischer Polymorphismus in der Promotorregion des Gens für die Glykogen-Synthase-Kinase-3-β (GSK3-β) scheint das Ansprechen auf eine Lithium-Augmentation ebenso zu beeinflussen wie dessen rezidivprophylaktische Wirkung. Lithium und Valproinsäure, nicht aber Carbamazepin haben inhibitorische Effekte auf die GSK3-β, deren Überexpression zu einer vermehrten Apoptose führt.
7 2.3
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Allgemeine Therapieprinzipien
5 Ähnlich wie bei der Therapie unipolarer Depressionen sollte auch die Pharmakotherapie bipolarer affektiver Störungen in einen Gesamtbehandlungsplan eingebettet sein (7 1.5). Entsprechend der Behandlungsphase ist folgende Gewichtung der Therapieschwerpunkte sinnvoll: − In der Akutphase wird ‒ v. a. bei manischen Syndromen mit geringer oder fehlender Krankheitseinsicht ‒ die Pharmakotherapie im Vordergrund stehen. − Keine Störung der Schlaf-Wach-Regulation; möglichst keine Überschreitung der Zeitzonen. − Im weiteren Behandlungsverlauf ‒ Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe ‒ nehmen psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen an Bedeutung zu (7 2.5). − Das Therapieziel ist die vollständige Remission. Verbleibende Residualsymptome sind ein Zeichen für ein erhöhtes Rezidivrisiko. 5 Bei bipolaren affektiven Störungen ist die möglichst frühzeitige Vermittlung eines Krankheitskonzepts von großer Bedeutung. Dabei erscheinen die folgenden Aspekte wichtig: − Dem Patienten sollte vermittelt werden, dass er an einer Störung leidet, bei der die Behandlung der aktuellen Episode ganz wesentlich den weiteren Krankheitsverlauf bestimmen kann. − Er muss darauf hingewiesen werden, dass die Behandlung mit einem TZA das Risiko in sich birgt, eine Manie oder sogar ein Rapid Cycling zu induzieren; SSRI und Bupropion haben ein geringeres Risiko, eine Manie oder Hypomanie zu induzieren. Der Patient sollte ein Verständnis dafür bekommen, dass es nach heutigem Kenntnisstand langfristig günstiger sein kann, bei leichter Depression auf ein Antidepressivum
2.4 · Indikationen
139
2
zunächst zu verzichten, auch wenn der akute Behandlungsverlauf u. U. verlängert wird. Bei leichter Depression können eine Verhaltenstherapie und die Gabe eines Stimmungsstabilisierers ausreichend sein. − In einer Untersuchung wurde darauf hingewiesen, dass die unterschiedlichen Aussagen bezüglich einer Induktion einer Manie durch Antidepressiva möglicherweise mit dem Studienausschluss von Patienten mit Substanzmissbrauch in Zusammenhang stehen könnten. Bei dieser Gruppe fand sich nämlich eine 5-mal höhere Manieinduktion bei der bipolaren Störung unter Antidepressiva. Dabei war das Risiko für einen switch in eine Manie für TZA höher als für SSRI. Am geringsten war dieses Risiko für Bupropion. − Patienten mit schweren manischen Syndromen sind in vielen Fällen nicht einwilligungsfähig bzw. müssen manchmal auch ohne ihr Einverständnis behandelt werden. In diesen Fällen ist es problematisch, die Behandlung mit Medikamenten, die für diese Indikation nicht zugelassen sind, durchzuführen, v. a. wenn Substanzen gegeben werden sollen, bei denen es nicht selten zu schwerwiegenden Nebenwirkungen (NW) und Komplikationen kommt. Wenn ein Patient mit einem manischen Syndrom mit einem nicht für diese Indikation zugelassenen Medikament behandelt werden soll und er der Behandlung nicht zustimmen will oder kann, so müssen Nutzen und Risiken der Behandlung sehr sorgfältig abgewogen und diese mit (zugelassenen) Behandlungsalternativen verglichen werden. Dabei wird man die Indikation zur Behandlung mit einer Substanz, deren Wirksamkeit zweifelsfrei nachgewiesen wurde, eher stellen als bei einer Substanz, deren Wirksamkeit in dieser Indikation nicht eindeutig belegt ist. Clozapin darf nur nach Zustimmung durch den Patienten (oder nach gerichtlicher Genehmigung) verabreicht werden. − Eine unzureichende Compliance ist häufig Grund für eine Non-Response. 2.4
Indikationen
2.4.1 Manische Episode Die ICD-10 grenzt die manische Episode von der bipolaren affektiven Störung ab, wenn es sich um eine einzelne manische Episode handelt. Tritt im Krankheitsverlauf mindestens eine weitere affektive (depressive, gemischte, hypomanische oder manische) Episode auf, so ist eine bipolare affektive Störung zu diagnostizieren. Auch Patienten, die ausschließlich unter manischen Episoden leiden, werden als bipolar klassifiziert. Die Behandlung der einzelnen manischen Episode und der manischen Episode im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung ist identisch. Auslösung von Medikamenten(Nichtpsychopharmaka)-induzierter Manie 7 13.8.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Lithium 5 Lithiumsalze sind seit Jahrzehnten bewährte (und zugelassene) Substanzen zur Behandlung manischer Syndrome. 5 Lithium-Monotherapie ist wegen der Wirklatenz (bis zu mehreren Wochen) und fehlender Sedierung häufig nur bei leichten bis mittelschweren Manien ohne psychotische Merkmale möglich. 5 Neben verschiedenen KAP und AAP (Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon) ist Lithium für die Behandlung manischer Syndrome zugelassen. 5 Bei schweren manischen Episoden ist die Behandlung mit einem AAP der Monotherapie mit Lithium vorzuziehen. Mehrere neuere Studien belegen, dass eine Kombination von Lithium mit einem AAP der Monotherapie mit Lithium überlegen ist. 5 Die Wirkung von Lithium bei gereizter Manie und bei sehr vielen affektiven Phasen in der Anamnese wird heute infrage gestellt. 5 Bei Manien mit psychotischen Merkmalen sind AAP Mittel der 1. Wahl; es gibt Hinweise, dass eine Kombination von Lithium mit einem Antipsychotikum eine bessere Wirksamkeit aufweist als eine Monotherapie. 5 Wenn eine Therapie von Beginn an mit einem Stimmungsstabilisierer plus einem KAP durchgeführt wird, sollte das Antipsychotikum in der Regel nach Abklingen der Manie ausschleichend abgesetzt werden (s. unten, KAP und AAP im Vergleich); dies gilt nicht für AAP. Atypische Antipsychotika 5 AAP nehmen bei der Behandlung der Manie einen immer größeren Raum ein (. Tab. 2.1, Akutbehandlung). Dazu wurden 2009 die Guidelines der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) zur Behandlung der akuten Manie aktualisiert (. Tab. 2.2). 5 Aripiprazol und Olanzapin sind für mäßige bis schwere manische Episoden und Prävention einer neuen manischen Phase zugelassen, Risperidon bei mäßigen bis schweren manischen Episoden. Ziprasidon ist nur zur Behandlung von manischen Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad bei bipolaren Störungen zugelassen. Besonderheiten bei der Anwendung finden sich für Asenapin, für das die Zulassung zur Behandlung der akuten Manie bei Bipolar-I-Störung beantragt wurde, Clozapin, welches bei bipolaren Störungen nicht zugelassen ist, und Quetiapin, welches in umfangreicher Indikation im Rahmen bipolarer Störungen zugelassen ist. Clozapin 5 Es liegen keine kontrollierten Studien zur Anwendung von Clozapin bei manischen Episoden vor. Mehrere prospektive, offene Studien weisen jedoch darauf hin, dass Clozapin auch bei sonst therapieresistenten Patienten mit manischen Syndromen eine Wirkung haben kann (auch
141
2.4 · Indikationen
2
bei erfolgloser Elektrokrampfbehandlung). Wegen der kontrollierten Anwendung (7 3.13, Box 14) muss die Behandlung mit Clozapin jedoch auf Patienten beschränkt bleiben, bei denen alle anderen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Quetiapin 5 Die Wirksamkeit von Quetiapin bei manischen Syndromen ist sowohl in der Monotherapie als auch in Kombination mit Stimmungsstabilisierern (Lithium, Valproinsäure) belegt; Quetiapin ist in dieser Indikation zugelassen.
. Tab. 2.2 Guidelines der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) zur Behandlung der akuten Manie, Evidenzgrad, Empfehlungsgrad und empfohlene Tagesdosis (nach Grunze, Update 2009 on the Treatment of Acute Mania) AAP/Stimmungsstabilisierer
Evidenzgrad
Empfehlungsgrad
Empfohlene Tagesdosisa
Atypische Antipsychotika (AAP) Aripiprazol
A
1
15–30 mg
Asenapinb
–
–
10–20 mg
Olanzapin
A
2
10–20 mg
Paliperidon
B
3
3–12 mgc
Quetiapin
A
2
400–800 mg
Risperidon
A
1
2–6 mg
Ziprasidon
A
1–2
80–160 mg
Lithium
A
2
600–1200 mgd
Carbamazepin
A
2
600–1200 mge
Valproinsäure
A
1
1200–3000 mgf
Clozapin
C1
4
100–300 mg
Haloperidol
A
2
5–20 mg
Stimmungsstabilisierer
Die Evidenzgrade A–F beziehen sich auf zugrunde liegende klinische Untersuchungen (A: Evidenz aus kontrollierten Studien; B: limitierte Evidenz aus kontrollierten Studien; C: Evidenz aus unkontrollierten Studien [C1], Case Reports [C2] oder Expertenmeinungen [C3]; D: inkonsistente Ergebnisse; E: negative Ergebnisse; F: ohne Evidenz). Die Empfehlungsgrade reichen von 1–5 mit der Abstufung 1: Evidenzgrad A mit gutem Nutzen-Risiko-Verhältnis; 2: Evidenzgrad A mit moderatem Nutzen-Risiko-Verhältnis; 3: Evidenzgrad B; 4: Evidenzgrad C; 5: Evidenzgrad D. a Typische Dosierungsempfehlungen, Variationen im Einzelfall möglich; b Zulassung beantragt; c nur 12 mg Tagesdosis erreicht Evidenzgrad B; d Plasmakonzentration 0,8–1,3 mmol/l; e Plasmakonzentration 6–12 ng/ml; f Loading-Dosis 20–30 mg/kg KG, Plasmakonzentration 50–100 ng/ml.
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5 Auch ist Quetiapin zugelassen zur Akutbehandlung und Rezidivprophylaxe schwerer depressiver Episoden bei bipolarer Störung (7 2.4.2). 5 Der Vorteil von Quetiapin besteht darin, sowohl die Manie als auch die Depression mit dem derselben Substanz zu behandeln und womöglich auf Antidepressiva verzichten zu können (7 2.4.2, Antidepressiva). Konventionelle und atypische Antipsychotika im Vergleich 5 Wenn möglich, sollte auf KAP zur Behandlung manischer Syndrome so weit wie möglich verzichtet werden, weil − Patienten, die in akuten manischen Episoden KAP erhielten, auch 6 Monate später noch signifikant häufiger mit Antipsychotika behandelt wurden, als Patienten, die in der Akutphase keine Antipsychotika erhielten, − das Risiko für die Entwicklung von Spätdyskinesien bei Patienten mit affektiven Störungen wahrscheinlich höher ist als bei Patienten mit schizophrenen Störungen, − antipsychotikainduzierte extrapyramidalmotorische Störungen (EPS) gerade in der Anfangsphase der Behandlung zur Non-Compliance führen, − KAP nicht vor depressiven Syndromen schützen, sondern deren Entstehung in einigen Fällen sogar begünstigen. 5 Wenn KAP gegeben werden, sollten Dosierungen, wie sie in der Therapie schizophrener Störungen üblich sind, gewählt werden. Antipsychotika bei schizoaffektiven Störungen 7 3.4.4 Antikonvulsiva Lamotrigin 5 Die antimanische Wirksamkeit ist nicht ausreichend belegt, entsprechend besteht keine Zulassung für die Akuttherapie. 5 Eine Übersichtsarbeit über 5 plazebokontrollierte Studien zu Lamotrigin in der akuten Behandlung zeigt nach differenzierter Betrachtung unterschiedlicher Schweregrade der bipolaren Depression eine signifikante Überlegenheit für Lamotrigin nur bei schweren depressiven Episoden. 5 Lamotrigin scheint bei gemischten Episoden wirksam zu sein. Carbamazepin 5 Carbamazepin ist in der Indikation Manie nicht zugelassen, hat aber wahrscheinlich eine dem Lithium vergleichbare antimanische Wirksamkeit. Valproinsäure 5 Die retardierte Form von Valproinsäure ist in der Indikation Manie und zur Rezidivprophylaxe der bipolaren Störung zugelassen. Valproinsäure hat wahrscheinlich eine dem Lithium und dem Haloperidol
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vergleichbare antimanische Wirksamkeit, wird aber besser vertragen. Gegenüber Lithium hat die Substanz den Vorteil des bei schneller Aufdosierung rascheren Wirkungseintritts. Valproinsäure soll bei gereizter Manie besser wirksam sein als Lithium. 5 In einer doppelblinden Vergleichsstudie bei Manien zeigte Olanzapin eine vergleichbare Wirksamkeit wie Valproinsäure; Valproinsäure war jedoch besser verträglich. In einer anderen doppelblinden Vergleichsstudie bei Manien war Olanzapin Valproinsäure überlegen. 5 Mehreren Studien zufolge hat eine Kombination von Valproinsäure mit einem AAP eine bessere antimanische Wirksamkeit als Valproinsäure allein. 5 Bei i.v.-Verabreichung (1200–1800 mg/d) soll Valproinsäure einen besonders schnellen Wirkeintritt (1‒3 Tage) bei sehr guter Verträglichkeit haben. Allerdings ist bisher lediglich die orale Gabe von retardierter Valproinsäure für die Behandlung der Manie zugelassen. Andere Antikonvulsiva Für Gabapentin, Levetiracetam, Oxcarbazepin (das 10-Keto-Analogon von Carbamazepin), Tiagabin, Topiramat und Zonisamid liegen zwar in unterschiedlichem Umfang positive Einzelberichte, Fallserien und kleine Studien zur Wirksamkeit bei manischen Episoden vor, für keine der Substanzen ist die Wirksamkeit jedoch belegt. Auch fehlt für alle genannten Substanzen die Zulassung in dieser Indikation. Benzodiazepine 5 BZD eignen sich in der Regel nicht zur Monotherapie der manischen Episode. 5 Die am besten untersuchte Substanz ist Lorazepam. Die Dosierungen sind teilweise sehr hoch (bis 15 mg/d Clonazepam bzw. Lorazepam im Einzelfall > 20 mg/d). Im Rahmen des STEP-BD (Systematic Treatment Enhancement Program for Bipolar Disorder) zeigte sich eine höhere Rezidivrate bei Patienten, die im Rahmen einer Bipolar-I- oder Bipolar-II-Störung mit BZD behandelt wurden. 5 Risiko der Kombination Olanzapin i.m. und einem parenteralen BZD 7 13.2. Andere Therapieverfahren zur Behandlung manischer Syndrome 5 Offene Studien dokumentieren die mögliche Wirksamkeit von Schilddrüsenhormonen (Thyroxin, T4, z. B. Euthyrox®) (7 1.12.4) bei lithiumresistenten Patienten. 5 Bei therapieresistenten manischen Syndromen kann auch eine Elektrokrampfbehandlung (EKB) erwogen werden.
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Eine klassische (euphorische) Manie kann mit Lithium, Valproinsäure (zugelassen sind nur Retardpräparate) oder AAP behandelt werden. Vorteile der AAP sind die im Vergleich zu Lithium bessere Handhabbarkeit, der schnellere Wirkungseintritt und die i. Allg. bessere Verträglichkeit. Zulassungsstatus . Tab. 2.1. Bei gereizten Manien sollte AAP der Vorzug gegeben werden. Alternativ kann auch retardierte Valproinsäure erwogen werden. Bei schweren manischen Syndromen, insbesondere mit psychotischen Symptomen, muss oft auf eine Kombinationstherapie zurückgegriffen werden. Am besten evaluiert sind Kombinationen von Valproinsäure mit einem AAP oder Lithium zusammen mit einem AAP. Mehrere Studien belegen, dass diese Kombinationen wirksamer sind als Valproinsäure, Lithium oder ein AAP allein. Carbamazepin kann im Einzelfall eine Alternative zu Lithium oder Valproinsäure sein.
2.4.2 Bipolare affektive Störung Eine bipolare affektive Störung ist durch mindestens zwei affektive Episoden, davon mindestens eine manische Episode, charakterisiert. Während eine einzelne manische Episode nach ICD-10 nicht als bipolare affektive Störung klassifiziert wird, gilt dies für rezidivierende manische Episoden auch dann, wenn niemals eine depressive Episode aufgetreten ist. Es spricht vieles dafür, eine antidepressivainduzierte Manie bzw. Hypomanie der bipolaren Störung zuzuordnen, auch wenn dies wissenschaftlich noch nicht geklärt ist. Für die Zuordnung eines depressiven Syndroms ohne frühere Manie/ Hypomanie zur Gruppe der uni-oder bipolaren Störung gibt es immer noch keine eindeutigen Merkmale. Es sprechen einige Untersuchungen dafür, das Syndrom der atypischen Depression, das zunächst noch weiterhin im Rahmen der unipolaren Depression besprochen wird (7 1.4.1), eher als bipolare Störung einzuordnen. Auch psychiatrische Komorbiditäten unterscheiden sich: bipolare Störrungen sind häufiger mit Angststörungen, Zwangsstörungen und einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Substanzabhängigkeit assoziiert. Manische Episode im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung Die Behandlung der manischen Episode im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung folgt den Prinzipien der Behandlung der einzelnen manischen Episode (7 2.4.1). Allerdings ergeben sich durch die Einordnung als bipolare affektive Störung neue Konsequenzen für die Rezidivprophylaxe (s. unten). Bipolare affektive Störungen, bei denen lediglich manische Episoden auftreten (rezidivierende manische Episoden), sind nicht systematisch untersucht.
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Bipolare Depression (bipolare affektive Störung, depressive Episode) Die besondere Stellung der Pharmakotherapie der bipolaren Depression und die Notwendigkeit ihrer Abgrenzung von der Therapie der unipolaren Depression ist wichtig. Antidepressiva bei der bipolaren Depression
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5 Unter Antidepressiva besteht das Risiko behandlungsinduzierter affektiver Umschwünge (treatment emergent affective switch, TEAS). 5 Es ist relativ gut belegt, dass eine antidepressive Pharmakotherapie mit TZA bei Patienten mit einer bipolaren affektiven Störung nicht nur das Risiko erhöht, eine Manie oder Hypomanie zu induzieren, sondern auch zu einer Zunahme der Phasenfrequenz bis hin zum Rapid Cycling führen kann (cycling acceleration). Das Risiko, ein Umkippen in die Manie (switch) zu induzieren, ist bei den neueren Antidepressiva geringer. Es scheint aber substanzspezifisch unterschiedlich zu sein; diesbezüglich waren in verschiedenen Studien Sertralin bzw. Bupropion risikoärmer als Venlafaxin. 5 Wiederum wurde in einer Metaanalyse auf das ungünstige NutzenRisiko-Verhältnis bei einer Langzeittherapie von Antidepressiva bei der bipoaren Störung hingewiesen. Dem diskret geringeren Risiko für das Auftreten einer erneuten depressiven Episode stand ein deutlich gesteigertes Risiko für das Auftreten einer manischen Episode gegenüber. 5 Bei mittelschweren und schweren depressiven Syndromen, insbesondere solchen mit Suizidalität, kann jedoch nicht auf die Gabe eines Antidepressivums verzichtet werden. Dann sollte zunächst auf einen SSRI oder Bupropion zurückgegriffen werden. Ergänzend 7 Box 3. 5 Antidepressiva sollten nur unter dem Schutz von Stimmungsstabilisierern gegeben werden.
5 Während eine Reihe von kontrollierten Studien eine Überlegenheit von Antidepressiva gegenüber Plazebo bei bipolaren Depressionen belegen (aber jeweils nur Einzelstudien, s. oben), konnte ein Vergleich von Paroxetin, Imipramin und Plazebo bei Patienten mit bipolarer Depression, die eine stabile Lithium-Basismedikation erhielten, keine Überlegenheit der beiden Antidepressiva gegenüber Plazebo nachweisen. Eine Post-hoc-Analyse der Studie ergab, dass bei Lithium-Plasmakonzentrationen > 0,8 mmol/l Paroxetin bzw. Imipramin nicht besser als Plazebo waren, während sich bei niedrigeren Lithium-Konzentrationen doch ein Vorteil für die Antidepressiva nachweisen ließ. Die Autoren der Studie schließen, dass die Therapie einer bipolaren Depression bei höheren Lithium-Plasmakonzentrationen mit einem Antidepressivum nicht sinnvoll sei. 5 In einer der STEP-BD-Studien wurden ca. 360 Patienten mit einer bipo-
laren Störung zusätzlich zu einer fortlaufenden Therapie mit Lithium, Carbamazepin, Valproinsäure oder einem anderen Stimmungsstabili-
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sierer entweder mit einem Antidepressivum (Bupropion oder Paroxetin) oder mit Plazebo behandelt. In beiden Behandlungsarmen erreichten lediglich etwa 25 % der Patienten eine 8 Wochen anhaltende Euthymie. Auch die Switch-Rate war in beiden Gruppen gleich groß. Die Autoren schließen, dass bei fortlaufender Therapie mit einem Stimmungsstabilisierer die zusätzliche Gabe eines Antidepressivums keinen zusätzlichen Nutzen habe, aber auch keine (Switch-)Risiken (hier für Bupropion oder Paroxetin) berge. Viele, insbesondere amerikanische Autoren und die APA, empfehlen, bei leichten depressiven Syndromen auf eine Antidepressiva-Monotherapie zu verzichten, um das Risiko der Induktion einer manischen Episode oder eines Rapid Cycling zu minimieren. Zunächst sollte versucht werden, leichte depressive Episoden mit Verhaltenstherapie und mit einem Stimmungsstabilisierer zu behandeln. Bei mittelschweren oder schweren Depressionen und bei Patienten mit Suizidalität in der Indexepisode oder in der Anamnese ist ein Antidepressivum auch bei bipolaren Depressionen indiziert. Die vorübergehende zusätzliche Verabreichung von BZD ist in der Regel risikolos möglich. Auch depressive Episoden mit psychotischen Merkmalen erfordern in der Regel die Behandlung mit Antidepressiva, ggf. auch mit Antipsychotika. Wenn ein Antipsychotikum gegeben werden muss, sollte auf ein AAP zurückgegriffen werden (7 3.4.5). Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass das Risiko, durch die Therapie mit einem Antidepressivum ein Umkippen in eine Manie zu provozieren, mit SSRI geringer als mit TZA ist. TZA sollten daher bei bipolarer Depression nicht mehr angewandt werden. SSRI haben ein geringeres Risiko, eine Manie oder Hypomanie zu induzieren. Auch unter Venlafaxin scheint das Risiko für ein Umkippen in eine Manie erhöht zu sein, während unter Bupropion das Risiko geringer erscheint als unter Venlafaxin. Zu Agomelatin, Mirtazapin und Reboxetin liegen für eine Beurteilung bisher zu wenige Daten vor. Auch bei Duloxetin gibt es bislang nur 3 Einzelfallberichte, die einen switch von einer depressiven Episode in eine hypomanische bzw. manische Episode dokumentieren. Ähnlich wie bei der Therapie der unipolaren Depression ist der irreversible Monoaminoxidasehemmer (MAOH) Tranylcypromin auch bei einem Teil der Patienten mit bipolarer Depression, die auf andere Antidepressiva nicht angesprochen haben, wirksam. Allerdings muss auch unter Tranylcypromin mit der Induktion einer Manie oder Hypomanie gerechnet werden. Wenn eine Therapie bei bipolarer Depression mit einem Antidepressivum notwendig ist, sollte dieses in der Regel unter Schutz eines Stimmungsstabilisierers (Lithium oder Antikonvulsivum) oder eines AAP erfolgen. Einige Autoren empfehlen, sofort nach dem Abklingen der depressiven Episode das Antidepressivum ausschleichend abzusetzen,
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um die mit einer antidepressiven Therapie verbundenen Risiken zu reduzieren. Diese Empfehlung ist klinisch plausibel, aber nicht empirisch abgesichert. Dagegen gibt es Hinweise, dass sich die Rezidivrate mit einem längeren Zeitraum der Behandlung mit Antidepressiva deutlich verringert (gilt für ein Jahr). 5 Ob eine Erhaltungstherapie mit einem Antidepressivum bei der bipolaren Depression, ähnlich wie bei der unipolaren Depression, eine rezidivprophylaktische Wirkung haben kann und damit einer Chronifizierung vorbeugt, ist nicht systematisch untersucht. ! Der Einsatz von Antidepressiva bei bipolaren Depressionen ist daher vor-
sichtig abzuwägen und das unterschiedliche Risiko der einzelnen Substanzen bei der Therapieentscheidung zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Langzeittherapie. Auf jeden Fall ist die gleichzeitige Gabe eines Stimmungsstabilisierers dringend anzuraten.
Lithium 5 Lithium eignet sich als Basis einer Pharmakotherapie bei einer bipolaren Depression aufgrund seiner rezidivprophylaktischen Wirkung. Eine spezifische antidepressive Therapie (im Vergleich zu Antidepressiva) ist weniger gut belegt. 5 Auch die suizidprophylaktische Wirkung von Lithium spricht für den Einsatz bei der bipolaren Depression. 5 Die zusätzliche Gabe von Olanzapin bei gereizter Manie besserte ‒ neben der manischen Symptomatik ‒ auch die depressiven und suizidalen Anteile bei einer Lithium-Basistherapie. 5 Eine Studie weist darauf hin, dass bei höheren Lithium-Plasmakonzentrationen (> 0,8 mmol/l) eine zusätzliche Therapie mit einem Antidepressivum nicht effektiv ist (s. oben). Atypische Antipsychotika 5 Es liegen für Aripiprazol, Olanzapin und Quetiapin kontrollierte Studien gegen Plazebo bei der bipolaren Depression vor, die eine Wirksamkeit belegen. Dabei scheint die Wirksamkeit von Quetiapin (BOLDER-I- und BOLDER-II-Studie) bei bipolarer Depression besser belegt zu sein als jene von Olanzapin. Für Aripiprazol konnte eine Wirksamkeit bei der bipolaren Depression in zwei gepoolten Studienanalysen nur für die schwere, nicht dagegen für die leichte Depression gezeigt werden. Eine Wirksamkeit zeigte sich auch nur bei einer Dosis von 5–10 mg/d, nicht bei > 10 mg/d. Zugelassen ist nur Quetiapin (. Tab. 2.1). 5 Die fixe Kombination von Olanzapin und Fluoxetin (nicht zugelassen) war der Monotherapie mit Olanzapin signifikant überlegen, ohne dass unter der Kombinationsbehandlung ein erhöhtes Risiko für ein Umkippen in eine Manie bestand.
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5 In zahlreichen Fallberichten konnte die Wirksamkeit von Clozapin auch bei bipolarer Depression wahrscheinlich gemacht werden. Wegen der Anwendungsbeschränkung der Substanz (7 3.13, Box 14) muss der Gebrauch von Clozapin in dieser Indikation, für die auch keine Zulassung besteht, dem Ausnahmefall vorbehalten sein. 5 Seit 2009 ist Quetiapin auch zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer depressiver Episoden im Rahmen bipolarer Störungen zugelassen. In der EMBOLDEN-I-Studie zeigte sich zuletzt wiederholt eine Dosis von 300 mg/d als effektiv. Eine Dosis von 600 mg/d war nicht überlegen. Quetiapin zeigte sich einer Lithium-Monotherapie bei bipolarer Depression signifikant überlegen. Antikonvulsiva 5 Kleinere Studien legen eine antidepressive Wirksamkeit von Carbamazepin bei bipolarer Depression nahe. Allerdings fehlen Vergleichsstudien gegen Antidepressiva. 5 Valproinsäure zeigte sich in einer Metaanalyse von 142 Patienten mit akuter bipolarer Depression wirksam in der Reduktion depressiver Symptome. 5 Lamotrigin ist im Rahmen der akuten Behandlung der bipolaren Depression nach einer neuen Metaanalyse nur bei der schweren bipolaren Depression Plazebo deutlich überlegen (nicht aber bei leichtem Schweregrad). Von diesen Ergebnissen unberührt bleibt die robuste rezidivprophylaktische Wirkung von Lamotrigin (s. unten). Benzodiazepine 5 BZD eignen sich nicht zur Monotherapie, aber als Adjuvans bei depressiven Syndromen. Andere Therapieverfahren zur Behandlung depressiver Syndrome 5 Viele der für die Behandlung der Therapieresistenz der unipolaren Depression geltenden Maßnahmen (7 1.12) gelten grundsätzlich auch für die Behandlung der Therapieresistenz der bipolaren Depression. Es ist aber zu berücksichtigen, dass sie hier oftmals schlechter evaluiert sind. Außerdem sind die erhöhten Risiken (z. B. Umkippen in eine Manie) bei bestimmten Verfahren (z. B. MAOH, TZA) zu bedenken. 5 Kürzlich wurde die positive Wirkung zusätzlicher Dosen von 100‒200 mg Modafinil bei bipolarer Depression beschrieben. Das NWSpektrum von Modafinil ist allerdings hoch (7 10.3, Präparat). Behandlung von bipolaren Depressionen – Bewertung 1.
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Leichte depressive Episoden sollten mit Verhaltenstherapie und/oder
einem Stimmungsstabilisierer (Lithium) bzw. einem AAP (Quetiapin, aber bei der leichten Depression off-label) behandelt werden.
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Bei mittelschweren und schweren depressiven Syndromen, insbesondere solchen mit Suizidalität, kann nicht auf die Gabe eines Antidepressivums verzichtet werden. Dann sollte zunächst auf einen SSRI oder Bupropion zurückgegriffen werden; TZA und Venlafaxin sind zu vermeiden. Es ist jedoch unklar, wann die antidepressive Therapie beendet werden soll, um das Risiko, eine Manie oder ein Rapid Cycling zu induzieren, zu minimieren. Neuere Studien zeigen für die Behandlung mit SSRI oder Bupropion kein erhöhtes Risiko für ein Umkippen in eine Manie; allerdings wird auch ihre Wirksamkeit bei bipolarer Depression infrage gestellt. Entscheidet man sich für die Gabe von Antidepressiva, sollte dies unter dem Schutz eines Stimmungsstabilisierers erfolgen. Durch die Zulassung von Quetiapin (300 mg/d) für die bipolare Depression muss abgewartet werden, ob es sich im Rahmen einer Monotherapie als Mittel der 1. Wahl bewährt. Dies würde möglicherweise den Therapiealgorithmus verändern. Die relativ häufigen metabolischen Risiken von Quetiapin erlauben aber nicht bei jedem Patienten den Einsatz. Als Off-label-Indikation bei der schweren bipolaren Depression kann bei Therapieversagen Lamotrigin versucht werden.
Gemischte Episode bei bipolarer affektiver Störung Eine gemischte Episode einer bipolaren affektiven Störung liegt dann vor, wenn der Patient eine manische, hypomanische oder gemischte Episode in der Vorgeschichte hat und gegenwärtig entweder eine Mischung oder einen raschen Wechsel von manischen, hypomanischen oder depressiven Symptomen aufweist. Es wird häufiger darauf hingewiesen, dass eher die Mischzustände als die sicher abgrenzbaren polaren affektiven Syndrome das Krankheitsbild der bipolaren affektiven Störung charakterisieren. 5 Empfehlungen basieren auf Post-hoc-Analysen von Studien an gemischten Patientenkollektiven, offenen Studien und Fallserien; kontrollierte Studien fehlen. 5 Die wesentlichen Prinzipien der Pharmakotherapie des Rapid Cycling (s. unten) scheinen auch für die Therapie gemischter Episoden Gültigkeit zu haben: Grundpfeiler der Therapie sind AAP und Lamotrigin bei weitgehendem Verzicht auf Antidepressiva, da diese die Stimmungslabilität eher erhöhen. Die Kombination von Antikonvulsiva und AAP scheint besonders wirksam zu sein. 5 Ziprasidon ist zugelassen zur Behandlung von gemischten Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad bei bipolaren Störungen. 5 Lithium ist wie beim Rapid Cycling wahrscheinlich nicht wirksam.
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Gemischte Episode – Bewertung
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Es fehlen prospektive, kontrollierte Studien. Die vorhandenen Daten sprechen für eine Wirksamkeit von AAP und Lamotrigin (zugelassen bisher nur Ziprasidon).
Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe bei bipolarer affektiver Störung Auch bei der bipolaren affektiven Störung kann nach der Akutphase eine Phase der Erhaltungstherapie (zur Verhinderung eines Rückfalls derselben Episode) von einer Rezidivprophylaxe (zur Vermeidung eines Rezidivs) abgegrenzt werden. Beim Absetzen einer Pharmakotherapie unmittelbar nach Abklingen der akuten Krankheitssymptome ist das Rückfallrisiko erhöht (und mit der Dauer der Beschwerdefreiheit sinkt nach Abklingen der akuten Krankheitssymptome das Risiko). Weiterhin ist bekannt, dass eine Erholung von der akuten Krankheitsepisode ‒ d. h. eine mindestens 8-wöchige Beschwerdefreiheit ‒ nach einem manischen Syndrom im Mittel nach 20 Wochen, nach einer depressiven Episode nach 40 Wochen und nach einer gemischten Episode sogar erst nach 50 Wochen eintritt. Daraus folgt, dass nach einer Episode einer bipolaren affektiven Störung eine mindestens 12-monatige Erhaltungstherapie durchgeführt werden sollte. Indikation zur Rezidivprophylaxe bei bipolaren affektiven Störungen
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Schon nach einer ersten manischen Episode muss eine langfristige Rezidivprophylaxe erwogen werden, weil 5 das Lebenszeitrezidivrisiko mit etwa 95 % außerordentlich hoch ist. 5 einzelne Studien darauf hindeuten, dass zumindest im Falle von Lithium dessen akute und rezidivprophylaktische Wirksamkeit bei spätem Einsatz, d. h. bereits nach 3 Krankheitsepisoden, eher vermindert ist. Gegen eine langfristige Rezidivprophylaxe schon nach einem ersten manischen Syndrom spricht allerdings, dass 5 die mittlere Dauer der Remission nach der 1. Krankheitsepisode etwa 4 Jahre betragen soll (und statistisch erst dann eine 2. Episode erwartet werden kann). 5 die meisten Patienten nach einer 1. Krankheitsepisode eine medikamentöse Rezidivprophylaxe innerhalb weniger Monate ‒ und dann meist relativ abrupt ‒ absetzen. Zumindest im Falle von Lithium wird dann vermutet, dass ein abruptes Absetzen das Rückfallrisiko erhöht (allerdings gibt es auch eine Studie mit gegensätzlichem Befund). 5 Eine langfristige Rezidivprophylaxe wird nach einer 2. Krankheitsepisode in den meisten Fällen unumgänglich sein.
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Lithium 5 Am besten geprüfter und seit vielen Jahrzehnten klinisch bewährter Stimmungsstabilisierer. 5 Ein voller rezidivprophylaktischer Effekt ist manchmal erst nach Monaten (bis Jahren) feststellbar. 5 Die prophylaktische Wirksamkeit ist besonders gut, wenn bisher weniger als 3 Episoden der bipolaren affektiven Störung aufgetreten sind. 5 In einer Studie über 12 Monate hat sich bezüglich der Prophylaxe depressiver Episoden für Lithium gegenüber Olanzapin kein Unterschied (bei relativ geringer Wirksamkeit) ergeben, gegenüber manischen Episoden aber ein signifikanter Vorteil für Olanzapin. 5 Die BALANCE-Studie zur Rezidivprophylaxe bipolarer Störungen zeigte zuletzt die Überlegenheit einer Lithium-Monotherapie gegenüber einer Monotherapie mit Valproinsäure. Auch war die Kombinationstherapie Lithium plus Valproinsäure einer Valproinsäure-Monotherapie überlegen, nicht aber einer Lithium-Monotherapie. Absetzen von Lithium
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5 Nach Absetzen einer Lithium-Prophylaxe ist das Rückfallrisiko wahrscheinlich höher als im naturalistischen Verlauf; mit jeder Phase nimmt möglicherweise die Phasenhäufigkeit weiter zu, evtl. Einmündung in Rapid Cycling. 5 Eine aktuelle Übersichtsarbeit konnte zeigen, dass eine abrupte Reduktion des Lithium-Spiegels um mehr als 0,2 mmol/l mit einem erhöhten Rückfallrisiko assoziiert ist. 5 Eine Studie an schwangeren Patientinnen mit bipolarer affektiver Störung zeigte, dass ein Absetzen von Stimmungsstabilisierern (Lithium oder Antikonvulsiva) das Rückfallrisiko verdoppelte und die Zeit bis zu einem Rezidiv 4-fach kürzer war als bei Weiterführung der Medikation.
5 Wenn eine Lithium-Prophylaxe doch abgesetzt wird, sollte dies, wenn irgend möglich, langsam über viele Monate erfolgen (s. aber Problem der Schwangerschaft unter bestehender Lithium-Prophylaxe 7 Kap. 15). 5 Nach Absetzen von Lithium geht, wenn es im Rahmen einer erneuten Episode einer bipolaren affektiven Störung wieder angesetzt wird, möglicherweise seine Effektivität verloren. Antikonvulsiva 5 Valproinsäure in retardierter Form ist für die Phasenprophylaxe zugelassen. Studien belegen die phasenprophylaktische Wirksamkeit von Valproinsäure. Auch ist Valproinsäure besser verträglich als Lithium, aber in der Wirksamkeit nach neuesten Studien (s. oben, Lithium) Lithium unterlegen. 5 Lamotrigin ist für die Prophylaxe depressiver Syndrome im Rahmen einer bipolaren Störung zugelassen und ist als Monotherapie bei Ver-
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läufen indiziert, die wesentlich durch depressive Episoden (v. a. Bipolar-II-Störung) gekennzeichnet sind. Die antimanische Wirksamkeit ist nicht ausreichend belegt. Wenn manische Syndrome den Krankheitsverlauf wesentlich kennzeichnen, sollte daher eine Substanz mit nachgewiesener antimanischer Wirksamkeit (. Tab. 2.1) gewählt werden. 5 Bei Lithium-Non-Respondern oder Kontraindikationen gegen Lithium ist Carbamazepin eine Alternative für die Rezidivprophylaxe (vom BfArM nur in dieser Indikation zugelassen). Die rezidivprophylaktische Wirksamkeit von Carbamazepin ist relativ schlecht belegt. 5 Bei fehlender oder nicht ausreichender Wirkung von Lithium kann mit Valproinsäure, Carbamazepin oder Lamotrigin kombiniert werden. Wenn eine Zweifachkombination nicht ausreichend wirksam ist, kann das jeweils andere Antikonvulsivum oder gleich eine Dreifachkombination versucht werden. Diese Strategien sind nicht evaluiert. Bei Kombination mehrerer Antikonvulsiva sind schwerwiegende Interaktionen (insbesondere mit Lamotrigin) unbedingt zu beachten. Eine Alternative stellt heute eher die Behandlung mit einem AAP allein dar, ggf. auch in Kombination mit einem Antikonvulsivum. 5 Bei rezidivierenden manischen Episoden haben wahrscheinlich die Prinzipien für die Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störungen Gültigkeit; Studien dazu fehlen. Atypische Antipsychotika 5 Bezüglich der Prävention manischer Episoden fand sich, v. a. bei Patienten mit wenigen Vorepisoden, ein signifikanter Vorteil für Olanzapin gegenüber Lithium. 5 Aripiprazol, Olanzapin und Quetiapin sind für die Prävention von überwiegend manischen Episoden zugelassen, wenn deren manische Episoden auf die Behandlung mit dem Präparat ansprachen. 5 Quetiapin ist für die Prävention von depressiven Episoden zugelassen, wenn deren depressive Episoden auf die Behandlung mit Quetiapin ansprachen. 5 Es gibt Hinweise, dass die Risiken bei der Gabe von Antipsychotika in Bezug auf die Entwicklung von Akathisien und akuten EPS bei bipolaren Störungen (im Vergleich zur Schizophrenie) erhöht sind (generelle Risiken 7 3.6). Antidepressiva 5 Wegen des hohen Risikos einer Induktion eines Rapid Cycling sollte auf die Verabreichung von TZA in der Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störungen verzichtet werden. Venlafaxin zeigt die höchsten Switch-Raten hin zu manischen Syndromen und sollte daher bei bipolarer Depression vermieden werden. Daten über das Switch-Risiko unter Duloxetin liegen nicht vor. Gegenwärtig sind daher SSRI bzw. Bupropion zu bevorzugen.
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Kombinationen von Stimmungsstabilisierern und AAP 5 Solche Kombinationen werden häufig genutzt, sind aber durch Studien bislang nicht gut belegt. 5 In einer neuen offenen Studie war die Kombination aus Quetiapin (400–800 mg) mit einer Lithium- oder Valproinsäure-Basistherapie einer Monotherapie mit Lithium oder Valproinsäure hinsichtlich einer Rezidivprophylaxe deutlich überlegen. Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störungen – Bewertung 1.
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Lithium ist nach neuesten Studien gegenüber Valproinsäure zu bevorzugen.
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Aripiprazol, Olanzapin oder Quetiapin können gegeben werden, wenn manische Episoden verhütet werden sollen. Allerdings beschränkt sich
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die Zulassung auf Patienten, die schon akut (in der Manie) auf das Präparat angesprochen haben. Quetiapin ist zur Prävention depressiver Episoden bei bipolarer Depression zugelassen. Inwieweit sich eine alleinige Rezidivprophylaxe mit einem AAP in der Praxis bewährt, hängt von weiteren Studien zum NW-Risiko bei affektiven Störungen ab. Lamotrigin ist für die Prophylaxe depressiver Episoden im Rahmen einer bipolaren Störung wirksam und zugelassen. Lithium alleine ist, wenn depressive Episoden verhütet werden sollen, wohl nur gering wirksam. Bei unzureichender Wirkung von Stimmungsstabilisierern kann eine Kombination mit einem AAP entsprechend der Zulassung (. Tab. 2.1) und unter Berücksichtigung des NW-Profils begonnen werden. Die Kombination von Quetiapin mit Lithium oder mit Valproinsäure scheint einer Monotherapie mit Lithium oder Valproinsäure überlegen.
Rezidivprophylaxe bei unipolarer Depression 7 1.11.3 Rapid Cycling (akute Behandlung und Rezidivprophylaxe) Rapid Cycling wird diagnostiziert, wenn mindestens 4 Episoden einer bipolaren affektiven Störung im Jahr auftreten; eine Differenzierung zwischen Akutbehandlung und Rezidivprophylaxe, wie bei den anderen Syndromen, erfolgt beim Rapid Cycling nicht. Ein Rapid Cycling soll bei bis zu 25 % aller Patienten mit einer bipolaren affektiven Störung vorkommen, bei Frauen häufiger als bei Männern. Oft ist v. a. zu Behandlungsbeginn ein Rapid Cycling mit schnellen Stimmungswechseln schwer abzugrenzen von einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, wenn bei dieser affektive Labilität im Vordergrund steht. 5 Lamotrigin war in einer prospektiven, kontrollierten Studie bei Rapid Cycling Plazebo überlegen, insbesondere bei Patienten mit bipolarer Störung vom Typ II.
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5 Valproinsäure war in offenen Studien wirksam. Eine Überlegenheit gegenüber Lithium konnte in einer prospektiven Studie allerdings nicht belegt werden. 5 Quetiapin war in einer RCT bei depressiven Episoden im Rahmen eines Rapid Cycling Plazebo überlegen und in einer offenen Studie auch einer Monotherapie mit Valproinsäure; bei manischen Episoden fand sich allerdings eine Überlegenheit für Valproinsäure. 5 Olanzapin war (allerdings nur in einer Post-hoc-Analyse) bei Rapid Cycling in der Wirksamkeit vergleichbar mit Valproinsäure. Allerdings lässt sich hieraus nur sehr eingeschränkt eine Wirksamkeit von Olanzapin beim Rapid Cycling ableiten, da die Wirksamkeit beim Rapid Cycling für Valproinsäure nur in offenen Studien gezeigt werden konnte und Valproinsäure Lithium in einer prospektiven Studie bei Rapid Cycling nicht überlegen war. 5 Wichtigste Therapiemaßnahme bei Rapid Cycling ist der vollständige Verzicht auf die Gabe von Antidepressiva. Es ist relativ gut belegt, dass Antidepressiva ein Rapid Cycling triggern können. Dies wurde in der STEP-BD-Studie an 1742 Patienten mit bipolaren affektiven Störungen bestätigt, von denen 720 Patienten mit Antidepressiva behandelt worden waren. Diese mit Antidepressiva behandelten Patienten zeigten in der naturalistischen Follow-up-Untersuchung über ein Jahr ein 4-fach erhöhtes Risiko, ein Rapid Cycling zu entwickeln im Vergleich zu den Patienten mit bipolaren affektiven Störungen, die keine Antidepressiva erhielten. Behandlung von Rapid Cycling – Bewertung 1.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
2. 3.
8
Ein Rapid Cycling kann meist nur durch eine Kombinationstherapie erfolgreich behandelt werden. Allerdings fehlen hierzu prospektive Studien. Hinweise für eine Wirksamkeit liegen derzeit für Lamotrigin, dann für Quetiapin und Olanzapin und schließlich, eher eingeschränkt, für Valproinsäure vor. Haben die depressiven Episoden Behandlungspriorität, sollte zunächst Lamotrigin gewählt werden. Lamotrigin kann mit Olanzapin oder Quetiapin kombiniert werden. Auf Antidepressiva sollte verzichtet werden.
2.4.3 Rezidivprophylaxe bei schizoaffektiver Störung 5 Es sind sehr wenige kontrollierte Studien mit kleinen Fallzahlen zur Rezidivprophylaxe veröffentlicht. Bisher gibt es kaum eine Absicherung der häufig geübten Praxis, prophylaktisch eine Kombination von Antidepressiva mit Antipsychotika zu geben. 5 Lithium hat bei der schizoaffektiven Störung wahrscheinlich eine geringere Wirksamkeit als bei der bipolaren affektiven Störung, insbe-
2.5 · Stimmungsstabilisierer und Psychotherapie
155
2
sondere bei rein schizodepressiven Verläufen und bei im Vordergrund stehender psychotischer Symptomatik. 5 Carbamazepin hat wahrscheinlich einen Vorteil bei rein schizodepressiven Verläufen und bei im Vordergrund stehender psychotischer Symptomatik. 5 Es liegen keine ausreichenden Erfahrungen mit Valproinsäure bei schizoaffektiven Störungen vor. 5 Behandlung des akuten schizomanischen und schizodepressiven Syndroms 7 3.4.4 (entsprechend der ICD-10-Klassifikation unter den schizophrenen Störungen); dort auch Risiken bei der Gabe von Antipsychotika bei bipolarer und schizoaffektiver Störung. Rezidivprophylaxe bei unipolarer Depression 7 1.11.3; Lithium-Augmentation bei therapieresistenter Depression, 7 1.12.4 2.5
Stimmungsstabilisierer und Psychotherapie
Wie bei der Therapie unipolarer Depressionen (7 1.5) sollte auch die Pharmakotherapie bipolarer affektiver Störungen in einen Gesamtbehandlungsplan eingebettet sein. Die pharmakologischen und psycho- bzw. soziotherapeutischen Behandlungsverfahren müssen integriert und entsprechend der Behandlungsphase gewichtet werden. Die Psychoedukation spielt eine entscheidende Rolle. 5 Leichte depressive Episoden sollten mit Verhaltenstherapie und einem Stimmungsstabilisierer behandelt werden. 5 Psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen haben bei bipolaren Störungen stützenden Charakter. Die Basis der Therapie bildet die Pharmakotherapie. 5 Die Wirksamkeit von psychotherapeutischen Maßnahmen hängt von der Krankheitsphase ab. Psychotherapeutische Verfahren sind bei bipolaren Depressionen wirksamer als bei manischen Syndromen. 5 Zu den folgenden spezifischen Verfahren liegen positive Erfahrungen bei der Rezidivprophylaxe, besonders aus der STEP-BP-Studie, vor: − Die kognitive Verhaltenstherapie, sowohl einzeln als auch in Gruppen, erhöht die Medikamenten-Compliance, bessert depressive Symptome und verlängert die rezidivfreie Zeit. Ob auch die Lebensqualität und soziale Funktionen verbessert werden, muss noch belegt werden. − In einer familienzentrierten Therapie konnten die Rezidivraten signifikant gesenkt und die Medikamenten-Compliance erhöht werden. − Die interpersonelle und Sozialrhythmus-Therapie entstand aus der interpersonellen Therapie, die für die unipolare Depression entwickelt wurde. Die Prinzipien wurden um verhaltenstherapeutische Komponenten erweitert, die zum Ziel haben, zirkadiane und Schlaf-
156
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Wach-Rhythmen zu stabilisieren, zwischenmenschliche Probleme zu mindern und die Medikamenten-Compliance zu erhöhen.
1 2
2.6
3
Wegen der großen Heterogenität der Substanzen werden die NW unter den einzelnen Präparaten (7 2.11) besprochen.
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Nebenwirkungen
Suizidrisiko unter Antikonvulsiva
Nachdem die FDA 2008 vor einem stark erhöhten Risiko für Suizidgedanken und suizidales Verhalten bei der Behandlung mit Antikonvulsiva im Vergleich zu Plazebo warnte, konnte dies zuletzt deutlich entschärft werden. Eine neue Metaanalyse an 48.000 Patienten mit bipolarer Störung konnte sogar eine Abnahme des Suizidrisikos unter Antikonvulsiva nach Behandlungsbeginn zeigen. Das Suizidrisiko unter Antikonvulsiva war nicht höher als unter Lithium. Trotz Relativierung des Risikos durch Metanalysen wurden die Warnhinweise nach Vorgabe der FDA in die Beipackzettel der Antikonvulsiva aufgenommen. Zuletzt bestätigte auch eine Kohortenstudie in den USA eine erhöhte Rate suizidaler Handlungen unter Antikonvulsivatherapie. Es zeigte sich für Clonazepam, Lamotrigin, Phenobarbital und Valproinsäure kurz nach Behandlungsbeginn ein erhöhtes Suizidrisiko. Aktuell wurden jedoch Lamotrigin, Gabapentin, Pregabalin und Oxcarbazepin zu einer Gruppe neuerer Antikonvulsiva mit »niedrigem Potenzial, depressive Zustände zu erzeugen« (low potential of causing depression), zusammengefasst. Levetiracetam, Tiagabin, Topiramat oder Vigabatrin als neuere Antikonvulsiva wurden zu einer Gruppe mit »high potential of causing depression« zusammengefasst. Diese gilt als problematisch hinsichtlich des Auftretens von suizidalen Handlungen (www.kompendium-news.de vom 24.8 10). Unabhängig von der teils widersprüchlichen Datenlage ist beim Einsatz von Antikonvulsiva sorgfältig auf das Suizidrisiko zu achten. Ähnlich wie bei der Frage einer Induktion suizidaler Gedanken unter SSRI (7 1.6.13) kann erst in prospektiven Studien erkannt werden, in welchem Verhältnis der positive suizidverhütende Effekt durch Antikonvulsiva bei bipolaren affektiven Störungen zu einem möglichen höheren Suizidrisiko unter Antikonvulsiva steht.
15
Nebenwirkungen der AAP 7 3.6
16
2.7
17
9
Kontraindikationen
Wichtige Kontraindikationen für Stimmungsstabilisierer 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate.
10
6
2.9 · Routineuntersuchungen
157
2
5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikationen. 5 Schwere Störungen des Elektrolythaushalts und M. Addison: Lithium. 5 Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Lithium. 5 Vorbestehende Knochenmarkschädigung bei Carbamazepin. Vorsicht mit Valproinsäure. Carbamazepin darf wegen der potenziellen Knochenmarkstoxizität nicht mit Clozapin kombiniert werden. Bei Gerinnungsstörungen Vorsicht mit Valproinsäure. 5 Schwerere Nierenfunktionsstörungen bzw. Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate bei Lithium. Vorsicht mit Valproinsäure und Lamotrigin. 5 Schwere Leberschädigung bei Carbamazepin und besonders bei Valproinsäure. Vorsicht mit Lamotrigin. 5 Pankreatitis bei Valproinsäure. 5 Akute intermittierende Porphyrie bei Carbamazepin und Valproinsäure. 5 Vorsicht, wenn (allergische) Hautveränderungen in der Anamnese bekannt sind.
Kontraindikationen für die AAP 7 3.7; Hinweise zu Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15; zur Fahrtüchtigkeit 7 Kap. 16 2.8
Interaktionen
7 2.11, jeweiliges Präparat
2.9
Routineuntersuchungen
5 Unter Lithium und Antikonvulsiva sind spezifische Routineuntersuchungen notwendig; für Antidepressiva . Tab.1.5; für AAP . Tab.3.6. 5 Eine Übersicht über die empfohlenen Kontrollen gibt . Tab. 2.3. Darüber hinaus empfehlen sich Kontrollen, wann immer ein Parameter pathologisch ausfällt. 5 Unter der Therapie mit Lithium sind Kontrollen der Schilddrüsen- und der Nierenfunktion notwendig (. Tab. 2.3). Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) wird in der Regel über die Bestimmung der Kreatinin-Clearance gemessen. Bei zweifelhaften Befunden oder bei Incompliance kann die GFR mittels Isotopen-Clearance (DTPA) näherungsweise bestimmt werden (7 2.11, Präparat). 5 Das mögliche Auftreten von Blutbildveränderungen v. a. unter Carbamazepin, aber auch unter Valproinsäure, macht die regelmäßige Kontrolle des Blutbilds notwendig. 5 Wegen möglicher Gerinnungsstörungen sind unter Valproinsäure Kontrollen des Gerinnungsstatus notwendig.
158
1 2 3 4 5 6 7
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Wegen der möglichen Hepatotoxizität (Carbamazepin, Lamotrigin, Valproinsäure) bzw. Pankreastoxizität (Valproinsäure) sind unter diesen Substanzen Kontrollen der Leberenzyme bzw. zusätzlich auch der Pankreasenzyme notwendig. Allerdings empfehlen einige Hersteller v. a. zu Therapiebeginn sehr kurze Kontrollintervalle, die in der Praxis oft nicht eingehalten werden (. Tab. 2.3). 5 Wegen der unter Lithium und Carbamazepin möglichen EKG-Veränderungen sollte vor und unter der Therapie ein EKG abgeleitet werden. Eine erste Kontrolle empfiehlt sich, wenn die Therapie stabil eingestellt . Tab. 2.3 Empfehlungen für Routineuntersuchungen unter Stimmungsstabilisierern(mit freundlicher Unterstützung von Dr. Randi von Wrede, Bonn) Präparate
Vorher
Monate 1
2
3
4
5
6
Vierteljährlich
Jährlich
Carbamazepin
8
Plasmakonzentration
–
XXf
Xf
Xf
Xf
Xf
Xf
Xa, f
–
9
Blutbild
X
XXXX
X
X
X
X
X
Xa
–
Kreatinin
X
X
–
X
–
–
–
X
10
Serumelektrolyte
X
X
X
X
–
–
X
–
X
11
Leberenzyme
X
XXXX
X
X
X
X
X
Xa
–
EKG
X
X
–
–
–
–
–
–
(X)
EEG
(X)
–
–
–
–
–
–
–
–
RR, Puls
X
X
–
X
–
–
X
–
Xa
12 13
Lamotrigin Plasmakonzentration
–
Sinnvoll ab einer Tagesdosis von 100 mg
–
14
Blutbild
X
X
–
–
–
–
–
–
X
Kreatinin
X
X
–
–
–
–
–
–
X
Leberenzyme
X
X
–
X
–
–
X
–
X
EKG
(X)
(X)
–
–
–
–
–
–
(X)
EEG
(X)
–
–
–
–
–
–
–
Plasmakonzentration
–
XXXX
Xc
Xc
Xc
Xc
Xc
Xc
–
Kreatinin
X
XXXX
X
X
X
X
X
X
–
15 16 17
Lithium
2
159
2.9 · Routineuntersuchungen
. Tab. 2.3 Fortsetzung Präparate
Vorher
Monate 1
2
3
4
5
6
Vierteljährlich
Jährlich
24-h-Urinvolumen, GFR (z. B. KreatininClearance)
X
–
–
–
–
–
X
–
Xd
Serumelektrolyte
X
X
–
X
–
–
X
–
–
T3, T4, TSH, ggf. TRH-Test
X
–
–
–
–
–
–
–
X
EKG
X
X
–
EEG
X
–
–
–
–
–
–
–
X
–
–
–
–
–
RR, Puls
X
X
–
–
X
–
–
X
Xa
–
Körpergewicht, Halsumfang
X
–
–
X
–
–
X
Xa
–
Plasmakonzentration
–
Xf
–
Xf
–
–
Xf
–
–
Blutbild
X
X
XXe
Xe
Xe
Xe
Xe
Xa
–
Kreatinin
X
X
XXe
Xe
Xe
Xe
Xe
Xa
–
Leberenzyme, Bilirubin, Amylase, Lipase, PTT, Quick, Fibrinogen, Faktor VIII
X
X
XXe
Xe
Xe
Xe
Xe
Xa
–
EKG
(X)
(X)
–
–
–
–
–
–
–
EEG
(X)
–
–
–
–
–
–
–
–
Valproinsäure
X Anzahl der notwendigen Routinekontrollen, (X) Untersuchung optional. a Bei langfristig stabilen Patienten sind halbjährliche Kontrollen ausreichend. b Bei potenziell neurotoxischen Kombinationen, z. B. mit Antipsychotika, sind ggf. auch häufiger Kontrollen ratsam; bei langfristig stabil eingestellten Patienten sind auch deutlich längere Kontrollintervalle möglich. c Unter bestimmten Umständen (z. B. Fieber, Durchfälle) sind häufigere Kontrollen ratsam. d Bei älteren Patienten sind häufigere Kontrollen ratsam. e Diese Kontrollen sind laut Hersteller nur erforderlich, wenn die 4-Wochen-Kontrolle pathologische Werte aufgewiesen hat. f Zusätzlich sinnvoll im Falle von Nichtwirksamkeit oder Incompliance. GFR glomeruläre Filtrationsrate, T3 Trijodthyronin, T4 Tetrajodthyronin, TSH Thyreotropin, TRH Thyreotropin-Releasing-Hormon, PTT partielle Thromboplastinzeit.
160
1 2 3 4 5
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
ist, d. h. in der Regel nach 2–4 Wochen. Ein EKG unter Lamotrigin und Valproinsäure ist optional. 5 Die Kenntnis des EEG vor Beginn der Therapie gehörte vor Einführung der bildgebenden Verfahren zur Routinediagnostik in der Psychiatrie. Heute ist diese Ausgangsuntersuchung optional. Vor der Einstellung mit Lithium sollte ein EEG aber zur Routine gehören. Auch Kontrolluntersuchungen sind empfehlenswert. Bei neurotoxischen Kombinationen sind ggf. häufigere Kontrollen nötig. ! Unter einer Therapie mit Lithium gehört die Bestimmung von Plasmakon-
zentrationen zu den zwingend notwendigen Routineuntersuchungen (7 2.9).
6
2.10
7
Generelle Dosierungsempfehlungen sind wegen der Heterogenität der Substanzen nicht möglich. 5 Für Lithium, Carbamazepin und Valproinsäure sind therapeutische Plasmakonzentrationen etabliert (7 2.11, Präparat); die Dosierung dieser Substanzen sollte sich daher nach der angestrebten Plasmakonzentration richten. 5 Regelmäßige Kontrollen der Plasmakonzentrationen (12 ± 0,5 h nach der letzten und vor der morgendlichen Einnahme) sind unter der Therapie mit Lithium, Carbamazepin oder Valproinsäure auch wegen der relativ geringen therapeutischen Breite dieser Substanzen notwendig. Diese müssen in der Phase der Neueinstellung häufiger erfolgen, bis sich ein stabiles Gleichgewicht eingestellt hat.
8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Dosierung
! Durch eine CYP3A4-Enzyminduktion unter Carbamazepin können die Plas-
makonzentrationen dieser und anderer, gleichzeitig verabreichter Substanzen noch Wochen, nachdem sich zunächst ein Gleichgewicht eingestellt hatte, wieder abfallen. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang die Proteaseinhibitoren, Immunmodulatoren oder Zytostatika.
5 Während Carbamazepin und mehr noch Lamotrigin sehr langsam aufdosiert werden müssen, können Lithium und v. a. Valproinsäure bei Bedarf ‒ insbesondere bei manischen Syndromen ‒ gleich von Beginn an in der Zieldosis verabreicht werden. Nach i.v.-, gelegentlich aber auch nach oraler Gabe von Valproinsäure können therapeutische Plasmakonzentrationen schon am 2. Behandlungstag gemessen werden. 5 Gerade bei der kombinierten Verabreichung von Antikonvulsiva sind Interaktionen zwischen den Substanzen zu beachten, die zur Dosisanpassung zwingen und deren Nichtbeachtung zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann (z. B. kompetitive Hemmung des Lamot-
2.10 · Dosierung
161
2
rigin-Metabolismus durch Valproinsäure mit Zunahme der Häufigkeit von Hautausschlägen). 5 Eine kürzlich erschienene Untersuchung zeigt Hinweise dafür, dass es nach wiederholter Antidepressivaexposition bei depressiven Episoden (Bipolar II) zum Verlust der antidepressiven Wirkung (Tachyphylaxie) kommt. Bei Behandlung einer depressiven Episode mit Sertralin zeigte sich eine negative Korrelation zwischen der Anzahl vorher eingesetzter Antidepressiva und einer Response auf Sertralin. Je mehr Therapieversuche im Vorfeld stattfanden, desto geringer die Response. 2.10.1 Stimmungsstabilisierer im höheren Lebensalter Bei der Behandlung mit Stimmungsstabilisierern im höheren Lebensalter sind wegen möglicher reduzierter Metabolisierung und verminderter renaler Elimination ggf. niedrige Dosierungen und längere Aufdosierungszeiten notwendig. Folgende Besonderheiten sind zusätzlich zu den beschriebenen NW und Kontraindikationen zu beachten: Carbamazepin 5 Wegen schlechter Verträglichkeit im Alter nicht zu empfehlen. 5 Aufgrund möglicher körperlicher Komorbidität ist verstärkt das NWSpektrum der Medikation zu beachten; sie treten oft schon bei Spiegeln im therapeutischen Bereich auf. 5 Vor allem kognitive Störungen, Schwindel, Gangunsicherheit, Sehstörungen und Sedierung sind im Alter häufig. Lamotrigin 5 Bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion sollte niedriger dosiert werden. Die Behandlung im höheren Lebensalter unterscheidet sich sonst nicht von der Behandlung jüngerer Patienten. Lithium 5 Die HWZ kann von 20 h auf über das Doppelte bei großen individuellen Unterschieden im höheren Alter verlängert sein; deshalb sind die Dosen zumindest anfangs zu halbieren. 5 Lithium ist wegen einer schlechteren Nierenfunktion schwieriger handhabbar, es müssen der Lithium-Spiegel, die GFR sowie Elektrolyte engmaschiger kontrolliert werden. Insbesondere eine Exsikkose durch unzureichende Flüssigkeitsaufnahme kann zu einer Lithium-Intoxikation führen. 5 Bei älteren Menschen treten häufiger extrapyramidalmotorische und neurotoxische Symptome auf. 5 Für die Rezidivprophylaxe reichen oft 0,4‒0,6 mmol/l, für die LithiumAugmentation können 0,4 mmol/l ausreichend sein. Plasmakonzentrationen für die antimanische Wirkung im höheren Lebensalter unterscheiden sich nicht von Konzentrationen jüngerer Patienten (0,9– 1,1 mmol/l) (sonstige Plasmawerte 7 2.11, Präparat).
162
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Im höheren Lebensalter sind folgende Kontraindikationen besonders zu beachten: schwere Nierenfunktionsstörungen, schwere Herz- und Kreislauf-Krankheiten, Störungen des Natriumhaushalts. 5 Bei gleichzeitiger Behandlung mit Diuretika und Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmern (ACE-Hemmern) kann der Lithium-Spiegel ansteigen. Thiazide zeigen einen paradoxen antidiuretischen Effekt, der möglicherweise zur Wasserretention und Lithium-Intoxikation führt. Eine Wirkungsverstärkung von Digitalis-Präparaten ist möglich. Valproinsäure 5 Valproinsäure sollte bevorzugt werden, wenn gegen Lithium Kontraindikationen bestehen. 5 Im höheren Lebensalter können unter Valproinsäure verstärkt NW wie eine Enzephalopathie, eine Thrombozytopenie oder eine Leberschädigung auftreten. 2.11
Präparate
Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet. Es wurden nur die Präparate berücksichtigt, die auch für die Behandlung einer Indikation dieses Kapitels eine Zulassung erhalten haben. Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der Nebenwirkungen in 7 2.6 und Kontraindikationen in 7 2.7 und die Besonderheiten im Alter und bei internistischen Krankheiten (7 Kap. 14) hingewiesen.
11
Carbamazepin
12
Antikonvulsivum, Dibenzoazepin-Derivat 5H-Dibenz[b,f]azepin-5-carboxamid
13 14 15 16 17
Carbabeta (betapharm) Carbadura (Mylan dura) Carba-CT (CT Arzneimittel) Carbaflux (Hennig) Carbagamma (Wörwag) Carbamazepin AbZ (AbZ-Pharma) Carbamazepin 1A-Pharma (1A Pharma) Carbamazepin AL (ALIUD Pharma) Carbamazepin Aristo (Aristo Pharma) Carbamazepin Desitin (Desitin) Carbamazepin HEXAL (HEXAL) Carbamazepin-neuraxpharm (neuraxpharm) Carbamazepin-ratiopharm (ratiopharm)
Carbamazepin Sandoz (Sandoz) Carbamazepin STADA (STADApharm) Carbamazepin Teva (Teva Generics) espa-lepsin (esparma) Finlepsin (AWD.pharma) Tegretal (Novartis Pharma) Tbl. 200/ 400/ 600 mg (50, 100, 200 Tbl.) Suspension 100 mg/5 ml, Suspension zum Einnehmen (250 ml) Timonil (Desitin) Tbl. 150/ 200/ 300/ 400/ 600 mg (50, 100, 200 Tbl.) Saft 20 mg/ml, Suspension zum Einnehmen (250 ml)
2.11 · Präparate
163
2
Pharmakodynamik 5 Antikonvulsivum, dessen antimanischer und rezidivprophylaktischer Wirkungsmechanismus nicht sicher definiert ist. Pharmakokinetik 5 Langsame, fast vollständige Resorption; Bioverfügbarkeit > 70 %; der Zeitpunkt des Plasmakonzentrationsmaximums ist abhängig von der galenischen Zubereitung: Suspension 2–4 h, Tablette ca. 8 h, Retardtablette ca. 16 h. Die Plasmakonzentrationen nach Gabe von Retardtabletten sind niedriger als bei nichtretardierten Tabletten. Die höchsten Konzentrationen werden nach Gabe der Suspension beobachtet. 5 HWZ nach Einmalgabe ca. 35 h, bei Dauertherapie durch Enzyminduktion kürzer, 10–20 h; t½ des wirksamen Metaboliten Carbamazepin10,11-epoxid 5–8 h. 5 Metaboliserung bevorzugt durch CYP3A4. Der aktive Metabolit wird durch Epoxidhydrolase abgebaut. Carbamazepin induziert die Enzyme CYP1A2, CYP2C9, CYP2C19 und insbesondere CYP3A4, ebenso Glukuronyltransferase und Epoxidhydrolase. 5 Antimanische und rezidivprophylaktische Plasmakonzentrationen sind nicht definiert; angestrebt werden sollten Konzentrationen, wie sie in der Epileptologie Anwendung finden; sie sollten insbesondere zur Vermeidung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen kontrolliert werden (. Tab. 2.3). Plasmakonzentration: 6–12 mg/l(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störungenz, wenn Lithium nicht oder nicht ausreichend wirksam ist oder wenn Kontraindikationen gegen Lithium bestehen. Die rezidivprophylaktische Wirksamkeit von Carbamazepin ist durch Studien relativ schlecht belegt. 5 Verhütung zerebraler Krampfanfälle im Alkoholentzugssyndromz (nur unter stationären Bedingungen), 7 Kap. 7. 5 Eine antimanische Wirkung ist nachgewiesen; für diese Indikation besteht aber keine Zulassung. 5 Unter einer Langzeitbehandlung mit Carbamazepin, insbesondere zur frühzeitigen Erkennung von hepato- und hämatotoxischen NW, sind Routinekontrollen notwendig (. Tab. 2.3). ! Aufklärung über Frühsymptome einer Knochenmarkschädigung (Fieber,
Halsschmerzen, Mundulzera, Hämatome) und einer Leberfunktionsstörung (Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gelbfärbung der Haut); bei Leukozytenzahl < 4000/mm3 Kontrolle Differenzialblutbild (einschließlich Thrombozytenzahl).
5 Vor Behandlungsbeginn Ausschluss von Herzrhythmus- bzw. Überleitungsstörungen durch EKG.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Regelmäßige Kontrollen der Plasmakonzentration notwendig (12 ± 0,5 h nach der letzten und vor der morgendlichen Einnahme); Plasmakonzentration kann noch Wochen nach Behandlungsbeginn abfallen (Enzyminduktion). 5 Hinweis für teratogenes Risiko 7 15.4; vor Behandlungsbeginn ist ein Schwangerschaftstest durchzuführen. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 2.3. Dosierung 5 Einschleichend aufdosieren, da NW v. a. initial bei hohen Anfangsdosen und rascher Dosissteigerung auftreten. 5 Beginn mit 200–400 mg/d; Dosissteigerung i. Allg. um 200 mg/d; Maximaldosis: Timonil®, Tegretal®, Tegretal® retard 800 mg/dz; Timonil® retard 900 mg/dz. Dosierung je nach Plasmakonzentration; Verteilung auf 3–4 Einnahmen täglich, bei Retardpräparaten sind 1–2 Gaben ausreichend. Nebenwirkungen Sie treten bei alleiniger Verabreichung von Carbamazepin (Monotherapie) seltener als bei gleichzeitiger Gabe anderer Antikonvulsiva (Kombinationstherapie) auf. Ein Großteil der NW kann dosisabhängig, insbesondere bei Behandlungsbeginn, auftreten und verschwindet meist nach 8–14 Tagen oder nach vorübergehender Dosisreduktion. Daher einschleichend dosieren. Sehr häufig: Schwindel, Somnolenz, Sedierung, Ataxie, Veränderungen von Leberfunktionswerten, Leukopenie. Häufig: Kopfschmerzen, Doppelbilder, allergische Hautreaktionen mit/ohne Fieber, Eosinophilie, Thrombozytopenie, Appetitlosigkeit, Mundtrockenheit, Nausea, Hyponatriämie, Ödeme. Gelegentlich: Kopfschmerzen, Verwirrtheitszustände, unwillkürliche Bewegungsstörungen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Halluzinationen, Leukozytose, Agranulozytose, Bradykardie, Herzrhythmusstörungen, Leberversagen, aseptische Meningitis mit Myoklonus, erhöhte Prolaktinspiegel, Geschmacksstörungen. Es wurde in einigen Studien unter langfristiger Gabe von Carbamazepin eine verminderte Knochendichte festgestellt. Bei Risikopatienten (über lange Perioden immobilisiert, keine Sonnenexposition, geringe Kalziumaufnahme) sollte eine Vitamin-D-Substitution erwogen werden. ! Die sehr selten auftretende exfoliative Dermatitis bei Stevens-Johnson-
17
Syndrom bzw. Lyell-Syndrom ist lebensbedrohlich (sofort absetzen!). Keine Kombination von Carbamazepin mit anderen potenziell knochenmarkstoxischen Substanzen (Clozapin).
2.11 · Präparate
165
2
Kontraindikationen 5 Reizleitungsstörungen, insbesondere AV-Block, bekannte Knochenmarkschäden, akute intermittierende Porphyrie. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Niereninsuffizienz; kardiale Vorschädigung. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH und mit Clozapin oder anderen potenziell knochenmarkstoxischen Substanzen. 5 Wegen struktureller Ähnlichkeit mit Imipramin sollte Carbamazepin Patienten, die auf Imipramin oder andere TZA mit Hautveränderungen oder anderen allergischen Reaktionen reagiert haben, nicht gegeben werden. 5 Häufigere Plasmaspiegelkontrolle bei Kombination mit Lithium und Antipsychotika (insbesondere Quetiapin) nötig. 5 Vorsicht bei Kombination Pharmaka, die eine Hyponatriämie induzieren können, z. B. SSRI, Venlafaxin, Diuretika (SIADH!). 5 Besonders bedeutsam sind die CYP3A4-induzierenden Effekte. Dadurch kann es zu einem beschleunigten Abbau von Medikamenten kommen, die Substrate von CYP3A4 sind (z. B. Quetiapin oder Aripiprazol, Ciclosporin, viele Chemotherapeutika), mit dem Risiko einer Wirkabschwächung (. Tab 17.6). 5 Nach Absetzen von Carbamazepin kann es durch Nachlassen der Induktion von CYP3A4 zu einem Anstieg der Plasmakonzentrationen von Präparaten kommen, die Substrate von CYP3A4 sind, z. B. Erythromycin (. Tab.17.6). Dies kann zu vermehrten NW bis hin zur Toxizität führen. 5 Die gleichzeitige Gabe von Carbamazepin mit Paracetamol kann die Bioverfügbarkeit von Paracetamol vermindern. 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP3A4-Inhibitoren, wie z. B. Erythromycin oder Ritonavir, wegen des Anstiegs der Carbamazepin-Plasmakonzentration und dadurch vermehrten Carbamazepin-NW bis hin zur Toxizität (7 Anhang INT). 5 Die gleichzeitige Gabe von Carbamazepin mit Paracetamol kann die Bioverfügbarkeit von Paracetamol vermindern. Bewertung Antikonvulsivum mit antimanischer Wirkung; die rezidivprophylaktische Wirkung bei bipolarer affektiver Störung ist relativ schlecht belegt; als Antimanikum nicht zugelassen, jedoch zur Rezidivprophylaxe, wenn Lithium versagt hat, unter Lithium rasche Phasenwechsel auftreten oder eine Behandlung mit Lithium nicht möglich ist. Bei manischen Syndromen ist die Wirksamkeit von Valproinsäure, die zudem akut besser handhabbar ist, besser belegt. Carbamazepin hat gegenüber Lithium wahrscheinlich Vorteile bei der Akutbehandlung schizoaffektiver Störungen. Jedoch ist bei Kombi-
166
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
nation mit einem AAP die Möglichkeit der pharmakokinetischen Interaktion bedeutsam, möglichst kein Quetiapin und kein Aripiprazol in der Kombinationsbehandlung. Eine Kombination mit Clozapin ist kontraindiziert. Lamotrigin Antikonvulsivum 3,5-Diamino-6-(2,3-dichlorphenyl)-1,2,4-triazin Lamictal (GlaxoSmithKline) Tbl. 2 mg (30 Tbl), 5 mg (42 Tbl.), 25 mg (42 Tbl.), 50 mg (42, 98, 2 x 98 Tbl.), 100/200 mg (2 x 98 Tbl.) Lamo TAD (TAD Pharma) Lamotrigin AbZ (AbZ-Pharma) Lamotrigin acis (acis Arzneimittel) Lamotrigin AL (Aliud Pharma) Lamotrigin 1A (1A Pharma) Lamotrigin Aristo (Aristo Pharma) Lamotrigin axcount (axcount) Lamotrigin Basics (Basics) Lamotrigin beta (betapharm) Lamotrigin biomo (Biomo Pharma)
Lamotrigin CT (CT Arzneimittel) Lamotrigin Desitin (Desitin) Lamotrigin dura (Mylan dura) Lamotrigin HEXAL (HEXAL) Lamotrigin Holsten (Holsten) Lamotrigin-Hormosan (Hormosan) Lamotrigin-neuraxpharm (neuraxpharm) Lamotrigin-ratiopharm (ratiopharm) Lamotrigin Sandoz (Sandoz) Lamotrigin STADA (STADA) Lamotrigin Teva (Teva Generics) Lamotrigin Valeant (MEDA) Lamotrigin Winthrop (Winthrop)
Pharmakodynamik 5 Antikonvulsivum, dessen Wirkungsmechanismus bei bipolaren affektiven Störungen nicht sicher definiert ist. Wahrscheinlich ist die Interaktion mit spannungsgesteuerten Natriumkanälen von Bedeutung. Pharmakokinetik 5 Rasche, fast vollständige Resorption; max. Plasmakonzentrationen werden nach ca. 2,5 h gemessen. 5 HWZ nach Einmalgabe ungefähr 33 h (Bereich 14–103 h); da Lamotrigin seinen eigenen Metabolismus induziert, kann bei Mehrfachgabe die HWZ um bis zu 25 % sinken. Gleichzeitige Verabreichung von Enzyminduktoren (z. B. Carbamazepin, Phenytoin) verkürzt die HWZ auf etwa 14 h; bei gleichzeitiger Gabe von Valproinsäure steigt die HWZ auf ca. 70 h (Hemmung des Lamotrigin-Metabolismus durch Valproinsäure). 5 Metabolisierung durch Glukuronidkonjugation, Epoxidbildung durch CYP2A6. 5 Therapeutischer Bereich in der antiepileptischen Therapie ist nicht etabliert. Plasmakonzentrationen von Lamotrigin werden bei unzureichendem Ansprechen oder zu erwartenden pharmakokinetischen Wechselwirkungen empfohlen. Dosierung nach individueller Wirksamkeit und Verträglichkeit, übliche Plasmakonzentration bei Standarddosierung zur Rezidivprophylaxe: 3‒14 mg/l(p).
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Prävention depressiver Episoden bei Patienten mit Bipolar-I-Störung und überwiegend depressiven Episodenz. 5 Deutliche Hinweise auf Wirksamkeit bei schweren (nicht bei leichten) depressiven Episoden bei bipolarer Depression (off label) (7 2.4.2, Bipolare Depression). 5 Die antimanische Wirksamkeit von Lamotrigin ist nicht ausreichend belegt. 5 Hinweis auf teratogenes Risiko 7 15.4; vor Behandlungsbeginn sollte ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden; Routineuntersuchungen . Tab. 2.3. Dosierung 5 Die Dosissteigerung sollte sehr langsam erfolgen, um das Risiko von Hautreaktionen zu minimieren. 5 Beginn mit einer Einmaldosis von 25 mg/d in den ersten 14 Tagen; Dosissteigerung auf 50 mg/d in einer Einmaldosis für weitere 14 Tage; weitere Dosissteigerung bis zum Erreichen des gewünschten Therapieeffekts in Schritten von 50–100 mg alle 1–2 Wochen möglich; Erhaltungsdosis 100–200 mg/d, auch verteilt auf 2 Einzelgaben, Maximaldosis 400 mg/dz. 5 Werden gleichzeitig enzyminduzierende Pharmaka (z. B. Carbamazepin) verabreicht, kann die Dosissteigerung in der Regel schneller erfolgen. Beginn mit 50 mg/d für die ersten 14 Tage, Steigerung auf 100 mg/d für weitere 14 Tage. 5 Bei gleichzeitiger Verabreichung von Valproinsäure muss die Dosissteigerung langsamer erfolgen. Beginn mit 25 mg/d jeden 2. Tag in den ersten 14 Tagen, Steigerung auf 25 mg/d für weitere 14 Tage, weitere Dosissteigerung in Schritten von 25–50 mg alle 1–2 Wochen. ! Bei gleichzeitiger Verabreichung von Lamotrigin und Valproinsäure muss
besonders vorsichtig dosiert werden mit Kontrolle der Plasmakonzentrationen beider Medikamente.
Nebenwirkungen Sehr häufig: Kopfschmerzen, Somnolenz, Aggressivität, Übelkeit, Erbrechen, Hautausschlag, Doppeltsehen, verschwommenes Sehen. Häufig: Müdigkeit, Schlaflosigkeit Schwindel, Nystagmus, Reizbarkeit, Tremor, Ataxie, Arthralgie, Schmerzen, gastrointestinale Beschwerden. Bei Therapie mit Lamotrigin kommt es relativ häufig (bei ca. 10 % der Patienten), v. a. zu Beginn der Behandlung, zu Hautreaktionen. Die Häufigkeit von Hautreaktionen nimmt zu, wenn hohe Anfangsdosierungen gegeben werden bzw. die Aufdosierung zu rasch erfolgt. Bei Kombination mit Valproinsäure muss die Lamotrigin-Dosis zu Beginn besonders niedrig gewählt und sehr langsam aufdosiert werden (s. oben, Pharmakokinetik und Dosierung). Wenn Lamotrigin in einer nicht zugelassenen Indikation
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gegeben wird, sollte der Patient über die Möglichkeit von auch potenziell lebensbedrohlichen Hautreaktionen besonders aufgeklärt werden. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Stevens-Johnson-Syndrom, Nystagmus, Konjunktivitis. Sehr selten Verwirrtheit, Halluzinationen, toxische epidermale Nekrolyse. ! Selten werden auch schwere, lebensbedrohliche allergische Haut- und
Schleimhautreaktionen beobachtet (Quincke-Ödem, Stevens-JohnsonSyndrom, Lyell-Syndrom). Diese Erkrankungen sind in wenigen Fällen auch tödlich verlaufen. Den Hautreaktionen können andere systemische Manifestationen einer Überempfindlichkeitsreaktion (Fieber, Lymphadenopathie) vorausgehen. Der Patient sollte vor Behandlungsbeginn über diese Frühsymptome aufgeklärt werden. Unter sehr langsamer Aufdosierung, besonders zu Beginn, sind dann die Hautreaktionen sehr selten.
Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen. Interaktionen 5 Lamotrigin induziert seinen eigenen Metabolismus nur geringfügig. Die Plasmakonzentration kann nach Mehrfachgabe um max. 25 % abfallen. 5 Enzyminduktoren beschleunigen den Abbau von Lamotrigin. Dazu zählen Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital und Primidon. 5 Valproinsäure hemmt den Abbau von Lamotrigin. Unter der Kombination von Valproinsäure und Lamotrigin wurden Tremor, Ataxie, Müdigkeit und Sedierung beobachtet. 5 Sertralin kann die Toxizität von Lamotrigin durch eine Erhöhung der Plasmakonzentration von Lamotrigin erhöhen. 5 Lamotrigin wird in der Leber metabolisiert; die Bindung an Plasmaproteine beträgt 55 %. Die Substanz konkurriert mit Valproinsäure um die hepatische Glukuronidierung, sodass bei Kombination mit Valproinsäure die Lamotrigin-Plasmakonzentrationen erheblich ansteigen können. Die Kombination mit leberenzyminduzierenden Arzneimitteln (Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon) führt zur Beschleunigung des Metabolismus. Bei Patienten mit mäßiger Leberfunktionsstörung sollte die Dosis um 50 %, mit schwerer Störung um 75 % erniedrigt werden. 5 Lamotrigin besitzt ein geringes enzyminduzierendes Potenzial (s. oben, Induktion des eigenen Metabolismus), das wahrscheinlich nicht klinisch relevant ist. Die Substanz besitzt kein pharmakokinetisches Hemmpotenzial. 5 Östrogenhaltige orale Kontrazeptiva senken die Lamotrigin-Plasmakonzentration um ca. 50 % (Anpassung der Lamotrigin-Dosis erfor-
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derlich), im einwöchigen einnahmefreien Intervall steigt der Plasmaspiegel bereits deutlich an. Umgekehrt grenzwertige Reduktion der Levonorgestrel-Plasmakonzentration durch Lamotrigin, sodass eine Verminderung der kontrazeptiven Wirksamkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Bewertung Lamotrigin ist für die Rezidivprophylaxe depressiver Episoden bei bipolaren Störungen wertvoll. Es scheint auch bei gemischten Episoden wirksam zu sein, eine Wirksamkeit bei Rapid Cycling scheint fraglich. Sollten beim Rapid Cycling depressive Episoden im Vordergrund stehen, sollte zunächst aber dennoch Lamotrigin gewählt werden. Bei der bipolaren Depression ist Lamotrigin in der Akutbehandlung nur bei schwerem Ausprägungsgrad der Depression wirksam, nicht bei der leichten (aber nicht zugelassen). Lamotrigin sollte sehr langsam aufdosiert werden. Lithiumsalze Antimanika, Stimmungsstabilisierer
Lithiumsulfat Lithiofor (Vifor Pharma) Tbl. (50, 100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl. 660 mg, Lithiumgehalt pro Tbl. 12 mmol
Lithiumaspartat Lithium-Aspartat (Köhler-Pharma) Tbl. (100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl. 500 mg, Lithiumgehalt (pro Tbl. 3,2 mmol)
Lithiumcarbonat Hypnorex retard (Sanofi-Aventis) Tbl. (50, 100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl. 400 mg, Lithiumgehalt pro Tbl. 10,8 mmol Lithium Apogepha (Apogepha) Tbl. (50, 100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl. 295 mg, Lithiumgehalt pro Tbl. 8 mmol
Quilonum retard (GlaxoSmithKline) Tbl. (50, 100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl. 450 mg, Lithiumgehalt pro Tbl. 12,2 mmol
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Pharmakodynamik 5 Wirkung auf Signaltransduktionssysteme und Neurotransmitterrezeptoren (7 2.2). Pharmakokinetik 5 Nahezu vollständige enterale Resorption; Tmax = 4–4,5 h (Lithiumcarbonat); keine Metabolisierung; ausschließlich renale Ausscheidung; Eliminations-HWZ von der Präparationsform abhängig. 5 HWZ durchschnittlich 24 h, beim älteren Menschen 30–36 h und beim Jugendlichen etwa 18 h. Lithium-Plasmakonzentrationen
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5 Plasmakonzentration für antimanische Wirkung: 0,9–1,1 mmol/lp. 5 Plasmakonzentration für rezidivprophylaktische Wirkung: 0,6– 0,8 mmol/lp. Die Konzentration von 0,6 mmol/l sollte nach einer neuen Studie möglichst nicht unterschritten werden. 5 Bei unzureichendem Ansprechen individuelle Erhöhung auch längerfristig möglich. 5 Bei älteren Patienten können niedrigere Dosen bzw. Plasmakonzentrationen notwendig sein, wenn eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber neurotoxischen Wirkungen bekannt ist. 5 Plasmakonzentration für Lithium-Augmentation: Anzustreben sind 0,6– 0,8 mmol/l; im höheren Lebensalter sind evtl. 0,4 mmol/l ausreichend. Mindestens 3-wöchige Durchführung einer Plasmakonzentrationsmessung zur sicheren Effizienzbeurteilung empfehlenswert.
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akutbehandlung manischer Syndromez. 5 Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störung, rezidivierender manischer Episoden (auch im Rahmen schizoaffektiver Psychosen) und Episoden einer Major Depressionz (7 1.11.3). 5 Lithium-Augmentation bei therapieresistenten Depressionenz (7 1.12.4). 5 Eine klassische (euphorische) Manie sowie eine leichte depressive Episode können mit Lithium behandelt werden. Bei wenigen Vorphasen ist Lithium gegenüber Valproinsäure zur Rezidivprophylaxe zu bevorzugen. 5 Akuttherapie und Prophylaxe schizoaffektiver Störungen 5 Geringe therapeutische Breite, keine Toleranzentwicklung. 5 Routineuntersuchungen 7 2.9. ! Zusätzlich sollte vor Beginn einer Therapie mit Lithium die Nierenfunktion
nach dem folgenden Schema kontrolliert werden: 5 Bestimmung der Kreatinin-Clearance im 24-h-Sammelurin, alternativ: estimated GFR (eGFR), Ermittlung mittels MDRD(Modification of Diet in Renal Disease)-Formel (möglicherweise ermittelt man hierdurch eine zu niedrige GFR),
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falls Kreatinin-Clearance < 70 ml/min: Kontrollbestimmung der GFR mit Isotopen-Clearance (z. B. 99 mTc-DTPA), 5 falls GFR < 60 ml/min: Konsultation eines Nephrologen, Erwägen therapeutischer Alternativen, 5 falls GFR < 30 ml/min: Lithium-Behandlung strikt kontraindiziert. > CAVE
Nach plötzlichem Absetzen treten manische Syndrome wahrscheinlich häufiger auf als im naturalistischen Verlauf (Absetzmanie).
Hinweis auf teratogenes Risiko 7 15.3; vor Behandlungsbeginn ist ein Schwangerschaftstest durchzuführen. Dosierung 5 Lithium sollte in Retardform mit der Hauptdosis abends verabreicht werden. Einige Autoren, aber auch die Fachinformationen, empfehlen die abendliche Einmalgabe, damit nebenwirkungsträchtige Konzentrationsspitzen vom Patienten »verschlafen« werden. 5 Die tägliche Tabletteneinnahme richtet sich nach der Lithium-Plasmakonzentration, die im Steady State kontrolliert wird (7 Box 11). SteadyState-Bedingungen sind nach einer Woche erreicht. Grundsätzlich: Verdopplung der Dosis führt zur Verdopplung der Lithium-Konzentration im Plasma (linearer Verlauf). 5 Rasche Aufdosierung notwendig; sollte wegen möglicher initialer NW nur unter stationären Bedingungen erfolgen. Kontrolle der LithiumKonzentration im Plasma in kurzen Intervallen von 2–3 Tagen. 5 Lithium-Augmentation: Unter Kontrolle der Plasmakonzentrationen (7 Box 11). ! Die Zeitabstände für die Blutentnahmen für Lithium (pünktlich 12 ± 0,5 h
nach letzter Tabletteneinnahme, morgens vor Einnahme der Medikamente) sind der . Tab. 2.3 zu entnehmen.
Vorgehen für die einzelnen Präparate Bei manischen Syndromen:
5 Schnelle Aufdosierung wird in der Regel von manischen Patienten gut toleriert. Zur Rezidivprophylaxe:
5 Lithiumacetat (Quilonum®): Behandlungsbeginn erfolgt mit 2 × 1 Tbl./d. Wenn nach einer Woche die Lithium-Plasmakonzentration > 0,8 mmol/l liegt, wird die Dosis um ½–1 Tbl. reduziert; wenn die Lithium-Plasmakonzentration < 0,6 mmol/l liegt, wird die Medikation um ½–1 Tbl. erhöht. 5 Lithiumaspartat (Lithium-Aspartat®): Behandlungsbeginn einschleichend mit 3 Tbl./d, danach 6‒12 Tbl. auf 2–3 Einnahmen verteilt unter Kontrolle der Lithium-Plasmakonzentrationen. Hinweis: Verlässli-
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che Dosierungsempfehlungen sind schwierig, da pharmakokinetische Ergebnisse zu diesem Präparat nur eingeschränkt vorliegen. 5 Lithiumcarbonat (Hypnorex retard® und Lithium Apogepha®): Beginn mit 2 × 1 Tbl./d, bei älteren Patienten mit 2 × ½ Tbl./d. Quilonum retard®: Beginn mit 1,5 Tbl./d (morgens ½, abends 1), bei älteren Patienten mit 2 × ½ Tbl./d. Dosierungsanpassung entsprechend LithiumPlasmakonzentrationen wie oben beschrieben. Nebenwirkungen Zahlreiche Patienten nehmen langfristig Lithiumsalze ohne unerwünschte Wirkungen ein. Relativ häufig treten jedoch zu Beginn einer Lithium-Behandlung NW auf, die später wieder spontan verschwinden. Initiale NW sollten nicht zu einem Behandlungsabbruch führen, deshalb ist die vorherige Aufklärung des Patienten von besonderer Bedeutung. Häufigste Gründe für das Absetzen der Lithiumsalze durch den Patienten sind subjektiv erlebte kognitive Störungen, Gewichtszunahme, Tremor und Polyurie. Bei Tremor sollte, falls der Patient nicht schon primär darauf eingestellt wurde, zunächst auf ein Retardpräparat umgestellt werden; zur Koffeinkarenz sollte angehalten werden. Ein zentralgängiger β-Rezeptorenblocker (z. B. Propranolol) kann versucht werden. Ggf. muss die Lithium-Dosis reduziert werden. Bei Kombination mit Antipsychotika oder Antidepressiva wurde über das Auftreten von malignen neuroleptischen Syndromen, Delirien bzw. von Serotoninsyndromen berichtet. Die kausale Rolle von Lithium im Rahmen dieser Kombinationstherapien ist jedoch unklar. Einzellfallbeschreibungen eines Brugada-Syndroms (plötzliche Bewusstlosigkeit, Herzstillstand, Herzrhythmusstörungen), das bei Disposition unter Lithium-Therapie »demaskiert« wird. Eine Übersicht über mögliche NW von Lithiumsalzen gibt . Tab. 2.4. . Tab. 2.4 Nebenwirkungen bei Behandlung mit Lithium Organsystem
Nebenwirkungen
Therapie/Bemerkungen
Neurologisch/psychiatrisch
Feinschlägiger Tremor (-h-)
β-Rezeptorenblocker (z. B. Propranolol 3 × 10–40 mg)
Kognitive Störungen (-h-)
Als besonders störend empfunden, jedoch kein sicherer Hinweis auf langfristige Auswirkungen auf kognitive Funktionen
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Müdigkeit (-s-)
Initial
Muskelschwäche (-s-)
Initial, gelegentlich aber Funktionsstörung der peripheren Nerven (verminderte Leitungsgeschwindigkeiten und Amplituden der Aktionspotenziale)
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. Tab. 2.4 Fortsetzung Organsystem
Nebenwirkungen
Therapie/Bemerkungen
Renal
Polyurie, Polydipsie (-h-)
Initial
Nierenfunktionsstörungen bis hin zum Nierenversagen (verminderte Konzentrationsleistung, renaler Diabetes insipidus) (-s-)
Bei Absetzen von Lithium in aller Regel reversibel; unklar, ob histologische Veränderungen auftreten
Glomerulonephritis (Minimal-change-Typ) (-s-)
Äußerst selten; nur wenige Fälle in der Literatur
Elektrolyt-/ Wasserhaushalt
Gewichtszunahme (-h-)
Kalorienarme Diät bei normaler Kochsalzzufuhr
Haut
Alopezie, Follikulitiden, Pruritus, Exazerbationen von Psoriasis
Ggf. absetzen
Gastrointestinal
Diarrhöen, Übelkeit, Völlegefühl, Appetitverlust (-h-)
Initial
Endokrinium
Struma, TSH-Anstieg (-h-)
Substitution mit Schilddrüsenhormonen
Hypothyreose (-s-)
Mitbehandlung durch Endokrinologen
Hyperparathyreoidismus (-s-)
Mitbehandlung durch Endokrinologen
Beeinflussung des Kohlenhydratstoffwechsels (-s-)
Senkung oder Erhöhungen der Blutglukosekonzentration beschrieben
Repolarisationsveränderungen im EKG (-s-)
Reversibel
Arrhythmien (-s-)
Sehr selten, eher bei vorbestehenden Herzerkrankungen
Leukozytosen (-h-)
Reversibel, in der Regel unproblematisch
Kardiovaskulär
Hämatologisch
Gesichts- und Knöchelödeme (-s-)
(-h-) häufig, (-s-) selten, TSH Thyreotropin.
Lithiumintoxikation ! Bei Lithium-Plasmakonzentrationen > 1,6 mmol/l kann es zu Intoxikati-
onserscheinungen kommen. Da die Schwelle für Intoxikationszeichen individuell verschieden ist, können im Einzelfall erste Symptome einer
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Lithium-Intoxikation auch bei niedrigeren Lithium-Plasmakonzentrationen auftreten (schon bei therapeutischen Plasmakonzentrationen möglich).
Ursachen einer Lithium-Intoxikation 5 Überdosierung (akzidentell oder suizidal). 5 Kalium- oder Kochsalzmangel (z. B. natriumarme Diät, Diuretika, starkes Schwitzen, Diarrhö, sonstige Flüssigkeitsverluste). 5 Nierenfunktionsstörungen mit Elektrolytverschiebungen. 5 Verminderung der renalen Lithium-Clearance durch nichtsteroidale Antiphlogistika oder ACE-Hemmer. Klinische Symptome einer Lithium-Intoxikation (7 18.2.2)
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5 Übelkeit, Erbrechen, Durchfall 5 Grobschlägiger Händetremor 5 Abgeschlagenheit, psychomotorische Verlangsamung, Vigilanzminderung 5 Schwindel, Dysarthrie, Ataxie 5 Später: Rigor, Hyperreflexie, Faszikulationen, zerebrale Krampfanfälle, Schock; Bewusstseinstrübung bis zum Koma; Herz-Kreislauf-Stillstand
Maßnahmen bei einer Lithium-Intoxikation (7 18.2.2) Kontraindikationen 5 Schwere Nierenfunktionsstörungen (z. B. bei Glomerulonephritis, Pyelonephritis), Störungen des Natriumhaushalts, Addison-Erkrankung. 5 Relative Kontraindikationen: Krankheiten, die zu Nierenfunktionsstörungen führen können, z. B. Hypertonie bzw. Arteriosklerose; kardiale Vorschädigung; Gicht. Weiterhin: stark reduzierter Ernährungs- und Kräftezustand; zerebrale Anfallsbereitschaft, M. Parkinson, Myasthenia gravis; Hypothyreose; Psoriasis vulgaris. 5 Vor Narkosen oder Operationen Lithium 2–3 Tage vorher absetzen. Eine EKB ist unter Lithium-Therapie möglich, ein erhöhtes NW-Risiko ist jedoch zu beachten (verstärkte Gedächtnisstörungen). Wenn Lithium unter EKB weiter gegeben wird, sollte auf zusätzliche Psychopharmaka verzichtet werden. Interaktionen Bei der Behandlung mit Lithium sind mögliche Interaktionen mit anderen Medikamenten zu beachten (. Tab. 2.5). Bewertung Medikament zur Akutbehandlung des manischen Syndroms (bei schweren, auch psychotischen Manien sind aber AAP oder eine Kombination mit AAP indiziert) und zur Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störungen. Zur Rezidivprophylaxe der depressiven Episode nur relativ gering wirksam. Bei wenigen Vorphasen ist Lithium zur Rezidivprophylaxe (vor Valproin-
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säure) zu bevorzugen; neue Studien favorisieren Lithium vor Valproinsäure in der Rezidivprophylaxe insgesamt. Valproinsäure ist aber besser verträglich als Lithium. Wahrscheinlich haben Lithium und Carbamazepin vergleichbare Effekte bei der Rezidivprophylaxe von schizoaffektiven Störungen, jedoch ist Lithium Carbamazepin unterlegen bei rein schizodepressiven Verläufen und bei im Vordergrund stehender psychotischer Symptomatik. Lithium hat sich zur Augmentation bei der therapieresistenten Depression bewährt (7 1.12.4). . Tab. 2.5 Interaktionen Lithium Komedikation
Art der Interaktion
Psychopharmaka Antidepressiva: MAOH
Fraglich vermehrte Lithium-NW; jedoch evtl. bessere antidepressive Wirkung durch Lithium-Zugabe
SSRI
Vermehrte Lithium-NW bis zur Neurotoxizität möglich mit allen SSRI, auch Duloxetin und Venlafaxin Cave: zentrales Serotoninsyndrom. Jedoch evtl. bessere antidepressive Wirkung durch Lithium-Augmentation
TZA
Evtl. verstärkter Tremor; evtl. bessere antidepressive Wirksamkeit durch Lithium-Augmentation
Andere Antidepressiva
Kein Hinweis auf Interaktion mit Mirtazapin oder Reboxetin
Antipsychotika
Vermehrte Lithium- und/oder Antipsychotika-NW, z. B. auch EPS, in Einzelfällen bis hin zur Neurotoxizität (EEGVeränderungen, Delir, Krampfanfälle); evtl. erhöhtes Risiko für malignes neuroleptisches Syndrom unter Lithium-Zugabe, in sehr seltenen Einzelfällen irreversible Bewegungsstörungen mit persistierenden EEG-Veränderungen beschrieben
Carbamazepin
Vermehrte NW von Lithium und/oder Carbamazepin bis hin zur Neurotoxizität möglich, ggf. auch bei therapeutischen Plasmakonzentrationen
Phenytoin
Vermehrte NW von Lithium und/oder Phenytoin bis hin zur Neurotoxizität möglich, ggf. auch bei therapeutischen Plasmakonzentrationen
Andere Pharmaka ACE-Hemmer
Erhöhte Lithium-Plasmakonzentration, dadurch vermehrte Lithium-NW. Cave: Nephrotoxizität; häufige Lithium-Plasmakonzentrationskontrollen notwendig
Acetazolamid
Vermehrte Lithium-Ausscheidung mit erniedrigten Lithium-Plasmakonzentrationen
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. Tab. 2.5 Fortsetzung Komedikation
Art der Interaktion
Antibiotika: Ampicillin, Tetrazykline, Aminoglykoside, Metronidazol
Evtl. erhöhte Lithium-Plasmakonzentration, dadurch vermehrte Lithium-NW bis hin zur Intoxikation möglich Cave: Nephrotoxizität; häufigere Lithium-Plasmakonzentrationskontrollen notwendig
Nichtsteroidale Antiphlogistika
5
Cave: Intoxikationsrisiko durch verminderte renale Lithium-Clearance; berichtet für Rofecoxib und Celecoxib; häufigere Plasmakonzentrationskontrollen notwendig; bisher keine Interaktionen mit ASS berichtet
Clonidin
Abschwächung der blutdrucksenkenden Wirkung von Clonidin möglich
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Digoxin
Herzglykosidwirkung evtl. verstärkt, Gefahr von Rhythmusstörungen evtl. begünstigt; Abschwächung der antimanischen Wirkung von Lithium möglich
Diuretika, v. a. Thiaziddiuretika (z. B. Hydrochlorothiazid), aber auch kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Triamteren)
Cave: Intoxikationsrisiko durch verminderte renale Lithium-Clearance; Schleifendiuretika (z. B. Furosemid, Etacrynsäure) erhöhen Lithium-Plasmakonzentration in geringerem Ausmaß. Thiaziddiuretika können sinnvoll sein bei nephrogenem Diabetes insipidus (Verminderung von Polyurie und Polydipsie), sie zeigen einen paradoxen antidiuretischen Effekt, der möglicherweise zur Wasserretention und Lithium-Intoxikation führt
Kaliumiodid
Verstärkte thyreostatische Wirkung
Kalziumantagonisten vom Typ Diltiazem und Verapamil
Evtl. verstärkte Neurotoxizität
Ketamin
Vermehrte Lithium-NW
Methyldopa
Evtl. erhöhte Lithium-Plasmakonzentration, dadurch vermehrte Lithium-NW bis hin zur Intoxikation, in Ausnahmefällen auch bei therapeutischen Plasmakonzentration
Methylxanthine (Theophyllin, Koffein)
Senkung der Lithium-Plasmakonzentration durch erhöhte renale Lithium-Clearance
Muskelrelaxanzien (Pancuronium, Suxamethonium)
Verlängerte neuromuskuläre Blockade (in Einzelfällen um mehrere Stunden); Lithium präoperativ absetzen
Natriumbicarbonat
Vermehrte Lithium-Ausscheidung mit niedrigeren Plasmakonzentration
Sympathikomimetika
Abschwächung der blutdrucksteigernden Wirkung der Sympathikomimetika möglich
Thyreostatika
Verstärkte thyreostatische Wirkung
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Valproinsäure Antikonvulsivum 2-Propylpentansäure Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Konzentrationsangaben für die folgenden Präparate auf die Salze der Valproinsäure. Die Menge an Valproinsäure selbst pro Tablette bzw. Kapsel ist etwas geringer. In den USA ist die äquimolare Mischung aus Valproinsäure und Natriumvalproat als Divalproex® erhältlich. Ergenyl® und Orfiril® unterscheiden sich hinsichtlich der quantitativen Zusammensetzung von Natriumvalproat (in Orfiril®) und Valproinsäure (Kombination in Ergenyl®). Convulex (Lundbeck) Convulsofin (AWD Pharma) Ergenyl (Sanofi-Aventis) Tbl. 150/ 300/ 500 mg (50, 100, 200 Filmtbl.) Ergenyl chrono (Sanofi-Aventis) Tbl. 300/ 500 mg (50, 100, 200 Retardtbl.) Ergenyl chronosphere (Sanofi-Aventis) Stck. 100/ 250/ 500/ 750/ 1000 mg Retardgranulat (50, 100, 200 Btl.) Leptilan (Dolorgiet) Orfiril (Desitin) Drg. 150/ 300/ 600 mg (50, 100, 200 magensaftresistente Drg.) Orfiril long (Desitin) Kps. 150/ 300 mg (50, 100, 200 Retardkps.) Stck. 500/ 1000 mg Retardminitabletten (50, 100, 200 Btl.)
Valpro AL (Aliud Pharma) Valproat AbZ (AbZ Pharma) Valproat (chrono) CT (CT Arzneimittel) Valproat chrono Winthrop (Winthrop) Valproat (chrono) HEXAL (HEXAL) Valproat (chrono) neuraxpharm (neuraxpharm) Valproat Sandoz (Sandoz) Valproat STADA (STADA) Valpro beta (betapharm) Valproinsäure-ratiopharm (ratiopharm) Valproinsäure Valeant (MEDA Pharma) Valpro TAD (TAD Pharma)
Pharmakodynamik 5 Antikonvulsivum, dessen antimanischer und rezidivprophylaktischer Wirkmechanismus nicht sicher definiert ist. Pharmakokinetik 5 Schnelle, fast vollständige Resorption; das Plasmakonzentrationsmaximum wird nach Einnahme einer Retardtablette/-kapsel innerhalb von 6–8 h erreicht. Steady-State nach 3–4 Tagen. 5 Metabolisierung im Wesentlichen durch Glukuronidierung, daneben durch CYP2A6, CYP2B6, CYP2C9 und β-Oxidation. 5 Bindung zu 90–95 % an Plasmaproteine, v. a. Albumine; bei höheren Dosierungen nimmt die freie Fraktion zu. 5 HWZ bei Retardpräparaten im Mittel 18 h, weitgehend unverändert bei Langzeittherapie; Zunahme bei Lebererkrankungen.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Kontrollen der Plasmakonzentration sind v. a. zu Therapiebeginn, aber auch bei Incompliance sowie mangelnder Wirksamkeit sinnvoll (12 ± 0,5 h nach der letzten und vor der morgendlichen Einnahme). Plasmakonzentration (wie in der Epilepsiebehandlung): 50–100 mg/ l(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Manische Syndromez. 5 Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störungenz (nur Ergenyl chrono®, Ergenyl chronosphere® und Orfiril long®). Weder unretardierte Valproinsäure noch Präparate zur i.v.-Gabe sind für die Behandlung bipolarer Störungen zugelassen. Retardierte Präparate sind besser verträglich. 5 Euphorische und gereizte Manien können mit Valproinsäure behandelt werden. Vor allem bei häufigen Vorphasen ist Valproinsäure zur Rezidivprophylaxe zu bevorzugen. 5 Eine Langzeitbehandlung mit Valproinsäure fordert notwendige Routinekontrollen, insbesondere zur frühzeitigen Erkennung von Störungen von Leber, Bauchspeicheldrüse, Knochenmark und Gerinnung (. Tab. 2.3, 7 2.9). 5 Zur Wirksamkeit beim Alkoholentzugssyndrom 7 7.2.1. 5 Aufklärung über Frühsymptome möglicher Organschädigungen (Knochenmarkschädigung: Fieber, Halsschmerzen, Mundulzera, Hämatome; Hepatitis, Pankreatitis: Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen). 5 Hinweis für teratogenes Risiko 7 15.4, vor Behandlungsbeginn ist ein Schwangerschaftstest durchzuführen. 5 Weitere Routineuntersuchungen . Tab. 2.3 Dosierung 5 Beginn mit 500–1000 mg/d, verteilt auf 1–2 Einzeldosen; Erhaltungsdosis bei Erwachsenen in der Regel 1200–2000 mg/d, je nach Plasmakonzentration (s. Pharmakokinetik). Maximaldosis: Orfiril long® 2500 mg/dz, Ergenyl chrono® und Ergenyl chronosphere® 2000 mg/dz. 5 Um einen raschen antimanischen Effekt innerhalb von 2‒3 Tagen zu erzielen, wird empfohlen, von Beginn an mit einer Tagesdosis von 20 mg/kg KG zu behandeln (loading); in der Akutphase der Manie wurden Plasmakonzentrationen bis 120 mg/l gut vertragen. Ein noch rascherer antimanischer Effekt lässt sich möglicherweise durch die i.v.Gabe von Valproinsäure erreichen; hierzu liegen bisher aber erst Einzelfallberichte vor. Auch bei i.v.-Verabreichung kann von Beginn an die Zieldosis gegeben werden. Nebenwirkungen Zentralnervöse Nebenwirkungen: Häufig: Schläfrigkeit, Tremor, Parästhesien.
2.11 · Präparate
179
2
Gelegentlich: Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Hyperaktivität, Verwirrtheit, Stupor bis hin zum transienten Koma, Spastizität, Ataxie. Selten: chronische Enzephalopathien mit neurologischer Symptomatik. Störungen der Leberfunktion, Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: Sehr häufig: Hyperammonämie. Häufig: Gewichtszunahme oder -abnahme, Diarrhö, Übelkeit. Gelegentlich: Schwerwiegende (bis tödlich verlaufende) Leberfunktionsstö-
rungen, Hypersalivation. Selten: Schädigung der Bauchspeicheldrüse, teilweise mit tödlichem Verlauf, nach Absetzen reversibles Fanconi-Syndrom. Blutbildveränderungen, Störungen des Immunsystems: Häufig: Thrombozytopenie, Leukozytopenie. Gelegentlich: Periphere Ödeme, Blutungen. Selten: Lupus erythematodes, Erythema multiforme. Störungen der Geschlechtsorgane: Selten: Dysmenorrhö, polyzystische Ovarien. Sonstige Nebenwirkungen: Dosisabhängig häufig: Vorübergehender Haaraus-
fall. Einzelfälle von Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom und reversibler Hypothermie. Es wurde in einigen Studien unter langfristiger Gabe von Valproinsäure eine verminderte Knochendichte festgestellt. Bei Risikopatienten (über lange Perioden immobilisiert, keine Sonnenexposition, geringe Kalziumaufnahme) sollte eine Vitamin-D-Substitution erwogen werden. ! Bei gleichzeitiger Einnahme von valproinsäurehaltigen Präparaten und
Antikoagulanzien oder Antiaggreganzien kann es zu erhöhter Blutungsneigung kommen. Deshalb werden bei gleichzeitiger Anwendung regelmäßige Kontrollen der Blutgerinnungswerte empfohlen.
Kontraindikationen 5 Mittel- bis schwergradige Leberinsuffizienz, auch in der Familienanamnese; hepatische Porphyrie; Blutgerinnungsstörungen. 5 Relative Kontraindikationen: Knochenmarkschädigungen; metabolische Erkrankungen, insbesondere angeborene Enzymopathien, Niereninsuffizienz und Hypoproteinämie; Lupus erythematodes. Interaktionen 5 Bei Kombination mit Acetylsalicylsäure wurden vermehrte Valproinsäure-NW berichtet, in Einzelfällen bis hin zur Neurotoxizität; Cave: verlängerte Blutungszeit. 5 Es wurden zwei Fälle von Stevens-Johnson-Syndrom bei Kombination mit Aripiprazol berichtet.
180
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Bei Kombination mit Valproinsäure vorsichtig und unter Kontrolle der Plasmaspiegel dosieren (vermehrt NW), da Valproinsäure den Abbau von Lamotrigin hemmt. 5 Abnahme der HWZ bei Kombination mit enzyminduzierenden Substanzen wie Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Rifampizin, Ethinylestradiol oder Levonorgestrel unter Kontrolle der Plasmaspiegel (beschleunigte Clearance von Lamotrigin). Bewertung Antikonvulsivum mit antimanischer und rezidivprophylaktischer Wirkung; in der Regel besser verträglich als Lithium. Eine früher angenommene bessere Wirksamkeit zur Rezidivprophylaxe gegenüber Lithium, v. a. bei häufigen Krankheitsphasen, ist nach neuesten Studien nicht mehr sicher anzunehmen.
181
3
Antipsychotika
3.1
Übersicht
Antipsychotika sind eine chemisch heterogene Gruppe von Pharmaka mit antipsychotischem Wirksamkeitsschwerpunkt und unterschiedlichem Nebenwirkungsprofil. Der häufig synonym verwendete Begriff »Neuroleptikum« ist historisch bedingt und wird international immer mehr durch den Begriff Antipsychotikum ersetzt. Dieser weist auf die klinisch bedeutsame therapeutische Wirkung bei psychotischen Störungen, insbesondere schizophrenen Psychosen, hin. Eine Einteilung der Vielzahl entwickelter Substanzen ist historisch bedingt und nach verschiedenen Gesichtspunkten möglich, z. B. der chemischen Struktur, den dosisabhängig auftretenden antipsychotischen Wirkungen (»neuroleptische Potenz«) und Nebenwirkungen (NW), insbesondere extrapyramidalmotorischen Störungen (EPS), oder der »Atypie«. 3.1.1
Einteilung der Antipsychotika nach der chemischen Struktur
5 Trizyklische Antipsychotika: − Phenothiazine mit aliphatischer, Piperidyl- oder Piperazinyl-Seitenkette, Azaphenothiazine, − Thioxanthene (mit aliphatischer oder Piperazinyl-Seitenkette), Dibenzodiazepine, Dibenzothiazepine, Dibenzothiepine, Thienobenzodiazepine, 5 Butyrophenone, 5 Dichlorphenyl-Piperazinyl-Chiloninon, Diphenylbutylpiperidine, Benzisoxazol(-Piperidine), Benzisothiazylpiperazine, Phenylindol(- piperidine), 5 substituierte Benzamide. Die chemische Substanzklasse eines Antipsychotikums ist v. a. beim Auftreten von allergischen Reaktionen oder anderen Unverträglichkeiten sowie bei Therapieversagen von klinischer Bedeutung. Des Weiteren treten bestimmte NW substanzklassenabhängig häufiger auf (z. B. ist das Risiko für Krampfanfälle bei Phenothiazinen mit aliphatischer Seitenkette höher als bei piperazinsubstituierten Phenothiazinen, Thioxanthenen und Butyrophenonen; Blutbildschäden treten häufiger bei trizyklischen Substanzen auf).
182
Kapitel 3 · Antipsychotika
3.1.2
Einteilung der Antipsychotika nach der antipsychotischen Wirksamkeit (»neuroleptische Potenz«)
1 2 3 4 5 6
Die »neuroleptische Potenz« ist ein unscharfer, historisch begründeter Begriff, mit dessen Hilfe unter Berücksichtigung präklinischer und klinischer Daten (Blockade D2-artiger Dopaminrezeptoren, antipsychotische Wirksamkeit bezogen auf die verwendete Dosis) Antipsychotika auf einer Dimension mit Chlorpromazin (CPZ) als Bezugspunkt angeordnet werden. Bei den konventionellen Antipsychotika (KAP) korreliert die neuroleptische Potenz mit dem Ausmaß der D2-Blockade (. Tab. 3.2). 5 Hochpotent: In niedriger bis mittlerer Dosierung gute antipsychotische Wirkung ohne Sedierung. 5 Mittelpotent: Gute antipsychotische Wirkung mit mäßiger Sedierung. 5 Niederpotent: In niedriger bis mittlerer Dosierung geringe antipsychotische Wirkung bei deutlicher bis ausgeprägter Sedierung.
13
Die Einteilung der Antipsychotika in hoch-, mittel- und niederpotent ist vereinfachend und kann auf atypische Antipsychotika (AAP) nicht uneingeschränkt übertragen werden. Stattdessen können zum Vergleich der dosisabhängigen antipsychotischen Wirksamkeit (Positivsymptome) z. B. sog. Chlorpromazin-Dosisäquivalenzeinheiten Anwendung finden (. Tab. 3.1). 5 Ein Zusammenhang zwischen neuroleptischer Potenz und EPS gilt nur für niedrige Dosen von KAP: − Hochpotente Antipsychotika haben eine höhere dosisabhängige Wahrscheinlichkeit von EPS, niederpotente eine niedrigere dosisabhängige Wahrscheinlichkeit von EPS. − Ausprägung und Intensität von antipsychotikainduzierten EPS hängen auch von Dispositionsfaktoren ab. 5 Bei Anwendung hoher Dosen verwischen sich die Grenzen der Einteilung; dann zeigen hochpotente Antipsychotika zunehmend sedierende Wirkungen, und bei niederpotenten Antipsychotika nimmt der antipsychotische Effekt zu.
14
3.1.3
15
Es wird unterschieden zwischen 5 konventionellen Antipsychotika (KAP, syn. typische, herkömmliche oder klassische Antipsychotika, first-generation antipsychotics, FGA) und 5 atypischen Antipsychotika (AAP; syn. Atypika, neuere oder Antipsychotika der 2. Generation, novel antipsychotics, second-generation antipsychotics, SGA). Der Begriff AAP wird hier trotz Einschränkungen (s. unten) beibehalten, da zum einen Clozapin als Prototyp der AAP schon sehr lange verfügbar ist und daher konsequenterweise als FGA bezeichnet werden müsste. Zum anderen ist das geringe bis sehr
7 8 9 10 11 12
16 17
Einteilung der Antipsychotika nach ihren »atypischen« Eigenschaften
3
183
3.1 · Übersicht
. Tab. 3.1 Dosisabhängige antipsychotische Wirksamkeit und EPS-Risiko KAP
Antipsychotische Äquivalenzdosis [mg]a
EPSRisiko
AAP
Antipsychotische Äquivalenzdosis [mg]a
EPSRisiko
Benperidol
1
+++
Risperidon
1–2
+
Haloperidol
2
+++
Asenapin
2c
+
Fluphenazin
2
+++
Paliperidon
2–2,5
+
Flupentixol
2
++
Sertindol
2–3
(+)
Perphenazin
5–10
++
Olanzapin
3–5
(+)
Chlorpromazin (CPZ)b
100
+
Aripiprazol
6–8
0/(+)
Perazin
100
+
Ziprasidon
50–70
(+)
Chlorprothixen
150–300
(+)
Amisulprid
50–100
+
Levomepromazin
150–300
(+)
Clozapin
100–150
0b
Quetiapin
150–200
0/(+)
a
CPZ = 100; b Vergleichssubstanz (zur Schizophrenietherapie heute entbehrlich); c noch fehlende Äquivalenzstudien, berechnet aus empfohlener Dosierung. 0 (Plazeboniveau), (+), +, ++, +++: Grad des EPS-Risikos (dosisabhängig). Akathisien können unter allen Antipsychotika auftreten. Die Empfehlungen für die Dosierung in der Akuttherapie schizophrener Psychosen mit 300–1000 CPZEinheiten und für die Erhaltungstherapie mit 300–600 CPZ-Einheiten differieren zwischen verschiedenen Autoren z. T. erheblich und sind lediglich Orientierungshilfen (s. Dosierung 7 3.13, Präparate). EPS extrapyramidalmotorische Störungen, KAP konventionelle Antipsychotika, AAP atypische Antipsychotika.
geringe EPS-Risiko bei gleichzeitig antipsychotischer Wirksamkeit ein gemeinsames Merkmal der AAP, das eine Abgrenzung zu den meisten (hochpotenten) KAP klinisch gut ermöglicht. Unter AAP wurden anfänglich Antipsychotika subsumiert, die im Vergleich mit KAP folgende Charakteristika aufweisen sollten: 5 weniger EPS und Spätdyskinesien, 5 bessere antipsychotische Wirksamkeit, 5 bessere Wirksamkeit bei Therapieresistenz, 5 geringere Prolaktinerhöhungen, 5 bessere Wirksamkeit bei Negativsymptomatik.
12
13
14
15
16
17
Butyrophenon
Phenothiazin
Butyrophenon
Thienobenzazepin
Benzisoxazol
Phenothiazin
Haloperidolb
Levomepromazin
Melperonb
Olanzapinb
Paliperidonc
Perazin
Phenothiazin
Diphenylbutylpiperidin
Fluphenazin
Flupentixol
Fluspirilen
Dibenzodiazepin
Thioxanthen
Clozapinb
+
–
+
–
+
–
–
+
+
+
+
–
Butyrophenon
Thioxanthen
–
–
Dibenzooxepinpyrrol
Butyrophenon
Asenapin
Benperidol
Bromperidol
–
Chlorprothixen
–
11
Phenylpiperazinylchinolin
10
Benzamid
KAP, MP
AAP
AAP
KAP, NP (A)
KAP, NP
KAP, HP
KAP, HP
KAP, HP
KAP, HP
AAP
KAP, NP
KAP, HP
KAP, HP
AAP
AAP
AAP
0
0
++
0
0
+
+
++
++
++
++
+
0
+
0
0
++
+++
+++
+
+
+++
+++
+++
+++
+
+
+++
+++
+
+++
++
D2
7
Amisulprid
D1
++
+
+
+
+
+
++
+++
+++
++
+
++
++
++
+++
++
D3
6
Aripiprazola, b
9
Klinische Einteilung
++
+++
+++
++
+
0
+
++
++
+++
++
0
++
++
++
0
5-HT2
5
Trizyklisch
+
0
+++
0
++
0
0
0
0
+++
+
0
0
0
0
0
M1
4
Chemische Klasse
. Tab. 3.2 Rezeptorwirkungsprofile von Antipsychotika
++
+
+
+
++
++
0
++
+
+
+
+
+
+
+
0
α1
+++
+
+++
+
++
0
0
++
+
+++
+++
0
0
+
+
0
H1
1
Antipsychotikum
184 Kapitel 3 · Antipsychotika
2
3
8
Thioxanthen
Zuclopenthixol
+
–
+
–
KAP MP/HP
AAP
KAP NP
KAP MP (A)
AAP
AAP
AAP
KAP NP
KAP NP (A)
KAP HP
KAP, HP
Klinische Einteilung
++
+
+
0
++
0
+
?
0
0
0
D1
+++
++
++
+
+++
+++
+
+
+
+++
+++
D2
++
++
+
+++
+
+
+
?
+
+++
+++
D3
0
+++
++
0
+++
+++
+
?
++
++
++
5-HT2
+++
0
+++
0
0
0
0
?
0
0
0
M1
+++
+
+++
0
++
++
+
?
+
0
++
α1
+++
++
+
0
0
+
++
?
0
0
++
H1
Die Daten sind aus In-vitro-Rezeptoraffinitäten der Antipsychotika zusammengestellt und spiegeln daher nicht direkt die klinischen Wirkungen (in vivo) wider. Antipsychotika wirken primär als Antagonisten, d. h. blockierend an Neurotransmitterrezeptoren (. Tab. 3.3). Daneben werden durch höhere Konzentrationen Enzyme und Ionenkanäle gehemmt. a Partieller D /D -Agonist und 5-HT -Agonist; b D -Antagonist; c 9-OH-Risperidon. 2 3 1A 4 KAP konventionelle Antipsychotika, AAP atypische Antipsychotika, HP hochpotent, MP mittelpotent, NP niederpotent, (A) KAP mit ausgeprägt atypischen Eigenschaften.
Benzisothiazin
Ziprasidonb
–
Benzamid
Indol
Sertindol
Phenothiazin
–
Benzisoxazol
Sulpirid
+
Dibenzothiazepin
Quetiapin
Risperidonb
Thioridazin
–
+
Butyrophenon
Phenothiazin
Pipamperon
Prothipendyl
+
–
Phenothiazin
Diphenylbutylpiperidin
Perphenazin
Pimozidb
Trizyklisch
Chemische Klasse
Antipsychotikum
. Tab. 3.2 Fortsetzung
3.1 · Übersicht 185
3
186
1 2 3 4 5 6 7 8
Kapitel 3 · Antipsychotika
Das zurzeit einzige AAP, das alle Forderungen weitgehend erfüllt, ist Clozapin. Die Übergänge zwischen »typisch« und »atypisch« sind fließend: 5 Einige KAP weisen ein nur geringes EPS-Risiko auf (z. B. Melperon, Pipamperon), sind aber auch in höherer Dosierung kaum geeignet, Positivsymptome zu behandeln. 5 Andererseits können auch unter AAP in höheren Dosen EPS auftreten; Akathisien treten unter allen AAP einschließlich Clozapin auf. 5 Ein malignes neuroleptisches Syndrom kann unter allen Antipsychotika auftreten. 5 Langzeitbeobachtungen zum Auftreten von Spätdyskinesien unter AAP sind noch unvollständig, vorliegende Daten unterstreichen jedoch das geringere Risiko für AAP. 5 Eine differenzielle Wirksamkeit einzelner AAP bei Therapieresistenz ist bisher außer für Clozapin nicht hinreichend nachgewiesen. 5 Auch KAP (z. B. Haloperidol, Flupentixol) können gegen Negativsymptome wirksam sein. In einer großen aktuellen Metaanalyse (150 randomisierte klinische Studien, RCT) wird keine generelle Überlegenheit von AAP bei Negativsymptomatik belegt. ! Obwohl generelle Unterschiede zwischen KAP und AAP auch in großen
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Metaanalysen nicht konsistent zu finden sind, bleibt das Konzept der »Atypie« (engl. atypicality) wichtig. AAP zeigen Vorteile gegenüber KAP durch ein deutlich geringeres Risiko an EPS einschließlich Spätdyskinesien und durch ein meist breiteres Wirksamkeitsspektrum. Nachteile sind häufig vermehrte metabolische Risiken (nicht Aripiprazol und Ziprasidon). Insgesamt sind v. a. AAP eine heterogene Substanzgruppe mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.
3.1.4 Klinische Wirkungsprofile der Antipsychotika 5 Die wichtigsten Ansatzpunkte für die Behandlung mit Antipsychotika sind Symptome und Defizite bei schizophrenen Störungen. Insbesondere werden Positiv- und Negativsymptomatik unterschieden, immer mehr gewinnen aber kognitive Defizite und die depressive Symptomatik als Zieldimensionen für die Behandlung schizophrener Störungen an Bedeutung. − Positivsymptomatik: Wahn, Halluzinationen, inkohärentes Denken, bizarres Verhalten. Auch maniforme Symptome können im Zusammenhang meist mit Positivsymptomen auftreten. − Negativsymptomatik: Affektverflachung, sprachliche Verarmung, Antriebsstörung, sozialer Rückzug. Die Negativsymptome treten besonders prodromal und im Langzeitverlauf in den Vordergrund und können ohne wesentliche Positivsymptomatik bestehen (primäre Negativsymptomatik). In der Akutphase werden sie häufig von Positivsymptomen überlagert, mitbedingt oder verstärkt, im Langzeitverlauf bestehen oft Überschneidungen mit depressiver Symp-
3.1 · Übersicht
5 5 5
5
5 5
5
187
3
tomatik, EPS und psychosozialen Auswirkungen der Erkrankung (sekundäre Negativsymptomatik). − Weitere Dimensionen sind kognitive Störungen (Störungen im Bereich von Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Informationsverarbeitung) und eine depressive Symptomatik (depressive Verstimmung, Hoffnungslosigkeit, Suizidalität), die oft schwer von der Negativsymptomatik abzugrenzen ist (insbesondere Anhedonie). − Katatone Symptome (Stupor, Mutismus, psychomotorische Erregung oder Hemmung, Haltungsstereotypien, Negativismus, Rigidität und Flexibilitas cerea, Echophänomene, Befehlsautomatismen, verbale Perseverationen) können bei schizophrenen Psychosen und bei affektiven oder organisch bedingten Störungen auftreten. − Während akuter Exazerbationen schizophrener Störungen stehen v. a. Positivsymptome im Vordergrund, während im weiteren Verlauf Negativsymptome, Depressivität und kognitive Defizite häufig das klinische Bild dominieren. Nach einer neuen Metaanalyse bestehen keine grundsätzlichen Wirksamkeitsunterschiede zwischen KAP und AAP bezüglich Positiv- und Negativsymptomatik. Für Clozapin und andere AAP wurde allerdings in einigen Studien eine günstigere Wirkung auf Negativsymptome als für KAP gezeigt. Für nahezu alle AAP wurden gegenüber KAP überlegene antidepressive Eigenschaften im Rahmen der Behandlung schizophrener Störungen beschrieben. Die vorliegenden prospektiven kontrollierte Studien können diesen Vorteil bisher allerdings nicht belegen; andererseits zeigen AAP zur Augmentation bei therapierefraktären depressiven Störungen (Quetiapin auch mit Zulassung zur Behandlung schwerer Depressionen) positive Ergebnisse; hierzu fehlen v. a. noch Langzeitstudien. Für die Behandlung kognitiver Störungen im Rahmen schizophrener Störungen können bislang keine differenziellen Therapieempfehlungen abgegeben werden, auch wenn Hinweise für Vorteile von AAP gegenüber KAP vorliegen. Psychomotorische Erregtheit und aggressives Verhalten können auch unabhängig von der Diagnose Schizophrenie auftreten: 7 Kap. 13, psychiatrische Notfallsituationen. Neben den gut evaluierten Wirkprofilen von Antipsychotika zur Behandlung schizophrener Störungen zeigen AAP auch Wirkungen auf andere psychopathologische Syndrome u. a. bei therapieresistenten depressiven, bipolaren Störungen, Angst- und Zwangsstörungen und Persönlichkeitsstörungen. Ein geringeres EPS-Risiko (v. a. tardive Dyskinesien) für AAP ist belegt – auch unter Berücksichtigung der Dosierung von KAP (meist Haloperidol). Dagegen kommt es unter den meisten AAP (nicht unter
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Aripiprazol und Ziprasidon) im Vergleich zu KAP vermehrt zu metabolischen Störungen. 5 In einer naturalistischen randomisierten, methodisch allerdings problematischen Langzeitstudie (CATIE) ergab sich im 1,5-Jahres-Verlauf bezüglich der Abbruchrate im Vergleich zu Perphenazin ein geringer Vorteil für Olanzapin, nicht aber für andere AAP (Risperidon oral, Quetiapin, Ziprasidon) sowie eine Überlegenheit von Clozapin bei Patienten, die auf andere AAP (Olanzapin, Risperidon, Quetiapin) nicht angesprochen hatten. Nach 2-monatiger Behandlung ergaben sich in dieser Studie keine Unterschiede in der Wirkung auf kognitive Symptome, auch eine weitere Studie (CutLAss) konnte keine generellen oder differenziellen Vorteile der AAP gegenüber KAP (meist Perphenazin) bezüglich Indikatoren der Kosteneffektivität und der Lebensqualität nachweisen. In einer weiteren kontrollierten Studie ergab sich ein Vorteil von Risperidon oral und Olanzapin gegenüber Haloperidol und Quetiapin bezüglich des Relapse-Risikos innerhalb eines Jahres. 5 Der aktuelle Stand zum Vergleich von AAP und KAP und zum Vergleich der AAP untereinander belegt auf der Grundlage von Metaanalysen im Wesentlichen, dass die AAP eine heterogene Gruppe bezogen auf Wirksamkeit und Verträglichkeit, aber auch im Hinblick auf die Vollständigkeit der vorliegenden Daten, darstellt. In einem generellen Vergleich wurden Clozapin, Amisulprid, Olanzapin und Risperidon als wirksamer (Positiv- und Negativsymptomatik) gegenüber KAP bei der Behandlung schizophrener Störungen gefunden. 5 Metaanalysen zu einzelnen AAP: − Amisulprid: etwas wirksamer als Ziprasidon, weniger metabolische Risiken als Olanzapin und Risperidon. − Aripiprazol: gering wirksamkeitsschwächer als Olanzapin, gleich wirksam wie Risperidon; im NW-Profil stellte sich Aripiprazol eindeutig günstiger dar. − Clozapin: im Vergleich mit KAP möglicherweise bessere Akut- und Prophylaxewirksamkeit, bekanntes hohes NW-Risiko, im Vergleich mit anderen AAP hohe Wirksamkeit. − Olanzapin: wirksamer als andere AAP außer Clozapin und Amisulprid, dabei größere metabolische Risiken als andere AAP außer Clozapin. − Quetiapin: wenig konsistente Datenlage, häufig frühe Beendigungen der Behandlung, etwas geringere Wirksamkeit als Olanzapin und Risperidon, geringes EPS-Risiko, jedoch häufig Sedierung und Gewichtszunahme. − Risperidon: keine aktuellen Daten zum direkten Vergleich mit anderen AAP. − Sertindol: im Vergleich zu Risperidon kein Wirksamkeitsunterschied, weniger EPS, mehr kardiale NW und Gewichtszunahmen; keine Vergleiche mit anderen AAP.
3.2 · Wirkmechanismen
189
3
− Ziprasidon: etwas weniger wirksam als Olanzapin, Risperidon und Amisulprid, jedoch günstigeres metabolisches Profil. 3.2
Wirkmechanismen
Der eigentliche Wirkmechanismus der Antipsychotika ist heute noch unbekannt. Man kennt zwar verschiedene Wirkungsebenen (durch Verhaltensexperimente beim Tier, Rezeptorblockaden in vitro und in vivo [. Tab. 3.3] sowie bildgebende Verfahren [PET]), ihre Bedeutung für die Ursache der antipsychotischen Wirksamkeit ist jedoch weiterhin nicht gesichert. Weiteres 7 3.13, jeweiliges Präparat unter »Pharmakodynamik«. 5 Ein wesentlicher Mechanismus der Antipsychotika ist die Dämpfung der dopaminergen Überaktivität; allen Antipsychotika ist auch die Blockade D2-artiger Dopaminrezeptoren gemeinsam. D2-artige Rezeptoren (D2/3/4) erniedrigen die intrazelluläre Konzentration von cAMP; D1-artige (D1/5) erhöhen sie. Dabei zeigen sich unterschiedliche Affinitäten zu den Dopaminrezeptorsubtypen D1–5. 5 Es gibt 3 wichtige dopaminerge Neuronensysteme mit unterschiedlicher Verteilung der Dopaminrezeptorsubtypen im ZNS: − nigrostriatales System: verantwortlich für Kontrolle der Motorik, damit auch für EPS, − mesolimbisches/mesokortikales System: vermutlich Hauptangriffsort und verantwortlich für die antipsychotische Wirkung, − tuberoinfundibuläres System: vermittelt die neuroendokrinologischen NW, insbesondere Prolaktinanstieg. 5 Die Bedeutung eines zusätzlichen 5-HT2A-Antagonismus für einen günstigen Effekt auf Negativsymptome wird für die meisten AAP (außer Amisulprid), aber auch für neuere Substanzen diskutiert (Asenapin, Iloperidon), ist aber als notwendiger Mechanismus jedoch weiterhin umstritten (s. auch bei Amisulprid). 5 Einige Antipsychotika blockieren zusätzlich 5-HT2(A,B,C)-, α1-, α2-, H1- und muskarinische Acetylcholin(mACh)-Rezeptoren (M1–5). Für Iloperidon (5-HT2-/D2-Rezeptorantagonist, ausgeprägter α2CRezeptorantagonismus; in USA zugelassen als Fanapt®; geplant für Europa: Zomaril®) wurden QTc-Verlängerungen ähnlich wie für Ziprasidon berichtet. 5 Einige Antipsychotika binden auch an 5-HT6- (Asenapin, Clozapin, Olanzapin, Sertindol, Ziprasidon, Zotepin, aber auch Chlorpromazin, Chlorprothixen, Fluphenazin) und 5-HT7-Rezeptoren (Clozapin, Pimozid, Quetiapin, Risperidon, Sertindol, Ziprasidon). 5 Der Wirkmechanismus von Aripiprazol und weiteren in der Erprobung stehenden AAP (SLV313, F15063, SSR-181507) besteht in einer partiellen dopaminagonistischen Wirkung an D2-artigen Rezeptoren
(»Dopamin-Systemstabilisierer«) sowie einer partiell agonistischen
190
1 2 3
Kapitel 3 · Antipsychotika
. Tab. 3.3 Klinische Konsequenzen der Rezeptorblockade durch Antipsychotikaxe Beeinflusster Rezeptortyp
Induzierte erwünschte oder unerwünschte Wirkung
H1-Rezeptorblockade
Sedierung, Schläfrigkeit, Potenzierung zentral dämpfender Wirkung, Gewichtszunahme
mACh-Rezeptorblockade (M1–M5)
Akkommodationsstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks, Mundtrockenheit, Sinustachykardie, Obstipation, Harnverhalt, Merkfähigkeitsstörungen, Delir
α1-Rezeptorblockade
Orthostatische Hypotension, Benommenheit, Schwindel, Reflextachykardie, Ejakulationsstörungen, verstopfte Nase
α2-Rezeptorblockade
Indirekt sympathomimetische Wirkungen (Steigerung von Blutdruck und Herzfrequenz), Verbesserung der Erektion, Ängstlichkeit, Unruhe, Verstärkung der antipsychotischen Wirkung (?)
D2-Rezeptorblockade mesolimbisch-mesokortikal nigrostriatal tuberoinfundibulär hypothalamisch Area postrema
Antipsychotischer Effekt, Libidostörungen, Anhedonie (?), EPS, Prolaktinanstieg, Zyklus- und sexuelle Funktionsstörungen, Störungen der Thermoregulation (in der Regel Hypothermie), antiemetische Wirkung
5-HT2A-Rezeptorblockade
Leichte Sedierung, Zunahme der Tiefschlafphasen, Verbesserung von Negativsymptomatik (?), Hemmung der Thrombozytenaggregation (?)
5-HT2C-Rezeptorblockade
Appetit- und Gewichtszunahme, Abnahme des durch D2-Blockade verursachten Prolaktinanstiegs
Partieller Agonismus an 5-HT1ARezeptoren
Anxiolyse, auch Kopfschmerzen, Übelkeit, Verstärkung der antipsychotischen Wirkung (?)
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Weitere Wirkungen und Nebenwirkungen sind durch andere Rezeptorsysteme vermittelt (z. T. noch nicht vollständig aufgeklärt) oder allergisch (v. a. Hautreaktionen, Photosensibilisierung) bzw. toxisch (z. B. Störungen der Hämatopoese, Leberenzymerhöhung) bedingt. mACh muskarinische Acetylcholinrezeptoren, EPS extrapyramidalmotorische Störungen.
3.2 · Wirkmechanismen
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Wirkung am serotonergen 5-HT1A-Rezeptor bei antagonistischer Wirkung an 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren (Aripiprazol). 5 Die Ursachen für das Fehlen oder ein seltenes Auftreten von EPS bei AAP (»Atypie«) sind nicht vollständig geklärt; eine Blockade von D4und/oder 5-HT2A/C-Rezeptoren wird diskutiert. Außerdem könnte die Interaktion mit Subtypen von mACh-Rezeptoren eine Rolle spielen. Regionalspezifisch wird ein Dopaminrezeptorantagonismus überwiegend begrenzt auf mesolimbische Neurone von Clozapin, Olanzapin und Quetiapin diskutiert. Neue pharmakologische Ansätze 5 Glutamaterge Dysfunktion: Eine dopaminerg-glutamaterge Imbalance wird als Erklärungsansatz für Schizophrenien herangezogen, da Ketamin und Phencyclidin (PCP) als Antagonisten am glutamatergen N-Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Rezeptor schizophrenieähnliche Symptome einschließlich kognitiver Defizite und Negativsymptome induzieren können. Vielversprechend in Bezug auf antipsychotische Wirksamkeit und Verträglichkeit sind Studien mit selektiven mGlu2/3Rezeptoragonisten (z. B. LY2140023/LY404039, LY354740) und mGlu2-Rezeptoraktivatoren (z. B. LY-487379). Sie entfalten ihre Wirkungen wahrscheinlich über die Reduktion der präsynaptischen Glutamatfreisetzung; sie können die Wirkung von PCP aufheben. − Eine Serie von Untersuchungen zur therapeutischen Wirksamkeit von NMDA-Glycin-Agonisten (Glycin, D-Serin, D-Cycloserin) zeigte Verbesserungen der Negativsymptomatik und kognitiver Defizite bei Patienten mit Schizophrenie. Ähnliche Wirkungen könnten selektive Inhibitoren des Typ-1-Glycintransporters (GLY-T1) entfalten (Verbesserung der synaptischen Verfügbarkeit von Glycin und verbesserte NMDA-Transmission, z. B. SSR504734). − Dysregulationen und Veränderungen der Genexpression ionotroper Glutamatrezeptoren umfassen nach neuen Befunden neben glutamatergen NMDA- und AMPA-Rezeptoren (GluR1–4) auch Kainatrezeptoren (GluR5). AAP, wie z. B. Clozapin und Olanzapin, beeinflussen im Gegensatz zu Haloperidol bei längerfristiger Gabe frontale und hippokampale, nicht jedoch striatale Glutamatrezeptoren (v. a. AMPA-Rezeptoren). Stimulatoren von AMPA-Rezeptoren (u. a. Piracetam, Benzothiazide, Biarylpropylsulfonamide, AMPAkine) sind vielversprechend zur Behandlung von kognitiven Störungen im Rahmen verschiedener neuropsychiatrischer Störungen. 5 Die reduzierte Dichte nikotinischer α7-Rezeptoren und muskarinischer M1-Rezeptoren sowie eine erhöhte Dichte von GABAA-Rezeptoren (v. a. temporaler Kortex) bei Patienten mit Schizophrenie könnten Ansatzpunkte für pharmakologische Strategien bilden (ein selektiver α7-Rezeptoragonist, DMXBA, ist in Erprobung). N-Desmethylclozapin
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3.3
Kapitel 3 · Antipsychotika
ist ein potenter M1-Agonist, während die Muttersubstanz M1-antagonistische Wirkungen hat. Die Phospholipidmembran-Hypothese postuliert Störungen des Phospholipidmetabolismus bei schizophrenen Erkrankungen. Die Gabe von Omega-3-Fettsäuren konnte in klinischen Studien bei manifester Schizophrenie bisher nicht überzeugen; eine neue Arbeit zeigte allerdings eine Wirksamkeit (12 Wochen 1,2 g/d) zur Verhinderung des Manifestationsrisikos bei präpsychotischen Syndromen (Alter 13–25 J.). In Erprobung befindlich sind Neurokinin-3(NK3)-Rezeptorantagonisten (Talnetant, Osanetant); erste klinische Studien zeigen geringe NW (v. a. kaum EPS und Gewichtszunahme) und günstige Effekte auf kognitive Symptome, insgesamt aber eher enttäuschende Ergebnisse. Weitere Studien untersuchen den Einfluss der Katechol-O-MethylTransferase(COMT)-Hemmer Tolcapon (Tasmar®) und Entacapon (Comtess®) auf kognitive Symptome bei Schizophrenien (beide Substanzen sind zugelassen bei M. Parkinson), insbesondere in Verbindung mit genetischer Charakterisierung (Val(158)Met-Polymorphismus). Die Ergebnisse zur kognitionsverbessernden Wirkung von Modafinil (7 Kap. 10) bei schizophrenen Störungen sind widersprüchlich. Erythropoietin als add-on befindet sich noch in einem experimentellen Stadium; erste Studien zeigen potenziell neuroprotektive Effekte (BDNF-Erhöhung) mit positiver Wirkung auf kognitive Symptome.
Allgemeine Therapieprinzipien
5 Vor Beginn einer Antipsychotikatherapie sollte, wenn immer möglich, eine differenzierte Diagnostik erfolgen, u. a. zum Ausschluss von organisch bedingten oder substanzinduzierten Störungen, aber auch zur Feststellung des schizophrenen Subtyps bzw. der Zielsymptomatik und möglicher komorbider Störungen, die einer gesonderten Behandlung bedürfen oder die Auswahl eines bestimmten Antipsychotikums begründen können (s. unten). 5 Bei der Auswahl zur Behandlung der individuellen Zielsymptomatik sind pharmakodynamische (Wirkprofil) und pharmakokinetische Eigenschaften (Wirkungseintritt und -dauer, Interaktionen) zu berücksichtigen. Zudem erfolgt die Auswahl eines Antipsychotikums allgemein nach: − früherem Ansprechen, − Patientenpräferenz (ggf. Patientenverfügung), − NW-Profil, − erwarteter Compliance.
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5 In allen Krankheitsphasen schizophrener Störungen sollte der Gesamtbehandlungsplan mit medikamentöser Therapie und psychosozialen Therapiemaßnahmen (7 3.5) bei unterschiedlicher Schwerpunktsetzung berücksichtigt werden: − In der Akutphase liegt der Schwerpunkt auf der Medikation. − In der Stabilisierungsphase und der Phase der Rezidivprophylaxe bzw. Symptomsuppression (Langzeittherapie) gewinnen psychosoziale Maßnahmen in Kombination mit einer verträglichen Antipsychotikabehandlung zunehmend an Bedeutung. 5 Die Therapiemöglichkeiten sollten von Beginn an unter Berücksichtigung der Schwere und Art der aktuellen Symptomatik mit dem Patienten besprochen werden. Im Vordergrund stehen: − Herstellung einer tragfähigen und kontinuierlichen Arzt-PatientenBeziehung (therapeutische Allianz), − Therapiemotivation, − Vermittlung eines Krankheitskonzepts, − Förderung und Festigung der Compliance, − Psychoedukation unter Einbeziehen von Bezugspersonen bzw. Familienangehörigen, − Verbesserung der Lebensqualität des Patienten. 5 Möglichst frühzeitiger Behandlungsbeginn v. a. bei einer schweren psychotischen Episode (auch an mögliche Eigen- oder Fremdgefährdung denken!). Mehrere Studien zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf eine Medikation abnimmt und die Prognose für den Patienten ungünstiger wird, wenn eine akute schizophrene Psychose – insbesondere bei einer Ersterkrankung – längere Zeit unbehandelt bleibt. Beim therapeutischen Vorgehen ist neben der Akuität und Zielsymptomatik auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine Ersterkrankung oder um ein Rezidiv handelt. 5 Wegen höherem Nebenwirkungs- und Interaktionsrisiko ist prinzipiell eine Antipsychotika-Monotherapie anzustreben. Der Stellenwert von Kombinationstherapien (7 3.12.3) ist trotz der häufigen klinischen Verwendung derzeit durch Studien noch nicht geklärt. 5 Nach Therapiebeginn ist frühzeitig (ggf. nach 1‒2 Wochen) und dann regelmäßig eine Nutzen-Risiko-Bewertung der Antipsychotika und auch anderer Therapiestrategien vorzunehmen. Gleichwohl sind Antipsychotika-Effekte teilweise auch noch nach Monaten nachweisbar (v. a. bei Clozapin). 3.4
Indikationen
Antipsychotika sind nosologieübergreifend wirksam. Die primäre Indikation der Antipsychotika erfolgt nach Zielsymptomen und -syndromen. Hauptindikationen stellen die verschiedenen Subtypen der Schizophrenie
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Kapitel 3 · Antipsychotika
sowie schizotype und wahnhafte Störungen und zunehmend für AAP auch affektive Störungen (derzeit insbesondere bipolare Störungen, 7 Kap. 2) dar. Viele Antipsychotika (insbesondere niederpotente) zeigen darüber hinaus eine unspezifische Wirkung bei psychomotorischer Unruhe und Anspannung. Es ist derzeit mit wenigen Ausnahmen nicht möglich, aus den pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Wirkungen der verschiedenen Antipsychotika klinisch relevante Schlüsse zur Differenzialindikation abzuleiten, 7 Box 1 und 7 3.1.4.
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Gesicherte Wirksamkeit von Antipsychotika bei psychiatrischen Indikationen
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Schizophrene Störungen Schizoaffektive Störungen Andere organische Psychosen (z. B. Alkoholpsychosen) Bipolare Störungen (mittelschwere bis schwere manische Episode einer bipolaren Störung, bipolare Depression, Rezidivprophylaxe 7 Kap. 2) Tief greifende Entwicklungsstörungen 5 Bestimmte neuropsychiatrische Erkrankungen (z. B. Tic-Störungen, L-Dopa-induzierte Psychosen) 5 Demenzassozierte Verhaltensstörungen 7 6.4.7 5 Depressionen mit psychotischen Symptomen (in Kombination mit Antidepressiva) 5 Augmentationstherapie bei unipolarer Depression 7 1.12.4 5 Augmentationstherapie bei therapierefraktären Angst- und Zwangsstörungen 5 Syndromorientierte Therapie bei Persönlichkeitsstörungen 5 Schmerzsyndrome 5 Schlafstörungen 5 Unruhe und Erregungszustände, auch im Rahmen von Notfallsituationen Der Zulassungsstatus einzelner Antipsychotika findet sich in 7 3.13, Präparate
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3.4.1 Schizophrene Störungen Die Schizophrenie ist eine neuronal-zerebrale Entwicklungsstörung mit frühem Beginn (prä-/perinatal), die sich häufig erst im späteren Verlauf zeigt. Bei schizophrenen Störungen kommt es bis zur klinischen Erstmanifestation in der Regel über Jahre zu zunehmend charakteristischen Störungen. Die initialen Vorstadien schizophrener Störungen lassen sich unterteilen: 5 Unspezifisches Vorstadium (früh): Häufig bereits motorische, soziale, affektive und kognitive Auffälligkeiten in Kindheit und Jugend. Uncharakteristische und oft diskrete Störungen von Antrieb, Affekt, Denken, Sprechen und Wahrnehmen; Anzeichen erhöhter Reizbarkeit, Anspan-
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nung und geringer Belastbarkeit. Am häufigsten stehen Depressivität und Negativsymptome (etwa 80 %) am Beginn schizophrener Störungen, die zunächst unspezifischen Symptome treten durchschnittlich etwa 5 Jahre vor den ersten Positivsymptomen auf (Mannheimer ABCStudie). Die Symptome können in der Regel erst retrospektiv als Schizophrenieprodrom gewertet werden und werden in neueren Früherkennungsstudien als »psychosefernes Prodrom« bezeichnet. 5 Prodromalstadium mit erhöhtem Risiko für den Übergang in eine schizophrene Störung (spät): Die Forschung zu Vorstadien und Risikofaktoren schizophrener Störungen mit dem Ziel der Früherkennung und Frühintervention konnte in den letzten Jahren Hochrisikokonstellationen ermitteln. Es sind »psychosenahe Prodrome«, d. h. kurze vorübergehende psychotische Symptomepisoden (brief limited intermittent psychotic symptoms, BLIPS) mit kurz anhaltenden Positivsymptomen und spontaner Remission oder mehrfach auftretende attenuierte psychotische Symptome (APS). Das Persistieren mindestens eines Positivsymptoms für mehr als eine Woche wird als Übergangsstadium zur schizophrenen Störung angesehen (Frühpsychose, early psychosis). Das Risiko für den Übergang eines psychosenahen Prodroms in eine Schizophrenie ist mit etwa 30‒80 % erhöht; gleichwohl ist das Risiko »falsch-positiver« Vorhersagen mit etwa 30‒60 % ebenfalls sehr hoch. Zwischen psychosenahen Prodromen und der klinischen Erstmanifestation einer schizophrenen Störung liegen in der Regel 1‒3 Jahre, die Erstdiagnose liegt bei Männern häufig zwischen 20 und 25 Jahren, bei Frauen zwischen 25 und 30 Jahren, bei Frauen ist zudem ein zweiter Häufigkeitsgipfel ab dem 45. Lj. zu beobachten. Die Unterschiede der Latenz bis zum klinischen Vollbild sowie die in der Regel etwas bessere Prognose von Frauen mit Schizophrenie wird einem protektiven Effekt von Östrogenen zugeschrieben. Die Kombination von Risikofaktoren (familiäre/genetische Disposition verbunden mit Leistungsknick, ausgeprägte ungewöhnliche Denkinhalte und ausgeprägtes Misstrauen/paranoide Gedanken, schwere soziale Beeinträchtigungen, Substanzmissbrauch) innerhalb der Gruppe von Hochrisikoprobanden im Prodromalstadium hat prädiktive Bedeutung und kann eine Frühintervention begründen. Im Verlauf kommt es bei etwa 20‒30 % der schizophrenen Patienten wahrscheinlich auch ohne Therapie zu keinem erneuten Rezidiv und weitgehender Erholung (Remission und Recovery, s. unten); bei mindestens einem Drittel der Patienten erfolgen jedoch weitere Episoden, die sich jeweils durch erneute Prodromalstadien mit unterschiedlichen Prädiktoren ankündigen und sich im Anschluss zumindest partiell wieder zurückbilden können (Teilremission). Ein weiteres Drittel der Patienten zeigt einen rasch chronifizierenden Verlauf mit einem zumindest über Jahre hinweg zunehmenden oder weitgehend stabil wirkenden Restzustand, v. a. mit ausgepräg-
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ter Negativsymptomatik, aber auch mit persistierenden Positivsymptomen und kognitiven Defiziten. Die syndromale Unterteilung der Schizophrenien erfolgt nach ICD-10 in verschiedene kategoriale Unterformen und Verlaufsbilder. Gleichwohl orientiert sich die Therapie vorrangig u. a. an der bestehenden Symptomatik bzw. an Zielsyndromen. Zudem weisen einige Unterformen eine syndromale Überlappung auf und sind im Zeitverlauf bei Langzeituntersuchungen häufig nicht stabil. Bei den Unterformen der Schizophrenie treten in wechselnder Prägnanz Positiv- und Negativsymptomatik in den Vordergrund. Daneben können katatone Symptome, Depressivität und Suizidalität sowie kognitive Störungen das klinische Bild beherrschen. 5 Paranoide Schizophrenie (F20.0): Häufigster Subtyp, im Vordergrund stehen Positivsymptome. 5 Hebephrene Schizophrenie (F20.1): Affektive Veränderungen stehen im Vordergrund (meist flacher, inadäquater Affekt, Manierismen, flüchtige Halluzinationen, inkonsistenter Wahn, ungeordnetes Denken), früher Beginn und rasche Entwicklung von Negativsymptomen (v. a. Affektverflachung, Antriebsverlust) und desorganisiertem Verhalten. 5 Katatone Schizophrenie (F20.2): Psychomotorische Störungen (Erregung, Stupor, Negativismus, Mutismus, Bewegungsstereotypien, Haltungsverharren) stehen im Vordergrund und können mit traumhaftszenischen Halluzinationen (oneiroide Zustände) einhergehen. Vorübergehende isolierte katatone Symptome können bei jeder anderen Schizophrenieunterform und bei hirnorganischen sowie affektiven Störungen auftreten. 5 Undifferenzierte Schizophrenie (F20.3): Unterform, bei der verschiedene Positiv- und Negativsymptome meist weniger prägnant vorliegen und eine Zuordnung zu einer einzigen anderen Unterform nicht ermöglichen. 5 Postschizophrene Depression (F20.4): Depressive Episode, die im Anschluss an eine schizophrene Erkrankung auftritt. Im Vordergrund stehen depressive Symptome (Major Depression), schizophrene Positivund v. a. Negativsymptome sind noch vorhanden, beherrschen aber nicht das klinische Bild. 5 Schizophrenes Residuum (F20.5): Chronisches Stadium, im Vordergrund stehen insbesondere anhaltende Negativsymptome. 5 Schizophrenia simplex (F20.6): Unsichere Diagnose mit primärer Negativsymptomatik und kognitiven Defiziten, die sich schleichend progredient entwickeln. Phasenabhängige Pharmakotherapie schizophrener Störungen Abhängig von der Krankheitsphase können bei der Behandlung schizophrener Störungen verschiedene Ziele und Strategien unterschieden werden (7 3.5, psychosoziale Interventionen):
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Prävention und Frühintervention 5 Klassische Präventionsansätze (primär/sekundär/tertiär) sind auf schizophrene Störungen nicht gut anwendbar); statt dessen werden aktuell ein auf Risikofaktoren basierendes Präventionskonzept bevorzugt und verschiedene Präventionsmaßnahmen vorgeschlagen: universell (bezogen auf ganze Bevölkerungsgruppen ohne erkennbares Risiko), selektiv (medizinisch unauffällige Personen mit signifikant erhöhtem Erkrankungsrisiko) und indiziert (erkennbare Vorzeichen oder Frühsymptome, biologische Marker mit erhöhtem Risiko für die Manifestation). − Universelle Prävention: Die Reduktion der Inzidenz schizophrener Störungen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt müsste bereits präoder perinatal (Schwangerschafts- und Geburtsbetreuung), zumindest aber in der frühen Kindheit, erfolgen; sie lässt sich derzeit am ehesten in Form von protektiven psychosozialen Maßnahmen realisieren. Pharmakologische Interventionen sind hierfür nicht evaluiert. − Selektive Prävention: Bei psychosefernen Prodromi liegt der Schwerpunkt auf kognitiven und verhaltensbezogenen Maßnahmen, Antipsychotika sind hierfür nicht indiziert. − Indizierte Prävention: Zur Verhinderung des Übergangs in eine schizophrene Störung bei Vorliegen psychosenaher Prodromalsymptome (APS/BLIPS, Hochrisikopopulation, s. oben), u. U. auch zur konsequenten Frühtherapie bei Beginn der Erstmanifestation einer schizophrenen Störung (early psychosis), liegen erste Untersuchungen vor. Diese zeigen eine Reduktion der Übergangswahrscheinlichkeit in eine manifeste schizophrene Störung unter Behandlung mit Olanzapin (5‒15 mg), Risperidon (1‒2 mg) sowie mit Amisulprid oder Aripiprazol in niedriger Dosierung und nach aktuellen Daten auch mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren (1,2 g); allerdings sind die Studienergebnisse noch unsicher, sodass eine generelle pharmakologische Behandlung auch bei Vorliegen attenuierter oder kurz dauernder psychotischer Symptome noch nicht generell empfohlen werden kann. Die Risiken in Bezug auf Stigmatisierung durch Diagnosestellung und auch bezüglich der NW einer frühen Gabe antipsychotischer Medikation müssen berücksichtigt werden. Auch ist eine Identifikation jener Patienten, die von einer frühen antipsychotischen Intervention profitieren, immer noch schwierig. 5 Positive erste Befunde liegen für kognitiv-verhaltenstherapeutische Maßnahmen vor; auch die Gabe von Antidepressiva bei unspezifischen Prodromalstadien mit ängstlich-depressiver Symptomatik kann erwogen werden, eine offene Studie (Antidepressiva vs. AAP im Prodromalstadium) belegt diese Einschätzung.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Erstmanifestation (first episode psychosis) 5 Bei gesicherter Diagnose einer schizophrenen Psychose ist der Einsatz eines Antipsychotikums indiziert. Die Dauer der unbehandelten Psychose (duration of untreated psychosis) wirkt sich nach aktuellem Wissensstand negativ auf die weitere Behandlung aus. Allerdings kann im Einzelfall eine kurze Phase zur psychiatrischen Diagnosesicherung und weiteren Diagnostik (z. B. Bildgebung, Labor, EKG) einvernehmlich mit dem Patienten ggf. unter Gabe eines Benzodiazepins (BZD) vorgeschaltet werden, bis das individuell geeignete Antipsychotikum angesetzt wird (s. unten). Rezidivprophylaxe 5 Die Verhinderung von Rezidiven und Chronifizierung zur Reduktion der Morbidität und Mortalität der Patienten mit schizophrener Störung sind ein Schwerpunkt der pharmakologischen Therapie. Hierzu zählen − konsequente Behandlung im Rahmen der akuten Phase (Exazerbation) mit häufig vorwiegender Positivsymptomatik (oft im stationären Setting), − die Stabilisierungsphase als Übergangszeit mit häufig weiterhin bestehender, aber weniger beeinträchtigender Positivsymptomatik, − die Erhaltungstherapie und die Rezidivprophylaxe mit dem Ziel einer ambulanten Therapie zur Verhinderung erneuter Rezidive und Wiedergewinn möglichst großer Normalität und Lebensqualität (Remission und Recovery). Therapieziele 5 Besserung, Ansprechen (Response): Häufig ist das erste Ziel in der Akutphase die Besserung von Verhaltensauffälligkeiten, die mit ausgeprägten Denk- und Wahrnehmungsstörungen (Wahn/Halluzinationen) einhergehen und nicht selten mit Eigen- und/oder Fremdgefährdung korrespondieren. Gängige Response-Kriterien sind Besserung von Positivsymptomen um mindestens 50 %, von Negativsymptomen um mindestens 20 %. 5 Stabiler Symptomrückgang, Verbesserung psychosozialer Funktionen und der Lebensqualität (Remission): Insbesondere in der Stabilisierungsphase ist die Remission ein erstes Ziel; als Kriterien wurde vorgeschlagen, dass zentrale Symptome zumindest 6 Monate lang unter einem Schwellenwert liegen (z. B. 8 definierte Symptomgruppen der PANSS mit höchstens »milder« Ausprägung), das Verhalten nicht mehr wesentlich beeinflussen und damit unter einer Grenze sind, die eine erneute Klassifikation als schizophrene Störung nicht rechtfertigen würden. 5 Ultimatives Therapieziel, insbesondere in der Langzeittherapie, ist die individuelle, möglichst gute Wiederherstellung der funktionalen und
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sozialen Autonomie und der Integration in ein möglichst »normales« Leben (Recovery). Recovery wird derzeit operational als ein Stadium von mindestens 2 Jahren sozialer und beruflicher Reintegration und relativer Symptomarmut (z. B. alle PANSS-Symptome mit höchstens »milder« Ausprägung) definiert, hinzu kommen subjektiv bedeutsame Indikatoren wie Lebensqualität und Autonomie. 5 Bei 10‒40 % der Patienten finden sich unzureichende Symptomremissionen. Die Begriffe Non-Response ‒ Therapieresistenz ‒ Therapieversagen u. a. werden fließend und uneinheitlich verwendet. Stattdessen sollten Begriffe der unvollständigen Besserung/Genesung (incomplete remission/recovery) verwendet werden, solange die Therapieziele nicht erreicht sind (zur pharmakologischen Therapieresistenz 7 3.12). Akutphase/Positivsymptomatik 5 Es gibt viele Studien, in denen eine gleich gute Wirksamkeit von AAP und KAP bei einem geringeren EPS-Risiko für AAP gefunden wurde. Daher wird sowohl bei Erstmanifestation als auch bei Rezidiven der vorrangige Einsatz von AAP empfohlen. Bei Patienten, die nach Absetzen eines Antipsychotikums bei früherem Ansprechen und guter Verträglichkeit ein Rezidiv erleiden, soll das früher wirksame Antipsychotikum gegeben werden. 5 Bei Erstmanifestation wird empfohlen, wenn möglich (d. h., wenn keine akute Gefährdung besteht), eine diagnostische Beobachtungsphase von 24‒48 h ohne spezifisch antipsychotische Medikation durchzuführen (ggf. Gabe von BZD bei Anspannung, Angst, Schlafstörungen, s. aber Warnhinweis bei Kombination von Clozapin/Olanzapin mit BZD, 7 13.2). 5 Bei Ersterkrankungen wird aufgrund der besseren Ansprechwahrscheinlichkeit zu Beginn ein AAP in niedriger Dosis und auch mit niedrigerer Zieldosis empfohlen, ohne dass hierfür empirische Daten vorliegen. Zur Behandlung von Schizophrenien oder verwandten Syndromen bei Kindern und Jugendlichen 7 3.4.9. 5 Bei Patienten mit Rezidiv soll die Behandlung unverzüglich nach klinischer Untersuchung, ggf. nach Vorliegen von Labor- oder EKG-Ergebnissen, eingeleitet werden. 5 Bei Non-Response sollte neben der Compliance-Überprüfung auch die erneute Evaluation von möglichen Komorbiditäten (v. a. Suchterkrankungen, Cannabis-Abusus) und psychosozialen Stressoren durchgeführt werden. 5 Bei Rezidiven kann bei Nichtansprechen auf ein AAP auch ein (hochpotentes) KAP (z. B. Haloperidol, Perphenazin) gegeben werden. In Einzelfällen kann ein besserer Therapieerfolg durch vorübergehende Kombination eines AAP mit einem KAP erreicht werden (7 3.12.3). Im weiteren Behandlungsverlauf sollte wegen des ansonsten erhöhten
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Kapitel 3 · Antipsychotika
EPS-Risikos im Regelfall versucht werden, zu einer Monotherapie mit einem AAP zurückzukehren. 5 Zum Einsatz eines konventionellen oder atypischen Antipsychotikums: Es wird beobachtet, dass einige Patienten nur unter der Gabe eines hochpotenten KAP respondieren, andere Patienten nur auf AAP ansprechen. Zu der Frage, in welcher Reihenfolge die AAP gewählt werden, gibt es bislang keine Daten, auch nicht zu der Zahl der Behandlungsversuche mit AAP oder zur Frage des Zeitpunkts, an dem ein Versuch mit KAP durchgeführt werden sollte. Bei den KAP liegt insbesondere für Haloperidol, Flupentixol, Fluphenazin und Perazin qualitativ hochwertige Wirksamkeitsevidenz vor. In Anbetracht der aktuellen Studienlage (CATIE, CutLAss, 7 3.1.4) lässt sich im Hinblick auf die Wirksamkeit ein Versuch mit möglichst niedrig dosieren KAP, insbesondere Perphenazin, rechtfertigen. 5 Zum Einsatz von Clozapin bei Patienten mit unzureichender Response 7 3.12.3. In der CATIE-Studie (7 3.1.4) wurde die Überlegenheit von Clozapin bei Nichtansprechen auf ein anderes AAP (Olanzapin, Quetiapin, Risperidon) erneut belegt. 5 Kommt es im Rahmen der akuten Symptomatik zu ausgeprägten psychomotorischen Erregungszuständen bzw. zu aggressiv-impulsivem Verhalten mit drohender Eigen- oder Fremdgefährdung, können auch hochpotente KAP (ggf. parenterale Applikation und rasches Aufdosieren) mit einer passageren Zusatzmedikation von BZD angezeigt sein (7 13.2). Ziel einer solchen Kombinationstherapie ist eine sehr schnelle Verminderung der Erregung und Anspannung (rapid tranquilization) und ein rasches Erreichen einer möglichst sicheren Response. Nach Abklingen der Akutsymptomatik ist ein vorsichtiges Umsetzen (7 3.12.2) auf ein AAP empfehlenswert. Rasche Aufdosierung, Kombinationstherapie mit BZD, sichere Applikationsformen (Tropfen, Lösungen, Schmelztabletten) und insbesondere kurz wirksame i.m.-Formulierungen von AAP (derzeit für Olanzapin, Ziprasidon und Aripiprazol verfügbar) sind als alternative Behandlungsstrategien in solchen Situationen zunächst zu erwägen.
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Stufenplan zur Behandlung der Akutphase (mit ausgeprägter Positivsymptomatik)
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5 Stufe 1: AAP oder KAP nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung; insbesondere bei Ersterkrankungen Beginn möglichst mit einem AAP nach individueller Nutzenabwägung und möglichst niedriger Dosis. Olanzapin sollte in der Regel nicht Mittel der 1. Wahl sein (metabolische Risiken). Dauer mindestens 4‒8 Wochen bei vorrangiger Positivsymptomatik und eingetretener Partial-Response.
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5 Stufe 2: Versuch mit einem different wirkenden AAP, ggf. einem KAP. Dauer mindestens 4‒8 Wochen bei vorrangiger Positivsymptomatik und erkennbarer Partial-Response. Eine Monotherapie ist grundsätzlich anzustreben. Bei nicht ausreichendem Ansprechen kann auch eine Kombination von Antipsychotika (s. unten, 7 3.12) unter Berücksichtigung von Nebenwirkungs- und Interaktionsrisiko, insbesondere bei rezidivierenden Störungen, klinisch sinnvoll sein. 5 Stufe 3: Versuch mit Clozapin. Ein Versuch mit Clozapin kann dann vorgezogen werden, wenn frühere Behandlungen mit AAP oder KAP zu ausgeprägten EPS geführt haben bzw. wenn bereits tardive Dyskinesien vorliegen. Auch wird diskutiert, ob Clozapin dann früher gegeben werden sollte, wenn anhaltende Suizidalität oder Hyponatriämie bei Polydipsie deutlich im Vordergund stehen. Bei fehlender oder teilweiser Response auf Clozapin ist eine Kombination von Clozapin mit anderen Antipsychotika oder weiteren Substanzen (s. unten, 3.12) unter Berücksichtigung von Nebenwirkungs- und Interaktionsrisiko zu erwägen. Bei Nichtansprechen auf zwei vorherige adäquate Therapieversuche mit zwei unterschiedlichen Antipsychotika handelt es sich um eine medikamentöse Therapieresistenz (s. DGPPN-Leitlinie) (7 3.12).
Negativsymptomatik 5 Die Unterscheidung von primärer (morbogener, persistierender) und sekundärer (im Rahmen von Positivsymptomen, Depressivität und sozialer Isolierung) Negativsymptomatik ist klinisch nicht sicher möglich. Mit einer Besserung von Positivsymptomen in Akutphasen schizophrener Störungen geht häufig auch eine Besserung der Negativsymptomatik einher; dies trifft für die Behandlung mit AAP und KAP zu. 5 AAP sind gegenüber KAP wegen des geringeren EPS-Risikos zu bevorzugen. Die Ergebnisse einiger RCT machen die bessere Wirksamkeit einiger AAP (v. a. Clozapin, Amisulprid, Olanzapin, Risperidon) – v. a. bei Ersterkrankungen ‒ und die bessere subjektive Tolerabilität sehr wahrscheinlich. Allerdings ist auf das NW-Risiko (v. a metabolisches Syndrom) zu achten. 5 Für Clozapin finden sich Hinweise auf eine gute Wirksamkeit auch gegen Negativsymptome, eine generelle Überlegenheit gegenüber anderen AAP bei dieser Zielsymptomatik ist gegenwärtig jedoch nicht zu belegen. 5 Die Kombination eines AAP mit einem Antidepressivum (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer SSRI, Mirtazapin) kann bei persistierenden Negativsymptomen als Behandlungsversuch empfohlen werden, nach neueren Metaanalysen war eine positive Wirkung einer SSRI-Komedikation nur bei chronisch (langzeitig) erkrankten Patienten mit schizophrener Störung nachweisbar. Ein Risiko zur Induktion
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Kapitel 3 · Antipsychotika
psychotischer Symptome durch neuere Antidepressiva ist in neuen Metaanalysen nicht gefunden worden. 5 Eine RCT hat bei Patienten mit chronischer Schizophrenie eine signifikante Besserung der Negativsymptomatik nach 12 Wochen zusätzlicher Gabe des Acetylcholinesterase-Inhibitors Donepezil (5‒10 mg/d) (7 6.9, Präparat) bei einer stabilen AAP-Basistherapie ergeben. Depressive Symptomatik und Suizidalität 5 Antipsychotika wirken auch bei depressiver Symptomatik und Suizidalität im Rahmen einer schizophrenen Erkrankung; es wurden für die meisten AAP im Gegensatz zu KAP (Haloperidol) günstige Effekte beschrieben. Eine prinzipielle Überlegenheit von AAP lässt sich derzeit aber nicht belegen. 5 Bei Versagen psychosozialer und psychotherapeutischer Interventionen (supportive Ansätze, Stressbewältigungsverfahren; KVT) sollte eine Dosisanpassung bzw. Umstellung des Antipsychotikums bei depressiven Syndromen erwogen werden. 5 Bei Erstmanifestation einer schizophrenen Störung nach Gabe eines AAP für 2‒4 Wochen und anhaltender signifikanter Depressivität wird die zusätzliche Gabe eines Antidepressivums (bevorzugt SSRI) empfohlen. Auch nach weitgehender Remission der Positivsymptomatik und Weiterbestehen oder Neuauftreten eines depressiven Syndroms wird nach Optimierung der Antipsychotikatherapie die vorsichtige zusätzliche Gabe von Antidepressiva für mindestens 6‒8 Wochen (DGPPNLeitlinie: 9 Wochen) empfohlen. Prinzipiell scheinen neuere Antidepressiva (z. B. SSRI, Mirtazapin) in Kombination mit AAP hierfür geeignet zu sein, die Datenlage lässt jedoch keine sicheren Schlüsse zu. Einzelne positive Befunde aus plazebokontrollierten Studien liegen für die Kombination von Trazodon oder Imipramin mit KAP vor. 5 Die zusätzliche Gabe von Antidepressiva bei schizophrenen Patienten mit depressiven Symptomen während gleichzeitig bestehender florider Positivsymptomatik ist allerdings nicht zu empfehlen. 5 Für Clozapin liegen mehrere Studien vor, die für eine überlegene antisuizidale Wirkung (auch gegenüber Olanzapin) sprechen. Bei ausgeprägter Suizidalität, auch unabhängig von depressiven Symptomen, kann oftmals auf eine vorübergehende sedierende Begleitmedikation mit einem BZD (Lorazepam oder Diazepam) nicht verzichtet werden (7 13.6). 5 Auch wenn depressive Syndrome im Verlauf einer Behandlung v. a. mit KAP wiederholt beschrieben wurden, ist das Konzept einer antipsychotikainduzierten, als »pharmakogen« oder »akinetisch« bezeichneten Depression nicht unumstritten, da die antipsychotikabedingte Verursachung depressiver Syndrome im Verlauf schizophrener Störungen nicht gesichert ist und diese symptomatisch schwer von einer vorbestehenden, durch Antipsychotika »demaskierten« Depressivität, einer neu
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aufgetretenen postpsychotischen Depression oder einer antipsychotikainduzierten Akinesie zu unterscheiden ist. Differenzialdiagnostisch sollte auch an eine Negativsymptomatik gedacht werden (s. oben), insbesondere in Prodromalstadien schizophrener Erstmanifestationen liegen beide Symptomgruppen häufig gemeinsam vor. 5 Ganz im Gegensatz zur Frage einer möglichen pharmakogenen Depression unter Antipsychotika zeichnen sich durch die Zulassung von AAP bei depressiven Erkrankungen neue Indikationsgebiete ab: Therapie und Prävention einer erneuten depressiven Episode bei bipolarer Störung (Quetiapin) (bipolare Depression/Antipsychotika 7 2.4.2), Augmentationstherapie bei therapierefraktärer unipolarer Depression (Quetiapin, ggf. Aripiprazol) (7 1.12.4). Kognitive Störungen 5 Obwohl 80 % der schizophrenen Patienten kognitive Beeinträchtigungen haben, gibt es keine kognitionsverbessernden Präparate. Auch konnte keine Wirksamkeit des kognitiven Trainings nachgewiesen werden. 5 AAP sind bei kognitiven Störungen zu bevorzugen; eine spezifische Therapieempfehlung kann jedoch nicht gegeben werden. Gegenüber KAP (zumeist Haloperidol in höherer Dosierung) liegen Studien zur Überlegenheit von AAP mit Hinweisen auf Verbesserungen von Gedächtnisleistungen, Konzentration und Exekutivfunktionen vor. Klinisch verwertbare Unterschiede zwischen verschiedenen AAP (einschließlich Clozapin) finden sich jedoch derzeit nicht (s. auch CATIEStudie). 5 Die Ergebnisse kontrollierter Studien zu Add-on-Therapien mit Acetylcholinesterase-Inhibitoren auf kognitive Defizite bei schizophrenen Störungen waren nicht überzeugend. 5 Vermieden werden sollen TZA und Anticholinergika. Katatone Symptomatik Katatone Symptome können als schizophrener Subtyp (s. oben), aber auch als davon unabhängiges Syndrom v. a. bei affektiven sowie organisch bedingten psychischen Störungen auftreten. Im Vordergrund stehen motorische Symptome. Die Initialbehandlung sollte durch – u. U. hochdosierte – BZD (Lorazepam) oder Elektrokrampfbehandlung erfolgen und eine differenzierte Diagnose und Therapie der Grunderkrankung ermöglichen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Lorazepam bei Katatonie
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5 Bei Stupor und Mutismus oder starker psychomotorischer Hemmung (katatoniformen Zuständen) ist Lorazepam zunächst in einmaliger Dosis von 2–2,5 mg indiziert (auch als langsame i.v.-Gabe möglich). 5 Nach Ansprechen (psychomotorische und affektive Lockerung) kann bei schizophrenen Störungen frühzeitig ein BZD (Lorazepam, Oxazepam, Clonazepam) mit einem Antipsychotikum kombiniert werden. 5 Vor dieser Medikation ist differenzialdiagnostisch insbesondere ein malignes neuroleptisches Syndrom (7 3.6.1) auszuschließen.
5 Bei katatonen Symptomen ist eine Wirksamkeit von KAP und AAP nicht sicher nachgewiesen, offene Studien und Fallberichte belegen jedoch positive Effekte von Haloperidol und anderen KAP (in Kombination mit BZD), Olanzapin, Amisulprid, Aripiprazol (i.m.), Clozapin und Risperidon. Ein Fallbericht zeigte dramatische Besserungen nach einer Kombination von Olanzapin und Amantadin (NMDA-Antagonismus) nach vorheriger Unwirksamkeit von Lorazepam. 5 Elektrokrampfbehandlung (EKB) ist i. Allg. bei Schizophrenien nur bei der lebensbedrohlichen (febrilen) Katatonie (DD: malignes neuroleptisches Syndrom) als first-line treatment indiziert, und auch hier sollten vorher kurzfristig Antipsychotika und Lorazepam versucht werden.
Behandlung komorbider psychiatrischer Störungen bei Patienten mit Schizophrenie
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3.4.2
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Komorbide Abhängigkeitserkrankungen und schädlicher Gebrauch von Suchtmitteln Nach neueren Studien liegt bei einem Großteil der Patienten mit Schizophrenie (insbesondere bei jüngeren Männern) zusätzlich ein Substanzabusus oder eine Abhängigkeitserkrankung (Doppeldiagnose) vor. Das Risiko für eine komorbide Abhängigkeitserkrankung ist bei schizophrenen Patienten etwa 5-fach gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöht. Am häufigsten werden Nikotin und Koffein konsumiert, bei 20–50 % der Patienten besteht zusätzlich Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit, außerdem mit zunehmender Tendenz Cannabismissbrauch oder -abhängigkeit, seltener auch BZD-, Kokain- oder Opiatabhängigkeit. 5 Der Zusammenhang zwischen Substanzkonsum und schizophrenen Psychosen ist weiterhin nicht vollständig geklärt. Nach dem aktuellen Kenntnisstand können u. a. Kokain und Cannabinoide akute vorübergehende psychotische Zustände oder akute Psychosen bei bestehender Vulnerabilität hervorrufen. Bei vorbestehenden schizophrenen Psychosen erhöht Cannabiskonsum das Risiko für eine Exazerbation mit prolongierter Dauer auch nach Absetzen von Cannabis. Wenig belegt ist weiterhin die Hypothese, dass Cannabinoide schizophrene Psychosen »de novo« verursachen. Die allermeisten Cannabiskonsumenten
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3.4 · Indikationen
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entwickeln keine schizophrene Psychose, die Prävalenz schizophrener Psychosen ist trotz des massiven Anstiegs des Cannabiskonsums in den letzten Jahren weitgehend konstant. Man geht davon aus, dass auf der Grundlage neurobiologischer Interaktionen (dopaminerge Regelkreise) bei vorbestehender, noch weitgehend unbekannter biologischer Vulnerabilität (z. B. einer Cannabinoid-CB1-Rezeptordysfunktion) ein hoher Cannabiskonsum (heavy users) mit frühem Beginn als unabhängiger Risikofaktor zur Auslösung schizophrener Störungen beitragen kann. Schließlich gibt es Hinweise, dass geringer Cannabiskonsum auch positive kognitive Effekte entfalten kann. 5 Patienten mit Doppeldiagnose (Schizophrenie und Abhängigkeitserkrankung) zeigen insbesondere stärker ausgeprägte Positivsymptome, schwierigere Verläufe (längere unbehandelte Perioden, größere psychosoziale Beeinträchtigungen, schlechteres Ansprechen auf Antipsychotika, geringere Compliance, häufigere und längere Krankenhausaufenthalte, erhöhte Aggressivität, Depressivität und Suizidalität) und dadurch eine häufig ungünstigere Prognose. Therapieempfehlungen 5 Generell sind bei Patienten mit komorbider Suchterkrankung AAP zu bevorzugen, da sie auch unabhängig von ihrem Einfluss auf die Psychopathologie zu einer verbesserten Compliance und zu reduziertem Substanzgebrauch (v. a. Alkohol) bei diesen Patienten beitragen können. Die durch KAP bewirkte massive D2-Rezeptorblockade könnte vor dem Hintergrund aktueller Hypothesen einer neurobiologisch begründeten Störung dopaminerger Belohnungssysteme bei Schizophrenien und Suchterkrankungen zu einer Verstärkung des Suchtverhaltens führen, während eine Reduktion dysphorischer und apathischer Symptome mit einer Reduktion des Drogenkonsums einhergeht. Bei fehlender Wirkung eines AAP oder beeinträchtigenden NW ist ein Umsetzen auf ein anderes AAP (ggf. Clozapin) zu empfehlen. 5 Bei Vorliegen einer Doppeldiagnose sind mit dem Ziel der Erhöhung von Therapiemotivation, Compliance und der längerfristigen Einbindung der Patienten und ihrer Bezugspersonen integrative Therapieprogramme, die beide Störungsbilder berücksichtigen, von besonderer Bedeutung: − Motivationsförderung für die Therapie (z. B. motivational interviewing), − Psychoedukation, − KVT (einzeln oder in Gruppen), − Familieninterventionen, − sozialrehabilitative Interventionen. 5 Bei Nikotinabhängigkeit (7 7.2.8 und 7 7.3, jeweilige Präparate) und deren Behandlung ist der pharmakokinetische Einfluss auf die meis-
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Kapitel 3 · Antipsychotika
ten Antipsychotika (in der Regel beschleunigter Metabolismus durch Induktion des CYP-Systems durch Rauchen) bei der Dosierung zu beachten, v. a. auch bei plötzlicher Nikotinkarenz oder -abstinenz (Clozapin!). Für die Behandlung der Nikotinabhängigkeit bei schizophrenen Patienten unter stabiler Behandlung liegen positive Studienergebnisse für AAP, insbesondere Aripiprazol (Partial-Agonismus an Dopamin-D2-Rezeptoren), die zusätzliche Gabe von Bupropion (150 mg/d in Kombination mit VT. Cave: Möglichkeit der Exazerbation psychotischer Symptome) und auch für Nikotinpflaster vor, die einen Einsatz bei motivierten Patienten rechtfertigen. Wenn auch Vareniclin bei der Raucherentwöhnung gegenüber Bupropion überlegen war, ist ein Einsatz bei psychischer Komorbidität derzeit nicht generell zu empfehlen, erste Fallberichte schildern Exazerbationen vorbestehender schizophrener Psychosen und Stimmungsschwankungen. 5 Bei komorbider Alkoholabhängigkeit muss eine Entzugsbehandlung (7 7.2.1) erwogen werden; die Behandlungsprinzipien orientieren sich an Wirksamkeit, Verträglichkeit, Steuerbarkeit und Interaktionsrisiken (Cave: Carbamazepin und Clozapin). Zur Wirksamkeit bei der Alkohol-Rückfallprophylaxe liegt für Naltrexon (7 7.3, Präparat) in Kombination mit stabiler Antipsychotika-Medikation und psychotherapeutischen Maßnahmen eine kontrollierte Studie vor, welche die Ergebnisse einer Fallserie stützt. Disulfiram kann bei bestehenden schizophrenen Psychosen nicht empfohlen werden (Exazerbationsrisiko durch Blockade der Dopamin-ß-Hydroxylase, Lebertoxizität, Enzyminduktion), Compliance und Wirkungen von Disulfiram waren nach offenen Studien bei Patienten mit Doppeldiagnosen ähnlich wie bei anderen untersuchten Gruppen. Zu Acamprosat und Topiramat bei Schizophrenien und gleichzeitig bestehender Alkoholabhängigkeit liegen lediglich positive Einzelfallberichte vor. Zur Behandlung der psychotischen Störung bei gleichzeitig bestehender Alkoholabhängigkeit haben sich in kleineren Studien positive Ergebnisse auch für Flupentixoldecanoat (Depot) gezeigt (Psychopathologie gebessert, Alkoholkonsum und -Craving reduziert); Vorteile auch gegenüber KAP ergaben sich für die Gruppe der AAP; insbesondere für Clozapin und Olanzapin zeigten sich positive Effekte auf beide Störungsbilder, in geringerem Umfang liegen Daten zu Aripiprazol, Quetiapin und Risperidon vor, eine Fallserie berichtet über positive Effekte einer Kombination von Clozapin und Lamotrigin. 5 Für die Behandlung einer gleichzeitig zur Schizophrenie bestehenden Cannabisabhängigkeit (7 2.7.7) werden AAP empfohlen. Olanzapin (10 mg/d), nicht hingegen Risperidon (6 mg/d), wurde in einer kontrollierten Studie (4 Wochen) bei gleicher Wirksamkeit besser vertragen als Haloperidol (10 mg/d), weitere offene Studien belegen die positiven Effekte auf beide Störungen für Olanzapin, Clozapin (in üblicher Dosierung) und Quetiapin (im Mittel 400 mg/d).
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5 Bei komorbider Kokainabhängigkeit (7 7.2.4) liegen aus einer kleinen Studie positive Ergebnisse zu Flupentixoldecanoat vor. Kontrollierte Studien und Fallserien zeigten für Olanzapin (5‒20 mg/d) im Vergleich zu Haloperidol (5‒20 mg/d) eine deutlichere Reduktion des Kokainkonsums bei geringeren motorischen NW und mindestens vergleichbarer Wirkung auf die Psychopathologie. Nach Umstellung von KAP auf Risperidon wurden eine Reduktion des Kokain-Cravings und -Konsums sowie positive Effekte auf die Psychopathologie berichtet; eine neuere randomsierte (nicht verblindete) Studie verglich eine Risperidon-Depot-Therapie mit Zuclopenthixol-Depot bei Patienten mit Doppeldiagnosen und ergab signifikante Vorteile für das AAP (weniger Drogenkonsum, Verbesserung der Psychopathologie, bessere Compliance im multimodalen Therapieprogramm). In Kombination mit einer antipsychotischen Erhaltungstherapie ergaben sich für Desipramin (100‒150 mg/d) positive Wirkungen auf einen komorbiden Kokainkonsum (Reduktion von Craving und Konsum). 5 Bei komorbider Opiatabhängigkeit (7 7.2.3) werden zur Schizophreniebehandlung ebenfalls AAP empfohlen, Fallberichte zur günstigen Wirkung insbesondere von Clozapin in Kombination mit Methadon liegen vor. Komorbide Angst- und Zwangsstörungen 5 Häufig finden sich bei Patienten mit Schizophrenie zusätzlich Symptome von Angst- und Zwangsstörungen, die vor Beginn und nach Abklingen produktiv-psychotischer Episoden nachweisbar sein können. Die Abgrenzung einer komorbiden Angst- oder Zwangsstörung von der schizophrenen Kernsymptomatik ist häufig nicht eindeutig möglich. Bei 20‒30 % der schizophrenen Patienten besteht auch während florider oder residualer psychotischer Episoden eine ausgeprägte Angst- oder Zwangssysmptomatik. 5 Unter Antipsychotika können sowohl Angstsymptome (DD: Panikattacken, generalisierte Angst, soziale Phobien, Akathisie, psychotische Angst) als auch affektive Störungen (DD: pharmakogene Depression) als unerwünschte Wirkung auftreten. Die Behandlung besteht dann in der Regel in der Dosisreduktion oder im Wechsel auf ein anderes Antipsychotikum. Es gibt auch Einzelfallberichte über ein vermehrtes Auftreten von Zwangssymptomen bei schizophrenen Patienten unter bestimmten AAP (v. a. Clozapin, auch Olanzapin, Risperidon, Quetiapin), wobei allerdings ein kausaler Zusammenhang umstritten ist. Dosisreduktion, psychotherapeutische Maßnahmen und die Gabe eines SSRI können im Einzelfall bei AAP-induzierten Zwangssymptomen hilfreich sein, in einer Fallserie war die zusätzliche Gabe von Aripiprazol (mittlere Dosis 23 mg/d bei Clozapin-induzierten Zwangssymptomen wirksam.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Ausgeprägte soziale Ängste (soziale Phobie) sind bei Schizophrenen recht häufig (DD: Negativsymptomatik), persistierend und mit einer schlechteren Lebensqualität und Behandlungsprognose assoziiert. Neben AAP sind hier v. a. psychotherapeutische Maßnahmen Erfolg versprechend, ggf. sollte eine spezifische medikamentöse anxiolytische Therapie erwogen werden (7 4.4). 5 Persistierende Zwangssymptome bei schizophrenen Patienten können erfolgreich und sicher mit einem SSRI (7 1.4.6) in Kombination mit einer stabilen Antipsychotikatherapie und psychotherapeutischen Interventionen behandelt werden. ! Es ist an pharmakokinetische Wechselwirkungen zwischen Antipsychotika
und SSRI (v. a. mit Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin; 7 jeweiliges Präparat und 7 Kap. 1) zu denken.
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Andere komorbide Syndrome Sehr häufig treten im Verlauf schizophrener Störungen akut behandlungsbedürftige unspezifische psychopathologische Symptome auf. Die Therapie entspricht dem Vorgehen bei der psychiatrischen Notfallsituation (7 Kap. 13). 5 Falls Aggressivität, psychomotorische Unruhe und akute Suizidalität oder Angst im Vordergrund stehen, bedarfsorientierte Sedierung durch zusätzliche Gabe von: − BZD, z. B. Lorazepam (sicher und wirksam in Kombination mit den meisten Antipsychotika, Einschränkungen gelten dann für Clozapin, 7 3.8), − Melperon (auch i.m. applizierbar) oder Pipamperon (fehlende bzw. geringe anticholinerge Komponente), − Aripiprazol, Haloperidol, Olanzapin, Risperidon (eher Sedierung), 5 Bei ausgeprägten Schlafstörungen im Rahmen schizophrener Störungen kann zunächst ein AAP mit sedierender Wirkung eingesetzt werden (v. a. Olanzapin, Quetiapin, ggf. Clozapin); zusätzlich auch Melperon, Pipamperon oder Prothipendyl; oft ist aber der Einsatz eines BZDHypnotikums unerlässlich (7 Kap. 5).
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Schizotype Störungen, wahnhafte Störungen, akute vorübergehende psychotische Störungen, induzierte wahnhafte Störungen
5 Die Behandlung misstrauisch-wahnhafter Patienten erfordert viel Erfahrung und Geduld und sollte immer im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans, der v. a. auf die soziale Integration Rücksicht nimmt, erfolgen. Bei wahnhaften Störungen, insbesondere im Alter, sind medizinische Faktoren sorgfältig auszuschließen. Oft fällt die Differenzialdiagnose schwer, z. B. bei chronischen taktilen Halluzinosen (Der-
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matozoenwahn). Teilweise bedingt durch die geringe Prävalenz fehlen kontrollierte therapeutische Studien weitgehend. Bei behandlungsbedürftigen psychotischen Symptomen im Rahmen schizotypischer Störungen sollten AAP in der niedrigsten wirksamen Dosis gewählt werden (7 Kap. 12). Bei persistierenden wahnhaften oder halluzinatorischen Störungen ist der Versuch mit einem niedrigdosierten Antipsychotikum angeraten. Insbesondere bei Liebeswahn (Erotomanie), hypochondrischkörperbezogenen Wahninhalten oder Halluzinationen kann aufgrund von klinischen Einzelfallberichten Risperidon in niedriger Dosierung empfohlen werden. Einzelfälle mit Eifersuchtswahn und zwanghafter Komponente wurden erfolgreich mit SSRI behandelt. Aber langjährig bestehende chronische Wahnstörungen, auch Querulantenwahn, sind häufig therapierefraktär (s. auch alkoholassoziierte psychische Störungen 7 7.2.1). Bei Langzeitbehandlung wahnhafter Störungen können auch DepotAntipsychotika zum Einsatz kommen, Risperidon-Depotpräparat ist bevorzugt zu erwägen. Antidepressiva und prophylaktische Gaben von Lithium oder Carbamazepin wurden v. a. bei Affektdominanz bzw. phasenhafter Symptomverdichtung erfolgreich eingesetzt. Akute vorübergehende psychotische Störungen erfordern initial die Gabe von Antipsychotika, auch in höheren Dosen. Produktiv-psychotische Symptome sprechen in der Regel sehr gut und rasch an, AAP sind zu bevorzugen. Zusätzlich sind vorübergehend BZD bei Angst und Erregung sehr hilfreich. Supportive Psychotherapie ist in den meisten Fällen auch längerfristig indiziert. Bei induzierten wahnhaften Störungen ist vor Gabe eines Antipsychotikums zunächst die getrennte adäquate Therapie des wahninduzierenden Patienten anzustreben. Sistiert der induzierte Wahn nach etwa 2 Wochen nicht, sollte ein niedrigdosiertes AAP (z. B. Risperidon) erwogen werden. Psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen sind Schwerpunkt der Behandlung, um den ansonsten nicht seltenen Rückfällen vorzubeugen.
3.4.4 Schizoaffektive Störungen Unter schizoaffektiven Störungen werden klinisch Störungen zusammengefasst, bei denen gleichzeitig oder abwechselnd Symptome einer Schizophrenie und einer affektiven Störung auftreten. Nach ICD-10 wird eine schizoaffektive Störung klassifiziert, wenn sowohl eindeutig schizophrene als auch eindeutig affektive Symptome gleichzeitig oder nur durch wenige Tage getrennt und während der gleichen Krankheitsepisode vorhanden sind. Die Validität der Diagnose wird aber besonders aufgrund neuer genetischer Untersuchungen immer mehr infrage gestellt. Psychotische, manische und depressive Syndrome kommen sowohl bei der Schizophrenie als auch bei der bipolaren Störung vor. Die Störungen neigen zu häufigen Rezidiven und
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stehen prognostisch zwischen Schizophrenien und affektiven Störungen, insbesondere bipolaren Störungen. Phasisch verlaufende akute psychotische Störungen, z. B. die von Leonhard beschriebenen zykloiden Psychosen (3 Prägnanztypen: Angst-GlückPsychosen, Verwirrtheitspsychosen und Motilitätspsychosen), zu denen häufig auch die Post-partum-Psychosen gruppiert werden, können in vielen Fällen hier eingeordnet werden. Für die klinische Beurteilung und Behandlung hat es sich als pragmatisch erwiesen, die Syndrome im Sinne eines Überwiegens schizophrener (schizodominant) oder affektiver Symptome (affektdominant) zu beurteilen. Akutbehandlung der schizoaffektiven Störung 5 Olanzapin und Risperidon sind bei manischer, depressiver oder gemischter Symptomatik im Rahmen akuter schizoaffektiver Psychosen wirksam. Auch Ziprasidon und Aripiprazol waren Plazebo bei dieser Indikation überlegen (zur Wirksamkeit bei bipolaren Störungen 7 2.4.2). Offene Studien legen auch eine Wirksamkeit von Clozapin und Quetiapin bei Patienten mit schizoaffektiver Psychose, insbesondere bei manischer Symptomatik und in Kombination mit Stimmungsstabilisierern (Clozapin und Lamotrigin oder Lithium), nahe. 5 Bei Patienten mit akuter schizomanischer Symptomatik sind Lithium und KAP vergleichbar wirksam. Bei stark erregten Patienten weist die Kombination von Lithium-Basistherapie mit Antipsychotika in der Akutphase eine bessere Wirksamkeit auf als eine Monotherapie. 5 Bei schizodepressiver Symptomatik im Rahmen schizoaffektiver Störungen kann die Kombination eines Antipsychotikums mit einem Antidepressivum empfohlen werden. Allerdings ist die Datenbasis, die für diese Kombinationstherapie spricht, sehr schmal. In den USA wird für die Akutphase eine Antipsychotika-Monotherapie vorgezogen; ein Antidepressivum sollte ggf. erst nach Abklingen der Akutphase gegeben werden. Bei Monotherapie sind AAP vorzuziehen. Das frühe Ansetzen von Stimmungsstabilisierern kann durch Studien derzeit nicht befriedigend belegt werden. Fallbeobachtungen mit Lamotrigin (Monotherapie) in höherer Dosierung (400 mg) zeigten positive Effekte. 5 Zykloide Psychosen und andere phasisch verlaufende akute schizoaffektive Störungen sollen auf eine Lithium-Prophylaxe gut ansprechen. 5 Nach einer neuen epidemiologischen Studie sind Patienten mit bipolarer und schizoaffektiver Störung noch häufiger von kardiovaskulären Risiken (v. a. Übergewicht und Dyslipidämie) betroffen als Patienten mit Schizophrenie. Zahlreiche Antipsychotika (v. a. Clozapin, Olanzapin), Stimmungsstabilisierer (Lithium, Carbamazepin, Valproinsäure) und Antidepressiva (v. a. Mirtazapin) verstärken dieses Risiko. Dies sollte insbesondere bei der Langzeitbehandlung von Patienten mit schizoaf-
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fektiven Störungen berücksichtigt werden (z. B. Diät und Ernährungsberatung, verhaltenstherapeutische Begleitprogramme, Bevorzugung von AAP mit geringerem Risiko für metabolische Syndrome). Rezidivprophylaxe der schizoaffektiven Störungen 7 2.4.3 3.4.5 Affektive Störungen Manische Episode im Rahmen einer bipolaren Störung 5 Bei schweren manischen Syndromen und Manien mit psychotischen Merkmalen sind Stimmungsstabilisierer und Antipsychotika indiziert. Die Wirksamkeit von hochpotenten KAP und von AAP ist erwiesen; gleichwohl sind die zugelassenen AAP in der Regel aufgrund ihres geringeren EPS-Risikos, das bei Patienten mit affektiven Störungen zudem erhöht ist, zu bevorzugen. AAP bei der manischen Episode 7 2.4.1 Bipolare Depression (depressive Episode im Rahmen einer bipolaren Störung) 5 Quetiapin ist zur Behandlung von schweren depressiven Episoden bei bipolaren Störungen (Monotherapie) zugelassen. 5 Erhöhtes Risiko unter Antipsychotika bei bipolaren Störungen für EPS, metabolisches Syndrom und kardiovaskuläre Erkrankungen 7 3.6.1– 3.6.3.
AAP bei der bipolaren Depression 7 2.4.2; AAP zur Phasenprophylaxe der bipolaren affektiven Störung 7 2.4.2 Schwere Depression mit psychotischen Symptomen (psychotische Depression, »wahnhafte Depression«) Es gibt zwei Möglichkeiten, die Therapie bei einer psychotischen Depression zu beginnen: 5 Von Beginn an kann ein Antidepressivum mit einem AAP kombiniert werden. Es gibt zwar nach einer Cochrane-Metaanalyse keine Hinweise, dass eine Kombination einem Antidepressivum allein überlegen ist; in einer neuen RCT allerdings zeigte die Kombination Olanzapin plus Sertralin eine höhere Remissionsrate als die Monotherapie mit Olanzapin (signifikant nach 8 Wochen; ein Studienarm mit Sertralin allein fehlte). In einer anderen aktuellen RCT war die Kombination Venlafaxin (375 mg/d) plus Quetiapin (600 mg/d) einer Venlafaxin-Monotherapie (375 mg/d) – nicht aber einer Imipramin-Monotherapie (Plasmaspiegel 200–300 μg/l) – überlegen. Die möglichen NW des AAP sind zu berücksichtigen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Geht die psychotische Depression mit Suizidalität einher, sollte das Antidepressivum in der Regel mit einem AAP kombiniert werden. 5 Beginn mit einem Antidepressivum als Monotherapie (v. a. SSRI); bei ausbleibender Wirkung gegen psychotische Merkmale dann Kombination mit einem AAP (z. B. Quetiapin, Risperidon, Olanzapin) bis zum Sistieren der psychotischen Symptomatik, danach langsames Absetzen des AAP über 3–6 Monate unter Beibehaltung des Antidepressivums. Für Nortriptylin, Trimipramin sowie Fluvoxamin liegen auch Befunde zur Wirksamkeit in Monotherapie vor. 5 Eine Monotherapie mit einem Antipsychotikum kann derzeit nicht empfohlen werden. 5 Bei sehr schweren, wahnhaften oder therapierefraktären Depressionen scheint die EKB einer Pharmakotherapie insbesondere in Bezug auf einen frühen Wirkungseintritt überlegen zu sein. Die hohe Rezidivrate v. a. bei Patienten mit wahnhafter Depression im höheren Lebensalter ist dabei jedoch zu berücksichtigen.
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3.4.6 Zwangsstörung 5 Bei Therapieresistenz mit zwei verschiedenen SSRI über die optimale Behandlungsdosis und -dauer und einer Verhaltenstherapie (7 1.4.7) können zusätzlich AAP empfohlen werden (z. B. Quetiapin 50–300 mg/d, Risperidon 1–4 mg/d, Olanzapin 5–10 mg/d). Sie sollten wegen erhöhter NW-Risiken nicht früher verordnet werden (7 3.6). 5 Bei Therapieresistenz von Zwangsstörungen bei gleichzeitigen TicStörungen oder bei Vorliegen einer Chorea sind AAP auch früher indiziert.
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Zwangssymptome im Rahmen einer schizophrenen Störung 7 3.4.2
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3.4.7 Angststörungen 5 Erste Wirksamkeitshinweise bei der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ergeben sich für Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, weiterhin für Risperidon und Olanzapin als adjunktive Therapie bei der generalisierten Angststörung (GAS). Eine RCT zeigte die Wirksamkeit einer Quetiapin-Monotherapie (bis 400 mg/d) gegenüber Plazebo bei sozialer Phobie, während eine neuere Studie keine Vorteile einer zusätzlichen Gabe von Quetiapin (bis 400 mg/d) gegenüber Plazebo zu einer vorbestehenden, nicht erfolgreichen Therapie mit Paroxetin bei Patienten mit GAS ergab. Quetiapin soll 2010 bei GAS zugelassen werden. 5 Eine anxiolytische Wirkung ist für einige KAP (z. B. Flupentixol in niedriger Dosis, Fluphenazin, Pimozid, Fluspirilen) beschrieben. ! EPS (einschließlich Spätdyskinesien) und andere NW, wie z. B. Blutbild-
schäden, sind auch unter niedriger Dosierung möglich, weshalb KAP keine
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routinemäßige primäre Verwendung als Anxiolytika finden sollten. Aber auch unter AAP ist das NW-Risiko zu berücksichtigen; die therapeutischen Alternativen (Psychotherapien, Pregabalin) sind zunächst zu bevorzugen.
Antidepressiva bei Angststörungen 7 1.4.3–1.4.5; Anxiolytika bei Angststörungen 7 4.4.2–4.4.4 3.4.8 Demenzielle Erkrankungen Indikation für Antipsychotika sind die demenzassoziierten Verhaltensauffälligkeiten (BPSD) (7 6.4.7). Da demenzielle Erkrankungen in ihrem Verlauf häufig mit psychomotorischer Unruhe (DD: Akathisie), nächtlicher Desorientierung und Verwirrtheit, aggressivem und desorganisiertem Verhalten und paranoidem Erleben assoziiert sind, können Antipsychotika zumindest zeitweise indiziert sein (Risikofaktoren für EPS 7 3.6.1). Es stellte sich aber in den letzten Jahren unter der Gabe aller Antipsychotika bei älteren Menschen mit Demenz und psychotischen Syndromen ein erhöhtes Mortalitätsrisiko heraus. Wie weit dieses Risiko aber auch bei anderen Syndromen bei Demenz besteht, ist noch offen. Risiko unter Antipsychotika bei Demenz
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5 Für ältere Patienten (vorwiegend > 80 Jahre) mit Demenz, insbesondere in Verbindung mit vaskulären Risikofaktoren, wurde unter Behandlung mit Antipsychotika (AAP und mindestens ebenso häufig KAP) ein erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko (zerebrovaskuläre und kardiale Ereignisse, Pneumonien) gefunden. Es ist von einem Klasseneffekt und einer Dosisabhängigkeit auszugehen. 5 Die Indikationsstellung für Antipsychotika bei dieser Patientengruppe muss daher strikt erfolgen. Risperidon ist unter der Berücksichtigung der Anwendungsbeschränkungen auch nach den derzeit vorliegenden Studienergebnissen entsprechend der Zulassung für die Behandlung psychotischer Syndrome bei Demenz vorzuziehen. 5 Wenn möglich, sollte eine Verordnung vermieden werden. Auf der anderen Seite gibt es bei aggressivem Verhalten oder Wahn bei Demenz kaum eine Alternative. 5 Es sollte eine möglichst niedrige Dosierung gewählt werden, die Notwendigkeit einer Weiterverordnung ist regelmäßig zu überprüfen, Absetzversuche sollten vorgenommen werden. 5 Die Aufklärung (informiertes Einverständnis) und sorgfältige Dokumentation der Behandlung mit Antipsychotika ist anzuraten.
Bei Schlafstörungen und psychomotorischer Erregung im Rahmen einer Demenz sind bei unzureichender Wirkung von Hypnotika niederpotente Antipsychotika mit möglichst geringer anticholinerger Komponente in Ausnahmefällen zu bevorzugen (z. B. Pipamperon oder Melperon).
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Auf Depot-Antipsychotika ist möglichst zu verzichten (verzögerte Resorption, langsame Elimination, nach Absetzen lang überdauernde NW möglich). 5 Hochpotente KAP sind bei Patienten mit Demenz unter Berücksichtigung der veränderten Pharmakokinetik und der erhöhten Empfindlichkeit älterer Menschen für Sedierung, Parkinsonoid, anticholinerge Wirkungen und Orthostase allenfalls in niedriger Dosis (Bromperidol oder Haloperidol 0,5–1,5 mg/d, z. B. als einmalige Gabe zur Nacht) vertretbar. Antidementiva bei demenzassoziierten Verhaltensauffälligkeiten 7 6.4.7 ! Patienten mit Lewy-Körperchen-Demenz zeigen häufig eine Hypersensi-
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tivität gegenüber Antipsychotika. Dramatische Verschlechterungen des klinischen Gesamtzustands sind beschrieben. Auf Antipsychotika sollte, wenn möglich, verzichtet werden, psychotische Symptome respondieren nicht selten auf Acetylcholinesterase-Inhibitoren. Erscheint eine Antipsychotikatherapie dennoch unverzichtbar, sind niedrigste Dosen von Quetiapin oder Clozapin am ehesten vertretbar.
3.4.9 Tief greifende Entwicklungsstörungen Unter den tief greifenden Entwicklungsstörungen wird eine Gruppe von Störungen, die durch qualitative Beeinträchtigungen in der gegenseitigen Interaktion und Kommunikation und durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten gekennzeichnet sind, zusammengefasst. Die Gesamtprävalenz beträgt 1‒1,5 %. Ursächlich ist eine Entwicklungsstörung des Gehirns, die größtenteils genetisch determiniert ist. Die Störungen bestehen von frühester Kindheit an und manifestieren sich in den ersten 5 Lebensjahren. Die Kernsymptome zeigen eine entwicklungspsychologische Variabilität und erhebliche Unterschiede im Ausprägungsgrad, bleiben aber bis ins Erwachsenenalter als persistierende Symptomatik erhalten. Nach ICD-10 umfasst die Gruppe der tief greifenden Entwicklungsstörungen die folgenden Syndrome: 5 Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom): Frühe Verhaltensabweichungen (vor dem 3. Lj., häufiger bei Jungen), stark eingeschränkte Sprachentwicklung, nicht selten motorische Beeinträchtigungen, häufig Intelligenzminderung, auch normale Intelligenzentwicklung. 5 Atypischer Autismus: Es werden nicht alle Kriterien nach ICD-10 bzw. DSM-IV erfüllt, oder die Entwicklungsauffälligkeiten manifestieren sich erst nach dem 3. Lj. Die Kinder sind stark intelligenzgemindert. 5 Asperger-Syndrom (häufiger bei Jungen): kein Entwicklungsrückstand der Sprache (anders als beim frühkindlichen Autismus, häufig motorische Ungeschicklichkeit, Koordinationsstörungen, unterdurchschnittliche Intelligenz bis Hochbegabung, selten Inselbegabung.
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5 Rett-Syndrom: Zwischen dem 7. und 24. Lebensmonat vollständiger Verlust des zielgerichteten Gebrauchs der Hände mit windenden Bewegungsstereotypien, dann Verlust der Sprache und Verlangsamung des Kopfwachstums, kommt fast ausschließlich bei Mädchen vor. 5 Desintegrative Störung des Kindesalters (Hellersche Demenz): Fortschreitender Abbau der Sprache, der intellektuellen, sozialen und kommunikativen Fähigkeiten sowie der körperlichen Funktionen. Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien: schwere Intelligenzminderung (IQ < 50) sowie erhebliche Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörung und stereotype Verhaltensmuster. Die Therapie der autistischen Kernsymptomatik (kognitive und kommunikative Störungen) oder der assoziierten Affekt- und Verhaltensstörungen (Angst, Depressivität, Zwangssymptome, häufig motorische Unruhe, impulsive Aggressivität) besteht vorrangig aus multimodalen nichtmedikamentösen Maßnahmen wie Frühförderung, Verhaltenstherapien, soziales Kompetenztraining mit Elterntraining, Logopädie, Ergo- und Physiotherapie (u. a. Reittherapie, Delfintherapie), besonderer Stellenwert von Spiel- und Musiktherapien). Bei schweren impulsiv-aggressiven und gefährdenden oder schwer behindernden repetitiv-motorischen Störungen können Psychopharmaka hilfreich sein. Bei Kindern und Jugendlichen mit schwerer Symptomatik bei tief greifenden Entwicklungsstörungen werden vorwiegend Aripiprazol (ab 15 J.) und Risperidon (ab 5 J.) angewandt. Häufig treten bei Kindern und Jugendlichen mit tief greifenden Entwicklungsstörungen NW einer Antipsychotikabehandlung auf, das Risiko für EPS und tardive Dyskinesien (v. a. unter Haloperidol, auch unter Risperidon) ist stark erhöht, des Weiteren wurden häufig Sedierung (alle AAP außer Aripiprazol), Gewichtszunahme mit metabolischen Störungen (alle Antipsychotika, etwas geringer unter Aripiprazol) und Hypersalivation (Risperidon) beobachtet. Auf mögliche PRL(Prolaktin)-Erhöhungen ist in dieser Patientengruppe besonders sorgfältig zu achten. 3.4.10 Alkohol- und drogeninduzierte Psychosen 5 Alkoholhalluzinose: Bei Akuität vorübergehend Gabe eines Antipsychotikums (7 7.2.1). 5 Drogeninduzierte Psychose: Psychotische Symptome werden als direkte körperliche Wirkung einer Droge angesehen. Bei Akuität sind vorübergehend Antipsychotika indiziert. Durch Abstinenz von der verursachenden Droge sollte die Störung i. Allg. sistieren. Olanzapin hat in dieser Indikation in Dosierungen von 2,5–10 mg eine vergleichbare Wirkung wie Haloperidol, bei geringerer EPS-Rate, erbracht. 5 Bei psychomotorischer Erregung im Rahmen akuter Intoxikationen mit psychotropen Substanzen sind Antipsychotika indiziert (7 13.2 und 7 Kap. 18, Drogenitoxikationen).
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Delirante Syndrome 7 13.3; Alkoholintoxikation 7 7.2.1 3.4.11 Persönlichkeitsstörungen AAP bei Borderline-Persönlichkeitsstörung und anderen Persönlichkeitsstörungen 7 12.3 3.4.12 Schmerzsyndrome 5 Antipsychotika spielen in der Schmerztherapie eine untergeordnete Rolle. In Kombination mit Opiaten kann die Opiatdosis ohne Wirkungsverlust verringert werden, außerdem wird das Ausmaß opiatinduzierter NW wie Übelkeit (mit Erbrechen) reduziert. 5 Spezifische Diagnosen, zu denen die Datenbasis etwas breiter ist, sind diabetische Neuropathie und postherpetische Neuralgie, wobei jedoch häufig auch die Kombination mit Antidepressiva versucht wurde, sodass spezifische Antipsychotika-Effekte nicht sicher belegt sind. Alternativen sind Gabapentin, Pregabalin und Antidepressiva. Pregabalin 7 4.11, Präparat; Antidepressiva bei Schmerzsyndromen 7 1.4.10 3.4.13 Neurologische Erkrankungen 5 Dyskinesien unterschiedlicher Genese: − Das substituierte Benzamid Tiaprid (Antagonist an D2-artigen Rezeptoren) kann bei Spätdyskinesien zur symptomatischen Besserung eingesetzt werden (Tiapridex®, 300–600 mg, Höchstdosis 1200 mg/d). . − Tetrabenazin (Nitoman®, Dosis 12,5–75 mg, Höchstdosis 200 mg/d), ein selektiver Inhibitor des präsynaptischen vesikulären Monoamintransports, ist zur Behandlung hyperkinetischer Bewegungsstörungen bei Chorea Huntington und für mittelschwere bis schwere Spätdyskinesien, die auf andere Therapiemaßnahmen (Dosisreduktion, Wechsel auf AAP, Wechsel des AAP) nicht angesprochen haben, zugelassen. Tetrabenazin bewirkt eine Entleerung der präsynaptischen Monoaminspeichervesikel und kann zu Depressionen führen (sehr häufig), weitere NW (häufig) sind parkinsonoide Symptome, Erregung, Verwirrung, Angstgefühl, Schlaflosigkeit, Benommenheit. Bei Langzeiteinnahme kommt es nicht selten zu Prolaktinerhöhungen (Dopamindefizit). Kontraindikationen sind prolaktinabhängige Tumoren, Phäochromozytom, depressive Verstimmungszustände und die gleichzeitige Anwendung eines MAOH. 5 Paranoide Psychose bei M. Parkinson. Nicht selten exazerbieren psychotische Symptome im Rahmen von Infektionen oder einer Exsikkose; dann steht die Behandlung der Ursachen im Vordergrund. Bei psychotischen Symptomen, die unter dopaminagonistischer Therapie auftreten, ist zunächst eine Optimierung der Antiparkinson-Medikation empfohlen. Bei persistierenden psychotischen Symptomen ist Clozapin
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in niedriger Dosis indiziert (12,5–100 mg; Beginn 6,25 mg/d); die NW und die kontrollierte Anwendung (v. a. Sedierung, erhöhtes Agranulozytoserisiko) sind zu beachten. Alternativ kann Quetiapin (25–100 mg; Beginn 12,5–25 mg/d) erwogen werden, auch wenn die Wirksamkeit in dieser Anwendung weniger gut belegt ist. Auch liegen positive Befunde für Ziprasidon (oral 20‒40 mg, i.m. 10‒20 mg/d) vor. Auf eine mögliche Verschlechterung der Parkinson-Symptomatik ist in jedem Falle zu achten. Eine Alternative können Actetylcholinesterasehemmer sein: in Einzelfällen konnten insbesondere optische Halluzinationen bei M. Parkinson auch ohne Vorliegen einer Demenz gebessert werden. Bei Patienten mit Demenz und M. Parkinson weisen 2 Studien auf die Wirksamkeit von Rivastigmin (7 6.9, Präparat) hin. 5 Chorea Huntington: Antipsychotika sind bei Bewegungsstörungen und psychotischen Symptomen wirksam. Zur Behandlung der choreatischen Bewegungsstörungen sind Tiaprid und Tetrabenazin zugelassen. EPS unter AP 7 3.6.1; Tic-Störungen 7 11.2.2 3.5
Antipsychotika und psychosoziale Interventionen bei Schizophrenien
Jedes Psychopharmakon sollte im Rahmen eines integrativen Gesamtbehandlungsplans verordnet werden. Bei Schizophrenien sind neben der Antipsychotikatherapie auch psychoedukative, familientherapeutische und kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze evaluiert. Alle modernen Therapieansätze sind individuell und personenzentriert: Berücksichtigung individueller Vulnerabilitäten und Stressoren, Kompetenzen und Ressourcen (Resilienz, Coping-Strategien, protektive Faktoren), partnerschaftliche Beteiligung des Patienten soweit wie möglich bei der Therapie (shared decision making), Förderung von Therapieadhärenz und Compliance mit der Unterstützung subjektiver Therapieziele und -bewertungen (Vermittlung von Hoffnung, Empowerment). Nach Wunsch des Patienten und den Möglichkeiten sollten Bezugspersonen und Angehörige in den Gesamtbehandlungsplan mit einbezogen werden. Das frühzeitige subjektive und beobachtbare Ansprechen auf eine Therapie erwies sich als guter Prädiktor für die spätere Prognose und die Compliance schizophrener Patienten. Den subjektiven Aspekten des Krankheitserlebens (Bewältigung, Lebensqualität) sollte im Rahmen psychoedukativer, psycho- und soziotherapeutischer Maßnahmen frühzeitig Rechnung getragen werden. Die subjektive Akzeptanz und die vorhandenen psychosozialen Ressourcen des Patienten sowie das Einbeziehen seiner Lebenswelt haben im Rahmen einer partnerschaftlichen therapeutischen Allianz in der Langzeittherapie schizophrener Patienten große Bedeutung. Die aktive Beteiligung
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des Patienten im Rahmen von »psychoedukativen« Informationen und bei der Entscheidung über weitere therapeutische Schritte und Maßnahmen kann jedoch auch eine Belastung darstellen, insbesondere in der Frühphase der Erkrankung, bei Zunahme der Einsichtsfähigkeit unter Therapie sowie bei anhaltenden depressiven Symptomen. In allen Therapiephasen muss daher auf die Möglichkeit einer erhöhten Suizidalität geachtet werden. Psychosoziale Interventionen in verschiedenen Therapiephasen In allen Phasen sollten Therapiemotivation, Vermittlung eines auch für den Patienten akzeptablen Krankheitskonzepts und Festigung der therapeutischen Allianz erfolgen. Akutphase 5 Strukturierende, klare, direktive, stützende Psychotherapie (supportive Therapie). 5 Vermittlung eines verständlichen und akzeptablen Krankheitsmodells, das auch den Einsatz einer medikamentösen Behandlung bei psychischen Beschwerden erklärt (Psychoedukation), da der notwendige und sinnvolle Einsatz einer Pharmakotherapie zur Schizophreniebehandlung für viele Patienten nicht von vornherein verständlich ist. Dies ist besonders dann unerlässlich, wenn eine langfristige Behandlung mit Antipsychotika notwendig ist, um die Therapiemotivation und Compliance des Patienten zu erhöhen und Rezidive zu vermeiden. Die Zugänglichkeit des Patienten für eine solche Aufklärung in der Akutphase hängt stark von der Ausprägung der aktuellen Symptomatik ab. 5 Physiotherapie und Ergotherapie als aktivierende Behandlungsformen zur Förderung des positiven Körpererlebens und der Stärkung von Kreativität, Eigeninitiative, Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit. Patienten können im Rahmen gestufter Trainingsprogramme (z. B. kognitives Computertraining, s. unten) ohne Überforderung an sinnvolle, zweckbezogene Tätigkeiten herangeführt werden. 5 Milieutherapeutischer Ansatz mit dem Ziel, durch das Setting (u. a. Einrichtung) und sinnvolle, lebensnahe Aktivitäten möglichst früh Selbstachtung, Selbstfürsorge, Unabhängigkeit und Verantwortungsgefühl der Patienten wiederherzustellen bzw. zu entwickeln. Stabilisierungsphase 5 Fortführung der Psychoedukation des Patienten und ggf. der Angehörigen über Art und Verlauf der Erkrankung (s. unten VulnerabilitätsStress-Modell), Bedeutung der Medikamentenadhärenz und Therapie-Compliance (Nutzen einer Erhaltungstherapie, Umgang mit NW, insbesondere Gewichtsmanagement), Selbstbeobachtung und Selbsteinschätzung von Symptomen, Erkennen von Frühwarnzeichen (Prodromi; s. unten).
3.5 · Antipsychotika und psychosoziale Interventionen
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5 Orientierung an aktuellen konkreten Problemen mit rationaler Lösungsstrategie. 5 Psychoedukative Angehörigengruppen mit Vermittlung eines Krankheitsmodells führen zu veränderter Zuordnung von Verhaltensauffälligkeiten (Wahrnehmung und Wertung der Symptome nicht mehr als willentliche Entgleisung) und einer Entspannung des Familienklimas. Langzeittherapie: Rezidivprophylaxe/Symptomsuppression 5 Förderung vorhandener Bewältigungs- und Kompensationsmechanismen, Verbesserung der verbalen Kommunikationsfähigkeit (Beginn schon in der Stabilisierungsphase). 5 Training zur Verbesserung sozialer Kompetenz und zur Aneignung lebenspraktischer Fertigkeiten mit Übungen im realen Umfeld. Das Erlernen der Vermeidung von Unter- und Überstimulation ist von besonderer Bedeutung für eine möglichst selbstständige Belastungsregulation. Unterstimulation kann die Wahrscheinlichkeit für eine Negativsymptomatik, Überstimulation kann das Risiko für Positivsymptome erhöhen. 5 Selbstkontrollansätze zur Früherkennung eines drohenden Rezidivs. 5 Symptome, die eine Exazerbation bei Schizophrenien ankündigen können, sollten als Frühwarnzeichen mit den Patienten besprochen werden: Schlafstörungen, Gereiztheit, depressive Verstimmungen, Aggressivität, Misstrauen, Angst, affektive Labilität, reduzierte Belastbarkeit, Beziehungsideen, sozialer Rückzug. Konsequenzen vereinbaren und frühzeitige Interventionsmöglichkeiten organisieren (z. B. Vorstellung beim Psychiater, Dosissteigerung der Medikation). 5 Soziotherapie (Auswahl bewährter Strategien; besondere Beachtung der Wohn- und Arbeitssphäre mit zunehmender Möglichkeit zu Autonomie): Stufenweise Belastungserprobung im Alltag; Arbeitstraining; Berufsfindung z. B. mit Maßnahmen zur Umschulung; Tätigkeit in beschützter Werkstätte; u. U. betreutes Wohnen. 5 Psychoedukation und Angehörigengruppen (s. oben). Vulnerabilitäts-Stress-Modell und psychosoziale Interventionen Innerhalb des Vulnerabilitäts-Stress-Modells wird die Interaktion von Einflüssen auf den Ebenen der Biologie, der Umwelt und des Verhaltens auf die Entstehung von schizophrenen Psychosen angenommen. Verletzlichkeiten und Anfälligkeiten (»Vulnerabilität«), die aus möglichen erblichen Veranlagungen, anderen organischen Dispositionen und lebensgeschichtlichen Ereignissen resultieren, können unter Belastung (»Stress«) zu einer Psychose führen, wenn eine kritische Grenze überschritten wurde. Aus dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell wurden verschiedene therapeutische Konzepte und Ansätze abgeleitet, wobei eine Kombination von medikamentösen und psychosozialen Therapien heute als Standard der Schizophrenietherapie gilt.
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Expressed emotions Nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell besteht eine erhöhte Rezidivwahrscheinlichkeit durch ungünstige Umweltbedingungen, die mit der biologisch-genetischen Prädisposition von Patienten mit einer schizophrenen Störung interagieren. Ungünstige Umweltbedingungen sind belastende Lebensereignisse (life events) und ein überstimulierendes oder feindseliges soziales Umfeld einschließlich high expressed emotions (HEE) in der Familie. HEE in der Familie äußern sich in vermehrter Kritik oder in übergroßer emotionaler Anteilnahme und treten nicht selten nach Erstmanifestation einer schizophrenen Störung bei einem Familienmitglied auf. HEE stehen in ungünstigem Zusammenhang mit Krankheitsverlauf und Rezidivhäufigkeit. Eine positive, von gegenseitigem Interesse, Respekt und adäquater Zurückhaltung geprägte Familienatmosphäre und ein entsprechender Interaktionsstil führen hingegen zu einer besseren sozialen Anpassung und geringeren Rezidivrate bei durchschnittlich niedrigeren Antipsychotikadosen. Training sozialer Fertigkeiten und emotionaler Intelligenz Zur Verbesserung protektiver Faktoren und zur Reduktion der Verletzlichkeiten werden in einem klar strukturierten, modularen Training (Symptome, Medikamente, Freizeitaktivitäten, Selbstversorgung, Umgang mit Geld, Freundschaft/Verabredungen) zwischenmenschliche Fähigkeiten (z. B. Smalltalk), Selbst- und Fremdwahrnehmung sozialer Situationen, Selbstbehauptung in sozialen Interaktionen und interpersonelles Problemlösen eingebübt und in der Gruppe reflektiert (Social-skills-Training); im späteren Verlauf kommen In-vivo-Übungen, Hausaufgaben, Rollenspiele und Booster-Sitzungen hinzu. Kontrollierte Studien konnten positive Effekte des Trainings sozialer Fertigkeiten (TSF) auf sozialkommunikative Fertigkeiten auch im Alltag belegen, allerdings ohne klare Belege der Reduktion von Rezidiven. Zukünftig werden auch Trainingsprogramme zur Verbesserung der affektiven Selbstwahrnehmung und der emotionalen Intelligenz (TEI), die derzeit in der Erprobung sind, einen Stellenwert bei der Behandlung schizophrener Störungen erreichen. Integriertes psychologisches Therapieprogramm und kognitives Training Therapieprogramm für Patienten mit schizophrenen Störungen mit 5‒7 Modulen (kognitive Differenzierung, soziale Wahrnehmung, verbale Komunikation, soziale Fertigkeiten, interpersonelles Problemlösen, Emotionen, Wohnen/Arbeit/Freizeit), teilweise Überschneidungen mit dem TSF (s. oben). Die ersten 5 Komponenten des integrierten psychologischen Therapieprogramms (IPT) sind so konzipiert, dass sie hierarchisch aufeinander
3.6 · Nebenwirkungen
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aufbauen und sich ihr Schwerpunkt stufenweise von primär kognitiven zu primär sozialen Funktionen/Fertigkeiten verlagert. Die Evaluation des Therapieprogramms steht aus, die Ergebnisse zu den Einzelkomponenten sind nicht einheitlich, zeigen überwiegend jedoch (schwach) positive Effekte bezüglich der Besserung alltagsrelevanter Funktionen, Psychopathologie und Rezidivrisiko. Etwas deutlichere positive Effekte ergeben sich bei der subjektiven Befindlichkeit. Andere Psychotherapieverfahren 5 Es liegen zunehmend positive Befunde psychotherapeutischer Maßnahmen (v. a. KVT; Einzel- und Gruppentherapie) bei der Behandlung von residualen Positivsymptomen (Wahn, Halluzinationen), sozialen Ängsten, Depressivität und Negativsymptomen vor. Die Effekte kognitiv-verhaltenstherapeutischer Interventionen auf die Besserung von Positiv- und Negativsymptomen ließen sich dabei zusätzlich und partiell unabhängig von Medikamenteneffekten in Kurzzeitstudien nachweisen. 5 Positive Langzeitergebnisse bezüglich der Lebensqualität zeigen sich für psychotherapeutische und psychoedukative Gruppeninterventionen. Aktuelle Studien belegen dagegen derzeit keine signifikante rezidiviprophylaktische Wirkung verhaltens- oder familientherapeutischer Interventionen bei schizophrenen Patienten. 3.6
Nebenwirkungen
Bei der Therapie mit Antipsychotika ist mit dem Auftreten von deutlichen NW zu rechnen. Bei immerhin 42 % führen diese auch zu therapeutischen Konsequenzen. Die Lebensqualität wurde von etwa zwei Dritteln der Patienten als mäßig oder gering eingestuft. Die Patienten leiden längerfristig unter Gewichtszunahme, Depressivität, kognitiven Störungen, Schlafstörungen und sexueller Dysfunktion am meisten. Bei den KAP spielen EPS eine herausragende Rolle. Allen EPS ist gemeinsam, dass sie durch psychische Anspannung verstärkt werden und im Schlaf sistieren. Frauen zeigen ein erhöhtes Risiko für metabolische NW wie z. B. Gewichtszunahme, Diabetes und spezifische kardiovaskuläre Risiken, möglicherweise auch für prolaktinassoziierte Störungen bis hin zum erhöhten Malignomrisiko. Der bisher angenomme fehlende Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antipsychotika und der erhöhten Gesamtmortalität bei Patienten mit schizophrenen Störungen (v. a. durch Suizide, unnatürliche andere Todesursachen und Gesamthäufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse) wird durch aktuelle Studien infrage gestellt. Einerseits wurde belegt, dass v. a. die kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Mortalität bei Patienten (v. a. in Risikogruppen), die Antipsychotika über längere Zeiträume eingenommen
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haben, erhöht ist. Zum anderen ergaben sich aber sowohl in naturalistischen Vergleichen als auch bei der Auswertung von Studienpopulationen insgesamt bei Erwachsenen geringere Mortalitätsraten für schizophrene Patienten bei regelmäßiger Einnahme von Antipsychotika im Vergleich zur Nichteinnahme bzw. Plazeboeinnahme. Eine aktuelle finnische Studie bei über 66.000 Patienten ergab ebenfalls eine geringere Mortalität (bezüglich aller Todesursachen) bei regelmäßiger, indizierter Einnahme von Antipsychotika mit dem günstigsten Ergebnis für Clozapin (Reduktion der Suizidalität). Eine erhöhte Mortalität unter Antipsychotika findet sich jedoch bezüglich bestimmter kardiovaskulärer Ereignisse (plötzlicher Herztod, ca. 2-faches Risiko, 7 3.6.3, 7 www.kompendium-news.de vom 19.03.09) und bei Patienten mit Demenzerkrankungen im hohen Lebensalter (7 3.4.8). Compliance (Medikamenteneinnahme) Bis zu 80 % der schizophrenen Patienten unter Antipsychotikabehandlung nehmen im Verlauf die Medikation nicht wie vorgesehen ein. Das Problem fehlender Therapieadhärenz (Non-Compliance) ist von größter klinischer Bedeutung und erklärt bisweilen die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen kontrollierter Studien und klinischer Realität. 4 Komponenten beeinflussen die Compliance wesentlich: die individuellen Variablen des Patienten, des Arztes, der Umgebung und der Medikation. Einer tragfähigen Arzt-Patienten-Angehörigen-Beziehung (therapeutische Allianz) sowie der individuell optimierten Antipsychotikatherapie mit größtmöglicher Beteiligung des Patienten bei allen Entscheidungen ohne dessen Überforderung (shared decision making) kommt daher eine zentrale Rolle zu. Subjektiv als beeinträchtigend erlebte NW dürften eine Hauptursache für die niedrige Compliance bei der Einnahme von Antipsychotika darstellen. AAP mit geringerem EPS-Risiko können die Lebensqualität erhöhen. 5 Die Compliance ist durch Vermittlung eines Krankheits- und Therapiekonzepts zu festigen. Die Bedeutung der Medikation, Aufklärung über NW und den Umgang mit Antipsychotika und NW (insbesondere Gewichtszunahme) näher zu bringen, ist Aufgabe der Psychoedukation. Wenn möglich: Einbeziehen von Angehörigen oder sonstigen Bezugspersonen. Unterstützung des Patienten auch im Rahmen psycho- und soziotherapeutischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung komplementärer Therapieeinrichtungen. 5 Bei Non-Compliance: Gespräch mit dem Patienten über dessen Gründe für die Nichteinnahme mit gleichzeitiger erneuter Informationsvermittlung über die Nutzen-Risiko-Abwägung. Falls EPS Ursache der Non-Compliance sind: Umsetzversuch auf AAP. 5 Bei persistierender Non-Compliance unter stationären Bedingungen: Vereinfachung und Umverteilung der Medikation, orale Medikation als Tropfen, Lösung, Schmelztabletten o. ä., i.m.-Gaben in kurz wirksamer Form.
3.6 · Nebenwirkungen
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5 In der ambulanten Weiterbehandlung können i.m.-Depotinjektionen in größeren Zeitabständen (7 3.10.3) sowie die Unterstützung durch psychosoziale Betreuung und Medikamentendienste die Compliance fördern und erhalten. Als AAP sind Risperidon und Olanzapin in lang wirksamen Formulierungen (i.m.-Injektionen im Abstand von 2 bzw. bis zu 4 Wochen) verfügbar und können ‒ v. a. bei geringer Compliance ‒ empfohlen werden (Olanzapin-Depot nur unter Einhalten besonderer Vorsichtsmaßnahmen). 5 Ist die Sedierung ein Grund für die Non-Compliance und können Dosisanpassung und Umverteilung keine Abhilfe schaffen, muss mittelfristig auf ein nichtsedierendes Antipsychotikum umgesetzt werden. 5 Bei Gewichtszunahme: Diätberatung, Kostumstellung, physiotherapeutische Maßnahmen; ggf. Umsetzen auf ein AAP mit geringer oder fehlender Gewichtszunahme (7 3.6.2, Box 5). 5 Bei sexuellen Funktionsstörungen: Genaue Exploration und Untersuchung, ob Antipsychotika die Ursache der Störung sind, ggf. Umsetzen auf ein Antipsychotikum ohne PRL-Erhöhung (7 Kap. 8). 5 Grundsätzlich ist bei NW vor dem Umsetzen zunächst die Dosis zu überprüfen, dann sorgfältiges Abwägen der bisher erreichten Therapieziele und der unerwünschten Wirkungen. 3.6.1
Unerwünschte neurologische und zentralnervöse Wirkungen
Extrapyramidalmotorische Störungen AAP verursachen im Vergleich zu KAP deutlich weniger EPS. Unter Clozapin, Quetiapin und Sertindol ist auch bei höheren Dosierungen keine signifikante Zunahme von EPS zu erwarten. Insbesondere unter Amisulprid und Risperidon kann es zu dosiabhängigen EPS-Zunahmen kommen. Bei bipolaren Störungen besteht unter Antipsychotika ein höheres Risiko für Akathisien und EPS als bei schizophrenen Störungen. Frühdyskinesie, akute Dystonie 5 Wahrscheinlichkeit: 2–25 %. 5 Typischer Beginn: 1. Woche. 5 Risikofaktoren: v. a. hochpotente KAP, junge Männer, plötzliche Dosiserhöhung, parenterale Applikation, EPS in der Anamnese. 5 Symptome: Hyperkinetisch, dyskinetisch oder dyston: krampfartiges Herausstrecken der Zunge, Blickkrämpfe (okulogyre Krise), Opisthotonus, Trismus, Hyperkinesien der mimischen Muskulatur, choreoathetotische und torticollisartige Bewegungen, lebensbedrohliche laryngeale Dystonie mit Dyspnoe. 5 Therapie: Anticholinergika p.o., bei laryngealen und pharyngealen Spasmen: sofortige i.v.-Injektion von Biperiden (2,5–5 mg), danach Umsetzen auf oral, niedrigst mögliche Dosis, Absetzen sobald als
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Kapitel 3 · Antipsychotika
möglich, keine prophylaktische Gabe (weitere Anticholinergika zur Behandlung von antipsychotikainduzierten EPS: Benzatropin (Cogentinol®, 1–3 × 0,5–2 mg/d), Trihexyphenidyl (Artane®, 3–4 × 1–4 mg/d). NW der Anticholinergika: Euphorie, Sedierung, Insomnie, Schwindel, vegetative NW. Cave: zentrales anticholinerges Syndrom (7 13.8.2). Parkinsonoid 5 Wahrscheinlichkeit: 15–30 %. 5 Typischer Beginn: 1.–10. Woche. 5 Risikofaktoren: v. a. hochpotente KAP, weibliches Geschlecht (2:1), plötzliche Steigerung oder Reduktion der Dosis, EPS in der Anamnese. 5 Symptome: Einschränkung der Feinmotorik, Verlust der Mitbewegungen bis zur Akinese, Hypo- und Amimie, kleinschrittiger Gang, Rigor, selten Tremor, Salbengesicht und Hypersalivation, später (selten): Rabbit-Syndrom mit Tremor (5/s) der Lippen. 5 Therapie: Dosisreduktion oder Umsetzen des Antipsychotikums oder Anticholinergika, keine prophylaktische Gabe (vor Auftreten von EPS), Erhaltungsdosis von Biperiden 4–12 mg/d, aber niedrigst mögliche Dosis (weitere Anticholinergika zur Behandlung von antipsychotikainduzierten EPS: Benzatropin [Cogentinol®, 1–3 × 0,5–2 mg/d], Trihexyphenidyl [Artane®, 3–4 × 1–4 mg/d]). NW der Anticholinergika: Euphorie, Sedierung, Insomnie, Schwindel, vegetative NW. Cave: zentrales anticholinerges Syndrom (7 13.8.2). Akathisie, Tasikinese 5 Wahrscheinlichkeit: 20–25 %. 5 Typischer Beginn: 1.–7. Woche. 5 Risikofaktoren: Alle Antipsychotika, auch AAP, dosisabhängig, EPS in der Anamnese. 5 Symptome: Als quälend erlebte Sitz-, aber auch Stehunruhe (Tasikinesie), dabei außer motorischen Auffälligkeiten Reizbarkeit, Angst, Konzentrationsstörungen, DD: Restless-legs-Syndrom (dabei im Gegensatz zur Akathisie Auftreten v. a. im Liegen). 5 Therapie: Dosisreduktion, Umsetzen des Antipsychotikums, β-Rezeptorenblocker (Propranolol 30–120 mg/d), BZD, Anticholinergika (niedrigst mögliche Dosis) oder Kombination; positive Effekte sind für Mirtazapin und Mianserin (5-HT2A/C-Blockade in niedriger Dosis, 7,5–15 mg) beschrieben; allerdings insgesamt schlechtes Ansprechen der Akathisie auf Medikation; bei Restless-legs-Syndrom (7 10.2.1). Spätdyskinesien 5 Wahrscheinlichkeit: 15–20 %, 3–5 %/Jahr KAP, 0,5 %/Jahr AAP. 5 Typischer Beginn: 3 Monate bis mehrere Jahre.
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5 Risikofaktoren: v. a. KAP, Dauer und Dosis der Antipsychotikatherapie, hohes Alter, weibliches Geschlecht, affektive Störung, zerebrale Vorschädigung, Diabetes. 5 Symptome: Verzögert auftretende hyperkinetische Dauersyndrome, intensive, abnorme, unwillkürliche, oft stereotype Bewegungen in der Zungen-, Mund- und Gesichts-, auch der distalen Muskulatur; Verschlechterung durch affektive Anspannung, nicht im Schlaf; DD: Absetzdyskinesien (nach 1–4 Wochen für wenige Monate), spontane orofaziale Dyskinesien. Potenziell irreversibel, auch nach Absetzen des Antipsychotikums (30–50 %); auch unter AAP gibt es Spätdyskinesien (unter Clozapin extrem selten). 5 Therapie: Umstellversuch auf Clozapin, evtl. zuätzliche Gabe von Tiaprid, Tetrabenazin; positive Ergebnisse liegen für Piracetam (4800 mg), Levetiracetam (500–3000 mg) und Vitamin B6 (1200 mg) als Add-onTherapie vor; Prophylaxe: möglichst niedrige Antipsychotikadosis, Berücksichtigung der Risikofaktoren, regelmäßige klinische Untersuchungen auf Beginn der Symptomatik; Vitamin E und Galantamin waren nicht generell wirksam; bei schweren generalisierten Dyskinesien war die tiefe Hirnstimulation Erfolg versprechend (bisher nur kleine Fallzahl). Malignes neuroleptisches Syndrom 5 Wahrscheinlichkeit: 0,02–0,5 %. 5 Typischer Beginn: 1.–2. Woche. 5 Risikofaktoren: Alle Antipsychotika, Lithium-Komedikation, junge Männer. 5 Symptome: Trias: Rigor, quantitative Bewusstseinsstörung, Bewusstseins- und autonome Funktionsstörung (Fieber, Tachykardie, labiler RR, Tachypnoe, Hyperhidrosis, Harninkontinenz), CK-Erhöhung, Leukozytose, auch Transaminasenanstieg, Entwicklung in 1–3 Tagen; renale Komplikationen gefährlich, Letalität 20 %. 5 Therapie: Absetzen der Antipsychotika, Kühlung, (parenterale) Flüssigkeitszufuhr; Intensivüberwachung; Prinzip der Weiterbehandlung und Notfalltherapie (7 13.8.2); unter Behandlung Besserung innerhalb von 5–15 Tagen. Generalisierte tonisch-klonische Krampfanfälle 5 Bei ca. 7 % der mit KAP behandelten Patienten können plasmaspiegelabhängig Allgemeinveränderungen im EEG registriert werden, welche jedoch nur selten therapeutische Konsequenzen haben. Eine Untersuchung mit allerdings kleinen Fallzahlen ergab deutlich häufigere, dosisunabhängige EEG-Auffälligkeiten (Allgemeinveränderungen, Spike-wave-Komplexe) unter Clozapin und Olanzapin (> 35 %) als unter Risperidon (28 %) und KAP (Fluphenazin 22 %, Perphenazin 14 %, Haloperidol 7 %).
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Die Rate an zerebralen Krampfanfällen liegt, wenn alle Antipsychotika berücksichtigt werden, deutlich < 1 %. Krampfanfälle kommen häufiger unter trizyklischen Antipsychotika v. a. mit aliphatischer Seitenkette und unter Clozapin vor (etwa 1 %, bei höheren Dosen bis zu 10 %). Risikofaktoren: zerebrale Vorschädigung, Behandlungsbeginn mit hohen Dosen, schneller Dosisanstieg. 5 Unter Melperon keine negative Beeinflussung der Anfallsbereitschaft (. Tab. 3.8, 7 3.13, Präparat). 5 Treten unter Antipsychotikatherapie Krampfanfälle auf und ist eine Dosisreduktion und/oder Umstellung unzumutbar (insbesondere unter Clozapin-Therapie), hat sich eine Komedikation mit einem Antikonvulsivum (insbesondere Valproinsäure) unter Plasmaspiegelkontrollen als effektiv erwiesen. Es muss an das erhöhte Risiko für Blutbildschäden bei Kombination von Clozapin mit Carbamazepin gedacht werden. Es gibt Hinweise, dass auch unter der Kombination von Clozapin mit Valproinsäure das Risiko für Neutropenie und Agranulozytose erhöht sein könnte. Zerebrovaskuläre Ereignisse 5 Schizophrene Patienten zeigen ein gegenüber der Gesamtbevölkerung erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Ereignisse. 5 Nach den aktuell vorliegenden Studien sind zerebrovaskuläre Ereignisse unter Antipsychotikaeinnahme erhöht, insbesondere bei Patienten mit Demenzerkrankungen. 5 Auf Risikofaktoren und Frühzeichen zerebrovaskulärer Störungen ist daher vor Gabe eines Antipsychotikums zu achten, das Nutzen-RisikoVerhältnis ist sorgfältig abzuwägen und engmaschig zu überprüfen; die Indikation muss besonders eng gestellt werden. 5 Es liegen derzeit mehrere Fall-Kontroll- und Kohortenstudien vor, die widersprüchliche Ergebnisse zum relativen Risiko von KAP und AAP für zerebrovaskuläre Risiken und eine erhöhte Mortalität zeigen. 5 Bei erhöhtem Schlaganfallrisiko können KAP in niedriger Dosierung bei entsprechender Verträglichkeit zunächst erwogen werden, bei Patienten mit Demenz ist ein Ersatz von AAP durch KAP allerdings nicht anzuraten. Risiken unter Antipsychotika bei älteren Patienten 7 3.10.4 Delirante Syndrome Vor allem in den ersten Behandlungstagen bei schneller Aufdosierung kann es zu deliranten Syndromen kommen (trizyklische Antipsychotika haben ein erhöhtes Risiko, v. a. Clozapin und Perazin; unter hochpotenten KAP vernachlässigbares Risiko).
3.6 · Nebenwirkungen
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3
> CAVE
Äußerste Vorsicht bei Kombination verschiedener Medikamente mit anticholinerger Komponente; besser vermeiden (s. zentrales anticholinerges Syndrom, 7 13.8.2).
Depressive Syndrome Einige KAP werden als medikamentöse Ursache für eine Depression bei Patienten mit Schizophrenie diskutiert (zur Problematik der pharmakogenen Depression 7 3.4.1, zum Vorgehen 7 3.4.4). Sedierung, Müdigkeit und Konzentrationsminderung 5 Sedierung, Müdigkeit und Konzentrationsminderung treten oft nur vorübergehend auf, häufiger unter niederpotenten konventionellen und anticholinerg bzw. antihistaminerg wirksamen Antipsychotika. 5 Auch tritt unter manchen AAP Sedierung auf; unter Clozapin, Olanzapin und initial unter Quetiapin ist sie besonders stark ausgeprägt, unter Amisulprid, Aripiprazol, Risperidon und Sertindol fehlt sie weitgehend. Malignes neuroleptisches Syndrom und zentrales anticholinerges Syndrom 7 13.8.2
3.6.2 Metabolische Wirkungen Gewichtszunahme, pathologische Glukosetoleranz, Diabetes mellitus und Hyperlipidämie (metabolisches Syndrom) 5 Gewichtszunahme unter Antipsychotika ist häufig (. Tab. 3.4); nach heute vorliegenden Erkenntnissen sind bei Behandlung mit Clozapin und Olanzapin etwa 10–40 % der Patienten von deutlichen Gewichtszunahmen (> 10 % des Ausgangsgewichts) betroffen, nach etwa einem Jahr zeigt sich häufig ein Plateau der Gewichtszunahme. Eine Dosisabhängigkeit der Gewichtszunahme ist für die meisten Antipsychotika eher nicht oder in geringem Umang belegbar, unter Langzeitbehandlung haben jedoch über 50 % der Patienten Übergewicht mit einem Body-Mass-Index (BMI) ≥ 30 kg/m² (7 9.2.5). Eine 5 %ige Gewichtszunahme ist mit einer Verdopplung des Risikos für Glukoseintoleranz verbunden. 5 Es kann, über die Gewichtszunahme hinaus, noch zu weiteren Stoffwechselstörungen kommen, die als metabolisches Syndrom zusammengefasst werden. Dann müssen drei der folgenden Kriterien erfüllt sein: Abdominelle Adipositas (Bauchumfang bei Männern > 102 cm, bei Frauen > 88 cm), Nüchternglukose > 110 mg/dl, Triglyzeride > 150 mg/ dl, HDL-Cholesterin erniedrigt (Männer < 40 mg/dl, Frauen < 50 mg/ dl), Hypertonie (> 130/85 mmHg). Das metabolische Syndrom stellt ein hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar. 5 Die Gewichtszunahme unter Antipsychotika hat darüber hinaus gravierende Konsequenzen in Bezug auf Lebensqualität und Compliance
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Kapitel 3 · Antipsychotika
sowie die Erhöhung des Risikos für Diabetes und Karzinome (Kolon, Endometrium). Eine vorbestehende arterielle Hypertonie und erhöhte Ausgangswerte des BMI sind nach einer Studie Risikofaktoren für die Entwicklung eines Diabetes unter AAP. Pathologische Glukosetoleranz und Hyperglykämien werden besonders unter Clozapin und Olanzapin, aber auch unter Quetiapin und Risperidon gesehen und können auch unabhängig von einer Gewichtszunahme auftreten. Für Aripiprazol und Ziprasidon besteht nach derzeitigem Kenntnisstand ein geringeres Risiko bei Erwachsenen. Die Möglichkeit der Neumanifestation eines Diabetes, ggf. mit fatalen Komplikationen (Ketoazidose), bei schizophrenen Patienten unter Behandlung mit Antipsychotika ist zu beachten. Regelmäßige Kontrollen des Blutzuckerspiegels, der Glukosetoleranz und des HbA1c 7 3.9 und . Tab. 3.6. Hyperlipidämien kommen besonders unter Clozapin und Olanzapin, aber auch unter Quetiapin und Risperidon vor. Mehrere Fälle von Hypertriglyzeridämien (> 600 mg/dl) wurden unter Behandlung mit Olanzapin oder Quetiapin berichtet. Unter Aripiprazol besteht bei Erwachsenen kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Hyperlipidämien. Regelmäßige Bestimmung der Blutfette 7 3.9 und . Tab. 3.6. Insgesamt besteht für schizophrene Patienten ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms, insbesondere für die Entwicklung eines Diabetes, auch unabhängig von der Behandlung. Dies wird v. a. mit ungünstigen Lifestyle-Faktoren (Ernährung, kör. Tab. 3.4 Gewichtszunahme unter Antipsychotika Antipsychotikum bzw. Plazebo
Mittlere Gewichtszunahme in 2–3 Monaten
Risiko für Gewichtszunahme
Plazebo
0–0,5 kg
0
Aripiprazola, Ziprasidon
0–0,5 kg
(+)
Amisulprid, Asenapin, Fluphenazin, Haloperidol
0,5–1,5 kg
+
Paliperidonb, Quetiapin, Risperidon, Sertindol
1,5–3,0 kg
++
Clozapin, Olanzapin, Thioridazin
3,0–5,0 kg
+++
Zurzeit liegen Daten aus Reviews und Metaanalysen v. a. für eine Behandlungsdauer von 2–3 Monaten vor. a 9–12 mg/d; bei 3–6 mg/d ähnlich wie Plazebo; b bei Kindern-und Jugendlichen aber signifikante Gewichtszunahme, jedoch geringer als bei anderen AAP. 0 kein wesentlich erhöhtes Risiko, (+) in der Regel geringfügig, + leicht erhöhtes Risiko, ++ deutlich erhöhtes Risiko, +++ stark erhöhtes Risiko für Gewichtszunahme.
3.6 · Nebenwirkungen
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perliche Aktivität, Rauchen) in Verbindung gebracht; auch genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. 5 Die Behandlung mit Antipsychotika kann dieses Risiko weiter erhöhen, für Clozapin und Olanzapin ist ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung metabolischer Syndrome gesichert. Studien belegen ein besonders hohes Risiko für junge, ersterkrankte Patienten mit Schizophrenie, ein metabolisches Syndrom unter Antipsychotika zu entwickeln. Therapie der Gewichtszunahme unter Antipsychotika 5 Als Anhaltspunkte für eine signifikante Gewichtszunahme gilt eine Erhöhung > 7 % des Körpergewichts unter Antipsychotikatherapie (3‒12 Monate) (5 kg bei 75 kg) und ein BMI > 25 kg/m² (Übergewicht) bzw. > 30 kg/m² als diagnostischer Hinweis auf das Vorliegen einer Adipositas (WHO). 5 Diätetische Maßnahmen und allgemeine Maßnahmen zur Gewichtsreduktion (körperliche Aktivität, Sportprogramme, Verhaltensmodifikation) sind Erfolg versprechend. Der Prävention ‒ durch Auswahl des geeigneten Antipsychotikums und regelmäßige Gewichtskontrollen ‒ kommt eine besondere Bedeutung zu. Verhaltenstherapeutisch orientierte Maßnahmen sind sowohl zur Prävention als auch zur Therapie von Gewichtszunahmen unter Antipsychotika geeignet. 5 Bei intolerablen Gewichtszunahmen, die sich unter Dosisoptimierung, diätetischen sowie verhaltensorientierten Maßnahmen nicht zurückbilden, muss eine Umstellung auf ein Antipsychotikum mit geringerem Risiko für Gewichtszunahmen oder eine medikamentöse Begleittherapie erwogen werden. Die verügbaren medikamentösen Begleittherapien sind wahrscheinlich nicht in der Lage, größere Gewichtszunahmen komplett umzukehren. 5 Als AAP mit geringerem Risiko für Gewichtszunahmen sind v. a. Aripiprazol und Ziprasidon zu empfehlen. 5 Aripiprazol hat sich bei Übergewicht auch als Zusatztherapie einer bestehenden Clozapin-Therapie bewährt. Ebenso konnte die Gewichtszunahme bei einer Olanzapin-Basistherapie mit 15 mg Aripiprazol reduziert werden (bei Erwachsenen). 5 Das Antidiabetikum Metformin (z. B. Glucophage® 750‒3000 mg/d) erwies sich in mehreren kontrollierten Studien als wirksam zur Gewichtsreduktion bei AAP-induzierter Gewichtszunahme (v. a. unter Clozapin und Olanzapin), insbesondere in Kombination mit Änderungen des Ernährungsverhaltens und erhöhter Aktivität. Auf die möglichen NW (v. a. gastrointestinale Störungen, Gefahr der Laktatazidose) ist zu achten (Off-label-Indikation, Nutzen-Risiko-Abwägung!). Metformin ist nach aktuellen Übersichtsarbeiten am meisten Erfolg versprechend zur Therapie einer bereits eingetretenen Gewichtszunahme unter AAP (nicht, um Gewichtszunahmen zu verhindern).
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Topiramat (100‒250 mg/d) als Zusatztherapie mit Olanzapin führte auch in RCT zu einer signifikanten Gewichtsabnahme sowie zu einer Prävention von Olanzapin-induzierten Gewichtszunahmen; ähnliche Effekte traten auch bei Zusatztherapie mit Clozapin auf, allerdings wurden auch Einzelfälle mit einer Exazerbation psychotischer Symptome unter Topiramat beschrieben. Plasmaspiegel von Clozapin, Olanzapin, Risperidon und Quetiapin werden durch Topiramat offensichtlich nicht beeinflusst. 5 In kontrollierten Studien konnten die H2-Rezeptorantagonisten Nizatidin (300‒600 mg/d) und Ranitidin (300‒600 mg/d) (nicht Famotidin) sowie das Antidepressivum Reboxetin (4 mg/d) (nicht Fluoxetin 20‒60 mg/d) die durch Olanzapin bedingte Gewichtszunahme reduzieren. Die Clozapin-induzierte Gewichtszunahme war durch Fluvoxamin zu reduzieren. 5 In RCT führte die zusätzliche Gabe von Amantadin (100‒300 mg/d) zu einer deutlichen Reduktion der mit einer Olanzapin-Therapie assoziierten Gewichtszunahme. In Einzelfällen kam es dabei zu einer Verschlechterung der psychotischen Symptomatik. 5 Positive Effekte für unter Olanzapin oder Risperidon aufgetretene Gewichtszunahmen wurden für den Progesteron-/GlukokortikoidRezeptorantagonisten Mefipriston (RU-486) berichtet. 5 In Einzelfällen hat die zusätzliche Gabe von Orlistat (7 Kap. 9, Präparat) zu einer Reduktion der antipsychotikaassoziierten Gewichtszunahme geführt. 5 Die unter Olanzapin häufig auftretende Gewichtszunahme war in einer RCT unter der Therapie mit Schmelztabletten (z. B. Zyprexa Velotab®) im Vergleich zu herkömmlichen Tabletten nicht geringer. 5 Zur Gewichtszunahme unter Psychopharmaka s. auch 7 9.2.5 Vorgehen bei antipsychotikainduzierter Gewichtszunahme – Empfehlung
5
5 Dosisreduktion (in wenigen Fällen hilfreich und/oder möglich), Diät und Ernährungsberatung, Verhaltensmodifikation (sportliche und häusliche Aktivitäten, geregelter Schlaf usw.), regelmäßige Kontrollen von Gewicht und Taillenumfang. 5 Umstellung bei Gewichtszunahme von > 5 % auf ein Antipsychotikum mit geringem Risiko für Gewichtszunahmen (v. a. Aripiprazol, Ziprasidon, Paliperidon in niedriger Dosierung). Bei jeder Umstellung ist das erhöhte Risiko einer Exazerbation der schizophrenen Störung zu bedenken (Nutzen-Risiko-Abwägung). 5 Bei ausbleibendem Erfolg (subjektiv intolerable Gewichtszunahmen, anhaltende Erhöhung von > 7 % des Ausgangsgewichts, BMI > 25‒30 kg/m²): zusätzlich Begleitmedikation (s. oben) zur Gewichtsreduktion unter Beachtung möglicher Neben- und Wechselwirkungen.
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3.6 · Nebenwirkungen
3
Endokrine Begleitwirkungen und sexuelle Funktionsstörungen 5 Unter KAP, Amisulprid und Sulpirid sowie etwas geringer unter Risperidon und Paliperidon kommt es häufig zu einem ausgeprägten dosisabhängigen Anstieg der PRL-Sekretion, der bei Frauen stärker als bei Männern ausgeprägt ist. Unter Clozapin, Aripiprazol und Quetiapin sind Prolaktinerhöhungen nicht zu erwarten, unter Olanzapin, Ziprasidon und Sertindol geringfügig und in der Regel transient (. Tab. 3.5). 5 Unter Aripiprazol kommt es durch die partiell dopaminagonistische Wirkung in der Regel zur Normalisierung oder Abnahme der PRLSpiegel, inbesondere bei Vorbehandlung mit anderen Antipsychotika. Bei symptomatischen PRL-Erhöhungen und unzumutbarer Dosisreduktion oder Umstellung kann ein vorsichtiger Therapieversuch mit Bromocriptin (Pravidel®) erwogen werden. 5 Klinische Folgen hoher PRL-Spiegel können neben sexuellen Funktionsstörungen bei Frauen Amenorrhö und Galaktorrhö, bei Männern Gynäkomastie sein. 5 Langzeitig erhöhte PRL-Spiegel werden für die Entstehung oder Verstärkung von Osteoporose verantwortlich gemacht, möglicherweise verursacht durch einen sekundären Hypogonadismus aufgrund der PRL-Erhöhung. Insgesamt ist die Datenlage weiterhin unsicher. 5 Brustkrebsrisiko und Risiko eines Hypophysenadenoms sind nach den vorliegenden Daten unter Antipsychotika nicht erhöht. Etwa ein Drittel der Mammatumoren ist prolaktinsensitiv. 5 Sexuelle Funktionsstörungen kommen unter KAP bei 30–60 % der Patienten vor; auch unter AAP treten sie auf (ausführlich 7 8.2.6). Der kausale Einfluss von antipsychotikainduzierten PRL-Erhöhungen auf sexuelle Funktionen ist weiterhin unklar. 5 Aripiprazol kann auch als Zusatzmedikation Prolaktinanstiege reduzieren, die unter anderen Antipsychotika auftreten. 5 Insbesondere bei Antipsychotika mit ausgeprägter α1-Adrenozeptorblockade (Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon, Aripiprazol, Asenapin) ist das Risiko für das Auftreten von Priapismus erhöht. 5 Sehr selten: Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH, 7 1.6.11). . Tab. 3.5 Prolaktinerhöhung unter atypischen Antipsychotika. Antipsychotikum
Ausprägungsgrad
Aripiprazol, Clozapin, Quetiapin
0
Asenapin, Olanzapin, Sertindol, Ziprasidon
(+)
Paliperidon, Risperidon
+
Amisulprid
++
0 in Ausnahmefällen, (+) in der Regel geringfügig, aber transient auch deutlich, + häufig deutliche Erhöhung, ++ in der Regel ausgeprägte Erhöhung.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
3.6.3 Kardiale Nebenwirkungen 5 Vor allem unter trizyklischen Antipsychotika, aber auch unter Fluspirilen, Haloperidol und Pimozid und den AAP Ziprasidon und Sertindol kann es zu kardialen NW kommen; eine mögliche Verstärkung durch Interaktionen ist zu beachten. 5 Das Risiko für einen plötzlichen Herztod ist unter Antipsychotikatherapie insgesamt selten, gegenüber der Normalpopulation jedoch etwa 2-fach erhöht (7 3.6, Einleitung, dort: Gesamtmortalität). Omega3-Fettsäuren können das Risiko möglicherweise senken. 5 EKG-Veränderungen: QTc-Verlängerung, Abflachung der T-Welle und ST-Strecken-Senkung. 5 In Einzelfällen unter Clozapin: Myokarditiden, Polyserositis. QTc-Verlängerung 5 Eine Vielzahl von Medikamenten, darunter Antipsychotika und auch Antidepressiva, können die myokardiale Erregungsrückbildung beeinträchtigen und eine Verlängerung des QT-Intervalls bewirken; dies kann zu einer pathologisch verlängerten frequenzkorrigierten QTcZeit führen (QTc = QT/√RR nach der Formel von Bazett, im Gegensatz zur unkorrigierten QT-Zeit besser vergleichbar). 5 Medikamenteninduzierte QTc-Verlängerungen um > 60 ms erhöhen das Risiko für Arrhythmien deutlich, auffällig sind QTc-Werte > 440 ms für Männer und > 450 ms für Frauen. Eine Dosisabhängigkeit der QTc-Verlängerung ist für viele Antipsychotika nachgewiesen. Unter Sertindol treten QTc-Verlängerungen (dosisabhängig im Mittel 10‒20 ms) häufiger als unter anderen Antipsychotika auf (s. unten). 5 Das Ausmaß von QTc-Verlängerungen durch Antipsychotika hängt offensichtlich v. a. mit dem Ausmaß der Blockade repolarisierender Kaliumströme am Myokard zusammen. Die Erhöhung der QTc-Zeit ist per se nicht als Risiko zu werten, ab QTc > 500 ms und insbesondere QTc > 600 ms steigt jedoch das Risiko für ventrikuläre Arrhythmien (v. a. Torsades de pointes) und plötzlichen Herztod deutlich an; besonders dann, wenn kardiale Risikofaktoren hinzukommen. 5 Das Auftreten pathologischer QTc-Verlängerungen wurde unter Sertindol (v. a. in höheren Dosierungen) (> 1 %), Thioridazin (≤ 1 %), Pimozid, Ziprasidon (≤ 0,1 %), Sulpirid, Haloperidol, Clozapin, Risperidon, Quetiapin (≤ 0,05 %), Olanzapin und Amisulprid (Einzelfälle, Überdosierung) und Melperon (sehr selten) beschrieben. Aripiprazol und Asenapin haben nach aktuellen Daten in therapeutischen Dosisbereichen kein erhöhtes Risiko für QTc-Verlängerung. Risikoeinschätzung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen . Tab.14.3 > CAVE
QTc-Verlängerungen sind v. a. für Pimozid, Sertindol, Thioridazin und Ziprasidon beschrieben. Ebenso sind besonders für diese Antipsychotika und
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Haloperidol (v. a. in höherer Dosis und bei parenteraler Gabe) Torsades de pointes und/oder Fälle von plötzlichem Herztod berichtet.
5 Als weitere Risikofaktoren für die Entwicklung von QTc-Verlängerung und ventrikulären Rhythmusstörungen kommen genetische Disposition (Long QT-Syndrom; HERG-Gen, weibliches Geschlecht), Hypokaliämie, Hypomagnesiämie und Hypokalzämie, Bradykardie, Herzinsuffizienz und linksventrikuläre Hypertrophie etc. hinzu. 5 Mögliche additive Effekte von Pharmaka auf die QTc-Prolongation und pharmakokinetische Interaktionen sind von großer Bedeutung (insbesondere bei Substanzen, die über CYP3A4 abgebaut werden). > CAVE
Neuere Befunde zeigen, dass neben anderen Antidepressiva (v. a. TZA) auch SSRI (z. B. Paroxetin, Sertralin, Citalopram) wahrscheinlich dosisabhängig QTc-Verlängerungen und ventrikuläre Rhythmusstörungen bei disponierten Patienten verursachen können. Dies ist insbesondere bei der häufigen Kombination von Antipsychotika mit Antidepressiva zu beachten. EKG-Kontrollen sind bei der Kombination mit Antidepressiva anzuraten.
EKG- und Kaliumkontrollen unter allen Antipsychotika
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5 Sorgfältige Beachtung der Komedikation, regelmäßige EKG-Kontrollen (und Elektrolytkontrollen, v. a. Kalium) vor Beginn und während einer Behandlung mit Antipsychotika und bei Patienten, die ein erhöhtes Risiko für QTc-Verlängerungen und Torsades de pointes aufweisen, Bestimmung der Serumkaliumkonzentration, ggf. Korrektur einer Hypokaliämie, Anstreben der minimalen therapeutisch wirksamen Dosis (QTc-Verlängerungen sind dosisabhängig!) und eine medikamentöse Umstellung bei auftretenden Pathologika (QTc > 480 ms, medikamenteninduzierte Verlängerung > 60 ms) könnten zu einer Senkung der erhöhten kardiovaskulären Mortalität schizophrener Patienten beitragen (Routineuntersuchungen . Tab. 3.6). 5 Bei Vorliegen oder Auftreten kardialer Symptome ist immer eine kardiologische Abklärung notwendig. > CAVE
Auch unter der Gabe von Haloperidol, meist bei hochdosierter oder i.v.Verabreichung, sind Fallberichten zufolge Torsades de pointes und plötzlicher Herztod aufgetreten. Nach derzeitigem Kenntnisstand besteht für Haloperidol – bei oraler Gabe in niedriger bis mittlerer Dosis – kein erhöhtes kardiologisches Risiko. In den USA ist Haloperidol nicht für die i.v.Applikation zugelassen. Aktuell wird auch in Europa parenteral auschließlich die i.m.-Applikation empfohlen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
3.6.4 Vegetative Nebenwirkungen 5 Vegetative NW (über die kardialen NW hinaus) kommen unter Antipsychotika bei Phenothiazinen am häufigsten vor (bis zu 10 %), treten bevorzugt zu Beginn der Therapie auf und zeigen dann i. Allg. eine Adaptation. Diese NW sind bei älteren Patienten problematischer als bei jüngeren. Bei stark ausgeprägten anticholinergen Effekten (z. B. Miktionsstörungen, Harnverhalt, ausgeprägte Obstipation; in Einzelfällen bis zum Ileus mit Septikämie und Peritonitis, besonderes Risiko unter Clozapin) kann therapeutisches Eingreifen erforderlich werden. Nach Ab- bzw. Umsetzversuch des Antipsychotikums: Therapie wie 7 1.6, vegetative Nebenwirkungen. Bei schwerer Obstipation (nach Ausschluss eines Ileus) sind Therapieversuche mit Lactulose (5–10 g/d, nicht bei Ileus) oder Macrogol (Movicol® 1‒3 Beutel/d), ggf. Natriumpicosulfat (Laxoberal® 5‒10 mg/d) bei Versagen nichtmedikamentöser Maßnahmen (ballaststoffreiche Ernährung, körperliche Aktivität) empfehlenswert. Eine weitere seltene, aber gefährliche anticholinerge NW ist das Auftreten von Glaukomanfällen bei entsprechender Prädisposition. Selten kann unter Therapie mit Antipsychotika (insbesondere Clozapin, Risperidon) auch eine Enuresis (v. a. nachts) auftreten, die bei Persistenz mit Desmopressin (Minirin®) behandelt werden kann (Cave bei älteren Patienten). 5 Hypotonie und orthostatische Dysregulation mit kompensatorischer Tachykardie (selten: Bradykardie) können unter allen vorwiegend niederpotenten KAP und auch AAP auftreten (α1-Rezeptorblockade) und ein besonderes Risiko für Stürze bei älteren Patienten darstellen. Kreislaufregulationsstörungen erfordern eine Dosisanpassung oder einen Präparatewechsel. Alternativ kann bei Tachykardie ein β-Rezeptorenblocker (z. B. niedrige Dosen von Metoprolol oder Propranolol), bei orthostatischer Hypotonie, falls Hydrotherapie (KneippGüsse) nicht ausreichend wirksam ist, Dihydroergotamin (z. B. Dihydergot®; bis zu 6 mg/d) gegeben werden. Bei asympathotoner Kreislaufreaktion kann auch Etilefrin (z. B. Effortil®; 20–60 mg/d) indiziert sein. 5 Nasale Hyperreaktivität (vasomotorische Rhinitis) kommt gehäuft unter Behandlung mit Sertindol vor, nasale Obstruktionen können auch bei anderen Antipsychotika v. a. mit α-Rezeptor-blockierender oder anticholinerger Wirkung auftreten. 5 Temperatursteigerung (v. a. unter Clozapin: ca. 5 % der Patienten, häufig passager in der 1.–3. Behandlungswoche, CRP-Anstieg; DD: malignes neuroleptisches Syndrom), sonst durch hypothalamische Beeinflussung häufiger erniedrigte Temperatur unter Antipsychotika. Der Verlust der Temperaturkontrolle wird auch als eine Ursache für plötzliche Todesfälle unter hohen Dosen angenommen. 5 Häufigste vegetative NW unter Clozapin: Hypersalivation (bei ca. 25 % der Patienten), i. Allg. folgenlos, falls Therapie notwendig,
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Versuch mit Amisulprid, Sulpirid oder Pirenzepin (Gastrozepin® 50 mg/d, Anticholinergikum mit relativ selektivem Antagonismus an M1- und M4-Rezeptoren); neuere Studien zeigen positive Effekte (8–16 Wochen) für einmalige Injektionen mit Botulinum-Toxin Typ B und für Anticholinergika (Glycopyrrolat) Unter trizyklischen Antipsychotika (mit anticholinerger Wirkung) kommt eher Mundtrockenheit vor. 5 In neueren Fall-Kontroll-Studien wurde bei älteren Patienten auf das gehäufte Auftreten von ambulant erworbenen Pneumonien (communityacquired pneumonia, CAP) unter KAP und insbesondere AAP hingewiesen. Das Pneumonierisiko war in der ersten Behandlungswoche und unter hoher Dosis am größten. Mögliche Ursachen sind u. a. verminderter Speichelfluss (anticholinerge Effekte), Sedierung, Ösophagusmotilitätsstörungen (Aspiration) und reduzierte Infektabwehr. 3.6.5
Veränderungen des hämatopoetischen Systems
Agranulozytoserisiko unter Antipsychotika
7
Agranulozytose (unter Clozapin in 1–2 % der Fälle; Einzelfälle unter Olanzapin und Melperon) mit dosisunabhängiger toxischer oder allergischer Genese. 5 Risikofaktoren für Agranulozytosen unter Clozapin: weibliches Geschlecht, höheres Lebensalter, Auftreten v. a. in der 4.–18. Behandlungswoche. 5 Vorgehen: sofortiges Absetzen der Medikation (dann reversibel); internistische, ggf. intensivmedizinische Therapie. 5 Falls unter trizyklischen Antipsychotika Agranulozytosen auftreten: Umsetzen auf ein hochpotentes Butyrophenon oder ein AAP, bei dem bisher kein erhöhtes Agranulozytoserisiko angegeben ist, z. B. Aripiprazol, Amisulprid, Ziprasidon, auch Risperidon, unter engmaschigen Blutbildkontrollen. Für Olanzapin, Risperidon und Quetiapin sind Einzelfälle mit Leukopenien beschrieben, die zum Absetzen zwangen. In einem Fall kam es bei Kombination von Clozapin und Risperidon zur Agranulozytose. In Einzelfällen kam es nach Reexposition (Clozapin, Olanzapin) nicht zu einer erneuten Agranulozytose, generell ist davon abzuraten. 5 Patienten müssen angewiesen werden, beim Auftreten von Symptomen wie Fieber, Halsschmerzen, Infektionen der Mundschleimhaut keinen Selbstbehandlungsversuch durchzuführen, sondern den Arzt aufzusuchen.
5 Leukozytosen oder Leukopenien v. a. bei trizyklischen Antipsychotika und zu Behandlungsbeginn; Eosinophilie mit konsekutiver Monozytose in der 2.–4. Woche: in der Regel keine Änderung der Therapie nötig. 5 Hämolytische Anämie, Thrombozytopenie und Panzytopenien: sehr selten (vereinzelt unter Clozapin).
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Thromboembolien: Durch verschiedene Studien wird der Verdacht erhärtet, dass thromboembolische Ereignisse gehäuft sowohl unter KAP (u. a. erhöhtes Risiko für Thioridazin, Zuclopenthixol und ‒ deutlich geringer ‒ für hochpotente KAP) als auch unter AAP (gehäuft bei Clozapin und Olanzapin, aber auch bei Risperidon, Quetiapin und Sertindol) auftreten. Die Mechanismen sind weiterhin unklar, neuere Studien zeigen insbesondere für Clozapin und Olanzapin gegenüber Haloperidol eine reduzierte (!) Thrombozytenaggregrationsneigung. 5 Auf ein potenziell erhöhtes Thromboserisiko bei Patienten mit schizophrener Störung und unter Antipsychotikatherapie muss gleichwohl geachtet werden; inbesondere bei Immobilisierung (z. B im Rahmen von Fixierungen, postoperativ) oder bei weiteren Thromboserisikofaktoren ist das klinische übliche Vorgehen zur Thromboseprophylaxe niederschwellig indiziert. ! Nach i.v.-Injektion von trizyklischen Antipsychotika (fast nie bei Butyro-
phenonen) kann es zu Thrombophlebitiden (selten Nekrosen) kommen; deshalb nur in Notfallsituationen langsame i.v.-Injektionen von trizyklischen Antipsychotika in verdünnter Form.
3.6.6 Sonstige Nebenwirkungen Leber-Gallengangs-System 5 NW v. a. unter trizyklischen Antipsychotika (auch AAP), aber auch unter Butyrophenonen. 5 Transienter Transaminasenanstieg, in der 2–4. Woche auch Anstieg der alkalischen Phosphatase möglich; bei klinisch asymptomatischen Transaminasenanstiegen unter dem 3-Fachen der Norm Verlauf abwarten (seltener Absetzgrund). 5 Selten Cholestase, falls Ikterus: sofortiges Absetzen des Antipsychotikums. 5 Unter Clozapin in Einzelfällen: nekrotisierende Hepatitis. Auch unter Olanzapin und Quetiapin sind Einzelfälle von Leberversagen ‒ insbesondere bei toxischen Konzentrationen ‒ beschrieben worden. Allergische Reaktionen 5 Generalisierte Arzneimittelexantheme, Photosensibilisierung mit erhöhtem Sonnenbrandrisiko, Pigmentablagerungen (Haut, Linse, Herz) v. a. unter Phenothiazinen; unter Thioridazin (ab 800 mg/d) und Chlorpromazin (ab 300 mg/d) ist eine Retinitis pigmentosa mit Nachtblindheit zu Beginn, transienten Ringskotomen und Visusminderung beschrieben worden (sehr selten). 5 Seltene schwere allergische Reaktionen: angioneurotisches Ödem, nichtthrombozytopenische Purpura, exfoliative Dermatitis und Stevens-Johnson-Syndrom.
3.7 · Kontraindikationen
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Myalgien und Rhabdomyolysen 5 Unter AAP, insbesondere Olanzapin (Einzelfälle auch bei Quetiapin), können unter normaler Dosierung und insbesondere bei Überdosierungen Myalgien mit Erhöhungen der Kreatinphosphokinase (CK-MM) auftreten. Trotz teilweise massiv erhöhter CK-Werte (> 1000 U/l), die über die nicht selten bei schizophrenen Patienten beobachtbaren Erhöhungen im Rahmen von Muskelanspannung und katatonen Symptomen hinausgehen, sind Rhabdomyolysen (mit Myoglobinurie) eher selten; diese sind dann jedoch wegen des drohenden Nierenversagens sehr ernst zu nehmen). 5 Der Pathomechanismus einer CK-Erhöhung unter Antipsychotika ohne Vollbild eines malignen neuroleptischen Syndroms (7 13.8.2) ist derzeit noch unklar, wird aber mit serotonergen Wirkungen auf die Muskelzellmembranpermeabilität in Verbindung gebracht. 5 Auf CK-Erhöhungen, die auch nach i.m.-Injektionen, Immobilität, Fixierungen, Stürzen oder generalisierten Krampfanfällen auftreten, ist ebenfalls zu achten. ! Eine generelle CK-Messung unter AAP-Therapie ist nach dem derzeiti-
gen Stand nicht zwingend, bei Auftreten von Myalgien und Verdacht auf Rhabdomyolyse oder ein malignes neuroleptisches Syndrom (7 13.8.2) jedoch neben Verlaufsbestimmungen von Myoglobin und Kreatinin immer erforderlich. Bei deutlich erhöhten CK-Konzentrationen sollte eine Umstellung erfolgen; eine Reexposition mit demselben Antipsychotikum ist zu vermeiden.
3.7
Kontraindikationen
Wichtige Kontraindikationen für Antipsychotika
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5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate. 5 Akute Intoxikationen mit Alkohol, Schlafmitteln, Analgetika und Psychopharmaka (Ausnahmen: notfalltherapeutische Maßnahmen, 7 Kap. 13). 5 Schwere Bewusstseinsstörungen (insbesondere Koma, 7 Kap. 13). 5 Leukopenie und andere Erkrankungen des hämatopoetischen Systems (Clozapin, aber auch andere trizyklische Antipsychotika). 5 Störungen der Harnentleerung, Engwinkelglaukom, Prostatahyperplasie und Myasthenia gravis (Antipsychotika mit anticholinerger Begleitwirkung). 5 Phäochromozytom und prolaktinabhängige Tumoren (Antipsychotika mit Erhöhung des PRL-Spiegels). 6
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Kapitel 3 · Antipsychotika
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5 M. Parkinson und andere Stammganglienerkrankungen (v. a. Antipsychotika mit hoher EPS-Wahrscheinlichkeit). 5 Epilepsie bzw. zerebrale Krampfanfälle in der Anamnese (Clozapin in hoher Dosis und andere Antipsychotika; in der Regel Behandlung mit Antikonvulsiva notwendig). 5 Hirnorganische Vorschädigungen. 5 Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen (in der Regel Dosisanpassung, Kontrollen, 7 Kap. 14). 5 Kardiale Vorschädigung (Antipsychotika mit kardiovaskulären NW, 7 Kap. 14). 5 Anamnestisch bekanntes malignes neuroleptisches Syndrom (alle Antipsychotika).
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Hinweise zu Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15; Hinweise zur Fahrtüchtigkeit 7 Kap. 16
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3.8
Interaktionen
Pharmakodynamische Interaktionen 5 Kombinationen von anticholinerg wirksamen Antipsychotika mit Anticholinergika oder anticholinerg wirksamen Antidepressiva können zu Erregungszuständen bis hin zum Delir führen ‒ besonders bei älteren Menschen ‒ und sollten vermieden werden. 5 Kombinationen mit einem Dopaminagonisten führen zur wechselweitigen Wirkungsabschwächung, Kombinationen mit Dopaminantagonisten zur gegenseitigen Wirkungsverstärkung. 5 Kombinationen von Antipsychotika mit Sympathomimetika können zu hypertensiven Krisen führen. 5 Kombinationen von Antipsychotika mit α1-antagonistischer Wirkung können die Wirkung von Antihypertensiva verstärken (Prazosin, Doxazosin, Terazosin) oder vermindern (Clonidin). 5 Trizyklische Antipsychotika sollen nicht mit Antiarrhythmika vom Chinidintyp verordnet werden. 5 Die Kombination von Antipsychotika mit Lithium kann EPS und andere NW verstärken. 5 Nach neueren Untersuchungen stellt eine Kombination von Clozapin mit BZD keine absolute Kontraindikation dar, sollte jedoch weiterhin sorgfältig abgewogen werden. Klinisch dringliche Situationen wie ein malignes neuroleptisches Syndrom, katatone Zustandsbilder oder extreme Agitiertheit lassen eine solche Kombinationstherapie vertretbar erscheinen. Pharmakokinetische Interaktionen 5 Bei Kombinationen von Antipsychotika mit SSRI und anderen Antidepressiva (u. a. Bupropion, Duloxetin, Agomelatin) ist unbedingt das
3.9 · Routineuntersuchungen und -hinweise
239
3
unterschiedliche Interaktionspotenzial der Substanzen zu beachten (7 Kap. 17). 5 Kombinationen von Antipsychotika mit Antibiotika (z. B. Clozapin und Ciprofloxazin) können zu schwerwiegenden Interaktionen führen. > CAVE
Ein AAP, das die QTc-Zeit verlängert (z. B. Sertindol, Ziprasidon), darf nicht mit einem zweiten AAP oder einem anderen Medikament kombiniert werden, das ebenfalls die QTc-Zeit verlängert, da ein additiver Effekt zu erwarten ist. > CAVE
Kardiovaskuläre Synkopen und/oder Atemstillstand bei gleichzeitiger Clozapin- und BZD-Einnahme sind beschrieben (i.v.-Applikation von BZD unbedingt vermeiden!).
5 Die gleichzeitige Gabe von Olanzapin i.m. und einem parenteralen BZD kann zu schweren Komplikationen führen und wird nicht empfohlen. 5 Antipsychotika und Alkohol (besonders in größeren Mengen) sollten nicht kombiniert werden (Gefahr der wechselseitigen Wirkungsverstärkung bis hin zum Koma). 5 Rauchen (7 Kap. 17) 3.9
Routineuntersuchungen und -hinweise
5 Unter allen Antipsychotika sind Routineuntersuchungen empfehlenswert. 5 Eine Übersicht der empfohlenen Kontrollen gibt . Tab. 3.6. Darüber hinaus empfehlen sich im Einzelfall Kontrollen, wann immer ein untersuchter Parameter pathologisch ausfällt, oder bei bestimmten Risikokonstellationen. 5 Wegen des möglichen Auftretens von Blutbildveränderungen unter trizyklischen konventionellen und atypischen Antipsychotika (Clozapin, Olanzapin, Quetiapin) sind routinemäßige Untersuchungen des Blutbildes zur Verhütung der klinischen Manifestation einer Agranulozytose notwendig (bislang nicht oder sehr selten unter Monotherapie mit hochpotenten Butyrophenonen, Diphenylbutylpiperidinen und Benzamiden); zu neueren AAP (Paliperidon, Aripiprazol, Asenapin) liegt noch keine breite Erfahrungsbasis vor. 5 Vor und während der Antipsychotikabehandlung von Patienten mit bestehender pathologischer Glukosetoleranz oder einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Diabetes sollten Blutzuckermessungen (ggf. im Tagesprofil), ggf. Glukosetoleranztest und HbA1c-Bestimmungen durchgeführt werden (insbesondere bei Clozapin und Olanzapin, 7 3.6.2).
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11
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15
16
17
X
X
Clozapin, Thioridazin
Andere AP
Andere AP
X
X
X
X
Clozapinf
Thioridazin, Pimozid
Sertindolg
Andere APh
EKG (QTc)e
X
X
Trizyklische APa (!)
X
X
XX
XX
X
X
X
X
Leberenzyme
Kreatinin
–
X
–
–
X
–
–
X
–
–
–
Andere AP
–
X
X
Clozapin, Olanzapin
Xm
–
XXXX
X
Xm
X
XXXX
X
Quetiapin, Risperidon
Blutzuckerb, Blutfette
XX
Trizyklische APa (!)
–
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
XXXX
X
–
–
X
–
–
–
–
–
–
–
–
XXXX
X
9 –
–
X
–
–
–
–
–
–
–
–
XX
X
5
X
X
X
X
X
X
X
–
–
X
–
–
–
–
–
Xm
–
–
X
–
Monatlich
–
7
Xm
X
X
X
X
6
8
Blutbild
4
6
3
–
X
–
Xi
–
–
–
–
X
–
X
X
Xd
X
Xc
–
–
–
–
–
X
–
–
–
Halbjährlich
Xc
X
Vierteljährlich
5
2
4
Monate
3
1
2
Vorher
1
Untersuchung
. Tab. 3.6 Empfehlungen für Routineuntersuchungen unter Antipsychotika
240 Kapitel 3 · Antipsychotika
Monate
X
X
–
–
2
X
X
X
3
–
–
–
4
–
–
–
5
X
X
X
6
–
–
–
Monatlich
X
X
–
Vierteljährlich
–
–
Xd
Halbjährlich
X Anzahl der notwendigen Routinekontrollen; bei einmaliger Messempfehlung im 1. Monat kann die Messung zwischen der 4.und 6. Woche erfolgen; AP Antipschotika. a Achtung (!): Die AAP Olanzapin, Quetiapin und Zotepin sind strukturchemisch ebenfalls Trizyklika. b Ggf. auch Blutzuckertagesprofil, Glukosetoleranztest und HbA , insbesondere 1c bei Clozapin und Olanzapin. c Bei unauffälligen Konstellationen bzw. stabilen Patienten können halbjährliche Kontrollen ausreichen. d Bei unauffälligen Konstellationen bzw. lange fristig stabilen Patienten können jährliche Kontrollen ausreichen. Absolutwerte von > 440 ms (Männer) > 450 ms (Frauen) sowie medikamenteninduzierte Zunahmen > 60 ms sind auffällig. f Unter Clozapin sind toxisch-allergische Myokarditiden beschrieben; daher empfehlen sich unter Clozapin zusätzliche EKG-Kontrollen bei Auftreten von kardialen Symptomen und Fieber bzw. nach 14 Tagen Behandlungsdauer. g Unter Sertindol sind EKG-Kontrollen vor Beginn der Therapie, nach Erreichen des Steady State (3 Wochen) oder bei einer Dosis von 16 mg, nach 3 Monaten und danach in 3-monatigen Intervallen, vor und nach jeder Dosiserhöhung während der Erhaltungstherapie, nach jeder zusätzlichen Gabe oder Erhöhung der Dosis einer Begleitmedikation, die zu einer Erhöhung der Sertindol-Konzentration führen könnte, empfohlen (bevorzugt morgens). h Beim Vorliegen oder Auftreten kardialer Symptome ist eine kardiologische Abklärung notwendig; durch sie wird auch die Häufigkeit von EKG-Untersuchungen im Verlauf festgelegt. i Kontrolle bei allen Patienten > 60 J. empfehlenswert sowie bei kardialen Risiken; bei Ziprasidon, Perazin, Fluspirilen und hochpotenten Butyrophenonen eher häufigere EKG-Kontrollen empfohlen. k Häufigere EEG-Kontrollen auch bei zerebraler Vorschädigung, erhöhter Anfallsbereitschaft, unklaren Bewusstseinsveränderungen (DD: nichtkonvulsiver Status) vor und während einer AP-Behandlung. l Messungen des Taillenumfangs werden empfohlen; zusätzlich monatliche Gewichtskontrollen durch den Patienten selbst. m Nur Blutzucker. Die Empfehlungen entsprechen der S3-Leitlinie Schizophrenie der DGPPN (2005), gehen teilweise jedoch darüber hinaus.
X
X
X
RR, Puls
Körpergewicht (BMI)l, Taillenumfang
1
–
Vorher
X
Clozapin
EEGk
Untersuchung
. Tab. 3.6 Fortsetzung
3.9 · Routineuntersuchungen und -hinweise 241
3
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Vor einer Antipsychotikabehandlung werden des Weiteren Untersuchungen der Blutfette (nüchtern, Triglyzeride, LDL- und HDL-Cholesterin) empfohlen; während einer Behandlung sollten in Anbetracht des Risikos für kardiovaskuläre Störungen jährliche, bei Risikopatienten und unter Behandlung mit Clozapin und Olanzapin häufigere Kontrollen stattfinden. 5 Die Nieren- und Leberfunktion sollte regelmäßig geprüft werden; die Leberenzyme häufiger unter trizyklischen Antipsychotika (einschließlich Clozapin, Olanzapin, Quetiapin). 5 Kreislaufsituation (Hypotonie, orthostatische Dysregulation): Insbesondere unter α1-antagonistischen Antipsychotika sind regelmäßige RR- und Pulsmessungen erforderlich. 5 Möglichst vor Beginn einer Behandlung mit Antipsychotika sollte die Serumkaliumkonzentration bestimmt und ggf. korrigiert, ein EKG abgeleitet und die QTc-Zeit bestimmt werden (7 3.6.3). 5 Bei Präparaten, die zu PRL-Erhöhungen führen, sollte bei Jugendlichen der PRL-Spiegel regelmäßig kontrolliert werden, bei Erwachsenen im Falle des Auftretens von entsprechenden Nebenwikrungen oder bei Risikopatienten. 5 Die Kenntnis des EEG vor Beginn der Therapie gehörte vor Einführung der bildgebenden Verfahren zur Routinediagnostik in der Psychiatrie. Abgesehen von wissenschaftlichen Fragestellungen beschränkt sich die Bedeutung des EEG im Rahmen der Antipsychotikabehandlung heute auf Verlaufsuntersuchungen bei anfallsgefährdeten Patienten und zur Abklärung des Anfalls- und Toxizitätsrisikos v. a. unter Clozapin. 5 Vor Beginn einer Behandlung ist ggf. der Ausschluss einer Schwangerschaft wichtig, entsprechende Kontrazeptionsmaßnahmen sind ggf. zu besprechen (7 Kap. 15). 5 Die Aufklärung hat bei der Antipsychotikatherapie einen besonderen Stellenwert. Sie wird dadurch erschwert, dass der Patient in der Akutphase nicht durch ein überforderndes Aufklärungsgespräch verunsichert werden soll; in diesen Fällen empfiehlt sich ein gestuftes Vorgehen. Zum Aufklärungsmodus wegen möglicher Spätdyskinesien gibt es zurzeit keine einheitliche Vorgehensweise. Die Darlegung der Nutzen-Risiko-Abschätzung sollte spätestens nach Einleitung der Stabilisierungsphase erfolgt sein. Die ersten Anzeichen einer tardiven Dyskinesie sollte der Patient kennen. Auf eine mögliche eingeschränkte Fahrtüchtigkeit (7 Kap. 16) und die Gefahren durch zusätzliche Einnahme von Alkohol und sedierenden Medikamenten muss der Patient frühzeitig hingewiesen werden.
3.10 · Dosierung
3.10
243
3
Dosierung
5 Antipsychotika haben eine relativ große therapeutische Breite. 5 Generelle Dosierungsempfehlungen sind wegen der Heterogenität der Substanzen nicht möglich, aufgrund der Dosisabhängigkeit einiger NW (u. a. QTc-Verlängerung, Prolaktinanstieg und EPS) sind möglichst niedrige wirksame Dosierungen anzustreben. 5 Die Messung der Plasmaspiegel zur Erhöhung der therapeutischen Effizienz sollte bei anhaltender Non-Response oder unerwarteten NW durchgeführt werden. 5 Prinzipiell sollte bei Patienten > 65 Jahre besonders vorsichtig aufdosiert werden; aufgrund der veränderten Pharmakokinetik und Pharmakodynamik sollten hohe Antipsychotikadosen im höheren Lebensalter und bei eingeschränkter Nieren- und/oder Leberfunktion vermieden werden (7 3.10.4). 5 Aufgrund der unterschiedlichen Vorgehensweisen in den Behandlungsphasen schizophrener Störungen werden die Dosierungsempfehlungen in 2 Abschnitte unterteilt: Akutphase 5 Bei Ersterkrankungen mit relativ niedriger Dosis beginnen, da sowohl ein besseres Ansprechen als auch eine größere Sensibilität für NW zu erwarten ist. 5 Bei akuter, schwerer Symptomatik im Rahmen von Rezidiven unverzüglich mit relativ hoher Dosis beginnen bzw. rasch aufdosieren; eine langsame, schrittweise Erhöhung der Dosis (einschleichende Dosierung) ist nur bei Antipsychotika mit anticholinerger bzw. adrenolytischer Begleitwirkung oder ausgeprägter Sedierung notwendig (zum generellen Einsatz von AAP in der Akutphase 7 3.4.1). 5 Der antipsychotische Effekt ist individuell unterschiedlich und liegt häufig innerhalb eines breiteren Dosisbereichs. Das Auftreten von NW kann durch eine möglichst niedrige effektive Dosis häufig verhindert werden. Bei leichter bis mäßig schwerer Symptomatik ist daher eine Dosissteigerung, die sich neben der Wirksamkeit auch an auftretenden NW orientiert, zu empfehlen. 5 Höhere Dosen verringern aufgrund des möglichen Auftretens von NW, insbesondere EPS bei KAP, die Compliance. Deshalb sind häufig niedrigere Dosen in Kombination mit BZD, falls Sedierung und schnellere Desaktualisierung der psychotischen Symptomatik notwendig sind, vorzuziehen. 5 AAP sollten in der Akutphase/Positivsymptomatik in der Regel innerhalb einer Woche in den Zieldosisbereich aufdosiert werden. 5 Clozapin eignet sich unter den AAP in der Regel nicht zur Therapie der Akutphase, da die therapeutische Dosis erst nach längerer Zeit erreicht
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Kapitel 3 · Antipsychotika
werden kann und ein primärer Einsatz wegen des Agranulozytoserisikos nicht indiziert ist. Stabilisierungsphase und Langzeitmedikation 5 Die Dosisfindung während der Stabilisierungsphase erfolgt unter Einbeziehung verschiedener Informationen bezüglich der Besserung der Symptomatik nach klinisch-psychopathologischem Befund, aus Sicht des Patienten, der Angehörigen und ggf. des Pflegepersonals oder Betreuers. 5 Die Medikation, unter der eine stabile Besserung aufgetreten ist, sollte in der wirksamen Dosis mit dem Ziel einer Remission beibehalten werden. Eine zu früh vorgenommene Dosisreduktion führt in der Mehrzahl der Fälle zu einem Rückfall. 5 Bei eingetretener Remission sollte das Antipsychotikum möglichst mit unveränderter Dosierung mit dem Ziel einer anhaltenden Rezidivfreiheit und psychosozialen Reintegration (Recovery 7 3.4.1) beibehalten werden.
8
Indikation zur Langzeitmedikation 7 3.11; Dosierungsempfehlungen für Antipsychotika bei anderen Indikationen s. entsprechende Kapitel
9
3.10.1 Pharmakokinetik 5 Antipsychotika werden nach oraler Einnahme in der Regel gut absorbiert, der First-pass-Metabolismus ist für eine große interindividuelle Variabilität verantwortlich. Ausnahmen sind Amisulprid und Sulpirid, ihre Bioverfügbarkeit beträgt weniger als 50 %, und sie werden zu über 90 % unverändert ausgeschieden. Paliperidon, der 9-OH-Metabolit von Risperidon, zeigt ebenfalls geringere Bioverfügbarkeit und wird hauptsächlich renal eliminiert. 5 Nach i.m.-Gabe kommt es zu einer schnelleren Absorption mit höherer Bioverfügbarkeit (Erhöhung um das 4- bis 10-Fache) als nach oraler Einnahme. 5 Viele Antipsychotika sind lipophil und weisen eine hohe Plasmaeiweißbindung auf. Sie sind plazentagängig und nicht dialysierbar. Ausnahmen sind Amisulprid und Sulpirid. Sie sind im Blut nur zu einem geringen Anteil an Plasmaeiweiße gebunden (< 20 %) und dialysierbar. 5 Bei Depot-Antipsychotika wird der Steady State zumeist in 2–3 Monaten (d. h. nach etwa 4 Injektionsintervallen) erreicht; nach Absetzen sind Plasmaspiegel noch für 9–24 Wochen nachweisbar. 5 Tmax für Antipsychotika ist sehr variabel; nach Depotgabe wird Tmax erst nach Tagen erreicht, abhängig von Veresterung und Depotgalenik; Ausnahmen sind: Fluphenazindecanoat, Fluspirilen und Zuclopenthixol (. Tab. 3.7). 5 Eine intial rasche Freisetzung der Wirkstoffe aus Fettsäureestern (Hydrolyse) kann zu deutlich ansteigenden Konzentrationen mit entspre-
10 11 12 13 14 15 16 17
3.10 · Dosierung
5
5 5 5
245
3
chenden NW (v. a. EPS) in den ersten Tagen nach Injektion führen (»Early-peak-Phänomen«). Für t½ gilt bei Antipsychotika in der Regel: oral = 15–35 h (Ausnahmen: Benperidol 5 h, Quetiapin 7 h, Pimozid 55 h); da bei Depotpräparaten dieser Parameter im Wesentlichen von der Freisetzung aus dem öligen Medium abhängig ist, ergeben sich große Unterschiede zwischen den verschiedenen Depot-Antipsychotika. Das Injektionsintervall sollte nach der Freisetzungs-HWZ gewählt werden (. Tab. 3.7). Umrechnungsvorschlag von oral auf Depot für Haloperidol 7 3.13, Präparat. Zur Verstoffwechslung von Antipsychotika durch CytochromP450-Enzyme: Tabellen in 7 Kap. 17. Für Generika wird eine vergleichbare Äquipotenz wie für die Originalpräparate gefordert (Resorption, Bioverfügbarkeit und Metabolisierung, zulässige Schwankungsbreite 80‒125 % bei gleicher Dosis). Nach neueren Einzelfallberichten und Fallserien ist die Bioverfügbarkeit für generische AAP (Clozapin, Risperidon, Olanzapin) nicht immer mit den Originalpräparationen vergleichbar. Bei Umstellungen sollte dies (bis hin zu einem möglicherweise höheren Rückfallrisiko bei geringeren Plasmaspiegeln) ebenso berücksichtigt werden wie die psychologischen Aspekte einer Umstellung (u. a. andere Namen, Farbe, Größe).
3.10.2 Antipsychotika-Plasmakonzentrationen 5 Nach oraler Applikation wurden für Phenothiazine und Butyrophenone Plasmaspiegel mit sehr großen interindividuellen Schwankungen (um den Faktor 10–30) gefunden; bei i.m.-Gabe waren diese Varianzen deutlich geringer (Faktor 2–3). Bei Thioxanthenen und Benzamiden scheinen die Plasmaspiegel geringeren interindividuellen Unterschieden zu unterliegen (Faktor 2–5). Die Risperidon-Plasmaspiegel unter Depotbehandlung zeigen geringere Schwankungen im Tagesverlauf als die dosisäquivalente orale Medikation. 5 Falls bei gesicherter Compliance der Therapieerfolg ungenügend ist, kann die Dosisanpassung durch Einstellung eines optimalen Plasmaspiegels erfolgen. 5 Ist der Plasmaspiegel optimal eingestellt, bringt eine weitere Dosiserhöhung bei ungenügender Response i. Allg. keine Verbesserung. In Einzelfällen wird ein Ansprechen aber erst unter sehr hohen Dosen beobachtet. 5 Erste Befunde belegen für Clozapin, dass es einen individuell optimalen Plasmaspiegel gibt, der vom empfohlenen Bereich abweichen kann. Untersuchungen zum rezidivprophylaktischen Effekt der Plasmaspiegelkontrolle haben für Clozapin nachgewiesen, dass das Risiko eines Rezidivs vorliegt, wenn die Clozapin-Spiegel um mehr als 40 % vom optimalen individuellen Wert abfallen. Ähnliches wurde für Olanzapin beobachtet.
246
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Kapitel 3 · Antipsychotika
3.10.3 Depotmedikation 5 Zur Applikationserleichterung bei Patienten, die nicht in der Lage sind, regelmäßig orale Antipsychotika einzunehmen, gibt es Depotpräparate als Langzeitmedikation mit Injektionsintervallen von 1–4 Wochen. Sie senken das Rückfallrisiko im Vergleich zur oralen Einnahme. Weitere Vorteile: Gewährleistung ausreichender Dosierungen und Erleichterung der Überwachung der Compliance. 5 Relevante Unterschiede zwischen den einzelnen, derzeit verfügbaren KAP-Depotpräparaten beruhen weniger auf deren Wirkstärke als auf deren Pharmakokinetik. Eine Übersicht gibt . Tab. 3.7. 5 Für AAP sind derzeit zwei Depotpräparate im Handel (Risperidon: Risperdal Consta®, Olanzapinpamoat: Zypadhera®). Die Langzeitbehandlung mit AAP-Depotpräparaten erscheint empfehlenswert; es gibt Hinweise, dass sie das Rezidivrisiko deutlich reduzieren können. 5 Auch bei Depotpräparaten ist eine sorgfältige, individuelle Dosisanpassung nötig. 5 Depotpräparate zeigen eine geringere Steuerbarkeit (v. a. bei Auftreten von NW) und sind damit in der Regel nicht für eine Akutbehandlung geeignet. Auch vermitteln Depotinjektionen im Gegensatz zur oralen Medikation dem Patienten möglicherweise häufiger das Gefühl, nicht aktiv an der Therapieentscheidung und -durchführung mitwirken zu können. Allerdings sind bei Mehrfacherkrankten frühe Umstellungsversuche auf ein atypisches Depot-Antipsychotikum vielversprechend.
. Tab. 3.7 Übersicht über Depotpräparate Depotpräparat
Wirkungsdauer
Dosierung
Tmax
t½
Konventionelle Antipsychotika Flupentixoldecanoat
3–4 Wochen
20–100 mg
ca. 7 Tage
ca. 17 Tage
Flupheanzindecanoat
2–4 Wochen
12,5–100 mg
8–36 h
ca. 14 Tage
Fluspirilen
1 Woche
2–10 mg
ca. 2 Tage
ca. 7 Tage
Haloperidoldecanoat
2–4 Wochen
50–300 mg
3–9 Tage
ca. 21 Tage
Perphenazinenanthat
2 Wochen
50–300 mg
2–3 Tage
4–6 Tage
16
Zuclopenthixolacetat
2–3 Tage
50–150 mg
36 h
ca. 1–2 Tage
17
Atypische Antipsychotika ca. 5 Wochen
15
Risperidon (Risperdal-Consta®)
2 Wochen
25–50 mg
Olanzapinpamoat
2 Wochen 4 Wochen
150–210 mg 300–405 mg
ca. 30 Tage
3.10 · Dosierung
247
3
5 Auf eine korrekte Hautdesinfektion und Applikationstechnik mit 5–8 cm langer Nadel und Verschieben der Haut vor Injektion (sonst Verlust von bis zu 1/3 der Dosis durch den Stichkanal) ist sorgfältig zu achten. Für die Applikation des Risperidon-Depotpräparats (gluteal, deltoid) und des Olanzapin-Depots (nur gluteal) werden spezielle Injektionssysteme mitgeliefert. 5 Wenn bei Depotbehandlung oder retardierten oralen Formulierungen die Plasmakonzentrationen (Talspiegel) kontrolliert werden, sollte die Blutentnahme unmittelbar vor der nächsten Injektion bzw. Retard-Tabletteneinnahme erfolgen. 3.10.4 Antipsychotika im höheren Lebensalter 5 Aufgrund altersabhängiger Änderungen der pharmakodynamischen Effekte (7 14.1) sind dosisabhängige Wirkungen und Nebenwirkungen mit zunehmendem Lebensalter in der Regel verstärkt; die Empfindlichkeit ist bei älteren Patienten insbesondere für andrenolytische Effekte (orthostatische Hypotonie), anithistaminerge Wirkungen (Sedierung bei H1-Rezeptor-Blockade), anticholinerge NW (u. a. Gefahr des anticholinergen Delirs, Harnverhalt, Obstipation) und die antidopaminerge Wirkung (erhöhtes Risiko für EPS) erhöht. Ältere Frauen zeigen eine besonders hohe Sensitivität für EPS einschließlich Spätdyskinesien. AAP sind daher prinzipiell vorteilhaft bei älteren Patienten mit schizophrenen Störungen. 5 Zusätzliche pharmakokinetische Änderungen wie Abnahme der hepatischen und renalen Clearance (. Tab.14.1) können altersabhängig zu Akkumulation, Plasmaspiegelerhöhungen und konsekutiven Verstärkungen von Neben- und Wechselwirkungen von Antipsychotika führen. 5 Insbesondere kardiovaskuläre Komorbidität im höheren Lebensalter gibt Anlass zu besonderer Vorsicht beim Einsatz von Antipsychotika mit erhöhtem Risiko für QTc-Verlängerung, Herzrhythmusstörungen und othostatische Hypotonie; zu speziellen Vorsichtsmaßnahmen und evtl. Dosisanpassungen 7 14.2. 5 Es ist zu beachten, dass »niederpotente« Antipsychotika (einschließlich Promethazin) ebenfalls EPS induzieren können und zusätzlich häufig ausgeprägte anticholinerge oder antihistaminische Wirkungen aufweisen; kurz wirksame BZD, Non-Benzodiazepine, ggf. Phytotherapeutika, Melperon (auf Interaktionen achten) und Pipamperon sind zur vorübergehenden Sedierung und Schlafförderung bei älteren Patienten den Antipsychotika vorzuziehen. Auf das erhöhte Sturzrisiko ist immer zu achten. 5 Viele Antipsychotika sind nicht bei älteren Patienten (> 65 J.) systematisch untersucht; gleichwohl besteht für die meisten Antipsychotika keine Zulassungsbeschränkung für ältere Patienten; eine epxlizite Zulassung für die Behandlung von schweren psychotischen Störungen
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Kapitel 3 · Antipsychotika
und Verhaltensstörungen (mit Gefährdung) bei Patienten mit Demenz besteht derzeit nur für Risperidon. 5 Für Clozapin und die neueren AAP liegen jedoch einzelne pharmakokinetische Studien und Wirksamkeitsprüfungen oder zumindest Fallserien auch bei älteren Patienten (u. a. mit Demenz) vor (Aripiprazol, Amisulprid, Olanzapin, Paliperidon, Quetiapin, Risperidon, Zotepin). Bei Vergleichen zu Haloperidol oder anderen KAP zeigten sich regelhaft vergleichbare Wirkungen (z. B. gegen Wahn, Halluzinationen und bei Delirien verschiedener Genese) bei deutlich besserer Kurzzeitverträglichkeit. 5 Nutzen und Risiken einer Antipsychotika-Verordnung sind im höheren Lebensalter und insbesondere bei Patienten mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Komplikationen besonders sorgfältig und regelmäßig zu überprüfen (7 14.1 und 7 14.2). ! Es besteht ein erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre und kardiale Ereignisse
für alle Antipsychotika bei Demenz 7 3.4.8, 7 Box 4.
5 Eine Untersuchung bei Pflegeheimbewohnern mit Demenzerkrankungen zeigte, dass in den meisten Fällen das Absetzen von Antipsychotika ohne negative Konsequenzen möglich war. Darüber hinaus ergeben Hinweise, dass Antipsychotika nicht selten, v. a. bei Pflegeheimbewohnern, ohne strikte Indikationsstellung verabreicht werden. 3.11
Behandlungsdauer
Die Angaben zu Behandlungsdauer und Optimierung beziehen sich im Wesentlichen auf die Therapie schizophrener Störungen; die Vorgehensweise bei anderen Indikationen von Antipsychotika findet sich in den jeweiligen Kapiteln. Zudem fehlen weitgehend Studien zu optimalen Vorgehensweisen bezüglich Dauer und Dosierung der Antipsychotika insbesondere im Langzeitverlauf verschiedener psychischer Störungen. 3.11.1 Wirkungseintritt 5 Die Wirklatenz zeigt eine große Bandbreite von Stunden bis zu mehreren Wochen. Bei Antipsychotika-Respondern mit akuter Symptomatik zeichnet sich in der Regel innerhalb der ersten beiden Behandlungswochen eine merkliche und innerhalb von 4‒8 Wochen (ggf. nach Dosiserhöhung) eine deutliche Besserung ab. Bei chronifizierten Störungen und ausgeprägter Negativsymptomatik kann der Wirkeintritt auch deutlich verzögert sein. 5 Ein frühes, zumindest teilweises Ansprechen (erkennbare Partial-Response, z. B. Symptomreduktion von mindestens 20 % bei Verwendung einer Rating-Skala und subjektive Besserung aus Sicht des Patienten) ist in vielen Fällen prädiktiv für eine spätere Response und Remission. Kommt es dagegen in den ersten 2 Wochen nicht zu einer solchen
3.11 · Behandlungsdauer
3
249
beobachtbaren Partial-Response, ist die Wahrscheinlichkeit für ein späteres Ansprechen ohne Veränderung der Antipsychotikatherapie (Dosis, Präparat) gering (wahrscheinlich ähnlich wie bei den Antidepressiva 7 1.10.13). 5 Wenn das Antipsychotikum (möglichst innerhalb einer Woche) in den Zieldosisbereich aufdosiert wurde und danach nur eine unzureichende Wirkung ‒ aber eine merkliche Besserung ‒ gesehen wird, sollte nach 2(‒4) Wochen und Ausschluss einer Non-Compliance oder pharmakokinetischen Ursache (Metabolisierung) eine weitere Erhöhung der Zieldosis erfolgen. Wenn auch nach erfolgter Dosiserhöhung innerhalb von ca. 2(‒4) Wochen keine Response erfolgte, sollte auf ein anderes AAP umgesetzt werden (bevor eine Kombination erwogen wird). 5 Es ist eher unwahrscheinlich, dass durch eine noch weitere Dosiserhöhung eine Response erreicht wird. In Einzelfällen sind allerdings durch Dosiserhöhungen bei bestehender Partial-Repsonse sowohl für KAP als auch für AAP deutliche Zustandsbesserungen (Remission) beschrieben worden. Auch zeigten neuere Daten bei ersterkrankten schizophrenen Patienten, dass bei etwa 10 % der Patienten ein Ansprechen (auf Haloperidol oder Risperidon) erst nach einer Therapiedauer von über 8 Wochen erfolgte. 5 Für Clozapin sollte eine längere Behandlungsdauer abgewartet werden, bevor von einer Non-Response ausgegangen werden kann (bis zu 6 Monate). 3.11.2 Medikationsdauer Medikationsdauer
9
5 Antipsychotikatherapie unter Beibehaltung der Dosis für mindestens 1 Jahr nach der ersten Akutphase; bei anhaltenden psychosozialen Belastungen sind eher längere Behandlungsdauern (2 Jahre) auch nach Erstmanifestation zu empfehlen. 5 Nach einem ersten Rezidiv ist die Antipsychotikatherapie zunächst unter Beibehaltung der Dosis für mindestens 2‒5 Jahre, nach mehrmaligen Episoden mindestens 5 Jahre fortzusetzen. 5 Erst danach bei stabiler Symptomremission können bei der Langzeitbehandlung eine schrittweise Dosisreduktion über längere Zeiträume und eine Einstellung auf eine niedrigere Erhaltungsdosis erwogen werden. 5 Die Fortführung der Behandlung möglicher psychiatrischer Komorbiditäten ist ebenfalls zu beachten.
250
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Kapitel 3 · Antipsychotika
3.11.3 Indikation für eine Langzeitmedikation Indikation für eine Langzeitmedikation über 5 Jahre (ggf. Dauermedikation) liegt vor:
10
5 Bei floriden Psychosen, die bei Absetzen der Medikation exazerbierten 5 Zur Rezidivprophylaxe bei häufigen Episoden, inbesondere wenn Eigen- oder Fremdgefährdung im Rahmen von Exazerbationen bekannt sind 5 Bei Schizophrenien mit überwiegender, ausgeprägter Negativsymptomatik (Indikation für AAP) 5 Bei chronischen Schizophrenien mit Residualzuständen
5 Durch Langzeitmedikation mit Antipsychotika kann − die Rezidivhäufigkeit und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Residualzuständen herabgesetzt und − die Anzahl stationärer Klinikaufenthalte reduziert und damit ambulant eine optimale Soziotherapie und Rehabilitation ermöglicht werden. 5 Wenn in der Akutphase mit Erfolg ein KAP verordnet wurde, ist die vorsichtige Umstellung auf ein AAP wegen der Reduktion des Risikos für Spätdyskinesien empfehlenswert (7 3.1.4). 5 Antipsychotika mit langer HWZ sind im Hinblick auf die Compliance des Patienten zur oralen Langzeitmedikation besonders geeignet, da dann die Einnahme nur einmal täglich nötig ist. Zur AntipsychotikaDepotmedikation 7 3.10.3. 5 Bei Langzeittherapie mit KAP sollte keine prophylaktische Anticholinergikagabe erfolgen: Falls diese zu Beginn notwendig war, ist die Indikation immer wieder zu überprüfen. 5 Ein wesentliches Problem der Langzeittherapie unter KAP ist das Auftreten von potenziell irreversiblen Spätdyskinesien (7 3.6.1). Deshalb ist eine regelmäßige Untersuchung zur Früherkennung von Spätdyskinesien (häufiger Beginn im Zungenbereich) angezeigt. 5 Routineuntersuchungen (. Tab. 3.6) sind gerade auch in der Langzeitbehandlung bei allen Antipsychotika wichtig. Die Häufigkeit der Untersuchungen muss auf den Einzelfall individuell abgestimmt sein und bei Änderungen des psychopathologischen oder somatischen Befundes ebenso wie bei Veränderungen psychosozialer Faktoren angepasst werden; eine regelmäßige psychiatrische Untersuchung (zumindest im Abstand von 3 Monaten auch bei stabilen Patienten) ist hierfür die wichtigste Grundlage. 5 Die Rezidivprophylaxe bei schizophrenen Störungen schließt neben einer Antipsychotikatherapie auch immer entsprechende psychosoziale Maßnahmen ein (7 3.5).
3.11 · Behandlungsdauer
3
251
3.11.4 Dosisreduktion und Absetzversuch ! Das Antipsychotikum darf niemals abrupt abgesetzt werden, sonst erhöht
sich das Rückfallrisiko. Ein sehr langsames Ausschleichen (ähnlich wie bei Lithium) ist zu empfehlen, z. B. Dosisreduktion von 20–25 % innerhalb von 3 Monaten.
Vor einem Absetzversuch muss bei allen Antipsychotika geklärt sein:
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5 Wie wahrscheinlich ist ein Rezidiv (erhöhte Wahrscheinlichkeit bei häufigen früheren Rezidiven, niedrigem prämorbidem psychosozialem Funktionsniveau)? 5 Sind Frühsymptome (Frühwarnzeichen) einer Exazerbation bekannt, oder beginnt eine Episode abrupt und ohne Frühwarnzeichen? Wie war es bei früheren Episoden? Wird der Patient frühe Anzeichen einer Symptomverschlechterung erkennen? 5 Wie wahrscheinlich ist es, dass der Patient bei einem psychotischen Rezidiv Hilfe aufsucht? 5 Wie schwierig wird es sein, eine Exazerbation zu behandeln? 5 Welche Auswirkungen hätte eine Exazerbation? (z. B. Suizidversuch in der Anamnese bei imperativen Stimmen)
5 Falls ein Absetzen erwogen wird, ist auch wegen möglicher Absetzeffekte ein langsames Ausschleichen über Monate mit engmaschiger Kontrolle der Psychopathologie zu empfehlen. 5 Innerhalb von 9–12 Monaten nach Absetzen der Antipsychotika erleiden ca. 70 % der Patienten mit Schizophrenie ein akutes Rezidiv im Gegensatz zu 15–30 % unter Beibehaltung der Therapie mit Antipsychotika. 10–20 % sind aber auch ohne Medikation rezidivfrei. 5 Ein Vorgehen mit langsamem, aber vollständigem Ausschleichen der Antipsychotika nach Abklingen der akuten psychotischen Symptomatik und erneutem frühzeitigem Beginn einer Antipsychotikabehandlung bei Auftreten von Anzeichen einer Exazerbation, die regelmäßig und sorgfältig erhoben werden müssen, hat sich zumindest in einer Studie für Patienten mit Erstmanifestation einer schizophrenen Psychose im Vergleich zu einer dauerhaften Antipsychotikatherapie über 2 Jahre als gleichwertig herausgestellt. Bei Patienten mit mehrfachen Episoden in der Vorgeschichte war diese Strategie jedoch mit einer höheren Rezidivrate als die kontinuierliche Langzeitmedikation assoziiert.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
3.12
Non-Response, Therapieresistenz und Therapieversagen
Eine einheitliche Definition von Partial-Response, Non-Response, Therapieresistenz oder Therapieversagen bei der Behandlung mit Antipsychotika gibt es nicht. 5 Von klinischer Non-Response (Nichtansprechen) auf ein Antipsychotikum sollte dann gesprochen werden, wenn ein Patient nach etwa 6 Wochen Dauer einer ausreichend dosierten Behandlung mit einem Antipsychotikum nicht oder ungenügend respondiert hat. Die empfohlenen Antipsychotika-Dosierungen beziehen sich dabei in der Regel auf Positivsymptome. 5 Es gibt 20–30 % Non-Responder auf das erste Antipsychotikum (alle Patienten, unabhängig von der Anzahl der Vorepisoden und der Erkrankungsdauer); bei Patienten mit schizophrener Ersterkrankung sind es etwa 5–20 %. 5 Die DGPPN-Leitlinie definiert medikamentöse Behandlungsresistenz als fehlende oder unbefriedigende Verbesserung der Zielsymptomate trotz Behandlung in empfohlener Dosierung und Dauer jeweils zwischen 6 und 8 Wochen mit mindestens zwei Antipsychotika, wobei eines ein AAP sein sollte und die Compliance, ggf. mittels Plasmaspiegelkontrollen, gesichert sein sollte. 5 Ein definitives Therapieversagen (d. h. keine weitgehende Remission der psychotischen Symptomatik im langfristigen Therapieverlauf trotz mehrerer adäquater Therapieversuche) wird bei etwa 3–5 % der Patienten mit schizophrener Störung angenommen.
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Gründe für Non-Response und Therapieresistenz unter Antipsychotika
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Non-Compliance Unzureichende Dosis oder Therapiedauer Absorptionsstörung Pharmakodynamische Gründe für individuelles Nichtansprechen Pharmakokinetische Besonderheiten (z. B. beschleunigter Metabolismus durch Rauchen, Komedikation, pharmakogenetische Auffälligkeit wie ultrarapid metabolizer) 5 Gleichzeitige Drogeneinnahme oder andere psychiatrische Komorbidität 5 Wirkungsabschwächung durch hohen Kaffeekonsum 5 Falsche Diagnose
3.12 · Non-Response, Therapieresistenz
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3.12.1 Behandlungsoptimierung 5 Folgende Strategien (7 Box 13) sollen ausgelotet werden, bevor von einer Non-Response oder Therapieresistenz ausgegangen wird (s. oben). Behandlungsoptimierung bei Non-Response oder Therapieresistenz unter Antipsychotika
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5 Compliance ggf. verbessern oder sicherstellen 5 Plasmaspiegel ggf. überprüfen − Antipsychotika-Dosierung überprüfen; sowohl zu niedrige als auch exzessiv hohe Dosen (s. unten) können die Ursache für eine geringere Wirksamkeit sein − Bei atypischen und fluktuierenden Verläufen die diagnostische Einordnung überprüfen − Komorbiditäten entsprechend behandeln, insbesondere Substanzmissbrauch, Alkoholabhängigkeit, depressive Syndrome und Zwangssymptome − Körperliche Erkrankungen abklären und ggf. interdisziplinär behandeln − Ausgeprägte NW gefährden häufig den Behandlungserfolg, unter Antipsychotika aufgetretene NW, insbesondere EPS, ggf. adäquat therapieren − Wechsel oder Kombination des Antipsychotikums (7 3.12.2 und 7 3.12.3) oder Augmentationsstrategien (7 3.12.4)
5 Die Hochdosistherapie mit hochpotenten KAP (z. B. Haloperidol bis 100 mg/d) führt nur in seltenen Einzelfällen zur Durchbrechung der Therapieresistenz, wohingegen das Risiko für extrem belastende NW unverhältnismäßig ansteigt. Auch für AAP (v. a. Olanzapin) wurde in Einzelfällen von Besserungen unter hohen Dosen berichtet; folgende Erhöhungen der Tagesdosis sind nach derzeitiger Kenntnis im Einzelfall möglicherweise sinnvoll: Olanzapin bis 40 mg, Risperidon bis 12 mg, Quetiapin bis 1800 mg, Amisulprid bis 1200 mg, Ziprasidon bis 160 mg und Zotepin bis 450 mg. 5 Psychosoziale Stressoren, die ungünstigen Einfluss auf den Behandlungsverlauf nehmen können, sind zu evaluieren, und entsprechende Maßnahmen, einschließlich spezifischer psychotherapeutischer Interventionen, sind empfehlenswert. ! Kommt es nach Anwendung des Stufenplans zur Behandlung der Akut-
phase (7 Box 2) und dieser Vorschläge zur Behandlungsoptimierung nur zu einem unzureichenden Therapieerfolg, so können die Strategien der folgenden Abschnitte alternativ angewandt werden. Es besteht bei Therapieresistenz derzeit kein überzeugender und geprüfter Therapiealgorithmus bei schizophrenen Patienten.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
3.12.2 Wechsel und Umstellen des Antipsychotikums 5 Trotz Einführung der AAP wird bei einem größeren Anteil der Patienten noch keine befriedigende Wirkung gesehen, und auch die Compliance hat sich nicht wesentlich verbessert; dadurch wird der Arzt gefordert, Antipsychotika mit verschiedenen Wirkmechanismen nacheinander und manchmal auch in Kombination überlappend zu verordnen. 5 Ein Wechsel von einem Antipsychotikum auf ein anderes oder auch ein Umsetzen auf eine andere Darreichungsform ist zu erwägen bei − unzureichender therapeutischer Wirkung bzw. Therapieresistenz, − störenden NW oder Eintreten von (relativen) Kontraindikationen, − vorhandenen oder möglichen störenden Interaktionen, − unzureichender Compliance oder auf Wunsch des Patienten bei eingeschränkter Lebensqualität. 5 In Abhängigkeit vom zuerst eingesetzten Antipsychotikum sollte eine Umsetzung möglichst rational und vorsichtig überlappend erfolgen; eine Antipsychotika-Monotherapie ist anzustreben. 5 Wenn mit einem KAP keine ausreichende Remission erfolgte, sollte eine Umstellung auf ein AAP nach Wirkungs- und Nebenwirkungsspektrum erfolgen. 5 Wenn mit einem AAP zunächst erfolglos therapiert wurde, sollte ein Umsetzen auf ein anderes AAP erfolgen (7 3.4.1, 7 Box 2); dabei kann auch ein Behandlungsversuch mit einem KAP durchgeführt werden. Auch hierbei sollte man sich an Wirkungs- und Nebenwirkungsspektren der Antipsychotika orientieren und die Therapie auf den Einzelfall abstimmen. 5 Clozapin ist auch in neueren Studien bei vorherigem Therapieversagen am vielversprechendsten; zudem haben sich in aktuellen Metaanalysen Olanzapin, Risperidon und Amisulprid als wirksamer gegenüber KAP und AAP erwiesen. ! Ein Umsetzen unter einer schon bestehenden partiell wirksamen Antipsy-
chotikatherapie ist immer mit dem Risiko einer Exazerbation verbunden.
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Umstellungsvorgehen 5 In der Akutphase sollte ein überlappendes Umsetzen zweier Antipsychotika durch sukzessives Auf- bzw. Abdosieren über ca. 2 Wochen erfolgen, insbesondere wenn die neu angesetzte Substanz anticholinerge oder blutdrucksenkende Eigenschaften (z. B. bei Clozapin, Olanzapin, Risperidon, Paliperidon) aufweist oder Interaktionen zu erwarten sind (cross-titration). 5 Wird ein hochpotentes KAP oder eine atypische Substanz mit selektivem D2-Antagonismus neu angesetzt, kann die Aufdosierung rasch innerhalb von wenigen Tagen vorgenommen werden (z. B. Haloperidol, Amisulprid).
3.12 · Non-Response, Therapieresistenz
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5 Ein Umsetzen in der Stabilisierungsphase sollte sehr behutsam über Wochen erfolgen. Bei neu hinzugetretenen NW, Interaktionen, Kontraindikationen etc. und bei akuten Exazerbationen muss ggf. akut gehandelt werden. Soll im Rahmen einer Langzeitmedikation ein Umsetzen bei bisher befriedigender therapeutischer Wirkung erfolgen, sollten lange Zeiträume (über Monate) eingeplant werden (v. a. unter Clozapin). 5 Als bezüglich der Wirksamkeit sicherste Variante des überlappenden Umsetzens kann bei allen Antipsychotika die »Plateautitration« angesehen werden: Beibehalten des vorbestehenden Antipsychotikums über mindestens 2 Wochen nach Erreichen der Zieldosis des neuen Antipsychotikums, dann erst langsames Ausschleichen der Vormedikation, ggf. über mehrere Wochen. Für Aripiprazol sollte diese Variante der Umstellung immer bevorzugt werden. 5 Anhaltspunkte für die Auswahl von Antipsychotika für Umsetzungsund Kombinationsstrategien nach ihrem Wirkungs- und Nebenwirkungsspektrum . Tab. 3.8. 5 Bei pharmakologischer Therapieresistenz (d. h. anhaltender NonResponse nach Behandlung mit mindestens zwei unterschiedlichen Antipsychotika, darunter mindestens einem AAP) stellt das Umsetzen auf Clozapin unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung auch weiterhin die Maßnahme der 1. Wahl dar (30–60 % Erfolgsquote nach etwa 6 Wochen bei primären Non-Respondern). Aktuelle Studiendaten können Hinweise, dass Risperidon und Olanzapin bei primärer Non-Response ähnlich wirksam sein könnten wie Clozapin, nicht bestätigen (CATIE-Studie, 7 3.1.4). Bei Non-Response gegenüber Clozapin scheint eine Umstellung auf Risperidon nicht erfolgreich zu sein. 5 Clozapin scheint zusätzlich therapeutische Wirkungen bezüglich Suizidalität, Feindseligkeit, Aggressivität und Rauchverhalten zu besitzen (7 3.4.1, 7 Box 2). 5 Eine Empfehlung zum primären Einsatz eines spezifischen AAP außer Clozapin bei Therapieresistenz ist aus den vorliegenden Daten nicht abzuleiten (7 3.1.4). 5 Für Olanzapin und Risperidon sowie in geringerem Umfang für Quetiapin liegen Hinweise für eine Überlegenheit bei Therapieversagen gegenüber KAP vor. 5 Nichtkontrollierte Studien berichten auch günstige Ergebnisse bei nicht ausreichendem Ansprechen für die wechselseitige Umstellung von Risperidon und Olanzapin, von Clozapin auf Quetiapin und von anderen AAP auf Aripiprazol. 5 In einer offenen Studie zeigte sich bei etwa 20 % der Patienten mit ausgeprägter Therapieresistenz (gegenüber KAP sowie Risperidon und Clozapin) eine Response unter Olanzapin, sodass ein Versuch mit
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Kapitel 3 · Antipsychotika
. Tab. 3.8 Anhaltspunkte für die Auswahl eines Antipsychotikums bei Therapieresistenz, Nebenwirkungen und pharmakokinetischen Interaktionen Problem
Prinzipiell besonders geeignet
Prinzipiell ungeeignet
Therapieresistenz
Clozapin, danach Olanzapin, Risperidon, u. U. Aripiprazol
Bereits früher unwirksame oder ähnlich wirkende AP, abhängig vom Behandlungsverlauf
Persistierende Negativsymptomatik
Amisulprid, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, wahrscheinlich auch andere AAP
KAP in höheren Dosen
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Ausgeprägte EPS unter KAP, M. Parkinson
AAP, v. a. Clozapin, Quetiapin
Hochpotente KAP
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Spätdyskinesien unter KAP
Clozapin, Quetiapin
Hochpotente KAP
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Deutliches Übergewicht, Gewichtszunahme unter AP
Aripiprazol, Ziprasidon, ggf. Amisulprid (. Tab. 3.4)
Clozapin, Olanzapin (. Tab. 3.4)
Sedierung, Müdigkeit unter AP
Amisulprid, Aripiprazol, Ziprasidon, hochpotente KAP
Clozapin, Quetiapin, niederpotente KAP
Sexuelle Funktionsstörungen mit PRL-Erhöhungen unter KAP
Aripiprazol, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin
KAP, Amisulprid, Risperidon
Krampfanfälle in der Vorgeschichte, bekannte Epilepsie
Risiko für Erniedrigung der Krampschwelle bei allen AP; daher suffiziente antikonvulisve Therapie bei bekannter Epilepsie, geringes Risiko für Risperidon, Butyrophenone, Melperon
Phenothiazine, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin
Anticholinerge NW von AP oder anderen Pharmaka
Amisulprid, Aripiprazol, Melperon, Paliperidon, Pipamperon, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon
Clozapin, Levomepromazin
Pharmakokinetische Interaktionen (CYP450) mit anderen Pharmaka
Amisulprid, u. U. Paliperidon
AP mit extensivem hepatischem Stoffwechsel und deren Kombinationen
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AP Antipsychotika, AAP atypische AP, KAP konventionelle AP, EPS extrapyramidalmotorische Störungen, PRL Prolaktin, NW Nebenwirkungen.
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Olanzapin-Monotherapie bei solchen Patienten erwogen werden kann, bevor eine Kombinations- oder Augmentationsstrategie (7 3.12.3 und 7 3.12.4) angewandt wird. 5 Beim Wechsel von Clozapin auf ein neueres AAP muss bei vielen Patienten mit Verschlechterungen gerechnet werden. Bei der Umstellung unter Clozapin stabilisierter Patienten auf Olanzapin erlitten in einer kleinen Fallbeobachtungsserie ca. 50 % der Patienten einen Rückfall. Möglicherweise kann eine zu schnelle Reduktion der Clozapin-Dosis einen Rückfall triggern. Daher sollte bei diesen Patienten das Umsetzen sehr langsam über mehrere Monate vorgenommen werden. 3.12.3 Kombination von Antipsychotika 5 Es erhalten bis zu 25 % der ambulanten und bis zu 50 % der stationären Patienten mindestens zwei Antipsychotika gleichzeitig. Die gleichzeitige Gabe von mehr als zwei Antipsychotika ist Einzelfällen vorbehalten. Positive Wirkungen von Kombinationen von Antipsychotika mit unterschiedlichem oder gar ähnlichem Wirkungsspektrum werden beschrieben; systematische Studien konnten hingegen bisher nur wenige und allenfalls schwach positive Effekte solcher Kombinationen belegen (vorwiegend mit Clozapin). Gleichwohl sind Kombinationen von Antipsychotika in Anbetracht der wenigen, nicht unproblematischen Alternativen (v. a. Clozapin, EKB) bei der Behandlung schwer kranker Patienten mit Schizophrenie klinisch durchaus nachvollziehbar. Während überlappender Umsetzversuche (cross-titration) sind häufig Situationen zu beobachten, bei denen eine Kombination von zwei Antipsychotika vermeintlich wirksamer als eine Monotherapie erscheint. ! Bei allen Kombinations- und Augmentationsbehandlungen von Anti-
psychotika sind mögliche Komplikationen und auftretende Neben- und Wechselwirkungen besonders sorgfältig zu prüfen und regelmäßig zu überwachen. Eine Monotherapie hat ein niedrigeres Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial.
Kombination zweier konventioneller Antipsychotika 5 Die Kombination zweier hochpotenter KAP erscheint am wenigsten rational, Wirksamkeitsunterschiede sind nicht sicher belegt, hinzu kommt ein erhöhtes EPS-Risiko wie bei einer Dosiserhöhung unter Monotherapie. 5 Weit verbreitet ist die Kombination von hochpotenten und nieder- oder mittelpotenten KAP meist mit dem Ziel, antipsychotische und sedierende, antiaggressive oder schlafförderende Wirkungen effektiv zu kombinieren. Die klinische Erfahrung zeigt durchaus die Wirksamkeit solcher Strategien, v. a. wenn niederpotente KAP mit geringem EPS-Risiko und geringer anticholinerger Wirkung (z. B.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Melperon, Pipamperon) mit einem hochpotenten Antipsychotikum kombiniert werden (z. B. Fluphenazin, Haloperidol). Für die stationäre Akutbehandlung schizophrener Psychosen (7 13.1) besteht in diesen Fällen die wirksame, gut verträgliche und steuerbare Alternative einer vorübergehenden Kombination eines Antipsychotikums mit einem BZD. 5 Zur Augmentation eines antipsychotischen Effekts sind die Kombinationen von hoch- und niederpotenten KAP in der Regel nicht geeignet (mögliche Ausnahmen sind vorübergehende Kombinationen mit dem mittelpotenten Antipsychotikum Perazin), da sich bei Dosissteigerung des niederpotenten Antipsychotikums auch das EPS-Risiko erhöht und unerwünschte Sedierung häufiger wird. Kombination eines konventionellen und eines atypischen Antipsychotikums (außer Clozapin) 5 Die Strategie kann geeignet sein, um die antipsychotische Wirkung eines KAP (v. a. D2-Blockade) durch ein breiteres Wirkprofil zu ergänzen. Daher sind AAP z. B. mit ausgeprägter 5-HT2-Blockade für Kombinationen mit hochpotenten KAP theoretisch sinnvoller als Antipsychotika mit nahezu selektiver D2-Blockade (Amisulprid). 5 Für Risperidon, Olanzapin und Quetiapin liegen Fallserien vor, die unter Zugabe des AAP ‒ meist in niedriger Dosis ‒ zu bestehender Therapie mit einem KAP bei etwa 2/3 der Patienten eine globale klinische Verbesserung bei guter Verträglichkeit nahe legen. Unter Zugabe von Risperidon (1–2 mg) konnte die Dosis der KAP um etwa 1/3 reduziert werden. 5 Eine Addition eines KAP zu einer bestehenden Medikation mit einem AAP kann vorübergehend klinisch sinnvoll sein. Hochpotente KAP können die Akutwirksamkeit gegen Positivsymptome verstärken. Niederpotente KAP können bei nichtsedierenden Antipsychotika eine vorübergehende sinnvolle Ergänzung darstellen. 5 Von einem Langzeiteinsatz konventioneller, insbesondere hochpotenter Antipsychotika in Kombination mit AAP muss jedoch abgeraten werden, auch wegen des möglichen Verlusts der atypischen Eigenschaften in dieser Kombination, v. a. dem Risiko für PRL-Erhöhungen, EPS (tardive Dyskinesien) und kognitiv-affektive NW. Kombination von Clozapin mit einem konventionellen oder atypischen Antipsychotikum 5 Eine aktuelle Metaanalyse bestätigt geringe, aber nachweisbare Vorteile einer Augmentation von Clozapin mit verschiedenen Antipsychotika bei inkompletter Response, v. a. bezüglich einer Verbesserung von Positivsymptomen.
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5 Der vergleichsweise wenig ausgeprägte D2-Antagonismus von Clozapin lässt theoretisch Möglichkeiten zur Augmentation offen. Daher sind bei Partial- oder Non-Response von Positivsymptomen unter Clozapin am ehesten Kombinationen mit weitgehend selektiven D2-Antagonisten (Amisulprid, hochpotente KAP) sinnvoll. 5 Allerdings wird der Vorteil von Clozapin, der v. a. durch das extrem geringe EPS-Risiko die erforderlichen Kontrollen wegen anderer möglicher NW rechtfertigt, infrage gestellt, wenn hochpotente KAP mit Clozapin kombiniert werden. Die Clozapin-Dosis sollte dabei plasmaspiegelabhängig ggf. angepasst werden. Als Alternative zu einem KAP sollte in diesen Fällen eine Kombination von Clozapin mit Amisulprid wegen der besseren Verträglichkeit und dem geringen Interaktionsrisiko erwogen werden. 5 Amisulprid in niedriger Dosierung kann auch zur Wirkungsverstärkung bei ausgeprägter Negativsymptomatik, die unter Clozapin-Therapie persistiert, empfohlen werden. 5 In Anbetracht der Rezeptorprofile erscheint auch die Kombination von Clozapin und Risperidon als sinnvoll. Die zusätzliche Gabe von Risperidon ist zurzeit in der Literatur am häufigsten bei (partieller) NonResponse unter Clozapin-Monotherapie beschrieben. Fallserien und Einzelfallberichte belegen positive Effekte dieser Kombination, meist bei Dosierungen von Risperidon und Clozapin im üblichen therapeutischen Bereich. Kontrollierte Studien konnten die Überlegenheit der Kombination allerdings nicht belegen. 5 Neue Studien belegen positive Effekte einer zusätzlichen Gabe von Aripiprazol zu einer bestehenden Clozapin-Therapie, in Einzelfällen auch umgekehrt. Insbesondere Verbesserungen der Negativsymptomatik, Gewichtsreduktion und weniger Sedierung wurden berichtet und lassen diese Option auch aus theoretischer Sicht gegenwärtig als vielversprechend bei Therapieresistenz unter Clozapin-Monotherapie erscheinen. ! Unter Kombination von Risperidon und Clozapin wurden jeweils Einzel-
fälle mit kardialer Arrhythmie und Agranulozytose berichtet. Eine erhöhte Aufmerksamkeit für NW und entsprechende Kontrollen sind unter allen Kombinationstherapien erforderlich.
5 Trotz ähnlicher Rezeptorbindungsprofile wurden auch für die Kombination von Clozapin mit Olanzapin oder Quetiapin und Ziprasidon in Fallserien und einzelnen RCT positive Effekte bei Therapieresistenz oder zur Behandlung von ausgeprägter Negativsymptomatik berichtet. Bei diesen Kombinationen muss auf die Verstärkung von NW, insbesondere sedierender Effekte, besonders geachtet werden.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Kombination zweier atypischer Antipsychotika (nicht Clozapin) 5 Zu diesen möglichen Kombinationen sind nur wenige kontrollierte Daten verfügbar. Offene Studien und Einzelfallberichte zu Wirkungsverbesserung unter Kombination von Olanzapin und Risperidon sowie von Risperidon und Quetiapin (in niedriger Dosis) bei schizophrenen Patienten mit maniformer Erregung liegen vor. 5 Unter Berücksichtigung von Wirkungs- und Nebenwirkungsprofilen erscheint in Einzelfällen eine Kombination von Amisulprid mit Quetiapin bzw. Olanzapin rational. 3.12.4 Augmentationsstrategien Bei unzureichendem Ansprechen von Antipsychotika-Monotherapien einschließlich einer ausreichend hoch dosierten Clozapin-Therapie (Plasmaspiegelkontrollen!) können alternativ zu Kombinationen von Antipsychotika folgende ‒ wissenschaftlich aber nicht gesicherte ‒ Strategien angewendet werden: Kombination von Antipsychotika mit Benzodiazepinen 5 Die Kombination ist manchmal bei Negativ-, aber auch bei Positivsymptomatik hilfreich. Cave bei der Kombination von Clozapin mit BZD (7 3.8 und 7 4.4.9). Kombination von Antipsychotika mit Antidepressiva 5 Bei Patienten mit ausgeprägter Negativsymptomatik oder Zwangssymptomen sind Kombinationen eines AAP mit einem SSRI in Einzelfällen Erfolg versprechend. 5 Positive Effekte wurden in zwei RCT mit einer Add-on-Therapie mit Mirtazapin (30 mg/d) beschrieben, in Kombination mit KAP ergaben sich Verbesserungen kognitiver Leistungen (6 Wochen), in Kombination mit Risperidon (6 mg) zeigten sich Verbesserungen der Negativsymptomatik (8 Wochen) bei chronischem Verlauf. Eine weitere RCT ergab für die Kombination von AAP mit Mirtazapin hingegen keinerlei Vorteile (6 Wochen). 5 Auf mögliche NW, insbesondere EPS, und auf eine potenzielle Verschlechterung von Positivsymptomen unter Antidepressiva bei akuten Schizophrenien ist zu achten. Die Kombination von Antipsychotika mit Reboxetin kann bei unter Antipsychotika auftretender Gewichtszunahme (v. a. Clozapin, Olanzapin) hilfreich sein. Augmentationsstrategien mit AAP bei Antidepressiva-Basistherapie 7 1.12.4. Einsatz von AAP bei Negativsymptomatik und depressiver Symptomatik/ Suizidalität 7 3.4.1
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Kombination von Antipsychotika mit Stimmungsstabilisierern 5 Kombinationen von AAP und neueren Stimmungsstabilisierern werden zunehmend untersucht. 5 Die Kombination eines Antipsychotikums mit Carbamazepin kann bei Schizophrenien mit Erregungszuständen, maniformen oder paranoiden Symptomen und auch bei aggressiven Impulsdurchbrüchen versucht werden. > CAVE
Carbamazepin sollte nicht mit Clozapin kombiniert werden (erhöhtes Agranulozytoserisiko).
5 Die Datenlage für Kombinationen eines Antipsychotikums mit Valproinsäure ist nicht konsistent: Während Einzelfallberichte und klinische Beobachtungen eine positive Wirkung bei etwa 1/3 der Patienten vermuten lassen, ergaben kontrollierte Studien keine eindeutigen Vorteile dieser Kombination. Diese Kombination kann v. a. bei schwerer Symptomatik dann sinnvoll sein, wenn aggressive und impulsive Verhaltensweisen die Antipsychotika-Response verhindern. 5 Kombinationen von Clozapin und Valproinsäure werden meist gut vertragen und haben sich bei der Anfallsprophylaxe bewährt. 5 Kombinationen von Antipsychotika mit Lithium bei behandlungsresistenten schizophrenen Verläufen sollten wegen fehlender Evidenz nur in Ausnahmefällen erwogen werden. 5 Für den Glutamatantagonisten Topiramat (100–300 mg/d) liegen mittlerweile positive Ergebnisse aus RCT zur Augmentation einer AAP-Therapie (Clozapin, Olanzapin, Risperidon, Quetiapin) bezüglich Negativsymptomatik, Gewichtsreduktion und bei Therapieresistenz vor. Topiramat kann allerdings u. a. psychotische Symptome verstärken. 5 Für eine Kombination des NMDA-Antagonisten Memantine (10 mg/d) mit Clozapin bei therapierefraktärer Schizophrenie fand sich in einer RCT eine Verbesserung der Positiv- und Negativsymptomatik. 5 Die Kombination von Clozapin mit Lamotrigin erweist sich nach einer Metaanalyse v. a. bei therapierefraktären Patienten unter Clozapin als effektive Augmentationsstrategie zur Verbesserung von Positiv- und Negativsymptomen. Lamotrigin scheint bei Zugabe zu anderen Antipsychotika diese wirkungsverstärkenden Effekte nicht zu haben. ! Unter der Kombination von Lamotrigin und Clozapin kann es zu erhöhten
Clozapin-Plasmaspiegeln kommen.
Kombination von Antipsychotika mit Elektrokrampfbehandlung 5 Es liegen bisher keine kontrollierten Studien zur Wirksamkeit dieser Kombination bei Therapieresistenz vor; der Einsatz der EKB außerhalb der febrilen Katatonie stellt bei Schizophrenien daher derzeit eine
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Ultima Ratio unter Beachtung der notwendigen Voraussetzungen dar (DGPPN-Leitlinie). 5 Allerdings gibt es offene Studien und Fallberichte, die eine Kombination von Clozapin und EKB günstig erscheinen lassen; ebenso liegen positive Ergebnisse aus einer offenen Studie für eine Kombination von EKB mit Flupenthixol und ein positiver Einzelfallbericht für die Kombination von EKB und Aripiprazol bei Patienten mit therapierefraktärer chronischer Schizophrenie vor. Eine systematische Analyse konnte zeigen, dass die Kombination von EKB inbesondere mit AAP wirksam ist und die Verträglichkeit der EKB nicht negativ beeinflusst.
5 3.13
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Präparate
Bei den Generika wurde auf die Angabe der Packungsgrößen verzichtet, bei den Präparaten, die nur in Kurzfassung dargestellt werden, auch auf die Dosierung der Generika. Es wird auf die weiterführende Darstellung der NW in 7 3.6, der Kontraindikationen in 7 3.7 und auf die Besonderheiten im Alter und bei internistischen Krankheiten (7 Kap. 14) hingewiesen. Die Angaben zur Dosierung, NW und Kontraindikationen beziehen sich immer auf den Handelsnamen des Erstanbieters (nur hier Angabe der Darreichungsformen). Amisulprid Benzamid 4-Amino-N-[(1-ethyl-2-pyrrolidinyl)methyl]-5-(ethylsulfonyl)-o-anisamid Amisulprid AL (Aliud) Tbl. 100/ 200/ 400 mg Amisulprid biomo (biomo) Tbl. 100/ 200/ 400 mg Amisulprid HEXAL (HEXAL) Tbl. 50/ 100/ 200/ 400 mg Amisulprid Hormosan (Hormosan Pharma) Tbl. 100/ 200/ 400 mg Amisulprid Lich (Winthrop Arzneimittel) Tbl. 50/ 100/ 200/ 400 mg Amisulprid-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 100/ 200/ 400 mg
Amisulprid-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 100/ 200/ 400 mg Amisulprid Sandoz (Sandoz Pharmaceuticals) Tbl. 50/ 100/ 200/ 400 mg Amisulprid STADA (STADApharm) Tbl. 100/ 200/ 400 mg Amisulprid TAD (TAD Pharma) Tbl. 100/ 200/ 400 mg Solian (Sanofi-Synthelabo) Tbl. 100 mg (20, 50, 100 Tbl.)/ 200 mg (50, 100 Tbl.) Filmtbl. 400 mg (20, 50, 100 Tbl.) Lsg. 100 mg/ml (60 ml)
Pharmakodynamik 5 Selektive Blockade von D2-artigen Rezeptoren (D2 = D3 > D4) mit überwiegender Anreicherung im mesolimbischen und tuberoinfundi-
3.13 · Präparate
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bulären, weniger im nigrostriatalen System. Keine nachweisbare Affinität zu D1- und nichtdopaminergen Rezeptoren. 5 Wirkung bei Negativsymptomatik und Depression unter niedriger Dosierung vermutlich durch Blockade präsynaptischer Dopaminrezeptoren mit Steigerung der dopaminergen Transmission; eine 5-HT7antagostische Wirkung wird als Ursache für einen antidepressiven Effekt diskutiert. Pharmakokinetik 5 Tmax = ca. 2 h mit biphasischem Verlauf bei Dosen > 100 mg; t½ = 12–20 h; Bioverfügbarkeit 33–45 %. 5 Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten bei linearer Pharmakokinetik. Der Hauptanteil der Substanz wird unverändert renal ausgeschieden, daher Dosisreduktion bei verminderter Kreatinin-Clearance. 5 Plasmakonzentration: 100–320 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische schizophrene Störungenz. 5 Auch bei primärer Negativsymptomatik mit Affektverflachung, emotionalem und sozialem Rückzugz wirksam. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Dysthymie und → double depression. 5 Nur geringe Gewichtszunahme (7 3.6.2). 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Akutsymptomatik/Positivsymptomatik: 400‒800 mg/d, max. 1200 mg/dz auf 2 Einnahmezeitpunkte verteilt. 5 Primäre Negativsypmtomatik: 50‒300 mg/dz. 5 Rezidivprophylaxe: Mindestens 400 mg/d. 5 Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und einer Kreatinin-Clearance zwischen 30 und 60 ml/min Dosis halbieren; bei Kreatinin-Clearance zwischen 10 und 30 ml/min Dosis auf 1/3 reduzieren. Nebenwirkungen In niedriger Dosierung geringe NW-Rate; Akathisie; EPS bei über 400 mg/d möglich, aber in Frequenz und Intensität gering ausgeprägt. Sehr häufig: Dosisabhängig und in der Regel gering ausgeprägt EPS, vermehrter Speichelfluss, Akathisie, Dyskinesien (sehr gering bis 300 mg). Häufig: Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Schwindel, Angst, Agitiertheit, akute Dystonien, Hypotension, Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, Prolaktinanstieg u. U. mit Galaktorrhö, Amenorrhö, Zyklusstörungen, Gynäkomastie, Brustschmerzen, Brustvergrößerung, Prolaktinome, erektile Dysfunktion, Orgasmusstörungen. Gelegentlich: Krampfanfälle, Spätdyskinesien, Bradykardien, Hyperglykämie, Transaminasenanstieg.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen malignes neuroleptisches Syndrom, QTc-Verlängerung, ventrikuläre Arrhythmien, venöse Thromboembolien, tiefe Venenthrombose, möglicherweise Leukopenie.
Kontraindikationen 5 Nierenerkrankungen mit einer Kreatinin-Clearance < 10 ml/min, prolaktinabhängige Tumoren. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere organische Hirnerkrankungen, M. Parkinson. Keine Empfehlung zum Einsatz bei Patienten > 65 J. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Keine pharmakokinetischen Interaktionen bekannt, renale Elimination. 5 Keine Kombination mit Präparaten, die schwerwiegende Herzrhythmusstörungen auslösen können (z. B. Amiodaron, Chinidin, Disopyramid, Flecainid, Methadon, Mexiletin, Pimozid, Propafenon, Sotalol, Thioridazin). 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral sedierenden Pharmaka, L-Dopa, Antihypertonika. Bradykardie-induzierenden Präparaten (z. B. ß-Rezeptorenblocker, Diltiazem, Verapamil, Clonidin, Guanfacin, Digitalisglykoside), Hypokaliämie-induzierenden Präparaten (Diuretika, Abführmittel, Amphotericin B, Glukokortikoide, Tetracosactide), Haloperidol, TZA, Lithiumsalzen, Antihistaminika (Astemizol, Terfenadin). Bewertung AAP, auch bei Negativsymptomatik wirksam; geringes Risiko für Sedierung und EPS. Vorteil: keine hepatische Metabolisierung und dadurch kein pharmakokinetisches Interaktionsrisiko (Kombinationsmöglichkeiten auch mit Clozapin und Olanzapin). ! Insbesondere ist ein möglicher Zusammenhang zwischen Prolaktiner-
höhungen und sexuellen Funktionsstörungen, Osteoporose sowie einer Erhöhung des thromboembolischen Risikos unter Langzeittherapie mit prolaktinerhöhenden Medikamenten, wie besonders bei Amisulprid, zu beachten.
Aripiprazol Dopamin-Partialagonist 7-[4-[4-(2,3-Dichorphenyl)piperazin-1-yl[butoxy]-1,2,3,4-tetrahydrochinolin2-on Abilify (Bristol-Myers Squibb/Otsuka) Tbl. 5 mg (49 Tbl.)/ 10/ 15 mg (14, 49, 98 Tbl.)/ 30 mg (49 Tbl.) Schmelztbl. 10/ 15 mg (49 Tbl.)
Lösung
150 ml (1 ml = 1 mg Aripiprazol) Durchstechflasche 9,75 mg (1,3 ml) (Injektionslösung, nur i.m.)
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Pharmakodynamik 5 Hochaffiner partieller Agonist an D2- und D3-Rezeptoren; partieller Agonismus an 5-HT1A-Rezeptoren und reiner Antagonismus an 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren. 5 Mäßige Affinität zu D4-Rezeptoren, 5-HT2C- und 5-HT7-Rezeptoren, α-Adrenozeptoren und H1-Rezeptoren. Keine nennenswerte Affinität zu Acetylcholinrezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax = 3‒5h; t½ = 60–80 h; Steady State nach ca. 14 Tagen. Orale Bioverfügbarkeit etwa 87 %. 5 Extensive hepatische Metabolisierung über CYP3A4 und geringfügig über CYP2D6. 5 Hauptmetabolit Dehydroaripiprazol mit Affinität zu D2-artigen Rezeptoren (Plasmakonzentration entspricht 40 % der Muttersubstanz). Eliminations-HWZ für Dehydroaripiprazol 94 h; die Clearance für Aripiprazol scheint in höherem Alter reduziert. 5 Plasmakonzentration: ca. 150‒250 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise Oral:
5 Schizophrenie ab 15 Jahrez. 5 Mäßige bis schwere manische Episoden der Bipolar-I-Störungz und Prävention manischer Episoden (bei Patienten, die überwiegend manische Episoden hatten und auf Aripiprazol ansprachen)z. 5 Hinweise für Wirkung bei der → Add-on-Therapie bei der unipolaren Depression 7 1.12.4 (s. aber 7 2.4.2, bipolare Depression), → autistischen Störung (7 3.4.9), → Alzheimer-Demenz mit Psychose (5‒10 mg/d) (s. aber auch Risiko unter Antipsychotika bei Demenz 7 3.4.8). Parenteral:
5 Schnelle Beherrschung von Erregungszuständen bei Patienten mit Schizophrenie zur kurzzeitigen Anwendung, wenn eine orale Behandlung nicht angebracht istz. 5 Geringes Risiko für EPS und Lipiderhöhung; keine Prolaktinerhöhung; allenfalls minimale Gewichtszunahme; keine bedeutsame Verlängerung des QTc-Intervalls. 5 Aripriprazol ist als Zusatztherapie bei Gewichtszunahme unter Clozapin oder Olanzapin effektiv, ebenso wie bei Prolaktinerhöhung unter Amisulprid oder Risperidon. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung Oral:
5 Schizophrenie: Anfangsdosis 10‒15 mg/d, Erhaltungsdosis in der Regel 10‒15 mg/d. Dosierungsbereich: 10‒30 mg/dz. In Einzelfällen auch
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Beginn mit 5 mg, möglicherweise geringeres Risiko für Unruhe und Agitiertheit. Dosierungen > 20 mg führen in der Regel nicht zu besserer Wirkung. 5 Manische Episoden bei Bipolar-I-Störung: Anfangs- und Erhaltungsdosis 15 mg/d. 5 Bei Umstellung Beibehaltung der Vormedikation über 2 Wochen nach Erreichung der Zieldosis von Aripiprazol, danach langsames Ausschleichen der Vormedikation, ggf. über mehrere Wochen. 5 Bei Off-label-Augmentation bei unipolarer oder bipolarer Depression: 5‒10 mg/d (7 1.12.4 und 7 2.4.2). Parenteral:
5 Anfangsdosis 9,75 mg (1,3 ml) als einmalige i.m.-Injektion. Eine niedrigere Dosis von 5,25 mg (0,7 ml) kann bei Berücksichtigung der bisherigen Arzneimittel gegeben werden. Zweite Injektion 2 h nach der ersten, max. 3 Injektionen innerhalb von 24 h (Höchstdosis insgesamt 30 mg/d). Nebenwirkungen Am häufigsten Akathisie und Übelkeit (> 3 %). Häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Abgeschlagenheit, Sedierung, Ruhelosigkeit, Schlaflosigkeit, Angstgefühl EPS (neben Akathisie auch Tremor), Dyspepsie, Erbrechen, Übelkeit, Verstopfung, Hypersalivation, verschwommenes Sehen. Gelegentlich: Depression, Tachykardie, orthostatische Hypotonie. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Krampfanfälle, malignes neuroleptisches Syndrom, Suizidalität, Spätdyskinesien, Blutbildungsstörungen, Hyperglykämie, Hyponatriämie, Gewichtszunahme, Gewichtsverlust, QTc-Verlängerung und Torsades de pointes, Bradykardie, Synkopen, Hypertonie, zerebrovaskuläre Ereignisse, thromboembolische Ereignisse, Alopezie, Hyperhidrosis, Rhabdomyolyse und Myalgien, periphere Ödeme, Priapismus. Bei der Add-on-Therapie jüngerer depressiver Patienten (18‒24 J., offlabel) mit Aripiprazol wird in den ersten beiden Monaten auf ein erhöhtes Suizidrisiko – wie auch bei den meisten Antidepressiva –hingewiesen. Depressivität und Suizidalität, Agitation, Hypersexualität; es wurden auch Fälle mit einer Verschlechterung der psychotischen Symptomatik berichtet und auf den partiell dopaminagonistischen Wirkmechanismus der Substanz zurückgeführt. Parenteral: Unter Aripiprazol i.m. besonders auf Hypotonie achten (RR, Puls, Atemfrequenz, Bewusstseinszustand). Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Krampfanfälle in der Vorgeschichte, erhöhte Anfallsbereitschaft; keine Empfehlung bei Patienten > 65 J. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8.
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5 Parental: Cave: Bei gleichzeitiger Gabe von Aripiprazol i.m. und einem parenteralen BZD kann es zu exzessiver Sedierung, kardiorespiratorischer Depression und Blutdruckabfall kommen. Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP3A4- (z. B. Ketoconazol) oder CYP2D6Inhibitoren (z. B. Chinidin, Fluoxetin oder Paroxetin): Dosis verringern (bis 50 %); bei Verabreichung von CYP3A4-Induktoren (z. B. Carbamazepin, Efavirenz, Johanniskraut-Präparate, Nevirapin, Phenytoin, Primidon, Rifabutin, Rifampicin) Dosis erhöhen (bis zur Verdopplung) (7 Anhang INT). 5 Vorsicht bei der Kombination mit anderen zentral wirksamen Substanzen und mit Alkohol. 5 Vorsicht bei Kombination mit Präparaten, die zur QTc-Zeit-Verlängerung oder Störung des Elektrolythaushalts führen, obwohl grundsätzlich keine bedeutsame Verlängerung des QTc-Intervalls im Vergleich zu den anderen Antipsychotika. Bewertung AAP mit partialagonistischem Wirkmechanismus an D2/D3- und 5-HT1ARezeptoren. Wirksam sowohl bei der Schizophrenie als auch bei der akuten Manie und zur Rezidivprophylaxe manischer Störungen. Keine Prolaktinerhöhung. Im Vergleich zu anderen AAP geringe Sedierung; geringes Risiko für EPS und Gewichtszunahme. Bedeutung auch in der Kombinationstherapie mit anderen AAP zur Augmentation und zur Reduktion von Gewichtszunahme und Prolaktinanstieg. Asenapin1 5-HT2A- und D2-Rezeptorantagonist (3aS,12bS)-5-Chlor-2,3,3a,12b-tetrahydro-2-methyl-1H-dibenz[2,3:6,7] oxepino[4,5-c]pyrrol Sycrest (Schering-Plough) Sublingualtbl. 5/ 10 mg (60 Tbl.) 1
Zulassung beantragt.
Pharmakodynamik 5 Hochaffiner Antagonist an 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren sowie Antagonist an D2- und D3-Rezeptoren (Affinität 5-HT2A/D2 = 20). 5 Antagonismus auch an D1- und D4-Rezeptoren, α-Adrenozeptoren und Histamin-H1- und H2-Rezeptoren sowie an 5-HT1B-, 5-HT2B-, 5-HT5-, 5-HT6- und 5-HT7-Rezeptoren; in vivo partieller Agonismus an 5-HT1A-Rezeptoren. 5 Keine nennenswerte Affinität zu Acetylcholinrezeptoren und ß-adrenergen Rezeptoren.
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Pharmakokinetik 5 Tmax = 1 h; t½ = 24 h; Steady State nach ca. 3 Tagen. 5 Hepatische Metabolisierung v. a. über CYP1A2 und UGT1A4 (Glukuronidierung), in geringerem Umfang über CYP3A4 und CYP2D6; Metabolit N-Desmethylasenapin wahrscheinlich ohne klinische Bedeutung. Schwacher Inhibitor von CYP2D6. 5 Orale Bioverfügbarkeit etwa 35 % (sublingual, wenn Tablette geschluckt wird > 2 %); reduziert, wenn innerhalb von 2‒5 min nach Einnahme getrunken oder gegessen wird. 5 Plasmakonzentration: 3‒5 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akuttherapie der Schizophrenie (beantragt). 5 Akutbehandlung manischer oder gemischter Episoden bei Bipolar-IStörung (beantragt). Dosierung 5 Schizophrenie: Empfohlene Initial- und Erhaltungsdosis 2 × 5 mg/d sublingual, Höchstdosis 2 × 10 mg/d. 5 Bipolare Störung: Empfohlene Initialdosis 2 × 10 mg/d sublingual; bei NW auf 2 × 5 mg/d reduzieren. 5 Die Sublingualtabletten sollen unter die Zunge gelegt werden bis zur vollständigen Auflösung (erfolgt innerhalb weniger Sekunden) und dürfen nicht gekaut oder geschluckt werden. Essen und Trinken innerhalb von 10 min nach Einnahme vermeiden. Nebenwirkungen Schizophrenie: Sehr häufig/häufig Sedierung, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Verwirrtheit, Akathisie (dosisabhängig), EPS, orale Hypästhesie, Mundtrockenheit, Hypersalivation, Appetitsteigerung, Gewichtszunahme, Magenbeschwerden, Erbrechen, Obstipation, Blutdruckerhöhung. Bipolare Störungen: Sehr häufig/häufig Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Schlafstörungen, Akathisie, Ängstlichkeit, Sedierung, Verwirrtheit, Depressivität, EPS, Arthralgien, Appetitzunahme, Gewichtszunahme, Übelkeit, Mundtrockenheit, orale Hypästhesie, Zahnschmerzen, Extremitätenschmerzen, Geschmacksstörungen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Thrombozytopenie, Anämie, Tachykardie, Schenkelblock, Akkommodationsstörungen, Zungenschwellung, Hyponatriämie, Dysarthrie.
Kontraindikationen 5 Bekannte Unverträglichkeit, schwere Leberinsuffizienz, keine Empfehlung bei Patienten > 65 J. 5 Keine Zulassung bei Patienten mit Demenzerkrankung. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8.
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Interaktionen 5 Bei gleichzeitiger Verabreichung von CYP1A2-Inhibitoren (z. B. Fluvoxamin) sollte die Dosis wahrscheinlich verringert werden (7 Anhang INT), CYP2C19/CYP3A4/CYP2D6-Inhibitoren (z. B. Paroxetin, Imipramin, Cimetidin) haben keinen wesentlichen Einfluss. Bei Verabreichung von Induktoren (z. B. Carbamazepin) ergaben sich keine klinischen Implikationen. Bewertung Neues Antipsychotikum zur sublingualen Applikation mit hoher Affinität v. a. zu 5-HT2-Rezeptoren. In den USA zugelassen. Aufgrund der vorliegenden Kurzzeitdaten relativ geringes Risiko für EPS (aber höher als Olanzapin) und Gewichtszunahme (geringer als Risperidon trotz H1-Rezeptorblockade) und ein sehr geringes Risiko für Prolaktinanstieg und QTc-Verlängerung. NW v. a. Sedierung und Akathisien, Interaktionen (CYP1A2, CYP2D6) sind nicht ausgeschlossen; der Stellenwert bleibt abzuwarten (ausschließlich sublinguale Darreichungsform). Benperidol Butyrophenon 1-[1-[3-(p-Fluorbenzoyl)propyl]-4-piperidyl]-2-benzimidazolinon Benperidol-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 2/ 4/ 10 mg Trpfl. 2 mg = 20 Trpf. = 1 ml Amp. 2 mg/2 ml
Glianimon (Bayer Vital) Tbl. 2 mg (20, 50 Tbl.), 5/ 10 mg (50 Tbl.) Trpfl. 2 mg = 20 Trpf. = 1 ml (30 ml) Pipettenfl. 100 ml Amp. 2 mg/2 ml (5 Amp.)
Pharmakodynamik 5 Antagonist mit hoher Affinität zu D2- und mittelstarker Affinität zu D3-Rezeptoren; Blockade von 5-HT2-Rezeptoren; geringe Wirkung auf α1- und H1-Rezeptoren. 5 Keine anticholinergen Effekte. Pharmakokinetik 5 Tmax = ca. 1 h (Tropfen) bzw. 3 h (Tabletten); t½ = ca. 5 h, Bioverfügbarkeit ca. 40–50 %. 5 Reduziertes Benperidol als Metabolit klinisch vermutlich ohne Bedeutung. Die am Metabolismus beteiligten Enyzme sind wahrscheinlich ähnliche wie bei Haloperidol (CYP3A4 und CYP2D6). 5 Plasmakonzentration: 2–10 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute psychotische Syndromez; katatone Syndromez; delirante und andere exogen psychotische Syndromez.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Symptomsuppression und Rezidivprophylaxe bei chronisch verlaufenden endogenen und exogenen Psychosenz. 5 Maniforme Syndromez. 5 Psychomotorische Erregungszustände(z). 5 Sedierung bei psychomotorischen Erregungszuständen, wenn ein hochpotentes KAP mit starkem D2-Rezeptorantagonismus indiziert ist. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Oral: Max. 40 mg/dz, Beginn und Erhaltungsdosis 1–6 mg/d; bei älteren Patienten niedrigere Dosis (Beginn mit 0,3–3 mg/d). 2–4 Einzeldosen, Hauptdosis zur Nacht. 5 Parenteral: i.v. oder i.m. 1‒3 × pro Tag 0,5–4 mg (1/4‒2 Amp.); Beginn mit 1–3 mg/d; max. 40 mg/24 hz. Nebenwirkungen
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Sehr häufig: Dosisabhängig EPS, Akathisie (Benperidol wird meist in schwe-
ren Akutphasen eingesetzt, daher oft hohe Dosierung), Müdigkeit insbesondere bei höherer Dosierung (Sedierung ist in Notfallsituationen meist erwünscht), nach langfristiger hochdosierter Anwendung Spätdyskinesien. Häufig: Initial orthostatische Hypotonie und Tachykardie, QTc-Verlängerung und/oder ventrikuläre Arrhythmien, Gewichtszunahme, Hyperglykämie, Diabetes, Menstruationsstörungen, Brustvergrößerung, Verminderung von Libido und Potenz (durch Hyperprolaktinämie). Gelegentlich: Kopfschmerzen, Schwindel, Lethargie, depressive Verstimmungen (insbesondere bei Langzeitanwendung), Erregungszustände, delirante Symptomatik, Leukopenie, passagere Erhöhung der Leberenzymaktivität. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen malignes neuroleptisches Syndrom, cholestatische Hepatose. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: M. Parkinson; Leberinsuffizienz; kardiale Vorschädigung; prolaktinabhängige Tumoren; Erkrankungen des hämatopoetischen Systems; hirnorganische Erkrankungen, Epilepsie (Senkung der Krampfschwelle möglich); Hyperthyreose. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Keine Kombination mit Polypeptid-Antibiotika (z. B. Capreomycin, Colistin, Polymyxin B). wegen möglicher Verstärkung der Atemdepression. 5 In Kombination mit Lithium Gefahr neurotoxischer Symptome. 5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle.
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5 In Kombination mit α1-Adrenozeptorantagonisten Verstärkung der Wirkung von Antihypertensiva möglich. 5 Wirkungsabschwächung von Disulfiram bei gleichzeitigem Alkoholgenuss. 5 Erniedrigung der Benperidol-Plasmakonzentration durch Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin oder Rifampizin möglich. Bewertung Hochpotentes KAP. Benperidol hat von allen Antipsychotika die höchste Affinität zu D2-Rezeptoren. Bromperidol Butyrophenon 1-[1-[3-(p-Fluorbenzoyl)propyl]-4-piperidyl]-2-benzimidazolinon Impromen (Janssen-Cilag) Trpf. 2 mg = 20 Trpf. = 1 ml (100 ml)
Tesoprel (UCB) Trpf. 2 mg = 20 Trpf. = 1 ml (30, 100 ml)
Dosierung 5 Erhaltungsdosis: 1‒10 mg (durchschnittlich 4‒6 mg) 1 × täglich, bei akuten Schizophrenien bis zu 50 mgz in fraktionierten Einzeldosen. 5 Hauptdosis zur Nacht; bei älteren Patienten ggf. niedrigere Dosis. Bewertung Hochpotentes KAP. Die fehlende bessere Verträglichkeit gegenüber Haloperidol macht das Präparat bei der Vielzahl neuer intensiv untersuchter Antipsychotika in der psychiatrischen Pharmakopsychiatrie verzichtbar. Chlorprothixen Trizyklisches Antipsychotikum (Z)-3-(2-Chlor-9H-thioxanthen-9-yliden)-N,N-dimethylpropan-1-amin Chlorprothixen Holsten (Holsten) Filmtbl. 15/ 50 mg Chlorprothixen neuraxpharm (neuraxpharm) Filmtbl. 15/ 50/ 100 mg
Truxal (Lundbeck) Drg. 15/ 50 mg (20, 50, 100 Drg.) Saft 20 mg = 1 ml (100 ml Saft)
Pharmakodynamik 5 Antipsychotikum mit mittelstarker Affinität zu D1-Rezeptoren und niedriger Affinität zu D2- und D3-Rezeptoren. Starke Blockade von 5-HT2- und H1-, aber auch von mACh(M1)- und α1-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax = 2–3 h; t½ = 8–12 h; Bioverfügbarkeit: ca. 50 % orale und parenterale Form enthalten zu fast 100 % das wirksame cis-Isomer. Metabolisierung durch CYP2D6.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Plasmakonzentration: 20–200 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Psychomotorische Unruhe und Erregungszustände im Rahmen akuter psychotischer Syndrome und zur Behandlung von maniformen Syndromenz. 5 I. Allg. reicht die antipsychotische Potenz nicht aus, um akute Psychosen allein mit Chlorprothixen zu behandeln. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Oral: Einschleichend bis zur Erhaltungsdosis von ambulant 30–150 mg/ dz; stationär bis 400 mg/dz. 5 Parenteral: 50–150 mg i.mz. Nebenwirkungen Im unteren Dosisbereich (15–30 mg/d) geringe NW (anticholinerg, adrenolytisch); im Vergleich zu Haloperidol weniger dosisabhängige EPS. Sehr häufig: Müdigkeit (häufig erwünscht), Benommenheit, Schwindelgefühl, orthostatische Dysregulation, Gewichtszunahme, Obstipation, Übelkeit, Miktionsstörungen, v. a in höheren Dosen vegetative Symptome: Hypersalivation, Hypohidrosis, Mundtrockenheit. Häufig: Kopfschmerzen, Nervosität, Asthenie, Appetitsteigerung, Palpitationen, Störungen der Erregungsleitung Libidoverminderung. Gelegentlich: Depressive Verstimmung (insbesondere bei Langzeittherapie), delirante Symptome – insbesondere unter Kombination mit anticholinerg wirkenden Substanzen, Appetitminderung und Gewichtsabnahme, Erbrechen, Diarrhö, Sodbrennen, Harnverhalt, Gefühl der verstopften Nase. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Senkung der Krampfschwelle, malignes neuroleptisches Syndrom, QTc-Verlängerung, ventrikuläre Arrhythmien, Kammerflimmern, ventrikuläre Tachykardie, Torsades de pointes, Spätdyskinesien Blutbildungsstörungen, Thrombosen, Ileus. Risiken zu i.v.-Injektionen: 7 3.6.5, Thromboembolien. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Niereninsuffizienz, kardiale Vorschädigung, schwere Hypotonie bzw. orthostatische Dysregulation, prolaktinabhängige Tumoren, M. Parkinson, Hyperthyreose, Glaukom, Prostatahypertrophie, Harnverhalt, Krampfanfälle. Cave bei gleichzeitigem Vorliegen von Depression und Psychose. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Aufgrund der starken anticholinergen Komponente gibt es sehr viele Wechselwirkungen.
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5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. 5 Vorsicht bei Kombination mit Polypeptid-Antibiotika, Buspiron, Chinidin, Fluoxetin, Stimulanzien vom Amphetamin-Typ, Disulfiram, Epinephrin, Phenindion, Rifampicin, Rauchen, Teetrinken. 5 Dosisanpassung bei Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren, z. B. Paroxetin oder Metoprolol (7 Anhang INT), ebenso bei Patienten mit genetisch bedingtem nicht aktivem CYP2D6. Bewertung Niederpotentes KAP mit anticholinerger und adrenolytischer Komponente. Hohes Interaktionsrisiko. Clozapin Trizyklisches Antipsychotikum 8-Chlor-11-(4-methylpiperazin-1-yl)-5H-dibenzo[b,e][1,4]diazepin Clozapin (1A Pharma) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg Clozapin AbZ (AbZ Pharma) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg Clozapin beta (betapharm) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg Clozapin biomo (biomo) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg Clozapin-CT (CZ Arzneimittel) Tbl. 25/ / 50/ 100/ 200 mg Clozapin HEXAL (HEXAL) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg
Clozapin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg Clozapin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg Clozapin Sandoz (Sandoz) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg Elcrit (Pfizer Pharma) Tbl. 25/ 50/ 100 mg Leponex (Novartis Pharma) Tbl. 25 (teilbar), 50/ 100 (teilbar) mg (20, 50, 100 Tbl.)
Die kontrollierte Anwendung von Clozapin mit regelmäßigen Blutbildkontrollen und entsprechender Aufklärung des Patienten (s. unten) ist in jedem Fall unabhängig von der Wahl des Clozapin-Präparats zu empfehlen. Pharmakodynamik 5 Antipsychotikum mit ausgeprägt initial dämpfender Wirkung und fehlenden EPS. 5 Hohe Affinität zu H1-, α1-, 5-HT2A-, 5-HT2C-, mACh- (M1 und M4) und D4-Rezeptoren. 5 Niedrige Affinität zu D1-, D2-, D3-, D5-, 5-HT1A-, 5-HT3-, α2- und mACh(M2)-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Fast vollständige Resorption bei oraler Applikation; Bioverfügbarkeit: 50–60 %. 5 Tmax = 2–4 h; t½ = 12–16 h. Steady State nach 6–10 Tagen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Fast ausschließlich hepatische Verstoffwechslung (bevorzugt durch CYP1A2, daneben CYP2C19 und CYP3A4 und ‒ von geringer Bedeutung ‒ CYP2D6) mit 2 Hauptmetaboliten: N-Desmethylclozapin und Clozapin-N-oxid. 5 Plasmakonzentration (nur Clozapin, ohne Metaboliten): 350–600 ng/ mlp. Risiko für Rezidiv 7 3.10.2. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische Formen schizophrener Psychosenz, wenn: − vor Beginn der Behandlung ein normaler Leukozytenbefund vorliegt, − regelmäßige Blutbildkontrollen durchgeführt werden können (s. unten) und − der Patient auf mindestens 2 verschiedene Antipsychotika nicht anspricht oder diese nicht verträgt (insbesondere Spätdyskinesien und nichttolerierbare, therapierefraktäre andere EPS). 5 In niedriger Dosis bei Psychosen im Verlauf eines M. Parkinsonz nach Versagen der Standardtherapie (7 3.4.13). 5 Wirksamkeit auch bei psychotischen Symptomen im Rahmen einer Demenz mit Lewy-Körperchen (DLK) in niedriger Dosis, 7 6.4.4; s. aber besonders Risiko unter Antipsychotika bei Demenz 7 3.4.8. 5 Hinweise für → antisuizidale Wirksamkeit: Clozapin scheint eine genuin antisuizidale, möglicherweise auch antiaggressive Wirkung zu besitzen; auch im Vergleich zu Olanzapin wurde eine Reduktion der Suizidalität bei schizophrenen Patienten berichtet; auf das Intoxikationsrisiko ist jedoch bei suizidalen Patienten zu achten. 5 Hinweise für Wirksamkeit u. a. auch → bei therapierefraktären affektiven Störungen und → schizoaffektiven Störungen, insbesondere vom bipolaren Subtyp. 5 Bei schizophrenen Störungen mit Therapieresistenz besteht Überlegenheit gegenüber KAP und wahrscheinlich auch anderen AAP. 5 Ein Behandlungsversuch sollte mindestens 6–8 Wochen andauern; von einer Non-Response auf Clozapin sollte man erst nach 6 Monaten sprechen (mögliches Vorgehen 7 3.12.3). 5 Sollte eine Indikation zum Umsetzen von Clozapin auf ein anderes AAP bestehen, ist ‒ falls möglich ‒ ein sehr langsames überlappendes Umsetzen (2–6 Monate) durchzuführen (7 3.12.2). 5 Die Behandlung ist von einem in der Behandlung akuter und chronischer Formen schizophrener Psychosen erfahrenen Facharzt zu überwachen. Wer Clozapin verordnet, muss dem Hersteller die Kenntnisnahme der nötigen Untersuchungen mit Unterschrift bestätigen (s. oben). 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6.
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Dosierung 5 Einschleichender Beginn mit einer Testdosis von 12,5 mg/d, dann Steigerung um höchstens 25 mg/d. Wird Clozapin mehr als 2 Tage abgesetzt, empfiehlt es sich, wieder mit 12,5 mg zu beginnen. 5 Erhaltungsdosis 100–400 mg/d in der Regel in mehreren Einzeldosen; Höchstdosis 600 mg, in Einzelfällen bis 900 mg/dz. 5 Bei M. Parkinson Beginn mit 6,25‒12,5 mg, Dosisbereich 25‒37,5 mg, max. 100 mgz. 5 Bei älteren Patienten und DLK Beginn mit 6,25 mg/d (bis 25 mg, max. 50 mg). 5 Wegen der initial häufig ausgeprägten Sedierung Beginn und Hauptdosis möglichst abends oder zur Nacht. 5 Die Dosis ist individuell ‒ ggf. mithilfe von Plasmaspiegelbestimmungen ‒ einzustellen, und die niedrigste wirksame Dosis ist zu verabreichen. Behandlung mit Clozapin setzt – nach Vorgaben der Hersteller – voraus:
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5 Vor Beginn Leukozyten > 3500/μl bei normalem Diff.-BB (Kontrolle darf nicht länger als 10 Tage zurückliegen). 5 Gewährleistung von wöchentlichen Kontrollen der Leukozytenzahl in den ersten 18 Wochen, danach mindestens einmal im Monat; nach Absetzen von Clozapin Kontrolle über weitere 4 Wochen. 5 Kein Ansprechen auf andere Antipsychotika (2 verschiedene, mindestens ein AAP). 5 Unverträglichkeit anderer Antipsychotika. 5 Diff.-BB: 2 × pro Woche kontrollieren, wenn: − Abfall der Leukozyten um mindestens 3000/μl (zwischen 2 Messungen oder innerhalb von 3 Wochen) − Leukozytenzahl 3000–3500/μl. Clozapin muss abgesetzt werden, wenn Leukozyten auf < 3000/μl und/oder neutrophile Granulozyten auf < 1500/μl absinken. Bei Eosinophilie > 3000/μl oder Thrombozytopenie < 50.000/μl ist ein Absetzen zu empfehlen.
Nebenwirkungen Dosisunabhängig Leukopenie, Granulozytopenie, Thrombopenie, Agranulozytose und Panzytopenie (selten). Agranulozytoserisiko ist höher als bei anderen Antipsychotika (1 %), häufiger entwickelt sich eine Neutropenie (2,7 %) Häufigkeitsgipfel in der 6.–14. Behandlungswoche; außerdem möglich: Eosinophilie, Thrombozytopenie, auch Leukozytose. Eosinophilie kann Vorbote einer Agranulozytose oder Zeichen einer Begleitpankreatitis sein (s. oben). Vor Behandlungsbeginn ist auf diese Gefahr der Agranulozytose, die dafür typischen Symptome und die notwendigen Untersuchungen hinzuweisen. Clozapin senkt bei hohen Dosen und raschem Dosisanstieg ‒ mehr als andere Antipsychotika ‒ die Krampfschwelle; aber durch Clozapin indu-
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zierte Krampfanfälle, die bei ca. 1–2 % der Patienten mit Dosen < 300 ng/ ml vorkommen und für die es ein erhöhtes Risiko (3–4 %) bei Dosen von 300–600 ng/ml oder Plasmaspiegeln > 600 ng/ml gibt, sind keine absolute Kontraindikation gegen die Beibehaltung der Medikation. Clozapin kann auf 50 % gesenkt werden und ggf. eine Begleittherapie mit einem Antikonvulsivum (Lamotrigin, Valproinsäure) begonnen werden. Vor allem bei schnellem Dosisanstieg Gefahr eines (anticholinergen) Delirs (Therapie: Dosisreduktion oder Absetzen). Hypersalivation tritt bei 30 % der Patienten früh unter der Behandlung, besonders auch während des Schlafes, auf. Therapieversuche mit Pirenzepin 25–100 mg/d, Sulpirid 150‒300 mg und Amisulprid 100‒400 mg oder Botulinum-Toxin-Typ B-Injektionen in die Gl. parotis, die Wirkung hielt über etwa 12 Wochen an (7 3.6.4). Sehr ernste NW sind Myokarditis und Perikarditis mit oder ohne Eosinophilie und Kardiomyopathie mit sehr selten tödlichem Ausgang. Symptome einer Myokarditis sind: u. a. unspezifische grippeähnliche Symptome, Fieber, und/oder Symptome einer Herzinsuffizienz, neu aufgetretene Ruhetachykardie, Arrhythmie, Dyspnoe, klinische, laborchemische und EKGZeichen eines Herzinfarkts oder einer Perikarditis, Brustschmerzen. > CAVE
Bei begründetem Verdacht eines kardialen Risikos Clozapin sofort absetzen! Vor Beginn einer Therapie mit Clozapin bei Patienten mit kardialem Risiko kardiologische Abklärung! Sehr häufig: Anfängliche Sedierung und Schläfrigkeit, orthostatische Dysregulation mit Tachykardie und Hypotonie, sodass in manchen Fällen vorübergehend Bettruhe indiziert ist, Schwindel, Obstipation, Hypersalivation (s. oben). Häufig: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Krampfanfälle/Konvulsionen, myoklonische Zuckungen, Akathisie, Tremor, Rigor, EPS, EKG-Veränderungen, Hypertonie, orthostatische Hypotonie, Synkopen, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Gewichtszunahme, Leukopenie, Neutropenie, erhöhte Leberenzymwerte, trockener Mund, verschwommenes Sehen, Harninkontinenz, Harnverhalt, Fieber, benigne Hyperthermie (Temperaturanstieg bis 39 °C, Auftreten typischerweise nach ca. 10 Tagen, meist ohne Therapie reversibel, selten Absetzgrund), Störungen der Schweiß- und Temperaturregulation. Gelegentlich: Malignes neuroleptisches Syndrom, Agranulozytose. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Unruhe, Agitation, Konfusion, Delir, Anämie, verminderte Glukosetoleranz und Diabetes, Kreislaufkollaps, Arrhythmien, Myokarditis, Perikarditis/Perikarderguss, Thromboembolie, Aspiration von aufgenommener Nahrung, Dysphagie, Hepatitis, Ikterus, Pankreatitis, erhöhte CPK-Werte.
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Sehr selten Thrombozytenveränderungen, Ketoazidose, hyperosmolares Koma, schwere Hyperglykämie und Hypertriglyzeridämie, Hypercholesterinämie, Spätdyskinesien, Kardiomyopathie, Herzstillstand, Atemdepression/Atemstillstand, Vergrößerung der Ohrspeicheldrüse, Ileus, fulminante Lebernekrose, Hautreaktionen, interstitielle Nephritis, Priapismus, unerklärlicher plötzlicher Tod. In Einzelfällen auch Absetzdyskinesien bei vorheriger Behandlung mit anderen Antipsychotika, ansonsten wirksam bei der Behandlung von Spätdyskinesien; malignes neuroleptisches Syndrom, interstitielle Nephritis, Priapismus, letale Gastroenteritis, Induktion eines Lupus erythemathodes. Eine Fallsammlung weist auf das Risiko von gastrointestinalen Motilitätsstörungen mit hohem Mortalitätsrisiko unter Clozapin-Behandlung hin. Der Mechanismus ist wahrscheinlich anticholinerg und antiserotonerg; Risikofaktoren sind hohe Clozapin-Spiegel, zusätzliche Gaben von Anticholinergika oder interkurrente Erkrankungen. Engmaschige körperliche Untersuchungen (Peristaltik) und der adäquate Einsatz von Laxanzien unter Clozapin-Therapie sind daher angeraten (s. auch 7 3.6.4). Unter Clozapin (und anderen AAP) können Zwangssymptome auftreten (7 3.6). Kontraindikationen 5 Früher aufgetretene BB-Schädigung (z. B. Clozapin, andere Antipsychotika, sonstige Arzneimittel, Ausnahme: Leukopenie durch Zytostatika). Eine neuere Untersuchung zeigte allerdings, dass eine Reexposition mit Clozapin bei einem Großteil der Patienten nicht zu erneuten signifikanten BB-Veränderungen führte. 5 Hämatologische Erkrankungen, insbesondere falls Leukozyten betroffen sind (Ausnahme: bei ethnisch bedingter benigner Neutropenie). 5 Intoxikationen mit zentral wirksamen Substanzen, Bewusstseinstrübungen. 5 Medikamentös ungenügend kontrollierte Epilepsie. 5 Schwere kardiale Erkrankungen, schwere Erkrankungen der abführenden Gallenwege und der Niere, aktive und progressive Lebererkrankungen, Leberversagen, Darmatonie. 5 Relative Kontraindikationen: Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie, Alter < 16 J. Möglichst keine Kombination mit anderen Präparaten, die Blutbildungsstörungen hervorrufen (u. a. Carbamazepin, möglicherweise auch Mirtazapin und Valproinsäure) oder die Krampfschwelle erniedrigen können. Risiko unter von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. 5 Cave bei Patienten in schlechtem Allgemeinzustand, kardialer Vorschädigung, bei Vorliegen einer Lebererkrankung (regelmäßige Kontrollen!), bestehendem Anfallsleiden, schwerer Hirnleistungsstörung.
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> CAVE
Keine Kombination von Clozapin mit trizyklischen Depot-Antipsychotika. Kardiovaskuläre Synkopen und/oder Atemstillstand bei gleichzeitiger Clozapin-Einnahme und BZD-Gabe möglich (i.v.-Applikation von BZD unbedingt vermeiden!).
5 Nach neueren Untersuchungen stellt eine Kombination von Clozapin mit BZD keine absolute Kontraindikation dar, sie sollte jedoch weiterhin sorgfältig abgewogen werden. Klinisch dringliche Situationen wie ein malignes neuroleptisches Syndrom, katatone Zustandsbilder oder extreme Agitiertheit lassen eine solche Kombinationstherapie vertretbar erscheinen (7 4.4.9). Interaktionen 5 Kombination mit Inhibitoren von CYP1A2 wie Ciprofloxacin oder Fluvoxamin (7 Anhang INT) führt bis zu einem 10-fachen Anstieg der Clozapin-Konzentration, deshalb Plasmaspiegelkontrollen mit Dosisanpassung bei Kombinationen, unter denen mit veränderten Plasmaspiegeln gerechnet werden muss, ebenso bei Infektionen oder bei veränderten Rauchgewohnheiten. Dabei kann die Kombination Clozapin und Fluvoxamin durch die Abflachung des Plasmaspiegelprofils von Clozapin durchaus bei Therapieresistenz gegenüber einer hochdosierten Clozapin-Monotherapie Vorteile haben. 5 Fluoxetin führt zu einem durchschnittlich 42 %igen Anstieg, unter Paroxetin Anstieg der Clozapin-Spiegel bei hohen Dosen von Paroxetin. 5 Kombination mit Präparaten, die Blutbildungsstörungen hervorrufen (u. a. Carbamazepin, möglicherweise auch Mirtazapin und Valproinsäure) oder die Krampfschwelle erniedrigen können. 5 Mit Lithium erhöhte »Neurotoxizität« möglich (Krampfanfall, Delir), erhöhtes Risiko für ein malignes neuroleptisches Syndrom. 5 Mit Diphenhydramin, Doxylamin und Promethazin verstärkte Sedierung und anticholinerge NW. Cave: gleichzeitige Gabe von anticholinerg wirksamen Präparaten (z. B. Biperiden, Perazin) 5 Carbamazepin oder Rauchen beschleunigt den Abbau von Clozapin: Wiederauftreten der psychotischen Symptome möglich. Nach Absetzen von Carbamzepin oder nach Raucherentwöhnung steigen die Clozapin-Spiegel an, und es ist mit NW zu rechnen (eine Kombination von Clozapin mit Carbamazepin ist generell nicht zu empfehlen!) 5 Bei Kombinationen mit Valproinsäure ist die Datenlage widersprüchlich. 5 Vorsicht bei Kombination von Clozapin und Lamotrigin: regelmäßige Plasmaspiegelkontrollen. 5 Bei Infektionen kann es durch den Anstieg von Entzündungsparametern zu einem deutlichen Anstieg der Clozapin-Spiegel kommen; dann engmaschige Plasmaspiegelkontrollen.
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> CAVE
Kombination mit Fluvoxamin führt bis zu einem 10-fachen Anstieg der Clozapin-Konzentration (Fluoxetin zu einem durchschnittlich 42 %igen Anstieg, unter Paroxetin Anstieg der Clozapin-Spiegel bei hohen Dosen von Paroxetin). ! Plasmaspiegelkontrollen von Clozapin und ggf. Dosisanpassung sind bei
Kombinationen, ebenso bei Infektionen oder bei veränderten Rauchgewohnheiten, dringend angeraten.
Bewertung Einziges AAP im engeren Sinn mit besonderer Bedeutung in der Psychopharmakologie bei schizophrener Therapieresistenz und bei nichttolerierbaren EPS. Clozapin ist in vielen Studien bei Therapieresistenz anderen AAP überlegegen; aber eingeschränkte Verwendbarkeit wegen starker Risiken. ! Auf Agranulozytoserisiko, Gewichtszunahme, Dyslipidämie und Diabete-
sinduktion unter Clozapin ist besonders zu achten (angemessene Kontrollen, 7 3.6.2).
Flupentixol Trizyklisches Antipsychotikum (E,Z)-4-[3-(2-Trifluormethyl-9-thioxanthenyliden)-propyl]-1-piperazinethanol Fluanxol (Bayer Vital) Drg. 0,5 mg (50 Drg.)/ 2/ 5 mg (50, 100 Drg.) Trpf. 50 mg = 20 Trpf. = 1 ml (10 ml) Depotpräparat (nur i.m.) Flupentixoldecanoat Fluanxol Depot (Bayer Vital) Amp. 10 mg/0,5 ml (5 Amp.) (Fluanxol Depot 2 %) 20 mg/1 ml (1 und 5 Amp.; Injfl. 3/10 ml) (Fluanxol Depot 2 %) 100 mg/1 ml (1,5 Amp.) (Fluanxol Depot 10 %)
Flupentixol-neuraxpharm (neuraxpharm) Amp. 20 mg/1 ml; 40 mg/2 ml; 100 mg/1 ml; 200 mg/10 ml
Pharmakodynamik 5 Hochpotentes Antipsychotikum aus der Reihe der Thioxanthene mit etwa gleich starker Blockade von D1-, D2- und D3-Rezeptoren sowie der 5-HT2A-Rezeptoren. 5 Blockade der α1-Rezeptoren, geringe Affinität zu H1-Rezeptoren. 5 Sehr geringe antagonistische Wirkung an mACh-Rezeptoren (M1/M2). Pharmakokinetik 5 Oral: Tmax = 3–6 h; t½ = 20–40 h; Bioverfügbarkeit: 40–50 %.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Depot: Tmax = ca. 7 Tage; t½ = 2–3 Wochen. 5 Metabolisierung bevorzugt über CYP2D6 (7 Kap. 17). Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten. 50 % cis-, 50 % trans-Isomer in Drg. und Trpf.; 100 % cis-Isomer in Depotform. 5 Plasmakonzentration: 2–15 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akut- und Langzeitbehandlung schizophrener Psychosenz. 5 Hinweise für günstige Beeinflussung auch der Negativsymptomatik bei der Behandlung von Schizophrenie; zur Problematik der Langzeitbehandlung mit KAP: 7 3.11. 5 In niedriger Dosis (0,5 mg Drg.) Hinweise zur günstigen Beeinflussung von → leichter bis mittelschwerer Depression und Angststörungen. 5 Von einer Phasenprophylaxe affektiver Psychosen ist entgegen früheren Empfehlungen abzuraten, ebenso von der routinemäßigen Verordnung von Flupentixol als primäres Anxiolytikum oder Antidepressivum. 5 Günstige Wirkungen wurden bei der symptomatischen Behandlung von Persönlichkeitsstörungen beschrieben. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6; zusätzlich (Empfehlung des Herstellers): vor Behandlung Blutbild/Differenzialblutbild und Thrombozytenzahl bestimmen, bei pathologischen Blutwerten darf keine Behandlung erfolgen. Nach Beginn der Behandlung sollten über einen Zeitraum von 4 Monaten wöchentlich Blutbildkontrollen (einschließlich des Differenzialblutbilds) vorgenommen werden. Dosierung Oral:
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5 Abhängig vom psychopathologischen Zustandsbild; für die Akutbehandlung 10–60 mg/dz, zur Langzeitbehandlung chronischer Schizophrenien 4–20 mg/dz; bei vorwiegender Negativsymptomatik sind ebenfalls niedrigere Dosierungen empfehlenswert. Bei älteren Patienten 2‒15 mg/d. 5 Bei Persönlichkeitsstörungen Versuch mit 1–3 mg/d, ggf. höhere Dosis. Depot:
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5 10–60 mg i.m. (max. 100 mg) im Abstand von 2–4 Wochenz Erhaltungsdosis 20 mg i.m. alle 3 Wochen für gute Langzeitwirkung oft ausreichend.
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Sehr häufig: Müdigkeit, Akathisie, EPS (bei geringer Dosierung 0,5–1 mg
Nebenwirkungen gelegentlich), dosisabhängig orthostatische Dysregulation, Hypotonie, Tachykardie. Häufig: Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Diarrhö, Appetitverlust, Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, vermehrter Tränenfluss, Gefühl
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der verstopften Nase, Erhöhung des Augeninnendrucks, Miktionsstörungen. Gelegentlich: Zerebrale Krampfanfälle, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Erregung, Benommenheit, Unruhe, depressive Verstimmung, delirante Symptome (insbesondere unter Kombination mit anticholinerg wirksamen Substanzen), Regulationsstörungen der Körpertemperatur, passagere Leberfunktionsstörungen, Abflussstörungen der Galle, Photosensibilität, Pigment-, Kornea- und Linseneinlagerungen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen malignes neuroleptisches Syndrom, Verschlechterung psychotischer Prozesse, Spätdyskinesien, Ileus, Gewichtszunahme, Thrombosen, Blutbildungsstörungen, Störungen des Glukosestoffwechsels, Menstruationsstörungen, Galaktorrhö, Gynäkomastie, sexuelle Funktionsstörungen. EKG-Veränderungen (Störungen der Erregungsausbreitung und -rückbildung, möglicherweise auch QTc-Verlängerungen). Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Störungen des hämatopoetischen Systems; Leber- und Niereninsuffizienz, kardiale Vorschädigung; prolaktinabhängige Tumoren, schwere Hypertonie und Hypotonie, orthostatische Dysregulation; M. Parkinson; chronische Atembeschwerden und Asthma; Glaukom, Harnverhalt, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung; nur unter besonderer Vorsicht anwenden bei Patienten mit Hirnschäden und Krampfanfällen in der Anamnese, da Grand-malAnfälle auftreten können (bei Epilepsie nur zusammen mit einer Antikonvulsivabehandlung). Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Keine Verordnung mit MAOH, Carbamazepin, Phenytoin, Propranolol, Polypeptid-Antibiotika. 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, Antihypertonika, dopaminergen Pharmaka, anticholinergen Substanzen, antidiabetischen Pharmaka, Koffein, Lithiumsalzen. 5 Bei Kombination mit Inhibitoren von CPY2D6, z. B. Paroxetin (7 Anhang INT), es ist mit einem Anstieg der Wirkspiegel zu rechnen. 5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. Bewertung Hochpotentes KAP zur Akut- und Langzeitbehandlung schizophrener Störungen. Studien belegen auch die Wirksamkeit gegen Negativsymptomatik, insbesondere in niedrigeren Dosierungen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Fluphenazin Trizyklisches Antipsychotikum 4-[3-(2-Trifluormethylphenothiazin-10-yl)propyl]-1-piperazinethanol Lyogen (Lundbeck) Tbl. 1/ 4 mg (20, 50 Tbl.) Drg. 3/ 6 mg (20, 50 Drg.) (Lyogen retard) Trpf. 2,5 mg = 25 Trpf. = 1 ml (30/100 ml Pipettenfl.) Depotpräparate (nur i.m.)
Fluphenazindecanoat Fluphenazin-neuraxpharm D (neuraxpharm) Amp. 12,5/0,5 ml und 25 mg/1 ml; 50 mg/0,5 ml und 100 mg/1 ml Lyogen Depot 50/-100 mg (Lundbeck) in 0,5 bzw. 1 ml Amp. (1 und 5 Amp.)
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Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von D2-, 5-HT2-, α1- und H1-, kaum mAChRezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax = 2 h; t½ = 16 h (oral); beim Decanoat schneller Plasmaspiegelanstieg mit Tmax = 8–36 h, raschem Abfall ab dem 2. Tag mit t½ = 7–10 h (Freisetzungs-HWZ). Anstieg von t½ bei Nachinjektionen. 5 Metabolisierung bevorzugt über CYP2D6 (7 Kap. 17). 5 Bioverfügbarkeit bei i.m.-Gabe, im Vergleich zur oralen Gabe (20– 50 %), deutlich höher. 5 Plasmakonzentration: 0,5–2 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische Psychosez. 5 Katatone Syndromez. 5 Psychomotorische Erregungszuständez. 5 Depotpräparat zur Langzeittherapie und Rezidivprophylaxe schizophrener Psychosenz. Zur Problematik der Langzeitbehandlung mit KAP 7 3.11. 5 Der Hersteller empfiehlt regelmäßige Blutbildkontrollen, weitere Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Oral: Ambulant mit 2 × 2 mg beginnen, stationäre Erhaltungsdosis 10–20 mg, ambulante Erhaltungsdosis 2–10 mg/d, Höchstdosis 40 mg/ dz. 5 Parenteral: Akut 10–20 mg i.m. (i.v. möglich), Dosis kann nach 30 min wiederholt werden, Tagesdosis bis 40 mgz. Dapotum acutum®: i.v. mit 10–20 mg in 250 ml Infusionslösung über 12 h für 7 Tage; Langzeitmedikation mit Depotpräparaten: 6,25‒25 mg alle 14 Tage. Alternativ: 25 mg alle 4 Wochen (keine längeren Intervalle!). Steigerung der Dosierung bis 100 mg alle 2 Wochen maximal möglichz, dann jedoch EPS-Zunahme.
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Nebenwirkungen Sehr häufig: EPS. Häufig: Krampfanfälle, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Unruhe, Schwindel, Erregung, Benommenheit, Depression (v. a. bei Langzeittherapie), Lethargie, verworrene Träume, delirante Symptome, Regulationsstörungen der Körpertemperatur, orthostatische Dysregulation, Tachykardie. Gelegentlich: Sprach-, Gedächtnis- und Schlafstörungen, Obstipation (u. U. bis zum Ileus), Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Appetitverlust und Dyspepsie, Mundtrockenheit, Schwitzen, Salivation, Fieber, Akkommodationsstörungen, Gefühl der verstopften Nase, Erhöhung des Augeninnendrucks, Polyurie, Miktionsstörungen, passagere Erhöhung der Leberenzymaktivität, Blutbildungsstörungen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen reversible zentrale Paresen, EEG- und Liquoreiweißveränderungen, malignes neuroleptisches Syndrom, Hypertension, QTc-Verlängerung, ventrikuläre Arrhythmien, Herzstillstand, Agranulozytose, Thrombose, Photosensibilität, Pigmentierungsstörungen, Lupus-erythematodes-ähnliche Syndrome, Ödeme, Ikterus, Gewichtszunahme, Störungen des Glukosestoffwechsels, gestörte ADH-Sekretion, Hyponatriämie, Gynäkomastie, sexuelle Funktionsstörungen, Galaktorrhö. Depotpräparate: EPS, wegen Plasmaspiegelverlauf mit early peak unter Depotpräparat v. a. in den ersten beiden Tagen; häufig Akathisie. Kontraindikationen 5 Schwere Blutzell- oder Knochenmarksschädigung; schwere Lebererkrankung; schwere Depression. 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Nierenerkrankungen, kardiale Vorschädigung, prolaktinabhängige Tumoren, M. Parkinson, chronische Atembeschwerden, Glaukom, Harnretention, Pylorusstenose, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung; Patienten, die extremer Hitze oder phosphorhaltigen Insektiziden ausgesetzt sind. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. ZNS-Schädigungen und Krampfanfälle in der Anamnese, da Grandmal-Anfälle auftreten können (Cave: bei Epilepsie nur zusammen mit einer Antikonvulsivabehandlung). Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH, Lithiumsalzen. 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, anticholinergen Pharmaka, Antihistaminika, piperazinhaltigen Anthelminthika, Polypeptid-Antibiotika, Cimetidin, Clonidin, Metrizamid, Phenylalanin, Amphetaminen, Anorektika. 5 Wirkungsabschwächung von Disulfiram unter gleichzeitiger Einnahme von Vitamin C.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren, z. B. mit Fluoxetin oder Propranolol (7 Anhang INT) Anstieg der Fluphenazin-Plasmaspiegel, bei Kombination mit Fluoxetin (im Mittel um 65 %). Evtl. vermehrte NW, Hinweise auf Besserung von Negativsymptomen unter Kombination mit Fluoxetin. Bewertung Hochpotentes KAP zur Akut- und Langzeitbehandlung schizophrener Störungen. Fluspirilen
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Diphenylbutylpiperidin 8-[4,4-bis(4-Fluorphenyl)butyl]-1-phenyl-1,3,8-triazaspiro[4,5]decan-4-on
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Depotpräparate (nur i.m.) Fluspi (HEXAL) Amp. 1,5 mg/0,75 ml Stechamp. 12 mg/6 ml Fluspirilen beta (betapharm) Amp. 1,5 mg/0,75 ml Stechamp. 12 mg/6 ml
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Imap (Janssen-Cilag) Amp. 2 mg/1 ml (1,5 Stechamp. zu 6 ml) 1,5 mg/0,75 ml (3, 5, 50 Amp.) (Imap 1,5 mg)
Pharmakodynamik 5 Strukturverwandtschaft zu Butyrophenonen. 5 In erster Linie Blockade von D2- und D3-Rezeptoren, weniger starke Affinität zu 5-HT2-Rezeptoren. 5 Schwache Blockade von H1-Rezeptoren, kaum nachweisbar von α1und mACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax = bis 48 h (sehr große interindividuelle Variabilität); t½ = ca. 1 Woche. 5 Metabolisierung bevorzugt durch Dealkylierung, beteiligte Enzyme nicht bekannt. 5 Plasmakonzentration: 1–2,2 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische schizophrene Psychosenz, falls wöchentliche Injektionsintervalle empfehlenswert und tolerabel. Zur Problematik der Langzeitbehandlung mit KAP 7 3.11. 5 In der Dosierung von 1,5 mg pro Woche i.m. bei Angst- und Spannungszuständen sowie psychosomatischen Beschwerden(z). 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6.
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Dosierung 5 Schizophrenien: Akutbehandlung 2–10 mg i.m. im Abstand von 7 Tagen; Erhaltungsdosis 3–8 mg i.m. alle 7 Tagez. 5 Die wöchentliche Fluspirilen-Dosis soll annähernd der täglichen oralen Haloperiol-Dosis entsprechen. Nebenwirkungen Dosisabhängig v. a. EPS und initiale Müdigkeit über 1–2 Tage (zumindest nach der 1. Injektion häufig). Häufig: Müdigkeit, Schwindel, psychomotorische Hyperaktivität, Schlafstörungen, Depressionen, EPS, Dyskinesien, Übelkeit. Gelegentlich: Hypotension, Tachykardie, EKG-Veränderungen, Hautausschlag, Gewichtszunahme. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Krampfanfälle, malignes neuroleptisches Syndrom, delirante Symptome, Ruhelosigkeit, Verstärkung psychotischer Symptome, tardive Dyskinesien, vegetative Symptome, Angiödem, Ikterus, Ileus, Blutbildungsstörungen, Glukosestoffwechselstörungen, Hyperprolaktinämie, Kornea-, Pigment-, Linseneinlagerungen, Sehstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. Aufgrund des PVP-Gehalts (Polyvidon) kann nicht ausgeschlossen werden, dass es nach häufiger oder länger dauernder Anwendung in sehr seltenen Fällen zu einer Speicherung von PVP im retikuloendothelialen System (RES) oder zu lokalen Ablagerungen und Fremdkörpergranulomen kommen kann, die zur Verwechslung mit Tumoren Anlass geben können. Kontraindikationen 5 Schwere Depressionen. 5 Relative Kontraindikationen: Leukopenie, ausgeprägte arterielle Hypotonie bzw. orthostatische Dysregulation, schwere Lebererkrankungen, hirnorganische Erkrankungen und Epilepsie in der Vorgeschichte, M. Parkinson, prolaktinabhängige Tumoren, aus der Vorgeschichte bekanntes malignes neuroleptisches Syndrom. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Injektion in Gewebe mit verminderter Durchblutung (Sehnen-, Fettgewebe u. a.) und s.c.-Injektion vermeiden; bei Nierenfunktionsstörungen verlangsamte Ausscheidung von PVP beachten. Interaktionen 5 In Kombination mit Antihistaminika wie Terfenadin und Astemizol (QTc-Verlängerung im EKG mit Gefahr von Rhythmusstörungen). Bewertung Konventionelles Depot-Antipsychotikum mit der Besonderheit einwöchiger Injektionsintervalle. Cave: bei Angstzuständen als »Wochentranquilizer« trotz Zulassung aufgrund der EPS-NW und vorhandener Alternativen nicht empfehlenswert.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Haloperidol Butyrophenon 4-[4-(p-Chlorphenyl)-4-hydroxypiperidino]-4’-fluorbutyrophenon Haldol-Janssen (Janssen-Cilag) Tbl. 1 (50 Tbl.)/ 2 (50, 100 Tbl.)/ 5 (50 Tbl.)/ 10 (20, 100 Tbl.)/ 20 mg (20 Tbl.) Trpf. 2 mg = 20 Trpf. = 1 ml (30/ 100 ml) 10 mg = 20 Trpf. = 1 ml (100 ml) (Haldol-Janssen forte) Amp. 5 mg = 1 ml (5 Amp.) – ausschließlich zur i.m.-Injektion empfohlen Haloper-CT (ct-Arzneimittel) Tbl. 1/ 2/ 5/ 10 mg Trpf. 2 mg = 20 Trpf. = 1 ml Haloperidol (1A Pharma) Tbl. 2/ 5/ 10 mg Haloperidol HEXAL (HEXAL) Tbl. 2/ 5/ 10 mg Trpf. 2/ 10 mg = 20 Trpf. = 1 ml Haloperidol-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 1/ 4/ 5/ 12/ 20 mg Trpf. 2/ 10 mg = 20 Trpf. = 1 ml (Haloperidol-neuraxpharm forte) Amp. 5 mg/1 ml
Haloperidol-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 1/ 2/ 5/ 10 mg Trpf. 2 mg = 20 Trpf. = 1 ml Amp. 5 mg =1 ml Haloperidol STADA (STADApharm) Tbl. 1 mg Trpf. 2 mg = 20 Trpf. = 1 ml Depotpräparat (nur i.m.) Haloperidoldecanoat Haldol-Janssen Decanoat (JanssenCilag) Amp. 50 mg/1 ml (1,5 Amp., 10 ml Durchstechfl.) 150 mg/3 ml (1,5 Amp) Haloperidol-neuraxpharm Decanoat (neuraxpharm) Amp. 50 mg/1 ml /100 mg/1 ml Durchstechfl. 500 mg/10 ml
Pharmakodynamik 5 Hauptsächlich Blockade von D2-, aber auch α1-Rezeptoren, kaum messbare Blockade von D1-, D3-, mACh-, H1- und 5-HT2-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Oral: Tmax = 1,5–3,5 h; t½ = 12–36 h; Bioverfügbarkeit: ca. 60 %. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP3A4 und CYP2D6, Hauptmetabolit: reduziertes Haloperidol mit geringer antidopaminerger Aktivität. 5 Depot: Tmax = 1–7 Tage mit t½ = ca. 3 Wochen. 5 Plasmakonzentration: 5–17 ng/mlp, bei Negativsymptomatik Absenkung auf bis zu 2 ng/ml offenbar vorteilhaft. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute psychotische Syndromez. 5 Katatone Syndromez. 5 Delirante u. a. exogen-psychotische Syndromez. 5 Chronisch verlaufende endogene und exogene Psychosenz. 5 Maniforme Syndromez. 5 Psychomotorische Erregungszuständez; in der Akutpsychiatrie häufig unverzichtbar, 7 13.2.
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5 Injektionslösung (ausschließlich i.m. empfohlen): Zur Basisbehandlung und zur Behandlung von Krankheitsschüben der Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreisz und zur Behandlung akuter Verschlechterungen chronisch therapieresistenter Schizophrenien sowie psychomotorischer Erregungszustände psychotischer Genesez. 5 Zusätzlich in niedriger Dosis: dyskinetische Syndrome und Tic-Störungen (z. B. Chorea Huntington, Gilles-de-la-Tourette-Syndrom)z. 5 Kombinationstherapie bei Behandlung chronischer oder schwerer Schmerzen (nicht als Monotherapie)z. 5 Falls andere Therapiemöglichkeiten unmöglich oder nicht erfolgreich sind: Erbrechenz, Stottern(z), nichtpsychotische Angstsyndrome(z), autistische Störungenz. 5 Bei älteren Patienten mit nichtschizophrenen Verhaltensstörungen(z), z. B. Unruhezuständen im Rahmen von demenziellen Syndromen (BPSD) (aber 7 3.4.8). 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung Oral:
5 4–8 mg/d (Ausnahme stationär bis zu 40 mg auch über mehrere Wochen). Untersuchungsergebnisse legen im Regelfall eher niedrigere Dosen zur Behandlung der Positivsymptomatik nahe (4‒8 mg/d); bei notwendiger Sedierung ist eine vorübergehende BZD-Begleitmedikation zu empfehlen. 5 Dyskinetische Syndrome und Tic-Störungen: Niedrige Dosis. 5 Ältere Patienten: Initial 0,5–1,5 mg, auch in der Erhaltungstherapie niedrige Dosierungen. Parenteral:
5 Akute Erregungszustände: 5–10 mg i.m. innerhalb der ersten 24 h, max. 60 mg parenteral oder 100 mg oral. Umrechnung von akut i.m. auf oral: 1- bis 1,5-fache i.m.-Dosis als orale Dosis. Depotmedikation:
5 Decanoat: 100–200 mg i.m. alle 4 Wochen zur Symptomsuppression (max. 300 mg i.m. alle 4 Wochen)z; Rezidivprophylaxe: 25–150 mg alle 4 Wochen; bei oraler Dosis von 6 mg auf 50–100 mg Depot, von 15 mg auf 200 mg Depot umstellen; bei älteren Patienten 25–50 mg Depot. Zur Problematik der Langzeitbehandlung mit KAP 7 3.11. 5 »Faustregel«: 10 (bis 15) × (orale Dosis/d) = Depotdosis pro 4-wöchiges Injektionsintervall. ! Kardiovaskuläres Risiko unter Hochdosistherapie mit Haloperidol erhöht,
deshalb Höchstdosen nur unter intensivmedizinischer Kontrolle.
Nebenwirkungen Sehr häufig: Agitation, Insomnie, Hyperkinesie, EPS.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Häufig: Kopfschmerzen, Somnolenz, Schwindel, Akathisie, Verstärkung
psychotischer Symptome, Depression, Hypertonie, orthostatische Hypotonie, Dystonie, Bradykinesie, Hypokinesie, (Spät-)Dyskinesien, Leberfunktionsstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Gewichtszunahme und -abnahme, Mundtrockenheit, Hypersalivation, Sehstörungen, okulogyrische Krise, Hautausschlag, Harnretention, erektile Dysfunktion. Gelegentlich: Krampfanfälle, Verwirrtheit, Appetitverlust, Sodbrennen, Diarrhö, Dyspepsie, Leukopenie, Dyspnoe, Hepatitis, Ikterus, Hypersensibilität, Photosensibilität, Urtikaria, Pruritus, Hyperhidrosis, Ödeme, Hyperthermie. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen malignes neuroleptisches Syndrom, Ileus, QTc-Verlängerung, Herzrhythmusstörungen (u. a. Kammerflimmern, ventrikuläre Tachykardien), v. a. bei parenteraler Anwendung, Rhabdomyolyse, Priapismus, Gynäkomastie, sexuelle Funktionsstörungen, Menstruationsstörungen, SIADH und Hyponatriämie (7 1.6.11), Blutbildungsstörungen, Leberversagen, Cholestase, Thrombosen, periphere Ödeme, Alopezie. Insbesondere bei Behandlungsbeginn kann Müdigkeit auftreten, im Verlauf aber auch Unruhe, Erregung, Benommenheit, depressive Verstimmungen (Langzeittherapie), Lethargie, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen. Vor allem bei hoher Dosis auch delirante Symptome (insbesondere bei Kombination mit anticholinerg wirkenden Substanzen) oder zerebrale Krampfanfälle, Temperaturregulations- und andere vegetative Störungen (Akkomodationsstörungen, Gefühl der verstopften Nase, Erhöhung des Augeninnendrucks, Miktionsstörungen.) Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Cave: akute Alkohol-, Opioid-, Hypnotikaoder Psychopharmakaintoxikationen; Lebererkrankungen und Niereninsuffizienz; kardialer Vorschädigung (besonders QTc-Zeit-Auffälligkeiten); prolaktinabhängigen Tumoren; schwerer orthostatischer Dysregulation; M. Parkinson (nur in Ausnahmefällen, bei Verschlechterung Therapieabbruch); schwerer Depression; Erkrankungen des hämatopoetischen Systems; anamnestisch bekanntem malignem neuroleptischem Syndrom, hirnorganischen Erkrankungen und Krampfanfällen (anamnestisch und bei Alkoholentzug), da Grand-mal-Anfälle auftreten können (bei Epileptikern antikonvulsive Therapie beibehalten); Hyperthyreose (nur bei gleichzeitiger adäquater thyreostatischer Therapie). Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, anticholinergen Pharmaka, Makrolidantibiotika, Polypeptidantibiotika, Alprazolam, Buspiron, Rifampicin, Pharmaka vom Amphetamin-Typ,
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dopaminerge Pharmaka, Alprazolam, Buspiron, Chinidin, Disulfiram, Epinephrin, Itraconazol, Promethazin. Kombinationen mit Präparaten, die zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. In Kombination mit Antihistaminika wie Terfenandin oder Astemizol QTc-Verlängerung mit Gefahr von Rhythmusstörungen. 20 %ige Erhöhung des Plasmaspiegels unter Fluoxetin, auch unter Fluvoxamin. Erhöhungen durch Alprazolam, Buspiron (um 26 %). Erniedrigung durch Rauchen (10–50 %). Vorsicht bei Kombination mit CYP3A4-Inhibitoren z. B. mit Erythromycin oder Clarithromycin (7 Anhang INT) Anstieg der Plasmakonzentrationen von Haloperidol. Bei Kombination mit CYP3A4-Induktoren z. B. mit Carbamazepin oder Phenytoin (7 Anhang INT) Abfall der Plasmakonzentrationen von Haloperidol.
Bewertung Hochpotentes KAP. Es sollten Dosierungen < 10 mg/d gewählt werden. In psychiatrischen Notfallsituationen weiterhin (oral oder parenteral ausschließlich i.m.) noch unverzichtbar. Das Risiko für QTc-Verlängerung und Herzrhythmusstörungen ist bei hohen Dosen zu beachten. Levomepromazin Trizyklisches Antipsychotikum R)-[3-(2-Methoxyphenothiazin-10-yl)-2-methylpropyl]-N,N-dimethylamin Levium (HEXAL) Tbl. 25/ 100 mg Levomepromazin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 25/ 50/ 100 mg Trpf. 40 mg/1 ml Amp. 25 mg/1 ml
Neurocil (Bayer Vital) Tbl. 25 mg (20, 50, 100 Tbl.) Filmtbl. 100 mg (50, 100 Filmtbl.) Trpf. 40 mg = 20 Trpf. = 1 ml (30/ 50/ 100 ml Pipettenfl.) Amp. 25 mg/1 ml (5 Amp.)
Pharmakodynamik 5 Schwache Blockade von D2- und D3-Rezeptoren, daher nur schwach antipsychotisch wirksam. 5 Stark sedierende Komponente mit anticholinerger und adrenolytischer Wirkung, aber auch Blockade von 5-HT2- und H1-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax = 2–3 h (nach i.m.-Injektion 30–90 min); t½ = ca. 24 h (16–78 h); orale Bioverfügbarkeit: ca. 50 %.
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5 Metabolisierung durch N-Demethylierung und Sulfoxidbildung mit Beteiligung von CYP1A2 und CYP2D6. Levomepromazin hemmt CYP2D6. 5 Plasmakonzentration: 30–160 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Sedierung bei psychomotorischen Unruhe- und Erregungszuständen im Rahmen psychotischer Störungenz. 5 Akute Erregungszustände bei manischen Episoden(z). 5 Kombinationstherapie bei der Behandlung von schweren und/oder chronischen Schmerzenz. 5 Vor Behandlungsbeginn sollten kardiovaskuläre Störungen ausgeschlossen sein; bei älteren Patienten nur niedrige Dosierung. Keine Kombination mit Substanzen mit anticholinerger Komponente. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung Oral:
5 Bei stationärer Behandlung einschleichend 75–100 mg/d, dann Steigerung auf bis zu 300 mg/d; max. 600 mg/dz. Auch als Tropfen verfügbar. 5 Bei nichtakuter Situation einschleichend 15–30 mg/d oral beginnen, Erhaltungsdosis 75–150 mg/d. Parenteral:
5 In der psychiatrischen Notfallsituation: 25–50 mg i.m. (ältere Patienten: 25 mg), bei Bedarf mehrmalige Wiederholung bis max. 150 mg/d i.m.z Nebenwirkungen Sehr häufig: Müdigkeit, orthostatische Dysregulation, Tachykardie, Erregungsleitungsstörungen. Häufig: EPS, Blickkrämpfe, Akkommodationsstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks, verstopfte Nase, gastrointestinale Beschwerden, Mundtrockenheit, Miktionsstörungen. Gelegentlich: Krampfanfälle, Kopfschmerzen, Unruhe, Benommenheit, Schwindel, depressive Verstimmung, Exazerbation psychotischer Symptome, Verwirrtheit, Spätdyskinesien, Regulationsstörungen der Körpertemperatur, passagere Leberfunktionsstörungen, Ikterus, Photosensibilität, Pigmenteinlagerungen in Kornea und Linse. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen malignes neuroleptisches Syndrom, Blutzellschäden, Torsades de pointes, Thrombosen, Kolitis, Ileus, Gewichtszunahme, Gynäkomastie, Galaktorrhö, Menstruationsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. QTc-Verlängerungen bis hin zu tödlichen Herzrythmusstörungen. Nach i.m.-Injektion: häufig innerhalb von 10–20 min Blutdrucksenkung, die 4–6 h (gelegentlich bis 12 h) anhalten kann. Nach parenteraler Gabe
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sowie bei Behandlungsbeginn mit höheren Dosen sollte der Patient wenigstens 5–6 h liegen. Tagesdosen > 150 mg nur unter stationären Bedingungen. i.m.-Injektionen können schmerzhafte Infiltrationen hinterlassen; zu Risiken bei i.v.-Injektionen: 7 3.6.5. Kontraindikationen 5 Störungen der Hämatopoese. 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Nierenfunktionsstörung; Prostatahypertrophie, Harnverhalt, Glaukom; kardiale Vorschädigung und bekannte orthostatische Dysregulation. Cave bei Patienten mit organischen Hirnerkrankungen, M. Parkinson, prolaktinabhängigen Tumoren. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Keine Kombination mit anticholinergen Antiparkinsonmitteln, z. B. Biperiden, Diphenhydramin oder Doxylamin. 5 Bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Medikamenten: verstärkte Sedierung und Atemdepression möglich. 5 Gegenseitige Wirkungsverstärkung mit Alkohol. 5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren, z. B. Fluoxetin oder Paroxetin (7 Anhang INT). 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP2D6-Substraten, da Levomepromazin CYP2D6 hemmt (7 Tab. 17.5) Bewertung Niederpotentes KAP mit ausgeprägten vegetativen, v. a. kardiovaskulären NW; zur Sedierung bei psychomotorischen Erregungszuständen geeignet. Für diese Indikation haben BZD, niederpotente Butyrophenonderivate (Melperon, Pipamperon) und AAP (u. a. Olanzapin i.m.) ein günstigeres NW-Profil; daher Einsatz nur in Ausnahmefällen und bei Versagen geeigneter Alternativen.
Melperon Butyrophenon 4-Fluor-4-(4-methyl-piperidino)-butyrophenon Eunerpan (Abbott) Drg. 10/ 25/ 50/ 100 mg (20, 50, 100 Drg.) Lsg. 25 mg = 5 ml (200 ml) Amp. 50 mg/2 ml (5 Amp.) (nur i.m.) Melneurin (HEXAL) Tbl. 10/ 25/ 50/ 100 mg Lsg. 25 mg = 5 ml
Melperon (1A Pharma) Tbl. 25/ 100 mg Melperon AbZ (AbZ Pharma) Tbl. 50 mg Melperon AL (Aliud Pharma) Tbl. 25/ 100 mg Lsg. 25 mg = 5 ml
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Melperon beta (betapharm) Tbl. 25/ 100 mg Lsg. 25 mg = 5 ml Melperon-CT (CT-Arzneimittel) Tbl. 25/ 50/ 100 mg Lsg. 25 mg = 5 ml Melperon-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 25/ 50/ 100 mg Lsg. 5 mg = 1 ml Lsg. 25 mg = 1 ml (forte)
Melperon-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 25/ 50/ 100 mg Lsg. 25 mg =5 ml Melperon Sandoz (Sandoz) Tbl. 10/ 25/ 50/ 100 mg Lsg 25 mg = 5 ml Melperon STADA (STADApharm) Tbl. 10/ 25/ 100 mg Lsg. 25 mg = 5 ml
Pharmakodynamik 5 Blockade von 5-HT2-, α1-, deutlich weniger D2-artigen Rezeptoren. 5 Kaum messbare Wirkung auf H1- und mACh-Rezeptoren. 5 Dosisabhängig zunächst affektive Entspannung, bei höherer Dosierung antipsychotisch. 5 Muskelrelaxierend, antiarrhythmisch. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption nach oraler Gabe mit starkem First-pass-Effekt; Bioverfügbarkeit ca. 60 %. 5 Tmax = 1–1,5 h; t½ = 4–6 h, nach i.m.-Applikation und im Steady State 6–8 h; Bioverfügbarkeit ca. 60 %; Plasmaproteinbindung 50 %. 5 Rasche, nahezu vollständige hepatische Metabolisierung. Beteiligte Enzyme unbekannt. Melperon hemmt CYP2D6. 5 Plasmakonzentration: 30–100 ng/ml(p). ! Nichtlineare Pharmakokinetik von Melperon, die z. B. bei Hemmung
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abbauender Enzyme zu überproportionalen Plasmakonzentrationen führen kann.
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schlafstörungenz, Verwirrtheitszuständez; psychomotorische Unruhez; Erregungszustände bei Psychosen, Oligophrenie, organisch bedingter Demenz oder alkoholassoziierten Störungenz. 5 Psychoneurosen(z); zugelassen für die Indikation eines Anxiolytikums, wenn dafür Unverträglichkeit oder Abhängigkeitsrisiko besteht. 5 Keine Senkung der Krampfschwelle (im Gegensatz zu den meisten anderen Antipsychotika), . Tab. 3.8. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Vor Behandlung mit Melperon wird empfohlen, das Blutbild (einschließlich Differenzialblutbild und Thrombozytenzahl) zu kontrollieren. Bei von der Norm abweichenden Blutwerten darf eine Behandlung mit Melperon nur bei zwingender Notwendigkeit und unter häufigen Blutbildkontrollen erfolgen. 5 Melperon scheint im Gegensatz zu anderen Antipsychotika die Krampfschwelle nicht zu erniedrigen.
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Dosierung Oral:
5 Einschleichender Beginn mit 50–100 mg/d bis zu einer Erhaltungsdosis von 2 × 100 mg/d (max. 400 mg/d)z. 5 Langzeitbehandlung in der Geriatrie: 50–150 mg/d. 5 Schlafinduktion: 25–100 mg abends. Parenteral:
5 Bei akuter Unruhe, Verwirrtheit und Erregungszuständen initial 1–2 Amp. i.m. Bei Bedarf kann die Tagesdosis auf 4 Amp.z erhöht werden. Nach einigen Tagen Injektionsbehandlung Übergang auf orale Applikation. Nebenwirkungen In der Regel gut verträglich mit geringen Wirkungen auf Atmung, Kreislauf, Verdauung, Harnausscheidung und Leberfunktion. Sehr häufig/häufig: Insbesondere zu Beginn der Behandlung und bei höherer Dosierung Müdigkeit, Hypotonie bzw. orthostatische Dysregulation, Tachykardie. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen malignes neuroleptisches Syndrom, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö und Appetitverlust, Obstipation, Gewichtszunahme, Temperaturregulations-, Akkommodationsstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks, Mundtrockenheit, verstopfte Nase, Kopfschmerzen, passagere Erhöhung der Leberenzyme, Ikterus, allergische Hautreaktionen (Exantheme) auch als Spätreaktionen, Hyponatriämie, Miktionsstörungen, Menstruationsstörungen, Galaktorrhö, Gynäkomastie, sexuelle Funktionsstörungen. QTc-Verlängerungen sind möglich, auch Blutzellschäden. Bei Immobilisierung, Bettlägerigkeit und/oder entsprechender Prädisposition ist die Gefahr einer Thrombose in Bein- und Beckenvenen zu beachten. Kontraindikationen 5 Hochgradige Leberinsuffizienz; hereditäre Fruktoseintoleranz (Saft). 5 Relative Kontraindikationen: Kardiale Vorschädigung (wegen möglicher Hypotonie), Blutbildveränderungen, prolaktinabhängige Tumoren, schwere Hypotonie oder orthostatische Dysregulation, M. Parkinson. Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, anticholinergen Pharmaka, Antihypertensiva, Dopaminantagonisten, Pharmaka vom Amphetamin-Typ, dopaminergen Pharmaka, Epinephrin. 5 Vom Hersteller besonderer Hinweis auf mögliche pharmakodynamische Interaktionen mit Anticholinergika, Dopaminagonisten.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle (7 Hinweis oben). 5 Melperon ist ein CYP2D6-Inhibitor, daher Vorsicht bei Kombination mit Arzneimitteln, die Substrate von CYP2D6 sind, z. B. Codein, Nortriptylin, Tamoxifen, Tramadol (7 Tab. 17.5). Bewertung Niederpotentes Antipsychotikum mit breitem Einsatzspektrum; aufgrund der fehlenden anticholinergen Komponente und seltenen EPS zur Sedierung bei psychomotorischen Erregungszuständen und zur Schlafinduktion besonders in der Gerontopsychiatrie geeignet (Zulassung auch für Patienten > 65 J.). Auf Interaktionsrisiko achten. Olanzapin Trizyklisches Antipsychotikum 2-Methyl-4-(4-methyl-1-piperazinyl)-10H-thieno[2,3-b][1,5]benzodiazepin Zyprexa (Lilly) Tbl. 2,5/5/7,5/10/15 mg (35, 70 Tbl.)/ 20 mg (35 Tbl.) Schmelztbl. 5/10/15/20 mg (35, 70 Tbl.) mg (Velotab) Durchstechfl. 10 mg Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung (5 mg/1 ml)
Olanzapinpamoat Zypadhera (Lilly) Durchstechfl. 210/ 300/ 405 mg Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer DepotInjektionssuspension (150 mg/1 ml)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von mACh-, 5-HT2-, D1–5-Rezeptoren, außerdem von α1- und H1-Rezeptoren (für Olanzapin und Olanzapinpamoat). Pharmakokinetik 5 Tmax = 5–8 h; t½ = 30–60 h (bei älteren Patienten verlängert); Bioverfügbarkeit ca. 80 %. 5 Hepatische Konjugation und Oxidation, Metabolisierung über N-Glucuronyltransferase, Flavinmonoxigenase, CYP1A2 und geringfügig CYP2D6. 5 Steady State nach 5–7 Tagen. 5 Plasmakonzentration: 20–80 ng/mlp. 5 Tmax nach 2–4 Tagen; t½ etwa 30 Tage (bei älteren Patienten verlängert). 5 Bei älteren Patienten (> 65 J.) wurden längere Eliminations-HWZ gefunden (> 50 h), da wenig Erfahrung, wird ein Einsatz bei älteren Patienten nicht empfohlen. 5 Olanzapinpamoat: unmittelbar nach Injektion beginnt die langsame Auflösung des Salzes im Muskelgewebe und sorgt für eine langsame
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kontinuierliche Freisetzung von Olanzapin über mehr als 4 Wochen. Die Freisetzung nimmt innerhalb von 8–12 Wochen allmählich ab. Eine zusätzliche Gabe von oralen Antipsychotika zu Beginn der Depot-Behandlung erscheint nicht erforderlich. Das Freisetzungsprofil in Kombination mit dem Dosierungsschema (i.m.-Injektion alle 2 oder 4 Wochen) ergibt eine anhaltende Olanzapin-Plasmakonzentration, die für mehrere Monate nach jeder Injektion messbar bleibt (Kumulation in den ersten 3 Monaten). Resorption und Ausscheidung sind ungefähr 6–8 Monate nach der letzen Injektion abgeschlossen. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schizophrenie, auch zur Aufrechterhaltung der klinischen Besserung bei Patienten, die initial auf die Behandlung angesprochen habenz. 5 Mäßig schwere bis schwere manische Episodenz (7 2.4.1). 5 Zur Phasenprophylaxe bei Patienten mit bipolaren Störungen, deren manische Phase auf eine Behandlung mit Olanzapin angesprochen hatz (7 2.4.1). 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → Borderline-Persönlichkeitsstörungen (7 12.3), → drogeninduzierter Psychose (7 3.4.10), → wahnhafter Depression (7 3.4.5), → therapierefraktären Zwangsstörungen (7 3.4.6 und 7 1.4.7). 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → PTBS und → GAS. 5 Parenteral akut: Schnelle Beherrschung von Erregungszuständen bei Patienten mit Schizophrenie für die Dauer von bis zu 3 aufeinanderfolgenden Tagen, wenn eine orale Behandlung nicht angezeigt istz. 5 Depotpräparat (Olanzapipamoat): Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patienten mit Schizophrenie, die während einer akuten Behandlung hinreichend mit oralem Olanzapin stabilisiert wurdenz. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung Oral:
5 Anfangsdosis 10 mg/d, Dosisbereich 5‒20 mg/dz. 5 Anfangsdosis bei Patienten > 65 J. auch 2,5–5 mg, vorzugsweise zur Nacht (7 3.10.4). 5 In der Akutpsychiatrie werden vorübergehend manchmal höhere Dosen eingesetzt (initial 20 mg, dann auch 30–40 mg/d eine DosisWirkungs-Beziehung konnte in einer Studie zwischen 10 mg und 40 mg allerdings nicht gezeigt werden). 5 Dosisreduktion bei Nieren- und/oder Leberinsuffizienz. Parenteral:
5 Anfangsdosis 10 mg i.m. Eine zweite Dosis (5–10 mg i.m.) kann 2 h danach gegeben werden. Nicht mehr als 3 Injektionen innerhalb von 24 h, nicht länger als 3 aufeinanderfolgende Tage anwenden. 5 Tägliche Höchstdosis von 20 mg nicht überschreiten.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Patienten > 60 J.: Anfangsdosis 2,5–5 mg, weitere Dosierungen 2,5–5 mg. 5 Bei Patienten mit Nieren- und/oder Leberinsuffizienz: Niedrigere Anfangsdosis (5 mg) in Betracht ziehen, bei mittelgradiger Leberinsuffizienz Anfangsdosis 5 mg. Depot (Olanzapinpamoat): 5 Dosierungen von 150 mg und 210 mg für Injektionsintervalle von 2 Wochen) sowie von 300 mg und 405 mg (Injektionsintervalle 4 Wochen) sind verfügbar. 5 Entsprechend der oralen täglichen Zieldosis werden folgende Empfehlungen zur Dosierung von Olanzapinpamoat gemacht: 5 Oral 10 mg, Anfangsdosis (Depot) 210 mg/2 Wochen, Erhaltungsdosis (Depot) nach 2 Monaten 150 mg/2 Wochen oder 300 mg/4 Wochen; Oral 15 mg, Anfangsdosis (Depot) 300 mg/2 Wochen, Erhaltungsdosis (Depot) nach 2 Monaten 210 mg/2 Wochen oder 405 mg/4 Wochen; Oral 20 mg, Anfangsdosis (Depot) 300 mg/2 Wochen, Erhaltungsdosis (Depot) nach 2 Monaten 300 mg/2 Wochen. 5 Olanzapinpamoat darf nur durch tiefe gluteale i.m.-Injektion von medizinischem Fachpersonal, das in der adäquaten Injektionstechnik geschult ist, angewendet werden. Die Injektion muss in einer Einrichtung appliziert werden, in der eine Überwachung nach der Injektion und Zugang zu geeigneter medizinischer Behandlung im Falle einer Überdosierung sichergestellt werden kann. ! Nach jeder Injektion müssen die Patienten in einer medizinischen Ein-
richtung von angemessen qualifiziertem Personal für mindestens 3 h auf Anzeichen und Symptome einer Olanzapin-Überdosierung beobachtet werden. Es muss sichergestellt werden, dass der Patient wach, orientiert und frei von jeglichen Zeichen und Symptomen einer Überdosierung ist. Wenn eine Überdosierung vermutet wird, muss eine eingehende medizinische Überwachung und Kontrolle weitergeführt werden, bis eine Untersuchung bestätigt, dass die Anzeichen und Symptome abgeklungen sind. Die Patienten müssen vor der Anwendung von Olanzapin-pamoat mit oralem Olanzapin behandelt werden, um Verträglichkeit und Ansprechen festzustellen.
Nebenwirkungen Das Risiko für Gewichtszunahme und metabolische Syndrome ist unter Olanzapin höher als unter vielen anderen Antipsychotika (außer Clozapin); die Gewichtszunahme scheint nach Fallberichten und ersten systematischen Studien bei Therapie mit Schmelztabletten geringer auszufallen als unter herkömmlichen Tabletten; der zugrunde liegende Mechanismus ist noch unklar. Zudem sind mittlerweile hilfreiche nichtmedikamentöse und medikamentöse Maßnahmen zur Prävention und Reduktion der unter Olanzapin häufig auftretenden Gewichtszunahme bekannt (7 3.6.2).
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Verschlechterung der Parkinson-Symptome und Halluzinationen bei M. Parkinson sind möglich, in klinischen Studien bei demenzassoziierter Psychose höhere Inzidenz an Todesfällen und zerebrovaskulären Ereignissen, abnormer Gang, Stürze. Sehr häufig: Schläfrigkeit, Gewichtszunahme, erhöhte Prolaktinspiegel. Häufig: Müdigkeit, Asthenie, Schwindel, Akathisie, Parkinsonismus, Dyskinesien, Appetitsteigerung, Eosinophilie, erhöhte Glukose-, Triglyzeridund Cholesterinspiegel, Glukosurie, passagere Erhöhung der Lebertransaminasen, orthostatische Hypotonie, leichte vorübergehende anticholinerge Effekte (Verstopfung, Mundtrockenheit), Ausschlag, Ödeme. Gelegentlich: Leukopenie, Neutropenie, Bradykardie, QTc-Verlängerung, Lichtüberempfindlichkeit, Alopezie, Harninkontinenz, hohe Kreatinphosphokinasewerte, erhöhtes Gesamtbilirubin. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Krampfanfälle, malignes neuroleptisches Syndrom, Eosinophilie, Hepatitis (einschließlich hepatozellulärer oder cholestatischer Leberschädigung oder Mischform), Entwicklung oder Verschlechterung eines Diabetes gelegentlich begleitende Ketoazidose oder Koma (einschließlich einiger letaler Fälle), Thrombozytopenie, Hypothermie, Dystonie (einschl. Blickkrämpfe), tardive Dyskinesien, Thromboembolien, Pankreatitis, ventrikuläre Tachykardie/Fibrillation, Rhabdomyolyse, erhöhte alkalische Phosphatase, Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Gynäkomastie, Galaktorrhö, Priapismus. Absetzsymptome sind bekannt: Schwitzen, Schlaflosigkeit, Zittern, Angst, Übelkeit, Erbrechen. Bei Langzeitgabe (> 48 Wochen): Gewichtszunahme (sehr häufig ≥ 25 % des Ausgangsgewichts), Zunahme von Glukose, Gesamt-LDL/HDL-Cholesterin, Triglyzeride. Bei Kindern und Jugendlichen in Kurzzeitstudien größeres Ausmaß von Gewichtszunahme, Lipid- und Prolaktinveränderungen als bei Erwachsenen. Parenteral (akut i.m.): Häufig: Schläfrigkeit, Bradykardie mit oder ohne Hypotonie oder Synkope,
orthostatische Hypotonie, Hypotonie, Unbehagen an der Injektionsstelle. Gelegentlich: Sinus-Pause, Hypoventilation. Sehr selten: Atemdepression, Hypotonie, Bradykardie oder Todesfälle,
i. Allg. bei Patienten mit gleichzeitiger BZD- oder Antipsychotika-Behandlung oder Olanzapin-Dosen > 20 mg/d. NW sonst wie bei oraler Medikation möglich. Parenteral (Olanzapinpamoat, Depot): Sehr häufig/häufig: Bei < 0,1 % der Injektionen und etwa 1,4 % der Patienten:
Postinjektionssyndrom mit Symptomen wie bei Olanzapin-Überdosierung, meist innerhalb 1 h nach Injektion, selten zwischen 1–3 h, sehr selten nach 3 h: Sedierung bis Koma und/oder Delirium (einschließlich Verwirrtheit,
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Desorientierheit, Agitation, Angst, weitere kognitive Beeinträchtigungen), EPS, Sprachstörungen, Ataxie, Aggression, Schwindel, Schwäche, Hypertension, Krampfanfälle. Sonstige Nebenwirkungen: Sedierung, NW an der Injektionsstelle: bei ca. 8 % Schmerzen, zudem knötchenartige, erythemartige, ödemartige, nicht spezifische Reaktionen, Irritationen, Bluterguss, Hämorrhagie, Taubheitsgefühl.
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! Auf Gewichtszunahme, Dyslipidämie und Diabetesinduktion unter Olanza-
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Kontraindikationen 5 Patienten mit bekanntem Risiko eines Engwinkelglaukoms. 5 Relative Kontraindikationen: Bei Patienten mit Diabetes bzw. Risikofaktoren für die Entwicklung eines Diabetes geeignete ärztliche Überwachung; Prostatahypertrophie; M. Parkinson; Leberfunktionsstörungen oder gleichzeitige Behandlung mit möglicherweise hepatotoxischen Substanzen; Leukopenien und/oder Neutropenie jeglicher Ursache; Krampfanfälle in der Anamnese; kardiale Vorschädigung, orthostatische Hypotonie. 5 Nicht empfohlen und auch keine Zulassung bei psychotischen Symptomen bei Demenz oder Parkinson-Syndrom (s. oben, 7 3.4.8 und 7 3.10.4). Bei älteren Patienten mit Demenz sind aufgetreten: Pneumonie, erhöhte Körpertemperatur, Lethargie, Erythem, visuelle Halluzinationen, Harninkontinenz. 5 Olanzapinpamoat wird darüber hinaus bei älteren Patienten nicht empfohlen.
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pin ist besonders zu achten (angemessene Kontrollen) (7 3.6.2).
> CAVE
Die gleichzeitige Gabe von Olanzapin i.m. und einem parenteralen BZD wird wegen möglicherweise schwerer NW nicht empfohlen. Die Kombination darf, nach einer aktuellen Studie, nicht in Kombination mit Alkohol gegeben werden.
Interaktionen 5 Verstärkter Metabolismus mit Abfall der Plasmakonzentrationen von Olanzapin bei Rauchen (7 Kap. 17) durch Induktion von CYP1A2; Anstieg der Plasmakonzentrationen im Verlauf einer Woche nach Beendigungs des Rauchens. 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, Alkohol, Dopaminagonisten, Valproinsäure und Präparaten die die QTcZeit verlängern oder zu Hypokaliämie bzw. Hypomagnesiämie führen. In einer klinischen Prüfung mit Valproat Neutropenie 4,1 %. Sprachstörungen (bei gleichzeitiger Gabe mit Lithium oder Valproat).
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5 Vorsicht bei Kombination mit Fluvoxamin oder anderen Inhibitoren von CYP1A2 (7 Anhang INT), verlangsamter Abbau und Anstieg des Plasmaspiegels von Olanzapin (bis zu 3-fach, im Mittel 60 %). Bewertung Sedierendes AAP, auch bei Manien im Rahmen bipolarer Störungen wirksam. In den WFSBP-Guidelines zur Behandlung der akuten Manie zweitrangig empfohlen. Geringes Risiko für EPS, breite Anwendungserfahrung und auch im Vergleich zu anderen AAP und KAP gut belegte Wirksamkeit bei psychotischen Störungen. Risiken zur Entwicklung eines metabolischen Syndroms sind bei Olanzapin besonders zu beachten. Olanzapinpamoat (Depot): Die Einführung eines zweiten atypischen Depot-Antipsychotikums – auch für Injektionsintervalle von 4 Wochen – ist v. a. im Hinblick auf Therapieadhärenz prinzipiell positiv zu werten. Aufgrund der mit dem unvorhersehbaren Auftreten von Postinjektionssyndromen verbundenen Risiken und zahlreichen Überwachungs- und Vorsichtsmaßnahmen dürfte Olanzapinpamoat derzeit jedoch besonderen Anwendungskonstellationen (v. a. gutes Ansprechen auf orales Olanzapin bei guter Verträglichkeit, aber geringer Compliance zur oralen Einnahme sowie fehlenden Alternativen) vorbehalten bleiben. Paliperidon 9-OH-Risperidon, Benzisoxazol(piperidin) (RS)-3-{2-[4-(6-Fluor-1,2-benzisoxazol-3-yl)piperidino]ethyl}-9-hydroxy2-methyl-6,7,8,9-tetrahydro-4H-pyrido[1,2-a]pyrimidin-4-on Invega (Janssen-Cilag) Retardtbl. 3/ 6/ 9 mg (28, 49, 98 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Paliperidon ist der primäre, aktive Metabolit von Risperidon. 5 Paliperidon ist ein Razemat aus (+)- und (–)-Paliperidon; beide Enantiomere wirken qualitativ und quantitativ ähnlich. 5 Wie Risperidon, in erster Linie Blockade von 5-HAT2A(C)-, 5-HT7-, D2und α1-Rezeptoren; in geringerem Maße auch H1- und α2-Rezeptoren; keine anticholinergen Wirkungen. Pharmakokinetik 5 In einer speziellen Galenik (OROS, osmotic-controlled release delivery system) werden zwei Wirkstoffkompartimente und ein Quellkompartiment von einer semipermeablen Membran umhüllt; im Gastrointestinaltrakt dringt – osmotisch kontrolliert und konstant – Wasser in den Kern und bildet mit dem Wirkstoff eine gelartige Suspension. Das Quellkompartiment dehnt sich zugleich aus und drückt dadurch die Wirkstoffsuspension sukzessive durch zwei lasergebohrte Öffnungen in den Darm. Es resultieren minimale Schwankungsbreiten;
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t½ = ca. 23 h; Bioverfügbarkeit 28 %, bei Einnahme mit einer Mahlzeit 50–60 % höher. Die Pharmakokinetik von Paliperidon ist innerhalb des Dosierungsbereichs (3–12 mg) dosisproportional. Nach Einzeldosis ansteigende Freisetzungsrate, die ein stetiges Anwachsen der Plasmakonzentration ermöglicht; ca. 24 h nach der Anwendung Plasmaspitzenkonzentration; Steady State in 4–5 Tagen. Die Retardformulierung ermöglicht, Paliperidon ohne Dosistitration einmal täglich zu dosieren. Kein relevanter hepatischer Metabolismus. Ungefähr 80 % der Substanz werden unverändert renal eliminiert, 11 % in den Faeces. Ein Paliperidon-Depotpräparat (Injektionsintervalle wahrscheinlich 4 Wochen) befindet sich in Erprobung. Plasmakonzentration: 20–60 ng/ml(p).
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Behandlung schizophrener Störungenz. 5 Eine plazebokontrollierte Studie zeigt die Wirksamkeit und Verträglichkeit von 3‒12 mg/d auch bei Patienten > 65 J. mit Schizophrenie. Noch keine Untersuchungen bei älteren Patienten mit Demenz; die Erfahrungen mit Risperidon werden als ebenfalls gültig für Paliperidon erachtet (7 3.4.8). 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Morgens 6 mg (nüchtern oder mit dem Frühstück). Dosisbereich 3‒12 mg/dz, auch bei älteren Patienten. 5 Paliperidon muss als ganze Tablette geschluckt werden. Der Wirkstoff befindet sich in einer nichtresorbierbaren Hülle, die Tablettenhülle wird zusammen mit nichtlöslichen Bestandteilen des Tablettenkerns aus dem Körper ausgeschieden; Patienten sollten darauf hingewiesen werden. 5 Dosisanpassung bei leichter bis mittelgradiger Leberfunktionsstörung nicht notwendig. 5 Bei eingeschränkter Nierenfunktion (50–80 ml/min Kreatinin-Clearance) 3 mg/d. Nebenwirkungen
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Sehr häufig: Kopfschmerzen. Häufig: Schwindel, Sedierung, Somnolenz, Asthenie, Erschöpfung, Agitiert-
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heit, EPS, Hypertonie, Tachykardie, Schenkelblock, AV-Block 1. Grades, Bradykardie, orthostatische Hypotonie, Gewichtszunahme (v. a. > 6 mg/d), Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch, Hypersalivation, Mundtrockenheit. Gelegentlich: Anaphylaktische Reaktion, Krampfanfälle, Albträume, Hyperglykämie, Appetitsteigerung, tardive Dyskinesien, okulogyre Krise, Synkopen, Palpitationen, EKG-Veränderungen, Sinusarrhythmien, Ischämie,
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Ödeme, Muskelsteifigkeit, Hautausschlag, Menstruationsstörungen, Galaktorrhö, erektile Dysfunktion, Gynäkomastie, Galaktorrhö. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Hyperprolaktinämie, zerebrovaskuläre Ereignisse, malignes neuroleptisches Syndrom, QTc-Verlängerung, Ileus, Priapismus, retrograde Ejakulation. Unter Risperidon beobachtete NW könnten prinzipiell auch unter Paliperidon auftreten. Ein potenzielles Risiko für QTc-Verlängerungen ist für Paliperidon anzunehmen. Für ältere Patienten mit Schizophrenie ist ein ähnliches allgemeines Sicherheitsprofil wie für jüngere Patienten zu erwarten; über zerebrovaskuläre NW liegen noch keine hinreichenden Ergebnisse vor. Kontraindikationen 5 Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder und Jugendliche, prolaktinahängige Tumoren. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und schwerste Niereninsuffizenz (keine Erfahrungen); M. Parkinson, DLK, Epilepsie; kardiale Vorschädigung, Blutbildveränderungen. Bei zerebrovaskulären Erkrankungen sind Nutzen und Risiken individuell sorgfältig abzuwägen (s. Indikationen). Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Einzelfallbericht über Wechselwirkung mit SSRI (Escitalopram). 5 Präparate, die sich auf die gastrointestinale Passagezeit auswirken, z. B. Metoclopramid, können die Resorption von Paliperidon beeinflussen. 5 Carbamazepin senkt die Wirkspiegel von Paliperidon, wahrscheinlich durch Induktion des Effluxtransporters P-Glycoprotein. 5 Pharmakokinetische Interaktionen sind durch Präparate, die die renale Clearance und die gastrointestinale Motilität beeinflussen, zu erwarten. Bewertung Neues Präparat mit bewährtem antipsychotischem Prinzip und innovativer, günstiger Pharmakokinetik. Vorteile: AAP zur täglichen Einmalgabe ohne Notwendigkeit zur Titration; im Vergleich zu Risperidon (oral): keine relevanten hepatischen Interaktionen, geringere Plasmaspiegelschwankungen mit potenziell besserer Verträglichkeit. Weitere Studien zum Vergleich mit anderen Antipsychotika einschließlich Risperidon stehen noch aus, bevor eine weitergehende Bewertung vorgenommen werden kann. Durch Festbetragsfestsetzung (Gemeinsamer Bundesausschuss G-BA) seit 1.10.2009 (gemeinsame Festbetragsgruppe Stufe 2 mit Risperidon) ohne Preissenkung durch den Hersteller wird der Preis für Paliperidon aktuell in Deutschland nur zu einem geringen Teil von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Perazin Trizyklisches Antipsychotikum 10-[3-(4-Methylpiperazin-1-yl)propyl]phenothiazin Perazin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 25/ 100/ 200 mg
Taxilan (Lundbeck) Drg. 25/ 100 mg (20, 50, 100 Drg.) Tbl. 100 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Antipsychotikum aus der Reihe der Phenothiazine mit mittelstarker Affinität zu D2-artigen Rezeptoren, H1-, α1- und mACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Schneller Wirkungseintritt, Tmax = 1–4 h; t½ = ca. 35 h; die orale Bioverfügbarkeit wird auf 3 % geschätzt. 5 Metabolisierung durch N-Demethylierung, Hydroxylierung und S-Oxidation unter Beteiligung von CYP3A4, CYP2C9 und einer Flavinmonoxigenase. Steady State nach 7–8 Tagen. 5 Plasmakonzentration: 100–230 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute psychotische Syndrome mit Wahn, Halluzinationen, Denkstörungen, Ich-Störungenz. 5 Katatone Syndromez. 5 Chronisch verlaufende endogene und exogene Psychosen (zur Symptomsuppression und Rezidivprophylaxe der Schizophrenie)z. 5 Maniforme Syndromez; psychomotorische Erregungszuständez. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Einschleichender Beginn während der ersten Tage. Erhaltungsdosis 75–600 mgz; Höchstdosis stationär 800‒1000 mgz. In der Geriatrie die halbe Standarddosierung. Nebenwirkungen Häufig: EPS, insbesondere zu Beginn der Behandlung, orthostatische Dysre-
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gulation, Tachykardie, EKG-Veränderungen in Form klinisch nicht bedeutsamer Erregungsrückbildungsstörungen, Sedierung, passagere Erhöhungen der Leberenzymaktivität (bei länger anhaltender oder sehr starker Erhöhung muss Perazin-Dosis reduziert oder abgesetzt werden), Glukosetoleranzstörungen. Gelegentlich: Blutbildveränderungen, v. a. unter höheren Dosen Störungen der Speichelsekretion, verstopfte Nase, Veränderungen des Augeninnendrucks, Schwitzen, Akkommodationsstörungen, vermehrtes Durstgefühl, Mundtrockenheit, Gewichtszunahme. Vor allem unter höheren Dosen und bei längerer Behandlung Akathisie, häufig mit depressiver Verstimmung,
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Spätdyskinesien, Galaktorrhö, Amenorrhö, Brustdrüsenvergrößerung, Temperaturerhöhung, Photosensibilität (in seltenen Fällen mit Pigmenteinlagerungen, nach Langzeittherapie und in hohen Dosen) sowie Sensibilitätsstörungen an Händen und/oder Füßen, insbesondere nach starker Sonnenbestrahlung. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Krampfanfälle, MagenDarm-Störungen, Übelkeit, Obstipation, Thrombopenie, Agranulozytose, Nasenbluten, schwere phototoxische Reaktionen, Kreislaufversagen, respiratorische Störungen, nekrotisierende Enteritis, Cholestase, Hepatitis, Ödeme, Lupus erythematodes, Thrombosen und Embolien, Miktionsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, malignes neuroleptisches Syndrom, Verstärkung postpsychotischer Depressionen, Verwirrtheitszustände, Schlafstörungen, amentielle Syndrome, Bewusstseinstrübungen, stuporöse Zustandsbilder, Angstträume. Unter extrem hohen Dosen auch schwere Leberschädigungen. Perazin kann das QTc-Intervall verlängern, Torsades-de-pointes-Arrhythmien bis hin zu Kammerflimmern sind insbesondere beim Vorliegen weiterer Risikofaktoren nicht auszuschließen. Kontraindikationen 5 Bekannte schwere Blutzell- oder Knochenmarksschädigung. 5 Relative Kontraindikationen: Leukopenie und andere Störungen der Hämatopoese; prolaktinabhängige Tumoren; schwere Lebererkrankungen; kardiale Vorschädigung, schwere Hypertonie; Epilepsie, M. Parkinson; Engwinkelglaukom, Miktionsstörungen, insbesondere bei Prostatahypertrophie, Pylorusstenose. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 In Kombination mit Anticholinergika Delirprovokation möglich. 5 Mit Diphenhydramin, Doxylamin und Promethazin verstärkte Sedierung. 5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. 5 Nach In-vitro-Untersuchungen ist Perazin ein ähnlich starker Inhibitor von CYP1A2 wie Fluvoxamin. Daher ist Vorsicht bei Kombination mit Arzneimitteln geboten, die Substrate von CYP1A2 sind (. Tab.17.1). Bei Clozapin steigt die Plasmakonzentration um das 4-Fache an. 5 Bei Kombination mit Präparaten, die CYP3A4, CYP2D6 oder CYP2C9 hemmen, evtl. höhere Perazin-Plasmakonzentrationen (7 Anhang INT). Bewertung Mittelpotentes Antipsychotikum mit sedierender und ausgeprägter anticholinerger Komponente. Im Vergleich zu anderen KAP relativ niedrige (dosisabhängige) EPS-Inzidenz. Relativ hohes Interaktionsrisiko.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Perphenazin Trizyklisches Antipsychotikum 2-[4-[3-(2-Chlor-10H-phenothiazin-10-yl)propyl]piperazin-1-yl]ethanol Decentan (Merck) Tbl. 4/ 8 mg (20, 50 Tbl.) Trpf. 4 mg = 20 Trpf. = 1 ml (15 ml Tropffl., 100 ml Dosierpip.) Perphenazin (neuraxpharm) Tbl. 8 mg
Depotpräparat (nur i.m.) Perphenazinenanthat Decentan-Depot (Merck) Amp. 100 mg = 1 ml (1,5 Amp., 10 ml Injfl.) (= 76 mg Perphenazin)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von D2-Rezeptoren, geringere Affinität zu 5-HT2-, H1- und α1-Rezeptoren, keine messbare Blockade von mAChRezeptoren. 5 Hochpotentes Antipsychotikum mit starker antiemetischer Komponente. Pharmakokinetik 5 Oral: Tmax = 1–4 h; t½ = 8–12 h; Bioverfügbarkeit ca. 40 %. 5 Nahezu vollständige hepatische Metabolisierung mit bevorzugter Beteiligung von CYP2D6. 5 Depot: Nach Injektion rascher Anstieg mit Tmax = 2–3 d; t½ (Freisetzungs-HWZ) = 4–6 d. Wirkungsdauer bei 100 mg i.m.: ca. 14 d. 5 Plasmakonzentration: 0,6–2,4 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Psychotische Störungen, z. B. akute und chronische Schizophrenien, insbesondere bei Positivsymptomen (katatone und akute paranoide Formen)z. 5 Manienz. 5 Psychomotorische Erregungszustände psychotischer Genesez. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Akute antipsychotische Symptomatik: bis zu 24 mg/d oral; Erhaltungsdosis 8–12 mg/dz. 5 Langzeitmedikation: 50–200 mg im Abstand von 2–4 Wochen i.m.z Nebenwirkungen Sehr häufig/häufig: Häufig sind insbesondere EPS (alle Formen); insbesondere bei Behandlungsbeginn: Müdigkeit und auch Einschlafstörungen; diese lassen sich manchmal vermeiden, wenn die letzte Dosis nicht nach 17 Uhr eingenommen wird. Die Krampfschwelle kann gesenkt werden (Cave: erhöhte Anfallsbereitschaft, regelmäßige EEG-Kontrollen).
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Gelegentlich: Störungen des Glukosestoffwechsels, Akkommodationsstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks (Engwinkelglaukom), Mundtrockenheit, Obstipation, Gewichtszunahme, Miktionsstörungen, Galaktorrhö, Störungen der Regelblutung, sexuelle Störungen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Kopfschmerzen, Schwindel, Unruhe, depressive Verstimmung, Lethargie, delirante Syndrome, malignes neuroleptisches Syndrom, Schwitzen, Lupus-erythematodes-ähnliche Syndrome, Erregungsleitungsstörungen, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Hypotonie, Larynxödem, Asthma, gastrointestinale Beschwerden (z. B. Nausea und Erbrechen nach plötzlichem Absetzen), Ileus, Störungen der Leberfunktion (z. B. Anstieg der Leberenzyme, Cholestase), Photosensibilisierung, Pigmentablagerungen in Kornea und Linse. QTc-Verlängerungen sind möglich, in sehr seltenen Fällen bis zu potenziell tödlichen Herzrhythmusstörungen vom Typ Torsades de pointes. Insbesondere bei Langzeitbehandlung Gefahr von Blutzellschäden (Cave: Blutbildkontrollen).
Kontraindikationen 5 M. Parkinson. 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Nierenerkrankungen; kardiale Vorschädigung, schwere organische Hirnerkrankungen; prolaktinabhängige Tumoren; Cave bei depressiven Zustandsbildern. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Keine Kombination mit Pharmaka, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen, anticholineren Pharmaka, Polypeptid-Antibiotika, Clozapin, Pheytoin, Propranolol. 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, Antihypertensiva, Dopaminagonisten, Anthelmintika, Anikoagulanzien, Carbamazepin, Epinephrin, Lithiumsalzen. 5 Erhöhte Plasmaspiegel des Antipsychotikums unter Kombination mit Paroxetin oder Fluoxetin und vermehrte NW durch Inhibitoren von CYP2D6 (7 Anhang INT). Bei wahnhafter Depression jedoch Kombination mit Fluoxetin besser verträglich als mit TZA. 5 Bei Kombination mit Präparaten, die Substrate von CYP2D6 sind, ist mit einem Anstieg der Wirkspiegel zu rechnen, da Perphenazin CYP2D6 hemmt. (7 Tab 17.5). Bewertung Hochpotentes KAP mit trizyklischer Struktur. In USA weit verbreitet als Standardantipsychotikum eingesetzt. Relativ günstige Ergebnisse in neueren Studien auch im Vergleich zu AAP.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
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Pimozid
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Orap (Janssen-Cilag) Tbl. 1 mg (75 Tbl.)/ 4 mg (50 Tbl.) (Orap forte)
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Diphenylbutylpiperidin
Dosierung 5 Einschleichender Beginn mit 2–4 mg, Erhaltungsdosis 2–8 mg/d. 5 Höchstdosis 16 mg/dz; nur bei höherer Dosierung zweimalige Gabe pro Tag. Bewertung Hochpotentes KAP zur Erhaltungstherapie bei chronischen Schizophrenienz. Wegen vorhandener risikoärmerer Alternativen ist die Verordnung nicht zu empfehlen.
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! Hohes kardiotoxisches Risiko, QTc-Verlängerung und maligne Arrhythmien
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(Torsades de pointes), häufige EKG-Kontrollen nötig, hohes Interaktionsrisiko (Kombination mit Sertralin wegen geringer therapeutischer Breite von Pimozid kontraindiziert). Schwere Leberfunktionsstörungen und Parkinson-Syndrom möglich.
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Pipamperon
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Butyrophenon 1-[4-(4-Fluorphenyl)-4-oxobutyl]-1,4-bipiperidin-4-carbamid
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Dipiperon (Janssen-Cilag) Tbl. 40 mg (50, 100 Tbl.) Saft 4 mg = 1 ml (200 ml Sirup) Pipamperon 40 (1A Pharma) Tbl. 40 mg Saft 4 mg = 1 ml Pipamperon HEXAL (HEXAL) Tbl. 40 mg Saft 4 mg = 1 ml
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Pipamperon-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 40/ 120 mg Saft 4 mg = 1 ml Pipamperon Sandoz (Sandoz) Tbl. 40 mg
Pharmakodynamik 5 Antagonist am 5-HT2-Rezeptor; deutlich weniger an D2- und α1-Rezeptoren. 5 Keine Wirkung auf mACh- und H1-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Nach oraler Einnahme nur langsame Resorption; t½ = 17–22 h. 5 Abbau durch N-Dealkylierung und Oxidation, beteiligte Enzyme unbekannt. 5 Plasmakonzentration: 100–400 ng/ml(p).
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Psychomotorische Erregungszustände und Aggressivitätz. 5 Schlafstörungen, Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmusz. 5 Verwirrtheitszustände, Stimmungslabilität, Dysphorie, Affektverarmung(z). 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Einschleichender Beginn mit 3 × 40 mg; Maximaldosis 360 mg/dz; in der Geriatrie initiale Dosisreduktion (etwa ½); bei Schlafstörungen 20–80 mg zur Nacht. Nebenwirkungen Sehr häufig: Somnolenz, Rigor. Häufig: Asthenie, Depression, EPS, Dyskinesien, Gangstörungen, muskuläre
Spastizität, Hypertonie, Tachykardie, orthostatische Hypotension, Erbrechen, Urtikaria, Amenorrhö. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Krampfanfälle, malignes neuroleptisches Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse, Leukopenie, Hyperprolaktinämie, Hyponatriämie, Leberenzymerhöhung, Synkopen, Kammerflimmern, tardive Dyskinesien, Schwitzen, Speichelfluss, Ödeme, Fieber, Harnretention, Galaktorrhö, Gynäkomastie, Oligomenorrhö, Priapismus. EKG-Veränderungen einschließlich QTc-Verlängerungen sind möglich. Kontraindikationen 5 Hereditäre Fruktoseintoleranz (Saft enthält D-Glucitol). 5 Relative Kontraindikationen: M. Parkinson, kardiale Vorschädigung, insbesondere Patienten mit verlängerter QTc-Zeit, schwere Leberfunktionsstörungen, prolaktinabhängige Tumoren; Cave: bei Blutbildveränderungen. Interaktionen 5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, Dopaminagonisten, Makrolidantibiotika, Malariamitteln, Antihistaminika. 5 Wirkungsverstärkung mit Substanzen, die die Krampfschwelle herabsetzen. Bewertung Niederpotentes Antipsychotikum. Aufgrund der fehlenden anticholinergen Komponente und geringem EPS-Risiko zur Sedierung bei psychomotorischen Erregungszuständen und zur Schlafinduktion auch im höheren Lebensalter (7 3.4.10) geeignet.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
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Prothipendyl
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Dominal (AWD pharma) Drg. 40 mg (20, 50 Drg.) (Dominal forte) Tbl. 80 mg (20, 50 Tbl.) (Dominal forte) Trpf. 50 mg = 20 Trpf. = 1 ml (15/ 100 ml)
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Trizyklisches Antipsychotikum
Dosierung 5 Bei Erregungszuständen bis 240–320 mg/dz. Bei Schlafstörungen 40–80 mg abends; i.m.-Injektionen möglich. Bewertung Wegen schwacher antipsychotischer Wirkung als Basisantipsychotikum nicht geeignet. Stellenwert in der psychiatrischen Pharmakotherapie allenfalls als Zusatzmedikation bei hartnäckigen Einschlafstörungenz bei Versagen anderer Hypnotika. Quetiapin Dibenzothiazepin (trizyklisches atypisches Antipsychotikum) 2-[2-(4-Dibenzo[b,f][1,4]thiazepin-11-yl-1-piperazinyl)ethoxy]-ethanol Seroquel (AstraZeneca) Filmtbl. 25/ 100/ 200/ 300 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Seroquel-prolong (AstraZeneca) Retardtbl. 50/ 200/ 300/ 40 mg (10, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von H1-Rezeptoren, schwächer von 5-HT1,2-, D1–3- und α1-Rezeptoren; keine klinisch relevante Affinität zu D4-, α2und mACh-Rezeptoren. 5 Der aktive Metabolit N-Desalkylquetiapin (Norquetiapin) blockiert neben D2-artigen Rezeptoren nach neueren Studien auch den Noradrenalintransporter (NA-Wiederaufnahmehemmung) sowie 5-HT2Aund 5-HT2C-Rezeptoren. Muttersubstanz und Metabolit zeigen zumindest schwache partialagonistische Effekte an 5-HT1A-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Extensive hepatische Metabolisierung nahezu ausschließlich über CYP3A4 mit etwa 20 zumeist pharmakologisch inaktiven und 3 wahrscheinlich aktiven Metaboliten (v. a. N-Desalkylquetiapin mit möglicher Wirksamkeit). Weniger als 5 % der Muttersubstanz werden unverändert mit dem Urin oder den Faeces ausgeschieden. 5 N-Desalkylquetiapin wird primär über CYP3A4 gebildet und abgebaut. 5 Tmax = ca. 1,5 h (Retardtablette 6 h); t½ = ca. 7 h (N-Desalkylquetiapin ca. 12 h; bei älteren Patienten verlängert); orale Bioverfügbarkeit nur ca. 9 %.
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5 Bei Patienten > 65 J. ist die durchschnittliche Quetiapin-Clearance um 30‒50 % reduziert. Bei schweren Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min) und Leberinsuffizienz (Zirrhose) Reduktion der Clearance um etwa 25 %. 5 Steady State nach 1–2 Tagen; Die Flächen unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC) für schnell freisetzende und retardierte Form (Filmtbl., Retardtbl.) sind bei gleicher Dosis äquivalent, die maximale Plasmakonzentration im Steady State ist 13 % niedriger mit der retardierten Form. Einnahme der retardierten Form mit sehr fettreichen Mahlzeiten kann Maximalkonzentration und AUC deutlich erhöhen (20‒50 %). 5 Plasmakonzentration: 70–300 ng/ml(p). Unter Retardtabletten liegen die morgendlichen Plasmakonzentrationen 2-fach höher, wenn die letzte Dosis am Abend eingenommen wird. Deswegen müssen die gemessenen Spiegel halbiert werden. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schizophreniez (Seroquel® und Seroquel prolong®). Bei stabilen Patienten, die bereits auf Seroquel prolong® eingestellt sind, wirkt es präventiv gegen ein Rezidivz. 5 Mäßig schwere bis schwere manische Episoden im Rahmen bipolarer Störungenz (Seroquel® und Seroquel prolong®). 5 Schwere depressive Episoden im Rahmen bipolarer Störungenz (Seroquel® und Seroquel prolong®). 5 Zur Prävention von Rückfällen bei Patienten mit bipolaren Störungen, deren manische oder depressive Episode auf Quetiapin angesprochen hatz (Seroquel® und Seroquel prolong®). 5 Behandlung depressiver Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) als Zusatztherapie (entspricht der Augmentationstherapie) bei Patienten, die unzureichend auf die Monotherapie mit einem Antidepressivum angesprochen haben. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → GAS, → psychotischen Symptomen im Rahmen eines M. Parkinson (auch medikamenteninduziert) (7 3.4.13) und einer Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ (DLK) in niedriger Dosierung (25–150 mg/d), → therapieresistenten Zwangsstörungen in Kombination mit Antidepressiva, → Aggressivität und Impulskontrollstörungen im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen, → Angststörungen im Rahmen von Borderline-Persönlichkeitsstörungen (in der Regel niedrige Dosierung),→ Rapid Cycling (wahrscheinlich nur depressive Episoden (7 2.4.2). 5 Erste Hinweise bei → schwerer Panikstörung. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6.
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Dosierung Seroquel®: 5 Schizophrenie: Mit 50 mg/d beginnen, in den ersten 4 Tagen Steige-
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Kapitel 3 · Antipsychotika
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rung auf 300 mg/d. Erhaltungsdosis (auf 2 Einnahmezeitpunkte verteilt) 300–450 mg (750 mg/dz). Auch eine schnellere Aufdosierung in 4 × 200 mg-Schritten in 4 Tagen wird in der Regel gut vertragen. Manische Episode: Einnahme 2 × täglich, Beginn mit 100 mg, Steigerung um 100 mg/d in den ersten 4 Tagen (dann ggf. Steigerung um max. 200 mg/d bis 800 mgz). Die übliche wirksame Tagesdosis liegt zwischen 400 mg und 800 mg. Depressive Episode: Einnahme 1 × täglich vor dem Schlafengehen; Beginn mit 50 mg/d, dann 100 mg/d (2. Tag), 200 mg/d (3. Tag) und 300 mg/d (4. Tag). Die empfohlene Tagesdosis ist 300 mg, einzelne Patienten können von Erhöhungen auf bis zu 600 mg/d profitieren (in Studien keine generelle Überlegenheit gegenüber 300 mg/d). Möglicherweise sind auch 200 mg/d ausreichend. Zur Prävention von Rezidiven bei bipolaren Störungen sollten Patienten, die auf Quetiapin zur akuten Behandlung der bipolaren Störung angesprochen haben, die Behandlung mit gleicher Dosis fortsetzen. Die Dosis kann je nach individuellem Ansprechen des Patienten und der Verträglichkeit bei 2 × täglicher Gabe zwischen 300 mg und 800 mg Quetiapin täglich liegen. Bei Depression und GAS sind wahrscheinlich 300 mg die Zieldosis. Bei älteren Patienten mit 12,5 mg beginnen, max. 100‒150 mg/d.
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Seroquel prolong®:
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5 Retardtabletten (prolong): 1 × täglich, mindestens 1 h vor einer Mahlzeit. Die Retardtabletten sollen im Ganzen geschluckt und nicht geteilt, zerkaut oder zerkleinert werden. 5 Schizophrenie und manische Episoden bei bipolaren Störungen: 1 × 300 mg/d am 1. Tag, 600 mg am 2. Tag 1 h vor einer Mahlzeit. Die empfohlene Tagesdosis beträgt 600 mg; in begründeten Fällen kann die Dosis auf 800 mg/Tagz erhöht werden. 5 Depressive Episoden bei bipolaren Störungen: Einnahme vor dem Schlafengehen; 1. Tag 50 mg, 2. Tag 100 mg, 3. Tag 200 mg, 4. Tag 300 mg. Empfohlene Tagesdosis 300 mg/d. Einzelne Patienten können von einer Dosiserhöhung bis auf 600 mg/d profitieren, ein allgemeiner Nutzen > 300 mg ist nicht belegt. Möglicherweise sind 200 mg als Erhaltungsdosis ausreichend. 5 Rezidivprophylaxe bei bei bipolaren Störungen: Zur Prävention von Rezidiven von manischen, gemischten oder depressiven Episoden bei bipolaren Störungen, sollten Patienten, die auf retardiertes Quetiapin zur akuten Behandlung der bipolaren Störung angesprochen haben, die Behandlung mit gleicher Dosis, verabreicht vor dem Schlafenge-
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hen, fortsetzen. Empfohlene Dosis nach individuellem Ansprechen zwischen 300 mg und 800 mg/d. Umstellung der Tagesdosis von schnell freisetzenden Quetiapin- auf Retard-Tabletten im Verhältnis 1:1 (dosisäquivalent), eine individuelle Dosisanpassung kann erforderlich sein. Ältere Patienten: Vorsicht insbesondere bei Behandlungsbeginn; Plasma-Clearance etwa 30‒50 % niedriger als bei jüngeren Patienten. Ggf. Plasmaspiegelbestimmungen; bei Patienten > 60 J. Beginn mit 12,5‒50 mg empfohlen, Steigerung max. in 50-mg-Schritten (start low, go slow); Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wurden bei Patienten > 65 J. mit depressiven Episoden im Rahmen von bipolaren Störungen nicht untersucht. Bei eingeschränkter Nierenfunktion: Dosisanpassung nicht erforderlich. Bei eingeschränkter Leberfunktion: Anfangsdosis 50 mg, Steigerung in 50-mg-Schritten bis zum Erreichen einer wirksamen Dosis.
Nebenwirkungen Sehr häufig: Schwindel, Kopfschmerzen, Somnolenz, Entzugssymptome,
Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, Erhöhung der Triglyzeride und LDLCholesterin, Abnahme des HDL-Cholesterins. Häufig: Asthenie, Gereiztheit, anormale Träume und Albträume, orthostatische Hypotonie, Tachykardie, Synkopen, EPS, Leukopenie, Verringerung der neutrophilen Granulozyten, Erhöhung der Serumtransaminasen (ALT, AST), Hyperprolaktinämie, Blutzuckerspiegelanstieg, gesteigerter Appetit, Obstipation, Dyspepsie, verschwommenes Sehen, Rhinitis, Ödeme. Gelegentlich: Krampfanfälle, RLS, Dysarthrie, Spätdyskinesien, QTc-Verlängerung, Dysphagie, Eosinophilie, Thrombozytopenie, γ-GT-Erhöhung, Hypersensibilität. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen malignes neuroleptisches Syndrom, Stevens-Johnson-Syndrom, Diabetes, Hepatitis, Ikterus, Angioödeme, anaphylaktische Reaktionen, CK-Erhöhung, Galaktorrhö, Priapismus. Die Behandlung mit Quetiapin war von einer geringen dosisabhängigen Senkung der Schilddrüsenhormonspiegel, insbesondere des Gesamt-T4 und des freien T4, begleitet. Die Verringerung des Gesamt- und freien T4 erreichte in den ersten 2‒4 Wochen der Behandlung ihr Maximum, ohne dass es während der Langzeitbehandlung zu einer weiteren Abnahme kam. In fast allen Fällen waren die Veränderungen des Gesamt- und freien T4 nach Beendigung der Behandlung unabhängig von der Behandlungsdauer reversibel. Eine geringfügige Abnahme des Gesamt-T3 wurde nur bei höheren Dosen beobachtet. TBG-Spiegel waren unverändert, und ein reziproker Anstieg des Thyreotropins TSH wurde generell nicht beobachtet. Dabei gibt es keine Hinweise darauf, dass Quetiapin eine klinisch relevante Hypothyreose hervorruft.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; Cave bei der Behandlung von Patienten mit bekannten kardiovaskulären oder zerebrovaskulären Erkrankungen oder anderen Störungen, die für Hypotonie anfällig machen, ebenso bei der Behandlung von Patienten mit Krampfanfällen in der Vorgeschichte. 5 Risiko unter Antipsychotika bei Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Vorsicht bei der Kombination mit anderen zentral wirksamen Substanzen und mit Alkohol. 5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle 5 Keine Kombination mit CYP3A4-Inhibitoren (z. B. Clarithromycin, Erythromycin, Ritonavir) 5- bis 8-facher Anstieg der Plasmakonzentrationen von Quetiapin (7 Anhang INT). 5 Senkung des Plasmaspiegels und möglicher Wirkverlust von Quetiapin, das bevorzugtes Substrat von CYP3A4 ist, bei gleichzeitiger Gabe CYP3A4-Induktoren (z. B. Carbamazepin, Phenytoin oder JohanniskrautPräparate) (7 Anhang INT). 5 Gleichzeitige Einnahme mit Grapefruitsaft wird nicht empfohlen. Bewertung AAP mit anfänglich sedierender Wirkung. Einziges AAP mit Zulassung für mäßig schwere bis schwere manische Episoden und schwere depressive Episoden bei bipolarer Störung; auch zu deren Rezidivprophylaxe zugelassen. In den WFSBP-Guidelines zur Behandlung der akuten Manie zweitrangig empfohlen. Geringes Risiko für EPS und Prolaktinanstieg, aber Risiko für metabolisches Syndrom. Auf Interaktionen ist zu achten. Dosisoptimum unterschiedlich für schizophrene und bipolare bzw. affektive Störungen, aber abschließend noch nicht geklärt. Risperidon Benzioxazol(piperidin) 3-{2-[4-(6-Fluor-1,2-benzisoxazol-3-yl)piperidino]ethyl}-2-methyl-6,7,8,9-tetrahydro-4H-pyrido[1,2-a]pyrimidin-4-on Risocon (mibe) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6 mg Risperdal (Janssen-Cilag) Tbl. 0,5 mg (20, 50 Tbl.)/ 1/ 2/ 3/ 4 mg (20, 50, 100 Tbl.) Schmelztbl. 1/ 2/ 3/ 4 mg (28, 56 Tbl.) (Risperdal Quicklet) Lsg. 1 mg = 1 ml (30/ 100 ml) (Risperdal Lösung)
Risperidon (1A Pharma) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6 mg Schmelztbl. 0,5/ 1/ 2 mg Lsg. 1 mg = 1 ml Risperidon AbZ (AbZ-Pharma) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4 mg Risperidon AL (Aliud) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6/ 8 mg Lsg. 1 mg = 1 ml RisperidonLösung Aliud
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Risperidon axcount (axcount) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4 mg Risperidon beta (betapharm) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6/ 8 mg Schmelztbl. 1/ 2 mg Risperidon-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6 mg Schmelztbl. 0,5/ 1/ 2 mg Risperidon Hennig (Hennig) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6 mg Risperidon HEXAL (HEXAL) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6 mg Schmelztbl. 0,5/ 1/ 2 mg Lsg. 1 mg = 1 ml Risperidon-Hormosan (Hormoson Pharma) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4 mg Risperidon neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6/ 8 mg Lsg. 1 mg = 1 ml Risperidon-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6 mg Schmelztbl. 0,5/ 1/ 2 mg
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Risperidon Sandoz (Sandoz) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6 mg Schmelztbl. 0,5/ 1/ 2 mg Lsg. 1 mg = 1 ml Risperidon STADA (STADApharm) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6/ 8 mg Lsg. 1 mg = 1 ml Risperidon TAD (TAD Pharma GmbH) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4 mg Schmelztbl. 0,5/ 1/ 2 mg Risperidon Valeant (Meda Pharma) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4 mg Risperidon Winthrop (Winthrop Arzneimittel) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4 mg Lsg. 1 mg = 1 ml Risperigamma (Wörwag) Tbl. 0,5/ 1/ 2/ 3/ 4/ 6/ 8 mg Depotpräparat (nur i.m.) Risperidon Risperdal Consta (Janssen-Cilag) Amp. 25/ 37,5/ 50 mg/2 ml (1 Applikationsset)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von 5-HT2A(C)-, 5-HT7-, D2- und α1-Rezeptoren; in geringerem Maße auch H1- und α2-Rezeptoren; keine anticholinergen Wirkungen. Pharmakokinetik 5 Orale Medikation: Tmax = 1–2 h (von 9-Hydroxy-Risperidon 3 h); t½ = ca. 3 h (von 9-Hydroxy-Risperidon 24 h); orale Bioverfügbarkeit 66–80 %. 5 Depotpräparat (Risperdal Consta®): Aus der Trockensubstanz wird vor der Injektion eine wässrige Suspension hergestellt, die zur Einhaltung der vorgesehenen Dosierung vollständig injiziert werden sollte. Aufgrund der besonderen Kinetik lässt sich für Risperdal Consta® t½ im üblichen Sinne nicht angeben. Wirksame Plasmakonzentrationen werden ab 3 Wochen nach der 1. Injektion erreicht (daher orale Medikation in mindestens diesem Zeitraum erforderlich), Spitzenplasmakonzentrationen werden nach etwa 5 Wochen gemessen. Ein Steady State ist nach der 4. Injektion (ab der 6. Woche) erreicht. Die Elimination endet etwa 7–8 Wochen nach der letzten Injektion. 5 Metabolisierung unter Beteiligung von CYP2D6 und CYP3A4. Bildung des aktiven Metaboliten 9-Hydroxy-Risperidon (= Paliperidon) durch CYP2D6. Aus den Verhältnissen der Konzentrationen von
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Risperidon und 9-Hydroxy-Risperidon im Plasma lässt sich auf den CYP2D6-Genotyp schließen. 5 Risperidon und sein aktiver Metabolit sind Substrate des ArzneimittelEffluxtransporters P-Glykoprotein (P-gp), dadurch wird unter Verbrauch von ATP im Darmepithel und in der Blut-Hirn-Schranke die Verfügbarkeit im Blut und im Gehirn begrenzt. 5 Nach wiederholter i.m.-Injektion von 25 mg oder 50 mg Risperdal Consta® alle 2 Wochen schwankte die mediane Plasmakonzentration des aktiven Anteils zwischen durchschnittlich 9,9–19,2 ng/dl bzw. max. 17,9–45,5 ng/ml. 5 Plasmakonzentration (einschließlich Metabolit 9-Hydroxy-Risperidon): 20–60 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Chronische schizophrene Psychosen einschließlich Exazerbationenz; auch für die Erhaltungstherapie zur Rezidivprophylaxe von stabil eingestellten Patientenz. 5 Akutbehandlung mäßig schwerer bis schwerer manischer Episoden bei bipolaren Störungenz. 5 Anhaltende Aggression bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Alzheimer-Demenz, die auf nichtpharmakologische Methoden nicht ansprechen und wenn ein Risiko für Eigen- und Fremdgefährdung besteht (Kurzzeitbehandlung bis zu 6 Wochen)z. ! Risperidon das einzige derzeit zugelassene AAP für Patienten mit Demenz
und ausgeprägten psychotischen oder Verhaltensstörungen (s. auch 7 3.10.4 und 7 6.4.7).
5 Anhaltende Aggression bei Verhaltensstörung bei Kindern im Alter ab 5 J. und Jugendlichen mit unterdurchschnittlicher intellektueller Funktion oder mentaler Retardierung, die gemäß der DSM-IV-Kriterien diagnostiziert wurden, bei denen der Schweregrad der aggressiven oder anderen störenden Verhaltensweisen eine pharmakologische Behandlung erfordert (symptomatische Kurzzeitbehandlung bis zu 6 Wochen; zusammen mit psychosozialen und erzieherischen Maßnahmen)z. 5 Hinweise für die Wirksamkeit bei → therapieresistenter Depression im Rahmen einer Augmentationsstrategie (7 1.12.4), → drogeninduzierten Psychosen, → Patienten mit der Doppeldiagnose Schizophrenie und Substanzabhängigkeit, → autistischen Störungen, → Tic-Störungen, → PTBS, → psychosenahen Symptomen im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen (niedrige Dosierung) und in der Prodromalphase von Schizophrenien, → therapieresistenten Zwangsstörungen. 5 Erste Hinweise für die Wirksamkeit bei → Phasenprophylaxe bipolarer Störungen, → depressiven Störungen im Rahmen uni- und bipolarer affektiver Störungen und schizoaffektiver Störungen.
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5 Depotpräparat: Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe bei schizophrenen Psychosen, die mit oralen Antipsychotika stabilisiert sindz. Bei Patienten, die in der Vergangenheit noch nie mit Risperidon behandelt wurden, sollte vor Behandlungsbeginn mit Risperdal Consta® die Verträglichkeit der Substanz durch Gabe von jeweils 1 mg Risperidon oral an 2 aufeinanderfolgenden Tagen überprüft werden. 5 Atypisches Depotpräparat (wässrige Suspension mit guter lokaler und systemischer Verträglichkeit). 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Einnahme unabhängig von Nahrungsaufnahme, Nahrungsmittel beeinflussen die Resorption nicht (außer Lösung: inkompatibel zu grünem oder schwarzem Tee). Umstellung von anderen Antipsychotika: wenn möglich, wird ausschleichendes Absetzen der vorherigen Behandlung empfohlen, während Risperidon begonnen wird. 5 Schizophrenie: Einnahme 1–2 × täglich möglich, Beginn möglichst mit 2 mg, am 2. Tag Dosiserhöhung auf 4 mg. Nur im Bedarfsfall bis auf 6 mg erhöhen, die meisten Patienten profitieren von Dosierungen von 4–6 mg. Bei einigen Patienten kann langsameres Aufdosieren (Start mit 1 mg, Steigerung um 1 mg/d). Dosen über 10 mg/d nur im Einzelfall sinnvoll, deutlich erhöhtes EPS-Risiko. Maximaldosis 16 mg/dz. 5 Manie im Rahmen bipolarer Störungen: Einnahme möglichst 1 × täglich, beginnend mit 2 mg; erforderliche Dosisanpassungen sind in Intervallen von nicht weniger als 24 h und 1–6 mg/d empfohlen (eine höhere Dosis wurde bei Manie nicht untersucht). 5 Ältere Patienten (Schizophrenie und bipolare Störung): Anfangsdosis 0,25–0,5 mg 2 × täglich; individuell Dosiserhöhung in Schritten von 0,25–0,5 mg. Zieldosis 1 mg/d, in Einzelfällen auf max. 4 mg/d erhöhen. Kontinuierliche Neubewertung von Indikation und Dosis. 5 Mäßige bis schwere Alzheimer-Demenz: Zur Behandlung anhaltender Aggression Beginn mit 2 × 0,25 mg/d und Steigerung, wenn im Einzelfall erforderlich, um 2 × 25 mg jeden 2. Tag. Die optimale Dosis beträgt für die Mehrzahl der Patienten 0,5 mg 2 × täglich. Einige Patienten können jedoch von Dosierungen von bis zu 1 mg 2 × täglich profitieren. Bei anhaltender Aggression im Rahmen einer Alzheimer-Demenz wird die Anwendung nicht länger als 6 Wochen empfohlen. Kontinuierliche Neubewertung von Indikation und Dosis. 5 Einschränkung der Leber- und Nierenfunktion: Anwendung nur mit Vorsicht 7 Kap. 14. 5 Depotpräparat: Empfohlene Dosis alle 2 Wochen 25 mg tief intragluteal oder deltoidal mit Spezialnadel (abwechselnd in beide Seiten); manche Patienten benötigen 37,5 mg oder 50 mg alle 2 Wochen (max. 50 mgz). Eine Injektion in den Oberarm (deltoide Injektion) ist verfügbar und zeigt gute Patientenakzeptanz. In folgenden Fällen höhere Initialdosis
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Kapitel 3 · Antipsychotika
erwägen: anamnestisch hohes Rezidivrisiko, persistierende Positivsymptome, bei Umstellung von hoher oraler Dosis. 5 Nach der ersten Depotinjektion muss aufgrund der Pharmakokinetik für die Dauer von mindestens 3 Wochen noch eine orale Weiterbehandlung mit Risperidon erfolgen. Ab Beginn der 4. Woche Ausschleichen der oralen Vormedikation über mindestens eine Woche. Die Geschwindigkeit sollte sich nach den Eigenschaften der Vormedikation (u. a. sedierende und/oder anticholinerge Wirkungen) und dem klinischen Bild richten. Insbesondere bei Vorbehandlung mit Clozapin wird ein dosisabhängiges Ausschleichen über mehrere Wochen empfohlen. Unabhängig von der Vormedikation sollte eine Ausschleichphase von mindestens 2 Wochen bei persistierender Positivsymptomatik und bekanntem hohem Rezidivrisiko gewählt werden. 5 Eine Dosiserhöhung sollte nicht öfter als alle 4 Wochen erfolgen. Bei älteren Patienten beträgt die empfohlene Dosis 25 mg i.m. alle 2 Wochen. Nebenwirkungen Sehr häufig: Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, EPS. Häufig: Schwindel, Asthenie, Somnolenz, Sedierung, Lethargie, Agitation, Tremor, Dyskinesien, Dystonien, Arthralgien, Prolaktinerhöhung, verstärkter oder verminderter Appetit, gastrointestinale Störungen, Dyspepsie, Gewichtszunahme, trockener Mund, Tachykardie, Fieber, Pneumonie, Bronchitis, Infektionen der oberen Atemwege, Dyspnoe, Husten, verstopfte Nase, Verschwommensehen, pharyngolaryngealer Schmerz, Brustschmerz, Rückenschmerzen, Gliederschmerzen, Erythem, Ödeme, Akathisie, Harnwegsinfektionen, Enuresis. Gelegentlich: Schwindel, Bewusstseinsverlust, Verminderung des Bewusstseinsgrades, Störung der Aufmerksamkeit, Hypersomnie, Dysphonie, Sprachstörungen, Koordinationsstörungen, zerebrovaskuläre Ereignisse, transitorische ischämische Attacken, QTc-Verlängerung, EKG-Veränderungen, AV-Block, Schenkelblock, Vorhofflimmern, Sinusbradykardie, Palpitationen, Synkopen, Dysarthrie, tardive Dyskinesien, Leukopenie, Eosinophilie, Thrombozytopenie, Anämie, erhöhte Serumglukose, Transaminasenerhöhung, erniedrigtes Hämoglobin, CK-Erhöhung, Temperaturerhöhung, Konjunktivitis, okuläre Hyperämie, Augenausfluss, geschwollenes oder trockenes Auge, verstärkte Tränensekretion, Photophobie, Sinusitis, Ohrenschmerzen, Tinnitus, Keuchen, Atemwegsbeschwerden, Dysphagie, Anorexie, Stuhlinkontinenz, Polydipsie, Dysurie, Harninkontinenz, Pollakisurie, Angioödem, Hypästhesie, Hautläsionen, Hauterkrankungen, Alopezie, Muskelschwäche, Myalgie, Nackenschmerzen, Anschwellen der Gelenke, Gliedersteifigkeit, muskuloskelettaler Brustschmerz, Infektionen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen malignes neuroleptisches Syndrom, Körpertemperaturerniedrigung, Granulozytopenie und Agranulozytose, diabetische Ketoazidose, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Visusminderung, Glaukom, Schlafapnoe-Syndrom, Hyperventilation,
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intestinale Obstruktion, Pankreatitis, Lippenschwellung, Rhabdomyolyse, SIADH, Wasserintoxikation, Priapismus. Bei älteren Patienten ambulant erworbene Pneumonie (7 3.6.4). Zusätzliche NW bei Risperdal Consta® (nicht oral): Vertigo, Sturzneigung, Depression, Bradykardie, Hypertonie, Blepharospasmen, Gastroenteritis, Gewichtsabnahme, γ-GT-Erhöhung, Leberenzymeerhöhung, Neutropenie, Parästhesie, Zahnschmerzen, Zungenspasmus, Ekzem, Infektionen der unteren Atemwege, subkutane Abszesse, Schmerzen, Gesäßschmerzen. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Niereninsuffizenz (ggf. Dosisanpassung); M. Parkinson, Epilepsie; prolaktinahängige Tumoren: kardiale Vorschädigung; Cave bei Patienten mit Blutbildveränderungen. Bei zerebrovaskulären Erkrankungen sind Nutzen und Risiken individuell sorgfältig abzuwägen; Risiko unter Antipsychotika bei Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Keine Kombinationen mit Furosemid. 5 Vorsicht bei der Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, u. a. auch anderen Antipsychotika, Dopaminagonisten. 5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. 5 Wirkungsverstärkung von Antihypertensiva (insbesondere α1-Rezeptorenblocker) möglich. 5 Einzelfallberichte über Wechselwirkungen mit Phenothiazinen, SSRI (v. a. Fluoxetin, ▶ dort) und Paroxetin), Cimetidin, Ranitidin, bestimmten TZA und verschiedenen β-Rezeptorenblockern mit Risiko des vermehrten Auftretens von motorischen NW. 5 Kombination mit Carbamazepin oder Johanniskraut-Präparaten nur unter Kontrolle der Plasmakonzentrationen. Es ist mit einer verminderten Bioverfügbarkeit von Risperidon zu rechnen, wahrscheinlich durch Induktion von P-Glykoprotein. ! Bei Behandlung älterer Patienten mit Demenz wurde für die Kombination
von Risperidon und Furosemid in 2 von 4 Studien gegenüber Patienten, die nur Risperidon oder nur Furosemid erhielten, eine erhöhte Mortalität gefunden. Daher ist die Kombination derzeit kritisch zu sehen, für andere Diuretika als Begleitmedikation zeigte sich keine erhöhte Mortalitätsinzidenz.
Bewertung Risperidon gehört zu den Standard-AAP. Bei Dosierungen von 4–6 mg/d selten EPS, häufig Prolaktinerhöhung. Wirksamkeit auch in der Langzeitbehandlung und Rezidivprophylaxe schizophrener und manischer Störungen mit breiter Erfahrung, verfügbar auch als atypisches Depotpräparat. Bei schweren aggressiven Verhaltensstörungen bei Patienten mit AlzheimerDemenz zugelassen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
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Sertindol
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Serdolect (Lundbeck) Filmtbl. 4 mg (30, 50, 100 Tbl.); 12 mg (50, Tbl.); 16/ 20 mg (50, 100 Tbl.)
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Phenylindol(piperidin)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von 5-HT2A(C)-, 5-HT6-, 5-HT7-, D2- und α1-Rezeptoren, mittelstarke Affinität zu D1- und D4-Rezeptoren; keine Blockade von H1-Rezeptoren; keine nachweisbaren anticholinergen Wirkungen. Pharmakokinetik 5 Orale Medikation: Tmax = 10h; t½ = 55‒90 h erheblich verlängert bei Poor-metabolizer-Status von CYP2D6; orale Bioverfügbarkeit etwa 74 %. 5 Abbau über CYP2D6 und CYP3A4. Metaboliten Dehydrosertindol und Norsertindol, die beim Menschen keine nennenswerten pharmakologischen Wirkungen haben. 5 Erheblich reduzierte Clearance bei Leberinsuffizienz anzunehmen, im Alter und bei Niereninsuffizienz keine wesentlichen Änderungen der Clearance. 5 Plasmakonzentration: 50–250 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schizophrene Psychosen; aufgrund kardiovaskulärer Sicherheitsbedenken nur bei Patienten mit Unverträglichkeit mindestens eines anderen Antipsychotikumsz. 5 Erste Hinweise für überlegene Wirksamkeit gegen → Negativsymptome bei höheren Dosierungen und für positive Wirkungen auf → kognitive Defizite im Vergleich zu Haloperidol. 5 1998 vom Markt genommen wegen kardialer Todesfälle und ungünstiger Nutzen-Risiko-Abwägung. Bei systematischer Nachuntersuchung ergab sich ein erhöhtes Risiko für QTc-Verlängerungen, nicht jedoch für das Auftreten von gefährlichen Herzrhythmusstörungen (z. B. Torsades de pointes) und dadurch bedingten Todesfällen, sodass eine Wiedereinführung 2006 ermöglicht wurde.
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Auflagen für Sertindol als Medikation der 2. Wahl (second line)
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5 Nur bei Patienten, die mindestens ein anderes AAP nicht vertragen haben 5 Nicht in Notfallsituationen zur raschen Symptomreduktion
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5 Kontraindiziert bei Patienten mit kardialer Vorschädigung, unbehandelter Hypokaliämie, unbehandelter Hypomagnesiämie, Bradykardie und angeborenem Long-QT-Syndrom oder Long-QT-Syndrom in der Familienanamnese sowie bei erworbener QTc-Verlängerung 5 Eine EKG-Überwachung ist vor und während der Behandlung erforderlich (s. auch . Tab. 3.6). − vor Therapiebeginn, nach etwa 3 Wochen oder bei 16 mg/d, nach 3 Monaten − in der Erhaltungstherapie alle 3 Monate sowie vor und nach jeder Dosiserhöhung − bei Verabreichung und Dosiserhöhung von Begleitmedikation, die eine Erhöhung der Sertindol-Konzentration bewirken könnte − bei Auftreten von Palpitationen, Krämpfen oder Synkopen − Behandlungsabbruch in jedem Fall bei QTc > 500 ms 5 Regelmäßige RR-Kontrollen während der Titrationsphase und in der frühen Erhaltungsphase (Risiko für othostatische Symptome durch α1-Rezeptorblockade)
5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung 5 Einmalgabe, Beginn mit 4 mg/dz, schrittweise Erhöhung um 4 mg alle 4‒5 Tage, bis die optimale Erhaltungsdosis von 12‒20 mg/d erreicht ist. Maximaldosis 24 mg/d, nur in Ausnahmefällen. Bei Beginn mit 8 mg oder einer raschen Dosiserhöhung ist das Risiko für orthostatische Hypotonien deutlich erhöht. 5 Bei Behandlungsunterbrechungen von mehr als 7 Tagen ist erneut mit 4 mg/d zu beginnen (nach EKG-Ableitung). Nebenwirkungen Sehr häufig: Rhinitis, verstopfte Nase. Häufig: Schwindel, Gewichtszunahme, dosisabhängige QTc-Verlängerung,
orthostatische Hypotonie, Dyspnoe, Mundtrockenheit, periphere Ödeme, Parästhesie, Erythrozyturie, Leukozyturie, vermindertes Ejakulationsvolumen. Gelegentlich: Torsades de pointes, Synkopen, Krämpfe, Bewegungsstörungen (v. a. tardive Dyskinesien), Hyperglykämie. Sonstige Nebenwirkungen: Selten malignes neuroleptisches Syndrom. Dosisabhängige QTc-Verlängerung (im Durchschnitt um 5 %, bei > 1 % Erhöhungen > 500 ms, damit verbunden Arrhythmierisiko von 0,1‒0,2 %); bisher keine eindeutigen Arryhthmien, keine Häufung von Torsades de pointes, jedoch kardial bedingte Todesfälle im Zusammenhang mit der Einnahme von Sertindol (7 Box 15). Kaum oder geringe Prolaktinerhöhung . Tab. 3.5.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Kontraindikationen 5 Kardial: 7 Box 15; Begleitmedikationen, die eine signifikante QTc-Verlängerung hervorrufen und die CYP3A4 hemmen; schwere Leberinsuffizienz. 5 Relative Kontraindikationen: Leichte/mittelschwere Leberfunktionsstörung, Risiko erheblicher Elektrolytstörungen (Erbrechen, Durchfall, kaliumausscheidende Diuretika), bekannter Poor-metabolizer-Status (CYP2D6); M. Parkinson, Epilepsie; Alter > 65 J. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Strikter Ausschluss von Pharmaka, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können (z. B. Amiodaron, Astemizol, Chinidin, Cisaprid, Erythromycin, Dofetilid, Gatifloxacin, Lithiumsalze, Moxifloxacin, Sotalol, Terfenadin, Thioridazin). 5 Keine Kombination mit Ca-Antagonisten (z. B. Diltiazem, Verapamil). 5 Fluoxetin und Paroxetin und andere potente CYP2D6-Inhibitoren (7 Anhang INT) können die Plasmaspiegel von Sertindol um den Faktor 2–3 erhöhen (Cave: Kombination nur unter besonderer Vorsicht, u. a. niedrigere Erhaltungsdosis, EKG-Kontrolle). 5 Erhöhung der Sertindol-Plasmaspiegel auch durch CYP3A4-Inhibitoren wie Ketoconazol, Itraconazol (7 Anhang INT). Der CYP3A4-Inhibitor Erythromycin hatte keinen signifikanten Einfluss. Unter Kombination mit Induktoren, insbesondere von CYP3A4 (7 Anhang INT) wie Carbamazepin oder Phenytoin ist mit beschleunigter Elimination von Sertindol zu rechnen. Bewertung AAP mit geringer Sedierung und geringem EPS-Risiko, nach Wiederzulassung nicht als Medikament der 1. Wahl einsetzbar. Hohes Interaktionsrisiko, dosisabhängige potenzielle QTc-Verlängerung, daher regelmäßige Kontrollen von EKG und Kalium . Tab. 3.6. Bei möglicherweise höherem kardialem Risiko als bei anderen AAP und aufwendigen EKG-Kontrollen ist ein Vorteil gegenüber anderen AAP nicht zu erkennen. Sulpirid Benzamid Arminol (Krewel Meuselbach) Dogmatil (Sanofi-Synthelabo) Kps. 50 mg (20, 50, 100 Kps.) Tbl. 200 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Dogmatil forte) Saft 5 mg = 1 ml (200 ml Lsg.) Amp. 100 mg/2 ml (5 Amp.)
Meresa forte/Meresasul/Sulpirid real/ Vertigo-Meresa (Dolorgiet) Neogama/Sulpirid-Hormosan/Vertigoneogama (Hormosam) Sulpirid (1A Pharma) Sulpirid AL (Aliud) Sulpirid beta (betapharm)
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3.13 · Präparate
Sulpirid-CT (CT-Arzneimittel) Sulpirid HEXAL (HEXAL) Sulpirid-neuraxpharm (neuraxpharm) Sulpirid-ratiopharm (ratiopharm)
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Sulpirid Sandoz (Sandoz) Sulpirid STADA (STADApharm) Sulpivert (Hennig)
Dosierung Oral:
5 Einschleichend bis zur Erhaltungsdosis von 300–1000 mg/dz bei Patienten mit therapieresistenter Schizophrenie (max. 1600 mg/d)z. 5 Antidepressive Therapie mit 100–300 mg/dz. Parenteral (i.m.-Injektion): 5 200‒1000 mg/dz. 5 Plasmakonzentration 200–1000 ng/ml(p).
Bewertung Dosisabhängig eher niederpotentes Antipsychotikum mit deutlicher Prolaktinerhöhung, jedoch geringem EPS-Risiko (teilweise AAP-Eigenschaften). Primäre Indikation bei Schizophreniez seit Zulassung von Amisulprid fraglich. Trotz Zulassung für die Indikation eines depressiven Syndromsz ist aufgrund der Prolaktinerhöhung und weiterer relativer Kontraindikationen ein Einsatz von Sulpirid als primäres Antidepressivum nicht empfehlenswert. ! Es gibt keine Untersuchungen zur Beurteilung des Risikos einer langfris-
tigen Prolaktinerhöhung, die bei Dauertherapie unter Sulpirid auftreten kann. Das Risiko ist aber ähnlich wie bei Amisulprid einzuschätzen.
Thioridazin Trizyklisches Antipsychotikum Melleril (AWD Pharma) Drg. 25 mg (20, 50, 100 Drg.); 100 mg (20, 50 Drg.) Tbl. 30/ 200 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Melleril retard) Trpf. 30 mg = 30 Trpf. = 1 ml (25/ 50 ml)
Thioridazin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 25/ 50/ 100/ 200 mg
Dosierung 5 Einschleichend beginnen mit 3 × 25 mg bis ambulant 200 mgz (stationär 600 mg/dz); in den ersten 24 h nicht mehr als 500 mg (Plasmakonzentration 200–2000 ng/ml(p)). Es gibt eine retardierte Form. Bewertung Niederpotentes KAP mit starker anticholinerger Komponente. Wegen vorhandener risikoärmerer Alternativen ist ein Einsatz von Thioridazin (Indikation: chronische Formen schizophrener und anderer Psychosen, bei denen
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1 2
Kapitel 3 · Antipsychotika
psychomotorische Unruhe und Erregungszustände im Vordergrund stehenz) nicht empfehlenswert. > CAVE
Hohes kardiotoxisches Risiko, insbesondere bei Interaktionen (7 3.8), häufige EKG-Kontrollen nötig!
3 Ziprasidon
4
Benzisothiazylpiperazin 5-{2-[4-(1,2-Benzisothiazol-3-yl)-piperazin-1-yl]ethyl}-6-chlorindolin-2-on
5
Zeldox (Pfizer) Kps. Suspension
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20/ 40/ 60/ 80 mg (30, 100 Kps.) 10 mg/1 ml (60-ml-Flasche mit Applikationsspritze für Zubereitungen) Trockensubstanz für Inj.-Lsg. 20 mg/ml (1 Amp.) (nur i.m.)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren, mittelstarke Affinität zu D2-, D3- und H1-Rezeptoren, geringe Affinität zu D1- und α1-Rezeptoren; keine Affinität zu mACh-Rezeptoren. 5 5-HT- und NA-Wiederaufnahmehemmung. 5 Agonismus an 5-HT1A-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Oral: Tmax = 6–8 h; t½ = ca. 6 h; orale Bioverfügbarkeit nur ca. 60 % bei Einnahme mit den Mahlzeiten. 5 Fast vollständige hepatische Metabolisierung ‒ 2/3 über die Aldehydoxidase, 1/3 über CYP3A4. Ausscheidung zu 20 % mit dem Urin, 66 % mit den Faeces. 5 Plasmakonzentration: 50–130 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise Oral:
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5 Schizophreniez. 5 Manische oder gemischte Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad bei bipolaren Störungen (auch bei Kinder-und Jugendlichen von 10‒17 Jahren)z. Parenteral:
5 Schnelle Beherrschung von Erregungszuständen bei Patienten mit Schizophrenie für die Dauer von bis zu 3 aufeinanderfolgenden Tagen, wenn eine orale Behandlung nicht angezeigt istz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → schizoaffektiven Störungen. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → Tic-Störungen, → autistischen Störungen, → Verhaltensstörungen bei Demenz und Oligophrenie, → psy-
3.13 · Präparate
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3
chotischen Symptomen bei M. Parkinson (7 3.4.13), → schweren Depressionen mit psychotischen Merkmalen. 5 Minimale Gewichtszunahme und relativ geringes Risiko für metabolische Veränderungen (. Tab. 3.4) und Prolaktinerhöhungen (im Vergleich zu anderen AAP, außer Aripiprazol). 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung Oral:
5 Akutbehandlung bei Schizophrenien und bipolaren Störungen mit 2 × 40 mg/d beginnen, dann je nach klinischem Ansprechen bis 2 × 80 mg/dz; Steigerung auf maximale Dosis innerhalb von 3 Tagen möglich, nicht über 160 mg/d. Die Einnahme sollte mit einer Mahlzeit (Essen/Trinken) von mindestens 500 kcal erfolgen (die Bioverfügbarkeit sinkt deutlich, wenn die Einnahme außerhalb der Mahlzeiten oder mit geringerer Menge erfolgt). 5 Erhaltungsdosis zur Langzeitbehandlung von schizophrenen Patienten so niedrig wie möglich halten, nicht selten können 2 × 20 mg ausreichen. 5 Niedrigere Dosen v. a. bei älteren Patienten, bei Patienten mit M. Parkinson und bei eingeschränkter Leberfunktion, wenn klinische Faktoren dafür sprechen. Keine altersabhängigen Auffälligkeiten der Pharmakokinetik; keine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz notwendig. Parenteral (i.m.-Injektion):
5 Einzeldosis 10 mg i.m., alle 2 h bis max. 40 mg/d; Umsetzen auf orale Medikation innerhalb von 3 Tagenz. Nebenwirkungen
Häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Unruhe, Somnolenz, Sedierung, Asthe-
nie, gastrointestinale Beschwerden, Dyspepsie, Mundtrockenheit, Speichelfluss, EPS, muskuloskelettale Rigidität, verschwommenes Sehen. Brennen/Schmerzen an der Injektionsstelle (parenteral). Gelegentlich: Schwindel, Aufmerksamkeitsstörungen, Hypersomnie, Agitiertheit, Angst, Engegefühl im Hals, Albträume, gesteigerter Appetit, Dysphagie, Zungenschwellung, Spätdyskinesien, Dysarthrie, Gelenksteifigkeit, Palpitationen, Tachykardie, hypertensive Krise, Hypotonie, orthostatische Dysregulation, Dyspnoe, Tinnitus, Photophobie, Halsschmerzen, Parästhesie, Urtikaria, Akne, Schmerzen in den Extremitäten, Leberenzymerhöhung. Cave: Krampfanfälle. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Paresen, Bradyphrenie, Schlafstörungen, malignes neuroleptisches Syndrom, Depression, zentrales Serotoninsyndrom, Hitzegefühl, Eosinophilie, Hypokalzämie, LDHAnstieg, Gesichtsschwellung, Rhinitis, Sehstörungen, Psoriasis, Alopezie, Harninkontinenz, sexuelle Störungen, Priapismus, Galaktorrhö, Gynäkomastie.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Ziprasidon verursacht dosisabhängig eine leichte bis mäßige Verlängerung des QTc-Intervalls (in klinischen Studien Anstieg von 30–60 ms bei 12,3 %, von > 60 ms bei 1,6 %, > 500 ms bei 0,1 % der Patienten); Grenzwerte 7 3.3.6, bei Vorliegen oder auftreten kardialer Symptome ist eine kardiologische Abklärung notwendig. Auch Torsades de pointes und Synkopen möglich. In Langzeitstudien zur Erhaltungstherapie bei schizophrenen Patienten wurden gelegentlich erhöhte Prolaktinspiegel gefunden, entsprechende NW waren selten. Kontraindikationen 5 Bekannte potenzielle QTc-Verlängerung (7 3.6.3), Herzrhythmusstörungen, die mit Klasse-IA- oder -III-Antiarrhythmika behandelt werden. 5 Relative Kontraindikationen: Ausgeprägte Bradykardie, Krampfanfälle in der Vorgeschichte, schwere Leberinsuffizienz, Elektrolytstörungen sind vor Behandlungsbeginn zu korrigieren. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. 5 Parenteral: Kardiovaskuläre Erkrankungen; Cave: Schwindelgefühl, Tachykardie, Hypertonie, orthostatische Dysregulation. Cave: bei gleichzeitiger Gabe von parentalen BZD kann es zu exzessiver Sedierung, kardiorespiratorischer Depression und Blutdruckabfall kommen. Interaktionen 5 Keine Kombination von Ziprasidon i.m. mit anderen zentral wirksamen Präparaten. 5 Keine Kombination mit die QTc-Zeit verlängernden Medikamenten, z. B. Amantadin, Cisaprid, Mefloquin, Moxifloxazin, Pimozid, Sertindol, Sparfloxazin oder Thioridazin. 5 Vorsicht in Kombination mit Lithiumsalzen, serotonergen Pharmaka, auch SSRI (Einzelfälle eines zentralen Serotoninsyndroms bekannt). 5 Bei Kombination mit Carbamazepin Abfall der Plasmakonzentrationen von Ziprasidon um ca. 30 %. Bewertung Nichttrizyklisches AAP. Im Vergleich zu anderen AAP fast keine Gewichtszunahme, geringes EPS-Risiko. Als kurz wirksames i.m.-Präparat verfügbar. Ziprasidon kann das QTc-Intervall dosisabhängig verlängern. Zuclopenthixol Trizyklisches Antipsychotikum (Z)-2-[4-[3-(2-Chlorthioxanthen-9-yliden)-propyl]-piperazin-1-yl]ethanol Ciatyl-Z (Bayer Vital) Tbl. 2/ 10/ 25 mg (50, 100 Tbl.) Trpf. 20 mg = 20 Trpf. = 1 ml (30 ml) Depotpräparate (nur i.m.) Zuclopenthixoldecanoat
Ciatyl-Z Depot (Bayer Vital) Amp. 200 mg = 1 ml (1,5 Amp.) Zuclopenthixolacetat Ciatyl-Z Acuphase (Bayer Vital) Amp. 50 mg = 1 ml (1 Amp.)
3.13 · Präparate
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3
Pharmakodynamik 5 Hohe Affinität zu D2-, 5-HT2A-, H1- und α1-Rezeptoren; mittelstarke Affinität zu D1-Rezeptoren; geringe Affinität zu mACh- und α2-Rezeptoren. 5 Zuclopenthixol besteht zu 100 % aus dem cis-Isomer von Clopenthixol (Belastung durch unwirksame Substanz entfällt). 5 Zuclopenthixol soll weniger sedierend als Clopenthixol sein. 5 Plasmakonzentration: 4–50 ng/ml(p). Pharmakokinetik 5 Tmax = 3–4 h,; t½ (orale Gabe) 15–25 h; Bioverfügbarkeit: ca. 45 %. 5 Metabolisierung über CYP2D6. 5 Decanoat: Tmax = 4–7 d; Freisetzungs-HWZ = 19 d. 5 Acetat: Tmax = 36 h, Freisetzungs-HWZ = 36 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische Schizophreniez. 5 Maniez. 5 Erregungszustände bei geistiger Behinderungz (besondere Indikation). 5 Unruhe- und Verwirrtheitszustände bei seniler Demenz(z). 5 Acetat (i.m.-Injektion): Initialbehandlung von akuten Psychosen, Manien und Exazerbationen chronischer Psychosenz. 5 Decanoat (i.m.-Injektion): Langzeitbehandlung chronischer Schizophrenien, bei denen eine adäquate orale Therapie mit Antipsychotika nicht möglich istz. 5 Problematik der Langzeitbehandlung mit KAP 7 3.11. 5 Routineuntersuchungen . Tab. 3.6. Dosierung Oral:
5 Einschleichend bis zur Erhaltungsdosis von 25–75 mg/dz. Parenteral:
5 Acetat (i.m.-Injektion): 50–150 mgz i.m. 1- bis 2-malige Wiederholung alle 2–3 Tage. 5 Decanoat (i.m.-Injektion): 100–400 mgz alle 2–3 Wochen i.m. (200 mg Zuclopenthixol entsprechen etwa 25 mg Fluphenazin). Nebenwirkungen Initial insbesondere bei i.m.-Injektionen (Acetat) Sedierung (häufig erwünscht) und orthostatische Hypotonie. Sehr häufig: Müdigkeit, Schwindel, Unruhe, Depression, EPS, Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit. Häufig: Kopfschmerzen, orthostatische Dysregulation, Tachykardie, EKGVeränderungen, Erhöhung des Augeninnendrucks, gastrointestinale Stö-
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Kapitel 3 · Antipsychotika
rungen, Gewichtszunahme, Anorexie, Hautreaktionen und Photosensibilität, Menstruationsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. Gelegentlich: Zerebrale Krampfanfälle, Hypotonie (herabgesetzter Muskeltonus), verstopfte Nase. Sonstige Nebenwirkungen: Selten oder in Einzelfällen Benommenheit, Exazerbation psychotischer Symptome, Verwirrtheit, malignes neuroleptisches Syndrom, passagere Leberfunktionsstörungen, Ikterus, Temperaturregulationsstörungen, Ileus, Thrombosen, Blutbildveränderungen (auch Agranulozytose), Störungen des Glukosehaushalts, Lupus-erythematodes-ähnliche Syndrome, Hirnödem, Larynxödem, Asthma, Bronchopneumonie, Pigmenteinlagerungen in Kornea und Linse, Galaktorrhö, Gynäkomastie, Priapismus. Kontraindikationen 5 Kreislaufschock; Koma; Störungen der Hämatopoese (Risiken bei Injektionen 7 3.6.5, Thromboembolien). 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Niereninsuffizienz; kardiale Vorschädigung, insbesondere klinisch relevante Herzrhythmusstörungen, Kombination mit QTc-verlängernden Präparaten; prolaktinabhängige Tumoren, hirnorganische Erkrankungen und Krampfanfälle in der Anamnese, M. Parkinson. Risiko unter Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH. 5 Vorsicht bei Kombination mit zentral dämpfenden Substanzen, auch anderen Antipsychotika, Antihypertensiva, Ovulationshemmern, Anticholinergika, Carbamazepin, Chloramphenicol, Clonidin, Diphenylhydantoin, Doxycyclin, Guanithidin, Lithiumsalze, Propranolol, Rauchen. 5 Kombinationen mit Präparaten, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen können, nur unter sorgfältiger Kontrolle. 5 Zuclopenthixol ist Substrat von CYP2D6, daher sollte eine Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren mit Zurückhaltung eingesetzt werden (7 Anhang INT). Bisher ist allerdings keine klinische Relevanz nachgewiesen. Bewertung Mittelpotentes KAP. In einer neuen Studie wurde die Indikation Erregungszustände bei geistiger Behinderung bestätigt. Als Acetat mit der Möglichkeit der Applikation eines Kurzzeitdepots mit schnellem Wirkungseintritt und besserer Steuerbarkeit, insbesondere bei hochakuten psychotischen Zuständen und Manien.
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4
Anxiolytika
4.1
Übersicht
Anxiolytika sind angstlösende Substanzen. Unter ihnen sind Benzodiazepine (BZD) die dominierende Gruppe. Sie haben einen anxiolytischen und sedierenden Effekt; deswegen werden sie auch als Tranquilizer bezeichnet. Der zusätzliche schlafinduzierende, muskelrelaxierende und antikonvulsive Effekt ist in der Psychopharmakotherapie nicht regelhaft erwünscht. Buspiron ist in üblicher Dosierung nicht sedierend; Pregabalin nur anfänglich sedierend. Anxiolytika werden in der Psychopharmakotherapie häufig als Begleitmedikation eingesetzt (z. B. im Rahmen der antidepressiven und antipsychotischen Therapie). In der psychiatrischen Notfallsituation gehören BZD zu den wichtigsten Arzneimitteln (7 Kap. 13). Systematische Erkenntnisse zur anxiolytischen Wirksamkeit von Substanzen aus der Gruppe der Phytopharmaka (Extrakte, die Baldrian und Hopfen enthalten) mittels RCT-Prüfungen gibt es nicht. Die verschiedenen Gruppen bzw. Substanzen innerhalb der Anxiolytika unterscheiden sich sowohl hinsichtlich der strukturchemischen Eigenschaften als auch hinsichtlich des Wirkprinzips: 5 Benzodiazepine, 5 Buspiron (Gruppe der Azaspirodecandionderivate), 5 Hydroxyzin (Gruppe der Diphenylmethanderivate), 5 Opipramol (Piperazinylderivat), 5 Pregabalin (Antikonvulsivum, Derivat der Hexansäure). 5 Zudem werden aus folgenden Substanzgruppen die anxiolytischen Eigenschaften genutzt: − β-Rezeptorenblocker, − Antidepressiva (7 Kap. 1), − Antipsychotika (7 Kap. 3). 4.2
Wirkmechanismen
Benzodiazepine Hauptwirkort der BZD ist der ionotrope GABAA-Rezeptor. Nach Aktivierung durch GABA (γ-Aminobutyrat) erfolgt gemäß ihrem Konzentrationsgradienten meist ein Einstrom von Cl--Ionen in die Zelle und dadurch eine Hyperpolarisation. Die Aktivierbarkeit des Neurons ist dann vermindert. GABA ist der wichtigste, zumeist inhibitorisch wirkende Neurotransmitter im ZNS. BZD wirken über eine spezifische BZD-Bindungsstelle modulato-
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Kapitel 4 · Anxiolytika
risch auf die Rezeptoreigenschaften. Durch die Bindung von BZD erhöht sich die Affinität des Rezeptors zu GABA und damit die Frequenz der Kanalöffnung. Im Gegensatz zu Barbituraten können BZD auch in hohen Dosen nicht als direkte GABAA-Agonisten wirken, wodurch sich die hohe Anwendungs- und Intoxikationssicherheit erklärt. Die GABAA-Rezeptoren sind als Pentamere verschiedener Untereinheiten und deren Varianten (hauptsächlich: α1–6, β1–3, γ1–3, δ) zusammengesetzt, zumeist nach dem Schema 2αi2βj1γk. Daraus ergeben sich mannigfaltige Rezeptorvariationen sowohl für GABA als auch für BZD mit verschiedenen pharmakologischen Profilen, Häufigkeiten und topographischen Verteilungen. Während g-Einheiten für eine BZD-Wirkung notwendig sind, scheinen die α-Einheiten die Potenz und Effektivität der einzelnen BZD zu bestimmen. Es gibt tierexperimentelle Hinweise, dass die anxiolytischen Effekte primär durch α2- und/oder α3-enthaltende Rezeptoren, die sedativen Eigenschaften (und anterograden Amnesien) dagegen durch α1- und die muskelrelaxierenden Wirkungen durch α2- und α3-Rezeptoren vermittelt werden. Weiterhin gibt es Hinweise, dass auch die Amnesie, die durch BZD hervorgerufen werden kann, über die α1-Untereinheit vermittelt wird. Eine differenzielle Wirkung von BZD an GABAA-Rezeptoren wird z. T. durch eine einzelne Aminosäure bestimmt. So ist z. B. die Aminosäure Histidin in der Position 101 in der α1-Untereinheit dafür verantwortlich, dass BZD die Wirkung von GABA verstärken können, während die Aminosäure Arginin in der Position 101 in der α6-Untereinheit dazu führt, dass BZD an α6-enthaltenen GABAA-Rezeptoren die Wirkung von GABA abschwächen. Pregabalin Pregabalin wurde ursprünglich als Antikonvulsivum zugelassen und ist mittlerweile auch zur Behandlung von peripheren und zentralen neuropathischen Schmerzen sowie bei der generalisierten Angststörung (GAS) zugelassen. Wirksamkeit besteht auch bei der sozialen Phobie (7 4.11, Präparat). Pregabalin bindet nicht an GABA-Rezeptoren (GABAA- oder GABAB-Rezeptoren), wird auch nicht zu GABA oder einem GABA-Agonisten metabolisiert und hat keine Wirkung auf den GABA-Metabolismus. Es bindet selektiv und mit hoher Affinität an eine auxiliare Untereinheit (α2-δProtein) von spannungsabhängigen Kalziumkanälen im ZNS und verdrängt dabei wirksam [3H]-Gabapentin. Dadurch reduziert Pregabalin den Kalziumeinstrom in die Nervenzelle. Präklinische Modelle zeigen, dass bei neuronalen Übererregungszuständen ein verminderter Kalziumeinstrom zu einer reduzierten Freisetzung exzitatorischer Transmitter (z. B. Glutamat, Noradrenalin und Substanz P) führt. Buspiron Buspiron gehört zur Gruppe der Azaspirodecandionderivate und wirkt als kompletter Agonist an präsynaptischen 5-HT1A-Autorezeptoren und somit inhibitorisch auf die Ausschüttung und Synthese von Serotonin. Postsynap-
4.2 · Wirkmechanismen
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4
tisch soll Buspiron als partieller Agonist an 5-HT1A-Rezeptoren einen direkten serotonergen Effekt besitzen. Weiterhin werden antagonistische Eigenschaften am präsynaptischen D2-Rezeptor postuliert. Der aktive Metabolit beeinflusst ebenfalls das Serotoninsystem und entfaltet zusätzlich aufgrund eines präsynaptischen α2-antagonistischen Effekts noradrenerge Effekte (keine Wirkung am GABAA-Rezeptor). Der anxiolytische Effekt ist am ehesten durch die Summe der komplexen Wirkungen zu erklären; sie ist geringer als bei den BZD. Hydroxyzin Das Diphenylmethanderivat Hydroxyzin hat eine H1-antihistaminerge, zudem adrenolytische und anticholinerge Wirkung. Eine Wirksamkeit konnte zwar gezeigt werden, aufgrund der sedierenden Eigenschaften erscheint ein aber Einsatz nur bei Therapieresistenz und Unverträglichkeit sinnvoll. Opipramol Opipramol ist eine trizyklische Substanz mit dem Kern von Carbamazepin und der Seitenkette von Fluphenazin und Perphenazin. Trotz einer trizyklischen Struktur zeigt Opipramol in therapeutischen Dosen keine Wiederaufnahmehemmung für biogene Amine. Es finden sich antagonistische Effekte am 5-HT2-, am H1- sowie am D2-Rezeptor bei erhöhtem Dopaminumsatz. Opipramol ist ein starker Ligand an σ1- und σ2-Rezeptoren. Die sedativen Eigenschaften sind auf die antihistaminerge Wirkung zurückzuführen, die Ursache der anxiolytischen Wirkung ist unklar. Opipramol hat keine hypnotischen und muskelrelaxierenden Eigenschaften. β-Rezeptorenblocker β-Rezeptorenblocker vermindern β-adrenerg vermittelte somatische Symptome der Angst (Schwitzen, Tremor, kardiovaskuläre und Magen-DarmBeschwerden). Sie besitzen nur gering sedierende Eigenschaften. ß-Rezeptorenblocker haben sich als nicht wirksam bei der Behandlung von Angsterkrankungen erwiesen. Neue pharmakologische Ansätze Für die Entwicklung neuer Anxiolytika erscheinen subtypspezifische Agonisten und Partialagonisten an GABAA-Rezeptoren, aber auch Substanzen, die am Serotoninsystem oder an der Stressachse angreifen, Erfolg versprechend. 5 Nichtselektive, partielle GABAA-Agonisten wie Pagoclon aus der Gruppe der Cyclopyrrolone (s. Zopiclon) wirken bei der Panikstörung ohne Absetzschwierigkeiten. 5 Weitere neue Arzneimittel mit anxiolytischer Wirkweise kommen aus der Gruppe der Azapirone wie Tandospiron und Ipsapiron. Sie wirken
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Kapitel 4 · Anxiolytika
wie Buspiron vorwiegend als 5-HT1A-Agonisten. Tandospiron ist in Japan und China als Anxiolytikum und Antidepressivum erhältlich. 5 Für die Antikonvulsiva Gabapentin, Levetiracetam, Tiagabin und Vigabatrin gibt es Hinweise für eine anxiolytische Wirkung (z. B. bei GAS und sozialer Phobie). 5 Deramciclan ist ein 5-HT2A-Antagonist und ein inverser Agonist am 5-HT2C-Rezeptor. Seine Wirksamkeit bei unterschiedlichen Angststörungen wird geprüft, eine RCT zu Deramciclan zeigte zuletzt im Jahr 2005 eine Wirksamkeit bei GAS. Ebenso hat Agomelatin eine spezifisches 5-HT2C-antagonistisches Profil (7 1.13, Präparat) und einen anxiolytischen Effekt. 5 Das Kortikotropin-Releasing-Hormon (CRH) moduliert neuroendokrine, autonome und behaviorale Antworten auf Stress. Möglicherweise kommt es über die Aktivierung des CRH-1-Rezeptors zu ängstlichen und depressiven Symptomen. Erste klinische Studien zu CRH1-Rezeptorantagonisten bei der GAS sind noch nicht befriedigend (7 1.2). 4.3
Allgemeine Therapieprinzipien
5 Zielsymptome der BZD sind Angst, innere Unruhe, muskuläre Spannung, Hypervigilanz, Schlafstörungen, akute mutistische oder stuporöse Zustände, Akathisie, tardive Dyskinesien und zerebrale Krampfanfälle. Der therapeutische Effekt zielt auf eine rasche Sedierung und Entspannung, ohne in niedrigen Dosierungen eine nennenswerte Schlafinduktion hervorzurufen. Eine depressiogene Wirkung von BZD ist nicht nachgewiesen. Prosuizidale Effekte von BZD werden im Sinne einer Disinhibition diskutiert, sind aber bisher nicht bestätigt. − BZD sind hochwirksame Substanzen. Sie wirken schnell und zuverlässig, sind gut verträglich und haben eine große therapeutische Breite. Die Indikation für BZD muss wegen des vorhandenen Abhängigkeitsrisikos aber stets mit Sorgfalt gestellt werden. Eine Toleranzentwicklung gegenüber der anxiolytischen Wirkung ergibt sich vergleichsweise selten, d. h., eine Dosissteigerung zur Wirkungserhaltung der Anxiolyse ist in der Regel nicht notwendig. Bekannt sind hingegen Toleranzentwicklungen gegenüber der sedierenden, muskelrelaxierenden und antikonvulsiven Wirkungskomponente. − Es besteht eine Kreuztoleranz von BZD zu Alkohol. Längerer Alkoholkonsum macht u. U. höhere BZD-Dosen notwendig. − Die gleichzeitige Verordnung verschiedener BZD sollte vermieden werden. 5 Pregabalin etabliert sich als wirksames Anxiolytikum in der Langzeittherapie. Es wirkt auch bei psychotischen Störungen. Vorteil gegen-
4.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
331
4
über den BZD ist das nicht vorhandene Abhängigkeitspotenzial. In der Akuttherapie ist es den BZD unterlegen. 5 β-Rezeptorenblocker wie Atenolol (Tenormin®) und Propranolol (Dociton®) scheinen beim Überwiegen somatischer Symptome im Rahmen psychischer Stresssituationen (Redner- und Prüfungsangst, »Lampenfieber«) als Einmalgabe sinnvoll. β-Rezeptorenblocker besitzen nur geringe sedierende Eigenschaften. ! Wichtige relative/absolute Kontraindikationen für β-Rezeptorenblocker
sind Herzinsuffizienz, Bradykardie, Diabetes mit stark schwankenden Blutzuckerwerten, Sinusknotensyndrom, Hypotonie, periphere arterielle Verschlusskrankheit, AV-Block 1. Grades und Phäochromozytom. Ob β-Rezeptorenblocker bei Asthma bronchiale und chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) kontraindiziert sind, wird zurzeit diskutiert.
5 Antidepressiva haben neben ihrer antidepressiven auch eine anxiolytische Komponente. Sie sind bei Angststörungen Mittel der 1. Wahl. Der Vorteil gegenüber BZD liegt im fehlenden Abhängigkeitspotenzial, der Nachteil in der längeren Wirklatenz. 5 Pregabalin kann unter regelmäßiger Kontrolle der Therapienotwendigkeit abhängig vom klinischen Ansprechen und der Verträglichkeit alternativ eindosiert werden. 5 Der Einsatz von atypischen Antipsychotika (AAP) bei Angststörungen wird zunehmend geprüft. Quetiapin zeigt bei GAS eine Überlegenheit gegenüber Plazebo (7 3.13, Präparat). Risperidon war zumindest bei Angststörungen im Rahmen bipolarer Erkrankungen Plazebo nicht überlegen. Hinweise für eine Wirksamkeit bei der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ergeben sich für Risperidon, Olanzapin und Quetiapin. Fallberichte und erste Studien gibt es zur Augmentationsbehandlung von SSRI in Kombination mit Aripiprazol, Olanzapin, Risperidon und Ziprasidon bei unterschiedlichen Angststörungen. Ein möglicher Nutzen muss dann kritisch gegen die Nebenwirkungen (NW) der AAP abgewogen werden. Gegenwärtig kann aus der Studienlage keine Therapieempfehlung mit AAP abgeleitet werden. 5 Konventionelle Antipsychotika (KAP) wurden früher häufiger in niedriger Dosierung aufgrund ihrer zusätzlich vorhandenen anxiolytischen Komponente als Anxiolytika verordnet. Die hohe NW-Rate sollte ein solches Vorgehen verbieten. Ausnahmen: abhängigkeitsgefährdete Patienten mit Angststörungen und bestehende Kontraindikationen gegen BZD. In diesem Fall kann z. B. Melperon oder Pipamperon vorübergehend gegeben werden, jedoch sind dann auch AAP als Alternative zu erwägen. > CAVE
Hochpotente, nicht oder kaum sedierende Antipsychotika wie Flupentixol, Fluphenazin oder Fluspirilen als »Minor Tranquilizer« sollten bei Angststö-
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Kapitel 4 · Anxiolytika
rungen wegen der Gefahr von extrapyramidalmotorischen Störungen und Spätdyskinesien sowie aufgrund vorhandener Therapiealternativen nicht mehr gegeben werden.
1 2
Indikationen
4.4
3 4 4 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Die Indikationen für den Einsatz von BZD sind nosologieübergreifend und zumeist symptomorientiert. In vielen Fällen erfolgt der Einsatz als Komedikation, um den Therapieeffekt zu unterstützen oder die Wirklatenz einer anderen längerfristig geplanten Medikation abzukürzen (z. B. Antidepressiva bei Angsterkrankungen und Depressionen; Antipsychotika bei schizophrenen Erkrankungen). BZD sind bei vielen psychiatrischen und internistischen Notfallsituationen indiziert (z. B. akuter Herzinfarkt). Anders als bei den Antidepressiva gibt es keine neuen Zulassungsstudien für BZD, die sich auf die ICD-10-Klassifikation beziehen. Es handelt sich in der Regel um Altzulassungen mit unspezifischen Syndromnennungen. ! Vorsichtsmaßnahmen bei der Verordnung von Benzodiazepinen 5 Die Indikation muss streng gestellt werden. 5 Es muss gesichert sein, dass Alternativen nicht infrage kommen, z. B. 5 5 5
Pregabalin, Antidepressiva. Bei Abhängigkeitserkrankungen (7 Kap. 7) sollte auf den Einsatz verzichtet werden. Die Dosisempfehlungen (7 4.10) sind so strikt wie möglich einzuhalten. Auch das Absetzten ist Regeln unterworfen (7 4.6.3).
Ein dauerhafter (monotherapeutischer) Einsatz von BZD ist in einigen Fällen, v. a. bei Angsterkrankungen (GAS, Panikstörung), nach Ausschöpfung anderer Therapiemaßnahmen indiziert. Zumeist werden Anxiolytika im Rahmen der Pharmakotherapie als Begleittherapie bei den unten aufgeführten Diagnosen eingesetzt. Darüber hinaus ist ein vorübergehender Einsatz bei Angstsymptomen auch bei anderen, nicht aufgeführten Diagnosen möglich. Pregabalin ist eine wichtige pharmakotherapeutische Alternative, besonders in der Langzeitbehandlung der GAS, wahrscheinlich auch bei der sozialen Phobie. Auch bei gemischten Angst- und depressiven Störungen und psychotischen Störungen gibt es Hinweise für eine positive Wirkung. Die Indikationen für Buspiron, Hydroxyzin und Opipramol reduzieren sich aufgrund der erweiterten therapeutischen Möglichkeiten von Pregabalin und den substanzspezifischen Einschränkungen. 4.4.1 Depressive Störungen 5 Mittel der Wahl ist die Therapie mit Antidepressiva, 7 1.4.1.
4.4 · Indikationen
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4
5 Die frühe Kombination von Antidepressiva mit BZD kann das frühe Ansprechen der Therapie, besonders bei ängstlich-agitierten Symptomen, beschleunigen. Sistierende Schlafstörungen können durch zusätzliche Non-Benzodiazepine bzw. BZD-Hypnotika gelindert werden. 5 Bei Suizidalität im Rahmen depressiver Störungen sind oft hohe Dosen von BZD wegen gewünschter sedierender Effekte vorübergehend nötig. 5 Bei gehemmter Depression, Stupor und Mutismus ist Lorazepam zunächst in einmaliger oraler Dosis von 2‒2,5 mg indiziert (auch i.v.Gabe möglich), bei Besserung der Symptome kann Lorazepam für die folgenden Tage in einer Dosis von 2–5 mg/d oral zusammen mit einem Antidepressivum verabreicht werden (7 3.4.1, katatone Symptomatik). 5 Bei gemischten Angst und depressiven Störungen ist Pregabalin eine Alternative. 4.4.2 Panikstörung mit/ohne Agoraphobie 5 Mittel der Wahl ist die Therapie mit Antidepressiva, 7 1.4.3. 5 Zum schnellen Kupieren von Panikattacken sind BZD (z. B. Alprazolam, Lorazepam, Diazepam) gut geeignet, auch i.v.-Gaben sind in dieser Indikation möglich. Ein überlappender initialer Einsatz von BZD erscheint wegen der Wirklatenz anderer therapeutischer Verfahren oft sinnvoll. Non-Benzodiazepinanxiolytika sind nicht indiziert. 5 BZD sind zwar auch in der Erhaltungstherapie und zur Prophylaxe wirksam; die gut belegten Therapiemöglichkeiten durch Antidepressiva (7 1.4.2) sind wegen der nicht vorhandenen Abhängigkeits- und Toleranzentwicklungen einer dauerhaften BZD-Medikation vorzuziehen. 5 BZD können bei Panikstörung auch als Bedarfsmedikation angewandt werden. 5 Bei akuter Symptomatik sollten BZD nicht länger als 1‒2 Wochen gegeben werden. 5 Für die anderen Anxiolytika besteht keine Indikation bei Panikstörung. 4.4.3 Generalisierte Angststörung 5 Mittel der Wahl ist die Therapie mit Antidepressiva, 7 1.4.4. 5 Pregabalin ist bei der GAS eine gute Alternative zu den Antidepressiva; auch zur Erhaltungstherapie gibt es positive Langzeitstudien. 5 BZD haben in der Akutbehandlung der GAS und zur Krisenintervention einen wichtigen Stellenwert (Alprazolam, Diazepam, Lorazepam, Oxazepam). Sie sind in der Langzeittherapie wirksam und unter Berücksichtigung von Krankheitsgeschichte und Persönlichkeitsmerkmalen in dieser Form auch kontrolliert einsetzbar.
334
Kapitel 4 · Anxiolytika
3
5 Besteht die Angsterkrankung mehrere Monate, sollten die BZD nach 4‒6 Wochen im Wesentlichen abgesetzt sein. Bei chronischer GAS sollte dann aber ein völliges Absetzen nach 4‒6 Monaten gelingen. 5 Bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten findet sich keine nennenswerte Dosissteigerung über die Zeit der Anwendung. 5 Opipramol und Buspiron haben bei suchtgefährdeten GAS-Patienten eine Indikation (aber nach Antidepressiva und auch Pregabalin).
4
Therapie mit Antipsychotika 7 3.4.7 und 7 4.3
1 2
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4.4.4 Phobische Störungen 5 Spezifische Phobie: Verhaltenstherapie ist die Behandlungsmethode der Wahl; BZD sollten nur vorübergehend verordnet werden. 5 Agoraphobie: Das Behandlungskonzept entspricht dem der Panikstörung (7 1.4.3 und 7 4.4.2). 5 Soziale Phobie: − Mittel der Wahl bei der langfristigen Therapie sind Antidepressiva, 7 1.4.6. − Pregabalin (7 4.11, Präparat) war in höherer Dosierung in einigen Untersuchungen wirksam. 5 Als BZD konnten Alprazolam, Bromazepam, Diazepam, Lorazepam und Oxazepam in der Akuttherapie eine Wirksamkeit zeigen; sie sollten nur vorübergehend eingesetzt werden. Wichtig ist der Einsatz von kurz wirksamen BZD idealerweise ohne aktive Metaboliten, z. B. Lorazepam oder Oxazepam. Zum Einsatz von β-Rezeptorenblockern 7 1.4.6 4.4.5 Zwangsstörungen 5 Mittel der Wahl ist die Therapie mit Antidepressiva, 7 1.4.7. 5 BZD sind zur Behandlung von Zwangsstörungen nicht zugelassen, können jedoch zur Entspannung und Sedierung bei ausgeprägten, quälenden Zwangshandlungen oder Zwangsgedanken indiziert sein. 4.4.6 Posttraumatische Belastungsstörung 5 Mittel der Wahl ist die Therapie mit Antidepressiva, 7 1.4.8. 5 BZD können zur kurzzeitigen Behandlung von Angstsymptomen bei der PTBS eingesetzt werden, der systematische Einsatz ist aufgrund des Abhängigkeitspotenzials nicht zu empfehlen, auch die typischen Albträume bei der PTBS scheinen durch BZD nicht hinreichend kupiert werden zu können. Zwar sind Anxiolytika nicht zur Behandlung der PTBS zugelassen, eine symptomorientierte Behandlung von Anspannungs- und Erregungszuständen entspricht aber deren Zulassungsstatus.
4.4 · Indikationen
335
4
4.4.7 Somatoforme Störungen 5 Opipramol ist bei der somatoformen Störung zugelassen. 5 Die Therapie mit Antidepressiva scheint Erfolg versprechend, positive Ergebnisse zeigten sich für Fluvoxamin und Sertralin, 7 1.4.9. 5 Bei begleitender Angst kann ein vorübergehender Einsatz von BZD indiziert sein. 4.4.8 Manische Episode 5 Mittel der Wahl sind Antipsychotika und Antikonvulsiva, 7 2.4.1. 5 BZD eignen sich nicht zur Monotherapie der manischen Episode (7 2.4.1 Benzodiazepine). 4.4.9 Schizophrene Störungen 5 Mittel der Wahl sind Antipsychotika, 7 3.4.1. 5 Bei Ängsten und psychischer Angespanntheit im Rahmen einer akuten psychotischen Symptomatik sind BZD in Kombination mit einer antipsychotischen Medikation wirksam, sie sollen nach erreichtem Therapieziel langsam abgesetzt werden. Eine primär antipsychotische Wirkung durch BZD ist nicht beschrieben. − Während bei Mutismus und akuten katatonen Symptomen Lorazepam indiziert ist (7 3.4.1, katatone Symptomatik), konnte ein positiver Einfluss von BZD bei chronischer Katatonie nicht gezeigt werden. 5 Pregabalin ist bei sistierenden Ängsten indiziert. 4.4.10 Extrapyramidalmotorische Störungen 5 Die Möglichkeiten der Beeinflussung von medikamentös induzierten extrapyramidalmotorischen Störungen (EPS) mit BZD sind in 7 3.6.1 beschrieben. Mit BZD (z. B. Lorazepam 1,0–5 mg/d) kann eine Verminderung der Beschwerden erreicht werden. Speziell bei quälenden und auf andere Maßnahmen nicht respondierenden tardiven Dyskinesien bzw. Dystonien ist ein mittelfristiger Einsatz indiziert. Eine Toleranzentwicklung nach mehreren Monaten kann jedoch eine Unterbrechung der Therapie notwendig machen.
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336
Kapitel 4 · Anxiolytika
4.5
Anxiolytika und Psychotherapie
5 Bei Angsterkrankungen sind psychotherapeutische Interventionen wesentlicher Bestandteil der Therapie. Wie weit in einem Gesamtbehandlungsplan psychopharmakologische Strategien (v. a. Antidepressiva) eingebunden werden, wird individuell eingeschätzt. 5 Der koginitiv-behaviorale Ansatz beinhaltet zumindest 5 grundlegende Therapiekomponenten: Information (aufklärende Information über die Natur einer Angststörung), Entspannung (Erwerb von Fertigkeiten zur Symptombewältigung), kognitive Restrukturierung (innerseelische Bewertung und Modifikation des dysfunktionalen Denkstils), interozeptive Exposition (Löschung der Furcht vor Angstsymptomen), In-vivo-Exposition (Reduktion des Vermeidungsverhaltens durch abgestufte Exposition oder Reizüberflutung). 5 Oftmals kann gerade zu Beginn einer Psychotherapie oder bei einer akuten Exazerbation auf eine Begleitmedikation mit einem BZD nicht verzichtet werden. Bei allen akuten Angstzuständen sind BZD Mittel der 1. Wahl. Ist die Angst leichter ausgeprägt oder handelt es sich um eine über ca. 2 Wochen hinausgehende Behandlung, sind dagegen alternative psychopharmakologische Interventionen als Begleitbehandlung zu einer Psychotherapie primär indiziert. 5 Allerdings kann bei allen Indikationen nach Ausschöpfung der anderen Therapieverfahren eine längerfristige BZD-Behandlung notwendig und hilfreich sein. 5 Es besteht in der Regel keine Kontraindikation, auch nicht im Rahmen einer längerfristigen Verhaltenstherapie, BZD vorübergehend zu verordnen. Es finden sich eher positive Effekte von BZD auf die Wirksamkeit einer Psychotherapie. Eine Ausnahme ist der Konfrontationsversuch bei Verhaltenstherapie.
13 4.6
14 15 16 17
Nebenwirkungen
Das Kapitel bezieht sich auf Benzodiazepine, NW der anderen Anxiolytika 7 4.11, jeweiliges Präparat. 5 Häufige unerwünschte Wirkungen sind Tagesmüdigkeit und Schläfrigkeit mit Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit und des Reaktionsvermögens. ! Fahrtüchtigkeit und Alltagssicherheit sind unter BZD eingeschränkt.
5 Bei Gabe rasch anflutender BZD kann es zu einer anterograden Amnesie kommen. 5 Unter BZD sind paradoxe Disinhibitionsphänomene möglich: Agitiertheit, Euphorisierung, Erregungszustände, Schlaflosigkeit und
4.6 · Nebenwirkungen
337
4
Aggressivität. Sie treten unter höherer Dosierung und bei älteren Menschen auf. 5 Unter BZD sind ebenfalls Appetit- und Sexualstörungen möglich. 5 Bei Gabe lang wirksamer BZD besteht die Gefahr der Kumulation (7 4.8.1 und 7 4.11, HWZ bei Präparaten). Kumulation kann zu verstärkten NW und damit zu möglichen klinischen Komplikationen führen: Hang-over-Phänomene, Verstärkung von Müdigkeit und Sedierung, Ataxie und daraus resultierende Sturzgefahr. Dies gilt insbesondere für Patienten mit verminderter Metabolisierungsfähigkeit (ältere Patienten; Leber- und Nierenerkrankungen; Komedikation mit metabolismusinhibierenden Eigenschaften). > CAVE
Bei schneller i.v.-Verabreichung von Benzodiazepinen kann es zu vorübergehender Atemdepression, zu Blutdruckabfall und u. U. sogar zum Herzstillstand kommen.
5 Besondere Vorsicht ist in dieser Hinsicht auch bei der Kombination mit Clozapin (7 3.13, Präparat) geboten. Nach neueren Untersuchungen stellt eine Kombination von Clozapin mit BZD keine absolute Kontraindikation dar, sie sollte jedoch weiterhin sorgfältig abgewogen werden. Klinisch dringliche Situationen wie ein malignes neuroleptisches Syndrom, katatone Zustandsbilder oder extreme Agitiertheit lassen eine solche Kombinationstherapie vertretbar erscheinen. 5 Nach i.v.-Verabreichung von Diazepam sind lokale Gefäßirritationen bis hin zu Thrombophlebitiden beschrieben worden, die unter neuen Präparationsformen (Emulsionen) nicht auftreten sollen. Symptome bei Überdosierung 5 Nach höherer Dosierung oder akuter Überdosierung besteht die Gefahr von Dysarthrie, Ataxie (mit motorischem Kontrollverlust und Sturzgefahr), Schläfrigkeit, allgemeiner Apathie, Verlangsamung der motorischen Abläufe, muskulärer Schwäche, Doppelbildern, Schwindelzuständen, Übelkeit und Kopfschmerzen. Die Gefahr von anterograder Amnesie und paradoxen BZD-Wirkungen steigt bei Überdosierungen an. Bei einigen BZD wird eine periphere kardiale Rezeptorwirkung mit Kalziumkanalaktivität postuliert, welche zu Reizleitungsstörungen führen kann. 5 Entgiftung bei BZD-Überdosierung mit Flumazenil (Anexate®), 7 18.2.4. Symptome bei chronischer Einnahme von Benzodiazepinen 5 Nach chronischer Einnahme hoher BZD-Dosen können zusätzlich auftreten: dysphorische Verstimmungszustände, Vergesslichkeit, Leistungsminderung, eingeschränkte Kritikfähigkeit und Gleichgültigkeit,
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Kapitel 4 · Anxiolytika
extreme muskuläre Schwäche mit Reflexverlust, Appetitstörungen sowie Abnahme der Libido und Menstruationsstörungen. 4.6.1 Abhängigkeitsrisiko bei Benzodiazepinen 5 Bei Anwendung von BZD kann es zu Abhängigkeitsentwicklungen kommen. Das Abhängigkeitsrisiko steigt, wenn höhere Dosen verabreicht und wenn BZD über längere Zeiträume eingenommen werden. Diskutiert wird zudem, dass für kurz wirksame Substanzen wie Alprazolam, Bromazepam oder Lorazepam ein erhöhtes Risiko der Abhängigkeitsentwicklung oder von Rebound-Phänomenen (7 4.6.3) gegenüber lang wirksamen Substanzen wie Clonazepam, Diazepam oder Nitrazepam besteht. 5 Besonders hoch ist das Abhängigkeitsrisiko bei unkontrolliertem bzw. nichtmedizinischem Gebrauch (häufig im Rahmen einer bestehenden Alkoholabhängigkeit oder Polytoxikomanie). Bevorzugt werden dabei Hypnotika mit raschem Wirkeintritt (z. B. Flunitrazepam). 5 Nach etwa 4-monatiger Einnahme einer therapeutischen BZD-Dosis muss nach abruptem Absetzen mit Absetz- bzw. Entzugssymptomen (7 4.6.3) gerechnet werden. Bei Einnahme kurz wirksamer Hypnotika können Rebound-Phänomene auch schon nach einigen Tagen beobachtet werden. ! Abhängigkeitsentwicklungen ist durch strenge Indikationsstellung, Wahl
der niedrigsten notwendigen Dosis und einer Verordnung möglichst nicht über 4–6 Wochen hinaus vorzubeugen. Bei einer Verordnung über 6 Wochen hinaus sollte immer ein Psychiater hinzugezogen werden, um Therapiealternativen zu erörtern.
5 Bei BZD-Gebrauch sind 4 Personengruppen besonders gefährdet: − Patienten mit Drogen- oder Alkoholabhängigkeit, − Chronisch körperlich Kranke, besonders diejenigen mit Schmerzsyndromen, − Patienten mit Persönlichkeitsstörungen oder Dysthymie, − Patienten mit chronischen Schlafstörungen. 5 Bei der low-dose dependence (oder auch therapeutic-dose dependence), d. h. einer »Abhängigkeit« bei Langzeiteinnahme üblicher therapeutisch verordneter Dosen, sind nach Absetzen sofortige oder protrahiert auftretende Absetzeffekte (7 4.6.2) möglich. Entzugserscheinungen sind auch möglich; sie interferieren häufig mit Rezidivsymptomen oder werden mit ihnen verwechselt. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten kommt es zu keiner Dosissteigerung; es findet sich eher ein konstantes oder aber titrierendes Einnahmeverhalten innerhalb der therapeutischen Dosisbandbreite. In vielen Fällen sind somit die Kriterien einer Abhängigkeit nicht erfüllt.
4.6 · Nebenwirkungen
4
339
5 Im höheren Lebensalter kann eine niedrige Dosierung (wenn sie nicht gesteigert wird) auch über Jahre indiziert sein. 4.6.2 Absetzproblematik bei Benzodiazepinen 5 Nach abruptem Absetzen von BZD finden sich grundsätzlich 2 Arten von Absetzphänomenen: an die Grunderkrankung gebundene (Rebound-/Rezidivsymptome) und nicht an die Grunderkrankung gebundene (Entzugssymptome). − Rebound-Symptome treten nach Absetzen von BZD als Effekt der GABAergen Gegenregulation in Form von akutem und verstärktem Auftreten der ursprünglichen Krankheitssymptomatik (Unruhe, Angst, Schlaflosigkeit) auf. Diese Symptomatik hält nur wenige Tage an. − Rezidivsymptome sind als anhaltende Angstsymptome nach Absetzen der BZD definiert. − Entzugssymptome zeichnen sich dadurch aus, dass sie vor Verordnung der Medikation nicht vorhanden waren. Je nach HWZ des eingenommenen BZD-Präparats treten sie ca. 2–10 Tage nach Absetzen der Medikation auf, erreichen schnell ein Maximum und dauern gewöhnlich 5–15 Tage an. Auch Krampfanfälle sind noch nach einem Zeitraum von 2 Wochen nach Absetzen beobachtet worden. Absetzproblematik bei Benzodiazepinen Leichte Absetzsymptome 5 Vermehrte Angst und innere Unruhe 5 Schlaflosigkeit 5 Erhöhte Irritabilität 5 Übelkeit und Erbrechen 5 Schwitzen 5 Tremor 5 Kopfschmerzen 5 Muskelverspannungen Schwere Absetzsymptome 5 Verwirrtheitszustände 5 Depersonalisation/Derealisation 5 Psychoseartige Zustände, Delirien 5 Ängstlich-depressive Syndrome 5 Krampfanfälle 5 Oszillopsien, Dysmorphopsien 5 Photophobie 5 Hyperakusis 5 Hypersomnie 5 Dysästhesien 5 Kinästhetische Störungen 5 Muskelzittern und -faszikulationen
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Kapitel 4 · Anxiolytika
5 Absetzversuche sind nach 6 Wochen, bei langfristiger Gabe spätestens nach 6 Monaten einzuplanen. Falls sie nicht gelingen, sind immer wieder neue Versuche in den Behandlungsplan einzuschieben. 4.6.3
Benzodiazepinentzugsbehandlung
! Wichtig ist die stufenweise Dosisreduktion, kein abruptes Absetzen! Abset-
zen ist in der Regel über Wochen notwendig, manchmal über Monate. Die ersten 50% einer BZD-Dosis können relativ zügig, die nächsten 25% deutlich langsamer und die letzten 25% sehr langsam abgesetzt werden. Häufig empfiehlt sich auch eine Pause nach den ersten 50%. Jede Reduktion soll mindestens eine Woche dauern.
5 Die langsame stufenweise Dosisreduktion muss insbesondere beim Entzug von hochpotenten kurz wirksamen BZD eingehalten werden, da Entzugssymptome bei diesen Substanzen abrupter auftreten und stärker ausgeprägt sein können als bei BZD mit langer HWZ. Das vorherige Umsetzen auf eine äquivalente Dosis eines lang wirksamen BZD hat keinen nachweislichen Vorteil. 5 Für den Erfolg ist eine zuvor initiierte und erfolgreiche Therapie der Grunderkrankung wichtig. Es gibt Hinweise auf eine Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie ebenso wie gruppentherapeutischer Settings im fraktionierten BZD-Entzug. 5 Es gibt Hinweise für eine erfolgreichere Entzugsbehandlung mit parallelem Einsatz von Antidepressiva (Imipramin, auch Doxepin, Mirtazapin und Trazodon) und Antikonvulsiva (Carbamazepin, Gabapentin, Pregabalin, Oxcarbazepin, Valproinsäure). Insbesondere die Wirksamkeit von Pregabalin im BZD-Entzug wurde jüngst häufiger mit positiven Ergebnissen berichtet. 5 Während des Ausschleichens von BZD bei Patienten mit Insomnie gibt es Berichte über eine erfolgreiche adjuvante Melatonin-Substitution. Nach experimentellen Befunden inhibiert Melatonin zudem die Toleranzentwicklung über GABAerge Mechanismen. Dadurch erscheint eine Reduktion der BZD-Menge zur Angstlösung möglich. Neueste Studien relativieren die Effektivität von Melatonin im BZD-Entzug.
4.8 · Pharmakokinetik und Interaktionen
4.7
4
341
Kontraindikationen
Benzodiazepine Benzodiazepine: Kontraindikationen
2
Bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation 5 Abhängigkeitsanamnese 5 Myasthenia gravis (aufgrund der muskelrelaxierenden Wirkung der BZD) 5 Schwere Ateminsuffizienz 5 Akutes Engwinkelglaukom (nach Herstellerangabe für einige Präparate, pharmakologisch aber nicht eindeutig begründbar) 5 Spinale und zerebelläre Ataxie 5 Ambulante Verschreibung bei vorbekannter Abhängigkeitsanamnese 5 Schwere Leber- und Nierenerkrankung 5 Chronische Ateminsuffizienz (obstruktive Atemwegserkrankungen), Schlafapnoe-Syndrom 5 Während der Behandlung sollte kein Alkohol getrunken werden, da hierdurch die BZD-Wirkung in nicht vorhersehbarer Weise verändert und verstärkt wird. 5 Fahrtüchtigkeit und die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen, wird durch die Kombination mit Alkohol zusätzlich beeinträchtigt. 6
Kontraindikationen der anderen Anxiolytika 7 4.11, jeweiliges Präparat 4.8
Pharmakokinetik und Interaktionen
4.8.1 Pharmakokinetik der Benzodiazepine 5 BZD werden bei oraler Verabreichung aufgrund ihrer lipophilen Struktur gut resorbiert: − Sehr schnell: Diazepam und Dikaliumchlorazepat, − Relativ schnell: Alprazolam und Lorazepam, − Relativ langsam: Oxazepam und Prazepam. 5 Die Plasmaproteinbindung ist in der Regel hoch und beträgt 80–99%. Ausnahmen: Bromazepam 70%, Lorazepam ca. 60% Plasmaproteinbindung. Metabolisierungswege Phase-I-Metabolismus Oxidativ-hepatische Biotransformation durch Demethylierung sowie Hydroxylierung. Verläuft langsam und führt pharmakologisch meist zu wirksa-
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Kapitel 4 · Anxiolytika
men Metaboliten, die wiederum lange Eliminations-HWZ haben, wie z. B. Nordazepam; Kumulationsgefahr (. Tab. 4.1)! BZD, wie z. B. Diazepam, werden erst zu Nordazepam demethyliert, anschließend zu Oxazepam hydroxyliert und erst dann als Konjugat (Phase-II-Metabolismus) ausgeschieden. Phase-II-Metabolismus Konjugatbildung mit Glukuronsäure an einer ursprünglich vorhandenen oder an einer in einem vorhergehenden Hydroxylierungsschritt (Phase-IMetabolismus) angehängten Hydroxylgruppe. Geschieht schnell und führt unmittelbar zu renal eliminierbaren Produkten (Kumulationsgefahr gering). BZD wie z. B. Lorazepam, Lormetazepam und Oxazepam, die bereits eine Hydroxylgruppe besitzen, können sofort glukuronidiert werden, sodass deren Eliminations-HWZ mit ungefähr 10 h relativ kurz ist. . Tab. 4.1 Einteilung der Benzodiazepine nach ihren Eliminationshalbwertszeiten (HWZ) Benzodiazepine
8
Metaboliten
Benzodiazepine mit langer HWZ und lang wirksamen aktiven Metaboliten Diazepam (24–48 h)
Nordazepam (36–200 h) Oxazepam (4–15 h)
Chlordiazepoxid (5–30 h)
N-Desmethyl-Chlordiazepoxid (18 h) Demoxepam (ca. 45 h) Nordazepam (36–200 h)
Clonazepam (30-40 h)
Keine aktiven Metaboliten
12
Dikaliumclorazepat (2–2,5 h)
Nordazepam (36–200 h) Oxazepam (4–15 h)
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Prazepam (ca. 1,3 h)
Nordazepam (36–200 h) Oxazepam (4–15 h)
14
Clobazam (18–42 h)
N-Desmethylclobazam (< 36–46 h)
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Benzodiazepine mit mittlerer bis kurzer HWZ und aktiven Metaboliten
15
Alprazolam (12–15 h)
Hydroxylalprazolam (12–15 h)
Bromazepam (15–35 h)
Aktive Metaboliten in klinisch relevantem Ausmaß entstehen nicht
16
Benzodiazepine mit mittlerer bis kurzer HWZ ohne aktive Metaboliten
17
Lorazepam (12–16 h)
Glukuronid als Hauptmetabolit pharmakologisch kaum wirksam
4.10 · Dosierung und Behandlungsdauer
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4
Auswirkungen auf die Anwendung von Benzodiazepinen 5 Demethylierung und Hydroxylierung sind abhängig von der allgemeinen Leberfunktion und dem Alter, nicht so dagegen in der Regel die Glukuronidierung. Hohes Alter oder Leberzirrhose können die Eliminations-HWZ von Phase-I-metabolisierten BZD verlängern. 5 Neben der HWZ sind die Dauer und das Ausmaß der Verteilung eines BZD im Organismus wichtig: z. B. haben Diazepam und Nordazepam ein großes Verteilungsvolumen, sodass Diazepam nach einmaliger Applikation trotz relativ langer HWZ nur eine kurze Wirkungsdauer aufweist, da durch Rückdiffusion der Substanzen aus dem zentralen Kompartiment in die peripheren Gewebe wirksame Konzentrationen im Gehirn nur relativ kurze Zeit aufrechterhalten werden können. Alprazolam, Clobazam, Lorazepam und Oxazepam besitzen ein kleines Verteilungsvolumen. 4.8.2
Interaktionen der Benzodiazepine
! In pharmakodynamischer Hinsicht sind bei BZD Wirkverstärkungen in
Zusammenhang mit ebenfalls sedativ wirkenden Substanzen zu beachten, insbesondere bei Substanzen mit ebenfalls GABAergem Wirkmechanismus (z. B. Barbiturate oder Antikonvulsiva) und Alkohol. Die gleichzeitige Einnahme kann die Wirkungen von BZD verstärken und möglicherweise zu tiefer Sedierung und klinisch relevanter Herz-Kreislauf- und/oder Atemdepression führen.
4.9
Routinehinweise
Das Kapitel bezieht sich auf BZD, Routinehinweise für die anderen Anxiolytika (7 4.11, jeweiliges Präparat). 5 Routineuntersuchungen von Leber, EKG, EEG sind nicht notwendig. Bei Leber- und Nierenfunktionsstörungen kann jedoch die Wirkstoffelimination reduziert sein (7 14.3.5 und 7 14.4.5). Die Patienten sollten auf folgende Risiken hingewiesen werden: 5 Potenzierungsgefahr bei gleichzeitiger Einnahme anderer sedierender Pharmaka und von Alkohol, 5 mögliches Abhängigkeitsrisiko und Entzugssymptomatik 7 4.6.1–4.6.3, 5 mögliche eingeschränkte Fahrtüchtigkeit 7 Kap. 16, 5 Risiko in der Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15. Routinehinweise bei anderen Anxiolytika 7 4.11, jeweiliges Präparat 4.10
Dosierung und Behandlungsdauer
Das Kapitel bezieht sich auf BZD, Dosierung und Behandlungsdauer für die anderen Anxiolytika (7 4.11, jeweiliges Präparat).
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Kapitel 4 · Anxiolytika
5 Die Dosierung richtet sich nach dem gewünschten Grad der Anxiolyse bzw. Sedierung. 5 BZD wirken schnell und zuverlässig und haben eine große therapeutische Breite. 5 Die Gesamtgabe sollte auf einen möglichst kurzen Zeitraum (4–6 Wochen) beschränkt werden. 5 Es sollte versucht werden, stets nur ein BZD zu verordnen. BZD sollten in möglichst niedrigen, aber ausreichend wirksamen Dosen verabreicht werden. Die Gesamtgabe sollte auf einen möglichst kurzen Zeitraum (4–6 Wochen) beschränkt werden. Die Indikation zu einer langfristigen BZD-Verordnung sollte stets durch einen Psychiater gestellt werden, z. B. bei schweren Angsterkrankungen, die durch Antidepressiva und/oder zusätzliche psychotherapeutische Maßnahmen nicht gebessert wurden. 5 Bei BZD mit langen HWZ sind häufig einmalige Gaben pro Tag ausreichend. Bei Substanzen mit kürzeren HWZ sind 2–4 Dosierungen pro Tag zu wählen. Hauptdosierung bei sedierender Wirkung zur Nacht. 4.10.1 Anxiolytika im höheren Lebensalter ! Es sind im Alter BZD wie Lorazepam und Oxazepam, die nicht verzögert
ausgeschieden werden, vorzuziehen.
5 BZD können prinzipiell auch im höheren Lebensalter als sicher und wirksam angesehen werden. 5 NW (7 4.6) treten allerdings u. a. aufgrund eines verzögerten Metabolismus bzw. anderer pharmakokinetischer Besonderheiten im höheren Alter (7 14.1) häufiger und auch schon in niedrigeren Dosisbereichen auf und können dann gravierende Konsequenzen haben, insbesondere Stürze (Sedierung, muskuläre Hypotonie, Ataxie) mit entsprechenden Komplikationen (Frakturen, Schädel-Hirn-Trauma) sowie kognitive Störungen. Vor allem bei internistisch multipel vorerkrankten Patienten und i.v.-Gabe können Kreislauf- und Atemdepression auftreten. 5 Kurz wirksame BZD ohne aktive Metaboliten (Lorazepam, Oxazepam) sind lang wirksamen Präparaten wegen der Neigung zur Akkumulation bei im Alter verlängerter Eliminations-HWZ vorzuziehen. Lang wirksame BZD unterliegen darüber hinaus oft einem komplexen Metabolismus (7 4.8). 5 Bei verwirrten Patienten oder Patienten mit organischen Veränderungen können paradoxe BZD-Wirkungen (Agitiertheit, Euphorisierung, Erregungszustände, Schlaflosigkeit) auftreten. In solchen Fällen können nichttrizyklische niederpotente Antipsychotika (Dipiperon, Melperon) verordnet werden. Diese NW ist aber so selten, dass nicht grundsätzlich bei älteren Patienten auf BZD verzichtet werden kann.
4.11 · Präparate
-
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4
Bei älteren Patienten ist der Entzug sehr langsam vorzunehmen, insbesondere bei hohen Dosen.
Anwendung von Psychopharmaka im Alter allgemein 7 14.1; Benzodiazepine bei Schlafstörungen 7 Kap. 5; Benzodiazepine und Alkoholentzugssyndrom 7 Kap. 7; Benzodiazepine bei psychiatrischen Notfallsituationen 7 Kap. 13
Dosierung und Behandlungsdauer bei anderen Anxiolytika 7 4.11, jeweiliges Präparat 4.11
Präparate
Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet. Es wird auf die weiterführende Darstellung der NW und Kontraindikationen in 7 4.6 bzw. 7 4.7 und auf die Besonderheiten im Alter und bei internistischen Krankheiten (7 Kap. 14) hingewiesen. Wegen der Ähnlichkeit der NW und Kontraindikationen bei den BZD werden sie gemeinsam in 7 4.6 abgehandelt. Alprazolam Triazolobenzodiazepin 8-Chloro-1-methyl-6-phenyl-4H-s-triazolo[4,3-a][1,4]benzodiazepin Alprazolam-1 A (1 A Pharma) Tbl. 0,5/ 1 mg Alprazolam AbZ (AbZ-Pharma) Tbl. 0,25/ 0,5 mg Alprazolam AL (ALIUD PHARMA) Tbl. 0,5/ 1,0 mg Alprazolam-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1,0 mg
Alprazolam Sandoz (Sandoz) Tbl. 1,0 mg Cassadan (Temmler Pharma) Tbl. 0,25/ 0,5/ 1 mg Tafil (Pharmacia) Tbl. 0,5/ 1,0 mg (10, 20, 50 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Mittelschnelle Resorption, orale Bioverfügbarkeit 80%, t½ = 12–15 h; Tmax = 1–2 h. Metabolisierung im Wesentlichen durch CYP3A4; ein wirksamer Metabolit (α-Hydroxyalprazolam) mit etwa gleich langer HWZ wie die Muttersubstanz, viele weitere Metaboliten sind für die klinische Wirkung kaum von Bedeutung. Niere als Hauptausscheidungsorgan. 5 Plasmakonzentration: 20–40 ng/ml(p).
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständenz. 5 In den USA ist mit Xanax® XR die retardierte Form von Alprazolam auch zur Behandlung der Panikstörung mit und ohne Agoraphobie zugelassen. Alprazolam XR zeichnet sich bei lediglich einmaliger täglicher Einnahme durch ein günstigeres NW-Profil aus. Das Risiko einer Abhängigkeitsentwicklung ist bei dieser Darreichungsform aber nicht günstiger. 5 Die Behandlung sollte einschließlich der schrittweisen Absetzphase 8–12 Wochen nicht übersteigen. Routinehinweise 7 4.9 Dosierung 5 3 × 0,25–0,5 mg/d; max. 4 mg/dz. Aufgrund der kurzen bis mittellangen HWZ ist eine 2- bis 4-malige Verabreichung über den Tag verteilt zu empfehlen. Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2) 5 Die Kombination mit Narkoanalgetika (z. B. Opiaten) kann zu einer Verstärkung der euphorisierenden Wirkung und damit zu beschleunigter Abhängigkeitsentwicklung führen. 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP3A4-Inhibitoren (z. B. Cimetidin, Omeprazol): Anstieg der Plasmaspiegel von Alprazolam und evtl. verstärkte Sedierung (7 Anhang INT). 5 Unter Fluvoxamin wurde ein Anstieg des Serumspiegels von Alprazolam um ca. 100% beobachtet, die Dosis sollte entsprechend reduziert werden. 5 Bei Kombination mit Digoxin Anstieg der Plasmaspiegel von Digoxin. Kombination bei älteren Patienten (> 65 J.) vermeiden. 5 Carbamazepin und Phenytoin können zu geringeren Alprazolam-Plasmaspiegeln führen. Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Auf das Interaktionsrisiko ist zu achten. Möglicherweise höheres Abhängigkeitspotenzial gegenüber Vergleichspräparaten. Langzeituntersuchungen zum Abhängigkeitsrisiko bei Panikstörungen fehlen.
4.11 · Präparate
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Bromazepam 1,4-Benzodiazepin 7-Bromo-1,3-dihydro-5-(2-pyridyl)-2H-1,4-benzodiazepin-2-on Bromazanil 3/6 (HEXAL) Tbl. 3/ 6 mg Bromaz 6-1 A1 (1 A Pharma) Bromazepam AL1 (ALIUD PHARMA) Bromazepam beta1 (betapharm) Bromazepam dura1 (Mylan dura GmbH) Bromazepam neuraxpharm1 (neuraxpharm) 1
Bromazepam ratiopharm1 (ratiopharm) bromazep von ct1 (ct-Arzneimittel) Gityl1 (Krewel Meuselbach) Lexostad1 (STADApharm) Lexotanil (Roche) Tbl. 6 mg (10, 20, 50 Tbl.) neo OPT1 (Optimed) Normoc1 (Merckle Recordatie)
Alle Bromazepam-Generika: Tbl. 6 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption, orale Bioverfügbarkeit 60%; Tmax = 2 h; t½ = 15–35 h. 5 Die am Metabolismus beteiligten Enzyme sind unklar, wahrscheinlich CYP2C19. Metabolisierung zu pharmakologisch aktiven Metaboliten (3-Hydroxybromazepam und 2-Amino-5-brom-3-hydroxybenzoyl-pyridin), die klinisch nicht von Bedeutung sind. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständenz. 5 Der Einsatz von Bromazepam als Schlafmittel ist nur dann gerechtfertigt, wenn gleichzeitig eine Tranquilisation am Tage erforderlich ist. Routinehinweise 7 4.9. Dosierung 5 3–6 mg/d in 2–4 Einzeldosen. Ambulant in Einzelfällen bis 12 mg/d. In der Klinik bis 18 mg/dz. Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2)
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5 Bei Kombination mit Fluvoxamin oder Cimetidin, verminderte Clearance und Anstieg der Wirkspiegel von Bromazepam.
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Bewertung Wirksames Anxiolytikum.
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Buspiron Azapiron 8-[4-[4-(2-Pyrimidinyl)-1-piperazinyl]butyl]-8-azaspiro[4,5]decan-7,9-dion Anxut (Eisai) Tbl. 5/ 10 mg
Busp (Hexal) Tbl. 5/ 10 mg
Pharmakodynamik 5 Kompletter Agonist an präsynaptischen 5-HT1A-Autorezeptoren, wirkt inhibitorisch auf die Ausschüttung und Synthese von Serotonin. 5 Postsynaptisch partieller Agonist an 5-HT1A-Rezeptoren mit direktem serotonergem Effekt. 5 Antagonistische Eigenschaften am präsynaptischen D2-Rezeptor werden postuliert. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; orale Bioverfügbarkeit nur 4% durch ausgeprägten First-pass-Effekt; Tmax = 1‒1,5 h; t½ = 2–11 h. 5 Bioverfügbarkeit wird durch Nahrungsaufnahme erhöht. 5 Die Metabolisierung erfolgt bevorzugt über CYP3A4. Hauptmetaboliten sind 6-Hydroxybuspiron, welches an 5-HT1A-Rezeptoren bindet und in 40-fach höherer Konzentration als die Muttersubstanz vorliegt, und ein anxiolytisch wirksamer Metabolit: 1-Pyrimidylpiperazin (1-PP), das im Steady State in 13-fach höherer Konzentration vorkommt als die Muttersubstanz. Die HWZ von 1-PP ist etwa 6 h länger als die der Muttersubstanz. 5 Plasmakonzentration: 1–5 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von Angstzuständen mit der Leitsymptomatik Angst, innere Unruhe und Spannungszuständez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → GAS leichter bis mittlerer Ausprägung (7 1.4.4). 5 Hinweise zur Wirkung bei der → Augmentationsbehandlung von SSRI bei schwerer Depression. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei → PTBS. 5 Wirksamkeit bei zerebellärer Ataxie nur temporär und von geringem Ausmaß. 5 Buspiron hat keine sedierenden, muskelrelaxierenden oder antikonvulsiven Eigenschaften. Keine Abhängigkeitsentwicklungen. Keine Inter-
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aktion mit Alkohol. Es sind keine paradoxen Disinhibitionsphänomene beschrieben. Bei sexuellen Störungen 7 8.2.6. 5 Wegen bestehender Wirklatenz von 10–14 Tagen und fehlenden sedierenden Eigenschaften als Adjuvans bei Unruhezuständen oder psychotischen Angstzuständen nicht geeignet. 5 Buspiron ist nicht in der Lage, Entzugssymptome nach Absetzen von BZD zu beheben und ist bei Vorbehandlung mit BZD nicht wirksam. Schwangerschaft und Stillzeit 7 15.6.2 Dosierung 5 15–30 mg/d, Höchstdosis 60 mg/dz. Dosis langsam steigern. Verteilung der Tagesdosis auf 3–4 Einzelgaben. Eine Einzeldosis von 30 mg sollte nicht überschritten werden. Nebenwirkungen Häufig: Benommenheit, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Nervosität, Erre-
gung, Albträume, Schwitzen, feuchte Hände, Übelkeit, Tinnitus, Halsentzündung. Gelegentlich: Synkopen, Augenreizung, verändertes Geruchs- und Geschmacksempfinden, Hypersalivation, Muskelverspannungen, Kurzatmigkeit. Sonstige Nebenwirkungen: Selten EPS; Galaktorrhö, Amenorrhö. Kontraindikationen 5 Myasthenia gravis; akutes Engwinkelglaukom; schwere Leber- und Nierenfunktionsstörung; BZD-Entzug (s. Indikation). Anamnestisch bekannte Krampfanfälle. Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2) 5 Keine Kombination mit MAOH. 5 Vorsicht bei Kombination mit SSRI oder Johanniskraut: Einzelfallberichte über zentrales Serotoninsyndrom. 5 CYP3A4-Inhibitoren, z. B. Erythromycin, können den Buspiron-Plasmaspiegel erhöhen (7 Anhang INT). 5 Eine gleichzeitige Gabe von Buspiron und Haloperidol führte bei gesunden Probanden zu einem Anstieg der Haloperidol-Konzentration im Serum. 5 Die Plasmaspiegel von Buspiron werden durch Grapefruitsaft erhöht. Bewertung Wirksam bei Angstzuständen mit Vorteil des fehlenden Abhängigkeitspotenzials und Nachteil der langen Wirklatenz; bisher kein Nachweis für eine Langzeitwirkung erbracht. Schwächere anxiolytische Wirkung als BZD. Tinnitus ist eine häufige NW.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Chlordiazepoxid 1,4-Benzodiazepin 7-Chloro-2-methylamino-5-phenyl-3H-1,4-benzodiazepin-4-oxid Librium (MEDA Pharma) Tbl. 25 mg (10, 20, 50 Tbl.)
Radepur 10 (AWD pharma) Drg. 10 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle bis mittelschnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit 100%; Tmax = 0,5–3,3 h (altersabhängig); t½ = 5–30 h; low-clearance drug, dadurch bei Dauermedikation Akkumulation, besonders der aktiven Metaboliten N-Desmethyl-Chlordiazepoxid (t½ = 18 h), Demoxepam (t½ = 37 h) und Nordazepam (t½ = 36–200 h). Metaboliten bis 200 h. Metabolisierung durch CYP3A4. Indikation und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständenz. 5 Die Anwendung von Chlordiazepoxid bei behandlungsbedürftigen Schlafstörungen, die durch Angst, Spannung und Erregung bedingt sind, ist nur dann gerechtfertigt, wenn gleichzeitig tagsüber die Benzodiazepin-Wirkung erwünscht ist. Routinehinweise 7 4.9. Dosierung 5 Bis zu 62,5 mg. eine Einzeldosis von 25 mg sollte nicht überschritten werden. Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 Bei gleichzeitiger Einnahme von CYP3A4-Inhibitoren, z. B. Itraconazol, ist mit einem Anstieg der Plasmaspiegel von Chlordiazepoxid zu rechnen (7 Anhang INT). Bewertung Aufgrund hoher Kumulationsgefahr, vermehrter NW und besserer Alternativen nicht empfehlenswert.
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Clobazam 1,5-Benzodiazepin 7-Chlor-1-methyl-5-phenyl-1H-1,5-benzodiazepin-2,4-(3H,5H)-dion Frisium 10/20 Tabs (Aventis Pharma) Tbl. 10/ 20 mg (10, 20, 50 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit ca. 87%; Tmax = 0,25-4 h; t½ = 18 h; Metabolisierung durch CYP2C19 und CYP3A4.Hauptmetaboliten N-Desmethylclobazam (t½ = 50 h, Tmax = 24-72 h) und 4-Hydroxyclobazam. Wirkstoffkumulation aufgrund langer Eliminations-HWZ der Metaboliten bei länger dauernder regelmäßiger Applikation möglich. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständenz. Dosierung 5 20–30 mg/d, Höchstdosis 80 mg/dz. Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 Bei gleichzeitiger Einnahme von CYP3A4-Induktoren, z. B. Phenobarbital, ist mit einem Abfall der Plasmaspiegel von Clobazam zu rechnen (7 Anhang INT). Bewertung Aufgrund der Kumulationsgefahr nur Mittel der 2. Wahl. Diazepam 1,4-Benzodiazepin 7-Chlor-1,3-dihydro-1-methyl-5-phenyl-2H-1,4-benzodiazepin-2-on Diazepam 10 mg-Rotexmedica (Rotexmedica) Tbl. 10 mg
Diazepam AbZ (AbZ-Pharma) Tbl. 5/ 10 mg Trpf. 10 mg = 20 Trpf. = 1 ml (25 ml)
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Diazepam Desitin rectal tube (Desitin) Tbl. 5/ 10 mg Diazep-CT (CT-Arzneimittel) Tbl. 5/ 10 mg Amp. 10 mg/2 ml (5 Amp.) 10 mg/2 ml (25 Amp.) Diazepam Desitin (Desitin) Tbl. 5/ 10 mg Diazepam-Lipuro (Braun Melsungen) Tbl. 10 mg Amp. 10 mg/2 ml (10 Amp.) Diazepam-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 2/ 5/ 10 mg Trpf. 10 mg = 20 Trpf. = 1 ml (25 ml) Supp. 5/ 10 mg Amp. 10 mg/2 ml (5 Amp.) 10 mg/2 ml (25 Amp.) Diazepam Sandoz (Sandoz) Tbl. 10 mg
Diazepam STADA (STADApharm) Tbl. 5/ 10 mg Faustan (Temmler Pharma) Tbl. 5 mg Amp. 10 mg/2 ml (5 Amp.) Lamra (Merckle) Tbl. 10 mg Stesolid (Actavis) Tube 5/ 10 mg/2,5 ml Amp. 10 mg/2 ml Valium (Roche) Tbl. 5/ 10 mg (20, 50 Tbl.) Trpf. 10 mg = 30 Trpf. = 1 ml (25 ml) (Valiquid 0,3) Amp. 10 mg/2 ml (5 Amp.) (Valium 10) 10 mg/2 ml (5 Amp.) (Valium MM) Valocordin-Diazepam (Krewel Meuselbach) Trpf. 10 mg = 28 Trpf. = 1 ml (25 ml)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption (bei oraler Gabe schnellster Wirkungseintritt aller BZD); orale Bioverfügbarkeit 75‒80%; Tmax = 30 – 90 min; t½ 24–48 h. 5 Aufgrund des großen Verteilungsvolumens bei Einmaldosierung allerdings nur eine kurz dauernde Wirkung. 5 Rektale Resorption ähnlich schnell wie bei oraler Gabe, jedoch unzuverlässiger. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2C19 und nachgeordnet durch CYP2B6 und CYP3A4. Pharmakologisch aktive Metaboliten: Nordazepam (t½ = 36–200 h), Oxazepam (t½ = 4–15 h) (Kumulationsgefahr!). 5 Plasmakonzentration (Summe Diazepam plus aktive Metaboliten): 200–400 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. 5 Erregungszuständez 7 13.2. 5 Wirksam beim Alkoholentzugssyndrom 7 7.2.1. 5 Einsatz als Hypnotikum möglich, jedoch Hang-over-Phänomene. 5 Einsatz in der Neurologie als Muskelrelaxans und Antikonvulsivum zur Unterbrechung eines Status epilepticus. Routinehinweise 7 4.9.
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Dosierung 5 Angstzustände: Ambulant 2–15 mg/d oral, stationär 5–60 mg/d oralz. 5 Einschlafstörungen: 5–20 mg abends. 5 Ängstlich-agitierte Erregungszustände: 10 mg oral, i.v. oder i.m. (1- bis 2-malige Wiederholung im Abstand von jeweils 30 min möglich, allerdings sollten 40 mg in den ersten 24 h nur in Ausnahmefällen überschritten werden). 5 Alkoholentzugssyndrom: Nach Entzugsschwere; orientierend: Diazepam 40 mg in den ersten 24 h, danach über 3-‒5 Tage mit 4 × 5 mg/d absetzen; bei symptomgesteuerter Behandlung auch deutlich höhere Dosen. 5 Hinweis: Bei der i.m.-Injektion von Diazepam werden niedrigere Plasmaspiegel erreicht als nach der peroralen Applikation. Nebenwirkungen 7 4.6 ! Bei schneller i.v.-Injektion von Diazepam kann es zu Atemdepression kom-
men; die i.v.-Gabe muss daher langsam erfolgen.
5 Nach i.v.-Verabreichung von Diazepam sind lokale Gefäßirritationen bis hin zu Thrombophlebitiden beobachtet worden, die unter den Präparationsformen (Diazepam-Lipuro®, Stesolid®, Valium MM®) nicht auftreten sollen. Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 Hemmung des Abbaus von Diazepam bei Kombination mit Cimetidin, Disulfiram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Ketoconazol und Omeprazol, dadurch verstärkte Sedierung. 5 Phenobarbital und Phenytoin können den Metabolismus von Diazepam beschleunigen. Bewertung Sicheres Anxiolytikum mit zugleich sehr guter sedierender Eigenschaft. Kumulationsgefahr. Abhängigkeitsrisiko. Dikaliumclorazepat 1,4-Benzodiazepin Dikalium-7-chlor-2,3-dihydro-2,2-oxo-5-phenyl-1H-1,4-benzodiazepin-3-carboxylat Tranxilium (Sanofi-Synthelabo) Kps. 5/ 10/ 20 mg (10, 20, 50 Kps.) Tbl. 20 mg (10, 20, 50 Tbl.) (Tranxilium Tabs)
Tranxilium Injizierbar (Sanofi-Synthelabo) Amp. 50 mg (5 Durchstechflaschen + 5 Lösungsmittelamp. 2,5 ml)
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Dikaliumclorazepat (t½ = 2–2,5 h) stellt eine Prodrug dar und wird im sauren Magenmilieu pH-abhängig rasch zur eigentlichen Wirksubstanz N-Desmethyldiazepam (Nordazepam)(t½ = 36–200 h) hydrolysiert. Nordazepam wird in der Leber über CYP2C19 und CYP3A4 zu Oxazepam (t½ = 4–15 h) metabolisiert. Tmax = 0,5‒1 h für die Muttersubstanz, 1 h für den aktiven Metaboliten. Steady State ist für den aktiven Metaboliten nach 6‒11 Tagen erreicht. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung akuter oder chronischer Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständez. 5 Bei psychotischen Angstzuständen kann Dikaliumclorazepat vorübergehend als Adjuvans verordnet werden. Routinehinweise 7 4.9. Dosierung 5 Die Tagesdosis beträgt in der Regel 10–20 mg Dikaliumclorazepat in 2–3 Einzelgaben oder als abendliche Einmaldosis. Bei Bedarf kann die Tagesgesamtdosis unter Berücksichtigung aller Vorsichtshinweise auf 50 mg bis max. 150 mg Dikaliumclorazepat erhöht werdenz. Stationär können bei hochgradigen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen höhere Dosen gegeben werden (bis zu 300 mgz). Eine i.v.-Injektion sollte langsam vorgenommen werden (nicht mehr als 100 mg pro Injektion). Zu beachten ist, dass Tranxilium Injizierbar® nach Zubereitung der Lösung zur unmittelbaren Verwendung bestimmt ist, da es nicht über einen längeren Zeitraum stabil ist und es zu Ausfällungen kommen kann. Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 Kombination mit Clozapin erhöht die Gefahr eines Atem- und/oder Kreislaufversagens. 5 Unter Kombination mit Inhibitoren von CYP2C19 und CYP3A4, z. B. Fluvoxamin oder Moclobemid bzw. Erythromycin oder Fluoxetin, verminderte Clearance und Anstieg der Wirkspiegel des aktiven Metaboliten Nordazepam.
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5 Carbamazepin oder Phenytoin können zu geringeren NordazepamPlasmaspiegeln führen. Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Kumulationsgefahr. Hydroxyzin Piperazinderivat 2-[2-[4-(p-Chlor-a-phenylbenzyl)-1-piperazinyl]ethoxy]ethanol Atarax (UCB) Tbl. 25 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Blockierende Wirkung an H1-Rezeptoren, Hydroxyzin gehört zu den potentesten Antihistaminika, außerdem adrenolytische und anticholinerge Aktivität. Neben anxiolytischen und sedierenden sind auch antiemetische Wirkungen beschrieben. Pharmakokinetik 5 Rasche und nahezu vollständige Resorption nach oraler Einnahme; Tmax = 2 h; t½ bei Erwachsenen ca. 7–20 h, bei Kindern ca. 7 h. Pharmakologisch aktiver Metabolit Cetirizin (HWZ 7‒10 h). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angst- und Spannungszustände, nichtpsychotische emotional bedingte Unruhezuständez. 5 Ein- und Durchschlafstörungenz, sofern sie nicht Folgeerscheinung anderer, behandlungsbedürftiger Grunderkrankungen sind.
5 Hinweise auf Wirksamkeit bei → GAS. 5 Innere Medizin/Dermatologie: Antiallergikumz; Chirurgie: Prämedikationz. 5 Keine Hinweise auf Abhängigkeit oder Absetzphänomene. Schwangerschaft und Stillzeit 7 15.6.2 Dosierung 5 37,5–75 mgz, aufgeteilt in 2–3 Einzelgaben. Nebenwirkungen 5 Ohne Häufigkeitsangabe: Schwindelgefühl, Benommenheit, Konzentrationsstörungen, verlängerte Reaktionszeit; »paradoxe« Reaktionen wie Unruhe, Anspannung sind möglich. Anticholinerge NW vergleichbar denen der TZA (7 1.6). Kontraindikationen 5 Akutes Engwinkelglaukom, Prostataadenom mit Restharnbildung.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
5 Relative Kontraindikation: Eingeschränkte Leberfunktion, Phäochromozytom. Interaktionen 5 Keine Kombination mit arrhythmogenen Substanzen. 5 Absenkung von Phenytoin-Spiegeln bei gleichzeitiger Gabe von Hydroxyzin möglich. 5 Verstärkung anticholinerger NW durch gleichzeitige Gabe von anderen Substanzen mit anticholinergen Wirkungen (z. B. Atropin, Biperiden, TZA) möglich. 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 Bei gleichzeitiger Gabe von MAOH und Hydroxyzin verstärkte Hypotension möglich. 5 Hydroxyzin ist ein CYP2D6-Inhibitor und kann daher in hohen Dosen Wechselwirkungen mit CYP2D6-Substraten verursachen, z. B. Diphenhydramin (. Tab. 17.5). Bewertung Hinweise auf Wirksamkeit bei GAS; Gleichwirksamkeit gegenüber BZD und Antidepressiva nicht belegt. Als Anxiolytikum, auch aufgrund der antihistaminen, anticholinergen und adrenolytischen Wirkung, nur Mittel der 2. Wahl.
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Lorazepam 1,4-Benzodiazepin 7-Chlor-5-(o-chlorphenyl)-1,3-dihydro-3-hydroxy-2-1,4-benzodiazepin-2-on Lorazepam dura1(Mylan dura) Lorazepam-neuraxpharm1 (neuraxpharm) Lorazepam-ratiopharm1 (ratiopharm)
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Tavor (Wyeth) Tbl. 0,5/ 1/ 2,5 mg (10, 20, 50 Tbl.) Tbl. 2 mg (10, 20, 50 Tbl.) (Tavor Tabs) Lyophilisierte 1/ 2,5 mg (50 Plättchen) Plättchen (Tavor Expidet) Amp. 2 mg/1 ml (10, 50 Amp.) Tolid1 (Dolorgiet)
Alle Lorazepam-Generika: Tbl. 1/ 2,5 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). 5 Nach klinischer Beobachtung ausgeprägtere Angstlösung gegenüber Vergleichssubstanzen, in kontrollierten Untersuchungen dafür jedoch bisher kein Hinweis.
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Pharmakokinetik 5 Rasche und nahezu vollständige Resorption; Tmax = 1‒2 h; t½ = 12–16 h; keine aktiven Metaboliten. 5 Praktisch kein Phase-I-Metabolismus. Die Clearance von Lorazepam wird durch Lebererkrankungen (Hepatitis, Zirrhose) nicht signifikant verändert. Schwere Leberfunktionsstörungen können zu einer Verlängerung der terminalen HWZ führen. 5 Nach einer Einzeldosis von 1 mg beträgt die mittlere Plasmakonzentration 10–15 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Symptomatische Kurzzeitbehandlung von Angst-, Spannungs- und Erregungszuständen sowie dadurch bedingten Schlafstörungenz. 5 Angstzuständez: Bei psychotischen Angstzuständen kann Lorazepam vorübergehend als Adjuvans verordnet werden. 5 Lorazepam hat eine stupor- und mutismuslösende Wirkung. 5 Für psychiatrische Notfälle: Tavor® i.v.- oder i.m. 5 Zur Verordnung bei manischen Episoden 7 2.4.1. 5 Für Patienten, die unzureichend schlucken können: Tavor® Expidet (lyophilisierte Plättchen, die sich in Sekunden auf der Zunge lösen). Die Sofortlöslichkeit von Tavor® Expidet verhindert bei Non-Compliance des Patienten ein Zurückhalten im Mund. Tavor® Expidet wird aber nicht schneller resorbiert als herkömmliche Tavor®-Tabletten. Routinehinweise 7 4.9. Dosierung 5 Ambulant 0,25–5 mgz meist in 2–4 Einzeldosen, stationär bis 7,5 mg/dz; vor dem Schlafengehen 1–2,5 mg. Im Vergleich zu Diazepam wird etwa 1/4 der Dosis für die gleiche Wirkung benötigt. 5 Psychiatrische Notfälle: Initial 2–2,5 mg p.o. oder in parenteraler Applikationsform (wegen möglicher Atemdepression langsame i.v.Applikation, Injektionsgeschwindigkeit für die i.v.-Verabreichung soll 2 mg Lorazepam pro Minute nicht überschreiten). Aufdosierung bis 10 mg/d(z) möglich. 5 Bei medikamentös induzierten extrapyramidalmotorischen Störungen (EPS) 1,0–5 mg/d. Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 7 4.8.2 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2).
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Kapitel 4 · Anxiolytika
5 Die gleichzeitige Gabe von Lorazepam und Valproinsäure kann zu erhöhten Plasmakonzentrationen und zu einer verminderten Clearance von Lorazepam führen. Wenn Valproinsäure gleichzeitig angewendet wird, sollte die Lorazepam-Dosis um etwa 50% reduziert werden. 5 Bei gleichzeitiger Anwendung von Lorazepam und Clozapin kann es zu ausgeprägter Dämpfung, übermäßigem Speichelfluss und Störungen der Bewegungskoordination kommen. 5 Probenecid vermindert die Clearance von Lorazepam, dadurch steigt die Plasmakonzentration von Lorazepam, und die Wirkung ist verstärkt. Reduzierte Lorazepam-Dosis einsetzen. Bewertung Hochwirksames Anxiolytikum mit stupor- und mutismuslösender Wirkung. Möglicherweise höheres Abhängigkeitspotenzial gegenüber Vergleichspräparaten. Medazepam
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1,4-Benzodiazepin 7-Chlor-2,3-dihydro-1-methyl-5-phenyl-1H-1,4-benzodiazepin Rudotel (AWD Pharma) Tbl. 10 mg
Rusedal (Nycomed) Tbl. 10 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; orale Bioverfügbarkeit 49‒76%; Tmax = 0,5–2 h; t½ = 2–5 h; rasche Verstoffwechselung zu den aktiven Metaboliten (Kumulationsgefahr). Medazepam fungiert als Prodrug. Als aktive Metaboliten entstehen unter Beteiligung von CYP2C19, CYP3A4 und CYP2B6 Desmethylmedazepam, Diazepam, Desmethyldiazepam und Oxazepam. Für die Einschätzung der Wirkdauer ist daher die t½ der aktiven Metaboliten entscheidend. Kumulierte Eliminations-HWZ liegen bei bis zu 200 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständenz. Routinehinweise 7 4.9. Dosierung 5 10–30 mg/dz, verteilt auf 2–3 Einzeldosen. Höchstdosis 60 mg/dz.
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4.11 · Präparate
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Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 Unter Fluoxetin, Fluvoxamin oder Moclobemid kann es zu einer Wirkverstärkung von Medazepam durch Hemmung der Elimination kommen. Bewertung Aufgrund der Kumulationsgefahr nur Mittel der 2. Wahl. Opipramol Trizyklisches Piperazinylderivat 4-[3-(5H-Dibenz[b,f]azepin-5-yl)propyl]-1-piperazinethanol Insidon (Novartis Pharma) Drg. 50 mg (20, 50, 100 Drg.) Tbl. 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trpf. 1 ml (24 Trpf.) enthält 100 mg Opipramol Opipram1 (Krewel-Meuselbach) Opipramol-1A Pharma1 (1A Pharma) Opipramol AbZ1 (AbZ-Pharma) Opipramol AL1 (ALUID Pharma) Opipramol beta1 (betapharm) opipramol-biomo1 (biomo) Opipramol-CT1 (CT Arzneimittel) 1
Opipramol dura1 (Mylan dura) Opipramol HEXAL1 (HEXAL) Opipramol Holsten1 (Holsten) Opipramol-ISIS1 (Actayis) Opipramol-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 50/ 100/ 150 mg Opipramol-ratiopharm1 (ratiopharm) Opipramol Sandoz1 (Sandoz) Opipramol STADA1 (Stada) Opipramol Valeant1 (MEDA Pharma) Opipra TAD1 (TAD Pharma)
Alle Opipramol-Generika: Tbl. 50/ 100 mg
Pharmakodynamik 5 Opipramol ist in erster Linie ein Sigma-Ligand und aktiviert primär den σ1-Rezeptor, hat aber auch eine niedrige Affinität zum σ2-Rezeptor. Über die Sigma-Rezeptoren wirkt Opipramol modulierend im NMDA-System. 5 Zudem hat Opipramol eine H1-antihistaminerge Wirkkomponente und eine etwas geringere antidopaminerge und 5-HT2A-antagonistische Wirkung. 5 Im Unterschied zu den strukturverwandten Antidepressiva besitzt Opipramol keine Hemmwirkung auf die Wiederaufnahme von Monoaminen und nur geringe anticholinerge Aktivität.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Pharmakokinetik 5 Vollständige Resorption nach oraler Gabe; Tmax = 3–3,3 h; t½ = 11 h; Metabolisierung durch CYP2D6 zu Deshydroxyethylopipramol. 5 Plasmakonzentration: 14–64 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Generalisierte Angststörungz. 5 Somatoforme Störungenz. 5 Zumeist ältere Studien zeigen Hinweise zur Wirksamkeit bei → postmenopausalem Syndrom. 5 Keine Abhängigkeits- oder Absetzphänomene. Dosierung 5 50–300 mg/d je nach Schwere der Erkrankung, verteilt auf 1–3 Einzelgaben, Hauptdosis abends. Das BfArM hatte eine Regeldosis von 200 mg/dz festgelegt. Nebenwirkungen
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Häufig: Müdigkeit, Mundtrockenheit. Gelegentlich: Schwindel, Benommenheit, allergische Hautreaktionen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten bei älteren Patienten Verwirrtheitszu-
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stände, Galaktorrhö, Blutbildveränderungen. Sehr selten Glaukomanfälle, Haarausfall, schwere Leberfunktionsstörungen.
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Kontraindikationen 5 Akutes Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie; schwere Leber- und Nierenerkrankungen; AV-Blockierung oder Reizleitungsstörung. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH, Anticholinergika. 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 Vorsicht bei Kombination mit Antikonvulsiva, Antiarrhythmika, Antipsychotika, Hypnotika oder anderen Medikamenten, die die QTc-Zeit verlängern. 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren, z. B. Fluoxetin (7 Anhang INT). Bewertung Wirksam bei GAS und somatoformen Störungen. Keine hypnotische und muskelrelaxierende Wirkung. Trizyklische Substanz mit vielfältigeren NW als bei BZD. Relativ viele Routinekontrollen nötig. Bei Wahl eines Psychopharmakons zur Behandlung der GAS ist zunächst ein SSRI oder ein SSNRI vorzuziehen.
4.11 · Präparate
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4
Oxazepam 1,4-Benzodiazepin 7-Chlor-1,3-dihydro-3-hydroxy-5-phenyl-2H-1,4-benzodiazepin-2-on Adumbran (Boehringer Ingelheim) Tbl. 10/ 50 mg (10, 20, 50 Tbl.) durazepam (Mylan dura) Tbl. 10/ 50 mg Oxa-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 10/ 50 mg Oxazepam 10-1 A (1 A Pharma) Tbl. 10 mg Oxazepam AL 10 (ALIUD PHARMA) Tbl. 10 mg Oxazepam HEXAL (HEXAL) Tbl. 10 mg
Oxazepam-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10/ 50 mg Oxazepam-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10/ 50 mg Oxazepam STADA (STADApharm) Tbl. 10 mg Oxazepam Sandoz (Sandoz) Tbl. 10/ 50 mg Praxiten (TEOFARMA) Tbl. 10 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Langsame Absorption; orale Bioverfügbarkeit 80‒90%; Tmax = 1–3 h; t½ = 4–15 h; keine aktiven Metaboliten. Oxazepam ist eine low-clearance drug ohne wesentlichen präsystemischen Metabolismus. 5 Die Ausscheidung erfolgt fast ausschließlich renal. Resorption, Metabolismus und Elimination erfolgen durch direkte Glukuronidierung, sie werden durch bestehende Lebererkrankungen (z. B. Hepatitis und Zirrhose) nicht signifikant verändert. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Angst-, Spannungs- und Erregungszuständenz. 5 Zur symptomatischen Behandlung von Durchschlafstörungenz. Routinehinweise 7 4.9. Dosierung 5 10–60 mg/dz oral, meist in 2–4 Einzeldosen. Stationär in Ausnahmefällen bis zu 150 mg(z). 5 Schlafstörungen: 10 mgz ca. ½ h vor dem Schlafengehen, max. 20–30 mgz.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). Bewertung Sicheres Anxiolytikum, keine aktiven Metaboliten, fast ausschließlich renale Elimination. Abhängigkeitsrisiko. Prazepam 1,4-Benzodiazepin 7-Chlor-1-(cyclopropylmethyl)-1,3-dihydro-5-phenyl-2H-1,4-benzodiazepin2-on Demetrin (Pfizer) Tbl. 10 mg (10, 20, 50 Tbl.) 20 mg (10, 20, 50 Tbl.) (Mono Demetrin)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Nach oraler Einnahme erfolgt eine nur sehr langsame und unvollständige Resorption aus dem Gastrointestinaltrakt. Prazepam (t½ = 1,3 h) ist eine Prodrug und wird langsam zur eigentlichen Wirksubstanz Nordazepam (t½ = 36–200 h) und Oxazepam (t½ = 4–15 h) umgewandelt. Die mittlere Eliminations-HWZ beträgt ca. 50–80 h. Metabolisierung über CYP2C19 und CYP3A4. Aufgrund des verzögerten Wirkungseintritts ca. 3–7 h nach Einnahme ist Prazepam zur Akuttherapie und als Hypnotikum wenig geeignet. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständenz. Routinehinweise 7 4.9. Dosierung 5 10–30 mg/dz; Einmaldosierung ist möglich.
4.11 · Präparate
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4
Nebenwirkungen 7 4.6 Kontraindikationen 7 4.7 Interaktionen 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 CYP2C19- oder CYP3A4-Inhibitoren, z. B. Fluvoxamin, können die Metabolisierung von Prazepam verzögern und hierdurch das Toxizitätspotenzial erhöhen (7 Anhang INT). Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Aufgrund hoher Kumulationsgefahr, vermehrter NW nur Mittel der 2. Wahl. Kumulationsgefahr. Abhängigkeitsrisiko. Pregabalin Antikonvulsivum) (S)-3-(Aminomethyl)-5-methylhexansäure Lyrica (Pfizer) Kps. 25 mg (14, 100 Kps.)/ 50 mg (21, 100 Kps.)/ 75 mg (14, 56, 100 Kps.)/ 100 mg (21, 100 Kps.)/ 150 mg (56, 100 Kps.)/ 200 mg (21 Kps.)/ 225 mg (56, 100 Kps.)/ 300 mg (56, 100 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Pregabalin ist ein GABA-Analogon, wirkt aber nicht aktiv am GABARezeptor. Pregabalin bindet an eine auxiliare Untereinheit (α2-δProtein) von spannungsabhängigen Kalziumkanälen. Pregabalin ist damit ein präsynaptischer Modulator bei der Freisetzung von Aminen übererregter Neurone. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption. Max. Plasmakonzentration innerhalb von 1 h nach Einnahme. Orale Bioverfügbarkeit bei 90% und dosisunabhängig. Pregabalin wird nicht an Plasmaproteine gebunden. Steady State nach 1–2 Tagen. 5 Pregabalin wird nicht nennenswert (< 2%) metabolisiert; es wird unverändert hauptsächlich renal ausgeschieden und zu ca. 98% unverändert im Urin wiedergefunden. Die mittlere Eliminations-HWZ beträgt 6,3 h. 5 Die Pharmakokinetik von Pregabalin ist im empfohlenen Dosisbereich von 150 mg/d bis 600 mg/d linear. Die interindividuelle pharmakokinetische Variabilität ist gering. 5 Plasmakonzentration: 2–5 μg/ml(p).
364
Kapitel 4 · Anxiolytika
3
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Behandlung von generalisierter Angststörungz (7 1.4.4). 5 Behandlung von peripheren und zentralen neuropathischen Schmerzenz. 5 Hinweise für Wirksamkeit bei → sozialer Phobie. 5 Zur Zusatztherapie von partiellen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung im Erwachsenenalter, die auf andere Antiepileptika ungenügend ansprechenz.
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Schwangerschaft und Stillzeit 7 15.6.2
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Dosierung 5 Die Dosis liegt zwischen 150 und 600 mg/dz, verabreicht in 2 (oder 3) Einzeldosen während oder zwischen den Mahlzeiten. Beginn mit 150 mg, dann wöchentliche Steigerung um jeweils 150 mg. Die Tagesdosis von 150 mg zeigte sich gegenüber Plazebo nur mäßig erfolgreich, ebenso erbrachte die Dosierung von 600 mg keine Verbesserung der Effektstärke, sodass in der Regel Tagesdosen von 200‒450 mg gewählt werden sollten. Bei neuropathischen Schmerzen dagegen scheint nur die 600-mg-Dosis wirksam zu sein. 5 Bei Nierenfunktionsstörungen geringere Dosis, bei Leberfunktionsstörung Dosisreduktion nicht nötig. 5 Bei Schläfrigkeit höhere Dosis am Abend. Nebenwirkungen Sehr häufig: Benommenheit, Schläfrigkeit (bei schneller Dosissteigerung
besonders ausgeprägt). Häufig: Schwindel, Gedächtnisstörungen, Euphorie, Reizbarkeit, Verwir-
rung, Tremor, Gangstörungen, verschwommenes Sehen, Diplopie, Mundtrockenheit, Obstipation, Erbrechen, Flatulenzen, Gewichtszunahme, Ödeme, verringerte Libido, erektile Dysfunktion. Gelegentlich: Stimmungsschwankungen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Enthemmung, Hypoglykämie. Kontraindikationen 5 Hereditäre Galaktoseintoleranz, Lapp-Laktase-Mangel oder GlukoseGalaktose-Malabsorption; schwere Niereninsuffizienz. Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit Lorazepam. 5 Wirkverstärkung durch andere sedierende Arzneimittel einschließlich Alkohol (7 4.8.2). 5 Pregabalin behindert in vitro nicht den Metabolismus von anderen Arzneimitteln. Daher gibt es keine Hinweise auf pharmakokinetische Wechselwirkungen.
4.11 · Präparate
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4
Bewertung Überzeugendes Anxiolytikum zur Behandlung der GAS mit innovativem Charakter und Abgrenzung zu den bisher zur Verfügung stehenden Anxiolytika. Wirksam auch bei psychotischen Ängsten und neuropathischem Schmerz. Eine Besonderheit ist die nahezu ausschließlich renale Elimination (bei Nierenfunktionsstörungen geringere Dosis!). Vorteile bei Leberfunktionsstörungen. Geringes Interaktionsrisiko. Bisher kein Abhängigkeitspotenzial beschrieben. Nachteil gegenüber BZD: höhere NW-Rate in der Aufdosierungsphase; häufig Gewichtszunahme.
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5
Hypnotika
5.1
Übersicht
Hypnotika sind schlaffördernde Pharmaka (Synonyme: Schlafmittel, Antiinsomnika). Früher gebräuchliche Präparate wie Barbiturate wirken dosisabhängig sedativ, hypnotisch oder narkotisch. Moderne Präparate wie die Benzodiazepinhypnotika und die Non-Benzodiazepinhypnotika führen bei oraler Verabreichung auch in hoher Dosierung nicht zu einer vollständigen Narkose. Ideale Anforderungen an Hypnotika sind: keine Veränderung des physiologischen Schlafs, keine Kumulation, keine Toleranzentwicklung, kein Abhängigkeitspotenzial und keine Lähmung des Atemzentrums bei Überdosierung. Schlafmittel sollen schnell und zuverlässig resorbiert werden und rasch im ZNS anfluten. Die Gruppe der Hypnotika enthält Präparate mit unterschiedlicher Strukturchemie: 5 Benzodiazepinhypnotika (BZD-Hypnotika), 5 Non-BZD-Hynotika: Zaleplon (Pyrazolopyrimidin), Zolpidem (Imidazopyridin), Zopiclon (Zyklopyrrolon), 5 Chloralhydrat (Aldehyd), 5 Melatonin, 5 Antihistaminika: Diphenhydramin, Doxylamin (Dimethylamine), Promethazin (Phenothiazinderivat), 5 Andere Substanzen, die bei Schlafstörungen angewandt oder diskutiert werden, sind: − Antidepressiva, − Antipsychotika, − Clomethiazol, − Tryptophan, − Phytopharmaka. Barbiturate oder Monoureide (Bromisoval, Cabromal) sind als Hypnotika nicht mehr gebräuchlich. Pharmakobiologie des Schlafes Unter den schlafregulierenden Substanzen scheint das Orexinsystem für die Schlaf-Wach-Regulation eine zentrale Rolle zu spielen. Orexin-1 und -2 werden im Hypothalamus aus dem Präkursormolekül Präproorexin gebildet. Orexinerge Neurone projizieren in verschiedene Hirnregionen, die für die Regulation des REM(rapid eye movement)-Schlafs und des Non-REM-
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Schlafs, aber auch für die Regulation des Appetits und weiterer Stoffwechselschritte verantwortlich sind. Bei einem Orexindefizit kommt es zu erhöhter Müdigkeit und weiteren Symptomen der Narkolepsie (7 10.2.2) und auch zu metabolischen Störungen wie Adipositas und Diabetes. Neurone des ventrolateralen präoptischen Areals (VLPO) enthalten γ-Aminobuttersäure (GABA) und das Peptid Galanin. Diese Neurone projizieren zu den wichtigsten Komponenten des monoaminergen aufsteigenden Arousal-Systems wie Raphekerne und Nucleus coeruleus und fördern den Tiefschlaf. Über eine Projektion hemmt das VLPO den histaminergen Nucleus tuberomamillaris, der den Wachzustand fördert. Das hyptothalamisch-hypophysär-adrenale(HPA-)System stellt das wichtigste stressadaptive System dar, und scheint, wie bei der Depression und den Angststörungen, auch bei Insomnie von Bedeutung zu sein. Da das Growth-hormone-Releasing-Hormon (GHRH) schlaffördernd wirkt, Kortikotropin-Releasing-Hormon (CRH) den Schlaf stört, spielt möglicherweise eine Änderung der Balance zwischen diesen beiden Systemen für die Genese von Schlafstörungen eine bedeutsame Rolle, insbesondere bei Schlafstörungen von Depressiven und während des Alterns. Bei Patienten mit Insomnie scheint es zu einer Aktivierung der HPA-Achse am Abend mit Erhöhung des Kortisolspiegels und einer Schlaffragmentierung zu kommen. Zudem wird angenommen, dass viele hypothalamische Neurone, an denen GHRH wirkt, GABAerg sind.
10 5.2
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Kapitel 5 · Hypnotika
Wirkmechanismen
Benzodiazepinhypnotika und Non-Benzodiazepinhypnotika 5 Alle Substanzen dieser Gruppe binden an eine spezifische BZD-Bindungsstelle des GABAA-Rezeptors und führen zu einer Affinitätssteigerung des Rezeptors für GABA und zu einer Frequenzsteigerung der Rezeptorkanalöffnung. Die in der Regel inhibitorische Wirkung von GABA im ZNS wird verstärkt. Es existiert jedoch kein direkter Agonismus zum Rezeptor. Die als Hypnotika gebräuchlichen BZD vermitteln ihre Wirkung hauptsächlich über die die Untereinheit α1 enthaltenden GABAA-Rezeptoren (dazu ausführlich 7 4.2). Niedrigere Dosen wirken wahrscheinlich über das VLPO, höhere weitreichend im ZNS. Klinisch wirken BZD anxiolytisch, sedierend bis hypnotisch, muskelrelaxierend und antikonvulsiv. Eine strenge Abgrenzung zwischen den eher hypnotischen zu den eher anxiolytisch wirkenden BZD ist nicht immer möglich. 5 Im Vergleich zu den BZD-Hypnotika sind bei den Non-BZD-Hypnotika Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon keine grundsätzlichen qualitativen pharmakologischen Unterschiede zu erwarten, da beide Gruppen einen ähnlichen Angriffspunkt am GABAA-Rezeptorkomplex haben.
5.2 · Wirkmechanismen
369
5
Zolpidem weist eine gewisse Präferenz für GABAA-Rezeptoren mit α1-Untereinheiten auf. 5 Die Bezeichnung Non-BZD-Hypnotika bezieht sich auf die strukturchemischen Charakteristika und weniger auf den Wirkmechanismus; als Gruppenbezeichnung wird auch der Begriff BZD-Rezeptoragonisten benutzt. Diese Substanzen lassen sich von BZD vom Rezeptor verdrängen und können durch Flumazenil antagonisiert werden. Chloralhydrat (Aldehyd) Wirksamer Metabolit ist 2,2,2-Trichloroethanol. Angriffspunkt ist der GABAA-Rezeptorkomplex mit Verstärkung der GABA-Wirkung; die NMDA-induzierte intrazelluläre Ca2+-Erhöhung wird inhibiert. Antihistaminika Vermittlung der schlaffördernden Wirkung über Blockade zentraler H1-Rezeptoren. Diphenhydramin und Doxylamin mit H1-antihistaminerger und anticholinerger Wirkung. Promethazin zusätzlich mit adrenolytischen und schwach antiserotonergen Eigenschaften. Antidepressiva Vermittlung der schlafinduzierenden Wirkung vorwiegend über 5-HT2und H1-antagonistische Eigenschaften, z. T. auch über Blockade der α1-adrenergen Rezeptoren. Es sollen sehr niedrige Dosen verordnet werden, damit z. B. die anticholinergen Wirkungen nicht als Nebenwirkungen (NW) zum Tragen kommen. Antipsychotika Vermittlung der schlafinduzierenden Wirkung vorwiegend über 5-HT2und H1-antagonistische Eigenschaften, z. T. auch über Blockade der α1-adrenergen Rezeptoren. Auch Antipsychotika sollen in sehr niedriger Dosierung verordnet werden. Clomethiazol Clomethiazol (7 Kap. 7) wirkt wie die BZD über eine Verstärkung der inhibitorischen Neurotransmitter (GABA, Glycin). Melatonin Melatonin (N-Acetyl-5-methoxytryptamin) wird in der Epiphyse aus Serotonin gebildet und wirkt nicht wie die BZD als Ligand an den BZD-Rezeptoren, sondern als Ligand an den Melatoninrezeptoren (MT1‒MT3). MT1 und MT2 sind an dem zirkadianen Rhythmus beteiligt. Im Verlauf der Nacht kommt es zu einem deutlichen Anstieg von Synthese und Ausschüttung. Die Tagesperiodik wird über den Lichteinfall im Auge geregelt. Melatonin senkt die neuronale Erregbarkeit bei physiologisch ausreichend hohen Spiegeln durch die Erhöhung des ruhe-/spannungsabhängigen Kaliummembranpo-
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Kapitel 5 · Hypnotika
tenzials im Nucleus suprachiasmaticus und moduliert in Abhängigkeit von der zirkadianen Phase endokrine Parameter wie Kortisol und Gonadotropine. Tryptophan L-Tryptophan gehört zu den Aminpräkursoren von Serotonin. Die Gabe von L-Tryptophan führt zur verbesserten Aktivität des für die Serotoninsynthese unerlässlichen Enzyms L-Tryptophan-Hydroxylase. Phytopharmaka Im deutschsprachigen Raum werden relativ häufig Phytopharmaka als Schlafmittel verordnet. In der Regel handelt es sich dabei um Baldrian (Valeriana officinalis), Melisse (Melissa officinalis), Hopfen (Humulus lupulus), Passionsblume (Passiflora), Hafer (Avena sativa) sowie Kombinationen dieser Stoffe. Der genaue Wirkmechanismus ist wenig untersucht. Valepotriate (chemisch: instabile Triesterverbindungen) erscheinen als wirksamer Bestandteil vieler Baldrianpräparate. Es wird eine Interaktion mit dem GABAA-Rezeptorkomplex angenommen. Nur für Baldrianpräparate ist eine geringe Schlafverbesserung gezeigt; die Wirksamkeit reicht aber nicht aus, um Präparate aus dieser Gruppe bei klinisch relevanter Schlafstörung zu empfehlen.
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Neue pharmakologische Ansätze Ramelteon (Rozerem®) ist ein MT1-/MT2-Agonist (mit geringer Affinität zum MT3-Rezeptor) zur Behandlung der primären Insomnie. Ramelteon zeigte bisher in plazebokontrollierten Studien eine hinreichende, jedoch nicht sehr gute Wirkung. Eine Abhängigkeitsentwicklung wie bei den BZDHypnotika wurde nicht beobachtet; zudem sollen keine kognitiven Störungen auftreten. Die Substanz ist in den USA, bisher aber nicht in Europa zugelassen. Prüfsubstanzen mit einem neuartigen Wirkprinzip sind Orexinantagonisten (u. a. Almorexant). In klinischer Prüfung befinden sich u. a. 5-HT2A-Antagonisten mit dem Ziel, den Tiefschlaf zu fördern.
15
5.2.1
16
Objektive und subjektive Schlafparameter werden in unterschiedlicher Weise durch Schlafstörungen, normales Altern und durch Hypnotika beeinflusst. Die nichtorganischen Insomnien werden ausschließlich durch den subjektiven Bericht über gestörtes Ein- und/oder Durchschlafen charakterisiert. Die Diagnosekriterien nach ICD-10 und DSM-IV enthalten keine Schlaf-EEG-Parameter, wie es auch keine Normwerte für gesunden Schlaf gibt.
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Veränderungen von Schlaf-EEG-Parametern unter Hypnotika
5.2 · Wirkmechanismen
371
5
Während des Alterns sinkt ab dem frühen Erwachsenenalter die Schlafqualität. Schon während des 3. Lebensjahrzehnts verringert sich die Menge an Tiefschlaf deutlich. Bei Frauen stellt die Menopause einen Wendepunkt hin zu schlechterem Schlaf dar, während bei Männern die Schlafqualität eher kontinuierlich altersabhängig abnimmt. Im höheren Lebensalter fehlt schließlich der Tiefschlaf völlig oder ist deutlich vermindert, die Schlafkontinuität ist gestört (verlängertes Einschlafen, vermehrt nächtliche Aufwachereignisse). Hypnotika verändern objektive Schlafparameter in unterschiedlicher Weise. Benzodiazepinhypnotika 5 Einschlaflatenz verkürzt, Gesamtschlafzeit verlängert. 5 Zunahme von Stadium 2 und Schlafspindeln, zugleich Abnahme des Tiefschlafs, der langsamwelligen Aktivität und des Stadiums 1. 5 REM-Suppression mit Abnahme des REM-Anteils und Verlängerung der REM-Latenz. 5 Nach Absetzen oft REM-Rebound-Phänomene. Non-Benzodiazepinhypnotika 5 Einschlaflatenz verkürzt unter allen drei Substanzen, Zahl der Wachereignisse verringert und Gesamtschlafzeit verlängert unter Zolpidem und Zopiclon. 5 Polysomnographisch Verminderung der langsamwelligen Aktivität und Zunahme der Schlafspindeln unter Zolpidem und Zopiclon. 5 REM-Schlaf weniger beeinflusst als unter BZD-Hypnotika. Melatonin 5 Die Melatonin-Sekretion hängt vom Tag-Nacht-Zyklus ab. Während der Dunkelheit steigt Melatonin sowohl bei tag- wie bei nachtaktiven Spezies an. Ob Melatonin den Schlaf fördert und bei Schlafstörungen hilfreich ist, wird kontrovers diskutiert. Einige Studien deuten darauf hin, dass Melatonin bei Rhythmusstörungen wie Jetlag wirkt. Bei jungen gesunden Probanden verkürzen supraphysiologische Dosen von Melatonin mäßig die Schlaflatenz, ohne die Schlafarchitektur wesentlich zu beeinflussen. Während des Alterns sinken die MelatoninSpiegel. Retardiertes Melatonin (Circadin®) verbesserte die subjektive Schlafqualität und die subjektive Leistungsfähigkeit von > 55 Jahre alten Patienten mit Insomnie in 3 Studien. In einer weiteren Studie war höheres Alter (65–80 Jahre), aber nicht ein niedriger MelatoninSpiegel, ein Prädiktor für eine Verkürzung der Schlaflatenz unter Melatonin.
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Kapitel 5 · Hypnotika
Chloralhydrat 5 Tiefschlaf wird gefördert, die Non-REM-Phasen N2 und N3 nehmen zu, die REM-Phasen normalisieren sich, kein REM-Rebound. Antidepressiva 5 Amitriptylin und Doxepin, nicht aber Mirtazapin, Trazodon und Trimipramin unterdrücken den REM-Schlaf. In Studien an Patienten mit Insomnie verbesserte sich unter Trazodon die Schlafkontinuität, unter Trimipramin stieg der Schlaf-Effizienz-Index an. 25–50 mg Doxepin verlängerten die Schlafzeit. In einer anderen Studie verbesserten sich schon unter 1–6 mg Doxepin intermittierende Wachzeit, Schlafeffizienz und Schlafzeit.
Allgemeine Therapieprinzipien
5.3
Grundsätzlich soll die Verordnung von Hypnotika im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans erfolgen, der neben der medikamentösen Behandlung auch die psychotherapeutischen und psychoedukativen Maßnahmen erfasst. 5 Hypnotika sollen prinzipiell erst nach Ausschöpfen anderer Therapiemöglichkeiten gegeben werden. Die Grunderkrankungen sollen zunächst behandelt werden. 5 Bei Suizidalität oder Schlafstörungen im Rahmen von akuten Psychosen oder anderen schweren psychischen Erkrankungen sind Hypnotika vorübergehend auch in höheren Dosen indiziert. 5.3.1
Spezielle Therapiehinweise
! Schlafmittel sollten möglichst nicht über längere Zeiträume, d. h. für nicht
mehr als 4 Wochen, verordnet werden. Bei intermittierenden Schlafstörungen ist die Einnahme von Hypnotika in 4–6 Nächten pro Monat vertretbar. Es sollte mit einer niedrigen Dosis begonnen werden. Diese Richtlinien gelten unabhängig von der Wahl des Hypnotikums. Die Kombination verschiedener Hypnotika und/oder BZD sollte vermieden werden.
BZD-Hypnotika 5 Verfügbar sind: Brotizolam, Flunitrazepam, Flurazepam, Lormetazepam, Nitrazepam, Temazepam und Triazolam. Eine Wirksamkeit für die Kurzzeitbehandlung ist gesichert, befriedigende Langzeitstudien fehlen. 5 Vorteile der BZD-Hypnotika: − große therapeutische Breite (als Suizidmittel untauglich), − geringe Toleranzentwicklung. 5 Nachteile der BZD-Hypnotika:
5.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
373
5
− Abhängigkeitsrisiko, auch mit der Entwicklung einer low-dose dependence 7 4.6.1, − Rebound-Insomnie 7 4.6.2, − Beeinflussung der Schlafarchitektur 7 5.2.1, − Muskelhypotonie und Ataxie, die bei älteren Menschen zu Stürzen führen können. 5 Midazolam (Dormicum®) ist ein schlafinduzierendes BZD mit kurzer Wirkungsdauer und den Indikationen der Analogsedierung vor und während diagnostischer und therapeutischer Eingriffe sowie der Prämedikation vor Narkoseeinleitung. Eine Indikation als Hypnotikum in der psychiatrischen Pharmakotherapie besteht nicht (rasche Anflutung, Möglichkeit der i.v.-Gabe und damit potenziell höheres Risiko zur Abhängigkeitsentwicklung). Non-BZD-Hypnotika 5 Verfügbar sind: Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon. Eine Wirksamkeit für die Kurzzeitbehandlung ist gesichert. Erste Langzeitstudien liegen vor zu Zaleplon und zu den in Deutschland nicht eingeführten Darreichungsformen, dem Stereoisomer von Zopiclon, Eszopiclon und zu einer retardierten Form von Zolpidem. 5 Klinisch werden bei diesen Präparaten seltener als bei den BZD-Hypnotika Hang-over-Effekte und Rebound-Phänomene gesehen. Toleranz- und Abhängigkeitsentwicklungen sind sehr selten; das Risiko ist grundsätzlich gegeben. Tierexperimentelle Daten weisen auf eine fehlende Sensitivitätsänderung am GABAA-Rezeptor selbst nach längerer hoch dosierter Gabe hin. Möglicherweise besteht hierin eine Erklärung für die bisher beobachteten differenten Effekte gegenüber den BZD. Melatonin 5 Melatonin hat eine gewisse Bedeutung in der Behandlung von Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. 5 Die Datenlage zu Circadin® reicht für eine abschließende Beurteilung noch nicht aus. Eventuell eignet sich diese Substanz zur Behandlung der Insomnie älterer Patienten. 5 Bisher fehlen ausreichende Daten zur Beeinflussung des Schlafes und von Schlafstörungen durch Agomelatin (7 Kap. 1). Chloralhydrat, Diphenhydramin, Doxylamin, Promethazin 7 5.2 und 7 5.11, jeweiliges Präparat Antidepressiva 5 Antidepressiva mit sedierenden Eigenschaften (antihistaminische und 5-HT2-antagonistische Wirkung) wirken schlaffördernd und haben einen festen Platz in der Insomniebehandlung. Die empfohlenen abendlichen Dosierungen bei primärer Insomnie (ohne depressive
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Kapitel 5 · Hypnotika
Störung oder Angststörung) sind: Amitriptylin (25‒50 mg), Doxepin (25‒100 mg), Maprotilin (25‒75 mg), Mirtazapin (7,5‒15 mg), Trimipramin (25‒50 mg), Trazodon (25–150 mg) (7 1.13, Präparate). Es sollten aber durchaus zunächst geringere Dosen, z. B. Doxepin 5 mg versucht werden. 5 Bei bestehender Therapie mit einem dieser sedierenden Antidepressiva kann die abendliche Dosis erhöht werden, bei zusätzlicher Verordnung dieser Substanzen zu anderen Antidepressiva ist besonders auf die anticholinergen NW zu achten. Amitriptylin und Mirtazapin können auch in niedriger Dosis das Gewicht erhöhen. 5 Bei abhängigkeitsgefährdeten Patienten sind Antidepressiva den BZD vorzuziehen, alternativ Antipsychotika; sie sind bei primärer Insomnie Off-label-Präparate. Antipsychotika 5 Initial sedierende Antipsychotika (7 Kap. 3), z. B. Melperon (25– 100 mg), Pipamperon (20–80 mg), Prothipendyl (40–80 mg) und Chlorprothixen (25–150 mg) haben eine schlafinduzierende Wirkung. 5 Auch atypische Antipsychotika (AAP), insbesondere Olanzapin (2,5– 10 mg) und Quetiapin (25–75 mg), haben einen guten schlafinduzierenden Effekt. 5 Erhalten Patienten ein Antipsychotikum nicht zur antipsychotischen Behandlung, sondern als Hypnotikum, muss immer berücksichtigt werden, dass Antipsychotika auch in niedrigen Dosen deutliche NW verursachen können (7 3.6). Unter den konventionellen Antipsychotika (KAP) sind Melperon und Pipamperon aufgrund ihrer geringen antidopaminergen und anticholinergen Wirkung vorzuziehen und eignen sich in Ausnahmefällen auch bei älteren Menschen. 5 Bei Patienten, die an einer psychotischen Störung und begleitenden Schlafstörungen leiden, soll zunächst die abendliche Gabe der Antipsychotika erhöht werden. Erst bei Nichtansprechen der Dosierungsumverteilung soll zusätzlich ein herkömmliches Hypnotikum gegeben werden. 5 Clozapin kann in Ausnahmefällen bei schweren Schlafstörungen in einer Dosierung von 12,5–50 mg als »Hypnotikum« gegeben werden, auch wenn keine schizophrene Grunderkrankung vorliegt. Innerhalb der Antipsychotika sollte jedoch, wegen des besonderen Risikoprofils von Clozapin, zunächst ein Versuch mit den o. g. Präparaten erfolgen; es besteht keine Zulassung für diese Indikation. 5 Bei abhängigkeitsgefährdeten Patienten sind Antipsychotika den BZD vorzuziehen, sie sollten aber erst nach einem Versuch mit Antidepressiva verordnet werden.
5.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
375
5
! Viele Antidepressiva und niederpotente Antipsychotika zeigen z. T. ausge-
prägte anticholinerge Eigenschaften, bei den AAP sind diese auch nicht auszuschließen, treten allerdings in der Regel nur selten auf. Bei älteren Patienten und Patienten mit organischen Vorerkrankungen kann dies zu erheblichen Komplikationen (u. a. Delir; Rhythmusstörungen; Blasenfunktionsstörungen) führen (7 13.3 und 7 13.8). Risiken unter Hypnotika 7 5.10.1. > CAVE
Aufgrund der Risiken (7 3.4.8) sollten Antipsychotika als Hypnotika bei älteren Patienten mit organischen Vorerkrankungen und Demenz in der Regel nicht mehr verordnet werden. In Ausnahmefällen sollte nur auf die für diese Indikation als Schlafmittel zugelassene Antipsychotika Melperon und Pipamperon zurückgegriffen werden.
Clomethiazol 5 Grundsätzlich soll Clomethiazol aufgrund des Abhängigkeitsrisikos nicht als Hypnotikum eingesetzt werden. Allenfalls bei schweren, anders nicht behandelbaren Schlafstörungen (z. B. bei geriatrischen Patienten) kann Clomethiazol unter strengster Indikationsabwägung gegeben werden (off-label). Zu beachten sind eine potenzielle Atemdepression und Hypersekretion bei der Gabe von Clomethiazol. Tryptophan 5 Die hypnotische Wirkung ist als gering einzustufen, soll jedoch v. a. bei chronischen Schlafstörungen hilfreich sein und hat offiziellen Zulassungsstatus bei Schlafstörungen (0,5 bis maximal 2 g/d, 7 5.11, Präparat). Nachteilig ist die relativ lange Wirklatenz. ! Bei gleichzeitiger Verabreichung von Tryptophan mit MAOH kann ein zent-
rales Serotoninsyndrom auftreten.
Phytopharmaka 5 Baldrianpräparate haben hauptsächlich sedierende, weniger hypnotische Eigenschaften, aber kein Abhängigkeitspotenzial. Wegen geringer hypnotischer Wirkung, geringer Bioverfügbarkeit, in-vitro-zytotoxischen Eigenschaften und fehlenden Therapiestudien sind diese Präparate allenfalls bei leichten Schlafstörungen zu empfehlen. Kombinationspräparate aus pflanzlichen Grundstoffen und herkömmlichen Hypnotika sind nicht empfehlenswert.
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Kapitel 5 · Hypnotika
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Verordnung von Hypnotika bei der Kurzzeitanwendung bei Schlafstörungen – Bewertung
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5.4
1
Für die Kurzzeitanwendung bei Einschlafstörungen eignen sich NonBZD-Hypnotika, z. B. Zolpidem, als Mittel der 1. Wahl. Bei zu frühem Erwachen unter Non-BZD-Hypnotika sollte ein länger wirksames BZD-Hypnotikum, z. B. Temazepam, gewählt werden. Lang wirksame BZD-Hypnotika, wie Flurazepam, können zu Hangover-Effekten führen und sollten vermieden werden. Bei bestehender Abhängigkeit und hartnäckigen Schlafstörungen kann ein Antidepressivum oder ein Antipsychotikum gewählt werden. Zu empfehlen sind: − Schlafinduzierende Antidepressiva wie z. B. Mirtazapin (ab 7,5 mg), Trazodon (ab 25 mg) oder Trimipramin (25‒50 mg). Die fehlende Zulassung für diese Indikation ist zu beachten.
Indikationen
5.4.1 Primäre Schlafstörung 5 Die primäre Schlafstörung (Synonym: primäre Insomnie) ist die einzige Indikation, in der Hypnotika formal zugelassen sind. Definition der primären Schlafstörung
2
Die diagnostischen Kriterien sind eine Ein- oder eine Durchschlafstörung oder nichterholsamer Schlaf für die Dauer von mindestens einem Monat sowie negative Auswirkungen auf Tagesbefindlichkeit oder auf tägliche Aktivitäten. Eine organische oder psychiatrische Erkrankung muss als Ursache ausgeschlossen sein.
5 Die Prävalenz der Insomnie in den Industriestaaten liegt zwischen 20 und 30%. Bei einem Drittel ist eine medizinische Behandlung erforderlich. In Deutschland berichten 4% der Bevölkerung über eine chronische Insomnie, die die Tagesbefindlichkeit deutlich beeinträchtigt. Nicht oder nicht erfolgreich behandelte Insomnien gehen mit dem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Depression und eines Substanzmissbrauchs einher. 5 Eine wichtige Form ist die psychophysiologische Insomnie, bei der ein erhöhter Erregungszustand (emotionale Erregung, kognitive Überaktivität, körperliche Anspannung, vegetative Überregung) im Vordergrund steht. Ein Circulus vitiosus aus gestörtem Schlaf, reduzierter Leistungsfähigkeit am Tag, Angst und Anspannung führt zur Chronifizierung. In der Therapie sollen zunächst nichtpharmakologische Verfahren wie Schlafhygiene, -restriktion, Stimuluskontrolle und Entspannungsübungen angewandt werden. Wenn möglich, ist die regel-
5.4 · Indikationen
5
377
mäßige Gabe von Hypnotika zu vermeiden. Mithilfe kurzfristiger Gabe von BZD- und Non-BZD-Hypnotika kann aber der Circulus vitiosus durchbrochen werden. Bei der idiopathischen Insomnie besteht ein lebenslanges Unvermögen, ausreichend zu schlafen. ! Vor der Hypnotikaverordnung sollte eine genaue Schlafanalyse erfol-
gen: Beschreibung der Ein- und Durchschlafstörungen, Früherwachen, Schlaflänge und Häufigkeit der Schlafunterbrechungen. Dazu können den Patienten Schlaftagebücher mit nach Hause gegeben werden. Sie sollen über einen Zeitraum von mindestens 14 Tagen geführt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) stellt im Bedarfsfall sämtliche Erhebungsinstrumente zur Verfügung (http://www. dgsm.de).
Chronische Insomnie Je nach Form der Insomnie gibt es unterschiedliche Zeitkriterien für die Abgrenzung von akutem, subakutem und chronischem Verlauf. Bei psychophysiologischer Insomnie spricht man ab 6 Monaten, bei der in der Kindheit beginnenden idiopathischen Insomnie ab einem Jahr von einem chronischen Verlauf. Verordnung von Hypnotika bei der chronischen Insomnie
3
Bei lang andauernden sehr schweren Schlafstörungen, ggf. auch bei alkoholkranken Patienten oder Patienten, die langjährig schlafmittelabhängig sind, ist 5 der Taperprozess mit dem primären Hypnotikum äußerst langsam durchzuführen, 5 begleitend ein Antidepressivum oder Antipsychotikum einzusetzen, 5 in einem speziellen Schlafprogramm die Diagnose zu überprüfen, 5 der Patient einem Programm zum Erlernen von Verhaltensregeln (7 5.5) zuzuführen, 5 eine kognitive Psychotherapie oft zwingend nötig. Zwar liegen erste ermutigende Studien vor, die auf eine mehrere Monate anhaltende Wirksamkeit und Sicherheit von Non-BZD-Hypnotika hindeuten. Die Datenlage zu den in Deutschland zur Verfügung stehenden Substanzen reicht aber noch nicht aus, um eine Langzeitbehandlung zu empfehlen.
5.4.2
Schlafstörungen bei psychiatrischen Erkrankungen und Stressoren
5 Für Schlafstörungen bei psychiatrischen Erkrankungen (besonders affektiven Störungen, Psychosen und Abhängigkeitserkrankungen) kann es eine Indikation zur Mitbehandlung mit Hypnotika geben. Die primär für diese Erkrankungen zugelassenen Medikamente sind häufig nicht ausreichend, um die begleitenden Schlafstörungen hinreichend zu lindern. 5 Zirka 80% der Patienten mit Depression leiden unter einer Insomnie, 10–35% unter einer Hypersomnie. Charakteristische Schlaf-EEG-Ver-
378
1 2 3 4 5 5 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Kapitel 5 · Hypnotika
änderungen bei Patienten mit Depression sind Disinhibition des REMSchlafs (u. a. verkürzte REM-Latenz), Verminderung von Non-REMSchlaf (Tiefschlaf und Stadium 2) und gestörte Schlafkontinuität (verlängertes Einschlafen, vermehrtes nächtliches Aufwachen, Früherwachen). Es bietet sich jedoch an, bei depressiven Erkrankungen mit begleitenden Schlafstörungen − zunächst ein sedierendes Antidepressivum zu wählen oder − ein antriebssteigerndes und ein sedierendes Antidepressivum zu kombinieren, um eine möglichst einfache Pharmakotherapie zu gewährleisten. Dies ist wichtig, weil antriebssteigernde Antidepressiva den Schlaf stören können und gestörter Schlaf mit einem Risiko für die Manifestation einer depressiven Episode einhergeht. − Eine Indikation für sedierende Antidepressiva besteht besonders auch bei abhängigkeitsgefährdeten Patienten mit Schlafstörung (7 Box 1, Punkt 4). 5 Bei psychotischen Störungen mit begleitenden Schlafstörungen ist zunächst ein sedierendes Antipsychotikum zu versuchen, ebenso wie bei der Manie, bei der das Schlafbedürfnis verringert ist. Reichen diese Medikamente zur Behandlung der Schlafstörung nicht aus, kann ein von der Krankheitsgruppe unabhängiges Hypnotikum ergänzend gegeben werden. 5 Schlafstörungen bei umgebungsbedingten (z. B. Lärmbelastung) oder psychischen Stressoren sollten über die Beseitigung der Ursachen vermindert werden können. Besonders erhöhte Erregungsstörungen aufgrund starker emotionaler Reaktion können zu Ein- und Durchschlafstörungen führen. Die Beschwerden sind oft nur kurzfristig. Eine kurzzeitige medikamentöse Behandlung sollte nur bei erheblicher Beeinträchtigung von Schlafqualität und Tagesbefindlichkeit erfolgen. 5 Abhängig von Flugrichtung und Zahl der überflogenen Meridiane divergiert beim Jetlag-Syndrom die Tageszeit vom inneren SchlafWach-Rhythmus. Symptome sind Benommenheit, Verstimmungszustände, Schwindel, gastrointestinale Beschwerden. Die beste Therapie ist die Adaptation an den lokalen Rhythmus bei guter Lichtexposition. 0,5-5 mg Melatonin, 1 h vor dem Zubettgehen über 4 Tage nach der Ankunft können die Beschwerden lindern. Bei schweren Schlafstörungen können Non-BZD-Hypnotika für einige Tage eingenommen werden. Für Armodafinil gibt es positive Studienergebnisse bei Jetlag (7 10.2.2). 5.4.3 Schlafstörungen bei körperlichen Erkrankungen 5 Schlafstörungen treten weiterhin auf: − als Begleitsymptomatik von organischen Erkrankungen (z. B. Herzoder Lungenerkrankungen, maligne Erkrankungen, chronische Infektionen), − bei Schmerzsyndromen (z. B. bei rheumatischen Erkrankungen),
5.5 · Hypnotika und Psychotherapie
379
5
− bei entzündlichen (multiple Sklerose) und degenerativen ZNSErkrankungen (amyotrophe Lateralsklerose ALS, Parkinson-Syndrom). 5 Die Therapie dieser Insomnieformen sollte, wenn möglich, kausal sein. 5.4.4 Schlafstörungen und Substanzeffekte Eine potenziell schlafstörende Wirkung haben aktivierende Antidepressiva (z. B. MAOH, SSRI, SNRI, NDRI), Amphetamine, Antiasthmatika (z. B. Clenbuturol), Antibiotika (z. B. Makrolide, Gyrasehemmer), Anticholinergika, Antihypertensiva (z. B. β-Rezeptorenblocker, Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer, Clonidin, Urapidil), Antiparkinsonmittel (z. B. L-Dopa, Bromocriptin), Chemotherapeutka, kurz wirksame Hypnotika (über ReboundPhänomen), Interferone, Koffein, Kontrazeptiva, Kokain, Kortikosteroide, Migränetherapeutika (z. B. Methysergid), aktivierende Nootropika (z. B. Piracetam), Sympathomimetika (z. B. Ephedrin), Thyroxin. Therapie der Hypersomnien 7 10.2.2–10.2.3 und Parasomnien 7 11.2.3 5.5
Hypnotika und Psychotherapie
5 Jede medikamentöse Therapie der Insomnie sollte, wenn möglich, erst nach Ausschöpfen nichtpharmakologischer Verfahren begonnen werden. Bei Kombinationsbehandlungen mit pharmakologischen Therapieverfahren besteht die Gefahr, dass die psychotherapeutische Behandlung gegenüber der Pharmakotherapie in den Hintergrund tritt, da der Erfolg im Vergleich verzögert auftritt und der Zeitaufwand für Patient und Therapeut größer ist. 5 Das Grundprinzip nichtpharmakologischer Therapieverfahren zur Verbesserung des Schlafes ist die aktive Einbeziehung des Patienten in die Behandlung. Die nichtpharmakologischen Ansätze haben den Vorteil, dass sie das Krankheitsgeschehen im Vergleich zu pharmakologischen Ansätzen kausal beeinflussen und langfristig wirksam sein können. 5 Die wichtigsten nichtpharmakologischen Therapieverfahren umfassen neben der Aufklärung und Beratung des Patienten zur Schlafhygiene, Verfahren der kognitiven Verhaltenstherapie und Entspannungsverfahren. Besonders die kognitiv-verhaltenstherapeutischen Verfahren sind in der Insomniebehandlung wirksam und geeignet, langfristig die Schlafstörungen günstig zu beeinflussen. 5 Der Vergleich von kombinierter verhaltentherapeutisch-pharmakologischer Behandlung gegenüber den jeweiligen Einzelverfahren kann aufgrund der wenigen vorliegenden Untersuchungen nur vorläufig beurteilt werden. In der Tendenz zeigte sich in klinischen Studien keine Erhöhung in der Effektivität bei der kombinierten Anwendung beider Verfahren, hingegen imponierten bei verhaltenstherapeutischen Maß-
380
Kapitel 5 · Hypnotika
nahmen noch 6–12 Monate nach Therapieende weiterbestehende Therapieeffekte.
1 2
Verhaltenstherapeutische Techniken und Entspannungsverfahren
3
5 Schlafhygiene (s. unten) 5 Stimuluskontrolle (z. B. Verwendung des Bettes nur zum Schlafen, nur bei ausgeprägter Müdigkeit zu Bett gehen) 5 Schlafrestriktion mit Schlafprotokoll 5 Progressive Muskelrelaxation 5 Autogenes Training 5 Paradoxe Intervention 5 Kognitive Fokussierung/Umstrukturierung 5 Gedankenstopp 5 Biofeedback 5 Yoga, Meditation
4 5 5 7 8
Verhaltensregeln der Schlafhygiene 1.
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10 11
3. 4.
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5.
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6.
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7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
4
5
Einhalten der individuell notwendigen Schlafmenge: Nach dem Aufwachen nicht im Bett liegen bleiben. Wenn notwendig, Schlafzeit verkürzen. Einhalten regelmäßiger Schlafzeiten: Feste Zeiten, um ins Bett zu gehen und um wieder aufzustehen (auch am Wochenende und im Urlaub). Persönliches Einschlafritual einführen. Verzicht auf längere Tageschlafepisoden. Eine Regeneration mit einem nap (Nickerchen) kann jedoch hilfreich sein. Dabei handelt es sich um eine Schlafphase von 15‒20 min, die auch zum Stressabbau genutzt werden kann. Angenehme Schlafbedingungen: ca. 17°C, keine Gegenstände, die an Arbeit oder Belastungen erinnern. Ausgeglichene Ernährung: Leicht verdauliche Speisen am frühen Abend. Koffeinkarenz: Kein Konsum von koffeinhaltigen Getränken (Kaffee, Tee, Cola) nach 17 Uhr. Verzicht auf Appetitzügler. Abendliche Alkohol- und Nikotinkarenz. Regelmäßige sportliche Betätigung am Vor- und Nachmittag. Entspannende Abendgestaltung: Keine geistig, emotional oder körperlich belastenden Betätigungen am Abend. Auch am Wochenende oder im Urlaub Beibehaltung des Tag-NachtRhythmus. Individuell ausgerichtete Regelanwendung: Umstellung des Alltags in den Bereichen, in denen er am weitesten von den Empfehlungen abweicht.
5.6 · Nebenwirkungen
5.6
381
5
Nebenwirkungen
BZD-Hypnotika 5 Allgemeine NW 7 4.6. 5 BZD-Hypnotika besitzen wie die BZD ein Potenzial zu Toleranz und Abhängigkeit 7 4.3; Abhängigkeitsproblematik 7 4.6.1–4.6.3; auch eine low-dose dependence (7 4.6.1) ist bekannt. 5 BZD können anterograde Amnesien hervorrufen. Dieses Risiko steigt dosisabhängig und kann durch ausreichend lange, ununterbrochene Schlafdauer von 7–8 h verringert werden. 5 Bei hohen Dosen sind, besonders bei älteren Patienten, Hang-overEffekte mit verminderter psychomotorischer Leistungsfähigkeit und Reaktionsbereitschaft (eingeschränkte Verkehrstüchtigkeit, eingeschränkte Leistungsfähigkeit bei Alltagstätigkeiten) bekannt; zusätzlich kann es zu Tagessedierung mit Benommenheit, Müdigkeit, eingeschränktem Reaktionsvermögen und Gedächtnisstörungen kommen. 5 Anaphylaktische (allergische) Reaktionen und Angioödeme wurden in jüngerer Zeit häufiger beobachtet. Non-BZD-Hypnotika 5 Bei den Non-BZD-Hypnotika können grundsätzlich alle NW auftreten, die auch bei den BZD-Hynotika beschrieben sind. Umgekehrt sind bei dieser Substanzklasse keine NW zu finden, die alleinig für sie typisch wären und nicht auch dort beschrieben sind. 5 Die Non-BZD-Hypnotika Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon weisen jedoch bisher ein geringeres, aber nicht auszuschließendes Abhängigkeits- und Toleranzrisiko auf. Es kann bei diesen Präparaten zu BZDtypischen Absetzerscheinungen mit innerer Unruhe, Angst, Schlaflosigkeit, Tachykardie, Schwitzen und Parästhesien kommen. 5 Unter Einnahme von Non-BZD-Hypnotika und von BZD-Hypnotika wurde über komplexe Handlungen wie sleep driving (Führen eines Kraftfahrzeuges nach der Einnahme), Kochen, Essen, Telefonieren oder auch Geschlechtsverkehr in einem schlafwandlerischen Zustand, ohne sich später daran erinnern zu können, berichtet. Der gleichzeitige Genuss von Alkohol bzw. die Gabe anderer sedierender Substanzen scheint das Risiko zu erhöhen. 5 Selten sind paradoxe Disinhibitionsphänomene (Agitiertheit, Euphorisierung, Erregungszustände, Schlaflosigkeit und Aggressivität). > CAVE
Es gibt immer wieder Berichte über Hochdosisverbrauch von Zolpidem und Zopiclon (Zaleplon wird nicht so häufig verschrieben), manchmal bereits einen Monat nach Therapiebeginn. Zur Verschreibung werden verschiedene Ärzte aufgesucht.
382
1 2 3
Andere Hypnotika 5 Auch Chloralhydrat, Diphenhydramin und Doxylamin können grundsätzlich ein Abhängigkeitspotenzial entfalten. Sonstige NW 7 5.11, jeweiliges Präparat. > CAVE
Bei Abhängigkeitserkrankungen sollte auf den Einsatz von Hypnotika verzichtet werden (Ausnahme: Notfallsituation). Alternativen sind schlafinduzierende Antidepressiva bzw. Antipsychotika.
4 5 5
Kapitel 5 · Hypnotika
5.7
Kontraindikationen
Kontraindikationen der anderen Hypnotika 7 5.11, jeweiliges Präparat. Kontraindikationen von BZD- und Non-BZD-Hypnotika
7 8 9 10 11 12
6
5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate. 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation. 5 Akutes Engwinkelglaukom 5 Myasthenia gravis. 5 Schlafapnoe-Syndrom 5 Schwere Leberinsuffizienz 5 Schwere Ateminsuffizienz 5 Relative Kontraindikationen: − Gleichzeitiger Alkoholgenuss, Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit, − Drogen-/Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit in der Anamnese, − Ataxie.
13
5.8
14
5.8.1 Pharmakokinetik der Benzodiazepinhypnotika 5 Alle BZD-Hypnotika werden rasch im Magen-Darm-Trakt absorbiert und fluten ausreichend schnell mit wirksamen Konzentrationen im ZNS an. 5 Die Plasmaproteinbindung ist in der Regel hoch (71–99%). 5 Im Rahmen des Phase-I-Metabolismus (7 4.8) entstehen vornehmlich durch Hydroxylierung (u. a. mit anschließender Methoxylierung) sowie Desalkylierung Metaboliten z. T. mit eigenständiger Aktivität am BZD-Angriffspunkt des GABAA-Rezeptors (. Tab. 5.1). 5 Zum Phase-II-Metabolismus und zu Auswirkungen auf die Anwendung 7 4.8. 5 . Tab. 5.1 teilt die BZD-Hypnotika nach Eliminations-HWZ und Metabolitenverhalten ein.
15 16 17
Pharmakokinetik und Interaktionen
383
5.8 · Pharmakokinetik und Interaktionen
5
Klinische Hinweise zu den Benzodiazepinhypnotikagruppen . Tab. 5.1
5 Gruppe I und II: Bei zusätzlicher Angstsymptomatik kann ein länger wirksames BZD mit tagsüber persistierenden Plasmaspiegeln sinnvoll sein. Entzugssymptome wie Rebound-Insomnie sind bei BZD mit längerer HWZ nicht direkt nach Absetzen, aber dosisabhängig später zu erwarten. 5 Gruppe III: Hinreichend lange sedativ-hypnotische Wirkung, keine Kumulation bei einmaliger nächtlicher Verabreichung, nur geringe Überhangwirkungen, keine Rebound-Symptomatik in Form von Angstzuständen am nächsten Tag (zu Rebound-Phänomenen nach Absetzen von BZD-Hypnotika 7 5.3). 5 Gruppe IV: Für Durchschlafstörungen weniger geeignet. ! BZD-Hypnotika mit langer oder mittellanger HWZ und aktiven Meta-
boliten können nach abendlicher Einnahme zu Hang-over-Effekten mit Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Einschränkungen der Aufmerksamkeit mit verminderter Verkehrstauglichkeit aufgrund herabgesetzter Reaktionsfähigkeit führen. Kumulationsgefahr besonders bei älteren Patienten und Patienten mit Leber- und Nierenschädigung, vermehrte NW, besonders Muskelrelaxation und ataktische Störungen (Unfallgefahr mit möglichen Frakturen!).
. Tab. 5.1 Einteilung der BZD-Hypnotika nach ihren Eliminationshalbwertszeiten Benzodiazepinhypnotika
Metaboliten
I. BZD-Hypnotika mit langer HWZ bzw. mit lang wirksamen aktiven Metaboliten Flurazepam (2,3–3,4 h)
Desalkylflurazepam (50–100 h)
»Prodrug«
Hydroxyethylflurazepam (ca. 1–3 h)
IIa. BZD-Hypnotika mit mittellanger HWZ und aktiven Metaboliten Flunitrazepam (10–30 h)
Desmethylflunitrazepam (20–30 h); Desmethylhydroxyflunitrazepam (9–25 h)
IIb. BZD-Hypnotika mit mittellanger HWZ ohne aktive Metaboliten Nitrazepam (18–30 h) III. BZD-Hypnotika mit kurzer HWZ und pharmakologisch aktiven, aber kaum relevanten Metaboliten Brotizolam (3–6 h)
9-Hydroxymethylbrotizolam (ca. 3–6 h); 6-Hydroxymethylbrotizolam (ca. 3–6 h)
Lormetazepam (8–14 h)
Lorazepam (8–24 h)
Temazepam (7–14 h)
Oxazepam (4–15 h)
IV. BZD-Hypnotika mit ultrakurzer HWZ und ohne pharmakologisch relevante aktive Metaboliten Triazolam (1,5–5 h)
Hydroxytriazolam (2–4 h)
384
1 2
Kapitel 5 · Hypnotika
. Tab. 5.2 Einteilung der Non-Benzodiazepinhypnotika nach ihren Eliminationshalbwertszeiten Non-BZD-Hypnotika
Metaboliten
Non-BZD-Hypnotikum mit kurzer HWZ ohne pharmakologisch relevante aktive Metaboliten
3
Zopiclon (5 h)
4
Non-BZD-Hypnotikum mit ultrakurzer HWZ ohne pharmakologisch aktive Metaboliten
5 5 7 8 9 10 11
Zaleplon (1 h), Zolpidem (1–3,3 h)
Zopiclon-N-oxid (ca. 4,5 h)
–
5.8.2 Pharmakokinetik der Non-Benzodiazepinhypnotika 5 Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon werden schnell resorbiert und erreichen nach ca. 1 h (Zaleplon), 1,5–2 h (Zopiclon) bzw. 2 h (Zolpidem) nach Ingestion maximale Plasmaspiegel (. Tab. 5.2). 5 Mit 45–60% ist die Plasmaproteinbindung von Zaleplon und Zopiclon eher gering, Zolpidem hat eine Bindung von 92%. 5 Der Phase-I-Metabolismus verläuft hauptsächlich über CYP 3A4-Isoenzyme zu nicht (oder nur wenig) aktiven Metaboliten. 5 Die Elimination erfolgt zu 56% (Zolpidem) bis 80% (Zopiclon) renal in Form der Phase-I und deren glukuronidierten Metaboliten. 5.8.3
Pharmakokinetik der übrigen Hypnotika
7 5.11, jeweiliges Präparat
15
5.8.4 Interaktionen 5 Pharmakodynamische Interaktionen ergeben sich für die Gruppen der BZD- und Non-BZD-Hypnotika v. a. mit sedierenden Substanzen, insbesondere mit GABAerg wirkenden Präparaten. 5 Pharmakokinetische Interaktionen sind für BZD- und Non-BZDHypnotika mit Substanzen zu erwarten, die entweder induzierend oder inhibierend auf Cytochrom-P450-Enzyme wirken, insbesondere bei Kombination mit Induktoren oder Inhibitoren von CYP3A4 (7 Anhang INT).
16
5.9
17
Die folgenden Hinweise gelten für alle Hypnotika; Ergänzungen 7 5.11, jeweiliges Präparat.
12 13 14
Routinehinweise
5.10 · Dosierung und Behandlungsdauer
Routinehinweise
5
385
7
5 Potenzierungsgefahr durch gleichzeitige Einnahme anderer sedierender Pharmaka und von Alkohol. 5 Die Patienten sollten auf folgende Risiken hingewiesen werden: − Abhängigkeitsrisiko und mögliche Entzugssymptomatik, − mögliche Einschränkung der Fahrtüchtigkeit (7 Kap. 16), − Risiko in der Schwangerschaft und Stillzeit (7 Kap. 15). Routineuntersuchungen von Labor, EKG, EEG sind nicht notwendig. Bei Leber- und Nierenfunktionsstörungen kann die Wirkstoffelimination reduziert sein.
5.10
Dosierung und Behandlungsdauer
5 Schlafmittel sollten nicht über längere Zeiträume, d. h. möglichst für nicht mehr als 4 Wochen und nur bei klinisch relevantem Schweregrad, verordnet werden. Im Alter ist im Einzelfall eine niedrige Dosierung (wenn sie nicht gesteigert wird) auch über Jahre zu verantworten. 5 Bei intermittierenden Schlafstörungen ist die Einnahme von Hypnotika in 4–6 Nächten pro Monat vertretbar. 5 Es sollte möglichst mit einer niedrigen Dosis begonnen werden. 5.10.1 Hypnotika im höheren Lebensalter 5 Grundsätzlich sind bei der Verordnung von BZD- und Non-BZD-Hypnotika die gleichen Vorsichtsmaßnahmen und Einschränkungen wie bei BZD-Anxiolytika gültig (7 4.6). Kumulationsneigung aufgrund verschlechterter Clearance, verlangsamter Eliminationskinetik und verändertem Verteilungsvolumen sowie eine erhöhte Sturzneigung aufgrund der Muskelrelaxation und Ataxie bedürfen im höheren Lebensalter häufig einer Dosisanpassung. Es sollten Präparate dieser Gruppe ohne lang wirksame aktive Metaboliten verschrieben werden, z. B. Temazepam, da dann keine Kumulationsgefahr besteht. Die HWZ ist für die Kumulationseffekte nur bei längerer Verordnung wichtig. Bei einer einmaligen Verordnung ist Diazepam als Schlafmittel zu empfehlen, weil es sehr schnell resorbiert wird (7 4.8.1). ! Es sind im Alter BZD-Hypnotika wie Temazepam oder das Non-BZD-Hyp-
notikum Zopiclon vorzuziehen, die nicht verzögert ausgeschieden werden.
5 Vor allem bei Patienten mit Demenz und Verwirrtheit sowie mit organischen Grunderkrankungen ist die Möglichkeit paradoxer Erregungszustände mit Agitiertheit, Schlaflosigkeit und Aggressivität bei der Auswahl der Präparateklasse in Betracht zu ziehen. Ebenso kann es insbe-
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Kapitel 5 · Hypnotika
sondere bei der Gabe rasch anflutender BZD verstärkt zu anterograden Amnesien kommen.
5 Bei Verordnung von Antipsychotika als Hypnotika bei Patienten im höheren Lebensalter mit Demenz sind die besonderen Risiken zu beachten (7 5.3, 7 3.4.8 und 7 3.10.4). Auf eine Verordnung sollte in der Regel verzichtet werden, bei dringender Indikation ist auf die zugelassenen KAP Melperon und Dipiperon zurückzugreifen. 5 Bei Sturzgefahr spricht für Chloralhydrat die fehlende muskelrelaxierende Wirkung, gegen das Präparat spricht die geringe therapeutische Breite und das erhöhte Interaktionsrisiko (7 5.11, Präparat). ! Nicht nur bei den BZD-Hypnotika sondern auch bei der Verordnung von
Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon sollten insbesondere bei älteren Patienten die NW-Risiken und die Vorteile sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
5.11
Präparate
Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet. Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der NW und Kontraindikationen für BZD-Hypnotika in 7 5.6 und 7 5.7 und auf die Besonderheiten im Alter und bei internistischen Krankheiten (7 Kap. 14) hingewiesen. Brotizolam Thienodiazepin 2-Brom-4-(o-chlorphenyl)-9-methyl-6H-thieno[3, 2-f]-s-triazolo[4, 3-a][1, 4] diazepin Lendormin (Boehringer Ingelheim) Tbl. 0,25 mg (10, 20 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption; Bioverfügbarkeit etwa 70%; Tmax = 0,8–1 h; t½ = 4–7 h; bei älteren Patienten 6–9 h. 5 Die Hauptmetaboliten 9-Hydroxymethyl-Brotizolam und 6-HydroxyBrotizolam, die durch CYP3A4 gebildet werden, haben der Muttersubstanz vergleichbare Affinitäten zum Rezeptor und Eliminations-HWZ (3–6 h). 5 Keine Kumulationsgefahr. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz.
5.11 · Präparate
387
5
Routinehinweise 7 5.9. Dosierung 5 Regeldosis 0,125‒0,25 mgz. Es können auch, v. a. bei älteren Patienten, 0,125 mg ausreichend sein. Nebenwirkungen 7 5.6 Kontraindikationen 7 5.7 Interaktionen 5 Vorsicht bei der Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka, einschließlich Alkohol. 5 Bei Kombination mit CYP3A-Inhibitoren (z. B. Clarithromycin, Erythromycin, Itraconazol, Ketoconazol) oder CYP3A4-Induktoren (z. B. Carbamazepin, Efavirenz, Johanniskraut, Phenobarbital, Rifampicin) kann es zu einer Wirkverstärkung oder -abschwächung kommen (7 Anhang INT). Die Effekte scheinen klinisch nicht relevant zu sein. Bei Risikopatienten und im Alter allerdings besondere Vorsicht. Bewertung Wirksames Hypnotikum. Keine Kumulationsneigung. Abhängigkeitsrisiko. Chloralhydrat Alkohol Trichlor-Ethandiol Chloraldurat 500 (Pohl-Boskamp) Kps. 250/ 500 mg (15, 30 Kps.)
Chloraldurat blau (Pohl-Boskamp) Kps. 250 mg (30 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Angriffspunkt am GABAA-Rezeptorkomplex, evtl. auch am NMDARezeptor. Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit 95%; Tmax = 30 min; rasche Umwandlung hauptsächlich in der Leber durch Alkoholdehydrogenase zum eigentlich aktiven Metaboliten Trichlorethanol (t½ = 7–9 h); nach Glukuronidierung renale Eliminierung, max. Plasmaspiegel von Trichlorethanol treten etwa 30–60 min nach oraler Gabe von Chloraldurat™ bzw. 2,5 h nach oraler Gabe von Chloraldurat™ blau auf. Die Plasma-HWZ von Chloralhydrat beträgt 4 min. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungenz. Chloraldurat blau® speziell für die Kurzzeitbehandlung von Einschlafstörungenz. Das über viele Jahre verfügbare und vorwiegend bei Ein-
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Kapitel 5 · Hypnotika
schlafstörungen eingesetzte Chloraldurat rot® wird aktuell nicht mehr vertrieben. 5 Chloralhydrat hat keine muskelrelaxierende Begleitwirkung. Hierdurch gewinnt das Präparat einen besonderen Stellenwert bei älteren Patienten, die durch Stürze besonders gefährdet sind. 5 Bei wiederholter Einnahme zeigt Chloralhydrat oft schon nach etwa einer Woche u. a. aufgrund einer Enzyminduktion einen deutlichen Wirkungsverlust. 5 Die therapeutische Breite von Chloralhydrat ist gering. Letale Dosis 5–10 g. Bei zusätzlichem Alkoholkonsum besteht die Gefahr der Atemlähmung. Dosierung 5 250–1000 mg als Standarddosierung, max. Tagesdosis 1,5 gz. Dosisreduzierung bei Parenchymschädigungen von Leber oder Niere. Nebenwirkungen Kreuztoleranz und Kreuzabhängigkeit u. a. mit Alkohol, BZD und Barbituraten. Abhängigkeitsentwicklungen wie bei den BZD sind bekannt. Bei plötzlichem Entzug nach längerer Anwendung Auftreten typischer Entzugssyndrome wie bei BZD. Häufikigkeit nicht bekannt: Benommenheit, Schwindel, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Ängstlichkeit, Schlafstörungen, Müdigkeit am Morgen, MagenDarm-Beschwerden, Verlängerung des QTc-Intervalls. Sonstige Nebenwirkungen: Sehr selten Torsades de pointes. Wegen der schleimhautreizenden Wirkung wird Chloralhydrat in Kapselform verabreicht. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation; schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen, schwere Herzund Kreislaufschwäche, Behandlung mit Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ, hereditäre Fruktoseintoleranz, Abhängigkeitserkrankungen. 5 Relative Kontraindikationen: Gastritis, Atemstörungen, Schlafapnoe-Syndrom, Hypokaliämie, Bradykardie, angeborenes Long-QT-Syndrom, andere kardiale Störungen (insbesondere Erregungsleitungsstörungen, Arrhythmien). Interaktionen 5 Vorsicht bei der Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka, einschließlich Alkohol. 5 Keine Kombination mit Pharmaka, die ebenfalls die QTc-Zeit verlängern oder zu einer Hypokaliämie führen, Antikoagulanzien, Furosemid, Antidiabetika. 5 Keine Kombination mit Disulfiram (Hemmung der Bildung des aktiven Metaboliten Trichlorethanol).
389
5.11 · Präparate
5
Bewertung Traditionell Einschlafmittel, aber nicht empfehlenswert. Bei wiederholter Einnahme nimmt die Wirksamkeit ab. Abhängigkeitsentwicklungen sind bekannt. Sehr geringe therapeutische Breite (therapeutische Dosis 0,25–1 g/d, letale Dosis bereits ab 5 g/d). Diphenhydramin Antihistaminikum 2-(Diphenyl)methoxy-N,N-demethylethanamin Betadorm D1 (McNeil) Dolestan (Krewel Meuselbach) Tbl. 25 mg (20 Tbl.) Tbl. 50 mg (20 Tbl.) (Dolestan forte) Hevert-Dorm (Hevert) Tbl. 25 mg 1
Moradorm1 (Bouhon) nervo OPT N1 (Optimed) S. 81 (Chefaro) Sediat1 (Pfleger) Sedopretten1 (Schöning-Berlin) Vivinox1 (Mann)
Alle Diphenhydramin-Generika: Tbl. 50 mg
Pharmakodynamik 5 Vorwiegend H1-antihistaminerge Wirkkomponenten, zudem anticholinerge Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 Gute und schnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit etwa 50%; Tmax = ca. 1 h, t½ = 4–6 h. 5 Metabolisierung durch N-Demethylierung in der Leber, bevorzugt durch CYP2D6, hauptsächlich renale Elimination. 5 Längere Anflutungsdauer als bei BZD. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Schlafinduzierende Wirkung geringer als bei BZD-Hypnotika. Dosierung 5 Einzeldosis 50 mgz. Bei eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion, älteren und geschwächten Patienten geringere Dosis. Nebenwirkungen Häufig: Somnolenz, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Kopfschmer-
zen, Muskelschwäche, Magen-Darm-Störungen, anticholinerge Effekte wie Mundtrockenheit, Obstipation, gastroösophagealer Reflux, Sehstörungen, Miktionsstörungen. Sonstige Nebenwirkungen: Änderungen des Blutbildes, cholestatischer Ikterus, paradoxe Reaktionen (Ruhelosigkeit, Nervosität, Erregung, Angstzustände, Zittern, Schlafstörungen), Verlängerung des QTc-Intervalls, erhöhte Lichtempfindlichkeit der Haut.
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Kapitel 5 · Hypnotika
Die anticholinergen Wirkkomponenten erhöhen die Toxizität und komplizieren das Vergiftungsbild. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation; akutes Asthma bronchiale, Engwinkelglaukom, Prostatahyperplasie mit Restharnbildung, Epilepsien; Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Phäochromozytom, angeborenes Long-QT-Syndrom, andere kardiale Störungen. Interaktionen 5 Keine Kombination mit Präparaten, die ebenfalls die QTc-Zeit verlängern oder zu einer Hypokaliämie führen können. 5 Vorsicht bei der Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka; während der Behandlung darf kein Alkohol getrunken werden. Blutdrucksenkende Arzneimittel können zu verstärkter Müdigkeit führen. 5 Wegen seiner anticholinergen Wirkung darf Diphenhydramin nicht mit Anticholinergika (z. B. Biperiden) oder anticholinergen Antipsychotika/TZA (Cave besonders bei Chlorprothixen, Clozapin, Levomepromazin, Perazin, Thioridazin) kombiniert werden. 5 Nicht mit MAOH kombinieren, da sich eine lebensbedrohliche Darmlähmung, Harnverhalt und eine Funktionseinschränkung der Atmung entwickeln kann. 5 Vorsicht bei Kombination mit Inhibitoren von CYP2D6 (z. B. Fluoxetin, Metoprolol, Paroxetin) Anstieg der Wirkspiegel von Diphenhydramin (7 Anhang INT). Bewertung Schlafinduzierende Wirkung geringer als bei BZD-Hypnotika. Aufgrund einer relativ hohen NW- und Interaktionsrisikoquote sollte Diphenhydramin nicht empfohlen werden. Deutliche Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens. Abhängigkeitsentwicklungen in Einzelfällen bekannt. Freiverkäuflich im Handel. Gefahr bei Überdosierung und Intoxikationen in suizidaler Absicht. Doxylamin Antihistaminikum
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Gittalun Trinktabletten (BoehringerIngelheim) Brausetbl. 25 mg (10, 20 Tbl.) Hoggar N (STADA) Tbl. 25 mg SchlafTabs ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 25 mg
Sedaplus Filmtabletten (Rosen Pharma) Tbl. 25 mg Sedaplus Saft (Rosen Pharma) Saft 25 mg = 10 ml Saft
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5.11 · Präparate
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Dosierung 5 Einzeldosis 25 mg, Tageshöchstdosis 50 mgz. Bewertung Schlafinduzierende Wirkung geringer als bei BZD-Hypnotika. Deutliche Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens. Abhängigkeitsentwicklungen in Einzelfällen bekannt. Freiverkäuflich im Handel. Gefahr bei Überdosierung und Intoxikationen in suizidaler Absicht. Aufgrund eines relativ hohen NW- und Interaktionsrisikos sollte Doxylamin nicht verordnet werden. Auch entspricht die vom Hersteller angegebene Indikation «zur Beruhigung vor dem Einschlafen und bei unruhigem Schlaf», keiner psychiatrischen ICD-10-Diagnose. Flunitrazepam Benzodiazepin 5-(2-Fluorphenyl)1-methyl-7-nitro-3H-1,4-benzodiazepin-2-on Flunibeta 11 (betapharm) Fluninoc1 (Neuro Hexal) Flunitrazepam-neuraxpharm1 (neuraxpharm) 1
Flunitrazepam-ratiopharm1 (ratiopharm) Rohypnol (Roche) Tbl. 1 mg (10, 20 Tbl.) Amp. 2 mg/1 ml (5 Amp.) BtmVV
Alle Flunitrazepam-Generika: Tbl. 1 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Flunitrazepam ist die fluorierte und N-methylierte Analogsubstanz zu Nitrazepam. Durch die Substituenten wird eine Wirkungsverstärkung mittels einer erhöhten Affinität der Substanz zum Rezeptor erreicht. Pharmakokinetik 5 Rasche und fast vollständige Resorption; orale Bioverfügbarkeit 80‒90%; Tmax = 0,75–2h; t½ = 10–30 h. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2C19 und CYP3A4. 5 Bildung zahlreicher Metaboliten; der aktive Metabolit Desmethylflunitrazepam hat eine Eliminations-HWZ von 20–30 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen; nur bei Schlafstörungen von klinisch bedeutsamem Schweregradz. 5 Aufgrund der langen HWZ sind Kumulationsentwicklungen und Hang-over-Effekte insbesondere bei älteren Patienten möglich. 5 Die parenterale Applikationsform findet v. a. in der Anästhesiologie Verwendung und darf i.v. nur langsam unter Kontrolle der kardiorespirativen Funktionen injiziert werden.
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Kapitel 5 · Hypnotika
5 Die parenterale Applikationsform wurde wegen Missbrauchs durch (meist Opiat-)Abhängige der BtmVV unterstellt. Gründe für den vermehrten Gebrauch von Flunitrazepam im Vergleich zu anderen BZDHypnotika unter Opiatabhängigen gibt es nicht. Eine mögliche Erklärung liegt in der hohen und rasch eintretenden Wirksamkeit.
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Routinehinweise 7 5.9.
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Dosierung 5 Ambulant 0,5–2 mg; stationär höchstens 4 mgz.
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Nebenwirkungen 7 5.6 Kontraindikationen 7 5.7
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Interaktionen 5 Keine Kombination mit Buprenorphin (es gibt Berichte über plötzliche Todesfälle unter dieser Kombination). 5 Äußerste Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka, bei Risikopatienten und im Alter. 5 Bei Kombination mit Arzneimitteln, die CYP2C19 oder CYP3A4 hemmen oder induzieren, kann es zu einer veränderten Pharmakokinetik kommen (7 Anhang INT). Die Effekte scheinen allerdings klinisch nicht relevant zu sein. Bewertung Hochwirksames Hypnotikum, jedoch aufgrund langer HWZ und erhöhtem Risiko für Hang-over-Effekte und Kumulationsgefahr, besonders bei älteren Patienten, psychiatrischer Einsatz nur in Ausnahmefällen zu empfehlen. Hohes Abhängigkeitsrisiko. Sonst Indikation nur noch in der Palliativmedizin.
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Flurazepam
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Benzodiazepin 7-Chlor-1-(2-diethylaminoethyl)-5(2-fluorophenyl)-1,4-benzodiazepin-2-on
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Dalmadorm (Valeant) Tbl. 30 mg (20 Tbl.)
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Staurodorm Neu (Dolorgiet) Tbl. 27/ 42 mg (20 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Flurazepam ist eine Prodrug und wird nahezu vollständig resorbiert. Es wird rasch zu den aktiven Metaboliten Hydroxyethylflurazepam und Flurazepamaldehyd und mittelschnell zu Desalkylflurazepam wahr-
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5.11 · Präparate
5
scheinlich durch CYP3A4 und CYP2C19 verstoffwechselt. Hydroxyethyl- oder Aldehydmetaboliten akkumulieren nicht. Desalkylflurazepam akkumuliert jedoch entsprechend seiner langen HWZ von 50–100 h langsam und erreicht nach mehreren Tagen Steady-StateKonzentrationen. Tmax = 1–3 h (Flurazepam) und 0,5–96 h (Metaboliten). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Aufgrund der ausgeprägten Kumulation der aktiven Substanz Desalkylflurazepam können nach wiederholter Gabe Sedierungseffekte und andere BZD-NW während des Tages auftreten. Routinehinweise 7 5.9. Dosierung 5 Ambulant 15–30 mg; stationär bis zu 60 mgz. Nebenwirkungen 7 5.6 Kontraindikationen 7 5.7 Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka einschließlich Alkohol, bei Risikopatienten und im Alter. 5 Bei Kombination mit Arzneimitteln, die CYP2C19 oder CYP3A4 hemmen oder induzieren kann es zu einer veränderten Pharmakokinetik kommen (7 Anhang INT). Die Effekte scheinen allerdings klinisch nicht relevant zu sein. Bewertung Hochwirksames Hypnotikum mit sehr hohem Abhängigkeitsrisiko; Aufgrund langer HWZ erhöhtes Risiko für Hang-over-Effekte und Kumulationsgefahr, besonders bei wiederholter Gabe und bei älteren Patienten. Psychiatrischer Einsatz nur in Ausnahmefällen bei hartnäckigsten Schlafstörungen.
Lormetazepam Benzodiazepin 7-Chlor-5-(o-chlorphenyl)-1,3-dihydro-3-hydroxy-1-methyl-2H-1,4-benzodiazepin-2-on Ergocalm (Teofarma) Tbl. 1/ 2 mg (Ergocalm Tabs) Loretam (ICN) Kps. 1/ 2 mg Lormetazepam AL (Aliud Pharma) Tbl. 1/ 2 mg
Lormetazepam-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 0,5/ 1/ 2 mg Noctamid (Bayer Vital) Tbl. 1/ 2 mg (10, 20 Tbl.)
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Kapitel 5 · Hypnotika
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Sehr hohe Affinität zum BZDRezeptor, vergleichbar mit der von Lorazepam oder Flunitrazepam. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit 73‒88%; Tmax = 2 h; t½ = 8–14 h. Lormetazepam hat keine klinisch relevanten aktiven Metaboliten. Der aktive Metabolit Lorazepam wird nur langsam gebildet, jedoch rasch durch Glukuronidierung inaktiviert.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungenz. 5 Aufgrund der relativ kurzen HWZ kaum Kumulationsneigung, Hangover-Effekte bei höherer Dosierung verstärkt möglich.
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Routinehinweise 7 5.9.
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Dosierung 5 Ambulant 0,5–1 mg; stationär 1–2 mgz.
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Nebenwirkungen 7 5.6 Kontraindikationen 7 5.7 Interaktionen 5 Vorsicht bei der Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka, einschließlich Alkohol, Narkoanalgetika, Muskelrelaxanzien und Arzneimitteln, die die Atemfunktion beeinflussen können. Bewertung Wirksames Hypnotikum ohne klinisch relevanten Metaboliten. Kaum Kumulationsneigung. Bei Einschlafstörungen sind grundsätzlich zunächst Non-BZD vorzuziehen. Melatonin Indolalkylamid N-[2-(5-Methoxy-1H-indol-3-yl)ethyl]acetamid Circadin (Lundbeck) Retardtbl. 2 mg (20 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Es wird vermutet, dass Melatonin, wie auch eine Lichtexposition, den zirkadianen Rhythmus reguliert. Es aktiviert Melatoninrezeptoren im Nucleus suprachiasmaticus. Exogenes Melatonin verkürzt bei Gesunden die Schlaflatenz und verbessert die Schlafeffizienz (7 5.2).
5.11 · Präparate
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Pharmakokinetik 5 Die Bioverfügbarkeit von Melatonin liegt bei ca. 15%. Die Metabolisierung erfolgt im Wesentlichen durch 6-Hydroxylierung und O-Demethylierung durch CYP1A2 und nachgeordnet durch CYP2C19. Der First-pass-Metabolismus beträgt etwa 85%. Tmax liegt bei etwa 3 h, t½ bei 3,5–4 h. Diese HWZ wird durch die Retardierung erreicht, ohne Retardierung beträgt sie nur 20 min. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Monotherapie für die Behandlung der primären, durch schlechte Schlafqualität gekennzeichneten Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren bis zu 13 Wochenz. 5 Hinweise für Wirkung bei → Jetlag, → Benzodiazepinentzug, → Verbesserung des Tag-Nacht-Rhythmus bei Alzheimer-Demenz. 5 Melatonin kann die sedierenden Eigenschaften von BZD und NonBZD erhöhen. Dosierung 5 2 mgz, 1‒2 h vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit. Die Dosierung muss über 3 Wochen aufrechterhalten bleiben. Nebenwirkungen Melatonin ist nebenwirkungsarm. Es fehlen Studien über NW längerer Gabe von Circadin® auf die männliche Reproduktion. Über eine veränderte Samenqualität war nach chronischer Gabe von Melatonin bei gesunden Männern berichtet worden. Gelegentlich: Mäßiger Einfluss auf Verkehrstüchtigkeit und Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Reizbarkeit, Albträume, psychomotorische Hyperaktivität, Mundtrockenheit, Hyperhidrosis, Gewichtszunahme. Kontraindikationen 5 Leber- und Nierenfunktionsstörungen. 5 Bei Patienten mit hereditärer Galaktoseintoleranz, Laktasemangel oder Glukose-Galaktose-Malabsorption ist besondere Vorsicht geboten. Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka, einschließlich Alkohol, Narkoanalgetika, Muskelrelaxanzien und Pharmaka, die die Atemfunktion beeinflussen können. 5 Inhibitoren von CYP1A2 und CYP2C19 (besonders Fluvoxamin verzögert die Elimination von Melatonin), führen zu erhöhten MelatoninSpiegeln (7 Anhang INT). 5 Durch Induktoren von CYP1A2 (z. B. Rauchen) Reduktion der Plasmakonzentrationen von Melatonin (7 Anhang INT).
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Kapitel 5 · Hypnotika
Bewertung Melatonin imitiert die physiologische Melatonin-Freisetzung und übt dadurch einen positiven Effekt auf das Schlafverhalten aus; dies aber eher bei älteren Menschen, offenbar unabhängig von der Höhe der Melatoninspiegel. Noch eingeengtes Zulassungsspektrum. Bisher Zulassung nur für 13 Wochen bei Patienten ab 55 Jahre. Bisher wenige NW beschrieben, jedoch können diese bei chronischer Gabe mangels Daten nicht ausgeschlossen werden. Es fehlen weitere klinische Erfahrungswerte.
4 Nitrazepam
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Benzodiazepin 1,3-Dihydro-7-nitro-5-phenyl-2H-1,4-benzodiazepin-2-on
5
Dormo-Puren (Alpharma-Isis) Tbl. 5 mg imeson (Taurus-Pharma) Tbl. 5 mg Mogadan (Valeant) Tbl. 5 mg (20 Tbl.) Nitrazepam AL (Aliud Pharma) Tbl. 5/ 10 mg
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Nitrazepam-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 5/ 10 mg Novanox (Pfleger) Tbl. 5/ 10 mg (Novanox forte) Radedorm (AWD) Tbl. 5 mg
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Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Die Bioverfügbarkeit schwankt bei oraler Gabe zwischen 54% und 98%; Tmax = 0,5–2 h; t½ = 18–30 h; Nitrazepam wird wahrscheinlich durch CYP3A4 und CYP2D6 metabolisiert; seine beiden Metaboliten weisen keine nennenswerte pharmakologische Aktivität auf. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen; nur bei Schlafstörungen von klinisch bedeutsamem Schweregradz. 5 Aufgrund der mittellangen HWZ muss mit Hang-over-Effekten und Kumulationsneigung nach wiederholter Gabe gerechnet werden. 5 Nitrazepam wird teilweise auch als Antiepileptikum (z. B. bei BNSKrämpfen) eingesetzt. Routinehinweise 7 5.9. Dosierung 5 2,5–5 mg; höchstens 10 mgz. Bei älteren Patienten darf eine Dosis von 5 mg nicht überschritten werden.
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5.11 · Präparate
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Nebenwirkungen 7 5.6 Kontraindikationen 7 5.7 Interaktionen 5 Vorsicht bei der Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka, einschließlich Alkohol. 5 Bei Kombination mit Probenecid kann es durch Hemmung der Glukuronidierung zu einer verminderten Elimination von Nitrazepam mit Wirkverstärkung kommen. 5 Bei Kombination mit Arzneimitteln, die CYP3A4 hemmen oder induzieren kann es zu einer Wirkverstärkung bzw. -abschwächung kommen (7 Anhang INT). Die Effekte scheinen klinisch nicht relevant zu sein. Bei Risikopatienten und im Alter allerdings grundsätzlich Vorsicht. Bewertung Hochwirksames Hypnotikum; im Vergleich zu Flunitrazepam und Flurazepam kürzere HWZ, jedoch bei höherer Dosierung Risiko von Hang-overEffekten. Sehr hohes Abhängigkeitsrisiko. Kumulationsgefahr, besonders bei wiederholter Gabe und bei älteren Patienten. Psychiatrischer Einsatz nur in Ausnahmefällen bei hartnäckigsten Schlafstörungen.
Promethazin Antihistaminikum 10-[2-(Dimethylamino)propyl]phenothiazin Atosil (Bayer Vital) Tbl. 25 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trpf. 20 mg = 20 Trpf. = 1 ml (30/ 50/ 100 ml) Amp. 50 mg/2 ml (5 Amp.) Closin (Combustin) Drg. 10/ 25 mg Trpf. 5 mg = 1 ml
Promethazin-neuraxpharm (neuraxpharm) Drg. 10/ 25/ 50/ 100 mg Lsg. 20 mg = 20 Trpf. = 1 ml Amp. 50 mg/2 ml Proneurin 25 (HEXAL) Drg. 25 mg Prothazin (Rodleben) Tbl. 25 mg Amp. 50 mg/2 ml
Pharmakodynamik 5 Vorwiegend H1-antihistaminerge Wirkkomponenten, zusätzlich anticholinerge, adrenolytische und schwach antiserotonerge Eigenschaften. Keine antipsychotischen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 Schnelle und nahezu vollständige Resorption, aber geringe Bioverfügbarkeit wegen eines ausgeprägten First-pass-Metabolismus;
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Kapitel 5 · Hypnotika
Tmax = 1,5–3 h; t½ = 10–12 h. Metabolisierung durch CYP2D6; keine pharmakologisch aktiven Metaboliten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schlafstörungen, wenn andere Therapiemöglichkeiten nicht durchführbar sind oder nicht erfolgreich warenz. 5 Unruhe- und Erregungszustände im Rahmen psychiatrischer Grunderkrankungenz. 5 Erbrechen. 5 Da Phenothiazinderivate eine höhere NW-Rate haben, sind Routineuntersuchungen entsprechend 7 3.9 zu empfehlen. Dosierung 5 Schlafstörungen: Zu Beginn 25 mg zur Nacht, bei Bedarf Dosierungserhöhung auf 2 × 25 mg/d bis 4 × 25 mg/d. 5 Schwere Unruhe- und Erregungszustände: i.m./i.v. initial in der Regel 25 mg, Wiederholung nach 2 h möglich, kurzfristige Steigerung auf 200 mg/dz möglich (7 13.1). Nebenwirkungen Sehr häufig: Mundtrockenheit, Eindickung von Schleim mit gestörter Spei-
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chelsekretion, orthostatische Kreislaufprobleme. Häufigkeit nicht bekannt: Störungen der Hämatopoese, Akkommodationsstö-
rungen, erhöhter Augeninnendruck, verlängertes QTc-Intervall, vermehrtes Durstgefühl, Obstipation, Gewichtszunahme, Cholestase, Photosensibilisierung, Temperaturerhöhung, Miktionsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen. > CAVE
Bei i.v.-Injektion sind Venenwandreizung, Thrombophlebitiden bis hin zu Nekrosen möglich. Cave: parenterale Gabe möglichst vermeiden.
Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikationen, schwere Blutbild- und Knochenmarkschädigung, Kreislaufschock, Koma, 5 Relative Kontraindikationen: Epileptische Anfälle, Parkinson-Syndrom, subkortikale Hirnschäden; Engwinkel- und Winkelblockglaukom; Harnverhalt, Prostatahypertrophie; Leber- und Nierenerkrankungen; Pylorusstenose; Hypotonie, Hypertonie, orthostatische Dysregulation, kardiale Störungen; chronische Atembeschwerden, Asthma bronchiale; Erkrankungen des hämatopoetischen Systems. Interaktionen 5 Keine Kombination mit Arzneimitteln, die die QTc-Zeit verlängern oder zu Hypokaliämie führen, anticholinergen Antiparkinsonmitteln, anderen Phenothiazinpräparaten.
5.11 · Präparate
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5 Wirkverstärkung von Antihypertonika; Abschwächung der α-adrenergen Wirkung von Adrenalin. 5 Vorsicht bei Kombination mit Antiepileptika oder MAOH. 5 Verstärkung der anticholinergen NW durch möglich Antipsychotika oder TZA mit anticholinerger Komponente. 5 Vorsicht bei der Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren, Anstieg der Wirkspiegel von Promethazin (7 Anhang INT). Bewertung Wirksames Hypnotikum. Keine antipsychotische Wirksamkeit. Routineuntersuchungen entsprechend der Gruppe der Phenothiazine notwendig. Wegen hohem NW- und Interaktionsrisiko und geringer therapeutischer Breite als Schlafmittel nur Mittel der 2. Wahl, auch schwächer wirksam als BZD-Hypnotika. In der Notfallsituation (7 13.1) gute sedierende Eigenschaften, auch antiemetische Wirkungen und ausgeprägte antihistaminische Wirkung, zusätzlich adrenolytisch, anticholinerg, antiserotonerg. Kombination mit Haloperidol i.m. in Akutsituationen evaluiert (Cave: engmaschige Kontrolle). Temazepam Benzodiazepin 7-Chlor-1, 3-dihydro-3-hydroxy-1-methyl-5-phenyl-2H-1, 4-benzodiazepin2-on Planum (Pharmacia/Pfizer) Kps. 10 mg (10, 20, 30 Kps.) Planum mite (Pharmacia/Pfizer) Kps. 20 mg (10, 20, 30 Kps.) Pronervon T (Scheffer) Kps. 10/ 20 mg
Remestan (Valeant) Kps. 10 mg (10, 20 Kps.) Remestan mite (ICN) Kps. 20 mg (10, 20 Kps.) temazep von ct (ct-Arzneimittel) Kps. 10/ 20 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit 90‒100%; Tmax = ca. 1 h; t½ = 5–13 h. Temazepam hat keine klinisch relevanten aktiven Metaboliten. Das gebildete Oxazepam trägt aufgrund seiner geringen Konzentration nicht zur pharmakologischen Wirkung bei. Kaum Kumulationsrisiko. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungenz. 5 Temazepam kann bei mehrmaliger Gabe in geringer Dosierung auch als Anxiolytikum verwendet werden. 5 Starke muskelentspannende Wirkung.
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Kapitel 5 · Hypnotika
Routinehinweise 7 5.9. Dosierung 5 Ambulant 10 mg bis höchstens 40 mg; stationär bis 40 mgz. Als Anxiolytikum kann Temazepam in einer Dosis von 2‒3 × 10 mg gegeben werden. Nebenwirkungen 7 5.6 5 Hang-over-Effekte nur bei höherer Dosierung. Kontraindikationen 7 5.7 5 Bei geschwächten Patienten und beeinträchtigter Leberfunktion reduzierte Dosis. Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka einschließlich Alkohol, Narkoanalgetika, Muskelrelaxanzien, β-Rezeptorenblocker, Antihypertensiva und Pharmaka, die die Atemfunktion beeinflussen können. Bewertung Wirksames Hypnotikum, besonders bei Ein- und Durchschlafstörungen gut geeignet. Keine Kumulationsneigung. Abhängigkeitsrisiko. Triazolam Benzodiazepin 8-Chlor-6-(o-chlorphenyl)-1-methyl-4H-s-triazolo[4, 3-a][1, 4]benzodiazepin Halcion (Pfizer) Tbl. 0,25 mg (7, 10, 14 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Tmax = 0,7–2,4 h; t½ = 1,5–5 h. Metabolisierung durch CYP3A4; Metaboliten tragen kaum zur klinischen Wirkung bei. Keine Kumulationsgefahr. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungenz. 5 Hang-over-Effekte nur bei höheren Dosen. 5 Am Morgen kann nach abendlicher Gabe erhöhte Ängstlichkeit und Unruhe als Rebound-Phänomen beobachtet werden. Routinehinweise 7 5.9.
5.11 · Präparate
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Dosierung 5 0,125–0,25 mgz. Nebenwirkungen 7 5.6 Vorwiegend0 zu Beginn der Behandlung Verwirrtheit, Ataxie, Schwindel und Doppelbilder. Gelegentlich: Hautreaktionen, gastrointestinale Störungen und Veränderungen der Libido. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Schlafwandeln, Gangunsicherheit und Synkopen. Unter Triazolam sind paradoxe Disinhibitionsphänomene (Agitiertheit, Euphorisierung, Erregungszustände, Schlaflosigkeit, Aggressivität) häufiger als bei anderen BZD, besonders unter höherer Dosierung und bei älteren Menschen. Kontraindikationen 7 5.7 Interaktionen 5 Keine Kombination mit Itraconazol, Ketoconazol. 5 Vorsicht bei der Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka einschließlich Alkohol. 5 Bei Kombination mit CYP3A4-Inhibitoren (z. B. Ritonavir oder Clarithromycin) Anstieg der Wirkspiegel (7 Anhang INT). Die EliminationsHWZ von Triazolam verlängert sich von 3 h auf 41 h. 5 Beschleunigter Abbau bei Kombination mit Induktoren von CYP3A4 (z. B. Carbamazepin, Johanniskraut, Oxybutynin) (7 Anhang INT). Bewertung Wirksames Hypnotikum. Einschlafmittel. Als Durchschlafmittel nicht geeignet. Höhere NW-und Interaktionsrate als bei anderen BZD-Hypnotika, daher nur Mittel der 2. Wahl. Abhängigkeitsrisiko. Tryptophan Serotoninpräkursor α-Amino-ß-(3-indolyl)propionsäure Ardeytropin (Ardeypharm) Tbl. 500 mg Kalma (NIDDApharm) Tbl. 500 mg (20, 50, 100 Tbl.)
L-Tryptophan-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 500 mg
Pharmakodynamik 5 Die essenzielle Aminosäure L-Tryptophan wird durch 5-Hydroxylierung und Decarboxylierung zu Serotonin umgewandelt. Die pharmakologische Wirkung soll über eine erhöhte Serotoninverfügbarkeit erzielt werden.
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Kapitel 5 · Hypnotika
Pharmakokinetik 5 Tmax = 1–2 h; zunächst linearer Abfall der Konzentration über 2–5 h, danach exponentieller Abfall. Abbau ohne Beteiligung von CYP-Isoenzymen in der Leber zum renal eliminierbaren Kynurenin zu 95%. Peripherer Abbau zu Serotonin zu 2,5% sowie Permeabilität von zentralem Tryptophan über die Blut-Hirn-Schranke zu 2,5%. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Förderung der Schlafbereitschaft und Erleichterung des Einschlafensz.
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Dosierung 5 Bei Schlafstörungen: 500–1000 mg (max. 2000 mgz) am Abend.
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Häufigkeit nicht bekannt: Schwindel, Kopfschmerzen, Sedierung, Lichtemp-
Nebenwirkungen
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findlichkeit. Bei Hypertonie Blutdrucksenkung möglich. Sonstige Nebenwirkungen: Zentrales Serotoninsyndrom bei Präparaten mit serotoninwiederaufnahmehemmender Wirkung möglich. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation. 5 Leber- und Nierenerkrankungen. Karzinoid-Syndrom. Interaktionen 5 Keine Kombination mit SSRI, MAOH, Clomipramin, Duloxetin oder Venlafaxin (Gefahr des zentralen Serotoninsyndroms 7 13.8.2); Furazolidon, Procarbazin. 5 Verminderte Toleranzentwicklung bei Opiaten. 5 Abschwächung der Wirkung von Levodopa. 5 Gelegentlich gesteigertes sexuelles Verlangen und extrapyramidalmotorische Störungen bei Komedikation mit BZD und Phenothiazinen. Bewertung Geringe hypnotische Potenz, kann bei Behandlung von chronischen Schlaf-
störungen unterstützend eingesetzt werden. Ein antidepressiver Wirksamkeitsnachweis ist nicht erbracht. Zaleplon Non-Benzodiazepin, Pyrazolpyrimidin 3‘-Cyanopyrazolo[1,5-a]pyrimidin-7-yl)-N-ethylacetanilid Sonata (MEDA Pharma) Kps. 5/ 10 mg (14 Kps.)
5.11 · Präparate
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Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Zaleplon ist ein selektiver Agonist an GABAA-Rezeptoren, die eine α1-Untereinheit enthalten. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; orale Bioverfügbarkeit 20–40%; Tmax = 1,1 h; t½ = 1 h. Vorwiegend hepatische Metabolisierung mit Beteiligung von CYP3A4, bei Leberinsuffizienz Verlängerung der HWZ möglich. Die beiden Hauptmetaboliten 5-Oxo-Zaleplon und 5-Oxo-Desethylzaleplon sind vermutlich pharmakologisch inaktiv. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Einschlafstörungenz. Routinehinweise 7 5.9. Dosierung 5 Empfohlene Dosis für Erwachsene 10 mgz, für ältere Patienten 5 mg/d. Die tägliche Gesamtdosis sollte 10 mg nicht überschreiten. Möglichst 1 h vor Einnahme keine Nahrungsaufnahme mehr, um die Schlafinduktion zu erleichtern. Nebenwirkungen Unter Zaleplon können alle der den BZD eigenen NW auftreten (7 5.6). Häufig: Amnesie, Parästhesie, Dysmenorrhö. Gelegentlich: Sprechstörungen, Koordinationsstörungen, Verwirrtheit, Depression, Depersonalisation, Halluzinationen, verändertes Sehvermögen, Lichtempfindlichkeit, Appetitlosigkeit. Sonstige Nebenwirkungen: Tagessedierung mit Benommenheit, Müdigkeit und eingeschränktem Reaktionsvermögen sind aufgrund der pharmakokinetischen Daten nur selten zu erwarten. Kontraindikationen 7 5.7 Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka einschließlich Alkohol. 5 Bei Kombination mit Arzneimitteln, die CYP3A4 hemmen oder induzieren, kann es zu einer Wirkverstärkung bzw. -abschwächung kommen (7 Anhang INT). Beispielsweise verursachte Cimetidin einen Anstieg der Plasmakonzentrationen von Zaleplon um 85%, von Erythromycin um 34%. Bewertung Bei der Kürze der Eliminations-HWZ von 1 h und einer Dauer der sedierenden Wirkung von ca. 4 h ist eine Indikation nur für Einschlafstörun-
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gen gegeben (mindestens 4 h Schlaf nach Einnahme). Abhängigkeitsentwicklungen sind bisher sehr viel seltener beobachtet, jedoch grundsätzlich besteht das Risiko. Zolpidem Non-Benzodiazepin N,N,6-Trimethyl-2-p-tolylimidazo[1,2-a]pyridin-3-acetamid Bikalm (ALTANA) Tbl. 10 mg (10, 20 Tbl.) Stilnox (Aventis) Tbl. 10 mg (10, 20 Tbl.) Zodormdura1 (Merck dura) Zoldem2 (Neuro Hexal) Zolpidem beta2 (betapharm) Zolpidem-neuraxpharm1 (neuropharm) Zolpi-Lich2 (Lichtenstein) 1
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Kapitel 5 · Hypnotika
2
Zolpidem-ratiopharm1 (ratiopharm) Zolpidem real1 (Dolorgiet) Zolpidem STADA1 (STADApharm) Zolpidem Sandoz1 (Sandoz) Zolpi-Q2 (Juta Pharma/Q-Pharm) Zolpidem TAD2 (TAD pharma Zolpidem von ct1 (ct-Arzneimittel) Zolpinox2 (Krewel-Meuselbach)
Zolpidem-Generika: Tbl. 10 mg Zolpidem-Generika: Tbl. 5/ 10 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Präferenz für Rezeptoren, die α1-Untereinheiten enthalten. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit beträgt etwa 70%; Tmax = ca. 2 h; t½ = 1–3,5 h, bei Leberinsuffizienz deutlich verlängert auf ca. 10 h. Extensiver Abbau mit Beteiligung von CYP3A4 zu pharmakologisch nicht aktiven Metaboliten. Kein Kumulationsrisiko. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungenz. Routinehinweise 7 5.9. Dosierung 5 Regeldosis 10 mg, Gaben bis zu 20 mg/dz sind möglich. Bei eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion und bei alten Patienten 5–10 mg. Möglichst 1 h vor Einnahme keine Nahrungsaufnahme mehr, um die Schlafinduktion zu erleichtern. Nebenwirkungen Prinzipiell können unter Zolpidem alle der den BZD eigenen NW auftreten (7 5.6).
5.11 · Präparate
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5
Häufig: Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, verstärkte Schlaflosig-
keit, anterograde Amnesie (assoziiert mit unangemessenem Verhalten), Halluzinationen, Agitiertheit, Albträume, gastrointestinale Störungen. Gelegentlich: Durchfall, Übelkeit, Erbrechen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Hautreaktionen, Abnahme der Libido. Kontraindikationen 7 5.7 Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka einschließlich Alkohol, Narkoanalgetika, Muskelrelaxanzien. 5 Anstieg der Wirkspiegel von Zolpidem bei Kombination mit CYP3A4Inhibitoren (z. B. Cimetidin, Erythromycin, Ketoconazol) (7 Anhang INT). Bei Kombination mit Induktoren von CYP3A4 (z. B. Carbamazepin, Phenytoin, Rifampicin) Abnahme der Wirkspiegel und Wirksamkeit von Zolpidem (7 Anhang INT). Die Effekte scheinen klinisch nicht relevant zu sein. Bewertung Bei Einschlafstörungen gut geeignet. Abhängigkeitsentwicklungen sind bisher sehr viel seltener beobachtet, jedoch grundsätzlich ist das Risiko vorhanden. Kein Kumulationsrisiko. Zopiclon Non-Benzodiazepin, Zyklopyrrolon 6-(5-Chlor-2-pyridyl)-6,7-dihydro-7-oxo-5H-pyrrolo-[3, 4-b]pyrazin-5-yl4-methylpiperazin-1-carboxylat espa-dorm1 (esparma) Optidorm2 (Dolorgiet) Somnosam2 (Hormosan) Ximovan (Sanofi) Tbl. 7,5 mg (10, 20 Tbl.) Zodurat1 (Pohl-Boskamp) Zop1 (Hexal) Zopicalm1 (Temmler Pharma Zopiclodura1 (Merck dura) 1 2
Zopiclon beta1 (betapharm) ZopiclonLich1 (Lichtenstein) Zopiclon-neuraxpharm2 (neuraxpharm) Zopiclon-ratiopharm2 (ratiopharm) Zopiclon STADA1 (STADA) Zopiclon Sandoz2 (Sandoz) Zopiclon TAD1 (TAD Pharma) Zopi-Puren1 (Alpharma-Isis)
Zopiclon-Generika: Tbl. 7,5 mg Zopiclon-Generika: Tbl. 3,75/ 7,5 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische BZD-Rezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Präferenz für Rezeptoren, die α1-Untereinheiten enthalten.
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Kapitel 5 · Hypnotika
Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; Tmax = 1,5–2 h; t½ = ca. 5 h, bei Leberinsuffizienz Verlängerung der Eliminations-HWZ auf 8–11 h möglich. Die Metabolisierung erfolgt durch CYP3A4, aber auch andere Enzyme. Der Hauptmetabolit Zopiclon-N-Oxid ist nur wenig pharmakologisch aktiv. Keine Kumulationsneigung. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungenz. Routinehinweise 7 5.9. Dosierung 5 Regeldosis 7,5 mg/dz . Bei älteren Patienten, Leberschädigung (auch bei leichten) oder obstruktiven Atemwegserkrankungen nur bis 3,75 mg. Möglichst 1 h vor Einnahme keine Nahrungsaufnahme mehr, um die Schlafinduktion zu erleichtern. Nebenwirkungen Prinzipiell können unter Zopiclon alle der den BZD eigenen NW auftreten (7 5.6). Sonstige Nebenwirkungen: Häufig bitterer bis metallischer Geschmack. Selten Störungen des Magen-Darm-Trakts, Störungen der Libido, Hautreaktionen. Kontraindikationen 7 5.7 Interaktionen 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Pharmaka einschließlich Alkohol. 5 Bei Kombination mit Arzneimitteln, die CYP3A4 hemmen oder induzieren kann es zu einer Wirkverstärkung bzw. -abschwächung kommen (7 Anhang INT). Die Effekte scheinen klinisch nicht relevant zu sein. Bewertung Bei Einschlafstörungen gut geeignet. Abhängigkeitsentwicklungen sehr viel seltener als unter BZD-Hypnotika, jedoch grundsätzlich Risiko vorhanden.
407
6
Antidementiva
6.1
Übersicht
Antidementiva sind zentral wirkende Substanzen zur Behandlung kognitiver Störungen ‒ insbesondere des Gedächtnisses, der Konzentration und Aufmerksamkeit, des Urteilsvermögens und der Orientierung ‒ und Verbesserung der beeinträchtigten Alltagskompetenz bei Demenzerkrankungen. Antidementiva können bei folgenden Demenzerkrankungen eingesetzt werden: 5 Alzheimer-Demenz (AD), 5 vaskuläre Demenz (VD) und gemischte Demenz, 5 frontotemporale Demenz (FTD), 5 Demenz bei M. Parkinson (PDD) bzw. 5 Lewy-Körperchen-Demenz (LKD), 5 Mischformen. Darüber hinaus gibt es Hinweise für eine zumindest kurzfristige Wirksamkeit einzelner Antidementiva (v. a. Donepezil, Piracetam) bei der medikamentösen Behandlung von kognitiven Störungen bei neurologischen Erkrankungen (z. B. Aphasie, rehabilitativ nach Schlaganfall, multipler Sklerose). Einteilung der Antidementiva 5 Antidementiva im engeren Sinne: Substanzen mit nachgewiesener Wirksamkeit nach den o. g. Kriterien: Donepezil, Galantamin, Memantine, Rivastigmin. 5 Substanzen, die nach BfArM nach den neuen strengeren Richtlinien zugelassen sind: Nimodipin. 5 »Nootropika«, die in den 1980er Jahren zugelassen wurden: Ginkgo biloba, Nicergolin. 5 Substanzen ohne ausreichend nachgewiesene Wirksamkeit, aber mit »positiver Aufbereitungsmonographie« durch das BfArM: Co-dergocrin (Dihydroergotoxin), Pyritinol, Piracetam. 5 Substanzen, bei denen nootrope Effekte beschrieben wurden: Desferrioxamin, Diclofenac, Indomethacin, Naftidrofuryl, Pentoxifyllin, (retardiertes) Physostigmin, Selegilin. Da α-Tocopherol (Vitamin E), wie Studien gezeigt haben, in hohen Dosen möglicherweise mit starken Risiken verbunden ist, wird es als Präparat nicht mehr aufgeführt.
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408
Kapitel 6 · Antidementiva
6.2
Wirkmechanismen
Es gibt eine Vielzahl antidementiver Wirkansätze, die auch innerhalb einer Substanzklasse vorkommen können. Die gegenwärtig therapeutisch wichtigsten sind die Hemmung der Acetylcholinesterase (Verstärkung der cholinergen Neurotransmission) und der NMDA-Rezeptorantagonismus (neuroprotektives Wirkprinzip). Es handelt sich allerdings nicht um kausale, sondern lediglich um symptomatische Wirkprinzipien. Acetylcholinesterasehemmer (AChE-I): Donepezil, Galantamin, Rivastigmin 5 Grundlage dieses Wirkansatzes bildet die Annahme eines cholinergen Defizits durch Untergang cholinerger Neurone als einer der ersten beschriebenen und konsistentesten neurobiologischen Befunde bei der AD sowie Feststellungen, dass eine veränderte cholinerge Neurotransmission tierexperimentell, bei Gesunden und bei Patienten mit AD zu Alterationen der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses führt. Durch die Verlangsamung des Abbaus von Acetylcholin (ACh) durch AChE-I werden die cholinerge Neurotransmission gefördert und damit cholinerg vermittelte kognitive Defizite günstig beeinflusst. 5 Es existieren geringfügige Unterschiede unter den AChE-I im molekularen Wirkprofil: Bei Galantamin wird eine über die zusätzliche Aktivierung nikotinischer ACh-Rezeptoren vermittelte möglicherweise verbesserte Wirkung auf Gedächtnis-, Lern- und Aufmerksamkeitsleistungen und ein verbesserter neuroprotektiver Effekt diskutiert. Rivastigmin hemmt neben der Acetylcholinesterase auch die Butyrylcholinesterase. Klinisch relevante Wirksamkeitsunterschiede ließen sich hieraus jedoch bisher nicht ableiten. 5 Den AChE-I wird auch eine gewisse neuroprotektive Wirksamkeit zugeschrieben. NMDA(Glutamat)-Rezeptorantagonist: Memantine 5 Eine überschießende NMDA-Rezeptoraktivierung mit der Folge übermäßiger Depolarisation und intrazellulärer Kalziumüberladung gilt als gängiger neuronaler Schädigungsmechanismus (»Exzitotoxizität«) bei einer Vielzahl neurodegenerativer Erkrankungen, z. B. der AD, der sowohl zur Symptomatik als auch zur Krankheitsprogression beiträgt. Über einen selektiven, »physiologischen« Antagonismus am NMDARezeptor soll durch Memantine diesem Pathomechanismus entgegengewirkt werden. 5 Obwohl sich aufgrund des Wirkmechanismus neben der symptomatischen auch eine krankheitsmodifizierende Wirkung von Memantine erwarten ließe, erscheint diese bislang fraglich. Andere Wirkansätze 5 Nimodipin: Kalziumkanalhemmer.
6.2 · Wirkmechanismen
409
6
5 Co-dergocrin, Nicergolin: Mischwirkung aus partiellem α-Adrenozeptor- und 5-HT-Agonismus. 5 Desferrioxamin: Chelatbildner. 5 Indometacin: Antiphlogistikum (Zyklooxygenasehemmer). 5 Piracetam: Kein einheitlicher Wirkmechanismus; erhöht u. a. zelluläre Kalzium- und Natriumfluxe, beeinflusst GABAerges System. Modulation der zerebralen Neurotransmission. 5 Selegilin: MAO-B-Hemmer und Antioxidans. 5 Ginkgo biloba: Kein einheitlicher Wirkmechanismus bekannt, u. a. Hemmung des plättchenaktivierenden Faktors durch Ginkgolid B (Inhaltsstoff von Ginkgo biloba), was sich aber bislang in vivo nicht bestätigt hat, auch antioxidative Eigenschaften der Flavoglykoside werden diskutiert. Ginkgo biloba hat Radikalfängereigenschaften. Neue pharmakologische Ansätze 5 Immuntherapie: Antikörper, die gegen das toxische und zur Aggregation neigende Aβ(1‒42)-Peptid gerichtet sind, sollen die Aggregation zu Fibrillen und schließlich Plaques unterbinden und außerdem die Elimination von (toxischem) löslichem Peptid fördern. Eine erste Phase-II-Studie (AN1792) zur aktiven Immunisierung wurde im Jahr 2001 abgebrochen, nachdem mehrere Patienten an einer immunvermittelten Meningoenzephalitis erkrankt waren. Seither wird intensiv nach sichereren neuen aktiven und passiven Impfstoffen gesucht, gegenwärtig befindet sich eine Vielzahl von Substanzen unterschiedlicher Hersteller u. a. bereits in Phase-III-Prüfungen. Eine aktuelle PhaseII-Studie mit dem humanisierten monoklonalen N-terminalen Antikörper Bapineuzumab verlief negativ. Insgesamt stehen überzeugende Wirksamkeitsnachweise noch aus, auch konnten theoretische Sicherheitsbedenken im Falle einer späteren breiten Anwendung bisher nicht ausgeräumt werden. Weiterhin waren in den bisher durchgeführten Studien die Korrelationen zwischen kognitiven Therapieeffekten und der erzielten Amyloidreduktion schwach. Dennoch gehören immuntherapeutische Ansätze derzeit noch weltweit zu den am intensivsten erforschten innovativen Therapiestrategien bei AD. Hierzu zählen auch aktuell laufende Studien mit intravenösen Immunglobulinen. 5 Sekretasehemmer gehören ebenfalls zu den Anti-Amyloid-Wirkstoffen. Aβ(1‒42) entsteht durch die sequenzielle Spaltung des AmyloidPräkursor-Proteins (APP) durch β- und γ-Sekretasen. Hemmstoffe dieser Sekretasen befinden sich zurzeit in verschiedenen Phasen der klinischen Prüfung; eine kürzlich publizierte große Phase-III-Studie zu dem γ-Sekretasehemmer Tarenflurbil zeigte allerdings keinen Einfluss auf den Abbau von Kognition bzw. Alltagskompetenz bei leichter AD; eine Phase-III-Studie mit Semagacestat wurde sogar wegen Kognitionsverschlechterung abgebrochen.
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Kapitel 6 · Antidementiva
6
5 Der in einigen Ländern als Antihistaminikum verwendeten Substanz Dimebon werden kombinierte neuroprotektive, antioxidative und AChE-inhibierende Effekte zugeschrieben. Nachdem eine erste kontrollierte Studie im Jahr 2008 einen signifikanten Effekt der Substanz gegenüber Plazebo auf den kognitiven Verlauf zeigte, verliefen nun zwei aktuelle Phase-III-Studien negativ. 5 Weitere gegenwärtig untersuchte Wirkansätze zielen auf die ebenfalls den neurodegenerativen Prozess kennzeichnende Bildung neurofibrillärer Bündel aus hyperphosphoryliertem Tau-Protein durch Inhibitoren der Glykogensynthase-Kinase 3 (GSK-3β) und der zyklinabhängigen Kinase 5 (CDK-5) oder auch Lithium, das derzeit in einer kontrollierten Studie in dieser Indikation geprüft wird. Andere Wirkprinzipien verfolgen ebenfalls in klinischer Prüfung begriffene Substanzen wie Methylenblau oder Omega-3-Fettsäuren.
7
6.3
8
5 Nur ca. 10% der Demenzen sind aufgrund ihrer Ätiologie kausal therapierbar (etwa durch Hormon- bzw. Vitaminsubstitution z. B. bei Hypothyreose oder Vitamin-B12-Mangel). 5 Es ist ein multimodaler individueller Behandlungsplan anzuwenden, da Patienten mit Demenz neben vielgestaltigen kognitiven Leistungseinbußen auch demenzassoziierte Verhaltensstörungen (behavioral and psychological symptoms of dementia, BPSD) wie depressive Syndrome, paranoide/halluzinatorische Syndrome, Persönlichkeitsveränderungen, psychomotorische Unruhe mit Ängsten, Erregung, Aggression und hartnäckige Schlafstörungen zeigen können (7 6.4.7). 5 Mehrere Behandlungsprinzipien müssen in einen Gesamtbehandlungsplan integriert werden: Pharmakotherapie, nichtmedikamentöse (7 6.5) sowie pflegerische Maßnahmen. Wichtig ist die Behandlung auch von chronischen und interkurrenten Begleiterkrankungen, die den Verlauf entscheidend mit beeinflussen können. 5 Prädiktoren für ein Ansprechen auf eine antidementive Behandlung existieren bislang nicht. 5 Als Ziele der antidementiven Behandlung werden eine Verbesserung der Symptomatik (Effekt bei den aktuell verfügbaren Antidementiva jedoch oftmals gering) sowie eine Verlangsamung der Symptomprogression angestrebt, welche aufgrund des irreversiblen Fortschreitens der Neurodegeneration bereits ein wesentliches Therapieziel darstellt. 5 In Zulassungsstudien werden für den Wirksamkeitsnachweis signifikante Besserungen der Symptomatik auf der kognitiven, der funktionalen (Aktivitäten des täglichen Lebens) und der globalen Ebene (klinischer Gesamteindruck) gefordert. Als sekundäre Zielparameter klinischer Studien werden daneben als patientenrelevante Maße
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Allgemeine Therapieprinzipien
6.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
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demenzassoziierte Verhaltensstörungen, die krankheitsbezogene Lebensqualität, die Notwendigkeit einer vollstationären Pflege, die Mortalität und therapieassoziierte unerwünschte Ereignisse sowie als angehörigenrelevante Maße die Belastung pflegender Angehöriger und die Zeit des Pflegeaufwands beurteilt. Für die Erstattungsfähigkeit spielen neben der klinischen Wirksamkeit pharmakoökonomische Aspekte eine zunehmende Rolle (7 6.4.1). 5 Die Objektivierung möglicher Therapieeffekte zur Einschätzung der Wirksamkeit einer antidementiven Behandlung gestaltet sich schwierig. Der Therapieerfolg kann im Einzelfall sehr unterschiedlich ausfallen. In sehr frühen sowie späten Krankheitsstadien limitieren Bodenbzw. Deckeneffekte die Beurteilung möglicher Veränderungen. Eine Überprüfung des Therapieerfolgs im Sinne eines direkten Wirksamkeitsnachweises ist im individuellen Fall aufgrund der großen Variabilität der klinischen Verläufe bisher nicht möglich. Sowohl eine Besserung der Symptomatik oder fehlende Symptomprogression als auch Verschlechterungen können aufgrund der hohen Variabilität des Spontanverlaufs nicht eindeutig auf eine positive Wirkung oder fehlende Wirksamkeit einer antidementiven Behandlung zurückgeführt werden. 5 Eine klinische Verlaufskontrolle unter Medikation sollte regelmäßig in mindestens halbjährlichen Abständen erfolgen, ggf. unter Hinzuziehung neuropsychologischer Verlaufstestungen (s. unten). In die Beurteilung des Therapieverlaufs und die Entscheidung über die Fortführung der Behandlung sollten die individuelle Verträglichkeit, die Wirkung auf die Zielsymptome (s. oben) sowie möglicherweise hinzugekommene Begleiterkrankungen oder Kontraindikationen eingehen. Zu berücksichtigen sind hierbei die Einschätzung des Patienten selbst (subjektiv erlebte Verbesserungen) sowie die der Betreuungspersonen. Diagnostik bei Demenzsyndromen Wichtigstes Ziel einer Frühdiagnose ist der Nachweis oder der Ausschluss einer behandelbaren Erkrankung (sekundäre Demenz) bzw. symptomatischen Demenzursache. Sie sollte umfassen: 5 Anamnese und Untersuchung: Ausführliche Anamnese mit Fremdanamnese inkl. Medikamentenanamnese sowie psychiatrische, neurologische und internistische Untersuchung. 5 Labordiagnostik: Blutbild, Elektrolyte, Nüchtern-Blutzucker, TSH, CRP, Leber-/Nierenparameter, Vitamin B12. 5 Strukturelle zerebrale Bildgebung: Kraniale Magnetresonanz- oder zumindest Computertomographie. 5 Neuropsychologische Testung: Die Auswahl geeigneter Verfahren richtet sich v. a. nach dem Krankheitsstadium bzw. der spezifischen Fragestellung. Das Vorgehen ist zweistufig: − Stufe 1: Als Kurztest zur Schweregradabschätzung hat sich der MMST (Mini-Mental-Status-Test) bewährt; entsprechend der
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Kapitel 6 · Antidementiva
Punktzahl können 3 Schweregrade erfasst werden: leicht (18– 24 Punkte), mittelschwer (10‒17 Punkte) und schwer (< 10 Punkte). Ergänzend kann der »Uhrentest« durchgeführt werden. − Stufe 2: Ausführliche Testung aller relevanten kognitiven Domänen (Gedächtnis, Orientierung, Raumkognition, Praxie, Sprache, Handlungsplanung, Aufmerksamkeit) zur differenzialdiagnostischen Einordnung; verbreitet ist hier die deutschsprachige Version des CERAD-Tests (Consortium for the Establishment and Registry of Alzheimer’s Disease) sowie in klinischen Studien die ADAS-cog (Alzheimer’s Disease Assessment Scale – cognitive subscale). 5 Der weiteren differenzialdiagnostischen Absicherung dienen ggf. eine erweiterte Labordiagnostik, Liquoranalytik, EEG, nuklearmedizinische Verfahren und genetische Diagnostik (7 6.4.1). 5 Oftmals ist eine frühe, sichere differenzialdiagnostische Abgrenzung einzelner degenerativer Demenzerkrankungen nicht möglich; spezialisierte Einrichtungen erreichen eine hohe diagnostische Sicherheit. Insbesondere in höherem Lebensalter sind Mischbilder vaskulärer und degenerativer Demenzen vorherrschend. Demenzprävention 5 Es gibt zahlreiche Ansätze und Studien zum Versuch einer »Primärprävention« der Demenz. 5 Mittlerweile gilt es als gesichert, dass kardiovaskuläre Risikofaktoren sowohl das Manifestationsrisiko als auch den Verlauf der AD negativ beeinflussen. Eine sorgfältige Einstellung vorhandener Risikofaktoren (v. a. Hypertonie, Diabetes, Hypercholesterinämie, Vorhofflimmern) bzw. eine Anpassung des Lebensstils (z. B. Rauchverzicht) sollte daher auch vom Standpunkt der Demenzprävention aus unbedingt erfolgen. 5 Insbesondere ist auch ein positiver Einfluss körperlicher Aktivität (regelmäßige mäßige aerobe Belastung) gezeigt worden. 5 Ernährungsfaktoren mit nachgewiesenem Präventionspotenzial sind ein hoher Anteil pflanzlicher Nahrungsbestandteile und Fischverzehr, ein hoher Anteil ungesättigter Fettsäuren (Olivenöl) sowie leichter bis moderater Alkoholkonsum («mediterrane» Kost); ein spezifischer präventiver Effekt von Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren konnte bisher nicht nachgewiesen werden. 5 Als mögliche weitere demenzprotektive Faktoren gelten regelmäßige geistige Aktivität, kognitiv stimulierende Freizeitaktivitäten (wie z. B. Lesen, Schreiben, Lösen von Kreuzworträtseln, Musizieren, Gesellschaftsspiele) und soziale Aktivitäten. 5 Auf der Grundlage von Beobachtungsstudien mit positiven Ergebnissen und theoretischen Erwägungen werden immer wieder verschiedene medikamentöse Strategien der Neuroprotektion diskutiert, bisher existiert jedoch keine ausreichende Evidenz für die Empfehlung konkreter Verfahren .
6.4 · Indikationen
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5 So finden sich für einen möglichen Einsatz von Östrogenen bei postmenopausalen Frauen in verschiedenen randomisierten Studien keine konsistenten Belege und in einigen Fällen (Östrogen-Gestagen-Kombinationstherapie) sogar negative Effekte auf kognitive Funktionen sowie ein größeres Risiko für MCI (leichte kognitive Störung) und Demenz. Eine plazebokontrollierte Studie zu Raloxifen, einem selektiven Östrogenrezeptor-Modulator, hatte allerdings ein positives Ergebnis hinsichtlich des Risikos der Entwicklung einer MCI und eines demenziellen Syndroms. 5 Für α-Tocopherol (Vitamin E) in hohen Dosen wird ein protektiver Effekt diskutiert; es besteht jedoch das Risiko einer verstärkten Blutungsneigung. Vor dem Hintergrund der unklaren Studienergebnisse mit möglicherweise bei Dosierungen > 400 IU/d erhöhter Gesamtmortalität wird eine Gabe nicht mehr empfohlen. 5 Für Statine wird seit langem eine Risikoreduktion für die Entwicklung einer Demenz diskutiert, eine Verordnung zur Demenzprophylaxe unabhängig vom kardiovaskulären Risikoprofil erscheint aber zurzeit nicht indiziert. 5 In einer aktuellen Kohortenstudie reduzierte die Kombinationsbehandlung mit einem Angiotensinrezeptorenblocker und ACE-Hemmer die Demenzinzidenz in einer älteren Population, verglichen mit alleiniger ACE-Hemmer-Gabe unabhängig von erzielten Blutdruckwerten. 5 Ähnlich wird für nichtsteroidale Antiphlogistika und COX-2-Inhibitoren (Celecoxib, Diclofenac, Indometacin, Naproxen) ein protektiver Effekt hinsichtlich kognitiver Funktionen und der Entwicklung einer AD diskutiert; widersprüchliche Studienergebnisse werden dabei z. T. auf Unterschiede in der Einnahmedauer, im Einnahmezeitraum und in der Datenerhebung zurückgeführt. Insgesamt kann ein Einsatz der genannten Substanzen zur Primärprävention demenzieller Syndrome gegenwärtig nicht empfohlen werden. 5 Für Dehydroepiandrosteron (DHEA), welches sich v. a. in USA zunehmender Beliebtheit als Anti-Aging-Substanz erfreut, wurde die Möglichkeit eines positiven Effekts hinsichtlich des Erhalts kognitiver Funktionen im Alter diskutiert, was jedoch in kontrollierten Studien nicht bestätigt wurde; Auch eine Substitution mit Testosteron als »AntiAging-Substanz« ergab bei älteren Männern hinsichtlich kognitiver Parameter in einer kontrollierten Studie über 6 Monate keinen positiven Effekt. 6.4
Indikationen
Eine schematische Darstellung der Indikation und der medikamentösen Therapie der AD und der VD findet sich in . Abb. 6.1.
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17 z Wechsel der Substanzklasse: Donepezil (*), Rivastigmin*, Galantamin** z Sofern nicht bereits erfolgt: Kombinationsbehandlung**: (AChE-I* + Memantinez)
z Präparatewechsel innerhalb der Substanzklasse der AChE-I* z Wechsel der Substanzklasse (Memantine*) z Kombinationsbehandlung*** (AChE-I* + Memantine*) z Nimodipin(z), Nicergolin(z)
scher und interkurrenter Begleiterkrankungen sowie Therapie vaskulärer Risikofaktoren; * Hinweise auf Wirksamkeit, aber in dieser Indikation in Deutschland (*) nicht zugelassen; ** Therapieempfehlung noch nicht ausreichend evaluiert, es liegen aber positive Studienergebnisse vor; *** Therapieempfehlung noch nicht evaluiert. AChE-I Acetylcholinesterasehemmer, z Zulassungsstatus
. Abb. 6.1 Therapiealgorithmus bei der Alzheimer-Demenz und der vaskulären Demenz. a Für alle Schweregrade: Mitbehandlung chroni-
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Bei Ansprechen Beibehaltung der Medikation
z Präparatewechsel innerhalb der Substanzklasse der AChE-Iz z Wechsel der Substanzklasse: Memantinez z Sofern nicht bereits erfolgt: Kombinationsbehandlung** (AChE-Iz + Memantinez)
Kein Ansprechen oder ungebremster Funktionsverlust
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z Präparatewechsel innerhalb der Substanzklasse der AChE-Iz
11 z Behandlung der zerebrovaskulären Grunderkrankung, vaskulärer Risikofaktoren, Sekundärprophylaxe vaskulärer Ereignisse z Donepezil*, Galantamin*, Rivastigmin** und/oder z Memantine*
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z Memantinez und/oder z Donepezil(*), Rivastigmin**, Galantamin***
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z Donepezilz, Galantaminz, Rivastigminz und/oder z Memantinez
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z Donepezilz, Galantaminz, Rivastigminz
13 Vaskuläre Demenz
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Schwer
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Mittelschwer
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Alzheimer-Demenza
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Leicht
414 Kapitel 6 · Antidementiva
Allgemeine Therapieprinzipen in der Demenzbehandlung 7 6.3
6.4 · Indikationen
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6.4.1 Alzheimer-Demenz Die AD ist eine primär degenerative zerebrale Erkrankung mit progressivem Verlust von Nervenzellen. Die AD beginnt meist schleichend, in der Regel nach dem 60. Lj.; nach erster Diagnosestellung führt sie im Durchschnitt nach 3,1–6,6 Jahren zum Tode. Die Erstsymptome einer AD werden von der Umgebung des Patienten häufig erst später wahrgenommen, der Patient kann sie überspielen. Klinisch fallen zunächst Störungen der Merkfähigkeit und Konzentration auf, später Gedächtnis- und Orientierungsstörungen. Schließlich kommt verminderte Urteilskraft hinzu. Nicht nur kognitive Einbußen, sondern auch die BPSD mit (z. T. früh auftretenden) depressiven Störungen, Apathie, Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Persönlichkeitsveränderungen (Impulsivität, Gereiztheit) und aggressivem Verhalten sowie psychotisches Erleben (Wahn bzw. Halluzinationen) prägen im weiteren Verlauf das Krankheitsbild. Die Gesamtheit der Symptome führt schließlich zu einem Verlust der Selbstständigkeit. Die AD-Diagnose ist erst durch eine autoptische neuropathologische Untersuchung zu sichern. Nur in etwa 1/3 der Fälle mit sicherer AD finden sich dabei ausschließlich die für eine AD typischen neuropathologischen Veränderungen; Mischbilder vaskulärer und anderer degenerativer Demenzen sind insbesondere im höheren Alter häufig. Die Ätiologie ist erst in Ansätzen bekannt; es finden sich charakteristische neuropathologische und neurochemische Merkmale: intrazelluläre neurofibrilläre Bündel aus hyperphosphoryliertem Tau-Protein, extrazelluläre Amyloid-Plaques aus Aβ (insbesondere Aβ(1–42), das durch proteolytische Spaltung des Amyloid-Präkursor-Proteins APP durch die β- und γ-Sekretase entsteht), Neuronenverlust mit reaktiver Gliose, verminderte Aktivität der Cholinacetyltransferase, aber auch Alterationen anderer Neurotransmittersysteme wie Somatostatin und Glutamat. Eine Vielzahl experimenteller Untersuchungen der letzten Jahre weist auf eine mögliche besondere pathophysiologische Bedeutung (z. T. reversibler) synaptischer Funktionsstörungen durch lösliches oligomeres, noch nicht aggregiertes Aβ(1–42) hin – insbesondere in frühen Krankheitsstadien. Die Diagnose ergibt sich aus der Summe klinischer und apparativer Befunde, unterstützt durch den Ausschluss relevanter Differenzialdiagnosen (7 6.3). Als Diagnosekriterien werden häufig die sog. NINCDS-ADRDAKriterien (National Institute of Neurological Disorders and Stroke ‒ Alzheimer Disease and Related Disorders) angewandt. Als diagnostische Marker gelten Neurodegenerationsmarker im Liquor (kombinierte Bestimmung von Aβ(1–42) und Gesamt- bzw. Phospho-Tau-Protein), MRT-Parameter (hippokampale/mediotemporale Volumetrie) sowie charakteristische PET- bzw. SPECT-Befunde (biparietaler und temporaler Hypometabolismus bzw. Hypoperfusion). In der PET wurden mittlerweile Liganden zur Darstellung von Amyloid-Plaques entwickelt, v. a. das sog. Pittsburgh Compound B (PiB). Die genannten diagnostischen Marker eignen sich ergän-
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Kapitel 6 · Antidementiva
zend und insbesondere in Kombination u. a. auch sehr gut als Prädiktoren für einen Übergang von einer leichten kognitiven Störung (7 6.4.6) in eine AD. Ihr regelhafter Einsatz in der Diagnostik wird jedoch derzeit noch nicht empfohlen. Es existieren dennoch Vorschläge für neue Diagnosekriterien der AD mit dem Ziel der Erfassung auch von Frühstadien der AD, die die genannten diagnostischen Marker mit einbeziehen. Es findet sich ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer AD bei Angehörigen 1. Grades mit AD, bei familiärer Belastung mit Down-Syndrom, bei Vorliegen eines APOE-ε4-Allels (besondere Bedeutung der Chromosomen 21, 14, 1 und 19) und bei Vorliegen kardiovaskulärer Risikofaktoren (einschließlich Hypercholesterinämie, Hypertonie, Arteriosklerose, KHK, Rauchen, Adipositas und Diabetes). Als mögliche Risikofaktoren gelten weiterhin Hyperhomocysteinämie, Folsäuremangel, Hyperinsulinämie, Schädel-Hirn-Traumata und depressive Episoden in der Vorgeschichte. Medikamentöse Therapie der Alzheimer-Demenz Die AChE-I Donepezil, Galantamin und Rivastigmin sowie der NMDARezeptorantagonist Memantine sind bei AD gut evaluiert; ihr Einsatz in der Behandlung der AD kann dem Stufenplan der . Abb. 6.1 entnommen werden. Acetylcholinesterasehemmer (AChE-I) 5 Klinische Studien zeigen eine Wirksamkeit der AChE-I Donepezil, Galantamin und Rivastigmin bei der AD auf die Fähigkeit zur Verrichtung von Alltagsaktivitäten, die Besserung der Kognition und den klinischen Gesamteindruck. 5 Eine Zulassung besteht in Deutschland für die Behandlung der leichten bis mittelschweren AD. Gemäß der S3-Leitlinie »Demenzen« wird eine Anwendung von AChE-I in diesen Indikationen ausdrücklich empfohlen. Einzelne klinische Studien zeigten auch einen Nutzen von AChE-I bei schwerer AD (insbesondere Donepezil), der Einsatz ist im Einzelfall zu erwägen und stellt eine Off-label-Indikation dar. 5 Auch wenn die Effektstärke relativ gering ist, stellen AChE-I bei Fehlen anderer, wirksamerer Therapieoptionen derzeit die Therapie der Wahl dar. Wenn keine Kontraindikationen vorliegen, sollte jeder Patient mit leichter bis mittelschwerer AD einen Therapieversuch mit AChE-I erhalten. 5 Die Wirkung von AChE-I ist dosisabhängig, es sollte daher mit der höchsten verträglichen Dosis behandelt werden. Hinsichtlich der Wirksamkeit bei AD ergaben sich u. a. in einer Metaanalyse der Cochrane Collaboration keine Hinweise auf Unterschiede zwischen den einzelnen AChE-I; größere und aussagekräftige Vergleichsstudien fehlen weiterhin. 5 Systematische Daten zur Behandlungsdauer liegen nicht vor; bei guter Verträglichkeit und anzunehmendem Nutzen sollte fortlaufend und
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auf jeden Fall länger als die den meisten Zulassungsstudien zugrunde liegende Behandlungsdauer von 24 Wochen therapiert werden (7 6.8). Kontroversen um Studien mit AChE-I
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Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sowie gesundheitsökonomische Aspekte der Behandlung mit AChE-I waren in den vergangenen Jahren in verschiedenen Ländern Gegenstand intensiver Diskussionen. Relativ hohe Kosten, geringe Effektstärken in klinischen Studien sowie Kontroversen um Patientenrelevanz von Studienendpunkten und Methodenkritik spielen hier eine wesentliche Rolle. Für Deutschland hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) eine Nutzenbewertung vorgenommen und folgende Zielgrößen definiert: (1) Besserung bzw. Normalisierung von Alltagsfunktionen, (2) Besserung bzw. Normalisierung von begleitenden psychopathologischen Symptomen, (3) Besserung bzw. Erhalt der kognitiven Leistungsfähigkeit, (4) Besserung bzw. Erhalt der krankheitsbezogenen Lebensqualität, (5) Vermeidung der Notwendigkeit einer vollständigen Pflege, (6) Reduktion von Mortalität, (7) Reduktion von therapieassoziierten unerwünschten Ereignissen. Allerdings liegen bei den meisten klinischen Studien hauptsächlich Daten zu zulassungsrelevanten Parametern vor, also Kognition, Alltagsfunktionalität und klinischer Gesamteindruck, während Daten zu den anderen genannten Zielgrößen nicht regelhaft erhoben wurden. Das IQWiG bestätigte in seinem Abschlussbericht immerhin den patientenbezogenen Nutzen bei der leichten bis mittelschweren AD auf alle zulassungsrelevanten Parameter. Die im November 2009 erschienene gemeinsame S3-Leitlinie »Demenzen« der psychiatrischen (DGPPN) und neurologischen (DGN) Fachgesellschaft empfiehlt auf der Grundlage der vorhandenen Daten die Behandlung der AD mit AChE-I im Rahmen der jetzigen Zulassung trotz relativ geringer Effektstärken gerade auch vor dem Hintergrund der Progredienz und sicheren Irreversibilität der Erkrankung, der hohen Belastung von Patienten und Betreuenden sowie des Fehlens kausaler Therapieverfahren.
Memantine 5 Klinische Studien zeigen eine Wirksamkeit von Memantine in der Behandlung der mittelschweren und schweren AD; eine Zulassung besteht für diesen Indikationsbereich. 5 Hinsichtlich der Wirksamkeit von Memantine bei leichter AD zeigen sich widersprüchliche Ergebnisse; eine Gabe bei leichter AD kann gegenwärtig nicht empfohlen werden. 5 Ähnliche Kontroversen wie zum Nutzen von AChE-I (7 Box 1: Kontroversen um Studien mit AChE-I) existieren auch zu Memantine. In seinem diesbezüglichen Abschlussbericht bewertete das IQWiG Memantine als wirksam hinsichtlich der zulassungsrelevanten Kriterien (s. oben). Allerdings wurden hier im laufenden Bewertungsverfahren die Kriterien zur Dateninterpretation geändert und eine Untergrenze der Effektgröße zur Beurteilung der klinischen Relevanz herangezogen (Cohen’s d = 0,2). Das Fazit des IQWiG, dass aus den so begutachteten
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Studien ein patientenbezogener Nutzen nicht abgeleitet werden kann, wird daher aus methodischen Gründen insbesondere von den Fachgesellschaften in Zweifel gezogen. Die Anwendung von Memantine im aktuellen Zulassungsrahmen wird daher aufgrund der Datenlage einstweilen weiter empfohlen. Andere Substanzen 5 Studien zu entzündungshemmenden Substanzen (u. a. Diclofenac, Indometacin, Ibuprofen, Naproxen, Prednison, Rofecoxib, Celecoxib) bei der AD waren negativ. In einer kürzlich publizierten Studie fand sich kein Hinweis für eine positive, ein erhöhtes Blutungsrisiko aufwiegende Wirkung einer niedrigdosierten Gabe von Acetylsalicylsäure (75 mg/d) bei Patienten mit AD ohne Vorliegen anderweitiger Indikationen oder Kontraindikationen für eine Antiaggregation mit Acetylsalicylsäure. Hinweise für einen positiven Effekt von Statinen, Östrogenen oder auch DHEA finden sich bislang nicht. Kombinationsbehandlungen 5 Eine Kombination von AChE-I und Memantine wird als sinnvoll erachtet; es werden additive Effekte mit Steigerung der antidementiven Wirksamkeit angenommen. 5 In einer randomisierten, plazebokontrollierten Studie ergab die Zugabe von Memantine zu Donepezil bei mittelschwerer bis schwerer AD einen zusätzlichen Effekt im Vergleich zu einer alleinigen Behandlung mit Donepezil. In 2 offenen Studien fand sich ein positiver Effekt einer Zugabe von Memantine zu Rivastigmin bei leichter bis mittelschwerer AD. 5 Es gibt Hinweise, dass eine Kombinationsbehandlung wirksamer ist als eine Monotherapie mit Memantine. 5 Der Nutzen einer Kombination von AChE-I und Vitamin E ist hingegen nicht eindeutig bestätigt worden. Ebenfalls fand sich in einer neuen, plazebokontrollierten Studie kein Hinweis für einen positiven Effekt einer Kombination von Omega-3-Fettsäuren und AChE-I. Auch eine Kombination mit Östrogenen, Statinen oder entzündungshemmenden Substanzen, die aufgrund von Ergebnissen retrospektiver Studien oder theoretischen Erwägungen in der Therapie der AD vielversprechend erscheinen, kann gegenwärtig nicht empfohlen werden. 6.4.2 Vaskuläre Demenz und gemischte Demenz Der Begriff der VD ist unscharf konzeptualisiert und umfasst eine ätiologisch heterogene Gruppe von Demenzsyndromen. Die Einteilung erfolgt in Post-stroke-Demenz (nach strategischem Einzelinfarkt mit akutem Beginn, ca. 17%), Multiinfarktdemenz (vorwiegend kortikale Demenz, ca. 40%) und subkortikale vaskuläre Enzephalopathie (mit arterieller Hypertonie assoziiert, ischämische Läsionen überwiegend im Marklager, ca. 40%). Hinzu
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kommen seltene Gefäßerkrankungen, wie beispielsweise die zerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikaler Leukenzephalopathie (CADASIL, cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leucoencephalopathy). Ursächlich findet sich eine Mutation am Notch3-Gen auf Chromosom 19p13.1; De-novo-Mutationen kommen selten vor. Die VD entwickelt sich meist mehr oder weniger schnell nach einer Reihe von Schlaganfällen als Folge von zerebrovaskulärer Thrombose, Embolie oder Blutung. Somit ist an eine VD insbesondere bei plötzlichem Beginn, schrittweisen oder abrupten Verschlechterungen im Verlauf und Vorliegen fokalneurologischer Ausfälle zu denken. In seltenen Fällen kann ein einziger ausgedehnter Infarkt Ursache sein. Zu Beginn zeigen sich bei der VD häufiger als bei der AD Aufmerksamkeits- und Exekutivstörungen, Verlangsamung der Denkabläufe und der Psychomotorik, depressive Symptome (hier bis zu 40%, bei AD 15–25%) mit Antriebslosigkeit, aber auch Harninkontinenz, Gangstörungen und andere neurologische Zeichen. Die VD stellt die zweithäufigste Ursache einer demenziellen Entwicklung dar. Die gemischte Demenz (VD plus AD) bezeichnet das gemeinsame Vorliegen von AD und zerebrovaskulärer Krankheit. Es handelt sich zumeist um AD-Patienten mit zusätzlichen vaskulären Ereignissen, welche den Krankheitsverlauf klinisch erkennbar modifizieren (v. a. begleitende ischämische Infarkte). Überschneidungen beider Pathologien sind insbesondere in höherem Alter sehr häufig; auch im Hinblick auf Risikofaktoren findet sich eine Vielzahl von Überlappungen. Als Diagnosekriterien einer VD dienen die NINDS-AIREN-Kriterien (National Institute of Neurological Disorders and Stroke ‒ Association Internationale pour la Recherche et l’Enseignement en Neurosciences). Medikamentöse Therapie der vaskulären und der gemischten Demenz Eine schematische Darstellung der medikamentösen Therapie der VD findet sich in . Abb. 6.1. Eine Behandlung der vaskulären Grundkrankheit, vaskulärer Risikofaktoren und eine Sekundärprophylaxe vaskulärer Ereignisse sind grundlegend. Aus Studienergebnissen geht ein geringfügiger Nutzen von AChE-I und Memantine bei der VD hervor; eine Zulassung in diesem Bereich besteht nicht. Die gemischte Demenz wird wie eine AD kodiert, sodass eine antidementive Behandlung mit AChE-I und/oder Memantine innerhalb des zugelassenen Indikationsbereichs erfolgen kann. Schwierigkeiten in der Beurteilung der Wirksamkeit von AChE-I und Memantine bei der VD ergeben sich aufgrund der Heterogenität der zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen und der in fortgeschrittenem Alter hohen Komorbidität von VD und AD; Therapieeffekte könnten dadurch vielmehr auf die Beeinflussung einer gleichzeitig vorliegenden AD als auf die eigentliche Behandlung der VD zurückzuführen sein. 5 Es gibt Hinweise für eine Wirksamkeit von AChE-I und Memantine bei der VD, insbesondere auf exekutive Funktionen bei subkortikaler
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VD; allerdings besteht für keine der Substanzen eine Zulassung in dieser Indikation. Metaanalysen der Cochrane Collaboration ergaben positive Ergebnisse für Donepezil und geringfügige positive Effekte für Memantine bei leichter bis mittelschwerer VD. Für Galantamin ergaben sich Hinweise auf einen positiven Effekt bei jedoch begrenzter Datenlage; für Rivastigmin konnte in Ermangelung geeigneter Studiendaten keine Metaanalyse durchgeführt werden. Eine weitere Metaanalyse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von AChE-I und Memantine bei VD zeigte einen geringfügigen Nutzen von Donepezil, Galantamin, Memantine und Rivastigmin bei leichter bis mittelschwerer VD. Eine generelle Empfehlung für eine Behandlung mit AChE-I und Memantine bei der VD kann daher augenblicklich anhand der gegenwärtigen Studienlage nicht gegeben werden. Lediglich im individuellen Fall können AChE-I und Memantine in der medikamentösen Therapie der VD auch im Hinblick auf die häufige Assoziation von VD und AD und das Fehlen zuverlässiger diagnostischer Marker bzw. Kriterien, die eine Überlagerung mit einer AD beweisen oder ausschließen, hilfreich sein. Zur konkreten Auswahl der Substanz im Einzelfall können ebenfalls keine evidenzbasierten differenzialtherapeutischen Empfehlungen gegeben werden; AChE-I und Memantine können in der Behandlung der VD analog der Behandlung der AD verwendet werden. Für die Behandlung mit Thrombozytenfunktionshemmern (z. B. ASS) zur primären Demenzbehandlung bei VD existiert bisher keine ausreichende Evidenz. Zur Therapie der gemischten Demenz exisitiert bisher eine plazebokontrollierte Studie mit positivem Ergebnis für Galantamin.
6.4.3 Frontotemporale Demenz Als diagnostisch hinweisend für eine FTD werden ein schleichender Beginn meist vor dem 65. Lj., eine langsame Progredienz, Veränderungen der Persönlichkeit, des Verhaltens und des Affekts (etwa Apathie, Enthemmung, Hyperoralität, sozial unangepasstes Verhalten, Perseverationen, Ablenkbarkeit, Veränderung des sprachlichen Ausdrucks) und ein Nachweis einer frontalen oder frontotemporalen Lokalisation durch strukturelle oder funktionelle Bildgebung angesehen. Kognitive Leistungseinbußen stehen nicht im Vordergrund. Während die cholinerge Transmission bei der FTD relativ intakt erscheint, zeigen sich regionale Defizite in der serotonergen und dopaminergen Neurotransmission.
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Medikamentöse Therapie der frontotemporalen Demenz Die Datenbasis ist insgesamt sehr schmal, sodass aktuell überzeugende Evidenz weder zur Behandlung kognitiver Störungen noch von Verhaltensstörungen vorliegt. 5 Es gibt Wirksamkeitshinweise für serotonerge Substanzen mit positiven Effekten auf Verhaltensauffälligkeiten bei fehlender Beeinflussung kognitiver Symptome. Die Auswahl erfolgt individuell, SSRI werden gut vertragen. 5 Auch wenn eine Gabe von Antipsychotika in Anbetracht der bei FTD vorliegenden Defizite in der dopaminergen Neurotransmission widersprüchlich erscheint, erfolgt ein Einsatz oftmals zur Behandlung insbesondere von Agitation und Enthemmung. Ein Einzelfallbericht zu Risperidon und eine unkontrollierte Studie zu Olanzapin zeigten hierzu positive Ergebnisse. Aufgrund des erhöhten EPS-Risikos bei älteren Patienten sollten im Fall der Notwendigkeit AAP mit relativ geringem D2-Rezeptorantagonismus wie Quetiapin gewählt werden. Zur Anwendung von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 6.4.7 und 7 3.4.8. 5 AChE-I zeigen bei Fehlen eines ausgeprägten cholinergen Defizits keinen oder nur einen schwachen Effekt, auch liegen Berichte über eine Zunahme von Reizbarkeit, Aggressivität und Agitiertheit vor. So fand sich in einer Beobachtungsstudie unter Donepezil bei fehlender Wirkung auf kognitive Parameter teils eine Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten; eine offene Studie zu Rivastigmin zeigte hingegen eine Verbesserung der BPSD. Für Galantamin ergab eine kontrollierte Studie bei guter Verträglichkeit keinen positiven Effekt. 5 Memantine zeigte in einer ersten offenen Studie im Gegensatz zu den Ergebnissen einer sehr kleinen Fallserie keinen positiven Effekt. 5 Einzelfallberichte weisen auf eine mögliche positive Wirkung von dopaminergen Substanzen (Methylphenidat) hin. 6.4.4 Lewy-Körperchen-Demenz Die LKD beginnt meist zwischen dem 60. und 68. Lj. und betrifft Männer häufiger als Frauen. Die Dauer liegt bei 6‒8 Jahren. Es gibt deutliche Überschneidungen zur AD einerseits und zur PDD andererseits. Die nosologische Trennung zwischen LKD und PDD wird kontrovers diskutiert. Die Differenzierung richtet sich nach dem Zeitpunkt des Auftretens eines Parkinson-Syndroms (»1-Jahres-Regel«): Tritt vor oder innerhalb eines Jahres nach Beginn einer Parkinson-Symptomatik eine Demenz auf, wird diese definitionsgemäß als LKD klassifiziert. Zu Beginn finden sich oftmals Störungen der Aufmerksamkeit, exekutiver Funktionen und visuell-räumlicher Fähigkeiten, die meist auch ausgeprägter als andere Hirnleistungsstörungen sind. Parkinson-Symptome sind zu Beginn oder im Verlauf häufig; daneben kennzeichnen Fluktuationen der kognitiven Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeitsfokussierung sowie optische Halluzinationen das klinische
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Erscheinungsbild. Die Diagnose wird weiter unterstützt bei Vorliegen einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung, wiederholten Stürzen, Synkopen, vorübergehenden Bewusstseinsstörungen, einer erhöhten Suszeptibilität für antipsychotische Wirkungen und Nebenwirkungen (NW). Optische Halluzinationen als Kernsymptom der LKD sowie Halluzinationen anderer Sinnesmodalitäten und ein systematisierter Wahn sind häufiger als bei der PDD (7 6.4.5). Histopathologisch sind intraneuronale eosinophile Einschlusskörper (Lewy-Körperchen) und Ubiquitin- und α-Synuklein-positive Neuriten typisch; überschneidend finden sich häufig auch AD-typische und vaskuläre Veränderungen. Es finden sich Störungen des monoaminergen und cholinergen Systems mit im Vergleich zur AD stärker ausgeprägtem cholinergem Defizit. Die Diagnose LKD wird in der Regel klinisch gestellt. Eine nuklearmedizinische Diagnostik (FB-CIT-SPECT) kann in klinisch unklaren Fällen für die Differenzialdiagnose hilfreich sein. Klinisch werden die revidierten Diagnosekriterien nach McKeith (Consortium on Dementia with Lewy Bodies) angewandt. Medikamentöse Therapie der Lewy-Körperchen-Demenz Hochgradige antipsychotikainduzierte (EPS, aber auch sedierende oder anticholinerge) NW sind für diese Demenzform typisch. Vor einer Behandlung psychotischer Symptome mit Antipsychotika sollte eine Optimierung einer dopaminergen Therapie der motorischen Parkinson-Symptomatik erfolgen (s. auch 7 6.4.5). 5 AChE-I scheinen bei der LKD neben einer positiven Wirkung auf kognitive Defizite auch positive Effekte auf psychopathologische Symptome inklusive psychotischer Symptome zu zeigen. Ein Behandlungsversuch ist vor einer Gabe von Antipsychotika in jedem Fall angezeigt. Die Behandlungseffekte sind dabei z. T. deutlicher als bei der AD; eine Zulassung besteht in dieser Indikation jedoch nicht; Rivastigmin ist am besten untersucht.. Beim Einsatz von AChE-I sollte ein engmaschiges Monitoring erfolgen, da in Einzelfällen auch Verschlechterungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung sowie eine Zunahme von motorischen Parkinson-Symptomen unter AChE-I beschrieben wurden. 5 Bei der Notwendigkeit einer Behandlung psychotischer Symptome mit Antipsychotika kann Quetiapin (25‒150 mg/d) oder Clozapin (6,25‒50 mg/d), langsam steigernd, versucht werden (s. auch 7 3.4.7 und 7 3.13, Präparate). Olanzapin und Risperidon haben eher eine ungünstige Nutzen-Risiko-Relation; konventionelle Antipsychotika (KAP) müssen vermieden werden. Bei der medikamentösen Behandlung der extrapyramidalmotorischen bzw. Parkinson-Symptomatik muss oftmals in Absprache mit Patienten und Angehörigen zwischen den Beeinträchtigungen durch motorische
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Parkinson-Symptome einerseits und durch psychotische Symptome andererseits abgewogen werden. Antiparkinsonmittel sollten, wenn nötig, erforderlichenfalls mit niedriger Startdosis und nur unter langsamer Dosissteigerung und engmaschigem Monitoring bezüglich einer Zunahme psychotischer Symptome verabreicht werden. 5 Memantine verschlechtert eher die psychotischen Symptome, auch Benzodiazepine sollten längerfristig nicht gegeben werden. 5 Anticholinergika sollten vermieden werden. 6.4.5 Demenz bei M. Parkinson Eine Demenz tritt bei etwa 30% der Parkinson-Patienten im Verlauf der Erkrankung auf. Als Risikofaktoren gelten früh auftretende Halluzinationen, akinetisch-rigider Verlaufstyp und höheres Lebensalter (meist > 65 J.). Das Erscheinungsbild der PDD überschneidet sich mit dem der LKD (7 6.4.4). Im Vordergrund stehen wie bei der LKD Aufmerksamkeitsdefizite und Einschränkungen der Exekutivfunktionen, räumlich-visuelle Störungen und psychotische Symptome; Gedächtnisstörungen treten später hinzu. Psychotische Symptome bei der PDD (und LKD) sind häufig Folge unerwünschter Arzneimittelwirkungen bei dopaminerger Therapie, daher ist eine genaue Medikamentenanamnese wichtig. Aufgrund komplexer Veränderungen der monoaminergen und cholinergen Neurotransmission im Krankheitsverlauf ist jedoch zusätzlich ein direkter pathophysiologischer Zusammenhang mit der Grunderkrankung wahrscheinlich. Bei der PDD findet sich im Vergleich zu Parkinson-Syndromen ohne Demenz eine ausgeprägtere globale Hirnatrophie. Neuropathologisch zeigen sich wie bei der LKD neben einer Lewy-Körperchen-Pathologie oftmals zusätzlich AD-typische Veränderungen im Sinne einer Mischpathologie. Das Ausmaß der kognitiven Beeinträchtigung korreliert in solchen Fällen jedoch in höherem Maße mit der Dichte kortikaler Lewy-Körperchen. Es finden sich Störungen des monoaminergen und cholinergen Systems mit im Vergleich zur AD stärker ausgeprägtem, cholinergem Defizit. Depression bei M. Parkinson 7 1.4.1 Medikamentöse Therapie der PDD 5 Studien zu AChE-I bei PDD ergaben geringfügige bis moderate positive Therapieeffekte hinsichtlich kognitiver Parameter; in Bezug auf die Beeinflussung psychopathologischer Symptome ist die Datenlage weniger überzeugend. Eine Zulassung für die Behandlung der leichten bis mittelschweren PDD liegt für Rivastigmin vor. Hinweise gibt es auch für eine Wirksamkeit bei PDD von Donepezil und Galantamin, jedoch ist hier die Evidenz nicht ausreichend. 5 Bei psychotischen Symptomen sollte zunächst versucht werden, Präparate, die eine Psychose verstärken können (Anticholinergika, MAO-BHemmer, Amantadin), abzusetzen. Dann bietet sich nach Optimierung der dopaminergen Therapie aufgrund des günstigeren NW-Profils ein
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Therapieversuch mit Quetiapin (25‒150 mg/d) an. Bei ungenügender Wirkung oder Auftreten eines akinetisch-rigiden Syndroms sollte eine Umstellung auf Clozapin (6,25‒100 mg/d) erfolgen, welches das einzige für diese Indikation in Deutschland zugelassene Antipsychotikum darstellt und für das eine Wirksamkeit bei psychotischen Symptomen im Rahmen der dopaminagonistischen Therapie eines M. Parkinson am besten belegt ist. Die Patienten sprechen oft schon auf sehr niedrige Dosen der Antipsychotika an. Olanzapin und Risperidon sowie KAP verstärken dagegen die motorischen Störungen. 6.4.6 Leichte kognitive Störung (MCI) Als leichte kognitive Störung (mild cognitive impairment, MCI) wird das Vorliegen eines kognitiven Defizits (mehr als 1,5 Standardabweichungen unterhalb der Altersnorm) basierend auf einer Verschlechterung kognitiver Fähigkeiten im Vergleich zu früher vorhandenen Fähigkeiten bezeichnet, das sowohl subjektiv als auch objektiv zu belegen ist und das nicht zu einer Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten führt. Etwa 10‒25% der Bevölkerung > 65 Jahre leiden an einer MCI. MCI umfasst eine heterogene Gruppe von Störungen mit unterschiedlicher Ätiologie, Verlauf und Prognose, darunter auch Frühstadien der AD im Sinne eines prädemenziellen Stadiums. Die neuropsychologische Charakterisierung erlaubt eine Einordnung in amnestische und nichtamnestische Formen von MCI, je nachdem, ob signifikante Störungen des episodischen Gedächtnisses oder eher solche anderer kognitiver Domänen vorliegen, auch Einzel- und Multidomänenformen werden unterschieden. Pro Jahr entwickeln etwa 10‒15% der älteren Patienten mit MCI das Vollbild einer Demenz, das höchste Risiko besteht bei den amnestischen Formen. Reversible und stabile Verläufe sind ebenfalls möglich. MCI ist nicht per se eine nosologische Entität, sondern ein arbiträrer Begriff, es kann im Prinzip retrospektiv nach erfolgtem Übergang in eine AD als Krankheitsfrühstadium angesehen werden. Als mögliche Prädiktoren eines späteren Übergangs in eine AD gelten u. a. Variablen aus neuropsychologischen Untersuchungen (insbesondere Defizite in den Bereichen des verbalen Gedächtnisses, der Exekutivfunktionen und der psychomotorischen Geschwindigkeit), ApoE-Genotypisierung sowie spezielle diagnostische Marker (7 6.4.1) einzeln oder in Kombination. 5 Die Datenlage spricht aktuell eindeutig gegen einen Einsatz von Antidementiva bei MCI. Lediglich im Einzelfall (z. B. amnestischer Typ mit positiver diagnostischer Markerkonstellation und Behandlungswunsch des Betroffenen) kann eine Off-label-Behandlung mit einem AChE-I erwogen werden. 5 Ein Ziel in der Etablierung potenzieller Prädiktoren liegt im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung von kausal ansetzenden, krankheitsmodifizierenden Therapiestrategien eher in der Möglichkeit einer Erfassung und Behandlung in einem noch prodromalen Stadium.
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5 Der Einsatz diagnostischer Verfahren mit Möglichkeit einer zunehmend treffsicheren, prognostischen Einschätzung des weiteren möglichen Übergangs einer MCI in eine AD bei gegenwärtigem Fehlen einer wirksamen ursächlichen Behandlungsmöglichkeit wirft ethische Probleme auf. Patienten sollten bezüglich der Bedeutung und Tragweite möglicher diagnostischer Ergebnisse und der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Therapiestrategien vorher beraten werden. Bei Nachweis einer fortschreitenden neurodegenerativen Erkrankung als Ursache der kognitiven Störung sind begleitend psychotherapeutische und psychosoziale Interventionen zur Krankheitsbewältigung erforderlich. Medikamentöse Therapie bei MCI 5 Die meisten gegenwärtig untersuchten Ansätze zur medikamentösen Behandlung der MCI basieren auf Strategien der AD-Behandlung. Randomisierte Studien zur Wirksamkeit von AChE-I (Donepezil, Galantamin, Rivastigmin), Antioxidanzien (Vitamin E), antiinflammatorischen Substanzen (Rofecoxib) und Nootropika (Piracetam) zeigten keine überzeugende Wirksamkeit in der Verringerung des Risikos des Übergangs in eine AD. 5 Nach derzeitigem Wissensstand ist eine medikamentöse Behandlung der MCI mit AChE-I oder anderen Substanzen (Statine, Östrogene, Antiphlogistika, Antioxidanzien) nicht angezeigt. 5 Gibt es Hinweise auf das gleichzeitige Vorliegen eines depressiven Syndroms, sollte eine antidepressive Behandlung vorrangig erfolgen, unter der sich möglicherweise auch die kognitiven Symptome verbessern. 6.4.7 Therapie der demenzassoziierten Verhaltensstörungen Die Pharmakotherapie der demenzassoziierten Verhaltensstörungen (BPSD) mit psychomotorischer Unruhe, Aggressivität, Angst, Depression, nächtlicher Desorientierung, desorganisiertem Verhalten und psychotischen Symptomen kann sich sehr schwierig gestalten; sie wird in . Abb. 6.2 beschrieben. 5 Ein erster wichtiger Therapieschritt sind nichtmedikamentöse Maßnahmen mit Zuwendung, Orientierungshilfen oder Tagesstrukturierung (7 6.5). Medizinische, situative und umgebungsbedingte Auslöser sollten überprüft und ggf. modifiziert werden und Stressoren, wenn möglich, reduziert. 5 Vor einer symptomspezifischen medikamentösen Behandlung von BPSD sollte ein Behandlungsversuch mit AChE-I oder Memantine stehen. Auf diese Weise kann bei leicht ausgeprägten BPSD teilweise bereits eine ausreichende Besserung, bei ausgeprägten BPSD eine Einsparung von Antidepressiva oder Antipsychotika erreicht werden. 5 AChE-I können demenzassoziierte Verhaltensstörungen günstig beeinflussen, wenngleich das Ausmaß der Verbesserungen insgesamt gering ist und die zugrunde liegenden Studien meist nicht an Patienten mit
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ausgeprägten BPSD durchgeführt wurden. Schwierigkeiten in der Wirksamkeitsbewertung ergeben sich zudem durch den oftmals sehr variablen Symptomverlauf. 5 Für Memantine gehen aus zwei kontrollierten Studien bei AD Hinweise auf positive Effekte bei BPSD, insbesondere Agitiertheit, hervor. 5 Bei den atypischen Antipsychotika gibt es bisher den besten Wirksamkeitsbeleg für Risperidon (formale Zulassung für schwere chronische Aggressivität mit Selbst- und Fremdgefährdungsaspekten sowie psychotische Symptome) zur Behandlung von BPSD, die Datenlage zu weiteren Substanzen ist heterogen. Die Wirksamkeit ist aber begrenzt und bezieht sich in der Regel auf aggressives Verhalten und Wahn, nicht aber auf eine Anhebung des allgemeinen Funktionsniveaus oder die Lebensqualität und auch nicht auf die Behandlung von alleiniger psychomotorischer Unruhe. Zur Nutzen-Risiko-Relation der Anwendung von Antipsychotika bei BPSD (7 3.4.8) im Hinblick auf das Fehlen einer Alternative ist ein Einsatz bei klinischer Notwendigkeit (schwere BPSD mit Eigen- und Fremdgefährdung) und Versagen nichtpharmakologischer Strategien oftmals indiziert. > CAVE
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Bei älteren Patienten mit Demenz besteht für alle Antipsychotika ein erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre und kardiale Ereignisse (7 3.4.8).
5 Zur Wirksamkeit von Carbamazepin bei Agitation und/oder Aggression gibt es Hinweise, die Gabe kann nach fehlendem Ansprechen anderer Therapien erwogen werden. Valproinsäure war in 4 plazebokontrollierten Studien bei Agitation im Rahmen einer Demenz unwirksam. In einer kontrollierten Studie erbrachte Topiramat eine mit Risperidon vergleichbare Wirksamkeit. 5 Melatonin hat sich in mehreren kontrollierten Studien zur Behandlung von Schlafstörungen bei Demenz als nicht wirksam erwiesen; zur Verordnung von Benzodiazepinhypnotika 7 5.3. 5 Präparate mit anticholinerger Wirkkomponente sollten vermieden werden. 5 Bei einer symptomspezifischen psychopharmakologischen Behandlung sollte regelmäßig eine Überprüfung der Dosis und der Notwendigkeit einer Fortführung der Behandlung erfolgen. 5 Die Empfehlungen zum Einsatz von Antidepressiva in der Behandlung depressiver Syndrome bei Demenz entsprechen den Empfehlungen zur Behandlung der Depression im höheren Lebensalter (7 1.4.1). In einer Studie wurde ein unabhängiger kognitionssteigernder Effekt durch Antidepressiva beobachtet; in einer aktuellen Studie war Sertralin in dieser Indikation allerdings nicht wirksam.
Psychomotorische Unruhe/ Agitation: /MelperonZ (25–200 mg/d) / PipamperonZ (60–120 mg/d) /Risperidon** (0,25–1 mg/d) /Aripiprazol* (2,5–15 mg/d) /Carbamazepin*
Schlafstörungen: /MelperonZ (25–200 mg/d) /PipamperonZ (60–120 mg/d) /MirtazapinZ (7,5–15 mg/d)
Symptomspezifische Therapie der BPSD Depressive Syndrome: /%*!'())!,(7 1.3.1) /!%$!*%*! !% ergen Nebenwirkungen
Bereits bestehende Behandlung mit Antidementiva oder ausgeprägte Symptome
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. Abb. 6.2 Therapiealgorithmus der demenzassoziierten Verhaltensstörungen (BPSD). AChE-I Acetylcholinesterasehemmer, z Zulassungsstatus; Antipsychotikagabe bei Patienten mit LKD und PDD 7 6.4.4 und 7 6.4.5; Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 3.4.8; Medikamentöse Therapie von Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen der FTD 7 6.4.3; * Off-label-Gebrauch, ** zugelassen nur für schwere chronische Aggressivität mit Eigen-/ Fremdgefährdung
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Psychotische Symptome, paranoide Syndrome, Aggressivität: /RisperidonZ (0,25–1 mg/d) /HaloperidolZ (0,5-2 mg/d) /Carbamazepin*
Keine Besserung
Keine Vorbehandlung mit Antidementiva und leicht ausgeprägte Symptome: Behandlungsversuch mit AChE-I/Memantine
Keine Besserung
Überprüfung und Behandlung medizinischer und umgebungsbedingter Ursachen; Evaluation möglicher Auslöser und Verstärker; Therapieversuch mit nichtmedikamentösen Maßnahmen
Demenzassozierte Verhaltensstörungen
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Medikamentöse Therapie von Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen der FTD 7 6.4.3; Besonderheiten in der Behandlung psychotischer Symptome und anderer BPSD im Rahmen der LKD und PDD 7 6.4.4. bzw. 7 6.4.5 ! Ältere Menschen haben eine erhöhte Suszeptibilität für Sedierung, EPS,
anticholinerge Wirkungen und Orthostase. Oft ist die renale Clearance vermindert und der hepatische Metabolismus verzögert (7 14.1).
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6.5
Nichtmedikamentöse Maßnahmen in der Behandlung demenzieller Syndrome
5 Die Information, Motivation und Psychoedukation des Patienten und der Angehörigen bzw. des Betreuers ist die Basis der Behandlung und sollte sich auch auf die Einnahme von Antidementiva beziehen. Es sollte besonders betont werden, dass ein vorübergehender Stillstand des Leistungsabbaus bereits ein Erfolg ist. Auch soziale, finanzielle und rechtliche Aspekte sowie Strategien zum Selbstmanagement und zur Problemlösung von Konfliktsituationen im Umgang mit dem Kranken sollten im Rahmen der Angehörigenarbeit besprochen werden. Weiterhin ist für eine psychosoziale Entlastung der Angehörigen zu sorgen, bei denen sich sonst in über 80% der Fälle depressive Störungen entwickeln können. 5 Psychotherapeutische und persönlichkeitsstützende Verfahren und verhaltenstherapeutische Interventionen können bei leichten bis mittelschweren Demenzen eingesetzt werden. Ein kompensatorisches Vorgehen mit dem Ziel, dass der Patient trotz Einbußen im Alltag zurechtkommt, ist anzustreben. 5 Spezielle und verbliebene Fähigkeiten sollten gefördert werden. Einfache interne Strategien (Memotechniken) wie Gesichter-Namen-Assoziationslernen und einfache externe Strategien (Listen, Kalender, aktive Hinweisreize wie Wecker) zur vereinfachten Umfeldstrukturierung können hilfreich sein. Informationen zu Personen, Zeit und Ort werden in der Realitätsorientierungstherapie (ROT) gelernt. 5 In der Milieutherapie wird versucht, durch Anpassung des Wohn- und Lebensbereichs (Schaffung einer überschaubaren, aber anregenden Umgebung, konstant strukturierter Tagesablauf etc.) das Wohlbefinden und die verbliebenen Alltagskompetenzen des Patienten zu fördern. 5 Bei schwereren Demenzen scheint die Erinnerungstherapie, die auch emotional entlastend ist und bei der auf alte Gedächtnisinhalte zurückgegriffen wird, sinnvoll zu sein. 5 Weitere Maßnahmen können die Validationstherapie, die Selbst-Erhaltungs-Therapie (SET), Ergo-, Musik-, Kunst- und Bewegungstherapie sowie das sog. Snoezelen (multimodale sensorische Stimulation) umfassen.
6.6 · Nebenwirkungen und Kontraindikationen
6.6
429
6
Nebenwirkungen und Kontraindikationen
AChE-I 5 Im Allgemeinen sind die AChE-I gut verträglich; zu den häufigsten NW gehören Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö/Obstipation, Müdigkeit, Schlafstörungen und Muskelkrämpfe. Die Häufigkeit und Intensität von NW ist dabei von der Geschwindigkeit der Aufdosierung abhängig. 5 Gastrointestinale NW treten dosisabhängig insbesondere zu Beginn der Behandlung und während der Titrationsphase auf. Sie scheinen seltener mit Donepezil als mit Rivastigmin (und Galantamin) assoziiert zu sein. Die gastrointestinale Verträglichkeit ist unter transdermaler Applikationsform erheblich besser als bei oraler Gabe. 5 Kardiale NW ergeben sich aus der vagotonen cholinomimetischen Wirkung: ! Es liegen einzelne Fallberichte zu bradykarden Herzrhythmusstörungen im
Zusammenhang mit der Einnahme von AChE-I vor. Regelmäßige Puls- und ggf. EKG-Kontrollen sind v. a. zu Beginn der Therapie anzuraten.
5 Neurologische NW: Es wird angenommen, dass Cholinomimetika generalisierte Krampfanfälle auslösen können (am häufigsten unter Donepezil, weniger häufig unter Rivastigmin). Die Anfallsaktivität kann jedoch auch eine Manifestation der AD sein. 5 Andere NW (z. B. zentral, kardiovaskulär, respiratorisch) treten häufiger während der Erhaltungstherapie und ohne Dosisabhängigkeit auf. 5 Seit neuestem ist Rivastigmin auch als transdermales Pflaster erhältlich, welches entsprechend einer 6-monatigen Studie eine im Vergleich zur oralen Gabe verbesserte Verträglichkeit aufzuweisen scheint. 5 Aufgrund der cholinergen Wirkung der AChE-I ist Vorsicht bei vorbestehenden bradykarden Herzrhythmusstörungen und supraventrikulären Erregungsleitungsstörungen des Herzens oder bei gleichzeitiger Einnahme bradykardieauslösender Arzneimittel geboten. Memantine 5 Memantine zeigt ein günstiges Wirkungs-Nebenwirkungs-Verhältnis; die NW-Rate ist insgesamt gering. Die häufigsten NW sind Agitation, Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, eine Senkung der Krampfschwelle, Kopfschmerzen und Verwirrtheit. Kontraindikationen Einzelheiten 7 6.9, jeweiliges Präparat 5 Vor Operationen sollte für die AChE-I eine mögliche pharmakodynamische Wirkungsverstärkung von depolarisierenden Muskelrelaxanzien von Succinylcholin-Typ bedacht werden.
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1 2 3 4
5 Cave bei der Gabe von AChE-I bei Patienten mit anamnestisch bekannten Synkopen, bradykarden Herzrhythmusstörungen, SickSinus-Syndrom, supraventrikulären Erregungsleitungsstörungen, Herzinsuffizienz, KHK, Asthma bronchiale oder anderen obstruktiven Lungenerkrankungen und bei Patienten mit einem erhöhten Risiko zur Bildung peptischer Ulzera. 5 Eine Kontraindikation für eine Gabe von Galantamin besteht bei schwerer Leber- und/oder Niereninsuffizienz, für eine Gabe von Rivastigmin bei schwerer Leberinsuffizienz. Für Memantine gilt das Vorliegen einer schweren Niereninsuffizienz als Kontraindikation.
5 6.7
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Kapitel 6 · Antidementiva
Interaktionen und Dosierung
Eine vergleichende Übersicht findet sich in . Tab. 6.1, Weiteres zu Interaktionen und Dosierung 7 6.9, jeweiliges Präparat. 6.8
Behandlungsdauer und Therapieresistenz
5 Empfohlen wird anhand der Studienlage bei der Einstellung auf ein Antidementivum eine Behandlungsdauer von mindestens 12–24 Wochen, sofern nicht NW die Beendigung der Behandlung erfordern. Danach wird eine erste klinische Verlaufskontrolle im Sinne einer Therapiekontrolle empfohlen. 5 Ergibt sich auf den verschiedenen Beurteilungsebenen (7 6.3) keine erkennbare Wirkung und/oder eine im Vergleich zum Zeitpunkt vor Beginn der Behandlung unverändert schnelle Symptomprogression, sollte ein Präparatewechsel oder eine Kombination eines AChE-I mit Memantine (7 6.4.1 und . Abb. 6.1) erwogen werden, ebenso bei sprunghafter Verschlechterung im Verlauf der Behandlung nach Ausschluss verursachender interkurrenter Erkrankungen und Überprüfung der Diagnose. 5 Dabei kann bei NW oder neu aufgetretenen Kontraindikationen für eine Behandlung ein Umsetzen von einem AChE-I auf Memantine und umgekehrt sinnvoll sein. Nach den Ergebnissen mehrerer offener Studien kann ein Wechsel innerhalb der Substanzklasse der AChE-I trotz Fehlen überzeugender Hinweise auf Wirksamkeitsunterschiede innerhalb der Gruppe der AChE-I zu einer erneuten Symptomverbesserung führen; oftmals sind die klinischen Effekte bei gleichem Wirkprinzip jedoch gering. 5 Internationale Richtlinien, wann genau ein Therapieabbruch wegen mangelnder Wirksamkeit in Erwägung gezogen werden sollte, liegen nicht vor. Oftmals findet sich in den für einzelne Länder individuellen Empfehlungen oder teils auch bindenden Richtlinien (7 6.4.1) die
6
431
6.6 · Behandlungsdauer und Therapieresistenz
Empfehlung, einen Therapieversuch nach 24 Wochen nur dann fortzusetzen, wenn sich eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit objektiv anhand des MMSE oder des ADAS-cog (7 6.3) belegen lässt. 5 Das Beenden einer antidementiven Therapie mit einem AChE-I oder Memantine aufgrund des Übergangs einer AD von einer leichten bis mittelschweren zu einer schweren AD ist sinnvoll, allerdings nicht evidenzbasiert.
. Tab. 6.1 Vergleichende Darstellung von AChE-I und Memantine Donepezil
Galantamin
Rivastigmin
Memantine
Darreichungsformen
Tbl., Schmelztbl.
Retardkps., Lsg.
Kps., Lsg, TTS
Tbl., Lsg.
Startdosis
5 mg/d
8 mg/d
3 mg/d TTS: 4,6 mg/24 h
5 mg/d
Dosissteigerung
Nach 4–6 Wochen auf empfohlene Erhaltungsdosis
Alle 4 Wochen um 8 mg
Alle 2 Wochen um 3 mg TTS: nach 4 Wochen auf empfohlene Erhaltungsdosis
5 mg/Woche
Erhaltungsdosisa
10 mg/d
16–24 mg/d(b)
6–12 mg/db TTS: 9,5 mg/24 h
20 mg/d
Einnahmezeitpunkte pro Tag
1
1c
2 TTS: 1 × tgl.
1
Einnahme zu den Mahlzeiten
Irrelevant
Empfohlen
Ja
Irrelevant
CYP450-Metabolisierung
CYP2D6
CYP2D6, CYP3A4
Nein
Nein
HWZ
Lang (70–80 h)
Kurz (7–8 h)
Sehr kurz (1 h bzw. 3 h)d
Lang (60–100 h)
a Bei
Bestehen einer positiven Dosis-Wirkungs-Beziehung wird für die AChE-I in Abhängigkeit von der Verträglichkeit eine möglichst hohe Erhaltungsdosis angestrebt. Im Niedrigdosisbereich besteht bei Galantamin und Rivastigmin im Gegensatz zu Donepezil jeweils keine bzw. eine nur unsichere Wirksamkeit. b Wurde die Behandlung mit Rivastigmin und Galantamin für mehr als einige Tage unterbrochen, sollte eine erneute Dosistitration bis zum Erreichen der Erhaltungsdosis erfolgen. c Bei Gabe als Lösung Verteilung der Tagesgesamtdosis auf 2 Einnahmezeitpunkte. d Durch die quasi irreversible Hemmung dauert es etwa 10 h nach oraler Einnahme, bis sich die Enzymaktivität wieder auf dem Ausgangsniveau befindet. TTS transdermales therapeutisches System.
432
1 2
Kapitel 6 · Antidementiva
5 Solange die Hauptdiagnose bestehen bleibt, keine Unverträglichkeiten auftreten, sich keine Kontraindikationen für eine Behandlung ergeben und ein Nutzen anzunehmen ist, sollte eine antidementive Therapie langfristig fortgeführt werden.
Präparate
3
6.9
4
Wegen der Vielzahl im Handel befindlicher Präparate werden die Darreichungsformen nicht immer aufgelistet. Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der NW und Kontraindikationen in 7 Kap. 14 (insbesondere 7 14.1, Psychopharmaka im Alter) hingewiesen.
5 6
Co-dergocrin (Dihydroergotoxin)
7
DCCK (Shire Deutschland) Ergodesit (Desitin) Hydergin (Novartis Pharma)
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Nootropikum Hydro-Cebral-ratiopharm (ratiopharm) Orphol (Opfermann)
Dosierung 5 Genaue Empfehlungen sind den Produktinformationen des Herstellers zu entnehmen, da die Bioverfügbarkeit stark von der Galenik abhängt. 5 Üblicherweise werden 3–6 mg/d gegeben (maximal je nach Präparat 8‒10 mg/dz). Bewertung Aufgrund des fehlenden Wirksamkeitsnachweises ist Co-dergocrin als Antidementivum(z) nicht zu empfehlen. Donepezil Acetylcholinesterasehemmer 2-3-Dihydro-5,6-dimethoxy-2[[(1-phenylmethyl)-4-piperidinyl]methyl]1H-inden-1-on Aricept (Eisai, Pfizer) Tbl. 5/ 10 mg (28, 56, 98 Tbl.)
Aricept Evess (Esai, Pfizer) Schmelztbl. 5/ 10 mg (28, 98 Tbl.)
16
Pharmakodynamik 5 Reversibler selektiver AChE-I.
17
Pharmakokinetik 5 t½ = 70–80 h; Tmax = 4 h; Bioverfügbarkeit ca. 100%; Plasmaproteinbindung > 90%. Steady State nach ca. 3 Wochen. 5 Metabolisierung über CYP3A4 und CYP2D6. Ein wirksamer Metabolit (6-O-Desmethyl-Donepezil), mehrere unwirksame Metaboliten. Bei
6.9 · Präparate
433
6
Patienten mit defektem CYP2D6 verlangsamte Clearance und dadurch vermehrte NW möglich, bei ultraschnellen Metabolisierern von CYP2D6 ist sie beschleunigt. 5 Plasmakonzentration: 30–75 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Leichte bis mittelschwere Demenz bei Alzheimer-Krankheit (AD)z. 5 Wirksam auch bei schwerer AD (in USA kürzlich Zulassung auch in dieser Indikation). 5 Moderate Wirksamkeit bei VD; in einer Studie jedoch keine eindeutige positive Wirkung bei VD auf dem Boden eines CADASIL-Syndroms als Modell einer »reinen« VD. 5 Hinweise für die Wirksamkeit bei → LKD, → PDD. 5 Erste Hinweise für die Wirksamkeit bei → Negativsymptomatik und kognitiven Störungen bei Schizophrenie (7 3.4.1, Negativsymptomatik), → kognitiven Störungen im Rahmen von Schädel-Hirn-Traumata, Multipler Sklerose, Down-Syndrom. 5 Verträglichkeit insbesondere zu Beginn der Behandlung besser als Rivastigmin. 5 Absicherung der Diagnose durch einen in der Behandlung von Demenzen erfahrenen Arzt. ! Vorsicht vor Operationen, lange HWZ.
Dosierung 5 Beginn mit 5 mg/d, nach einem Monat ggf. Steigerung auf 10 mg/dz (Einmalgabe zur Nacht). 5 Bei eingeschränkter Leberfunktion Dosisanpassung entsprechend der individuellen Verträglichkeit (Clearance bei Leberinsuffizienz um etwa 20% vermindert); bei Nierenfunktionsstörungen keine Dosisanpassung erforderlich. Nebenwirkungen Häufig: Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Schwindelgefühl, Hal-
luzinationen, Erregungszustände, aggressives Verhalten, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Synkopen, Muskelkrämpfe, Ausschlag, Juckreiz, Harninkontinenz. Gelegentlich: Krampfanfälle, Bradykardie, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, gastrointestinale Blutungen, geringe Erhöhung der Muskel-Kreatinkinase im Serum. Sonstige Nebenwirkungen: Selten sinuatrialer und atrioventrikulärer Block, EPS, Leberfunktionsstörungen (einschl. Hepatitis). Gastrointestinale NW treten dosisabhängig insbesondere zu Beginn der Behandlung und während der Titrationsphase, andere NW (z. B. zentral, kardiovaskulär, respiratorisch) häufiger während der Erhaltungstherapie
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Kapitel 6 · Antidementiva
und ohne Dosisabhängigkeit auf; sie sind seltener als bei Galantamin oder Rivastigmin. Es liegen einzelne Fallberichte zu bradykarden Herzrhythmusstörungen in Zusammenhang mit der Einnahme von AChE-I vor. Regelmäßige Pulsund ggf. EKG-Kontrollen sind v. a. zu Beginn der Therapie anzuraten. Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Vorbestehende bradykarde Herzrhythmusstörungen, Sick-Sinus-Syndrom, supraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder andere obstruktive Lungenerkrankungen. Patienten mit erhöhtem Risiko für peptische Ulzera. ! Vorsicht bei vorbestehenden bradykarden Herzrhythmusstörungen, sup-
raventrikulären Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder obstruktiven Lungenerkrankungen.
Interaktionen 5 Keine Kombination mit Cholinomimetika oder -lytika, depolarisierenden Muskelrelaxanzien vom Succinylcholin-Typ, bradykardieauslösenden Präparaten, z. B. ß-Rezeptorenblockern. 5 Verstärkung antipsychotikainduzierter EPS möglich. 5 Vorsicht bei Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren, z. B. Fluoxetin, Metoprolol oder Paroxetin höhere Plasmakonzentrationen von Donepezil (7 Anhang INT). Bewertung Wirksam bei AD aller Schweregrade, zugelassen nur bei leichter bis mittelschwerer AD. Verbesserung der BPSD. Aus offenen Langzeitstudien gehen Hinweise auf eine über einen Beobachtungszeitraum von bis zu 4,9 Jahren anhaltende Verlangsamung der Symptomprogression hervor. Moderate Effekte bei der VD (off-label). Galantamin Acetylcholinesterasehemmer (4aS,6R,8aS)-4a,5,9,10,11,12-Hexahydro-3-methoxy-11-methyl6H-benzofuro-[3a,3,2-ef][2]benzazepin-6-ol Reminyl 1-mal täglich retardiert (Janssen-Cilag) Kps. 8 mg (28 Kps.), retardiert; 16/ 24 mg (28, 84 Kps.), retardiert; Starterpackung 8 mg (28 Kps) + 16 mg (28 Kps.), retardiert
Pharmakodynamik 5 Reversibler AChE-I.
Reminyl 4 mg/ml Lösung (JanssenCilag) Lsg. 4 mg = 1 ml (100 ml)
6.9 · Präparate
435
6
5 Allosterischer Modulator präsynaptischer nikotinischer ACh-Rezeptoren mit Erhöhung der Affinität für ACh insbesondere mit Rezeptoren, die α4- und α7-Untereinheiten enthalten. Pharmakokinetik 5 t½ = 7,5 h; Tmax = 4,4 h bzw. 1 h (Lösung); Bioverfügbarkeit ca. 90%; Plasmaproteinbindung 18%. Steady State nach 2–3 Tagen. 5 N- und O-Demethylierung durch CYP2D6 und CYP3A4 (Norgalantamin, O-Desmethyl-Galantamin, O-Desmethyl-Norgalantamin und Glukuronidierung). 94% renale Ausscheidung. 5 Plasmakonzentration: 30–100 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Leichte bis mittelschwere Demenz bei Alzheimer-Krankheit (AD)z. 5 Wahrscheinlich auch bei schwerer AD wirksam. 5 Moderate Wirksamkeit bei VD. 5 Für die Wirksamkeit bei → LKD und → PDD gibt es erste Hinweise. 5 Absicherung der Diagnose durch einen in der Behandlung von Demenzen erfahrenen Arzt. Dosierung 5 Beginn mit 8 mg ret. 1 × täglich zum Essen; bei Gabe als Lösung Verteilung der Tagesgesamtdosis auf 2 Einnahmezeitpunkte (auch morgens und abends). Langsame Dosissteigerung um 8 mg alle 4 Wochen bis zum Erreichen der Erhaltungsdosis von 16 mg/d bzw. 24 mg/dz. 5 Dosisanpassung bei Leberfunktionsstörungen. Bei mittelschwerer Leberinsuffizienz können maximal 16 mg/dz, langsam aufdosiert, gegeben werden. Keine Gabe bei schwerer Leber- und Niereninsuffizienz. Nebenwirkungen Sehr häufig: Appetitminderung, Übelkeit, Erbrechen. Häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Schlaflosigkeit, Somnolenz, Erschöp-
fung, Verwirrtheit, Depression, Stürze, Tremor, Muskelkrämpfe, Synkopen, Gewichtsabnahme, Diarrhö, Dyspepsie, Harnwegsinfekte. Gelegentlich: Vorhofarrhythmien, Palpitationen, Myokardischämien, zerebrale Ischämien, Tinnitus, Parästhesien, Beinkrämpfe. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Krampfanfälle, Aggression, Agitation, Halluzinationen, Bradykardie, vereinzelt AV-Blockierungen, Hypotension, gastrointestinale Blutungen, Dysphagie. Gastrointestinale NW treten dosisabhängig insbesondere zu Beginn der Behandlung und während der Titrationsphase, andere NW (z. B. zentral, kardiovaskulär, respiratorisch) häufiger während der Erhaltungstherapie und ohne Dosisabhängigkeit auf; gastrointestinale NW sind etwas seltener als bei Rivastigmin (orale Darreichungsform).
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Kapitel 6 · Antidementiva
Es liegen einzelne Fallberichte zu bradykarden Herzrhythmusstörungen in Zusammenhang mit der Einnahme von AChE-I vor. Regelmäßige Pulsund ggf. EKG-Kontrollen sind v. a. zu Beginn der Therapie anzuraten.
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Kontraindikationen 5 Schwere Leber- und/oder Niereninsuffizienz. 5 Relative Kontraindikationen: Vorbestehende bradykarde Herzrhythmusstörungen, Sick-Sinus-Syndrom, supraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder andere obstruktive Lungenerkrankungen. Patienten mit erhöhtem Risiko zur Bildung peptischer Ulzera.
5
! Vorsicht bei vorbestehenden bradykarden Herzrhythmusstörungen, sup-
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raventrikulären Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder obstruktiven Lungenerkrankungen. Keine Gabe bei schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz.
Interaktionen 5 Keine Kombination mit Cholinomimetika oder -lytika, depolarisierenden Muskelrelaxanzien vom Succinylcholin-Typ, bradykardieauslösenden Arzneimitteln, z. B. ß-Rezeptorenblockern. 5 Verstärkung antipsychotikainduzierter EPS möglich. 5 Vorsicht bei Kombination mit Inhibitoren von CYP2D6, z. B. Chinidin, Fluoxetin oder Paroxetin, oder CYP3A4, z. B. Cimetidin, Erythromycin, Ketoconazol, Ritonavir (7 Anhang INT), Plasmaspiegel von Galantamin steigen an. Bewertung Wirksam bei leichter bis mittelschwerer AD. Verbesserung der BPSD. Aus offenen Langzeitstudien gehen Hinweise auf eine über einen Beobachtungszeitraum von bis zu 4 Jahren anhaltende Verlangsamung der Symptomprogression hervor. Moderate Effekte bei der VD (off-label). Ginkgo biloba Nootropikum Dougink 60 (Duopharm) Gingiloba (1A Pharma) Gingium (HEXAL) Gingobeta (betapharm) Gingopret (Bionorica) Gingko-Isis (Actavis Deutschland) Gingko Sandoz (Sandoz) Ginkgo STADA (STADApharm)
Ginkgobil ratiopharm (ratiopharm) Ginkgodilat (Sandoz) Ginkopur (Spitzner) Isoginkgo (Merck dura) Kaveri (Lichtwer) Rökan (Spitzner) SE Ginkgo (Spitzner) Tebonin (Schwabe)
Dosierung Die Dosierung hängt von der Art des Präparats ab. Da die Präparate in ihrer genauen Zusammensetzung sehr unterschiedlich sind, gleichzeitig aber
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6.9 · Präparate
6
unklar ist, welche Einzelsubstanz der Ginkgoflavonglykoside und Terpenoide für die Wirkung verantwortlich ist, wurde auf die genaue Präparatecharakterisierung an dieser Stelle verzichtet. Der Extrakt aus Ginkgo biloba wird »Egb 761« genannt, seine über 60 Bestandteile sind zu ca. 95% bekannt, Dosierung zwischen 120 und 240 mg/dz. Bewertung Es fehlt bei MCI und bei Demenz ein Wirksamkeitsnachweis, auch ist die Evidenz für die Demenzprävention nicht ausreichend. Eine Verordnung von Ginkgo biloba als Antidementivum(z) ist nicht zu empfehlen. ! Unter Gingko-biloba-Extrakten kann es in Kombination mit Gerinnungs-
hemmern zu Blutungen kommen; eine gezielte Gerinnungsanamnese erscheint sinnvoll.
Memantine N-Methyl-D-Aspartat-(NMDA-)-Rezeptorantagonist 3,5-Dimethyl-1-adamantanamin Axura (Merz Pharmaceuticals) Starterpackung 5/ 10/ 15/ 20 mg (jeweils 7 Tbl.) Tbl. 10 mg (50, 100 Tbl.) Tbl. 20 mg (42, 98 Tbl.) Lsg. 10 mg/g (20 Trpf.) Lsg. (50/ 100 g Lsg.)/mit Dosierpumpe (pro Pumpbewegung 0,5 ml entsprechend 5 mg Wirkstoff)
Ebixa (Lundbeck) Starterpackung 5/ 10/ 15/ 20 mg (jeweils 7 Tbl.) Tbl. 10 mg (50, 100 Tbl.) Tbl. 20 mg (42, 98 Tbl.) Lsg. 10 mg/g (20 Trpf.) Lsg. (50/ 100 g Lsg.)
Pharmakodynamik 5 Spannungsabhängiger, nichtkompetitiver NMDA-Rezeptorantagonist mittlerer Affinität. Memantine blockiert die Wirkung pathologisch erhöhter tonischer Konzentrationen von Glutamat, die zu neuronalen Funktionsstörungen führen können. Pharmakokinetik 5 t½ = 60–100 h; Tmax = 3–8 h; absolute Bioverfügbarkeit von ca. 100%; Plasmaproteinbindung ca. 45%. 5 Kein durch Cytochrom P450 katalysierter Metabolismus. Hauptmetabolite (N-3,5-Dimethyl-Gludantan und 1-Nitroso-3,5-Dimethyl-Adamantan) ohne NMDA-antagonistische Wirkung. 5 Elimination fast ausschließlich renal (> 99%), bei mittelschweren Nierenfunktionsstörungen Reduzierung der Dosis erforderlich. 5 Reduktion der renalen Eliminationsrate von Memantine um das 7- bis 9-Fache bei alkalischem Urin (pH > 8); z. B. bei Einnahme größerer Mengen von Antazida oder Nahrungsumstellungen. 5 Plasmakonzentration: 70‒150 ng/ml(p).
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Kapitel 6 · Antidementiva
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Moderate bis schwere Demenz bei Alzheimer-Krankheit (AD)z. 5 Widersprüchliche Ergebnisse bezüglich der Wirksamkeit bei leichter AD. 5 Sinnvoll als »Add-on-Medikament« in Kombination mit AChE-I; additive Effekte mit Steigerung der antidementiven Wirksamkeit werden angenommen. 5 Moderate Wirksamkeit bei VD. 5 Absicherung der Diagnose durch einen in der Behandlung von Demenzen erfahrenen Arzt. Dosierung 5 Beginn mit 5 mg/d am Morgen für 7 Tage, im Folgenden wird eine wöchentliche Steigerung der Dosis um 5 mg/d bis zum Erreichen der empfohlenen Erhaltungsdosis von 20 mg/dz als Einmalgabe empfohlen. Bei der Lösung mit Dosierpumpe entsprechen jeweils 5 mg einer Pumpbewegung (0,5 mg); die Lösung sollte hier nicht direkt aus der Flasche bzw. Pumpe eingenommen, sondern z. B auf einen Löffel aufgebracht oder in ein Glas Wasser eindosiert werden. 5 Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen. Nebenwirkungen Häufig: Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Schwindel, erhöhter Blutdruck, Obs-
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tipation. Gelegentlich: Müdigkeit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Erbrechen, Venen-
thrombosen/Thromboembolie. Sonstige Nebenwirkungen: Sehr selten Krampfanfälle.
Insgesamt geringe NW.
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Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen das Präparat oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Nierenfunktionsstörungen, Harnwegsinfektionen, Patienten mit Epilepsie, Krampfanfällen in der Anamnese oder erhöhter zerebraler Anfallsbereitschaft. ! Bei Patienten mit mittelschweren Nierenfunktionsstörungen sollte die
Dosis auf 10 mg/d reduziert werden; für schwere Nierenfunktionsstörungen sind keine Angaben verfügbar. Eine Alkalisierung des Urins (z. B. Einnahme größerer Mengen von Antazida, Nahrungsumstellungen) kann die renale Eliminationsrate vermindern.
Interaktionen 5 Vorsicht bei der Kombination mit − dopaminergen Substanzen und Anticholinergika (möglicherweise verstärkte Wirkung) und Antipsychotika (Wirkabschwächung), Baclofen und Dantrolen, Hydrochlorothiazid;
6.9 · Präparate
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6
mögliche Verstärkung zentraler NW durch additiven Effekt auf NMDA-Rezeptoren bei Amantadin, Dextromethorphan, Ketamin; − Arzneimitteln wie Cimetidin, Procainamid, Ranitidin, die das gleiche renale Kationentransportsystem benutzen (potenzielle Erhöhung der Plasmaspiegel); − Antazida, Natriumbikarbonat, Carboanhydrasehemmern: erhöhte Plasmaspiegel von Memantine aufgrund einer verminderten renalen Eliminationsrate bei Alkalisierung des Urins möglich; − oralen Antikoagulanzien (INR-Erhöhung möglich). 5 Bei Kombination mit Arzneimitteln, die über CYP2B6 metabolisiert werden (z. B. Bupropion, Methadon, Sertralin) ist ein Anstieg der Wirkspiegel möglich, da Memantine in vitro CYP2B6 hemmt. Bewertung Wirksam bei mittelschwerer bis schwerer AD bei guter Verträglichkeit. Einzig zugelassenes Antidementivum bei schwerer Demenz. Auch als Kombinationsbehandlung mit AChE-I wie Donepezil sinnvoll. Verbesserung der BPSD. Moderate Effekte bei VD (off-label). Zur aktuellen Diskussion um den Behandlungsnutzen 7 6.4.1. Nicergolin Nootropikum Ergobel 30 (Kwizda) Nicergobeta (betapharm) Nicergolin-CT (CT Arzneimittel)
Nicergolin-neuraxpharm (neuraxpharm) Nicergolin-Teva (Teva Generics) Nicerium (HEXAL)
Dosierung 5 20–60 mg/dz, bei Besserungstendenz Reduktion auf die Zieldosis von 15–20 mg/d. Falls Serumkreatinin > 2 mg/dl, einschleichender Beginn mit 5–10 mg/d auf 2–3 Einnahmezeitpunkte verteilt. Parenterale Gabe möglich. Bewertung Kein überzeugender Wirksamkeitsnachweis als Antidementivum(z). Nur bei VD Mittel der 2. Wahl (. Abb. 6.1). Nimodipin Nootropikum Nimodipin HEXAL (HEXAL) Tbl. 30 mg (30, 60, 120 Tbl.) Nimotop (Bayer Vital) Tbl. 30 mg (30, 60, 100 Tbl.)
Nimotop S (Bayer Vital) Tbl. 30 mg (50, 100 Tbl.)
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Kapitel 6 · Antidementiva
Dosierung 5 Standarddosierung für psychiatrische Indikationen 3 × 30 mg/dz; einschleichender Beginn. Bewertung In einer offenen Studie zur VD war die Kombination aus Nimodipin und ASS Rivastigmin unterlegen. Positive Ergebnisse zeigten sich in der Behandlung der VD in einer plazebokontrollierten Studie. Kein überzeugender Wirksamkeitsnachweis als Antidementivum(z). Nur bei VD noch Mittel der 2. Wahl (. Abb. 6.1). Piracetam Nootropikum
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Cerepar N (Merckle) Nootrop (UCB) Normabrain (UCB) Piracebral (HEXAL) Piracetam 800 Verla (Verla) Piracetam AbZ (AbZ-Pharma) Piracetam AL (Aliud Pharma) Piracetam-CT (CT-Arzneimittel)
Piracetam-ELBE-MED (Schöning Berlin) Piracetam-neuraxpharm (neuraxpharm) Piracetam-ratiopharm (ratiopharm) Piracetam Sandoz (Sandoz) Piracetam STADA (STADA) Piracetrop (Holsten Pharma)
Dosierung 5 Beginn mit 3 × 800 mg/d oral, maximal 4,8 g/dz. Bei leichter Niereninsuffizienz (Serumkreatinin bis 3 mg/dl) Dosishalbierung, bei schwerer (Serumkreatinin > 3 mg/dl) Viertelung der Dosis. Bewertung Aufgrund des fehlenden Wirksamkeitsnachweises ist Piracetam als Antidementivum(z) nicht zu empfehlen. Es gibt außerhalb der psychiatrischen Pharmakopsychiatrie eine Indikation bei postanoxischen hirnorganischen Syndromen; bei Myoklonien unterschiedlicher Genese ist es auch in i.v.-Dosen bis zu 16 g/d wirksam; weiterhin gibt es Hinweise für eine Wirksamkeit zur Unterstützung einer Behandlung bei aphasischen Störungen. Pyritinol Nootropikum Encephabol (Merck) Drg. 100/ 200 mg (Encephabol-forte 200) (50, 100 Drg.)
Dosierung 5 Empfohlene Dosis 3 × 200 mg/dz oral.
6.9 · Präparate
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Bewertung Aufgrund des fehlenden Wirksamkeitsnachweises ist Pyritinol als Antidementivum(z) nicht zu empfehlen. Rivastigmin Acetylcholinesterasehemmer (S)-N-Ethyl-3-[(1-dimethylamino)ethyl]-N-methyl-phenylcarbamat Exelon (Novartis Pharma) Kps. 1,5/ 3/ 4,5/ 6 mg (56, 112 Kps.) Lsg. 2 mg = 1 ml (50/ 120 ml)
Exelon transdermales Pflaster (Novartis Pharma) TTS 4,6 mg/24 h [5 cm2] (30, 60); 9,5 mg/24 h [10 cm2] (30, 60, 90)
Pharmakodynamik 5 »Pseudoirreversibler« AChE-I mit hirnregionaler Selektivität (Kortex und Hippokampus). Zusätzlich Hemmung der Butyrylcholinesterase. Trotz kurzer Plasma-HWZ (1 h) wird die Acetylcholinesterase über einen Zeitraum von bis zu 10 h gehemmt. Pharmakokinetik 5 Tmax = 1 h; t½ = 0,6–2 h, Bioverfügbarkeit ca. 36% (orale Gabe). Langsame Resorption aus transdermalen Pflastern (Tmax = 10‒16 h); wesentlich geringere Fluktuation zwischen Tiefst- und Höchstkonzentration im Vergleich zu einer oralen Einnahme, scheinbare HWZ aufgrund Begrenzung der Elimination durch die Resorptionsrate länger (3,4 h) als nach oraler oder intravenöser Anwendung. Plasmaproteinbindung 40%. 5 Metabolisierung durch die Acetylcholinesterase. Das Enzym wird carbamyliert und mit einer HWZ von mehreren Stunden wieder hydrolysiert, sodass es ohne Neusynthese regeneriert (»pseudoirreversible« Hemmung). Der decarbamylierte Metabolit von Rivastigmin wird schnell und fast vollständig über die Niere ausgeschieden (95% innerhalb von 24 h). 5 Nahezu keine Beteiligung des CYP-Systems. 5 Plasmakonzentration: 1‒5 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Leichte bis mittelschwere Demenz bei Alzheimer-Krankheit (AD)z. 5 Leichte bis mittelschwere Demenz bei idiopathischer Parkinson-Krankheit (PDD)z. 5 Wirksam auch bei schwerer AD. 5 Für die Wirksamkeit bei → VD und → LKD gibt es Hinweise. 5 Erste Hinweise für Wirksamkeit bei → BPSD bei FTD, → kognitiven Störungen bei Schizophrenie, → paranoider Psychose bei M. Parkinson (7 3.4.13), → kognitiven Störungen im Rahmen von Schädel-Hirn-Traumata und Multipler Sklerose.
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Kapitel 6 · Antidementiva
5 Absicherung der Diagnose durch einen in der Behandlung von Demenzen erfahrenen Arzt. Dosierung 5 Oral: Beginn mit 3 mg/d verteilt auf 2 Einzeldosen (2 × 1,5 mg) zu den Mahlzeiten. Dosissteigerung alle 2 Wochen bis zu einer Erhaltungsdosis von 6–12 mg/dz verteilt auf 2 Einnahmezeitpunkte. Wenn die Behandlung länger als einige Tage unterbrochen wurde, Wiederbeginn mit 2 × 1,5 mg und anschließende Dosistitration. 5 Transdermales Pflaster: Beginn mit 4,6 mg/24 h; nach 4 Wochen Erhöhung auf die empfohlene tägliche Erhaltungsdosis von 9,5 mg/24 h. Applikation einmal täglich auf die Haut im oberen oder unteren Rückenbereich, an Oberarm oder Brustkorb; bei Applikation im Bereich der Oberschenkel oder im Bauchbereich verminderte Bioverfügbarkeit von Rivastigmin. Die Applikation sollte bei Pflasterwechsel nicht an der gleichen Stelle erfolgen, auch ist darauf zu achten, alte Pflaster vor Aufbringen der neuen Tagesdosis zu entfernen. Wenn die Behandlung länger als einige Tage unterbrochen wurde, ist sie mit 4,6 mg/24 h wiederaufzunehmen. 5 Die transdermalen Pflaster mit einer Freisetzung von 9,5 mg/24 h führen zu einer Wirkstoffexposition ähnlich einer oralen Dosis von etwa 12 mg/d. 5 Patienten mit einer oralen Tagesdosis von 3 mg und 6 mg Rivastigmin können auf 4,6 mg/24 h, diejenigen mit einer Tagesdosis von 12 mg Rivastigmin oral können auf 9,5 mg/24 h transdermale Pflaster umgestellt werden. Je nach vorangegangener Verträglichkeit der oralen Dosis kann eine Umstellung bei Patienten mit einer Tagesdosis von 9 mg Rivastigmin auf 9,5 mg/24 h oder 4,6 mg/24 h transdermale Pflaster erfolgen. 5 Bei Leber- und Nierenfunktionsstörung Dosisanpassung erforderlich (Clearance von Rivastigmin bei eingeschränkter Leberfunktion um etwa 60%, bei eingeschränkter Nierenfunktion um etwa 65% vermindert). Nebenwirkungen
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Sehr häufig: Schwindel, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö. Häufig: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Agitiertheit, Unwohlsein, Bauchschmer-
zen, Gewichtsverlust, vermehrtes Schwitzen, Tremor. Zusätzlich transdermale Pflaster: Hautreaktionen an der Applikationsstelle. Gelegentlich: Schlaflosigkeit, Depression, Stürze, Synkopen. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Krampfanfälle, Angina pectoris, Magenund Duodenalulzera, Hautausschlag. Sehr selten Halluzinationen, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, EPS, Harnwegsinfekte, gastrointestinale Blutungen.
6.9 · Präparate
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6
Gastrointestinale NW treten dosisabhängig, insbesondere zu Beginn der Behandlung und während der Titrationsphase, andere NW (z. B. zentral, kardiovaskulär, respiratorisch) häufiger während der Erhaltungstherapie und ohne klare Dosisabhängigkeit auf; sie sind häufiger als bei Donepezil. Entsprechend einer 6-monatigen Vergleichsstudie weist Rivastigmin bei Applikation über ein transdermales Pflaster eine im Vergleich zur oralen Gabe bessere Verträglichkeit auf. Nach Handhabung eines transdermalen Pflasters ist der Kontakt mit den Augen zu vermeiden. Es liegen einzelne Fallberichte zu bradykarden Herzrhythmusstörungen in Zusammenhang mit der Einnahme von AChE-I vor. Regelmäßige Pulsund ggf. EKG-Kontrollen sind v. a. zu Beginn der Therapie anzuraten. Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen das Präparat oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels. 5 Schwere Leberinsuffizienz. 5 Relative Kontraindikationen: Vorbestehende bradykarde Herzrhythmusstörungen, Sick-Sinus-Syndrom, supraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder andere obstruktive Lungenerkrankungen. Patienten mit erhöhtem Risiko zur Bildung peptischer Ulzera. ! Vorsicht bei vorbestehenden bradykarden Herzrhythmusstörungen, sup-
raventrikulären Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder obstruktiven Lungenerkrankungen. Bei Leber- und Nierenfunktionsstörung Dosisanpassung.
Interaktionen 5 Keine Kombination mit Cholinomimetika oder -lytika, depolarisierenden Muskelrelaxanzien vom Succinylcholin-Typ, bradykardieauslösenden Arzneimitteln, z. B. ß-Rezeptorenblockern. 5 Nahezu keine Beteiligung des CYP-Systems. 5 Sehr geringes Interaktionspotenzial (Rivastigmin unterliegt einem nichthepatischen Metabolismus), bislang sind keine pharmakokinetischen Interaktionen bekannt. Bewertung Wirksam bei leichter bis mittelschwerer AD und leichter bis mittelschwerer PDD. Verbesserung der BPSD. Für die Wirksamkeit bei VD und LKD gibt es Hinweise. Kurze HWZ (vor Operationen wichtig), sehr geringes Interaktionspotenzial. Seit Zulassung hat sich die transdermale Applikationsform weitgehend durchgesetzt aufgrund der besseren gastrointestinalen Verträglichkeit sowie des Vorteils der Einmalgabe im Vergleich zur oralen Darreichungsform. Verminderte renale Clearance bei mehr als der Hälfte der gerontopsychiatrischen Patienten. Auch als Lösung erhältlich.
7
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Medikamente zur Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen 7.1
Übersicht
In diesem Kapitel werden die Suchtmittel mit ihren Substanzcharakteristika, Entzugssyndromen, Entwöhnungsmaßnahmen und ihrer Intoxikationssymptomatik bzw. -therapie im Hinblick auf die verschiedenen spezifischen klinischen Syndrome der Suchtkrankheiten behandelt (. Tab. 7.1). Die Gliederung erfolgt nicht nach Medikamentengruppen, sondern nach Suchtmitteln. Definitionen
1
Riskanter Konsum: Die Kriterien für Missbrauch oder Abhängigkeit werden
nicht erfüllt, die Substanz wird jedoch übermäßig konsumiert. Bei einem riskanten Substanzkonsum besteht ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung eines Missbrauchs oder einer Abhängigkeit. Nach Ansicht der WHO und der Deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahren kann von einem riskanten Alkoholkonsum ausgegangen werden, wenn eine Frau täglich > 20 g reinen Alkohols, ein Mann täglich > 30 g reinen Alkohols konsumiert. Missbrauch/schädlicher Gebrauch: Die Kriterien für Abhängigkeit werden nicht erfüllt. Jedoch besteht Substanzkonsum trotz des Wissens um ein ständiges oder wiederholtes soziales, psychisches oder körperliches Problem, das durch den Gebrauch der Substanz verursacht oder verstärkt wird, und/oder um Situationen, in denen ihr Gebrauch eine körperliche Gefährdung darstellt. Bei schädlichem Gebrauch einer Substanz können sowohl konsumreduzierende als auch abstinenzorientierte Behandlungsziele gemeinsam mit dem Patienten verfolgt werden. Abhängigkeit: Das Abhängigkeitssyndrom besteht aus typischen psychischen und physischen Einzelkomponenten, welche infolge eines langen oder übermäßigen Substanzkonsums auftreten, welches zu psychosozialen Beeinträchtigungen führen kann und ggf. trotz des Wissens um die Problematik aufrechterhalten wird. Nach ICD-10 müssen 3 der folgenden Kriterien innerhalb eines Einjahreszeitraums immer wieder oder dauerhaft während eines Einmonatszeitraums erfüllt sein: 5 übermächtiges Verlangen nach der Substanz (Craving), 5 Kontrollverlust bezüglich Menge und Dauer des Konsums, 6
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 körperliche Entzugserscheinungen (Entzugssyndrom bei sistierendem Konsum), 5 Toleranzentwicklung (Dosissteigerung oder Wirkungsverlust), 5 Aufgabe ursprünglicher Interessen oder Aktivitäten zugunsten des Substanzkonsums, 5 Konsum trotz nachweislicher Schädigung. Eine Abhängigkeitserkrankung ist eine chronische Erkrankung, in der zwischen Akuttherapie (z. B. Intoxikationsbehandlung; ggf. auch Entzugsbehandlung) und Langzeitbehandlung (Synonym: Postakutbehandlung) (z. B. Abstinenzerhaltung und Rückfallprophylaxe) unterschieden wird. Bei Gebrauch mehrerer Substanzen sollten in der Regel die Einzelabhängigkeiten von den Substanzen benannt werden, da sich auch die illegalen Substanzen stark in ihrer Wirkung unterscheiden und spezifische Interventionen z .B. für die Akut- und Postakutbehandlung der Alkohol-, Nikotin- und Opiatabhängigkeit etabliert und evaluiert sind. Nur dann, wenn wahllos verschiedene Substanzen konsumiert werden, ohne dass eine Einzelabhängigkeit besteht, sollte die Diagnose einer Polytoxikomanie gestellt werden.
Therapieelemente bei schädlichem Gebrauch und Abhängigkeit
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7.1.1
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Akutbehandlung
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Motivationsbehandlung: Im ersten Schritt motivierende Beratung zur Ver-
änderung des aktuellen Trinkverhaltens, wie z. B. für einen probeweisen zeitlich begrenzten Verzicht auf Alkohol. Im zweiten Schritt Motivation zur Durchführung unterstützender Therapiemaßnahmen, wie z. B. dem Aufsuchen einer Suchtberatungsstelle oder der Durchführung einer Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung. Primär hausärztliche Tätigkeit im Rahmen mehrerer Kurzinterventionen oder aber Delegation an eine Suchtberatungsstelle. Krisenintervention: Überwiegend kurze stationäre Behandlungen von 1–3 Tagen z. B. zur Überwachung einer komplizierten Intoxikation, z. B. mit suizidalen Gedanken, oder bei krisenhafter Verschlechterung von Alkoholfolgeerkrankungen. Entzugsbehandlung: Symptomatische und protektive medikamentöse
Behandlung des Entzugssyndroms bis zu dessen Beendigung. Sie sollte in der Regel als qualifizierte Entzugsbehandlung erfolgen und motivationsfördernde psychotherapeutische Behandlungselemente enthalten. Die Entzugsbehandlung wird im Regelfall unter stationären Bedingungen durchgeführt, für geeignete Patienten (vorbekannte Patienten, absprachefähig, sozial integriert, kein Entzugskrampfanfall oder Delir in der Vorgeschichte, keine relevanten Alkoholfolgeerkrankungen) kommen auch ambulante Entzugsbehandlungen infrage.
7.1 · Übersicht
447
7
Langzeitbehandlung Besuch einer Selbsthilfegruppe. In mehreren Metaanalysen stellten gruppentherapeutische Angebote, welche sich an den 12-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker (AA) orientierten, wirksame psychotherapeutische Interventionen dar. Ambulante Langzeitbetreuung nach individuellem Hilfeplan des Patien-
ten, überwiegend für Patienten, welche aufgrund der bisherigen Krankengeschichte erhebliche Schwierigkeiten haben, längere Abstinenzzeiten zu erzielen. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören hier die Implementierung einer psychosozialen Einzelbetreuung, Betreuung über eine Suchtberatungsstelle, Hilfen bei der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung. In den USA als sog. Community Reinforcement Approach (CRA) mehrfach in Metaanalysen als wirksames Verfahren belegt. Entwöhnungsbehandlung: Psycho- und soziotherapeutische sowie rehabili-
tative Maßnahmen zur Behandlung insbesondere der psychischen Abhängigkeit (z. B. stationäre oder ambulante Kurz- oder Langzeittherapie mit unterschiedlichem Behandlungsansatz, v. a. verhaltenstherapeutische Interventionsstrategien). Soziotherapeutische Einrichtungen bieten Menschen, welche aufgrund eines komplizierten Verlaufs der Abhängigkeitserkrankung eine Verschlechterung des psychosozialen Funktionsniveaus erlebt haben, die Möglichkeit einer längerfristigen Stabilisierung in einer beschützten Umgebung. Motivationale Therapie sollte Bestandteil jeder Akut- und Langzeitbehandlung suchtkranker Menschen darstellen, die an möglichst vielen Stellen vom Hausarzt bis zum Facharzt getragen wird.
7.1.2
Pharmakologische Interventionen bei Abhängigkeitserkrankungen
Zur Akutbehandlung zählen die pharmakologischen Interventionen bei Intoxikation und zur Entzugsbehandlung; sie werden in . Tab. 7.1 und in den entsprechenden nachfolgenden Abschnitten dargestellt. Zur Langzeitbehandlung gehören Medikamente zur Entwöhnungsbehandlung bzw. zur Substitutionsbehandlung (. Tab. 7.1). Sie können sinnvoll mit den oben dargestellten psychotherapeutischen Interventionen kombiniert werden.
448
Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
. Tab. 7.1 Pharmakotherapie von Abhängigkeitserkrankungena
1
Suchtmittel
Medikation bzw. Antidot bei Intoxikationb
Medikation bei Entzug
Medikation bei Entwöhnung
Alkohol
Antipsychotika (z. B. Haloperidol, nur bei selbstoder fremdgefährdender Agitation)
Clomethiazolz, BZD, Clonidin, Carbamazepin, Antipsychotika bei Delir
Naltrexonz, Acamprosatz, ggf. Disulfiram
BZD, Zolpidem, Zopiclon
Flumazenil (Antidot bei BZD)
BZD, stufenweise Reduktion
–
6
GHB
–
BZD
–
Naloxon (Antidot)
7
Opiate (z. B. Codein, Heroin, Methadon)
Buprenorphin, Methadon, Levomethadon, Clonidin plus symptomatische Therapie
Naltrexonz (Nemexin®), alternativ: Substitution mit Methadonz, Levomethadonz, Buprenorphinz, Buprenorphin/ Naloxonz
Kokain, Amphetamine, »synthetische Drogen« (Ecstasy, MDMA, MDA)
BZD, Antipsychotika, ggf. Kalziumantagonist
Bupropion, Desipramin, Imipramin, ggf. BZD oder Tiagabin, Topiramat, Valproinsäure
Bupropion, Desipramin, Imipramin, ggf. Tiagabin, Topiramat, Valproinsäure (7 7.2.4)
Psychomimetika (Ketamin, LSD, Meskalin, Psilocybin u. a.)
BZD, ggf. AAP
–
–
Cannabis und synthetische Cannabinoide)
BZD, Antipsychotika
–
–
Nikotin
–
Nikotinpflasterz, Nikotinkaugummiz, Nikotinsublingualtablettez, Bupropionz, Vareniclinz
Nikotinpflasterz, Nikotinkaugummiz, Nikotinsublingualtablettez, Bupropionz, Vareniclinz
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Nach Wichtigkeit gelistet; s. entsprechende Präparate bzw. Kapitel, b s. auch 7 18.2. Zulassungsstatus (7 Leseanleitung); BZD Benzodiazepine, GHB γ-Hydroxybuttersäure, MDMA 3,4-Methylendioxymetamphetamin (Ecstasy), MDA 3,4-Methylendioxyamphetamin (Eve), AAP atypische Antipsychotika.
a z
7.2 · Suchtmittel
7.2
449
7
Suchtmittel
Es wird auf die systematische Übersicht der Drogenintoxikationen (außer Alkoholintoxikationen) in 7 Kap. 18 hingewiesen. 7.2.1 Alkohol (Ethanol) Substanzcharakteristika Ethanol entfaltet eine Vielzahl von Wirkungen im ZNS. Bekannt sind u. a. 5 Interaktion mit rezeptorgekoppelten Ionenkanälen: GABAA-BZDRezeptorkomplex, 5-HT3-Rezeptor (stimulatorisch); NMDA-Rezeptorkomplex (inhibitorisch). 5 Interaktion mit G-Protein-gekoppelten Rezeptoren: z. B. Dopamin-, Opioid-, 5-HT1A-Rezeptor(en). 5 Erhöhte Aktivität von CYP2E1. Alkoholabhängigkeit Die Alkoholabhängigkeit stellt mit ca. 1,3 Mio. Betroffenen in Deutschland nach der Nikotinabhängigkeit die häufigste Abhängigkeitserkrankung dar. Sie entwickelt sich nach einem Stufenmodell über mehrere Jahre meistens aus einem riskanten Konsummuster. Während in den ersten Jahren übermäßiges Trinken und Toleranzentwicklung im Vordergrund stehen, können im weiteren Verlauf der Erkrankung Kontrollverlust, Entzugserscheinungen und körperliche Folgeerkrankungen hinzutreten. Es besteht eine erhöhte Komorbidität mit anderen psychiatrischen Erkrankungen, besonders Depressionen, Angststörungen und weiteren Suchterkrankungen. Mehr als 30% aller alkoholabhängigen Patienten leiden an einer behandlungsbedürftigen Depression; mehr als 10% aller alkoholabhängigen Patienten suizidieren sich. Ein großer Anteil von Alkoholabhängigen ist nikotinabhängig; die Behandlung der Nikotinabhängigkeit unterstützt die Alkoholabstinenzerhaltung. Psychotherapeutische und pharmakologische Therapieprinzipien 5 Hauptziel in der Behandlung alkoholabhängiger Patienten ist die Verbesserung ihres psychischen und somatischen Gesundheitszustands, ihrer sozialen Funktionsfähigkeit und der subjektiven Lebensqualität. Oberste Priorität besitzt die Vermeidung einer weiteren Schadensentwicklung. 5 In der Behandlung alkoholabhängiger Patienten kann nicht immer von einer Abstinenzmotivation der Betroffenen ausgegangen werden, eine solche Orientierung entwickelt sich häufig erst im Verlauf der Erkrankung. Hilfreich ist daher eine Orientierung am Stufenmodell der Veränderung, nach welchem der Betroffene einen Kreislauf von Vorahnungsphase (Motivationsarbeit), Entscheidungsphase (Planung der Behandlung/Entgiftung), Handlungsphase (Entgiftung), Abstinenzer-
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
haltungsphase (Rückfallprophylaxe) und möglicherweise Abstinenzbeendigungsphase (Rückfall und erneute Motivationsarbeit) durchläuft. Ausgehend von der Behandlungs- und Kontaktdauer hat es sich bewährt, zwischen einer Akut- und einer Langzeitbehandlung alkoholabhängiger Patienten zu unterscheiden. Zu den wichtigsten Elementen der Akutbehandlung gehören die Krisenintervention, die Intoxikationsbehandlung und die Entzugsbehandlung. Die Entzugsbehandlung ist i. Allg. stationär als qualifizierter Entzug mit psychoedukativen Maßnahmen und Motivationsförderung vorzunehmen. In begründeten Ausnahmefällen (keine Alkoholentzugsanfälle, Delirien oder ausgeprägte Folgeerkrankungen, ausreichende Betreuung) kann die Entzugsbehandlung auch tagesklinisch vorgenommen werden. Die Akutbehandlung alkoholabhängiger Patienten wird überwiegend von Hausärzten, Notaufnahmen von Allgemeinkrankenhäusern und von Psychiatrischen Kliniken getragen. Die Langzeitbehandlung ist eine längerfristige ambulante oder stationäre Behandlung alkoholabhängiger Patienten, welche eine Verlängerung der bisher erreichten Abstinenzphasen zu erreichen sucht. Voraussetzung für die Vermeidung von Alkoholrückfällen ist die Berücksichtigung neurobiologischer und psychosozialer Faktoren; aus diesen Gründen kommen psychotherapeutische sowie pharmakologische Interventionen zum Einsatz. Die wichtigsten psychotherapeutischen Interventionen in der Langzeitbehandlung alkoholabhängiger Patienten sind die motivationale Therapie, kognitiv-behaviorale Techniken und das Vorgehen nach dem 12-Schritte-Modell der Anonymen Alkoholiker. Die Kombination dieser Techniken wird unter dem Begriff der alkoholismusspezifischen Psychotherapie (ASP) zusammengefasst. Für alle Techniken stehen praxisnahe Manuale zur Verfügung. In den letzten Jahren hat die medikamentöse Rückfallprophylaxe zunehmend ihre Wirksamkeit erwiesen. Neuere Daten zeigen, dass die Verordnung einer rückfallprophylaktischen Medikation zusammen mit einer ambulanten (haus)ärztlichen Betreuung gute Effekte erzielen kann. Die Behandlungsziele in der Langzeittherapie müssen sich an den individuellen Möglichkeiten des Patienten, z .B. der Länge der bisherigen Abstinenzphasen, orientieren und sollen möglichst konkret gemeinsam mit dem Patienten vereinbart werden. Durch Einnahme einer rückfallprophylaktischen Medikation soll versucht werden, die bisher erreichten Abstinenzphasen zu verlängern (stufenweises Vorgehen). Zur Überprüfung der Wirksamkeit haben sich Trinkmengeninterviews bewährt. Diese Interventionen können dazu beitragen, längerfristig auch eine Dauerabstinenz zu erreichen.
7.2 · Suchtmittel
451
7
5 Eine Entwöhnungstherapie mit gezielten psychotherapeutischen Interventionen ist eine ergänzende Möglichkeit, dem Patienten bei dem Ziel der Erreichung einer Langzeitabstinenz zu helfen. Sie findet in anderen Ländern überwiegend ambulant, in Deutschland noch überwiegend stationär über einen Zeitraum von 2–4 Monaten statt. Sie sollte im Regelfall von einer aktiven Nachsorge, z .B. durch eine ambulante Betreuung der Betroffenen in einer Suchtberatungsstelle, gefolgt werden. Leider gelingt es in einem viel zu geringem Ausmaß, Patienten in eine Entwöhnungstherapie zu vermitteln. Weniger als 3% der Alkoholabhängigen unterzogen sich im Jahr 2002 einer stationären Langzeitentwöhnung, weniger als 1% beendete ein vom Rentenversicherungsträger finanziertes strukturiertes ambulantes Entwöhnungsangebot. 5 Die aktive Teilnahme an Selbsthilfegruppen (z. B. Anonyme Alkoholiker mit einem strukturierten 12-Stufen-Programm) ist für viele Patienten in der Langzeitbehandlung zur Abstinenzerhaltung hilfreich. Eine aus einem 12-Stufen-Programm abgeleitete Gruppentherapie wurde in einer großen amerikanischen Studie zu psychotherapeutischen Behandlungsverfahren bei Alkoholabhängigkeit (project match) in seiner Wirksamkeit bestätigt. Alkoholintoxikation 5 Akute Alkoholintoxikation (bei schwerer Ausprägung internistische Notfallsituation): − Enthemmung, Rededrang, Euphorisierung, bei schwerer Intoxikation auch aggressives fremd- oder eigengefährdendes Verhalten, seltener Angst oder depressive Stimmung, − Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, Desorientiertheit, Bewusstseinsstörungen, − Stand- und Gangunsicherheit: Nystagmus, Ataxie, Dysarthrie, Schwindel. 5 Leichte und mittelschwere Alkoholintoxikationen stellen in der Regel keine Indikation für pharmakotherapeutische Interventionen dar. Zur Behandlung fremd- oder selbstgefährdender Erregungszustände kann Haloperidol in einer Dosierung von 5–10 mg (oral, i.m.) eingesetzt werden. Der Einsatz von Benzodiazepinen (BZD) ist wegen synergistischer Effekte am GABAA-Rezeptorkomplex kontraindiziert. Alkoholentzugssyndrom 5 Es wird v. a. eine sympathoadrenerge Hyperaktivität durch Disinhibition des noradrenergen Locus coeruleus postuliert. Wichtig scheint auch der plötzliche Wegfall inhibierender (GABAerger) Einflüsse, wodurch exzitatorische Einflüsse (NMDA) überwiegen. 5 Die Symptomatik kann sich von einer milden Ausprägungsform (unkompliziertes Alkoholentzugssyndrom), die ambulant behandelt werden kann, bis hin zu einem schweren Alkoholentzugssyndrom
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
(und einem Delirium tremens, s. unten), das einer sofortigen stationären Behandlung bedarf, ausdehnen. 5 Symptomatik des unkomplizierten Alkoholentzugssyndroms: Leichte Blutdruckerhöhung, Tachykardie, Hyperhidrosis, Fingertremor, Kopfschmerzen, psychomotorische Unruhe, Reizbarkeit, leichte Übelkeit. 5 Symptomatik des schweren Alkoholentzugssyndroms: Massive Blutdruckerhöhung, Tachykardie, Hyperhidrosis, Arm- oder Ganzkörpertremor, massive psychomotorische Unruhe, Übelkeit, Erbrechen, starke Ängste bis hin zu Suizidgedanken. 5 Komplikation des Alkoholentzugssyndroms: Entwicklung prädeliranter Symptome, wie z. B. Orientierungsstörungen, Wahrnehmungsstörungen, ggf. eines Alkoholentzugsdelirs (Delirium tremens, s. unten) oder eines Grand-mal-Entzugskrampfanfalls, in seltenen Fällen eines Status epilepticus. Pharmakotherapie des Alkoholentzugssyndroms 5 Clomethiazol (Mittel der 1. Wahl) ist in Deutschland für eine stationäre Entgiftungsbehandlung zugelassen. Clomethiazol vermindert sicher verschiedene Entzugssymptome wie Pulsanstieg, Blutdruckspitzen, Ängstlichkeit, psychomotorische Unruhe und besitzt eine delirverhütende und krampfanfallshemmende Wirkung. Aufgrund seiner kurzen HWZ ist es gut steuerbar und kann sowohl fest dosiert als auch symptomorientiert verabreicht werden. Clomethiazol ist nicht für eine ambulante Anwendung geeignet. ‒ Dosierung 7 7.3, Präparat. 5 BZD (7 Kap. 4) sind eine gleichwertige Alternative zu Clomethiazol. Zum Einsatz kommen in erster Linie BZD mit einer langen HWZ (> 24 h) wie z. B. Diazepam; die Kumulationsgefahr ist zu beachten. Bei Leberfunktionsstörungen kann auf mittellang (6–24 h) wirksame Substanzen wie Lorazepam oder Oxazepam zurückgegriffen werden. BZD können sowohl fest dosiert als auch symptomorientiert gegeben werden. Im Gegensatz zu Clomethiazol können sie auch parenteral verabreicht werden, in Deutschland stehen hierfür z. B. Diazepam und Lorazepam zur Verfügung. Trotz guter Studienlage und langer klinischer Erfahrung in anderen Ländern sind BZD in Deutschland in der Indikation Alkoholentzugssyndrom nicht zugelassen; in den USA sind sie Mittel der 1. Wahl (Dosis 7 4.13, Diazepam). 5 Carbamazepin (7 2.11, Präparat) zeigte in mehreren RCT, die unter stationären Behandlungsbedingungen durchgeführt wurden, eine gleich gute Wirkung wie Clomethiazol oder Oxazepam. Eine Gleichwirksamkeit von Carbamazepin zu Lorazepam konnte auch unter ambulanten Behandlungsbedingungen repliziert werden, als besonderer Vorteil wurden geringere Entzugssymptome und eine niedrigere Rückfallneigung im unmittelbaren Follow-up beschrieben. Dieses passt zu dem Ergebnis einer kleinen Pilotstudie, die auf die potenziell rückfallprophylaktische Wirkung von Carbamazepin hinweist. Dosierung: 600–
7.2 · Suchtmittel
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800 mg in den ersten beiden Tagen als nichtretardierte Tabletten oder Saft, danach über 5 Tage absetzen. 5 Carbamazepin plus Tiaprid: Die Kombinationstherapie aus Carbamazepin (Dosierung s. oben) und Tiaprid (4 × 300 mg, danach über 5 Tage reduzieren) stellte in verschiedenen Therapiestudien eine sichere und Clomethiazol oder Diazepam vergleichbare Entzugsbehandlung dar. Der Zusatznutzen der Tiaprid-Gabe im Vergleich zur Carbamazepin-Monotherapie bleibt jedoch unklar. 5 Valproinsäure: In mehreren plazebokontrollierten Untersuchungen führte die fest dosierte Gabe von Valproinsäure zum zuverlässigen Rückgang verschiedener Alkoholentzugssymptome und zur deutlichen Einsparung der BZD. Die wenigen vorliegenden Studien sprechen für eine Gleichwertigkeit gegenüber BZD oder Carbamazepin, lassen jedoch keine abschließende Bewertung zu. Der Einsatz von Valproinsäure in Kombination mit einer symptomorientierten Clomethiazoloder Diazepam-Gabe sollte insbesondere bei Vorliegen multipler Alkoholentzugsanfälle in der Vorgeschichte des Patienten erfolgen. Dosierung: auf eine ausreichende initiale Dosierung (etwa 20 mg/kg KG; orientierend: 3 × 500 mg Divalproat-Natrium) ist zu achten. 5 Doxepin besitzt eine (Alt-)Zulassung zur Behandlung leichter Entzugssyndrome; die Wirkung ist nicht sicher belegt. Dosierung: 3‒6 × 50 mg/d über 3 Tage, dann schrittweise Reduktion. Keine ambulante Verordnung bei potenziell suizidalen Patienten. Pharmakotherapie des Alkoholentzugsyndroms – Bewertung
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5 Clomethiazolz oder lang wirksame BZD wie z. B. Diazepam stellen die Substanzen der 1. Wahl zur pharmakologischen Behandlung eines Alkoholentzugssyndroms unter stationären Bedingungen dar. Die Dosierung sollte symptomorientiert anhand eines Score-Bogens erfolgen. 5 Carbamazepin ist eine Alternative. 5 Beim Fehlen von Risikofaktoren (Delir, Krampfanfälle, körperliche Komplikationen) und Sicherstellung einer ausreichenden Betreuung kann eine ambulante Behandlung erwogen werden.
Weitere supplementäre Therapien im Alkoholentzug 5 Chronische Alkoholeinnahme erhöht dosisabhängig den Spiegel der exzitatorischen Aminosäure Homocystein. Die auch im Alkoholentzug noch über Tage vorhandene Hyperhomocysteinämie potenziert möglicherweise die über NMDA-Rezeptoren vermittelte glutamaterge Neurotransmission; die Behandlung besteht in einer Kombinationstherapie von Vitamin B6, Vitamin B12 und Folsäure.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Clonidin als Komedikation bei hypertoner bzw. tachykarder HerzKreislauf-Situation im Alkoholentzug; Clonidin hat aber keine antikonvulsiven oder delirverhütenden Eigenschaften. 5 Elektrolytsubstitution, insbesondere Kalium und Magnesium. 5 Stressulkusprophylaxe z. B. mit Omeprazol oder Pantoprazol (Pantozol®). Neue pharmakologische Ansätze 5 Levetiracetam, Topiramat und Tiagabin konnten in kleineren offenen Studien eine Wirksamkeit in der Behandlung des Alkoholentzugssyndroms nachweisen. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um substanzspezifische Eigenschaften, die nicht ohne Weiteres auf andere Antiepileptika übertragbar sind. Für Gabapentin existieren positive und negative Studienergebnisse. Topiramat ist von besonderem Interesse, da es den Ergebnissen mehrerer doppelblinder randomisierter Studien zufolge auch rückfallprophylaktische Eigenschaften aufweist und nach dem Ergebnis einer RCT auch impulsives Verhalten verbessert. Alkoholentzugsdelir (Delirium tremens) Das Alkoholentzugsdelir kann sich als eine akute organische Psychose primär oder aus einem Entzugssyndrom heraus entwickeln. Klinisch ist das Alkoholentzugsdelir am gleichzeitigen Vorliegen eines Alkoholentzugssyndroms und eines deliranten Syndroms u. a. mit einer tief greifenden Orientierungsstörung, psychomotorischer Unruhe, Auffassungsstörungen, Wahrnehmungsstörungen, optischen Halluzinationen und einer Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus erkennbar. Unbehandelt endet es in 1/3 der Fälle letal. Die Behandlung besteht aus einer Alkoholentgiftungsbehandlung nach den oben beschriebenen Richtlinien beim Alkoholentzugssyndrom und einer symptomorientierten Delirbehandlung. Die bisherigen Therapieempfehlungen beruhen nur auf Fallberichten, haben sich aber in der Klinik seit Jahrzehnten bewährt. Pharmakotherapie eines Alkoholentzugsdelirs 5 Clomethiazol, ggf. in Kombination mit einem Antipsychotikum, ist das Mittel der 1. Wahl beim Delirium tremens. Clomethiazol wird entsprechend der Vorgabe beim Alkoholentzugssyndrom verordnet (s. oben). Dosierung 7 7.3, Präparat. 5 Als Antipsychotikum wird in der Regel Haloperidol (5–10 mg/d) gewählt; es gibt Hinweise, dass auch Risperidon (Dosis: 0,5–2 mg/d) ähnlich effektiv ist. Das Antipsychotikum wird bei Vorliegen entsprechender Zielsymptome (z. B. Halluzinationen, psychomotorische Erregung) eingesetzt. Die Antipsychotika sollten nach Abklingen der halluzinatorischen Symptome rasch abgesetzt werden. 5 Eine Alternative ist die Kombination von einem BZD und einem Antipsychotikum (wie beim Alkoholentzugssyndrom, s. oben).
7.2 · Suchtmittel
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> CAVE
Die alleinige Gabe von Haloperidol beim Alkoholentzugsdelir (nicht bei anderen Delirien, 7 Kap. 13) führt nach metaanalytischer Auswertung im Vergleich zu einer kombinierten Gabe mit BZD oder auch der alleinigen Gabe von BZD zu einer höheren Mortalität, einer größeren Anzahl von schwerwiegenden Nebenwirkungen und einer längeren Delirdauer und ist daher nicht indiziert. Besonders die i.v.-Gabe von Haloperidol kann zu QTc-Zeit-Verlängerung und Torsades-de-pointes-Tachykardien führen. Vom Hersteller wird nur noch eine i.m.-Applikation empfohlen (7 3.13, Präparat, 7 3.6.3).
Wernicke-Korsakow-Syndrom 5 Verwirrtheit bis zur Desorientierung, Vigilanzschwankungen, Augenmuskelparesen, Ataxie (Wernicke-Enzephalopathie) bzw. Desorientiertheit, mnestische Störungen und Konfabulationen (Korsakow-Syndrom). Es ist typisch, dass nicht alle Symptome gleichzeitig erfüllt sind. 5 Therapie: Hoch dosiert Thiamin (Vitamin B1), z. B. 2 × 300 mg/d langsam i.v. als Kurzinfusion über mindestens 5 Tage. Wenn eine klinische Besserung eintritt, sollte die i.v.-Behandlung bis zum Sistieren der Besserung fortgesetzt werden, danach die Dosis für 5 weitere Tage halbiert geben und dann eine Prophylaxe mit oraler Thiamin-Gabe fortsetzen. Anaphylaktische Zwischenfälle treten unter parenteraler ThiaminGabe sehr selten auf. Der Thiamin-Bedarf ist bei gleichzeitiger Applikation glukosehaltiger Infusionen erhöht. 5 Prophylaxe: 3 × 100 mg/d Vitamin B1 oral. ! Die orale Vitamin-B1-Prophylaxe ist aufgrund der häufigen Fehlernährung
alkoholabhängiger Patienten eine zwingende Maßnahme. Bei nur geringgradigem Verdacht auf Wernicke-Enzephalopathie sollte eine hoch dosierte intravenöse (2 × 300 mg i.v.) Vitamin-B1-Gabe erfolgen.
Pharmakologische Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit 5 Acamprosat ist als NMDA-Rezeptormodulator für die Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit zugelassen. Acamprosat kann nach den Ergebnissen einer Metaanalyse Komplettabstinenz halten, nicht jedoch nach einem Trinkzwischenfall die Rückkehr in das abhängige Trinken verhindern. Die Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) kann die Wirksamkeit der Medikation steigern. 5 Naltrexon ist als μ-Opiatrezeptorantagonist zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit zur Reduktion des Rückfallrisikos, als unterstützende Behandlung in der Abstinenz und zur Minderung des Verlangens nach Alkohol seit 2010 zugelassen. Naltrexon wird in mehreren Metaanalysen positiv bewertet und bestätigte auch in der sehr großen COMBINE-Studie seine Wirksamkeit. Naltrexon besitzt neben den rückfallprophylaktischen auch noch trinkmengenreduzierende Eigenschaften und eignet sich daher im Gegensatz zu Acamprosat auch zur Behand-
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lung nicht primär abstinenzorientierter Patienten. Bei Patienten mit leichteren Erkrankungsformen ist nach einer RCT auch die passagere Einnahme von Naltrexon vor einer Hochrisikosituation eine wirksame Intervention. Die Wirksamkeit von Naltrexon konnte u. a. auch an komorbid psychiatrisch erkrankten Patienten (Depression; posttraumatische Belastungsstörung) nachgewiesen werden. Disulfiram kann in speziellen Indikationen in der Rückfallprophylaxe hilfreich sein und ist hierfür zugelassen; wegen der potenziell lebensbedrohlichen Komplikationen bei Trinkzwischenfällen stellt es jedoch keine Standardtherapie dar. Kombinationsbehandlungen mit Substanzen unterschiedlichen pharmakologischen Profils könnten eine Strategie zur Verbesserung des klinischen Effekts darstellen, die Studienlage ist jedoch noch uneinheitlich. Positive Berichte liegen für die Kombination von Acamprosat plus Naltrexon sowie für Acamprosat plus Disulfiram und Naltrexon plus Ondansetron vor, in der bisher größten Kombinationsstudie COMBINE (Acamprosat plus Naltrexon) konnte ein Zusatznutzen für die Kombinationsbehandlung jedoch nicht belegt werden. Die Datenlage zum Einsatz von SSRI bei monosymptomatisch alkoholabhängigen Patienten ist negativ. Trizyklische Antidepressiva (TZA), insbesondere Imipramin, stellen nach den Ergebnissen einer großen Metaanalyse wirksame Substanzen zur Behandlung depressiver alkoholabhängiger Patienten dar, die Evidenzlage für eine SSRI-Monotherapie ist negativ. Im Hinblick auf das schlechte Sicherheitsprofil der TZA kommt den neueren dual wirksamen Substanzen wie z. B. Venlafaxin, Duloxetin oder Mirtazapin in der Behandlung depressiver alkokolabhängiger Patienten eine wichtige Rolle zu. Eine Kombinationsbehandlung mit Maltrexon kann ggf. die antidepressive Wirkung von SSRI steigern (für Sertralin plus Maltrexon liegt eine positive RCT vor).
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Pharmakotherapeutische Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit – Bewertung
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5 Naltrexon kann bei regelmäßiger Einnahme unter engmaschiger ärztlicher Begleitung alkoholabhängige Patienten vor einem Rückfall in übermäßiges, abhängiges Trinken schützen (Zulassung seit 2010). 5 Naltrexon besitzt darüber hinaus trinkmengenreduzierende Eigenschaften, d. h., es kann auch bei schwerer erkrankten, nicht eindeutig abstinenzmotivierten Patienten zur Trinkmengenreduktion verordnet werden. 5 Acamprosat besitzt möglicherweise eine abstinenzerhaltende Wirkung, bei einer Abstinenzverletzung verhindert Acamprosat nicht den Rückfall in das regelmäßige, abhängige Trinken. 6
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5 Acamprosat oder Naltrexon sollten für mindestens 3 Monate, in Einzelfällen auch für 12 Monate nach Abschluss einer Alkoholentgiftungsbehandlung eingenommen werden.
Neue pharmakologische Ansätze 5 Das Antiepileptikum Topiramat zeigte in 2 RCT an Alkoholabhängigen eine gegenüber Plazebo überlegene Wirkung; Langzeiteffekte sind allerdings noch nicht befriedigend gezeigt. 5 Baclofen (Lioresal®) besitzt als GABAB-Rezeptoragonist nach den Ergebnissen einer offenen und einer doppelblinden klinischen Studie rückfallprophylaktische Eigenschaften. 5 Der 5-HT3-Rezeptorantagonist Ondansetron (z. B. Zofran®; 2 × 4 mg/d) als Zusatztherapie bei KVT war in einer großen Doppelblindstudie bei Alkoholabhängigen mit frühem Beginn einer Plazebobehandlung überlegen. 5 Der Neurokinin-1-Rezeptorantagonist LY686017 führte in einer methodisch hochwertigen 4-wöchigen Pilotstudie unter beschützten Behandlungsbedingungen zu einem Rückgang des Alkohol-Cravings und zu einem Rückgang der durch Craving ausgelösten Stressreaktion. Möglicherweise besitzt die Substanzgruppe rückfallprophylaktisches Potenzial. Alkoholassoziierte psychische Störungen und Alkoholfolgeerkrankungen Alkoholhalluzinose Akustische Halluzinationen (dialogisierende, beschimpfende Stimmen), Angst, Verfolgungswahn. Therapie: Hochpotente Antipsychotika, z. B. Haloperidol (5–10 mg/d); alter-
nativ Risperidon (2–6 mg/d), häufig spontane Remission, dann ist die antipsychotische Pharmakotherapie zu beenden. Eifersuchtswahn Wahnhafte Überzeugungen, vom Geschlechtspartner betrogen zu werden; fast ausschließlich bei Männern. Therapie: Wie Alkoholhalluzinose. Insgesamt scheint aber der alkoholbe-
dingte Eifersuchtswahn schlechter als der Wahn bei schizophrenen Störungen auf eine antipsychotische Behandlung anzusprechen. Hepatische Enzephalopathie Delirantes Syndrom unterschiedlicher Schwere mit Bewusstseinsstörungen bis hin zu Stupor und Koma; erhöhte Serumammoniakspiegel; psychomotorische Unruhe (jedoch auch stuporöse Zustandsbilder); zusätzlich flapping tremor der ausgestreckten Hände; bei schwerer Ausprägung Intensivüberwachung notwendig.
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Therapie: 5 Leichtgradige bis mittelschwere hepatische Enzephalopathie
− Ausschluss einer gastrointestinalen Blutung oder Infektion, − Reduktion der Eiweißzufuhr auf 1–1,5 g/kg KG/d, − Beschleunigung der Darmentleerung durch 10–30 ml Laktulose 1–4 × pro Tag, es sollten 2 weiche Stühle pro Tag angestrebt werden, − L-Ornithin-L-Aspartat (LOLA, HEPA Merz®) 3 × 3–6 g/d p.o., − bei Proteinintoleranz Proteinrestriktion auf 0,5–1 g/kg KG/d, zusätzlich verzweigtkettige Aminosäuren 0,25 g/kg KG/d p.o.
5 Zusätzlich bei höhergradiger hepatischer Enzephalopathie (Grad III–IV) − Erhöhung der Laktulosedosis, − strenge Einweißrestriktion auf 30 g/d, − parenterale Ernährung, − LOLA i.v., − Darmsterilisation mit Neomycin, − Azidoseausgleich, − Flumazenil 1 mg als Therapieversuch bei klinisch relevanten Bewusstseinsstörungen, ggf. wiederholen, max. 0,05 mg/kg KG. Wegen sehr kurzer HWZ und Gefahr von Komplikationen (v. a. Krampfanfälle) hat diese Maßnahme eher diagnostischen Wert, − keine BZD.
Andere Folgeerkrankungen der Alkoholabhängigkeit Ethyltoxische Myopathie, Polyneuropathie und Kardiomyopathie stellen wichtige Alkoholfolgeerkrankungen dar, für die bisher noch keine spezifischen Interventionen entwickelt wurden. Weitere wichtige Alkoholfolgeerkrankungen, wie die zentrale pontine Myelinolyse, entwickeln sich auf dem Boden eines Natriummangels. Das Marchiafava-Bignami-Syndrom, die Entwickung einer Balkenatrophie, wird im Kontext eines zentralen VitaminB1-Mangels interpretiert. 7.2.2 Benzodiazepine Zur Intoxikation mit BZD 7 18.2, zum Auftreten von Entzugssymptomen 7 4.6.2
7.2.3 Opiate/Opioide Substanzcharakteristika 5 Zur Substanzgruppe der Opiate gehören Morphin und seine synthetischen und halbsynthetischen Derivate. Wichtigster Vertreter ist das Heroin (Diacetylmorphin). 5 Opiate binden an spezifische Rezeptoren; bislang sind 4 unterschiedliche Rezeptortypen bekannt. Endogene Liganden sind z. B. Endorphine, Enkephaline und Dynorphine. 5 Den Opiaten gemeinsam sind euphorisierende, tranquilisierende und analgetische Wirkungen sowie eine Dämpfung des Atem- und Husten-
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zentrums, Obstipation und ausgeprägte periphere parasympathomimetische Eigenschaften wie z. B. Miosis. 5 Durch Opiate kommt es zu einer starken physischen und psychischen Abhängigkeit. 5 Die Toleranzentwicklung bezüglich der verschiedenen Opiatwirkungen vollzieht sich unterschiedlich rasch, es besteht eine Kreuztoleranz gegen Substanzen mit Hauptwirkort am gleichen Rezeptor. Opiatabhängigkeit Die Diagnose einer Opiatabhängigkeit richtet sich nach den in der Einleitung definierten diagnostischen Kriterien einer Abhängigkeitserkrankung. Auch bei der Opiatabhängigkeit wird zwischen Akutbehandlung und Langzeitbehandlung unterschieden. Das Alleinstellungsmerkmal der Opiatabhängigkeit ist, dass neben einer abstinenzorientierten Therapie auch die ärztlich kontrollierte Vergabe des Suchtmittels für die Langzeitbehandlung als Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Abstinenzorientierte Therapie und Rückfallprophylaxe der Opiatabhängigkeit 5 Das Abstinenzziel Entwöhnung ist für eine Mehrzahl der Patienten aufgrund der Schwere oder Dauer der Störung sowie erheblicher psychosozialer und medizinischer Komplikationen erst längerfristig erreichbar. 5 Die Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung sollte für ausreichend motivierte, psychisch stabile opiatabhängige Patienten erwogen werden. Sie wird in der Regel unter stationären Bedingungen in einer entsprechenden Fachklinik über einen Zeitraum von 8–52 Wochen, teilweise mit einer sich anschließenden Adaption, durchgeführt. Ziel einer Entwöhnungsbehandlung ist die dauerhafte Opiatabstinenz, also auch der Verzicht auf eine Substitutionsbehandlung. Während der Behandlung wird häufig ein Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft mit definierten sozialen Grundregeln (Ersatzfamilie, Nachreifung) mit verschiedenen psychoedukativen, verhaltenstherapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen angestrebt (z. B. Arbeitstherapie, berufliche und soziale Reintegration). Die Einleitung einer Entwöhnungsbehandlung erfolgt in der Regel über eine Drogenberatungsstelle und setzt den erfolgreichen Abschluss einer Opiatentgiftungsbehandlung (s. oben) voraus. 5 Zur Aufrechterhaltung der Opiatabstinenz kann der in dieser Behandlungsindikation zugelassene Opiatantagonist Naltrexon eingesetzt werden. Eine Zulassung von Naltrexon-Depot ist aufgrund positiver Daten in den USA beantragt. Inzwischen liegen einzelne Studien mit subkutanen Naltrexon-Implantaten vor, der Einsatz ist aufgrund der berich-
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teten Komplikationen (teilweise Selbstexplantation) vor dem Hintergrund der sicheren Depotmedikation als kritisch zu werten. 5 Problematisch sind die hohen Abbruch- und Rückfallquoten während der Behandlung, alternative Behandlungsmöglichkeiten, z. B. die Einleitung oder Wiederaufnahme einer Substitutionsbehandlung, sind insbesondere bei ausgesprochen instabilen Patienten zu prüfen. Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeit 5 Die Aufrechterhaltung der Therapieteilnahme der Patienten, die Verbesserung des Gesundheitszustands und eine Verhinderung weiterer Folgeschäden stellen die wichtigsten unmittelbaren Ziele in der Behandlung opiatabhängiger Patienten dar. Diese Therapieziele lassen sich insbesondere für die Mehrzahl der schwerer betroffenen, noch nicht ausreichend stabilisierten Patienten am ehesten mit einer Substitutionsbehandlung erreichen. 5 Zur Substitutionsbehandlung werden die lang wirksamen Opiatagonisten Methadon, Levomethadon oder der kombinierte Opiatrezeptoragonist/-antagonist Buprenorphin zusammen mit psychosozialen Begleittherapien eingesetzt. Zahlreiche kontrollierte Studien in unterschiedlichen Ländern belegen eindeutig die Wirksamkeit des Verfahrens. Eine Opiatsubstitution verbessert die Therapietreue der Patienten und vermindert den Beikonsum von Heroin und anderen Drogen. Weitere Vorteile sind die Ermöglichung einer sozialen Reintegration, die Distanzierung von der Szene sowie eine Eindämmung der Beschaffungskriminalität und ein Wegfall des Infektionsrisikos. Einzelne Studien sprechen für eine Überlegenheit einer qualifizierten Opiatsubstitution gegenüber rein abstinenzorientierten Therapieverfahren. Die Vergabe muss aber im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzepts stehen. 5 Die Substitutionsbehandlung sollte in der Regel durch eine entsprechend qualifizierte Einrichtung (Schwerpunktpraxis, Gesundheitsamt, Ambulanz) erfolgen, in welcher das Substitutionsmittel unter Aufsicht eingenommen wird. Die individuell verordnete Dosis des Substitutionsmittels muss nach dem Opiatverlangen des Patienten und der Verträglichkeit festgelegt werden. Unangemeldete Kontrollen des Beikonsums sollten durchgeführt werden. 5 Bei Erfolg der Substitutionsbehandlung kann die Einleitung einer Take-home-Vergabe bedacht werden. Sie ist an die Einhaltung folgender Kriterien geknüpft: − Mindestens 6-monatige stabile Teilnahme an dem Substitutionsprogramm, − kein Beigebrauch anderer abhängigkeitserzeugender Substanzen, − Abgabe in nichtinjizierbarer Form, − Einzeldosen und kindersichere Verpackung, − bei Flüssigkeiten sog. Single-Dose-Konfektionierung.
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− Nach der Veränderung der BtmVV in 2009 ist inzwischen eine mehr als 7-tägige Take-home-Vergabe möglich. 5 Für die Verordnung einer Substitutionstherapie bei mehr als 3 Patienten muss von den verordnenden Fachärzten die Zusatzbezeichnung »Suchtmedizinische Grundversorgung« erworben werden. Von der Bundesärztekammer sind Hinweise zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger abrufbar unter: http:// www.bundesaerztekammer.de; Richtlinien. 5 Probleme treten häufig bei der Weitervermittlung substituierter Patienten in eine abstinenzorientierte stationäre Entwöhnungstherapie auf, welche in Deutschland in der Regel das komplette Ausschleichen seiner Substitutionsbehandlung voraussetzt. Aufgrund der hohen Abbruchquoten während einer Opiatentgiftungsbehandlung sollte daher die Entscheidung zur Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung insbesondere bei schwerkranken und erfolgreich substituierten Patienten sorgfältig geprüft werden. 5 Seit 2009 kann bei über 23-jährigen Patienten bei seit 5 Jahren bestehender schwerster Opiatabhängigkeit und dem Nichterfolg von zwei vorhergehenden Therapien eine Substitution mit Diacetylmorphin (synthetischem Heroin) erfolgen. Intoxikation 7 Kap. 18
Opiatentzugssyndrom Das Opiatentzugssyndrom ist durch ein Spektrum verschiedener Beschwerden charakterisiert (. Tab. 7.2). Es tritt ca. 6‒8 h nach der letzten Einnahme von Heroin und mengenabhängig zwischen 24‒36 h nach der letzten Einnahme von Methadon auf, erreicht nach 48 h das Maximum und klingt nach maximal 5–7 Tagen ab. In der Regel kommt es zwar subjektiv zu massiven Beeinträchtigungen durch Entzugssymptome, aber objektiv meist nicht zu vital bedrohlichen Symptomen (im Gegensatz zum Alkoholentzug).
. Tab. 7.2 Symptome des Opiatentzugs (nach DSM-IV) Verlangen nach einem Opiat
Diarrhö
Rhinorrhö oder Niesen
Pupillenerweiterung
Tränenfluss
Piloerektion oder wiederholte Schauer
Muskelschmerzen oder -krämpfe
Tachykardie oder Hypertonie
Abdominelle Spasmen
Gähnen
Übelkeit oder Erbrechen
Unruhiger Schlaf
Diagnostische Schwelle: 3 (von 12) erfüllten Kriterien.
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Opiatentzugsbehandlung 5 Bei Entgiftungsbehandlung kommen opiat-/opioidgestützte und nichtopiat-/nichtopioidgestützte Therapieverfahren zum Einsatz. Die Auswahl des Therapieverfahrens sollte im Hinblick auf den Gesamttherapieplan (z. B. opiatfreie Langzeitentwöhnung, Substitution, Krisenintervention etc.) und die subjektiven Präferenzen des Patienten erfolgen. Für die erfolgreiche Durchführung eines Opiatentzugs sollte ein entsprechend geschultes Behandlungsteam vorhanden sein; verbindliche Verhaltensregeln, z. B. in Form einer schriftlichen Therapievereinbarung, sollten festgelegt werden, um häufigen Behandlungsproblemen (Beikonsum, Drogenhandel etc.) zu begegnen. 5 Die opiatgestützte Entgiftungsbehandlung wird mit lang wirksamen Opiatagonisten Methadon, oder Levomethadon oder dem lang wirksamen partiellen Opiatagonisten Buprenorphin durchgeführt. Die Behandlung gliedert sich in 2 Abschnitte. Im ersten Teil der Behandlung wird anhand der vorhandenen Opiatentzugssymptome die Dosis des Agonisten so lange erhöht, bis die vorhandenen Opiatentzugssymptome vollständig aufgehoben sind. Im zweiten Teil der Behandlung wird dann die Opiatdosis über einen Zeitraum von 2‒4 Wochen schrittweise reduziert. Die Behandlung kann prinzipiell auch ambulant erfolgen, hierfür werden jedoch teilweise deutlich längere Behandlungszeiten erforderlich (7 7.3, jeweiliges Präparat). Bei mehrfach abhängigen Patienten sollte vor einer Opiatentgiftungsbehandlung zunächst die Alkohol- und BZD-Entgiftung erfolgen. Die vorbestehende Opiatdosis muss bei begleitender Gabe von BZD (z. B. im Rahmen einer Alkoholentgiftungsbehandlung) ggf. reduziert werden, auf klinische Zeichen einer Opiatintoxikation/eines Opiatentzugs ist jedoch sorgfältig zu achten. Der wesentliche Vorteil der opiatgestützten Entgiftungsbehandlung ist der deutlich geringere Anteil vorzeitiger Therapieabbrüche im Vergleich zur nichtopiatgestützten Opiatentgiftungsbehandlung, sie sollte daher die Regelbehandlung darstellen. Sie kann mit der nichtopiatgestützten Entgiftungsbehandlung kombiniert werden. 5 Eine auf 12 Wochen verlängerte Behandlung mit Buprenorphin kann die Haltequote und Heroinabstinenz am Ende der Behandlung steigern. 5 Die nichtopiatgestützte Entgiftungsbehandlung wird im Regelfall mit Clonidin (7 7.3) durchgeführt. Auf eine ausreichende Dosierung ist zu achten. Clonidin hemmt v. a. Symptome der zentralen noradrenergen Hyperaktivität wie z. B. Tachykardie, Hypertonie, Rhinorrhö, Niesen, Pupillenerweiterung, Piloerektion und innere Unruhe. Verschiedene andere Kernsymptome des Opiatentzugs, wie ausgeprägtes Opiatverlangen, dysphorische Stimmung, Schlafstörungen, abdominelle und muskuläre Schmerzen, werden jedoch nicht durch Clonidin gebessert. Diese Symptome sollten durch eine symptomatische Therapie,
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z. B. Ondansetron oder Metoclopramid (bei Übelkeit und abdominellen Krämpfen), nichtsteroidale Analgetika (bei Muskelschmerzen), Magnesium-Aluminium-Hydroxid, Simeticon und/oder Pantoprazol (bei Dyspepsie), Doxepin (bei Schlafstörungen), in Ausnahmefällen auch mit BZD (bei ausgeprägter innerer Unruhe) behandelt werden. Die nichtopiatgestützte Entgiftungsbehandlung besitzt gegenüber den opiatgestützten Verfahren den Vorteil einer kürzeren Behandlungsdauer (genaues Vorgehen 7 7.3), sie sollte jedoch aufgrund der hohen Therapieabbruchrate die Ausnahmebehandlung gegenüber der opiatgestützten Entgiftungsbehandlung darstellen. 5 Die narkosebegleitete Kurzzeitentgiftung (Turbo-Entzug) mit opiatantagonistischen Substanzen (Naloxon, Naltrexon) unter begleitender Vollnarkose für 36 h sollte aufgrund mangelnder Vorteile des Verfahrens, der hohen Risiken sowie der hohen Kosten unterbleiben. 7.2.4
Kokain, Amphetamine und andere Substanzen aus der Gruppe der Psychostimulanzien
Substanzcharakteristika 5 Diese Psychostimulanzien hemmen die neuronale Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin. Amphetamine führen zusätzlich zur Freisetzung neu synthetisierter Transmitter aus den synaptischen Vesikeln. 5 Als Konsequenz tritt eine vermehrte Neurotransmission in mesolimbischen und mesokortikalen Projektionen des dopaminergen Systems (Reward-System) auf. 5 Initial kommt es unter Einnahme von Stimulanzien zu euphorischen Zuständen, Aktivitätssteigerung, erhöhter Aufmerksamkeit, vermindertem Schlafbedürfnis und subjektiv erhöhter Leistungsfähigkeit. 5 Die wiederholte rasch auftretende Toleranzentwicklung ist möglicherweise auf eine Empfindlichkeitsminderung postsynaptischer Dopamin-D2-Rezeptoren (down regulation) zurückzuführen. Diese Veränderung hängt auch von der Applikationsart (oral, nasal, geraucht) sowie vom Konsummuster ab. Die natürliche Funktion des dopaminergen Systems u. a. für arterhaltende Tätigkeiten und Lernvorgänge wird hierdurch beeinträchtigt. 5 Bei längerer Einnahme von Psychostimulanzien oder Kokain kommt es neben den Veränderungen im dopaminergen System zu Veränderungen der glutamatergen Exzitabilität v. a. in präfrontalen Hirnarealen, welche mit einer gesteigerten Aktivierung dopaminerger Neurone im Nucleus accumbens einhergehen. Diese Veränderungen werden als ursächlich für zwanghaftes Drogenverlangen und -konsum angesehen.
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Kokain- und Amphetaminabhängigkeit Die Diagnose einer Kokain- und Amphetaminabhängigkeit wird nach den allgemeinen Kriterien der Substanzabhängigkeit gestellt. 5 Typisch für eine Kokain- und Stimulanzienabhängigkeit sind die ausgeprägte Euphorie und die Steigerung der Leistungsfähigkeit als Substanzwirkung, jedoch ein sehr ausgeprägtes Verlangen nach beiden Substanzen während des Entzugs. 5 Kokain- oder amphetaminabhängige Patienten können ein ausgeprägtes Entzugssyndrom mit depressiver Stimmung, Angstzuständen, Erschöpfung, Antriebslosigkeit und Hyperphagie entwickeln, was in Einzelfällen mehrere Wochen anhalten kann. 5 Bei der Kokain- und Stimulanzienabhängigkeit ist es daher schwierig, die Entzugsbehandlung von der Langzeitbehandlung abzugrenzen, sodass in bisherigen Pharmakotherapiestudien keine Unterscheidung zwischen den Indikationen Entzugsbehandlung und Rückfallprophylaxe getroffen wurde. Beide Therapiephasen werden häufig zur sog. Postakutbehandlung zusammengefasst. 5 Nur bei 25% der Betroffenen handelt es sich um eine monosymptomatische Kokain- und Amphetaminabhängigkeit, häufig tritt die Erkrankung zusammen mit anderen Substanzabhängigkeiten (Cannabis, BZD etc.) auf, sodass der Gesamtbehandlungsplan abgestimmt werden sollte. 5 In den letzten Jahren wurden in den USA verschiedene psychotherapeutische Interventionen zur Behandlung der Kokain- und Amphetaminabhängigkeit entwickelt. Die wirksamsten Interventionen waren Kontingenzmangement, z .B. die Vergabe weiterer Therapiegutscheine oder kleinerer Geldbeträge für therapiekonformes Verhalten, und der Community Reinforcement Approach. Effektivitätsparameter in diesen Studien waren die Aufrechterhaltung des therapeutischen Kontakts, die Vermeidung des Drogenkonsums, die Anzahl negativer Drogentests und die Verminderung von Folgeschäden. Therapie 5 Es gibt keinen ausreichend untersuchten pharmakologischen Therapieansatz zur Behandlung einer Abhängigkeit von Kokain oder Psychostimulanzien. 5 BZD sollten bei Angst- und Erregungszuständen im Rahmen einer Kokain- und Amphetaminintoxikation eingesetzt werden. Sie sind weiterhin auch Therapie der 1. Wahl bei kokaininduziertem akutem thorakalem Schmerz und Myokardinfarkt aufgrund einer zusätzlichen potenten sekundären vasospasmolytischen Wirkung. 5 Therapeutische Effekte von Bupropion, Imipramin (150–250 mg/d) und Reboxetin insbesondere auf affektive Symptome des Kokainentzugs wurden bei kokainabhängigen Patienten beschrieben, sodass diese Substanzen zunächst die erste Behandlungswahl darstellen.
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Von dem Einsatz von SSRI bei amphetaminabhängigen Patienten muss aufgrund negativer Studienergebnisse derzeit abgeraten werden. 5 GABA-agonistische Antiepileptika wie z. B. Tiagabin und Topiramat besitzen nach ersten Pilotstudien rückfallprophylaktische Eigenschaften. 5 Weitere klinische Studien sprechen für positive Effekte von Disulfiram, Modafinil und Naltrexon in der Rückfallprophylaxe bei kokainabhängigen Patienten. 5 Amphetaminabhängige Patienten profitieren möglicherweise von einer Therapie mit agonistischen Substanzen, wie z. B. retardiertem D,LAmphetamin. Intoxikation 7 Kap. 18
7.2.5 Ecstasy und Eve Substanzcharakteristika Ecstasy (MDMA, 3,4-Methylendioxymetamphetamin) und Eve (MDA, 3,4-Methylendioxyamphetamin) sind synthetische (sog. Designer-)Drogen. Gelegentlich wird der Begriff Entactogene verwandt. MDMA wird im Körper u. a. zu MDA umgewandelt. 5 Es wird keine physische, aber möglicherweise eine psychische Abhängigkeit induziert. 5 Die Wirkung entsteht durch Förderung der Freisetzung von Serotonin aus präsynaptischen Vesikeln bei gleichzeitiger 5-HT-Wiederaufnahmehemmung, Ausschüttung von Dopamin sowie einer reversiblen Hemmung der MAO-A. 5 Bei chronischer Anwendung zeigen sich neurotoxische Effekte mit degenerativen Veränderungen serotonerger Neurone u. a. im Neokortex und im Hippokampus. 5 Psychotrope Akuteffekte sind zentrale Stimulation und Euphorie. Typisch sind erhöhte Kontaktbereitschaft und Empathiegefühle, verminderte Ich-Abgrenzung sowie erhöhte Emotionalität. Im Gegensatz zu Halluzinogenen sind halluzinatorische Effekte seltener, Wahrnehmungsverschärfungen häufiger. 5 Subakut treten Schlaf- und Appetitminderung, Konzentrationsstörungen, Gereiztheit sowie Erschöpfungszustände auf. 5 Im Verlauf ist das Auftreten von Depressionen, paranoiden Syndromen, Depersonalisationssyndromen und besonders Panikstörungen beschrieben.
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Therapie 5 Bei akut auftretenden Angst- und Erregungszuständen sollten BZD verordnet werden. Eine spezifische Pharmakotherapie der Abhängigkeit ist bislang nicht bekannt. 5 SSRI können protrahierte psychotrope Effekte von MDMA wie z. B. Angststörungen und depressive Syndrome bei abstinenten Patienten mildern. Auf die Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms bei gleichzeitigem Gebrauch beider Substanzen ist hinzuweisen. Intoxikation 7 Kap. 18
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Psychotomimetika (LSD, Meskalin, Psilocybin und ähnliche Substanzen)
Substanzcharakteristika Die Substanzen dieser Gruppe charakterisiert eine vorwiegend zentral-serotonerge Wirksamkeit (u. a. dorsaler Raphekern) durch einen partiellen Agonismus an 5-HT-Rezeptoren (insbesondere 5-HT2- und 5-HT1A-Rezeptoren). 5 Bereits in sehr geringen Dosen (z. B. im Fall der hochaktiven Droge Lysergsäurediethylamid 75 μg) kommt es zur Manifestation psychotischer Phänomene: Störungen von Stimmung, Denken, Wahrnehmung, Ich-Erleben, Zeit- und Raumerleben, rauschartige Bewusstseinsveränderungen sowie insbesondere optische und akustische Illusionen bzw. Halluzinationen, wobei für die Ausgestaltung des Rauschzustands neben Art, Dosis und Applikation die Umgebungsfaktoren (Setting) bedeutsam sind. 5 Es resultiert eine schnelle Toleranzentwicklung (bei Kreuztoleranz gegen verwandte serotonerge Substanzen) mit rascher Rückbildung bei Absetzen; physische und psychische Abhängigkeit sind selten. 5 Gefährlich sind Horrortrips mit suizidalen bzw. fremdaggressiven Impulsen sowie Flashback-Psychosen (noch nach Monaten). Therapie 5 Eine spezifische Pharmakotherapie der Abhängigkeit ist bislang nicht bekannt. 5 Für die Behandlung von Flashback-Psychosen bestehen ebenfalls keine einheitlichen Leitlinien. 5 Positive Berichte existieren u. a. für BZD, Clonidin und Naltrexon. 5 Antipsychotika der 1. Generation (z. B. Haloperidol) verschlechtern nach den Ergebnissen einer älteren Untersuchung die Symptomatik, atypische Antipsychotika sind nicht untersucht. Intoxikation 7 Kap. 18
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7.2.7 Cannabis Substanzcharakteristika Cannabis (THC, Δ-9-Tetrahydrocannabinol) ist der wichtigste psychoaktive Bestandteil von Haschisch und Marihuana (Gewinnung aus indischem Hanf; Haschisch: Harz der Pflanze, Marihuana: getrocknete Blätter und Blüten). 5 Als psychotroper Akuteffekt zeigt sich dosisabhängig eine anregende bzw. dämpfende Wirkung mit Zunahme der Dämpfung bei höheren Dosen. Verzerrung von Sinneseindrücken, Euphorie, Entspannung und verändertes Zeitgefühl sind typisch, gefolgt von Sedierung. In höheren Dosen treten auch Halluzinationen auf. Horrortrips bzw. Flashback-Psychosen sind beschrieben. 5 Es wird zurzeit untersucht, ob regelmäßiges Marihuana-Rauchen das Risiko eines bullösen Lungenemphysems steigern könnte. 5 2008 wurde eine Mischung verschiedener synthetischer Cannabinoide als vermeintlich harmlose Kräutermischung (spice) in den Handel gebracht. Herstellung, Handel und Besitz von spice ist in Deutschland verboten. Cannabisabhängigkeit 5 Das Problem der Cannabisabhängigkeit hat aufgrund der Zunahme des Gebrauchs an Bedeutung gewonnen. Etwa 20% aller Cannabiskonsumenten entwickeln im Verlauf der Erkrankung eine Cannabisabhängigkeit. 25% aller regelmäßigen Cannabiskonsumenten berichten über unangenehme psychische Nebenwirkungen (NW), wie z .B. ein amotivationales Syndrom mit Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Apathie, Desorganisiertheit, welches bei Abstinenz über mehrere Wochen reversibel sein kann. Regelmäßiger Cannabiskonsum – speziell während der Pubertätsphase ‒ kann nach den Ergebnissen mehrerer Metaanalysen das Risiko der Entwicklung einer psychotischen Erkrankung unabhängig von anderen Faktoren steigern. 5 Die Evidenz für verschiedene psychotherapeutische und pharmakologische Behandlungsangebote ist schlecht. Der CB1-Rezeptorantagonist Rimonabant, der akut euphorisierend empfundene Cannabiseffekte aufheben konnte, wurde wegen hoher NW vom Markt genommen. Zur Cannabisabhängigkeit bei Schizophrenie 7 3.4.2. Intoxikation 7 Kap. 18
7.2.8 Nikotin Substanzcharakteristika Nikotin besitzt eine dosisabhängige Wirkung auf nikotinische ACh-Rezeptoren (in niedrigen Dosen als Agonist, in höheren Dosen als Antagonist).
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Die Wirkungen entfalten sich sowohl über den Sympathikus als auch den Parasympathikus. Nikotin hat eine charakteristische biphasische Wirkung mit initialer Stimulation sowie Dämpfung in höheren Dosen. Es tritt psychische und physische Abhängigkeit mit Toleranzentwicklung auf. Nikotinabhängigkeit Die Tabak- oder Nikotinabhängigkeit stellt die häufigste Abhängigkeitserkrankung dar. Etwa 23% aller Deutschen rauchen trotz der bekannten gesundheitsschädlichen Wirkungen des Rauchens, etwa 30‒50% der regelmäßigen Raucher sind nikotinabhängig. Jährlich sind etwa 110.000 Todesfälle in Deutschland auf die Folgen des Rauchens zurückzuführen. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass sich Nikotin in seiner abhängigkeitserzeugenden Wirkung nur wenig von den anderen abhängigkeitserzeugenden Substanzen unterscheidet. Vielen nikotinabhängigen Patienten gelingt es daher erst nach mehreren Anläufen mit pharmakologischer Unterstützung, das Rauchen dauerhaft zu beenden. Intoxikation 5 Tachykardie, Blutdrucksteigerung, periphere Vasokonstriktion (in sehr hohen Dosen auch Bradykardie und Hypotonie), weiterhin Übelkeit und Erbrechen (v. a. zu Beginn). 5 Sehr hohe Dosen können zu Atemdepression führen, während niedrige Dosen zunächst eine Steigerung des Atemantriebs bewirken. 5 Therapie: Bei höhergradigen Intoxikationen, Herzrhythmusstörungen oder Blutdruckveränderungen: Detoxifikation unter intensivmedizinischen Bedingungen; symptomatische Therapie der Herzrhythmusstörungen.
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Entzugssyndrom 5 Das Entzugssyndrom ist in der Ausprägung sehr unterschiedlich: Reizbarkeit, Nervosität, Ruhelosigkeit, Konzentrationsstörungen, Benommenheit, Müdigkeit, Schwächegefühl, Dysphorie, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Angstzustände, Kopfschmerzen, Obstipation, Übelkeit und Erbrechen, Appetitsteigerung und Gewichtszunahme (u. U. für mehrere Wochen). 5 Therapie: Nikotinersatzstoffe (Nikotinpflaster, Nikotinkaugummi, Nikotinnasenspray; langsam über 12 Wochen ausschleichen) alternativ Vareniclin oder Bupropion.
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Zur Nikotinabhängigkeit bei Schizophrenie 7 3.4.2
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Entwöhnung Psychotherapie 5 Die Punkt-Schluss-Methode, d. h. der auf einen Tag festgelegte Stopp des Tabak-/Zigarettenkonsums, hat sich gegenüber einer schrittweisen
7.2 · Suchtmittel
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Reduktion als erfolgreiche Therapiemethode erwiesen. Die Effektivität von Internet-basiertem Coaching zur Unterstützung der PunktSchluss-Methode ist noch nicht hinreichend untersucht, stellt jedoch eine interessante Möglichkeit dar, einen größeren Kreis von Betroffenen zu erreichen. Die ärztliche Empfehlung eines Rauchstopps stellt einen wirksamen Therapieschritt dar. Verhaltenstherapeutische Gruppentherapien sind insbesondere schwer abhängigen Rauchern anzuraten, welche trotz ernsthafter Versuche mit den o. g. Techniken nur kurze Abstinenzzeiten erreichen. Kombinationstherapien aus Pharmakotherapie und KVT hatten gegenüber den Monotherapien eine gesteigerte Wirksamkeit. Während als initialer Behandlungsversuch die Verordnung eines Nikotinersatzstoffs eine für sich allein ausreichend wirksame Behandlungsmaßnahme darstellt (s. unten), sollte bei chronifizierten Zuständen eine begleitende verhaltenstherapeutische Behandlung begonnen werden. Dieses gilt insbesondere für die Raucherentwöhnung von Patienten mit affektiven Erkrankungen.
Pharmakotherapie Es gibt drei durch RCT gesicherte und auch zugelassene pharmakotherapeutische Verfahren bei Nikotin-Abhängigkeit: 5 Nikotinersatzstoffe in Form eines Pflasters oder auch (kombiniert mit) Kaugummis können die Effektivität der Selbstinstruktion oder der verhaltenstherapeutischen Programme steigern. Sie sind aufgrund der umfangreichen Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit Mittel der 1. Wahl. Ihr Einsatz ist daher unbedingt zu empfehlen, um die Chancen eines erfolgreichen Absetzversuchs zu steigern. 5 Vareniclin als α4β2-Subtyp-spezifischer partieller Agonist am nikotinischen ACh-Rezeptor konnte seine Wirksamkeit bei der Raucherentwöhnung, auch im direktem Vergleich mit Bupropion, nachweisen. Regelmäßige Einnahme von 2 × 1 mg Vareniclin steigert die OddsRatio eines erfolgreichen langfristigen Ausstiegs im Vergleich zur nichtpharmakologischen Behandlung um den Faktor 3. Die Substanz stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine gute pharmakologische Alternative zu Nikotinersatzstoffen in der Raucherentwöhnung dar. Vareniclin ist verschreibungspflichtig, jedoch nicht erstattungsfähig; es muss, im Gegensatz zu den frei verkäuflichen Nikotinersatzstoffen, auf Privatrezept verordnet werden. 5 In Einzelfällen sind bei Anwendung von Vareniclin vermehrte Stimmungsschwankungen bis hin zu suizidalen Gedanken berichtet worden, sodass mehrfach Warnungen ausgesprochen wurden. Die Bewertung dieser spontanen NW bleibt weiter kontrovers. Für die Sicherheit der Substanz sprechen die geringe Inzidenz dieser NW in Zulassungsstudien an nicht psychiatrisch erkrankten Rauchern und die Ergeb-
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
nisse einer großen Kohortenstudie, in der Suizidalität unter Vareniclin nicht häufiger als unter Nikotinersatzstoffen auftrat. In Ermangelung kontrollierter Studien an Patienten mit einer psychiatrischen Vorerkrankung sollten jedoch Patienten besonders mit Depression, Suizidalität, aber auch anderen psychischen Beschwerden (in der Indexphase oder in der Anamnese) Variniclin nicht verordnet bekommen. 5 Bupropion ist als dopaminerg/noradrenerges Antidepressivum für die Unterstützung der Raucherentwöhnung zugelassen. Aufgrund zahlreicher Kontraindikationen (7 1.13 Präparat) ist Bupropion nur Mittel der 2. Wahl. In neuen Studien werden additive Effekte von Bupropion und verhaltenstherapeutischen Gruppenbehandlungen beschrieben. 5 Positive Studien und eine positive Bewertung der Cochrane Library liegen auch für Nortriptylin vor; im Hinblick auf NW und Kontraindikationen ist Nortriptilyn nur 2. Wahl. 5 Die Kombinationsbehandlung mit Nikotin und Bupropion wies in einer großen plazebokontrollierten Studie einen additiven Effekt auf; aufgrund der unzureichenden Datenlage kann dieses lediglich als Reservestrategie empfohlen werden. > CAVE
Bei Einsatz von Bupropion oder Variniclin bei der Raucherentwöhnung besteht bei Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen in der Anamnese, besonders bei Depression und Suizidalität, ein möglicherweise erhöhtes Risiko für Suizidalität. Es handelt sich daher um Substanzen der 2. Wahl, sie sollten bei Risikopatienten nicht verordnet werden.
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Neue pharmakologische Ansätze 5 Eine Immunisierung gegen Nikotin ist Zukunftsstrategie in der Behandlung der Nikotinabhängigkeit; klinische Daten liegen nicht vor. Rimonabant (s. oben, Cannabisabhängigkeit) wurde vom Markt genommen. 7.3
Präparate
Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet.
15 Acamprosat
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Entwöhnungsmittel 3-Acetamido-1-propansulfonsäure
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Campral (AWD Pharma) Tbl. 333 mg (48, 84, 168 Tbl.)
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Pharmakodynamik 5 Indirekter antagonistischer Effekt auf postsynaptische Wirkungen exzitatorischer Aminosäuren, besonders auf das glutamaterge System (NMDA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 t½ = ca. 13 h (Steady State nach etwa 7 Tagen regelmäßiger Einnahme); orale Bioverfügbarkeit ca. 11%; langsame Resorption mit erheblichen interindividuellen Schwankungen; keine Plasmaproteinbindung. 5 Ausschließlich renale Elimination (zu etwa 50% in unveränderter Form), keine Metabolisierung durch die Leber. 5 Plasmakonzentration: 360–650 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur Unterstützung der Aufrechterhaltung der Abstinenz bei alkoholabhängigen Patientenz im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz, das auch begleitende psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen einschließt. 5 Beginn der Behandlung unmittelbar nach der Entgiftung; empfohlene Behandlungsdauer 1 Jahr, wobei die Therapie im Fall eines Rezidivs nicht unterbrochen werden sollte. 5 Acamprosat weist im Gegensatz zu Naltrexon keine trinkmengenreduzierenden Effekte auf, der Einsatz setzt die Durchführung einer Alkoholentgiftungsbehandlung zur Erreichung der Ausgangsabstinenz voraus. 5 Ein rückfallverhütender Effekt besteht in der Regel nur, solange die Substanz eingenommen wird. 5 Acamprosat ist nicht zur Behandlung des Alkoholentzugs geeignet. 5 Nach derzeitigem Kenntnisstand kein Abhängigkeitspotenzial. Nach abruptem Absetzen entstehen keine Entzugssymptome. Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15 Dosierung 5 Patienten mit einem Körpergewicht bis 60 kg: 4 Tbl. (1332 mg)/dz, > 60 kg 6 Tbl. (2 g)/dz; Einnahme 3 × täglich. Nebenwirkungen Sehr häufig: Durchfall. Häufig: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Juckreiz. Gelegentlich: Erhöhte Libido. Sonstige Nebenwirkungen: Selten makulopapulöser Hautausschlag; ernied-
rigte Libido, Frigidität oder Impotenz. Kontraindikationen 5 Niereninsuffizienz und schwere Leberinsuffizienz.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Interaktionen 5 Keine Wirkungsverstärkung von Alkohol. 5 Keine Wechselwirkungen mit Disulfiram oder Diazepam. 5 Bei der Kombination mit Naltrexon verbesserte Wirkung zur Alkoholrückfallprophylaxe. Eine Dosisanpassung von Acamprosat ist nicht nötig. Bewertung Sinnvoll in der Anwendung im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans mit begleitenden psycho- und soziotherapeutischen Maßnahmen. Sicher belegt ist der abstinenzerhaltende Effekt der Substanz, die Substanz verfügt jedoch über keine trinkmengenreduzierenden Eigenschaften. Die Anwendung ist daher auf hoch motivierte Patienten mit eindeutiger Abstinenzabsicht beschränkt. Buprenorphin Substitutionsmittel bei Opiatabhängigkeit 17-(Cyclopropylmethyl)-α-(1,1-dimethylethyl)-4,5-epoxy-18,19-dihydro-3hydroxy-6-methoxy-α-methyl-6,14-ethanomorphinan-7methanol Subutex (Essex Pharma) Tbl. 0,4/ 2/ 8 mg (7, 28 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Kombinierter Opiatrezeptoragonist/-antagonist (partieller μ-Opiatrezeptoragonist mit langsamer Rezeptorkinetik sowie κ-Opiatrezeptorantagonist); dadurch einzigartiges Wirkprofil unter den klinisch eingesetzten Opioiden. Pharmakokinetik 5 Bei sublingualer Gabe Bioverfügbarkeit von ca. 30–50%; orale Gabe ungeeignet. 5 Initiale t½ = ca. 2–5 h; nach Resorption rasche Verteilung in Leber, Niere, Muskel, Fettgewebe; von hier allmähliche Rückverteilung. 5 Effektive Wirkdauer: ca. 24 h durch rasche Umverteilung, hohe Rezeptoraffinität und langsame Rezeptorkinetik. 5 Metabolisierung in der Leber (CYP3A4 und CYP2C8 beteiligt) durch N-Dealkylierung und Glukuronidierung. N-Dealkylbuprenorphin ist ein μ-Agonist mit schwacher intrinsischer Wirksamkeit. 5 Ausscheidung zu ca. 80% durch biliäre Sekretion des glukuronidierten Metaboliten; ca. 20% im Urin. 5 Terminale Eliminationsphase: ca. 20–25 h. 5 Plasmakonzentration: 0,7–1,1 ng/ml(p).
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeitz. Diese erfolgt nach den gleichen Regeln, wie sie für die Substitutionsbehandlung mit Methadon gelten, d. h., bei der Verordnung sind die Richtlinien der Bundesärztekammer zum Einsatz von Substitutionsmitteln, die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetztes (BtMG) und der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) zu beachten (7 7.2.3). 5 Auch im Rahmen einer Detoxifikationsbehandlung einsetzbar (hierbei sind allmähliche Dosisreduktionen nach Möglichkeit vorzuziehen). 5 Der eindeutige Vorteil der Substanz besteht in der relativ breiten Sicherheitsspanne im Vergleich zu reinen μ-Opiatrezeptoragonisten. Untersuchungen mit Dosierungen von 32 mg an nichtopiatabhängigen Patienten zeigten keine interventionspflichtigen Atemdepressionen. Naturalistische Verlaufsbeobachtungen sprechen für eine niedrigere Rate von Komplikationen unter Buprenorphin-Gabe im Vergleich zur Methadon-Substitution. Eine Dosisanpassung ist bei begleitender Gabe von BDZ erforderlich. Buprenorphin in ausreichender Dosierung (mindestens 8 mg/d) ist in der Regel einer Methadon-Substitution gleichwertig; in Einzelfällen ist eine bessere Wirkung der MethadonSubstitution beschrieben worden. 5 Eine Umstellung von Patienten, die bereits auf Methadon/Levomethadon stabil eingestellt sind, ist möglich. Die unmittelbare Verabreichung von Buprenorphin insbesondere nach der Gabe eines reinen μ-Opiatagonisten kann jedoch ein Entzugssyndrom auslösen. Vor der Umstellung sollte daher die maximale Tagesdosis Methadon auf 60 mg reduziert werden. Ferner ist eine Medikationspause von mindestens 36 h bei einer bisherigen Tagesdosis von 30–60 mg Methadon bzw. von 24 h bei einer bisherigen Tagesdosis von < 30 mg Methadon einzuhalten. 5 Buprenorphin eignet sich aufgrund der langen HWZ für die Gabe einer entsprechend höheren Einmaldosis alle 2–3 Tage (Alternate-day-Verordnung). Buprenorphin eignet sich ebenfalls für eine Take-home-Vergabe. Allerdings ist hier zu bedenken, dass Buprenorphin nach Auflösung der Substanz zur i.v.-Gabe missbraucht werden kann. Aus diesem Grund hat der Hersteller ein Kombinationspräparat aus Buprenorphin und Naloxon mit einem Mischungsverhältnis von 4:1 entwickelt → Suboxone®. Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15 Dosierung 5 Mit der Gabe der ersten Dosis sollte bis zum Auftreten eines Opiatentzugssyndroms gewartet werden, in der Regel ca. 6‒8 h nach der letzten Heroininjektion, 24‒36 h nach der letzten Methadon-Einnahme.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Initiale Dosierung 4 mg, bei stärkster Abhängigkeit 8 mg, bei Vorliegen einer Alkohol- oder BZD-Intoxikation 2 mg. Bei ausreichender Behandlungsdosis sollten innerhalb von 60 min die Entzugssymptome nachhaltig zurückgehen, bei persistierenden Entzugszeichen sollte die Erstdosis nochmals verabreicht werden. 5 Weitere Nachuntersuchungen sollten jeweils in Abständen von 2‒4 h erfolgen. Bei persistierenden Entzugssymptomen sollten weitere 4‒8 mg Buprenorphin bis zu einer maximalen Tagesdosis von 24 mg gegeben werden. Bei einer begleitenden Alkohol- oder BZD-Intoxikation bzw. therapeutischer BZD-Gabe ist eine Dosisreduktion erforderlich, eine sorgfältige Überwachung ist zu gewährleisten. Die kumulative Tagesdosis des 1. Tages sollte am 2. Tag als Einmalgabe morgens verabreicht werden. Ziel der Behandlung ist eine vollständige Suppression der Entzugssymptome, insbesondere des Opiatverlangens. 5 Bei weiter bestehenden Entzugssymptomen kann die Tagesdosis erhöht werden, bei Müdigkeit und anderen Intoxikationszeichen sollte eine Dosisreduktion vorgenommen werden. 5 Der effektive Dosisbereich zur Substitutionsbehandlung liegt in der Regel zwischen 8–16 mg/d; max. Tagesdosis in Deutschland 24 mgz, in Österreich 32 mgz, in der Schweiz 16 mgz. Dosierungen < 8 mg/d sind nicht ausreichend wirksam. 5 Die Buprenorphin-Einnahme kann bei Ausschluss eines Alkohol- oder BZD-Beigebrauchs auf ein Intervall von 2‒3 Tagen (Alternate-dayVerordnung) umgestellt werden. Bei dieser Verordnungsweise nimmt der Patient die doppelte bzw. 3-fache Buprenorphin-Tagesdosis alle 2‒3 Tage ein. Während der Umstellungsphase sollte der Patient mindestens 4‒6 h auf das Auftreten von Intoxikationszeichen überwacht werden. In klinischen Studien wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Buprenorphin für die alternierende Gabe jeden 2. Tag in Dosen von 8‒34 mg/70 kg KG sublingual bzw. bei alternierender Gabe für ein 3-Tages-Intervall in Dosen von 12‒44 mg/70 kg KG BuprenorphinLösung sublingual gezeigt. 5 Bei Durchführung einer opiatgestützten Entgiftungsbehandlung ‒ insbesondere Methadon – oder bei buprenorphinsubstituierten Patienten sollte die Buprenorphin-Dosis auch unter stationären Bedingungen über einen Zeitraum von ca. 4 Wochen ausgeschlichen werden. Bei Dosierungen von > 8 mg/d wird eine wöchentliche Dosisreduktion um 4 mg, bei Dosierungen von ≤ 8 mg/d eine wöchentliche Dosisreduktion um 2 mg empfohlen. Im ambulanten Behandlungssetting werden teilweise doppelt so lange Reduktionsintervalle empfohlen. 5 Bei der Opiatdetoxifikation rein heroinabhängiger Patienten unter stationären Bedingungen kann möglicherweise ein rascheres Absetzen über einen Zeitraum von 2‒3 Wochen erwogen werden. Der Vorteil liegt in der etwas kürzeren Behandlungsdauer, der Nachteil besteht in den höheren Abbruchraten bei der kürzeren Behandlung. Bei der beschleu-
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nigten Opiatentgiftung sollte die Buprenorphin-Dosis initial bis zum Sistieren der Entzugszeichen aufdosiert, dann täglich um 2 mg bis zu einer Tagesdosis von 8 mg reduziert, danach alle 2‒3 Tage um 2 mg bis zu einer Tagesdosis von 2 mg reduziert und anschließend abgesetzt werden. Bei Auftreten erheblicher Entzugszeichen sind die Dosisintervalle zu strecken. Nebenwirkungen Sehr häufig: Asthenie, Schlaflosigkeit, Entzugssyndrom. Häufig: Abhängigkeitsentwicklung vom Opiattyp (geringer als bei reinen
Opiatagonisten); Benommenheit, Schwindel, Kopfschmerzen, Angst, Frösteln, Schwitzen, Bauchschmerzen, gastrointestinale Störungen, Blutdruckabfall, Verlängerung des QTc-Intervalls, Rückenschmerzen, Nasenfluss, Tränenfluss. Gelegentlich: Halluzinationen, Atemdepression, Lebernekrose, Hepatitis. Sonstige Nebenwirkungen: In Einzelfällen Torsades-de-pointes-Arrhythmien, im Gegensatz zu Methadon sind Todesfälle nicht beschrieben. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen Buprenorphin. 5 Schwere Leberfunktionsstörungen; schwere respiratorische Insuffizienz; akuter Alkoholismus oder Delirium tremens. 5 Behandlung mit MAOH und BZD. 5 Relative Kontraindikationen: Besondere Vorsicht bei verlängerter QTcZeit, Bradykardie, gleichzeitiger Behandlung mit Antiarrhythmika Klasse I–III, Hypokaliämie, nach Schädel-Hirn-Trauma, bei erhöhtem intrakraniellem Druck, Erkrankungen der Atemorgane, Diabetes, Prostatahypertrophie, abdominalen Erkrankungen, suizidalen Patienten oder im höheren Lebensalter. Bei Kindern und Jugendlichen < 18 J. liegen keine ausreichenden Erfahrungswerte vor. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH, BZD (wechselseitige Wirkungsverstärkung mit dem Risiko einer letalen Überdosierung), insbesondere Flunitrazepam, Opiatantagonisten (Ausnahme: Intoxikationstherapie), partiellen und vollen Agonisten. 5 Vorsicht bei Kombination mit Antiarrhythmika der Klassen I und III wegen möglicher QTc-Zeit-Verlängerungen. 5 Erniedrigte Serumkonzentrationen möglich bei gleichzeitiger Einnahme von CYP3A4-Induktoren, wie z. B. Carbamazepin (7 Anhang INT). 5 Erhöhte Serumkonzentrationen möglich bei gleichzeitiger Einnahme von CYP3A4-Inhibitoren, z. B. Cimetidin, Clarithromycin, Erythromycin oder Ketoconazol (7 Anhang INT).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Bewertung Sinnvolle Alternative zur Substitution mit Methadon/Levomethadon mit breiterem Sicherheitsspektrum und guter Akzeptanz durch die Patienten; Überbrückung von Feiertagen und Wochenenden ohne tägliche Kontakte möglich. Bei parenteralem Missbrauch durch nasale Applikation oder i.v.Injektion sollte auf Buprenorphin/Naloxon zurückgegriffen werden. Buprenorphin/Naloxon
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Substitutionsmittel bei Opiatabhängigkeit kombiniert mit Opiatantagonist
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Suboxone (Essex Pharma) Tbl. 2 mg/5 mg, 8 mg/2 mg (Buprenorphin/Naloxon) (7/ 28 Tbl.)
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Pharmakodynamik 5 Kombinationspräparat aus dem partiellen μ-Opiatagonisten Buprenorphin und dem reinen Opiatantagionisten Naloxon. Durch Naloxon wird die initial euphorisierende Wirkung von Buprenorphin in der Anflutungsphase gehemmt, um das Abhängigkeitspotenzial zu minimieren. Pharmakokinetik 5 s. Buprenorphin. 5 Naloxon ist bei sachgerechter, sublingualer Anwendung kaum im Plasma nachweisbar und wird rasch über die Leber ausgeschieden; t½ = 1,2 h. 5 Bei missbräuchlicher i.v. Anwendung verteilt sich das enthaltene Naloxon rasch (Distributions-HWZ 4 min) und löst ein Opiatentzugssyndrom aus. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeit bei Erwachsenen und Jugendlichen > 15. Lebensjahrz; Details s. Buprenorphin. 5 Auch im Rahmen einer Detoxifikationsbehandlung einsetzbar, s. Buprenorphin. 5 Der wesentliche Vorteil von Suboxone® gegenüber Subutex® oder Methadon ist das geringere Risiko einer missbräuchlichen i.v.-Anwendung. 5 Eine Umstellung von Patienten, die bereits auf Methadon/Levomethadon stabil eingestellt sind, ist möglich. Die unmittelbare Verabreichung von Buprenorphin/Naloxon insbesondere nach der Gabe eines reinen μ-Opiatagonisten kann jedoch ein Entzugssyndrom auslösen. Vor der Umstellung sollte daher die maximale Tagesdosis Methadon auf 30 mg reduziert und eine Medikationspause von 24 h eingehalten werden.
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5 Buprenorphin/Naloxon eignet sich aufgrund der langen HWZ für die Gabe einer entsprechend höheren Einmaldosis alle 2–3 Tage (Alternate-day-Verordnung) sowie ggf. für eine Take-home-Vergabe. Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15 Dosierung 5 Mit der Gabe der ersten Dosis sollte bis zum Auftreten eines Opiatentzugssyndroms gewartet werden, in der Regel ca. 6‒8 h nach der letzten Heroininjektion, 24‒36 h nach der letzten Methadon-Einnahme. 5 Initiale Dosierung 4/1 mg Buprenorphin/Naloxon, bei stärkster Abhängigkeit 8/2 mg Buprenorphin/Naloxon, bei Vorliegen einer Alkoholoder BZD-Intoxikation 2/0,5 mg Buprenorphin/Naloxon. 5 Weitere Behandlungsdetails; s. Buprenorphin. 5 Der effektive Dosisbereich zur Substitutionsbehandlung liegt in der Regel zwischen 8/2–16/4 mg Buprenorphin/Naloxon pro Tag; maximale Tagesdosis 24/6 mg Buprenorphin/Naloxonz, Dosierungen < 8/2 mg/d sind nicht ausreichend wirksam. 5 Zur Alternate-day-Verordnung s. Buprenorphin; maximale Einzeldosis jedoch 24/6 mg Buprenorphin/Naloxon. 5 Zum Einsatz im Rahmen einer ambulanten opiatgestützten Entzugsbehandlung; s. Buprenorphin. Nebenwirkungen Sehr häufig: Entzugssyndrom; Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, gastrointesti-
nale Störungen, Schwitzen. Häufig: Schwindel, Somnolenz, Migräne, Nervosität, Depressionen, abnor-
mes Denken, Fieber, Frösteln, Schmerzen, Myalgie, Athralgie, Krämpfe in den Beinen, Hypertonie, Gewichtsabnahme, Albuminurie, Leberfunktionsstörung, verstärkter Husten, Rhinitis, Pharyngitis, Amblyopie, Tränenflussstörung, Parästhesien, Urtikaria, Ödeme, verminderte Libido. Gelegentlich: Entwicklung einer Drogenabhängigkeit; Gähnen, abnorme Träume, Euphorie, Apathie, Agitiertheit, Krämpfe, Tremor, Tachykardie, Bradykardie, Myokardinfarkt, Hypotonie, Dyspnoe, Blutzellstörungen, Hyper- und Hypoglykämie, Hyperlipidämie, Miosis, Konjunktivitis, exfoliative Dermatits, Alopezie, Hauttrockenheit, Arthritis, Nierenstörungen, sexuelle Störungen, Hypothermie. Kontraindikationen s. Buprenorphin 5 Keine Anwendung in der Schwangerschaft! 5 Im Gegensatz zu Subutex® bei Jugendlichen > 15 J. zugelassen. Interaktionen s. Buprenorphin bzw. Naltrexon
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Bewertung Innovative Buprenorphin-Formulierung, die eine missbräuchliche intravenöse oder intranasale Anwendung verhindern kann. Bupropion
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Raucherentwöhnungsmittel (+)-2-(Butylamino)-3‘-chloropropiophenon
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Zyban (GlaxoSmithKline) Tbl. 150 mg (30, 60, 100 Tbl.)
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Pharmakodynamik 7 1.13, Präparat Pharmakokinetik 5 Bei oraler Gabe rasche Resorption. 5 Zyban®: Tmax = ca. 2,5 h (Bupropion) bzw. 6 h (aktive Metaboliten). Retardtablette (im Gegensatz zu Elontril®-Tabletten) mit veränderter, d. h. diffusionskontrollierter Wirkstofffreisetzung; 7 1.13, Präparat. 5 Plasmaproteinbindung ca. 84% (Bupropion) bzw. 77% und 42% (aktive Metaboliten). 5 t½ = ca. 20 h, extensive Metabolisierung in der Leber mit ausgeprägtem First-pass-Effekt im Wesentlichen durch CYP2B6; 3 bekannte Metaboliten, die pharmakologisch aktiv sind: Hydroxybupropion (Hauptmetabolit; t½ = ca. 20 h), Threo-Hydrobupropion (t½ = ca. 37 h) und ErythroHydrobupropion (t½ = ca. 33 h). 5 Ausscheidung über Urin (87%) und Faeces (10%). 5 Plasmakonzentration: 225–1500 ng/ml (Summe Bupropion plus Hydroxybupropion)(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Hilfe bei der Raucherentwöhnung nikotinabhängiger Patientenz in Verbindung mit unterstützenden motivierenden Maßnahmen. 5 Zyban® ist im Gegensatz zu Nikotinersatzstoffen verschreibungspflichtig, jedoch nicht erstattungsfähig; Ausschluss aus dem Leistungskatalog der GKV; Verordnung auf Privatrezept. 5 Unter dem Handelsnamen Elontril® in anderer Formulierung zugelassen in der Behandlung von Episoden einer Major Depressionz (7 1.13, Präparat). 5 Die Behandlung sollte noch während des aktiven Rauchens begonnen werden. Ab der 2. Behandlungswoche sollte das Rauchen beendet werden. 5 Empfohlene Behandlungsdauer: 7–9 Wochen. 5 Es existieren Hinweise zur Wirksamkeit von Bupropion in der Behandlung der Kokainabhängigkeit bei methadonsubstituierten opiat- und kokainabhängigen Patienten in Kombination mit Kontingenzma-
7.3 · Präparate
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nagement (positives Feedback in Form von kleinen Geldbeträgen und Behandlungsgutscheinen bei negativen Urintests). 5 Es gibt Berichte zur positiven Wirkung bei Libidominderung (7 8.2). Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15 Dosierung 5 Initial 150 mg, ab dem 7. Tag 300 mg/d (in 2 Einzelgaben in mindestens 8-stündigem Abstand); Tageshöchstdosis 300 mgz. 5 Als Antidepressivum 7 1.13, Präparat. 5 Bei Leber- und Niereninsuffizienz und älteren Personen werden 1 × 150 mg/d empfohlen. Nebenwirkungen 7 1.13, Präparat ! Es wurden einzelne Todesfälle in Zusammenhang mit der Einnahme von
Bupropion im Rahmen der Raucherentwöhnung beschrieben, die sich jedoch in epidemiologischen Untersuchungen nicht bestätigt haben. Bei hohen Dosierungen sind Krampfanfälle und in Einzelfällen Rhabdomyolyse beschrieben worden. Die NW und Kontraindikationen (7 1.13) sind bei der Raucherentwöhnung sorgfältig zu beachten. Möglichkeit der Exazerbation psychotischer Symptome (7 3.4.2, Nikotinabhängigkeit).
Kontraindikationen 7 1.13, Präparat Interaktionen 7 1.13, Präparat Bewertung Bewährte Entwöhnungshilfe bei Nikotinabhängigkeit. Dennoch Mittel der 2. Wahl, da es Präparate mit ebenfalls erwiesener Wirksamkeit und günstigerem Sicherheitsprofil gibt. Das Risiko von Krampfanfällen, Tachykardie und Blutdruckerhöhung ist bei der Indikationsstellung besonders zu beachten. Hohes Interaktionsrisiko. In plazebokontrollierten Raucherentwöhnungsstudien ergaben sich schwache Hinweise auf die Induktion depressiver Symptome, insbesondere suizidaler Gedanken; eine substanzspezifische Zunahme dieser Symptome konnte in einer großen englischen Anwendungsbeobachtung verschiedener Raucherentwöhnungsmittel nicht beobachtet werden. Es ist daher wahrscheinlich, dass depressive Verstimmungen als ein Symptom des Nikotinentzugs auftreten. Clomethiazol Entgiftungsmittel 5-(2-Chloroethyl)-4-methylthiazol Distraneurin (AstraZeneca) Kps. 92 mg (25, 100 Kps.) Mixtur 5 g/100 ml (300 ml)
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der Wirkung der inhibitorischen Neurotransmitter GABA und Glycin, insbesondere am GABAA-abhängigen Chloridionenkanal. Pharmakokinetik 5 t½ = 2,3‒5 h (bei Leberfunktionsstörungen 9 h); rasche und fast vollständige Metabolisierung in der Leber (CYP2A6, CYP2B6, CYP3A4) zu inaktiven Metaboliten; schnelle Absorption (nach Tablettengabe langsamer). 5 Renale Elimination. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Alkoholentzugssyndrom und Alkoholentzugsdelir, mit und ohne Krampfanfällez. 5 Clomethiazol wirkt sedierend, hypnotisch und antikonvulsiv. 5 Clomethiazol sollte in der Regel nicht als Hypnotikum eingesetzt werden, allenfalls vorübergehend bei sehr schweren, anders nicht behandelbaren Schlafstörungen unter sorgfältiger Abwägung der NutzenRisiko-Relation. 5 Wegen der antikonvulsiven Eigenschaften kann Clomethiazol beim Status epilepticus indiziert sein, wenn BZD, Hydantoine, Valproinsäure und Barbiturate keine Wirkung zeigen. Dosierung 5 Verschiedene Applikationsformen, wobei Kapseln die Clomethiazolbase, Tabletten und Mixtur das Ethandisulfonatsalz enthalten; 1 Kps. (192 mg), 1 Tbl. (500 mg) und 5 ml Mixtur (250 mg) sind therapeutisch äquivalent. 5 Die Dosierung sollte nicht schematisch, sondern flexibel nach Sedierungsgrad und Schwere der Entzugssymptome der Patienten erfolgen. Die Entzugsschwere kann mit standardisierten Befundskalen wie z. B. dem Alkoholentzugssymptombogen (AESB) – auch von geschultem Pflegepersonal ‒ erfasst werden: − Alkoholentgiftung mit Hilfe des AESB-Bogens (. Tab. 7.3): Innerhalb der ersten 4 Tage wird eine Überwachung in 2 h-Intervallen, am 5. Tag in 3 h-Intervallen, am 6. Tag in 4 h-Intervallen, am 7. Tag in 6 h-Intervallen, am 8. Tag in 8 h-Intervallen und am 9. Tag in 12 h-Intervallen vorgenommen. Zu den Überwachungszeitpunkten werden die 10 Alkoholentzugssymptome erfasst. Die jeweiligen Punktwerte werden zu einem Summenwert addiert. Für eine Gesamtpunktzahl von 0–4 Punkten wird keine Kapsel, für einen Gesamtpunktwert von 5–7 Punkten wird 1 Kps. Clomethiazol, für einen Gesamtpunktwert von 8–10 Punkten werden 2 Kps. Clomethiazol und für einen Gesamtpunktwert von ≥ 11 Punkten 3 Kps. Clomethiazol verabreicht. 5 Orientierungshilfe für eine festdosierte Behandlung: Initial 2–4 Kps. bzw. Tbl. oder 10–15 ml Mixtur, in den ersten 2 h bis zu 6–8 Kps. bzw. Tbl.,
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7.3 · Präparate
7
dann in ca. 2-stündigem Abstand jeweils weitere 2 Kps. oder Tbl. bis zu einer Höchstdosis von ca. 24 Kps. oder Tbl. täglichz; in Ausnahmefällen auch höher; bei zu starker Sedierung Dosisreduktion, nach Plateauphase von ca. 3 Tagen dann Clomethiazol ausschleichend absetzen. 5 Eine parenterale Applikationsform steht nicht zur Verfügung. 5 Bei Leberinsuffizienz geringere Dosierung wegen längerer HWZ der Medikation.
. Tab. 7.3 Alkoholentzugssymptombogen (AESB). (Nach Lange-Asschenfeldt et al. 2003). 1. Blutdruck [mmHg] Bis 30 Jahre
31–50 Jahre
> 50 Jahre
0
bis 120/80
bis 130/85
bis 140/90
1
bis 135/90
bis 145/95
bis 155/100
2
bis 150/95
bis 160/100
bis 170/105
3
bis 160/100
bis 170/105
bis 180/110
4
bis 160/100
> 170/105
> 180/110
2. Ruhepuls 0
< 92/min
1
92–103/min
2
104–115/min
3
116–127/min
4
> 128/min
3. Tremor 0
Kein Tremor
1
Fingertremor bei ausgestreckten Fingern
2
Händetremor bei ausgestreckten Armen
3
Deutlicher Ruhetremor von Fingern und Händen
4
Schwerer Ruhetremor von Armen, Beinen und Händen
4. Schwitzen 0
Kein Schwitzen
1
Warme, feuchte Haut
2
Umschriebene Schweißperlen (z. B. Gesicht, Thorax)
3
Ganzer Körper feucht und/oder sichtbares Schwitzen größerer Hautpartien
4
Massives Schwitzen
482
1 2 3
Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
. Tab. 7.3 Fortsetzung 5. Übelkeit/Erbrechen/Durchfall 0
Keine Übelkeit
1
Mäßige Übelkeit, ggf. selten Brechreiz oder selten Diarrhö
2
Schwere Übelkeit verbunden mit Würgen; Erbrechen; Diarrhö
6. Ängstlichkeit/Nervosität
4 5 6 7
0
Keine Ängstlichkeit oder Nervosität
1
Leichte Ängstlichkeit oder Nervosität bzw. Angabe des Patienten nur auf Anfrage
2
Mäßige oder spontan ohne Befragen geäußerte Angst oder Nervosität
3
Schwere Angst oder Nervosität
4
Massive, schwerste panikartige Angstzustände
7. Psychomotorische Unruhe
8
0
Ruhige, unauffällige Bewegungen
1
Zappeligkeit, leichte Unruhe oder Anspannung
9
2
Mäßige Bewegungsunruhe (z. B. Nesteln der Hände)
3
Dauernde Bewegungsunruhe (z. B. ständiges Drehen im Bett), Umherlaufen
10
4
Massive Erregtheit, Selbst- oder Fremdgefährdung; Notwendigkeit einer Fixierung
11
8. Orientierung 0
Voll orientiert, evtl. leicht verzögerte Antwort
12
1
Zu Person und Ort voll orientiert, zur Zeit unscharf orientiert (nicht mehr als 2 Kalender- oder Wochentage)
13
2
Zu Person und Ort voll orientiert, zur Zeit nicht orientiert
3
Zur Person voll orientiert, zum Ort oder zur Situation nur teilweise orientiert, zur Zeit nicht orientiert
4
Zur Person orientiert, zur Situation zum Ort und zur Zeit nicht orientiert
5
Vollständig desorientiert, kein sinnvoller Kontakt möglich
14 15
9. Trugwahrnehmungen und Halluzinationen
16 17
0
Keine
1
Wahrnehmungsverschärfung (z. B. Töne sind lauter, Licht ist heller)
2
Vorübergehende Verkennungen (z. B. Schatten, Umrisse), fragliche Halluzinationen oder Personenverkennungen, wobei Patient noch korrigierbar ist und Irrtum erkennt
7.3 · Präparate
483
7
. Tab. 7.3 Fortsetzung 3
Eindeutige, aber (noch) fluktuierende Halluzinationen oder Personenverkennungen
4
Länger andauernde Halluzinationen oder Personenverkennungen, keine Distanzierungsfähigkeit mehr
5
Ständig vorhandene Halluzinationen mit starker emotionaler Beteiligung und für den Patienten handlungsweisendem Charakter
10. Krampfanfall 0
Keine Krampfanfälle in der Vorgeschichte
2
Epileptischer Krampfanfall oder fragliches Krampfereignis in der Vorgeschichte (ohne Zusammenhang mit Entzug)
3
Ein Entzugsanfall in der Vorgeschichte
4
Zwei oder mehr Entzugsanfälle in der Vorgeschichte oder ein Krampfanfall in den letzten 8 Tagen
Nebenwirkungen Sehr häufig: Erhöhte Speichel- und Bronchialsekretion. Häufig: Starke Müdigkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Herzklopfen, Missempfindungen wie Taubheit oder Kribbelgefühl, Juckreiz, Hautausschläge, Bindehautentzündung. Gelegentlich: Gastrointestinale Störungen, Brennen in Hals und Nase, Schnupfengefühl und Hustenreiz (nach einigen Tagen abnehmend). Sonstige Nebenwirkungen: Selten ernste Atmungs- und Kreislaufdepression. In Einzelfällen Gesichtsödem, Anstieg der Serumtransaminasen, Ikterus. ! Absinken in Bewusstlosigkeit, Atemdepression und hypotone Blutdruck-
reaktionen. ! Bereits nach relativ kurzfristiger Verordnung ist eine Abhängigkeitsent-
wicklung möglich. Clomethiazol maximal 14 Tage und nicht ambulant verordnen.
Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Respiratorische Insuffizienz bzw. obstruktive Lungenerkrankungen (Gefahr einer Atemdepression). Interaktionen 5 Keine Kombination mit anderen psychotrop wirkenden Substanzen, besonders Alkohol, Anxiolytika, Hypnotika, (schwer abschätzbare, u. U. massive Wirkungsverstärkung).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Vorsicht bei Kombination mit Cimetidin (Wirkungsverstärkung und -verlängerung), Carbamazepin (evtl. höhere Dosen erforderlich), Propranolol (Bradykardie), Chlorzoxazon (Verminderung der Plasmaclearance von Chlorzoxazon). Bewertung Wirksame und gut steuerbare Substanz zur Unterdrückung und Vorbeugung des gesamten Spektrums von Alkoholentzugssymptomen, insbesondere des Alkoholentzugsdelirs. Clomethiazol sollte wegen des Abhängigkeitspotenzials nur unter stationären Bedingungen und kurzfristig eingesetzt werden. Clonidin
6
α2-Agonist; »Entgiftungsmittel« 2-[(2, 6-Dichlorphenyl)imino]-2-imidazolin
7
Catapresan (Boehringer Ingelheim) Tbl. 0,075/ 0,15/ 0,3 mg (20, 50, 100 Tbl.) Amp. 0,15 mg/ml (5 Amp.) Clonidin-ratiopharm (ratiopharm) Kps. 0,075/ 0,15/ 0,3/ 0,25 mg (Clonidin retard-ratiopharm) Amp. 0,15 mg/ml (5 Amp.)
8 9
Clonistada 0,15/0,3 (STADA) Tbl. 0,15/ 0,3 mg Kps. 0,25 mg (Clonistada retard) Paracefan (Boehringer Ingelheim) Tbl. 1 mg Amp. 0,15/0,75 mg/ml
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Pharmakodynamik Zentraler α2-Agonist, dadurch v. a. Aktivitätshemmung noradrenerger Neurone im Locus coeruleus (wichtigstes noradrenerges Kerngebiet im ZNS mit hoher Opiatrezeptordichte, Dämpfung durch Opiate). Eingeführt als Antihypertensivum. Pharmakokinetik 5 Nahezu vollständige Resorption, renale Elimination. 5 t½ = 10–20 h (nach Nierenfunktion); Tmax = 1,5–2 h (oral) bzw. 10–15 min (parenteral). 5 Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten. Indikationen und Behandlungshinweise Oral:
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5 Opiatentzugssyndrom. 5 Komedikation (z. B. mit Chlomethiazol) beim Alkoholentzugssyndrom bei im Vordergrund stehender (hypertoner bzw. tachykarder) HerzKreislauf-Symptomatik. 5 Hinweis auf Wirksamkeit bei → Tic-Störungen (7 11.2.2).
7.3 · Präparate
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7
Parenteral:
5 Schweres Alkoholentzugssyndrom, jedoch nur unter kontinuierlicher intensivmedizinischer Überwachung und mit antikonvulsiver und delirverhütender Komedikation. 5 Bei Intoxikation durch Clonidin: α2-Antagonisten, z. B. Tolazolin (Priscol®), bei Bradykardien Atropin (7 Kap. 18). ! Clonidin besitzt weder antikonvulsive noch delirverhütende Eigenschaften
und ist daher in dieser Indikation nicht zur Monotherapie geeignet und vom BfArM nicht zugelassen.
Dosierung Oral:
5 Zur Behandlung eines Opiatentzugssyndroms sind Behandlungsdosen von 7‒30 μg/kg KG erforderlich. Beginn mit 3‒4 × 0,15 mg/d; Steigerung bis 1,2 mg/d, in Einzelfällen auch bis 2,0 mg/dz. Nach Abklingen der Entzugssymptome (Heroin 4–7 Tage, Methadon bis 14 Tage) stufenweise Reduktion innerhalb von 3–5 Tagen. Parenteral:
5 Initial Injektion von 0,15–0,6 mg langsam i.v. Tagesdosis nach klinischen Erfordernissen 0,3–4 mg/dz. Wenn notwendig: fortsetzende Applikation über Perfusor. ! Bei schlagartigem Absetzen von Clonidin überschießende Sympathikusre-
aktionen möglich.
Nebenwirkungen Sehr häufig: Schwindel, Sedierung, Mundtrockenheit, Blutdruckabfall, Pulsverlangsamung (häufige Blutdruck- und Pulskontrollen! Dosisreduktion bei Blutdruckabfall < 90 mmHg systolisch bzw. 55 mmHg diastolisch, Pulsfrequenz < 55/min). Häufig: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, erektile Dysfunktion, Libidominderung. Gelegentlich: Wahrnehmungsstörungen, Sinusbradykardien, Obstipation, Übelkeit, Erbrechen, Pruritus, Urtikaria, Parästhesien, Schmerzen in den Speicheldrüsen, Raynaud-Syndrom. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Verwirrtheitszustände, Verstärkung vorbestehender Herzrhythmusstörungen, initialer Blutdruckanstieg, Gewichtsabnahme, Akkommodationsstörungen, Reduktion des Tränenflusses, Alopezie, Miktionsstörungen, Gynäkomastie. Cave: Hypertensive Krisen und Rebound-Tachykardien nach abrupten Absetzen von Clonidin. Interaktionen 5 Abschwächung der blutdrucksenkenden Wirkung durch Tolazolin, TZA oder Antipsychotika möglich.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Erhöhte Gefahr von (bradykarden) Herzrhythmusstörungen bei gleichzeitiger Therapie mit Herzglykosiden oder β-Rezeptorenblockern. 5 Verstärkung der antihypertensiven Wirkung von Antihypertensiva. 5 Verminderung der blutdrucksenkenden Wirkung von Clonidin durch blutdrucksteigernde oder Natrium und Wasser retinierende Substanzen, wie nichtsteroidale Antirheumatika. 5 Verstärkung der sedierenden Wirkung von zentral dämpfenden Pharmaka und Alkohol. Kontraindikationen 5 Sick-Sinus-Syndrom, ausgeprägte (auch asymptomatische) Bradykardie oder Hypotonie. 5 Schwangerschaft und Stillzeit. 5 Relative Kontraindikationen: Kardiale Vorschädigung, (insbesondere höhergradige) AV-Blockierungen, zerebrale Durchblutungsstörungen. Bewertung Basismedikation im Rahmen eines nichtopiat-/opioidgestützten Opiatentzugs; schlechter wirksam als Buprenorphin oder Methadon. Sinnvolle Komedikation bei im Vordergrund stehender Herz-Kreislauf-Symptomatik beim Alkoholentzug. Es besteht für die orale und parenterale Medikation keine Zulassung. Disulfiram Entwöhnungsmittel Tetraethylthiuramdisulfid Antabus (Altana Pharma) Tbl. 100 mg (50 Tbl.) (Antabus 0,1 Dispergetten) Tbl. 500 mg (50 Tbl.) (Antabus 0,5 Dispergetten)
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Pharmakodynamik 5 Irreversible Hemmung der Aldehyddehydrogenase (weniger der Dopamin-β-Hydroxylase) durch wirksame Metaboliten, im Wesentlichen Diethyldithiocarbamat (DDC), Methyldiethylthiocarbamatsulfoxid und Methyldiethylthiocarbamatsulphon; Anstieg des Alkoholabbauprodukts Acetaldehyd auf das 10-Fache, dadurch im Falle eines Alkoholkonsums: sog. Disulfiram-Alkohol-Reaktion (DAR, s. unten). Pharmakokinetik 5 Mäßig schnelle Aufnahme nach oraler Gabe (Tmax ca. 8–10 h) mit anschließend rascher metabolischer Aktivierung in der Leber (CYP1A2, CYP2B6, CYP2E1, CYP3A4); i. Allg. rascher Wirkungseintritt (10–30 min) nach Einnahme eines einzigen alkoholhaltigen Getränks.
7.3 · Präparate
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7
5 Plasmakonzentration von Methyldiethylthiocarbamat: 55–75 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Adjuvans zur Rückfallprophylaxe bei Alkoholabhängigenz im Sinne einer Aversivbehandlung. 5 Es existieren inzwischen mehrere kontrollierte klinische Studien, die für einen Effekt in der Behandlung der Kokainabhängigkeit sprechen. 5 Symptome bei der DAR: Übelkeit, Erbrechen; pochender Kopfschmerz, Flush; Durst; Tachypnoe, Dyspnoe; Herzrasen; Brustschmerz; Schwindel; Angst. Intensität mit starken interindividuellen Schwankungen von der Disulfiram- und Alkoholkonzentration abhängig. In Extremfällen: Atemdepression, massive Hypotonie, Arrhythmien, Krampfanfälle, Exitus. 5 Sorgfältige Aufklärung über eine mögliche DAR; kontrollierte Einnahme. 5 Wirkdauer einer DAR ca. 60–180 min mit den oben beschriebenen Symptomen. 5 Eine DAR kann noch 1–2 Wochen nach der letzten Einnahme auftreten. 5 Bei schwerer DAR: Trendelenburg-Position, parenterale Flüssigkeitsund Sauerstoffzufuhr, Antihistaminika, z. B. 50 mg Promethazin (Atosil®) i.v. 5 Erste Hinweise auf eine Wirksamkeit in der Behandlung der Kokainabhängigkeit. 5 Routineuntersuchungen: Kontrollen der Leberenzyme. Dosierung 5 Zieldosis nach Aufdosierung: 200–500 mg/d; individuell ist die wirksame Dosis sehr unterschiedlich, ggf. Probetrunk (2–3 Schlucke eines 40%igen alkoholhaltigen Getränks) nach 5–7 Tagen. Nebenwirkungen (ohne gleichzeitigen Alkoholkonsum) Sehr häufig: Müdigkeit, unangenehmer Mund- und Körpergeruch, diffuse Oberbauchbeschwerden, Schweregefühl im Kopf, Blutdruckabfall. Gelegentlich: Kopfschmerzen, Polyneuropathien, Optikusneuropathie mit Sehstörungen, Depression, Verwirrtheitszustände, maniforme und paranoid-halluzinatorische Psychosen, Obstipation, Durchfall, Anstieg von Transaminasen, Bilirubin und alkalischer Phosphatase, Hepatotoxizität. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Schwere Ataxien, Dysarthrien, Blutdruckanstieg. In Einzelfällen: Leberversagen und die Entwicklung metabolischer Störungen wie bei einer Laktatazidose. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Schwere Leberinsuffizienz; floride Ulzera; kardiale Vorschädigung; Epilepsien; psychotische Störungen. Interaktionen 5 Keine Kombination mit Metronidazol, einigen Antibiotika (Cephalosporine, Chloramphenicol), MAOH und Isoniazid (schwere toxische ZNS-Symptomatik), Amitryptilin. 5 Vorsicht bei Kombination von Chlordiazepoxid, Chloroxazon, Desipramin, Diazepam, Imipramin, Phenytoin, Theophyllin (nicht aber von Lorazepam und Oxazepam) mit entsprechender Wirkungsverstärkung (reduzierte Clearance). 5 Bei gleichzeitiger Gabe oraler Antidiabetika, v. a. Biguanide, Begünstigung einer Laktatazidose. 5 Cave: Acetaldehydsyndrom unter Paraldehyd. Bewertung Aufgrund des Risikos möglicher Komplikationen einer DAR stellt Disulfiram keine Standardtherapie in der Alkoholrückfallprophylaxe dar. Acamprosat und Naltrexon sind vorzuziehen. Disulfiram kann im Einzelfall bei complianten, motivierten, sozial stabilen Patienten hilfreich sein; im Vergleich zu Plazebo kein positiver Effekt auf Zielparameter wie durchgängige Abstinenz oder Rückfallquote, jedoch mehr alkoholfreie Tage bei nichtabstinenten Patienten. Die Erfolgsrate bei supervidierter Einnahme erscheint günstiger. Levomethadon Substitutionsmittel L-6-Dimethylamino-4,4-diphenyl-3-heptanon L-Polamidon Lösung zur Substitution (Sanofi-Aventis Pharma) Lsg. 5 mg/1 ml (100, 500 ml) L-Polamidon Tropfen zum Einnehmen, Lösung (Sanofi-Aventis Pharma) Lsg. 5 mg/1 ml (20 ml, 5 × 20 ml)
L-Polamidon Injektionslösung 2,5 mg/-5 mg (Sanofi-Aventis Pharma) Lsg. 2,5 mg/1 ml (10 x 1 ml; 5 × 2 ml)
Pharmakodynamik 5 Synthetischer μ-Opiatrezeptoragonist. Levomethadon ist das L(–)Enantiomer von Methadon und besitzt die doppelte effektive und analgetische Potenz wie das Razemat aus Levomethadon und rechtsdrehendem D-Methadon. Pharmakokinetik 5 Rasche orale Resorption; Wirkungseintritt nach 1–2 h; absolute Bioverfügbarkeit ca. 80%; Steady State nach 4–5 Tagen, t½ = ca. 14–55 h (Wirkdauer steigt bei regelmäßiger Einnahme).
7.3 · Präparate
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5 Metabolisierung durch CYP2B6, CYP3A4 und CYP2C19. Ausscheidung im Urin (ca. 60%) sowie biliär über die Faeces. 5 Levomethadon ist nicht dialysierbar. 5 Plasmakonzentration: > 250 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeitz. Diese erfolgt nach den gleichen Regeln, wie sie für die Substitutionsbehandlung mit Methadon gelten (7 7.2.3). 5 Überbrückungssubstitution z. B. bei Krankenhausaufenthalten. 5 Eine Take-home-Vergabe muss durch den Arzt verordnet werden (s. oben). In diesen Fällen muss die Lösung zur Vermeidung eines i.v.Missbrauchs mit einer viskositätserhöhenden Lösung vermischt, in Tagesdosen portioniert und kindersicher verpackt verordnet werden. ! Das Risiko des Abbruchs einer erfolgreichen Substitutionsbehandlung mit
möglichem Rückfall in einen i.v.-Drogenkonsum ist gegenüber den Risiken des Fortführens der Substitutionsbehandlung abzuwägen. Schwangerschaft 7 Kap. 15.
Dosierung 5 Die zur Substitutionsbehandlung erforderliche Dosierung orientiert sich am Auftreten von Entzugssymptomen und muss individuell ermittelt werden. Ziel ist eine vollständige Reduktion der Opiatentzugssymptome und des Opiatverlangens. 5 Zur Vermeidung von Überdosierungen werden am 1. Tag morgens 15‒20 mg Levomethadon (entspricht 3‒4 ml Lösung) verabreicht. Bei Bedarf können am Abend des 1. Tages oder 10–12 h nach der ersten Gabe zusätzlich 10–25 mg Levomethadon (entsprechend 2‒5 ml Lösung zusätzlich) gegeben werden. Am Folgetag wird die Gesamtdosis des Vortags als Einmalgabe morgens verabreicht. Bei weiter bestehenden Entzugszeichen kann die L-Polamidon®-Dosis täglich um 5‒10 mg (1‒2 ml Lösung) bis zum Sistieren der Entzugssymptome gesteigert werden. 5 Die Erhaltungsdosis wird üblicherweise nach 1‒6 Tagen erreicht. Sie kann bis zu 60 mg L-Polamidon® (12 ml Lösung) ‒ in Einzelfällen auch wesentlich mehr ‒ betragen. Eine Dosis von > 60 mg/d sollte nur bei sicherem Ausschluss eines gefährdenden Beikonsums erfolgen. 5 In Deutschland ist Umstellung von D,L-Methadon (Methadonrazemat) auf Levomethadon (L-Polamidon®) in der Regel unkompliziert. Die L-Polamidon®-Lösung besitzt die halbe Wirkstoffkonzentration (5 mg/ ml) im Vergleich zu den standardisierten Apothekenrezepturen von Methadonrazemat (10 mg/ml), sodass im Regelfall gleiche Volumina verabreicht werden müssen (Beispiel: 8 ml einer 10-mg/ml-Methadonrazemat-Lösung sind wirkungsgleich zu 8 ml einer 5-mg/ml-LPolamidon®-Lösung).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
> CAVE
Überdosierungen bei niedriger oder unklarer Toleranzschwelle (z. B. nach Gefängnisaufenthalten), Beikonsum von Alkohol, BZD, Schlafmitteln, Narkosemitteln, Phenothiazinen oder TZA. In diesen Fällen sollte die initale Dosis 15 mg (entsprechend 3 ml Lösung) nicht überschreiten, eine engmaschige Überwachung der Patienten muss gewährleistet sein.
5 Bei weiter unzureichender Wirksamkeit kann die Dosis weiter täglich um jeweils 5–10 mg erhöht werden. 5 Nach 1–6 Tagen wird die Gesamttagesdosis einmalig morgens verabreicht. Die Umstellung auf einmalige morgendliche Gaben erfolgt in 5-mg-Schritten. 5 Die Erhaltungsdosis wird nach 1–6 Tagen erreicht und kann bis zu 60 mgz betragen. Eine effektive Substitutionsbehandlung erfordert eine ausreichende Schwellendosis, in der Regel 30–50 mg/dz. Eine zu niedrig dosierte Behandlung fördert den Beikonsum (insbesondere von Heroin) und führt zu vorzeitigem Behandlungsabbruch. In Einzelfällen ist die Gabe auch höherer Dosierungen (> 60 mg/d) zulässigz. Aufgrund des deutlich erhöhten Intoxikationsrisikos ist jedoch der Ausschluss eines Beikonsums erforderlichz. 5 Bei Patienten im höheren Lebensalter, in reduziertem Allgemeinzustand oder mit moderaten oder schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen wird eine reduzierte Dosis empfohlen. Nebenwirkungen Häufig bis gelegentlich: Abhängigkeitsentwicklung von Opiattyp, zu Beginn
der Behandlung bei unzureichender Dosierung Symptome des Opiatentzugs (. Tab. 7.2), Kopfschmerzen, Nausea, Schlaflosigkeit, Unruhe, Sedation, Euphorie und Dysphorie, Verwirrtheit, Desorientiertheit, Schwächeanfälle, Herzklopfen, Bradykardie, Atemdepression, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Verstopfung, Mundtrockenheit, Sehstörungen, Hautausschläge, Schweißausbrüche, Ödeme, Gallenwegskrämpfe, Blasenentleerungsstörungen, eingeschränkte Libido und/oder Potenz. Selten bis sehr selten: EEG-Veränderungen, Herzrhythmusstörungen (Synkopen), Verlängerung des QTc-Intervalls mit Gefahr einer Arrhythmie (Torsades de pointes), Herzstillstand, Atemstillstand, Blutdruckabfall bei Lageveränderung, Einschränkung der Kreislauffunktion, Schock, Sickerblutungen (Hämorrhagie), Flush. Hinweise: Herabgesetztes Reaktionsvermögen, schließt die aktive Teilnahme am Straßenverkehr aus. Das genotoxische und kanzerogene Potenzial von Levomethadon ist noch nicht ausreichend beurteilbar. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation.
7.3 · Präparate
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5 Relative Kontraindikationen: Bewusstseinsstörung, Suizidalität; erhöhter intrakranieller Druck; Hypotension und Hypovolämie; moderate bis schwere Beeinträchtigung des Atemzentrums, Erkrankungen der Atemorgane; Pankreatitis; Prostatahypertrophie mit Restharnbildung; Gallenwegserkrankungen; obstruktive und entzündliche Darmerkrankungen; Hypothyreoidismus; Phäochromozytom; verlängertes QTcIntervall, Bradykardie, Hypokaliämie. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAO-B-Hemmern. 5 Keine Behandlung mit Narkotikaagonisten/-antagonisten (Ausnahme: Behandlung einer Überdosierung). 5 Buprenorphin darf frühestens 24 h nach Absetzen von L-Polamidon®Lösung zur Substitution angewendet werden. 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Substanzen (Alkohol, andere Drogen, BZD, TZA, Phenothiazine); es kann zu wechselseitiger Wirkungsverstärkung mit dem Risiko einer letalen Überdosierung führen. 5 Vorsicht bei Behandlung mit Antiarrhythmika der Klasse I–III. 5 Erniedrigte Levomethadon-Plasmakonzentration und Risiko des Auftretens von Opiatentzugssymptomen bei Kombination mit Rifampizin oder Nevirapin durch Induktion mehrerer Cytochrom-P450-Isoenzyme. 5 Erniedrigte Serumkonzentrationen möglich bei gleichzeitiger Einnahme von: Rifampizin, Carbamazepin, Phenobarbital, Spironolacton, Rifabutin, Indinavir, Saquinavir, Verapamil durch Induktion von CYP3A4, CYP2C19 oder CYP2B6. 5 Erhöhte Serumkonzentrationen möglich bei gleichzeitiger Einnahme von: Antiarrhythmika, Cimetidin, Clarithromycin, Erythromycin, Fluconazol, Fluvoxamin, Itroconazol, Ketoconazol oder anderen Inhibitoren von CYP3A4 (7 Anhang INT) oder von Kontrazeptiva oder Proteaseinhibitoren. Bewertung Sinnvolle Alternative zur Durchführung einer Substitutionsbehandlung mit Methadon insbesondere bei nichtvorhandener Erfahrung mit der Herstellung generischer Methadon-Substitutionslösungen; Überbrückungssubstitution möglich. ! Eine Über- oder Unterdosierung bei zwischenzeitlicher Umstellung von
mit Methadonrazemat substituierten Patienten ist zu beachten, da substituierte Patienten häufig die Dosierung des Razemats lediglich in mlMengen, nicht jedoch in der mg-Menge erinnern können. In der Regel wird Methadonrazemat in Deutschland in einer Konzentration von 10 mg/ ml rezeptiert, sodass 1 ml einer 5 mg/ml-L-Polamidon®-Lösung wirkungsgleich zu 1 ml einer 10 mg/ml-Methadonrazemat-Lösung sind. Dieses ist jedoch in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Methadon Substitutionsmittel DL-6-Dimethylamino-4,4-diphenyl-3-heptanon Methaddict (AddiCare) Tbl. 5/ 10 mg (20, 50, 100 Tbl.) Tbl. 40 mg (20, 50, 75 Tbl.)
Methadonhydrochlorid (als Apothekenrezeptur) Lsg. 10 mg/ml
Pharmakodynamik 5 μ-Opioidrezeptoragonist. 5 Razemat aus linksdrehendem Levomethadon und rechtsdrehendem D-Methadon. 5 Levomethadon besitzt die doppelte effektive und analgetische Potenz wie das Methadonrazemat. Bei Dosierungsangaben ist stets darauf zu achten, ob diese sich auf Methadon oder Levomethadon beziehen! Kardiotoxisches Potenzial besitzt insbesondere D-Methadon. Pharmakokinetik 5 t½ = ca. 24–48 h (kann bei Opiatabhängigen deutlich verlängert sein). 5 Relativ schnelle Absorption; extensive hepatische Metabolisierung, Ausscheidung sowohl renal als auch biliär. 5 Metabolisierung durch CYP2B6, CYP2C19 und CYP3A4, zu ca. 2% aktive Metaboliten (Methadol und Normethadol), wobei das inaktive Enantiomer D-Methadon für CYP2B6 bevorzugtes Substrat ist, für CYP2C19 L-Methadon, CYP3A4 ist nicht stereoselektiv. 5 Hohe Gewebebindung (Methadon kann noch Wochen nach letzter Einnahme im Gewebe nachweisbar sein). 5 Analgetische Wirkdauer: 4–6 h; eine methadoninduzierte Atemdepression kann bis zu 75 h anhalten. 5 Plasmakonzentration: 400–800 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeitz. > CAVE
Bei hohen Dosen ist auf prädisponierende Faktoren für das Auftreten von Torsades de pointes (Bradykardie, Hypokaliämie, angeborenes Long-QTSyndrom, Medikamente, die die Metabolisierung über CYP2B6, CYP2C19 oder CYP3A4 beeinflussen, 7 Interaktionen) zu achten; kardiologische Diagnostik vor Beginn der Behandlung und EKG-Kontrollen werden dringend empfohlen.
Schwangerschaftsrisiko 7 15.7
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Dosierung 5 Methadon muss zur Substitutionsbehandlung für jeden Patienten individuell dosiert werden: in der Regel sind 60‒100 mg/dz erforderlich. In Einzelfällen müssen deutlich höhere Dosierungen gewählt werdenz. Ziel einer effektiven Substitutionsbehandlung ist die vollständige Unterdrückung des Opiatverlangens. Bei Unterdosierung besteht die Gefahr eines Beigebrauchs anderer Opiate oder anderer Drogen wie z. B. von Kokain oder BZD. Dann ist zunächst eine Dosiserhöhung anzustreben. Bei höheren Dosen ist der Betroffene auf die Intoxikationsgefahr hinzuweisen, ein Beikonsum muss ausgeschlossen werden. 5 Zur Vermeidung von Überdosierungen werden am ersten Tag morgens 30–40 mg Methadonrazemat (entspricht 3–4 ml einer 10 mg/mlLösung) verabreicht. Bei Bedarf können am Abend des ersten Tages oder 10‒12 h nach der ersten Gabe zusätzlich 20–50 mg Methadonrazemat (entsprechend 2–5 ml Lösung) gegeben werden, der Patient soll hierbei jedoch noch ausreichend lange auf Zeichen der Überdosierung nachbeobachtet werden. > CAVE
Überdosierungen bei niedriger oder unklarer Toleranzschwelle (z. B. nach Gefängnisaufenthalten), Beikonsum von Alkohol, BZD, Schlafmitteln, Narkosemitteln, Phenothiazinen oder TZA. In diesen Fällen sollte die initiale Dosis 30 mg (entsprechend 3 ml Lösung) nicht überschritten werden. Auch in höherem Alter, bei reduziertem Allgemeinzustand, Leber- und Nierenschäden reduzierte Dosis!
5 Bei weiter unzureichender Wirksamkeit kann die Dosis täglich um jeweils weitere 10–20 mg erhöht werden. Nach 1–6 Tagen wird die Tagesdosis einmalig morgens verabreicht. Erhaltungsdosis bis zu 120 mgz, in Einzelfällen auch höher. Eine zu niedrige Dosis fördert den Beikonsum (s. Levomethadon). Die Umstellung auf einmalige morgendliche Gaben erfolgt in 10-mg-Schritten. Auf Zeichen der Überdosierung ist zu achten. 5 Im Falle einer geplanten Opiatentgiftung eines substituierten Patienten ist eine ausreichende Entgiftungszeit einzurechnen. Im Falle einer ambulanten Behandlung wird empfohlen, die tägliche Methadon-Dosis wöchentlich um nicht mehr als 10 mg Methadon zu reduzieren. Auch unter stationären Bedingungen werden Dosisreduktionen von mehr als 20 mg Methadon pro Woche nicht gut toleriert und führen häufig zum vorzeitigen Therapieabbruch. 5 Pro Patient bzw. pro BtM-Rezept dürfen höchstens 3000 mg Methadon innerhalb von 30 Tagen verschrieben werden (je Anwendungstag nicht mehr als 300 mg Methadon). 5 Täglich kontrollierte Abgabe an den Patienten mit supervidierter Einnahme.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Take-home-Verfahren nur bei längerfristig stabilen Patienten ohne Beigebrauch (7 7.2.3 und Hinweise zu L-Polamidon®).
Nebenwirkungen Sehr häufig/häufig: Abhängigkeitsentwicklung vom Opiattyp; Kopfschmerzen, Nausea, Mattigkeit, Benommenheit, Schlaflosigkeit, Unruhe, Euphorie, Dysphorie, Sedation, Verwirrtheit, Desorientierung, Herzklopfen, Bradykardie, Schwächeanfälle, Atemdepression, Erbrechen, Obstipation, Anorexie, Mundtrockenheit, Gallenwegsspasmen, Sehstörungen, Schweißausbrüche, Urtikaria, Ödeme, antidiuretische Effekte, Harnverhalt, Miktionsstörungen, eingeschränkte Libido und/oder Potenz (Hinweise: Nach Erreichen einer stabilen Dosis nehmen die NW über einen Zeitraum von mehreren Wochen in Häufigkeit und Stärke ab; Obstipation und Schwitzen bleiben oft dauerhaft bestehen). Gelegentlich bis sehr selten: Hämorrhagie, Hypotonie, Synkopen, Herzstillstand, Einschränkung der Kreislauffunktion, Schock, Verlängerung des QTc-Intervalls mit Gefahr einer Arrhythmie (Torsades de pointes), Flush. Sonstige Nebenwirkungen: Herabgesetztes Reaktionsvermögen, schließt die aktive Teilnahme am Straßenverkehr aus. Zu Beginn der Substitutionsbehandlung treten häufig Opiatentzugssymptome (. Tab. 7.2) auf, welche die NW der Substanz überlagern können. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Polytoxikomanie mit einer Präferenz nichtopiathaltiger Suchtmittel, Kombination mit opioidhaltigen Analgetika. 5 Bewusstseinsstörungen, insbesondere mit Atemdepression (z. B. im Rahmen von Psychopharmakaintoxikationen). 5 Relative Kontraindikationen: Bei einer Heroinabhängigkeit < 2 J. Dauer sollte die Indikation zur Substitutionsbehandlung sorgsam gegenüber anderen Therapieoptionen abgewogen werden, Gleiches gilt für eine intermittierende Heroinabhängigkeit mit längeren drogenfreien Intervallen. Erhöhter Hirndruck; Hypotension bei Hypovolämie; Prostatahypertrophie mit Restharnbildung; Gallenwegserkrankungen, obstruktive und entzündliche Darmerkrankungen; Phäochromozytom. Erhöhte Vorsicht bei Lebererkrankungen (Störung der Biotransformation von Methadon möglich). Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH, Narkotikaantagonisten oder Opiatagonisten/-antagonisten. 5 Besondere Vorsicht bei Kombination mit anderen stark wirksamen Analgetika. 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Substanzen (Alkohol, andere Drogen, BZD, TZA, Phenothiazine); es kann zu
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wechselseitiger Wirkungsverstärkung mit dem Risiko einer letalen Überdosierung führen. Vorsicht bei Behandlung mit Antiarrhythmika der Klassen I–III. Effekte einiger Antihypertensiva (z. B. Reserpin, Prazosin, Clonidin) können durch Methadon verstärkt werden. Erhöhung der Methadon-Plasmakonzentration bei Kombination mit Inhibitoren von CYP3A4, z. B. Erythromycin, oder CYP2B6, z. B. Clopidogrel (7 Anhang INT). Erniedrigte Methadon-Plasmakonzentration und Risiko des Auftretens von Opiatentzugssymptomen bei Kombination mit Rifampizin oder Nevirapin durch Induktion mehrerer Cytochrom-P450-Isoenzyme. Erniedrigte Methadon-Plasmaspiegel unter Phenobarbital und Phenytoin durch Induktion von CYP3A4 oder CYP2B6 (7 Anhang INT) oder Antazida (Resorptionshemmung). Bei Kombination mit dem HIV-Proteasehemmer Efavirenz sinken die Methadon-Plasmaspiegel durch Induktion von CYP2B6 und/oder CYP3A4 um über 50%. Dosisanpassung von Methadon erforderlich.
Bewertung Eine Vielzahl von Studien belegt den Nutzen der Substitutionsbehandlung mit Methadon. Eine erfolgreiche Substitution verbessert die Therapieteilnahme, reduziert den Konsum von Opiaten und verringert die Kriminalität des Betroffenen. Eine Methadon-Substitution ist vor allen Dingen für diejenigen opiatabhängigen Patienten zu erwägen, für die eine drogenfreie Behandlung aufgrund erheblicher psychischer Instabilität, mangelnder protektiver psychosozialer Faktoren nicht infrage kommt oder mehrere Entgiftungs- oder Entwöhnungsbehandlungen abgebrochen worden sind. Bisher sind keine Leitlinien zur Dauer einer Methadon-Substitution bekannt. Das Rückfallrisiko ist nach Absetzen von Methadon hoch, sodass die Überleitung in eine Entgiftungsbehandlung sorgsam zu bedenken ist. Der Einsatz von Levomethadon ist im Regelfall aufgrund der höheren Kosten nur zu Überbrückungssubstitution bei mangelnder Verfügbarkeit und mangelnder Erfahrung mit der Herstellung und dem Umgang von MethadonrazematLösungen zu rechtfertigen. Naltrexon Opiatantagonist N-Cyclopropylmethyl-3,7a-dihydroxy-7,7a,8,9-tetrahydro-4aH-8,9c-iminoethano-phenanthro[4,5-bcd]furan-5(6H)-on Adepend 50 mg Filmtbl. (Desitin Arzneimittel) Tbl. 50 mg (28 Tbl.)
Nemexin (Bristol Myers Squibb) Tbl. 50 mg (50 Tbl.)
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Pharmakodynamik 5 Kompetitiver μ-Opioidrezeptorantagonist (etwa 2-fache Wirkstärke von Naloxon), unter Dauerbehandlung ist der Hauptwirkstoff der Metabolit 6β-Naltrexol. 5 Keine klinisch relevante intrinsische Wirkung. Pharmakokinetik 5 t½ = ca. 4 h (Naltrexon) bzw. 13 h (Metabolit 6β-Naltrexol) (lange anhaltende Opioidrezeptorblockade, HWZ 3–4 Tage!); orale Bioverfügbarkeit ca. 20%; hoher First-pass-Metabolismus. 5 Hauptmetabolit 6β-Naltrexol, welches über die Aldoketoreduktase AKR1C4 gebildet wird, ebenfalls opiatantagonistisch wirksam. 5 Rasche Absorption nach oraler Gabe (im Gegensatz zu Naloxon). 5 Plasmakonzentration (Summe Naltrexon plus 6β-Naltrexol): 20‒120 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Alkoholabhängigkeitz zur Reduktion des Rückfallrisikos, als unterstützende Behandlung in der Abstinenz und zur Minderung des Verlangens nach Alkohol (7 7.2.1). Naltrexon besitzt darüber hinaus bei nicht abstinenzmotivierten Patienten trinkmengenreduzierende Eigenschaften. Indikation gilt nur für Adepend®. Der Nutzen einer Kombinationstherapie von Naltrexon und Acamprosat bleibt bei uneinheitlichen Studienergebnissen weiterhin unklar. 5 Entwöhnungsbehandlung bei Opiatabhängigkeitz (nach erfolgter Entgiftung). Indikation gilt nur für Nemexin®. In der Regel handelt es sich um eine sehr gut verträgliche Substanz. Die Gabe von Naltrexon kann jedoch bei aktiv konsumierenden opiatabhängigen Patienten Entzugssymptome auslösen. Vor Behandlungsbeginn sollte deshalb ein Intervall von 7–10 Tagen ohne Opiateinnahme gesichert sein (Drogenscreening im Urin; im Zweifel fraktionierte Testinjektion von 0,2–2 mg/d Naloxon; 7 18.2, Drogenintoxikationen/ Opioide). 5 In den USA ist Naltrexon als 30 Tage wirksame i.m.-Depotmedikation unter Vivitrex® zur Behandlung der Alkohol- und Opiatabhängigkeit zugelassen. Nach den bisher vorliegenden Daten ist zumindest von einer Gleichwertigkeit, möglicherweise sogar einer Überlegenheit gegenüber oral verabreichtem Naltrexon auszugehen. Erste RCT haben die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit subkutaner NaltrexonImplantate belegt. 5 Hinweise zur Wirksamkeit bei → Amphetamin-Abhängigkeit.
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Dosierung 5 Initiale Dosis: ½ Tbl. Falls nach 1 h keine Entzugssymptome auftreten, kann die restliche ½ Tbl. verabreicht werden. 5 Übliche Tagesdosis: 1 Tbl. (50 mgz), Einnahme durch Patienten selbst oder supervidiert. 5 Wegen der langen Rezeptordissoziations-HWZ sind Variationen des Dosierungsschemas möglich, z. B. montags 2 Tbl., mittwochs 2 Tbl. und freitags 3 Tbl. als Einmalgabe. Nebenwirkungen Sehr häufig: Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Angstzustände, Antriebs-
schwäche, Erbrechen, Übelkeit, Bauchschmerzen und -krämpfe, Gelenkund Muskelschmerzen. Häufig: Gesteigerte Energie, Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit, Benommenheit, Schweißausbrüche, Thoraxschmerzen, Appetilosigkeit, Durchfall, Verstopfung, Durstgefühl, gesteigerter Tränenfluss, Hautrötung, verzögerte Ejakulation, Potenzstörungen. Gelegentlich: Müdigkeit, Schwindel, Halluzinationen, Denkstörungen, Depression, Tremor, Sehstörungen, Veränderung des Blutdrucks, Hitzeflush, Herzklopfen, Atemnot, Leberfunktionsstörungen, Hepatitis, Transaminasenanstieg (reversibel). Sonstige Nebenwirkungen: Reversible idopathische thrombozytopenische Purpura. Kontraindikationen 5 Akute Opiat-, Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Akute Hepatitis, schwere Leberfunktionsstörungen. 5 Noch nicht erfolgte Opiatentgiftung, Entzugssymptome im Naloxontest, gleichzeitige Behandlung mit Opiatanalgetika. Interaktionen 5 Verminderte Wirkung von opiathaltigen Medikamenten (Hustenmittel, Medikamente gegen Durchfall, opioiderge Analgetika) durch Naltrexon, daher sollte die gleichzeitige Gabe vermieden werden. 5 Bei Opiatabhängigen kann ein Entzugssyndrom ausgelöst werden. 5 Benötigt ein Patient in Notfallsituationen Opiatanalgetika, kann die zur Analgesie erforderliche Dosis höher sein. ! Initial wurden Todesfälle durch eine Selbstverabreichung ultrahoher
Dosen von Opiaten unter der Behandlung mit Naltrexon berichtet, wobei ein Durchbrechen der antagonistischen Wirkung zusammen mit Beikonsum anderer Substanzen vermutet wurde. Diese Befunde konnten nicht bestätigt werden. Eine deutlich erhöhte Intoxikations- und Todesrate ist jedoch bei der Selbstverabreichung relativ niedriger Dosen von Opiaten unmittelbar nach Beendigung einer Naltrexon-Therapie mehrfach beschrieben worden. Sie ist wahrscheinlich auf supersensitive Opiatre-
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
zeptoren zurückzuführen. Eine ähnliche Situation entsteht auch bei passagerem Absetzen von Naltrexon (z. B. durch unregelmäßige Einnahme), sodass der Patient über die veränderte Opiatempfindlichkeit während und insbesondere nach Beendigung der Therapie aufzuklären ist. Dieselbe Informationspflicht besteht auch bei Entlassung aus der Behandlung in einer beschützten Umgebung (Klinik, Gefängnis etc.). Auch für diese Situation ist eine erhöhte Todesrate bekannt.
Bewertung Sinnvoll als medikamentöse Unterstützung bei der Entwöhnungsbehandlung von Opiatabhängigen nach erfolgter Opiatentgiftung bei hoch motivierten Patienten mit guter Compliance und ausreichender sozialer Integration. Für die Indikation einer Rückfallprophylaxe bei Alkoholabhängigkeit ist die Datenlage ebenfalls positiv. Naltrexon ist in dieser Behandlungsindikation in Deutschland neu zugelassen. Naltrexon wirkte in zahlreichen Studien trinkmengenreduzierend; hier besitzt das Präparat ein Alleinstellungsmerkmal. Naltrexon kann mit anderen Psychopharmaka, wie Antipsychotika und Antidepressiva, sinnvoll kombiniert werden. Nikotin
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Substitutionsmittel 3-(1-Methyl-2-pyrrolidinyl)pyrimidin Nicorette Kaugummi (McNeill) 2 mg classic/ 2 mg freshfruit/ 2 mg freshmint/ 2 mg mint/ 4 mg freshfruit/ 4 mg freshmint/ 4 mg mint Nicorette Microtab (McNeill) 2 mg Nicorette Pflaster (McNeill) 8,3/ 16,6/ 24,9 mg Nicorette Inhaler (McNeill) 10 mg Nicotinell Kaugummi (Novartis) 2/ 4 mg Fruit/-Mint Nicotinell Lutschtabletten (Novartis) 1 mg Mint Nicotinell 24 h Pflaster (Novartis) 17,5 mg/24 h, 35 mg/24 h, 52,5 mg/24 h Pflaster
nikrofenon 10/ -20/ -30 transdermales Pflaster (Sanavita) 7 mg/24 h, 14 mg/24 h, 21 mg/24 h NiQuitin Mint Lutschtabletten (GSK) 2/ 4 mg NiQuitin Mini Lutschtabletten (GSK) 1,5/ 4 mg NiQuitin Clear transdermales Pflaster (GSK) 7 mg/24 h, 14 mg/24 h, 21 mg/24 h
Pharmakodynamik 5 Agonist (niedrige Dosen) bzw. Antagonist (höhere Dosen) für Acetylcholin an nikotinischen ACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 t½ = ca. 2 h, verlängert bei poor metabolizers von CYP2A6.
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5 Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten, vorwiegend hepatische Metabolisierung über CYP2A6 mit Bildung von Cotinin. 5 Resorption über Haut bzw. Mundschleimhaut. 5 Bei Applikationsform Kaugummi starke Schwankungen der Plasmakonzentration, bei Pflasterapplikation gleichmäßige Nikotinplasmaspiegel. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Behandlung des Nikotinentzugssyndromsz und Unterstützung der Raucherentwöhnungz im Rahmen von Raucherentwöhnungsprogrammen. Die Wirkung der Nikotinersatztherapie kann durch die Teilnahme an einem Raucherentwöhnungsprogramm (z. T. auch internetbasiert, z. B. http://www.nichtraucher.de; http://www.rauchfrei2008.de) gesteigert werden. 5 Nikotinpräparate sind im Gegensatz zu den anderen Entwöhnungshilfen wie z. B. Bupropion oder Vareniclin freiverkäufliche, nicht rezeptpflichtige Arzneimittel (sog. Over-the-counter(OTC)-Produkte). 5 Klinische Wirkung biphasisch: Zunächst stimulierend, bei höheren Dosierungen aber sedierend; niedrigere Dosen steigern den Atemantrieb, hohe Dosen können zur Atemdepression führen. 5 Die Nikotinersatztherapie kann die Symptome eines Nikotinentzugssyndroms, wie z. B. Reizbarkeit, innere Unruhe, Stimmungsschwankungen bis hin zu depressiven Syndromen, Konzentrationsstörungen, Appetitsteigerung und Gewichtszunahme, mildern. Dosierung 5 Kaugummi: Raucher mit einem Konsum von bis zu 20 Zigaretten täglich: ein 2-mg-Kaugummi/hz. Stärkere Raucher: ein 4-mgKaugummi/h, jedoch nicht mehr als 16 Kaugummis pro Tagz; nach 4–6 Wochen Dosisreduktion, nach 12 Wochen Beendigung des Konsums. 5 Lutschtabletten: Raucher mit einem Konsum von bis zu 20 Zigaretten oder Konsum später als 30 min nach dem Aufstehen: eine 1- bis 2-mg-Lutschtablette/h in Abhängigkeit vom Rauchverlangen, stärkere Raucher: eine 4-mg-Lutschtablette/h in Abhängigkeit vom Rauchverlangen, jedoch nicht mehr als 15 Lutschtabletten pro Tagz; nach 4–6 Wochen Dosisreduktion, nach 12 Wochen Beendigung des Konsums. 5 Pflaster: Raucher mit einem Konsum von bis zu 20 Zigaretten täglich: ein Pflaster mit mittlerer Dosisfreigabe pro Tagz (z. B. Nicotinell® 35 mg/24 h Pflaster), stärkere Raucher: zunächst Pflaster mit größerer Wirkstofffreigabez (z. B. Nicotinell® 52,5 mg/24 h Pflaster), nach 4–6 Wochen Übergang auf ein Pflaster mit mittlerer Dosisabgabe (s. oben), nach 8 Wochen auf ein Pflaster mit kleinster Dosisabgabe
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
(z. B. Nicotinell® 17,5 mg/24 h Pflaster), nach 12 Wochen Beendigung des Konsums. 5 Kaugummi bzw. Pflaster sind abzusetzen, wenn nicht innerhalb von 4 Wochen der Anwendung das Rauchen eingestellt werden kann. Nebenwirkungen
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Für alle Applikationsformen: Häufig: Grundsätzlich ähnliche Nikotin-NW
wie beim Rauchen: Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit, gastrointestinale Beschwerden, Erbrechen, Tachykardie, periphere Vasokonstriktion. Gelegentlich: Palpitationen, Hautrötungen, Urtikaria. Sonstige Nebenwirkungen: Selten reversibles Vorhofflimmern. Pflaster: Sehr häufig/häufig: Hautreaktionen (z. B. Pruritus, Exantheme, Ödeme, Brennen), Erytheme. Kaugummi: Sehr häufig: Gastrointestinale Störungen, Schluckauf, Übelkeit, Reizungen in Mund oder Hals, Schmerzen in den Kaumuskeln. Kontraindikationen 5 Instabile Angina pectoris, Zustand nach frischem Myokard- oder Hirninfarkt, (tachykarde) Herzrhythmusstörungen; Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut. 5 Relative Kontraindikationen: Koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, Arteriosklerose, Hypertonie; Nieren- und Leberfunktionsstörungen; Hyperthyreose; Diabetes; Gastritis und akute Magen- und Duodenalulzera. Interaktionen 5 Tabakrauch, nicht Nikotin, induziert CYP1A2. Daher ist nach Aufgabe des Rauchens und Umstellung auf Nikotin mit einem Ansteigen der Plasmaspiegel von Präparaten, die über CYP1A2 verstoffwechselt werden, wie z. B. Clozapin oder Olanzapin (. Tab. 17.1), und vermehrten NW zu rechnen. Eine Dosisreduktion dieser Medikamente, wenn möglich mit Kontrolle der Plasmakonzentration, wird empfohlen. Bewertung Der Einsatz von Nikotinersatzstoffen ist insbesondere bei regelmäßigem Konsum von > 15 Zigaretten am Tag oder nach erfolglosen, nichtpharmakologisch gestützten Absetzversuchen zu empfehlen. Der Effekt kann durch psychosoziale Begleitung (z. B. ärztliche Beratung, internetbasiertes Coaching, verhaltenstherapeutische Entwöhnungstherapien) deutlich gesteigert werden. Bei Patienten mit besonders schwerer Nikotinabhängigkeit ist eine Kombination verschiedener Nikotinersatzstoffe (Kaugummi und Pflaster) oder auch die Kombination eines Nikotinersatzstoffs mit Bupropion zu erwägen.
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Vareniclin Raucherentwöhnungsmittel (6R,10S)-7,8,9,10- Tetrahydro-6,10-methan-6H-pyrazino[2,3-h][3] benzazepin Champix (Pfizer) Tbl. 0,5 mg + 1 mg (Starterpckg.) Tbl. 0,5 mg (56 St.) Tbl. 1 mg (28, 56, 112 St.)
Pharmakodynamik 5 Partieller Agonist am nikotinischen ACh-Rezeptor, hohe Affinität zum α4β2-Subtyp, kaum Affinität zu anderen Neurorezeptoren. Pharmakokinetik 5 Max. Plasmakonzentrationen innerhalb von 3-4 h, Steady State nach 4 Tagen. 5 Hohe orale Bioverfügbarkeit und vollständige Resorption unabhängig von Nahrungsaufnahme und Tageszeit. 5 Geringe Plasmaeiweißbindung. 5 Vareniclin wird zu 92% unmetabolisiert über den Urin ausgeschieden. 5 Eliminations-HWZ 24 h. 5 Die Pharmakokinetik ist unbeeinträchtigt von Alter, Rasse, Geschlecht, Rauchstatus und Gabe anderer Arzneimittel. 5 Bei mäßiger Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance: 30‒50 ml/ min) erhöhte sich die Exposition mit Vareniclin auf das 1,5-Fache, bei schwerer Niereninsuffizienz (< 30 ml/min) auf das 2,1-Fache. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Mittel zur Behandlung der Nikotinabhängigkeitz. 5 Durch seine partiell agonistische Wirkung besitzt Vareniclin eine doppelte Wirkung. Mit der antagonistischen Wirkung hemmt es die die subjektiv angenehme Nikotinwirkung der konsumierten Zigarette; mit der agonistischen Wirkung die klassischen Symptome des Nikotinentzugssyndroms, z. B. Reizbarkeit, innere Unruhe, Stimmungsschwankungen bis hin zu depressiven Syndromen, Konzentrationsstörungen, Appetitsteigerung und Gewichtszunahme. 5 Die empfohlene Einnahmedauer beträgt 12 Wochen, ggf. kann eine Weiterbehandlung über weitere 12 Wochen erwogen werden. 5 Vareniclin ist ein verschreibungspflichtiges, jedoch nicht erstattungsfähiges Medikament, das im Gegensatz zu den freiverkäuflichen Nikotinersatzstoffen auf Privatrezept verordnet werden muss. Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 15
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Dosierung 5 Tag 1‒3: 0,5 mg 1 × täglich. 5 Tag 4‒7: 0,5 mg 2 × täglich (Starterpack). 5 Tag 8 bis Behandlungsende: 1 mg 2 × täglich; jeweils unzerkaut. 5 Dosisreduktion bei starker Niereninsuffizienz: 1 mg 1 × täglich. Nebenwirkungen Sehr häufig: Übelkeit (bei 1/3); Kopfschmerzen, abnorme Träume, Schlaflosigkeit. Häufig: Müdigkeit, Somnolenz, Schwindelgefühl, gesteigerter Appetit, Diarrhö, Dyspepsie, Obstipation, Erbrechen, Flatulenz, Geschmacksveränderungen, Mundtrockenheit. Gelegentlich: Affektschwankungen, Depression, Dysphorie, Dysarthrie, Hypertonie, Palpitationen, Atemwegskongestion, Magenbeschwerden, Kältegefühl, nasopharyngeale Infektionen, Rachenreizung, Polydipsie, Unwohlsein. Sonstige Nebenwirkungen: Suizidales Verhalten, Halluzinationen, Angstzustände, schwerwiegende Hautreaktionen, einschließlich Stevens JohnsonSyndrom und Erythema multiforme, Angioödeme, Herzinfarkt. Eine durch Vareniclin induzierte Müdigkeit kann eine Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit und der Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen mit sich bringen, daher sollte bei Beginn der Therapie zunächst einige Tage die subjektive Verträglichkeit der Substanz abgeschätzt werden. In Einzelfällen ist aggressives Verhalten in der jüngsten Literatur beschrieben. ! In Einzelfällen sind bei Anwendung von Vareniclin vermehrte Stimmungs-
schwankungen bis hin zu suizidalen Gedanken berichtet worden, sodass eine Warnung seitens der FDA sowie eine Änderung der Fachinformation veranlasst wurde. Ein Vareniclin-spezifischer Effekt konnte in zwei neuen Kohortenstudien nicht bestätigt werden. Das relative Risiko der Entwicklung depressiver Symptome, suizidaler Gedanken, von Suizidversuchen und Suiziden unterschied sich nicht zwischen den mit Vareniclin, Bupropion und Nikotinersatzstoffen behandelten Patienten. Die abschließende Bewertung dieser NW steht noch aus.
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Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff.
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Interaktionen 5 Vorsicht bei der Kombination mit Cimitidin, Warfarin und Nikotinersatzstoffen. 5 Tabakrauch, nicht Nikotin, induziert CYP1A2. Daher ist nach Aufgabe des Rauchens mit einem Ansteigen der Plasmaspiegel derjenigen Medikamente zu rechnen, die Substrate von CYP1A2 sind, z. B. Clozapin oder Olanzapin (. Tab. 17.1).
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Bewertung Innovative Substanz in der Raucherentwöhnung, die in ihrer Effektstärke Bupropion, möglicherweise auch Nikotinersatzstoffen, überlegen ist. Im Vergleich zu den Nikotinersatzstoffen häufigere NW in Form von Übelkeit und Schlafstörungen. Unklar sind bisher die in Einzelfällen beschriebenen Affektschwankungen, welche von Aggressivität bis hin zu depressiven Syndromen reichen, die allerdings auch Symptom eines Nikotinentzugs sein könnten; aus diesen Gründen sollte die Anwendung bei Patienten mit rezidivierenden Depressionen und insbesondere Suizidgedanken in der Anamnese unterbleiben.
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Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen 8.1
Übersicht
Sexuelle Störungen lassen sich bei Männern und Frauen im Wesentlichen in 3 Funktionsbereiche einteilen: 5 sexuelles Interesse und Verlangen (Libidostörungen), 5 sexuelle Erregungs- und Reaktionsfähigkeit (Erektionsstörungen beim Mann, Störungen der Lubrikation und sexuellen Erregung bei der Frau), 5 sexuelles Erleben (Orgasmusstörungen, beim Mann auch Ejakulationsstörungen). Folgende Störungen sind im Rahmen der psychiatrischen Pharmakotherapie ‒ weitgehend oder ansatzweise ‒ zu beeinflussen: 5 vermindertes sexuelles Verlangen (als primäre Störung), 5 Erektionsstörungen (Schwierigkeit, eine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr notwendige Erektion zu erlangen oder aufrechtzuerhalten), 5 Störungen der sexuellen Erregung bei der Frau (v. a. mangelnde oder fehlende Lubrikation), 5 Ejaculatio praecox (Unfähigkeit, die Ejakulation ausreichend zu kontrollieren, damit der Geschlechtsverkehr für beide Partner befriedigend ist), Ejaculatio retarda und Anejakulation, 5 substanzinduzierte, v. a. medikamentös bedingte sexuelle Funktionsstörungen, 5 gesteigertes sexuelles Verlangen und sexuelle Paraphilien. Sexuelle Funktionsstörungen sind in der Bevölkerung und insbesondere bei Patienten mit psychiatrischen Störungen (z. B. depressive Störungen, Schizophrenien, Abhängigkeitserkrankungen, Angststörungen) häufig. 5 Altersabhängigkeit und Komorbidität mit Diabetes sowie Herz- und Kreislauf-Erkrankungen sind v. a. bei erektilen Funktionsstörungen zu beachten. 5 Während bei Männern Ejaculatio praecox und erektile Dysfunktionen deutlich überwiegen, sind es bei Frauen v. a. Libidostörungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Orgasmusstörungen. 5 Sehr häufig führen auch Drogen und Medikamente (v. a. Psychopharmaka, aber auch internistische Medikamente, z. B. Antihypertensiva)
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zu sexuellen Dysfunktionen oder verschlechtern vorbestehende sexuelle Störungen.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
Sexuelle Funktionsstörungen erfordern immer eine eingehende interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. Grundlage einer Therapie ist die ausführliche Sexualanamnese und der Ausschluss somatischer und psychiatrischer Ursachen (z. B. depressive Störungen, Angststörungen). Die Behandlung besteht zumeist aus einer Kombination aus Psychotherapie (in der Regel Verhaltenstherapie, Paartherapie) und medikamentösen Maßnahmen im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans. Es werden hier die pharmakotherapeutischen Ansätze beschrieben. Wird eine hormonelle Therapie erwogen, ist immer der Urologe bzw. Gynäkologe und ggf. der Endokrinologe einzubeziehen. 8.2
Indikationen
8.2.1 Vermindertes sexuelles Verlangen 5 Es gibt offene Studien über positive Effekte von Bupropion (7 7.3, Präparat) in niedriger Dosis (75 mg). Begründet wird die mögliche Wirksamkeit von Bupropion v. a. durch die zentrale Dopamin(DA)-Wiederaufnahmehemmung, die für die Steigerung des sexuellen Verlangens verantwortlich gemacht wird. Bei SSRI-induzierten sexuellen Funktionsstörungen war Bupropion als add-on (300 mg) bei Männern und Frauen wirksam. Positive Einzelfallberichte bestehen zum Einsatz von Amantadin und Yohimbin bei Libidostörungen von Männern und Frauen (s. unten). 5 Untersuchungen zu endokrinologischen Therapiemaßnahmen, v. a. mit der Testosteronsubstitution bei Männern, zeigten keine einheitlich positiven Befunde. Auch die Dosis ist unklar. Kontinuierliche Gabe kann mit deutlichen Nebenwirkungen (NW) einhergehen: Gynäkomastie, Akne, Ödeme, Cholesterinanstieg und erhöhtes Risiko für Prostatakarzinome. Kürzlich wurde auch vor kardialen NW gewarnt. 5 Diskutiert wird die Nutzen-Risiko-Abschätzung von DHEA (Dehydroepiandrosteron) auf der einen Seite mit einem Aktivierungspotenzial (v. a. bei Frauen mit M. Addison und nach Hypophysektomie), auf der anderen Seite mit der Gefahr eines Zellwachstums, z. B. bei nicht erkanntem Prostatakarzinom bei Männern. DHEA ist ein neuroaktives Steroid mit antiglukortikoider Wirkung. Es ist am GABAA-Rezeptor antagonistisch wirksam; die Konzentration fällt im Alter stark ab. Zum möglichen antidepressiven Effekt 7 1.4.2, Hormone. 5 Bei Frauen mit postmenopausaler Libidoverminderung gibt es hormonelle Therapieansätze mit Tibolon (Liviella®), einem synthetischen Steroid mit kombinierter östrogenerger, progesteronerger und androgener Aktivität (gonadomimetisch). Neben Verbesserungen postmenopausa-
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ler Beschwerden zeigen einige Untersuchungen eine Verbesserung des sexuellen Verlangens. Allerdings muss auf das erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen und Mammakarzinom bzw. ein erhöhtes Schlaganfallrisiko bei Einnahme von niedrig dosierten Östrogenen in der Menopause hingewiesen werden. 5 Auch wenn niedrig dosierte Testosterongaben bei sexuellen Appetenzund Erlebensstörungen bei Frauen positive Effekte in offenen Studien zeigen konnten, sind die NW unklar. Die Therapie sollte daher Frauen mit ausgeprägter Androgendefizienz vorbehalten bleiben; mögliche NW (v. a. Virilisierung) sind zu beachten (auch 7 8.2.3). 5 Zur Behandlung der weiblichen hypoactive sexual desire disorder (HSDD), definiert durch einen anhaltenden oder wiederkehrenden Mangel an (oder das Fehlen von) sexuellen Phantasien und dem Verlangen nach sexueller Aktivität, der starken Leidensdruck oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten verursacht (DSM-IV-TR), wird derzeit der kombinierte 5-HT2A-Rezeptorantagonist und 5-HT1ARezeptoragonist Flibanserin erprobt. 8.2.2 Erektionsstörungen Der Therapieschwerpunkt bei den Erektionsstörungen hat sich seit der Einführung von Sildenafil und weiterer selektiver Phosphodiesterase-Typ-5-Inhibitoren (PDE-5-Hemmer) sehr stark auf die orale Medikation verlagert, die von der überwiegenden Mehrheit der Patienten bevorzugt wird. Alternativen (lokale Applikation von Prostaglandinen und mechanische Hilfen wie z. B. Vakuumpumpen und Penisprothesen) haben deutlich an Bedeutung verloren. Trotz der medikamentösen Therapieerfolge ist die psychotherapeutische Führung, wenn möglich unter Einbeziehen der Partner, bedeutsam für eine längerfristig erfolgreiche Behandlung. Hauptansatzpunkt der oralen Pharmakotherapie mit PDE-5-Hemmern ist die Regulation der Erektion durch die Kaskade L-Arginin – Stickstoffmonoxid(NO)-Synthase – NO – zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) – Kalzium. NO wirkt als Transmitter bei der inter- und intrazellulären Kommunikation im mikrovaskulären Gefäßsystem. Sildenafil, Vardenafil und Tadalafil hemmen relativ selektiv die Isoform Typ 5 der Phosphodiesterase (Hauptvorkommen Corpus cavernosum, Gefäße, Thrombozyten), wodurch es bei sexueller Erregung zum verminderten Abbau von cGMP und somit zum verminderten Kalziumeinstrom, zur Relaxation der glatten Muskulatur, zum Bluteinstrom in Cavernosum-Sinusoide und schließlich zur Erektion kommt. Tadalafil hat eine deutlich längere HWZ als Sildenafil und Vardenafil. 5 Untersuchungen zeigen die Wirksamkeit von PDE5-Inhibitoren bei pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH), Raynaud-Syndrom, Sklerodermie und weiteren Erkrankungen. Sildenafil (Revatio® 20 mg) und Tadalafil (Adcirca®, 20 mg) sind zur Behandlung der PAH zugelassen
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5 Neuere Hinweise ergeben, dass PDE-5-Inhibitoren (Sildenafil und Tadalafil) Auswirkungen des bei Mukoviszidose durch einen Gendefekt gestörten CFTR-Proteins korrigieren können. 5 Die umfangreichsten Erfahrungen liegen für Sildenafil vor; Langzeituntersuchungen (1‒2 Jahre) auch mit Vardenafil und Tadalafil ergaben im Wesentlichen die bekannten NW und keinen Hinweis auf einen signifikanten Wirkungsverlust. 5 Direkte Vergleichsstudien zwischen den zugelassenen PDE-5-Inhibitoren zeigten keine großen Unterschiede bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit zwischen Sildenafil (25–100 mg), Vardenafil (5–20 mg) und Tadalafil (10–20 mg). Die Bevorzugung einer Substanz hängt vom individuellen Einsatzwunsch (Wirkdauer) und den Wirkungs- und Verträglichkeitserfahrungen ab. Bei Umstellungen zeigte sich dementsprechend auch eine Änderung des Einnahmeverhaltens. Zur Präferenz von kurz oder lang wirksamen PDE-5-Inhibitoren zeigte sich bei etwa 2/3 der vorher unbehandelten Männer eine Präferenz für eine kurz wirksame Substanz, während etwa 20% eine alternierende, bedarfsabhängige Behandlung mit kurz und lang wirksamen Substanzen bevorzugten. 5 Sildenafil und Vardenafil weisen neben der PDE-5-Hemmung relevante Aktivität als Inhibitoren der PDE 6 (Hauptvorkommen: Retina) auf, Tadalafil als Inhibitor der PDE 11 (Hauptvorkommen: Hoden, Herz, Skelettmuskel, Prostata). Dadurch lassen sich teilweise NW erklären, für Sildenafil und Vardenafil Störungen des Farbensehens, für Tadalafil Rückenschmerzen und Myalgien. 5 Erektionsstörungen sind insbesondere bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko häufig. PDE-5-Inibitoren scheinen dieses Risiko nicht zu verändern, auf Interaktionen bei Komedikation ist jedoch zu achten. Weitere therapeutische Ansätze 5 Für Yohimbin (vermehrte Noradrenalin(NA)-Ausschüttung aufgrund präsynaptischer α2-Blockade) gibt es keine überzeugenden Studienergebnisse. 5 Der periphere α2-Antagonist Phentolamin (NW v. a. Rhinitis, Schwindel und Kopfschmerzen) zeigt bei oraler Verabreichung dosisabhängig schwach positive Ergebnisse bei Patienten mit erektiler Dysfunktion (keine Zulassung in dieser Indikation). 5 Hormonelle Interventionen (z. B. Testosteron-Substitution) erscheinen bei nachgewiesenem Hypogonadismus empfehlenswert. Belege für eine Wirksamkeit bei Erektionsstörungen ohne Hormonmangel fehlen. 5 Vor der Einführung von Sildenafil stellten intrakavernöse Injektionen von Alprostadil (Prostaglandin E1, Schwellkörperautoinjektionstherapie SKAT) und Papaverin (aus der Opiumpflanze; gefäßrelaxierende Wirkung, auch in Kombination mit Phentolamin) sowie deren
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transurethrale Applikationen (Alprostadil MUSE) eine zuverlässige Behandlungsstrategie dar; der Patient erlernte die Selbstapplikation vor gewünschter sexueller Aktivität. Aufgrund der Komplikationen wie Fibrosen, Hypotonien und Priapismus (über 5% bei Alprostadil) kommen diese Verfahren lediglich bei Therapieversagen bzw. Kontraindikationen der oralen Pharmakotherapie zum Einsatz. 5 Als sichere Verfahren, die bei Therapieversagen, Kontraindikationen oder Ablehnung der medikamentösen Behandlungen immer noch zum Einsatz kommen können, gelten auch mechanische (Vakuumpumpen) und operative Verfahren (Implantation einer Penisprothese). Neue pharmakologische Ansätze 5 Im Mittelpunkt stehen die Weiterentwicklung von länger wirksamen hochselektiven PDE-5-Inhibitoren und die Erforschung anderer Angriffspunkte, die eine vermehrte Verfügbarkeit von NO zum Ziel haben: − Bereits eine frühere kleine offene Studie konnte für L-Arginin, den Präkursor des endogen entstehenden NO, bei oraler Applikation eine schwache Wirksamkeit bei erektiler Dysfunktion nachweisen. Neuere Studien (u. a. eine plazebokontrollierte Studie) zeigten für die Kombination von L-Arginin mit Pycnogenol, einem NO-Synthase-Aktivator, deutlich positivere Befunde bei Männern mit leichter bis mittelgradiger erektiler Dysfunktion. − Aktuell werden u. a. Guanylatzyklase-Aktivatoren (YC-1), RhoKinase-Inihibitoren, zentrale Melanokortin-Rezeptoragonisten (Melanotan II), die über eine Erhöhung der NO-Konzentration wirken, und NO-freisetzende PDE-5-Inhibitoren geprüft. 5 Hinweise für eine serotonerge Regulation der Erektion mit inhibitorischen Effekten von 5-HT1A/B-Rezeptoren sowie proerektogenen Effekten durch 5-HT2C-Rezeptoren auf spinaler Ebene liegen vor. Das Antidepressivum Trazodon (u. a. partieller 5-HT1A/2A-Antagonist, 5-HT2CAgonist, α-Antagonist) war aber in plazebokontrollierten Studien bei erektiler Dysfunktion nicht wirksam. 5 Aktuelle Studien zeigen, dass Schwefelwasserstoff (H2S, im Corpus cavernosum aus L-Cystein enzymatisch synthetisiert) bei der erektilen Funktion beteiligt ist. Daraus könnten sich neue therapeutische Optionen ergeben. 8.2.3 Störungen der sexuellen Erregung bei der Frau 5 Es lässt sich ein der erektilen Dysfunktion des Mannes entsprechendes Störungsbild bei Frauen nicht abgrenzen. Prädiktoren für die sexuelle Zufriedenheit von Frauen sind v. a. Beziehungsaspekte sowie körperliches und psychisches Wohlbefinden. 5 Studien zeigen nicht regelmäßig positive Effekte von niedrig dosierten Androgenen (v. a. oral verabreichtes Methyltestosteron und DHEA
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
und testosteronhaltige Cremes) (7 1.4.2). Die Therapieoption sollte v. a. Frauen mit Androgendefizit vorbehalten bleiben (z. B. im höheren Alter oder nach Ovarektomie). NW und Risiken bestehen v. a. in Virilisierung, Akne, Leberfunktionsstörungen sowie Hyperlipidämie und ‒ bei Aromatisierung der Androgene zu Östrogenen ‒ auch in den Risiken einer Östrogenbehandlung (7 8.2.1). 5 Sildenafil und u. a. auch Amantadin, Apomorphin, L-Arginin, Olanzapin, Phentolamin, Prostaglandin E1 und Yohimbin haben bei Frauen mit sexuellen Störungen in Einzelfällen Besserungen erzielt, sind jedoch nicht weiter geprüft oder haben in Studien keinen durchschlagenden Wirksamkeitsnachweis erbracht. 8.2.4 Ejaculatio praecox und andere Ejakulationsstörungen 5 Die Prävalenz der Ejaculatio praecox (verkürzte intravaginale Ejakulationslatenz von unter 2 min, persistierende oder rezidivierende subjektiv verfrühte Ejakulation bei minimaler sexueller Stimulation vor, während oder nach Penetration, deutlicher Leidensdruck, unzureichende Ejakulationskontrolle) wird auf 20–30% geschätzt. Von der dispositionellen, primären Ejaculatio praecox sind auch erworbene (sekundäre) Störungen abzugrenzen, die in der Regel einer urologisch-internistischen Abklärung bedürfen (u. a. Ausschluss einer Prostatitis). 5 Eine Spontanremission ist nach neueren Untersuchungen eher selten zu erwarten, eine persistierende Ejaculatio praecox wird mit serotonerger Dysfunktion (v. a. 5-HT2C-/5-HT1A-Rezeptoren) sowie mit infektiös-urogenitalen (v. a. chronische Prostatitis) und teilweise genetischen Faktoren in Zusammenhang gebracht. 5 Als Standard der Behandlung gelten verhaltenstherapeutische Maßnahmen (Squeeze-Technik, Start-Stopp-Technik). 5 Mit dem kurz wirksamen SSRI Dapoxetin ist ein erstes Medikament für die Indikation Ejakulatio praecox zugelassen. Die Ejakulationslatenz wird im Mittel auf das 2- bis 3-Fache verlängert. Bei raschem Wirkungseintritt ist Dapoxetin als On-demand-Medikation geeignet (Einnahme 1–3 h vor gewünschter sexueller Aktivität). 5 Die unter anderen SSRI beobachtete NW der Ejakulationsverzögerung wurde in mehreren kontrollierten Studien therapeutisch eingesetzt; für Paroxetin, Sertralin, Citalopram und eingeschränkt Fluoxetin konnte eine Wirksamkeit nachgewiesen werden. Auch Clomipramin bis 50 mg (2 × 10–15 mg) ist mit Erfolgsraten von 50–85% für diese Indikation positiv belegt. 5 Eine regelmäßige Einnahme war einer On-demand-Verabreichung nicht sicher überlegen (Einnahme 2–6 h vor gewünschtem Koitus). 5 Die Erfolgsraten (Ejakulationslatenzverlängerung) liegen für die untersuchten SSRI zwischen 50% und 75%. NW treten bei bis zu 35% der Patienten auf (v. a. Übelkeit), dabei auch andere sexuelle Funktionsstörungen (Anorgasmie, Libidostörungen).
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5 Die verfügbaren Ergebnisse für Dapoxetin belegen die Wirksamkeit, sind bezüglich deren klinischen Bedeutung jedoch inkonsistent. Aktuelle Guidelines empfehlen bei der primären Ejaculatio praecox eine medikamentöse Basistherapie (Dapoxetin, andere SSRI) und topische Anästhetika (s. unten), auch in Kombination mit psychotherapeutischen Maßnahmen. Weitere medikamentöse Ansätze 5 Eine plazebokontrollierte Studie konnte für Pindolol (nichtselektiver β-Rezeptorenblocker mit schwacher sympathomimetischer Aktivität und antagonistischer Wirkung an 5-HT1A-Rezeptoren) in einer Dosierung von 7,5 mg/d bei Patienten mit Ejaculatio praecox, die unter Paroxetin (20 mg/d) nicht respondierten, die Wirksamkeit (bei höherem NW-Risiko) belegen. 5 In offenen Studien zeigte der nichtselektive und lang wirksame α1/ α2-Rezeptorenblocker Phenoxybenzamin eine gewisse Wirksamkeit, während β-Rezeptorenblocker (Propranolol) gegenüber Plazebo keine Überlegenheit hatten. 5 Ejakulationsverzögerungen bis zum kompletten Ausbleiben der Ejakulation wurden in Einzelfällen und als NW in bis zu 10% bei Gabe sog. prostataspezifischer α-Rezeptorenblocker wie Alfuzosin bzw. Tamsulosin beschrieben. Unter Reboxetin und anderen Antidepressiva auftretende Ejakulationsstörungen wurden in Einzelfällen durch Tamsulosin gebessert. 5 Sildenafil als PDE-5-Inhibitor zeigte in einer RCT einen gegenüber Plazebo und Squeeze-Technik überlegenen Effekt bei Ejaculatio praecox, eine andere Studie verlief negativ (keine Zulassung); weitere Studien ergaben jedoch bessere Ergebnisse bei einer Kombination von Sildenafil mit Paroxetin gegenüber Paroxetin-Monotherapie in dieser Indikation bei geringer Zunahme von NW . Einzelfallberichte liegen zu positiven Effekten der Kombination Sertralin mit Vardenafil vor. 5 Positive Berichte liegen zur Lokaltherapie mit anästhesierenden Salben (Prilocain-Lidocain-Creme, chinesische Pflanzenextrakte) vor, die 20 min vor dem Koitus auf Glans und Penisschaft aufgetragen werden. Bei Ejaculatio retarda bzw. Anejakulation ohne organische Ursache werden primär psychotherapeutische Verfahren eingesetzt; bei medikamentös induzierter Ejaculatio retarda oder retrograder Ejakulation sollte ein Medikationswechsel erfolgen. Erfolgreiche medikamentöse Behandlungsversuche bei Anejakulation und retrograder Ejakulation wurden mit Imipramin beschrieben. 8.2.5 Gesteigertes sexuelles Verlangen und Paraphilien 5 Klinische Beobachtungen und Fallserien deuten darauf hin, dass SSRI ‒ analog zur Wirkung bei den verwandten obsessiven Erkrankungen ‒ in
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
höheren Dosierungen sowohl eine Verminderung des sexuellen Verlangens bewirken als auch deviante sexuelle Phantasien und Praktiken (Paraphilien) bessern bzw. reduzieren können. 5 Es gibt Einzelfallberichte über erfolgreiche Behandlungen von gesteigert-dranghaften sexuellen Verhaltensweisen (compulsive sexual behaviour) mit Naltrexon. 5 Cyproteronacetat (Androcur®) fand sich in mehreren Studien geeignet, Hypersexualität und sexuell deviantes Verhalten zu reduzieren. Als Therapiealternative werden LHRH-Antagonisten, insbesondere Leuprorelinacetat, weiter untersucht und sind vielversprechend. Beide Präparate haben deutliche NW. 5 Klinisch wurden im Einzelfall die ansonsten unerwünschten Wirkungen von (v. a. hochpotenten konventionellen) Antipsychotika in höherer Dosierung auf Libido und sexuelle Erregbarkeit bei schwerer Hypersexualität (z. B. im Rahmen von manischen oder schizophrenen Episoden) wirksam eingesetzt. 8.2.6 Substanzinduzierte sexuelle Funktionsstörungen 5 Folgende Medikamente können Ursache einer sexuellen Funktionsstörung mit vorwiegend erektiler Dysfunktion sein: ACE-Hemmer, β-Rezeptorenblocker, Cimetidin, Clonidin, Kalziumantagonisten, Kortikosteroide, Methyldopa, Metoclopramid, Reserpin, Spironolacton, Thiazide; aus dem Kreis der Psychopharmaka sind es: Antipsychotika (KAP und AAP, s. unten), Benzodiazepine, Carbamazepin, Lithium, trizyklische Antidepressiva (TZA) und SSRI (s. unten). Als Ursache für die Erektionsstörungen wird bei den trizyklischen Präparaten die anticholinerge Komponente diskutiert. Alkohol und Nikotin führen bei chronisch hoher Einnahme zu erektiler Dysfunktion, unter Opiaten sind sexuelle Störungen häufig. Für Stimulanzien und Kokain sind insbesondere Libidosteigerungen beschrieben. 5 Priapismus kommt v. a. unter α-adrenolytischen Substanzen gehäuft vor, die häufigsten Fallbeschreibungen gibt es für Trazodon. Man nimmt an, dass α1-blockierende Effekte die sympathisch vermittelte Detumeszenz der Corpora cavernosa inhibieren. Dass auch andere Mechanismen bei Priapismus involviert sind, demonstrieren relativ häufige Fälle unter Alprostadil, seltener unter Sildenafil, SSRI und Antipsychotika ohne α1-blockierende Effekte. ! Bei anhaltender Erektion von über 4 h unverzüglich einen Arzt aufsuchen
(urologischer Notfall!).
Folgende Therapiemaßnahmen können bei sexuellen Funktionsstörungen, die unter Psychopharmaka auftreten, angewendet werden (die größten Erfahrungen bestehen für den Umgang mit unter Antidepressiva auftretenden erektilen Dysfunktionen):
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5 Beratung und Abwarten (wait and see); v. a. bei schweren sexuellen Störungen häufig nicht Erfolg versprechend. Bei unter SSRI aufgetretenen Ejakulations- und Orgasmusstörungen wurde ein Rückgang der Beschwerden bei 20–60% der Patienten nach 6 Monaten berichtet. 5 Dosisreduktion, ggf. drug holidays (wenn psychiatrisch vertretbar); ein Aussetzen der SSRI-Medikation über das Wochenende war für Sertralin und Paroxetin in einer kleinen Studie begrenzt erfolgreich. 5 Zusätzliche Gabe eines Pharmakons zur Neutralisierung oder Behandlung der pharmakogenen sexuellen Funktionsstörung (Augmentierung). − Mirtazapin (5-HT2A/C-Antagonist) in niedriger Dosis (7,5– 15 mg/d); v. a. eine 5-HT2C-Blockade scheint den günstigen Effekt zumindest bei Männern zu bewirken. Agomelatin (MelatoninRezeptoragonist, 5-HT2C-Antagonist) könnte in dieser Indikation ebenfalls wirksam sein, muss jedoch noch geprüft werden (sexuelle Funktionsstörungen liegen unter Agomelatin auf Plazeboniveau). − Bupropion (selektiver DA-NA-Wiederaufnahmehemmer, Dosierung 75–300 mg/d) kann durch SSRI bedingte sexuelle Funktionsstörungen bei Männern und Frauen bessern. − Buspiron (5-HT1A-Agonist) in einer Dosis bis 60 mg/d; für die Wirksamkeit bei krankheitsbedingten und SSRI-induzierten sexuellen Funktionsstörungen liegen erste Hinweise vor. Ob eine Langzeitwirksamkeit besteht, ist unklar (je eine plazebokontrollierte Studie mit positiven und negativen Ergebnissen). − Amantadin (NMDA-Antagonist mit prodopaminerger Wirkung, Prolaktinhemmung) in einer Dosis von 50–100 mg/d; positive Wirksamkeitshinweise bei Männern; nicht aber in einer plazebokontrollierten Studie bei Frauen. − PDE-5-Inhibitoren bei Erektionsstörungen oder andere Therapien zur Behandlung der erektilen Dysfunktion (7 8.2.2). Für Sildenafil liegen Studien zum Wirksamkeitsnachweis auch bei medikamentös induzierter erektiler Dysfunktion vor. Darüber hinaus verbesserten sich parallel zur Besserung der erektilen Funktion auch depressive Symptomatik und Lebens- sowie Partnerschaftsqualität. 5 Positive Ergebnisse zeigten sich bei folgenden Substanzen, ohne dass eindeutige Empfehlungen ausgesprochen werden können: − mACh-Agonisten (Betachenol, Carbachol) können über Steigerung der NO-Synthase-Aktivität und cGMP-Erhöhung im Corpus cavernosum zu einer Verbesserung der erektilen Funktion führen. − Cyproheptadin, ein nichtselektiver 5-HT-Rezeptorantagonist und H1-Antagonist (Peritol) kann wie andere 5-HT2C-blockierende Substanzen (Mianserin, Mirtazapin) zu einer Aufhebung SSRI-induzierter sexueller Störungen führen (v. a. Orgasmusstörungen); neben den stark sedierenden Wirkungen sind auch Verschlechterungen (v. a. depressiver Symptome) möglich.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
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− Für Yohimbin (α2-Antagonist) liegen positive Fallberichte bei Anorgasmie unter SSRI-Behandlung vor, allerdings wird vom Einsatz bei Patienten mit komorbider Panikstörung, Unruhe oder arterieller Hypertonie abgeraten. − Ginkgo-Extrakte und Stimulanzien (Methylphenidat, Pemolin) zeigten positive Wirkungen bei der Behandlung SSRI-induzierter sexueller Störungen. 5 Bei anhaltenden sexuellen Störungen unter Antidepressiva sollte ein Umsetzen erwogen werden, vorzugsweise auf Mirtazapin oder Moclobemid (bei einem Teil der Patienten wird dann allerdings nicht mehr der erwünschte antidepressive Effekt erreicht), ggf. auch auf Bupropion unter Beachtung der Risiken und NW.
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Sexuelle Funktionsstörungen unter Antidepressiva
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5 Große Beobachtungsstudien haben ergeben, dass sexuelle Störungen aller 3 Funktionsebenen unter Antidepressiva in unterschiedlicher Prävalenz auftreten (. Tab. 8.1). 5 Priapismus wurde häufiger bei Trazodon beobachtet, aber auch bei TZA und anderen Antidepressiva mit α1-adrenolytischer Wirkung, in Einzelfällen unter Behandlung mit SSRI. Im Einzelfall sind unter α-blockierenden Substanzen (v. a. Trazodon) auch schmerzhafte Schwellungen der Klitoris (klitoraler Priapismus) aufgetreten. 5 Die angenommenen Mechanismen bei der Entstehung antidepressivainduzierter sexueller Funktionsstörungen sind gleichzeitig Ansatzpunkte für deren Behandlung: − Stimulation der 5-HT2- und 5-HT3-Rezeptoren (SSRI und andere Antidepressiva), − anticholinerge Wirkungen (ACh-Rezeptorblockade) (TZA u. a.), − NO-Synthase-Blockade (z. B. Paroxetin, mehr als andere SSRI), − Prolaktinerhöhung (geringgradig unter SSRI und anderen Antidepressiva), − D2-antagonistische Wirkung (v. a. Trimipramin, Clomipramin). 5 Es gibt bei antidepressivainduzierten sexuellen Störungen keinen empirisch validierten Behandlungsalgorithmus; daher ist es besonders wichtig, im Einzelfall unter Einbeziehen psychotherapeutischer Möglichkeiten eine Behandlungsstrategie zu entwickeln. 5 Bei Frauen zeigen sich statt Erektions- und Ejakulationsstörungen v. a. verminderte Erregbarkeit und reduziertes Orgasmuserleben.
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Sexuelle Funktionsstörungen unter Antipsychotika 7 3.6.2
5 Unter Antipsychotika sind sexuelle Störungen häufig (40–70%), hierfür werden v. a. direkte D2-antagonistische Wirkungen (z. B. auf das
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8.2 · Indikationen
. Tab. 8.1 Sexuelle Funktionsstörungen unter Antidepressiva beim Mann Antidepressiva
Erektionsstörungen
Ejakulationsstörungen
Andere sexuelle Funktionsstörungen
Bemerkungen
TZA
Häufig
Häufig Ejakulationsverzögerung (v. a. Clomipramin)
Verminderte Libido
SSRI
Gelegentlich
Häufig Ejakulationsverzögerung
Verminderte Libido
Zumindest eine sexuelle Funktionsstörung bei 50–70% der Patienten
Venlafaxin
Häufig
Häufig Ejakulationsverzögerung
Verminderte Libido
Duloxetin
Häufig
Ejakulationsverzögerung
Verminderte Libido
u. U. etwas geringeres Risiko als unter SSRI
Reboxetin
Häufig
Häufig schmerzhafte Ejakulationen, verzögerte Ejakulation, selten Spontanejakulationen, retrograde Ejakulation, 7 8.2.4. Therapie
Eher Libidoverbesserung
Zumindest eine sexuelle Funktionsstörung bei 20–30% der Patienten
Mirtazapin
Eher Besserung
Eher Besserung
u. U. Libidominderung
Bupropion
Eher Besserung
Selten Verkürzung der Ejakulationslatenz
Eher Libidosteigerung, Orgasmusverbesserung
Moclobemid
Eher Besserung
Nicht bekannt
Nicht bekannt
Agomelatin
Keine Veränderung
Eher Besserung
Nicht bekannt
Trazodon u. a. TZA
Eher Aktivierung
Selten Priapismus
Nicht bekannt
Geringes Risiko für sexuelle Funktionsstörungen (5–20%, Plazeboniveau)
α1-Antagonismus mit erhöhtem Risiko für Priapismus
Die Prävalenz sexueller Funktionsstörungen ist stark methodenabhängig; auch bei unbehandelten Gesunden sind sexuelle Funktionsstörungen altersabhängig häufig, bei depressiven Patienten schweregradabhängig mit 25–100% sehr häufig. TZA trizyklische Antidepressiva, SSRI selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
Reward-System) und die D2-antagonistisch vermittelte Prolaktinerhöhung durch viele Antipsychotika verantwortlich gemacht. Während bei unbehandelten Schizophrenien v. a. Störungen von Libido und sexuellem Erleben auftreten, werden unter Behandlung mit Antipsychotika auch Erektionsstörungen häufig berichtet. Sexuelle Funktionsstörungen sind ein wichtiger Aspekt der reduzierten Lebensqualität unter Antipsychotika und werden als ein häufiger Grund für Non-Compliance angenommen. Studien zum Vergleich von konventionellen (KAP) und atypischen Antipsychotika (AAP, einschließlich Clozapin) haben die zu erwartenden Vorteile für AAP nicht konsistent belegen können. In einer großen prospektiven Studie zum Vergleich von Haloperidol und Clozapin ergaben sich keine Unterschiede bei der Inzidenz sexueller Funktionsstörungen und auch keine Zusammenhänge mit der Compliance der Patienten, während andere offene Studien Vorteile für Clozapin gegenüber KAP und Risperidon berichteten. Während hochpotente KAP und dosisabhängig Risperidon, selten Olanzapin, insbesondere aber Sulpirid und Amisulprid, eine deutliche Prolaktinerhöhung (D2-Antagonismus) mit einer relativen Häufung von assoziierten Störungen hervorrufen (v. a. Zyklusunregelmäßigkeiten, Amenorrhö, Galaktorrhö bei Frauen, Gynäkomastie und Libidostörungen bei Männern), sind durch H1-Blockade (Sedierung), anticholinerge und adrenolytische Wirkungen Störungen von Libido, Erektion und Erleben auch ohne Prolaktinerhöhung bei anderen Antipsychotika erklärbar. Unter Risperidon (2–3 mg) und Sertindol gibt es Fallbeschreibungen über Ejakulationshemmung und reduziertes Ejakulationsvolumen nach 1- bis 2-wöchiger Einnahme. Priapismus kommt selten bei Antipsychotika vor, v. a. bei α1-blockierenden Substanzen wie z. B. Chlorpromazin und Thioridazin, aber auch Clozapin (mehrere Fälle) und Olanzapin, in Einzelfällen bei Risperidon, Ziprasidon und anderen Antipsychotika. Vergleichbar mit dem Vorgehen bei sexuellen Störungen unter Antidepressiva kann folgender Algorithmus vorgeschlagen werden, ohne dass eine empirische Prüfung erfolgt wäre: − Wenn möglich, zunächst eingehende Beratung und Abwarten. − Wenn psychopathologisch vertretbar, bei Persistenz der sexuellen Störungen Versuch der Dosisreduktion. − Bei Auftreten von sexuellen Funktionsstörungen unter Antipsychotika kann die Prolaktinbestimmung im Plasma (in der Regel Mehrfachbestimmungen unter definierten Bedingungen) und ggf. eine weitere Abklärung zielführend sein. Bei Therapie mit Antipsychotika, die eine Prolaktinerhöhung bewirken, sollte bei Persistieren von sexuellen Funktionsstörungen oder bei Auftreten schwerer und v. a. subjektiv nicht tolerierbarer Störungen eine Umstellung auf ein
8.3 · Präparate
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AAP ohne Prolaktinerhöhung (z. B. Aripiprazol, Quetiapin) erwogen werden. Positive Effekte wurden über eine Prolaktinsenkung mit niedrig dosierten DA-Agonisten (z. B. Amantadin, Bromocriptin, Cabergolin) beschrieben; sie sind u. a. wegen der potenziell psychotogenen Wirkung nicht generell zu empfehlen. − Bei nicht prolaktininduzierten sexuellen Funktionsstörungen kann analog zu den o. g. Maßnahmen eine Zusatzmedikation mit einem PDE-5-Inhibitor bei erektiler Dysfunktion empfohlen werden; Sildenafil hat sich bei Erektionsstörungen unter antipsychotischer Behandlung als wirksam erwiesen. 5 Ein generelles Vorgehen bei durch Antipsychotika induzierten sexuellen Störungen ist nicht etabliert, ein individuelles Vorgehen unter Berücksichtigung der psychosozialen Komponenten wird daher angeraten.
8.3
Präparate
Dapoxetin Serotoninwiederaufnahmehemmer N,N-Dimethyl-α-[(2-naphtyloxy)ethyl]benzylamin Priligy (Janssen-Cilag) Tbl. 30 mg (12 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI). 5 Nichtrelevante Wirkung auf andere Transporter oder Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption nach oraler Gabe; Bioverfügbarkeit ca. 40%. 5 Tmax = 1–2 h; t½ = 90 min (30 und 60 mg), nach 24 h sind die Plasmaspiegel < 4% von Cmax; Bioverfügbarkeit ca. 60%. 5 Extensive hepatische Metabolisierung vorwiegend über CYP2D6 und insbesondere CYP3A4 und FMO1. 5 Die zumeist inaktiven oder schwach aktiven Metaboliten sind klinisch nicht relevant. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ejaculatio praecox bei Männern zwischen 18 und 64 J. 5 Nutzen-Risiko-Abwägung vor erster Gabe und nach etwa 6 Einnahmen. ! Vor Einleitung der Therapie wird die genaue Anamnese einer orthostati-
schen Hypotonie und ein Orthostasetest empfohlen (RR und Puls liegend
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
und stehend), bei orthostatischer Reaktion in der Vorgeschichte oder im Test keine Dapoxetin-Gabe.
Dosierung 5 30 mg, max. 60 mgz. Einnahme 1–3 h vor geplanter sexueller Aktivität, keine Wiederholung innerhalb von 24 h. Nebenwirkungen Die NW entsprechen weitgehend denen anderer SSRI. Sehr häufig: Übelkeit (bei 60 mg bis zu 30%), Schwindel, Kopfschmerz. Häufig: Müdigkeit, Gähnen, Aufmerksamkeitsstörungen, Insomnie, Reizbarkeit, Angstzustände, Unruhe, anormale Träume, Tremor, Hypertonie, gastrointestinale Störungen, Tinnitus, Verschwommensehen, Nasennebenhöhlenverstopfung, Parästhesien, Hyperhidrosis, Erröten, Libidoreduktion, erektile Dysfunktion. Gelegentlich: u. a. Ejakulationsversagen, genitale Parästhesien, Libidoverlust, Orgasmusstörungen; Synkopen (in der Mehrzahl in den ersten 3 h) und orthostatische Hypotonie, Tachykardie. Sonstige Nebenwirkungen: Wie andere SSRI erhöhtes Risiko für gastrointestinale Blutungen, vergleichbar demjenigen unter einer Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern; Hyponatriämie, SIADH und zentrales Serotoninsyndrom sind grundsätzlich bei allen SSRI möglich. Kontraindikationen 5 Orthostatische Reaktionen in der Vorgeschichte, schwere Herzerkrankungen (Herzinsuffizienz NYHA II–IV, Reizleitungsstörungen, koronare Herzerkrankung, Herzklappenerkrankungen), mäßige bis schwere Leberfunktionsstörungen, schwere Nierenfunktionsstörungen, psychiatrische Erkrankungen. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH, Thioridazin. 5 Wie bei anderen SSRI kann die gleichzeitige Verabreichung zusammen mit serotonergen Substanzen (L-Tryptophan, Triptane, Tramadol, Linezolid, SSRI, SNRI, Lithium, Johanniskraut-Präparate) zum Auftreten von serotoninassoziierten Wirkungen führen. 5 Zu Kombinationen mit CYP3A4-Inhibitoren und Substraten von CYP2D6 fehlen Daten. Bewertung Erstes zugelassenes Präparat gegen Ejaculatio praecox (Ejakulationslatenz wird auf das 2- bis 3-Fache verlängert). Bei raschem Wirkungseintritt ist Dapoxetin als On-demand-Medikation geeignet (Einnahme 1–3 h vor Koitus). Fragliche Nutzen-Risiko-Relation bei relativ vielen NW und unklarem Interaktionsrisiko. Noch wenig klinische Erfahrung.
8
519
8.3 · Präparate
PDE-5-Inhibitoren Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Interaktionen sind für die 3 derzeit verfügbaren PDE-5-Inhibitoren (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil) ähnlich und werden daher für diese Gruppe gemeinsam angegeben (spezifische Aspekte s. Präparate). Nebenwirkungen Wichtigste NW . Tab. 8.2. NW sind in der Regel vorübergehend und leicht bis mittelgradig ausgeprägt, dosisabhängig. Sehr häufig: Kopfschmerzen, Flush. Häufig: Schwindel, Palpitationen, Sehstörungen (erhöhte Lichtempfindlichkeit, unscharfes Sehen), Chromatopsie (Veränderung des Farbsehens), verstopfte Nase, Dyspepsie. Gelegentlich/selten: Augenschmerzen, -rötung, nichtarteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION), Verschluss von Netzhautgefäßen, Gesichtsfelddefekte, Tachykardie, ventrikuläre Arrhythmie, Herzinfarkt, instabile Angina pectoris, Hypotonie, Hypertonie, Synkopen, zerebrovaskuläre Blutungen, transitorische ischämische Attacke, Nasenbluten, Erbrechen, Hautausschlag, prolongierte Erektion, Priapismus. Es gibt Einzelfallberichte von plötzlich auftretenden Hörstörungen (meist einseitig) und von Krampfanfällen (Sildenafil, Vardenafil) bei Einnahme von PDE-5-Inhibitoren.
. Tab. 8.2 Die wichtigsten Nebenwirkungen von PDE-5-Inhibitoren Häufigkeit (%)
Sildenafil 25–100 mg
Vardenafil 5–20 mg
Tadalafil 2,5–20 mg
Kopfschmerzen
++
++
++
Gesichtsröte (Flush)
++
++
(+)
Dyspepsie
+
(+)
++
Rhinitis (verstopfte Nase)
(+)
+
(+)
Schwindel
(+)
+
(+)
Myalgie
(–)
(–)
+
Rückenschmerzen
(–)
(–)
+
Sehveränderungen und -störungen
(+)
(+)
(–)
(–) < 1%, (+) 1–5%, + 5–10%, ++ 10–15%. Die Daten sind aus verschiedenen Studien mit unterschiedlichen Dosierungen und Patientengruppen zusammengefasst, sodass die Häufigkeiten lediglich als Anhaltspunkte dienen können.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
> CAVE
Bei einseitigem plötzlichem Sehverlust nach Anwendung von PDE-5-Inhibitoren ist die Einnahme sofort einzustellen (NAION).
Kontraindikationen 5 Patienten, denen von sexueller Aktivität abzuraten ist, v. a. mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. instabile Angina pectoris, schwere Herzinsuffizienz). 5 Hypotonie (RR < 90/50 mmHg). 5 Patienten mit kürzlich erlittenem Schlaganfall oder Herzinfarkt (< 3–6 Monate). 5 Eine aktuelle Übersichtsarbeit legt nahe, dass Sildenafil das Risiko für Herzinfarkte und einen plötzlichen Herztod bei adäquater Anwendung nicht per se erhöht. Diese Ergebnisse können auch für die anderen beiden PDE-5-Inhibitoren angenommen werden. 5 Schwere Leberinsuffizienz. 5 Relative Kontraindikationen: Anatomische Penismissbildungen (z. B. Fibrose, Morbus Peyronie), für Priapismus prädisponierende Erkrankungen (z. B. Sichelzellenanämie, Plasmozytom, Leukämie); Kombination mit anderen Behandlungen einer erektilen Dysfunktion; Gerinnungsstörungen; aktive peptische Ulzera; erhöhte Empfindlichkeit gegenüber vasodilatativen Substanzen (z. B. Multisystematrophie, Aortenstenose, obstruktive Kardiomyopathie), NAION (s. oben) in der Anamnese. Schlafapnoe-Syndrom. Interaktionen 5 Addition des blutdrucksenkenden Effekts von Antihypertensiva oder anderen Substanzen mit blutdrucksenkenden Eigenschaften möglich. 5 Erhöhung der Plasmakonzentration durch CYP3A4-Inhibitoren wie Cimetidin, Erythromycin, Indinavir, Ritonavir oder Grapefruitsaft (7 Anhang INT). 5 Mit beschleunigter Elimination und verminderter Wirkung ist bei Einnahme von CYP3A4-Induktoren, z. B. Carbamazepin, zu rechnen. > CAVE
Bei gleichzeitiger Anwendung von Nitraten (z. B. Glyceroltrinitrat) oder anderen NO-Donatoren (z. B. Molsidomin, Nitroprussid-Natrium) ist eine Potenzierung hypotensiver Effekte möglich. Von einer Kombination mit α-Adrenozeptorenblockern ist ebenfalls abzuraten.
8.3 · Präparate
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Sildenafil PDE-5-Inhibitor 1-Methyl-7-oxopropyl-6,7-dihydropyrazolpyrimidin-5-yl)-4-ethoxyphenyl] sulfonyl-4-methylpiperazin Viagra (Pfizer) Tbl. 25/ 50/ 100 mg (4, 12 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Relativ selektiver Inhibitor der PDE 5 (cGMP-Anstieg; 7 8.2.2). 5 Schwache Inhibition der PDE 6 (Retina). Pharmakokinetik 5 Tmax = ca. 1 h; t½ = ca. 4 h; Bioverfügbarkeit ca. 40%. Wirkungsdauer 4‒5 h. 5 Metabolisierung hauptsächlich über CYP3A4 und geringfügig über CYP2C9. 5 Wirksamer Metabolit: N-Desmethylsildenafil (ca. 50% der pharmakologischen Aktivität der Muttersubstanz, trägt mit ca. 20% zur Gesamtwirkung bei; t½ ebenfalls ca. 4 h). 5 Absorptionsminderung und -verzögerung durch fettreiche Mahlzeiten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Erektile Dysfunktionz jeglicher Genese, insbesondere auch bei gesicherter organischer Ursache (z. B. bei Diabetes, Rückenmarkverletzungen). 5 Sildenafil wirkt auch bei → substanzinduzierter erektiler Dysfunktion unter SSRI oder Antipsychotika. 5 Sildenafil (Revatio®) zur Behandlung der PAH. 5 Vor medikamentöser Behandlung: Diagnosestellung und Ursachenklärung, Erhebung des kardiovaskulären Status (insbesondere kardiales Risiko bei sexueller Aktivität). 5 Einnahme bei Bedarf ca. 1 h vor sexueller Aktivität. 5 Höchstens eine Bedarfsanwendung pro Tag. 5 Sildenafil wirkt nur bei sexueller Stimulation, kein pharmakologischer Effekt auf die Libido. 5 Psychotherapeutische Begleitung (bevorzugt als Paartherapie) ist anzustreben. 5 Keine Kombination mit anderen Pharmaka gegen Erektionsstörungen. Dosierung 5 Beginn mit 50 mg oral pro Bedarfsanwendung, abhängig von Wirkung und NW ggf. Dosisreduktion auf 25 mg bzw. Dosissteigerung auf bis zu 100 mgz. Höhere Dosis mit möglicherweise besserem subjektivem Effekt. 5 Startdosis bei Nieren- oder Leberinsuffizienz bei 25 mg.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
5 Bei Kombination mit CYP3A4-Inhibitoren oder α-Rezeptorenblockern Startdosis 25 mg, bei Kombination mit Ritonavir nicht mehr als 25 mg in 48 h. Nebenwirkungen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) Besonders häufig: Kopfschmerzen, Flush (Gesichtsrötung mit Wärmeemp-
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finden), Verdauungsstörungen, verstopfte Nase. Berichte über Muskelschmerzen, wenn Sildenafil häufiger als empfohlen eingenommen wurde. Kontraindikationen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) 5 Zusätzlich: Bekannte erblich bedingte Retinaerkrankung (z. B. Retinitis pigmentosa). 5 Galaktoseintoleranz, Lapp-Laktase-Mangel, Glukose-Galaktose-Malabsorption. Interaktionen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) Erhöhte Sildenafil-Plasmakonzentrationen bei Patienten > 65 J., bei Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min)und Leberinsuffizienz. Bewertung Effektives und bei Berücksichtigung von Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen gut verträgliches Medikament gegen erektile Dysfunktion mit weiterhin breitester Datenbasis unter den PDE-5-Inhibitoren.
10 Tadalafil
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PDE-5-Inhibitor 1,3-Benzodioxol-5-yl-2-methyloctahydropyrazinopyridoindol-1,4-dion
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Cialis (Lilly) Tbl. 5 mg (28 Tbl.) Tbl. 10 mg (4 Tbl.) Tbl. 20 mg (4, 8, 12 Tbl.)
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Pharmakodynamik 5 Relativ selektiver Inhibitor der PDE 5 (cGMP-Anstieg; 7 8.2.2). 5 Zusätzlich Inhibitor der PDE 11. Die Bedeutung der PDE-11-Hemmung ist im Einzelnen noch nicht bekannt; das PDE-11A-Isoenzym kommt u. a. in der Skelettmuskulatur und in den Testes vor. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; Bioverfügbarkeit unbekannt; kein Einfluss von Mahlzeiten auf die Resorption. 5 Wirkungseintritt nach etwa 30 min; Tmax = 2 h; t½ = ca. 17,5 h; daher Wirkungen bis zu 24–36 h anhaltend.
8.3 · Präparate
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5 Metabolisierung v. a. über CYP3A4 und CYP2C9; O-Methylierung durch Katechol-O-Methyltransferase; Hauptmetabolit MethylkatecholGlukuronid, wahrscheinlich ohne klinische Wirkung. 5 Ausscheidung > 60% über Faeces und etwa 35% renal. 5 Reduktion der Tadalafil-Clearance bei höherem Lebensalter (> 65 J.) um ca. 25% und bei Patienten mit Leberinsuffizienz und Niereninsuffizienz (bei Kreatinin-Clearance 30–50 ml/min Verdopplung der Plasmaspiegel von Tadalafil). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Erektile Dysfunktionz. 5 Lange Wirkungsdauer (24–36 h). 5 Tadalafil (Adcirca®) zur Behandlung der PAH. 5 Vor medikamentöser Behandlung: Diagnosestellung und Ursachenklärung, Erhebung des kardiovaskulären Status (insbesondere kardiales Risiko bei sexueller Aktivität). 5 Tadalafil wirkt nur bei sexueller Stimulation, kein pharmakologischer Einfluss auf die Libido. 5 Psychotherapeutische Begleitung (bevorzugt als Paartherapie) ist anzustreben. 5 Keine Kombination mit anderen Pharmaka gegen Erektionsstörungen. 5 Von der täglichen Einnahme über einen längeren Zeitraum wird abgeraten. Dosierung 5 Empfohlene Dosis 10 mg ½–12 h vor erwarteter sexueller Aktivität. 5 Bei ausbleibender Wirkung kann Dosis auf 20 mgz erhöht werden; maximale Einnahmehäufigkeit einmal täglich. 5 Voraussetzung für die tägliche Einnahme ist ein Ansprechen auf die Einnahme nach Bedarf und eine sehr häufige Anwendung (z. B. mindestens 2 × wöchentlich). Die empfohlene Dosis ist einmal täglich 5 mg jeweils zur etwa gleichen Tageszeit. 5 Keine Dosisanpassung bei älteren Männern oder Diabetes notwendig. 5 Bei Leber- oder Nierenfunktionsstörungen max. 10 mgz. Nebenwirkungen (s. oben, PDE-5-Inhibitoren) Häufigste: Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen, Flush (Gesichtsrötung mit Wärmeempfinden), verstopfte Nase. Zusätzlich: Rücken- oder Muskelschmerzen. Kontraindikationen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) 5 Zusätzlich (laut Hersteller): Herzinsuffizienz NYHA II innerhalb der letzten 6 Monate. 5 Galaktoseintoleranz, Laktasemangel oder Glukose-Galaktose-Malabsorption. Interaktionen (s. oben PDE-5-Inhibitoren)
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
Bewertung Effektives Medikament gegen erektile Dysfunktion mit längerer Wirkungsdauer. Wichtig ist die Berücksichtigung von Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen. Die Bedeutung der zusätzlichen PDE11-Hemmung ist weitgehend unklar. Vardenafil PDE-5-Inhibitor Methyl-4-oxo-7-propyl-3,4-dihydroimidazoltriazin-2-yl-4-ethoxyphenylsulphonyl-4-ethylpiperazin Levitra (Bayer) Tbl. 5/ 10/ 20 mg (4, 8, 12 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Relativ selektiver Inhibitor der PDE 5 (cGMP-Anstieg; 7 8.2.2). 5 Zusätzlich schwache Inhibition der PDE 6 (Retina). Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption, Bioverfügbarkeit etwa 15%. 5 Fettreiche Mahlzeiten (> 50% Fettgehalt) können die Resorption von Vardenafil verzögern. 5 Zumindest 3 pharmakologisch aktive Metaboliten (M1, M4, M5) (primärer Hauptmetabolit M1 t½ = 4 h, ebenfalls selektiver PDE-5-Inhibitor). 5 Tmax = ca. 1 h; t½ = ca. 4–5 h. 5 Vardenafil wird hauptsächlich in der Leber durch CYP3A4 mit geringer Beteiligung von CYP2C9 metabolisiert und zu > 90% über die Faeces ausgeschieden. 5 Pharmakokinetik bei Leber-und Niereninsuffizienz 7 14.3.7 und 7 14.4.7. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Erektile Dysfunktionz. 5 Vor medikamentöser Behandlung: Diagnosestellung und Ursachenklärung, Erhebung des kardiovaskulären Status (insbesondere kardiales Risiko bei sexueller Aktivität). 5 Vardenafil wirkt nur bei sexueller Stimulation, kein pharmakologischer Einfluss auf die Libido. 5 Psychotherapeutische Begleitung (bevorzugt als Paartherapie) ist anzustreben. 5 Die Kombination mit anderen Pharmaka gegen Erektionsstörungen ist nicht untersucht und sollte vermieden werden. 5 Maximale Einnahmehäufigkeit einmal täglich.
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8.3 · Präparate
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Dosierung 5 Empfohlene Standarddosis 10 mg, abhängig von Wirkung und NW ggf. Dosisreduktion auf 5 mg bzw. Dosissteigerung auf bis zu 20 mgz. 5 In höherem Lebensalter und bei leicht bis mäßig eingeschränkter Leberfunktion oder stark eingeschränkter Nierenfunktion: Initialdosis 5 mgz. 5 Bei gleichzeitiger Anwendung von Erythromycin: 5 mg nicht überschreiten. 5 Empfohlener Einnahmezeitpunkt ca. 25 min bis 1 h vor angestrebter sexueller Aktivität. Nebenwirkungen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) Häufigste: Kopfschmerzen, Flush (Gesichtsrötung mit Wärmeempfinden),
Verdauungsstörungen, verstopfte Nase. Kontraindikationen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) 5 Zusätzlich: Dialysepflichtige Niereninsuffizienz, Kombination mit starken CYP3A4-Inhibitoren (Ritonavir, Indinavir, Itraconazol und Ketoconazol) bei Männern > 75 J.; bekannte erblich bedingte Retinaerkrankung (z. B. Retinitis pigmentosa). Interaktionen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) Bewertung Effektives Medikament gegen erektile Dysfunktion. Wichtig ist die Berücksichtigung von Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen. Yohimbin α2-Adrenozeptorantagonist Yocon-Glenwood (Glenwood) Tbl. 5 mg (50, 100)
Yohimbin Spiegel (DESMA) Tbl. 5 mg (30, 100)
Dosierung 5 3 × 5–10 mg/dz für 6‒8 Wochen oder on demand 10–15 mg etwa 1 h vor der gewünschten sexuellen Aktivität. Bewertung Aufgrund der begrenzten Wirksamkeit und möglicher NW (häufig Unruhe, Zittern, Palpitationen, Ängstlichkeit, Schlafstörungen) keine Alternative zu PDE-5-Inhibitoren. Trotz Zulassung bei erektiler Dysfunktionz allenfalls bei leichtgradigen Störungen und fehlenden Alternativen empfehlenswert. Risiko der hypertonen Kreislaufreaktionen.
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9
Medikamente zur Behandlung von Essstörungen 9.1
Übersicht
Unter Essstörungen werden persistierende Störungen des Essverhaltens verstanden, die zu einer veränderten Nahrungsaufnahme führen und damit die körperliche Gesundheit und die psychosoziale Funktionsfähigkeit beeinträchtigen. Zentrale und periphere Auswirkungen der veränderten Energiezufuhr tragen zur Aufrechterhaltung des pathologischen Essverhaltens bei und können komorbide psychische Störungen verstärken. Ein Maß für das relative Körpergewicht ist der Body-Mass-Index (BMI: Körpergewicht [kg] dividiert durch das Quadrat der Körpergröße [m2]). Es gibt vier Essstörungen, die neben der internistischen Basistherapie auch im Rahmen der psychiatrischen Pharmakotherapie behandelt werden können: Anorexia nervosa (Magersucht, AN), Bulimia nervosa (Ess-BrechSucht, BN), Binge-Eating-Störung (BES) und Adipositas. Gewichtszunahme ist daneben eine häufige Nebenwirkung von verschiedenen Psychopharmaka (7 9.2.5 und . Tab. 9.1). Die Behandlung der AN (7 9.2.1), der BN (7 9.2.2) und der BES (7 9.2.3) kann indikationsabhängig aus einer Kombination von Psychotherapie (vorwiegend kognitive Verhaltenstherapie ‒ KVT, aber auch interpersonelle Psychotherapie ‒ IPT) und einer medikamentösen Behandlung bestehen. Die Adipositas (7 9.2.4) ist eine primär internistische Erkrankung, die jedoch zentralnervös mitreguliert wird und mit psychischen Problemen einhergehen kann (z. B. Anpassungsstörungen, Impulskontrollstörungen). Deshalb erfordern die für die Adipositas neu zugelassenen Präparate eine Besprechung in der psychiatrischen Pharmakotherapie. Patienten mit Essstörungen berichten oft über somatische Symptome, wenn sie einen Arzt aufsuchen, ohne ihr Essverhalten zum Thema zu machen. Es gibt aber eine Vielzahl von körperlichen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten, die auf eine unerkannte Essstörung hinweisen: Wachstumsstörungen, große Schwankungen des Körpergewichts, Unfähigkeit zur Gewichtszunahme, rasche Erschöpfbarkeit, Obstipation oder Diarrhö, Neigung zu Knochenbrüchen, verspätete Menarche, Hypokaliämie, Hyperphosphatämie, metabolische Azidose oder Alkalose, hohe Amylaseserumkonzentrationen, veränderte Essgewohnheiten, Schwierigkeiten der Nahrungsaufnahme im sozialen Kontext, Abneigung gegen Messung des Gewichts, Drogenabusus, exzessive körperliche Betätigung und häufiges Durchführen von Diäten bereits in frühem Alter. In der strukturellen Bildgebung findet sich bei AN nicht selten eine Pseudoatrophia cerebri.
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
Essstörungen erfordern immer eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. Die Medikamente sollten im Rahmen eines multimodalen Gesamtbehandlungsplans verordnet werden.
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Regulation der Nahrungsaufnahme Die Nahrungsaufnahme wird auf unterschiedlichen Ebenen gesteuert, und zahlreiche Neuropeptide sind an der Regulation beteiligt, welche durch komplizierte Regelkreise miteinander verknüpft sind. Der Hypothalamus spielt eine zentrale Rolle in der Regulation des Körpergewichts. Er integriert Signale über den Ernährungszustand und die Nahrungszufuhr aus der Körperperipherie und moduliert Nahrungsaufnahme und Energieverbrauch. Ein orexigenes, also zu Hunger und Nahrungsaufnahme führendes Signal, ist das im Magen gebildete Ghrelin. Anorexigene Signale des Körpers stellen Glukose, das Pankreashormon Insulin und das Fettgewebshormon Leptin dar. Im Hypothalamus sind der Nucleus arcuatus, der Nucleus paraventricularis und der laterale Hypothalamus von besonderer Relevanz für die Gewichtsregulation. Der Nucleus arcuatus integriert die ankommenden humoralen Signale von Glukose, Insulin, Leptin, Ghrelin und weiteren Hormonen und Energieträgern und setzt sie in neuronale Signale um. Die Neurone des Nucleus arcuatus innervieren Nervenzellen im Nucleus paraventricularis und im lateralen Hypothalamus, wo eine Weiterverarbeitung der Signale erfolgt. Zu dieser Informationsweitergabe enthält der Nucleus arcuatus zwei Typen von Neuronen, die als Gegenspieler fungieren. Der eine Typ, der die Neurotransmitter Neuropeptid Y (NPY) und Agouti-relatedPeptid (AgRP) ausschüttet, wirkt orexigen. Der andere Neuronentyp produziert das Melanozytenstimulierende Hormon (α-MSH) und das cocaine and amphetamine regulated transcript (CART) und wirkt anorexigen. Diese orexigenen und anorexigenen Signale werden vom Nucleus paraventricularis und dem lateralen Hypothalamus in den Hirnstamm übermittelt, der die Botschaften in die Körperperipherie weiterleitet. In dieses Regelsystem greifen die Neurotransmitter Histamin, Serotonin, Dopamin, Noradrenalin, Glutamat und Acetylcholin modulierend ein.
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9.2
16
9.2.1 Anorexia nervosa AN tritt bei ca. 0,5% der Bevölkerung auf, wobei Frauen etwa 10-mal häufiger betroffen sind (der Altersgipfel liegt bei Mädchen bei 17–18 Jahren, bei Jungen bei 12 Jahren, Erstmanifestationen nach dem 40. Lebensjahr sind selten, aber möglich). Die Mortalitätsrate ist mit 0,56% pro Jahr sehr hoch. Es besteht eine hohe Komorbidität mit depressiven Störungen. Die monomorphe Symptomatik bereitet differenzialdiagnostisch kaum Schwierigkeiten, zur Ätiopathogenese existieren jedoch nur Hypothesen. Die AN ist eine
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Indikationen
9.2 · Indikationen
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oft chronische, rezidivierende Erkrankung. Wahrscheinlich spielt für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung die psychobiosoziale Interaktion (genetische, neurochemische, psychosoziale Faktoren) eine wichtige Rolle. Hauptkriterien für die Diagnose sind: Körpergewicht unter 85% der Norm (bzw. ein BMI ≤ 17,5); intensive Furcht vor einer Gewichtszunahme; gestörte Körperwahrnehmung; Amenorrhö (primär oder sekundär). Es werden 2 Typen unterschieden: der restriktive Typ (mit Diäten und übermäßiger körperlicher Aktivität) und der bulimische Typ (mit Essattacken und/oder selbstinduziertem Erbrechen). Der Ernährungsmangel geht oft mit erheblichen körperlichen Auffälligkeiten wie Wachstumsverzögerung, Osteopenie und Niereninsuffizienz, aber auch Elektrolytstörungen, Störungen der Erregungsabläufe am Herzen und der Schilddrüsenfunktion und einer Hypercholesterinämie einher. Die multiplen hormonellen Veränderungen werden als Adaptationen an das geringe Körpergewicht gesehen. Therapie Ein primäres Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung eines aus medizinischer Sicht akzeptablen Körpergewichts. Dabei sollte die parenterale (Zwangs-)Ernährung nur den Patienten vorbehalten bleiben, die unter psychoedukativen oder verhaltenstherapeutischen Maßnahmen keine Gewichtszunahme gezeigt haben. Eine zu schnelle Gewichtszunahme kann zu generalisierten Ödemen oder – in Einzelfällen – zu einer Herzinsuffizienz führen. 5 Ziel der psychotherapeutischen Behandlung ist die Reduktion essgestörten Verhaltens. Im Rahmen eines massiven Untergewichts kann es aufgrund der defizitären kognitiven Leistungsfähigkeit schwierig sein, psychotherapeutisch mit den Patienten zu arbeiten, da hier ein Mindestmaß an Konzentrations-, Denk- und Introspektionsfähigkeit gefordert ist. Schwierigkeiten, aber zugleich psychotherapeutische Ansatzpunkte stellen die typischen Persönlichkeitszüge von Anorexiepatienten dar: Perfektionismus, Zwanghaftigkeit und ein geringes Selbstwertgefühl. Das bestuntersuchte Therapiekonzept ist die KVT. Der Fokus liegt dabei auf der Veränderung irrationaler Gedankenmuster (kognitive Umstrukturierung) und schädlicher Verhaltensweisen im aktuellen Lebenskontext der Patienten. Interventionen auf der Verhaltensebene sind das sogenannte Contract- und Kontingenzmanagement, d. h. die Arbeit mit selbstverpflichtenden Verträgen und Belohnungen, und die Figurexposition. 5 Eine effektive psychopharmakologische Therapie ist bei der AN bisher nicht gezeigt worden. 5 SSRI zeigten zwar in einigen Studien nach bereits erfolgter Gewichtszunahme einen positiven rezidivprophylaktischen Effekt, die Ergeb-
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
nisse konnten für Fluoxetin jedoch kürzlich nicht repliziert werden. Therapiestudien mit TZA und Cyproheptadin waren negativ. 5 Trotz der oft wahnhaft anmutenden Überzeugung der Patienten, übergewichtig zu sein, waren Antipsychotika bislang unwirksam. Es gibt eine einzige, in der statistischen Methodik aber fragwürdige RCT, die für Olanzapin bezogen auf Gewichtszunahme und Therapieakzeptanz Erfolg versprechend war. 9.2.2 Bulimia nervosa BN tritt bei 1–4% der Bevölkerung auf, wobei Frauen häufiger als Männer betroffen sind. Der Altersgipfel liegt bei 20–30 Jahren. Biologische Faktoren, individuelle Defizite, soziokulturelle Einflüsse und chronische Belastungen sollen eine ätiologische Rolle spielen. BN tritt oft in Zusammenhang mit affektiven Störungen und bei Patienten mit Impulskontrollstörungen, Drogenabhängigkeit, Angststörungen, dissoziativen Störungen und (anamnestischem) sexuellem Missbrauch auf. Im Gegensatz zur AN weisen die Patienten eine Hyperorexie, Hyperphagie mit starken Gewichtsschwankungen bei Normal- bis Übergewicht auf. Hauptkriterien für die Diagnose sind: rezidivierendes binge eating, d. h. Konsum einer ungewöhnlich großen Menge an Nahrungsmitteln während eines bestimmten Zeitintervalls mit Kontrollverlust (mindestens zweimal pro Woche für 3 Monate); rezidivierendes Erbrechen und exzessive körperliche Betätigung oder Fasten (mindestens zweimal pro Woche für 3 Monate); übermäßige Beschäftigung mit Essen, Figur und Gewicht; Ausschluss einer AN. Es werden 2 Typen unterschieden: der Purging-Typ (mit selbstinduziertem Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren) und der Non-Purging-Typ (ohne regelmäßiges Erbrechen/Laxanzienmissbrauch, aber mit anderen unangemessenen, einer Gewichtszunahme gegensteuernden Maßnahmen wie Fasten oder übermäßige körperliche Aktivität). Therapie 5 SSRI stellen im Falle einer psychopharmakologischen Behandlung die Therapie der 1. Wahl dar. Fluoxetin (60 mg/dz) ist sowohl in der Akutbehandlung als auch in der Rezidivprophylaxe am besten evaluiert und das einzige in Deutschland zur Behandlung der BN zugelassene Medikament (7 1.1.3). Die Dosis von 60 mg/d ist wirksamer als niedrigere Dosierungen; die positive Wirkung auf die Anzahl der Ess-BrechAnfälle scheint unabhängig von einer antidepressiven Wirkung zu sein. 5 Aus einzelnen RCT gibt es Hinweise für eine positive Wirkung von Amitriptylin, Imipramin, Fluvoxamin und Trazodon; höhere Dosen zeigten oft einen besseren Effekt. Bupropion ist trotz positiver Ergeb-
9.2 · Indikationen
5
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nisse aufgrund des erhöhten Krampfanfallrisikos relativ kontraindiziert. Es gibt eine positive Doppelblindstudie mit Ondansetron (5-HT3-Antagonist) 24 mg/d. Die relativ geringe Wirkstärke und pharmakoökonomische Aspekte lassen die Substanz bei BN nicht empfehlenswert erscheinen. Topiramat (75–200 mg/d) scheint ebenfalls wirksam und in dieser Dosierung gut verträglich zu sein. Es wurden positive Wirkungen auf Essanfälle und selbstinduziertes Erbrechen gefunden. Aufgrund seiner Wirkung auch bei BES und Alkoholabhängigkeit (zur Rezidivprophylaxe) hat es ein besseres Nutzen-Kosten-Profil als Ondansetron. Die notwendige Dauer der medikamentösen Therapie ist unklar, für Fluoxetin scheinen 24 Monate Erhaltungstherapie zur Rezidivprophylaxe günstig zu sein. Auch bei der BN sollte eine Gabe von Antidepressiva nur im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans zusammen mit einer psychotherapeutischen Intervention (KVT, IPT, Selbsthilfemanuale, Familientherapie) erfolgen. Psychotherapeutische Interventionen (für KVT am besten belegt) zeigen bei der BN eine einer medikamentösen Behandlung vergleichbare Wirksamkeit. In der Annahme additiver Effekte kann eine kombinierte psychopharmakologische und psychotherapeutische Behandlung sinnvoll sein.
9.2.3 Binge-Eating-Störung Die BES kommt etwa doppelt so häufig vor wie die BN (5–10% der Bevölkerung), wobei der Anteil der Frauen bei 60% liegt. Dieses Störungsbild ist durch den intermittierenden Verzehr großer Nahrungsmengen bei fehlender dauerhafter Beschäftigung mit der Figur gekennzeichnet und stellt (noch) kein allgemein akzeptiertes Krankheitskonzept dar. Da sich bei diesem Krankheitsbild im Gegensatz zur BN keine regelmäßigen, einer Gewichtszunahme gegensteuernden Maßnahmen finden, sind die Patienten meist übergewichtig. Es findet sich im Gegensatz zur Adipositas ohne BES eine doppelt so hohe Inzidenz von affektiven Störungen und Angststörungen, gerade bei Frauen. Hauptkriterien für die Diagnose sind: rezidivierendes binge eating; ausgeprägte Schwierigkeiten in mindestens 3 der folgenden Bereiche: sehr schneller Verzehr von Nahrungsmitteln; Essen, bis unangenehmes Völlegefühl erreicht ist; Essen, ohne hungrig zu sein; häufiges Essen ohne Gesellschaft; Ekel- oder Schuldgefühl nach einem binge; weiterhin kein rezidivierendes Erbrechen, keine exzessive körperliche Betätigung, kein Fasten; Ausschluss einer AN. Binge eating kann sowohl im Rahmen der AN als auch der BN und bei Adipositas auftreten.
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
Therapie Therapieziel ist eine möglichst vollständige Abstinenz von Binge-EatingEpisoden bzw. Reduktion der Anzahl der binges, im Fall von Übergewicht eine zusätzliche Gewichtsabnahme sowie im Hinblick auf die hohe Inzidenz von affektiven Störungen und Angststörungen eine positive Beeinflussung möglicherweise gleichzeitig vorliegender depressiver und ängstlicher Symptome. 5 Für SSRI (Fluvoxamin, Fluoxetin, Sertralin und Citalopram) gibt es gute Hinweise zur Wirksamkeit, wobei der positiven Wirkung auf die Impulskontrolle besondere Bedeutung zukommt. Außerdem haben sich 75 mg Imipramin auf das Körpergewicht und auf die Anzahl der binges als günstig erwiesen. 5 Topiramat hatte in Dosen von 100–400 mg/d eine positive Wirkung, ebenso wie Zonisamid (400 mg/d). 5 Psychotherapeutisch haben sich IPT und KVT, auch in Kombination mit Fluoxetin und Topiramat, als wirksam in Bezug auf das binge eating erwiesen; allerdings konnte kein signifikanter Effekt auf die Gewichtsabnahme gezeigt werden. 5 Nach einer Metaanalyse sind die Remissionsraten unter Antidepressiva besser als unter Plazebo, überzeugen insgesamt aber noch nicht. Es muss allerdings die oftmals hohe Dropout-Rate in Studien, eine sehr hohe Plazebo-Response sowie das Fehlen von Langzeitstudien bedacht werden. Deshalb ist zurzeit eine abschließende Beurteilung des Stellenwerts medikamentöser und psychotherapeutischer Verfahren bei BES erschwert. Bei komorbiden Ängsten oder Depressionen sind Antidepressiva immer indiziert. 9.2.4 Adipositas Adipositas ist eine häufige internistische Erkrankung (Übergewicht: BMI > 25; Adipositas: BMI > 30). Adipositas ist mit einem deutlich erhöhten Risiko für multiple internistische Begleiterkrankungen, besonders einem kardiovaskulären Risiko, verbunden. Der beste Prädiktor für ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen scheint nach heutigem Kenntnisstand der absolute Bauchumfang zu sein (Cut-off-Wert: 88 cm für Frauen, 102 cm für Männer). Der genetische Anteil an der Entwicklung dieser Störung scheint stärker zu sein, als früher angenommen wurde. So konnte für einen Polymorphismus innerhalb der kodierenden Sequenz des D2-Rezeptors (Taq1-A1-Allel), der mit einer Reduktion in der D2-Rezeptor-Dichte einhergeht, ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Adipositas nachgewiesen werden. Möglicherweise stellt die übermäßige Nahrungsaufnahme adipöser Menschen eine Kompensation für eine verminderte striatale dopaminerge Funktionalität dar, die zu einer positiven Energiebilanz und damit zur Adipositas führt.
9.2 · Indikationen
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9
Therapie 5 Medikamentöse Therapien waren lange Zeit in der Indikation Adipositas nicht zugelassen und z. T. sehr risikoreich, wie Psychostimulanzien, Laxanzien, Diuretika, L-Thyroxin oder Nikotin. Andere zentral wirksame Präparate wie Fenfluramin und Dexfenfluramin hatten den Nachteil zentralnervöser Nebenwirkungen (NW). Als auch pulmonale Hypertension und Herzklappenfehler unter der Behandlung mit Dexfenfluramin beobachtet wurden, wurden die Präparate aus dem Handel genommen. Rimonabant, ein Cannbinoid-1-Rezeptorantagonist, musste wegen erheblicher psychiatrischer NW aus dem Markt genommen werden und Sibutramin, ein kombinierter Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, wegen vermehrten Auftretens nicht tödlicher Herzinfarkte und Schlaganfälle. 5 Als Antiadiposita ist in Europa zurzeit Orlistat zugelassen, ein Lipasehemmer, der nur im Darm wirksam ist. 5 Zur Gewichtsreduktion nicht zugelassen (nur off label), aber möglicherweise wirksam sind die Antiepileptika Topiramat und Zonisamid, die Antidiabetika Metformin, Exenatid und Pramlintid (Pramlintid in USA zugelassen), der H2-Antagonist Nizatidin und die Antidepressiva Bupropion und Reboxetin (7 1.13). Für diese beiden Antidepressiva konnte in offenen mehrwöchigen Studien in der für diese Antidepressiva üblichen Dosis gezeigt werden, dass sie die Gewichtszunahme unter Olanzapin abschwächen. Die größte Evidenz für eine Gewichtsreduktion liegt für Topiramat (nur zur Migräneprophylaxe zugelassen) vor. In einer Studie über 12 Wochen führte es zu einer Reduktion des Körpergewichts um 2,5 kg. Sehr häufige NW von Topiramat sind Müdigkeit, Schwindel, Parästhesien, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Geschmacksveränderung und Durchfall; selten sind Nephrolithiasis, Leberfunktionsstörungen, akute Myopie, sekundäres Winkelblockglaukom und metabolische Azidose und affektive Störungen (Cave: erhöhtes Risiko für Suizidalität 7 Kap. 2, Box 9) 5 Zur kurzzeitigen gewichtsreduzierenden Anwendung bis zu 12 Wochen sind in den USA die Sympathomimetika Benzphetamin, Diethylpropion, Phendimetrazin und Phentermin zugelassen. 5 In der klinischen Prüfung als Antiadipositum befinden sich der Monoaminwiederaufnahmehemmer Tesofesin, der CB1-Rezeptorantagonist Taranabant, das Peptid YY3-36 (ein Produkt enteroendokriner Zellen), der Pankreaslipasehemmer Cetilistat, der 5HT2C-Agonist Lorcaserin und das GLP1-Analogon Liraglutid. 5 In Einzelfällen (BMI > 40) werden auch operative Maßnahmen (z. B. gastric banding) angewendet. 5 Eine medikamentöse Therapie sollte immer von verhaltenstherapeutischen (mit Selbsthilfemanualen) und diätetischen Maßnahmen begleitet werden.
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
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5 Die Nahrung sollte in erster Linie fettarm sein, wobei auch sog. Fettsimulatoren unter Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden können. Eine mögliche Alternative stellen kohlenhydratarme Diäten dar, unter denen gleichfalls günstige Effekte auf den Glukose- und Fettstoffwechsel beschrieben wurden. 5 Ein wesentliches Element der Adipositastherapie sollte der Sport sein. Dieser führt nicht nur zu einer Steigerung des Kalorienumsatzes, sondern eine Vermehrung der Muskelmasse durch Sport führt außerdem zu einer Erhöhung des Grundumsatzes, dem eine wesentliche Bedeutung für die Energiebilanz zukommt. 5 Trotz neuer medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten bleibt die Adipositasprävention höchstes Ziel.
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9.2.5
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In der psychiatrischen Pharmakotherapie hat eine Gewichtszunahme unter Psychopharmaka (. Tab. 9.1) großen Einfluss auf die medikamentöse Compliance. Eine Gewichtszunahme hat darüber hinaus gravierende Konsequenzen in Bezug auf die Lebensqualität und stellt einen Risikofaktor für die Entwicklung einer gestörten Glukosetoleranz und eines Diabetes sowie einen Risikofaktor für Karzinome (u. a. Mamma-, Prostata-, Kolonkarzinom) dar. Als zentrale Komponente des metabolischen Syndroms (7 3.6.2) geht eine abdominelle Adipositas zudem wahrscheinlich mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einher. Die einzelnen Psychopharmaka zeigen bezüglich ihrer Wirkung auf das Körpergewicht deutliche Unterschiede. Diese scheinen v. a. durch die unterschiedliche Affinität der Substanzen zum histaminergen H1-Rezeptor, aber auch durch serotonerge Mechanismen bedingt zu sein. Tendenziell führt eine Substanz zu umso mehr Gewichtszunahme, je stärker sie antihistaminerg ist. Das Ausmaß der Gewichtszunahme variiert aber nicht nur zwischen den einzelnen Substanzen, sondern auch individuell unter der gleichen Medikation in erheblicher Weise. Da die Gewichtsentwicklung zu Beginn einer Psychopharmakotherapie den weiteren Gewichtsverlauf unter diesem Medikament vorhersagt, sollte besonderes Augenmerk auf die Gewichtsveränderungen in den ersten Wochen der Therapie gerichtet werden, und es sollten bei erheblicher Gewichtszunahme Gegenmaßnahmen ergriffen oder die Medikation umgestellt werden (7 3.6.2). Bei der Auswahl eines Psychopharmakons sollte Medikamenten mit einem geringen Risiko für die Induktion einer Gewichtszunahme der Vorrang gegeben werden. 5 Patienten sollten über eine Gewichtszunahme als häufige NW unter Psychopharmaka aufgeklärt werden. Ist bei Gabe eines Psychopharmakons das Risiko einer Gewichtszunahme gegeben, sollten präventive Maßnahmen wie Ernährungsberatung, Gewichtskontrollen, strukturierte Mahlzeiten und regelmäßige körperliche Betätigung zur Anwendung kommen.
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Gewichtszunahme als Nebenwirkung unter Psychopharmaka
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9.2 · Indikationen
. Tab. 9.1 Gewichtsänderung unter Psychopharmaka Medikamente
Gewichtszunahme
Gewichtsneutral
Gewichtsabnahme
Antidementiva
–
Donepezil, Galantamin, Memantine, Rivastigmin
–
Antidepressiva
Maprotilin, Mianserin, Mirtazapin, Trazodon, TZA (insbesondere Amitriptylin)
Agomelatina, Duloxetin, Hypericum-Extrakt, MAOH, Milnacipran, SSRI (später auch geringe Zunahme, besonders unter Paroxetin), Venlafaxin
Bupropion, Reboxetin
Antipsychotika
AAP (fast alle), Phenothiazine, Thioxanthene
Amisulprid (geringes Risiko), Aripiprazol, Asenapin, Butyrophenone (geringes Risiko), Ziprasidon
–
Anxiolytika und Hypnotika
Pregabalin
Benzodiazepine, Buspiron, Opipramol
–
Medikamente zur Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
–
Acamprosat, Clomethiazol, Disulfiram, Levomethadon, Methadon, Naltrexon
Nikotin
Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
–
PDE-5-Inhibitoren
Yohimbin
Psychostimulanzien
–
–
Methylphenidat, Modafinil
Dopaminagonisten
–
L-Dopa, Pramipexol, Ropirinol
–
Stimmungsstabilisierer
Carbamazepin, Lithium, Valproinsäure
Lamotrigin
Topiramata
a
In der hier aufgeführten Indikation nicht zugelassen. AAP atypische Antipsychotika, TZA trizyklische Antidepressiva, SSRI selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer.
5 Diätetische Maßnahmen und allgemeine Maßnahmen zur Gewichtsreduktion können zur Therapie bereits erfolgter Gewichtszunahmen Erfolg versprechend sein. 5 Der zusätzliche Einsatz von gewichtsreduzierenden Medikamenten ist bei begrenzter Studienlage insbesondere beim Versagen alleiniger
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
nichtpharmakologischer Ansätze zu erwägen und sollte immer von verhaltenstherapeutischen Maßnahmen begleitet werden. 5 Die zusätzliche Gabe von Topiramat und Orlistat bei Gewichtszunahme unter Psychopharmaka hat in einzelnen Studien eine im Vergleich zu Plazebo signifikante Gewichtsreduktion erbracht, dieses Vorgehen wird aber aufgrund der möglichen NW unter Topiramat und Orlistat nicht empfohlen. Die Gewichtszunahme als NW unter Antidepressiva wird in 7 1.6 und . Tab. 1.4 (Spalte »Gewichtszunahme«) beschrieben; Bezüglich der Gewichtszunahme als NW unter Antipsychotika und ihrer Therapie 7 3.6 und . Tab. 3.4. 9.3
Präparate
7 Orlistat
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Lipasehemmer N-Formyl-L-leucin[2S-[2α(R*),3ß]]-1-[(3-hexyl-4-oxoetanyl)methyl]dodecylester Xenical (Roche) Kps. 120 mg (42, 84 Kps.)
alli (GlaxoSmithKline Consumer Healthcare) Kps. 60 mg (42, 84 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Orlistat bindet kovalent im molaren Verhältnis 1:1 über einen Serinrest an die Pankreaslipase, die im Lumen des Dünndarms blockiert wird. Diese Bindung ist praktisch irreversibel, 30% des aufgenommenen Fetts werden somit unverdaut wieder ausgeschieden. 5 Keine Wirkung auf α-Amylase, Trypsin, Chymotrypsin und Cholinesterase. Pharmakokinetik 5 < 1% der eingenommenen Dosis wird aus dem Gastrointestinaltrakt absorbiert. Die Wirkung auf die Fettverdauung beginnt nach ca. 2 Tagen, erreicht nach 4 Tagen ein Maximum und klingt 2–3 Tage nach Absetzen wieder ab. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Behandlung von Adipositasz oder Übergewichtz (BMI ≥ 28 kg/m2) bei Vorliegen begleitender Risikofaktoren bei gleichzeitiger Einhaltung einer hypokalorischen Diät im Sinne eines »Gewichtsmanagements«. Die tägliche Fettaufnahme sollte 60 g nicht überschreiten, da sonst die gastrointestinalen NW sehr ausgeprägt sein können und eine Stuhlin-
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kontinenz auftreten kann. Dies führt bei 25% der Patienten zum Abbruch der Behandlung. Die Phase der Gewichtsabnahme erstreckt sich über ca. 6 Monate, wobei es den meisten Patienten auch darüber hinaus möglich zu sein scheint, das reduzierte Gewicht unter Orlistat zu halten oder noch weiter zu reduzieren. Der langfristige Nutzen ist jedoch zweifelhaft. Orlistat in der Schwangerschaft 7 15.8. Orlistat ist als alli® in halber Dosierung wie Xenical® rezeptfrei, aber apothekenpflichtig für die Gewichtsreduktion von Erwachsenen mit BMI von mindestens 28 kg/m² zugelassen. Es soll gleichfalls nicht länger als 6 Monate eingenommen werden. Schwangerschaft und Stillzeit: kontraindiziert (keine Daten).
Dosierung 5 Xenical®: 3 × 120 mg/dz; 30–60 min vor der Nahrungsaufnahme und nicht mehr als 1 h später einnehmen. Enthält die Mahlzeit keine Fette (oder wird sie ausgelassen), kann auf die Medikation verzichtet werden. 5 alli®: 3 × 60 mg/dz. Nebenwirkungen Sehr häufig: Diarrhö, Steatorrhö, ölige Absonderungen am After, Bauchschmerzen und -beschwerden, Flatulenz, Stuhldrang, vermehrte Stühle, Kopfschmerzen, Infektionen der Atemwege, Hypoglykämie, Influenza. Häufig: Völlegefühl und Blähungen, Rektumschmerzen, Stuhlinkontinenz, Zahnbeschwerden, Harnwegsinfektion, Menstruationsbeschwerden, Abgeschlagenheit, Angstgefühle. Gelegentlich: Erhöhung der Lebertransaminasen, rektale Blutungen, Divertikulitis, Pankreatitis, Angioödem. Sonstige Nebenwirkungen: In Einzelfällen Hypertonie, schwere Leberfunktionsstörungen. Kontraindikationen 5 Chronisches Malabsorptionssyndrom, Cholestase. 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Niereninsuffizienz, ältere Patienten. Interaktionen 5 Keine pharmakodynamischen Interaktionen, weil Orlistat das Darmlumen nicht in nennenswerten Mengen verlässt. 5 Keine Kombination von Fibraten, Acarbose, Biguaniden und Ciclosporin (Senkung der Ciclosporin-Spiegel zusammen mit Orlistat; Kontrolle der Ciclosporin-Spiegel im Blut). 5 Vorsicht bei gleichzeitiger Gabe von Pravastatin.
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
5 Bei Kombination von Antikoagulanzien, z. B. Phenprocoumon, INR regelmäßig kontrollieren, denn Orlistat vermindert die Resorption von Vitamin K. 5 Die Behandlung mit Antidiabetika ist bei gleichzeitiger Gabe von Orlistat engmaschig zu überwachen. Es wurden Fälle rektaler Blutungen gemeldet. 5 Orlistat kann indirekt die Verfügbarkeit von oralen Kontrazeptiva, Schilddrüsenhormonen, Antiepileptika und Amiodaron verringern (Fälle ungewollter Schwangerschaften, Hypothyreosen und epileptischer Anfälle). Bewertung Wegen der schlechten gastrointestinalen Verträglichkeit und des fraglichen langfristigen Nutzens ist Orlistat nicht empfehlenswert. Orlistat ist vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als Lifestyle-Medikament bewertet worden und könne nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden.
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Psychostimulanzien und weitere Medikamente zur Behandlung von ADHS und Hypersomnien 10.1
Übersicht
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und Hypersomnien werden vorwiegend mit den in diesem Kapitel beschriebenen Psychostimulanzien (Methylphenidat, Amphetaminpräparate, Modafinil), Atomoxetin und Natriumoxybat behandelt (jeweilige Indikationen 7 10.3, Präparate). Deshalb ist die Behandlung der beiden Krankheitsentitäten ADHS und Hypersomnien in diesem Kapitel zusammen aufgeführt. Im Rahmen der Hypersomnien werden Narkolepsie, primäre Hypersomnie und Syndrome mit verstärkter Tagesmüdigkeit aufgrund eines gestörten Nachtschlafs voneinander abgegrenzt. Zu den letztgenannten Syndromen gehören das Schlafapnoe-Syndrom, das Restless-legs-Syndrom (7 11.2.1) und die periodic limb movement disorder (7 11.2.1). Zu unterscheiden sind weiterhin Hypersomnien bei körperlichen Erkrankungen (z. B. Hypothyreose, chronische Infektionen, entzündliche Hirnerkrankungen), substanzinduzierte Hypersomnien (z. B. Missbrauch von Benzodiazepinen) und Hypersomnien im Rahmen einer anderen psychischen Erkrankung (z. B. atypische Depression). Das Chronic-Fatigue-Syndrom wird in 7 1.4.11 besprochen. Definition
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Psychostimulanzien sind Substanzen, die die Aktivität der Nerven erhöhen, beschleunigen oder verbessern (WHO). Sie sind antriebs-, leistungs- und konzentrationssteigernd. Sie stabilisieren die Vigilanz. In höheren Dosen wirken sie oft euphorisierend.
Die Wirkmechanismen der Psychostimulanzien sind unterschiedlich. Während Methylphenidat vorwiegend die Wiederaufnahme von Dopamin (DA) und Noradrenalin (NA) in die Präsynapsen blockiert, fördert Amphetamin vorwiegend die Freisetzung von NA und DA durch eine Blockierung der Transporter und zusätzlicher Entleerung der monoaminergen präsynaptischen Vesikel. Durch die beiden Psychostimulanzien kommt es zu einer Erhöhung der intrasynaptischen DA- und NA-Konzentration. Der Wirkmechanismus von Modafinil ist noch nicht restlos geklärt. Modafinil moduliert indirekt exzitatorische (Glutamat) und inhibitorische (γ-Aminobuttersäure, GABA) Neurotransmitter. Weiterhin kommt es zu einer Zunahme von Orexin (7 5.1) und Hypocretin, die zu einer vermehrten Ausschüttung von DA,
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
NA und Serotonin im Locus coeruleus sowie einer Blockierung der Dopamintransporter führen. Kokain hemmt dagegen die Wiederaufnahme von DA, NA und Serotonin, während 3,4-Methylendioxy-N-methamphetamin (MDMA) vorwiegend die Freisetzung von Serotonin und NA fördert. Bei N-Methylamphetamin (Methamphetamin) ist das Verhältnis der NA-/DA-Freisetzung im Vergleich zu Amphetamin zugunsten von DA verschoben. Lisdexamfetamin ist eine inaktive Vorstufe von D-Amphetamin (Amphetamin + Lysin), welche im Verdauungstrakt unter Freisetzung von Amphetamin hydrolisiert und damit aktiv wird (7 10.3, Präparat), es befindet sich für Kinder und Jugendliche in klinischer Prüfung. Wirkmechanismus für Atomoxetin und Natriumoxybat 7 10.3, Präparate Risiko für Substanzmissbrauch Die Verordnung der Psychostimulanzien (Methylphenidat, Amphetamin, Modafinil) kann mit einem Risiko für einen Missbrauch verbunden sein, da sie auch als Aufputschmittel und Appetitzügler eingesetzt werden. Deshalb sollte die Indikation sehr sorgfältig gestellt werden. Abhängigkeitsrisiko unter Psychostimulanzien bei Patienten mit ADHS
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5 Eine erhöhte Prävalenz für eine Suchterkrankung ist bei Patienten mit ADHS, die mit Psychostimulanzien behandelt werden, im Vergleich zu ADHS- Patienten, die nicht mit Psychostimulanzien behandelt werden, nicht erhöht. Eine Dosissteigerung ist auch bei Dauermedikation meist nicht notwendig. 5 Generell gilt allerdings, dass Patienten mit ADHS häufiger Suchterkrankungen entwickeln, als sie in der Normalbevölkerung auftreten. 5 Katamnestische Befunde sprechen dafür, dass Kinder und Jugendliche mit ADHS, die mit Psychostimulanzien wie Methylphenidat oder Amphetaminpräparaten behandelt werden, später nicht mehr Tabak, Alkohol und illegale Drogen konsumieren. 5 Durch die lang wirksamen Methylphenidat-Präparate wird das Missbrauchsrisiko zusätzlich vermindert, da die mehrfache tägliche Einnahme von Methylphenidat aufgrund der kurzen HWZ entfällt. 5 Die verpflichtende Aufbewahrung der BtM-Rezepte für den einzelnen Patienten bietet eine Kontrollmöglichkeit des Einnahmeverhaltens. 5 Die Kontrollbedingungen im therapeutischen Setting müssen in jedem Fall sehr engmaschig sein (z. B. regelmäßiges Drogenscreening). 5 Bevor bei einer komorbiden Suchterkrankung eine kontrollierte Behandlung mit Psychostimulanzien begonnen wird, kann zunächst eine Therapie mit einem Alternativpräparat (selektiver NA-Wiederaufnahmehemmer, s. unten) begonnen werden.
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Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen ! Die FDA warnt, dass es unter Methylphenidat, Amphetaminpräparaten und
Atomoxetin zu schwerwiegenden kardiovaskulären NW wie plötzlichem Herztod bei Patienten mit gravierenden Herzproblemen oder -fehlern sowie zu Schlaganfällen und Herzinfarkten bei Erwachsenen kommen kann, wenn Risikofaktoren bestehen. Die Ableitung eines EKG wird als Empfehlung vom Grad IIa (zur Feststellung eines Risikos für einen plötzlichen Herztod – unabhängig von ADHS) eingestuft.
Neuroenhancement Drugs Durch Neuroenhancement soll die kognitive Leistung mittels Arzneistoffen verbessert und verlängert werden. Gerade die Psychostimulanzien Amphetamin, Methylphenidat, Modafinil werden zur Steigerung der Kognition (Lernfähigkeit) und Verbesserung der Aufmerksamkeit auch von Gesunden eingenommen. Weitere Substanzen, die für ein Neuroenhancement verwendet werden könnten, sind Donepezil (und andere Cholinesterasehemmer), Phosphodiesterasehemmer (Rolipram) und partielle NMDA-Rezeptoragonisten (D-Cycloserin). Grundsätzlich sollten Medikamente mit höheren Anwendungsrisiken, besonders wenn sie mit Suchtpotenzial verbunden sind, nur im Rahmen des AMG bei medizinischen Indikationen verordnet werden. Dies gilt für alle beschriebenen Psychostimulanzien dieses Kapitels. Allerdings etablieren sich Meinungen (ausgehend von einer Arbeitsgruppe der Zeitschrift Nature), die einen verantwortungsvollen Umgang mit Psychostimulanzien zum Neuroenhancement propagieren. Auch wenn ein solcher Umgang, zumindest in den USA, schon weit verbreitet ist, halten die Autoren dieses Kompendiums jedoch eine sehr kritische Bewertung des Einsatzes von Psychostimulanzien für ethisch geboten. Unabhängig von der Frage, ob Neuroenhancement gesellschaftlich angenommen werden sollte, sind die Risiken unter Psychostimulanzien ohne medizinische Indikation höher als ein möglicher Nutzen. 10.2
Indikationen
10.2.1 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen Die ADHS bzw. hyperkinetischen Störungen sind durch Aufmerksamkeitsdefizite sowie durch Hyperaktivität und Impulsivität geprägt. Häufig resultieren hieraus Komplikationen im Lernverhalten, verminderte Organisationsleistung und z. T. erhebliche Fehlanpassungen im Sozialverhalten. Die Symptomatik muss situationsübergreifend vorkommen und im Kindesalter beginnen (s. unten). Die Leitsymptome finden sich auch im Erwachsenenalter wieder, häufig prägen hier Aufmerksamkeitsdefizite, emotionale Instabilität und Impulsivität die Symptomatik. Ein desorganisierter Lebensstil wird oft
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
erst dann deutlich, wenn berufliche und familiäre Verantwortung übernommen wird. Nach ICD-10 ist zur Diagnosestellung eine Symptomatik aus Aufmerksamkeitsstörung einerseits sowie Hyperaktivität und Impulsivität andererseits gefordert. Nach DSM-IV ist eine Beeinträchtigung in einem dieser beiden Hauptbereiche zur Diagnosestellung ausreichend, denn die hyperaktive Komponente bildet sich oft zurück. Es finden sich fast immer Komorbiditäten (s. unten, ADHS und Komorbiditäten). Die neurobiologischen und genetischen Befunde sowie das pharmakologische Ansprechen bei ADHS zeigen, dass eine dopaminerge, noradrenerge und serotonerge Funktionsstörung vorliegt, die sich u. a. durch eine Hypoaktivität des frontolimbischen Systems manifestiert. ADHS im Kindes- und Jugendalter Die Behandlung der ADHS von Kindern und Jugendlichen setzt erzieherische Maßnahmen und behandlungsorganisatorische Kooperationen voraus. Sollte die Symptomatik weniger stark ausgeprägt sein, empfehlen sich verhaltenstherapeutische Maßnahmen wie z. B. soziales Kompetenztraining, Selbstinstruktionstraining und Neurofeedback. Bei externalisierenden Auffälligkeiten des Kindes in der Schule sollte eine Aufklärung und Beratung der Lehrer erfolgen. Eine Indikation zur medikamentösen Behandlung besteht dann, wenn die Symptomatik stark ausgeprägt ist und/oder psychoedukative, psychosoziale und psychotherapeutische Hilfen nicht umsetzbar oder nicht hilfreich waren. In der medikamentösen Behandlung sind die Psychostimulanzien Methylphenidat und Amphetaminpräparate Medikamente der 1. Wahl. Bei Methylphenidat stehen kurz wirksame und Retardpräparate zur Verfügung. Die Behandlung kann sowohl mit einem kurz wirksamen (Wirkung nach etwa 30 min für die Dauer von etwa 4 h) als auch inzwischen mit einem lang wirksamen Präparat begonnen werden (Wirkungsdauer 8‒12 h). Die Indikation für Retardpräparate ist dann gegeben, wenn eine verlässliche Mehrfachgabe nicht möglich ist und ein stabiler Tageseffekt auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Im Rahmen der längerfristigen Behandlung empfiehlt es sich, durch Auslassversuche die Wirksamkeit zu überprüfen. Hat sich Methylphenidat als nicht wirksam erwiesen, empfiehlt es sich, auf Amphetaminpräparate umzusteigen, welche eine ähnliche Effektstärke wie Methylphenidat haben. Pemolin (Tradon®) ist ein Psychostimulans vom Nichtamphetamin-Typ. Pemolin ist potenziell leberschädigend und darf daher nur unter engmaschiger Kontrolle der Leberfunktionsparameter durch Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie erstverordnet werden, wenn die Behandlung mit Methylphenidat und Amphetaminpräparaten erfolglos war. In der Praxis wird dieses Medikament kaum verordnet und ist in einigen Ländern vom Markt genommen worden. Die sorgfältige und regelgerechte Medikation von Methylphenidat und Amphetaminen hat bei ADHS in der Regel selten unerwünschte Wirkun-
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gen. Sie sind dosisabhängig und treten häufig nur zu Beginn der Therapie auf (aber 7 10.1). Als Medikament der 2. Wahl wird Atomoxetin angesehen, bei zusätzlich begleitenden emotionalen Auffälligkeiten gehört es auch zur 1. Wahl. Atomoxetin ist zur Behandlung von ADHS im Kindes- und Jugendalter zugelassen und nach den Psychostimulanzien die am besten untersuchte Substanz mit guter Evidenzlage. Atomoxetin kann teilweise eine assoziierte Tic-Störung lindern, die durch Psychostimulanzien eher verstärkt wird. Clonidin (7 7.3, Präparat) ist zurzeit noch als Medikament der 3. Wahl anzusehen, obwohl die Studienlage inzwischen vielversprechend ist. TZA (Imipramin) und Antipsychotika sind weitere Medikamente der 3. Wahl. Aus einer großen pharmakologisch-psychotherapeutischen Kombinationsstudie zu ADHS bei Kindern und Jugendlichen ist abzuleiten, dass sowohl die Kombination aus Psychostimulanzien und einer intensiven psychosozialen, verhaltenstherapeutisch orientierten Intervention als auch die alleinige Psychostimulanzienmedikation signifikant wirksamer waren als eine alleinige intensive psychosoziale, verhaltenstherapeutisch orientierte Intervention. Nach über 10 Jahren Beobachtung haben sich dann allerdings die Effekte der Behandlungsgruppen angeglichen. Die Ergebnisse von Metaanalysen zeigen, dass die Kombination aus Medikation und Verhaltenstherapie am effektivsten zur Behandlung von ADHS ist. ADHS im Erwachsenalter Der Gesamtbehandlungsplan enthält für das Erwachsenenalter ebenfalls multimodale Komponenten. Psychoedukative, psychosoziale, psychotherapeutische und medikamentöse Interventionen sollten individuell abgestimmt werden. Die psychotherapeutischen Ansätze basieren zumeist auf verhaltenstherapeutischen Prinzipien. Bewährt haben sich die Vermittlung von Lernstrategien, Selbstinstruktionsprogramme, Aufmerksamkeitstrainings, familiäres und soziales Interaktionstraining, Aufbau des Selbstwertgefühls und Gruppentherapien. Gruppentherapien zur Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter basieren vorwiegend auf Bausteinen der dialektisch-behavioralen Therapie (DBT) und der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Schlafdefizite sind zu vermeiden. In einer Studie hat sich gezeigt, dass die Kombination aus Psychotherapie und Medikation effektiver als die alleinige medikamentöse Behandlung war. 5 In den letzten Jahren wurden in der medikamentösen Therapie der ADHS auch bei Erwachsenen positive Erfahrungen (bis zu 80%) mit Psychostimulanzien gemacht. Die Wirksamkeit erstreckt sich sowohl auf die Kernsymptome Hyperaktivität, Impulsivität und Aufmerksamkeitsdefizite als auch auf die komplexen Begleitsymptome wie Stimmungsschwankungen und Desorganisation. Die meisten Erfahrungen liegen in der Erwachsenenbehandlung innerhalb der Gruppe der Psychostimulanzien mit Methylphenidat vor; es gilt als Mittel der 1. Wahl
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
bei der Therapie von Erwachsenen mit ADHS. Methylphenidat ist zur Behandlung von Erwachsenen nicht zugelassen. In einigen Ländern (z. B. USA) sind bereits verschiedene Methylphenidat-Präparate für Erwachsene zugelassen. Grundsätzlich kann auch die Behandlung mit anderen Psychostimulanzien wie D-Amphetamin oder D,L-Amphetamin erwogen werden (Zulassungsstatus wie Methylphenidat). Erwachsene benötigen im Vergleich zu Kindern in der Regel eine auf das Körpergewicht bezogene geringere Dosis von Psychostimulanzien. Die Präparate müssen oft langfristig verordnet werden; es ist ein mindestens jährlicher kontrollierter Auslassversuch durchzuführen. Der selektive NA-Wiederaufnahmehemmer Atomoxetin ist inzwischen gut untersucht und reduziert Impulsivität, Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung. Ein Abhängigkeitspotenzial besteht nicht. Atomoxetin gilt als Mittel der 2. Wahl, bei zusätzlicher begleitender emotionaler Auffälligkeit auch als 1. Wahl (off label). Antidepressiva mit einem noradrenergen Wirkmechanismus wie Bupropion, Nortriptylin, Reboxetin und Venlafaxin sind in der Regel medikamentöse Mittel der 2. Wahl in der Behandlung von ADHS bei Erwachsenen. Auch die MAOH (Moclobemid, Selegilin, Tranylcypromin) gehören dazu. Die Dosierungen liegen in Bereichen der antidepressiven Behandlung, es sollte in jedem Fall zunächst mit einer niedrigen bis mittleren Dosierung begonnen werden, um die Ansprechrate zu überprüfen. Die Kominbation von Psychostimulanzien und SSRI sollte nur in Ausnahmefällen verordnet werden, da sich im Tierversuch gezeigt hat, dass diese Kombination ein ähnliches Verhalten wie es Kokain (Wiederaufnahmehemmung von DA, NA und Serotonin) verursacht, hervorruft, d. h., dass durch die Hinzunahme eines SSRI die Suchtgefahr durch Psychostimulanzien steigen könnte. Weiterhin gibt es zu den Antihypertensiva Clonidin und Guanfacin positive Berichte. Der Wirkmechanismus wird in einer α2-Adrenozeptor-agonistisch vermittelten Aktivität vermutet. Sie sind als Mittel der 3. Wahl einzugruppieren. Guanfacin ist bereits in den USA für Kinder und Jugendliche mit ADHS zugelassen. Modafinil zeigte in Untersuchungen zur ADHS eine gute Wirksamkeit, insbesondere bei kognitiven Störungen. Die vorliegenden Daten rechtfertigen den Einsatz dieser Substanz als Präparat der 3. Wahl, aber off label, bei ADHS im Erwachsenenalter. Keine Substanz ist zurzeit zugelassen, um eine im Erwachsenenalter neu diagnostizierte ADHS zu behandeln.
ADHS und Komorbiditäten Komorbiditäten bei ADHS treten besonders häufig mit Störungen des Sozialverhaltens, Teilleistungsstörungen, Tic-Störungen, Persönlichkeitsstörun-
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gen (v. a. antisoziale Persönlichkeitsstörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung), Alkohol- und Substanzmissbrauch bzw. -abhängigkeit, Angsterkrankungen und affektiven (v. a. depressive) Störungen auf. Bei bis zu zwei Dritteln der betroffenen Kinder und Jugendlichen persistieren die Symptome bis ins Erwachsenenalter hinein. 5 Bei Patienten mit ADHS und Störung des Sozialverhaltens bzw. dissozialer Persönlichkeitsstörung ist eine Therapie mit Psychostimulanzien wirksam. Bei ausgeprägter begleitender Störung des Sozialverhaltens mit Impulskontrollstörung kommt eine Therapie mit dem Antipsychotikum Risperidon (auch in Kombination mit einem Psychostimulans) in Betracht. 5 Tics treten bis zu 30% assoziiert mit ADHS auf. Unter der Medikation von Methylphenidat kann es zur Verstärkung einer bestehenden Tic-Symptomatik oder zum Neuauftreten kommen. Ist aufgrund des Schweregrades der ADHS eine Therapie mit Psychostimulanzien unverzichtbar, so ist es möglich, die Tics spezifisch medikamentös zu behandeln (7 11.2.2). 5 Methylphenidat wirkt auch auf die Kardinalsymptome der ADHS bei Patienten mit Intelligenzminderung. Bei geistiger Behinderung mit höherem Schweregrad wird oft keine Wirkung gesehen, oder es treten paradoxe Wirkungen auf. 5 Der Einsatz von Methylphenidat kann bei Patienten mit komorbiden Suchterkrankungen erwogen werden, wenn die ADHS zur Suchterhaltung eindeutig beiträgt. 10.2.2 Narkolepsie Bei Narkolepsie zeigen das Schlaf-Wach-Verhalten über 24 h sowie die Schlafarchitektur mehrere Auffälligkeiten. Hauptsymptome sind erhöhte Tagesmüdigkeit mit imperativen Einschlafattacken und Kataplexie (Verlust des Tonus der Skelettmuskulatur infolge affektiver Auslenkung wie Freude oder Ärger). Neben der Kataplexie können weitere Symptome wie hypnagoge Halluzinationen beim Einschlafen oder Schlaflähmung (bei Aufwachereignissen andauernde Muskelatonien) als Zeichen dissoziierten REMSchlafs auftreten. Im Schlaf-EEG dieser Patienten finden sich häufig sog. Sleep-onset-REM-Episoden, d. h. Episoden von REM-Schlaf innerhalb der ersten 10 min nach Schlafbeginn, häufiges Erwachen und eine Fragmentierung des REM-Schlafs. Im multiplen Schlaflatenztest finden sich sehr kurze Schlaflatenzen und häufig Sleep-onset-REM-Episoden. Über 98% der kaukasischen Narkolepsiepatienten weisen das HLA-Merkmal DQB1*0602 auf. In der Pathophysiologie spielt ein erworbenes, wahrscheinlich vollständiges Versiegen der Produktion der Neuropeptide Orexin-A und -B die Schlüsselrolle (7 5.1). Häufig bestehen bei Patienten mit Narkolepsie zusätzlich ein Einschlafapnoe-Syndrom, eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung, ein Periodic-leg-movement-Syndrom und ein depressives Syndrom.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
5 Therapeutisch sind zunächst Verhaltensmaßregeln indiziert. Es ist ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus und ein stabiles Lebensumfeld anzustreben. Durch regelmäßige Ruhe- und Schlafpausen kann Einschlafattacken vorgebeugt werden. Monotone Arbeitstätigkeiten sind zu meiden. 5 Modafinil ist das Mittel der Wahl zur Behandlung einer Narkolepsie. Armodafinil, das länger wirksame (R)-Enantiomer von Modafinil, ist in den USA zur Behandlung der Narkolepsie zugelassen und ist ähnlich wirksam. Beide Substanzen führen zu einer deutlichen Verbesserung von Einschlafattacken und Tagesmüdigkeit, haben allerdings nur eine geringe Wirkung auf die Kataplexie, weswegen zumeist eine medikamentöse Kombinationstherapie (z. B. mit Antidepressiva) notwendig ist. Modafinil zeigt klinisch nur geringe Anzeichen von Toleranz- und Abhängigkeitsentwicklung. 5 Methylphenidat ist trotz seiner Zulassung bei der Narkolepsie nur Medikament 2. Wahl (Zulassung gilt nur für Ritalin®); dies gilt auch für die Amphetaminpräparate (Off-label-Verordnung). 5 Mit Natriumoxybat steht jetzt erstmals ein Medikament zur Verfügung, das gleichzeitig gegen alle 3 Hauptsymptome der Narkolepsie (Kataplexie, Tagesschläfrigkeit und gestörter Nachtschlaf) wirksam ist. Es hat als einzige Substanz eine Zulassung zur Behandlung der Kataplexie und entwickelt keinen Rebound-Effekt der Kataplexien. Allerdings besteht ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Diejenigen narkolepsietypischen Symptome, die REM-Schlaf-Äquivalente sind (Kataplexie, hypnagoge Halluzinationen, Schlaflähmung) lassen sich durch den REM-Schlaf supprimierende Antidepressiva (Clomipramin, Fluoxetin, Imipramin, Paroxetin, Reboxetin, Tranylcypromin, Venlafaxin) günstig beeinflussen. Von diesen ist nur Clomipramin speziell für die Behandlung der Narkolepsie zugelassen. Nur für wenige Substanzen liegen kontrollierte Studien zur Wirksamkeit vor. Allerdings ist die positive Wirkung von Clomipramin, Imipramin, Reboxetin und Venlafaxin so offenkundig, dass es bezüglich der Wirksamkeit keines qualitativen Nachweises bedarf. Generell sind geringere Dosen, als sie zur antidepressiven Behandlung erforderlich sind, ausreichend. Das Absetzen von Antidepressiva kann zu einer deutlichen Zunahme der Häufigkeit von Kataplexien bis hin zum sog. Status cataplecticus führen. 10.2.3 Primäre Hypersomnie Hauptmerkmal der primären (idiopathischen) Hypersomnie ist eine übermäßige Schläfrigkeit mit verlängertem nächtlichem Schlaf und Aufwachschwierigkeiten oder mit unbeabsichtigten und wenig erholsamen Schlafepisoden am Tag. Eine seltene Variante stellt das Kleine-Levin-Syndrom dar, bei dem rezidivierend in den Phasen mit vermehrter Tagesschläfrigkeit
10.2 · Indikationen
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noch weitere Verhaltensauffälligkeiten hinzutreten, z. B. sexuelle Enthemmung und übermäßiges Essen. 5 Die Therapie der Tagesmüdigkeit bei der primären Hypersomnie entspricht den Empfehlungen bei Narkolepsie (7 10.2.2). Auch Modafinil ist wirksam, aber für diese Indikation nicht zugelassen. 5 Personen, die in Nachtschicht arbeiten, können, insbesondere bei unregelmäßigen Wechselschichten, ein chronisches Schichtarbeitersyndrom entwickeln, bei dem neben Insomnie vermehrte Tagesschläfrigkeit auftritt. Neben Schichtwechsel im Uhrzeigersinn, längerer Schichtstabilität, hellem Licht am Arbeitsplatz fördert Modafinil (bis 200 mg vor Schichtbeginn) die Wachheit, ohne die nachfolgende Schlafphase zu beeinträchtigen. Allerdings besteht die kausale Therapie in der Wiedereingliederung in den Tagdienst. 10.2.4 Schlafapnoe-Syndrom Das Schlafapnoe-Syndrom ist durch nächtliche Atempausen charakterisiert; unterschieden werden ein zentral bedingtes und ein obstruktives ApnoeSyndrom. Die zahlreichen nächtlichen Atempausen, die durch kurzzeitige Vigilanzanhebung begrenzt werden, führen zu einer Fragmentierung des Schlafes. Folge sind Tagesmüdigkeit mit Einschlafneigung, Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit mit Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, depressive Verstimmungen, sexuelle Funktionsstörungen und morgendliche Kopfschmerzen. Internistische Folgekrankheiten können Hypertonie, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Polyglobulie sein. Die Diagnosesicherung ist durch eine polysomnographische Untersuchung im Schlaflabor mit Registrierung respiratorischer Parameter möglich. Eine obstruktive Schlafapnoe mit wiederholten Kollapszuständen des Pharynx im Schlaf ist ein wichtiger kardiovaskulärer Risikofaktor. 5 Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad. Allgemeine Verhaltensmaßnahmen umfassen Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus, Vermeidung von abendlichem Alkoholkonsum, keine Verordnung von sedierenden Medikamenten am Abend, ggf. Gewichtsreduktion. In leichten Fällen kann ein Therapieversuch mit abendlicher Gabe von retardiertem Theophyllin (250–700 mg) gemacht werden, das einen atemstimulierenden Effekt hat. Bei schwer ausgeprägter Symptomatik ist eine kontinuierliche Überdruckbeatmung während der Nacht notwendig (continuous positive airway pressure, CPAP); in manchen Fällen ist auch ein chirurgischer Eingriff indiziert; dies gilt insbesondere für die obstruktive Schlafapnoe. 5 Modafinil erhielt die Zulassungserweiterung zur Behandlung von Patienten mit mittelschwerem bis schwerem obstruktivem SchlafapnoeSyndrom (OSAS), die trotz adäquater CPAP-Therapie unter exzessiver Tagesschläfrigkeit leiden.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
10.3
Präparate
D,L-Amphetamin Psychostimulans 1-Phenylpropan-2-amin Amphetamin-Kapseln Kps. 10 mg (40 Kps.)
Amphetamin-Saft (D,L-Amphetaminsulfat 0,2%) (100 ml) 5 ml Saft = 10 mg reines D,L-Amphetamin
Dosierung 5 Einschleichender Beginn mit 5‒10 mg, Höchstdosis von 40 mg/d zur Behandlung des ADHS (ca. 0,5 mg/kg KG), Tageshöchstdosis generell 60 mgz. Bewertung Amphetamin gehört zur Gruppe der Psychostimulanzien. Therapieoption in der Behandlung der ADHS bei Kindern und Jugendlichenz. Bei Erwachsenen ist bei ADHS, Narkolepsie und primärer Hypersomnie eine Off-label-Verordnung möglich. Als Neuroenhancement Drug findet es häufig Verwendung (7 10.1). Bei den Amphetaminen darf in Deutschland lediglich das D,L-Razemat rezeptiert werden, das jedoch nicht als Fertigarzneimittel zugelassen ist. Fertigpräparationen liegen im Ausland sowohl in retardierter als auch unretardierter Form vor. Die HWZ der kurz wirksamen Amphetaminpräparate ist etwa 1/3 länger als die der kurz wirksamen Methylphenidat-Präparate. ! Vor und während Verordnungen von Amphetamin wird zumindest bei vor-
handenen Risikofaktoren die Ableitung eines EKG empfohlen.
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Da bei Erwachsenen nur eine Off-label-Verordnung möglich ist und Amphetaminpräparate bei Patienten mit kardialen Risikofaktoren nicht gegeben werden sollten, ist eine Verschreibung sorgfältig abzuwägen (s. besonders 7 10.1). In den USA ist Lisdexamfetamin (Vyvanse®) für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einem ADHS zugelassen. ! Amphetamin besitzt als dopaminerg wirkendes Psychostimulans grund-
sätzlich ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial.
Atomoxetin Psychostimulans, Selektiver Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (R)-[(-)-N-Methyl-3-phenyl-3-(o-tolyloxy)-propylamin-hydrochlorid] Strattera (Lilly) Tbl. 10/ 18/ 25/ 40/ 60 mg (7, 28 Tbl.)
10.3 · Präparate
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Pharmakodynamik 5 Atomoxetin hemmt selektiv die Wiederaufnahme von NA in das präsynaptische Neuron und erhöht damit die Konzentration von NA im synaptischen Spalt, besonders im präfrontalen Kortex. 5 Geringfügige Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin. Im Gegensatz zu den Psychostimulanzien verändert Atomoxetin nicht die Wiederaufnahme und extrazelluläre Konzentration von DA in Nucleus accumbens und Striatum. Pharmakokinetik 5 Nach oraler Gabe sehr gute Absorption, nur minimal beeinträchtigt durch begleitende Nahrungsaufnahme. Orale Bioverfügbarkeit 63‒94%. 5 Tmax = 1‒2 h; t½ = 3,6 h, bei poor metabolizers von CYP2D6 verlängert auf 21 h. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2D6. Wichtigster Metabolit ist 4-Hydroxy-Atomoxetin, das ebenfalls als Inhibitor des NA-Transporters wirkt, im Plasma aber in nur sehr niedrigen Konzentrationen vorkommt. 5 Etwa 80% einer Dosis werden metabolisiert über den Urin ausgeschieden, der verbleibende Anteil wird über die Faeces eliminiert. 5 Pharmakokinetische Daten, die nach Einzeldosen und im Steady State bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen erhoben wurden, ergaben ähnliche Verteilungsvolumina und Clearance-Raten in den unterschiedlichen Altersgruppen. 5 Max. Plasmakonzentration nach 2 mg/kg/d: ca. 1000 ng/ml. 5 Plasmakonzentrationen im Mittel bei Patienten unter Steady State bei einer Tagesdosis von 40 bzw. 80 mg: ca. 55 bzw. 110 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Atomoxetin ist zur Behandlung der ADHS bei Kindern ab 6 Jahren und bei Jugendlichen als Teil eines umfassenden Behandlungsprogrammsz angezeigt. 5 Bei Erwachsenen gilt Atomoxetin als Medikament der 2. Wahl zur Behandlung eines ADHS (allerdings off-label). 5 Routineuntersuchungen: Bei Patienten mit Hypertonus, Tachykardie sowie kardiovaskulären oder zerebrovaskulären Erkrankungen regelmäßige Kontrolle von Puls und Blutdruck. EKG bei Patienten mit Long-QT-Syndrom oder Familienanamnese für QTc-Zeit-Verlängerung. EEG bei Krampfanfällen in der Anamnese. Längenwachstum bei Kindern und Jugendlichen muss kontrolliert werden. 5 Schwangerschaft und Stillzeit: Klinische Daten bei exponierten Schwangeren liegen nicht vor, für die Stillzeit sind sie unzureichend.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
Dosierung 5 Bis 70 kg Körpergewicht: Initialdosis 0,5 mg/kg KG für mindestens 7 Tage, dann Dosis entsprechend der klinischen Wirksamkeit auftitrieren. Die empfohlene Erhaltungsdosis beträgt etwa 0,8–1,2 mg/kg KGz. Für höhere Tagesdosen konnte kein zusätzlicher Nutzen nachgewiesen werden. 5 > 70 kg Körpergewicht: Initialdosis 40 mg für mindestens 7 Tage, dann Dosis entsprechend klinischer Wirksamkeit auf 80 mg steigernz, für höhere Dosen konnte kein zusätzlicher Nutzen nachgewiesen werden. Max. Tagesdosis 100 mgz. 5 Gesamte Tagesdosis kann am Morgen eingenommen werden, bei fehlendem Ansprechen und mangelnder Verträglichkeit Verteilung der Dosis auf den Morgen und den späten Nachmittag. Langsam aufdosieren. 5 Kein ausgeprägtes Absetzsyndrom. 5 Dosis bei Leberinsuffizienz: 7 14.3.7. Nebenwirkungen (Erwachsene)
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Sehr häufig: Schlaflosigkeit, Übelkeit, verminderter Appetit, trockener Mund. Häufig: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Zittern, abdominelle Beschwerden,
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Gewichtsabnahme, Dyspepsie, Schüttelfrost, Schwindel, Palpitationen, Tachykardie, Hitzewallungen, vermehrtes Schwitzen, Parästhesien, Hautausschlag, Dermatitis, Harnverhalt, Dysurie, Menstruationsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, Prostatitis. Gelegentlich: Kältegefühl in den Extremitäten, Ohnmacht, Migräne, Blutdruckerhöhung. Sonstige Nebenwirkungen: Selten Krampfanfälle, psychotische Symptome, Aggression, QTc-Verlängerungen, erhöhte Leberwerte, Ikterus, Priapismus.
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! Es wurde auch über suizidale Verhaltensweisen, Feindseligkeit sowie
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emotionale Labilität bei Kindern und Jugendlichen berichtet. Sorgfältiges Monitoring ist auch bei Erwachsenen indiziert.
Kontraindikationen 5 Herz-Kreislauf-Erkrankungen (7 10.1); Überempfindlichkeit gegen Atomoxetin; keine gleichzeitige Gabe von MAOH (mindestens 2 Wochen Abstinenz); Engwinkelglaukom. 5 Relative Kontraindikationen: Krampfanfälle in der Anamnese. Interaktionen 5 Erhöhtes Risiko für QTc-Zeit-Verlängerung bei Kombination mit Arzneimitteln, die das QTc-Intervall verlängern. 5 Patienten mit einem nichtfunktionalen CYP2D6-Enzym oder mit einem CYP2D6-Inhibitor als Begleitmedikation, wie z. B. Paroxetin oder Metoprolol (7 Anhang INT), bauen einen mehrfach höheren Atomoxetin-Spiegel auf im Vergleich zu Patienten mit funktionalem Enzym
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10.3 · Präparate
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(extensive metabolizers, EM). Poor metabolizers (PM) weisen ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Wirkungen auf. Eine entsprechende Dosisanpassung wird dann notwendig. Es gibt allerdings auch Hinweise auf besseres Ansprechen von PM als von EM. Bei Patienten mit bekanntem PM-Genotyp langsames Auftitrieren! 5 Umstellung von Methylphenidat überlappend möglich. Bewertung Therapieoption in der Behandlung der ADHS, aber noch keine eigene Zulassung im Erwachsenenalter (Ausnahme: s. Indikation). Atomoxetin kann als Mittel der 2. Wahl bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS (nach Methylphenidat) gegeben werden. Bei zusätzlich begleitenden emotionalen Auffälligkeiten gehört es zur 1. Wahl (aber bei Erwachsenen off label). Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Kontraindikation müssen sicher ausgeschlossen werden. Methylphenidat Psychostimulans 2-Phenyl-2-(2-piperidyl)essigsäure-methylester Kurz wirksames Methylphenidat: Ritalin (Novartis Pharma) Tbl. 10 mg (20, 50 Tbl.) Equasym (UCB) Tbl. 5/ 10/ 20 mg (20, 50 Tbl.) Medikinet (Medice) Tbl. 5/ 10/ 20 mg (20, 50, 100 Tbl.) Methylpheni TAD (TAD Pharma) Tbl. 5/ 10/ 20 mg (20, 50, 100 Tbl.) Methylphenidat HEXAL (HEXAL) Tbl. 10 mg (20, 50, 100 Tbl.) Methylphenidat-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10 mg (20, 50 Tbl.)
Lang wirksames Methylphenidat: Concerta (Janssen-Cilag) Retardtbl. 18/ 27/ 36/ 54 mg (30 Tbl.) Equasym retard (UCB) Retardtbl. 10/ 20/ 30 mg (30, 100 Tbl.) Medikinet retard (Medice) Tbl. 10/ 20/ 30/ 40 mg (50 Tbl.) Ritalin LA (Novartis Pharma) Retardtbl. 20/ 30/ 40 mg (30, 60, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Blockade des DA- und NA-Transporters (DAT, NET), dadurch Wiederaufnahmehemmung von DA und NA aus synaptischem Spalt. 5 Im Diskriminations-Tierversuch kann Methylphenidat den Effekt von Amphetamin und Kokain ersetzen. 5 Diskutiert wird eine Reetablierung eines im Krankheitsfall durch DATÜberfunktion verminderten Reward-Mechanismus. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit ca. 30%; bei den kurz wirksamen Präparaten Tmax = 2 h; t½ = 2,4 h (Kinder); t½ = 2,1 h (Erwachsene); rascher Wirkungseintritt nach 15–30 min. Nach 2‒3 h ist die maximale Wirk-
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
samkeit erreicht. Unter Absinken des Wirkspiegels kann es zu einer vorübergehenden und subjektiv verstärkt erlebten Ausprägung der Ursprungssymptome kommen (Rebound-Phänomen), die nach erneuter Verabreichung jedoch wieder abklingen. Eine Reduktion dieses Phänomens kann durch die Verabreichung von Retardpräparaten erzielt werden. Rasche und intensive Metabolisierung zum renalen Hauptausscheidungsprodukt Phenyl-2-piperidinessigsäure (60–86%). Geringe Mengen an Hydroxymetaboliten. < 1% an Methylphenidat wird unverändert ausgeschieden. CYP2D6 ist am Abbau in geringem Umfang beteiligt, die wesentlichen Enzyme sind unklar. Retardpräparate von Methylphenidat ermöglichen eine vereinfachte Verabreichung. Concerta® wird nach dem OROS-Prinzip (osmotic controlled release delivery system) freigesetzt, d. h. es stehen eine Initialdosis von etwa 22% Methylphenidat und eine Verzögerungsdosis von etwa 78% zur Verfügung. Die Wirkdauer von Concerta® beträgt 10‒12 h; Ritalin LA® wird nach dem SODAS-Prinzip (spheroidal oral drug absorption system) freigesetzt, d. h. es stehen eine Initialdosis von etwa 50% Methylphenidat und eine Verzögerungsdosis von ebenfalls etwa 50% zur Verfügung. Die Wirkdauer von Ritalin LA® beträgt 8‒10 h. Medikinet retard® weist ebenfalls ein zweigipfliges Profil mit einem 50:50-Release und einer Wirkdauer von ca. 8‒10 h auf. Mit Equasym retard® steht ein weiteres Retardpräparat mit einer Wirkdauer von 8‒10 h zur Verfügung (30:70-Release). Durch die unterschiedlichen prozentualen Anteile ergibt sich die Möglichkeit einer individuellen Anpassung. Bei der neuartigen Retardformulierung Methypatch® handelt es sich um eine pflasterähnliche, auf die Haut aufgebrachte und transdermal wirkende Methylphenidat-Matrix, die unter Umgehung des First-passEffekts eine geringere Dosierung der Substanz erlaubt und insbesondere für Erwachsene im Alltag hilfreich sein könnte. Alle auf dem deutschen Markt erhältlichen Methylphenidat-Pärparate enthalten neben dem D-Enantiomer auch das L-Enantiomer. Das in den USA zugelassene Dextromethylphenidat (Focalin®) enthält dagegen nur das D-Enantiomer und wurde in den USA zur Behandlung der ADHS von Kindern und Jugendlichen zugelassen. Im deutschsprachigen Raum liegen mit diesem Präparat bisher keine ausreichenden Erfahrungen vor. Grundsätzlich soll D-Methylphenidat gegenüber D,LMethylphenidat weniger NW und Interaktionen sowie einen geringeren Rebound-Effekt zeigen. Beide haben eine vergleichbare Wirkdauer. Es ist noch nicht absehbar, ob das Medikament auch in Deutschland zugelassen werden wird. Max. Plasmakonzentration nach 40 mg: 18 ± 4 ng/ml bei Einnahme von Tabletten mit schneller Wirkstofffreigabe und 16 ± 5 ng/ml unter Tabletten mit verzögerter Wirkstofffreigabe.
10.3 · Präparate
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 ADHS bei Kindern und Jugendlichenz ab 6 Jahren. Anwendung nur nach sorgfältiger Sicherung der Diagnose, Verschreibung von Ärzten, die auf Verhaltensauffälligkeiten spezialisiert sind; Methylphenidat ist BtM-pflichtig. Keine Zulassung bei Erwachsenen. Das Präparat muss häufig langfristig verordnet werden, weswegen mindestens einmal jährlich ein kontrollierter Auslassversuch durchgeführt werden sollte. Nur im Hochdosisbereich ist nach 6‒9 Monaten eine Wirkungsabschwächung beschrieben. 5 Narkolepsie i. R. einer therapeutischen Gesamtstrategiez (Zulassung gilt nur für Ritalin®). 5 Langfristig ist das Risiko für Verkehrsunfälle eher verringert, allerdings besteht ein Warnhinweis hinsichtlich eines verminderten Reaktionsvermögens. 5 Routineuntersuchungen: Blutbild, RR, Puls; Körpergewicht und Längenwachstum kontrollieren, psychopathologischen Befund erheben und nach Herzbeschwerden fragen. 5 Schwangerschaft und Stillzeit: Es liegen nicht ausreichend oder keine Daten vor. Dosierung 5 Eine einschleichende Dosierung (initial 5–10 mg) bis zur individuell festgelegten Tageshöchstdosis mit einem kurz wirksamen Methylphenidat-Präparat (Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis 60 mgz) ist empfehlenswert, es können aber auch zu Beginn lang wirksame Methylphenidat-Präparate ohne Aufdosierung verschrieben werden. 5 Bei den kurz wirksamen Präparaten Dosis über den Tag verteilen, je nach individuellen Erfordernissen. Späte Einnahmezeitpunkte sind zu vermeiden. Retardpräparate ermöglichen bei vielen Patienten eine einmalige Tagesgabe. Kurz und lang wirksamene Methylphenidat-Präparate können kombiniert werden. 5 Die durchschnittliche Tagesdosis für Methylphenidat zur Behandlung der Narkolepsie liegt bei 10‒60 mgz. Nebenwirkungen Sehr häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Appe-
titlosigkeit, Magenbeschwerden. Häufig: Angst/Agitation, Dyskinesien, Arthralgien, Tachykardie, Arrhythmien, Blutdruckerhöhung, Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsabnahme, Mundtrockenheit, Überempfindlichkeitsreaktionen, Haarausfall, Nasopharyngitis, Husten, laryngopharyngealer oder abdomineller Schmerz. Gelegentlich: Wachstumsverzögerung bei Kindern. Bei plötzlichem Absetzen Rebound-Phänomene: erhöhtes Schlafbedürfnis, Heißhunger, Kreislaufstörungen, Depressionen, psychotische Reaktionen.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
Sonstige Nebenwirkungen: Selten Somnolenz, Sedierung, psychomotorische Hyperaktivität, Depressionen, Psychosen (mit Halluzinationen), Suizidalität, Angina pectoris, Dyspnoe, Myalgie, Tremor, Muskelzuckungen (Tics), Sehstörungen, erhöhte Leberenzyme. Vorsicht bei heriditäterer Galaktoseintoleranz, Laktasemangel oder Glukose-Galaktose-Malabsorption. ! Vor und während Verordnungen von Methylphendiat wird zumindest bei
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vorhandenen Risikofaktoren die Ableitung eines EKG empfohlen. ! Methylphenidat besitzt als dopaminerg wirkendes Psychostimulans grund-
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sätzlich ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial.
Kontraindikationen 5 Herz-Kreislauf-Erkrankungen (7 10.1); Hyperthyreose; Engwinkelglaukom; Gilles-de-la-Tourette-Syndrom; Anorexia nervosa, Psychosen, Angsterkrankungen; bis zu 14 Tagen nach Einnahme von MAOH. 5 Bekannte Missbrauchs- oder Abhängigkeitserkrankungen. Der Einsatz von Methylphenidat kann bei Patienten mit komorbiden Suchterkrankungen erwogen werden, wenn die ADHS zur Suchterhaltung eindeutig beiträgt. 5 Relative Kontraindikationen: Krampfanfälle in der Anamnese. Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH. 5 Methylphenidat verstärkt die initialen sympathomimetischen Effekte von Arzneimitteln wie Guanethidin oder Amantadin, TZA (insbesondere Desipramin und Imipramin), Antiepileptika oder Cumarinen. 5 Bei Kombination mit vasopressorisch wirksamen Substanzen und mit halogenierten Anästhetika ist mit einem Blutdruckanstieg zu rechnen. 5 Vermehrte NW bei Kombination mit Bupropion. 5 Antazida können die Resorption von Methylphenidat vermindern. 5 Wenn ein chirurgischer Eingriff geplant ist, sollte Methylphenidat an diesem Tag nicht verabreicht werden. Bewertung Methylphenidat ist bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS das Mittel der 1. Wahl. Bei Erwachsenen nur Off-Label-Indikation. Die Retardpräparate erleichtern den Einnahmemodus. Hinsichtlich der Verordnungsfrequenz von Methylphenidat ist weiterhin auf eine mögliche Missbrauchs- oder Abhängigkeitsproblematik zu achten, auch wenn neuere klinische Untersuchungen diesen Bereich als wenig problematisch bei ADHSPatienten einstufen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Kontraindikation müssen sicher ausgeschlossen werden (7 10.1). Als Psychostimulans wird Methylphenidat oft als Neuroenhancement Drug verwendet.
10.3 · Präparate
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Modafinil Psychostimulans 2-[(Diphenylmethyl)sulfinyl]acetamid Vigil (Cephalon GmbH) Tbl. 100 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Der Wirkmechanismus des Psychostimulans Modafinil ist noch nicht restlos geklärt. Modafinil moduliert indirekt exzitatorische (Glutamat) und inhibitorische (GABA) Neurotransmitter. Weiterhin kommt es zu einer Zunahme von Orexin, die zu einer vermehrten Ausschüttung von DA, Norepinephrin und Serotonin im Locus coeruleus führen. Pharmakokinetik 5 Gute, aber langsame Resorption; Tmax = 2–3 h; t½ = 10–12 h, bei fortlaufender Einnahme Steady State 15 h; orale Bioverfügbarkeit 11‒52%. 5 Metabolisierung in der Leber über CYP1A2, CYP2C9, CYP2C19, CYP3A4, die Hauptmetaboliten sind pharmakologisch inaktiv und werden vorwiegend über die Niere ausgeschieden. Modafinil selbst wird zu weniger als 10% unverändert ausgeschieden. 5 Modafinil hat in therapeutischer Dosierung eine gering enzyminduzierende Wirkung auf CYP3A4. Ein hemmender Effekt wird wahrscheinlich auf CYP2C19 ausgeübt. 5 Plasmakonzentration: 500–1000 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Narkolepsie mit und ohne Kataplexienz. Die Narkolepsie erfordert eine chronische Therapie. Die Notwendigkeit einer Verordnung sollte jährlich kontrolliert werden. 5 Mittelschweres bis schweres obstruktives Schlafapnoe-Syndrom mit exzessiver Tagesschläfrigkeit trotz adäquater CPAP-Therapiez. 5 Mittelschweres bis schweres chronisches Schichtarbeitssyndrom mit exzessiver Schläfrigkeit bei Patienten mit Nachtschichtwechsel, wenn andere schlafhygienische Maßnahmen zu keiner zufriedenstellenden Besserung geführt habenz. 5 Hinweise für die Wirkung bei → ADHS, → primärer Hypersomnie, → Augmentation bei depressiven Störungen, → Fatigue bei multipler Sklerose, → zerebraler Schädigung (z. B. Schädel-Hirn-Trauma, Schlaganfall). 5 Modafinil steigert dosisabhängig die Wachheit während des Tages.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
5 Bei abruptem Absetzen keine Absetzsymptome, allerdings manchmal erhöhte Frequenz der Kataplexie. 5 Eine Einstellung auf Modafinil sollte nur in spezialisierten Facheinrichtungen erfolgen. Modafinil ist seit 2008 nicht mehr BtM-pflichtig. 5 Schwangerschaft und Stillzeit: Bisher keine erhöhte Rate an Missbildungen. Die Substanz geht in die Muttermilch über. Sehr schmale Datenbasis.
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! Die Akademie der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) rät vor einer Verordnung
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Dosierung 5 Narkolepsie: 200–400 mg/dz (morgens oder aufgeteilt morgens und mittags). 5 Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom: 200 mg/dz, Steigerung auf 400 mg/dz möglich. 5 Chronisches Schichtarbeitersyndrom bei Patienten mit Nachtschichtwechsel: 200 mg/dz (als Einzeldosis ungefähr 1 h vor Beginn der Nachtschicht). 5 Bei schwerer Leber-/Niereninsuffizienz: 7 14.3.7. und 7 14.4.7.
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von Modafinil bei Kindern und Jugendlichen ab.
Nebenwirkungen Sehr häufig: Kopfschmerzen. Häufig: Benommenheit, Schlafstörungen, Angst, Depressionen, Denkstörungen, Verwirrtheit Kraftlosigkigkeit, Brustschmerzen, Herzklopfen, Gefäßerweiterung, gastrointestinale Beschwerden, Mundtrockenheit, abnorme Leberfunktionstests, verschwommenes Sehen. Gelegentlich: Schwindel, Migräne, Aggressivität, Nervosität, Depersonalisation, emotionale Labilität, Erinnerungslücken, Sprachstörungen, Bewegungsstörungen, Zittern, Beinkrämpfe, erhöhter Muskeltonus, Rücken-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Blutdruckveränderungen, EKG-Veränderungen, Herzrhythmusstörungen, Durst, Appetitzunahme, Gewichtsveränderungen, Dysphagie, Mundulzera, Blutbildveränderungen, Diabetes, Hypercholesterinämie, Hyperglykämie, periphere Ödeme, Geschmacksveränderungen, Sehstörungen, Bindehautentzündung, Urinveränderungen, Miktionsveränderungen, Störungen der Monatsblutung Abnahme der Libido. Unbekannte Häufigkeit: Psychosen, Manien, Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Suizidgedanken. Sonstige Nebenwirkungen: Bei Patienten mit Bluthochdruck ist eine Überwachung von Blutdruck und Herzfrequenz, ggf. EKG erforderlich. Reaktionsvermögen kann verringert sein. ! Es kann sehr selten zu lebensgefährlichen Überempfindlichkeitsreaktio-
nen (Hautausschläge) (< 1%) kommen.
10.3 · Präparate
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Kontraindikationen 5 Gleichzeitige Behandlung mit Arzneimitteln, die Prazosin (α1-Rezeptorantagonist) enthalten. 5 Abhängigkeitsentwicklungen in der Vorgeschichte (Alkohol, Medikamente, Drogen). Abhängigkeitserkrankungen in der Anamnese werden als absolute Kontraindikationen gesehen, obgleich aus den bisherigen klinischen Erfahrungen über Therapien mit Modafinil keine Anhaltspunkte für psychische oder physische Abhängigkeiten bestehen. Allerdings gibt es erste Berichte über den missbräuchlichen Einsatz von Modafinil als Partydroge. 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Angstzustände, Psychosen, schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hypertonie, hereditäre Galaktoseintoleranz, Laktasemangel oder Glukose-Galaktose-Malabsorption. Interaktionen 5 Keine Kombination mit Arzneimitteln, die Prazosin (α1-Rezeptorantagonist) enthalten. 5 Bei Kombination mit Antikonvulsiva oder und hormonellen Kontrazeptiva Risiko von Wirkungsabschwächung. Bewertung Psychostimulans zur Behandlung der Narkolepsie. Neues Indikationsfeld ist das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom und das Schichtarbeitssyndrom. Geringes Abhängigkeitspotenzial. Bei den Off-label-Indikationen (primäre Hypersomnie und ADHS, ggf. auch Augmentationstherapie bei Depression) ist das relativ hohe NW-Risiko zu beachten. Natriumoxybat Narkotikum 4-Hydroxybutansäure (Natriumsalz) Xyrem (UCB) 1 ml Xyrem enthält 500 mg 4-Hydroxybutansäure, Natriumsalz (Natriumoxybat); Packungsgröße in Europa: 180 ml
Pharmakodynamik 5 Natriumoxybat hat eine antikataplektische Wirkung bei Narkolepsie. 5 Der genaue Mechanismus, durch den Natriumoxybat eine Wirkung auf die Kataplexie ausübt, ist unbekannt. Es wird angenommen, dass Natriumoxybat durch die Förderung des langsamen δ-Wellen-Schlafs wirkt und den nächtlichen Schlaf festigt. 5 Natriumoxybat vermehrt den Schlaf des Stadiums N 3 und verlängert die Schlaflatenz, während es die Häufigkeit von REM-Episoden zu Beginn des Schlafs (SOREMPs) reduziert.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
5 Das Natriumsalz der γ-Hydroxybuttersäure wirkt in pharmakologischer Dosis als GABAB-Rezeptoragonist, wodurch es zu einer Modulation der Neurotransmission von ACh, DA, NA und Serotonin kommt. 5 Möglicherweise sind noch weitere Mechanismen beteiligt, die noch untersucht werden müssen. Pharmakokinetik 5 Natriumoxybat wird nach oraler Verabreichung schnell, aber nicht vollständig resorbiert. Die orale Bioverfügbarkeit beträgt 25%. Die Resorption wird durch eine stark fetthaltige Mahlzeit verzögert und abgeschwächt. Durchschnittliche Zeit bis zur Tmax = 0,5‒2 h, t½ = 0,5‒1 h. 5 Natriumoxybat wird hauptsächlich über den Trikarbonsäurezyklus und sekundär durch β-Oxidation eliminiert. Es gibt keine aktiven Metaboliten. 5 Plasmakonzentration 4 h nach Verabreichung einer Tagesdosis von 9 g, verteilt auf 2 Dosen: 80‒140 μg/ml. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Behandlung der Narkolepsie mit Kataplexie bei erwachsenen Patientenz. Die Patienten profitieren von einer Verringerung der übermäßigen Tagesschläfrigkeit und einer Reduktion der Anzahl der Schlafattacken. 5 Die Behandlung sollte unter Anleitung eines Arztes, der Erfahrungen in der Behandlung von Schlafstörungen hat, begonnen und durchgeführt werden. BTM-pflichtig, da starkes Hypnotikum. 5 Mit der Gabe von Natriumoxybat nehmen Patienten zusätzlich Natrium in einer Größenordnung von 0,75 g (bei einer NatriumoxybatDosis von 4,5 g/d) bis 1,6 g (bei einer Natriumoxybat-Dosis von 9 g/d) auf. Eine Diät zur Reduktion der Natriumaufnahme sollte sorgfältig bei Patienten mit Herzinsuffizienz, Hypertonie oder eingeschränkter Nierenfunktion erfolgen. 5 Mindestens 6 h nach der Einnahme von Natriumoxybat dürfen die Patienten keine Tätigkeiten ausüben, die geistige Wachheit oder motorische Koordinationsfähigkeit erfordern, wie etwa das Führen von Maschinen oder Fahrzeugen. 5 Schwangerschaft und Stillzeit: Tierexperimente weisen auf embryotoxische/teratogene Wirkung hin. Es ist nicht bekannt, ob die Substanz in die Muttermilch übergeht. Dosierung 5 Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 4,5 g/dz, verteilt auf 2 gleiche Dosen. 5 Die Dosis kann bis auf maximal 9 g/dz verteilt auf 2 gleiche Dosen erhöht werden. Zwischen den Dosissteigerungen wird ein Abstand von 1‒2 Wochen empfohlen. 5 1. Dosis vor dem Schlafengehen, 2. Dosis 2,5‒4 h später.
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5 Die Bioverfügbarkeit von Natriumoxybat wird durch Nahrung signifikant reduziert. Deshalb sollten die Patienten ihre Mahlzeiten mindestens 2‒3 h vor Einnahme der ersten Natriumoxybat-Dosis zu sich nehmen. 5 Cave: Es wurde auf das Risiko von Dosierungsfehlern aufgrund einer Verwechslungsmöglichkeit zwischen Gramm (g) und Milliliter (ml) hingewiesen. Korrekte Dosierung in Gramm (g). Nebenwirkungen Sehr häufig: Schwindel, Kopfschmerzen, Nausea. Häufig: Müdigkeit, Schlafstörungen, Sedierung, Verwirrtheit, Desorientiert-
heit, Depressionen, Angst, Asthenie, Gefühl des Betrunkenseins, Somnolenz, Aufmerksamkeitsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Kataplexie, Tremor, Stürze, Arthralgie, Muskelkrämpfe, Schnarchen, Hypertonie, gastrointestinale Beschwerden, Dyspnoe, Schwitzen, Parästhesien, verschwommenes Sehen, periphere Ödeme, Harninkontinenz. Gelegentlich: Psychosen, Denkstörungen, Halluzinationen, Agitiertheit, Amnesie, Suizidalität, Myoklonien, Restless-legs-Syndrom, erhöhter Blutdruck, Stuhlinkontinenz, Gewichtsabnahme, Hautausschlag. Unbekannte Häufigkeit: Hypersensitivität, Konvulsionen, Atemdepression, Urtikaria. Sonstige Nebenwirkungen: In seltenen Fällen wurden nach Absetzen von Natriumoxybat Rebound-Effekte und Entzugssymptome (Insomnie, Angstzustände, Schwindel) beobachtet. Natriumoxybat kann Atemdepression verursachen. Die Patienten müssen vor Behandlung hinsichtlich Anzeichen einer Atemdepression befragt werden. Eine gleichzeitige Einnahme zusammen mit BZD sollte vermieden werden, da BZD die Atemdepression weiter verstärken können. Es wurde über Fälle von Abhängigkeit nach illegaler Anwendung von häufig wiederholten Gaben von Natriumoxybat berichtet, die weit über dem therapeutischen Dosisbereich lagen. Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen Natriumoxybat; SuccinatsemialdehydDehydrogenase-Mangel; gleichzeitige Behandlung mit Opioiden oder Barbituraten. 5 Relative Kontraindikationen: Porphyrie; Epilepsie; Alkohol; BZD; Depressionen (auch in der Anamnese); eingeschränkte Leberfunktion (7 14.3.7) und ältere Patienten (7 Tab, 14.1). Interaktionen 5 Keine Kombination mit BZD (auch Verstärkung einer möglichen Atemdepression). 5 Alkohol oder andere zentral dämpfende Substanzen können die dämpfende Wirkung verstärken.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
5 Keine Kombination mit Arzneimitteln, die die GABA-Dehydrogenase stimulieren oder hemmen, z. B. Valproinsäure, Phenytoin oder Ethosuximid. Bewertung Behandlungsoption zur Behandlung der Kataplexie bei erwachsenen Patienten mit Narkolepsie. Vorläufig positive Bewertung der Wirksamkeit, langfristige Behandlungsstudien stehen noch aus. Hohe NW-Rate, besonders auch anfängliche Depressionen und Ängste möglich. Strikt regulierter Einnahmemodus, da es überdosiert als Hypnotikum wirkt. Als liquid ecstasy auf dem Drogenmarkt bekannt.
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Medikamente zur Behandlung von Bewegungsstörungen in der Psychiatrie 11.1
Übersicht
Die Bewegungsstörungen Restless-legs-Syndrom (RLS) und periodic limb movement disorder (PLMD) sind auch im psychiatrischen Fachgebiet häufig und jetzt, nach Zulassung der Dopaminagonisten (DA-Agonisten), gut beeinflussbar. Die Tic-Störungen werden wiederum zumeist mit DA-antagonistischen Antipsychotika behandelt. Psychogene Bewegungsstörungen und psychogene Anfälle ergänzen den Symptomkomplex. Da Parasomnien oft zusammen mit Bewegungsstörungen auftreten, werden auch sie in diesem Kapitel beschrieben. Substanzinduzierte Bewegungsstörungen Extrapyramidale Symptome unter Antipsychotika 7 3.6.1; malignes neuroleptisches Syndrom 7 13.8.2; zentrales Serotoninsyndrom 7 13.8.2; neurologische Störungen unter Antidepressiva 7 1.6.5 11.2
Indikationen
11.2.1 Restless-legs-Syndrom und periodic limb movement
disorder Beim RLS kommt es zu einem Bewegungsdrang der Beine, seltener auch der Arme, der mit sensiblen Störungen unterschiedlicher Qualität oder Schmerzen ausschließlich in Ruhe auftritt und durch Bewegung gebessert wird oder sistiert. Eine zirkadiane Rhythmik mit Überwiegen aller Symptome am Abend und in der Nacht ist typisch. Die gestörte Nachtruhe führt zu erheblichen Ein- und Durchschlafstörungen mit resultierender Tagesmüdigkeit und Erschöpfung. RLS ist zu nahezu 100% mit PLMD assoziiert. Umgekehrt leidet nur ein kleiner Teil der Patienten mit PLMD an RLS. Es wird zwischen idiopathischen und symptomatischen Formen unterschieden. Symptomatische Formen des RLS kommen u. a. bei Neuropathie, Niereninsuffizienz, rheumatischer Polyarthritis, Parkinson-Syndrom, Schlafapnoe-Syndrom, Narkolepsie, Varikosis, Hyper- und Hypothyreosen, Vitamin-B12- und Folsäuremangel sowie Eisenmangelanämie vor. RLS im 3. Trimenon der Schwangerschaft bilden sich nach der Entbindung meist spontan zurück. Ein substanzinduziertes RLS kann durch Antipsychotika, Antikonvulsiva, Antidepressiva (v. a. SSRI und SNRI), Metoclopramid, Lithium,
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Kapitel 11 · Behandlung von Bewegungsstörungen in der Psychiatrie
Interferon-α, H2-Rezeptorenblocker, L-Thyroxin, Flunarizin, Saccharin, Koffein und Alkohol hervorgerufen werden. Die Diagnose des RLS wird aufgrund der Anamnese klinisch gestellt. Die PLMD ist durch kurze stereotype Bewegungen bzw. Muskelkontraktionen im Bein mit einem Rhythmus von 20–60 s gekennzeichnet. In der Polysomnographie können periodische Bewegungen von Beinen und Armen im Schlaf (PLMS) oder im Wachen (PLMW) auch ohne typische RLS-Symptomatik (insbesondere Bewegungsdrang) beobachtet werden. Die Indikation zur Therapie der PLMD ergibt sich nach der Abklärung im Schlaflabor aus der subjektiven Beeinträchtigung durch Schlafstörungen und ihrer Konsequenzen für die Tagesbefindlichkeit. 5 RLS und PLMD werden in der Regel durch den Neurologen mit L-Dopa (Synonym: Levodopa) und Dopaminagonisten behandelt. Die medikamentöse Therapie wird durch spezifische Verhaltensmaßregeln ergänzt. 5 Wirksam sind sowohl beim idiopathischen als auch beim symptomatischen RLS die Kombinationspräparate aus L-Dopa plus Benserazid, einem Inhibitor der aromatischen Aminosäuredecarboxylase (AADC, wovon es unretardierte (Restex®) und retardierte Formen (Restex retard®) gibt. Durch die AADC-Inhibiton wird die Umwandlung von L-Dopa zu DA verhindert, damit L-Dopa die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann. Vorteile von L-Dopa sind der schnelle Wirkungseintritt (innerhalb einer Stunde) und die gute Steuerbarkeit. Wegen der kurzen Wirkdauer kann die kombinierte Einnahme des unretardierten und retardierten Präparats (100–300 mg/d) sinnvoll sein. Neben einer verbesserten Schlafqualität (Reduktion der Aufwachhäufigkeit und Abnahme der Gesamtwachzeit) nehmen unter der Behandlung die PLMS deutlich ab. 5 Bei einem Teil der mit L-Dopa behandelten Patienten kommt es zu einer sog. Augmentation (Risiko ab 200 mg L-Dopa erhöht), d. h., nach initial gutem Ansprechen können die nächtlichen Beschwerden wieder zunehmen und früher beginnen sowie sich in andere Körperregionen ausweiten (auch DA-Agonisten können diese Symptomatik verursachen). Um dann eine kontinuierliche Dosissteigerung zu vermeiden, ist L-Dopa langsam auszuschleichen und parallel hierzu die Behandlung mit einem der neuen DA-Agonisten zu beginnen. 5 Die Nicht-Ergot-DA-Agonisten Ropinirol und Pramipexol, die z. T. deutlich längere HWZ haben, sollten frühzeitig erwogen werden, wenn niedrige Dosierungen von L-Dopa nicht ausreichen oder mehrfach am Tag verabreicht werden müssen. In einer kürzlichen Metaanalyse zeigte Pramipexol im Vergleich zu Rotigotin eine gleich gute, im Vergleich zu Ropinirol eine bessere Wirksamkeit. 5 Seit 2 Jahren ist zur Behandlung von RLS auch eine transdermale Verabreichung des Nicht-Ergot-DA-Agonisten Rotigotin möglich. Vorteil des
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Pflasters ist u. a. ein fehlender First-pass-Effekt in der Leber und damit ein gleichmäßigerer Plasmaspiegel. 5 Bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf L-Dopa bzw. NichtErgot-DA-Agonisten (Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin) ist ein Therapieversuch mit den nicht für RLS (und PLMD) zugelassenen Ergot-DAAgonisten (Bromocriptin, Cabergolin, Lisurid, Pergolid) oder Opioiden (Codein, Oxycodon, Tilidin) bzw. Antikonvulsiva (Carbamazepin, Gabapentin, Pregablin) möglich. 5 Aus der Gruppe der Benzodiazepine (BZD) ist für Clonazepam und Diazepam eine Wirksamkeit beschrieben. Aufgrund der möglichen Toleranzentwicklung ist jedoch ein längerfristiger Einsatz nicht indiziert. Bei nächtlicher Schlafstörung kann ebenso Mirtazapin in niedriger Dosis eingesetzt werden. 5 Eine neue Therapie stellt die hochdosierte i.v.-Gabe von Eisen unabhängig vom Vorliegen eines Eisenmangels dar. > CAVE
Pleuropulmonale und retroperitoneale Fibrosen sind unter der Langzeittherapie mit Ergot-Derivaten beschrieben, allerdings ist die Häufigkeit sehr selten. Werden Ergot-Agonisten verabreicht, wird eine halbjährliche kardiovaskuläre Untersuchung empfohlen.
11.2.2 Tic-Störungen Tics sind plötzliche, abrupt einschießende und weniger als eine Sekunde andauernde unwillkürliche Bewegungen und/oder Lautäußerungen, die sich oft in kurzen Serien stereotyp wiederholen. Es sind dabei funktionell zusammenhängende Skelettmuskelgruppen gleichzeitig oder nacheinander einbezogen. Tics sind nicht zweckgebunden und werden subjektiv als bedeutungslos erlebt. Sie variieren über die Zeit in ihrer Erscheinungsform (Komplexität, Art, Intensität, Häufigkeit) und lassen sich nach ihrer Qualität (motorisch/vokal) sowie ihrem Komplexitätsgrad unterschieden. Treten sowohl motorische als auch vokale Tics länger als ein Jahr auf, wird vom Gilles-de-la-Tourette-Syndrom (Synonym: Tourette-Syndrom) gesprochen. Die Tic-Störungen beginnen meistens in einem Alter zwischen 6 und 7 Jahren. Etwa die Hälfte der Kinder leidet zusätzlich unter einer ADHS oder einer Zwangsstörung. Komorbid treten häufig auch Ängste, Depressionen, Schlafstörungen (Parasomnien) auf. Pathogenetisch wird von einem inhibitorischen Funktionsdefizit der Basalganglien und der mit ihnen verbundenen thalamischen und kortikalen Strukturen ‒ bei einer erhöhten dopaminergen Aktivität im Striatum ‒ ausgegangen. 5 Medikamentös sind Antipsychotika mit einem D2-Antagonismus als Mittel der Wahl indiziert (aber Off-label-Verordnung): Am häufigsten wird Risperidon (0,5‒4 mg) eingesetzt; wirksam sind auch Tiaprid (Tia-
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pridex® 3 × 100‒200 mg) und Sulpirid (3‒6 × 200 mg). Zu diesen Substanzen gibt es positive RCT, genauso wie zu Pimozid, das aber wegen eines hohen Nebenwirkungsrisikos nicht verordnet werden sollte. Hinweise gibt es auch für eine Wirksamkeit der atypischen Antipsychotika Aripiprazol, Clozapin, Olanzapin und Ziprasidon. Für die folgenden Substanzen gibt es positive kontrollierte Studien (aber ohne Zulassung): Clonidin, BZD, Baclofen, Antidepresssiva (Clomipramin), Cannabinoide, DA-Agonisten (Pergolid) und L-Dopa. Die Wirkung der DA-Agonisten wird auf eine Interaktion mit dem DAAutorezeptoren zurückgeführt, was auch erklären würde, warum es in niedriger Dosis zu einer Tic-Verminderung, in hoher Dosis aber zu einer Zunahme der Tics kommen kann. Bei Therapieversagen oder Unverträglichkeit der Antipsychotika kann auch Tetrabenazin versucht werden. Für Tic-Störungen ist ausschließlich Haloperidol zugelassen, sollte aber aufgrund von Alternativen vermieden werden. Die Behandlung der häufigsten Komorbidiät ADHS (7 10.2.1) sollte bei leichterer Ausprägung zunächst mit einem Antipsychotikum (Aripiprazol, Risperidon, Sulpirid; alle off-label) begonnen werden, bei stärkerer Ausprägung ist eine Kombination mit Methylphendiat sinnvoll. Falls sich die Tics unter Methylphendiat verschlechtern, kommt eine Therapie mit Atomoxetin in Betracht. Bei komorbiden Zwangsstörungen kommt eine Kombination aus einem Antipsychotikum und einem SSRI (oder TZA) infrage. Im Vordergrund der psychotherapeutischen Maßnahmen stehen Psychoedukation, symptomzentrierte Verhaltenstherapie und Entspannungsverfahren. Die tiefe Hirnstimulation befindet sich beim Gilles-de-la-Tourette-Syndrom noch im experimentellen Stadium.
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11.2.3 Parasomnien Parasomien sind episodische Unterbrechungen des Schlafes durch ungewöhnliche körperliche Phänomene oder Verhaltensweisen, aber keine primären Störungen des Schlaf-Wach-Zustands. Parasomnien treten zumeist im Kleinkindalter auf, können aber auch im Erwachsenenalter bestehen. In Albträumen werden lebensbedrohliche Ängste erlebt. Sie treten im REMSchlaf in den frühen Morgenstunden auf. Beim Erwachen ist der Betroffene orientiert. Dagegen ist Pavor nocturnus an den Tiefschlaf gebunden und geht mit einer vegetativen und emotionalen Erregung und vorübergehender Desorientierung einher. Pavor nocturnus findet sich zumeist bei Kindern und Jugendlichen. Schlafwandeln (Somnambulismus) tritt im Tiefschlaf auf. Der Betroffene gestikuliert mit geöffneten Augen im Bett, geht im Zimmer auf und ab, reagiert kaum auf Ansprache und ist vorübergehend desorientiert. Zum Ablauf besteht eine Amnesie. Auch Zähneknirschen (Bruxismus) wird zu den Parasomnien gezählt. Bei der Enuresis nocturna kommt es
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zu unwillkürlichem nächtlichem Harndrang ab einem Alter von 5 Jahren. Organische Grunderkrankungen müssen ausgeschlossen werden. Eine spezifische Pharmakotherapie ist für Parasomnien nicht etabliert. Grundsätzlich sind Psychoedukation und Psychotherapie mit Entspannungsübungen indiziert. 5 Bei ausgeprägtem Pavor nocturnus, kann Clonazepam (0,5–2 mg), alternativ auch Alprazolam, Diazepam, Imipramin und Paroxetin gegeben werden. 5 Bei der Verhaltensstörung im REM-Schlaf ist die physiologische Atonie der quergestreiften Muskulatur während der REM-Episoden v. a. infolge neurodegenerativer Prozesse gestört. Im REM-Schlaf tritt einfaches oder komplexes, z. T. auch eigen- und fremdgefährdendes Verhalten auf. Mittel der 1. Wahl ist Clonazepam (0,5–2 mg). Die Umgebung muss gesichert werden. Bei mangelnder Wirksamkeit oder Kontraindikation wegen gleichzeitiger Schlafapnoe können Melatonin (bis 12 mg) oder Pramipexaol (bis 1,5 mg) gegeben werden. 5 Beim Somnambulismus sollte stets eine Verhaltensberatung erfolgen, um Verletzungen vorzubeugen, v. a. Sicherung des Schlafzimmers. Bei häufigem Schlafwandeln kann das tiefschlafreduzierende BZD Clonazepam (0,5–2 mg) verordnet werden. 5 Kontrollierte Studien zu Albträumen im Rahmen posttraumatischer Belastungsstörungen zeigen die Wirksamkeit von Prazosin (7 1.4.8). Positive Berichte gibt es zu Clonidin, Mirtazapin, Olanzapin, Quetiapin und Trazodon. 5 Bei Bruxismus sollte neben Entspannungsverfahren eine Vorstellung beim Zahnarzt erfolgen. Eine medikamentös unterstützende Therapie wird mit Clonidin und kurzfristig mit BZD vorgeschlagen. 5 Enuresis nocturna sollte zunächst mit apparativer Verhaltenstherapie behandelt werden. Eine medikamentöse Therapie ist nur dann indiziert, wenn diese Maßnahmen nicht greifen. Das Mittel der Wahl ist dann das synthetische ADH-Analog Desmopressin (Minirin®: 10‒40 mg/d). Im Vergleich zum natürlichen Hormon ist die Dauer der antidiuretischen Wirkung des synthetischen Analogs verlängert. Desmopressin-haltige nasale Darreichungsformen sollen nicht mehr in der Behandlung der primären Enuresis nocturna eingesetzt werden, da schwerwiegende Nebenwirkungen (NW) wie Hyponatriämie, Wasserintoxikation und Krampfanfälle unter der nasalen Applikation im Vergleich zu anderen Darreichungsformen häufiger aufgetreten sind. Bei ca. 70% der Patienten kommt es zu einer Reduktion des nächtlichen Einnässens. Imipramin (7 1.13, Präparat) wird wegen der bekannten NW zurückhaltender verordnet (Erwachsene: 50‒100 mg/d, bis max. 300 mg/d; Pädiatrie: initial 10 mg/d, 20‒50 mg/d bei 9- bis 14-Jährigen, ab 15 Jahre 50‒80 mg/d), hat aber eine relativ gute klinische Wirksamkeit.
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Kapitel 11 · Behandlung von Bewegungsstörungen in der Psychiatrie
11.2.4 Psychogene Bewegungsstörungen und Anfälle Die psychogenen Bewegungsstörungen und Anfälle gehören zur Gruppe der Konversionsstörungen. Die Symptomlokalisation ist unscharf und passt nicht zum anatomischen bzw. physiologischen Substrat. Bei der Symptombeschreibung verwenden die Patienten affektive Begriffe oder medizinische Fachausdrücke; es besteht eine Inkonsistenz hinsichtlich der Schwere der Symptomatik. Die häufigste Form der dissoziativen Bewegungsstörung ist der vollständige oder teilweise Verlust der Bewegungsfähigkeit eines oder mehrerer Körperglieder. Unterschiedliche Formen und verschiedene Grade mangelnder Koordination (Ataxie) können besonders in den Beinen vorkommen. Die psychogenen Anfälle sind zumeist gekennzeichnet durch geschlossene Augenlider während des Anfalls, die Pupillenreflexe auf Licht sind erhalten, es fehlt eine Zyanose. Die Anfallsdauer beträgt zumeist mehr als 2 min. Die Abgrenzung dissoziativer Anfälle von fokalen Anfällen kann sich schwierig gestalten; EEG-Untersuchungen sind notwendig. Die Rate der psychiatrischen Komorbiditäten liegt bei > 50%. Im Vordergrund stehen depressive Störungen, Angsterkrankungen sowie Persönlichkeitsstörungen (v. a. Borderline-Persönlichkeitsstörungen, komplextraumatische Belastungsstörungen und abhängige Persönlichkeitsstörungen). 5 Im Vordergrund der Behandlung stehen Psychoedukation und psychotherapeutische Verfahren. Als ergänzende Maßnahmen können EMGBiofeedback sowie gezielte Krankengymnastik bei Bewegungsstörungen eingesetzt werden. 5 Konversionsstörungen sind pharmakologisch nicht zu beeinflussen. Antiepileptika sind bei psychogenen Anfällen kontraindiziert. Die medikamentöse Therapie beschränkt sich auf die Behandlung der Komorbiditäten.
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Präparate
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Dopaminvorstufe/Aminsäuredecarboxylase-Inhibitor L-Dihydroxyphenylalanin/N-(D,L-Seryl)-N’(2,3,4-Trihydroxybenzyl)hydrazin-hydrochlorid Restex (Roche) Tbl. 100 mg Levodopa/28,5 mg Benserazidhydrochlorid, entsprechend 25 mg Benserazid (20, 50, 100 Tbl.)
Restex Retard (Roche) Kps. 100 mg Levodopa/28,5 mg Benserazidhydrochlorid, entsprechend 25 mg Benserazid (20, 50, 100 Kps.)
Pharmakodynamik 5 L-Dopa ist eine Aminosäure, die in Kombination mit dem peripheren, nicht hirngängigen Decarboxylasehemmer Benserazid einen zentralen DA-Mangel substituiert.
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Pharmakokinetik 5 L-Dopa wird durch Dopa-Decarboxylase (DDC) in DA umgewandelt. DA wird durch O-Methylierung (Katechol-O-Methyltransferase, COMT), Desaminierung (MAO) inaktiviert. Die Hauptmetaboliten sind Homovanillinsäure und Dihydroxyphenylessigsäure. Die gleichzeitige Verabreichung von Levodopa und Benserazid verringert die periphere Decarboxylierung. 5 L-Dopa wird hauptsächlich im oberen Abschnitt des Dünndarms resorbiert. Tmax = 1 h, t½ = 1,5 h. Nahrungsaufnahme reduziert die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Resorption von L-Dopa. 5 Im Gegensatz zu L-Dopa überwindet Benserazid in therapeutischen Dosen nicht die Blut-Hirn-Schranke, es wirkt daher ausschließlich peripher als Decarboxylasehemmer. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Idiopathisches und infolge dialysepflichtiger Niereninsuffizienz symptomatisches RLSz. 5 Vor der Behandlung mit Restex® ist abzuklären, ob die RLS-Beschwerden auf einen Eisenmangelzustand zurückzuführen sind. 5 Für L-Dopa und Benserazid haben in tierexperimentellen Studien embryotoxische/teratogene Effekte gezeigt. L-Dopa hemmt die Prolaktinausschüttung und somit die Laktation. Dosierung 5 Einschlafstörung bei RLS: Beginn mit 1 Tbl. Restex®, dann ggf. auf 2 Tbl. Restex® (= 200 mg L-Dopaz) 1 h vor dem Zubettgehen erhöhen. 5 Einschlafstörung und Schlafstörungen im Laufe der Nacht bei RLS: 1 Tbl. Restex® zusammen mit 1 Tbl. Restex® Retard 1 h vor dem Zubettgehen. Bei fehlender Besserung in der 2. Nachthälfte dann eine weitere Tbl. Restex® Retard (insgesamt 300 mg L-Dopaz). Nebenwirkungen Gelegentlich: Appetitminderung, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö (in der Regel durch Restex®-Tabletten mit etwas Nahrung oder Flüssigkeit oder durch langsamere Dosissteigerung zu beherrschen). Sonstige Nebenwirkungen: Selten übermäßige Tagesmüdigkeit und Schlafattacken, innere Unruhe, eingeschränktes Reaktionsvermögen, Anorexie, Erhöhung der Lebertransaminasen, Anämie, Thrombozytopenie, Leukopenie, Urinverfärbungen. Veränderungen von labordiagnostischen Messungen. Kontraindikationen 5 Psychosen; Hyperthyreose, Phäochromozytom; schwere Herz-, Nieren und Leberinsuffizienz; Engwinkelglaukom; Patienten < 25 J.
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Kapitel 11 · Behandlung von Bewegungsstörungen in der Psychiatrie
Interaktionen 5 Keine Kombination mit MAOH. 5 Bei Kombination mit Antipsychotika ist mit einer wechselseitigen Wirkabschwächung zu rechnen. 5 Restex® verstärkt die initiale Wirkung von Sympathomimetika und Antihypertensiva. 5 Die gleichzeitige Gabe von Antazida und Restex®-Retardkapseln reduziert das Ausmaß der Levodopa-Resorption um 32%. 5 Metoclopramid erhöht die Geschwindigkeit der Levodopa-Resorption. 5 Restex®-Tabletten 12‒48 h vor Narkosen mit Halothan oder ähnlichen Substanzen absetzen. Bewertung Präparat zur Behandlung des RLS mit sehr geringem NW-Profil. Pramipexol Dopaminagonist (S)-2-Amino-4,5,6,7-tetrahydro-6-(propylamino)benzothiazol Sifrol (Boehringer Ingelheim) Tbl. 0,088/ 0,018/ 0,35/ 0,7 mg Pramipexol-Base (entspricht 0,125/ 0,250/ 0,5/ 1 mg Pramipexol-Dihydrochlorid 1H2O) (30, 100 Tbl.) Die in der Literatur veröffentlichen Dosierungen von Pramipexol beziehen sich auf die Salzform.
Pharmakodynamik 5 Pramipexol ist ein nichtergoliner DA-Agonist der 2. Generation. 5 Pramipexol ist ein synthetisches Aminobenzothiazolderivat, das durch eine hohe selektive Rezeptoraffinität für die D2-Gruppe der DA-Rezeptoren mit präferenzieller D3-Bindung charakterisiert ist. Pharmakokinetik 5 Nach oraler Einnahme wird Pramipexol rasch und vollständig resorbiert. Tmax = 1‒3 h, t½ = 8‒12 h. Pramipexol wird beim Menschen nur in geringem Maße metabolisiert. Die renale Exkretion von unverändertem Pramipexol stellt den wesentlichen Eliminationsweg dar. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Idiopathisches RLSz. 5 Symptomatische Behandlung des Morbus Parkinsonz (allein oder in Kombination mit L-Dopa). 5 Hinweise für Wirkung bei → Depression bei Parkinson-Syndrom (0,125–1 mg, 3 × täglich). 5 Zu Pramipexol liegen für die Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit keine Daten vor.
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Dosierung 5 RLS: Beginn mit 0,088 mg der Base (= 0,125 mg der Salzform) einmal täglich 2‒3 h vor dem Zubettgehen. Erhöhung alle 4‒7 Tage bis max. 0,54 mg der Base bzw. 0,75 mgz der Salzform. Bei Nierenfunktionsstörungen geringere Dosis. Nebenwirkungen Sehr häufig: Somnolenz, Übelkeit, Dyskinesien, Hypotonie. Häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Verwirrtheitszustände,
Halluzinationen, Amnesie, Verhaltensauffälligkeiten (Impulskontrollstörungen, zwanghaftes Verhalten [pathologisches Spielen sistierte in Einzelfällen unter Ropinirol]), Obstipation, Erbrechen, Gewichtsabnahme, Sehstörungen, periphere Ödeme. Gelegentlich: Ruhelosigkeit, plötzliches Einschlafen, Synkopen, Dyspnoe, Pruritus, Störungen der Libido, Hypersexualität. Sonstige Nebenwirkungen: Selten eingeschränktes Reaktionsvermögen, Lungenentzündung. Kontraindikationen 5 Psychosen (DA-agonistische Wirkung!). Interaktionen 5 Pramipexol und Präparate, die die aktive renale Tubulussekretion hemmen oder auf diesem Weg ausgeschieden werden, wie z. B. Amantadin und Cimetidin, können zu einer reduzierten Clearance von einem oder beiden Präparaten führen. 5 Die gleichzeitige Gabe von Antipsychotika und Pramipexol sollte vermieden werden. Bewertung Präparat zur Behandlung des RLS, wahrscheinlich mit einer antidepressiven Komponente. Ropinirol Dopaminagonist 4-(2-Dipropylaminoethyl)-1,3-dihydroindol-2-on Adartrel (GlaxoSmithKline) Tbl. 0,25/ 0,5/ 2 mg (als HCl) (12, 28, 84 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Ropinirol ist ein nichtergoliner D2/D3-Agonist, der die DA-Rezeptoren im Striatum stimuliert. Pharmakokinetik 5 Die Bioverfügbarkeit von Ropinirol beträgt etwa 50%. Tmax = 1,5 h, t½ = 6 h.
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Kapitel 11 · Behandlung von Bewegungsstörungen in der Psychiatrie
5 Die Metabolisierung von Ropinirol erfolgt hauptsächlich durch CYP1A2 und nachgeordnet durch CYP3A4. Keiner der im Wesentlichen durch N-Depropylierung und Hydroxylierung gebildeten Metaboliten ist an der Wirkung des Arzneimittels beteiligt. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Idiopathisches RLSz. 5 Für Ropinirol haben tierexperimentelle Studien eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Ropinirol hemmt die Milchbildung. Dosierung 5 Anfangsdosis an den ersten beiden Tagen 0,25 mg, dann in der ersten Woche 0,5 mg/d. Steigerung bei schwerem RLS auf 2 mg, max. 4 mgz. Einnahme kurz vor dem Zubettgehen, auch bis zu 3 h vorher möglich. Nebenwirkungen Sehr häufig: Erbrechen, Übelkeit, Bauchschmerzen. Häufig: Müdigkeit, Nervosität, Schwindel, Synkopen. Gelegentlich: Halluzinationen, Verwirrtheit, Hypotonie. Sonstige Nebenwirkungen: Eingeschränktes Reaktionsvermögen.
Während der Behandlung kann es zu einer paradoxen Verschlechterung mit zeitlicher Vorverlagerung der Beschwerden im Tagesverlauf (Augmentation) oder zum Wiedereinsetzen der Symptome in den frühen Morgenstunden kommen. Kontraindikationen 5 Psychosen (dopaminagonistische Wirkung!); schwere oder Leberfunktionsstörungen. Interaktionen 5 Die gleichzeitige Anwendung von Antipsychotika sollte wegen gegenseitiger Wirkabschwächung vermieden werden. 5 Vorsicht bei Kombination mit Inhibitoren von CYP1A2, z. B. Ciprofloxacin, Enoxacin oder Fluvoxamin (7 Anhang INT). Bewertung Präparat zur Behandlung des RLS mit erhöhtem NW-Profil. Rotigotin
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Dopaminrezeptoragonist 6-[Propyl(2-thiophen-2-ylethyl)amino]-5,6,7,8-tetrahydronaphthalen-1-ol
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Neupro (UCB) Transderm. Pfl. 5/ 10/ 15/ 20/ 30/ 40 cm2 enthält 2,25/ 4,5/ 6,75/ 9,0/ 13,5/ 18,0 mg Rotigotin; entsprechend einer Freisetzungsrate von 1/ 2/ 3/ 4/ 6/ 8 mg über 2 h (7, 28 Pflaster)
11.3 · Präparate
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11
Pharmakodynamik 5 Rotigotin ist ein nichtergoliner Dopaminagonist an D1‒3-Rezeptoren, bevorzugt an D3, interagiert auch mit 5-HT1A- und 5-HT2B-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Rotigotin wird durch N-Dealkylierung sowie direkte und sekundäre Konjugation verstoffwechselt. Hauptenzym des Abbaus ist CYP2C19, aber auch andere CYP-Isoformen sind in der Lage, die N-Dealkylierung von Rotigotin zu katalysieren. Die Hauptmetaboliten sind Sulfate und Glukuronidkonjugate der Muttersubstanz sowie biologisch inaktive N-Desalkylmetaboliten. 5 Innerhalb von 24 h werden ca. 45% des im Pflaster enthaltenen Wirkstoffes an die Haut abgegeben. Die Steady-State-Konzentration ist nach 1‒2 Tagen erreicht. 5 Bei transdermaler Applikation liegt die Bioverfügbarkeit bei etwa 37%. Durch die transdermale Anwendung sind kein First-Pass-Effekt sowie keine Auswirkungen durch Nahrungsmittel und gastrointestinale Erkrankungen zu erwarten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Symptomatische Behandlung des mittelschweren bis schweren idiopathischen RLSz. 5 Idiopathische Parkinson-Erkrankung im Frühstadium oder in Kombination mit Levodopa. Dosierung 5 Initial 1 mg/24 h; wöchentlich ggf. um 1 mg/24 h auf max. 3 mg/24 h. Alle 6 Monate Überprüfung der Notwendigkeit. Nebenwirkungen Sehr häufig: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Reaktionen an der Appli-
kationsstelle. Häufig: Reizbarkeit, Somnolenz, Schlafattacken, Schlafstörungen, Hypertonie, Erbrechen, Dyspepsie Libidostörungen. Gelegentlich: Störungen der Impulskontrolle, Hypotonie. Sonstige Nebenwirkungen: Eingeschränktes Reaktionsvermögen, Zwangssymptome. Kontraindikationen 5 Pflaster bei Magnetresonanztomographie oder Kardioversion abnehmen (Pflaster enthält Aluminium). Schwere Leberfunktionsstörungen. Interaktionen 5 Die gleichzeitige Anwendung von Antipsychotika sollte wegen gegenseitiger Wirkabschwächung vermieden werden.
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Kapitel 11 · Behandlung von Bewegungsstörungen in der Psychiatrie
5 Bei Kombination mit Inhibitoren von CYP2C19, z. B. Fluvoxamin ist mit einem Anstieg der Plasmaspiegel von Rotigotin zu rechnen (7 Anhang INT). Bewertung Präparat zur Behandlung des RLS mit kontinuierlicher dopaminerger Stimulation.
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12
Medikamente zur Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 12.1
Übersicht
Definition, Abgrenzung und Klassifikation dieser Störungen (Achse-II-Störungen in multidimensionalen Diagnosesystemen) sind nicht abgeschlossen; auch der Begriff Persönlichkeitsstörung ist umstritten. Neben der kategorialen Einteilung wird weiterhin eine dimensionale Sichtweise gefordert. Nach ICD-10 und DSM-IV werden Persönlichkeitsstörungen generell als meist früh in Kindheit oder Jugend beginnende, anhaltende Muster von rigiden, nichtangepassten Denk- und Verhaltensweisen, die sich in nahezu allen Lebensbereichen (eigenes Erleben, Beziehungen, Beruf) als Störung für den Betreffenden oder die Umwelt äußern, konzeptualisiert. Die vorherrschenden, prägnanten Symptome, die oft kombiniert auftreten, werden dann einzelnen Subtypen von Persönlichkeitsstörungen (oder Diagnosen) zugeordnet. Nach DSM-IV lassen sich drei Cluster mit unterschiedlicher Symptomprägnanz, möglicherweise unterschiedlicher biologischer und psychologischer Grundlage sowie unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen differenzieren: 5 Cluster A (sonderbar, exzentrisch): Merkmale sind v. a. Denk- und Wahrnehmungsverzerrungen, magisches Denken, argwöhnisches und misstrauisches Verhalten, distanzierte Beziehungen. − Schizotypische Persönlichkeitsstörung (Prototyp des Clusters, in ICD10 schizotype Störung in der Gruppe der Schizophrenien), − paranoide Persönlichkeitsstörung, − schizoide Persönlichkeitsstörung. 5 Cluster B (dramatisch, emotional betont, launisch, impulsiv): Wesentliche Merkmale sind v. a. dramatische und emotionale Verhaltensweisen, Impulsivität und Impulskontrollverlust, Affektstörungen, insbesondere emotionale Instabilität, Instabilität in Beziehungen, Auto- und Fremdaggressivität. − Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (nach ICD-10: impulsiver Typus und Borderline-Persönlichkeitsstörung, Prototyp des Clusters), − histrionische Persönlichkeitsstörung, − antisoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10: dissoziale Persönlichkeitsstörung), − narzisstische Persönlichkeitsstörung (nicht in ICD-10).
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Kapitel 12 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
5 Cluster C (ängstlich-unsicher, affektiv): Merkmale sind sozialer Rückzug, Unsicherheit im selbstständigen Denken und Handeln, Rigidität und Überkontrolliertheit, unterschwellige Affektstörungen, v. a. Ängstlichkeit und Depressivität. − Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung (nach ICD-10: ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung; Prototyp dieses Clusters), − Abhängige (dependente) Persönlichkeitsstörung, − zwanghafte Persönlichkeitsstörung, − passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung (nicht in ICD-10). Die Therapie wird in Abhängigkeit von diesen Symptomclustern und insbesondere abhängig von der vorherrschenden Symptomatik durchgeführt, d. h. die Pharmakotherapie ist weitgehend syndromorientiert. Neben Persönlichkeitsstörungen sind auch Verhaltensauffälligkeiten im Zusammenhang mit Intelligenzminderungen sowie abnorme Gewohnheiten und Impulskontrollstörungen (v. a. pathologisches Spielen, Pyromanie, Kleptomanie, Trichotillomanie) psychiatrisch relevant und zumindest teilweise einer psychopharmakologischen Behandlung zugänglich. Allerdings kommen einzelne Störungen, z. B. Impulskontrollstörungen, nicht nur im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen, sondern auch im Rahmen von Achse-I-Störungen vor. Insgesamt ist die hohe Komorbidität von Persönlichkeitsstörungen mit Achse-I-Störungen zu beachten.
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Allgemeine Therapieprinzipien
5 Spezifische Medikamente, die zur Behandlung einer Persönlichkeitsstörung zugelassen sind, gibt es noch nicht. Jede Therapie mit Psychopharmaka bei Persönlichkeitsstörungen bleibt zurzeit ein individueller Behandlungsversuch (off-label). ! Es muss immer zunächst geklärt werden, ob sich zusätzlich zu einer beste-
henden Persönlichkeitsstörung eine mit Psychopharmaka behandelbare psychiatrische Störung (Achse-I-Störung) entwickelt hat. Besonders häufig sind depressive Episoden, die mit SSRI behandelt werden können, bipolare Störungen und andere affektive Störungen, Angststörungen (v. a. Panikstörungen und posttraumatische Belastungsstörung PTBS), Substanzmissbrauch und -abhängigkeit (v. a. Alkohol, Benzodiazepine) sowie Essstörungen.
5 Die Therapie erfolgt im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans. Dieser beinhaltet psychotherapeutische Maßnahmen (v. a. Verhaltenstherapie), psychosoziale Unterstützung und die symptom- oder syndromorientierte medikamentöse und supportiv-psychiatrische Behandlung. Dies ist bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen von besonderer
12.2 · Allgemeine Therapieprinzipien
5
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5
5
5
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12
Bedeutung, um die meist drastisch eingeschränkte Lebensqualität zu verbessern. Vor allem für die Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) liegen mittlerweile 4 manualisierte Verfahren vor, deren Wirksamkeit zumindest teilweise empirisch belegt wurde: die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) nach M. Linehan und die Schematherapie (schema-focussed therapy, SFT) mit vorwiegend verhaltenstherapeutischem Hintergrund, die mentalization-based therapy (MBT) und die psychoanalytisch orientierte übertragungsfokussierte Therapie (transference-focussed psychotherapy, TFP) nach O. Kernberg. Für die DBT liegen derzeit die umfassendsten empirischen Belege vor, das Vorgehen folgt einer klaren Hierarchie, die Dauer der Therapien erstreckt sich in der Regel über Jahre. Dabei werden anfangs die Impulsivität, die suizidalen sowie manipulative Handlungen bearbeitet, erst dann folgt die Verringerung der Symptombelastung und in einem 3. Schritt die soziale Anpassung. Die Therapie von BPS erfordert nicht selten anfangs bzw. phasenweise während der DBT auch eine stationäre Behandlung und häufig die zusätzliche Pharmakotherapie. Für dissoziale (antisoziale) Persönlichkeitsstörungen liegen Wirksamkeitsbefunde für kognitiv-behaviorale Therapieprogramme (Reasoning and Rehabilitation, Relapse-Prevention-Ansatz) vor, die sich v. a. auf das kriminelle Verhalten beziehen. Zur Behandlung ängstlich-vermeidender Persönlichkeitsstörungen haben sich störungsspezifische kognitiv-behaviorale, interpersonelle und psychodynamische Ansätze als wirksam erwiesen (Zielsymptome Selbstunsicherheit, Vermeidung, Angst vor negativer Bewertung, Depressivität). Obwohl psychotherapeutische Behandlungsverfahren derzeit im Zentrum der Interventionen bei Persönlichkeitsstörungen stehen, erfordern schwerwiegende psychopathologische Symptome häufig den zusätzlichen, zumindest vorübergehenden Einsatz von Psychopharmaka und sollten nicht erst nach Ausbleiben des Erfolgs von psychotherapeutischen Maßnahmen erwogen werden. Wichtigste Zielsyndrome für psychopharmakologische Interventionen bei Persönlichkeitsstörungen sind: − depressive und andere affektive Symptome, − unkontrollierbare Impulsivität und Aggressivität, − Denk- und Wahrnehmungsstörungen, Identitätsstörungen, dissoziative Zustände, − Unangemessenes, problematisches Verhalten, u. a. in zwischenmenschlichen Interaktionen. Voraussetzung einer Therapie ist auch stets der Ausschluss bzw. die Kenntnis organischer Erkrankungen, um die medikamentöse Therapie ggf. anzupassen.
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Kapitel 12 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
5 Empfehlungen zur Dauer der Therapie können nicht gegeben werden, da sich die meisten Studien nur auf wenige Wochen beziehen. 5 Die Fortführung einer erfolgreichen Pharmakotherapie in Kombination mit psychotherapeutischen Maßnahmen kann mit einer möglichst niedrigen effektiven Dosis unter sorgfältiger Überwachung von möglichen Nebenwirkungen (NW) erforderlich sein. 12.3
Indikationen
Die Aussagen zur Wirksamkeit der medikamentösen Therapie beziehen sich größtenteils auf offene oder randomisierte Studien mit zumeist kleinen Fallzahlen. Aus diesen Studien und einer aktuellen Metaanalyse kann man zurzeit die nachstehenden medikamentösen Therapieempfehlungen ableiten. 12.3.1 Persönlichkeitsstörungen Zielsyndromorientierte Psychopharmakotherapie 5 Für die meisten Subtypen der Persönlichkeitsstörungen gibt es derzeit noch wenige empirisch fundierte Therapieleitlinien unter Berücksichtigung pharmakologischer Ansätze. 5 Für Persönlichkeitsstörungen mit Symptomen, die auch im Rahmen von Achse-I-Störungen auftreten und dabei wirksam behandelt werden können (v. a. depressive Symptome, Angstsymptome, psychosenahe Symptome, Zwangssymptome), lassen sich zumindest Hinweise für die Symptombehandlung bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen gewinnen. Dies trifft insbesondere für schizotypische, paranoide, zwanghafte und selbstunsichere Persönlichkeitsstörungen zu, aber auch für histrionische und narzisstische Persönlichkeitsstörungen. 5 Bei schizotypischen und paranoiden Störungen wurden v. a. atypische Antipsychotika (AAP) in niedriger Dosis zur Symptomreduktion (psychosenahe Denkverzerrungen) erfolgreich eingesetzt, für Risperidon gibt es eine RCT (0,5‒2,5 mg/d), Antidepressiva zeigten keine Wirkung in dieser Indikation. 5 Bei ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörungen lassen sich Ergebnisse aus der Wirksamkeit von Antidepressiva und Pregabalin (soziale Phobie) bei entsprechender Zielsymptomatik übertragen. 5 Zielsymptome wie unkontrollierbare Wut, Impulsivität, unkontrollierte Gewalt, emotionale Labilität und dysphorische Stimmung sind häufig bei antisozialen Persönlichkeitsstörungen, wurden jedoch in pharmakologischen Studien bei Patienten mit BPS untersucht. Eine Übertragung entsprechender Ergebnisse (s. unten) erscheint gerechtfertigt.
12.3 · Indikationen
Besonderheiten bei der Pharmakotherapie von Persönlichkeitsstörungen
12
577
1
5 Häufig ablehnende Haltung gegenüber Medikamenten und Skepsis gegenüber Symptombesserungen (Symptome haben oft Funktionalität). 5 Häufig nur geringe Compliance und hohe Abbruchrate. 5 NW werden oft sensitiv oder verstärkt wahrgenommen. 5 Wechsel und Änderung von Therapien werden oft als Zurückweisung erlebt. 5 Medikamente erzeugen bei manchen Patienten das Gefühl von Kontrollverlust. 5 Die Medikation kann zum Interaktionsfeld werden (»Agieren«). 5 Bei Erfolg werden manchmal Therapieende und »Beziehungsabbruch« antizipiert. 5 Suizidrisiko (Intoxikationen!), v. a. bei BPS.
Borderline-Persönlichkeitsstörung Aufgrund ihrer Bedeutung wird die BPS hier eigenständig besprochen. Die BPS ist die derzeit am besten charakterisierte und untersuchte Persönlichkeitsstörung mit einer Lebenszeitprävalenz von 5‒6% in der Allgemeinbevölkerung und von mindestens 10‒20% bei stationären Patienten in der Psychiatrie. Eine Komorbidität v. a. mit depressiven Störungen, Angststörungen, Abhängigkeitserkrankungen und Essstörungen ist eher die Regel, des Weiteren bestehen Überlappungen und Komorbiditäten mit dem Spektrum bipolarer Störungen, PTBS und Aufmerksamkeitsdefizitstörungen. Entsprechend komplex sind Symptomatik und Therapie im Rahmen eines multimodalen Vorgehens (am häufigsten Kombination Psychotherapie und Pharmakotherapie). Die Pharmakotherapie der BPS fokussiert auf verschiedene Facetten der Störung: Häufige Syndrome bei BPS, auch in Kombinationen und mit Überlappungen, sind 5 Affektive Dysregulation (v. a. affektive Instabilität, rasche Stimmungswechsel, innere Leere, Zurückweisungssensitivität, unangemessene Wut) 5 Impulsive Verhaltensstörung (v. a. Selbstverletzungen, Suizidalität, Impulsivität, Aggressivität) 5 Kognitiv-perzeptuelle Verzerrungen (v. a. Identitätsstörungen, dissoziative Zustände, belastungsabhängige psychosenahe Denk- und Wahrnehmungsstörungen) 5 Interpersonelle Problemverhaltensweisen (u. a. instabile Beziehungen, verzweifelte Versuche, nicht verlassen zu werden, Verhaltensexzesse). 5 Zusätzlich sind innere Anspannung und Schlafstörungen sowie Zwangssymptome häufige Zielsymptome der Behandlung.
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Komorbide Achse-I-Störungen bei BPS, die meist einer eigenständigen Therapie bedürfen, sind am häufigsten depressive Störungen, Angststörungen, Abhängigkeitserkrankungen (v. a. Alkohol, Benzodiazepine BZD), PTBS (v. a. bei Frauen) und Essstörungen. 5 Komorbide affektive und Angststörungen sind entsprechend zu behandeln (7 Kap. 1, 2 ,4); nach effektiver Behandlung depressiver Störungen besserten sich auch andere Symptome komorbider Persönlichkeitsstörungen. Komorbide Persönlichkeitsstörungen sind andererseits häufig Prädiktoren für schlechteres Ansprechen depressiver Störungen auf Antidepressiva. 5 Speziell bei der BPS gibt es im Wesentlichen drei medikamentöse Optionen, die zur Behandlung der Zielsyndrome empirisch evaluiert sind (. Tab. 12.1):
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Kapitel 12 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
5
− Die Stimmungsstabilisierer Lamotrigin, Topiramat und Valproinsäure. − Die AAP Aripiprazol und Olanzapin sowie mit Einschränkungen die konventionellen Antipsychotika (KAP) Haloperidol und Flupentixol-Decanoat. − Mit Einschränkungen Antidepressiva, v. a. SSRI bei vorherrschender und ausgeprägter Depressivität, komorbiden Angst- und Zwangsstörungen. Insgesamt finden sich weiterhin nur relativ wenige RTC mit begrenzter Aussagekraft (geringe Effektstärken, Stichprobenauswahl, keine Komorbidität, Komedikation nicht berücksichtigt, hohe Drop-outRate, mittlere Dauer 12 Wochen). Kein Medikament kann alle Dimensionen der Störung gleichermaßen positiv beeinflussen, manche Symptome (z. B. innere Leere, Identitätsstörungen, Dissoziationen) sind der pharmakologischen Therapie oder einer entsprechenden Evaluation seither nur gering zugänglich. Kombinationen wurden selten untersucht, scheinen nach aktuellen Daten jedoch eher ungünstig zu sein und sollten vermieden werden. Nach aktueller Studienlage und einer Cochrane-Metaanalyse liegen für Topiramat (150-250 mg/d), Lamotrigin (150‒300 mg/d) und v. a. Aripiprazol (10‒15 mg/d) die breitesten Wirksamkeitsbelege bei verschiedenen Symptomdimensionen bei BPS vor. Frühere Empfehlungen u. a. der APA lassen sich demzufolge derzeit nicht mehr aufrechterhalten. Britische Guidelines (NICE) empfehlen keine medikamentöse Behandlung der BPS wegen fehlendem Nutzen. Aripiprazol (15 mg/d) wurde auch in einer längeren Studie (18 Monate) bei BPS positiv evaluiert und sollte insbesondere wegen der geringeren NW Vorteile gegenüber dem AAP Olanzapin und KAP aufweisen. Für andere AAP liegen entweder bisher nur offene Studien vor (Quetiapin), oder die Wirksamkeit konnte nicht belegt werden (Ziprasidon).
Tagesdosis [mg]
150–300
500–2000
–
Lamotrigin
Valproinsäure
Carbamazepin, Lithium
10–15
5–10
2–5
20 mg/ 4W
Aripiprazol
Olanzapin
Haloperidol
FlupentixolDecanoat
Antipsychotika
150–300
Topiramat
Stimmungsstabilisierer
Wirkstoff
–/–
+/–
+/+
+/+
–
+/+
+/(+)
+/+
Affektive Instabilität/ begleitende affektive Symptome (Depressivität, Angst)a
+
–
+/-
+
–
–
+
+
Impulsivitäta, Aggressivitäta
–
–
+
+
–
–
–
–
Kognitivperzeptuelle Symptomea
. Tab. 12.1 Empfehlungen für eine zielsyndromorientierte Pharmakotherapie bei BPS
–
–
–
+
–
+
–
+
Beziehungsstörungen (interpersonelle Interaktion)a
NW (EPS)
NW (EPS)
Cave: metabolisches Syndrom
Günstiges NW-Profil, Langzeiterfahrungen
Keine sichere Wirksamkeit, v. a. Lithium. Cave: Toxizität
Plasmaspiegelkontrolle
Langsames Aufdosieren
Gewichtsabnahme
Bemerkungen
12.3 · Indikationen 579
12
16
17
15
1000–1200
Omega-3-Fettsäuren
+
– –
– –
–
–
Günstiges NW-Profil
Cave: Toxizität
Nach neuen Bewertungen nur bei eigenständiger Indikation empfohlen
bei BPS, NW Nebenwirkungen, TZA trizyklische Antidepressiva. + Wirksamkeitsnachweis; Empfehlung auf der Grundlage einer aktuellen Cochrane-Metaanalyse; (+) unklare Wirksamkeit, höchstens eine kontrollierte Studie oder Fallserien; – kein Wirksamkeitsnachweis, +/– widersprüchliche Ergebnisse.
–/+
(+)/+
8
a Zielsymptome
100–150
14 –
Bemerkungen
3
TZA Amitriptylin
13 –
10
–
7 Beziehungsstörungen (interpersonelle Interaktion)a
2
Substanzabhängig
9
Kognitivperzeptuelle Symptomea
1
SSRI und Venlafaxin
11 Impulsivitäta, Aggressivitäta
6
Antidepressiva
12
Affektive Instabilität/ begleitende affektive Symptome (Depressivität, Angst)a
5
Tagesdosis [mg]
. Tab. 12.1 Fortsetzung
4
Wirkstoff
580 Kapitel 12 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
12.3 · Indikationen
12
581
Psychiatrisch-psychotherapeutisches Vorgehen bei der BPS
2
5 Pharmakotherapie ist in der Regel nur auf der Basis einer tragfähigen und kontinuierlichen therapeutischen Beziehung sinnvoll. 5 Die Dosierung sollte individuell, an Zielsymptomen und NW orientiert, erfolgen. Meist sind relativ niedrige Dosierungen ausreichend. 5 Mitbeteiligung der Patienten bei Auswahl, Dosierung und Einnahmeschemata (Information, shared decision-making). 5 Erfolgserwartungen eher niedrig ansetzen. 5 Notwendige Kontrolluntersuchungen, NW und Begleiteffekte vorher besprechen; ggf. auch mögliche Alternativen und Konsequenzen. 5 Mögliche Optionen bei Wechsel der Medikation besprechen. 5 Frühzeitig die Konsequenzen eines medikamentösen Therapieerfolgs thematisieren (Erfolge definieren, Zielvereinbarungen, Stufenplan ausarbeiten). 5 Klare »Verträge« mit entsprechenden Maßnahmen und Konsequenzen können hilfreich sein (z. B. bei selbstverletzendem Verhalten, Suizidalität, Zwangssymptomen). 5 Verschreibung möglichst sicherer Medikation und ggf. kleiner Packungsgrößen.
Weitere symptomorientierte pharmakologische Ansätze 5 Zur Therapie der Schlafstörungen mit niedrig dosierten Antidepressiva bzw. Antipsychotika 7 5.3. Für Mirtazapin (verstärkte Albträume, Gewichtszunahme) liegen allerdings auch negative Erfahrungsberichte bei BPS vor, sodass dieses Präparat in dieser Indikation nicht generell empfohlen werden kann. 5 Für Naltrexon (50‒150 mg/d) liegen positive Berichte aus offenen Studien und Fallserien vor zur Behandlung von dissoziativen Symptomen und selbstverletzendem Verhalten v. a. bei BPS. 5 Bei therapierefraktärer Angst liegen Einzelfallberichte zur Wirksamkeit von BZD (Clonazepam, Alprazolam) vor; unter Alprazolam wurde aber in Einzelfällen über Kontrollverlust (Verschlechterungen) berichtet. Insgesamt sollen BZD nur akut und mit Vorsicht eingesetzt werden (Abhängigkeitsrisiko, paradoxe Reaktionen). Bei generalisierter Angst ist der Einsatz von Pregabalin gerechtfertigt. 5 BZD werden auch für Akut- und Notfallsituationen empfohlen; sie sind bei der Notwendigkeit einer akuten, vorübergehenden Sedierung für die in diesem Abschnitt genannten Störungen kaum verzichtbar und dann kurzzeitig zu empfehlen (v. a. Lorazepam). > CAVE
Mögliche Bahnung von impulsivem Kontrollverlust und paradoxen Reaktionen ist unter BZD (sehr selten) möglich. Wegen des besonderen Abhängigkeitsrisikos sollte bei Persönlichkeitsstörungen keine Langzeittherapie mit BZD durchgeführt werden.
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Kapitel 12 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
5 Bei extremer innerer Anspannung, Übererregung (hyperarousal) und Aggressivität sind β-Rezeptorenblocker (Propranolol von 20 mg sehr langsam bis auf 200 mg/d steigern; mindestens 8 Wochen) und Clonidin (75‒150 μg/d), v. a. bei organisch bedingtem aggressivem Verhalten als Reservemedikation einsetzbar. Cave bei organischen, v. a. kardialen Grundkrankheiten und internistischer Komedikation. Clonidin war auch bei Patienten mit BPS und PTBS zur Behandlung der vegetativen Übererregbarkeit wirksam. 12.3.2 Verhaltensstörungen bei Intelligenzminderung 5 Bei aggressiven Verhaltensstörungen Erwachsener mit geistiger Behinderung waren in einer RCT Risperidon (0,5‒2 mg/d) und Haloperidol (1,5‒5 mg/d) gegenüber Plazebo nicht überlegen; für Zuclopenthixol (10‒18 mg/d) gibt es hingegen Hinweise auf Wirksamkeit aus einer Absetzstudie in dieser Indikation. In Einzelfällen können Antipsychotika bei aggressiven Verhaltensweisen mit Selbst- oder Fremdgefährdung bei geistiger Behinderung hilfreich sein, sie sollten aber nur nach individueller Situationsanalyse, strikter Indikationsstellung, zeitlich begrenzt und im Rahmen eines multimodalen Therapieplans eingesetzt werden. 5 Bei aggressivem Verhalten im Rahmen von Intelligenzminderung bei Kindern und Jugendlichen ist Risperidon zugelassen und hat sich in niedriger Dosierung bewährt. Ebenso wie die Verordnung von Antipsychotika bei Demenz (7 3.4.8) sollte bei langfristiger Verordnung die individuelle Indikation regelmäßig überprüft werden. 5 Bei organisch bedingten aggressiven Störungen kann ein Therapieversuch mit β-Rezeptorenblockern (Propranolol) auch in höherer Dosierung oder mit Clonidin Erfolg versprechend sein (langsam aufdosieren). 5 Bei Oligophrenien und anderen geistigen Behinderungen tritt nicht selten neben motorischen Stereotypien repetitives selbstverletzendes Verhalten mit z. T. auch mutilierenden Selbstverletzungen auf. In dieser Indikation kann sehr vorsichtig Risperidon eingesetzt werden, möglicherweise wirkt auch Olanzapin oder ein anderes AAP. 5 Bei expansiven und disinhibierten Verhaltensstörungen im Rahmen von Oligophrenien kann ein Versuch mit Valproinsäure oder Antipsychotika (KAP in niedriger Dosis oder AAP, insbesondere Risperidon) empfohlen werden. 5 Bei autistischen Symptomen im Rahmen geistiger Behinderung (starker emotionaler und sozialer Rückzug, Stereotypien, Veränderungsangst, Wutausbrüche) wurde die Wirksamkeit von Risperidon in niedriger Dosis auch bei Kindern und Jugendlichen belegt (s. auch 7 3.4.9). Eine neuere Studie zeigte auch positive Effekte von Citalopram in dieser Indikation. Allerdings sind aus früheren Studien mit SSRI auch Zunahmen von Aggressivität und Hyperaktivität bekannt.
12.3 · Indikationen
583
12
5 Eine offene Studie mit Topiramat als Add-on-Medikation legt eine Wirksamkeit bei Verhaltensstörungen und Aggression im Rahmen geistiger Behinderung nahe. 5 Keine Empfehlung kann trotz positiver Fallberichte für Naltrexon und Methylphenidat bei geistiger Retardation und autistischen Symptomen ausgesprochen werden. 12.3.3 Spezifische Impulskontrollstörungen 5 Bei spezifischen Störungen der Impulskontrolle (pathologisches Spielen, Pyromanie, Kleptomanie, Trichotillomanie) und sexuellen Paraphilien (7 8.2.5) haben sich in Fallserien SSRI bzw. SNRI in oft höherer Dosierung und über mehrere Monate als hilfreich erwiesen, eine Kombination mit psychotherapeutischen Interventionen (spezifische DBT) ist in jedem Fall zu empfehlen. 5 Auch ein zweiter Versuch mit einem SSRI oder einem SNRI scheint ggf. angeraten, bevor ein AAP auch in Kombination – wie bei therapieresistenten Zwangsstörungen – versucht werden kann (v. a. Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon). Kontrollierte Studien liegen hierzu nicht vor.
585
13
Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen 13.1
Übersicht und allgemeine Gesichtspunkte
Psychiatrische Notfallsituationen kommen als krisenhafte Zuspitzungen im Rahmen psychiatrischer Grundkrankheiten und als Ausnahmesituationen bei ansonsten psychisch Gesunden (z. B. Agitiertheit, Stupor bei akuter Belastungsreaktion oder Suizidalität bei Anpassungsstörungen) vor. Ein erheblicher Anteil von Notarzteinsätzen findet aufgrund psychiatrischer Notfallsituationen statt. Die medikamentöse Behandlung erfolgt zunächst insbesondere bei fehlender Kenntnis über eine Grunderkrankung syndromgerichtet. Der Vielfalt psychiatrischer Diagnosen bzw. krisenbegünstigender Faktoren steht eine relativ geringe Anzahl notfallpsychiatrisch relevanter Syndrome gegenüber, im Wesentlichen: 5 psychomotorische Erregungszustände, 5 delirante Syndrome, 5 Störungen des Bewusstseins, 5 stuporöse und dissoziative Zustände, 5 Suizidalität. Diese Syndrome sind diagnoseübergreifend und zeigen Überschneidungen. Für die Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen werden an dieser Stelle einige bewährte Psychopharmaka empfohlen (. Tab. 13.1): 5 Als Antipsychotika wurden mit den Butyrophenonen Haloperidol und Melperon zwei konventionelle Substanzen wegen ihrer Effektivität, Verbreitung und relativen Sicherheit (Melperon besonders für geriatrische und internistisch multimorbide Patienten in sedierender und hypnotischer Indikation) ausgewählt. Aufgrund einer Vielzahl positiver Studien im Notfallsetting (Agitation bei Schizophrenie und Manie) wird weiterhin als atypisches Antipsychotikum (AAP) Olanzapin genannt. Auch Ziprasidon i.m. hat in der Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen an Bedeutung gewonnen und stellt in vielen Fällen eine wirksame Alternative zu hochpotenten konventionellen Antipsychotika (KAP) dar. Als Anxiolytikum wird Lorazepam als kurz wirksames BZD empfohlen. Die Medikamente können oral und parenteral verabreicht werden. 5 Bei der Behandlung prädeliranter und deliranter Zustände, v. a. im Rahmen des Alkoholentzugssyndroms, hat sich über Jahrzehnte in Deutschland Clomethiazol wegen seiner Effektivität und guten Steu-
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Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
erbarkeit bewährt, während es in angloamerikanischen Ländern nicht eingesetzt wird. Nachteilig sind dessen geringe therapeutische Breite und die nicht mehr zur Verfügung stehende parenterale Verwendungsfähigkeit. Eine Anwendung niederpotenter trizyklischer Antipsychotika wie z. B. Levomepromazin zur Dämpfung akuter psychomotorischer Erregungszustände wird wegen des anticholinergen und kardiovaskulären Nebenwirkungspotenzials bei vorhandenen besseren Alternativen nicht mehr empfohlen. In Kombination mit Haloperidol stellt das vorwiegend antihistaminisch und anticholinerg wirkende Promethazin als i.m.-Applikation (Cave: potenziell delirogen) jedoch weiterhin eine bewährte Behandlung mit raschem Wirkungseintritt dar, die einer Haloperidol-Monotherapie (i.m.) in einer kontrollierten Studie überlegen war. Mit rapid tranquilization wird das Verfahren beschrieben, durch wiederholte meist parenterale Applikationen von Antipsychotika oder/ und BZD die Zielsymptome der psychomotorischen Erregung über einen Zeitraum von meist Stunden unter engmaschigen Vitalkontrollen kumulativ zu kupieren. Ein Vorteil gegenüber der oralen Gabe wird nur in den ersten Stunden gesehen. Die Kombination von Antipsychotika und BZD ist gut untersucht (speziell Haloperidol und Lorazepam) und bietet Vorteile (s. aber 7 13.2, Warnhinweis). Die Kombination von Olanzapin i.m. und BZD wird nicht empfohlen (möglicherweise erhöhtes Mortalitätsrisiko, insbesondere in Kombination mit Alkohol). Bei Kombinationen können ggf. beide Dosen geringer gewählt werden, dadurch wird das Risiko von Nebenwirkungen (NW) verringert. Auch können BZD die Akathisie durch Antipsychotika dämpfen. Die orale Anwendung von Psychopharmaka sollte auch im Notfall stets angestrebt werden, ggf. sollen Schmelztabletten (Olanzapin, Risperidon, Lorazepam) oder flüssige Applikationsformen eingesetzt werden. Eine parenterale Anwendung ist jedoch (z. B. beim aggressiven, hocherregten, noncomplianten Patienten) oft nicht vermeidbar und dann u. U. auch sicherer durch bessere Effektivität; eine schnellere Aufhebung einer initial notwendigen Fixierung ist oft möglich. Nachteilig sind der Gebrauch von Spritzen und die meist glutäale Applikation, die in der Regel die Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patient in der Notfallsituation stören. In jedem Fall sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Umstellung auf orale Gaben erfolgen. Im Falle einer parenteralen Applikation ist häufig (v. a. bei KAP) eine Reduktion der Dosis im Vergleich zur oralen Gabe erforderlich. I.v.Injektionen müssen generell langsam erfolgen. Als parenterale Form von Haloperidol wird ausschließlich die i.m.-Injektion empfohlen.
Psychotische Zustandsbilder Psychomotorische Erregung bei Schizophreniez und Maniez, insbesondere bei erhöhter Neigung zu EPS
Olanzapin
Initialbehandlung von akuten Psychosen, Manien und Exazerbationen chronischer Psychosen
Zuclopenthixolacetat
Psychotische und delirante Zustandsbilder Psychomotorische Erregung auch schwerster Ausprägung
Haloperidol
Indikation
i.m.a: initial 2,5–5 mg, max. 20 mgz p.o.: initial 10–20 mgz Wiederholung alle 30 min möglich, jedoch nicht mehr als 20 mg/24 hz Bis 3 Tage
i. m.: 50–150 mg, 1- bis 2-malige Wiederholung alle 2–3 Tage
i. m./p.o.: 5–10 mg, bei älteren Patienten niedriger (zunächst 0,5–1,5 mg) ggf. Wiederholung alle 30 min, nicht mehr als 100 mg/24 hz oral bzw. 60 mg/24 hz parenteral (i.m.)
Dosierung
Geringeres EPS-Risiko Problemloser Übergang in orale Erhaltungstherapie Schnell lösliche orale Applikationsform möglich Mögliche Interaktionen mit CYP3A4-Inhibitoren/Induktoren (7 3.13, Präparat)
Kurzzeitdepot mit guter Wirkung auch bei akuten Erregungszuständen, EPS-Risiko
Hohes Wirkpotenzial v. a. in niedrigerer Dosis und kurzer Anwendung relativ gute kardiovaskuläre Verträglichkeit Hohes EPS-Risiko v. a. in hohen Dosisbereichen Auch in Kombination mit BZD oder Promethazin Mögliche Interaktionen mit CYP3A4-Inhibitoren/Induktoren (7 3.13, Präparat)
Besonderheiten
. Tab. 13.1 Auswahl der wichtigsten Psychopharmaka für die psychiatrische Notfallsituation
QTc-Verlängerung möglich Bei i.m.-Behandlung schnelle Umstellung auf orale Applikation anstreben Keine i.v.-Applikation, keine Empfehlung für Kombination mit BZD. Cave: Kombination mit Alkohol
QTc-Verlängerung möglich, Frühdyskinesien, dann Biperiden (Akineton®) 2,5–5 mgz i.v.
QTc-Verlängerung möglich, besonders bei parenteraler Anwendung In hohen Dosen nur mit Monitorüberwachung (ventrikuläre Tachyarrhythmien i. S. von Torsades de pointes). Cave: Haloperidol nicht i.v. verordnen. Frühdyskinesien, dann Biperiden (Akineton®) 2,5–5 mgz i.v.
Cave
13.1 · Übersicht und allgemeine Gesichtspunkte 587
13
16
17
. Tab. 13.1 Fortsetzung
14 7
8
11
13
15
i.m.: initial 9,75 mg (1,3 ml) als einmalige i.m.-Injektion, ggf. auch niedrigere Dosis von 5,25 mg (0,7 ml) bei Vormedikation Wiederholung nach 2 h möglich, max. 3 Injektionen innerhalb von 24 h. Höchstdosis 30 mg/d Wenige Tage
Sehr geringe metabolische NW, keine signifikante Gewichtszunahme; relativ geringes EPS-Risiko, keine Prolaktinerhöhung; keine bedeutsame Verlängerung des QTc-Intervalls Schnell lösliche orale Applikationsform möglich Mögliche Interaktionen mit CYP3A4-Inhibitoren/Induktoren (7 3.13, Präparat)
Datenlage für Akutsituationen noch unvollständig Schnelle Umstellung auf orale Applikation anstreben Vorsicht bei Kombination mit BZD und anderen Psychopharmaka
QTc-Verlängerung möglich (für Ziprasidon dosisabhängig beschrieben) Schnelle Umstellung auf orale Applikation anstreben Vorsicht bei Kombination mit BZD und anderen Psychopharmaka
3
Schnelle Beherrschung von Erregungszuständen bei Patienten mit Schizophrenie zur kurzzeitigen Anwendung, wenn eine orale Behandlung nicht möglich ist
6
Minimale Gewichtszunahme und relativ geringes Risiko für metabolische Veränderungen und Prolaktinerhöhung (im Vergleich zu anderen AAP, außer Aripiprazol). Geringes EPS-Risiko; problemloser Übergang in orale Erhaltungstherapie
2
Aripiprazol i.m.
10
i.m.: Einzeldosis 10 mg, Wiederholung alle 2 h möglich bis maximal 40 mg/d; Umsetzen auf orale Medikation innerhalb von 3 Tagen
Cave
1
Schnelle Beherrschung von Erregungszuständen bei Patienten mit Schizophrenie für die Dauer von bis zu 3 aufeinanderfolgenden Tagen, wenn eine orale Behandlung nicht möglich ist
9
Besonderheiten
5
Ziprasidon i.m.
13
Dosierung
4
Indikation
588 Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Akute Unruhe- und Erregungszustände im Rahmen psychiatrischer Grunderkrankungen (auch: akute allergische Reaktionen vom Soforttyp, wenn gleichzeitig Sedierung indiziert ist)
Promethazin i.m.
Leicht- bis mittelgradige psychomotorische Erregung und Unruhez bei geriatrischen und multipel internistisch erkrankten Patienten
Melperon
Indikation
. Tab. 13.1 Fortsetzung
i.m./i.v.: initial in der Regel 25 mg, Wiederholung nach 2 h möglich. Max. kurzfristig 200 mg/d bei schweren Unruhe- und Erregungszuständen
i.m.: initial 50–100 mg, max. 200 mg/24 hz p.o.: initial 50–100 mg Nicht mehr als 400 mg/24 hz
Dosierung
Gute sedierende Eigenschaften ohne merkliche antipsychotische Wirkung, keine Prolaktinerhöhung. Auch antiemetische Wirkungen; ausgeprägte antihistaminische Wirkung, zusätzlich adrenolytisch, anticholinerg, antiserotonerg Kombination mit Haloperidol i.m. in Akutsituationen evaluiert (unter engmaschiger Kontrolle) Mögliche Interaktionen mit CYP2D6Inhibitoren (7 5.11, Präparat)
Gute sedierende Eigenschaften bei mäßiger antipsychotischer Wirkung und fehlenden anticholinergen Eigenschaften Mögliche Interaktionen (CYP2D6-Inhibition) mit Substraten von CYP2D6 (7 3.13, Präparat)
Besonderheiten
QTc-Verländerung möglich, sehr häufig Mundtrockenheit und weitere anticholinerge Wirkungen, Hypotonie Cave: Bei i.v.-Applikation RR- und Atemkontrollen; schmerzhafte Extravasate Cave: Vorsicht bei Intoxikationen mit Alkohol und anderen Psychopharmaka (v. a. Antidepressiva): kardiale NW, Delir, Senkung der Krampfschwelle
z. T. ausgeprägte orthostatische Hypotonie möglich Keine i.v.-Applikation
Cave
13.1 · Übersicht und allgemeine Gesichtspunkte 589
13
16
17
. Tab. 13.1 Fortsetzung
6
7
8
14 Hypotonie und Atemdepression möglich, insbesondere in hohen Dosen und bei i.v.-Gabe i.v.-Applikation sehr langsam!
3
11
13
15
Zulassungsstatus. EPS extrapyramidalmotorische Störungen, BZD Benzodiazepine, AAP atypische Antipsychotika, NW Nebenwirkungen, HWZ Halbwertszeit.
Relativ kurze HWZ, keine aktiven Metaboliten Gut steuerbar
2
a 7 13.2, Warnhinweis; z
10
i.v./i.m.a: initial 0,5–1 mg p.o.: initial 1–2,5 mg ggf. Wiederholung alle 60 min, nicht mehr als 7,5 mg/24 hz
Cave
1
Psychomotorische Erregung leichteren Gradesz sowie Adjuvans bei stärkerer Agitationz (v. a. zu Haloperidol) Angstzuständez
9
Besonderheiten
5
Lorazepam
13
Dosierung
4
Indikation
590 Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
13.2 · Psychomotorische Erregungszustände
13
591
Verhalten in der psychiatrischen Notfallsituation Die folgenden Maßnahmen sollten der medikamentösen Behandlung des psychiatrischen Notfalls unmittelbar vorausgehen (. Abb. 13.1): 5 Abschätzen, ob der Patient eine akute Gefahr für Untersucher, Personal und/oder sich selbst darstellt. Indikation zur Zwangseinweisung (Unterbringung) bzw. Einschalten des Sozialpsychiatrischen Dienstes klären und ggf. veranlassen. 5 Ausschluss einer unmittelbaren vitalen Bedrohung durch eine internistische oder chirurgische (Grund-)Erkrankung. 5 Vorläufige diagnostische Einordnung von (a) Notfallsyndrom und (b) vermuteter zugrunde liegender psychiatrischer Störung (psychotisch, affektiv, Intoxikation, reaktiv, Persönlichkeitsstörung) durch Fremdanamnese (Polizei, Personal, Angehörige) und Verhaltensbeobachtung. Eine genauere Diagnosestellung ist initial häufig nicht möglich und hat auch keine Priorität. 5 Festlegung der Behandlungsstrategie und -modalität (freiwillig ‒ unfreiwillig, sofort ‒ nach Aufnahme/Übernahme). Besteht akute erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung, muss sofort gehandelt werden; für eine Rechtsgrundlage (Unterbringungsbeschluss, Betreuung) ist schnellstmöglich zu sorgen. 13.2
Psychomotorische Erregungszustände
Psychomotorische Erregungszustände (. Tab. 13.2) sind durch ausgeprägte Antriebssteigerung sowie motorische Hyperaktivität, z. T. mit Gereiztheit, Aggressivität und Kontrollverlust gekennzeichnet. Oft besteht eine ängstliche Grundstimmung (v. a. bei psychotischen Erregungszuständen und Angststörungen). Erste Anzeichen sind mangelnde Kooperation, motorische Unruhe, Auf- und Abschreiten, intensives Gestikulieren, laute Sprache mit Drohgebärden, »Starren«, Reizbarkeit und Impulsivität. Eigen- und/ oder Fremdgefährdung sind möglich. Notfalltherapie beim psychomotorischen Erregungszustand
1
5 Basistherapie mit einem Antipsychotikum: Haloperidol 5–10 mg p.o. oder i.m., ggf. 1- bis 2-malige Wiederholung im Abstand von 30 min, aber maximal 100 mg/24 hz p.o. bzw. 60 mg/24 hz parenteral; bei älteren Patienten zunächst 0,5‒1,5 mg. 5 Alternativ: Olanzapin 10–20 mg p.o. oder 2,5–5 mg i.m. (max. 20 mg/24 hz) oder Promethazin 25 mg i.m. (max. 200 mg/24 h, Cave: Interaktionen), Melperon 50–100 mg i.m. (max. 200 mg/24 h). 6
592
1 2
Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Agitierter Patient
5 ruhig und sicher auftreten 5 Patienten ernst nehmen
3
5 klare, eindeutige Anweisungen geben 5 aktiv und empatisch zuhören 5 Patienten nicht in die Enge treiben
4
5 Gefährdung evaluieren
5 6
Kooperativ? Gesprächsbereit?
ja
Krisenintervention:
nein
7
5 Gespräch
8 9
Spannungsreduktion durch Angebote: 5 gemeinsame Konfliktlösung suchen 5 geplante Maßnahmen erklären 5 ggf. Essen, Trinken, Zigarette anbieten 5 Angehörigen nach Wunsch des Patienten einbeziehen oder ausschließen
5 ggf. Medikation
Erfolg
5 Absprachefähigkeit
beurteilen 5 Aufnahmeindikation
10
klären kein Erfolg 5 Gefährdung
11
reevaluieren 5 Stärke und Präsenz (Personal) signalisieren
13
5 Befugnis ggf. zu Maßnahmen gegen
den Willen des Patienten erklären
Erfolg
5 Entschlossenheit zeigen
13 14
kein Erfolg
Nach Regelung der Rechtsgrundlage: 5 Medikation auch ohne Einwilligung
15 16 17
des Patienten 5 ggf. kurzfristige Fixierung
. Abb. 13.1 Handlungsablauf bei psychomotorischen Erregungszuständen
13.2 · Psychomotorische Erregungszustände
593
13
5 Als Monotherapie (bei fehlenden psychotischen Symptomen) oder zusätzlich als Komedikation BZD möglich: Lorazepam 1–2 mg p.o. (am besten Expidet-Formulierung) oder 0,5‒1 mg i.v./i.m. (Cave: Nicht in Kombination mit Olanzapin), ggf. Wiederholung in 30-minütigen Abständen (rapid tranquilization) bis maximal 7,5 mg/24 hz. 5 Psychomotorische Erregungszustände bei demenziellen Erkrankungen 7 3.4.8, dort Warnhinweise. > CAVE
Aufgrund wiederholt berichteter, z. T. schwerer hypotensiver Folgezustände ist bei gleichzeitiger Behandlung mit Olanzapin i.m. oder Clozapin eine parenterale Anwendung mit BZD zu vermeiden. Eine orale BZDBehandlung in einem solchen Fall sollte vorsichtshalber – zumindest in den ersten Tagen – nur stationär und unter regelmäßiger Kontrolle der Vitalfunktionen erfolgen. Die Kombination darf, nach einer aktuellen Studie, auf keinen Fall in Kombination mit Alkohol gegeben werden.
. Tab. 13.2 Übersicht über Differenzialdiagnose und Notfalltherapie psychomotorischer Erregungszustände
a
Differenzialdiagnose
Medikamentöse Notfalltherapie
Psychotische Erregung und Aggressivität bei Schizophrenie und manischen Syndromen
Haloperidol (alternativ Zuclopenthixolacetat, Olanzapina, ggf auch Ziprasidon i.m., Aripiprazol i.m., Risperidon), Komedikation: Lorazepam Promethazin (nur mit Halperidol)
Erregung bei depressiven Syndromen
Lorazepam; Einleitung der antidepressiven Basistherapie Alternativ: Melperon, Promethazin
Erregung bei Angststörungen mit/ ohne Panikattacken
Lorazepam Alternativ: Melperon, Promethazin
Erregung bei symptomatischen Psychosen bei somatischen Erkrankungen (z. B. internistischen/neurologischen Intoxikationen)
Haloperidol; kausale Therapie; speziell bei geriatrischen und multimorbiden Patienten: Melperon (auch adjuvant)
Erregung bei Drogenintoxikationen inkl. (kompliziertem) Alkoholrausch
Haloperidol (bei Alkoholintoxikation: Cave: Benzodiazepine)
Erregung bei Delir
. Tab. 13.3 und 7 13.3
s. Warnhinweis unten.
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594
Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
13.3
Delirante Syndrome
Ein Delir ist eine akute organische Psychose mit unterschiedlicher, häufig multifaktorieller Genese. Leitsymptome sind Bewusstseins-, Aufmerksamkeits- und kognitive Störungen (z. B. mnestische Störungen, Verwirrtheit) sowie Desorientiertheit. Zusätzlich können vorkommen: Wahrnehmungsstörungen mit ‒ v. a. optischen ‒ Halluzinationen und illusionären Verkennungen, erhöhte Suggestibilität, psychomotorische Störungen entweder in Form von Unruhe und Erregung, z. T. mit Bewegungsstereotypien, oder psychomotorische Hemmung und Apathie, oft in raschem Wechsel; außerdem fokalneurologische Symptome wie Ataxie, Dysarthrie, Tremor und vegetative Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Hyperhidrosis, Hyperthermie und Tachykardie, Blutdruckanstieg. Es lassen sich zwei Prägnanztypen im Sinne eines hyperaktiven und eines hypovigilant-hypoaktiven deliranten Syndroms unterscheiden, Mischformen oder Übergänge sind jedoch häufig. Die häufige hypoaktive Form mit geringeren vegetativen und psychomotorischen Auffälligkeiten erschwert die Diagnose. Das Auftreten eines deliranten Syndroms ist im höheren Lebensalter häufiger (u. a. wegen Multimorbidität, Polypharmazie), oft sind an der Entstehung mehrere Ursachen beteiligt: Entzugssyndrome (hauptsächlich Alkohol), Intoxikationen sowie Komplikationen bei internistischen und neurologischen Erkrankungen. Demenzielle Erkrankungen im höheren Lebensalter sind der größte Risikofaktor für die Entwicklung eines Delirs (Delir bei Demenz, ICD-10 F05.1) (7 6.4.7 und 7 3.4.8). Charakteristisch sind die Entwicklung der Delirsymptomatik bis zum Vollbild innerhalb kürzester Zeit (Stunden bis wenige Tage) und ein Fluktuieren der Ausprägung. 5 Jedes Delir ist ein akuter, lebensbedrohlicher Zustand und erfordert die Krankenhausbehandlung. Frühes Erkennen und adäquate Behandlung verbessern die Prognose. Kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter ist dringend geboten. 5 Diagnostik bei Verdachtsdiagnose Delir: − körperliche Untersuchung, − Vitalparameter, EKG, Körpertemperatur, − laborchemische und hämatologische Parameter (v. a. Alkoholspiegel, Glukose, Elektrolyte, Leber- und Nierenparameter, Entzündungszeichen, Blutbild), − Urinstatus mit Drogenscreening, − Thoraxröntgen, − zerebrale Bildgebung, wenn möglich MRT, − evtl. EEG zum Ausschluss epileptischer Aktivität, − evtl. Lumbalpunktion.
13
595
13.3 · Delirante Syndrome
5 Eine Übersicht über die Differenzialdiagnose und Therapie gibt . Tab. 13.3. ! Es ist zu beachten, dass sich die Behandlung des Alkoholentzugsdelirs
(7 7.2.1) von den übrigen Delirformen unterscheidet.
Notfalltherapie beim deliranten Syndrom
2
5 Internistische Basistherapie (u. a. Flüssigkeitszufuhr bei Exsikkose, ggf. Elektrolytausgleich, kardiale Stabilisierung, ggf. Sauerstoffzufuhr, Beschränkung der Medikation auf das Notwendige). 5 Psychopharmakologische Basistherapie mit einem Antipsychotikum: Im Gegensatz zur Behandlung von psychomotorischer Erregung anderer Genese ist mit niedrigeren Dosen schweregradabhängig zu beginnen, insbesondere bei älteren Patienten mit Haloperidol 1–2 mg p.o. oder i.m. 2- bis 4-stündlich; die maximal zugelassene Tagesdosis sollte weit unterschritten werden. 5 Zusätzlich (bei Bedarf oder bei Alkoholentzugsdelir als Basistherapie): Clomethiazol. Dosierung 7 7.3, Präparat. 5 Alternativ: BZD (statt Clomethiazol): Lorazepam 0,5–1 mg p.o. oder i.v. 2- bis 4-stündlich, nicht mehr als 7,5 mg/24 hz. 5 Keine anticholinerg wirksamen Medikamente (mögliche Verstärkung des deliranten Syndroms). ! Unter Clomethiazol ist auf Atem- und Kreislaufdepression sowie bronchiale
Hypersekretion zu achten.
. Tab. 13.3 Übersicht über Differenzialdiagnose und psychopharmakologische Notfalltherapie deliranter Syndrome Differenzialdiagnose
Medikamentöse Notfalltherapie
Delir bei Alkoholentzug 7 7.2.1
Clomethiazol (7 7.3, Präparat), (alternativ Lorazepam); ggf. zusätzlich Haloperidol Kein Alkohol!
Delir bei Benzodiazepinentzug 7 4.6.2
Sukzessiver Entzug (ggf. über Wochen); ggf. Haloperidol
Delir bei Drogenintoxikation 7 Kap. 18
Sofortiger Drogenentzug, ggf. Haloperidol
Delir als NW von Psychopharmaka (z. B. zentrales Serotonin- oder anticholinerges Syndrom) 7 13.8.2
Sofortiges Absetzen oder starke Reduktion der Arzneimittel (entsprechend dem Schweregrad des Delirs) Bei Erregung ggf. zusätzlich Haloperidol und/oder Lorazepam Physostigmin nur in der Intensivmedizin
596
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Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
. Tab. 13.3 Fortsetzung Differenzialdiagnose
Medikamentöse Notfalltherapie
Delir bei somatischen Erkrankungen (Beispiele): ZNS: Akut entzündlich, Epilepsie, Trauma, zerebrovaskulär, neoplastisch, Demenz Metabolisch: Hyper-/hypoglykämisch, Hyperthyreose, renale/hepatische Insuffizienz Kardiopulmonal: Arrhythmien, Herzinsuffizienz, akute Myokardischämie Systemisch: Infektiöse/neoplastische Erkrankungen, Temperatur-/Flüssigkeits-/Elektrolytentgleisungen, Anämie, postoperativ, Polytrauma
Behandlung der Grunderkrankung, primär internistisch-symptomatische Behandlung Bei Agitation: Haloperidol; ggf. zur Sedierung Melperon ggf. adjuvant Benzodiazepine
13.4
Störungen des Bewusstseins
13.4.1 Quantitative Bewusstseinsstörungen Bei quantitativen Bewusstseinsstörungen handelt es sich um Störungen der Vigilanz starker mit Ausprägung von Benommenheit/Somnolenz über den Sopor bis zum Koma. Sie bilden eine phänomenologische Einheit und unterscheiden sich lediglich im Schweregrad. Psychopharmaka sind in der Regel kontraindiziert. Die diagnostische Abklärung und (ggf. intensiv-) medizinische Behandlung hat Vorrang. Somnolenz Als Somnolenz wird eine Vigilanzminderung mit vermehrter Schlafneigung bei noch möglicher Erweckbarkeit auf Ansprache bezeichnet. Zusätzlich bestehen psychomotorische Verlangsamung mit herabgesetzter Reaktionsfähigkeit sowie meistens auch Aufmerksamkeitsstörungen und kognitive Verlangsamung. 5 Ätiologie: Neurologisch (z. B. Epilepsie, meist postiktal, entzündliche Prozesse wie Meningitis/Enzephalitis, metabolische Enzephalopathien, Hirnstammprozesse, Schädel-Hirn-Trauma), internistisch (z. B. Intoxikationen, Hyperglykämie, Hypothyreose, Elektrolytstörungen, Komplikation bei schweren Allgemeinerkrankungen). 5 Diagnostik: Körperliche Untersuchung, Labor (Elektrolyte, Entzündungs-, Leber-, Nierenparameter, Glukose, Schilddrüsenwerte, Blutbild, Urinstatus inkl. Drogenscreening, Lumbalpunktion), EEG, zerebrale Bildgebung.
13.4 · Störungen des Bewusstseins
597
13
5 Bei Somnolenz im Rahmen der hepatischen Enzephalopathie evtl. Versuch mit Flumazenil i.v. (Anexate®, fraktioniert 0,1–1 mg); dabei vorübergehende Vigilanzbesserung möglich (diagnostisch), zuvor aber Ausschluss einer epileptischen Aktivität im EEG. Sopor und Koma Unter Sopor wird eine Vigilanzminderung mit (kurzfristiger) Erweckbarkeit nur durch starke Schmerzreize bei fehlender Spontanmotorik verstanden. Das Koma ist ein Zustand tiefer Bewusstlosigkeit mit überwiegend fehlender Responsivität auch auf Schmerzreize, ungezielte Abwehrbewegungen sind möglich. Schutzreflexe können vorhanden sein oder fehlen. 5 Ätiologie und Diagnostik: Prinzipiell wie bei Somnolenz; Intensivüberwachung notwendig, ggf. Sicherstellung von Atmung und Kreislauffunktionen. 13.4.2 Qualitative Bewusstseinsstörungen Organische dissoziative Störung Bei der organischen dissoziativen Störung (»Dämmerzustand«) handelt es sich um eine vorübergehende Bewusstseinsveränderung bzw. traumartige Einengung des Bewusstseins. Die Handlungsfähigkeit ist erhalten bei jedoch verminderter intentionaler Spannweite. Charakteristisch ist ein teilweiser oder völliger Verlust der normalen Integration von Erinnerungen an die Vergangenheit sowie des Identitätsbewusstseins, unmittelbarer Wahrnehmungen und der bewussten motorischen Kontrolle. Häufig sind psychomotorische und kognitive Verlangsamung sowie teilnahmslos-apathisches Verhalten mit möglichen Affektdurchbrüchen und Erregungszuständen. Zum Teil besteht forensische Relevanz durch mögliches (und oft persönlichkeitsinkongruentes) fremdaggressives und impulsives Verhalten. Typisch ist eine Amnesie für den Zeitraum des Auftretens, gelegentlich mit »Erinnerungsinseln«. 5 Ätiologie: Überwiegend bei Epilepsie (v. a. postiktal, aber auch iktal als Anfallsäquivalent), weiterhin bei pathologischem Alkoholrausch, Schädel-Hirn-Verletzungen, progressiver Paralyse, entzündlichen ZNS-Prozessen. 5 Diagnostik: Körperliche Untersuchung, Labor, zerebrale Bildgebung, EEG, evtl. Lumbalpunktion. 5 Differenzialtherapie: Bei epileptischer Genese bzw. sicherem Ausschluss einer Intoxikation BZD (z. B. Lorazepam 0,5‒1 mg i.v./i.m. oder 1‒2,5 mg p.o., max. 7,5 mg/24 hz), beim pathologischen Alkoholrausch Haloperidol 5–10 mg p.o. oder i.v./i.m. (max. 100 mg/24 hz p.o. bzw. 60 mg/24 hz i.v./i.m.).
1 2 3 4 5 6 7
598
Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
13.5
Stuporöse Zustände
Unter einem Stupor wird ein abnormer Zustand psychomotorischer Hemmung mit eingeschränkter bzw. aufgehobener Reaktivität auf Umweltreize verstanden. Das Wachbewusstsein ist voll erhalten, eine Amnesie entsteht in der Regel nicht. Die Ätiologie ist vielfältig, das Syndrom kann bei verschiedenen psychiatrischen und internistischen Grunderkrankungen auftreten (zur Differenzialdiagnostik . Tab. 13.4). Stupor bei katatoner Schizophrenie Bei der katatonen Schizophrenie (7 3.4.1) kommen psychomotorische Hemmung, zumeist mit Mutismus und Stupor, vor. Beobachtet werden kann dabei auch das Phänomen der »wächsernen Biegsamkeit« (Flexibilitas cerea): Hierbei wird die passiv bewegte Extremität in z. T. grotesken Stellungen beibehalten. ! Ein abruptes Umschlagen von katatonem Stupor in einen katatonen psy-
chomotorischen Erregungszustand (»Bewegungssturm«) ohne offensichtlichen äußeren Anlass ist möglich. Sehr selten: lebensbedrohliche perniziöse Katatonie mit Fieber (febrile Katatonie), autonomer Entgleisung, Akrozyanose, Petechien, Bewusstseinstrübung. Differenzialdiagnose: malignes neuroleptisches Syndrom (7 13.8.2).
8 9 10
. Tab. 13.4 Übersicht über Differenzialdiagnose und Notfalltherapie stuporöser Zustände
11 13 13
Differenzialdiagnose
Therapie
Stupor bei katatoner Schizophrenie
Initial Lorazepam, wenn ohne Wirkung: Haloperidol, alternativ Olanzapina oder Risperidonb, Ziprasidonb
Depressiver bzw. manischer Stupor
Lorazepam; nach Abklingen des Akutzustands antidepressive bzw. antimanische/stimmungsstabilisierende Behandlung
Stupor bei organischer katatoner Störung
Haloperidol, Behandlung der Grunderkrankung, bei substanzinduzierter Genese Absetzen bzw. Entzug der verursachenden Substanz
Dissoziativer Stupor
Lorazepam, ggf. psychotherapeutische Krisenintervention
14 15 16 17
7 13.2, Warnhinweis; b bisher jedoch nicht systematisch untersucht, sondern in Fallserien beschrieben.
a
13.5 · Stuporöse Zustände
Notfalltherapie bei Stupor unbekannter Genese
13
599
3
5 Initial Versuch mit Lorazepam, z. B. 1‒2,5 mg p.o. (z. B. Expidet-Formulierung) oder 0,5‒1 mg i.v. (max. 7,5 mg/24 hz). 5 Bei ausbleibendem Erfolg: Haloperidol 5–10 mg p.o. oder i.v./i.m. (max. 100 mg/24 hz p.o. bzw. 60 mg/24 hz i.v./i.m.), wenn malignes neuroleptisches Syndrom ausgeschlossen ist (7 13.8.2). 5 Bei perniziöser Katatonie zusätzlich Kühlung, Volumensubstitution, ggf. intensivmedizinische Behandlung; Elektrokrampfbehandlung (EKB) nach Ausschluss einer Enzephalitis.
Depressiver Stupor Bei Vorliegen der diagnostischen Kriterien für eine depressive Episode steht eine ausgeprägte Antriebsminderung mit psychomotorischer und kognitiver Hemmung (»Pseudodemenz«) im Vordergrund. Die affektive Resonanzfähigkeit kann bis zur Affektstarre eingeschränkt sein, häufig besteht Negativismus und (elektiver) Mutismus. Blickkontakt ist vorhanden, das Verhalten bei Exploration wirkt passiv-duldend, weniger autistisch und bizarr (DD: katatone Schizophrenie). Cave: Suizidalität. Notfalltherapie beim depressiven Stupor
4
5 Akut: Lorazepam, z. B. 1‒2,5 mg (Expidet) p.o. oder 0,5‒1 mg i.v. (max. 7,5 mg/24 hz). 5 Weiterbehandlung: Stationäre antidepressive Einstellung ggf. mit Lorazepam als Komedikation.
Manischer Stupor Bei einer manischen Episode kann z. B. durch extreme Gedankenbeschleunigung oder psychotische Symptome die Handlungsfähigkeit bis hin zur Entwicklung eines Stupors eingeschränkt sein. Auch kann ein stuporöses Syndrom bei manisch-depressiven Mischbildern (mit oder ohne psychotische Merkmale) auftreten. Notfalltherapie beim manischen Stupor
5
5 Akut: Lorazepam, z. B. 1‒2,5 mg (z. B. Expidet-Formulierung) p.o. oder 0,5‒1 mg i.v. (max. 7,5 mgz). 5 Weiterbehandlung: Stationäre Verlaufsbeobachtung und ggf. phasenprophylaktische/antimanische Aufdosierung mit einem Stimmungsstabilisierer (z. B. Lithium, Valproinsäure).
Stupor bei organischer katatoner Störung Phänomenologisch besteht Ähnlichkeit mit dem Stupor bei katatoner Schizophrenie. Differenzialdiagnostisch wegweisend sind pathologische
600
1
Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Befunde (z. B. entzündlich, Intoxikation, zerebrale Raumforderung, Epilepsie) bei der internistischen bzw. neurologischen Diagnostik (. Tab. 13.4).
2
Notfalltherapie bei organischer katatoner Störung
3
5 Behandlung der Grunderkrankung, ggf. Haloperidol 5–10 mg p.o. oder i.v./i.m. (max. 100 mg/24 hz p.o. bzw. 60 mg/24 hz i.v./i.m.) nach Ausschluss eines malignen neuroleptischen Syndroms (7 13.8.2).
4 5 6 7 8 9 10
6
Dissoziativer Stupor (psychogener Stupor) Bei bestehender psychomotorischer Hemmung mit Mutismus sowie fehlender oder stark eingeschränkter Reagibilität auf äußere Reize finden sich unauffällige organische Befunde, anamnestisch sind meistens keine psychiatrischen Achse-I-Störungen festzustellen. Diagnostisch wegweisend sind unmittelbar bzw. kurz zuvor vorausgegangene belastende Erlebnisse (Fremdanamnese). Häufig liegt eine auffällige Persönlichkeitsstruktur zugrunde. Notfalltherapie beim psychogenen Stupor
7
5 Reizabschirmung, Distanz vom belastenden Ereignis bzw. belastenden Faktoren schaffen, Gespräch in ruhiger, neutraler Umgebung suchen, Zeit nehmen. 5 Lorazepam, z. B. 1‒2,5 mg (z. B. Expidet-Formulierung) p.o. oder 0,5‒1 mg i.v. (max. 7,5 mg/24 hz).
11 13 13 14 15 16 17
13.6
Suizidalität
Suizidalität kommt als Symptom bei allen psychiatrischen Erkrankungen vor (v. a. bei affektiven Störungen wie Major Depression oder bipolaren Störungen, schizophrenen Psychosen, alkoholbezogenen und Persönlichkeitsstörungen (besonders Borderline-Persönlichkeitsstörung), jedoch auch unabhängig von psychiatrischen Krankheitsbildern (rational choice, z. B. Terminalstadium schwerer somatischer Erkrankungen, »Bilanzsuizid«, Lebenskrisen, v. a. Verluste, Trennungen, drastische äußerlich geprägte Änderungen der Lebensweise, schwere Kränkungen), wobei hier Persönlichkeitsfaktoren oft konfundieren. Bei 90% aller Suizide liegt eine psychiatrische Erkrankung zugrunde (bei ca. 60% eine affektive Störung, Hauptrisikofaktor für einen Suizid ist die Diagnose einer Major Depression). Weitere Risikofaktoren sind: schwere Schlafstörungen, konkrete frühere Suizidversuche, komorbide Abhängigkeitserkrankung, fehlende soziale Einbindung oder Verlust von Bezugspersonen und handlungsweisender Charakter der Suizidideationen. Ein generell höheres Suizidrisiko haben Männer, ältere und allein lebende Menschen, psychiatrisch ersterkrankte Patienten sowie alters- und
13.6 · Suizidalität
601
13
diagnoseunabhängig Patienten mit schlechtem Behandlungserfolg. Besonders gefährdet sind weiterhin Personen mit Suizidversuchen in der Anamnese und diagnoseübergreifend Patienten mit aktuell depressiver oder dysphorisch-agitierter Symptomatik. Gute familiäre, soziale und berufliche Bindungen sind protektive Faktoren. Im Sinne einer multiaxialen Evaluation von Suizidalität sollten im Einzelfall die folgenden Faktoren bewertet werden: 5 Individuelle Leitsymptome (psychopathologische Symptomatik: z. B. Depressivität, Hoffnungslosigkeit, Angst, Impulsivität, Aggressivität, psychotische Zustandsbilder, Intoxikation), 5 psychosoziale Belastungsfaktoren (z. B. aktuelle Konflikte, Isolation, Misshandlung), 5 somatische Faktoren (z. B. chronische körperliche Erkrankungen), 5 Schweregrad (z. B. Ausprägung der Letalitätsabsicht, Arrangement und Art der eventuell beabsichtigten Mittel). 13.6.1 Umgang mit suizidalen Patienten Jede Suizidäußerung eines Patienten ist ernst zu nehmen, eine ausführliche Exploration ist zwingend nötig. 5 Die ausführliche Anamnese ist zur Einschätzung der akuten Gefährdung wichtig. Bei Verdacht auf Suizidalität muss diese offen und präzise thematisiert werden, die Absprachefähigkeit des Patienten ist vor dem Hintergrund von Ressourcen, protektiven Faktoren und sozialer Unterstützung zu beurteilen. 5 Suizidale Patienten müssen eine besondere Beachtung und engmaschige Betreuung im Sinne einer Intensivierung des zeitlichen Engagements und der therapeutischen Bindung erhalten. Das konkrete Betreuungsangebot richtet sich nach den individuellen Risikofaktoren, der Absprachefähigkeit des Patienten und Umgebungsfaktoren. 5 Akut suizidale Patienten, die nicht absprachefähig sind, sind unverzüglich in Begleitung in eine psychiatrische Klinik einzuweisen, bei fehlender Krankheitseinsicht oder Behandlungsbereitschaft kann eine Einweisung nach dem Betreuungsrecht (BGB) bzw. dem PsychischKranken-Gesetz (PsychKG) notwendig werden. 5 Indikationen für eine stationäre Einweisung bei Suizidalität (nach S3-Leitlinie): − akute Suizidgefährdung − medizinische Versorgungsnotwendigkeit nach einem Suizidversuch − Behandlungsnotwendigkeit der zugrunde liegenden depressiven Störung − Unsicherheit bei der hinreichend zuverlässigen Einschätzung der Suizidalität − Keine tragfähige therapeutischen Beziehung möglich − Weiterbestehen von Suizidalität trotz initialer adäquater Behandlung.
602
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Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Wichtige Fragen bei akuter Suizidgefahr
8
5 Drängen sich Suizidgedanken passiv auf? Wie häufig? 5 Bestehen schon konkrete Vorstellungen oder sind schon Vorbereitungen getroffen? Welche? 5 Wurden Suizidabsichten bereits angekündigt? Wann? 5 Gab es Suizidversuche in der Vorgeschichte? Wie oft? Wann zuletzt? 5 Gab es Suizidversuche bereits in der näheren Familie? 5 Wie groß ist der Handlungsdruck/Leidensdruck? 5 Besteht eine längere depressive Verstimmung oder Sinnkrise? Wie lange? 5 Haben sich zwischenmenschliche Kontakte in der letzten Zeit reduziert? (Einsamkeit) 5 Haben Sie in der letzten Zeit wenig Interesse an Hobbies und Kontakten? (Einengung) 5 Wird in der letzten Zeit über erhebliche Schlafprobleme geklagt? 5 Bestehen schwere körperliche Erkrankungen? 5 Gibt es aktuelle Auslöser (Verlust, Kränkung)? 5 Besteht das Gefühl der Hoffnungslosigkeit?
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Notfalltherapie bei Suizidalität
9
5 Die Therapie ist stets abhängig von der Grunderkrankung, grundsätzlich sollte kombiniert pharmako- und psychotherapeutisch vorgegangen werden. 5 Suizidalität bei psychotischen Angst- und Erregungszuständen: Konsequente antipsychotische Behandlung, zusätzlich passagere Gabe von BZD (z. B. Lorazepam 2–4 mg/d). BZD haben einen sehr schnellen Effekt und können die Hoffnungslosigkeit, die oft Anlass der Suizidalität ist, vorübergehend lindern. 5 Suizidalität bei depressiven Störungen: Zunächst BZD (z. B. Lorazepam 2–4 mg/24 h); die konsequente antidepressive Pharmakotherapie ist in der Akut- und Notfallsituation zweitrangig; bei Vorhandensein psychotischer Symptome zusätzlich antipsychotische Behandlung. Bei hochsuizidal-depressiven Patienten kann die EKB lebensrettend sein. 5 Suizidale Krisen bei Persönlichkeitsstörungen: Passagere Gabe von BZD (z. B. Lorazepam 2–4 mg/d, max. 7,5 mgz) oder niedrig dosierten Antipsychotika kann hilfreich sein, um Anspannung und autoaggressive Impulse zu reduzieren. 5 Suizidalität bei Suchterkrankungen: Bei akuter Drogenintoxikation zunächst stationäre Behandlung zur Entgiftung (7 Kap. 7). 6
13.7 · Akute Belastungsreaktion
603
13
5 Krankheitsunabhängig ist für ausreichenden Nachtschlaf (v. a. Durchschlafen) zu sorgen; empfehlenswert ist ggf. eine Dosisverteilung mit höherer Dosis des Antipsychotikums bzw. Antidepressivums am späten Abend, evtl. zusätzlich Verordnung eines Schlafmittels. 5 Das Vorgehen nach stattgehabtem Suizidversuch richtet sich nach der jeweiligen Ausprägung; Sicherung und Überwachung vitaler Funktionen sowie somatisch-medizinische Maßnahmen wie Entgiftung und Wundversorgung haben immer Vorrang. Bis zur fachpsychiatrischen Evaluation ist der Patient im Zweifelsfall als weiterhin suizidal anzusehen.
13.6.2 Suizidprävention Entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Suizidprävention ist die Identifikation von Risikofaktoren (s. oben). Wichtigste Maßnahme zur längerfristigen Suizidprävention bei psychiatrischen Erkrankungen ist die Durchführung einer Erhaltungstherapie bzw. Rezidivprophylaxe (je nach Diagnose antipsychotisch, antidepressiv bzw. phasenprophylaktisch oder kombiniert). Bei schizophrenen Psychosen wurde unter Behandlung mit Clozapin eine Abnahme des Suizidrisikos festgestellt. Die Datenbasis ist derzeit zu schmal, um diese Aussage auf andere AAP auszudehnen. Bei (bipolaren) affektiven Störungen hat eine längerfristige Lithium-Therapie über den stimmungsstabilisierenden Effekt hinaus auch eine belegte suizidpräventive Wirkung, was nach derzeitigem Kenntnisstand für Antikonvulsiva nicht angenommen werden kann. Zur Problematik Antikonvulsiva und Suizidalität 7 2.6, Box 9; Antidepressiva und Suizidalität 7 1.6.13, insbesondere Box 4). ! Je akuter und ausgeprägter die Suizidalität ist, desto mehr muss zunächst
die sedierende Komponente der medikamentösen Therapie betont werden. Eine kontinuierliche Überwachung und Betreuung des Patienten ist selbstverständlich. Der Patient sollte möglichst frühzeitig mit dem auch langfristig weiterbehandelnden Arzt in Kontakt gebracht werden, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
13.7
Akute Belastungsreaktion
5 Psychische Ausnahmezustände und Notfallsituationen können auch im Rahmen akuter schwerer Belastung auftreten (akute Belastungsreaktion: ICD-10, F43.0; bei Laien oft »Schock«, »Nervenzusammenbruch«) als Folgen einer psychischen Extrembelastung, für die der Betroffene keine geeignete Bewältigungsstrategie besitzt. Häufig handelt es sich um die Konfrontation mit körperlicher oder seelischer Gewalt gegen sich selbst oder nahestehende Andere oder um eine dramatische Verlustsituation. Im peritraumatischen Zeitraum (akut) sind
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Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
die Betroffenen häufig wie »betäubt« und zeigen dissoziative Symptome (Depersonalisation, Derealisation) mit Bewusstseinseinengung, Wahrnehmungsstörungen bis hin zur Desorientiertheit.). Auffällig sind extreme affektive Schwankungen (von Apathie bis hin zu depressiven oder aggressiven Durchbrüchen, oft rasch und unvermittelt wechselnd). Hinzu kommen nicht selten vegetative Symptome (Herzrasen, Übelkeit, Erbrechen, Hyperhidrosis, Tremor). − Die Behandlung der akuten Belastungsreaktion besteht v. a. in der Entfernung vom Gefahrenbereich und dem Herstellen einer geschützten Umgebung. Als sofortige Maßnahmen zur Prävention einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) werden häufig Kriseninterventionsteams (KIT) im Rettungsdienst eingesetzt. Positiv wirken wahrscheinlich Zuwendung, Aktivierung des sozialen Netzes und ein fester professioneller Ansprechpartner, Einsamkeit und Alleinsein nach traumatischen Ereignissen erhöht das Risiko für anhaltende Symptome. Zum besten Zeitpunkt einer psychotherapeutischen Intervention, insbesondere im Hinblick auf Möglichkeiten der Prävention einer PTBS sowie Psycho- und Pharmakotherapie bei der PTBS 7 1.4.8. 5 Auch weniger schwere Auslöser (z. B Verlust, Prüfungsversagen, Trennung) können bei vulnerablen Menschen die Verarbeitungskapazität übersteigen und akut zu affektiven, kognitiven, vegetativen Symptomen und Störungen im Verhalten führen, die extreme Ausmaße annehmen können (Anpassungsstörungen: ICD-10 F43.2). − Behandlung der Anpassungsstörung vorrangig durch psychotherapeutisch orientierte Gespräche (Fokus auf Auslöser und Bearbeitungsmöglichkeiten, Ressourcenaktivierung), nur in Ausnahmefällen und vorübergehend Anxiolytika, Hypnotika und Antidepressiva. 5 Akute und extreme kognitive Symptome (»Todesangst«, Vernichtungsgefühl, Hilflosigkeit) und körperliche Beschwerden (häufig mit Hyperventilation, »Herzphobie«) können im Rahmen von Panikattacken und Panikstörungen (ICD-10, F41.0) und Somatisierungsstörungen (ICD10, F45) auch ohne erkennbaren Auslöser auftreten und führen nicht selten zunächst zum Einschalten eines Notarztes oder zur Krankenhauseinweisung. Nach Ausschluss akuter somatischer Erkrankungen gelingt die Diagnostik meist über die Anamnese und Fremdanamnese. Auf den Einsatz von BZD sollte auch hierbei verzichtet werden, verhaltenstherapeutische Sofortmaßnahmen (Vergewisserung, genaue Situationsanalyse, Entspannungsverfahren, kognitive Verfahren, Imagination) und anschließende Psychotherapien stehen im Vordergrund. Pharmako- und Psychotherapie bei Panikstörung 7 1.4.3, bei Somatisierungsstörung 7 1.4.9
13.8 · Psychopharmaka als Ursache Akutsituationen
13.8
13
605
Psychopharmaka als Ursache psychiatrischer Akutsituationen
13.8.1 Allgemeine Störungen . Tab. 13.5 gibt einen Überblick über durch Psychopharmaka ausgelöste psychiatrische Akutsituationen. 13.8.2 Spezielle Störungen Malignes neuroleptisches Syndrom Beim malignen neuroleptischen Syndrom handelt es sich um eine seltene NW einer Antipsychotikatherapie, vorwiegend bei hohen Dosen hochpotenter Antipsychotika, in Einzelfällen auch unter AAP, jedoch auch bei normaler Dosierung. In der Regel tritt es innerhalb von 2 Wochen nach Beginn der Antipsychotikatherapie auf; dabei besteht vitale Gefährdung. Die Symptome entwickeln sich innerhalb von 24–72 h: 5 Extrapyramidale Störungen: Rigor, Akinesie, z. T. auch Dys- und Hyperkinesien; Stupor; fluktuierende Bewusstseinsstörungen bis zum Koma; autonome Funktionsstörungen mit Tachykardie, (labiler) Hypertonus, Tachy- bzw. Dyspnoe, Hautblässe oder -rötung, Hypersalivation, Hyperhidrose, Harninkontinenz. 5 Labor: Erhöhte Kreatinkinase, nicht selten auch Erhöhung der Transaminasen sowie der alkalischen Phosphatase; Leukozytose; metabolische Azidose. ! Myoglobinämie bzw. -urie (Rhabdomyolyse) mit drohenden renalen Kom-
plikationen möglich, daher Verlaufsbestimmungen auch von Kreatinkinase und Kreatinin bei Verdacht auf ein malignes neuroleptisches Syndrom und bei Myalgien wichtig (7 3.6.6).
5 Differenzialdiagnose: Febrile Katatonie, maligne Hyperthermie (Anästhesiezwischenfall), Enzephalitis. Notfalltherapie beim malignen neuroleptischen Syndrom
10
5 Absetzen der Antipsychotika, Kühlung, (parenterale) Flüssigkeitszufuhr; Intensivüberwachung ist indiziert. 5 Prinzip der Weiterbehandlung: − Dantrolen i.v. 2,5 mg/kg KG, ggf. danach Dauerinfusion bis zu 10 mg/kg KG/24 h i.v. und anschließend 2,5 mg/kg KG/24 h i.v., − alternativ Bromocriptin (Pravidel®) 10–30 mg/24 h (bis 60 mg/24 h), − Amantadin (PK-Merz®) i.v. 200–400 mg/24 h oder − Lorazepam 2–4 mg/24 h i.v./i.m. (maximal 7,5 mg/24 hz), − wenn keine Besserung: EKB; ggf. auch zu einem früheren Behandlungszeitpunkt.
606
Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
. Tab. 13.5 Arzneimittelinduzierte psychiatrische Akutsituationen, ausgelöst durch Psychopharmaka
1
Substanzgruppe
2
Symptomatik und Therapie
Antidepressiva (AD)
3 4 5 6
AD ohne sedierende Eigenschaften
Psychomotorische Unruhe, Umtriebigkeit, Erregtheit Therapie: Reduktion bzw. Absetzen des AD, evtl. Umsetzen auf ein sedierendes AD
SSRI und andere Pharmaka mit überwiegend serotonerger Wirkkomponente
Zentrales Serotoninsyndrom: z. T. delirante Symptomatik, Erregungszustände, Euphorie Risiko erhöht bei Kombination mit MAOH, daher Kombination vermeiden Therapie: 7 13.8.2
AD mit anticholinerger Begleitwirkung
Zentrales anticholinerges Syndrom: agitierte Verlaufsform mit deliranter Symptomatik Therapie: 7 13.8.2
7 Antipsychotika
8
KAP
Akute depressive Verstimmungen bis hin zur Suizidalität (zu depressiven Störungen unter Antipsychotika 7 3.4.4) und psychomotorische Unruhe, Umtriebigkeit, Erregtheit (v. a. in hohen Dosisbereichen; DD: Akathisie) Therapie: Reduktion bzw. Absetzen des Präparats, evtl. zusätzlich BZD
Antipsychotika mit anticholinerger Begleitwirkung
Zentrales anticholinerges Syndrom (7 13.8.2): agitierte Verlaufsform mit deliranter Symptomatik Therapie: s. oben
AAP
In seltenen Einzelfällen delirante Symptomatikb Therapie: s. oben; ggf. vorübergehend BZD
9 10 11 13 13 14 15 16 17
a
Andere Pharmaka 7 13.8.3 bzw. . Tab. 13.6; b Fallberichte für Olanzapin und Risperidon.
Zentrales Serotoninsyndrom Beim zentralen Serotoninsyndrom kommt es zu seltenen Neben- bzw. Wechselwirkungen von Pharmaka mit serotonerger Wirkkomponente, v. a. bei SSRI, Venlafaxin, Mirtazapin (additiv), TZA, MAOH, 5-HT-Agonisten, Tryptophan, Kokain, Amphetaminen, aber auch Lithium (vorwiegend in der Kombinationstherapie als pharmakodynamische Interaktion auf Ebene der serotonergen Neurotransmission im Sinne einer serotonergen Überaktivität). Es ist potenziell lebensbedrohlich und tritt überwiegend innerhalb der ersten 24 h nach Applikation auf: 5 Trias aus Fieber (Schüttelfrost), neuromuskulären Symptomen (Hyperrigidität, Hyperreflexie, Myoklonie, Tremor) und psychopathologischen Auffälligkeiten (delirante Symptome wie Bewusstseins- und Aufmerksamkeitsstörungen, Desorientiertheit, Verwirrtheit, z. T. Erregungs-
13.8 · Psychopharmaka als Ursache Akutsituationen
13
607
zustände); weiterhin gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö; vital bedrohliche Komplikationen durch epileptische Anfälle, Herzrhythmusstörungen, Koma, Multiorganversagen, Verbrauchskoagulopathie. Notfalltherapie beim zentralen Serotoninsyndrom
11
5 Absetzen der Medikation (in 90% der Fälle ausreichend) und ggf. symptomatische Therapie: Kühlung, Volumensubstitution, bei Bedarf Sedierung. 5 Bei Persistenz (selten) Cyproheptadin (Peritol®) 4–8 mg initial p.o. bis 0,5 mg/kg KG/24 h; bei Komplikationen u. U. Notwendigkeit der intensivmedizinischen Therapie.
Zentrales anticholinerges Syndrom Das zentrale anticholinerge Syndrom tritt auf bei Überdosierung bzw. Intoxikation mit anticholinerg wirksamen Pharmaka (z. B. Clozapin, TZA) sowie additiv bei deren Kombination, aber auch bereits in normalen Dosisbereichen, z. B. bei Slow-metabolizer-Status. Es ist potenziell lebensbedrohlich: 5 Periphere anticholinerge Symptome wie trockene Haut und Schleimhäute, Hyperthermie, Mydriasis, Harnverhalt, Obstipation (bis zum paralytischen Ileus), Tachykardie Herzrhythmusstörungen; agitierte Verlaufsform mit deliranter Symptomatik, Desorientiertheit, Verwirrung, evtl. Sinnestäuschungen (optische und z. T. akustische Halluzinationen), motorischer Unruhe und Agitation, Dysarthrie und zerebralen Krampfanfällen, aber auch sedative Verlaufsform mit Somnolenz bzw. Koma. Notfalltherapie beim zentralen anticholinergen Syndrom
12
5 Absetzen der anticholinergen Substanz. 5 Bei agitierter Verlaufsform ggf. BZD und/oder Antipsychotika je nach Symptomausprägung; bei Persistenz bzw. schwerer Ausprägung Applikation von 2–4 mg Physostigmin (Anticholium® Injektionslösung) i.m. oder langsam i.v. (sowohl bei agitierter als auch sedativer Verlaufsform wirksam) und ggf. als Dauerinfusion über Perfusor (2–4 mg/h); jedoch nur unter intensivmedizinischen Bedingungen mit kontinuierlichem Monitoring der Kreislauffunktionen und Möglichkeit der assistierten Beatmung; 5 außerdem symptomatische Therapie z. B. bei Hypotonie, Herzrhythmusstörungen, Elektrolytentgleisung, Krampfanfällen etc.
608
Kapitel 13 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
13.8.3 Arzneimittelinduzierte psychiatrische Akutsituationen
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durch andere Pharmaka (»Nichtpsychopharmaka«) Unter einer großen Zahl von Pharmaka unterschiedlicher Klassen können psychiatrische NW auftreten. Häufig sind sexuelle Funktionsstörungen und Schlafstörungen sowie ängstlich-depressive Verstimmungen. Daneben können auch manische oder psychotische Syndrome mit paranoid-halluzinatorischer Symptomatik sowie delirante Syndrome vorkommen. 5 Auf eine sorgfältige Medikamentenanamnese ist beim Neuauftreten von psychiatrischen Syndromen in jedem Fall zu achten. Risikogruppen sind insbesondere geriatrische und mehrfach erkrankte bzw. multipel vorbehandelte Patienten. 5 Die Latenzzeit nach Medikationsbeginn ist bis zum Auftreten psychotischer NW (unmittelbar bis Tage nach Erstgabe) meist gering. 5 Besteht in der Akutsituation der Verdacht auf eine pharmakogene psychiatrische Störung, sollte die Medikation zunächst abgesetzt werden; bei Persistieren der Störung muss eine syndromgerichtete psychiatrische Pharmakotherapie eingeleitet werden. ! Die Einstellung auf ein Medikament mit potenziellen psychiatrischen NW
sollte, insbesondere bei Risikopatienten (höheres Lebensalter, Mehrfacherkrankungen und -behandlungen), stets einschleichend beginnen und niedrig dosiert erfolgen (start low – go slow). Pharmakologische Polypragmasie ist in der Notfallsituation zu vermeiden. Eine gesicherte Überlegenheit von Kombinationen besteht nicht, hingegen das Risiko für Interaktionen und diagnostische Verschleierung.
In . Tab. 13.6 sind häufig eingesetzte Pharmaka mit bekannten psychiatrischen NW aufgeführt. Die Angaben können aktualisierte und vollständige Informationen, auf die im Einzelfall zurückzugreifen ist (z. B. AkdÄ, Rote Liste, Fachinformationen), nicht ersetzen. . Tab. 13.6 Arzneimittelinduzierte psychiatrische Akutsituationen durch andere Pharmaka (»Nichtpsychopharmaka«) Substanzklasse
Substanzen mit bekannten psychiatrischen NW
ACE-Hemmer
Enalapril, Captopril
Antiarrhythmika
Amiodaron, Chinidin, Disopyramid, Lidocain, Procainamid, Verapamil, Propafenon, Flecainid, Mexiletin
Antibiotika
Ciprofloxazin, Ofloxazin, Cotrimoxazol (Trimethoprim + Sulfamethoxazol), Amoxicillin, Cephalosporine, Procain-Penicillin, Isoniazid, Sulfonamide, Clarithromycin, Erythromycin, Gentamicin, Tobramycin, Chloramphenicol, Rifampicin, Streptomycin, Polymyxin E
Antihistaminika
Cimetidin, Famotidin, Ranitidin, Terfenadin
17
13.8 · Psychopharmaka als Ursache Akutsituationen
609
13
. Tab. 13.6 Arzneimittelinduzierte psychiatrische Akutsituationen durch andere Pharmaka (»Nichtpsychopharmaka«) Substanzklasse
Substanzen mit bekannten psychiatrischen NW
Antimykotika
Amphotericin B, Clomitrazol, Terbinafin, Ketoconazol
Antisympathikotonika
Clonidin
AT1-Hemmer
Losartan, Telmisartan
Kalziumantagonisten
Diltiazem, Felodipin, Nifedipin, Hydralazin, Cinnarizin, Flunarizin
Kortikosteroide
Dexamethason, Prednisolon, Triamcinolon, ACTH, Hydrokortison, Methylprednisolon
Diuretika
Amilorid, Spironolacton, Thiazide
Malariamittel
Dapson, Mefloquin, Chloroquin, Chinin, Chinidin, Sulfadiazine
NSAID
Ibuprofen, Naproxen, ASS
Opioidanalgetika
Codein, Tramadol, Fentanyl, Buprenorphin, Pentazocin, Morphin
Orale Kontrazeptiva
Östrogene/Gestagene (v. a. depressive Syndrome)
ß-Rezeptorenblocker
Atenolol, Metoprolol, Propranolol, Timolol
Sympathikomimetika
Salbutamol, Oxymetazolin, Ephedrine, Phenylpropranolamin
Virustatika
Aciclovir, Amantadin, Ganciclovir, Zidovudin
Zytostatika
L-Asparaginase, Mithramycin, Vincristin, Procarbazin, Ifosfamic, Cisplatin
Sonstige
Allopurinol, Aminophyllin, Atropin, Baclofen, Bromocriptin, Carbimazol, Ciclosporin, Digitoxin, Digoxin, Erythropoetin, Flunisolid, Interferon-α, Interferon-β, Interleukin-2, L-Thyroxin, Metoclopramid, Ondansetron, Prazosin, Retinoide, Scopolamin, Statine, Streptokinase, Sulfasalazin, Theophyllin
ACE Angiotensin-convertig-Enzym, AT1 Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1, ACTH Adrenokortikotropin, ASS Acetylsalicylsäure, NW Nebenwirkungen
611
14
Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen Mitberücksichtigt bei Risikoeinschätzungen bzw. Empfehlungen zur Anwendung im Alter und bei internistischen Erkrankungen sind in diesem Kapitel auch Pharmaka mit Stellenwert in der psychiatrischen Pharmakotherapie, bei denen es sich nicht um Psychopharmaka im engeren Sinne handelt (z. B. Sildenafil, Orlistat). 14.1
Psychopharmaka im Alter
Physiologische Alterungsprozesse haben einen starken Einfluss auf Wirkung und Verträglichkeit von Arzneimitteln im ZNS. 5 Entscheidende pharmakokinetische Faktoren sind (. Tab. 14.1): − Reduzierte Körpermasse mit relativ erhöhtem Anteil an Fettgewebe, dadurch zunehmendes Verteilungsvolumen lipophiler Arzneimittel (wie Psychopharmaka) mit verlängerter systemischer Verweildauer und Wirkung sowie Gefahr der Akkumulation. − Verminderung des Plasmaproteingehalts, dadurch evtl. erhöhte Konzentration von freien (ungebundenen) Arzneimitteln. − Eingeschränktes Herzzeitvolumen und Gefäßveränderungen sowie Abnahme von Leber- und Nierenvolumen, dadurch Verringerung des hepatischen und renalen Blutflusses mit Einschränkung von Arzneimittelmetabolismus bzw. -elimination; außerdem erhöhte Bioverfügbarkeit für Substanzen mit hoher präsystemischer Elimination. 5 Zu bedenken ist weiterhin das erhöhte Risiko von Interaktionen bei häufig bestehender Polypharmakotherapie im Alter (7 Kap. 17). 5 Pharmakodynamisch finden sich Veränderungen im Bereich der Neurotransmission für fast alle Neurotransmittersysteme; es wurden eine Abnahme der Zellzahl, eine verringerte Rezeptordichte sowie eine Reduktion der Neurotransmittersynthese mit möglichem Einfluss auf Wirkmechanismus bzw. Nebenwirkungsspektrum verschiedener Psychopharmaka gezeigt: − Dopaminerges System: Erhöhte Suszeptibilität für extrapyramidalmotorische Störungen bzw. Spätdyskinesien bei D2-antagonistischen Substanzen. − Serotonerges System: Erhöhte Disposition für Nebenwirkungen (NW) bei serotonergen Pharmaka (Agitation, Inappetenz, Dyspepsie, sexuelle Dysfunktion).
612
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Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
− Cholinerges System: Erhöhte Empfindlichkeit für periphere und v. a. zentrale anticholinerge Symptome bei Pharmaka mit anticholinergem NW-Profil aufgrund einer degenerativ bedingten Verringerung der cholinergen Reserven im Alter (daher erhöhte Neigung zu Verwirrtheitszuständen bzw. Ausprägung deliranter Zustandsbilder). 5 Einfluss psychosozialer Faktoren auf die Pharmakotherapie im Alter: Compliance-Minderung durch soziale Isolation, vermehrte NW, komplizierte Behandlungsschemata, Versorgungsprobleme, kognitive Beeinträchtigung (7 Kap. 6). ! Bei der medikamentösen Behandlung geriatrischer Patienten ist stets an
eine Dosisanpassung zu denken. In der Regel sind geringere Dosen und langsame Aufdosierung unter sorgfältiger Überwachung relevanter Parameter (Nierenfunktion, Leberparameter, kardialer Status) anzustreben. Zur Sicherung der Compliance sollten Verwandte oder Pflegepersonen einbezogen werden. Das therapeutische Regime ist so einfach wie möglich zu halten und sollte regelmäßig überprüft werden, Medikation ist in übersichtlicher Form anzubieten. Schnell lösliche bzw. flüssige Präparationen können die Anwendung bei kontrollierter Applikation erleichtern.
. Tab. 14.1 Veränderung pharmakokinetischer Parameter im Alter und ihre Auswirkung
10 11
Veränderung im Alter
Auswirkung
Resorption
Nur geringgradige Veränderungen, kaum Einschränkung der Resorptionsquote im Alter
–
Distribution
Relative Erhöhung des Anteils an Körperfett, zunehmendes Verteilungsvolumen lipophiler Substanzen
Verlängerte Verweildauer und Wirkung bzw. Toxizität
13 13 14
Hepatischer Metabolismus
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Phase 1 (Metabolismus im engeren Sinne)
Abnahme der Enzymaktivität (z. B. Decarboxylierung, Desaminierung, Hydrolyse, Oxidation, Reduktion)
Verlängerte Verweildauer bzw. Toxizität; verzögerte Inaktivierung, ggf. verzögerte Transformation in aktive Metaboliten
Phase 2 (Konjugation)
Keine Beeinträchtigung von Kopplungsreaktionen (z. B. Glukuronidierung, Sulfatierung, Acetylierung)
–
Exkretion
Reduktion der renalen Clearance
Verzögerte Elimination, verlängerte Verweildauer bzw. Toxizität
16 17
613
14.1 · Psychopharmaka im Alter
14
Neben der Risikoeinschätzung in . Tab. 14.2 finden sich weitere Informationen zu den Präparaten im entsprechenden Abschnitt des jeweiligen allgemeinen Teils und im Präparateteil der betreffenden Kapitel.
. Tab. 14.2 Risikoeinschätzung im Alter
a
Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Erhöht
Antidementiva
Donepezil, Galantamin, Rivastigmin
Memantine
–
Antidepressiva
Mirtazapin, Moclobemid, SSRI, Venlafaxin
[Agomelatin], [Duloxetin], Nortriptylin, Maprotilin, Mianserin, Milnacipran, Reboxetin
Tranylcypromin, Trazodon, TZA (außer Nortriptylin)
Antipsychotika
Amisulprid, Melperon, Pipamperon, Sulpirid
Aripiprazol, [Asenapin], Flupenthixol, Fluphenazin, Haloperidol, Olanzapin, Perphenazin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon, Zuclopenthixol
Clozapin, Chlorpromazin, Levomepromazin, Pimozid, Sertindol, Thioridazin
Anxiolytika/ Hypnotika
Lorazepam, Oxazepam, Pregabalin, Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
BZD (außer Lorazepam, Oxazepam)
–
Stimmungsstabilisierer
–
Carbamazepin, Lamotrigin, Valproinsäure
Lithium
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
Orlistat
Acamprosat, Buprenorphin, Bupropion, Buspiron, L-Dopa/ Benserazid, Modafinil, Naltrexon, Natriumoxybat, Pramipexol,, Ropinirol, [Rotigotin] Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil
Disulfiram
Auswahl der gängigsten Präparate aus den einzelnen Substanzgruppen, basierend auf dem derzeitigen Literaturstand und Empfehlungen der Hersteller, bezogen auf therapeutische Dosisbereiche. Bei Präparaten in eckigen Klammern ist aufgrund einer schmalen Datenbasis nur eine vorläufige Einstufung möglich. TZA trizyklische Antidepressiva, BZD Benzodiazepine.
1 2 3 4 5 6
614
Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
14.2
Psychopharmaka bei Herz-KreislaufErkrankungen
14.2.1 Allgemeine Gesichtspunkte In therapeutischer Dosierung besteht für herzgesunde Patienten ein relativ geringes kardiovaskuläres Risiko bei der Anwendung von Psychopharmaka. Allerdings gibt es neue Untersuchungen, die die Unbedenklichkeit von trizyklischen Substanzen und von Butyrophenonen infrage stellen (7 1.6 und 7 3.6). Bei kardiovaskulärer Vorschädigung (insbesondere vorbeschriebene oder latente Erregungsleitungsstörungen, Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankung (KHK), Blutdruckdysregulation) können Psychopharmaka in unterschiedlichem Ausmaß kardiotoxisch wirken (. Tab. 14.3); die wichtigsten Faktoren im NW-Profil sind:
7
. Tab. 14.3 Risikoeinschätzung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
8
Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Erhöht
9
Antidementiva
–
Donepezil, Galantamin, [Memantine], Rivastigmin
–
Antidepressiva
Bupropion, Mianserin, Mirtazapin, SSRI
[Agomelatin], [Duloxetin], [Milnacipran] Moclobemid, Nortriptylin, Reboxetin, Venlafaxin
Maprotilin, Tranylcypromin, Trazodon, TZA (außer Nortriptylin)
Antipsychotika
Amisulprid, Aripiprazol, Melperon, Pipamperon, Sulpirid
[Asenapin], Haloperidol, Quetiapin, Olanzapin, Risperidon, Ziprasidon
Clozapin, Pimozid, Phenothiazine (v. a. Thioridazin), Sertindol
Anxiolytika/ Hypnotika
BZD, Pregabalin, Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
–
–
Stimmungsstabilisierer
Lamotrigin, Valproinsäure
Carbamazepin
Lithium
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
Acamprosat, Bupropion, Buspiron, Naltrexon, Orlistat
Atomoxetin, [Buprenorphin], Clomethiazol, L-Dopa/ Benserazid, Modafinil, Natriumoxybat, Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin
Disulfiram, Methylphenidat, Levomethadon, Methadon, Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil
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a
s. Fußnote in . Tab. 14.2.
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5 Anticholinerge Wirkung (v. a. trizyklische Substanzen): Herzfrequenzerhöhung, Aufhebung bzw. Reduktion der protektiven parasympathischen (vagalen) Wirkung, auch durch Abnahme der Herzfrequenzvariabilität. 5 Orthostatische Wirkung (v. a. α1-Rezeptorantagonismus), dadurch z. B. Reflextachykardie, (koronare und zerebrale) Durchblutungsstörungen, Kollapsneigung. 5 Erregungsleitungsstörungen (Depolarisationsstörungen), z. B. durch chinidinartigen und negativ inotropen Effekt trizyklischer Substanzen. 5 Proarrhythmische Wirkung durch mögliche QTc-Zeit-Verlängerung (Repolarisationsstörungen), insbesondere bei Vorliegen von Risikofaktoren und Behandlung mit Antipsychotika (7 3.6). Zur Therapie mit Antidepressiva bei koronarer Herzerkrankung sind in den vergangenen Jahren viel beachtete, z. T. große kontrollierte Studien durchgeführt worden, die v. a. die gute Verträglichkeit von SSRI und Mirtazapin – z. T. auch nach akutem Koronarsyndrom – belegen (s. unten). Für SSRI ist jedoch einerseits zu beachten, dass es auch hier in seltenen Fällen zu QTcVerlängerung und Herzrhythmusstörungen kommen kann. Andererseits besteht ein erhöhtes gastrointestinales Blutungsrisiko, hier ist insbesondere Vorsicht geboten bei Komedikation mit Thrombozytenaggregationshemmern bzw. bei bekannten gastrointestinalen Läsionen (z. B. Ulkuskrankheit). 14.2.2 Antidepressiva Generelle Empfehlungen zur Verordnung von Antidepressiva bei HerzKreislauf-Erkrankungen 7 1.4.1 Tri-/tetrazyklische Antidepressiva 5 Ausgeprägte anticholinerge sowie α1-antiadrenerge Wirkung, daher häufig Herzfrequenzanstieg, orthostatische Dysregulation (weniger ausgeprägt bei dem sekundären Amin Nortriptylin). 5 Depolariationsverzögerungen wegen natriumkanalblockierender (»chinidinartiger«) Wirkung, QTc-Verlängerung mit arrhythmogenem Potenzial. 5 Bei kardialer Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen, Blockbildern im EKG, jedoch auch bei klinisch-symptomatischer Herz-Kreislauf-Erkrankung und Herzinsuffizienz) kontraindiziert. Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer 5 Kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (nur seltene Einzelfallberichte bei Intoxikationen mit sehr großen Mengen), in neueren Studien jedoch Hinweise für selten auftretende QTc-Verlängerungen .
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Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
5 Teilweise neuere Studien belegen v. a. Anwendungssicherheit von Citalopram, Paroxetin und Sertralin bei KHK, letzteres auch bei instabiler Ausprägung (akutes Koronarsyndrom). 5 Wohl keine Auswirkung auf die linksventrikuläre Auswurffraktion, daher Behandlung bei Herzinsuffizienz möglich. 5 Erhöhtes Risiko für v. a. gastrointestinale Blutungen, insbesondere in Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern. 5 Nicht selten (zentrale) Hyponatriämien (SIADH), insbesondere bei älteren und weiblichen Patienten sowie bei gleichzeitiger Diuretikatherapie, daher in solchen Fällen Vorsicht und entsprechende Kontrollen. Monoaminoxidasehemmer 5 Moclobemid: Blutdruckerhöhung möglich (jedoch bisher nicht systematisch untersucht), daher sorgfältige und engmaschige Überwachung und ggf. Dosisreduktion, insbesondere bei arterieller Hypertonie; kardiovaskuläres Risiko wächst mit Dosissteigerung. 5 Tranylcypromin: Wegen irreversibler, nichtselektiver MAO-Hemmung besondere Gefährdung durch hypertensive Krisen im Behandlungsverlauf, v. a. bei Diätfehlern (7 1.13, Präparat); aber auch hypotone Zustände (insbesondere bei Therapiebeginn), orthostatische Dysregulation. Bei kardiovaskulären Erkrankungen nicht zu empfehlen. Andere Antidepressiva 5 Agomelatin: In bisherigen kontrollierten Studien günstiges kardiovaskuläres Risikoprofil, keine anticholinerge bzw. α1-antiadrenerge Wirkung. Aufgrund der diesbezüglich noch schmalen Datenbasis sollte eine Anwendung bei stabilen kardiovaskulären Erkrankungen nur mit Vorsicht und unter entsprechenden klinischen sowie regelmäßigen Kontrollen von EKG und Kreislaufparametern erfolgen; die Anwendung bei instabilen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. dekompensierte Herzinsuffizienz, unmittelbar nach Myokardinfarkt oder labiler Hypertonus) wird noch nicht empfohlen. 5 Bupropion 7 14.2.7. 5 Duloxetin: Bisher kein Hinweis für Auswirkungen auf EKG-Parameter in Dosisbereichen < 120 mg/d. Aufgrund der bisher schmalen Datenbasis wird eine Anwendung bei kardial vorgeschädigten Patienten derzeit nicht empfohlen. 5 Mianserin: Wahrscheinlich kein erhöhtes Risiko; keine anticholinerge, jedoch α1-antiadrenerge Wirkung, daher gelegentlich orthostatische Hypotonie, (Reflex-)Tachykardie. 5 Milnacipran: Günstiges kardiovaskuläres NW-Profil in bisherigen Untersuchungen, vergleichbar den SSRI; in einer kontrollierten Studie im Vergleich zu Fluoxetin häufigere, jedoch geringgradige Herzfrequenzerhöhung.
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5 Mirtazapin: Gelegentlich Auftreten von orthostatischer Hypotonie (bei leichter Affinität zu peripheren α1-Adrenozeptoren), sonst eher günstiges kardiovaskuläres Risikoprofil. Eine neuere Studie belegt eine gute Anwendungssicherheit auch bei instabiler KHK (akutes Koronarsyndrom). 5 Reboxetin: Orthostatische Dysregulation, Herzfrequenzerhöhung; aus bisherigen Daten keine kardialen Repolarisationsstörungen (QTc-Verlängerung) ableitbar. 5 Trazodon: Orthostatische Hypotonie möglich, keine anticholinergen Wirkungen; QTc-Verlängerung schon kurzfristig nach Therapiebeginn möglich; Anwendung bei KHK nicht empfohlen. 5 Venlafaxin: Gelegentlich anhaltende Blutdruckerhöhungen insbesondere bei höheren Dosierungen möglich, daher reaktive Kontraindikation bei arterieller Hypertonie und bei kardialen Risikofaktoren; bisher kaum Erfahrung bei Herzinsuffizienz und nach Myokardinfarkt. 14.2.3 Stimmungsstabilisierer 5 Carbamazepin: Übliches Risikoprofil trizyklischer Substanzen (v. a. anticholinerge Wirkung, Erregungsleitungsstörungen, EKG-Veränderungen mit QTc-Verlängerung, ventrikuläre Rhythmusstörungen), kardiovaskuläre Effekte jedoch seltener und geringer ausgeprägt als unter trizyklischen Antidepressiva (TZA) und Antipsychotika. Anwendung bei kardialer Vorschädigung nur unter engmaschigen EKG-Kontrollen; nicht selten sind Hyponatriämien, daher Vorsicht und entsprechende Kontrollen bei Herzinsuffizienz und Diuretikatherapie. Kontraindiziert bei Erregungsleitungsstörungen. 5 Lamotrigin: Keine erhöhte Komplikationsrate bei kardiovaskulären Vorerkrankungen. 5 Lithium: Mögliche (jedoch seltene), v. a. Sinus- aber auch AV-KnotenDysfunktion, Bradykardien: keine Anwendung bei Erregungsleitungsstörungen. Weiterhin Repolarisationsstörungen: abnorme T-Wellen (Abflachung, Negativierung), ventrikuläre Extrasystolie, daher keine Anwendung bei zusätzlichen Risikofaktoren für ventrikuläre Arrhythmien. Gefahr von Elektrolyt- und Volumenverschiebungen, daher möglichst keine Anwendung bei Herzinsuffizienz; wenn unumgänglich: nur nach guter medikamentöser Einstellung und unter engmaschigen und sorgfältigsten Kontrollen. Erhöhte Lithium-Serumspiegel bei gleichzeitiger Gabe von (v. a. Schleifen-)Diuretika und ACE-Hemmern, Wirkungsverstärkung gleichzeitig verabreichter Digitalisglykoside möglich. 5 Valproinsäure: Keine erhöhte Komplikationsrate bei kardiovaskulären Vorerkrankungen; aufgrund des pharmakokinetischen Hemmpotenzials (v. a. CYP2C-Gruppe) jedoch Vorsicht vor entsprechenden Interaktionen und Risikoerhöhung bzgl. Komedikation.
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Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
14.2.4 Antipsychotika Generelle Empfehlungen zur Verordnung von Antipsychotika bei HerzKreislauf-Erkrankungen 7 3.6.3 Konventionelle Antipsychotika 5 Butyrophenone: In geringer bis mittlerer Dosierung in der Regel gut verträglich bei kardiovaskulären Vorerkrankungen, zudem geringes Interaktionspotenzial; gelegentlich orthostatische Hypotonie (v. a. bei hohen Dosierungen und schneller Aufdosierung), keine klinisch relevanten anticholinergen Eigenschaften; nicht selten Repolarisationsstörungen mit QTc-Verlängerung (s. oben, kann bereits unmittelbar nach Therapiebeginn auftreten); Torsades-de-pointes-Arrhythmien und plötzlicher Herztod sind insgesamt selten, jedoch beschrieben. Anwendung bei kardiovaskulären Vorerkrankungen unter Berücksichtigung des individuellen Risikoprofils (. Tab. 14.3); engmaschige Kreislaufund EKG-Kontrollen; geringeres Risiko als bei Phenothiazinen. 5 Phenothiazine und Thioxanthene: Ausgeprägte anticholinerge und α1-antagonistische Eigenschaften, orthostatische Regulationsstörungen sind häufig (dosisabhängig, v. a. unter Levomepromazin). Störungen der Erregungsleitung und Repolarisation mit QTc-Verlängerung, Torsades-de-pointes-Arrhythmien und plötzlichem Herztod sind möglich (am häufigsten beschrieben für Thioridazin), daher keine Anwendung bei zusätzlichen Risikofaktoren für ventrikuläre Arrhythmien (. Tab. 14.3). Anwendung bei KHK wird nicht empfohlen. 5 Pimozid: Repolarisationsstörungen mit erhöhter Gefahr ventrikulärer Arrhythmien mit plötzlichem Herztod (Torsades de pointes mit fatalem Ausgang gut dokumentiert). Bei entsprechender Prädisposition bzw. Komedikation mit anderen QTc-verlängernden Substanzen kontraindiziert. Anwendung bei kardialen Vorerkrankungen wird nicht empfohlen. Atypische Antipsychotika 5 Amisulprid: Dosisabhängige QTc-Verlängerung; ansonsten kein wesentliches Risiko bei kardiovaskulären Vorerkrankungen; keine anticholinergen Effekte, kaum orthostatische Dysregulation. 5 Aripiprazol: Geringste Affinität zu α1-, H1- und mACh-Rezeptoren innerhalb der atypischen Antipsychotika (AAP) entsprechend günstiges kardiovaskuläres Risikoprofil; keine QTc-Verlängerung (z. T. Hinweise für Verkürzung der QTc-Zeit). Vorsicht und regelmäßige Kontrollen von EKG, Labor und Klinik bei kardialen Vorerkrankungen, insbesondere bis ausreichend Daten auch für die Langzeitbehandlung vorliegen. 5 Asenapin: Wegen möglicher orthostatischer Hypotonie Vorsicht bei Herzinsuffizienz, dann v. a. niedrige Einstiegsdosen und langsame Auf-
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dosierung; keine Anwendung bei instabilen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Clozapin: z. T. ausgeprägte orthostatische Hypotonie mit Reflextachykardie, starke anticholinerge Wirkung mit dauerhaftem Herzfrequenzanstieg. Kontraindiziert bei Erregungsleitungsstörungen, dosisabhängige QTc-Verlängerung (v. a. in der langfristigen Behandlung); in seltenen Fällen Kardiomyopathien, Myokarditiden (Auftreten auch bei fehlender kardialer Vorschädigung zumeist innerhalb der ersten 6 Behandlungswochen). Bei kardiovaskulären Vorerkrankungen bzw. Risikoprofil (. Tab. 14.3) nicht zur Anwendung empfohlen; wenn unumgänglich: sehr langsame Aufdosierung und niedrige Zieldosis, engmaschige EKG-, Labor-, klinische und Plasmaspiegelkontrollen. Olanzapin: Orthostatische und anticholinerge Effekte möglich, nach bisheriger Datenlage insgesamt eher geringes Risiko bei kardialer Vorschädigung; klinisch relevante QTc-Verlängerung möglich. Quetiapin: Anscheinend geringes Risiko bei kardiovaskulärer Vorschädigung; gelegentlich orthostatische Dysregulation möglich, v. a. in der initialen Dosistitrationsphase. Insbesondere bei Herzinsuffizienz langsamere Eindosierung, Dosisreduktion und engmaschige klinische und EKG-Kontrollen; QTc-Verlängerung beschrieben. Risperidon/Paliperidon: Orthostatische Dysregulation möglich, daher langsame Aufdosierung bzw. reduzierte Dosis bei Herz-KreislaufErkrankungen, v. a. bei Herzinsuffizienz. Sertindol: Bei Vorliegen von kardiovaskulären Erkrankungen sowie bestehender QTc-Verlängerung bzw. Behandlung mit QTc-verlängernden Medikamenten kontraindiziert. Sulpirid: wie Amisulprid. Ziprasidon: Bisher kaum Daten zur Anwendung bei kardiovaskulären Erkrankungen; mäßige, dosisabhängige QTc-Verlängerung (jedoch ausgeprägter als bei Haloperidol, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon); bei Vorschädigung sorgfältige Kontrollen.
14.2.5 Anxiolytika 5 Relativ sicher bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen; wegen möglichen Blutdruckabfalls eher niedrig dosieren. 5 Zentral-atemdepressive Wirkung (v. a. bei respiratorischer Globalinsuffizienz, in der die Hypoxämie noch einen Atemantrieb darstellt), bei akuter pulmonaler Dekompensation daher kontraindiziert. 5 Pregabalin: Selten tachykarde und bradykarde Herzrhythmusstörungen beobachtet, daher bei entsprechender Disposition Vorsicht und ggf. EKG-Kontrollen. 5 Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon: Wahrscheinlich kein über Benzodiazepine (BZD) hinausgehendes kardiales Risiko.
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Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
14.2.6 Antidementiva 5 Acetylcholinesterasehemmer (Donepezil, Galantamin, Rivastigmin): Wegen auch peripher möglicher cholinomimetischer Wirkung Bradykardie möglich (Verstärkung des Vagotonus), daher wird die Anwendung bei Sick-Sinus-Syndrom bzw. anderen supraventrikulären Erregungsleitungsstörungen nicht empfohlen. Vorsicht bei gleichzeitiger Gabe von negativ inotropen Pharmaka (z. B. Digitoxin) sowie höhergradiger Herzinsuffizienz und unmittelbar nach Myokardinfarkt. 5 Memantine: Datenbasis zur Anwendung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen schmal; Empfehlungen zur Anwendung insbesondere bei Herzinsuffizienz, unmittelbar zurückliegendem Myokardinfarkt oder Hypertonie derzeit nicht möglich. 14.2.7 Andere Pharmaka/Psychopharmaka 5 Acamprosat: In der aktuellen Literatur kein Hinweis für Einschränkung der Anwendung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 5 Atomoxetin: Aufgrund häufig auftretender leichter Blutdruck- und Pulsanstiege Vorsicht in der Anwendung bei Patienten mit arterieller Hypertonie oder anderen kardiovaskulären Erkrankungen, dann engmaschige Kontrollen. Selten auch orthostatische Dysregulation, daher entsprechende Vorsichtsmaßnahmen. 5 Buprenorphin: Wie alle Opioide parasympathomimetisch wirksam, daher häufig (v. a. diastolischer) Blutdruckabfall und Bradykardie: regelmäßige Kontrolle von EKG und Kreislaufparametern bei kardial vorgeschädigten Patienten; sorgfältige Indikationsstellung. 5 Bupropion: Aufgrund möglicher, z. T. behandlungsbedürftiger Blutdruckerhöhung insbesondere bei Patienten mit bekannter arterieller Hypertonie engmaschige diesbezügliche Überwachung empfohlen (v. a. bei Kombinationstherapie mit transdermaler Nikotin-Applikation). In einer kontrollierten Studie zur Anwendung bei kardiovaskulären Erkrankungen kein erhöhtes Risiko gegenüber Plazebo; in einer Vielzahl von Studien keine Auswirkung auf die QTc-Zeit. 5 Buspiron: In der aktuellen Literatur kein Hinweis für Einschränkung der Anwendung bei bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 5 Clomethiazol: Wie BZD, Blutdruckeffekt jedoch ausgeprägter. 5 Disulfiram: Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen kontraindiziert. 5 L-Dopa/Benserazid sowie Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin: Wegen möglicher Hypotonie und Herzfrequenzanstieg unter dopaminerger Dauertherapie regelmäßige Blutdruckkontrollen und Vorsicht bei kardiovaskulären Erkrankungen, insbesondere Herzinsuffizienz. 5 Methadon und Levomethadon: Aufgrund der opiateigenen parasympathomimetischen Wirkung (v. a. in hohen Dosen) Bradykardie und (v. a. diastolischer) Blutdruckabfall; Vorsicht bei Bradykardie und Erre-
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gungsleitungsstörung, Verlängerung der QTc-Zeit beschrieben; strenge Indikationsstellung. Methylphenidat: Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen kontraindiziert. Modafinil: Bei arterieller Hypertonie adäquate Blutdruckeinstellung, dann regelmäßige Kontrolle der Kreislaufparameter. Naltrexon: Keine Anwendungsbeschränkungen bei Herzerkrankungen, jedoch regelmäßige Kontrollen von EKG und Kreislaufparametern empfohlen. Natriumoxybat: Aufgrund der signifikanten zusätzlichen Natriumaufnahme durch das Präparat ist Vorsicht in der Behandlung von Patienten mit arterieller Hypertonie und Herzinsuffizienz geboten, entsprechende natriumrestriktive diätetische Empfehlungen sind unbedingt zu beachten. Bisher jedoch keine entsprechenden Daten aus kontrollierten Studien. Orlistat: Kaum systemische Wirkung bei nur minimaler Resorption, bisher kein kardialer Risikonachweis. PDE-5-Hemmer (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil): Absolut kontraindiziert bei Patienten mit instabiler kardiovaskulärer Grunderkrankung, denen von einer sexuellen Betätigung allgemein abgeraten wird (instabile Angina pectoris und entgleiste Hypertonie, dekompensierte Herzinsuffizienz NYHA Grad III und IV, Zustand nach Myokardinfarkt innerhalb der vergangenen 2 Wochen, ventrikuläre Arrhythmien, obstruktive Kardiomyopathie, mittel- bis hochgradiges Vitium); auch bei Vorliegen von leichteren und sonstigen Formen von Herz-KreislaufErkrankungen ist eine vorherige kardiologische Abklärung unbedingt erforderlich; PDE-5-Hemmer sind kontraindiziert bei gleichzeitiger Medikation mit Nitropräparaten.
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Psychopharmaka bei Lebererkrankungen
14.3.1 Allgemeine Gesichtspunkte Wie alle Arzneimittel unterliegen auch Psychopharmaka einer mehr oder weniger ausgeprägten hepatischen Verstoffwechselung bzw. biliären Exkretion. Je nach Ausmaß kommt es bei Leberinsuffizienz – primär unabhängig von der Ätiologie – für überwiegend hepatisch entgiftete Pharmaka zu einer verlängerten Eliminations-HWZ bzw. Plasmaspiegelerhöhung und Gefahr der Akkumulation aufgrund 5 von Absorptionsverzögerung bei portaler Hypertension, 5 erhöhter Bioverfügbarkeit bei Substanzen mit hoher präsystemischer Elimination, 5 eingeschränkten oxidativen Ab- bzw. Umbaus und eingeschränkter Konjugation (gestörter Phase-I- und Phase-II-Metabolismus),
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Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
5 erhöhter Konzentration des freien Wirkstoffs bei eingeschränkter hepatischer Plasmaalbuminsynthese, 5 vergrößerten Verteilungsvolumens bei Aszites- und Ödembildung. Hieraus ergeben sich für die meisten Psychopharmaka Konsequenzen hinsichtlich notwendiger Dosisanpassung (z. B. reduzierte Initial- und Zieldosis, langsame Aufdosierung), notwendiger zusätzlicher Kontrollen bzw. möglicher Kontraindikationen (. Tab. 14.4). 14.3.2 Antidepressiva Tri-/tetrazyklische Antidepressiva 5 Gemeinsames Merkmal: Extensive hepatische Metabolisierung; weiterhin ausgeprägte präsystemische Elimination (orale Bioverfügbarkeit zumeist deutlich < 60%) sowie hohe Plasmaproteinbindung (> 80%). 5 Daher schweregradabhängig deutlich erhöhte Plasmakonzentrationen mit Akkumulation bei Leberfunktionsstörungen; erhöhtes Risiko bzgl. der Anwendung bei hepatischer Vorschädigung (bei schweren Formen der Leberinsuffizienz kontraindiziert). 5 Bei leichten und mittelgradigen Formen Dosisanpassung sowie niedrigere Einstiegsdosis; zusätzlich sollten engmaschige Laborkontrollen sowie – wenn möglich – Therapeutisches Drug Monitoring (7 1.10.1) erfolgen. 5 Bei einigen TZA besteht das Risiko einer intrahepatischen Cholestase als unerwünschte Wirkung auch bei lebergesunden Patienten (z. B. Amitriptylin, Imipramin, Nortriptylin). 5 Ein zusätzliches Problem bei der Anwendung anticholinerger Substanzen ist die verlängerte Verweildauer des Darminhalts mit erhöhter Absorptionsrate toxischer Substanzen. Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer 5 Geringere präsystemische Elimination im Vergleich zu TZA, jedoch vergleichbar extensiver oxidativer (mikrosomaler) hepatischer Metabolismus. 5 Daher bei Leberinsuffizienz schweregradabhängig verlängerte Eliminiations-HWZ. Interaktionsrisiko mit anderen (z. B. internistischen) Medikamenten, da einige SSRI über ein pharmakokinetisches Hemmpotenzial verfügen (Fluoxetin und Norfluoxetin: CYP2D6, -3A3/4; Fluvoxamin CYP1A2, -2C; Paroxetin CYP2D6). 5 Bei Leberfunktionsstörungen aller Schweregrade sollten schweregradabhängig eine Dosisanpassung sowie engmaschige Laborkontrollen erfolgen.
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. Tab. 14.4 Risikoeinschätzung bei Leberfunktionsstörungen
a
Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Erhöht
Antidementiva
Rivastigmin
Donepezil, [Memantine]
Galantamin
Antidepressiva
Milnacipran
[Agomelatin], Moclobemid, Reboxetin, SSRI, Mianserin, Mirtazapin, Trazodon, Venlafaxin
[Duloxetin], Tranylcypromin, TZA
Antipsychotika
Amisulprid, Sulpirid
[Aripiprazol], [Asenapin], Butyrophenone, Chlorprothixen, Flupentixol, Fluspirilen, Olanzapin, Pimozid, Quetiapin, Risperidon, Sertindol, [Ziprasidon], Zuclopenthixol
Clozapin, Phenothiazine (v. a. Chlorpromazin)
Anxiolytika/ Hypnotika
Kurz wirksame BZD (z. B. Lorazepam, Oxazepam), Pregabalin
Lang wirksame BZD (z. B. Chlordiazepoxid, Diazepam; Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon)
Stimmungsstabilisierer
Lithium
Carbamazepin, Lamotrigin
Valproinsäure
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
L-Dopa/Benserazid
Acamprosat, Atomoxetin, Buprenorphin, Bupropion, Clomethiazol, Disulfiram, Methylphenidat, Modafinil, Naltrexon, Orlistat, [Pramipexol], [Ropinirol], [Rotigotin], Sildenafil, Tadalafil, [Vardenafil]
Levomethadon, [Natriumoxybat]
s. Fußnote in . Tab. 14.2.
Monoaminoxidasehemmer 5 Moclobemid: Bei Leberzirrhose Plasmaspiegelanstieg und verlängerte Eliminations-HWZ bis um das 3-Fache beschrieben, daher Dosisreduktion (halbe bis Dritteldosis je nach Schweregrad). 5 Tranylcypromin: Wegen Hepatotoxizität möglichst keine Anwendung bei Leberinsuffizienz, wenn unumgänglich bzw. bei leichten Formen:
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Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
niedrige Dosierung, sehr langsames Einschleichen, engmaschige Laborkontrollen. Andere Antidepressiva 5 Agomelatin: Aufgrund extensiver mikrosomaler hepatischer Metabolisierung wird die Anpassung von Initial- und Zieldosis bei leichter und mäßiggradiger Leberinsuffizienz empfohlen; keine Anwendung bei schwerer Ausprägung. 5 Bupropion: Trotz extensiven hepatischen Metabolismus nur geringe Auswirkung von Leberfunktionsstörungen auf die Pharmakokinetik; dennoch ggf. Dosisanpassung (z. B. Maximaldosis 150 mg/d) und Laborkontrollen empfohlen. 5 Duloxetin: Komplexer hepatischer Metabolismus mit deutlicher Einschränkung der Plasma-Clearance je nach Schweregrad der Leberfunktionsstörung. Bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert, bei leichter und mittelschwerer Ausprägung keine Anwendungsempfehlung, da diesbezüglich noch nicht untersucht. 5 Mianserin: Deutlich reduzierte Clearance bei Leberschaden möglich (bis ca. 30% beschrieben), daher Dosisanpassung und regelmäßige Kontrollen erforderlich; bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert. 5 Milnacipran: Bei überwiegend renaler Elimination kaum Einfluss von Leberfunktionsstörungen auf die Pharmakokinetik; Laborkontrollen empfohlen. 5 Mirtazapin: wie Mianserin. 5 Reboxetin: Lineare Pharmakokinetik mit rascher renaler Elimination, bisher keine Komplikationen bei Leberfunktionsstörungen berichtet; Laborkontrollen, ggf. Dosisreduktion. 5 Trazodon: Wiederholt Berichte über Hepatotoxizität auch beim Gesunden, daher engmaschige Laborkontrollen; keine Anwendung bei höhergradigen Leberfunktionsstörungen. 5 Venlafaxin: Bei Hepatopathien Clearance-Minderung; Dosisanpassung (Reduktion um bis zu 50%) und engmaschiges Labormonitoring empfohlen. 14.3.3 Stimmungsstabilisierer 5 Carbamazepin: Dosisanpassung bzw. Verlängerung der Dosierungsintervalle sowie Laborkontrollen einschließlich Plasmaspiegelbestimmung bei hepatischer Vorschädigung; kontraindiziert bei schwerer Leberinsuffizienz; gelegentlich Berichte von Hepatitis und Cholestase beim Lebergesunden; häufig Transaminasenanstieg unter Behandlung, v. a. bei Therapiebeginn. Entsprechendes sorgfältiges Monitoring ist indiziert. 5 Lamotrigin: Sorgfältige Kontrollen der Leberfunktion bei Hepatopathien; nach neueren Studienergebnissen bei mäßiger Leberinsuffizienz
14.3 · Psychopharmaka bei Lebererkrankungen
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Dosisreduktion um 50%, bei schwerer Ausprägung 75%, keine Abweichung der Pharmakokinetik bei leichter Leberinsuffizienz. 5 Lithium: Aufgrund rein renaler Elimination bei Hepatopathien unbedenklich. 5 Valproinsäure: Bei mittelgradigen bis schweren Leberfunktionsstörungen sowie symptomatischen Hepatopathien kontraindiziert; bei entsprechender Eigen- oder Familienanamnese erhöhte Vorsicht; Hepatotoxizität auch beim Gesunden möglich (Häufigkeit des akuten Leberversagens ca. 1:10.000); grundsätzlich sorgfältige Überwachung laborchemischer Leber- und Gerinnungsparameter sowie des Plasmaspiegels. 14.3.4 Antipsychotika Konventionelle Antipsychotika 5 Butyrophenone: Substanzgruppe mit überwiegend guter hepatischer Verträglichkeit (v. a. Haloperidol); gelegentlich Transaminasenerhöhungen auch bei Gesunden; bei schweren Leberfunktionsstörungen bzw. persistierenden Laborwertveränderungen Dosisanpassung und regelmäßige Kontrollen empfohlen. 5 Phenothiazine: Potenziell hepatotoxische Substanzgruppe, u. a. mögliches Risiko der intrahepatischen Cholestase (Beginn meist innerhalb von 2–4 Wochen nach Therapiebeginn); häufig (meist passagere) Transaminasenerhöhung (ca. 20%); Laborkontrollen und ggf. Dosisreduktion bei leichten bis mittelgradigen Leberfunktionsstörungen; keine Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz. 5 Thioxanthene und Diphenylbutylpiperidine: Vorwiegend hepatischer Metabolismus, daher ggf. Dosisreduktion bei leichter bis mittelgradiger Leberinsuffizienz, regelmäßige Laborkontrollen; keine Daten zu schwerer Leberinsuffizienz; gelegentlich passagere Transaminasenerhöhung, selten Cholestase. Atypische Antipsychotika 5 Amisulprid: Kaum hepatische Metabolisierung, daher bei Leberfunktionsstörungen keine Dosisanpassung notwendig. 5 Aripiprazol: Bisher keine Berichte über Anwendungseinschränkungen bei hepatischer Vorschädigung, jedoch bislang keine systematischen Daten. Regelmäßige klinische und laborchemische Kontrollen empfohlen, Vorsicht v. a. bei schwerer Leberfunktionsstörung. 5 Asenapin: Keine Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz aufgrund schmaler Datenbasis. 5 Clozapin: Bei leichter bis mittelgradiger Leberfunktionsstörung engmaschige klinische und Laborkontrollen (einschließlich Plasmaspiegel) sowie je nach Ausprägung Dosisreduktion. Bei schwerer Leberinsuffi-
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zienz kontraindiziert; intrahepatische Cholestase sowie (nach Absetzen reversible) toxische Hepatitis auch beim Lebergesunden möglich. Olanzapin: Passagere Transaminasenerhöhung möglich; engmaschige Laborkontrollen (einschließlich Plasmaspiegelkontrollen) bei hepatischer Vorschädigung trotz eher geringer Auswirkung auf die hepatische Clearance bei leicht- bis mittelgradiger Leberfunktionsstörung empfohlen. Dosisanpassung und niedrigere Einstiegsdosis/langsame Aufdosierung bei schwerer Leberinsuffizienz. Quetiapin: Extensiver hepatischer Metabolismus mit linearer Pharmakokinetik, daher reduzierte Clearance bei hepatischer Dysfunktion; ggf. Dosisanpassung und niedrigere Einstiegsdosis sowie langsameres Aufdosieren. Aufgrund neuerer Meldungen von Fällen fulminanten Leberversagens unter Quetiapin sollten v. a. initial regelmäßige Kontrollen der Leberenzyme erfolgen; gelegentlich auch benigne transiente Transaminasenerhöhung. Risperidon/Paliperidon: Wenig veränderte Pharmakokinetik bei Lebererkrankungen, jedoch wegen hoher Plasmaproteinbindung bei Leberinsuffizienz erhöhter Anteil der freien Substanz, daher Dosisreduktion; wenn möglich Plasmaspiegelkontrollen empfohlen. Sertindol: Aufgrund extensiver hepatischer Metabolisierung bei leichter und mittelschwerer Leberinsuffizienz langsame Dosistitration und Dosisanpassung empfohlen, keine Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz. Sulpirid: Beinahe keine hepatische Metabolisierung; passagere reversible Transaminasenerhöhung möglich; gute hepatische Verträglichkeit, keine Dosisreduktion erforderlich. Ziprasidon: Bei leichter bis mittelgradiger Leberfunktionsstörung ggf. Dosisanpassung und regelmäßige Kontrollen relevanter Leberparameter; bisher keine Daten zur Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz und zur Pharmakokinetik der Metaboliten bei hepatischer Funktionseinschränkung.
14.3.5 Anxiolytika 5 Zum Teil relevante Veränderung der Pharmakokinetik bei eingeschränkter Leberfunktion. 5 Hohe Plasmaproteinbindung (80–99%, Ausnahmen: Bromazepam und Lorazepam), daher bei verminderter Lebersyntheseleistung hohe Plasmaspiegel der freien Substanz. 5 Komplexer hepatischer Metabolismus; im Rahmen des oxidativen Phase-I-Metabolismus entstehen häufig (z. T. mehrere) wirksame Metaboliten mit z. T. längeren Eliminations-HWZ als bei der Muttersubstanz. Funktionsstörungen infolge von Leberzirrhose oder akuter viraler Hepatitis resultieren daher in verminderter Clearance von vorwiegend durch Phase-I-Biotransformation metabolisierten BZD (Alprazolam, Chlordiazepoxid, Diazepam, Nitrazepam), daher sollte
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die Anwendung dieser Substanzen dann eher vermieden bzw. schweregradabhängig in der Dosis angepasst werden. 5 Daher bei Leberfunktionsstörungen in niedriger Dosis BZD der Wahl: hydroxylierte BZD, die schnell und vorwiegend ohne viele Vorstufen über den Phase-II-Metabolismus (Konjugation) metabolisiert werden: Lorazepam, Oxazepam und Temazepam. 5 Pregabalin: Keine signifikante hepatische Metabolisierung, daher Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz nicht erforderlich. 5 Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon: Dosisreduktion bei eingeschränkter Leberfunktion, keine Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz. 14.3.6 Antidementiva 5 Donepezil: In bisherigen Untersuchungen mit begrenzter Patientenzahl geringgradig veränderte Pharmakokinetik (Clearance-Minderung ca. 20%) bei leichten Leberfunktionsstörungen. Keine systematischen Untersuchungen bei höhergradigen Ausprägungen, daher Überwachung und ggf. Dosisanpassung empfohlen. 5 Galantamin: Bei Leberfunktionsstörungen signifikante ClearanceMinderung, daher Dosisreduktion erforderlich. Bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert. 5 Memantine: Kaum hepatischer Metabolismus; da aktuell keine Daten vorliegen: sorgfältige Laborkontrollen empfohlen. 5 Rivastigmin: Im Gegensatz zu Donepezil und Galantamin kaum oxidativer hepatischer Metabolismus, keine Änderung relevanter pharmakokinetischer Parameter bei Leberinsuffizienz; bisher keine berichteten Komplikationen bei vorbestehender Leberschädigung. 14.3.7 Andere Pharmaka/Psychopharmaka 5 Acamprosat: Wahrscheinlich kein hepatischer Metabolismus, da etwa die Hälfte unverändert renal und die andere Hälfte biliär ausgeschieden wird. Bei leichter bis mäßiger Leberfunktionsstörung keine Änderung der Pharmakokinetik, bei schwerer Leberfunktionsstörung kontraindiziert. 5 Atomoxetin: Bei Leberfunktionsstörungen aufgrund von pharmakokinetischen Studien Reduktion von Initial- und Zieldosis auf 50% (bei schwerer Ausprägung 25%) empfohlen. In kontrollierten Studien kein Hinweis auf Hepatotoxizität, jedoch sollten aufgrund vereinzelter Berichte zumindest in der Anfangsphase der Behandlung Kontrollen der Leberenzyme erfolgen. 5 Buprenorphin: In interindividuell unterschiedlichem Ausmaß Akkumulation von Muttersubstanz und Metaboliten bei Leberfunktionsstörungen, daher Dosisreduktion. Gelegentlich Berichte von Lebertoxizität mit Hepatitiden und Leberzellnekrosen. 5 Bupropion: 7 14.4.3.
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5 Buspiron: Bei Leberfunktionsstörungen deutliche Clearance-Minderung, daher ggf. Dosisanpassung. Zur Anwendung bei schwerer Ausprägung bisher keine Daten, daher nicht empfohlen. 5 Clomethiazol: Verlängerte Eliminations-HWZ bei Hepatopathien mit Risiko der Akkumulation, ggf. Dosisanpassung. 5 L-Dopa/Benserazid: Keine Dosisanpassung erforderlich, Kontrollen empfohlen. 5 Disulfiram: Keine Kontraindikation bei schweren hepatischen Erkrankungen. 5 Methadon und Levomethadon: Erhöhte Vorsicht bei Lebererkrankungen, ggf. niedrigere Einstiegsdosis und langsamere Eindosierung. 5 Methylphenidat: Bisher keine systematischen Daten zur Anwendung bei hepatischen Funktionsstörungen, daher ggf. engmaschige Überwachung und Dosisanpassung. 5 Modafinil: Aufgrund extensiver hepatischer Metabolisierung Dosisanpassung und sorgfältige Überwachung bei Leberfunktionsstörungen empfohlen. 5 Naltrexon: Keine Änderung leberbezogener Laborparameter in kontrollierten Studien; bei Leberfunktionsstörungen bisher wenige Daten, Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz wird nicht empfohlen. 5 Natriumoxybat: Aufgrund extensiver präsystemischer Verstoffwechselung Kumulation bei Leberinsuffizienz, daher Empfehlung der Halbierung der Anfangsdosis durch den Hersteller. Bisher keine kontrollierten Daten. 5 Orlistat: Einzelfallberichte über toxische Hepatitis; wegen nur minimaler Resorption kaum systemische Wirkungen zu erwarten. Bisher keine berichteten Komplikationen bei vorbestehender Leberschädigung. 5 Pramipexol: Aufgrund weit überwiegender renaler Elimination theoretisch keine Dosisanpassung bei Leberschädigung erforderlich, jedoch existieren keine systematischen Daten. 5 Ropinirol und Rotigotin: Bei leichter bis mäßiger Leberfunktionsstörung keine Dosisanpassung erforderlich, ggf. Dosisreduktion bei schwerer Ausprägung (zu Rotigotin diesbezüglich noch keine Daten, daher wird die Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz nicht empfohlen). 5 Sildenafil: Neuere Untersuchungen zeigen schweregradabhängig erhöhte Plasmaspiegel durch verminderte präsystemische Elimination und reduzierte Elimination bei Leberinsuffizienz, daher Dosisreduktion (empfohlene Dosis 25 mg). Bisher keine Daten zur Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz. 5 Tadalafil: Bisher existieren keine Daten zur Anwendung von Dosen > 10 mg bei leichter bis mittelgradiger Leberinsuffizienz, ebenso keine Daten zur Sicherheit bei schwerer Ausprägung überhaupt. 5 Vardenafil: Bei leichten bis mittelgradigen hepatischen Funktionsstörungen proportionale Clearance-Minderung, daher ggf. Dosis von
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10 mg nicht überschreiten. Zu schwerer Ausprägung bisher keine Daten. 14.4
Psychopharmaka bei Nierenerkrankungen
14.4.1 Allgemeine Gesichtspunkte Unabhängig von der Ätiologie ergeben sich bei Nierenfunktionsstörungen bzw. -insuffizienz für Auswahl und Dosierung von Psychopharmaka wichtige Konsequenzen: 5 Das Ausmaß der renalen Elimination eines Arzneimittels bzw. seiner Metaboliten bestimmt den Risikograd seiner Anwendung und die eventuelle Notwendigkeit von Dosisanpassung und Verlaufskontrollen (laborchemische Nierenparameter, v. a. Harnretentionswerte und Clearance, Plasmaspiegelbestimmung etc.; . Tab. 14.5). 5 Neben der verzögerten Elimination können Nierenerkrankungen auch negativen Einfluss auf die Plasmaproteinbindungskapazität haben, z. B. durch Erniedrigung des Serum-pH-Werts bei Urämie sowie Hypoproteinämie beim nephrotischen Syndrom. 5 Bei dialysepflichtigen Patienten sind Psychopharmaka mit hoher Plasmaproteinbindungskapazität (z. B. SSRI) zu bevorzugen, da diese kaum durch die Dialyse eliminiert werden. Substanzen mit potenziell orthostatischen NW sollten wegen der häufigen dialyseinduzierten Hypotonie vermieden werden. Orientierende Plasmaspiegelbestimmungen sind hilfreich bei der Dosisfindung.
. Tab. 14.5 Risikoeinschätzung bei Nierenfunktionsstörungen Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Erhöht
Antidementiva
Galantamin
[Donepezil], Memantine, Rivastigmin
–
Antidepressiva
Agomelatin, Moclobemid, SSRI, TZA
Duloxetin, Mianserin, Milnacipran, Mirtazapin, Reboxetin, Tranylcypromin, Trazodon, Venlafaxin
–
Antipsychotika
Butyrophenone, Olanzapin, Quetiapin, Sertindol
Aripiprazol, [Asenapin], Chlorprotixen, Flupentixol, [Fluspirilen], [Pimozid], Phenothiazine, Risperidon, Ziprasidon, Zuclopenthixol
Amisulprid, Clozapin, Sulpirid
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Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
. Tab. 14.5 Fortsetzung
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Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Erhöht
Anxiolytika/ Hypnotika
Chlordiazepoxid, Lorazepam, Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
Sonstige Benzodiazepine (z. B. Diazepam)
Alprazolam, Dikaliumclorazepat, Pregabalin, Oxazepam
Stimmungsstabilisierer
Valproinsäure
Carbamazepin, Gabapentin, [Lamotrigin], [Oxcarbazepin]
Lithium
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
Atomoxetin, L-Dopa/ Benserazid, Orlistat
Buprenorphin, [Bupropion], Buspiron, Clomethiazol, Disulfiram, Levomethadon, [Methylphenidat], Modafinil, Naltrexon, [Ropinirol], [Rotigotin], Sildenafil, [Tadalafil], Vardenafil
[Acamprosat], [Natriumoxybat], Pramipexol
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a
s. Fußnote in . Tab. 14.2.
14.4.2 Antidepressiva Tri-/tetrazyklische Antidepressiva 5 Pharmakokinetisches Charakteristikum dieser gesamten Substanzgruppe ist ein komplexer hepatischer Metabolismus mit Bildung einer Vielzahl von konjugierten und nichtkonjugierten Metaboliten; geringer Anteil (< 5%) von mit dem Urin unverändert ausgeschiedener Substanz. 5 Bei Niereninsuffizienz sind die biologisch inaktiven konjugierten Metaboliten im Serum erhöht, was in der Regel durch eine vermehrte biliäre Ausscheidung kompensiert wird. 5 Daher stellen Nierenfunktionsstörungen aller Schweregrade für sich allein genommen keine Kontraindikation gegen die Anwendung triund tetrazyklischer Antidepressiva dar, Dosisreduktion ist in der Regel nicht erforderlich. Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer 5 Citalopram: Bei Niereninsuffizienz aller Schweregrade keine Dosisanpassung notwendig. 5 Escitalopram: Verlängerte Eliminations-HWZ und geringgradig erhöhte Plasmaspiegel bei Nierenfunktionsstörungen; bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung notwendig;
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bei schwerer Ausprägung Dosisanpassung und engmaschige klinische und laborchemische Kontrollen empfohlen. Fluoxetin: Kaum Auswirkungen auf die Pharmakokinetik bei allen Graden der Niereninsuffizienz in Studien mit Einmalgabe; keine Veränderung der Pharmakokinetik und der Wirksamkeit bei Hämodialyse. Fluvoxamin: Bei Nierenfunktionsstörungen Dosisreduktion und sorgfältige klinische und Laborkontrollen empfohlen. Paroxetin: wie Fluvoxamin. Sertralin: Kaum renale Elimination in unveränderter Form, daher Anwendung bei Nierenfunktionsstörungen bisher unproblematisch. In mehreren kontrollierten Studien neben guter antidepressiver Wirksamkeit bei Dialysepatienten Besserung der Hämodynamik bei dialyseinduzierter Hypotension, daher in dieser Konstellation Antidepressivum der Wahl.
Monoaminoxidasehemmer 5 Moclobemid: Bei Nierenfunktionsstörungen aller Grade keine Anwendungsbeschränkungen, Dosisreduktion nicht erforderlich. 5 Tranylcypromin: Dosisanpassung empfohlen. Andere Antidepressiva 5 Agomelatin: Bei Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung notwendig. 5 Bupropion: Bei leichten bis mittelgradigen Nierenfunktionsstörungen nicht mehr als 150 mg/d; bisher keine Daten zu schwerer Ausprägung. 5 Duloxetin: Keine Dosisanpassung notwendig bei leichter bis mittelgradiger Ausprägung. Bei schwerer Ausprägung (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min) kontraindiziert. 5 Mianserin: Bei Niereninsuffizienz verlängerte Eliminations-HWZ mit Akkumulationsrisiko, daher Dosisanpassung. 5 Milnacipran: Bei renaler Insuffizienz Clearance-Minderung (bei Einmalgaben schweregradabhängig um bis zu 2/3 des Ausgangswerts); Dosisreduktion. 5 Mirtazapin: wie Mianserin. 5 Reboxetin: Deutlich reduzierte Clearance bei mittel- bis hochgradiger Niereninsuffizienz, daher Dosisreduktion (Initialdosis 4 mg). 5 Trazodon: Bisher keine Berichte über Komplikationen bei Niereninsuffizienz, jedoch keine kontrollierten Untersuchungen; ggf. engmaschige Laborkontrollen (Retentionswerte). 5 Venlafaxin: Reduzierte Clearance bei Nierenfunktionseinschränkung mit hoher interindividueller Variabilität. Dosisreduktion um 25‒50%, in Einzelfällen mehr; aufgrund niedriger Plasmaproteinbindung auch Dosisanpassung bei Dialysepatienten (um 50%).
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14.4.3 Stimmungsstabilisierer 5 Carbamazepin: Bei renaler Funktionseinschränkung Dosisreduktion und engmaschige Laborkontrollen inkl. Plasmaspiegelbestimmung empfohlen, v. a. auch der Serumelektrolyte (insbesondere Natrium); selten Berichte von akutem Nierenversagen unter Therapie. 5 Lamotrigin: Sorgfältige Laborkontrollen und Dosisanpassung empfohlen. 5 Lithium: Ausschließlich renale Exkretion, daher bei schweren Nierenfunktionsstörungen kontraindiziert; risikoreich jedoch auch bei leichter und mittelgradiger Ausprägung. Wenn Anwendung dennoch notwendig: Dosisreduktion und sorgfältige Laborkontrollen einschließlich Plasmaspiegel (7 2.11, Präparat). 5 Valproinsäure: ggf. Dosisanpassung, jedoch bisher keine Berichte über Komplikationen bei Nierenfunktionsstörungen. Sicherheitshalber werden regelmäßige Plasmaspiegelbestimmungen empfohlen. 14.4.4 Antipsychotika Konventionelle Antipsychotika 5 Butyrophenone: Niereninsuffizienz ist keine Kontraindikation für hochpotente Antipsychotika aus dieser Substanzgruppe; sorgfältige Kontrollen der Nierenfunktion und ggf. Dosisanpassung. 5 Phenothiazine und Thioxanthene: Komplexer hepatischer Metabolismus, nur sehr geringe renale Ausscheidung der unveränderten Substanz, daher kaum Einschränkung der Clearance bei Nierenfunktionsstörungen; zumindest bei leichter und mäßiger Ausprägung keine Dosisanpassung erforderlich. 5 Diphenylbutylpiperidine: Wenige Daten; aufgrund eines überwiegend hepatischen Metabolismus wenig Änderung der Clearance bei renalen Funktionsstörungen zu erwarten (z. B. Pimozid). Atypische Antipsychotika 5 Amisulprid: Vorwiegend renale Elimination, daher engmaschige Kontrollen der Nierenfunktion und Dosisreduktion (schweregradabhängig um 50–70%) bei Nierenfunktionsstörungen; bei schwerer Ausprägung nicht empfohlen. 5 Aripiprazol: Bisher keine Berichte über renale Komplikationen bzw. Anwendungsbeschränkungen bei Niereninsuffizienz, jedoch noch keine systematischen Daten; regelmäßige klinische und laborchemische Kontrollen (v. a. Retentionswerte) empfohlen. 5 Asenapin: Wahrscheinlich keine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz notwendig, allerdings aktuell noch keine systematischen Daten. 5 Clozapin: Bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz Dosisanpassung und engmaschiges Labormonitoring (einschließlich Plasma-
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spiegel), bei schwerer Ausprägung kontraindiziert; wiederholt Berichte über Auftreten von interstitieller Nephritis unter Therapie. Olanzapin: Extensiver hepatischer Metabolismus, nur geringe Auswirkung von Nierenfunktionsstörungen auf pharmakokinetische Parameter in Studien mit Einmalgabe; unter der Maßgabe regelmäßiger Kontrollen keine Dosisanpassung erforderlich. Quetiapin: Keine Dosisanpassung bei renaler Insuffizienz erforderlich, da keine Auswirkung auf Pharmakokinetik. Risperidon/Paliperidon: Bei manifester Niereninsuffizienz reduzierte Clearance mit Verlängerung der Eliminations-HWZ und erhöhten Plasmaspiegeln, daher Dosisanpassung und Monitoring notwendig. Sertindol: Keine Dosisanpassung/-reduktion notwendig, kein Einfluss einer Hämodialyse auf die Pharmakokinetik der Substanz. Sulpirid: Bei leichten bis mittelgradigen Nierenfunktionsstörungen wie Amisulprid. Bei schwerer Ausprägung sollte die Dosis nach Kinetikstudien (mit Einmalgaben) um 1/3 bis 2/3 reduziert werden, die Anwendung bleibt jedoch problematisch. Ziprasidon: Keine Änderung der relevanten pharmakokinetischen Parameter bei allen Graden der Niereninsuffizienz; keine zwingende Notwendigkeit der Dosisanpassung bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz; aufgrund der bisher unzureichenden Datenlage Vorsicht bei schwerer Ausprägung.
14.4.5 Anxiolytika 5 Anwendungsbeschränkungen von BZD bei Niereninsuffizienz richten sich nach dem Ausmaß des hepatischen Metabolismus (s. oben). 5 Aufgrund des komplexen hepatischen Metabolismus mit nur geringem Anteil unveränderter Substanz im Urin ist bei einem Großteil der BZD die Clearance bei Nierenfunktionsstörungen kaum beeinträchtigt, bei wenigen ist jedoch Vorsicht geboten. 5 Alprazolam: Elimination vorwiegend renal, daher bei Niereninsuffizienz deutliche Dosisreduktion und engmaschige Kontrollen; wenn möglich, bei höherer Ausprägung Ausweichen auf Alternativpräparat. 5 Chlordiazepoxid: Extensive hepatische Metabolisierung, wahrscheinlich keine Dosisanpassung notwendig. 5 Diazepam: Akkumulation bei höhergradigen Nierenfunktionsstörungen möglich, da neben extensivem hepatischem Metabolismus auch signifikanter Beitrag der renalen Exkretion zur Clearance; daher ggf. Anwendung mit Vorsicht und reduzierter Dosis. 5 Dikaliumclorazepat und Oxazepam: Überwiegende renale Elimination (einschließlich des Metaboliten Oxazepam), daher auch in Anbetracht der Alternativen möglichst keine Anwendung bei Niereninsuffizienz. 5 Lorazepam: Praktisch keine Veränderung der Pharmakokinetik bei Niereninsuffizienz aller Grade bei vorwiegend hepatischer und nach-
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folgend biliärer Elimination, verstärkte biliäre Exkretion mit zunehmender Nierenfunktionseinschränkung. Pregabalin: Lineare Plasma-Clearance im Verhältnis zur KreatininClearance, daher Dosisanpassung bei allen Graden der Niereninsuffizienz. Aufgrund der effektiven Dialysierbarkeit ggf. Dosiserhöhung unter Dialysebehandlung. Zaleplon: Keine Dosisanpassung bei leichten und mittelgradigen renalen Funktionsstörungen; bei schwerer Ausprägung bisher nicht untersucht; in einer Doppelblindstudie gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Schlafstörungen bei Dialysepatienten. Zolpidem: Keine Dosisreduktion bei allen Graden der Niereninsuffizienz, da keine Änderung der Clearance. In einer offenen Studie gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Schlafstörungen bei Dialysepatienten. Zopiclon: Trotz vorwiegend renaler Exkretion (ca. 80% einschließlich Metaboliten) bisher keine Berichte über Akkumulation bei Niereninsuffizienz; dennoch Vorsicht bei schwerer renaler Funktionseinschränkung.
14.4.6 Antidementiva 5 Donepezil: Trotz überwiegender renaler Ausscheidung keine Clearance-Änderung bei leichter und mittelschwerer renaler Funktionsstörung, daher keine Dosisanpassung bei verminderter Nierenfunktion; keine Daten zu schwerer Ausprägung. 5 Galantamin: In einer Metaanalyse mit hoher Stichprobenzahl kein signifikanter Unterschied des Plasmaspiegels zwischen Normalkollektiv und Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz; keine Dosisreduktion erforderlich. 5 Memantine: Lineare Beziehung von Kreatinin-Clearance und renaler Gesamt-Clearance; daher entsprechend Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen. Bisher keine Daten zur Langzeitanwendung bei schwerer renaler Insuffizienz; es besteht eine (Urin-)pH-abhängige tubuläre Rückresorption, die durch Alkalisierung erhöht wird, sodass entsprechende pH-Wert-Schwankungen vermieden werden sollten (massive Einnahme von Antazida, grundlegende Kostumstellung, z. B. von fleischhaltiger auf vegetarische Ernährung). 5 Rivastigmin: In pharmakokinetischen Studien mehr als doppelte Erhöhung der maximalen Plasmakonzentration bei Nierenfunktionsminderung; ggf. Dosisanpassung und Laborkontrollen empfohlen. 14.4.7 Andere Pharmaka/Psychopharmaka 5 Acamprosat: Lineare Beziehung zwischen Kreatinin-Clearance und Gesamt-Clearance der Substanz bei ausschließlich renaler Elimination; daher bei schwerer Niereninsuffizienz kontraindiziert. Bisher keine Daten zu leichteren Formen.
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5 Atomoxetin: Keine Dosisanpassung bei leichter bis schwerer Niereninsuffizienz erforderlich. 5 Buprenorphin: Nur geringer Einfluss von Nierenfunktionsstörungen auf Pharmakokinetik bzw. Substanz-Clearance. 5 Bupropion: 7 14.4.2. 5 Buspiron: Nichtlineare Clearance-Minderung bei Nierenfunktionsstörungen aller Schweregrade, daher ggf. engmaschige klinische und Laborkontrollen. 5 Clomethiazol: Wegen eventuell verzögerter Elimination bei Nierenfunktionsstörungen sorgfältige Überwachung und Dosisanpassung. 5 Disulfiram: Bei Niereninsuffizienz sorgfältige Überwachung empfohlen, ggf. reduzierte Dosis, da über 90% renale Exkretion in Form von konjugierten Metaboliten. 5 L-Dopa/Benserazid: Keine zwingende Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen. 5 Methadon und Levomethadon: Aufgrund bei höheren Dosen vorwiegend renaler Exkretion von Muttersubstanz und Metaboliten ist Dosisreduktion bei eingeschränkter Nierenfunktion geboten; Pharmakokinetik unterliegt starken interindividuellen Schwankungen; nicht dialysierbar. 5 Methylphenidat: Bisher keine Daten zur Anwendung bei Nierenfunktionsstörungen; aufgrund nur geringgradiger renaler Elimination von unveränderter Substanz jedoch vermutlich keine wesentlichen Beeinträchtigungen zu erwarten; klinische und Laborkontrollen empfohlen. 5 Modafinill Vorwiegend renale Ausscheidung von Muttersubstanz und Metaboliten; bei Niereninsuffizienz Dosisanpassung. 5 Naltrexon: Bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz niedrigere Einstiegs- und Erhaltungsdosis aufgrund der überwiegenden renalen Elimination; bisher keine Daten bei schwerer Ausprägung. 5 Natriumoxybat: Aufgrund der signifikanten zusätzlichen Natriumaufnahme durch das Präparat ist Vorsicht bei Nierenfunktionsstärkungen geboten, entsprechende natriumrestriktive diätetische Empfehlungen sind unbedingt zu beachten. Bisher jedoch keine entsprechenden Daten aus kontrollierten Studien. 5 Orlistat: Aufgrund nur minimaler Resorption kaum systemische Wirkungen zu erwarten; kumulative renale Exkretion > 2%, keine Dosisänderung bei Niereninsuffizienz. 5 Pramipexol: Bei ca. 90% renaler Elimination wird vom Hersteller eine Dosisumverteilung je nach Schweregrad empfohlen: Kreatinin-Clearance von 20‒50 ml/min: Gabe der Tagesdosis in 2 Einzelgaben, bei < 20 ml/min eine Einzelgabe; wenn Kreatinin-Clearance unter der Behandlung sinkt, sollte die Dosis im gleichen Ausmaß wie die Nierenfunktionsstörung reduziert werden.
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5 Ropinirol und Rotigotin: Keine Dosisanpassung bei leichter bis mittelschwer eingeschränkter Nierenfunktion erforderlich, bei schwerer Ausprägung regelmäßige Kontrollen der Nierenparameter. 5 Sildenafil: Bei leichten bis mäßigen Graden von Niereninsuffizienz kaum veränderte Pharmakokinetik in Studien mit Einmalgabe; bei schwerer Ausprägung Dosisreduktion (Einstiegsdosis 25 mg); in einer Vielzahl von kontrollierten Studien gute Verträglichkeit und Wirksamkeit bei chronischen Dialysepatienten. 5 Tadalafil: Erhöhte Plasmaspiegel bei allen Graden der Niereninsuffizienz in bisherigen klinischen Untersuchungen mit Dosis 10 mg; bisher jedoch keine Daten für höhere Dosen; sorgfältige Indikationsstellung und engmaschige Überwachung. 5 Vardenafil: Bei leichter bis mittelgradiger renaler Funktionsstörung keine Dosisanpassung erforderlich; bei schwerer Ausprägung Dosisanpassung. Bisher keine Daten zur Anwendung unter Dialyse.
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Psychopharmaka bei Diabetes mellitus
5 Diabetes hat in Deutschland eine Prävalenz von ca. bis zu 8% mit einem Gipfel von bis zu 22% in der Altersklasse der 70- bis 75-Jährigen. Unterschieden werden der Diabetes Typ 1, bei dem es im Rahmen einer Autoimmunpathogenese zu einer selektiven Zerstörung der insulinproduzierenden β-Zellen der Langerhansschen Inseln des Pankreas kommt, vom Diabetes Typ 2 als Zustand einer (erworbenen), meistens in der 2. Lebenshälfte auftretenden Insulinresistenz mit relativem Insulinmangel. 90–95% aller Diabetespatienten sind Typ2-Diabetiker. Durch ansteigende allgemeine Prävalenz infolge Überernährung, Bewegungsarmut und Überalterung der Bevölkerung nimmt die Bedeutung des Diabetes auch für die Psychopharmakotherapie zu (. Tab. 14.6). 5 Diabetes ist die häufigste endokrine Störung bei internistischen Patienten, die Psychopharmaka erhalten. Bei psychiatrischen Patienten kommt ein Diabetes unabhängig von anderen Faktoren signifikant häufiger vor als in der allgemeinen Bevölkerung. Vor allem ist die Prävalenz von Hyperglykämien, Glukoseintoleranz und diabetischen Komplikationen bei Patienten mit Major Depression und Schizophrenie unabhängig von der psychiatrischen Medikation erhöht. Das Vorliegen eines klinisch manifesten Diabetes ist seinerseits ein unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten einer depressiven Störung sowie einer Demenz (sowohl vaskulär als auch neurodegenerativ). 5 Der Diabetes Typ 2 ist häufig Teil des metabolischen Syndroms. Vor allem bestimmte AAP können ein metabolisches Syndrom auslösen (7 3.6.2) über zunächst voneinander unabhängige negative Beeinflussung von Körpergewicht, Fettstoffwechsel und Glukosetoleranz. Das
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Risiko tragen in absteigender Reihenfolge: Clozapin =ˆ Olanzapin > Quetiapin > Risperidon > Aripiprazol =ˆ Ziprasidon (s. auch . Tab. 3.5). Da Übergewicht und Lebensalter die wichtigsten Risikofaktoren des Diabetes Typ 2 sind und bei manifester Erkrankung zunehmendes Körpergewicht die Kontrollierbarkeit des Blutzuckerspiegels verschlechtert, sollten bei Diabetikern adiposogene Psychopharmaka vermieden werden. Dies gilt v. a. für Substanzen mit einer H1- und 5-HT2antagonistischen Wirkkomponente wie trizyklische Verbindungen. Einige wenige Psychopharmaka können über eine Gewichtsreduktion und z. T. auch gesteigerte Insulinsensitivität eine Verbesserung einer hyperglykämischen Stoffwechsellage bewirken. Bei gut eingestelltem Diabetes und Notwendigkeit einer Behandlung mit psychotropen Substanzen ist darüber hinaus daher auch an die Gefahr von Hypoglykämien zu denken, die insbesondere bei einigen SSRI (v. a. Fluoxetin), besonders aber bei MAOH gegeben ist. Zu beachten sind mögliche pharmakokinetische Interaktionen von Psychopharmaka mit oralen Antidiabetika. Tolbutamid und Glimeprid werden über CYP2C9 metabolisiert, Nateglinid, Pioglitazon und Repaglinid v. a. über CYP3A4 (Nateglinid zusätzlich ebenfalls über CYP2C9). Bei der Wahl der Psychopharmaka ist also in solchen Fällen das Abbauprofil zu berücksichtigen (7 Kap. 17), um Blutzuckerschwankungen zu vermeiden. Das Biguanid Metformin sowie der α-Glukosidasehemmer Acarbose und Miglitol sind in dieser Hinsicht wegen überwiegend renaler Exkretion bzw. nur minimaler systemischer Absorption (Acarbose) unbedenklich. Zu Metformin existiert nun eine Metaanalyse über 6 kontrollierte Studien, die eine Reduktion der Insulinresistenz und adipositasbezogener anthropometrischer Werte (Body-Mass-Index, Hüftumfang) bei schizophrenen Patienten unter Langzeitbehandlung mit AAP zeigen konnte. Aufgrund der häufigen Komorbidität mit anderen internistischen, v. a. Herz- und Nierenerkrankungen (s. oben) ist neben einer rationalen Psychopharmakotherapie die kontinuierliche hausärztlich-internistische Kontrolle und Einstellung von Blutzucker- und HbA1c-Wert wie auch kardiovaskulärer Risikofaktoren unerlässlich, was ggf. eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert.
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Kapitel 14 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
. Tab. 14.6 Risikoeinschätzung bei Diabetes
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Indikationsgruppe
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Mäßig
Erhöht
Antidementiva
Donepezil, Galantamin, Rivastigmin, Memantine
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–
Antidepressiva
Duloxetinb, Reboxetin, SSRIb, Trazodon, Tryptophan, Venlafaxinb
Fluoxetina, Mianserin, Mirtazapin, TZA
MAOHa
Antipsychotika
Amisulprid, Aripiprazol, Butyrophenone, Pimozid, Sulpirid, Thioxanthene, Ziprasidon
Phenothiazine, Quetiapin, Risperidon, [Sertindol]
[Asenapin], Clozapin, Olanzapin
Anxiolytika/ Hypnotika
BZD, Buspiron, Pregabalinb, Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
–
–
Stimmungsstabilisierer
Carbamazepin, Gabapentin, Lamotrigin, Oxcarbazepin
Valproinsäure
–
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
Acamprosat, Atomoxetin, Lithium, Methylphenidatb, Modafinil, Orlistata, Pramipexol, Ropinirol, [Rotigotin]
Bupropionb, Disulfiram, L-Dopa/ Benserazid, [Natriumoxybatb]
–
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in . Tab. 14.2. Substanzen führen eher zu Hypoglykämien.
a s. Fußnote
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Risikoeinschätzunga Gering
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Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit Berücksichtigt werden hier Psychopharmaka im engeren Sinne und die Sucht- und Substitutionsmittel, nicht aber die in den 7 Kap. 7–11 beschriebenen Pharmaka. 15.1
Übersicht
Die Pharmakotherapie psychischer Störungen nach der Entbindung unterscheidet sich grundsätzlich nicht von einer Therapie außerhalb dieser Zeiten. Unabhängig davon, ob sich eine psychische Störung in der Schwangerschaft, im Wochenbett oder in der Stillzeit manifestiert oder ob sie als Remanifestation einer vorbestehenden psychischen Störung auftritt, bleibt die psychiatrische Pharmakotherapie symptomorientiert. Das Erkrankungsrisiko für Psychosen ist in der Schwangerschaft verringert, besonders in den ersten Wochen und bis zu einem Jahr danach dagegen anhaltend deutlich erhöht. Die begleitende Psychotherapie und die Entlastung der Mutter durch Hilfspersonal (nach der Entbindung für mehrere Wochen) haben einen hohen Stellenwert im Rahmen der Behandlung postnataler Depressionen bzw. postnataler Psychosen. 5 Die Gabe psychotroper Medikamente während Schwangerschaft und Stillzeit wird stets ein sorgfältiges Abwägen zwischen der Exposition des Kindes auf der einen und dem Risiko des Rezidivs der psychischen Erkrankung der Mutter nach dem Absetzen der Medikation auf der anderen Seite beinhalten. 5 Eine Beeinflussung für das sich im Mutterleib befindliche Kind oder den zu stillenden Säugling durch Psychopharmaka ist zu keiner Zeit gänzlich auszuschließen, denn nahezu alle Psychopharmaka sind plazentagängig, und sie gehen in die Muttermilch über. 5 Eine Behandlung mit Psychopharmaka insbesondere im 1. Trimenon der Schwangerschaft sollte nur dann durchgeführt werden, wenn das mit der psychischen Störung assoziierte Risiko für Mutter und Fetus das mit einer medikamentösen Behandlung verbundene Risiko übersteigt. 5 Vor der Gabe von Psychopharmaka in Schwangerschaft oder Stillzeit sollte Kontakt zu Gynäkologen bzw. Pädiatern aufgenommen werden. 5 Mit einer in der Schwangerschaft durchgeführten Psychopharmakotherapie assoziierte Problemkomplexe sind: − Teratogenität, mit u. a. strukturellen Malformationen, − Perinatalsyndrome (Perinataltoxizität),
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Kapitel 15 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
− neurobehaviorale Auswirkungen wie postnatale Entwicklungs- und Verhaltensstörungen (Verhaltenstoxizität).
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15.2.1 Trizyklische Antidepressiva Teratogenes Risiko 5 Eindeutige teratogene Risiken konnten für trizyklische Antidepressiva (TZA) nicht gefunden werden;sie werden aber in der Literatur, insbesondere für Clomipramin, immer wieder diskutiert. Am risikoreichsten scheint der Einsatz von TZA mit starker anticholinerger Komponente. 5 Daten über Fehlgeburten zeigen grundsätzlich ein erhöhtes Risiko bei bestehender antidepressiver Psychopharmakotherapie, ein noch höheres Risiko ergibt sich aber im Falle einer Polypharmazie mit der zeitgleichen Einnahme unterschiedlicher Antidepressiva.
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Antidepressiva
Perinatale Risiken 5 Werden Antidepressiva während der Perinatalzeit abgesetzt, können bei Neugeborenen »Entzugssyndrome« mit erhöhter Unruhe, Erregbarkeit und Anfallsbereitschaft auftreten. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 TZA gehen nur in sehr geringem Umfang in die Muttermilch über. Dies gilt insbesondere für Nortriptylin. 5 Vorsicht ist z. T. durch Metaboliten, die zu klinischen Effekten beitragen können, geboten. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 Langfristige negative Auswirkungen auf Entwicklung und Verhalten nach pränataler Exposition mit TZA sind nach derzeitigem Kenntnisstand unwahrscheinlich. Empfehlungen 7 15.2.4, Box 1 15.2.2 Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer 5 Frauen, die eine bestehende Behandlung mit SSRI während einer Schwangerschaft beenden, haben ein 3-fach erhöhtes Risiko für einen Rückfall in die Depression verglichen mit Patientinnen, welche die SSRI-Behandlung fortführen.
15.2 · Antidepressiva
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Teratogenes Risiko 5 In einer Studie wurde der Zusammenhang zwischen einer Behandlung mit SSRI bei Schwangeren und einer primären pulmonalen Hypertonie (PPHN) bei Neugeborenen untersucht. Es zeigte sich eine signifikante Assoziation zwischen einer SSRI-Behandlung (Citalopram, Fluoxetin, Paroxetin oder Sertralin) in der Spätschwangerschaft nach der 20. SSW und einer PPHN beim Neugeborenen. Eine Assoziation zwischen PPHN bei Neugeborenen und SSRI-Einnahme der Mütter vor der 20. SSW fand sich nicht. Auch fand sich keine Assoziation zwischen PPHN bei Neugeborenen und der Einnahme von Amitriptylin, Imipramin, Nortriptylin, Venlafaxin, Bupropion oder Trazodon in der Schwangerschaft. 5 Für Escitalopram und Fluvoxamin liegen noch nicht genügend Daten vor, um eine Risikoabschätzung zu treffen. 5 Eine Behandlung mit Paroxetin im 1. Trimenon war im Vergleich mit anderen Antidepressiva signifikant häufiger mit Fehlbildungen assoziiert. 5 Eine andere Studie zeigte bei Einnahme eines SSRI im 1. Trimenon eine statistisch signifikant höhere Fehlbildungsrate, eine große retrospektive Studie hingegen konnte keine erhöhte Fehlbildungsrate nach SSRI-Behandlung im 1. Trimenon finden. 5 Eine signifikante Assoziation zwischen einer kindlichen Fehlbildung und einer SSRI-Behandlung der Mütter in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft konnte für folgende Fehlbildungen gefunden: Anenzephalie, Kraniosynostosis und Omphalozele. 5 Eine Studie zeigte eine Assoziation zwischen einer Paroxetin-Einnahme im 1. Trimenon und Herzfehlbildungen, allerdings nur für eine Dosierung > 25 mg/d. Die Einnahme von SSRI im 1. Trimenon erhöhte das Risiko für Fehlbildungen im Vergleich zur Einnahme von anderen Antidepressiva nicht. 5 Eine retrospektive Studie an Müttern, welche in der Frühschwangerschaft SSRI eingenommen hatten, zeigte insgesamt kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen. Allerdings fand sich eine Assoziation zwischen einer Paroxetin-Einnahme und kardialen Fehlbildungen. 5 In einer weiteren Studie konnte keine Assoziation zwischen spezifischen Fehlbildungen (Kraniosynostosis, Omphalozele, Herzfehler) und der Einnahme irgendeines SSRI im 1. Trimenon gefunden werden, doch ergab sich eine signifikante Assoziation zwischen bestimmten Fehlbildungen und der Einnahme einzelner SSRI. So war die Einnahme von Sertralin signifikant mit einem Septumdefekt und mit einer Omphalozele assoziiert, und es konnte eine signifikante Assoziation zwischen einer Paroxetin-Einnahme und einer Obstruktion des rechten Ventrikels gezeigt werden. Für andere Antidepressiva fanden sich keine Assoziationen mit Fehlbildungen.
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5 Eine Metaanalyse zeigte bei Patientinnen, die im ersten Schwangerschaftstrimester mit Paroxetin behandelt worden waren, dass keine Assoziation zwischen einer Paroxetin-Exposition und einem erhöhten Risiko von kardiovaskulären Fehlbildungen besteht. 5 Unter dem Einsatz von SSRI während der Schwangerschaft zeigte sich in einer anderen Studie insgesamt eine höhere Prävalenz von Septumdefekten (Odds Ratio OR 1,99) unter Sertralin (OR 3,25), Citalopram (OR 2,52) und eine deutlich geringe unter Fluoxetin (OR 1,34). Für Fluoxetin konnte bislang keine Untersuchung eine OR > 2 oder eine statistische Signifikanz für das Auftreten von Herzseptumdefekten im Rahmen einer Ersttrimester-Exposition zeigen. Perinatale Risiken 5 Ähnlich wie für TZA wurde auch für SSRI über Absetzeffekte in der Perinatalzeit berichtet. Andere Autoren gehen eher von einer serotonergen Überstimulation aus. Die Syndrome sind transienter Natur und in der Regel nicht lebensbedrohlich. 5 Eine verzögerte neonatale Adaptation trat bei 15–30% der Kinder auf, deren Mütter in der Spätschwangerschaft mit SSRI behandelt wurden. Typischerweise sind diese Phänomene vorübergehend und enden meist ist nach einem Zeitraum von weniger als 2 Wochen post partum. 5 In einer Studie zeigte eine Assoziation zwischen SSRI-Behandlung in der Schwangerschaft und einer verkürzten Schwangerschaftsdauer, einem geringeren Geburtsgewicht sowie einem schlechteren ApgarWert. Der Zusammenhang mit dem Apgar-Wert fand sich jedoch nur bei Einnahme des SSRI im 3. Trimenon der Schwangerschaft (unter TZA fand sich kein Einfluss auf perinatale Parameter). 5 Eine retrospektive Studie zeigte eine erhöhte intensivmedizinische Behandlungsnotwendigkeit für Neugeborene, deren Mütter im 3. Trimenon SSRI eingenommen hatten. Zu Paroxetin sind Ergebnisse über das Risiko eines Absetzeffekts für Neugeborene widersprüchlich. 5 In einer Studie aus dem Jahr 2007 wird auf einen Zusammenhang zwischen pränataler SSRI-Gabe (Sertralin, Fluoxetin, Citalopram, Paroxetin) und verkürzter Schwangerschaftsdauer hingewiesen, jedoch kein Zusammenhang zwischen depressiver Symptomatik und Schwangerschaftsdauer gesehen. 5 Eine weitere Studie aus dem Jahr 2007 zeigte aber ein erhöhtes Risiko einer verkürzten Schwangerschaftsdauer bei Müttern, die unter unbehandelten Ängsten litten. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Die vorliegenden Studien weisen darauf hin, dass SSRI nur in relativ geringem Maß in die Muttermilch übergehen. Dies gilt insbesondere für Paroxetin und Sertralin. Es existieren jedoch noch zu wenige
15.2 · Antidepressiva
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Daten, um die Einnahme während der Stillzeit als gänzlich unproblematisch erscheinen zu lassen. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 Hierzu gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Empfehlungen 7 15.2.4, Box 1
15.2.3 Monoaminoxidasehemmer 5 Wegen möglicher hypertensiver Blutdruckkrisen wird i. Allg. von der Gabe von MAOH in der Schwangerschaft abgeraten. Zu Moclobemid sind keine systematischen Untersuchungen publiziert. 5 Vom Stillen unter MAOH ist abzuraten. 15.2.4 Andere Antidepressiva 5 Eine prospektive Studie an Müttern, die während der Schwangerschaft mit Venlafaxin behandelt wurden, konnte keine erhöhte Fehlbildungsrate nachweisen. 5 Eine prospektive Studie an Müttern, die während der Schwangerschaft mit Bupropion behandelt wurden, konnte ebenfalls keine erhöhte Fehlbildungsrate nachweisen. 5 Die Exkretion von Venlafaxin in die Muttermilch ist möglicherweise höher im Vergleich zu anderen Antidepressiva. 5 In einer prospektiven Studie an 104 Müttern, die während der Schwangerschaft mit Mirtazapin behandelt wurden, konnten zwar keine erhöhten Fehlbildungsraten nachgewiesen werden, allerdings zeigte sich bei den mit Mirtazapin behandelten Müttern im Vergleich zu einer Kontrollgruppe eine verkürzte Schwangerschaftsdauer (Geburt vor der 37. SSW). 5 Da Mirtazapin in die Muttermilch übergeht und in niedrigen Konzentrationen wegen seiner antihistaminergen Wirkung sedierend wirkt, ist vom Stillen unter Mirtazapin abzuraten. 5 Der Hersteller von Duloxetin weist auf das grundsätzliche Risiko des Auftretens von PPHN wie bei den SSRI (s. oben) hin. Im Zusammenhang mit Duloxetin-Einnahme wurden Entzugssymptome beobachtet (Hypotonie, Tremor, nervöse Unruhe, Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, Atemnot, zerebrale Krampfanfälle). Duloxetin geht in die Muttermilch über. 5 Für Agomelatin, Mianserin, Milnacipran und Reboxetin liegen keine verlässlichen Daten vor. 5 Eine groß angelegte retrospektive Fall-Kontroll-Studie zu den Auswirkungen einer Behandlung mit Bupropion vor bzw. 3 Monate nach erfolgter Konzeption zeigte ein erhöhtes Risiko für Linksherzfehler bei stattgehabter Bupropion-Gabe.
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Kapitel 15 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
5 Für Bupropion, Venlafaxin oder Mirtazapin konnte keine höhere Malformationsrate bei In-Utero-Exposition gezeigt werden. Es zeigte sich jedoch eine höhere Rate an Frühgeburten vor der 37. SSW. Behandlung mit Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit – Bewertung
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5 Eine Behandlung mit SSRI geht mit einem leicht erhöhten Risiko von bestimmten Fehlbildungen einher; sie sind allerdings sehr selten. Aufgrund methodischer Probleme kann nicht sicher unterschieden werden, ob das möglicherweise bestehende teratogene Risiko auf die psychische Grunderkrankung oder auf die SSRI-Behandlung zurückgeführt werden muss. 5 Risiken bei der Verordnung von SSRI treten nicht nur im 1. Trimenon, sondern auch in der Spätschwangerschaft (PPHN) auf. Für Duloxetin muss ein ähnliches Risiko angenommen werden. 5 Die Indikation zur Behandlung mit einem Antidepressivum muss in der Schwangerschaft besonders eng gestellt werden. Die Eltern sind ausführlich über die möglichen Risiken aufzuklären. 5 Bei leichten bis mittelschweren Depressionen sollte von einer medikamentösen Behandlung abgesehen und auf psychotherapeutische Verfahren zurückgegriffen werden. 5 Werden aber die Risiken der Depression für die Mutter (z. B. Suizidalität, psychotische Symptome) höher als die Risiken für das Kind eingestuft, ist eine Indikation für Antidepressiva gegeben. 5 TZA haben insgesamt ein höheres teratogenes Potenzial als SSRI. 5 Unter TZA sollte nach Möglichkeit auf Clomipramin verzichtet werden. 5 Da Nortriptylin in den jüngsten epidemiologischen Untersuchungen nur sehr selten verordnet wurde, kann ein uneingeschränkter Vorteil für Nortriptylin nicht mehr ausgesprochen werden. 5 Falls während einer Schwangerschaft ein Antidepressivum neu gegeben werden muss, sollte auf Paroxetin und Sertralin verzichtet werden. 5 Frauen, die eine bestehende Behandlung mit SSRI während der Schwangerschaft beenden, haben ein 3-fach erhöhtes Rückfallrisiko verglichen mit Patientinnen, die die SSRI-Behandlung fortführen. 5 Wird ein SSRI verordnet, sollte in keinem Fall ein zweiter SSRI (oder ein anderes Antidepressivum) während der Schwangerschaft parallel zum primären SSRI gegeben werden. Auch eine zusätzliche Verordnung von Benzodiazepinen ist zu vermeiden. 5 Vom Stillen unter Antidepressiva ist abzuraten.
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Lithium
Teratogenes Risiko 5 Durch Einnahme von Lithium während der Schwangerschaft können kardiovaskuläre Fehlbildungen ausgelöst werden, selten kann es zur
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Ausbildung einer Ebstein-Anomalie (Kombination aus Trikuspidalinsuffizienz, offenem Ductus arteriosus und Hypoplasie des rechten Ventrikels) kommen. Das Risiko, durch Einnahme von Lithium im 1. Trimenon kardiovaskuläre Fehlbildungen auszulösen, wird heute aber deutlich geringer eingeschätzt, als ursprünglich nach Auswertung des sog. Lithium-Babyregisters in den 1970er Jahren vermutet wurde. Perinatale Risiken 5 Das Frühgeburtsrisiko ist bei Schwangeren unter Lithium erhöht. 5 Bei Behandlung der Mutter mit Lithium in den letzten Schwangerschaftswochen zeigt das Neugeborene u. U. ein Floppy-infant-Syndrom: Lethargie, muskuläre Hypotonie, Hypothermie, Ateminsuffizienz, abgeschwächte Saugreflexe mit Ernährungsstörungen. Eine Rückbildung ist meist innerhalb von 1‒2 Wochen zu erwarten. Gelegentlich bei Neugeborenen beobachtete Strumen sind innerhalb einiger Monate reversibel. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Bei Einnahme von Lithium während der Stillzeit werden beim Säugling Werte zwischen 10% und 50% der bei der Mutter erhobenen Spiegel gemessen, Folgen dieser Lithium-Serumspiegel für das Kind sind unbekannt. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 In den bisherigen Nachuntersuchungen gibt es keine Hinweise auf Entwicklungseinbußen, jedoch liegen insgesamt nur sehr wenige Ergebnisse vor. Empfehlungen 5 Frauen, die Lithium einnehmen, sollten aufgrund des potenziell teratogenen Risikos grundsätzlich kontrazeptive Maßnahmen einleiten. 5 Bei geplanter Schwangerschaft ist eine Latenz von 2 Wochen zwischen Absetzen von Lithium und Konzeption notwendig. 5 Es sollte grundsätzlich versucht werden, im 1. Trimenon auf eine Behandlung mit Lithium zu verzichten. 5 Aufgrund der neueren Risikobeurteilung wird z. T. zu einem veränderten Umgang mit Lithium bei Schwangeren mit bipolaren affektiven Störungen geraten. Bei klinischer Notwendigkeit könnte bereits im 2. Trimenon wieder Lithium gegeben werden, es sollte dann in jedem Fall auf mehrere Tagesdosen verteilt werden. 5 Vom Stillen unter Lithium ist abzuraten. ! Rasches Absetzen von Lithium erhöht das Rezidivrisiko. Möglicherweise ist
bei Wiederansetzen von Lithium keine Response mehr zu erreichen (7 Kap. 2).
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Kapitel 15 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
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Antikonvulsiva
Teratogenes Risiko 5 Carbamazepin, Lamotrigin und Valproinsäure müssen bei Einnahme im 1. Trimenon als teratogen betrachtet werden. 5 Das Risiko für Fehlbildungen bei Kindern epilepsiekranker Frauen, die während der Schwangerschaft Antikonvulsiva einnahmen, ist 2- bis 3-fach erhöht und liegt bei 4‒8% gegenüber 2,3% in der Normalbevölkerung. Da aber eine Epilepsie mit einem erhöhten Fehlbildungsrisiko assoziiert sein könnte, ist unklar, inwiefern diese Daten auf Patientinnen mit psychischen Störungen übertragen werden können. 5 Carbamazepin- und Valproinsäure-Einnahme während des 1. Trimenons erhöht das Risiko für Neuralrohrverschlussstörungen (Spina bifida) und für Verschlussstörungen im Urogenitaltrakt (Hypospadie). Während der Schwangerschaft sollten deshalb neben Ultraschalluntersuchungen auch Kontrollen von α-Fetoprotein (α-FP) und Acetylcholinesterase durchgeführt werden. 5 Bei Neuralrohrdefekten finden sich gehäuft erniedrigte Folsäurespiegel. Da Valproinsäure den Folsäurespiegel zu senken vermag, wird empfohlen, Folsäure 4 Wochen vor einer Konzeption und bis zum Ende des 1. Trimenons an Frauen zu verabreichen, die Valproinsäure oder auch Carbamazepin während der Schwangerschaft weiter einnehmen. 5 Unter Carbamazepin-Exposition fanden sich in erhöhtem Maße Entwicklungsverzögerungen, kraniofaziale Anomalien, Fingernagelhypoplasien und Wachstumsretardierungen. 5 Carbamazepin und Valproinsäure können das Risiko neonataler Hämorrhagien aufgrund verminderter Bildung Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren erhöhen. Deshalb soll Vitamin K präventiv während der letzten 1–2 Monate der Schwangerschaft sowie dem Neugeborenen bei Geburt verordnet werden. 5 Unter Lamotrigin zeigte sich eine deutlich erhöhte Häufigkeit von Fehlbildungen von Mund und Gaumen (8,9 von 1000 gegenüber 0,37 in der Allgemeinbevölkerung, relatives Risiko 24). 5 Die Lamotrigin-Clearance ist während der Schwangerschaft beschleunigt. Nach der Geburt normalisiert sie sich rasch. Daher sind Plasmaspiegelkontrollen und ggf. Dosisanpassungen notwendig. 5 Eine intrauterine Exposition mit Valproinsäure geht im Vergleich mit anderen Antiepileptika mit einem erhöhten Risiko der Entwicklung einer Autismus-Spektrum-Störung oder eines erniedrigten Intelligenzquotienten einher. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Da keine Untersuchungen vorliegen, wird insgesamt von der Einnahme während der Stillzeit abgeraten.
15.5 · Antipsychotika
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Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 Die Untersuchungen hierzu sind widersprüchlich. Neuere Daten weisen darauf hin, dass Antikonvulsiva möglicherweise zu Entwicklungsverzögerungen führen. Empfehlungen 5 Auf Carbamazepin, Lamotrigin und Valproinsäure sollte während der Schwangerschaft verzichtet werden. 5 Die Einnahme von Valproinsäure sollte bei Patientinnen im gebärfähigen Alter und bei einer geplanten Schwangerschaft grundsätzlich nicht empfohlen werden. Aufgrund der vorliegenden Studienlage sollte Valproinsäure bei diesen Frauen nur dann eingesetzt werden, wenn ein zuverlässiger Empfängnisschutz besteht. 5 Vom Stillen ist unter diesen Präparaten abzuraten. 15.5
Antipsychotika
Teratogenes Risiko 5 Risperidon, Haloperidol und Quetiapin passieren die Plazenta, Olanzapin nur in geringem Maße. 5 Bisher gibt es keinen eindeutigen Nachweis teratogenen Potenzials und einer damit verbundenen Zunahme von Fehlbildungen nach Antipsychotikaexposition. Aber nach pränataler Exposition gegenüber Phenothiazinen (mit aliphatischer Seitenkette, z. B. Chlorpromazin) gibt es Berichte über das Auftreten von Fehlbildungen im Bereich der kardiovaskulären Organe, des ZNS und des Skeletts. 5 Die Erfahrungen mit atypischen Antipsychotika (AAP) in der Schwangerschaft sind begrenzt. Die umfangreichsten Daten sind für Olanzapin publiziert; obwohl diese nicht auf erhöhte Fehlbildungsraten hinweisen, kann aufgrund der niedrigen Fallzahlen auch diese Substanz nicht als unbedenklich gelten. In einer kleinen prospektiven Studie mit Olanzapin, Quetiapin und Risperidon in der Schwangerschaft fanden sich keine Hinweise auf erhöhte Fehlbildungsraten. Für die anderen AAP liegen nur Einzelfallberichte vor. 5 Patientinnen, die unter AAP an Gewicht zunahmen, wiesen signifikant geringere Folsäure-Serumkonzentrationen auf als eine Kontrollgruppe von Krankenhauspatienten. Ihre tägliche Folsäure-Aufnahme lag unter dem Grenzwert, der als protektiv für Neuralrohrdefekte gilt. Daraus wurde auf ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen des Neuralrohrs bei Patientinnen, die mit AAP behandelt werden, geschlossen. Die kausalen Zusammenhänge sind jedoch unklar. 5 Promethazin soll in der Frühschwangerschaft nur bei zwingender Notwendigkeit, zum Ende der Schwangerschaft und in der Stillzeit mit
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Kapitel 15 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
besonderer Vorsicht angewandt werden (Möglichkeit der Atemdepression, von EEG- und Verhaltensänderungen beim Neugeborenen). Perinatale Risiken 5 Bei Neugeborenen, deren Mütter während der Schwangerschaft konventionelle Antipsychotika eingenommen haben, muss mit extrapyramidalmotorischen Störungen (EPS) gerechnet werden. Tremor oder motorische Unruhe werden als perinatale Syndrome gesehen, sie bilden sich nach einigen Tagen zurück. Perinatalsyndrome wurden jedoch auch bei Gabe von Olanzapin und Risperidon berichtet. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Antipsychotika können in unterschiedlichem Umfang in die Muttermilch übergehen. Daher ist bei Behandlung mit Antipsychotika vom Stillen abzuraten. Clozapin ist kontraindiziert. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 In klinischen Beobachtungen sind bisher keine eindeutigen Hinweise auf intellektuelle Defizite oder Verhaltensauffälligkeiten nach pränataler Antipsychotika-Exposition gefunden worden; jedoch fehlen systematische, kontrollierte Langzeitstudien. Empfehlungen 5 Auf eine Gabe von Antipsychotika im 1. Trimenon sollte verzichtet werden. Muss eine Behandlung während der Schwangerschaft durchgeführt werden, sollte ca. 14 Tage vor dem erwarteten Geburtstermin ein Absetzversuch bzw. zumindest eine Dosisreduktion angestrebt werden, um das Risiko für EPS beim Neugeborenen zu verringern. Bei zwingender Notwendigkeit ist am ehesten eine niedrig dosierte Therapie mit Haloperidol durchzuführen, da hier die größten klinischen Erfahrungen vorliegen. Wenn ein AAP verordnet werden soll, erscheint Olanzapin am wenigsten risikoreich. Auf eine ausreichende Zufuhr an Folsäure ist besonders bei Patientinnen, die unter AAP an Gewicht zunehmen, zu achten. 5 Auf die Behandlung mit Depotpräparaten sollte, wenn möglich, wegen der nach der Injektion auftretenden Plasmaspiegelspitzen verzichtet werden. 5 Vom Stillen unter Antipsychotika ist abzuraten. 5 Auf die Gabe des Antiparkinsonmittels Biperiden sollte in der Schwangerschaft verzichtet werden, da die Substanz als zumindest gering teratogen einzuschätzen ist. Vom Stillen unter Biperiden ist in jedem Fall abzuraten.
15.6 · Anxiolytika
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Anxiolytika
15.6.1 Benzodiazepine und Non-Benzodiazepinhypnotika 5 Benzodiazepine (BZD) dürfen während der gesamten Schwangerschaft nur in Ausnahmefällen bei zwingender Indikation angewendet werden. Teratogenes Risiko 5 Eine definitive Aussage zur Teratogenität von BZD besonders bei Gabe im 1. Trimenon kann zurzeit nicht gemacht werden. Besonders in älteren Untersuchungen gibt es Hinweise auf das gehäufte Auftreten von Gesichtsspalten. 5 Clonazepam wird hinsichtlich des teratogenen Risikos gegenwärtig als am wenigsten bedenklich eingeschätzt. Messungen in Nabelschnurblut legen nahe, dass Lorazepam in geringerem Umfang als andere BZD die Plazenta passiert. 5 In einer prospektiven Studie an 31 Frauen, die während der Schwangerschaft Zopiclon erhalten hatten, konnte kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nachgewiesen werden. Perinatale Risiken 5 Bei Neugeborenen kann es zum Floppy-infant-Syndrom (7 15.3) kommen. Auch Entzugssyndrome kommen beim Neugeborenen nach längerer BZD-Einnahme durch die Mutter vor. Diese Symptome halten meist nur wenige Stunden oder Tage an, sie können jedoch bis zu mehreren Wochen persistieren. Lang wirksame BZD mit aktiven Metaboliten sind als besonders bedenklich einzuschätzen, da sie im Fetus wegen des unzureichenden Stoffwechsels kumulieren können. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 BZD gehen in die Muttermilch über, die beschriebenen Spiegel sind in der Regel allerdings sehr niedrig. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 Klinische Untersuchungen zeigen unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich Entwicklungsverzögerungen. Häufig findet sich bei retardierter Entwicklung der Kinder bei den Müttern neben der Einnahme von BZD ein Missbrauch von Alkohol oder Drogen. Empfehlungen 5 Soweit möglich, sollte jegliche BZD-Gabe im 1. Trimenon aufgrund des nicht auszuschließenden teratogenen Risikos vermieden werden. Im 2. Trimenon scheinen geringe kontrollierte Gaben von BZD keine Komplikationen hervorzurufen.
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Kapitel 15 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
5 Da die Metabolisierungskapazitäten beim Säugling nicht ausgereift sind, muss mit ausgeprägten BZD-Wirkungen (Sedierung, Lethargie, Trinkschwierigkeiten) gerechnet werden. Da BZD jedoch nur in geringem Maße in die Muttermilch übergehen, raten einige Autoren dennoch nicht prinzipiell vom Stillen ab. 5 Für die Non-BZD-Hypnotika Zaleplon und Zolpidem liegen kaum Daten vor; sie sollten in Schwangerschaft und Stillzeit nicht gegeben werden.
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15.6.2 Andere Anxiolytika 5 Buspiron: Während der Schwangerschaft sollte Buspiron nur bei strenger Indikationsstellung angewendet werden, da beim Menschen keine Erfahrungen vorliegen. Experimentelle Studien haben keine Hinweise auf teratogene Wirkungen ergeben. Unter der Therapie mit Buspiron soll nicht gestillt werden. 5 Hydroxyzin: Ausreichende Erfahrungen über die Anwendung beim Menschen liegen nicht vor. Der Tierversuch erbrachte keine Hinweise auf embryotoxische/teratogene Wirkungen. Vom Stillen ist abzuraten. 5 Pregabalin: Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Pregabalin sollte während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Während der Behandlung mit Pregabalin sollte nicht gestillt werden. 5 Chloraldurat, Diphehhydramin und Doxylamin dürfen in Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewandt werden. 5 Aufgrund fehlender Daten wird die Anwendung von Melatonin in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfohlen.
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Sucht- und Substitutionsmittel
Alkohol 5 Alkohol ist teratogen. Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann je nach zugeführter Alkoholmenge und in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche bei Kindern zu körperlichen Fehlentwicklungen, zu einer Verzögerung der geistigen Entwicklung und zu Verhaltensstörungen (fetales Alkoholsyndrom oder Alkoholembryopathie) führen. 5 Im späteren Leben ist für diese Kinder das Risiko, an einer psychischen Störung zu erkranken, erhöht. Substitutionsmittel 5 Acamprosat: Für Acamprosat liegen keine adäquaten Daten zur Anwendung bei schwangeren Frauen vor. Untersuchungen an Tieren zeigten keine fetotoxischen oder teratogenen Effekte. Während der Schwangerschaft sollte nur dann mit Acamprosat behandelt werden, wenn die Patientin nicht ohne Behandlung mit Acamprosat abs-
15.7 · Sucht- und Substitutionsmittel
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tinent bleiben kann und infolgedessen ein fetotoxisches oder teratogenes Risiko durch den Alkohol besteht. Frauen dürfen während der Behandlung mit Acamprosat nicht stillen. 5 Clomethiazol: Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Clomethiazol darf nicht während der Schwangerschaft verwendet werden. In der Muttermilch wurden ClomethiazolKonzentrationen in derselben Größenordnung wie im mütterlichen Blut gefunden. Clomethiazol darf nicht während der Stillzeit eingenommen werden. 5 Disulfiram: Bei Verabreichung von Disulfiram im ersten Drittel der Schwangerschaft sind Missbildungen und Schädigungen beim Kind beobachtet worden. Opiate/Opioide 5 Bei opiatabhängigen Schwangeren kommt es gehäuft zu Früh- und Fehlgeburten. ¾ der Neugeborenen von opiatabhängigen Müttern entwickeln nach der Geburt ein Opiatentzugssyndrom. 5 Schulkinder, deren Mütter während der Schwangerschaft Opiate konsumierten, waren im Vergleich zu einer Kontrollgruppe weniger intelligent. 5 In einer Studie zeigten Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft Opiate konsumierten, kleinere Gehirnvolumina als in einer Kontrollgruppe. Substitutionsmittel 5 Eine erhöhte Rate kongenitaler Anomalien oder eine erhöhte Rate von Geburtskomplikationen ist bei Kindern Levomethadon-substituierter Mütter nicht beschrieben. Allerdings besaßen die Kinder substituierter Mütter ein geringeres Geburtsgewicht und einen geringeren Kopfumfang im Vergleich zu nicht drogenexponierten Müttern. Weiter wurden häufigeres Auftreten einer Otitis media, neurologische Auffälligkeiten sowie Entwicklungsschwierigkeiten bei Kindern Levomethadon-substituierter Frauen und ein vermehrtes Auftreten eines plötzlichen Kindstods beschrieben. Es bleibt jedoch unklar, inwiefern diese Veränderungen sich kausal auf die Substitutionsmedikation und nicht auf die Opiatabhängigkeit an sich zurückführen lassen. Vom Stillen ist wegen des Übergangs von Levomethadon in die Muttermilch abzuraten. 5 Die gleichen Risiken bestehen für Methadon. 5 Buprenorphin sollte in der Schwangerschaft nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Analyse angewandt werden (relative Kontraindikation). Eine engmaschige Überwachung der Schwangeren und des Fetus muss durch den Arzt erfolgen. Bei korrekter Anwendung sind die Gefahren im Vergleich zu einem fortgesetzten i.v.-Heroin-Konsum mit rezidivierend auftretenden Entzugserscheinungen als deutlich geringer einzuschätzen. Buprenorphin sollte nicht in der Stillzeit verordnet werden.
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Kapitel 15 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
Eine eindeutige Differenzialindikation zwischen den Substituten in der Schwangerschaft besteht nicht, allerdings gibt es Hinweise auf ein geringer ausgeprägtes neonatales Entzugssyndrom nach Substitution mit Buprenorphin im Vergleich zu Methadon. Vom Stillen ist abzuraten. 5 Buprenorphin/Naloxon ist nicht für die Anwendung von schwangeren Frauen zugelassen, eine Reproduktionstoxität ist in Tiermodellen beschrieben worden. Bei Eintritt einer Schwangerschaft unter Buprenorphin-/Naloxon-Behandlung sollten die Patientinnen auf eine Buprenorphin-Monotherapie umgestellt werden. Vom Stillen ist abzuraten. 5 Clonidin durchquert die Plazenta. Beim Feten kann eine Herzfrequenzsenkung auftreten. In Einzelfällen wurde ein vorübergehender Blutdruckanstieg beim Neugeborenen post partum beobachtet. Während der Stillzeit darf Clonidin nicht angewendet werden, da Clonidin in die Muttermilch übergeht. 5 Naltrexon: Eine embryoletale Wirkung ist in Tiermodellen beschrieben worden. Da beim Menschen keine Erfahrungen über die Sicherheit einer Anwendung in der Schwangerschaft vorliegen, sollte Naltrexon nur verordnet werden, wenn nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung der potenzielle Nutzen überwiegt. Vom Stillen ist abzuraten. Nikotin 5 Rauchen kann zu einer Plazentainsuffizienz führen. Kinder von rauchenden Schwangeren zeigen ein vergleichsweise geringes Geburtsgewicht. 5 Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft geraucht haben, haben möglicherweise ein erhöhtes Risiko, am plötzlichen Kindstod zu sterben oder an psychischen Störungen wie z. B. kognitiven Störungen oder Hyperaktivität zu erkranken. 5 Bei Neugeborenen, deren Mütter während der Schwangerschaft geraucht hatten, kann in den ersten Lebenstagen ein Nikotinentzugssyndrom mit arterieller Hypertonie, Irritabilität oder Tremor auftreten. 5 Eine Longitudinalbeobachtung zeigte ein höheres Risiko für psychotische Erkrankungen bei Kindern von während der Schwangerschaft Tabak oder Alkohol konsumierenden Müttern. Substitutionsmittel 5 Bupropion darf während der Schwangerschaft und Stillzeit als Substitutionsmittel nicht angewendet werden. 5 Für Vareniclin wurden tierexperimentell reproduktionstoxische Wirkungen beschrieben; Vareniclin scheint in die Muttermilch überzugehen. 5 Buprenorphin sollte zur Substitution in der Schwangerschaft nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Analyse angewandt werden
15.9 · Elektrokrampfbehandlung und Schwangerschaft
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Andere Suchtmittel 5 Kokain ist teratogen. Außerdem ist Kokainkonsum während der Schwangerschaft mit einem verringerten Geburtsgewicht sowie Wachstumsstörungen in der Kindheit assoziiert. Das Risiko eines plötzlichen Kindstods ist erhöht. 5 Cannabis scheint kein oder nur ein geringes teratogenes Potenzial zu besitzen. 5 Daten zur Teratogenität anderer Suchtmittel liegen entweder nur in sehr geringem Umfang vor oder sind uneinheitlich. 15.8
Andere Psychopharmaka
5 Atomoxetin: Klinische Daten bei exponierten Schwangeren liegen nicht vor, für die Stillzeit sind sie unzureichend. 5 Methylphenidat: Es liegen nicht ausreichend oder keine Daten vor. 5 Modafinil: Bisher keine erhöhte Rate an Missbildungen. Die Substanz geht in die Muttermilch über. Unzureichende Datenlage. 5 Natriumoxybat: Tierexperimente weisen auf embryotoxische/teratogene Wirkung hin. Es ist nicht bekannt, ob die Substanz in die Muttermilch übergeht. 5 Pramipexol: Es liegen für die Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit keine Daten vor. 5 Ropinirol: Es haben tierexperimentelle Studien eine Reproduktionstoxizität gezeigt. 5 Rotigotin: Ausreichende Erfahrungen über die Anwendung beim Menschen liegen nicht vor. Der Tierversuch erbrachte Hinweise auf embryotoxische/teratogene Wirkungen. 15.9
Elektrokrampfbehandlung und Schwangerschaft
Die Sicherheit für Schwangere und Fetus wird als hoch erachtet, wenn erweiterte Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden: Anwesenheit eines Frauenarztes während der Elektrokrampfbehandlung (EKB), EKG-Monitoring der Mutter während der EKB, arterielle Blutgasanalysen während und unmittelbar nach der EKB, Doppler-Ultrasonographie der fetalen Herzrate während und unmittelbar nach der EKB, Tokographie des uterinen Tonus während der EKB.
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Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit Berücksichtigt werden Psychopharmaka im engeren Sinne, also nicht Pharmaka, die in 7 Kap. 8 und 7 Kap. 9 beschrieben sind. Es liegen nicht zu allen Präparaten Untersuchungen zur Fahrtüchtigkeit und Alltagssicherheit vor. Bei der Beurteilung der Fahrtüchtigkeit bei Vorliegen einer psychischen Störung muss stets abgeschätzt werden, ob eine Einschränkung aufgrund der Störung selbst oder durch eine zu ihrer Behandlung eingeleitete Psychopharmakotherapie vorliegt. Fahrtüchtigkeit und Alltagssicherheit werden von Psychopharmaka im gleichen Sinne beeinflusst. 5 Im zeitlichen Verlauf der psychopharmakologischen Behandlung gelten folgende Leitlinien: − In der Ein- oder Umstellungsphase mit sedierenden Psychopharmaka muss in der Regel die Fahrtüchtigkeit für mindestens 10–14 Tage verneint werden. Dieses Intervall kann im Einzelfall erheblich länger sein. − Eine stabile Erhaltungstherapie wird in der Regel die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht beeinflussen. Die Einnahme von Benzodiazepinen, sedierenden Antidepressiva oder Antipsychotika hingegen kann die Fahrtüchtigkeit im Einzelfall auch langfristig beinträchtigen. 5 Es ist zu beachten, dass bei einigen Erkrankungen, die von sich aus die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen können, erst durch die Arzneimittelbehandlung die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen wieder erreicht werden können. Entscheidend bleibt jedoch auch hier, ob eine Arzneimitteltherapie zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der psychophysischen Leistungsfähigkeit führt. Bei Unsicherheit in dieser Frage kann ggf. eine verkehrsmedizinische Untersuchung unter Einbeziehung objektiver Leistungstests erfolgen. 5 Über eine mögliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Psychopharmaka sowie über mögliche Interaktionen mit anderen Arzneimitteln, besonders mit Alkohol, muss der Patient vor Teilnahme am Straßenverkehr stets aufgeklärt werden. Die Inhalte der Aufklärung sollten im Krankenblatt dokumentiert werden. 5 Dem Patienten muss im Grundsatz eine Mitverantwortung und Entscheidungskompetenz zugewiesen werden. 5 Das Gutachten »Krankheit und Kraftverkehr« (zuletzt 2000 vom Gemeinsamen Beirat für Verkehrsmedizin von den Bundesministerien für Verkehr und Gesundheit unter dem neuen Titel »Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung« herausgegeben), beinhaltet Grund-
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Kapitel 16 · Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit
lagen zur medizinischen Beurteilung der Fahreignung. Es ist eine Stellungnahme, die im Einzelfall, aber nicht für jeden Patienten Gültigkeit haben kann. 5 Sinngemäß enthalten die »Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrteignung« u. a. folgende Leitsätze zu psychischen Grunderkrankungen: − Bei jeder schweren Depression, die z. B. mit Wahn, stuporösen Symptomen oder akuter Suizidalität einhergeht, und bei allen manischen Phasen sind die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen nicht gegeben, ebenso wenig wie in akuten Stadien schizophrener Episoden, bei Demenz oder bei organischen Psychosen wie einem Delir oder einem Korsakow-Syndrom. − Grundsätzlich werden nach Abklingen der Akutsymptomatik Überprüfungen der Fahrtauglichkeit empfohlen. Die Eignung zur aktiven Wiederteilnahme am Straßenverkehr setzt allerdings symptomfreie Intervalle voraus. Diese differieren je nach Grunderkrankung erheblich, z. B. kann in der Regel nach einer ersten schweren psychotischen Episode nach 6-monatiger Symptomfreiheit die Fahrerlaubnis wiedererlangt werden. Besonders günstige Krankheitsverläufe rechtfertigen eine Verkürzung dieser Zeit. Hinweise zur Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit unter verschiedenen Psychopharmaka . Tab. 16.1.
Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit
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. Tab. 16.1 Hinweise zur Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit unter Psychopharmakaeinfluss Psychopharmaka
Eigenschaften
Einfluss auf Fahrtüchtigkeit
Antidepressiva
Sedierend (z. B. Amitriptylin, Doxepin, Mirtazapin)
Fahrtüchtigkeit während Aufdosierung und in den ersten 2 Wochen nach Erreichen der Zieldosis eingeschränkt; Beeinträchtigung auch während Erhaltungstherapie möglich
Nichtsedierend (z. B. Desipramin, Duloxetin, MAOH, Nortriptylin, Reboxetin, SSRI, Venlafaxin)
Fahrtüchtigkeit oft nicht eingeschränkt; Beeinträchtigung kann im Einzelfall jedoch auch längerfristig fortbestehen
Zu Beginn der Behandlung Sedierung und Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit, orthostatische Dysregulation (besonders Phenothiazine mit aliphatischer Seitenkette, z. B. Levopromazin)
Fahrtüchtigkeit während Aufdosierung und in den ersten 2 Wochen nach Erreichen der Zieldosis eingeschränkt; Beeinträchtigung auch während Erhaltungstherapie möglich
Sedierender Effekt bei Clozapin, Olanzapin und Quetiapin kann länger anhaltend sein
Bei Clozapin, Olanzapin und Quetiapin muss mit längerer Einschränkungszeit gerechnet werden
Benzodiazepine (auch Non-Benzodiazepinhypnotika)
Sedierend, Konzentrationsstörungen und Funktionsstörungen der Muskulatur bekannt, Amnesie möglich
Fahrtüchtigkeit in Einstellungsphase und Erhaltungstherapie dosisabhängig; bei längerer Halbwertszeit Hang-over möglich
Dopaminagonisten (L-Dopa, Pramipexol, Ropinirol)
Übermäßige Schläfrigkeit; gelegentlich plötzliches Einschlafen, auch ohne vorherige Warnzeichen
Es muss mit längeren Einschränkungen gerechnet werden
Natriumoxybat
Schwindel, Verwirrtheit, Somnolenz
Mindestens 6 h nach der Einnahme dürfen keine Tätigkeiten ausgeübt werden, die geistige Wachheit oder motorische Koordinationsfähigkeit erfordern
Antipsychotikaa
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Kapitel 16 · Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit
. Tab. 16.1 Fortsetzung Psychopharmaka
Eigenschaften
Einfluss auf Fahrtüchtigkeit
Opioidagonisten (Buprenorphin, Methadon)
Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel
Fahrtüchtigkeit während Aufdosierung und in den ersten Wochen nach Dosisstabilisierung eingeschränkt; Beeinträchtigung auch während stabiler Dosis möglich
Stimmungsstabilisierer
Carbamazepin: Bei Therapiebeginn Benommenheit, Schwindel, ataktische Störungen und Müdigkeit bekannt
Fahrtüchtigkeit während Aufdosierung eingeschränkt; Beeinträchtigung auch während Erhaltungstherapie möglich
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Lamotrigin: Oft verschwommenes Sehen, Schwindel und Müdigkeit, auch Reizbarkeit; Tremor und Ataxie
7 8
Lithium: Als initiale Nebenwirkungen leichte Müdigkeit und feinschlägiger Tremor
9
Valproinsäure: Bei Therapiebeginn Sedierung, Tremor und ataktische Störungen möglich
10 11 a Konventionelle
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Antipsychotika beeinträchtigen die Fahrtüchtigkeit in der Regel stärker als atypische.
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Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen 17.1.1 Pharmakokinetik Die Pharmakokinetik beschreibt die 5 Freisetzung (Liberation): Freisetzung des Wirkstoffs aus der Tablette oder einer anderen Darreichungsform, 5 Aufnahme (Absorption): In der Regel enterale Resorption über den Verdauungstrakt, 5 Verteilung (Distribution): Verschiedene Verteilungsräume, z. B. Gehirn (Blut-Hirn-Schranke), Fettgewebe etc.; Bindung an Plasmaproteine (Albumin, α1-Glykoprotein), 5 Verstoffwechselung (Metabolismus bzw. Biotransformation) und 5 Ausscheidung (Exkretion): In der Regel über Niere oder Galle von Arzneimitteln und deren Metaboliten im menschlichen Körper. Die Kenntnis pharmakokinetischer Kenngrößen von Arzneimitteln ist unerlässlich, um Dosierungsempfehlungen geben und mögliche Wirkungen und Nebenwirkungen, deren Dauer und potenzielle Wechselwirkungen eines Pharmakons beurteilen zu können. Folgende Begriffe sind zur Beschreibung pharmakokinetischer Kenngrößen von Bedeutung: 5 Bioverfügbarkeit: Ausmaß und Geschwindigkeit, mit dem bzw. der ein Pharmakon den Blutkreislauf (und damit mittelbar den Wirkort) erreicht. 5 Clearance: Blut- oder Plasmavolumen, aus dem in einer definierten Zeiteinheit das Pharmakon eliminiert wird: − Hepatische Clearance: wichtig für Bioverfügbarkeit (First-passEffekt); abhängig von Enzymaktivität, Lebermasse und -durchblutung, − Renale Clearance: abhängig von Nierendurchblutung und glomerulärer Filtration. 5 Bei nierenpflichtigen, nicht über Leber (oder Darm) verstoffwechselten Pharmaka lässt sich die Clearance eines Pharmakons anhand der Kreatinin-Clearance abschätzen. 5 Verteilungsvolumen: Scheinbares Volumen als Quotient von Pharmakonmenge im Körper zu Plasmakonzentration des Pharmakons. 5 Eliminationshalbwertszeit (t½): Zeit, innerhalb derer die Plasmakonzentration um die Hälfte absinkt, abhängig von Clearance und Verteilungsvolumen.
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Kapitel 17 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
5 Kumulation: Anstieg der mittleren Konzentration eines Pharmakons bei wiederholter Gabe. 5 Aufsättigungszeit: Zeit, die benötigt wird, bis 90% des Plateauwertes der Plasmakonzentration erreicht werden (ca. 4 × t½). 5 Eliminationszeit: Zeit, die benötigt wird, bis 90% des Plateauwertes der Plasmakonzentration eliminiert worden sind (ca. 4 × t½). 5 Lineare Pharmakokinetik: Vorliegen einer linearen Dosis-Konzentrations-Beziehung. 5 Nichtlineare Pharmakokinetik: Vorliegen einer nichtlinearen Dosis-Konzentrations-Beziehung, z. B. überproportionaler Anstieg der Konzentration eines Pharmakons im Steady State bei Gabe höherer Dosierungen. Für die Interpretation pharmakokinetischer Daten zur Abbildung einer Verteilungskinetik werden Kompartimentmodelle zugrunde gelegt, wobei als Kompartiment ein hypothetischer, zumeist nicht mit anatomischen Strukturen korrespondierender »Raum« definiert wird, in dem die Konzentration eines Pharmakons näherungsweise als räumlich konstant und proportional zur Menge des Pharmakons angesehen wird. Wird vereinfachend ein Einkompartimentmodell angenommen, wird der Körper als ein einziges Kompartiment angesehen, in welchem die Konzentration des Pharmakons monoexponentiell abfällt. Die Phasen von der Absorption bis zur Exkretion werden abgekürzt als ADME bezeichnet, Metabolisierung und Exkretion werden als Elimination zusammengefasst (. Abb. 17.1). Bei vielen Psychopharmaka sind auch die Metaboliten pharmakologisch aktiv und haben dann meist eine längere Eliminationshalbwertszeit als die Muttersubstanz. Biotransformationsreaktionen im Arzneistoffwechsel werden unterteilt in: 5 Phase-I-Reaktionen (Einfügung oder Freilegung einer funktionellen Gruppe): − Oxidation (Hydroxylierung, N- und O-Dealkylierung, wie z. B. Demethylierung, Deaminierung), − Reduktion, − Hydrolyse. 5 Phase-II-Reaktionen: − Konjugationen (z. B. Glukuronidierung, Acetylierung). Für Phase-I-Reaktionen sind v. a. die Cytochrom-P450-Isoenzyme (CYP) als mikrosomale mischfunktionelle Oxygenasen von Bedeutung. Aufgrund von Aminosäuresequenzhomologien werden verschiedene CYP-Familien, -Unterfamilien und -Isoenzyme unterschieden. CYP-Enzyme können durch Pharmaka, Hormone oder Alkohol (Ethanol) in ihrer Aktivität moduliert werden (Enzyminduktion, Enzyminhibition). Für die Metabo-
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Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
Distribution Wirkort: ZNS Rezeptoren, Enzyme gebunden frei
Blutkreislauf Arzneimittel
Absorption
Gewebe frei
gebunden
gebundenes Pharmakon
freies Pharmakon
Exkretion
Metaboliten gebunden
Metabolismus/ Biotransformation
frei
Metaboliten
. Abb. 17.1 Pharmakokinetische Phasen im menschlichen Körper
lisierung von Psychopharmaka und für mögliche Arzneimittelwechselwirkungen (s. unten) sind insbesondere folgende CYP-Enzyme von Bedeutung: CYP1A2 (. Tab. 17.1), CYP2B6 (. Tab. 17.2), CYP2C9 (. Tab. 17.3), CYP2C19 (. Tab. 17.4), CYP2D6 (. Tab. 17.5), CYP3A4 (. Tab. 17.6), CYP2E1 (. Tab. 17.7). Manche Arzneimittel werden erst durch metabolische Transformation aktiviert. Man nennt sie Prodrug. Amitriptylinoxid ist ein Prodrug (aktiviert durch Bildung von Amitripylin und Nortriptylin). Andere Arzneimittel verändern durch die Metabolisierung ihr pharmakodynamisches Profil. So entsteht beispielsweise aus Clomipramin, welches bevorzugt die Serotoninaufnahme hemmt, Norclomipramin, ein bevorzugter Noradrenalinaufnahmehemmer. 17.1.2 Genvarianten Unterschiede im Arzneimittelmetabolismus können auch durch genetisch determinierte Allelvarianten der verstoffwechselnden Enzyme (Polymorphismen; Vorkommen bei ≥ 1% der Bevölkerung) erklärt werden (Pharmakogenetik). Für einige CYP-Enzyme existieren aufgrund von Polymor-
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Kapitel 17 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
phismen genetisch bedingte Aktivitätsunterschiede, die für Wirkungen und Nebenwirkungen der durch sie verstoffwechselten Pharmaka bedeutsam sein können. Individuen mit 2 Allelen, die ein normal aktives Enzym exprimieren, werden als extensive metabolizer (EM), bezeichnet, bei einem sog. poor metabolizer (PM) wird kein aktives Enzym gebildet, und bei einem ultrarapid metabolizer (UM) resultiert durch Genverdopplung (CYP2D6) oder -mutation (CPY2C19) eine gesteigerte Enzymaktivität. Ein intermediate metabolizer (IM) besitzt ein Allel, das für ein aktives Enzym kodiert, und eines für ein Enzym mit verminderter oder fehlender Aktivität. Es gibt große ethnische Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens von Genvarianten. Bei Patienten mit einem PM-Status besteht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten unerwünschter Wirkungen, bei einem UM-Status ein erhöhtes Risiko von Therapieversagen unter therapeutisch üblichen Dosen. Die möglichen Genvarianten sind in 7 Box 1 zusammengefasst. Cytochrom P450-Isoenzyme und genetische Polymorphismen
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5 CYP1A2: Bei der Genvariante CYP1A2*1F (Häufigkeit bei Mitteleuropäern ca. 50%, bei Asiaten 8%) ist die Induzierbarkeit des Enzyms durch Rauchen begünstigt. Raucher benötigen daher höhere Dosen von Arzneimitteln, die Substrate von CYP1A2 sind, wie z.B. Koffein oder Melatonin (. Tab. 17.1), als Nichtraucher. In der Leber entsprechen etwa 13% der CYP-Enzymaktivität der Isoform CYP1A2. 5 CYP2B6: Bei Allelträgern mit der Variante CYP2B6*6 (Häufigkeit 15–60%) sind Expression und Aktivität des Enzyms vermindert. In der Leber macht CYP2B6 zwischen 2% und 10% der CYP-Gesamtaktivität aus. 5 CYP2C9: Etwa 18% der Mitteleuropäer besitzen eine Mutation mit verminderter Enzymaktivität. In der Leber macht CYP2C9 zusammen mit der Isoform CYP2C8 zwischen 5% und 10% der CYP-Gesamtaktivität aus. 5 CYP2C19: 1–5% der Mitteleuropäer und Afriko-Amerikaner sind PM (im Wesentlichen Träger der Genvarianten CYP2C19*2 und CYP2C19*3), bei Asiaten sind es zwischen 10% und 25%. CYP2C19*17 ist eine Genvariante mit verstärkter enzymatischer Aktivität (UM), die bei knapp 20% der Mitteleuropäer vorkommt. Die Menge an CYP2C19 entspricht etwa 3% der CYP-Gesamtaktivität. 5 CYP2D6: 7–10% der Mitteleuropäer und Afriko-Amerikaner sind PM, bei Asiaten sind es nur 1–2%. 1–10% der Mitteleuropäer sind UM, bei Nordafrikanern und Orientalen sind es 10–29%. Etwa 4% der CYPGesamtaktivität der Leber gehen auf CYP2D6 zurück. 6
Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
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5 CYP2E1: Die funktionelle Bedeutung dieses Enzyms besteht im Wesentlichen im Abbau von Ethanol. Die CYP2E1*c2-Variante (Häufigkeit bei Mitteleuropäern und Afrikanern 5%, bei Asiaten über 20%) zeichnet sich durch 10-fach erhöhte Transkription und Expression des Enzyms im Vergleich mit der Wildform CYP2E1*c1 aus. CYP2E1 wird nicht nur in der Leber, sondern auch in anderen Organen exprimiert. 5 CYP3A: Es gibt 4 Gene, die für ein aktives Enzym kodieren, CYP3A4, CYP3A5, CYP3A7 und CYP3A43. Letzteres ist für die Metabolisierung von Psychopharmaka nicht relevant. In der Fetalphase bis 6 Monate postnatal ist CYP3A7 aktiv, im adulten Individuum ist CYP3A4 das dominierende Enzym dieser Familie. Im adulten Zustand macht die Aktivität von CYP3A5 und CYP3A7 nur 2‒3% der Gesamtaktivität von CYP3A-Enzymen aus. 90% sind PM für CYP3A5. Die Isoenzyme der CYP3A-Familie sind mit bis zu 60% der CYP-Gesamtaktivität (Mittelwert 29%) in der Leber die quantitativ wichtigsten. Die Aktivität von CYP3A4 bestimmt wesentlich die Bioverfügbarkeit vieler Psychopharmaka. Im Vergleich zu anderen CYP-Isoenzymen weist es eine geringere Substratspezifität und Saturierbarkeit auf.
17.1.3 Arzneimittelwechselwirkungen Werden mehrere Pharmaka gleichzeitig oder sequenziell verabreicht, können daraus Arzneimittelinteraktionen (Wechselwirkungen) resultieren, wobei Pharmakonwirkungen oder -nebenwirkungen durch Zugabe einer 2. Substanz qualitativ oder quantitativ verändert werden (Verstärkung, Abschwächung, Erweiterung/Einschränkung bzw. Verschiebung des Wirkungs- bzw. Nebenwirkungsspektrums). Arzneimittelinteraktionen können sowohl unbeabsichtigt, und dann meist unerwünscht, als auch – im Rahmen einer Therapieoptimierung – beabsichtigt, sinnvoll und erwünscht sein. Zu Arzneimittelinteraktionen kommt es durch verschiedene Wirkmechanismen: 5 Pharmakodynamisch: − identischer Wirkmechanismus (z. B. Verstärkung anticholinerger Nebenwirkungen durch Kombination anticholinerg wirksamer Antipsychotika und Antidepressiva), − anderer Wirkmechanismus (z. B. zentrales Serotoninsyndrom durch MAO-Hemmung und gleichzeitige 5-HT-Wiederaufnahmehemmung), − synergistisch: Verschiebung der Dosis-/Konzentrations-WirkungsKurve des Pharmakons nach links, − antagonistisch: Verschiebung der Dosis-/Konzentrations-WirkungsKurve des Pharmakons nach rechts. 5 Pharmakokinetisch (verbunden mit der Veränderung pharmakokinetischer Kennparameter, wie z. B. höhere Blutkonzentrationen, verlängerte Eliminationshalbwertszeit usw.):
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Kapitel 17 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
− Absorption (z. B. Resorptionshemmung durch Antazida, Ionenaustauscher, Nahrungsbestandteile wie Gerbstoffe, Resorptionsveränderung durch anticholinerg wirksame Pharmaka aufgrund Motilitätsänderungen der Magen-Darm-Passage), − Verteilung (z. B. beim Ein- oder Austransport von Arzneimitteln in oder aus Organen über ATP-abhängige Transportproteine), − Metabolismus (Enzyminhibition durch Hemmstoffe, wie z. B. Fluvoxamin oder Melperon, oder Enzyminduktion, z. B. durch Carbamazepin oder Rauchen; Inhibitoren oder Induktoren mit klinisch relevantem Interaktionspotenzial sind im 7 Anhang INT zusammengestellt), − Exkretion (z. B. Veränderungen der Nierendurchblutung durch nichtsteroidale Antiphlogistika, ACE-Hemmer oder Theophyllin/ Koffein mit Auswirkungen auf die Lithium-Serumkonzentration). Werden zwei Arzneimittel kombiniert, die bevorzugt durch das gleiche Enzym abgebaut werden, so kann es theoretisch zu einer kompetitiven Hemmung und damit zu einer verlangsamten Elimination der kombinierten Arzneimittel kommen. Substrat-Substrat-Interaktionen spielen allerdings in der klinischen Praxis so gut wie keine Rolle, weil die Kapazität der arzneimittelabbauenden Enzyme in der Regel so hoch ist, dass sich die Umsetzungsgeschwindigkeit des ersten Arzneimittels durch Zugabe eines zweiten nicht verlangsamt. Mit pharmakokinetischen Wechselwirkungen ist jedoch immer zu rechnen, wenn ein Arzneimittel mit einem anderen kombiniert wird, welches ein Enzyminhibitor oder -induktor (7 Anhang INT) ist, oder wenn das Arzneimittel Substrat des inhibierten oder induzierten Enzyms ist (. Tab. 17.1‒. Tab. 17.7). Durch Verabreichung eines Inhibitors eines CYP-Enzyms wird die Konzentration eines Arzneimittels, das bevorzugtes Substrat dieses CYP-Enzyms ist, erhöht (Risiko einer Intoxikation) und die Eliminationshalbwertszeit verlängert. Durch Einnahme eines Induktors wird die Elimination innerhalb von 5‒14 Tagen beschleunigt, und die Wirkspiegel sinken (Risiko von Wirkverlust). Arzneimittel mit hemmenden oder induzierenden Eigenschaften sind in den beiden Tabellen im 7 Anhang INT gelistet: 5 Ist mit klinisch relevanten Wechselwirkungen zu rechnen, wird bei den jeweiligen Einzelpräparaten auf die beiden Tabellen im 7 Anhang INT oder die entsprechende Substratliste (. Tab. 17.1‒. Tab. 17.7) durch rote Hervorhebung verwiesen. Auf das Risiko wird ggf. abgestuft hingewiesen (z. B. »Keine Kombination mit …«, »Vorsicht bei der Kombination mit …«). 5 Wenn nur ein theoretisches Risiko besteht, aber keine Daten bezüglich einer klinischen Relevanz vorliegen, wird ebenfalls auf ein potenzielles Interaktionsrisiko verwiesen, jedoch ohne rote Hervorhebung.
Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
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Arzneimittelinteraktionen stellen häufig ein Wechselspiel zwischen pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Effekten dar. Besonders bedeutsam sind Arzneimittelinteraktionen mit toxischen Konsequenzen. 5 Wird beispielsweise Amitriptylin in einer Dosis, die normalerweise unkritisch ist, mit Fluoxetin kombiniert, kann es zu Tachyarrhythmien oder sogar zum Herzstillstand kommen. Fluoxetin und sein Metabolit Norfluoxetin sind potente Inhibitoren von CYP2D6 (7 Anhang INT). CYP2D6 ist am Abbau von Amitriptylin beteiligt (7 Anhang INT). Dadurch steigen die Blutspiegel von Amitriptylin an und erreichen unter therapeutisch empfohlenen Dosen u. U. toxische Werte. Ein Indikator für kardiotoxische Wirkungen ist die Verlängerung der QTc-Zeit. Oder: Wird Quetiapin, ein Substrat von CYP3A4 (. Tab. 17.6), mit Carbamazepin, einem Induktor von CYP3A4, kombiniert (7 Anhang INT), kann es durch beschleunigte Elimination zum Wirkverlust von Quetiapin kommen. 5 Ältere Patienten oder Patienten mit einem PM-Status können für Arzneimittelinteraktionen besonders anfällig sein. 5 Bei bestimmten Psychopharmaka muss mit Arzneimittelinteraktionen auch noch nach deren Absetzen gerechnet werden: z. B. anhaltende MAO-Hemmung noch über ca. 10–14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH oder anhaltende 5-HT-Wiederaufnahmehemmung durch Fluoxetin und dessen lang wirksamen Metaboliten Norfluoxetin noch über ca. 4–5 Wochen nach Absetzen von Fluoxetin. 5 Für Psychopharmakawirkungen und -nebenwirkungen können pharmakokinetische Arzneimittelinteraktionen auf der Ebene der verschiedenen CYP-Enzyme von großer Bedeutung sein. Bekannte oder zu erwartende metabolische Wechselwirkungen können aus den Substrateigenschaften der einzelnen Wirkstoffe (s. Einzelpräparate oder . Tab. 17.1–. Tab. 17.7) in Kombination mit den Tabellen im 7 Anhang INT abgeleitet werden. 5 Arzneimittelinteraktionen auf der Ebene der Exkretion sind v. a. bei einer Lithium-Medikation zu bedenken, aber auch bei anderen vorwiegend renal eliminierten Psychopharmaka, wie z. B. Amisulpirid. 5 Wenn ein Arzneimittel erst durch metabolische Transformation in vivo aktiviert werden muss, also eine sog. Prodrug ist, wie z. B. Amitriptylinoxid (aktiviert durch Bildung von Amitripylin und Nortriptylin), Tamoxifen (aktiviert über CYP2D6 zu 4-Hydroxytamoxifen und Enoxifen) oder Clopidogrel (aktiviert durch CYP2B6 und CYP3A4 zu 2-Oxo-Clopidogrel), dann kann durch Kombination mit einem Inhibitor des aktivierenden Enzyms (7 Anhang INT) die Wirkung ausbleiben. 17.1.4 Psychopharmaka bei Rauchern Raucher haben einen beschleunigten hepatischen Metabolismus, da polyaromatische Kohlenwasserstoffe im Tabakrauch die Expression von Cytochrom-P450-Enzmyen induzieren. Induziert wird bevorzugt das Isoenzym
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Kapitel 17 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
CYP1A2. Entsprechend ist die Clearance von Arzneimitteln beschleunigt, die über CYP1A2 metabolisiert werden (. Tab. 17.1). Beispielsweise ist die Clearance von Olanzapin bei Rauchern im Vergleich zu Nichtrauchern um gut 50% gesteigert. Umgekehrt kommt es nach Aufhören des Rauchens zu einer verlangsamten Elimination durch Deinduktion von CYP1A2. Im Einzelfall kann dies dazu führen, dass nach Beendigung des Rauchens toxische Wirkspiegel aufgebaut werden; es gibt mehrere Fallbeschreibungen über Intoxikationen von Patienten, die mit Clozapin oder Olanzapin behandelt wurden. Die Induzierbarkeit von CYP1A2 ist offensichtlich vom Genotyp abhängig (s. oben, 7 Box 1). Es wird empfohlen, nach Änderung der Rauchgewohnheiten eine individuelle Dosisanpassung vorzunehmen, am besten unter Kontrolle der Arzneimittelspiegel im Blut.
Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
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17.1.5 Substrate von CYP-Enzymen . Tab. 17.1 Substrate von CYP1A2 Substrate Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Agomelatin, Amitriptylin, D,L-Amphetamin, Asenapin, Chlorpromazin, Clomipramin, Clozapin, Coffein, Cyamemazin, Duloxetin, Fluphenazin, Fluvoxamin, Imipramin, Melatonin, Mirtazapin, Olanzapin, Perphenazin, Ropinirol
Internistische und sonstige Arzneimittel
Amiodaron, Flutamid, Frovatriptan, Naproxen, Paracetamol, Phenacetin, Propranolol, Riluzol, Ropivacin, Theophyllin, Tizanidin, Warfarin, Zolmitriptan
. Tab. 17.2 Substrate von CYP2B6 Substrate Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Bupropion, Buspiron, Clomethiazol, Diazepam, Disulfiram, Methadon, Sertralin
Internistische und sonstige Arzneimittel
Cyclophosphamid, Efavirenz, Ifosfamid, Propofol, Tamoxifen
. Tab. 17.3 Substrate von CYP2C9 Substrate Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Amitriptylin, Cannabinol, Fluoxetin, Perazin, Phenytoin, Sertralin, Tetrahydrocannabinol
Internistische und sonstige Arzneimittel
Celecoxib, Diclofenac, Fluvastatin, Glibenclamid, Glimeprid, Ibuprofen, Irbesartan, Losartan, Metoclopramid, Naproxen, Piroxicam, Warfarin, Tamoxifen, Tolbutamid
. Tab. 17.4 Substrate von CYP2C19 Substrate Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Amitriptylin, Barbiturate, Cannabinol, Citalopram, Clomipramin, Clozapin, Cyamemazin, Diazepam, Doxepin, Escitalopram, Flunitrazepam, Fluoxetin, Imipramin, Methadon, Moclobemid, Nordazepam, Sertralin, S-Mephenytoin, Tetrahydrocannabinol, Trimipramin
Internistische und sonstige Arzneimittel
Esomeprazol, Lansoprazol, Nelfinavir, Omeprazol, Proguanil, Propranolol, Ritonavir, Selegilin, Ticlopidin
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Kapitel 17 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
. Tab. 17.5 Substrate von CYP2D6 Substrate Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Amitriptylin, Aripiprazol, Atomoxetin, Chlorpromazin, Clomipramin, Codein, Desipramin, Dextromethorphan, Dihydrocodein, Donepezil, Duloxetin, Flunarizin, Fluoxetin, Fluphenazin, Fluvoxamin, Galantamin, Haloperidol, Imipramin, Levomepromazin, mCPP (Trazodon, Nefazodon), Methadon, Methylphenidat, Mianserin, Mirtazapin, Norfluoxetin, Nortriptylin, Paroxetin, Perphenazin, Risperidon, Sertindol, Sertralin, Thioridazin, Tramadol, Venlafaxin, Zuclopenthixol
Internistische und sonstige Arzneimittel
Ajmalin, Alprenolol, Benztropin, Carvedilol, Diphenhydramin, Encainid, Flecainid, Hydroxyzin, Indoramin, Metoclopramid, Metoprolol, Mexiletin, Ondansetron, Penbutolol, Pindolol, Prajmalin, Propafenon, Propranolol, Timolol, Tropisetron, Urapidil
. Tab. 17.6 Substrate von CYP3A4/5/7 Substrate Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Alprazolam, Amitriptylin, Aripiprazol, Bromazepam, Bromperidol, Brotizolam, Buprenorphin, Buspiron, Carbamazepin, Clomipramin, Clomethiazol, Clonazepam, Chlordiazepoxid, Chlorpromazin, Clozapin, Cyamemazin, Dextromethorphan, Diazepam, Disulfiram, Donepezil, Ethosuximid, Flunitrazepam, Fluoxetin, Galantamin, Haloperidol, Imipramin, LAAM, Methadon, Midazolam, Mirtazapin, Nateglinid, Nefazodon, Nimodipin, Nordazepam, Norfluoxetin, Perazin, Pimozid, Piolitazin, Quetiapin, Reboxetin, Repaglinid, Rimonabant, Risperidon, Ropinirol, Sertindol, Sertralin, Sibutramin, Sildenafil, Tadalafil; Trazodon, Triazolam, Vardenafil, Venlafaxin, Zaleplon, Ziprasidon, Zolpidem, Zopiclon, Zotepin
Internistische und sonstige Arzneimittel
Amiodaron, Androsteron, Astemizol, Atorvastatin, Chinidin, Chloroquin, Ciclosporin, Cyclophosphamid, Cortisone, Dapson, Dexamethason, Diltiazem, Doxycyclin, Erythromycin, EthinylEstradiol, Felodipin, Fentanyl, Grapefruitsaft, Indinavir, Lidocain, Loratadin, Lovastatin, Nelfinavir, Nifedipin, Nimodipin, Omeprazol, Pantoprazol, Propafenon, Ritonavir, Saquinavir, Simvastatin, Tacrolimus, Tamoxifen, Terfenadin, Testosteron, Tramadol, Verapamil
. Tab. 17.7 Substrate von CYP2E1 Substrate Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Alkohol (Ethanol), Disulfiram
Internistische und sonstige Arzneimittel
Enfluran, Halothan, Isofluran, Sevofluran
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Intoxikationen
Es werden hier nur Daten zu den wichtigsten bzw. häufigsten und zu jenen Psychopharmaka bzw. -gruppen erwähnt, für die eine Zulassung für eine entsprechende psychiatrische Indikation besteht (gelbe Unterlegung des Psychopharmakons im jeweiligen Präparateteil). Ausgenommen sind die Präparate, die in 7 Kap. 8 und 7 Kap. 9 beschrieben werden. 18.1
Allgemeine Gesichtspunkte
Jeder im psychiatrischen Konsiliar- und Notdienst tätige Arzt sollte die wichtigsten Intoxikationssyndrome bzw. die potenziellen Gefahren bei Überdosierung von Psychopharmaka der verschiedenen Stoffgruppen kennen. Schon im Verdachtsfall stellt jede Intoxikation mit psychotropen Substanzen eine Notfallsituation dar und erfordert umgehende internistische Überwachung und ggf. Behandlung. Psychopharmakaintoxikationen ereignen sich meistens in suizidaler Absicht. Sie kommen aber auch akzidentell vor: z. B. in der Einstellungsphase bei Wechselwirkungen (insbesondere bei poor metabolizers) und nach Verwechslungen der Medikamente durch ältere oder verwirrte Patienten. Es ist jedoch zu beachten, dass in den meisten Fällen (v. a. bei Suizidversuchen) Mischintoxikationen vorliegen; eine genaue Diagnosestellung ist meistens nur aufgrund einer (Fremd-)Anamnese (Angehörige, Pflege- oder Rettungsdienstpersonal) und internistischer Abklärung möglich. Bei gezieltem Verdacht sollten – wenn immer möglich – Plasmaspiegelbestimmungen erfolgen. Drogenintoxikationen: Häufig durch Fehleinschätzung der Dosis (obskure Bezugsquellen bei illegalen Drogen) oder des additiven bzw. potenzierenden Effekts bei kombiniertem Drogenmissbrauch (v. a. bei »Drogenanfängern«), aber auch in suizidaler Absicht. Die Therapie bei akuten Intoxikationen (in einer geeigneten internistischen Abteilung unter kontinuierlichem Monitoring und ggf. intensivmedizinischer Intervention) ist mehrgleisig. 5 Einschätzung und ggf. Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Vitalfunktionen: Bewusstsein (Ansprechbarkeit, Schutzreflexe), Atmung (Freimachen bzw. Sicherung der Atemwege, Sauerstoffapplikation, ggf. Intubation und Beatmung), Kreislauf (antihypertensive bzw. antihypotensive Therapie, Schockbehandlung, ggf. kardiopulmonale Reanimation).
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Kapitel 18 · Intoxikationen
5 Primäre Detoxifikation: Nur bei bewusstseinsklaren oder intubierten Patienten und wenn Zeitpunkt der Einnahme bekannt; induziertes Erbrechen bzw. Diarrhö, Magenspülung, Applikation von Aktivkohle zur Absorptionsminderung (Unterbrechung der enterohepatischen Rezirkulation) in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Ingestion und der eingenommenen Menge sowie pharmakokinetischen Parametern der Substanz (Absorptionsgeschwindigkeit). 5 Sekundäre Detoxifikation: Forcierte Diurese, Hämodialyse bzw. -perfusion; abhängig von pharmakokinetischen Parametern (nicht sinnvoll z. B. bei großem Verteilungsvolumen oder hoher Plasmabindungskapazität). 5 Symptomatische Therapie: Behandlung zentraler und/oder vegetativer sowie sonstiger internistischer Komplikationen (Sedierung, Blutdruckregulation, Antiarrhythmika, Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Azidoseausgleich, Temperaturausgleich, antikonvulsive Behandlung). 5 Ggf. Applikation von Antidota. ! Bei Verdacht auf eine Intoxikation ist eine internistische – ggf. intensivme-
dizinische – Behandlung vordringlich und muss ohne Verzögerung erfolgen. Bei gezieltem Verdacht sollte immer auch die örtliche Giftzentrale möglichst vorab kontaktiert werden.
Symptomatik und Therapie spezieller Intoxikationen mit Psychopharmaka und Drogen
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18.2
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Im Folgenden sind Symptomatik und Therapie spezieller Intoxikationssyndrome mit Psychopharmaka und Drogen – geordnet nach Indikations- und Wirkstoffgruppen in der Reihenfolge des Inhaltsverzeichnisses – aufgeführt. Zu beachten ist, dass die einzelnen Syndrome hier als Monointoxikation behandelt werden. In der Praxis sind jedoch – v. a. bei Intoxikationen in suizidaler Absicht – Mischintoxikationen häufiger anzutreffen (s. oben).
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18.2.1 Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva (TZA) Symptomatik 5 Periphere anticholinerge Effekte: Mundtrockenheit, Miktionsstörungen, Obstipation bis zum Ileus, Hyperthermie, Akkommodationsstörungen (v. a. in der Initialphase einer Behandlung bzw. bei leichten Vergiftungen). 5 Zentrales anticholinerges Syndrom (7 13.8.2) mit deliranter Symptomatik (agitierte Verlaufsform) oder sedative Verlaufsform mit Vigilanzsstörungen bis zu Sopor bzw. Koma, epileptische Anfälle (v. a. in der Initialphase der Therapie), tachykarde und bradykarde Herzrhythmusstörungen (QTc-Verlängerung; kardiale Erregungsleitungsstörun-
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gen als Folge der chinidinartigen, membranstabilisierenden Wirkung, 7 1.6), Hypotension aufgrund von zentraler (Vasomotorenzentrum) und peripherer (Vasodilatation venöser Kapazitätsgefäße) Rezeptorblockade bzw. von Herzrhythmusstörungen, pulmonale Komplikationen bis zur respiratorischen Insuffizienz (bedingt durch Perfusionsstörungen), evtl. Lungenödem und ARDS. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, Applikation von Aktivkohle, evtl. Natriumhydrogenkarbonat zur Erhöhung der Plasmaproteinbindung der freien TZA. 5 Sekundäre Detoxifikation: Wegen hoher Plasmaproteinbindung und großem Verteilungsvolumen der TZA wahrscheinlich ineffektiv. 5 Symptomatische Therapie: − Antikonvulsiva, Antiarrhythmika, Volumenersatz, Azidoseausgleich. − Beim zentralen anticholinergen Syndrom und/oder starker peripherer anticholinerger Symptomatik: Physostigmin (Anticholium) initial bis zu 6 mg i.v., dann 1–4 mg/h über Perfusor (nur unter intensivmedizinischen Bedingungen!). − In Abhängigkeit von Bewusstseinslage und Blutgaswerten intensivmedizinische Überwachung und ggf. Intubation und Beatmung. SSRI Symptomatik 5 Aufgrund der großen therapeutischen Breite sind schwere Vergiftungen selten. 5 Symptomatik prinzipiell wie beim zentralen Serotoninsyndrom möglich (7 13.8.2): Dyskinesien, Ataxie, Hyperrigidität, Muskelzittern und -krämpfe. Kopfschmerzen, Agitation und ängstliche Unruhe, Bewusstseinsstörungen: Somnolenz bis Sopor, selten komatöse Zustände, Krampfanfälle. Sehr selten Herzrhythmusstörungen, z. B. supraventrikuläre Tachykardien; Dyspnoe; Übelkeit, Erbrechen, abdominelle Schmerzen; Gerinnungsstörungen, Urtikaria, evtl. Myalgien, Arthralgien, Miktionsstörungen. 5 Möglicherweise erhöhte kardiale Toxizität von Citalopram im Vergleich zu anderen SSRI. Labor: Leukozytose.
Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Wegen spontan auftretender Übelkeit und nachfolgendem Erbrechen kann auf induziertes Erbrechen bzw. Magenspülung häufig verzichtet werden: Applikation von Carbo medicinalis. 5 Sekundäre Detoxifikation: Bei den meisten SSRI wegen großer Verteilungsvolumina von Muttersubstanz und Metaboliten wohl ineffektiv.
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5 Symptomatische Therapie: Antiarrhythmika, Antihistaminika, Antikonvulsiva. MAOH Symptomatik 5 Auch bei selektiven MAO-A-Hemmern (Moclobemid) kommt es in höheren Dosen (= Intoxikationsbedingungen) zu einer kombinierten Typ-A-/Typ-B-Hemmung, d. h. toxikodynamische Wirkungen sind prinzipiell gleich wie bei nichtselektiven MAOH (Tranylcypromin). 5 Symptomatik ähnelt phänomenologisch dem zentralen Serotoninsyndrom bzw. dem malignen neuroleptischen Syndrom (7 13.8.2). 5 Typischerweise Auftreten von Intoxikationssymptomen erst nach einer Latenzzeit (6–24 h). Delirante Symptomatik mit Bewusstseins-, Aufmerksamkeits- und kognitiven Störungen sowie Desorientiertheit, Verwirrtheit, Agitation, optischen Halluzinationen, epileptische Anfälle, Myoklonien, Tremor, Opisthotonus, hypertensive Krisen, aber auch orthostatische Hypotension, Tachykardie, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation bis zum Ileus, akutes Nierenversagen, Hyperthermie, Rhabdomyolyse. Labor: Myoglobinämie, -urie, Transaminasenanstieg, Azidose, Hämolyse,
Gerinnungsstörungen, Hypoxämie, Hyperkapnie. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: − Bei Hypertension unter MAOH wegen intrakranieller Blutungsgefahr kein induziertes Erbrechen! − Bei bereits vorhandenen Vergiftungssymptomen kann auf induziertes Erbrechen wegen der langen Latenzzeit verzichtet werden, da in diesem Falle bereits von einer nahezu vollständigen Absorption ausgegangen werden muss. 5 Sekundäre Detoxifikation: Effektivität bisher nicht nachgewiesen. 5 Symptomatische Therapie: − Bei Hypotension Volumensubstitution (wegen Gefahr der Rhabdomyolyse wird auch bei Normotension reichliche Flüssigkeitszufuhr empfohlen), in schweren Fällen Katecholamine unter intensivmedizinischen Bedingungen; bei Hypertension antihypertensive Therapie (v. a. β-Rezeptorenblocker); antikonvulsive Behandlung; Heparinisierung bzw. gezielte Faktorensubstitution bei Verbrauchskoagulopathie; antipyretische Therapie (zunächst Kühlung, dann medikamentös); Azidoseausgleich. − In Abhängigkeit von der Bewusstseinslage und Blutgasanalyse Intubation und Beatmung.
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Andere Antidepressiva Symptomatik 5 Geringgradiges toxisches Potenzial bei Duloxetin, Mirtazapin und Reboxetin; bisher keine schweren Vergiftungen mit letalem Ausgang bei Monointoxikation beschrieben. 5 Venlafaxin: wie bei SSRI, u. a. zusätzlich hypertensive Krise möglich; toxisches Potenzial insgesamt wahrscheinlich höher als SSRI, jedoch niedriger als TZA. 5 Agomelatin: Sedierung; toxisches Potenzial eher gering, es existieren noch keine sicheren Daten. 5 I. Allg. verstärkte NW bei Intoxikation, v. a. Sedation und Übelkeit; bei Mirtazapin delirähnliches Bild möglich, bei Bupropion, Duloxetin und Reboxetin epileptische Anfälle (insbesondere bei Prädisposition bzw. Komedikation mit Pharmaka, die zur Senkung der Anfallsschwelle führen) und hypertensive Blutdruckentgleisungen sowie (Tachy-) Arrhythmien möglich. Bericht von Rhabdomyolyse bei Überdosierung von Venlafaxin. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Bei hohen Ingestionsdosen ggf. Carbo medicinalis, Magenspülung, induziertes Erbrechen. 5 Sekundäre Detoxifikation: Zur Effektivität bisher keine sicheren Daten. 5 Symptomatische Therapie: Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, Volumenersatzmittel; evtl. Schockbehandlung. 18.2.2 Stimmungsstabilisierer Lithium Symptomatik 5 Ursachen: − Überdosierung (akzidentiell oder suizidal), − Kalium- oder Kochsalzmangel (natriumarme Diät), − Kombination mit Diuretika, starkes Schwitzen, − interkurrente Erkrankungen (insbesondere mit Nierenfunktionsstörungen, Elektrolytverschiebungen), − sonstige Flüssigkeitsverluste, − Verminderung der renalen Lithium-Clearance durch nichtsteroidale Antiphlogistika oder ACE-Hemmer. Serumkonzentrationen: Mäßige Intoxikation: 1,5–2,5 mmol/l, schwere Intoxikation: 2,5–3,0 mmol/l. Symptome: Zunächst Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, grobschlägiger Hände-
tremor, Abgeschlagenheit, psychomotorische Verlangsamung, Vigilanzminderung, Schwindel, Dysarthrie, Ataxie; später: Rigor, Hyperreflexie, Faszikulationen, Krampfanfälle, Schock, Bewusstseinstrübung bis zum Koma, Herz-Kreislauf-Stillstand.
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Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Nur Magenspülung (keine Absorption an Aktivkohle; laxierende und Erbrechen induzierende Maßnahmen nicht notwendig wegen der entsprechenden Lithium-Eigenwirkung). 5 Sekundäre Detoxifikation: Infusion isotoner Kochsalzlösung, ClearanceSteigerung durch Carboanhydrasehemmer, z. B. Acetazolamid (Diamox®), Hämodialyse (effektivstes Verfahren), Hämofiltration; forcierte Diurese wird nicht mehr empfohlen. 5 Symptomatische Therapie: Antihypotensive Maßnahmen, Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, Azidose- und Elektrolytausgleich. Carbamazepin Symptomatik 5 In hohen Ingestionsdosen starke Ähnlichkeiten mit TZA mit sedierenden und möglichen proarrhythmischen Effekten, auch ähnliche anticholinerge Potenz. 5 Toxische Dosen beim Erwachsenen ab ca. 3 g; max. Plasmakonzentrationen können aufgrund verlangsamter Resorption (anticholinerger Effekt) bis zu 72 h nach Ingestion auftreten. 5 Schon bei relativ niedrigen Intoxikationsdosen: Nystagmus, Schwindel, Ataxie, weiterhin Mydriasis, Akkommodationsstörungen, Krampfanfälle. 5 Zentrales anticholinerges Syndrom (7 13.8.2) mit Agitiertheit bzw. Somnolenz bis Koma (fluktuierender Verlauf möglich) sowie periphere anticholinerge Effekte (wie TZA) 5 Kardiale Reizleitungsstörungen (Blockbilder, Vorhofflimmern), toxische Myokardschädigung, Hypotension. 5 In späteren Stadien Dyspnoe, Ateminsuffizienz. 5 Übelkeit, Erbrechen. Labor: Elektrolytentgleisungen (v. a. Hyponatriämie), Leukozytose.
Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, aufgrund verlangsamter Resorption u. U. noch späte Durchführung indiziert (12–24 h). 5 Sekundäre Detoxifikation: Wirksamkeit wird aufgrund hoher Plasmaproteinbindung und großen Verteilungsvolumens zurückhaltend beurteilt; evtl. Magendauerspülung, Mehrfachinstillation von Carbo medicinalis. 5 Symptomatische Therapie: Hypotoniebehandlung (Volumenersatz, ggf. Katecholamine), antiarrhythmisch (bis hin zur temporären Schrittmacherversorgung), Antikonvulsiva; ggf. Intubation, Beatmung.
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Lamotrigin Symptomatik 5 Sedierung bis zum Koma, Ataxie, Nystagmus, paradoxe Zunahme von zerebralen Krampfanfällen, kardiale Blockbilder. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, Carbo medicinalis, induziertes Erbrechen. 5 Sekundäre Detoxifikation: Hämodialyse wahrscheinlich effektiv, jedoch keine sicheren Daten. 5 Symptomatische Therapie: − ggf. hämodynamische Stabilisierung, − antikonvulsive Behandlung, − bei Agitiertheit entsprechende Sedierung bzw. antipsychotische Medikation. Valproinsäure Symptomatik 5 Berichtete toxische Dosen bei Erwachsenen ab 2 g. 5 Vigilanzstörungen mit Somnolenz bis Koma, gelegentlich aber auch Agitiertheit, Halluzinationen; evtl. Hirnödem, muskuläre Hypotonien, jedoch auch Myoklonien und Spasmen, Ataxie, erhöhte Anfallsbereitschaft, Hypotension, Bradykardie bis Asystolie; Ateminsuffizienz, Oligurie, Anurie, Gerinnungsstörungen, im Extremfall disseminierte intravasale Gerinnung, Elektrolytentgleisungen. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Carbo medicinalis, Glaubersalz. 5 Sekundäre Detoxifikation: Effektiv sind Hämodialyse, Hämoperfusion. 5 Symptomatische Therapie: Volumenersatz, Elektrolyt-/Azidoseausgleich, bei schweren Formen mit Ateminsuffizienz bzw. Kreislaufstillstand, Intubation und Beatmung; ggf. Hirnödembehandlung; prophylaktische Heparinisierung wegen Gefahr der disseminierten intravasalen Gerinnung empfohlen. 18.2.3 Antipsychotika Butyrophenone und Phenothiazine Symptomatik 5 Butyrophenone: Große therapeutische Breite, letale Verläufe daher selten; in hoher Dosierung starke EPS, in toxischen Dosen sedierend und hypotensiv. 5 Phenothiazine: Sedierend und mit z. T. ausgeprägten vegetativen Symptomen (schon in therapeutischer Dosierung). 5 Zentrale und periphere anticholinerge Wirkungen bei Phenothiazen eher stark, bei Butyrophenonen eher gering ausgeprägt.
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Kapitel 18 · Intoxikationen
5 Bewusstseinsstörungen: Somnolenz bis Koma, aber auch Erregungszustände, Tremor, zerebrale Krampfanfälle (Senkung der Anfallsschwelle), Hypotension (Rezeptorblockade, zentrale Kreislaufdepression), Herzrhythmusstörungen (chinidinartiger, membranstabilisierender Effekt, QTc-Zeit-Verlängerung mit entsprechenden Risiken, 7 3.6.3), zentrale und periphere Temperaturregulationsstörungen, Ateminsuffizienz, Lungenödem, Miktionsstörungen. Labor: Hypoglykämie möglich (v. a. bei Butyrophenonen).
Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Induziertes Erbrechen ist wegen antiemetischer Wirkung der Antipsychotika beider Gruppen problematisch und daher nicht zu empfehlen; Magenspülung nur bei hohen Dosen; Carbo medicinalis. 5 Sekundäre Detoxifikation: Wahrscheinlich ineffektiv. 5 Symptomatische Therapie: − Antihypotensiv, antiarrhythmisch, antikonvulsiv, − bei Dyskinesien im Rahmen von EPS: Biperiden (Akineton®) 5–10 mg i.v., − bei (allerdings seltenem) zentralem anticholinergem Syndrom: Physostigmin (Anticholium®) 2–6 mg i.v., evtl. 1–4 mg/h über Perfusor je nach Symptomatik nur unter intensivmedizinischer Überwachung, 7 13.8.2). Clozapin Symptomatik 5 Ausgeprägte anticholinerge Effekte (peripher: Miktionsstörungen, Obstipation bis zum Ileus, Akkommodationsstörungen; zentrales anticholinerges Syndrom mit deliranter Symptomatik, 7 13.8.2) und Bewusstseinsstörungen (soporöse bis komatöse Zustände) bereits in therapeutischer Dosierung möglich. Epileptische Anfälle (Senkung der Anfallsschwelle), Ataxie, Dysarthrie, Tremor, hypotone Kreislaufdysregulation, akute Linksherzdekompensation, tachykarde und bradykarde Herzrhythmusstörungen (Reizleitungsstörungen aufgrund starker anticholinerger Eigenschaften, ventrikuläre Arrhythmien, QTc-Verlängerung, 7 3.6.3 und 7 3.13, Präparat), respiratorische Insuffizienz bis zum Atemstillstand, Hypersalivation (bereits in therapeutischer Dosierung), Hyperthermie. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Sinnvoll wegen langer Resorptionszeit und anticholinerger Wirkung (= lange Verweildauer im Verdauungstrakt); Applikation von Carbo medicinalis und Glaubersalz; evtl. bei Darmparalyse hohe Darmeinläufe.
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5 Sekundäre Detoxifikation: Nicht effektiv (u. a. wegen hoher Plasmaproteinbindung). 5 Symptomatische Therapie: − Kühlung, Antikonvulsiva, antihypotensive und antiarrhythmische Maßnahmen, Azidoseausgleich, bei respiratorischer Insuffizienz ggf. Intubation und Beatmung, − bei zentralem anticholinergen Syndrom 7 13.8.2. Atypische Antipsychotika (außer Clozapin) Symptomatik 5 Geringgradiges toxisches Potenzial, keine Berichte über fatalen Ausgang bei Monointoxikation mit Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon (zum Problem QTc-Verlängerung 7 3.6.3), vermehrte Arrhythmogenität bei Überdosierung von Sertindol aufgrund erhöhten Vorkommens von QTc-Verlängerung (7 3.6.3), i. Allg. Akzentuierung von NW, v. a. Sedierung, Hypotonie, (Reflex-)Tachykardie, Gefahr der additiven (z. B. sedierenden) Wirkung bei Mischintoxikationen. 5 Für Amisulprid (> 1 g) wurde kürzlich in einer Studie bei Überdosierung hohe Kardiotoxizität mit QTc-Verlängerung bis hin zu Torsades de pointes festgestellt. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Bei hohen Ingestionsdosen ggf. Carbo medicinalis, Magenspülung, induziertes Erbrechen. 5 Sekundäre Detoxifikation: Zur Effektivität bisher keine sicheren Daten. 5 Symptomatische Therapie: Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, Volumenersatz, evtl. Schockbehandlung. 18.2.4 Anxiolytika Benzodiazepine (BZD) und Non-Benzodiazepinhypnotika Symptomatik 5 Gefährdung hauptsächlich bei hohen Dosen bzw. (häufigen) Mischintoxikationen mit anderen sedierenden Substanzen (z. B. Alkohol, Opiate/Opioide). 5 Apathie, Bewusstseinstrübung (Somnolenz bis Koma), Hypo- bis Areflexie, muskuläre Schwäche, Dysarthrie, Ataxie, Nystagmus, gelegentlich Doppelbilder, Hypotension, (Reflex-)Tachykardie, Ateminsuffizienz, Schwindelzustände, Übelkeit, Kopfschmerzen. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: In Abhängigkeit von Dosis und Zeitpunkt der Ingestion bzw. Bewusstseinslage evtl. induziertes Erbrechen, Magenspülung, Carbo medicinalis. 5 Sekundäre Detoxifikation: Verzichtbar.
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Kapitel 18 · Intoxikationen
5 Symptomatische Therapie: Einschätzung der Bewusstseinslage und Sicherung der Atemwege, Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Vitalfunktionen, ggf. Intubation und Beatmung. 5 Antidot: − In besonderen Fällen kann die Applikation des Antidots Flumazenil (Anexate®, kompetitiver Antagonist am BZD-Rezeptor) durch den Notarzt oder Intensivmediziner erwogen werden. − Dosierung: initial langsam 0,2 mg i.v., bei Ansprechen 0,1–0,3 mg/ min bis maximal insgesamt 1–2 mg, danach auch Perfusorapplikation möglich (kurze t½ im Vergleich zu BZD). 18.2.5 Antidementiva Acetylcholinesterasehemmer (AChE-I) Symptomatik 5 Anzeichen und Symptome der verschiedenen Präparate entsprechen sich. 5 Zentrale und periphere Symptome einer cholinergen Krise: Zerebrale Krampfanfälle, Übelkeit/Erbrechen, Diarrhö, gastrointestinale Krämpfe, Sialorrhö, Diaphorese, Stuhl- und Harninkontinenz, Bradykardie, Hypotonie, Kollaps, Muskelschwäche (auch respiratorisch!), Bronchospasmus mit Gefahr der Atemwegsverlegung. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: − Magenspülung, Carbo medicinalis, − induziertes Erbrechen bei entsprechender Symptomatik meist nicht erforderlich. 5 Sekundäre Detoxifikation: Hämofiltration bzw. -dialyse und Peritonealdialyse gelten als effektiv 5 Symptomatische Therapie − Flüssigkeitssubstituion, hämodynamische Stabilisierung, − Freihalten der Atemwege, ggf. Intubation. 5 Antidot: Atropin i.v. initial 0,5–1 mg. Memantine Symptomatik 5 Aus Studien nur begrenzte Erfahrungen. 5 Verwirrtheit, Agitation, Halluzinationen, aggressives Verhalten, auch Sedierung/Benommenheit bis zum Koma beschrieben, Schwindel, Gangstörungen, zerebrale Krampfanfälle möglich. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, Carbo medicinalis. 5 Sekundäre Detoxifikation: Hämofiltration, -dialyse. 5 Symptomatische Therapie:
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− ggf. hämodynamische Stabilisierung, − antikonvulsive Behandlung − bei Agitiertheit entsprechende Sedierung bzw. antipsychotische Medikation. 18.2.6 Psychostimulanzien/Medikamente zur Behandlung
von ADHS und Hypersomnien Atomoxetin Symptomatik 5 Unruhe, Agitation, Hyperaktivität, halluzinatorisches Erleben, Orientierungsstörungen. 5 Sympathomimetische Symptome: Mydriasis, Tachykardie, Mundtrockenheit, Obstipation. 5 QTc-Verlängerung möglich. 5 Bisher keine Berichte mit tödlichem Ausgang bei Monointoxikation. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, Carbo medicinalis, induziertes Erbrechen. 5 Sekundäre Detoxifikation: Wegen hoher Plasmaproteinbindung wahrscheinlich nicht effektiv. 5 Symptomatische Therapie: − ggf. hämodynamische Stabilisierung, − antikonvulsive Behandlung, − bei Agitiertheit Sedierung bzw. antipsychotische Medikation. Methylphenidat s. unten, Amphetamine und -derivate Modafinil Symptomatik 5 Unruhe, Agitation, Insomnie, Angstzustände, Aggressivität, Reizbarkeit, Verwirrtheit, Tremor, Hypertonie, Tachykardie, Palpitationen, thorakale Schmerzen, Erbrechen, Diarrhö, evtl. verlängerte Prothrombinzeit. 5 Bisher keine Todesfälle bei Monointoxikation beobachtet. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, Carbo medicinalis, induziertes Erbrechen. 5 Sekundäre Detoxifikation: Bisher keine Hinweise auf Effektivität von Hämodialyse oder Urinansäuerung. 5 Symptomatische Therapie: − ggf. hämodynamische Stabilisierung unter Monitoring, − bei Agitiertheit entsprechend Sedierung.
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Kapitel 18 · Intoxikationen
Natriumoxybat Symptomatik 5 Unruhe, Verwirrtheit, Aggressivität, teilweise fluktuierende Symptombilder mit Sedierung bis zum Koma, Kopfschmerzen, psychomotorische Beeinträchtigungen, Ataxie, Myoklonien, Verschwommensehen, Übelkeit, Erbrechen, Bradykardie, Hypothermie und muskuläre Hypotonie bei erhaltenen Muskeleigenreflexen möglich. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, Carbo medicinalis, ggf. induziertes Erbrechen. 5 Sekundäre Detoxifikation: Bisher keine Daten zur Effektivität von Hämofiltration bzw. -dialyse; diese scheinen aufgrund des schnellen Metabolismus jedoch nicht sinnvoll (Entscheidung im Einzelfall empfohlen). 5 Symptomatische Therapie: Atemwegsicherung, hämodynamische Stabilisierung, Flüssigkeitssubstitution. 18.2.7 Medikamente zur Behandlung von Bewegungsstörungen
in der Psychiatrie L-Dopa/Benserazid und Dopaminagonisten (Pramipexol, Ropinirol) Symptomatik 5 Unruhe, Schlafstörungen, psychotisches Erleben mit Wahnphänomenen, Halluzinationen, Delir mit Desorientiertheit, Konfusion, Dyskinesien, Hypotonie, orthostatische Dysregulation, kardiale (meist Tachy-)Arrhythmien, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö. Labor: Transaminasenerhöhung, Thrombozytopenien, Blutgerinnungsstö-
rungen, (transiente) Leukozytopenie. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: − Magenspülung, Carbo medicinalis, − induziertes Erbrechen wegen entsprechender Symptomatik meist nicht erforderlich. 5 Sekundäre Detoxifikation: Hämofiltration, -dialyse. 5 Symptomatische Therapie: − ggf. hämodynamische Stabilisierung, Antiarrhytmika (v. a. β-Rezeptorenblocker), − Atemwegsicherung, ggf. intensivmedizinisches Monitoring. 5 Antidot: − Kein spezifisches Antidot bekannt, jedoch bei entsprechender Symptomatik Dopaminantagonisten, z. B. Metoclopramid (peripher) oder Haloperidol (zentral). − Wirksamkeit von Pyridoxin nicht gesichert.
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18.2.8 Drogenintoxikationen Opioide Symptomatik 5 Besonders große Gefahr wegen des oft bestehenden zusätzlichen Substanzkonsums; Symptomatik und Toxikodynamik bei allen Opiatrezeptoren prinzipiell gleich. 5 Vegetative Dysregulation mit Überwiegen der Aktivität des zentralen Parasympathikus gegenüber dem Sympathikus, anfänglich Euphorie, Analgesie, dann Vigilanzstörungen (Somnolenz bis zum Koma), Hypotonie, (vornehmlich bradykarde) Herzrhythmusstörungen, Hypothermie (periphere Vasodilatation, Histaminfreisetzung), zentrale Atemlähmung, evtl. Lungenödem als Folge der Hypoxämie, Miosis (oft hinweisend); Übelkeit, Erbrechen, Obstipation bis zum Ileus, Oligurie durch antidiuretischen Effekt der Opiate bzw. Opioide. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Spielt eine untergeordnete Rolle wegen seltener oraler Opiatapplikation (Ausnahmen: Methadon, Codein-Derivate) und Vorhandensein eines Antidots. 5 Sekundäre Detoxifikation: Evtl. forcierte Diurese, Beschleunigung der renalen Eliminierung durch Ansäuern des Urins mit Ammoniumchlorid. 5 Symptomatische Therapie: − Sauerstoffapplikation, antihypotensive Maßnahmen, antiarrhythmische Therapie, Antikonvulsiva (Diazepam jedoch in der Regel wegen zusätzlicher Atemdepression nur nach Intubation und Beatmung), Schutz vor Auskühlung, − Flüssigkeitsbilanzierung, Azidoseausgleich, − bei respiratorischer Insuffizienz abhängig von Blutgasanalyse bzw. klinischem Bild Intubation und Beatmung. 5 Antidot: − Naloxon (Narcanti®) i.v. in 0,2-mg-Schritten bis 2 mg. − Bei zu schneller bzw. hoch dosierter Gabe von Naloxon können Opiatentzugssymptome mit Erregungszuständen auftreten. Wegen geringer t½ von Naloxon sind ggf. Nachinjektionen erforderlich. − Naloxon ist auch intranasal wirksam. Kokain Symptomatik 5 Aufgrund zentraler Sympathikusstimulation starke sympathoadrenerge vegetative und zentrale Effekte. 5 In der Regel biphasischer Verlauf eines Intoxikationssyndroms: − Anfänglich Phase der Stimulation: Euphorie, Unruhe, Reizbarkeit, allgemeine Agitation, zerebrale Krampfanfälle, psychotische Zustandsbilder, z. T. mit Halluzinationen.
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Kapitel 18 · Intoxikationen
− Später Phase der Depression: Kopfschmerzen, Insomnie, Verwirrtheit, Verlangsamung, Hyporeflexie, Anhedonie mit gelegentlicher Suizidalität, Anorexie. 5 Evtl. respiratorische Insuffizienz. Gastrointestinale Symptomatik mit Übelkeit, Erbrechen, Vasokonstriktion in verschiedenen Gefäßstromgebieten und entsprechende ischämische Komplikationen: akuter Myokardinfarkt, Nekrosen an Extremitäten, Hirn-, Mesenterial-, Niereninfarkt, Zentralarterienverschluss der Retina. Hypertension mit entsprechenden Komplikationen: intrakranielle Blutungen; ventrikuläre und (tachykarde) supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen. Metabolische Katecholaminwirkungen: Hyperglykämie, Hyperthermie, Laktatazidose. Rhabdomyolyse, Lebernekrosen, eosinophile Myokarditis, Gerinnungsstörungen bis zur disseminierten intravasalen Gerinnung. 5 Kokainschock: Akut lebensbedrohliche Komplikation, Auftreten unmittelbar nach Einnahme: ausgeprägte innere Unruhe und Angst, psychomotorische Erregung, Hypotonie, Bradykardie, extreme Hautblässe, Bewusstseinstrübung bis zum Koma. Therapie 5 Entspricht im Wesentlichen der Therapie bei Intoxikation mit Amphetaminen bzw. »Designerdrogen« (s. oben). 5 Bei Kokainschock: Adrenalin (Suprarenin®) 0,5–1,0 mg verdünnt i.v., 500–1000 mg Prednisolon (z. B. Solu-Decortin H®) i.v.; allgemeine Maßnahmen: Sauerstoffzufuhr, ggf. Intubation und Beatmung. 5 Bei kokaininduziertem akutem thorakalem Schmerz und Myokardinfarkt haben sich BZD als wirksam erwiesen und als Therapie der 1. Wahl etabliert. Amphetamine und -derivate Symptomatik 5 Toxikodynamik ergibt sich aus dem starken zentralen und peripheren sympathomimetischen Wirkprinzip der Substanzen (Förderung der Freisetzung bzw. Wiederaufnahmehemmung aller synaptisch lokalisierten biogenen Amine). 5 Klinische Einteilung der Amphetaminintoxikation in 4 Schweregrade: 1. Unruhe, Irritabilität, Insomnie, Tremor, Hyperreflexie, Mydriasis, Flush, 2. Hypertonie, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Hyperpyrexie, Verwirrtheit, 3. Delir, psychotische Symptomatik mit Sinnestäuschungen, Angst, Agitation, 4. Krampfanfälle, Koma, Herz-Kreislauf-Versagen. 5 Weitere Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Tenesmen, Vasospasmen mit der Gefahr der Infarzierung lebenswichtiger Organe (z. B. Schlaganfall, Myokardinfarkt; sympathomimetischer Effekt).
18.2 · Symptomatik und Therapie spezieller Intoxikationen
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18
Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung und Applikation von Carbo medicinalis prinzipiell sinnvoll, jedoch wegen Agitiertheit meistens kaum durchführbar. Durchführung nicht erzwingen! 5 Sekundäre Detoxifikation: Wahrscheinlich ineffektiv. 5 Symptomatische Therapie: − Sedierung bzw. antipsychotische Medikation (z. B. Haloperidol 5–10 mg i.m.), − Herabsetzung der Krampfschwelle möglich, daher adjuvant BZD, z. B. Diazepam 10 mg i.v., − bei Vasospasmen bzw. Hypertonie: Kalziumantagonisten, z. B. Nifedipin (Adalat®) p.o. und/oder Nitrate s.l. bzw. i.v. als Perfusorapplikation; antihypertensive Maßnahmen; Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Azidoseausgleich; kühlende Maßnahmen. Ecstasy (MDMA) und Eve (MDA) Symptomatik 5 MDMA-Intoxikation ist eigenständiges Syndrom (s. oben, Amphetaminderivate); Todesfälle (v. a. Leberversagen, jedoch auch im Zusammenhang mit Dehydratation) sind bekannt geworden. 5 Ursachen für toxische Effekte: serotonerge und dopaminerge sowie zentrale und periphere sympathomimetische Wirkungen; hohe interindividuelle Varianz hinsichtlich toxischer Dosisbereiche. 5 Hepatopathien mit Cholestase, Transaminaseerhöhungen, Lebersynthesestörungen bis zum fulminanten Leberversagen mit fatalem Ausgang, Palpitationen, Sinustachykardien, erhöhte ektope Erregungsbildung mit Gefahr ventrikulärer Tachyarrhythmien (insbesondere bei kardialer Vorschädigung, z. B. WPW-Syndrom), arterielle Hypertension (häufig), Hyperthermie, Elektrolytentgleisung (auch SIADH beschrieben), zerebrale Krampfanfälle, Gerinnungsstörungen bis zur disseminierten intravasalen Gerinnung, Rhabdomyolyse, Nephropathien, akutes Nierenversagen; aplastische Anämie (Einzelfälle). Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Nur bei größeren Mengen: z. B. Einnahme in suizidaler Absicht: Magenspülung, Carbo medicinalis, forcierte Diarrhö. 5 Sekundäre Detoxifikation: Wahrscheinlich ineffektiv, jedoch Hämodialyse bei diuretikaresistentem akutem Nierenversagen. 5 Symptomatische Therapie: − Sedierung bzw. antipsychotische Medikation, z. B. Haloperidol 5–10 mg i.m., − Herabsetzung der Krampfschwelle möglich, daher adjuvante BZD, z. B. Diazepam 10 mg i.v.,
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Kapitel 18 · Intoxikationen
− bei Hypertonie: Kalziumantagonisten, z. B. Nifedipin (Adalat®), evtl. in Kombination mit Clonidin; Antiarrhythmika, ggf. Kardioversion; Antikonvulsiva; Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Azidoseausgleich; kühlende Maßnahmen. Cannabis (Δ-9-THC) Symptomatik 5 Geringe Toxizität. 5 Initial psychische Stimulation mit Euphorie, später Sedierung und depressive Verstimmung; Halluzinationen, Agitation, Angstzustände; zerebrale Krampfanfälle, Flashbacks, Tachykardie (in hohen Dosen Bradykardie), zunächst Hyper-, später Hypotension, Pharyngitis, Bronchitis, in extrem hohen Dosen Atemdepression, Hunger- und Durstgefühl, Übelkeit, Erbrechen. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Wegen geringer oraler Bioverfügbarkeit nicht sinnvoll. 5 Sekundäre Detoxifikation: Wegen der relativ kurzen Wirkdauer der Substanz nicht sinnvoll. 5 Symptomatische Therapie: Sedierung bzw. antipsychotische Medikation (z. B. Haloperidol 5–10 mg i.m.); ggf. antihypotensive Maßnahmen. Psychotomimetika (Halluzinogene: LSD) Symptomatik 5 Bei vorwiegend zentral-serotonerger Wirksamkeit: periphere Intoxikationserscheinungen zumeist erst bei sehr hohen Dosen. 5 Psychotische Symptomatik (Angst- und Erregungszustände, »Horrortrip«) mit optischen und akustischen Sinnestäuschungen, Vigilanzstörungen bis zum Koma, zerebrale Krampfanfälle, Hyperreflexie, Mydriasis, Anisokorie; Flashbacks (7 Kap. 13) prinzipiell dosisunabhängig möglich. Tachykardie, Hypertonie; Tachypnoe, evtl. Atemdepression, Übelkeit, Erbrechen, Piloerektion, Flush, Hyperthermie; Gerinnungsstörungen. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Nach oraler Aufnahme toxischer Mengen evtl. Magenspülung und Aktivkohle (bei Agitation jedoch oft nicht möglich). 5 Sekundäre Detoxifikation: Nicht empfohlen. 5 Symptomatische Therapie: ggf. Antihypertensiva (v. a. Kalziumantagonisten, Nitrate); Antikonvulsiva; bei Hyperthermie Kühlung; Azidoseausgleich; antipsychotische Behandlung (z. B. Haloperidol 5–10 mg p.o. oder parenteral; 7 Kap. 13).
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Anhang INT
Anleitung zur Benutzung der Interaktionstabellen In den folgenden Interaktionstabellen sind Inhibitoren und Induktoren von Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzymen in alphabetischer Anordnung bzw. sortiert nach Isoenzymen aufgelistet. Das pharmakokinetische Wechselwirkungsrisiko kann mittels dieser Tabellen zusammen mit dem Abschnitt 7 Interaktionen bei jedem Präparat überprüft werden. Die relevanten pharmakodynamischen Wechselwirkungen sind für alle Psychopharmaka ebenfalls im Abschnitt 7 Interaktionen vermerkt. 1. Wenn es im Abschnitt 7 Interaktionen keinen rot hervorgehobenen Verweis auf diese Interaktionstabellen im Anhang oder die Substrattabellen in 7 Kap. 17 gibt, ist davon auszugehen, dass mit keiner klinisch relevanten pharmakokinetischen Wechselwirkung zu rechnen ist und das Psychopharmakon sicher mit anderen Arzneimitteln kombiniert werden kann: Für Amisulprid besteht kein pharmakokinetisches Wechselwirkungsrisiko bei Kombination mit anderen Arzneimitteln. 2. Wenn es in dem Abschnitt 7 Interaktionen einen rot hervorgehobenen Hinweis auf eine Wechselwirkung bei Kombination mit einem Inhibitor bzw. Induktor von einem Cytochrom-P450-Isoenzym gibt, sollte das mögliche Interaktionsrisiko unter Verwendung dieses 7 Anhang-INT überprüft werden. − Wenn ein solches Psychopharmakon mit einem der aufgelisteten Inhibitoren oder Induktoren kombiniert wird, ist mit einer pharmakokinetischen Wechselwirkung zu rechnen, − bei Kombination mit einem Inhibitor mit einer Wirkverstärkung und/oder vermehrten Nebenwirkungen, − bei Kombination mit einem Induktor mit einer Wirkabschwächung: Für Nortriptylin besteht ein Risiko bei Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren (7 Anhang-INT), kein Risiko besteht bei Kombination mit Induktoren oder Inhibitoren anderer Enzyme. 3. Wenn es in dem Abschnitt 7 Interaktionen einen rot hervorgehobenen Hinweis auf eine mögliche Wechselwirkung mit Substraten von
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Anhang INT
Cytochrom-P450-Isoenzymen gibt, ist das Wechselwirkungsrisiko unter Verwendung der Tabellen in 7 Kap. 17 zu prüfen.
− Wird ein solches Psychopharmakon mit einem Arzneimittel kombiniert, das ein bevorzugtes Substrat des gleichen Isoenzyms ist, sollte das Arzneimittel möglichst nicht kombiniert werden. − Gibt es aber dennoch wichtige Gründe für eine Kombination, ist Vorsicht geboten, und Wechselwirkungen bzw. Nebenwirkungen müssen sorgfältig beachtet werden; ggf. Dosisanpassung mit Kontrolle der Plasmakonzentrationen. − Ist das kombinierte Arzneimittel aber kein Substrat (und in den Tabellen in 7 Kap. 17 unter dem entsprechenden Isoenzym nicht gelistet), ist bei einer Kombination dann mit keiner pharmakokinetischen Wechselwirkung zu rechnen, wenn das Arzneimittel auch ein Psychopharmakon ist (weil nur Psychopharmaka in den Tabellen von 7 Kap. 17 vollständig gelistet sind). Die Auflistung der großen Zahl von Nichtpsychopharmaka kann dagegen nicht vollständig sein. Es ist deshalb bei Kombination mit Nichtpsychopharmaka dann die Fachinformation zu nutzen, wenn das Nichtpsychopharmakon in den Tabellen in 7 Kap. 17 nicht eingetragen ist: Melperon ist ein CYP2D6-Inhibitor. Daher Vorsicht bei Kombination mit Arzneimitteln, die Substrate von CYP2D6 sind (7 Tab. 17.5). Dagegen sind keine Probleme zu erwarten bei Kombination mit Substraten von CYP3A4 oder CYP2C19. Das Wechselwirkungsrisiko bei einer Kombinationsbehandlung ist immer unter Beachtung aller verordneten Arzneimittel zu überprüfen. Hilfreich ist für den Anwender die Überprüfung per Datenbankabfrage, z. B. über PsiacOnline (www.psiac.de), insbesondere bei Polypharmazie. PsiacOnline ist ein Internet-basiertes Nachschlagewerk zu Wechselwirkungen von Medikamenten mit Schwerpunkt in der Psychiatrie, welches auf den Angaben der Fachinformationen und wissenschaftlicher Publikationen erstellt wurde.
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Anhang INT
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. Tab. 1 Inhibitoren und Induktoren von Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzymen in alphabetischer Anordnung Inhibitoren
Induktoren
Amiodaron (CYP2C9, CYP2D6) Atorvastatin (CYP3A4) Bupropion-Metabolit (CYP2D6) Chinidin (CYP2D6) Chlorprothixen (CYP2D6) Cimetidin (CYP1A2, CYP2C19, CYP2D6) Ciprofloxacin (CYP1A2) Cisaprid (CYP3A4) Clarithromycin (CYP3A4) Clopidogrel (CYP2B6) Clotrimazol (CYP2B6) Cyclosporin A (P-gp) Disulfiram (CYP2E1) Duloxetin (CYP2D6) Enoxacin (CYP1A2) Erythromycin (CYP3A4) Esomeprazol (CYP2C19) Felbamat (CYP2C19) Fluconazol (CYP2C19, CYP2C9) Fluoxetin und Norfluoxetin (CYP2D6) Fluvoxamin (CYP1A2, CYP2C9, CYP2C19) Indinavir (CYP3A4) Isonazid (CYP1A2) Itraconazol (CYP2B6, CYP3A4) Ketoconazol (CYP3A4) Levomepromazin (CYP2D6) Melperon (CYP2D6) Metoclopramid (CYP2D6) Metoprolol (CYP2D6) Miconazol (CYP2C9, CYP2C19) Mifepriston (CYP3A4) Moclobemid (CYP2C19, CYP2C19) Modafinil (CYP2C19) Nelfinavir (CYP3A4) Norfloxacin (CYP1A2) Omeprazol (CYP2C19) Paroxetin (CYP2D6) Perazin (CYP1A2) Perphenazin (CYP2D6) Propafenon (CYP1A2) Propranolol (CYP2D6) Ritonavir (CYP2C9, CYP3A4) Saquinavir (CYP3A4) Simvastatin (CYP3A4) Sulfaphenazol (CYP2C9) Thioridazin (CYP2D6) Troleandomycin (CYP3A4) Valproinsäure (CYP2C9) Verapamil (CYP3A4) Voriconazol (CYP2C9)
Carbamazepin (CYP1A2, CYP2B6, CYP2C9, CYP3A4) Dexamethason (CYP3A4) Efavirenz (CYP3A4) Ethanol (CYP2E1) Ginkgo biloba (CYP2C19) Isoniazid (CYP2E1) Johanniskraut (CYP3A4) Oxybutynin (CYP3A4) Phenobarbital (CYP3A4) Phenytoin (CYP2B6, CYP2C19, CYP3A4) Primidon (CYP3A4) Rauchen (CYP1A2) Rifabutin (CYP3A4) Rifampicin (CYP1A2, CYP2B6, CYP2C9, CYP2C19, CYP3A4) Ritonavir (CYP1A2, CYP2C9)
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. Tab. 2 Inhibitoren und Induktoren von Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzymen sortiert nach Isoenzymen Inhibitoren
Induktoren
CYP1A2
Cimetidin Ciprofloxacin Enoxacin Fluvoxamin Isonazid Mexiletin Norfloxacin Perazin Propafenon
Carbamazepin Rauchen Rifampizin Ritonavir
CYP2B6
Clopidogrel Clotrimazol Itraconazol
Carbamazepin Phenytoin Rifampicin
CYP2C9
Amiodaron (Desethylamiodaron) Fluconazol Fluvoxamin Miconazol Ritonavir Sulfaphenazol Valproinsäure Voriconazol
Carbamazepin Rifampicin Ritonavir
CYP2C19
Cimetidin Esomeprazol Felbamat Fluconazol Fluvoxamin Miconazol Moclobemid Modafinil Omeprazol
Ginkgo biloba Phenytoin Rifampicin
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Anhang INT
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. Tab. 2 Fortsetzung Inhibitoren
Induktoren
Amiodaron Bupropion (nur in vivo durch Metabolit) Chinidin Chlorprothixen Cimetidin Diphenhydramin Duloxetin Fluoxetin und Norfluoxetin Levomepromazin Melperon Metoclopramid Metoprolol Moclobemid Paroxetin Perphenazin Propafenon Propranolol Thioridazin
Induktoren unbekannt
CYP2E1
Disulfiram
Ethanol Isoniazid
CYP3A4
Atorvastatin Cimetidin Cisaprid Clarithromycin Erythromycin Indinavir Itraconazol Ketoconazol Mifepriston Nelfinavir Ritonavir Saquinavir Simvastatin Troleandomycin Verapamil
Carbamazepin Dexamethason Efavirenz Johanniskraut (Hyperforin) Oxybutynin Phenobarbital Phenytoin Primidon Rifabutin Rifampicin
CYP2D6
CYP2D6-Aktivität bei Schwangerschaft erhöht
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Sachverzeichnis In das Sachverzeichnis sind die Wirkstoffe (kursiv) und die Handelsnamen aufgenommen und jeweils mit blauer Farbe hervorgehoben. Eine fettgedruckte Seitenzahl verweist auf die ausführliche Beschreibung in den Präparateteilen der Kapitel 1–11. Handelsnamen von Präparaten aus Österreich (A) und der Schweiz (CH) sind mit Verweis auf den Wirkstoff aufgenommen, wenn sie von den in Deutschland gebräuchlichen Handelspräparaten abweichen.
A AAP (atypische Antipsychotika) 182 − antidepressive Wirkung 22 − bei Angststörungen 331 − bei Borderline-Persönlichkeitsstörung 578 − bei demenzassoziierten Verhaltensstörungen 426 − bei komorbider Suchterkrankung 205 − bei Schizophrenie 199 ff − Charakteristika 183 − EPS-Risiko unter 183 − Hochdosistherapie 253 − Intoxikationen durch 677 − Kombination mit KAP 258 − Kombination mit Antidepressiva 201 − Kombination mit Antikonvulsiva 149 − Prolaktinerhöhung unter 231 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 618 − und Leberfunktionsstörungen 625 − und Nierenfunktionsstörungen 632 Abhängigkeitserkrankungen 445 ff − Behandlungsphasen 446 − pharmakologische Interventionen 447 − Therapieelemente bei 446 − und Hypnotika 382 − und Schizophrenie 204 Abhängigkeitssyndrom, Komponenten 445 Abilify 264 Absorption 659 − im Alter 612 Acamprosat 470 − plus Disulfiram 456 − plus Naltrexon 456 − Rückfallprophylaxe bei Alkoholabhängigkeit 455 Acetylcholinesterasehemmer − bei Alzheimer-Demenz 416 − bei demenzassoziierten Verhaltensstörungen 425
− bei Demenz bei Morbus Parkinson 423 − bei frontotemporaler Demenz 421 − bei gemsichter Demenz 419 − bei vaskulärer Demenz 419 − Intoxikationen durch 678 − Kombination mit Memantine 418, 430 − Kombination mit Omega-3-Fettsäuren 418 − Kombination mit Vitamin E 418 − Kontraindikationen 429 − Nebenwirkungen 429 − Präparatewechsel innerhalb der 430 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 620 − Wirkmechanismus 408 Acetylcholinrezeptoren 191, 408, 467 Adalat 683 Adartrel 569 Adcirca 507, 523 Adderall 548 ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) 539 − Diagnose 541 − im Erwachsenenalter 543 − im Kindes- und Jugendalter 542 − Intelligenzminderung bei 545 − Komorbiditäten 545 − und Psychotherapie 543 S-Adenosylmethionin 5 Adipositas 527, 532 − Therapie 533 − und metabolisches Syndrom 534 Adipositaschirurgie 533 Adipositasprävention 534 Adjuvin (A) s. Sertralin ADME-Schema 661 Adumbran 361 Adversuten 34 Affektstörungen und Persönlichkeitsstörungen 578 Agomelatin 3, 76 Agoraphobie 27, 30, 334 Agranulozytose 48 − Risiko unter Antipsychotika 235 Akineton 676
692
Sachverzeichnis
Albträume 564 Alcover (A) s. Natriumoxybat Aleptan (A) s. Risperidon Alkohol 449 − in Schwangerschaft und Stillzeit 650 − Kombination mit Antipsychotika 239 − Kreuztoleranz zu Benzodiazepinen 330 − und Antidepressiva 57 − und Fahrtüchtigkeit unter Psychopharmaka 655 Alkoholabhängigkeit − Antidepressiva bei 39 − Komorbiditäten 449 − Rückfallprophylaxe 455 − Therapieprinzipien 449 − und Schizophrenie 206 Alkoholentzugsdelir 454, 595 Alkoholentzugssymptombogen 481 Alkoholentzugssyndrom 451 Alkoholfolgeerkrankungen 457 Alkoholhalluzinose 215, 457 Alkoholintoxikation 451 alkoholismusspezifische Psychotherapie 450 Alkoholsubstitutionsmittel in Schwangerschaft und Stillzeit 650 Allenopar (A) s. Paroxetin allergische Reaktionen unter Antidepressiva 49 alli 536 Alltagssicherheit − und Psychopharmaka 655 − unter Benzodiazepinen 336 Allium Plus (CH) s. Ginkgo biloba Alprazolam 345 Alprazolam-Generika 345 Alprostadil 508 Alter, Psychopharmaka im 611 Alzheimer-Demenz 415 − Ätiologie 415 − Diagnosekriterien 415 − Immuntherapie 409 − Kombinationsbehandlungen 418 − Prädiktoren 424 − Risikofaktoren 416 Amineurin 78 Amioxid-neuraxpharm 80 Amisulprid 188, 262 − bei Dysthymie 23 − Bioverfügbarkeit 244 − Prolaktinerhöhung unter 264 − sexuelle Funktionsstörungen unter 516 Amisulprid-Generika 262
Amitriptylin 78 Amitriptylin-Generika 78 D,L-Amphetamin 548 Amphetamin-Kapseln 548 Amphetamin-Saft 548 Amphetamine − Abhängigkeit 464 − Intoxikationen 682 Amphetaminpräparate 540 − bei ADHS im Erwachsenenalter 544 − bei ADHS im Kindes- und Jugendalter 542 − bei Narkolepsie 546 Anafranil 86 Androcur 512 Androgene, niedrig dosierte 509 Anejakulation 511 Anexate 337, 597, 678 ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung 574 Angststörungen − bei Schizophrenie 207 − Gesamtbehandlungsplan 336 − und Psychotherapie 336 Anorexia nervosa 527 − Antidepressiva bei 39 − Diagnose 529 − medikamentöse Therapieversuche 529 − Typen 529 Antabus 486 Antazida 48 anterograde Amnesie 386 Antiadiposita 533 Antiaggreganzien, Kombination mit Valproinsäure 179 Antiarrhythmika, Kombination mit Antidepressiva 57 anticholinerge Eigenschaften − Antidepressiva 375 − Antipsychotika 375 anticholinerge Wirkung von Psychopharmaka 615 Anticholinergika, Kombination mit Antidepressiva 57 Anticholium 607, 676 Antidementiva 407 ff − Behandlungsdauer 430 − Einteilung 407 − im Alter 613 − Immuntherapie 409 − Intoxikationen durch 678 − Objektivierung von Therapieeffekten 411 − und Diabetes mellitus 638
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Sachverzeichnis − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 620 − und Leberfunktionsstörungen 627 − und Nierenfunktionsstörungen 634 − und Psychotherapie 428 − Wirksamkeitsnachweis 410 antidementive Behandlung, Ziele 410 Antidepressiva 1 ff − Absetzproblematik 51 − allergische Reaktionen unter 49 − anxiolytische Komponente 331 − Augmentationsstrategien 72 − Behandlungsdauer 64 ff − bei ADHS im Erwachsenenalter 544 − bei Binge-Eating-Störung 532 − bei bipolarer Depression 145 − bei Bulimia nervosa 530 − bei demenzassoziierten Verhaltensstörungen 426 − bei Essstörungen 39 − bei Schmerzsyndromen 35 − Dosierungsrichtlinien 59 − Einteilung 1 − Gewichtszunahme unter 49 − im Alter 63, 613 − im Benzdodiazepinentzug 340 − in der Insomniebehandlung 373 − in Schwangerschaft und Stillzeit 640 − Interaktionen 56 ff − Intoxikationen durch 670 − kardiale Nebenwirkungen 46 − Kombination mit AAP 201 − Kombination mit Antiarrhythmika 57 − Kombination mit Anticholinergika 57 − Kombination mit Antipsychotika 233, 260 − Kombination mit Lithium 73 − Kombination mit Psychostimulanzien 75 − Kombination mit Schilddrüsenhormonen 74 − Kombination mit Sympathomimetika 57 − Kombinationsstrategien 71 − Kontraindikationen 55 − mit sedierender Komponente 12 − Nebenwirkungen 45 ff − Plasmaspiegel 61 − Präparatewechsel 70 − Prolaktinerhöhung unter 50 − Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störungen 152 − schlafinduzierende Wirkung 369 − Sedierung unter 47 − sexuelle Funktionsstörungen unter 514
− − − − − − − − − − − − − − −
Suizidalität unter 52 tri- und tetrazyklische s. TZA und Alkohol 57 und Diabetes mellitus 638 und Fahrtüchtigkeit 657 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 615 und Leberfunktionsstörungen 622 und Lithium 145 und Manieinduktion 135 und Nierenfunktionsstörungen 630 und Rapid Cycling 154 vegetative Nebenwirkungen 47 Wirkmechanismen 3 ff Wirkungseintritt 61 f Wirkungs- und Nebenwirkungsprofile 10 antidepressivainduzierte Manie 144 Antidota 670 Antiepileptika s. Antikonvulsiva Antihypertenisva, Kombination mit Antidepressiva 57 Antiinsomnika s. Hypnotika Antikoagulanzien − Kombination mit Valproinsäure 179 − und Antidepressiva 48 Antikonvulsiva − Absetzproblematik 151 − bei bipolaren affektiven Störungen 134 − bei bipolarer Depression 148 − im Benzdodiazepinentzug 340 − in der Maniebehandlung 142 − in Schwangerschaft und Stillzeit 646 − Kombination mit AAP 149 − Phasenprophylaxe bipolarer affektiver Störungen 151 − Suizidrisiko unter 156 − Wirkmechanismen 136 Antipsychotika 23, 74, 181 ff − Absetzproblematik 251 − Agranulozytoserisiko unter 235 − atypische s. AAP − Augmentationsstrategien 260 − Behandlungsdauer 248 ff − bei ADHS 543 − bei affektiven Störungen 211 − bei älteren dementen Patienten 426 − bei Angststörungen 212 − bei bipolarer Depression 147 − bei Demenz 248 − bei demenzassoziierten Verhaltensauffälligkeiten 213 − bei Demenz bei Morbus Parkinson 424
694
Sachverzeichnis
− bei Lewy-Körperchen-Demenz 214, 422 − bei frontotemporaler Demenz 421 − bei Hypersexualität 512 − bei Tic-Störungen 563 − bei tief greifenden Entwicklungsstörungen 215 − chemische Struktur 181 − Compliance 222 − Depotpräparate 244 − Dosierungsempfehlungen 243 − Generika 245 − im Alter 247, 613 − in der Insomniebehandlung 374 − in psychiatrischen Notfallsituationen 585 − in Schwangerschaft und Stillzeit 647 − Intoxikationen durch 675 − kardiale Nebenwirkungen 232 − klinische Wirkungsprofile 186 − Kombination mit Alkohol 239 − Kombination mit Antidepressiva 233, 260 − Kombination mit Benzodiazepinen 260, 586 − Kombination mit Elektrokrampfbehandlung 262 − Kombination mit Stimmungsstabilisierern 261 − Kombinationsstrategien 257 ff − Kontraindikationen 237 − konventionelle s. KAP − metabolisches Syndrom unter 227 − Myalgien unter 237 − Nebenwirkungen 221 ff − neuroleptische Potenz 182 − Nutzen-Risiko-Bewertung 193 − Pharmakokinetik 244 − Photosensibilisierung unter 236 − Präparatewechsel 254 − Prolaktinerhöhung unter 231, 516 − Retinitis pigmentosa unter 236 − schlafinduzierende Wirkung 369 − sexuelle Funktionsstörungen unter 514 − Thromboembolien unter 236 − Torsades de pointes unter 232 − Transaminasenanstieg unter 236 − und Anorexia nervosa 530 − trizyklische 181 − und Diabetes mellitus 638 − und Fahrtüchtigkeit 657 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 618 − und Leberfunktionsstörungen 625 − und Nierenfunktionsstörungen 632
− und Pneumonierisiko 235 − vegetative Nebenwirkungen 234 − Vergleich AAP/KAP 188 − Wechselwirkungen mit SSRI 208 − Wirkmechanismen 189 − Wirksamkeit 194 − Wirkungseintritt 248 Anxiolytika 327 ff − im Alter 613 − in Schwangerschaft und Stillzeit 649 − Intoxikationen durch 677 − neue 329 − und Diabetes mellitus 638 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 614 − und Leberfunktionsstörungen 623 − und Nierenfunktionsstörungen 630 − und Psychotherapie 336 − Wirkmechanismen 327 Anxut 348 Aponal 89 Aprepitant 5 Ardeytropin 401 L-Arginin plus Pycnogenol 509 Aricept 432 Ariclaim 92 Aripiprazol 73, 152, 206, 229, 264 − Kombination mit Benzodiazepinen 267 − und metabolisches Syndrom 229 Arminol 320 Armodafinil 546 Artane 224 Arterosan plus (CH) s. Ginkgo biloba Arzneimittelinteraktionen 663 − nach Absetzen des Psychopharmakons 665 − pharmakodynamische 663 − pharmakokinetische 663 − und CYP-Enzyme 661 Asenapin 140 Asperger-Syndrom 214 Atarax 355 Atomoxetin 540, 548 − bei ADHS im Erwachsenenalter 544 − bei ADHS im Kindes- und Jugendalter 543 − Intoxikationen durch 679 Atosil 397, 487 atypische Depression 13 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung s. ADHS Aufsättigungszeit, Definition 660 Augmentierung bei pharmakogenen sexuellen Funktionsstörungen 513 Aurorix 111
Sachverzeichnis Autismus 214 Axura 437 Azapirone 329
B Baclofen 457 Baldrianpräparate 370, 375 Barbiturate 367 Bedorma (CH) s. Diphenhydramin Benocten (CH) s. Diphenhydramin Benperidol 269 Benperidol-Generika 269 Benylin Codein N (CH) s. Diphenhydramin Benserazid 562 − Intoxikationen durch 680 − plus L-Dopa 562 Benzamide, Plasmaspiegel 245 Benzodiazepinabhängigkeit, Antidepressiva bei 39 Benzodiazepine (BZD) 327, 452, 458 − Abhängigkeitsrisiko 330, 338 − Absetzproblematik 339 − als Adjuvans bei depressiven Syndromen 148 − als Adjuvans bei manischen Syndromen 136 − als Begleitmedikation bei Psychotherapie 336 − antidepressive Wirkung 22 − bei Alkoholentzugssyndrom 452 − bei Kokain- und Amphetaminintoxikation 464 − bei Persönlichkeitsstörungen 581 − Dosierung und Behandlungsdauer 344 − im Alter 344 − Indikationen 332 − in psychiatrischen Notfallsituationen 585 − in Schwangerschaft und Stillzeit 649 − Intoxikationen durch 677 − Kombination mit antidepressiver Therapie 333 − Kombination mit Antipsychotika 260, 335 − Kombination mit Aripiprazol 267 − Kombination mit Clozapin 239, 337 − Kontraindikationen 341 − Kreuztoleranz zu Alkohol 330 − Nebenwirkungen 336 − paradoxe Wirkungen 344 − Pharmakokinetik 341 − Toleranzentwicklung 330
695
− Überdosierung 337 − und Fahrtüchtigkeit 657 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 619 − und Leberfunktionsstörungen 626 − und Nierenfunktionsstörungen 633 − und Psychotomimetika 466 − Wirkmechanismen 327 Benzodiazepinentzugsbehandlung 340 Benzodiazepinhypnotika 367 − Interaktionen 384 − Kontraindikationen 382 − Nebenwirkungen 381 − Pharmakokinetik 382 − spezielle Therapiehinweise 372 − Wirkmechanismen 368 Benzodiazepinrezeptoragonisten 369 Betadorm D 389 Betamed (A) s. Diazepam beta-Rezeptorenblocker 46, 234, 329, 331, 582 Bewegungsstörungen 250, 561 ff − extrapyramidalmotorische 181, 223, 335 − psychogene 566 − substanzinduzierte 561 Bikalm 404 Binge-Eating-Störung 527 − Antidepressiva bei 39 − Diagnose 531 − Therapie 532 Biotransformationsreaktionen 660 Bioverfügbarkeit, Definition 659 bipolare affektive Störungen 133 ff, 211 − familienzentrierte Therapie 155 − gemischte Episode 149 − Gesamtbehandlungsplan 138, 155 − Rezidivprophylaxe 150 ff bipolare Depression 133 ff, 145 ff Blutbildveränderungen − unter Antidepressiva 48 − unter Antipsychotika 239 Borderline-Persönlichkeitsstörung 573 − Therapie 575, 577 brief limited intermittent psychotic symptoms 195 Bromazepam 347 Bromazepam-Generika 347 Bromperidol 214, 271 Brotizolam 386 Bruxismus 564 Bulimia nervosa 527 − Antidepressiva bei 39 − Diagnose 530 − Gesamtbehandlungsplan 531 − Typen 530
696
Sachverzeichnis
Buprenorphin 472 − Opiatsubstitution 460, 473 − und Fahrtüchtigkeit 658 Buprenorphin/Naloxon 476 Bupropion 2, 81, 136, 145, 206, 464, 478, 506 − in der Raucherentwöhnung 470 − Kombination mit Citalopram 72 − Kombination mit Nikotin 470 − Krampfanfälle unter 49 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 46 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 Buronil (A) s. Melperon Busp 348 BuSpar (A, CH) s. Buspiron Buspiron 328, 348 Butyrophenone 181 − Intoxikationen durch 675 − Plasmaspiegel 245 BZD s. Benzodiazepine
C Cabergolin 563 CADASIL 419 Caladryl Neu (CH) s. Diphenhydramin Calmaben (A) s. Diphenhydramin Campral 470 Cannabinoide 204 Cannabis 467 − in Schwangerschaft und Stillzeit 653 − Intoxikationen durch 684 Cannabisabhängigkeit 467 − und Schizophrenie 206, 467 Carbamazepin 142, 152, 162 − bei Alkoholentzugssyndrom 452 − Enzyminduktion unter 160 − im Alter 161 − Intoxikationen durch 674 − plus Tiaprid 453 − Routineuntersuchungen 158 − und Fahrtüchtigkeit 658 − und Schwangerschaft 646 Carbamazepin-Generika 162 Cassadan 345 Catanidin (A) s. Clonidin Catapresan 484 CATIE-Studie 188, 200, 255 CBASP (cognitive behavioral analysis system of psychotherapy) 41 ff Cerebokan (A) s. Ginkgo biloba Cerebryl (A) s. Piracetam Ceremin (A) s. Ginkgo biloba
Cerepar N 440 Cesradyston 101 Champix 501 Chloraldurat 500 387 Chloraldurat blau 387 Chloraldurat rot (CH) s. Chloralhydrat Chloralhydrat 369, 372, 382, 387 − Abhängigkeit 388 Chlordiazepoxid 350 Chlorpromazin-Dosisäquivalenzeinheiten 182 Chlorprothixen 271 Chlorprothixen-Generika 271 cholinerges Defizit 408 Chorea Huntington 217 Chronic-Fatigue-Syndrom 38 Ciatyl-Z 324 Cipralex 94 Cipramil 84 Circadin 371, 394 Cisordonol/Acutard (A) s. Zuclopenthixol Citalopram 84 − Kombination mit Bupropion 72 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 19 Citalostad (A) s. Citalopram Claropram (CH) s. Citalopram Clearance, Definition 659 Clobazam 351 Clomethiazol 369, 375, 479, 585 − Abhängigkeit 483 − bei Alkoholentzugssyndrom 452 Clomipramin 86, 510 − bei Panikstörung 28 Clomipramin-Generika 86 Clonazepam 143, 563 Clonidin 454, 462, 484, 544 − bei ADHS 543 Clonidin-Generika 484 Clopin (CH) s. Clozapin Clopixol/Acutard (CH) s. Zuclopenthixol Closin 397 Clozapin 139, 186, 273, 424 − antisuizidale Wirkung 202 − Behandlungsdauer 249 − Behandlunsgvoraussetzungen 275 − bei unzureichender AAP-Response 200 − Hypersalivation unter 234 − Intoxikationen durch 676 − Kombination mit BZD 239, 337 − Kombination mit Risperidon 259 − Kombinationsstrategien 259 − Non-Response gegenüber 255 − Plasmaspiegel 245 − sexuelle Funktionsstörungen unter 516
Sachverzeichnis − Temperatursteigerung unter 234 − Umsetzen auf 255 − und metabolisches Syndrom 229 − und Suizidprävention 603 Clozapin-Generika 273 Co-dergocrin 409, 432 Cogentinol 224 Coldistan (A) s. Diphenhydramin Compliance bei Antipsychotikabehandlung 222 Comtess 192 Concerta 551 Convulex 177 Convulsofin 177 COX-2-Inhibitoren und Demenzprävention 413 CPAP (continuous positive airway pressure) 547 CRH-Rezeptor-1-Antagonisten 4 D-Cycloserin 191 Cymbalta 92 Cyproheptadin 607 Cyproteronacetat 512 Cytochrom-P450-Isoenzyme (CYP) 660 ff − CYP-Familien 660 − Substrate 667 − und genetische Polymorphismen 662
D D2-artige Dopaminrezeptoren 189 Dalmadorm 392 Dalmadorm mite (CH) s. Flunitrazepam Dämmerzustand 597 Dapotum acutum 282 Dapoxetin 510 Dauerstress 17 DCCK 432 Deanxit (A) s. Flupentixol Decentan 304 Dehydroepiandrosteron 5, 24, 413, 506, 510 Delir 594 − Notfalltherapie 595 − Verdachtsdiagnose 594 Delirium tremens 454 Demenz s. auch Alzheimer-Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz − Angehörigenarbeit 428 − bei Morbus Parkinson 423 − Depression bei 21 − Diagnostik 411 − frontotemporale 420 f − gemischte 419
697
− Gesamtbehandlungsplan 410 − klinische Verlaufskontrolle 411 − Multiinfarktdemenz 418 − paradoxe Erregungszustände bei 385 − Prävention 412 − protektive Faktoren 412 − Risikofaktoren 412 − und Antipsychotika 213, 248 − und Diabetes mellitus 636 − und Psychotherapie 428 − vaskuläre 419 demenzassoziierte Verhaltensauffälligkeiten 213 − medikamentöse Therapie 423 Demetrin 362 Demonatur Ginkgo (CH) s. Ginkgo biloba Depakine chrono, Depakine chronosphere (A, CH) s. Valproinsäure Dependex (A) s. Naltrexon Depot-Antipsychotika 244, 246 − bei somatoformen Störungen 35 Depression 10 − Benzodiazepine bei 333 − bei Demenz 21 − bei Hauterkrankungen 21 − bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen 19 − bei Morbus Parkinson 20 − Gesamtbehandlungsplan 8, 40 − im Alter 21 − Komorbiditäten 17 − Major Depression und Diabetes mellitus 636 − Minor Depression 14 − Pathogenese 3 − perinatale 16 − pharmakogene 203 − psychotische 133, 211 − pharmakogene 203 − Plazebo-Antidepressivum-Unterschied 9 − Suizidalität bei 602 − und Diabetes mellitus 18 − und Schmerzsyndrome 35 − Unterteilung 10 depressive Episode s. bipolare Depression depressive Symptome bei Schizophrenie 202 Deramciclan 330 Dermodrin (A) s. Diphenhydramin Deroxat (CH) s. Paroxetin Desmopressin 234, 565 Detoxifikation, primäre und sekundäre 670 Diabetes mellitus − und Depression 18 − und Psychopharmaka 636
698
Sachverzeichnis
Diacetylmorphin, Opiatsubstitution 461 dialektisch-behaviorale Therapie bei ADHS im Erwachsenenalter 543 Diamox 674 Diazepam 337, 351, 563 − i.v.-Injektion 353 Diazepam-Generika 351 Dibondrin (A) s. Diphenhydramin Dihydergot 46, 234 Dihydroergotamin 46, 234 Dikaliumclorazepat 353 Diphenhydramin 369, 382, 389 Dipiperon 306 dissoziale Persönlichkeitsstörung bei ADHS 545 Distigmin 47 Distraneurin 479 Distribution 659 − im Alter 612 Disulfiram 456, 465, 486 Disulfiram-Alkohol-Reaktion 486 Dociton 331 Dogmatil 320 Dolestan 389 Dominal 308 Donepezil 432 − Kombination mit Memantine 418 − Wirkmechanismus 408 Doneurin 89 L-Dopa 562 − Augmentation unter 562 − Intoxikationen durch 680 − plus Benserazid 562 − und Fahrtüchtigkeit 657 Dopaminagonisten 561 − Intoxikationen durch 680 − Kombination mit Antidepressiva 75 − und Fahrtüchtigkeit 657 Dorlotil (CH) s. Zolpidem Dormicum 373 Dormo-Puren 396 double depression 14 Dougink 60 436 Doxepin 89, 453 Doxepin-Generika 89 Doxylamin 369, 382, 390 drogeninduzierte Psychosen 215 Drogenintoxikationen 669 − Symptomatik und Therapie 670 Duloxetin 92 − bei generalisierter Angststörung 29 − bei Schmerzsyndromen 36 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 durazepam 361
Dyskinesien 216 Dysthymie 14
E Ebixa 437 Ecstasy, Intoxikationen durch 683 Edronax 118 EEG − Kontrollen unter Antipsychotika 175, 239, 241 − und KAP 225 − und Lithium 175 Efectin (A) s. Venlafaxin Efexor (CH) s. Venlafaxin Effortil 46, 234 Eifersuchtswahn 209, 457 Ejakulationsstörungen 510 Elcrit 273 Elektrokrampfbehandlung 204, 212 − bei Depression 25, 75 − in der Maniebehandlung 143 − Kombination mit Antipsychotika 262 − und Schwangerschaft 653 Eliminationshalbwertszeit, Definition 659 Eliminationszeit, Definition 660 Elontril 81, 478 EMDR (eye movement desensitization and processing) 34 Encephabol 440 Ennos (A) s. Paroxetin Entacapon 192 Entactogene 465 Entgiftungsbehandlung, nichtopiatgestützte 462 Entgiftungsbehandlung, opiatgestützte 462 Entspannungsverfahren bei Schlafstörungen 379 Entwicklungsstörungen, tief greifende − Behandlung 214 − Nebenwirkungen unter Antipsychotika 215 Entzugsbehandlung, qualifizierte 446 entzündungshemmende Substanzen und Alzheimer-Demenz 418 Enuresis nocturna 564 Eostar (A) s. Citalopram EPS (extrapyramidalmotorische Störungen) 181, 335 − antibiotikainduzierte 223 Equasym 551 Equilibrin 80
699
Sachverzeichnis erektile Dysfunktion 507 − substanzinduzierte 512 Ergenyl 177 Ergobel 30 439 Ergocalm 393 Ergodesit 432 Ergot-DA-Agonisten 563 Ergotop (A) s. Nicergolin Erinnerungstherapie 428 Erregungsleitungsstörungen durch Psychopharmaka 615 Esbericum 101 Escitalopram 94 − bei generalisierter Angststörung 29 − bei sozialer Phobie 31 − und Post-stroke-Depression 20 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 espa-dorm 405 espa-lepsin 162 Ess-Brech-Sucht s. Bulimia nervosa Essstörungen 527 ff − Gesamtbehandlungsplan 528 Ethanol s. Alkohol Etilefrin 46, 234 Eytlex (A) s. Naltrexon Eunerpan 291 Euthyrox 143 Eve 465 − Intoxikationen durch 683 Exelon 441 exfoliative Dermatitis und Carbamazepin 164 Exkretion 659 − im Alter 612 extensive metabolizer 662 extrapyramidalmotorische Störungen s. EPS
F Fahrtüchtigkeit − Beurteilung 655 − unter Alkohol plus Psychopharmaka 655 − unter Psychopharmaka 655 − unter Benzodiazepinen 336 Fanapt 189 Faustan 352 Felicium (A) s. Fluoxetin Felis 101 Fevarin 99 Fibromyalgiesyndrom 37 Finlepsin 162
Flashback-Psychose 466 Flexibilitas cerea 598 Flibanserin 507 Floppy-infant-Syndrom 645, 649 Flox-ex (CH) s. Fluvoxamin Floxyfral (A, CH) s. Fluvoxamin Fluanxol 279 Fluctin 96 Fluctine (A, CH) s. Fluoxetin Flumazenil 337, 597 Flunibeta 1 391 Fluninoc 391 Flunitrazepam 391 Flunitrazepam-Generika 391 Fluocim (CH) s. Fluoxetin Fluoxetin 12, 96, 530 − bei Bulimia nervosa 39 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 19 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 Fluoxetin-Generika 96 Fluoxibene (A) s. Fluoxetin Fluoxifar (CH) s. Fluoxetin Flupentixol 279 Flupentixol-Generika 279 Flupentixoldecanoat 206, 279 Fluphenazin 282 Fluphenazin-Generika 282 Fluphenazindecanoat 282 Flurazepam 392 Fluspirilen 284 − bei somatoformen Störungen 35 Fluspirilen-Generika 284 Fluvoxamin 99 Fluvoxamin-Generika 99 Flux Hexal (A) s. Fluoxetin Fluxet 96 Fluxomed (A) s. Fluoxetin Focalin 552 Folsäure 5, 453, 648 Frisium 351 frontotemporale Demenz 420 f frühkindlicher Autismus 214
G GABAA-Rezeptor 191, 327, 368 Galantamin 434 − Wirkmechanismus 408 gastrointestinale Blutungen und Antidepressiva 48 Gastrozepin 235 gemischte Demenz 419 gemischte Episode 133
700
Sachverzeichnis
generalisierte Angststörung 29 − Antipsychotika bei 212 − Benzodiazepine bei 333 Genexpression und Lithium 138 gereizte Manie, Behandlung 144 Gesprächspsychotherapie bei Depression 42 Gewacalm (A) s. Diazepam Gewichtszunahme − unter Antidepressiva 49 − unter Psychopharmaka 534 Gilles-de-la-Tourette-Syndrom 563 Gincosan (CH) s. Ginkgo biloba Gingol (A) s. Ginkgo biloba Gingosol eco natura (CH) s. Ginkgo biloba Ginkgo biloba 409, 436 Ginkgo-biloba-Präparate 436 Gittalun Trinktabletten 390 Gityl 347 Glianimon 269 Glucophage 229 Glukokortikoidrezeptorantagonisten 5 Glukosetoleranz, pathologische unter Antipsychotika 228 glutamaterge Dysfunktion 191 glutamaterger Antagonismus 408 Glycin 191 Glykogen-Synthase-Kinase-3-β-Gen 138 Growth-hormone-Releasing-Hormon 368 Guanfacin 544
H Hafer 370 Halcion 400 Haldol/Haldol decanoas (CH) s. Haloperidol Haldol/Haldol decanoat (A) s. Haloperidol Haldol-Janssen 286 Halluzinogene, Intoxikationen durch 684 Haloperidol 214, 286, 451, 597 − bei Alkoholentzugsdelir 455 − bei Tic-Störungen 564 − in psychiatrischen Notfallsituationen 585 − in Schwangerschaft und Stillzeit 648 − Torsades de pointes unter 233 Haloperidol-Generika 286 Haloperidoldecanoat 286 Hang-over-Effekte 381, 383 Harmomed (A) s. Diazepam Harmomed forte (A) s. Diazepam Haschisch 467
Haut- und Schleimhautreaktionen unter Lamotrigin 168 HEPA Merz 458 hepatische Enzephalopathie 457, 597 Herphonal 126 Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depression bei 19 Hevert-Dorm 389 Hewepsychon uno 425 101 high expressed emotions 220 Histaxin (A) s. Diphenhydramin Hitzewallungen 39 Hoggar N 390 Homocystein 453 Hopfen 370 Horrortrip 467 HPA-System 4 5-HT2A-Antagonismus 189 Hydergin 432 Hydro-Cebral-ratiopharm 432 Hydroxyzin 329, 355 Hyperforat 101 Hyperforin 101 Hyperglykämien unter Antipsychotika 228 Hypericum-Extrakt/Johanniskraut 3, 101 Hyperlipidämien unter Antipsychotika 228 Hypersalivation unter Clozapin 234 Hypersomnie 13, 539, − primäre 546 Hypnorex retard 169 Hypnotika 367 ff − chemische Gruppen 367 − im Alter 385, 613 − und Diabetes mellitus 638 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 614 − und Leberfunktionsstörungen 623 − und Nierenfunktionsstörungen 630 − und Psychotherapie 379 Hypomanie 133
I Iloperidon 189 Imap 284 imeson 396 Imipramin 1, 103, 456, 464 − bei Panikstörung 28 Imipramin-Generika 103 Immuntherapie bei AlzheimerDemenz 409 Impromen 271 Impulskontrollstörungen, spezifische 583
701
Sachverzeichnis Insidon 359 Insomnie s. Schlafstörungen integriertes psychologisches Therapieprogramm bei Schizophrenie 220 Intelligenzminderung, Verhaltensstörungen bei 582 internistische Erkrankungen und Psychopharmaka 611 interpersonelle Psychotherapie − bei Binge-Eating-Störung 532 − bei bipolaren affektiven Störungen 155 − bei Depression 41 − plus Antidepressiva 43 Intoxikationen 669 ff − durch Antidementiva 678 − durch Antidepressiva 670 − durch Antipsychotika 675 − durch Anxiolytika 677 − durch Psychostimulanzien 679 − durch Stimmungsstabilisierer 673 − Therapie 669 Invega 299 Ivadal (A) s. Zolpidem Ixel (A) s. Milnacipran
J Jarsin 101 Jatrosom 122 Jetlag 378 Johanniskraut/Hypericum-Extrakt 3, 101 Johanniskraut-Präparate 101
K Kalma 401 Kalymin 47 KAP (konventionelle Antipsychotika) 182 − anxiolytische Wirkung 212 − bei Angststörungen 331 − bei bipolaren affektiven Störungen 135 − bei schizophrenen Störungen 199 ff − EPS-Risiko unter 183 − Hochdosistherapie 253 − in der Maniebehandlung 142 − Kombinationen mit 257 − Spätdyskinesien unter 250 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 618 − und Leberfunktionsstörungen 625 − und Nierenfunktionsstörungen 632
kardiale Nebenwirkungen − unter Antidepressiva 46 − unter Antipsychotika 232 katatone Schizophrenie, Stupor bei 598 Katatonie − chronische 335 − Lorazepam bei 204 − perniziöse 598 Kaveri 436 Ketalgin (CH) s. Methadon Ketamin 5, 191 Ketoazidose unter Antipsychotika 228 Kindling-Hypothese 137 Kira 101 Kleine-Levin-Syndrom 546 Kleptomanie 583 klimakterische Beschwerden 39 Knochenfrakturen unter Antidepressiva 50 Knochenmarkschädigung und Carbamazepin 163 kognitive Störungen bei Schizophrenie 203 kognitive Verhaltenstherapie − bei Angststörungen 336 − bei Binge-Eating-Störung 532 − bei bipolaren affektiven Störungen 155 − bei Bulimia nervosa 531 − bei Depression 41 − plus Antidepressiva 43 Kokain − in Schwangerschaft und Stillzeit 653 − Intoxikationen durch 681 Kokainabhängigkeit 464 − und Schizophrenie 207 Koma 597 konventionelle Antipsychotika s. KAP körperdysmorphe Störung 35 Kortikotropin-Releasing-Hormon 330, 368 Kortisolsynthesehemmer 5, 75 Kumulation, Definition 660 Kurzzeitentgiftung 463
L Lactulose 234 Laif 101 Lamictal 166 Lamotrigin 74, 149, 151, 166 − im Alter 161 − Intoxikationen durch 675 − Kombination mit Valproinsäure 167
702
Sachverzeichnis
− Routineuntersuchungen 158 − und Fahrtüchtigkeit 658 − und Schwangerschaft 646 Lamotrigin-Generika 166 Lamra 352 Lanolept (A) s. Clozapin Laxoberal 234 Leberfunktionsstörung und Carbamazepin 163 leichte depressive Episoden, Behandlung 148 leichte kognitive Störung (MCI) 424 f Lendorm (A) s. Brotizolam Lendormin 386 Leponex 273 Leptilan 177 Leukopenien 48 Levanxol (A) s. Temazepam Levitra 524 Levium 289 Levodopa/Benserazidhydrochlorid 566 Levomepromazin 289 Levomepromazin-Generika 289 Levomethadon 488 − Opiatsubstitution 460 Lewy-Körperchen 422 Lewy-Körperchen-Demenz − medikamentöse Therapie 422 − und Antipsychotika 214 Lexostad 347 Lexotanil 347 Liberation 659 Libidostörungen 506 Librax (CH) s. Chlordiazepoxid Librium 350 Lichttherapie 13, 25 Liebeswahn 209 Limbitrol (A, CH) s. Chlordiazepoxid Lioresal 457 Lithiofor 169 Lithium 154 − Absetzmanie 171 − Absetzproblematik 151 − Augmentation 171 − bei bipolaren affektiven Störungen 134 − bei bipolarer Depression 147 − bei schizoaffektiven Störungen 210 − bei unipolarer Depression 67 − im Alter 161 − in der Maniebehandlung 140 − in Schwangerschaft und Stillzeit 644 − Interaktionen 175 − Intoxikation 174, 673 − Monotherapie 140
− Plasmakonzentrationen 170 f − Rezidivprophylaxe bipolarer affektiver Störungen 151 − Routineuntersuchungen 158 − Spiegel bei Manie 170 − suizidprotektiver Effekt 17 − und Antidepressiva 145 − und Fahrtüchtigkeit 658 − und Suizidprävention 603 − Wirkmechanismen 136 Lithium Apogepha 169 Lithiumaspartat 169 Lithium-Aspartat 169 Lithiumcarbonat 169 Lithiumsalze 169 − in der Maniebehandlung 140 Lithiumsulfat 169 Liviella 506 LOLA 458 Loramet (CH) s. Lormetazepam Lorasifar (CH) s. Lorazepam Lorazepam 333, 335, 356, 597 − bei Alkoholentzugssyndrom 452 − bei Katatonie 204 − in psychiatrischen Notfallsituationen 585 Lorazepam-Generika 356 Loretam 393 Lormetazepam 393 Lormetazepam-Generika 393 low-dose dependence 338, 373, 381 LSD 466 − Intoxikationen durch 684 L-Tryptophan-ratiopharm 401 Ludiomil 105 Lunadon (CH) s. Diphenhydramin Luuf Naphazolin compositum (A) s. Diphenhydramin Lyell-Syndrom 164, 168 Lyogen 282 Lyrica 363
M Macrogol 234 Madopar (CH) s. Levodopa/Benserazid Madopar DR (CH) s. Levodopa/Benserazid Madopar LIQ (CH) s. Levodopa/Benserazid Magersucht s. Anorexia nervosa Major Depression s. Depression Makatussin Comp (A) s. Diphenhydramin malignes neuroleptisches Syndrom 227, 237, 605 − Notfalltherapie 605
Sachverzeichnis manische Episode 133, 139, 211 − antidepressivainduzierte 144 − Benzodiazepine bei 335 − gereizte Manie, Behandlung 144 − im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung 144 − klassische (euphorische) Manie, Behandlung 144 − Lithium-Spiegel 170 − mit psychotischen Merkmalen, AAP bei 140 MAOH (Monoaminoxidasehemmer) 3 − bei Panikstörung 28 − Hochdosistherapie 75 − in Schwangerschaft und Stillzeit 643 − Interaktionen mit 56 − Intoxikationen durch 672 − Kombination mit Tryptophan 375 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 616 − und Leberfunktionsstörungen 623 − und Nierenfunktionsstörungen 631 Maprotilin 105 Maprotilin-Generika 105 Mareen 90 Marihuana 467 Medazepam 358 Medianox (CH) s. Chloralhydrat Medikinet 551 Melatonin 340, 369, 378, 394, 426 Melisse 370 Melleril 321 Melneurin 291 Melperon 291 − in psychiatrischen Notfallsituationen 585 Melperon-Generika 291 Memantine 437 − bei Alzheimer-Demenz 417 − bei demenzassoziierten Verhaltensstörungen 425 − bei gemischter Demenz 419 − bei vaskulärer Demenz 419 − Intoxikationen durch 678 − Kombination mit Acetylcholinesterasehemmern 418, 430 − Kombination mit Donepezil 418 − Kombination mit Rivastigmin 418 − Kontraindikationen 430 − Nebenwirkungen 429 − Wirkmechanismus 408 Meresa 320 Merlit (A) s. Lorazepam Meskalin 466 metabolisches Syndrom 636 − und Adipositas 534
703
− unter Antipsychotika 227 Metabolisiererstatus und CYPEnzyme 662 Metabolismus/Biotransformation 659 − im Alter 612 Metformin 229, 533 Methaddict 492 Methadon 492 − Opiatsubstitution 460 − und Fahrtüchtigkeit 658 Methadonhydrochlorid 492 Methadonrazemat 491 Methylphenidat 421, 551, 564 − bei ADHS im Erwachsenenalter 543 − bei ADHS im Kindes- und Jugendalter 542 − bei Narkolepsie 546 − Intoxikationen durch 679 − Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial 548, 554 − Wirkmechanismus 539 Methylphenidat-Generika 551 Methyltestosteron 509 Metyrapon 5 Mianeurin 107 Mianserin 107 Mianserin-Generika 107 Midazolam 373 Mifepristone 5 Migräne und SSRI 37 mild cognitive impairment (MCI) 424 f Milieutherapie 428 − bei Schizophrenie 218 Milnacipran 107 Minirin 234, 565 Minor Depression 14 Minor Tranquilizer 331 Mirtapel (A) s. Mirtazapin Mirtaron (A) s. Mirtazapin Mirtazapin 50, 109, 563 − bei Schmerzsyndromen 36 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 19 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 Mirtazapin-Generika 109 Mirtel (A) s. Mirtazapin Mischintoxikationen 669 Missbrauch von Suchtmitteln 445 mittelschwere depressive Syndrome, Behandlung 149 Moclo A (CH) s. Moclobemid Moclobemid 111 − bei sozialer Phobie 31 Moclobemid-Generika 111 Modafinil 148, 192, 465, 555
704
Sachverzeichnis
− bei ADHS im Erwachsenenalter 544 − bei Narkolepsie 546 − Intoxikationen durch 679 − Wirkmechanismus 539 Modasomil (A, CH) s. Modafinil Mogadan 396 Mogadon (A, CH) s. Nitrazepam Mondeal (A) s. Zolpidem Monoaminmangelhypothese der Depression 3 Monoaminoxidasehemmer s. MAOH Monoaminwiederaufnahmehemmer, nichtselektive 2 Mono Demetrin 362 Moradorm 389 Movicol 234 Morbus Parkinson − Demenz bei 423 − Depression bei 20 − paranoide Psychose bei 216 Multiinfarktdemenz 418 Multodrin (A) s. Diphenhydramin muskarinische M1-Rezeptoren 191 Mutan (A) s. Fluoxetin Myalgien unter Antipsychotika 237 Myoklonien unter TZA 49
N Nalone (A) s. Naltrexon Naloxon 463, 681 Naltrexin (A, CH) s. Naltrexon Naltrexon 206, 463, 495, 512 − plus Ondansetron 456 − Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit 455 − Rückfallprophylaxe der Opiatabhängigkeit 459 Naltrexon-Generika 495 Narcanti 681 Narkolepsie 545 − Verhaltensmaßregeln bei 546 nasale Hyperreaktivität unter Antipsychotika 234 NaSSA (noradrenerg/spezifisch serotonerges Antidepressivum mit α2-adrenozeptorantagonistischer Wirkung) 2 Natriumoxybat 557 − bei Narkolepsie 546 − Intoxikationen durch 680 − und Fahrtüchtigkeit 657, 658 Natriumpicosulfat 234
NDRI (selektive Norardrenalin- und Dopaminwiederaufnahmehemmer) 2 Nemexin 495 neogama 320 neo OPT 347 nephrotisches Syndrom 629 Nervifene (CH) s. Chloralhydrat nervo OPT N 389 Neupro 570 Neurocil 289 neuroendokrine Systeme 3 Neuroenhancement 541 Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten 457 neuroleptische Potenz 182 Neuromodulatoren 3 Neurontin 36, 39 neuropathischer Schmerz 36 Neuroplant 101 Neurotrop retard (A, CH) s. Carbamazepin Neurotrophine 3 Neurovegetalin 101 Nicergin (A) s. Nicergolin Nicergolin 409, 439 Nicergolin-Generika 439 Nicht-Ergot-DA-Agonisten 562, 563 nichtsteroidale Antiphlogistika und Demenzprävention 413 Nicolan (A) s. Nikotin (Mittel gegen Nikotinabhängigkeit) Nicomint (A) s. Nikotin (Mittel gegen Nikotinabhängigkeit) Nicorette 498 Nicotinell 498 Nicotrol (A) s. Nikotin (Mittel gegen Nikotinabhängigkeit) Nicovitol (A) s. Nikotin (Mittel gegen Nikotinabhängigkeit) Nierenfunktion und Lithium 170 Nikotin 467 f, 498 − Kombination mit Bupropion 470 Nikotinabhängigkeit 468 − und Schizophrenie 205, 468 Nikotinentzugssyndrom 468 Nikotinersatzstoffe 468 − in Schwangerschaft und Stillzeit 652 Nikotinintoxikation 468 nikotinische ACh-Rezeptoren 191, 408 Nikotinpflaster 206 nikrofenon transdermales Pflaster 498 Nimodipin 408, 439 Nimodipin-Generika 439 Nimotop 439 NiQuitin 498 Nitoman 216 Nitrazepam 396
705
Sachverzeichnis Nitrazepam-Generika 396 Nizatidin 533 NK1- und NK2-Rezeptorantagonisten 5 NMDA-Rezeptorantagonismus 408 Noctamid 393 Noctamid forte (CH) s. Lormetazepam Noctor (A) s. Diphenhydramin Non-Benzodiazepine − und Leberfunktionsstörungen 626 − und Nierenfunktionsstörungen 633 Non-Benzodiazepinhypnotika 367 − Abhängigkeits- und Toleranzrisiko 381 − in Schwangerschaft und Stillzeit 649 − Interaktionen 384 − Intoxikationen durch 677 − Kontraindikationen 382 − Nebenwirkungen 381 − Pharmakokinetik 384 − spezielle Therapiehinweise 373 − und Fahrtüchtigkeit 657 − Wirkmechanismen 368 Non-Compliance − Antidepressiva 9 − bei Antipsychotikabehandlung 222 Non-Response − auf Antidepressiva 68, 70 ff − auf Antipsychotika 199, 252 ff Nootrop 440 Nootropika 407 Nootropil (A, CH) s. Piracetam Normabrain 440 Normison (CH) s. Temazepam Normison mite (CH) s. Temazepam Normoc 347 Nortrilen 113 Nortriptylin 212 − in der Raucherentwöhnung 470 − therapeutisches Fenster für 61 Notfallsituationen, psychiatrische 585 ff Novanox 396 Novocephal (A) s. Piracetam Nozinan (A, CH) s. Levomepromazin
O Olanzapin 147, 188, 197, 294, 530 − CK-Erhöhung unter 237 − in psychiatrischen Notfallsituationen 585 − in Schwangerschaft und Stillzeit 648 − Nebenwirkungen 298 Olanzapinpamoat 294 Oligophrenien 582
Omega-3-Fettsäuren 5, 24 − Kombination mit Acetylcholinesterasehemmern 418 Ondansetron 457, 531 Opiatabhängigkeit 459 − abstinenzorientierte Therapie 459 − Antidepressiva bei 39 − Rückfallprophylaxe 459 − Substitutionsbehandlung 460 − und Schizophrenie 207 Opiate 458 Opiate/Opioide in Schwangerschaft und Stillzeit 651 Opiatentzugsbehandlung 462 Opiatentzugssyndrom 461, 473 Opiatsubstitution in Schwangerschaft und Stillzeit 651 Opioidagonisten und Fahrtüchtigkeit 658 Opioide, Intoxikationen durch 681 Opipramol 329, 335, 359 Opipramol-Generika 359 Optidorm 405 Orap 306 Orexinsystem 367 Orfiril 177 Orfiril long 177 organische dissoziative Störung 597 Orlistat 230, 533, 536 Orphol 432 orthostatische Dysregulation unter Antipsychotika 234 orthostatische Wirkung von Psychopharmaka 615 Osteoporose − unter Antidepressiva 50 − unter Antipsychotika 231 Östrogene − in der Depressionsbehandlung 23 − und Demenzprävention 413 − und Schizophrenie 195 Oxazepam 361 Oxazepam-Generika 361
P Paceum (CH) s. Diazepam Paliperidon 299 Panikstörung − Antidepressiva bei 27 − Benzodiazepine bei 28, 333 Pantoprazol 454 Pantozol 454 Pantrop (A) s. Chlordiazepoxid
706
Sachverzeichnis
Paracefan 484 paradoxe Benzodiazepinwirkungen 344 paradoxe Erregungszustände bei Demenz 385 Paraphilien 512 Parasomien 564 Parexat (CH) s. Paroxetin Parkinson-Erkrankung s. Morbus Parkinson Parkinson-Symptome und Demenz 421 Parkinson-Syndrom 421 Parocetan (A) s. Paroxetin Paronex (CH) s. Paroxetin Paroxetin 115, 510 − bei generalisierter Angststörung 29 − bei posttraumatischer Belastungsstörung 33 − bei sozialer Phobie 31 − Kombination mit Sildenafil 511 − und Schwangerschaft 641 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 Paroxetin-Generika 115 Paroxetop (CH) s. Paroxetin Partial-Response auf Antidepressiva 68, 70 ff Passionsblume 370 pathologisches Spielen 583 Pavor nocturnus 564 PDE-5-Inhibitoren 507, 519 ff − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 621 − und Stickstoffmonoxid 520 Pemolin 542 Perazin 302 Perazin-Generika 302 Pergolid 563 Perinataltoxizität 639 periodic limb movement disorder 561 − und Antidepressiva 49 Peritol 607 perniziöse Katatonie 598 Perphenazin 304 Perphenazinenanthat 304 Persönlichkeitsstörungen 573 ff − Cluster 573 − Gesamtbehandlungsplan 574 − Pharmakotherapie 575, 577 − Suizidalität bei 602 − und Affektstörungen 578 pharmakogene Depression 203 Pharmakogenetik 661 Pharmakokinetik − Antipsychotika 244 − Grundbegriffe 659 − Kenngrößen 659
− Kompartimentmodelle 660 − lineare und nichtlineare 660 Phase-I- und -II-Reaktionen 660 Phencyclidin 191 Phenothiazine 181 − Intoxikationen durch 675 − Plasmaspiegel 245 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 618 − und Leberfunktionsstörungen 625 Phentolamin 508 phobische Störungen 30 − Benzodiazepine bei 334 Phosphodiesterase-Typ-5-Inhibitoren s. PDE-5-Hemmer Phospholipidmembran-Hypothese 192 Photosensibilisierung unter Antipsychotika 236 Physostigmin 607 Phytopharmaka 3 − als Schlafmittel 370 Pimozid 306 Pindolol 511 Pipamperon 306 Pipamperon-Generika 306 Pirabene (A) s. Piracetam Piracetam 409, 440 Piracetam-Generika 440 Pirax (CH) s. Piracetam Pirenzepin 235 PK-Merz 605 Planum 399 Plateautitration 255 Pneumonierisiko unter Antipsychotika 235 L-Polamidon 488 Polytoxikomanie 446 poor metabolizer 662 Positivum (A) s. Fluoxetin Post-stroke-Demenz 418 Post-stroke-Depression 20 posttraumatische Belastungsstörung 33, 212 − Benzodiazepine bei 334 Pram (A) s. Citalopram prämenstruell-dysphorisches Syndrom 15 Pramipexol 562, 568 − Intoxikationen durch 680 − und Fahrtüchtigkeit 657 Pravidel 231, 605 Praxiten 361 Prazepam 362 Pregabalin 328, 332, 363 Priapismus 512 Priligy 517
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Sachverzeichnis Priscol 485 proarrhythmische Wirkung von Psychopharmaka 615 Prodrug 661 Prolaktinerhöhung − unter Antidepressiva 50 − unter Antipsychotika 516 Promethazin 369, 397 Promethazin-Generika 397 Pronervon T 399 Proneurin 25 397 Prothazin 397 Prothipendyl 308 Pseudodemenz 599 Psilocybin 466 psychiatrische Notfallsituationen 585 ff psychodynamische Kurzzeittherapie bei Depression 42 Psychoedukation − bei bipolaren affektiven Störungen 155 − bei Schizophrenie 218, 222 − und Demenz 428 psychogene Anfälle 566 psychomotorische Erregungszustände 200 − bei Demenz 213 − und Antipsychotika 194 Psychopax (A, CH) s. Diazepam Psychopharmaka bei Diabetes mellitus 636 Psychopharmaka im Alter − Antidepressiva 63 − Antipsychotika 246 − Benzodiazepine 344 − Hypnotika 385 − pharmakokinetische und -dynamische Faktoren 611 − psychosoziale Faktoren 612 − Stimmungsstabilisierer 161 Psychopharmakaintoxikationen 669 − Symptomatik und Therapie 670 Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit − bei Erhaltungstherapie 655 − in der Ein- bzw. Umstellungsphase 655 Psychostimulanzien − Abhängigkeit 463 − Intoxikationen 679 − kardiovaskuläres Risiko 541 − Kombination mit Antidepressiva 75 − Missbrauchsrisiko 540 − Wirkmechanismen 539 psychotische Angst- und Erregungszustände, Suizidalität bei 602
psychotische Depression 133, 211 Psychotomimetika 466 − Intoxikationen durch 684 Psychotonin 300 101 Punkt-Schluss-Methode 468 Pyridostigmin 47 Pyritinol 440 Pyromanie 583
Q QTc-Zeit-Verlängerung 615 − unter Antipsychotika 232 − unter SSRI 233 − unter TZA 233 Quetiapin 73, 141, 147, 187, 308 Quilonum retard 169 Quincke-Ödem 168 Quomem (A) s. Bupropion
R Radedorm 396 Radepur 10 350 Raloxifen 413 Ramelteon 370 Rapid Cycling 133, 153 f rapid tranquilization 200, 586 Rauchen − in Schwangerschaft und Stillzeit 652 − Psychopharmaka bei 665 Raucherentwöhnung 468 Realitätsorientierungstherapie 428 Rebound-Insomnie 383 Reboxetin 12, 118, 464 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 46 recurrent brief depression 15 Remergil SolTab 109 Remeron (A, CH) s. Mirtazapin Remestan 399 Reminyl 434 Remotiv 101 REM-Schlaf-Verhaltensstörung 565 Requip (A) s. Ropinirol Restex 562, 566 Restless-legs-Syndrom 561 − substanzindiziertes 562 Retinitis pigmentosa unter Antipsychotika 236 Revatio 507, 521 Revia (A) s. Naltrexon Reward-System 463
708
Sachverzeichnis
Rezeptorblockade durch Antipsychotika 190 ß-Rezeptorenblocker 46, 234, 329, 331, 582 Rezidivprophylaxe − bei bipolarer affektiver Störung 150 ff − bei schizoaffektiver Störung 154 − bei Schizophrenie 198 − bei unipolarer Depression 66 Rhabdomyolyse 237, 605 Rimonabant bei Cannabisabhängigkeit 467 Risocon 312 Rispel (A) s. Risperidon Risperdal 312 Risperidon 188, 197, 209, 246, 312, 545, 563, 582 − Kombination mit Clozapin 259 − sexuelle Funktionsstörungen unter 516 Risperidon-Generika 312 Ritalin 546, 551, 553 Rivastigmin 441 − Kombination mit Memantine 418 − Wirkmechanismus 408 Rohypnol 391 Rökan 436 Ropinirol 562, 569 − Intoxikationen durch 680 − und Fahrtüchtigkeit 657 Rotigotin 570 Rozerem 370 Rudotel 358 Rusedal 358
S S. 8 389 saisonal abhängige affektive Störung 13 Sanalepsi N (CH) s. Doxylamin Saroten 78 schädlicher Gebrauch 445 − Therapieelemente bei 446 Schichtarbeitersyndrom chronisches 547 Schilddrüsenhormone − in der Maniebehandlung 143 − Kombination mit Antidepressiva 74 schizoaffektive Störungen 209 − Rezidivprophylaxe 154 schizodepressive Symptomatik 210 schizomanische Symptomatik 210 Schizophrenie 195, 335 − Behandlungsdauer 248 ff − Einteilung der Symptomatik 186
− Erstmanifestation 198, 199 − Gesamtbehandlungsplan 217 − komorbide psychiatrische Störungen 204 ff − phasenabhängige Pharmakotherapie 196 ff − Prävention 197 − psychosoziale Interventionen bei 218 − Rezidivprophylaxe 198 − Stadien 194 − Subtypen 196 − Therapieresistenz 252 ff − Therapieziele 198 − und Abhängigkeitserkrankungen 204 − und Alkoholabhängigkeit 206 − und Cannabisabhängigkeit 206 − und Diabetes mellitus 636 − und Kokainabhängigkeit 207 − und Nikotinabhängigkeit 205 − und Opiatabhängigkeit 207 schizotypische Persönlichkeitsstörung 208, 573 Schlafanalyse 377 Schlafapnoe-Syndrom 547 − obstruktives 547 − Verhaltensmaßregeln bei 547 Schlafentzug 24 Schlafhygiene 380 Schlafmittel s. Hypnotika Schlafphasenvorverlagerung 24 Schlafstörungen 368, 376 ff, 562 − bei Demenz 213 − bei neurologischen, medizinischinternistischen oder psychiatrischen Erkrankungen 377 − bei schizophrenen Störungen 208 − Gesamtbehandlungsplan 372 − primäre Insomnie 376 − und Psychotherapie 379 SchlafTabs ratiopharm 390 Schlaf-Wach-Regulation 367 Schmerzsyndrome − Antidepressiva bei 216 − und Depression 35 Schwangerschaft und Psychopharmaka 639 ff Schwangerschaftsdepression 16, 639 schwere depressive Syndrome, Behandlung 149 schwere manische Syndrome − AAP bei 140 − Behandlung 144 − Einwilligungsfähigkeit bei 139 Schwitzen, verstärktes unter Antidepressiva 47
Sachverzeichnis Sedaplus 390 Sedazin (CH) s. Lorazepam Sediat 389 Sedierung unter Antidepressiva 47 Sedolox (A) s. Zopiclon Sedopretten 389 Sedovalin (CH) s. Zolpidem Sekretasehemmer bei Alzheimer-Demenz 409 Selbst-Erhaltungs-Therapie 428 Selbsthilfegruppen 447 − bei Alkoholabhängigkeit 451 selbstverletzendes Verhalten 582 selektive Norardrenalin- und Dopaminwiederaufnahmehemmer s. NDRI selektive Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer s. SNRI selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer s. SSRI Seralin-Mepha (CH) s. Sertralin Serdolect 318 D-Serin 191 Sermion (A) s. Nicergolin Seropram (A, CH) s. Citalopram Seroquel 308 Serotonin s. 5-HT Serotoninsyndrom, zentrales s. zentrales Serotoninsyndrom Seroxat 115 Sertindol 318 − Auflagen für Medikation 2. Wahl 318 − QTc-Verlängerung unter 232 Sertragen (CH) s. Sertralin Sertral Spirig (CH) s. Sertralin Sertralin 18, 120, 145 − bei posttraumatischer Belastungsstörung 33 − bei sozialer Phobie 31 − Kombination mit Vardenafil 511 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 19 − und Schwangerschaft 641 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 Sertralin-Generika 120 Sertrapel (A) s. Sertralin Sertrin (CH) s. Sertralin sexuelle Störungen 505 ff − unter Antipsychotika 231 − Gesamtbehandlungsplan 506 − substanzinduzierte 512, 516 sexuelles Verlangen − gesteigertes 512 − vermindertes 506 SIADH (Syndrom der inadäquaten ADHSekretion) 51, 57, 231
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Sibutramin 533 Sifrol 568 Signaltransduktionssysteme und Lithium 136 Sildenafil 507, 521 − bei pulmonaler arterieller Hypertonie 507 − Kombination mit Paroxetin 511 Snoezelen 428 SNRI (selektive Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer) 2 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 46 Solian 262 Solu-Decortin H 682 Solvex 118 somatoforme Störungen 35, 335 − Depot-Antipsychotika bei 35 Somnal (A) s. Zopiclon Somnambulismus 564 Somnium (A, CH) s. Lorazepam Somnolenz 596 Somnosam 405 Somnubene (A) s. Flunitrazepam Sonata 402 Sopor 597 soziale Phobie 30, 334 Sozialrhythmus-Therapie bipolarer affektiver Störungen 155 Soziotherapie bei Schizophrenie 219 Spätdyskinesien unter KAP 250 spezifische Phobien 30, 334 Spilan 101 SSRI (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer) 2 − bei Binge-Eating-Störung 532 − bei bipolarer Depression 136 − bei Borderline-Persönlichkeitsstörung 578 − bei Bulimia nervosa 530 − bei Panikstörung 28 − bei Paraphilien 512 − bei spezifischen Impulskontrollstörungen 583 − bei Zwangsstörung 31 − Dosierungsrichtlinien 60 − Hochdosistherapie 75 − in Schwangerschaft und Stillzeit 641 − Intoxikationen 671 − Kombination mit AAP 202 − QTc-Verlängerung unter 233 − und Anorexia nervosa 530 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 19, 46, 615 − und Leberfunktionsstörungen 622 − und Nierenfunktionsstörungen 630
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Sachverzeichnis
− und Psychotomimetika 466 − und Thrombozytenfunktion 48 − Wechselwirkungen mit Antipsychotika 208 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 Stangyl 126 Statine und Demenzprävention 413 Staurodorm Neu 392 Stesolid 352 Stesolid Novum (CH) s. Diazepam Stevens-Johnson-Syndrom 164, 168 Stillen und Psychopharmaka 639 ff Stilnox 404 Stilnox CR (CH) s. Zolpidem Stimmungsstabilisierer − bei Borderline-Persönlichkeitsstörung 578 − im Alter 161, 613 − Intoxikationen 673 − Kombination mit Antipsychotika 261 − Kontraindikationen 156 − Routineuntersuchungen 158 − und Diabetes mellitus 638 − und Fahrtüchtigkeit 658 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 617 − und Leberfunktionsstörungen 624 − und Nierenfunktionsstörungen 632 − und Psychotherapie 155 Stimulanzienabhängigkeit, Antidepressiva bei 39 Störung des Sozialverhaltens bei ADHS 545 Strattera 548 Stufenmodell der Veränderung 449 Stupor 598 − bei katatoner Schizophrenie 598 − bei organischer katatoner Störung 599 − depressiver 599 − dissoziativer 600 − manischer 599 − psychogener 600 Sturzgefahr und Hypnotika 386 subkortikale vaskuläre Enzephalopathie 418 Suboxone 473, 476 Substanzmissbrauch und Manieinduktion unter Antidepressiva 139 Substitutionsbehandlung − bei Opiatabhängigkeit 460 − Nikotin 468 − Opiate 460 Subutex 472 Suchterkrankungen, Suizidalität bei 602
Suchtmittel 445 ff Suizidalität 600 − bei bipolarer Depression 146 − bei depressiven Störungen 333, 602 − bei Persönlichkeitsstörungen 602 − bei psychotischen Angst- und Erregungszuständen 602 − bei Schizophrenie 202 − bei Suchterkrankungen 602 − bei unipolarer Depression 17 − multiaxiale Evaluation 601 − Notfalltherapie 602 − unter Antidepressiva 52 Suizidprävention 603 Suizidrisiko unter Antikonvulsiva 156 Sulpirid 320, 564 − Bioverfügbarkeit 244 − sexuelle Funktionsstörungen unter 516 Sulpirid-Generika 320 Suprarenin 682 Surmontil (CH) s. Trimipramin Switch 145 Sycrest 267 Symfona (CH) s. Ginkgo biloba Sympathomimetika, Kombination mit Antidepressiva 57 Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion s. SIADH Syneudon 78
T Tabak s. Nikotin Tadalafil 507, 522 Tafil 345 Tagonis 115 Tamoxifen 137 Tamsulosin 511 Tanakene (CH) s. Ginkgo biloba Tasmar 192 Tavor 356 Taxilan 302 Tebofortan (A) s. Ginkgo biloba Tebokan (CH) s. Ginkgo biloba Tebonin 436 Tegretal 162 Tegretol retard (A, CH) s. Carbamazepin Temazepam 399 Temazepam-Generika 399 Temesta (A, CH) s. Lorazepam Temesta Expidet (A, CH) s. Lorazepam Temperatursteigerung unter Clozapin 234
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Sachverzeichnis Tenormin 331 Teratogenität 639 Tesoprel 271 Testosteron und Depression 23 Testosteronsubstitution 506 Tetrabenazin 216 tetrazyklische Antidepressiva s. TZA Texx 101 therapeutisches Drug-Monitoring 61 Therapieresistenz − bei bipolarer Depression 148 − bei Schizophrenie 252 ff − bei Zwangsstörung 32 − gegenüber Antidepressiva 68, 70 ff − gegenüber Antipsychotika 253 ff Thiamin 455 Thioridazin 321 − QTc-Verlängerung unter 232 Thioridazin-Generika 321 Thioxanthene 181 − Plasmaspiegel 245 − und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 618 Thombran 124 Thromboembolien unter Antipsychotika 236 Thrombozytenfunktion und Antidepressiva 48 Thybon 74 Tiagabin 454 Tiaprid 216, 453, 563 Tiapridex 216, 564 Tibolon 506 Tics bei ADHS 545 Tic-Störung 212, 563 tiefe Hirnstimulation 27 Timonil 162 α-Tocopherol 413 − Kontraindikationen 331 Tofranil 103 Tolcapon 192 Tolid 356 Tolvon (A, CH) s. Mianserin Topiramat 230, 454, 457, 531, 533 Torsades de pointes unter Haloperidol 233 Tourette-Syndrom 563 Tradon 542 Training emotionaler Intelligenz bei Schizophrenie 220 Training sozialer Fertigkeiten bei Schizophrenie 220 Tranquilizer s. Benzodiazepine Transaminasenanstieg unter Antipsychotika 236
transkranielle Magnetstimulation, repetitive 27 Transmittersysteme und Lithium 137 Tranxilium 353 Tranylcypromin 46, 75, 122 − und tyraminhaltige Lebensmittel 123 Trazodon 3, 124 − Priapismus unter 512 Trazodon-Generika 124 Tremor unter Antidepressiva 49 Tresleen (A) s. Sertralin Trevilor 128 Triazolam 400 Trichotillomanie 583 Trilafen (CH) s. Perphenazin Trimin (CH) s. Trimipramin Trimipramin 3, 126, 212 Trimipramin-Generika 126 Triptane 37 Trittico (A, CH) s. Trazodon trizyklische Antidepressiva s. TZA Truxal 271 Truxal/Truxaletten (CH) s. Chlorprothixen Tryptizol (A, CH) s. Amitriptylin Tryptophan 370, 375, 401 − Kombination mit MAOH 375 Turbo-Entzug 463 TZA (tri- und tetrazyklische Antidepressiva) − bei ADHS 543 − bei bipolarer Depression 136 − bei Schmerzsyndromen 36 − Dosierungsrichtlinien 60 − in Schwangerschaft und Stillzeit 640 − Intoxikationen 670 − QTc-Verlängerung unter 233 − Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit 456 − und kardiales Risiko 47
U Ubretid 47 ultrarapid metabolizer 662 unipolare Depression − Behandlungsdauer 64 ff − Rezidivprophylaxe 66 Urämie 629 Urbanyl (CH) s. Clobazam
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Sachverzeichnis
V Vagusnervstimulation 27 Valdoxan 76 Valepotriate 370 Validationstherapie 428 Valiquid 0,3 352 Valium 352 Valocordin-Diazepam 352 Valproinsäure 142, 151, 177 − bei Alkoholentzugssyndrom 453 − im Alter 162 − Intoxikationen durch 675 − Kombination mit AAP 143 − Kombination mit Lamotrigin 167 − Routineuntersuchungen 159 − und Fahrtüchtigkeit 658 − und Schwangerschaft 646 Valproinsäure-Generika 177 Vardenafil 507, 524 − Kombination mit Sertralin 511 Vareniclin 501 − in der Raucherentwöhnung 469 − Stimmungsschwankungen unter 502 vaskuläre Demenz 419 vegetative Nebenwirkungen − unter Antidepressiva 47 − unter Antipsychotika 234 Venlafaxin 128, 136 − bei Borderline-Persönlichkeitsstörung 578 − bei generalisierter Angststörung 29 − bei Schmerzsyndromen 36 − bei sozialer Phobie 31 − Hochdosistherapie 75 − Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil 11 Venlafaxin-Generika 128 Verhaltensstörungen 574 − bei Intelligenzminderung 582 verhaltenstherapeutische Interventionen − bei Adipositas 533 − bei Demenzen 428 − bei Schlafstörungen 379 Verhaltenstoxizität 640 Verteilungsvolumen, Definition 659 Verwirrtheit, paradoxe Erregungszustände bei 385 Viagra 521 Vicks Medinait (CH) s. Doxylamin Vigil 555 Vitalfunktionen, Wiederherstellung 669 Vitamin-B1-Prophylaxe 455 Vitamin B6 453
Vitamin B12 5, 453 Vitamin E 413 − Kombination mit Acetylcholinesterasehemmern 418 Vivinox 389 Vivitrex 496 Vulnerabilitäts-Stress-Modell 40, 219 Vyvanse 548
W wahnhafte Depression 211 wahnhafte Störungen, Gesamtbehandlungsplan 208 Wellbutrin (CH) s. Bupropion Wellbutrin XR (CH) s. Bupropion Wernicke-Korsakow-Syndrom 455 Wick Erkältungssaft Nacht (A) s. Doxylamin Winterdepression 13 Wochenbettdepression 17
X Xanax (CH) s. Alprazolam Xanax XR 346 Xanor (A) s. Alprazolam Xenical 536 Ximovan 405 Xyrem 557
Y Yentreve 93 Yocon-Glenwood 525 Yohimbin 508, 525 Yohimbin Spiegel 525
Z Zalasta (A) s. Olanzapin Zaleplon 369, 402 − Absetzerscheinungen 381 Zeitgenerations-Antipsychotika bei bipolarer Depression 134 Zeldox 322 zentrales anticholinerges Syndrom 227 − Notfalltherapie 607
Sachverzeichnis zentrales Serotoninsyndrom 37, 56, 375, 606 − Notfalltherapie 607 − und Antidepressiva 55 zerebrale Krampfanfälle − unter Antipsychotika 226 − unter TZA 49 Zerene (A) s. Zaleplon Ziprasidon 188 ff, 322 − in psychiatrischen Notfallsituationen 585 − und metabolisches Syndrom 229 zirkadiane Rhythmen und Lithium 138 Zodormdura 404 Zodurat 405 Zofran 457 Zoldorm (CH) s. Zolpidem Zoloft 120 Zolpidem 369, 371, 404 − Absetzerscheinungen 381 − Hochdosisverbrauch 381 Zolpidem-Generika 404 Zomaril 189 Zonisamid 533 Zopiclon 369, 371, 405 − Absetzerscheinungen 381 − Hochdosisverbrauch 381 Zopiclon-Generika 405 Zuclopenthixol 324 Zuclopenthixoldecanoat 324 Zwangsstörungen 31, 212 − bei Schizophrenie 207 − Strategien bei Therapieresistenz 32 − und Benzodiazepine 334 Zyban 82, 478 zykloide Psychosen 210 Zypadhera 246, 294 Zyprexa 294 Zyprexa Velotab 230
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