Otto Benkert, Hanns Hippius Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie 6., vollständig überarbeitete und erweitert...
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Otto Benkert, Hanns Hippius Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
Otto Benkert • Hanns Hippius
Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
Unter Mitarbeit von I. Anghelescu • E. Davids • C. Fehr • G. Gründer • C. Hiemke C. Lange-Asschenfeldt • O. Möller • M.J. Müller • F. Regen Mit 8 Abbildungen und 60 Tabellen
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Professor Dr. med. Otto Benkert, Mainz Professor Dr. med. Hanns Hippius, München Professor Dr. med. Ion Anghelescu, Berlin Privatdozent Dr. med. Eugen Davids, Essen Dr. med. Christoph Fehr, Mainz Professor Dr. med. Gerhard Gründer, Aachen Professor Dr. rer. nat. Christoph Hiemke, Mainz Dr. med. Christian Lange-Asschenfeldt, Düsseldorf Dr. med. Olaf Möller, Aachen Privatdozent Dr. med. Dipl.-Psychol. Matthias J. Müller, Marburg Dr. med. Francesca Regen, Berlin Anregungen bitte unter: www.ottobenkert.de
ISBN-10 3-540-34401-2 ISBN-13 978-3-540-34401-8 6. Auflage Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag springer.com © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2000, 2001, 2002, 2003, 2005, 2007 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Renate Scheddin Projektmanagement: Renate Schulz Lektorat: Petra Rehder, München Design: deblik Berlin Satz: medionet AG, Berlin Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier
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Vorwort
Das Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie liegt jetzt in der 6. Auflage vor. Es ist in der Nachfolge der seit 1974 in sechs Auflagen erschienenen Psychiatrischen Pharmakotherapie geschrieben worden. Demnächst wird es durch ein Handbuch der Psychiatrischen Pharmakotherapie (Herausgeber: F. Holsboer, G. Gründer und 0. Benkert) ergänzt . Das Kompendium fasst die Kenntnis der klinischen Praxis und der psychopharmakologischenWissenschaft in einem kompakten, zuverlässigen und aktuellen Leitfaden zusammen. Die Aktualität wird durch die regelmäßig, im Zwei-Jahres-Rhythmus erscheinende gründlich überarbeitete Neuauflage gesichert sowie nun zum ersten Mal durch eine parallel dazu publizierte Online-Version (s. unten). Es ist unser Ziel, das gesicherte Wissen ausgewogen in das Kompendium einzubringen. Neue Ergebnisse werden gesichtet, kritisch hinterfragt und sorgfältig aufgearbeitet. Daraus ergibt sich oft eine Wertung möglicher Therapiestrategien; sie wird in dieser Auflage noch gezielter eingesetzt. Das Wissen der psychiatrischen Pharmakotherapie nimmt stetig zu, und auch die zu unserem Fach gehörenden Themen wachsen. So ist es uns ein Anliegen, auch die Anwendung von Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen oder das Thema Intoxikationen ausführlich darzustellen. Schon früh haben wir die Verordnung von Medikamenten für Indikationen, die bisher als Randgebiete unseres Fachgebietes galten, mit einbezogen, etwa die Medikamente bei sexuellen Funktionsstörungen. Mit unserem Bewertungsvorgehen stehen wir zwar zum Prinzip der evidenzbasierten Medizin, lassen uns aber nicht in ein steifes, noch längst nicht abgesichertes Kriteriengerüst zwängen. Efficacy-Studien haben für uns einen hohen Stellenwert, die klinische Erfahrung geht aber immer mit in die endgültige Empfehlung ein. In den letzten Jahren hat die Off-label-Anwendung von Psychopharmaka zugenommen. Der Leser kennt unser stetiges Bemühen, auf wissenschaftlich und klinisch bedeutsame Erkenntnisse bei der Indikation von Psychopharmaka, auch ohne BfArM-Zulassung, frühzeitig aufmerksam zu machen. Durch eine Kennzeichnung des Zulassungsstatus im Präparateteil des Kompendiums (s. Leseanweisung S. XIII) kann der Leser die Indika-
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Vorwort
tionen genau zuordnen. Auf eine noch fehlende Zulassung bei wichtigen Indikationen und auf neue Indikationen, die durch erste Studienergebnisse angedeutet oder schon begründet sind, wird jeweils hingewiesen. Auch der Zulassungsstatus der Dosierung ist ab dieser Auflage nun leicht erkennbar. Für die nunmehr 32 Jahre Psychiatrische Pharmakotherapie bedanken wir uns bei unseren treuen Lesern. Wir hoffen, dass wir mit der Ergänzung des Kompendiums durch die neue Online-Version einen notwendigen und zeitgemäßen Schritt zur optimalen Therapie mit Psychopharmaka vorlegen können. Die Symbiose aus Kompendium und Online-Version bietet maximale Arzneimittelsicherheit und Aktualität im Umgang mit Psychopharmaka. Gelingen konnte dies nur, weil das Kompendium durch das Wissen, die Erfahrung und die sorgfältige Bewertung neuer wissenschaftlicher Befunde aller Koautoren geprägt ist; ohne ihre Arbeit hätte auch diese Neuauflage nicht entstehen können. Es gilt nicht nur ihnen mein Dank, sondern auch der früheren Mitarbeit von I. Vernaleken an der 4. Auflage, von H. Wetzel an den Auflagen in den Jahren von 1986 bis 2000 und von A. Szegedi in den Jahren von 1998 bis 2006. Mainz, im Herbst 2006
Otto Benkert
Kompendium online
Mit der neuen Online-Version wollen wir dem Kommunikationsfortschritt gerecht werden. Der Springer-Verlag bietet ab der 6. Auflage dem Benutzer auf der Basis des Kompendiums der Psychiatrischen Pharmakotherapie eine Internet-Plattform an: www.psychiatrische-pharmakotherapie.de. Die Vorteile im einzelnen sind: 5 Schnelligkeit: Eine Verknüpfung zwischen Präparateteil und wichtigen Abschnitten des Allgemeinen Teils ist auf der Grundlage einer erweiterten neuen Suchfunktion möglich. 5 Aktualität: Eine regelmäßige Aktualisierung des Präparateteils und wichtiger klinischer Kenntnisse aus dem Allgemeinen Teil wird gewährleistet. 5 Arzneimittelsicherheit: Ein Schwerpunkt der Online-Version ist die optimale Information zu Nebenwirkungen, Kontraindikationen, Routineuntersuchungen und Wechselwirkungen. 5 Link zum Interaktionsprogramm in der Psychopharmakotherapie von Hiemke, Dobmeier, Eckermann und Haen (psiac): Damit ist eine ideale Abfrage der Wechselwirkungen in psiac auf der Grundlage des Kompendiums möglich. Der Inhalt beider Systeme kann parallel genutzt werden. 5 Kommunikationsplattform: Benutzer, Industrie und Autoren können neueste klinische und wissenschaftliche Ergebnisse der psychiatrischen Pharmakotherapie diskutieren. Daraus entstehende Informationen können über die Autoren direkt in die Online-Version eingebracht werden. Wie Sie sich registrieren lassen können, erfahren Sie auf der letzten Seite – neben der PIN-Karte.
Abkürzungsverzeichnis
AAP ACE ACh AchE-I ACTH AD ADAS-Cog ADH ADHD ADHS ADL AIDS AESB AIREN AKS Amp. AP ApoE ARDS ASP ASS BfArM BLIPS BMI BPS BPSD BRA BtM BtMVV BuChE BZ CADASIL CBASP
atypische(s) Antipsychotikum(-a) angiotensin converting enzyme Azetylcholin Azetylcholinesterasehemmer /-inhibitor Adrenokortikotropin Antidepressiv(a/-um) Cognitive Section of the Alzheimer’s Disease Assessment Scale antidiuretisches Hormon attention deficit hyperactivity disorder Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom activities of daily living acquired immune deficiency syndrome Alkoholentzugssymptombogen Association Internationale pour la Recherche et l’Enseignement en Neurosciences akutes koronares Syndrom Ampulle(n) Antipsychotikum(-a) Apolipoprotein adult respiratory distress syndrome Alkoholismus-spezifische Psychotherapie Azetylsalizylsäure Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte brief limited intermittend psychotic symptoms Body-Mass-Index Borderline-Persönlichkeitsstörung behavioral and psychological symptoms in dementia Benzodiazepinrezeptoragonisten Betäubungsmittel Betäubungsmittelverschreibungsverordnung Butrylcholinesterase Benzodiazepin cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leucoencephalopathy cognitive behavioral analysis system of psychotherapy
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Abkürzungsverzeichnis
CCK CCT CDLB CERAD cGMP CPAP CPZ CRH CYP D1-D5 DA DAR DAT DBT DD DHEA Diff.-BB DLB Drg. DSM-IV EBM EE EEG EKB EMDR EKG EMG EPS ERP FGA FI FTD GABA GAD GFR GH GHRH H1 HAMD-17 HDS HEE HHA-System
Cholezystokinin cranial computer tomography, kraniale Computertomographie Consortium on dementia with Lewy-Bodies Consortium to Establish a Registry for DAT cyclic guanosin monophosphate, zyklisches Guanosinmonophosphat continuous positive airways pressure Chlorpromazin corticotropin releasing hormone Cytochrom Dopaminrezeptor Typ 1--5 Dopamin Disulfiram-Alkohol-Reaktion Demenz vom Alzheimer-Typ dialektisch-behaviorale Therapie Differenzialdiagnose Dehydroepiandrosteron Differenzialblutbild Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ Dragée(s) Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen (IV. Revision) evidenzbasierte Medizin expressed emotions Elektroenzephalogramm Elektrokrampfbehandlung eye movement desensitization and processing Elektrokardiogramm Elektromyographie extrapyramidal-motorische Störung(en)/extrapyramidalmotorische(s) Symptom(e) exposure with response prevention first generation antipsychotics Fachinformationen frontotemporale Demenz Gammaaminobuttersäure generalisierte Angststörung glomeruläre Filtrationsrate growth hormone growth hormone releasing hormone Histaminrezeptor Typ 1 Hamilton-Depressionsskala (17-Itemversion) hyperkinetisches Syndrom high expressed emotions hypothalamisch-hypophysär-adrenales System (engl.: HPASystem)
Abkürzungsverzeichnis
HHS-System HLA 5-HT 5-HTT HWZ ICD-10 INR IPT KT KVT LSD mACh MAO MAOH MCI mCPP MDA MDMA MMSE MRT NA NAT NINCDSADRDA NINDS NMDA NNT NO NYHA OROS OSAS PDD PDE PET PIP2 PLMS PMDS PT PTSD REM ROT rTMS RLS
XI
hypothalamisch-hypophysär-somatropes System human leucocyte antigen 5-Hydroxy-Tryptophan (Serotonin) Serotonintransporter Halbwertszeit Internationale Klassifikation Psychischer Störungen (10. Revision) International Normalized Ratio interpersonelle Psychotherapie kognitive Therapie Kognitive Verhaltenstherapie Lysergsäurediethylamid muskarinischer Azetylcholinrezeptor Monoaminooxidase MAO-Hemmer (Monoaminooxidasehemmer) mild cognitive impairment, leichte kognitive Störung meta-Chlorophenylpiperazin 3,4-Methylendioxyamphetamin, »Eve» 3,4-Methylendioxymetamphetamin, »Ecstasy» mini-mental state examination Magnetresonanztomographie Noradrenalin Noradrenalintransporter National Institute of Neurological and Communicative Disorders and Stroke – Alzheimer‘s Desease and Related Disorders Associated National Institute of Neurological Disorders and Stroke N-Methyl-D-Aspartat number needed to treat Stickstoffoxid New York Heart Association osmotic controlled release delivery system obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom Demenz bei Parkinson-Syndrom Phosphodiesterase Positronenemissionstomographie Phosphatdylinositol-4,5-biphosphat periodic limb movements during sleep prämenstruell-dysphorisches Syndrom Psychotherapie posttraumatische Belastungsstörung rapid eye movement Realitätsorientierungstherapie repetitive transkranielle Magnetstimulation Restless-leg-Syndrom
XII
Abkürzungsverzeichnis
SAD SIADH SIDAM SKAT SKT SRI SSRI Susp. SVV t1/2 T3 T4
99mTc-DTPA TDM TFDD
THC Tmax TMS TRH TSH TZA UAW VD VT WPWSyndrom ZNS ZVD
seasonal affective disorder Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion strukturiertes Interview zur Diagnostik der DAT Schwellkörper-Autoinjektionstherapie Syndrom-Kurz-Test Serotoninrückaufnahmehemmer selektive(r) Serotoninrückaufnahmeinhibitor(en)/-hemmer Suspension selbstverletzendes Verhalten β-Eliminationshalbwertszeit bzw. bei Depotpräparaten: Freisetzungshalbwertszeit Trijodthyronin Thyroxin (Tetrajodthyronin) Technetium-99m-Diethylentriaminpentaantat therapeutisches Drug-Monitoring Test zur Früherkennung der Demenz mit Depressionsabgrenzung Tetrahydrocannabinol Zeit bis zum maximalen Plasmaspiegel repetitive transkranielle Magnetstimulation thyreotropin releasing hormone thyreoideastimulierendes Hormon (Thyreotropin) trizyklische(s) Antidepressiv(um/-a) unerwünschte Arzneimittelwirkung(en) vaskuläre Demenz Verhaltenstherapie Wolff-Parkinson-White-Syndrom Zentralnervensystem zentraler Venendruck
Leseanweisung
5 Die Kapiteleinteilung richtet sich primär nach den Psychopharmaka der großen Substanzgruppen (7 Kap. 1–11). Am Ende des Buches folgen allgemein wichtige Kapitel der psychiatrischen Pharmakotherapie (7 Kap. 12–17). 5 Die ersten 6 Kapitel (Antidepressiva, Medikamente zur Behandlung bipolarer Störungen, Antipsychotika, Anxiolytika, Hypnotika, Antidementiva) sind einheitlich gegliedert: Nach Übersichtskapiteln im jeweils ersten Teil werden im zweiten Teil die einzelnen Präparate beschrieben. Kapitel 7 (Medikamente zur Behandlung von Entzugssyndromen und Abhängigkeit) ist im allgemeinen Teil nach den einzelnen Suchtmitteln geordnet. In den Kapiteln 9–11 gibt die Diagnose die Ordnungsstruktur vor. 5 Die Beschreibung der Präparate folgt immer der gleichen Systematik: − Auflistung der Handelspräparate unter Einschluss der Generika: Ist die Zahl der Generika hoch, werden die Darreichungsformen nur für das zuerst zugelassene Präparat beschrieben; ist die Zahl der Generika sehr hoch, wird für die Darreichungsformen auf die Rote Liste verwiesen. Bei wichtigen Generika werden identische Darreichungsformen in einer Fußnote angegeben. − Die Handelsnamen mit ihren Dosierungen und Darreichungsformen sowie ihrem Zulassungsstatus sind der neuesten Roten Liste oder den aktuellen Fachinformationen entnommen. Es wurden alle bis zum Sommer 2006 neu eingeführten Präparate berücksichtigt. Die Handelsnamen in Österreich und der Schweiz, soweit sie eigene Bezeichnungen haben, sind in das Pharmakaverzeichnis mit aufgenommen. Für die Angaben kann keine Gewähr übernommen werden. − Präparate, die für die Therapie wichtig, aber noch nicht zugelassen sind oder im Zulassungsprozess stehen, sind teilweise in Kurzfassung und mit einer weißen statt blauen Überschriftenhinterlegung dargestellt. − Für die Hauptindikation ist der Zielbereich der Plasmakonzentration (mittlere Plasmakonzentrationen bei therapeutischen Dosierungen
XIV
Leseanweisung
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im Steady State) dann mit einem hochgestellten p gekennzeichnet, wenn therapeutisch wirksame Konzentrationen in Studien nachgewiesen wurden. Wenn der therapeutische Bereich weniger gut belegt ist, sind die zu erwartenden mittleren Plasmakonzentrationen mit einem hochgestellten (p) hervorgehoben. Unter Indikationen ist der Zulassungsstatus beim BfArM mit einem hochgestellten z gekennzeichnet. Die Ausweisung bezieht sich immer auf das zuerst zugelassene Präparat. Der Zulassungsstatus für die Generika und für nichtpsychiatrische Indikationen wird in der Regel nicht berücksichtigt. Bei Altzulassungen ist oft die Diagnose nicht hinreichend definiert (z. B. Neurose) oder kann nicht mit einer ICD-10-Diagnose in Einklang gebracht werden; auf diese Fälle soll durch die Kennzeichnung mit einem hochgestellten (z) aufmerksam gemacht werden. Die Definition der Evidenzgrade ist in der wissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich. Gegenwärtiger Zulassungsstatus und Ergebnisse der wissenschaftlichen Literatur spiegeln sich unter »Indikationen« in folgenden Kennzeichnungen wider: − z: In der Regel Evidenzgrad Ia,b – mindestens zwei randomisierte, kontrollierte Studien aus unabhängigen Gruppen; d. h. die Wirksamkeit ist für die Indikation gesichert, das Präparat ist für die Indikation zugelassen. − (z): es besteht zwar Zulassung für die Indikation, aber die Wirksamkeit ist nicht gesichert oder es handelt sich um eine Altzulassung. − »Hinweis« entspricht in der Regel Evidenzgrad IIa – mindestens eine randomisierte Studie weist auf die Wirksamkeit hin, aber das Präparat ist nicht zugelassen. − »Erste Hinweise« entspricht in der Regel Evidenzgrad IIb – Serie von gut angelegten Studien, Fallkontrollstudien, experimentellen Einzelfallstudien, manchmal auch Evidenzgrad III (deskriptive Studien); alle Studien reichen aber für einen Wirksamkeitsnachweis bei der betreffenden Indikation noch nicht aus. Neu in der 6. Auflage ist die Angabe der maximal zugelassenen Dosis, bezogen auf das zuerst zugelassene Präparat, auch mit einem hochgestellten z gekennzeichnet. Die Angaben zu den Dosierungen beziehen sich, wenn nicht anders erwähnt, auf alle zugelassenen Indikationen. Die Zulassungsdiagnosen, auch bei neuen Substanzen, sind für verschiedene Präparate oft nicht identisch und beziehen sich nicht unbedingt auf die ICD-10-Nomenklatur; es wird in der Regel die Zulassungsdiagnose übernommen (kursiv gedruckt). Ansonsten werden in
Leseanweisung
XV
der Regel ICD-10-Diagnosen verwendet; falls Studien überwiegend an Patienten mit DSM-Diagnosen durchgeführt wurden, werden auch diese benutzt. − Die wichtigen Nebenwirkungen sind der Fachinformation, auch mit der Angabe der üblichen Häufigkeitsangaben (sehr häufig (>1/10), häufig (> 1/100 bis <1/10), gelegentlich (>1/1000 bis < 1/100), selten (>1/10000 bis <1/1000), sehr selten (<1/10000)) entnommen. Oft ist eine Auswahl getroffen oder typische Nebenwirkungen sind zusammengefasst. Auch wichtige Einzelfallbeschreibungen aus der neuesten Literatur werden zusätzlich erwähnt. Zeichnet sich ein Präparat durch (weitgehend) fehlende Nebenwirkungen aus, wird dieser Vorteil im Abschnitt »Indikationen und Behandlungshinweise« erwähnt. − Die wichtigen Kontraindikationen werden aufgezählt; darüber hinaus erfolgen jeweils Verweise auf die ergänzenden Ausführungen. Vollständige Angaben finden sich in der Fachinformation. − Im Präparateteil werden die klinisch relevanten Interaktionen erwähnt. Die weiteren Interaktionen finden sich in den Tabellen der einzelnen Kapitel und in 7 Kap. 16. − Die Präparate werden bewertet. Wenn sie zwar zugelassen, aber unseres Erachtens nach entbehrlich oder mit zu großen Risiken behaftet sind, werden nur unerlässliche Informationen gegeben. 5 Der Anhang enthält drei Verzeichnisse: − Diagnosenverzeichnis − Pharmakaverzeichnis (Präparate, die sich nur in Österreich und der Schweiz im Handel befinden, sind gesondert gekennzeichnet) − Sachverzeichnis. 5 Die Empfehlungen des Kompendiums gelten für das Erwachsenenalter.
Inhaltsverzeichnis
1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.6 1.4.7 1.4.8 1.4.9 1.4.10 1.4.11 1.4.12 1.4.13 1.4.14 1.4.15 1.5 1.6 1.7 1.8 1.8.1 1.8.2 1.8.3 1.9 1.10 1.10.1 1.10.2
Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Depressive Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Panikstörung mit/ohne Agoraphobie . . . . . . . . . . . Generalisierte Angststörung . . . . . . . . . . . . . . . . Phobische Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Posttraumatische Belastungsstörung . . . . . . . . . . . Somatoforme Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzsyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronic-Fatigue-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . Prämenstruell-dysphorisches Syndrom . . . . . . . . . . Entzugssyndrome verschiedener Substanzgruppen und Rezidivprophylaxe der Alkoholabhängigkeit . . . . Essstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlafstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimakterische Beschwerden . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlichkeitsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva und Psychotherapie bei der Depression . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen von TZA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen von SSRI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen von neuen Antidepressiva . . . . . . . . . Routineuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plasmakonzentrationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungseintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 1 3 5 9 9 21 23 24 25 26 28 28 30 31
. . . . . . . . . . . . . . . .
31 32 32 32 33 33 37 44 47 49 53 56 57 59 60 62
XVIII
Inhaltsverzeichnis
1.11 1.11.1 1.11.2 1.12 1.13
Behandlungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . Akuttherapie und Erhaltungstherapie . . . . . . Rezidivprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapieresistenz und unzureichende Response Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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63 66 66 68 73
2
Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . . Adjuvante Pharmakotherapeutika . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manische Episode . . . . . . . . . . . . . . . Bipolare affektive Störung . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer und Psychotherapie Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Routineuntersuchungen . . . . . . . . . . . Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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129 129 130 131 131 133 135 135 140 151 152 152 153 153 157 158
Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Antipsychotika nach der chemischen Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung der Antipsychotika nach der antipsychotischen Wirksamkeit (»neuroleptische Potenz«) Einteilung der Antipsychotika nach ihren »atypischen« Eigenschaften . . . . . . . . . . . Klinische Wirkungsprofile der Antipsychotika . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Prinzipien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlung komorbider psychiatrischer Störungen bei Patienten mit Schizophrenie . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schizophrene Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183 183
2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.4 3.4.1
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
183 184 186 189 191 194 194 195 198 199
XIX
Inhaltsverzeichnis
3.4.2
3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.10.1 3.10.2 3.10.3 3.11 3.12 3.12.1 3.12.2 3.12.3 3.13
Schizotype Störungen, wahnhafte Störungen, akute vorübergehende psychotische Störungen, induzierte wahnhafte Störungen . . . . . . . . . . . . . . . Schizoaffektive Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Affektive Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angststörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demenzielle Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Alkohol- und Drogen-induzierte Psychosen . . . . . . . . Persönlichkeitsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzsyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurologische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika und psychosoziale Interventionen bei Schizophrenien . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unerwünschte neurologische und zentralnervöse Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unerwünschte metabolische Wirkungen . . . . . . . . . . Kardiale Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vegetative Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Veränderungen des hämatopoetischen Systems . . . . . . Sonstige Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Routineuntersuchungen und -hinweise . . . . . . . . . . . Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharmakokinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika-Plasmakonzentrationen . . . . . . . . . . Depotmedikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Non-Response, Therapieresistenz und Therapieversagen Behandlungsoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kombination von Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . Augmentationsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
219 224 228 230 231 232 234 235 240 244 245 246 247 249 253 254 258 261 263
4 4.1 4.2 4.3 4.4
Anxiolytika . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien Indikationen . . . . . . . . . . .
327 327 327 330 332
3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.4.7 3.4.8 3.4.9 3.4.10 3.4.11 3.5 3.6 3.6.1
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207 208 210 211 211 212 213 213 214 214 215 218
XX
4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6 4.4.7 4.4.8 4.4.9 4.4.10
Inhaltsverzeichnis
4.7 4.8 4.8.1 4.8.2 4.9 4.10 4.11
Phobische Störung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Panikstörung mit/ohne Agoraphobie . . . . . . . . . . . . Generalisierte Angststörung . . . . . . . . . . . . . . . . . Depressive Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Somatoforme Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manische Episode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schizophrene Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extrapyramidal-motorische Störungen . . . . . . . . . . . Neurologische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . Benzodiazepine im Alter und bei organischen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . Anxiolytika und Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abhängigkeitsrisiko bei Benzodiazepinen . . . . . . . . . Absetzproblematik bei Benzodiazepinen . . . . . . . . . . Vorbeugung von Benzodiazepinentzugssymptomen und Benzodiazepinentzugsbehandlung . . . . . . . . . . . . . Andere Nebenwirkungen von Benzodiazepinen . . . . . . Symptome bei Überdosierung von Benzodiazepinen . . . Symptome bei chronischer Einnahme von Benzodiazepinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharmakokinetik und Interaktionen . . . . . . . . . . . . Pharmakokinetik der Benzodiazepine . . . . . . . . . . . Interaktionen der Benzodiazepine . . . . . . . . . . . . . . Routinehinweise bei Benzodiazepingabe . . . . . . . . . . Dosierung und Behandlungsdauer . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.8.1 5.8.2 5.8.3
Hypnotika (Antiinsomnika) . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypnotika und Psychotherapie . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pharmakokinetik und Interaktionen . . . . . . . . . Pharmakokinetik der Benzodiazepinhypnotika . . . Pharmakokinetik der Non-Benzodiazepinhypnotika Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5 4.6.6
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
333 333 334 334 335 335 335 336 336 336 337 337 337 339 340 341 342 342 343 343 343 344 346 346 349 373 373 376 379 384 385 386 387 388 388 390 391
Inhaltsverzeichnis
XXI
5.9 5.10 5.11
Routinehinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dosierung und Behandlungsdauer . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
392 393 393
6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.4.4 6.4.5 6.4.6
Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapieprinzipien . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT) . . . . . . . Vaskuläre Demenz (VD) und gemischte Demenz Frontotemporale Demenz (FTD) . . . . . . . . . Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ (DLB) . . . Demenz bei Parkinson-Syndrom (PDD) . . . . . Leichte kognitive Störung (»mild cognitive impairment«, MCI) . . . . . . . Nichtmedikamentöse Maßnahmen . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
417 417 418 420 426 428 431 432 432 434
. . . . . . . . . . . . . . .
435 436 437
6.5 6.6 7 7.1 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 7.2.5 7.2.6 7.2.7 7.2.8 7.3 7.4 8 8.1
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
Medikamente zur Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Suchtmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alkohol (Ethanol) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzodiazepine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Opiate/Opioide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kokain, Amphetamine und andere Substanzen aus der Gruppe der Psychostimulanzien . . . . . . . . Ecstasy (MDMA, 3,4-Methylendioxymetamphetamin) und Eve (MDA, 3,4-Methylendioxyamphetamin) . . . Psychotomimetika (LSD, Meskalin, Psilocybin und ähnliche Substanzen) . . . . . . . . . . . . . . . . Cannabis (THC, Δ-9-Tetrahydrocannabinol) . . . . . Nikotin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Medikamente in der Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
451 451 454 454 462 463
. .
467
. .
469
. . . . . .
470 471 471
. . . .
473 475
Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
507 507
XXII
Inhaltsverzeichnis
8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.2.5 8.2.6 8.3
Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermindertes sexuelles Verlangen . . . . . . . . . . . . Erektionsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Störungen der sexuellen Erregung bei Frauen . . . . . Ejaculatio praecox und andere Ejakulationsstörungen. Gesteigertes sexuelles Verlangen und Paraphilien . . . Substanzinduzierte sexuelle Funktionsstörungen . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
509 509 510 513 514 515 516 521
9 9.1 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.3
Medikamente zur Behandlung von Essstörungen Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anorexia nervosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bulimia nervosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Binge-eating-Störung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adipositas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
531 531 533 533 535 536 537 540
10
Psychostimulanzien und weitere Medikamente zur Behandlung von ADHS und Hypersomnien. . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Erwachsenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Narkolepsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlafapnoesyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Restless-legs-Syndrom« (RLS) und »Periodic limb movements in sleep« (PLMS) . . . . . . . . . . . . . . . . Primäre Hypersomnie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.1 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5 10.3 11 11.1 11.2 11.3 11.3.1 11.3.2 11.4
. . . . . . . .
Medikamente zur Behandlung von Persönlichkeitsund Verhaltensstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapiehinweise . . . . . . . . . . . . . . . Spezifische Therapiehinweise . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie von spezifischen Persönlichkeitsstörungen . . Zielsyndromorientierte Psychopharmakotherapie bei Persönlichkeitsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka bei Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
545 545 545 545 548 549 550 552 553
. . . . .
567 567 568 570 571
.
571
.
576
XXIII
Inhaltsverzeichnis
11.4.1 11.4.2 11.4.3 11.4.4 11.4.5 11.4.6
Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . Benzodiazepine . . . . . . . . . . . . Betarezeptorenblocker und Clonidin Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . Naltrexon . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
576 577 577 578 578 579
12 12.1 12.2 12.3 12.4 12.4.1 12.4.2 12.5 12.6 12.6.1 12.6.2 12.7
Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen Übersicht und allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . Psychomotorische Erregungszustände . . . . . . . . . . . Delirante Syndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Störungen des Bewusstseins . . . . . . . . . . . . . . . . . Quantitative Bewusstseinsstörungen . . . . . . . . . . . . Qualitative Bewusstseinsstörungen . . . . . . . . . . . . . Stuporöse Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Suizidalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umgang mit suizidalen Patienten . . . . . . . . . . . . . . Suizidprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka als Ursache psychiatrischer Akutsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Pharmaka als Ursache psychiatrischer Akutsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
581 581 587 588 591 591 592 593 596 597 598
12.7.1 12.7.2 12.8
13 13.1 13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.2.4 13.2.5 13.2.6 13.2.7 13.3 13.3.1 13.3.2 13.3.3 13.3.4
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
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Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka im Alter . . . . . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen . Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzodiazepine und Non-Benzodiazepine . . . . . . . Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Pharmaka/Psychopharmaka . . . . . . . . . . Psychopharmaka bei Lebererkrankungen . . . . . . . Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
599 599 600 602
611 611 614 614 616 618 618 620 620 621 622 622 624 626 626
XXIV
Inhaltsverzeichnis
13.3.5 13.3.6 13.3.7 13.4 13.4.1 13.4.2 13.4.3 13.4.4 13.4.5 13.4.6 13.4.7
Benzodiazepine und Non-Benzodiazepine Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Pharmaka/Psychopharmaka . . . Psychopharmaka bei Nierenerkrankungen Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . Benzodiazepine und Non-Benzodiazepine Antidementiva . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Pharmaka/Psychopharmaka . . .
. . . . . . . . . . .
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628 629 629 631 631 631 634 634 635 636 637
14 14.1 14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.3 14.4 14.5 14.6 14.7
Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trizyklische Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer . . . . . . Monoaminooxidasehemmer . . . . . . . . . . . . . . . Andere Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lithium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antikonvulsiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benzodiazepine und Non-Benzodiazepinhypnotika . Elektrokrampfbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
639 639 640 640 641 642 642 643 645 646 648 649
15
Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit . . . . . . . . . .
651
16
Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen . . .
655
17 17.1 17.2 17.2.1 17.2.2 17.2.3 17.2.4 17.3 17.3.1 17.3.2 17.3.3 17.4
Intoxikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trizyklische Antidepressiva (TZA) . . . . . . . . . Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer (SSRI) Monoaminooxidasehemmer (MAO-Hemmer) . . Andere Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmungsstabilisierer . . . . . . . . . . . . . . . . Lithium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carbamazepin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Valproinsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antipsychotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
665 665 666 666 667 668 669 669 669 670 671 672
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
XXV
Inhaltsverzeichnis
17.4.1 17.4.2 17.4.3 17.5 17.6 17.6.1 17.6.2 17.6.3 17.6.4 17.6.5 17.6.6
Butyrophenone und Phenothiazine . . . . . . Clozapin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Atypische Antipsychotika (außer Clozapin) . Benzodiazepine . . . . . . . . . . . . . . . . . Drogenintoxikationen . . . . . . . . . . . . . . Opiate/Opioide. . . . . . . . . . . . . . . . . . Kokain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amphetamine und -derivate . . . . . . . . . . Ecstasy (MDMA) und Eve (MDA) . . . . . . Cannabis (∆-9-Tetrahydrocannabinol, THC) Psychomimetika (Halluzinogene: Lysergsäurediethylamid, LSD) . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
672 672 673 674 675 675 676 676 677 678
. . . . . . .
679
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
681
Diagnoseverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
683
Pharmakaverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
687
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
701
665
17
Intoxikationen1
17.1
Allgemeine Gesichtspunkte
Jeder im psychiatrischen Konsiliar- und Notdienst tätige Arzt sollte die wichtigsten Intoxikationssyndrome bzw. die potenziellen Gefahren bei Überdosierung von Psychopharmaka der verschiedenen Stoffgruppen kennen. Schon im Verdachtsfall stellt jede Intoxikation mit psychotropen Substanzen eine Notfallsituation dar und erfordert umgehende internistische Überwachung und ggf. Behandlung. 5 Psychopharmakaintoxikationen ereignen sich meistens in suizidaler Absicht. Sie kommen aber auch akzidentell vor: z. B. in der Einstellungsphase bei Wechselwirkungen (insbesondere bei »Poor Metabolizern«) und nach Verwechslungen der Medikamente durch ältere oder verwirrte Patienten. Es ist jedoch zu beachten, dass in den meisten Fällen (v. a. bei Suizidversuchen) Mischintoxikationen vorliegen; eine genaue Diagnosestellung ist meistens nur aufgrund einer (Fremd-) Anamnese (Angehörige, Pflege- oder Rettungsdienstpersonal) und internistischer Abklärung möglich. Bei gezieltem Verdacht sollten – wenn immer möglich – Plasmaspiegelbestimmungen erfolgen. 5 Drogenintoxikationen: Häufig durch Fehleinschätzung der Dosis (obskure Bezugsquellen bei illegalen Drogen) oder des additiven bzw. potenzierenden Effekts bei kombiniertem Drogenmissbrauch (v. a. bei »Drogenanfängern«), aber auch in suizidaler Absicht. 5 Die Therapie bei akuten Intoxikationen (in einer geeigneten internistischen Abteilung unter kontinuierlichem Monitoring und ggf. intensivmedizinischer Intervention) ist mehrgleisig: − Einschätzung und ggf. Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Vitalfunktionen: Bewusstsein (Ansprechbarkeit, Schutzreflexe), Atmung (Freimachen bzw. Sicherung der Atemwege, Sauerstoffappli-
1
Es werden hier nur Daten zu den wichtigsten bzw. häufigsten und zu jenen Psychopharmaka bzw. -gruppen erwähnt, für die eine Zulassung für eine entsprechende psychiatrische Indikation besteht (blaue Unterlegung des Psychopharmakons im Präparateteil). Ausgenommen sind die Präparate der 7 Kap. 8 und 9.
666
Kapitel 17 · Intoxikationen
1 2
−
3 4
−
5 6 −
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
− 17.2
kation, ggf. Intubation und Beatmung), Kreislauf (antihypertensive bzw. antihypotensive Therapie, Schockbehandlung, ggf. kardiopulmonale Reanimation). Primäre Detoxifikation: Nur bei bewusstseinsklaren oder intubierten Patienten und wenn Zeitpunkt der Einnahme bekannt; induziertes Erbrechen bzw. Diarrhö, Magenspülung, Applikation von Aktivkohle in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Ingestion und eingenommener Menge sowie pharmakokinetischen Parametern der Substanz (Absorptionsgeschwindigkeit). Symptomatische Therapie: Behandlung zentraler und/oder vegetativer sowie sonstiger internistischer Komplikationen (Sedierung, Blutdruckregulation, Antiarrhythmika, Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Azidoseausgleich, Temperaturausgleich, antikonvulsive Behandlung). Sekundäre Detoxifikation: Forcierte Diurese, Hämodialyse bzw./-perfusion; abhängig von pharmakokinetischen Parametern (nicht sinnvoll z. B. bei großem Verteilungsvolumen oder hoher Plasmabindungskapazität). Gegebenfalls Applikation von Antidota. Antidepressiva
17.2.1 Trizyklische Antidepressiva (TZA) Toxische Effekte und Symptomatik 5 Periphere anticholinerge Effekte: Mundtrockenheit, Miktionsstörungen, Obstipation bis zum paralytischen Ileus, Hyperthermie, Akkommodationsstörungen (v. a. in der Initialphase einer Behandlung bzw. bei leichten Vergiftungen). 5 Zentrales anticholinerges Syndrom (7 Kap. 12.7.2) mit deliranter Symptomatik (agitierte Verlaufsform) oder sedative Verlaufsform mit Vigilanzsstörungen bis zu Sopor bzw. Koma. 5 Epileptische Anfälle (v. a. in der Initialphase der Therapie). 5 Tachykarde und bradykarde Herzrhythmusstörungen (QTc-Verlängerung; kardiale Erregungsleitungsstörungen als Folge der chinidinartigen, membranstabilisierenden Wirkung, 7 Kap. 1.6). 5 Hypotension aufgrund von zentraler (Vasomotorenzentrum) und peripherer (Vasodilatation venöser Kapazitätsgefäße) Rezeptorblockade bzw. von Herzrhythmusstörungen. 5 Pulmonale Komplikationen bis zur respiratorischen Insuffizienz (bedingt durch Perfusionsstörungen), evtl. Lungenödem und ARDS.
17.2 · Antidepressiva
667
17
Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, Applikation von Aktivkohle, evtl. Natriumhydrogencarbonat zur Erhöhung der Plasmaproteinbindung der freien TZA. 5 Symptomatische Therapie: Antikonvulsiva, Antiarrhythmika, Volumenersatz, Azidoseausgleich. 5 Beim zentralen anticholinergen Syndrom und/oder starker peripherer anticholinerger Symptomatik: Physostigmin (Anticholium) initial bis zu 6 mg i.v., dann 1–4 mg/h über Perfusor (nur unter intensivmedizinischen Bedingungen!). 5 In Abhängigkeit von Bewusstseinslage und Blutgaswerten intensivmedizinische Überwachung und ggf. Intubation und Beatmung. 5 Sekundäre Detoxifikation gilt wegen hoher Plasmaproteinbindung und großem Verteilungsvolumen der TZA als ineffektiv. 17.2.2 Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer (SSRI) Toxische Effekte und Symptomatik 5 In der Literatur sind bislang aufgrund der großen therapeutischen Breite selten schwere Vergiftungen beschrieben worden. 5 Symptomatik prinzipiell wie beim zentralen Serotoninsyndrom möglich (7 Kap. 12.7.2): Dyskinesien, Ataxie, Hyperrigidität, Muskelzittern und -krämpfe. 5 Kopfschmerzen, Agitation und ängstliche Unruhe. 5 Bewusstseinsstörungen: Somnolenz bis Sopor, selten komatöse Zustände, Krampfanfälle. 5 Sehr selten Herzrhythmusstörungen, z. B. supraventrikuläre Tachykardien; Dyspnoe; Übelkeit, Erbrechen, abdominelle Schmerzen; Gerinnungsstörungen. 5 Urtikaria, evtl. Myalgien, Arthralgien. 5 Miktionsstörungen. 5 Laborbefunde: Leukozytose. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Wegen spontan auftretender Übelkeit und nachfolgendem Erbrechen kann auf induziertes Erbrechen bzw. Magenspülung häufig verzichtet werden: Applikation von Carbo medicinalis. 5 Symptomatische Therapie: Antiarrhythmika, Antihistaminika, Antikonvulsiva. 5 Sekundäre Detoxifikation gilt bei den meisten SSRI wegen großer Verteilungsvolumina von Muttersubstanz und Metaboliten als ineffektiv.
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Kapitel 17 · Intoxikationen
17.2.3 Monoaminooxidasehemmer (MAO-Hemmer) Toxische Effekte und Symptomatik 5 Auch bei selektiven MAO-A-Hemmern (Moclobemid) kommt es in höheren Dosen (= Intoxikationsbedingungen) zu einer kombinierten Typ-A-/Typ-B-Hemmung, d. h. toxikodynamische Wirkungen sind prinzipiell gleich wie bei nichtselektiven MAOH (Tranylcypromin). 5 Symptomatik ähnelt phänomenologisch dem zentralen Serotoninsyndrom bzw. dem malignen neuroleptischen Syndrom (7 Kap. 12.7.2). 5 Typischerweise Auftreten von Intoxikationssymptomen erst nach einer Latenzzeit (6–24 h). 5 Delirante Symptomatik mit Bewusstseins-, Aufmerksamkeits- und kognitiven Störungen sowie Desorientiertheit, Verwirrtheit, Agitation, optischen Halluzinationen. 5 Epileptische Anfälle, Myoklonien, Tremor, Opisthotonus. 5 Hypertensive Krisen, aber auch orthostatische Hypotension, Tachykardie. 5 Übelkeit, Erbrechen, Obstipation bis zum paralytischen Ileus, akutes Nierenversagen, Hyperthermie, Rhabdomyolyse. 5 Laborbefunde: Myoglobinämie, -urie, Transaminasenanstieg, Azidose, Hämolyse, Gerinnungsstörungen, Hypoxämie, Hyperkapnie.
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Therapie 5 Primäre Detoxifikation:
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! Bei Hypertension unter MAO-Hemmern wegen intrakranieller Blu-
tungsgefahr kein induziertes Erbrechen!
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5 Bei bereits vorhandenen Vergiftungssymptomen kann auf induziertes Erbrechen wegen der langen Latenzzeit verzichtet werden, da in diesem Falle bereits von einer nahezu vollständigen Absorption ausgegangen werden muss. 5 Symptomatische Therapie: bei Hypotension Volumensubstitution (wegen Gefahr der Rhabdomyolyse wird auch bei Normotension reichliche Flüssigkeitszufuhr empfohlen), in schweren Fällen Katecholamine unter intensivmedizinischen Bedingungen; bei Hypertension antihypertensive Therapie (v. a. β-Rezeptorenblocker); antikonvulsive Behandlung; Heparinisierung bzw. gezielte Faktorensubstitution bei Verbrauchskoagulopathie; antipyretische Therapie (zunächst Kühlung, dann medikamentös); Azidoseausgleich.
17.3 · Stimmungsstabilisierer
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17
5 In Abhängigkeit von der Bewusstseinslage und Blutgasanalyse Intubation und Beatmung. 5 Effektivität einer sekundären Detoxifikation ist bisher nicht nachgewiesen. 17.2.4 Andere Antidepressiva Toxische Effekte und Symptomatik 5 Geringgradiges toxisches Potenzial bei Duloxetin, Mirtazapin und Reboxetin; bisher keine schweren Vergiftungen mit letalem Ausgang bei Monointoxikation beschrieben, jedoch seltene diesbezügliche Berichte für Bupropion; Venlafaxin entsprechend 7 Kap. 17.2.2. 5 Agomelatin: Sedierung; toxisches Potenzial wohl eher gering, jedoch existieren vor Markteinführung noch keine sicheren Daten. 5 Gefahr der additiven (z. B. sedierenden) Wirkung bei Mischintoxikationen ist immer gegeben. 5 I. Allg. verstärkte Nebenwirkungen bei Intoxikation, v. a. Sedation und Übelkeit; bei Mirtazapin delirähnliches Bild, bei Bupropion, Duloxetin und Reboxetin epileptische Anfälle (insbesondere bei Prädisposition bzw. Komedikation mit Pharmaka, die zur Senkung der Anfallsschwelle führen) und hypertensive Blutdruckentgleisungen sowie (Tachy-) Arrhythmien möglich. 5 Bericht von Rhabdomyolyse bei Überdosierung von Venlafaxin. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Bei hohen Ingestionsdosen ggf. Carbo medicinalis, Magenspülung. 5 Symptomatische Therapie: Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, Volumenersatzmittel; evtl. Schockbehandlung. 5 Sekundäre Detoxifikation: zur Effektivität bisher keine sicheren Daten. 17.3
Stimmungsstabilisierer
17.3.1 Lithium Toxische Effekte und Symptomatik 5 Ursachen für Lithiumintoxikation: Überdosierung (akzidentiell oder suizidal), Kalium- oder Kochsalzmangel (natriumarme Diät), Kombination mit Diuretika, starkes Schwitzen, interkurrente Erkrankungen (insbesondere mit Nierenfunktionsstörungen, Elektrolytverschiebungen),
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Kapitel 17 · Intoxikationen
sonstige Flüssigkeitsverluste; Verminderung der renalen Lithiumclearance durch nichtsteroidale Antiphlogistika oder ACE-Hemmer. 5 Serumkonzentrationsbereich: mäßige Intoxikation: 1,5–2,5 mmol/l; schwere Intoxikation: 2,5–3,0 mmol/l. 5 Symptome: zunächst Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, grobschlägiger Händetremor, Abgeschlagenheit, psychomotorische Verlangsamung, Vigilanzminderung, Schwindel, Dysarthrie, Ataxie; später: Rigor, Hyperreflexie, Faszikulationen, Krampfanfälle, Schock, Bewusstseinstrübung bis zum Koma, Herz-Kreislauf-Stillstand. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Nur Magenspülung (keine Absorption an Aktivkohle; laxierende und erbrecheninduzierende Maßnahmen nicht notwendig wegen der entsprechenden Lithiumeigenwirkung). 5 Symptomatische Therapie: antihypotensive Maßnahmen, Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, Azidose- und Elektrolytausgleich. 5 Sekundäre Detoxifikation: Infusion isotoner Kochsalzlösung, Clearancesteigerung durch Carboanhydrasehemmer, z. B. Acetazolamid (Diamox), Hämodialyse (effektivstes Verfahren), Hämofiltration; forcierte Diurese wird nicht mehr empfohlen. 17.3.2 Carbamazepin Toxische Effekte und Symptomatik 5 In hohen Ingestionsdosen starke Ähnlichkeiten mit TZA mit sedierenden und möglichen proarrhythmischen Effekten, auch ähnliche anticholinerge Potenz. 5 Toxische Dosen beim Erwachsenen ab ca. 3 g; maximale Plasmakonzentrationen können aufgrund verlangsamter Resorption (anticholinerger Effekt) bis zu 72 h nach Ingestion auftreten. 5 Schon bei relativ niedrigen Intoxikationsdosen: Nystagmus, Schwindel, Ataxie, weiterhin Mydriasis, Akkommodationsstörungen, Krampfanfälle. 5 Zentrales anticholinerges Syndrom (7 Kap. 12.7.2) mit Agitiertheit bzw. Somnolenz bis Koma (fluktuierender Verlauf möglich) sowie periphere anticholinerge Effekte (wie TZA). 5 Kardiale Reizleitungsstörungen (Blockbilder, Vorhofflimmern), toxische Myokardschädigung, Hypotension. 5 In späteren Stadien Dyspnoe, Ateminsuffizienz. 5 Übelkeit, Erbrechen.
17.3 · Stimmungsstabilisierer
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17
5 Laborbefunde: Elektrolytentgleisungen (v. a. Hyponatriämie), Leukozytose. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung, aufgrund verlangsamter Resorption u. U. noch späte Durchführung indiziert (12–24 h). 5 Symptomatische Therapie: Hypotoniebehandlung (Volumenersatz, ggf. Katecholamine), antiarrhythmisch (bis hin zur temporären Schrittmacherversorgung), Antikonvulsiva; ggf. Intubation, Beatmung. 5 Sekundäre Detoxifikation: Wirksamkeit wird aufgrund hoher Plasmaproteinbindung und großen Verteilungsvolumens zurückhaltend beurteilt; evtl. Magendauerspülung, Mehrfachinstillation von Carbo medicinalis. 17.3.3 Valproinsäure Toxische Effekte und Symptomatik 5 Berichtete toxische Dosen bei Erwachsenen ab 2 g. 5 Vigilanzstörungen mit Somnolenz bis Koma, gelegentlich aber auch Agitiertheit, Halluzinationen; evtl. Hirnödem. 5 Muskuläre Hypotonien, jedoch auch Myoklonien und Spasmen, Ataxie, erhöhte Anfallsbereitschaft. 5 Hypotension, Bradykardie bis Asystolie; Ateminsuffizienz. 5 Oligurie, Anurie. 5 Gerinnungsstörungen, im Extremfall disseminierte intravasale Gerinnung. 5 Elektrolytentgleisungen. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Carbo medicinalis, Applikation von Glaubersalz. 5 Symptomatische Therapie: Volumenersatz, Elektrolyt-/Azidoseausgleich, bei schweren Formen mit Ateminsuffizienz bzw. Kreislaufstillstand Intubation und Beatmung; ggf. Hirnödembehandlung; prophylaktische Heparinisierung wegen Gefahr der disseminierten intravasalen Gerinnung empfohlen. 5 Sekundäre Detoxifikation: Hämodialyse, Hämoperfusion gelten – insbesondere in Kombination – als effektiv.
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1
17.4
Kapitel 17 · Intoxikationen
Antipsychotika
17.4.1 Butyrophenone und Phenothiazine
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Toxische Effekte und Symptomatik 5 Butyrophenone: große therapeutische Breite, letale Verläufe sind daher selten; in hoher Dosierung starke EPS, in toxischen Dosen sedierend und hypotensiv. 5 Phenothiazine: sedierend und mit z. T. ausgeprägten vegetativen Symptomen (schon in therapeutischer Dosierung). 5 Zentrale und periphere anticholinerge Wirkungen sind bei Phenothiazinderivaten eher stark, bei Butyrophenonen jedoch eher gering ausgeprägt. 5 Bewusstseinsstörungen: Somnolenz bis Koma, aber auch Erregungszustände. 5 Tremor, zerebrale Krampfanfälle (Senkung der Anfallsschwelle). 5 Hypotension (Rezeptorblockade, zentrale Kreislaufdepression), Herzrhythmusstörungen (chinidinartiger, membranstabilisierender Effekt, QTc-Zeit-Verlängerung mit entsprechenden Risiken, 7 Kap. 3.6). 5 Zentrale und periphere Temperaturregulationsstörungen, Ateminsuffizienz, Lungenödem, Miktionsstörungen. 5 Laborbefunde: Hypoglykämie möglich (bei Butyrophenonen).
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Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Induziertes Erbrechen ist wegen antiemetischer Wirkung der Antipsychotika beider Gruppen problematisch und daher nicht zu empfehlen; Magenspülung nur bei hohen Dosen; Carbo medicinalis. 5 Symptomatische Therapie: antihypotensiv, antiarrhythmisch, antikonvulsiv. 5 Bei Dyskinesien im Rahmen von EPS: Biperiden (Akineton) 5–10 mg i.v. 5 Bei (allerdings seltenem) zentralem anticholinergem Syndrom: Physostigmin (Anticholium) 2–6 mg i.v., evtl. 1–4 mg/h über Perfusor je nach Symptomatik nur unter intensivmedizinischer Überwachung, 7 Kap. 12.7.2). 5 Sekundäre Detoxifikation ist wahrscheinlich ineffektiv.
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17.4.2 Clozapin
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Toxische Effekte und Symptomatik 5 Ausgeprägte anticholinerge Effekte (peripher: Miktionsstörungen, Obstipation bis zum paralytischen Ileus, Akkommodationsstörun-
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17.4 · Antipsychotika
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gen; zentrales anticholinerges Syndrom mit deliranter Symptomatik, 7 Kap. 12.7.2) und Bewusstseinsstörungen (soporöse bis komatöse Zustände) bereits in therapeutischer Dosierung möglich. Epileptische Anfälle (Senkung der Anfallsschwelle), Ataxie, Dysarthrie, Tremor. Hypotone Kreislaufdysregulation, akute Linksherzdekompensation, tachykarde und bradykarde Herzrhythmusstörungen (Reizleitungsstörungen aufgrund starker anticholinerger Eigenschaften, ventrikuläre Arrhythmien, QTc-Verlängerung, 7 Kap. 3.6 und Präparat). Respiratorische Insuffizienz bis zum Atemstillstand. Hypersalivation (bereits in therapeutischer Dosierung), Hyperthermie.
Therapie 5 Primäre Detoxifikation: sinnvoll wegen langer Resorptionszeit und anticholinerger Wirkung (= lange Verweildauer im Verdauungstrakt); Applikation von Carbo medicinalis und Glaubersalz; evtl. bei Darmparalyse hohe Darmeinläufe. 5 Symptomatische Therapie: Kühlung, Antikonvulsiva, antihypotensive und antiarrhythmische Maßnahmen, Azidoseausgleich, bei respiratorischer Insuffizienz ggf. Intubation und Beatmung. 5 Bei zentralem anticholinergen Syndrom: 7 Kap. 12.7.2. 5 Sekundäre Detoxifikation: nicht effektiv (u. a. wegen hoher Plasmaproteinbindung). 17.4.3 Atypische Antipsychotika (außer Clozapin) Toxische Effekte und Symptomatik 5 Geringgradiges toxisches Potenzial, bisher keine Berichte über fatalen Ausgang bei Monointoxikation mit Amisulprid, Aripiprazol,Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon (zum Problem QTc-Verlängerung 7 Kap. 3.6). 5 Vermehrte Arrhythmogenität bei Überdosierung von Sertindol aufgrund erhöhten Vorkommens von QTc-Verlängerung (7 Kap. 3.6). 5 I. Allg. Akzentuierung von Nebenwirkungen, v. a. Sedierung, Hypotonie, (Reflex-) Tachykardie. 5 Gefahr der additiven (z. B. sedierenden) Wirkung bei Mischintoxikationen. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: bei hohen Ingestionsdosen ggf. Carbo medicinalis, Magenspülung.
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Kapitel 17 · Intoxikationen
5 Symptomatische Therapie: Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, Volumenersatz; evtl. Schockbehandlung. 5 Sekundäre Detoxifikation: zur Effektivität bisher keine sicheren Daten.
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17.5
Benzodiazepine
Toxische Effekte und Symptomatik 5 Gefährdung hauptsächlich bei hohen Dosen bzw. Mischintoxikationen mit anderen sedierenden Substanzen (z. B. Alkohol, Opiate). 5 Allgemeine Apathie, Bewusstseinstrübung (Somnolenz bis Koma), Hypo- bis Areflexie, muskuläre Schwäche, Dysarthrie, Ataxie, Nystagmus, gelegentlich Doppelbilder. 5 Hypotension, (Reflex)tachykardie, Ateminsuffizienz. 5 Schwindelzustände, Übelkeit, Kopfschmerzen. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: In Abhängigkeit von Dosis und Zeitpunkt der Ingestion bzw. Bewusstseinslage evtl. induziertes Erbrechen, Magenspülung, Carbo medicinalis. 5 Symptomatische Therapie: Einschätzung der Bewusstseinslage und Sicherung der Atemwege, Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Vitalfunktionen, ggf. Intubation und Beatmung. 5 Antidot: In besonderen Fällen kann die Applikation des Antidots Flumazenil (Anexate, kompetitiver Antagonist am Benzodiazepinrezeptor) durch den Notarzt oder Intensivmediziner erwogen werden. Dosierung: initial langsam 0,2 mg i.v., bei Ansprechen 0,1–0,3 mg/min bis maximal insgesamt 1–2 mg, danach auch Perfusorapplikation möglich (kurze t½ im Vergleich zu Benzodiazepinen). 5 Sekundäre Detoxifikationsmaßnahmen: verzichtbar.
17.6 · Drogenintoxikationen
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Drogenintoxikationen2
17.6.1 Opiate/Opioide Toxische Effekte und Symptomatik 5 Besonders große Gefahr von Intoxikationserscheinungen wegen des oft bestehenden zusätzlichen Substanzkonsums; Symptomatik und Toxikodynamik bei allen Opiatrezeptoren prinzipiell gleich. 5 Vegetative Dysregulation mit Überwiegen der Aktivität des zentralen Parasympathikus gegenüber dem Sympathikus. 5 Anfänglich Euphorie, Analgesie, dann Vigilanzstörungen (Somnolenz bis zum Koma). 5 Hypotonie, (vornehmlich bradykarde) Herzrhythmusstörungen, Hypothermie (periphere Vasodilatation, Histaminfreisetzung). 5 Zentrale Atemlähmung, evtl. Lungenödem als Folge der Hypoxämie. 5 Miosis (oft hinweisend); Übelkeit, Erbrechen, Obstipation bis zum paralytischen Ileus; Oligurie durch antidiuretischen Effekt der Opiate bzw. Opioide. Therapie 5 Antidot: Naloxon (Narcanti) i.v. in 0,2-mg-Schritten bis 2 mg. ! Bei zu schneller bzw. hoch dosierter Gabe von Naloxon können
Opiatentzugssymptome mit Erregungszuständen auftreten. Wegen geringer t½ von Naloxon sind ggf. Nachinjektionen erforderlich.
5 Primäre Detoxifikation spielt eine untergeordnete Rolle wegen seltener oraler Opiatapplikation (Ausnahmen: Methadon, Codeinderivate) und Vorhandensein eines Antidots. 5 Symptomatische Therapie: Sauerstoffapplikation, antihypotensive Maßnahmen, antiarrhythmische Therapie, Antikonvulsiva (Diazepam jedoch in der Regel wegen zusätzlicher Atemdepression nur nach Intubation und Beatmung), Flüssigkeitsbilanzierung (auf ausreichende Diurese achten, evtl. Beschleunigung der renalen Elimination durch Ansäuern des Urins mit Ammoniumchlorid), Schutz vor Auskühlung, Azidoseausgleich. Bei respiratorischer Insuffizienz abhängig von Blutgasanalyse bzw. klinischem Bild Intubation und Beatmung.
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Die Alkoholintoxikation wird ausführlich in 7 Kap. 7.2.1 dargestellt.
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Kapitel 17 · Intoxikationen
17.6.2 Kokain Toxische Effekte und Symptomatik 5 Aufgrund zentraler Sympathikusstimulation starke sympathoadrenerge vegetative und zentrale Effekte. 5 In der Regel biphasischer Verlauf eines Intoxikationssyndroms: Anfänglich Phase der Stimulation: Euphorie, Unruhe, Reizbarkeit, allgemeine Agitation, zerebrale Krampfanfälle, psychotische Zustandsbilder, z. T. mit Halluzinationen. Später Phase der Depression: Kopfschmerzen, Insomnie, Verwirrtheit, Verlangsamung, Hyporeflexie, Anhedonie mit gelegentlicher Suizidalität, Anorexie. 5 Evtl. respiratorische Insuffizienz. 5 Gastrointestinale Symptomatik mit Übelkeit, Erbrechen. 5 Vasokonstriktion in verschiedenen Gefäßstromgebieten und entsprechende ischämische Komplikationen: akuter Myokardinfarkt, Nekrosen an Extremitäten, Hirn-, Mesenterial-, Niereninfarkt, Zentralarterienverschluss der Retina. 5 Hypertension mit entsprechenden Komplikationen: intrakranielle Blutungen; ventrikuläre und (tachykarde) supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen. 5 Metabolische Katecholaminwirkungen: Hyperglykämie, Hyperthermie, Laktatazidose. 5 Rhabdomyolyse, Lebernekrosen, eosinophile Myokarditis. 5 Gerinnungsstörungen bis zur disseminierten intravasalen Gerinnung. 5 »Kokainschock«: akut lebensbedrohliche Komplikation, Auftreten unmittelbar nach Einnahme: ausgeprägte innere Unruhe und Angst, psychomotorische Erregung, Hypotonie, Bradykardie, extreme Hautblässe, Bewusstseinstrübung bis zum Koma. Therapie 5 Entspricht im Wesentlichen der Therapie bei Intoxikation mit Amphetaminen bzw. »Designerdrogen« (7 Kap. 17.6.3 und 17.6.4). 5 Bei Kokainschock: Adrenalin (Suprarenin) 0,5–1,0 mg verdünnt i.v., 500–1000 mg Prednisolon (z. B. Solu-Decortin H) i.v.; allgemeine Maßnahmen: Sauerstoffzufuhr, ggf. Intubation und Beatmung. 17.6.3 Amphetamine und -derivate
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Toxische Effekte und Symptomatik 5 Toxikodynamik ergibt sich aus dem starken zentralen und peripheren sympathomimetischen Wirkprinzip der Substanzen (Förderung der
17.6 · Drogenintoxikationen
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Freisetzung bzw. Wiederaufnahmehemmung aller synaptisch lokalisierten biogenen Amine). 5 Klinische Einteilung der Amphetaminintoxikation in 4 Schweregrade: − I Unruhe, Irritabilität, Insomnie, Tremor, Hyperreflexie, Mydriasis, Flush; − II Hypertonie, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Hyperpyrexie, Verwirrtheit; − III Delir, psychotische Symptomatik mit Sinnestäuschungen, Angst, Agitation; − IV Krampfanfälle, Koma, Herz-Kreislauf-Versagen. 5 Weitere Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Tenesmen. 5 Vasospasmen mit der Gefahr der Infarzierung lebenswichtiger Organe (sympathomimetischer Effekt). Therapie (auch bei Kokainintoxikationen) 5 Primäre Detoxifikation: Magenspülung und Applikation von Carbo medicinalis prinzipiell sinnvoll, jedoch wegen Agitiertheit meistens kaum durchführbar. Durchführung nicht erzwingen! 5 Symptomatische Therapie: Sedierung bzw. antipsychotische Medikation (z. B. Haloperidol 5–10 mg i.v.). ! Herabsetzung der Krampfschwelle möglich, daher adjuvant Benzodi-
azepine, z. B. Diazepam 10 mg i.v.
5 Bei Vasospasmen bzw. Hypertonie: Kalziumantagonisten, z. B. Nifedipin (Adalat) p.o. und/oder Nitrokörper s.l. bzw. i.v. als Perfusorapplikation; antihypertensive Maßnahmen; Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Azidoseausgleich; kühlende Maßnahmen. 5 Sekundäre Detoxifikation gilt als ineffektiv. 17.6.1 Ecstasy (MDMA) und Eve (MDA) Toxische Effekte und Symptomatik 5 Aufgrund einer Vielzahl neuerer Berichte kann die MDMA-Intoxikation als eigenständiges Syndrom betrachtet werden; Todesfälle (v. a. Leberversagen, jedoch auch im Zusammenhang mit Dehydratation) sind bekannt geworden. 5 Ursachen für toxische Effekte sind serotonerge und dopaminerge sowie zentrale und periphere sympathomimetische Wirkungen; hinsichtlich toxischer Dosisbereiche besteht eine hohe interindividuelle Varianz.
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Kapitel 17 · Intoxikationen
5 Hepatopathien mit Cholestase, Transaminaseerhöhungen, Lebersynthesestörungen bis zum fulminanten Leberversagen mit fatalem Ausgang. 5 Palpitationen, Sinustachykardien, erhöhte ektope Erregungsbildung mit Gefahr ventrikulärer Tachyarrhythmien (insbesondere bei kardialer Vorschädigung, z. B. WPW-Syndrom). 5 Arterieller Hypertonus (häufig). 5 Hyperthermie, Elektrolytentgleisung (auch SIADH beschrieben), zerebrale Krampfanfälle. 5 Gerinnungsstörungen bis zur disseminierten intravasalen Gerinnung. 5 Rhabdomyolyse, Nephropathien, akutes Nierenversagen. Einzelfälle von aplastischer Anämie. Therapie 5 Primäre Detoxifikation (nur bei größeren Mengen, z. B. Einnahme in suizidaler Absicht: Magenspülung, Carbo medicinalis, forcierte Diarrhö). 5 Symptomatische Therapie: Sedierung bzw. antipsychotische Medikation, z. B. Haloperidol 5–10 mg i.v. ! Herabsetzung der Krampfschwelle möglich, daher adjuvante Benzo-
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diazepine, z. B. Diazepam 10 mg i.v.
5 Bei Hypertonie: Kalziumantagonisten, z. B. Nifedipin (Adalat), evtl. in Kombination mit Clonidin; Antiarrhythmika, ggf. Kardioversion; Antikonvulsiva; Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Azidoseausgleich; kühlende Maßnahmen. 5 Sekundäre Detoxifikation: Wahrscheinlich ineffektiv, jedoch Hämodialyse bei diuretikaresistentem akutem Nierenversagen. 17.6.2 Cannabis (6-9-Tetrahydrocannabinol, THC) Toxische Effekte und Symptomatik Geringe Toxizität. 5 Initial psychische Stimulation mit Euphorie, später Sedierung und depressive Verstimmung; Halluzinationen, Agitation, Angstzustände; zerebrale Krampfanfälle, Flashbacks. 5 Tachykardie (in hohen Dosen Bradykardie), zunächst Hyper-, später Hypotension. 5 Pharyngitis, Bronchitis, in extrem hohen Dosen Atemdepression. Hunger- und Durstgefühl, Übelkeit, Erbrechen.
17.6 · Drogenintoxikationen
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Therapie 5 Primäre Detoxifikation wegen geringer oraler Bioverfügbarkeit nicht sinnvoll. 5 Symptomatische Therapie: Sedierung bzw. antipsychotische Medikation (z. B. Haloperidol 5–10 mg i.v.); ggf. antihypotensive Maßnahmen. 5 Keine Indikation für sekundäre Detoxifikation wegen der relativ kurzen Wirkdauer der Substanz. 17.6.3 Psychomimetika (Halluzinogene: Lysergsäurediethylamid, LSD) Toxische Effekte und Symptomatik 5 Bei vorwiegend zentral-serotonerger Wirksamkeit kommen periphere Intoxikationserscheinungen zumeist erst bei sehr hohen Dosen vor. 5 Psychotische Symptomatik (Angst- und Erregungszustände, »Horrortrip«) mit optischen und akustischen Sinnestäuschungen; Vigilanzstörungen bis zum Koma, zerebrale Krampfanfälle, Hyperreflexie, Mydriasis, Anisokorie; Flashback (7 Kap. 12, . Tab. 12.3) prinzipiell dosisunabhängig möglich. 5 Tachykardie, Hypertonie; Tachypnoe, evtl. Atemdepression Übelkeit, Erbrechen. 5 Piloerektion, Flush, Hyperthermie; Gerinnungsstörungen. Therapie 5 Primäre Detoxifikation: Nach oraler Aufnahme toxischer Mengen kann eine Magenspülung und Aktivkohle indiziert sein (bei Agitation jedoch oft nicht möglich). 5 Symptomatische Therapie: ggf. Antihypertensiva (v. a. Kalziumantagonisten, Nitrate); Antikonvulsiva; bei Hyperthermie Kühlung; Azidoseausgleich; antipsychotische Behandlung (z. B. Haloperidol 5–10 mg p.o. oder parenteral; 7 Kap. 12, . Tab. 12.2). 5 Sekundäre Detoxifikation wird nicht empfohlen.
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Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen Die Pharmakokinetik beschreibt die 5 Aufnahme (Absorption): in der Regel enterale Resorption über den Verdauungstrakt, 5 Verteilung (Distribution): verschiedene Verteilungsräume, z. B. Gehirn (Blut-Hirn-Schranke), Fettgewebe etc.; Bindung an Plasmaproteine (Albumin, αl-Glykoprotein), 5 Verstoffwechselung (Metabolismus bzw. Biotransformation) und 5 Ausscheidung (Exkretion): in der Regel über Niere oder Galle von Medikamenten und deren Metaboliten im menschlichen Körper (ADMESchema). Metabolisierung und Exkretion werden auch als Elimination zusammengefasst (. Abb. 16.1). Bei vielen Psychopharmaka sind auch die Metaboliten pharmakologisch aktiv und haben dann meist eine längere Eliminationshalbwertszeit als die Muttersubstanz. Biotransformationsreaktionen im Arzneistoffwechsel werden unterteilt in: 5 Phase-I-Reaktionen (Einfügung oder Freilegung einer funktionellen Gruppe): − Oxidation (Hydroxylierung, N- und O-Dealkylierung, wie z. B. Demethylierung, Deaminierung), − Reduktion, − Hydrolyse. 5 Phase-II-Reaktionen: − Konjugationen (z. B. Glukuronidierung, Azetylierung). Unterschiede im Arzneimittelmetabolismus können teilweise durch genetisch determinierte Allelvarianten der verstoffwechselnden Enzyme (Polymorphismen; Vorkommen bei 1% oder mehr innerhalb der Bevölkerung) erklärt werden (Pharmakogenetik). Für die Oxidation von Psychopharmaka sind v. a. die Cytochrom-P450-Isoenzyme (CYP) als mikrosomale mischfunktionelle Oxigenasen von Bedeutung. Aufgrund von Aminosäuresequenzhomologien werden verschiedene CYP-Familien, -Unterfamilien und
656
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Kapitel 16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
-Isoenzyme unterschieden. CYP-Enzyme können durch Pharmaka, Hormone oder Alkohol (Ethanol) in ihrer Aktivität moduliert werden (Enzyminduktion, Enzyminhibition). Für die Metabolisierung von Psychopharmaka und für mögliche Arzneimittelwechselwirkungen (s. unten) sind insbesondere folgende CYPEnzyme von Bedeutung: (. Tab. 16.1), 5 CYP 1A2 5 CYP 2B6 (. Tab. 16.2), (. Tab. 16.3), 5 CYP 2C9 5 CYP 2C19 (. Tab. 16.4), 5 CYP 2D6 (. Tab. 16.5), 5 CYP 3A4 (. Tab. 16.6), 5 CYP 2E1 (. Tab. 16.7).
7 Distribution
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Wirkort: ZNS Rezeptoren, Enzyme gebunden frei
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Gewebe frei
gebunden
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Blutkreislauf
gebundenes Pharmakon
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Arzneimittel
Absorption
freies Pharmakon
Exkretion
Metaboliten
14 gebunden
frei
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Metabolismus/ Biotransformation
Metaboliten
17 . Abb. 16.1 Pharmakokinetische Phasen im menschlichen Körper
16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
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16
Durch Verabreichung eines Inhibitors eines CYP-Enzyms werden Konzentration und Eliminationshalbwertszeit der von diesem CYP-Enzym verstoffwechselten Substrate erhöht, durch Einnahme eines Induktors erniedrigt. CYP 3A4 ist mit bis zu 60% des CYP-Gehalts (Mittelwert 29%) in der Leber das wichtigste CYP-Enzym; seine Aktivität bestimmt wesentlich die Bioverfügbarkeit vieler Psychopharmaka. Im Vergleich zu anderen CYPEnzymen weist es eine geringere Substratspezifität und Saturierbarkeit auf. 5 Für einige CYP-Enzyme existieren aufgrund von Polymorphismen genetisch bedingte Aktivitätsunterschiede, die für Wirkungen und Nebenwirkungen der durch sie verstoffwechselten Pharmaka bedeutsam sein können. 5 CYP 2D6: 7–10% der mitteleuropäischen Bevölkerung sind »poor metabolizer« mit fehlender oder reduzierter Funktion; 1–5% der mitteleuropäischen Bevölkerung sind «ultrarapid metabolizer” mit einer gesteigerten Enzymaktivität. 5 CYP 2C19: 2–6% der mitteleuropäischen Bevölkerung sind »poor metabolizer«. Die Kenntnis bestimmter pharmakokinetischer Kenngrößen von Medikamenten ist unerlässlich, um Dosierungsempfehlungen geben und mögliche Wirkungen und Nebenwirkungen, deren Dauer und potenzielle Wechselwirkungen eines Pharmakons beurteilen zu können. Folgende Begriffe sind zur Beschreibung pharmakokinetischer Kenngrößen von Bedeutung: 5 Bioverfügbarkeit: Ausmaß und Geschwindigkeit, mit dem bzw. der ein Pharmakon den Blutkreislauf (und damit mittelbar den Wirkort) erreicht. 5 Clearance: Blut- oder Plasmavolumen, aus dem in einer definierten Zeiteinheit das Pharmakon eliminiert wird: − hepatische Clearance: wichtig für Bioverfügbarkeit (First-Pass-Effekt); abhängig von Enzymaktivität, Lebermasse und -durchblutung; − renale Clearance: abhängig von Nierendurchblutung und glomerulärer Filtration. 5 Bei nierenpflichtigen, nicht über Leber (oder Darm) verstoffwechselten Pharmaka lässt sich die Clearance eines Pharmakons anhand der Kreatininclearance abschätzen. 5 Verteilungsvolumen: scheinbares Volumen als Quotient von Pharmakonmenge im Körper zu Plasmakonzentration des Pharmakons. 5 Eliminationshalbwertszeit (t½): Zeit, innerhalb derer die Plasmakonzentration um die Hälfte absinkt, abhängig von Clearance und Verteilungsvolumen.
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Kapitel 16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
5 Kumulation: Anstieg der mittleren Konzentration eines Pharmakons bei wiederholter Gabe. 5 Aufsättigungszeit: Zeit, die benötigt wird, bis 90% des Plateauwertes der Plasmakonzentration erreicht werden (ca. 4×t½). 5 Eliminationszeit: Zeit, die benötigt wird, bis 90% des Plateauwertes der Plasmakonzentration eliminiert worden sind (ca. 4×t½). 5 Lineare Pharmakokinetik: Vorliegen einer linearen Dosis-Konzentrations-Beziehung. 5 Nichtlineare Pharmakokinetik: Vorliegen einer nichtlinearen DosisKonzentrations-Beziehung, z. B. überproportionaler Anstieg der Konzentration eines Pharmakons im Steady state bei Gabe höherer Dosierungen.
6 7 8 9
. Tab. 16.1 Substrate, Inhibitoren und Induktoren von CYP 1A2 Substrate
Inhibitoren
Induktoren
Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Agomelatin, Amitriptylin, Chlorpromazin, Clomipramin, Clozapin, Coffein, Duloxetin, Fluphenazin, Fluvoxamin, Imipramin, Mirtazapin, Olanzapin, Perphenazin
Fluvoxamin
Carbamazepin, Modafanil, Rauchen
Internistische und sonstige Medikamente
Amiodaron, Flutamid, Frovatriptan, Melatonin, Paracetamol, Phenacetin, Propranolol, Riluzol, Ropivacin, Tamoxifen, Theophyllin, Tizanidin, Warfarin, Zolmitriptan
Cimetidin Ciprofloxacin, Enoxacin, Lomefloxacin, Mexiletin, Norfloxacin, Propafenon
Omeprazol
10 11 12 13 14 15 16 17
16
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16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
. Tab. 16.2 Substrate, Inhibitoren und Induktoren von CYP 2B6 Substrate
Inhibitoren
Induktoren
Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Bupropion, Diazepam, Methadon, Sertralin
Fluvoxamin, Paroxetin
Modafinil
Internistische und sonstige Medikamente
Cyclophosphamid, Ifosfamid, Propofol, Tamoxifen
Cyclophosphamid, Phenobarbital
. Tab. 16.3 Substrate, Inhibitoren und Induktoren von CYP 2C9 Substrate
Inhibitoren
Induktoren
Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Amitriptylin, Fluoxetin, Perazin, Phenytoin, Sertralin
Fluvoxamin, Modafanil, Valproinsäure
?
Internistische und sonstige Medikamente
Celecoxib, Diclofenac, Ibuprofen, Losartan, Metoclopramid, Naproxen, Piroxicam, Propranolol, Sertralin, Sildenafil, Warfarin, Tamoxifen, Tolbutamid
Fluconazol, Ritonavir, Sulfaphenazol
Carbamazepin, Cyclophosphamid, Ifosfamid, Phenobarbital, Phenytoin, Rifabutin, Rifampicin, Ritonavir
. Tab. 16.4 Substrate, Inhibitoren und Induktoren von CYP 2C19
Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Substrate
Inhibitoren
Induktoren
Alprazolam, Amitriptylin, Barbiturate, Citalopram, Clomipramin, Diazepam, Doxepin, Escitalopram, Flunitrazepam, Fluoxetin, Imipramin, Moclobemid, Nordazepam, Sertralin, S-Mephenytoin
Fluvoxamin, Tranylcypromin
Felbamat, Modafinil, Topiramat
660
1 2 3
Kapitel 16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
. Tab. 16.4 (Fortsetzung)
Internistische und sonstige Medikamente
Substrate
Inhibitoren
Induktoren
Esomeprazol, Lansoprazol, Omeprazol, Proguanil, Propranolol, Ritonavir, Selegilin, Ticlopidin
Ketoconazol, Omeprazol
Rifampizin
4 5 6 7 8
. Tab. 16.5 Substrate, Inhibitoren und Induktoren von CYP 2D6 Substrate
Inhibitoren
Induktoren
Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Amitriptylin, Aripiprazol, Atomoxetin, Chlorpromazin, Clomipramin, Codein, Desipramin, Dextromethorphan, Dihydrocodein, Donepezil, Duloxetin, Flunarizin, Fluoxetin, Fluphenazin, Fluvoxamin, Galantamin, Haloperidol, Imipramin, Levomepromazin, mCPP (Trazodon, Nefazodon), Methadon, Methylphenidat, Mianserin, Mirtazapin, Norfluoxetin, Nortriptylin, Paroxetin, Perphenazin, Risperidon, Sertindol, Sertralin, Thioridazin, Tramadol, Venlafaxin, Zuclopenthixol
Bupropion, Duloxetin, Fluoxetin, Levomepromazin, Melperon, Methadon, Moclobemid, Norfluoxetin, Paroxetin, Thioridazin
?
Internistische und sonstige Medikamente
Ajmalin, Alprenolol, Benztropin, Carvedilol, Encainid, Flecainid, Hydroxyzin, Indoramin, Metoclopramid, Metoprolol, Mexiletin, Ondansetron, Penbutolol, Pindolol, Prajmalin, Propafenon, Propranolol, Timolol, Tropisetron, Urapidil
Chinidin, Cimetidin, Metoclopramid, Metoprolol, Propanolol, Ritonavir
?
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Induktoren Carbamazepin, Johanniskraut/ Hyperforin, Modafinil, Oxcarbazepin, Phenobarbital, Phenytoin
Efavirenz, Dexamethason, Lovastatin, Oxybutynin, Prednison, Rifabutin, Rifampicin
Inhibitoren Fluoxetin, Norfluoxetin
Atorvastatin, Cimetidin, Ciprofloxacin, Cisaprid, Clarithromycin, Diltiazem, Erythromycin, Felbamat, Indinavir, Itraconazol, Ketoconazol, Lovastatin, Metronidazol, Modafinil, Nelfinavir, Norfloxacin, Ritonavir, Simvastatin, Telithromycin, Troleandomycin, Verapamil
Substrate
Alprazolam, Amitriptylin, Aripiprazol, Bromazepam, Buprenorphin, Buspiron, Carbamazepin, Chlorpromazin, Clomipramin, Clonazepam, Clozapin, Dextromethorphan, Diazepam, Donepezil, Ethosuximid, Flunitrazepam, Fluoxetin, Galantamin, Haloperidol, Imipramin, LAAM, Methadon, Midazolam, Mirtazapin, Nefazodon, Nimodipin, Nordazepam, Norfluoxetin, Perazin, Pimozid, Reboxetin, Sertindol, Sertralin, Sibutramin, Trazodon, Triazolam, Venlafaxin, Zaleplon, Ziprasidon, Zolpidem, Zopiclon, Zotepin
Amiodaron, Androsteron, Astemizol, Atorvastatin, Chinidin, Chloroquin, Ciclosporin, Cyclophosphamid, Cortisone, Dapson, Dexamethason, Diltiazem, Doxycyclin, Erythromycin, (Ethinyl-) Estradiol, Felodipin, Fentanyl, Grapefruitsaft, Indinavir, Lidocain, Loratadin, Lovastatin, Nifedipin, Nimodipin, Omeprazol, Pantoprazol, Propafenon, Ritonavir, Saquinavir, Sildenafil, Simvastatin, Tacrolimus, Tamoxifen, Terfenadin, Testosteron, Tramadol, Verapamil
Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Internistische und sonstige Medikamente
. Tab. 16.6 Substrate, Inhibitoren und Induktoren von CYP 3A3/4
16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen 661
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Kapitel 16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
. Tab. 16.7 Substrate, Inhibitoren und Induktoren von CYP 2E1 Substrate
Inhibitoren
Induktoren
Psychopharmaka und psychotrop wirksame Substanzen
Alkohol (Ethanol)
Diethyldithiocarbamat (-sulfoxid)
Alkohol (Ethanol), Isoniazid, Rauchen
Internistische und sonstige Medikamente
Enfluran, Halothan, Isofluran, Sevofluran
Isoniazid
Für die Interpretation pharmakokinetischer Daten zur Abbildung einer Verteilungskinetik werden Kompartimentmodelle zugrunde gelegt, wobei als Kompartiment ein hypothetischer, zumeist nicht anatomischen Strukturen korrespondierender »Raum« definiert wird, in dem die Konzentration eines Pharmakons näherungsweise als räumlich konstant und proportional zur Menge des Pharmakons angesehen wird. Wird vereinfachend ein Einkompartimentmodell angenommen, wird der Körper als ein einziges Kompartiment angesehen, in welchem die Konzentration des Pharmakons monoexponenziell abfällt. Werden mehrere Pharmaka gleichzeitig oder sequenziell verabreicht, können daraus Arzneimittelinteraktionen (Wechselwirkungen) resultieren, wobei Pharmakonwirkungen oder -nebenwirkungen durch Zugabe einer zweiten Substanz qualitativ oder quantitativ verändert werden können (Verstärkung, Abschwächung, Erweiterung/Einschränkung bzw. Verschiebung des Wirkungs- bzw. Nebenwirkungsspektrums). Arzneimittelinteraktionen können sowohl unbeabsichtigt und dann meist unerwünscht als auch – im Rahmen einer Therapieoptimierung – beabsichtigt, sinnvoll und erwünscht sein. Bei Arzneimittelinteraktionen werden verschiedene Ebenen unterschieden: 5 Pharmakodynamisch: − identischer Wirkmechanismus (z. B. Verstärkung anticholinerger Nebenwirkungen durch Kombination anticholinerg wirksamer Antipsychotika und Antidepressiva), − anderer Wirkmechanismus (z. B. zentrales Serotoninsyndrom durch MAO-Hemmung und gleichzeitige 5-HT-Rückaufnahmehemmung),
16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
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16
− synergistisch: Verschiebung der Dosis/Konzentrations-Wirkungskurve des Pharmakons nach links, − antagonistisch: Verschiebung der Dosis/Konzentrations-Wirkungskurve des Pharmakons nach rechts. 5 Pharmakokinetisch (verbunden mit der Veränderung pharmakokinetischer Kennparameter, wie z. B. höhere Blutkonzentrationen, verlängerte Eliminationshalbwertszeit usw.): − Absorption (z. B. Resorptionshemmung durch Antazida, Ionenaustauscher, Nahrungsbestandteile, wie Gerbstoffe, Resorptionsveränderung durch anticholinerg wirksame Pharmaka aufgrund Motilitätsänderungen der Magen-Darm-Passage), − Verteilung (z. B. beim Ein- oder Austransport von Arzneimitteln in oder aus Organen über ATP-abhängige Transportproteine), − Metabolismus (z. B. Enzyminhibition durch Hemmstoffe oder kompetitive Verdrängung; Enzyminduktion durch Antikonvulsiva wie Carbamazepin), − Exkretion (z. B. Veränderungen der Nierendurchblutung durch nonsteroidale Antiphlogistika, ACE-Hemmer oder Theophyllin/Coffein mit Auswirkungen auf die Lithiumserumkonzentration). Arzneimittelinteraktionen stellen häufig ein Wechselspiel zwischen pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Effekten dar. Besonders bedeutsam sind Arzneimittelinteraktionen mit toxischen Konsequenzen. 5 Wird beispielsweise Amitriptylin in einer Dosis, die normalerweise unkritisch ist, mit Fluoxetin kombiniert, kann es zu Tachyarrhythmien oder sogar zum Herzstillstand kommen. Fluoxetin und sein Metabolit Norfluoxetin sind potente Inhibitoren von CYP 2D6 (. Tab. 16.5). CYP 2D6 ist am Abbau von Amitriptylin beteiligt (. Tab. 16.5). Dadurch steigen die Blutspiegel von Amitriptylin an und erreichen unter therapeutisch empfohlenen Dosen u. U. toxische Werte. Ein Indikator für kardiotoxische Wirkungen ist die Verlängerung der QT-Zeit. 5 Ältere Patienten oder Patienten mit einem »Poor-metabolizer-Status« können für Arzneimittelinteraktionen besonders anfällig sein. 5 Bei bestimmten Psychopharmaka muss mit Arzneimittelinteraktionen auch noch nach deren Absetzen gerechnet werden: z. B. anhaltende MAO-Hemmung noch über ca. 10–14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAO-Hemmers, anhaltende 5-HT-Rückaufnahmehemmung durch Fluoxetin und dessen langwirksamen Metaboliten Norfluoxetin noch über ca. 4–5 Wochen nach Absetzen von Fluoxetin oder anhaltende Acetylcholinesterase-Hemmung durch Rivastigmin.
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Kapitel 16 · Pharmakokinetik und Arzneimittelinteraktionen
5 Für Psychopharmakawirkungen und -nebenwirkungen können metabolische Arzneimittelinteraktionen auf der Ebene der verschiedenen CYP-Enzyme von großer Bedeutung sein. Bekannte oder zu erwartende metabolische Wechselwirkungen können aus den . Tab. 16.1 bis . Tab. 16.7 abgeleitet werden. 5 Arzneimittelinteraktionen auf der Ebene der Exkretion sind v. a. bei einer Lithiummedikation zu bedenken, aber auch bei anderen vorwiegend renal eliminierten Psychopharmaka, wie z. B. Sulpirid.
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15
Psychopharmaka1 und Fahrtüchtigkeit Bei der Beurteilung der Fahrtüchtigkeit eines psychisch Kranken muss stets abgeschätzt werden, ob eine Einschränkung aufgrund der psychischen Störung selbst oder durch eine zu ihrer Behandlung eingeleitete Psychopharmakotherapie vorliegt. Fahrtüchtigkeit und Alltagssicherheit werden von Psychopharmaka im gleichen Sinne beeinflusst. 5 Im zeitlichen Verlauf der psychopharmakologischen Behandlung gelten folgende Leitlinien: − In der Ein- oder Umstellungsphase mit sedierenden Psychopharmaka muss in der Regel die Fahrtüchtigkeit für mindestens 10–14 Tage verneint werden. Dieses Intervall kann im Einzelfall erheblich länger sein. − Eine stabile Erhaltungstherapie wird in der Regel die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht beeinflussen. Die Einnahme von Benzodiazepinen, sedierenden Antidepressiva oder Antipsychotika hingegen kann die Fahrtüchtigkeit im Einzelfall auch langfristig beinträchtigen. 5 Es ist zu beachten, dass bei einigen Erkrankungen, die von sich aus die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen können, erst durch die Arzneimittelbehandlung die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen wieder erreicht werden können. Entscheidend bleibt jedoch auch hier, ob eine Arzneimitteltherapie zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der psychophysischen Leistungsfähigkeit führt. Bei Unsicherheit in dieser Frage kann ggf. eine verkehrsmedizinische Untersuchung unter Einbeziehung objektiver Leistungstests erfolgen. 5 Über eine mögliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Psychopharmaka sowie über mögliche Interaktionen mit anderen Arzneimitteln, besonders mit Alkohol, muss der Patient vor Teilnahme am
1
Berücksichtigt werden nur Psychopharmaka im engeren Sinne, also nicht Pharmaka der 7 Kap. 8 und 9. Auch zu den Präparaten des 7 Kap. 7 gibt es, bis auf Ausnahmen, nicht genügend Untersuchungen für generelle Aussagen zur Fahrtüchtigkeit.
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Kapitel 15 · Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit
Straßenverkehr stets aufgeklärt werden. Die Inhalte der Aufklärung sollten im Krankenblatt dokumentiert werden. Dem Patienten muss eine Mitverantwortung und Entscheidungskompetenz zugewiesen werden. Das Gutachten »Krankheit und Kraftverkehr« (zuletzt 2000 vom Gemeinsamen Beirat für Verkehrsmedizin von den Bundesministerien für Verkehr und Gesundheit unter dem neuen Titel »Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrteignung« herausgegeben), beinhaltet Grundlagen zur medizinischen Beurteilung der Fahreignung. Es ist eine Stellungnahme, die im Einzelfall, aber nicht für jeden Patienten Gültigkeit haben kann. Sinngemäß enthalten die »Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrteignung« u. a. folgende Leitsätze zu psychiatrischen Grunderkrankungen: − Bei jeder schweren Depression, die z. B. mit Wahn, stuporösen Symptomen oder akuter Suizidalität einhergeht, und bei allen manischen Phasen sind die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen nicht gegeben, ebenso wenig wie in akuten Stadien schizophrener Episoden, bei Demenz oder bei organischen Psychosen wie einem Delir oder einem Korsakow-Syndrom. − Grundsätzlich werden nach Abklingen der Akutsymptomatik Überprüfungen der Fahrtauglichkeit empfohlen. Die Eignung zur aktiven Wiederteilnahme am Straßenverkehr setzt allerdings symptomfreie Intervalle voraus. Diese differieren je nach Grunderkrankung erheblich, z. B. kann in der Regel nach einer ersten schweren psychotischen Episode nach 6-monatiger Symptomfreiheit die Fahrerlaubnis wiedererlangt werden. Besonders günstige Krankheitsverläufe rechtfertigen eine Verkürzung dieser Zeit. Hinweise zur Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit unter verschiedenen Psychopharmaka: . Tab. 15.1.
15 · Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit
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15
. Tab. 15.1 Hinweise zur Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit unter Psychopharmakaeinfluss Psychopharmaka
Eigenschaften
Einfluss auf Fahrtüchtigkeit
Antidepressiva
Sedierend (z. B. Amitriptylin, Doxepin, Mirtazapin)
Fahrtüchtigkeit während Aufdosierung und in den ersten 2 Wochen nach Erreichen der Zieldosis eingeschränkt; Beeinträchtigung auch während Erhaltungstherapie möglich
Nichtsedierend (z. B. Desipramin, Duloxetin, MAO-Hemmer, Nortriptylin, Reboxetin, SSRI, Venlafaxin)
Fahrtüchtigkeit oft nicht eingeschränkt; Beeinträchtigung kann im Einzelfall jedoch auch längerfristig fortbestehen
Zu Beginn der Behandlung Sedierung und Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit, orthostatische Dysregulation (besonders Phenothiazine mit aliphatischer Seitenkette, z. B. Levopromazin)
Fahrtüchtigkeit während Aufdosierung und in den ersten 2 Wochen nach Erreichen der Zieldosis eingeschränkt; Beeinträchtigung auch während Erhaltungstherapie möglich
Sedierender Effekt bei Clozapin, Olanzapin und Quetiapin kann länger anhaltend sein
Bei Clozapin, Olanzapin und Quetiapin muss mit längerer Einschränkungszeit gerechnet werden
Sedierend, Konzentrationsstörung und Funktionsstörungen der Muskulatur bekannt, Amnesie möglich
Fahrtüchtigkeit in Einstellungsphase und Erhaltungstherapie dosisabhängig; bei längerer Halbwertszeit Hang-over möglich
Antipsychotikaa
Benzodiazepine (auch NonBenzodiazepinhypnotika)
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Kapitel 15 · Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit
. Tab. 15.1 (Fortsetzung) Psychopharmaka
Eigenschaften
Einfluss auf Fahrtüchtigkeit
Carbamazepin
Bei Therapiebeginn Benommenheit, Schwindel, ataktische Störungen und Müdigkeit bekannt
Fahrtüchtigkeit während Aufdosierung eingeschränkt; Beeinträchtigung auch während Erhaltungstherapie möglich
Lamotrigin
Oft verschwommenes Sehen, Schwindel und Müdigkeit, auch Reizbarkeit; Tremor und Ataxie
Wie Carbamazepin
Lithium
Als initiale Nebenwirkungen leichte Müdigkeit und feinschlägiger Tremor bekannt
Wie Carbamazepin
Valproinsäure
Bei Therapiebeginn Sedierung, Tremor und ataktische Störungen bekannt
Wie Carbamazepin
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a Konventionelle
Antipsychotika.
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Antipsychotika beeinträchtigen die Fahrtüchtigkeit in der Regel stärker als atypische
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14
Psychopharmaka1 in Schwangerschaft und Stillzeit 14.1
Übersicht
Die Pharmakotherapie psychischer Störungen nach der Entbindung unterscheidet sich grundsätzlich nicht von einer Therapie außerhalb dieser Zeiten. Unabhängig davon, ob sich eine psychische Störung in der Schwangerschaft, im Wochenbett oder in der Stillzeit manifestiert oder ob sie als Remanifestation einer vorbestehenden psychischen Störung auftritt, bleibt die psychiatrische Pharmakotherapie symptomorientiert. Das Erkrankungsrisiko für Psychosen ist in der Schwangerschaft verringert, dagegen besonders in den ersten Wochen und bis zu einem Jahr danach anhaltend deutlich erhöht. Die begleitende Psychotherapie und die Entlastung der Mutter durch Hilfspersonal (nach der Entbindung für mehrere Wochen) haben einen hohen Stellenwert im Rahmen der Behandlung postnataler Depressionen bzw. postnataler Psychosen. 5 Die Gabe psychotroper Medikamente während Schwangerschaft und Stillzeit wird stets ein sorgfältiges Abwägen zwischen der Exposition des Kindes auf der einen und dem Risiko des Rezidivs der psychischen Erkrankung der Mutter nach dem Absetzen der Medikation auf der anderen Seite beinhalten. 5 Eine Beeinflussung für das sich im Mutterleib befindliche Kind oder den zu stillenden Säugling durch Psychopharmaka ist zu keiner Zeit gänzlich auszuschließen, denn nahezu alle Psychopharmaka sind plazentagängig und gehen in die Muttermilch über. 5 Eine Behandlung mit Psychopharmaka insbesondere im 1. Trimenon der Schwangerschaft sollte nur dann durchgeführt werden, wenn das mit der psychischen Störung assoziierte Risiko für Mutter und Fetus das mit einer medikamentösen Behandlung verbundene Risiko übersteigt. 5 Vor der Gabe von Psychopharmaka in Schwangerschaft oder Stillzeit sollte Kontakt zu Gynäkologen bzw. Pädiatern aufgenommen werden.
1
Berücksichtigt werden nur Psychopharmaka im engeren Sinne, also nicht Pharmaka der 7 Kap. 7, 8 und 9.
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Kapitel 14 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
5 Mit einer in der Schwangerschaft durchgeführten Psychopharmakotherapie assoziierte Problemkomplexe sind: − Teratogenität, − Perinatalsyndrome (Perinataltoxizität), − postnatale Entwicklungs- und Verhaltensstörungen (Verhaltenstoxizität). 14.2
Antidepressiva
14.2.1 Trizyklische Antidepressiva Teratogenes Risiko 5 Eindeutige teratogene Risiken konnten für trizyklische Antidepressiva (TZA) nicht gefunden werden. 5 Am risikoreichsten ist der Einsatz von TZA mit starker anticholinerger Komponente. Perinatale Risiken 5 Werden Antidepressiva während der Perinatalzeit abgesetzt, können bei Neugeborenen »Entzugssyndrome« mit erhöhter Reizbarkeit, Erregbarkeit und Krampfbereitschaft auftreten. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 TZA gehen nur in sehr geringem Umfang in die Muttermilch über. Dies gilt insbesondere für Nortriptylin. 5 Vorsicht ist z. T. durch Metaboliten, die zu klinischen Effekten beitragen können, geboten. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 Langfristige negative Auswirkungen auf Entwicklung und Verhalten nach pränataler Exposition mit TZA sind nach derzeitigem Kenntnisstand unwahrscheinlich. Empfehlungen 5 Trotz relativer Sicherheit von TZA bei pränataler Exposition sollte zumindest im 1. Trimenon auf eine Einnahme verzichtet werden. Sollten TZA in der Schwangerschaft gegeben werden, sollte auf Nortriptylin zurückgegriffen werden. 5 Vom Stillen unter TZA ist abzuraten.
14.2 · Antidepressiva
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14
14.2.2 Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer Teratogenes Risiko 5 In einer neuen Studie wurde der Zusammenhang zwischen einer Behandlung mit selektiven Serotonin-Rückaufnahmehemmern (SSRI) bei Schwangeren und einer pulmonalen Hypertension bei Neugeborenen untersucht. 377 Mütter von Neugeborenen, die an einer pulmonalen Hypertension litten, wurden mit einer Kontrollgruppe aus 836 Müttern verglichen, deren Neugeborene nicht an einer pulmonalen Hypertension litten. Bei 14 Neugeborenen mit pulmonaler Hypertension wurden die Mütter nach der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) mit SSRI behandelt (Citalopram, Fluoxetin, Paroxetin oder Sertralin), während in der Kontrollgruppe nur 6 Mütter mit SSRI behandelt worden waren. Diese Assoziation zwischen SSRI-Behandlung nach der 20. Schwangerschaftswoche und pulmonaler Hypertension beim Neugeborenen war signifikant. Eine Assoziation zwischen pulmonaler Hypertension bei Neugeborenen und SSRI-Einnahme der Mütter vor der 20. SSW fand sich nicht. Auch fand sich keine Assoziation zwischen pulmonaler Hypertension bei Neugeborenen und der Einnahme von Amitriptylin, Imipramin, Nortriptylin, Venlafaxin, Bupropion oder Trazodon in der Schwangerschaft. 5 Für Escitalopram und Fluvoxamin liegen noch nicht genügend Daten vor, um eine Risikoabschätzung zu treffen. Perinatale Risiken 5 Ähnlich wie für TZA wurde auch für SSRI über Absetzeffekte in der Perinatalzeit berichtet. Andere Autoren gehen eher von einer serotonergen Überstimulation aus. Die Syndrome sind transienter Natur und in der Regel nicht lebensbedrohlich. 5 In einer Studie mit jeweils 200 Patientinnen wurde für TZA kein Einfluss auf perinatale Parameter gefunden. Hingegen fand sich eine Assoziation zwischen SSRI-Behandlung in der Schwangerschaft und einer verkürzten Schwangerschaftsdauer, einem geringeren Geburtsgewicht sowie einem schlechteren Apgar-Wert. Der Zusammenhang mit dem Apgar-Wert fand sich jedoch nur bei Einnahme des SSRI im 3. Trimenon der Schwangerschaft. 5 Eine aktuelle retrospektive Studie mit 1782 Patientinnen, die während einer Schwangerschaft mit SSRI behandelt worden waren, zeigte eine erhöhte intensivmedizinische Behandlungsnotwendigkeit für Neugeborene, deren Mütter im 3. Trimenon SSRI eingenommen hatten. Zu
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Kapitel 14 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
Paroxetin sind Ergebnisse über das Risiko eines Absetzeffektes für Neugeborene widersprüchlich. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Die vorliegenden Studien weisen darauf hin, dass SSRI nur in relativ geringem Maß in die Muttermilch übergehen. Dies gilt insbesondere für Paroxetin und Sertralin. Es existieren jedoch noch zu wenige Daten, um die Einnahme während der Stillzeit als gänzlich unproblematisch erscheinen zu lassen.
5
Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 Hierzu gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.
6
Empfehlungen 5 Aufgrund der bisher vorliegenden neuen Daten ist im Einzelfall abzuwägen, ob in Schwangerschaft und Stillzeit auf SSRI verzichtet werden kann. Die pränatale SSRI-Exposition ist mit einem höheren Risiko verbunden.
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! Paroxetin sollte in jedem Fall in der Schwangerschaft nicht gegeben
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werden.
14.2.3 Monoaminooxidasehemmer 5 Wegen möglicher hypertensiver Blutdruckkrisen wird i. Allg. von der Gabe von MAO-Hemmern in der Schwangerschaft abgeraten. Zu Moclobemid sind keine systematischen Untersuchungen publiziert. 5 Vom Stillen unter MAO-Hemmern ist abzuraten. 14.2.4 Andere Antidepressiva
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5 Eine prospektive Studie an 150 Müttern, die während der Schwangerschaft mit Venlafaxin behandelt wurden, konnte keine erhöhte Fehlbildungsrate nachweisen. 5 Eine prospektive Studie an 136 Müttern, die während der Schwangerschaft mit Bupropion behandelt wurden, konnte ebenfalls keine erhöhte Fehlbildungsrate nachweisen. 5 Da Mirtazapin in die Muttermilch übergeht und in niedrigen Konzentrationen wegen seiner antihistaminergen Wirkung sedierend wirkt, ist vom Stillen unter Mirtazapin abzuraten. 5 Für Agomelatin, Duloxetin, Mianserin, Milnacipran, Mirtazapin und Reboxetin liegen keine verlässlichen Daten vor.
14.3 · Lithium
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14
Behandlung mit Antidepressiva in Schwangerschaft und Stillzeit – Bewertung Durch die Ergebnisse der oben genannten Studie zur Assoziation von SSRI-Behandlung von Schwangeren nach der 20. Schwangerschaftswoche und pulmonaler Hypertension bei Neugeborenen muss die Empfehlung zur Verordnung von Antidepressiva in der Schwangerschaft jetzt weiter eingeengt werden: 1. Die Indikation zur Behandlung mit einem Antidepressivum muss in der Schwangerschaft besonders eng gestellt werden. Die Eltern sind ausführlich über die möglichen Risiken aufzukären. 2. Bei leichteren Depressionen sollte auf die kognitive Verhaltenstherapie oder die interpersonelle Psychotherapie zurückgegriffen werden. 3. Bei der Auswahl des Antidepressivums sollte berücksichtigt werden, dass SSRI mit erhöhter Perinataltoxizität und einem erhöhten Risiko für eine pulmonale Hypertension einhergehen. Paroxetin sollte in der Schwangerschaft nicht gegeben werden. 4. Werden die Risiken der Depression für die Mutter höher als die Risiken für das Kind eingestuft ist und eine Indikation für Antidepressiva gegeben, scheinen für die Risiken der erhöhten Perinataltoxizität und pulmonalen Hypertension TZA unproblematischer als SSRI zu sein. Da unter TZA bisher schon Nortriptylin wegen der geringsten Nebenwirkungen innerhalb dieser Gruppe der Vorzug gegeben wurde, könnte dieses Präparat zur Zeit Mittel der Wahl sein. 5. Wenngleich unter Venlafaxin die unter SSRI gefundenen Risiken nicht beobachtet wurden, sind fortgesetzte Untersuchungen zu dieser Frage mit Venlafaxin und anderen neuen Antidepressiva dringend notwendig. 6. Diese vorsichtigen Empfehlungen sollten aber in keinem Fall dazu führen, dass depressiven Schwangeren eine notwendige Therapie vorenthalten wird.
14.3
Lithium
Teratogenes Risiko 5 Durch Einnahme von Lithium während der Schwangerschaft können kardiovaskuläre Fehlbildungen ausgelöst werden, selten kann es zur Ausbildung einer Ebstein-Anomalie (Kombination aus Trikuspidalin-
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Kapitel 14 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
suffizienz, offenem Ductus arteriosus und Hypoplasie des rechten Ventrikels) kommen. Das Risiko, durch Einnahme von Lithium im 1. Trimenon kardiovaskuläre Fehlbildungen auszulösen, wird heute aber deutlich geringer eingeschätzt, als ursprünglich nach Auswertung des sog. Lithium-Babyregisters in den 1970er Jahren vermutet wurde. Perinatale Risiken 5 Das Frühgeburtsrisiko ist bei Schwangeren unter Lithium erhöht. 5 Bei Behandlung der Mutter mit Lithium in den letzten Schwangerschaftswochen zeigt das Neugeborene u. U. ein Floppy-infant-Syndrom: Lethargie, muskuläre Hypotonie, Hypothermie, Ateminsuffizienz, abgeschwächte Saugreflexe mit Ernährungsstörungen. Eine Rückbildung ist meist innerhalb von 1‒2 Wochen zu erwarten. Gelegentlich bei Neugeborenen beobachtete Strumen sind innerhalb einiger Monate reversibel. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Bei Einnahme von Lithium während der Stillzeit werden beim Säugling Werte zwischen 10 und 50% der bei der Mutter erhobenen Spiegel gemessen, Folgen dieser Lithiumserumspiegel für das Kind sind unbekannt. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 In den bisherigen Nachuntersuchungen gibt es keine Hinweise auf Entwicklungseinbußen, jedoch liegen insgesamt nur sehr wenige Ergebnisse vor. Empfehlungen 5 Frauen, die Lithium einnehmen, sollten aufgrund des potenziell teratogenen Risikos grundsätzlich kontrazeptive Maßnahmen einleiten. 5 Bei geplanter Schwangerschaft ist eine Latenz von 2 Wochen zwischen Absetzen von Lithium und Konzeption notwendig. 5 Es sollte grundsätzlich versucht werden, im 1. Trimenon auf eine Behandlung mit Lithium zu verzichten. 5 Aufgrund der neueren Risikobeurteilung wird z. T. zu einem veränderten Umgang mit Lithium bei Schwangeren mit bipolaren affektiven Störungen geraten. Bei klinischer Notwendigkeit könnte bereits im 2. Trimenon wieder Lithium gegeben werden, es sollte dann in jedem Fall auf mehrere Tagesdosen verteilt werden. 5 Vom Stillen unter Lithium ist abzuraten.
14.4 · Antikonvulsiva
645
14
! Rasches Absetzen von Lithium erhöht das Rezidivrisiko. Möglicher-
weise ist bei Wiederansetzen von Lithium keine Response mehr zu erreichen (7 Kap. 2).
14.4
Antikonvulsiva
Teratogenes Risiko 5 Carbamazepin und Valproinsäure müssen bei Einnahme im 1. Trimenon als teratogen betrachtet werden. 5 Carbamazepin- und Valproinsäureeinnahme während des 1. Trimenons erhöht das Risiko für Neuralrohrverschlussstörungen (Spina bifida) und für Verschlussstörungen im Urogenitaltrakt (Hypospadie). Während der Schwangerschaft sollten deshalb neben Ultraschalluntersuchungen auch Kontrollen von α-Fetoprotein (α-FP) und Azetylcholinesterase durchgeführt werden. 5 Bei Neuralrohrdefekten finden sich gehäuft erniedrigte Folsäurespiegel. Da Valproinsäure den Folsäurespiegel zu senken vermag, wird empfohlen, Folsäure 4 Wochen vor einer Konzeption und bis zum Ende des 1. Trimenons an Frauen zu verabreichen, die Valproinsäure oder auch Carbamazepin während der Schwangerschaft weiter einnehmen. 5 Unter Carbamazepinexposition fanden sich in erhöhtem Maße Entwicklungsverzögerungen, kraniofaziale Anomalien, Fingernagelhypoplasien und Wachstumsretardierungen. 5 Carbamazepin und Valproinsäure können das Risiko neonataler Hämorrhagien aufgrund verminderter Bildung Vitamin K-abhängiger Gerinnungsfaktoren erhöhen. Deshalb soll Vitamin K präventiv während der letzten 1–2 Monate der Schwangerschaft sowie dem Neugeborenen bei Geburt verordnet werden. 5 Die Lamotrigin-Clearance ist während der Schwangerschaft beschleunigt. Nach der Geburt normalisiert sie sich rasch. Daher sind Plasmaspiegelkontrollen und ggf. Dosisanpassungen notwendig. > CAVE
In einer aktellen Studie zeigte sich unter Lamotrigin eine deutlich erhöhte Häufigkeit von Fehlbildungen von Mund und Gaumen (8,9 von 1000 gegenüber 0,37 in der Allgemeinbevölkerung, relatives Risiko 24) bei Kindern Lamotrigin-exponierter Mütter.
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Kapitel 14 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Da keine Untersuchungen vorliegen, wird insgesamt von der Einnahme während der Stillzeit abgeraten. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 Die Untersuchungen hierzu sind widersprüchlich. Neuere Daten weisen darauf hin, dass Antikonvulsiva möglicherweise zu Entwicklungsverzögerungen führen.
6
Empfehlungen 5 Bei teratogenem Risiko von Carbamazepin und Valproinsäure sollte auf ihre Anwendung während der Schwangerschaft verzichtet werden. Das gleiche gilt jetzt auch für Lamotrigin. 5 Vom Stillen ist unter diesen Präparaten abzuraten.
7
14.5
5
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Antipsychotika
Teratogenes Risiko 5 Bisher gibt es keinen eindeutigen Nachweis teratogenen Potenzials und einer damit verbundenen Zunahme von Fehlbildungen nach Antipsychotika-Exposition. Aber nach pränataler Exposition gegenüber Phenothiazinen (mit aliphatischer Seitenkette, z. B. Chlorpromazin) gibt es Berichte über das Auftreten von Fehlbildungen im Bereich der kardiovaskulären Organe, des ZNS und des Skeletts. 5 Die Erfahrungen mit atypischen Antipsychotika (AAP) in der Schwangerschaft sind begrenzt. Die umfangreichsten Daten sind für Olanzapin publiziert; obwohl diese nicht auf erhöhte Fehlbildungsraten hinweisen, kann aufgrund der niedrigen Fallzahlen auch diese Substanz nicht als unbedenklich gelten. In einer kleinen prospektiven Studie mit Olanzapin, Quetiapin und Risperidon in der Schwangerschaft fanden sich keine Hinweise auf erhöhte Fehlbildungsraten. Für die anderen AAP liegen nur Einzelfallberichte vor. 5 Patienten, die unter AAP an Gewicht zunahmen, wiesen signifikant geringere Folsäureserumkonzentrationen auf als eine Kontrollgruppe von Krankenhauspatienten. Ihre tägliche Folsäureaufnahme lag unter dem Grenzwert, der als protektiv für Neuralrohrdefekte gilt. Daraus wurde auf ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen des Neuralrohrs bei Patienten, die mit AAP behandelt werden, geschlossen. Die kausalen Zusammenhänge sind jedoch unklar.
14.5 · Antipsychotika
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14
Perinatale Risiken 5 Bei Neugeborenen, deren Mütter während der Schwangerschaft konventionelle Antipsychotika eingenommen haben, muss mit EPS gerechnet werden. Tremor oder motorische Unruhe werden als perinatale Syndrome gesehen, sie bilden sich nach einigen Tagen zurück. Perinatalsyndrome wurden jedoch auch bei Gabe von Olanzapin berichtet. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Antipsychotika können in unterschiedlichem Umfang in die Muttermilch übergehen. Daher ist bei Behandlung mit Antipsychotika vom Stillen abzuraten. Clozapin ist kontraindiziert. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 In klinischen Beobachtungen sind bisher keine eindeutigen Hinweise auf intellektuelle Defizite oder Verhaltensauffälligkeiten nach pränataler Antipsychotika-Exposition gefunden worden; jedoch fehlen systematische, kontrollierte Langzeitstudien. Empfehlungen 5 Auf eine Gabe von Antipsychotika im 1. Trimenon sollte verzichtet werden. Muss eine Behandlung während der Schwangerschaft durchgeführt werden, sollte ca. 14 Tage vor dem erwarteten Geburtstermin ein Absetzversuch bzw. zumindest eine Dosisreduktion angestrebt werden, um das Risiko für EPS beim Neugeborenen zu verringern. Bei zwingender Notwendigkeit ist am ehesten eine niedrig dosierte Therapie mit Haloperidol durchzuführen, da hier die größten klinischen Erfahrungen vorliegen. Wenn ein AAP verordnet werden soll, erscheint Olanzapin am wenigsten risikoreich (s. oben, Folsäure!). 5 Auf eine ausreichende Zufuhr an Folsäure ist besonders bei Patienten, die unter AAP an Gewicht zunehmen, zu achten. 5 Auf die Behandlung mit Depotpräparaten sollte, wenn möglich, wegen der nach der Injektion auftretenden Plasmaspiegelspitzen verzichtet werden. 5 Vom Stillen unter Antipsychotika ist abzuraten. 5 Hinweis: Auf die Gabe des Antiparkinsonmittels Biperiden sollte in der Schwangerschaft verzichtet werden, da die Substanz als zumindest gering teratogen einzuschätzen ist. Vom Stillen unter Biperiden ist in jedem Fall abzuraten.
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14.6
Kapitel 14 · Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit
Benzodiazepine und Non-Benzodiazepinhypnotika
Teratogenes Risiko 5 Eine definitive Aussage zur Teratogenität von Benzodiazepinen besonders bei Gabe im 1. Trimenon kann zur Zeit nicht gemacht werden. Besonders in älteren Untersuchungen gibt es Hinweise auf das gehäufte Auftreten von Gesichtsspalten. 5 Clonazepam wird hinsichtlich des teratogenen Risikos gegenwärtig als am wenigsten bedenklich eingeschätzt. Messungen in Nabelschnurblut legen nahe, dass Lorazepam in geringerem Umfang als andere Benzodiazepine die Plazenta passiert. 5 In einer prospektiven Studie an 31 Frauen, die während der Schwangerschaft Zopiclon erhalten hatten, konnte kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nachgewiesen werden. Perinatale Risiken 5 Bei Neugeborenen kann es zum Floppy-infant-Syndrom (7 Kap. 14.3) kommen. Auch Entzugssyndrome kommen beim Neugeborenen nach längerer Benzodiazepineinnahme durch die Mutter vor. Diese Symptome halten meist nur wenige Stunden oder Tage an, sie können jedoch bis zu mehreren Wochen persistieren. Langwirksame Benzodiazepine mit aktiven Metaboliten sind als besonders bedenklich einzuschätzen, da sie im Fetus wegen des unzureichenden Stoffwechsels kumulieren können. Mit dem Stillen assoziierte Risiken 5 Benzodiazepine gehen in die Muttermilch über, die beschriebenen Spiegel sind in der Regel allerdings sehr niedrig. Langfristige Verhaltens- und Entwicklungseffekte 5 Klinische Untersuchungen zeigen unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich Entwicklungsverzögerungen. Häufig findet sich bei retardierter Entwicklung der Kinder bei den Müttern neben der Einnahme von Benzodiazepinen ein Missbrauch von Alkohol oder Drogen. Empfehlungen 5 Soweit möglich, sollte jegliche Benzodiazepingabe im 1. Trimenon aufgrund des nicht auszuschließenden teratogenen Risikos vermieden werden. Im 2. Trimenon scheinen geringe kontrollierte Gaben von Benzodiazepinen keine Komplikationen hervorzurufen.
14.7 · Elektrokrampfbehandlung
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14
5 Da die Metabolisierungskapazitäten beim Säugling nicht ausgereift sind, muss mit ausgeprägten Benzodiazepinwirkungen (Sedierung, Lethargie, Trinkschwierigkeiten) gerechnet werden. Da Benzodiazepine jedoch nur in geringem Maße in die Muttermilch übergehen, raten einige Autoren dennoch nicht prinzipiell vom Stillen ab. 5 Für die Non-Benzodiazepinhypnotika Zaleplon und Zolpidem liegen kaum Daten vor; sie sollten in Schwangerschaft und Stillzeit nicht gegeben werden. 14.7
Elektrokrampfbehandlung
Die Sicherheit für Schwangere und Fetus wird als hoch erachtet, wenn erweiterte Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden: Anwesenheit eines Frauenarztes während der Elektrokrampfbehandlung (EKB), EKG-Monitoring der Mutter während der EKB, arterielle Blutgasanalysen während und unmittelbar nach der EKB, Doppler-Ultrasonographie der fetalen Herzrate während und unmittelbar nach der EKB, Tokographie des uterinen Tonus während der EKB.
611
13
Psychopharmaka1 im Alter und bei internistischen Erkrankungen 13.1
Psychopharmaka im Alter
Physiologische Alterungsprozesse haben einen starken Einfluss auf Wirkung und Verträglichkeit von Arzneimitteln im ZNS. 5 Entscheidende pharmakokinetische Faktoren sind (. Tab. 13.1): − Reduzierte Körpermasse mit relativ erhöhtem Anteil an Fettgewebe, dadurch zunehmendes Verteilungsvolumen lipophiler Arzneimittel (wie Psychopharmaka) mit verlängerter systemischer Verweildauer und Wirkung sowie Gefahr der Akkumulation. − Verminderung des Plasmaproteingehaltes, dadurch evtl. erhöhte Konzentration von freien (ungebundenen) Arzneimitteln. − Eingeschränktes Herzzeitvolumen und Gefäßveränderungen sowie Abnahme von Leber- und Nierenvolumen, dadurch Verringerung des hepatischen und renalen Blutflusses mit eingeschränktem Arzneimittelmetabolismus bzw. -elimination; außerdem erhöhte Bioverfügbarkeit für Substanzen mit hoher präsystemischer Elimination. 5 Zu bedenken ist weiterhin das erhöhte Risiko von Interaktionen bei häufig bestehender Polypharmakotherapie im Alter (7 Kap. 16). 5 Pharmakodynamisch finden sich Veränderungen im Bereich der Neurotransmission für fast alle Neurotransmittersysteme; es wurden eine Abnahme der Zellzahl, eine verringerte Rezeptordichte sowie eine Reduktion der Neurotransmittersynthese mit möglichem Einfluss auf Wirkmechanismus bzw. Nebenwirkungsspektrum verschiedener Psychopharmaka gezeigt: − dopaminerges System: erhöhte Suszeptibilität für EPS bzw. Spätdyskinesien bei D2-antagonistischen Substanzen;
1
Mitberücksichtigt bei Riskoeinschätzungen bzw. Empfehlungen zur Anwendung im Alter und bei internistischen Erkrankungen sind in diesem Kapitel auch Pharmaka mit Stellenwert in der psychiatrischen Pharmakotherapie, bei denen es sich nicht um Psychopharmaka im engeren Sinne handelt (z. B. Sildenafil, Orlistat).
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
− serotonerges System: erhöhte Disposition für Nebenwirkungen bei serotonergen Pharmaka (Agitation, Inappetenz, Dyspepsie, sexuelle Dysfunktion); − cholinerges System: erhöhte Empfindlichkeit für periphere und v. a. zentrale anticholinerge Symptome bei Pharmaka mit anticholinergem Nebenwirkungsprofil aufgrund einer degenerativ bedingten Verringerung der cholinergen Reserven im Alter (daher erhöhte Neigung zu Verwirrtheitszuständen bzw. Ausprägung deliranter Zustandsbilder).
5 6 7
. Tab. 13.1 Veränderung pharmakokinetischer Parameter im Alter und ihre Auswirkung Parameter
Veränderung im Alter
Resorption
Nur geringgradige Veränderungen, kaum Einschränkung der Resorptionsquote im Alter
Distribution
Relative Erhöhung des Anteils an Körperfett, zunehmendes Verteilungsvolumen lipophiler Substanzen
Verlängerte Verweildauer und Wirkung bzw. Toxizität
Phase 1 (Metabolismus im engeren Sinne)
Abnahme der Enzymaktivität (z. B. Decarboxylierung, Desaminierung, Hydrolyse, Oxidation, Reduktion)
Verlängerte Verweildauer bzw. Toxizität; verzögerte Inaktivierung, ggf. verzögerte Transformation in aktive Metaboliten
Phase 2 (Konjugation)
Keine Beeinträchtigung von Kopplungsreaktionen (z. B. Glukuronidierung, Sulfatierung, Azetylierung)
Exkretion
Reduktion der renalen Clearance
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Hepatischer Metabolismus
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Auswirkung
Verzögerte Elimination, verlängerte Verweildauer bzw. Toxizität
613
13.1 · Psychopharmaka im Alter
13
5 Einfluss psychosozialer Faktoren auf die Pharmakotherapie im Alter: Complianceminderung durch soziale Isolation, vermehrte Nebenwirkungen, komplizierte Behandlungsschemata, Versorgungsprobleme, kognitive Beeinträchtigung (7 Kap. 6). Bei der medikamentösen Behandlung geriatrischer Patienten ist stets an eine Dosisanpassung zu denken. In der Regel sind geringere Dosen und langsame Aufdosierung unter sorgfältiger Überwachung relevanter Parameter (Nierenfunktion, Leberparameter, kardialer Status) anzustreben. Zur Sicherung der Compliance sollten Verwandte oder Pflegepersonen einbezogen werden. Das therapeutische Regime ist so einfach wie möglich zu halten und sollte regelmäßig überprüft werden, Medikation ist in übersichtlicher Form anzubieten. Schnelllösliche bzw. flüssige Präparationen können die Anwendung bei kontrollierter Applikation erleichtern. Zu Besonderheiten der Einzelpräparate bezüglich der Anwendung im Alter siehe unter »Indikationen und Behandlungshinweise« im Präparateteil der entsprechenden Kapitel und . Tab. 13.2. . Tab. 13.2 Risikoeinschätzung im Alter Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Erhöht
Antidementiva
Donepezil, Galantamin, Rivastigmin
Memantine
Antidepressiva
Mirtazapin, Moclobemid, SSRI, Venlafaxin
[Agomelatin], [Duloxetin], Nortriptylin, Maprotilin, Mianserin, Milnacipran, Reboxetin
Tranylcypromin, Trazodon, TZA (außer Nortriptylin)
Antipsychotika
Amisulprid, Melperon, Pipamperon, Sulpirid
Aripiprazol, Flupenthixol, Fluphenazin, Haloperidol, Olanzapin, Perphenazin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon, Zotepin, Zuclopenthixol
Clozapin, Chlorpromazin, Levomepromazin, Pimozid, Sertindol, Thioridazin
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
. Tab. 13.2 (Fortsetzung)
1
Indikationsgruppe
2
Anxiolytika/ Hypnotika
3 4
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
6 7 8
10
Mäßig
Lorazepam, Oxazepam, Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
Benzodiazepine (außer Lorazepam, Oxazepam)
Stimmungsstabilisierer
5
9
Risikoeinschätzunga Gering
a
Orlistat, Pregabalin
Carbamazepin, Lamotrigin, Valproinsäure
Lithium
Acamprosat, Buprenorphin, Bupropion, Buspiron, Modafinil, Naltrexon, Natriumoxybat, Sibutramin, Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil
Disulfiram
Auswahl der gängigsten Präparate aus den einzelnen Substanzgruppen, basierend auf dem derzeitigen Literaturstand und Empfehlungen der Hersteller, bezogen auf therapeutische Dosisbereiche. Bei Präparaten in eckigen Klammern ist aufgrund einer schmalen Datenbasis nur eine vorläufige Einstufung möglich.
11
13.2
12
13.2.1 Allgemeine Gesichtspunkte
13 14 15 16 17
Erhöht
Psychopharmaka bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
In therapeutischer Dosierung besteht für herzgesunde Patienten ein relativ geringes kardiovaskuläres Risiko bei der Anwendung von Psychopharmaka. Allerdings gibt es neue Untersuchungen, die die Unbedenklichkeit von trizyklischen Substanzen und von Butyrophenonen in Frage stellen (7 Kap. 1.6 und 3.6). Bei kardiovaskulärer Vorschädigung (insbesondere vorbeschriebene oder latente Erregungsleitungsstörungen, Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankung, Blutdruckdysregulation) können Psychopharmaka in unterschiedlichem Ausmaß kardiotoxisch wirken (. Tab. 13.3); die wichtigsten Faktoren im Nebenwirkungsprofil sind: 5 Anticholinerge Wirkung (v. a. trizyklische Substanzen): Herzfrequenzerhöhung, Aufhebung bzw. Reduktion der protektiven parasympa-
13.2 · Psychopharmaka bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
615
13
. Tab. 13.3 Risikoeinschätzung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Antidementiva
a
Mäßig
Erhöht
Donepezil, Galantamin, [Memantine], Rivastigmin
Antidepressiva
Mianserin, Mirtazapin, SSRI
[Agomelatin], [Duloxetin], [Milnacipran] Moclobemid, Nortriptylin, Reboxetin, Venlafaxin
Maprotilin, Tranylcypromin, Trazodon, TZA (außer Nortriptylin)
Antipsychotika
Amisulprid, Aripiprazol, Melperon, Pipamperon, Sulpirid
Haloperidol, Quetiapin, Olanzapin, Risperidon, Ziprasidon, Zotepin
Clozapin, Pimozid, Phenothiazine (v. a. Thioridazin), Sertindol
Anxiolytika/ Hypnotika
Benzodiazepine, Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
Stimmungsstabilisierer
Lamotrigin, Valproinsäure
Carbamazepin
Lithium
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
Acamprosat, Bupropion, Buspiron, Naltrexon, Orlistat, Pregabalin
Atomoxetin, [Buprenorphin], Clomethiazol, Modafinil, Natriumoxybat
Disulfiram, Methylphenidat, Levomethadon, Methadon, Sibutramin, Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil
Siehe Anmerkung in . Tab. 13.2.
thischen (vagalen) Wirkung, auch durch Abnahme der Herzfrequenzvariabilität. 5 Orthostatische Wirkung (v. a. α1-Rezeptorantagonismus), dadurch z. B. Reflextachykardie, (koronare und zerebrale) Durchblutungstörungen, Kollapsneigung.
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1 2
Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
5 Erregungsleitungsstörungen (Depolarisationsstörungen), z. B. durch chinidinartigen und negativ inotropen Effekt trizyklischer Substanzen. 5 Proarrhythmische Wirkung durch mögliche QTc-Intervall-Verlängerung (Repolarisationsstörungen), insbesondere bei Vorliegen von Risikofaktoren und Behandlung mit Antipsychotika. (7 Kap. 3.6).
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13.2.2 Antidepressiva
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Tri-/tetrazyklische Antidepressiva 5 Ausgeprägte anticholinerge sowie α1-antiadrenerge Wirkung, daher häufig Herzfrequenzanstieg, orthostatische Dysregulation (weniger ausgeprägt bei dem sekundären Amin Nortriptylin). 5 Depolariationsverzögerungen wegen Na+-Kanal-blockierender (»chinidinartiger«) Wirkung, QTc-Verlängerung mit arrhythmogenem Potenzial. 5 Bei kardialer Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen, Blockbildern im EKG, jedoch auch bei klinisch symptomatischer Herz-Kreislauf-Erkrankung und Herzinsuffizienz) kontraindiziert.
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Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer 5 Kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (nur seltene Einzelfallberichte und Intoxikation mit sehr großen Mengen), keine Repolarisationsstörungen im EKG beschrieben trotz mittlerweile breiter Anwendung. 5 Wohl keine Auswirkung auf die linksventrikuläre Auswurffraktion, daher Behandlung bei Herzinsuffizienz möglich. 5 Nicht selten Hyponatriämien, insbesondere bei älteren und weiblichen Patienten sowie bei gleichzeitiger Diuretikatherapie, daher in solchen Fällen Vorsicht und entsprechende Kontrollen. 5 Antidepressiva der ersten Wahl bei kardialen Vorerkrankungen; v. a. untersucht bei Herz-Kreislauf-Erkrankung: Paroxetin, Sertralin (letzteres auch bei instabiler Angina pectoris und nach akutem Myokardinfarkt). Monoaminooxidasehemmer 5 Moclobemid: Blutdruckerhöhung möglich (jedoch bisher nicht systematisch untersucht), daher sorgfältige und engmaschige Überwachung und ggf. Dosisreduktion, insbesondere bei arterieller Hypertonie; kardiovaskuläres Risiko wächst mit Dosissteigerung. 5 Tranylcypromin: Wegen irreversibler, nonselektiver MAO-Hemmung besondere Gefährdung durch hypertensive Krisen im Behandlungsverlauf, v. a. bei Diätfehlern (s. Präparat); aber auch hypotone Zustände
13.2 · Psychopharmaka bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
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13
(insbesondere bei Therapiebeginn) orthostatische Dysregulation. Bei kardiovaskulären Erkrankungen nicht zu empfehlen. Andere Antidepressiva 5 Agomelatin: In bisherigen kontrollierten Studien günstiges kardiovaskuläres Risikoprofil, keine anticholinerge bzw. α1-antiadrenerge Wirkung. Aufgrund der diesbezüglich noch schmalen Datenbasis sollte eine Anwendung bei stabilen kardiovaskulären Erkrankungen nur mit Vorsicht und unter entsprechenden klinischen sowie regelmäßigen Kontrollen von EKG und Kreislaufparametern erfolgen; die Anwendung bei instabilen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. dekompensierte Herzinsuffizienz, unmittelbar nach Myokardinfarkt oder labiler Hypertonus) wird noch nicht empfohlen. 5 Bupropion: 7 Kap. 13.2.7. 5 Duloxetin: Bisher kein Hinweis für Auswirkungen auf EKG-Parameter in Dosisbereichen unter 120 mg/d. Aufgrund der bisher schmalen Datenbasis wird eine Anwendung bei kardial vorgeschädigten Patienten derzeit nicht empfohlen. 5 Mianserin: Wahrscheinlich kein erhöhtes Risiko; keine anticholinerge, jedoch α1-antiadrenerge Wirkung, daher gelegentlich orthostatische Hypotonie, (Reflex-)Tachykardie. 5 Milnacipran: Günstiges kardiovaskuläres Nebenwirkungsprofil in bisherigen Untersuchungen, vergleichbar den SSRI; in einer kontrollierten Studie im Vergleich zu Fluoxetin häufigere, jedoch geringgradige Herzfrequenzerhöhung. 5 Mirtazapin: Gelegentlich Auftreten von orthostatischer Hypotonie (bei leichter Affinität zu peripheren α1-Adrenozeptoren), sonst eher günstiges kardiovaskuläres Risikoprofil. Zur Zeit groß angelegte multizentrische Studie zur Anwendung nach akutem Myokardinfarkt. 5 Reboxetin: Orthostatische Dysregulation, Herzfrequenzerhöhung; aus bisherigen Daten keine kardialen Repolarisationsstörungen (QTc-Verlängerung) ableitbar. 5 Trazodon: Orthostatische Hypotonie möglich, keine anticholinergen Wirkungen; QTc-Verlängerung schon kurzfristig nach Therapiebeginn möglich; Anwendung bei koronarer Herzerkrankung nicht empfohlen. 5 Venlafaxin: Gelegentlich anhaltende Blutdruckerhöhungen insbesondere bei höheren Dosierungen möglich, daher Vorsicht in der Anwendung bei arterieller Hypertonie; bisher kaum Erfahrung bei Herzinsuffizienz und nach Myokardinfarkt.
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
13.2.3 Stimmungsstabilisierer 5 Lithium: Mögliche (jedoch seltene), v. a. Sinus- aber auch AV-KnotenDysfunktion, Bradykardien: keine Anwendung bei Erregungsleitungsstörungen. Weiterhin Repolarisationsstörungen: abnorme T-Wellen (Abflachung, Negativierung), ventrikuläre Extrasystolie, daher keine Anwendung bei zusätzlichen Risikofaktoren für ventrikuläre Arrhythmien. Gefahr von Elektrolyt- und Volumenverschiebungen, daher möglichst keine Anwendung bei Herzinsuffizienz; wenn unumgänglich: nur nach guter medikamentöser Einstellung und unter engmaschigen und sorgfältigsten Kontrollen. Erhöhte Lithiumserumspiegel bei gleichzeitiger Gabe von (v. a. Schleifen-)Diuretika und ACE-Hemmern, Wirkungsverstärkung gleichzeitig verabreichter Digitalisglykoside möglich. 5 Carbamazepin: Übliches Risikoprofil trizyklischer Substanzen (v. a. anticholinerge Wirkung, Erregungsleitungsstörungen, EKG-Veränderungen mit QTc-Verlängerung, ventrikuläre Rhythmusstörungen), kardiovaskuläre Effekte jedoch seltener und geringer ausgeprägt als unter trizyklischen Antidepressiva und Antipsychotika. Anwendung bei kardialer Vorschädigung nur unter engmaschigen EKG-Kontrollen; nicht selten sind Hyponatriämien, daher Vorsicht und entsprechende Kontrollen bei Herzinsuffizienz und Diuretikatherapie. Kontraindiziert bei Erregungsleitungsstörungen. 5 Lamotrigin: Keine erhöhte Komplikationsrate bei kardiovaskulären Vorerkrankungen. 5 Valproinsäure: Keine erhöhte Komplikationsrate bei kardiovaskulären Vorerkrankungen; aufgrund des pharmakokinetischen Hemmpotenzials (v. a. CYP 2C-Gruppe) jedoch Vorsicht vor entsprechenden Interaktionen und Risikoerhöhung bzgl. Komedikation.
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13.2.4 Antipsychotika
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Konventionelle Antipsychotika 5 Butyrophenone: In geringer bis mittlerer Dosierung in der Regel gut verträglich bei kardiovaskulären Vorerkrankungen, zudem geringes Interaktionspotenzial; gelegentlich orthostatische Hypotonie (v. a. bei hohen Dosierungen und schneller Aufdosierung), keine klinisch relevanten anticholinergen Eigenschaften; nicht selten Repolarisationsstörungen mit QTc-Verlängerung (s. oben, kann bereits unmittelbar nach Therapiebeginn auftreten); TdP-Arrhythmien und plötzlicher Herztod sind insgesamt selten, jedoch beschrieben. Anwendung bei kardiovaskulären Vorerkrankungen unter Berücksichtigung des individuellen Risikopro-
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13.2 · Psychopharmaka bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
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fils (. Tab. 13.3); engmaschige Kreislauf- und EKG-Kontrollen; geringeres Risiko als bei Phenothiazinen. 5 Phenothiazine und Thioxanthene: Ausgeprägte anticholinerge und α1antagonistische Eigenschaften, orthostatische Regulationsstörungen sind häufig (dosisabhängig, v. a. unter Levomepromazin). Störungen der Erregungsleitung und Repolarisation mit QTc-Verlängerung, TdPArrhythmien und plötzlichem Herztod sind möglich (am häufigsten beschrieben für Thioridazin), daher keine Anwendung bei zusätzlichen Risikofaktoren für ventrikuläre Arrhythmien (. Tab. 13.3). Anwendung bei KHK wird nicht empfohlen. 5 Pimozid: Repolarisationsstörungen mit erhöhter Gefahr ventrikulärer Arrhythmien mit plötzlichem Herztod (TdP mit fatalem Ausgang gut dokumentiert). Bei entsprechender Prädisposition bzw. Komedikation mit anderen QTc-verlängernden Substanzen kontraindiziert. Anwendung bei kardialen Vorerkrankungen wird nicht empfohlen. Atypische Antipsychotika 5 Amisulprid: Dosisabhängige QTc-Verlängerung; ansonsten kein wesentliches Risiko bei kardiovaskulären Vorerkrankungen; keine anticholinergen Effekte, kaum orthostatische Dysregulation. 5 Aripiprazol: Geringste Affinität zu α1-, H1- und mACh-Rezeptoren unter allen atypischen Antispsychotika; entsprechend günstiges kardiovaskuläres Risikoprofil; keine QTc-Verlängerung (z. T. Hinweise für Verkürzung der QTc-Zeit). Vorsicht und regelmäßige Kontrollen von EKG, Labor und Klinik bei kardialen Vorerkrankungen, insbesondere bis ausreichend Daten auch für die Langzeitbehandlung vorliegen. 5 Clozapin: Z.T. ausgeprägte orthostatische Hypotonie mit Reflextachykardie, starke anticholinerge Wirkung mit dauerhaftem Herzfrequenzanstieg. Kontraindiziert bei Erregungsleitungsstörungen, dosisabhängige QTc-Verlängerung (v. a. in der langfristigen Behandlung); in seltenen Fällen Kardiomyopathien, Myokarditiden (Auftreten auch bei fehlender kardialer Vorschädigung zumeist innerhalb der ersten 6 Behandlungswochen). Bei kardiovaskulären Vorerkrankungen bzw. Risikoprofil (. Tab. 13.3) nicht zur Anwendung empfohlen; wenn unumgänglich: sehr langsame Aufdosierung und niedrige Zieldosis, engmaschige EKG-, Labor-, klinische und Plasmaspiegelkontrollen. 5 Olanzapin: Orthostatische und anticholinerge Effekte möglich, nach bisheriger Datenlage insgesamt eher geringes Risiko bei kardialer Vorschädigung; klinisch relevante QTc-Verlängerung möglich. 5 Quetiapin: Anscheinend geringes Risiko bei kardiovaskulärer Vorschädigung; gelegentlich orthostatische Dysregulation möglich, v. a. in der
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
initialen Dosistitrationsphase. Daher insbesondere Vorsicht bei Herzinsuffizienz (dann langsamere Eindosierung, Dosisreduktion und engmaschige klinische und EKG-Kontrollen); QTc-Verlängerung beschrieben. Risperidon: Orthostatische Dysregulation möglich, daher langsame Aufdosierung bzw. reduzierte Dosis bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, v. a. bei Herzinsuffizienz. Sertindol: Bei Vorliegen von kardiovaskulären Erkrankungen sowie bestehender QTc-Verlängerung bzw. Behandlung mit QTc-verlängernden Medikamenten kontraindiziert. Sulpirid: wie Amisulprid. Ziprasidon: Bisher kaum Daten zur Anwendung bei kardiovaskulären Erkrankungen; mäßige, dosisabhängige QTc-Verlängerung (jedoch ausgeprägter als bei Quetiapin, Risperidon, Olanzapin, Haloperidol); bei Vorschädigung sorgfältige Kontrollen. Zotepin: Aufgrund mäßiger anticholinerger und α1-antagonistischer Komponente Herzfrequenzanstieg und orthostatische Dysregulation möglich; dosisabhängige QTc-Verlängerung. Regelmäßige EKG- und Blutdruckkontrollen bei kardialer Vorschädigung bzw. entsprechendem Risikoprofil.
13.2.5 Benzodiazepine und Non-Benzodiazepine 5 Relativ sicher bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen; wegen möglichen Blutdruckabfalls eher niedrig dosieren. 5 Zentral-atemdepressive Wirkung (v. a. bei respiratorischer Globalinsuffizienz, in der die Hypoxämie noch einen Atemantrieb darstellt), bei akuter pulmonaler Dekompensation daher kontraindiziert. 5 Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon: wahrscheinlich kein über Benzodiazepine hinausgehendes kardiales Risiko. 13.2.6 Antidementiva 5 Acetylcholinesterasehemmer (Donepezil, Galantamin, Rivastigmin): Wegen auch peripher möglicher cholinomimetischer Wirkung Bradykardie möglich (Verstärkung des Vagotonus), daher wird die Anwendung bei Sick-Sinus-Syndrom bzw. anderen supraventrikulären Erregungsleitungsstörungen nicht empfohlen. Vorsicht bei gleichzeitiger Gabe von negativ inotropen Pharmaka (z. B. Digitoxin) sowie höhergradiger Herzinsuffizienz und unmittelbar nach Myokardinfarkt. 5 Memantine: Datenbasis zur Anwendung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen schmal; Empfehlungen zur Anwendung insbesondere bei
13.2 · Psychopharmaka bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
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Herzinsuffizienz, unmittelbar zurückliegendem Myokardinfarkt oder Hypertonie derzeit nicht möglich. 13.2.7 Andere Pharmaka/Psychopharmaka 5 Acamprosat: In der aktuellen Literatur kein Hinweis für Einschränkung der Anwendung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 5 Atomoxetin: Aufgrund häufig auftretender leichter Blutdruck- und Pulsanstiege Vorsicht in der Anwendung bei Patienten mit arterieller Hypertonie oder anderen kardiovaskulären Erkrankungen, dann engmaschige Kontrollen. Selten auch orthostatische Dysregulation, daher entsprechende Vorsichtsmaßnahmen. 5 Buprenorphin: Wie alle Opioide parasympathomimetisch wirksam, daher häufig (v. a. diastolischer) Blutdruckabfall und Bradykardie: regelmäßige Kontrolle von EKG und Kreislaufparametern bei kardial vorgeschädigten Patienten; sorgfältige Indikationsstellung. 5 Bupropion: Aufgrund möglicher, z. T. behandlungsbedürftiger Blutdruckerhöhung insbesondere bei Patienten mit bekannter arterieller Hypertonie engmaschige diesbezügliche Überwachung empfohlen (v. a. bei Kombinationstherapie mit transdermaler Nikotinapplikation). In einer kontrollierten Studie zur Anwendung bei kardiovaskulären Erkrankungen kein erhöhtes Risiko gegenüber Placebo; in einer Vielzahl von Studien keine Auswirkung auf die QTc-Zeit. 5 Buspiron: In der aktuellen Literatur kein Hinweis für Einschränkung der Anwendung bei bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 5 Clomethiazol: Wie Benzodiazepine, Blutdruckeffekt jedoch ausgeprägter. 5 Disulfiram: Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen kontraindiziert. 5 Methadon und L-Methadon: aufgrund der opiateigenen parasympathomimetischen Wirkung (v. a. in hohen Dosen) Bradykardie und (v. a. diastolischer) Blutdruckabfall; Vorsicht bei Bradykardie und Erregungsleitungsstörung, Verlängerung der QTc-Zeit beschrieben; strenge Indikationsstellung. 5 Methylphenidat: Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen kontraindiziert. 5 Modafinil: Bei arterieller Hypertonie adäquate Blutdruckeinstellung, dann regelmäßige Kontrolle der Kreislaufparameter. 5 Naltrexon: Keine Anwendungsbeschränkungen bei Herzerkrankungen, jedoch regelmäßige Kontrollen von EKG und Kreislaufparametern empfohlen. 5 Natriumoxybat: Aufgrund der signifikanten zusätzlichen Natriumaufnahme durch das Präparat ist Vorsicht in der Behandlung von Patienten
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mit arterieller Hypertonie und Herzinsuffizienz geboten, entsprechende natriumrestriktive diätetische Empfehlungen sind unbedingt zu beachten. Bisher jedoch keine entsprechenden Daten aus kontrollierten Studien. Orlistat: Kaum systemische Wirkung bei nur minimaler Resorption, bisher kein kardialer Risikonachweis. Pregabalin: Selten tachykarde und bradykarde Herzrhythmusstörungen beobachtet, daher bei entsprechender Disposition Vorsicht und ggf. EKG-Kontrollen. Sibutramin: Gelegentlich Blutdruck- und Herzfrequenzanstieg, selten hypertensive Krisen; kein Einfluss auf EKG-Standardparameter. Kontraindiziert bei nicht suffizient eingestellter arterieller Hypertonie und instabiler KHK. PDE 5-Hemmer (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil): Absolut kontraindiziert bei Patienten mit instabiler kardiovaskulärer Grunderkrankung, denen von einer sexuellen Betätigung allgemein abgeraten wird (instabile Angina pectoris und entgleiste Hypertonie, dekompensierte Herzinsuffizienz NYHA Grad III und IV, Zustand nach Myokardinfarkt innerhalb der vergangenen 2 Wochen, ventrikuläre Arrhythmien, obstruktive Kardiomyopathie, mittel- bis hochgradiges Vitium); auch bei Vorliegen von leichteren und sonstigen Formen von Herz-KreislaufErkrankungen ist eine vorherige kardiologische Abklärung unbedingt erforderlich; PDE 5-Hemmer sind kontraindiziert bei gleichzeitiger Medikation mit Nitropräparaten.
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Psychopharmaka bei Lebererkrankungen
13.3.1 Allgemeine Gesichtspunkte Wie alle Arzneimittel unterliegen auch Psychopharmaka einer mehr oder weniger ausgeprägten hepatischen Verstoffwechselung bzw. biliären Exkretion. Je nach Ausmaß kommt es bei Leberinsuffizienz – primär unabhängig von der Ätiologie – für überwiegend hepatisch entgiftete Pharmaka zu einer verlängerten Eliminationshalbwertszeit bzw. Plasmaspiegelerhöhung und Gefahr der Akkumulation aufgrund: 5 Absorptionsverzögerung bei portaler Hypertension, 5 erhöhter Bioverfügbarkeit bei Substanzen mit hoher präsystemischer Elimination,
13.3 · Psychopharmaka bei Lebererkrankungen
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5 eingeschränkten oxidativen Ab- bzw. Umbaus und eingeschränkter Konjugation (gestörter Phase-I- und Phase-II-Metabolismus), 5 erhöhter Konzentration des freien Wirkstoffes bei eingeschränkter hepatischer Plasmaalbuminsynthese, 5 vergrößerten Verteilungsvolumens bei Aszites- und Ödembildung. Hieraus ergeben sich für die meisten Psychopharmaka Konsequenzen hinsichtlich notwendiger Dosisanpassung (z. B. reduzierte Initial- und Zieldosis, langsame Aufdosierung), notwendiger zusätzlicher Kontrollen bzw. mögliche Kontraindikationen (. Tab. 13.4).
. Tab. 13.4 Risikoeinschätzung bei Leberfunktionsstörungen Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Erhöht
Antidementiva
Rivastigmin
Donepezil, [Memantine]
Galantamin
Antidepressiva
Milnacipran
[Agomelatin], Moclobemid, Reboxetin, SSRI, Mianserin, Mirtazapin, Trazodon, Venlafaxin
[Duloxetin], Tranylcypromin, TZA
Antipsychotika
Amisulprid, Sulpirid
[Aripiprazol], Butyrophenone, Chlorprothixen, Flupentixol, Fluspirilen, Olanzapin, Pimozid, Quetiapin, Risperidon, Sertindol, [Ziprasidon], Zotepin, Zuclopentixol
Clozapin, Phenothiazine (v. a. Chlorpromazin)
Anxiolytika/ Hypnotika
Kurzwirksame Benzodiazepine (z. B. Lorazepam, Oxazepam)
Langwirksame Benzodiazepine (z. B. Chlordiazepoxid, Diazepam; Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
Stimmungsstabilisierer
Lithium
Carbamazepin, Lamotrigin
Valproinsäure
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
. Tab. 13.4 (Fortsetzung)
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Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Erhöht
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
Pregabalin
Acamprosat, Atomoxetin, Buprenorphin, Bupropion, Clomethiazol, Disulfiram, Methylphenidat, Modafinil, Naltrexon, Orlistat, Sibutramin, Sildenafil, Tadalafil, [Vardenafil]
Levomethadon, Methadon, [Natriumoxybat]
5 6
a
Siehe Anmerkung in . Tab. 13.2.
7 13.3.2 Antidepressiva
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Tri-/tetrazyklische Antidepressiva 5 Gemeinsames Merkmal: extensive hepatische Metabolisierung; weiterhin ausgeprägte präsystemische Elimination (orale Bioverfügbarkeit zumeist deutlich unter 60%) sowie hohe Plasmaproteinbindung (>80%). 5 Daher schweregradabhängig deutlich erhöhte Plasmakonzentrationen mit Akkumulation bei Leberfunktionsstörungen; erhöhtes Risiko bzgl. der Anwendung bei hepatischer Vorschädigung (bei schweren Formen der Leberinsuffizienz kontraindiziert). 5 Bei leichten und mittelgradigen Formen Dosisanpassung sowie niedrigere Einstiegsdosis; zusätzlich sollten engmaschige Laborkontrollen sowie – wenn möglich – therapeutisches Drug Monitoring (7 Kap. 1.10.1) erfolgen. 5 Bei einigen trizyklischen Antidepressiva besteht das Risiko einer intrahepatischen Cholestase als unerwünschte Wirkung auch bei lebergesunden Patienten (z. B. Amitriptylin, Nortriptylin, Imipramin). 5 Ein zusätzliches Problem bei der Anwendung anticholinerger Substanzen ist die verlängerte Verweildauer des Darminhaltes mit erhöhter Absorptionsrate toxischer Substanzen. Selektive Serotoninrückaufnahmehemmer 5 Geringere präsystemische Elimination im Vergleich zu trizyklischen Antidepressiva jedoch vergleichbar extensiver oxidativer (mikrosomaler) hepatischer Metabolismus.
13.3 · Psychopharmaka bei Lebererkrankungen
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5 Daher bei Leberinsuffizienz schweregradabhängig verlängerte Eliminiationshalbwertszeiten. Interaktionsrisiko mit anderen (z. B. internistischen) Medikamenten, da einige SSRI über ein pharmakokinetisches Hemmpotenzial verfügen (Fluoxetin und Norfluoxetin: CYP 2D6, 3A3/4; Fluvoxamin CYP 1A2, 2C; Paroxetin CYP 2D6). 5 Bei Leberfunktionsstörungen aller Schweregrade sollte schweregradabhängig eine Dosisanpassung sowie engmaschige Laborkontrollen erfolgen. Monoaminooxidase-Hemmer 5 Moclobemid: Bei Leberzirrhose Plasmaspiegelanstieg und verlängerte Eliminationshalbwertszeit bis um das 3fache beschrieben, daher Dosisreduktion (halbe bis Dritteldosis je nach Schweregrad). 5 Tranylcypromin: Wegen Hepatotoxizität möglichst keine Anwendung bei Leberinsuffizienz, wenn unumgänglich bzw. bei leichten Formen: niedrige Dosierung, sehr langsames Einschleichen, engmaschige Laborkontrollen. Andere Antidepressiva 5 Agomelatin: Aufgrund extensiver mikrosomaler hepatischer Metabolisierung wird die Anpassung von Initial- und Zieldosis bei leichter und mäßiggradiger Leberinsuffizienz empfohlen; keine Anwendung bei schwerer Ausprägung. 5 Bupropion: Trotz extensiven hepatischen Metabolismus nur geringe Auswirkung von Leberfunktionsstörungen auf die Pharmakokinetik; dennoch ggf. Dosisanpassung (z. B. Maximaldosis 150 mg/Tag) und Laborkontrollen empfohlen. 5 Duloxetin: Komplexer hepatischer Metabolismus mit deutlicher Einschränkung der Plasmaclearance je nach Schweregrad der Leberfunktionsstörung. Bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert, bei leichter und mittelschwerer Ausprägung keine Anwendungsempfehlung, da diesbezüglich noch nicht untersucht. 5 Mianserin : Deutlich reduzierte Clearance bei Leberschaden möglich (bis ca. 30% beschrieben), daher Dosisanpassung und regelmäßige Kontrollen erforderlich; bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert. 5 Milnacipran: Bei überwiegend renaler Elimination kaum Einfluss von Leberfunktionsstörungen auf die Pharmakokinetik; Laborkontrollen empfohlen. 5 Mirtazapin: wie Mianserin.
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
5 Reboxetin: Lineare Pharmakokinetik mit rascher renaler Elimination, bisher keine Komplikationen bei Leberfunktionsstörungen berichtet; Laborkontrollen, ggf. Dosisreduktion. 5 Trazodon: Wiederholt Berichte über Hepatotoxizität auch beim Gesunden, daher engmaschige Laborkontrollen; keine Anwendung bei höhergradigen Leberfunktionsstörungen. 5 Venlafaxin: Bei Hepatopathien Clearanceminderung; Dosisanpassung (Reduktion um bis zu 50%) und engmaschiges Labormonitoring empfohlen. 13.3.3 Stimmungsstabilisierer 5 Carbamazepin: Dosisanpassung bzw. Verlängerung der Dosierungsintervalle sowie Laborkontrollen einschließlich Plasmaspiegelbestimmung bei hepatischer Vorschädigung; kontraindiziert bei schwerer Leberinsuffizienz; gelegentlich Berichte von Hepatitis und Cholestase beim Lebergesunden; häufig Transaminasenanstieg unter Behandlung, v. a. bei Therapiebeginn. Entsprechendes sorgfältiges Monitoring ist indiziert. 5 Lamotrigin: Sorgfältige Kontrollen der Leberfunktion bei Hepatopathien; nach neueren Studienergebnissen bei mäßiger Leberinsuffizienz Dosisreduktion um 50%, bei schwerer Ausprägung 75%, keine Abweichung der Pharmakokinetik bei leichter Leberinsuffizienz. 5 Lithium: Aufgrund rein renaler Elimination bei Hepatopathien unbedenklich. 5 Valproinsäure: Bei mittelgradigen bis schweren Leberfunktionsstörungen sowie symptomatischen Hepatopathien kontraindiziert; bei entsprechender Eigen- oder Familienanamnese erhöhte Vorsicht; Hepatotoxizität auch beim Gesunden möglich (Häufigkeit des akuten Leberversagens ca. 1:10.000); grundsätzlich sorgfältige Überwachung laborchemischer Leber- und Gerinnungsparameter sowie des Plasmaspiegels. 13.3.4 Antipsychotika Konventionelle Antipsychotika 5 Butyrophenone: Substanzgruppe mit überwiegend guter hepatischer Verträglichkeit (v. a. Haloperidol); gelegentlich Transaminasenerhöhungen auch bei Gesunden; bei schweren Leberfunktionsstörungen bzw. persistierenden Laborwertveränderungen Dosisanpassung und regelmäßige Kontrollen empfohlen.
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5 Phenothiazine: Potenziell hepatotoxische Substanzgruppe, u. a. mögliches Risiko der intrahepatischen Choletase (Beginn meistens innerhalb von 2–4 Wochen nach Therapiebeginn); häufig (meist passagere) Transaminasenerhöhung (ca. 20%); Laborkontrollen und ggf. Dosisreduktion bei leichten bis mittelgradigen Leberfunktionsstörungen; keine Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz. 5 Thioxanthene und Diphenylbutylpiperidine: Vorwiegend hepatischer Metabolismus, daher ggf. Dosisreduktion bei leichter bis mittelgradiger Leberinsuffizienz, regelmäßige Laborkontrollen; keine Daten zu schwerer Leberinsuffizienz; gelegentlich passagere Transaminasenerhöhung, selten Cholestase. Atypische Antipsychotika 5 Amisulprid: Kaum hepatische Metabolisierung, daher bei Leberfunktionsstörungen keine Dosisanpassung notwendig. 5 Aripiprazol: Bisher keine Berichte über Anwendungseinschränkungen bei hepatischer Vorschädigung, jedoch bisher keine systematischen Daten. Regelmäßige klinische und laborchemische Kontrollen empfohlen, Vorsicht v. a. bei schwerer Leberfunktionsstörung. 5 Clozapin: Bei leichter bis mittelgradiger Leberfunktionsstörung engmaschige klinische und Laborkontrollen (einschließlich Plasmaspiegel) sowie je nach Ausprägung Dosisreduktion. Bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert; intrahepatische Cholestase sowie (nach Absetzen reversible) toxische Hepatitis auch beim Lebergesunden möglich. 5 Olanzapin: Passagere Transaminasenerhöhung möglich; engmaschige Laborkontrollen (einschließlich Plasmaspiegelkontrollen) bei hepatischer Vorschädigung trotz eher geringer Auswirkung auf die hepatische Clearance bei leicht- bis mittelgradiger Leberfunktionsstörung empfohlen. Dosisanpassung und niedrigere Einstiegsdosis/langsame Aufdosierung bei schwerer Leberinsuffizienz. 5 Quetiapin: Extensiver hepatischer Metabolismus mit linearer Pharmakokinetik, daher reduzierte Clearance bei hepatischer Dysfunktion; ggf. Dosisanpassung und niedrigere Einstiegsdosis sowie langsameres Aufdosieren. Aufgrund neuerer Meldungen von Fällen fulminanten Leberversagens unter Quetiapin sollten v. a. initial regelmäßige Kontrollen der Leberenzyme erfolgen; gelegentlich auch benigne transiente Transaminasenerhöhung. 5 Risperidon: Wenig veränderte Pharmakokinetik bei Lebererkrankungen, jedoch wegen hoher Plasmaproteinbindung bei Leberinsuffizienz erhöhter Anteil der freien Substanz, daher Dosisreduktion; wenn möglich Plasmaspiegelkontrollen empfohlen.
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5 Sertindol: Aufgrund extensiver hepatischer Metabolisierung bei leichter und mittelschwerer Leberinsuffizienz langsame Dosistitration und Dosisanpassung empfohlen, keine Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz. 5 Sulpirid: Beinahe keine hepatische Metabolisierung; passagere reversible Transaminasenerhöhung möglich; gute hepatische Verträglichkeit, keine Dosisreduktion erforderlich. 5 Ziprasidon: Bei leichter bis mittelgradiger Leberfunktionsstörung ggf. Dosisanpassung und regelmäßige Kontrollen relevanter Leberparameter; bisher keine Daten zur Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz und zur Pharmakokinetik der Metaboliten bei hepatischer Funktionseinschränkung. 5 Zotepin: Bei Leberinsuffizienz erhöhte Plasmaspiegel (schweregradabhängig bis auf das 3-Fache der Norm beschrieben), daher Dosisanpassung und Laborkontrollen. 13.3.5 Benzodiazepine und Non-Benzodiazepine 5 Zum Teil relevante Veränderung der Pharmakokinetik bei eingeschränkter Leberfunktion. 5 Hohe Plasmaproteinbindung (80–99%, Ausnahmen: Bromazepam und Lorazepam), daher bei verminderter Lebersyntheseleistung hohe Plasmaspiegel der freien Substanz. 5 Komplexer hepatischer Metabolismus; im Rahmen des oxidativen Phase-I-Metabolismus entstehen häufig (z. T. mehrere) wirksame Metaboliten mit z. T. längeren Eliminationshalbwertszeiten als bei der Muttersubstanz. Funktionsstörungen infolge von Leberzirrhose oder akuter viraler Hepatitis resultieren daher in verminderter Clearance von vorwiegend durch Phase-I-Biotransformation metabolisierten Benzodiazepinen (Alprazolam, Chlordiazepoxid, Diazepam, Nitrazepam), daher sollte die Anwendung dieser Substanzen dann eher vermieden bzw. schweregradabhängig in der Dosis angepasst werden. 5 Daher bei Leberfunktionsstörungen in niedriger Dosis Benzodiazepine der Wahl: hydroxylierte Benzodiazepine, die schnell und vorwiegend ohne viele Vorstufen über den Phase-II-Metabolismus (Konjugation) metabolisiert werden: Lorazepam, Oxazepam und Temazepam. 5 Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon: Dosisreduktion bei eingeschränkter Leberfunktion, keine Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz.
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13.3.6 Antidementiva 5 Donepezil: In bisherigen Untersuchungen mit begrenzter Patientenzahl geringgradig veränderte Pharmakokinetik (Clearanceminderung ca. 20%) bei leichten Leberfunktionsstörungen. Keine systematischen Untersuchungen bei höhergradigen Ausprägungen, daher Überwachung und ggf. Dosisanpassung empfohlen. 5 Galantamin: Bei Leberfunktionsstörungen signifikante Clearanceminderung, daher Dosisreduktion erforderlich. Bei schwerer Leberinsuffizienz kontraindiziert. 5 Memantine: Kaum hepatischer Metabolismus; da aktuell keine Daten vorliegen: sorgfältige Laborkontrollen empfohlen. 5 Rivastigmin: Im Gegensatz zu Donepezil und Galantamin kaum oxidativer hepatischer Metabolismus, keine Änderung relevanter pharmakokinetischer Parameter bei Leberinsuffizienz; bisher keine berichteten Komplikationen bei vorbestehender Leberschädigung. 13.3.7 Andere Pharmaka/Psychopharmaka 5 Acamprosat: Wahrscheinlich kein hepatischer Metabolismus, da etwa die Hälfte unverändert renal und die andere Hälfte biliär ausgeschieden wird. Bei leichter bis mäßiger Leberfunktionsstörung keine Änderung der Pharmakokinetik, bei schwerer Leberfunktionsstörung kontraindiziert. 5 Atomoxetin: Bei Leberfunktionsstörungen aufgrund von pharmakokinetischen Studien Reduktion von Initial- und Zieldosis auf 50% (bei schwerer Ausprägung 25%) empfohlen. In kontrollierten Studien kein Hinweis auf Hepatotoxizität, jedoch sollten aufgrund vereinzelter Berichte zumindest in der Anfangsphase der Behandlung Kontrollen der Leberenzyme erfolgen. 5 Buprenorphin: In interindividuell unterschiedlichem Ausmaß Akkumulation von Muttersubstanz und Metaboliten bei Leberfunktionsstörungen, daher Dosisreduktion. Gelegentlich Berichte von Lebertoxizität mit Hepatitiden und Leberzellnekrosen. 5 Bupropion: s. andere Antidepressiva. 5 Buspiron: Bei Leberfunktionsstörungen deutliche Clearanceminderung, daher ggf. Dosisanpassung. Zur Anwendung bei schwerer Ausprägung bisher keine Daten, daher nicht empfohlen. 5 Clomethiazol: Verlängerte Eliminationshalbwertszeit bei Hepatopathien mit Risiko der Akkumulation, ggf. Dosisanpassung. 5 Disulfiram: Keine Kontraindikation bei schweren hepatischen Erkrankungen.
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5 Methadon und L-Methadon: Erhöhte Vorsicht bei Lebererkrankungen, ggf. niedrigere Einstiegsdosis und langsamere Eindosierung. 5 Methylphenidat: Bisher keine systematischen Daten zur Anwendung bei hepatischen Funktionsstörungen, daher ggf. engmaschige Überwachung und Dosisanpassung. 5 Modafinil: Aufgrund extensiver hepatischer Metabolisierung Dosisanpassung und sorgfältige Überwachung bei Leberfunktionsstörungen empfohlen. 5 Naltrexon: Keine Änderung leberbezogener Laborparameter in kontrollierten Studien; bei Leberfunktionsstörungen bisher wenig Daten, Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz wird nicht empfohlen. 5 Natriumoxybat: Aufgrund extensiver präsystemischer Verstoffwechslung Kumulation bei Leberinsuffizienz, daher Empfehlung der Halbierung der Anfangsdosis durch den Hersteller. Bisher keine kontrollierten Daten. 5 Orlistat: Einzelfallberichte über toxische Hepatitis; wegen nur minimaler Resorption kaum systemische Wirkungen zu erwarten. Bisher keine berichteten Komplikationen bei vorbestehender Leberschädigung. 5 Pregabalin: Keine signifikante hepatische Metabolisierung, daher Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz nicht erforderlich. 5 Sibutramin: Aufgrund vorwiegenden hepatischen Stoffwechsels bei Leberfunktionsstörungen je nach Ausprägung evtl. erhöhte Bioverfügbarkeit bzw. verzögerte Elimination, daher ggf. Dosisanpassung (z. B. 10 mg Maximaldosis). 5 Sildenafil: Neuere Untersuchungen zeigen schweregradabhängig erhöhte Plasmaspiegel durch verminderte präsystemische Elimination und reduzierte Elimination bei Leberinsuffizienz, daher Dosisreduktion (empfohlene Dosis 25 mg). Bisher keine Daten zur Anwendung bei schwerer Leberinsuffizienz. 5 Tadalafil: Bisher existieren keine Daten zur Anwendung von Dosen über 10 mg bei leichter bis mittelgradiger Leberinsuffizienz, ebenso keine Daten zur Sicherheit bei schwerer Ausprägung überhaupt. 5 Vardenafil: Bei leichten bis mittelgradigen hepatischen Funktionsstörungen proportionale Clearanceminderung, daher ggf. Dosis von 10 mg nicht überschreiten. Zu schwerer Ausprägung bisher keine Daten.
13.4 · Psychopharmaka bei Nierenerkrankungen
13.4
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Psychopharmaka bei Nierenerkrankungen
13.4.1 Allgemeine Gesichtspunkte Unabhängig von der Ätiologie ergeben sich bei Nierenfunktionsstörungen bzw. -insuffizienz für Auswahl und Dosierung von Psychopharmaka wichtige Konsequenzen: 5 Das Ausmaß der renalen Elimination eines Arzneimittels bzw. seiner Metaboliten bestimmt den Risikograd seiner Anwendung und die eventuelle Notwendigkeit von Dosisanpassung und Verlaufskontrollen (laborchemische Nierenparameter, v. a. Harnretentionswerte und Clearance, Plasmaspiegelbestimmung etc.; . Tab. 13.5). 5 Neben der verzögerten Elimination können Nierenerkrankungen auch negativen Einfluss auf die Plasmaprotein-Bindungskapazität haben, z. B. durch Erniedrigung des Serum-pH-Wertes bei Urämie sowie Hypoproteinämie beim nephrotischen Syndrom. 5 Bei dialysepflichtigen Patienten sind Psychopharmaka mit hoher Plasmaproteinbindungskapazität (z. B. SSRI) zu bevorzugen, da diese kaum durch die Dialyse eliminiert werden. Substanzen mit potenziell orthostatischen Nebenwirkungen sollten wegen der häufigen dialyseinduzierten Hypotonie vermieden werden. Orientierende Plasmaspiegelbestimmungen sind hilfreich bei der Dosisfindung. 13.4.2 Antidepressiva Tri-/Tetrazyklische Antidepressiva 5 Pharmakokinetische Charakteristika dieser gesamten Substanzgruppe sind komplexer hepatischer Metabolismus mit Bildung einer Vielzahl von konjugierten und nichtkonjugierten Metaboliten; geringer Anteil (<5%) von mit dem Urin unverändert ausgeschiedener Substanz. 5 Bei Niereninsuffizienz sind die biologisch inaktiven konjugierten Metabolite im Serum erhöht, was in der Regel durch eine vermehrte biliäre Ausscheidung kompensiert wird. 5 Daher stellen Nierenfunktionsstörungen aller Schweregrade für sich allein genommen keine Kontraindikation gegen die Anwendung triund tetrazyklischer Antidepressiva dar, Dosisreduktion ist in der Regel nicht erforderlich. Selektive Serotoninrückaufnahmehemmer 5 Citalopram: Bei Niereninsuffizienz aller Schweregrade keine Dosisanpassung notwendig.
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
. Tab. 13.5 Risikoeinschätzung bei Nierenfunktionsstörungen
1
Indikationsgruppe
Risikoeinschätzunga Gering
Mäßig
Antidepressiva
Agomelatin, Moclobemid, SSRI, TZA
Duloxetin, Mianserin, Milnacipran, Mirtazapin, Reboxetin, Tranylcypromin, Trazodon, Venlafaxin
5
Antidementiva
Galantamin
[Donepezil], Memantine, Rivastigmin
6
Stimmungsstabilisierer
Valproinsäure
Carbamazepin, Gabapentin, [Lamotrigin], [Oxcarbazepin]
Lithium
Antipsychotika
Butyrophenone, Olanzapin, Quetiapin, Sertindol
[Aripiprazol], Chlorprotixen, Flupentixol, [Fluspirilen], [Pimozid], Phenothiazine, Risperidon, Ziprasidon, Zotepin, Zuclopentixol
Amisulprid, Clozapin, Sulpirid
Anxiolytika/ Hypnotika
Chlordiazepoxid, Lorazepam, Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon
Sonstige Benzodiazepine (z. B. Diazepam)
Alprazolam, Dikaliumclorazepat, Oxazepam
Andere Pharmaka/ Psychopharmaka
Atomoxetin, Orlistat
Buprenorphin, [Bupropion], Buspiron, Clomethiazol, Disulfiram, Levomethadon, Methadon, [Methylphenidat], Modafinil, Naltrexon, Pregabalin, [Sibutramin], Sildenafil, [Tadalafil], Vardenafil
[Acamprosat], [Natriumoxybat]
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a
Siehe Anmerkung in . Tab. 13.2.
Erhöht
13.4 · Psychopharmaka bei Nierenerkrankungen
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5 Escitalopram: Verlängerte Eliminationshalbwertszeit und geringgradig erhöhte Plasmaspiegel bei Nierenfunktionsstörungen; bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung notwendig; bei schwerer Ausprägung Dosisanpassung und engmaschige klinische und laborchemische Kontrollen empfohlen. 5 Fluoxetin: Kaum Auswirkungen auf die Pharmakokinetik bei allen Graden der Niereninsuffizienz in Studien mit Einmalgabe; keine Veränderung der Pharmakokinetik und der Wirksamkeit bei Hämodialyse. 5 Fluvoxamin: Bei Nierenfunktionsstörungen Dosisreduktion und sorgfältige klinische und Laborkontrollen empfohlen. 5 Paroxetin: wie Fluvoxamin. 5 Sertralin: Kaum renale Elimination in unveränderter Form, daher Anwendung bei Nierenfunktionsstörungen bisher unproblematisch. In mehreren kontrollierten Studien neben guter antidepressiver Wirksamkeit bei Dialysepatienten Besserung der Hämodynamik bei dialyseinduzierter Hypotension, daher in dieser Konstellation Antidepressivum der Wahl. Monoaminooxidasehemmer 5 Moclobemid: Bei Nierenfunktionsstörungen aller Grade keine Anwendungsbeschränkungen, Dosisreduktion nicht erforderlich. 5 Tranylcypromin: Dosisanpassung empfohlen. Andere Antidepressiva 5 Agomelatin: Bei Niereninsuffizienz keine Dosisanpassung notwendig. 5 Bupropion: Bei leichten bis mittelgradigen Nierenfunktionsstörungen nicht mehr als 150 mg/d; bisher keine Daten zu schwerer Ausprägung. 5 Duloxetin: Keine Dosisanpassung notwendig bei leichter bis mittelgradiger Ausprägung. Bei schwerer Ausprägung (Kreatinin-Clearance <30 ml/min) kontraindiziert. 5 Mianserin: Bei Niereninsuffizienz verlängerte Eliminationshalbwertszeit mit Akkumulationsrisiko, daher Dosisanpassung. 5 Milnacipran: Bei renaler Insuffizienz Clearanceminderung (bei Einmalgaben schweregradabhängig um bis zu zwei Drittel des Ausgangswerts); Dosisreduktion. 5 Mirtazapin: Wie Mianserin. 5 Reboxetin: Deutlich reduzierte Clearance bei mittel- bis hochgradiger Niereninsuffizienz, daher Dosisreduktion (Initialdosis 4 mg). 5 Trazodon : Bisher keine Berichte über Komplikationen bei Niereninsuffizienz, jedoch keine kontrollierten Untersuchungen; ggf. engmaschige Laborkontrollen (Retentionswerte).
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
5 Venlafaxin: Reduzierte Clearance bei Nierenfunktionseinschränkung mit hoher interindividueller Variabilität. Dosisreduktion um 25‒50%, in Einzelfällen mehr; aufgrund niedriger Plasmaproteinbindung auch Dosisanpassung bei Dialysepatienten (50%). 13.4.3 Stimmungsstabilisierer 5 Carbamazepin: Bei renaler Funktionseinschränkung Dosisreduktion und engmaschige Laborkontrollen inklusive Plasmaspiegelbestimmung empfohlen, v. a. auch der Serumelektrolyte (insbesondere Natrium); selten Berichte von akutem Nierenversagen unter Therapie. 5 Lamotrigin: Sorgfältige Laborkontrollen und Dosisanpassung empfohlen. 5 Lithium: Ausschließlich renale Exkretion, daher bei schweren Nierenfunktionsstörungen kontraindiziert; risikoreich jedoch auch bei leichter und mittelgradiger Ausprägung. Wenn Anwendung dennoch notwendig: Dosisreduktion und sorgfältige Laborkontrollen einschließlich Plasmaspiegel (s. Präparat). 5 Valproinsäure: Ggf. Dosisanpassung, jedoch bisher keine Berichte über Komplikationen bei Nierenfunktionsstörungen. Sicherheitshalber werden regelmäßige Plasmaspiegelbestimmungen empfohlen. 13.4.4 Antipsychotika Konventionelle Antipsychotika 5 Butyrophenone: Niereninsuffizienz ist keine Kontraindikation für hochpotente Antipsychotika aus dieser Substanzgruppe; sorgfältige Kontrollen der Nierenfunktion und ggf. Dosisanpassung. 5 Phenothiazine und Thioxanthene: Komplexer hepatischer Metabolismus, nur sehr geringe renale Ausscheidung der unveränderten Substanz, daher kaum Einschränkung der Clearance bei Nierenfunktionsstörungen; zumindest bei leichter und mäßiger Ausprägung keine Dosisanpassung erforderlich. 5 Diphenylbutylpiperidine: Wenig Daten; aufgrund eines überwiegend hepatischen Metabolismus wenig Änderung der Clearance bei renalen Funktionsstörungen zu erwarten (z. B. Pimozid). Atypische Antipsychotika 5 Amisulprid: Vorwiegend renale Elimination, daher engmaschige Kontrollen der Nierenfunktion und Dosisreduktion (schweregradabhängig um 50–70%) bei Nierenfunktionsstörungen; bei schwerer Ausprägung nicht empfohlen.
13.4 · Psychopharmaka bei Nierenerkrankungen
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13
5 Aripiprazol: Bisher keine Berichte über renale Komplikationen bzw. Anwendungsbeschränkungen bei Niereninsuffizienz, jedoch noch keine systematischen Daten; regelmäßige klinische und laborchemische Kontrollen (v. a. Retentionswerte) empfohlen. 5 Clozapin: Bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz Dosisanpassung und engmaschiges Labormonitoring (einschließlich Plasmaspiegel), bei schwerer Ausprägung kontraindiziert; wiederholt Berichte über Auftreten von interstitieller Nephritis unter Therapie. 5 Olanzapin: .Extensiver hepatischer Metabolismus, nur geringe Auswirkung von Nierenfunktionsstörungen auf pharmakokinetische Parameter in Studien mit Einmalgabe; unter der Maßgabe regelmäßiger Kontrollen keine Dosisanpassung erforderlich. 5 Quetiapin: Keine Dosisanpassung bei renaler Insuffizienz erforderlich, da keine Auswirkung auf Pharmakokinetik. 5 Risperidon: In einer Studie bei einer geriatrischen Stichprobe keine Korrelation von Plasmaspiegel und eingeschränkter renaler Clearance; bei manifester Niereninsuffizienz jedoch reduzierte Clearance (um bis zu 60%) mit Verlängerung der Eliminationshalbwertszeit und erhöhten Plasmaspiegeln, daher Dosisanpassung und Monitoring notwendig. 5 Sertindol: Keine Dosisanpassung /-reduktion notwendig, kein Einfluss einer Hämodialyse auf die Pharmakokinetik der Substanz. 5 Sulpirid: Bei leichten bis mittelgradigen Nierenfunktionsstörungen wie Amisulprid. Bei schwerer Ausprägung sollte die Dosis nach Kinetikstudien (mit Einmalgaben) um ein bis zwei Drittel reduziert werden, Anwendung bleibt jedoch problematisch. 5 Ziprasidon: Keine Änderung der relevanten pharmakokinetischen Parameter bei allen Graden der Niereninsuffizienz; keine zwingende Notwendigkeit der Dosisanpassung bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz; aufgrund der bisher unzureichenden Datenlage Vorsicht bei schwerer Ausprägung. 5 Zotepin: Keine Daten zur Anwendung bei Niereninsuffizienz; bei eingeschränkter Nierenfunktion erhöhte Plasmaspiegel und Akkumulationsrisiko zumindest von polaren Metaboliten denkbar, daher im Einzelfall Dosisanpassung und Laborkontrollen. 13.4.5 Benzodiazepine und Non-Benzodiazepine 5 Anwendungsbeschränkungen von Benzodiazepinen bei Niereninsuffizienz richten sich nach dem Ausmaß des hepatischen Metabolismus (s. oben).
636
Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
13
5 Aufgrund des komplexen hepatischen Metabolismus mit nur geringem Anteil unveränderter Substanz im Urin ist bei einem Großteil der Benzodiazepine die Clearance bei Nierenfunktionsstörungen kaum beeinträchtigt, bei wenigen ist jedoch Vorsicht geboten. 5 Alprazolam: Elimination vorwiegend renal, daher bei Niereninsuffizienz deutliche Dosisreduktion und engmaschige Kontrollen; wenn möglich bei höherer Ausprägung Ausweichen auf Alternativpräparat. 5 Chlordiazepoxid: Extensive hepatische Metabolisierung, wahrscheinlich keine Dosisanpassung notwendig. 5 Diazepam: Akkumulation bei höhergradigen Nierenfunktionsstörungen möglich, da neben extensivem hepatischem Metabolismus auch signifikanter Beitrag der renalen Exkretion zur Clearance; daher ggf. Anwendung mit Vorsicht und reduzierter Dosis. 5 Dikaliumclorazepat und Oxazepam: Überwiegende renale Elimination (einschließlich des Metaboliten Oxazepam), daher auch in Anbetracht der Alternativen möglichst keine Anwendung bei Niereninsuffizienz. 5 Lorazepam: Praktisch keine Veränderung der Pharmakokinetik bei Niereninsuffizienz aller Grade bei vorwiegend hepatischer und nachfolgend biliärer Elimination, verstärkte biliäre Exkretion mit zunehmender Nierenfunktionseinschränkung. 5 Zaleplon: Keine Dosisanpassung bei leichten und mittelgradigen renalen Funktionsstörungen; bei schwerer Ausprägung bisher nicht untersucht; in einer Doppelblindstudie gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Schlafstörungen bei Dialysepatienten. 5 Zolpidem: Keine Dosisreduktion bei allen Graden der Niereninsuffizienz, da keine Änderung der Clearance. In einer offenen Studie gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Schlafstörungen bei Dialysepatienten. 5 Zopiclon: Trotz vorwiegend renaler Exkretion (ca. 80% einschließlich Metabolite) bisher keine Berichte über Akkumulation bei Niereninsuffizienz; dennoch Vorsicht bei schwerer renaler Funktionseinschränkung.
14
13.4.6 Antidementiva
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5 Donepezil: Trotz überwiegender renaler Ausscheidung keine Clearanceänderung bei leichter und mittelschwerer renaler Funktionsstörung, daher keine Dosisanpassung bei verminderter Nierenfunktion; keine Daten zu schwerer Ausprägung. 5 Galantamin: In einer Metaanalyse mit hoher Stichprobenzahl kein signifikanter Unterschied des Plasmaspiegels zwischen Normalkollektiv
13.4 · Psychopharmaka bei Nierenerkrankungen
637
13
und Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz; keine Dosisreduktion erforderlich. 5 Memantine: Lineare Beziehung von Kreatininclearance und renaler Gesamtclearance; daher entsprechend Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen. Bisher keine Daten zur Langzeitanwendung bei schwerer renaler Insuffizienz; es besteht eine (Urin-) pH-abhängige tubuläre Rückresorption, die durch Alkalisierung erhöht wird, sodass entsprechende pH-Wert-Schwankungen vermieden werden sollten (massive Einnahme von Antazida, grundlegende Kostumstellung, z. B. von fleischhaltiger auf vegetarische Ernährung). 5 Rivastigmin: In pharmakokinetischen Studien mehr als doppelte Erhöhung der maximalen Plasmakonzentration bei Nierenfunktionsminderung; ggf. Dosisanpassung und Laborkontrollen empfohlen. 13.4.7 Andere Pharmaka/Psychopharmaka 5 Acamprosat: Lineare Beziehung zwischen Kreatininclearance und Gesamtclearance der Substanz bei ausschließlich renaler Elimination; daher bei schwerer Niereninsuffizienz kontraindiziert. Bisher keine Daten zu leichteren Formen. 5 Atomoxetin: Keine Dosisanpassung bei leichter bis schwerer Niereninsuffizienz erforderlich. 5 Buprenorphin: Nur geringer Einfluss von Nierenfunktionsstörungen auf Pharmakokinetik bzw. Substanzclearance. 5 Bupropion: 7 Kap. 13.4.2. 5 Buspiron: Nichtlineare Clearanceminderung bei Nierenfunktionsstörungen aller Schweregrade, daher ggf. engmaschige klinische und Laborkontrollen. 5 Clomethiazol: Wegen eventuell verzögerter Elimination bei Nierenfunktionsstörungen sorgfältige Überwachung und Dosisanpassung. 5 Disulfiram: Bei Niereninsuffizienz sorgfältige Überwachung empfohlen, ggf. reduzierte Dosis, da über 90% renale Exkretion in Form von konjugierten Metaboliten. 5 Methadon und L-Methadon: Aufgrund bei höheren Dosen vorwiegend renaler Exkretion von Muttersubstanz und Metaboliten ist Dosisreduktion bei eingeschränkter Nierenfunktion geboten; Pharmakokinetik unterliegt starken interindividuellen Schwankungen; nicht dialysabel. 5 Methylphenidat: Bisher keine Daten zur Anwendung bei Nierenfunktionsstörungen; aufgrund nur geringgradiger renaler Elimination von unveränderter Substanz jedoch vermutlich keine wesentlichen Beeinträchtigungen zu erwarten; klinische und Laborkontrollen empfohlen.
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Kapitel 13 · Psychopharmaka im Alter und bei internistischen Erkrankungen
5 Modafinil: Vorwiegend renale Ausscheidung von Muttersubstanz und Metaboliten; bei Niereninsuffizienz Dosisanpassung. 5 Naltrexon: Bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz niedrigere Einstiegs- und Erhaltungsdosis aufgrund der überwiegenden renalen Elimination; bisher keine Daten bei schwerer Ausprägung. 5 Natriumoxybat: Aufgrund der signifikanten zusätzlichen Natriumaufnahme durch das Präparat ist Vorsicht bei Nierenfunktionsstärkungen geboten, entsprechende natriumrestriktive diätetische Empfehlungen sind unbedingt zu beachten. Bisher jedoch keine entsprechenden Daten aus kontrollierten Studien. 5 Orlistat: Aufgrund nur minimaler Resorption kaum systemische Wirkungen zu erwarten; kumulative renale Exkretion >2%, keine Dosisänderung bei Niereninsuffizienz. 5 Pregabalin: Lineare Plasmaclearance im Verhältnis zur Kreatininclearance, daher Dosisanpassung bei allen Graden der Niereninsuffizienz. Aufgrund der effektiven Dialysierbarkeit ggf. Dosiserhöhung unter Dialysebehandlung. 5 Sibutramin: Extensiver hepatischer Metabolismus, geringgradige renale Exkretion inaktiver Metaboliten; bisher keine Erfahrungen zur Anwendung bei verminderter Nierenfunktion. 5 Sildenafil: Bei leichten bis mäßigen Graden von Niereninsuffizienz kaum veränderte Pharmakokinetik in Studien mit Einmalgabe; bei schwerer Ausprägung Dosisreduktion (Einstiegsdosis 25 mg); in einer Vielzahl von kontrollierten Studien gute Verträglichkeit und Wirksamkeit bei chronischen Dialysepatienten. 5 Tadalafil: Erhöhte Plasmaspiegel bei allen Graden der Niereninsuffizienz in bisherigen klinischen Untersuchungen mit Dosis 10 mg; bisher jedoch keine Daten für höhere Dosen; sorgfältige Indikationsstellung und engmaschige Überwachung. 5 Vardenafil: Bei leichter bis mittelgradiger renaler Funktionsstörung keine Dosisanpassung erforderlich; bei schwerer Ausprägung Dosisanpassung. Bisher keine Daten zur Anwendung unter Dialyse.
581
12
Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen 12.1
Übersicht und allgemeine Gesichtspunkte
Psychiatrische Notfallsituationen kommen als krisenhafte Zuspitzungen im Rahmen psychiatrischer Grundkrankheiten und bei Gesunden (z. B. Agitiertheit, Stupor bei akuter Belastungsreaktion oder Suizidalität bei Anpassungsstörungen) vor. Die medikamentöse Behandlung erfolgt syndromgerichtet. Der Vielfalt psychiatrischer Diagnosen bzw. Krisen begünstigender Faktoren steht eine relativ geringe Anzahl notfallpsychiatrisch relevanter Syndrome gegenüber: 5 psychomotorische Erregungszustände, 5 delirante Syndrome, 5 Störungen des Bewusstseins, 5 stuporöse Zustände, 5 Suizidalität. Diese Syndrome sind diagnoseübergreifend und zeigen Überlappungen. Für die Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen werden an dieser Stelle einige bewährte Psychopharmaka empfohlen (. Tab. 12.1): 5 Als Antipsychotika wurden mit den Butyrophenonen Haloperidol und Melperon zwei konventionelle Substanzen wegen ihrer Effektivität, Verbreitung und relativen Sicherheit (Melperon besonders für geriatrische und internistisch multimorbide Patienten in sedierender und hypnotischer Indikation) ausgewählt. Aufgrund einer Vielzahl positiver Studien im Notfallsetting (Agitation bei Schizophrenie und Manie) werden weiterhin die atypischen Antipsychotika (AAP) Olanzapin, Risperidon und Ziprasidon genannt. Die Medikamente können oral und parenteral (mit Ausnahme von Risperidon) verabreicht werden. AAP haben in der Pharmakotherapie psychiatrischer Akutsituationen an Bedeutung gewonnen und stellen in vielen Fällen eine wirksame Alternative zu konventionellen hochpotenten Antipsychotika dar. Als Anxiolytikum wird Lorazepam als kurzwirksames Benzodiazepin ohne wirksame Metaboliten empfohlen; es hat zudem den Vorteil der
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17 Dosierung 5 i.v./i. m./p. o. 5–10 mg, bei älteren Patienten niedriger (zunächst 0,5–1,5 mg) 5 Ggf. Wiederholung alle 30 min, nicht mehr als 100 mg/24 hz oral bzw. 60 mg/24 hz parenteral
5 i.m.a: initial 5–10 mg, maximal 20 mgz 5 p.o.: initial 10–20 mgz 5 Wiederholung alle 30 min möglich, jedoch nicht mehr als 20 mg/24 hz
5 Psychotische und delirante Zustandsbilder 5 Psychomotorische Erregung auch schwerster Ausprägung
5 Psychotische Zustandsbilder 5 Psychomotorische Erregung bei Schizophreniez und Maniez, insbesondere bei erhöhter Neigung zu EPS
Haloperidol
Olanzapin
5
5 geringeres EPS-Risiko 5 problemloser Übergang in orale Erhaltungstherapie 5 schnelllösliche orale Applikationsform möglich
2
5 QTc-Verlängerung möglich 5 bei i.m.-Behandlung schnelle Umstellung auf orale Applikation anstreben 5 keine i.v.-Applikation
5 QTc-Verlängerung möglich, besonders bei parenteraler Anwendung 5 In hohen Dosen kardiotoxisches Risiko (ventrikuläre Tachyarrhythmien), dann möglichst Monitorüberwachung 5 Frühdyskinesien, dann Biperiden (Akineton®) 2,5–5 mgz i.v.
CAVE
1
5 Hohes Wirkpotenzial 5 V. a. in niedrigerer Dosis und kurzer Anwendung relativ gute kardiovaskuläre Verträglichkeit 5 hohes EPS-Risiko v. a. in hohen Dosisbereichen
Besonderheiten
4
Indikation
3
Präparat
. Tab. 12.1 Auswahl der wichtigsten Psychopharmaka für die psychiatrische Notfallsituation
582 Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Dosierung 5 i.m.: initial 10–20 mg, Wiederholung: 10 mg alle 2 h möglich bis maximal 40 mg/24 hz 5 p.o.: initial 40 mg, Aufdosierung auf 2-mal 40 mg/24 h, maximale 160 mg/24 hz 5 Initial 2–4 mg, ggf. Wiederholung, nicht mehr als 16 mg/24 hz bei schizophrenen Psychosen bzw. 6 mg/24 hz bei manischen Episoden
Indikation
5 wie Olanzapin
5 wie Olanzapin
Präparat
Ziprasidon
Risperidon
. Tab. 12.1 (Fortsetzung)
5 Wie Olanzapin, jedoch in höheren Dosierungen zunehmendes EPS-Risiko 5 Auch schnelllösliche Applikationsform möglich, jedoch keine parenterale Gabe
5 Geringeres EPS-Risiko 5 Problemloser Übergang in orale Erhaltungstherapie
Besonderheiten
5 QTc-Verlängerung möglich
5 Dosisabhängige QTcVerlängerung möglich 5 Bei i.m.-Behandlung schnelle Umstellung auf orale Applikation anstreben
CAVE
12.1 · Übersicht und allgemeine Gesichtspunkte 583
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15
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17
7 Kap. 12.2, Warnhinweis.
5
5 Kurze Halbwertszeit, keine aktiven Metaboliten 5 Gut steuerbar
5 Hypotonie und Atemdepression möglich, insbesondere in hohen Dosen und bei i.v.-Gabe 5 i.v.-Applikation sehr langsam!
5 Zum Teil ausgeprägte orthostatische Hypotonie möglich 5 Keine i.v.-Applikation
2
5 Gute sedierende Eigenschaften bei mäßiger antipsychotischer Wirkung und fehlenden anticholinergen Eigenschaften
CAVE
1
a
5 i.v./i.m.a: initial 0,5–1 mg 5 p.o.: initial 1–2,5 mg 5 Ggf. Wiederholung alle 60 min, nicht mehr als 7,5 mg/ 24 hz
13
5 Psychomotorische Erregung leichteren Gradesz sowie Adjuvans bei stärkerer Agitationz (v. a. zu Haloperidol) 5 Angstzuständez
12
Lorazepam
11 5 i.m.: initial 50–100 mg, maximal 200 mg/24 hz 5 p.o.: initial 50–100 mg 5 nicht mehr als 400 mg/ 24 hz
10
5 Leicht- bis mittelgradige psychomotorische Erregung und Unruhez bei geriatrischen und multipel internistisch erkrankten Patienten
9
Melperon
7 Besonderheiten
6
Dosierung
4
Indikation
3
Präparat
. Tab. 12.1 (Fortsetzung)
584 Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
8
12.1 · Übersicht und allgemeine Gesichtspunkte
585
12
Sicherheit bei Anwendung der schnelllöslichen oralen Darreichungsform sowie der Möglichkeit der parenteralen Anwendung. 5 Es gibt z. T. weit verbreitete Alternativen zu dieser Auswahl, so etwa das kurzwirksame Depot-Antipsychotikum Zuclopenthixol oder andere Butyrophenone (z. B. Benperidol, Pipamperon) sowie andere Benzodiazepine (z. B. Diazepam). Bei der Behandlung prädeliranter und deliranter Zustände, v. a. im Rahmen des Alkoholentzugssyndroms, hat sich über Jahrzehnte in Deutschland Clomethiazol wegen seiner Effektivität und guten Steuerbarkeit bewährt, während es in angloamerikanischen Ländern nicht eingesetzt wird. Nachteilig sind dessen geringe therapeutische Breite und die nicht mehr zur Verfügung stehende parenterale Verwendungsfähigkeit. Eine Anwendung niedrig potenter trizyklischer Antipsychotika wie z. B. Levomepromazin zur Dämpfung akuter psychomotorischer Erregungszustände wird wegen des anticholinergen und kardiovaskulären Nebenwirkungspotenzials bei vorhandenen besseren Alternativen nicht mehr empfohlen. 5 Mit »rapid tranquilization« wird das Verfahren beschrieben, alle halbe oder ganze Stunde mit Antipsychotika oder Benzodiazepinen die Zielsymptome der psychomotorischen Erregung mit intramuskulärer Medikation kumulativ zu kupieren. Ein Vorteil gegenüber der oralen Gabe wird nur in den ersten Stunden gesehen. Nachteilig ist der Gebrauch von Spritzen, der in der Regel die Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patient in der Notfallsituation stört. 5 Die Kombination von Antipsychotika und Benzodiazepinen ist gut untersucht (speziell Haloperidol und Lorazepam) und bietet Vorteile (s. aber 7 Kap. 12.2, Warnhinweise). Bei Kombinationen können ggf. beide Dosen geringer gewählt werden, dadurch wird das Risiko von Nebenwirkungen verringert. Auch können Benzodiazepine die Akathisie durch Antipsychotika dämpfen. Verhalten in der psychiatrischen Notfallsituation Die folgenden Maßnahmen sollten der medikamentösen Behandlung des psychiatrischen Notfalls unmittelbar vorausgehen (. Abb. 12.1): 5 Abschätzung, ob der Patient eine akute Gefahr für Untersucher, Personal und/oder sich selbst darstellt. 5 Ausschluss einer unmittelbaren vitalen Bedrohung durch eine internistische oder chirurgische (Grund)erkrankung. 5 Vorläufige diagnostische Einordnung von a) Notfallsyndrom und b) vermuteter zugrunde liegender psychiatrischer Störung (psychotisch,
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1
Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Agitierter Patient
2 3
5 ruhig und sicher auftreten 5 Patienten ernst nehmen
4
5 klare, eindeutige Anweisungen geben 5 aktiv und empatisch zuhören 5 Patienten nicht in die Enge treiben
5 6
5 Gefährdung evaluieren
Kooperativ? Gesprächsbereit?
ja
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9 10
5 Gespräch
Spannungsreduktion durch Angebote: 5 gemeinsame Konfliktlösung suchen 5 geplante Maßnahmen erklären 5 ggf. Essen, Trinken, Zigarette anbieten 5 Angehörigen nach Wunsch des Patienten einbeziehen oder ausschließen
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5 Absprachefähigkeit
beurteilen
klären kein Erfolg 5 Gefährdung
reevaluieren 5 Stärke und Präsenz (Personal) signalisieren 5 Befugnis ggf. zu Maßnahmen gegen
13
5 ggf. Medikation
Erfolg
5 Aufnahmeindikation
11 12
Krisenintervention:
nein
8
den Willen des Patienten erklären
Erfolg
5 Entschlossenheit zeigen
kein Erfolg
Nach Regelung der Rechtsgrundlage: 5 Medikation auch ohne Einwilligung des Patienten 5 ggf. kurzfristige Fixierung
. Abb. 12.1 Handlungsablauf bei psychomotorischen Erregungszuständen
587
12.2 · Psychomotorische Erregungszustände
12
affektiv, Intoxikation, reaktiv, Persönlichkeitsstörung) durch Fremdanamnese (Polizei, Personal, Angehörige) und Verhaltensbeobachtung. Eine genauere Diagnosestellung ist initial häufig nicht möglich und hat auch keine Priorität. 5 Festlegung der Behandlungsstrategie und -modalität (freiwillig – unfreiwillig, sofort – nach Aufnahme/Übernahme). Besteht Selbst- oder Fremdgefährdung, muss sofort gehandelt werden; für eine Rechtsgrundlage (Unterbringungsbeschluss, Betreuung) ist ggf. unmittelbar nach Bewältigung der akuten Krise zu sorgen. 12.2
Psychomotorische Erregungszustände
Psychomotorische Erregungszustände (. Tab. 12.2) sind durch ausgeprägte Antriebssteigerung sowie motorische Hyperaktivität, z. T. mit Gereiztheit,
. Tab. 12.2 Übersicht über Differenzialdiagnose und Notfalltherapie psychomotorischer Erregungszustände
a
Differenzialdiagnose
Therapie
Psychotische Erregung und Aggressivität bei Schizophrenie und manischen Syndromen
Haloperidol (alternativ Olanzapina, Ziprasidon, Risperidon), Lorazepam
Erregung bei depressiven Syndromen
Lorazepam; Einleitung der antidepressiven Basistherapie
Erregung bei Angststörungen mit/ohne Panikattacken
Lorazepam
Erregung bei symptomatischen Psychosen bei somatischen Erkrankungen (z. B. internistisch/neurologisch/Intoxikationen)
Haloperidol; kausale Therapie; speziell bei geriatrischen und multimorbiden Patienten: Melperon (auch adjuvant)
Erregung bei Drogenintoxikationen inkl. (kompliziertem) Alkoholrausch
Haloperidol (bei Alkoholintoxikation Cave: Benzodiazepine)
Erregung bei Delir
. Tab. 12.3 und 7 Kap. 12.3
Siehe Warnhinweis unten.
588
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Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Aggressivität und Kontrollverlust gekennzeichnet. Oft besteht eine ängstliche Grundstimmung (v. a. bei psychotischen Erregungszuständen und Angststörungen). Erste Anzeichen sind mangelnde Kooperation, motorische Unruhe, Auf- und Abschreiten, intensives Gestikulieren, laute Sprache mit Drohgebärden, »Starren«, Reizbarkeit und Impulsivität. Eigen- und/ oder Fremdgefährdung sind möglich. Notfalltherapie beim psychomotorischen Erregungszustand 5 Basistherapie mit einem Antipsychotikum: Haloperidol 5–10 mg p.o. oder i.v./i.m., ggf. 1- bis 2-malige Wiederholung im Abstand von 30 min, aber maximal 100 mg/24 hz p.o. bzw. 60 mg/24 hz parenteral; bei älteren Patienten zunächst 0,5‒1.5 mg. 5 Alternativ: Olanzapin 10–20 mg p.o oder 10 mg i.m. (maximal 20 mg/24 hz) 5 Zusätzlich als Komedikation Benzodiazepine möglich: Lorazepam 1–2 mg p.o. (am besten »Expidet«-Formulierung) oder 0,5‒1 mg i.v./i.m. (Cave: nicht in Kombination mit Olanzapin), ggf. Wiederholung in 30-minütigen Abständen (»rapid tranquilization«) bis maximal 7,5 mg/24 hz. 5 Psychomotorische Erregungszustände bei demenziellen Erkrankungen 7 Kap. 3.4.7; dort Warnhinweise.
10 11 12 13
! Aufgrund wiederholt berichteter, z. T. schwerer hypotensiver Folgezu-
stände sollte bei gleichzeitiger Behandlung mit Olanzapin i.m. oder Clozapin eine parenterale Anwendung mit Benzodiazepinen vermieden werden. Eine orale Benzodiazepinbehandlung in einem solchen Fall sollte – zumindest in den ersten Tagen – nur stationär und unter regelmäßiger Kontrolle der Vitalfunktionen erfolgen.
14
12.3
15
Ein Delir ist eine akute organische Psychose mit unterschiedlicher, häufig multifaktorieller Genese. Leitsymptome sind Bewusstseins-, Aufmerksamkeits- und kognitive Störungen (z. B. mnestische Störungen, Verwirrtheit) sowie Desorientiertheit. Zusätzlich können vorkommen: Wahrnehmungsstörungen mit – v. a. optischen – Halluzinationen und illusionären Verkennungen, erhöhte Suggestibilität, psychomotorische Unruhe und Erregung,
16 17
Delirante Syndrome
589
12.3 · Delirante Syndrome
12
. Tab. 12.3 Übersicht über Differenzialdiagnose und Notfalltherapie deliranter Syndrome Differenzialdiagnose
Therapie
Delir bei Alkoholentzug 7 Kap. 7.2.1
Clomethiazol (7 Kap. 12.7 und Präparat), (alternativ Lorazepam); ggf. zusätzlich Haloperidol Kein Alkohol!
Delir bei Benzodiazepinentzug 7 Kap. 4.6.2
Sukzessiver Entzug (ggf. über Wochen); ggf. Haloperidol
Delir bei Drogenintoxikation 7 Kap. 17.6
Sofortiger Drogenentzug, ggf. Haloperidol
Delir als Nebenwirkung von Psychopharmaka (z. B. zentrales Serotonin- oder anticholinerges Syndrom) 7 Kap. 12.7
Sofortiges Absetzen oder starke Reduktion der Arzneimittel (entsprechend dem Schweregrad des Delirs); bei Erregung ggf. zusätzlich Haloperidol und/oder Lorazepam; Physostigmin nur in der Intensivmedizin
Delir bei somatischen Erkrankungen (Beispiele): 5 ZNS: akut entzündlich, Epilepsie, Trauma, zerebrovaskulär, neoplastisch 5 Metabolisch: hyper-/hypoglykämisch, Hyperthyreose, renale/hepatische Insuffizienz 5 Kardiopulmonal: Arrhythmien, Herzinsuffizienz, akute Myokardischämie 5 Systemisch: infektiöse/neoplastische Erkrankungen, Temperatur-/ Flüssigkeits-/ Elektrolytentgleisungen, Anämie, postoperativ, Polytrauma
Primäre Behandlung der Grunderkrankung; Bei Agitation: Haloperidol; ggf. zur Sedierung Melperon Ggf. adjuvant Benzodiazepine
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Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
z. T. mit Bewegungsstereotypien; außerdem fokal-neurologische Symptome wie Ataxie, Dysarthrie, Tremor und vegetative Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhöe, Hyperhidrosis, Hyperthermie und Tachykardie, Blutdruckanstieg. 5 Charakteristisch sind die Entwicklung der Symptomatik bis zum Vollbild innerhalb kürzester Zeit (Stunden bis wenige Tage) und ein Fluktuieren der Ausprägung. 5 Delirante Syndrome sind potenziell lebensbedrohliche Zustände; kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter ist dringend geboten. 5 Ätiologisch liegen v. a. Entzugssyndrome (hauptsächlich Alkohol), Intoxikationen sowie Komplikationen bei internistischen und neurologischen Erkrankungen zugrunde. 5 Diagnostik bei Verdachtsdiagnose Delir: − körperliche Untersuchung, − Vitalparameter, EKG, Körpertemperatur, − laborchemische und hämatologische Parameter (v. a. Alkoholspiegel, Glukose, Elektrolyte, Leber- und Nierenparameter, Entzündungszeichen, Blutbild), − Urinstatus mit Drogenscreening, − Thoraxröntgen, − zerebrale Bildgebung, wenn möglich MRT, − evtl. EEG zum Ausschluss epileptischer Aktivität, − evtl. Lumbalpunktion. 5 Eine Übersicht über die Differenzialdiagnose und Therapie gibt . Tab. 12.3. ! Es ist zu beachten, dass sich die Behandlung des Alkoholentzugsdelirs (7 Kap. 7.2.1) von den übrigen Delirformen unterscheidet.
Notfalltherapie beim deliranten Syndrom 5 Basistherapie mit einem Antipsychotikum: Im Gegensatz zur Behandlung von psychomotorischer Erregung anderer Genese ist mit niedrigeren Dosen zu beginnen, insbesondere bei älteren Patienten: Haloperidol 1–2 mg p.o. oder i.v. 2- bis 4-stündlich (schweregradabhängig ggf. Dosiserhöhung); maximal zugelassene Tagesdosis von 60 mgz i.v. bzw. 100 mgz p.o. sollte weit unterschritten werden. 5 Zusätzlich (bei Bedarf oder bei Alkoholentzugsdelir als Basistherapie): Clomethiazol. Dosierung 7 Kap. 7, Präparat. 6
12.4 · Störungen des Bewusstseins
591
12
! Unter Clomethiazol ist auf Atem- und Kreislaufdepression sowie
bronchiale Hypersekretion zu achten.
5 Alternativ: Benzodiazepine (statt Clomethiazol): Lorazepam 0,5– 1mg p.o. oder i.v. 2- bis 4-stündlich, nicht mehr als 7,5 mg/24 hz.
12.4
Störungen des Bewusstseins
12.4.1 Quantitative Bewusstseinsstörungen Bei quantitativen Bewusstseinsstörungen handelt es sich um Störungen der Vigilanz mit Ausprägung von Benommenheit/Somnolenz über den Sopor bis zum Koma. Sie bilden eine phänomenologische Einheit und unterscheiden sich lediglich im Schweregrad. Psychopharmaka sind in der Regel kontraindiziert. Die diagnostische Abklärung und (ggf. intensiv-)medizinische Behandlung hat Vorrang. Somnolenz Als Somnolenz wird eine Vigilanzminderung mit vermehrter Schlafneigung bei noch möglicher Erweckbarkeit auf Ansprache bezeichnet. Zusätzlich besteht psychomotorische Verlangsamung mit herabgesetzter Reaktionsfähigkeit sowie meistens auch Aufmerksamkeitsstörungen und kognitiver Verlangsamung. 5 Ätiologie: neurologisch (z. B. Epilepsie, meist postiktal, entzündliche Prozesse wie Meningitis/Enzephalitis, metabolische Enzephalopathien, Hirnstammprozesse, Schädel-Hirn-Trauma), internistisch (z. B. Intoxikationen, Hyperglykämie, Hypothyreose, Elektrolytstörungen, Komplikation bei schweren Allgemeinerkrankungen). 5 Diagnostik: körperliche Untersuchung, Labor (Elektrolyte, Entzündungs-, Leber-, Nierenparameter, Glucose, Schilddrüsenwerte, Blutbild, Urinstatus inkl. Drogenscreening, Lumbalpunktion), EEG, zerebrale Bildgebung. 5 Bei Somnolenz im Rahmen der hepatischen Enzephalopathie evtl. Versuch mit Flumazenil i.v. (Anexate®, fraktioniert 0,1–1 mg); dabei vorübergehende Vigilanzbesserung möglich (diagnostisch), zuvor aber Ausschluss einer epileptischen Aktivität im EEG; 7 Kap. 17.5.
592
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Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Sopor und Koma Unter Sopor wird eine Vigilanzminderung mit (kurzfristiger) Erweckbarkeit nur durch starke Schmerzreize bei fehlender Spontanmotorik verstanden. Das Koma ist ein Zustand tiefer Bewusstlosigkeit mit überwiegend fehlender Responsivität auch auf Schmerzreize, ungezielte Abwehrbewegungen sind möglich. Schutzreflexe können vorhanden sein oder fehlen. 5 Ätiologie und Diagnostik: prinzipiell wie bei Somnolenz; Intensivüberwachung notwendig, ggf. Sicherstellung von Atmung und Kreislauffunktionen. 12.4.2 Qualitative Bewusstseinsstörungen Organische dissoziative Störung Bei der organischen dissoziativen Störung (»Dämmerzustand«) handelt es sich um eine vorübergehende Bewusstseinsveränderung bzw. traumartige Einengung des Bewusstseins. Die Handlungsfähigkeit ist erhalten bei jedoch verminderter intentionaler Spannweite. Charakteristisch ist ein teilweiser oder völliger Verlust der normalen Integration von Erinnerungen an die Vergangenheit sowie des Identitätsbewusstseins, unmittelbarer Wahrnehmungen und der bewussten motorischen Kontrolle. Häufig sind psychomotorische und kognitive Verlangsamung sowie teilnahmslos-apathisches Verhalten mit möglichen Affektdurchbrüchen und Erregungszuständen. Zum Teil besteht forensische Relevanz durch mögliches (und oft persönlichkeitsinkongruentes) fremdaggressives und impulsives Verhalten. Typisch ist eine Amnesie für den Zeitraum des Auftretens, gelegentlich mit »Erinnerungsinseln«. 5 Ätiologie: überwiegend bei Epilepsie (v. a. postiktal, aber auch iktal als Anfallsäquivalent), weiterhin bei pathologischem Alkoholrausch, Schädel-Hirn-Verletzungen, progressiver Paralyse, entzündliche Prozesse. 5 Diagnostik: körperliche Untersuchung, Labor, zerebrale Bildgebung, EEG, evtl. Lumbalpunktion. 5 Differenzialtherapie: bei epileptischer Genese bzw. sicherem Ausschluss einer Intoxikation Benzodiazepine (z. B. Lorazepam 0,5‒1 mg i.v./i.m. oder 1‒2,5 mg p.o., maximal 7,5 mg/24hz), beim pathologischen Alkoholrausch Haloperidol 5–10 mg p.o. oder i.v./i.m. (maximal 100 mg/24 hz p.o. bzw. 60 mg/24 hz i.v./i.m.).
593
12.5 · Stuporöse Zustände
12.5
12
Stuporöse Zustände
Unter einem Stupor wird ein abnormer Zustand psychomotorischer Hemmung mit eingeschränkter bzw. aufgehobener Reaktivität auf Umweltreize verstanden. Das Wachbewusstsein ist voll erhalten, eine Amnesie entsteht in der Regel nicht. Die Ätiologie ist vielfältig, das Syndrom kann bei verschiedenen psychiatrischen und internistischen Grunderkrankungen auftreten (zur Differenzialdiagnostik . Tab. 12.4). Stupor bei katatoner Schizophrenie Bei der katatonen Schizophrenie (7 Kap. 3.4.1) kommen psychomotorische Hemmung, zumeist mit Mutismus und Stupor, vor. Beobachtet werden kann dabei auch das Phänomen der »wächsernen Biegsamkeit« (Flexibilitas cerea): hierbei wird die passiv bewegte Extremität in z. T. grotesken Stellungen beibehalten. . Tab. 12.4 Übersicht über Differenzialdiagnose und Notfalltherapie stuporöser Zustände Differenzialdiagnose
Therapie
Stupor bei katatoner Schizophrenie
Initial Lorazepam, wenn ohne Wirkung: Haloperidol, alternativ Olanzapina oder Risperidonb, Ziprasidonb
Depressiver bzw. manischer Stupor
Lorazepam; nach Abklingen des Akutzustandes antidepressive bzw. antimanische/stimmungsstabilisierende Behandlung
Stupor bei organischer katatoner Störung
Haloperidol, Behandlung der Grunderkrankung, bei substanzinduzierter Genese Absetzen bzw. Entzug der verursachenden Substanz
Dissoziativer Stupor
Lorazepam, ggf. psychotherapeutische Krisenintervention
a
7 Kap. 12.2, Warnhinweis.
b
Bisher jedoch nicht systematisch untersucht, sondern in Fallserien beschrieben.
! Ein abruptes Umschlagen von katatonem Stupor in einen katatonen
psychomotorischen Erregungszustand ohne offensichtlichen äußeren Anlass ist möglich. Sehr selten: lebensbedrohliche »perniziöse Katatonie« 6
594
1
Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
! mit Fieber (febrile Katatonie), autonomer Entgleisung, Akrozyanose,
Petechien, Bewusstseinstrübung. Differenzialdiagnose: malignes neuroleptisches Syndrom (7 Kap. 12.7.2).
2 3 4 5 6
Notfalltherapie beim Stupor unbekannter Genese 5 Initial Versuch mit Lorazepam, z. B. 1‒2,5 mg p.o. (z. B. ExpidetFormulierung) oder 0,5‒1 mg i.v. (maximal 7,5 mg/24 hz) 5 Bei ausbleibendem Erfolg Antipsychotikum: Haloperidol 5–10 mg p.o. oder i.v./i.m. (maximal 100 mg/24 hz p.o. bzw. 60 mg/24 hz i.v./i.m.), wenn malignes neuroleptisches Syndrom ausgeschlossen ist (7 Kap. 12.7.2) 5 Bei perniziöser Katatonie zusätzlich Kühlung, Volumensubstitution, ggf. intensivmedizinische Behandlung; EKB nach Ausschluss einer Enzephalitis.
7 8 9 10
Depressiver Stupor Bei Vorliegen der diagnostischen Kriterien für eine depressive Episode steht eine ausgeprägte Antriebsminderung mit psychomotorischer und kognitiver Hemmung (»Pseudodemenz«) im Vordergrund. Die affektive Resonanzfähigkeit kann bis zur Affektstarre eingeschränkt sein, häufig besteht Negativismus. Blickkontakt ist vorhanden, das Verhalten bei Exploration wirkt passiv-duldend, weniger autistisch und bizarr (DD: katatone Schizophrenie).
11 12
Notfalltherapie beim depressiven Stupor 5 Benzodiazepine: Lorazepam, z. B. 1‒2,5 mg (Expidet) p.o. oder 0,5‒1 mg i.v. (maximal 7,5 mg/24 hz)
13
! Vorsicht: Suizidalität.
14
5 Stationäre antidepressive Einstellung unter adjuvanter Beibehaltung von Lorazepam
15 16 17
Manischer Stupor Bei einer manischen Episode kann z. B. durch extreme Gedankenbeschleunigung oder psychotische Symptome die Handlungsfähigkeit bis hin zur Entwicklung eines Stupors eingeschränkt sein. Auch kann ein stuporöses
12.5 · Stuporöse Zustände
595
12
Syndrom bei manisch-depressiven Mischbildern (mit oder ohne psychotische Merkmale) auftreten. Notfalltherapie beim manischen Stupor 5 Benzodiazepine: Lorazepam, z. B. 1‒2,5 mg (z. B. Expidet-Formulierung) p.o. oder 0,5‒1 mg i.v. (maximal 7,5 mgz) 5 Stationäre Verlaufsbeobachtung und ggf. phasenprophylaktische Einstellung. Stupor bei organischer katatoner Störung Phänomenologisch besteht Ähnlichkeit mit dem Stupor bei katatoner Schizophrenie. Differenzialdiagnostisch wegweisend sind pathologische Befunde bei der internistischen bzw. neurologischen Diagnostik (. Tab. 12.4). 5 Ätiologie: z. B. entzündlich, Intoxikation, zerebrale Raumforderung, Epilepsie. Notfalltherapie bei organischer katatoner Störung Behandlung der Grunderkrankung, ggf. Antipsychotikum: Haloperidol 5–10 mg p.o. oder i.v./i.m. (maximal 100 mg/24 hz p.o. bzw. 60 mg/24 hz i.v./i.m.) nach Ausschluss eines malignen neuroleptischen Syndroms (7 Kap. 12.7.2) Dissoziativer Stupor (psychogener Stupor) Bei bestehender psychomotorischer Hemmung mit Mutismus sowie fehlender oder stark eingeschränkter Reagibilität auf äußere Reize finden sich unauffällige organische Befunde, anamnestisch sind meistens keine psychiatrischen Achse I-Störungen festzustellen. Diagnostisch wegweisend sind unmittelbar bzw. kurz zuvor vorausgegangene belastende Erlebnisse (Fremdanamnese). Häufig liegt eine auffällige Persönlichkeitsstruktur zugrunde.
596
1 2 3
Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Notfalltherapie beim psychogenen Stupor 5 Reizabschirmung, Distanz vom belastenden Ereignis bzw. belastenden Faktoren schaffen, Gespräch in ruhiger, neutraler Umgebung suchen, Zeit nehmen. 5 Benzodiazepine: Lorazepam, z. B. 1‒2,5 mg (z. B. Expidet-Formulierung) p.o. oder 0,5‒1 mg i.v. (maximal 7,5 mg/ 24 hz)
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12.6
Suizidalität
Suizidalität kommt als Symptom bei allen psychiatrischen Erkrankungen vor (v. a. bei affektiven Störungen wie Major Depression oder bipolaren Störungen, schizophrenen Psychosen, alkoholbezogenen und Persönlichkeitsstörungen (besonders Borderline-Persönlichkeitsstörung), jedoch auch unabhängig von psychiatrischen Krankheitsbildern (»rational choice«, z. B. Terminalstadium schwerer somatischer Erkrankungen, »Bilanzsuizid«, Lebenskrisen, v. a. Verluste, Trennungen, drastische äußerlich geprägte Änderungen der Lebensweise, schwere Kränkungen), wobei hier Persönlichkeitsfaktoren oft konfundieren. Bei 90% aller Suizide liegt eine psychiatrische Erkrankung zugrunde (bei ca. 60% eine affektive Störung, Hauptrisikofaktor für einen Suizid ist die Diagnose einer Major Depression). Weitere Risikofaktoren sind: schwere Schlafstörungen, konkrete frühere Suizidversuche, fehlende soziale Einbindung oder Verlust von Bezugspersonen und handlungsweisender Charakter der Suizidideationen. Ein generell höheres Suizidrisiko haben Männer, ältere und allein lebende Menschen, psychiatrisch ersterkrankte Patienten sowie altersund diagnoseunabhängig Patienten mit schlechtem Behandlungserfolg. Besonders gefährdet sind weiterhin Personen mit Suizidversuchen in der Anamnese und diagnoseübergreifend Patienten mit aktuell depressiver oder dysphorisch-agitierter Symptomatik. Gute familiäre, soziale und berufliche Bindungen sind protektive Faktoren. Diagnoseunabhängig können drei Prägnanztypen suizidalen Verhaltens (nach unterschiedlicher Ätiologie und Prognose) unterschieden werden: 5 ängstlich-agitierter Prägnanztyp: z. B. im Rahmen schwerer depressiver Störungen oder Angststörungen, schizophrener Psychosen; erhöhtes Risiko akuter Suizidalität; 5 impulsiv-aggressiver Prägnanztyp: z. B. bei Borderline-Persönlichkeitsstörung, Alkoholabhängigkeit vom Typ II nach Cloninger;
12.6 · Suizidalität
597
12
wahrscheinlich mit verminderter zentralnervöser Serotoninfunktion und niedrigem Serumcholesterin; längerfristig erhöhtes Risiko akuter Suizidalität; 5 anhedon-hoffnungsloser Prägnanztyp: z. B. bei schizophrener Negativsymptomatik oder chronifizierten depressiven Störungen; längerfristig erhöhtes Risiko für Suizidalität. 12.6.1 Umgang mit suizidalen Patienten Jede Suizidäußerung eines Patienten ist ernst zu nehmen, eine ausführliche Exploration ist zwingend nötig. 5 Die ausführliche Anamnese ist zur Einschätzung der akuten Gefährdung wichtig. Bei Verdacht auf Suizidalität muss diese offen thematisiert werden, die Absprachefähigkeit des Patienten ist zu beurteilen. 5 Akut suizidale Patienten sind unverzüglich in Begleitung in eine psychiatrische Klinik einzuweisen, bei fehlender Krankheitseinsicht oder Behandlungsbereitschaft kann eine Einweisung nach dem Betreuungsrecht (BGB) bzw. dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) notwendig werden. Wichtige Fragen: 5 Bestehen schon konkrete Vorstellungen oder sind schon Vorbereitungen getroffen? 5 Drängen sich Suizidgedanken passiv auf? 5 Wurden Suizidabsichten bereits angekündigt? 5 Haben sich zwischenmenschliche Kontakte in der letzten Zeit reduziert?
Notfalltherapie bei Suizidalität 5 Die Therapie ist stets abhängig von der Grunderkrankung, grundsätzlich sollte kombiniert pharmako- und psychotherapeutisch vorgegangen werden. 5 Suizidalität bei psychotischen Angst- und Erregungszuständen: konsequente antipsychotische Behandlung, zusätzlich passagere Gabe von Benzodiazepinen (z. B. Lorazepam 2–4 mg/Tag). Benzodiazepine haben einen sehr schnellen Effekt und können die Hoffnungslosigkeit, die oft Anlass der Suizidalität ist, vorübergehend lindern. 6
598
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Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
5 Suizidalität bei depressiven Störungen: zunächst Benzodiazepine (z. B. Lorazepam 2–4 mg/24 h); die konsequente antidepressive Pharmakotherapie ist in der Akut- und Notfallsituation zweitrangig; bei Vorhandensein psychotischer Symptome zusätzlich antipsychotische Behandlung. Bei hochsuizidal depressiven Patienten kann die EKB lebensrettend sein. 5 Suizidale Krisen bei Persönlichkeitsstörungen: passagere Gabe von Benzodiazepinen (z. B. Lorazepam 2–4 mg/Tag, maximal 7,5 mgz) oder niedrig dosierten Antipsychotika kann hilfreich sein, um Anspannung und autoaggressive Impulse zu reduzieren. 5 Suizidalität bei Suchterkrankungen: bei akuter Drogenintoxikation zunächst stationäre Behandlung zur Entgiftung (7 Kap. 7). 5 Krankheitsunabhängig ist für ausreichenden Nachtschlaf (v. a. Durchschlafen) zu sorgen; empfehlenswert ist ggf. eine Dosisverteilung mit höherer Dosis des Antipsychotikums bzw. Antidepressivums am späten Abend, evtl. zusätzlich Verordnung eines Schlafmittels. 12.6.2 Suizidprävention Wichtigste Maßnahme zur längerfristigen Suizidprävention bei psychiatrischen Erkrankungen ist die Durchführung einer Erhaltungstherapie bzw. Rezidivprophylaxe (je nach Diagnose antipsychotisch, antidepressiv bzw. phasenprophylaktisch oder kombiniert). Bei schizophrenen Psychosen wurde unter Behandlung mit Clozapin eine Abnahme des Suizidrisikos festgestellt. Die Datenbasis ist derzeit zu schmal, um diese Aussage auf andere AAP auszudehnen. Bei (bipolaren) affektiven Störungen hat eine längerfristige Lithiumtherapie über den stimmungsstabilisierenden Effekt hinaus auch eine belegte suizidpräventive Wirkung, was nach derzeitigem Kenntnisstand für Antikonvulsiva wie insbesondere Carbamazepin bzw. Valproinsäure nicht angenommen werden kann. (7 Kap. 2). Je akuter und ausgeprägter die Suizidalität ist, desto mehr muss zunächst die sedierende Komponente der medikamentösen Therapie betont werden. Eine kontinuierliche Überwachung und Betreuung des Patienten ist selbstverständlich. Der Patient sollte möglichst frühzeitig mit dem auch langfristig weiterbehandelnden Arzt in Kontakt gebracht werden, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
12.7 · Psychopharmaka als Ursache von Akutsituationen
12.7
599
12
Psychopharmaka als Ursache psychiatrischer Akutsituationen
12.7.1 Allgemeine Störungen . Tab. 12.5
gibt einen Überblick über durch Pharmaka ausgelöste psychiatrische Akutsituationen.
. Tab. 12.5 Arzneimittelinduzierte psychiatrische Akutsituationen, ausgelöst durch Psychopharmaka (andere Pharmaka 7 Kap. 12.8 bzw. . Tab. 12.6) Substanzgruppe
Symptomatik und Therapie
Antidepressiva (AD) AD ohne sedierende Eigenschaften
Psychomotorische Unruhe, Umtriebigkeit, Erregtheit Therapie: Reduktion bzw. Absetzen des AD, evtl. Umsetzen auf ein sedierendes AD
SSRI und andere Pharmaka mit überwiegend serotonerger Wirkkomponente
Zentrales Serotoninsyndrom: z. T. delirante Symptomatik, Erregungszustände, Euphorie Risiko erhöht bei Kombination mit MAOH, daher Kombination vermeiden Therapie: 7 Kap. 12.7.2
AD mit anticholinerger Begleitwirkung
Zentrales anticholinerges Syndrom: agitierte Verlaufsform mit deliranter Symptomatik Therapie: 7 Kap. 12.7.2
Antipsychotika konventionelle Antipsychotika
Akute depressive Verstimmungen bis hin zur Suizidalität (zu depressiven Störungen unter Antipsychotika 7 Kap. 3.4.4) und psychomotorische Unruhe, Umtriebigkeit, Erregtheit (v. a. in hohen Dosisbereichen; DD: Akathisie) Therapie: Reduktion bzw. Absetzen des Präparates, evtl. zusätzlich Benzodiazepine
600
Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
. Tab. 12.5 (Fortsetzung)
1 2
Substanzgruppe
Symptomatik und Therapie
Antipsychotika mit anticholinerger Begleitwirkung
Zentrales anticholinerges Syndrom (7 Kap. 12.7.2): agitierte Verlaufsform mit deliranter Symptomatik Therapie: s. oben
Atypische Antipsychotika
in seltenen Einzelfällen delirante Symptomatika Therapie: s. oben; ggf. vorübergehend Benzodiazepine
3 4 5 a
Fallberichte für Olanzapin und Risperidon.
6 7
12.7.2 Spezielle Störungen
8
Malignes neuroleptisches Syndrom Beim malignen neuroleptischen Syndrom handelt es sich um eine sehr seltene Nebenwirkung einer Antipsychotikatherapie, vorwiegend bei hohen Dosen hochpotenter, in Einzelfällen auch unter AAP, jedoch auch bei normaler Dosierung. In der Regel tritt es innerhalb von 2 Wochen nach Beginn der Antipsychotikatherapie auf; dabei besteht vitale Gefährdung. Die Symptome entwickeln sich innerhalb von 24–72 h. 5 Symptomatik: extrapyramidale Störungen: Rigor, Akinesie, z. T. auch Dys- und Hyperkinesien; Stupor; fluktuierende Bewusstseinsstörungen bis zum Koma; autonome Funktionsstörungen: Tachykardie, (labiler) Hypertonus, Tachy- bzw. Dyspnoe, Hautblässe oder -rötung, Hypersalivation, Hyperhidrose, Harninkontinenz. 5 Labor: erhöhte Kreatinkinase (CK), nicht selten auch Erhöhung der Transaminasen sowie der alkalischen Phosphatase; Leukozytose; metabolische Azidose.
9 10 11 12 13 14
! Myoglobinämie bzw. -urie mit drohenden renalen Komplikationen
15 16 17
(Rhabdomyolyse), daher Verlaufsbestimmungen bei Verdacht auf ein malignes neuroleptisches Syndrom und bei Myalgien von Kreatinkinase (CK) und Kreatinin wichtig (7 Kap. 3.6.6).
5 Differenzialdiagnostik: febrile Katatonie, maligne Hyperthermie (Anästhesiezwischenfall), Enzephalitis.
12.7 · Psychopharmaka als Ursache von Akutsituationen
601
12
Notfalltherapie beim malignen neuroleptischen Syndrom 5 Absetzen der Antipsychotika, Kühlung, (parenterale) Flüssigkeitszufuhr; Intensivüberwachung ist indiziert. 5 Prinzip der Weiterbehandlung: Dantrolen i.v. 2,5 mg/kg KG, ggf. danach Dauerinfusion bis zu 10 mg/kg KG/24 h i.v. und anschließend 2,5 mg/kg KG/24 h i.v.; alternativ Bromocriptin (Pravidel®) 10–30 mg/24 h (bis 60 mg/24 h), Amantadin (PK-Merz®) i.v. 200–400 mg/24 h oder Lorazepam 2–4 mg/24 h i.v./i.m. (maximal 7,5 mg/24 hz); wenn keine Besserung: EKT. Zentrales Serotoninsyndrom Beim zentralen Serotoninsyndrom kommt es zu seltenen Neben- bzw. Wechselwirkungen von Pharmaka mit serotonerger Wirkkomponente, v. a. bei SSRI, Venlafaxin, Mirtazapin (additiv), TZA, MAO-Hemmer, 5-HTAgonisten, Tryptophan, Kokain, Amphetamine, aber auch Lithium (vorwiegend in der Kombinationstherapie als pharmakodynamische Interaktion auf Ebene der serotonergen Neurotransmission im Sinne einer serotonergen Überaktivität). Es ist potenziell lebensbedrohlich und tritt überwiegend innerhalb der ersten 24 h nach Applikation auf. 5 Symptomatik: Trias aus Fieber (»Schüttelfrost«), neuromuskulären Symptomen (Hyperrigidität, Hyperreflexie, Myoklonie, Tremor) und psychopathologischen Auffälligkeiten (delirante Symptome wie Bewusstseins- und Aufmerksamkeitsstörungen, Desorientiertheit, Verwirrtheit, z. T. Erregungszustände); weiterhin gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö; vital bedrohliche Komplikationen durch epileptische Anfälle, Herzrhythmusstörungen, Koma, Multiorganversagen, Verbrauchskoagulopathie. Notfalltherapie beim zentralen Serotoninsyndrom 5 Absetzen der Medikation (in 90% der Fälle ausreichend) und ggf. symptomatische Therapie: Kühlung, Volumensubstitution, bei Bedarf Sedierung. 5 Bei Persistenz (selten) Cyproheptadin (Peritol®) 4–8 mg initial p.o. bis 0,5 mg/kg KG/24 h; bei Komplikationen u. U. Notwendigkeit der intensivmedizinischen Therapie.
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Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Zentrales anticholinerges Syndrom Das zentrale anticholinerge Syndrom tritt auf bei Überdosierung bzw. Intoxikation mit anticholinerg wirksamen Pharmaka (z. B. Clozapin, TZA) sowie additiv bei deren Kombination, aber auch bereits in normalen Dosisbereichen, z. B. bei »Slow-metabolizer«-Status. Es ist potenziell lebensbedrohlich. 5 Symptomatik: periphere anticholinerge Symptome wie trockene Haut und Schleimhäute, Hyperthermie, Mydriasis, Harnverhalt, Obstipation (bis zum paralytischen Ileus), Tachykardie Herzrhythmusstörungen; zentral: agitierte Verlaufsform mit deliranter Symptomatik, Desorientiertheit, Verwirrung, evtl. Sinnestäuschungen (optische und z. T. akustische Halluzinationen), motorische Unruhe und Agitation, Dysarthrie und zerebrale Krampfanfälle, aber auch sedative Verlaufsform mit Somnolenz bzw. Koma. Notfalltherapie beim zentralen anticholinergen Syndrom 5 Absetzen der anticholinergen Substanz. 5 Bei agitierter Verlaufsform ggf. Benzodiazepine und/oder Antipsychotika je nach Symptomausprägung; bei Persistenz bzw. schwerer Ausprägung Applikation von 2–4 mg Physostigmin (Anticholium® Injektionslösung) i.m. oder langsam i.v. (sowohl bei agitierter als auch sedativer Verlaufsform wirksam) und ggf. als Dauerinfusion über Perfusor (2–4 mg/h); jedoch nur unter intensivmedizinischen Bedingungen mit kontinuierlichem Monitoring der Kreislauffunktionen und Möglichkeit der assistierten Beatmung; 5 Außerdem symptomatische Therapie z. B. bei Hypotonie, Herzrhythmusstörungen, Elektrolytentgleisung, Krampfanfällen etc.
13 14 15 16 17
12.8
Andere Pharmaka als Ursache psychiatrischer Akutsituationen
Eine Vielzahl von nicht primär psychotropen Pharmaka aus nahezu jeder größeren Substanzklasse kann zentralnervöse Störungen und speziell psychiatrische Akutsituationen als unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) verursachen, was v. a. für den psychiatrischen Konsiliardienst von
12.8 · Andere Pharmaka als Ursache Akutsituationen
603
12
großer Bedeutung ist. Risikogruppen sind insbesondere geriatrische und mehrfacherkrankte bzw. multipel vorbehandelte Patienten. Grundsätzlich sind auch bei pharmakogenen Störungen in der Psychiatrie UAW von Intoxikationen, Allergien bzw. Idiosynkrasien (z. B. »Metabolizer«-Status) zu unterscheiden. UAW werden als unvermeidbare Phänomene trotz sachgemäßer Anwendung im therapeutischen Dosisbereich ggf. nach individueller Anpassung (Alter, Grunderkrankungen) definiert. 5 Voraussetzung für die psychotrope Wirkung von Arzneimitteln ist deren zentrale Verfügbarkeit, z. B. als lipophile Substanzen bzw. durch Blut-Hirn-Schrankenstörung (höheres Lebensalter, Arteriosklerose, entzündliche Prozesse). 5 Weitere Einflussfaktoren bzw. Wirkmechanismen sind Überdosierung, Hemmung des (hepatischen) Metabolismus (CYP-System, Elimination), reduzierte renale Clearance bei gestörter Nierenfunktion, Arzneimittelinteraktionen (7 Kap. 16), Veränderung der neuronalen Transmitter- bzw. Ionenhomöostase, zentrale toxisch-embolische Phänomene (z. B. Procain-Penicillin G); häufig sind additive und synergistische Wirkungen. 5 Die Latenzzeit nach Medikationsbeginn bis zum Auftreten psychotischer Nebenwirkungen (unmittelbar bis Tage nach Erstgabe) ist meistens geringer als bei Nebenwirkungen mit depressiver oder manischer Ausprägung (Wochen bis Monate). Vor diesem Hintergrund ist eine auch zeitlich exakte Medikamentenanamnese bei neu aufgetretenen psychiatrischen Störungen unerlässlich, insbesondere bei Risikopatienten mit Mehrfachbehandlungen. 5 Therapie: Besteht in der Akutsituation der Verdacht auf eine pharmakogene psychiatrische Störung, sollte die Medikation zunächst abgesetzt werden; bei Persistieren der Störung muss eine syndromgerichtete psychiatrische Pharmakotherapie eingeleitet werden. Die Einstellung auf ein Medikament mit potenziellen psychiatrischen Nebenwirkungen sollte, insbesondere bei Risikopatienten (höheres Lebensalter, Mehrfacherkrankungen und -behandlungen), stets einschleichend beginnen und niedrig dosiert erfolgen (»start low ‒ go slow«). Pharmakologische Polypragmasie ist zu vermeiden. Einen Überblick über arzneimittelinduzierte psychiatrische Syndrome bzw. Akutsituationen (geordnet nach Substanzgruppen und Syndromen) gibt
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Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
. Tab. 12.6. Es konnten lediglich Pharmaka mit häufiger und konsistenter Nennung in der Literatur berücksichtigt werden. Schwierigkeiten bei der Erfassung von psychiatrischen Nebenwirkungen von Nichtpsychopharmaka ergeben sich besonders, weil dazu bisher keine systematischen Untersuchungen vorliegen und die Erfassung der Syndrome meist nicht mit evaluierten Symptomskalen erfolgt. Meistens existieren nur sporadische Berichte von primär nicht psychiatrisch tätigen Ärzten. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass arzneimittelinduzierte psychiatrische Syndrome heterogen sein können und häufig atypische oder abortive Formen annehmen, was kürzlich in einer Metaanalyse für iatrogene depressive Syndrome gezeigt wurde. Arzneimittelinteraktionen bei Polypharmakotherapie – v. a. bei geriatrischen und multimorbiden Patienten – sind im Folgenden nicht systematisch berücksichtigt (7 Kap. 17).
Depressive Syndrome
(H1-/H2-Blocker)
Antihistaminika
Cimetidin, Famotidin, Ranitidin
Amiodaron, Chinidin, Disopyramid, Lidocain, Procainamid, Verapamil
Codein, Pentacozin, Tramadol, Fentanyl (transdermal)
Opioide
Antiarrhythmika
Indometacin
Nichtsteroidale Antiphlogistika
Analgetika/Antiphlogistika
Substanzklasse
Cimetidin, Ranitidin, Terfenadin
Flecainid, Lidocain
Buprenorphin
Buprenorphin, Pentazocin
Procainamid, Propafenon
Ibuprofen, Indometacin
Angstsyndrome
Indometacin
Manische Syndrome
Cimetidin, Ranitidin
Amiodaron, Chinidin, Lidocain (i.v.), Procainamid, Propafenon
Buprenorphin, Morphin, Pentazocin, Tramadol
Ibuprofen, Indometacin, Salicylate
Paranoid-halluzinatorische Syndrome
Cimetidin, Famotidin, Ranitidin
Lidocain, Mexiletin, Propafenon, Verapamil
Pentacozin, Tramadol
Ibuprofen, Indometacin, Naproxen
Delirante Syndrome
. Tab. 12.6 Arzneimittelinduzierte psychiatrische Akutsituationen (Nicht-Psychopharmaka): Substanzklassen, Pharmaka (Auswahl häufig genannter Präparate) und Syndrome
12.8 · Andere Pharmaka als Ursache Akutsituationen 605
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Clonidin, α-Methyldopa, Reserpin
Thiazide
Antisympathotonika
Diuretika
Antibiotika
Cotrimoxazol, Isoniazid, Sulfonamide
Cinnarizin, Diltiazem, Felodipin, Flunarizin, Hydralazin, Nifedipin
Vasodilatatoren
Isoniazid, Procain-Penicillin G
Clonidin
Diltiazem, Hydralazin
Procain-Penicillin G
Clonidin
Hydralazin
Amoxicillin, Ciprofloxacin, Cefuroxim,
α-Methyldopa
Diltiazem, Hydralazin, Nifedipin
Propranolol, Timolol
Cefazolin, Cefoxitim,
Amilorid, Spironolacton, Thiazide
Clonidin, α-Methyldopa
Diltiazem, Hydralazin
Captopril
Delirante Syndrome
1
Chemotherapeutika
Atenolol, Metoprolol, Nadolol, Pindolol, Propranolol, Timolol
12
β-Rezeptorenblocker (v. a. lipophile)
10 Captopril, Enalapril
8
Enalapril
6 Paranoid-halluzinatorische Syndrome
5
ACE-Hemmstoffe
7
Angstsyndrome
4
Antihypertensiva
9
Manische Syndrome
3
Depressive Syndrome
2
Substanzklasse
. Tab. 12.6 (Fortsetzung)
606 Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
11
Aciclovir, Amantadin, Interferon-α
L-Asparaginase, Mesna, Mithramycin, Vincristin
Virustatika
Zytostatika
Amantadin
Cisplatin, Ifosfamid
Zidovudin
Procarbazin
Ifosfamid
Ketoconazol
Amphotericin B, Clotrimazol
Antimykotika
Cisplatin, Ifosfamid
Aciclovir, Amantadin, Gancyclovir, Interferon-α
Amphotericin B
Cefuroxim, Chloramphenicol, Ciprofloxacin, Clarithromycin, Isoniazid, Procain-Penicillin G, Rifampicin, Streptomycin, Sulfonamide
Clarithromycin, Colistin, Erythromycin, Gentamicin, Isoniazid, Ofloxacin, ProcainPenicillin G, Sulfonamide, Tobramycin, Trimethoprim-Sulfamethoxazol
Angstsyndrome
Antibiotika (Forts.)
Manische Syndrome
Delirante Syndrome
Depressive Syndrome
Paranoid-halluzinatorische Syndrome
Substanzklasse
. Tab. 12.6 (Fortsetzung)
12.8 · Andere Pharmaka als Ursache Akutsituationen 607
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Norethisteron
Gestagene
Andere
GnRH-Analoga, Tamoxifen
Verschiedene Kombinationspräparate
Kontrazeptiva
Prostaglandinderivate
Dexamethason, Prednisolon, Prednison, Triamcinolon
Kortikosteroide
ACTH, Cortison, Dexamethason, Hydrocortison, Prednisolon, Prednison
Methyltestosteron
ACTH, Cortison, Methylprednisolon, Prednisolon, Prednison
Chinin, Chinidin, Chloroquin, Dapson, Mefloquin
Misoprostol
ACTH, Verschiedene Kortikosteroide
Chloroquin, Hydroxychloroquin, Mefloquin, Sulfadiazine
Delirante Syndrome
1
Hormone und hormonähnliche Substanzen
Chloroquin, Dapson
8
Dapson, Mefloquin
6 Paranoid-halluzinatorische Syndrome
5
Andere Chemotherapeutika
7
Angstsyndrome
4
Manische Syndrome
3
Depressive Syndrome
2
Substanzklasse
. Tab. 12.6 (Fortsetzung)
608 Kapitel 12 · Pharmakotherapie psychiatrischer Notfallsituationen
Andere Pharmaka
Sympathomimetika
Substanzklasse
Allopurinol, Amantadin, Aminophyllin, Baclofen,Biperiden, L-Dopa, Flunisolid, HMG-CoA-ReduktaseInhibitoren (Statine, z. B. Lovastatin, Pravastatin), Interferon α+β, Interleukin-2, Metoclopramid, Ondansetron , Phenylpropanolamin, Retinoide, Streptokinase, Sulfasalazin, Theophyllin
Prazosin
Depressive Syndrome
. Tab. 12.6 (Fortsetzung)
Amantadin, Baclofen, Bromocriptin, Ciclosporin, Digoxin, L-Dopa, L-Thyroxin, Metroclopramid
Salbutamol
Manische Syndrome
Sumatriptan, Theophyllin, L-Thyroxin
Oxymetazolin
Angstsyndrome
Amantadin, Atropin, Baclofen, Bromocriptin, Carbimazol, Disopyramid, L-Dopa, Erythropoetin, Ketamin, Lisurid, Pergolid, Scopolamin, Selegilin, Sibutramin, Streptokinase, Sulfasalazin
Ephedrin, Oxymetazolin, Phenylephrin, Phenylpropanolamin, Salbutamol
Paranoid-halluzinatorische Syndrome
Aminophyllin, Antidiabetika (oral), Atropin, Baclofen, Bromocriptin, Digitoxin, Digoxin, Disopyramid, L-Dopa, Dosapram, Lisurid, Scopolamin, Selegilin, Theophyllin
Phenylpropanolamin
Delirante Syndrome
12.8 · Andere Pharmaka als Ursache Akutsituationen 609
12
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11
Medikamente zur Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 11.1
Übersicht
Die Klassifikation dieser Störungen oder Störgruppe (Achse-II-Störungen in multidimensionalen Diagnosesystemen) ist weiterhin nicht abgeschlossen. Neben der kategorialen Einteilung wird nach wie vor eine dimensionale Sichtweise gefordert. Nach ICD-10 und DSM-IV werden Persönlichkeitsstörungen generell als meist früh in Kindheit oder Jugend beginnende, anhaltende Muster von rigiden, nicht angepassten Denk- und Verhaltensweisen, die sich in nahezu allen Lebensbereichen (eigenes Erleben, Beziehungen, Beruf) als Störung für den Betreffenden oder die Umwelt äußern, konzeptualisiert. Die vorherrschenden, prägnanten Symptome, die oft kombiniert auftreten, werden dann einzelnen Subtypen von Persönlichkeitsstörungen (oder Diagnosen) zugeordnet. Nach DSM-IV lassen sich drei Cluster mit unterschiedlicher Symptomprägnanz, möglicherweise unterschiedlicher biologischer und psychologischer Grundlage sowie unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen differenzieren: 5 Cluster A (sonderbar, exzentrisch, kognitiv-perzeptionell): Merkmale sind v. a. Denk- und Wahrnehmungsverzerrungen, magisches Denken, argwöhnisches und misstrauisches Verhalten, distanzierte Beziehungen. − Schizotypische Persönlichkeitsstörung (Prototyp des Clusters, in ICD-10 schizotype Störung in der Gruppe der Schizophrenien) − Paranoide Persönlichkeitsstörung − Schizoide Persönlichkeitsstörung 5 Cluster B (dramatisch, emotional betont, launisch, impulsiv): Wesentliche Merkmale sind v. a. dramatische und emotionale Verhaltensweisen, Impulsivität und Impulskontrollverlust, Affektstörungen, insbesondere emotionale Instabilität, Instabilität in Beziehungen, Auto- und Fremdaggressivität.
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Kapitel 11 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
− Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (nach ICD-10: impulsiver Typus und Borderline-Persönlichkeitsstörung, Prototyp des Clusters) − Histrionische Persönlichkeitsstörung − Antisoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10: dissoziale Persönlichkeitsstörung) − Narzisstische Persönlichkeitsstörung (nicht in ICD-10) 5 Cluster C (ängstlich-unsicher, affektiv): Merkmale sind sozialer Rückzug, Unsicherheit im selbständigen Denken und Handeln, Rigidität und Überkontrolliertheit, unterschwellige Affektstörungen, v. a. Ängstlichkeit und Depressivität. − Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung (nach ICD-10: ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung; Prototyp dieses Clusters) − Abhängige Persönlichkeitsstörung − Zwanghafte Persönlichkeitsstörung − Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung (nicht in ICD-10) Die Therapie wird in Abhängigkeit von diesen Symptomclustern durchgeführt. Neben Persönlichkeitsstörungen sind auch Verhaltensauffälligkeiten im Zusammenhang mit Intelligenzminderungen sowie abnorme Gewohnheiten und Impulskontrollstörungen (v. a. pathologisches Spielen, Pyromanie, Kleptomanie, Trichotillomanie) psychiatrisch relevant und zumindest teilweise einer psychopharmakologischen Behandlung zugänglich. Allerdings kommen etwa Impulskontrollstörungen nicht nur im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen, sondern auch im Rahmen von AchseI-Störungen vor.
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11.2
Allgemeine Therapiehinweise
Es muss immer zunächst geklärt werden, ob sich zusätzlich zu einer bestehenden Persönlichkeitsstörung eine mit Psychopharmaka sicher behandelbare psychiatrische Störung (Achse-I-Störung) entwickelt hat. Besonders häufig sind depressive Episoden, die mit Antidepressiva, wegen der besseren Verträglichkeit vorzugsweise mit Serotonin-Rückaufnahmehemmern (SSRI), gut behandelt werden können, sowie Substanzmissbrauch und -abhängigkeit (v. a. Alkohol, Benzodiazepine).
11.2 · Allgemeine Therapiehinweise
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11
5 Spezifische Medikamente zur Behandlung der Persönlichkeitsstörung gibt es noch nicht, die Therapie erfolgt im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans. Dieser beinhaltet psychotherapeutische Maßnahmen (v. a. Verhaltenstherapie), psychosoziale Unterstützung und die symptomorientierte medikamentöse und supportiv-psychiatrische Behandlung. Dies ist bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen von besonderer Bedeutung, um die meist drastisch eingeschränkte Lebensqualität zu verbessern. 5 Obwohl psychotherapeutische Behandlungsverfahren derzeit im Zentrum der Interventionen bei Persönlichkeitsstörungen stehen, erfordern schwerwiegende psychopathologische Symptome häufig den Einsatz von Psychopharmaka und sollten nicht erst nach Ausbleiben des Erfolgs von psychotherapeutischen Maßnahmen erwogen werden. 5 Wichtigste Zielsyndrome für psychopharmakologische Interventionen bei Persönlichkeitsstörungen sind: − depressive und andere affektive Symptome, − unkontrollierbare Impulsivität und Aggressivität, − dissoziative oder psychotische Symptome. 5 Voraussetzung einer Therapie ist auch stets der Ausschluss bzw. die Kenntnis organischer Erkrankungen, um die medikamentöse Therapie ggf. anzupassen. 5 Empfehlungen zur Dauer der Therapie können nicht gegeben werden, da sich die meisten Studien jeweils nur auf wenige Wochen beziehen. Eine erfolgreiche Pharmakotherapie sollte man aber längerfristig mit der niedrigsten effektiven Dosis unter sorgfältiger Überwachung von möglichen Nebenwirkungen fortführen. 5 Bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen sind Besonderheiten bei der Pharmakotherapie zu berücksichtigen: − Häufig ablehnende Haltung gegenüber Medikamenten. − Häufig nur geringe Compliance und hohe Abbruchrate. − Nebenwirkungen werden oft sensitiv oder verstärkt wahrgenommen. − Wechsel und Änderung von Therapien werden oft als Zurückweisung erlebt. − Medikamente erzeugen bei manchen Patienten das Gefühl von Kontrollverlust. 6
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Kapitel 11 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
− Die Medikation kann zum Interaktionsfeld werden (»Agieren«). − Bei Erfolg wird manchmal Therapieende und »Beziehungsabbruch« antizipiert. − Suizidrisiko (Intoxikationen!), v. a. bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen 5 Diesen Schwierigkeiten ist durch ein besonders sorgfältiges psychiatrisch-psychotherapeutisches Vorgehen zu begegnen: − Pharmakotherapie ist in der Regel nur auf der Basis einer tragfähigen und kontinuierlichen therapeutischen Beziehung sinnvoll. − Die Dosierung sollte individuell, an Zielsymptomen und Nebenwirkungen orientiert, erfolgen. Meist sind relativ niedrige Dosierungen ausreichend. − Mitbeteiligung der Patienten bei Auswahl, Dosierung und Einnahmeschemata (Information, »shared decision-making«). − Erfolgserwartungen eher niedrig ansetzen (entsprechend den aktuellen Studien). − Notwendige Kontrolluntersuchungen, Nebenwirkungen und Begleiteffekte vorher besprechen; ggf. auch mögliche Alternativen und Konsequenzen. − Ggf. mögliche Optionen bei Wechsel der Medikation besprechen. − Frühzeitig die Konsequenzen eines medikamentösen Therapieerfolgs thematisieren (Erfolge definieren, Zielvereinbarungen, Stufenplan ausarbeiten). − Klare »Verträge« mit entsprechenden Maßnahmen und Konsequenzen können manchmal hilfreich sein (z. B. bei selbstverletzendem Verhalten, Suizidalität, Zwangssymptomen). − Verschreibung möglichst sicherer Medikation und ggf. kleiner Packungsgrößen.
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11.3
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Die Aussagen zur Wirksamkeit der medikamentösen Therapie beziehen sich größtenteils auf offene oder randomisierte Studien mit kleinen Fallzahlen. Aus diesen Studien kann man zur Zeit die folgenden Therapieempfehlungen ableiten.
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Spezifische Therapiehinweise
11.3 · Spezifische Therapiehinweise
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11.3.1 Therapie von spezifischen Persönlichkeitsstörungen 5 Für die meisten Subtypen der Persönlichkeitsstörungen gibt es derzeit noch wenige empirisch fundierte Therapieleitlinien unter Berücksichtigung pharmakologischer Ansätze. 5 Das Fehlen umfassender psychopharmakologischer Therapien gilt insbesondere für dissoziale (bzw. antisoziale) Persönlichkeitsstörungen, bei denen auch psychotherapeutische Interventionen nicht sicher wirksam sind. 5 Auch für Verhaltensauffälligkeiten bei histrionischen Persönlichkeitsstörungen kann aus den wenigen Fallberichten derzeit noch keine pharmakologische Empfehlung abgeleitet werden. 5 Für Persönlichkeitsstörungen mit Symptomen, die auch im Rahmen von Achse-I-Störungen auftreten und dabei wirksam behandelt werden können (v. a. depressive Symptome, Angstsymptome, psychosenahe Symptome, Zwangssymptome), lassen sich zumindest Hinweise für die Symptombehandlung bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen gewinnen. Dies trifft insbesondere für schizotypische, paranoide, zwanghafte und selbstunsichere Persönlichkeitsstörungen zu. 5 Für die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) liegen sowohl Studien zur Wirksamkeit psychotherapeutischer Verfahren (dialektisch-behaviorale Therapie nach Linehan, DBT) vor als auch Empfehlungen zur symptomatischen medikamentösen Therapie, die sich teilweise auf kontrollierte Studien, zumindest jedoch auf offene Studien und umfangreiche Fallberichte stützen können. 5 Die bei BPS gefundenen wirksamen syndromorientierten Therapiemöglichkeiten lassen sich auch für Patienten mit dieser Symptomatik im Rahmen anderer Persönlichkeitsstörungen nutzen. 11.3.2 Zielsyndromorientierte Psychopharmakotherapie bei Persönlichkeitsstörungen Affektstörungen (depressive Stimmung, Wut, aggressive Stimmung, Angst) 5 Komorbide affektive und Angststörungen sind entsprechend zu behandeln (7 Kap. 1, 2 und 4); nach effektiver Behandlung depressiver Störungen besserten sich auch andere Symptome komorbider Persönlichkeitsstörungen. Komorbide Persönlichkeitsstörungen sind andererseits häufig Prädiktoren für schlechteres Ansprechen depressiver Störungen auf Antidepressiva.
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Kapitel 11 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
5 Bei affektiven Symptomen (insbesondere depressiven Verstimmungen, Stimmungsschwankungen, Empfindlichkeit gegen Abweisung, Angst, pathologischem Ärger, Wut und Feindseligkeit) werden SSRI und Venlafaxin empfohlen; zu den SSRI liegen Studien vor, die sich bis über 3 Jahre erstrecken. Bei mangelnder Wirksamkeit eines ersten SSRI, auch nach Dosiserhöhung, sollte nach etwa 6 Wochen ein Versuch mit einem zweiten SSRI oder Venlafaxin gemacht werden, bevor auf andere Medikationen oder eine Augmentation mit einem atypischen Antipsychotikum (AAP) in niedriger Dosis zurückgegriffen wird. 5 Für die Therapie von aggressiven Affektdurchbrüchen und aggressiven Verhaltensweisen liegen positive Studienergebnisse für Haloperidol vor; allerdings sind AAP (z. B. Risperidon, Quetiapin, Olanzapin) wahrscheinlich in dieser Indikation besser geeignet und daher – trotz fehlender kontrollierter Studien – aufgrund ihrer besseren v. a. Langzeitverträglichkeit besonders in Kombination mit intensiver Psychotherapie (belegt für Olanzapin) vorzuziehen. In offenen Studien hat sich auch niedrig dosiertes Clozapin als nützlich bei der Behandlung von affektiven Symptomen (Depressivität, Impulsivität, Aggressivität) bei BPS erwiesen. 5 Bei Impulsivität, Stimmungsschwankungen und affektiven Symptomen (Aggressivität, Depressivität) können unter Vorbehalten (Nebenwirkungen, Intoxikationsrisiko) und entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen und Kontrollen bei zuverlässigen Patienten Lithium, Carbamazepin und Valproinsäure erwogen werden. Für Valproinsäure liegen kleinere kontrollierte Studien vor, die eine Wirksamkeit bei Aggressivität und Irritabilität im Rahmen von BPS belegen. Für Lamotrigin zeigte eine Fallserie eine Besserung von Impulsivität und Suizidalität bei Patienten mit BPS. Eine generelle Empfehlung kann jedoch für Stimmungsstabilisierer v. a. in Anbetracht der möglichen Nebenwirkungen in dieser Indikation nicht gegeben werden, Wirkungen sind jedoch v. a. für Valproinsäure belegt. 5 Bei therapierefraktärer Angst liegen Einzelfallberichte zur Wirksamkeit von Benzodiazepinen (Clonazepam, Alprazolam) vor; unter Alprazolam wurde aber in Einzelfällen Kontrollverlust (Verschlechterungen) berichtet. Insgesamt sollen Benzodiazepine nur akut und mit Vorsicht eingesetzt werden (Abhängigkeitsrisiko). Bei vorrangig sozialen Ängsten (soziale Phobie) hat sich Gabapentin als wirksam erwiesen, ähnliche Effekte können für Pregabalin erwartet werden.
11.3 · Spezifische Therapiehinweise
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Störungen der Impulskontrolle, Reizbarkeit und unkontrollierte Wut, impulsive Aggression, impulsive Selbstverletzung 5 Bei impulsiver Aggression, Wut, Reizbarkeit und auch selbstverletzendem Verhalten im Rahmen einer BPS werden SSRI und auch Venlafaxin empfohlen. Gewünschte Effekte auf Wut und impulsive Aggression treten oft früher und unabhängig von Wirkungen auf Stimmung oder Angst ein. Unklar ist bei dieser Indikation, ob ein Versuch mit einem zweiten SSRI erfolgreich ist, wenn der erste Versuch fehlschlägt; ggf. sollte auf Valproinsäure oder ein AAP (Aripiprazol, Risperidon, Quetiapin, Olanzapin, Clozapin) zurückgegriffen werden. Clozapin war Olanzapin und Haloperidol überlegen. 5 Lithium kann bei impulsiver Aggression im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen offensichtlich in Mono- oder Zusatztherapie wirksam sein. Ältere kontrollierte Studien zeigten positive Effekte von Lithium v. a. auf Impulskontrolle und Feindseligkeit, eine neuere Studie konnte dies bei Patienten mit BPS nicht bestätigen. Vorsichtsmaßnahmen und Kontrollen sind in jedem Falle erforderlich, es besteht eine geringe Sicherheit bei unzuverlässigen Patienten (geringe therapeutische Breite). 5 Carbamazepin und Valproinsäure werden bei impulsiver Aggression häufig eingesetzt; für Valproinsäure liegen mittlerweile kleine kontrollierte Studien zur Wirksamkeit bei aggressiver Impulsivität im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen vor, insbesondere, wenn SSRI unwirksam sind. 5 Für Lamotrigin liegt eine placebokontrollierte Studie bei Patienten mit BPS vor, die eine überlegene Wirksamkeit zur Reduktion des selbst erlebten Ärgers zeigte; für Lamotrigin und Topiramat liegen offene Studien zur Wirkung gegen Aggressivität und selbstverletzendes Verhalten (v. a. bei geistiger Retardation) vor. Topiramat war in einer randomisierten Studie bei BPS wirksamer als Placebo. 5 Bei impulsiver Aggressivität und schweren Selbstverletzungsimpulsen wurde in Einzelfällen unter Einhaltung der übrigen Kontraindikationen und Kontrollen Clozapin mit Erfolg eingesetzt; möglicherweise sind auch andere AAP in dieser Indikation wirksam. Für Quetiapin und Risperidon liegen positive Einzelfallberichte bei Patienten mit antisozialer Persönlichkeitsstörung vor. In einer neueren randomisierten Studie zeigte Olanzapin (mittlere Dosis 9 mg/Tag) in Kombination mit DBT im Vergleich zu Placebo (+ DBT) eine signifikante Verbesserung von Depressivität und Angst, aber auch von aggressiven Verhaltensweisen, bei 60 Patienten mit BPS.
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Kapitel 11 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
5 Zur raschen Kontrolle eskalierender impulsiver Symptome (Erregungszustände mit akuter Wut, aggressiven Angriffen und Selbstverletzungen) ist Haloperidol wirksam, ggf. kann auch ein Einsatz von Zuclopenthixol-Azetat notwendig sein; allerdings konnte für konventionelle Antipsychotika kein spezifischer Effekt auf die Impulsivität nachgewiesen werden. 5 Bei impulsiver Reizbarkeit (v. a. bei »hysteroider Dysphorie«) haben frühere Studien unter Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen und Diätvorschriften MAO-Hemmer (u. a. Tranylcypromin) erfolgreich eingesetzt, können aber nicht generell empfohlen werden. 5 In Fallserien wurde Naltrexon erfolgreich bei Selbstverletzungstendenzen im Rahmen von BPS verordnet, immer sind jedoch begleitende psychotherapeutische Maßnahmen empfohlen. 5 Benzodiazepine werden auch bei dieser Zielsymptomatik nur für Akutund Notfallsituationen empfohlen; Einzelfälle von Kontrollverlust wurden unter Benzodiazepinen berichtet. Kognitive Symptome und Wahrnehmungsverzerrungen 5 Verhaltenseigentümlichkeiten, Verzerrungen des Denkens und der Wahrnehmung sowie ein Unbehagen bei nahen Beziehungen können als Symptome v. a. bei schizotypischen Persönlichkeitsstörungen auftreten; Misstrauen und Beziehungsideen sind Kennzeichen der paranoiden Persönlichkeitsstörung. Diese Symptome sowie Derealisations- und Depersonalisationserleben sind jedoch auch bei anderen Persönlichkeitsstörungen der Cluster A und B, insbesondere bei BPS, nicht selten. 5 Zur Behandlung von im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen auftretenden Beziehungsideen, Illusionen, meist passageren Halluzinationen und Pseudohalluzinationen und paranoiden Ideen sowie der häufig damit verbundenen Hostilität haben sich konventionelle hochpotente Antipsychotika (u. a. Haloperidol, Perphenazin, Flupentixol) in niedriger Dosierung in Kurzzeitstudien als effektiv erwiesen. Allerdings zeigte sich in längeren Studien eine geringe Verträglichkeit dieser Medikation (v. a. EPS einschließlich tardiver Dyskinesien, Depressivität). 5 Trotz fehlender kontrollierter Studien sollten AAP (Olanzapin, Risperidon, Quetiapin, ggf. Clozapin, möglicherweise auch Ziprasidon, Amisulprid, Aripiprazol) in möglichst niedriger Dosierung unter Einhaltung der üblichen Kontraindikationen und Kontrolluntersuchungen der Vorzug bei Behandlungsversuchen für diese Zielsymptomatik gegeben werden.
11.3 · Spezifische Therapiehinweise
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5 Bei dissoziativen Symptomen, insbesondere im Rahmen einer BPS, kann ein Versuch mit Naltrexon (Dosis meist 25–100 mg/Tag) in Kombination mit Psychotherapie unternommen werden; positive Ergebnisse aus Fallserien liegen hierfür vor. Verhaltensstörungen bei Intelligenzminderung und Autismus 5 Bei aggressivem Verhalten bei Intelligenzminderung kann zunächst Risperidon versucht werden. Andere AAP wurden seither nicht in kontrollierten Studien untersucht. Bei chronisch aggressivem Verhalten ist im zweiten Schritt ein Therapieversuch mit Valproinsäure oder Carbamazepin vorsichtig indiziert. 5 Bei organisch bedingten aggressiven Störungen kann ein Therapieversuch mit Betablockern (vorzugsweise Propranolol) auch in höherer Dosierung oder mit Clonidin Erfolg versprechend sein (langsam aufdosieren). 5 Bei Oligophrenien und anderen geistigen Behinderungen tritt nicht selten neben motorischen Stereotypien repetitives selbstverletzendes Verhalten mit z. T. auch mutilierenden Selbstverletzungen auf. In dieser Indikation kann Risperidon eingesetzt werden, möglicherweise wirkt auch Olanzapin oder ein anderes AAP. Allerdings ist die Zunahme des Einsatzes von AAP (neben Stimulanzien und SSRI) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit mentaler Retardation durch empirische Studien nicht gerechtfertigt. 5 Bei expansiven und disinhibierten Verhaltensstörungen im Rahmen von Oligophrenien kann ein Versuch mit Valproinsäure oder Antipsychotika (konventionelle Antipsychotika in niedriger Dosis oder AAP, insbesondere Risperidon) empfohlen werden. 5 Bei Autismus und bei autistischen Symptomen bei geistiger Behinderung (starker emotionaler und sozialer Rückzug, Stereotypien, Veränderungsangst, Wutausbrüche) wurde die symptomatische Wirksamkeit von Risperidon in niedriger Dosis auch bei Kindern und Jugendlichen belegt. Eine neuere offene Studie zeigte auch positive Effekte von Citalopram in dieser Indikation. Allerdings sind frühere Befunde für SSRI bei Autismus und ähnlichen Störungen eher diskrepant; neben Besserungen wurden auch Zunahmen von Aggressivität und Hyperaktivität berichtet. 5 Eine offene Studie mit Topiramat als »Add-on«-Medikation legt eine Wirksamkeit bei Verhaltensstörungen und Aggression im Rahmen geistiger Behinderung nahe.
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Kapitel 11 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
5 Keine Empfehlung kann trotz positiver Fallberichte für Naltrexon und Methylphenidat bei geistiger Retardation und autistischen Symptomen ausgesprochen werden. Spezifische Impulskontrollstörungen und Paraphilien 5 Bei spezifischen Störungen der Impulskontrolle (pathologisches Spielen, Pyromanie, Kleptomanie, Trichotillomanie) und sexuellen Paraphilien haben sich in Fallserien SSRI in oft höherer Dosierung und über mehrere Monate als hilfreich erwiesen, eine Kombination mit psychotherapeutischen Interventionen ist in jedem Fall zu empfehlen. 5 Auch ein zweiter Versuch mit einem SSRI scheint ggf. angeraten, bevor ein AAP auch in Kombination – wie bei therapieresistenten Zwangsstörungen – versucht werden kann (v. a. Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon). Kontrollierte Studien liegen hierzu nicht vor. Schlafstörungen 5 Die häufig bei Persönlichkeitsstörungen auftretenden Schlafstörungen und Albträume lassen sich meist gut mit niedrig dosierten Antidepressiva (z. B. Mirtazapin, Trimipramin) oder niederpotenten Butyrophenonen (Melperon, Pipamperon) behandeln (7 Kap. 5). Positive Wirkungen auf den Schlaf werden auch für Buspiron berichtet. 11.4
Psychopharmaka bei Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
11.4.1 Antidepressiva
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5 Bei depressiven Störungen im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen, insbesondere BPS, sind SSRI und Venlafaxin Mittel der ersten Wahl. 5 Für Mirtazapin, Duloxetin und Reboxetin fehlen entsprechende Studien, Reboxetin könnte nach ersten Fallberichten bei begleitenden Symptomen einer Aufmerksamkeitsstörung mit impulsiv-hyperaktiven Symptomen günstig wirken, verschlechterte jedoch in einem Fall bei einer Patientin mit BPS die Symptomatik. Mirtazapin in einer Dosis von 7,5–15 mg kann mit Erfolg auch bei Schlafstörungen im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen eingesetzt werden. 5 Impulsiv-aggressives Verhalten, Reizbarkeit und suizidale Handlungen werden ebenfalls unter SSRI gebessert (20–60 mg Fluoxetin, 50–100 mg Sertralin). Wahrscheinlich spielt das serotonerge System
11.4 · Psychopharmaka
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bei der Beeinflussung des impulsiven, aggressiven und autoaggressiven Verhaltens eine wichtige Rolle. Bei begleitender Depression ist bei Agitation und/oder impulsiver Aggression eine Indikation für SSRI relativ früh gegeben; die Besserung mit SSRI ist von der depressiven Stimmung unabhängig. Bei selbstverletzendem Verhalten gibt es zwar positive Berichte für SSRI, es wurde aber auch eine Verstärkung des aggressiven Verhaltens beschrieben. 11.4.2 Antipsychotika 5 Bei aggressivem Verhalten, emotionaler Instabilität, mangelnder Impulskontrolle und vorübergehenden psychotischen Symptomen bei BPS ist ein Therapieversuch mit AAP über einige Wochen indiziert. Die zusätzlich sedative Wirkung kann von Fall zu Fall genutzt werden. Wirksamkeit ist für Olanzapin 7,5-10 mg, Risperidon 2 mg (bei schizotyper Persönlichkeitsstörung) und Clozapin 250 mg/Tag bei therapieresistenten Patienten mit Wahn und Halluzinationen beschrieben. Die Dosis sollte über 4–6 Wochen zunächst niedrig gewählt werden, danach Erhöhung bei nicht optimaler Wirkung. Die Dosis mit Aripiprazol war 15 mg bei BPS. In einer neuen Studie war Clozapin Olanzapin und besonders Haloperidol überlegen. 5 Bei selbstverletzendem Verhalten gibt es positive Fallberichte mit 5–15 mg Olanzapin. Bei aggressivem Verhalten im Rahmen einer Intelligenzminderung ist Risperidon in niedriger Dosis (0.5‒2 mg) zu empfehlen. Diese Studien reichen aber zu einer generellen Therapieempfehlung, insbesondere zur Langzeittherapie, nicht aus. 5 Auch affektive Symptome bessern sich unter Antipsychotika (7 Kap. 3.4.4); unter 5–10 mg Olanzapin kam es zu einer Besserung der Dysthymie und Ängstlichkeit bei BPS, insbesondere in Kombination mit DBT. 5 Konventionelle Antipsychotika sollten bei dieser Indikation, auch in geringer Dosierung, wegen erhöhter Nebenwirkungen nurmehr in Ausnahmefällen (z. B. Haloperidol und Zuclopenthixol bei aggressivem Verhalten) verordnet werden. 11.4.3 Benzodiazepine 5 Sie sind bei der Notwendigkeit einer akuten, vorübergehenden Sedierung für die in diesem Kapitel genannten Störungen kaum verzichtbar und dann zu empfehlen (Lorazepam). Bei vorherrschender Angst im
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Kapitel 11 · Behandlung von Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
Rahmen einer emotionalen Instabilität können sie besser als SSRI wirken (Clonazepam).
2
! Mögliche Bahnung von impulsivem Kontrollverlust ist unter Benzodi-
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5 Wegen des besonderen Abhängigkeitsrisikos sollte bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen keine Langzeittherapie mit Benzodiazepinen durchgeführt werden.
4 5
azepinen möglich (wurde für Alprazolam beschrieben).
11.4.4 Betarezeptorenblocker und Clonidin
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Sie sind bei organisch bedingtem aggressivem Verhalten als Reservemedikation einsetzbar. Ein Versuch z. B. mit Propranolol, beginnend mit 20 mg, sehr langsam steigernd bis auf 200 mg/Tag (auch über höhere Dosen wird berichtet), kann auch bei aggressiven Verhaltensstörungen über mindestens 8 Wochen versucht werden.
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! Vorsicht bei organischen, v. a. kardialen Grundkrankheiten und inter-
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nistischer Komedikation.
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11.4.5 Stimmungsstabilisierer 5 Obwohl für Lithium bei suizidalem Verhalten im Rahmen von depressiven Störungen eine rezidivverhütende Wirkung gesichert ist, sollte es bei suizidalem Verhalten bei BPS nur in Ausnahmefällen angewandt werden (zu hohes Risiko bei Überdosierung; Fehlen eines antisuizidalen Wirksamkeitsnachweises bei Persönlichkeitsstörungen). 5 Bei impulsiver Aggressivität im Rahmen von BPS erwies sich Lithium in Monotherapie oder in Kombination mit SSRI als wirksam. Mögliche Interaktionen und Nebenwirkungen sind immer zu beachten; eine generelle Empfehlung kann nicht erfolgen. 5 In frühen Studien wurde ein emotional stabilisierender Effekt von Lithium gezeigt. Eine Indikation hat sich aber in größeren Studien nicht erhärtet. 5 Carbamazepin zeigte in einer kontrollierten Studie bei BPS negative Ergebnisse. Insgesamt ist die weit verbreitete Therapie der Impulskontrollstörungen im Rahmen von BPS mit Carbamazepin unschlüssig und durch Studien nicht belegt.
11.4 · Psychopharmaka
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11
5 Für Valproinsäure liegen mittlerweile zumindest kleinere kontrollierte Studien bei BPS vor, die eine Wirksamkeit in üblicher Dosierung (Plasmaspiegel 50–100 µg/ml) bei Impulsivität, Aggressivität und Reizbarkeit sowie die relative Sicherheit und Verträglichkeit bei Einhaltung der Kontraindikationen und Kontrollen belegen konnten. 5 Bei chronisch aggressivem Verhalten gibt es einige erfolgreiche Therapieergebnisse unter Carbamazepin bis 800 mg/Tag und besonders unter Valproinsäure bis 1000 mg/Tag. 5 Positive Therapieberichte mit Lamotrigin bei BPS und komorbider bipolarer Störung rechtfertigen den Einsatz als Reservemedikation v. a. mit den Zielsyndromen Depressivität und Aggressivität. Für Topiramat liegt ebenfalls eine offene Studie vor, die als »Add-on«-Medikation (Dosis 150–350 mg) eine Wirksamkeit bei Verhaltensstörungen im Rahmen geistiger Behinderung nahe legt; Topiramat war auch in einer kontrollierten Studie bei BPS erfolgreich. Langsame Aufdosierung und mögliche Nebenwirkungen sind bei beiden Substanzen zu beachten. Für Gabapentin liegen Studien vor, die eine Wirksamkeit bei sozialen Ängsten (soziale Phobie) belegen, für Pregabalin kann eine ähnliche Wirkung erwartet werden. 11.4.6 Naltrexon 5 Bei selbstverletzendem Verhalten und bei dissoziativen Symptomen in der Regel im Rahmen von BPS zeigte Naltrexon in kleinen Studien (Dosierung 25–100 mg/Tag) eine gute Wirkung. 5 Zu Naltrexon bei sexuellen Funktionsstörungen und Paraphilien 7 Kap. 8.
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10
Psychostimulanzien und weitere Medikamente zur Behandlung von ADHS und Hypersomnien 10.1
Übersicht
Das Bindeglied dieses Kapitels ist die Möglichkeit, die hier beschriebenen Syndrome mit Psychostimulanzien, Modafanil bzw. den neuen Substanzen Atomoxetin und Natriumoxybat, behandeln zu können. Es sind dies: 5 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und 5 Hypersomnie. Es werden Narkolepsie, primäre Hypersomnie und Syndrome mit verstärkter Tagesmüdigkeit aufgrund eines gestörten Nachtschlafs (Schlafapnoesyndrom, Restless-legs-Syndrom [RLS] und »periodic limb movements in sleep« [PLMS]) voneinander abgegrenzt. Zu unterscheiden sind weiterhin Hypersomnien bei körperlichen Erkrankungen (z. B. Hypothyreose, chronische Infektionen, entzündliche Hirnerkrankungen), substanzinduzierte Hypersomnien (z. B. Missbrauch von Benzodiazepinen) und Hypersomnien im Rahmen einer anderen psychischen Erkrankung (z. B. atypische Depression). Das Chronic-Fatigue-Syndrom wird in 7 Kap. 1.4.9 besprochen. 10.2
Indikationen
10.2.1 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Erwachsenen Die ADHS (»attention deficit hyperactivity disorder«, syn.: »attention deficit disorder« [ADD], hyperkinetisches Syndrom [HKS]) manifestiert sich in der Kindheit vorrangig mit Defiziten in der Aufmerksamkeit sowie mit Hyperaktivität und Impulsivität. Häufig resultieren Komplikationen im
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
Lernverhalten, verminderte Organisationsleistung und z. T. erhebliche Fehlanpassungen im Sozialverhalten. Diese Leitsymptome finden sich auch im Erwachsenenalter wieder, häufig prägen hier Aufmerksamkeitsdefizite und emotionale Instabilität die Symptomatik. Nach ICD-10 ist zur Diagnosestellung eine Symptomatik aus Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung einerseits und Hyperaktivität und Impulsivität andererseits gefordert, nach DSM-IV ist eine Beeinträchtigung in einer dieser beiden Hauptbereiche zur Diagnosestellung ausreichend. Es finden sich gehäuft Komorbiditäten: Persönlichkeitsstörungen (v. a. antisoziale Persönlichkeitsstörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung), Alkohol- und Substanzmissbrauch bzw. -abhängigkeit, Angsterkrankungen und affektive Störungen. Zur Häufigkeit und klinischen Einordnung dieser Erkrankung gibt es für das Erwachsenenalter noch wenig Untersuchungen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass zumindest ein Drittel der betroffenen Kinder ins Erwachsenenalter hinein persistierende Symptome aufweist. Bei hoher Varianz der klinischen Ausprägung und einer angenommenen Heterogenität der Pathogenese wird u. a. eine Hypoaktivität des frontolimbischen Systems angenommen. In der funktionellen Bildgebung finden sich eine verminderte präfrontale Glukoseutilisation, eine verminderte präfrontale Dopaminsynthesekapazität und eine erhöhte Dopamintransporterkapazität. In genetischen Untersuchungen werden Assoziationen zwischen der ADHS und Polymorphismen des Dopamin-Transporter-Gens sowie des Dopamin-D4-Rezeptor-Gens beschrieben. Einige dieser Befunde und das spezifische pharmakologische Ansprechen sprechen für eine dopaminerge/noradrenerge Funktionsstörung. 5 In den letzten Jahren hat man in der medikamentösen Therapie der ADHS auch bei Erwachsenen positive Erfahrungen, besonders mit Psychostimulanzien, gemacht. Bei Erwachsenen haben sich beim Einsatz von Psychostimulanzien Ansprechraten bis zu 70% gezeigt. Die Wirksamkeit erstreckt sich sowohl auf die Kernsymptome Hyperaktivität, Impulsivität und Aufmerksamkeitsdefizite als auch auf die komplexen Begleitsymptome wie soziale Defizienzen, schulische Probleme und Kommunikationsstörungen. 5 Auch bedingt durch eine breite öffentliche Diskussion besteht zur Zeit eine Unsicherheit, in welchem Ausmaß eine Behandlung mit Psychostimulanzien einen Risikofaktor für einen späteren Substanzmissbrauch darstellt. Neuere Untersuchungen ergeben jedoch klare Hinweise, dass die Therapie mit Stimulanzien im Kindes- und Jugendalter sogar zu einem erniedrigten Risiko für einen späteren Substanzmittelbrauch beitragen kann. Dieser protektive Faktor kann zum gegenwärtigen
10.2 · Indikationen
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Zeitpunkt positiv bewertet werden. Daher ist der Einsatz von Psychostimulanzien grundsätzlich aufgrund seiner hohen Ansprechrate zu empfehlen, er muss jedoch engmaschig kontrolliert werden. Die verpflichtende Aufbewahrung der BtM-Rezepte für den einzelnen Patienten bietet eine gute Kontrollmöglichkeit. Bei komorbider Suchterkrankung sollte an ein Alternativpräparat (selektiv nordadrenerge Antidepressiva) gedacht werden, allerdings ist nicht in jedem Falle einer Suchterkrankung bei einer schwer ausgeprägten ADHS ein Psychostimulans einzusetzen. Die Kontrollbedingungen im therapeutischen Setting müssen dann sehr engmaschig sein (regelmäßiges Drogenscreening). Psychostimulanzien sind zur Zeit für die Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter nicht zugelassen. Die Verordnung kann somit nur im »off-label use« erfolgen. Da aktuell Zulassungsstudien mit Methylphenidat durchgeführt werden, ist hier in den kommenden Jahren jedoch mit einer Änderung zu rechnen. Die meisten Erfahrungen liegen in der Erwachsenenbehandlung innerhalb der Gruppe der Psychostimulanzien mit Methylphenidat vor. Grundsätzlich kann auch die Behandlung mit anderen Psychostimulanzien wie d-Amphetamin, dl-Amphetamin und Pemolin erwogen werden. Bei den Amphetaminen darf in Deutschland lediglich das D,L-Racemat rezeptiert werden, das jedoch nicht als Fertigarzneimittel in Deutschland zugelassen ist, sondern individuell als Kapsel oder als Saft hergestellt werden muss. Eine maximale Tagesdosis von 0,5 mg/kg KG sollte nicht überschritten werden. Fertigpräparationen des D,LRacemats in Form von Substanzmischpräparaten liegen im Ausland sowohl in retardierter als auch unretardierter Form vor (z. B. Adderall® und Aderrall XR®), wobei im Einzelfall die Einfuhr gemäß Arzneimittelgesetz erfolgen kann. Pemolin ist im Kindesalter aufgrund seiner Hepatotoxizität nicht mehr bei der hyperkinetischen Störung zugelassen, bei Erwachsenen ist es Mittel der zweiten Wahl. Der neue selektive Noradrenalin-Rückaufnahmehemmer Atomoxetin ist in den USA gut untersucht und reduziert Impulsivität, Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung. Ein Abhängigkeitspotenzial besteht nicht. Antidepressiva mit einer vorwiegend noradrenergen Rückaufnahmehemmung wie Nortriptylin, Desipramin und Reboxetin sowie Venlafaxin mit dem kombiniert serotonerg/noradrenergen Wirkmechanismus stellen die gute Alternative zu den Psychostimulanzien in der Behandlung der ADHS des Erwachsenen dar. Auch für MAO-Hemmer
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(Tranylcypromin, Selegilin) liegen positive Erfahrungen vor. Die Dosierungen liegen in Bereichen der antidepressiven Behandlung, es sollte in jedem Falle zunächst mit einer niedrig bis mittleren Dosierung begonnen werden, um die Ansprechrate zu überprüfen. Weiterhin gibt es zu Bupropion und Antihypertensiva (Clonidin, Guanfacin) positive Berichte. Für Clonidin und Guanfacin wird der Wirkmechanismus bei der ADHS über eine α2-Adrenozeptor agonistisch vermittelte Aktivität vermutet. Modafinil zeigte in ersten Untersuchungen zur ADHS von Kindern und Erwachsenen eine gute Wirksamkeit, insbesondere bei kognitiven Störungen. Die vorliegenden Daten rechtfertigen den Einsatz dieser Substanz zur Zeit als Medikament der zweiten Wahl bei ADHS. Auch wurde die Kombination Modafinil (100‒200 mg) plus SSRI bei Erschöpfung und Hypersomnie, die mit einer Depression assoziiert ist, positiv beurteilt. Unabhängig vom gewählten Präparat sollte das klinische Ansprechen anhand standardisierter Rating-Skalen (z. B. ADHD-IV-Rating-Skala) im Therapieverlauf objektiviert werden. Nach bisher gültiger klinischer Erfahrung sollte ein erfolgreiche pharmakologische Behandlung über einen Zeitraum von 6–18 Monaten durchgeführt werden, bevor ein Reduktions- bzw. Absetzversuch initiiert wird. In Deutschland gibt es ein erstes Manual zur Verhaltenstherapie der ADHS bei Erwachsenen, angelehnt an die Dialektische Behaviorale Therapie (DBT) bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Es ist wissenschaftlich zwar nicht ausreichend evaluiert – es fehlt der Vergleich zur medikamentösen Therapie –, aber zunächst zu empfehlen.
10.2.2 Narkolepsie Bei der Narkolepsie liegt eine Störung der Schlaf-Wach-Regulation vor, bei der die Abgrenzung des Wachzustandes von den verschiedenen Schlafstadien nicht mehr gewährleistet ist. Es kann eine Fragmentierung des Schlafs über 24 h eines Tages resultieren. Symptome sind ausgeprägte Tagesmüdigkeit mit imperativem Schlafdrang, Einschlafattacken, und REM-assoziierte Symptome wie Schlaflähmung (bis in den Wachzustand andauernde Muskelatonien), hypnagoge Halluzinationen und Kataplexie (durch Gemütsbewegungen ausgelöster Tonusverlust quergestreifter Muskulatur bis hin zu Sturzereignissen ohne Bewusstseinsverlust).
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Das Schlaf-EEG zeigt eine stark verkürzte REM-Latenz und eine verminderte Schlaflatenz. EEG-Veränderungen finden sich im Nachtschlaf und in den Schlafphasen am Tage (Nachweis im Multiplen Schlaf-Latenz-Test, MSLT). Es wird eine multifaktorielle Vererbung angenommen (Konkordanzrate ca. 20% unter monozygoten Zwillingen). Im familiären Umfeld wird häufiges Auftreten von vermehrter Tagesmüdigkeit beobachtet. Über 99% der Narkolepsiepatienten sind HLA-DR2-positiv. Dieser Marker eignet sich wegen der hohen Prävalenz in der gesunden Bevölkerung nur zum Ausschluss einer Narkolepsie. Ätiologisch wird die Beteiligung noradrenerger und serotonerger Systeme (u. a. verminderte Liquor-5HIAA- und HVA-Konzentrationen) und eine Dysfunktion des Orexinsystems in der REM-Schlafregulation angenommen. 5 Therapeutisch sind Verhaltensmaßregeln indiziert. Es ist ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus und ein stabiles Lebensumfeld anzustreben. Durch regelmäßige Ruhe- und Schlafpausen kann Einschlafattacken vorgebeugt werden. Monotone Arbeitstätigkeiten sind zu meiden. 5 Modafinil führt zu einer deutlichen Verbesserung von Einschlafattacken und Tagesmüdigkeit. Gegenüber den zuvor häufig eingesetzten Psychostimulanzien (Methylphenidat, Amphetamine, Pemolin) zeigt Modafinil bisher klinisch keine Anzeichen von Toleranz- und Abhängigkeitsentwicklung. Daher bleibt Methylphenidat trotz seiner Zulassung bei der Narkolepsie zweite Wahl nach Modafinil. REM-assozierte Symptome (z. B. Kataplexie) lassen sich durch REM-supprimierende Antidepressiva (Imipramin und Clomipramin) und MAO-Hemmer behandeln. Auch Venlafaxin hat sich als effektiv in der Behandlung von Kataplexien erwiesen. 5 Natriumoxybat ist als neue Therapieoption eingeführt worden. Es steht damit erstmals ein Medikament zur Verfügung, das gleichzeitig gegen alle drei Hauptsymptome der Narkolepsie (Kataplexie, Tagesschläfrigkeit und gestörten Nachtschlaf) wirksam ist. 10.2.3 Schlafapnoesyndrom Das Schlafapnoesyndrom ist durch nächtliche Atempausen charakterisiert; unterschieden werden ein zentral bedingtes und ein obstruktives Apnoesyndrom. Die zahlreichen nächtlichen Atempausen, die durch kurzzeitige Vigilanzanhebung begrenzt werden, führen zu einer Fragmentierung des Schlafes. Folge sind Tagesmüdigkeit mit Einschlafneigung, Nachlassen der
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geistigen Leistungsfähigkeit mit Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, depressive Verstimmungen, sexuelle Funktionsstörungen und morgendliche Kopfschmerzen. Internistische Folgekrankheiten können sein: Hypertonie, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Polyglobulie. Die Diagnosesicherung ist durch eine polysomnographische Untersuchung im Schlaflabor mit Registrierung respiratorischer Parameter möglich. Eine obstruktive Schlafapnoe mit wiederholten Kollapszuständen des Pharynx im Schlaf ist ein wichtiger kardiovaskulärer Risikofaktor. 5 Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad. Allgemeine Verhaltensmaßnahmen umfassen Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus, Vermeidung von abendlichem Alkoholkonsum, keine Verordnung von sedierenden Medikamenten am Abend, ggf. Gewichtsreduktion. In leichten Fällen kann ein Therapieversuch mit abendlicher Gabe von retardiertem Theophyllin (250–700 mg) gemacht werden, das einen atemstimulierenden Effekt hat. Bei schwerer ausgeprägter Symptomatik ist eine kontinuierliche Überdruckbeatmung während der Nacht notwendig (»continuous positive airways pressure«, CPAP); in manchen Fällen ist auch ein chirurgischer Eingriff indiziert; dies gilt insbesondere für die obstruktive Schlafapnoe. 5 Modafinil erhielt die Zulassungserweiterung zur Behandlung von Patienten mit mittelschwerem bis schwerem obstruktivem Schlafapnoesyndrom (OSAS), die trotz adäquater CPAP-Therapie unter exzessiver Tagesschläfrigkeit leiden. 10.2.4 »Restless-legs-Syndrom« (RLS) und »Periodic limb movements in sleep« (PLMS) Das RLS und die als PLMS bezeichneten nächtlichen Myoklonien treten im Alter (besonders ab dem 50. Lebensjahr) häufiger und oft auch kombiniert auf. Prinzipiell ist zwischen idiopathischen und symptomatischen Formen zu unterscheiden. Symptomatische Formen des RLS kommen u. a. bei Niereninsuffizienz, rheumatischer Polyarthritis und Eisenmangelanämie vor. Symptomatische RLS-Syndrome im dritten Trimenon der Schwangerschaft bilden sich nach der Entbindung meist spontan zurück. Für Patienten mit RLS wurden von der International Restless Legs Syndrome Study Group klinische Diagnosekriterien aufgestellt. Sie beinhalten 4 obligate Minimalkriterien: 1. Bewegungsdrang der Beine, üblicherweise begleitet von sensiblen Störungen wie Parästhesien, Dysästhesien.
10.2 · Indikationen
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2. Motorische Unruhe, d. h. die Patienten fühlen sich gezwungen, sich zu bewegen und nutzen unterschiedliche motorische Strategien, um ihre unangenehmen Sensationen in den Beinen zu erleichtern. 3. Die Symptome treten ausschließlich in Ruhe auf mit zumindest teilweiser und vorübergehender Erleichterung durch Aktivität. 4. Die Symptome sind abends und in der Nacht deutlich ausgeprägter als zu anderen Tageszeiten. Diese Kriterien sind zur Diagnosestellung zwingend erforderlich. Bei mindestens der Hälfte der Patienten kann man von einem genetischen Hintergrund ausgehen. Die PLMS ist durch kurze stereotype Bewegungen bzw. Muskelkontraktionen im Bein mit einem Rhythmus von 20–60 s gekennzeichnet. Polysomnographie, Bewegungsaufzeichnung und Immobilisationstests sichern die Diagnose. 5 Mittel der ersten Wahl bei RLS sind L-DOPA/aromatische Aminosäuredecarboxylase (AADC)-Inhibitorpräparate (einschleichende Eindosierung bis 400 mg/Tag), sowohl bei der idiopathischen als auch bei der symptomatischen Form. Vorteile von L-DOPA sind der schnelle Wirkungseintritt (innerhalb einer Stunde nach der Ersteinnahme), die gute Steuerbarkeit sowie die relativ geringen Therapiekosten. Wegen der kurzen Wirkdauer ist die kombinierte Einnahme des retardierten und unretardiertem Präparats sinnvoll (bisher für RLS zugelassene L-DOPA/AADC-Präparate: Restex® und Restex retard®, 100–300 mg/ Tag). Auch eine Wirksamkeit auf PMLS wurde gezeigt. 5 Bei einem Teil der mit L-DOPA behandelten Patienten kommt es zu einer sog. Augmentation, d. h. nach initial gutem Ansprechen kommt es unter der Therapie zu einer Verstärkung der RLS-Beschwerden: Nächtliche Beschwerden können wieder zunehmen und sich in andere Körperregionen ausweiten. Um dann eine kontinuierliche Dosissteigerung zu vermeiden, ist L-DOPA langsam auszuschleichen und parallel hierzu die Behandlung mit einer anderen Substanz, in der Regel mit einem Dopaminagonisten, zu beginnen. 5 Ebenfalls wirksam sind Dopaminagonisten mit z. T. deutlich längerer Halbwertszeit. Es wird hier unterschieden zwischen Ergot-Derivaten (α-Dihydroergocryptin, Bromocriptin, Cabergolin, Lisurid, Pergolid) und Nicht-Ergot-Derivaten (Ropinirol, Pramipexol). Während der ersten Behandlungswoche mit Dopaminagonisten aus der Gruppe der Ergot-Derivate empfiehlt sich eine antiemetische Komedikation. Dies ist bei den Nicht-Ergot-Derivaten (Ropinirol, Adartrel® 0,5–4 mg/Tag;
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Pramipexol, Sifrol® 0,26–0,54 mg/Tag) nicht unbedingt erforderlich. Ropinirol wurde kürzlich zur Behandllung des Restless-legs-Syndroms zugelassen. Die therapeutischen Dosen sind deutlich niedriger als bei der Parkinson-Therapie. Die Medikamenteneinnahme erfolgt unabhängig von den Mahlzeiten als abendliche Einmaldosis. Zur Vermeidung von häufigen dopaminergen Nebenwirkungen wie Übelkeit, arterieller Hypotonie und Schwindel sollten Dopaminagonisten langsam eindosiert werden. Als neuere Therapieoption werden in der näheren Zukunft wahrscheinlich transdermal applizierbare Dopaminagonisten wie Rotigotin und Lisurid als Pflaster in der RLS-Behandlung einen neuen Stellenwert gewinnen. 5 Bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf dopaminerge Substanzen ist ein Therapieversuch mit Opioiden (Oxycodon, Tilidin, Tramadol) oder Antikonvulsiva (Gabapentin, Valproinsäure, Carbamazepin) möglich. Aus der Gruppe der Benzodiazepine ist für Clonazepam und Diazepam eine Wirksamkeit beschrieben. Aufgrund der möglichen Toleranzentwicklung ist jedoch ein längerfristiger Einsatz nicht indiziert. Bei nächtlicher Schlafstörung kann ebenso Mirtazapin eingesetzt werden. 5 Es wird in Einzelfällen ein durch SSRI und Venlafaxin induziertes PLMS beschrieben (7 Kap. 1.6). 10.2.5 Primäre Hypersomnie Hauptmerkmal der primären (idiopathischen) Hypersomnie ist eine übermäßige Schläfrigkeit mit verlängertem nächtlichem Schlaf und Schwierigkeiten aufzuwachen oder mit unbeabsichtigten und wenig erholsamen Schlafepisoden am Tag. Eine seltene Variante stellt das Kleine-Levin-Syndrom dar, bei der rezidivierend in den Phasen mit vermehrter Tagesschläfrigkeit noch weitere Verhaltensauffälligkeiten hinzutreten, z. B. sexuelle Enthemmung und übermäßiges Essen. 5 Die Therapie der Tagesmüdigkeit bei der primären Hypersomnie entspricht den Empfehlungen bei der Narkolepsie (7 Kap. 10.2.2). Auch Modafinil ist wirksam, aber für diese Indikation nicht zugelassen.
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Präparate1
Atomoxetin (Psychoanaleptikum) (-)-N-Methyl-3-Phenyl-3-3-(o-tolyloxy)-Propylamin-Hydrochlorid Strattera (Lilly) Tbl. 10, 18, 25, 40, 60 mg (7, 28 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Atomoxetin hemmt selektiv die Wiederaufnahme von NA in das präsynaptische Neuron und erhöht damit die Konzentration von NA im synaptischen Spalt. 5 Geringfügige Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin. Im Gegensatz zu den Psychostimulanzien verändert Atomoxetin nicht die Wiederaufnahme und extrazelluläre Konzentration von DA im Nucleus acumbens und im Striatum. Pharmakokinetik 5 Nach oraler Gabe sehr gute Absorption, nur minimal beeinträchtigt durch eine begleitende Nahrungsaufnahme. Orale Bioverfügbarkeit 63‒94%. 5 Tmax =1‒2 h; t½=5 h, bei Poor Metbolizern von CYP2D6 verlängert auf 22 h. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2D6. Wichtigster Metabolit ist 4-Hydroxy-Atomoxetin, das ebenfalls als Inhibitor des NA-Transporters wirkt, im Plasma aber in nur sehr niedrigen Konzentrationen vorkommt. 5 Etwa 80% einer Dosis werden metabolisiert über den Urin ausgeschieden, der verbleibende Anteil wird über die Fäzes eliminiert. 5 Pharmakokinetische Daten, die nach Einzeldosen und im Steady-State bei Kindern, Heranwachsenden und Erwachsenen erhoben wurden, ergaben ähnliche Verteilungsvolumina und Clearanceraten in den unterschiedlichen Altersgruppen. 5 Maximale Plasmakonzentration nach 2 mg/kg/Tag: ca. 1000 ng/ml.
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Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der Nebenwirkungen und Kontraindikationen in 7 Kap. 13 hingewiesen.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Atomoxetin ist zur Behandlung der ADHS bei Kindern ab 6 Jahren und bei Jugendlichen als Teil eines umfassenden Behandlungsprogrammsz angezeigt. Zulassung auch für Österreich, nicht für die Schweiz. 5 Bei Jugendlichen, bei denen die Symptomatik ins Erwachsenalter fortbesteht und die eindeutig von der Behandlung profitieren, kann es angemessen sein, die Behandlung ins Erwachsenalter hinein fortzuführen. Hingegen entspricht eine Neuansetzung im Erwachsenenalter bisher stets einer Off-label-Verordnung. 5 Atomoxetin ist nicht zur Behandlung von Depressionen oder Angststörungen indiziert, da die Ergebnisse von klinischen Studien, die bei Erwachsenen durchgeführt wurden, keine Wirkung im Vergleich zu Placebo zeigten und daher negativ waren. 5 Routineuntersuchungen: Vereinzelte Berichte über QTc-Zeit-Verlängerung, Leberwerterhöhungen und Krampfanfälle unter Behandlung mit Atomoxetin machen die sorgfältige Kontrolle von EKG, Leberwerten und EEG vor Aufnahme einer Behandlung, sowie von EKG und Laborkontrollen im halbjährlichen Verlauf zwingend notwendig. Dosierung 5 Initialdosis 40 mg für mindestens 7 Tage, dann Dosis entsprechend der klinischen Wirksamkeit und Verträglichkeit auftitrieren. Erhaltungsdosis 80 mg täglich, maximal 100 mg/Tagz. 5 Gesamtdosis kann als Einzeldosis morgens eingenommen werden. Bei nicht zufrieden stellendem Ansprechen kann jeweils die halbe Gesamtdosis am Morgen und am späten Nachmittag eingenommen werden. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Verminderter Appetit; Mundtrockenheit, Übelkeit. 5 Häufig: Schlafstörungen; Hitzewallungen; abdominale Beschwerden; vermehrtes Schwitzen; Schwierigkeiten beim Harnlassen. 5 Gelegentlich: Kältegefühl in den Extremitäten. 5 Im Kindes- und Jugendalter gab es unter der Behandlung mit Atomoxetin Einzelfälle von suizidalem Verhalten, im Erwachsenenalter nicht. Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen Atomoxetin.
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10.3 · Präparate
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5 Die gleichzeitige Gabe von MAO-Hemmern ist nicht erlaubt. Atomoxetin ist bei Patienten, die mit einem MAO-Hemmer behandelt werden, bis zu 2 Wochen nach Absetzen kontraindiziert. 5 Atomoxetin darf bei Patienten mit Engwinkelglaukom nicht angewendet werden, da in klinischen Studien die Atomoxetinanwendung mit einer erhöhten Inzidenz einer Mydriasis verbunden war. Interaktionen 5 Da Atomoxetin Substrat von CYP2D6 ist, können Medikamente, die CYP2D6 inhibieren (wie z. B. Fluoxetin, Paroxetin und Chinidin), bei gleichzeitiger Gabe den Plasmaspiegel von Atomoxetin erhöhen, eine entsprechende Dosisanpassung wird dann notwendig. 5 Atomoxetin führt zu keiner klinisch relevanten Inhibition oder Induktion der Cytochrom P450 Enzyme CYP1A2, CYP34 und CYP2C9. 5 Dosisanpassung bei moderaten oder schweren Leberschäden notwendig. Bewertung Alternative Therapieoption zu den Psychostimulanzien in der Behandlung der ADHS, aber ebenso noch keine eigene Zulassung im Erwachsenenalter. Studienergebnisse und bisherige klinische Erfahrungen lassen eine vorläufig positive Bewertung zu, Langzeitverlaufsbeobachtungen müssen abgewartet werden. Methylphenidat Methyl-[(RS;SR) (phenyl) (2-piperidyl) acetat] Ritalin (Novartis Pharma) Tbl. 10 mg (20, 50 Tbl.) Medikinet (Medice) Tbl. 5, 10, 20 mg (20, 50 Tbl.) Medikinet retard (Medice) Tbl. 10, 20 mg (50 Tbl.) Methylphenidat HEXAL (HEXAL) Tbl. 10 mg (20, 50, 100 Tbl.) Methylphenidat-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10 mg (20, 50 Tbl.)
Methylpheni TAD (TAD Pharma) Tbl. 5, 10, 20 mg (20, 50, 100 Tbl.) Equasym (Celltech) Tbl. 5, 10, 20 mg (20, 50 Tbl.) Concerta (Janssen-Cilag) Retardtbl. 18, 36, 54 mg (30 Tbl.) Ritalin SR (Novartis Pharma) Retardtbl. 20 mg (100 Tbl.) Ritalin LA (Novartis Pharma) Retardtbl. 20, 30 mg (100 Tbl.)
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
Pharmakodynamik 5 Blockade des Dopamintransporters (DAT), dadurch Rückaufnahmehemmung von Dopamin aus synaptischem Spalt (langsamere Kinetik als das ähnlich wirkende Kokain). Ebenso erfolgt eine Hemmung der noradrenergen Wiederaufnahme. 5 Im Diskriminations-Tierversuch kann Methylphenidat den Effekt von Amphetamin und Kokain ersetzen. 5 Diskutiert wird eine Reetablierung eines im Krankheitsfall durch DATÜberfunktion verminderten Reward-Mechanismus. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit 11–51%; Plasmaproteinbindung 10–33%; Tmax=2 h; t½=2 h; rascher Wirkungseintritt nach 20–60 min. Nach 2‒ 3 h ist die maximale Wirksamkeit erreicht. Unter Absinken des Wirkspiegels kann es zu einer vorübergehenden und subjektiv verstärkt erlebten Ausprägung der Ursprungssymptome kommen (Reboundphänomen), die nach erneuter Verabreichung jedoch wieder abklingen. Eine Reduktion dieses Phänomens kann durch die Verabreichung von Retardpräparaten erzielt werden. 5 Rasche und intensive Metabolisierung zu renalem Hauptausscheidungsprodukt Phenyl-2-piperidinessigsäure (60–86%). Geringe Mengen an Hydroxymetaboliten. Weniger als 1% an Methylphenidat wird unverändert ausgeschieden. CYP2D6 ist am Abbau in geringem Umfang beteiligt, die wesentlichen Enzyme sind unklar. 5 Neue Retardpräparate: Seit einiger Zeit stehen Retardpräparate von Methylphenidat zur Verfügung. Diese ermöglichen eine vereinfachte Verabreichung. Concerta wird nach dem OROS-Prinzip (»osmotic controlled release delivery system«) freigesetzt, d. h. es stehen eine Initialdosis von etwa 22% Methylphenidat und eine Verzögerungsdosis von etwa 78% zur Verfügung. Die Wirkdauer von Concerta beträgt bis zu 12 h; Ritalin LA wird nach dem SODAS-Prinzip (»spheroidal oral drug absorption system«) freigesetzt, d. h. es stehen eine Initialdosis von etwa 50% Methylphenidat und eine Verzögerungsdosis von ebenfalls etwa 50% zur Verfügung. Die Wirkdauer von Ritalin LA beträgt bis zu 8 h, Ritalin LA muss über die Auslandsapotheke bestellt werden. Medikinet Retard weist ebenfalls ein zweigipfeliges Profil mit einem 50:50 Release und einer Wirkdauer von bis zu 8 h auf. Mit Metadate CD (USA)/Equasym XL (England) (Tbl. à 10, 20, 30 mg) wird bald ein weiteres Retardpräparat von Methylphenidat zur Verfügung stehen. Es bestehen eine Initialdosis von etwa 30% Methylphenidat und eine Ver-
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zögerungsdosis von etwa 70%. Hieraus wird ersichtlich, dass die Hersteller der Retardpräparate versuchen, unterschiedliche prozentuale Anteile der initialen und der verzögerten Methylphenidat-Dosierung in den entsprechenden Präparaten anzubieten. Für den einzelnen Patienten ergibt sich damit die Möglichkeit, eine individuelle Anpassung vorzunehmen. Ritalin SR (»sustained release«) ist ebenfalls ein Retardpräparat von Methylphenidat mit einer verzögerten Freisetzung. Ritalin SR enthält keine Initialkomponente von Methylphenidat, sodass die Patienten häufig eine Kombination aus Ritalin SR und dem rasch wirksamen Ritalin, Medikinet oder Equasym wählen müssen, um ein hinreichend schnelles Ansprechen zu erreichen. Ritalin SR erreicht eine Wirkdauer von bis zu etwa 8 h. 5 Bei der neuartigen Retardformulierung Methypatch handelt es sich um eine pflasterähnliche, auf die Haut aufgebrachte und transdermal wirkende Methylphenidatmatrix, die unter Umgehung des »First-pass«Effekts eine geringere Dosierung der Substanz erlaubt und insbesondere für Erwachsene im Alltag hilfreich sein könnte. 5 D-Methylphenidat ist die pharmakologisch wirksame Komponente des bisher herkömmlich verabreichten Razemates d,l-Methylphenidat (Ritalin, Medikinet, Equasym). D-Methylphenidat (Focalin) wurde in den USA zur Behandlung der ADHS von Kindern und Jugendlichen zugelassen. Im deutschsprachigen Raum liegen mit diesem Enantiomer bisher keine ausreichenden Erfahrungen vor. Grundsätzlich wird erwartet, dass d-Methylphenidat gegenüber d,l-Methylphenidat möglicherweise weniger Nebenwirkungen und Interaktionen zeigt. D-Methylphenidat ist kein Retardpräparat, hat eine mit d,l-Methylphenidat vergleichbare Wirkdauer. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Anwendung nach sorgfältiger Sicherung der Diagnose; das Risiko ist nach derzeitigem Kenntnisstand geringer, als es die pharmakologischen Daten vermuten lassen. Methylphenidat ist BtM-pflichtig; die Zulassung bei Erwachsenen wird noch geprüft. Das Präparat muss oft langfristig verordnet werden; die BtM-Pflicht erschwert diesen Vorgang. Nur im Hochdosisbereich ist nach 6‒9 Monaten eine Wirkungsabschwächung beschrieben. 5 Narkolepsie (für Ritalinz). 5 Langfristig ist das Risiko für Verkehrsunfälle eher verringert.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
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Dosierung 5 Einschleichend (initial 5–10 mg) bis zur individuell festgelegten Tageshöchstdosis (Kinder und Erwachsene 60 mgz); Dosiserhöhungen wöchentlich um nicht mehr als 5–10 mg. 5 Dosis über den Tag verteilen, je nach individuellen Erfordernissen. Späte Einnahmezeitpunkte sind zu vermeiden. Oben erwähnte Retardpräparate ermöglichen bei manchen Patienten eine einmalige Tagesgabe. 5 Bei der Behandlung mit Retardpräparaten empfiehlt es sich in der Regel, in den ersten Behandlungswochen zunächst eine optimale Behandlungsdosis mit einem unretardierten Präparat herauszufinden und dann entsprechend auf ein Retardpräparat umzustellen. Grundsätzlich kann aber auch mit einem niedrig dosierten Retardpräparat begonnen werden. Liegt die optimale Behandlungsdosis zwischen den verfügbaren Retardpräparaten, kann auch die Kombination aus Retardpräparat und nicht-retardierter Form gewählt werden. 5 Die durchschnittliche Tagesdosis für Ritalin® zur Behandlung der Narkolepsie liegt bei 20‒30 mg. Die Tagesdosis sollte auf 2‒3 Einzelgaben verteilt sein.
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Nebenwirkungen
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! Methylphenidat besitzt als dopaminerg wirkendes Psychostimulans
grundsätzlich ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial.
5 Häufig: Schlaflosigkeit; Appetitminderung; Hyperhidrosis. 5 Gelegentlich: Tachykardie, Arrhythmien, RR- und Herzfrequenzerhöhung aber auch -erniedrigung; Kopfschmerzen, Schwindel; Nausea/ Vomitus, Mundtrockenheit; Akkommodationsstörungen; Arthralgien; Haarausfall; dermatologische Unverträglichkeiten vereinzelt bis hin zu exfoliativer Dermatitis oder Erythema multiforme. 5 Sehr selten: Transaminasenerhöhungen, Leberfunktionsstörungen bis hin zum hepatischen Koma; Blutbildveränderungen u. a. mit Blutungsneigung; zentralnervöse Komplikationen mit Tics, Krampfanfällen, Choreoathetosen; zentrale Arteriitiden. 5 Rebound-Phänomene nach Absetzversuchen.
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Kontraindikationen 5 Bekannte Missbrauchs- oder Abhängigkeitserkrankungen. Nach neueren Erkenntnissen kann in Einzelfällen der Einsatz von Methylphenidat bei Patienten mit komorbiden Suchterkrankungen erwogen werden, wenn die ADHS zur Suchterhaltung eindeutig beiträgt. In diesen Fällen ist eine sorgsamste Risiko-Nutzen-Abwägung zu treffen. 5 Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 5 Psychotische Symptomatik; Essstörungen. 5 Bekannte Krampfanfälle; Gilles-de-la-Tourette-Syndrom; motorische Tics; organische Hirnerkrankungen. 5 Hyperthyreose; Phäochromozytom. 5 Engwinkelglaukom; benigne Prostatahyperplasie. 5 Gleichzeitige oder zeitnahe Einnahme von MAO-Hemmern. 14tägiger Abstand zwischen Einnahme eines irreversiblen MAO-Hemmers und Methylphenidat. 5 Schwangerschaft und Stillzeit. Interaktionen 5 Methylphenidat verstärkt die initialen sympathomimetischen Effekte von Guanethidin und Amantadin. 5 Verstärkung der Wirkung und der Nebenwirkungen von Haloperidol, Desimipramin, Imipramin, Phenylbutazon, Phenytoin, Phenobarbital, Primidon, Coumarinen. Antazida können die Resorption von Methylphenidat vermindern. 5 Bei Kombination mit vasopressorisch wirksamen Substanzen ist mit einem Blutdrucksanstieg zu rechnen. 5 Bei Kombination mit halogenierten Anästhetika besteht das Risiko eines plötzlichen Blutdruckanstieges. Wenn ein chirurgischer Eingriff geplant ist, sollte Methylphenidat an diesem Tag nicht verabreicht werden. Bewertung Methylphenidat ist bei Erwachsenen mit ADHS wirksam. Die Retardpräparate erleichtern den Einnahmemodus. Hinsichtlich der Verordnungsfrequenz von Methylphenidat ist weiterhin auf eine möglich Missbrauchs- oder Abhängigkeitsproblematik zu achten, auch wenn neuere klinische Untersuchungen diesen Bereich als weniger problematisch einstufen. Von der FDA wurde im Frühjahr 2006 noch einmal die Diskussion um die möglichen kardiovaskulären Risiken von sympathikomimetischen Aminen intensiviert.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
Modafinil 2-[(Diphenylmethyl)sulfinyl] acetamid Vigil (Merckle) Tbl. 100 mg (20, 50 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Das Psychoanaleptikum Modafinil kann bisher keiner der bekannten psychotropen Arzneimittelgruppen zugeordnet werden. Der Wirkmechanismus ist nicht vollständig aufgeklärt. Obwohl Modafinil kein direkter oder indirekter α1-adrenerger Agonist ist, legen Experimente nahe, dass die Förderung der Wachheit durch Modafinil eines intakten noradrenergen Transmittersystems bedarf. Daneben scheint Modafinil das serotonerge Transmittersystem zu beeinflussen. Zusätzlich reduziert die Einnahme von Modafinil die Aktivität von GABAergen Neuronen im ventrolateralpräoptischen Bereich des Hypothalamus. Neuere Untersuchungen lassen vermuten, dass diese Wirkung auf eine Blockade der NA-Wiederaufnahme zurückzuführen ist. Diskutiert werden auch die Aktivierung von orexinergen Neuronen der Perifokalregion, sowie eine leichte Inhibierung von Dopamintransportern. 5 Beim Menschen steigert Modafinil dosisabhängig die Wachheit während des Tages. Pharmakokinetik 5 Gute, aber langsame Resorption; Tmax=2–3 h; t½=10–12 h. 5 Modafinil wird zu 62% an Plasmaproteine gebunden. 5 Metabolisierung in der Leber, die Hauptmetaboliten Modafinilsäure und Modafinilsulfon sind pharmakologisch inaktiv und werden vorwiegend über die Niere ausgeschieden. Modafinil selbst wird zu weniger als 10% unverändert ausgeschieden. 5 Modafinil hat in therapeutischer Dosierung eine gering enzyminduzierende Wirkung auf CYP 3A4. Ein hemmender Effekt wird wahrscheinlich auf CYP 2C19 ausgeübt. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Narkolepsie mit und ohne Kataplexienz. 5 Mittelschweres bis schweres obstruktives Schlafapnoesyndrom mit exzessiver Tagesschläfrigkeit trotz adäquater CPAP-Therapiez.
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5 Hinweise für die Wirkung bei primärer Hypersomnie. 5 Erste Hinweise für die Wirkung bei der ADHS, zur Augmentation der antidepressiven Therapie, zur Behandlung der Fatigue bei MultipleSklerose-Patienten sowie bei Patienten mit zerebraler Schädigung (z. B. Schädel-Hirn-Trauma, Schlaganfall). 5 Es gibt Hinweise, dass Modafinil bei Schlafstörungen im Rahmen von Schichtarbeit hilfreich sein kann (»shift work sleep disorder«, SWSD). 5 Modafinil ist BtM-pflichtig. Eine Einstellung auf Modafinil sollte nur in spezialisierten Facheinrichtungen erfolgen. 5 Die Responderrate für die Tagesmüdigkeit lag in den bisherigen Untersuchungen bei etwa 70%, eine positive Wirkung auf kataplektische Anfälle konnte allerdings nur bei etwa 5% der Patienten festgestellt werden. Das häufig gegen kataplektische Anfälle eingesetzte Clomipramin oder Venlafaxin kann ggf. bei gleichzeitiger Gabe von Modafinil reduziert werden. 5 Bei Patienten mit Bluthochdruck ist eine Überwachung des Blutdrucks und der Herzfrequenz erforderlich. Bei Patienten mit Herz-KreislaufErkrankungen sollten regelmäßige EKG-Untersuchungen durchgeführt werden. Dosierung 5 200–400 mg/Tagz (morgens und mittags oder als Einzeldosis am Morgen), Beginn mit 100 mg, sowohl bei der Narkolepsie als auch beim obstruktiven Schafapnoesyndrom. Die abendliche Einnahme kann zu Schlafstörungen führen. Bei schwerer Einschränkung der Leber- und Nierenfunktion sollte die Tagesdosis halbiert werden. 5 Die Narkolepsie erfordert eine langjährige Therapie. Für Modafinil sollte die Notwendigkeit der Therapie in regelmäßigen Abständen (1 Jahr) kontrolliert werden. Beim obstruktiven Schlafapnoesyndrom muss die Kontrolle der Behandlung stets parallel zur CPAP-Therapie erfolgen. 5 Keine Absetzsymptome bei abruptem Absetzen. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Kopfschmerzen; Nervosität. 5 Häufig: Angst, Schlaflosigkeit; Benommenheit; Parästhesien. 5 Gelegentlich: Amnesie; Rhinitis; Schwitzen, Hautausschläge; unangenehmer Geschmack.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
Kontraindikationen 5 Gleichzeitige Behandlung mit Arzneimitteln, die Prazosin (α1-Rezeptor-Antagonist) enthalten. 5 Abhängigkeitsentwicklungen in der Vorgeschichte (Alkohol, Medikamente, Drogen). Abhängigkeitserkrankungen in der Anamnese werden als absolute Kontraindikationen gesehen, obgleich aus den bisherigen klinischen Erfahrungen über Therapien bis zu 10 Jahren mit Modafinil keine Anhaltspunkte für psychische oder physische Abhängigkeiten bestehen. Allerdings gibt es erste Berichte über den missbräuchlichen Einsatz von Modafinil als Partydroge. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Angstzustände, Patienten mit Psychosen in der Vorgeschichte; schwere Leber- oder Nierenerkrankungen; Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hypertonie. 5 Schwangerschaft und Stillzeit. 5 Die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen kann beeinträchtigt sein. Interaktionen 5 Zu Wechselwirkungen von Modafinil liegen nur begrenzte Erfahrungen vor. Modafinil hat enzyminduzierende Eigenschaften (s. oben). Daher ist bei gleichzeitiger Anwendung von anderen Arzneimitteln besondere Vorsicht geboten, dies gilt v. a. für trizyklische Antidepressiva und orale Kontrazeptiva. 5 Bei Kombination mit Clomipramin wurde ein Anstieg der Plasmaspiegel von Clomipramin und Desmethylclomipramin beobachtet, wahrscheinlich durch Hemmung von CYP 2C19. 5 Bei Anwendung von Östrogen-Gestagen-Präparaten zur hormonellen Kontrazeption kann deren empfängnisverhütende Wirkung während der Behandlung mit Modafinil sowie noch für die Dauer eines Zyklus nach Behandlungsende herabgesetzt sein. Dies gilt insbesondere für die Mini- oder Mikropille. Während der Behandlung mit Modafinil sollten daher zur Empfängnisverhütung normal dosierte orale Kontrazeptiva (Gehalt an Ethinylestradiol mindestens 0,05 mg) oder andere Methoden der Empfängnisverhütung angewendet werden. Bewertung Psychoanaleptikum zur Behandlung der Narkolepsie. Neues Indikationsfeld des obstruktiven Schlafapnoesyndroms. BtM-Pflicht gewährleistet eine hohe Anwendungssicherheit. Allerdings gibt es erste Berichte über den missbräuchlichen Einsatz als Partydroge.
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Natriumoxybat 4-Hydroxybutansäure (Natriumsalz) Xyrem (UCB) 1 ml Xyrem® enthält 500 mg 4-Hydroxybutansäure, Natriumsalz (Natriumoxybat); Packungsgröße in Europa: 180 ml.
Pharmakodynamik 5 Natriumoxybat zeigt eine antikataplektische Wirkung bei Patienten mit Narkolepsie. 5 Der genaue Mechanismus, durch den Natriumoxybat eine Wirkung auf die Kataplexie ausübt, ist unbekannt. Es wird angenommen, dass Natriumoxybat durch die Förderung des langsamen (Delta-)WellenSchlafes wirkt und den nächtlichen Schlaf festigt. 5 Natriumoxybat vermehrt den Schlaf der Stadien 3 und 4 und verlängert die Schlaflatenz, während es die Häufigkeit von REM-Episoden zu Beginn des Schlafs (SOREMPs) reduziert. 5 Das Natriumsalz der Gammyhydroxybuttersäure wirkt in pharmakologischer Dosis als GABAB-Rezeptoragonist, hat aber auch dopaminerge, opioide und serotonerge Effekte. 5 Möglicherweise sind noch weitere Mechanismen beteiligt, die noch untersucht werden müssen. Pharmakokinetik 5 Natriumoxybat wird nach oraler Verabreichung schnell, aber nicht vollständig resorbiert. Die Resorption wird durch eine stark fetthaltige Mahlzeit verzögert und abgeschwächt. Durchschnittliche Zeit bis zur Tmax=0,5‒2 h, t1/2=0,5‒1 h. 5 Tierstudien weisen darauf hin, dass Natriumoxybat hauptsächlich über den Tricarbonsäurezyklus und sekundär durch β-Oxidation eliminiert wird. Es wurden keine aktiven Metaboliten identifiziert. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Behandlung der Kataplexie bei erwachsenen Patienten mit Narkolepsiez. Zusätzlich profitieren die Patienten von einer Verringerung der übermäßigen Tagesschläfrigkeit und einer Reduktion der Anzahl der Schlafattacken.
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Kapitel 10 · Behandlung von ADHS und Hypersomnien
5 Die Behandlung muss unter Anleitung eines Arztes, der Erfahrungen in der Behandlung von Schlafstörungen hat, begonnen und durchgeführt werden. 5 Es wurde über Fälle von Abhängigkeit nach illegaler Anwendung von häufig wiederholten Gaben von Natriumoxybat berichtet, die weit über dem therapeutischen Dosisbereich lagen. Obwohl keine eindeutigen Hinweise für das Auftreten einer Abhängigkeit bei Patienten vorliegen, die Natriumoxybat in therapeutischen Dosen einnehmen, kann diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden. 5 Die Bioverfügbarkeit von Natriumoxybat wird durch Nahrung signifikant reduziert. Deshalb sollten die Patienten ihre Mahlzeiten mindestens 2‒3 h vor Einnahme der ersten Natriumoxybatdosis zu sich nehmen. 5 Mit der Gabe von Natriumoxybat nehmen Patienten zusätzlich Natrium in einer Größenordnung von 0,75 g (bei einer Natriumoxybat-Dosis von 4,5 g/Tag) bis 1,6 g (bei einer Natriumoxybat-Dosis von 9 g/Tag) auf. Eine diätetische Empfehlung zur Reduktion der Natriumaufnahme sollte sorgfältig bei Patienten mit Herzinsuffizienz, Hypertonie oder eingeschränkter Nierenfunktion beobachtet werden. 5 In seltenen Fällen wurden nach Absetzen von Natriumoxybat Rebound-Effekte und Entzugssymptome (Insomnie, Angstzustände, Schwindel) beobachtet. 5 Mindestens 6 h nach der Einnahme von Natriumoxybat dürfen die Patienten keine Tätigkeiten ausüben, die geistige Wachheit oder motorische Koordinationsfähigkeit erfordern, wie etwa das Führen von Maschinen oder Fahrzeugen. Dosierung 5 Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 4,5 g Natriumoxybat/Tag, verteilt auf 2 gleiche Dosen. 5 Die Dosis kann bis auf maximal 9 g/Tagz erhöht werden. Zwischen den Dosissteigerungen wird ein Abstand von mindestens 2 Wochen empfohlen. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Schwindel, Kopfschmerzen. 5 Häufig: Appetitlosigkeit, Erbrechen; Hautausschlag. 5 Gelegentlich: Paranoia; Myoklonus. 5 Selten: Natriumoxybat kann eine Atemdepression verursachen. Die Patienten müssen vor Behandlung hinsichtlich Anzeichen einer
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Atemdepression befragt werden. Eine gleichzeitige Einnahme zusammen mit Benzodiazepinen sollte vermieden werden, da Benzodiazepine die Atemdepression weiter verstärken können. Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen Natriumoxybat oder gegen seine sonstigen Bestandteile. 5 Natriumoxybat ist kontraindiziert bei Patienten mit Succinatsemialdehyddehydrogenase-Mangel. 5 Natriumoxybat ist kontraindiziert bei Patienten, die mit Opioiden oder Barbituraten behandelt werden. 5 Natriumoxybat wirkt dämpfend auf das Zentralnervensystem und zeigt eine antikataplektische Wirkung bei Patienten mit Narkolepsie. Interaktionen 5 In-vitro-Studien weisen darauf hin, dass Natriumoxybat die Aktivitäten von CYP1A2, CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6, CYP2E1 und CYP3A nicht signifikant hemmt. Bewertung Neuartige Behandlungsoption (Natriumsalz der Gammahydroxybuttersäure) zur Behandlung der Kataplexie bei erwachsenen Patienten mit Narkolepsie. Vorläufig positive Bewertung der Wirksamkeit, langfristige Behandlungsstudien stehen noch aus. Strikt regulierter Einnahmemodus.
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Medikamente zur Behandlung von Essstörungen 9.1
Übersicht
5 Unter Essstörungen versteht man persistierende Störungen des Essverhaltens, die zu einem veränderten Konsum oder einer Malabsorption von Nahrung führen und damit die körperliche Gesundheit und die psychosoziale Funktionsfähigkeit beeinträchtigen. Ein Maß für das Körpergewicht ist der Body Mass Index (BMI: Körpergewicht [kg] dividiert durch das Quadrat der Körpergröße [m2]). 5 Die Nahrungsaufnahme wird auf unterschiedlichen Ebenen gesteuert. . Tab. 9.1 gibt eine Übersicht über Inhibitoren und Stimulatoren der Nahrungsaufnahme. 5 Zentrale und periphere Auswirkungen der veränderten Energiezufuhr tragen zur Aufrechterhaltung des pathologischen Essverhaltens bei und können komorbide psychische Störungen verstärken. 5 Es gibt 4 Essstörungen, die neben der internistischen Basistherapie auch im Rahmen der psychiatrischen Pharmakotherapie behandelt werden können: Anorexia nervosa (Magersucht), Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht), Binge-eating-Störung und Adipositas. 5 Die Behandlung der Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und der Binge-eating-Störung besteht indikationsabhängig mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung zumeist aus einer Kombination von Psychotherapie (vorwiegend kognitive Verhaltenstherapie [KVT], aber auch interpersonelle Psychotherapie [IPT]) und der Behandlung mit Antidepressiva. Die Adipositas ist eine primär internistische Erkrankung, die jedoch zentralnervös mitreguliert wird und mit psychischen Problemen einhergehen kann (z. B. Anpassungsstörungen, Impulskontrollstörungen). Deshalb erfordern die für die Adipositas neu zugelassenen Präparate jetzt auch eine Besprechung in der psychiatrischen Pharmakotherapie. 5 Die Medikamente müssen im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans verordnet werden. Gewichtszunahme ist auch eine häufige Nebenwirkung von verschiedenen Psychopharmaka.
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
. Tab. 9.1 Inhibitoren und Stimulatoren der Nahrungsaufnahme Inhibitoren
Stimulatoren
Hormone, die auf die Zufuhr von Nahrungsbestandteilen reagieren
CRH, ADH, Calcitonin, Neurotensin, Östrogene, Leptin, Adiponectin (erhöht Insulinsensitivität), Melanozytenstimulierendes Hormon (α-MSH), Urocortin, Oxytocin
GH und GHRH, AgoutiProtein, »Agouti-related protein« (hypothalamisch), Progesteron, Insulin, Corticosteron, Melanozytenkonzentrierendes Hormon (MCH), Orexin
Enzyme, die für die Aufnahme/Distribution der Nährstoffe verantwortlich sind
Gastrointestinale Hormone (z. B. Substanz P, Gastrin, Sekretin, CCK, pankreatisches Polypeptid, Peptid YY) inhibieren übergeordnet die Aufnahme im Sinne eines negativen Feedbackmechanismus
Ghrelin
Neurotransmitter, die an der Appetitregulation beteiligt sind
Serotonin (verschiebt Nährstoffaufnahme von Kohlenhydraten zu Proteinen) über 5-HT2A/C-, aber auch 5-HT1B-Rezeptoren, anscheinend für das »Sättigungsgefühl« verantwortlich, Melanocortin insbesondere über MC4-Rezeptoren
Neuropeptid Y (präferenziell für Kohlenhydrate), Galanin (präferenziell für Fett), Dopamin (mesolimbisch, v. a. »stressbezogene« Nahrungsaufnahme), NA (selektiv für Kohlenhydrate, eher Zunahme des Mahlzeitenumfangs als der -frequenz), Endorphine (selektiv für Fett), Anandamid (Cannabinoid-1-Rezeptor-Ligand)
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9.2 · Indikationen
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5 Es gibt eine Vielzahl von körperlichen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten, die auf eine unerkannte Essstörung hinweisen: Wachstumsstörungen, große Schwankungen des Körpergewichts, Unfähigkeit zur Gewichtszunahme, rasche Erschöpfbarkeit, Obstipation oder Diarrhö, Neigung zu Knochenbrüchen, verspätete Menarche, Hypokaliämie, Hyperphosphatämie, metabolische Azidose oder Alkalose, hohe Amylaseserumkonzentrationen, veränderte Essgewohnheiten, Schwierigkeiten der Nahrungsaufnahme im sozialen Kontext, Abneigung gegen Messung des Gewichts, Drogenabusus, exzessive körperliche Betätigung und häufiges Durchführen von Diäten bereits in frühem Alter. In der strukturellen Bildgebung findet sich bei Anorexia nervosa nicht selten eine Pseudoatrophia cerebri. Essstörungen erfordern immer eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. 9.2
Indikationen
9.2.1
Anorexia nervosa
Anorexia nervosa tritt bei ca. 0,5% der Bevölkerung auf, wobei Frauen etwa 10-mal häufiger betroffen sind (der Altersgipfel liegt bei Mädchen bei 17–18 Jahren, bei Jungen bei 12 Jahren, Erstmanifestationen nach dem 40. Lebensjahr sind selten, aber möglich). Die Mortalitätsrate ist mit 0,56% pro Jahr sehr hoch. Es besteht eine hohe Komorbidität mit depressiven Störungen. Die monomorphe Symptomatik bereitet differenzialdiagnostisch kaum Schwierigkeiten, zur Ätiopathogenese existieren jedoch nur Hypothesen. Die Anorexia nervosa ist eine oft chronische, rezidivierende Erkrankung. Wahrscheinlich spielt für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung die psychobiosoziale Interaktion (genetische, neurochemische, psychosoziale Faktoren) eine wichtige Rolle. 5 Hauptkriterien für die Diagnose sind: − Körpergewicht unter 85% der Norm (bzw. ein BMI ≤17,5) − intensive Furcht vor einer Gewichtszunahme, − gestörte Körperwahrnehmung, − Amenorrhö (primär oder sekundär). Die multiplen hormonellen Veränderungen werden als Adaptationen an das geringe Körpergewicht gesehen. 5 Es werden 2 Typen unterschieden: − der »restriktive« und
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
− der »bulimische Typ« (mit Essattacken und/oder selbstinduziertem Erbrechen). 5 Die empirisch sicherste Aussage zur Behandlung lässt sich zu Patienten machen, deren Erkrankung vor dem 18. Lebensjahr und nicht länger als vor 3 Jahren begann. In diesen Fällen ist Familientherapie primär indiziert. Sonst haben sich zur Gewichtsregulierung und zur Besserung der psychosozialen Anpassung psychoedukative und kognitiv-verhaltenstherapeutische Maßnahmen als bedingt erfolgreich herausgestellt. Therapieziele in der Behandlung der Anorexia nervosa 5 Normalisierung des Essverhaltens und – soweit erforderlich – Gewichtszunahme und Stabilisierung innerhalb eines adäquaten Gewichtsbereiches 5 Verbesserung von Körperwahrnehmung und Wiederherstellung der eigenen Körperakzeptanz 5 Klärung der Ambivalenz gegenüber einer Gewichtszunahme 5 Abbau möglicher Reifungsängste 5 Bearbeitung mit der Symptomatik zusammenhängender bzw. zugrunde liegender Problembereiche 5 Aufbau von alternativen Fähigkeiten und Erarbeitung konkreter Lösungsmöglichkeiten 5 Umgang mit gesunder Ernährung 5 Realitätstestung und Rückfallprophylaxe bereits während der stationären Therapie 5 Eine effektive psychopharmakologische Therapie ist bei der Anorexia nervosa nicht gesichert. Serotonin-Rückaufnahmehemmer (SSRI) hatten in einigen Studien nach bereits erfolgter Gewichtszunahme einen positiven rückfallprophylaktischen Effekt. In anderen Studien jedoch waren SSRI gegenüber Placebo nicht überlegen, so auch in einer kürzlich erschienenen randomisierten kontrollierten Studie zur Wirksamkeit von Fluoxetin (mittlere Dosis 63,5 mg tgl.) bei Anorexia nervosa nach bereits erfolgter Gewichtszunahme. Empfohlen werden kann daher nur ein Versuch mit SSRI (z. B. Fluoxetin 20 mg tgl.), besonders bei begleitender Depression. Therapiestudien mit trizyklischen Antidepressiva (TZA) und Cyproheptadin waren negativ. Viele Medikamentenstudien haben methodische Nachteile, besonders wegen
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der hohen Abbruchrate. Trotz der oft wahnhaft anmutenden Überzeugung der Patienten, übergewichtig zu sein, waren Antipsychotika bislang unwirksam. Eine Ausnahme ist möglicherweise Olanzapin, das in einer kontrollierten Studie bezogen auf Gewichtszunahme und Therapieakzeptanz erfolgversprechend war. Dabei schienen die dysfunktionalen Kognitionen und die Dysmorphophobie in erster Linie beeinflusst zu werden. 5 Ein primäres Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung eines aus medizinischer Sicht akzeptablen Körpergewichts. Dabei sollte die parenterale (Zwangs-)Ernährung nur den Patienten vorbehalten bleiben, die unter psychoedukativen oder verhaltenstherapeutischen Maßnahmen keine Gewichtszunahme gezeigt haben. Eine zu schnelle Gewichtszunahme kann zu generalisierten Ödemen oder – in Einzelfällen – zu einer Herzinsuffizienz führen. 9.2.2
Bulimia nervosa
Bulimia nervosa tritt bei 1–4% der Bevölkerung auf, wobei Frauen häufiger als Männer betroffen sind. Der Altersgipfel liegt bei 20–30 Jahren. Biologische Faktoren, individuelle Defizite, soziokulturelle Einflüsse und chronische Belastungen sollen eine ätiologische Rolle spielen. Bulimia nervosa tritt oft in Zusammenhang mit affektiven Störungen und bei Patienten mit Impulskontrollstörung, Drogenabhängigkeit, Angststörungen, dissoziativen Störungen und (anamnestischem) sexuellem Missbrauch auf. Im Gegensatz zur Anorexia nervosa weisen die Patienten eine Hyperorexie, Hyperphagie mit starken Gewichtsschwankungen bei Normal- bis Übergewicht auf. Die Prognose ist ungünstiger als bei der Binge-eating-Störung (s. unten). 5 Hauptkriterien für die Diagnose sind: − rezidivierendes Binge eating, d. h. Konsum einer ungewöhnlich großen Menge an Nahrungsmitteln während eines bestimmten Zeitintervalls mit Kontrollverlust (mindestens 2-mal pro Woche für 3 Monate), − rezidivierendes Erbrechen, exzessive körperliche Betätigung oder Fasten (mindestens 2-mal pro Woche für 3 Monate), − übermäßige Beschäftigung mit Essen, Figur, Gewicht, − Ausschluss einer Anorexia nervosa. 5 Es werden 2 Typen unterschieden: − der »Purging-Typ« (mit selbstinduziertem Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren) und
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− der »Non-Purging-Typ« (ohne regelmäßiges Erbrechen/Laxanzienmissbrauch, aber mit anderen unangemessenen, einer Gewichtszunahme gegensteuernden Maßnahmen wie Fasten oder übermäßge körperliche Aktivität). 5 Placebokontrollierte Studien zeigten mit Amitriptylin, Desipramin, Imipramin und Fluoxetin eine gute Wirkung, nicht aber mit Moclobemid und Venlafaxin. Höhere Dosen hatten oft einen besseren Effekt. Die notwendige Dauer der medikamentösen Therapie ist noch unklar, für Desipramin und Fluoxetin, wie in einer neuen Studie gezeigt wurde, scheinen 24 Monate Erhaltungstherapie zur Rückfallprophylaxe günstig zu sein. Fluoxetin hat als einzige Substanz die Zulassung zur Behandlung der Bulimie (beste Wirkung bei 60 mg/Tagz). Auch bei der Bulimia nervosa sollte eine Gabe von Antidepressiva nur im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans zusammen mit einer psychotherapeutischen Intervention erfolgen. 5 Es gibt eine positive Doppelblindstudie mit Ondansetron (5-HT-Antagonist) 24 mg/Tag. Die relativ geringe Wirkstärke und pharmakoökonomische Aspekte lassen die Substanz gegenwärtig bei Bulimie jedoch nicht empfehlenswert erscheinen. 5 Topiramat (75-200 mg/Tag) scheint ebenfalls wirksam und in dieser Dosierung gut verträglich zu sein. Es wurden positive Wirkungen auf Essanfälle und selbstinduziertes Erbrechen gefunden. Aufgrund seiner Wirkung auch bei Binge-eating-Störung und Alkoholabhängigkeit (zur Rückfallprophylaxe) hat es ein besseres Nutzen-Kosten-Profil als Ondansetron. 9.2.3
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
Binge-eating-Störung
Die Binge-eating-Störung kommt etwa doppelt so häufig wie die Bulimia nervosa vor (5-10% der Bevölkerung), wobei der Anteil der Frauen bei 60% liegt. Dieses Störungsbild ist durch den intermittierenden Verzehr großer Nahrungsmengen bei fehlender dauerhafter Beschäftigung mit der Figur gekennzeichnet und stellt (noch) kein allgemein akzeptiertes Krankheitskonzept dar. Da sich bei diesem Krankheitsbild im Gegensatz zur Bulimia nervosa keine regelmäßigen, einer Gewichtszunahme gegensteuernden Maßnahmen finden, sind die Patienten meist übergewichtig. Es findet sich im Gegensatz zur Adipositas ohne Binge-eating-Störung eine doppelt so hohe Inzidenz von affektiven Störungen und Angststörungen, gerade bei Frauen. 5 Hauptkriterien für die Diagnose sind: − rezidivierendes Binge eating;
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− ausgeprägte Schwierigkeiten in mindestens 3 der folgenden Bereiche: − sehr schneller Verzehr von Nahrungsmitteln, − Essen, bis unangenehmes Völlegefühl erreicht ist, − Essen, ohne hungrig zu sein, − häufiges Essen ohne Gesellschaft, − Ekel- oder Schuldgefühl nach einem »binge«; − kein rezidivierendes Erbrechen, keine exzessive körperliche Betätigung, kein Fasten; − keine Anorexia nervosa. 5 Binge eating kann sowohl im Rahmen der Anorexie als auch der Bulimie und bei der Adipositas auftreten. 5 Placebokontrollierte Studien deuten auf die Wirksamkeit von SSRI hin, wobei der positiven Wirkung auf die Impulskontrolle besondere Bedeutung zukommt. Außerdem haben sich 75 mg Imipramin, sowohl bezogen auf das Körpergewicht als auch auf die Anzahl der »binges«, als günstig erwiesen. Auch scheint Topiramat in Dosen von 100–400 mg/Tag eine positive Wirkung zu haben. Schließlich hat Sibutramin eine gute Wirkung bei Binge eating. 5 Psychotherapeutisch haben sich IPT und KVT als wirksam erwiesen, auch in Kombination mit Fluoxetin. 9.2.4
Adipositas
Adipositas ist eine häufige internistische Erkrankung (Übergewicht: BMI>25; Adipositas: BMI>30). Adipositas ist mit einem deutlich erhöhten Risiko für multiple internistische Begleiterkrankungen, besonders dem kardiovaskulären Risiko verbunden. Der beste Prädiktor für ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen scheint nach heutigem Kenntnisstand der absolute Bauchumfang zu sein (Cut-off-Wert: 88 cm für Frauen, 102 cm für Männer). In der psychiatrischen Pharmakotherapie hat eine Gewichtszunahme unter Psychopharmaka (. Tab. 9.2) einen großen Einfluss auf die medikamentöse Compliance. 5 Medikamentöse Therapien waren lange Zeit in der Indikation Adipositas nicht zugelassen und z. T. sehr risikoreich, wie Psychostimulanzien, Laxanzien, Diuretika, L-Thyroxin oder Nikotin. Andere zentral wirksame Präparate wie Fenfluramin und Dexfenfluramin hatten den Nachteil zentralnervöser Nebenwirkungen. Als auch pulmonale Hypertensionen und Herzklappenfehler unter der Behandlung mit
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
Dexfenfluramin beobachtet wurden, wurden die Präparate aus dem Handel genommen. Als Antiadiposita zugelassen sind heute Sibutramin, ein dem Venlafaxin ähnlicher, zumindest in der empfohlenen Dosierung nicht antidepressiv wirksamer, kombinierter Serotonin-Noradrenalin-Rückaufnahmehemmer und Orlistat, ein Lipasehemmer, der nur im Darm wirksam ist. Zur Gewichtsreduktion nicht zugelassen, aber möglicherweise wirksam sind Topiramat und Zonisamid (Antiepileptika, werden als Stimmungsstabilisierer geprüft), Metformin (Erhöhung der Insulinsensitivität) und der H2-Antagonist Nizatidin. Der Cannabinoid-1-Rezeptor-Antagonist Rimonabant (Acomplia®), der positive Effekte auf das gesamte metabolische Syndrom hat, wurde kürzlich zugelassen. Trotz Zulassung bei Patienten mit pathologischem Übergewicht und gleichzeitigem Vorliegen weiterer metabolischer Risikofaktoren kann Rimonabant bei Patienten mit schweren psychischen Störungen nicht empfohlen werden. In Einzelfällen (BMI>40) werden auch operative Maßnahmen (»gastric banding«) angewendet. Der genetische Anteil an der Entwicklung dieser Störung scheint stärker zu sein, als früher angenommen wurde. Eine medikamentöse Therapie sollte von verhaltenstherapeutischen (mit Selbsthilfemanualen) und diätetischen Maßnahmen begleitet werden. Die Nahrung sollte in erster Linie fettarm sein, wobei auch sog. Fettsimulatoren unter Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden können. Eine fragliche Alternative stellt die Atkins-Diät dar, die kohlenhydratarm bei uneingeschränktem Eiweiß- und Fettkonsum ist. Sie ist aber bisher nicht evaluiert, und ihr Einfluss auf kardiovaskuläre Erkrankungen, Schlaganfallrisiko, Karzinome u. a. ist nicht bekannt. Trotz neuer medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten bleibt die Adipositasprävention höchstes Ziel. Zur Gewichtszunahme unter Antidepressiva 7 Kap. 1.6 und . Tab. 1.4, Spalte »Gewichtszunahme«. Zur Gewichtszunahme unter Antipsychotika 7 Kap. 3.6 und . Tab. 3.5.
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9.2 · Indikationen
. Tab. 9.2 Gewichtsänderung unter Psychopharmaka Medikamente
Gewichtszunahme
Antidementiva
Gewichtsneutral
Gewichtsabnahme
Donepezil, Galantamin, Memantine, Rivastigmin
Antidepressiva
Maprotilin, Mianserin, Mirtazapin, Tranylcypromin, Trazodon, TZA
Agomelatin, Duloxetin, Hypericum Extract, Moclobemid, SSRI (später auch geringe Zunahme), Venlafaxin
Antipsychotika
AAP (fast alle), Phenothiazine, Thioxanthene
Amisulprid (geringes Risiko), Aripiprazol, Butyrophenone (geringes Risiko) , Ziprasidon
Anxiolytika und Hypnotika
Pregabalin
Benzodiazepine, Buspriron, Opipramol
Bupropion, Reboxetin
Medik. zur Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Acamprosat, Clomethiazol, Disulfiram, Levomethadon, Methadon, Naltrexon
Nikotin
Medik. zur Behandlung von sexuellen Störungen
PDE-5-Inhibitoren
Yohimbin
Psychostimulanzien Stimmungsstabilisierer
Methylphenidat, Modafinil Carbamazepin, Lithium, Valproinsäure
Gabapentin, Lamotrigin, Levetiracetam
Topiramat, Zonisamid
AAP: Atypische Antipsychotika, TZA: Trizyklische Antidepressiva, SSRI: selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
Präparate
Orlistat Lipasehemmer Xenical (Roche) Kps. 120 mg (42, 84 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Orlistat bindet kovalent im molaren Verhältnis 1:1 über einen Serinrest an die Pankreaslipase, die im Lumen des Dünndarms blockiert wird. Diese Bindung ist praktisch irreversibel, 30% des aufgenommenen Fetts werden somit unverdaut wieder ausgeschieden. 5 Keine Wirkung auf α-Amylase, Trypsin, Chymotrypsin und Cholinesterase. Pharmakokinetik 5 Weniger als 1% der eingenommenen Dosis wird aus dem Gastrointestinaltrakt absorbiert. Die Wirkung auf die Fettverdauung beginnt nach ca. 2 Tagen, erreicht nach 4 Tagen ein Maximum und klingt 2–3 Tage nach Absetzen wieder ab. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Symptomatische Behandlung einer Adipositasz bei gleichzeitiger Einhaltung einer milden, hypokalorischen Diät im Sinne eines »Gewichtsmanagements«. Es wird eine obst- und gemüsereiche Kost empfohlen. Die tägliche Fettaufnahme sollte 60 g nicht überschreiten, da sonst die gastrointestinalen Nebenwirkungen sehr ausgeprägt sein können und eine Stuhlinkontinenz auftreten kann. Obwohl dieses Phänomen theoretisch verhaltenstherapeutisch genutzt werden könnte, führt es bei 25% der Patienten zum Abbruch der Behandlung. 5 Die Phase der Gewichtsabnahme erstreckt sich über ca. 6 Monate, wobei es den meisten Patienten auch darüber hinaus möglich zu sein scheint, das reduzierte Gewicht zu halten. In einer Studie, bei der Patienten nach 3 Monaten eine Gewichtsreduktion von über 5% zeigten, zeigte sich der Effekt auch nach 12 Monaten.
9.3 · Präparate
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Dosierung 5 3-mal 120 mg/Tagz, wobei die Kapseln 30–60 min vor der Nahrungsaufnahme und nicht mehr als 1 h später eingenommen werden sollten. Enthält die Mahlzeit keine Fette oder wird sie sogar gänzlich ausgelassen, kann auf die Medikation verzichtet werden. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Diarrhö, Steatorrhö, ölige Absonderungen am After. 5 Häufig: Völlegefühl und Blähungen, Rektumschmerzen. 5 Selten: unspezifische Nebenwirkungen mit Angstzuständen und Kopfschmerzen. 5 In Einzelfällen: Hypertonie. Kontraindikationen 5 Chronisches Malabsorptionssyndrom. 5 Cholestase. 5 Stillzeit (während der Schwangerschaft nicht empfohlen). Interaktionen 5 Bislang keine pharmakodynamischen Interaktionen bekannt, pharmakokinetisch wäre an die gestörte Resorption der fettlöslichen Vitamine zu denken. Diese ließ sich bislang jedoch nicht regelmäßig finden. Daher wird eine Substitutionstherapie als nicht unbedingt erforderlich angesehen. 5 Erhöhtes Risiko dosisabhängiger Nebenwirkungen bei gleichzeitiger Gabe von Pravastatin. 5 Bei gleichzeitiger Gabe von Antikoagulanzien wie Phenprocoumon sollte die INR regelmäßig kontrolliert werden. 5 Von der gleichzeitigen Einnahme von Fibraten, Acarbose und Biguaniden wird abgeraten. Bewertung Zur Therapie der Adipositas geeignet. Größter Vorteil: keine systemische, sondern lokale Wirkung. Wegen häufigen Auftretens subjektiv sehr unangenehmer Inkontinenzsymptome nur eingeschränkt anwendbar. Maximale Studiendauer bislang 4 Jahre. Kleine Fallserien deuten auf eine Wirksamkeit bei Gewichtszunahme als unerwünschter Wirkung von Psychopharmaka hin.
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
Sibutramin Serotonin-/Noradrenalinwiederaufnahmehemmer Reductil (Abbott) Kps. 10, 15 mg (28, 56, 98 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Hemmt die Wiederaufnahme von Monoaminen (v. a. Serotonin und Noradrenalin). Wirkt wahrscheinlich über eine Appetitreduktion und Zunahme der Thermogenese. Keine Freisetzung von Monoaminen, keine MAO-Hemmung. 5 Keine Affinität zu 5-HT1A-, 5-HT1B-, 5-HT2C-, β1-, β3-, D1-, D2-, mACh-, H1- und NMDA-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Gute enterale Resorption (>80%) mit ausgeprägtem First-pass-Mechanismus; Plasmaproteinbindung von Sibutramin 97%, der beiden wirksamen Metaboliten jeweils 94%; Tmax=1,2 h (der 2 wirksamen Metaboliten je 3 h); t½=1,1 h (der 2 wirksamen Metaboliten 14-16 h!). 5 Sibutramin wird hauptsächlich über CYP 3A4 metabolisiert, in geringem Umfang auch durch CYP 2C9 und auch CYP1A2. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Symptomatische Behandlung einer Adipositasz im Rahmen des Gewichtsmanagements mit diätetischen Maßnahmen, Änderung des Lebensstils (z. B. Alkoholkarenz) und sportlicher Betätigung bei einem BMI >30 oder bei einem BMI >27, falls gleichzeitig adipositasbedingte kardiovaskuläre Risikofaktoren vorliegen (z. B. Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie). 5 Auch bei Binge eating wirksam. 5 Regelmäßige Kontrolle von Blutdruck und Puls mindestens alle 2 Wochen in den ersten Monaten. 5 Bei hepatischer und renaler Vorschädigung ggf. Dosisanpassung. ! Vorsicht bei Anwendung bei Patienten mit arterieller Hypertonie.
9.3 · Präparate
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9
Dosierung 5 10 mg/Tagz (morgens). Sollten weniger als 2 kg an Körpergewicht in den ersten 4 Wochen abgenommen und die Substanz gut vertragen worden sein, kann für weitere 4 Wochen ein Therapieversuch mit 15 mg/Tagz als Einmalgabe morgens durchgeführt werden. Die Maximaldosis ist unabhängig vom Grad der Adipositas und vom Geschlecht. Nebenwirkungen 5 Häufig: Appetitlosigkeit, Obstipation, Mundtrockenheit; Insomnie. 5 Gelegentlich: Tachykardie, Hypertonie, Übelkeit (i. Allg. zu Beginn der Therapie mit abnehmender Tendenz im Verlauf, reversibel). 5 In Einzelfällen: Hypertensive Krise; Krampfanfälle; akute interstitielle Nephritis; Thrombozytopenie; reversible Leberenzymerhöhung. Kann bei bipolarer Störung möglicherweise Manien auslösen. Kontraindikationen 5 Koronare Herzkrankheit, nicht suffizient eingestellte arterielle Hypertonie; zerebrovaskuläre Erkrankung in der Anamnese. Schwangerschaft und Stillzeit (wegen tierexperimenteller Fehlbildungen). Vorbestehende Anorexia nervosa. 5 Hyperthyreose, Phäochromozytom. 5 Engwinkelglaukom; Prostatahyperplasie. 5 Patienten unter 18 und über 65 Jahre (aufgrund fehlender Erfahrung). 5 Laut Hersteller: organisch bedingte Adipositas, bei nicht länger als 2 Wochen zurückliegender Behandlung mit einem MAO-Hemmer oder einem anderen Psychopharmakon, psychiatrische Erkrankungen. Interaktionen 5 Vorsicht bei gleichzeitiger Gabe eines Medikaments, das die QTc-Zeit verlängert. Gegenseitige Plasmaspiegelerhöhung bei gleichzeitiger Anwendung von CYP 3A4-Inhibitoren (z. B. Ritonavir, Ketoconazol, Erythromycin, 7 Kap. 16), gegenseitige Plasmaspiegelerniedrigung bei gleichzeitiger Gabe von CYP 3A4-Induktoren (z. B. Carbamazepin, Phenytoin, 7 Kap. 16). ! Auftreten eines serotonergen Syndroms, z. B. bei gleichzeitiger Gabe
von SSRI, Triptanen oder Tramadol ist möglich. Keine Kombination mit MAO-Hemmern.
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Kapitel 9 · Medikamente zur Behandlung von Essstörungen
Bewertung Zur Therapie der Adipositas (Gewichtsabnahme nach 12 Monaten im Durchschnitt ca. 6 kg gegenüber 2 kg unter Placebo) geeignet. Maximale Studiendauer bisher 2 Jahre. Es gibt wenige Studien zur Interaktion mit Psychopharmaka und zur Gewichtsreduktion bei unerwünschter Gewichtszunahme unter Psychopharmaka.
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8
Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen 8.1
Übersicht
Sexuelle Störungen lassen sich bei Männern und Frauen im Wesentlichen in 3 Funktionsbereiche einteilen: 5 Sexuelles Interesse und Verlangen (Libidostörungen) 5 Sexuelle Erregungs- und Reaktionsfähigkeit (Erektionsstörungen beim Mann, Störungen der Lubrikation und sexuellen Erregung bei der Frau) 5 Sexuelles Erleben (Orgasmusstörungen, beim Mann auch Ejakulationsstörungen) Folgende Störungen sind im Rahmen der psychiatrischen Pharmakotherapie – weitgehend oder auch nur ansatzweise – zu beeinflussen: 5 Vermindertes sexuelles Verlangen (als primäre Störung) 5 Erektionsstörungen (Schwierigkeit, eine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr notwendige Erektion zu erlangen oder aufrecht zu erhalten) 5 Störungen der sexuellen Erregung bei der Frau (v. a. mangelnde oder fehlende Lubrikation) 5 Ejaculatio praecox (Unfähigkeit, die Ejakulation ausreichend zu kontrollieren, damit der Geschlechtsverkehr für beide Partner befriedigend ist), Ejaculatio retarda und Anejakulation 5 Substanzinduzierte, v. a. medikamentös bedingte, sexuelle Funktionsstörungen 5 Gesteigertes sexuelles Verlangen und sexuelle Paraphilien Für andere Diagnosen im Bereich sexueller Störungen sind derzeit keine pharmakotherapeutischen Ansätze bekannt. Sexuelle Funktionsstörungen sind in der Bevölkerung und insbesondere bei Patienten mit psychiatrischen Störungen (z. B. depressive Störungen, Schizophrenien, Abhängigkeitserkrankungen, Angststörungen) häufig.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
5 Altersabhängigkeit und Komorbidität mit Diabetes mellitus sowie Herz- und Kreislauf-Erkrankungen sind v. a. bei erektilen Funktionsstörungen zu beachten. 5 Etwa 50% aller Männer zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr leiden unter einer Störung der Erektion, die häufig mit einer Beeinträchtigung der Lebens- und Partnerschaftsqualität einhergeht. 5 Nach epidemiologischen Untersuchungen kann auch davon ausgegangen werden, dass unabhängig von psychiatrischen Störungen bei 20–50% der erwachsenen Frauen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren zumindest eine sexuelle Funktionseinschränkung besteht. 5 Während bei Männern Ejaculatio praecox und erektile Dysfunktionen deutlich überwiegen, sind es bei Frauen v. a. Libidostörungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Orgasmusstörungen. 5 Sehr häufig führen auch Drogen und Medikamente (v. a. Psychopharmaka, aber auch internistische Medikamente, z. B. Antihypertensiva) zu sexuellen Dysfunktionen oder verschlechtern vorbestehende sexuelle Störungen. Sexuelle Funktionsstörungen erfordern immer eine eingehende interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. Grundlage einer Therapie ist die ausführliche Sexualanamnese (z. B. Erkennen der psychosozialen und interpersonalen Situation, sexuelle Vorerfahrungen einschließlich Missbrauchserfahrungen) und der Ausschluss somatischer (z. B. Gefäßerkrankungen, Diabetes mellitus, Hypothyreose und andere endokrine Störungen, neurologische Erkrankungen, andrologische bzw. gynäkologische Erkrankungen und Operationen) und psychiatrischer Ursachen (z. B. depressive Störungen, Angststörungen). Die Behandlung besteht, indikationsabhängig mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung, zumeist aus einer Kombination aus Psychotherapie (in der Regel Verhaltenstherapie, Paartherapie) und medikamentösen Maßnahmen im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans. Es werden hier die pharmakotherapeutischen Ansätze beschrieben. Wird eine hormonelle Therapie erwogen, ist immer der Urologe bzw. Gynäkologe und ggf. der Endokrinologe einzubeziehen.
8.2 · Indikationen
8.2
Indikationen
8.2.1
Vermindertes sexuelles Verlangen
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8
5 Es gibt offene Studien über positive Effekte von Bupropion (7 Kap. 7.4) in niedriger Dosis (75 mg). Begründet wird die mögliche Wirksamkeit von Bupropion v. a. durch die zentrale Dopaminrückaufnahmehemmung, die für die Steigerung des sexuellen Verlangens verantwortlich gemacht wird. Positive Einzelfallberichte bestehen zum Einsatz von Amantadin und Yohimbin bei Libidostörungen von Männern und Frauen (s. unten). 5 Untersuchungen zu endokrinologischen Therapiemaßnahmen, v. a. mit der Testosteronsubstitution, zeigten keine einheitlich positiven Befunde. Auch die Dosisempfehlung ist unklar. 5 Diskutiert wird die Nutzen-Risiko-Abschätzung von DHEA (Dehydroepiandrosteron) auf der einen Seite mit einem Aktivierungspotenzial, auf der anderen Seite mit der Gefahr eines Zellwachstums, z. B. bei nicht erkanntem Prostatakarzinom bei Männern (7 Kap. 1.4.1). DHEA ist ein neuroaktives Steroid mit antiglukortikoider Wirkung. Es ist am GABAA-Rezeptor antagonistisch wirksam; die Konzentration fällt im Alter stark ab. Zum möglichen antidepressiven Effekt 7 Kap. 1.4. 5 Bei Frauen mit postmenopausaler Libidoverminderung gibt es hormonelle Therapieansätze mit Tibolon (Liviella®), einem synthetischen Steroid mit kombinierter östrogenerger, progesteronerger und androgener Aktivität (gonadomimetisch). Neben Verbesserungen postmenopausaler Beschwerden zeigen einige Untersuchungen eine Verbesserung des sexuellen Verlangens. Allerdings muss auf das erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen und Mammakarzinom bzw. ein erhöhtes Schlaganfallrisiko bei Einnahme von niedrig dosierten Östrogenen in der Menopause deutlich hingewiesen werden. 5 Auch wenn niedrig dosierte Testosterongaben bei sexuellen Appetenzund Erlebensstörungen bei Frauen positive Effekte in offenen Studien zeigen konnten, sind die Nebenwirkungen unklar. Die Therapien sollte daher Frauen mit ausgeprägter Androgendefizienz vorbehalten bleiben; mögliche Nebenwirkungen (v. a. Virilisierung) sind zu beachten (auch 7 Kap. 8.2.3).
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
8.2.2
Erektionsstörungen
Die Unterscheidung in psychogene oder somatogene Ursachen erektiler Dysfunktionen ist oft nicht zielführend, in den meisten Fällen sind psychologische, somatische und soziale Aspekte beteiligt. Es besteht eine deutliche Abhängigkeit vom Alter und eine deutliche Häufung bei internistischen (v. a. arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus) und neurologischen (z. B. MS) Erkrankungen sowie nach urologischen Operationen (Prostatektomie). Die verschiedenen Faktoren sollten durch sorgfältige Anamnese, Untersuchung und interdisziplinäre Zusammenarbeit geklärt und behandelt werden. Der Therapieschwerpunkt bei den Erektionsstörungen hat sich seit der Einführung von Sildenafil und weiterer selektiver Phosphodiesterase-Typ 5Inhibitoren (PDE-5-Hemmer) sehr stark auf die orale Medikation verlagert, die von der überwiegenden Mehrheit der Patienten bevorzugt wird. Alternativen (lokale Applikation von Prostaglandinen und mechanische Hilfen wie z. B. Vakuumpumpen und Penisprothesen) haben deutlich an Bedeutung verloren. Trotz der medikamentösen Therapieerfolge ist die psychotherapeutische Führung, wenn möglich immer unter Einbeziehen der Partner, Voraussetzung für eine adäquate und längerfristig erfolgreiche Behandlung. 5 Hauptansatzpunkt der oralen Pharmakotherapie mit PDE-5-Hemmern ist die Regulation der Erektion durch die L-Arginin/Stickstoffmonoxid (NO)-Synthase/NO/zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP)/Calcium-Kaskade: Sexuelle Stimulation → penile NO-Ausschüttung durch Endothel- und nonadrenerge-noncholinerge Nervenzellen (NANC) → Aktivierung der Guanylzyklase → cGMP-vermittelte Verminderung des Ca-Einstroms in die glatte Muskulatur des Corpus cavernosum → Relaxation der glatten Muskulatur → Bluteinstrom in Cavernosum-sinusoideErektion.
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− Sildenafil, Vardenafil und Tadalafil hemmen relativ selektiv die Isoform Typ 5 der Phosphodiesterase (Hauptvorkommen Corpus cavernosum, Gefäße, Thrombozyten), wodurch es bei sexueller Erregung zum verminderten Abbau von cGMP und somit zum verminderten Kalziumeinstrom und zur Erektion kommt. Tadalafil hat eine deutlich längere Halbwertszeit als Sildenafil und Vardenafil.
8.2 · Indikationen
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8
− Aktuelle Untersuchungen fokussieren auf die mögliche Wirksamkeit von PDE5-Inhibitoren bei pulmonaler arteriellen Hypertonie (PAH), Raynaud-Syndrom und bei Sklerodermie. Sildenafil ist zur Behandlung der PAH jetzt zugelassen (Revatio®). − Die umfangreichsten Erfahrungen liegen immer noch für Sildenafil vor; Langzeituntersuchungen (1‒2 Jahre) auch mit Vardenafil und Tadalafil ergaben im Wesentlichen die bekannten Nebenwirkungen und keinen Hinweis auf einen signifikanten Wirkungsverlust. − Es zeigte sich im Tierversuch (Ratte) auch eine günstige Wirkung der Langzeitgabe von Sildenafil und Vardenafil zur Verhinderung der Bildung von fibrösen penilen Plaques (Induratio penis plastica). − Direkte Vergleichsstudien zwischen den zugelassenen PDE-5-Inhibitoren zeigten keine großen Unterschiede bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit zwischen Sildenafil (25–100 mg), Vardenafil (5–20 mg) und Tadalafil (10–20 mg). Die Bevorzugung einer Substanz hängt vom individuellen Einsatzwunsch (Wirkdauer) und den Wirkungs- und Verträglichkeitserfahrungen ab. Bei Umstellungen zeigte sich dementsprechend auch eine Änderung des Einnahmeverhaltens. Zur Präferenz von kurz oder lang wirksamen PDE-5-Inhibitoren zeigte sich bei etwa 2/3 der vorher unbehandelten Männer eine Präferenz für eine kurz wirksame Substanz, während etwa 20% eine alternierende, bedarfsabhängige Behandlung mit kurz und lang wirksamen Substanzen bevorzugten. − Sildenafil und Vardenafil zeigen neben der PDE-5-Hemmung relevante Aktivität als Inhibitoren der PDE 6 (Hauptvorkommen: Retina), Tadalafil als Inhibitor der PDE 11 (Hauptvorkommen: Hoden, Herz, Skelettmuskel, Prostata). Dadurch lassen sich teilweise Nebenwirkungen erklären, für Sildenafil und Vardenafil Störungen des Farbensehens, für Tadalafil Rückenschmerzen und Myalgien. Weitere therapeutische Ansätze Für Yohimbin gibt es insgesamt keine überzeugenden Studienergebnisse, offene Studien und Tierversuche belegen jedoch eine gewisse Effizienz bei der Verbesserung der Schwellkörper-Erektilität. Der Wirkmechanismus besteht vorrangig in einer vermehrten Noradrenalinausschüttung aufgrund präsynaptischer α2-Blockade. Yohimbin ist für die Behandlung der erektilen Dysfunktion (insbesondere bei vermuteter »psychogener« Verursachung) zugelassen, spielt insgesamt aber zur Therapie der erektilen Dysfunktion eine untergeordnete Rolle.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
5 Für den peripheren α2-Antagonisten Phentolamin (Nebenwirkungen v. a. Rhinitis, Schwindel und Kopfschmerzen) wurden bei oraler Verabreichung dosisabhängig schwach positive Ergebnisse in einer Untersuchung bei Patienten mit erektiler Dysfunktion berichtet (keine Zulassung in dieser Indikation). 5 Hormonelle Interventionen (z. B. Testosteronsubstitution) erscheinen bei nachgewiesenem Hypogonadismus empfehlenswert und stellen primär andrologische Behandlungsmethoden dar. Zufriedenstellende placebokontrollierte Untersuchungen bei Erektionsstörungen ohne Hormonmangel fehlen. 5 Vor der Einführung von Sildenafil stellten intrakavernöse Injektionen von Alprostadil (Prostaglandin E1, Schwellkörperautoinjektionstherapie [SKAT]) und Papaverin (aus Opiumpflanze; gefäßrelaxierende Wirkung, auch in Kombination mit Phentolamin) sowie deren transurethrale Applikationen (Alprostadil [MUSE]) eine zuverlässige Behandlungsstrategie dar; der Patient erlernte die Selbstapplikation vor gewünschter sexueller Aktivität. Aufgrund der Komplikationen wie Fibrosen, Hypotonien und Priapismus (über 5% bei Alprostadil) kommen diese Verfahren lediglich bei Therapieversagen bzw. Kontraindikationen der oralen Pharmakotherapie zum Einsatz. 5 Die erektionsfördernde Wirkung des zentral an D1- und D2-Dopaminrezeptoren agonistisch wirkenden Apomorphins ist Testosteron- und NO-abhängig; die Effizienz von Apomorphin ist jedoch geringer als die der PDE-5-Inhibitoren. Apomorphin-Präparate konnten die Erwartungen nicht erfüllen und wurden wieder zurückgezogen. 5 Als sichere Verfahren, die bei Therapieversagen, Kontraindikationen oder Ablehnung der medikamentösen Behandlungen immer noch zum Einsatz kommen können, gelten auch mechanische (Vakuumpumpen) und operative Verfahren (Implantation einer Penisprothese). Neue pharmakologische Ansätze 5 Im Mittelpunkt stehen die Weiterentwicklung von länger wirksamen hochselektiven PDE-5-Inhibitoren und die Erforschung anderer Angriffspunkte, die eine vermehrte Verfügbarkeit von NO zum Ziel haben: − Bereits eine frühere kleine offene Studie konnte für L-Arginin, dem Präkursor des endogen entstehenden NO, bei oraler Applikation eine schwache Wirksamkeit bei erektiler Dysfunktion nachweisen. Eine neuere Studie zeigte bei zusätzlicher Gabe von Pycnogenol, einem NO-Synthase-Aktivator, deutlich positivere Befunde.
8.2 · Indikationen
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8
− Aktuell werden u. a. Guanylat-Zyklase-Aktivatoren (YC-1), RhoKinase-Inihibitoren (Y-27632), zentrale Melanocortin-Rezeptoragonisten (Melanotan II), die über eine Erhöhung der NO-Konzentration wirken, und NO-freisetzende PDE-5-Inhibitoren geprüft. 5 Auf spinaler Ebene gibt es Hinweise für eine serotonerge Regulation der Erektion mit inhibitorischen Effekten von 5-HT1A/B-Rezeptoren sowie proerektogenen Effekten durch 5-HT2C-Rezeptoren. Untersuchungen mit dem Antidepressivum Trazodon (u. a. partieller 5-HT1A/2A-Antagonist, 5-HT2C-Agonist, α-Antagonist) bei erektiler Dysfunktion konnten in placebokontrollierten Studien keinen Wirksamkeitsnachweis erbringen, auch wenn Fallberichte und offene Studien positive Ergebnisse wiederholt nahe legen. 8.2.3
Störungen der sexuellen Erregung bei Frauen
5 Beim derzeitigen Kenntnisstand lässt sich ein der erektilen Dysfunktion des Mannes entsprechendes Störungsbild bei Frauen nicht abgrenzen. Neuere Studien zeigen, dass v. a. Beziehungsaspekte sowie körperliches und psychisches Wohlbefinden Prädiktoren für die sexuelle Zufriedenheit von Frauen sind und weniger physiologische, objektivierbare Sexualfunktionen oder deren Störung. 5 Bei Frauen ist Sildenafil nicht eindeutig wirksam. 5 Es gibt Hinweise für einen positiven Effekt von niedrig dosierten Androgenen (v. a. oral verabreichtes Methyl-Testosteron und Dehydroepiandrosteron [DHEA] und testosteronhaltige Cremes) (7 Kap. 1.4.1). Die Therapieoption sollte v. a. Frauen mit Androgendefizit vorbehalten bleiben (z. B. im höheren Alter oder nach Ovarektomie). Nebenwirkungen und Risiken bestehen v. a. in Virilisierung, Akne, Leberfunktionsstörungen sowie Hyperlipidämie und – bei Aromatisierung der Androgene zu Östrogenen – auch in den Risiken einer Östrogenbehandlung (7 Kap. 8.2.1). 5 Die Anwendung von anderen Pharmaka, u. a. Olanzapin, L-Arginin, Yohimbin, Phentolamin, Apomorphin, Prostaglandin E1 und Amantadin haben bei Frauen mit sexuellen Störungen in Einzelfällen Besserungen erbracht, sind seither jedoch nicht geprüft oder haben in Studien keinen Wirksamkeitsnachweis erbracht.
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8.2.4
Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
Ejaculatio praecox und andere Ejakulationsstörungen
5 Eine Spontanremission ist nach neueren Untersuchungen eher selten zu erwarten, eine persistierende Ejaculatio praecox als recht häufige Störung wird mit serotonerger Dysfunktion (v. a. 5-HT2C/5-HT1ARezeptoren) sowie mit infektiös-urogenitalen (v. a. chronische Prostatitis) und teilweise genetischen Faktoren in Zusammenhang gebracht. 5 Neben verhaltenstherapeutischen Maßnahmen (»Squeeze-Technik«) kann die unter Serotonin-Rückaufnahmehemmern (SSRI) beobachtete Nebenwirkung der Ejakulationsverzögerung therapeutisch eingesetzt werden. In mehreren kontrollierten Studien mit SSRI (Paroxetin, Sertralin, Citalopram und eingeschränkt Fluoxetin) konnte eine Wirksamkeit nachgewiesen werden. Eine regelmäßige Einnahme ist einer »On-demand«-Verabreichung nicht sicher überlegen (Einnahme 4–6 h vor gewünschtem Koitus). Die Erfolgsraten (Ejakulations-Latenzverlängerung) liegen für SSRI zwischen 50 und 75%. Nebenwirkungen treten bei bis 35% der Patienten auf (v. a. Übelkeit), dabei auch andere sexuelle Funktionsstörungen (Anorgasmie, Libidostörungen). 5 Mehrere placebokontrollierte doppelblinde Studien haben die Wirksamkeit von Clomipramin in einer Dosis bis 50 mg (2-mal 10–15 mg oder »on demand« 2–4 h vor sexueller Aktivität) mit Erfolgsraten von 50–85% belegt. Damit liegen die Effekte teilweise noch höher als mit SSRI bei allerdings deutlich höherer, v. a. anticholinerg bedingter Nebenwirkungsrate. 5 In offenen Studien zeigte der nicht-selektive und langwirksame α1/α2Rezeptorenblocker Phenoxybenzamin eine gewisse Wirksamkeit, während β-Blocker (Propranolol) gegenüber Placebo keine Überlegenheit hatten. Prospektive klinische Studien zur Effizienz neuerer α-Rezeptorenblocker wie Terazosin, Prazosin oder Urapidil bei Ejaculatio praecox liegen nicht vor. 5 Eine Ejakulationsverzögerung bis zum kompletten Ausbleiben der Ejakulation wurde in Einzelfällen und als Nebenwirkung in bis zu 10% bei Gabe sog. prostataspezifischer α-Rezeptorenblocker Alfuzosin bzw. Tamsulosin beschrieben. Jedoch wurde seither keine gezielte Studie bei Ejaculatio praecox durchgeführt. Unter Reboxetin und anderen Antidepressiva auftretende Ejakulationsstörungen wurden in Einzelfällen durch Tamsulosin gebessert. 5 Sildenafil als PDE-5-Inhibitor zeigte in klinischen Studien keine gegenüber Placebo überlegenen Effekte bei Ejaculatio praecox (keine Zulassung); eine Studie ergab jedoch deutlich bessere Ergebnisse bei
8.2 · Indikationen
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8
einer Kombination von Sildenafil mit Paroxetin gegenüber ParoxetinMonotherapie in dieser Indikation bei geringer Zunahme von Nebenwirkungen. 5 Positive Berichte in Fallserien und kontrollierten Studien liegen zur Lokaltherapie mit anästhesierenden Salben (Prilocain-Lidocain-Creme, chinesische Pflanzenextrakte) vor, die 20 min vor dem Koitus auf Glans und Penisschaft aufgetragen werden. 5 Bei Ejaculatio retarda bzw. Anejakulation ohne organische Ursache werden primär psychotherapeutische Verfahren eingesetzt; bei medikamentös induzierter Ejaculatio retarda oder retrograder Ejakulation sollte ein Medikationswechsel erfolgen. Erfolgreiche medikamentöse Behandlungsversuche bei Anejakulation und retrograder Ejakulation wurden u. a. mit Imipramin beschrieben. 8.2.5
Gesteigertes sexuelles Verlangen und Paraphilien
5 Klinische Beobachtungen und Fallserien deuten darauf hin, dass SSRI ‒ analog zur Wirkung bei den verwandten obsessiven Erkrankungen ‒ in höheren Dosierungen sowohl eine Verminderung des sexuellen Verlangens bewirken als auch deviante sexuelle Phantasien und Praktiken (Paraphilien) bessern bzw. reduzieren können. 5 Es gibt Einzelfallberichte über erfolgreiche Behandlungen von gesteigert-dranghaften sexuellen Verhaltensweisen (»compulsive sexual behaviour«) mit Naltrexon. Bei Gesunden steigerte Naltrexon in einer Placebovergleichsstudie allerdings Libido und subjektive Orgasmusintensität, in einer weiteren placebokontrollierten Studie wurde eine Erhöhung der Anzahl frühmorgendlicher Erektionen gefunden, jedoch kein Einfluss auf Libido oder Geschlechtsverkehr. 5 Cyproteronacetat (Androcur®) fand sich in mehreren Studien geeignet, Hypersexualität und sexuell deviantes Verhalten zu reduzieren. Als Therapiealternative werden LHRH-Antagonisten, insbesondere Leuprorelinacetat, weiter untersucht und sind viel versprechend. Beide Präparate haben deutliche Nebenwirkungen. 5 Klinisch wurden im Einzelfall die ansonsten unerwünschten Wirkungen von Antipsychotika (v. a. hochpotenten konventionellen) in höherer Dosierung auf Libido und sexuelle Erregbarkeit bei schwerer Hypersexualität (z. B. im Rahmen von manischen oder schizophrenen Episoden) wirksam eingesetzt, ohne dass empirische Daten vorliegen.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
8.2.6
Substanzinduzierte sexuelle Funktionsstörungen
5 Folgende Medikamente können Ursache einer sexuellen Funktionsstörung mit vorwiegend erektiler Dysfunktion sein: ACE-Hemmer, β-Blocker, Cimetidin, Clonidin, Kalziumantagonisten, Kortikosteroide, Methyldopa, Metoclopramid, Reserpin, Spironolacton, Thiazide; aus dem Kreis der Psychopharmaka sind es: Antipsychotika (konventionelle und atypische Antipsychotika, s. unten), Benzodiazepine, Carbamazepin, Lithium, trizyklische Antidepressiva (TZA), SSRI (s. unten). Als Ursache für die Erektionsstörungen wird bei den trizyklischen Präparaten die anticholinerge Komponente diskutiert. 5 Alkohol und Nikotin führen bei chronisch hoher Einnahme zu erektiler Dysfunktion, unter Opiaten sind sexuelle Störungen häufig. Für Stimulanzien und Kokain sind insbesondere Libidosteigerungen beschrieben. 5 Priapismus kommt v. a. unter α-adrenolytischen Substanzen gehäuft vor, die häufigsten Fallbeschreibungen gibt es für Trazodon. Man nimmt an, dass α1-blockierende Effekte die sympathisch vermittelte Detumeszenz der Corpora cavernosa inhibieren. Dass auch andere Mechanismen bei Priapismus involviert sind, demonstrieren relativ häufige Fälle unter Alprostadil, seltener unter Sildenafil, SSRI und Antipsychotika ohne α1-blockierende Effekte. ! Bei anhaltender Erektion von über 4 h unverzüglich einen Arzt aufsu-
chen (urologischer Notfall!).
Sexuelle Funktionsstörungen unter Behandlung mit Antidepressiva 5 Große Beobachtungsstudien haben ergeben, dass sexuelle Störungen aller 3 Funktionsebenen unter Antidepressiva am häufigsten unter TZA, SSRI und Venlafaxin auftreten (50–70%), am seltensten unter Bupropion und Moclobemid (5–20%, entspricht wahrscheinlich der Prävalenz sexueller Störungen bei Patienten mit deutlich gebesserten depressiven Störungen). Seltener als unter SSRI sind sexuelle Funktionsstörungen unter Mirtazapin (20–30%) und – mit Einschränkungen – unter Reboxetin (s. unten). Die neue melatonerge Antidepressivum Agomelatin zeigte in ersten Untersuchungen ein geringes Risiko für sexuelle Funktionsstörungen. Unter Duloxetin traten in einer Kurzzeitstudie etwas seltener sexuelle Funktionsstörungen als unter Paroxetin auf. 5 Unter SSRI können dosisabhängig v. a. Ejakulationsverzögerungen, aber auch Störungen der sexuellen Appetenz sowie der Erektions- bzw. Erregungs- und Orgasmusfähigkeit auftreten.
8.2 · Indikationen
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5 Über schmerzhafte Ejakulationen und Spontanejakulationen wurde unter der Einnahme von Reboxetin und anderen Antidepressiva berichtet. In Einzelfällen zeigten sich positive Effekte von Tamsulosin (s. oben). 5 Priapismus wurde häufiger bei Trazodon beobachtet, aber auch bei TZA und anderen Antidepressiva mit α1-adrenolytischer Wirkung, in Einzelfällen unter Behandlung mit SSRI. Im Einzelfall sind unter α-blockierenden Substanzen (v. a. Trazodon) auch schmerzhafte Schwellungen der Klitoris (klitoraler Priapismus) aufgetreten. 5 Die angenommenen Mechanismen bei der Entstehung Antidepressivainduzierter sexueller Funktionsstörungen sind gleichzeitig Ansatzpunkte für deren Behandlung: − 5-HT2 und 5-HT3-Rezeptoren-Stimulation (SSRI und andere Antidepressiva), − anticholinerge Wirkungen (ACh-Rezeptorblockade) (TZA u. a.), − NO-Synthase-Blockade (z. B. Paroxetin, mehr als andere SSRI), − Prolaktinerhöhung (geringgradig unter SSRI und anderen Antidepressiva), − D2-antagonistische Wirkung (v. a. Trimipramin, Clomipramin). Folgende Therapiemaßnahmen können bei sexuellen Funktionsstörungen, die unter Psychopharmaka auftreten, angewendet werden (die größten Erfahrungen bestehen für den Umgang mit unter Antidepressiva auftretenden erektilen Dysfunktionen): 5 Beratung und Abwarten (»wait and see«); v. a. bei schweren sexuellen Störungen häufig nicht Erfolg versprechend. Bei unter SSRI aufgetretenen Ejakulations- und Orgasmusstörungen wurde ein Rückgang der Beschwerden bei 20–60% der Patienten nach 6 Monaten berichtet. 5 Dosisreduktion, ggf. »drug holidays« (wenn psychiatrisch vertretbar); ein Aussetzen der SSRI- Medikation über das Wochenende war für Sertralin und Paroxetin in einer kleinen Studie begrenzt erfolgreich, während für Fluoxetin entsprechend der langen HWZ kein positiver Effekt gefunden wurde. 5 Zusätzliche Gabe eines Pharmakons zur Neutralisierung oder Behandlung der pharmakogenen sexuellen Funktionsstörung (Augmentierung). − Mirtazapin oder Mianserin (5-HT2A/C-Antagonisten) in niedriger Dosis (7,5–15 mg/Tag); zu beiden Substanzen liegen positive Ergebnisse aus Fallberichten oder offenen Studien vor; v. a. eine 5-HT2C-
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
Blockade scheint den günstigen Effekt zumindest bei Männern zu bewirken. − Buspiron (5-HT1A-Agonist) in einer Dosis bis 60 mg/Tag; für die Wirksamkeit bei krankheitsbedingten und SSRI-induzierten sexuellen Funktionsstörungen liegen Ergebnisse aus offenen Kurzzeitstudien vor. Ob eine Langzeitwirksamkeit besteht, ist noch offen (je eine placebokontrollierte Studie mit positiven und negativen Ergebnissen). − Amantadin (NMDA-Antagonist mit prodopaminerger Wirkung, Prolaktinhemmung) in einer Dosis von 50–100 mg/Tag; positive Wirksamkeitshinweise bei Männern; nicht aber in einer placebokontrollierten Studie bei Frauen. − Nach Ausschluss von Kontraindikationen Gabe eines PDE-5-Inhibitors bei Erektionsstörungen oder andere Therapien zur Behandlung der erektilen Dysfunktion (7 Kap. 8.2.2). Für Sildenafil liegen Studien zum Wirksamkeitsnachweis auch bei medikamentös induzierter erektiler Dysfunktion vor. Darüber hinaus verbesserten sich parallel zur Besserung der erektilen Funktion auch depressive Symptomatik und Lebens- sowie Partnerschaftsqualität. 5 Experimentelle Arbeiten, Kasuistiken oder kleinere offene Studien haben positive Ergebnisse für verschiedene Substanzen ergeben, ohne dass gegenwärtig eine eindeutige Empfehlung ausgesprochen werden kann: − mACh-Agonisten (Betachenol, Carbachol) können über Steigerung der NO-Synthaseaktivität und cGMP-Erhöhung im Corpus cavernosum zu einer Verbesserung der erektilen Funktion führen. − Cyproheptadin, ein nichtselektiver 5-HT-Rezeptorantagonist und H1-Antagonist (Peritol) kann wie andere 5-HT2C-blockierende Substanzen (Mianserin, Mirtazapin) zu einer Aufhebung SSRI-induzierter sexueller Störungen führen (v. a. Orgasmusstörungen); neben den stark sedierenden Wirkungen sind auch klinische Verschlechterungen (v. a. depressiver Symptome) möglich. − Für Yohimbin (α2-Antagonist) liegen positive Fallberichte bei Anorgasmie unter SSRI-Behandlung vor, allerdings wird vom Einsatz bei Patienten mit komorbider Panikstörung, Unruhe oder arterieller Hypertonie abgeraten. − Schließlich wurden in einzelnen Fällen auch positive Wirkungen für Ginkgo-Extrakte und Stimulanzien (Methylphenidate, Pemolin) bei der Behandlung SSRI-induzierter sexueller Störungen berichtet.
8.2 · Indikationen
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5 Bei anhaltenden sexuellen Störungen unter Antidepressiva sollte ein Umsetzen erwogen werden, vorzugsweise auf Mirtazapin oder Moclobemid (bei einem Teil der Patienten wird dann allerdings nicht mehr der erwünschte antidepressive Effekt erreicht), ggf. auch auf Bupropion unter Beachtung der Risiken und Nebenwirkungen. Es gibt bei Antidepressiva-induzierten sexuellen Störungen keinen empirisch validierten Behandlungsalgorithmus; daher ist es besonders wichtig, im Einzelfall unter Einbeziehen psychotherapeutischer Möglichkeiten eine Behandlungsstrategie zu entwickeln. Sexuelle Funktionsstörungen unter Behandlung mit Antipsychotika 5 Unter Antipsychotika sind sexuelle Störungen häufig (40–70%), hierfür werden v. a. direkte D2-antagonistische Wirkungen (z. B. auf das Rewardsystem) und die D2-antagonistisch vermittelte Prolaktinerhöhung durch viele Antipsychotika verantwortlich gemacht. 5 Während bei unbehandelten Schizophrenien v. a. Störungen von Libido und sexuellem Erleben auftreten, werden unter Behandlung mit Antipsychotika auch Erektionsstörungen häufig berichtet. Sexuelle Funktionsstörungen sind ein wichtiger Aspekt der reduzierten Lebensqualität unter Antipsychotika und werden als ein häufiger Grund für Non-Compliance angenommen. 5 Studien zum Vergleich von konventionellen und atypischen Antipsychotika (AAP) (einschließlich Clozapin) haben bisher auch aufgrund der methodischen Probleme die zu erwartenden Vorteile für AAP nicht konsistent belegen können. In einer großen prospektiven Studie zum Vergleich von Haloperidol und Clozapin ergaben sich keine Unterschiede bei der Inzidenz sexueller Funktionsstörungen und auch keine Zusammenhänge mit der Compliance der Patienten, während andere offene Studien Vorteile für Clozapin gegenüber konventionellen Antipsychotika und Risperidon berichteten. Unterschiede zwischen verschiedenen AAP bezüglich der Inzidenz sexueller Funktionsstörungen konnten jedoch seither nicht konsistent belegt werden. 5 Während konventionelle hochpotente Antipsychotika und dosisabhängig Risperidon, selten Olanzapin, insbesondere aber Sulpirid und Amisulprid eine deutliche Prolaktinerhöhung (D2-Antagonismus) mit einer relativen Häufung von assoziierten Störungen hervorrufen (v. a. Zyklusunregelmäßigkeiten, Amenorrhö, Galaktorrhö bei Frauen, Gynäkomastie und Libidostörungen bei Männern), sind durch H1Blockade (Sedierung), anticholinerge und adrenolytische Wirkungen
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
Störungen von Libido, Erektion und Erleben auch ohne Prolaktinerhöhung bei anderen Antipsychotika erklärbar. Zudem besteht allenfalls eine schwache Korrelation zwischen Prolaktinerhöhungen und dem Auftreten von sexuellen Funktionsstörungen. Unter Risperidon (2–3 mg) und Sertindol gibt es Fallbeschreibungen über Ejakulationshemmung und reduziertem Ejakulationsvolumen nach 1- bis 2-wöchiger Einnahme. Unter Thioridazin ist außer Libidoverlust und erektiler Dysfunktion auch retrograde Ejakulation möglich. Priapismus kommt selten bei Antipsychotika vor, v. a. bei α1-blockierenden Substanzen wie z. B. Chlorpromazin und Thioridazin, aber auch Clozapin (mehrere Fälle) und Olanzapin, in Einzelfällen bei Risperidon, Ziprasidon und anderen Antipsychotika. Vergleichbar mit dem Vorgehen bei sexuellen Störungen unter Antidepressiva kann folgender Algorithmus vorgeschlagen werden, ohne dass eine empirische Prüfung erfolgt wäre: − Wenn möglich, zunächst eingehende Beratung und Abwarten. − Wenn psychopathologisch vertretbar, bei Persistenz der sexuellen Störungen Versuch der Dosisreduktion. − Bei Auftreten von sexuellen Funktionsstörungen unter Antipsychotika kann die Prolaktinbestimmung im Plasma (in der Regel Mehrfachbestimmungen unter definierten Bedingungen) und ggf. eine weitere Abklärung zielführend sein. Bei Therapie mit Antipsychotika, die eine Prolaktinerhöhung bewirken, sollte bei Persistieren von sexuellen Funktionsstörungen oder bei Auftreten schwerer und v. a. subjektiv nicht tolerierbarer Störungen eine Umstellung auf ein AAP ohne Prolaktinerhöhung (z. B. Quetiapin, Aripiprazol, ggf. Clozapin) erwogen werden. Positive Effekte im Einzelfall wurden über eine Prolaktinsenkung mit niedrig-dosierten Dopamin-Agonisten (z. B. Bromocriptin, Cabergolin, Amantadin) beschrieben; sie sind u. a. wegen der potenziell psychotogenen Wirkung nicht generell zu empfehlen. − Bei nicht Prolaktin-induzierten sexuellen Funktionsstörungen kann analog zu den o. g. Maßnahmen eine Zusatzmedikation mit einem PDE-5-Inhibitor bei erektiler Dysfunktion empfohlen werden; Sildenafil hat sich bei Erektionsstörungen unter antipsychotischer Behandlung als wirksam erwiesen. Für niedrig dosiertes Mirtazapin liegen in dieser Indikation lediglich Einzelfallberichte vor. Ein generelles Vorgehen bei durch Antipsychotika induzierten sexuellen Störungen ist noch nicht etabliert, ein individuelles Vorgehen
8.3 · Präparate
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unter Berücksichtigung der psychosozialen Komponenten wird daher angeraten. 8.3
Präparate
PDE-5-Inhibitoren
Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Wechselwirkungen sind für die drei derzeit verfügbaren PDE-5-Inhibitoren (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil ) ähnlich und werden daher für diese Gruppe gemeinsam angegeben (spezifische Aspekte s. Präparate). Nebenwirkungen 5 Wichtigste Nebenwirkungen: . Tab. 8.1. 5 Nebenwirkungen sind in der Regel vorübergehend und leicht bis mittelgradig ausgeprägt, dosisabhängig. 5 Sehr häufig: Kopfschmerzen, Flush 5 Häufig: Schwindel, Sehstörungen (erhöhte Lichtempfindlichkeit, unscharfes Sehen), Chromatopsie (Veränderung des Farbsehens); Palpitationen; verstopfte Nase; Dyspepsie. 5 Nach Markteinführung der PDE-5-Inhibitoren im zeitlichen Zusammenhang mit dem Gebrauch gelegentlich oder selten: Überempfindlichkeitsreaktionen; Augenschmerzen und Augenrötung, nichtarteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION), Verschluss von Netzhautgefäßen, Gesichtsfeld-Defekte; Tachykardie, ventrikuläre Arrhythmie, Herzinfarkt, instabile Angina pectoris, plötzlicher Herztod, Hypotonie, Hypertonie, Nasenbluten, Synkope, zerebrovaskuläre Blutungen, transitorische ischämische Attacke; Erbrechen; Hautausschlag; prolongierte Erektion, Priapismus. Kontraindikationen Bei gleichzeitiger Anwendung von Nitraten (z. B. Glyceroltrinitrat) oder anderen NO-Donatoren (z. B. Molsidomin, Nitroprussid-Natrium) ist eine Potenzierung hypotensiver Effekte möglich.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
5 Patienten, denen von sexueller Aktivität abzuraten ist, v. a. mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. instabile Angina pectoris, schwere Herzinsuffizienz). 5 Hypotonie (RR<90/50 mmHg). 5 Patienten mit kürzlich erlittenem Schlaganfall oder Herzinfarkt (<3–6 Monate). 5 Schwere Leberinsuffizienz. 5 Relative Kontraindikationen: Anatomische Penismissbildungen (z. B. Fibrose, Morbus Peyronie), für Priapismus prädisponierende Erkrankungen (z. B. Sichelzellenanämie, Plasmozytom, Leukämie); Kombination mit anderen Behandlungen einer erektilen Dysfunktion; Gerinnungsstörungen; aktive peptische Ulzera; erhöhte Empfindlichkeit gegenüber vasodilatativen Substanzen (z. B. Multisystematrophie, Aortenstenose, obstruktive Kardiomyopathie), NAION (s. oben) in der Anamnese.
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. Tab. 8.1 Die wichtigsten Nebenwirkungen von PDE-5-Inhibitoren Häufigkeit (%)
Sildenafil 25–100 mg
Vardenafil 5–20 mg
Tadalafil 2,5–20 mg
Kopfschmerzen
++
++
++
Gesichtsröte (Flush)
++
++
(+)
Dyspepsie
+
(+)
++
Rhinitis (verstopfte Nase)
(+)
+
(+)
Schwindel
(+)
+
(+)
Myalgie
(–)
(–)
+
Rückenschmerzen
(–)
(–)
+
Sehveränderungen und -störungen
(+)
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(–)
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(–): <1%; (+): 1–5%; +: 5–10%; ++: 10–15%. Die Daten sind aus verschiedenen Studien mit unterschiedlichen Dosierungen und Patientengruppen zusammengefasst, sodass die Häufigkeiten lediglich als Anhaltspunkte dienen können.
8.3 · Präparate
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Interaktionen 5 Addition des blutdrucksenkenden Effektes von Antihypertensiva oder anderen Substanzen mit blutdrucksenkenden Eigenschaften möglich. Bei Behandlung mit α-Rezeptorenblockern erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen. Kombination mit Nitraten oder anderen NO-Donatoren, 7 Kontraindikationen. 5 Erhöhung der Plasmakonzentration durch CYP-3A4-Inhibitoren wie Cimetidin, Erythromycin, Ritonavir, Indinavir oder Grapefruitsaft (7 Kap. 16.5) Sildenafil PDE-5-Inhibitor Viagra (Pfizer) Tbl. 25, 50, 100 mg (4, 12 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Relativ selektiver Inhibitor der PDE 5 (cGMP-Anstieg; 7 Kap. 8.2.1). 5 Schwache Inhibition der PDE 6 (Retina). Pharmakokinetik 5 Tmax=ca. 1 h; t½=ca. 4 h; Bioverfügbarkeit ca. 40%; hohe Plasmaproteinbindung (96%). 5 Metabolisierung hauptsächlich über CYP 3A4, geringer auch über CYP 2C9. 5 Wirksamer Metabolit: N-Desmethylsildenafil (ca. 50% der pharmakologischen Aktivität der Muttersubstanz, trägt mit ca. 20% zur Gesamtwirkung bei; t½ ebenfalls ca. 4 h). 5 Absorptionsminderung und -verzögerung durch fettreiche Mahlzeiten. 5 Erhöhte Sildenafilplasmakonzentrationen bei Patienten über 65 Jahren, bei Niereninsuffizienz (Kreatininclearance <30 ml/min), Leberinsuffizienz und in Kombination mit CYP-3A4-Hemmstoffen.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Erektile Dysfunktionz jeglicher Genese, insbesondere auch bei gesicherter organischer Ursache (z. B. bei Diabetes mellitus, Rückenmarksverletzungen). 5 Vor medikamentöser Behandlung: Diagnosestellung und Ursachenklärung, Erhebung des kardiovaskulären Status (insbesondere kardiales Risiko bei sexueller Aktivität). 5 Sildenafil wirkt auch bei substanzinduzierter erektiler Dysfunktion unter SSRI oder Antipsychotika. 5 Einnahme bei Bedarf ca. 1 h vor sexueller Aktivität. 5 Höchstens eine Bedarfsanwendung pro Tag. 5 Sildenafil wirkt nur bei sexueller Stimulation, kein pharmakologischer Effekt auf die Libido. 5 Psychotherapeutische Begleitung (bevorzugt als Paartherapie) ist anzustreben. 5 Keine Kombination mit anderen Pharmaka gegen Erektionsstörungen. Dosierung 5 Beginn mit 50 mg oral pro Bedarfsanwendung, abhängig von Wirkung und Nebenwirkungen ggf. Dosisreduktion auf 25 mg bzw. Dosissteigerung auf bis zu 100 mgz. 5 Startdosis bei Nieren- oder Leberinsuffizienz bei 5 mg erwägen. 5 Bei Kombination mit CYP-3A4-Inhibitoren oder Alpharezeptorenblockern Startdosis 25 mg erwägen, bei Kombination mit Ritonavir nicht mehr als 25 mg in 48 h. Nebenwirkungen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) 5 Häufigste Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Flush (Gesichtsrötung mit Wärmeempfinden), Verdauungsstörungen, verstopfte Nase. 5 Berichte über Muskelschmerzen, wenn Sildenafil häufiger als empfohlen eingenommen wurde. Kontraindikationen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) 5 Zusätzlich: bekannte erblich bedingte Retinaerkrankung (z. B. Retinitis pigmentosa). 5 Galaktose-Intoleranz, Lapp-Laktase-Mangel, Glukose-Galaktose-Malabsorption
8.3 · Präparate
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Interaktionen (s. oben PDE-5-Inhibitoren und 7 Kap. 16.5) 5 Erhöhte Sildenafilplasmakonzentrationen bei Kombination mit CYP3A4-Hemmstoffen wie Ketoconazol, Erytromycin, Cimetidin oder Ritonavir (. Tab. 16.5). 5 Keine klinisch relevanten Wechselwirkungen mit Azetylsalizylsäure, Alkohol, Amlodipin, Antazida, Atorvastatin, Azithromycin, Digoxin, Tolbutamid, Warfarin, Antihypertensiva, TZA und SSRI. Bewertung Effektives und bei Berücksichtigung von Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen gut verträgliches Medikament gegen erektile Dysfunktion mit seither breitester Datenbasis unter den PDE-5-Inhibitoren. Tadalafil PDE-5-Inhibitor Cialis (Lilly) Tbl. 10 mg (4 Tbl.) Tbl. 20 mg (4, 8 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Relativ selektiver Inhibitor der PDE 5 (cGMP-Anstieg; 7 Kap. 8.2.1). 5 Zusätzlich Inhibitor der PDE 11. Die Bedeutung der PDE-11-Hemmung ist im Einzelnen noch nicht bekannt; das PDE-11A-Isoenzym kommt u. a. in der Skelettmuskulatur und in den Testes vor. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; Bioverfügbarkeit unbekannt; kein Einfluss von Mahlzeiten auf die Resorption; hohe Plasmaproteinbindung von etwa 94%. 5 Wirkungseintritt nach etwa 30 min; Tmax=2 h ; t½=ca. 17,5 h; daher Wirkungen bis zu 24–36 h anhaltend. 5 Metabolisierung v. a. über CYP 3A4 und CYP 2C9; O-Methylierung durch Catechol-O-Methyltransferase; Hauptmetabolit MethylcatecholGlucuronid, wahrscheinlich ohne klinische Wirkung. 5 Ausscheidung >60% über Fäzes und etwa 35% renal. 5 Reduktion der Tadalafil-Clearance bei höherem Lebensalter (> 65 Jahre) um ca. 25% und bei Patienten mit Leberinsuffizienz und Nieren-
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
insuffizienz (bei Kreatininclearance 30–50 ml/min Verdopplung der Plasmaspiegel von Tadalafil). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Erektile Dysfunktionz. 5 Lange Wirkungsdauer (24–36 h). 5 Vor medikamentöser Behandlung: Diagnosestellung und Ursachenklärung, Erhebung des kardiovaskulären Status (insbesondere kardiales Risiko bei sexueller Aktivität). 5 Tadalafil wirkt nur bei sexueller Stimulation, kein pharmakologischer Einfluss auf die Libido. 5 Psychotherapeutische Begleitung (bevorzugt als Paartherapie) ist anzustreben. 5 Keine Kombination mit anderen Pharmaka gegen Erektionsstörungen. 5 Von der täglichen Einnahme über einen längeren Zeitraum wird abgeraten. Dosierung 5 Empfohlene Dosis 10 mg ½–12 h vor erwarteter sexueller Aktivität. 5 Bei ausbleibender Wirkung kann Dosis auf 20 mgz erhöht werden; maximale Einnahmehäufigkeit einmal täglich. 5 Keine Dosisanpassung bei älteren Männern oder Diabetes mellitus notwendig. 5 Bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen maximal 10 mgz. Nebenwirkungen (s. oben, PDE-5-Inhibitoren) 5 Häufigste Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen, Flush (Gesichtsrötung mit Wärmeempfinden), verstopfte Nase. 5 Zusätzlich: Rücken- oder Muskelschmerzen Kontraindikationen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) 5 Zusätzlich: Herzinsuffizienz NYHA II innerhalb der letzten 6 Monate. 5 Galaktose-Intoleranz, Laktase-Mangel oder Glukose-Galaktose-Malabsorption. Interaktionen (s. oben PDE-5-Inhibitoren und 7 Kap. 16.5) 5 Inhibitoren von CYP 3A4 erhöhen die Plasmaspiegel von Tadalafil.
8.3 · Präparate
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Bewertung Effektives Medikament gegen erektile Dysfunktion mit längerer Wirkungsdauer. Wichtig ist die Berücksichtigung von Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen. Die Bedeutung der zusätzlichen PDE-11Hemmung ist immer noch weitgehend unklar, eine Wirkung auf testikuläre Strukturen wird diskutiert. Vardenafil PDE-5-Inhibitor Levitra (Bayer) Tbl. 5, 10, 20 mg (2, 4, 8, 12 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Relativ selektiver Inhibitor der PDE 5 (cGMP-Anstieg; 7 Kap. 8.2.1). 5 Zusätzlich schwache Inhibition der PDE 6 (Retina). Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption, Bioverfügbarkeit etwa 15%. 5 Fettreiche Mahlzeiten (>50% Fettgehalt) können die Resorption von Vardenafil verzögern. 5 Zumindest drei pharmakologisch aktive Metaboliten (M1, M4, M5) (primärer Hauptmetabolit M1 t½ 4 h, ebenfalls selektiver PDE-5-Inhibitor). 5 Tmax=ca. 1 h; t½=ca. 4–5 h; hohe Plasmaproteinbindung (etwa 95% für Vardenafil und M1). 5 Vardenafil wird hauptsächlich in der Leber durch CYP 3A4 mit geringer Beteiligung von CYP 3A5 und CYP 2C9 metabolisiert und zu >90% über die Fäzes ausgeschieden. 5 Um etwa 25% reduzierte renale Clearance für Vardenafil bei Patienten mit Niereninsuffizienz (Kreatininclearance <30 ml/min), obwohl bei Gesunden nur etwa 5% renal eliminiert werden; keine signifikante Veränderungen der Vardenafil-Plasmaspiegel bei Kreatininclearance >30 ml/min. 5 Bei Leberinsuffizienz (Child A/B) Erhöhung der Plasmaspiegel von Vardenafil proportional zur hepatischen Störung um 20–300%. Auch im höheren Alter (>65 Jahre) Anstieg der Plasmaspiegel um bis zu 50%.
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Kapitel 8 · Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Erektile Dysfunktionz. 5 Vor medikamentöser Behandlung: Diagnosestellung und Ursachenklärung, Erhebung des kardiovaskulären Status (insbesondere kardiales Risiko bei sexueller Aktivität). 5 Vardenafil wirkt nur bei sexueller Stimulation, kein pharmakologischer Einfluss auf die Libido. 5 Psychotherapeutische Begleitung (bevorzugt als Paartherapie) ist anzustreben. 5 Die Kombination mit anderen Pharmaka gegen Erektionsstörungen ist nicht untersucht und sollte vermieden werden. 5 Maximale Einnahmehäufigkeit einmal täglich. Dosierung 5 Empfohlene Standarddosis 10 mg, abhängig von Wirkung und Nebenwirkungen ggf. Dosisreduktion auf 5 mg bzw. Dosissteigerung auf bis zu 20 mgz. 5 In höherem Lebensalter und bei leicht bis mäßig eingeschränkter Leberfunktion oder stark eingeschränkter Nierenfunktion: Initialdosis 5 mgz. 5 Bei gleichzeitiger Anwendung von Erythromycin: 5 mg nicht überschreiten. 5 Empfohlener Einnahmezeitpunkt ca. 25 min bis 1 h vor angestrebter sexueller Aktivität. Nebenwirkungen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) 5 Häufigste Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Flush (Gesichtsrötung mit Wärmeempfinden), Verdauungsstörungen, verstopfte Nase. Kontraindikationen (s. oben PDE-5-Inhibitoren) 5 Zusätzlich: dialysepflichtige Niereninsuffizienz, Kombination mit starken CYP-3A4-Inhibitoren (Ritonavir, Indinavir, Itraconazol und Ketoconazol) bei Männern über 75 Jahre; bekannte erblich bedingte Retinaerkrankung (z. B. Retinitis pigmentosa). Interaktionen (s. oben PDE-5-Inhibitoren und 7 Kap. 16.5) 5 Inhibitoren von CYP3A4 vermindern die Vardenafil-Clearance; wegen der geringen oralen Bioverfügbarkeit von 15% ist der Effekt von CYP3A4-Inhibitoren bei Vardenafil am ausgeprägtesten.
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8.3 · Präparate
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Bewertung Effektives Medikament gegen erektile Dysfunktion. Wichtig ist die Berücksichtigung von Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen. Yohimbin α2-Antagonist Yohimbin Spiegel (DESMA) Tbl. 5 mg (30, 100)
Yocon-Glenwood (Glenwood) Tbl. 5 mg (50, 100)
Dosierung 5 3-mal 5–10 mg/Tagz für 6‒8 Wochen oder »on demand« 10–15 mg etwa 1 h vor der gewünschten sexuellen Aktivität. Bewertung Aufgrund der begrenzten Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen (häufig Unruhe, Zittern, Palpitationen, Ängstlichkeit, Schlafstörungen) keine überzeugende Alternative zu PDE-5-Inhibitoren. Trotz Zulassung bei erektiler Dysfunktionz allenfalls bei leichtgradigen Störungen und fehlenden Alternativen empfehlenswert. ! Risiko der hypertonen Kreislaufreaktionen.
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Medikamente zur Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen 7.1
Übersicht
In diesem Kapitel werden die Suchtmittel mit ihren Substanzcharakteristika, Entzugssyndromen, Entwöhnungsmaßnahmen und ihrer Intoxikationssymptomatik bzw. -therapie im Hinblick auf die verschiedenen spezifischen klinischen Syndrome der Suchtkrankheiten behandelt (. Tab. 7.1). Die Gliederung erfolgt nicht nach Medikamentengruppen, sondern nach Suchtmitteln. Definitionen Riskanter Konsum Die Kriterien für Missbrauch oder Abhängigkeit werden nicht erfüllt, die Substanz wird jedoch übermäßig konsumiert. Bei einem riskanten Substanzkonsum besteht ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung eines Missbrauchs oder einer Abhängigkeit. Nach Ansicht der WHO und der Deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahren kann von einem riskanten Alkoholkonsum ausgegangen werden, wenn eine Frau täglich >20 g reinen Alkohols, ein Mann täglich >30 g reinen Alkohols konsumiert. Missbrauch/schädlicher Gebrauch Kriterien für Abhängigkeit werden nicht erfüllt. Jedoch besteht Konsum trotz des Wissens um ein ständiges oder wiederholtes soziales, psychisches oder körperliches Problem, das durch den Gebrauch der Substanz verursacht oder verstärkt wird, und/oder um Situationen, in denen ihr Gebrauch eine körperliche Gefährdung darstellt. Abhängigkeit Periodische oder chronische Einnahme einer psychotropen Substanz, durch die der Abhängige und/oder die Gemeinschaft geschädigt werden. Charakteristisch sind übermächtiges Verlangen nach der Substanz mit Kontrollverlust, körperliche Entzugserscheinungen (Entzugssyndrom bei sistierendem Konsum), Toleranzentwicklung (Dosissteigerung oder Wirkungsverlust), Konsum trotz nachweislicher Schädigung.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Unterschieden werden: 5 Körperliche Abhängigkeit: Toleranzentwicklung, Kontrollverlust, substanzspezifisches Entzugssyndrom. 5 Psychische Abhängigkeit: ständiges, zwanghaftes Beschäftigtsein mit dem Drogenkonsum bzw. der Sicherung der Versorgung mit der Droge; hohes Rückfallrisiko nach durchgeführtem Entzug. Polytoxikomanie Wiederholter abhängiger Konsum verschiedener psychotroper Substanzen aus wenigstens 3 Substanzkategorien über einen Zeitraum von 6 Monaten, ohne dass eine einzelne psychotrope Substanz dominiert. Sind die diagnostischen Kriterien für eine oder mehrere Substanzabhängigkeiten erfüllt, so sind aufgrund der spezifischen therapeutischen Implikationen diese (z. B. Alkoholabhängigkeit oder Opiatabhängigkeit) anstelle der Polytoxikomanie zu verwenden. Therapiephasen bei Abhängigkeit und Sucht Vier Therapiephasen werden bei Abhängigkeit und Sucht unterschieden: 1. Motivation: Beratung und Motivation zur Durchführung weitergehender Therapiemaßnahmen, wie z. B. einer Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlung. Primär hausärztliche Tätigkeit im Rahmen mehrerer Kurzinterventionen. 2. Entgiftung: symptomatische und protektive medikamentöse Behandlung des (körperlichen) Entzugssyndroms bis zu dessen Beendigung. Unter qualifizierter Entgiftung versteht man die zusätzliche Anwendung psychotherapeutischer, insbesondere motivationsfördernder Maßnahmen. Die Entgiftungsbehandlung wird im Regelfall unter stationären Bedingungen durchgeführt, für geeignete Patienten (absprachefähig, kein Entzugskrampfanfall oder Delir in der Vorgeschichte, keine relevanten Alkoholfolgeerkrankungen) kommt auch eine ambulante Entgiftungsbehandlung in Frage. 3. Entwöhnung: psycho- und soziotherapeutische sowie rehabilitative Maßnahmen zur Behandlung insbesondere der psychischen Abhängigkeit (z. B. stationäre oder ambulante Kurz- oder Langzeittherapie mit unterschiedlichem Behandlungsansatz, v. a. verhaltenstherapeutische Interventionsstrategien), unterstützend eventuell medikamentöse Rückfallprophylaxe bzw. Substitution (. Tab. 7.1). 4. Nachsorge: ggf. stufenweise soziale und berufliche Wiedereingliederung, Neustrukturierung des sozialen Umfelds, Teilnahme an Selbsthilfegruppen.
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7.1 · Übersicht
. Tab. 7.1 Übersicht über die Pharmakotherapie von Abhängigkeitserkrankungen (nach Wichtigkeit gelistet; s. entsprechendes Präparat oder Kapitel)
z
Suchtmittel
Medikation bei Entgiftung
Medikation bei Entwöhnung
Medikation bei Intoxikation bzw. Antidot
Alkohol
Clomethiazolz, Benzodiazepine, Clonidin, Carbamazepin, Antipsychotika
Acamprosatz, Naltrexon, ggf. Disulfiram
Antipsychotika (z. B. Haloperidol)
Benzodiazepine
Benzodiazepine
–
Flumazenil (Antidot) (7 Kap. 17, mit Einschränkungen 7 Kap. 17.5)
Opiate (z. B.Codein, Heroin, Methadon)
Buprenorphin, Methadon, Levomethadon, Clonidin + symptomatische Therapie
Naltrexonz, alternativ: Substitution mit Methadonz, Levomethadonz, Buprenorphinz
Naloxon (Antidot) (7 Kap. 17.6.1)
Kokain, Amphetamine, »synthetische Drogen« (»Ecstacy«, MDMA, MDA)
Bupropion, Desipramin, Imipramin, ggf. Benzodiazepine, Tiagabin, Topiramat
Buproprion, Desipramin, Imipramin, ggf. Tiagabin, Topiramat (7 Kap. 7.3)
Benzodiazepine, Antipsychotika, ggf. Ca-Antagonist
Psychomimetika (LSD, Meskalin, Psilocybin u. a.)
–
–
Benzodiazepine, atypische Antipsychotika
Cannabis
–
–
Benzodiazepine, Antipsychotika
Nikotin
Nikotinpflasterz, Nikotinkaugummiz, Nikotinsublingualtablettez
Nikotinpflasterz, Nikotinkaugummiz, Nikotinsublingualtablettez, Bupropionz
–
= Zulassungsstatus (7 Leseanleitung).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
7.2
Suchtmittel1
7.2.1
Alkohol (Ethanol)
Substanzcharakteristika Ethanol entfaltet eine Vielzahl von Wirkungen im ZNS. Bekannt sind unter anderem: 5 Interaktion mit rezeptorgekoppelten Ionenkanälen: GABAA-Benzodiazepinrezeptorkomplex, 5-HT3-Rezeptor (stimulatorisch); NMDARezeptorkomplex (inhibitorisch). 5 Interaktion mit G-Protein-gekoppelten Rezeptoren: z. B. Dopamin-, Opioid-, 5-HT1A-Rezeptor(en). 5 Erhöhte Aktivität von CYP 2E1. Alkoholintoxikation 5 Akute Alkoholintoxikation (bei schwerer Ausprägung internistische Notfallsituation): − Enthemmung, Rededrang, Euphorisierung, bei schwerer Intoxikation auch aggressives fremd- oder eigengefährdendes Verhalten, seltener Angst oder depressive Stimmung − Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, Desorientiertheit, Bewusstseinsstörungen − Stand- und Gangunsicherheit: Nystagmus, Ataxie, Dysarthrie, Schwindel. 5 Leichte und mittelschwere Alkoholintoxikationen stellen in der Regel keine Indikation für pharmakotherapeutische Interventionen dar. Zur Behandlung fremd- oder selbstgefährdender Erregungszustände kann Haloperidol in einer Dosierung von 5–10 mg (oral, i.v., i.m.) eingesetzt werden. Der Einsatz von Benzodiazepinen ist wegen synergistischer Effekte am GABAA-Rezeptorkomplex kontraindiziert. Alkoholentzugssyndrom 5 Es wird v. a. eine sympathoadrenerge Hyperaktivität durch Disinhibition des noradrenergen Locus coeruleus postuliert. Wichtig scheint auch der plötzliche Wegfall inhibierender (GABAerger) Einflüsse, wodurch exzitatorische Einflüsse (NMDA) überwiegen.
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Es wird auf die systematische Übersicht der Drogenintoxikationen (außer Alkoholintoxikationen) in 7 Kap. 17.6 hingewiesen.
7.2 · Suchtmittel
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7
5 Symptomatik des unkomplizierten Alkoholentzugssyndroms: Blutdruckerhöhung, Tachykardie, Hyperhidrose, Tremor, Ängste, psychomotorische Unruhe, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö in unterschiedlicher Ausprägung. 5 Komplikation des Alkoholentzugssyndroms: Entwicklung eines Alkoholentzugsdelirs (Delirium tremens, s. unten) oder eines Grand-mal-Entzugskrampfanfalls, in seltenen Fällen eines Status epilepticus. Therapie 5 Clomethiazol (Mittel der ersten Wahl) ist in Deutschland für eine stationäre Entgiftungsbehandlung zugelassen. Clomethiazol vermindert sicher verschiedene Entzugssymptome wie Pulsanstieg, Blutdruckspitzen, Ängstlichkeit, psychomotorische Unruhe und besitzt eine delirverhütende und krampfanfallshemmende Wirkung. Aufgrund seiner kurzen Halbwertzeit ist es gut steuerbar und kann sowohl fest dosiert, als auch symptomorientiert verabreicht werden. Clomethiazol ist nicht für eine ambulante Anwendung geeignet. Dosierung: s. Präparat. 5 Benzodiazepine (7 Kap. 4) sind eine gleichwertige Alternative zu Clomethiazol. Zum Einsatz kommen in erster Linie Benzodiazepine mit einer langen Halbwertszeit wie z. B. Diazepam oder Chlordiazepoxid; die Kumulationsgefahr ist zu beachten. Benzodiazepine können sowohl fest- als auch symptomorientiert gegeben werden. Im Gegensatz zu Clomethiazol können sie auch parenteral verabreicht werden (z. B. Diazepam und Lorazepam). Sie sind aber in Deutschland nicht in dieser Indikation zugelassen; in den USA sind sie Mittel der ersten Wahl. Dosierung: nach Entzugsschwere; orientierend: Diazepam 40–80 mg in den ersten 24 h, über 3‒5 Tage absetzen; in Einzelfällen auch deutlich höhere Dosen. 5 Carbamazepin (7 Kap. 2, Präparat) hatte in einer Reihe von Untersuchungen an ambulanten Patienten eine gegenüber Benzodiazepinen und Clomethiazol gleichwertige Wirkung auf leichte bis mittelschwere Alkoholentzugsymptome. Es ist aber nur zur Anfallsprophylaxe im Alkoholentzug sinnvoll und zugelassen. Ausreichende kontrollierte klinische Untersuchungen an Patienten mit schwersten Alkoholentzugssymptomen sind bisher nicht im notwendigen Umfang durchgeführt worden, sodass die klinische Evidenz bezüglich einer eindeutig delirverhütenden Eigenschaft offen bleibt. Dosierung: 600–800 mg in den ersten beiden Tagen, über 5 Tage absetzen. 5 Tiaprid: Eine Wirksamkeit des selektiven D2-Antagonisten scheint nach den Befunden älterer offener klinischer Studien bei der Behand-
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
lung leichterer vegetativer Entzugssyndrome zu bestehen. Im direkten Vergleich zu Chlordiazepoxid war Tiaprid jedoch signifikant weniger wirksam. Dosierung: 3×100–200 mg/Tag, über 5–6 Tage ausschleichen. Carbamazepin plus Tiaprid: In mehreren kleinen offenen Therapiestudien stellte die Kombinationsbehandlung auch an stationären Patienten eine Clomethiazol oder Diazepam vergleichbar wirksame Entgiftungsbehandlung dar. Dosierung entsprechend Monotherapie (s. oben). Valproinsäure: In mehreren placebokontrollierten Untersuchungen führte die festdosierte Gabe von Valproinsäure zum zuverlässigen Rückgang verschiedener Alkoholentzugssymptome und zur deutlichen Einsparung der Benzodiazepine. Die wenigen vorliegenden Studien sprechen für eine Gleichwertigkeit gegenüber Benzodiazepinen oder Carbamazepin, lassen jedoch keine abschließende Bewertung der Wirksamkeit zu. Der Einsatz von Valproinsäure in Kombination mit einer symptomorientierten Clomethiazol- oder Diazepamgabe sollte insbesondere bei Vorliegen multipler Alkoholentzugsanfälle in der Vorgeschichte des Patienten erfolgen; auf eine ausreichende initiale Dosierung (etwa 20 mg/kgKG; orientierend: 3 x 500 mg retardiertes Divalproat-Natrium) ist zu achten. Doxepin besitzt eine (Alt)-Zulassung zur Behandlung leichter Entzugssyndrome, die Datenlage ist unklar, es handelt sich um eine Therapie zweiter Wahl. Dosierung: 3- bis 6-mal 50 mg/Tag über 3 Tage, dann schrittweise Reduktion. Supplementäre Therapien im Alkoholentzug: − Wernicke-Enzephalopathie-Prophylaxe: täglich 100 mg Vitamin B1 oral. − Chronische Alkoholeinnahme erhöht dosisabhängig den Spiegel der exzitatorischen Aminosäure Homocystein. Die auch im Alkoholentzug noch über Tage vorhandene Hyperhomocysteinämie potenziert möglicherweise die über NMDA-Rezeptoren vermittelte glutamaterge Neurotransmission; die Behandlung besteht in einer Kombinationstherapie von Vitamin B6, Vitamin B12 und Folsäure. − Clonidin als Komedikation bei hypertoner bzw. tachykarder HerzKreislauf-Situation im Alkoholentzug; Clonidin hat aber keine antikonvulsiven oder delirverhütenden Eigenschaften. − Elektrolytsubstitution, insbesondere Kalium und Magnesium. − Stressulkusprophylaxe z. B. mit Ranitidin (Ranitic®) oder Pantoprazol (Pantozol®).
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Neue pharmakologische Ansätze 5 Topiramat und Tiagabin konnten in kleineren offenen Studien eine Benzodiazepinen vergleichbare Wirksamkeit in der Behandlung des Alkoholentzugssyndroms nachweisen. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um substanzspezifische Eigenschaften, die nicht ohne weiteres auf andere Antiepileptika übertragbar sind. Für Gabapentin existieren positive und negative Studienergebnisse. Topiramat ist von einem besonderem Interesse, da es den Ergebnissen einer doppelblinden randomisierten Studie zur Folge auch rückfallprophylaktische Eigenschaften aufweist. Alkoholentzugsdelir (Delirium tremens) Das Alkoholentzugsdelir kann sich als eine akute organische Psychose primär oder aus einem Entzugssyndrom heraus entwickeln. Klinisch ist das Alkoholentzugsdelir am gleichzeitigen Vorliegen eines Alkoholentzugssyndroms und eines deliranten Syndroms u. a. mit einer tiefgreifenden Orientierungsstörung, psychomotorischer Unruhe, Auffassungsstörungen, Wahrnehmungsstörungen, optischen Halluzinationen und einer Umkehr des Tag/Nacht-Rhythmus erkennbar. Unbehandelt endet es in einem Drittel der Fälle letal. Die Behandlung besteht aus einer Alkoholentgiftungsbehandlung nach den oben beschriebenen Richtlinien beim Alkoholentzugssyndrom und einer symptomorientierten Delirbehandlung. Die bisherigen Therapieempfehlungen beruhen nur auf Fallberichten, haben sich aber in der Klinik seit Jahrzehnten bewährt. Therapie 5 Clomethiazol, ggf. in Kombination mit einem Antipsychotikum, ist das Mittel der ersten Wahl beim Delirium tremens. Clomethiazol wird entsprechend der Vorgabe beim Alkoholentzugssyndrom verordnet (s. oben). Dosierung: s. Präparat. Als Antipsychotikum wird in der Regel Haloperidol (5–10 mg/Tag) gewählt; es gibt Hinweise, dass auch Risperidon (Dosis: 0,5–2 mg/Tag) ähnlich effektiv ist. Das Antipsychotikum wird bei Vorliegen entsprechender Zielsymptome (z. B. Halluzinationen, psychomotorischer Erregung) eingesetzt. Die Antipsychotika sollten nach Abklingen der halluzinatorischen Symptome rasch abgesetzt werden. 5 Eine Alternative ist die Kombination von einem Benzodiazepin und einem Antipsychotikum (wie beim Alkoholentzugssyndrom, s. oben).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
> CAVE
Die alleinige Gabe von Haloperidol beim Alkoholentzugsdelir (nicht bei anderen Delirien, 7 Kap. 12) führt nach metanalytischer Auswertung mehrerer kontrollierter Studien im Vergleich zu einer kombinierten Gabe mit Benzodiazepinen oder auch der alleinigen Gabe von Benzodiazepinen zu einer höherer Mortalität, einer größeren Anzahl von schwerwiegenden Nebenwirkungen und einer längeren Delirdauer und ist daher nicht indiziert.
Alkoholfolgekrankheiten Alkoholhalluzinose 5 Symptomatik: akustische Halluzinationen (dialogisierende, beschimpfende Stimmen), Angst, Verfolgungswahn. 5 Therapie: bevorzugt hochpotente Antipsychotika, z. B. Haloperidol (5–10 mg/Tag); alternativ Risperidon (2–6 mg/Tag), häufig spontane Remission, dann ist die antipsychotische Pharmakotherapie zu beenden. Eifersuchtswahn 5 Symptomatik: wahnhafte Überzeugungen, vom Geschlechtspartner betrogen zu werden; fast ausschließlich bei Männern. 5 Therapie: hochpotente Antipsychotika (z. B. Haloperidol 5–10 mg/ Tag), atypische Antipsychotika sind bisher nicht ausreichend untersucht worden. Insgesamt scheint aber der alkoholbedingte Eifersuchtswahn schlechter als der Wahn bei schizophrenen Störungen auf eine antipsychotische Behandlung anzusprechen. Wernicke-Korsakow-Syndrom 5 Symptomatik: Verwirrtheit bis zur Desorientierung, Vigilanzschwankungen, Augenmuskelparesen, Ataxie (Wernicke-Enzephalopathie) bzw. Desorientiertheit, mnestische Störungen und Konfabulationen (Korsakow-Syndrom). 5 Therapie: hoch dosiert Thiamin (Vitamin B1), z. B. 2- bis 4-mal 100 mg/Tag i.m. oder langsam i.v. 5 Anaphylaktische Zwischenfälle können unter parenteraler Thiamingabe sehr selten auftreten. Der Thiaminbedarf ist bei gleichzeitiger Applikation glukosehaltiger Infusionen erhöht.
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Hepatische Enzephalopathie 5 Symptomatik: delirantes Syndrom unterschiedlicher Schwere mit Bewusstseinsstörungen bis hin zu Stupor und Koma; erhöhte Serumammoniakspiegel; psychomotorische Unruhe (jedoch auch stuporöse Zustandsbilder); zusätzlich »flapping tremor« der ausgestreckten Hände; bei schwerer Ausprägung Intensivüberwachung notwendig. 5 Therapie: − Leichtgradige bis mittelschwere hepatische Enzephalopathie: 1. Ausschluss einer gastrointestinalen Blutung oder Infektion, 2. Reduktion der Eiweißzufuhr auf 1–1,5 g/kgKG/Tag, 3. Beschleunigung der Darmentleerung durch 10–30 ml Lactulose 1- bis 4-mal/Tag, es sollten 2 weiche Stühle pro Tag angestrebt werden, 4. L-Ornithin-L-Aspartat (LOLA, HEPA Merz®) 3-mal 3–6 g/Tag p. o., 5. Bei Proteinintoleranz Proteinrestriktion auf 0,5–1 g/kgKG/Tag, zusätzlich verzweigtkettige Aminosäuren 0,25 g/kgKG/Tag p. o. − Höhergradige hepatische Enzephalopathie (Grad III—IV): Zusätzlich 1. Erhöhung der Lactulose-Dosis, 2. Strenge Einweißrestriktion auf 30 g/Tag, 3. Parenterale Ernährung, 4. LOLA i.v., 5. Darmsterilisation mit Neomycin, 6. Azidoseausgleich, 7. Flumazenil 1 mg als Therapieversuch bei klinisch relevanten Bewusstseinsstörungen, ggf. wiederholen, maximal 0,05 mg/ kgKG. Wegen sehr kurzer Halbwertszeit und Gefahr von Komplikationen (v. a. Krampfanfälle) hat diese Maßnahme eher diagnostischen Wert. − Keine Benzodiazepine. Therapieprinzipien in der Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit 5 Voraussetzung für die Vermeidung von Alkoholrückfällen ist die Berücksichtigung neurobiologischer und psychosozialer Faktoren. Die Behandlung alkoholabhängiger Patienten sollte im Rahmen eines individuellen Gesamtbehandlungsplanes erfolgen. Dieser schließt pharmakologische, psychotherapeutische und sozialpsychiatrische Methoden ein. Gemeinsam mit dem Patienten wird ein konkret formuliertes Behandlungsziel erarbeitet.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Hauptziel in der Behandlung alkoholabhängiger Patienten ist das Erreichen der Abstinenz, das aber bei Bestehens eines hohen Schweregrades zugunsten eher erreichbarer Ziele, z. B. Verhinderung von Folgeschäden (»harm reduction«), aufgeweicht werden kann. Schon die Verlängerung der Abstinenzphasen kann dann zunächst ein Therapieziel sein. Hilfreich ist eine Orientierung am Stufenmodell der Veränderung, nach welcher der Betroffene einen Kreislauf von Vorahnungsphase (Motivationsarbeit), Entscheidungsphase (Planung der Behandlung/Entgiftung), Handlungsphase (Entgiftung), Abstinenzerhaltungsphase (Rückfallprophylaxe) und möglicherweise Abstinenzbeendigungsphase (Rückfall und erneute Motivationsarbeit) durchläuft. 5 Motivationale Therapie, kognitiv-behaviorale Therapie, Vorgehen nach dem 12-Schritte Modell der anonymen Alkoholiker stellen erfolgreiche psychotherapeutische Interventionen in der Behandlung alkoholabhängiger Patienten dar. Die Kombination dieser Techniken wird unter dem Begriff der Alkoholismus-spezifischen Psychotherapie (ASP) zusammengefasst. Insbesondere die motivationale Therapie ist für die Anwendung im klinisch-psychiatrischen wie auch hausärztlichen Alltag geeignet; für alle Techniken stehen praxisnahe Manuale zur Verfügung. 5 Craving (unstillbares zwanghaftes Verlangen nach Alkohol) wird als Zeichen der psychischen Abhängigkeit mit erhöhter Auftrittswahrscheinlichkeit von Rückfällen angesehen. 5 Bei der Alkoholabhängigkeit besteht eine erhöhte Komorbidität mit anderen psychiatrischen Erkrankungen, besonders der Depression und Angststörungen. Mehr als 30% aller alkoholabhängigen Patienten leiden an einer behandlungsbedürftigen Depression; mehr als 10% aller alkoholabhängigen Patienten suizidieren sich. Eine Antidepressivatherapie bei komorbiden Depressions- oder Angststörungen senkt die Rückfallhäufigkeit. Ein großer Anteil von Alkoholabhängigen ist nikotinabhängig; auch diese Behandlung unterstützt die Alkoholabstinenzerhaltung. 5 Die Entgiftung ist i. Allg. stationär als qualifizierter Entzug mit psychoedukativen Maßnahmen und Motivationsförderung vorzunehmen. 5 Die Entwöhnungstherapie findet in anderen Ländern überwiegend ambulant, in Deutschland noch überwiegend stationär über 2– 3 Monate statt. Weniger als 3% der Alkoholabhängigen unterzog sich im Jahr 2002 einer stationären Langzeitentwöhnung, weniger als 1% beendete ein vom Rentenversicherungsträger finanziertes strukturiertes ambulantes Entwöhnungsangebot. Die Entwöhnung ist wie auch
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die Entgiftung Bestandteil im Stufenmodell der Alkoholabhängigkeit, während sich die Rückfallprophylaxe im weiteren über die Phase der Aufrechterhaltung der Abstinenz erstreckt. 5 Die aktive Teilnahme an Selbsthilfegruppen (z. B. Anonyme Alkoholiker mit einem strukturierten 12-Stufen-Programm) ist für viele Patienten in der Nachsorgephase zur Abstinenzerhaltung hilfreich. Eine aus einem 12-Stufen-Programm abgeleitete Gruppentherapie wurde in einer großen amerikanischen Studie zu psychotherapeutischen Behandlungsverfahren bei Alkoholabhängigkeit (»Projekt Match«) in seiner Wirksamkeit bestätigt. 5 In den letzten 10 Jahren hat die medikamentöse Rückfallprophylaxe zunehmend ihre Wirksamkeit erwiesen, besonders von Acamprosat und Naltrexon. Wichtig ist die pharmakologische Rückfallprophylaxe mit den anderen suchttherapeutischen Hilfen zu verbinden. Pharmakologische Ansätze zur Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit ohne psychiatrische komorbide Störungen 5 Acamprosat als NMDA-Rezeptormodulator war in einer Reihe von Doppelblindstudien einer Placebobehandlung überlegen und ist in der Rezidivprophylaxe der Alkoholabhängigkeit zugelassen. Es ist das Mittel der ersten Wahl. Acamprosat in Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie (mit geübten Therapeuten) zeigte eine bessere Wirksamkeit als die Medikation allein. 5 Naltrexon ist als μ-Opiatrezeptor-Antagonist in den USA zur Rückfallprophylaxe zugelassen, in Deutschland/Europa noch nicht. Naltrexon wird in mehreren Metaanalysen positiv bewertet. 5 Disulfiram kann in speziellen Indikationen in der Rückfallprophylaxe hilfreich sein und ist hierfür zugelassen; wegen der potenziell lebensbedrohlichen Komplikationen bei Trinkzwischenfällen stellt es jedoch keine Standardtherapie dar. 5 Für Tiaprid (z. B. Tiapridex®)gibt es Hinweise, dass die Gabe von 3-mal 100 mg im Anschluss an die Entgiftung günstige Effekte auf die Entwöhnungsbehandlung hatte. 5 Der 5-HT3-Rezeptorantagonist Ondansetron (z. B. Zofran; 2×4 mg/ Tag) als Zusatztherapie bei kognitiver Verhaltenstherapie war in einer großen Doppelblindstudie bei Alkoholabhängigen mit frühem Beginn einer Placebobehandlung überlegen. 5 Das Antiepileptikum Topiramat zeigte in einer Doppelblindstudie bei Alkoholabhängigen eine gegenüber Placebo überlegene Wirkung.
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5 Kombinationsbehandlungen mit Substanzen unterschiedlichen pharmakologischen Profils könnten eine Strategie zur Verbesserung des klinischen Effekts darstellen. Positive Berichte gibt es für die Kombination von Acamprosat und Naltrexon, sowie für Acamprosat und Disulfiram und Naltrexon und Ondansetron. 5 Die alleinige Behandlung mit SSRI bei Alkoholabhängigen kann nach zahlreichen doppelblinden, placebokontrollierten Studien nicht empfohlen werden, die möglicherweise wirksameren trizyklischen Antidepressiva stellen jedoch aufgrund der größeren Komplikation im Falle einer Mischintoxikation auch keine geeignete Alternative dar. Dual wirksame moderne Antidepressiva (z.B. Duloxetin, Mirtazapin oder Venlafaxin) stellen möglicherweise eine geeignete Alternative dar, sind jedoch nicht in dieser Indikation untersucht. Zur pharmakotherapeutischen Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit – Bewertung 5 Acamprosat und Naltrexon besitzen eine abstinenzerhaltende Wirkung. Die Wirkung der Kombination ist möglicherweise additiv. Die Verträglichkeit beider Substanzen ist gut. 5 Naltrexon führt darüber hinaus bei schwerer erkrankten, nicht eindeutig abstinenzmotivierten Patienten zur Trinkmengenreduktion, zu einem Rückgang der Anzahl der Trinktage sowie zu einem Rückgang der Anzahl der schweren Trinktage (>5 alkoholische Getränke/Tag). 5 Acamprosat oder auch Naltrexon sollten unbedingt für mindestens 12 Monate nach Abschluss einer Alkoholentgiftungsbehandlung eingenommen werden. 5 Trotz der nachgewiesenen Wirksamkeit werden Acamprosat und Naltrexon sowohl von Hausärzten als auch von Fachkliniken zur Behandlung alkoholabhängiger Patienten häufig nicht weiter verordnet. Die Gründe hierfür sind vielschichtig, die Weiterbehandler (Hausarzt/Facharzt/Fachklinik) sollten deshalb aktiv in die Therapieplanung mit einbezogen werden, um einen Therapieabbruch zu vermeiden. 7.2.2
Benzodiazepine
Zur Intoxikation mit Benzodiazepinen 7 Kap. 17.5, zum Auftreten von Entzugssymptomen 7 Kap. 4.
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7.2.3
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Opiate/Opioide
Substanzcharakteristika 5 Zur Substanzgruppe der Opiate gehören Morphin und seine synthetischen und halbsynthetischen Derivate. Wichtigster Vertreter ist das Heroin (Diacetylmorphin). 5 Opiate binden an spezifische Rezeptoren; bislang sind 4 unterschiedliche Rezeptortypen bekannt. Endogene Liganden sind z. B. Endorphine, Enkephaline und Dynorphine. 5 Den Opiaten gemeinsam sind euphorisierende, tranquilisierende und analgetische Wirkungen sowie eine Dämpfung des Atem- und Hustenzentrums, Obstipation, und ausgeprägte periphere parasympathomimetische Eigenschaften wie z. B. Miosis. 5 Durch Opiate kommt es zu einer starken physischen und psychischen Abhängigkeit. 5 Die Toleranzentwicklung bezüglich der verschiedenen Opiatwirkungen vollzieht sich unterschiedlich rasch, es besteht eine Kreuztoleranz gegen Substanzen mit Hauptwirkort am gleichen Rezeptor. Intoxikation (7 Kap. 17) Opiatentzugssyndrom und Entgiftungsbehandlung 5 Symptomatik: Das Opiatentzugssyndrom ist durch ein Spektrum verschiedener Beschwerden charakterisiert. (. Tab. 7.2) . Es tritt ca. 8 h nach der letzten Einnahme von Heroin und mengenabhängig zwischen 24‒36 h nach der letzten Einnahme von Methadon auf, erreicht nach 48 h das Maximum und klingt nach maximal 5–7 Tagen ab. In der
. Tab. 7.2 Symptome des Opiatentzugs. (Mod. nach Gossop 1990, dt. Version nach Heppekausen et al. 2003) Verlangen nach einem Opiat
Diarrhö
Rhinorrhö oder Niesen
Pupillenerweiterung
Tränenfluss
Piloerrektion oder wiederholte Schauer
Muskelschmerzen oder -krämpfe
Tachykardie oder Hypertonie
Abdominelle Spasmen
Gähnen
Übelkeit oder Erbrechen
Unruhiger Schlaf
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Regel kommt es zwar subjektiv zu massiven Beeinträchtigungen durch Entzugssymptome, aber objektiv meist nicht zu vital bedrohlichen Symptomen (im Gegensatz zum Delirium tremens). 5 Therapie: Bei Entgiftungsbehandlung kommen opiat-/opioidgestützte und nichtopiat-/nichtopioidgestützte Therapieverfahren zum Einsatz. Die Auswahl des Therapieverfahrens sollte im Hinblick auf den Gesamttherapieplan des Patienten (z. B. opiatfreie Langzeitentwöhnung, Substitution, Krisenintervention etc.) und den subjektiven Präferenzen des Patienten erfolgen. Für die erfolgreiche Durchführung eines Opiatentzugs sollte ein entsprechend geschultes Behandlungsteam vorhanden sein; verbindliche Verhaltensregeln, z. B. in Form einer schriftlichen Therapievereinbarung, sollten festgelegt werden, um häufigen Behandlungsproblemen (Beikonsum, Drogenhandel etc.) zu begegnen. 5 Die opiatgestützte Entgiftungsbehandlung wird mit langwirksamen Opiatagonisten Methadon, oder Levomethadon oder dem langwirksamen partiellen Opiatagonisten Buprenorphin durchgeführt. Die Behandlung gliedert sich in zwei Abschnitte. Im ersten Teil der Behandlung wird anhand der vorhandenen Opiatentzugssymptome die Dosis des Agonisten so lange erhöht, bis die vorhandenen Opiatentzugssymptome vollständig aufgehoben sind. Im zweiten Teil der Behandlung wird dann die Opiatdosis über einen Zeitraum von 2 bis 4 Wochen schrittweise reduziert. Die Behandlung kann prinzipiell auch ambulant erfolgen, hierfür werden jedoch teilweise deutlich längere Behandlungszeiten erforderlich (7 Kap. 7.4). Bei mehrfach abhängigen Patienten sollte vor einer Opiatentgiftungsbehandlung zunächst die Alkohol- und Benzodiazepinentgiftung erfolgen. Die vorbestehende Opiatdosis muss bei begleitender Gabe von Benzodiazepinen (z. B. im Rahmen einer Alkoholentgiftungsbehandlung) ggf. reduziert werden, auf klinische Zeichen einer Opiatintoxikation/eines Opiatentzugs ist jedoch sorgfältig zu achten. Der wesentliche Vorteil der opiatgestützten Entgiftungsbehandlung ist der deutlich geringere Anteil vorzeitiger Therapieabbrüche im Vergleich zur nichtopiatgestützten Opiatentgiftungsbehandlung, sie sollte daher die Regelbehandung darstellen. Sie kann mit der nichtopiatgestützten Entgiftungsbehandlung kombiniert werden. 5 Die nichtopiatgestützte Entgiftung wird im Regelfall mit Clonidin (7 Kap. 7.4) durchgeführt. Auf eine ausreichende Dosierung ist zu achten. Clonidin hemmt v. a. Symptome der zentralen noradrenergen Hyperaktivität wie z. B. Tachykardie, Hypertonie, Rhinorrhö, Niesen,
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Pupillenerweiterung, Piloerektion und innere Unruhe. Verschiedene andere Kernsymptome des Opiatentzugs, wie ausgeprägtes Opiatverlangen, dysphorische Stimmung, Schlafstörungen, abdominelle und muskuläre Schmerzen werden jedoch nicht durch Clonidin gebessert. Diese Symptome sollten durch eine symptomatische Therapie, z. B. Ondansetron oder Metoclopramid (bei Übelkeit und abdominellen Krämpfen), nicht-steroidale Analgetika (bei Muskelschmerzen), Magnesium/Aluminium-Hydroxid, Simeticon und/oder Pantoprazol (bei Dyspepsie), Doxepin (bei Schlafstörungen), in Ausnahmefällen auch Benzodiazepinen (bei ausgeprägter innerer Unruhe) behandelt werden. Die nichtopiatgestützte Entgiftungsbehandlung besitzt gegenüber den opiatgestützten Verfahren den Vorteil einer kürzeren Behandlungsdauer (genaues Vorgehen 7 Kap. 7.4), sie sollte jedoch aufgrund der hohen Therapieabbruchrate – selbst unter Studienbedingungen – die Ausnahmebehandlung gegenüber der opiatgestützten Entgiftungsbehandlung darstellen. > CAVE
Die narkosebegleitete Kurzzeitentgiftung (»Turbo-Entzug«) mit opiatantagonistischen Substanzen (Naloxon, Naltrexon) unter begleitender Vollnarkose für 36 h sollte aufgrund mangelnder Vorteile des Verfahrens, der hohen Risiken sowie der hohen Kosten unterbleiben.
Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeit 5 Die Aufrechterhaltung der Therapieteilnahme der Patienten, die Verbesserung des Gesundheitszustandes und eine Verhinderung weiterer Folgeschäden stellen die wichtigsten unmittelbaren Ziele in der Behandlung opiatabhängiger Patienten dar. Diese Therapieziele lassen sich insbesondere für die Mehrzahl der schwerer betroffenen, noch nicht ausreichend stabilisierten Patienten am ehesten mit einer Substitutionsbehandlung erreichen. 5 Zur Substitutionsbehandlung werden die langwirksamen Opiatagonisten Methadon, Levomethadon oder der kombinierte Opiatrezeptoragonist/-antagonist Buprenorphin zusammen mit psychosozialen Begleittherapien eingesetzt. Zahlreiche kontrollierte Studien in unterschiedlichen Ländern belegen eindeutig die Wirksamkeit des Verfahrens. Eine Opiatsubstitution verbessert die Therapietreue der Patienten und vermindert den Beikonsum von Heroin und anderen Drogen. Weitere Vorteile sind die Ermöglichung einer sozialen Reintegration, die Distanzierung von der Szene sowie eine Eindämmung der Beschaffungs-
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kriminalität und ein Wegfall des Infektionsrisikos. Einzelne Studien sprechen für eine Überlegenheit einer qualifizierten Opiatsubstitution gegenüber rein abstinenzorientierten Therapieverfahren. Die Vergabe muss aber im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzepts stehen. In einer großen deutschen Untersuchung wird derzeit die Sicherheit und Effektivität einer ärztlich kontrollierten Heroinvergabe untersucht, die Veröffentlichung der Studienergebnisse liegt noch nicht vor, erste vorab über das BMG veröffentlichte Analysen sprechen für die Wirksamkeit und Sicherheit des Verfahrens. Die Substitutionsbehandlung sollte in der Regel durch eine entsprechend qualifizierte Einrichtung (Schwerpunktpraxis, Gesundheitsamt, Ambulanz) erfolgen, in welcher das Substitutionsmittel unter Aufsicht eingenommen wird. Die individuell verordnete Dosis des Substitutionsmittels muss nach dem Opiatverlangen des Patienten und der Verträglichkeit festgelegt werden. Unangemeldete Kontrollen des Beikonsums sollten durchgeführt werden. Bei Erfolg der Substitutionsbehandlung kann die Einleitung einer »Take-home-Vergabe« bedacht werden. Sie ist an die Einhaltung folgender Kriterien geknüpft: − Mindestens 6-monatige stabile Teilnahme an dem Substitutionsprogramm, − Kein Beigebrauch anderer abhängigkeitserzeugender Substanzen, − Abgabe in nicht injizierbarer Form, − Einzeldosen und kindersichere Verpackung, − bei Flüssigkeiten sog. Single-Dose-Konfektionierung. Seit 2002 kann die Substitutionstherapie bei mehr als 3 Patienten nur von solchen Ärzten durchgeführt werden, die über die Anerkennung der Fachkunde »Suchtmedizinische Grundversorgung« oder einen gleichwertigen Qualifikationsnachweis verfügen. Von der Bundesärztekammer sind Hinweise zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger abrufbar unter: http://www.bundesaerztekammer.de/30/Richtlinien/Richtidx/Subst/. Probleme treten häufig bei der Weitervermittlung substituierter Patienten in eine stationäre Entwöhnungstherapie auf, welche in Deutschland in der Regel das komplette Ausschleichen seiner Substitutionsbehandlung voraussetzt. Aufgrund der hohen Abbruchquoten während einer Opiatentgiftungsbehandlung sollte daher die Entscheidung zur Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung insbesondere bei schwerkranken und erfolgreich substituierten Patienten sorgfältig geprüft werden.
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Entwöhnungsbehandlung und Rückfallprophylaxe der Opiatabhängigkeit 5 Das Abstinenzziel (»Entwöhnung«) ist für eine Mehrzahl der Patienten aufgrund der Schwere oder Dauer der Störung sowie erheblicher psychosozialer und medizinischer Komplikationen erst längerfristig erreichbar. 5 Die Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung sollte für ausreichend motivierte, psychisch stabile opiatabhängige Patienten erwogen werden. Sie wird in der Regel unter stationären Bedingungen in einer entsprechenden Fachklinik über einen Zeitraum von 8–52 Wochen, teilweise mit einer sich anschließenden Adaption durchgeführt. Ziel einer Entwöhnungsbehandlung ist die dauerhafte Opiatabstinenz, also auch der Verzicht auf eine Substitutionsbehandlung. Während der Behandlung wird häufig ein Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft mit definierten sozialen Grundregeln (Ersatzfamilie, Nachreifung) mit verschiedenen psychoedukativen, verhaltenstherapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen angestrebt (z. B. Arbeitstherapie, berufliche und soziale Reintegration). Die Einleitung einer Entwöhnungsbehandlung erfolgt in der Regel über eine Drogenberatungsstelle und setzt den erfolgreichen Abschluss einer Opiatentgiftungsbehandlung (s. oben) voraus. 5 Zur Aufrechterhaltung der Opiatabstinenz kann der in dieser Behandlungsindikation zugelassene Opiatantagonist Naltrexon eingesetzt werden. Eine Zulassung von Naltrexon-Depot ist aufgrund positiver Daten in den USA beantragt. 5 Problematisch sind die hohen Abbruch- und Rückfallquoten während der Behandlung, alternative Behandlungsmöglichkeiten, z. B. die Einleitung oder Wiederaufnahme einer Substitutionsbehandlung sind insbesondere bei ausgesprochen instabilen Patienten zu prüfen. 7.2.4
Kokain, Amphetamine und andere Substanzen aus der Gruppe der Psychostimulanzien
Substanzcharakteristika 5 Diese Psychostimulanzien hemmen die neuronale Wiederaufnahme von Dopamin, Noradrenalin und Serotonin; Amphetamine führen zusätzlich zur Freisetzung neu synthetisierter Transmitter aus den synaptischen Vesikeln.
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5 Als Konsequenz tritt eine vermehrte Neurotransmission in mesolimbischen und mesokortikalen Projektionen des dopaminergen Systems (sog. Reward-System) auf. 5 Initial kommt es zu einer Stimulation mit euphorischen Zuständen, Aktivitätssteigerung, erhöhter Aufmerksamkeit, vermindertem Schlafbedürfnis und subjektiv erhöhter Leistungsfähigkeit. 5 Die rasch auftretende Toleranzentwicklung ist wahrscheinlich durch eine Empfindlichkeitsverminderung von Dopaminrezeptoren (»down regulation«) mitbedingt. Sie hängt auch von der Applikationsart (oral, nasal, geraucht) sowie dem Konsummuster ab. 5 Bei längerer Einnahme von Psychostimulanzien oder Kokain kommt es neben den Veränderungen im dopaminergen System zu Veränderungen der glutamatergen Exzitabilität v. a. in präfrontalen Hirnarealen, welche mit einer gesteigerten Aktivitierung dopaminerger Neurone im Nucleus accumbens einhergehen. 5 Therapie der Abhängigkeit: Insbesondere bei Kokainabhängigkeit kann das Entzugssyndrom über mehrere Wochen anhalten (s. unten), sodass in bisherigen Pharmakotherapiestudien keine Unterscheidung zwischen den Indikationen Entzugsbehandlung und Rückfallprophylaxe getroffen wurde. Der Effekt der bisher untersuchten Pharmakotherapien wurde anhand der Aufrechterhaltung des therapeutischen Kontakts, der Vermeidung des Drogenkonsums, der Anzahl negativer Drogentests und der Verminderung von Folgeschäden gemessen. Bislang existiert kein ausreichend untersuchter pharmakologischer Therapieansatz zur Behandlung einer Abhängigkeit von Kokain oder Psychostimulanzien. Kontrollierte klinische Studien sprechen für positive Effekte von Bupropion, Desipramin, Disulfiram, Modafinil, Tiagabin und Topiramat bei kokainabhängigen Patienten. Amphetaminabhängige Patienten profitieren möglicherweise von einer Therapie mit agonistischen Substanzen, wie z. B. retardiertem DL-Amphetamin. Von dem Einsatz von SSRI muss aufgrund negativer Studienergebnisse derzeit abgeraten werden. Intoxikation (7 Kap. 17) Kokainentzugssyndrom 5 Symptomatik: Zeichen der verminderten katecholaminergen Transmission: depressive Verstimmung, Erschöpfung; Rebound-Hypersomnie, Hyperphagie; Angst- und Erregungszustände (v. a. initial möglich). Die Symptome halten insbesondere bei Kokainabhängigkeit nicht sel-
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ten im Sinne eines protrahierten Entzugssyndroms mehrere Wochen (selten Monate) an. 5 Therapie des Entzugssyndroms: Therapeutische Effekte von Desipramin, Imipramin und Reboxetin wurden bei kokainabhängigen Patienten beschrieben, sind aber noch nicht gesichert, um eine Therapieempfehlung auszusprechen. Desipramin und Imipramin besitzen eine antidepressive Wirkung bei im Vordergrund stehenden affektiven Symptomen des Kokainentzugs. Der Einsatz der GABA-agonistischen Antiepileptika Tiagabin und Topiramat stellt möglicherweise eine weitere Behandlungsmöglichkeit des Kokainentzugs dar. 5 Bei Angst- und Erregungszuständen im Rahmen eines Entzugs können Benzodiazepine eingesetzt werden. 7.2.5
Ecstasy (MDMA, 3,4-Methylendioxymetamphetamin) und Eve (MDA, 3,4-Methylendioxyamphetamin)
Substanzcharakteristika Ecstasy und Eve sind synthetische (sog. Designer-) Drogen. Gelegentlich wird der Begriff »Entactogene« verwandt. MDMA wird im Körper u. a. zu MDA umgewandelt. 5 Es wird keine physische, aber möglicherweise eine psychische Abhängigkeit induziert. 5 Die Wirkung entsteht durch Förderung der Freisetzung von 5-HT aus präsynaptischen Vesikeln bei gleichzeitiger 5-HT-Rückaufnahmehemmung, Ausschüttung von Dopamin sowie einer reversiblen Hemmung der Monoaminooxidase Typ A. 5 Bei chronischer Anwendung zeigen sich neurotoxische Effekte mit degenerativen Veränderungen serotonerger Neuronen u. a. im Neokortex und im Hippocampus. 5 Psychotrope Akuteffekte sind zentrale Stimulation und Euphorie. Typisch sind erhöhte Kontaktbereitschaft und Empathiegefühle, verminderte Ich-Abgrenzung sowie erhöhte Emotionalität. Im Gegensatz zu Halluzinogenen sind halluzinatorische Effekte seltener, Wahrnehmungsverschärfungen häufiger. 5 Subakut treten Schlaf- und Appetitminderung, Konzentrationsstörungen, Gereiztheit sowie Erschöpfungszustände auf. 5 Im Verlauf ist das Auftreten von Depressionen, paranoiden Syndromen, Depersonalisationssyndromen und besonders Panikstörungen beschrieben.
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5 Therapie: Bei akut auftretenden Angst- und Erregungszuständen sollten Benzodiazepine verordnet werden. Eine spezifische Pharmakotherapie der Abhängigkeit ist bislang nicht bekannt. 5 SSRI können protrahierte psychotrope Effekte von MDMA wie z. B. Angststörungen und depressive Syndrome bei abstinenten Patienten mildern. Auf die Gefahr eines Serotoninsyndroms bei gleichzeitigem schädlichem Gebrauch beider Substanzen ist hinzuweisen.
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Intoxikation (7 Kap. 17)
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7.2.6
Psychotomimetika (LSD, Meskalin, Psilocybin und ähnliche Substanzen)
Substanzcharakteristika Die Substanzen dieser Gruppe charakterisiert eine vorwiegend zentralserotonerge Wirksamkeit (u. a. dorsaler Raphekern) durch einen partiellen Agonismus an 5-HT-Rezeptoren (insbesondere 5-HT2- und 5-HT1A-Rezeptoren). 5 Bereits in sehr geringen Dosen (z. B. im Fall der hochaktiven Droge Lysergsäurediethylamid: 75 µg) kommt es zur Manifestation psychotischer Phänomene: Störungen von Stimmung, Denken, Wahrnehmung, Ich-Erleben, Zeit- und Raumerleben, rauschartige Bewusstseinsveränderungen sowie insbesondere optische und akustische Illusionen bzw. Halluzinationen, wobei für die Ausgestaltung des Rauschzustandes neben Art, Dosis und Applikation die Umgebungsfaktoren (»setting«) bedeutsam sind. 5 Es resultiert eine schnelle Toleranzentwicklung (bei Kreuztoleranz gegen verwandte serotonerge Substanzen) mit rascher Rückbildung bei Absetzen; physische und psychische Abhängigkeit sind selten. 5 Gefährlich sind Horrortrips mit suizidalen bzw. fremdaggressiven Impulsen sowie Flashback-Psychosen (noch nach Monaten). 5 Therapie: Eine spezifische Pharmakotherapie der Abhängigkeit ist bislang nicht bekannt. Für die Behandlung von Flashback-Psychosen bestehen ebenfalls keine einheitlichen Leitlinien; positive Berichte existieren u. a. für Benzodiazepine, Clonidin und Naltrexon. Antipsychotika der ersten Generation (z. B. Haloperidol) verschlechtern nach den Ergebnisse einer älteren Untersuchung die Symptomatik, atypische Antipsychotika sind nicht untersucht.
7.2 · Suchtmittel
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7
Intoxikation (7 Kap. 17) 7.2.7
Cannabis (THC, Δ-9-Tetrahydrocannabinol)
Substanzcharakteristika Cannabis ist der wichtigste psychoaktive Bestandteil von Haschisch und Marihuana (Gewinnung aus indischem Hanf; Haschisch: Harz der Pflanze, Marihuana: getrocknete Blätter und Blüten). 5 Als psychotroper Akuteffekt zeigt sich dosisabhängig eine anregende bzw. dämpfende Wirkung mit Zunahme der Dämpfung bei höheren Dosen. Verzerrung von Sinneseindrücken, Euphorie, Entspannung und verändertes Zeitgefühl sind typisch, gefolgt von Sedierung. In höheren Dosen treten auch Halluzinationen auf. Horrortrips bzw. Flashback-Psychosen sind beschrieben. 5 Die Substanz besitzt ein Abhängigkeitspotenzial; es tritt eine Toleranzentwicklung ein. 5 Bis zu 25% der regelmäßigen Cannabisnutzer berichten unangenehme psychische Nebenwirkungen. Langzeitmissbrauch kann zu schweren Persönlichkeitsveränderungen (amotivationales Syndrom mit Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Apathie, Desorganisiertheit) führen, die bei Abstinenz über mehrere Wochen reversibel sein können. 5 Therapie: Eine spezifische Pharmakotherapie ist bislang nicht bekannt. Die Einmalgabe des CB1-Rezeptorantagonisten Rimonabant (Accomplia®) konnte in einer ersten offenen Studie akute euphorisierend empfundene Cannabis Effekte aufheben; zur rückfallprophylaktischen Wirksamkeit dieser Substanz in der Behandlung der Cannabisabhängigkeit liegen noch keine Daten vor. Intoxikation (7 Kap. 17) 7.2.8
Nikotin
Substanzcharakteristika Nikotin besitzt eine dosisabhängige Wirkung auf nikotinische Azetylcholinrezeptoren (in niedrigen Dosen als Agonist, in höheren Dosen als Antagonist). Die Wirkungen entfalten sich sowohl über den Sympathikus als auch den Parasympathikus. 5 Charakteristische biphasische Wirkung mit initialer Stimulation sowie Dämpfung in höheren Dosen.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Psychische und physische Abhängigkeit mit Toleranzentwicklung tritt auf. Intoxikation 5 Symptomatik: Tachykardie, Blutdrucksteigerung, periphere Vasokonstriktion (in sehr hohen Dosen auch Bradykardie und Hypotonie), weiterhin Übelkeit und Erbrechen (v. a. zu Beginn). 5 Sehr hohe Dosen können zu Atemdepression führen, während niedrige Dosen zunächst eine Steigerung des Atemantriebs bewirken. Entzugssyndrom 5 Symptomatik (in der Ausprägung sehr unterschiedlich): Reizbarkeit, Nervosität, Ruhelosigkeit, Konzentrationsstörungen, Benommenheit, Müdigkeit, Schwächegefühl, Dysphorie, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Angstzustände, Kopfschmerzen, Obstipation, Übelkeit und Erbrechen, Appetitsteigerung und Gewichtszunahme (u. U. für mehrere Wochen). 5 Therapie: Nikotinersatzstoffe (Nikotinpflaster, Nikotinkaugummi, Nikotinnasenspray), schrittweises Ausschleichen. Entwöhnung 5 Therapie: Neben verhaltenstherapeutischen Maßnahmen (als Selbsthilfeintervention in Einzel- oder Gruppentherapie) gibt es bei der Raucherentwöhnung eindeutige Wirksamkeitsnachweise für die verschiedenen Nikotinersatzstoffe und Bupropion, eingeschränkt auch für Nortriptylin. Die Kombinationsbehandlung von Nikotinpflastern und Bupropion wies in einer großen placebokontrollierten Studie einen additiven Effekt auf. Neue pharmakologische Ansätze 5 Mit dem Cannabinoid-1-(CB1-)Rezeptorantagonisten Rimonabant steht möglicherweise in Zukunft eine zusätzliche Therapieoption zur Verfügung, für die Substanz liegt eine positive placebokontrollierte Studie vor. 5 Der partielle Agonist am nikotinergen AcetylcholinrezeptorVareniclin, welcher über eine besondere Affinität zum α4β2 Subtyp besitzt, wird derzeit auf seine Wirksamkeit in der Raucherentwöhnung untersucht. 5 Eine Immunisierung gegen Nikotin stellt möglicherweise eine viel versprechende Zukunftsstrategie in der Behandlung der Nikotinabhängigkeit dar.
7.3 · Weitere Medikamente
7.3
473
7
Weitere Medikamente in der Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
In Ergänzung zu den Präparaten, für die in speziellen Indikationen empirische Belege für eine Wirksamkeit vorliegen (. Tab. 7.1) und die in 7 Kap. 7.4 einzeln abgehandelt werden, gibt es zu den folgenden Substanzgruppen Hinweise für einen klinischen Nutzen bei der Behandlung von Entzugssyndromen und Abhängigkeit. Die Therapieempfehlungen zu Antidepressiva und Antipsychotika basieren zumeist auf langjährigen Erfahrungen und nicht auf kontrollierten Therapieevaluationsstudien. Antidepressiva 5 Indikation für Antidepressiva bei Entzugssyndromen nach Absetzen von Stimulanzien wie Kokain und Amphetaminen mit Auftreten depressiver Verstimmung: Desipramin (100–200 mg/Tag), Imipramin (150–250 mg/Tag). 5 Doxepin findet eine weit verbreitete Anwendung bei leichten Alkoholund Opiatentzugssymptomen und soll auch bei Benzodiazepinentzügen hilfreich sein, die Wirkung ist nicht sicher belegt. 5 Antidepressiva können zur Abstinenzerhaltung bei Alkoholabhängigen mit akut behandlungsbedürftiger affektiver (depressiver) Störung oder Angststörungen eingesetzt werden. Die Datenlage für den Nutzen von SSRI bei monosymptomatischer Alkoholabhängigkeit ist allerdings negativ. Antipsychotika Es bestehen Indikationen für: 5 Erregungszustände im Rahmen einer Alkoholintoxikation und im pathologischen Rausch: z. B. Haloperidol 5–10 mg; 5 Alkoholhalluzinose, Alkohol induzierte psychotische Störung, alkoholischen Eifersuchtswahn z. B. mit Haloperidol und Risperidon. Die Therapie unter Alkoholkarenz erfolgt nach den Prinzipien der Psychosenbehandlung; 5 Drogen induzierte Psychose durch Cannabinoide, Stimulanzien oder Halluzinogene;. 5 komplizierte Alkoholentzugssyndrome mit halluzinatorischen Zustandsbildern.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Stimmungsstabilisierer Es liegen Therapieempfehlungen, aber nur wenig kontrollierte Studien vor: 5 Lithium: Rückfallprophylaxe der sekundären Alkoholabhängigkeit bei primärer affektiver Störung. 5 Carbamazepin (7 Kap. 7.2.1): Einsatz in der Behandlung von leichten bis mittelschweren vegetativen Entzugssyndromen, jedoch nicht Mittel der ersten Wahl; offenbar keine delirverhütende Wirkung. Eine rasche Aufdosierung sollte angestrebt werden, die Dosierung sollte an den ersten beiden Tagen zwischen 600 und 800 mg liegen; dann über 5 Tage absetzen. Positive Effekte von Carbamazepin im Benzodiazepinentzug sind beschrieben worden. 5 Valproinsäure (7 Kap. 7.2.1): Einzelne positive Berichte bestehen für eine Wirksamkeit von Valproinsäure in der Behandlung eines Alkoholentzugs. Die therapeutische Valproinsäuregabe verringerte die konsumierte Alkoholmenge in einer Gruppe von Patienten mit bipolarer Störung und Alkoholabhängigkeit. 5 Tiagabin und Topiramat besaßen jeweils in einer kleiner Studie eine rückfallprophylaktische Wirkung bei kokainabhängigen Patienten. Benzodiazepine 5 Beim Alkoholentzugssyndrom mit und ohne Komplikationen können langwirksame Benzodiazepine (z. B. Diazepam) symptomorientiert, fest dosiert oder auch im so genannten »Loading«-Verfahren (Verabreichung von z. B. 5 -10 mg Diazepam stündlich, ggf. auch i.v.; bei ausreichender Sedierung langsame Dosisreduktion) eingesetzt werden. Die meisten Erfahrungen wurden in den USA gesammelt, da dort Clomethiazol zur Alkoholentzugsbehandlung nicht zugelassen ist. > CAVE
Reboundphänomene bei kurz oder mittellang wirksamen Benzodiazepinen wie z. B. Alprazolam oder Lorazepam (7 Kap. 7.2.1).
5 Benzodiazepine sind bei Angst- und Erregungszuständen beim Entzug von Kokain, Amphetaminen und Psychostimulanzien indiziert. Buspiron 5 Wirkung auf Craving und Angstsymptome bei Alkoholabhängigen ist beschrieben; Wirksamkeit beim Einsatz zur Alkoholrückfallprophylaxe ist noch nicht hinreichend gesichert.
7.4 · Präparate
7.4
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Präparate2
Acamprosat
Entwöhnungsmittel
Campral (AWD Pharma) Tbl. 333 mg (48, 84, 168 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Indirekter antagonistischer Effekt auf postsynaptische Wirkungen exzitatorischer Aminosäuren, besonders auf das glutamaterge System (NMDA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 t1/2=ca. 13 h (Steady state nach etwa 7 Tagen regelmäßiger Einnahme); orale Bioverfügbarkeit ca. 11%; langsame Resorption mit erheblichen interindividuellen Schwankungen; keine Plasmaproteinbindung. 5 Ausschließlich renale Elimination (zu etwa 50% in unveränderter Form), keine Metabolisierung durch die Leber. 5 Plasmakonzentration: 30–75 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur Unterstützung der Aufrechterhaltung der Abstinenz bei alkoholabhängigen Patientenz im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz, das auch begleitende psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen einschließt (rückfallverhütender Effekt in Kombination mit begleitender Psychotherapie belegt). 5 Beginn der Behandlung unmittelbar nach der Entgiftung; empfohlene Behandlungsdauer 1 Jahr, wobei die Therapie im Fall eines Rezidivs nicht unterbrochen werden sollte. 5 Ein rückfallverhütender Effekt besteht in der Regel nur, solange die Substanz eingenommen wird. 5 Acamprosat ist nicht zur Behandlung des Alkoholentzugs geeignet. 5 Nach derzeitigem Kenntnisstand kein Abhängigkeitspotenzial. Nach abruptem Absetzen entstehen keine Entzugssymptome.
2
Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Dosierung 5 Patienten mit einem Körpergewicht bis 60 kg: 4 Tbl. (1332 mg)/Tagz, über 60 kg 6 Tbl. (2 g)/Tagz; Einnahme 3-mal täglich. Nebenwirkungen 5 Häufig: Durchfall, seltener Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen; Juckreiz, selten makulopapulöse Erytheme. 5 Selten: Verwirrtheit, Schlafstörungen; sexuelle Funktionsstörungen; leicht erhöhtes Kreatinin, Harnsäure, Cholesterin und Hämatokrit. Kontraindikationen 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen Acamprosat. 5 Niereninsuffizienz und schwere Leberinsuffizienz. Interaktionen 5 Keine Wirkungsverstärkung von Alkohol. 5 Keine Wechselwirkungen mit Disulfiram, Diazepam, Imipramin. Bewertung Sinnvoll in der Anwendung im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes mit begleitenden psycho- und soziotherapeutischen Maßnahmen, wofür der rückfallverhütende Effekt belegt ist.
10 Buprenorphin
Substitutionsmittel
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Subutex (Essex Pharma) Tbl. 0,4, 2, 8 mg (7, 28 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Kombinierter Opiatrezeptoragonist/-antagonist (partieller μ-Opiatrezeptoragonist mit langsamer Rezeptorkinetik sowie κ-Opiatrezeptorantagonist); dadurch einzigartiges Wirkprofil unter den klinisch eingesetzten Opioiden. Pharmakokinetik 5 Bei sublingualer Gabe Bioverfügbarkeit von ca. 30–50%; orale Gabe ungeeignet. 5 Initiale t1/2 = ca. 2–5 h; nach Resorption rasche Verteilung in Leber, Niere, Muskel, Fettgewebe; von hier allmähliche Rückverteilung.
7.4 · Präparate
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7
5 Effektive Wirkdauer: ca. 24 h durch rasche Umverteilung, hohe Rezeptoraffinität und langsame Rezeptorkinetik. 5 Metabolisierung in der Leber (CYP 3A4 beteiligt) durch N-Dealkylierung und Glukuronidierung. N-Dealkylbuprenorphin ist ein µ-Agonist mit schwacher intrinsischer Wirksamkeit. 5 Ausscheidung zu ca. 80% durch biliäre Sekretion des glukuronidierten Metaboliten; ca. 20% im Urin. 5 Terminale Eliminationsphase: ca. 20–25 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeitz. Diese erfolgt nach den gleichen Regeln, wie sie für die Substitutionsbehandlung mit Methadon gelten (7 Kap. 7.2.3). 5 Auch im Rahmen einer Detoxifikationsbehandlung einsetzbar (hierbei sind allmähliche Dosisreduktionen nach Möglichkeit vorzuziehen). 5 Der eindeutige Vorteil der Substanz besteht in der relativ breiten Sicherheitsspanne im Vergleich zu reinen μ-Opiatrezeptoragonisten. Untersuchungen mit Dosierungen von 32 mg an nicht opiatabhängigen Patienten zeigten keine interventionspflichtigen Atemdepressionen. Naturalistische Verlaufsbeobachtungen sprechen für eine niedrigere Rate von Komplikationen unter Buprenorphingabe im Vergleich zur Methadonsubstitution. Eine Dosisanpassung ist bei begleitender Gabe von Benzodiazepin erforderlich. Buprenorphin in ausreichender Dosierung (mindestens 8 mg/Tag) ist in der Regel einer Methadonsubstitution gleichwertig; in Einzelfällen ist eine bessere Wirkung der Methadonsubstitution beschrieben worden. 5 Eine Umstellung von Patienten, die bereits auf Methadon/Levomethadon stabil eingestellt sind, ist möglich. Die unmittelbare Verabreichung von Buprenorphin insbesondere nach der Gabe eines reinen μ-Opiatagonisten kann jedoch ein Entzugssyndrom auslösen. Vor der Umstellung sollte daher die maximale Tagesdosis Methadon auf 60 mg reduziert werden. Ferner ist eine Medikationspause von mindestens 36 h bei einer bisherigen Tagesdosis von 30–60 mg Methadon bzw. von 24 h bei einer bisherigen Tagesdosis von <30 mg Methadon einzuhalten. 5 Buprenorphin eignet sich aufgrund der langen Halbwertszeit für die Gabe einer entsprechend höheren Einmaldosis alle 2–3 Tage (sog. »Alternate-day«-Verordnung). Buprenorphin eignet sich ebenfalls für eine »Take-home-Vergabe«. Allerdings ist hier zu bedenken, dass Buprenorphin nach Auflösung der Substanz zur i.v.-Gabe missbraucht werden kann. Aus diesem Grund hat der Hersteller ein Kombinati-
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
onspräparat aus Buprenorphin und Naloxon mit einem Mischungsverhältnis von 4:1 entwickelt, welches in den USA unter dem Namen Suboxone bereits zugelassen ist. Dosierung 5 Mit der Gabe der ersten Dosis sollte bis zum Auftreten eines Opiatentzugssyndroms gewartet werden in der Regel ca. 6-8 h nach der letzten Heroininjektion, 24-36 h nach der letzten Methadoneinnahme. 5 Initiale Dosierung 4 mg, bei stärkster Abhängigkeit 8 mg, bei Vorliegen einer Alkohol- oder Benzodiazepinintoxikation 2 mg. Bei ausreichender Behandlungsdosis sollten innerhalb von 60 min die Entzugssymptome nachhaltig zurückgehen, bei persistierenden Entzugszeichen sollte die Erstdosis nochmals verabreicht werden. 5 Weitere Nachuntersuchungen sollten jeweils in Abständen von 2‒4 h erfolgen. Bei persistierenden Entzugssymptomen sollten weitere 4‒8 mg Buprenorphin bis zu einer maximalen Tagesdosis von 24 mg gegeben werden. Bei einer begleitenden Alkohol- oder Benzodiazepinintoxikation bzw. therapeutischer Benzodiazepingabe ist eine Dosisreduktion erforderlich, eine sorgfältige Überwachung ist zu gewährleisten. Die kumulative Tagesdosis des ersten Tages sollte am zweiten Tag als Einmalgabe morgens verabreicht werden. Ziel der Behandlung ist eine vollständige Suppression der Entzugssymptome, insbesondere des Opiatverlangens. 5 Bei weiter bestehenden Entzugssymptomen kann die Tagesdosis erhöht werden, bei Müdigkeit und anderen Intoxikationszeichen sollte eine Dosisreduktion vorgenommen werden. 5 Der effektive Dosisbereich zur Substitutionsbehandlung liegt in der Regel zwischen 8–16 mg/Tag; maximale Tagesdosis in Deutschland 24 mgz, in Österreich 32 mgz, in der Schweiz 16 mgz. 5 Die Buprenorphineinnahme kann bei Ausschluss eines Alkohol- oder Benzodiazepinbeigebrauchs auf ein Intervall von 2‒3 Tagen (»Alternate-day«-Verordnung) umgestellt werden. Bei dieser Verordnungsweise nimmt der Patient die doppelte bzw. dreifache Buprenorphintagesdosis alle 2‒3 Tage ein. Während der Umstellungsphase sollte der Patient mindestens 4‒6 h auf das Auftreten von Intoxikationszeichen überwacht werden. In klinischen Studien wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Buprenorphin für die alternierende Gabe jeden 2. Tag in Dosen von 8‒34 mg/70 kgKG sublingual bzw. bei alternierender Gabe für ein 3-Tages-Intervall in Dosen von 12‒44 mg/70 kgKG Buprenorphinlösung sublingual gezeigt.
7.4 · Präparate
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7
5 Bei Durchführung einer opiatgestützten Entgiftungsbehandlung ‒ insbesondere Methadon – oder bei Buprenorphin-substituierten Patienten sollte die Buprenorphindosis auch unter stationären Bedingungen über einen Zeitraum von ca. 4 Wochen ausgeschlichen werden. Bei Dosierungen von >8 mg/Tag wird eine wöchentliche Dosisreduktion um 4 mg, bei Dosierungen von ≤8 mg/Tag eine wöchentliche Dosisreduktion um 2 mg empfohlen. Im ambulanten Behandlungssetting werden teilweise doppelt so lange Reduktionsintervalle empfohlen. 5 Bei der Opiatdetoxifikation rein heroinabhängiger Patienten unter stationären Bedingungen kann möglicherweise ein rascheres Absetzen über einen Zeitraum von 2‒3 Wochen erwogen werden. Der Vorteil liegt in der etwas kürzeren Behandlungsdauer, der Nachteil besteht in den höheren Abbruchraten bei der kürzeren Behandlung. Bei der beschleunigten Opiatentgiftung sollte die Buprenorphindosis initial bis zum Sistieren der Entzugszeichen aufdosiert, dann täglich um 2 mg bis zu einer Tagesdosis von 8 mg reduziert, danach alle 2‒3 Tage um 2 mg bis zu einer Tagesdosis von 2 mg reduziert und anschließend abgesetzt werden. Bei Auftreten erheblicher Entzugszeichen, sind die Dosisintervalle zu strecken. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Asthenie, Entzugssyndrom, Schlaflosigkeit. 5 Häufig: Abhängigkeitsentwicklung vom Opiattyp; Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Frösteln, Schwitzen; Obstipation, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen; Nasenfluss, Verlängerung des QT-Intervalls im EKG, Tränenfluss, Nervosität, Somnolenz. 5 Selten: Lebernekrose, Atemdepression, Ohnmacht, Blutdruckabfall, Halluzinationen. 5 In Einzelfällen: Bei ausgeprägter Verlängerung des QT-Intervalls Gefahr einer Torsade-de-Pointes-Arrhythmie, im Gegensatz zu mit Methadon behandelten Patienten sind jedoch Todesfälle bisher nicht beschrieben. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen Buprenorphin. 5 Schwere Leberfunktionsstörungen; schwere respiratorische Insuffizienz; akuter Alkoholismus oder Delirium tremens. 5 Behandlung mit MAO-Hemmern und Benzodiazepinen.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Relative Kontraindikationen: Besondere Vorsicht ist geboten bei verlängertem QT-Intervall, Bradykardie, gleichzeitiger Behandlung mit Antiarrhythmika Klasse I–III, Hypokaliämie, nach Schädel-HirnTraumata, bei erhöhtem intrakraniellem Druck, Erkrankungen der Atemorgane, Erkrankungen der Nieren, Diabetes mellitus, Prostatahypertrophie, abdominalen Erkrankungen, suizidalen Patienten oder im höheren Lebensalter. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegen keine ausreichenden Erfahrungswerte vor. ! Buprenorphin sollte in der Schwangerschaft nur nach einer sorgfäl-
tigen Nutzen-Risiko-Analyse angewandt werden (relative Kontraindikation). Eine engmaschige Überwachung der Schwangeren und des Fetus muss durch den Arzt erfolgen. Bei korrekter Anwendung sind die Gefahren im Vergleich zu einem fortgesetzten i.v. Heroinkonsum mit rezidivierend auftretenden Entzugserscheinungen als deutlich geringer einzuschätzen. Buprenorphin sollte nicht in der Stillzeit verordnet werden. Eine eindeutige Differenzialindikation zwischen den Substituten in der Schwangerschaft besteht nicht, allerdings gibt es Hinweise auf ein geringer ausgeprägtes neonatales Entzugssyndrom nach Substitution mit Buprenorphin im Vergleich zu Methadon.
Interaktionen 5 Gleichzeitige Einnahme von psychotropen Substanzen (Medikamente, insbesondere Benzodiazepine, Alkohol, andere Drogen) kann zu wechselseitiger Wirkungsverstärkung mit dem Risiko einer letalen Überdosierung führen. 5 Kombinationen mit Antiarrythmika der Klassen I und III sollten wegen möglicher QT-Verlängerungen vermieden werden. 5 Kombinationen mit Opiatantagonisten (Ausnahme: Intoxikationstherapie), partiellen und vollen Agonisten sind zu vermeiden. 5 Erniedrigte Serumkonzentrationen möglich bei gleichzeitiger Einnahme von: Rifampicin, Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin u. a. 5 Erhöhte Serumkonzentrationen möglich bei gleichzeitiger Einnahme von: Erythromycin, Clarithromycin, Cimetidin, Protease-Inhibitoren, Ketoconazol, Itroconazol, Fluconazol u. a. 5 Weitere Interaktionen 7 Kontraindikationen und . Tab. 17.5.
7.4 · Präparate
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7
Bewertung Sinnvolle Alternative zur Substitution mit Methadon/Levomethadon mit breiterem Sicherheitsspektrum und guter Akzeptanz durch die Patienten; Überbrückung von Feiertagen und Wochenenden ohne tägliche Kontakte möglich. Bupropion (Synonym: Amphebutamon)
Raucherentwöhnungsmittel
Zyban (GlaxoSmithKline) Tbl. 150 mg (30, 60, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Kombinierter NA- und DA-Rückaufnahmehemmer. Minimale Wirkung auf die Serotoninrückaufnahme, auf postsynaptische Rezeptoren des cholinergen, adrenergen, dopaminergen oder serotonergen Systems. Pharmakokinetik 5 Bei oraler Gabe rasche Resorption. 5 Extensive Metabolisierung in der Leber mit ausgeprägtem First-passEffekt im Wesentlichen durch CYP 2B6; drei bekannte Metaboliten, die pharmakologisch aktiv sind: Hydroxybupropion (Hauptmetabolit), Threo-Hydrobupropion und Erythro-Hydrobupropion. 5 Ausscheidung über Urin (85%) und Fäzes (10%). 5 Biphasische Elimination; initiale Phase ca. 1,5 h; zweite Phase ca. 20 h; die Retardpräparation (Zyban) hat eine Eliminationshalbwertszeit von ca. 20–37 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Hilfe bei der Raucherentwöhnung nikotinabhängiger Patiententz in Verbindung mit unterstützenden motivierenden Maßnahmen. 5 Die Behandlung sollte noch während des aktiven Rauchens begonnen werden. Ab der zweiten Behandlungswoche sollte das Rauchen beendet werden. 5 Empfohlene Behandlungsdauer: 7–9 Wochen. 5 Hinweise für antidepressive Wirksamkeit von Bupropion (7 Kap.1, Präparat).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Es gibt Berichte zur positiven Wirkung bei Libidominderung (7 Kap. 8.2). Dosierung 5 Initial 150 mg, ab dem 7. Tag 300 mg/Tag (in mindestens 8-stündigem Abstand); Tageshöchstdosis 300 mgz. 5 Als Antidepressivum: 7 Kap. 1, Präparat. 5 Bei Leberinsuffizienz, Niereninsuffizienz und älteren Personen werden 1-mal 150 mg/Tag empfohlen. Nebenwirkungen 5 Häufig: Schlafstörungen (sehr häufig); Zittern; Konzentrationsstörungen; Kopfschmerzen, Schwindel; Depression, Ruhelosigkeit, Angst; trockener Mund, gastrointestinale Störungen einschließlich Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen, Obstipation; Fieber; Hautausschlag, Juckreiz, Schwitzen. Überempfindlichkeitsreaktionen wie Urtikaria, Geschmacksstörungen. 5 Gelegentlich: Tachykardie, Blutdruckerhöhung (manchmal schwerwiegend); Gesichtsröte; Verwirrtheit; Brustschmerzen; Asthenie, Appetitlosigkeit; Tinnitus; Sehstörungen. 5 Selten: schwere Überempfindlichkeitsreaktionen; Krampfanfälle; Schwankungen des Blutzuckerwertes; Vasodilatation; orthostatische Hypotonie; Synkope; Palpitationen; Änderung in der Miktionsfrequenz und/oder Harnretention; Reizbarkeit, Halluzinationen, Depersonalisation; Dystonie, Ataxie, Parkinsonismus, Muskelzucken und Koordinationsstörungen; Albträume, Parästhesien, Exazerbation von Psoriasis. ! Es wurden Todesfälle im Zusammenhang mit der Einnahme von
Bupropion beschrieben (eine Kausalität ist nicht gesichert). Bei Überdosierungen sind epileptische Anfälle beschrieben worden (7 Kontraindikation). Drei Fälle von Rhabdomyolyse sind berichtet.
Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Überempfindlichkeit gegen Bupropion. 5 Abrupter Alkohol- oder Benzodiazepinentzug.
7.4 · Präparate
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7
5 Anamnestisch bekannte Krampfanfälle jeglicher Ausprägung; bekannte bipolare affektive Störung (s. Bewertung); bekannte Diagnose einer Bulimie oder Anorexie; bekannter Tumor des ZNS. 5 Schwere Leberzirrhose; Kombination mit MAOH. Zwischen dem Ende einer Behandlung mit irreversiblen MAOH und dem Beginn einer Gabe von Bupropion müssen mindestens 14 Tage liegen. Bei reversiblen MAOH ist ein Zeitraum von 24 h ausreichend. 5 Schwangerschaft und Stillzeit. Interaktionen 5 Hemmt CYP 2D6, daher sind Interaktionen mit Substanzen zu erwarten, die hierüber metabolisiert werden (7 Kap. 16). 5 Metabolit Hydroxybupropion wird über CYP 2B6 verstoffwechselt; Interaktionen sind daher zu erwarten z. B. mit Cyclophosphamid, Efavirenz, Ifosfamid, Orphenadrin. 5 Vermehrte Nebenwirkungen bei gleichzeitiger Gabe von Dopaminergika (L-DOPA) möglich. 5 Die gleichzeitige Gabe von Substanzen, die die Krampfschwelle herabsetzen können (Antipsychotika, Antidepressiva, Theophyllin, systemische Steroide, Antimalariamittel, Tramadol, Chinolone, sedierende Antihistaminika), kann bei Verordnung von Bupropion das Risiko von Krampfanfällen erhöhen. 5 Weitere Interaktionen 7 Kontraindikationen und 7 Kap. 16. Bewertung In mehreren Doppelblindstudien nachgewiesene Wirksamkeit als Entwöhnungshilfe bei Nikotinabhängigkeit. Die Indikationsstellung sollte als Mittel der zweiten Wahl erfolgen, da es Präparate mit ebenfalls erwiesener Wirksamkeit und günstigerem Sicherheitsprofil gibt. Die Gefahr von Krampfanfällen, Tachykardie und Blutdruckerhöhung ist bei der Indikationsstellung besonders zu beachten. Hohes Interaktionsrisiko. Depressive Verstimmung kann ein Symptom des Nikotinentzugs sein. Allerdings konnte die Widersprüchlichkeit der geplanten Zulassung von Bupropion als Antidepressivum bei gleichzeitiger Kontraindikation »bipolare affektive Störung« nicht gelöst werden.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Clomethiazol
Entgiftungsmittel
Distraneurin (AstraZeneca) Kps. 192 mg (25, 100 Kps.) Tbl. 500 mg (25, 100 Tbl.) Mixtur 5 g/100 ml (300 ml)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der Wirkung der inhibitorischen Neurotransmitter GABA und Glycin, insbesondere am GABAA-abhängigen Chloridionenkanal. Pharmakokinetik 5 t1/2= 2,3-5 h (bei Leberfunktionsstörungen 9 h); rasche und fast vollständige Metabolisierung in der Leber zu inaktiven Metaboliten; schnelle Absorption (nach Tablettengabe langsamer). 5 Renale Elimination. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Alkoholentzugssyndrom und Alkoholentzugsdelir, mit und ohne Krampfanfällez. 5 Medikamentös induziertes Delir 7 Kap. 12. 5 Clomethiazol wirkt sedierend, hypnotisch und antikonvulsiv. 5 Clomethiazol sollte in der Regel nicht als Hypnotikum eingesetzt werden, allenfalls vorübergehend bei sehr schweren, anders nicht behandelbaren Schlafstörungen unter sorgfältiger Abwägung der Nutzen-Risiko-Relation. 5 Wegen der antikonvulsiven Eigenschaften kann Clomethiazol beim Status epilepticus indiziert sein, wenn Benzodiazepine, Hydantoine, Valproinsäure und Barbiturate keine Wirkung zeigen. Dosierung 5 Verschiedene Applikationsformen, wobei Kapseln die Clomethiazolbase, Tabletten und Mixtur das Ethandisulfonatsalz enthalten; 1 Kps. (192 mg), 1 Tbl. (500 mg) und 5 ml Mixtur (250 mg) sind therapeutisch äquivalent. 5 Die Dosierung sollte nicht schematisch, sondern flexibel nach Sedierungsgrad und der Schwere der Entzugssymptome der Patienten erfolgen. Die Entzugsschwere kann mit standardisierten Befundskalen,
7.4 · Präparate
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7
wie z. B. dem Alkoholentzugssymptombogen (AESB, . Tab. 7.4) – auch von geschultem Pflegepersonal ‒ erfasst werden: − Alkoholentgiftung mit Hilfe des AESB-Bogens (. Tab. 7.4): Innerhalb der ersten 4 Tage wird eine Überwachung in 2 h-Intervallen, am 5. Tag in 3 h-Intervallen, am 6. Tag in 4 h-Intervallen, am 7. Tag in 6 h-Intervallen, am 8. Tag in 8 h-Intervallen und am 9. Tag in 12 h-Intervallen vorgenommen. Zu den Überwachungszeitpunkten werden die 10 Alkoholentzugssymptome erfasst (. Tab. 7.4). Die jeweiligen Punktwerte werden zu einem Summenwert addiert. Für eine Gesamtpunktzahl von 0–4 Punkten wird keine Kapsel, für einen Gesamtpunktwert von 5–7 Punkten wird 1 Kps. Clomethiazol, für einen Gesamtpunktwert von 8–10 Punkten werden 2 Kps. Clomethiazol und für einen Gesamtpunktwert von ≥11 Punkten 3 Kps. Clomethiazol verabreicht. − Orientierungshilfe für eine festdosierte Behandlung: Initial 2–4 Kps. bzw. Tbl. oder 10–15 ml Mixtur, in den ersten 2 h bis zu 6–8 Kps. bzw. Tbl., dann in ca. 2-stündigem Abstand jeweils weitere 2 Kps. oder Tbl. bis zu einer Höchstdosis von ca. 24 Kps. oder Tbl. täglichz; in Ausnahmefällen auch höher; bei zu starker Sedierung Dosisreduktion, nach Plateauphase von ca. 3 Tagen dann Clomethiazol ausschleichend absetzen. 5 Eine parenterale Applikationsform steht nicht zur Verfügung. 5 Bei Leberinsuffizienz geringere Dosierung wegen längerer Halbwertszeit der Medikation. Nebenwirkungen 5 Häufig: Erhöhte Speichel- und Bronchialsekretion; starke Müdigkeit, Benommenheit; Kopfschmerzen; Herzklopfen; Missempfindungen wie Taubheit oder Kribbelgefühl; Juckreiz, Hautausschläge, Bindehautentzündung. 5 Selten: Blutdruckabfall, Exantheme, Nies- und Hustenreiz, Tränen der Augen, Magenbeschwerden; Brennen in Hals und Nase, Schnupfengefühl, Hustenreiz; Übelkeit; Erbrechen (nach einigen Behandlungstagen an Intensität abnehmend). 5 In Einzelfällen: Gesichtsödem, Blasenausschläge der Haut, Anstieg der Serumtransaminasen, Ikterus oder cholestatische Hepatitis, ! Absinken in Bewusstlosigkeit, Atemdepression und hypotone Blut-
druckreaktionen.
486
1
. Tab. 7.3 Alkoholentzugssymptombogen (AESB). (Nach Lange-Asschenfeldt et al. 2003) 1. Blutdruck [mmHg]
2 3 4 5 6
Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
bis 30 Jahre
31–50 Jahre
>50 Jahre
0
bis 120/80
bis 130/85
bis 140/90
1
bis 135/90
bis 145/95
bis 155/100
2
bis 150/95
bis 160/100
bis 170/105
3
bis 160/100
bis 170/105
bis 180/110
4
bis 160/100
>170/105
>180/110
2. Ruhepuls
7 8 9 10 11 12 13
0
<92/min
1
92–103/min
2
104–115/min
3
116–127/min
4
>128/min 3. Tremor
0
Kein Tremor
1
Fingertremor bei ausgestreckten Fingern
2
Händetremor bei ausgestreckten Armen
3
Deutlicher Ruhetremor von Fingern und Händen
4
Schwerer Ruhetremor von Armen, Beinen und Händen
14 15 16 17
4. Schwitzen 0
Kein Schwitzen
1
Warme, feuchte Haut
2
Umschriebene Schweißperlen (z. B. Gesicht, Thorax)
3
Ganzer Körper feucht und/oder sichtbares Schwitzen größerer Hautpartien
4
Massives Schwitzen
7.4 · Präparate
487
. Tab. 7.3 (Fortsetzung) 5. Übelkeit/Erbrechen/Durchfall 0
Keine Übelkeit
1
Mäßige Übelkeit, ggf. selten Brechreiz oder selten Diarrhö
2
Schwere Übelkeit verbunden mit Würgen; Erbrechen; Diarrhö 6. Ängstlichkeit/Nervosität
0
Keine Ängstlichkeit oder Nervosität
1
Leichte Ängstlichkeit oder Nervosität bzw. Angabe des Patienten nur auf Anfrage
2
Mäßige oder spontan ohne Befragen geäußerte Angst oder Nervosität
3
Schwere Angst oder Nervosität
4
Massive, schwerste panikartige Angstzustände 7. Psychomotorische Unruhe
0
Ruhige, unauffällige Bewegungen
1
Zappeligkeit, leichte Unruhe oder Anspannung
2
Mäßige Bewegungsunruhe (z. B. Nesteln der Hände)
3
Dauernde Bewegungsunruhe (z. B. ständiges Drehen im Bett), Umherlaufen
4
Massive Erregtheit, Selbst- oder Fremdgefährdung; Notwendigkeit einer Fixierung 8. Orientierung
0
Voll orientiert, evtl. leicht verzögerte Antwort
1
Zu Person und Ort voll orientiert, zur Zeit unscharf orientiert (nicht mehr als 2 Kalender- oder Wochentage)
2
Zu Person und Ort voll orientiert, zur Zeit nicht orientiert
3
Zur Person voll orientiert, zum Ort oder zur Situation nur teilweise orientiert, zur Zeit nicht orientiert
4
Zur Person orientiert, zur Situation zum Ort und zur Zeit nicht orientiert
5
Vollständig desorientiert, kein sinnvoller Kontakt möglich
7
488
1
Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
. Tab. 7.3 (Fortsetzung) 9. Trugwahrnehmungen und Halluzinationen
2
0
Keine
1
Wahrnehmungsverschärfung (z. B. Töne sind lauter, Licht ist heller)
2
Vorübergehende Verkennungen (z. B. Schatten, Umrisse), fragliche Halluzinationen oder Personenverkennungen, wobei Patient noch korrigierbar ist und Irrtum erkennt
5
3
Eindeutige, aber (noch) fluktuierende Halluzinationen oder Personenverkennungen
6
4
Länger andauernde Halluzinationen oder Personenverkennungen, keine Distanzierungsfähigkeit mehr
7
5
Ständig vorhandene Halluzinationen mit starker emotionaler Beteiligung und für den Patienten handlungsweisendem Charakter
3 4
8 9
10. Krampfanfall 0
Keine Krampfanfälle in der Vorgeschichte
2
Epileptischer Krampfanfall oder fragliches Krampfereignis in der Vorgeschichte (ohne Zusammenhang mit Entzug)
3
Ein Entzugsanfall in der Vorgeschichte
4
Zwei oder mehr Entzugsanfälle in der Vorgeschichte oder ein Krampfanfall in den letzten 8 Tagen
10 11 12 13 14 15 16 17
! Bereits nach relativ kurzfristiger Verordnung ist eine Abhängigkeits-
entwicklung möglich. Clomethiazol maximal 14 Tage und nicht ambulant verordnen.
Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Respiratorische Insuffizienz bzw. obstruktive Lungenerkrankungen (Gefahr einer Atemdepression).
489
7.4 · Präparate
7
Interaktionen 5 Bei gleichzeitiger Einnahme von anderen psychotrop wirkenden Substanzen, besonders von Anxiolytika, Hypnotika oder Alkohol, schwer abschätzbare, u. U. massive Wirkungsverstärkung. 5 Unter Cimetidin: Wirkungsverstärkung und -verlängerung. Bewertung Wirksame und gut steuerbare Substanz zur Unterdrückung und Vorbeugung des gesamten Spektrums von Alkoholentzugssymptomen, insbesondere des Alkoholentzugsdelirs. Clomethiazol sollte wegen des Abhängigkeitspotenzials nur unter stationären Bedingungen und kurzfristig eingesetzt werden. Clonidin α2-Agonist; »Entgiftungsmittel« (Adjuvans) Catapresan (Boehringer Ingelheim) Tbl. 0,075, 0,15, 0,3 mg (20, 50, 100 Tbl.) Amp. 0,15 mg/ml (5 Amp.) Clonidin-ratiopharm (ratiopharm) Kps. 0,075, 0,15, 0,3, 0,25 mg (Clonidin retard-ratiopharm) Amp. 0,15 mg/ml (5 Amp.)
Clonistada 0,15/0,3 (Stada) Tbl. 0,15, 0,3 mg Kps. 0,25 mg (Clonistada retard) Paracefan (Boehringer Ingelheim) Tbl. 0,1 mg Amp. 0,15/0,75 mg/ml
Pharmakodynamik Zentraler α2-Agonist, dadurch v. a. Aktivitätshemmung noradrenerger Neurone im Locus coeruleus (wichtigstes noradrenerges Kerngebiet im ZNS mit hoher Opiatrezeptordichte, Dämpfung durch Opiate). Eingeführt als Antihypertensivum. Pharmakokinetik 5 Nahezu vollständige Resorption, renale Elimination. 5 t1/2=10–20 h (nach Nierenfunktion); Tmax=1,5–2 h (oral) bzw. 10– 15 min (parenteral). 5 Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Oral: Opiatentzugssyndromz
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Komedikation (z. B. mit Chlomethiazol) beim Alkoholentzugssyndrom bei im Vordergrund stehender (hypertoner bzw. tachykarder) HerzKreislauf-Symptomatik. ! Clonidin besitzt weder antikonvulsive noch delirverhütende Eigen-
schaften und ist daher in dieser Indikation nicht zur Monotherapie geeignet und vom BfArM nicht zugelassen.
5 Parenteral: Schweres Alkoholentzugssyndrom, jedoch nur unter kontinuierlicher intensivmedizinischer Überwachung und mit antikonvulsiver und delirverhütender Komedikation. 5 Bei Intoxikation durch Clonidin: α2-Antagonisten [z. B. Tolazolin (Priscol®)], bei Bradykardien Atropin (7 Kap. 16). Dosierung 5 Oral: Zur Behandlung eines Opiatentzugssyndroms sind Behandlungsdosen von 7‒30 µg/kg KW erforderlich. Beginn mit 3- bis 4-mal 0,15 mg/ Tag; Steigerung bis 1,2 mg/Tag, in Einzelfällen auch bis 2,0 mg/Tagz. Nach Abklingen der Entzugssymptome (Heroin 4–7 Tage, Methadon bis 14 Tage) stufenweise Reduktion innerhalb von 3–5 Tagen. 5 Parenteral: initial Injektion von 0,15–0,6 mg langsam i.v. Tagesdosis nach klinischen Erfordernissen 0,3–4 mg/Tagz. Wenn notwendig: fortsetzende Applikation über Perfusor. ! Bei schlagartigem Absetzen von Clonidin überschießende Sympathi-
kusreaktionen möglich.
Nebenwirkungen 5 Häufig: Sedierung, Müdigkeit, Benommenheit; initial Blutdruckanstieg bei parenteraler Gabe, später Blutdruckabfall und Pulsverlangsamung, daher sind häufige Blutdruck- und Pulskontrollen notwendig (Dosisreduktion bei Blutdruckabfall unter 90 mm Hg systolisch bzw. 55 mm Hg diastolisch, Pulsfrequenz unter 55/min), Verstärkung vorbestehender Herzrhythmusstörungen (AV-Blockierung, AV-Dissoziation). 5 Gelegentlich: Hautrötung, Pruritus; Kopfschmerzen, Schwindel; Parästhesien; Mundtrockenheit; Obstipation, Übelkeit, Erbrechen; Raynaud-Syndrom; Potenz- und Libidominderung; allergische Reaktionen mit Hautrötung, Pruritus. 5 Selten: Schlafstörungen, depressive Verstimmung, Wahrnehmungsstörungen, Sinnestäuschungen, Alpträume, Verwirrtheitszustände;
7.4 · Präparate
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7
Akkommodationsstörungen; Gewichtsabnahme; Gynäkomastie; Miktionsstörungen. Interaktionen 5 Abschwächung der blutdrucksenkenden Wirkung durch Tolazolin, TZA oder Antipsychotika möglich. 5 Erhöhte Gefahr von (bradykarden) Herzrhythmusstörungen bei gleichzeitiger Therapie mit Herzglykosiden oder β-Blockern. 5 Verstärkung der antihypertensiven Wirkung von Antihypertensiva. 5 Verstärkung der sedierenden Wirkung von zentral dämpfenden Pharmaka und Alkohol. Kontraindikationen 5 Bekannte Allergie gegen Clonidin. 5 Sick-sinus-Syndrom, ausgeprägte (auch asymptomatische) Bradykardie oder Hypotonie. 5 Schwangerschaft und Stillzeit. 5 Relative Kontraindikationen: kardiale Vorschädigung, zerebrale Durchblutungsstörungen, (insbesondere höhergradige) AV-Blockierungen. Bewertung Einsatz im Rahmen eines nichtopiat-/opioidgestützten Opiat-/Opioidentzugs; sinnvolle Komedikation bei im Vordergrund stehender Herz-Kreislauf-Symptomatik beim Alkoholentzug. Disulfiram
Entwöhnungsmittel
Antabus (Altana Pharma) Tbl. 100 mg (50 Tbl.) (Antabus 0,1 Dispergetten) Tbl. 500 mg (50 Tbl.) (Antabus 0,5 Dispergetten)
Pharmakodynamik 5 Irreversible Hemmung der Aldehyd-Dehydrogenase (weniger der Dopamin-β-Hydroxylase) durch wirksamen Metaboliten Diethyldithiocarbamat (DDC); Anstieg des Alkoholabbauprodukts Azetaldehyd auf das 10fache, dadurch im Falle eines Alkoholkonsums: sog. Disulfiram-Alkohol-Reaktion (DAR, s. unten).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Pharmakokinetik 5 Mäßig schnelle Aufnahme nach oraler Gabe (Tmax: ca. 8–10 h); i. Allg. rascher Wirkungseintritt (10–30 min) nach Einnahme eines einzigen alkoholhaltigen Getränks. 5 Plasmakonzentration (DDC): ca. 2400 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Adjuvans zur Rückfallprophylaxe bei Alkoholabhängigenz im Sinne einer Aversivbehandlung. 5 Hinweise auch für einen Effekt in der Behandlung der Opiat- und der Kokainabhängigkeit. 5 Symptome bei der Disulfiram-Alkohol-Reaktion (DAR): Übelkeit, Erbrechen; pochender Kopfschmerz, Flush; Durst; Tachypnoe, Dyspnoe; Herzrasen; Brustschmerz; Schwindel; Angst. Intensität mit starken interindividuellen Schwankungen von der Disulfiram- und Alkoholkonzentration abhängig. In Extremfällen: Atemdepression, massive Hypotonie, Arrhythmien, Krampfanfälle, Exitus. 5 Sorgfältige Aufklärung über eine mögliche DAR; kontrollierte Einnahme. 5 Wirkdauer einer DAR ca. 60–180 min mit den oben beschriebenen Symptomen. 5 Eine DAR kann noch 1–2 Wochen nach der letzten Einnahme auftreten. 5 Bei schwerer DAR: Trendelenburg-Position, parenterale Flüssigkeitsund Sauerstoffzufuhr, Antihistaminika, z. B. 50 mg Promethazin (Atosil®) i.v. Dosierung 5 Orale Zieldosis nach Aufdosierung: 200–500 mg/Tag; individuell ist die wirksame Dosis sehr unterschiedlich, ggf. Probetrunk (2–3 Schlucke eines 40%igen alkoholhaltigen Getränks) nach 5–7 Tagen. Nebenwirkungen Ohne gleichzeitigen Alkoholkonsum: 5 Häufig: Sedierung; Blutdruckabfall; Mundgeruch, unangenehmer Körpergeruch; Bauchschmerzen; Schweregefühl im Kopf, allergische Reaktionen; Sehstörungen; sexuelle Funktionsstörungen. 5 Gelegentlich: Optikusneuropathien; Obstipation, Durchfall; Kopfschmerzen; Psychotisches Erleben; Hepatotoxizität (Kontrollen der Leberenzyme notwendig).
7.4 · Präparate
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5 Selten: schwere Ataxien, Dysathrien. In Einzelfällen: Leberversagen. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Schwere Hepatopathien; floride Ulzera; kardiale Vorerkrankungen; Epilepsien; psychotische Störungen. 5 Kombination mit Metronidazol, einigen Antibiotika (Cephalosporine, Chloramphenicol), MAO-Hemmern und Isoniazid (schwere toxische ZNS-Symptomatik). Interaktionen 5 Reduzierte Clearance von Chlordiazepoxid, Diazepam, Phenytoin, Desipramin, Imipramin (nicht aber von Oxazepam und Lorazepam) mit entsprechender Wirkungsverstärkung. 5 Acetaldehydsyndrom unter Paraldehyd. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen. Bewertung Aufgrund des Risikos möglicher Komplikationen einer DAR stellt Disulfiram keine Standardtherapie in der Alkoholrückfallprophylaxe dar. Acamprosat und Naltrexon sind vorzuziehen. Disulfiram kann im Einzelfall bei complianten, motivierten, sozial stabilen Patienten hilfreich sein; im Vergleich zu Placebo kein positiver Effekt auf Zielparameter wie durchgängige Abstinenz oder Rückfallquote, jedoch mehr alkoholfreie Tage bei nichtabstinenten Patienten. Die Erfolgsrate bei supervidierter Einnahme erscheint günstiger. Levomethadon
Substitutionsmittel
L-Polamidon (Aventis Pharma) Lsg. 5 mg/1 ml (100, 500 ml)
Pharmakodynamik 5 Synthetischer μ-Opiatrezeptoragonist. Levomethadon ist das L(–)Enantiomer von Methadon und besitzt die doppelte effektive und analgetische Potenz wie das Razemat aus Levomethadon und rechtsdrehendem D-Methadon.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Pharmakokinetik 5 rasche orale Resorption; Wirkungseintritt nach 1–2 h; absolute Bioverfügbarkeit ca. 80%; Steady state nach 4–5 Tagen, t1/2=ca. 14–55 h (Wirkdauer steigt bei regelmäßiger Einnahme). 5 Ausscheidung im Urin (ca. 60%) sowie biliär über die Fäzes. 5 Levomethadon ist nicht dialysierbar. 5 Plasmakonzentration: > 250 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeitz. Diese erfolgt nach den gleichen Regeln, wie sie für die Substitutionsbehandlung mit Methadon gelten (7 Kap. 7.2.3). 5 Überbrückungssubstitution z. B. bei Krankenhausaufenthalten. 5 Eine »Take-home-Vergabe« muss durch den Arzt verordnet werden (s. oben). In diesen Fällen muss die Lösung zur Vermeidung eines i.v. Missbrauchs mit einer viskositätserhöhenden Lösung vermischt, in Tagesdosen portioniert und kindersicher verpackt verordnet werden. Dosierung 5 Die zur Substitutionsbehandlung erforderliche Dosierung orientiert sich am Auftreten von Entzugssymptomen und muss individuell ermittelt werden. Ziel ist eine vollständige Reduktion der Opiatentzugssymptome und des Opiatverlangens. 5 Zur Vermeidung von Überdosierungen werden am ersten Tag morgens 15–20 mg Levomethadon (entspricht 3–4 ml Lösung) verabreicht. Bei Bedarf können am Abend des ersten Tages oder 10-12 h nach der ersten Gabe zusätzlich 10–25 mg Levomethadon (entsprechend 2–5 ml Lösung zusätzlich) gegeben werden. > CAVE
Überdosierungen bei niedriger oder unklarer Toleranzschwelle ( z. B. nach Gefängnisaufenthalten), Beikonsum von Alkohol, Bezodiazepinen, Schlafmitteln, Narkosemitteln, Phenothiazinen oder trizyklischen Antidepressiva. In diesen Fällen sollte die initale Dosis 15 mg (entsprechend 3 ml Lösung) nicht überschreiten, eine engmaschige Überwachung der Patienten muss gewährleistet sein.
7.4 · Präparate
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5 Bei weiter unzureichender Wirksamkeit kann die Dosis weiter täglich um jeweils 5–10 mg erhöht werden. 5 Nach 1–6 Tagen wird die Gesamttagesdosis einmalig morgens verabreicht. Die Umstellung auf einmalige morgendliche Gaben erfolgt in 5-mg-Schritten. 5 Die Erhaltungsdosis wird nach 1–6 Tagen erreicht und kann bis zu 60 mgz betragen. Eine effektive Substitutionsbehandlung erfordert eine ausreichende Schwellendosis, in der Regel 30-50 mg/Tagz. Eine zu niedrig dosierte Behandlung fördert den Beikonsum (insbesondere von Heroin) und führt zu vorzeitigen Behandlungsabbruch. In Einzelfällen ist die Gabe auch höherer Dosierungen (>60 mg/d) zulässigz. Aufgrund des deutlich erhöhten Intoxikationsrisikos ist jedoch der Ausschluss eines Beikonsums erforderlichz. 5 Bei Patienten im höheren Lebensalter, in reduziertem Allgemeinzustand oder mit moderaten oder schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen wird eine reduzierte Dosis empfohlen. Nebenwirkungen 5 Häufig: Abhängigkeitsentwicklung vom Opiattyp; zu Beginn der Behandlung bei unzureichender Dosierung Symptome des Opiatentzugs (. Tab. 7.2). 5 Gelegentlich: Atemdepression; Sedierung; Übelkeit, Erbrechen; Bradykardie; Hyperhidrose; Appetitlosigkeit; Desorientiertheit; Sehstörungen; Mundtrockenheit, Obstipation, Gallenwegkoliken; Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit; Blasenentleerungsstörungen; sexuelle Funktionsstörungen; Menstruationsstörungen; grippeartiges Gefühl, Kopfschmerzen, Asthenie, Muskel- und Gelenkschmerzen, Rhinitis. 5 Selten: orthostatische Hypotonie; Verlängerung des QT-Intervalls mit Gefahr einer Arrhythmie (Torsade de pointes); Flush; Atemstillstand; EEG-Veränderungen. 5 Herabgesetztes Reaktionsvermögen, schließt die aktive Teilnahme am Straßenverkehr aus. 5 Das genotoxische und kanzerogene Potenzial von Levomethadon ist noch nicht ausreichend beurteilbar (schwach klastogenes Potenzial, aber in Langzeitstudien bei Ratte und Maus kein karzinogenes Potenzial); zur Reproduktionstoxizität können Erkenntnisse zu D,L-Methadon herangezogen werden (Beeinträchtigung der Fertilität männlicher Ratten, vermindertes Ejakulatvolumen bei Männern).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen Levomethadon. 5 Behandlung mit Narkotika-Antagonisten oder Agonisten/Antagonisten (Ausnahme: Behandlung einer Überdosierung). 5 Behandlung mit MAO-B-Hemmern. 5 Relative Kontraindikationen: Bewusstseinsstörung, gleichzeitige Anwendung von anderen zentral dämpfenden bzw. atemdepressiven Substanzen; Suizidalität; erhöhter intrakranieller Druck; Hypotension und Hypovolämie; moderate bis schwere Beeinträchtigung des Atemzentrums, Erkrankungen der Atemorgane; Pankreatitis; Prostatahypertrophie mit Restharnbildung; Gallenwegserkrankungen; obstruktive und entzündliche Darmerkrankungen; Hypothyreoidismus; Phäochromozytom; verlängertes QT-Intervall, Bradykardie, Hypokaliämie und Antiarrhythmika Klasse I–III. ! Das Risiko des Abbruchs einer erfolgreichen Substitutionsbehand-
lung mit möglichem Rückfall in einen i.v. Drogenkonsum ist gegenüber den Risiken des Fortführens der Substitutionsbehandlung abzuwägen. Es sind daher eine strenge Indikationsstellung und besondere ärztliche Überwachung bei Durchführung einer Substitutionsbehandlung während einer Schwangerschaft nötig. Eine erhöhte Rate kongenitaler Anomalien oder eine erhöhte Rate von Geburtskomplikationen ist bei Kindern L-Polamidon-substituierter Mütter nicht beschrieben. Allerdings besaßen die Kinder substituierter Mütter ein geringeres Geburtsgewicht und einen geringeren Kopfumfang im Vergleich zu nicht drogenexponierten Müttern. Weiter wurden häufigeres Auftreten einer Otitits media, neurologische Auffälligkeiten sowie Entwicklungsschwierigkeiten bei Kindern LPolamidon-substituierter Frauen und ein vermehrtes Auftreten eines plötzlichen Kindstods beschrieben. Es bleibt jedoch unklar, inwiefern diese Veränderungen sich kausal auf die Substitutionsmedikation und nicht auf die Opiatabhängigkeit an sich zurückführen lassen. Die Entscheidung für oder gegen eine Substitutionsbehandlung in der Schwangerschaft sollte daher eine sorgfältige Einzelentscheidung darstellen. Vom Stillen ist wegen des Übergangs von Levomethadon in die Muttermilch abzuraten.
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Interaktionen 5 Gleichzeitige Einnahme anderer psychotroper Substanzen (Alkohol, andere Drogen, Benzodiazepine, trizyklische Antidepressiva, Phenothiazine, Narkotika und andere sedierende Substanzen) kann zu wechselseitiger Wirkungsverstärkung mit dem Risiko einer letalen Überdosierung führen. 5 Kombinationen mit Opiatantagonisten, Agonisten/Antagonisten, partiellen und vollen Agonisten sind zu vermeiden. Buprenorphin darf frühestens 24 h nach Absetzen von L-Polamidon-Lösung zur Substitution angewendet werden. 5 Erniedrigte Serumkonzentrationen möglich bei gleichzeitiger Einnahme von: Rifampicin, Carbamazepin, Flunitrazepam, Phenobarbital, Spironolacton, Rifabutin, Indinavir, Saquinavir. 5 Erhöhte Serumkonzentrationen möglich bei gleichzeitiger Einnahme von: Antiarrhythmika, Cimetidin, Clarithromycin, Erythromycin, Fluconazol, Fluvoxamin, Itroconazol, Ketoconazol, Kontrazeptiva, Proteaseinhibitoren. Bewertung Sinnvolle Alternative zur Durchführung einer Substitutionsbehandlung mit Methadon insbesondere bei nichtvorhandener Erfahrung mit der Herstellung generischer Methadonsubstitutionslösungen; Überbrückungssubstitution möglich. ! Über- oder Unterdosierung bei zwischenzeitlicher Umstellung von
mit Methadonracemat substituierten Patienten, da substituierte Patienten häufig die Dosierung des Racemats lediglich in ml-Mengen, nicht jedoch in der mg-Menge erinnern können. In der Regel wird Methadonracemat in Deutschland in einer Konzentration von 10 mg/ml rezeptiert, sodass 1 ml einer 5 mg/ml L-Polamidon-Lösung wirkungsgleich zu 1 ml einer 10 mg/ml Methadonracemat-Lösung sind. Dieses ist jedoch sorgfältig in jedem Einzelfall zu prüfen.
Methadon Methaddict (AddiCare) Tbl. 5, 10 mg (20, 50, 100 Tbl.) Tbl. 40 mg (20, 50, 75 Tbl.)
Substitutionsmittel Methadonhydrochlorid (als Apothekenrezeptur) Lsg. 10 mg/ml
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Pharmakodynamik 5 μ-Opioidrezeptoragonist. 5 Razemat aus linksdrehendem Levomethadon und rechtsdrehendem D-Methadon. 5 Levomethadon besitzt die doppelte effektive und analgetische Potenz wie das Razemat Methadon. Bei Dosierungsangaben ist stets darauf zu achten, ob diese sich auf Methadon oder Levomethadon beziehen! Pharmakokinetik 5 t1/2=ca. 24–48 h (kann bei Opiatabhängigen deutlich verlängert sein). 5 Relativ schnelle Absorption; extensive hepatische Metabolisierung, Ausscheidung sowohl renal als auch biliär. 5 Zu ca. 2% aktive Metaboliten (Methadol und Normethadol). 5 Hohe Gewebebindung (Methadon kann noch Wochen nach letzter Einnahme im Gewebe nachweisbar sein). 5 Analgetische Wirkdauer: 4–6 h; eine methadoninduzierte Atemdepression kann bis zu 75 h anhalten. 5 Plasmakonzentration: 400–800 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeitz. 5 Bei hohen Dosen ist auf prädisponierende Faktoren für das Auftreten von Torsades de pointes (Brachykardie, Hypokaliämie, angeborenes QT-Syndrom, Medikamente, die die Metabolisierung über CYP 3A4 beeinflussen) zu achten; EKG-Kontrollen empfohlen. Dosierung 5 Methadon muss zur Substitutionsbehandlung für jeden Patienten individuell dosiert werden: in der Regel sind 60 -100 mg/Tagz erforderlich. In Einzelfällen müssen deutlich höhere Dosierungen gewählt werdenz. Ziel einer effektiven Substitutionsbehandlung ist die vollständige Unterdrückung des Opiatverlangens. Bei Unterdosierung besteht die Gefahr eines Beigebrauchs anderer Opiate oder anderer Drogen wie z. B. von Kokain oder Benzodiazepinen. Dann ist zunächst eine Dosiserhöhung anzustreben. Bei höheren Dosen ist der Betroffene auf die Intoxikationsgefahr hinzuweisen, ein Beikonsum muss ausgeschlossen werden. 5 Zur Vermeidung von Überdosierungen werden am ersten Tag morgens 30–40 mg Methadonracemat (entspricht 3–4 ml einer 10 mg/ml Lösung) verabreicht. Bei Bedarf können am Abend des ersten Tages
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oder 10-12 h nach der ersten Gabe zusätzlich 20–50 mg Methadonracemat (entsprechend 2–5 ml Lösung) gegeben werden. ! Überdosierungen bei niedriger oder unklarer Toleranzschwelle ( z. B.
nach Gefängnisaufenthalten), Beikonsum von Alkohol, Bezodiazepinen, Schlafmitteln, Narkosemittel, Phenothiazine oder trizyklischen Antidepressiva. In diesen Fällen sollte die initiale Dosis 30 mg (entsprechend 3 ml Lösung) nicht überschritten werden. Auch in höherem Alter, reduziertem Allgemeinzustand, Leber- und Nierenschäden reduzierte Dosis!
5 Bei weiter unzureichender Wirksamkeit kann die Dosis täglich um jeweils weitere 10–20 mg erhöht werden. Nach 1–6 Tagen wird die Tagesdosis einmalig morgens verabreicht. Erhaltungsdosis bis 120 mgz. Eine zu niedrige Dosis fördert den Beikonsum (s. Levomethadon). Die Umstellung auf einmalige morgendliche Gaben erfolgt in 10-mgSchritten. 5 Im Falle einer geplanten Opiatentgiftung eines substituierten Patienten ist eine ausreichende Entgiftungszeit einzurechnen. Im Falle einer ambulanten Behandlung wird empfohlen, die tägliche Methadondosis wöchentlich um nicht mehr als 10 mg Methadon zu reduzieren. Auch unter stationären Bedingungen werden Dosisreduktionen von mehr als 20 mg Methadon pro Woche nicht gut toleriert und führen häufig zum vorzeitigen Therapieabbruch. 5 Pro Patient bzw. pro BtM-Rezept dürfen höchstens 3000 mg Methadon innerhalb von 30 Tagen verschrieben werden (je Anwendungstag nicht mehr als 300 mg Methadon)z. 5 Täglich kontrollierte Abgabe an den Patienten mit supervidierter Einnahme. 5 »Take-home-Verfahren« nur bei längerfristig stabilen Patienten ohne Beigebrauch (7 Kap. 7.2.3 und Hinweise zu L-Polamidon). Nebenwirkungen 5 Häufig: Abhängigkeitsentwicklung vom Opiattyp; zu Beginn der Behandlung bei unzureichender Dosierung Symptome des Opiatentzugs (. Tab. 7.2). 5 Gelegentlich: Desorientiertheit; Atemdepression, Sedierung; Übelkeit, Erbrechen; Bradykardie; Hyperhidrose; Appetitlosigkeit; Sehstörungen; Kopfschmerzen, Mundtrockenheit, Obstipation, Gallenwegkoliken; Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit; Blasenentleerungs-
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
störungen; sexuelle Funktionsstörungen, Menstruationsstörungen; Grippeartiges Gefühl, Kopfschmerzen, Asthenie, Muskel- und Gelenkschmerzen, Rhinitis. 5 Selten: orthostatische Hypotonie; Verlängerung des QT-Intervalls mit Gefahr einer Arrhythmie (Torsade de pointes); Flush; Atemstillstand; EEG-Veränderungen. 5 Herabgesetztes Reaktionsvermögen, schließt die aktive Teilnahme am Straßenverkehr aus. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Überempfindlichkeit gegen Methadon, Bewusstseinsstörungen, insbesondere mit Atemdepression (z. B. im Rahmen von Psychopharmakaintoxikationen). 5 Behandlung mit MAO-Hemmern. 5 Behandlung mit Narkotika-Antagonisten oder Opiatagonisten/-antagonisten. 5 Polytoxikomanie mit einer Präferenz nicht-opiathaltiger Suchtmittel, Kombination mit opioidhaltigen Analgetika. 5 Relative Kontraindikationen: Bei einer Heroinabhängigkeit unter 2 Jahren Dauer sollte die Indikation zur Substitutionsbehandlung sorgsam gegenüber anderen Therapieoptionen abgewogen werden, gleiches gilt für eine intermittierende Heroinabhängigkeit mit längeren drogenfreien Intervallen. Erhöhter Hirndruck; Hypotension bei Hypovolämie; Prostatahypertrophie mit Restharnbildung; Gallenwegserkrankungen, obstruktive und entzündliche Darmerkrankungen; Phäochromozytom. Erhöhte Vorsicht bei Lebererkrankungen (Störung der Biotransformation von Methadon möglich). 5 In der Schwangerschaft Methadonabgabe nur nach sorgfältiger NutzenRisiko-Abwägung (s. Warnhinweis Levomethadon S. 496). Interaktionen 5 Erniedrigte Methadonplasmaspiegel unter Rifampizin, Phenobarbital und Phenytoin (Enzyminduktion; . Tab. 16.4 und 16.5) oder Antazida (Resorptionshemmung). 5 Erhöhung der Methadonplasmakonzentration unter Erythromycin oder Fluvoxamin. 5 Bei Kombination mit dem HIV-Proteasehemmer Efaviren sinken die Methadonplasmaspiegel durch Enzyminduktion um über 50%. Dosisanpassung von Methadon erforderlich.
7.4 · Präparate
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5 Erhöhte Desipraminplasmaspiegel unter Methadon. 5 Effekte einiger Antihypertensiva (z. B. Reserpin, Prazosin, Clonidin) können durch Methadon verstärkt werden. 5 Vorsicht bei Kombination mit anderen stark wirksamen Analgetika. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen. Bewertung Eine Vielzahl von Studien belegt den Nutzen der Methadonsubstitionsbehandlung. Eine erfolgreiche Methadonsubstitution verbessert die Therapieteilnahme, reduziert den Konsum von Opiaten und verringert die Kriminalität des Betroffenen. Eine Methadonsubstitution ist vor allen Dingen für diejenigen opiatabhängigen Patienten zu erwägen, für die eine drogenfreie Behandlung aufgrund erheblicher psychischer Instabilität, mangelnder protektiver psychosozialer Faktoren nicht in Frage kommt oder mehrere Entgiftungs- oder Entwöhnungsbehandlungen abgebrochen worden sind. Bisher sind keine Leitlinien zur Dauer einer Methadonsubstitution bekannt. Das Rückfallrisiko ist nach Absetzen von Methadon hoch, sodass die Überleitung in eine Entgiftungsbehandlung sorgsam zu bedenken ist. Naltrexon
Entwöhnungsmittel
Nemexin (Bristol Myers Squibb) Tbl. 50 mg (50 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Kompetitiver μ-Opioidrezeptorantagonist (etwa 2fache Wirkstärke von Naloxon). 5 Keine klinisch relevante intrinsische Wirkung. Pharmakokinetik 5 t1/2=ca. 4 h (Naltrexon) bzw. 13 h (Metabolit 6β-Naltrexol) (lange anhaltende Opioidrezeptorblockade, Halbwertszeit 3–4 Tage!); orale Bioverfügbarkeit ca. 20%; hoher First-pass-Metabolismus. 5 Hauptmetabolit 6β-Naltrexol ebenfalls opiatantagonistisch wirksam, weiterer Metabolit 6α-Naltroxol mit agonistischer Wirkung. 5 Rasche Absorption nach oraler Gabe (im Gegensatz zu Naloxon). 5 Plasmakonzentration (Summe Naltrexon und 6β-Naltrexon): ca. 5–30 ng/ml(p).
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Medikamentöse Unterstützung der psychotherapeutisch geführten Entwöhnungsbehandlung bei Opiatabhängigkeitz (nach erfolgter Entgiftung). Kein eigenes Abhängigkeitspotenzial. 5 In der Regel handelt es sich um eine sehr gut verträgliche Substanz. Die Gabe von Naltrexon kann bei jedoch bei aktiv konsumierenden opiatabhängigen Patienten Entzugssymptome auslösen. Vor Behandlungsbeginn sollte deshalb ein Intervall von 7–10 Tagen ohne Opiateinnahme gesichert sein (Drogenscreening im Urin; im Zweifel fraktionierte Testinjektion von 0,2–2 mg/Tag Naloxon (7 Kap. 17.6.1). 5 Mehrere unabhängige Metaanalysen bestätigen eindeutig die rückfallprophylaktische Wirkung von Naltrexon bei alkoholabhängigen Patienten . Naltrexon reduziert darüber hinaus die konsumierte Alkoholmenge und die Anzahl der schweren Trinkzwischenfälle. Die rückfallprophylaktischen Effekte von Naltrexon sind nach neueren Studienergebnissen (u. a. COMBINE-Studie) sowohl unter hausärztlichen als auch intensiveren psychotherapeutischen Behandlungsbedingungen nachweisbar. 5 Naltrexon ist jedoch vom BfArM in der Indikation Rückfallprophylaxe der Alkoholabhängigkeit nicht zugelassen, der Einsatz der Substanz ist jedoch im Einzelfall zu empfehlen (7 Kap. 7.2.1). 5 Der Nutzen einer Kombinationstherapie von Naltrexon und Acamprosat bleibt bei uneinheitlichen Studienergebnissen unklar. Dosierung 5 Initiale Dosis: ½ Tbl. falls nach 1 h keine Entzugssymptome auftreten, kann die restliche ½ Tbl. verabreicht werden. 5 Übliche Tagesdosis: 1 Tbl. (50 mgz), Einnahme durch Patienten selbst oder supervidiert. 5 Wegen der langen Rezeptordissoziationshalbwertszeit sind Variationen des Dosierungsschemas möglich, z. B. montags 2 Tbl., mittwochs 2 Tbl. und freitags 3 Tbl. als Einmalgabe.
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Nebenwirkungen 5 Häufig: Erbrechen, Übelkeit, Bauchschmerzen und -krämpfe; Schlafstörungen, Antriebsschwäche, Angstzustände; Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzen; Symptome des Opiatentzugs (s. unten), diese Begleiterscheinungen können auch bei nicht mit Nemexin behandelten Patienten während des Opiatentzugs auftreten.
7.4 · Präparate
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7
5 Gelegentlich: Müdigkeit; Veränderung des Blutdrucks, Schwindel, Hitzeflush; Herzklopfen; Hyperkinesie, Tremor; Sehstörung; Agitiertheit, Verwirrtheit, Euphorie, psychotisches Erleben, Depression; Leberfunktionsstörung (Vorsicht bei Patienten mit eingeschränkter Leber- und/ oder Nierenfunktion); Hautausschläge. 5 In Einzelfällen: In einem Fall ideopathische trombozytopenische Purpura. Kontraindikationen 5 Akute Opiat-, Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikation. 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Naltrexon. 5 Akute Hepatitis, schwere Leberfunktionsstörungen. 5 Noch nicht erfolgte Opiatentgiftung, Entzugssymptome im Naloxontest, gleichzeitige Behandlung mit Opiatanalgetika. Interaktionen 5 Verminderte Wirkung von opiathaltigen Medikamenten (Hustenmittel, Medikamente gegen Durchfall, opioiderge Analgetika) durch Naltrexon, daher sollte die gleichzeitige Gabe vermieden werden. 5 Bei Opiatabhängigen kann ein Entzugssyndrom ausgelöst werden. 5 Benötigt ein Patient in Notfallsituationen Opiatanalgetika, kann die zur Analgesie erforderliche Dosis höher sein. ! Initial wurden Todesfälle durch eine Selbstverabreichung ultrahoher
Dosen von Opiaten unter der Behandlung mit Naltrexon berichtet, wobei ein Durchbrechen der antagonisten Wirkung zusammen mit Beikonsum anderer Substanzen vermutet wurde. Diese Befunde konnten in einer neueren Studie nicht bestätigt werden. Eine deutlich erhöhte Intoxikations- und Todesrate ist jedoch bei der Selbstverabreichung relativ niedriger Dosen von Opiaten unmittelbar nach Beendigung einer Naltrexontherapie in umfangreicheren Verlaufsuntersuchungen mehrfach beschrieben worden. Sie ist wahrscheinlich auf supersensitive Opiatrezeptoren zurückzuführen. Eine ähnliche Situation entsteht auch bei passagerem Absetzen von Naltrexon (z. B. durch unregelmäßige Einnahme), sodass der Patient über die veränderte Opiatempfindlichkeit während und insbesondere nach Beendigung der Therapie aufzuklären ist. Dieselbe Informationspflicht besteht auch bei Entlassung aus der Behandlung in einer beschützten Umgebung (Klinik, Gefängnis etc.). Auch für diese Situation ist eine erhöhte Todesrate bekannt.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
Bewertung Sinnvoll als medikamentöse Unterstützung bei der Entwöhnungsbehandlung von Opiatabhängigen nach erfolgter Opiatentgiftung bei hoch motivierten Patienten mit guter Compliance und ausreichender sozialer Integration. Für die Indikation einer Rezidivprophylaxe bei Alkoholabhängigkeit ist die Datenlage ebenfalls positiv. Naltrexon ist in dieser Behandlungsindikation in den USA zugelassen, eine Zulassung in Deutschland besteht jedoch nicht. Nikotin Nicorette Pflaster 8,3mg/-16,6 mg/24,9 mg (Pfizer)
Nicotinell Lutschtabletten 1 mg Mint (Novartis)
Nicorette Kaugummi 2 mg classic/2mg freshmint/-2mg mint/-4mg freshmint/-4mg mint (Pfizer)
nikrofenon 10/-20/-30 (Sanavita)
Nicorette Microtab 2 mg (Pfizer)
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Nicotinell 17,5 mg/24 h, 35 mg/24 h, 52,5 mg/24 h Pflaster TTS (Novartis)
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Nicotinell Kaugummi 2 mg/-4 mg Fruit/-Mint (Novartis)
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Entwöhnungsmittel
NiQuitin 2 mg/-4mg Lutschtabletten (GSK) NiQuitin 7 mg/-14mg/-21mg transdermales Pflaster (GSK)
Pharmakodynamik 5 Agonist (niedrige Dosen) bzw. Antagonist (höhere Dosen) an nikotinischen ACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 t1/2=ca. 2 h, verlängert bei Poor Metabolizern von CYP2A6 5 Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten, vorwiegend hepatische Metabolisierung über CYP 2A6 mit Bildung von Cotinin. 5 Resorption über Haut bzw. Mundschleimhaut. 5 Bei Applikationsform Kaugummi starke Schwankungen der Plasmakonzentration, bei Pflasterapplikation gleichmäßige Nikotinplasmaspiegel. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Behandlung des Nikotinentzugssyndromsz und Unterstützung der Raucherentwöhnungz im Rahmen von Raucherentwöhnungsprogrammen. Die Wirkung der Nikotinersatztherapie kann durch die Teilnahme an
7.4 · Präparate
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einem Raucherentwöhnungsprogramm (z. T. auch internetbasiert, z. B. http://www.nichtraucher.de; http://www.rauchfrei2006.de) gesteigert werden. 5 Klinische Wirkung biphasisch: zunächst stimulierend, bei höheren Dosierungen aber sedierend; niedrigere Dosen steigern den Atemantrieb, hohe Dosen können zur Atemdepression führen. 5 Die Nikotinersatztherapie kann die Symptome eines Nikotinentzugssyndroms, wie z. B. Reizbarkeit, innere Unruhe, Stimmungsschwankungen bis hin zu depressiven Syndromen, Konzentrationsstörungen, Appetitsteigerung und Gewichtszunahme mildern. Dosierung 5 Kaugummi: Raucher mit einem Konsum bis zu 20 Zigaretten täglich: ein 2-mg-Kaugummi/hz. Stärkere Raucher: ein 4-mg-Kaugummi/h, jedoch nicht mehr als 16 Kaugummi/Tagz; nach 4–6 Wochen Dosisreduktion, nach 12 Wochen Beendigung des Konsums. 5 Lutschtabletten: Raucher mit einem Konsum bis zu 20 Zigaretten oder Konsum später als 30 min nach dem Aufstehen: eine 1‒2-mg-Lutschtablette/h in Abhängigkeit vom Rauchverlangen, stärkere Raucher: eine 4-mg-Lutschtablette/h in Abhängigkeit vom Rauchverlangen, jedoch nicht mehr als 15‒Lutschtabletten/Tagz; nach 4–6 Wochen Dosisreduktion, nach 12 Wochen Beendigung des Konsums. 5 Pflaster: Raucher bis zu 20 Zigaretten täglich ein Pflaster mit mittlerer Dosisfreigabe/Tagz, stärkere Raucher: zunächst Pflaster mit größerer Wirkstofffreigabez; nach 4–6 Wochen Übergang auf ein Pflaster mit mittlerer Dosisabgabe, nach 8 Wochen auf ein Pflaster mit kleinster Dosisabgabe, nach 12 Wochen Beendigung des Konsums. 5 Kaugummi bzw. Pflaster sind abzusetzen, wenn nicht innerhalb von 4 Wochen der Anwendung das Rauchen eingestellt werden kann. Nebenwirkungen Für alle Applikationsformen: 5 Häufig: Grundsätzlich ähnliche Nikotinnebenwirkungen wie beim Rauchen: Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit, Tachykardie, vorübergehende leichte Hypertonie, periphere Vasokonstriktion; Erkältungsund grippeartige Symptome. 5 Gelegentlich: Schlaflosigkeit; Schwindel; Muskelschmerz; Übelkeit, Bauchschmerzen, Verstopfung, Diarrhö; Schmerzen im Thorax; Blutdruckveränderungen.
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Kapitel 7 · Behandlung von Abhängigkeit und Entzugssyndromen
5 Selten: Hitzewallungen; lokales Ödem, Gewichtszunahme; Extrasystolen, Hypertonie, Palpitationen; Magengeschwür, Mundtrockenheit, Flatulenz. 5 In Einzelfällen: allergische Reaktionen. 5 Pflaster: Hautreaktionen (Exantheme und Erytheme, Pruritus, Ödeme, Blasenbildung). 5 Kaugummi: Reizungen im Rachenraum, vermehrter Speichelfluss, gastrointestinale Störungen. Kontraindikationen 5 Instabile Angina pectoris, Zustand nach frischem Myokard- oder Hirninfarkt, schwere Herzrhythmusstörungen; Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut. 5 Relative Kontraindikationen: stabile Angina pectoris, älterer Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, Arteriosklerose, Hypertonie; Nieren- und Leberinsuffizienz; Hyperthyreose; Diabetes mellitus; Gastritis und akute Magen- und Duodenalulzera. Interaktionen 5 Durch im Rauch enthaltene polyzyklische Kohlenwasserstoffe kann es durch eine Enzyminduktion (CYP 1A2, 7 Kap. 16) zu verstärktem Metabolismus verschiedener Pharmaka (z. B. Imipramin, Clomipramin, Clozapin) kommen. 5 Nach Aufgeben des Rauchens und Umstellung auf Entwöhnungsmittel ist mit einem Ansteigen der Plasmaspiegel verschiedener über CYP 1A2 verstoffwechselter Psychopharmaka (z. B. Clozapin oder Olanzapin) und vermehrten Nebenwirkungen zu rechnen. Eine Dosisreduktion dieser Medikamente, wenn möglich mit Kontrolle der Plasmakonzentration, wird empfohlen. Bewertung Der Einsatz von Nikotinersatzstoffen ist bei regelmäßigen Konsum von >15 Zigaretten am Tag zu empfehlen. Der Effekt kann durch psychosoziale Begleitung (z. B. ärztliche Beratung, Internet basiertes Coaching, verhaltenstherapeutische Entwöhnungstherapien) deutlich gesteigert werden. Bei Patienten mit besonders schweren Nikotinabhängigkeit ist eine Kombination verschiedener Nikotinersatzstoffe (Kaugummi und Pflaster) oder auch die Kombination eines Nikotinersatzstoffes mit Bupropion zu erwägen.
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6
Antidementiva
6.1
Übersicht
Antidementiva sind zentral wirkende Substanzen, die die Hirnleistung, insbesondere Gedächtnis, Konzentrations- und Auffassungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Urteilsvermögen und Orientierung verbessern und die Beeinträchtigung sozialer Alltagsaktivitäten mildern können. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Antidementiva ist zu berücksichtigen, dass neben einer Besserung der Symptomatik (im Durchschnitt bei 10–20%) auch eine Verlangsamung der Symptomprogression wichtig ist. Für den Wirksamkeitsnachweis sollte eine signifikante Besserung der Symptomatik auf der kognitiven Ebene, der funktionalen Ebene (Aktivitäten des täglichen Lebens) und der globalen Ebene (klinischer Gesamteindruck) gefordert werden. Beurteilt werden ferner demenzassoziierte Verhaltensstörungen, die Belastung pflegender Angehöriger sowie pharmakoökonomische Aspekte. 5 Es können nach ätiopathogenetischen Gesichtspunkten folgende Zielgruppen unterschieden werden: − Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT), − vaskuläre Demenz (VD) und gemischte Demenz, − frontotemporale Demenz (FTD), − Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ (DLB), − Demenz bei Parkinson-Syndrom (PDD) − leichte kognitive Störung (»mild cognitive impairment«, MCI). 5 Es stehen folgende Antidementiva zur Verfügung: − Substanzen mit nachgewiesener Wirksamkeit nach den oben genannten Kriterien: Donepezil, Galantamin, Memantine, Rivastigmin. − Substanzen, die nach BfArM nach den neuen strengeren Richtlinien zugelassen sind: Nimodipin. − »Nootropika«, die in den 80er Jahren zugelassen wurden: Ginkgo biloba, Nicergolin.
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− Substanzen ohne ausreichend nachgewiesene Wirksamkeit, aber mit »positiver Aufbereitungsmonographie« durch das BfArM: Co-dergocrin (Dihydroergotoxin), Pyritinol, Piracetam. − Substanzen, bei denen nootrope Effekte beschrieben werden: Desferrioxamin, Diclofenac, Indomethacin, Naftidrofuryl, Pentoxifyllin, (retardiertes) Physostigmin, Selegilin. Da α-Tocopherol (Vitamin E), wie neuere Studien gezeigt haben, in hohen Dosen möglicherweise mit starken Risiken verbunden ist, wird α-Tocopherol als Präparat nicht mehr aufgeführt.
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Kapitel 6 · Antidementiva
6.2
Wirkmechanismen
5 Es gibt eine Vielzahl antidementiver Wirkansätze, die auch innerhalb einer Substanzklasse vorkommen können. Die gegenwärtig therapeutisch wichtigsten sind die Hemmung der Azetylcholinesterase und der glutamaterge Antagonismus. − Donepezil, Galantamin, Rivastigmin: Azetylcholinesterasehemmer (AChE-I). Bei Rivastigmin zusätzlich Hemmung der Butyrylcholinesterase (BuChE), bei Galantamin zusätzlich Modulation nikotinischer ACh-Rezeptoren. Grundlage dieses Wirkansatzes bilden die Annahme eines cholinergen Defizits durch Untergang cholinerger Neurone als einer der ersten beschriebenen und konsistentesten neurobiologischen Befunde bei der DAT sowie Feststellungen, dass eine veränderte cholinerge Neurotransmission tierexperimentell, bei Gesunden und bei Patienten mit DAT zu Alterationen der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses führt. Durch die Verlangsamung des Abbaus von Acetylcholin (ACh) durch AChE-I werden die cholinerge Neurotransmission gefördert und cholinerg vermittelte kognitive Defizite günstig beeinflusst. Bei Galantamin wird eine über die zusätzliche Modulation nikotinischer ACh-Rezeptoren vermittelte möglicherweise verbesserte Wirkung auf Gedächtnis-, Lern- und Aufmerksamkeitsleistungen und ein möglicher zusätzlicher neuroprotektiver Effekt diskutiert; bei Rivastigmin ein durch die zusätzliche Hemmung der Butyrylcholinesterase vermittelter, möglicher Vorteil bei Patienten mit bestimmten Ausprägungen der BuChE. Ob AChE-I neben einer rein symptomatischen Wirkung auch (geringfügige) krankheitsmodifizierende Eigenschaften haben, ist unklar.
6.2 · Wirkmechanismen
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6
− Memantine: unkompetitiver, niedrigaffiner NMDA-(Glutamat)Antagonist. Es wird angenommen, dass eine Fehlfunktion der glutamatergen Neurotransmission sowohl zur Symptomatik als auch zum Fortschreiten demenzieller Erkrankungen beiträgt. In mehreren präklinischen in vitro und in vivo Modellen konnte durch Blockade von NMDA-Rezeptoren ein neuroprotektiver Effekt gezeigt werden. Eine pathologische Stimulation glutamaterger Rezeptoren resultiert in einer übermäßigen Depolarisation, Kalziuminflux in Neurone und Zelluntergang (sog. exitotoxische Glutamathypothese). Über einen selektiven, »physiologischen« Antagonismus am NMDA-Rezeptor soll durch Memantine einer glutamatgetriggerten Kalziumüberladung von Neuronen bei pathologisch erhöhten Glutamatkonzentrationen entgegengewirkt werden. Obwohl sich aufgrund des Wirkmechanismus eine krankheitsmodifizierende Wirkung von Memantine erwarten ließe, erscheint diese bislang fraglich. − Nimodipin: Kalziumkanalhemmer. − Co-dergocrin, Nicergolin: Mischwirkung aus partiellem α-Adrenorezeptor- und 5-HT-Agonismus. − Desferrioxamin: Chelatbildner. − Indomethacin: Antiphlogistikum (Zyklooxygenasehemmer). − Piracetam: kein einheitlicher Wirkmechanismus; erhöht u. a. zelluläre Kalzium- und Natriumfluxe, beeinflusst GABAerges System. Modulation der zerebralen Neurotransmission. − Selegilin: MAO-B-Hemmer und Antioxidans. − Ginkgo biloba: kein einheitlicher Wirkmechanismus bekannt, u. a. Hemmung des plättchenaktivierenden Faktors durch Ginkgolid B (Inhaltsstoff von Ginkgo biloba), was sich aber bislang in vivo nicht bestätigt hat, auch antioxidative Eigenschaften der Flavoglykoside werden diskutiert. Ginkgo biloba hat Radikalfängereigenschaften. Neue pharmakologische Ansätze 5 Gegenwärtig untersuchte Wirkansätze umfassen aktive oder passive Immunisierungen gegen Amyloid-β (Aβ), Substanzen zur Verhinderung der Aggregation von Aβ, Inhibitoren der β- und γ-Sekretase, Aktivatoren der α-Sekretase sowie Substanzen zur Beeinflussung der Bildung neurofibrillärer Bündel aus hyperphosphoryliertem Tau-Protein durch Inhibitoren der Glykogensynthase-Kinase 3 (GSK-3) und der zyklinabhängigen Kinase 5 (CDK-5).
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6.3
Kapitel 6 · Antidementiva
Allgemeine Therapieprinzipien
5 Nur ca. 10% der Demenzen sind teilweise kausal therapierbar (etwa durch Hormon- bzw. Vitaminsubstitution z. B. bei Hypothyreose oder Vitamin-B12-Mangel). 5 Es ist ein multimodaler individueller Behandlungsplan (s. unten) anzuwenden, da Patienten mit Demenz neben vielgestaltigen kognitiven Leistungseinbußen auch demenzassoziierte Verhaltensstörungen (Behavioral and Psychological Symptoms of Dementia, BPSD), wie depressive Syndrome, paranoide Syndrome, organische Persönlichkeitsveränderungen, psychomotorische Unruhe mit Ängsten, Erregung, Aggression und hartnäckige Schlafstörungen zeigen können. 5 Mehrere Behandlungsprinzipien müssen in einen Gesamtbehandlungsplan integriert werden: Pharmakotherapie, nichtmedikamentöse (7 Kap. 6.5) sowie pflegerische Maßnahmen. Wichtig ist die Behandlung auch von chronischen und interkurrenten Begleiterkrankungen, die den Verlauf entscheidend mit beeinflussen können. 5 Als Ziele der antidementiven Behandlung werden eine Verbesserung der Symptomatik (Effekt bei den aktuell verfügbaren Antidementiva jedoch oftmals gering) sowie eine Verlangsamung der Symptomprogression angestrebt. Aufgrund des Fortschreitens der Grunderkrankung kommt es bei den degenerativen Demenzen zu einer langsamen Symptomprogression im Verlauf; die Verzögerung einer Verschlechterung ist ein wesentliches Therapieziel. Bei der VD kann der Verlauf variabler sein. 5 Die Objektivierung möglicher Therapieeffekte zur Einschätzung der Wirksamkeit einer antidementiven Behandlung gestaltet sich schwierig. Der Therapieerfolg kann im Einzelfall sehr unterschiedlich ausfallen. Eine Überprüfung des Therapieerfolgs im Sinne eines Wirksamkeitsnachweises ist im individuellen Fall aufgrund der großen Variabilität der klinischen Verläufe bisher nicht möglich. 5 Eine klinische Verlaufskontrolle sollte regelmäßig in halbjährlichen Abständen erfolgen. In die Beurteilung des Therapieverlaufs sollten die Entwicklung von kognitiven Defiziten, Beeinträchtigungen in Aktivitäten des täglichen Lebens, der klinische Gesamteindruck, die Einschätzung des Patienten selbst (subjektiv erlebte Verbesserungen), die Einschätzung von Angehörigen bzw. Pflegenden, die individuelle Verträglichkeit sowie möglicherweise hinzugekommene Begleiterkrankungen oder Kontraindikationen für eine Fortführung der Behandlung eingehen. 5 Therapiepausen sollten vermieden werden.
6.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
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6
Medikamentöse Therapie der Demenz VD, DAT und Mischformen Die medikamentöse Therapie dieser Demenzformen wird schematisch in . Abb. 6.1 dargestellt. Ergänzungen finden sich in 7 Kap. 6.4.1 und 6.4.2. Frontotemporale Demenz 7 Kap. 6.4.3 Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ 7 Kap. 6.4.4 Parkinson-Demenz 7 Kap. 6.4.5 Therapie der demenzassoziierten Verhaltensstörungen Die Pharmakotherapie der demenzassoziierten Verhaltensstörungen (Behavioral and Psychological Symptoms in Dementia; BPSD) mit psychomotorischer Unruhe, Aggressivität, nächtlicher Desorientierung, desorganisiertem Verhalten oder paranoidem Erleben kann sich sehr schwierig gestalten; sie wird in . Abb. 6.2 beschrieben. 5 Zunächst sollten medizinische, situative und umgebungsbedingte Auslöser überprüft und ggf. modifiziert werden und Stressoren, wenn möglich, reduziert werden. 5 Ein erster wichtiger Therapieschritt sind nichtmedikamentöse Maßnahmen mit Zuwendung, Orientierungshilfen oder Tagesstrukturierung (7 Kap. 6.5). 5 Vor einer symptomspezifischen medikamentösen Behandlung von BPSD sollte ein Behandlungsversuch mit AChE-I oder Memantine stehen. Auf diese Weise kann bei leicht ausgeprägten BPSD teilweise bereits eine ausreichende Besserung, bei ausgeprägten BPSD eine Einsparung von Antidepressiva oder Antipsychotika erreicht werden. 5 AChE-I können demenzassoziierte Verhaltensstörungen günstig beeinflussen, wenngleich das Ausmaß der Verbesserungen insgesamt gering ist und die zugrunde liegenden Studien meist nicht an Patienten mit ausgeprägten BPSD durchgeführt wurden. Rivastigmin zeigte in einer Studie keine positiven Effekte bei Agitation im Rahmen einer Demenz. 5 Für Memantine gehen aus zwei kontrollierten Studien bei DAT Hinweise auf positive Effekte bei BPSD, insbesondere Agitiertheit, hervor, wobei die Bewertung dieser Ergebnisse unterschiedlich ausfällt. 5 Die atypischen Antipsychotika (AAP) Risperidon und Olanzapin zeigen nach bisheriger Studienlage den besten Wirksamkeitsbeleg bei BPSD. Die Wirksamkeit ist aber begrenzt. Risperidon hat als einziges AAP eine formale Zulassung in dieser Indikation (7 Kap.3.4.7 und Präparat);
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14 Bei Ansprechen Beibehaltung der Medikation
1. Präparatewechselinnerhalb der Substanzklasse der AChE-I* (s.oben) oder Wechsel der Substanzklasse (Memantine*) 2. Nimodipin(z), Nicergolin(z)
. Abb. 6.1 Therapiealgorithmus bei VD, DAT und Mischformen a = Für alle Schweregrade: Mitbehandlung chronischer und interkurrenter Begleiterkrankungen sowie Therapie vaskulärer Risikofaktoren. * = Hinweise auf Wirksamkeit, aber in dieser Indikation nicht zugelassen. ** = Therapieempfehlung noch nicht ausreichend evaluiert; es liegen aber positive Studienergebnisse vor. AChE-I = Azetylcholinesterasehemmer; z = Zulassungsstatus.
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Kein Ansprechen oder ungebremster Funktionsverlust
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1. Wechsel der Substanzklasse: Donepezil*, Rivastigmin*, Galantamin** 2. Kombinationsbehandlung**: AChE-I* + Memantinez
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1. Präparatewechsel innerhalb der Substanzklasse der AChE-Iz 2. Wechsel der Substanzklasse: Memantinez 3. Kombinationsbehandlung**: AChE-Iz+ Memantinez
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Alle Schweregrade 1. Behandlung der zerebrovaskulären Grunderkrankung, vaskulärer Risikofaktoren, Sekundärprophylaxe vaskulärer Ereignisse 2. Donepezil*, Galantamin*, Memantine*, Rivastigmin**
1
1. Präparatewechsel innerhalb der Substanzklasse der AChE-Iz 2. Wechsel der Substanzklasse: Memantine*
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Schwer 1. Memantinez
3
Mittelschwer 1. Donepezilz, Galantaminz, Rivastigminz 2. Memantinez
2
Leicht 1. Donepezilz, Galantaminz, Rivastigminz
13 VD
4
DATa
422 Kapitel 6 · Antidementiva
Psychomotorische Unruhe/ Agitation: • Melperon (25–200 mg/Tag) • Pipamperon (60–120 mg/Tag) • Risperidon (0,25–1 mg/Tag) • Ggf. Carbamazepin
Schlafstörungen: • Melperon (25–200 mg/Tag) • Pipamperon (60–120 mg/Tag) • Mirtazapin (7,5–15 mg/Tag) • Ggf. Melatonin
Symptomspezifische Therapie der BPSD
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. Abb. 6.2 Therapiealgorithmus der demenzassoziierten Verhaltensstörungen. Zur Antipsychotikagabe bei Patienten mit DLB und PDD: 7 Kap. 6.4.4 und 7 Kap. 6.4.5. Zur Anwendung von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz: 7 Kap. 3.4.7
Depressive Syndrome: • Antidepressiva (Kap. 1.3.1) • Keine TZA mit anticholinergen Nebenwirkungen
Bereits bestehende Behandlung mit Antidementiva oder ausgeprägte Symptome
Regelmäßige Überprüfung der Notwendigkeit der Fortführung der Behandlung (bei Antidepressiva monatlich, bei AAP wöchentlich)
Psychotische Symptome, paranoide Syndrome, Aggressivität: • RisperidonZ (0,25–1 mg/Tag) • Ggf. Carbamazepin
Keine Besserung
Keine Vorbehandlung mit Antidementiva und leicht ausgeprägte Symptome: Behandlungsversuch mit AChE-I/Memantine
Keine Besserung
Überprüfung und Behandlung medizinischer und umgebungsbedingter Ursachen; Evaluation möglicher Auslöser und Verstärker; Therapieversuch mit nichtmedikamentösen Maßnahmen
6.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
6
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Kapitel 6 · Antidementiva
Olanzapin hingegen ist in dieser Indikation nicht zugelassen (7 Kap. 3.4.7 und Präparat). 5 Mögliche Anwendung der konventionellen Antipsychotika 7 Kap. 3.4.7. ! Bei älteren Patienten mit Demenz besteht für alle Antipsychotika ein erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse (7 Kap. 3.4.7).
5 Zwei Studien zu Carbamazepin bei Agitation und/oder Aggression im Rahmen einer Demenz kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen; Valproinsäure war in vier placebokontrollierten Studien bei Agitation im Rahmen einer Demenz unwirksam. 5 Die Wirksamkeit von Melatonin (0,3–5 mg zur Nacht) bei Patienten mit Schlafstörungen im Alter und mit Demenz wird kontrovers diskutiert (7 Kap. 5.3); zur Verordnung von Benzodiazepinhypnotika 7 Kap. 5.4. 5 Die Empfehlungen zum Einsatz von Antidepressiva in der Behandlung depressiver Syndrome bei Demenz entsprechen den Empfehlungen zur Behandlung der Depression im Alter (7 Kap. 1.4.1). ! Ältere Menschen haben eine erhöhte Suszeptibilität für Sedierung,
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Parkinsonoid, anticholinerge Wirkungen und Orthostase. Oft ist die renale Clearance vermindert und der hepatische Metabolismus verzögert (7 Kap. 13).
Behandlungsdauer mit Antidementiva 5 Gesicherte, wissenschaftlich fundierte Aussagen zur Behandlungsdauer mit Antidementiva liegen derzeit nicht vor. 5 Empfohlen wird anhand der Studienlage bei der Einstellung auf ein Antidementivum eine Behandlungsdauer von mindestens 12 bis maximal 24 Wochen, sofern nicht Nebenwirkungen die Beendigung der Behandlung erfordern. Danach wird eine erste klinische Verlaufskontrolle im Sinne einer Therapiekontrolle empfohlen. Ergibt sich auf den verschiedenen Beurteilungsebenen (s. oben, Verlaufskontrollen) kein erkennbare Wirkung und/oder eine im Vergleich zum Zeitpunkt vor Beginn der Behandlung unverändert schnelle Symptomprogression, sollte ein Präparatewechsel erwogen werden. 5 Bei sprunghafter Verschlechterung im Verlauf der Behandlung sollte nach Ausschluss verursachender interkurrenter Erkrankungen und Überprüfung der Diagnose ein Präparatewechsel erwogen werden.
6.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
425
6
5 Solange die Hauptdiagnose bestehen bleibt, keine Unverträglichkeiten auftreten, sich keine Kontraindikationen für eine Behandlung ergeben und ein Nutzen zu erwarten ist, sollte eine antidementive Therapie langfristig fortgeführt werden. Prävention Es gibt zahlreiche Ansätze und Studien zum Versuch einer Primärprävention der Demenz. 5 Als mögliche protektive Faktoren hinsichtlich des Auftretens einer demenziellen Erkrankung gelten regelmäßige körperliche Aktivität, kognitiv stimulierende Freizeitaktivitäten (wie z. B. Lesen, Schreiben, Lösen von Kreuzworträtseln, Musizieren, Gesellschaftsspiele), soziale Aktivitäten und das Meiden kardiovaskulärer Risikofaktoren. 5 Daneben wurde für Vitamin B6 , B12 und Folsäure ein möglicher protektiver Effekt gezeigt, auch wurde für bestimmte Nahrungsmittel/ Diäten (regelmäßiger Verzehr von Fisch, Omega-3-Fettsäuren, mediterrane Diät) und moderaten Alkoholkonsum eine Risikoreduktion beschrieben. 5 Auf der Grundlage von Beobachtungsstudien mit positiven Ergebnissen und theoretischen Erwägungen werden verschiedene medikamentöse Strategien der Neuroprotektion diskutiert. 5 Für einen möglichen Einsatz von Östrogenen bei postmenopausalen Frauen fand sich kein Beleg. Ergebnisse randomisierter Studien zeigten bei älteren Frauen für Östrogene und für eine Östrogen-Gestagen Kombination negative Effekte auf kognitive Funktionen sowie ein größeres Risiko für MCI und Demenz. Eine kürzlich publizierte, placebokontrollierte Studie zu Raloxifen, einem selektiven Östrogenrezeptor-Modulator, hatte hingegen ein positives Ergebnis hinsichtlich des Risikos der Entwicklung einer leichten kognitiven Störung (MCI) und eines demenziellen Syndroms. 5 Für α-Tocopherol (Vitamin E) in hohen Dosen wird ein protektiver Effekt diskutiert; allerdings scheint die Zufuhr über eine Vitamin-Ereiche Nahrung (z. B. grünes Gemüse, pflanzliches Fett, Nüsse) sinnvoller zu sein. Überdosierungen sind nicht bekannt; es besteht jedoch das Risiko einer verstärkten Blutungsneigung. Daneben muss vor dem Hintergrund der unklaren Studienergebnisse die Sturzneigung sowie eine möglicherweise bei Dosierungen über 400 IU/Tag erhöhte Gesamtmortalität bei einer Verordnung berücksichtigt werden. 5 Auch für Statine wird eine mögliche Risikoreduktion für die Entwicklung einer Demenz diskutiert. Während mehrere Beobachtungsstudien
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Kapitel 6 · Antidementiva
auf eine geringere Prävalenz demenzieller Erkrankungen bei Gebrauch von Statinen hinwiesen, konnte in kürzlich publizierten prospektiven Studien kein protektiver Effekt von Statinen in Bezug auf die Inzidenz von Demenzen gezeigt werden. In kontrollierten placebokontrollierten Studien zu Statinen, in denen auch kognitive Parameter miterhoben wurden, konnte zudem kein Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Statinen und kognitiven Funktionen gezeigt werden. Eine Gabe von Statinen zur Demenzprophylaxe unabhängig vom kardiovaskulären Risikoprofil erscheint daher gegenwärtig nicht indiziert. 5 Nach derzeitigem Wissensstand kann keine der genannten medikamentösen Therapien, auch nicht eine Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika, COX-2-Inhibitoren oder Antioxidanzien, zur Prophylaxe demenzieller Syndrome empfohlen werden. 6.4
Indikationen
Das Zielsyndrom für Antidementiva ist die Demenz. Die Differenzialdiagnose ist Voraussetzung für den Einsatz von Antidementiva. Diagnostisches Vorgehen Es muss zunächst entschieden werden, ob in der klinischen Routineuntersuchung nur eine Eingangsdiagnostik erfolgen soll oder ob das Ziel in einer Absicherung der Diagnose der Demenz liegt. Eingangsdiagnostik 5 Genaue Anamnese, Fremdanamnese und Medikamentenanamnese, auch unter besonderer Berücksichtigung der Alkohol- und Benzodiazepinanamnese. 5 Psychiatrische, neurologische und internistische Untersuchung. 5 Beurteilung einer Verschlechterung gegenüber dem früheren Leistungsniveau. 5 Beurteilung einer Beeinträchtigung in Aktivitäten des täglichen Lebens (»activities of daily living«; ADL). Ein Nachweis ist die Voraussetzung für die Diagnose Demenz. 5 Als einfachste Screeningmethode zur Erfassung der kognitiven Fähigkeiten (Gedächtnis, Aufmerksamkeit und sprachliche Leistungen) und Beurteilung des Schweregrades der Demenz hat sich der Fragebogen MMSE (Mini-Mental State Examination) bewährt. Entsprechend der Punktzahl können 3 Schweregrade erfasst werden: leicht (18–
6.4 · Indikationen
427
6
24 Punkte), mittelschwer (10–17 Punkte), schwer (<10 Punkte). Ergänzend kann der »Uhren-Test« durchgeführt werden. Besonders hohe Sensitivität als Screeninginstrumente bei MCI haben der TFDD (Test zur Früherkennung der Demenz mit Depressionsabgrenzung), der DemTect (Dementia-detection-Test) und der Paragraph-recall-Test. 5 Die Eingangsdiagnostik zur Abklärung demenzieller Syndrome sollte die folgenden technischen Untersuchungen beinhalten: Labordiagnostik (umfassendes Routinelabor mit Blutfetten, Schilddrüsenparametern, Vitamin-B12- und Folsäurespiegel) und zerebrale Bildgebung (kraniale Computertomographie oder besser kraniale Magnet-Resonanz-Tomographie). EEG ist fakultativ. Absicherung der Diagnose und Abgrenzung unterschiedlicher Demenzformen 5 Neuropsychologische Testung; SKT (Syndrom-Kurz-Test). 5 Abfragen der modifizierten NINCDS-ADRDA-Kriterien . Tab. 6.1. 5 Ergänzende Fragebögen zur weiteren Absicherung der Diagnose und Differentialdiagnose: z. B. SIDAM (Strukturiertes Interview zur Diagnostik der DAT) oder CERAD (Consortium to Establish a Registry for Alzheimer’s Disease). 5 Erfassung der kognitiven Leistungseinbußen im Verlauf: ADAS-Cog (Alzheimer’s Disease Assessment Scale ‒ Cognitive Subscale). Die komplexeren neuropsychologischen Instrumente können bei der schweren Demenz nicht ohne weiteres eingesetzt werden. 5 Weiterführende Untersuchungen: − Liquordiagnostik: Nachweis von entzündlichen Veränderungen, Diagnostik und Differentialdiagnose der DAT (Bestimmung von Amyloid-Peptiden (Aβ1-42, Aβ1-40) und Tau-Proteinen (hyperphosphoryliertes und Gesamt Tau-Protein)). − ggf. Perfusions-SPECT (Nachweis typischer Hypoperfusionsmuster). − ggf. FDG-PET (Nachweis typischer Hypometabolismus-Muster). − ggf. Apolipoprotein E (APOE) Genotypisierung. − erweiterte Labordiagnostik: Homozystein; evtl. bei begründetem Verdacht Lues-Suchtest/ Borellienserologie etc.
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Kapitel 6 · Antidementiva
1
. Tab. 6.1 Modifizierte NINCDS-ADRDA Kriterien für eine sichere, wahrscheinliche oder mögliche DAT
2
Sichere DAT
5 Klinische Kriterien für eine wahrscheinliche DAT 5 Histopathologischer Beweis (Biopsie oder Autopsie)
3
Wahrscheinliche DAT
5 Klinische Untersuchung und MMSE für Demenz positiv 5 Demenz bestätigt durch neuropsychologische Testung 5 Defizite auf 2 oder mehr Teilgebieten der kognitiven Leistungsfähigkeit 5 Progrediente Verschlechterung des Gedächtnisses oder anderer kognitiver Leistungen 5 Keine quantitative Bewusstseinsstörung 5 Ausschluss einer Hirn- oder sonstigen Erkrankung, die zu einer Demenz führen kann
Mögliche DAT
5 Atypischer Beginn oder atypischer Verlauf einer Demenz unklarer Ätiologie 5 Eine Hirn- oder sonstige Erkrankung, die zwar zu einer Demenz führen kann, liegt vor, wird aber nicht für die vorliegende Demenz verantwortlich gemacht 5 Progrediente Leistungsminderung in einem einzigen kognitiven Teilgebiet
Unwahrscheinliche DAT
5 Plötzlicher Beginn 5 Fokal-neurologische Ausfälle 5 Krampfanfälle oder Gangstörung früh im Laufe der Erkrankung
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6.4.1
Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT)
Die DAT ist eine primär degenerative zerebrale Erkrankung mit progressivem Verlust von Nervenzellen. Die Folgen sind ein Abbau der intellektuellen Leistungsfähigkeit, Einschränkung der Bewältigung des Alltagslebens und Verhaltensauffälligkeiten. Die Ätiologie ist erst in Ansätzen bekannt; es finden sich charakteristische neuropathologische und neurochemische Merkmale. Die DAT beginnt meist schleichend, in der Regel nach dem 60. Lebensjahr; nach erster Diagnosestellung führt sie im Durchschnitt nach 3,1–6,6 Jahren zum Tode. Die Frühsymptome einer DAT werden von der Umgebung des Patienten häufig erst später wahrgenommen, der Patient
6.4 · Indikationen
429
6
kann sie überspielen. Zunächst fallen Störungen der Merkfähigkeit und Konzentration, später Gedächtnis- und Orientierungsstörungen auf. Schließlich kommt verminderte Urteilskraft hinzu. Nicht nur kognitive Einbußen, sondern auch die BPSD mit depressiven Störungen, Apathie, aggressivem Verhalten und Persönlichkeitsveränderungen prägen im weiteren Verlauf das Krankheitsbild und führen schließlich zu einem Verlust der Selbständigkeit. Die DAT-Diagnose ist erst durch eine autoptische neuropathologische Untersuchung zu sichern. 5 Typische, aber nicht pathognomonische neuropathologische Befunde sind: intrazelluläre neurofibrilläre Bündel aus hyperphosphoryliertem Tau-Protein, extrazelluläre Amyloidplaques aus Amyloid-β (Aβ) (insbesondere Aβ42, das durch proteolytische Spaltung des AmyloidPrecursor-Proteins (APP) durch die β- und γ-Sekretase entsteht), Neuronenverlust mit reaktiver Gliose, verminderte Aktivität der Azetylcholintransferase, aber auch Alterationen anderer Neurotransmittersysteme wie Somatostatin und Glutamat. 5 Neuere Untersuchungen weisen auf Veränderungen des Glukosestoffwechsels und immunologische Störungen hin. 5 Es findet sich ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer DAT bei Angehörigen ersten Grades mit DAT, bei familiärer Belastung mit Down-Syndrom, bei Vorliegen eines APOE-e4 Allels (besondere Bedeutung der Chromosomen 21, 14, 1 und 19), und bei Vorliegen kardiovaskulärer Risikofaktoren. Als mögliche Risikofaktoren gelten eine Hyperhomocysteinämie, Folsäuremangel, Hyperinsulinämie, Schädel-Hirn-Traumata, Depression (in einer neuen Studie gerade bestätigt) und ein niedriger Bildungsgrad. 5 Für eine sichere, wahrscheinliche oder mögliche DAT gibt es die in . Tab. 6.1 gezeigten Kriterien. Therapie der DAT 5 Das Ziel einer medikamentösen Therapie im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans liegt in einer Verminderung des Fortschreitens der Erkrankung, einer Verminderung der BPSD und dem Erhalt der Lebensqualität. Eine frühzeitige Behandlung sollte angestrebt werden. 5 Die Azetylcholinesterasehemmer (AChE-I) Donepezil, Galantamin und Rivastigmin sowie Memantine sind bei DAT gut evaluiert; der Einsatz ist dem Stufenplan der . Abb. 6.1 zu entnehmen. AChE-I sind für die Behandlung der leichten bis mittelschweren DAT, Memantine für die Behandlung der mittelschweren bis schweren DAT zugelassen.
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Kapitel 6 · Antidementiva
Klinische Studien zeigen einen Nutzen von AChE-I auch bei schwerer DAT, eine Zulassung hierfür besteht allerdings in Deutschland nicht. 5 Der Einsatz von AChE-I wird zunehmend kritisch gesehen; KostenNutzen-Bewertungen sind uneinheitlich. In einer kürzlich publizierten placebokontrollierten Studie wurde festgestellt, dass der AChE-I Donepezil zwar signifikante Besserungen der kognitiven und alltagspraktischen Fertigkeiten im Vergleich zu Placebo erbrachte, jedoch nicht den Zeitpunkt der Einweisung in ein Pflegeheim oder das Fortschreiten der krankheitsbedingten Behinderung beeinflusste; auch die Lebenszeit wurde nicht verlängert. Die Autoren warfen daher die Frage der Kosten-Nutzen Bewertung der AChE-I auf. Allerdings schränken methodische Schwächen die Aussagekraft dieser Studie ein. Auch wurden in einer systematischen Analyse der zur Wirksamkeit der AChE-I bei DAT publizierten, randomisierten, kontrollierten Studien methodische Mängel der Studien kritisiert und die klinische Relevanz der positiven Effekte in Frage gestellt. Während die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft kürzlich ihre eindeutigen Empfehlungen zum Einsatz von Cholinesterasehemmer und Memantine wiederholte, schränkte das britische »National Institute for Health and Clinical Excellence« (NICE) in seinen 2006 überarbeiteten Leitlinien (www.nice.org.uk) den Einsatz von AChE-I und Memantine ein. 5 Studien zu entzündungshemmenden Substanzen (u. a. Diclofenac, Indomethacin, Ibuprofen, Naproxen, Prednison, Rofecoxib, Celecoxib) bei der DAT waren negativ. Hinweise für einen positiven Effekt von Statinen oder Östrogenen finden sich bislang nicht. 5 In Bezug auf Kombinationsbehandlungen ergab die Zugabe von Memantine zu Donepezil bei mittelschwerer bis schwerer DAT in einer kontrollierten Studie einen zusätzlichen Effekt. Der Nutzen einer Kombination von AChE-I und Vitamin E ist hingegen nicht eindeutig bestätigt worden. Auch eine Kombination mit Östrogenen, Statinen oder entzündungshemmenden Substanzen, die aufgrund von Ergebnissen retrospektiver Studien oder theoretischen Erwägungen (wie z. B. einer kürzlich vorgeschlagenen Modulation der γ-Sekretase durch nichtsteroidale Antiphlogistika) in der Therapie der DAT vielversprechend erscheinen, kann gegenwärtig nicht empfohlen werden.
6.4 · Indikationen
6.4.2
431
6
Vaskuläre Demenz (VD) und gemischte Demenz
Die VD entwickelt sich meist mehr oder weniger schnell nach einer Reihe von Schlaganfällen als Folge von zerebrovaskulärer Thrombose, Embolie oder Blutung. Somit ist an eine VD insbesondere bei plötzlichem Beginn, schrittweisen oder abrupten Verschlechterungen im Verlauf, Krampfanfällen in der Anamnese und Vorliegen fokal-neurologischer Ausfälle zu denken. In seltenen Fällen kann ein einziger ausgedehnter Infarkt Ursache sein. Zu Beginn zeigen sich bei der VD häufiger als bei der DAT Aufmerksamkeitsstörungen, Verlangsamung der Denkabläufe und der Psychomotorik, depressive Symptome (hier bis zu 40%, bei DAT 15–25%) mit Antriebslosigkeit, aber auch Harninkontinenz, Gangstörungen und andere neurologische Zeichen. Die VD stellt die zweithäufigste Ursache einer demenziellen Entwicklung dar. Die gemischte Demenz (VD plus DAT) beinhaltet DATPatienten mit intrakraniellen Blutungen durch Amyloidangiopathie sowie DAT-Patienten mit begleitenden ischämischen Infarkten (sehr häufig). 5 Die VD kann weiter in »Post-Stroke-Demenz« (nach strategischem Einzelinfarkt mit akutem Beginn, ca. 17%), Multiinfarktdemenz (vorwiegend kortikale Demenz, ca. 40%) und subkortikale vaskuläre Enzephalopathie (mit arterieller Hypertonie assoziiert, ischämische Läsionen überwiegend im Marklager, ca. 40%) eingeteilt werden. Dazu kommen noch seltene Gefäßerkrankungen, wie beispielsweise die zerebrale autosomal dominante Arteriopathie mit subkortikaler Leukenzephalopathie (CADASIL ,«cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leucoencephalopathy«). Ursächlich findet sich eine Mutation am Notch-3-Gen auf Chromosom 19p13.1. De-novoMutationen kommen selten vor. 5 Für die Diagnose einer VD werden häufig die sogenannten NINDSAIREN-Kriterien (»National Institute of Neurological Disorders and Stroke ‒ Association Internationale pour la Recherche et l’Enseignement en Neurosciences«) angewandt. Therapie der VD und der gemischten Demenz 5 Eine Behandlung der vaskulären Grundkrankheit, vaskulärer Risikofaktoren und eine Sekundärprophylaxe vaskulärer Ereignisse sind grundlegend. 5 Aus Studienergebnissen geht eine Wirksamkeit von AChE-I und Memantine bei der VD hervor; eine Zulassung in diesem Bereich besteht jedoch nicht.
432
Kapitel 6 · Antidementiva
3
5 Die gemischte Demenz wird wie eine DAT kodiert, so dass eine antidementive Behandlung mit AChE-I oder Memantine innerhalb des zugelassenen Indikationsbereiches erfolgen kann. 5 Am besten sind Donepezil, Memantine und Galantamin evaluiert, für die Wirksamkeit von Rivastigmin gibt es Hinweise. Metaanalysen ergaben positive Ergebnisse für Donepezil und Memantine bei leichter bis mittelschwerer VD.
4
6.4.3
1 2
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Frontotemporale Demenz (FTD)
Als diagnostisch hinweisend für eine frontotemporale Demenz (FTD) werden ein schleichender Beginn meist vor dem 65. Lebensjahr, eine langsame Progredienz, Veränderungen der Persönlichkeit, des Verhaltens und des Affekts (etwa Apathie, Enthemmung, sozial unangepasstes Verhalten, Perseverationen, Veränderung des sprachlichen Ausdrucks) und ein Nachweis einer frontalen oder frontotemporalen Lokalisation durch strukturelle oder funktionelle Bildgebung angesehen. Kognitive Leistungseinbußen stehen nicht im Vordergrund. 5 Während die cholinerge Transmission bei der FTD relativ intakt erscheint, zeigen sich Defizite in der serotonergen und dopaminergen Neurotransmission. Therapieversuche bei der FTD 5 AChE-I sind wahrscheinlich unwirksam. Eine offene Studie zu Rivastigmin bei FTD zeigte jedoch bei fehlender Wirkung auf kognitive Parameter eine Verbesserung der BPSD. 5 Aus Einzelfallberichten und offenen Studien geht eine Wirksamkeit von serotonergen Substanzen auf Verhaltensstörungen bei fehlender Wirksamkeit auf kognitive Parameter hervor. Bislang liegen insgesamt nur zwei randomisierte, placebokontrollierte Studien zur Pharmakotherapie der FTD vor, die die Wirksamkeit von Trazodon und Paroxetin bei FTD untersuchten. Eine placebokontrollierte Studie zu Paroxetin hatte dabei im Gegensatz zu einer offenen Studie ein negatives Ergebnis.
15
6.4.4
16
Die Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ beginnt meist zwischen dem 60. und 68. Lebensjahr und betrifft Männer häufiger als Frauen. Die Dauer liegt bei 6‒8 Jahren. Es gibt deutliche Überschneidungen zur DAT einerseits und
17
Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ (DLB)
6.4 · Indikationen
433
6
zur Parkinsondemenz andererseits. Die nosologische Trennung zwischen der DLB und der Parkinsondemenz wird zunehmend kontrovers diskutiert. Die Differenzierung richtet sich nach dem Zeitpunkt des Auftretens eines Parkinson-Syndroms (»1-Jahres-Regel«): Tritt innerhalb eines Jahres nach Beginn einer Parkinson-Symptomatik eine Demenz auf, wird diese definitionsgemäß als DLB klassifiziert. Meist unterstützen der zeitliche Verlauf und die wiederkehrenden, szenischen visuellen Halluzinationen die Differenzialdiagnose zu anderen Demenzformen (. Tab. 6.2). Außerdem finden sich häufig zuerst Störungen der Aufmerksamkeit, frontaler Funktionen und visuell-räumlicher Fähigkeiten, die meist auch ausgeprägter als andere Hirnleistungsstörungen sind. Frühes Auftreten (neurogener) Blasenstörungen, REM-Schlaf-Verhaltensstörung und orthostatische Dysregulation sind weitere häufige Symptome. Histopathologisch sind eosinophile Einschlusskörper und Ubiquitin- und α-Synuklein-positive Neuriten typisch. 5 Zur Diagnose der DLB nach klinischen Gesichtspunkten dienen z. B. die CDLB-Kriterien (»Consortium on dementia with Lewy-Bodies«, . Tab. 6.2). Therapie der DLB 5 Es gibt positive Therapieergebnisse hinsichtlich kognitiver Funktionen und psychopathologischer Symptome aus offenen Studien zu allen AChE-I, die z. T. zu deutlich besseren Ergebnissen als bei der DAT
. Tab. 6.2 CDLB-Kriterien (allgemeine Demenz-Kriterien müssen erfüllt sein) zur Diagnostik der DLB Wahrscheinliche Demenz vom LewyKörperchen-Typ (mindestens 2 Kriterien erforderlich)
5 Fluktuierende kognitive Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeitsfokussierung 5 Optische Halluzinationen 5 Parkinson-Symptome (wenn vorhanden, dann innerhalb eines Jahres vor oder nach Auftreten der Demenz; sog. »1-Jahres-Regel«; 7 Kap. 6.4.4)
Akzessorische Symptome
5 Wiederholte Stürze, Synkopen, vorübergehende Bewusstseinsstörungen, erhöhte Suszeptibilität für antipsychotische Wirkungen und Nebenwirkungen, systematischer Wahn, Halluzinationen anderer Sinnesmodalitäten, Parasomnien, Depression
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Kapitel 6 · Antidementiva
führen. Eine kontrollierte Studie liegt für Rivastigmin vor. Therapieansprechen ist frühestens nach 4 Wochen zu erwarten. 5 Hochgradige antipsychotikainduzierte (EPS, aber auch sedierende oder anticholinerge) Nebenwirkungen sind für diese Demenzform typisch. 5 Bei einer notwendigen Antipsychotikaverordnung kann ggf. Quetiapin (25‒150 mg/Tag) oder Clozapin (6,25‒50 mg/Tag) versucht werden (auch7 Kap. 3.4.7 und Präparat); Olanzapin ist kontraindiziert. 6.4.5
Demenz bei Parkinson-Syndrom (PDD)
Eine Demenz tritt bei etwa 40% der Parkinson-Patienten im Verlauf der Erkrankung auf. Als Risikofaktoren für das Auftreten einer Demenz bei Parkinson-Syndrom gelten ein akinetisch-rigider Verlaufstyp und höheres Lebensalter (meist über 65 Jahre). Das Erscheinungsbild der PDD überschneidet sich mit dem der DLB (7 Kap. 6.4.4), ob es sich bei beiden wirklich um klinisch und pathogenetisch abgrenzbare Erkrankungen handelt, ist umstritten. Als Kriterium zur Differenzierung gegenüber der DLB gilt der zeitliche Verlauf: Fälle, bei denen ein Parkinson-Syndrom einer demenziellen Entwicklung länger als 1 Jahr vorausgeht, werden der PDD zugeordnet. Im Vordergrund stehen Aufmerksamkeitsdefizite und Einschränkungen der Exekutiv- und visuospatialen Funktionen, Gedächtnisstörungen beziehen sich meist auf den Abruf von Gedächtnisinhalten. Therapie der PDD 5 Rivastigmin hat kürzlich die Zulassung zur symptomatischen Behandlung der leichten bis mittelschweren Demenz bei idiopathischer Parkinson-Krankheit erhalten. 5 Zur Wirksamkeit von Donepezil bei PDD liegen positive Ergebnisse aus zwei kontrollierten Studien mit kleinen Fallzahlen vor. Für eine Wirkung von Galantamin gibt es Hinweise aus offenen Studien. 5 Hochgradige Antipsychotika-induzierte (EPS, aber auch sedierende oder anticholinerge) Nebenwirkungen sind auch bei dieser Demenzform häufig. 5 Bei psychotischen Symptomen ist Quetiapin (25‒150 mg/Tag) das Mittel der Wahl. Bei ungenügender Wirkung oder Auftreten eines akinetisch-rigiden Syndroms: Umstellung auf Clozapin (6,25‒100 mg/ Tag). Olanzapin und Risperidon verstärken die motorischen Parkinson-Symptome.
6.4 · Indikationen
6.4.6
435
6
Leichte kognitive Störung (»mild cognitive impairment«, MCI)
Als leichte kognitive Störung (MCI) wird das Vorliegen eines kognitiven Defizits (mehr als 1,5 Standardabweichungen unterhalb der Altersnorm) bezeichnet, das sowohl subjektiv als auch objektiv zu belegen ist und das nicht zu einer Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten führt. Als Gruppe zwischen physiologischem kognitiven Altern und Demenz stellt die MCI eine Möglichkeit der Sekundärprävention der Demenzen dar. Mehr als 70% der Patienten, die innerhalb von 2–3 Jahren eine Demenz entwickelten, hatten vorher eine MCI. MCI-Patienten leiden oft an einer depressiven Störung. 5 Als mögliche Prädiktoren eines späteren Übergangs in eine DAT werden u. a. neuropsychologische Untersuchungen, APOE-Genotypisierung, Liquormarker (Aβ42, Gesamt-Tau, hyperphosphoryliertes Tau), MRT (hippokampale/entorhinale Atrophie), SPECT und PET eingesetzt und hinsichtlich ihrer Vorhersagekraft untersucht. Vielversprechend erscheinen dabei PET und SPECT: Mittels Glukose-PET und APOEGenotypisierung konnte der Übergang von einer MCI in eine DAT in einer kürzlich publizierten, prospektiven Studie je nach Kombination der beiden Parameter mit einer Sensitivität und Spezifität von jeweils bis zu 100% vorhergesagt werden. Durch eine Kombination von Gesamt-Tau, Aβ42 und hyperphosphoryliertem Tau (P-Tau181) im Liquor konnte in einer anderen Studie eine Sensitivität von 95% und eine Spezifität von 83% hinsichtlich der Entwicklung einer DAT erreicht werden. Therapieversuche bei MCI 5 Die meisten gegenwärtig untersuchten Ansätze zur medikamentösen Behandlung der MCI basieren auf Strategien der DAT-Behandlung. Randomisierte Studien zur Wirksamkeit von AChE-I (Donepezil, Galantamin, Rivastigmin), Antioxidantien (Vitamin E), antiinflammatorischen Substanzen (Rofecoxib) und Nootropika (Piracetam) zeigten jedoch bislang keine überzeugende Wirksamkeit in der Verringerung des Risikos des Übergangs in eine DAT. 5 Nach derzeitigem Wissensstand ist eine medikamentöse Behandlung der MCI mit AChE-I oder anderen Substanzen (Statine, Östrogene, Antiphlogistika, Antioxidantien) nicht angezeigt.
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6.5
Kapitel 6 · Antidementiva
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
5 Die Information, Motivation und Psychoedukation des Patienten und der Angehörigen bzw. des Betreuers ist die Basis der Behandlung und sollte sich auch auf die Einnahme von Antidementiva beziehen. Es sollte besonders betont werden, dass ein vorübergehender Stillstand des Leistungsabbaus bereits ein Erfolg ist. Auch soziale, finanzielle und rechtliche Aspekte sowie Strategien zum Selbstmanagement und zur Problemlösung von Konfliktsituationen im Umgang mit dem Kranken sollten im Rahmen der Angehörigenarbeit besprochen werden. Weiterhin ist für eine psychosoziale Entlastung der Angehörigen zu sorgen, bei denen sich sonst in über 80% der Fälle depressive Störungen entwickeln können. 5 Psychotherapeutische und persönlichkeitsstützende Verfahren und verhaltenstherapeutische Interventionen können bei leichten bis mittelschweren Demenzen eingesetzt werden. Ein kompensatorisches Vorgehen mit dem Ziel, dass der Patient trotz Einbußen im Alltag zurechtkommt, ist anzustreben. 5 Spezielle und verbliebene Fähigkeiten sollten gefördert werden. Einfache interne Strategien (»Memotechniken«) wie Gesichter-NamenAssoziationslernen und einfache externe Strategien (Listen, Kalender, aktive Hinweisreize wie Wecker) zur vereinfachten Umfeldstrukturierung können hilfreich sein. Informationen zu Personen, Zeit und Ort werden in der »Realitätsorientierungstherapie« (ROT) gelernt. 5 In der Milieutherapie wird versucht, durch Anpassung des Wohn- und Lebensbereiches (Schaffung einer überschaubaren, aber anregenden Umgebung, konstant strukturierter Tagesablauf etc.) das Wohlbefinden und die verbliebenen Alltagskompetenzen des Patienten zu fördern. 5 Bei schwereren Demenzen scheint die »Erinnerungstherapie«, die auch emotional entlastend ist und bei der auf alte Gedächtnisinhalte zurückgegriffen wird, sinnvoll zu sein. 5 Weitere Maßnahmen können die »Validationstherapie«, die »SelbstErhaltungs-Therapie« (SET), Ergo-, Musik-, Kunst- und Bewegungstherapie sowie das sog. »Snoezelen« (multimodale sensorische Stimulation) umfassen.
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6.6 · Präparate
6.6
6
Präparate1
Co-dergocrin (Dihydroergotoxin) DCCK (Shire Deutschland) Ergodesit (Desitin) Ergotox 2,5 (ct-Arzneimittel) Hydergin (Novartis Pharma)
Nootropikum Hydro-Cebral-ratiopharm (ratiopharm) Orphol (Opfermann) Sponsin (Farmasan)
Dosierung 5 Genaue Empfehlungen sind den Produktinformationen des Herstellers zu entnehmen, da die Bioverfügbarkeit stark von der Galenik abhängt. 5 Üblicherweise werden 3–6 mg/Tag gegeben (maximal je nach Präparat 8‒10 mg/Tagz). Bewertung Aufgrund des fehlenden Wirksamkeitsnachweises ist Co-dergocrin(z) als Antidementivum nicht zu empfehlen. Donepezil Azetylcholinesterasehemmer Aricept (Eisai, Pfizer) Tbl. 5, 10 mg (28, 56, 98 Tbl.) Aricept Evess (Esai, Pfizer) Schmelztabletten 5, 10 mg (28, 98 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Reversibler selektiver Azetylcholinesterasehemmer.
1
Wegen der Vielzahl im Handel befindlichen Präparate werden die Darreichungsformen nicht immer aufgelistet. Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der Nebenwirkungen und Kontraindikationen in 7 Kap 13, insbesondere 7 Kap. 13.1, Psychopharmaka im Alter, hingewiesen.
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Kapitel 6 · Antidementiva
Pharmakokinetik 5 t½=70–80 h; Tmax=4 h; Bioverfügbarkeit ca. 100%; Plasmaproteinbindung >90%. Steady state nach ca. 3 Wochen. 5 Metabolisierung über CYP 3A4 und CYP 2D6. Ein wirksamer Metabolit (6-O-Desmethyl-Donepezil), mehrere unwirksame Metabolite. 5 Plasmakonzentration: 30–75 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Leichte bis mittelschwere Demenz bei Alzheimer-Krankheit (DAT)z 5 Wirksam auch bei schwerer DAT und VD. 5 Für die Wirksamkeit bei DLB und PDD gibt es Hinweise. 5 Der Nutzen bei MCI hinsichtlich der Verlangsamung des kognitiven Abbaus und der Verminderung der Konversion zur DAT ist fraglich. 5 Erste Hinweise gibt es für die Wirksamkeit bei kognitiven Störungen im Rahmen von Schädel-Hirn-Traumata, Multipler Sklerose, DownSyndrom. 5 Keine klinisch signifikanten Veränderungen des EKG und der Routinelaborparameter. 5 Verträglichkeit insbesondere zu Beginn der Behandlung besser als Rivastigmin. 5 Absicherung der Diagnose durch einen in der Behandlung von Demenzen erfahrenen Arzt. ! Vorsicht vor Operationen, lange t½.
Dosierung 5 Beginn mit 5 mg/Tag, nach einem Monat ggf. Steigerung auf 10 mg/ Tagz (Einmalgabe zur Nacht). 5 Bei eingeschränkter Leberfunktion Dosisanpassung entsprechend der individuellen Verträglichkeit (Clearance bei Leberinsuffizienz um etwa 20% vermindert); bei Nierenfunktionsstörungen keine Dosisanpassung erforderlich.
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Nebenwirkungen 5 Häufig: Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Schwindel; Appetitlosigkeit, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, gastrointestinale Beschwerden; Muskelkrämpfe; Harninkontinenz; Ausschlag, Juckreiz; Synkopen; Halluzinationen, Erregungszustände, aggressives Verhalten.
6.6 · Präparate
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6
5 Gelegentlich: Bradykardie; Krampfanfälle; Magen- u. Zwölffingerdarmgeschwüre, gastrointestinale Blutungen; geringe Erhöhung der MuskelKreatin-Kinase im Serum. 5 Selten: sinoatrialer und atrioventrikulärer Block; EPS; Leberdysfunktion (einschl. Hepatitis). 5 Gastrointestinale Nebenwirkungen treten dosisabhängig insbesondere zu Beginn der Behandlung und während der Titrationsphase, andere Nebenwirkungen (z. B. zentral, kardiovaskulär, respiratorisch) häufiger während der Erhaltungstherapie und ohne Dosisabhängigkeit auf; sie sind seltener als bei Galantamin oder Rivastigmin. Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen das Präparat oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels. 5 Relative Kontraindikationen: vorbestehende bradykarde Herzrhythmusstörungen, Sick-Sinus-Syndrom, supraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder andere obstruktive Lungenerkrankungen. Patienten mit erhöhtem Risiko zur Bildung peptischer Ulzera. ! Vorsicht bei vorbestehenden bradykarden Herzrhythmusstörungen,
supraventrikulären Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder obstruktiven Lungenerkrankungen.
Interaktionen 5 Pharmakokinetische Interaktionen mit Substanzen, die über CYP 3A4 und CYP2D6 metabolisiert werden, sind möglich (7 Kap. 16). Eine klinische Relevanz ist bisher nicht nachgewiesen. Pharmakodynamische Interaktionen mit Cholinomimetika, β-Rezeptorenblockern und depolarisierenden Muskelrelaxanzien vom Succinylcholin-Typ; in seltenen Fällen Verstärkung antipsychotikainduzierter EPS möglich. Bewertung Erfüllt die Kriterien zum Wirksamkeitsnachweis bei DAT aller Schweregrade, zugelassen nur bei leichter bis mittelschwerer DAT. Verbesserung der BPSD. Aus offenen Langzeitstudien gehen Hinweise auf eine über einen Beobachtungszeitraum von bis zu 4,9 Jahren anhaltende Verlangsamung der Symptomprogression hervor. Vorteil der Möglichkeit der Einmalgabe.
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Kapitel 6 · Antidementiva
Galantamin Azetylcholinesterasehemmer Reminyl (Janssen-Cilag) Tbl. 4 mg (56 Tbl.) 8, 12 mg (56, 112 Tbl.) Lsg. 4 mg=1 ml (100 ml)
Reminyl 1-mal täglich retardiert (Janssen-Cilag) Kps. 8 mg (28 Kps.) 16, 24 mg (28, 84 Kps.) ; Starterpaket 8 mg (28 Kps) + 16 mg (28 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Reversibler Azetylcholinesterasehemmer. 5 Allosterischer Modulator präsynaptischer nikotinischer Azetylcholinrezeptoren mit Erhöhung der Affinität für Azetylcholin insbesondere mit Rezeptoren, die α4- und α7-Untereinheiten enthalten. Pharmakokinetik 5 t½=7,5 h; Tmax=1 h; Bioverfügbarkeit ca. 90%; Plasmaproteinbindung 18%. Steady state nach 2–3 Tagen. 5 N- und O-Demethylierung durch CYP 2D6 und CYP 3A4 (Norgalantamin, O-Desmethyl-Galantamin, O-Desmethyl-Norgalantamin und Glukuronidierung). 94% renale Ausscheidung. 5 Plasmakonzentration: 30–100 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Leichte bis mittelschwere Demenz bei Alzheimer-Krankheit (DAT)z. 5 Für die Wirksamkeit bei VD, DLB und PDD gibt es Hinweise. 5 Wahrscheinlich auch bei schwerer DAT wirksam. 5 Keine klinisch signifikanten Veränderungen des EKG und der Routinelaborparameter. 5 Absicherung der Diagnose durch einen in der Behandlung von Demenzen erfahrenen Arzt. Dosierung 5 Beginn mit 8 mg/Tag verteilt auf zwei Einzeldosen (vorzugsweise morgens und abends zum Essen), Retardpräparation als Einmalgabe. Langsame Dosissteigerung um 8 mg alle 4 Wochen bis zum Erreichen der Erhaltungsdosis von 16 mg/Tag bzw. 24 mg/Tagz.
6.6 · Präparate
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6
5 Dosisanpassung bei Leberfunktionsstörungen. Bei mittelschwerer Leberinsuffizienz können maximal 16 mg/Tagz, langsam aufdosiert, gegeben werden. Keine Gabe bei schwerer Leber- und Niereninsuffizienz. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Übelkeit, Erbrechen. 5 Häufig: Appetitverlust, Diarrhö, Dyspepsie; Schlaflosigkeit, Somnolenz, Erschöpfung; Schwindel, Tremor, Muskelkrämpfe, Verwirrtheit, Depression; Anorexie; Stürze; Synkopen; Harnwegsinfektionen. 5 Selten: Bradykardie, vereinzelt AV-Blockierungen, Hypotension; Krampfanfälle; Aggression, Agitation, Halluzinationen; gastrointestinale Blutungen, Dysphagie. 5 Gastrointestinale Nebenwirkungen treten dosisabhängig insbesondere zu Beginn der Behandlung und während der Titrationsphase, andere Nebenwirkungen (z. B. zentral, kardiovaskulär, respiratorisch) häufiger während der Erhaltungstherapie und ohne Dosisabhängigkeit auf; gastrointestinale Nebenwirkungen sind etwas seltener als bei Rivastigmin. Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen das Präparat oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels. 5 Schwere Leber- und/oder Niereninsuffizienz. 5 Relative Kontraindikationen: vorbestehende bradykarde Herzrhythmusstörungen, Sick-Sinus-Syndrom, supraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder andere obstruktive Lungenerkrankungen. Patienten mit erhöhtem Risiko zur Bildung peptischer Ulzera. ! Vorsicht bei vorbestehenden bradykarden Herzrhythmusstörungen,
supraventrikulären Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder obstruktiven Lungenerkrankungen. Keine Gabe bei schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz.
Interaktionen 5 Pharmakokinetisch: Interaktionen mit Inhibitoren des CYP 2D6 wie Paroxetin oder CYP 3A4 wie Ketoconazol oder Erythromycin gehen mit geringfügig erhöhten Galantamin-Serumkonzentrationen einher (7 Kap. 16). Daher ist bei diesen Komedikationen Vorsicht geboten. Verzögerte, aber nicht verringerte Absorption durch gleichzeitige Nah-
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Kapitel 6 · Antidementiva
rungsaufnahme. Die Einnahme zu den Mahlzeiten wird empfohlen, um cholinomimetische Nebenwirkungen zu minimieren. 5 Pharmakodynamische Interaktionen mit Cholinomimetika, β-Rezeptorenblockern und depolarisierenden Muskelrelaxanzien vom Succinylcholin-Typ möglich. Bewertung Erfüllt die Kriterien zum Wirksamkeitsnachweis bei leichter bis mittelschwerer DAT. Verbesserung der BPSD. Aus offenen Langzeitstudien gehen Hinweise auf eine über einen Beobachtungszeitraum von bis zu 4 Jahren anhaltende Verlangsamung der Symptomprogression hervor. Retardpräparation mit Möglichkeit der Einmalgabe. Ginkgo biloba
Nootropikum
Dougink 3000 (Duopharm)
Ginkgodilat (Sandoz)
Gingiloba (1A Pharma)
Ginkopur (Spitzner)
Gingium (Hexal)
Isoginkgo (Merck dura)
Gingobeta (betapharm)
Kaveri (Lichtwer)
Gingopret (Bionorica)
Rökan (Spitzner)
Gingko-Isis (Alpharma-Isis)
SE Ginkgo (Spitzner)
Ginkgo Stada (Stada)
Tebonin (Schwabe)
Ginkgobil ratiopharm (ratiopharm)
Dosierung Die Dosierung hängt von der Art des Präparates ab. Da die Präparate in ihrer genauen Zusammensetzung sehr unterschiedlich sind, gleichzeitig aber unklar ist, welche Einzelsubstanz der Ginkgoflavonglykoside und Terpinoide für die Wirkung verantwortlich ist, wurde auf die genaue Präparatecharakterisierung an dieser Stelle verzichtet. Das Extrakt aus Ginkgo biloba wird »Egb 761« genannt, seine über 60 Bestandteile sind zu ca. 95% bekannt, Dosierung zwischen 120 und 240 mg/Tagz. Bewertung Obwohl jetzt eine positive randomisierte Studie vorliegt, ist der Wirksamkeitsnachweis nicht ausreichend und die Verordnung von Gingko biloba als Antidementivum(z) nicht zu empfehlen.
443
6.6 · Präparate
6
! Unter Gingko-biloba-Extrakten kann es in Kombination mit Gerin-
nungshemmern zu Blutungen kommen; eine gezielte Gerinnungsanamnese erscheint sinnvoll.
Memantine N-Methyl-D-Aspartat-(NMDA-) Rezeptorantagonist Axura (Merz Pharmaceuticals) Tbl. 10 mg (50, 100 Tbl.) Lsg. 10 mg/g (20 Trpf.) Lsg. (50, 100 g Lsg.)
Ebixa (Lundbeck) Tbl. 10 mg (50, 100 Tbl.) Lsg. 10 mg/g (20 Trpf.) Lsg. (50, 100 g Lsg.)
Pharmakodynamik 5 Spannungsabhängiger, nicht kompetitiver NMDA-Rezeptor-Antagonist mittlerer Affinität. Memantine blockiert die Wirkung pathologisch erhöhter tonischer Konzentrationen von Glutamat, die zu neuronalen Funktionsstörungen führen können. Pharmakokinetik 5 t½=60–100h; Tmax=3–8 h; absolute Bioverfügbarkeit von ca. 100%; Plasmaproteinbindung ca. 45%. 5 Kein durch Cytochrom P450 katalysierter Metabolismus. Hauptmetabolite (N-3,5-Dimethyl-Gludantan und 1-Nitroso-3,5-Dimethyl-Adamantan) ohne NMDA-antagonistische Wirkung. 5 Elimination fast ausschließlich renal (>99%), bei mittelschweren Nierenfunktionsstörungen Reduzierung der Dosis erforderlich. 5 Reduktion der renalen Eliminationsrate von Memantine um das 7- bis 9fache bei alkalischem Urin (pH>8). 5 Plasmakonzentration: 7–159 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Mittelschwere bis schwere Demenz bei Alzheimer-Krankheit (DAT)z. 5 Wirksam auch bei der VD; Hinweise auf Wirksamkeit bei leichter DAT. 5 Eine Studie zeigt einen zusätzlichen signifikanten Nutzen von Memantine als »Add-on«-Medikament bei mit Donepezil vorbehandelten Patienten mit mittelschwerer bis schwerer DAT. 5 Absicherung der Diagnose durch einen in der Behandlung von Demenzen erfahrenen Arzt.
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Kapitel 6 · Antidementiva
Dosierung 5 Beginn mit 5 mg/Tag als Einmalgabe am Morgen für 7 Tage, ab der 2. Behandlungswoche 10 mg/Tag verteilt auf 2 Einnahmezeitpunkte; im Folgenden wöchentliche Steigerung um 5 mg/Tag bis zum Erreichen der empfohlenen Erhaltungsdosis von 20 mg/Tagz in 2 Einzeldosen ab der 4. Behandlungswoche. 5 Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen. Nebenwirkungen 5 Insgesamt gering. 5 Häufig: Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Schwindel; Obstipation. 5 Gelegentlich: Müdigkeit, Erbrechen, Verwirrtheit, Halluzinationen. 5 Sehr selten: Krampfanfälle. Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen das Präparat oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Nierenfunktionsstörungen, Patienten mit Epilepsie, Krampfanfällen in der Anamnese oder erhöhter cerebraler Anfallsbereitschaft. ! Bei Patienten mit mittelschweren Nierenfunktionsstörungen muss die
Dosis auf 10 mg/Tag reduziert werden; für schwere Nierenfunktionsstörungen sind keine Angaben verfügbar. Eine Alkalisierung des Urins (z. B. Einnahme größerer Mengen von Antazida, Nahrungsumstellungen) kann die renale Eliminationsrate vermindern.
Interaktionen 5 Dopaminerge Substanzen und Anticholinergika (möglicherweise verstärkte Wirkung), Barbiturate und Antipsychotika (Wirkabschwächung), Dantrolen und Baclofen (Änderung der Wirkung), ggf. Dosisanpassung erforderlich. 5 Amantadin, Ketamin (mögliche Verstärkung zentraler Nebenwirkungen durch additiven Effekt auf NMDA-Rezeptoren). 5 Arzneimittel wie Cimetidin, Ranitidin, Procainamid, die das gleiche renale Kationentransportsystem benutzen (potenzielle Erhöhung der Plasmaspiegel). 5 Hydrochlorothiazid (verringerte Ausscheidung von Hydrochlorothiazid).
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6.6 · Präparate
6
5 Antazida, Natriumbikarbonat, Carboanhydrasehemmer: erhöhte Plasmaspiegel von Memantine aufgrund einer verminderten renalen Eliminationsrate bei Alkalisierung des Urins möglich. Bewertung Erfüllt die Kriterien zum Wirksamkeitsnachweis bei mittelschwerer bis schwerer DAT. Möglicherweise als Kombinationsbehandlung mit AChE-I bei mittelschwerer bis schwerer DAT sinnvoll. Verbesserung der BPSD. Nicergolin Ergobel (Kwizda) Nicergobeta (betapharm) nicergolin von ct (ct-Arzneimittel)
Nootropikum Nicergolin-ratiopharm (ratiopharm) Nicerium (Hexal)
Nicergolin-neuraxpharm (neuraxpharm)
Dosierung 5 20–60 mg/Tagz, bei Besserungstendenz Reduktion auf die Zieldosis von 15–20 mg/Tag. Falls Serumkreatinin >2 mg/dl, einschleichender Beginn mit 5–10 mg/Tag auf 2–3 Einnahmezeitpunkte verteilt. Parenterale Gabe möglich. Bewertung Kein überzeugender Wirksamkeitsnachweis als Antidementivum(z). Nur bei VD Mittel der zweiten Wahl (. Abb. 6.1). Nimodipin Nimodipin HEXAL (Hexal) Tbl. 30 mg (30, 60, 120 Tbl.)
Nootropikum Nimotop (Bayer Vital) Tbl. 30 mg (30, 60, 100 Tbl.)
NIMODIPIN-ISIS (Alpharma-Isis) Tbl. 30 mg (30, 60, 100 Tbl.)
Dosierung 5 Standarddosierung für psychiatrische Indikationen 3-mal 30 mg/Tagz; einschleichender Beginn.
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Kapitel 6 · Antidementiva
Bewertung In einer offenen Studie zur VD war die Kombination aus Nimodipin und ASS Rivastigmin unterlegen. Positive Ergebnisse zeigten sich in der Behandlung der VD in einer placebokontrollierten Studie. Kein überzeugender Wirksamkeitsnachweis als Antidementivum(z). Nur bei VD Mittel der zweiten Wahl (. Abb. 6.1). Piracetam Avigilen (Riemser)
Piracetam AL (Aliud Pharma)
Cerepar N (Merckle)
Piracetam-ELBE-MED (Schöning Berlin)
Nootrop (UCB ) Normabrain (UCB)
7 8 9
Nootropikum
Piracebral (Hexal/NeuroHexal)
Piracetam-neuraxpharm (neuraxpharm)
piracetam von ct (ct-Arzneimittel)
Piracetam-ratiopharm (ratiopharm)
Piracetam 800 Verla (Verla)
Piracetam RPh (Rodleben)
Piracetam Stada (Stada)
Piracetam Sandoz (Sandoz)
Piracetrop 1200 (Holsten Pharma)
Sinapsan (Rodleben/Vedim)
10
Piracetam AbZ (AbZ-Pharma)
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Dosierung 5 Beginn mit 3-mal 800 mg/Tag oral, maximal 4,8 g/Tagz . Bei leichter Niereninsuffizienz (Serumkreatinin bis 3 mg/dl) Dosishalbierung, bei schwerer (Serumkreatinin >3 mg/dl) Viertelung der Dosis.
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Bewertung Aufgrund des fehlenden Wirksamkeitsnachweises ist Piracetam als Antidementivum(z) nicht zu empfehlen. Es gibt allerdings außerhalb der psychiatrischen Pharmakopsychiatrie eine Indikation bei postanoxischen hirnorganischen Syndromen; bei Myoklonien unterschiedlicher Genese ist es auch in i.v.-Dosen bis zu 16 g/Tag wirksam.
6.6 · Präparate
447
Pyritinol
6
Nootropikum
Encephabol (Merck) Drg. 100 mg, 200 mg (Encephabol-forte 200) (50, 100 Drg.)
Dosierung 5 Empfohlene Dosis 3-mal 200 mg/Tagz oral. Bewertung Aufgrund des fehlenden Wirksamkeitsnachweises ist Pyritinol als Antidementivum(z) nicht zu empfehlen. Rivastigmin Azetylcholinesterasehemmer Exelon (Novartis Pharma) Kps. 1,5; 3; 4,5; 6 mg (56, 112 Kps.) Lsg. 2 mg = 1 ml (50, 120 ml)
Pharmakodynamik 5 »Pseudoirreversibler« Azetylcholinesterasehemmer mit hirnregionaler Selektivität (Kortex und Hippokampus). Zusätzlich Hemmung der Butyrylcholinesterase. Trotz kurzer Plasmahalbwertszeit (1 h) wird die Azetylcholinesterase über einen Zeitraum von bis zu 10 h gehemmt. Pharmakokinetik 5 t½=0,6–2 h; Tmax=1 h; Wirkdauer im Gehirn ca. 10 h, Bioverfügbarkeit ca. 36%; Plasmaproteinbindung 40%. 5 Metabolisierung durch die Azetylcholinesterase. Das Enzym wird carbamyliert und mit einer t½ von mehreren Stunden wieder hydrolysiert, sodass es ohne Neusynthese regeneriert (»pseudoirreversible« Hemmung). Der decarbamylierte Metabolit des Rivastigmins wird schnell und fast vollständig über die Niere ausgeschieden (95% innerhalb von 24 h). 5 Nahezu keine Beteiligung des CYP-Systems. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Leichte bis mittelschwere Demenz bei Alzheimer-Krankheit (DAT)z.
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Kapitel 6 · Antidementiva
5 Leichte bis mittelschwere Demenz bei idiopathischer Parkinson-Krankheit (PDD) z. 5 Wirksam auch bei schwerer DAT. 5 Für die Wirksamkeit bei VD und DLB gibt es Hinweise. 5 Erste Hinweise für eine Verbesserung der BPSD bei FTD. 5 Bei Agitation im Rahmen einer DAT war Rivastigmin in einer Studie nicht wirksam. 5 Keine klinisch signifikanten Veränderungen der Routine-Laborparameter. 5 Absicherung der Diagnose durch einen in der Behandlung von Demenzen erfahrenen Arzt. Dosierung 5 Beginn mit 3 mg/Tag verteilt auf 2 Einzeldosen (2-mal 1,5 mg) zu den Mahlzeiten. Dosissteigerung alle 2 Wochen bis zu einer Erhaltungsdosis von 6–12 mg/Tagz verteilt auf zwei Einnahmezeitpunkte. 5 Wenn die Behandlung länger als einige Tage unterbrochen wurde, Wiederbeginn mit 2-mal 1,5 mg und anschließende Dosistitration. 5 Bei Leber- und Nierenfunktionsstörung Dosisanpassung erforderlich (Clearance von Rivastigmin bei eingeschränkter Leberfunktion um etwa 60%, bei eingeschränkter Nierenfunktion um etwa 65% vermindert). Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigkeit. 5 Häufig: Bauchschmerzen, Dyspepsie; Gewichtsverlust; vermehrtes Schwitzen, Tremor, Unwohlsein, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Somnolenz, Agitiertheit, Verwirrtheit. 5 Gelegentlich: Synkopen; akzidentelle Stürze; Schlaflosigkeit, Depression. 5 Selten: Krampfanfälle; Angina pectoris; Magen- und Duodenalulcera; Hautausschlag. 5 Sehr selten: Halluzinationen; Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, EPS, Harnwegsinfektionen, gastrointestinale Blutungen. 5 Gastrointestinale Nebenwirkungen treten dosisabhängig, insbesondere zu Beginn der Behandlung und während der Titrationsphase, andere Nebenwirkungen (z. B. zentral, kardiovaskulär, respiratorisch) häufiger während der Erhaltungstherapie und ohne klare Dosisabhängigkeit auf; sie sind häufiger als bei Donepezil.
6.6 · Präparate
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6
Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegen das Präparat oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels. 5 schwere Leberinsuffizienz. 5 Relative Kontraindikationen: Vorbestehende bradykarde Herzrhythmusstörungen, Sick-Sinus-Syndrom, supraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder andere obstruktive Lungenerkrankungen. Patienten mit erhöhtem Risiko zur Bildung peptischer Ulzera. ! Vorsicht bei vorbestehenden bradykarden Herzrhythmusstörungen,
supraventrikulären Erregungsleitungsstörungen, Asthma bronchiale oder obstruktiven Lungenerkrankungen. Bei Leber- und Nierenfunktionsstörung Dosisanpassung.
Interaktionen 5 Sehr geringes Interaktionspotenzial, bislang sind keine pharmakokinetischen Interaktionen bekannt. Pharmakodynamische Interaktionen mit Cholinomimetika, β-Rezeptorenblockern und depolarisierenden Muskelrelaxanzien vom Succinylcholin-Typ möglich. Bewertung Erfüllt die Kriterien zum Wirksamkeitsnachweis bei leichter bis mittelschwerer DAT und leichter bis mittelschwerer PDD. Verbesserung der BPSD. Aus offenen Langzeitstudien gehen Hinweise auf eine über einen Beobachtungszeitraum von bis zu 5 Jahren anhaltende Verlangsamung der Symptomprogression bei der DAT und von bis zu 1 Jahr bei der PDD hervor. Kurze HWZ (vor Operationen wichtig), sehr geringes Interaktionspotential. Nachteil: keine Einmalgabe möglich; häufiger Übelkeit und Erbrechen, verminderte renale Clearance bei mehr als der Hälfte der gerontopsychiatrischen Patienten. Auch als Lösung erhältlich.
373
5
Hypnotika (Antiinsomnika)
5.1
Übersicht
Hypnotika sind schlaferzeugende Pharmaka (syn.: Schlafmittel, Antiinsomnika). Früher gebräuchliche Präparate wie Barbiturate wirken dosisabhängig sedativ, hypnotisch oder narkotisch. Moderne Präparate wie die Benzodiazepinhypnotika und die Non-Benzodiazepinhypnotika führen bei oraler Verabreichung auch in hoher Dosierung nicht zu einer vollständigen Narkose. Ideale Anforderungen an Hypnotika sind: keine Veränderung des physiologischen Schlafs, keine Kumulation, keine Toleranzentwicklung, kein Abhängigkeitspotenzial und keine Lähmung des Atemzentrums bei Überdosierung. Schlafmittel sollen schnell und zuverlässig resorbiert werden und rasch im ZNS anfluten. Die Gruppe der Hypnotika enthält Präparate mit unterschiedlicher Strukturchemie: 5 Benzodiazepinhypnotika, 5 Chloralhydrat (Aldehyd), 5 Diphenhydramin, Doxylamin (Dimethylamine), Promethazin (Phenothiazinderivat), 5 Non-Benzodiazepinhynotika: Zaleplon (Pyrazolopyrimidin), Zolpidem (Imidazopyridin), Zopiclon (Zyklopyrrolon). 5 Andere Substanzen, die bei Schlafstörungen angewandt oder diskutiert werden sind: − Antidepressiva, − Antipsychotika, − Clomethiazol, − Melatonin, − Tryptophan, − Phytopharmaka und Homöopathika. 5 Barbiturate oder Monoureide (Cabromal, Bromisoval) sind als Hypnotika nicht mehr gebräuchlich.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Diagnostisches Vorgehen 5 Die Klassifikation der Schlafstörungen nach ICD-10 erfolgt in nichtorganische und organische Schlafstörungen. Bei den nichtorganischen Schlafstörungen werden Dyssomnien (Störung des Einschlafens oder des Durchschlafens oder vermehrte Schläfrigkeit) und Parasomnien (Störungen von Arousal und Stadienwechsel) unterschieden. Zu den organischen Schlafstörungen zählen u. a. das Schlaf-Apnoe-Syndrom, die Narkolepsie und das Kleine-Levin-Syndrom (7 Kap. 10). 5 Ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung berichtet über zumindest gelegentliche Schlafstörungen. Als überdauernd oder deutlich beeinträchtigend werden Schlafstörungen bei ca. 10% der Bevölkerung angegeben (im Alter zunehmend). Häufig bestehen Tendenzen zur Chronifizierung; damit geht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Depression einher. 5 In den letzten Jahren rückt der Terminus »nichterholsamer Schlaf« in den Vordergrund. Oft stehen neben der Schlaflosigkeit (Insomnie) auch Störungen der Tagesbefindlichkeit und der Funktionsfähigkeit im Vordergrund. Die Einführung des übergeordneten Begriffs »nichterholsamer Schlaf« hebt dann allerdings die alten Einteilungen zur Schlafstörung auf; Insomnie und Hypersomnie können nun unter einem Begriff zusammengefasst werden. 5 Vor der Hypnotikaverordnung ist eine genaue Schlafanalyse notwendig: Beschreibung der Ein- und Durchschlafstörungen, Früherwachen, Schlaflänge und Häufigkeit der Schlafunterbrechungen. Dazu können den Patienten Schlaftagebücher (z. B. visuelle Analogskalen abends/ morgens, VIS-A/VIS-M; Schlaffragebogen SF-A) mit nach Hause gegeben werden. Sie sollen über einen Zeitraum von mindestens 14 Tagen geführt werden. Bewährte diagnostische Instrumente zur Erhebung von Schlafstörungen in der Sprechstunde sind das strukturierte Interview für Schlafstörungen (SIS-D), das SLEEP-EVAL und der Schlaffragebogen-B (SFB). Schlafstörungen treten auf: 5 als Begleitsymptomatik von organischen Erkrankungen (z. B. neurodegenerative Erkrankungen, Herz- oder Lungenerkrankungen, maligne Erkrankungen, chronische Infektionen), 5 bei Schmerzsyndromen, 5 bei nahezu allen psychiatrischen Erkrankungen (. Tab. 5.1), 5 bei psychischen Stressoren, 5 bei umgebungsbedingten Stressoren (Lärmbelastung, Schichtarbeit, Jetlag),
5
375
5.1 · Übersicht
. Tab. 5.1 Beeinträchtigungen des Schlafs bei psychiatrischen Störungen Störungsbild
Störung der Schlafkontinuität
Tiefschlafreduktion
REM-SchlafEnthemmung
Affektive Erkrankungen
+++
++
++
Schizophrenien
+++
+++ (besonders Stadium 4)
+
Angsterkrankungen
+
–
–
Demenzen
+++
+++
–
Alkoholabhängigkeit
++
+++
+
+++ bei fast allen Patienten vorhanden; ++ bei ca. 50% aller Patienten vorhanden; + bei ca. 25% aller Patienten vorhanden; – bisher nicht berichtet.
5 bei körperlichen Belastungen, 5 durch Medikationseffekte: Sympathomimetika, Theophyllin, Schilddrüsenhormonpräparate, Steroidbehandlung, stimulierende Substanzen (Koffein und synthetische Substanzen, z. B. Amphetamine, Ecstasy), Antibiotika (z. B. Gyrasehemmer), Nootropika (z. B. Piracetam), Antihypertensiva (z. B. β-Rezeptorenblocker), Diuretika, Alkohol und andere Rauschmittel, 5 als Primäre Insomnie, u. a. auch aufgrund konstitutiver Faktoren. Neurobiologie der Schlafstörungen 5 Patienten mit Insomnien weisen zu etwa 35% eine positive Familienanamnese für Schlafstörungen auf. Auch für spezifische Störungen wie Albträume, Schlafwandeln, das Kleine-Levin-Syndrom oder die Narkolepsie gibt es klare Hinweise auf eine genetische Komponente. 5 Schlafregulierende Substanzen haben einen besonderen Einfluss auf NonREM- und REM-Schlafepisoden. Es wird angenommen, dass insbesondere monoaminerge »REM-off«- und cholinerge »REM-on«Neurone zu diesem zyklischen Verlauf beitragen. Einschlafphasen sind vermutlich an sinkende Entladungsraten sertonerger und noradrenerger Neurone gekoppelt.
376
Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
12
5 Das hyptothalamisch-hypophysär-adrenale (HHA-)System stellt das wichtigste stressadaptive System dar, welches Anforderungen, die von innen oder außen auf den Organismus einwirken, begegnet. Es unterliegt einem komplexen Regulationsgefüge, das gleichermaßen von zentralnervösen wie peripheren Faktoren beeinflusst wird. Das hypothalamische Kortikotropin-Releasinghormon (CRH) stimuliert zusammen mit Vasopressin die hypophysäre Adrenokortikotropin(ACTH)-Sekretion, welches seinerseits die Ausschüttung von Kortisol aus der Nebennierenrinde bewirkt. Relativ häufig kommen bei Schlafstörungen eine Verminderung des Tiefschlafanteils und eine verkürzte REM-Latenz vor. Da das Growth-hormone-Releasinghormon (GHRH) tiefschlaffördernd wirkt, CRH dagegen den Tiefschlaf unterdrückt, spielt möglicherweise eine Störung der Balance zwischen der Aktivität des HHS-(hyptothalamisch-hypophysär-somatrop) und des HHA-Systems mit einer Unterfunktion des HHS- und einer Überfunktion des HHA-Systems für die Genese von Schlafstörungen eine bedeutsame Rolle, insbesondere bei Schlafstörungen von Depressiven. Zudem wird angenommen, dass viele hypothalamische Neurone, an denen GHRH wirkt, GABAerg sind. Experimentelle Untersuchungen zeigen, dass die Gabe von CRH-1-Rezeptorantagonisten bei Patienten mit einer Depression zu einem Anstieg des Tiefschlafs führte. Ähnlich wie bei Patienten mit Depressionen wurden auch bei Patienten mit primären Insomnien erhöhte nächtliche Cortisolspiegel beschrieben. Die multifaktorielle Regulierung des Schlafes wird in biologischer Hinsicht weiterhin durch eine Vielzahl schlaffördernder Substanzen unterschiedlicher Natur (Prostaglandine, Cytokine, Neuropeptide, biogene Amine) beeinflusst. U.a. sind dabei Adenosin und Orexine (syn.: Hypocretine 7 Kap. 10.2.2, Narkolepsie) von besonderer Bedeutung.
13
5.2
14
Benzodiazepinhypnotika und Non-Benzodiazepinhypnotika: Pyrazolopyrimidin- (Zaleplon), Imidazopyridin- (Zolpidem) und Zyklopyrrolon-Gruppen (Zopiclon) 5 Alle Substanzen dieser Gruppe binden an eine spezifische Benzodiazepinbindungsstelle des GABAA-Rezeptors und führen zu einer Affinitätssteigerung des Rezeptors für GABA und zu einer Frequenzsteigerung der Rezeptorkanalöffnung. Die in der Regel inhibitorische Wirkung von GABA im ZNS wird verstärkt. Es existiert jedoch kein
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15 16 17
Wirkmechanismen
5.2 · Wirkmechanismen
377
5
direkter Agonismus zum Rezeptor. Die als Hypnotika gebräuchlichen Benzodiazepine vermitteln ihre Wirkung hauptsächlich über die Untereinheit-α1-enthaltenden GABAA-Rezeptoren (dazu ausführlich 7 Kap. 4.2). Klinisch wirken Benzodiazepine anxiolytisch, sedierend bis hypnotisch, muskelrelaxierend und antikonvulsiv. Eine strenge Abgrenzung zwischen den eher hypnotischen zu den eher anxiolytisch wirkenden Benzodiazepinen ist nicht immer möglich. 5 Im Vergleich zu den Benzodiazepinhypnotika sind bei den Non-Benzodiazepinhypnotika (Zaleplon, Zolpidem, Zopiclon) keine grundsätzlichen qualitativen pharmakologischen Unterschiede zu erwarten, da beide Gruppen einen ähnlichen Angriffspunkt am GABAA-Rezeptorkomplex haben. Zolpidem weist eine gewisse Präferenz für GABAARezeptoren mit α1-Untereinheiten auf. 5 Die Bezeichnung »Non-Benzodiazepinhypnotika« bezieht sich auf die strukturchemischen Charakteristika und weniger auf den Wirkmechanismus; als Gruppenbezeichnung wird auch der Begriff »Benzodiazepinrezeptoragonisten« (BRA) benutzt. Diese Substanzen lassen sich von Benzodiazepinen vom Rezeptor verdrängen und können durch Flumazenil antagonisiert werden. Chloralhydrat (Aldehyd) Wirksamer Metabolit ist 2,2,2-Trichloroethanol. Angriffspunkt ist der GABAA-Rezeptorkomplex mit Verstärkung der GABA-Wirkung; die NMDA-induzierte intrazelluläre Ca2+-Erhöhung wird inhibiert. Diphenhydramin, Doxylamin (Dimethylethylamin), Promethazin (Phenothiazinderivat) Diphenhydramin und Doxylamin mit H1-antihistaminerger und anticholinerger Wirkung. Promethazin zusätzlich mit adrenolytischen und schwach antiserotonergen Eigenschaften. Antidepressiva Vermittlung der schlafinduzierenden Wirkung vorwiegend über 5-HT2 und H1-antagonistische Eigenschaften, z. T. auch über Blockade der α1-adrenergen Rezeptoren. Antipsychotika Vermittlung der schlafinduzierenden Wirkung vorwiegend über 5-HT2 und H1-antagonistische Eigenschaften, z. T. auch über Blockade der α1-adrenergen Rezeptoren.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Clomethiazol Clomethiazol (7 Kap. 7) wirkt wie die Benzodiazepine über eine Verstärkung der inhibitorischen Neurotransmitter (GABA, Glycin). Melatonin Melatonin (N-Acetyl-5-methoxytryptamin) wird in der Zirbeldrüse aus Serotonin gebildet. Die Synthese schwankt in Abhängigkeit von der Tageszeit. Im Verlauf der Nacht kommt es zu einem deutlichen Anstieg der Synthese und Ausschüttung von Melatonin. Die Tagesperiodik wird über den Lichteinfall im Auge geregelt. Im Gehirn wirkt Melatonin über Melatoninrezeptoren (MT1–MT2), G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (im Nucleus suprachiasmaticus). Tryptophan L-Tryptophan gehört zu den Aminpräkursoren des Serotonins. Die Gabe von L-Tryptophan führt zur verbesserten Aktivität des für die Serotoninsynthese unerlässlichen Enzyms L-Tryptophan-Hydroxylase. Phytopharmaka und Homöopathika Im deutschsprachigen Raum werden relativ häufig Phytopharmaka als Schlafmittel verordnet. In der Regel handelt es sich dabei um Baldrian (Valeriana officinalis), Melisse (Melissa officinalis), Hopfen (Humulus lupulus), Passionsblume (Passiflora), Hafer (Avena sativa) sowie Kombinationen dieser Stoffe. Der genaue Wirkmechanismus ist wenig untersucht. Valepotriate (chemisch: unstabile Triesterverbindungen) erscheinen als wirksamer Bestandteil vieler Baldrianpräparate. Es wird eine Interaktion mit dem GABAA-Rezeptorkomplex angenommen.
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Veränderungen von Schlaf-EEG-Parametern unter Hypnotika 5 Benzodiazepine − Einschlaflatenz verkürzt, Gesamtschlafzeit verlängert − Zunahme von Stadium 2 und Schlafspindeln, zugleich Abnahme des Tiefschlafes (Stadium 3 und 4) und des Stadiums 1 − REM-Suppression mit Abnahme des REM-Anteils und Verlängerung der REM-Latenz − Nach Absetzen oft REM-Rebound-Phänomene 6
5.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
379
5
5 Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon − Einschlaflatenz verkürzt, Gesamtschlafzeit verlängert − Polysomnographisch wurde sowohl vermehrter als auch verminderter Tiefschlaf gefunden − REM-Schlaf ähnlich beeinflusst wie durch kurzwirksame Benzodiazepinhypnotika 5 Chloralhydrat − Kaum Beeinflussung der Schlafphasen, insbesondere der REMPhasen bei Dosen bis zu 1000 mg, bei höherer Dosierung deutliche Beeinflussung des normalen Schlafmusters
5.3
Allgemeine Therapieprinzipien
5 Hypnotika sollen prinzipiell erst nach Ausschöpfen anderer Therapiemöglichkeiten gegeben werden. Die Grunderkrankungen sollen zunächst behandelt werden (7 Kap. 5.1). 5 Bei Suizidalität oder Schlafstörungen im Rahmen von akuten Psychosen oder anderen schweren psychischen Erkrankungen sind Hypnotika vorübergehend auch in höheren Dosen indiziert. Schlafmittel sollten möglichst nicht für längere Zeiträume, d. h. für nicht mehr als 4 Wochen, verordnet werden. Bei intermittierenden Schlafstörungen ist die Einnahme von Hypnotika in 4–6 Nächten/ Monat vertretbar. Es sollte mit einer niedrigen Dosis begonnen werden. Diese Richtlinien gelten unabhängig von der Wahl des Hypnotikums. 5 Bei der sog. »low-dose dependence« (oder auch »therapeutic-dosedependence«), d. h. einer Abhängigkeit bei Langzeiteinnahme üblicher, therapeutisch verordneter Dosen, die auch bei der Verordnung von Benzodiazepinanxiolytika bekannt ist, muss nach Absetzen mit protrahiert zunehmenden Entzugserscheinungen über Wochen gerechnet werden. 5 Die Kombination verschiedener Hypnotika und/oder Benzodiazepine sollte vermieden werden.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Spezielle Therapiehinweise Benzodiazepinhypnotika 5 Verfügbar sind: Brotizolam, Flunitrazepam, Flurazepam, Loprazolam, Lormetazepam, Nitrazepam, Temazepam und Triazolam. 5 Vorteile der Benzodiazepinhypnotika: − große therapeutische Breite (als Suizidmittel untauglich), − geringe Toleranzentwicklung. 5 Nachteile der Benzodiazepinhypnotika: − Abhängigkeitsrisiko 7 Kap. 4.6.1, − Entzugsrisiko 7 Kap. 4.6.2, − Rebound-Insomnie (vermehrte Schlaflosigkeit oder durch REMRebound verursachte Albträume) nach plötzlichem Absetzen einer länger dauernden Therapie, − Beeinflussung der Schlafarchitektur (7 Kap. 5.2), − Muskelhypotonie und Ataxie, die bei älteren Menschen zu Stürzen führen können. 5 Midazolam (Dormicum®) ist ein schlafinduzierendes Benzodiazepin mit kurzer Wirkungsdauer und den Indikationen der Analgosedierung vor und während diagnostischer und therapeutischer Eingriffe sowie der Prämedikation vor Narkoseeinleitung. Eine Indikation als Hypnotikum in der psychiatrischen Pharmakotherapie besteht nicht (rasche Anflutung, Möglichkeit der i.v.-Gabe und damit potentiell höheres Risiko zur Abhängigkeitsentwicklung (vergleiche Flunitrazepam). Non-Benzodiazepinhypnotika 5 Verfügbar sind: Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon. 5 Klinisch werden bei Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon seltener als bei den Benzodiazepinhypnotika Hang-over-Effekte und Rebound-Phänomene gesehen. Toleranz- und Abhängigkeitsentwicklungen wurden sehr selten in Einzelfällen beobachtet; die Gefahr ist jedoch grundsätzlich gegeben. Tierexperimentelle Daten weisen auf eine fehlende Sensitivitätsänderung am GABAA-Rezeptor selbst nach längerer hoch dosierter Gabe hin. Möglicherweise besteht hierin eine Erklärung für die bisher beobachteten differenten Effekte gegenüber den Benzodiazepinen. Chloralhydrat (7 Kap. 5.2 und Präparat) Diphenhydramin, Doxylamin, Promethazin (7 Kap. 5.2 und Präparat)
17
5.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
381
5
Antidepressiva 5 Antidepressiva mit sedierenden Eigenschaften (antihistaminischer und 5-HT2-antagonistischer Wirkung) wirken schlaffördernd. Die abendliche Dosierung bei primärer Insomnie (ohne depressive Störung oder Angststörung) sind: Amitriptylin (25–50 mg), Doxepin (25–100 mg), Maprotilin (25–75 mg), Mirtazapin (7,5–15 mg), Trimipramin (25–50 mg) (7 Kap. 1, Präparate). 5 Bei bestehender Therapie mit einem dieser sedierenden Antidepressiva kann die abendliche Dosis erhöht werden, bei zusätzlicher Verordnung dieser Substanzen zu anderen Antidepressiva ist besonders auf die anticholinergen Nebenwirkungen zu achten. 5 Bei abhängigkeitsgefährdeten Patienten sind Antidepressiva den Benzodiazepinen vorzuziehen, alternativ Antipsychotika. Antipsychotika 5 Initial sedierende Antipsychotika (7 Kap. 3), z. B. Melperon (25– 100 mg), Pipamperon (20–80 mg), Prothipendyl (40–80 mg) und Chlorprothixen (25–150 mg) haben eine schlafinduzierende Wirkung. 5 Auch atypische Antipsychotika (AAP), insbesondere Olanzapin (2,5– 10 mg) und Quetiapin (25–150 mg) eignen sich bei Schlafstörungen. 5 Erhalten Patienten ein Antipsychotikum nicht zur antipsychotischen Behandlung, sondern als Hypnotikum, muss immer berücksichtigt werden, dass Antipsychotika auch in niedrigen Dosen deutliche Nebenwirkungen verursachen können (7 Kap. 3 u. 6). Unter den konventionellen Antipsychotika sind Melperon und Pipamperon aufgrund ihrer geringen antidopaminergen und anticholinergen Wirkung vorzuziehen und eignen sich auch bei älteren Menschen. 5 Bei Patienten, die an einer psychotischen Störung und begleitenden Schlafstörungen leiden, soll zunächst die abendliche Gabe der Antipsychotika erhöht werden. Erst bei Nichtansprechen der Dosierungsumverteilung soll zusätzlich ein herkömmliches Hypnotikum gegeben werden. 5 Clozapin kann in Ausnahmefällen bei schweren Schlafstörungen in einer Dosierung von 12,5–50 mg als »Hypnotikum« gegeben werden, auch wenn keine schizophrene Grunderkrankung vorliegt. Innerhalb der Antipsychotika sollte jedoch, wegen des besonderen Risikoprofils von Clozapin, zunächst ein Versuch mit den o. g. Präparaten erfolgen; es besteht keine Zulassung für diese Indikation. 5 Bei abhängigkeitsgefährdeten Patienten sind Antipsychotika den Benzodiazepinen vorzuziehen, sollten aber erst nach einem Versuch mit Antidepressiva verordnet werden.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
! Viele Antidepressiva und niedrigpotente Antipsychotika zeigen z. T.
ausgeprägte anticholinerge Eigenschaften, bei den AAP sind diese auch nicht auszuschließen, treten allerdings in der Regel nur selten auf. Bei älteren Patienten und Patienten mit organischen Vorerkrankungen kann dies zu erheblichen Komplikationen (u. a. Delir; Rhythmusstörungen; Blasenfunktionsstörungen) führen (7 Kap. 13.2.2 und 13.2.4).
Clomethiazol 5 Grundsätzlich soll Clomethiazol aufgrund des Abhängigkeitsrisikos nicht als Hypnotikum eingesetzt werden. Allenfalls bei schweren, anders nicht behandelbaren Schlafstörungen (z. B. bei geriatrischen Patienten) kann Clomethiazol unter strengster Indikationsabwägung gegeben werden; für diese Indikation gibt es keine Zulassung. Melatonin 5 Es wird vermutet, dass Melatonin, wie auch eine Lichtexposition, zu einer Phasenverschiebung des zirkadianen Rhythmus führt. Exogenes Melatonin verkürzt bei Gesunden die Schlaflatenz und verbessert die Schlafeffizienz. Bei Patienten mit Insomnie soll die Schlafqualität durch Melatonin verbessert werden. Zumeist werden Dosierungen von 0,3–5 mg vor dem Schlafengehen gewählt. Die Effizienz scheint mit dem Alter zu steigen, insbesondere bei niedrigem Melatoninspiegel. 5 Positive Effekte durch Melatonin werden auch bei Patienten mit Alzheimer-Demenz (2,5–10 mg) und zur Unterstützung einer Benzodiazepinentzugsbehandlung gesehen. 5 Es gibt mehrere Untersuchungen, die zeigen, dass bei Jetlag unter 0,5–5 mg Melatonin ein positiver Effekt beobachtet wurde. Einnahmeempfehlung: Erste Dosis am 1. Tag vor dem Zubettgehen in der neuen Zeitzone, dann für 2–5 Tage. Eine neue große Metaanalyse zeigt allerdings nur eine eingeschränkte Wirkung von Melatonin in dieser Indikation. Die Sicherheit in der klinischen Kurzzeitanwendung lässt einen Einzelbehandlungsversuch sinnvoll erscheinen, eine generelle Therapieempfehlung kann nach neuen Erkenntnissen nicht mehr gegeben werden. Auch bei Schichtarbeitern hat sich die anfänglich positive Beurteilung der Melatoningabe relativiert. 5 Ramelteon ist ein neuartiger Melatonin MT1/MT2-Agonist zur Behandlung der primären Insomnie, der sich zur Zeit in Europa in klinischer Phase III Prüfung befindet.
5.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
383
5
Tryptophan 5 Die hypnotische Wirkung ist nach kritischer wissenschaftlicher Prüfung als eher gering einzustufen, soll jedoch v. a. bei chronischen Schlafstörungen hilfreich sein und hat offiziellen Zulassungsstatus bei Schlafstörungen (0,5 bis maximal 2 g/Tag, 7 Präparat). > CAVE
Bei gleichzeitiger Verabreichung von Tryptophan mit MAO-Hemmern kann ein zentrales Serotoninsyndrom auftreten.
Phytopharmaka und Homöopathika 5 Baldrianpräparate haben hauptsächlich sedierende, weniger hypnotische Eigenschaften, aber kein Abhängigkeitspotenzial. Wegen geringer hypnotischer Wirkung, geringer Bioverfügbarkeit, in-vitrozytotoxischen Eigenschaften und fehlenden Therapiestudien sind diese Präparate allenfalls bei leichten Schlafstörungen zu empfehlen. Kombinationspräparate aus pflanzlichen Grundstoffen und herkömmlichen Hypnotika sind nicht empfehlenswert. Verordnung von Hypnotika – Bewertung 1. Für die Kurzzeitanwendung eignen sich Non-Benzodiazepinhypnotika, z. B. Zolpidem, als Mittel der Wahl. 2. Bei zu frühem Erwachen unter Non-Benzodiazepinhypnotika sollte ein länger wirksames Benzodiazepinhypnotikum, z. B Temazepam, gewählt werden. 3. Langwirksame Benzodiazepinhypnotika, wie Flurazepam oder Clonazepam, können zu Hang-over Effekten führen und sollten vermieden werden. 4. Bei bestehender Abhängigkeit und hartnäckigen Schlafstörungen kann ein Antidepressivum oder Antipsychotikum gewählt werden. Der Taperprozess sollte dann erst nach 2 Wochen beginnen. Zu empfehlen sind als Ersatzhypnotika: − Schlafinduzierende Antidepressiva wie z. B. Mirtazapin (ab 7,5 mg) oder Trimipramin (25‒50 mg). Die fehlende Zulassung ist zu beachten. − Ein Hypnotikum mit antihistaminischer Komponente, z. B. Diphenhydramin. 6
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
5. Bei lang andauernden sehr schweren Schlafstörungen, ggf. auch bei alkoholkranken Patienten oder Patienten, die langjährig schlafmittelabhängig sind, ist − der Taperprozess mit dem primären Hypnotikum äußerst langsam durchzuführen, − begleitend ein Antidepressivum oder Antipsychotikum einzusetzen, − in einem speziellen Schlafprogramm die Diagnose zu überprüfen, − der Patient einem Programm zum Erlernen von Verhaltensregeln (s. unten) zuzuführen, − eine Psychotherapie oft zwingend nötig.
6 7
5.4
8
Die Schlafstörung (syn.: Insomnie) ist die einzige Indikation für Hypnotika. Sie besteht aus einem Symptomkomplex aus Einschlafverzögerung, Durchschlafstörungen, Früherwachen mit verminderter Erholsamkeit und Störungen der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit am Tage. Weitere spezifische Indikationen stellen Jetlag und Schichtarbeit für die Behandlung mit Melatonin dar.
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Indikationen
Benzodiazepinhypnotika und Non-Benzodiazepinhypnotika im Alter und bei organischen Erkrankungen 5 Grundsätzlich sind die gleichen Vorsichtsmaßnahmen und Einschränkungen wie bei Benzodiazepinanxiolytika gültig (7 Kap. 4). Kumulationsneigung aufgrund verschlechterter Clearance, verlangsamter Eliminationskinetik und verändertem Verteilungsvolumen sowie eine erhöhte Sturzneigung aufgrund der Muskelrelaxation und Ataxie bedürfen häufig einer Dosisanpassung. 5 Vor allem bei dementen und verwirrten Patienten sowie Patienten mit organischen Grunderkrankungen ist die Möglichkeit paradoxer Erregungszustände mit Agitiertheit, Schlaflosigkeit und Aggressivität bei der Auswahl der Präparateklasse in Betracht zu ziehen. Ebenso kann es insbesondere bei der Gabe rasch anflutender Benzodiazepine verstärkt zu anterograden Amnesien kommen.
5.5 · Hypnotika und Psychotherapie
5.5
385
5
Hypnotika und Psychotherapie
Nichtmedikamentöse Maßnahmen der Insomniebehandlung 5 Jede medikamentöse Therapie der Insomnie sollte, wenn möglich, erst nach Ausschöpfen nichtpharmakologischer Verfahren begonnen werden. Bei Kombinationsbehandlungen mit pharmakologischen Therapieverfahren besteht die Gefahr, dass die psychotherapeutische Behandlung gegenüber der Pharmakotherapie in den Hintergrund tritt, da der Erfolg im Vergleich verzögert auftritt und der Zeitaufwand für Patient und Therapeut größer ist. 5 Das Grundprinzip nichtpharmakologischer Therapieverfahren zur Verbesserung des Schlafes ist die aktive Einbeziehung des Patienten in die Behandlung. Die nichtpharmakologischen Ansätze haben den Vorteil, dass sie das Krankheitsgeschehen im Vergleich zu pharmakologischen Ansätzen kausal beeinflussen und langfristig wirksam sein können. 5 Die wichtigsten nichtpharmakologischen Therapieverfahren umfassen neben der Aufklärung und Beratung des Patienten zur Schlafhygiene allgemeine verhaltenstherapeutische Techniken und Entspannungsverfahren. 5 Der Vergleich von kombiniert verhaltentherapeutisch/pharmakologischer Behandlung gegenüber den jeweiligen Einzelverfahren kann aufgrund der wenigen vorliegenden Untersuchungen nur vorläufig beurteilt werden. In der Tendenz zeigte sich in klinischen Studien keine Erhöhung in der Effektivität bei der kombinierten Anwendung beider Verfahren, hingegen imponierten bei verhaltenstherapeutischen Maßnahmen noch 6–12 Monate nach Therapieende weiterbestehende Therapieeffekte. Verhaltenstherapeutische Techniken und Entspannungsverfahren 5 Schlafhygiene (s. unten) 5 Stimuluskontrolle (Schlaf nur im Bett) 5 Schlafrestriktion mit Schlafprotokoll 5 Progressive Muskelrelaxation 5 Autogenes Training 5 Paradoxe Intervention 5 Kognitive Fokussierung 5 Gedankenstopp 5 Biofeedback 5 Yoga, Meditation
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1
Verhaltensregeln der Schlafhygiene 1. Einhalten der individuell notwendigen Schlafmenge: Nach dem Aufwachen nicht im Bett liegen bleiben. Wenn notwendig, Schlafzeit verkürzen. 2. Einhalten regelmäßiger Schlafzeiten: feste Zeiten, um ins Bett zu gehen und um wieder aufzustehen (auch am Wochenende und im Urlaub). 3. Verzicht auf längere Tageschlafepisoden. Eine Regeneration mit einem »Nap« (= Nickerchen) kann jedoch hilfreich sein. Dabei handelt es sich um eine Schlafphase von 15 bis 20 Minuten, die auch zum Stressabbau genutzt werden kann. 4. Angenehme Schlafbedingungen: ca. 17°C, keine Gegenstände, die an Arbeit oder Belastungen erinnern. 5. Ausgeglichene Ernährung: leicht verdauliche Speisen am frühen Abend. 6. Koffeinkarenz: kein Konsum von koffeinhaltigen Getränken (Kaffee, Tee, Cola) nach 17 Uhr. 7. Verzicht auf Appetitzügler. 8. Abendliche Alkohol-1 und Nikotinkarenz. 9. Regelmäßige sportliche Betätigung am Vor- und Nachmittag. 10. Entspannende Abendgestaltung: Keine geistig, emotional oder körperlich belastenden Betätigungen am Abend. 11. Auch am Wochenende oder im Urlaub Beibehaltung des TagNacht-Rhythmus. 12. Individuell ausgerichtete Regelanwendung: Umstellung des Alltags in den Bereichen, in denen er am weitesten von den Empfehlungen abweicht.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
5.6
Nebenwirkungen
Folgende Nebenwirkungen von Benzodiazepin- und Non-Benzodiazepinhypnotika können auftreten:
15 16 17
1
Internisten weisen in der Mehrzahl auf den kardial-präventiven Effekt von 0,2 g Alkohol bei Männern und 0,1 g bei Frauen hin; der Zusammenhang zwischen diesen relativ niedrigen Dosen und einer Schlafinduktion bzw. Schlafstörung und Abhängigkeitsproblemen wurde aber bisher nicht grundlegend untersucht.
5.7 · Kontraindikationen
387
5
5 Benzodiazepinhypnotika besitzen ein Potenzial zu Toleranz und Abhängigkeit. 5 Die Non-Benzodiazepinhypnotika Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon weisen bisher ein sehr geringeres, aber nicht auszuschließendes Abhängigkeits- und Toleranzrisiko auf. 5 Bei hohen Dosen, besonders bei älteren Patienten, Hang-over-Effekte mit verminderter psychomotorischer Leistungsfähigkeit und Reaktionsbereitschaft (eingeschränkte Verkehrstüchtigkeit). 5 Häufig: Müdigkeit, Schwindel, Koordinationsstörungen (Sturzgefahr auch wegen Muskelrelaxation). 5 Selten: paradoxe Reaktionen mit gesteigerter Aktivität, Reizbarkeit und Wutreaktionen, häufiger bei älteren Patienten zu beobachten; Gewichtszunahme; Libidoverminderung. 5 Nach mehrmonatigem Gebrauch Auftreten von Ataxie, Dysarthrie und allgemeiner muskulärer Schwäche möglich. 5 Bei langfristiger Anwendung können ausgeprägte Antriebsstörungen, Initiativ- und Interesseverlust und mangelnde emotionale Spontaneität auftreten. Eine depressiogene Wirkung von Benzodiazepinen ist nicht nachgewiesen worden. 5.7
Kontraindikationen
Wichtige Kontraindikationen von Benzodiazepin- und Non-Benzodiazepinhypnotika sind: 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate. 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation. 5 Myasthenia gravis. 5 Relative Kontraindikationen: − Gleichzeitiger Alkoholgenuss, Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit − Drogen-/Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit in der Anamnese − Ataxie 6
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
− Schwere Leber- und Nierenschäden − Chronische Ateminsuffizienz (obstruktive Atemwegserkrankungen), Schlaf-Apnoe-Syndrom − Akutes Winkelblockglaukom ist nach Herstellerangaben für einige Präparate angegeben, jedoch (in Abwesenheit anticholinerger Eigenschaften) pharmakologisch nicht plausibel. Mehrere Untersuchungen fanden den intraokulären Druck unter Benzodiazepintherapie entweder gleich oder aber erniedrigt.
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5.8
Pharmakokinetik und Interaktionen
5.8.1
Pharmakokinetik der Benzodiazepinhypnotika
5 Alle Benzodiazepinhypnotika werden rasch im Magen-Darm-Trakt absorbiert und fluten ausreichend schnell mit wirksamen Konzentrationen im ZNS an. 5 Die Plasmaproteinbindung ist in der Regel hoch (71–99%). 5 Im Rahmen des Phase-I-Metabolismus (7 Kap. 4.8) entstehen vornehmlich durch Hydroxylierung (u. a. mit anschließender Methoxylierung) sowie Desalkylierung Metaboliten z. T. mit eigenständiger Aktivität am Benzodiazepin-Angriffspunkt des GABAA-Rezeptor (. Tab. 5.2). 5 Zum Phase-II-Metabolismus und zu Auswirkungen auf die Anwendung 7 Kap. 4.8. 5 . Tab. 5.2 teilt die Benzodiazepinhypnotika nach ihren Eliminationshalbwertszeiten und Metabolitenverhalten ein. Klinische Hinweise zu den Benzodiazepinhypnotikagruppen (. Tabelle 5.2) 5 Gruppe I und II: Bei zusätzlicher Angstsymptomatik kann ein länger wirksames Benzodiazepin mit tagsüber persistierenden Plasmaspiegeln sinnvoll sein. Entzugssymptome wie Rebound-Insomnie sind bei Benzodiazepinen mit längerer Halbwertszeit nicht direkt nach Absetzen, aber dosisabhängig später zu erwarten. > CAVE
Benzodiazepinhypnotika mit langer oder mittellanger Halbwertszeit und aktiven Metaboliten können nach abendlicher Einnahme zu Hang-over-Effekten mit Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Einschränkungen der Aufmerksamkeit mit verminderter Verkehrs6
389
5.8 · Pharmakokinetik und Interaktionen
. Tab. 5.2 Einteilung der Benzodiazepinhypnotika nach ihren Eliminations-Halbwertszeiten Benzodiazepinhypnotika
Metaboliten
I. Benzodiazepinhypnotika mit langer Halbwertszeit bzw. mit lang wirksamen aktiven Metaboliten: Flurazepam (1–2 h)
Desalkylflurazepam (40–250 h)
»Prodrug«
Hydroxyethylflurazepam (ca. 1–3 h)
IIa. Benzodiazepinhypnotika mit mittellanger Halbwertszeit und aktiven Metaboliten: Flunitrazepam (10–30 h)
Desmethylflunitrazepam (20–30 h) Desmethylhydroxyflunitrazepam
IIb. Benzodiazepinhypnotika mit mittellanger Halbwertszeit ohne aktiven Metaboliten: Nitrazepam (15–30 h) III. Benzodiazepinhypnotika mit kurzer Halbwertszeit und pharmakologisch aktiven, aber kaum relevanten Metaboliten: Brotizolam (4–7 h)
9-Hydroxymethylbrotizolam (ca. 4–7 h) (6-Hydroxymethylbrotizolam)
Loprazolam (6–8 h)
Loprazolam-N-Oxid (4–8 h)
Lormetazepam (8–14 h)
[Lorazepam (8–24 h)]
Temazepam (5–14 h)
[Oxazepam (4–15 h)]
IV. Benzodiazepin-Hypnotika mit ultrakurzer Halbwertszeit und ohne pharmakologisch relevante aktive Metaboliten: Triazolam (1,5–5 h)
[Hydroxytriazolam (2–4 h)]
5
390
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
tauglichkeit aufgrund herabgesetzter Reaktionsfähigkeit führen. Kumulationsgefahr besonders bei älteren Patienten und Patienten mit Leber- und Nierenschädigung, vermehrte Nebenwirkungen, besonders Muskelrelaxation und ataktische Störungen (Unfallgefahr mit möglichen Frakturen!).
5 Gruppe III: Hinreichend lange sedativ-hypnotische Wirkung, keine Kumulation bei einmaliger nächtlicher Verabreichung, nur geringe Überhangwirkungen, keine Rebound-Symptomatik in Form von Angstzuständen am nächsten Tag (zu Rebound-Phänomenen nach Absetzen von Benzodiazepinhypnotika 7 Kap. 5.3). 5 Gruppe IV: Für Durchschlafstörungen weniger geeignet. 5.8.2
Pharmakokinetik der Non-Benzodiazepinhypnotika
5 Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon werden schnell resorbiert und erreichen nach ca. 1 h (Zaleplon), 1,5–2 h (Zopiclon) bzw. 2 h (Zolpidem) nach Ingestion maximale Plasmaspiegel (. Tab. 5.3). 5 Mit 45–60% ist die Plasmaproteinbindung von Zaleplon und Zopiclon eher gering, Zolpidem hat eine Bindung von 92%. 5 Der Phase-I-Metabolismus verläuft hauptsächlich über CYP 3A4-Isoenzyme zu nicht (oder nur wenig) aktiven Metaboliten. 5 Die Elimination erfolgt zu 56% (Zolpidem) bis 80% (Zopiclon) renal in Form der Phase-I- und deren glukuronidierten Metaboliten. Pharmakokinetik der übrigen Hypnotika 7 Kap. 5.11, jeweiliges Präparat
12 13
. Tab. 5.3 Einteilung der Non-Benzodiazepinhypnotika nach ihren Eliminationshalbwertszeiten analog zu den Gruppen der Benzodiazepinhypnotika
14
Non-Benzodiazepinhypnotikum mit kurzer Halbwertszeit ohne pharmakologisch relevante aktive Metaboliten:
15
Zopiclon (5 h)
16 17
(Zopiclon-N-Oxid: ca. 4,5 h)
Non-Benzodiazepinhypnotikum mit ultrakurzer Halbwertszeit ohne pharmakologisch aktive Metaboliten: Zaleplon (1 h), Zolpidem (1–3,3 h)
5.8 · Pharmakokinetik und Interaktionen
5.8.3
391
5
Interaktionen
5 Interaktionen der Benzodiazepinpräparate: 7 Kap. 4. 5 Pharmakodynamische Interaktionen ergeben sich für die Gruppen der Benzodiazepin- und Non-Benzodiazepinhypnotika v. a. mit sedierenden Substanzen, insbesondere mit GABAerg wirkenden Präparaten. Weiterhin sind Interaktionen mit Substanzen zu erwarten, die entweder induktorisch (z. B. Rifampicin, Phenytoin) oder inhibierend (z. B. Fluoxetin, Fluvoxamin) auf Cytochrom P-450-Enzyme wirken. Für eine genauere Beschreibung 7 Kap. 4.8.2 und . Tab. 4.2. 5 Mögliche Resorptionsverminderungen sind bei gleichzeitigem Gebrauch von Anticholinergika zu berücksichtigen. Die gleichzeitige Gabe von Metoclopramid kann zu einer verstärkten Absorption von Zopiclon führen. 5 Interaktionen weiterer Hypnotika: . Tab. 5.4, 5.5 und 5.6.
. Tab. 5.4 Interaktionen Chloralhydrat Komedikation
Art der Interaktion
SSRI: Fluoxetin, Fluvoxamin
Verstärkte Sedierung bzw. Nebenwirkungen durch Chloralhydrat möglich
Antikoagulanzien: Warfarin, Phenprocoumon
Verstärkung der Antikoagulanzienwirkung durch Chloralhydrat möglich (Verdrängung aus der Plasmaproteinbindung)
Furosemid
Bei i.v.-Gabe von Furosemid Nebenwirkungen wie Schwitzen, Hitzewallungen, in Einzelfällen auch erhöhte Blutdruckwerte unter Chloralhydrat möglich
Antidiabetika (Sulfonylharnstoffe)
Verstärkung der Antidiabetikawirkung durch Chloralhydrat möglich (Verdrängung aus der Plasmaproteinbindung)
392
1
Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
. Tab. 5.5 Interaktionen Diphenhydramin, Doxylamin Komedikation
Art der Interaktion
Anticholinergika
Verstärkung der anticholinergen Nebenwirkungen möglich
3
Antidepressiva
Verstärkung der anticholinergen Nebenwirkungen möglich, insbesondere Müdigkeit
4
Antipsychotika
Verstärkte Sedierung und/oder anticholinerge Nebenwirkungen bis hin zu Delir möglich (besondere Vorsicht bei Kombination mit Clozapin, Levomepromazin, Thioridazin, Chlorprothixen, Perazin)
2
5 6
. Tab. 5.6. Interaktionen Promethazin
7 8 9 10
Interaktionen Promethazin
Interaktionen Promethazin
Anticholinergika
Verstärkung der anticholinergen Nebenwirkungen möglich
Antihypertonika
Verstärkung der blutdrucksenkenden Wirkungen möglich
Adrenalin
Abschwächung der α-adrenergen Wirkungen von Adrenalin
11
5.9
12
Folgende Routinehinweise beziehen sich auf die Benzodiazepinhypnotika und Non-Benzodiazepinhypnotika:
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Routinehinweise
Routineuntersuchungen von Labor, EKG, EEG sind nicht notwendig. Bei Leber- und Nierenfunktionsstörungen kann die Wirkstoffelimination reduziert sein. 5 Potenzierungsgefahr durch gleichzeitige Einnahme anderer sedierender Pharmaka und Alkohol. 5 Die Patienten sollten auf folgende Risiken hingewiesen werden: − Abhängigkeitsrisiko und mögliche Entzugssymptomatik, − mögliche Einschränkung der Fahrtüchtigkeit (7 Kap. 15), − Risiko in der Schwangerschaft und Stillzeit (7 Kap. 14).
5.11 · Präparate
5.10
393
5
Dosierung und Behandlungsdauer
5 Schlafmittel sollten nicht für längere Zeiträume, d. h. möglichst für nicht mehr als 4 Wochen, verordnet werden. Im Alter ist im Einzelfall eine niedrige Dosierung (wenn sie nicht gesteigert wird) auch über Jahre zu verantworten. 5 Bei intermittierenden Schlafstörungen ist die Einnahme von Hypnotika in 4–6 Nächten/Monat vertretbar. 5 Es sollte möglichst mit einer niedrigen Dosis begonnen werden. 5.11
Präparate2
Brotizolam Thieno-triazolo-1,4-Benzodiazepin Lendormin (Boehringer Ingelheim) Tbl. 0,25 mg (10, 20 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption; Bioverfügbarkeit etwa 70%; Tmax=0,8–1 h; t½=4–7 h; bei älteren Patienten 6–9 h. Die Hauptmetaboliten 9-Hydroxymethyl-Brotizolam und 6-Hydroxy-Brotizolam haben der Muttersubstanz vergleichbare Affinitäten zum Rezeptor und Eliminationshalbwertszeiten. Keine Kumulationsgefahr. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9.
2
Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet. ‒ Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der Nebenwirkungen und Kontraindikationen für Benzodiazepinhypnotika in 7 Kap. 5.6 bzw. 5.7 und 13 hingewiesen.
394
1 2
Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Dosierung 5 Regeldosis 0,125‒0,25 mgz. Es können auch, v. a. bei älteren Patienten, 0,125 mg ausreichend sein. Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6)
3
Kontraindikationen (7 Kap. 5.7)
4
Interaktionen (. Tab. 4.2)
5
Bewertung Wirksames Hypnotikum. Keine Kumulationsneigung.
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Chloralhydrat Trichlor-Ethandiol Chloraldurat 500 (Pohl-Boskamp) Kps. 500 mg (15, 30 Kps.)
Chloraldurat rot (Pohl-Boskamp) Kps. 250 mg (30 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Angriffspunkt am GABAA-Rezeptorkomplex, evtl. auch am NMDARezeptor. Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit 95%; Tmax=30 min; rasche Umwandlung hauptsächlich in der Leber zum eigentlich aktiven Metaboliten Trichlorethanol (Trichlorethanol, t½=7–9 h); nach Glukuronidierung renale Eliminierung. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schlafstörungenz. Das über viele Jahre verfügbare und vorwiegend bei Durchschlafstörungen eingesetzte Chloraldurat blau® ist aktuell nicht mehr marketiert. 5 Chloralhydrat hat keine muskelrelaxierende Begleitwirkung. Hierdurch gewinnt das Präparat einen besonderen Stellenwert bei älteren Patienten, die durch Stürze besonders gefährdet sind. 5 Bei wiederholter Einnahme zeigt Chloralhydrat oft schon nach etwa einer Woche u. a. aufgrund einer Enzyminduktion einen deutlichen Wirkungsverlust.
5.11 · Präparate
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5
5 Die therapeutische Breite von Chloralhydrat ist gering. Letale Dosis 6–10 g. Dosierung 5 250–1000 mg als Standarddosierung, maximale Tagesdosis 2 gz. Dosisreduzierung bei Parenchymschädigungen von Leber oder Niere. Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6) 5 Häufig: Magen-Darm-Beschwerden (Blähungen, Druckgefühl, Übelkeit, Durchfall) 5 Selten: allergische Reaktionen. 5 Wegen der schleimhautreizenden Wirkung wird Chloralhydrat in Kapselform verabreicht. 5 Kreuztoleranz und Kreuzabhängigkeit u. a. mit Alkohol, Benzodiazepinen und Barbituraten. 5 Abhängigkeitsentwicklungen sind bekannt. Bei plötzlichem Entzug nach längerer Anwendung Auftreten typischer Entzugssyndrome wie bei Benzodiazepinen. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation; Lebererkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen (Gastritis, Ulkusleiden) sowie Nieren- und Herzinsuffizienz, da halogenierte Kohlenwasserstoffe leberschädigend wirken, bei Niereninsuffizienz kumulieren und das Herz bzw. dessen Reizleitungssystem gegen Katecholamine sensibilisieren können. Behandlung mit Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ. 5 Abhängigkeitserkrankungen. Interaktionen (. Tab. 5.4) 5 Insbesondere zu beachten: Verstärkung von Antikoagulanzien- und Antidiabetikawirkungen durch Chloralhydrat. Bewertung Traditionell bewährtes Einschlafmittel, aber Mittel der zweiten Wahl. Bei wiederholter Einnahme nimmt die Wirksamkeit ab.
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1 2
Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Diphenhydramin Dimethylethylamin Betadorm D3 (McNeil)
Moradorm3 (Bouhon)
Dolestan (Krewel Meuselbach)
nervo OPT N3 (Optimed) S. 83 (Chefaro)
5
Dolestan forte (Krewel Meuselbach) Tbl. 25 mg (10, 20 Tbl.) Tbl. 50 mg (10, 20 Tbl.) (Dolestan forte)
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Hevert-Dorm (Hevert) Tbl. 25 mg
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Sediat3 (Pfleger) Sedopretten3 (Schöning-Berlin) Vivinox3 (Mann)
Pharmakodynamik. 5 Vorwiegend H1-antihistaminerge Wirkkomponenten, zudem anticholinerge Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 Gute und schnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit etwa 50%; Tmax=ca. 1 h, t½=4–6 h. Überwiegende Metabolisierung in der Leber, hauptsächlich renale Elimination. Längere Anflutungsdauer als bei Benzodiazepinen.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Schlafinduzierende Wirkung geringer als bei Benzodiazepinhypnotika.
13
Dosierung 5 Einzeldosis 50 mg, Tageshöchstdosis 100 mgz.
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Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6) 5 Häufig: Benommenheit, Schwindel; Konzentrationsstörungen; Muskelschwäche. 5 Selten: Überempfindlichkeitsreaktionen; Änderungen des Blutbildes; cholestatischer Ikterus; paradoxe Reaktionen (Ruhelosigkeit, Nervosität, Erregung).
3
Alle Generika: Tbl. 50 mg.
5.11 · Präparate
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5
5 Anticholinerge Wirkungskomponenten (Mundtrockenheit, Obstipation) erhöhen die Toxizität und komplizieren das Vergiftungsbild. 5 Die Anwendung zusammen mit blutdrucksenkenden Arzneimitteln kann zu verstärkter Müdigkeit führen. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation; Engwinkelglaukom, Harnverhalten; Epilepsien; angeborenes langes QT-Syndrom, koronare Herzkrankheit, Arrhythmien. Interaktionen (. Tab. 5.5) 5 Wegen seiner anticholinergen Wirkung sollte Diphenhydramin nicht mit Anticholinergika kombiniert werden. Ebenso darf es nicht mit MAO-Hemmern kombiniert werden, da sich dabei eine lebensbedrohliche Darmlähmung, Harnverhalt und eine Funktionseinschränkung der Atmung entwickeln kann. Bewertung Wirksames Schlafmittel, aber geringer wirksam als Benzodiazepinhypnotika. Hohe Nebenwirkungs- und Interaktionsrisikoquote. Keine Abhängigkeit im engeren Sinne bekannt. Freiverkäuflich im Handel. Gefahr bei Überdosierung und Intoxikationen in suizidaler Absicht. Doxylamin Dimethylethylamin Gittalun Trinktabletten (Boehringer-Ingelheim) Brausetbl. 25 mg (10, 20 Tbl.) Hoggar N (Stada) Tbl. 25 mg
Mereprine Sirup (Cassella-med) Lsg. 6,25 mg=5 ml SchlafTabs ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 25 mg
Sedaplus Filmtabletten (Rosen Pharma) Sedaplus Saft (Rosen Pharma) Tbl. 25 mg Saft 25 mg=10 ml Saft
Pharmakodynamik 5 Vorwiegend H1-antihistaminerge Wirkkomponenten, zudem anticholinerge Eigenschaften (etwas geringer ausgeprägt als bei Diphenhydramin).
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Pharmakokinetik 5 Gute und schnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit 100%; Tmax=ca. 1–2 h; t½=8–10 h. Überwiegende Metabolisierung in der Leber durch NDemethylierung und N-Acetylierung; hauptsächlich renale Elimination. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. Schlafinduzierende Wirkung geringer als bei Benzodiazepinhypnotika. Dosierung 5 Einzeldosis 25 mg, Tageshöchstdosis 50 mgz. Nebenwirkungen 5 Häufig: Benommenheit, Schwindel; Konzentrationsstörungen; Muskelschwäche. 5 Selten: Überempfindlichkeitsreaktionen; Änderungen des Blutbildes; cholestatischer Ikterus; paradoxe Reaktionen (Ruhelosigkeit, Nervosität, Erregung). 5 Anticholinerge Wirkungskomponenten (Mundtrockenheit, Obstipation) erhöhen die Toxizität und komplizieren das Vergiftungsbild. Die anticholinerge Wirkkomponente ist etwas geringer ausgeprägt als bei Diphenhydramin. 5 Die Anwendung zusammen mit blutdrucksenkenden Arzneimitteln kann zu verstärkter Müdigkeit führen. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation; Engwinkelglaukom, Harnverhalten; Epilepsien. Interaktionen (. Tab. 5.5) 5 Wegen seiner anticholinergen Wirkung sollte Doxylamin nicht mit Anticholinergika kombiniert werden. Risiko von paralytischem Ileus, Harnretention oder Glaukomanfall. Ebenso sollte Doxylamin nicht mit MAO-Hemmern kombiniert werden, weil diese Kombination zu einer Atemdepression führen kann.
5.11 · Präparate
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5
Bewertung Wirksames Schlafmittel, aber geringer wirksam als Benzodiazepinhypnotika. Hohes Nebenwirkungs- und Interaktionsrisiko. Keine Abhängigkeit im engeren Sinne bekannt. Freiverkäuflich im Handel. Gefahr bei Überdosierung und Intoxikationen in suizidaler Absicht. Flunitrazepam 1,4-Benzodiazepin Fluni 1–1 A Pharma4 (1 A Pharma) Flunibeta
14
Fluninoc4
(Neuro Hexal)
(betapharm)
Flunitrazepam-neuraxpharm4 (neuraxpharm)
Flunitrazepam-ratiopharm4 (ratiopharm) Rohypnol (Roche) Tbl. 1 mg (10, 20 Tbl.) Amp. 2 mg/1 ml (5 Amp.) BtmVV
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Flunitrazepam ist die fluorierte und N-methylierte Analogsubstanz zu Nitrazepam. Durch die Substituenten wird eine Wirkungsverstärkung mittels einer erhöhten Affinität der Substanz zum Rezeptor erreicht. Pharmakokinetik 5 Rasche und fast vollständige Resorption; orale Bioverfügbarkeit 80–90%; Tmax=0,75–2h; t½=10–30 h; Metabolisierung durch CYP2C19 und CYP3A4 mit Bildung zahlreicher Metaboliten; der aktive Metabolit Desmethylflunitrazepam hat eine Eliminationshalbwertszeit von 20–30 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Aufgrund der langen Halbwertszeiten sind Kumulationsentwicklungen und Hang-over-Effekte insbesondere bei älteren Patienten möglich.
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Alle Generika: Tbl. 1 mg.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
5 Die parenterale Applikationsform findet v. a. in der Anästhesiologie Verwendung und darf i.v. nur langsam unter Kontrolle der kardiorespirativen Funktionen injiziert werden. 5 Die parenterale Applikationsform wurde wegen Missbrauchs durch (meist Opiat-) Abhängige der BtmVV unterstellt. Gründe für den vermehrten Gebrauch von Flunitrazepam im Vergleich zu anderen Benzodiazepinhypnotika unter Opiatabhängigen gibt es nicht. Eine mögliche Erklärung liegt in der hohen und rasch eintretenden Wirksamkeit. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9. Dosierung 5 Ambulant 0,5–2 mg; stationär höchstens 4 mgz. Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6)
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Kontraindikationen (7 Kap. 5.7) Interaktionen (. Tab. 4.2) 5 Bei Kombination mit Medikamenten, die CYP 3A4 hemmen (z. B. Ketoconazol, Ritonavir oder Nefazodon), wird der Abbau von Flunitrazepam verzögert (. Tab. 16.5) und die Wirkung verlängert. Flunitrazepam und Buprenorphin sollten nicht kombiniert werden, da es Berichte über plötzliche Todesfälle unter dieser Kombination gibt. Bewertung Hochwirksames, jedoch aufgrund langer Halbwertszeit und erhöhtem Risiko für Hang-over-Effekt und Kumulationsgefahr nur eingeschränkt empfehlenswertes Hypnotikum. Hohes Interaktionsrisiko. Flurazepam 1,4-Benzodiazepin Dalmadorm (ICN) Tbl. 30 mg (20 Tbl.)
Staurodorm Neu (Dolorgiet) Tbl. 27,42 mg (20 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex).
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Pharmakokinetik 5 Flurazepam ist eine Prodrug und wird nahezu vollständig resorbiert. Es wird rasch zu den aktiven Metaboliten Hydroxyethylflurazepam und Flurazepamaldehyd und mittelschnell zu Desalkylflurazepam verstoffwechselt. Hydroxyethyl- oder Aldehydmetaboliten akkumulieren nicht. Desalkylflurazepam akkumuliert jedoch entsprechend seiner langen Halbwertszeit von 40–250 h langsam und erreicht nach mehreren Tagen Steady-state-Konzentrationen. Tmax=1–3 h (Flurazepam) und 0,5–96 h (Metabolite). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Aufgrund der ausgeprägten Kumulation der aktiven Substanz Desalkylflurazepam können nach wiederholter Gabe Sedierungseffekte und andere Benzodiazepinnebenwirkungen während des Tages auftreten. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9. Dosierung 5 Ambulant 15–30 mg; stationär bis zu 60 mgz. Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6) Kontraindikationen (7 Kap. 5.7) Interaktionen (. Tab. 4.2) Bewertung Hochwirksames Hypnotikum; aufgrund langer Halbwertszeit erhöhtes Risiko für Hang-over-Effekte und Kumulationsgefahr, deshalb nur eingeschränkt empfehlenswert. Loprazolam Imidazolo-1,4-Benzodiazepin Sonin (Merck) Tbl. 1 mg (20 Tbl.)
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit ca. 80%; Tmax=ca. 2,5 h; t½=6–8 h; bei älteren Patienten kann sie bis zu 20 h ansteigen. Piperazin-N-Oxid als Hauptmetabolit des Loprazolam hat etwa die Hälfte der pharmakologischen Aktivität der Muttersubstanz. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9. Dosierung 5 1–2 mgz. Bei älteren Patienten Beginn mit 0,5 mg. Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6) Kontraindikationen (7 Kap. 5.7)
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Interaktionen (. Tab. 4.2) Bewertung Wirksames Hypnotikum. Kumulationsneigung bei älteren Patienten. Lormetazepam 1,4-Benzodiazepin
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Ergocalm (Teofarma) Tbl. 1, 2 mg (Ergocalm Tabs)
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Loretam (ICN) Kps. 1, 2 mg
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Lormetazepam AL (Aliud Pharma) Tbl. 1, 2 mg
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Lormetazepam-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 0,5, 1, 2 mg Noctamid (Schering/Asche Chiesi) Tbl. 0,5, 1, 2 mg (10, 20 Tbl.)
5.11 · Präparate
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Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Sehr hohe Affinität zum Benzodiazepinrezeptor, vergleichbar mit der von Lorazepam oder Flunitrazepam. Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit 73-88%; Tmax=2 h; t½=8–15 h. Lormetazepam hat keine klinisch relevanten aktiven Metaboliten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Aufgrund der relativ kurzen Halbwertszeit kaum Kumulationsneigung, Hang-over-Effekte bei höherer Dosierung verstärkt möglich. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9. Dosierung 5 Ambulant 0,5–1 mg; stationär 1–2 mgz. Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6) Kontraindikationen (7 Kap. 5.7) Interaktionen (. Tab. 4.2) Bewertung Wirksames Hypnotikum. Keine Kumulationsneigung.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Nitrazepam 1,4-Benzodiazepin Dormalon Nitrazepam (Pharma Wernigerode) Tbl. 5 mg Trpf. 5 mg=35 Trpf.
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Dormo-Puren (Alpharma-Isis) Tbl. 5 mg
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Eatan N (Desitin) Tbl. 10 mg
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imeson (Taurus-Pharma) Tbl. 5 mg
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Mogadan (ICN) Tbl. 5 mg (20 Tbl.) Nitrazepam AL (Aliud Pharma) Tbl. 5, 10 mg Nitrazepam-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 5, 10 mg Novanox (Pfleger) Tbl. 5, 10 mg (Novanox forte) Radedorm (AWD) Tbl. 5 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Die Bioverfügbarkeit schwankt bei oraler Gabe zwischen 54 und 98%; Tmax=0,5–2 h; t½=15–30 h; Nitrazepam ist Substrat von CYP2D6 und CYP3A4; seine beiden Metaboliten weisen keine nennenswerte pharmakologische Aktivität auf. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Aufgrund der mittellangen Halbwertszeit muss mit Hang-over-Effekten und Kumulationsneigung nach wiederholter Gabe gerechnet werden. 5 Nitrazepam wird teilweise auch als Antiepileptikum (z. B. bei BNSKrämpfen) eingesetzt. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9. Dosierung 5 Ambulant 2,5–10 mg; stationär bis höchstens 20 mgz. Bei älteren Patienten sollte eine Dosis von 5 mg möglichst nicht überschritten werden.
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Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6) Kontraindikationen (7 Kap. 5.7) Interaktionen (. Tab. 4.2) 5 Bei Kombination mit Probenecid kann es durch Hemmung der Glucuronidierung zu einer verminderten Elimination von Nitrazepam mit Wirkverstärkung kommen. Bewertung Wirksames Hypnotikum; im Vergleich zu Flunitrazepam und Flurazepam kürzere Halbwertszeit, jedoch bei höherer Dosierung Risiko von Hangover-Effekten. Promethazin Phenothiazinderivat Atosil (Bayer Vital) Tbl. 25 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trpf. 20 mg=20 Trpf.=1 ml (30, 50, 100 ml) Amp. 50 mg/2 ml (5 Amp.) Closin (Combustin) Drg. 10, 25 mg Trpf. 5 mg=1 ml
Proneurin 25 (Hexal) Drg. 25 mg Prothazin (Rodleben) Tbl. 25 mg Amp. 50 mg/2 ml Prothazin liquidum (Pharma Wernigerode) Lsg. 20 mg=1 ml
Promethazin-neuraxpharm (neuraxpharm) Drg. 10, 25, 50, 100 mg Lsg. 20 mg=20 Trpf.=1 ml Amp. 50 mg/2 ml
Pharmakodynamik 5 Vorwiegend H1-antihistaminerge Wirkkomponenten, zusätzlich anticholinerge, adrenolytische und schwach antiserotonerge Eigenschaften. Keine antipsychotischen Eigenschaften.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Pharmakokinetik 5 Schnelle und nahezu vollständige Resorption, aber geringe Bioverfügbarkeit wegen eines ausgeprägten First-pass-Metabolismus; Tmax=1,5– 3 h; t½=10–12 h. Metabolisierung durch CYP2D6; keine pharmakologisch aktiven Metaboliten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur Sedierung bei akuten Erregungs- und Unruhezuständen im Rahmen psychiatrischer Grunderkrankungenz. Bei Schlafstörungenz und Erbrechenz, wenn andere Therapiemöglichkeiten nicht durchführbar sind oder nicht erfolgreich waren. 5 Bei i.v.-Injektion sind Venenwandreizung, Thrombophlebitiden bis hin zu Nekrosen möglich. Vorsicht bei Thrombolysetherapie. 5 Da Phenothiazinderivate eine höhere Nebenwirkungsrate haben, sind Routineuntersuchungen entsprechend 7 Kap. 3 zu empfehlen. Dosierung 5 Zu Beginn 25 mg zur Nacht, bei Bedarf Dosierungserhöhung auf 2×25 bis 4×25 mg/Tag. Bei schweren Unruhe- und Erregungszuständen kurzfristige Steigerung auf 200 mg/Tagz möglich. Nebenwirkungen 5 Häufig: Mundtrockenheit; orthostatische Kreislaufprobleme. 5 Gelegentlich: Störungen der Hämatopoese; Akkommodationsstörungen; Hautreaktionen, Photosensibilisierung; sexuelle Funktionsstörungen. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikationen, Harnverhalt, Engwinkelglaukom. 5 Relative Kontraindikationen: Prostatahypertrophie; Leber- und Nierenerkrankungen; Leukopenie und andere Erkrankungen des hämatopoetischen Systems; epileptische Anfälle. Interaktionen 5 Promethazin ist Substrat und Inhibitor von CYP 2D6. Bei Medikamenten, die Substrate von CYP 2D6 sind (7 Kap. 16), können unter Kombination mit Promethazin die Plasmakonzentrationen ansteigen. Wirkverstärkung von Antihypertonika; Abschwächung der α-adrenergen Wirkung von Adrenalin.
5.11 · Präparate
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Bewertung Wirksames Hypnotikum, schwächer wirksam als Benzodiazepinhypnotika. Therapeutische Breite geringer als bei Benzodiazepinhypnotika. Keine antipsychotische Wirksamkeit. Routineuntersuchungen entsprechend der Gruppe der Phenothiazine notwendig. Interaktionsrisiko. Temazepam 1,4-Benzodiazepin Norkotral Thema (Desitin) Kps. 20 mg
Pronervon T (Scheffer) Kps. 10 mg, 20 mg
Planum (Pharmacia) Kps. 10 mg (10, 20, 30 Kps.) Planum mite 20 mg (10, 20, 30 Kps.)
temazep von ct (ct-Arzneimittel) Kps. 10, 20 mg
Remestan (ICN) Kps. 10 mg (10, 20 Kps.) Remestan mite 20 mg (10, 20 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit 90-100%; Tmax=ca. 1 h; t½=5–14 h. Temazepam hat keine klinisch relevanten aktiven Metaboliten. Kaum Kumulationsrisiko. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Hang-over-Effekte nur bei höherer Dosierung. 5 Temazepam kann bei mehrmaliger Gabe in geringer Dosierung auch als Anxiolytikum verwendet werden. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9. Dosierung 5 Ambulant 10 bis höchstens 40 mg; stationär bis 60 mgz. Als Anxiolytikum kann Temazepam in einer Dosis von 2- bis 3-mal 10 mg gegeben werden.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6) Kontraindikationen (7 Kap. 5.7)
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Interaktionen (. Tab. 4.2) 5 Keine Einschränkung des Abbaus von Temazepam bei Hepatopathien. Bewertung Wirksames Hypnotikum. Keine Kumulationsneigung. Triazolam Triazolobenzodiazepin Halcion (Pfizer) Tbl. 0,125 mg (7, 10, 14 Tbl.) (Halcion mite) 0,25 mg (7,10, 14 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Tmax=0,7–2,4 h; t½=1,5–5 h. Metabolisierung durch CYP3A4; Metaboliten tragen kaum zur klinischen Wirkung bei. Keine Kumulationsgefahr.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Einschlafstörungenz. 5 Hang-over-Effekte nur bei höheren Dosen. 5 Am Morgen kann nach abendlicher Gabe erhöhte Ängstlichkeit und Unruhe als Rebound-Phänomen beobachtet werden. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9.
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Dosierung 5 0,125–0,25 mgz.
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Nebenwirkungen (7 Kap. 5.6) 5 Vorwiegend zu Beginn der Behandlung Verwirrtheit, Ataxie, Schwindel und Doppelbilder.
5.11 · Präparate
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5 Gelegentlich: Hautreaktionen, gastrointestinale Störungen und Veränderungen der Libido. 5 Selten: Schlafwandeln, Gangunsicherheit und Synkopen. 5 Nutzen-Risiko-Verhältnis daher ungünstiger als bei anderen Benzodiazepinhypnotika. Kontraindikationen (7 Kap. 5.7) Interaktionen (. Tab. 4.2) 5 Bei Kombination mit CYP-3A4-Inhibitoren (. Tab. 16.5) ist mit Wirkverlängerung zu rechnen. 5 Bei Kombination mit Ritonavir oder Clarithromycin wird der Abbau von Triazolam erheblich verzögert (Hemmung von CYP 3A4). Die Eliminationshalbwertszeit von Triazolam verlängert sich von 3 auf 41 h. Bewertung Wirksames Hypnotikum. Einschlafmittel. Als Durchschlafmittel nicht geeignet. Höhere Nebenwirkungsrate als bei anderen Benzodiazepinhypnotika, daher nur bedingt empfehlenswert. Interaktionsrisiko. Tryptophan Serotoninpräkursor Ardeytropin (Ardeypharm) Tbl. 500 mg Kalma (NIDDApharm) Tbl. 500 mg (20, 50, 100 Tbl.)
L-Tryptophan-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 500 mg
Pharmakodynamik 5 Die essenzielle Aminosäure L-Tryptophan wird zu Serotonin umgewandelt. Die pharmakologische Wirkung soll über eine erhöhte Serotoninverfügbarkeit erzielt werden. Pharmakokinetik 5 Tmax=1–2 h; zunächst linearer Abfall der Konzentration über 2–5 h, danach exponentieller Abfall; 85% Plasmaproteinbindung. 5 Abbau in der Leber zum renal eliminierbaren Kynurenin zu 95%. Peripherer Abbau zu Serotonin zu 2,5% sowie Permeabilität von zentralem Tryptophan über die Blut-Hirn-Schranke zu 2,5%.
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Der Nachweis für die Wirksamkeit bei Depressionen ist nicht erbracht. Dosierung 5 Bei Schlafstörungen: 500–1000 mg (maximal 2000 mgz) am Abend. Nebenwirkungen 5 Häufig: in höherer Dosierung Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit. 5 Gelegentlich: Blutdrucksteigerung möglich. 5 Selten: Lichtempfindlichkeit. Kontraindikationen 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation. 5 Leber- und Nierenerkrankungen. 5 Karzinoidsyndrom; Kombination mit SSRI, MAOH, Clomipramin und Venlafaxin (Gefahr des zentralen Serotoninsyndroms, 7 Kap. 12.7.2). Interaktionen 5 Zentrales Serotoninsyndrom möglich bei Medikamenten mit serotoninrückaufnahmehemmender Wirkung (s. oben) 5 Wirkverstärkung durch Carbamazepin; Verminderung durch Phenytoin. 5 Gelegentlich gesteigertes sexuelles Verlangen, und EPS bei Komedikation mit Benzodiazepinen und Phenothiazinen. Bewertung Geringe hypnotische Potenz, kann bei Behandlung von chronischen Schlafstörungen unterstützend eingesetzt werden. Zaleplon Pyrazolopyrimidin Sonata (Wyeth) Kps. 5, 10 mg (14 Kps.)
5.11 · Präparate
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Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Zaleplon ist ein selektiver Agonist an GABAA-Rezeptoren, die eine α1-Untereinheit enthalten. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; orale Bioverfügbarkeit etwa 30%; Tmax=1,1 h; t½=1 h. Vorwiegend hepatische Metabolisierung mit Beteiligung von CYP3A4, bei Leberinsuffizienz Verlängerung der Halbwertszeit möglich. Die beiden Hauptmetaboliten 5-Oxo-Zaleplon und 5-Oxo-Desethylzaleplon sind vermutlich pharmakologisch inaktiv. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Einschlafstörungenz. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9. Dosierung 5 Empfohlene Dosis für Erwachsene 10 mgz, für ältere Patienten 5 mg/Tag. Die tägliche Gesamtdosis sollte 10 mg nicht überschreiten. Möglichst 1 h vor Einnahme keine Nahrungsaufnahme mehr, um die Schlafinduktion zu erleichtern. Nebenwirkungen 5 Unter Zaleplon können alle die den Benzodiazepinen eigenen Nebenwirkungen auftreten (7 Kap. 5.6). 5 Häufig: Amnesie, Dysmenorrhö. 5 Gelegentlich: Appetitlosigkeit; Lichtempfindlichkeit; Koordinationsstörung, Verwirrtheit, verändertes Sehvermögen. 5 Tagessedierung mit Benommenheit, Müdigkeit und eingeschränktem Reaktionsvermögen sind aufgrund der pharmakokinetischen Daten nur selten zu erwarten. 5 Mögliche Hang-over-Effekte, Rebound-Phänomene und Abhängigkeitsentwicklungen sind – ähnlich wie bei Zolpidem und Zopiclon – bisher sehr viel seltener beobachtet worden als bei den Benzodiazepinhypnotika.
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Kontraindikationen (7 Kap. 5.7) Interaktionen 5 Änderungen der Plasmakonzentration sind zu erwarten bei gleichzeitiger Verabreichung von Arzneimitteln, die das Leberenyzm CYP 3A3/4 beeinflussen (7 Kap. 16). Cimetidin verursachte einen Anstieg der Plasmakonzentrationen von Zaleplon um 85%, Erythromycin von 34%. Bewertung Bei der Kürze der Eliminationshalbwertszeit von 1 h und einer Dauer der sedierenden Wirkung von ca. 4 h ist eine Indikation nur für Einschlafstörungen gegeben. Zolpidem Imidazopyridin
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Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
zodormdura5 (Merck dura) Zoldem6
(Neuro Hexal)
Bikalm (ALTANA) Tbl. 10 mg (10, 20 Tbl.) Stilnox (Sanofi-Synthelabo) Tbl. 10 mg (10, 20 Tbl.)
Zolpidem-ratiopharm5 (ratiopharm) Zolpidem real5 (Dolorgiet) Zolpidem Stada5 (Stada) Zolpidem Sandoz5 (Sandoz) Zolpi-Q6 (Juta Pharma/Q-Pharm)
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Zolpidem beta6 (betapharm)
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Zolpidem-neuraxpharm5 (neuropharm)
Zolpidem von ct5 (ct-Arzneimittel)
Zolpi-Lich6 (Lichtenstein)
Zolpinox 6(Krewel-Meuselbach)
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Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Präferenz für Rezeptoren, die α1-Untereinheiten enthalten.
16 5
17
Zolpidem TAD6 (TAD pharma
6
Alle Generika: Tbl. 5, 10 mg. Alle Generika: Tbl. 10 mg.
5.11 · Präparate
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5
Pharmakokinetik 5 Orale Bioverfügbarkeit beträgt etwa 70%; Tmax=ca. 2 h; t½=1–3,5 h, bei Leberinsuffizienz deutlich verlängert auf ca. 10 h. Extensiver Abbau mit Beteiligung von CYP3A4 zu pharmakologisch nicht aktiven Metaboliten. Kein Kumulationsrisiko. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9. Dosierung 5 Regeldosis 10 mg, Gaben bis zu 20 mg/Tagz sind möglich. Bei eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion und bei alten Patienten 5– 10 mg. Möglichst 1 h vor Einnahme keine Nahrungsaufnahme mehr, um die Schlafinduktion zu erleichtern. Nebenwirkungen 5 Prinzipiell können unter Zolpidem alle die den Benzodiazepinen eigenen Nebenwirkungen auftreten (7 Kap. 5.6). 5 Bei hoher Dosierung: Tagessedierung, Benommenheit, eingeschränktes Reaktionsvermögen. Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel. 5 Gelegentlich: Übelkeit, Erbrechen. 5 Selten: Hautreaktionen, Abnahme der Libido. 5 In Einzelfällen: visuelle Wahrnehmungsstörungen und in höherer Dosierung (20 mg zur Nacht) anterograde Amnesie. 5 Hang-over-Effekte, Rebound-Phänomene und Abhängigkeitsentwicklungen bisher sehr viel seltener beobachtet als bei Benzodiazepinhypnotika. Kontraindikationen (7 Kap. 5.7) Interaktionen (7 Kap. 16) Bewertung Wirksames Hypnotikum. Alternative zu Benzodiazepinhypnotika, Abhängigkeitsentwicklungen bisher sehr viel seltener beobachtet, jedoch grundsätzlich Risiko vorhanden.
414
1 2 3
Kapitel 5 · Hypnotika (Antiinsomnika)
Zopiclon Zyklopyrrolon espa-dorm7 (esparma)
Zopiclon beta7 (betapharm)
Optidorm8
ZopiclonLich7 (Lichtenstein)
(Dolorgiet)
Somnosam8 (Hormosan)
4 5 6
Ximovan (Aventis Pharma) Tbl. 7,5 mg (10, 20 Tbl.) Zodurat7
(Pohl-Boskamp)
Zop7 (Hexal) Zopicalm7 (Temmler Pharma
Zopiclon-neuraxpharm8 (neuraxpharm) Zopiclon-ratiopharm8 (ratiopharm) Zopiclon Stada7 (Stada) Zopiclon Sandoz8 (Sandoz) Zopiclon TAD7 (TAD Pharma)
7
zopiclodura7 (Merck dura)
8
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA -Rezeptorkomplex). Präferenz für Rezeptoren, die α1-Untereinheiten enthalten.
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Zopi-Puren7 (Alpharma-Isis)
Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; Tmax=1,5–2 h; t½=ca. 5 h, bei Leberinsuffizienz Verlängerung der Eliminationshalbwertszeit auf 8–11 h möglich. Der Hauptmetabolit Zopiclon-N-Oxid ist nur wenig pharmakologisch aktiv. Keine Kumulationsneigung. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 5.9.
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17
8
Alle Generika: Tbl. 7,5 mg. Alle Generika: Tbl. 3,75; 7,5 mg.
5.11 · Präparate
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5
Dosierung 5 Regeldosis 7,5 mg, bis zu 15 mg/Tagz möglich. Bei älteren Patienten mit Leberschädigung oder Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen nur bis 3,75 mg. Möglichst 1 h vor Einnahme keine Nahrungsaufnahme mehr, um die Schlafinduktion zu erleichtern. Nebenwirkungen 5 Prinzipiell können unter Zopiclon alle die den Benzodiazepinen eigenen Nebenwirkungen auftreten (7 Kap. 5.6). 5 Besonders bei hoher Dosierung kann es zu Tagessedierung mit Benommenheit, Müdigkeit, eingeschränktem Reaktionsvermögen und Gedächtnisstörungen kommen. 5 Häufig: bitterer bis metallischer Geschmack. 5 Selten: Störungen des Magen-Darm-Traktes, Hautreaktionen. 5 Sehr selten: moderat erhöhte Transaminase- und/oder alkalische Phosphatase-Serumwerte. 5 Hang-over-Effekte, Rebound-Phänomene und Abhängigkeitsentwicklungen bisher sehr viel seltener beobachtet als bei Benzodiazepinhypnotika. Kontraindikationen (7 Kap. 5.7) Interaktionen (7 Kap. 16) Bewertung Wirksames Hypnotikum. Alternative zu Benzodiazepinhypnotika. Abhängigkeitsentwicklungen sehr viel seltener beobachtet, jedoch grundsätzlich Risiko vorhanden.
327
4
Anxiolytika
4.1
Übersicht
Anxiolytika sind angstlösende Substanzen. Benzodiazepine sind darunter die wichtigste Gruppe. Sie haben einen anxiolytischen und sedierenden Effekt; deswegen werden sie auch als Tranquilizer bezeichnet. Der zusätzlich schlafinduzierende, muskelrelaxierende und antikonvulsive Effekt ist in der Psychopharmakotherapie nicht regelhaft erwünscht. Anxiolytika, wie z. B. Buspiron oder β-Rezeptorenblocker, sind in üblicher Dosierung nicht sedierend. Anxiolytika finden in der Pharmakopsychiatrie häufig Einsatz als Begleitmedikation (z. B. neben Antidepressiva oder Antipsychotika). Verschiedene Gruppen bzw. Substanzen innerhalb der Anxiolytika unterscheiden sich sowohl hinsichtlich der strukturchemischen Eigenschaften als auch des Wirkprinzips: 5 Benzodiazepine, 5 Buspiron (Gruppe der Azapirone), 5 Hydroxyzin (Gruppe der Diphenylmethanderivate), 5 Opipramol (Piperazinylderivat), 5 Pregabalin (Antiepileptikum, Derivat der Hexansäure), 5 Aus folgenden Substanzgruppen werden die anxiolytischen Eigenschaften genutzt: − β-Rezeptorenblocker, − Antidepressiva 7 Kap. 1, − Antipsychotika 7 Kap. 3. 4.2
Wirkmechanismen
Benzodiazepine Hauptwirkort der Benzodiazepine ist der GABAA-Rezeptor. Dieser ionotrope Rezeptor führt bei der weitaus überwiegenden Mehrzahl der adulten Neurone nach Aktivierung durch GABA (γ-Aminobutyrat) zu einem in die Zelle gerichteten Cl-Einstrom und somit zu einer Hyperpolarisation. Die
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Aktivierbarkeit des Neurons ist dann vermindert. GABA ist der wichtigste, zumeist inhibitorisch wirkende Neurotransmitter im ZNS. Benzodiazepine wirken über eine spezifische Benzodiazepinbindungsstelle modulatorisch auf die Rezeptoreigenschaften. Durch die Bindung von Benzodiazepinen erhöht sich die Affinität des Rezeptors zu GABA und damit die Frequenz der Kanalöffnung. Im Gegensatz zu Barbituraten können Benzodiazepine auch in hohen Dosen nicht als direkte GABAA-Agonisten wirken, wodurch sich die hohe Anwendungs- und Intoxikationssicherheit erklärt. Die GABAA-Rezeptoren sind als Pentamer verschiedener Untereinheiten und deren Varianten (hauptsächlich: α1–6; β1–3; γ1–3; δ) zusammengesetzt, zumeist nach dem Schema 2αi2βj1γk. Daraus ergeben sich mannigfaltige Rezeptorvariationen sowohl für GABA als auch für Benzodiazepine mit verschiedenen pharmakologischen Profilen, Häufigkeiten und topographischen Verteilungen. Während γ-Einheiten für eine Benzodiazepinwirkung notwendig sind, scheinen die α-Einheiten die Potenz und Effektivität der einzelnen Benzodiazepine zu bestimmen. Es gibt tierexperimentelle Hinweise, dass die anxiolytischen Effekte primär durch α2- und/oder α3- enthaltende Rezeptoren, die sedativen Eigenschaften (und anterograden Amnesien) dagegen durch α1- und die muskelrelaxierende Wirkungen durch α2- und α3-Rezeptoren vermittelt werden. Eine differenzielle Wirkung von Benzodiazepinen an GABAA-Rezeptoren wird z. T. durch eine einzelne Aminosäure bestimmt. So ist z. B. die Aminosäure Histidin in der Position 101 in der α1Untereinheit dafür verantwortlich, dass Benzodiazepine die Wirkung von GABA verstärken können, während die Aminosäure Arginin in der Position 101 in der α6-Untereinheit dazu führt, dass Benzodiazepine an α6-enthaltenen GABAA-Rezeptoren die Wirkung von GABA abschwächen. Buspiron Buspiron gehört zur Gruppe der Azapirone und wirkt als vollständiger Agonist an präsynaptischen 5-HT1A-Autorezeptoren und somit inhibitorisch auf Ausschüttung und Synthese von Serotonin. Postsynaptisch soll Buspiron als partieller Agonist an 5-HT1A-Rezeptoren einen direkten serotonergen Effekt besitzen. Weiterhin werden antagonistische Eigenschaften am präsynaptischen D2-Rezeptor postuliert. Der aktive Metabolit 1-Phenyl-Piperazin (1-PP) beeinflusst ebenfalls das Serotonin-System und besitzt zusätzlich aufgrund eines präsynaptischen α2-antagonistischen Effekts noradrenerge Effekte (keine Wirkung am GABAA-Rezeptor). Der anxiolytische Effekt ist am ehesten durch die Summe der komplexen Wirkungen zu erklären.
4.2 · Wirkmechanismen
329
4
Hydroxyzin Das Diphenylmethanderivat Hydroxyzin hat eine H1-antihistaminerge, zudem adrenolytische und anticholinerge Wirkung. Opipramol Trotz einer trizyklischen Struktur zeigt Opipramol in therapeutischen Dosen keine Rückaufnahmehemmung für biogene Amine. Es finden sich antagonistische Effekte am 5-HT2-, H1- sowie am D2-Rezeptor bei erhöhtem Dopaminumsatz. Opipramol ist ein starker Ligand an σ1- und σ2-Rezeptoren. Die sedativen Eigenschaften sind auf die antihistaminerge Wirkung zurückzuführen, die Ursache der anxiolytischen Wirkung ist unklar. Pregabalin Pregabalin ist ein lipophiles GABA-Analog, das ursprünglich als Antikonvulsivum entwickelt wurde und jetzt bei GAD und sozialer Phobie zugelassen wurde (7 Präparat). β-Rezeptorenblocker β-Rezeptorenblocker, z. B. Propranolol oder Atenolol, vermindern β-adrenerg vermittelte somatische Symptome der Angst (Schwitzen, Tremor, kardiovaskuläre und Magen-Darm-Beschwerden). Neue pharmakologische Ansätze Neue Arzneimittel mit anxiolytischer Wirkweise kommen aus der Gruppe der Azapirone wie Gepiron, Ipsapiron und das Buspiron-Analogon MM199. Sie wirken wie Buspiron vorwiegend als 5-HT1A-Agonisten. Der vollständige 5HT1A-Agonist Flesinoxan führte bei der Panikstörung allerdings zu einer Verschlechterung. 5 Nichtselektive, partielle GABAA -Agonisten wie Pagoclon haben Teileffekte bei der Panikstörung ohne Absetzschwierigkeiten. Bretazenil und Imidazenil sind weitere Substanzen aus dieser Gruppe. 5 Für die Antikonvulsiva Gabapentin, Vigabatrin, Levetiracetam und Tiagabin gibt es erste Hinweise für eine anxiolytische Wirkung (z. B. bei GAD und sozialer Phobie). Gabapentin eignet sich möglicherweise auch zur Augmentation von SSRI bei der sozialen Phobie. Experimentelle Untersuchungen weisen darauf hin, dass eine selektive Erhöhung endogener GABA, z. B. durch selektiv GABA-erge Antiepileptika, anxiolytische Effekte zeigt. Vigabatrin hemmt selektiv das Hauptabbauenzym von GABA, die GABA-Transaminase, Tiagabin wirkt als
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4.3
Kapitel 4 · Anxiolytika
GABA-Wiederaufnahmehemmer durch Blockade des GABA-Transporters. Deramciclan ist ein 5-HT2A-Antagonist und inverser Agonist am 5-HT2C-Rezeptor. Seine Wirksamkeit bei unterschiedlichen Angststörungen wird geprüft. Ebenso hat Agomelatin eine spezifisches 5-HT2Cantagonistisches Profil (7 Kap. 1, Präparat). In verschiedenen experimentellen Modellen konnten anxiolytische Effekte für die selektiven 5HT1B-Liganden CP94253 und SB-216641 gezeigt werden. Hinreichende klinische Ergebnisse liegen für diese Substanzen noch nicht vor. Inositolphosphat dient als »second messenger« für einige SerotoninRezeptortypen, aber auch für noradrenerge Rezeptoren. Erste klinische Studien konnten eine gute Wirksamkeit von Inositol bei der Panikstörung zeigen. Substanz-P-Rezeptor-Antagonisten: Präklinische Untersuchungen legen nahe, dass das Neuropeptid Substanz P an der Pathogenese von Schmerzsyndromen, affektiven Erkrankungen und Angstsyndromen beteiligt ist. In ersten Studien wurde ein positiver Effekt des SubstanzP-Rezeptor-Antagonisten MK-869 bei depressiven und ängstlichen Patienten gezeigt. MK-869 zeichnete sich auch durch eine sehr gute Verträglichkeit aus. Das Corticotropin Releasing Hormon (CRH) moduliert neuroendokrine, autonome und behaviorale Antworten auf Stress. Möglicherweise kommt es über die Aktivierung des CRH-1-Rezeptors zu ängstlichen und depressiven Symptomen. Experimentelle und erste klinische Studien zu CRH-1-Rezeptor-Antagonisten (z. B. R121919) geben Hinweise auf anxiolytische und antidepressive Eigenschaften (7 Kap. 1.2). Vasopressin ist ebenfalls ein relevanter Modulator der neuroendokrinen Stressreaktion. SSR149415 ist ein selektiver Vasopressin V(1b) Rezeptorantagonist, der in Tiermodellen anxiolytische Effekte zeigte. Klinische Untersuchungen sind in Planung. Allgemeine Therapieprinzipien
5 Benzodiazepine sind hochwirksame Substanzen. Sie wirken schnell und zuverlässig, sind gut verträglich und haben eine große therapeutische Breite. Die Indikation für Benzodiazepine muss wegen des vorhandenen Abhängigkeitsrisikos aber stets mit Sorgfalt gestellt werden.
4.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
331
4
5 Zielsymptome sind Angst, innere Unruhe, muskuläre Spannung, Hypervigilanz, Schlafstörungen, akute mutistische oder stuporöse Zustände, Akathisie und tardive Dyskinesien. Der therapeutische Effekt der Benzodiazepine zielt auf eine rasche Sedierung und Entspannung, ohne in niedrigen Dosierungen eine nennenswerte Schlafinduktion hervorzurufen. 5 Eine Toleranzentwicklung gegenüber der anxiolytischen Wirkung ergibt sich vergleichsweise selten, d. h. eine Dosissteigerung zur Wirkungserhaltung der Anxiolyse ist in der Regel nicht notwendig. Bekannt sind hingegen Toleranzentwicklungen gegenüber der sedierenden, muskelrelaxierenden und antikonvulsiven Wirkungskomponente. Tiermodelle bestätigen eine raschere und ausgeprägtere Toleranz gegenüber sedativen als gegenüber anxiolytischen Effekten. 5 Es besteht eine Kreuztoleranz von Benzodiazepinen zu Alkohol. Längerer Alkoholkonsum macht u. U. höhere Benzodiazepindosen notwendig. 5 Eine depressiogene Wirkung von Benzodiazepinen ist nicht nachgewiesen. Prosuizidale Effekte von Benzodiazepinen werden im Sinne einer Desinhibition diskutiert, sind aber bisher nicht bestätigt. 5 Es sollte versucht werden, stets nur ein Benzodiazepin zu verordnen. Benzodiazepine sollten in möglichst niedrigen, aber ausreichend wirksamen Dosen verabreicht werden. Die Gesamtgabe sollte auf einen möglichst kurzen Zeitraum (4–6 Wochen) beschränkt werden. Die Indikation zu einer langfristigen Benzodiazepinverordnung sollte stets durch einen Psychiater gestellt werden, z. B. bei schweren Angsterkrankungen, die durch Antidepressiva und/oder zusätzliche psychotherapeutische Maßnahmen nicht gebessert wurden. 5 β-Rezeptorenblocker wie Atenolol und Propranolol sind beim Überwiegen somatischer Symptome im Rahmen psychischer Stresssituationen (Redner- und Prüfungsangst) als Einmalgabe sinnvoll. β-Rezeptorenblocker besitzen nur geringe sedierende Eigenschaften. ! Kontraindikationen für β-Rezeptorenblocker sind obstruktive Lun-
generkrankungen, Herzinsuffizienz, AV-Überleitungsstörungen, Bradykardie, insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Sinusknotensyndrom, Hypotonie und periphere arterielle Verschlusskrankheit.
5 Antidepressiva (7 Kap. 1) haben neben ihrer antidepressiven auch eine anxiolytische Komponente. Der Vorteil gegenüber Benzodiazepinen
332
liegt im fehlenden Abhängigkeitspotenzial, der Nachteil in der längeren Wirklatenz.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Konventionelle Antipsychotika (7 Kap. 3) wurden früher häufiger in niedriger Dosierung aufgrund ihrer zusätzlich vorhandenen anxiolytischen Komponente als Anxiolytika verordnet. Die hohe Nebenwirkungsrate unter Antipsychotika sollte ein solches Vorgehen verbieten. Ausnahmen: abhängigkeitsgefährdete Patienten mit Angststörungen und bestehende Kontraindikationen gegen Benzodiazepine. In solchen Situationen sollte zunächst ein Antidepressivum eingesetzt werden. Erst nach einem solchen Versuch kann z. B. Melperon oder Pipamperon vorübergehend gegeben werden. ! Hochpotente, nicht oder kaum sedierende Antipsychotika wie Fluspi-
rilen, Flupentixol oder Fluphenazin als »Minor Tranquilizer« sollten bei Angststörungen wegen der Gefahr von EPS und Spätdyskinesien nicht mehr gegeben werden.
7
11
5 Der Einsatz von atypischen Antipsychotika (AAP) bei Angststörungen ist bisher nur wenig geprüft. Erste Hinweise ergeben sich für eine Wirksamkeit von Risperidon, Quetiapin und Olanzapin bei der posttraumatischen Belastungsstörung, weiterhin von Risperidon und Olanzapin bei der GAD. Fallberichte und erste Studien gibt es zur Augmentationsbehandlung von SSRI in Kombination mit Aripiprazol, Ziprasidon und Olanzapin bei unterschiedlichen Angststörungen. Ein möglicher Nutzen muss dann gegen die oft erheblichen Nebenwirkungen der atypischen Antipsychotika abgewogen werden.
12
4.4
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Indikationen
Die Indikationen für den Einsatz von Benzodiazepinen sind nosologieübergreifend und häufig symptomorientiert. In vielen Fällen erfolgt der Einsatz als Komedikation, um den Therapieeffekt zu unterstützen oder die Wirklatenz einer anderen längerfristig geplanten Medikation abzukürzen (z. B. Antidepressiva bei Angsterkrankungen und Depressionen; Antipsychotika bei schizophrenen Erkrankungen). Benzodiazepine sind bei vielen psychiatrischen und internistischen Notfallsituationen indiziert (z. B. akuter Herzinfarkt).
4.4 · Indikationen
333
4
Ein dauerhafter (monotherapeutischer) Einsatz ist in einigen Fällen v. a. bei Angsterkrankungen (Generalisierte Angststörung (GAD),, Panikstörung) nach Ausschöpfung anderer Therapiemaßnahmen indiziert. Zumeist aber werden Anxiolytika im Rahmen der Pharmakotherapie als Begleittherapie bei unten aufgeführten Diagnosen eingesetzt. Darüber hinaus ist ein vorübergehender Einsatz bei Angstsymptomen auch bei anderen, nicht aufgeführten Diagnosen möglich. Bei Abhängigkeitserkrankungen (7 Kap. 7) muss aber fast immer auf den Einsatz von Benzodiazepinen verzichtet werden. 4.4.1
Phobische Störung
5 Spezifische Phobie: Verhaltenstherapie ist die Behandlungsmethode der Wahl; Benzodiazepine sollten nur vorübergehend verordnet werden. 5 Agoraphobie tritt zumeist mit der Panikstörung auf. Das Behandlungskonzept entspricht dem der Panikstörung (7 Kap. 1.4.2 sowie 7 Kap. 4.4.2). 5 Soziale Phobie: Zur langfristigen Therapie mit Antidepressiva sowie zum Einsatz von β-Blockern 7 Kap. 1.4.4. Als Benzodiazepine konnten Alprazolam, Bromazepam und Clonazepam eine Wirksamkeit zeigen; sie sollten nur vorübergehend eingesetzt werden. 4.4.2
Panikstörung mit/ohne Agoraphobie
5 Zur schnellen Kupierung von Panikattacken sind Benzodiazepine (z. B. Alprazolam, Lorazepam, Clonazepam, Diazepam) gut geeignet, auch i.v.-Gaben sind in dieser Indikation möglich. Ein überlappender initialer Einsatz von Benzodiazepinen erscheint wegen der fehlenden initialen Wirkung anderer Verfahren oft sinnvoll. 5 Benzodiazepine sind zwar auch in der Erhaltungstherapie und zur Prophylaxe wirksam; die gut belegten Therapiemöglichkeiten durch Antidepressiva (7 Kap. 1.4.2) sind wegen der nicht vorhandenen Abhängigkeits- und Toleranzentwicklungen einer dauerhaften Benzodiazepinmedikation vorzuziehen. 5 Zur Behandlung der Panikstörung benötigt man in der Regel nicht mehr als 4 mg Alprazolam (die Dosis ist höher als bei der GAD. Die Startdosis sollte nicht mehr als 1,5 mg Alprazolam betragen. 5 Benzodiazepine können bei Panikstörung auch als Bedarfsmedikation angewandt werden.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
5 Bei akuter Symptomatik sollten Benzodiazepine nicht länger als 1‒2 Wochen gegeben werden. 5 Zur Kombination von Anxiolyse und Psychotherapie 7 Kap. 4.5. 4.4.3
Generalisierte Angststörung
5 Benzodiazepine haben in der Akutbehandlung und zur Krisenintervention einen wichtigen Stellenwert (Alprazolam, Lorazepam, Oxazepam, Diazepam). Besonders hilfreich können Benzodiazepine bei im Vordergrund stehenden vegetativen Beschwerden sein, die manchmal durch Antidepressiva zu Beginn der Therapie noch verstärkt werden können. 5 Benzodiazepine sind in der Langzeittherapie wirksam und unter Berücksichtigung von Krankheitsgeschichte und Persönlichkeitsmerkmalen in dieser Form auch kontrolliert einsetzbar. 5 Wegen des Abhängigkeitspotenzials der Benzodiazepine sind für den langfristigen Einsatz Therapieversuche mit Antidepressiva (7 Kap. 1.4.3) oder Opipramol und Buspiron vorzuziehen. Es liegen mehrere positive placebokontrollierte Studien zur Wirksamkeit von Pregabalin bei der GAD vor. 5 Besteht die Angsterkrankung mehrere Monate, sollten die Benzodiazepine nach 4‒6 Wochen im Wesentlichen abgesetzt sein. Bei chronischer GAD sollte dann aber ein völliges Absetzen nach 4‒6 Monaten gelingen. 5 In der überwiegenden Mehrzahl der Patienten findet sich keine nennenswerte Dosissteigerung über die Zeit der Anwendung. 5 Therapie der GAD mit Antipsychotika 7 Kap. 3.4.6und 7 Kap. 4.3. 4.4.4
Depressive Störungen
5 Die initiale Kombination von antidepressiver Therapie mit Benzodiazepinen kann das frühe Ansprechen der Therapie beschleunigen. Vor allem ängstlich-agitierte Symptome und Schlafstörungen können in den ersten 1–2 Wochen durch eine Kombinationstherapie gelindert werden. 5 Bei Suizidalität im Rahmen depressiver Störungen sind oft hohe Dosierungen von Benzodiazepinen vorübergehend nötig. 5 Bei gehemmter Depression, Stupor und Mutismus ist Lorazepam zunächst in einmaliger oraler Dosis von 2 mg indiziert (auch i.v.Gabe möglich), bei Besserung der Symptome kann Lorazepam für die
4.4 · Indikationen
335
4
folgenden Tage in einer Dosis von 2–5 mg/Tag oral zusammen mit einem Antidepressivum verabreicht werden (7 Kap. 3.4.1, katatone Symptome). 4.4.5
Somatoforme Störungen
5 Bei begleitender Angst kann ein vorübergehender Einsatz von Benzodiazepinen indiziert sein. Auch das GABAerg wirkende Anxiolytikum Opipramol ist bei der somatoformen Störung wirksam. Therapie mit Antidepressiva 7 Kap. 1.4.7. 4.4.6
Manische Episode
5 Bei der Behandlung manischer Syndrome können Benzodiazepine als adjuvante Medikamente eingesetzt werden. Sie eignen sich nicht zur Monotherapie. Antipsychotika werden durch den Einsatz von Benzodiazepinen eingespart. In vielen Fällen kann durch die zusätzliche Gabe von Benzodiazepinen (neben Lithium, Carbamazepin oder Valproinsäure) auf Antipsychotika ganz verzichtet werden. Bisher am besten untersucht sind Clonazepam und Lorazepam; teilweise sind hohe Dosierungen bis zu 15 mg/Tag notwendig. 5 Zur Therapie der manischen Episode mit Antipsychotika und Antikonvulsiva 7 Kap. 2.4.1. 4.4.7
Schizophrene Störungen
5 Bei Ängsten und psychischer Angespanntheit im Rahmen einer akuten psychotischen Symptomatik sind Benzodiazepine in Kombination mit einer antipsychotischen Medikation wirksam, sie sollen nach erreichtem Therapieziel langsam abgesetzt werden. Eine primär antipsychotische Wirkung durch Benzodiazepine ist nicht beschrieben. 5 Während bei Mutismus und akutem katatonen Symptomen Lorazepam indiziert ist (7 Kap. 3.4.1, katatone Symptome), konnte ein positiver Einfluss von Benzodiazepinen bei chronischer Katatonie nicht gezeigt werden.
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4.4.8
Kapitel 4 · Anxiolytika
Extrapyramidal-motorische Störungen
5 Die Möglichkeiten der Beeinflussung von medikamentös induzierten EPS mit Benzodiazepinen sind in 7 Kap. 3.6 beschrieben. Mit Benzodiazepinen (z. B. Clonazepam, 0,5–4 mg/Tag) kann eine Verminderung der Beschwerden erreicht werden. Speziell bei quälenden und auf andere Maßnahmen nicht respondierenden tardiven Dyskinesien bzw. Dystonien ist ein mittelfristiger Einsatz indiziert. Eine Toleranzentwicklung nach mehreren Monaten kann jedoch eine Unterbrechung der Therapie notwendig machen.
5
4.4.9
6
5 In der Neurologie werden Benzodiazepine als Muskelrelaxanzien und als Antiepileptika angewandt. Eine Wirksamkeit von Alprazolam beim essenziellem Tremor konnte gezeigt werden.
7
Neurologische Erkrankungen
4.4.10 Benzodiazepine im Alter und bei organischen Erkrankungen
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5 Benzodiazepine können auch im höheren Lebensalter als sicher und wirksam angesehen werden. 5 Kurzwirksame Benzodiazepine (Lorazepam, Oxazepam) sind langwirksamen Präparaten wegen der Neigung zur Akkumulation bei im Alter verlängerter Eliminationshalbwertzeit vorzuziehen; langwirksame Benzodiazepine unterliegen darüber hinaus oft einem komplexen Metabolismus (7 Kap. 4.8). 5 Wegen des verzögerten Metabolismus, veränderten Verteilungsvolumens und häufig erniedrigter Clearance sind meist niedrigere Dosierungen als bei jüngeren Patienten notwendig. 5 Bei verwirrten oder älteren Patienten oder Patienten mit organischen Veränderungen sollten wegen möglicher paradoxer Benzodiazepinwirkungen (Agitiertheit, Euphorisierung, Erregungszustände, Schlaflosigkeit) eher Antidepressiva zur Anxiolyse verordnet werden. 5 Unerwünschte Wirkungen (7 Kap. 4.6) sind im Alter prinzipiell die gleichen wie bei jüngeren Patienten mit z. T. jedoch gravierenderen Konsequenzen (z. B. Atemdepression bei kardiorespiratorischen Erkrankungen, Ataxie mit Sturzneigung und Gefahr von Schenkelhalsbrüchen und Schädel-Hirn-Trauma); zum Problem der Abhängigkeit 7 Kap. 4.6.1.
4.6 · Nebenwirkungen
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4
5 Zur Anwendung von Psychopharmaka im Alter allgemein 7 Kap. 13.2.5. Benzodiazepine und Alkoholentzugssyndrom (7 Kap. 7) Benzodiazepine bei psychiatrischen Akutsituationen (7 Kap. 12) 4.5
Anxiolytika und Psychotherapie
5 Bei Angsterkrankungen (Panikstörung, phobische Störung, GAD) sind psychotherapeutische Interventionen wesentlicher Bestandteil der Therapie. Wie weit in einem Gesamtbehandlungsplan psychopharmakologische Strategien (v. a. Antidepressiva) eingebunden werden, wird individuell eingeschätzt. 5 Oftmals kann gerade zu Beginn einer Psychotherapie oder bei einer akuten Exazerbation auf eine Begleitmedikation mit einem Benzodiazepin nicht verzichtet werden. Bei allen akuten Angstzuständen sind Benzodiazepine Mittel der ersten Wahl. Ist die Angst leichter ausgeprägt oder handelt es sich um eine über ca. 2 Wochen hinausgehende Behandlung, sind dagegen alternative psychopharmakologische Interventionen als Begleitbehandlung zu einer Psychotherapie primär indiziert. 5 Allerdings kann bei allen Indikationen nach Ausschöpfung der anderen Therapieverfahren eine längerfristige Benzodiazepinbehandlung notwendig und hilfreich sein. 5 Es besteht in der Regel keine Kontraindikation, auch im Rahmen einer längerfristigen Verhaltenstherapie, Benzodiazepine vorübergehend zu verordnen. Es finden sich eher positive Effekte von Benzodiazepinen auf die Wirksamkeit einer Psychotherapie. Eine Ausnahme ist der Konfrontationsversuch bei Verhaltenstherapie. 4.6
Nebenwirkungen
4.6.1
Abhängigkeitsrisiko bei Benzodiazepinen
5 Bei Anwendung von Benzodiazepinen kann es zu Abhängigkeitsentwicklungen kommen. Das Abhängigkeitsrisiko steigt, wenn höhere Dosen verabreicht und wenn Benzodiazepine über längere Zeiträume
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Kapitel 4 · Anxiolytika
eingenommen werden. Diskutiert wird zudem, dass für kurz wirksame Substanzen wie Alprazolam oder Lorazepam ein erhöhtes Risiko der Abhängigkeitsentwicklung oder von Rebound-Phänomenen gegenüber lang wirksamen Substanzen wie Diazepam besteht. 5 Besonders hoch ist das Abhängigkeitsrisiko bei unkontrolliertem bzw. nichtmedizinischem Gebrauch (häufig im Rahmen einer bestehenden Alkoholabhängigkeit oder Polytoxikomanie). Bevorzugt werden dabei Hypnotika mit raschem Wirkeintritt (z. B. Flunitrazepam). 5 Nach etwa 4-monatiger Einnahme einer therapeutischen Benzodiazepindosis muss nach abruptem Absetzen mit Absetz- bzw. Entzugssymptomen (s. unten) gerechnet werden. Bei Einnahme kurz wirksamer Hypnotika können Rebound-Phänomene (s. unten) auch schon nach einigen Tagen beobachtet werden. ! Abhängigkeitsentwicklungen ist durch strenge Indikationsstellung,
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der Wahl der niedrigst notwendigen Dosis und einer Verordnung wenn möglich nicht über 4–6 Wochen hinaus vorzubeugen. Bei einer Verordnung über 6 Wochen hinaus sollte immer ein Psychiater hinzugezogen werden, um Therapiealternativen zu erörtern.
5 Epidemiologische Angaben zur Häufigkeit von Abhängigkeitsentwicklungen bei Benzodiazepingebrauch liefern kontroverse Ergebnisse. Zuverlässige Daten aus unselektionierten Stichproben fehlen. Vier Gruppen sind besonders gefährdet: − Drogen- und Alkoholabhängige, − chronisch körperlich Kranke, besonders diejenigen mit Schmerzsyndromen, − Patienten mit Persönlichkeitsstörungen oder Dysthymie, − Patienten mit chronischen Schlafstörungen. 5 Bei der sog. »low-dose dependence« (oder auch »therapeutic-dose dependence«), d. h. einer »Abhängigkeit« bei Langzeiteinnahme üblicher therapeutisch verordneter Dosen, sind nach Absetzen sofortige oder protrahiert auftretende Absetzeffekte (s. unten) möglich. Entzugserscheinungen sind auch möglich; sie interferieren häufig mit Rückfallsymptomen oder werden mit ihnen verwechselt. Einige – allerdings nicht unselektionierte – Stichproben zeigen bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten keine Dosissteigerung; es findet sich eher ein konstantes oder aber titrierendes Einnahmeverhalten innerhalb der therapeutischen Dosisbandbreite. In vielen Fällen sind somit die Kriterien einer Abhängigkeit nicht erfüllt.
4.6 · Nebenwirkungen
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4
5 Im höheren Lebensalter kann eine niedrige Dosierung (wenn sie nicht gesteigert wird, s. oben) auch über Jahre indiziert sein. 4.6.2
Absetzproblematik bei Benzodiazepinen
5 Nach abruptem Absetzen von Benzodiazepinen finden sich 3 Typen von Absetzsymptomen: − Rebound-Symptome: Nach Absetzen von Benzodiazepinen kommt es als Effekt der GABAergen Gegenregulation häufig zu einem akuten und verstärkten Auftreten der ursprünglichen Krankheitssymptomatik (d. h. Unruhe, Angst, Schlaflosigkeit). Diese Symptomatik hält jedoch nur wenige Tage an. − Rückfallsymptome: Sie sind als wiederkehrende Angstsymptomatik nur schwer von der Grunderkrankung, die zu der Einnahme des Benzodiazepins geführt hat, unterscheidbar. Halten sie längere Zeit an, müssen sie als primäre Krankheitssymptome betrachtet werden. Um eine Absetzsymptomatik handelt es sich nur dann, wenn die Beschwerden einige Zeit nach Absetzen verschwinden. − Eigentliche Entzugssymptome: Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie vor Verordnung der Medikation nicht vorhanden waren. Je nach Halbwertszeit des eingenommenen Benzodiazepinpräparates treten sie ca. 2–10 Tage nach Absetzen der Medikation auf, erreichen schnell ein Maximum und dauern gewöhnlich 5–15 Tage an. Auch Krampfanfälle sind noch nach einem Zeitraum von 2 Wochen nach Absetzen beobachtet worden. Leichte Entzugssymptome 5 Vermehrte Angst und innere Unruhe 5 Schlaflosigkeit 5 Erhöhte Irritabilität 5 Übelkeit und Erbrechen 5 Schwitzen 5 Tremor 5 Kopfschmerzen 5 Muskelverspannungen
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Schwere Entzugssymptome 5 Verwirrtheitszustände 5 Depersonalisation/Derealisation 5 Psychoseartige Zustände, Delirien 5 Ängstlich-depressive Syndrome 5 Krampfanfälle 5 Oszillopsien, Dysmorphopsien 5 Photophobie 5 Hyperakusis 5 Hypersomnie 5 Dysästhesien 5 Kinästhetische Störungen 5 Muskelzittern und -faszikulationen 4.6.3
Vorbeugung von Benzodiazepinentzugssymptomen und Benzodiazepinentzugsbehandlung
8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
! Wichtig ist die stufenweise Dosisreduktion, kein abruptes Absetzen!
Absetzen ist in der Regel über Wochen notwendig, manchmal über Monate. Die ersten 50% einer Benzodiazepindosis können relativ zügig, die nächsten 25% deutlich langsamer und die letzten 25% sehr langsam abgesetzt werden. Häufig empfiehlt sich auch eine Pause nach den ersten 50%. Jede Reduktion soll mindestens eine Woche dauern.
5 Die langsame stufenweise Dosisreduktion muss insbesondere beim Entzug von hochpotenten kurzwirksamen Benzodiazepinen eingehalten werden, da Entzugssymptome bei diesen Substanzen abrupter auftreten und stärker ausgeprägt sein können als bei Benzodiazepinen mit langer Halbwertszeit. Das häufig praktizierte vorherige Umsetzen auf eine äquivalente Dosis eines langwirksamen Benzodiazepins scheint keinen Vorteil zu bringen. 5 Für den Erfolg ist eine zuvor initiierte und erfolgreiche Therapie der Grunderkrankung wichtig. Es gibt Hinweise auf eine Wirksamkeit der KVT im fraktionierten Benzdodiazepinentzug.
4.6 · Nebenwirkungen
341
4
5 Es gibt Hinweise für eine erfolgreichere Entzugsbehandlung mit parallelem Einsatz von Antidepressiva (Imipramin, auch Doxepin und Trazodon) und Antikonvulsiva (Valproinsäure, Carbamazepin). 5 Während des Ausschleichens von Benzodiazepinen bei Patienten mit Insomnie gibt es Berichte über eine erfolgreiche adjuvante Melatoninsubstitution. Nach experimentellen Befunden inhibiert Melatonin zudem die Toleranzentwicklung über GABAerge Mechanismen. Dadurch erscheint nach ersten Ergebnissen eine Reduktion der Benzodiazepinmenge zur Angstlösung möglich. 4.6.4
Andere Nebenwirkungen von Benzodiazepinen
5 Häufige unerwünschte Wirkungen sind Tagesmüdigkeit und Schläfrigkeit mit Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit und des Reaktionsvermögens. > CAVE
Die Fahrtüchtigkeit unter Benzodiazepinen ist eingeschränkt.
5 Bei Gabe rasch anflutender Benzodiazepine kann es zu einer anterograden Amnesie kommen. 5 Unter Benzodiazepinen sind paradoxe Disinhibitionsphänomene möglich: Agitiertheit, Euphorisierung, Erregungszustände, Schlaflosigkeit und Aggressivität. Sie treten unter höherer Dosierung und bei älteren Menschen auf. 5 Bei Gabe langwirksamer Benzodiazepine besteht die Gefahr der Kumulation (7 Kap. 4.8.1 und HWZ bei Präparaten). Kumulation kann zu verstärkten Nebenwirkungen und damit zu möglichen klinischen Komplikationen führen: Hang-over-Phänomene, Verstärkung von Müdigkeit und Sedierung, Ataxie und daraus resultierende Sturzgefahr. Dies gilt insbesondere für Patienten mit verminderter Metabolisierungsfähigkeit (ältere Patienten; Leber- und Nierenerkrankungen; Komedikation mit metabolismusinhibierenden Eigenschaften). > CAVE
Bei schneller i.v.-Verabreichung von Benzodiazepinen kann es zu vorübergehender Atemdepression, Blutdruckabfall und u. U. sogar zum Herzstillstand kommen.
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5 Besondere Vorsicht ist in dieser Hinsicht auch bei der Kombination mit Clozapin (7 Kap. 3, Präparat) geboten. Nach neueren Untersuchungen stellt eine Kombination von Clozapin mit Benzodiazepinen keine absolute Kontraindikation dar, sollte jedoch weiterhin sorgfältig abgewogen werden. Klinisch dringliche Situationen wie ein malignes neuroleptisches Syndrom, katatone Zustandsbilder oder extreme Agitiertheit lassen eine solche Kombinationstherapie vertretbar erscheinen. 5 Nach i.v.-Verabreichung von Diazepam sind lokale Gefäßirritationen bis hin zu Thrombophlebitiden beschrieben worden, die unter neuen Präparationsformen (Emulsionen) nicht auftreten sollen. 4.6.5
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Symptome bei Überdosierung von Benzodiazepinen
5 Nach höherer Dosierung oder akuter Überdosierung besteht die Gefahr von Dysarthrie, Ataxie, Schläfrigkeit, allgemeiner Apathie, Verlangsamung der motorischen Abläufe, muskulärer Schwäche, Doppelbildern, Schwindelzuständen, Übelkeit und Kopfschmerzen. Die Gefahr von anterograder Amnesie und paradoxen Benzodiazepinwirkungen steigt bei Überdosierungen an. Bei einigen Benzodiazepinen wird eine periphere kardiale Rezeptorwirkung mit Ca-Kanal-Aktivität postuliert, welche zu Reizleitungsstörungen führen kann. 5 Zur Therapieoption von Benzodiazepinintoxikationen durch Flumazenil (Anexate®, 7 Kap. 17.5). 4.6.6
Symptome bei chronischer Einnahme von Benzodiazepinen
5 Nach chronischer Einnahme hoher Benzodiazepindosen können zusätzlich auftreten: dysphorische Verstimmungszustände, Vergesslichkeit, Leistungsminderung, eingeschränkte Kritikfähigkeit und Gleichgültigkeit, extreme muskuläre Schwäche mit Reflexverlust, Appetitstörungen sowie Abnahme der Libido und Menstruationsstörungen.
4.8 · Pharmakokinetik und Interaktionen
4.7
343
Kontraindikationen
Wichtige Kontraindikationen von Benzodiazepinen sind: 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate. 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation 5 Myasthenia gravis (aufgrund der muskelrelaxierenden Wirkung der Benzodiazepine) 5 Akutes Engwinkelglaukom (nach Herstellerangabe für einige Präparate, pharmakologisch aber nicht eindeutig begründbar) 5 Spinale und zerebelläre Ataxie 5 Ambulante Verschreibung bei vorbekannter Abhängigkeitsanamnese 5 Relative Kontraindikationen: − Schwere Leber- und Nierenerkrankung − Chronische Ateminsuffizienz (obstruktive Atemwegserkrankungen), Schlaf-Apnoe-Syndrom
4.8
Pharmakokinetik und Interaktionen
4.8.1
Pharmakokinetik der Benzodiazepine
5 Benzodiazepine werden bei oraler Verabreichung aufgrund ihrer lipophilen Struktur gut resorbiert: − Sehr schnell: Diazepam und Dikaliumchlorazepat − Relativ schnell: Lorazepam und Alprazolam − Relativ langsam: Oxazepam und Prazepam 5 Die Plasmaproteinbindung ist in der Regel hoch und beträgt 80–99%. Ausnahmen: Bromazepam 70% , Lorazepam ca. 60% Plasmaproteinbindung.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Metabolisierungswege Phase-I-Metabolismus Oxidativ-hepatische Biotransformation durch Demethylierung sowie Hydroxylierung. Verläuft langsam und führt pharmakologisch meist zu wirksamen Metaboliten, die wiederum lange Eliminationshalbwertszeiten haben, wie z. B. Nordazepam; Kumulationsgefahr (. Tab. 4.1)! Benzodiazepine, wie z. B. Diazepam, werden erst zu Nordazepam demethyliert, anschließend zu Oxazepam hydroxyliert und erst dann als Konjugat (PhaseII-Metabolismus) ausgeschieden. Phase-II-Metabolismus Konjugatbildung mit Glukuronsäure an einer ursprünglich vorhandenen oder an einer in einem vorhergehenden Hydroxylierungsschritt (Phase-IMetabolismus) angehängten Hydroxylgruppe. Geschieht schnell und führt unmittelbar zu renal eliminierbaren Produkten (Kumulationsgefahr gering). Benzodiazepine wie z. B. Lorazepam, Lormetazepam und Oxazepam, die bereits eine Hydroxylgruppe besitzen, können sofort glukuronidiert werden, sodass deren Eliminationshalbwertzeit mit ungefähr 10 h relativ kurz ist. Auswirkungen auf die Anwendung von Benzodiazepinen 5 Demethylierung und Hydroxylierung sind abhängig von der allgemeinen Leberfunktion und dem Alter, nicht so dagegen in der Regel die Glukuronidierung. Hohes Alter oder Leberzirrhose können die Eliminationshalbwertszeit von Phase-I-metabolisierten Benzodiazepinen verlängern. 5 Neben der Halbwertszeit ist die Dauer und das Ausmaß der Verteilung eines Benzodiazepins im Organismus wichtig: z. B. haben Diazepam und Nordazepam ein großes Verteilungsvolumen, sodass Diazepam nach einmaliger Applikation trotz relativ langer Halbwertzeit nur eine kurze Wirkungsdauer aufweist, da durch Rückdiffusion der Substanzen aus dem zentralen Kompartiment in die peripheren Gewebe wirksame Konzentrationen im Gehirn nur relativ kurze Zeit aufrechterhalten werden können. Oxazepam, Lorazepam, Clobazam und Alprazolam besitzen ein kleines Verteilungsvolumen. 4.8.2
Interaktionen der Benzodiazepine
Pharmakologische Interaktionen können grundsätzlich in pharmakodynamische und pharmakokinetische Interaktionen unterschieden werden. In pharmakodynamischer Hinsicht sind bei Benzodiazepinen Wirkverstär-
345
4.8 · Pharmakokinetik und Interaktionen
. Tab. 4.1 Einteilung der Benzodiazepine nach ihren Eliminationshalbwertszeiten Benzodiazepine
Metaboliten
Benzodiazepine mit langer Halbwertszeit und lang wirksamen aktiven Metaboliten: Diazepam (20–40 h)
Nordazepam (36–200 h) Oxazepam (4–15 h)
Chlordiazepoxid (5–30 h)
Demoxepam (ca. 45 h) Nordazepam (36–200 h) Oxazepam (4–15 h)
Dikaliumclorazepat (1–2 h)
Nordazepam (36–200 h) Oxazepam (4–15 h)
Prazepam (ca. 1,5 h)
Nordazepam (36–200 h) Oxazepam (4–15 h)
Clobazam (12–60 h)
Desmethylclobazam (50–100 h)
Benzodiazepine mit mittlerer bis kurzer Halbwertszeit und aktiven Metaboliten: Alprazolam (10–15 h)
(Hydroxylalprazolam: 12–15 h)
Bromazepam (10–20 h)
Hydroxybromazepam (kurz)
Clotiazepam (3–15 h)
Desmethylclotiazepam Hydroxyclotiazepam (ca.18 h)
Benzodiazepine mit mittlerer bis kurzer Halbwertszeit ohne aktive Metaboliten: Lorazepam (8–24 h)
Oxazepam (4–15 h)
4
346
Kapitel 4 · Anxiolytika
4
kungen in Zusammenhang mit ebenfalls sedativ wirkenden Substanzen zu beachten, insbesondere bei Substanzen mit ebenfalls GABAergem Wirkmechanismus (z. B. Barbiturate oder Antikonvulsiva). In pharmakokinetischer Hinsicht sind v. a. Beeinflussungen der Cytochrom-P450-abhängigen PhaseI-Metabolismen bei Benzodiazepinen ohne Hydroxylgruppe zu berücksichtigen (hauptsächlich CYP 3A4). Induktoren dieser Enzyme (z. B. Phenytoin, Rifampicin) vermindern die Wirkung von Benzodiazepinen; Inhibitoren (z. B. Fluoxetin, Fluvoxamin, Omeprazol, Grapefruitsaft) steigern die Wirkung bzw. verlängern die Halbwertzeit (. Tab. 4.2 und 7 Kap. 16).
5
4.9
1 2 3
6 7 8 9
Routinehinweise bei Benzodiazepingabe
Routineuntersuchungen von Leber, EKG, EEG sind nicht notwendig. Bei Leber- und Nierenfunktionsstörungen kann jedoch die Wirkstoffelimination reduziert sein (7 Kap. 13). Die Patienten sollten auf folgende Risiken hingewiesen werden: 5 Potenzierungsgefahr bei gleichzeitiger Einnahme anderer sedierender Pharmaka und Alkohol. 5 Mögliches Abhängigkeitsrisiko und Entzugssymptomatik:7 Kap. 4.6.1. 5 Mögliche eingeschränkte Fahrtüchtigkeit:7 Kap. 15. 5 Risiko in der Schwangerschaft und Stillzeit:7 Kap. 14.
10 4.10
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Dosierung und Behandlungsdauer
5 Die Dosierung richtet sich nach dem gewünschten Grad der Anxiolyse bzw. Sedierung. 5 Benzodiazepine wirken schnell und zuverlässig und haben eine große therapeutische Breite. 5 Die Gesamtgabe sollte auf einen möglichst kurzen Zeitraum (4– 6 Wochen) beschränkt werden. 5 Bei Benzodiazepinen mit langen Halbwertzeiten sind häufig einmalige Gaben pro Tag ausreichend. Bei Substanzen mit kürzeren Halbwertszeiten sind 2–4 Dosierungen pro Tag zu wählen. Hauptdosierung bei sedierender Wirkung zur Nacht. 5 Bei älteren Patienten sind wegen des verzögerten Metabolismus, veränderten Verteilungsvolumens und häufig erniedrigter Clearance meist niedrigere Dosen als bei jüngeren Patienten notwendig (7 Kap. 16).
4.10 · Dosierung und Behandlungsdauer
347
. Tab. 4.2 Interaktionen Benzodiazepine (BZ) – nach Medikamentengruppen der Komedikation geordnet Komedikation
Art der Interaktion
Psychopharmaka Antidepressiva (allgemein): 5 Fluoxetin, Fluvoxamin
Verstärkte Sedierung möglich. 5 Geringere Verstoffwechselung von PhaseI-metabolisierten BZ, dadurch höhere Plasmaspiegel möglich
Antipsychotika
Verstärkte Sedierung möglich. Pharmakodynamische Wirkverstärkung in vielen Fällen sinnvoll und erwünscht, Besserung einer Antipsychotika-induzierten Akathisie unter BZ; in sehr seltenen Einzelfällen unter Kombination von BZ mit Clozapin Schwindelzustände bzw. Kollaps bis hin zum Atemstillstand
Carbamazepin
Stärkere Verstoffwechselung von Phase-I-metabolisierten BZ, dadurch niedrigere Plasmaspiegel und geringere Wirkung möglich
Valproinsäure
Höhere Diazepam- und Lorazepamplasmaspiegel möglich; dadurch vermehrte Nebenwirkungen, besonders vermehrte Sedierung möglich
Andere Pharmaka Antazida
Geringere Absorption der BZ
AnticholinergikaPhysostigmin
Verzögerte Absorption von BZ; starke Abschwächung bis Aufhebung der BZ-Wirkung
Cimetidin
Geringere Verstoffwechselung von Phase-Imetabolisierten BZ, dadurch höhere Plasmaspiegel möglich
Dexamethason
Stärkere Verstoffwechselung von CYP 3A3/4metabolisierten BZ, dadurch niedrigere Plasmaspiegel möglich (7 Kap. 16)
4
348
1
Kapitel 4 · Anxiolytika
. Tab. 4.2 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Digoxin
Erhöhung der Digoxinplasmaspiegel unter Diazepam oder Alprazolam möglich (Vorsicht bei älteren Patienten!)
4
Erythromycin (evtl. auch andere Makrolidantibiotika)
Geringere Verstoffwechselung von CYP 3A3/4-metabolisierten BZ, dadurch höhere Plasmaspiegel möglich (7 Kap. 16)
5
HIV-Proteasehemmer
Verlangsamter Abbau durch Hemmung von CYP 3A4. Verstärkte Sedierung, z. B. durch Alprazolam oder Triazolam
Ketoconazol
Geringere Verstoffwechselung von CYP 3A3/4-metabolisierten BZ, dadurch höhere Plasmaspiegel möglich (7 Kap. 16)
Omeprazol
Evtl. geringere Verstoffwechselung von CYP 2C19-metabolisierten BZ wie Diazepam, Nordazepam und Nordazepam-Prodrugs, dadurch höhere Plasmaspiegel möglich
Probenezid
Durch verlangsamte Clearance Wirkverstärkung und -verlängerung von Lorazepam berichtet
Rifampizin
Stärkere Verstoffwechselung von Phase-I-metabolisierten BZ, dadurch niedrigere Plasmaspiegel und geringere Wirkung möglich
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Suxamethonium
Evtl. geringere Suxamethoniumnebenwirkungen (und -wirkungen?) unter Diazepam
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Verapamil, Diltiazem
Geringere Verstoffwechselung von CYP 3A3/4-metabolisierten BZ, dadurch höhere Plasmaspiegel möglich (7 Kap. 16)
Theophyllin, Coffein
Abschwächung der BZ-Wirkung möglich
2 3
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15 16 17
4.11 · Präparate
4.11
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4
Präparate1
Alprazolam Triazolobenzodiazepin Alprazolam AbZ (AbZ-Pharma) Tbl. 0,25, 0,5 mg
Cassadan (Temmler Pharma) Tbl. 0,25, 0,5, 1 mg
Alprazolam AL (ALIUD PHARMA) Tbl. 0,5, 1,0 mg
Tafil (Pharmacia) Tbl. 0,5, 1,0 mg (10, 20, 50 Tbl.)
Alprazolam-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 0,25, 0,5, 1,0 mg
Xanax (Pharmacia) Tbl. 0,5, 1,0 mg (20, 50 Tbl.)
Alprazolam Sandoz (Sandoz) Tbl. 0,25, 0,5, 1,0 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Mittelschnelle Resorption, orale Bioverfügbarkeit 80%, t½=10–15 h; Tmax=1–2 h; Tmax der Retardform 5–11 h. 5 Metabolisierung im Wesentlichen durch CYP 3A4, ein wirksamer Metabolit (α-Hydroxyalprazolam), und viele weitere Metaboliten sind für die klinische Wirkung kaum von Bedeutung. 5 Plasmakonzentration: 20–40 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständenz. 5 Panikstörung mit und ohne Agoraphobie, sofern therapeutische Alternativen nicht erfolgreich waren oder nicht geeignet sindz.
1
Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet. Es wird auf die weiterführende Darstellung der Nebenwirkungen und Kontraindikationen in 7 Kap. 4.6 bzw. 4.7 und 7 Kap. 13 hingewiesen.
350
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Kapitel 4 · Anxiolytika
5 Vom BfArM ist aufgrund groß angelegter Studien eine spezielle Zulassung für Panikstörungen und deren langfristige Behandlung erteilt worden, allerdings mit den Auflagen: »Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie, sofern therapeutische Alternativen nicht erfolgreich waren oder nicht geeignet sind«; »Die längerfristige Behandlung und die Verordnung höherer Dosierungen (über 4 mg täglich hinaus) darf nur durch einen Psychiater erfolgen«. 5 Eine in Europa noch nicht erhältliche Neuentwicklung ist die retardierte Form von Alprazolam (Alprazolam XR®), die sich bei lediglich einmaliger täglicher Einnahme durch ein günstigeres Nebenwirkungsprofil auszeichnet. Das Risiko einer Abhängigkeitsentwicklung ist bei dieser neuen Darreichungsform aber nicht günstiger. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 2- bis 4-mal 0,25–0,5 mg/Tag; maximal 4 mg/Tagz. Aufgrund der kurzen bis mittellangen HWZ ist eine 2- bis 4-malige Verabreichung über den Tag verteilt zu empfehlen. Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6)
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Kontraindikationen (7 Kap. 4.7) Interaktionen (7 Kap. 4.8) 5 Der Serumspiegel von Desipramin und Imipramin erhöht sich bei gleichzeitiger Gabe von Alprazolam um 20% bzw. 31%. Unter Fluvoxamin wurde ein Anstieg des Serumspiegels von Alprazolam um ca. 100% beobachtet, die Dosis sollte entsprechend reduziert werden. 5 Bei Gabe von Dextropropoxyphen evtl. höhere Alprazolamplasmaspiegel. 5 Bei Kombination mit Ketoconazol, Nefazodon, Ritonavir oder anderen Hemmstoffen von CYP3A4 Anstieg der Plasmaspiegel von Alprazolam und evtl. verstärkte Sedierung (7 Kap. 4.8.2). 5 Bei Kombination mit Digoxin Anstieg der Plasmaspiegel von Digoxin. Kombination bei Alterspatienten (>65 Jahre) vermeiden. 5 Plasma-Cortisol-Spiegel können bei älteren Patienten bereits nach einer 3-wöchigen Behandlung mit Alprazolam erhöht sein. 5 Weitere Interaktionen . Tab. 4.2.
351
4.11 · Präparate
4
Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Möglicherweise höheres Abhängigkeitspotenzial gegenüber Vergleichspräparaten. Langzeituntersuchungen zum Abhängigkeitsrisiko bei Panikstörungen fehlen. Bromazepam 1,4-Benzodiazepin Bromaz 6–1A2 (1A Pharma)
Bromazanil2 (Hexal)
Bromazepam AL2 (ALIUD PHARMA)
bromazep von ct2 (ct-Arzneimittel)
Bromazepam beta2 (betapharm)
Gityl2 (Krewel Meuselbach)
neuraxpharm2
Bromazepam (neuraxpharm)
Bromazepam ratiopharm2 (ratiopharm) durazanil2 (Merck dura)
Lexostad2 (STADApharm) Lexotanil (Roche) Tbl. 6 mg (10, 20, 50 Tbl.) neo OPT2 (Optimed) Normoc2 (Merckle)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption, orale Bioverfügbarkeit 60%; Tmax=1 h; t½=10– 20 h. 5 Metabolisierung durch CYP3A4, pharmakologisch aktive Metaboliten klinisch nicht von Bedeutung. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. Bei psychischen Angstzuständen kann Bromazepam vorübergehend als Adjuvans verordnet werden. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 3–6 mg/Tag in 2–4 Einzeldosen. In der Klinik bis 24 mg/Tagz.
2
Alle Generika: Tbl. 6 mg.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6) Kontraindikationen (7 Kap. 4.7)
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Interaktionen (7 Kap. 4.8) Bewertung Sicheres Anxiolytikum.
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Buspiron Azapiron
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Anxut (Eisai) Tbl. 5, 10 mg
7
Bespar (Bristol-Myers Squibb/Hormosan) Tbl. 5, 10 mg (20, 50, 100 Tbl.)
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Busp (Hexal) Tbl. 5, 10 mg
Pharmakodynamik 5 Partieller Agonist an 5-HT-1A-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; orale Bioverfügbarkeit nur 4% durch ausgeprägten First-pass-Effekt; Tmax=1-1,5 h; t½=2–3 h. 5 Die Metabolisierung erfolgt bevorzugt über CYP 3A4. Anxiolytisch wirksamer Metabolit: 1-Pyrimidylpiperazin (1-PP), der im Steady state in 13fach höherer Konzentration vorkommt als die Muttersubstanz. 5 Plasmakonzentration: im Mittel 3 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur symptomatischen Behandlung von Angstzuständen mit der Leitsymptomatik Angst, innere Unruhe und Spannungszuständez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei GAD leichter bis mittlerer Ausprägung (7 Kap. 1.4.3). 5 Hinweise zur Wirkung bei der Augmentationsbehandlung von SSRI bei schwerer Depression. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei PTSD und zerebellärer Ataxie. 5 Buspiron hat keine sedierenden, muskelrelaxierenden oder antikonvulsiven Eigenschaften. Keine Abhängigkeitsentwicklungen. Keine
4.11 · Präparate
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Interaktion mit Alkohol. Es sind keine paradoxen Disinhibitionsphänomene beschrieben. Bei sexuellen Störungen 7 Kap. 8.2.6 5 Wegen bestehender Wirklatenz von 10–14 Tagen und fehlenden sedierenden Eigenschaften als Adjuvans bei Unruhezuständen oder psychotischen Angstzuständen nicht geeignet. 5 Buspiron ist nicht in der Lage, Entzugssymptome nach Absetzen von Benzodiazepinen zu beheben. Deshalb sollte vor Beginn der Therapie mit Buspiron die Behandlung mit Benzodiazepinen ausschleichend abgesetzt sein. Dosierung 5 15–30 mg/Tag, Höchstdosis 60 mg/Tagz. Dosis langsam steigern. Verteilung der Tagesdosis auf 3–4 Einzelgaben. Nebenwirkungen 5 Häufig: Albträume; Tinnitus; Halsentzündung; Dösigkeit, Schwindel. 5 Gelegentlich: Synkopen; Augenreizung, verändertes Geruchs- und Geschmacksempfinden, Hypersalivation; Muskelverspannungen; Kurzatmigkeit. 5 Selten: EPS; Galaktorrhö, Amenorrhö. Kontraindikationen 5 Myasthenia gravis; akutes Engwinkelglaukom; schwere Leber- und Nierenfunktionsstörung; Benzodiazepinentzug (s. oben). Interaktionen 5 Bei gleichzeitiger Einnahme von Haloperidol erhöhte Plasmaspiegel des Antipsychotikums möglich. 5 Bei gleichzeitiger Einnahme von Rifampizin erniedrigte Plasmaspiegel von Buspiron möglich. 5 Bei gleichzeitiger Einnahme von MAO-Hemmern besteht das Risiko einer hypertensiven Krise. Bewertung Wirksam bei Angstzuständen mit Vorteil des fehlenden Abhängigkeitspotenzials und Nachteil der langen Wirklatenz; bisher kein Nachweis für eine Langzeitwirkung erbracht. Gleichwirksamkeit gegenüber Benzodiazepinen und Antidepressiva nicht belegt.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Chlordiazepoxid 1,4-Benzodiazepin Librium (ICN) Tbl. 25 mg (10, 20, 50 Tbl.)
Radepur 10 (AWD pharma) Drgs. 10 mg
Multum (Rosen Pharma) Tbl. 5, 10, 25 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle bis mittelschnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit 100%; Tmax=0,5–3,3 h (altersabhängig); t½=5–30 h; Abbau der zu lang wirksamen Metaboliten Demoxepam (t½=ca. 45 h) und Nordazepam (t½=36–200 h) (Kumulationsgefahr). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. Bei psychotischen Angstzuständen kann Chlordiazepoxid vorübergehend als Adjuvans verordnet werden. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9.
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Dosierung 5 Ambulant 5–50 mg, stationär 15 bis maximal 150 mg/Tagz.
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Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6)
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Kontraindikationen (7 Kap. 4.7)
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Interaktionen (7 Kap. 4.8)
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Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Kumulationsgefahr.
4.11 · Präparate
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Clobazam 1,5-Benzodiazepin Frisium 10/20 Tabs (Aventis Pharma) Tbl. 10, 20 mg (10, 20, 50 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Mittelschnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit ca. 87%; Tmax=0,254 h; t½=18 h; Eliminationshalbwertszeit des aktiven Metaboliten Desmethylclobazam liegt bei 50 h. Wirkstoffkumulation aufgrund langer Eliminationshalbwertszeit des Metaboliten bei länger dauernder regelmäßiger Applikation möglich. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. Adjuvante Gabe bei psychotischen Angstzuständen vorübergehend möglich. Sedierender Effekt i. Allg. nur zu Beginn der Therapie. Dosierung 5 20–30 mg/Tag, Höchstdosis 60 mgz. Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6) Kontraindikationen (7 Kap. 4.7) Interaktionen (7 Kap. 4.8) Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Kumulationsgefahr.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Clonazepam 1,4-Benzodiazepin Antelepsin (Desitin) Tbl. 0,5, 2 mg
Rivotril (Roche) Tbl. 0,5, 2 mg (50, 100 Tbl.) Trpf. 2,5 mg=25 Trpf.=1 ml (10, 50 ml) (Rivotril Lösung) Amp. 1 mg/1 ml (5 Amp.)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption; orale Bioverfügbarkeit 71-76%; Tmax=2-3 h; t½=39–40 h. 5 Bevorzugte Metabolisierung durch CYP 3A3/4. Die Metaboliten tragen praktisch nicht zur pharmakologischen Wirkung bei. 5 Plasmakonzentration: 20–40 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. Adjuvante Gabe bei psychotischen Angstzuständen vorübergehend möglich. Sedierender Effekt i. Allg. nur zu Beginn der Therapie. 5 Zur Anwendung beim manischen Syndrom 7 Kap. 2.4.1. 5 Erste Hinweise zur Wirksamkeit bei Zwangsstörungen. 5 Epilepsien, insbesondere altersgebundene Petit-mal-Epilepsien und fokal (partielle) Anfälle. Zur Unterbrechung bei Status epilepticus bewährt, bei Epilepsien vorwiegend im Rahmen einer Kombinationstherapie. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 Zur Anxiolyse 2–5 mg. Bei Erregungszuständen oder manischen Syndromen bis zu 15 mg/Tag möglichz. Vor i.v.-Gabe Lösung verdünnen (1 mg Wirkstoff auf 2 ml Injektionslösung). Die Injektionsgeschwindigkeit sollte 0,25–0,5 mg pro Minute nicht überschreiten.
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Nebenwirkungen 5 7 Kap. 4.6; zusätzlich vermehrter Speichelfluss und Bronchialhypersekretion (insbesondere bei Kindern) zu beachten. Kontraindikationen (7 Kap. 4.7) Interaktionen (7 Kap. 4.8) 5 Wirkverstärkung bei Kombination mit Inhibitoren von CYP 3A4 (7 Kap. 16). Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Diazepam 1,4-Benzodiazepin diazep AbZ (AbZ-Pharma) Tbl. 5, 10 mg Trpf. 10 mg=20 Trpf.=1 ml Amp. 10 mg/2 ml diazep von ct (ct-Arzneimittel) Tbl. 2, 5, 10 mg Amp. 10 mg/2 ml Diazepam Desitin (Desitin) Tube 5, 10 mg/2,5 ml Amp. 10 mg/2 ml Diazepam-Lipuro (Braun Melsungen) Amp. 10 mg/2 ml Diazepam Sandoz (Sandoz) Tbl. 5 mg, 10 mg Faustan (Temmler Pharma) Tbl. 5 mg Supp. 10 mg Amp. 10 mg/2 ml Lamra (Merckle) Tbl. 10 mg
Stesolid (ALPHARMA ISIS) Tube 5, 10 mg/2,5 ml Amp. 10 mg/2 ml Diazepam-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 2, 5, 10 mg Trpf. 10 mg=20 Trpf.=1 ml Supp. 5, 10 mg Amp. 10 mg/2 ml Diazepam STADA (STADApharm) Tbl. 5, 10 mg Valium (Roche) Tbl. 5, 10 mg (20, 50 Tbl.) Trpf. 10 mg=30 Trpf.=1 ml (25 ml) (Valiquid 0,3) Amp. 10 mg/2 ml (5 Amp.) (Valium 10) 10 mg/2 ml (5 Amp.) (Valium MM) Valocordin-Diazepam (Krewel Meuselbach) Trpf. 10 mg=30 Trpf.=1 ml
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption (bei oraler Gabe schnellster Wirkungseintritt aller Benzodiazepine); orale Bioverfügbarkeit 75–80%; Tmax=1 h; t½=20–40 h. 5 Aufgrund des großen Verteilungsvolumens bei Einmaldosierung allerdings nur eine kurz dauernde Wirkung. 5 Rektale Resorption ähnlich schnell wie bei oraler Gabe, jedoch unzuverlässiger. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP 2C19 und CYP 3A4. Pharmakologisch aktive Metaboliten: Nordazepam (t½=36–200 h), Oxazepam (t½=4–15 h) (Kumulationsgefahr!). 5 Plasmakonzentration (Summe Diazepam und aktive Metaboliten): 300–400 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. 5 Erregungszuständez:7 Kap. 12.2. 5 Alkoholentzugssyndrom(z): 7 Kap. 7.2.1. 5 Einsatz als Hypnotikum möglich, jedoch Hang-over-Phänomene. 5 Einsatz in der Neurologie als Muskelrelaxans und Antikonvulsivum zur Unterbrechung eines Status epilepticus. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 Ambulant 2–15 mg oral, stationär 5–60 mg/Tag oralz. Bei Einschlafstörungen 5–20 mg abends. Bei ängstlich-agitierten Erregungszuständen 10 mg oral, i.v. oder i.m. (1- bis 2-malige Wiederholung im Abstand von jeweils 30 min möglich, allerdings sollten 40 mg in den ersten 24 h nur in Ausnahmefällen überschritten werden). Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6) > CAVE
Bei schneller i.v.-Injektion von Diazepam kann es zu Atemdepression kommen; die i.v.-Gabe muss daher langsam erfolgen.
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5 Nach i.v.-Verabreichung von Diazepam sind lokale Gefäßirritationen bis hin zu Thrombophlebitiden beobachtet worden, die unter den Präparationsformen (Diazepam-Lipuro, Stesolid, Valium MM) nicht auftreten sollen. Kontraindikationen (7 Kap. 4.7) Interaktionen (7 Kap. 4.8) 5 Hemmung des Abbaus von Diazepam bei Kombination mit Fluvoxamin, Fluoxetin, Disulfiram, Cimetidin, Omeprazol und Ketoconazol, dadurch verstärkte Sedierung. 5 Phenobarbital und Phenytoin können den Metabolismus von Diazepam beschleunigen. Bewertung Sicheres Anxiolytikum mit zugleich sehr guter sedierender Eigenschaft. Kumulationsgefahr. Dikaliumclorazepat 1,4-Benzodiazepin Tranxilium (Sanofi-Synthelabo) Kps. 5, 10, 20 mg (10, 20, 50 Kps.) Tbl. 20 mg (10, 20, 50 Tbl) (Tranxilium Tabs) 50 mg (10 Tbl.) Amp. 50 mg (5, 5×5 Trockenamp. mit Lösungsmittelamp. 2,5 ml) (Tranxilium Injizierbar) 100 mg (5 Trockenamp. mit Lösungsmittelamp. 5 ml) (Tranxilium Injizierbar)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Dikaliumclorazepat (t½=1–2 h) stellt eine Prodrug dar und wird im sauren Magenmilieu pH-abhängig rasch zur eigentlichen Wirksubstanz Nordazepam (t½=36–20 h) hydrolysiert. Nordazepam wird über CYP2C19 und CYP3A4 metabolisiert. Tmax=0,5-1 h für die Muttersubstanz, 1 h für den aktiven Metaboliten. Steady state ist für den aktiven Metaboliten nach 6‒11 Tagen erreicht.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. Bei psychischen Angstzuständen kann Dikaliumclorazepat vorübergehend als Adjuvans verordnet werden. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 Empfohlene Höchstdosis ambulant 20 mg in abendlicher Einzelgabez. Stationär können höhere Dosen gegeben werden (bis zu 150 mg(z)). Eine i.v.-Injektion sollte langsam vorgenommen werden (nicht mehr als 100 mg pro Injektion). Zu beachten ist, dass Tranxilium Injizierbar nach Zubereitung der Lösung zur unmittelbaren Verwendung bestimmt ist, da es nicht über einen längeren Zeitraum stabil ist und es zu Ausfällungen kommen kann. Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6)
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Kontraindikationen (7 Kap. 4.7) Interaktionen (7 Kap. 4.8) Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Kumulationsgefahr.
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Hydroxyzin Diphenylmethanderivat
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AH 3 N Tabletten (Rodleben) Tbl. 25 mg
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Atarax (UCB) Tbl. 25 mg (20, 50, 100 Tbl.) Saft 20 mg=10 ml (200 ml) (Atarax liquidum)
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Elroquil N (Rodleben) Tbl. 25 mg
Pharmakodynamik 5 Blockierende Wirkung an H1-Histaminrezeptoren, außerdem adrenolytische und anticholinerge Aktivität. Neben anxiolytischen und sedierenden auch antiemetische Wirkungen beschrieben.
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Pharmakokinetik 5 Rasche und nahezu vollständige Resorption nach oraler Einnahme; Tmax=2 h; t½ bei Erwachsenen ca. 20 h, bei Kindern ca. 7 h. Pharmakologisch aktive Metaboliten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angst- und Spannungszustände, nicht-psychotische emotional bedingte Unruhezuständez. 5 Ein- und Durchschlafstörungenz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei GAD. 5 Innere Medizin/Dermatologie: Antiallergikumz, z. B. bei Urtikaria und Neurodermitis. 5 Chirurgie: Prämedikationz. 5 Keine Hinweise auf Abhängigkeit oder Absetzphänomene. Dosierung 5 Ambulant 30–75 mgz, stationär bis zu 200 mg/Tag(z); aufgeteilt in 2–3 Einzelgaben. Nebenwirkungen 5 Schwindelgefühle, Benommenheit, Konzentrationsstörungen, verlängerte Reaktionszeit. »Paradoxe« Reaktionen wie Unruhe, Erregung und Anspannung sind möglich. Eine klar abgestufte Häufigkeit der Nebenwirkungen wird vom Arzneimittelhersteller nicht angegeben. Anticholinerge Nebenwirkungen vergleichbar denen der TZA können auftreten (7 Kap. 1.6). Kontraindikationen 5 Überempfindlichkeit gegenüber Antihistaminika; akutes Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie; gleichzeitige Therapie mit MAOHemmern; Einsatz bei eingeschränkter Leberfunktion und Phäochromozytom unter besonderer Vorsicht. Interaktionen 5 Absenkung von Phenytoinspiegeln bei gleichzeitiger Gabe von Hydroxyzin möglich. 5 Verstärkung anticholinerger Nebenwirkungen durch gleichzeitige Gabe von anderen Substanzen mit anticholinergen Wirkungen (z. B. Atropin, Biperiden, trizyklische Antidepressiva) möglich.
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5 Bei gleichzeitiger Gabe von MAO-Hemmern und Hydroxyzin verstärkte Hypotension möglich. Bewertung Hinweise auf Wirksamkeit bei GAD; Gleichwirksamkeit gegenüber Benzodiazepinen und Antidepressiva muss noch belegt werden. Lorazepam 1,4-Benzodiazepin
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Lorazepam dura3 (Merck dura) Laubeel3 (Desitin) Lorazepam-neuraxpharm3 (neuraxpharm) Lorazepam-ratiopharm3 (ratiopharm)
Tavor (Wyeth) Tbl. 0,5, 1, 2,5 mg (10, 20, 50 Tbl.) Tbl. 2 mg (10, 20, 50 Tbl.) (Tavor Tabs) Plättchen 1, 2,5 mg (50 Plättchen) (Tavor Expidet) Amp. 2 mg/1 ml (10, 50 Amp.)
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Somagerol3 (RIEMSER)
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Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). 5 Nach klinischer Beobachtung ausgeprägtere Angstlösung gegenüber Vergleichssubstanzen, in kontrollierten Untersuchungen dafür jedoch bisher kein Hinweis.
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Tolid3 (Dolorgiet)
Pharmakokinetik 5 Rasche und nahezu vollständige Resorption; Tmax=1–2,5 h; t½=8–24 h; keine aktiven Metaboliten. 5 Die Clearance von Lorazepam wird durch Lebererkrankungen (Hepatitis, Zirrhose) nicht signifikant verändert. Schwere Leberfunktionsstörungen können zu einer Verlängerung der terminalen t½ führen. 5 Plasmakonzentration: 10–15 ng/ml(p).
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Alle Generika: Tbl.1, 2, 5 mg.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. Bei psychotischen Angstzuständen kann Lorazepam vorübergehend als Adjuvans verordnet werden. 5 Lorazepam hat eine stupor- und mutismuslösende Wirkung. 5 Für psychiatrische Notfälle steht eine parenterale Applikationsform zur Verfügung (Tavor i.v.- oder i.m.-Präparat). 5 Zur Verordnung bei manischen Störungen 7 Kap. 2.4.1. 5 Für Patienten, die unzureichend schlucken können, liegen mit Tavor® Expidet lyophilisierte Plättchen vor, die sich in wenigen Sekunden auf der Zunge lösen. Die Sofortlöslichkeit von Tavor® Expidet verhindert bei Non-Compliance des Patienten ein Zurückhalten im Mund. Tavor® Expidet wird aber nicht schneller resorbiert als herkömmliche Tavor®Tabletten. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 Ambulant 0,25–5 mgz meist in 2–4 Einzeldosen, stationär bis 7,5 mg/ Tagz; vor dem Schlafengehen 1–2,5 mg. Im Vergleich zu Diazepam wird etwa 1/4 der Dosis für die gleiche Wirkung benötigt. 5 Psychiatrische Notfälle: initial 2–2,5 mg p.o. oder in parenteraler Applikationsform (wegen möglicher Atemdepression langsame i.v.Applikation, Injektionsgeschwindigkeit für die i.v.-Verabreichung soll 2 mg Lorazepam/min nicht überschreiten). Aufdosierung bis 10 mg/ Tag(z) möglich. Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6) Kontraindikationen (7 Kap. 4.7) Interaktionen (7 Kap. 4.8) 5 Die gleichzeitige Gabe von Lorazepam und Valproinsäure kann zu erhöhten Plasmakonzentrationen und zu einer verminderten Clearance von Lorazepam führen. Wenn Valproinsäure gleichzeitig angewendet wird, sollte die Lorazepamdosis um etwa 50% reduziert werden. 5 Probenecid vermindert die Clearance von Lorazepam, dadurch steigt die Plasmakonzentration von Lorazepam und die Wirkung ist verstärkt. Reduzierte Lorazepamdosis einsetzen.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Bewertung Hochwirksames Anxiolytikum mit stupor- und mutismuslösender Wirkung. Möglicherweise höheres Abhängigkeitspotenzial gegenüber Vergleichspräparaten. Medazepam 1,4-Benzodiazepin Rusedal (ALTANA) Tbl. 10 mg
Rudotel (AWD Pharma) Tbl. 10 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; orale Bioverfügbarkeit 49-76%; Tmax=1–2 h; t½=2 h; rasche Verstoffwechselung u. a. zu Diazepam und Oxazepam (Kumulationsgefahr), Medazepam hat somit Prodrug-Charakter. Für die Einschätzung der Wirkdauer ist daher t½ der aktiven Metaboliten entscheidend. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9.
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Dosierung 5 10–30 mg/Tagz, verteilt auf 2–3 Einzeldosen. Höchstdosis 60 mg/Tagz.
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Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6)
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Kontraindikationen (7 Kap. 4.7)
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Interaktionen (7 Kap. 4.8) Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Kumulationsgefahr.
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Nordazepam 1,4-Benzodiazepin Tranxilium N (Sanofi-Synthelabo) Lsg. 5 mg=24 Trpf. 1 g Lsg. (30 g)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Rasche und nahezu vollständige Resorption; Bioverfügbarkeit 100%; Tmax=1–2 h; t½=ca. 50–100 h (Kumulationsgefahr). Nach i.m.-Injektion verläuft die Absorption langsamer und die Bioverfügbarkeit scheint etwas geringer zu sein als nach oraler Gabe. 5 Nordazepam wird durch CYP2C19 in den aktiven Metaboliten Oxazepam umgewandelt. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. Bei psychotischen Angstzuständen kann Nordazepam vorübergehend als Adjuvans verordnet werden. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 Empfohlen werden 2,5–15 mg/Tagz in einer abendlichen Einzelgabe. Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6) Kontraindikationen (7 Kap. 4.7) Interaktionen (7 Kap. 4.8) 5 Orale Antikonzeptiva verlängern die Eliminationshalbwertszeit von Nordazepam beträchtlich. Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Kumulationsgefahr.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Opipramol Trizyklisches Piperazinylderivat Insidon (Novartis Pharma) Drg. 50 mg (20, 50, 100 Drg.) Tbl. 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trpf. 1 ml (24 Trpf.) enthält 100 mg Opipramol
Opipramol-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 50, 100, 150 mg
Pharmakodynamik 5 Opipramol ist in erster Linie ein Sigma-Ligand mit zusätzlichem Rezeptorprofil: H1-antihistaminerge Wirkkomponente, zusätzlich etwas geringere antidopaminerge und 5-HT2A-antagonistische Wirkung. Im Unterschied zu den strukturverwandten Antidepressiva besitzt Opipramol keine Hemmwirkung auf den Re-uptake von Monoaminen und nur geringe anticholinerge Aktivität. Pharmakokinetik 5 Vollständige Resorption nach oraler Gabe; t½=6–9 h; Metabolisierung zu Deshydroxyethylopipramol 5 Plasmakonzentration: 14–64 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 GADz. 5 Somatoforme Störungenz. 5 Zumeist ältere Studien zeigen Hinweise zur Wirksamkeit bei postmenopausalem Syndrom. 5 Keine Abhängigkeits- oder Absetzphänomene. Dosierung 5 50–300 mg/Tag je nach Schwere der Erkrankung, verteilt auf 1–3 Einzelgaben, Hauptdosis abends. Das BfArM hatte eine Regeldosis von 200 mg pro Tagz festgelegt. Nebenwirkungen 5 Häufig: Müdigkeit; Mundtrockenheit. 5 Gelegentlich: Schwindel, Benommenheit; allergische Hautreaktionen. 5 Selten: bei älteren Patienten Verwirrtheitszustände; Galaktorrhö; Blutbildveränderungen.
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4.11 · Präparate
5 Sehr selten: Glaukomanfälle; Haarausfall; schwere Leberfunktionsstörungen. Kontraindikationen 5 Akutes Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie; schwere Leber- und Nierenerkrankungen; AV-Blockierungsstörung; Kombination mit MAO-Hemmern. Interaktionen 5 Die Wirkungen von Anticholinergika können verstärkt werden. Bewertung 5 Wirksam bei GAD und Somatoformen Störungen. Oxazepam 1,4-Benzodiazepin Adumbran (Boehringer Ingelheim) Tbl. 10, 50 mg (10, 20, 50 Tbl.) (Adumbran forte)
Oxazepam AL 10 (ALIUD PHARMA) Tbl. 10 mg
durazepam (Merck dura) Tbl. 10, 50 mg (durazepam forte)
Oxazepam-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10, 50 mg
Mirfudorm (Merckle Recordati) Tbl. 10 mg Oxa von ct (ct-Arzneimittel) Tbl. 10, 50 mg Oxazepam Sandoz (Sandoz) Tbl. 10 mg Oxazepam 10 STADA (STADApharm) Tbl. 10 mg Praxiten (TEOFARMA)) Tbl. 10, 15, 50 mg (10, 20, 50 Tbl.) (Praxiten forte)
Oxazepam-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10, 50 mg Kps. 30 mg (Oxazepam retardratiopharm) Oxazepam HEXAL (HEXAL) Tbl. 10 mg Sigacalm (ALPHARMA-ISIS) Tbl. 10, 50 mg (Sigacalm forte) Uskan (Desitin) Tbl. 10, 20 mg
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex).
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Kapitel 4 · Anxiolytika
Pharmakokinetik 5 Langsame Absorption; orale Bioverfügbarkeit 80-90%; Tmax=1–3 h; t½=4–15 h; keine aktiven Metaboliten. 5 Die Ausscheidung erfolgt fast ausschließlich renal. Resorption, Metabolismus und Elimination erfolgen durch direkte Glukuronidierung, sie werden durch bestehende Lebererkrankungen (z. B. Hepatitis und Zirrhose) nicht signifikant verändert. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 10–60 mg/Tagz oral, meist in 2–4 Einzeldosen. Stationär in Ausnahmefällen bis zu 150 mg(z). Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6)
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Interaktionen (7 Kap. 4.8)
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Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Prazepam 1,4-Benzodiazepin Demetrin (Parke-Davis) Tbl. 10 mg (10, 20, 50 Tbl.) 20 mg (10, 20, 50 Tbl.) (Mono Demetrin)
Pharmakodynamik 5 Verstärkung der GABAergen Hemmung über spezifische Benzodiazepinrezeptoren (GABAA-Rezeptorkomplex). Pharmakokinetik 5 Relativ langsame Resorption. Prazepam ist eine Prodrug und wird langsam zur eigentlichen Wirksubstanz Nordazepam umgewandelt, die mit einer Eliminationshalbwertszeit von ca. 50–100 h kumuliert.
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4.11 · Präparate
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Metabolisierung über CYP2C19 und CYP3A4. Aufgrund des verzögerten Wirkungseintritts von ca. 3–7 h nach Einnahme ist Prazepam zur Akuttherapie und als Hypnotikum wenig geeignet. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Angstzuständez. 5 Routinehinweise: 7 Kap. 4.9. Dosierung 5 10–30 mg/Tagz; Einmaldosierung ist möglich. Nebenwirkungen (7 Kap. 4.6) Kontraindikationen (7 Kap. 4.7) Interaktionen (7 Kap. 4.8) Bewertung Sicheres Anxiolytikum. Kumulationsgefahr. Pregabalin (S)-3-(aminomethyl)-5-methylhexan-Säure
Antikonvulsivum
Lyrica (Pfizer) Kps. 25, 50, 70, 100, 150, 200, 300 mg (14, 21, 56, 100 Kps.)
Pharmakodynamik 5 Pregabalin ist eine GABA-Analogon, wirkt aber nicht aktiv am GABARezeptor. Pregabalin bindet an eine auxiliäre Untereinheit (α2-δ-Protein) von spannungsabhängigen Calciumkanälen. Pregabalin ist damit ein präsynaptischer Modulator bei der Freisetzung von Aminen übererregter Neurone. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption. Maximale Plasmakonzentration innerhalb von 1 h nach Einnahme. Orale Bioverfügbarkeit bei 90% und dosisunabhängig. Pregabalin wird nicht an Plasmaproteine gebunden. 5 Pregabalin wird beim Menschen nicht nennenswert metabolisiert.
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Kapitel 4 · Anxiolytika
5 Pregabalin wird unverändert hauptsächlich renal ausgeschieden. 5 Die mittlere Eliminationshalbwertszeit beträgt 6,3 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Behandlung von GAD bei Erwachsenenz (7 Kap. 1.4.3). 5 Behandlung von peripheren neuropathischen Schmerzen im Erwachsenenalterz. 5 Zur Zusatztherapie von partiellen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung im Erwachsenenalterz. 5 Pregabalin zeigte in zwei großen Untersuchungen bereits innerhalb der ersten Woche eine Besserung sowohl der psychischen als auch der somatischen Symptome bei der GAD. Eine Generalisierung eines schnellen Wirkeintritts kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht postuliert werden. Dosierung 5 Die Dosis liegt zwischen 150 und 600 mg täglich, verabreicht in 2 (oder 3) Einzeldosen während oder zwischen den Mahlzeiten. 5 Bei Nierenfunktionsstörungen geringere Dosis. 5 Bei Schläfrigkeit höhere Dosis am Abend. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Benommenheit, Schläfrigkeit. 5 Häufig: Euphorie, Verwirrung, verringerte Libido, erektile Dysfunktion, Reizbarkeit, Gedächtnisstörungen; Tremor; verschwommenes Sehen, Diplopie; Schwindel; Mundtrockenheit, Verstopfung, Erbrechen, Flatulenzen; Ödeme; Gewichtszunahme. 5 Gelegentlich: Stimmungsschwankungen. 5 Selten: Enthemmung; Hypoglykämie. Kontraindikationen 5 Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt. Das potenzielle Risiko ist für den Menschen nicht bekannt. Pregabalin darf daher in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Es wird weiterhin empfohlen, während der Behandlung mit Pregabalin nicht zu stillen. 5 Patienten mit seltener hereditärer Galactose-Intoleranz, Lapo-LactaseMangel oder Glukose-Galactose-Malabsorption dürfen Pregabalin nicht einnehmen.
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Interaktionen 5 Pregabalin wird hauptsächlich unverändert über die Nieren ausgeschieden und beim Menschen praktisch nicht metabolisiert. Pregabalin behindert in vitro nicht den Metabolismus von anderen Arzneimitteln und wird nicht an Plasmaproteine gebunden. Daher ist es unwahrscheinlich, dass es pharmakokinetische Wechselwirkungen hervorruft oder diesen unterliegt. 5 Dementsprechend wurden in den bisherigen In-vivo-Studien keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Wechselwirkungen beobachtet. Bei der relativ kurzen Einführungsphase des Präparats muss dies zunächst eine vorläufige Aussage bleiben. Bewertung Neuzugelassenes Präparat zur Behandlung der GAD mit innovativem Charakter und Abgrenzung zu den bisher zur Verfügung stehenden Anxiolytika. Wirksam auch bei neuropathischem Schmerz. Die klinische Etablierung ist abzuwarten. Besonderheit der nahezu ausschließlichen renalen Elimination. Vorteil gegenüber Benzodiazepinen: Kein Abhängigkeitspotential, Nachteil gegenüber Benzodiazepinen: höhere Nebenwirkungsrate in Akutbehandlung.
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Antipsychotika
3.1
Übersicht
Antipsychotika sind eine chemisch heterogene Gruppe von Pharmaka mit antipsychotischem Wirksamkeitsschwerpunkt und unterschiedlichem Nebenwirkungsprofil. Der häufig synonym verwendete Begriff »Neuroleptikum« ist historisch bedingt und wird international immer mehr durch den Begriff Antipsychotikum ersetzt. Dieser weist auf die klinisch bedeutsame therapeutische Wirkung bei psychotischen Störungen, insbesondere schizophrenen Psychosen, hin. Eine Einteilung der Vielzahl entwickelter Substanzen ist historisch bedingt und nach verschiedenen Gesichtspunkten möglich, z. B. der chemischen Struktur, den dosisabhängig auftretenden antipsychotischen Wirkungen (»neuroleptische Potenz«) und Nebenwirkungen, insbesondere extrapyramidalmotorischen Störungen (EPS), oder der »Atypizität«. 3.1.1
Einteilung der Antipsychotika nach der chemischen Struktur
5 Trizyklische Antipsychotika: − Phenothiazine mit aliphatischer, Piperidyl- oder Piperazinyl-Seitenkette, Azaphenothiazine, − Thioxanthene (mit aliphatischer oder Piperazinyl-Seitenkette), Dibenzodiazepine, Dibenzothiazepine, Dibenzothiepine, Thienobenzodiazepine, 5 Butyrophenone, 5 Dichlorphenyl-Piperazinyl-Chiloninon, Diphenylbutylpiperidine, Benzisoxazol(-piperidine), Benzisothiazylpiperazine, Phenyl≠indol(-piperidine), 5 Substituierte Benzamide. Die chemische Substanzklasse eines Antipsychotikums ist v. a. beim Auftreten von allergischen Reaktionen oder anderen Unverträglichkeiten sowie bei Therapieversagen von klinischer Bedeutung. Des Weiteren treten
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Kapitel 3 · Antipsychotika
bestimmte Nebenwirkungen substanzklassenabhängig häufiger auf (z. B. ist das Risiko für Krampfanfälle bei Phenothiazinen mit aliphatischer Seitenkette höher als bei piperazinsubstituierten Phenothiazinen, Thioxanthenen und Butyrophenonen). 3.1.2
Einteilung der Antipsychotika nach der antipsychotischen Wirksamkeit (»neuroleptische Potenz«)
Die »neuroleptische Potenz« ist ein unscharfer, historisch begründeter Begriff, mit dessen Hilfe unter Berücksichtigung präklinischer und klinischer Daten (Blockade D2-artiger Dopaminrezeptoren, antipsychotische Wirksamkeit bezogen auf die verwendete Dosis) Antipsychotika auf einer Dimension mit Chlorpromazin (CPZ) als Bezugspunkt angeordnet werden. Bei den konventionellen Antipsychotika korreliert die neuroleptische Potenz mit dem Ausmaß der D2-Blockade. 5 Hochpotent: in niedriger bis mittlerer Dosierung gute antipsychotische Wirkung ohne Sedierung. 5 Mittelpotent: gute antipsychotische Wirkung mit mäßiger Sedierung. 5 Niedrigpotent: in niedriger bis mittlerer Dosierung geringe antipsychotische Wirkung bei deutlicher bis ausgeprägter Sedierung. Die Einteilung der Antipsychotika in hoch-, mittel- und niedrigpotent ist vereinfachend und kann auf atypische Antipsychotika (AAP) nicht angewandt werden. Stattdessen können zum Vergleich der dosisabhängigen Wirksamkeit sog. Chlorpromazin-Dosisäquivalenzeinheiten Anwendung finden (. Tab. 3.1). . Tab. 3.1 Dosisabhängige antipsychotische Wirksamkeit und EPS-Risiko
13
Antipsychotikum
14
Konventionelle Antipsychotika
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Antipsychotische Äquivalenzdosis [mg] (CPZ = 100)
EPS-Risiko
Benperidol
1
+++
Haloperidol
2
+++
Fluphenazin
2
+++
Flupentixol
2
++
185
3.1 · Übersicht
. Tab. 3.1 (Fortsetzung) Antipsychotikum
Antipsychotische Äquivalenzdosis [mg] (CPZ = 100)
EPS-Risiko
Perphenazin
10
++
Chlorpromazin (CPZ)a
100
++
Perazin
100
+
Chlorprothixen
150–300
+
Levomepromazin
150–300
+
Risperidon
1–2
(+)
Olanzapin
2–3
(+)
Sertindol
2–3
(+)
Aripiprazol
3–5
0/(+)
Ziprasidon
5–10
(+)
Clozapin
50
0b
Zotepin
<100
(+)
Quetiapin
50–100
0/(+)
Amisulprid
50–100
(+)
Atypische Antipsychotika
a Vergleichssubstanz
(zur Schizophrenietherapie heute entbehrlich). Akathisien können unter allen Antipsychotika auftreten. Die Empfehlungen für die Dosierung in der Akuttherapie schizophrener Psychosen mit 300–1000 CPZ-Einheiten und für die Erhaltungstherapie mit 300–600 CPZ-Einheiten differieren zwischen verschiedenen Autoren z. T. erheblich und sind lediglich Orientierungshilfen (vgl. Dosierungsempfehlungen im Präparateteil). 0, (+), +, ++, +++: Grad des EPS-Risikos. b
3
186
1 2 3 4 5
5 Ein Zusammenhang zwischen neuroleptischer Potenz und EPS gilt nur für niedrige Dosen konventioneller Antipsychotika: − Hochpotente Antipsychotika haben eine höhere dosisabhängige Wahrscheinlichkeit von EPS, niedrigpotente eine niedrigere dosisabhängige Wahrscheinlichkeit von EPS. − Ausprägung und Intensität von Antipsychotika-induzierten EPS hängen auch von Dispositionsfaktoren ab. 5 Bei Anwendung hoher Dosen verwischen sich die Grenzen der Einteilung; dann zeigen hochpotente Antipsychotika zunehmend sedierende Wirkungen und bei niedrigpotenten Antipsychotika nimmt der antipsychotische Effekt zu. 3.1.3
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Kapitel 3 · Antipsychotika
Einteilung der Antipsychotika nach ihren »atypischen« Eigenschaften
Es wird unterschieden zwischen 5 konventionellen Antipsychotika (syn.: typische, herkömmliche oder klassische Antipsychotika, »first generation antipsychotics« [FGA]) und 5 atypischen Antipsychotika (AAP; syn.: Atypika, neuere oder Antipsychotika der 2. Generation, »novel antipsychotics«, »second generation antipsychotics« [SGA]). Unter AAP werden aktuell Antipsychotika subsumiert, die im Vergleich mit konventionellen Antipsychotika folgende Charakteristika aufweisen sollen: 5 gute antipsychotische Wirksamkeit, 5 weniger EPS, 5 Wirksamkeit bei Negativsymptomatik, 5 Wirksamkeit bei Therapieresistenz, 5 geringe Prolaktinerhöhungen. Das zur Zeit einzige AAP, das alle Forderungen weitgehend erfüllt, ist Clozapin. Die Übergänge zwischen »typisch« und »atypisch« sind fließend: 5 Einige konventionelle Antipsychotika weisen ein nur geringes EPSRisiko auf (z. B. Melperon, Pipamperon), sind aber auch in höherer Dosierung kaum geeignet, Positivsymptome zu behandeln. 5 Andererseits können auch unter AAP in höheren Dosen EPS auftreten; Akathisien treten unter allen AAP einschließlich Clozapin auf. 5 Ein malignes neuroleptisches Syndrom kann unter allen Antipsychotika auftreten.
Chemische Klasse
Benzamid
Sonstige*
Butyrophenon
Butyrophenon
Phenothiazin
Thioxanthen
Sonstige*
Thioxanthen
Phenothiazin
Sonstige*
Butyrophenon
Phenothiazin
Butyrophenon
Sonstige*
Phenothiazin
Phenothiazin
Antipsychotikum
Amisulprid
Aripiprazola
Benperidol
Bromperidol
Chlorpromazinb
Chlorprothixen
Clozapinb
Flupentixol
Fluphenazin
Fluspirilen
Haloperidolb
Levomepromazin
Melperonb
Olanzapinb
Perazin
Perphenazin
+
Konv. HP
Konv. MP
AAP
Konv. NP (A)
Konv. NP
Konv. HP
Konv. HP
Konv. HP
Konv. HP
AAP
Konv. NP
Konv. NP/MP
Konv. HP
Konv. HP
AAP
AAP
Klinische Einteilung
+
0
++
0
0
+
+
+
++
++
++
+
+
0
0
0
D1
+++
++
+++
+
+
+++
+++
+++
+++
+
++
++
+++
+++
+
+++
D2
+++
++
+
+
+
+
++
+++
+++
++
+
+++
++
++
0
+++
D3
+
++
+++
+++
+
0
+
+
++
+++
++
+++
0
++
++
0
5-HT2
0
+
+++
0
++
0
0
0
0
+++
+
++
0
0
0
0
M1
+
++
+
+
++
+
0
+
+
+
+
++
+
+
0
0
α1
++
+++
+++
+
++
0
0
0
+
+++
+++
++
0
0
0
0
H1
187
+
+
–
+
–
–
+
+
+
+
+
–
–
–
–
Trizyklisch
. Tab. 3.2 Rezeptorwirkungsprofile von Antipsychotika.
3.1 · Übersicht
3
14
15
16
13
Sonstige*
Benzamid
Phenothiazin
Phenothiazin
Sonstige*
Sonstige*
Thioxanthen
Sertindol
Sulpirid
Thioridazin
Triflupromazin
Ziprasidonb
Zotepinb
Zuclopenthixol
Sonstige*
Sonstige*
Risperidon
Prothipendyl
Quetiapin
Phenothiazin
Phenothiazin
Promazin
Butyrophenon
12
Pipamperon
+
+
–
+
+
–
–
–
+
+
+
–
10 Konv. MP/HP
AAP
AAP
Konv. NP
Konv. NP
Konv. MP (A)
AAP
AAP
AAP
Konv. NP
Konv. NP
Konv. NP (A)
Konv. HP
++
0
++
+
+
0
0
+
+
?
0
0
0
+++
++
++
+
++
++
++
++
++
+
+
+
+++
D2
7
–
8 D1
++
++
++
+
+
+++
+
+
+
?
+
+
+++
D3
6
Sonstige*
9
Klinische Einteilung
0
+++
+++
++
++
0
+++
+++
++
?
+
++
+
5-HT2
4
Pimozid
11 Trizyklisch
+++
+
0
+
+++
0
0
0
0
?
++
0
0
M1
3
Chemische Klasse
+++
++
+
++
++
0
+
+
+
?
+++
+
0
α1
2
Antipsychotikum
+++
+++
++
+
+
0
0
++
+
?
+++
+
0
H1
1
5
Die Daten sind aus In-vitro-Rezeptoraffinitäten der Antipsychotika zusammengestellt und spiegeln daher nicht direkt die klinischen Wirkungen (in vivo) wider. AP wirken primär als Antagonisten, d. h. blockierend an Neurotransmitterrezeptoren (. Tab. 3.3). Daneben werden durch höhere Konzentrationen Enzyme und Ionenkanäle gehemmt. Kon. konventionell; HP hochpotent; MP mittelpotent; NP niederpotent; (A) konventionelles AP mit ausgeprägt atypischen Eigenschaften; * 7 Präparateteil ; a Partieller D2/D3-Agonist; b D4-Antagonist.
17
. Tab. 3.2 (Fortsetzung)
188 Kapitel 3 · Antipsychotika
3.1 · Übersicht
189
3
5 Langzeitbeobachtungen zum Auftreten von Spätdyskinesien unter AAP sind noch unvollständig, vorliegende Daten unterstreichen jedoch das geringere Risiko für AAP. 5 Eine differentielle Wirksamkeit einzelner AAP bei Therapieresistenz ist bisher ausser für Clozapin nicht hinreichend nachgewiesen. 5 Auch konventionelle Antipsychotika (z. B. Haloperidol, Flupentixol) können gegen Negativsymptome wirksam sein; niedrige Dosen sind bei Negativsymptomen in kontrollierten Studien allerdings selten geprüft. Kontrollierte Studien zeigten eine ähnliche Wirksamkeit von Flupentixol in niedriger Dosierung gegen Negativsymptome im Vergleich mit Risperidon und Olanzapin. 3.1.4
Klinische Wirkungsprofile der Antipsychotika
5 Die wichtigsten Ansatzpunkte für die Behandlung mit Antipsychotika sind Symptome und Defizite bei schizophrenen Störungen. Die Einteilung der schizophrenen Symptomatik in verschiedene Dimensionen hat sich weitgehend durchgesetzt. Insbesondere werden Positiv- und Negativsymptomatik unterschieden, immer mehr gewinnen aber kognitive Defizite und die häufig vorhandene depressive Symptomatik als Zieldimensionen für die Behandlung schizophrener Störungen an Bedeutung. − Positivsymptomatik: Wahn, Halluzinationen, inkohärentes Denken, bizarres Verhalten. − Negativsymptomatik: Affektverflachung, sprachliche Verarmung, Antriebsstörung, sozialer Rückzug. Die Negativsymptome treten besonders prodromal und im Langzeitverlauf in den Vordergrund und können ohne wesentliche Positivsymptomatik bestehen (»primäre Negativsymptomatik«). In der Akutphase werden sie häufig von Positivsymptomen überlagert, mitbedingt oder verstärkt, im Langzeitverlauf bestehen oft Überschneidungen mit depressiver Symptomatik, EPS und psychosozialen Auswirkungen der Erkrankung (»sekundäre Negativsymptomatik«). − Weitere Dimensionen sind kognitive Störungen (Störungen im Bereich von Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Informationsverarbeitung) und eine depressive Symptomatik (depressive Verstimmung, Hoffnungslosigkeit, Suizidalität), die oft schwer von der Negativsymptomatik abzugrenzen ist (insbesondere Anhedonie). − Katatone Symptome (Stupor, Mutismus, psychomotorische Erregung oder Hemmung, Haltungsstereotypien, Negativismus, Rigidität und
190
1 2
5
3 4 5
5 5
6 7 8 9
5 5
10 11 12 13 14 15 16 17
5
Kapitel 3 · Antipsychotika
Flexibilitas cerea, Echophänomene, Befehlsautomatismen, verbale Perseverationen) können bei schizophrenen Psychosen und bei affektiven oder organisch bedingten Störungen auftreten. Konventionelle Antipsychotika wirken vorrangig gegen Positivsymptome. Clozapin und die AAP (insbesondere für Amisulprid gezeigt) haben in Studien häufig eine günstigere Wirkung auf Negativsymptome als konventionelle Antipsychotika (häufigste Vergleichssubstanz ist Haloperidol in relativ hoher Dosierung). Für nahezu alle AAP wurden gegenüber konventionellen Antipsychotika überlegene antidepressive Eigenschaften im Rahmen der Behandlung schizophrener Störungen beschrieben. Für die Behandlung kognitiver Störungen im Rahmen schizophrener Störungen können bislang keine differentiellen Therapieempfehlungen abgegeben werden. AAP scheinen jedoch eindeutig Vorteile gegenüber konventionellen Antipsychotika zu haben; kontrollierte Studien und eine Meta-Analyse liegen für Clozapin, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon vor. Psychomotorische Erregtheit und aggressives Verhalten, auch unabhängig von der Diagnose einer Schizophrenie: s. psychiatrische Akutsituationen, 7 Kap. 12. Neben den mittlerweile gut evaluierten Wirkprofilen von Antipsychotika zur Behandlung schizophrener Störungen zeigen insbesondere AAP auch Wirkungen auf verschiedene psychopathologische Syndrome u. a. bei bipolaren Störungen und Persönlichkeitsstörungen. In einer naturalistischen randomisierten, methodisch allerdings problematischen Langzeitstudie (CATIE-Studie) ergab sich im 1½-Jahresverlauf bezüglich der Abbruchrate im Vergleich zu Perphenazin ein geringer Vorteil für Olanzapin, nicht aber für andere AAP (Risperidon oral, Quetiapin, Ziprasidon). Im weiteren Verlauf zeigte sich eine Überlegenheit von Clozapin bei Patienten, die auf andere AAP (Olanzapin, Risperidon, Quetiapin) nicht angesprochen hatten und eine Überlegenheit für Olanzapin und Risperidon gegenüber Ziprasidon und Quetiapin bei Patienten, die v. a. wegen Nebenwirkungen umgestellt worden waren (CATIE-Studie, Follow-up-Untersuchungen). In einer anderen kontrollierten Studie ergab sich ein Vorteil von Risperidon oral und Olanzapin gegenüber Haloperidol und Quetiapin bezüglich des Relapse-Risikos innerhalb eines Jahres. Insgesamt fehlen jedoch noch klinisch valide Daten zum Langzeitvergleich von konventionellen Antipsychotika und verschiedenen AAP (einschließlich Risperidon-Depot).
191
3.2 · Wirkmechanismen
3.2
3
Wirkmechanismen
Der eigentliche Wirkmechanismus der Antipsychotika ist heute noch unbekannt. Man kennt zwar verschiedene Wirkungsebenen (durch Verhaltensexperimente beim Tier, Rezeptorblockaden in vitro und in vivo [. Tab. 3.3] sowie bildgebende Verfahren [PET]), ihre Bedeutung für die Ursache der antipsychotischen Wirksamkeit ist jedoch nicht gesichert. Unter »Pharmakodynamik« im Präparateteil ist der bisher bekannte Wirkmechanismus für jedes Antipsychotikum aufgeführt (7 Kap. 3.13). . Tab. 3.3 Klinische Konsequenzen der Rezeptorblockade durch Antipsychotika Beeinflusster Rezeptortyp
Induzierte erwünschte oder unerwünschte Wirkung
H1-Rezeptorblockade
Sedierung, Schläfrigkeit, Potenzierung zentral dämpfender Wirkung, Gewichtszunahme (?)
mACh-Rezeptorblockade (M1–M5)
Akkommodationsstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks, Mundtrockenheit, Sinustachykardie, Obstipation, Harnverhalt, Merkfähigkeitsstörungen, Delir
α1-Rezeptorblockade
Orthostatische Hypotension, Benommenheit, Schwindel, Reflextachykardie, Ejakulationsstörungen, verstopfte Nase
D2-Rezeptorblockade 5 mesolimbischmesokortikal 5 nigrostriatal 5 tuberoinfundibulär 5 hypothalamisch 5 Area postrema
Antipsychotischer Effekt, Libidostörungen, Anhedonie (?), EPS, Prolaktinanstieg, Zyklus- und sexuelle Funktionsstörungen, Störungen der Thermoregulation (in der Regel Hypothermie), antiemetische Wirkung
5-HT2A-Rezeptorblockade
Leichte Sedierung, Zunahme der Tiefschlafphasen, Verbesserung von Negativsymptomatik (?)
5-HT2C-Rezeptorblockade
Appetit- und Gewichtszunahme, Abnahme des durch D2-Blockade verursachten Prolaktinanstiegs
Weitere Wirkungen und Nebenwirkungen sind durch andere Rezeptorsysteme vermittelt (z. T. noch nicht vollständig aufgeklärt) oder allergisch (v. a. Hautreaktionen, Photosensibilisierung) bzw. toxisch (z. B. Störungen der Hämatopoese, Leberenzymerhöhung) bedingt.
192
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Ein wesentlicher Mechanismus der Antipsychotika ist die Dämpfung der dopaminergen Überaktivität; allen Antipsychotika ist auch die Blockade D2-artiger Dopamin-Rezeptoren gemeinsam. D2-artige Rezeptoren (D2/3/4) erhöhen die intrazelluläre Konzentration von cAMP; D1-artige (D1/5) erniedrigen sie. Dabei zeigen sich unterschiedliche Affinitäten zu den Dopaminrezeptorsubtypen D1–5. 5 Der Wirkmechanismus von Aripiprazol und weiteren in der Erprobung stehender AAP (Bifeprunox, SSR181507) besteht in einer partiellen dopaminagonistischen Wirkung an D2-artigen Rezeptoren (»Dopamin-Systemstabilisierer«) sowie einer partiell agonistischen Wirkung am serotonergen 5-HT1A-Rezeptor bei antagonistischer Wirkung an 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren (Aripiprazol). 5 Es gibt 3 wichtige dopaminerge Neuronensysteme mit unterschiedlicher Verteilung der Dopaminrezeptorsubtypen im ZNS: − nigrostriatales System: verantwortlich für Kontrolle der Motorik, damit auch für EPS, − mesolimbisches/mesokortikales System: vermutlich Hauptangriffsort und verantwortlich für die antipsychotische Wirkung, − tuberoinfundibuläres System: vermittelt die neuroendokrinologischen Nebenwirkungen, insbesondere Prolaktinanstieg. 5 Einige Antipsychotika blockieren zusätzlich 5-HT2(A, B, C)-, α1-, α2-, H1und muskarinische Azetylcholin (mACh)-Rezeptoren (M1–5). 5 Einige Antipsychotika binden auch an 5-HT6- (Clozapin, Olanzapin, Sertindol, Ziprasidon, Zotepin, aber auch Fluphenazin, Chlorpromazin, Chlorprothixen) und 5-HT7-Rezeptoren (Clozapin, Pimozid, Quetiapin, Risperidon, Sertindol, Ziprasidon, Zotepin). 5 Die Bedeutung eines zusätzlichen 5-HT2-Antagonismus für einen günstigen Effekt auf Negativsymptome wird auch für neuere Substanzen weiterhin diskutiert (Blonanserin, Asenapin), ist als notwendiger Mechanismus jedoch umstritten (s. Amisulprid). 5 Die Ursachen für das Fehlen oder ein seltenes Auftreten von EPS bei AAP (»Atypizität«) sind nicht vollständig geklärt; eine selektive Blockade von D4- und/oder 5-HT2A/C-Rezeptoren wird diskutiert. Außerdem könnte die Interaktion mit Subtypen von mACh-Rezeptoren eine Rolle spielen. Regionalspezifisch wird ein Dopaminrezeptorantagonismus überwiegend begrenzt auf mesolimbische Neurone und eine neuronale Genexpression von Clozapin, Olanzapin und Quetiapin präfrontal diskutiert.
3.2 · Wirkmechanismen
193
3
5 Ein vielversprechender neuerer Erklärungsansatz (»loose binding/fastoff-D2« Theorie), der auch durch PET-Daten gestützt wird, basiert auf der rascheren Dissoziation von AAP, insbesondere Clozapin und Quetiapin (»loose binders«), vom D2-Rezeptor im Verhältnis zu endogenem Dopamin und insbesondere im Vergleich mit konventionellen Antipsychotika. Neue pharmakologische Ansätze 5 Glutamaterge Dysfunktion. Eine dopaminerg-glutamaterge Imbalanz wird als Erklärungsansatz für Schizophrenien herangezogen, da Ketamin und Phencyclidin (PCP) als Antagonisten am glutamatergen N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptor schizophrenie-ähnliche Symptome einschließlich kognitiver Defizite und »Negativsymptome« induzieren können. Eine Serie von Untersuchungen zur therapeutischen Wirksamkeit von NMDA-Glycin-Agonisten (Glycin, D-Serin, D-Cycloserin) zeigte Verbesserungen der Negativsymptomatik und kognitiver Defizite bei Schizophrenen. 5 Dysregulationen und Veränderungen der Genexpression ionotroper Glutamatrezeptoren umfasst nach neuen Befunden neben glutamatergen NMDA- und AMPA-Rezeptoren (GluR1–4) auch Kainat-Rezeptoren (GluR5). AAP, wie z. B. Clozapin und Olanzapin, beeinflussen im Gegensatz zu Haloperidol bei längerfristiger Gabe frontale und hippokampale, nicht jedoch striatale Glutamatrezeptoren (v. a. AMPARezeptoren). Topiramat kann – möglicherweise über einen Antagonismus an postsynaptischen Kainat-Rezeptoren – neuroprotektiv wirken und schizophrene Symptome bessern. Unter AMPA-Rezeptoren-Stimulatoren (u. a. Piracetam, Benzothiazide, Biarylpropylsulfonamide) wurde ein Anstieg von BDNF (»brain derived neurotrophic factor«) gemessen; diese Substanzen (AMPAkine; z. B. CX717, ORG24448) sind darüber hinaus vielversprechend zur Behandlung von kognitiven Störungen im Rahmen verschiedener neuropsychiatrischer Störungen. 5 Ob die bei schizophrenen Patienten gefundene reduzierte Dichte nikotinischer α7-Rezeptoren und muskarinischer M1-Rezeptoren sowie eine erhöhte Dichte von GABAA-Rezeptoren (v. a. temporaler Cortex) Ansatzpunkte für pharmakologische Strategien bilden können, ist noch offen. N-Desmethylclozapin ist ein potenter M1-Agonist, während die Muttersubstanz M1-antagonistische Wirkungen hat. Klinische Studien zur Wirkung der zusätzlichen Gabe von Acetylcholinesteraseinhibitoren (Galantamin, Donepezil) konnten bezüglich der Besserung kognitiver Störungen bisher nicht überzeugen.
194
1 2
Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Die Phospholipidmembran-Hypothese postuliert Störungen des Phospholipid-Metabolismus bei schizophrenen Erkrankungen. Die Gabe von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (vor allem ω-3-Fettsäuren) konnte in klinischen Studien seither keine konsistenten Vorteile gegenüber Placebo belegen.
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
3.3
Therapieprinzipien
3.3.1
Allgemeine Prinzipien
5 Vor Beginn einer Antipsychotika -Therapie sollte wenn immer möglich eine differenzierte Diagnostik erfolgen, u. a. zum Ausschluss von organisch bedingten oder substanzinduzierten Störungen, aber auch zur Feststellung des schizophrenen Subtyps bzw. der Zielsymptomatik und möglicher komorbider Störungen, die einer gesonderten Behandlung bedürfen oder die Auswahl eines bestimmten Antipsychotika begründen können (s. unten). 5 Bei der Auswahl zur Behandlung der individuellen Zielsymptomatik sind pharmakodynamische (Wirkprofil) und pharmakokinetische Eigenschaften (Wirkungseintritt und -dauer, Interaktionen) zu berücksichtigen. Zudem erfolgt die Auswahl eines Antipsychotikums allgemein nach: − früherem Ansprechen, − Patientenpräferenz (ggf. Patientenverfügung), − Nebenwirkungsprofil und − geplanter Applikationsform. 5 Beim therapeutischen Vorgehen ist neben der Akuität und Zielsymptomatik auch zu berücksichtigen, ob es sich um ein schizophrene Ersterkrankung oder um ein Rezidiv handelt (s. unten). 5 In allen Krankheitsphasen schizophrener Störungen sollte der Gesamtbehandlungsplan (7 Kap. 3.5) mit medikamentöser Therapie und psychosozialen Therapiemaßnahmen bei unterschiedlicher Schwerpunktsetzung berücksichtigt werden: − in der Akutphase liegt der Schwerpunkt auf der Medikation, − in der Stabilisierungsphase und der Phase der Rezidivprophylaxe bzw. Symptomsuppression (Langzeittherapie) gewinnen psychosoziale Maßnahmen in Kombination mit einer verträglichen Antipsychotikabehandlung zunehmend an Bedeutung.
3.3 · Therapieprinzipien
195
3
5 Die Therapiemöglichkeiten sollten von Beginn an unter Berücksichtigung der Schwere und Art der aktuellen Symptomatik mit dem Patienten besprochen werden. Im Vordergrund stehen: − Herstellung einer tragfähigen und kontinuierlichen Arzt-PatientenBeziehung (»therapeutische Allianz«), − Therapiemotivation, − Vermittlung eines Krankheitskonzepts, − Förderung und Festigung der Compliance, − Psychoedukation unter Einbeziehen von Bezugspersonen bzw. Familienangehörigen − Verbesserung der Lebensqualität des Patienten. 5 Möglichst frühzeitiger Behandlungsbeginn v. a. bei einer schweren psychotischen Episode (auch an mögliche Eigen- oder Fremdgefährdung denken!). 5 Mehrere Studien zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf eine Medikation abnimmt und die Prognose für den Patienten ungünstiger wird, wenn eine akute schizophrene Psychose – insbesondere bei einer Ersterkrankung – längere Zeit unbehandelt bleibt. Die möglichst frühzeitige Behandlung schizophrener Störungen mit einem AAP wird bei derzeitigem Wissensstand empfohlen. 3.3.2
Behandlung komorbider psychiatrischer Störungen bei Patienten mit Schizophrenie
Komorbide Sucht- oder Abhängigkeitserkrankung Nach neueren Studien liegt bei einem Großteil der Patienten mit Schizophrenie (insbesondere bei jüngeren Männern) zusätzlich ein Substanzabusus oder eine Abhängigkeitserkrankung (sog. »Doppeldiagnose«) vor. Das Risiko für eine komorbide Abhängigkeitserkrankung ist bei schizophrenen Patienten etwa 5fach gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöht. Am häufigsten werden Nikotin und Koffein konsumiert, bei 20–50% der Patienten besteht zusätzlich Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit, außerdem mit zunehmender Tendenz Cannabismissbrauch oder -abhängigkeit (möglicher Risikofaktor für die frühe Manifestation schizophrener Störungen), seltener auch Benzodiazepin-, Kokain- oder Opiatabhängigkeit. 5 Patienten mit »Doppeldiagnose« (Schizophrenie und Suchterkrankung) zeigen insbesondere stärker ausgeprägte Positivsymptome, schwierigere Verläufe (längere unbehandelte Perioden, schlechteres Anspre-
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5
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5
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5
Kapitel 3 · Antipsychotika
chen auf Antipsychotika, geringere Compliance, häufigere und längere Krankenhausaufenthalte, erhöhte Aggressivität, Depressivität und Suizidalität) und dadurch eine ungünstigere Prognose. Bei Nikotinabhängigkeit (7 Kap. 7.2.8) und deren Behandlung ist der pharmakokinetische Einfluss auf die meisten Antipsychotika (i. d. R. beschleunigter Metabolismus durch Induktion des CYP-Systems durch Rauchen) bei der Dosierung zu beachten, v. a. auch bei plötzlicher Nikotinkarenz oder -abstinenz (Clozapin!). Für die Behandlung der Nikotinabhängigkeit bei schizophrenen Patienten unter stabiler Behandlung liegen positive Studienergebnisse für die zusätzliche Gabe von Bupropion (150 mg/Tag in Kombination mit Verhaltenstherapie) und auch für Nikotinpflaster vor, die einen Einsatz bei motivierten Patienten rechtfertigen. Bei komorbider Alkoholabhängigkeit muss eine Entgiftungstherapie (7 Kap. 7.2.1) erwogen werden; zur Wirksamkeit bei der AlkoholRückfallprophylaxe liegt für Naltrexon in Kombination mit stabiler Antipsychotika-Medikation und psychotherapeutischen Maßnahmen eine kontrollierte Studie vor. Bei komorbider Opiatabhängigkeit (7 Kap. 7.2.3) werden zur Schizophreniebehandlung AAP empfohlen, Fallberichte zur günstigen Wirkung insbesondere von Clozapin in Kombination mit Methadon liegen vor. Generell sind bei Patienten mit komorbider Suchterkrankung AAP zu bevorzugen, da sie auch unabhängig von ihrem Einfluss auf die Psychopathologie zu einer verbesserten Compliance und zu reduziertem Substanzgebrauch (v. a. Alkohol) bei diesen Patienten beitragen können. Zudem ist das EPS-Risiko (Dyskinesien) bei schizophrenen Patienten mit komorbider Suchterkrankung erhöht. Für Clozapin und Olanzapin liegen positive Studienergebnisse vor (Einzelfallberichte für Quetiapin und Risperidon), die bei mehrwöchiger Therapie eine Reduktion des Konsums von Nikotin, Cannabis, Alkohol und Kokain (v. a. Olanzapin) auch im Vergleich mit anderen Antipsychotika (v. a. Haloperidol) belegen. Bei Vorliegen einer »Doppeldiagnose« (Schizophrenie und Suchterkrankung) sind mit dem Ziel der Erhöhung von Therapiemotivation, Compliance und der längerfristigen Einbindung der Patienten und ihrer Bezugspersonen integrative Therapieprogramme von besonderer Bedeutung: − AAP, ggf. Antipsychotika in Depot-Form (Risperidon, FlupentixolDecanoat)
3.3 · Therapieprinzipien
197
3
− Motivationsförderung für die Therapie (z. B. motivational interviewing) − Psychoedukation − Kognitive Verhaltenstherapie (einzeln oder in Gruppen) − Familienintervention − Sozialpsychiatrische Interventionen 5 Eine zusätzliche Gabe von Antidepressiva kann bei komorbidem Substanzgebrauch und anhaltender Depressivität nach Detoxifikation auch zur Reduktion des Cravings erwogen werden. Für den zusätzlichen Einsatz von Acamprosat als Anticraving-Substanz liegen keine Studien bei schizophrenen Patienten vor, vom Einsatz von Disulfiram wird abgeraten. Komorbide Angst- und Zwangsstörungen 5 Häufig finden sich bei Patienten mit Schizophrenie zusätzlich Symptome von Angst- und Zwangsstörungen, die vor Beginn und nach Abklingen produktiv-psychotischer Episoden nachweisbar sein können. 5 Die Abgrenzung einer komorbiden Angst- oder Zwangsstörung von der schizophrenen Kernsymptomatik ist häufig nicht eindeutig möglich. Der zeitliche Verlauf und die Kovariation der Symptome können dabei hilfreich sein. Bei etwa 20‒30% der schizophrenen Patienten besteht auch während florider oder residualer psychotischer Episoden eine ausgeprägte Angst- oder Zwangssysmptomatik. 5 Sowohl Angstsymptome (DD: Panikattacken, generalisierte Angst, Akathisie, psychotische Angst) als auch affektive Störungen (DD: pharmakogene Depression) und Zwangssymptome (7 Kap. 3.4.6) können unter Antipsychotika als unerwünschte Wirkung auftreten. Die Behandlung besteht dann i. d. R. in der Dosisreduktion oder im Wechsel auf ein anderes Antipsychotikum. 5 Ausgeprägte soziale Ängste (soziale Phobie) sind bei Schizophrenen recht häufig (DD: Negativsymptomatik) persistierend und mit einer schlechteren Lebensqualität und Behandlungsprognose assoziiert. Neben AAP sind hier v. a. psychotherapeutische Maßnahmen erfolgversprechend, ggf. sollte eine spezifische medikamentöse anxiolytische Therapie erwogen werden (7 Kap. 4.4.1). 5 Bei persistierenden depressiven Symptomen (postpsychotische Depression) sind Antidepressiva unter sorgfältiger klinischer Überwachung wirksam (s. unten).
198
1 2 3 4
Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Persistierende Zwangssymptome bei schizophrenen Patienten können erfolgreich und sicher mit einem SSRI (v. a. Sertralin) in Kombination mit einer stabilen Antipsychotika-Therapie (bevorzugt AAP, z. B. Quetiapin, Risperidon, Olanzapin) und psychotherapeutischen Interventionen behandelt werden. ! Pharmakokinetische Wechselwirkungen (v. a. mit Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin; . Tab. 3.6 und 7 Kap. 16).
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Andere komorbide Syndrome Sehr häufig treten im Verlauf schizophrener Störungen akut behandlungsbedürftige unspezifische psychopathologische Symptome auf. 5 Falls akut Aggressivität, Suizidalität, Angst und psychomotorische Unruhe im Vordergrund stehen, bedarfsorientierte Sedierung durch zusätzliche Gabe von: − Benzodiazepinen, z. B. Lorazepam (sicher und wirksam in Kombination mit den meisten Antipsychotika, Einschränkungen gelten für Clozapin, 7 Kap. 3.8), − Melperon (auch i.m. applizierbar) oder Pipamperon (fehlende bzw. geringe anticholinerge Komponente), − Chlorprothixen oder in Ausnahmefällen Levomepromazin (starke anticholinerge Nebenwirkungen) (7 Kap. 3.4 und 7 Kap. 12), − Pharmakotherapie psychiatrischer Akutsituationen (7 Kap. 12.2). 5 Bei ausgeprägten Schlafstörungen im Rahmen schizophrener Störungen kann zunächst ein AAP mit sedierender Wirkung eingesetzt werden (v. a. Olanzapin, Quetiapin, ggf. Clozapin); zusätzlich können auch Melperon, Pipamperon oder Prothipendyl in dieser Indikation gegeben werden (7 Kap. 5).
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Antipsychotika sind nosologieübergreifend wirksam. Die primäre Indikation der Antipsychotika erfolgt nach Zielsymptomen und -syndromen. Hauptindikationen stellen die verschiedenen Subtypen der Schizophrenie sowie schizotype und wahnhafte Störungen und zunehmend für AAP auch affektive Störungen (derzeit insbesondere bipolare Störungen, 7 Kap. 2) dar.
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Indikationen
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Folgende Indikationen bestehen für Antipsychotika: 5 Gesicherte Wirksamkeit bei: − schizophrenen Störungen, − schizoaffektiven Störungen, − bipolaren Störungen (Akutbehandlung der Manie, Phasenprophylaxe) (7 Kap. 2), − psychotischer Depression (in Kombination mit Antidepressiva), − bestimmten neurologischen Erkrankungen (z. B. Tic-Störungen, L-Dopa-induzierten Psychosen). 5 Als Begleittherapie sind insbesondere AAP möglicherweise wirksam bei: − Persönlichkeitsstörungen, − Zwangsstörung, − Angststörungen, − Demenzen, − anderen organischen Psychosen (z. B. Alkoholpsychosen), − nichtpsychotischer Depression, − Schmerzsyndromen. 3.4.1
Schizophrene Störungen
Im Verlauf schizophrener Störungen kommt es bis zur klinischen Erstmanifestation in der Regel über Jahre zu zunehmend charakteristischen Störungen. Die initialen Vorstadien schizophrener Störungen lassen sich unterteilen: 5 Unspezifisches Vorstadium (früh): Häufig bereits motorische, soziale, affektive und kognitive Auffälligkeiten in Kindheit und Jugend (häufig retrospektive Interpretation). Uncharakteristische und oft diskrete Störungen von Antrieb, Affekt, Denken, Sprechen und Wahrnehmen; Anzeichen erhöhter Reizbarkeit, Anspannung und geringer Belastbarkeit. Die Symptome können in der Regel erst retrospektiv als Schizophrenieprodrom gewertet werden und werden in neueren Früherkennungsstudien als »psychosefernes Prodrom« bezeichnet. 5 Prodromalstadium mit erhöhtem Risiko für den Übergang in eine schizophrene Störung (spät): Die Forschung zu Vorstadien und Risikofaktoren schizophrener Störung mit dem Ziel der Früherkennung und Frühintervention konnte in den letzten Jahren sog. Hochrisikokonstellationen ermitteln. Hochrisikokonstellationen sind »psychosenahe Prodrome«, d. h. kurze vorübergehende psychotische Symptomepisoden (brief limited intermittend psychotic symptoms, BLIPS) mit kurz anhaltenden Positivsymptomen und spontaner Remission oder attenuierte psychotische Symptome.
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Das Risiko für den Übergang eines psychosenahen Prodroms in eine Schizophrenie ist mit etwa 30-80% pro Jahr erhöht; gleichwohl ist das Risiko »falsch-positiver« Vorhersagen mit etwa 30-60% ebenfalls sehr hoch. Zwischen psychosenahen Prodromen und der klinischen Erstmanifestation einer schizophrenen Störung liegen in der Regel 1‒3 Jahre, die Erstdiagnose liegt bei Männern häufig zwischen 20 und 25 Jahren, bei Frauen zwischen 25 und 30 Jahren, bei Frauen ist zudem ein zweiter Häufigkeitsgipfel (ab dem 45. Lebensjahr) zu beobachten, insgesamt ist die Prävalenz bei Männern und Frauen mit etwa 1% gleich. Die Unterschiede der Latenz bis zum klinischen Vollbild sowie die in der Regel etwas bessere Prognose von Frauen mit Schizophrenie wird einem protektiven Effekt von Östrogenen zugeschrieben. Im Verlauf kommt es bei etwa 20‒30% der schizophrenen Patienten wahrscheinlich auch ohne Therapie zu keinem erneuten Rezidiv und weitgehender Erholung (Remission); bei mindestens einem Drittel der Patienten erfolgen jedoch weitere Episoden, die sich jeweils durch erneute »Prodromalstadien« ankündigen können und die sich im Anschluss zumindest partiell wieder zurückbilden können (Teilremission). Ein weiteres Drittel der Patienten zeigt einen rasch chronifizierenden Verlauf mit einem zumindest über Jahre hinweg zunehmenden oder weitgehend stabil wirkenden Restzustand, v. a. mit ausgeprägter Negativsymptomatik, aber auch mit persistierenden Positivsymptomen und kognitiven Defiziten. Die syndromale Unterteilung der Schizophrenien erfolgt nach ICD-10 in verschiedene kategoriale Unterformen und Verlaufsbilder. Gleichwohl orientiert sich die Therapie vorrangig u. a. an der bestehenden Symptomatik bzw. an Zielsyndromen. Zudem weisen einige Unterformen eine gewisse syndromale Überlappung auf und sind im Zeitverlauf bei Langzeituntersuchungen häufig nicht stabil. Bei den Unterformen der Schizophrenie treten in wechselnder Prägnanz Positiv- und Negativsymptomatik in den Vordergrund. Daneben können katatone Symptome, Depressivität und Suizidalität sowie kognitive Störungen das klinische Bild beherrschen. Paranoide Schizophrenie Häufigster Subtyp, im Vordergrund stehen Positivsymptome. Hebephrene Schizophrenie Affektive Veränderungen stehen im Vordergrund (meist flacher, inadäquater Affekt, Manierismen, flüchtige Halluzinationen, inkonsistenter Wahn, ungeordnetes Denken), früher Beginn und rasche Entwicklung von Nega-
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tivsymptomen (v. a. Affektverflachung, Antriebsverlust) und desorganisiertem Verhalten. Katatone Schizophrenie Psychomotorische Störungen (Erregung, Stupor, Negativismus, Mutismus, Bewegungsstereotypien, Haltungsverharren) stehen im Vordergrund und können mit traumhaft-szenischen Halluzinationen (oneiroide Zustände) einhergehen. Vorübergehende isolierte katatone Symptome können bei jeder anderen Schizophrenieunterform und bei hirnorganischen sowie affektiven Störungen auftreten. Undifferenzierte Schizophrenie Unterform, bei der verschiedene Positiv- und Negativsymptome meist weniger prägnant vorliegen und eine Zuordnung zu einer einzigen anderen Unterform nicht ermöglichen. Postschizophrene Depression Depressive Episode, die im Anschluss an eine schizophrene Erkrankung auftritt. Im Vordergrund stehen depressive Symptome (Major depression), schizophrene Positiv- und v. a. Negativsymptome sind noch vorhanden, beherrschen aber nicht das klinische Bild. Schizophrenes Residuum Chronisches Stadium, im Vordergrund stehen insbesondere anhaltende Negativsymptome. Schizophrenia simplex Unsichere Diagnose mit primärer Negativsymptomatik und kognitiven Defiziten, die sich schleichend progredient entwickeln. Phasenabhängige Pharmakotherapie schizophrener Störungen Abhängig von der Krankheitsphase kann bei der Behandlung schizophrener Störungen unterschieden werden: Primäre Prävention 5 Verhinderung des Ausbruchs der Erkrankung zu einem frühen Zeitpunkt; solche Interventionen müssten nach heutigen Erkenntnissen bereits prä- oder perinatal, zumindest in der frühen Kindheit erfolgen und lassen sich derzeit am ehesten in Form von protektiven psychoso-
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zialen Maßnahmen realisieren. Pharmakologische Interventionen sind zur Primärprävention nicht evaluiert. Sekundäre Prävention 5 Verhinderung des Übergangs in eine schizophrene Störung bei Vorliegen psychosenaher Prodromalsymptome (Hochrisiko-Population, s. oben), u. U. auch die konsequente Frühtherapie bei Erstmanifestation einer schizophrenen Störung. Erste Untersuchungen zeigen eine Reduktion der Übergangswahrscheinlichkeit in eine schizophrene Störung unter Behandlung mit Olanzapin (5‒15 mg) oder Risperidon (1‒2 mg); allerdings sind die Studienergebnisse noch unsicher, sodass eine generelle pharmakologische Behandlung auch bei Vorliegen attenuierter oder kurzdauernder psychotischer Symptome noch nicht generell empfohlen werden kann. Die Risiken in Bezug auf Stigmatisierung durch Diagnosestellung und auch bezüglich der Nebenwirkungen einer frühen Gabe antipsychotischer Medikation müssen berücksichtigt werden. 5 Positive erste Befunde liegen für kognitiv-verhaltenstherapeutische Maßnahmen vor; auch die Gabe von Antidepressiva bei unspezifischen Prodromalstadien mit ängstlich-depressiver Symptomatik kann erwogen werden. 5 Das optimale Vorgehen bei noch nicht manifest Erkrankten im Falle von weniger ausgeprägten Symptomen, die häufig als Prodromi einer Schizophrenie auftreten, bedarf der weiteren Forschung. Tertiäre Prävention 5 Verhinderung von Rezidiven (Prophylaxe) zur Reduktion der Morbidität und Mortalität der Patienten mit schizophrener Störung. Hierzu zählen: − die konsequente Behandlung im Rahmen der akuten Phase mit häufig vorwiegender Positivsymptomatik (oft im stationären Setting), − die Stabilisierungsphase als Übergangszeit mit häufig weiterhin bestehender, aber weniger beeinträchtigender Positivsymptomatik, − die Erhaltungs- und Rückfallprophylaxe mit dem Ziel einer ambulanten Therapie zur Verhinderung erneuter Rezidive und Wiedergewinn möglichst großer »Normalität« und Lebensqualität.
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Akutphase/Positiv-Symptomatik 5 Es gibt viele Studien, in denen eine gleich gute Wirksamkeit von AAP und konventionellen Antipsychotika bei einem geringeren EPS-Risiko für AAP gefunden wurde. Daher wird sowohl bei Erstmanifestation als auch bei Rezidiven der vorrangige Einsatz von AAP empfohlen. Bei Patienten, die nach Absetzen eines Antipsychotikums bei früherem Ansprechen und guter Verträglichkeit ein Rezidiv erleiden, soll das früher wirksame Antipsychotikum empfohlen werden. 5 Bei Erstmanifestation wird empfohlen, wenn möglich (keine akute Gefährdung) eine diagnostische Beobachtungsphase von 24‒48 h ohne spezifisch antipsychotische Medikation durchzuführen (ggf. Gabe von Benzodiazepinen bei Anspannung, Angst, Schlafstörungen, s. aber Warnhinweis bei Kombination von Clozapin/Olanzapin mit Benzodiazepinen, 7 Kap. 12.2), bei Patienten mit Rezidiv soll die Behandlung unverzüglich nach klinischer Untersuchung, ggf. nach Vorliegen von Labor- oder EKG-Ergebnissen, eingeleitet werden. 5 Bei Erstmanifestationen werden aufgrund der besseren Ansprechwahrscheinlichkeit auch bei niedrigeren Dosen und des höheren Nebenwirkungsrisikos (insbesondere für EPS) ein Beginn mit niedriger Dosis und eine niedrigere Zieldosis empfohlen, ohne dass hierfür empirische Daten vorliegen. 5 Bei Non-Response sollte neben der Compliance-Überprüfung auch die erneute Evaluation von möglichen Komorbiditäten (v. a. Suchterkrankungen, THC-Abusus) und psychosozialen Stressoren durchgeführt werden. 5 Bei Mehrfacherkrankten (Rezidiv) kann bei Nichtansprechen auf ein APP auch ein konventionelles hochpotentes Antipsychotikum (z. B. Haloperidol) gegeben werden. In Einzelfällen erreicht man einen besseren Therapieerfolg durch vorübergehende Kombination eines AAP mit einem konventionellen Antipsychotikum (7 Kap. 3.11.2). Im weiteren Behandlungsverlauf sollte versucht werden, zu einer Monotherapie mit einem AAP zurückzukehren. 5 Es wird beobachtet, dass einige Patienten nur unter der Gabe eines konventionellen hochpotenten Antipsychotikums respondieren, ebenso wie andere Patienten nur auf AAP ansprechen. Zu der Frage, in welcher Reihenfolge die AAP gewählt werden, gibt es bislang keine Daten, auch nicht zu der Zahl der Behandlungsversuche mit AAP oder zur Frage des Zeitpunktes, an dem ein Versuch mit konventionellen Antipsychotika durchgeführt werden sollte. Bei den konventionellen Antipsychotika liegt insbesondere für Haloperidol, Flupentixol, Flu-
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phenazin und Perazin qualitativ hochwertige Wirksamkeitsevidenz vor. 5 Zum Einsatz von Clozapin bei Patienten mit unzureichender Response 7 Kap. 3.13.2. In einer neuen Studie (CATIE, ausführlicher 7 Kap. 3.1.4) wurde die Überlegenheit von Clozapin bei Nichtansprechen auf ein anderes AAP (Olanzapin, Quetiapin, Risperidon) belegt. 5 Kommt es im Rahmen der akuten Symptomatik zu ausgeprägten psychomotorischen Erregungszuständen bzw. zu aggressiv-impulsivem Verhalten mit drohender Eigen- oder Fremdgefährdung, können auch konventionelle hochpotente Antipsychotika (ggf. parenterale Applikation und rasches Aufdosieren) mit einer passageren Zusatzmedikation von Benzodiazepinen angezeigt sein (7 Kap. 12.2). Ziel einer solchen Kombinationstherapie ist eine sehr schnelle Verminderung der Erregung und Anspannung (rapid tranquilization) und ein rasches Erreichen einer möglichst sicheren Response. Nach Abklingen der Akutsymptomatik ist ein vorsichtiges Umsetzen (7 Kap. 3.11.2) auf ein AAP empfehlenswert. 5 Rasche Aufdosierung, Kombinationstherapie mit Benzodiazepinen, sichere Applikationsformen (Tropfen, Lösungen, Schmelztabletten) und insbesondere kurz wirksame i.m.-Formulierungen von AAP (derzeit für Olanzapin und Ziprasidon verfügbar) sind als alternative Behandlungsstrategien in solchen Situationen zunächst zu erwägen. 5 AAP sollten Arzneimittel der ersten Wahl bei der Behandlung schizophrener Störungen in der Akutphase sein. Eine Monotherapie ist grundsätzlich anzustreben. Bei Kombinationstherapien muss auf ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko und mögliche Interaktionen geachtet werden. 5 Gegenwärtig wird empfohlen, zwei AAP in ausreichender Dosis für jeweils etwa 4‒8 Wochen zu verordnen und bei Nichtansprechen auf zwei vorherige adäquate Therapieversuche mit zwei unterschiedlichen Antipsychotika von medikamentöser Therapieresistenz zu sprechen (vgl. DGPPN-Leitlinie). Negativsymptomatik 5 Die Unterscheidung von sog. primärer (morbogener, persistierender) und sekundärer (im Rahmen von Positivsymptomen, Depressivität und sozialer Isolierung) Negativsymptomatik ist klinisch nicht sicher
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möglich. Mit einer Besserung von Positivsymptomen in Akutphasen schizophrener Störungen geht häufig auch eine Besserung der Negativsymptomatik einher. 5 AAP sind gegenüber den konventionellen Antipsychotika zu bevorzugen. Die Ergebnisse einiger prospektiver kontrollierter Studien machen die bessere Wirksamkeit von AAP– v. a. bei Ersterkrankungen ‒ sehr wahrscheinlich. Positive Hinweise existieren für Amisulprid, Aripiprazol, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon und Zotepin (vorwiegend sekundäre Negativsymptomatik). 5 Derzeit ist Amisulprid das einzige Antipsychotikum, das zur Therapie bei vorwiegender Negativsymptomatik (v. a. bei primärer Negativsymptomatik) zugelassen ist. 5 Die Kombination eines AAP mit einem SSRI oder Mirtazapin kann bei persistierenden Negativsymptomen als Behandlungsversuch empfohlen werden. Depressive Symptomatik und Suizidalität 5 Die Behandlung mit Antipsychotika ist auch bezüglich begleitender depressiver Symptome und Suizidalität bei Schizophrenien wirksam; es wurden für die meisten AAP im Vergleich zu konventionellen Antipsychotika (Haloperidol) günstige Effekte gegen depressive Symptome im Rahmen akuter und chronischer Schizophrenien beschrieben. 5 Bei Versagen psychosozialer und psychotherapeutischer Interventionen (supportive Ansätze, Stressbewältigungsverfahren; kognitive Verhaltenstherapie) sollte eine Dosisanpassung bzw. Umstellung des Antipsychotikums bei depressiven Syndromen erwogen werden. 5 Bei Erstmanifestation einer schizophrenen Störung nach Gabe eines AAP für 2‒4 Wochen und anhaltender signifikanter Depressivität wird die zusätzliche Gabe eines Antidepressivums (bevorzugt SSRI) empfohlen. 5 Auch nach weitgehender Remission der Positivsymptomatik und Weiterbestehen oder Neuauftreten eines depressiven Syndroms wird nach Optimierung der Antipsychotikatherapie die vorsichtige zusätzliche Gabe von Antidepressiva für mindestens 6‒8 Wochen (DGPPN-Leitlinie: 9 Wochen) empfohlen. 5 Prinzipiell scheinen neuere Antidepressiva (z. B. SSRI) in Kombination mit AAP hierfür geeignet zu sein, die Datenlage lässt jedoch keine sicheren Schlüsse zu. Einzelne positive Befunde aus placebokontrollierten Studien liegen für die Kombination von Trazodon oder Imipramin mit konventionellen Antipsychotika vor.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Die zusätzliche Gabe von Antidepressiva bei schizophrenen Patienten mit depressiven Symptomen während gleichzeitig bestehender florider Positivsymptomatik ist nicht zu empfehlen. 5 Für Clozapin liegen mehrere Studien vor, die für eine überlegene antisuizidale Wirkung (auch gegenüber Olanzapin) sprechen. 5 Bei ausgeprägter Suizidalität, auch unabhängig von depressiven Symptomen, kann oftmals auf eine vorübergehende sedierende Begleitmedikation mit einem Benzodiazepin (Lorazepam oder Diazepam) nicht verzichtet werden (7 Kap. 12.6). 5 Auch wenn depressive Syndrome im Verlauf einer Behandlung v. a. mit konventionellen Antipsychotika wiederholt beschrieben wurden, ist das Konzept einer Antipsychotika-induzierten, als »pharmakogen« oder »akinetisch« bezeichneten Depression nicht unumstritten, da die Antipsychotika-bedingte Verursachung depressiver Syndrome im Verlauf schizophrener Störungen nicht gesichert ist und diese symptomatisch schwer von einer vorbestehenden, durch Antipsychotika »demaskierten« Depressivität, einer neu aufgetretenen postpsychotischen Depression oder einer Antipsychotika-induzierten Akinesie zu unterscheiden ist. Differenzialdiagnostisch sollte auch an eine Negativsymptomatik gedacht werden (s. oben), insbesondere in Prodromalstadien schizophrener Erstmanifestationen liegen beide Symptomgruppen häufig gemeinsam vor. Kognitive Störungen 5 AAP sind zu bevorzugen; eine spezifische Therapieempfehlung kann noch nicht gegeben werden. Gegenüber konventionellen Antipsychotika (zumeist Haloperidol in höherer Dosierung) liegen Studien zur Überlegenheit von AAP mit Hinweisen auf Verbesserungen von Gedächtnisleistungen, Konzentration und Exekutivfunktionen vor. 5 Die Effektstärken sind insgesamt allerdings moderat, weiterhin fehlen methodisch angemessene Studien zum Vergleich der verschiedenen AAP. 5 Auch unter konventionellen Antipsychotika können sich kognitive Störungen schizophrener Patienten bessern.
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Katatone Symptomatik Bei Stupor und Mutismus oder starker psychomotorischer Hemmung (katatoniformen Zuständen) ist Lorazepam zunächst in einmaliger Dosis von 2–2,5 mg indiziert (auch als langsame i.v.-Gabe möglich). Nach Ansprechen (psychomotorische und affektive Lockerung) kann bei schizophrenen Störungen frühzeitig ein Benzodiazepin (Lorazepam, Oxazepam, Clonazepam) mit einem Antipsychotikum kombiniert werden. Vor dieserer Medikation ist differenzialdiagnostisch insbesondere ein malignes neuroleptisches Syndrom (. Tab. 3.4) auszuschließen. 5 Bei katatonen Symptomen ist eine Wirksamkeit von konventionellen Antipsychotika nicht sicher nachgewiesen, offene Studie legen positive Effekte von Amisulpirid, Clozapin, Olanzapin, Risperidon und Zotepin nahe. 5 EKB ist i. Allg. bei Schizophrenien nur bei der lebensbedrohlichen (febrilen) Katatonie (DD: malignes neuroleptisches Syndrom) als »first-line treatment« indiziert, und auch hier sollten vorher kurzfristig Antipsychotika und Lorazepam versucht werden. 3.4.2
Schizotype Störungen, wahnhafte Störungen, akute vorübergehende psychotische Störungen, induzierte wahnhafte Störungen
5 Teilweise bedingt durch die geringe Prävalenz fehlen kontrollierte Studien weitgehend. 5 Bei behandlungsbedürftigen psychotischen Symptomen im Rahmen schizotyper Störungen sollten AAP in der niedrigsten wirksamen Dosis gewählt werden (7 Kap. 11). 5 Die Behandlung misstrauisch-wahnhafter Patienten erfordert viel Erfahrung und Geduld und sollte immer im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans, der v. a. auf die soziale Integration Rücksicht nimmt, erfolgen. 5 Bei wahnhaften Störungen, insbesondere im Alter, sind medizinische Faktoren sorgfältig auszuschließen. In manchen Fällen fällt die Differenzialdiagnose schwer, z. B. bei chronischen taktilen Halluzinosen (»Dermatozoenwahn«).
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5 Akute wahnhafte Exazerbationen (mit Angst, Erregung) sprechen relativ gut auf eine Antipsychotika-Behandlung an, während langjährig bestehende chronische Wahnstörungen häufig therapierefraktär sind (z. B. Eifersuchts-, Liebes- oder Querulantenwahn). 5 Bei persistierenden wahnhaften oder halluzinatorischen Störungen ist der Versuch mit einem niedrig-dosierten Antipsychotikum angeraten. Insbesondere bei Liebeswahn (Erotomanie), hypochondrisch-körperbezogenen Wahninhalten oder Halluzinationen kann aufgrund von klinischen Einzelfallberichten Risperidon in niedriger Dosierung empfohlen werden. Einzelfälle mit Eifersuchtswahn und zwanghafter Komponente wurden erfolgreich mit SSRI behandelt. 5 Bei Langzeitbehandlung wahnhafter Störungen können auch DepotAntipsychotika zum Einsatz kommen, das atypische RisperidonDepotpräparat ist bevorzugt zu erwägen. Antidepressiva und prophylaktische Gaben von Lithium oder Carbamazepin wurden v. a. bei Affektdominanz bzw. phasenhafter Symptomverdichtung erfolgreich eingesetzt. 5 Akute vorübergehende psychotische Störungen erfordern häufig initial die Gabe von Antipsychotika, auch in höheren Dosen. Produktiv-psychotische Symptome sprechen in der Regel sehr gut und rasch an, AAP sind zu bevorzugen. Zusätzlich sind vorübergehend Benzodiazepine bei Angst und Erregung sehr hilfreich. Supportive Psychotherapie ist in den meisten Fällen auch längerfristig indiziert. 5 Bei induzierten wahnhaften Störungen ist vor Gabe eines Antipsychotikums zunächst die getrennte adäquate Therapie des Wahn-induzierenden Patienten anzustreben. Sistiert der induzierte Wahn nach etwa 2 Wochen nicht, sollte ein niedrig-dosiertes AAP (z. B. Risperidon) erwogen werden. Psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen sind Schwerpunkt der Behandlung, um den ansonsten nicht seltenen Rückfällen vorzubeugen. 3.4.3
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Schizoaffektive Störungen
Unter schizoaffektiven Störungen werden klinisch Störungen zusammengefasst, bei denen gleichzeitig oder abwechselnd Symptome einer Schizophrenie und einer affektiven Störung auftreten. Nach ICD-10 wird eine schizoaffektive Störung klassifiziert, wenn sowohl eindeutig schizophrene als auch eindeutig affektive Symptome gleichzeitig oder nur durch wenige Tage getrennt und während der gleichen Krankheitsepisode vorhanden sind. Nach DSM-IV hingegen ist eine schizoaffektive Störung zu diagnostizie-
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ren, wenn in einer ununterbrochenen Krankheitsperiode Symptome einer Schizophrenie sowohl unabhängig, als auch zusammen mit einer affektiven Störung auftreten. Die Validität der Diagnose wird aber besonders aufgrund neuer genetischer Untersuchungen immer mehr in Frage gestellt. Psychotische, manische und depressive Syndrome kommen sowohl bei der Schizophrenie als auch bei der bipolaren Störung vor. 5 Die Störungen neigen zu häufigen Rezidiven und stehen prognostisch zwischen Schizophrenien und affektiven Störungen, insbesondere bipolaren Störungen. 5 Phasisch verlaufende akute psychotische Störungen, z. B. die von Leonhard beschriebenen zykloiden Psychosen (3 Prägnanztypen: Angst-Glück-Psychosen, Verwirrtheitspsychosen und Motilitätspsychosen), zu denen häufig auch die sog. »Post-partum«-Psychosen gruppiert werden, können in vielen Fällen hier eingeordnet werden. 5 Für die klinische Beurteilung und Behandlung hat es sich als pragmatisch erwiesen, die Syndrome im Sinne eines Überwiegens schizophrener (»schizodominant«) oder affektiver Symptome (»affektdominant«) zu beurteilen. Akutbehandlung der schizoaffektiven Störung 5 Olanzapin und Risperidon sind nach kontrollierten und offenen Studien bei manischer, depressiver oder gemischter Symptomatik im Rahmen akuter schizoaffektiver Psychosen wirksam. Ziprasidon und Aripiprazol waren Placebo bei dieser Indikation überlegen (zur Wirksamkeit bei bipolaren Störungen 7 Kap. 2.4). Weitere offene Studien legen auch eine Wirksamkeit von Clozapin und Quetiapin bei Patienten mit schizoaffektiver Psychose, insbesondere bei manischer Symptomatik und in Kombination mit Phasenprophylaktika (Clozapin und Lamotrigin oder Lithium), nahe. 5 Bei Patienten mit akuter schizomanischer Symptomatik sind Lithium und konventionelle Antipsychotika vergleichbar wirksam. Bei stark erregten Patienten weist die Kombination von Lithium-Basistherapie mit Antipsychotika in der Akutphase eine bessere Wirksamkeit auf als eine Monotherapie. 5 Bei schizodepressiver Symptomatik im Rahmen schizoaffektiver Störungen kann die Kombination eines Antipsychotikums mit einem Antidepressivum empfohlen werden. Allerdings ist die Datenlage, die für diese Kombinationstherapie spricht, sehr schmal. In den USA wird für die Akutphase eine Antipsychotika-Monotherapie vorgezogen; ein Antidepressivum sollte ggf. erst nach Abklingen der Akutphase
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gegeben werden. Bei Monotherapie sind AAP vorzuziehen. Das frühe Ansetzen von Stimmungsstabilisierern kann durch Studien derzeit nicht befriedigend belegt werden. Fallbeobachtungen mit Lamotrigin (Monotherapie) in höherer Dosierung (400 mg) zeigten positive Effekte. 5 Zykloide Psychosen und andere phasisch verlaufende akute schizoaffektive Störungen sollen auf eine Lithiumprophylaxe gut ansprechen.
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Phasenprophylaxe der schizoaffektiven Störungen 7 Kap. 2.4.2
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Affektive Störungen
Manische Episode und bipolare affektive Störung 5 Bei schweren manischen Syndromen und Manien mit psychotischen Merkmalen sind Antipsychotika indiziert. Auch wenn die Wirksamkeit von konventionellen hochpotenten Antipsychotika in dieser Indikation erwiesen ist, sind AAP in der Regel aufgrund ihres geringeren EPS-Risikos, das bei Patienten mit affektiven Störungen zudem erhöht ist, zu bevorzugen. 5 AAP bei der manischen Episode 7 Kap. 2.4.1. 5 AAP bei der bipolaren Depression 7 Kap. 2.4.2. 5 AAP zur Phasenprophylaxe der bipolaren affektiven Störung 7 Kap. 2.4.2. Schwere Depression mit psychotischen Symptomen (»wahnhafte Depression«) 5 Erste Option: Beginn mit einem Antidepressivum (SSRI), bei ausbleibender Wirkung gegen psychotische Merkmale Kombination mit einem AAP (z. B. Olanzapin, Risperidon) bis zum Sistieren der psychotischen Symptomatik, danach langsames Absetzen des Antipsychotikums über 3–6 Monate unter Beibehaltung des Antidepressivums. 5 Für Nortriptylin und Trimipramin liegen auch Befunde zur Wirksamkeit in Monotherapie vor. 5 Bei älteren Patienten mit wahnhafter Depression liegen günstige Ergebnisse für Nortriptylin unter Plasmaspiegelkontrolle vor. 5 Zweite Option: Von Beginn an kann das Antidepressivum mit einem AAP kombiniert werden; es gibt aber nach einer Cochrane-Metaanalyse keine Hinweise, dass die Kombination besser als das Antidepressivum allein ist.
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5 Eine Monotherapie mit einem Antipsychotikum kann derzeit, auch entsprechend der Cochrane-Metaanalyse, nicht empfohlen werden. 5 Bei sehr schweren, wahnhaften oder therapierefraktären Depressionen scheint die EKB einer Pharmakotherapie insbesondere in Bezug auf einen frühen Wirkungseintritt überlegen zu sein. Die hohe Rückfallrate v. a. bei Patienten mit wahnhafter Depression im höheren Lebensalter ist dabei jedoch zu berücksichtigen. 3.4.5
Zwangsstörung
5 Zu Zwangssymptomen im Rahmen einer schizophrenen Störung 7 Kap. 3.3.2. 5 Es gibt Einzelfallberichte über ein vermehrtes Auftreten von Zwangssymptomen bei schizophrenen Patienten unter bestimmten AAP (v. a. Clozapin, auch Olanzapin, Risperidon, Quetiapin), wobei allerdings ein kausaler Zusammenhang umstritten ist. 5 Bei Therapieresistenz von Zwangsstörungen (v. a. wenn auch gleichzeitig eine Tic-Störung oder eine Chorea vorliegt) kann die zusätzliche Gabe von AAP empfohlen werden (z. B. Quetiapin 50–300 mg, Risperidon 1–4 mg, Olanzapin 5–10 mg/Tag). 5 Antidepressiva bei der Zwangsstörung 7 Kap. 1.4.5. 3.4.6
Angststörungen
5 Der Einsatz von AAP bei Angststörungen ist bisher nur wenig überprüft. Erste Hinweise ergeben sich für eine Wirksamkeit von Risperidon, Quetiapin und Olanzapin bei der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD), weiterhin von Risperidon und Olanzapin als adjunktive Therapie bei der Generalisierten Angststörung (GAD). Das Nebenwirkungsrisiko (v. a. Gewichtszunahme unter Olanzapin) ist dabei jedoch zu berücksichtigen. Eine anxiolytische Wirkung ist für einige konventionelle Antipsychotika (z. B. Flupentixol in niedriger Dosis, Fluphenazin, Pimozid, Fluspirilen) beschrieben. ! EPS (einschließlich Spätdyskinesien) und andere Nebenwirkungen,
wie z. B. Blutbildschäden, sind auch unter niedriger Dosierung möglich, weshalb konventionelle Antipsychotika keine routinemäßige primäre Verwendung als Anxiolytika finden sollten.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Antidepressiva bei Angststörungen 7 Kap. 1.4.2- 1.4.4. 5 Anxiolytika bei Angststörungen 7 Kap. 4.4.1- 4.4.3. 3.4.7
Demenzielle Erkrankungen
Indikation für Antipsychotika sind die demenzassoziierten Verhaltensauffälligkeiten (Behavioural and Psychological Symptoms of Dementia, BPSD) bei der Demenz (7 Kap. 6.3). 5 Da demenzielle Erkrankungen in ihrem Verlauf häufig mit psychomotorischer Unruhe (DD: Akathisie), nächtlicher Desorientierung, desorganisiertem Verhalten und paranoidem Erleben assoziiert sind, können Antipsychotika zumindest zeitweise indiziert sein (Risikofaktoren für EPS 7 Kap. 3.6).
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5 Für ältere Patienten mit Demenz, insbesondere in Verbindung mit vaskulären Risikofaktoren, wurde unter Behandlung mit Antipsychotika (konventionelle und AAP) ein erhöhtes Mortalitätsrisiko (cerebrovaskuläre Ereignisse, einschließlich Insulte) gefunden. Derzeit muss diesbezüglich von einem Klasseneffekt ausgegangen werden. 5 Die Indikationsstellung für Antipsychotika bei dieser Patientengruppe muss daher strikt erfolgen. AAP sind unter der Berücksichtigung der Anwendungsbeschränkungen auch nach den derzeit vorliegenden Studienergebnissen in der Regel für die Behandlung psychotischer Syndrome bei Demenz vorzuziehen. 5 Es sollte eine möglichst niedrige Dosierung gewählt werden, die Notwendigkeit einer Weiterverordnung ist regelmäßig zu überprüfen, Absetzversuche sollten vorgenommen werden (insbesondere Risperidon). 5 Die Aufklärung (informiertes Einverständnis) und sorgfältige Dokumentation der Behandlung mit AAP ist anzuraten.
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Bei Schlafstörungen und psychomotorischer Erregung im Rahmen einer Demenz sind bei unzureichender Wirkung von Hypnotika niederpotente Antipsychotika mit möglichst geringer anticholinerger Komponente zu bevorzugen (z. B. Pipamperon oder Melperon). 5 Auf Depot-Antipsychotika ist möglichst zu verzichten (verzögerte Resorption, langsame Elimination, nach Absetzen lang überdauernde Nebenwirkungen möglich).
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5 Hochpotente konventionelle Antipsychotika sind bei Patienten mit Demenz unter Berücksichtigung der veränderten Pharmakokinetik und erhöhten Empfindlichkeit älterer Menschen für Sedierung, Parkinsonoid, anticholinerge Wirkungen und Orthostase allenfalls in niedriger Dosis (Bromperidol oder Haloperidol 0,5–1,5 mg/Tag, z. B. als einmalige Gabe zur Nacht) vertretbar. 5 Bei Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) treten häufig psychotische Symptome, typischerweise optische Halluzinationen, auf. 5 Antidementiva bei demenzassoziierten Verhaltensauffälligkeiten 7 Kap. 6.3 ! Patienten mit DLB zeigen jedoch häufig eine Hypersensitivität gegen-
über Antipsychotika. Dramatische Verschlechterungen des klinischen Gesamtzustandes sind beschrieben. Erscheint eine AntipsychotikaTherapie unverzichtbar, sind niedrigste Dosen von Quetiapin oder Clozapin am ehesten vertretbar.
3.4.8
Alkohol- und Drogen-induzierte Psychosen
5 Alkoholhalluzinose: bei Akuität vorübergehend Gabe eines Antipsychotikums (z. B. Haloperidol 5–10 mg/Tag), häufig allerdings kommt es zu einer raschen Spontanremission; bei der seltenen Chronifizierung meist schlechtes Ansprechen auf Antipsychotika (7 Kap.7.2.1). 5 Bei psychomotorischer Erregung im Rahmen akuter Intoxikationen mit psychotropen Substanzen sind Antipsychotika indiziert (7 Kap. 12.2). 5 Drogeninduzierte Psychosen: Psychotische Symptome werden als direkte körperliche Wirkung einer Droge angesehen. Bei Akuität sind vorübergehend Antipsychotika indiziert. Durch Abstinenz von der verursachenden Droge sollte die Störung i. Allg. sistieren. Olanzapin hat in dieser Indikation in Dosierungen von 2,5–10 mg eine vergleichbare Wirkung wie Haloperidol, bei geringerer EPS-Rate, erbracht (7 Kap. 17.6, Drogenintoxikationen). 5 Delir (auch unabhängig von Alkohol- oder Drogenkonsum): Bei psychotischen Zustandsbildern oder starker psychomotorischer Erregung können Antipsychotika indiziert sein (7 Kap. 7.2.1 und 12.3). 3.4.9
Persönlichkeitsstörungen
5 AAP bei Borderline-Persönlichkeitsstörung und anderen Persönlichkeitsstörungen 7 Kap. 11.3 und 11.4.2
214
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Kapitel 3 · Antipsychotika
3.4.10 Schmerzsyndrome 5 Antipsychotika spielen in der Schmerztherapie eine untergeordnete Rolle. 5 In Kombination mit Opiaten kann die Opiatdosis ohne Wirkungsverlust verringert werden, außerdem wird das Ausmaß opiatinduzierter Nebenwirkungen wie Übelkeit (mit Erbrechen) reduziert. 5 Spezifische Diagnosen, zu denen die Datenlage etwas breiter ist, sind diabetische Neuropathie und postherpetische Neuralgie, wobei jedoch häufig auch die Kombination mit Antidepressiva versucht wurde, sodass spezifische Antipsychotika-Effekte nicht sicher belegt sind. Als Alternative zu Antipsychotika in dieser Indikation erwiesen sich Gabapentin und Pregabalin(7 Kap. 4, Präparat) in mehreren Studien als wirksam. 5 Antidepressiva bei Schmerzsyndromen 7 Kap. 1.4.8. 3.4.11 Neurologische Erkrankungen 5 Tourette-Syndrom und andere Tic-Störungen: Antipsychotika sind unter Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses indiziert, wenn eine schwere psychosoziale Einschränkung im Rahmen der Erkrankung vorliegt; Antipsychotika sind bei vokalen und motorischen Tics wirksam (z. B. Fluphenazin 4–6 mg/Tag). Ergebnisse zu Risperidon (2–4 mg/Tag), Ziprasidon (10–40 mg/Tag) und Olanzapin (5–10 mg/ Tag) in dieser Indikation sind vielversprechend. 5 Chorea Huntington: Antipsychotika sind bei Bewegungsstörungen und psychotischen Symptomen wirksam. 5 Dyskinesien unterschiedlicher Genese: Das substituierte Benzamid Tiaprid (Antagonist an D2-artigen Rezeptoren) kann bei Spätdyskinesien zur symptomatischen Besserung eingesetzt werden (300–600 mg, Höchstdosis 1200 mg/Tag). 5 Bei Morbus Parkinson in Kombination mit einer paranoiden Psychose ist Clozapin in niedriger Dosis indiziert (12,5–100 mg/Tag; mit 6,25 mg/ Tag beginnen); alternativ sollte Quetiapin in niedriger Dosierung (25–100 mg, Beginn mit 12,5–25 mg/Tag) erwogen werden. Aus Fallserien liegen auch positive Befunde für Ziprasidon (oral 20–40 mg, i.m. 10–20mg/Tag) vor. Auf eine mögliche Verschlechterung der Parkinson-Symptomatik ist in jedem Falle zu achten. Bei psychotischen Symptomen, die unter dopaminagonistischer Therapie auftreten, ist
3.5 · Antipsychotika und psychosoziale Interventionen
215
3
eine Dosisreduktion und Optimierung der Antiparkinson-Medikation empfohlen. 5 EPS unter AP: 7 Kap. 3.6. 3.5
Antipsychotika und psychosoziale Interventionen bei Schizophrenien
Jedes Psychopharmakon sollte im Rahmen eines integrativen Gesamtbehandlungsplans verordnet werden. Bei Schizophrenien sind neben der Antipsychotika-Therapie auch psychoedukative, familientherapeutische und kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze evaluiert. Das frühzeitige Ansprechen auf eine Therapie erwies sich als guter Prädiktor für die spätere Prognose und die Compliance schizophrener Patienten. Den subjektiven Aspekten des Krankheitserlebens (Krankheitskonzept, Bewältigung, Lebensqualität) sollte im Rahmen psychoedukativer, psycho- und soziotherapeutischer Maßnahmen frühzeitig Rechnung getragen werden. Die subjektive Akzeptanz und die vorhandenen psychosozialen Ressourcen des Patienten sowie das Einbeziehen seiner Lebenswelt haben im Rahmen einer partnerschaftlichen »therapeutischen Allianz« in der Langzeittherapie schizophrener Patienten große Bedeutung. Die aktive Beteiligung des Patienten im Rahmen von »psychoedukativen« Informationen und bei der Entscheidung über weitere therapeutische Schritte und Maßnahmen kann auch eine Belastung darstellen, insbesondere in der Frühphase der Erkrankung, bei Zunahme der Einsichtsfähigkeit unter Therapie sowie bei anhaltenden depressiven Symptomen. In allen Therapiephasen muss daher auf die Möglichkeit einer erhöhten Suizidalität geachtet werden. Psychosoziale Interventionen in verschiedenen Therapiephasen In allen Phasen sollten Therapiemotivation, Vermittlung eines auch für den Patienten akzeptablen Krankheitskonzepts und Festigung der therapeutischen Allianz erfolgen. Akutphase 5 Strukturierende, klare, direktive, stützende Psychotherapie (»supportive« Therapie). 5 Vermittlung eines verständlichen und akzeptablen Krankheitsmodells, das auch den Einsatz einer medikamentösen Behandlung bei psychischen Beschwerden erklärt (Psychoedukation), da der notwendige und sinnvolle Einsatz einer Pharmakotherapie zur Schizophreniebe-
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Kapitel 3 · Antipsychotika
handlung für viele Patienten nicht von vornherein verständlich ist. Dies ist besonders dann unerlässlich, wenn eine langfristige Behandlung mit Antipsychotika notwendig ist, um die Therapiemotivation und Compliance des Patienten zu erhöhen und Rückfälle zu vermeiden. Die Zugänglichkeit des Patienten für eine solche Aufklärung in der Akutphase hängt stark von der Ausprägung der aktuellen Symptomatik ab. 5 Physiotherapie und Ergotherapie als aktivierende Behandlungsformen zur Förderung des positiven Körpererlebens und der Stärkung von Kreativität, Eigeninitiative und Selbstvertrauen. Patienten können im Rahmen gestufter Trainingsprogramme (z. B. kognitives Computertraining) ohne Überforderung an sinnvolle, zweckbezogene Tätigkeiten herangeführt werden. Stabilisierungsphase 5 Fortführung der Psychoedukation des Patienten und ggf. der Angehörigen über Art und Verlauf der Erkrankung (s. unten VulnerabilitätsStress-Modell), Bedeutung der Medikamentenadhärenz und Therapiecompliance (Nutzen einer Erhaltungstherapie, Umgang mit Nebenwirkungen, insbesondere Gewichtsmanagement), Selbstbeobachtung und Selbsteinschätzung von Symptomen, Erkennen von Frühwarnzeichen (Prodromi; s. unten). 5 Orientierung an aktuellen konkreten Problemen mit rationaler Lösungsstrategie. 5 Psychoedukative Angehörigengruppen mit Vermittlung eines Krankheitsmodells führen zu veränderter Zuordnung von Verhaltensauffälligkeiten (Wahrnehmung und Wertung der Symptome nicht mehr als willentliche Entgleisung) und einer Entspannung des Familienklimas. Langzeittherapie: Rezidivprophylaxe/Symptomsuppression Es liegen zunehmend positive Befunde psychotherapeutischer Maßnahmen (v. a. kognitive Verhaltenstherapie; Einzel- und Gruppentherapie) bei der Behandlung von residualen Positivsymptomen (Wahn, Halluzinationen), sozialen Ängsten, Depressivität und Negativsymptomen vor. 5 Förderung vorhandener Bewältigungs- und Kompensationsmechanismen, Verbesserung der verbalen Kommunikationsfähigkeit (Beginn schon in der Stabilisierungsphase). 5 Training zur Verbesserung sozialer Kompetenz und zur Aneignung lebenspraktischer Fertigkeiten mit Übungen im realen Umfeld. Das Erlernen der Vermeidung von Unter- und Überstimulation ist von
3.5 · Antipsychotika und psychosoziale Interventionen
5 5
5
5
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3
besonderer Bedeutung für eine möglichst selbständige Belastungsregulation. Unterstimulation kann die Wahrscheinlichkeit für eine NegativSymptomatik, Überstimulation kann das Risiko für Positiv-Symptome erhöhen. Selbstkontrollansätze zur Früherkennung eines drohenden Rezidivs. Symptome, die eine Exazerbation bei Schizophrenien ankündigen können, sollten als Frühwarnzeichen mit den Patienten besprochen werden: Schlafstörungen, Gereiztheit, depressive Verstimmungen, Aggressivität, Misstrauen, Angst, affektive Labilität, reduzierte Belastbarkeit, Beziehungsideen, sozialer Rückzug. Konsequenzen vereinbaren und frühzeitige Interventionsmöglichkeiten organisieren (z. B. Vorstellung beim Psychiater, Dosissteigerung der Medikation). Soziotherapie (Auswahl bewährter Strategien): − Belastungserprobung im Alltag, − Arbeitstraining, − Berufsfindung z. B. mit Maßnahmen zur Umschulung, − Tätigkeit in beschützter Werkstätte, − u. U. betreutes Wohnen. Psychoedukation und Angehörigengruppen (s. oben).
Vulnerabilitäts-Stress-Modell und »Expressed Emotions« (EE) Nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell besteht eine erhöhte Rückfallwahrscheinlichkeit durch ungünstige Umweltbedingungen, die mit der biologisch-genetischen Prädisposition von Patienten mit einer schizophrenen Störung interagieren. 5 Ungünstige Umweltbedingungen sind belastende Lebensereignisse (»life events«) und ein überstimulierendes oder feindseliges soziales Umfeld einschließlich sog. »high expressed emotions« (HEE) in der Familie. 5 HEE in der Familie äußern sich in vermehrter Kritik oder in übergroßer emotionaler Anteilnahme. HEE stehen in ungünstigem Zusammenhang mit Krankheitsverlauf und Rückfallhäufigkeit. 5 Eine positive, von gegenseitigem Interesse, Respekt und adäquater Zurückhaltung geprägte Familienatmosphäre und ein entsprechender Interaktionsstil führen hingegen zu einer besseren sozialen Anpassung und geringerer Rückfallrate bei durchschnittlich niedrigeren Antipsychotika-Dosen.
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3.6
Kapitel 3 · Antipsychotika
Nebenwirkungen
Bei der Therapie mit Antipsychotika ist mit dem Auftreten von Nebenwirkungen, auch in beträchtlichem Umfang, zu rechnen. Bei immerhin 42% führen diese auch zu therapeutischen Konsequenzen. Eine Erhebung ergab, dass nahezu alle Patienten mit Psychose unter naturalistischer Behandlung mit verschiedenen Antipsychotika mindestens eine subjektive »Nebenwirkung« angaben, fast ein Drittel beschrieb diese als »schwer«. Die Lebensqualität wurde von etwa zwei Dritteln der Patienten als mäßig oder gering eingestuft. Die Patienten leiden Patienten längerfristig unter Gewichtszunahme, Depressivität, kognitiven Störungen, Schlafstörungen und sexueller Dysfunktion am meisten. Bei den konventionellen Antipsychotika spielen EPS eine herausragende Rolle. Allen EPS ist gemeinsam, dass sie durch psychische Anspannung verstärkt werden und im Schlaf sistieren. Compliance (Medikamenteneinnahme) Bis zu 80% der schizophrenen Patienten unter Antipsychotika-Behandlung nehmen im Verlauf die Medikation nicht wie vorgesehen ein. Das Problem der Non-Compliance ist von größter klinischer Bedeutung und erklärt bisweilen die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen kontrollierter Studien und klinischer Realität. Vier Komponenten beeinflussen die Compliance wesentlich: die individuellen Variablen des Patienten, des Arztes, der Umgebung und der Medikation. Einer tragfähigen Arzt-Patienten-Angehörigen-Beziehung (»therapeutische Allianz«) sowie der individuell optimierten Antipsychotika-Therapie mit größtmöglicher Beteiligung des Patienten bei allen Entscheidungen ohne dessen Überforderung (»shared decision making«) kommt daher eine zentrale Rolle zu. Subjektiv als beeinträchtigend erlebte Nebenwirkungen dürften eine Hauptursache für die niedrige Compliance bei der Einnahme von Antipsychotika darstellen. AAP mit geringerem EPS-Risiko können die Lebensqualität erhöhen. 5 Förderung und Festigung der Compliance durch Vermittlung eines Krankheits- und Therapiekonzepts; Psychoedukation zur Bedeutung der Medikation, Aufklärung über Nebenwirkungen und den Umgang mit Antipsychotika und Nebenwirkungen (insbesondere Gewichtszunahmen). Wenn möglich: Einbeziehen von Angehörigen oder sonstigen Bezugspersonen. Unterstützung des Patienten auch im Rahmen psycho- und soziotherapeutischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung komplementärer Therapieeinrichtungen.
3.6 · Nebenwirkungen
219
3
5 Bei Non-Compliance: Gespräch mit dem Patienten über dessen Gründe für die Nicht-Einnahme mit gleichzeitiger erneuter Informationsvermittlung über die Nutzen-Risiko-Abwägung. Falls EPS Ursache der Non-Compliance sind: Umsetzversuch auf AAP. 5 Bei persistierender Non-Compliance unter stationären Bedingungen: Vereinfachung und Umverteilung der Medikation, orale Medikation als Tropfen, Lösung, Schmelztabletten o. ä., i.m.-Gaben in kurz wirksamer Form. 5 In der ambulanten Weiterbehandlung können i.m.-Depotinjektionen in größeren Zeitabständen (7 Kap. 3.11.1) sowie die Unterstützung durch psychosoziale Betreuung und Medikamentendienste die Compliance fördern und erhalten. Als einziges AAP ist derzeit Risperidon in einer langwirksamen Formulierung (i.m.-Injektionen im Abstand von 2 Wochen) verfügbar und sollte bevorzugt ‒ v. a. bei geringer Compliance ‒ empfohlen werden. 5 Ist die Sedierung ein Grund für die Non-Compliance und können Dosisanpassung und Umverteilung keine Abhilfe schaffen, muss mittelfristig auf ein nichtsedierendes Antipsychotikum umgesetzt werden. 5 Bei Gewichtszunahme: Diätberatung, Kostumstellung, physiotherapeutische Maßnahmen; ggf. Umsetzen auf ein AAP mit geringer oder fehlender Gewichtszunahme (v. a. Ziprasidon, Aripiprazol, . Tab. 3.5); Einzelheiten s. unten. Zu Rimonabant: 7 Kap. 9.2.4. 5 Bei sexuellen Funktionsstörungen: genaue Exploration und Untersuchung, ob Antipsychotika die Ursache der Störung sind, ggf. Umsetzen auf ein Antipsychotikum ohne PRL-Erhöhung (7 Kap. 8). 5 Grundsätzlich ist bei Nebenwirkungen vor dem Umsetzen zunächst die Dosis zu überprüfen, dann sorgfältiges Abwägen der bisher erreichten Therapieziele und der unerwünschten Wirkungen. 3.6.1
Unerwünschte neurologische und zentralnervöse Wirkungen
EPS Einen Überblick über EPS unter Antipsychotika und wichtigste Behandlungsempfehlungen gibt . Tab. 3.4. AAP haben signifikant weniger EPS im Vergleich zu konventionellen Antipsychotika. Unter Clozapin, Quetiapin und Sertindol ist auch bei höheren Dosierungen keine signifikante Zunahme von EPS zu erwarten, die Daten zu Aripiprazol sind noch nicht ausreichend für eine abschließende Bewertung. Insbesondere unter Amisulprid, Risperidon und Zotepin kann es zu dosiabhängigen EPS-Zunahmen kommen.
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2–17%
1. Woche
v.a. hochpotente konventionelle AP, junge Männer, plötzliche Dosiserhöhung, parenterale Applikation
Hyperkinetisch, dyskinetisch oder dyston: krampfartiges Herausstrecken der Zunge, Blickkrämpfe (»okulogyre Krise«), Opisthotonus, Trismus, Hyperkinesien der mimischen Muskulatur; choreo-athetoti-
Beginn
Risikofaktoren
Symptome
Einschränkung der Feinmotorik, Verlust der Mitbewegungen bis zur Akinese, Hypo- und Amimie, kleinschrittiger Gang, Rigor, selten Tremor, Salbengesicht und Hypersalivation, später
v.a. hochpotente konventionelle AP, plötzliche Dosisreduktion
Als quälend erlebte Sitz-, aber auch Stehunruhe (Tasikinesie), dabei außer motorischen Auffälligkeiten Reizbarkeit, Angst, Konzentrationsstörung, DD: »Restlesslegs-Syndrom« (dabei im Gegensatz zur Akathisie Auftreten v. a. im Liegen)
Alle AP, auch atypische AP
1.–7. Woche
ca. 20%
Verzögert auftretende hyperkinetische Dauersyndrome, intensive, abnorme, unwillkürliche, oft stereotype Bewegungen in der Zungen-, Mund- und Gesichtsmuskulatur, auch der distalen Muskulatur; Verschlechterung durch affektive
v.a. konventionelle AP, hohes Alter, weibliches Geschlecht, affektive Störung, zerebrale Vorschädigung, Diabetes mellitus
3 Monate – 3 Jahre
15–20%
4
1.–10. Woche
15–20%
6
Wahrscheinlichkeit
5
Spätdyskinesien
Trias: Rigor, quantitative Bewusstseinsstörung Bewusstseins- und autonome Funktionsstörung (Fieber, Tachykardie, labiler RR, Tachypnoe, Hyperhidrose, Harninkontinenz), CK-Erhöhung, Leukozytose, auch
Alle AP, Lithiumkomedikation, junge Männer
1.–2. Woche
0,02–0,5%
Malignes neuroleptisches Syndrom
3
Akathisie
2
Parkinsonoid
1
Frühdyskinesie
. Tab. 3.4 Antipsychotika-induzierte EPS: Klinik und Behandlungsempfehlungen
220 Kapitel 3 · Antipsychotika
sche und torticollisartige Bewegungen
Anticholinergika p.o., bei laryngealen und pharyngealen Spasmen: sofortige i.v.-Injektion
Symptome (Forts.)
Therapie
Frühdyskinesie
. Tab. 3.4 (Fortsetzung)
Dosisreduktion oder Umsetzen des AP oder Anticholinergika, keine prophylaktische Gabe,
(selten): »RabbitSyndrom« mit Tremor (5/s) der Lippen
Parkinsonoid
Dosisreduktion, Umsetzen des AP, βBlocker (Propranolol 30–120 mg/Tag), Benzodiazepine, Anticholinergika
Akathisie
Umstellversuch auf Clozapin, evtl. Tiaprid; Prophylaxe: möglichst niedrige AP-Dosis, Berücksichtigung der Risikofaktoren,
Anspannung, nicht im Schlaf; DD: »Absetzdyskinesien« (treten nach 1–4 Wochen für wenige Monate auf); spontane orofaziale Dyskinesien. Potenziell irreversibel, auch nach Absetzen des AP (30– 50%); auch unter atypischen AP sind Spätdyskinesien beschrieben (unter Clozapin nur in extrem seltenen Ausnahmefällen)
Spätdyskinesien
Absetzen der AP, Kühlung, (parenterale) Flüssigkeitszufuhr; Intensivüberwachung; Prinzip der
Transaminaseanstieg, Entwicklung in 1–3 Tagen; renale Komplikationen gefährlich, Letalität 20%
Malignes neuroleptisches Syndrom
3.6 · Nebenwirkungen 221
3
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12
13 regelmäßige klinische Untersuchungen auf Beginn der Symptomatik; Vitamin E (400–1600 IE/Tag) sowohl zur Prophylaxe als auch zur Behandlung scheint bei manchen Patienten hilfreich zu sein
Weiterbehandlung und Notfalltherapie (7 Kap. 12.7.2); Unter Behandlung Besserung innerhalb von 5–15 Tagen
Malignes neuroleptisches Syndrom
Anticholinergika zur Behandlung von AP-induzierten EPS: Benzatropin (Cogentinol®) (1- bis 3-mal 0,5–2 mg/Tag), Trihexyphenidyl (Artane®) (3- bis 4-mal 1–4 mg/Tag). AP: Antipsychotika.
Nebenwirkungen der Anticholinergika: Euphorie, Sedierung, Insomnie, Schwindel, vegetative Nebenwirkungen. Cave: zentrales Anticholinergikasyndrom (7 Kap. 12)
7
oder Kombination; positive Effekte sind für Mirtazapin oder Mianserin (5-HT2A/CBlockade in niedriger Dosis (7,5–15 mg) beschrieben; allerdings insgesamt schlechtes Ansprechen der Akathisie auf Medikation; bei Restless-legsSyndrom: Versuch mit L-Dopa oder Dopaminagonisten (7 Kap. 10.2.4)
4
a Weitere
10
Erhaltungsdosis von Biperidena 4–12 mg/Tag
6
von Biperidena (2,5–5 mg), danach Umsetzen auf oral, Absetzen sobald wie möglich, keine prophylaktische Gabe
5
Spätdyskinesien
3
Therapie (Forts.)
9 Akathisie
2
Parkinsonoid
1
Frühdyskinesie
. Tab. 3.4 (Fortsetzung)
222 Kapitel 3 · Antipsychotika
3.6 · Nebenwirkungen
223
3
Generalisierte tonisch-klonische Krampfanfälle 5 Bei ca. 7% der mit konventionellen Antipsychotika behandelten Patienten können plasmaspiegelabhängig Allgemeinveränderungen im EEG registriert werden, welche jedoch nur selten therapeutische Konsequenzen haben. Eine Untersuchung mit allerdings kleinen Fallzahlen ergab deutlich häufigere, dosisunabhängige EEG-Auffälligkeiten (Allgemeinveränderungen, spike-wave-Komplexe) unter Clozapin und Olanzapin (>35%) als unter Risperidon (28%) und konventionellen AP (Fluphenazin 22%, Perphenazin 14%, Haloperidol 7%). 5 Die Rate an zerebralen Krampfanfällen liegt, wenn alle Antipsychotika berücksichtigt werden, bei deutlich unter 1%. Krampfanfälle kommen häufiger unter trizyklischen Antipsychotika v. a. mit aliphatischer Seitenkette (v. a. Zotepin, dosisabhängig bis über 10%) und unter Clozapin vor (etwa 1%, bei höheren Dosen bis zu 10%). Risikofaktoren: zerebrale Vorschädigung, Behandlungsbeginn mit hohen Dosen, schneller Dosisanstieg. 5 Unter Melperon keine negative Beeinflussung der Krampfbereitschaft (s. unten, Präparat). 5 Treten unter Antipsychotika-Therapie Krampfanfälle auf und ist eine Dosisreduktion und/oder Umstellung unzumutbar (insbesondere unter Clozapin-Therapie), hat sich eine Komedikation mit einem Antikonvulsivum (insbesondere Valproat) unter Plasmaspiegelkontrollen als effektiv erwiesen. Es muss an das erhöhte Risiko für Blutbildschäden bei Kombination von Clozapin mit Carbamazepin gedacht werden. Zerebrovaskuläre Ereignisse 5 Schizophrene Patienten zeigen ein gegenüber der Gesamtbevölkerung erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Ereignisse. 5 Risiken unter Antipsychotika bei älteren Patienten 7 Kap. 3.4.7. Delirante Syndrome 5 Vor allem in den ersten Behandlungstagen bei schneller Aufdosierung kann es zu deliranten Syndromen kommen (trizyklische Antipsychotika haben ein erhöhtes Risiko, v. a. Clozapin; unter hochpotenten konventionellen Antipsychotika vernachlässigbares Risiko). ! Äußerste Vorsicht bei Kombination verschiedener Medikamente mit
anticholinerger Komponente; besser vermeiden (s. zentrales anticholinerges Syndrom, 7 Kap. 12.7.2; . Tab. 3.6).
224
1 2 3 4 5 6
Kapitel 3 · Antipsychotika
Depressive Syndrome 5 Einige konventionelle Antipsychotika werden als medikamentöse Ursache für eine Depression bei Patienten mit Schizophrenie diskutiert (zur Problematik der »pharmakogenen Depression« 7 Kap. 3.4.1; zum Vorgehen 7 Kap. 3.4.4). Sedierung, Müdigkeit und Konzentrationsminderung 5 Sedierung, Müdigkeit und Konzentrationsminderung treten oft nur vorübergehend auf, häufiger unter niedrigpotenten konventionellen und anticholinerg bzw. antihistaminerg wirksamen Antipsychotika. 5 Auch tritt unter manchen AAP Sedierung auf; unter Clozapin, Olanzapin, Zotepin und initial unter Quetiapin ist sie besonders stark ausgeprägt, unter Amisulprid, Aripiprazol, Risperidon und Sertindol fehlt sie weitgehend.
7
Malignes neuroleptisches Syndrom und Zentral anticholinerges Syndrom 7 Kap. 12.7.2
8
3.6.2
9
Gewichtszunahme, pathologische Glukosetoleranz, Diabetes mellitus und Hyperlipidämie (metabolisches Syndrom) 5 Gewichtszunahme unter Antipsychotika ist häufig (. Tab. 3.6); nach heute vorliegenden Erkenntnissen sind bei Behandlung mit Clozapin und Olanzapin etwa 10–40% der Patienten von deutlichen Gewichtszunahmen (über 10% des Ausgangsgewichtes) betroffen, nach etwa einem Jahr zeigt sich häufig ein Plateau der Gewichtszunahme. Eine Dosisabhängigkeit der Gewichtszunahme ist eher nicht belegbar, unter Langzeitbehandlung haben jedoch über 50% der Patienten Übergewicht mit einem Body-Mass-Index (BMI) ≥30 kg/m2 (7 Kap. 9.1). Eine 5%-ige Gewichtszunahme ist mit einer Verdopplung des Risikos für Glukoseintoleranz verbunden. 5 Es kann, über die Gewichtszunahme hinaus, noch zu weiteren Stoffwechselstörungen kommen, die als Metabolisches Syndrom zusammengefasst werden. Dann müssen drei der folgenden Kriterien erfüllt sein: Abdominelle Adipositas (Bauchumfang bei Männern >102 cm, bei Frauen >88 cm), Nüchternglukose >110 mg/dl, Triglyceride >150 mg/ dl, HDL-Cholesterin erniedrigt (Männer <40 mg/dl, Frauen <50 mg/ dl), Hypertonie (> 130/85 mmHg). Das Metabolische Syndrom stellt ein hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar.
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Unerwünschte metabolische Wirkungen
225
3.6 · Nebenwirkungen
5 Die Gewichtszunahme unter Antipsychotika hat darüber hinaus gravierende Konsequenzen in Bezug auf Lebensqualität und Compliance sowie Erhöhung des Risikos für Diabetes mellitus und Karzinome (Kolon, Endometrium). 5 Eine vorbestehende arterielle Hypertonie und erhöhte Ausgangswerte des BMI sind nach einer Studie Risikofaktoren für die Entwicklung eines Diabetes mellitus unter AAP. Auch wird der Einfluss eines gestörten Leptin-Feedbacks diskutiert. Die Ursachen insgesamt sind aber für die Entstehung unklar. 5 Pathologische Glukosetoleranz und Hyperglykämien werden besonders unter Clozapin und Olanzapin, seltener unter Quetiapin, vereinzelt auch unter Risperidon gesehen und können auch unabhängig von einer Gewichtszunahme auftreten. Für Aripiprazol und Ziprasidon besteht nach derzeitigem Kenntnisstand ein geringeres Risiko.
. Tab. 3.5 Gewichtszunahme unter Antipsychotika Antipsychotikum bzw. Placebo
Mittlere Gewichtszunahme in 2–3 Monaten [kg]
Risiko für Gewichtszunahme
Placebo Aripiprazol
0–0,5 kg
0 0
Ziprasidon
0/+
Fluphenazin Amisulprid Haloperidol
0,5–1,5 kg
+ + +
Risperidon Sertindol Zotepin Quetiapin
1,5–3,0 kg
++ ++ ++ ++
Thioridazin Olanzapin Clozapin
3,0–5,0 kg
+++ +++ +++
Zur Zeit liegen Daten aus Reviews und Metaanalysen v. a. für eine Behandlungsdauer von 2–3 Monaten vor. 0: kein wesentlich erhöhtes Risiko, +: leicht erhöhtes Risiko, ++: deutlich erhöhtes Risiko, +++: stark erhöhtes Risiko für Gewichtszunahme.
3
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Die Möglichkeit der Neumanifestation eines Diabetes mellitus, ggf. mit fatalen Komplikationen (Ketoazidose), bei schizophrenen Patienten unter Behandlung mit Antipsychotika ist zu beachten. Regelmäßige Kontrollen des Blutzuckerspiegels, der Glukosetoleranz und des HbA1c 7 Kap. 3.9 und . Tab. 3.9. 5 Hyperlipidämien kommen besonders unter Clozapin und Olanzapin, seltener unter Quetiapin und Risperidon vor. Mehrere Fälle von Hypertriglyzeridämien (>600 mg/dl) wurden auch unter Behandlung mit Olanzapin oder Quetiapin berichtet. Regelmäßige Bestimmung der Blutfette 7 Kap. 3.9 und . Tab. 3.9. 5 Insgesamt besteht für schizophrene Patienten nach derzeitigem Kenntnisstand ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms, insbesondere für die Entwicklung eines Diabetes mellitus, auch unabhängig von der Behandlung. Dies wird v. a. mit ungünstigen »life-style«-Faktoren (Ernährung, körperliche Aktivität, Rauchen) in Verbindung gebracht; auch genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. 5 Die Behandlung mit Antipsychotika kann dieses Risiko weiter erhöhen, wobei Unterschiede zwischen konventionellen und AAP sowie zwischen verschiedenen AAP derzeit noch intensiv untersucht werden. Zumindest für Clozapin und Olanzapin ist ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung metabolischer Syndrome gesichert. Therapie der Gewichtszunahme unter Antipsychotika 5 Diätetische Maßnahmen und allgemeine Maßnahmen zur Gewichtsreduktion sind erfolgversprechend. Der Prävention – durch Auswahl des geeigneten Antipsychotikums und regelmäßige Gewichtskontrollen – kommt eine besondere Bedeutung zu. 5 Verhaltenstherapeutisch orientierte Maßnahmen sind sowohl zur Prävention als auch zur Therapie von Gewichtszunahmen unter Antipsychotika geeignet. 5 Topiramat als Zusatztherapie mit Olanzapin oder Clozapin führte in einer Fallserie zu einer signifikanten Gewichtsabnahme, allerdings wurden auch Einzelfälle mit einer Exazerbation psychotischer Symptome unter Topiramat beschrieben. 5 In kontrollierten Studien konnten die Histamin-H2-Rezeptorantagonisten Nizatidin und Ranitidin (nicht Famotidin) sowie die Antidepressiva Reboxetin und Fluoxetin die durch Olanzapin bedingte Gewichtszunahme reduzieren. Die Clozapin-induzierte Gewichtszunahme war durch Fluvoxamin zu reduzieren.
3
227
3.6 · Nebenwirkungen
5 In Einzelfällen hat die zusätzliche Gabe von Amantadin oder Orlistat (7 Kap.9.3) zu einer Reduktion der Antipsychotika-assoziierten Gewichtszunahme geführt. Zu Rimonabant 7 Kap. 9.2.4. Endokrine Begleitwirkungen und sexuelle Funktionsstörungen 5 Dosisabhängiger Anstieg der Prolaktin-(PRL)-Sekretion. Unter konventionellen Antipsychotika sowie unter Amisulprid und Sulpirid kommt es häufig zu einem ausgeprägten PRL-Anstieg, unter Risperidon ist der PRL-Anstieg etwas geringer. Unter Clozapin, Aripiprazol und Quetiapin sind Prolaktinerhöhungen nicht zu erwarten, unter Olanzapin, Ziprasidon und Sertindol geringfügig und in der Regel transient (. Tab. 3.5). Unter Aripiprazol kommt es durch die partiell dopaminagonistische Wirkung in der Regel zur Normalisierung oder Abnahme der PRL-Spiegel, inbesondere bei Vorbehandlung mit anderen Antipsychotika. 5 Klinische Folgen hoher PRL-Spiegel können neben sexuellen Funktionsstörungen bei Frauen Amenorrhö und Galaktorrhö, bei Männern Gynäkomastie sein. 5 Langzeitig erhöhte PRL-Spiegel werden für die Entstehung oder Verstärkung von Osteoporose verantwortlich gemacht, möglicherweise verursacht durch einen sekundären Hypogonadismus aufgrund der PRL-Erhöhung. Insgesamt ist die Datenlage weiterhin unsicher. Bei symptomatischen PRL-Erhöhungen und unzumutbarer Dosisreduktion oder Umstellung kann ein vorsichtiger Therapieversuch mit Bromocriptin (Pravidel®) erwogen werden. ! Etwa ein Drittel der Mammatumoren ist prolaktinsensitiv.
5 Brustkrebsrisiko und Risiko eines Hypophysenadenoms sind nach den vorliegenden Daten unter Antipsychotika nicht erhöht.
. Tab. 3.6 Prolaktinerhöhung unter atypischen Antipsychotika Amisulpirid
Aripiprazol
Clozapin
Olanzapin
Risperidon
Sertindol
Quetiapin
Ziprasidon
++
0
0
(+)
+
(+)
0
(+)
Ausprägungsgrade: 0 = in Ausnahmefällen, (+) = in der Regel geringfügig, transient, + = häufig deutliche Erhöhung , ++ = in der Regel ausgeprägte Erhöhung
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Kapitel 3 · Antipsychotika
3
5 Sexuelle Funktionsstörungen kommen unter konventionellen Antipsychotika bei 30–50% der Patienten vor; auch unter AAP treten sie auf (ausführlich 7 Kap. 8.2.6). Der kausale Einfluss von Antipsychotika-induzierten PRL-Spiegelerhöhungen auf sexuelle Funktionen ist weiterhin unklar. 5 Sehr selten: Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH, 7 Kap. 1.6).
4
3.6.3
1 2
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Kardiale Nebenwirkungen
5 Vor allem unter trizyklischen Antipsychotika, aber auch unter Fluspirilen, Haloperidol und Pimozid und den AAP Ziprasidon und Sertindol kann es zu kardialen Nebenwirkungen kommen; eine mögliche Verstärkung durch Interaktionen ist zu beachten. 5 Das Risiko für einen plötzlichen Herztod ist unter AntipsychotikaTherapie insgesamt selten, gegenüber der Normalpopulation jedoch etwa 2fach erhöht. Sertindol wurde 1998 vom Markt genommen, da ein ungünstiges Nutzen/Risiko-Verhältnis im Zusammenhang mit kardialen Todesfällen angenommen wurde. Die Substanz wurde 2006 in Europa unter Auflagen wieder zugelassen. 5 EKG-Veränderungen: QTc-Verlängerung, Abflachung der T-Welle und ST-Streckensenkung 5 In Einzelfällen unter Clozapin: Myokarditiden, Polyserositis. QTc-Verlängerung (auch 7 Kap. 13.2) 5 Eine Vielzahl von Medikamenten, darunter neben vielen Antidepressiva auch Antipsychotika können die myokardiale Erregungsrückbildung beeinträchtigen und eine Verlängerung des QT-Intervalles bewirken; dies kann zu einer pathologisch verlängerten QTc-Zeit führen (QTc=QT/√RR nach der Formel von Bazett, Absolutwerte >480 ms). 5 Medikamenteninduzierte QTc Verlängerungen um >60 ms erhöhen das Risiko für Arrhythmien deutlich, auffällig sind bei derzeitigem Kenntnisstand QTc-Werte >440 ms für Männer und >450 ms für Frauen. Eine Dosisabhängigkeit der QTc-Verlängerung ist für viele Antipsychotika nachgewiesen. 5 Das Ausmaß von QTc-Verlängerungen durch Antipsychotika hängt offensichtlich v. a. mit dem Ausmaß der Blockade repolarisierender Kaliumströme (IKr) am Myokard zusammen. Die Erhöhung der QTcZeit ist per se nicht als Risiko zu werten, ab QTc>500 ms und insbesondere QTc>600 ms steigt jedoch das Risiko für ventrikuläre Arrhythmien (v. a. Torsades de pointes) und plötzlichen Herztod deutlich an.
3.6 · Nebenwirkungen
3
229
5 Auftreten pathologischer QTc-Verlängerungen wurden unter Sertindol (>1%), Thioridazin (≤1%), Chlorpromazin, Pimozid, Ziprasidon (≤0,1%), Sulpirid, Haloperidol, Clozapin, Risperidon, Quetiapin (≤0,05%) und Olanzapin, Amisulprid (Einzelfälle, Überdosierung) beschrieben, Aripiprazol scheint in therapeutischen Dosisbereichen kein erhöhtes Risiko für QTc-Verlängerung zu haben (7 Kap. 17 und besonders 7 Kap. 13.2.4). ! 4
QTc-Verlängerungen sind v. a. für Thioridazin, Sertindol und Ziprasidon beschrieben. 5 Vor allem für Thioridazin, Pimozid, Sertindol und Droperidol sind Torsades de Pointes und/oder Fälle von plötzlichem Herztod beschrieben. 5 Es besteht kein direkter Zusammenhang zwischen QTc-Verlängerung und proarrythmogener (torsadogener) Wirkung zumindest bei Sertindol und Ziprasidon.
5 Als weitere Risikofaktoren für die Entwicklung von QTc-Verlängerung und ventrikulären Rhythmusstörungen kommen genetische Dispositionen (»long QT-syndrome«; HERG-Gen, weibliches Geschlecht), Hypokaliämie, Hypomagnesiämie und Hypokalzämie, Bradykardie, Herzinsuffizienz und linksventrikuläre Hypertrophie etc. hinzu. 5 Mögliche additive Effekte von Pharmaka auf die QTc-Prolongation und pharmakokinetische Interaktionen sind von großer Bedeutung (insbesondere bei Substanzen, die über CYP 3A4 abgebaut werden). 5 Sorgfältige Beachtung der Komedikation, regelmäßige EKG-Kontrollen (und Elektrolyte) vor Beginn und während einer Behandlung mit Antipsychotika und bei Patienten, die ein erhöhtes Risiko für QTc-Verlängerungen und Torsades de Pointes aufweisen, Bestimmung der Serumkaliumkonzentration, ggf. Korrektur einer Hypokaliämie, Anstreben der minimalen therapeutisch wirksamen Dosis und eine medikamentöse Umstellung bei auftretenden Pathologika (QTc>480 ms, medikamenteninduzierte Verlängerung >60 ms) könnten zu einer Senkung der deutlich erhöhten kardiovaskulären Mortalität schizophrener Patienten, die mit Antipsychotika behandelt werden, beitragen (Routineuntersuchungen . Tab. 3.8). Bei Vorliegen oder Auftreten kardialer Symptome ist immer eine kardiologische Abklärung notwendig.
6
230
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Auch unter der Gabe von Haloperidol, meist bei hochdosierter intravenöser Verabreichung, sind Einzelfallberichten zufolge Torsades de Pointes und plötzlicher Herztod aufgetreten. Nach derzeitigem Kenntnisstand besteht für Haloperidol – bei oraler Gabe in niedriger bis mittlerer Dosis – kein erhöhtes kardiologisches Risiko. 3.6.4
Vegetative Nebenwirkungen
5 Vegetative Nebenwirkungen (über die kardialen Nebenwirkungen hinaus) kommen unter Antipsychotika bei Phenothiazinen am häufigsten vor (bis zu 10%), treten bevorzugt zu Beginn der Therapie auf und zeigen dann i. Allg.. eine Adaptation. Diese Nebenwirkungen sind bei älteren Patienten problematischer als bei jüngeren. Bei stark ausgeprägten anticholinergen Effekten (z. B. Miktionsstörungen, Harnverhalt, ausgeprägte Obstipation; in Einzelfällen bis zum paralytischen Ileus mit Septikämie und Peritonitis) kann therapeutisches Eingreifen erforderlich werden. Nach Ab- bzw. Umsetzversuch des Antipsychotikums, Therapie wie 7 Kap. 1.6, vegetative Nebenwirkungen. Bei schwerer Obstipation (nach Ausschluss eines Ileus) sind Therapieversuche mit Lactulose (5–10 g/Tag, nicht bei Ileus) oder Macrogol (Movicol® 1‒3 Beutel/Tag), ggf. Natriumpicosulfat (Laxoberal® 5-10 mg/Tag) bei Versagen nichtmedikamentöser Maßnahmen (ballaststoffreiche Ernährung, körperliche Aktivität) empfehlenswert. Eine weitere seltene, aber gefährliche anticholinerge Nebenwirkung ist das Auftreten von Glaukomanfällen bei entsprechender Prädisposition. Selten kann unter Therapie mit Antipsychotika (insbesondere Clozapin, Risperidon) auch eine Enuresis (v. a. nachts) auftreten, die bei Persistenz mit Desmopressin (Minirin® Nasenspray 10–40 mg/Tag) behandelt werden kann. 5 Hypotonie und orthostatische Dysregulation mit kompensatorischer Tachykardie (selten: Bradykardie) können unter allen vorwiegend niedrigpotenten konventionellen und auch AAP auftreten (α1Rezeptorblockade) und ein besonderes Risiko für Stürze bei älteren Patienten darstellen. Kreislaufregulationsstörungen erfordern eine Dosisanpassung oder einen Präparatewechsel. Alternativ kann bei Tachykardie ein β-Rezeptorenblocker (z. B. niedrige Dosen von Metoprolol oder Propranolol), bei orthostatischer Hypotonie, falls
3.6 · Nebenwirkungen
231
3
Hydrotherapie (Kneipp-Güsse) nicht ausreichend wirksam ist, Dihydroergotamin (z. B. Dihydergot®; bis zu 6 mg/Tag) gegeben werden. Bei asympathotoner Kreislaufreaktion kann auch Etilefrin (z. B. Effortil®; 20–60 mg/Tag) indiziert sein. 5 Nasale Hyperreaktivität (»vasomotorische Rhinitis«) kommt gehäuft unter Behandlung mit Sertindol vor, nasale Obstruktionen können auch bei anderen Antipsychotika v. a. mit α-Rezeptor blockierender oder anticholinerger Wirkung auftreten. 5 Temperatursteigerung (v. a. unter Clozapin: ca. 5% der Patienten), sonst durch hypothalamische Beeinflussung eher erniedrigte Temperatur unter Antipsychotika. Der Verlust der Temperaturkontrolle wird auch als eine Ursache für plötzliche Todesfälle unter hohen Dosen angenommen. 5 Häufigste vegetative Nebenwirkung unter Clozapin: Hypersalivation (bei ca. 25% der Patienten), i. Allg. folgenlos, falls Therapie notwendig, Versuch mit Pirenzepin (Gastrozepin® 50 mg/Tag, einem Anticholinergikum mit relativ selektivem Antagonismus an muskarinischen M1- und M4-Rezeptoren). Ansonsten kommt unter trizyklischen Antipsychotika eher Mundtrockenheit vor. 3.6.5
Veränderungen des hämatopoetischen Systems
5 Agranulozytose (unter Clozapin in 1–2% der Fälle; Einzelfälle unter Olanzapin und Melperon) mit dosisunabhängiger toxischer oder allergischer Genese. − Risikofaktoren für Agranulozytosen unter Clozapin: weibliches Geschlecht, höheres Lebensalter, Auftreten v. a. in der 4.–18. Behandlungswoche. − Vorgehen: sofortiges Absetzen der Medikation (dann reversibel); internistische, ggf. intensivmedizinische Therapie. − Falls unter trizyklischen Antipsychotika Agranulozytosen auftreten: Umsetzen auf ein hochpotentes Butyrophenon oder ein AAP, bei dem bisher kein erhöhtes Agranulozytoserisiko 6
232
Kapitel 3 · Antipsychotika
1
angegeben ist, z. B. Aripiprazol, Amisulprid, Ziprasidon, auch Risperidon, unter engmaschigen Blutbildkontrollen. Für Olanzapin, Risperidon und Quetiapin sind Einzelfälle mit Leukopenien beschrieben, die zum Absetzen zwangen. In einem Fall kam es bei Kombination von Clozapin und Risperidon zur Agranulozytose. − Patienten müssen angewiesen werden, beim Auftreten von Symptomen wie Fieber, Halsschmerzen, Infektionen der Mundschleimhaut keinen Selbstbehandlungsversuch durchzuführen, sondern den Arzt aufzusuchen.
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
5 Leukozytosen oder Leukopenien v. a. bei trizyklischen Antipsychotika und zu Behandlungsbeginn; Eosinophilie mit konsekutiver Monozytose in der 2–4. Woche: in der Regel keine Änderung der Therapie nötig. 5 Hämolytische Anämie, Thrombozytopenie und Panzytopenien: sehr selten (vereinzelt unter Clozapin). 5 Es ist nicht gesichert, ob thromboembolische Ereignisse gehäuft unter oraler Antipsychotika-Medikation auftreten. Allerdings wurde in einer neueren Studie unter konventionellen Antipsychotika, besonders unter Thioridazin, ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien gefunden. Bei Immobilisierung oder weiteren Thromboserisikofaktoren ist das übliche Vorgehen zur Thromboseprophylaxe indiziert. ! Nach i.v.-Injektion von trizyklischen Antipsychotika (fast nie bei
Butyrophenonen): Thrombophlebitiden (selten Nekrosen), deshalb nur in Notfallsituationen langsame i.v.-Injektionen von trizyklischen Antipsychotika in verdünnter Form.
3.6.6
Sonstige Nebenwirkungen
Leber-Gallengangs-System 5 Nebenwirkungen v. a. unter trizyklischen Antipsychotika (auch AAP), aber auch unter Butyrophenonen . 5 Transienter Transaminasenanstieg, in der 2.–4. Woche auch Anstieg der alkalischen Phosphatase möglich; bei klinisch asymptomatischen Transaminasenanstiegen unter dem 3fachen der Norm Verlauf abwarten (seltener Absetzgrund).
3.6 · Nebenwirkungen
233
3
5 Selten Cholestase, falls Ikterus: sofortiges Absetzen des Antipsychotikums. 5 Unter Clozapin in Einzelfällen: nekrotisierende Hepatitis. Auch unter Olanzapin und Quetiapin sind Einzelfälle von Leberversagen – insbesondere bei toxischen Konzentrationen ‒ beschrieben worden. Allergische Reaktionen 5 Generalisierte Arzneimittelexantheme, Photosensibilisierung mit erhöhtem Sonnenbrandrisiko, Pigmentablagerungen (Haut, Linse, Herz) v. a. unter Phenothiazinen; unter Thioridazin (ab 800 mg/Tag) und Chlorpromazin (ab 300 mg/Tag) ist eine Retinitis pigmentosa mit Nachtblindheit zu Beginn, transienten Ringskotomen und Visusminderung beschrieben worden (sehr selten). 5 Seltene schwere allergische Reaktionen: angioneurotisches Ödem, nichtthrombozytopenische Purpura, exfoliative Dermatitis und Stevens-Johnson-Syndrom. Myalgien und Rhabdomyolysen 5 Unter AAP, insbesondere Olanzapin, können Myalgien mit Erhöhungen der Kreatinphosphokinase (CK-MM) auftreten. Trotz teilweise massiv erhöhter CK-Werte (>1000 U/l), die über die nicht selten bei schizophrenen Patienten beobachtbaren Erhöhungen im Rahmen von Muskelanspannung und katatonen Symptomen hinaus gehen, sind Rhabdomyolysen (mit Myoglobinurie) eher selten; diese sind dann jedoch wegen des drohenden Nierenversagens sehr ernst zu nehmen. 5 Der Pathomechanismus einer CK-Erhöhung unter Antipsychotika ohne Vollbild eines malignen neuroleptischen Syndroms (7 Kap. 12.7.2) ist derzeit noch unklar, wird aber mit serotonergen Wirkungen auf die Muskelzellmembranpermeabilität in Verbindung gebracht. 5 Auf CK-Erhöhungen, die auch nach i.m.-Injektionen, Immobilität, Fixierungen, Stürzen, oder generalisierten Krampfanfällen auftreten, ist ebenfalls zu achten.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Eine generelle CK-Messung unter AAP-Therapie ist nach dem derzeitigen Stand nicht zwingend, bei Auftreten von Myalgien und Verdacht auf ein malignes neuroleptisches Syndrom (7 Kap. 12.7.2) jedoch immer erforderlich. Bei deutlich erhöhten CK-Konzentrationen sollte eine Umstellung erfolgen, eine Reexposition mit demselben Antipsychotikum ist zu vermeiden. Ophthalmologische Nebenwirkungen 5 Unter Quetiapin sind im Tierversuch (Beagle-Hunde) und in Einzelfällen unter Therapie schizophrener Patienten Linsentrübungen (Katarakt) beschrieben worden. Unter v. a. konventionellen (niederpotenten) Antipsychotika sind vereinzelt Pigmenteinlagerungen in verschiedenen Augenabschnitten beschrieben worden.
7 3.7
8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Kontraindikationen
Kontraindikation für alle Antipsychotika ist eine bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate. Die wichtigsten relativen Kontraindikationen für die Behandlung mit Antipsychotika sind: 5 Akute Intoxikationen mit Alkohol, Schlafmittel, Analgetika und Psychopharmaka (Ausnahmen: notfalltherapeutische Maßnahmen, 7 Kap. 12). 5 Schwere Bewusstseinsstörungen (insbesondere Koma, 7 Kap. 12). 5 Leukopenie und andere Erkrankungen des hämatopoetischen Systems (Clozapin, aber auch andere trizyklische Antipsychotika). 5 Störungen der Harnentleerung, Engwinkelglaukom, Prostatahyperplasie und Myasthenia gravis (Antipsychotika mit anticholinerger Begleitwirkung). 5 Phäochromozytom und prolaktinabhängige Tumoren (Antipsychotika mit Erhöhung des PRL-Spiegels). 5 Morbus Parkinson und andere Stammganglienerkrankungen (v. a. Antipsychotika mit hoher EPS-Wahrscheinlichkeit). 6
3.8 · Interaktionen
235
3
5 Epilepsie bzw. zerebrale Krampfanfälle in der Anamnese (Clozapin in hoher Dosis und andere Antipsychotika; in der Regel Behandlung mit Antikonvulsiva notwendig). 5 Hirnorganische Vorschädigungen. 5 Schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen (in der Regel Dosisanpassung, Kontrollen, 7 Kap. 13). 5 Kardiale Vorschädigung (Antipsychotika mit kardiovaskulären Nebenwirkungen, 7 Kap. 13). 5 Anamnestisch bekanntes malignes neuroleptisches Syndrom (alle Antipsychotika). 5 Hinweise zu Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 14. 5 Hinweise zur Fahrtüchtigkeit 7 Kap. 15. 3.8
Interaktionen
5 Kombinationen von anticholinerg wirksamen Antipsychotika mit Anticholinergika oder anticholinerg wirksamen Antidepressiva können zu Erregungszuständen bis hin zum Delir führen – besonders bei älteren Menschen – und sollten vermieden werden. 5 Kombinationen von Antipsychotika mit Sympathomimetika können zu hypertensiven Krisen führen. 5 Kombinationen von Antipsychotika mit α1-antagonistischer Wirkung können die Wirkung von Antihypertensiva verstärken (Prazosin, Doxazosin, Terazosin) oder vermindern (Clonidin). 5 Trizyklische Antipsychotika sollen nicht mit Antiarrhythmika vom Chinidin-Typ verordnet werden. 5 Generell sollten Antipsychotika und Alkohol (besonders in größeren Mengen) nicht kombiniert werden (Gefahr der wechselseitigen Wirkungsverstärkung bis hin zum Koma). 5 Rauchen: . Tab. 3.7. 5 Kombinationen von Antipsychotika mit SSRI: bei dieser Kombination, z. B. zur Behandlung von Negativsymptomen oder wahnhafter Depressionen, ist unbedingt das unterschiedliche Interaktionspotenzial der verschiedenen SSRI und Antipsychotika zu beachten (7 Kap. 16). 5 Nach neueren Untersuchungen stellt eine Kombination von Clozapin mit Benzodiazepinen keine absolute Kontraindikation dar, sollte
236
1 2 3 4 5
Kapitel 3 · Antipsychotika
jedoch weiterhin sorgfältig abgewogen werden. Klinisch dringliche Situationen wie ein malignes neuroleptisches Syndrom, katatone Zustandsbilder oder extreme Agitiertheit lassen eine solche Kombinationstherapie vertretbar erscheinen. ! Kardiovaskuläre Synkopen und/oder Atemstillstand bei gleichzeitiger
Clozapin-Einnahme und Benzodiazepin-Gabe sind beschrieben (i.v.Applikation von Benzodiazepinen unbedingt vermeiden!).
5 Die gleichzeitige Gabe von Olanzapin i.m. und einem parenteralen Benzodiazepin wurde nicht untersucht und wird daher vom Hersteller nicht empfohlen.
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
. Tab. 3.7 Interaktionen Antipsychotika – nach Medikamentengruppen der Begleitmedikamente geordnet Komedikation
Art der Interaktion
Psychopharmaka Anticholinergika: Biperiden, Benztropin, Trihexyphenidyl, Metixen, Bornaprin
Antidepressiva: 5 MAO-Hemmer
5 SSRI: Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin 5 Trizyklische Antidepressiva
Verstärkte anticholinerge Nebenwirkungen (Mundtrockenheit, Akkommodationsstörungen, Obstipation, Miktionsstörungen etc. bis hin zum Delir). Evtl. verminderte orale Resorption von AP (hier: Chlorpromazin) durch Hemmung der Darmmotilität, dadurch fragliche Abschwächung der antipsychotischen Wirkung
5 Verstärkte orthostatische Hypotonie möglich; pharmakodynamische Verringerung der antipsychotischen Wirkung möglich 5 Evtl. höhere AP-Plasmaspiegel, dadurch vermehrt Nebenwirkungen, insbesondere EPS; im Einzelfall Wirkverstärkung möglich 5 Antidepressiva- und/oder AP-Plasmaspiegel können ansteigen, vermehrte Nebenwirkungen wie Sedierung, orthostatische Hypotonie und anticholinerge Nebenwirkungen bis hin zu Harnverhalt, Ileus und Delir möglich; QTc-Verlängerung bis hin zu malignen Arrhythmien möglich
237
3.8 · Interaktionen
. Tab. 3.7 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Antihistaminika: Terfenadin, Astemizol
Verstärkte QT-Verlängerung im EKG, in Einzelfällen Gefahr von Rhythmusstörungen (Torsades de pointes); Vorsicht v. a. bei trizyklischen AP (Thioridazin!), aber auch bei Fluspirilen, Haloperidol, Pimozid oder Sertindol
Diphenhydramin, Doxylamin (Promethazin)
Verstärkte Sedierung und/oder anticholinerge Nebenwirkungen bis hin zu z. B. Delir bei Kombination mit antihistaminisch und/oder anticholinerg wirksamen AP Vorsicht bei Clozapin, Levomepromazin, Thioridazin, Chlorprothixen, Prothipendyl und Perazin
Barbiturate
Verstärkte Sedierung bis hin zur Neurotoxizität möglich, verstärkte Blutdrucksenkung beschrieben; durch Enzyminduktion niedrigere AP-Plasmaspiegel, dadurch geringerer antipsychotischer Effekt möglich
Benzodiazepine
Verstärkte Sedierung möglich; pharmakodynamische Wirkverstärkung in vielen Fällen sinnvoll und erwünscht, Besserung einer AP-induzierten Akathisie unter Benzodiazepinen; in sehr seltenen Fällen unter Kombination von Benzodiazepinen mit Clozapin Schwindelzustand bzw. Kollaps bis hin um Atemstillstand
Bupropion
Höhere AP-Plasmaspiegel, dadurch vermehrte Nebenwirkungen
Carbamazepin
Verstärkte Metabolisierung durch Enzyminduktion mit niedrigeren AP-Plasmaspiegeln, verminderter antipsychotischer Effekt (Bromperidol, Clozapin, Fluphenazin, Haloperidol, Risperidon); jedoch pharmakodynamische Wirkverstärkung möglich
Lithium
Vermehrte AP- und/oder Lithiumnebenwirkungen, auch EPS, in Einzelfällen bis zur Neurotoxizität, evtl. erhöhtes Risiko für malignes neuroleptisches Syndrom unter Lithiumzugabe; in sehr seltenen Einzelfällen irreversible Bewegungsstörungen mit persistierenden EEG-Veränderungen
3
238
1 2
Kapitel 3 · Antipsychotika
. Tab. 3.7 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Opiatartige Narkoanalgetika
Vermehrter sedierender und analgetischer Effekt, in Einzelfällen Verstärkung der Nebenwirkungen bis hin zu Atemdepression
Phenytoin
Verstärkte Metabolisierung durch Enzyminduktion, niedrigere AP-Plasmaspiegel, dadurch evtl. geringerer antipsychotischer Effekt
Valproinsäure
Höhere Valproinsäureplasmaspiegel unter Phenotiazin-AP beschrieben, dadurch evtl. vermehrt Nebenwirkungen, evtl. auch vermehrt EPS; bei Kombination mit Clozapin ist kurzfristig mit einem leichten Anstieg und langfristig (3 Wochen) mit einem Abfall der Clozapinplasmakonzentrationen zu rechnen
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Andere Pharmaka ACE-Hemmer: Captopril, Enalapril
Verstärkter blutdrucksenkender Effekt beschrieben
Antazida, Adsorbenzien (Kaolin, Pektin, med. Kohle), Cholestyramin
Verminderte enterale Absorption wegen Komplexbildungen, dadurch Abschwächung der antipsychotischen Wirkung möglich
Antibiotika: 5 Griseofulvin, Rifampizin 5 Chloramphenicol, Clarithromycin, Doxycyclin, Erythromycin, Ketokonazol
5 Beschleunigung der AP-Metabolisierung, dadurch Abschwächung der antipsychotischen Wirkung möglich 5 Hemmung des hepatischen Metabolismus mit Erhöhung der Plasmaspiegel und möglicher Zunahme von Nebenwirkungen
239
3.8 · Interaktionen
. Tab. 3.7 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Antikoagulanzien: Warfarin, evtl. auch Phenoprocoumon
Verstärkter Antikoagulanzieneffekt mit verlängerter Blutungszeit möglich
Chinidin
Vermehrte Arrhythmien unter Thioridazin
Cimetidin
Hemmung der Metabolisierung von Clozapin, dadurch vermehrte Nebenwirkungen möglich
Clonidin
Verstärkter blutdrucksenkender Effekt
Diuretika
Verstärkter blutdrucksenkender Effekt
Guanethidin, Methyldopa
Abschwächung der antihypertensiven Wirkung unter AP möglich, unter Methyldopa jedoch auch vermehrter blutdrucksenkender Effekt sowie paradoxer hypertensiver Effekt beobachtet
Insulin, orale Antidiabetika
Verstärkter blutzuckersenkender Effekt
Lipidsenker: Lovastatin, Simvastatin
Höhere AP-Plasmaspiegel durch Hemmung von CYP 3A4 z. B. von Haloperidol oder Quetiapin, dadurch vermehrte Nebenwirkungen
Orphenadrin
Hypoglykämie bis hin zum Koma unter Kombination mit Chlorpromazin und Trifluoperazin (Einzelfall)
Ovulationshemmer, Östrogene
Durch Enzymhemmung des hepatischen Metabolismus mit möglicher Zunahme der AP-Nebenwirkungen (überproportionaler Anstieg des Prolaktins mitbedingt durch eine östrogenbedingte Synthesesteigerung möglich) Höhere Phenothiazinplasmaspiegel beschrieben, dadurch evtl. vermehrt Nebenwirkungen
Phenylbutazon, Indomethacin
Schwindel, Müdigkeit bzw. Verwirrtheit beschrieben (Einzelfälle)
3
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1 2
Kapitel 3 · Antipsychotika
. Tab. 3.7 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Propranolol
Wechselseitige Hemmung der Metabolisierung (hier: Chlorpromazin, evtl. auch Haloperidol), dadurch höhere AP- und Propranololplasmaspiegel, Verstärkung der antipsychotischen Wirkung und vermehrte AP-Nebenwirkungen möglich, Verstärkung der blutdrucksenkenden Wirkung möglich
Proteasehemmer: Ritonavir, Indinavir
Evtl. höhere AP-Plasmaspiegel (z. B. Haloperidol, Quetiapin oder Ziprasidon) durch Hemmung von CYP 3A4, dadurch vermehrte Nebenwirkungen möglich
Rauchen, Nikotin
Rauchen induziert CYP 1A2. Dadurch sind bei Rauchern die Plasmaspiegel von Clozapin und Olanzapin um 20 bis 50% niedriger als bei Nichtrauchern; nach vermindertem Rauchen können die Plasmaspiegel ansteigen und Nebenwirkungen auftreten
Suxamethonium
Verlängerte neuromuskuläre Blockade (Apnoe) unter Chlorpromazin (Einzelfall)
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Routineuntersuchungen und -hinweise
5 Unter allen Antipsychotika sind Routineuntersuchungen empfehlenswert. 5 Eine Übersicht der empfohlenen Kontrollen gibt . Tab. 3.8. Darüber hinaus empfehlen sich im Einzelfall Kontrollen, wann immer ein untersuchter Parameter pathologisch ausfällt oder bei bestimmten Risikokonstellationen. 5 Wegen des möglichen Auftretens von Blutbildveränderungen unter trizyklischen konventionellen und atypischen Antipsychotika (Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Zotepin) sind routinemäßige Untersuchungen des Blutbildes zur Verhütung der klinischen Manifestation einer Agranulozytose notwendig (bislang nicht unter der alleinigen Gabe von hochpotenten Butyrophenonen, Diphenylbutylpiperidinen und Benzamiden); zu den neueren AAP liegt noch keine breite Erfahrungsbasis vor, sodass zurzeit häufigere Kontrollen empfehlenswert sind.
3.9 · Routineuntersuchungen und -hinweise
241
3
5 Vor und während der Antipsychotika-Behandlung von Patienten mit bestehender pathologischer Glukosetoleranz oder einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus sollten Blutzuckermessungen (ggf. im Tagesprofil), ggf. Glukosetoleranztest und HbA1cBestimmungen durchgeführt werden (insbesondere bei Clozapin und Olanzapin, 7 Kap. 3.6.2). 5 Vor einer Antipsychotika -Behandlung werden des Weiteren Untersuchungen der Blutfette (Triglyzeride, LDL- und HDL-Cholesterine) empfohlen; während einer Behandlung sollten in Anbetracht des Risikos für kardiovaskuläre Störungen jährliche, bei Risikopatienten und unter Behandlung mit Clozapin und Olanzapin häufigere Kontrollen stattfinden. 5 Die Nieren- und Leberfunktion sollte regelmäßig geprüft werden; die Leberenzyme häufiger unter trizyklischen Antipsychotika (einschließlich Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Zotepin). 5 Kreislaufsituation (Hypotonie, orthostatische Dysregulation). Insbesondere unter α1-antagonistischen Antipsychotika sind regelmäßige Blutdruck- und Pulsmessungen erforderlich. 5 Möglichst vor Beginn einer Behandlung mit Antipsychotika sollte die Serumkaliumkonzentration bestimmt und ggf. korrigiert werden, ein EKG abgeleitet und die QTc-Zeit bestimmt werden (7 Kap.3.6.3). 5 Bei Präparaten, die zu PRL-Erhöhungen führen, sollte bei Jugendlichen der PRL-Spiegel regelmäßig kontrolliert werden. 5 Die Kenntnis des EEG vor Beginn der Therapie gehörte vor Einführung der bildgebenden Verfahren zur Routinediagnostik in der Psychiatrie. Abgesehen von wissenschaftlichen Fragestellungen beschränkt sich die Bedeutung des EEG im Rahmen der Antipsychotika-Behandlung heute auf Verlaufsuntersuchungen bei krampfgefährdeten Patienten und zur Abklärung des Anfalls- und Toxizitätsrisikos v. a. unter Clozapin und Zotepin. 5 Bei anticholinerg wirkenden Antipsychotika (Mundtrockenheit) sollen nach langfristiger Anwendung gehäuft Zahnkaries und Mundschleimhautveränderungen auftreten; bei älteren Patienten sollte vor Gabe eine Prostatahyperplasie und ein Engwinkelglaukom ausgeschlossen werden. 5 Vor Beginn einer Behandlung ist ggf. der Ausschluss einer Schwangerschaft wichtig, entsprechende Kontrazeptionsmaßnahmen sind ggf. zu besprechen (7 Kap. 14). 5 Die Aufklärung hat bei der Antipsychotika-Therapie einen besonderen Stellenwert. Sie wird dadurch erschwert, dass der Patient in der Akutphase nicht durch ein überforderndes Aufklärungsgespräch
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10
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17
X
X
Clozapin, Thioridazin
Andere AP
X
X
Andere AP
Kreatinin
X
Andere AP
EKG (QTc)d
X
Trizyklische APa (!)
Leberenzyme
X
Clozapin, Olanzapin
Blutzuckerk, Blutfette
XX
Trizyklische APa (!)
Blutbild
X
X
X
X
X
X
XXXX
X
X
XXXX
X
2
X
X
X
X
X
X
XXXX
X
3
XXXX
X
4
XX
X
5
7
1
X
X
X
X
X
X
X
X
6
X
Monatlich
4
Monate
Xb
X
Xb
Xb
X
Vierteljährlich
3
Vorher
X
Xc
Halbjährlich
1
Untersuchung
. Tab. 3.8 Empfehlungen für Routineuntersuchungen unter Antipsychotika
242 Kapitel 3 · Antipsychotika
2
5
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X
X
Thioridazin, Pimozid, Sertindol
Andere APf
X
X
X
Clozapin Zotepin
RR, Puls
Körpergewicht (BMI)i
X
X
X
XX
XX
1
Monate
X
X
2
X
X
X
X
X
3
X
X
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X
5
X
X
X
X
X
6
X
X
Monatlich
X
X
Xb
X
X
Vierteljährlich
X
Xg
Halbjährlich
Achtung (!): Die AAP Olanzapin, Quetiapin und Zotepin sind strukturchemisch ebenfalls Trizyklika; b Bei unauffälligen Konstellationen bzw. stabilen Patienten können halbjährliche Kontrollen ausreichen; c Bei unauffälligen Konstellationen bzw. langfristig stabilen Patienten können jährliche Kontrollen ausreichen; d Absolutwerte von >440 ms (Männer) >450 ms (Frauen) sowie medikamenteninduzierte Zunahmen >60 ms sind nach derzeitigem Kenntnisstand auffällig; e Unter Clozapin sind toxisch-allergische Myokarditiden beschrieben; daher empfehlen sich unter Clozapin zusätzliche EKG-Kontrollen bei Auftreten von kardialen Symptomen und Fieber bzw. nach 14 Tagen Behandlungsdauer; f Beim Vorliegen oder Auftreten kardialer Symptome ist eine kardiologische Abklärung notwendig; durch sie wird auch die Häufigkeit von EKG-Untersuchungen im Verlauf festgelegt; g Kontrolle bei allen Patienten über 60 Jahre empfehlenswert sowie bei kardialen Risiken; bei Ziprasidone, Perazin, Fluspirilen und hochpotenten Butyrophenonen eher häufigere EKG-Kontrollen empfohlen; h häufigere EEG-Kontrollen auch bei zerebraler Vorschädigung, erhöhter Anfallsbereitschaft, unklaren Bewusstseinsveränderungen (DD: nicht-konvulsiver Status) vor und während einer Antipsychotika-Behandlung; i Messungen des Bauchumfangs werden empfohlen; zusätzlich monatliche Gewichtskontrollen durch den Patienten selbst; k Ggf. auch Blutzuckertagesprofil, Glukosetoleranztest und HbA1c, insbesondere bei Clozapin und Olanzapin. Die Empfehlungen entsprechen der S3-Leitlinie Schizophrenie der DGPPN (2005), gehen teilweise jedoch darüber hinaus.
a
X
Clozapine
EEGh
Vorher
Untersuchung
. Tab. 3.8 (Fortsetzung)
3.9 · Routineuntersuchungen und -hinweise 243
3
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Kapitel 3 · Antipsychotika
verunsichert werden soll; in diesen Fällen empfiehlt sich ein gestuftes Vorgehen. Zum Aufklärungsmodus wegen möglicher Spätdyskinesien gibt es zur Zeit keine einheitliche Vorgehensweise. Die Darlegung der Nutzen-Risiko-Abschätzung sollte spätestens nach Einleitung der Stabilisierungsphase erfolgt sein. Auf eine mögliche eingeschränkte Fahrtüchtigkeit (7 Kap. 15) und die Gefahren durch zusätzliche Einnahme von Alkohol und sedierenden Medikamenten muss der Patient frühzeitig hingewiesen werden.
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3.10
Dosierung
5 Generelle Dosierungsempfehlungen sind wegen der Heterogenität der Substanzen nicht möglich. 5 Prinzipiell sollte bei Patienten >65 Jahre besonders vorsichtig aufdosiert werden. 5 Antipsychotika haben eine große therapeutische Breite. 5 Die Messung der Plasmaspiegel zur Erhöhung der therapeutischen Effizienz ist bei den konventionellen Antipsychotika im Gegensatz zu Clozapin (möglicherweise auch Amisulprid, Olanzapin, Quetiapin und Ziprasidon) und den trizyklischen Antidepressiva nur von untergeordneter Bedeutung (7 Kap. 3.12.1). 5 Aufgrund der unterschiedlichen Vorgehensweisen in den Behandlungsphasen werden die Dosierungsempfehlungen in zwei Abschnitte unterteilt. Akutphase 5 Bei Ersterkrankungen mit relativ niedriger Dosis beginnen, da sowohl ein besseres Ansprechen als auch eine größere Sensibilität für Nebenwirkungen zu erwarten ist. In einer neuen Studie war aber der anfängliche Dosisbereich 120–160 mg Ziprasidon bezüglich der Abbruchrate günstiger als eine niedrigere Dosierung. Bei akuter, schwerer Symptomatik im Rahmen von Rezidiven unverzüglich mit relativ hoher Dosis beginnen bzw. rasch aufdosieren; eine langsame, schrittweise Erhöhung der Dosis (einschleichende Dosierung) ist nur bei Antipsychotika mit anticholinerger bzw. adrenolytischer Begleitwirkung oder ausgeprägter Sedierung notwendig (zum generellen Einsatz von AAP in der Akutphase 7 Kap. 3.4.1).
3.10 · Dosierung
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3
5 Der antipsychotische Effekt ist individuell unterschiedlich und liegt häufig innerhalb eines breiteren Dosisbereiches. Das Auftreten von Nebenwirkungen kann durch eine möglichst niedrige effektive Dosis häufig verhindert werden. Bei leichter bis mäßig schwerer Symptomatik ist daher eine Dosissteigerung, die sich neben der Wirksamkeit auch an auftretenden Nebenwirkungen orientiert, zu empfehlen. 5 Höhere Dosen verringern aufgrund des möglichen Auftretens von Nebenwirkungen, insbesondere EPS bei konventionellen Antipsychotika, die Compliance. Deshalb sind häufig niedrigere Dosen in Kombination mit Benzodiazepinen, falls Sedierung und schnellere Desaktualisierung der psychotischen Symptomatik notwendig sind, vorzuziehen. 5 AAP sollten in der Akutphase/Positivsymptomatik in der Regel innerhalb einer Woche in den Zieldosisbereich aufdosiert werden. 5 Clozapin eignet sich unter den AAP in der Regel nicht zur Therapie der Akutphase, da die therapeutische Dosis erst nach längerer Zeit erreicht werden kann und ein primärer Einsatz wegen des Agranulozytoserisikos nicht indiziert ist. Stabilisierungsphase und Langzeitmedikation 5 Die Medikation, unter der die Besserung aufgetreten ist, sollte in der niedrigsten, noch hinreichend wirksamen Dosis beibehalten werden. Eine zu früh vorgenommene Dosisreduktion führt in der Mehrzahl der Fälle zu einem Rückfall. 5 Das Konzept der niedrigsten effektiven Dosis ist umstritten und für die meisten Antipsychotika nicht empirisch belegt. Die Dosisfindung erfolgt daher unter Einbeziehung verschiedener Informationen bezüglich der Besserung der Symptomatik nach klinisch-psychopathologischem Befund, aus Sicht des Patienten, der Angehörigen und ggf. des Pflegepersonals oder Betreuers. 5 Bei einer Remission sollte das Antipsychotikum möglichst mit unveränderter Dosierung beibehalten werden. 5 Indikation zur Langzeitmedikation 7 Kap. 3.11. 3.10.1 Pharmakokinetik 5 Antipsychotika werden nach oraler Einnahme in der Regel gut absorbiert, der First-pass-Metabolismus ist für eine große interindividuelle Variabilität verantwortlich. Ausnahmen sind Amisulprid und Sulpirid,
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Kapitel 3 · Antipsychotika
ihre Bioverfügbarkeit beträgt weniger als 50%, und sie werden zu über 90% unverändert ausgeschieden. Nach i.m.-Gabe kommt es zu einer schnelleren Absorption mit höherer Bioverfügbarkeit (Erhöhung um das 4- bis 10fache) als nach oraler Einnahme. Viele Antipsychotika sind lipophil und weisen eine hohe Plasmaeiweißbindung auf. Sie sind plazentagängig und nicht dialysierbar. Ausnahmen sind Amisulprid und Sulpirid. Sie sind hydrophil, im Blut nur zu einem geringen Anteil an Plasmaeiweiße gebunden (<20%) und dialysierbar. Bei Depot- Antipsychotika wird der Steady state zumeist in 2–3 Monaten erreicht [für Risperidon Depot (Risperdal Consta®) wurden Steady-state-Konzentrationen nach 4 Injektionsintervallen, d. h. etwa 8 Wochen, ebenfalls nachgewiesen]; nach Absetzen sind Plasmaspiegel noch für 9–24 Wochen nachweisbar. Tmax für Antipsychotika ist sehr variabel; nach Depotgabe wird Tmax erst nach Tagen erreicht, abhängig von Veresterung und Depotgalenik; Ausnahmen sind: Fluphenazindecanoat, Fluspirilen und Zuclopenthixol (. Tab. 3.9). Für t½ gilt bei Antipsychotika in der Regel: oral=15–35 h (Ausnahmen: Benperidol 5 h , Quetiapin 7 h, Pimozid 55 h ); da bei Depotpräparaten dieser Parameter im Wesentlichen von der Freisetzung aus dem öligen Medium abhängig ist, ergeben sich große Unterschiede zwischen den verschiedenen Depot-Antipsychotika. Das Injektionsintervall sollte nach der Freisetzungshalbwertszeit gewählt werden (. Tab. 3.9). Umrechnungsvorschlag von oral auf Depot für Haloperidol s. Präparat. Zur Verstoffwechslung von AP durch Cytochrom-P450-Enzyme: Tabellen in 7 Kap. 16.
3.10.2 Antipsychotika-Plasmakonzentrationen 5 Nach oraler Applikation wurden für Phenothiazine und Butyrophenone Plasmaspiegel mit sehr großen interindividuellen Schwankungen (um den Faktor 10–30) gefunden; bei i.m.-Gabe waren diese Varianzen deutlich geringer (Faktor 2–3). Bei Thioxanthenen und Benzamiden scheinen die Plasmaspiegel geringeren interindividuellen Unterschieden zu unterliegen (Faktor 2–5). Die Risperidon-Plasmaspiegel unter Depotbehandlung zeigen geringere Schwankungen im Tagesverlauf als die dosisäquivalente orale Medikation.
3.10 · Dosierung
247
3
5 Falls bei gesicherter Compliance der Therapieerfolg ungenügend ist, kann die Dosisanpassung durch Einstellung eines optimalen Plasmaspiegels erfolgen. Dieser ist jedoch nur für Positivsymptomatik und nur für einige Antipsychotika definiert. Außerdem ist die klinische Gültigkeit der angegebenen therapeutischen Bereiche für den Einzelfall oft nicht gewährleistet. 5 Ist der Plasmaspiegel optimal eingestellt, bringt eine weitere Dosiserhöhung bei ungenügender Response i. Allg. keine Verbesserung. In Einzelfällen wird ein Ansprechen aber erst unter sehr hohen Dosen beobachtet. 5 Erste Befunde belegen für Clozapin, dass es einen individuell optimalen Plasmaspiegel gibt, der vom empfohlenen Bereich abweichen kann. Untersuchungen zum rezidivprophylaktischen Effekt der Plasmaspiegelkontrolle haben für Clozapin nachgewiesen, dass das Risiko eines Rückfalls vorliegt, wenn die Clozapin-Spiegel um mehr als 40% vom optimalen individuellen Wert abfallen. Ähnliches wurde für Olanzapin beobachtet. 3.10.3 Depotmedikation 5 Zur Applikationserleichterung bei Patienten, die nicht in der Lage sind, regelmäßig orale Antipsychotika einzunehmen, gibt es Depotpräparate als Langzeitmedikation mit Injektionsintervallen von 1–4 Wochen. Sie senken das Rückfallrisiko im Vergleich zur oralen Einnahme. Weitere Vorteile: Gewährleistung ausreichender Dosierungen und Erleichterung der Überwachung der Compliance. 5 Relevante Unterschiede zwischen den einzelnen, derzeit verfügbaren Depotpräparaten konventioneller Antipsychotika beruhen weniger auf deren Wirkstärke als auf deren Pharmakokinetik. Eine Übersicht gibt . Tab. 3.9. 5 Für AAP ist derzeit ein Depotpräparat im Handel (Risperidon [Risperdal Consta®]), weitere befinden sich in der Erprobungsphase (u. a. Olanzapin). Die Langzeitbehandlung mit AAP-Depotpräparaten erscheint besonders empfehlenswert. 5 Auch bei Depotpräparaten ist eine sorgfältige, individuelle Dosisanpassung nötig. 5 Depotpräparate zeigen eine geringere Steuerbarkeit (v. a. bei Auftreten von Nebenwirkungen) und sind damit in der Regel nicht für eine Akutbehandlung geeignet. Auch vermitteln Depotinjektionen im Gegensatz zur oralen Medikation dem Patienten möglicherweise
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Kapitel 3 · Antipsychotika
häufiger das Gefühl, nicht aktiv an der Therapieentscheidung und -durchführung mitwirken zu können. Allerdings sind bei Mehrfacherkrankten frühe Umstellungsversuche auf ein atypisches Depot-Antipsychotikum (derzeit nur Risperidon [Risperdal Consta®] verfügbar) vielversprechend. Auf eine korrekte Hautdesinfektion und Applikationstechnik mit 5–8 cm langer Nadel und Verschieben der Haut vor Injektion (sonst Verlust von bis zu 1/3 der Dosis durch den Stichkanal) ist sorgfältig zu achten. Für die Applikation des Risperidon-Depotpräparats werden spezielle Injektionssysteme mitgeliefert. 5 Wenn bei Depotbehandlung die Plasmakonzentrationen kontrolliert werden, sollte die Blutentnahme unmittelbar vor der nächsten Injektion erfolgen.
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. Tab. 3.9 Übersicht über Depotpräparate Depotpräparat
Wirkungsdauer
Dosierung
Tmax
t½
Konventionelle Antipsychotika
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Flupentixoldecanoat
3–4 Wochen
20–100 mg
ca. 7 Tage
ca. 17 Tage
Flupheanzindecanoat
2–4 Wochen
12,5– 100 mg
8–36 h
ca. 14 Tage
Fluspirilen
1 Woche
2–10 mg
ca. 2 Tage
Haloperidoldecanoat
2–4 Wochen
50–300 mg
3–9 Tage
ca. 21 Tage
Perphenazinenanthat
2 Wochen
50–300 mg
2–3 Tage
4–6 Tage
Zuclopenthixolacetat
2–3 Tage
50–150 mg
36 h
ca. 1–2 Tage
25–50 mg
s. Präparat
Atypische Antipsychotika
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Risperidon Consta
2 Wochen
3.11 · Behandlungsdauer
3.11
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3
Behandlungsdauer
Wirkungseintritt 5 Die Wirklatenz zeigt eine große Bandbreite von Stunden bis zu mehreren Wochen. Bei Antipsychotika-Respondern mit akuter Symptomatik zeichnet sich in der Regel innerhalb der ersten beiden Behandlungswochen eine merkliche und innerhalb von 4‒6 Wochen (ggf. nach Dosiserhöhung) eine deutliche Besserung ab. Ein frühes zumindest teilweises Ansprechen (Partialresponse) ist prädiktiv für eine spätere Remission. 5 Wird in diesen Zeiträumen keine zumindest ansatzweise Besserung gesehen, sollte das AAP gewechselt werden (bevor eine Kombination erwogen wird). Es ist eher unwahrscheinlich, dass danach durch eine weitere Dosiserhöhung eine Response erreicht wird. In Einzelfällen sind allerdings durch Dosiserhöhungen bei bestehender Partialresponse sowohl für konventionelle Antipsychotika als auch für AAP deutliche Zustandsbesserungen (Remission) beschrieben worden. Auch zeigten neuere Daten bei ersterkrankten schizophrenen Patienten, dass bei etwa 10% der Patienten ein Ansprechen (auf Haloperidol oder Risperidon) erst nach einer Therapiedauer von über 8 Wochen erfolgte. 5 Für Clozapin sollte eine längere Behandlungsdauer abgewartet werden, bevor von einer Non-Response ausgegangen werden kann (bis zu 6 Monate). 5 Wenn das AAP innerhalb einer Woche in den Zieldosisbereich aufdosiert wurde und danach nur eine unzureichende Wirkung gesehen wird, sollte nach 2‒4 Wochen und Ausschluss einer Non-Compliance oder pharmakokinetischen Ursache (Metabolisierung) eine Erhöhung der Zieldosis erfolgen. Wenn auch nach erfolgter Dosiserhöhung innerhalb von ca. 2‒4 Wochen keine Repsonse erfolgte, sollte auf ein anderes AAP umgesetzt werden.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Dauer der Medikation 5 Antipsychotika-Therapie unter Beibehaltung der Dosis für mindestens 1 Jahr nach der ersten Akutphase; bei anhaltenden psychosozialen Belastungen sind eher längere Behandlungsdauer (2 Jahre) auch nach Erstmanifestation zu empfehlen. 5 Nach einem ersten Rückfall Antipsychotika-Therapie zunächst unter Beibehaltung der Dosis für mindestens 2‒5 Jahre; nach mehrmaligen Episoden mindestens 5 Jahre. Nach stabiler Symptomremission können bei der Langzeitbehandlung eine schrittweise Dosisreduktion über längere Zeiträume und eine Einstellung auf eine niedrigere Erhaltungsdosis erwogen werden. Bei konventionellen Antipsychotika und AAP können Chlorpromazinäquivalenzdosen von 300‒600 CZPÄ als Richtgröße dienen. 5 Das Antipsychotikum darf niemals abrupt abgesetzt werden, sonst erhöht sich das Rückfallrisiko. Ein sehr langsames Ausschleichen (ähnlich wie bei Lithium) ist zu empfehlen, z. B. Dosisreduktion von 20‒25% innerhalb von 3 Monaten. 5 Die Fortführung der Behandlung möglicher psychiatrischer Komorbiditäten ist ebenfalls zu beachten.
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Indikation für eine Langzeitmedikation 5 Eine Indikation für eine Langzeitmedikation über 5 Jahre (ggf. Dauermedikation) liegt vor: − bei floriden Psychosen, die bei Absetzen der Medikation exazerbieren, − zur Rezidivprophylaxe bei häufigen Episoden, inbesondere wenn Eigen- oder Fremdgefährdung im Rahmen von Exazerbationen bekannt sind, − bei Schizophrenien mit überwiegender, ausgeprägter Negativsymptomatik (Indikation für AAP), − bei chronischen Schizophrenien mit Residualzuständen.
15 16 17
5 Durch Langzeitmedikation mit Antipsychotika kann: − die Rezidivhäufigkeit und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Residualzuständen herabgesetzt und
3.11 · Behandlungsdauer
251
3
− die Anzahl stationärer Klinikaufenthalte reduziert und damit ambulant eine optimale Soziotherapie und Rehabilitation ermöglicht werden. 5 Wenn in der Akutphase mit Erfolg ein konventionelles Antipsychotikum verordnet wurde, ist die vorsichtige Umstellung auf ein AAP empfehlenswert. Es gibt Hinweise, dass Abbruch- und Rezidivraten unter AAP geringer sind als unter konventionellen Antipsychotika (7 Kap. 3.1.4) und dass AAP eine günstigere Wirkung auf die Negativsymptomatik haben. 5 Antipsychotika mit langer HWZ sind in Hinblick auf die Compliance des Patienten zur oralen Langzeitmedikation besonders geeignet, da dann die Einnahme nur einmal täglich nötig ist. Zur AntipsychotikaDepotmedikation 7 Kap. 3.10.3. 5 Bei Langzeittherapie mit konventionellen Antipsychotika sollte keine prophylaktische Anticholinergikagabe erfolgen: Falls diese zu Beginn notwendig war, ist die Indikation immer wieder zu überprüfen. ! Ein wesentliches Problem der Langzeittherapie unter konventionellen
Antipsychotika ist das Auftreten von potenziell irreversiblen Spätdyskinesien (. Tab. 3.4). Deshalb ist eine regelmäßige Untersuchung zur Früherkennung von Spätdyskinesien (häufiger Beginn im Zungenbereich) angezeigt.
5 Routineuntersuchungen (. Tab. 3.8) sind gerade auch in der Langzeitbehandlung bei allen Antipsychotika wichtig. Die Häufigkeit der Untersuchungen muss auf den Einzelfall individuell abgestimmt sein und bei Änderungen des psychopathologischen oder somatischen Befundes ebenso wie bei Veränderungen psychosozialer Faktoren angepasst werden; eine regelmäßige psychiatrische Untersuchung (zumindest im Abstand von 3 Monaten auch bei stabilen Patienten) ist hierfür die wichtigste Grundlage. 5 Die Rückfallprophylaxe bei schizophrenen Störungen schließt neben einer Antipsychotikatherapie auch immer entsprechende psychosoziale Maßnahmen ein (7 Kap. 3.5).
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Absetzversuch Vor einem Absetzversuch bei allen Antipsychotika muss geklärt sein: 5 Wie wahrscheinlich ist ein Rückfall? (erhöhte Wahrscheinlichkeit bei häufigen früheren Rezidiven, niedrigem prämorbidem psychosozialem Funktionsniveau) 5 Sind Prodromalsymptome wahrscheinlich oder beginnt eine Episode ohne Frühwarnzeichen? Wie war es bei früheren Episoden? Wird der Patient Prodromalsymptome erkennen? 5 Wie wahrscheinlich ist es, dass der Patient bei einem psychotischen Rückfall Hilfe aufsucht? 5 Wie schwierig wird es sein, eine Exazerbation zu behandeln? 5 Welche Auswirkungen hätte eine Exazerbation? (z. B. Suizidversuch in der Anamnese bei imperativen Stimmen)
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5 Falls ein Absetzen erwogen wird, ist auch wegen möglicher Absetzeffekte ein langsames Ausschleichen über Monate mit engmaschiger Kontrolle der Psychopathologie zu empfehlen. 5 Innerhalb von 9–12 Monaten nach Absetzen der Antipsychotika erleiden ca. 70% der Patienten mit Schizophrenie ein akutes Rezidiv im Gegensatz zu 15–30% unter Beibehaltung der Therapie mit Antipsychotika. 10–20% sind aber auch ohne Medikation rezidivfrei. 5 Ein Vorgehen mit langsamem, aber vollständigem Ausschleichen der Antipsychotika nach Abklingen der akuten psychotischen Symptomatik und erneutem frühzeitigem Beginn einer Antipsychotika-Behandlung bei Auftreten von Prodromi, die regelmäßig und sorgfältig erhoben werden müssen, hat sich zumindest in einer Studie für Patienten mit Erstmanifestation einer schizophrenen Psychose im Vergleich zu einer dauerhaften Antipsychotika-Therapie über 2 Jahre als gleichwertig herausgestellt. Bei Patienten mit mehrfachen Episoden in der Vorgeschichte war diese Strategie jedoch mit einer höheren Rezidivrate als die kontinuierliche Langzeitmedikation assoziiert.
3.12 · Non-Response, Therapieresistenz, Therapieversagen
3.12
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3
Non-Response, Therapieresistenz und Therapieversagen
Eine einheitliche Definition von Partialresponse, Non-Response, Therapieresistenz oder Therapieversagen bei der Behandlung mit Antipsychotika gibt es nicht. Daher sind entsprechende Literaturergebnisse immer vor dem Hintergrund der gewählten Definition zu interpretieren. 5 Von klinischer Non-Response (Nichtansprechen) auf ein Antipsychotikum sollte dann gesprochen werden, wenn ein Patient nach 6‒8 Wochen Dauer einer ausreichend dosierten Behandlung mit einem Antipsychotikum nicht oder ungenügend respondiert hat. Die empfohlenen Antipsychotika-Dosierungen beziehen sich dabei in der Regel auf Positivsymptome. 5 Es gibt 20–30% Non-Responder auf das erste Antipsychotikum (alle Patienten, unabhängig von der Anzahl der Vorepisoden und der Erkrankungsdauer); bei Patienten mit schizophrener Ersterkrankung sind es etwa 5–20%. 5 Entsprechend der Empfehlung einer internationalen Arbeitsgruppe kann von Therapieresistenz gegenüber Antipsychotika bei Patienten mit sicher diagnostizierter, mindestens seit 2 Jahren bestehender schizophrener Störung ausgegangen werden, wenn drei verschiedene Antipsychotika aus zwei unterschiedlichen Klassen mit mindestens 1000 mg Chlorpromazin-Äquivalenzdosis täglich über mindestens 6 Wochen Behandlung sowie psychotherapeutische Behandlungsversuche wirkungslos waren (d. h. Persistenz von Positiv- oder Negativsymptomen). Andere Autoren geben von Therapieresistenz dann aus, wenn innerhalb von 5 Jahren adäquate Therapieversuche mit mindestens zwei verschiedenen Antipsychotika ohne Erfolg durchgeführt wurden. Die DGPPN-Leitlinie definiert medikamentöse Behandlungsresistenz als fehlende oder unbefriedigende Verbesserung der Zielsymptomate trotz Behandlung in empfohlener Dosierung und Dauer jeweils zwischen 6 und 8 Wochen mit mindestens zwei Antipsychotika, wobei eines ein AAP sein und die Compliance, ggf. mittels Plasmaspiegelkontrollen, gesichert sein sollte. 5 Ein definitives Therapieversagen (d. h. keine weitgehende Remission der psychotischen Symptomatik im langfristigen Therapieverlauf trotz mehrerer adäquater Therapieversuche) wird bei etwa 3–5% der Patienten mit schizophrener Störung angenommen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Mögliche Gründe für Non-Response und Therapieresistenz unter Antipsychotika 5 Non-Compliance 5 Unzureichende Dosis oder Therapiedauer 5 Absorptionsstörung 5 Pharmakodynamische Gründe für individuelles Nichtansprechen 5 Pharmakokinetische Besonderheiten (z. B. beschleunigter Metabolismus durch Rauchen) 5 Gleichzeitige Drogeneinnahme oder andere psychiatrische Komorbidität 5 Wirkungsabschwächung durch hohen Kaffeekonsum 5 Falsche Diagnose 3.12.1 Behandlungsoptimierung 5 Bevor von einer Non-Response oder Therapieresistenz ausgegangen wird (Kriterien ▶ Kap. 3.12), sollte zur Behandlungsoptimierung − die Compliance des Patienten ggf. verbessert und sichergestellt werden; − der Plasmaspiegel ggf. überprüft werden; − die Antipsychotika-Dosierung überdacht werden; sowohl zu niedrige als auch exzessiv hohe Dosen (s. unten) können die Ursache für eine geringere Wirksamkeit sein; − bei atypischen und fluktuierenden Verläufen die diagnostische Einordnung überprüft werden; − eine bestehende Komorbidität entsprechend behandelt werden; insbesondere Substanzmissbrauch, Alkoholabhängigkeit, depressive Syndrome und Zwangssymptome; − eine körperliche Erkrankung abgeklärt und ggf. spezifisch interdisziplinär behandelt werden. 5 Ausgeprägte Nebenwirkungen gefährden häufig den Behandlungserfolg. Unter Antipsychotika aufgetretene Nebenwirkungen, insbesondere EPS, sind zu berücksichtigen und ggf. adäquat zu therapieren. 5 Die Hochdosistherapie mit konventionellen hochpotenten Antipsychotika (z. B. Haloperidol bis 100 mg/Tag) führt nur in seltenen Einzelfällen zur Durchbrechung der Therapieresistenz, wohingegen das Risiko für extrem belastende Nebenwirkungen unverhältnismäßig ansteigt. Auch für AAP (v. a. Olanzapin) wurde in Einzelfällen von Besserungen
3.12 · Non-Response, Therapieresistenz, Therapieversagen
255
3
unter hohen Dosen berichtet; folgende Erhöhungen der Tagesdosis sind nach derzeitiger Kenntnis im Einzelfall möglicherweise sinnvoll: Olanzapin bis 40 mg, Risperidon bis 12 mg, Quetiapin bis 1600 mg, Amisulprid bis 1200 mg, Ziprasidon bis 160 mg und Zotepin bis 450 mg. 5 Psychosoziale Stressoren, die ungünstigen Einfluss auf den Behandlungsverlauf nehmen können, sind zu evaluieren, und entsprechende Maßnahmen, einschließlich psychotherapeutischer Interventionen, sind empfehlenswert. Wechsel des Antipsychotikums Trotz Einführung der AAP wird bei einem größeren Anteil der Patienten noch keine befriedigende Wirkung gesehen und auch die Compliance hat sich nicht wesentlich verbessert; dadurch wird der Arzt gefordert, Antipsychotika mit verschiedenen Wirkmechanismen nacheinander und manchmal auch in Kombination überlappend zu verordnen. 5 Ein Wechsel von einem Antipsychotikum auf ein anderes oder auch ein Umsetzen auf eine andere Darreichungsform ist zu erwägen bei: − unzureichender therapeutischer Wirkung bzw. Therapieresistenz, − störenden Nebenwirkungen oder Eintreten von (relativen) Kontraindikationen, − vorhandenen oder möglichen störenden Interaktionen, − unzureichender Compliance oder auf Wunsch des Patienten bei eingeschränkter Lebensqualität. 5 In Abhängigkeit vom zuerst eingesetzten Antipsychotikum sollte eine Umsetzung möglichst rational und vorsichtig überlappend erfolgen; eine Antipsychotika-Monotherapie ist anzustreben. 5 Wenn mit einem konventionellen Antipsychotikum keine ausreichende Remission erfolgte, sollte eine Umstellung auf ein AAP nach Wirkungs- und Nebenwirkungsspektrum erfolgen. 5 Wenn mit einem AAP zunächst erfolglos therapiert wurde, sollte ein Umsetzen auf ein anderes AAP erfolgen; ausnahmsweise kann ein Behandlungsversuch mit einem konventionellen Antipsychotikum durchgeführt werden. Auch hierbei sollte man sich an Wirkungs- und Nebenwirkungsspektren der Antipsychotika orientieren und die Therapie auf den Einzelfall abstimmen. ! Ein Umsetzen unter einer schon bestehenden partiell wirksamen
Antipsychotika-Therapie ist immer mit dem Risiko einer Exazerbation verbunden.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 In der Akutphase sollte ein überlappendes Umsetzen zweier Antipsychotika durch sukzessives Auf- bzw. Abdosieren über ca. 2 Wochen erfolgen, insbesondere wenn die neu angesetzte Substanz anticholinerge oder blutdrucksenkende Eigenschaften (z. B. bei Clozapin, Olanzapin, Risperidon) aufweist oder Interaktionen zu erwarten sind (»cross-titration«). Wird ein konventionelles hochpotentes Antipsychotikum oder eine atypische Substanz mit selektivem D2-Antagonismus neu angesetzt, kann die Aufdosierung rasch innerhalb von wenigen Tagen vorgenommen werden (z. B. Haloperidol, Amisulprid). 5 Ein Umsetzen in der Stabilisierungsphase sollte sehr behutsam über Wochen erfolgen. Bei neu hinzugetretenen Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen etc. und bei akuten Exazerbationen muss ggf. akut gehandelt werden. 5 Soll im Rahmen einer Langzeitmedikation ein Umsetzen bei bisher befriedigender therapeutischer Wirkung erfolgen, sollten lange Zeiträume (über Monate) eingeplant werden (v. a. unter Clozapin). 5 . Tab. 3.10 zeigt Anhaltspunkte für die Auswahl von Antipsychotika für Umsetzungs- und Kombinationsstrategien nach ihrem Wirkungsund Nebenwirkungsspektrum. 5 Bei pharmakologischer Therapieresistenz (d. h. anhaltender NonResponse nach Behandlung mit mindestens zwei unterschiedlichen Antipsychotika, darunter mindestens einem AAP) stellt das Umsetzen auf Clozapin unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung die Maßnahme der ersten Wahl dar (30–60% Erfolgsquote nach etwa 6 Wochen bei primären Non-Respondern). Clozapin scheint zusätzlich therapeutische Wirkungen bezüglich Suizidalität, Feindseligkeit, Aggressivität und Rauchverhalten zu besitzen. 5 Aktuelle Studiendaten können Hinweise, dass Risperidon und Olanzapin bei primärer Non-Response ähnlich wirksam sein könnten wie Clozapin, nicht bestätigen (CATIE-Studie, 7 Kap. 3.1.4). Bei NonResponse gegenüber Clozapin scheint eine Umstellung auf Risperidon nicht erfolgreich zu sein. Für Olanzapin liegen keine sicheren Hinweise für eine Überlegenheit bei Therapieresistenz gegenüber konventionellen Antipsychotika vor. In einer offenen Studie zeigte sich allerdings bei etwa 20% Patienten mit ausgeprägter Therapieresistenz (gegenüber konventionellen Antipsychotika sowie Risperidon und Clozapin) eine Response, sodass ein Versuch mit Olanzapin-Monotherapie bei solchen Patienten gerechtfertigt scheint, bevor eine Augmentations- oder Kombinationsstrategie (s. unten) angewandt wird. Für Quetiapin liegt neben positiven Berichten aus offenen Studien eine kontrollierte Studie
3.12 · Non-Response, Therapieresistenz, Therapieversagen
257
. Tab. 3.10 Anhaltspunkte für die Auswahl eines Antipsychotikums bei Therapieresistenz, Nebenwirkungen und pharmakokinetischen Interaktionen Problem
Prinzipiell besonders geeignet
Prinzipiell ungeeignet
Therapieresistenz
Clozapin, danach Olanzapin, Risperidon
Abhängig vom Behandlungsverlauf
Persistierende Negativsymptomatik
Amisulprid, Clozapin, Olanzapin, wahrscheinlich auch andere AAP
Konventionelle AP in höheren Dosen
Ausgeprägte EPS unter AP, Morbus Parkinson
AAP, v. a. Clozapin, Quetiapin
Konventionelle hochpotente AP
Spätdyskinesien unter AP
Clozapin, Quetiapin
Konventionelle hochpotente AP
Deutliches Übergewicht, Gewichtszunahme unter AP
Ziprasidon, Aripiprazol, Amisulprid (. Tab. 3.5)
Clozapin, Olanzapin (. Tab. 3.5)
Sedierung, Müdigkeit unter AP
Amisulprid, Ziprasidon, Aripiprazol, hochpotente konventionelle AP
Clozapin, Quetiapin, Zotepin, niedrigpotente konventionelle AP
Sexuelle Funktionsstörungen mit PRL-Erhöhungen unter AP
Aripiprazol, Quetiapin, Clozapin, Olanzapin
Konventionelle AP, Amisulprid
Anticholinerge Nebenwirkungen von AP oder anderen Pharmaka
Amisulprid, Quetiapin, Ziprasidon, Risperidon, Melperon, Pipamperon
Clozapin, Levomepromazin
Pharmakokinetische Interaktionen (CYP 450) mit anderen Pharmaka
Amisulprid
AP mit extensivem hepatischen Stoffwechsel und deren Kombinationen
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Kapitel 3 · Antipsychotika
vor, die eine bessere Wirksamkeit gegenüber Haloperidol bei NonResponse unter vorausgegangener Fluphenazintherapie belegt. 5 Eine Empfehlung zum primären Einsatz eines spezifischen AAP außer Clozapin bei Therapieresistenz ist aus den vorliegenden Daten nicht abzuleiten (7 Kap. 3.1.4). 5 Zu anderen AAP fehlen bislang Daten, die eine Wirksamkeit bei Therapieresistenz nachweisen. 5 Beim Wechsel von Clozapin auf ein neueres AAP muss bei vielen Patienten mit Verschlechterungen gerechnet werden. Bei der Umstellung unter Clozapin stabilisierter Patienten auf Olanzapin erlitten in einer kleinen Fallbeobachtungsserie ca. 50% der Patienten einen Rückfall. Möglicherweise kann eine zu schnelle Reduktion der Clozapindosis einen Rückfall triggern. Daher sollte bei diesen Patienten das Umsetzen sehr langsam über mehrere Monate vorgenommen werden. 3.12.2 Kombination von Antipsychotika 5 Es gibt immer wieder Einzelfallberichte über positive Wirkungen von Kombinationen von Antipsychotika mit unterschiedlichem oder gar ähnlichem Wirkungsspektrum. Während überlappender Umsetzversuche (»cross-titration«) sind häufig Situationen zu beobachten, bei denen eine Kombination von zwei Antipsychotika vermeintlich wirksamer als eine Monotherapie erscheint. Ein vollständiges Umsetzen auf ein anderes Antipsychotikum sollte jedoch in jedem Fall primär angestrebt werden, da eine Monotherapie ein niedrigeres Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial sowie in der Regel geringere Kosten mit sich bringt. 5 Nach neueren Erhebungen erhalten bis zu 25% der ambulanten und bis 50% der stationären Patienten mindestens zwei Antipsychotika gleichzeitig. Die gleichzeitige Gabe von mehr als zwei Antipsychotika ist Einzelfällen vorbehalten. 5 Ohne Berücksichtigung der Reihenfolge der Behandlungen ergeben sich verschiedene Kombinationsstrategien. Bei allen Kombinations- und Augmentationsbehandlungen von Antipsychotika sind mögliche Komplikationen und auftretende Nebenwirkungen und Wechselwirkungen besonders sorgfältig zu prüfen und regelmäßig zu überwachen.
3.12 · Non-Response, Therapieresistenz, Therapieversagen
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Kombination zweier konventioneller Antipsychotika 5 Die Kombination zweier hochpotenter konventioneller Antipsychotika erscheint am wenigsten rational, Wirksamkeitsunterschiede sind nicht sicher belegt, hinzu kommt ein erhöhtes EPS-Risiko wie bei einer Dosiserhöhung unter Monotherapie. 5 Weit verbreitet ist demgegenüber die Kombination von hochpotenten und niedrig- oder mittelpotenten konventionellen Antipsychotika meist mit dem Ziel, antipsychotische und sedierende, antiaggressive oder schlafförderende Wirkungen effektiv zu kombinieren. Die klinische Erfahrung zeigt durchaus die Wirksamkeit solcher Strategien, v. a. wenn niedrigpotente konventionelle Antipsychotika mit geringem EPS-Risiko und geringer anticholinerger Wirkung (z. B. Melperon, Pipamperon) zu einem hochpotenten Antipsychotikum kombiniert werden (z. B. Fluphenazin, Haloperidol). Für die stationäre Akutbehandlung schizophrener Psychosen (7 Kap. 12) besteht in diesen Fällen die wirksame, gut verträgliche und steuerbare Alternative einer vorübergehenden Kombination eines Antipsychotikums mit einem Benzodiazepin. 5 Zur Augmentation eines antipsychotischen Effektes sind die Kombinationen von konventionellen hoch- und niedrigpotenten Antipsychotika in der Regel nicht geeignet (mögliche Ausnahmen sind vorübergehende Kombinationen mit dem mittelpotenten Antipsychotikum Perazin), da bei Dosissteigerung des niedrigpotenten Antipsychotikums sich auch das EPS-Risiko erhöht und unerwünschte Sedierung häufiger wird. Kombination eines konventionellen und eines atypischen Antipsychotikums (außer Clozapin) 5 Die Strategie kann geeignet sein, um die antipsychotische Wirkung eines konventionellen Antipsychotikums (v. a. D2-Blockade) durch ein breiteres Wirkprofil zu ergänzen. Daher sind AAP z. B. mit ausgeprägter 5-HT2-Blockade für Kombinationen mit konventionellen hochpotenten Antipsychotika theoretisch sinnvoller als Antipsychotika mit nahezu selektiver D2-Blockade (Amisulprid). 5 Für Risperidon, Olanzapin und Quetiapin liegen Fallserien vor, die unter Zugabe des AAP – meist in niedriger Dosis – zu bestehender Therapie mit einem konventionellen Antipsychotikum bei etwa zwei Dritteln der Patienten eine globale klinische Verbesserung bei guter Verträglichkeit nahelegen. Unter Zugabe von Risperidon (1–2 mg) konnte die Dosis der konventionellen Antipsychotika um etwa ein
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Drittel reduziert werden. Pharmakokinetische Interaktionen sind bei diesen Kombinationen zu beachten. 5 Eine Addition eines konventionellen Antipsychotikums zu einer bestehenden Medikation mit einem AAP kann vorübergehend klinisch sinnvoll sein. Hochpotente konventionelle Antipsychotika können die Akutwirksamkeit gegen Positivsymptome verstärken. Niedrigpotente konventionelle Antipsychotika können bei nicht-sedierenden Antipsychotika eine vorübergehende sinnvolle Ergänzung darstellen. 5 Von einem Langzeiteinsatz konventioneller, insbesondere hochpotenter Antipsychotika in Kombination mit AAP muss jedoch abgeraten werden, auch wegen des möglichen Verlusts der atypischen Eigenschaften in dieser Kombination, v. a. dem Risiko für PRL-Erhöhungen, EPS (tardive Dyskinesien) und kognitiv-affektive Nebenwirkungen. Kombination von Clozapin mit einem konventionellen oder atypischen Antipsychotikum 5 Der vergleichsweise wenig ausgeprägte D2-Antagonismus von Clozapin lässt theoretisch Möglichkeiten zur Augmentation offen. Daher sind bei Partial- oder Non-Response von Positivsymptomen unter Clozapin am ehesten Kombinationen mit weitgehend selektiven D2-Antagonisten (hochpotente konventionelle Antipsychotika, Amisulprid, Sulpirid) sinnvoll. 5 Allerdings wird der Vorteil von Clozapin, der v. a. durch das extrem geringe EPS-Risiko die erforderlichen Kontrollen wegen anderer möglicher Nebenwirkungen rechtfertigt, in Frage gestellt, wenn hochpotente konventionelle Antipsychotika mit Clozapin kombiniert werden. Die Clozapindosis sollte dabei plasmaspiegelabhängig ggf. angepasst werden. Als Alternative zu einem konventionellen Antipsychotikum sollte in diesen Fällen eine Kombination von Clozapin mit Amisulprid wegen der besseren Verträglichkeit und dem geringen Interaktionsrisiko erwogen werden. 5 Amisulprid in niedriger Dosierung kann auch zur Wirkungsverstärkung bei ausgeprägter Negativsymptomatik, die unter Clozapintherapie persistiert, empfohlen werden. 5 In Anbetracht der Rezeptorprofile erscheint auch die Kombination von Clozapin und Risperidon als sinnvoll. Die zusätzliche Gabe von Risperidon ist zurzeit in der Literatur am häufigsten bei (partieller) Non-Response unter Clozapin-Monotherapie beschrieben. Fallserien und Einzelfallberichte belegen positive Effekte dieser Kombination, meist bei Dosierungen von Risperidon und Clozapin im üblichen the-
3.12 · Non-Response, Therapieresistenz, Therapieversagen
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rapeutischen Bereich. Kontrollierte Studien konnten die Überlegenheit der Kombination allerdings nicht belegen. ! Unter Kombination von Risperidon und Clozapin wurden jeweils Ein-
zelfälle mit kardialer Arrhythmie und Agranulozytose berichtet. Eine erhöhte Aufmerksamkeit für Nebenwirkungen und entsprechende Kontrollen sind unter allen Kombinationstherapien erforderlich.
5 Trotz ähnlicher Rezeptorbindungsprofile wurden auch für die Kombination von Clozapin mit Olanzapin oder Quetiapin und Ziprasidone in Fallserien Einzelfallberichten positive Effekte bei Therapieresistenz oder zur Behandlung von ausgeprägter Negativsymptomatik berichtet. Bei diesen Kombinationen muss auf die Verstärkung von Nebenwirkungen, insbesondere sedierender Effekte, besonders geachtet werden. Kontrollierte Studien zur Wirksamkeit dieser Kombinationen stehen derzeit nicht zur Verfügung. 5 Für die Kombination von Clozapin mit Aripiprazol liegen Befunde u. a. aus einer Fallserie vor, die einen positiven Effekt auf die Gewichtsentwicklung nahe legen. Kombination zweier atypischer Antipsychotika (nicht Clozapin) 5 Zu diesen möglichen Kombinationen sind nur wenige kontrollierte Daten verfügbar. Offene Studien und Einzelfallberichte zu Wirkungsverbesserung unter Kombination von Olanzapin und Risperidon sowie von Risperidon und Quetiapin (in niedriger Dosis) bei schizophrenen Patienten mit maniformer Erregung liegen vor. 5 Unter Berücksichtigung von Wirkungs- und Nebenwirkungsprofilen erscheint in Einzelfällen eine Kombination von Amisulprid mit Quetiapin oder Olanzapin rational. 3.12.3 Augmentationsstrategien Bei unzureichendem Ansprechen von Antipsychotika-Monotherapien einschließlich einer ausreichend hoch dosierten Clozapintherapie (Plasmaspiegelkontrollen!) können alternativ zu Kombinationen von Antipsychotika folgende – wissenschaftlich aber nicht gesicherte – Strategien angewendet werden:
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Kombination von Antipsychotika mit Benzodiazepinen 5 Die Kombination ist manchmal bei Negativ- aber auch Positivsymptomatik hilfreich. Vorsicht bei der Kombination von Clozapin mit Benzodiazepinen (7 Kap. 3.8 und 4.6.4). Kombination von Antipsychotika mit Antidepressiva 5 Zum Einsatz bei depressiver Symptomatik 7 Kap. 3.4.1. 5 Bei Patienten mit ausgeprägter Negativsymptomatik oder Zwangssymptomen sind Kombinationen eines AAP mit einem SSRI erfolgversprechend. Auf mögliche Nebenwirkungen, insbesondere EPS, und auf eine potenzielle Verschlechterung von Positivsymptomen und Antidepressiva bei akuten Schizophrenien ist zu achten. Die Kombination von Antipsychotika mit Reboxetin kann bei unter Antipsychotika auftretender Gewichtszunahme (v. a. Clozapin, Olanzapin) hilfreich sein, die Kombination von Olanzapin mit Fluoxetin war diesbezüglich nicht erfolgreich. Kombination von Antipsychotika mit Lithium und Stimmungsstabilisierern 5 Die Kombination eines Antipsychotikums mit Carbamazepin kann bei Schizophrenien mit Erregungszuständen, maniformen oder paranoiden Symptomen und auch bei aggressiven Impulsdurchbrüchen versucht werden. ! Carbamazepin sollte nicht mit Clozapin kombiniert werden (erhöhtes
Agranulozytoserisiko).
5 Die Datenlage für Kombinationen eines Antipsychotikums mit Valproinsäure ist nicht konsistent: Während Einzelfallberichte und klinische Beobachtungen eine positive Wirkung bei etwa einem Drittel der Patienten vermuten lassen, ergab eine kontrollierte Studie keine Vorteile dieser Kombination. Eine neuere Studie zeigte einen rascheren Wirkungseintritt von Risperidon und Olanzapin v. a. bezüglich Feindseligkeit und anderer Positivsymptome bei Kombination mit Valproinsäure, jedoch keine bessere Wirksamkeit im weiteren Verlauf. 5 Kombinationen von Clozapin und Valproinsäure werden meist gut vertragen und haben sich bei der Krampfanfallsprophylaxe bewährt. 5 Die Kombination von Clozapin mit Lamotrigin zeigte sich in Fallserien mit therapierefraktären Patienten unter Clozapin als effektive Augmentationsstrategie. Lamotrigin scheint bei Zugabe zu anderen Antipsychotika diese wirkungsverstärkenden Effekte nicht zu haben.
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3.13 · Präparate
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5 Kombinationen von Antipsychotika mit Lithium bei behandlungsresistenten schizophrenen Verläufen sollten wegen fehlender Evidenz nur in Ausnahmefällen erwogen werden. ! Unter Kombination von Lamotrigin und Clozapin ist über erhöhte
Clozapin-Plasmaspiegel berichtet worden.
5 Topiramat war nicht effektiv zur Augmentation einer AP-Therapie bei Therapieresistenz. Kombination von Antipsychotika mit EKT 5 Es liegen bisher keine kontrollierten Studien zur Wirksamkeit dieser Kombination bei Therapieresistenz vor; der Einsatz der EKT außerhalb der febrilen Katatonie stellt bei Schizophrenien daher derzeit eine ultima ratio unter Beachtung der notwendigen Voraussetzungen dar (DGPPN-Leitlinie). 5 Allerdings gibt es offene Studien und Fallberichte, die eine Kombination von Clozapin und EKT günstig erscheinen lassen; ebenso liegen positive Ergebnisse aus einer offenen Studie für eine Kombination von EKT mit Flupenthixol bei Patienten mit therapierefraktärer chronischer Schizophrenie vor. 3.13
Präparate1
Amisulprid Benzamin Solian (Sanofi-Synthelabo) Tbl. 100, 200, 400 mg (20, 50, 100 Tbl.) Lsg. 100 mg/ml (60 ml)
1
Atypisches Antipsychotikum
Amisulprid (Temmler Pharma) Tbl. 50, 100, 200, 400 mg Amisulprid AL (Aliud) Tbl. 100, 200, 400 mg
Bei den Generika wurde auf die Angabe der Packungsgrößen verzichtet. ‒ Es wird auf die weiterführende Darstellung der Nebenwirkungen und Kontrindikationen in 7 Kap. 3.6 und 7 Kap. 3.7 hingewiesen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
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Amisulprid dura (Merck dura) Tbl. 100, 200, 400 mg
2
Amisulprid Hexal (Hexal AG) Tbl. 50, 100, 200, 400 mg
3
Amisulprid Hormosan (Hormosan Pharma) Tbl. 100, 200, 400 mg
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Amisulprid Lich (Winthrop Arzneimittel) Tbl. 50, 100, 200, 400 mg
Amisulprid-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 100, 200, 400 mg Amisulprid-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 100, 200, 400 mg Amisulprid Sandoz (Sandoz Pharmaceuticals) Tbl. 50, 100, 200, 400 mg Amisulprid Stada (Stadapharm) Tbl. 100, 200, 400 mg
Pharmakodynamik 5 Selektive Blockade von D2-artigen Rezeptoren (D2=D3>D4) mit überwiegender Anreicherung im mesolimbischen und tuberoinfundibulären, weniger im nigrostriatalen System. Keine nachweisbare Affinität zu D1- und nichtdopaminergen Rezeptoren. 5 Wirkung bei Negativsymptomatik und Depression unter niedriger Dosierung vermutlich durch Blockade präsynaptischer Dopaminrezeptoren mit Steigerung der dopaminergen Transmission. Pharmakokinetik 5 Tmax=ca. 2 h mit biphasischem Verlauf bei Dosen über 100 mg; t½=12– 20 h; Bioverfügbarkeit 33–45%; Plasmaproteinbindung 17%. 5 Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten bei linearer Pharmakokinetik. 5 Der Hauptanteil der Substanz wird unverändert renal ausgeschieden, daher Dosisreduktion bei verminderter Kreatininclearance. 5 Plasmakonzentration: 100–320 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische schizophrene Störungenz. 5 Auch bei primärer Negativsymptomatik mit Affektverflachung, emotionalem und sozialem Rückzugz wirksam. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei Dysthymie und »double depression« (7 Kap.1.4.1) . 5 Nur geringe Gewichtszunahme (7 Kap. 3.5). 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8.
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Dosierung 5 Bei produktiven Zuständen täglich 400-800 mg, maximal 1200 mg/ Tagz. Bei primär negativen Zuständen 50‒300 mg/Tagz 5 Beginn mit 400–800 mg/Tag bei Patienten mit gemischter Positiv- und Negativsymptomatik auf 2 Einnahmezeitpunkte verteilt. Zur Rezidivprophylaxe oder Symptomsuppression bei vorheriger Positivsymptomatik 400 mg/Tag; manchmal sind in der Rezidivprophylaxe auch höhere Dosen notwendig. 5 Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und einer Kreatinin-Clearance zwischen 30 und 60 ml/min Dosis halbieren; bei Kreatinin-Clearance zwischen 10 und 30 ml/min Dosis auf ein Drittel reduzieren. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 In niedriger Dosierung geringe Nebenwirkungsrate; Akathisie; EPS bei über 400 mg/Tag möglich, aber in Frequenz und Intensität gering ausgeprägt. 5 Häufig: Schlaflosigkeit, Angst, Agitiertheit; Tremor, Rigidität, Hypokinese, Akathisie; vermehrter Speichelfluss. 5 Gelegentlich: Müdigkeit, Schwindel; gastrointestinale Störungen, Mundtrockenheit; Gewichtszunahme; durch erhöhtes Prolaktin: Galaktorrhö, Menstruationsstörungen, Gynäkomastie, Brustschmerzen/Brustvergrößerung, Prolaktinome, Orgasmusstörungen, Impotenz. 5 Selten: Dystonie, Torticollis, Augenmuskel-/Kieferkrämpfe, Krampfanfälle; Hypotension, Bradykardie, QT-Verlängerung; allergische Reaktionen; Anstieg von Leberenzymen. 5 Sehr selten: Spätdyskinesie, Torsades de pointes, malignes neuroleptisches Syndrom. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Nierenerkrankungen mit einer Kreatininclearance <10 ml/min. 5 Kombination mit Pharmaka, die schwerwiegende Herzrhythmusstörungen (Torsade de pointes) auslösen können (z. B. Antiarrhythmika Klasse I und III, Thioridazin) und Kombination mit L-Dopa; prolaktinabhängige Tumoren. 5 Relative Kontraindikationen: Nierenerkrankungen (s. oben); schwere organische Hirnerkrankungen, Morbus Parkinson.
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Interaktionen 5 Keine spezifischen pharmakokinetischen Interaktionen bekannt. Zu pharmakodynamischen Interaktionen s. Kontraindikationen. Bewertung AAP, auch bei Negativsymptomatik wirksam; geringes Risiko für Sedierung und EPS. Vorteil nichthepatischer Metabolisierung und dadurch geringes Interaktionsrisiko (Kombinationsmöglichkeiten auch mit Clozapin und Olanzapin möglich). ! Insbesondere ist ein möglicher Zusammenhang zwischen Prolaktin-
erhöhungen und sexuellen Funktionsstörungen, Osteoporose sowie einer Erhöhung des thromboembolischen Risikos unter Langzeittherapie mit prolaktinerhöhenden Medikamenten, wie besonders bei Amisulprid, zu beachten.
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Aripiprazol Atypisches Antipsychotikum Dichlorphenyl-Piperazinyl-Chiloninon Abilify (Bristol-Myers Squibb/Otsuka) Tbl. 5 mg (49 Tbl. ) 10 mg (14, 49 Tbl.) 15 mg (14, 49, 98 Tbl.) 30 mg (14, 49 Tbl.) Schmelztabletten 10, 15 mg (49 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Aripiprazol ist ein AAP, dessen pharmakologische Eigenschaften es von bisher verfügbaren Antipsychotika unterscheiden. 5 Hochaffiner Antagonist an D2-Dopaminrezeptoren mit agonistischer D2- und D3-Wirkung bei dopaminerger Hypoaktivität; partieller Agonismus an 5-HT1A-Serotoninrezeptoren und Antagonismus an 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren. 5 Mäßige Affinität zu D4-Dopaminrezeptoren, 5-HT2C- und 5-HT7Rezeptoren, alpha-Adrenozeptoren und H1-Histamin-Rezeptoren 5 Keine nennenswerte Affinität zu Acetylcholinrezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax = 3‒5h; t½=60–80 h; Steady state nach ca. 14 Tagen. 5 Extensive hepatische Metabolisierung über CYP 3A4 und CYP 2D6.
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5 Hauptmetabolit Dehydroaripiprazol mit Affinität zu D2-artigen Rezeptoren (40% der Muttersubstanz). Eliminationshalbwertszeiten für Dehydroaripiprazol 94 h; die Clearance für Aripiprazol scheint in höherem Alter reduziert. 5 Orale Bioverfügbarkeit etwa 87%; Plasmaproteinbindung >99%. 5 Plasmakonzentration: ca. 150‒250 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schizophreniez. 5 Wirksamkeit bei Positiv- und Negativsymptomen sowie depressiven Symptomen, Hinweise für Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten bei Schizophrenien. 5 Hinweise für antimanische Wirkung (akut und zur Rezidivprophylaxe, in USA zur Behandlung manischer und gemischter Episoden bei bipolaren Störungen zugelassen). 5 Geringes EPS-Risiko; keine Prolaktinerhöhung; allenfalls minimale Gewichtszunahme; keine bedeutsame Verlängerung des QTc-Intervalls. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Anfangs- und Erhaltungsdosis 15 mg/Tag. Dosierungsbereich: 15‒ 30 mg/Tagz. 5 In Einzelfällen auch Beginn mit 5 mg, möglicherweise geringeres Risiko für Unruhe und Agitiertheit. 5 Bei Umstellung sollte die Vormedikation laut Herstellerangaben über einen längeren Zeitraum vorsichtig ausgeschlichen werden, d. h. in der Regel Weiterführen der antipsychotischen Vormedikation für etwa 2 Wochen unter einschleichender Aufdosierung von Aripiprazol. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: Kopfschmerzen; Erregung, Schlaflosigkeit, Angstzustände; weiterhin: Müdigkeit, Schwäche, Benommenheit; Asthenie, Akathisie, Tremor; verschwommenes Sehen; Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung. 5 Gelegentlich: Tachykardie, orthostatische Hypotonie. 5 Selten: malignes neuroleptisches Syndrom, Spätdyskinesien, Krampfanfälle und zerebrovaskuläre Ereignisse.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Sehr selten: u. a. Hyperglykämie, Diabetes mellitus oder Verschlechterung der Stoffwechsellage bei vorbestehendem Diabetes mellitus, Hyperthermie. 5 Einzelfälle mit Verschlechterung der psychotischen Symptomatik wurden berichtet und auf den partiell dopamin-agonistischen Wirkmechanismus der Substanz zurückgeführt. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Bekannte Unverträglichkeit, Krampfanfälle in der Vorgeschichte oder erhöhte Anfallsbereitschaft; Vorsicht bei Patienten über 65 Jahre (keine Erfahrung). Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Bei gleichzeitiger Verabreichung von CYP 3A4- oder CYP 2D6-Inhibitoren (z. B. Ketokonazol bzw. Chinidin, Fluoxetin oder Paroxetin) sollte die Dosis verringert werden (bis 50%), bei Verabreichung von Induktoren (z. B. Carbamazepin, Johanniskraut) sollte die Dosis erhöht werden (bis zur Verdopplung). Bewertung AAP mit zumindest partiell neuartigem Wirkmechanismus. Keine Prolaktinerhöhung. Im Vergleich zu anderen AAP geringe Sedierung; geringes Risiko für EPS und Gewichtszunahme. Benperidol Butyrophenon Benperidol-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 2, 4, 10 mg Trpf. 2 mg=20 Trpf.=1 ml (30 ml; Pipettenfl. 100 ml) Amp. 2 mg/2 ml
Glianimon (Bayer Vital) Tbl. 2 mg (20, 50 Tbl.), 5, 10 mg (50 Tbl.) Trpf. 2 mg=20 Trpf.=1 ml (30 ml; Pipettenfl. 100 ml) Amp. 2 mg/2 ml (5 Amp.)
Pharmakodynamik 5 Antagonisierung D2-artiger Rezeptoren mit hoher Affinität zu D2Rezeptoren; Blockade von 5-HT2-Rezeptoren; geringe Wirkung auf α1- und H1-Rezeptoren. 5 Keine anticholinergen Effekte.
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Pharmakokinetik 5 Tmax=ca. 1 h (Tropfen) bzw. 3 h (Tabletten); t½=ca. 5 h , Bioverfügbarkeit ca. 40–50%; Plasmaproteinbindung >90%. 5 Reduziertes Benperidol als Metabolit klinisch vermutlich ohne Bedeutung. Die am Metabolismus beteiligten Enyzme sind nicht bekannt, wahrscheinlich ähnlich wie bei Haloperidol. 5 Plasmakonzentration: 2–10 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute psychotische Syndromez; katatone Syndromez; delirante und andere exogen psychotische Syndromez. 5 Symptomsuppression und Rezidivprophylaxe bei chronisch verlaufenden endogenen und exogenen Psychosenz. 5 Maniforme Syndromez. 5 Psychomotorische Erregungszustände(z). 5 Sedierung bei psychomotorischen Erregungszuständen, wenn ein hochpotentes konventionelles Antipsychotikum mit starkem D2-Rezeptorantagonismus indiziert ist. 5 Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Oral: maximal 40 mg/Tagz, Erhaltungsdosis 1–6 mg/Tag; bei älteren Patienten niedrigere Dosis (Beginn mit 0,3–3 mg/Tag). 5 Parenteral (i.v. oder i.m.) akut: 1–3 mal/Tag 0,5–4 mg (1/4‒2 Amp.); Beginn mit 1–3 mg/Tag; maximal 40 mg/24 h z. 5 2–4 Einzeldosen, Hauptdosis zur Nacht. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Sehr häufig: dosisabhängig EPS (Benperidol wird meistens in schweren Akutphasen eingesetzt, daher oft hohe Dosierung): Frühdyskinesien, Parkinson-Syndrom, Akathisie; Müdigkeit insbesondere bei höherer Dosierung (Sedierung ist in Notfallsituationen meist erwünscht), nach langfristiger hochdosierter Anwendung Spätdyskinesien. 5 Häufig: initial orthostatische Hypotonie und Tachykardie, QTc-Verlängerung und/oder ventrikuläre Arrhythmien; Gewichtszunahme, Hyperglykämien, Diabetes mellitus; Menstruationsstörungen, Brustvergrößerung, Verminderung von Libido und Potenz (durch Hyperprolaktinämie).
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Gelegentlich: Schwindel, Lethargie, Kopfschmerzen, depressive Verstimmungen (insbesondere bei Langzeitanwendung), Erregungszustände, delirante Symptomatik; passagere Erhöhung der Leberenzymaktivitäten; Leukopenie; allergische Hautreaktionen. 5 Sehr selten: Malignes neuroleptisches Syndrom; cholestatische Hepatose. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Relative Kontraindikationen: Morbus Parkinson; Leberinsuffizienz; kardiale Vorschädigung; prolaktinabhängige Tumoren; Erkrankungen des hämatopoetischen Systems; hirnorganische Erkrankungen, Epilepsie (Senkung der Krampfschwelle möglich); Hyperthyreose. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Erniedrigung der Benperidolplasmakonzentration durch Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Rifampizin sowie durch Rauchen möglich. 5 Verstärkung der Wirkung von Antihypertensiva möglich, insbesondere von α1-Adrenozeptorantagonisten. 5 Polypeptidantibiotika (z. B. Capreomycin, Colistin, Polymyxin B): Verstärkung der Atemdepression. 5 Wirkungsabschwächung von Disulfiram bei gleichzeitigem Alkoholgenuss. 5 In Kombination mit Lithium gegenseitige Plasmaspiegelerhöhung mit der Gefahr neurotoxischer Symptome. Bewertung Hochpotentes konventionelles Antipsychotikum. Benperidol hat von allen im Handel befindlichen Antipsychotika die höchste Affinität zu D2-Dopaminrezeptoren. Bromperidol Butyrophenon Impromen (Janssen-Cilag) Trpf. 2 mg=20 Trpf.=1 ml (100 ml)
Tesoprel (UCB) Tbl. 5 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trpf. 2 mg=20 Trpf.=1 ml (30, 100 ml)
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Pharmakodynamik 5 Antagonisierung von D2-artigen Rezeptoren, mäßige Blockade von 5HT2-Rezeptoren, geringgradig α1-adrenolytische Eigenschaften. 5 Keine antihistaminergen oder anticholinergen Effekte. Pharmakokinetik 5 Tmax=2–4 h; t½=15–34 h; Bioverfügbarkeit ca. 30%. Plasmaproteinbindung >90%. 5 Plasmakonzentration: 1–10 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute, subakute und chronische Schizophrenienz. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Erhaltungsdosis: 1‒10 mg (durchschnittlich 4‒6mg) einmal täglich, bei akuten Schizophrenien bis zu 50 mgz in fraktionierten Einzeldosen 5 Hauptdosis zur Nacht; bei älteren Patienten ggf. niedrigere Dosis. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: am wichtigsten sind dosisabhängige EPS (wahrscheinlich genauso häufig wie unter Haloperidol); weiterhin: ventrikuläre Arrhythmien bei hohen Dosen und prädisponierten Patienten; Müdigkeit; Blutbildveränderungen; Haarausfall; Störungen der Atmung 5 Gelegentlich: Hypotonie, orthostatische Dysregulation, Tachykardie, periphere Ödeme; Priapismus, erektile Dysfunktion. 5 Selten: gastrointestinale Störungen; passagere Erhöhung der Leberenzymaktivitäten, vegetative Symptome (bei hoher Dosierung: z. B. Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, Obstipation, Miktionsstörungen), seltener: Unruhe, Benommenheit, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen depressive Verstimmung. 5 Sehr selten: Malignes neuroleptisches Syndrom, QTc-Verlängerungen und/oder ventrikuläre Arrhythmien, lebensbedrohlicher paralytischer Ileus, Agranulozytose, plötzliche und ungeklärte Todesfälle (ein Kausalzusammenhang ist unklar). 5 Unter niedrigen Dosierungen nur geringe vegetative Nebenwirkungen aufgrund der weitgehend fehlenden anticholinergen Komponente.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Relative Kontraindikationen: Lebererkrankungen; kardiale Vorschädigung; prolaktinabhängige Tumoren. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Verstärkte Metabolisierung von Bromperidol durch Induktion von CYP 3A4 durch Carbamazepin, erniedrigter Plasmaspiegel von Bromperidol (37%) mit möglicherweise reduzierter Wirkung. Bewertung Hochpotentes konventionelles Antipsychotikum. Angenommene bessere Verträglichkeit gegenüber Haloperidol nicht hinreichend gesichert. Chlorpromazin Trizyklisches Antipsychotikum Phenothiazin mit aliphatischer Seitenkette Propaphenin (Rodleben) Tbl. 25 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trpf. 20 mg=1 ml (20, 100 ml) Amp. 50 mg=2 ml (10 Amp.)
Dosierung 5 Psychiatrische Indikation (Psychomotorische Unruhe- u. Erregungszustände im Rahmen psychotischer Störungen einschließlich maniformer Syndromez): Oral initial 150–400 mg/Tagz;Erhaltungsdosis 100– 300 mg/Tag, maximal stationär bis 500mg/Tagz in 3–4 Einzeldosen (Plasmakonzentration 30–300 ng/ml(p)), um eine antipsychotische Wirksamkeit zu erhalten (vom Hersteller deutlich niedrigere Dosisangabe: 50–150 mg/Tag); i.m. 75–150 mg; falls überhaupt i.v., nur sehr langsam nach Verdünnung (Thrombophlebitis-Nebenwirkung: 7 Kap. 3.6). Bewertung Niedrig- bis mittelpotentes konventionelles Antipsychotikum von historischer Bedeutung (neuroleptische Potenz wird auf Chlorpromazin bezogen); wegen der Entwicklung wirksamerer Präparate mit deutlich weniger Nebenwirkungen in der Psychiatrie nicht zu empfehlen. Spezielle Indikationen: schwerer Singultusz (Dosis 3- bis 4-mal täglich 25–50 mg oral für 10 Tage, zu Beginn der Behandlung parenterale Gabe empfohlen: 25–150 mg/Tag
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in 2–3 Gaben); zentral ausgelöstes Erbrechenz(Dosis 25–150 mg/Tag in 1–4 Einzelgaben). Chlorprothixen Thioxanthen Chlorprothixen Holsten (Holsten) Filmtbl. 15, 50 mg Chlorprothixen neuraxpharm (neuraxpharm) Filmtbl. 15, 50, 100 mg
Trizyklisches Antipsychotikum
Truxal (Lundbeck) Drg. 15, 50 mg (20, 50, 100 Drg.) Saft 20 mg=1 ml (100 ml Saft)
Pharmakodynamik 5 Antipsychotikum mit mittelstarker Affinität zu D2-Rezeptoren. Starke Blockade von 5-HT2- und H1-, aber auch von mACh(M1)- und α1Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax=2–3 h; t½=8–12 h; Bioverfügbarkeit: ca. 50% orale und parenterale Form enthalten zu fast 100% das wirksame cis-Isomer. 5 Plasmakonzentration: 20–200 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Psychomotorische Unruhe und Erregungszustände im Rahmen akuter psychotischer Syndrome und zur Behandlung von maniformen Syndromenz. 5 I. Allg. reicht die antipsychotische Potenz nicht aus, um akute Psychosen allein mit Chlorprothixen zu behandeln. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7.
5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Oral: einschleichend bis zur Erhaltungsdosis von ambulant 30– 150 mg/Tagz; stationär bis 400 mg/Tagz. 5 Parenteral: 50–150 mg i.mz.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Im unteren Dosisbereich (15–30 mg/Tag) geringe Nebenwirkungen (anticholinerg, adrenolytisch); im Vergleich zu Haloperidol weniger dosisabhängige EPS. Nach meist längerer und hochdosierter Therapie oder nach Abbrechen selten: Spätdyskinesien, sehr selten: malignes neuroleptisches Syndrom. 5 Sehr häufig: Müdigkeit (in der Regel erwünscht), Verlängerung der Reaktionszeit, Benommenheit und Schwindelgefühl; orthostatische Dysregulation und Tachykardie, v. a. bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zu Beginn der Behandlung und bei höheren Dosierungen; häufig ist auch die Verlängerung des QTc-Intervall, insbesondere bei Vorliegen weiterer Risikofaktoren, Risiko für Torsades de Pointes. 5 Häufig und gelegentlich: Leberenzymerhöhung und die unter trizyklischen Antipsychotika bekannten vegetativen Nebenwirkungen, zerebrale Krampfanfälle. 5 Selten: Blutbildveränderungen 5 Risiken zu i.v.-Injektionen: 7 Kap. 3.6. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Niereninsuffizienz; kardiale Vorschädigung, schwere Hypotonie bzw. orthostatische Dysregulation; prolaktinabhängige Tumoren; Morbus Parkinson; Hyperthyreose; Glaukom, Prostatahypertrophie, Harnverhalt; Krampfanfälle; Vorsicht bei gleichzeitigem Vorliegen von Depression und Psychose. Interaktionen (7 Kap. 3.8)
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Bewertung Niedrigpotentes konventionelles Antipsychotikum mit anticholinerger und adrenolytischer Komponente.
3.13 · Präparate
Clozapin Dibenzodiazepin
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Trizyklisches Antipsychotikum
Clozapin Hexal (Neuro Hexal) Tbl. 25, 50, 100 mg
Clozapin-Pharma (1A Pharma) Tbl. 25, 50, 100 mg
Clozapin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 25, 50, 100, 200 mg
Elcrit (Parke Davis, Pfizer) Tbl. 25, 50, 100 mg
Clozapin beta (betapharm) Tbl. 25, 50, 100 mg
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Leponex (Novartis Pharma) Tbl. 25, 50, 100 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Clozapin dura (Merck dura) Tbl. 25, 100 mg
Die kontrollierte Anwendung von Clozapin mit regelmäßigen Blutbildkontrollen und entsprechender Aufklärung des Patienten (s. unten) ist in jedem Falle unabhängig von der Wahl des Clozapin-Präparates zu empfehlen. Pharmakodynamik 5 Antipsychotikum mit ausgeprägt initial dämpfender Wirkung und fehlenden EPS. 5 Hohe Affinität zu H1-, α1-, 5-HT2A-, 5-HT2C-, mACh- (M1 und M4) und D4-Rezeptoren. 5 Niedrige Affinität zu D1-, D2-, D3-, D5-, 5-HT1A-, 5-HT3-, α2- und mACh(M2)-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Fast vollständige Resorption bei oraler Applikation; Bioverfügbarkeit: 50–60%. 5 Tmax=2–4 h; t½=12–16 h . 5 Fast ausschließlich hepatische Verstoffwechslung (bevorzugt durch CYP 1A2, daneben CYP 3A4 und – von geringer Bedeutung – CYP 2D6) mit 2 Hauptmetaboliten: N-Desmethyl-clozapin und Clozapin-N-oxid. 5 Steady state nach 6–10 Tagen. 5 Plasmakonzentration (nur Clozapin, ohne Metabolite): 350–600 ng/mlp.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische Formen schizophrener Psychosenz, wenn: − vor Beginn der Behandlung ein normaler Leukozyten-Befund vorliegt − regelmäßige Blutbildkontrollen durchgeführt werden können (s. unten) und − der Patient auf mindestens zwei verschiedene Antipsychotika nicht anspricht oder diese nicht verträgt (insbesondere Spätdyskinesien und nicht tolerierbare, therapierefraktäre andere EPS). 5 In niedriger Dosis bei Psychosen im Verlauf eines Morbus Parkinsonz nach Versagen der Standardtherapie. 5 Wirksamkeit auch bei psychotischen Symptomen im Rahmen einer Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) in niedriger Dosis; 7 Kap. 6.4.4 und 3.4.7. 5 Hinweise für antisuizidale Wirksamkeit: Clozapin scheint eine genuin antisuizidale, möglicherweise auch antiaggressive Wirkung zu besitzen; auch im Vergleich zu Olanzapin wurde eine Reduktion der Suizidalität bei schizophrenen Patienten berichtet; auf das Intoxikationsrisiko ist jedoch bei suizidalen Patienten zu achten. 5 Hinweise für Wirksamkeit u. a. auch bei therapierefraktären affektiven Störungen und schizoaffektiven Störungen, insbesondere vom bipolaren Subtyp. 5 Bei schizophrenen Störungen mit seitheriger Therapieresistenz besteht Überlegenheit gegenüber konventionellen und wahrscheinlich auch anderen AAP. 5 Ein Behandlungsversuch sollte mindestens 6–8 Wochen andauern; von einer Non-Response auf Clozapin sollte man erst nach 6 Monaten sprechen (mögliches Vorgehen 7 Kap. 3.13.3). 5 Sollte eine Indikation zum Umsetzen von Clozapin auf ein anderes AAP bestehen, ist ‒ falls möglich ‒ ein sehr langsames überlappendes Umsetzen (2–6 Monate) durchzuführen (7 Kap. 3.12.2). 5 Die Behandlung ist von einem in der Behandlung akuter und chronischer Formen schizophrener Psychosen erfahrenen Facharzt zu überwachen. Wer Clozapin verordnet, muss dem Hersteller die Kenntnisnahme der nötigen Untersuchungen mit Unterschrift bestätigen (s. oben). 5 Bei langfristiger Behandlung erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus; daher regelmäßige Blutzuckerkontrollen, bei Diabetikern ggf. Umstellung (7 Kap. 3.6.2). 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8.
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Dosierung 5 Einschleichender Beginn mit einer Testdosis von 12,5 mg/Tag oral, dann Steigerung um höchstens 25 mg täglich. Wird Clozapin mehr als 2 Tage abgesetzt, empfiehlt es sich, wieder mit 12.5 mg zu beginnen. 5 Erhaltungsdosis 100–400 mg/Tag in der Regel in mehreren Einzeldosen; Höchstdosis 600 mg, in Einzelfällen bis 900 mg/Tagz, 5 bei Morbus Parkinson Beginn mit 6,25‒12,5mg, Dosisbereich 25‒ 37,5 mg, maximal 100 mgz. 5 Bei älteren Patienten und Demenz mit Lewy-Körperchen Beginn mit 6,25 mg/Tag (bis 25, maximal 50 mg). 5 Wegen der initial häufig ausgeprägten Sedierung Beginn und Hauptdosis möglichst abends oder zur Nacht. 5 Die Dosis ist individuell – ggf. mit Hilfe von Plasmaspiegelbestimmungen – einzustellen und die niedrigste wirksame Dosis zu verabreichen. Behandlung mit Clozapin setzt – nach Vorgaben der Hersteller – voraus: 5 Vor Beginn Leukozyten >3500/µl bei normalem Diff.-BB (Kontrolle darf nicht länger als 10 Tage zurückliegen). 5 Gewährleistung von wöchentlichen Kontrollen der Leukozytenzahl in den ersten 18 Wochen, danach mindestens einmal im Monat; nach Absetzen von Clozapin Kontrolle über weitere 4 Wochen. 5 Kein Ansprechen auf andere Antipsychotika (zwei verschiedene, mindestens ein AAP). 5 Unverträglichkeit anderer Antipsychotika. 5 Diff.-BB: 2-mal pro Woche kontrollieren, wenn: − Abfall der Leukozyten um mindestens 3000/µl (zwischen 2 Messungen oder innerhalb von 3 Wochen) − Leukozytenzahl 3000–3500/µl. Clozapin muss abgesetzt werden, wenn Leukozyten auf <3000/µl und/ oder neutrophile Granulozyten auf <1500/µl absinken. Bei Eosinophilie >3000/µl oder Thrombozytopenie <50.000/µl ist ein Absetzen zu empfehlen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Dosisunabhängig Leukopenie, Granulozytopenie, Thrombopenie, Agranulozytose und Panzytopenie (selten). 5 Agranulozytoserisiko ist höher als bei anderen Antipsychotika (1–2%), Häufigkeitsgipfel in der 6.–14. Behandlungswoche; außerdem möglich: Eosinophilie, Thrombozytopenie, auch Leukozytose. Eosinophilie kann Vorbote einer Agranulozytose oder Zeichen einer Begleitpankreatitis sein (s. oben). 5 Vor Behandlungsbeginn ist auf diese Gefahr der Agranulozytose, die dafür typischen Symptome und die notwendigen Untersuchungen hinzuweisen. 5 Clozapin senkt bei hohen Dosen und raschem Dosisanstieg – mehr als andere Antipsychotika – die Krampfschwelle; aber durch Clozapin induzierte Krampfanfälle, die bei ca. 1% der Patienten vorkommen, und für die es ein erhöhtes Risiko bei Dosen >600 mg/Tag oder Plasmaspiegel >600 ng/ml gibt, sind keine absolute Kontraindikation gegen die Beibehaltung der Medikation; ggf. kann eine Begleittherapie mit einem Antikonvulsivum (z. B. Lamotrigin, Valproinsäure) erwogen werden. 5 Vor allem bei schnellem Dosisanstieg Gefahr eines (anticholinergen) Delirs (Therapie: Dosisreduktion oder Absetzen). 5 Sehr häufig: anfängliche Sedierung; orthostatische Dysregulation mit Tachykardie und Hypotonie, sodass in manchen Fällen vorübergehend Bettruhe indiziert ist, Temperaturanstieg (bis 39°C, Auftreten typischerweise nach ca. 10 Tagen, meist ohne Therapie reversibel, selten Absetzgrund). 5 Häufig: persistierende Hypersalivation, wahrscheinlich aufgrund des M4-Agonismus von Clozapin (Therapieversuch mit Pirenzepin 25–100 mg/Tag ist möglich; neuere Studien mit Sulpirid 150‒300 mg und Amisulprid 100‒400 mg zeigten eine deutliche Reduktion der Clozapin-induzierten, meist nächtlichen Hypersalivation neben einer Verbesserung der Negativsymptomatik; Einzelfälle wurden auch erfolgreich mit Botulinum-Injektionen in die Gl. parotis behandelt, die Wirkung hielt über etwa 12 Wochen an); deutliche Gewichtszunahme; Hyperglykämien bis zur Ketoazidose und hyperosmolarem Koma und Entwicklung eines Diabetes mellitus möglich (selten) (7 Kap. 3.6). 5 Gelegentlich: Passagerer Transaminasenanstieg; sehr selten fulminante Lebernekrose, akute Pankreatitis; Kopfschmerzen, Muskelschwäche, Schwindelgefühl; Übelkeit und Erbrechen; allergische Hautreaktionen.
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5 Selten: Kardiale Arrhythmien, Myokarditis und Perikarditis mit oder ohne Eosinophilie, Kardiomyopathie mit sehr selten tödlichem Ausgang (mögliche Myokarditis: u. a. unspezifische grippeähnliche Symptome und/oder Symptome einer Herzinsuffizienz, neu aufgetretene Ruhetachykardie, Arrhythmie, Dyspnoe, klinische, laborchemische und EKG-Zeichen eines Herzinfarktes oder einer Perikarditis). Blasenentleerungsstörungen (Harnverhalt, aber auch Harninkontinenz, insbesondere Enuresis nocturna) und Obstipation bis zum Ileus (sehr selten); Thromboembolie (Immobilisierung vermeiden); Myalgien mit CPK-Erhöhung (sehr selten mit Rhabdomyolyse), Tremor, Akathisie, Myoklonien, Rigor. 5 In Einzelfällen: Absetzdyskinesien bei vorheriger Behandlung mit anderen Antipsychotika, ansonsten wirksam bei der Behandlung von Spätdyskinesien; ausgeprägte Hyponatriämie mit Krampfanfällen (zentrale pontine Myelinolyse), malignes neuroleptisches Syndrom; interstitielle Nephritis, Priapismus; letale Gastroenteritis; Induktion eines Lupus erythematodes. ! Bei begründetem Verdacht eines kardialen Risikos Clozapin sofort
absetzen! Vor Beginn einer Therapie mit Clozapin bei Patienten mit kardialem Risiko kardiologische Abklärung!
Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Früher aufgetretene BB-Schädigung (z. B. Clozapin, andere Antipsychotika, sonstige Arzneimittel, Ausnahme: Leukopenie durch Zytostatika). Eine neuere Untersuchung zeigte allerdings, dass eine Reexposition mit Clozapin bei einem Großteil der Patienten nicht zu erneuten signifikanten BB-Veränderungen führte. 5 Hämatologische Erkrankungen, insbesondere falls Leukozyten betroffen sind (Ausnahme: bei ethnisch bedingter benigner Neutropenie). 5 Intoxikationen mit zentralwirksamen Substanzen, Bewusstseinstrübungen. 5 Medikamentös ungenügend kontrollierte Epilepsie. 5 Schwere kardiale Erkrankungen, schwere Erkrankungen der abführenden Gallenwege und der Niere, aktive und progressive Lebererkrankungen, Leberversagen, Darmatonie. 5 Relative Kontraindikationen: Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie, Alter <16 Jahre. Möglichst keine Kombination mit anderen
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Präparaten, die Blutbildungsstörungen hervorrufen oder die Krampfschwelle erniedrigen können. 5 Besondere Vorsicht bei älteren Patienten, Patienten in schlechtem Allgemeinzustand, kardialer Vorschädigung, bei Vorliegen einer Lebererkrankung (regelmäßige Kontrollen!), bestehendem Krampfleiden, schwerer Hirnleistungsstörung. ! Keine Kombination von Clozapin mit trizyklischen Depot- Antipsycho-
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tika. ! Kardiovaskuläre Synkopen und/oder Atemstillstand bei gleichzeitiger
Clozapin-Einnahme und Benzodiazepin-Gabe möglich (i.v.-Applikation von Benzodiazepinen unbedingt vermeiden!).
5 Nach neueren Untersuchungen stellt eine Kombination von Clozapin mit Benzodiazepinen keine absolute Kontraindikation dar, sollte jedoch weiterhin sorgfältig abgewogen werden. Klinisch dringliche Situationen wie ein malignes neuroleptisches Syndrom, katatone Zustandsbilder oder extreme Agitiertheit lassen eine solche Kombinationstherapie vertretbar erscheinen (7 Kap. 4.6.4). Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Mit Lithium erhöhte »Neurotoxizität« möglich (Krampfanfall, Delir), erhöhtes Risiko für ein malignes neuroleptisches Syndrom. 5 Mit Diphenhydramin, Doxylamin und Promethazin verstärkte Sedierung und anticholinerge Nebenwirkungen. 5 Carbamazepin oder Rauchen beschleunigt den Abbau von Clozapin: Wiederauftreten der psychotischen Symptome möglich. Nach Absetzen von Carbamzepin oder nach Raucherentwöhnung steigen die Clozapinspiegel an, und es ist mit Nebenwirkungen zu rechnen (eine Kombination von Clozapin mit Carbamazepin ist generell nicht zu empfehlen!) 5 Bei Kombination mit Risperidon Anstieg der Plasmaspiegel von Clozapin; Risiko vermehrter Clozapin-Nebenwirkungen. Dosisanpassung von Clozapin unter Plasmaspiegelkontrolle. ! Kombination mit Fluvoxamin führt bis zu einem 10fachen Anstieg der
Clozapinkonzentration (Fluoxetin zu einem 2fachen Anstieg, unter Paroxetin Anstieg der Clozapinspiegel bei hohen Dosen von Paroxetin), deshalb Plasmaspiegelkontrollen mit Dosisanpassung.
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Bewertung Einziges AAP im engeren Sinn mit besonderer Bedeutung in der Psychopharmakologie bei schizophrener Therapieresistenz und bei nicht tolerierbaren EPS; auch bei Negativsymptomatik wirksam. Eingeschränkte Verwendbarkeit wegen starker Nebenwirkungen. ! Auf Agranulozytoserisiko, Gewichtszunahme, Dyslipidämie und
Diabetesinduktion unter Clozapin besonders achten (angemessene Kontrollen, 7 Kap. 3.6.2).
Flupentixol Thioxanthen
Trizyklisches Antipsychotikum
Fluanxol (Bayer Vital) Drg. 0,5 mg (50 Drg.) 2 mg (50, 100 Drg.) 5 mg(50, 100 Drg.) Trpf. 50 mg=20 Trpf.=1 ml (10 ml)
Flupentixol-neuraxpharm (neuraxpharm) Amp. 20 mg/1 ml 40 mg/2 ml 100 mg/1 ml
Depotpräparat (nur i.m.) Flupentixoldecanoat
Flupen dura (Merck dura) Amp. 20 mg/1 ml 100 mg/1 ml
Fluanxol Depot (Bayer Vital) Amp. 10 mg/0,5 ml (5 Amp.) (Fluanxol Depot 2%) 20 mg/1 ml (1,5 Amp.; Inj.fl. 3 ml, 10 ml) (Fluanxol Depot 2%) 100 mg/1 ml (1,5 Amp.) (Fluanxol Depot 10%)
Pharmakodynamik 5 Hochpotentes Antipsychotikum aus der Reihe der Thioxanthene mit etwa gleich starker Blockade von D1- und D2-Rezeptoren sowie der 5-HT2A-Rezeptoren. 5 Blockade der α1-Rezeptoren, geringe Affinität zu H1-Rezeptoren 5 Sehr geringe antagonistische Wirkung an muskarinergen M1/M2-AChRezeptoren. Pharmakokinetik 5 Oral: Tmax=3–6 h ; t½=20–40 h; Bioverfügbarkeit: 40–50%. 5 Depot: Tmax=ca. 7 Tage; t½=2–3 Wochen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten. 5 50% cis-50% trans-Isomer in Drg. und Trpf.; 100% cis-Isomer in Depotform. 5 Plasmakonzentration: >2 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akut- und Langzeitbehandlung schizophrener Psychosenz. 5 Hinweise für günstige Beeinflussung auch der Negativsymptomatik bei der Behandlung von Schizophrenie; zur Problematik der Langzeitbehandlung mit konventionellen Antipsychotika: 7 Kap. 3.11. 5 In niedriger Dosis (0,5 mg Drg.) Hinweise zur günstigen Beeinflussung leichter bis mittelschwerer Depression und Angststörungen. 5 Von einer Phasenprophylaxe affektiver Psychosen ist entgegen früheren Empfehlungen abzuraten, ebenso von der routinemäßigen Verordnung von Flupentixol als primärem Anxiolytikum oder Antidepressivum. 5 Günstige Wirkungen wurden bei der symptomatischen Behandlung von Persönlichkeitsstörungen beschrieben. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Oral: Abhängig vom psychopathologischen Zustandsbild; für die Akutbehandlung 10–60 mg/Tagz, zur Langzeitbehandlung chronischer Schizophrenien und bei vorwiegender Negativsymptomatik 4–20 mg/Tagz. 5 Bei Persönlichkeitsstörungen Versuch mit 1–3 mg/Tag, ggf. höhere Dosis. 5 Depot: 10–60 mg i.m. (maximal 100 mg) im Abstand von 2–4 Wochenz Erhaltungsdosis 20 mg i.m. alle 3 Wochen für gute Langzeitwirkung oft ausreichend. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Sehr häufig: EPS, v. a. bei hoch dosierter Depotverabreichung; orthostatische Dysregulation, Hypotonie, Tachykardie (v. a. zu Behandlungsbeginn); EKG-Veränderungen sind möglich (Störung der Erregungsausbreitung und -rückbildung). 5 Häufig: Initiale Müdigkeit, Akkommodationsstörungen, übliche vegetativen Nebenwirkungen unter trizyklischen Antipsychotika, gastrointestinale Beschwerden, Erhöhung des Augeninnendrucks. 5 Gelegentlich: Unruhe, Schlafstörungen, Benommenheit, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen; delirante Symptome (v. a. bei Kombination mit
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anticholinerg wirksamen Substanzen), zerebrale Krampfanfälle, Regulationsstörungen der Körpertemperatur; 5 Selten: allergische Hautreaktionen, Photosensibilität; passagere Leberfunktionsstörungen, Cholestase, Ikterus; malignes neuroleptisches Syndrom, Verschlechterung psychotischer Prozesse; paralytischer Ileus 5 Sehr selten: Bein- u. Beckenvenenthrombosen, Blutbildveränderungen. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Kreislaufschock oder Koma; Alter <18 Jahre. 5 Relative Kontraindikationen: Störungen des hämatopoetischen Systems; Leber- und Niereninsuffizienz, kardiale Vorschädigung; prolaktinabhängige Tumoren, schwere Hypertonie und Hypotonie, orthostatische Dysregulation; Morbus Parkinson; chronische Atembeschwerden und Asthma; Glaukom, Harnverhalten, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung; nur unter besonderer Vorsicht anwenden bei Patienten mit Hirnschäden und Krampfanfällen in der Anamnese, da Grandmal-Anfälle auftreten können (bei Epilepsie nur zusammen mit einer Antikonvulsiva-Behandlung). Interaktionen (7 Kap. 3.8) Bewertung Hochpotentes konventionelles Antipsychotikum zur Akut- und Langzeitbehandlung schizophrener Störungen. Studien belegen auch die Wirksamkeit gegen Negativsymptomatik, insbesondere in niedrigeren Dosierungen. Fluphenazin Trizyklisches Antipsychotikum Phenothiazin mit Piperazinylseitenkette Dapotum (Bristol-Myers Squibb/SanofiSynthelabo) Tbl. 5 mg (20, 50, 100 Tbl.) Amp. 10 mg/1 ml (5 Amp.) (Dapotum acutum) Lyogen (Lundbeck) Tbl. 1, 4 mg (20, 50 Tbl.) (Lyogen) Drg. 3, 6 mg (20, 50 Drg.) (Lyogen retard) Trpf. 2,5 mg=25 Trpf.=1 ml (30 ml; 100 ml Pipettenfl.) (Lyogen forte)
Lyorodin (Rodleben) Tbl. 1, 4 mg Omca (Bristol-Myers Squibb) Drg. 1 mg
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Depotpräparate (nur i.m.) Fluphenazindecanoat Dapotum D (Bristol-Myers Squibb/ Sanofi-Synthelabo) Amp. 12,5 mg=0,5 ml (1,5 Amp.) (Dapotum D 12,5) 25 mg=1 ml (1,5 Amp.) (Dapotum D 25) 50 mg=0,5 ml (1,5 Amp.) (Dapotum D 50) 100 mg=1 ml (1,5 Amp.) (Dapotum D 100) 250 mg=10 ml (1 Injfl.) (Dapotum D 250) 100 mg=1 ml (1,5 Amp.) (Lyogen-Depot 100) 250 mg=10 ml (1 Amp.) (Lyogen-Depot 250)
Fluphenazin-neuraxpharm D (neuraxpharm) Amp. 12,5/0,5 ml und 25 mg/1 ml 50 mg/0,5 ml und 100 mg/1 ml Lyogen Depot (Promonta) Amp. 25 mg=1 ml (1,5 Amp.) (Lyogen-Depot 25) 50 mg=0,5 ml (1,5 Amp.) (Lyogen-Depot 50) Lyorodin-Depot (Rodleben) Amp. 25 mg=2 ml
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von D2-, aber auch 5-HT2-, α1- und H1-, kaum mACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax=2 h; t½=16 h (oral); beim Decanoat schneller Plasmaspiegelanstieg mit Tmax=8–36 h , raschem Abfall ab dem 2. Tag mit t½=7–10 h (Freisetzungshalbwertszeit); Plasmaproteinbindung 90–95%. 5 Metabolisierung bevorzugt über CYP 2D6 (7 Kap. 16). 5 Anstieg von t½ bei Nachinjektionen. 5 Bioverfügbarkeit bei i.m.-Gabe, im Vergleich zur oralen Gabe (20– 50%), deutlich höher. 5 Plasmakonzentration: 0,5–2 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische Psychosez. 5 Katatone Syndromez. 5 Psychomotorische Erregungszuständez. 5 Depotpräparat zur Langzeittherapie und Rezidivprophylaxe schizophrener Psychosenz. 5 Zur Problematik der Langzeitbehandlung mit konventionellen Antipsychotika 7 Kap. 3.11.
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5 Der Hersteller empfiehlt regelmäßige Blutbildkontrollen, weitere Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Oral: ambulant mit 2-mal 2 mg beginnen, stationäre Erhaltungsdosis 10–20 mg, ambulante Erhaltungsdosis 2–10 mg/Tag, Höchstdosis 40 mg/Tagz. 5 Parenteral: akut 10–20 mg i.m. (i.v. möglich), Dosis kann nach 30 min wiederholt werden, Tagesdosis bis 40 mgz. Dapotum acutum: i.v. mit 10–20 mg in 250 ml Infusionslösung über 12 h für 7 Tage; Langzeitmedikation mit Depotpräparaten: 6,25‒25 mg alle 14 Tage. Alternativ: 25 mg alle 4 Wochen (keine längeren Intervalle!). Steigerung der Dosierung bis 100 mg alle 2 Wochen maximal möglichz, dann jedoch EPS-Zunahme. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Sehr häufig: Bei höheren Dosierungen EPS (bei niedrigen Dosen vergleichsweise selten); initiale Müdigkeit, Sedierung, Erregung, Depressionen (v. a. bei Langzeittherapie); Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, verworrene Träume, delirante Symptome (v. a. in Kombination mit Anticholinergika). 5 Häufig: insbesondere zu Beginn orthostatische Dysregulation, Tachykardie. 5 Gelegentlich: Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, Erhöhung des Augeninnendrucks; Obstipation (u. U. bis zum paralytischen Ileus), Miktionsstörungen; gastrointestinale Beschwerden; passagere Erhöhung der Leberenzymaktivitäten. 5 Selten: Störungen des Glukosestoffwechsels, Gewichtszunahme; allergische Hautveränderungen, Photosensibilität, Blutbildveränderungen. 5 Sehr selten (Einzelfälle): cholestatische Hepatose, Ikterus; Bein- und Beckenvenenthrombosen; Lupus-erythematodes-ähnliche Syndrome und angioneurotische Ödem (Quincke-Ödem); Hirnödem, Atemstörungen, plötzliche Todesfälle (bei hospitalisierten Patienten, u. U. durch Krampfanfälle bedingt); reversible Paresen, Veränderungen im EEG sowie im Liquor-Eiweiß, Verschlechterung psychotischer Symptome. 5 Depotpräparate: EPS, wegen Plasmaspiegelverlauf mit »early peak« unter Depotpräparat v. a. in den ersten beiden Tagen; häufig Akathisie. 5 Zur Problematik der »pharmakogenen« Depression unter Depot-Antipsychotika: 7 Kap. 3.4.1.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Schwere Blutzell- oder Knochenmarksschädigung; schwere Lebererkrankung; schwere Depression. 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Nierenerkrankungen, kardiale Vorschädigung; prolaktinabhängige Tumoren; Morbus Parkinson; chronische Atembeschwerden und Asthma; Glaukom, Harnretention, Pylorusstenose, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung; Hirnschäden und Krampfanfälle in der Anamnese, da Grand-mal-Anfälle auftreten können (bei Epilepsie nur zusammen mit einer Antikonvulsiva-Behandlung) und bei Patienten, die extremer Hitze oder phosphorhaltigen Insektiziden ausgesetzt sind. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Schwangerschaftstests können falsch-positiv ausfallen. 5 Wirkungsabschwächung von Disulfiram unter gleichzeitiger Einnahme von Vitamin C. 5 Anstieg der Fluphenazinplasmaspiegel bei Kombination mit Fluoxetin (im Mittel um 65%). Evtl. vermehrte Nebenwirkungen, Hinweise auf Besserung von Negativsymptomen unter Kombination mit Fluoxetin. Bewertung Hochpotentes konventionelles Antipsychotikum zur Akut- und Langzeitbehandlung schizophrener Störungen. Fluspirilen Diphenylbutylpiperidin Fluspi (Hexal/Neuro Hexal) Depotpräparat (nur i.m.) Amp. 1,5 mg/0,75 ml Stechamp. 12 mg/6 ml Fluspirilen beta (betapharm) Amp. 1,5 mg/0,75 ml Stechamp.12 mg/6 ml
Imap (Janssen-Cilag) Depotpräparat (nur i.m.) Amp. 2 mg/1 ml (1,5 Stechamp. zu 6 ml) 1,5 mg/0,75 ml (3,5,50 Amp.)
Pharmakodynamik 5 Strukturverwandtschaft zu Butyrophenonen. 5 In erster Linie Blockade von D2- und D3-Rezeptoren, weniger starke Affinität zu 5-HT2-Rezeptoren.
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5 Schwache Blockade von H1-Rezeptoren, kaum nachweisbar von α1und mACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax=bis 48 h (sehr große interindividuelle Variabilität); t½=ca. 1 Woche. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische schizophrene Psychosenz, falls wöchentliche Injektionsintervalle empfehlenswert und tolerabel. Zur Problematik der Langzeitbehandlung mit konventionellen Antipsychotika 7 Kap. 3.11. 5 In der Dosierung von 1,5 mg/Woche i.m. bei Angst- und Spannungszuständen sowie psychosomatischen Beschwerden(z), aufgrund der EPS-Nebenwirkungen und vorhandener Alternativen für diese Indikationen trotz Zulassung nicht empfehlenswert. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Schizophrenien: Akutbehandlung 2–10 mg i.m. im Abstand von 7 Tagen; Erhaltungsdosis 4–8 mg i.m. alle 7 Tagez. 5 Die wöchentliche Fluspirilendosis soll annähernd der täglichen oralen Haloperidoldosis entsprechen. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: EPS, initiale Müdigkeit über 1–2 Tage (zumindest nach der 1. Injektion häufig). 5 Gelegentlich: insbesondere zu Therapiebeginn orthostatische Dysregulation, Tachykardie, EKG-Veränderungen. 5 Selten: Unruhe, Benommenheit, depressive Verstimmungen (insbesondere bei Langzeittherapie); Schwindel, Kopfschmerz, delirante Symptome, zerebrale Krampfanfälle, Regulationsstörungen der Körpertemperatur; bei hoher Dosis Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, Gefühl der verstopften Nase, Erhöhung des Augeninnendrucks; gastrointestinale Beschwerden; allergische Hautreaktionen, Pigment-, Kornea- und Linseneinlagerungen; passagere Erhöhungen der Leberenzymaktivitäten, Abflussstörungen der Galle, Ikterus. 5 Sehr selten: Reaktivierung oder Verschlechterung psychotischer Prozesse; malignes neuroleptisches Syndrom; paralytischer Ileus; Blut-
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bildveränderungen. Vereinzelt Menstruationsstörungen, Galaktorrhö, Gynäkomastie, sexuelle Funktionsstörungen, Gewichtszunahme, Störungen des Glukosestoffwechsels. 5 Aufgrund des PVP-Gehaltes (Polyvidon) kann nicht ausgeschlossen werden, dass es nach häufiger oder länger dauernder Anwendung in sehr seltenen Fällen zu einer Speicherung von PVP im retikuloendothelialen System (RES) oder zu lokalen Ablagerungen und Fremdkörpergranulomen kommen kann, die zur Verwechselung mit Tumoren Anlass geben können. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Schwere Depressionen. 5 Relative Kontraindikationen: Leukopenie, ausgeprägte arterielle Hypotonie bzw. orthostatische Dysregulation, schwere Lebererkrankungen, hirnorganische Erkrankungen und Epilepsie in der Vorgeschichte, Morbus Parkinson, prolaktinabhängige Tumore, aus der Vorgeschichte bekanntes malignes neuroleptisches Syndrom. 5 Injektion in Gewebe mit verminderter Durchblutung (Sehnen-, Fettgewebe u. a.) und s.c.-Injektion vermeiden; bei Nierenfunktionsstörungen verlangsamte Ausscheidung von PVP beachten. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 In Kombination mit Antihistaminika wie Terfenadin und Astemizol (QTc-Verlängerung im EKG mit Gefahr von Rhythmusstörungen). Bewertung Konventionelles Depot-Antipsychotikum mit der Besonderheit einwöchiger Injektionsintervalle. ! Wegen hoher Nebenwirkungsquote ist Fluspirilen als »Wochentran-
quilizer« nicht zu empfehlen.
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Haloperidol Butyrophenon Haldol-Janssen (Janssen-Cilag) Tbl. 1, 2, 5, 10, 20 mg (50 Tbl.) Trpf. 2 mg=20 Trpf.=1 ml (30, 100 ml) 10 mg=20 Trpf.=1 ml (30, 100 ml) (Haldol-Janssen forte) Amp. 5mg = 1ml (5 Amp.= Haloper von ct (ct-Arzneimittel) Tbl. 1, 2, 5 mg Trpf. 2, 10 mg=20 Trpf.=1 ml Haloperidol-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 1, 4, 5, 12, 20 mg Trpf. 2, 10 mg=20 Trpf.=1 ml (Haloperidol-neuraxpharm forte) Amp. 5 mg/1 ml
Haloperidol 20 Holsten (Holsten Pharma) Tbl. 20mg Haloperidol HEXAL (Hexal) Tbl. 2, 5, 10 mg Trpf. 2, 10 mg=20 Trpf.=1 ml Haloperidol-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 1, 2, 5, 10 mg Trpf. 2 mg=20 Trpf.=1 ml Amp. 5 mg=1 ml Haloperidol Stada (Stada) Tbl. 1 mg Trpf. 2 mg=20 Trpf.=1 ml
Depotpräparat (nur i.m.) Haloperidoldecanoat Haldol-Janssen Decanoat (Janssen-Cilag) Amp. 50 mg/1 ml (1,5 Amp., 10 ml Durchstechfl.) 150 mg/3 ml (1,5 Amp)
Pharmakodynamik 5 Hauptsächlich Blockade von D2-, aber auch α1-Rezeptoren, kaum messbare Blockade von mACh-, H1- und 5-HT2-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Oral: Tmax=1,5–3,5 h ; t½=12–36 h ; Bioverfügbarkeit: ca. 60%; Plasmaproteinbindung 92%. 5 Metabolisierung durch CYP3A4 und CYP2D6, Hauptmetabolit: reduziertes Haloperidol mit geringer antidopaminerger Aktivität. 5 Depot: Tmax=1–7 Tage mit t½=ca. 3 Wochen. 5 Plasmakonzentration: 5–17 ng/mlp, bei Negativsymptomatik Absenkung auf bis zu 2 ng/ml offenbar vorteilhaft.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute psychotische Syndromez. 5 Katatone Syndromez. 5 Delirante u. a. exogen-psychotische Syndromez. 5 Chronisch verlaufende endogene und exogene Psychosenz. 5 Maniforme Syndromez. 5 Psychomotorische Erregungszuständez; in der Akutpsychiatrie häufig unverzichtbar, 7 Kap. 12.2. 5 Injektionslösung (i.v. und i.m.): Zur Basisbehandlung und zur Behandlung von Krankheitsschüben der Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreisz und zur Behandlung akuter Verschlechterungen chronisch therapieresistenter Schizophrenien sowie psychomotorischer Erregungszustände psychotischer Genesez. 5 Zusätzlich in niedriger Dosis: dyskinetische Syndrome und Tic-Erkrankungen (z. B. Chorea Huntington, Gilles-de-la-Tourette-Syndrom)z. 5 Kombinationstherapie bei Behandlung chronischer oder schwerer Schmerzen (nicht als Monotherapie)z. 5 Falls andere Therapiemöglichkeiten unmöglich oder nicht erfolgreich sind: Erbrechenz, Stottern(z), nichtpsychotische Angstsyndrome(z), Autismusz. 5 Bei älteren Patienten mit nicht-schizophrenen Verhaltensstörungen(z), z. B. Unruhezuständen im Rahmen von demenziellen Syndromen (aber 7 Kap. 3.4.7). 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Erhaltungsdosis wenn möglich 5–10 mg/Tag oral (in Ausnahmefällen stationär bis zu 40 mg auch über mehrere Wochen). 5 Bei Erregungszuständen können 5–10 mg i.m. oder i.v. injiziert werden; innerhalb der ersten 24 h: keine Überschreitung von 60 mgz parenteral oder 100 mgz oral (nur in schweren Akutsituationen). Bei älteren Patienten deutlich niedrigere Dosen. ! Kardiovaskuläres Risiko unter Hochdosistherapie mit Haloperidol
erhöht, deshalb Höchstdosen nur unter intensivmedizinischer Kontrolle verabreichen.
5 Untersuchungsergebnisse legen im Regelfall eher niedrigere Dosen zur Behandlung der Positivsymptomatik nahe (4‒8mg/Tag); bei notwen-
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diger Sedierung ist eine vorübergehende Benzodiazepinbegleitmedikation zu empfehlen. 5 Umrechnung von i.m. auf oral: 1- bis 1,5fache i.m.-Dosis als orale Dosis. 5 Decanoat: 100–200 mg i.m. alle 4 Wochen zur Symptomsuppression (maximal 300 mg i.m. alle 4 Wochen)z; Rezidivprophylaxe: 25–150 mg alle 4 Wochen; bei oraler Dosis von 6 mg auf 50–100 mg Depot, von 15 mg auf 200 mg Depot umstellen; bei älteren Patienten 25–50 mg Depot. Zur Problematik der Langzeitbehandlung mit konventionellen Antipsychotika 7 Kap. 3.11. 5 »Faustregel«: 10 (bis 15) × (orale Dosis/Tag) = Depotdosis pro 4wöchiges Injektionsintervall. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: dosisabhängige EPS, Spätdyskinesien. 5 Gelegentlich: Müdigkeit; orthostatische Dysregulation und Tachykardie; passagere Erhöhung der Leberenzymaktivitäten; periphere und Gesichts-Ödeme; Hyponatriämie. 5 Selten: Unruhe, Benommenheit, depressive Verstimmungen (insbesondere bei Langzeitbehandlung), selten delirante Symptome; Schwindelgefühle, Kopfschmerzen zerebrale Krampfanfälle sowie Sprach-, Gedächtnis- und Schlafstörungen; Regulationsstörungen der Körpertemperatur; gastrointestinale Beschwerden, paralytischer Ileus; bei hoher Dosis Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, Erhöhung des Augeninnendrucks, Obstipation, Miktionsstörungen; allergische Hautreaktionen. 5 Sehr selten: Malignes neuroleptisches Syndrom, Verlängerung der QTcZeit und/oder ventrikuläre Arrhythmien vorzugsweise bei parenteraler Anwendung; daher Vorsicht bei möglicher QT-Verlängerung aus anderen Gründen , bei hohen Dosen und prädisponierten Patienten; Hepatitis; vereinzelt Menstruationsstörungen, Galaktorrhö, Gynäkomastie, sexuelle Funktionsstörungen, Gewichtszunahme, Störungen des Glukosestoffwechsels (Hypoglykämie) sowie der ADH-Sekretion (SIADH) 7 Kap. 1.16. 5 In Einzelfällen: Leukopenie, Thrombopenie, Eosinophilie, Panzytopenie, sehr selten Agranulozytose; Bein- und Beckenvenenthrombosen; Priapismus, erektile Dysfunktion; Haarausfall; Störungen des Atemrhythmus.
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Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Relative Kontraindikationen: Besondere Vorsicht bei akuten Alkohol-, Opioid-, Hypnotika- oder Psychopharmaka-Intoxikationen; Lebererkrankungen und Niereninsuffizienz; kardialer Vorschädigung (besonders QT-Zeit-Auffälligkeiten); prolaktinabhängigen Tumoren; schwerer orthostatischer Dysregulation; Morbus Parkinson (nur in Ausnahmefällen, bei Verschlechterung Therapieabbruch), schwerer Depression; Erkrankungen des hämatopoetischen Systems; anamnestisch bekanntem malignen neuroleptischen Syndrom, hirnorganischen Erkrankungen und Krampfanfällen (anamnestisch und bei Alkoholentzug), da Grand-mal-Anfälle auftreten können (bei Epileptikern antikonvulsive Therapie beibehalten); Hyperthyreose (nur bei gleichzeitiger adäquater thyreostatischer Therapie) Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 20%ige Erhöhung des Plasmaspiegels unter Fluoxetin, auch unter Fluvoxamin; Erhöhungen durch TZA (um 50%), Alprazolam, Buspiron (um 26%). Erniedrigung durch Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Rauchen (10–50%). 5 In Kombination mit Antihistaminika wie Terfenandin und Astemizol QTc-Verlängerung mit Gefahr von Rhythmusstörungen. Bewertung Hochpotentes konventionelles Antipsychotikum. In psychiatrischen Notfallsituationen derzeit unverzichtbar. Levomepromazin Trizyklisches Antipsychotikum Phenothiazin mit aliphatischer Seitenkette
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Levium (Hexal) Tbl. 25, 100 mg
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Levomepromazin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10, 25, 50, 100 mg Trpf. 40 mg/1 ml Amp. 25 mg/1 ml
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Neurocil (Bayer Vital) Tbl. 25 mg (20, 50, 100 Tbl.) 100 mg (50 Tbl.) Trpf. 40 mg=20 Trpf.=1 ml (30, 50, 100 ml Pipettenfl.) Amp. 25 mg/1 ml (5 Amp.)
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Pharmakodynamik 5 Schwache Blockade von D2-Rezeptoren, daher nur schwach antipsychotisch wirksam. 5 Stark sedierende Komponente mit anticholinerger und adrenolytischer Wirkung, aber auch Blockade von 5-HT2- und H1-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax=2–3 h (nach i.m.-Injektion 30–90 min); t½=ca. 24 h (16–78 h); orale Bioverfügbarkeit: ca. 50%; Plasmaproteinbindung >90%. 5 Metabolisierung durch N-Demethlyierung und Sulfoxidbildung mit Beteiligung von CYP1A2 und CYP2D6. 5 Plasmakonzentration: 15–60 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Sedierung bei psychomotorischen Unruhe- und Erregungszuständen im Rahmen psychotischer Störungenz. 5 Akute Erregungszustände bei manischen Episoden(z). 5 Kombinationstherapie bei der Behandlung von schweren und/oder chronischen Schmerzenz. 5 Vor Behandlungsbeginn sollten kardiovaskuläre Störungen ausgeschlossen sein; bei älteren Patienten nur niedrige Dosierung. Keine Kombination mit Substanzen mit anticholinerger Komponente. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 In der psychiatrischen Notfallsituation: 25–50 mg i.m. (ältere Patienten: 25 mg), bei Bedarf mehrmalige Wiederholung bis maximal 150 mg/ Tag i.m z. 5 Oral: bei stationärer Behandlung einschleichend 75–100 mg/Tag, dann Steigerung auf bis zu 300 mg/Tag; maximal 600 mg/Tagz. Auch als Tropfen verfügbar. 5 Bei nicht akuter Situation einschleichend 15–30 mg/Tag oral beginnen, Erhaltungsdosis 75–150 mg/Tag. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Sehr häufig: v. a. initial Müdigkeit, orthostatische Dysregulation, Tachykardie, EKG-Veränderungen (Erregungsleitungsstörungen)
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5 Häufig: EPS; Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, Erhöhung des Augeninnendrucks, Miktionsstörungen, gastrointestinale Beschwerden. 5 Gelegentlich: Unruhe, depressive Verstimmung, Exazerbation psychotischer Symptome; Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Spätdyskinesien; Photosensibilität; passagere Leberfunktionsstörungen, Abflussstörungen der Galle, Ikterus. 5 Selten: Verwirrtheit (insbesondere unter Kombination mit anderen anticholinerg wirksamen Substanzen), zerebrale Krampfanfälle; paralytischer Ileus; malignes neuroleptisches Syndrom. 5 Sehr selten: Bein- und Beckenvenenthrombosen; Gewichtszunahme; Blutzellschäden; Torsade de Pointes, Colitis. 5 i.m.-Injektionen können schmerzhafte Infiltrationen hinterlassen; zu Risiken bei i.v.-Injektionen: 7 Kap. 3.6. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Kreislaufschock, Störungen der Hämatopoese. 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Nierenerkrankungen; Prostatahypertrophie, Harnverhalt, Glaukom; kardiale Vorschädigung und bekannte orthostatische Dysregulation. Vorsicht bei Patienten mit organischen Hirnerkrankungen, Morbus Parkinson, prolaktinabhängigen Tumoren. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Bei Kombination mit anderen zentral dämpfenden Medikamenten: verstärkte Sedierung und Atemdepression. 5 Gegenseitige Wirkungsverstärkung mit Alkohol. 5 Wechselseitige Beeinflussung des hepatischen Metabolismus bei Kombination mit TZA und bestimmten SSRI (7 Kap. 16). 5 Mit Diphenhydramin, Doxylamin und Promethazin verstärkte Sedierung und anticholinerge Nebenwirkungen. Bewertung Niedrigpotentes konventionelles Antipsychotikum mit ausgeprägten vegetativen, v. a. kardiovaskulären Nebenwirkungen; zur Sedierung bei psychomotorischen Erregungszuständen geeignet. Für diese Indikation haben Benzodiazepine, niedrigpotente Butyrophenonderivate (Melperon, Pipamperon) und AAP (u. a. Olanzapin und Ziprasidon i.m.) ein günstigeres Nebenwirkungsprofil; daher Einsatz nur in Ausnahmefällen und bei Versagen geeigneter Alternativen.
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Melperon Butyrophenon Eunerpan (Abbott) Drg. 10, 25, 50, 100 mg (20, 50, 100 Drg.) Lsg. 5 mg=1 ml (200 ml) Amp. 50 mg/2 ml (5 Amp.) (nur i.m.) Harmosin (Temmler) Tbl. 25, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml Melneurin (Hexal/Neuro Hexal) Tbl. 25, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml
Melperon-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 25, 50, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml Melperon Sandoz (Sandoz) Tbl. 10, 25, 50, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml Melperon Stada (Stada) Tbl. 25, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml
Melperomerck (Merck dura) Tbl. 25, 100 mg
Melperon von ct (ct-Arzneimittel) Tbl. 25, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml
Melperon AL (Aliud Pharma) Tbl. 25, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml
Mel-Puren (Alpharma-Isis) Tbl. 25, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml
Melperon beta (betapharm) Tbl. 25, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml
Melperon AbZ (AbZ Pharma) Tbl. 50 mg
Melperon-neuraxpharm (neurax-pharm) Tbl. 10, 25, 50, 100 mg Lsg. 5 mg=1 ml Lsg. 25mg = 1ml
Melperon-RPh-Saft (Rodleben) Lsg. 5 mg=1 ml
Pharmakodynamik 5 Blockade von 5-HT2-, α1-, deutlich weniger D2-artigen Rezeptoren. 5 Kaum messbare Wirkung auf H1- und mACh-Rezeptoren. 5 Dosisabhängig zunächst affektive Entspannung, bei höherer Dosierung antipsychotisch. 5 Muskelrelaxierend, antiarrhythmisch. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption nach oraler Gabe mit starkem First-pass-Effekt; Bioverfügbarkeit ca. 60%.
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5 Tmax=1–1,5 h ; t½=4–6 h , nach i.m.-Applikation und im Steady state 6–8 h; Bioverfügbarkeit ca. 60%; Plasmaproteinbindung 50%. 5 Rasche, nahezu vollständige hepatische Metabolisierung. Beteiligte Enzyme unbekannt. 5 Plasmakonzentration: ca. 50 ng/ml(p). ! Nichtlineare Pharmakokinetik von Melperon, die z. B. bei Hemmung
abbauender Enzyme zu überproportionalen Plasmakonzentrationen führen kann.
Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schlafstörungenz, Verwirrtheitszuständez; psychomotorische Unruhez; Erregungszustände bei Psychosen, Oligophrenie, organisch bedingter Demenz oder alkoholassoziierten Störungenz. 5 Psychoneurosen(z); zugelassen für die Indikation eines Anxiolytikums, wenn dafür Unverträglichkeit oder Abhängigkeitsrisiko besteht. 5 Keine Senkung der Krampfschwelle (im Gegensatz zu den meisten anderen Antipsychotika). 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Oral: Einschleichender Beginn mit 50–100 mg/Tag bis zu einer Erhaltungsdosis von 2-mal 100 mg/Tag (maximal 400 mg/Tag)z. 5 Langzeitbehandlung in der Geriatrie: 50–150 mg/Tag. 5 Schlafinduktion: 25–100 mg abends. 5 Parenteral: Bei akuter Unruhe, Verwirrtheit und Erregungszuständen initial 1–2 Amp. i.m. Bei Bedarf kann die Tagesdosis auf 4 Amp.z erhöht werden. Nach einigen Tagen Injektionsbehandlung Übergang auf orale Applikation. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: Müdigkeit, insbesondere initial; orthostatische Dysregulation und Tachykardie. 5 Selten: passagere Erhöhungen der Leberenzymaktivitäten, intrahepatische Cholestase, Ikterus. 5 Sehr selten: Herzrhythmusstörungen (EKG-Kontrollen), insbesondere bei hohen Dosen und individueller Reaktionsbereitschaft EPS, fraglich Spätdyskinesien; gastrointestinale Beschwerden.
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5 In Einzelfällen: Leukopenie, Thrombozytopenie, Panzytopenie, Agranulozytose; malignes neuroleptisches Syndrom; Gewichtszunahme. 5 Bei Immobilisierung, Bettlägerigkeit und/oder entsprechender Prädisposition Gefahr einer Thrombose in Bein- und Beckenvenen beachten. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Hochgradige Leberinsuffizienz; hereditäre Fruktose-Intoleranz (Saft). 5 Relative Kontraindikationen: kardiale Vorschädigung (wegen möglicher Hypotonie), Blutbildveränderungen, prolaktinabhängige Tumoren, schwere Hypotonie oder orthostatische Dysregulation, Morbus Parkinson. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Vom Hersteller besonderer Hinweis auf mögliche pharmakodynamische Interaktionen mit Anticholinergika, Dopaminagonisten. 5 Melperon hemmt CYP 2D6. Es sollte daher nicht mit Substraten von CYP 2D6, z. B. Venlafaxin, Nortriptylin oder Codein, kombiniert werden (. Tab. 16.4). Bewertung Niedrigpotentes Antipsychotikum mit breitem Einsatzspektrum; aufgrund der fehlenden anticholinergen Komponente und seltenen EPS zur Sedierung bei psychomotorischen Erregungszuständen und zur Schlafinduktion besonders in der Gerontopsychiatrie geeignet. Auf potenzielles Interaktionsrisiko achten! Olanzapin Thienobenzodiazepin
Trizyklisches Atypisches Antipsychotikum
Zyprexa (Lilly) Tbl. 2,5, 5 mg (28 Tbl.) 7,5 mg (56 Tbl.) 10 mg (28, 56 Tbl.) 15, 20 mg (28 Tbl.) Schmelztbl. 5, 10, 15, 20 mg (28 Schmelztbl.) (Velotab) Amp. 10 mg (nur i.m.) (5, 10 Amp.)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von mACh-, 5-HT2-, D1–5-Rezeptoren, außerdem von α1- und H1-Rezeptoren.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Pharmakokinetik 5 Tmax=5–8 h; t½=30–60 h (bei älteren Patienten verlängert); Bioverfügbarkeit ca. 80%; Plasmaproteinbindung 93%. 5 Hepatische Konjugation und Oxidation, Metabolisierung über Glucoronyltransferase, Flavinmonoxigenase, CYP 1A2 und geringfügig 2D6 (7 Kap. 16). 5 Steady state nach 5–7 Tagen. 5 Plasmakonzentration: 20–80 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schizophrenie, auch zur Aufrechterhaltung der klinischen Besserung bei Patienten, die initial auf die Behandlung angesprochen habenz. 5 Mäßig schwere bis schwere manische Episodenz (7 Kap. 2.4.1). 5 Zur Phasenprophylaxe bei Patienten mit bipolaren Störungen, deren manische Phase auf eine Behandlung mit Olanzapin angesprochen hatz (7 Kap. 2.4.1). 5 Hinweise auf Wirksamkeit auch bei Patienten mit drogeninduzierten Psychosen. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei Patienten mit wahnhafter Depression und therapierefraktären depressiven Störungen und therapierefraktären Zwangsstörungen. 5 Erster Hinweis auf Wirksamkeit zur symptomatischen Behandlung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Anfangsdosis 10 mg/Tag, Dosisbereich 5-20 mg/Tagz. 5 Anfangsdosis bei älteren Patienten auch 2,5–5 mg, vorzugsweise zur Nacht. 5 In der Akutpsychiatrie werden vorübergehend manchmal höhere Dosen eingesetzt (initial 20 mg, dann auch 30–40 mg/Tag). Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Sehr häufig: Gewichtszunahme, Schläfrigkeit, erhöhter Plasmaprolaktinspiegel. 5 häufig: Eosinophilie; erhöhte Glukose-und Triglyceridspiegel; Hypotonie, leichte vorübergehende anticholinerge Effekte einschließlich Verstopfung und Mundtrockenheit, passagere Lebertransaminasenerhö-
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hung, Ödeme; Schwindelgefühl; Akathisie, Parkinsonismus, Dyskinesie (EPS können dosisabhängig auftreten, sind aber deutlich seltener und geringer ausgeprägt als bei konventionellen Antipsychotika). Gelegentlich: Bradykardie mit oder ohne Hypotonie, Synkopen, Photosensibilität, hohe Kreatinin-Phosphokinase-Werte (CPK), QTc-Verlängerung. Selten: Leukopenie, Krampfanfälle (EEG-Veränderungen unter hohen Dosen), Ausschlag. Sehr selten: Thrombozytopenie, Neutropenie, Entwicklung oder Verschlechterung eines Diabetes mellitus (s. aber auch bzgl. Häufigkeit im Vergleich zur Fachinformation 7 Kap. 3.6.2), Hypertriglyzeridämie, Hypercholesterinämie; Hypothermie, Thromboembolien, Rhabdomyolyse, Dystonie, tardive Dyskinesie; Schwierigkeiten beim Wasserlassen, malignes neuroleptisches Syndrom; Pankreatitis, Hepatitis; Priapismus; Absetzsymptome (bei abrupten Absetzen):Schwitzen, Schlaflosigkeit, Zittern, Angst, Übelkeit, Erbrechen. Bei Patienten mit Parkinson-Syndrom u. U. Verschlechterung der Parkinson-Symptomatik und Auftreten von Halluzinationen; bei älteren Patienten mit Demenz u. a. Gangstörungen und Stürze.
! Auf Gewichtszunahme, Dyslipidämie und Diabetesinduktion unter Olanzapin besonders achten (angemessene Kontrollen) (7 Kap. 3.6.2).
Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Patienten mit bekanntem Risiko eines Engwinkelglaukoms. 5 Relative Kontraindikationen: Bei Patienten mit Diabetes mellitus bzw. Risikofaktoren für die Entwicklung eines Diabetes mellitus geeignete ärztliche Überwachung; Prostatahypertrophie; Morbus Parkinson; Leberfunktionsstörungen oder gleichzeitige Behandlung mit möglicherweise hepatotoxischen Substanzen; Leukopenien und/oder Neutropenie jeglicher Ursache; Krampfanfälle in der Anamnese; kardiale Vorschädigung. 5 Nicht empfohlen bei älteren Patienten mit Demenz oder ParkinsonSyndrom (s. oben). Die gleichzeitige Gabe von Olanzapin i.m. und einem parenteralen Benzodiazepin wurde nicht untersucht und wird daher vom Hersteller nicht empfohlen.
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Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Verstärkter Metabolismus (CYP 1A2) bei gleichzeitiger Carbamazepineinnahme und durch Rauchen; verlangsamter Abbau und Anstieg (bis zu 3fach, im Mittel 60%) des Plasmaspiegels von Olanzapin durch Fluvoxamin. Bewertung Sedierendes AAP, auch bei Manien im Rahmen bipolarer Störungen wirksam. Geringes Risiko für EPS, breite Anwendungserfahrung bei psychotischen Störungen.
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Perazin Trizyklisches Antipsychotikum Phenothiazin mit Piperazinylseitenkette Perazin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 25, 100, 200 mg
Taxilan (Lundbeck) Drg. 25, 100 mg (20, 50, 100 Drg.) Tbl./Drg. 100 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Antipsychotikum aus der Reihe der Phenothiazine mit hoher Affinität zu D2-artigen Rezeptoren, H1-, α1- und mACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Schneller Wirkungseintritt, Tmax=1–4 h; t½=ca. 35 h; Plasmaproteinbindung 94–97%, die orale Bioverfügbarkeit wird auf 3% geschätzt. 5 Metabolisierung durch N-Demethylierung, Hydroxylierung und SOxidation unter Beteiligung von CYP3A4, CYP2C9 und einer Flavinmonooxigenase. Steady state nach 7–8 Tagen. 5 Plasmakonzentration: 100–230 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute psychotische Syndrome mit Wahn, Halluzinationen, Denkstörungen, Ich-Störungenz. 5 Katatone Syndromez. 5 Chronisch verlaufende endogene und exogene Psychosen (zur Symptomsuppression und Rezidivprophylaxe der Schizophrenie)z. 5 Maniforme Syndromez; psychomotorische Erregungszuständez. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8.
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Dosierung 5 Oral: Einschleichender Beginn während der ersten Tage. Erhaltungsdosis 75–600 mgz; Höchstdosis stationär 800‒1000 mgz. 5 Parenteral: bei Erregungszuständen Beginn mit 3-mal 50 mg (im Abstand von 30 min), auch i.m.-Gabe möglich (keine i.v.-Gabe); in den ersten 24 h nicht mehr als 500 mg z. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: Dosisabhängige EPS; Sedierung; passagere Leberenzymerhöhung; orthostatische Dysregulation, Tachykardie, klinisch nicht bedeutsame EKG-Veränderungen. 5 Gelegentlich: Blutbildveränderungen (v. a. Neutropenie nach AMÜPErgebnissen); Störungen der Speichelsekretion, Veränderungen des Augeninnendrucks, Schwitzen, Akkommodationsstörungen, vermehrtes Durstgefühl, Mundtrockenheit; Galaktorrhö, Amenorrhö, Brustdrüsenvergrößerung, Temperaturerhöhungen, Photosensibilisierungen. 5 Selten: Störungen beim Harnlassen, Obstipation, sexuelle Funktionsstörungen, phototoxische Reaktionen; Krampfanfälle, Leberschädigungen (hohe Dosen). 5 In Einzelfällen: Amentielle Syndrome, Bewusstseinstrübungen; respiratorische Störungen; Agranulozytose; nekrotisierende Enteritis; Lupuserythematodes-ähnliche Syndrome. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Bekannte schwere Blutzell- oder Knochenmarksschädigung. 5 Relative Kontraindikationen: Leukopenie und andere Störungen der Hämatopoese; prolaktinabhängige Tumore; schwere Lebererkrankungen; kardiale Vorschädigung, schwere Hypertonie; Epilepsie, Morbus Parkinson; Engwinkelglaukom, Miktionsstörungen, insbesondere bei Prostatahypertrophie, Pylorusstenose. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Mit Diphenhydramin, Doxylamin und Promethazin verstärkte Sedierung und anticholinerge Nebenwirkungen.
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5 In Kombination mit Anticholinergika Delirprovokation möglich 5 Nach in vitro-Untersuchungen ist Perazin ein ähnlich starker Inhibitor von CYP1A2 wie Fluvoxamin; bisher fehlen allerdings Hinweise, die eine klinische Relevanz belegen. 5 Unter gleichzeitiger Östrogeneinnahme evtl. höhere Perazinplasmaspiegel. 5 Bei Kombination mit Arzneimitteln, die CYP 3A4 oder CYP 2C9 hemmen evtl. höhere Perazinplasmaspiegel (7 Kap. 16). Bewertung Mittelpotentes Antipsychotikum mit sedierender und ausgeprägter anticholinerger Komponente. Perphenazin Trizyklisches Antipsychotikum Phenothiazin mit Piperazinylseitenkette Decentan (Merck) Tbl. 4, 8 mg (20, 50 Tbl.) Trpf. 4 mg=20 Trpf.=1 ml (15 ml Tropffl., 100 ml Dosierpip.) Perphenazin (neuraxpharm) Tbl. 8 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Depotpräparat (nur i.m.)
Perphenazinenanthat Decentan-Depot (Merck) Amp. 100 mg=1 ml (1,5 Amp.; 10 ml Injfl.) (=76 mg Perphenazin)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von D2-Rezeptoren, weitaus geringere Affinität zu 5-HT2-, H1- und α1-Rezeptoren, kaum messbare Blockade von mACh-Rezeptoren. 5 Hochpotentes Antipsychotikum mit starker antiemetischer Komponente. Pharmakokinetik 5 Oral: Tmax=1–4 h; t½=8–12 h; Bioverfügbarkeit ca. 40%; Plasmaproteinbindung 90–95%. 5 Nahezu vollständige hepatische Metabolisierung mit bevorzugter Beteiligung von CYP2D6. 5 Depot: nach Injektion rascher Anstieg mit Tmax=2–3 Tage; t½ (Freisetzungshalbwertszeit) =4–6 Tage. 5 Wirkungsdauer bei 100 mg i.m.: ca. 14 Tage. 5 Plasmakonzentration: 0,8–2,4 ng/mlp.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Psychotische Störungen, z. B. akute und chronische Schizophrenien, insbesondere bei Positivsymptomen (katatone und akute paranoide Formen)z. 5 Manienz. 5 Psychomotorische Erregungszustände psychotischer Genesez. Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Akute antipsychotische Symptomatik: bis zu 24 mg/Tag oral; Erhaltungsdosis 8–12 mg/Tagz. 5 Langzeitmedikation: 50–200 mg im Abstand von 2–4 Wochen i.mz. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig bis gelegentlich: EPS, Spätdyskinesien; Senkung der Krampfschwelle (Cave: erhöhte Krampfbereitschaft, Epilepsie, dann regelmäßige EEG-Kontrollen); vorübergehend Müdigkeit, initial auch Einschlafstörungen. 5 Gelegentlich: Akkommodationsstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks (Engwinkelglaukom), Mundtrockenheit, Obstipation, Miktionsstörungen; Menstruationsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen; Gewichtszunahme; Erregungsleitungsstörungen am Herzen, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, QTc-Verlängerungen. 5 Selten: Unruhe, depressive Verstimmungen, delirante Syndrome (v. a. in Kombination mit anticholinerg wirksamen Substanzen); Schwindel, Kopfschmerzen; Photosensibilität; Schwitzen; Anstieg der Leberenzyme, Cholestase; nach plötzlichem Absetzen: gastrointestinale Beschwerden. 5 Sehr selten: Malignes neuroleptisches Syndrom, Lupus-erythematodeslike syndrome, Pigmentablagerungen in Kornea und Linse des Auges (Dauerbehandlung mit in hohen Dosen); paralytischer Ileus; Torsade de Pointes, Kreislauflabilität; Larynxödem. 5 Insbesondere bei Langzeitbehandlung ist die Gefahr von Blutzellschäden (z. B. Agranulozytose) nicht völlig auszuschließen. Daher sind regelmäßige Blutbildkontrollen angezeigt. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Morbus Parkinson.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Nierenerkrankungen; kardiale Vorschädigung, schwere organische Hirnerkrankungen; prolaktinabhängige Tumoren; Vorsicht bei depressiven Zustandsbildern. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Unter gleichzeitiger Östrogeneinnahme evtl. höhere Plasmaspiegel. 5 Erhöhte Plasmaspiegel des Antipsychotikums unter Kombination mit Paroxetin oder Fluoxetin und vermehrte Nebenwirkungen durch Hemmung von CYP2D6. Bei wahnhafter Depression jedoch Kombination mit Fluoxetin besser verträglich als mit TZA. Bewertung Hochpotentes konventionelles Antipsychotikum mit trizyklischer Struktur. Pimozid Diphenylbutylpiperidin Orap (Janssen-Cilag) Tbl. 1 mg (75 Tbl.) 4 mg (50 Tbl.) (Orap forte)
Dosierung 5 Einschleichender Beginn mit 2–4 mg, Erhaltungsdosis 2–8 mg/Tag. 5 Höchstdosis 16 mg/Tagz; nur bei höherer Dosierung zweimalige Gabe pro Tag. Bewertung Hochpotentes konventionelles Antipsychotikum zur Erhaltungstherapie bei chronischen Schizophrenienz. Wegen vorhandener risikoärmerer Alternativen ist die Verordnung nicht zu empfehlen. ! Hohes kardiotoxisches Risiko, QTc-Verlängerung und maligne
Arryhthmien (Torsade de pointes), häufige EKG-Kontrollen nötig, hohes Interaktionsrisiko (eine Kombination mit Sertralin ist wegen der geringen therapeutischen Breite von Pimozid kontraindiziert). Schwere Leberfunktionsstörungen und Parkinsonsyndrom möglich.
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Pipamperon Butyrophenon Dipiperon (Janssen-Cilag) Tbl. 40 mg (50, 100 Tbl.) Saft 4 mg=1 ml (200 ml Sirup)
Pipamperon Hexal Saft (Hexal) Saft 4 mg=1 ml (200ml, 300ml Saft)
Pipamperon-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 40 mg (20, 50, 100 Tbl.) Saft 4 mg=1 ml (200 ml, 300 ml Saft)
Pharmakodynamik 5 Antagonist am 5-HT2-Rezeptor; deutlich weniger an D2-, α1- und H1Rezeptoren. 5 Keine Wirkung auf mACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Nach oraler Einnahme nur langsame Resorption. 5 t½=3 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Psychomotorische Erregungszustände und Aggressivitätz. 5 Schlafstörungen, Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmusz. 5 Verwirrtheitszustände, Stimmungslabilität, Dysphorie, Affektverarmung(z). 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Einschleichender Beginn mit 3-mal 40 mg; Maximaldosis 360 mg/Tagz 5 in der Geriatrie häufig schon 60–120 mg/Tag ausreichend; bei Schlafstörungen 20–80 mg zur Nacht. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: Sedierung (meist erwünscht). 5 Gelegentlich: Benommenheit, Depression; Kopfschmerz, durch Senkung der Krampfschwelle kann es zu Grand-mal-Anfällen kommen; Tachykardie, Hypotonie.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Selten: Schlaflosigkeit; dosisabhängig EPS, tardive Dyskinesien (fraglich); Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit; Hyperprolaktinämie; Sehstörungen, Harnretention; Ödeme, Speichelfluss, Schwitzen, Regulationsstörungen der Körpertemperatur; Blutbildveränderungen; Leberfunktionsstörungen. 5 Sehr selten: Malignes neuroleptisches Syndrom; Hyponatriämie, QTcVerlängerung, Erregungsleitungsstörungen, Torsades de pointes nicht auszuschließen; Stevens-Johnson-Syndrom. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Aufgrund des Gehaltes an D-Glucitol nicht bei hereditärer Fruktoseintoleranz (Saft) verordnen. 5 Relative Kontraindikationen: Morbus Parkinson und andere Hirnstammerkrankungen, kardiale Vorschädigung, insbesondere Patienten mit verlängerter QTc-Zeit, schwere Leberfunktionsstörungen, prolaktinabhängige Tumore; Vorsicht bei Blutbildveränderungen. Interaktionen (7 Kap. 3.8) Bewertung Aufgrund der fehlenden anticholinergen Komponente und geringem EPSRisiko zur Sedierung bei psychomotorischen Erregungszuständen und zur Schlafinduktion besonders in der Geriatrie geeignet. Prothipendyl Azaphenothiazin
Trizyklisches Antipsychotikum
Dominal (AWD pharma) Drg. 40 mg (20, 50 Drg.) (Dominal forte) Tbl. 80 mg (20, 50 Tbl.) (Dominal forte) Trpf. 50 mg=20 Trpf.=1 ml (15, 100 ml) Amp. 40 mg/2 ml (5 Amp.)
Dosierung 5 Bei Erregungszuständen bis 240–320 mg/Tagz. Bei Schlafstörungen 40–80 mg abends; i.m.-Injektionen möglich.
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Bewertung Wegen schwacher antipsychotischer Wirkung als Basisantipsychotikum nicht geeignet. Stellenwert in der psychiatrischen Pharmakotherapie allenfalls als Zusatzmedikation bei hartnäckigen Einschlafstörungenz bei Versagen anderer Hypnotika. Quetiapin Dibenzothiazepin
Trizyklisches atypisches Antipsychotikum
Seroquel (AstraZeneca) Filmtbl. 25, 100, 200, 300 mg (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von 5-HT2-, D2-artigen und α1-Rezeptoren; außerdem von 5-HT1-, D1-, D3-, α2- und H1-Rezeptoren; keine Affinität zu D4- und mACh-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Tmax=ca. 1,5 h ; t½=ca. 7 h (bei älteren Patienten verlängert); orale Bioverfügbarkeit nur ca. 9%; Plasmaproteinbindung 83%. 5 Extensive hepatische Metabolisierung über CYP 3A4 (7 Kap. 16) mit 20 zumeist pharmakologisch inaktiven Metaboliten (7-Hydroxyquetiapin mit möglicher Wirksamkeit). 5 Steady state nach 1–2 Tagen. 5 Plasmakonzentration: > 70 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schizophreniez. 5 Mäßig schwere bis schwere manische Episoden im Rahmen bipolarer Störungenz. 5 Hinweise für die Wirksamkeit zur Behandlung von Depressionen bei bipolaren Störungen (7 Kap. 2.4). 5 Hinweise für die Wirksamkeit bei psychotischen Symptomen im Rahmen eines Morbus Parkinson (auch medikamenteninduziert) und einer Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ (DLB) in niedriger Dosierung (25–150 mg/Tag). 5 Hinweise für die Wirksamkeit bei therapieresistenten Zwangsstörungen in Kombination mit Antidepressiva.
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5 Hinweise auf günstige Wirkung bei Aggressivität und Impulskontrollstörungen im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen; zur Anxiolyse bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen (in der Regel in niedriger Dosierung). 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Bei der Behandlung von Schizophrenien: mit 50 mg/Tag beginnen, in den ersten 4 Tagen Steigerung auf 300 mg/Tag. Erhaltungsdosis (auf 2 Einnahmezeitpunkte verteilt) 300–450 mg (maximal 750 mg/Tag)z. 5 Bei der Behandlung manischer Episoden: Beginn mit 100 mg, Steigerung um 100 mg täglich in den ersten 4 Tagen (dann ggf. Steigerung um maximal 200 mg täglich bis 800 mg z); auch eine schnelle Titration in 4 × 200-mg-Schritten in 4 Tagen wird in der Regel gut vertragen. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Sehr häufig: Schläfrigkeit/Sedierung, gewöhnlich nur während der ersten zwei Behandlungswochen (bei rascher Aufdosierung eher kürzer); Benommenheit, v. a. während der initialen Dosistitrationsphase; orthostatische Hypotonie, einhergehend mit Schwindelgefühl, Tachykardie und bei einigen Patienten mit Synkopen; Kopfschmerzen. Außerdem: Geringe, dosisabhängige Senkung der Schilddrüsenhormonspiegel (v. a. Gesamt-T4 und fT4) v. a. in ersten 2-4 Wochen ohne weitere Abnahme in der Langzeitbehandlung. 5 Häufig: Leukopenie; Rhinitis, Mundtrockenheit, Obstipation, Dyspepsie, milde Asthenie, periphere Ödeme; Gewichtszunahme; Erhöhung der Serumtransaminasen, bei fortgesetzter Behandlung in der Regel reversibel. 5 Gelegentlich: Eosinophilie; Hypersensibilität, Krampfanfälle; reversible Erhöhung der aGT, der Serumtriglyzeridspiegel und des Gesamtcholesterins. 5 Selten: Ikterus; Priapismus; malignes neuroleptisches Syndrom. 5 Sehr selten: Neutropenie; Hyperglykämie, Diabetes mellitus; Hepatitis; Spätdyskinesie, Angioödeme, Stevens-Johnson-Syndrom. 5 In Einzelfällen: thrombotisch-thrombozytopenische Purpura; akutes Leberversagen; Rhabdomyolyse; Induktion von Zwangssymptomen.
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Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Relative Kontraindikationen: Schwere Leber- und Nierenerkrankungen; Vorsicht bei der Behandlung von Patienten mit bekannten kardiovaskulären oder zerebrovaskulären Erkrankungen oder anderer Störungen, die für Hypotonie anfällig machen, ebenso bei der Behandlung von Patienten mit Krampfanfällen in der Vorgeschichte. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Bei Kombination mit Lithium geringfügiger Anstieg der Lithiumspiegel. 5 Senkung des Plasmaspiegels bei gleichzeitiger Gabe eines Leberenzyminduktors, wie Carbamazepin (7 Kap. 16) oder von Thioridazin. 5 Bei gleichzeitiger Gabe von CYP 3A4-Inhibitoren, z. B. Ritonavir, Ketoconazol, Lovastatin, Simvastatin, Erythromycin oder Clarithromycin ist mit einem Anstieg der Plasmakonzentration zu rechnen, mit möglicher Zunahme von Nebenwirkungen. Bisher jedoch kein Hinweis auf klinische Relevanz. Bewertung AAP mit anfänglich sedierender Wirkung; auch bei akuten Manien im Rahmen bipolarer Störungen wirksam. Unter den AAP (außer Clozapin) derzeit wahrscheinlich geringstes Risiko für EPS, geringes Risiko für Prolaktinanstieg. Risperidon Benzisoxazol(piperidin)
Atypisches Antipsychotikum
Risperdal (Janssen-Cilag/Organon) Depotpräparat (nur i.m.) Tbl. 0,5 mg (20, 50 Tbl.) Amp. 25, 37,5, 50 mg/2 ml 1, 2, 3, 4 mg (20, 50, (1 Applikationsset) 100 Tbl.) (Risperdal Consta) Schmelztbl. 1, 2 mg (28, 56 Lingualtbl.) (Risperdal Quicklet) Lsg. 1 mg=1 ml (30, 100 ml) (Risperdal Lösung)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von 5-HT2A(C)-, 5-HT7-, D2-, α1-, und α2Rezeptoren; in geringerem Maße auch H1-Rezeptoren; keine anticholinergen Wirkungen.
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Pharmakokinetik 5 Orale Medikation: Tmax=1–2 h (von 9-Hydroxy-risperidon 3 h); t½=ca. 3 h (von 9-Hydroxy-Risperidon 24 h); orale Bioverfügbarkeit 66–80%; Plasmaproteinbindung 90% (von 9-Hydroxy-risperidon 70%). 5 Depotpräparat (Risperdal Consta): Aus der Trockensubstanz wird vor der Injektion eine wässrige Suspension hergestellt, die zur Einhaltung der vorgesehenen Dosierung vollständig injiziert werden sollte. Aufgrund der besonderen Kinetik lässt sich für Risperdal Consta t½ im üblichen Sinne nicht angeben. Wirksame Plasmakonzentrationen werden ab 3 Wochen nach der ersten Injektion erreicht (daher orale Medikation in mindestens diesem Zeitraum erforderlich), Spitzenplasmakonzentrationen werden nach etwa 5 Wochen gemessen. Ein Steady-state ist nach der vierten Injektion (ab der 6. Woche) erreicht. Die Elimination endet etwa 7–8 Wochen nach der letzten Injektion. 5 Metabolisierung unter Beteiligung von CYP 2D6 und CYP 3A4. Bildung des aktiven Metaboliten 9-Hydroxyrisperidon durch CYP 2D6. Aus den Verhältnissen der Konzentrationen Risperidon zu Hydroxyrisperidon im Plasma lässt sich auf den CYP 2D6-Genotyp schließen 5 Plasmakonzentration (einschließlich Metabolit 9-Hydroxyrisperidon): 20–60 ng/ml(p). Nach wiederholter i.m.-Injektion von 25 oder 50mg Risperdal Consta alle 2 Wochen schwankte die mediane Plasmakonzentration des aktiven Anteils zwischen durchschnittlich 9,9-19,2 ng/dl bzw. maximal 17,9-45,5 ng/ml. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Chronische schizophrene Psychosen einschließlich Exazerbationenz; auch für die Erhaltungstherapie zur Rezidivprophylaxe von stabil eingestellten Patientenz. 5 Akutbehandlung mäßig schwerer bis schwerer manischer Episoden bei bipolaren Störungenz. 5 Demenz: nur bei Vorliegen schwerer chronischer Aggressivität mit Selbstoder Fremdgefährdung oder psychotischer Symptome, durch die der Patient erheblich beeinträchtigt wirdz. 5 Impulskontrollstörungen mit selbst- oder fremdaggressivem Verhalten oder behandlungsbedürftigem störendem Verhalten bei verminderter oder grenzwertiger Intelligenzz. 5 Bei bipolaren Störungen Hinweise für die Wirksamkeit auch zur Phasenprophylaxe (7 Kap. 2.4.2). 5 Hinweise für Wirksamkeit bei depressiven Störungen im Rahmen uniund bipolarer affektiver Störungen und schizoaffektiver Störungen sowie
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bei drogeninduzierten Psychosen und Patienten mit Doppeldiagnose Schizophrenie und Substanzabhängigkeit. Hinweise für Wirksamkeit auch bei Autismus und Tic-Störungen sowie bei PTSD. Hinweise für günstige Wirkungen bei psychosenahen Symptomen im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen (in der Regel in niedriger Dosierung) und in der Prodromalphase von Schizophrenien. Erste Hinweise für Wirksamkeit zur Augmentierung einer Behandlung mit Antidepressiva bei Zwangsstörungen. Depotpräparat: Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe bei schizophrenen Psychosenz. Bei Patienten, die in der Vergangenheit noch nie mit Risperidon behandelt wurden, sollte vor Behandlungsbeginn mit Risperdal Consta die Verträglichkeit der Substanz durch Gabe von jeweils 1mg Risperidon oral an zwei aufeinanderfolgenden Tagen überprüft werden. Derzeit einziges verfügbares atypisches Depotpräparat (wässrige Suspension mit guter lokaler und systemischer Verträglichkeit). Eine Meta-Analyse von 17 kontrollierten klinischen Studien mit AAP einschließlich Risperidon ergab eine gegenüber Placebo erhöhte Mortalität älterer Patienten mit Demenz, die mit AAP behandelt wurden. In einer vergleichenden Analyse zwischen AAP und konventionellen Antipsychotika konnte kein Unterschied der Mortalität bei älteren Patienten gefunden werden, sodass derzeit von einem Klasseneffekt auszugehen ist. Die Indikation ist strikt zu stellen; gleichwohl ist Risperidon das einzige derzeit zugelassene AAP für Patienten mit Demenz und ausgeprägten psychotischen oder Verhaltensstörungen (s. auch 7 Kap. 3.4.7).
5 Bei Behandlung älterer Patienten mit Demenz wurde für die Kombination von Risperidon und Furosemid in 2 von 4 Studien gegenüber Patienten, die nur Risperidon oder nur Furosemid erhielten, eine erhöhte Mortalität gefunden. Daher ist die Kombination derzeit kritisch zu sehen, für andere Diuretika als Begleitmedikation zeigte sich keine erhöhte Mortalitätsinzidenz. 5 Keine erhöhte Krampfneigung. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8.
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Dosierung 5 Schizophrenie und Manie: wenn möglich, mit 2 mg/Tag beginnen, am 2.Tag 4 mg/Tag (Einmal- oder Zweimalgabe), bei kardiovaskulären Risiken langsam einschleichend mit 2×0,5 mg/Tag beginnen, tägliche Steigerung um 0,5–1 mgz. 5 Dosierung bei der Behandlung von Manien 3–4 mg/Tag, empfohlene Höchstdosis 6 mg/Tagz. 5 Maximaldosis 16 mg/Tagz, Dosierungen über 10 mg/Tag sind in der Regel nicht wirksamer, haben jedoch ein deutlich höheres EPS-Risiko. 5 In der Geriatrie: einschleichend 0,25–0,5 mg/Tag. Zieldosis: 1 mg/Tag. 5 Bei älteren Patienten und Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz 4 mg/Tag nicht überschreiten. 5 Depotpräparat: Empfohlene Dosis alle 2 Wochen 25 mg tief intraglutäal mit Spezialnadel (abwechselnd in beide Seiten); manche Patienten benötigen 37,5 oder 50 mg alle 2 Wochen (Maximaldosis 50 mgz). In folgenden Fällen höhere Initialdosis erwägen: anamnestisch hohes Rezidivrisiko, persistierende Positivsymptome, bei Umstellung von hoher oraler Dosis. 5 Nach der ersten Depotinjektion muss aufgrund der Pharmakokinetik für die Dauer von mindestens 3 Wochen noch eine orale Weiterbehandlung mit Risperidon erfolgen. Ab Beginn der 4. Woche Ausschleichen der oralen Vormedikation über mindestens eine Woche. Die Geschwindigkeit sollte sich nach den Eigenschaften der Vormedikation (u. a. sedierende und/oder anticholinerge Wirkungen) und dem klinischen Bild richten. Insbesondere bei Vorbehandlung mit Clozapin wird ein dosisabhängiges Ausschleichen über mehrere Wochen empfohlen. Unabhängig von der Vormedikation sollte eine Ausschleichphase von mindestens 2 Wochen bei persistierender Positivsymptomatik und bekanntem hohem Rezidivrisiko gewählt werden. 5 Eine Dosiserhöhung sollte nicht öfter als alle 4 Wochen erfolgen. Bei älteren Patienten beträgt die empfohlene Dosis 25 mg i.m. alle 2 Wochen. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: Schlaflosigkeit, Unruhe, Angstzustände, Kopfschmerzen. 5 Gelegentlich: Hypotonie mit Schwindel und Tachykardie, initial Hypertonie insbesondere bei höheren Dosierungen, dosisabhängig EPS (dosisabhängige EPS, unter oral 6 mg/Tag selten, unter Depot eher noch geringer), akute Dystonie sind in der Regel gering ausgeprägt; dosisabhängig auch Prolaktinerhöhung, dadurch können Galaktorrhö,
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Gynäkomastie, Amenorrhö oder Menstruationsstörungen entstehen; Gewichtszunahme, Ödembildung, Erhöhung der Leberwerte 5 Selten: Somnolenz, Benommenheit, Konzentrationsstörungen, gastrointestinale Beschwerden, Harninkontinenz; Sehstörungen; Priapismus, erektile Dysfunktion, Ejakulationsstörungen, Orgasmusstörungen. 5 Sehr selten/Einzelfälle: tardive Dyskinesien, malignes neuroleptisches Syndrom, Krampfanfälle; akutes Nierenversagen bei Rhabdomyolyse; Hyperglykämie und Exazerbation eines vorbestehenden Diabetes mellitus; SIADH; Regulationsstörungen der Körpertemperatur; Leukopenie und/oder Thrombopenie. 5 Filmtablette kann allergische Reaktionen auslösen. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Niereninsuffizenz (ggf. Dosisanpassung); Morbus Parkinson, Epilepsie; prolaktinahängige Tumoren: kardiale Vorschädigung; Vorsicht bei Patienten mit Blutbildveränderungen. Bei zerebrovaskulären Erkrankungen sind Nutzen und Risiken individuell sorgfältig abzuwägen (▶ Hinweis). Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Das Risiko einer gleichzeitigen Anwendung von Risperidon in Verbindung mit anderen Arzneimitteln wurde nicht systematisch untersucht. 5 Einzelfallberichte über Wechselwirkungen mit Phenothiazinen, SSRI (v. a. Paroxetin und Fluoxetin), Cimetidin, Ranitidin, bestimmten TZA und verschiedenen β-Blockern; durch verminderten Metabolismus Absinken der Konzentration des länger wirksamen, aktiven Metaboliten und Anstieg der Konzentrationen der Muttersubstanz mit Risiko des vermehrten Auftretens von motorischen Nebenwirkungen. 5 Risperidon kann Clozapinplasmaspiegel steigern; Dosisanpassung von Clozapin durch Kontrolle des Plasmaspiegels. 5 Wirkungsverstärkung von Antihypertensiva (insbesondere α1-Blocker) möglich. 5 In Kombination mit Carbamazepin und anderen Enzyminduktoren verringern sich die Plasmakonzentrationen von Risperidon und 9Hydroxyrisperidon um ca. 50%, wodurch eine Dosiserhöhung von Risperidon notwendig werden kann. 5 Galantamin und Donepezil zeigen keine klinisch relevanten Auswirkungen auf die Pharmakokinetik von Risperidon und der aktiven antipsychotisch wirksamen Fraktion.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Interaktionen mit Amitriptylin, Lithium, Valproinsäure, Topiramat und Digoxin. 5 Die Kombination von Risperidon mit Furosemid bei älteren Patienten mit Demenz sollte vermieden werden (s. oben). Bewertung AAP, auch bei akuten Manien im Rahmen bipolarer Störungen wirksam. Bei Dosierungen von 4–6 mg/Tag selten EPS, relativ häufig Prolaktinerhöhung. Wirksamkeit auch in der Langzeitbehandlung und Rezidivprophylaxe schizophrener Störungen mit breiter Erfahrung, derzeit einziges verfügbares atypisches Depotpräparat. Sertindol Phenylindol (piperidin)
Atypisches Antipsychotikum
Serdolect (Lundbeck) Filmtbl. 4 mg (30, 50 Tbl.), 12 mg (50 Tbl.), 16, 20 mg (50, 100 Tbl.)
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Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von 5-HT2A(C)-, 5-HT6-, 5-HT7-, D2-, D3-, und α1-Rezeptoren; keine relevante Blockade von H1-Rezeptoren; keine nachweisbaren anticholinergen Wirkungen. Pharmakokinetik 5 Orale Medikation: Tmax=10h; t½=55-90 h erheblich verlängert bei Poormetabolizer-Status von CYP2D6; orale Bioverfügbarkeit etwa 74%; Plasmaproteinbindung über 99%. 5 Abbau über CYP2D6 und CYP3A4 mit Bildung eines schwach aktiven und eines inaktiven Metaboliten. 5 Erheblich reduzierte Clearance bei Leberinsuffizienz anzunehmen, im Alter und bei Niereninsuffizienz keine wesentlichen Änderungen der Clearance. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schizophrene Psychosen; aufgrund kardiovaskulärer Sicherheitsbedenken nur bei Patienten mit Unverträglichkeit mindestens eines anderen Antipsychotikumsz. 5 1998 vom Markt genommen wegen kardialer Todesfälle und ungünstiger Nutzen-Risiko-Abwägung. Bei systematischer Nachuntersuchung
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ergab sich ein erhöhtes Risiko für QTc-Verlängerungen, nicht jedoch für das Auftreten von gefährlichen Herzrhythmusstörungen (z. B. Torsades de pointes) und dadurch bedingten Todesfällen, sodass eine Wiedereinführung 2006 ermöglicht wurde. 5 Regelmäßige EKG- und Blutdruckkontrollen sind erforderlich. 5 Erste Hinweise für überlegene Wirksamkeit gegen Negativsymptome bei höheren Dosierungen im Vergleich zu Haloperidol. ! Auflagen für Sertindol als Reservemedikation:
5 nur bei Patienten, die mindestens ein anderes AAP nicht vertragen haben, 5 nicht in Notfallsituationen zur raschen Symptomreduktion, 5 kontraindiziert bei Patienten mit kardialer Vorschädigung, Hypokaliämie, QTc-Verlängerung, 5 eine EKG-Überwachung ist vor und während der Behandlung erforderlich (7 auch Tab. 3.8) − vor Therapiebeginn, nach etwa 3 Wochen oder bei 16 mg/Tag, nach 3 Monaten − in der Erhaltungstherapie alle 3 Monate sowie vor und nach jeder Dosiserhöhung − bei Verabreichung und Dosiserhöhung von Begleitmedikation, die eine Erhöhung der Sertindol-Konzentration bewirken könnte − bei Auftreten von Palpitationen, Krämpfen oder Synkopen − Behandlungsabbruch in jedem Fall bei QTc > 500 ms 5 regelmäßige Blutdruckkontrollen während der Titrationsphase und in der frühen Erhaltungsphase (Risiko für othostatische Symptome durch α1-Rezeptor-Blockade)
5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Einmalgabe, Beginn mit 4 mg/Tagz, schrittweise Erhöhung um 4 mg alle 4–5 Tage, bis die optimale Erhaltungsdosis von 12–20 mg/Tag erreicht ist. Maximaldosis 24 mg/Tag, nur in Ausnahmefällen. Bei Beginn mit 8 mg oder einer raschen Dosiserhöhung ist das Risiko für orthostatische Hypotonien deutlich erhöht. 5 Bei Behandlungsunterbrechungen von mehr als 7 Tagen ist erneut mit 4 mg/Tag zu beginnen (nach EKG-Ableitung). 5 Nebenwirkungen sind dosisabhängig.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: Rhinitis, verstopfte Nase, Schwindel, Mundtrockenheit; orthostatische Hypotonie, Tachkardie, Ödeme; Parästhesien; reduziertes Ejakulationsvolumen (ohne weitere sexuelle Funktionsstörungen); Gewichtszunahme. 5 Dosisabhängig QTc-Verlängerung (im Durchschnitt um 5%, bei 2–4% Erhöhungen über 500 ms, damit verbunden Arrhythmie-Risiko von 0,1–0,2%); bisher keine eindeutigen Arryhthmien, keine Häufung von Torsades de Pointes, jedoch kardial bedingte Todesfälle im Zusammenhang mit der Einnahme von Sertindol (s. oben). 5 Gelegentlich: kurzdauernde Bewusstseinsstörungen (Ohnmacht) 5 Selten: Krampfanfälle, EPS; Leberenzymerhöhungen. 5 Kaum oder geringe Prolaktinerhöhung 7 Kap. 3.6. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Schwere Leberinsuffizienz; bekannte unbehandelte Hypokaliämie und Hypomagnesiämie; bekannte klinisch relevante Herz-KreislaufErkrankung, dekompensierte Herzinsuffizienz, Herzhypertrophie, Arrhythmie oder Bradykardie (<50 Schläge pro Minute), angeborenes Long-QT-Syndrom oder positive Familienanamnese und Patienten mit erworbener QT-Verlängerung (QTc-Intervall >450 ms bei Männern bzw. >470 ms bei Frauen). 5 Begleitmedikationen, die eine signifikante QT-Verlängerung hervorrufen. 5 Gleichzeitige Verabreichung von Medikamenten, die Cytochrom P450 3A hemmen. 5 Relative Kontraindikationen: Leichte/mittelschwere Leberfunktionsstörung, Risiko erheblicher Elektrolytstörungen (z.B. Erbrechen, Durchfall, kalium-ausscheidende Diuretika), Alter über 65 Jahre, bekannter Poor-metabolizer-Status (CYP 2D6); Morbus Parkinson, Epilepsie; prolaktinabhängige Tumoren; Vorsicht bei Patienten mit Blutbildveränderungen. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Nach vorliegenden Daten kein bedeutsamer Einfluss von Sertindol auf die Pharmakokinetik von anderen Medikamenten. 5 Erhöhung der Sertindol-Plasmaspiegel durch CYP2D6-Inhibitoren wie Fluoxetin oder Paroxetin und CYP3A4-Inhibitoren wie Ketoconazol, Itraconazol. Der CYP3A4-Inhibitor Erythromycin hatte keinen wesentlichen Einfluss auf den Sertindolmetabolismus bei Gesunden.
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5 Unter Kombination mit Enzyminduktoren wie Carbamazepin oder Phenytoin ist mit einem beschleunigten Abbau von Sertindol zu rechnen. 5 Nach Absetzen von Paroxetin ist unter Sertindol ein ausgeprägtes Entzugssyndrom (Erregtheit, Schlaflosigkeit) beobachtet worden. Bewertung AAP mit geringer Sedierung und geringem EPS-Risiko, nach Wiederzulassung Reservemedikation. Dosisabhängige potenzielle QTc-Verlängerung, daher regelmäßige Kontrollen von EKG und Kalium, keine Kombination mit anderen QTc-verlängernden Medikamenten. Bei möglicherweise höherem kardialen Risiko als bei anderen AAP und aufwendigen EKG-Kontrollen ist ein bedeutsamer genereller Vorteil gegenüber anderen AAP bisher nicht zu erkennen. Sulpirid2 Benzamid Arminol (Krewel Meuselbach)
Sulpirid HEXAL (Hexal)
Sulpirid-neuraxpharm (neuraxpharm) Sulpirid 1A (1A Pharma) Sulpirid-ratiopharm (ratiopharm)
Sulpirid-ratiopharm (ratiopharm)
Dogmatil (Sanofi-Synthelabo)
Sulpirid RPH (Rodleben)
Kps. 50 mg (20, 50, 100 Kps.) Tbl. 200 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Dogmatil forte) Saft 5 mg=1 ml (200 ml Lsg.) Amp. 100 mg/2 ml (5 Amp.)
Sulpirid Stada (Stada)
Meresa (Dolorgiet) neogama (Hormosam)
Sulpirid AL (Aliud) Sulpirid Sandoz (Sandoz) Sulpirid von ct (ct-Arzneimittel) Sulpivert (Hennig)
Sulpirid beta (betapharm)
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Wegen der Vielzahl der im Handel befindlichen Präparate werden die Darreichungsformen bei den Generika nicht aufgeführt.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Dosierung 5 Oral: Einschleichend bis zur Erhaltungsdosis von 300–1000 mg/Tag z (Plasmakonzentration 200–1000 ng/ml(p)) bei Patienten mit therapieresistenter Schizophrenie (max. 1600 mg/Tag)z. 5 Antidepressive Therapie mit 100–300 mg/Tagz. 5 Mögliche i.m.-Injektion (Dosis 200–1000mg/Tag)z. Bewertung Dosisabhängig eher niedrigpotentes Antipsychotikum mit deutlicher Prolaktinerhöhung, jedoch geringem EPS-Risiko (teilweise AAP-Eigenschaften). Primäre Indikation bei Schizophreniez seit Zulassung von Amisulprid fraglich. Trotz Zulassung für die Indikation eines depressiven Syndromsz ist aufgrund der Prolaktinerhöhung und weiterer relativer Kontraindikationen ein Einsatz von Sulpirid als primäres Antidepressivum nicht empfehlenswert. ! Es gibt keine Untersuchungen zur Beurteilung des Risikos einer
langfristigen Prolaktinerhöhung, die bei Dauertherapie unter Sulpirid auftreten kann. Das Risiko ist aber ähnlich wie bei Amisulprid einzuschätzen.
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Thioridazin Trizyklisches Antipsychotikum Phenothiazin mit Piperidylseitenkette Melleril (AWD Pharma) Thioridazin-neuraxpharm Drg. 25 mg (20, 50 Drg.) (neuraxpharm) Drg. 100 mg (20, 50 Drg.) Tbl. 25, 50, 100, 200 mg Tbl. 30 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Melleril retard 30) Tbl. 200 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Melleril retard 200) Trpf. 30 mg=30 Trpf.=1 ml (25, 50 ml)
Dosierung 5 Einschleichend beginnen mit 3-mal 25 mg bis ambulant 200 mgz (stationär 600 mg/Tagz); in den ersten 24 h nicht mehr als 500 mg (Plasmakonzentration 200–2000 ng/ml(p)). Es gibt eine retardierte Form.
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Bewertung Niedrigpotentes konventionelles Antipsychotikum mit starker anticholinerger Komponente. Wegen vorhandener risikoärmerer Alternativen ist ein Einsatz von Thioridazin (Indikation: chronische Formen schizophrener und anderer Psychosen, bei denen psychomotorische Unruhe und Erregungszustände im Vordergrund stehenz) nicht empfehlenswert. ! Hohes kardiotoxisches Risiko, insbesondere bei Interaktionen (7 Kap. 3.6), häufige EKG-Kontrollen nötig!
Ziprasidon Benzisothiazylpiperazin Zeldox (Pfizer) Kps. Suspension zum Einnehmen Trockensubstanz für Inj.-Lsg.
Atypisches Antipsychotikum
20, 40, 60, 80 mg (30, 60, 100 Kps.) 60 ml (10 mg/ml) 20 mg/ml (nur i.m.) (1, 2 ml Lösungsmittel)
Pharmakodynamik 5 In erster Linie Blockade von 5-HT2A-, 5-HT2C- und D2-artigen Rezeptoren (Affinität zu 5-HT-Rezeptoren viel stärker als zu DA-Rezeptoren, außerdem in wesentlich geringerem Ausmaß H1- und α1-Rezeptoren; keine Affinität zu mACh-Rezeptoren. 5 5-HT- und NA-Rückaufnahmehemmung. 5 Agonismus an 5-HT1A-Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Oral: T2max=6–8 h; t½=ca. 6 h ; orale Bioverfügbarkeit nur ca. 60% bei Einnahme mit den Mahlzeiten; Plasmaproteinbindung 99%. 5 Fast vollständige hepatische Metabolisierung – 2/3 über die Aldehydoxidase, 1/3 über CYP 3A4 und CYP 2D6 (7 Kap. 16). Ausscheidung zu 20% mit dem Urin, 66% mit den Fäzes. 5 Plasmakonzentration: 40–130 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Oral: Schizophreniez. 5 manische oder gemischte Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad bei bipolaren Störungenz.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Hinweise auf prophylaktische Wirksamkeit bei bipolaren Störungen und auf Wirksamkeit bei schizoaffektiven Störungen. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei Tic-Störungen, Autismus und Verhaltensstörungen bei Demenz und Oligophrenie sowie psychotischen Symptomen bei Patienten mit Morbus Parkinson. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei der Behandlung von schweren Depressionen mit psychotischen Merkmalen oder therapieresistenten Depressionen. 5 Parenteral: schnelle Beherrschung von Erregungszuständen bei Patienten mit Schizophrenie für die Dauer von bis zu 3 aufeinander folgenden Tagen, wenn eine orale Behandlung nicht angezeigt istz. 5 Minimale Gewichtszunahme und geringes Risiko für metabolische Veränderungen (. Tab. 3.5) und Prolaktinerhöhungen. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Oral: Akutbehandlung bei Schizophrenien und bipolaren Störungen mit 2-mal 40 mg/Tag beginnen, je nach klinischem Ansprechen Erhöhung bis 2-mal 80 mg/Tagz; Steigerung auf maximale Dosis innerhalb von 2–3 Tagen möglich; die optimale Dosis liegt für viele Patienten nach neueren Untersuchungen bei 120-160 mg. 5 Erhaltungsdosis zur Langzeitbehandlung von schizophrenen Patienten so niedrig wie möglich halten, in vielen Fällen können 2-mal 20 mg ausreichen. 5 Niedrigere Dosen v. a .bei älteren Patienten und bei eingeschränkter Leberfunktion. 5 Parenteral (i.m.-Injektionen): Einzeldosis 10 mg i.m., alle 2 h bis maximal 40 mg/Tag; Umsetzen auf orale Medikation innerhalb von 3 Tagenz. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Häufig: Unruhe, EPS-artige Symptome (Muskeltonuserhöhung, Akathisie, Tremor), Schwindel, Sedierung, Kopfschmerzen; verschwommenes Sehen; gastrointestinale Beschwerden; parenteral Brennen/ Schmerzen an Injektionsstelle. 5 Gelegentlich: Gesteigerter Appetit; Angst, Aufmerksamkeitsstörungen, Hypersomnie; Engegefühl im Hals, Albträume; generalisierte tonischklonische Krampfanfälle, Spätdyskinesie, Dysarthrie, Parästhesie,
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Frühdyskinesie, Ataxie; Tinnitus; Photophobie; Hypertonie, orthostatische Dysregulation, Tachykardie, Dyspnoe, Gefühl einer dicken Zunge, Urtikaria, Leberenzymerhöhung. Selten: Hypokalzämie; Panikattacken, depressive Verstimmung; Torticollis, Syndrom der ruhelosen Beine; Lymphopenie; Sehstörungen; Singultus; allergische Dermatitis, Alopezie, Gesichtsschwellung; Dysurie; erektile Dysfunktion, gesteigerte Erektionen, Anorgasmie, Fieber, Hitzegefühl; Torsade de Pointes; Anstieg der LDH; Eosinophilie; malignes neuroleptisches Syndrom. In Einzelfällen: Induktion einer Manie; hoher Blutdruck. Ziprasidon verursacht dosisabhängig eine leichte bis mäßige Verlängerung des QT-Intervalls; Grenzwerte 7 Kap. 3.6, bei Vorliegen oder auftreten kardialer Symptome ist eine kardiologische Abklärung notwendig. In Langzeitstudien gelegentlich erhöhte Prolaktinspiegel, meist reversibel.
Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Bekannte potentielle QTc-Verlängerung (7 Kap. 3.6), Herzrhythmusstörungen, die mit Klasse-IA- oder III-Antiarrhythmika behandelt werden, Kombination mit QTc-verlängernden Medikamenten, z. B. Amantadin, Thioridazin, Pimozid, Sparfloxazin, Moxifloxazin, Mefloquin, Sertindol oder Cisaprid. 5 Relative Kontraindikationen: ausgeprägte Bradykardie, Krampfanfälle in der Vorgeschichte, schwere Leberinsuffizienz, Elektrolytstörungen sind vor Behandlungsbeginn zu korrigieren. 5 Parenteral: Kardiovaskuläre Erkrankungen; Vorsicht wegen Schwindelgefühl, Tachykardie, Hypertonie und orthostatischer Dysregulation. 5 Keine Behandlungsempfehlung für Patienten >65 Jahre (fehlende Daten). Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Bei gleichzeitiger Gabe von CYP-3A4-Inhibitoren (7 Kap. 16), sollte auf eine zumindest theoretisch mögliche, wechselseitige Erhöhung der Plasmaspiegel mit Zunahme von Nebenwirkungen geachtet werden. Bislang wurden jedoch in vivo keine derartigen Wechselwirkungen von klinisch relevantem Ausmaß gefunden. 5 Die wiederholte Gabe von aluminium- und magnesiumhaltigen Antazida scheint die Pharmakokinetik nicht zu beeinflussen.
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Kapitel 3 · Antipsychotika
5 Bei gleichzeitiger Einnahme von Carbamazepin oder anderen Enzyminduktoren in höherer Dosis könnte es zu einem beschleunigten Abbau von Ziprasidon kommen, der eine Dosisanpassung notwendig macht. 5 Weitere Interaktionen s. oben, Kontraindikationen. Bewertung Nichttrizyklisches AAP. Im Vergleich zu anderen AAP fast keine Gewichtszunahme, geringes EPS-Risiko. Als kurzwirksames i.m.-Präparat verfügbar. Ziprasidon kann das QTc-Intervall dosisabhängig verlängern. Zotepin Dibenzothiepin
Trizyklisches Atypisches Antipsychotikum
Nipolept (Aventis Pharma) Drg. 25, 50, 100 mg (20, 50, 100 Drg.)
Pharmakodynamik 5 Hauptsächlich 5-HT2A/C- und 5-HT6/7-, aber auch α1- und H1-Antagonist; geringer Antagonismus an D2-artigen, D1-artigen, und mAChRezeptoren; außerdem Noradrenalin-Rückaufnahmehemmer. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption, starker First-pass-Effekt mit einer Bioverfügbarkeit von nur ca. 10%. 5 Tmax=2,8–4,5 h ; t½=14–16 h . 5 Metabolisierung über CYP 1A2 und CYP 3A4 (zu möglichen Interaktionen 7 Kap. 16); Abbauprodukte teilweise pharmakologisch aktiv. 5 Plasmakonzentration: 12–120 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Schizophrene Störungenz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei der Behandlung wahnhafter Depressionen in Monotherapie und in Kombination mit Antidepressiva; Hinweise für antimanische Wirkungen. 5 Bei Dosis über 300 mg/Tag und bei Kombinationstherapie mit anderen Antipsychotika EEG-Kontrolle empfohlen. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8.
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Dosierung 5 Beginn mit 50–100 mg/Tag, bei akuten Psychosen ggf. auch höher. 5 Mittlere Dosierung im stationären Bereich 75–150 mg/Tag (Höchstdosis 450 mg/Tagz), verteilt auf mehrere Einnahmezeitpunkte. Bei Tagesdosen von 300 mg und mehr sollen Dosierungsabstände von mindestens 4 h eingehalten werden. Nebenwirkungen (7 Kap. 3.6) 5 Dosisabhängig EPS, deutlich geringeres Risiko als bei konventionellen hochpotenten Antipsychotika. 5 Häufig: Sedierung, Schwindel; orthostatische Hypotension, Tachykardie; transiente Anstiege der Leberenzyme; Gewichtszunahme. 5 Gelegentlich: v. a. initial vegetative Nebenwirkungen, u. a. Obstipation, Übelkeit, Akkommodationsstörungen, Miktionsstörungen, delirante Syndrome insbesondere in Kombination mit anticholinerg wirksamen Pharmaka möglich; Störungen des Glukosestoffwechsels; Prolaktinanstieg; EEG-Veränderungen; Abnahme des Harnsäurespiegels im Serum. 5 Selten: Auslösung epileptiformer Anfälle; Unruhe, Schlaflosigkeit, depressive Verstimmungen, Angstzustände; Störungen der Hämatopoese, Eosinophilie; Atemnot, Erregungsleitungsstörungen; malignes neuroleptisches Syndrom. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Beeinträchtigungen des hämatopetischen Systems. 5 Relative Kontraindikationen: kardiale Vorschädigung; schwere Leberund Nierenfunktionsstörungen; prolaktinabhängige Tumoren, Frauen mit Zyklusstörungen und Hyperprolaktinämie; orthostatische Dysregulation; hirnorganische Erkrankungen und Anfallsleiden, Morbus Parkinson; chronische Atembeschwerden und Asthma; Engwinkelglaukom, Blasenentleerungsstörungen mit Restharnbildung. Interaktionen (7 Kap. 3.8) 5 Pharmakodynamisch mit Antihypertonika (verstärkte Blutdrucksenkung), Barbituraten (verstärkte Sedierung), Opiaten (Hemmung des Atemzentrums), anderen Antipsychotika (Senkung der Krampfschwelle), Dopaminagonisten (Wirkungsabschwächung des Zotepins) und -antagonisten (gegenseitige Wirkungsverstärkung).
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Kapitel 3 · Antipsychotika
Bewertung AAP mit initial sedierenden Eigenschaften. Vorteile von Zotepin gegenüber den neueren AAP zeichnen sich ‒ bei eher höherem Nebenwirkungsrisiko ‒ nicht ab. Zuclopenthixol Thioxanthen
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Ciatyl-Z (Bayer Vital) Tbl. 2, 10, 25 mg (50, 100 Tbl.) Trpf. 20 mg=20 Trpf.=1 ml (30 ml)
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Depotpräparat (nur i.m.) Zuclopenthixoldecanoat
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Ciatyl-Z Depot (Bayer Vital) Amp. 200 mg=1 ml (1,5 Amp.)
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Trizyklisches Antipsychotikum
Depotpräparat (nur i. m.) Zuclopenthixolazetat Ciatyl-Z Acuphase (Bayer Vital) Amp. 50 mg=1 ml (1, 5 Amp.) 100 mg=2 ml (5 Amp.)
Pharmakodynamik 5 Hohe Affinität zu D1/D2- und 5-HT2A-Rezeptoren; Blockade von H1- und α1-adrenergen Rezeptoren; geringe Affinität zu mACh- und α2-Rezeptoren. 5 Zuclopenthixol besteht zu 100% aus dem cis-Isomer des Clopenthixol (Belastung durch unwirksame Substanz entfällt). 5 Zuclopenthixol soll weniger sedierend als Clopenthixol sein. 5 Plasmakonzentration: 4–50 ng/ml(p). Pharmakokinetik 5 Tmax=3–4 h,; t½ (orale Gabe) 15–25 h ; Bioverfügbarkeit: ca. 45%. 5 Metabolisierung über CYP 2D6. 5 Decanoat: Tmax=4–7 Tage; Freisetzungshalbwertszeit=19 Tage. 5 Azetat: Tmax=36 h , Freisetzungshalbwertszeit=36 h. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akute und chronische Schizophreniez. 5 Maniez. 5 Erregungszustände bei geistiger Behinderungz. 5 Unruhe- und Verwirrtheitszustände bei seniler Demenz(z). 5 Azetat (i.m.-Injektion): Initialbehandlung von akuten Psychosen, Manien und Exazerbationen chronischer Psychosenz.
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5 Decanoat (i.m.-Injektion): Langzeitbehandlung chronischer Schizophrenien, bei denen eine adäquate orale Therapie mit Antipsychotika nicht möglich istz. 5 Zur Problematik der Langzeitbehandlung mit konventionellen Antipsychotika 7 Kap. 3.11. 5 Zum Einsatz von Antipsychotika bei älteren Patienten mit Demenz 7 Kap. 3.4.7. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 3.8. Dosierung 5 Oral: einschleichend bis zur Erhaltungsdosis von 25–75 mg/Tagz. 5 Azetat (i.m.-Injektion): 50–150 mgz i.m. 1- bis 2-malige Wiederholung alle 2–3 Tage. 5 Decanoat (i.m.-Injektion): 100–400 mgz alle 2–3 Wochen i.m. (200 mg Zuclopenthixol entsprechen etwa 25 mg Fluphenazin). Nebenwirkungen 5 Initial insbesondere bei i.m.-Injektionen (Azetat) Sedierung (häufig erwünscht) und orthostatische Hypotonie. 5 Sehr häufig: EPS; Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit; Schwindel, insbesondere initiale Müdigkeit. 5 Häufig: Orthostatische Dysregulation, Tachykardie, EKG-Veränderungen (Erregungsleitungsstörungen); Erhöhung des Augeninnendrucks, Miktionsstörungen, gastrointestinale Störungen; Unruhe, Depression, Kopfschmerzen; Gewichtszunahme; Menstruationsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen; Photosensibilität. 5 Gelegentlich: Herabgesetzter Muskeltonus, zerebrale Krampfanfälle. 5 Selten: passagere Leberfunktionsstörung, Cholestase, Ikterus; Benommenheit, Exazerbation psychotischer Symptome, Verwirrtheit, insbesondere in Kombination mit anticholinerg wirksamen Substanzen; Regulationsstörungen der Körpertemperatur. 5 Sehr selten: malignes neuroleptisches Syndrom; paralytischer Ileus. 5 In Einzelfällen: Bein- und Beckenvenenthrombosen; Blutbildveränderungen; Priapismus; Störungen des Glukosehaushalts; Lupus-erythematodes-ähnliche Syndrome. Kontraindikationen (7 Kap. 3.7) 5 Kreislaufschock; Koma; Störungen der Hämatopoese. 5 Relative Kontraindikationen: Leber- und Niereninsuffizienz; kardiale Vorschädigung, insbesondere klinisch relevante Herzrhythmusstörun-
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Kapitel 3 · Antipsychotika
gen, Kombination mit möglicherweise QTc-verlängernden Medikamenten; prolaktinabhängige Tumore, hirnorganische Erkrankungen und Krampfanfälle in der Anamnese, Morbus Parkinson. Interaktionen (7 Kap. 3.8) Bewertung Mittelpotentes konventionelles Antipsychotikum. Als Azetat mit der Möglichkeit der Applikation eines Kurzzeitdepots mit schnellem Wirkungseintritt und besserer Steuerbarkeit, insbesondere bei hochakuten psychotischen Zuständen und Manien, wenn AAP nicht angewendet werden können.
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Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen 2.1
Übersicht
Die Komplexität der Behandlung bipolarer affektiver Störungen ergibt sich daraus, dass im Krankheitsverlauf fünf verschiedene Symptomkonstellationen auftreten können (Depression, Hypomanie, Manie, gemischte Episode, Rapid cycling), was oft zu einer polypharmazeutischen Therapie führt. Mehr als bei jeder anderen psychischen Störung muss schon bei der Behandlung der einzelnen Episode der langfristige Verlauf und dessen besondere polare Natur berücksichtigt werden. Folgende Syndrome sind voneinander abzugrenzen: 5 Die Manie (syn.: manische Episode) ist durch situationsinadäquat gehobene Stimmung, Erregung, Hyperaktivität, Rededrang und Größenideen gekennzeichnet. Bei schweren Ausprägungsformen können Wahn und Halluzinationen hinzutreten (Manie mit psychotischen Symptomen). Eine einzelne manische Episode erlaubt noch nicht die Diagnose einer bipolaren affektiven Störung (s. unten). 5 Die Hypomanie stellt eine leichtere Ausprägungsform der Manie dar. Wahn und Halluzinationen werden nicht beobachtet. 5 Eine bipolare affektive Störung ist durch mindestens zwei affektive Episoden mit mindestens einer Hypomanie oder Manie, charakterisiert (ICD-10). DSM-IV grenzt von der bipolaren Störung Typ I (syn.: bipolare I-Störung), bei der mindestens eine manische Episode diagnostiziert worden sein muss, die bipolare Störung vom Typ II (syn.: bipolare II-Störung) ab, bei der neben depressiven nur hypomanische Episoden vorkommen dürfen. 5 Die bipolare Depression ist phänomenologisch nicht von der unipolaren Depression zu unterscheiden. Treten Wahn oder Halluzinationen hinzu, liegt eine Depression mit psychotischen Merkmalen vor. 5 Werden depressive und manische Symptome gleichzeitig bzw. in raschem Wechsel beobachtet, wird von einer gemischten Episode gesprochen.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Rapid cycling ist durch mindestens vier Episoden in einem Zeitraum von 12 Monaten gekennzeichnet. Bei der Therapie bipolarer affektiver Störungen sind Substanzklassen, die bei dem heutigen Kenntnisstand für alle Phasen der Störung gleichermaßen geeignet erscheinen (»Stimmungsstabilisierer«), von solchen, die sich nur für spezifische Syndrome eignen (»adjuvante Pharmakotherapeutika«), zu unterscheiden. Während Erstere die Basis jeder Therapie und Prophylaxe bipolarer affektiver Störungen darstellen, sind die Letztgenannten (z. B. die meisten Antipsychotika, Antidepressiva) primär als Adjuvanzien zu betrachten. Neue Studien haben gezeigt, dass auch einige atypische Antipsychotika (AAP) (für Olanzapin sicher nachgewiesen) eine phasenprophylaktische Wirkung haben. Dadurch wird die Abgrenzung der beiden Gruppen unschärfer. 2.1.1
Stimmungsstabilisierer
Die Substanzen dieser Gruppe stellen die Grundlage der Therapie dar. Sie sollen über die gesamte Dauer der Pharmakotherapie der bipolaren affektiven Störung verabreicht werden, unabhängig von der akut bestehenden Phänomenologie. Im Idealfall wird die gesamte Behandlung – unabhängig von der Krankheitsphase – nur mit einer Substanz aus dieser Gruppe (bzw. auch mit einer Kombination von Substanzen dieser Gruppe) durchgeführt. 5 Lithium: Klassische Referenzsubstanz zur Behandlung bipolar affektiver Erkrankungen. Wahrscheinlich weniger wirksam bei Vorliegen zahlreicher Vorphasen, bei gemischten Episoden und bei Rapid cycling. 5 Antikonvulsiva: Valproinsäure (und Carbamazepin) sind Substanzen mit guter antimanischer Wirksamkeit und sind auch phasenprophylaktisch wirksam. Lamotrigin wirkt prophylaktisch bei der bipolaren Depression und auch bei Rapid cycling. 5 AAP: Olanzapin und Quetiapin haben eine nachgewiesene antimanische Wirksamkeit und sind für diese Indikation zugelassen. Für Olanzapin ist die phasenprophylaktische Wirksamkeit nachgewiesen, allerdings beschränkt sich die Zulassung auf Patienten, die in der Akutbehandlung (der Manie) auf Olanzapin angesprochen haben. Die Substanz schützt zudem besser gegen manische als gegen depressive Rezidive. Olanzapin und Quetiapin sind nach der gegenwärtigen Datenlage auch bei gemischten Episoden und beim Rapid cycling wirksam. Es gibt mehrere Studien, die die Wirksamkeit von Olanzapin und Quetiapin auch bei bipolarer Depression belegen.
2.2 · Wirkmechanismen
2.1.2
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Adjuvante Pharmakotherapeutika
Substanzen aus den folgenden Gruppen sind, abhängig von der jeweiligen Symptomatologie, geeignet, die Therapie akuter Exazerbationen einer bipolaren affektiven Störung zu unterstützen. In der Regel ist die Anwendung der Substanzen der folgenden Klassen zeitlich auf die akute Episode der Störung bzw. eine gewisse Zeit der Remission beschränkt. 5 Konventionelle Antipsychotika: Substanzen mit guter antimanischer Wirksamkeit. Unter konventionellen Antipsychotika kommt es häufiger als unter Placebo zur Entwicklung depressiver Syndrome; deshalb sollten sie bei bipolaren affektiven Störungen nicht mehr gegeben werden. AAP sind auch wegen der besseren Verträglichkeit der Vorzug zu geben. 5 AAP: Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon und Aripiprazol haben eine nachgewiesene antimanische Wirksamkeit. Olanzapin, Quetiapin und Risperidon sind für diese Indikation zugelassen. Ziprasidon ist zugelassen zur Behandlung von manischen oder gemischten Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad bei bipolaren Störungen. Für Aripiprazol konnte die Wirksamkeit bei manischen Syndromen in zwei randomisierten, kontrollierten Studien belegt werden. 5 Antidepressiva: In der Regel Mittel der ersten Wahl in der Phasenprophylaxe unipolarer Depressionen. Antidepressiva können Manien induzieren. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand könnten sie das Risiko für die Entwicklung eines Rapid cycling erhöhen. Daher muss die Indikation für die Anwendung eines Antidepressivums bei einer bipolaren Depression streng gestellt werden. Dies gilt in besonderem Maße für TZA. SSRI haben ein geringeres Risiko, eine Manie oder Hypomanie zu induzieren, nach einer neuen Studie auch geringer als Venlafaxin. 5 Benzodiazepine: Geeignet als Adjuvans in der Therapie manischer und depressiver Syndrome. 2.2
Wirkmechanismen
Lithium und Antikonvulsiva entfalten die unterschiedlichsten zentralnervösen (und peripheren) Wirkungen. Es ist unbekannt, welche der folgenden Effekte ihre Wirksamkeit bei bipolaren affektiven Störungen ausmacht. 5 Wirkungen auf Signaltransduktionssysteme: Einer der wesentlichen Wirkmechanismen des Lithiums bei affektiven Störungen scheinen
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
dessen Wirkungen auf »Second messenger«-Systeme zu sein. Die Phospholipase C katalysiert nach Aktivierung durch Neurotransmitter die Bildung der intrazellulären Second messengers Inositoltriphosphat und Diacylglycerol. Während Diacylglycerol die Proteinkinase C aktiviert, reguliert Inositoltriphosphat wesentlich die intrazelluläre Kalziumfreisetzung aus dem endoplasmatischen Retikulum. Kalzium wiederum reguliert neben einer Vielzahl von Zellfunktionen Synthese und Freisetzung von Monoamin-Neurotransmittern. Bei bipolaren affektiven Störungen wurden die intrazellulären Kalziumkonzentrationen erhöht gefunden. Lithium hemmt die Inositolmonophosphatase, wodurch es zu einer Verarmung an freiem Inositol kommt. Inositol steht nun nicht mehr in ausreichenden Konzentrationen zur Bildung von Phosphatidylinositol zur Verfügung, aus dem wiederum Phosphatidylinositoldisphosphat (PIP2) nicht mehr in genügender Menge entsteht. PIP2 jedoch ist das Substrat der Phospholipase C, die damit nicht mehr über ausreichend Substrat verfügt. Andere durch Lithium beeinflusste Second messenger- und Transduktionssysteme sind die Adenylylzyklase, G-Proteine (für die eine Hyperaktivität bei bipolaren Störungen postuliert wurde) und die Proteinkinase C. 5 Wirkungen auf neuronale Ionenkanäle: Die meisten Antikonvulsiva (Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin) führen zu einer Inaktivierung spannungsabhängiger Natriumkanäle und damit zu einer Reduktion des Natriumeinstroms, sowie wahrscheinlich auch zu einer Erhöhung der Kaliumleitfähigkeit; dies hat eine Reduktion neuronaler Entladungsfrequenzen zur Folge. In Analogie zur »Kindling-Hypothese« epileptischer Erkrankungen, nach der ein epileptischer Anfall weitere Anfälle begünstigen kann (»kindling«), vermutet man, dass Antikonvulsiva auch bei bipolaren affektiven Störungen, bei denen es bei fehlender Behandlung zu einer Zunahme von Frequenz und Schwere der Krankheitsepisoden kommen kann, ihre Wirkung über eine Verminderung der zentralen Erregbarkeit entfalten. 5 Wirkungen auf inhibitorische und exzitatorische Transmittersysteme: Viele Antikonvulsiva (Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin, Gabapentin) und auch Lithium verstärken auf unterschiedlichste Weise die (inhibitorische) GABAerge Neurotransmission. Valproinsäure hemmt den GABA-Katabolismus, erhöht die GABA-Freisetzung und vermindert den GABA-Turnover. Gabapentin blockiert GABATransporter und erhöht auf diese Weise synaptische GABA-Konzentrationen. Alle genannten Antikonvulsiva sollen auf der anderen Seite die Freisetzung des (exzitatorischen) Glutamats hemmen.
2.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
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2
5 Wirkungen auf die serotonerge Neurotransmission: Lithium verstärkt die serotonerge Neurotransmission auf den verschiedensten Ebenen. Es verstärkt die Synthese durch eine Erhöhung der Tryptophanaufnahme in serotonerge Neurone, führt zu einer verstärkten Serotoninfreisetzung und vermindert dessen Katabolismus. Die Wirkungen auf die Dichte von 5-HT2A- und 5-HT2C-Rezeptoren sind hirnregional unterschiedlich, in den meisten Studien wird jedoch eine Abnahme der Dichte dieser Rezeptoren gezeigt. Auch Olanzapin und Quetiapin führen zu einer Abnahme von 5-HT2A-Rezeptoren. 5 Wirkungen auf die Genexpression: Lithium ist ein potenter Induktor der fos-Expression. Außerdem beeinflusst Lithium die Expression von verschiedenen G-Proteinen und Adenylylzyklasen sowie Peptidhormonen und ihren Rezeptoren. 5 Beeinflussung zirkadianer Rhythmen: Lithium bremst zirkadiane Oszillatoren in einer Vielzahl von Spezies. Chronische Behandlung verlängert zahlreiche zirkadiane Rhythmen unter freilaufenden Bedingungen. Da bei – insbesondere bipolaren – affektiven Störungen eine Phasenverschiebung (»phase advance«) biologischer Rhythmen vermutet wird, soll Lithium seine Wirkung z. T. über diese Phasenverlängerung endogener Rhythmen entfalten. 5 Ein genetischer Polymorphismus des GSK3-β-Gens scheint das Ansprechen auf Lithium zu beeinflussen. 2.3
Allgemeine Therapieprinzipien
5 Ähnlich wie bei der Therapie unipolarer Depressionen sollte auch die Pharmakotherapie bipolarer affektiver Störungen in einen Gesamtbehandlungsplan eingebettet sein (7 Kap. 1.5). Entsprechend der Behandlungsphase ist folgende Gewichtung der Therapieschwerpunkte sinnvoll: − In der Akutphase wird – v. a. bei manischen Syndromen mit geringer oder fehlender Krankheitseinsicht – die Pharmakotherapie im Vordergrund stehen. − Im weiteren Behandlungsverlauf – Erhaltungstherapie und Phasenprophylaxe – nehmen psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen an Bedeutung zu (7 Kap. 2.5). 5 Bei bipolaren affektiven Störungen ist die möglichst frühzeitige Vermittlung eines Krankheitskonzeptes von großer Bedeutung. Dabei erscheinen die folgenden Aspekte wichtig:
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
− Dem Patienten sollte vermittelt werden, dass er an einer Störung leidet, bei der die Behandlung der aktuellen Episode ganz wesentlich den weiteren Krankheitsverlauf bestimmen kann. − Er muss darauf hingewiesen werden, dass die Behandlung mit einem TZA das Risiko in sich birgt, eine Manie oder sogar ein Rapid cycling zu induzieren; SSRI haben ein geringeres Risiko, eine Manie oder Hypomanie zu induzieren. Der Patient sollte Verständnis dafür bekommen, dass es nach heutigem Kenntnisstand langfristig günstiger sein kann, bei leichter Depression auf ein Antidepressivum zunächst zu verzichten, auch wenn der akute Behandlungsverlauf u. U. verlängert wird. Bei leichter Depression können eine Verhaltenstherapie und die Gabe eines Stimmungsstabilisierers ausreichend sein. 5 Patienten mit schweren manischen Syndromen sind in vielen Fällen nicht einwilligungsfähig bzw. müssen manchmal auch ohne ihr Einverständnis behandelt werden. In diesen Fällen ist es problematisch, die Behandlung mit Medikamenten, die für diese Indikation nicht zugelassenen sind, durchzuführen, v. a., wenn Substanzen gegeben werden sollen, bei denen es nicht selten zu schwerwiegenden Nebenwirkungen und Komplikationen kommt. Wenn ein Patient mit einem manischen Syndrom mit einem nicht für diese Indikation zugelassenen Medikament behandelt werden soll und er der Behandlung nicht zustimmen will oder kann, so müssen Nutzen und Risiken der Behandlung sehr sorgfältig abgewogen und diese mit (zugelassenen) Behandlungsalternativen verglichen werden. Dabei wird man die Indikation zur Behandlung mit einer Substanz, deren Wirksamkeit zweifelsfrei nachgewiesen wurde, eher stellen als bei einer Substanz, deren Wirksamkeit in dieser Indikation nicht eindeutig belegt ist. Clozapin darf nur nach Zustimmung durch den Patienten (oder nach gerichtlicher Genehmigung) verabreicht werden. 5 Eine unzureichende Compliance ist häufig Grund für eine Nonresponse. Eine mangelhafte Lithiumcompliance findet sich offenbar häufiger bei schweren Manien, bei Kombination von Lithium mit anderen Stimmungsstabilisierern, Lithiumnebenwirkungen, Rapid cycling-Phänomenen, Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit bzw. -abusus, Persönlichkeitsstörungen, männlichen Patienten, allein lebenden Patienten, jüngeren Patienten und Patienten mit niedrigerer Schulbildung oder geringerem sozioökonomischem Status.
2.4 · Indikationen
2.4
Indikationen
2.4.1
Manische Episode
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Die ICD-10 grenzt die manische Episode von der bipolaren affektiven Störung ab, wenn es sich um eine einzelne manische Episode handelt. Tritt im Krankheitsverlauf mindestens eine weitere affektive (depressive, gemischte, hypomanische oder manische) Episode auf, so ist eine bipolare affektive Störung zu diagnostizieren. Auch Patienten, die ausschließlich unter manischen Episoden leiden, werden als bipolar klassifiziert. Die Behandlung der einzelnen manischen Episode und der manischen Episode im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung ist identisch. Lithium 5 Lithiumsalze sind seit Jahrzehnten bewährte (und zugelassene) Substanzen zur Behandlung manischer Syndrome. 5 Lithium-Monotherapie ist wegen der Wirklatenz (bis zu mehreren Wochen) und fehlender Sedierung häufig nur bei leichten bis mittelschweren Manien ohne psychotische Merkmale möglich. 5 Neben verschiedenen konventionellen Antipsychotika und AAP (Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon) ist Lithium für die Behandlung manischer Syndrome zugelassen. 5 Bei schweren manischen Episoden ist die Behandlung mit einem AAP der Monotherapie mit Lithium vorzuziehen. Mehrere neuere Studien belegen, dass eine Kombination von Lithium mit einem AAP der Monotherapie mit Lithium überlegen ist. 5 Die Wirkung von Lithium bei Rapid cycling, bei gemischten Episoden, bei gereizter Manie und bei sehr vielen affektiven Phasen in der Anamnese wird heute in Frage gestellt. 5 Bei Manien mit psychotischen Merkmalen sind AAP Mittel der ersten Wahl; es gibt Hinweise, dass eine Kombination von Lithium mit einem Antipsychotikum eine bessere Wirksamkeit aufweist als eine Monotherapie. 5 Wenn eine Therapie von Beginn an mit einem Stimmungsstabilisierer plus einem konventionellen Antipsychotikum durchgeführt wird, sollte das Antipsychotikum in der Regel nach Abklingen der Manie ausschleichend abgesetzt werden (s. unten konventionelle und atypische Antipsychotika im Vergleich); dies gilt nicht für AAP.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Atypische Antipsychotika Die AAP nehmen bei der Behandlung der Manie einen immer größeren Raum ein. Zum Stellenwert der antipsychotischen Therapie bei schizoaffektiven Störungen 7 Kap. 3.4.3. Olanzapin 5 Die Wirksamkeit von Olanzapin bei manischen Syndromen ist gut belegt. Olanzapin ist in dieser Indikation zugelassen. Für Olanzapin liegen doppelblinde, kontrollierte Studien gegen Placebo bei bipolarer Depression vor, die eine Wirksamkeit belegen. Olanzapin scheint auch bei Rapid cycling und bei gemischten Episoden wirksam zu sein. In einer doppelblinden Vergleichsstudie bei Manien zeigte Olanzapin eine vergleichbare Wirksamkeit wie Valproinsäure; Valproinsäure war jedoch besser verträglich. In einer anderen doppelblinden Vergleichsstudie bei Manien war Olanzapin Valproinsäure überlegen. Da die Substanz für Patienten, die in der Akutphase auf Olanzapin angesprochen haben, auch für die Phasenprophylaxe zugelassen ist, bekommt die Substanz auch innerhalb der Gruppe der AAP einen besonderen Stellenwert in der Behandlung manischer Syndrome. Quetiapin 5 Die Wirksamkeit von Quetiapin bei manischen Syndromen ist durch mehrere Studien belegt. Quetiapin ist in dieser Indikation zugelassen. Für Quetiapin liegen doppelblinde, kontrollierte Studien gegen Placebo bei bipolarer Depression vor, die eine Wirksamkeit belegen. Quetiapin scheint auch bei Rapid cycling und gemischten Episoden wirksam zu sein. Risperidon 5 Die Wirksamkeit von Risperidon bei manischen Syndromen ist durch mehrere Studien belegt. Risperidon ist in dieser Indikation zugelassen. Risperidon scheint auch bei gemischten Episoden wirksam zu sein.
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Ziprasidon 5 Die Wirksamkeit von Ziprasidon bei manischen Syndromen ist belegt. Ziprasidon ist zugelassen zur Behandlung von manischen oder gemischten Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad bei bipolaren Störungen. Ziprasidon führt zu keiner Gewichtszunahme.
2.4 · Indikationen
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Aripiprazol 5 Die Wirksamkeit von Aripiprazol bei manischen Syndromen konnte in zwei randomisierten, kontrollierten Studien belegt werden. Aripiprazol ist in der Indikation Manie bisher nicht zugelassen. Clozapin 5 Es liegen keine doppelblinden, kontrollierten Studien zur Anwendung von Clozapin bei manischen Episoden vor. Zahlreiche Berichte und mehrere prospektive, offene Studien weisen jedoch darauf hin, dass Clozapin auch bei sonst therapieresistenten Patienten mit manischen Syndromen eine Wirkung haben kann (auch bei Rapid cycling und bei affektiven Mischzuständen sowie bei erfolgloser Elektrokrampfbehandlung). Wegen der kontrollierten Anwendung (7 Kap. 3.14) muss die Behandlung mit Clozapin jedoch auf Patienten beschränkt bleiben, bei denen alle anderen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Clozapin ist in der Indikation Manie nicht zugelassen. Konventionelle und atypische Antipsychotika im Vergleich 5 Wenn möglich, sollte auf konventionelle Antipsychotika zur Behandlung manischer Syndrome so weit wie möglich verzichtet werden, weil: − Patienten, denen konventionelle Antipsychotika in akuten manischen Episoden gegeben wurden, auch 6 Monate später noch signifikant häufiger mit Antipsychotika behandelt wurden als Patienten, die in der Akutphase keine Antipsychotika erhielten, − das Risiko für die Entwicklung von Spätdyskinesien bei Patienten mit affektiven Störungen höher ist als bei Patienten mit schizophrenen Störungen, − antipsychotikainduzierte EPS gerade in der Anfangsphase der Behandlung zur Non-Compliance führen, − konventionelle Antipsychotika nicht vor depressiven Syndromen schützen, deren Entstehung in einigen Fällen sogar begünstigen. 5 Neuere Studien weisen darauf hin, dass Olanzapin und Quetiapin das Risiko, ein depressives Syndrom zu induzieren, im Gegensatz zu konventionellen Antipsychotika nicht erhöhen, sondern im Gegenteil einen positiven antidepressiven Effekt haben. Dies scheint insbesondere für Quetiapin zu gelten. Möglicherweise handelt es sich um einen Gruppeneffekt; Daten für andere AAP liegen bisher jedoch noch nicht vor.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Wenn konventionelle Antipsychotika gegeben werden, sollten Dosierungen, wie sie in der Therapie schizophrener Störungen üblich sind, gewählt werden. Antikonvulsiva Valproinsäure 5 Die retardierte Form von Valproinsäure ist in der Indikation Manie und zur Phasenprophylaxe der bipolaren Störung zugelassen. Valproinsäure hat wahrscheinlich eine dem Lithium und dem Haloperidol vergleichbare antimanische Wirksamkeit, wird aber besser vertragen. Gegenüber Lithium hat die Substanz den Vorteil des bei schneller Aufdosierung rascheren Wirkungseintritts. Valproinsäure soll bei gereizter Manie besser wirksam sein als Lithium. 5 In einer doppelblinden Vergleichsstudie bei Manien zeigte Olanzapin eine vergleichbare Wirksamkeit wie Valproinsäure; Valproinsäure war jedoch besser verträglich. In einer anderen doppelblinden Vergleichsstudie bei Manien war Olanzapin Valproinsäure überlegen. 5 Mehreren neueren Studien zufolge hat eine Kombination von Valproinsäure mit einem AAP eine bessere antimanische Wirksamkeit als Valproinsäure allein. 5 Bei intravenöser Verabreichung (1200–1800 mg/Tag) soll Valproinsäure einen besonders schnellen Wirkeintritt (1–3 Tage) bei sehr guter Verträglichkeit haben. Allerdings ist bisher lediglich die orale Gabe von retardierter Valproinsäure für die Behandlung der Manie und zur Phasenprophylaxe zugelassen. Carbamazepin 5 Carbamazepin ist in der Indikation Manie nicht zugelassen. 5 Carbamazepin hat wahrscheinlich eine dem Lithium vergleichbare antimanische Wirksamkeit. 5 Kleinere Studien zeigen, dass Kombinationen von Carbamazepin mit Lithium oder mit Antipsychotika eine bessere antimanische Wirkung haben als eine Monotherapie mit Carbamazepin. Anders als Kombinationstherapien von Valproinsäure mit AAP sind Kombinationstherapien von Carbamazepin mit anderen antimanischen Substanzen jedoch nicht systematisch untersucht; sie sind aber insbesondere bei fehlendem Ansprechen auf eine der Einzelsubstanzen möglich.
2.4 · Indikationen
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Lamotrigin 5 Die antimanische Wirksamkeit von Lamotrigin ist nicht ausreichend belegt. 5 Zur Bedeutung von Lamotrigin bei der bipolaren Depression, der Phasenprophylaxe und bei Rapid cycling 7 Kap. 2.4.2. Andere Antikonvulsiva Für Gabapentin, Levetiracetam, Oxcarbazepin (das 10-Keto-Analogon des Carbamazepin), Tiagabin, Topiramat und Zonisamid liegen zwar in unterschiedlichem Umfang positive Einzelberichte, Fallserien und kleine Studien zur Wirksamkeit bei manischen Episoden vor. Für keine der Substanzen ist die Wirksamkeit jedoch klar belegt. Auch fehlt für alle genannten Substanzen die Zulassung in dieser Indikation. Benzodiazepine 5 Benzodiazepine eignen sich nicht zur Monotherapie, aber als Adjuvans bei manischen Syndromen. 5 Am besten untersuchte Substanzen sind Clonazepam und Lorazepam. 5 Dosierungen sind teilweise sehr hoch (bis 15 mg/Tag Clonazepam bzw. Lorazepam, im Einzelfall über 20 mg/Tag). 5 Die gleichzeitige Gabe von i.m. Olanzapin und einem parenteralen Benzodiazepin wurde nicht untersucht und wird daher vom Hersteller nicht empfohlen. Andere Therapieverfahren zur Behandlung manischer Syndrome 5 Offene und nur kleine kontrollierte Studien weisen auf eine Wirksamkeit von Kalziumantagonisten (Kalziumkanalblocker) bei manischen Syndromen hin; aufgrund der begrenzten Datenbasis lassen sich Kalziumantagonisten nur empfehlen, wenn andere Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden bzw. Kontraindikationen gegen diese bestehen. 5 Offene Studien und Einzelfallberichte dokumentieren die mögliche Wirksamkeit von Schilddrüsenhormonen (Thyroxin, T4, z. B. Euthyrox®) bei lithiumresistenten Patienten und bei Rapid cycling; von einzelnen Autoren wird die Induktion einer hyperthyreoten Stoffwechsellage durch sehr hohe Dosen Thyroxin (7 Kap. 1.12) bei therapieresistentem Rapid cycling empfohlen. Insbesondere bei höheren Dosierungen ist mit Nebenwirkungen zu rechnen. 5 Bei therapieresistenten manischen Syndromen kann auch eine Elektrokrampftherapie erwogen werden.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Auslösung von Medikamenten- (Nichtpsychopharmaka) induzierter Manie 7 Kap. 12.8.
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Behandlung von manischen Episoden – Bewertung 1. Eine klassische (euphorische) Manie kann mit Lithium, Valproinsäure (zugelassen sind nur Retardpräparate) oder AAP behandelt werden. Vorteile der AAP sind die im Vergleich zu Lithium bessere Handhabbarkeit, der schnellere Wirkungseintritt und die im Allgemeinen bessere Verträglichkeit. Allerdings ist unter den AAP bisher lediglich Olanzapin auch für die Phasenprophylaxe zugelassen. 2. Bei gereizten Manien oder bei Manien im Rahmen eines Rapid cycling sollte AAP der Vorzug gegeben werden. Alternativ kann auch retardierte Valproinsäure erwogen werden. 3. Bei schweren manischen Syndromen, insbesondere mit psychotischen Symptomen, muss oft auf eine Kombinationstherapie zurückgegriffen werden. Am besten evaluiert sind Kombinationen von Valproinsäure mit einem AAP (zugelassen: Olanzapin, Quetiapin, Risperidon) oder Lithium zusammen mit einem AAP. Mehrere Studien belegen, dass diese Kombinationen wirksamer sind als Valproinsäure, Lithium oder ein AAP allein. 4. Carbamazepin kann im Einzelfall eine Alternative zu Lithium oder Valproinsäure sein.
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2.4.2
Bipolare affektive Störung
Eine bipolare affektive Störung ist durch mindestens zwei affektive Episoden, davon mindestens eine manische Episode, charakterisiert. Während eine einzelne manische Episode nach der ICD-10 nicht als bipolare affektive Störung klassifiziert wird, gilt dies für rezidivierende manische Episoden auch dann, wenn niemals eine depressive Episode beobachtet wird. Manische Episode im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung Die Behandlung der manischen Episode im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung folgt den Prinzipien der Behandlung der einzelnen manischen Episode (7 Kap. 2.4.1). Allerdings ergeben sich durch die Einordnung als bipolare affektive Störung neue Konsequenzen für die Phasenprophylaxe
2.4 · Indikationen
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(s. unten). Bipolare affektive Störungen, bei denen lediglich manische Episoden auftreten (rezidivierende manische Episoden), sind nicht systematisch untersucht. Bipolare Depression (bipolare affektive Störung, depressive Episode) Die besondere Stellung der Pharmakotherapie der bipolaren Depression und die Notwendigkeit ihrer Abgrenzung von der Therapie der unipolaren Depression wird in den letzten Jahren immer wichtiger. Antidepressiva 5 Für kein Antidepressivum ist die Wirksamkeit bei bipolaren Depressionen in mindestens zwei doppelblinden, kontrollierten Studien belegt. 5 Es ist dagegen relativ gut belegt, dass eine antidepressive Pharmakotherapie mit TZA bei Patienten mit einer bipolaren affektiven Störung nicht nur das Risiko, eine Manie oder Hypomanie zu induzieren, erhöht, sondern auch zu einer Zunahme der Phasenfrequenz bis hin zum Rapid cycling führen kann (»cycling acceleration«). Das Risiko, ein Umkippen in die Manie (»switch«) zu induzieren, ist bei den neueren Antidepressiva (z. B. SSRI) geringer. Es scheint aber substanzspezifisch unterschiedlich zu sein; diesbezüglich war in einer Studie Sertralin risikoärmer als Venlafaxin. ! Der Einsatz von Antidepressiva bei bipolaren Depressionen ist daher
vorsichtig abzuwägen und das unterschiedliche Risiko der einzelnen Substanzen bei der Therapieentscheidung zu berücksichtigen.
5 Während eine Reihe von kontrollierten Studien eine Überlegenheit von Antidepressiva gegenüber Placebo bei bipolaren Depressionen belegen (aber jeweils nur Einzelstudien, s. oben), konnte ein Vergleich von Paroxetin, Imipramin und Placebo bei Patienten mit bipolarer Depression, die eine stabile Lithiumbasismedikation erhielten, keine Überlegenheit der beiden Antidepressiva gegenüber Placebo nachweisen. Eine Post-hoc-Analyse der Studie ergab, dass bei Lithiumserumkonzentrationen von über 0,8 mmol/l Paroxetin bzw. Imipramin nicht besser als Placebo waren, während sich bei niedrigeren Lithiumkon-
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
zentrationen doch ein Vorteil für die Antidepressiva nachweisen ließ. Die Autoren der Studie schließen, dass die Therapie einer bipolaren Depression bei höheren Lithiumserumkonzentrationen mit einem Antidepressiva nicht sinnvoll ist. Der Befund sollte weiter abgesichert werden, bevor er Konsequenzen für die Routinetherapie hat. Viele, insbesondere amerikanische Autoren und die APA, empfehlen, bei leichten depressiven Syndromen auf eine Antidepressivum-Monotherapie zu verzichten, um das Risiko der Induktion einer manischen Episode oder eines Rapid cycling zu minimieren. Zunächst sollte versucht werden, leichte depressive Episoden mit Verhaltenstherapie und mit einem Stimmungsstabilisierer zu behandeln. Bei mittelschweren oder schweren Depressionen und bei Patienten mit Suizidalität in der Indexphase oder in der Anamnese ist ein Antidepressivum auch bei bipolaren Depressionen indiziert. Die vorübergehende zusätzliche Verabreichung von Benzodiazepinen ist in der Regel risikolos möglich. Depressive Episoden mit psychotischen Merkmalen erfordern in der Regel die Behandlung mit Antidepressiva und Antipsychotika. Wenn ein Antipsychotikum gegeben werden muss, sollte auf ein AAP zurückgegriffen werden. Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass das Risiko, durch die Therapie mit einem Antidepressivum ein Umkippen in eine Manie zu provozieren, mit SSRI geringer als mit TZA ist. TZA sollten daher bei bipolarer Depression nicht mehr angewandt werden. SSRI haben ein geringeres Risiko, eine Manie oder Hypomanie zu induzieren. Auch unter Venlafaxin scheint das Risiko für ein Umkippen in eine Manie erhöht zu sein, während unter Bupropion das Risiko geringer erscheint als unter Venlafaxin. Zu Agomelatin, Duloxetin, Mirtazapin und Reboxetin liegen für eine Beurteilung bisher zu wenig Daten vor. Ähnlich wie bei der Therapie der unipolaren Depression ist der irreversible MAO-Hemmer Tranylcypromin auch bei einem Teil der Patienten mit bipolarer Depression, die auf andere Antidepressiva nicht angesprochen haben, noch wirksam. Allerdings muss auch unter Tranylcypromin mit der Induktion einer Manie oder Hypomanie gerechnet werden. Wenn eine Therapie bei bipolarer Depression mit einem Antidepressivum notwendig ist, sollte dieses in der Regel unter Schutz eines AAP, Lithiums oder eines Antikonvulsivums gegeben werden. Einige Autoren empfehlen, sofort nach dem Abklingen der depressiven Episode das Antidepressivum ausschleichend abzusetzen, um die mit einer antidepressiven Therapie verbundenen Risiken zu reduzieren. Diese Empfehlung ist klinisch plausibel, aber nicht empirisch abgesichert.
2.4 · Indikationen
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Dagegen gibt es jetzt Hinweise, dass die Rückfallrate sich mit einem längeren Zeitraum der Behandlung mit Antidepressiva deutlich verringert (gilt für ein Jahr). 5 Ob eine Erhaltungstherapie mit einem Antidepressivum bei der bipolaren Depression, ähnlich wie bei der unipolaren Depression, eine phasenprophylaktische Wirkung haben kann und damit einer Chronifizierung vorbeugt, ist nicht systematisch untersucht. Lithium 5 Stimmungsstabilisierer (neben Lithium auch einige Antikonvulsiva, Olanzapin und Quetiapin) haben eine antidepressive Wirkung, auch wenn diese weniger gut als für Antidepressiva belegt ist. Daher sollte die Therapie mit einer dieser Substanzen die Basis der Pharmakotherapie einer bipolaren Depression sein. 5 Auch die relativ gut belegte suizidprophylaktische Wirkung von Lithium spricht für den Einsatz bei der bipolaren Depression. 5 Eine neuere Studie weist darauf hin, dass bei höheren Lithiumserumkonzentrationen (>0,8 mmol/l) eine zusätzliche Therapie mit einem Antidepressivum nicht effektiv ist (s. oben). Antipsychotika 5 Inzwischen liegen für Olanzapin und Quetiapin doppelblinde, kontrollierte Studien gegen Placebo bei bipolarer Depression vor, die eine Wirksamkeit belegen. Dabei scheint die Wirksamkeit von Quetiapin bei bipolarer Depression besser belegt zu sein als jene von Olanzapin. Beide Substanzen sind jedoch in dieser Indikation bisher nicht zugelassen. Die fixe Kombination von Olanzapin und Fluoxetin war der Monotherapie mit Olanzapin signifikant überlegen, ohne dass unter der Kombinationsbehandlung ein erhöhtes Risiko für ein Umkippen in eine Manie bestand. Während Olanzapin den Vorteil der belegten phasenprophylaktischen Wirksamkeit hat, ist die Wirksamkeit für Quetiapin in der Akutbehandlung der bipolaren Depression besser belegt als für Olanzapin. 5 In zahlreichen Fallberichten konnte die Wirksamkeit von Clozapin auch bei bipolarer Depression wahrscheinlich gemacht werden. Wegen der Anwendungsbeschränkung der Substanz (7 Kap. 3.14) muss der Gebrauch von Clozapin in dieser Indikation, für die auch keine Zulassung besteht, dem Ausnahmefall vorbehalten sein. 5 In einer amerikanischen Übersicht wird – allerdings unter anderen Zulassungsbedingungen als bei uns – der Schluss gezogen, dass die
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Kombination aus einen AAP und einem SSRI oder Lamotrigin den günstigsten Effekt bei der bipolaren Depression habe. Aber auch in dieser Übersicht wird der dringende Forschungsbedarf zu dieser Frage betont. Antikonvulsiva 5 Die Wirksamkeit von Lamotrigin bei der bipolaren Depression konnte in einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie an 200 Patienten gezeigt werden. Lamotrigin ist für die Prophylaxe depressiver Episoden im Rahmen von bipolaren Störungen zugelassen. Die Zulassung erstreckt sich nicht auf die Akutbehandlung bipolarer Depressionen. Dennoch rechtfertigen die Datenlage und der Mangel an guten Alternativen die Behandlung von bipolaren Depressionen mit Lamotrigin. 5 Kleinere, auch placebokontrollierte Studien legen eine antidepressive Wirksamkeit von Carbamazepin bei bipolarer Depression nahe. Allerdings fehlen Vergleichsstudien gegen Antidepressiva. 5 Eine neue, allerdings nur kleine, placebokontrollierte Studie legt die Wirksamkeit von Valproinsäure bei bipolarer Depression nahe. Benzodiazepine 5 Benzodiazepine eignen sich nicht zur Monotherapie, aber als Adjuvans bei depressiven Syndromen. Andere Therapieverfahren zur Behandlung depressiver Syndrome 5 Viele der für die Behandlung der Therapieresistenz der unipolaren Depression geltenden Maßnahmen (7 Kap. 1.12) gelten grundsätzlich auch für die Behandlung der Therapieresistenz der bipolaren Depression. Es ist aber zu berücksichtigen, dass sie hier oftmals schlechter evaluiert sind. Außerdem sind die erhöhten Risiken (z. B. Umkippen in eine Manie) bei bestimmten Verfahren (z. B. MAO-Hemmer, TZA) zu bedenken.
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Behandlung von bipolaren Depressionen – Bewertung 1. Leichte depressive Episoden sollten mit Verhaltenstherapie und einem Stimmungsstabilisierer bzw. AAP (Lithium, Antikonvulsiva, Quetiapin oder Olanzapin) behandelt werden, um das Risiko, eine Manie oder ein Rapid cycling zu induzieren, gering zu halten. 6
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2. Bei mittelschweren und schweren depressiven Syndromen, insbesondere solchen mit Suizidalität, kann nicht auf die Gabe eines Antidepressivums verzichtet werden. Dann sollte zunächst auf einen SSRI zurückgegriffen werden; TZA sind zu meiden. Es ist jedoch unklar, wann die antidepressive Therapie beendet werden soll, um das Risiko, eine Manie oder ein Rapid cycling zu induzieren, zu minimieren. Neuere Studien zeigen für die Behandlung mit SSRI kein erhöhtes Risiko für ein Umkippen in eine Manie. 3. Entscheidet man sich für die Gabe von Antidepressiva auch längerfristig, sollte dies unter dem Schutz eines Stimmungsstabilisierers erfolgen. 4. Die Behandlungsstrategie bei der bipolaren Depression bedarf dringend weiterer Erforschung. Gemischte Episode bei bipolarer affektiver Störung Eine gemischte Episode einer bipolaren affektiven Störung liegt dann vor, wenn der Patient eine manische, hypomanische oder gemischte Episode in der Vorgeschichte hat und gegenwärtig entweder eine Mischung oder einen raschen Wechsel von manischen, hypomanischen oder depressiven Symptomen aufweist. 5 Empfehlungen basieren auf Post-hoc-Analysen von Studien an gemischten Patientenkollektiven, offenen Studien und Fallserien; kontrollierte Studien fehlen. 5 Die wesentlichen Prinzipien der Pharmakotherapie des Rapid cycling (s. unten) scheinen auch für die Therapie gemischter Episoden Gültigkeit zu haben: Grundpfeiler der Therapie sind Antikonvulsiva (insbesondere Valproinsäure) und AAP (Lithium ist weniger wirksam) bei weitgehendem Verzicht auf Antidepressiva, da diese die Stimmungslabilität eher erhöhen. 5 Ziprasidon ist zugelassen zur Behandlung von gemischten Episoden bis zu einem mäßigen Schweregrad bei bipolaren Störungen.
Gemischte Episode – Bewertung Es fehlen prospektive, kontrollierte Studien. Die vorhandenen Daten sprechen für eine Wirksamkeit von Valproinsäure und AAP (zugelassen bisher ausschließlich Ziprasidon).
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Phasenprophylaxe bei bipolarer affektiver Störung In Anlehnung an die bei der unipolaren Depression gebräuchliche Terminologie (7 Kap. 1.11) kann auch bei bipolaren affektiven Störungen nach der Akutphase eine Phase der Erhaltungstherapie (zur Verhinderung eines Rückfalles derselben Episode) von einer Phasenprophylaxe (zur Vermeidung eines Rezidivs der Erkrankung) abgegrenzt werden. Beim Absetzen einer Pharmakotherapie unmittelbar nach Abklingen der akuten Krankheitssymptome ist das Rückfallrisiko erhöht (und mit der Dauer der Beschwerdefreiheit sinkt nach Abklingen der akuten Krankheitssymptome das Risiko). Weiterhin ist bekannt, dass eine Erholung von der akuten Krankheitsepisode – d. h. eine mindestens 8-wöchige Beschwerdefreiheit – nach einem manischen Syndrom im Mittel nach 20 Wochen, nach einer depressiven Episode nach 40 Wochen und nach einer gemischten Episode sogar erst nach 50 Wochen eintritt. Daraus folgt, dass nach einer Episode einer bipolaren affektiven Störung eine mindestens 12-monatige Erhaltungstherapie durchgeführt werden sollte.
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Indikation einer Phasenprophylaxe bei bipolaren affektiven Störungen 5 Schon nach einer ersten manischen Episode muss eine langfristige Phasenprophylaxe erwogen werden, weil − das Lebenszeitrückfallrisiko mit etwa 95% außerordentlich hoch ist, − einzelne Studien darauf hindeuten, dass zumindest im Falle von Lithium dessen akute und phasenprophylaktische Wirksamkeit bei spätem Einsatz, d. h. bereits nach 3 Krankheitsepisoden eher vermindert ist. 5 Gegen eine langfristige Phasenprophylaxe schon nach einem ersten manischen Syndrom spricht allerdings nach Auffassung einiger Autoren, dass − die mittlere Dauer der Remission nach der ersten Krankheitsepisode etwa 4 Jahre betragen soll (und statistisch erst dann eine zweite Episode erwartet werden kann),
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− die meisten Patienten nach einer ersten Krankheitsepisode eine medikamentöse Phasenprophylaxe innerhalb weniger Monate – und dann meist relativ abrupt – absetzen. Zumindest im Falle von Lithium wird dann vermutet, dass ein abruptes Absetzen das Rückfallrisiko erhöht (allerdings gibt es auch eine Studie mit gegensätzlichem Befund). 5 Eine langfristige Phasenprophylaxe wird nach einer zweiten Krankheitsepisode in den meisten Fällen unumgänglich sein. Lithium 5 Am besten geprüfter und seit vielen Jahrzehnten klinisch bewährter Stimmungsstabilisierer. 5 Ein voller phasenprophylaktischer Effekt ist manchmal erst nach Monaten (bis Jahren) feststellbar. 5 Die prophylaktische Wirksamkeit ist besonders gut, wenn bisher weniger als 3 Episoden der bipolaren affektiven Störung aufgetreten sind. 5 In einer neuen Studie über 12 Monate hat sich bezüglich der Prophylaxe depressiver Episoden für Lithium gegenüber Olanzapin kein Unterschied ergeben, gegenüber manischen Episoden aber ein signifikanter Vorteil für Olanzapin. Dieser Vorteil scheint jedoch lediglich in frühen Krankheitsstadien, d. h. bei wenigen Vorepisoden, zu bestehen. ! Nach Absetzen einer Lithiumprophylaxe ist das Rückfallrisiko
wahrscheinlich höher als im naturalistischen Verlauf; mit jeder Phase nimmt möglicherweise die Phasenhäufigkeit weiter zu, evtl. Einmündung in Rapid cycling.
5 Wenn eine Lithiumprophylaxe doch abgesetzt wird, sollte dies, wenn irgend möglich, langsam über viele Monate erfolgen (s. aber Problem der Schwangerschaft unter bestehender Lithiumprophylaxe 7 Kap. 14). 5 Nach Absetzen von Lithium geht, wenn es im Rahmen einer erneuten Episode einer bipolaren affektiven Störung wieder angesetzt wird, möglicherweise seine Effektivität verloren.
148
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Antikonvulsiva 5 Valproinsäure in retardierter Form ist für die Phasenprophylaxe zugelassen. Studien belegen die phasenprophylaktische Wirksamkeit von Valproinsäure, die eine dem Lithium mindestens vergleichbare Wirksamkeit hat, aber besser verträglich ist. 5 Lamotrigin ist für die Prophylaxe depressiver Syndrome im Rahmen einer bipolaren Störung zugelassen und kann als Monotherapie versucht werden bei Verläufen, die wesentlich durch depressive Episoden gekennzeichnet sind. Die antimanische Wirksamkeit ist vergleichsweise gering. Wenn manische Syndrome den Krankheitsverlauf wesentlich kennzeichnen, sollte daher die Kombination mit einer Substanz mit nachgewiesener antimanischer Wirksamkeit (Olanzapin, Quetiapin, ggf. auch Lithium oder Valproinsäure) erwogen werden. 5 Bei Lithiumnonrespondern oder Kontraindikationen gegen Lithium ist Carbamazepin eine Alternative für die Phasenprophylaxe (vom BfArM nur in dieser Indikation zugelassen). Die phasenprophylaktische Wirksamkeit von Carbamazepin ist durch Studien relativ schlecht belegt. 5 Bei fehlender oder nicht ausreichender Wirkung von Lithium kann Lithium mit Valproinsäure, Carbamazepin oder Lamotrigin kombiniert werden. Wenn eine Zweifachkombination nicht ausreichend wirksam ist, kann das jeweils andere Antikonvulsivum oder gleich eine Dreifachkombination versucht werden. Diese Strategien sind nicht evaluiert. Bei Kombination mehrerer Antikonvulsiva sind schwerwiegende Interaktionen (insbesondere mit Lamotrigin) unbedingt zu beachten. Eine Alternative stellt die Behandlung mit AAP dar. 5 Bei rezidivierenden manischen Episoden haben wahrscheinlich die Prinzipien für die Phasenprophylaxe bipolarer affektiver Störungen Gültigkeit; Studien dazu fehlen. Antipsychotika 5 Für Patienten, bei denen Olanzapin antimanisch wirksam war, ist die Substanz auch für die Phasenprophylaxe zugelassen. Andere AAP werden in dieser Indikation geprüft. Wegen der fehlenden Zulassung anderer AAP in dieser Indikation ist Olanzapin jedoch erste Wahl, wenn eine Substanz aus dieser Gruppe gegeben werden soll. Bezüglich der Prophylaxe manischer Episoden fand sich, v. a. bei Patienten mit wenigen Vorepisoden, ein signifikanter Vorteil für Olanzapin gegenüber Lithium.
2.4 · Indikationen
149
2
5 Wird eine Phasenprophylaxe mit konventionellen Antipsychotika durchgeführt, so werden im Verlauf häufiger depressive Syndrome beobachtet. Daher sollte in der Regel AAP der Vorzug gegeben werden. Antidepressiva 5 Wegen des hohen Risikos einer Induktion eines Rapid cycling sollte auf die Verabreichung von TZA in der Phasenprophylaxe bipolarer affektiver Störungen verzichtet werden. SSRI sind zu bevorzugen.
Phasenprophylaxe bipolarer affektiver Störungen – Bewertung 1. Valproinsäure ist v. a. bei häufigeren Vorphasen, Lithium bei wenigen Vorphasen zu bevorzugen. 2. Olanzapin kann gegeben werden, wenn manische (oder gemischte) Episoden verhütet werden sollen. Allerdings beschränkt sich die Zulassung von Olanzapin auf Patienten, die schon akut (in der Manie) auf Olanzapin angesprochen haben. Möglicherweise haben die anderen AAP den gleichen Effekt. 3. Lithium und Olanzapin sind gleich wirksam, wenn depressive Episoden verhütet werden sollen. Vorteile von Olanzapin sind die bessere Handhabbarkeit und der schnellere Wirkungseintritt. 4. Lamotrigin ist für die Prophylaxe depressiver Syndrome im Rahmen einer bipolaren Störung wirksam und zugelassen. 5. Eine bisher vermutete Überlegenheit von Valproinsäure gegenüber Lithium hinsichtlich der Prophylaxe eines Rapid cycling konnte in einer neueren prospektiven Studie nicht belegt werden (s. unten). Rapid cycling (Akute Behandlung und Phasenprophylaxe) Rapid cycling wird diagnostiziert, wenn mindestens 4 Episoden einer bipolaren affektiven Störung im Jahr auftreten; eine Differenzierung zwischen Akutbehandlung und Phasenprophylaxe, wie bei den anderen Syndromen, erfolgt beim Rapid cycling nicht. Nach neueren epidemiologischen Untersuchungen soll ein Rapid cycling bei bis zu 25% aller Patienten mit einer bipolaren affektiven Störung vorkommen. Oft ist v. a. zu Behandlungsbeginn ein Rapid cycling mit schnellen Stimmungswechseln schwer abzugrenzen von einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom BorderlineTyp, wenn bei dieser affektive Labilität im Vordergrund steht.
150
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Lamotrigin war in einer prospektiven, kontrollierten Studie bei Rapid cycling Placebo überlegen, insbesondere bei Patienten mit bipolarer Störung vom Typ II. 5 Valproinsäure ist wahrscheinlich wirksam. Die Überlegenheit gegenüber Lithium konnte in einer neuen prospektiven Studie allerdings nicht belegt werden. 5 Es gibt Hinweise, dass Olanzapin und Quetiapin bei Rapid cycling wirksam sind. 5 Wichtigste Therapiemaßnahme bei Rapid cycling ist der möglichst vollständige Verzicht auf die Gabe von Antidepressiva. Es ist relativ gut belegt, dass Antidepressiva ein Rapid cycling triggern können.
Behandlung von Rapid cycling – Bewertung 1. Ein Rapid cycling kann meist nur durch eine Kombinationstherapie erfolgreich behandelt werden. Allerdings fehlen hierzu prospektive kontrollierte Studien. Die klarsten Hinweise für eine Wirksamkeit liegen derzeit für Valproinsäure, Olanzapin und Quetiapin vor. 2. Haben die depressiven Episoden die Behandlungspriorität, sollte zunächst Lamotrigin gewählt werden. Auch Lamotrigin kann entweder mit Olanzapin oder mit Quetiapin kombiniert werden. 3. Auf Antidepressiva sollte verzichtet werden. Phasenprophylaxe bei schizoaffektiver Störung Die Behandlung des akuten schizomanischen und schizodepressiven Syndroms wird entsprechend der ICD-10-Klassifikation unter den schizophrenen Störungen im 7 Kap. 3.4.3 abgehandelt. Hier wird die Phasenprophylaxe besprochen: 5 Es sind sehr wenige kontrollierte Studien mit kleinen Fallzahlen zur Phasenprophylaxe veröffentlicht. 5 Bisher gibt es kaum eine Absicherung der häufig geübten Praxis, prophylaktisch eine Kombination von Antidepressiva mit Antipsychotika zu geben. 5 Lithium hat bei der schizoaffektiven Störung wahrscheinlich eine geringere Wirksamkeit als bei der bipolaren affektiven Störung, insbesondere bei rein schizodepressiven Verläufen und bei im Vordergrund stehender psychotischer Symptomatik.
2.5 · Stimmungsstabilisierer und Psychotherapie
151
2
Lithium und Carbamazepin haben wahrscheinlich einen vergleichbaren phasenprophylaktischen Effekt bei der schizoaffektiven Störung; Carbamazepin hat jedoch Vorteile bei rein schizodepressiven Verläufen und bei im Vordergrund stehender psychotischer Symptomatik. 5 Es liegen keine ausreichenden Erfahrungen mit Valproinsäure bei schizoaffektiven Störungen vor. 2.5
Stimmungsstabilisierer und Psychotherapie
Wie bei der Therapie unipolarer Depressionen (7 Kap. 1.5) sollte auch die Pharmakotherapie bipolarer affektiver Störungen in einen Gesamtbehandlungsplan eingebettet sein. Die pharmakologischen und psycho- bzw. soziotherapeutischen Behandlungsverfahren müssen integriert und entsprechend der Behandlungsphase gewichtet werden. Die Psychoedukation spielt eine entscheidende Rolle. 5 Leichte depressive Episoden sollten mit Verhaltenstherapie und einem Stimmungsstabilisierer behandelt werden. 5 Allerdings sind – anders als bei der Therapie depressiver und schizophrener Störungen – psychotherapeutische Verfahren bei bipolaren Störungen noch schlecht evaluiert. In den meisten Studien fehlt eine Kontrollgruppe, und die behandelten Patientenzahlen sind sehr klein. Daher kann die Bedeutung dieser Behandlungsverfahren gegenwärtig nur sehr zurückhaltend bewertet werden. 5 Psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen haben bei bipolaren Störungen stützenden Charakter. Die Basis der Therapie bildet die Pharmakotherapie. 5 Die Wirksamkeit von psychotherapeutischen Maßnahmen hängt von der Krankheitsphase ab. Psychotherapeutische Verfahren sind bei bipolaren Depressionen wirksamer als bei manischen Syndromen. 5 Zu den folgenden Verfahren liegen Erfahrungen vor: − Kognitive Verhaltenstherapie: Die kognitive Verhaltenstherapie, sowohl einzeln als auch in Gruppen, erhöht die Medikamentencompliance. Ob auch die Lebensqualität und soziale Funktionen verbessert sowie depressive Symptome und Rückfallraten reduziert werden, muss noch belegt werden.
152
− Familienzentrierte Therapie: Hier stehen Aufklärung über die Erkrankung sowie Vermittlung von kommunikativen und sozialen Fertigkeiten im Vordergrund. In einer ersten kontrollierten Studie über 9 Monate konnten die Rückfallraten in der mit familienzentrierter Therapie behandelten Patientengruppe gesenkt werden. − Interpersonelle und Sozialrhythmus-Therapie: Dieses Verfahren entstand aus der interpersonellen Therapie, die für die unipolare Depression entwickelt wurde. Die Prinzipien der interpersonellen Psychotherapie wurden um verhaltenstherapeutische Komponenten erweitert, die zum Ziel haben, zirkadiane und Schlaf-Wach-Rhythmen zu stabilisieren, zwischenmenschliche Probleme zu mindern und die Medikamentencompliance zu erhöhen. Diese Therapieform wird gegenwärtig evaluiert.
1 2 3 4 5 6 7 8
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
2.6
Nebenwirkungen
Wegen der großen Heterogenität der Substanzen werden die Nebenwirkungen unter den einzelnen Präparaten im 7 Kap. 2.11 besprochen, die Nebenwirkungen der AAP im 7 Kap. 3.6.
9 10 11 12
2.7
Kontraindikationen
Absolute Kontraindikation für die in diesem Kapitel besprochenen Substanzen ist eine bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate. Kontraindikationen für die AAP werden im 7 Kap. 3.7 besprochen. Die wichtigsten Kontraindikationen für Phasenprophylaktika sind:
13 14 15 16 17
5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Psychopharmakaintoxikationen. 5 Schwere Störungen des Elektrolythaushaltes und Morbus Addison: Lithium. 5 Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Lithium.
6
2.9 · Routineuntersuchungen
153
2
5 Vorbestehende Knochenmarkschädigung bei Carbamazepin. Vorsicht mit Valproinsäure. Carbamazepin darf wegen der potenziellen Knochenmarkstoxizität nicht mit Clozapin kombiniert werden. Bei Gerinnungsstörungen Vorsicht mit Valproinsäure. 5 Schwerere Nierenfunktionsstörungen bzw. Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate bei Lithium. Vorsicht mit Valproinsäure und Lamotrigin. 5 Schwere Leberschädigung bei Carbamazepin und besonders bei Valproinsäure. Vorsicht mit Lamotrigin. 5 Pankreatitis bei Valproinsäure. 5 Akute intermittierende Porphyrie bei Carbamazepin und Valproinsäure. 5 Vorsicht, wenn (allergische) Hautveränderungen in der Anamnese bekannt sind. 5 Hinweise zu Schwangerschaft und Stillzeit: 7 Kap. 14; Fahrtüchtigkeit: 7 Kap. 15. 2.8
Interaktionen
Siehe die jeweiligen Auflistungen unter den einzelnen Präparaten im 7 Kap. 2.11. 2.9
Routineuntersuchungen
5 Unter Lithium und Antikonvulsiva sind spezifische Routineuntersuchungen notwendig; für Antidepressiva . Tab. 1.8, 7 Kap. 1.9; für AAP . Tab. 3.7, 7 Kap. 3.9. 5 Eine Übersicht über die empfohlenen Kontrollen gibt . Tab. 2.1. Darüber hinaus empfehlen sich Kontrollen, wann immer ein Parameter pathologisch ausfällt. 5 Unter der Therapie mit Lithium sind Kontrollen der Schilddrüsen- und der Nierenfunktion notwendig (. Tab. 2.1).
154
1
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
. Tab. 2.1 Empfehlungen für Routineuntersuchungen unter Stimmungsstabilisierern
2
Vorher
Monate
Vierteljährlich
1
2
3
4
5
6
XX
X
X
X
X
X
Xa
X
X
X
X
X
Xa
Jährlich
3
Carbamazepin
4
Plasmakonzentration
5
Blutbild
X
XXXX
Kreatinin
X
X
Serumelektrolyte
X
X
X
X
X
X
X
Xa
Leberenzyme
X
XXXX
X
X
X
X
X
Xa
EKG
X
X
EEG
(x)
RR, Puls
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
6 7 8 9 10
12 13 14 15 16 17
X
X Xb Xa
Lamotrigin Blutbild
11
X
Kreatinin
X
X
Leberenzyme
X
X
EKG
(X)
(X)
EEG
(x)
X
(X) Xb
Lithium Plasmakonzentration Kreatinin
X
24-h-Urinvolumen, Kreatininclearance
X
XXXX
Xc
Xc
Xc
Xc
Xc
Xc
XXXX
X
X
X
X
X
X
X
Xd
2
155
2.9 · Routineuntersuchungen
. Tab. 2.1 (Fortsetzung) Vorher
Monate 1
2
3
4
5
6 X
Vierteljährlich
Jährlich
X
X
Serumelektrolyte
X
X
X
T3, T4, TSH, ggf. TRH-Test
X
X
X
EKG
X
X
X
EEG
X
X
Xb
RR, Puls
X
X
Körpergewicht, Halsumfang
X
X
X
X
Xa
X
X
Xa
Valproinsäure Plasmakonzentration
XX
X
X
X
X
X
Xa
Blutbild
X
X
XXe
Xe
Xe
Xe
Xe
Xa
Kreatinin
X
X
XXe
Xe
Xe
Xe
Xe
Xa
Leberenzyme, Bilirubin, Amylase, Lipase, PTT, Quick, Fibrinogen, Faktor VIII
X
X
XXe
Xe
Xe
Xe
Xe
Xa
EKG
(X)
(X)
EEG
(x)
(X) Xb
a Bei langfristig stabilen Patienten sind halbjährliche Kontrollen ausreichend. b Bei potenziell neurotoxischen Kombinationen, z. B. mit Antipsychotika, sind ggf. auch häufiger Kontrollen ratsam; bei langfristig stabil eingestellten Patienten sind auch deutlich längere Kontrollintervalle möglich. c Unter bestimmten Umständen (z. B. Fieber, Durchfälle) sind häufigere Kontrollen ratsam. d Bei älteren Patienten sind häufigere Kontrollen ratsam. e Diese Kontrollen sind laut Hersteller nur erforderlich, wenn die 4-Wochen-Kontrolle pathologische Werte aufgewiesen hat. (x) Untersuchung optional.
156
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Das mögliche Auftreten von Blutbildveränderungen v. a. unter Carbamazepin, aber auch unter Valproinsäure und Lamotrigin, macht die regelmäßige Kontrolle des Blutbildes notwendig. 5 Wegen möglicher Gerinnungsstörungen sind unter Valproinsäure Kontrollen des Gerinnungsstatus notwendig. 5 Wegen der möglichen Hepatotoxizität (Carbamazepin, Lamotrigin, Valproinsäure) bzw. Pankreastoxizität (Valproinsäure) sind unter diesen Substanzen Kontrollen der Leberenzyme bzw. zusätzlich auch der Pankreasenzyme notwendig. Allerdings empfehlen die Hersteller v. a. zu Therapiebeginn sehr kurze Kontrollintervalle, die in der Praxis oft nicht eingehalten werden (. Tab. 2.1). 5 Wegen der unter Lithium und Carbamazepin möglichen EKG-Veränderungen sollte vor und unter der Therapie ein EKG abgeleitet werden. Eine erste Kontrolle empfiehlt sich, wenn die Therapie stabil eingestellt ist, d. h. in der Regel nach 2–4 Wochen. Ein EKG unter Lamotrigin und Valproinsäure ist optional. 5 Die Kenntnis des EEG vor Beginn der Therapie gehörte vor Einführung der bildgebenden Verfahren zur Routinediagnostik in der Psychiatrie. Heute ist diese Ausgangsuntersuchung optional. Vor der Einstellung mit Lithium sollte ein EEG aber zur Routine gehören. Auch Kontrolluntersuchungen sind empfehlenswert. Bei neurotoxischen Kombinationen sind ggf. häufigere Kontrollen nötig. 5 Bei Therapie mit Valproinsäure ist daran zu denken, dass es unter dieser Substanz sehr selten zu einer Enzephalopathie, in deren Rahmen auch Krampfanfälle auftreten, kommen kann.
5 Da Lithium und verschiedene Antikonvulsiva als teratogen zu betrachten sind, ist gerade in dieser Substanzklasse vor Behandlungsbeginn ggf. ein Schwangerschaftstest notwendig. 5 Unter einer Therapie mit Lithium, Carbamazepin oder Valproinsäure gehört die Bestimmung von Plasmakonzentrationen zu den zwingend notwendigen Routineuntersuchungen (s. unten).
2.10 · Dosierung
2.10
157
2
Dosierung
Generelle Dosierungsempfehlungen sind wegen der Heterogenität der Substanzen nicht möglich. 5 Für Lithium, Carbamazepin und Valproinsäure sind therapeutische Plasmakonzentrationen etabliert; die Dosierung dieser Substanzen sollte sich daher nach der angestrebten Plasmakonzentration richten. 5 Regelmäßige Kontrollen der Plasmakonzentrationen (12±0,5 h nach der letzten und vor der morgendlichen Einnahme) sind unter der Therapie mit Lithium, Carbamazepin oder Valproinsäure auch wegen der relativ geringen therapeutischen Breite dieser Substanzen notwendig. Diese müssen in der Phase der Neueinstellung häufiger erfolgen, bis sich ein stabiles Gleichgewicht eingestellt hat. ! Durch eine Enzyminduktion unter Carbamazepin können die Plas-
makonzentrationen dieser und anderer, gleichzeitig verabreichter Substanzen noch Wochen, nachdem sich zunächst ein Gleichgewicht eingestellt hatte, wieder abfallen.
5 Während Carbamazepin und mehr noch Lamotrigin sehr langsam aufdosiert werden müssen, können Lithium und v. a. Valproinsäure bei Bedarf – insbesondere bei manischen Syndromen – gleich von Beginn an in der Zieldosis verabreicht werden. Nach intravenöser, gelegentlich aber auch nach oraler Gabe von Valproinsäure können therapeutische Plasmakonzentrationen schon am zweiten Behandlungstag gemessen werden. 5 Gerade bei der kombinierten Verabreichung von Antikonvulsiva sind Interaktionen zwischen den Substanzen zu beachten, die zur Dosisanpassung zwingen und deren Nichtbeachtung zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann (z. B. kompetitive Hemmung des Lamotriginmetabolismus durch Valproinsäure mit Zunahme der Häufigkeit von Hautausschlägen).
158
1
2.11
Präparate1
Carbamazepin
2 3
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Carbabeta (betapharm) Carba-CT (CT Arzneimittel)
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
carbadura (Merck dura) Carbaflux (Hennig) Carbamazepin 1A-Pharma (1 A Pharma)
Antikonvulsivum Carbamazepin-ratiopharm (ratiopharm) Carbamazepin-RPh (Rodleben) espa-lepsin (esparma) Finlepsin (AWD.pharm) Sirtal (Merck dura)
Carbamazepin AL (ALIUD PHARMA) Tegretal (Novartis Pharma) Tbl. 200, 400, 600 mg (50, 100, Carbamazepin HEXAL (HEXAL) 200 Tbl.) Carbamazepin-neuraxpharm Timonil (Desitin) (neuraxpharm) Tbl. 150, 200, 300, 400, 600 mg (50, 100, 200 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Antikonvulsivum, dessen antimanischer und phasenprophylaktischer Wirkungsmechanismus nicht sicher definiert ist. Pharmakokinetik 5 Langsame, fast vollständige Resorption; Bioverfügbarkeit über 70%; der Zeitpunkt des Plasmakonzentrationsmaximums ist abhängig von der galenischen Zubereitung: Suspension 2–3 h, Tablette ca. 8 h, Retardtablette ca. 14 h. Die Plasmaspiegel nach Gabe von Retardtabletten sind niedriger als bei nichtretardierten Tabletten. Die höchsten Konzentrationen werden nach Gabe der Suspension beobachtet.
14 15 1
16 17
Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet. ‒ Es wurden nur die Präparate berücksichtigt, die auch für die Behandlung einer Indikation dieses Kapitels eine Zulassung erhalten haben. ‒ Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der Nebenwirkungen und Kontraindikationen in 7 Kap. 2.7 und 13 hingewiesen.
2.11 · Präparate
159
2
5 t½ nach Einmalgabe ca. 35 h, bei Dauertherapie durch Enzyminduktion kürzer, 10–20 h; t½ des wirksamen Metaboliten Carbamazepin10,11-epoxid 5–8 h. 5 Metaboliserung bevorzugt durch CYP3A4. Der aktive Metabolit wird durch Epoxidhydrolase abgebaut. 5 Carbamazepin induziert die Enzyme CYP1A2, CYP2C9, CYP2C19 und CYP3A4, ebenso Glucuronyltransferase und Epoxidhydrolase. 5 Plasmakonzentration: 6–12 mg/l(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Phasenprophylaxe bipolarer affektiver Störungenz, wenn Lithium nicht oder nicht ausreichend wirksam ist oder wenn Kontraindikationen gegen Lithium bestehen. Die phasenprophylaktische Wirksamkeit von Carbamazepin ist durch Studien relativ schlecht belegt. 5 Verhütung zerebraler Krampfanfälle im Alkoholentzugssyndromz (nur unter stationären Bedingungen)7 Kap. 7. 5 Eine antimanische Wirkung ist nachgewiesen; für diese Indikation besteht aber keine Zulassung. 5 Unter einer Langzeitbehandlung mit Carbamazepin, insbesondere zur frühzeitigen Erkennung von hepato- und hämatotoxischen Nebenwirkungen, sind Routinekontrollen notwendig (. Tab. 2.1). ! Aufklärung über Frühsymptome einer Knochenmarkschädigung
(Fieber, Halsschmerzen, Mundulzera, Hämatome) und einer Leberfunktionsstörung (Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gelbfärbung der Haut); bei Leukozytenzahl <4000/ mm3 Kontrolle von Differenzialblutbild (einschließlich Thrombozytenzahl).
5 Vor Behandlungsbeginn Ausschluss von Herzrhythmus- bzw. Überleitungsstörungen durch EKG. 5 Regelmäßige Kontrollen der Plasmakonzentration notwendig (12±0,5 h nach der letzten und vor der morgendlichen Einnahme); Plasmakonzentration kann noch Wochen nach Behandlungsbeginn abfallen (Enzyminduktion). 5 Ggf. sollte vor Behandlungsbeginn ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 2.1.
160
1 2 3 4 5 6 7
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Dosierung 5 Einschleichend aufdosieren, da Nebenwirkungen v. a. initial bei hohen Anfangsdosen und rascher Dosissteigerung auftreten. 5 Beginn mit 200–400 mg/Tag; Dosissteigerung i. Allg. um 200 mg/Tag; Zugelassene Maximaldosis: Timonil, Tegretal u. Tegretal retard 800 mg/ Tagz; Timonil retard 900 mg/Tagz. Dosierung je nach Plasmakonzentration; Verteilung auf 3–4 Einnahmen täglich, bei Retardpräparaten sind 1–2 Gaben ausreichend. 5 Antimanische und phasenprophylaktische Plasmakonzentrationen sind nicht definiert; angestrebt werden sollten Plasmakonzentrationen, wie sie in der Epileptologie Anwendung finden (6–12 mg/l). 5 Es ist empfohlen worden, die antimanische Behandlung mit der Suspension zu beginnen, da schneller maximale Plasmakonzentrationen erreicht werden und sich schneller ein Steady state einstellt; Nachteil: höhere Dosierungsfrequenz wegen kürzerer HWZ nötig.
13
Nebenwirkungen Die beobachteten Nebenwirkungen traten bei alleiniger Verabreichung von Carbamazepin (Monotherapie) seltener als bei gleichzeitiger Gabe anderer Antikonvulsiva (Kombinationstherapie) auf. Ein Großteil der Nebenwirkungen kann dosisabhängig, insbesondere bei Behandlungsbeginn auftreten, und verschwinden meist nach 8–14 Tagen von selbst oder nach vorübergehender Dosisreduktion. Daher sollte Carbamazepin möglichst einschleichend dosiert werden. 5 Sehr häufig: Somnolenz, Sedierung; Schwindel, Ataxie. 5 Häufig: Allergische Hautreaktionen mit und ohne Fieber; Leukozytose, Eosinophilie, Leukopenie, Thrombozytopenie; Appetitlosigkeit; Mundtrockenheit; Nausea; Veränderungen von Leberfunktionswerten; Hyponatriämie. 5 Gelegentlich: Kopfschmerzen; unwillkürliche Bewegungsstörungen. 5 Selten: Bradykardie, Herzrhythmusstörungen; Leberversagen.
14
! Die sehr selten auftretende exfoliative Dermatitis bei Stevens-
8 9 10 11 12
15 16 17
Johnson-Syndrom bzw. Lyell-Syndrom ist lebensbedrohlich (sofort absetzen!). ! Keine Kombination von Carbamazepin mit anderen potenziell kno-
chenmarkstoxischen Substanzen (Clozapin).
161
2.11 · Präparate
2
Kontraindikationen 5 Atrioventrikulärer Block, bekannte Knochenmarkschäden, akute intermittierende Porphyrie; zur Kombination mit MAO-Hemmern . Tab. 2.2. 5 Wegen struktureller Ähnlichkeit mit Imipramin sollte Carbamazepin Patienten, die auf Imipramin oder andere TZA mit Hautveränderungen oder anderen allergischen Reaktionen reagiert haben, nicht gegeben werden. 5 Die Hersteller geben eine Anwendungsbeschränkung für die Kombination mit Lithium an; wegen der erhöhten Neurotoxizität dieser Kombination wird empfohlen, Carbamazepin-Plasmakonzentrationen von 8 mg/l bzw. Lithiumspiegel von 0,8 mmol/l nicht zu überschreiten. Die Hersteller empfehlen weiterhin, Antipsychotika mindestens 8 Wochen vor Gabe dieser Kombination abzusetzen; diese Empfehlung erscheint praxisfremd. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; kardiale Vorschädigungen, insbesondere Reizleitungsstörungen; Kombination mit anderen Pharmaka, die eine Hyponatriämie induzieren können (z. B. SSRI, Venlafaxin, Diuretika). Interaktionen Bei der Behandlung mit Carbamazepin sind mögliche Interaktionen mit anderen Medikamenten zu beachten (. Tab. 2.2).
. Tab. 2.2 Interaktionen Carbamazepin Komedikation
Art der Interaktion
Psychopharmaka Antidepressiva 5 MAOHemmer
Fragliche Interaktion wegen strukturchemischer Ähnlichkeit von Carbamazepin mit Imipramin; die Hersteller empfehlen, Carbamazepin nicht mit MAO-Hemmern zu kombinieren und sowohl vor als auch nach Behandlung mit Carbamazepin einen Abstand von zwei Wochen einzuhalten; diese Empfehlung erscheint pharmakologisch nicht ausreichend begründet
162
1 2
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
. Tab. 2.2 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
5 SSRI
Höhere Carbamazepinplasmaspiegel bei Kombination mit Fluoxetin, Fluvoxamin oder Trazodon, dadurch vermehrte Carbamazepinnebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität Durch Enzyminduktion durch Carbamazepin erniedrigte Plasmakonzentrationen von Citalopram oder Paroxetin, Abschwächung der antidepressiven Wirkung möglich Bei Kombination mit Amitriptylin, Doxepin, Imipramin oder Nortriptylin (nicht Clomipramin) niedrigere Plasmaspiegel der TZA möglich, dadurch Verminderung der antidepressiven Wirksamkeit von TZA denkbar, jedoch pharmakodynamische Wirkverstärkung möglich. Cave: Nach Absetzen von Carbamazepin Ansteigen der Plasmakonzentration von Antidepressiva möglich Bei Kombination mit Desipramin Erhöhung der Carbamazepinplasmakonzentation möglich Durch Enzyminduktion durch Carbamazepin erniedrigte Plasmakonzentrationen von Bupropion, Mirtazapin oder Reboxetin, Abschwächung der antidepressiven Wirkung möglich
3 4 5
5 TZA
6 7 8 9 10
5 Andere Antidepressiva Antipsychotika
Durch verstärkte Metabolisierung geringerer antipsychotischer Effekt möglich; jedoch im Einzelfall pharmakodynamische Wirkverstärkung möglich. Cave: Nach Absetzen von Carbamazepin Ansteigen der Plasmakonzentration von Antipsychotika möglich
Benzodiazepine: 5 Alprazolam 5 Clonazepam
Niedriger Plasmaspiegel der Benzodiazepine, dadurch Wirkabschwächung der Benzodiazepine möglich
Lamotrigin
Carbamazepin induziert das Cytochrom P-450-System, dadurch geringere Plasmakonzentration von Lamotrigin möglich
Lithium
Vermehrte Nebenwirkungen von Lithium und/oder Carbamazepin bis hin zur Neurotoxizität möglich, ggf. auch bei therapeutischen Plasmaspiegeln
11 12 13 14 15 16 17
163
2.11 · Präparate
. Tab. 2.2 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Methadon
Durch verstärkte Metabolisierung von Methadon verminderte Methadonwirkung; Auftreten von Entzugssymptomen
Phenobarbital, Primidon
Geringfügig niedrigere (18%) Carbamazepin- und evtl. niedrigere Phenobarbitalplasmaspiegel
Phenytoin
Wechselseitig Beeinflussung der Metabolisierung von Phenytoin und Carbamazepin; widersprüchliche Befunde; Anwendung der Kombination mit Kontrolle der Plasmakonzentrationen
Valproinsäure
Niedrigere Valproinsäureplasmaspiegel, Erhöhung der Plasmaspiegel von Carbamazepinepoxid; Verminderung der Wirkung von Valproinsäure möglich; jedoch auch pharmakodynamische Wirkverstärkung und vermehrte Nebenwirkungen (Hepatotoxizität) möglich
Andere Pharmaka Antikoagulanzien, z. B. Phenprocoumon, Warfarin
Verstärkte Metabolisierung von Antikoagulanzien, dadurch Verminderung der Antikoagulanzienwirkung; Dosisreduktion der Antikoagulanzien bei Absetzen von Carbamazepin
Ciclosporin
Niedrigere Ciclosporinplasmaspiegel, dadurch Verminderung der immunsuppressiven Wirkung von Ciclosporin möglich
Cimetidin
Vorübergehend erhöhte Carbamazepinplasmaspiegel, dadurch evtl. kurzfristig vermehrte Carbamazepinnebenwirkungen (Ranitidin: keine Interaktion mit Carbamazepin)
Danazol
Erhöhte Carbamazepinplasmaspiegel, dadurch vermehrte Carbamazepinnebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität
Dextropropoxyphen
Erhöhte Carbamazepinplasmaspiegel, dadurch vermehrte Carbamazepinnebenwirkungen bis hin zur Toxizität
Doxycyclin
Niedrigere Doxycyclinserumspiegel, dadurch Verminderung der antibiotischen Wirkung möglich
2
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1
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
. Tab. 2.2 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Ethosuximid
Verstärkte Metabolisierung von Ethosuximid, dadurch Verminderung der Ethosuximidwirkung möglich
Furosemid
Hyponatriämie möglich
Isoniazid
Höhere Carbamazepinplasmaspiegel, dadurch vermehrte Carbamazepinnebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität; nach Absetzen von Isoniazid soll ein Intervall von zwei Wochen eingehalten werden, bevor Carbamazepin verabreicht wird
Kalziumantagonisten von Typ Diltiazem oder Verapamil
Erhöhte Carbamazepinplasmaspiegel, dadurch vermehrte Carbamazepinnebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität (Nifedipin oder andere Dihydropyridinkalziumantagonisten: keine Interaktion mit Carbamazepin)
Kortikosteroide
Verminderung der Wirkung von Kortikosteroiden möglich
Makrolidantibiotika, z. B. Erythromycin, Clarithromycin
Höhere Carbamazepinplasmaspiegel, dadurch vermehrte Carbamazepinnebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität
Mebendazol
Evtl. verminderte antihelminthische Wirkung Verminderte Dauer und Wirksamkeit des Muskelrelaxans
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Muskelrelaxanzien, z. B. Pancuronium
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Ovulationshemmer
Verminderung der kontrazeptiven Wirkung des Ovulationshemmers möglich
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Schilddrüsenhormone, Thyroxin
Verminderung der Schilddrüsenhormonwirkung, in Einzelfällen hypothyreote Stoffwechsellage möglich
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5 Besonders bedeutsam sind enzyminduzierende Effekte. Dadurch kann es zu einem beschleunigten Abbau von Medikamenten und einer Wirkabschwächung kommen. Bewertung Antikonvulsivum mit nachgewiesener antimanischer Wirkung; die phasenprophylaktische Wirkung bei bipolarer affektiver Störung ist relativ schlecht belegt; als Antimanikum nicht zugelassen, jedoch zur Phasenprophylaxe zugelassen, wenn keine Behandlung mit Lithium möglich ist. Bei manischen Syndromen ist die Wirksamkeit von Valproinsäure, die zudem akut besser handhabbar ist, besser belegt. Carbamazepin hat gegenüber Lithium wahrscheinlich Vorteile bei der Akutbehandlung schizoaffektiver Störungen. Lamotrigin elmendos (GlaxoSmithKline) 25 mg (50 Tbl.) 50, 100 mg (50, 100 Tbl.) 200 mg (100, 200 Tbl.)
Antikonvulsivum Lamotrigin HEXAL (HEXAL) Lamotrigin-ratiopharm (ratiopharm)
Pharmakodynamik 5 Antikonvulsivum, dessen Wirkungsmechanismus bei bipolaren affektiven Störungen nicht sicher definiert ist. Pharmakokinetik 5 Rasche, fast vollständige Resorption; maximale Plasmakonzentrationen werden nach 2,5–5 h gemessen. 5 t½ nach Einmalgabe 24-35 h; da Lamotrigin seinen eigenen Metabolismus induziert, kann bei Mehrfachgabe die t½ um bis zu 25% sinken. Gleichzeitige Verabreichung von Enzyminduktoren (z. B. Carbamazepin, Phenytoin) verkürzt die t½ auf etwa 14 h; bei gleichzeitiger Gabe von Valproinsäure steigt die t½ auf ca. 70 h (Hemmung des Lamotriginmetabolismus durch Valproinsäure). 5 Metablisierung durch Glucuronid-Konjugation 5 Plasmakonzentration: 3‒14 mg/l(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Prävention depressiver Episoden bei Patienten mit bipolaren Störungenz. 5 Haben beim Rapid cycling depressive Episoden die Behandlungspriorität, sollte zunächst Lamotrigin gewählt werden.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Rapid cycling: Lamotrigin war in einer prospektiven, kontrollierten Studie bei Rapid cycling Placebo überlegen, insbesondere bei Patienten mit bipolarer Störung vom Typ II. Der Befund bedarf der weiteren Absicherung. 5 Die antimanische Wirksamkeit von Lamotrigin ist nicht ausreichend belegt. 5 Bei Therapie mit Lamotrigin kommt es relativ häufig (bei ca. 10% der Patienten), v. a. zu Beginn der Behandlung, zu Hautreaktionen. Die Häufigkeit von Hautreaktionen nimmt zu, wenn hohe Anfangsdosierungen gegeben werden bzw. die Aufdosierung zu rasch erfolgt. Bei Kombination mit Valproinsäure muss die Lamotrigindosis zu Beginn besonders niedrig gewählt und sehr langsam aufdosiert werden (s. oben, Pharmakokinetik und Dosierung). Wenn Lamotrigin in einer nicht zugelassenen Indikation gegeben wird, sollte der Patient über die Möglichkeit von auch potenziell lebensbedrohlichen Hautreaktionen besonders aufgeklärt werden. 5 Routineuntersuchungen: . Tab. 2.1. Dosierung 5 Die Dosissteigerung sollte sehr langsam erfolgen, um das Risiko von Hautreaktionen zu minimieren. 5 Beginn mit einer Einmaldosis von 25 mg/Tag in den ersten 14 Tagen; Dosissteigerung auf 50 mg/Tag in einer Einmaldosis für weitere 14 Tage; weitere Dosissteigerung bis zum Erreichen des gewünschten Therapieeffektes in Schritten von 50–100 mg alle 1–2 Wochen möglich. 5 Übliche Erhaltungsdosis 100–200 mg/Tag, auch verteilt auf zwei Einzelgaben. 5 Werden gleichzeitig enzyminduzierende Pharmaka (z. B. Carbamazepin) verabreicht, kann die Dosissteigerung in der Regel schneller erfolgen. Beginn mit 50 mg/Tag für die ersten 14 Tage, Steigerung auf 100 mg/Tag für weitere 14 Tage, zugelassene Maximaldosis 400 mg/ Tagz. 5 Bei gleichzeitiger Verabreichung von Valproinsäure muss die Dosissteigerung langsamer erfolgen. Beginn mit 25 mg/Tag jeden 2. Tag in den ersten 14 Tagen, Steigerung auf 25 mg/Tag für weitere 14 Tage, weitere Dosissteigerung in Schritten von 25–50 mg alle 1–2 Wochen, Erhaltungsdosis 100–200 mg/Tag. ! Bei gleichzeitiger Verabreichung von Lamotrigin und Valproinsäure
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muss besonders vorsichtig dosiert werden.
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Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Hautausschlag; Kopfschmerzen; Schwindel; Doppeltsehen, verschwommenes Sehen. 5 Häufig: Agitiertheit, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Schläfrigkeit; Nystagmus, Tremor, Ataxie; Arthralgie; Schmerzen; Übelkeit, gastrointestinale Beschwerden (einschließlich Erbrechen und Diarrhö). 5 Gelegentlich: Aggressivität. 5 Selten: Konjunktivitis. ! Selten werden auch schwere, lebensbedrohliche allergische Haut-
und Schleimhautreaktionen beobachtet (Quincke-Ödem, StevensJohnson-Syndrom, Lyell-Syndrom). Diese Erkrankungen sind selten auch tödlich verlaufen. Den Hautreaktionen können andere systemische Manifestationen einer Überempfindlichkeitsreaktion (Fieber, Lymphadenopathie) vorausgehen. Der Patient sollte vor Behandlungsbeginn über diese Frühsymptome aufgeklärt werden.
Kontraindikationen 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen Lamotrigin. 5 Relative Kontraindikationen: Vorsicht bei Patienten mit schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen. Es kommt zur Verminderung der renalen Clearance und zur Anreicherung des HauptglukuronidMetaboliten im Plasma. 5 Warnhinweis für teratogenes Risiko 7 Kap. 14.4 Interaktionen 5 Lamotrigin induziert seinen eigenen Metabolismus nur geringfügig. Die Plasmakonzentration kann nach Mehrfachgabe um max. 25% abfallen. 5 Enzyminduktoren beschleunigen den Abbau von Lamotrigin. Dazu zählen Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital und Primidon. 5 Valproinsäure hemmt den Abbau von Lamotrigin. Unter der Kombination von Valproinsäure und Lamotrigin wurden Tremor, Ataxie, Müdigkeit und Sedierung beobachtet. 5 Lamotrigin wird in der Leber metabolisiert; die Bindung an Plasmaproteine beträgt 55%. Die Substanz konkurriert mit Valproinsäure um die hepatische Glukuronidierung, sodass bei Kombination mit Valproinsäure die Lamotriginplasmakonzentrationen erheblich ansteigen können. Die Kombination mit leberenzyminduzierenden Arzneimitteln (Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon) führt
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
zur Beschleunigung des Metabolismus. Bei Patienten mit mäßiger Leberfunktionsstörung sollte die Dosis um 50%, mit schwerer Störung um 75% erniedrigt werden. 5 Lamotrigin besitzt ein geringes enzyminduzierendes Potenzial (s. oben, Induktion des eigenen Metabolismus), das wahrscheinlich nicht klinisch relevant ist. Die Substanz besitzt kein pharmakokinetisches Hemmpotenzial. 5 Der Einfluss von Lamotrigin auf die Pharmakokinetik von oralen Kontrazeptiva und umgekehrt ist nicht ausreichend untersucht worden. Bewertung Prospektiv placebokontrolliert konnte für Lamotrigin eine Wirksamkeit bei der bipolaren Depression gezeigt werden, ohne dass das Risiko, eine Manie zu induzieren, erhöht war. Die Substanz ist bisher jedoch nur für die Prophylaxe depressiver Episoden bei bipolaren Störungen zugelassen. Lamotrigin scheint auch bei Rapid cycling wirksam zu sein. Die antimanische Wirksamkeit von Lamotrigin ist nicht ausreichend belegt. Lithiumsalze Antimanika, Stimmungsstabilisierer
Lithiumacetat Quilonum (GlaxoSmithKline/ Cephalon) Tbl. (50, 100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl.: 536 mg Lithiumgehalt (pro Tbl.: 8,1 mmol)
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Lithium-Aspartat (Köhler-Pharma) Tbl. (100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl.: 500 mg Lithiumgehalt (pro Tbl.: 3,2 mmol)
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Lithiumcarbonat Hypnorex retard (Sanofi-Aventis) Tbl. (50, 100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl.: 400 mg Lithiumgehalt pro Tbl.: 10,8 mmol Lithium Apogepha (Apogepha) Tbl. (50, 100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl.: 295 mg Lithiumgehalt pro Tbl.: 8 mmol
Quilonum retard (GlaxoSmithKline/Cephalon) Tbl. (50, 100 Tbl.) Menge des Salzes pro Tbl.: 450 mg Lithiumgehalt pro Tbl.: 12,2 mmol
Pharmakodynamik 5 Wirkung auf Signaltransduktionssysteme und Neurotransmitterrezeptoren (7 Kap. 2.2). Pharmakokinetik 5 Nahezu vollständige enterale Resorption; Tmax=1–3 h; keine Metabolisierung; ausschließlich renale Ausscheidung; Eliminationshalbwertszeit von der Präparationsform abhängig. 5 Plasmakonzentration für antimanische Wirkung: 1,0–1,2 mmol/lp. 5 Plasmakonzentration für phasenprophylaktische Wirkung: 0,6–0,8 mmol/lp. 5 Bei unzureichendem Ansprechen individuelle Erhöhung auch längerfristig möglich. 5 Bei älteren Patienten können niedrigere Dosen bzw. Plasmakonzentrationen notwendig sein, wenn eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber neurotoxischen Wirkungen bekannt ist. 5 Plasmakonzentration für Lithiumaugmentation: Anzustreben sind 0,6–0,8 mmol/l; bei alten Patienten sind evtl. 0,4 mmol/l ausreichend. Mindestens 3-wöchige Durchführung einer Plasmakonzentrationsmessung zur sicheren Effizienzbeurteilung empfehlenswert.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Akutbehandlung manischer Syndromez. 5 Phasenprophylaxe bipolarer affektiver Störung, rezidivierenden manischen Episoden und unipolarer Depressionz (7 Kap. 1.11). 5 Eine klassische (euphorische) Manie sowie eine leichte depressive Episode können mit Lithium behandelt werden. Bei wenigen Vorphasen ist Lithium zur Phasenprophylaxe zu bevorzugen. 5 Akuttherapie und Prophylaxe schizoaffektiver Störungen. Für diese Indikation sind Lithiumsalze jedoch nicht zugelassen. 5 Lithiumaugmentation bei therapieresistenten Depressionen (7 Kap. 1.12). 5 Geringe therapeutische Breite, keine Toleranzentwicklung. 5 Vor Beginn einer Therapie mit Lithium sollte besonders die Nierenfunktion nach dem folgenden Schema kontrolliert werden: − Bestimmung von Serumkreatinin und Kreatininclearance, außerdem Harnstoff, Harnsäure, Urinstatus, − falls Kreatininclearance unter 70 ml/min: Kontrollbestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) mit Isotopenclearance (z. B. 99mTc-DTPA), − falls GFR unter 60 ml/min: Konsultation eines Nephrologen, Erwägen therapeutischer Alternativen, − falls GFR unter 30 ml/min: Lithiumbehandlung strikt kontraindiziert. ! Nach plötzlichem Absetzen treten manische Syndrome wahrschein-
lich häufiger auf als im naturalistischen Verlauf (Absetzmanie).
5 Ggf. sollte vor Behandlungsbeginn ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Dosierung 5 Lithium sollte in Retardform mit der Hauptdosis abends verabreicht werden. Einige Autoren empfehlen die abendliche Einmalgabe, damit nebenwirkungsträchtige Konzentrationsspitzen vom Patienten »verschlafen« werden. 5 Die tägliche Tabletteneinnahme richtet sich nach der Lithiumplasmakonzentration, die im Steady state kontrolliert werden (s. oben). Steady-state-Bedingungen sind nach einer Woche erreicht. Grundsätzlich: Verdopplung der Dosis führt zur Verdopplung der Lithiumkonzentration im Plasma.
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5 Rasche Aufdosierung notwendig; sollte wegen möglicher initialer Nebenwirkungen nur unter stationären Bedingungen erfolgen. Kontrolle der Lithiumkonzentration im Plasma in kurzen Intervallen von 2–3 Tagen. 5 Lithiumaugmentation: Unter Kontrolle der Plasmakonzentrationen (s. oben). Die Lithiumserumkonzentration (Blutentnahme pünktlich 12±0,5 h nach letzter Tabletteneinnahme, vor Einnahme der Medikamente) sollte nach dem in . Tab. 2.1 dargestellten Schema kontrolliert werden Vorgehen für die einzelnen Präparate 5 Bei manischen Syndromen: − Schnelle Aufdosierung wird in der Regel von manischen Patienten gut toleriert. Verglichen mit den unten aufgeführten Empfehlungen für die einzelnen Präparate bei der Phasenprophylaxe sind initial höhere Gaben von 30–40 mmol/Tag zu empfehlen. Bei Besserung langsame Reduktion und Übergang in Prophylaxe. 5 Zur Phasenprophylaxe: − Lithiumacetat (Quilonum): Behandlungsbeginn erfolgt mit 2-mal 1 Tbl./Tag. Wenn nach einer Woche die Lithiumserumkonzentration über 0,8 mmol/l liegt, wird die Dosis um ½–1 Tbl. reduziert; wenn die Lithiumserumkonzentration unter 0,6 mmol/l liegt, wird die Medikation um ½–1 Tbl. erhöht. − Lithiumaspartat: Nach Herstellerangabe Tagesdosis 4–6 Tbl. auf 2–3 Einnahmen verteilt. Hinweis: Verlässliche Dosierungsempfehlung schwierig, da pharmakokinetische Ergebnisse zu diesem Präparat nur eingeschränkt vorliegen. − Lithiumcarbonat: Hypnorex retard und Lithium Apogepha: Beginn mit 2-mal 1 Tbl./Tag, bei älteren Patienten mit 2-mal ½ Tbl./Tag. Quilonum retard: Beginn mit 1,5 Tbl. (morgens ½, abends 1)/Tag, bei älteren Patienten mit 2-mal ½ Tbl./Tag. Dosierungsanpassung entsprechend Lithium-Serumkonzentrationen wie oben beschrieben.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Nebenwirkungen Zahlreiche Patienten nehmen langfristig Lithiumsalze ohne unerwünschte Wirkungen ein. Relativ häufig treten jedoch zu Beginn einer Lithiumbehandlung Nebenwirkungen auf, die später wieder spontan verschwinden. Initiale Nebenwirkungen sollten nicht zu einem Behandlungsabbruch führen, deshalb ist die vorherige Aufklärung des Patienten von besonderer Bedeutung. 5 Häufigste Gründe für das Absetzen der Lithiumsalze durch den Patienten sind subjektiv erlebte kognitive Störungen, Gewichtszunahme, Tremor und Polyurie. 5 Bei einem Tremor sollte, falls der Patient nicht schon primär darauf eingestellt wurde, zunächst auf ein Retardpräparat umgestellt werden; zur Koffeinkarenz sollte angehalten werden. Ein zentralgängiger βRezeptorenblocker (z. B. Propranolol) kann versucht werden. Ggf. muss die Lithiumdosis reduziert werden. 5 Bei Kombination mit Antipsychotika oder Antidepressiva wurde über das Auftreten von malignen neuroleptischen Syndromen bzw. von Serotoninsyndromen berichtet. Die kausale Rolle von Lithium im Rahmen dieser Kombinationstherapien ist jedoch unklar. 5 . Tab. 2.3 gibt eine Übersicht über mögliche Nebenwirkungen von Lithiumsalzen.
. Tab. 2.3 Nebenwirkungen bei Behandlung mit Lithium Organsystem
Nebenwirkungen (-h-: häufig, -s-: selten)
Therapie/Bemerkungen
Neurologisch/ psychiatrisch
Feinschlägiger Tremor (-h-)
β-Rezeptorenblocker (z. B. Propranolol 3×10–40 mg)
Kognitive Störungen (-h-)
Als besonders störend empfunden
Müdigkeit (-s-)
Initial
Muskelschwäche (-s-)
Initial, gelegentlich aber Funktionsstörung der peripheren Nerven (verminderte Leitgeschwindigkeiten und Amplituden der Aktionspotenziale)
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. Tab. 2.3 (Fortsetzung) Organsystem
Nebenwirkungen (-h-: häufig, -s-: selten)
Therapie/Bemerkungen
Renal
Polyurie, Polydipsie (-h-)
Initial
Nierenfunktionsstörungen (verminderte Konzentrationsleistung, renaler Diabetes insipidus) (-s-)
Bei Absetzen von Lithium in aller Regel reversibel; unklar, ob histologische Veränderungen auftreten
Glomerulonephritis (Minimalchange-Typ) (-s-)
Äußerst selten; nur wenige Fälle in der Literatur
Gewichtszunahme (-h-)
Kalorienarme Diät bei normaler Kochsalzzufuhr
Elektrolyt-/ Wasserhaushalt
Gesichts- und Knöchelödeme (-s-) Gastrointestinal
Diarrhöen, Übelkeit, Völlegefühl, Appetitverlust (-h-)
Initial
Endokrinium
Struma, TSH-Anstieg (-h-)
Substitution mit Schilddrüsenhormonen
Hypothyreose (-s-)
Mitbehandlung durch Endokrinologen
Hyperparathyreoidismus (-s-)
Mitbehandlung durch Endokrinologen
Beeinflussung des Kohlenhydratstoffwechsels (-s-)
Senkung oder Erhöhungen der Blutglukosekonzentration beschrieben
Repolarisationsveränderungen im EKG (-s-)
Reversibel
Arrhythmien (-s-)
Sehr selten, eher bei vorbestehenden Herzerkrankungen
Leukozytosen (-h-)
Reversibel, in der Regel unproblematisch
Kardiovaskulär
Hämatologisch
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Lithiumintoxikation ! Bei Lithiumserumkonzentrationen über 1,6 mmol/l kann es zu Intoxi-
kationserscheinungen kommen. Da die Schwelle für Intoxikationszeichen individuell verschieden ist, können im Einzelfall erste Symptome einer Lithiumintoxikation auch bei niedrigeren Lithiumserumkonzentrationen auftreten (schon bei therapeutischen Serumkonzentrationen möglich).
Ursachen einer Lithiumintoxikation 5 Überdosierung (akzidentell oder suizidal). 5 Kalium- oder Kochsalzmangel (z. B. natriumarme Diät, Diuretika, starkes Schwitzen, Diarrhö, sonstige Flüssigkeitsverluste). 5 Nierenfunktionsstörungen mit Elektrolytverschiebungen. 5 Verminderung der renalen Lithiumclearance durch nichtsteroidale Antiphlogistika oder Angiotensin-converting-enzyme-Hemmer. Klinische Symptome der Lithiumintoxikation (7 Kap. 17.3.1) 5 Übelkeit, Erbrechen, Durchfall 5 Grobschlägiger Händetremor 5 Abgeschlagenheit, psychomotorische Verlangsamung, Vigilanzminderung 5 Schwindel, Dysarthrie, Ataxie 5 Später: Rigor, Hyperreflexie, Faszikulationen, zerebrale Krampfanfälle, Schock; Bewusstseinstrübung bis zum Koma; Herz-Kreislauf-Stillstand Maßnahmen bei einer Lithiumintoxikation (7 Kap. 17.3.1) Kontraindikationen 5 Schwere Nierenfunktionsstörungen (z. B. Glomerulonephritis, Pyelonephritis), schwere Herz- und Kreislauf-Krankheiten, Störungen des Natriumhaushaltes, Addison-Erkrankung. Zu Lithium in Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 14. 5 Relative Kontraindikationen: Krankheiten, die zu Nierenfunktionsstörungen führen können, z. B. Hypertonie; Gicht oder Arteriosklerose. Weiterhin: stark reduzierter Ernährungs- und Kräftezustand; zerebrale Krampfbereitschaft, Morbus Parkinson, Myasthenia gravis; Hypothyreose; Psoriasis vulgaris.
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5 Die unter einer Langzeitbehandlung mit Lithium notwendigen Routinekontrollen sind . Tab. 2.1 zu entnehmen. 5 Vor Narkosen oder Operationen Lithium 2–3 Tage vorher absetzen. Eine Elektrokrampfbehandlung (EKB) ist unter Lithiumtherapie möglich, ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko ist jedoch zu beachten (verstärkte Gedächtnisstörungen). Wenn Lithium unter EKB weiter gegeben wird, sollte auf zusätzliche Psychopharmaka verzichtet werden. 5 Interaktionen . Tab. 2.4. Bewertung Medikament zur Akutbehandlung des manischen Syndroms (bei schweren, auch psychotischen Manien sind AAP oder eine Kombination mit AAP indiziert) und zur Phasenprophylaxe bipolarer affektiver Störungen. Bei wenigen Vorphasen ist Lithium zur Phasenprophylaxe (vor Valproinsäure) zu bevorzugen. Valproinsäure ist aber besser verträglich als Lithium. Wahrscheinlich haben Lithium und Carbamazepin vergleichbare Effekte bei der Phasenprophylaxe von schizoaffektiven Störungen, jedoch ist Lithium Carbamazepin unterlegen bei rein schizodepressiven Verläufen und bei im Vordergrund stehender psychotischer Symptomatik. Lithium hat sich zur Augmentation bei der therapieresistenten Depression bewährt (7 Kap. 1.12). . Tab. 2.4 Interaktionen Lithium Komedikation
Art der Interaktion
Psychopharmaka Antidepressiva: 5 MAO-Hemmer
5 SSRI
5 TZA 5 Andere Antidepressiva
Fraglich vermehrte Lithiumnebenwirkungen; jedoch evtl. bessere antidepressive Wirkung durch Lithiumzugabe Vermehrte Lithiumnebenwirkungen bis zur Neurotoxizität möglich mit allen SSRI einschließllich Duloxetin und Venlafaxin Cave: Serotoninsyndrom. Jedoch evtl. bessere antidepressive Wirkung durch Lithiumaugmentation Evtl. verstärkter Tremor; evtl. bessere antidepressive Wirksamkeit durch Lithiumaugmentation Kein Hinweis auf Interaktion mit Mirtazapin oder Reboxetin
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
. Tab. 2.4 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Antipsychotika
Vermehrte Lithium- und/oder AntipsychotikaNebenwirkungen, z. B. auch EPS, in Einzelfällen bis hin zur Neurotoxizität (EEG-Veränderungen, Delir, Krampfanfälle); evtl. erhöhtes Risiko für malignes neuroleptisches Syndrom unter Lithiumzugabe, in sehr seltenen Einzelfällen irreversible Bewegungsstörungen mit persistierenden EEG-Veränderungen beschrieben
Carbamazepin
Vermehrte Nebenwirkungen von Lithium und/oder Carbamazepin bis hin zur Neurotoxizität möglich, ggf. auch bei therapeutischen Plasmaspiegeln
Phenytoin
Vermehrte Nebenwirkungen von Lithium und/oder Phenytoin bis hin zur Neurotoxizität möglich, ggf. auch bei therapeutischen Plasmaspiegeln
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ACE-Hemmer
Erhöhte Lithiumserumspiegel, dadurch vermehrte Lithiumnebenwirkungen. Cave: Nephrotoxizität; häufige Lithiumserumspiegelkontrollen notwendig
Acetazolamid
Vermehrte Lithiumausscheidung mit erniedrigten Lithiumserumspiegeln
Antibiotika: Ampicillin, Tetrazykline, Aminoglykoside, Metronidazol
Evtl. erhöhte Lithiumserumspiegel, dadurch vermehrte Lithiumnebenwirkungen bis hin zur Intoxikation möglich. Cave: Nephrotoxizität; häufigere Lithiumserumspiegelkontrollen notwendig
Nichtsteroidale Antiphlogistika
Cave: Intoxikationsrisiko durch verminderte renale Lithiumclearance; berichtet für Rofecoxib und Celecoxib; häufigere Serumspiegelkontrollen notwendig; bisher keine Interaktionen mit ASS berichtet
Clonidin
Abschwächung der blutdrucksenkenden Wirkung von Clonidin möglich
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. Tab. 2.4 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Digoxin
Herzglykosidwirkung evtl. verstärkt, Gefahr von Rhythmusstörungen evtl. begünstigt; Abschwächung der antimanischen Wirkung von Lithium möglich
Diuretika, v. a. Thiaziddiuretika (z. B. Hydrochlorothiazid), aber auch kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Triamteren)
Cave: Intoxikationsrisiko durch verminderte renale Lithiumclearance; Schleifendiuretika (z. B. Furosemid, Etacrynsäure) erhöhen Lithiumserumspiegel in geringerem Ausmaß. Thiaziddiuretika können sinnvoll sein bei nephrogenem Diabetes insipidus (Verminderung von Polyurie und Polydipsie)
Kaliumiodid
Verstärkte thyreostatische Wirkung
Kalziumantagonisten vom Diltiazem- und Verapamiltyp
Evtl. verstärkte Neurotoxizität
Ketamin
Vermehrte Lithiumnebenwirkungen
Methyldopa
Evtl. erhöhte Lithiumserumspiegel, dadurch vermehrte Lithiumnebenwirkungen bis hin zur Intoxikation, in Ausnahmefällen auch bei therapeutischen Serumspiegeln
Methylxanthine (Theophyllin, Koffein)
Senkung von Lithiumserumspiegeln durch erhöhte renale Lithiumclearance
Muskelrelaxanzien (Pancuronium, Suxamethonium)
Verlängerte neuromuskuläre Blockade (in Einzelfällen um mehrere Stunden); Lithium präoperativ absetzen
Natriumbikarbonat
Vermehrte Lithiumausscheidung mit niedrigeren Serumspiegeln
Sympathikomimetika
Abschwächung der blutdrucksteigernden Wirkung der Sympathikomimetika möglich
Thyreostatika
Verstärkte thyreostatische Wirkung
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
Valproinsäure Antikonvulsivum Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Konzentrationsangaben für die folgenden Präparate auf die Salze der Valproinsäure. Die Menge der Valproinsäure selbst pro Tablette bzw. Kapsel ist etwas geringer. Ergenyl chrono (Sanofi-Aventis) Tbl. 300, 500 mg (50, 100, 200 Retardtabletten)
Orfiril long (Desitin) Kps. 150, 300 mg (50, 100, 200 Retardkapseln) Stck. 500, 1000 mg RetardminiErgenyl chronosphere (Sanofi-Aventis) tabletten (50, 100, 200 BeuStck. 100, 250, 500, 750, 1000 mg tel) Retardgranulat (50, 100, 200 Beutel)
Pharmakodynamik 5 Antikonvulsivum, dessen antimanischer und phasenprophylaktischer Wirkungsmechanismus nicht sicher definiert ist. Pharmakokinetik 5 Schnelle, fast vollständige Resorption; das Plasmakonzentrationsmaximum wird nach Einnahme einer Retardtablette/-kapsel innerhalb von 6–8 Stunden erreicht. 5 Bindung zu 90–95% an Plasmaproteine, v. a. Albumine; bei höheren Dosierungen nimmt die freie Fraktion zu. 5 t½ bei Retardpräparaten im Mittel 18 h, weitgehend unverändert bei Langzeittherapie; Abnahme der t½ bei Kombination mit enzyminduzierenden Substanzen wie Carbamazepin (. Tab. 2.5), Zunahme bei Lebererkrankungen. 5 Plasmakonzentration: 50–100 mg/l(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Manische Syndrome.z 5 Phasenprophylaxe bipolarer affektiver Störungenz (nur Ergenyl chrono, Ergenyl chronosphere und Orfiril long). Weder unretardierte Valproinsäure noch Präparate zur intravenösen Gabe sind für die Behandlung bipolarer Störungen zugelassen. Retardierte Präparate sind besser verträglich.
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5 Euphorische, gereizte und gemischte Episoden können mit Valproinsäure behandelt werden. Vor allem bei häufigen Vorphasen ist Valproinsäure zur Phasenprophylaxe zu bevorzugen. 5 Eine Langzeitbehandlung mit Valproinsäure fordert notwendige Routinekontrollen, insbesondere zur frühzeitigen Erkennung von Störungen von Leber, Bauchspeicheldrüse, Knochenmark und Gerinnung (. Tab. 2.1, 7 Kap. 2.9). 5 Zur Wirksamkeit bei Alkoholabhängigkeit 7 Kap. 7.3. Wichtig: Aufklärung über Frühsymptome möglicher Organschädigungen (Knochenmarkschädigung: Fieber, Halsschmerzen, Mundulzera, Hämatome; Hepatitis, Pankreatitis: Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen). 5 Regelmäßige Kontrollen der Plasmakonzentration sind v. a. zu Therapiebeginn notwendig (12±0,5 h nach der letzten und vor der morgendlichen Einnahme). 5 Weitere Routineuntersuchungen: 7 Kap. 2.9. Dosierung 5 Beginn mit 500–1000 mg/Tag, verteilt auf 2–4 Einzeldosen; Erhaltungsdosis bei Erwachsenen in der Regel 1200–2000 mg/Tag, je nach Plasmakonzentration (s. oben). Die zugelassene Maximaldosis von Orfiril long beträgt 2500 mg/Tagz, von Ergenyl chrono und Ergenyl chronosphere 2000 mg/Tagz. 5 Um einen raschen antimanischen Effekt innerhalb von 2‒3 Tagen zu erzielen, wird empfohlen, von Beginn an mit einer Tagesdosis von 20 mg/kgKG zu behandeln (»loading«); in der Akutphase der Manie wurden Plasmakonzentrationen bis 120 mg/l gut vertragen. Ein noch rascherer antimanischer Effekt lässt sich möglicherweise durch die intravenöse Gabe von Valproinsäure erreichen; hierzu liegen bisher aber erst Einzelfallberichte vor. Auch bei intravenöser Verabreichung kann von Beginn an die Zieldosis gegeben werden. 5 Ggf. sollte vor Behandlungsbeginn ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Nebenwirkungen 5 Zentralnervöse Nebenwirkungen: Häufig: Schläfrigkeit; Tremor, Parästhesien. Gelegentlich: Reizbarkeit, Hyperaktivität, Verwirrtheit; Kopfschmerzen, Spastizität, Ataxie; Stupor bis hin zum transienten Koma; Enzephalopathie.
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Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
5 Störungen der Leberfunktion und der Bauchspeicheldrüse: Gelegentlich: schwerwiegende (bis tödlich verlaufende) Leberfunktionsstörungen. Selten: Schädigung der Bauchspeicheldrüse, teilweise mit tödlichem Verlauf. 5 Blutbildveränderungen: Häufig: Thrombozytopenie, Leukozytopenie. Selten: Fanconi-Anämie. 5 Weitere wichtige Nebenwirkungen: − Sehr häufig: Hyperammonämie. − Häufig: Gewichtszunahme oder -abnahme, erhöhter Appetit oder Appetitlosigkeit; Diarrhö, Übelkeit; vorübergehender Haarausfall. − Gelegentlich: Periphere Ödeme; Blutungen; Hypersalivation. − Selten: Erythema multiforme; Lupus erythematodes, Vaskulitiden; Dysmenorrhö. ! Bei gleichzeitiger Einnahme von valproinsäurehaltigen Arzneimitteln
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und Antikoagulanzien oder Antiaggreganzien kann es zu erhöhter Blutungsneigung kommen. Deshalb werden bei gleichzeitiger Anwendung regelmäßige Kontrollen der Blutgerinnungswerte empfohlen.
5 Einzelfälle von Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom und reversibler Hypothermie wurden beschrieben. Kontraindikationen 5 Bekannte Überempfindlichkeit gegen Valproinsäure; hepatische Porphyrie; relevante Leber- oder Pankreasfunktionsstörungen; Blutgerinnungsstörungen; schwere Lebererkrankungen in der Familie. 5 Relative Kontraindikationen: Knochenmarkschädigungen; metabolische Erkrankungen, insbesondere angeborene Enzymopathien, Niereninsuffizienz und Hypoproteinämie; systemischer Lupus erythematodes. Interaktionen 5 Valproinsäure hemmt Glucuronyltransferasen und CYP2C9. 5 Bei der Behandlung mit Valproinsäure sind mögliche Interaktionen mit anderen Medikamenten zu beachten (. Tab. 2.5).
181
2.11 · Präparate
2
Bewertung Antikonvulsivum mit nachgewiesener antimanischer und phasenprophylaktischer Wirkung; im Allgemeinen besser verträglich als Lithium. Bei gemischten Episoden ist Valproinsäure wirksamer als Lithium. Vor allem bei häufigen Vorphasen ist Valproinsäure zur Phasenprophylaxe zu bevorzugen.
. Tab. 2.5 Interaktionen Valproinsäure Komedikation
Art der Interaktion
Psychopharmaka Antidepressiva
5 In Kombination mit Amitriptylin, Nortriptylin oder Desipramin höhere Plasmaspiegel der TZA, dadurch vermehrte Nebenwirkungen möglich, erhöhtes Risiko von Krampfanfällen 5 In Kombination mit Fluoxetin höhere Valproinsäureplasmaspiegel, dadurch evtl. vermehrte Valproinsäurenebenwirkungen 5 Bisher kein Hinweis auf klinisch relevante Interaktionen mit Duloxetin, Mirtazapin, Paroxetin, Reboxetin oder Venlafaxin
Antipsychotika
Kurzfristig ist mit einem Anstieg und langfristig mit einem Abfall (ca. 40%) der Clozapinspiegel zu rechnen; bei Kombination Kontrolle der Plasmakonzentrationen von Clozapin und Valproinsäure
Benzodiazepine
Höhere Plasmakonzentrationen von Diazepam, Lorazepam oder Clonazepam berichtet; dadurch vermehrte Nebenwirkungen möglich, insbesondere vermehrte Sedierung
Carbamazepin
Niedrigere Valproinsäureplasmaspiegel, dadurch Verminderung der Wirkung von Valproinsäure möglich, unter Kombination jedoch auch pharmakodynamische Wirkverstärkung beschrieben; evtl. höhere Plasmakonzentrationen von Carbamazepin-10, 11-epoxid mit vermehrten Nebenwirkungen möglich
182
Kapitel 2 · Medikamente zur Behandlung bipolarer affektiver Störungen
. Tab. 2.5 (Fortsetzung)
1 2 3
Komedikation
Art der Interaktion
Lamotrigin
Hemmung des Abbaus von Lamotrigin, HWZ kann stark ansteigen; Risiko von lamotrigininduzierten Hautausschlägen, Tremor, Ataxie und Sedierung erhöht
Phenobarbital, Primidon
Höhere Phenobarbitalplasmaspiegel, dadurch vermehrte Phenobarbitalnebenwirkungen möglich. Verminderung der Wirkung von Valproinsäure möglich
Phenytoin
Evtl. niedrigere Valproinsäureplasmaspiegel, Verdrängung von Phenytoin aus der Plasmaeiweißbindung; Verminderung der Wirkung von Valproinsäure möglich, vermehrte Phenytoinnebenwirkungen möglich, in Einzelfällen Neurotoxizität oder Hepatotoxizität
4 5 6 7
Andere Pharmaka
8
Acetylsalicylsäure (ASS)
Erhöhte Valproinsäureplasmaspiegel, dadurch vermehrte Valproinsäurenebenwirkungen, in Einzelfällen bis hin zur Neurotoxizität. Cave: verlängerte Blutungszeit
9
Cimetidin
Erhöhte Valproinsäureplasmaspiegel, dadurch vermehrte Valproinsäurenebenwirkungen
Ethosuximid
Höhere Ethosuximidplasmaspiegel, dadurch vermehrte Ethosuximidnebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität möglich
Felbamat
Erhöhte Valproinsäureplasmaspiegel (bis zu 18%), dadurch vermehrte Valproinsäurenebenwirkungen. Erhöhte Felbamatplasmaspiegel (um ca. 50%)
Makrolidantibiotika, z. B. Erythromycin, Clarithromycin
Erhöhte Valproinsäureplasmaspiegel, dadurch vermehrte Valproinsäurenebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität möglich
Mefloquin
Erniedrigter Valproinsäureplasmaspiegel
Panipenem, Meropenem
Erniedrigter Valproinsäureplasmaspiegel
Zidovudin
Erhöhte Bioverfügbarkeit durch Hemmung des Abbaus von Zidovudin mit vermehrten Nebenwirkungen
10 11 12 13 14 15 16 17
1
1
Antidepressiva
1.1
Einteilung der Antidepressiva
Antidepressiva sind eine heterogene Gruppe von Pharmaka, die bei depressiven Syndromen unterschiedlicher nosologischer Zuordnung und Charakteristik einen stimmungsaufhellenden und/oder antriebsverbessernden Therapieeffekt haben. Zusätzlich sind sie bei einer Reihe weiterer Störungsbilder wirksam, sodass der Begriff »Antidepressiva« nur einen Aspekt ihrer therapeutischen Potenz darstellt. Die frühere Einteilung bezog sich auf die chemische Struktur: 5 Trizyklische Antidepressiva (TZA): abgeleitet von Imipramin; in der chemischen Struktur charakteristische Anordnung von 3 Ringen (»Trizyklus«); Unterschiede der Substanzen am Zentralring und/oder an der Seitenkette sind zwar strukturchemisch häufig nur gering, doch resultieren daraus oft erhebliche qualitative Änderungen des pharmakologischen und klinischen Wirkungsbildes. 5 Tetrazyklische Antidepressiva: Maprotilin, Mianserin, strukturchemisch auch Mirtazapin. 5 Chemisch neuartige Antidepressiva: Sie zeigen untereinander keine strukturchemische Ähnlichkeit mehr, z. B. Duloxetin, Reboxetin, Venlafaxin oder selektive Serotonin-(5-HT-)Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI). Heute werden die Antidepressiva nach dem primären Angriffspunkt im ZNS kategorisiert. Dieses Einteilungsprinzip ist zu bevorzugen, da es pharmakologisch aussagekräftiger ist. Einteilung der Antidepressiva nach primärem Angriffspunkt im ZNS (. Tab. 1.1) Überwiegende oder selektive 5-HT-Rückaufnahme-Inhibitoren 5 Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin: selektive 5-HT-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI); Escitalopram mit selektivster Rückaufnahmehemmung.
2
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Venlafaxin: selektiver 5-HT- und Noradrenalin-(NA-)RückaufnahmeInhibitor (SNRI) mit überwiegender 5-HT-Rückaufnahmehemmung. 5 Clomipramin: TZA, überwiegende 5-HT-Rückaufnahmehemmung. Überwiegende oder selektive NA-Rückaufnahme-Inhibitoren 5 Nortriptylin, Desipramin: TZA mit überwiegender NA-Rückaufnahmehemmung zusammen mit anderen Neurorezeptorwirkungen. 5 Maprotilin: tetrazyklisches Antidepressivum mit überwiegender NARückaufnahmehemmung. 5 Reboxetin: selektiver NA-Rückaufnahme-Inhibitor. 5 Mianserin: NA-Rückaufnahme-Inhibitor mit zusätzlich Histamin-H1-, 5-HT2- und α1- und α2-antagonistischen Effekten. Kombinierte 5-HT-und NA-Rückaufnahme-Inhibitoren 5 Amitriptylin, Amitriptylinoxid, Doxepin, Imipramin: TZA mit NAund 5-HT-Rückaufnahmehemmung zusammen mit anderen Neurorezeptorwirkungen. 5 Milnacipran und Duloxetin. Kombinierte selektive NA- und Dopamin- (DA-)Rückaufnahme-Inhibitoren 5 Bupropion (als Antidepressivum im Zulassungsprozess) Noradrenerg/spezifisch serotonerges Antidepressivum mit α2-Adrenorezeptor antagonistischer Wirkung 5 Mirtazapin: Verstärkung der serotonergen und noradrenergen Neurotransmission bei weitgehend fehlender Monoaminrückaufnahmehemmung; durch antagonistische Eigenschaften an 5-HT2-und 5-HT3-Rezeptoren werden antidepressive Effekte wahrscheinlich über indirekte 5-HT1-Rezeptorstimulation vermittelt, α2-Andrenorezeptor antagonistische Wirkung. Monaminooxidase-(MAO-)Hemmer 5 Moclobemid: reversibler selektiver Hemmer der MAO-A. 5 Tranylcypromin: irreversibler nichtselektiver MAO-Hemmer (beeinflusst werden 5-HT und NA über die MAO-A, DA über die MAO-B).
1.2 · Wirkmechanismen
3
1
Andere Wirkprinzipien 5 Trimipramin: TZA, antagonistische Eigenschaften an Histamin-, Azetylcholin-, 5-HT2-, DA- und α1-adrenergen Rezeptoren; fehlende Monoaminrückaufnahmehemmung. 5 Trazodon: schwache 5-HT-Rückaufnahmehemmung; antagonistisch an 5-HT2- und α1-adrenergen Rezeptoren. 5 Agomelatin (im Zulassungsprozess): Melatoninrezeptor-Agonist (MT1 und MT2) mit durch Antagonismus an 5-HT2c-Rezeptoren vermittelter Verstärkung der dopaminergen und noradrenergen Neurotransmission bei fehlender Monoaminrückaufnahmehemmung. 5 Phytopharmaka: Wirkmechanismus von Hypericum-Extrakten beruht nach bisherigen Untersuchungen auf einer Rückaufnahmehemmung von 5-HT, NA, DA, GABA und Glutamat (Hyperforin) und gleichzeitiger Steigerung der Sekretion von GABA, Aspartat und Glutamat, wobei der Hauptmechanismus in einer Modulation von Ionenkanälen besteht; entspricht damit keinem der bislang bekannten Präparate. 1.2
Wirkmechanismen
Bei der Pathophysiologie depressiver Syndrome sind Veränderungen des zentralnervösen Stoffwechsels einiger Neurotransmitter (als Ursache oder als Folge anderer Einflussgrößen wie etwa Stressoren) besonders relevant für die Entstehung oder Unterhaltung klinischer Symptome. Dies gilt für 5-HT, NA und DA; für DA wahrscheinlich bei einer Untergruppe von Patienten. Der eigentliche Wirkmechanismus von Antidepressiva ist noch unbekannt. Die meisten heute bekannten Antidepressiva beeinflussen pharmakologisch eines oder mehrere der o. g. Neurotransmittersysteme im ZNS. Darauf wird u. a. ihre Wirksamkeit zurückgeführt. Viele Antidepressiva beeinflussen daneben auch andere Neurotransmittersysteme im ZNS (z. B. azetylcholinerge oder histaminerge Systeme). Effekte auf diese Transmittersysteme bestimmen das klinische Wirkprofil der Substanz neben dem eigentlichen antidepressiven Effekt und werden für eine Reihe unerwünschter Wirkungen verantwortlich gemacht. Antagonistische Effekte an bestimmten Rezeptorsystemen bewirken jeweils typische Effekte; für die eigentliche antidepressive Wirkung scheinen sie aber nicht immer notwendig zu sein (7 Kap. 1.3). Komplexe Zusammenhänge ergeben sich dadurch, dass für jedes Neurotransmittersystem Untergruppen von Rezeptoren, die die zelluläre Wir-
4
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Kapitel 1 · Antidepressiva
kung des Transmitters vermitteln, und Inaktivierungsmechanismen des Neurotransmitters (z. B. Rückaufnahmemechanismen und Abbauvorgänge) bekannt sind. So hat z. B. die Lokalisation eines Rezeptors Bedeutung für seine funktionelle Wirkung; ebenso ergibt sich eine differenzielle Wirkung, je nachdem, welcher Rezeptorsubtyp eines Neurotransmittersystems aktiviert wird. Darüber hinaus entfalten die einzelnen Pharmaka eine unterschiedlich starke Wirkung an den Komponenten eines Neurotransmittersystems. Die indirekte oder direkte Stimulation der Rezeptorsysteme führt auf der Ebene der intrazellulären Second-messenger-Systeme und der nachgeschalteten Genexpression zu einer Fülle von adaptativen Vorgängen, die man mit der antidepressiven Wirkung in Zusammenhang bringt. Zusätzlich stehen die verschiedenen Neurotransmittersysteme miteinander in funktionellen Beziehungen, sodass bei Beeinflussung eines Systems eine indirekte Wirkung auf ein zweites ausgeübt werden kann. Die Wirkung eines Medikaments hängt somit von einer Vielzahl von Faktoren ab. Den meisten bekannten Antidepressiva ist eine Aktivierung eines oder mehrerer Neurotransmittersysteme gemeinsam. Dies geschieht entweder durch Hemmung der Rückaufnahme des Transmitters (am jeweiligen Transportermolekül) oder durch Hemmung eines abbauenden Enzyms (z. B. der Monoaminooxidase). Es gibt aber auch Antidepressiva mit anderem zentralnervösen Angriffspunkt (z. B. Mirtazapin). Nach wie vor besteht das Problem, dass bei allen verfügbaren medikamentösen Therapien der Depression die Wirkung nur langsam eintritt. Die Gründe für dieses Phänomen sind noch immer weitgehend unverstanden. Es werden komplexe Mechanismen der Adaptation von Signaltransduktionsmechanismen angenommen. Derzeit werden die Rolle von Neurotrophinen und die Bedeutung der adulten Neuroneogenese in der Entstehung depressiver Episoden und ihrer therapeutischen Beeinflussung intensiv untersucht. Besonders wichtig scheint dabei die Neuroneogenese im Hippocampus zu sein. Andere wichtige sekundäre Wirkprinzipien der Antidepressiva beziehen sich auf eine prä- und postsynaptische glutamaterge Beeinflussung, auf die Synthese des Proteins p11, das die 5-HT-1b-Rezeptordichte erhöht, und auf die Azetylierung von Histonen. Neue pharmakologische Ansätze 5 Corticotropin-Releasing-Hormon-(CRH-)Rezeptor-1-Antagonisten sind ein wichtiger neuer Ansatz. Die Strategie leitet sich aus der Vielzahl von empirischen Befunden ab, die eine Hyperaktivität des hypothalamisch-hypophysär-adrenalen (HPA) Systems, das u. a. die
1.3 · Allgemeine Therapieprinzipien
5
1
Ausschüttung des Stresshormons Kortisol reguliert, bei depressiven Störungen annimmt. Auch der Einsatz von Kortisolsynthesehemmern liegt theoretisch hierin begründet. Derzeit sind diese Ansätze klinisch noch nicht etabliert. 5 NK-1-(Substanz-P) und NK-2-Antagonisten werden auf ihre antidepressive Wirkung hin untersucht. Die Ergebnisse der klinischen Studien sind bisher nicht eindeutig. 5 Es gibt auf der Basis eines gestörten Metabolismus der Homocysteinsäure die Hypothese, dass Folsäure (800 µg) und Vitamin B12 eine antidepressive Wirkung haben sollen; beide sind an der Bildung von S-Adenosylmethionin (SAM) beteiligt. 5 Andere experimentelle Substanzen, die sich in präklinischer Entwicklung in antidepressiver Indikation befinden, sind: Vasopressinantagonisten, Neuropeptid-Y-Antagonisten, MCH-1-Rezeptorantagonisten, Phosphodiesterase-4-Inhibitoren (z. B. Rolipram) und glutamaterge Substanzen (z. B. Riluzol). 1.3
Allgemeine Therapieprinzipien
Die hier aufgeführten allgemeinen Therapieprinzipien beziehen sich auf den Einsatz von Antidepressiva zur Behandlung von depressiven Störungen. Soweit sich in anderen Indikationen abweichende Empfehlungen ergeben, sind diese bei den jeweiligen Indikationen gesondert aufgeführt. 5 Grundsätzlich soll die Verordnung von Antidepressiva im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans erfolgen, der neben der medikamentösen Behandlung auch psycho- und soziotherapeutische sowie psychoedukative Maßnahmen umfasst (7 Kap. 1.5). Therapieziel ist die volle Remission. 5 Die Therapie sollte von Beginn an bei Berücksichtigung der Schwere und Art der aktuellen Symptomatik unter Vermittlung eines Krankheits- und Behandlungskonzepts mit dem Patienten besprochen werden: − Therapiemotivation, − Vermittlung eines Krankheitskonzepts, − Förderung und Festigung der Compliance. 5 Die Behandlung depressiver Störungen mit Antidepressiva umfasst eine Akut- und eine Erhaltungstherapie, ggf. auch eine Rezidivprophylaxe (7 Kap. 1.11).
8
9
10
11
12
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16
17
++
0
++
Maprotilin
Milnacipran
Hypericum
Imipramin
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++
Fluvoxamin
+++
+++
Fluoxetin
+++
Duloxetin
Escitalopram
+
+++
Clomipramin
+
+++
Citalopram
Doxepin
+/-
Bupropion*
Desipramin
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Amitriptylinoxid
++
++
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+
+/-
+/-
+/-
++
++
+++
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+
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NA-I
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+/-
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+
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+/-
+/-
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DA-I
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MAOH
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+
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0
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+
+
++
0
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++
++
mACh
H1
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0
0
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+/-
+/-
+++
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+
+
?
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+
+
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++
++
5-HT2
5
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0
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+/-
0
+
0
+/-
+/-
0
0
0
+/-
DA
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5-HT-I
α1
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+
+
0
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+/-
+/-
+/-
+++
+
++
+/-
+
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+++
2
Amitriptylin
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0
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+/-
0
0
α2
1
+++
7
. Tab.1.1 Übersicht der pharmakologischen Angriffspunkte von Antidepressiva
6 Kapitel 1 · Antidepressiva
3
6
Venlafaxin
+
0
+
+/-
+++
+/-
+++
0
0
NA-I
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+/-
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+/-
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DA-I
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MAOH
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mACh
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H1
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5-HT2
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DA
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+/-
+
0
+
α1
0
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0
0
++
α2
5-HT-I:5-HT-Rückaufnahmehemmung; NA-I: NA-Rückaufnahmehemmung; DA-I: DA-Rückaufnahmehemmung; MAOH: Monoaminooxidasehemmung; mACh: Antagonismus an muskarinischen Azetylcholinrezeptoren; H1: Antagonismus an Histaminrezeptoren (Typ 1); 5-HT2: Antagonismus an 5-HT2-Rezeptoren; DA: Antagonismus an DA-Rezeptoren; α1: Antagonismus an α1-Adrenorezeptoren; α2: Antagonismus an α2-Adrenorezeptoren; +++: sehr stark, ++: stark, +: schwach, +/-: sehr schwach, 0: nicht wirksam. Es sind nur die Antidepressiva gelistet, die auch ausführlich im Präparateteil beschrieben werden. * In Deutschland als Antidepressivum im Zulassungsprozess. Auch Agomelatin im Zulassungsprozess (selektiver, spezifischer Agonismus am Melatoninrezeptor, Antagonismus an 5-HT2c-Rezeptoren).
0
+++
Trimipramin
0
Reboxetin
+++
+++
Paroxetin
0
+
Nortriptylin
Tranylcypromin
0
Moclobemid
Sertralin
+/-
Mirtazapin
5-HT-I
. Tab.1.1 (Fortsetzung)
1.3 · Allgemeine Therapieprinzipien 7
1
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Bei der Behandlung mit Antidepressiva ist damit zu rechnen, dass sich die maximale Wirkung erst im Verlauf von mehreren Wochen oder Monaten entwickelt. Typischerweise treten im Behandlungsverlauf zunächst Nebenwirkungen, danach erst der antidepressive Effekt auf. Darüber sollte der Patient informiert werden, um die Compliance zu sichern. 5 Bei der Behandlung mit Antidepressiva besteht kein Risiko einer Abhängigkeitsentwicklung. Dieser häufig vom Patienten geäußerten Befürchtung sollte der Arzt zur Compliancesicherung entgegen treten. 5 Die Auswahl des Antidepressivums erfolgt besonders nach: − dem früheren Ansprechen und der Patientenpräferenz, − dem Nebenwirkungsprofil, − dem Zielsyndrom. 5 Prinzipiell ist zur besseren Steuerbarkeit eine Monotherapie mit einem Antidepressivum anzustreben. Kombinationsbehandlungen werden nach ungenügender Response favorisiert. Sie sollten mit einer klaren Rationale erfolgen, da sie ein erhöhtes Risiko von pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Wechselwirkungen beinhalten (7 Kap. 16). 5 Eine Behandlung sollte bei mittelschweren oder schweren depressiven Episoden möglichst frühzeitig beginnen. Je schwerer die Depression ist, desto mehr kann von der Behandlung profitiert werden. Bei akuter Suizidalität muss sofort ein Antidepressivum und ggf. begleitend ein Benzodiazepin gegeben werden. 5 Eine zuverlässige Vorhersage eines individuellen Therapieerfolgs bei einem bestimmten Antidepressivum ist auch heute noch nicht möglich. 5 Bei Non-Compliance sollte ein Gespräch mit dem Patienten über dessen Gründe für die Nichteinnahme erfolgen; dabei sollte erneut über die Nutzen-Risiko-Abwägung informiert werden sowie ggf. ein Umsetzversuch auf ein Antidepressivum mit günstigerem Nebenwirkungsprofil erfolgen. 5 Bei der Erhaltungstherapie bzw. Rezidivprophylaxe sind folgende Nebenwirkungen für die Entwicklung von Non-Compliance von besonderer Bedeutung: − sexuelle Funktionsstörungen, − Gewichtszunahme, − Sedierung. 5 Da die Placebo-Ansprechraten in den letzten Jahrzehnten bei Depression aus verschiedenen Gründen dramatisch zugenommen haben,
1.4 · Indikationen
9
1
beträgt der Placebo-Antidepressivum-Unterschied gegenwärtig nicht mehr als 15 %. 1.4
Indikationen
Antidepressiva sind nosologieübergreifend wirksam. Es ist in den letzten Jahren eine stetige Ausweitung des Indikationsgebietes zu beobachten. 1.4.1
Depressive Störungen
Die Vielfalt von Symptommustern, die bei depressiven Störungen auftreten können, führte zu Unterteilungen, die jeweils deskriptiv bestimmte Aspekte des depressiven Syndroms hervorheben, z. B. den Längsschnitt (unipolarbipolar, Dysthymie, Recurrent brief depression, Rapid cycling), die aktuelle klinische Symptomatik (gehemmt, ängstlich-agitiert, atypisch, melancholischer Subtyp), den Schweregrad (leichte, mittelschwere, schwere depressive Episode, mit oder ohne psychotische Merkmale, Major Depression, Minor Depression) oder das Auftreten im Rahmen anderer Störungen (bei Schizophrenien, Alkoholabhängigkeit, Demenz). Hinzu kommt eine immer größer werdende Gruppe von Patienten mit depressiven Störungen und psychiatrischen und nichtpsychiatrischen Komorbiditäten. Diese Patienten werden aus klinischen Studien ausgeschlossen, sind aber im klinischen Alltag häufig anzutreffen und können auf Antidepressiva gut ansprechen (7 Kap. 1.4.1). Gesichert ist heute, dass eine depressive Symptomatik im Rahmen einer komorbiden Persönlichkeitsstörung oftmals schlechter auf eine antidepressive Therapie anspricht (allerdings nur bei prämorbider Persönlichkeitsstörung). Depressive Episode Sie kann im Rahmen einer uni- oder bipolaren affektiven Störung auftreten. Oft treten zusätzlich die Merkmale eines somatischen Syndroms auf (entspricht dem früheren Konstrukt der endogenen Depression). Hier wird die Therapie der unipolaren Depression besprochen (bipolare Depression 7 Kap. 2.4.2).
10
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Unterschiede im Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil von Antidepressiva bei der depressiven Episode Die vielen randomisierten Studien der letzten Jahre ermöglichen es, Vorund Nachteile in der Wirksamkeit und dem Nebenwirkungsprofil einzelner Substanzen herauszuarbeiten. Mehr prospektive Studien müssen die Befunde absichern: 5 Aufgrund des günstigeren Nebenwirkungsprofils sind SSRI und die neuen Antidepressiva den TZA vorzuziehen. Auch ist das Risiko, eine Manie zu induzieren, bei TZA größer (7 Kap. 1.11). 5 Zwischen SSRI und TZA gibt es keine Wirksamkeitsunterschiede. Von einigen wenigen Autoren wird allerdings ein leichter Wirksamkeitsvorteil für TZA bei schweren Depressionen gesehen. 5 SSRI haben im Vergleich zu den neuen Antidepressiva etwas geringere Nebenwirkungen. 5 Escitalopram scheint gegenüber den anderen SSRI insbesondere bei schweren depressiven Episoden leichte Wirksamkeitsvorteile zu haben. 5 Im Vergleich zu SSRI scheinen Substanzen mit direkter Beeinflussung von mindestens 2 Monoaminsystemen (Mirtazapin, Venlafaxin, zu Duloxetin stehen entsprechende Studien noch aus) geringfügig besser wirksam zu sein. Dies zeigt sich nicht nur in einem schnelleren Wirkungseintritt (7 Kap. 1.10.2), sondern auch im andauernden Effekt und der Remissionsrate. Gerade beim schweren melancholischen Typ wurde ein Vorteil von Venlafaxin gegenüber SSRI gesehen. Dagegen scheint Escitalopram eine Venlafaxin mindestens vergleichbare Wirksamkeit bei besserer Verträglichkeit und möglicherweise schnellerem Wirkungseintritt zu zeigen. 5 Eine sedierende Komponente kann man sich bei ängstlich-agitierter Ausprägung mit Antidepressiva, die ein sedierend-schlafanstoßendes Profil haben (z. B. Mirtazapin, Amitriptylin), zunutze machen. Jedoch wirken auch nichtsedierende Antidepressiva (z. B. SSRI und MAOHemmer) angstreduzierend. Die initiale Sedierungspotenz ist weitgehend auf den Histamin-H1-Rezeptorantagonismus zurückzuführen (. Tab. 1.1). 5 Es wird angenommen, dass eine psychomotorische Verlangsamung ein Hinweis auf ein Dopamindefizit bei einer Subgruppe depressiver Patienten ist. Sollte bei diesem Syndrom gleichzeitig eine Non-response auf z. B. Fluoxetin vorliegen, kann an eine dopaminerge Augmentationsstrategie gedacht werden.
1.4 · Indikationen
11
1
5 Eine differentielle Wirksamkeit von Antidepressiva mit differenziertem Wirkprofil konnte in einem direkten Vergleich von Reboxetin (noradrenerg) vs. Fluoxetin (serotonerg) nicht festgestellt werden. 5 Es gibt jetzt mehrfach Hinweise aus Metaanalysen, dass depressive Frauen auf SSRI signifikant besser ansprechen als Männer. Welcher Prozess im Serotoninstoffwechsel dafür verantwortlich sein könnte, ist unklar. Dysthymie und »Double Depression« Die dysthyme Störung ist ein chronisch-depressives Syndrom meist leichter Ausprägung, bei dem die Kriterien für eine depressive Episode hinsichtlich der Schwere für den zu beurteilenden Zeitraum selten oder nie erreicht werden. Die Störung sollte nach DSM-IV mindestens 2 Jahre bestehen, sie kann auch lebenslang andauern. Es können sich Perioden der Besserung in den chronischen Verlauf einschieben; Zeiträume von mehr als 2 Monaten ohne Symptome während der betreffenden 2-Jahres-Periode schließen die Diagnose nach DSM-IV jedoch aus. Tritt eine Major Depression hinzu, spricht man von einer »Double Depression«; sie ist sehr therapieresistent. 5 Die Wirksamkeit von Antidepressiva bei Dysthymie ist gesichert. SSRI sind aufgrund ihrer Verträglichkeit besonders geeignet. Zu Amisulprid gibt es mehrere Studien, die eine positive Wirkung von niedrigen Dosen (50 mg/Tag) bei Dysthymie zeigen. Eine ausreichend lange Behandlungsdauer (3–6 Monate) ist notwendig. 5 In einer neuen Vergleichsstudie haben dysthyme Patienten einen größeren Vorteil von Sertralin (58 %) als von der IPT (35 %) oder unterstützender Psychotherapie (31 %). Die Kombination Sertralin/IPT brachte keinen Vorteil. Minor Depression und unterschwellige Depression Depressives Syndrom mit ähnlicher Symptomatik wie Major Depression, aber mit geringerem Ausprägungsgrad (weniger Diagnosekriterien sind erfüllt). Beide Begriffe werden synonym gebraucht. 5 Der Nutzen von Antidepressiva (besonders von TZA) ist bei leichten depressiven Episoden umstritten. SSRI scheinen wirksam zu sein. 5 Zu Beginn sollten möglichst keine Antidepressiva verordnet werden; erste Wahl ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), z. B. mit kognitiver Umstrukturierung und Aktivitätsaufbau in 6–10 Sitzungen über 10–12 Wochen.
12
1 2
Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Wenn in der Anamnese mittelschwere oder schwere Depressionen bekannt sind, sollte bereits zu Beginn eine Behandlung mit einem Antidepressivum (vorzugsweise SSRI) erfolgen.
6
Rezidivierende kurze depressive Episoden (Recurrent brief depression) Die wiederkehrende kurzzeitige depressive Störung, mit zwar sehr kurz anhaltender, aber oft sehr ausgeprägter depressiver Symptomatik bis hin zu Suizidalität, wird manchmal zu den unterschwelligen Depressionen gezählt, sollte aber wegen der schwierigen Behandlungsmöglichkeit eine Sonderstellung einnehmen. Auf eine schwierige Abgrenzbarkeit zu den emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen wird hingewiesen. Bislang ist keine befriedigende antidepressive Pharmakotherapie etabliert. Psychotherapeutische Interventionen sind in jedem Falle indiziert.
7
Rapid cycling 7 Kap. 2.4.2
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Atypische Depression Depressives Syndrom mit erhaltener affektiver Modulationsfähigkeit, Hyperphagie/vermehrtem Appetit, vermehrtem Schlafbedürfnis, ausgeprägtem körperlichen Schweregefühl, Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisungen. Es gibt eine Hypothese, dass es sich bei der atypischen Depression um eine Form der bipolaren Störung handelt (Akiskal). 5 Über bevorzugtes Ansprechen auf MAO-Hemmer und SSRI wird berichtet. Für Moclobemid fehlen kontrollierte Studien. SSRI sind wegen des günstigeren Nebenwirkungsprofils Mittel der Wahl.
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Depressive Episode mit psychotischen Merkmalen (»wahnhafte Depression«) 7 Kap. 3.4.2 und 3.4.3
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Depression bei schizophrenen Störungen 7 Kap. 3.4.4
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Saisonal abhängige affektive Störung (SAD, Winterdepression) Phasische Stimmungsschwankungen in Abhängigkeit von den Jahreszeiten (meist mit depressiven Episoden im Winter); oft atypische Symptomausprägung (Hypersomnie, Hyperphagie mit Kohlenhydratheißhunger). Die neurobiologischen Störungen mit niedrigen Kortisolspiegeln ähneln der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) (7 Kap. 1.4.6). 5 Eine serotonerge Dysfunktion wird postuliert; SSRI und MAO-Hemmer werden empfohlen.
1.4 · Indikationen
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5 Indikation der Lichttherapie s. unten 5 Eine pathophysiologische Rolle konnte Melatonin (7 Kap. 3.1) nicht zugeschrieben werden. Depression bei körperlichen Erkrankungen Depressive Störungen stellen einen behandlungsbedürftigen und prognostisch relevanten Komplikationsfaktor bei körperlichen Erkrankungen dar, weil eine begleitende Depression die Prognose der körperlichen Erkrankung verschlechtert. Es gilt als gesichert, dass die Behandlung depressiver Syndrome bei somatischen Erkrankungen einen signifikanten Vorteil gegenüber einer Placebobehandlung oder fehlender Behandlung darstellt. 5 Es gibt Hinweise, dass Antidepressiva bei Herzinfarkt und Schlaganfall präventiv eingesetzt werden können (s. unten, Depression und kardiovaskuläre Erkrankungen). 5 Es gibt hohe Evidenzen zum engen, wahrscheinlich ursächlichen Zusammenhang zwischen Depressivität (und Dauerstress) und körperlichen Folgekrankheiten. An erster Stelle stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (mit Arteriosklerose und Hypertonie), Diabetes Typ 2 und Osteoporose (. Abb. 1.1). Das Risiko depressiver Patienten, an diesen Folgekrankheiten zu sterben, ist lange Zeit unterschätzt worden. Im Vordergrund stand bisher allein das Suizidrisiko. 5 Diabetes und Depression treten gehäuft gemeinsam auf. Das Vorliegen depressiver Symptome ist dabei mit einer schlechteren Blutzuckereinstellung (gemessen anhand des HbA1c-Wertes) assoziiert. In einer kürzlich publizierten, placebokontrollierten Studie war Sertralin in der Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe depressiver Episoden bei Patienten mit Diabetes mellitus Placebo signifikant überlegen. Eine anhaltende Remission ging dabei unabhängig von der Art der Behandlung (Sertralin oder Placebo) mit einer besseren Blutzuckereinstellung einher. 5 SSRI sind zu empfehlen. TZA sind wegen der Nebenwirkungen, besonders der Gewichtszunahme, zu vermeiden. MAO-Hemmer führen zu plötzlichen Hypoglykämien. Depression bei kardiovaskulären Erkrankungen Eine Reihe von Studien zeigt, dass depressive Störungen die Prognose kardiovaskulärer Erkrankungen verschlechtern und insbesondere beim Myokardinfarkt als mortalitätserhöhender Faktor zu werten sind. 5 SSRI-Gabe bei Patienten mit einer Depression nach einem Herzinfarkt verringerte im Vergleich zu anderen Antidepressiva die Mortalitätsrate
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Dauerstress
Depression
Fehlregulation der Stresshormon-Achse
Imbalanz des Symphatikus-ParasymphatikusSystems
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5 Viszerale Adipositas 5 Erhöhte Insulinresistenz 5 Hypertonie
Störung der Hämostase
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Pulsfrequenz Ventrikuläre Arrythmie Herz-Frequenz-Variabilität QT-Variabilität
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Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Abb.1.1 Zusammenhang zwischen Dauerstress/Depression und Herz-KreislaufErkrankungen. (Nach Benkert, 2005: StressDepression. Beck, München)
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signifikant; KVT hatte keinen Effekt (Sekundäranalyse der ENRICHDStudie). Eine weitere Analyse der SADHART-Studie kommt zu folgendem Schluss: Patienten mit einer Depression bei akutem koronarem Syndrom (AKS) profitieren dann von einer Sertralin-Therapie, wenn die Depression vor Eintritt des AKS bereits begonnen hat, wenn frühere Depressionen bekannt sind und wenn die Depression schwer ist. Depression bei dermatologischen Erkrankungen Bei vielen Hauterkrankungen (z. B. Akne, Psoriasis, Urtikaria) wird eine Komorbidität mit Depression gesehen. Antidepressiva sind (auch in kontrollierten Studien) wirksam. Die H1-Blockade (bei Amitriptylin, Doxepin) kann man bei Pruritus und Urtikaria auch ohne depressive Symptomatik nutzen.
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Depression im Alter und bei Demenz Die Prävalenz depressiver Störungen im Alter beträgt etwa 15%, unter Heimbewohnern oder stationären Patienten bis zu 45%. Depressionen bei älteren Menschen sind häufig chronifiziert, unterdiagnostiziert und untertherapiert. Klagen über kognitive Störungen und Konzentrationsstörungen (»depressive Pseudodemenz«) sowie ausgeprägte, uncharakteristische körperliche Beschwerden (diffuse Schmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit) prägen das klinische Bild, körperliche Erkrankungen können die Symptomatik überlagern. Die Folgen einer unbehandelten depressiven Störung im Alter sind eine reduzierte Lebensqualität, medikamentöse NonCompliance, erhöhte Morbidität, Mortalität, verlängerte Krankenhausaufenthalte und ein erhöhtes Suizidrisiko, insbesondere bei Männern. Depressive Symptome sind im Alter oft mit einer Demenz assoziiert (bei etwa 35% der dementen Patienten im Verlauf der Erkrankung). In bis zu 40% der Fälle zeigen sich depressive Symptome bei einer beginnenden Demenz. 5 SSRI sind aufgrund des günstigen Nebenwirkungsprofils die Mittel der ersten Wahl. 5 Reboxetin und Duloxetin waren bei Patienten über 65 Jahren mit Depression wirksam und gut verträglich, ebenso auch Mirtazapin und Venlafaxin. 5 Zu Paroxetin gibt es eine Langzeitstudie bei über 70-jährigen, die nahe legt, dass selbst bei späten Erstmanifestationen eine Langzeitbehandlung notwendig ist. Diese war einer Rückfallprophylaxe mit Interpersoneller Psychotherapie (IPT) in dieser Population überlegen. 5 Die Behandlung mit TZA im Alter ist besonders risikoreich (arrhythmogene Wirkung) und sollte vermieden werden. Wird dennoch ein TZA gewählt, sind sekundäre Amine (Nortriptylin, Desipramin) wegen besserer Verträglichkeit zu bevorzugen (weniger anticholinerge und α1-antagonistische Wirkungen). Anticholinergika beeinflussen die Kognition negativ. Es sind niedrige Anfangsdosen und langsame Dosissteigerung zu empfehlen; bei ausgeprägten Nebenwirkungen sind die Plasmakonzentrationen zu bestimmen. 5 In schweren Fällen ist Elektrokrampfbehandlung (EKB) eine Alternative. 5 Die Behandlung depressiver Störungen bei Demenz entspricht der antidepressiven Behandlung bei geriatrischen Patienten. Zu Citalopram, Sertralin und Moclobemid liegen in dieser Patientengruppe positive Ergebnisse vor. 5 Wirkungseintritt von Antidepressiva im Alter: 7 Kap. 1.10.2.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
! Anticholinerge zentralnervöse Nebenwirkungen (Delir, Verwirrtheits-
und Desorientiertheitszustände) sind auch bei üblichen TZA-Dosen möglich. Bei MAO-Hemmern orthostatische Hypotonie (Sturzgefahr mit dem Risiko von Schenkelhalsfrakturen) möglich; mangelnde Compliance mit diätetischen Maßnahmen.
»Post-Stroke-Depression« Depressive Symptome nach zerebralen Ischämien sind häufig (bei ca. 20% der Patienten im Verlauf von 3–6 Monaten nach zerebraler Ischämie) und verschlechtern oft Prognose und Rehabilitationserfolge. 5 SSRI (Fluoxetin, Citalopram, Sertralin) und Reboxetin waren gegen Placebo wirksam; damit sollten TZA wegen deutlich höherer Nebenwirkungsrate (Erniedrigung der Krampfschwelle, Blutdruckabfall) nicht mehr gegeben werden. 5 Antidepressiva, z. B. für Mirtazapin geprüft, sollten sofort nach dem Schlaganfall gegeben werden; die Depressionsrate sank in einer Fallserie signifikant. Dies wäre eine wichtige Präventivindikation, wenn sie durch weitere Studien abgesichert wird. Akute Therapie mit Antidepressiva führt zudem langfristig zu einer deutlichen Senkung der Sterblichkeit. Depression bei Morbus Parkinson 5 SSRI sind Mittel der ersten Wahl. Eine Verschlechterung der motorischen Symptomatik bei Einzelfällen konnte systematisch bisher nicht bestätigt werden. TZA können zu kognitiven Störungen und paranoiden Symptomen führen und sind kontraindiziert. Besonders Trimipramin und Clomipramin sollten wegen der D2-antagonistischen Komponente gemieden werden. Suizidalität (7 Kap. 12.6 Akutbehandlung und 7 Kap. 1.6 Suizidalität als Nebenwirkung unter Antidepressiva) 5 Für Lithium wird bei langfristiger Therapie in mehreren Studien unabhängig von Alter und Geschlecht ein suizidprotektiver Effekt berichtet, v. a. bei bipolaren Störungen, aber auch bei unipolarer Depression, nicht jedoch bei anderen mit Suizidalität einhergehenden Erkrankungen. In einer Studie war Lithium dabei Valproinsäure überlegen. Es muss jedoch die geringe therapeutische Breite von Lithium beachtet werden. Zur Anwendung in der Rezidivprophylaxe 7 Kap. 1.11.2.
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5 KVT war in einer großen Studie in der Verhütung von Suizidversuchen wirksam. 5 Bei schwerer Suizidalität kann auch EKB erwogen werden. 5 Zu vermehrten Suizidideationen und -versuchen im Alter von 14–18 Jahren unter Antidepressiva 7 Kap. 1.6 Andere Medikamente und Verfahren zur Depressionsbehandlung Benzodiazepine 5 Es gibt zwar keine Belege für eine spezifische antidepressive Wirkung von Benzodiazepinen, es wurde aber in einer Metaanlyse zur Kombination von Benzodiazepinen mit Antidepressiva im Vergleich zur alleinigen Antidepressiva-Therapie ein deutlicher Vorteil für die Kombination beschrieben. 5 Zum kurzfristigen Einsatz in Kombination mit Antidepressiva sind Benzodiazepine bei starker Unruhe, Angst, Suizidalität und Panikattacken gut geeignet. Nach 2–4 Wochen sollten sie ausschleichend abgesetzt werden. 5 Feste Kombinationen von Antidepressiva und Benzodiazepinen sind nicht sinnvoll. 5 Bei stark gehemmt-depressiven Patienten mit Stupor und Mutismus: Lorazepam (7 Kap. 12.5). Antipsychotika 5 Zur Wirkung von Amisulprid bei Dysthymie 7 Kap. 3.4.4. Andere atypische Antipsychotika (AAP) haben in ersten Studien antidepressive Effekte gezeigt; ein Einsatz als Mittel der ersten Wahl ist bei depressiven Störungen jedoch nicht gegeben. Ihre Eignung als Addon-Therapie zeigte bisher positive Ergebnisse (7 Kap. 1.12). Schon jetzt haben AAP bei depressiven Störungen im Rahmen schizophrener und schizoaffektiver Störungen einen wichtigen Stellenwert (7 Kap. 3.4.3 und 3.4.4). 5 Konventionelle Antipsychotika können aufgrund des höheren Nebenwirkungsrisikos bei Depressionen nicht empfohlen werden; dies gilt besonders auch für Depotpräparate (7 Kap. 3.11.1). Hormone 5 Schilddrüsenhormone sind als Monotherapie in der Regel keine Therapieoption der ersten Wahl. Einsatz am ehesten als Zusatztherapie (»Augmentation«) bei Therapieresistenz (7 Kap. 1.12).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Ein Einsatz von Östrogenen (17β-Östradiol; 100 μg) kann bei Frauen in der Menopause Erfolg versprechend sein. Bei Frauen konnte ein in der Menopause um das 2,5fache erhöhtes Risiko, an einer Depression zu erkranken, gezeigt werden. Auch scheinen Frauen mit bekannter postpartaler Depression sensitiv für psychotrope Effekte von Östrogenen und Gestagenen zu sein. Der Einsatz einer Östrogensubstitution als Augmentationsstrategie ist bei Frauen in der Menopause erwägenswert, ein Einsatz als Monotherapie ist aber meist nicht ausreichend. Grundsätzlich scheint die Remissionsrate bei zusätzlicher Hormonersatztherapie einer alleinigen Therapie mit Antidepressiva überlegen zu sein. Allerdings muss auf die laufende Diskussion über das erhöhte Risiko des Hormoneinsatzes hingewiesen werden; er kommt nur in enger Zusammenarbeit mit Gynäkologen in Frage. 5 Testosteron zur Stimmungsregulation ist weiterhin sehr umstritten und kann derzeit bei Männern wegen der Gefahr der Induktion manischer Symptome und der Gefahr des Zellwachstums (besonders Prostatakarzinom) nicht empfohlen werden. 5 Es gibt Hinweise, dass DHEA bis 450 mg täglich eine antidepressive Wirkung hat (7 Kap. 8.2.3). Fettsäuren 5 Große skandinavische Studien zeigten eine Assoziation zwischen geringem Fischkonsum und Depression bei Frauen, nicht jedoch bei Männern. Es gibt in kleineren Studien Hinweise, dass mehrfach ungesättigte Fettsäuren (sog. Omega-3-Fettsäuren) in hohen Dosen bei der Behandlung therapieresistenter depressiver Episoden bei uni- und bipolaren Störungen wirksam sind. Vergleichsstudien fehlen aber. Schlafentzug 5 Bei vielen Patienten ist Schlafentzug eine sinnvolle Zusatztherapie zur Gabe von Antidepressiva. Da ca. 50% der Patienten vom Schlafentzug profitieren können, ist ein solcher Therapieversuch, besonders bei zunächst unzureichender Wirkung des Antidepressivums bei vorhandenem klinischen Setting lohnend. Der Effekt ist unmittelbar am Folgetag beobachtbar; er hält allerdings meist nur kurzfristig an. 5 Behandlung meist in Serien (1- bis 2-mal pro Woche). 5 Patienten wachen entweder die ganze Nacht oder die zweite Nachthälfte durch. Durchführung in Gruppen erleichtert das Wachbleiben. Aufsicht durch geschultes Pflegepersonal.
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5 Während der Schlafentzugsnacht und am Folgetag darf keine (auch nicht vorübergehende) Schlafperiode eintreten. 5 Zur Erhaltung des Schlafentzugeffektes kann eine Schlafphasenvorverlagerung sinnvoll sein. Hierbei wird versucht, den gestörten SchlafWach-Rhythmus im Anschluss an einen kompletten Schlafentzug durch stundenweise Vorverlagerung der Schlafphase im Verlauf von einer Woche wieder zu normalisieren. Lichttherapie 5 Die Patienten werden täglich einer Lichtquelle mit artifiziellem weißem Licht ausgesetzt. Der Wirkmechanismus ist noch ungeklärt; es wird eine Normalisierung (»phase advance«) von zirkadianen Rhythmen, die in der Depression verzögert sein sollen, postuliert. Die Response bei SAD tritt innerhalb von 1–4 Wochen ein. Gleichzeitig können Antidepressiva verordnet werden. 5 Ein einstündiger täglicher Spaziergang am Morgen über mehrere Wochen soll einen ähnlichen Effekt haben. 5 Mehrere kontrollierte Studien zeigen die antidepressive Wirkung der Lichttherapie bei SAD, die der Wirkung von Antidepressiva entspricht. Der Effekt scheint aber nicht überdauernd zu sein. 5 Durchführung: je nach Stärke der künstlichen Lichtquelle erfolgt eine Exposition über 30–120 min täglich (10.000 Lux für 30 min, 2500– 6000 Lux für 60–120 min), bevorzugt morgens zwischen 6 und 8 Uhr, über 2–4 Wochen. 5 Nebenwirkungen: Über Risiken für die Augen wird nicht berichtet, dennoch ist eine vorherige augenärztliche Kontrolle anzuraten. Es kann zu Beginn über Kopfschmerzen, Sehstörungen, überanstrengte Augen, Übelkeit und Müdigkeit geklagt werden, außerdem Menstruationsunregelmäßigkeiten. Sehr selten sind leichte manische Symptome. Lichttherapie sollte nicht angewendet werden bei gleichzeitiger Gabe von zu einer Photosensibilisierung führenden Medikamenten (TZA, Hypericum, Phenothiazine). Bewegungstherapie 5 Es gibt eine Reihe neuer Befunde, die einen genuinen antidepressiven Effekt für regelmäßige körperliche Aktivitätsprogramme beschreiben.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Elektrokrampfbehandlung (EKB) 5 Behandlungsverfahren, dessen Wirksamkeit und Verträglichkeit bei sachgemäßer Durchführung gut belegt ist (die Entstehung struktureller zerebraler Läsionen wurde bei sachgemäßer Anwendung nicht beobachtet); in bestimmten Indikationen (therapieresistente Depression) ist sie alleiniger Pharmakotherapie überlegen. Eine Stellungnahme der Bundesärztekammer zur EKT findet sich unter: http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=35741. 5 Der Vorteil der EKB liegt im raschen Therapieerfolg. 5 Wichtigste Indikationen: schwere gehemmte Depression (auch mit Suizidalität), Depression mit psychotischen Merkmalen, therapieresistente Depression; Schizophrenie 7 Kap. 3.13.4. 5 Gefahren und Nebenwirkungen: Anästhesierisiko; kognitiv-amnestische Störungen, Herzfrequenz- und Blutdruckerhöhung (meist passager). Bei Patienten mit erhöhtem intrakraniellen Druck ist die EKB kontraindiziert. Relative Kontraindikationen sind kardiovaskuläre Erkrankungen. 5 EKB wird mit Applikation von Kurzpulsstimuli in Kurzzeitvollnarkose und Muskelrelaxation durchgeführt. Die Durchführung der EKB erfolgt bevorzugt stationär. 5 Unilaterale Stimulation über der nicht-dominanten (rechten) Hemisphäre zu Behandlungsbeginn ist zu bevorzugen (weniger mnestische Störungen), begleitende EEG-Ableitungen sind sinnvoll. Bei unilateraler Stimulation ist für die wirksame Behandlung eine ca. 6fache Ladung der Krampfschwelle notwendig. Bei bitemporaler Stimulation reicht die einfache Auslösung eines generalisierten Krampfanfalls meist aus. Für die bitemporale Behandlung wurden schnellerer Wirkungseintritt und/oder bessere Wirksamkeit beschrieben. 5 Behandlung in Serien von 6–12 Sitzungen an nicht aufeinander folgenden Tagen (z. B. Montag, Mittwoch, Freitag). Meist ist eine Erhöhung der Ladung im Behandlungsverlauf wegen steigender Krampfschwelle notwendig. 5 Nach erfolgreicher Behandlung ist Erhaltungstherapie, meist mit Antidepressivum, notwendig (Vorteile für Paroxetin wurden beschrieben; in einer weiteren Studie war die Kombination aus Nortriptylin und Lithium der alleinigen Gabe von Nortriptylin in der Erhaltungstherapie überlegen), da sonst hohe Rückfallquoten zu befürchten sind; Erfahrungen aus kontrollierten Untersuchungen mit EKB als Erhaltungstherapie sind noch gering.
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! Benzodiazepine und Antikonvulsiva sollten vor der EKB so weit wie
möglich reduziert werden. Allerdings ist auch unter antiepileptischer Medikation EKB möglich, manchmal sogar notwendig. Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Gabe von Lithium, Clozapin und Bupropion (Verlängerung der Krampfaktivität) sowie Tranylcypromin (Narkoserisiko).
Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) 5 Nichtinvasives Verfahren, bei dem kortikale Neurone mit kurz dauernden Magnetfeldern hoher Intensität stimuliert werden. Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass repetitive Stimulationen des (bevorzugt linken) präfrontalen Kortex antidepressive Wirkungen, möglicherweise über eine Erhöhung des serotonergen Tonus, haben können. Ausmaß und Dauer der antidepressiven Wirkung scheinen gering. rTMS ist nicht zugelassen; eine Indikation ist ggf. bei leichten bis mittelschweren Depressionen gegeben. Vagusnervstimulation (VNS) 5 Nach operativer Implantation eines Schrittmachers (Narkoserisiko!), der an den linken N. vagus angeschlossen wird, erfolgt eine intermittierende repetitive Stimulation, die über Mittelhirnstrukturen zu limbischen und kortikalen Arealen geleitet werden soll. Es wird vermutet, dass es durch die Stimulation zu einer Normalisierung dieser hyperaktiven Areale kommt. Trotz einiger Erfolg versprechender Ergebnisse ist die VNS zur klinischen Anwendung noch nicht ausgereift. 1.4.2
Panikstörung mit/ohne Agoraphobie
Die Panikstörung ist gekennzeichnet durch rezidivierende, paroxysmal auftretende Angstzustände mit vegetativen Begleitsymptomen (Herzklopfen, Atemnot, Schwindel, Übelkeit); initial oft unerwartet (spontan), später auch durch angstvoll besetzte Situationen auslösbar. Oft Ausbildung eines Vermeidungsverhaltens/Agoraphobie. 5 Bei der Panikstörung sollte schon vor Beginn der Akutbehandlung abgewogen werden, ob der Patient auch längerfristig zu der gewählten Therapieform steht. Es ist heute davon auszugehen, dass die Panikstörung eine chronische Erkrankung ist, sodass eine längerfristige Behandlung notwendig werden kann (s. unten). 5 Antidepressiva sind bei der medikamentösen Behandlung der Panikstörung zu bevorzugen, zumal oft auch depressive Störungsbilder
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parallel vorhanden sind. Besonders gut untersucht sind: Imipramin, Clomipramin, SSRI, irreversible MAO-Hemmer. Wegen der guten Verträglichkeit bieten sich SSRI und Venlafaxin als erste Wahl an. Zugelassen sind unter den SSRI Citalopram, Escitalopram und Paroxetin, unter den TZA Clomipramin. Die Dosierung sollte langsam einschleichend erfolgen. Empfohlene Initialdosen pro Tag: Citalopram 10 mg, Escitalopram 5 mg, Fluoxetin 5–10 mg, Fluvoxamin 50 mg, Paroxetin 10 mg, Sertralin 25 mg, Venlafaxin 37,5 mg. Zieldosis: Citalopram 20–40 mg, Escitalopram 10-20 mg, Fluoxetin 20 mg, Fluvoxamin 150 mg, Paroxetin 20–40 mg, Sertralin 50–100 mg, Venlafaxin 75–150 mg. Bei Clomipramin können Tagesdosen von 30–60 mg ausreichen. Zunächst ist mit unerwünschten Wirkungen und erst nach 2– 4 Wochen mit einem gewünschten Therapieeffekt zu rechnen; hierüber muss der Patient informiert werden, um die Compliance zu sichern. Derzeit sind zur Behandlungsdauer keine allgemeinen Empfehlungen möglich. In der Regel wird nach erfolgreicher medikamentöser Behandlung die Fortführung der Gabe von Antidepressiva über 1– 2 Jahre empfohlen. So konnte gezeigt werden, dass bei Weiterführung der Erhaltungstherapie mit Antidepressiva in einem hohen Prozentsatz der Behandlungserfolg beibehalten wird. Für Imipramin konnte gezeigt werden, dass die Rückfallrate nach Absetzen der Medikation dann niedriger ist, wenn zuvor eine 18-monatige statt einer 6-monatigen Erhaltungstherapie durchgeführt wurde. Benzodiazepine (z. B. Alprazolam, Clonazepam, Lorazepam) haben den Vorteil eines schnellen Wirkungseintritts; der Nachteil liegt bei langfristiger Anwendung in der Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung (7 Kap. 4.4.2) . Bei schwerer Panikstörung kann eine überlappende Behandlung mit Benzodiazepinen indiziert sein (Beginn mit beiden Substanzklassen, nach 2–4 Wochen Ausschleichen des Benzodiazepins). Antipsychotika und Angsterkrankungen 7 Kap. 3.4.6. Zu vermeiden sind β-Blocker.
Psychotherapie und Kombinationstherapie bei der Panikstörung Die Verhaltenstherapie (VT) zeigt in dieser Indikation eine gut belegte Wirksamkeit, besonders bei sachgerechtem Einsatz von Expositions- und Konfrontationsübungen. Eine alleinige VT ist nach Metaanalysen langfristig einer Kombinationstherapie vergleichbar wirksam und einer alleinigen Pharmakotherapie geringfügig überlegen. Der Vorteil der VT liegt in der
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aktiven Teilnahme, dem Erlernen der Selbstexposition und den oft anhaltenden Effekten, auch nach Abschluss der Akuttherapie. 5 Eine erstmanifestierte Panikstörung kann primär mit einer VT allein, mit Antidepressiva allein oder mit einer Kombination aus beiden behandelt werden. Es mehren sich Studien mit einer Präferenz des Einsatzes einer Kombinationstherapie oder einer alleinigen VT. 5 Da nach Absetzen von Antidepressiva das Risiko für einen Rückfall steigt, ist im Rahmen einer Erhaltungstherapie eine VT vorrangig indiziert. 5 Die schwere oder chronische Panikstörung, besonders bei begleitender Depression, sollte kombiniert behandelt werden. 1.4.3
Generalisierte Angststörung
Die generalisierte Angststörung (GAD) ist gekennzeichnet durch unrealistische oder übertriebene Angst und Besorgnis über Belange des Alltags (Beruf, Finanzen, Angehörige und Partner); damit verbunden sind Hypervigilanz, vegetative Übererregbarkeit, erhöhte Aufmerksamkeit und motorische Anspannung. Die Symptome sind oft chronisch mit fluktuierender Intensität. 5 Antidepressiva wie Imipramin, Paroxetin und Venlafaxin waren in kontrollierten Studien wirksam; zugelassen sind Escitalopram, Paroxetin und Venlafaxin. Langsamer Wirkungseintritt innerhalb von 2–4 Wochen; bevorzugt sprechen psychische Symptome der Angststörung auf Antidepressiva an (chronische Besorgtheit, Anspannung, Grübelneigung, Ängste im interpersonellen Bereich). Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen SSRI und SNRI scheint es nicht zu geben; Escitalopram (10 mg) hatte Vorteile gegenüber Paroxetin (40 mg). 5 Die Dosierung der Antidepressiva entspricht weitestgehend mit einigen Ausnahmen (Paroxetin eher 40 mg, Venlafaxin schon ab 75 mg täglich) der Behandlung depressiver Störungen. Escitalopram 20 mg war nicht besser als 10 mg. 5 Buspiron ist als nichtsedierendes Anxiolytikum wirksam; langsamer Wirkungseintritt wie bei Antidepressiva (7 Kap. 4.2 und Präparat). 5 Pregabalin ist eine neue Therapieoption und hat kürzlich die Zulassung für die Behandlung der GAD erhalten (7 Kap. 4.2 und Präparat). 5 Benzodiazepine zeigen bei raschem Wirkungseintritt (wichtig bei Krisenintervention) eine gute Wirkung insbesondere auf somatische Angstsymptome. Wegen des chronischen Charakters der Störung ist allerdings von der Notwendigkeit einer längerfristigen Behandlung
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(1–2 Jahre) auszugehen. Bei einem langfristigen Einsatz von Benzodiazepinen ist an das Problem einer Abhängigkeitsentwicklung zu denken (7 Kap. 4.3). 5 Nicht indiziert sind konventionelle Antipsychotika; es gibt Hinweise für die Wirkung von AAP bei der GAD (7 Kap. 3.4.6). Psychotherapie und Kombinationstherapie bei der GAD 5 Psychotherapeutische Verfahren sind wirksam zur Bearbeitung von ängstlich-dysfunktionalen Kognitionen (kognitive Umstrukturierung). KVT ist eine wirksame Therapie bei der GAD. Über vergleichende Effekte zwischen Psychotherapie und Antidepressiva gibt es noch zu wenige Daten. 5 Bei schweren und chronischen Formen sind Antidepressiva, möglichst in Kombination mit KVT, indiziert. 1.4.4
Phobische Störungen
Eher ungefährliche Situationen oder Objekte werden gemieden oder unter Angst ertragen. Die Ängste reichen von leichten Befürchtungen bis hin zu panischer Angst. Bei der sozialen Phobie steht die anhaltende Angst vor Bewertungen im Vordergrund, sodass schließlich soziale Situationen gemieden werden. Die spezifische Phobie wird durch bestimmte Situationen, wie Höhen und Objekte, oder durch Tiere ausgelöst. Die Agoraphobie tritt häufig zusammen mit Panikattacken auf; die Behandlung erfolgt dann wie bei der Panikstörung. 5 SSRI und Venlafaxin sind die Mittel der ersten Wahl. Die antiphobische Wirkung tritt oft mit zeitlicher Verzögerung nach der antidepressiven Wirkung auf. Es werden Behandlungszeiträume von 12 Wochen empfohlen. 5 Bei der sozialen Phobie sind Venlafaxin, Paroxetin und Escitalopram zugelassen. 5 Als TZA ist Clomipramin zur Behandlung phobischer Störungen zugelassen. 5 Mehrere Studien haben auch die Wirksamkeit von MAO-Hemmern bei der generalisierten Form der sozialen Phobie gezeigt (zugelassen: Moclobemid), sie sind aber den SSRI unterlegen. 5 Wirksam sind auch Benzodiazepine (z. B. Clonazepam, 7 Kap. 4.3), sie sind den Antidepressiva jedoch deutlich unterlegen. 5 Gabapentin ist bei sozialer Phobie wirksam.
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5 Stehen bei der sozialen Phobie körperliche Symptome wie Zittern oder Schwitzen im Vordergrund, können β-Blocker indiziert sein (7 Kap. 4.2); der Wirksamkeitsnachweis ist aber nicht überzeugend. Psychotherapie und Kombinationstherapie bei phobischen Störungen 5 Expositionstherapie und kognitive Verfahren sind allein und in Kombination mit Antidepressiva gut wirksam. 5 Bei den spezifischen Phobien besteht eine klare Präferenz für die VT. 5 Bei den phobischen Störungen konnte eine generelle Überlegenheit oder Unterlegenheit der Kombination von Psychotherapie und Psychopharmakotherapie gegenüber der alleinigen VT nicht festgestellt werden. Es fehlen aussagekräftige Vergleichsstudien. 1.4.5
Zwangsstörung
Eine Zwangsstörung ist gekennzeichnet durch wiederkehrende, als unsinnig oder quälend erlebte Zwangsgedanken und/oder -handlungen. Zwangsgedanken betreffen besonders aggressive, religiös-blasphemische, sexuelle Gedankeninhalte; ferner Themen der Symmetrie, Kontamination und des Hortens. Zwangshandlungen umfassen Kontroll-, Ordnungs-, Zähl-, Wiederholungs-, Reinigungs- und Sammelzwänge. 5 Überzeugende Wirksamkeitsnachweise sind für Antidepressiva mit überwiegender oder selektiver 5-HT-Rückaufnahmehemmung wie Clomipramin bzw. Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin vorhanden (zugelassen sind Clomipramin, Fluoxetin, Fluvoxamin und Paroxetin). Da kein Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Clomipramin und den SSRI besteht, gelten SSRI aufgrund der geringeren Nebenwirkungen als Mittel der ersten Wahl. In einer ersten großen Studie ist auch für Venlafaxin eine Wirksamkeit gezeigt worden. − Es sind meist höhere Dosen als zur Depressionsbehandlung notwendig. Dosis langsam auftitrieren. − Der Therapieerfolg stellt sich oft erst nach 2–3 Monaten ein. Meist wird nur eine graduelle Besserung von 40–50% erreicht. − Bei Therapieresistenz zeigen Studien für eine Add-on-Therapie von SSRI plus Risperidon 0,5–3 mg (auch in einer ersten Studie mit Quetiapin) gute Ergebnisse; auch Citalopram plus Mirtazapin zeigte in einer Pilotstudie einen schnelleren Wirkungseintritt. In einer großen kontrollierten Studie war bei SSRI-Non-Respondern das Umsetzen auf einen anderen SSRI (Paroxetin) wirksamer als das Umsetzen auf Venlafaxin. Andererseits konnte in einer anderen
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Studie gezeigt werden, dass bei Therapieresistenz ein Versuch mit Venlafaxin erwägenswert ist. In einer kleinen kontrollierten Studie bei Clomipramin (oral)-Non-Respondern war Clomipramin i.v. in 14 Infusionen, beginnend mit 25 mg aufsteigend bis 250 mg signifikant besser als Placebo. Positive Berichte gibt es über die Kombination von SSRI mit Lithium oder Buspiron. Benzodiazepine sind in der Regel nicht wirksam; allerdings gibt es eine positive Studie mit Clonazepam. Bei der Zwangsstörung ist eine längerfristige medikamentöse Erhaltungstherapie (mindestens 12–24 Monate) erforderlich; Absetzversuche sollten langsam ausschleichend und möglichst nur unter einer VT-Kombination erfolgen (s. unten). Eine Indikation für eine alleinige medikamentöse Therapie ist dann gegeben, wenn eine Motivation für eine VT nicht besteht oder die Wartezeiten dafür zu lang sind.
Psychotherapie und Kombinationstherapie bei der Zwangsstörung 5 KVT und ERP (Exposure with response prevention, Expositions-Reaktionsverhinderung) scheinen gleich wirksam zu sein. 5 Ein Vorteil zeichnet sich für die KVT im Vergleich zu Antidepressiva bei Zwangshandlungen ab. 5 Eine Indikation für Antidepressiva parallel zur KVT (oder ERP) ist in der akuten Phase immer dann gegeben, wenn Zwangsgedanken (im Vergleich zu Zwangshandlungen) vorherrschen und eine Komorbidität mit einer Depression oder Angststörungen bestehen oder die Störung schwer ist. 5 KVT und SSRI sind bei Horten und sexuellen bzw. religiösen Obsessionen nur mäßig wirksam. 5 Die VT hat einen nachgewiesenen Langzeiteffekt. 5 Ein Absetzen der Antidepressiva sollte bei der Zwangsstörung nicht ohne parallele VT erfolgen, weil sonst eine Rückfallquote von ca. 80% riskiert wird. 1.4.6
Posttraumatische Belastungsstörung
Die posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) ist ein Störungsbild, das sich in der Regel innerhalb von 6 Monaten nach einem traumatisierenden Ereignis von außergewöhnlicher Schwere entwickelt und sich in wiederholten, sich aufdrängenden Erinnerungen oder Wiederinszenierungen des
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Ereignisses in Gedächtnis, Tagträumen oder Träumen äußert, die von starker Angst oder einem Gefühl der Hilflosigkeit geprägt sind. Dabei entwickeln sich häufig emotionaler und sozialer Rückzug, Gefühlsabstumpfung, Vermeidungsverhalten bezüglich an das Trauma erinnernder Stimuli, anhaltende Hypervigilanz, Schlafstörungen und kognitive Verzerrungen. Bei der PTSD finden sich im Gegensatz zur Depression erniedrigte Kortisolspiegel (vgl. auch SAD, 7 Kap. 1.4.1). 5 Die meisten positiven Ergebnisse liegen zu Paroxetin und Sertralin vor (zugelassen: Paroxetin). Daneben zeigen Studien für Mirtazapin und Venlafaxin (beide nicht zugelassen) eine gute Wirkung. Insgesamt sind die Erfolge mit Antidepressiva bei der PTSD nicht so gut wie bei der Depression. 5 Mit niedriger Dosis beginnen, dann mindestens 8 Wochen (eher hohe) Erhaltungsdosis. Unter SSRI kommen manchmal Albträume vor. 5 Es gibt Empfehlungen zu 1- bis 2-jähriger Behandlungsdauer; nach Absetzen ist das Risiko für einen Rückfall größer. 5 Es wird davon ausgegangen, dass eine frühzeitige Intervention mit Antidepressiva einer chronischen PTSD-Entwicklung vorbeugt. 5 Bei PTSD mit psychose-ähnlichen Zuständen können zusätzlich AAP hilfreich sein, bei Aggression kann eine Behandlung mit Valproinsäure versucht werden. 5 Es gibt keine Indikation für eine Monotherapie mit Benzodiazepinen. Psychotherapie und Kombinationstherapie bei der PTSD 5 Die traumafokussierte KVT ist eine wirksame Therapie und war Wartegruppen deutlich überlegen. Auch andere KVT-Methoden sind wirksam. 5 Für die EMDR-Methode (eye movement desensitization and processing, Augenbewegungsdesensibilisierung und Verarbeitung) gibt es positive Studien. EMDR ist eine Variante des Konfrontationsverfahrens mit suggestiven (hypnotischen) Anteilen. In einer Metaanalyse konnte zwischen EMDR und der traumafokussierten KVT kein Unterschied gefunden werden. 5 Es gibt keine Studien, die eine Aussage über Vorteile der Antidepressiva, der KVT oder einer Kombination beider zulassen würden. KVT und ähnliche psychotherapeutische Verfahren sollten wegen Spontanrückbildungen frühestens 3 Monate nach dem Trauma begonnen werden. 5 Hinweise für die Wirkung von AAP bei der PTSD 7 Kap. 3.4.6.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
1.4.7
Somatoforme Störungen
Der Begriff umfasst je nach Diagnosesystem verschiedene Störungsbilder, bei denen körperliche Beschwerden im Vordergrund stehen, für die keine (ausreichende) organische Erklärung gefunden wird. Zur Beschreibung des Beschwerdekomplexes wurden bisher verschiedenste Begriffe verwendet: z. B. psychosomatische, psychogene oder funktionelle Beschwerden, vegetative Dystonie oder Dysregulation, Hysterie, nervöse Beschwerden, Psychoneurose. 5 Trotz hoher Prävalenz der Störungsgruppe sind methodisch einwandfreie Studien zur medikamentösen Therapie kaum vorhanden. Therapieempfehlungen beruhen zumeist auf Beobachtungen aus Studien mit affektiven oder psychotischen Störungen und Angstsyndromen, jeweils mit begleitenden somatischen Symptomen. 5 Erste Therapieoption sind psychotherapeutische Interventionen. 5 Bei depressiven Störungen mit somatischen Symptomen sind Antidepressiva oft wirksam. SNRI sind in der Behandlung von Depression mit somatischem Syndrom rein serotonergen Substanzen überlegen. 5 Häufig bestehende Begleitsymptome wie Anspannung oder Angst rechtfertigen einen vorübergehenden Einsatz von Benzodiazepinen. Zur längerfristigen Behandlung sollten aber Antidepressiva oder Opipramol vorgezogen werden. 5 Für die körperdysmorphe Störung, eine Unterform der hypochondrischen Störung, wird über Behandlungserfolge unter SSRI berichtet. In einer Studie war Fluoxetin Placebo überlegen, besonders bei körperbezogenem Wahn. ! Problematisch ist der immer noch verbreitete langfristige Einsatz von
Depotantipsychotika (z. B. Fluspirilen) mit dem Risiko von Spätdyskinesien. Auch für Fluspirilen fehlen kontrollierte Studien zu operationalisiert definierten somatoformen Störungen.
1.4.8
Schmerzsyndrome
Ein Drittel der depressiven Patienten leiden unter Schmerzen. Bei 20% von ihnen wird eine Depression nicht erkannt. Die Hälfte aller Patienten mit Schmerzsyndromen zeigt eine komorbide depressive Störung oder Angststörung. Antidepressiva beeinflussen Schmerzen im Rahmen der antidepressiven Therapie positiv. Darüber hinaus haben sie einen antinozizeptiven
1.4 · Indikationen
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1
Effekt, der von der antidepressiven Wirkung weitgehend unabhängig zu sein scheint. 5 Antidepressiva können erfolgreich zur symptomatischen Behandlung chronischer Schmerzzustände unterschiedlicher Ätiologie eingesetzt werden; die gleichzeitige Gabe von Analgetika kann oft reduziert werden. Mögliche Indikationen sind Schmerzsyndrome bei Krebserkrankungen, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Kopfschmerzen, Lumbalgien, Polyneuropathien (z. B. diabetisch), neuralgiforme Schmerzen (Postzosterneuralgie, Trigeminusneuralgie) und Thalamusschmerz. Antidepressiva sind auch bei Zosterschmerz, besonders als Augmentation zur Opioidanalgesie, wirksam. Eine Toleranzentwicklung besteht nicht. 5 TZA sowie duale Antidepressiva (Duloxetin, Mirtazapin, Venlafaxin) mit kombinierter serotonerger und noradrenerger Wirkung sind besser wirksam als SSRI, vermutlich deshalb, weil beide Neurotransmittersysteme interaktiv über Interneurone in die deszendierende zentrale Hemmung der Schmerzleitung eingebunden sind. Metaanalysen lassen Zweifel an der Wirksamkeit von SSRI bei neuropathischen Schmerzen aufkommen. Eine andere Metaanalyse zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen serotonerg und noradrenerg wirksamen TZA (z. B. Amitriptylin) gegenüber den rein noradrenerg wirksamen TZA bei diabetischer Polyneuropathie. Bei diabetischer Polyneuropathie sind die SNRI Venlafaxin und Duloxetin wirksam; Duloxetin ist zur Behandlung schmerzhafter Polyneuropathien bei Diabetes mellitus zugelassen. Ob ein möglicher Vorteil für Duloxetin (es sind für Duloxetin relativ viele positive Studien vorgelegt) besteht, ist bisher nicht gezeigt worden. Bei chronischem Spannungskopfschmerz war die Kombination von Amitriptylin mit Citalopram oder Mirtazapin wirksam. 5 Bei neuropathischen Schmerzen sind unter den TZA Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin, Imipramin und Trimipramin, unter den SNRI Duloxetin (für Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie) zugelassen. Auch Venlafaxin (SNRI) sowie Nortriptylin, Desipramin und Maprotilin (TZA) sind wirksam. Für Bupropion liegt eine placebokontrollierte Studie mit positivem Ergebnis vor. Auch Gabapentin, Carbamazepin, Lamotrigin (7 Kap. 2) und Pregabalin (7 Kap. 4) sind wirksam, für die Wirksamkeit von Topiramat gibt es Hinweise. 5 In der Rezidivprophylaxe der Migräne sind neben β-Adrenorezeptorantagonisten (Propranolol, Metoprolol), Valproat, Topiramat, Kalziumantagonisten und 5-HT-Agonisten auch Antidepressiva mit gutem Erfolg eingesetzt worden. Da eine hohe Komorbidität mit Depression
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Kapitel 1 · Antidepressiva
und Angststörungen besteht, sind Antidepressiva besonders bei parallelen depressiven oder ängstlichen Störungsbildern viel versprechend. 5 In einer Metaanalyse war KVT einer Warteliste überlegen; die Ergebnisse fallen aber insgesamt nicht so positiv wie bei der Depression oder den Angsterkrankungen aus. Aussagen zum Langzeiteffekt sind z. Z. nicht möglich. Auch Biofeedback wird bei chronischem Schmerz als erfolgreiche Therapie gewertet. Es gibt keine Studien, die eine Aussage zum Vergleich Antidepressiva und Psychotherapie erlauben würden. ! Der Einsatz von SSRI könnte theoretisch den Einsatz von 5-HT-Agonis-
ten (etwa von Triptanen wie Sumatriptan, Zolmitriptan, Naratriptan, Rizatriptan) in der Akutbehandlung des Migräneanfalls wegen der Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms einschränken.
5 Das Fibromyalgiesyndrom zeichnet sich durch chronische (über mindestens 3 Monate anhaltende) polytope Schmerzen oder Steifheit im Stütz- und Bewegungsapparat sowie druckschmerzhafte Muskelansätze an typischen Stellen (»tender points«) aus. Zusätzlich treten oft Kopfschmerzen, Erschöpfbarkeit, Schlafstörungen, neuropsychiatrische Symptome, gastrointestinale Beschwerden, andere vegetative Symptome (Zyanose der Akren, Dermographismus) oder Schwellungsgefühl an Händen und Füßen auf. Die Ursache ist nicht geklärt, Stress als Auslöser wird vermutet. Häufig findet sich eine begleitende depressive Symptomatik. Über Behandlungserfolge mit TZA (Amitriptylin, Imipramin oder Clomipramin) in niedrigen Dosen bis 75 mg/Tag sowie von SSRI (Fluoxetin, Citalopram), Reboxetin und Duloxetin (in einer randomisierten Studie mit 60 mg) wird berichtet. Milnacipran war Placebo deutlich überlegen.
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1.4.9
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Das Chronic-Fatigue-Syndrom ist ein diagnostisch unscharfes Krankheitsbild mit chronischer (mindestens 6 Monate) übermäßiger körperlicher und geistiger Erschöpfbarkeit, begleitet von einer Vielzahl unspezifischer Symptome wie Hals-, Muskel-, Kopf- und Gelenkschmerzen, leichter Temperaturerhöhung, Frösteln, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen oder schmerzhaften Lymphknoten. Die Ursache ist unbekannt; objektivierbare Parameter für die Diagnose gibt es bislang nicht. Es besteht Ähnlichkeit
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Chronic-Fatigue-Syndrom
1.4 · Indikationen
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1
zum Krankheitskonzept der Neurasthenie. Betroffene Patienten leiden oft an depressiven oder somatoformen Störungen sowie Angsterkrankungen. 5 Über Behandlungserfolge mit niedrigen Dosen von TZA (bis 75 mg/ Tag), SSRI und Duloxetin wird berichtet. 1.4.10 Prämenstruell-dysphorisches Syndrom Das prämenstruell-dysphorische Syndrom (PMDS) zeigt körperliche und psychische Symptome, die zyklusgebunden während der späten Lutealphase auftreten und die Patientinnen erheblich beeinträchtigen. Kardinalsymptome sind Irritabilität und Dysphorie, ferner Anspannung, Schlafstörungen, vermehrter Hunger nach Kohlenhydraten, Spannungsgefühl der Brüste, Wassereinlagerung, Gelenk- und Muskelschmerzen. 5 Die Wirksamkeit von überwiegenden 5-HT-Rückaufnahme-Inhibitoren oder SSRI ist in vielen Studien belegt. Sertralin war in einer großen Studie dem NA-Rückaufnahme-Inhibitor Desipramin überlegen. 5 Antidepressiva können als Dauertherapie und als intermittierende Gabe (in der Lutealphase bis zum Ende der Menstruation) angewandt werden. Die Wirkung wird meist schon im ersten Zyklus gesehen, bereits niedrige Dosen sind wirksam. 5 Besonders bei intermittierender Gabe entsteht kein Wirkungsverlust bei längerfristiger Therapie (über mehr als 6 Zyklen); nach Absetzen der Medikation gibt es häufig Rezidive. 1.4.11 Entzugssyndrome verschiedener Substanzgruppen und Rezidivprophylaxe der Alkoholabhängigkeit Antidepressiva werden in der klinischen Praxis auch bei der Behandlung von Entzugssyndromen eingesetzt. 5 Bei Alkohol-und Opiatabhängigkeit kann bei leichten Entzugssyndromen Doxepin versucht werden (7 Kap. 7.3). Bei mittelschweren oder schweren Entzugssyndromen oder bei Krampfanfällen in der Anamnese ist die alleinige Gabe eines Antidepressivums nicht ausreichend. 5 Bei der Rückfallprophylaxe einer Alkoholabhängigkeit nach erfolgter Entgiftung scheinen Antidepressiva bei Patienten mit komorbiden ängstlich-depressiven Störungen die Rückfallhäufigkeit zu verringern. Bei überwiegend ängstlichen Patienten wurde auch über Erfolge mit Buspiron berichtet. Zur alleinigen Rückfallprophylaxe sind Antidepressiva nach dem jetzigen Wissensstand nicht geeignet.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Bei einer Benzodiazepinabhängigkeit können Antidepressiva adjuvant hilfreich sein (7 Kap. 4.6.3). 5 Bei einer Abhängigkeit von Stimulanzien (Kokain, Amphetamine, Ecstasy) können Antidepressiva ein depressives Syndrom im Rahmen eines Entzugssyndroms günstig beeinflussen (7 Kap. 7.2.4 und 7.2.5). 1.4.12 Essstörungen 5 Bei Anorexia nervosa liegen keine überzeugenden Wirksamkeitsnachweise von Antidepressiva vor (7 Kap. 9.2.1). 5 Bei Bulimie ist eine Wirksamkeit von mehreren Antidepressiva gezeigt. Fluoxetin ist zugelassen (7 Kap. 9.2.2). 5 Bei der »Binge-eating-Störung« gibt es mehrere Studien, die für eine Wirksamkeit von Antidepressiva sprechen (7 Kap. 9.2.3). 1.4.13 Schlafstörungen (7 Kap. 5, zu Hypersomnien 7 Kap. 10) Schlafstörungen treten häufig im Rahmen einer Depression auf und bessern sich in der Regel unter einer erfolgreichen antidepressiven Therapie. 5 Antidepressiva mit antihistaminischer und 5-HT2-antagonistischer Wirkung können direkt zur Schlafinduktion eingesetzt werden: Amitriptylin (25–50 mg), Doxepin (25–100 mg), Maprotilin (25– 75 mg), Mirtazapin (7,5–15 mg), Trimipramin (25–50 mg). In diesen Dosierungen können die Antidepressiva als Schlaf fördernde Medikation auch zusätzlich zu einer (bereits bestehenden) antidepressiven Therapie gegeben werden. ! Mögliche Interaktionen, besonders mit SSRI, können zu Wirkungsver-
stärkungen aber auch unerwünschten Effekten führen.
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5 Indikation v. a. bei abhängigkeitsgefährdeten Patienten mit Schlafstörungen.
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1.4.14 Klimakterische Beschwerden
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Flushsyndrome in der Postmenopause konnten in einer randomisierten Studie gegen Placebo unter Venlafaxin (37,5–75 mg) und Paroxetin (10 mg) gut therapiert werden.
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1.5 · Antidepressiva und Psychotherapie bei der Depression
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1.4.15 Persönlichkeitsstörungen Bei depressiven und auch anderen Störungen im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen, so bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen, gibt es immer mehr Ansätze, die für eine Wirksamkeit von Antidepressiva sprechen (7 Kap. 11.3.2). 1.5
Antidepressiva und Psychotherapie bei der Depression
Gesamtbehandlungsplan der Depression 5 Entsprechend der Motivation wird in einem Gesamtbehandlungsplan die Richtung der Therapie festgelegt; entweder liegt der Schwerpunkt auf einer antidepressiven Pharmakotherapie und/oder einer psychotherapeutischen Behandlung. Jedes Psychopharmakon sollte im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans verordnet werden. Neben der antidepressiven Pharmakotherapie sind bei allen Patienten individuelle Faktoren, die zur Genese oder Aufrechterhaltung der Symptomatik beitragen, zu beachten und ggf. psychotherapeutisch zu behandeln (am häufigsten die Stressoren: Partnerschaftskonflikte, berufliche oder finanzielle Belastungen). 5 Befindet sich ein Patient in psychotherapeutischer Behandlung – mit oder ohne Antidepressivum – und kommt es zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Symptomatik oder auch Suizidalität, können im Bedarfsfall Benzodiazepine gegeben werden. Es besteht in der Regel keine absolute Kontraindikation, auch im Rahmen einer längerfristigen VT, Benzodiazepine vorübergehend zu verordnen. Eine Ausnahme bildet der Konfrontationsversuch im Rahmen einer VT. 5 Da der notwendige und sinnvolle Einsatz einer Pharmakotherapie zur Depressionsbehandlung für viele Patienten nicht von vornherein verständlich und immer noch mit vielen Vorurteilen behaftet ist, ist die Vermittlung eines Krankheitsmodells durch den Arzt unerlässlich, das für den Patienten verständlich und akzeptabel ist und das den Einsatz einer medikamentösen Behandlung psychischer Beschwerden erklärt. Dies gilt besonders dann, wenn eine langfristige Behandlung mit Antidepressiva notwendig ist (7 Kap. 1.11), um die Compliance zu erhöhen und Rückfälle zu vermeiden. Es bietet sich an, das Krankheitsmodell einer »Stoffwechselstörung« zu vermitteln, die mit dem Auftreten von depressiven Symptomen verbunden ist und den Einsatz von Antidepressiva zur symptomatischen, aber effektiven Therapie notwendig macht,
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Kapitel 1 · Antidepressiva
analog zur Behandlung eines Diabetes oder einer essenziellen arteriellen Hypertonie. Ein solches Krankheitsmodell behindert auch den psychotherapeutischen Zugang zu einem Patienten nicht, wenn man mit ihm die verschiedenen Aspekte seines Störungsbildes bespricht. Während die medikamentöse Therapie den biologischen Aspekt der Störung symptomatisch, aber effektiv behandelt, kann z. B. eine KVT den Patienten zunehmend in die Lage versetzen, auf der Ebene seiner Gedanken und des Verhaltens möglichst großen therapeutischen Nutzen aus der erzielten klinischen Besserung zu ziehen und so den Behandlungserfolg aktiv zu verstärken. 5 Es ist wichtig, psychoedukative Elemente in die professionelle Therapie der Depression gerade dann zu integrieren, wenn eine längerfristige Therapie erfolgen muss. Dabei sollen Patient und Angehörige über den typischen Verlauf der Erkrankung und die möglichen Behandlungsstrategien in einer Erhaltungs- und Langzeittherapie vertraut sein. Die notwendige Medikation mit ihren möglichen Nebenwirkungen und Risiken bei Kombination mit anderen Medikamenten muss dem Patienten bekannt sein. 5 Therapiealternativen können in Familiengesprächen diskutiert werden. Die individuellen Frühsymptome einer neuen depressiven Episode sollten besprochen werden. 5 Es gibt Hinweise, dass auch ein Problemlösetraining, das durch NichtSpezialisten durchgeführt werden kann, bei depressiven Patienten wirksam ist. Dieses ist bei leichten depressiven Störungen eine Alternative, wenn psychotherapeutische Verfahren nicht zur Verfügung stehen. Psychotherapeutische Verfahren zur Depressionsbehandlung Die Bedeutung einzelner psychotherapeutischer Verfahren zur Depressionsbehandlung kann nicht ausführlich dargestellt werden. Es werden aber prinzipielle Gesichtspunkte erwähnt. 5 Unter den spezifischen psychotherapeutischen Verfahren sind die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) und die Interpersonelle Psychotherapie (IPT) auf ihre Wirksamkeit als Monotherapien oder in Kombination mit Psychopharmaka bei Depressionen am besten untersucht; der Wirksamkeitsnachweis ist anerkannt. Der Therapiefokus der IPT liegt auf der Bewältigung psychosozialer Stressoren; in der Praxis ist allerdings die Verfügbarkeit gering. 5 Einzelne Wirksamkeitsnachweise liegen für die psychodynamische Kurzzeittherapie und die Gesprächstherapie vor; sie haben aber für die
1.5 · Antidepressiva und Psychotherapie bei der Depression
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1
mögliche Therapie der Depression auch in Kombination mit Antidepressiva keine Bedeutung erlangt. 5 Speziell zur Behandlung chronischer Depressionen ist auf der Grundlage kognitiv-behavioraler Techniken die CBASP (cognitive behavioral analysis system of psychotherapy) entwickelt worden. Insgesamt besteht aber gerade auf dem Gebiet der Behandlung therapieresistenter Depressionen erheblicher Forschungsbedarf. Antidepressiva und Psychotherapie im Vergleich Besonderes Augenmerk wurde in den letzten Jahren auf den Wirksamkeitsvergleich von Antidepressiva und Psychotherapieverfahren gelegt. Die Ergebnisse lassen sich wegen methodischer Probleme und der Komplexität der Problematik nicht ohne weiteres generalisieren. 5 Metaanalysen kamen zu dem Ergebnis, dass auch bei schweren depressiven Episoden keine signifikante Überlegenheit der Pharmakotherapie gegenüber der Psychotherapie festzustellen ist. Eine Kombinationsbehandlung aus antidepressiver Medikation und IPT oder VT zeigte sich jedoch in einer weiteren Metaanalyse von 6 Vergleichsstudien einer alleinigen Psychotherapie bei schweren Depressionen überlegen. Bei summarischer Bewertung der Studienlage kristallisiert sich als (nicht unwidersprochen gebliebene) Folgerung heraus, dass mit steigender Schwere der Depression doch eine zunehmende Überlegenheit der Pharmakotherapie gegenüber der Psychotherapie zu verzeichnen ist. Bei schweren Depressionen und bei Patienten mit Suizidalität ist in der Regel ein Antidepressivum unverzichtbar. Generell vermitteln klinische Beobachtungen und zunehmend auch Studien den Eindruck, dass eine Kombination aus KVT (ggf. IPT) und Antidepressivum einen synergistischen Behandlungseffekt hat. 5 Neben der Akuttherapie haben sich psychotherapeutische Verfahren auch in der Erhaltungstherapie und in der Rezidivprophylaxe (7 Kap. 1.11) als wirksam erwiesen. Die Wirksamkeit scheint allerdings von der Rückfall- bzw. Rezidivneigung der Patienten beeinflusst zu werden. In einer placebokontrollierten Studie zur Erhaltungstherapie bei älteren Patienten mit Major Depression zeigte sich über einen Beobachtungszeitraum von 2 Jahren Paroxetin in der Verhütung eines Rückfalls Placebo überlegen, während eine alleinige, in monatlichen Abständen durchgeführte IPT diesbezüglich keinen signifikanten Vorteil gegenüber Placebo erbrachte. Ähnlich zeigte sich in der Rezidivprophylaxe Imipramin einer IPT überlegen. Allerdings ist ein medikamentöser Behandlungserfolg in der Erhaltungstherapie bzw.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Rezidivprophylaxe der Depression nur solange gegeben, wie die Pharmakotherapie fortgeführt wird. Bei psychotherapeutischen Verfahren hingegen gibt es Hinweise, dass eine erfolgreiche Therapie auch nach ihrer Beendigung einen rezidivprophylaktischen Effekt hat.
Pharmako- und Psychotherapie – Bewertung 5 Bei der Akuttherapie der leichten Depression ist zunächst KVT (ggf. IPT) allein indiziert (z. B. Kurztherapie bis zu 8 Sitzungen über 12 Wochen). Voraussetzung ist die Verfügbarkeit einer spezifischen Psychotherapie. Wenn sie nicht gegeben ist oder wenn ein Erfolg durch Psychotherapie nicht gesehen wird, sollten SSRI verordnet werden. 5 Handelt es sich aber um die Akuttherapie einer leichten Depression mit einer mindestens mittelschweren Depression in der Vorgeschichte, sollte gleich eine Kombination aus SSRI und KVT (z. B. bis zu 20 Sitzungen über 9 Monate) erwogen werden. 5 Bei der Akuttherapie der schweren Depression sollte von Beginn an eine Behandlung mit einem SSRI oder einem neueren dualen Antidepressivum erfolgen. 5 Die meisten Studien belegen, dass eine Kombination aus Psychotherapie und Pharmakotherapie vorteilhaft ist; es gibt aber auch Studien, die einen Vorteil der Kombination empirisch nicht belegen konnten. 5 Nach einer neuen Studie bei 200 Patienten mit KVT über 16 Wochen ist KVT nur dann so erfolgreich wie ein Antidepressivum, wenn der Psychotherapeut exzellent ausgebildet ist. 5 Bei unzureichendem Therapieerfolg bzw. Therapieresistenz ist die Kombinationstherapie anzustreben. Es wurde kürzlich gezeigt, dass es bei Beendigung der KVT bei 30,8% der Patienten zu einem Rückfall kommt, dagegen bei Absetzen des Antidepressivums bei 76,2%. Der nachhaltige Wert der KVT im Vergleich zu Antidepressiva in der Langzeittherapie ist evident. Auch eine große Studie bei der chronischen Depression weist auf eine notwendige Kombination von Antidepressiva und Psychotherapie hin.
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1.6 · Nebenwirkungen
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5 Bei der Erhaltungstherapie sollte KVT (auch IPT) möglichst in Kombination mit einem Antidepressivum eingesetzt werden. Die Rückfallrate kann dadurch gesenkt werden. Sollte eine medikamentöse Erhaltungstherapie beendet werden, kann durch KVT das Risiko eines Rückfalls nach Beendigung der Pharmakotherapie signifikant reduziert werden. 5 Auch bei der wiederkehrenden Depression mit einem Rezidiv unter einer bestehenden Rezidivprophylaxe mit antidepressiver Medikation ist die zusätzliche KVT indiziert.
1.6
Nebenwirkungen
Aus dem Ausmaß einer Blockade verschiedener postsynaptischer Rezeptoren sind typische Nebenwirkungen abzuleiten (. Tab. 1.2). Die selektive Hemmung der 5-HT- oder NA-Rückaufnahme führt zu einer Reihe charakteristischer, meist nur vorübergehender Nebenwirkungen (. Tab. 1.3). 5 Nebenwirkungen treten bevorzugt zu Beginn (2–4 Wochen) einer Therapie auf. Es können einzelne oder alle der genannten Effekte auftreten. 5 Im Verlauf einer Behandlung bilden sich die Nebenwirkungen (besonders vegetative Symptome) zurück, ohne dass die Dosierung verändert werden muss. Einige der Effekte können jedoch persistieren (z. B. orthostatische Dysregulation, Mundtrockenheit, sexuelle Störungen). Eine Dosisanpassung oder ein Präparatewechsel kann dann notwendig werden. Kardiale Nebenwirkungen 5 Wichtigste kardiale Wirkung von TZA ist die Verlangsamung der kardialen Erregungsleitung (AV-Überleitung und His-Purkinje-System). Verantwortlich ist eine (Klasse-IA-Antiarrhythmika-ähnliche) chinidinartige Wirkung mit Blockade des Natriumkanals mit »membranstabilisierender«, erregungsleitungsverzögernder Wirkung. Im EKG resultieren Blockbilder. Vorbestehende Erregungsleitungsstörungen oder gleichzeitige Gabe anderer Medikamente, die solche induzieren können, sind daher kontraindiziert. Grundsätzlich gilt auch eine QTcVerlängerung als Risikofaktor; dies insbesondere in Kombination mit Pharmaka, die selbst wiederum zu einer QTc-Verlängerung führen. 5 Bei Tachykardien: Dosisanpassung, ggf. β-Rezeptorenblocker (z. B. niedrige Dosen von Propranolol).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Bei orthostatischer Hypotonie: Dihydroergotamin (z. B. Dihydergot®, bis zu 6 mg täglich) oder Etilefrin (z. B. Effortil®). 5 Während einer Therapie mit irreversiblen MAO-Hemmern (Tranylcypromin) muss eine tyraminarme Diät eingehalten werden, um hypertensive Krisen zu vermeiden. Dies gilt nicht für Moclobemid in den vom Hersteller empfohlenen Dosierungen. Darüber hinaus tritt unter ansteigender Dosierung von Tranylcypromin öfter eine orthostatische Hypotonie auf, die sich aus dem Wirkprinzip der Substanz erklärt und besonders bei älteren Patienten beachtet werden muss. 5 Ein günstiges Nebenwirkungsprofil bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben SSRI. SNRI und Reboxetin haben aufgrund der noradrenergen Komponente stärkeren Einfluss auf das kardiovaskuläre System; insbesondere hypertone Reaktionen sollten bei ihnen beachtet werden.
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. Tab. 1.2 Nebenwirkungen bei Blockade verschiedener postsynaptischer Rezeptoren Rezeptortyp
Nebenwirkungen bei Rezeptorantagonismus
Muskarinische Azetylcholinrezeptoren
Akkommodationsstörungen, Mundtrockenheit, Obstipation, Sinustachykardie, Miktionsstörungen, Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit, Delir
Histamin-1-Rezeptoren
Müdigkeit, Sedation, Gewichtszunahme, Verwirrtheit
5-HT2-Rezeptoren
Gewichtszunahme, Anxiolyse, Sedation
DA-Rezeptoren
Prolaktinanstieg, Libidoverlust, EPS
α1-adrenerge Rezeptoren
Orthostatische Hypotonie, Schwindel, Müdigkeit, reflektorische Tachykardie
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1.6 · Nebenwirkungen
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. Tab. 1.3 Nebenwirkungen bei Hemmung der Rückaufnahme von Serotonin und Noradrenalin (z. B. durch SSRI oder selektive NA-Rückaufnahme-Inhibitoren) Hemmung der Rückaufnahme
Nebenwirkungen
5-HT
Zu Behandlungsbeginn (erste 2–4 Wochen): Appetitminderung, Übelkeit, Diarrhö, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schwitzen, Agitiertheit, sexuelle Funktionsstörungen. Öfter bei langfristiger Therapie persistierend: sexuelle Funktionsstörungen
Effekt vermittelt durch indirekte Rezeptorstimulation an den Rezeptorsubtypen 5 5-HT2A 5 5-HT2C 5 5-HT3
Ängstlichkeit, Agitiertheit, sexuelle Funktionsstörungen Appetitminderung, Reizbarkeit Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen
NA
Tremor, Tachykardie, Unruhe, Kopfschmerzen, Miktionsstörungen, Schwitzen, Mundtrockenheit
> CAVE
Keine TZA bei kardialer Vorschädigung; keine Kombination mit Antiarrhythmika und Arzneimitteln, die zur QTc-Verlängerung oder Erregungsleitungsstörungen führen. Es ist zu bedenken, dass das Infarktrisiko schon bei Herzgesunden unter TZA verdoppelt ist. Zur Einschätzung kardialer Risiken 7 Kap. 13.2.
Vegetative Nebenwirkungen 5 Therapie bei stark ausgeprägten anticholinergen Effekten (z. B. Miktionsstörungen, Blasenatonie, Harnverhalt, Atonie des Magen-DarmTrakts) Gabe lang wirksamer peripherer Cholinesterasehemmer: Distigmin (Ubretid®; 2,5–5 mg p.o.) oder Pyridostigmin (Kalymin®; alle 4 h 60 mg p.o. oder alle 4–6 h 1-2 mg i.m. unter internistischer Kontrolle [z. B. ggf. Katheterisierung]). Zur Therapie des zentralen anticholinergen Syndroms 7 Kap. 12.7.2. ! Paralytischer Ileus unter TZA möglich.
Sedierung 5 Eine klinisch relevante Sedierung kann bei Antidepressiva, die 5-HT2und Histamin-1-Rezeptoren antagonisieren, auftreten. Die Sedierung
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Kapitel 1 · Antidepressiva
wird klinisch genutzt, z. B. bei Agitation oder Schlafstörungen, sie kann aber auch störend oder gefährlich sein (bei Arbeit an Maschinen oder beim Führen von Kraftfahrzeugen). Eine Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit kommt bei Antidepressiva mit sedierender Komponente meist zu Behandlungsbeginn vor und bildet sich im Verlauf von 2–4 Wochen oft zurück. Patienten müssen über die Möglichkeit einer verminderten Reaktionsfähigkeit, z. B. beim Autofahren, aufgeklärt werden. Antidepressiva mit fehlender oder geringer Sedierung . Tab. 1.4, Spalte »Sedierung«. Hämatopoetisches System 5 Leukopenien/Agranulozytose: sehr selten unter TZA, aber auch unter Mianserin. Meist muss die Substanz abgesetzt werden. Regelmäßige Blutbildkontrollen bei diesen Präparaten sind indiziert (7 Kap. 1.9). 5 Alteration der Thrombozytenfunktion: Unter SSRI kann das Risiko gastrointestinaler Blutungen aufgrund gestörter Thrombozytenfunktionen (verminderte Aggregationsfähigkeit bei herabgesetztem Serotoningehalt) erhöht sein. Dies sollte insbesondere bei der Kombination von SSRI mit Antikoagulantien und Substanzen mit Wirkung auf die Thrombozytenfunktion (z. B. Acetylsalicylsäure oder nichtsteroidale Antiphlogistika) bedacht werden. Ggf. sind initial und bei Dosisänderung der Gerinnungsstatus und die Blutungszeit (verlängerte Blutungszeit) zu überprüfen. Es ist möglich, Blutbildveränderungen entsprechend den Empfehlungen der . Tab. 1.8 frühzeitig, aber niemals sicher zu erkennen. Die Empfehlungen können daher nur ein Kompromiss aus Risikoverhütung und Praxisnähe sein. Bei risikoreichen Substanzen müssen Patienten angewiesen werden, bei Auftreten von Symptomen wie Fieber, Halsschmerzen oder Infektionen der Mundschleimhaut keinen eigenen Behandlungsversuch durchzuführen, sondern den Arzt aufzusuchen. Neurologische Störungen 5 Generalisierte zerebrale Krampfanfälle oder Myoklonien treten unter TZA gehäuft auf. Begünstigend sind zerebrale Vorschädigungen, hohe Dosen, rasches Aufdosieren oder schlagartiges Absetzen hoher Dosen.
1.6 · Nebenwirkungen
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5 Tremor, sehr selten rigorartige Tonuserhöhungen der Muskulatur oder dystone Bewegungsstörungen unter Antidepressiva. Subjektiv störender Tremor besonders zu Behandlungsbeginn, der sich aber in vielen Fällen im Verlauf spontan zurückbildet. Bei Persistenz kann ein Präparatewechsel notwendig werden. 5 PLMS (7 Kap. 10.2.4) werden in Einzelfällen unter SSRI und Venlafaxin beschrieben. Sie werden auf ein Transmitterungleichgewicht (SerotoninB und Dopamin?) zurückgeführt. Allergische Reaktionen 5 Allergische Exantheme sind besonders unter TZA, aber auch bei allen anderen Antidepressiva möglich. Meist ist ein Präparatewechsel indiziert. Gewichtszunahme 5 Eine Gewichtszunahme kann besonders bei längerfristiger Therapie je nach pharmakologischem Wirkprofil eines Antidepressivums auftreten und die Compliance des Patienten gefährden. Bei Antidepressiva, die 5-HT2- und Histamin-1-Rezeptoren antagonisieren, tritt eine Gewichtszunahme häufiger auf. Da einer Gewichtszunahme oft eine Veränderung des Essverhaltens vorausgeht, können verhaltenstherapeutische Maßnahmen (z. B. Vermeiden hochkalorischer Zwischenmahlzeiten) hilfreich sein, ggf. sollte ein Wechsel zu einem Antidepressivum mit anderem Wirkprofil (. Tab. 1.4, Spalte »Gewichtszunahme«) erfolgen. Sexuelle Funktionsstörungen 5 Unter SSRI treten häufiger verzögerte Ejakulation, selten verminderte Libido und Erektionsfähigkeit auf. Sie scheinen größtenteils auf eine Erhöhung der serotoninergen Transmission an 5-HT2-Rezeptoren zurückzuführen zu sein. Substanzen mit zusätzlich antagonistischer Wirkung an 5-HT2-Rezeptoren scheinen diesen Effekt seltener zu induzieren (Mirtazapin). Unter Reboxetin können schmerzhafte Ejakulationen auftreten. Andere Antidepressiva, besonders mit anticholinerger Wirkung, führen häufiger zu Erektionsstörungen. Moclobemid scheint sexuelle Funktionsstörungen nur sehr selten zu induzieren (7 Kap. 8.2.6, dort Therapiemaßnahmen).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Absetzsyndrome 5 Absetzsyndrome sind nach schlagartigem Absetzen von Antidepressiva nach langfristiger Therapie mit TZA, Venlafaxin, Mirtazapin, SSRI (mit kurzer Halbwertszeit, besonders Paroxetin) und Duloxetin möglich. Symptome: Schwindel, Gangunsicherheit, Übelkeit, Erbrechen, grippeähnliche Symptome (Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen), sensible Störungen (Parästhesien, elektrisierendes Gefühl), Schlafstörungen. Auch Irritabilität, gedrückte Stimmung, psychomotorische Unruhe, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bis hin zur Verwirrtheit können auftreten. Die Symptomatik ist meist leicht ausgeprägt und bildet sich spontan nach wenigen Tagen zurück. Ein Wiederansetzen des Antidepressivums bringt meist eine umgehende Rückbildung der Symptome. Antidepressiva sollten daher ausschleichend abgesetzt werden (. Tab. 1.10). Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) 5 In sehr seltenen Fällen kann unter Antidepressiva (meist in den ersten Behandlungswochen) ein SIADH ausgelöst werden können. Durch vermehrte ADH-Sekretion wird Flüssigkeit vermindert ausgeschieden, was sich klinisch als konzentrierte Harnausscheidung, laborchemisch in Form einer Hyponatriämie und verminderter Serumosmolarität äußert. Klinische Symptome: körperliche Schwäche, Lethargie, Gewichtszunahme, Kopfschmerz bis hin zu Verwirrtheit, Krampfanfällen und Koma. Im Verdachtsfall Absetzen des Antidepressivums, nach klinischer Besserung des SIADH Prüfung des Kausalzusammenhangs und evtl. Präparatewechsel. Immer engmaschige Kontrolle der Elektrolyte anschließen. ! Bei älteren Menschen regelmäßig Natrium, besonders unter SSRI, überprüfen, . Tab. 1.10.
Induktion einer (hypo)manischen Episode und eines häufigen Phasenwechsels 7 Kap. 2.4.2, bipolare affektive Störungen. Suizidalität 5 Während der ersten Behandlungswochen kann unter Antidepressiva besonders bei gehemmt-depressiven Patienten der Antrieb gesteigert sein, ohne dass die Stimmung bereits aufgehellt ist. Dies birgt ein Risiko erhöhter Suizidalität in sich. Ein Antidepressivum mit sedieren-
1.6 · Nebenwirkungen
43
1
den Eigenschaften kann bei suizidalen Patienten als Monotherapie Vorteile bieten. Beim geringsten Zweifel sollten begleitend passager Benzodiazepine verordnet werden. 5 Die Frage, ob SSRI bei Erwachsenen suizidale Handlungen und Suizidideen auslösen können, wird kontrovers diskutiert. Es wird angenommen, dass die bei SSRI und auch SNRI im Vergleich zu TZA ausgeprägtere psychomotorische Unruhe sowie auch in Einzelfällen die Entstehung dranghafter suizidaler Impulse eine Rolle spielen könnten. Aufgrund der Datenlage wurde für Paroxetin ein Warnhinweis ausgesprochen, dass das Risiko für suizidales Verhalten bei jungen Erwachsenen (18–29 Jahre) sowie bei Patienten mit suizidalem Verhalten oder Suizidideationen in der Vorgeschichte möglicherweise erhöht sein kann. 5 In einer kürzlich publizierten bevölkerungsbasierten Fall-KontrollStudie zeigte sich bei älteren Patienten unter SSRI im Vergleich zu anderen Antidepressiva ein erhöhtes Suizidrisiko während des ersten Behandlungsmonats. Die höchste Suizidrate allerdings fand sich hierbei bei älteren Menschen ohne antidepressive Behandlung. ! Patienten, Angehörige und behandelnde Ärzte sollten wissen, dass zu
Beginn der antidepressiven Behandlung möglicherweise ein zunehmendes oder auch neu auftretendes Risiko suizidalen Verhaltens bestehen kann. Zu Beginn einer antidepressiven Behandlung und in deren Verlauf sollten Patienten insbesondere bei Vorliegen eines hohen Risikos für suizidales Verhalten (suizidales Verhalten in der Vorgeschichte oder Suizidideationen zu Beginn der Behandlung) engmaschig überwacht werden. Unter Paroxetin sorgfältiges Monitoring auch bei Besserung.
5 Der Einsatz von SSRI und SNRI im Kindes- und Jugendalter wurde in verschiedenen Risikobewertungsverfahren von Arzneimittelbehörden hinsichtlich eines möglicherweise auftretenden erhöhten Risikos für Suizidgedanken und suizidale Verhaltensweisen beurteilt. Warnhinweise und entsprechende Änderungen der Produktinformationen ergaben sich aufgrund eines im Vergleich zu Placebo häufiger beobachteten Auftretens von suizidalem Verhalten und von aggressiven, feindseligen Verhaltenweisen; vollendete Suizide fanden sich in den beurteilten Studien nicht. Unter den SSRI wurde insbesondere für Paroxetin eine Zunahme des Suizidrisikos beschrieben. Warnhinweise und Einschränkungen für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter
44
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Kapitel 1 · Antidepressiva
18 Jahren ergaben sich in der Annahme eines Gruppeneffektes kürzlich jedoch für alle SSRI und SNRI und – unter der Annahme, dass es sich möglicherweise um einen Klasseneffekt handelt – auch für TZA. 5 Intoxikationen in suizidaler Absicht sind mit neueren Antidepressiva (SSRI, Mirtazapin) viel seltener mit vital bedrohlichen Komplikationen belastet als bei TZA oder MAO-Hemmern (nicht Moclobemid); für Bupropion und Venlafaxin ist das Intoxikationsrisiko höher als unter SSRI (. Tab. 1.4, Spalte »Letalität bei Überdosierungen«). Intoxikationen mit TZA können zu lebensbedrohlichen Arrhythmien führen. Diagnostisch hilfreich ist eine Plasmakonzentrationsbestimmung des TZA. Bei Anzeichen einer Intoxikation ist eine stationäre, evtl. intensivmedizinische, Überwachung, indiziert (7 Kap. 17.2). Zentrales Serotoninsyndrom 7 Kap. 12.7.2.
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
1.7
Kontraindikationen
Kontraindikation für alle Antidepressiva ist eine bekannte Überempfindlichkeit gegen die entsprechende chemische Substanzklasse oder auch gegen andere Inhaltsstoffe der Präparate. Die wichtigsten Kontraindikationen für Antidepressiva sind: 5 Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikation 5 Akute Manien 5 Leber- und Nierenerkrankungen 7 Kap. 13.3 und 13.4. 5 Nur für Antidepressiva mit anticholinerger Begleitwirkung: − Prostatahypertrophie, Harnverhalt, − Engwinkelglaukom, Pylorusstenose, − paralytischer Ileus, − akute Delirien. 5 Nur für TZA: kardiale Reizleitungsstörungen, zerebrale Krampfanfälle 5 Nur für Bupropion und Maprotilin: zerebrale Krampfanfälle 5 Nur für Bupropion: derzeitige oder frühere Diagnose einer Bulimie oder Anorexie 5 Risikoreiche Interaktionen 7 Kap. 1.8.
1
45
1.7 · Kontraindikationen
Anticholinerge Nebenwirkungen
Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö
Sedierung
Agitation, Schlafstörungen
Sexuelle Funktionsstörungen
Orthostatische Hypotonie
Gewichtszunahme
EKG -Veränderungen
Letalität bei Überdosierung
. Tab. 1.4 Häufigkeit relevanter unerwünschter Wirkungen von Antidepressiva in der klinischen Praxis
0
0
+
0
0
0
0
0
0
Amitriptylin
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0
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Amitriptylinoxid
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+++ ++
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Bupropion**
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0
+
+
Citalopram
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0
Clomipramin
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+
+
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Desipramin
+
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+
+
+
+
+++
Dosulepin
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0
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0
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+++
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++
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Doxepin
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+++
0
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+++
++
++
+++
Duloxetin
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0
++
++
0
0
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?
Escitalopram
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0
++
++
0
0
0
0
Fluoxetin
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++
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0
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0
0
Fluvoxamin
0
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0
++
++
0
0
0
0
Hypericum
0
0
+
0
?
?
?
0
?
Agomelatin*
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Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö
Sedierung
Agitation, Schlafstörungen
Sexuelle Funktionsstörungen
Orthostatische Hypotonie
Gewichtszunahme
EKG-Veränderungen
Letalität bei Überdosierung
. Tab. 1.4 (Fortsetzung) Anticholinerge Nebenwirkungen
1
Kapitel 1 · Antidepressiva
Imipramin
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0
+
++
+
++
++
++
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Maprotilin
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Mianserin
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Milnacipran
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Mirtazapin
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++
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+
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Moclobemid
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0
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Nortriptylin
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+
+
+
+
+
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Paroxetin
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++
++
0
0
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Reboxetin
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0
++
+
+
0
0
0
Sertralin
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0
++
++
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0
Tranylcypromin
0
0
0
++
0
+++
0
0
+++
Trazodon
0
+
++
0
++
++
+
0
+
Trimipramin
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+++
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++
+++
Venlafaxin
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0
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+++ ++
0
0
+++: häufig bis regelmäßig, ++: mäßig häufig, +: selten, 0: unerheblich oder nicht vorhanden. * Im Zulassungsprozess. ** In Deutschland als Antidepressivum im Zulassungsprozess
+++
0
1.8 · Interaktionen
47
1
5 Hinweise zu Schwangerschaft und Stillzeit 7 Kap. 14. 5 Hinweise zur Fahrtüchtigkeit 7 Kap. 15. 1.8
Interaktionen
Pharmakokinetische Interaktionen Die folgenden Interaktionen müssen bei jeder Therapie mit Antidepressiva bedacht werden. Werden mehrere Medikamente gleichzeitig mit Antidepressiva verabreicht, kann es zu Interaktionen mit dem Resultat einer Erhöhung oder Verminderung der Plasmakonzentration von Antidepressiva kommen. Besonders wenn Bupropion, Fluoxetin, Paroxetin oder Fluvoxamin und TZA kombiniert werden, können die Plasmakonzentrationen des TZA stark ansteigen und zu toxischen Spiegeln führen (7 Kap. 16). Das Interaktionsrisiko von Fluoxetin hält nach Absetzen von Fluoxetin wegen der langen Halbwertszeit von Norfluoxetin noch 2–8 Wochen an. Pharmakodynamische Interaktionen 5 Überwiegende oder selektive 5-HT-Rückaufnahme-Inhibitoren dürfen nicht mit MAO-Hemmern kombiniert werden, da die Gefahr eines seltenen zentralen Serotoninsyndroms besteht. Symptomatik: Tremor, Agitation, erhöhter Muskeltonus, Hyperreflexie, Myoklonien, in schweren Fällen Bewusstseinstrübung, Krampfanfälle, Hyperthermie bis hin zum Tod (7 Kap. 12.7.2). 5 Auch Kombinationen von MAO-Hemmern oder SSRI mit L-Tryptophan oder Lithium können, wenn auch seltener, wegen des synergistischen Effektes auf die serotoninerge Neurotransmission ein Serotoninsyndrom auslösen. 5 Irreversible MAO-Hemmer sollen mindestens 2 Wochen vor Beginn einer Therapie mit einem überwiegenden oder selektiven 5-HT-Rückaufnahme-Inhibitor abgesetzt werden. Umgekehrt soll nach Therapie mit einem SRI oder SSRI eine Karenzzeit von einigen Tagen (mindestens 5×t½; bei Fluoxetin mindestens 5 Wochen!) abgewartet werden, bis ein MAO-Hemmer verordnet wird. 5 Auch bei Kombination von MAO-Hemmern mit anderen Antidepressiva besteht das Risiko einer toxischen Reaktion infolge einer
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5
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Kapitel 1 · Antidepressiva
zentralen Hyperaktivierung biogener Amine mit hypertensiven Krisen bzw. einer dem zentralen Serotoninsyndrom ähnlichen Symptomatik aus Übelkeit, Erbrechen, Hyperthermie, Hyperexzitabilität, Agitation, Kreislaufdysregulation und Krampfanfällen. Diese Reaktion ist wahrscheinlicher, wenn bei bestehender MAO-Hemmerbehandlung ein TZA hinzu gegeben wird bzw. der MAO-Hemmer ohne Einhaltung der Karenzzeit durch ein anderes Antidepressivum ersetzt wird. Bei gleichzeitigem Beginn einer Kombinationstherapie von TZA und MAO-Hemmer ist das Risiko wahrscheinlich geringer (viele Hersteller warnen allerdings vor einer solchen Kombination). Bei sukzessiver Verordnung sollten entsprechende Sicherheitsabstände eingehalten werden (14 Tage nach Absetzen des irreversiblen MAO-Hemmers, mindestens 7 Tage nach absetzen eines TZA). Irreversible MAO-Hemmer sollen mindestens 2 Wochen vor geplanten Operationen abgesetzt werden, um Narkosezwischenfälle (z. B. mit Pethidin oder Dextromethorphan) zu vermeiden. Reversible MAOHemmer (Moclobemid) können bis kurz vor der Operation (2 Tage) gegeben werden. Kombinationen von anticholinerg wirkenden Antidepressiva mit Anticholinergika oder anticholinerg wirkenden Antipsychotika sollten vermieden werden, ganz besonders bei älteren Menschen (Erregungszustände bis hin zum Delir möglich). Kombinationen von Antidepressiva mit Sympathomimetika können zu hypertensiven Krisen führen. Kombination von Antidepressiva mit α1-antagonistischer Wirkung können die Wirkung von Antihypertensiva verstärken (Prazosin, Doxazosin, Terazosin) oder vermindern (Clonidin). TZA sollen nicht mit Antiarrhythmika vom Chinidintyp kombiniert werden. Generell sollten Antidepressiva und Alkohol (besonders in größeren Mengen) nicht kombiniert werden; Gefahr der wechselseitigen Wirkungsverstärkung bis hin zum Koma.
49
1.8 · Interaktionen
1.8.1
Interaktionen von TZA
. Tab.1.5 Interaktionen TZA Komedikation
Art der Interaktion
Psychopharmaka Anticholinergika, z. B. Biperiden, Benztropin, Trihexiphenidyl, Metixen
Vermehrte anticholinerge Nebenwirkungen: Gefahr von Glaukomanfall, Harnverhalt, Erregungszustände bis hin zum Delir
Antihistaminika, z. B. Diphenhydramin, Doxylamin
Vermehrte Nebenwirkungen, insbesondere Müdigkeit und evtl. anticholinerge Begleiteffekte
Antidepressiva 5 MAO-Hemmer
5 SSRI: Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin (weniger: Sertralin, Citalopram, Escitalopram) Antipsychotika
Vermehrte Nebenwirkungen wie Hypotonie, Schwitzen, Tremor, Agitiertheit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Krampfanfälle und Fieber möglich. Kombination wird von Herstellern als kontraindiziert erachtet, unter strengen Kautelen können bei Therapieresistenz unter stationären Behandlungsbedingungen Amitriptylin, Doxepin oder Trimipramin mit MAO-Hemmern kombiniert werden; 7 Kap. 1.13, Präparate Erhöhte Plasmaspiegel von TZA, dadurch vermehrte Nebenwirkungen; z. T. Hinweise für besseren antidepressiven Effekt
AD- und/oder Antipsychotika-Plasmaspiegel können ansteigen; vermehrte Nebenwirkungen wie Sedierung, orthostatische Hypotonie und anticholinerge Nebenwirkungen bis hin zu Harnverhalt, Ileus und Delir möglich. Durch anticholinerg wirksame AD-Einsparung von Anticholinergika möglich
1
50
1 2
Kapitel 1 · Antidepressiva
. Tab.1.5 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Barbiturate
Vermehrte Nebenwirkungen, insbesondere Müdigkeit und Sedierung; niedrigere AD-Plasmaspiegel, dadurch geringerer antidepressiver Effekt möglich
Benzodiazepine
Verstärkte Sedierung möglich
Bupropion
AD-Plasmaspiegel können ansteigen, dadurch vermehrte Nebenwirkungen; Risiko von Krampfanfällen
Carbamazepin
Enzyminduktion, dadurch erniedrigte Plasmaspiegel, evtl. geringere klinische Wirkung von Antidepressiva; jedoch auch Hinweise auf pharmakodynamische Wirkverstärkung
Disulfiram
Erhöhte AD-Plasmaspiegel beschrieben, vermehrte Nebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität möglich
Lithium
Evtl. verstärkter Tremor; evtl. bessere antidepressive Wirkung durch Lithium-Zugabe
Methadon, Morphin
Erhöhte Plasmaspiegel der Opiate (z. B. durch Desipramin), dadurch verstärkte analgetische Wirkung und Nebenwirkungen möglich; durch Methadon erhöhte Plasmaspiegel und vermehrte Nebenwirkungen von Desipramin berichtet; unter Morphin niedrigere AD-Plasmaspiegel beschrieben
Psychostimulanzien, z. B. Methylphenidat
Gegenseitige Wirkungs- und Nebenwirkungsverstärkung, in Einzelfällen bis hin zu hypertensiven Krisen. Unter Methylphenidat höhere Imipraminund Desipraminplasmaspiegel
Serotonin1B/D-Rezeptor-Agonisten,z. B. Sumatriptan, Zolmitriptan, Naratriptan
Potenzierung serotonerger Effekte möglich (besonders unter Clomipramin)
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51
1.8 · Interaktionen
. Tab.1.5 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Valproinsäure
Erhöhte Plasmaspiegel von TZA, dadurch vermehrte Nebenwirkungen möglich
Andere Pharmaka α1-Adrenozeptor-Antagonisten, z. B. Prazosin
Verstärkte Blutdrucksenkung
Anästhetika/Muskelrelaxanzien (Halothan/Pancuronium, Gallamin)
Risiko von Arrhythmien erhöht
Antazida, Adsorbenzien
Niedrigere AD-Plasmaspiegel möglich
Antiarrhythmika: Chinidin, Lidocain, Disopyramid, Procainamid, Propafenon
Verlängerung intrakardialer Leitungszeiten, verringerte Myokardkontraktilität bis hin zur Herzinsuffizienz
Antihypertensiva: Clonidin, α-Methyldopa, Guanethidin, Reserpin
Verminderte Wirkung des Antihypertensivums unter Methyldopa, jedoch auch verstärkte blutdrucksenkende Wirkung möglich
Antikoagulanzien (Warfarin, evtl. auch Phenprocoumon)
Verstärkung des Antikoagulanzieneffekts mit verlängerter Blutungszeit möglich
Antimykotika: Fluconazol, Ketoconazol
Erhöhte Plasmaspiegel von TZA, dadurch vermehrte Nebenwirkungen
β-Adrenozeptor-Antagonisten: Metoprolol, Propranolol
Verstärkte Blutdrucksenkung möglich. Anstieg der Plasmaspiegel von Propranolol und TZA, dadurch vermehrte Nebenwirkungen; unter Propranolol Verstärkung bzw. Auslösung einer depressiven Symptomatik beschrieben
Ca-Antagonisten vom Typ des Diltiazem bzw. Verapamil
Erhöhte Plasmaspiegel von z. B. Imipramin, dadurch vermehrte Nebenwirkungen möglich
Chinidin
Erhöhte Plasmaspiegel von z. B. Desipramin, dadurch vermehrte Nebenwirkungen
1
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1
Kapitel 1 · Antidepressiva
. Tab.1.5 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Cholestyramin
Erniedrigte Plasmaspiegel von TZA, dadurch geringere klinische Wirkung
Cimetidin
Erhöhte Plasmaspiegel von AD, dadurch vermehrte Nebenwirkungen möglich (Ranitidin: offenbar keine Interaktionen)
5
Cisaprid
Erhöhte Plasmaspiegel von AD mit vermehrten Nebenwirkungen möglich
6
Dextropropoxyphen
Erhöhte Plasmaspiegel der AD möglich (hier: Doxepin)
7
Diuretika
Verstärkte Blutdrucksenkung
Griseofulvin
Niedrigere AD-Plasmaspiegel, dadurch geringerer antidepressiver Effekt möglich
Insulin
Verstärkter blutzuckersenkender Effekt möglich
Omeprazol
Erhöhte Plasmaspiegel von TZA, dadurch vermehrte Nebenwirkungen möglich
Oxybutynin
Enzyminduktion, dadurch evtl. erniedrigte Plasmaspiegel und ggf. verminderter antidepressiver Effekt
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Phenylbutazon
Verringerte analgetische Wirkung durch geringere Absorption von Phenylbutazon möglich
13
Phenytoin
Evtl. höhere Phenytoinplasmaspiegel mit vermehrten Nebenwirkungen
Rauchen
Niedrigere AD-Plasmaspiegel möglich
Rifampizin
Niedrigere AD-Plasmaspiegel, dadurch geringerer, antidepressiver Effekt möglich
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1.8 · Interaktionen
1.8.2
Interaktionen von SSRI
. Tab.1.6 Interaktionen SSRI Komedikation
Art der Interaktion
Psychopharmaka Antipsychotika (AP), insbesondere trizyklische AP, aber auch Butyrophenone
Antidepressiva 5 MAO-Hemmer 5 TZA
5 Übrige Antidepressiva
Erhöhte Plasmaspiegel von AP bei Kombination mit Fluoxetin, Fluvoxamin oder Paroxetin möglich, dadurch vermehrte Nebenwirkungen, insbesondere EPS und Akathisie
Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms Erhöhte Plasmaspiegel von TZA durch Fluoxetin, Fluvoxamin oder Paroxetin, dadurch vermehrte Nebenwirkungen, in Einzelfällen bis hin zur Neurotoxizität Erhöhte Plasmaspiegel von Agomelatin durch Fluvoxamin, evtl. verstärkte Sedierung
Benzodiazepine: Alprazolam, Diazepam (und andere Benzodiazepine mit Phase I-Metabolismus)
Unter Fluoxetin, Paroxetin evtl. höhere Benzodiazepinplasmaspiegel, evtl. verstärkte Sedierung
Buspiron
Anstieg der Plasmakonzentration von Buspiron (Fluvoxamin) und bessere Wirkung von SSRI bei Zwangsstörungen durch Buspiron-Zugabe beschrieben; Bericht über Serotoninsyndrom bei Kombination mit Citalopram
Carbamazepin
Höhere Carbamazepinplasmaspiegel, dadurch vermehrte Carbamazepinnebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität
Fenfluramin, d-Fenfluramin
Potenzierung serotonerger Effekte (Kombination wird vom Hersteller für kontraindiziert erachtet)
1
54
1 2
Kapitel 1 · Antidepressiva
. Tab.1.6 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Lithium
Unter anderem durch evtl. erhöhte LithiumSerumspiegel vermehrte Lithiumnebenwirkungen bis hin zur Neurotoxizität (Krampfanfälle); jedoch evtl. bessere antidepressive Wirkung durch Lithiumzugabe; in Einzelfällen auch niedrigere Lithiumserumspiegel
L-Tryptophan
Potenzierung serotonerger Effekte, dadurch vermehrt Nebenwirkungen bis hin zum zentralen Serotoninsyndrom
Methadon, Morphin
Erhöhte Plasmaspiegel der Opiate durch Fluvoxamin möglich, dadurch verstärkte analgetische Wirkung und Nebenwirkungen der Opiate möglich
Phenytoin
Erhöhte Phenytoinplasmaspiegel, dadurch vermehrte Nebenwirkungen
Selegilin
Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms
Serotonin1BD-Rezeptor-Agonisten, z. B. Sumatriptan, Zolmitriptan, Naratriptan
Potenzierung serotonerger Effekte möglich (daher Kombination kontraindiziert)
Valproinsäure
Höhere Valproinsäureplasmaspiegel mit vermehrten Nebenwirkungen möglich; Valproinsäure kann Fluoxetinplasmaspiegel erhöhen, dadurch evtl. vermehrt Fluoxetinnebenwirkungen
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Andere Pharmaka Antiarrhythmika: Propafenon, Flecainid
Evtl. Hemmung der Metabolisierung mit erhöhten Plasmaspiegeln der Antiarrhythmika
Antihistaminika wie Terfenadin, Astemizol, evtl. auch Loratadin
Verlängerung intrakardialer Leitungszeiten und arrhythmogene Wirkung unter SSRI (Fluvoxamin oder Fluoxetin). Letale Zwischenfälle möglich!
55
1.8 · Interaktionen
. Tab.1.6 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
Antikoagulanzien: Phenprocoumon, Warfarin
Wirkungsverstärkung der Antikoagulanzien bis hin zur Blutungsgefahr möglich
Cimetidin
Hemmung der Metabolisierung von Paroxetin, dadurch höhere Paroxetin-Plasmaspiegel mit evtl. vermehrten Nebenwirkungen
Cisaprid
Erhöhte Plasmaspiegel der Antidepressiva mit vermehrten Nebenwirkungen möglich
Cyproheptadin
Fraglich Verminderung der SSRI-Wirkung (Einzelfallbericht unter Fluoxetin)
Digitoxin
Evtl. niedrigere Digitoxin-Plasmaspiegel mit geringerer Herzglykosidwirkung
Metoprolol, Propanolol
Kombination mit Fluoxetin oder Paroxetin: Anstieg der Plasmaspiegel von Metropolol; Bradykardie-Risiko
Orale Antidiabetika: Sulfonylharnstoffe, z. B. Tolbutamid
Verstärkter blutzuckersenkender Effekt der oralen Antidiabetika möglich
Sibutramin
Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms
Theophyllin, Coffein
Hemmung der Metabolisierung von Theophyllin (und evtl. anderen Methylxanthinen) durch Fluvoxamin, dadurch vermehrte TheophyllinNebenwirkungen
Tizanidin
CAVE: Bei Kombination mit Fluvoxamin drastischer Anstieg (über 10fach) der Plasmakonzentration von Tizanidin mit ausgeprägten Nebenwirkungen (Somnolenz, verschlechterte Psychomotorik)
Tramadol
Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms
1
56
1
Kapitel 1 · Antidepressiva
1.8.3
Interaktionen von neuen Antidepressiva
2
. Tab.1.7 Interaktionen Agomelatin1, Bupropion2, Duloxetin, Milnacipran, Mirtazapin, Reboxetin, Venlafaxin
3
Komedikation
4 5
Psychopharmaka Antidepressiva 5 MAO-Hemmer
6 7
5 TZA
8 9 10
5 Agomelatin1
5 Bupropion2
11 12 13
16 17
Bei Kombination mit Duloxetin, Milnacipran, Mirtazapin, oder Venlafaxin serotonerge Potenzierung und damit Risiko eines zentralen Serotoninsyndroms. Kombination mit Reboxetin scheint möglich, wird aber vom Hersteller nicht empfohlen Derzeit gibt es keine systematischen Untersuchungen, ob TZA mit neuen AD kombiniert werden können. Zur Kombination von Venlafaxin und TZA gibt es einen Fallbericht über ein zentrales Serotoninsyndrom Fluvoxamin hemmt den Abbau von Agomelatin, daher sollen die beiden AD nicht kombiniert werden Bei Kombination mit Venlafaxin ist mit verlangsamtem Abbau und erhöhten Plasmaspiegeln von Venlafaxin zu rechnen
Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin
Evtl. beschleunigter Abbau von Mirtazapin, Reboxetin oder Venlafaxin durch Induktion von CYP 3A4
Fenfluramin
Bei Kombination mit Duloxetin; Milnacipran oder Venlafaxin Risiko eines zentralen Serotoninsyndroms
Lithium
Bei Kombination mit Duloxetin, Milnacipran, Mirtazapin, Reboxetin oder Venlafaxin bisher keine Interaktionsprobleme
14 15
Art der Interaktion
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1.9 · Routineuntersuchungen
. Tab.1.7 (Fortsetzung) Komedikation
Art der Interaktion
L-Tryptophan
Bei Kombination mit Duloxetin, Milnacipran, Mirtazapin, oder Venlafaxin Risiko eines zentralen Serotoninsyndroms
Andere Pharmaka
1 2
Tramadol
Bei Kombination mit Milnacipran, Mirtazapin, oder Venlafaxin Risiko eines zentralen Serotoninsyndroms
Metroprolol, Propranolol, Protease-Inhibitoren
Bei Kombination mit Venlafaxin ist mit verlangsamtem Abbau und erhöhten Plasmaspiegeln von Venlafaxin zu rechnen. Bei Kombination von Mirtazapin, Reboxetin oder Venlafaxin mit Proteasehemmern, die CYP 3A4-Inhibitoren sind (Ritonavir, Indinavir, Nelfinavir, Efavirenz), ist mit einer Hemmung des AD-Abbaus zu rechnen
Im Zulassungsprozess In Deutschland als Antidepressivum im Zulassungsprozess
1.9
Routineuntersuchungen
5 Routineuntersuchungen werden zur Therapieüberwachung mit allen Antidepressiva empfohlen, da es in seltenen Fällen zu Nieren- und Leberfunktionsstörungen sowie, besonders bei TZA, zu Blutbild- und EKG-Veränderungen kommen kann. Bei den anderen Antidepressiva können Routineuntersuchungen sehr viel seltener als bei den TZA durchgeführt werden. 5 Zum Ausschluss möglicherweise auftretender Hyponatriämien (SIADH, 7 Kap. 1.6) sollte vor allem bei älteren Patienten und unter SSRI oder Venlafaxin Natrium regelmäßig bestimmt werden. 5 Eine Übersicht der empfohlenen Kontrollen gibt . Tab. 1.8. Häufigere Kontrollen sind nötig, wenn ein untersuchter Parameter pathologisch ausfällt oder klinische Symptome auftreten, die einer Abklärung bedürfen. 5 Die Kenntnis des EEG vor Beginn der Therapie gehörte vor Einführung der bildgebenden Verfahren zur Routinediagnostik in der Psych-
1
58
1 2 3 4 5
Kapitel 1 · Antidepressiva
iatrie. Heute ist ein EEG nur vor Gabe eines TZA empfehlenswert; die Kontrolle nach einem Monat ist optional (. Tab. 1.8). Das EEG ist wichtig bei krampfgefährdeten Patienten und zur Abklärung des Anfalls- und Toxizitätsrisikos, allerdings sollte bei ihnen auch kein TZA verordnet werden. 5 Für anticholinerg wirkende Antidepressiva (Mundtrockenheit) sind nach langfristiger Anwendung gehäuft Zahnkaries und Mundschleimhautveränderungen beschrieben worden. Zahnärztliche Kontrollen können indiziert sein. . Tab.1.8 Empfehlungen für Routineuntersuchungen unter Antidepressiva Vorher
6 7
Monate
Vierteljährlich
1
2
3
4
5
6
××
××
××
×
×
Halbjährlich
TZA
8
Blutbild
×
××
9
Kreatinin
×
×
10
Leberenzyme
×
×
11
Natrium
×
×
EKG
×
×
EEG
×
(×)
RR, Puls
×
×
12 13 14 15 16 17
×
×
×
×
×
×
×
×
×a
×a
×a
×a ×a, d
×
×
×
×
×
Andere Antidepressiva Blutbildc
×
×
×
×e
Kreatinin
×
×
×
×e
Natrium
×
×
×a
×a
×a
×a
×a
×a
1
59
1.10 · Dosierung
. Tab.1.8 (Fortsetzung) Vorher
Monate 1
Leberenzyme
×
×
EKG
×d
×d
RRb, Puls
×
2
Vierteljährlich 3
×
4
5
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Halbjährlich
×
×e
×
×f
× = Kontrollen; die Anzahl der notwendigen Routinekontrollen ist bisher nicht empirisch abgesichert. a Kontrolle bei allen Patienten über 60 Jahre empfehlenswert. b Unter Venlafaxin in hoher Dosierung ist der Blutdruck häufiger zu kontrollieren, weil es in seltenen Fällen zu anhaltend erhöhten Werten kommen kann. c Für Mianserin empfehlen die Hersteller in den ersten Behandlungsmonaten wöchentliche Blutbildkontrollen. d Bei Patienten mit einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. e Bei langfristig stabilen Patienten können jährliche Kontrollen ausreichen. f Bei langfristig stabilen Patienten können halbjährliche Kontrollen ausreichen.
1.10
Dosierung
Es werden hier Dosierungsregeln zumeist bei der depressiven Störung besprochen. Detaillierte Angaben, auch für andere Indikationen, finden sich im Präparateteil. Generelle Dosisempfehlungen sind wegen der Heterogenität der Substanzen nur schwer zu erstellen. 5 Es empfiehlt sich, besonders im ambulanten Bereich, TZA schrittweise bis zur Zieldosis aufzudosieren (in der Regel innerhalb 3–7 Tagen). 5 Je nach Halbwertszeit der Substanz kann die Dosisverteilung auf täglich ein- bis dreimal erfolgen. Bei Einmalgabe ist die Compliance, wenn die Substanz gut vertragen wird, oft besser. Wenn Nebenwirkungen auftreten, kann eine Verteilung der Tagesdosis ohne Dosisreduktion bereits eine Verbesserung der Verträglichkeit bewirken (z. B. bei sedierenden Antidepressiva Gabe der Hauptdosis zur Nacht; hierdurch kann sich auch ein zusätzliches Hypnotikum bei Schlafstörungen erübrigen). 5 Zieldosis für TZA bei der Depressionsbehandlung sollte in der Regel 150 mg/Tag sein, mindestens jedoch 75–100 mg, falls höhere Dosen nicht toleriert werden. Niedrigere Dosen gehen oft mit einer geringeren Erfolgsquote einher. Bei einigen TZA gibt es die Möglichkeit, die Plasmakonzentrationen zu bestimmen und damit die Dosierung
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5
Kapitel 1 · Antidepressiva
besser zu steuern (7 Kap. 1.10.1). Eine Dosiserhöhung kann bei TZA erfolgreich sein, wenn niedrigere Dosen nicht ausreichend waren. Bei einer Mehrzahl von Antidepressiva entspricht die Startdosis der Zieldosis; sie wird in einer Einmaldosis begonnen: Citalopram 20 mg, Duloxetin 60 mg, Escitalopram 10 mg , Fluvoxamin 100 mg, Fluoxetin 20 mg, Mirtazapin 30 mg, Paroxetin 20 mg, Sertralin 50–100 mg, Agomelatin 25 mg. Bupropion: 150 mg als Einzeldosis, 300 mg verteilt auf 2 Einnahmezeitpunkte. Der Zulassungsantrag als Antidepressivum wurde für eine Formulierung mit verzögerter Freisetzung gestellt (XL; «extended release«), die eine Einmalgabe ermöglicht. Bei SSRI ist ein verbesserter Therapieerfolg durch Dosiserhöhungen bei der Behandlung depressiver Störungen bisher nicht nachgewiesen. In einer Metaanalyse gibt es Hinweise, dass bei der schweren Depression 20 mg, bei der leichten dagegen 10 mg Escitalopram wirksam sind. Bei Venlafaxin und MAO-Hemmern ist dagegen damit zu rechnen, dass eine Dosiserhöhung einen Therapieerfolg zeigen kann, wenn niedrigere Dosen nicht erfolgreich waren. Bei Panikstörungen sollte die initiale Dosierung besonders vorsichtig erfolgen, da diese Patienten auf mögliche Nebenwirkungen oft empfindlich reagieren. Bei Zwangsstörungen sind in der Regel Dosen im oberen Dosierungsbereich der Substanzen erforderlich. Bei älteren Patienten und Patienten mit Risikofaktoren in Bezug auf unerwünschte Wirkungen sind meist niedrigere Dosen, besonders zu Beginn, notwendig. SSRI, Duloxetin, Mirtazapin, Reboxetin und Venlafaxin werden aber auch in den empfohlenen Zieldosen gut vertragen (7 Kap. 13.2.2). I. m.- oder i. v.-Applikation von Antidepressiva 7 Kap. 1.12.
1.10.1 Plasmakonzentrationen Zu allgemeinen pharmakokinetischen Aspekten 7 Kap. 1.8 und 7 Kap. 16. 5 Für einige Antidepressiva (insbesondere TZA) und für spezifische Indikationen ist die therapiebegleitende Kontrolle der Konzentrationen in Plasma oder Serum («Plasmaspiegel«) (therapeutisches Drug-Monitoring, TDM) zur Therapieoptimierung sinnvoll. Dies ermöglicht eine individuelle Dosisanpassung für den Patienten, da gleiche Dosierungen bei oraler Gabe in unterschiedlichem Ausmaß vom Patienten resorbiert und verstoffwechselt werden. Die Streuung der resultierenden Plasmakonzentrationen ist so hoch, dass von einer gegeben Dosis nicht zuverlässig auf
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1.10 · Dosierung
1
die Plasmakonzentration geschlossen werden kann. Dies gilt für alte und neue Antidepressiva. Die Konzentration am Wirkort ist die entscheidende Größe für Wirksamkeit und Nebenwirkungen. Plasmakonzentrationen korrelieren mit den Wirkspiegeln im Gehirn wesentlich besser als die Dosis. Daher ist der Plasmaspiegel von Antidepressiva ein geeigneter Surrogatparameter für Konzentrationen im Gehirn. 5 Mögliche Beziehungen zwischen Plasmakonzentration und klinischer Wirkung: − Es existiert eine untere Schwellenkonzentration, die für einen Therapieeffekt überschritten werden muss. − Es existiert eine untere und obere Schwellenkonzentration, zwischen denen die Plasmakonzentration für einen optimalen Therapieerfolg eingestellt werden sollte (»therapeutisches Fenster«). − Es existiert kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Plasmakonzentration und klinischer Wirkung. 5 Plasmakonzentrationen sollten immer im Steady state gemessen werden. Eine Übersicht gibt . Tab. 1.9. 5 Am besten belegt ist ein »«therapeutisches Fenster« für Nortriptylin; Empfehlungen für Plasmakonzentrationen können zudem für Imipramin, Desipramin und Amitriptylin gegeben werden. Für viele TZA, SSRI und andere Antidepressiva ist die Plasmakonzentrations-Wirkungs-Beziehung noch nicht geklärt. . Tab.1.9 Therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) Indikationen
5 5 5 5 5 5 5 5 5
Durchführung des TDM
5 Im Steady state (Gleichgewicht zwischen Zufuhr und Ausscheidung des Medikaments) 5 Faustregel: nach 5 Tagen gleicher Dosierung bei vielen AD Steady state erreicht (Ausnahme Fluoxetin) 5 Letzte Medikationsgabe abends; nach 12 h morgens Blutentnahme für TDM vor Tabletteneinnahme
Complianceverbesserung Kontrolle unerwünschter Effekte Kontrolle von Interaktionen Kontrolle bei unzureichendem Ansprechen Kontrolle bei Therapieresistenz Optimierung des Therapieerfolgs Kontrolle bei Rückfall Kontrolle bei Patienten mit Begleiterkrankungen Kontrolle bei Alterspatienten (>65 Jahre)
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1 2 3
Kapitel 1 · Antidepressiva
. Tab.1.9 (Fortsetzung) Kontrolle von ausgeprägten unerwünschten Effekten
5 Bei TZA steigt bei Konzentrationen oberhalb von 350 ng/ml das Risiko für delirante Symptome, Krampfanfälle, Überleitungsstörungen des Herzens (AV-Blockierungen)
4
1.10.2 Wirkungseintritt
5
In der Regel beobachtet man unter einer Behandlung mit Antidepressiva eine graduelle Besserung im Zeitverlauf. Voraussetzung ist eine kontinuierliche antidepressive Pharmakotherapie in einer ausreichend hohen Dosierung. 5 Die graduelle Besserung lässt sich bei späteren Respondern in der Mehrzahl der Fälle bereits in den ersten 2 Behandlungswochen erkennen. Eine mindestens 20%ige Besserung der depressiven Symptomatik in den ersten 2 Wochen ist zumindest bei ambulanten Patienten ein hochsensitiver Prädiktor einer späteren stabilen klinischen Response. Dies scheint für Antidepressiva unterschiedlicher pharmakologischer Wirkprofile zu gelten. Beobachtet man in den ersten 2 Wochen der Behandlung keine graduelle Besserung, sollte die Therapiestrategie überdacht und gegebenenfalls geändert werden (z. B. Dosiserhöhung, Augmentation, Präparatewechsel, Wechsel der Therapiestrategie, 7 Kap. 1.12). 5 Bei älteren Patienten scheint nach einer neueren Studie der Wirkungseintritt eher bei 4 Wochen zu liegen. 5 Eine langsame Aufdosierung kann den Wirkeintritt eines Antidepressivums verzögern; eine zu rasche Aufdosierung, besonders bei TZA, kann zu vermehrten Nebenwirkungen und unbefriedigender Compliance führen. 5 Gut verträgliche Substanzen, bei denen ein rasches Auftitrieren möglich ist, können zu einem schnelleren Wirkeintritt führen. Für Mirtazapin und Venlafaxin wurde ein solcher Effekt in kontrollierten Studien und in Metaanalysen im Vergleich zu SSRI beschrieben. Dabei ist eine frühe Besserung keine Garantie für eine anhaltende Response. 5 Je nach dem pharmakologischen Wirkprofil des Antidepressivums können einzelne Symptomkomplexe des depressiven Syndroms unterschiedlich schnell auf die Therapie ansprechen. Unter Mirtazapin bes-
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1.11 · Behandlungsdauer
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1
serten sich Schlafstörungen, Agitation und somatische Beschwerden im Behandlungsverlauf schneller als unter SSRI. 1.11
Behandlungsdauer
Patienten mit einer depressiven Episode entwickeln in mehr als 50% der Fälle im Verlauf weitere Episoden (unipolarer Verlauf, . Abb. 1.2; zu bipolaren Verläufen 7 Kap. 2). Bei mindestens jedem fünften Patienten klingt die depressive Symptomatik nicht vollständig ab, es persistieren subsyndromale Bilder, die den Patienten wesentlich beeinträchtigen. Etwa 15% der Patienten mit einer affektiven Störung suizidieren sich im Krankheitsverlauf. Ziel einer antidepressiven Therapie ist das Erreichen einer Remission. Depressive Residualsymptome sind ein hohes Risiko für einen Rückfall. Zur Anwendung der Psychotherapie 7 Kap. 1.5.
. Abb.1.2 Verlaufsschema bei unipolarer Depression (nach Kupfer, 1991)
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1
Kapitel 1 · Antidepressiva
Zur Therapieplanung unipolarer Verläufe werden unterschieden: Akuttherapie, Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe . Tab. 1.10 (bipolare Verläufe 7 Kap. 2).
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
. Tab.1.10 Übersicht über die Behandlungsabschnitte zur Therapieplanung bei depressiven Episoden (unipolar) Akuttherapie
Erhaltungstherapie
Rezidivprophylaxe
Kurzfristiges Ziel
Mittelfristiges Ziel
Langfristiges Ziel
Durchführung gemäß den unten genannten Empfehlungen bis zum Erreichen einer Teilremission über 4–6 Wochen (auch 8 Wochen werden diskutiert) bzw. einer Remission (dann s. Erhaltungstherapie)
Fortführung einer Behandlung, nachdem eine Remission erzielt wurde, zur Verhinderung eines Rückfalles in der Indexepisode und zur Festigung der Remission
Fortführung einer Behandlung zur Vermeidung eines Rezidivs (Auftreten einer neuen Episode nach vollständigem Abklingen der letzten Episode und durchgeführter Erhaltungstherapie); langfristige Symptomfreiheit
(Siehe aber auch Wirkungseintritt 7 Kap. 1.10.2
Dauer: in der Regel 6–9 Monate; immer häufiger werden 12 Monate empfohlen
Dauer: mindestens 3 Jahre nach der 3. Episode, ggf. über Jahre, evtl. lebenslang
Dosis: Beibehaltung der Dosis, die zur Remission führte
Dosis: Beibehaltung der Dosis, die zur Remission führte
Indikation: nach erfolgreicher Akuttherapie
Indikation: 5 3. Episode oder 5 2 Episoden in 5 Jahren oder 5 eine weitere schwere Episode innerhalb der letzten 3 Jahre oder 5 eine weitere Episode und positive Familienanamnese einer bipolaren Störung oder rezidivierende Depression oder
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1.11 · Behandlungsdauer
. Tab.1.10 (Fortsetzung) Akuttherapie
Erhaltungstherapie
Rezidivprophylaxe
Kurzfristiges Ziel
Mittelfristiges Ziel
Langfristiges Ziel 5 früher Beginn der Störung (vor dem 30. Lebensjahr) 5 gleichzeitig bestehende dysthyme Störung (»Doppeldepression«) oder Angststörung, Restsymptome während der Erhaltungstherapie
Vorgehen bei Beendigung: Antidepressiva nicht abrupt absetzen
Beendigung: 5 möglich, wenn keine weitere Episode anamnestisch bekannt ist 5 möglich, wenn eine leichte Episode mehr als 5 Jahre zurückliegt 5 nicht indiziert, wenn Akuttherapie nicht zur vollständigen Remission führte
Beendigung: Nach Abwägung des individuellen Risikos in Kenntnis der Vorgeschichte; bei bekannt schweren Verläufen lebenslange Behandlung erwägen
Vorgehen bei Beendigung: Dosisreduktion über 6–8 Wochen
Vorgehen bei Beendigung: Dosisreduktion über 3–6 Monate
1
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Kapitel 1 · Antidepressiva
1.11.1 Akuttherapie und Erhaltungstherapie Behandlungsdauer in der Akuttherapie 5 Die Remission sollte innerhalb von 4–6 Wochen eingetreten sein. Einige Autoren raten, 6–8 Wochen abzuwarten. Restsymptome können noch verbleiben. Manchmal tritt in diesem Zeitraum auch nur eine Teilremmission auf (7 Kap. 1.12). 5 Neu in der Bewertung der Behandlungsdauer in der Akuttherapie ist die Beurteilung des Wirkungseintritts. Wird in den ersten 2 Wochen keine Besserung von 20% beobachtet, sollte schon nach diesem Zeitraum ein Strategiewechsel der Antidepressiva-Therapie erwogen werden (7 Kap. 1.10.2). Bei älteren Patienten ist wahrscheinlich mit einer längeren Wirklatenz zu rechnen. 5 Während der Akuttherapie wird empfohlen, den Behandlungserfolg in einem 1- bis 2-wöchigem Abstand zu kontrollieren.
10
Behandlungsdauer in der Erhaltungstherapie 5 In dieser Phase, deren Länge jetzt bis zu einem Jahr diskutiert wird, soll einem Rückfall vorgebeugt werden. Restsymptome sollten nicht mehr vorhanden sein. Einzelheiten . Tab. 1.10. 5 Bei Halbierung der Dosis des Antidepressivums (Imipramin, Paroxetin) zeigte sich eine erhöhte Rezidivrate. 5 Es wird empfohlen, den Behandlungserfolg in einem 1- bis 2-monatigen Abstand zu kontrollieren.
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1.11.2 Rezidivprophylaxe
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Die Rezidivprophylaxe und damit die Langzeitbehandlung der Depression setzt nach erfolgreicher Akut- und Erhaltungstherapie ein. Für den Erfolg sind eine gute Psychoedukation und Compliance entscheidend; diese kann durch Psychotherapie gestützt werden. Der Patient sollte die Zeichen eines Rezidivs kennen (s. unten Rezidiv bei bestehender Rezidivprophylaxe). 5 Die Weiterführung einer Pharmakotherapie mit Antidepressiva (Einzelheiten . Tab. 1.10) ist die Strategie der Wahl bei der Rezidivprophylaxe. 5 Eine Diagnosenänderung hin zu einer bipolaren Depression wird generell bei 10–20% gesehen. 5 Lithium (7 Kap. 2, Präparat) scheint bei unipolarem Verlauf den Antidepressiva ebenbürtig zu sein, daneben gibt es Hinweise, dass das Suizidrisiko unter Lithium sinkt. Aus Gründen der Verträglichkeit
1.11 · Behandlungsdauer
5
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und Praktikabilität wird Lithium im Routinefall selten angewandt. Der Lithiumspiegel sollte zwischen 0,5 und 0,8 mmol/L liegen. Da bei einer langfristigen Behandlung das Nebenwirkungsprofil für die Compliance eine große Rolle spielt, sind die Vorteile der neueren Antidepressiva gegenüber den TZA in dieser Indikation besonders zu nutzen. Der Hintergrund einer langfristigen medikamentösen Behandlung nach Abklingen der subjektiven Beschwerden muss dem Patienten sorgfältig erläutert werden, um die Compliance zu sichern. Dem Patienten muss ein tragfähiges Krankheitsmodell vermittelt werden, das ihm eine Erklärung für die Notwendigkeit langfristiger Medikamenteneinnahme bei bereits überwundenen psychischen Beschwerden gibt (7 Kap. 1.5). Der Behandlungserfolg bei Durchführung einer Rezidivprophylaxe sollte in einem 2–3monatigen Abstand kontrolliert werden. Neueste Studien weisen darauf hin, dass das Risiko für »cycling acceleration« und die Induktion von Manien (wie bei der bipolaren Depression, 7 Kap. 2.4.2) unter Langzeittherapie mit neueren Antidepressiva geringer ist, als anfangs vermutet. Für TZA wird ein solches Risiko weiterhin angenommen.
Rezidiv bei bestehender Rezidivprophylaxe 5 Vorübergehende, leichte depressive Symptome treten im Verlauf häufig auf; sie können durch psychotherapeutische Intervention i. d. R. abgefangen werden. Treten dagegen die ersten Anzeichen eines Rezidivs – oft mit dem für den Patienten typischen Symptommuster – auf, sind entweder die Strategien unter 7 Kap. 1.12 anzuwenden oder auch die folgenden zu erwägen: 5 Bei einem Rezidiv trotz einer bestehenden Rezidivprophlaxe scheinen Lithium und Lithium in Kombination mit Carbamazepin (7 Kap. 2, Präparate) nach einer Studie wirksam zu sein. 5 Carbamazepin hat eine Indikation zur Rezidivprophylaxe bei der unipolaren Depression weiterhin eher dann, wenn Antidepressiva und Lithium versagen oder nicht vertragen werden.
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1.12
Kapitel 1 · Antidepressiva
Therapieresistenz und unzureichende Response
Das eigentliche Ziel einer antidepressiven Therapie ist das Erreichen einer Symptomfreiheit sowie der Wiederherstellung des psychosozialen Funktionsniveaus (Remission). Patienten, die eine Remission erreicht haben, besitzen eine günstigere Langzeitprognose. In klinischen Studien wird eine Response meist als mindestens 50%Reduktion der depressiven Symptomatik, gemessen anhand einer Schweregradskala, definiert. Von einer partiellen Response spricht man, wenn die erreichte Besserung zwischen 25 und 50% nach etwa 4–6 Wochen Behandlung beträgt. Non-Response liegt also vor, wenn in diesem Zeitraum weniger als 25% Besserung eintreten (. Abb. 1.3). Für eine Therapieresistenz gibt es bislang keine unumstritten akzeptierte Definition. Als Minimalkonsens sollte von Therapieresistenz gesprochen werden, wenn zwei verschiedene Antidepressiva mit unterschiedlichen Wirkprofilen jeweils nach 4–6 Wochen Behandlung in ausreichender Dosis wirkungslos waren. Etwa 60% profitieren klinisch nicht in ausreichendem Maße von einem ersten Therapieversuch von 8 Wochen mit einem Antidepressivum; d.h. es ist nicht zu der gewünschten Remission (Hamilton-Skala ≤ 7) gekommen. Bei 30% ist auch nach einem zweiten Versuch keine Remission eingetreten. Schließlich verbleibt auch nach mehreren Therapieversuchen eine Restgruppe chronisch Depressiver von ca. 15%. Je nach erreichter Besserung und der Anzahl der erfolglosen Behandlungsversuche können unterschiedliche Strategien sinnvoll sein. Eine empirisch abgesicherte Reihenfolge der im folgenden beschriebenen Therapiestrategien gibt es aber bislang nicht. 5 Stellt sich in den ersten beiden Behandlungswochen eine partielle Response ein, kann zunächst mit der begonnenen Behandlung fortgefahren werden. Bleibt sie aus, kann schon früh im Behandlungsverlauf von einer geringen Chance, in den nächsten 2–4 Wochen noch eine Response bzw. Remission zu erreichen, ausgegangen werden (7 Kap. 1.10). 5 Bei Vorliegen einer Non-Response gilt es zunächst, die antidepressive Behandlung in verschiedener Hinsicht zu optimieren (. Abb. 1.4.). Es sollte die Compliance des Patienten (z. B. Plasmaspiegelkontrolle) sowie die Diagnose überprüft werden. Eine Vertiefung der Psychoedukation und eine konsequente Psychotherapie sind anzustreben. Als Begleittherapien sind Bewegungs- und Lichttherapie sowie ggf. Schlafentzug frühzeitig einzusetzen.
1.12 · Therapieresistenz und unzureichende Response
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1
5 Bei weiterhin unzureichendem Therapieerfolg sollte anschließend eine der ebenfalls in . Abb. 1.4. dargelegten und im Folgenden erläuterten Strategien eingesetzt werden. Häufigste Strategien 5 Wechsel auf ein anderes Antidepressivum: Hierbei sollte ein Mittel mit anderem Angriffspunkt im ZNS gewählt werden, z. B. nach erfolgloser Gabe eines SSRI ein Antidepressivum mit überwiegender NA-Rückaufnahmehemmung. Allerdings zeigen Studien, dass nach Versagen eines SSRI bei einem Wechsel auf einen zweiten SSRI eine 25–50%ige Responsechance besteht. Eine Response kann noch nach 3-maligem Wechsel erwartet werden. 5 Dosiserhöhung (7 Kap. 1.10): Sie kann erfolgreich sein, ist aber durch Studien nur für einige Antidepressiva belegt (TZA, MAO-Hemmer, Venlafaxin). Sie scheint besonders bei partieller Response eine plausible Strategie zu sein. Bei TZA kann die Dosis bis zu 300 mg/Tag betragen (dann häufigere Kontrollen von EKG und ggf. EEG). Die Bestimmung der Plasmakonzentration des TZA kann eine relative Unterdosierung aufdecken (7 Kap. 1.10.1). Eine Dosiserhöhung unter SSRI ist i. d. R. nicht mit besseren Behandlungsergebnissen verknüpft; dies gilt auch für Bupropion. Kombinationsstrategien Darunter wird der gleichzeitige Einsatz von zwei Antidepressiva mit nachgewiesener antidepressiver Wirksamkeit in jeweiliger Monotherapie verstanden. Die komplexen pharmakologischen Wirkprofile von Antidepressiva geben heute immer früher dazu Anlass, zwei Antidepressiva zu kombinieren. Ausschlaggebend sind zwei Gründe: 1. Der oft komplementäre pharmakologische Wirkmechanismus des Antidepressivums öffnet neue Response-Chancen, z. B. verstärkte Serotonin-Rückaufnahme-Hemmung durch einen SSRI und gleichzeitigen präsynaptischen α2-Antagonismus durch Mirtazapin; durch die Blockade des 5-HT2A-Rezeptors (Mirtazapin) wird die therapeutische Wirkung der SSRI wahrscheinlich verstärkt. 2. Das Wirkspektrum zweier Antidepressiva kann eine breitere psychopathologische Symptomatik abdecken, z. B. Antriebssteigerung durch Venlafaxin und gleichzeitige Schlafförderung durch Mirtazapin.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
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. Abb.1.3 Grade der Besserung bei der unipolaren Depression
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Auf mögliche pharmakokinetische Interaktionen ist bei allen Kombinationen zu achten. Es empfehlen sich Plasmakonzentrationsmessungen (7 Kap. 1.10.1). Bewährt haben sich: 5 Kombination zweier Antidepressiva mit unterschiedlichen Wirkprofilen: − Kombination SSRI oder Venlafaxin mit Mirtazapin (s. oben); das Risiko eines zentralen Serotoninsyndroms vergrößert sich möglicherweise. − Eine Studie zur Kombination von Citalopram mit Bupropion war mit einer Remissionsrate von ca. 25% positiv. Nicht bewährt hat sich: 5 Kombination Amitriptylin mit langsam steigenden Dosen von Tranylcypromin. Sie ist risikoreich und sollte wegen besserer Alternativen vermieden werden. Besonders sind die Kontraindikationen zu beachten (MAO-Hemmer mit Antidepressiva mit überwiegender 5-HTRückaufnahmehemmung oder SSRI/Venlafaxin).
1.12 · Therapieresistenz und unzureichende Response
71
1
Therapieerfolg unter Antidepressiva unzureichend
Optimierung der Behandlung: Konsequente Psychotherapie
Psychoedukation vertiefen
Compliance überprüfen Plasmaspiegelkontrolle Diagnose überprüfen
Bewegungstherapie Lichttherapie Schlafentzug
Wenn keine Besserung, zusätzliche Optionen:
Wechsel des AD
Kombination: SSRI/Venlafaxin + Mirtazapin
Dosiserhöhung erwägen
Augmentation: AD + Lithium AD + SD-Hormone AD + AAP
Keine Besserung
EKB
. Abb.1.4 Wichtigste Maßnahmen bei unzureichendem Therapieerfolg. AD: Antidepressivum, AAP: atypische Antipsychotika, SD-Hormone: Schilddrüsenhormone
Augmentationsstrategien Unter Augmentation versteht man die Zugabe einer Substanz, für die als Monotherapie keine regelmäßige antidepressive Wirksamkeit angenommen wird. 5 Augmentation mit Lithium: Bei der am besten belegten Augmentationsstrategie werden Lithiumkonzentrationen wie bei der Phasenprophylaxe (0,6–0,8 mmol/l) angestrebt. Es wird ein synergistischer Effekt über die serotonerge Transmission angenommen. Ein Therapieerfolg kann nach 2–4 Wochen eintreten. Die Kombination SSRI und Lithium führte bei 50% der Patienten nach 1–2 Wochen (selten nach 6 Wochen) zu einer Response. Gesicherte Prädiktoren fehlen bislang, die Wahrscheinlichkeit einer Response scheint aber mit zunehmender Dauer und Dosis der Vorbehandlung abzunehmen. Ergebnisse einer Studie sagen aus, dass eine erfolgreiche Lithiumaugmentation min-
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Kapitel 1 · Antidepressiva
destens 1 Jahr fortgeführt werden soll. Ob ein Absetzen des Lithiums dann allerdings sinnvoll ist, wurde nicht untersucht. Augmentation mit Schilddrüsenhormonen: In kontrollierten Studien war die Gabe von T3 (L-Trijodthyronin) in Dosen von 25–50 μg zu einem TZA, in neuen Studien auch zu SSRI, bei therapieresistenten Patienten– auch bei euthyreoter Stoffwechsellage – erfolgreich. Die Zugabe von T4 (Thyroxin, 250–400 μg) in supraphysiologischen Dosen kann ebenfalls zu einem Therapieerfolg führen. Es gibt allerdings auch Studien, in denen diese Augmentation nicht wirksam war. Augmentation mit atypischen Antipsychotika: Es gibt zunehmend positive Berichte, die für den Einsatz in Kombination mit Antidepressiva sprechen. Augmentation mit Lamotrigin : eine Augmentation mit Lamotrigin ist bei Beachtung der Vorsichtskautelen (langsame Dosissteigerung) eine mögliche Strategie, für die es erste positive Berichte gibt. In einer offenen Studie zeigte eine Augmentation mit Lamotrigin ein der Lithiumaugmentation vergleichbar gutes Ergebnis. Augmentationen von Citalopram mit Buspiron ergaben eine Remission von je 25% nach 12 Wochen. Positive Behandlungsergebnisse an kleineren Patientenkollektiven gibt es für die Augmentation mit: − Dopaminagonisten (Bromocriptin, Modafinil, Pergolid); sowie auch mit dem Psychostimulanz Methylphenidat (Risiken 7 Kap. 10). Bei älteren Patienten hat eine Kombination von Citalopram und Methylphenidat positive Ergebnisse gezeigt. Auch Amantadin wurde mit positivem Ergebnis mit Antidepressiva kombiniert. − Hormonpräparaten (Östrogenpräparaten bei Frauen, Dehydroepiandrosteron); − Kortisolsynthesehemmern (Ketoconazol, Metyrapon). Augmentationsstrategien eines Antidepressivums mit Pindolol (7,510mg/Tag) oder Buspiron haben in kontrollierten Studien nicht regelhaft zu einem schnelleren Wirkeintritt geführt. Bei schwer oder therapieresistent depressiven Patienten wurde keine Wirksamkeit gesehen.
Andere Strategien 5 Sehr hoch dosierte Gabe von MAO-Hemmern oder SSRI: Die hoch dosierte Gabe von MAO-Hemmern (Tranylcypromin in Dosen über 40 mg; bis zu 180 mg/Tag sind beschrieben) kann zu einer Remission führen. Patienten müssen über die relativ hohen Risiken aufgeklärt werden. Ein schriftliches Einverständnis wird empfohlen. Auf Diätfeh-
1.13 · Präparate
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ler mit möglichen fatalen Folgen muss hingewiesen werden (hypertensive Krisen mit Blutungsgefahr). Zudem kommt eine orthostatische Hypotonie unter hohen Dosen von MAO-Hemmern häufiger vor. Risikoärmere Therapien verdrängen diese Strategie. Außerdem war Tranylcypramin in einer Studie nicht wirksamer als die risikoärmere Venlafax in/Mirtazapin-Kombination. Unter 100–300 mg Fluoxetin wurde bei Non-Respondern bei ca. 50% ein Therapieerfolg gesehen. Antidepressiva-Gabe als Tropfinfusion: Eine überlegene Wirkung der i.v.-Applikation gegenüber oraler Verabreichung ist nicht belegt. Die Antidepressiva-Tropfinfusion kann bei ausgewählten Patienten (orale Einnahme schwer möglich, Complianceprobleme) bereits im ersten Behandlungsschritt durchgeführt werden. Elektrokrampfbehandlung (7 Kap. 1.4.1) ist nach wie vor eine Therapiestrategie mit gut belegter Wirksamkeit bei Therapieresistenz. Neuere Untersuchungen weisen auf die Möglichkeit hin, die EKB schon frühzeitiger einzusetzen. Allerdings ist weiterhin unklar, welche Erhaltungstherapie bei Therapieerfolg nach EKB anzuwenden ist. Daher erfolgt ihr Einsatz oft erst, nachdem andere Strategien nicht erfolgreich waren. Repetitive transkranielle Magnetstimulation: 7 Kap. 1.4.1. Stimulation des N. vagus: 7 Kap. 1.4.1.
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Präparate1
Agomelatin2 Melatoninrezeptor-Agonist und selektiver Serotoninrezeptor-Antagonist Valdoxan (Servier)
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Bei Generika wurde auf die Angabe der Packungsgröße verzichtet. – Es wird auf die weiterführende und ergänzende Darstellung der Nebenwirkungen und Kontraindikationen in 7 Kap. 1.6,1.7 und 13 hingewiesen. Im Zulassungsprozess. Einzelheiten zu Darreichungsformen bei Drucklegung nicht bekannt.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Pharmakodynamik 5 Melatoninrezeptor-Agonist (MT1 und MT2). 5 Durch selektiven Antagonismus an 5-HT2c-Rezeptoren vermittelte Verstärkung der dopaminergen und noradrenergen Neurotransmission bei fehlender Monoaminrückaufnahmehemmung. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften, keine Beeinflussung adrenerger und dopaminerger Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 t½=1-2 h; Tmax= 1–2 h; orale Bioverfügbarkeit ca. 3%; Plasmaproteinbindung 95%. 5 Lineare Kinetik, Metabolisierung vorwiegend durch CYP 1A2 (90%, in geringerem Umfang auch CYP 2C9 und CYP 2C19), keine aktiven Metaboliten. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depression. 5 Erste Hinweise auf anxiolytische Wirkung. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 25 mg in einer abendlichen Einzeldosis, ggf. im Verlauf Dosissteigerung auf 50 mg. 5 Dosisanpassung bei Leberfunktionsstörungen, bei Nierenfunktionsstörungen scheint keine Dosisanpassung erforderlich. Nebenwirkungen 5 Sehr günstiges Nebenwirkungsprofil und gute Verträglichkeit. 5 Keine sexuelle Funktionsstörungen; keine Tagesmüdigkeit bei Verbesserung des Schlafverhaltens (Verkürzung der Einschlaflatenz und der Schlafqualität) bei depressiven Patienten, keine Änderung der Schlafarchitektur bei gesunden Probanden; keine Absetzsymptome.
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Kontraindikationen 5 Kombination mit Fluvoxamin oder anderen potenten Inhibitoren von CYP 1A2 wie Ciprofloxacin führen zu einer deutlichen Erhöhung der Plasmaspiegel von Agomelatin, die Kombination mit potenten CYP 1A2 Inhibitoren ist daher kontraindiziert.
1.13 · Präparate
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Interaktionen 5 Agomelatin wird vorwiegend durch CYP 1A2 metabolisiert. Bei Kombination eines Inhibitors dieses Cytochroms mit Agomelatin ist eine Erhöhung des Plasmaspiegels möglich, durch Induktion von CYP 1A2 kann es zu einer Verringerung kommen (verringerte Plasmaspiegel bei Rauchern). 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen. Bewertung Antidepressivum mit neuartigem pharmakologischem Profil und guter Verträglichkeit. Ob ein klinisch relevanter Vorteil gegenüber anderen Antidepressiva besteht, ist derzeit nicht beurteilbar.
Amitriptylin Trizyklisches Antidepressivum Amineurin (Hexal) Tbl. 10, 25, 50, 100 mg (Amineurin retard) Kps. 25, 50, 75 mg (Amineurin retard) Amitriptylin (Declimed) Kps. 25, 50, 75 mg (retard Desitin) Amitriptylin beta (betapharm) Tbl. 10, 25 mg Kps. 25, 50, 75 mg (Retard) Amitriptylin-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 25, 75 mg Amitriptylin-neuraxpharm (neuraxpharm) Drg. 10, 25, 50 mg Tbl. 75, 100 mg Kps. 25, 50, 75 mg (Retard) Lsg. 40 mg=20 Trpf.=1 ml
Amitriptylin-RPh (Rodleben Pharma) Tbl. 25 mg Novoprotect (Merk dura) Tbl. 10, 25 mg Kps. 25, 75 mg (Retard) Saroten (Bayer Vital) Tbl. 50 mg (Saroten Tabs) (20, 50, 100 Tbl.) Tbl. 75 mg (Saroten retard Tabs) (20, 50, 100 Tbl.) Amp. 50 mg/2 ml (5 Amp.) Syneudon (Krewel Meuselbach) Tbl. 50 mg
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Pharmakodynamik 5 Etwa gleich starke Hemmung der NA- und 5-HT-Rückaufnahme (pharmakologisch aktiver Metabolit Nortriptylin inhibiert bevorzugt die NA-Rückaufnahme). 5 Stark ausgeprägte antiadrenerge, aber auch anticholinerge und antihistaminerge Wirksamkeit (bei Amitriptylin, weniger beim Metaboliten Nortriptylin). Pharmakokinetik 5 t½=10–28 h nach oraler Gabe (Nortriptylin 30 h); Tmax=ca. 1–5 h; Bioverfügbarkeit ca. 45%; Plasmaproteinbindung 94–97%. 5 N-Demethylierung durch CYP2C19, CYP2C8 und CYP2C9 zum aktiven Hauptmetaboliten Nortriptylin und Hydroxylierung durch CYP2D6 und CYP3A4 5 Plasmakonzentration (Summe Amitriptylin und Nortriptylin): 80– 200 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz: ausgeprägter (akuter) sedierender Effekt (bei Schlafstörungen oder Suizidalität vorteilhaft). 5 Langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz. 5 Schlafstörungenz: Es empfiehlt sich bei depressiven Störungen eine Dosisverteilung (z. B. ein Drittel morgens, zwei Drittel abends); bei Schlafstörungen ohne depressive Symptomatik ist ein Versuch mit 25–50 mg Amitriptylin angezeigt. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei Bulimie. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 Oral: Beginn mit 2- bis 3-mal 25 mg, dann Erhaltungsdosis 3-mal 50 mg oder 2-mal 75 mg/Tag (ambulant: 150 mg/Tagz); bei älteren Patienten kann die halbe Dosis ausreichend sein. In der Klinik Erhöhung bis auf 300 mg/Tagz möglich. Bei Schlafstörungen Erhöhung der Abenddosis. 5 Zur Schmerzbehandlung: 50–150 mg/Tag verteilt auf 2-3 Einzelgaben. 5 Parenteral: als Tropfinfusion 25–100 mg in 500 ml Standardinfusionslösung in aufsteigender Dosierung (3–7 Tage über mindestens 90 min mit Tropfgeschwindigkeit von 1,5 ml/min; dann Übergang auf orale
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Medikation); auch i.m.-Injektion möglich, jedoch ohne klinischen Nutzen. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig, insbesondere zu Beginn: Müdigkeit, vegetative Symptome wie Schwindel, Mundtrockenheit, Akkommodationsstörungen, Tachykardien. 5 Häufig: orthostatische Dysregulationen, insbesondere bei älteren Patienten; Störungen der Erregungsleitung des Herzens (Verlängerung des QT-Intervalls, Herzrhythmusstörungen); delirante Syndrome, insbesondere unter rascher Dosissteigerung; Gewichtszunahme. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahyperplasie mit Harnverhalt, Delirien, Pylorusstenose, paralytischer Ileus. 5 Angeborenes langes QT-Syndrom, Hypokaliämie, Bradykardie. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und koronare Herzerkrankung); Kombination mit MAOH (unter stationären Bedingungen möglich, 7 Kap. 1.12). Interaktionen ! Unter Kombination mit Fluoxetin ist über schwere Intoxikationen
berichtet worden.
5 Kombination mit Fluvoxamin oder Inhibitoren von CYP 2D6 wie Paroxetin, Bupropion oder Propranol (. Tab. 1.4) führen zur Erhöhung der Plasmaspiegel von Amitriptylin und Nortriptylin. Kombination daher unter Plasmaspiegelkontrolle. 5 Weitere Interaktionen 7 Kap. 1.8. Bewertung Gut bewährtes Antidepressivum mit sedierender Wirkung, aber starken anticholinergen Eigenschaften.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Amitriptylinoxid Trizyklisches Antidepressivum Amioxid-neuraxpharm (Neuraxpharm) Tbl. 30, 60, 90, 120 mg
Equilibrin (Aventis Pharma) Tbl. 30, 60, mg (20, 50, 100 Tbl.) Tbl. 90, 120 mg Tabs (20, 50, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik (siehe Amitriptylin) 5 Geringere periphere anticholinerge Wirkungen als unter Amitriptylin bei gleich starker zentraler anticholinerger Wirksamkeit. Pharmakokinetik 5 t½=ca. 2 h; Tmax=20–80 min; Bioverfügbarkeit 77%; Plasmabindungskapazität 80%. 5 Metabolisierung zu Amitriptylin und Nortriptylin, die Metaboliten sind die eigentlichen Wirkstoffe (s. Amitriptylin). 5 Plasmakonzentration (Amitriptylin plus Nortriptylin): 80–200 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise s. Amitriptylin
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Dosierung 5 Ambulant einschleichender Beginn bis auf Tagesdosis von 180 mg (ambulant maximal 150 mg/Tagz); unter stationären Bedingungen auch Steigerung bis 300 mg/Tagz möglich (in Ausnahmefällen höher). 5 Dosisverteilung wie Amitriptylin.
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Nebenwirkungen 5 Wie Amitriptylin, vegetative Nebenwirkungen angeblich geringer.
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Kontraindikationen s. Amitriptylin
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Interaktionen s. Amitriptylin und 7 Kap. 1.8 Bewertung Wirksames Antidepressivum. Ein im Vergleich zu Amitriptylin günstigeres Nebenwirkungsprofil ist klinisch nicht abgesichert.
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Bupropion3 Noradrenalin-Dopamin-Rückaufnahme-Inhibitor Zyban (GlaxoSmithKlein) Tbl. 150 mg (Retardtabletten) (30, 60, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5
7 Kap. 7.4
Pharmakokinetik 5 Zyban: 7 Kap. 7.4. 5 Die Angaben zur Pharmakokinetik der sich als Antidepressivum im Zulassungsprozess befindlichen Formulierung mit verzögerter Freisetzung (»Wellbutrin® XL«) sind ggf. nach Markteinführung der entsprechenden Fachinformation zu entnehmen. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depression. Positiv geprüft bei der SAD. 5 Zur Entwöhnungsbehandlung bei Nikotinabhängigkeit in Verbindung mit unterstützenden motivierenden Maßnahmenz. 7 Kap. 7.4, Präparat. Dosierung 5 Zyban: Beginn mit 150 mg, nach 7 Tagen Dosissteigerung auf 300 mg/ Tag in 2 Einzelgaben. 5 In der Raucherentwöhnungsbehandlung 7 Kap. 7.4. Nebenwirkungen 5
7 Kap. 7.4
5 Bei Überdosierungen sind Krampfanfälle möglich. Kontraindikationen 7 Kap. 7.4 Interaktionen 7 Kap. 7.4
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In Deutschland als Antidepressivum im Zulassungsprozess.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Bewertung Nichtsedierendes, neues Antidepressivum. In Deutschland als Antidepressivum bislang nicht zugelassen, in den USA seit 2003 zugelassen. Ein Zulassungsantrag als Antidepressivum in einer Formulierung mit verzögerter Freisetzung und Möglichkeit der Einmalgabe (Wellbutrin® XL) wurde gestellt. Citalopram Selektiver Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitor (SSRI)
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Cipramil (Lundbeck) Tbl. 20, 40 mg (20, 50, 100 Tbl.) Amp. 20 mg=0,5 ml Infusionslösungskonzentrat (5 Amp.)
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Citadura (Merck dura) Tbl. 10, 20, 40 mg
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CitaLich (Winthrop) Tbl. 10, 20, 40 mg
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Citalon (Krewel Meuselbach) Tbl. 20, 40 mg
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Citalopram-1A Pharma (1A Pharma) Tbl. 10, 20, 30, 40, 60 mg
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Citalopram AbZ (AbZ-Pharma) Tbl. 20, 40 mg
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Citalopram AL (ALIUD Pharma) Tbl. 10, 20, 40 mg
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Citalopram AWD (AWD Pharma) Tbl. 10, 20, 40 mg
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Citalopram beta (betapharm) Tbl. 20, 30, 40, 60 mg
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Citalopram-biomo (biomo) Tbl. 10, 20, 40 mg
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Citalopram-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 20, 40 mg
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Citalopram dura (Merck dura) Tbl. 10, 20, 40 mg Citalopram HEXAL (HEXAL) Tbl. 10, 20, 30, 40, 60 mg Citalopram Hormosan (Hormosan) Tbl. 10, 20, 40 mg Citalopram-ISIS (ALPHARMA-ISIS) Tbl. 10, 20, 40 mg Citalopram-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10, 20, 40 mg Citalopram-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10, 20, 40 mg Citalopram Sandoz (Sandoz) Tbl. 10, 20, 40 mg Citalopram Stada (Stadapharm) Tbl. 10, 20, 40 mg Citalopram TAD (TAD Pharma) Tbl. 20, 40 mg Citalo-Q (Juta Pharma/Q-Pharm) Tbl. 10, 20, 40 mg Serital (Temmler Pharma) Tbl. 20, 40 mg
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Pharmakodynamik 5 Selektive Hemmung der 5-HT-Rückaufnahme. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 t½=ca. 33 h; Tmax=ca. 3 h; orale Bioverfügbarkeit ca. 80%; Plasmaproteinbindung ca. 80%. 5 Metabolisierung durch CYP2C19, CYP3A4 und CYP2D6 zu zwei schwach aktiven Metaboliten: Desmethylcitalopram (t½=ca. 50 h), Didesmethylcitalopram (t½=ca. 100 h). 5 Plasmakonzentration: 30–130 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Panikstörung mit und ohne Agoraphobiez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei Zwangsstörungen. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei sozialer Phobie. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. 5 SSRI in der Schwangerschaft: 7 Kap. 14. Dosierung 5 20 mg/Tag in einer morgendlichen Einzeldosis (niedrigste wirksame Dosis und Erhaltungsdosis); im weiteren Verlauf ggf. Steigerung auf maximal 60 mg/Tagz . Bei älteren Patienten mit 10–20 mg/Tag beginnen, im weiteren Verlauf maximal Steigerung auf 40 mg/Tagz. 5 Bei Panikstörung mit 10 mg beginnen, Steigerung auf 20 mg/Tag, im weiteren Verlauf maximal Steigerung auf 60 mg/Tagz . 5 Bei eingeschränkter Leberfunktion Dosisanpassung (maximal. 30 mg/ Tagz) bzw. Verlängerung des Dosierungsintervalls; bei leichten bis mäßigen Nierenfunktionsstörungen ist keine Dosisanpassung erforderlich. Nebenwirkungen 5 Häufig: besonders in der Anfangsphase Appetitlosigkeit, verstärkte Schweißneigung, Übelkeit, gelegentlich Erbrechen, Diarrhö. Vor allem bei höheren Dosierungen und zu Therapiebeginn innere Unruhe und Agitiertheit, Schlafstörungen; Kopfschmerzen; Tremor; Schwindel; Zwangsgähnen. 5 Gelegentlich: sexuelle Funktionsstörungen, insbesondere Ejakulationsverzögerungen, Libidominderungen, Orgasmusstörungen. 5 In Einzelfällen: SIADH (7 Kap. 1.6), dann v. a. bei älteren Patienten.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Kontraindikationen 5 Kombination mit MAOH: MAOH können frühestens 7 Tage nach Absetzen von Citalopram angesetzt werden; Citalopram kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden. 5 Kombination mit Triptanen oder tryptophanhaltigen Arzneimitteln. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen. Interaktionen 5 Sehr geringes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial. 5 Bei Kombination mit Lithium sind pharmakodynamische Wirkungsund Nebenwirkungsverstärkungen möglich. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum. Clomipramin Trizyklisches Antidepressivum Anafranil (Dolorgiet) Drg. 10, 25 mg (20, 50, 100 Drg.) Tbl. 75 mg (Anafranil retard) (20, 50, 100 Tbl.) Amp. 25 mg/2 ml (10, 100 Amp.) Clomipramin von ct (ct-Arzneimittel) Tbl. 10, 25 mg Tbl. 75 mg (retard)
Clomipramin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10, 25 mg Tbl. 75 mg (retard) Clomipramin Sandoz (Sandoz) Tbl. 10, 25 mg Tbl. 75 mg (retard)
Clomipramin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10, 25 mg Tbl. 75 mg (retard)
Pharmakodynamik 5 Starker, aber nicht spezifischer SRI; auch NA-Rückaufnahmehemmung v. a. durch den aktiven Metaboliten Desmethylclomipramin. 5 Leichte bis mäßige 5-HT2-, leichte DA2-Blockade. 5 Anticholinerge und α1-antagonistische Eigenschaften.
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Pharmakokinetik 5 t½=16–60 h (Clomipramin) bzw. 36 h (Desmethylclomipramin); Tmax=3–4 h (unretardierte Form) bzw. 5–8 h (retardierte Form); orale Bioverfügbarkeit ca. 50%; Plasmaproteinbindung 98%. 5 Metabolisierung zum aktiven Metaboliten Desmethylclomipramin durch CYP2C19, CYP1A2 und CYP3A4 sowie zu Hydroxymetaboliten durch CYP2D6. 5 Plasmakonzentration (Summe Clomipramin und Desmethylclomipramin): 175–450 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Syndrome unabhängig von ihrer nosologischen Zuordnungz. 5 Zwangsstörungz: Die Wirkung setzt häufig später als bei einer Depression ein (gelegentlich erst nach 6–8 Wochen) und ist unabhängig vom antidepressiven Effekt. 5 Panikstörungz. 5 Phobienz. 5 Langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz. 5 Schlaflähmung, Kataplexie und hypnagoge Halluzinationen bei Narkolepsiez. 5 Enuresis nocturna (ab dem Alter von 5 Jahren und nach Ausschluss organischer Ursachen)z. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 Oral: − Depressive Störungen: initial 25–75 mg, Erhaltungsdosis: Tagesdosen um ca. 100 mg (75–150 mg als retardiertes Präparat) können für viele Patienten adäquat sein, Erhöhung auf 3-mal 75 mg/Tag möglich (unter stationären Bedingungen raschere Aufdosierung möglich, z. B. innerhalb von 3 Tagen auf 225 mg, maximal 300 mg/Tagz); bei älteren Patienten niedrigere Dosis. − Zwangsstörung: zunächst oft höhere Dosen, nach Ansprechen langsame Reduktion auf übliche Erhaltungsdosis. − Panikstörung: Beginn mit sehr niedrigen Dosen (10–25 mg/Tag), da bei Therapiebeginn auftretende Nebenwirkungen als Verschlechterung verkannt werden können; zur Erhaltungstherapie ist i. Allg. die antidepressiv wirksame Dosis ausreichend (s. oben), möglicherweise
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Kapitel 1 · Antidepressiva
auch niedrigere Dosierungen (30–100 mg/Tag), insbesondere bei längerfristiger Erhaltungstherapie. − Bei Kataplexie: 25–75 mg/Tag, bei Schmerzsyndromen 75-150 mg/ Tag. − Bei Enuresis: 10-50 mg/Tag am Abend, ggf. bei frühem Einnässen Teildosis um 16.00 Uhr. 5 Parenteral: − Tropfinfusion 25–75 mg in 250–500 ml Standardinfusion in aufsteigender Dosierung über 90–180 min; Steigerung bis 150 mg/Tagz möglich; nach Besserung Umstellung auf orale Medikation. − i.m.-Injektion möglich, jedoch ohne klinischen Nutzen. Nebenwirkungen 5 Häufig: besonders zu Therapiebeginn innere Unruhe, Agitiertheit, Schlafstörungen (ggf. Benzodiazepingabe). In den ersten Tagen anticholinerge Nebenwirkungen: Trockenheit der Schleimhäute, Akkommodationsstörungen, Obstipation, Harnverhalt. 5 Gelegentlich: Krampfanfälle in Dosen bis 250 mg/Tag bei ca. 0,5%, in Dosen ab 300 mg bei ca. 2% der Patienten; Störungen der Erregungsleitung des Herzens; sexuelle Funktionsstörungen. 5 Besonders bei Infusionstherapie Blutdrucksenkung möglich. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie, Pylorusstenose, paralytischer Ileus; Delir. 5 Kombination mit MAOH; sowohl vor als auch nach der Behandlung mit Clomipramin sollte ein Sicherheitsabstand von 2 Wochen zur Verordnung eines MAOH eingehalten werden; nach Absetzen des reversiblen MAOH Moclobemid ist ein Wechsel auf Clomipramin am übernächsten Tag möglich. 5 Kombination mit tryptophanhaltigen Arzneimitteln. 5 Bei Thrombosegefahr keine Infusionstherapie. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft, kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und koronare Herzerkrankung).
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Interaktionen ! Kombination mit Fluvoxamin, Fluoxetin oder Paroxetin führt zur
Erhöhung der Plasmaspiegel von Clomipramin; Kombination daher ausschließlich unter Plasmaspiegelkontrolle.
5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Bewährtes gut wirksames Antidepressivum mit anticholinergen Eigenschaften. Referenzsubstanz bei der Behandlung von Zwangsstörungen. Psychopharmakon der ersten Wahl bei der Therapie chronischer Schmerzsyndrome. Desipramin Trizyklisches Antidepressivum Petylyl (Temmler Pharma) Drg. 25 mg (50 Drg.)
Pharmakodynamik 5 Demethylierter Hauptmetabolit von Imipramin. 5 Starker, relativ spezifischer NA-Rückaufnahme-Inhibitor. 5 Geringere anticholinerge Eigenschaften als Imipramin. Pharmakokinetik 5 t½=17–27 h (im Alter erhöht); Tmax=3–6 h; orale Bioverfügbarkeit ca. 50%; Plasmaproteinbindung ca. 90%. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP 2D6, Bildung hydoxylierter Metaboliten. 5 Plasmakonzentration: 100–300 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Störungenz. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Dosierung 5 In den ersten 3 Tagen Beginn mit 3-mal 25 mg, Erhaltungstherapie in der Regel mit 3-mal 50 mg/Tag, maximal 250 mg/Tagz, bei älteren Patienten niedriger dosieren. 5 Bei gleichzeitig bestehenden Schlafstörungen keine Verordnung am späten Abend. Nebenwirkungen 5 Häufig: vegetative Symptome (geringer als unter Imipramin); Unruhe, Schlafstörungen. 5 Gelegentlich: Störungen der Erregungsleitung des Herzens. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie mit Restharnbildung, Pylorusstenose, paralytischer Ileus; Delir. 5 Relative Kontraindikationen: Suizidalität (bei bestehender Suizidalität kann auf Desipramin zurückgegriffen werden, wenn eine vorübergehende Kombination mit Benzodiazepinen – auch in höherer Dosierung – vertretbar ist); Prostatahypertrophie; schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und koronare Herzerkrankung); Kombination mit MAOH. Interaktionen 5 Kombination mit Fluoxetin, Paroxetin, Bupropion, Methadon, Metoprolol oder anderen CYP-2D6-Hemmstoffen (. Tab. 16.4) erhöht die Plasmaspiegel von Desipramin. Kombination unter Plasmaspiegelkontrolle. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames Antidepressivum mit präferenzieller NA-Rückaufnahmehemmung; geringere anticholinerge Eigenschaften als Amitriptylin oder Imipramin.
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Dosulepin Trizyklisches Antidepressivum Idom (Biokanol) Kps. 25 mg (50 Kps.) (Idom mite) Drg. 75 mg (20, 50 Drg.)
Dosierung 5 Einschleichender Beginn; Steigerung bis auf 150 mg/Tagz; unter stationären Bedingungen auch mehr. Bewertung Aufgrund der Vielzahl im Handel befindlicher Antidepressiva ist Dosulepin bei depressiven Störungenz für die psychiatrische Pharmakotherapie entbehrlich. Besondere Vorsicht bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doxepin Trizyklisches Antidepressivum Aponal (Roche) Drg. 5 mg (100 Drg.), 10, 25 mg (50, 100 Drg.) Tbl. 50, 100 mg (50, 100 Tbl.) Trpf. 10 mg=20 Trpf.=1 ml (30 ml, 3×30 ml) Amp. 25 mg=2 ml=1 Amp. (5 Amp.)
Doxepin beta (betapharm) Kps. 10, 25, 50 mg
Doneurin (Hexal) Tbl. 10, 25, 50, 75, 100 mg Kps. 10, 25, 50, 75, 100 mg
Doxepin dura (Merck dura) Kps. 10, 25, 50 mg
Doxepia (Temmler Pharma) Tbl. 50, 100 mg Doxepin (Holsten Pharma) Tbl. 25, 50, 75, 100 mg Doxepin-1A Pharma (1A Pharma) Tbl. 25, 50, 100 mg Doxepin AL (Aliud Pharma) Tbl. 50, 100 mg
Doxepin beta T (betapharm) Tbl. 50, 100 mg doxepin-biomo (biomo) Tbl. 50, 100 mg
Doxepin dura T (Merck dura) Tbl. 50, 100 mg Doxepin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10, 25, 50, 75, 100 mg Trpf. 40 mg=20 Trpf.=1ml Doxepin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 25, 50, 100 mg
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Kapitel 1 · Antidepressiva
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Doxepin Sandoz (Sandoz) Kps. 10, 25, 50, 75, 100 mg
Doxe TAD (TAD Pharma) Tbl. 25, 50 mg
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Doxepin Stada (Stadapharm) Tbl. 50, 100 mg
Mareen (Krewel Meuselbach) Tbl. 50, 100 mg
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Pharmakodynamik 5 Neben Amitriptylin wichtigster Vertreter der Antidepressiva mit sedierender Wirkung; auch strukturchemisch besteht Ähnlichkeit mit Amitriptylin. 5 Besonders starke antihistaminerge Wirkung. 5 NA-Rückaufnahmehemmung etwas stärker als 5-HT-Rückaufnahmehemmung. 5 Anticholinerge und α1-antagonistische Effekte. Pharmakokinetik 5 t½=15–20 h (Doxepin) bzw. das 2- bis 4fache (Desmethyldoxepin); Tmax=2–4 h (Doxepin) bzw. 2–10 h (Desmethyldoxepin), orale Bioverfügbarkeit 30%, Plasmaproteinbindung 80%. 5 N-Demethylierung bevorzugt durch CYP 2C19 zum aktiven Metaboliten Desmethyldoxepin, Hydroxylierung durch CYP2D6. 5 Plasmakonzentration: 50–150 ng/ml (Summe Doxepin und Desmethyldoxepin)(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz: deutliche Sedierung nach oraler Medikation (stärkere Sedierung durch parenterale Anwendung, jedoch zeigt Dosiserhöhung bei oraler Applikation gleichen Effekt; daher i.v.- bzw. i.m.Verabreichung verzichtbar). 5 Schlafstörungenz. 5 Leichte Entzugserscheinungen bei Alkohol-, Medikamenten-, Drogenabhängigkeitz. 5 Angstsyndromez. 5 chronische Schmerzsyndromez. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9.
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Dosierung 5 Oral: Beginn einschleichend mit 3-mal 25 mg, Erhaltungsdosis 3-mal 50 mg bis 3-mal 75 mg/Tag, bei älteren Patienten niedrigere Dosierung; in Ausnahmefällen unter stationären Bedingungen Erhöhung bis auf 300 mg/Tagz möglich. 5 Bei Schlafstörungen im Rahmen depressiver Störungen Dosisverteilung mit Hauptdosis zum Abend; bei Schlafstörungen ohne depressive Symptomatik Versuch mit 25–100 mg am Abend. 5 Bei Entzugssyndromen ist häufig die Höchstdosis notwendig (z. B. 3-mal 50 mg bis 6-mal 50 mg/Tag in den ersten 3 Tagen, dann schrittweise Reduktion). 5 Bei chronischen Schmerzsyndromen Beginn mit 25-50 mg/Tag, ggf. Steigerung auf 150 mg/Tag. 5 Parenteral: als Tropfinfusion bis 150 mg/Tagz in steigender Dosierung in einer Standardinfusionslösung, nach Besserung Umstellung auf orale Therapie in absteigender Dosierung; i.m.-Injektion möglich, jedoch ohne klinischen Nutzen. Nebenwirkungen 5 Häufig: anticholinerge Begleitwirkungen (Mundtrockenheit, Akkommodationsstörungen, Obstipation), besonders bei höherer Dosierung; initiale Müdigkeit. 5 Gelegentlich: orthostatische Hypotonie, Störungen der Erregungsleitung des Herzens; daher sorgfältige Kreislaufkontrollen besonders in der initialen Therapiephase; Gewichtszunahme. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und koronare Herzerkrankung); Kombination mit MAOH (unter stationären Bedingungen u. U. möglich, 7 Kap. 1.12). Interaktionen 5 Kombination mit Fluvoxamin erhöht die Plasmaspiegel von Doxepin; daher Kontrolle der Plasmaspiegel. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Bewertung Wirksames Antidepressivum mit ausgeprägten sedierenden und anticholinergen Eigenschaften.
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Duloxetin Serotonin- und Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitor; duales Antidepressivum Cymbalta (Lilly/Boehringer Ingelheim) Kps. 30 mg (7, 28 Kps) Kps. 60 mg (28, 98 Kps)
Pharmakodynamik 5 Selektive Hemmung der 5-HT- und NA-Rückaufnahme. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften, keine Blockade dopaminerger, serotonerger oder opioiderger Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 t½=9–19 h (im Mittel 12,5 h). 5 Lineare Kinetik, extensiver Metabolismus unter Beteiligung von CYP1A2 und CYP2D6, keine aktive Metabolite. 5 Plasmakonzentration: 20–80 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depressionz; erste Hinweise auch auf rezidivprophylaktische Wirkung über 26 Wochen. 5 Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathiez. 5 Hinweis auf Wirkung bei Fibromyalgie. 5 Erste Hinweise auf Wirkung bei der GAD. 5 Indikation außerhalb der Psychiatrie: Frauen mit mittelschwerer und schwerer Belastungsinkontinenz (2x40 mg Yentreve®). 5 Bis auf anfängliche leichte Blutdruckerhöhung kein unterschiedliches kardiovaskuläres Profil im Vergleich zu SSRI. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 Start- und Erhaltungsdosis 60 mg/Tag, Zieldosis 60–120 mg/Tagz.
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Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: besonders in den ersten Behandlungswochen: Übelkeit; Schlaflosigkeit; Kopfschmerzen; Mundtrockenheit, Obstipation. 5 Häufig: verminderter Appetit; Angst; Schwindel, Schläfrigkeit, Nervosität; Diarrhö, Erbrechen; vermehrtes Schwitzen; Erhöhung der Leberenzymwerte; Libidoverminderung, Anorgasmie, Ejakulationsverzögerungen, erektile Dysfunktion. 5 Gelegentlich: Agitiertheit; Tachykardie; Blutdruckanstieg; Hepatitis. 5 Absetzsymptome, besonders Übelkeit und Erbrechen, können nach abruptem Absetzen von Duloxetin auftreten (7 Kap. 1.6); Ausschleichen über 2 Wochen wird empfohlen. Kontraindikationen 5 Leber- und Nierenfunktionsstörungen; Kombination mit Fluvoxamin, Ciprofloxacin oder Enoxacin (starke CYP-1A2-Inhibitoren), Kombination mit nichtselektiven, irreversiblen MAOH. 5 Relative Kontraindikationen: bekannte Blutungsneigung; erhöhter Augeninnendruck oder Engwinkelglaukom; Kombination mit anderen serotonergen Arzneimitteln, Johanniskrautpräparaten. Interaktionen 5 Bei Kombination eines Inhibitors von CYP1A2 oder CYP2D6 kann es zu einer Serumspiegelerhöhung von Duloxetin kommen, durch Induktion von CYP 1A2 kann es zu einer Verringerung kommen (Raucher haben einen um 50% reduzierten Serumspiegel). Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum (SNRI). Zugelassen auch für die Behandlung von Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie. Ein möglicher Vorteil bei Schmerzsyndromen gegenüber anderen Antidepressiva ist noch nicht belegt (7 Kap. 1.4.8).
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Escitalopram Selektiver Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitor (SSRI) Cipralex (Lundbeck) Tbl. 10, 20 mg (20, 50, 100 Tbl.) Trpf. 10 mg=1ml=20 Trpf. (28 ml Lsg.)
Pharmakodynamik 5 S-Enantiomer des razemischen Gemischs Citalopram. 5 Selektive Hemmung der 5-HT-Rückaufnahme (unter den SSRI am selektivsten). Hemmung der sekundären Bindungsstelle des Serotonintransporters. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 t½=ca. 30 h; Tmax=ca. 4 h; orale Bioverfügbarkeit ca. 80%; Plasmaproteinbindung ca. 80%. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2C19 und CYP3A4 und Bildung zweier schwach aktiver Metabolite (Demethylescitalopram, Didemethylescitalopram). 5 Plasmakonzentration: 15–80 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depressionz. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobiez. 5 GADz. 5 Soziale Phobiez. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. 5 SSRI in der Schwangerschaft: 7 Kap. 14. Dosierung 5 Major Depression, GAD, soziale Phobie: Start- und Erhaltungsdosis 10 mg/Tag in einer morgendlichen Einzeldosis, ggf. Dosissteigerung auf 20 mg/Tagz, bei sozialer Phobie ggf. im Verlauf auch Dosisreduktion auf 5 mg/Tag. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobie: Beginn mit 5 mg/Tag für 1 Woche, Erhaltungsdosis 10 mg/Tag, ggf. Steigerung bis auf max. 20 mg/Tagz.
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5 Bei älteren Patienten (>65 Jahre) ggf. Beginn mit 5 mg/Tag und ggf. reduzierte Erhaltungsdosis. 5 Bei eingeschränkter Leberfunktion in den ersten 2 Behandlungswochen 5 mg täglich empfohlen; im Verlauf ggf. 10 mg/Tag. Bei leichten bis mittelschweren Nierenfunktionsstörungen ist keine Dosisanpassung erforderlich. 5 Schrittweises Absetzen wird zur Vermeidung möglicher Absetzsymptome empfohlen. Nebenwirkungen 5 Häufig: besonders in der Anfangsphase Appetitlosigkeit, Übelkeit, gelegentlich Erbrechen, Diarrhö; v. a. bei höheren Dosierungen und zu Therapiebeginn innere Unruhe und Agitiertheit; Kopfschmerzen; Tremor, Schwindel; Zwangsgähnen; sexuelle Funktionsstörungen, insbesondere Ejakulationsverzögerungen; vermehrtes Schwitzen (es gibt einen Fallbericht, dass Mirtazapin diese Nebenwirkung beheben kann). 5 Gelegentlich: gestörtes Geschmacksempfinden; Schlafstörungen. 5 In Einzelfällen: SIADH (7 Kap. 1.6), dann v. a. bei älteren Patienten; gastrointestinale Blutungen (7 Kap. 1.6, Hämatopoetisches System). Kontraindikationen 5 Kombination mit MAOH; MAOH können frühestens 7 Tage nach Absetzen von Escitalopram angesetzt werden; Escitalopram kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; Kombination mit tryptophanhaltigen Arzneimitteln, anderen serotonergen Arzneimitteln oder Lithium. Interaktionen 5 Escitalopram besitzt ein geringes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Selektivster SSRI; nicht sedierend. Es gibt Hinweise für Wirksamkeitsvorteile von Escitalopram im Vergleich zu Citalopram und möglicherweise anderen SSRI. 20 mg Escitalopram täglich entsprechen dabei einer Tagesdosis von 40 mg Citalopram.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Fluoxetin Selektiver Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitor (SSRI)
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Fluctin (Lilly) Kps. 20 mg (20, 50, 100 Kps.) Tbl. 20 mg (20, 50, 100 Tbl.) Lsg. 4 mg=20 Trpf.=1 ml (70 ml) Fluneurin (Hexal) Kps. 10, 20 mg Tbl. 10, 20, 40 mg (Tabs) Lsg. 4 mg=20 Trpf.=1 ml Fluox (AbZ-Pharma) Kps. 20 mg Fluox basics (Basics) Kps. 20 mg FluoxeLich (Winthrop) Tbl. 20 mg
Fluoxetin dura (Merck dura) Kps. 20 mg Fluoxetin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10, 20 mg Kps. 20 mg Fluoxetin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 20 mg Kps. 20 mg Lsg. 4 mg=20 Trpf.=1 ml Fluoxetin Sandoz (Sandoz) Kps. 20 mg Tbl. 20 mg
Fluoxe-Q (Juta Pharma/Q-Pharm) Kps. 20 mg
Fluoxetin Stada (Stadapharm) Kps. 20 mg Tbl. 20 mg
Fluoxetin 1A Pharma (1A-Pharma) Tbl. 10, 20, 40 mg
Fluoxetin TAD (TAD Pharma) Kps. 20 mg
Fluoxetin AL (Aliud Pharma) Tbl. 20 mg
Fluoxgamma (Wörwag) Kps. 20 mg
Fluoxetin beta (betapharm) Kps. 20 mg Tbl. 20, 40 mg
Fluox-puren (Alpharma-Isis) Tbl. 20 mg Kps. 20 mg
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fluoxetin-biomo (biomo) Kps. 20 mg Tbl. 20 mg
Fluxet (Krewel Meuselbach) Kps. 20 mg Tbl. 20 mg
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Fluoxetin-CT (CT Arzneimittel) Kps. 20 mg
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Pharmakodynamik 5 Selektive Hemmung der 5-HT-Rückaufnahme (auch durch den Hauptmetaboliten Norfluoxetin). 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften.
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Pharmakokinetik 5 tmax=6–8 h (nach Gabe einer Einmaldosis); t½=4–6 Tage (Norfluoxetin: t½=4–16 Tage); wegen der langen Eliminationshalbwertszeit (= längste HWZ unter den SSRI) Erreichen eines Steady state erst nach einigen Wochen (Vorteil: seltenes Auftreten von Absetzsymptomen); Bioverfügbarkeit: 85%. 5 Metabolisierung unter Beteiligung von CYP2D6, CYP2C19 und CYP2C9 mit Bildung des aktiven Metaboliten Norfluoxetin, wegen Autoinhibition der Metabolisierung nichtlineare Pharmakokinetik. 5 Plasmakonzentration (Summe Fluoxetin plus Norfluoxetin): 120– 300 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Episoden einer Major Depressionz. 5 Zwangsstörungenz. 5 Bulimiez. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei Panikstörungen, prämenstruellem Syndrom, posttraumatischer Belastungsstörung. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei Migräne. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. 5 SSRI in der Schwangerschaft: 7 Kap. 14. Dosierung 5 Depressive Störungen: 20 mg/Tag in einer morgendlichen Einzeldosis, Dosiserhöhungen bis 60 mg möglich. Tageshöchstdosis 80 mg/Tagz, bei älteren Patienten 60 mg/Tagz. 5 Panikstörung: mit 10 mg beginnen, dann 20 mg; Zwangsstörung: 20– 60 mg; Bulimie: 60 mg; prämenstruelles Syndrom: 20 mg/Tag. 5 Bei eingeschränkter Leber- bzw. Nierenfunktion Dosisanpassung bzw. Verlängerung des Dosierungsintervalls. Nebenwirkungen 5 Häufig: besonders in der Anfangsphase Appetitlosigkeit, Übelkeit, gelegentlich Erbrechen, Diarrhö, vermehrtes Schwitzen; v. a. bei höheren Dosierungen und Therapiebeginn innere Unruhe und Agitiertheit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Tremor, Schwindel; Zwangsgähnen. 5 Gelegentlich: sexuelle Funktionsstörungen, insbesondere Ejakulationsverzögerung.
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5 Selten: allergische Hauterscheinungen; da solche gelegentlich im Rahmen schwerer systemischer Reaktionen mit Beteiligung von Leber, Lunge oder Niere vorkommen, muss Fluoxetin dann abgesetzt werden; seltene systemische Reaktionen auch ohne Hautbeteiligung. 5 In Einzelfällen: SIADH (7 Kap. 1.6), dann v. a. bei älteren Patienten; Zunahme der EPS bei Patienten mit vorbestehendem Morbus Parkinson.
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! Bei Diabetikern sind häufigere Blutzuckerkontrollen anzuraten, da
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unter Fluoxetin eine Hypoglykämie möglich ist, die nach Absetzen in eine Hyperglykämie umschlagen kann.
Kontraindikationen 5 Bei Kombination mit MAOH sollten diese 14 Tage vor Behandlung mit Fluoxetin abgesetzt werden; nach Absetzen von Fluoxetin sollten wegen der langen Halbwertszeit des Metaboliten Norfluoxetin 5 Wochen verstreichen, bevor ein MAOH verordnet werden kann; nach Absetzen des reversiblen MAOH Moclobemid ist ein Wechsel auf Fluoxetin am übernächsten Tag möglich. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft. Interaktionen 5 Bei Kombination mit TZA und bestimmten Antipsychotika bzw. Benzodiazepinen evtl. deutlicher Anstieg von deren vorher stabilen Plasmaspiegeln (bis auf das 2- bis 4fache), da potenter Inhibitor von CYP 2D6 (. Tab.1.6). 5 Mögliche Erhöhung der Plasmaspiegel einiger Benzodiazepine wegen verzögerter Elimination. 5 Mögliche Verstärkung von EPS bei Kombination mit Antipsychotika. 5 Wegen der langen Halbwertszeiten von Fluoxetin und besonders von Norfluoxetin kann 2–3 Wochen nach Absetzen von Fluoxetin immer noch ein Interaktionsrisiko bestehen. 5 Bei Kombination mit Lithium und Arzneimitteln mit serotonerger Wirkung (Tramadol, Triptane, Tryptophan, Johanniskrautpräparate) sind pharmakodynamische Wirkungs- und Nebenwirkungsverstärkungen möglich.
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! Bei Kombination mit Amitriptylin oder Tramadol gibt es Berichte über
Intoxikationen.
5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum mit breitem Indikationsspektrum. Fluvoxamin Selektiver Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitor (SSRI) Fevarin (Solvay Arzneimittel) Tbl. 50, 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) Fluvohexal4 (Hexal) Fluvoxadura4 (Merck dura) Fluvoxamin AL-neuraxpharm4 (Aliud Pharma)
Fluvoxamin beta4 (betapharm) fluvoxamin-neuraxpharm4 (neuraxpharm) Fluvoxamin-ratiopharm4 (ratiopharm) Fluvoxamin Stada4 (Stadapharm)
Pharmakodynamik 5 Selektive 5-HT-Rückaufnahmehemmung. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 t½=ca. 20 h; Proteinbindungskapazität 77%. 5 Metabolisierung durch CYP2D6 und CYP1A2, keine aktiven Metaboliten. 5 Plasmakonzentration: 150–300 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Zwangsstörungenz 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei Panikstörung, sozialer Phobie, Binge Eating.
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Alle Fluvoxamin-Generika: Tbl. 50, 100 mg.
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5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei Bulimie. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. 5 SSRI in der Schwangerschaft: 7 Kap. 14. Dosierung 5 Depressive Störungen: 100 mg/Tag, später 200 mg/Tag möglich, maximal 300 mg/Tagz. 5 Bei Zwangsstörung sind wahrscheinlich höhere Dosierungen von ca. 250 mg/Tag erforderlich. 5 Bei Panikstörung 150 mg/Tag. 5 Bei eingeschränkter Leber- bzw. Nierenfunktion Dosisanpassung bzw. Verlängerung des Dosierungsintervalls. Nebenwirkungen 5 Häufig: besonders in der Anfangsphase Appetitlosigkeit, Übelkeit, gelegentlich Erbrechen; Diarrhö; v. a. bei höheren Dosierungen innere Unruhe und Agitiertheit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Tremor, Schwindel, Zwangsgähnen; Schwitzen. 5 Gelegentlich: sexuelle Funktionsstörungen, insbesondere Ejakulationsverzögerung, (unter den SSRI wahrscheinlich geringste Rate). 5 In Einzelfällen: SIADH (7 Kap. 1.6), dann v. a. bei älteren Patienten. Kontraindikationen 5 Kombination mit tryptophanhaltigen Arzneimitteln. 5 Kombination mit MAOH; MAOH können frühestens 7 Tage nach Absetzen von Fluvoxamin angesetzt werden; Fluvoxamin kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenstörungen, erhöhte Krampfbereitschaft. Interaktionen 5 Erhöhte Plasmakonzentrationen von Clozapin, Amitriptylin, Clomipramin, Imipramin, Carbamazepin, Phenytoin sowie einigen Benzodiazepinen, da potenter Inhibitor von CYP 1A2 und CYP 2C19 (. Tab. 16.1). Bei Kombination Kontrolle der Plasmaspiegel. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8.
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Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum mit breitem Indikationsspektrum. Hypericum Extract/Johanniskraut Pflanzliches Antidepressivum Es werden nur die Präparate aufgelistet, bei denen zumindest in einer methodisch befriedigenden kontrollierten Studie die Wirksamkeit überprüft wurde: Aristo 350 (Steiner) Kps. 350 mg Trockenextrakt aus Johanniskraut (30, 60, 100 Kps.) Aristoforat (Steiner) Kps. 180 mg Trockenextrakt aus Johanniskraut (30, 60, 100 Kps.) Cesradyston (Cesra) Kps. 425 mg Trockenextrakt aus Johanniskraut (30, 60, 100 Kps.)
Jarsin 300 (Lichtwer) Tbl. 300 mg (60, 100 Tbl.), 450 mg (25, 60, 100 Tbl.), 750 mg (30, 60, 90 Tbl.) Trockenextrakt aus Johanniskraut Laif (Steigerwald) Tbl. 600, 900 mg Trockenextrakt aus Johanniskraut (20, 60, 100 Tbl.) Neuroplant (Dr. Wilmar Schwabe Arzneimittel) Tbl. 300 mg Trockenextrakt aus Johanniskraut (60, 100 Tbl.) Tbl. 600 mg (20, 60, 100 Tbl.) (Neuroplant 1×1)
Esbericum (Schaper & Brümmer) Kps. 71-84 mg Trockenextrakt aus Johanniskraut (60, 100 Kps.) Psychotonin 300 (Steigerwald) Tbl. 250 mg (Esbericum forte) Tro- Kps. 300 mg Trockenextrakt aus ckenextrakt aus Johanniskraut Johanniskraut (60, 100 Kps.) (60, 100 Drg.) Remotiv (Madaus) Tbl. 250 mg Trockenextrakt aus Johanniskraut (30, 60, 100 Tbl.)
Pharmakodynamik 5 Wirkmechanismus von Hypericum-Extrakten beruht nach bisherigen Untersuchungen auf einer Rückaufnahmehemmung von 5-HT, NA und DA, GABA und Glutamat (Hyperforin) und gleichzeitiger Steigerung der Sekretion von GABA, Aspartat und Glutamat, wobei der Hauptmechanismus in einer Modulation von Ionenkanälen besteht.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit zur Rückfallprophylaxe der Depression. 5 Erster Hinweis auf Wirksamkeit bei somatoformen Störungen. 5 Bei Gabe von SSRI, Duloxetin und Venlafaxin sollte Hypericum 3 Tage vorher abgesetzt werden. Dosierung 5 3-mal 300–350 mg/Tag Johanniskrauttrockenextrakt; jedoch sind Dosis-Wirkungs-Beziehungen bisher kaum untersucht. Die Dosis wird meist zu niedrig gewählt. Nebenwirkungen 5 Johanniskrautpräparate können zur Photosensibilisierung führen. Sonst meist sehr gute Verträglichkeit: s. allerdings »Interaktionsrisiken«. Interaktionen 5 Induziert CYP 3A4; über die Reduktion der Serumspiegel von Digoxin, Indinavir und andere Protease-Inhibitoren, Midazolam, Amitriptylin, Theophyllin, Ciclosporin und Antikoagulanzien vom Cumarintyp (Phenprocoumon, Warfarin) wurde berichtet. In Einzelfällen kann es auch zu einer Wirkungsabschwächung von Kontrazeptiva und Zwischenblutungen kommen. 5 Bei gleichzeitiger Einnahme bestimmter Antidepressiva (insbesondere SSRI) können in Einzelfällen serotonerge Effekte (wie z. B. Übelkeit, Angst, Unruhe, Verwirrtheit) verstärkt auftreten. Unter der Kombination mit Sertralin und Paroxetin ist es zu einem Serotoninsyndrom gekommen. Bewertung Nur bei den hier genannten Präparaten ist die Zusammensetzung und Stabilität des jeweiligen Extraktes bekannt (besonders der Anteil Hyperforin: 3–5%); der Gehalt sollte bekannt gegeben werden. Zu beachten sind mögliche pharmakokinetische Interaktionen, insbesondere Wirkungsabschwächungen von gleichzeitig verabreichten Substraten von CYP3A4. Es gibt jetzt eine größere Anzahl von placebokontrollierten Studien bei leichter bis mittelschwerer Depression mit Überlegenheit für Johanniskrautpräparate. Neue Studien zeigen allerdings gegenüber Placebo und Standard-
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antidepressiva uneinheitliche Ergebnisse. Das gilt jetzt auch für die schwere depressive Störung. Bei der Verordnung von Hypericum sollte bedacht werden, dass es vom wissenschaftlichen Standpunkt z. Z. noch zuviel Unsicherheiten zur Wirksamkeit, Dosis, Präparatewahl und Interaktionen gibt. Imipramin Trizyklisches Antidepressivum Imipramin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10, 25, 100 mg Pryleugan (Temmler Pharma) Drg. 10, 25 mg
Tofranil (Dolorgiet) Drg. 10 mg (20, 50, 100 Drg.) (Tofranil mite) Drg. 25 mg (20, 50, 100 Drg.)
Pharmakodynamik 5 Etwa gleich starke Rückaufnahmehemmung von NA und 5-HT. 5 Anticholinerge und α1-antagonistische Effekte. Pharmakokinetik 5 t½=11–25 h; Tmax=2,2 h; orale Bioverfügbarkeit ca. 22–77%; Plasmaproteinbindung ca. 90%. 5 Metabolisierung bevorzugt durch CYP2D6, CYP1A2, CYP2C19 und CYP3A4 Hauptmetabolit Desipramin (pharmakologisch aktiv). 5 Plasmakonzentration (Imipramin plus Desipramin): 175–300 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Syndrome unabhängig von ihrer nosologischen Einordnungz. 5 Langfristige Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptesz. 5 Erste Hinweise zur Wirksamkeit bei Kataplexie bei Narkolepsie. 5 Zur Behandlung von Enuresis (ab einem Alter von 5 Jahren und Ausschluss organischer Ursachen) und Pavor nocturnus im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptesz. 5 Hinweise zur Wirksamkeit bei Panikstörung, generalisierter Angststörung, Bulimie. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9.
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Dosierung 5 Depressive Störungen: an den ersten 3 Tagen 2- bis 3-mal 25 mg, Erhaltungsdosis 3-mal 50 mg bzw. 3-mal 75 mg, maximal 3-mal 100 mg/ Tagz. 5 Panikstörung: Beginn mit niedrigeren Dosen (20–25 mg/Tag), da initial auftretende Nebenwirkungen zuweilen als Verschlechterung verkannt werden können; Erhaltungsdosis wie bei antidepressiver Therapie (jedoch auch Wirksamkeit von 50–100 mg/Tag beschrieben). 5 Enuresis: Beginn mit 10 mg, dann Erhaltungsdosis bei 5- bis 7-jährigen Kindern 20 mg; bei 8- bis 14-jährigen Kindern 50 mg/Tag. 5 Kataplektische Symptomatik im Rahmen einer Narkolepsie: 25– 100 mg/Tag. Nebenwirkungen 5 Häufig: besonders in den ersten Tagen anticholinerge Nebenwirkungen: Trockenheit der Schleimhäute, Akkommodationsstörungen, Obstipation, Harnverhalt; Hypotonie und Tachykardie; Störungen der Erregungsleitung des Herzens; Gewichtszunahme. 5 Selten: innere Unruhe, Schlafstörungen, Schweißausbrüche, Schwindel, Kopfschmerzen. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und koronare Herzerkrankung); Kombination mit MAOH (unter stationären Bedingungen möglich, 7 Kap. 1.12). Interaktionen 5 Kombination mit Fluvoxamin oder Inhibitoren von CYP 2D6 erhöht die Plasmaspiegel von Imipramin und Desipramin; daher Plasmaspiegel bei Kombination kontrollieren. 5 Weitere Interaktionen 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames Antidepressivum mit deutlichen anticholinergen Eigenschaften.
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Maprotilin Tetrazyklisches Antidepressivum Deprilept (Lundbeck) Tbl. 25, 50, 75 mg
Maprotilin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 25, 50, 75 mg
Maprotilin-neuraxpharm Ludiomil (Dolorgiet) Tbl. 25, 50, 75 mg (20, 50, 100 Tbl.) (neuraxpharm) Tbl. 25, 50, 75 mg Amp. 25 mg/2 ml (10 Amp.) Amp. 25 mg/2 ml Maprolu (Hexal) Maprotilin von ct (CT Arzneimittel) Tbl. 10, 25, 50, 75 mg Tbl. 25, 50, 75 mg Amp. 25 mg/2 ml Maprotilin Holsten (Holsten Pharma) Tbl. 25, 50, 75 mg
Pharmakodynamik 5 Relativ selektive NA-Rückaufnahmehemmung, außerdem antihistaminerge Wirkkomponente und α1-Antagonismus. »Tetrazyklisches« Antidepressivum (strukturchemisch sehr enge Verwandtschaft zu TZA). 5 Etwas geringere anticholinerge Wirksamkeit als TZA. Pharmakokinetik 5 t½=20–58 h; Tmax=6–8 h; orale Bioverfügbarkeit 66–70%; Plasmaproteinbindung 88–89%. 5 N-Demethylierung durch CYP2D6 und CYP1A2 zum Hauptmetaboliten N-Desmethylmaprotilin (pharmakologisch aktiv). 5 Plasmakonzentration: 125–200 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Maprotilin hat sedierende Eigenschaften. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 Oral: Beginn mit 3-mal 25 mg oder 1-mal 75 mg abends, Erhaltungsdosis 1-mal 75 mg bis 2-mal 75 mg (oder 3-mal 50 mg)/Tag, auch höhere Dosen werden gut vertragen (dann jedoch erhöhtes Krampf-
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risiko); maximal 150 mg/Tagz, stationär bis 225 mg/Tagz möglich. Bei älteren Patienten geringere Dosis. 5 Parenteral: als Tropfinfusion 3–6 Amp. (75–150 mg) in 500 ml Standardinfusionslösung; Infusionsdauer 2–3 h; später Übergang auf orale Medikation. Nebenwirkungen 5 Ähnliches Nebenwirkungsspektrum wie TZA. 5 Häufig: anticholinerge Nebenwirkungen (besonders Mundtrockenheit), v. a. in höheren Dosen. 5 Gelegentlich: vorübergehende Schwindelgefühle, orthostatische Hypotonie; Störungen der Erregungsleitung des Herzens; Gewichtszunahme; Krampfauslösung dosisabhängig und häufiger als bei anderen Antidepressiva; allergische Hautreaktionen häufiger als bei anderen Antidepressiva. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen und koronare Herzerkrankung); Kombination mit MAOH. Interaktionen 5 s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames Antidepressivum mit sedierenden und mäßig anticholinergen Eigenschaften.
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Mianserin Tetrazyklisches Antidepressivum Mianeurin (Hexal) Tbl. 10, 30 mg mianserin von ct (CT Arzneimittel) Tbl. 10, 30 mg Mianserin Holsten (Holsten Pharma) Tbl. 10, 30 mg
Mianserin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 10, 30, 60 mg Mianserin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 10, 30 mg Tolvin (Organon) Tbl. 10, 30, 60 mg
Dosierung 5 Beginn mit 3-mal 10 mg oral, bei ambulanter Behandlung älterer Patienten kann mit einer niedrigeren Dosis begonnen werden, Erhaltungsdosis 60–90 mg/Tag oral, Hauptdosis abends. 5 Plasmakonzentration: 15–70 ng/ml(p). Bewertung Wirksames Antidepressivum (NA-Rückaufnahme-Inhibitor mit zusätzlich Histamin-H1-, 5-HT2- und α1- und α2-antagonistischen Effekten) mit sedierenden Eigenschaften; aufgrund der Ähnlichkeit zu Mirtazapin, aber deutlich stärkeren Nebenwirkungsrisiken kann auf Mianserin in der psychiatrischen Pharmakotherapie bei depressiven Störungenz verzichtet werden. ! Wegen möglicher Granulozytopenien werden von den Herstellern
wöchentliche Kontrollen des weißen Blutbildes empfohlen (Aufklärung über Agranulozytose bzw. Knochenmarkdepression!). In der Anamnese sind bekannte Leukopenien Kontraindikationen.
Milnacipran5 Selektiver Serotonin- und Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitor Dalcipran (Germania Pharmaceutica Ixel (Germania Pharmaceutica Wien) Wien) Kps. 25, 50 mg Kps. 25, 50 mg
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Nur zugelassen in Österreich.
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5 Milnacipran ist ein Antidepressivum, das die Rückaufnahme von Serotonin und Noradrenalin etwa gleich stark hemmt und keine signifikante Affinität zu α1-adrenergen, H1-histaminergen, dopaminergen, serotonergen und muskarinischen cholinergen Rezeptoren besitzt. 5 Gute orale Bioverfügbarkeit (>85%); geringe Plasmaproteinbindung 13%; einfacher Metabolismus (überwiegende Glukuronidierung); überwiegend renale Elimination. 5 In kontrollierten Studien wurde eine antidepressive Wirksamkeit beschrieben, die Amitriptylin, Imipramin, Clomipramin und verschiedenen SSRI vergleichbar war. Hinweise für eine Wirksamkeit bei Fibromyalgie (4 Wochen bis zu 200mg). 5 Übliche Dosierung 100–200 mg/Tag in 2 Tagesdosen. 5 Bisher keine Absetzsymptome. 5 Häufigste unerwünschte Wirkungen sind bei insgesamt guter Verträglichkeit: Agitation, Tremor, Dysurie, Schlafstörungen, Schwitzen, Übelkeit, sexuelle Funktionsstörungen (gering). Die Substanz zeigt keine erhöhte Rate von anticholinergen Wirkungen, keine Kardiotoxizität, ist bei akzidenteller Überdosierung weniger toxisch als TZA und führt nicht zu Gewichtszunahme. 5 Kontraindiziert bei Prostatahypertrophie sowie in Kombination mit MAO-Hemmern.
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Mirtazapin Noradrenerges/spezifisch serotonerges Antidepressivum; α2-Andrenozeptor-Antagonist; Tetrazyklisches Antidepressivum; duales Antidepressivum
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Kapitel 1 · Antidepressiva
MirtaLich6 (Winthrop) Mirta
TAD6 (TAD
Pharma)
Mirtazapin-1A Pharma6 (1A Pharma) Mirtazapin AbZ6 (AbZ-Pharma)
Mirtazapin AWD6 (AWD Pharma) Mirtazapin beta6 (betapharm) Mirtazapin biomo6 (biomo) Mirtazapin-ctV6 (CT Arzneimittel) Mirtazapin dura6 (Merck dura)
Mirtazapin AL6 (Aliud Pharma)
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Alle Mirtazapin-Generika: u.a. Tbl. 15, 30, 45 mg.
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1.13 · Präparate
Mirtazapin Hexal7 (Hexal) Mirtazapin-Hormosan7
(Hormo-
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Mirtazapin Stada (Stadapharm) Tbl. 15, 30, 45 mg (Schmelz-Tbl.) Mirtazelon7 (Krewel Meuselbach)
san) Mirtazapin-Isis7 (Alpharma-Isis) Mirtazapin
Kwizda7
(Kwizda)
Mirtazapin-neuraxpharm7 (neuraxpharm) Mirtazapin-ratiopharm7 (ratiopharm) Mirtazapin Sandoz7 (Sandoz)
Mirtazza7 (Temmler Pharma) Remergil SolTab (Organon) Tbl. 15 mg (6, 48 Schmelz-Tbl.) Tbl. 30, 45 mg (18, 48, 96 SchmelzTbl.) Remergil (Organon) Amp. 6 mg/2ml (10 Amp.) 15 mg/5ml (12 Amp.) Lsg. 15 mg/ml (66 ml Flasche)
Pharmakodynamik 5 Zentral wirksamer präsynaptischer α2- (schwächer auch α1-)Antagonist, dadurch indirekte Verstärkung der noradrenergen und serotonergen Neurotransmission. 5 Postsynaptischer 5-HT2- und 5-HT3-Antagonismus führt zur vermehrten Stimulation von 5-HT1-Rezeptoren. 5 Zusätzlich potente antihistaminerge Eigenschaften. 5 Keine anticholinerge Wirkung. Pharmakokinetik 5 t½=20–40 h (Steady state nach 3–4 Tagen); Tmax=ca. 2 h, orale Bioverfügbarkeit ca. 50%; Plasmaproteinbindung 85%. 5 Extensive Metabolisierung unter Beteiligung von CYP3A4, CYP1A2 und CYP2D6, demethyliertes Derivat ist pharmakologisch schwach aktiv und zeigt das gleiche pharmakokinetische Verhalten wie die Muttersubstanz. 5 Plasmakonzentration für Depressionsbehandlung: 40–80 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz (insbesondere mit Schlafstörungen). 5 Hinweis auf Wirksamkeit bei Schlafstörung ohne Depression. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei Kopfschmerz u. a. Schmerzsyndromen.
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Alle Mirtazapin-Generika: u.a. Tbl. 15, 30, 45 mg.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Hinweise auf Wirksamkeit bei der sozialen Phobie. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei »Post-stroke-Depression«, 7 Kap. 1.4.1.
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5 Bei der PTSD waren zwei Jahresbeobachtungen nicht überzeugend. 5 Im Gegensatz zu TZA und SSRI kaum sexuelle Funktionsstörungen. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 Oral: Initialdosis 15–30 mg/Tag, Erhaltungstherapie 30-45 mg/Tagz; Applikation vorzugsweise abends bzw. spätabends. 5 Zur Schlafinduktion ohne depressive Störung 7,5-15 mg abends. 5 Schmerzsyndrome: 30–45 mg/Tag 5 Parenteral: Initial 6 mg/Tag; innerhalb von 14 Tagen sukzessive Steigerung bis auf 21 mg/Tag. Nebenwirkungen 5 Häufig: Müdigkeit, Benommenheit, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen; Appetit- und Gewichtszunahme (dabei scheinbar keine Beeinflussung des Glukose-Metabolismus wie bei den AAP), Ödeme. 5 Selten: orthostatische Hypotonie; Tremor; Faszikulationen; Knochenmarksdepression (reversible Granulozytopenie/Agranulozytose, Eosinophilie, Thronbozytopenie, aplastische Anämie), Erhöhung der Transaminasen; Exantheme; Parästhesien, Restless-legs-Syndrom, Krampfanfälle; Arthralgien/Myalgien; Albträume/lebhafte Träume. Kontraindikationen 5 Bekannte Leukopenien. 5 Kombination mit MAOH; aus Sicherheitsgründen sollte ein Abstand von 14 Tagen nach Absetzen von MAOH eingehalten werden. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenfunktionserkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; Vorsicht bei Harnverhalt und Engwinkelglaukom (obwohl kaum anticholinerge Wirksamkeit, s. oben). Interaktionen 5 Geringes Interaktionspotenzial. 5 Bei Kombination mit Carbamazepin ist mit beschleunigtem Abbau von Mirtazapin zu rechnen; evtl. Dosiserhöhung von Mirtazapin. 5 Bei Kombination mit Lithium sind pharmakodynamische Wirkungsund Nebenwirkungsverstärkungen möglich.
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5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames Antidepressivum mit anfänglich sedierenden Eigenschaften. In den ersten zwei Behandlungswochen Vorteile hinsichtlich des Wirkungseintritts im Vergleich zu SSRI beschrieben. Metaanalaysen zufolge Vorteile gegenüber SSRI. Auch zur Augmentation gut geeignet (7 Kap. 1.12). Moclobemid Monoaminooxidasehemmer (MAOH) Aurorix (Roche) Tbl. 150, 300 mg (50, 100 Tbl.)
Moclobemid-ratiopharm8 (ratiopharm)
Moclobemid 1A Pharma8 (1A Pharma)
Moclobemid Sandoz8 (Sandoz)
Moclobemid AL (Aliud Pharma) Moclobemid Hexal 8 (Hexal)
Moclobemid Stada8 (Stadapharm) Moclobeta8 (betapharm) Moclodura8 (Merck dura)
Moclobemid-Puren8 (Alpharma-Isis)
Pharmakodynamik 5 Kurzwirksamer selektiver reversibler MAOH vom A-Typ. 5 Abklingen der MAO-Hemmung nach Absetzen innerhalb von 24 h (bei irreversiblen MAOH innerhalb von 7–10 Tagen). 5 Keine Rückaufnahmehemmung biogener Amine, keine Interaktionen mit Rezeptoren für Neurotransmitter. Pharmakokinetik 5 t½=2–7 h; Bioverfügbarkeit 50–80%; nach Mehrfachdosierung im Laufe einer Woche Erhöhung auf 80% (vermutlich durch ein abbauhemmendes Zwischen- oder Endprodukt). 5 Extensive und komplexe Metabolisierung bevorzugt durch CYP2C19, keine relevanten aktiven Metaboliten. 5 Pharmakokinetisch bedingte Vorteile gegenüber irreversiblen nichtselektiven MAOH im Hinblick auf gefürchtete Nebenwirkungen wie
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Alle Moclobemid-Generika: Tbl. 150, 300 mg.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
hypertensive Krisen nach Einnahme von tyraminhaltigen Nahrungsmitteln: Aufgrund des kompetitiven Hemmmechanismus ist eine Verdrängung von Moclobemid durch Tyramin aus der Bindung an die MAO-A möglich, die dadurch für die Inaktivierung von biogenen Aminen – wie Tyramin selbst – frei wird; außerdem kann Tyramin z. T. noch über die MAO-B abgebaut werden. Vorteil: Tyraminarme Diät nicht mehr erforderlich, keine Karenzzeit bei Gabe von TZA oder operativen Eingriffen, erheblich kürzere Karenzzeit bei Gabe von SSRI. 5 Plasmakonzentration: 300–1000 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Syndromez. 5 Soziale Phobiez. 5 Keine sexuellen Funktionsstörungen. 5 Keine Kontraindikationen für Engwinkelglaukom und Prostatahypertrophie, da anticholinerge Eigenschaften fehlen. 5 Keine Hinweise auf kardiotoxische Wirkung. 5 In Dosen bis 600 mg/Tag bisher keine hypertensiven Krisen; Empfehlung einer tyraminarmen Diät nicht nötig. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 Tagesdosis 300–600 mg/Tag; initial 300–450 mg/Tag in 2–3 Einzeldosen, danach kann schnell auf 600 mg/Tag z gesteigert werden; bei sozialer Phobie 600 mg/Tag. 5 Keine altersabhängige Dosisanpassung oder Dosisverringerung bei eingeschränkter Nierenfunktion notwendig, jedoch Dosisanpassung bei schwerer chronischer Leberinsuffizienz (erheblich reduzierter First-pass-Effekt, Erhöhung der Plasmakonzentration auf das 3fache, Verlängerung der Eliminationshalbwertszeit auf das 2- bis 3fache). Nebenwirkungen 5 Insgesamt gering; im Vergleich zu TZA deutlich weniger vegetative bzw. anticholinerge Nebenwirkungen. 5 Gelegentlich: Schlafstörungen; leichte Übelkeit. 5 Unter therapeutischen Moclobemid-Dosierungen bei Tyraminmengen von 100–150 mg pro Mahlzeit keine klinisch relevanten Blutdruckanstiege, jedoch sollten Nahrungsmittel mit sehr hohem Tyramingehalt sicherheitshalber vermieden werden, da entsprechende unerwünschte Wirkungen niemals gänzlich ausgeschlossen werden können; Vorsicht
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nach wie vor z. B. bei bestimmten Käsesorten (100 g Cheddar enthalten 10–100 mg Tyramin, 100 g Stilton ca. 50 mg Tyramin). Kontraindikationen 5 Phäochromozytom, Thyreotoxikose. 5 Bei Umstellung auf ein anderes Antidepressivum wegen der kurzen biologischen Wirkdauer keine Karenzzeit notwendig; Wechsel auf SSRI scheint am übernächsten Tag nach Absetzen von Moclobemid möglich; soll Moclobemid nach Absetzen eines SSRI gegeben werden, ist im Fall von Clomipramin, Fluvoxamin, Sertralin und Paroxetin eine Karenzzeit von mindestens 1–2 Wochen (je nach vorheriger Dosis) einzuhalten; nach Absetzen von Venlafaxin wird wegen dessen kürzerer Halbwertszeit eine Woche für ausreichend gehalten; bei Fluoxetin Verlängerung der Karenzzeit aufgrund der langen Halbwertszeit der Muttersubstanz und des pharmakologisch aktiven Metaboliten auf 5 Wochen. ! Bei Kombination mit 5HT1-Agonisten wie Sumatriptan, Naratriptan,
Rizatriptan oder Zolmitriptan zur Migränebehandlung Gefahr eines Serotoninsyndroms.
5 Relative Kontraindikationen: Suizidalität (bei bestehender Suizidalität kann auf Moclobemid zurückgegriffen werden, wenn eine vorübergehende Kombination mit Benzodiazepinen, auch in höheren Dosen, vertretbar ist). Interaktionen 5 Kombination mit bestimmten TZA nach Einzelfallbeobachtungen unter stationären Bedingungen möglich (Amitriptylin, Doxepin, Trimipramin, 7 Kap. 1.12); wegen unzureichender Datenlage sollten jedoch die Empfehlungen zur Kombinationsbehandlung von TZA mit irreversiblen MAOH auch auf Moclobemid angewandt werden. 5 Moclobemid hemmt CYP 2C19 und CYP 2D6; daher kann es bei Kombination mit Arzneimitteln, die über diese Enzyme abgebaut werden, zu einem Anstieg der Plasmaspiegel kommen (. Tab. 16.3 und 16.4). 5 In der Literatur mehrere Berichte über – überwiegend tödlich verlaufene – Fälle von zentralem Serotoninsyndrom unter Kombination mit Clomipramin bzw. mit Citalopram (bei allerdings meist sehr hohen bzw. Überdosen).
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5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum. Es gibt Hinweise, dass Patienten mit schwerer Depression Dosen über 450 mg/Tag benötigen. Nortriptylin Trizyklisches Antidepressivum Nortrilen (Lundbeck) Drg. 10 mg (20, 50 Drg.) Drg. 25 mg (20, 50, 100 Drg.)
Pharmakodynamik 5 Stärkere Hemmung der NA- als der 5-HT-Rückaufnahme. Pharmakokinetik 5 t½: ca. 30 h; Tmax=4–6 h; Plasmaproteinbindung 93–95%. 5 Metabolisierung bevorzugt über CYP 2D6, Hauptmetabolit ist 10Hydroxynortriptylin. 5 Plasmakonzentration: 70–170 ng/mlp. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Zustandsbilder jeglicher Ätiologiez. 5 Keine sedierenden Eigenschaften, Wirkungsspektrum ähnlich wie Desipramin. 5 Bei Patienten, die zu orthostatischen Dysregulationen neigen, ist bei der Wahl eines TZA Nortriptylin vorzuziehen. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 In den ersten 3 Tagen mit 3-mal 10 mg bis 3-mal 25 mg beginnen, Erhaltungsdosis 100–150 mg, Höchstdosis 225 mg/Tagz; bei älteren Patienten niedrigere Dosierung. Nebenwirkungen 5 Vegetative Symptome in geringerem Ausmaß als unter Amitriptylin.
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5 Im Vergleich zu den übrigen TZA sehr viel geringeres Ausmaß von orthostatischen Dysregulationen; grundsätzlich ist bei allen TZA an mögliche Erregungsleitungsstörung des Herzens zu denken. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie. 5 Relative Kontraindikationen: Suizidalität (bei bestehender Suizidalität kann auf Nortriptylin zurückgegriffen werden, wenn eine vorübergehende Kombination mit Benzodiazepinen – auch in höherer Dosierung – vertretbar ist); schwere Leber- und Nierenerkrankung; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung; Kombination mit MAOH. Interaktionen 5 Kombination mit Fluoxetin, Paroxetin, Bupropion oder anderen Hemmstoffen von CYP 2D6 führt zum Anstieg der Plasmaspiegel von Nortriptylin; daher Kontrolle der Plasmaspiegel bei diesen Kombinationen. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum; unter den TZA die geringsten Kreislaufnebenwirkungen. Paroxetin Selektiver Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitor (SSRI) Euplix (Desitin) Tbl. 20 mg
Paroxetin AbZ (AbZ Pharma) Tbl. 20 mg
ParoLich (Winthrop) Tbl. 20 mg
Paroxetin AL (Aliud Pharma) Tbl. 20 mg
Paroxat (Hexal) Tbl. 20, 40 mg
Paroxetin AWD (AWD.pharma) Tbl. 20 mg
paroxedura (Merck dura) Tbl. 20, 30 mg
Paroxetin beta (betapharm) Tbl. 20, 40 mg
Paroxetin 1A Pharma (1A Pharma) Tbl. 20, 40 mg
Paroxetin-biomo (biomo) Tbl. 20 mg
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Kapitel 1 · Antidepressiva
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Paroxetin-CT (CT Arzneimittel) Tbl. 20 mg
Paroxetin Sandoz (Sandoz) Tbl. 20, 40 mg
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Paroxetin Holsten (Holsten Pharma) Paroxetin Stada (Stadapharm) Tbl. 20 mg Tbl. 20 mg Paroxetin-Isis (Alpharma-Isis) Tbl. 20 mg
Paroxetin TAD (TAD Pharma) Tbl. 20 mg
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Paroxetin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 20 mg
Seroxat (GlaxoSmithKline) Tbl. 20 mg (20, 50, 100 Tbl.) Susp. 2 mg=1 ml (150 ml)
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Paroxetin-ratiopharm (ratiopharm) Tbl. 20, 30 mg
Tagonis (GlaxoSmithKline) Tbl. 20 mg (20, 50, 100 Tbl.)
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Pharmakodynamik 5 Selektive 5-HT-Rückaufnahmehemmung; sehr schwache anticholinerge Potenz (unter den SSRI höchste Affinität für M-Cholinorezeptoren; Wirkung aber etwa 15-mal schwächer ausgeprägt als bei Amitriptylin).
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Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption; hoher First-pass-Metabolismus. 5 t½=ca. 16 h (8–30 h) nach Einmalgabe, nach mehrmaliger Gabe Anstieg auf etwa 18 h (12–44 h); Plasmabindungskapazität 95%. 5 Metabolisierung zu einem instabilen Catecholintermediat unter Beteiligung von CYP3A4 und CYP2D6, keine biologisch aktiven Metaboliten. 5 Plasmakonzentration: 70-120 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobiez. 5 Soziale Phobiez. 5 Generalisierte Angststörungz. 5 Zwangsstörungz. 5 Posttraumatische Belastungsstörungz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit beim prämenstruellem Syndrom und klimakterischen Beschwerden. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. 5 SSRI und besonders Paroxetin in der Schwangerschaft: 7 Kap. 14.
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Dosierung 5 Depressive Störungen: 20 mg in einer morgendlichen Einzeldosis (niedrigste wirksame Dosis und Erhaltungsdosis). Dosiserhöhung auf bis zu 50 mg/Tagz möglich. 5 Panikstörung: mit 10 mg/Tag beginnen, Dosissteigerung auf 40 mg/Tag (empfehlenswerte Tagesdosis); maximal 60 mg/Tagz . 5 Generalisierte Angststörung, soziale Phobie und PTSD: empfohlene Tagesdosis 20 mg/Tag; maximal 50 mg/Tagz. 5 Zwangsstörung: Beginn mit 20 mg/Tag, empfohlene Tagesdosis 40 mg/ Tag. Oft sind höhere Dosen erforderlich, im Verlauf ggf. bis 60 mg/ Tagz. 5 Bei älteren Patienten maximal 40 mg/Tagz. 5 Bei Flushsyndrom waren 10 mg/Tag wirksam. 5 Bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion: Dosisanpassung oder Verlängerung des Dosierungsintervalls. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: Übelkeit; sexuelle Funktionsstörungen. 5 Häufig: besonders in der Anfangsphase gastrointestinale Beschwerden; Mundtrockenheit, Schwitzen; v. a. bei höheren Dosierungen Unruhe, Schlafstörungen; Kopfschmerzen, Tremor, Schwindel; Zwangsgähnen. 5 In Einzelfällen: SIADH (7 Kap. 1.6), Hyponatriämie, dann v. a. bei älteren Patienten in den ersten zwei Behandlungswochen; Erhöhung des LDL-Cholesterins (bei Patienten mit Herzkreislaufrisiko sollte darauf besonders geachtet werden); toxische Hepatitis (2 Fälle). 5 Absetzsyndrome (7 Kap. 1.6) sind unter Paroxetin häufiger als unter anderen SSRI beschrieben. Kontraindikationen 5 Kombination mit MAOH; MAOH können frühestens 7 Tage nach Absetzen von Paroxetin angesetzt werden; Paroxetin kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden. 5 Kombination mit tryptophanhaltigen Arzneimitteln. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; wegen geringer anticholinerger Eigenschaften nur sehr geringe Kontraindikationen für Engwinkelglaukom oder Prostatahypertrophie.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Interaktionen 5 Bei Kombination mit TZA und bestimmten Antipsychotika und Benzodiazepinen evtl. deutlicher Anstieg von deren vorher stabilen Plasmaspiegeln (bis auf das 2- bis 4fache), da potenter Inhibitor von CYP 2D6 (. Tab. 16.4). Bei Kombination mit TZA Kontrolle der TZAPlasmaspiegel. 5 Bei Kombination mit Metoprolol 7- bis 10facher Anstieg der Plasmaspiegel von Metoprolol, kann zu Bradykardie und Verlust der Kardioselektivität führen. 5 Bei Kombination mit Lithium sind pharmakodynamische Wirkungsund Nebenwirkungsverstärkungen möglich. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum mit breitem Indikationsspektrum. Absetzsyndrom unter Paroxetin häufiger als unter anderen SSRI. Zur Diskussion um ein möglicherweise erhöhtes Suizidrisiko unter Paroxetin 7 Kap. 1.6. Reboxetin Selektiver Noradrenalin- Rückaufnahme-Inhibitor Edronax (Pharmacia) Tbl. 4 mg
Solvex (Merz Pharmaceuticals) Tbl. 4 mg
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Pharmakodynamik 5 Selektiver Hemmstoff der Noradrenalinrückaufnahme. 5 Kein direkter Effekt an β1-adrenergen und muskarinischen Azetylcholinrezeptoren. 5 Vegetative Nebenwirkungen meist als sympathomimetische Effekte durch NA-Rückaufnahmehemmung möglich. Pharmakokinetik 5 Schnelle Resorption; Tmax=2 h; t½=13–30 h; Steady state nach 5 Tagen. 5 Orale Bioverfügbarkeit 60%; Bindung an Plasmaproteine >90%. 5 Bevorzugte Metabolisierung über CYP 3A4, danach teilweise oder vollständige Glukuronidierung oder Sulfokonjugation. Keine pharmakologisch aktiven Metaboliten. 5 Verlängerung der Halbwertszeit bei Leber- oder Niereninsuffizienz.
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5 Plasmakonzentration: 10–100 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Zur Behandlung akuter depressiver Erkrankungenz sowie in der Erhaltungstherapie. 5 Erste Hinweise zur Wirkung bei Fibromyalgie. Dosierung 5 Initiale Dosis: 2-mal 2 mg für 3 Tage, danach 2-mal 4 mg/Tag als empfohlene Dosierung für Patienten bis 65 Jahre (bei älteren Patienten reduzierte Tagesdosis von 4 mg/Tag). Bei Nichtansprechen Steigerung auf 10 mg/Tag möglich, Höchstdosis: 12 mg/Tagz. 5 Unter hohen Dosen von 8 mg/Tag zu Beginn zeigen sich hohe Nebenwirkungs- und Abbruchraten. ! Dosishalbierung bei Leber- oder Niereninsuffizienz (Beginn mit 2-mal
2 mg/Tag).
Nebenwirkungen 5 Häufig: Mundtrockenheit; Obstipation; Hypotonie; Übelkeit; Kopfschmerzen; vermehrtes Schwitzen; Schlafstörungen. 5 Gelegentlich: Tachykardien; innere Unruhe; Tremor; Miktionsbeschwerden, Blasenentleerungsstörungen; sexuelle Funktionsstörungen (auch Fallbeschreibungen von schmerzhafter Ejakulation, Hodenschmerz) und abgeschwächter Orgasmus (s. aber im Vergleich zu anderen Antidepressiva geringere Störungen 7 Kap. 8.2.6). ! Harnverhalt bei Männern: dann sofortiges Absetzen notwendig.
Kontraindikationen 5 Relative Kontraindikationen: Niereninsuffizienz; kardiale Vorschädigung; Prostatahypertrophie, Blasenentleerungsstörungen, Glaukom. 5 Kombination mit Arzneimitteln: Vorsicht bei der Kombination mit Antihypertensiva und ergotaminhaltigen Arzneimittel. Kombination mit MAOH. Interaktionen 5 Nach derzeitiger Kenntnis sehr geringes Interaktionspotenzial. 5 Bei Kombination mit Ketoconazol Anstieg der Plasmaspiegel von Reboxetin um 50%, scheinbar ohne klinische Bedeutung.
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5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum mit primär noradrenerger Komponente. Nebenwirkungen seltener als unter TZA, geringere Toxizität bei Überdosierungen im Vergleich zu TZA. Sertralin Selektiver Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitor (SSRI)
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Gladem (Boehringer Ingelheim) Tbl. 50, 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) Sertralin-1A Pharma9 (1A Pharma) Sertralin
AbZ9 (AbZ-Pharma)
Sertralin AL9 (Aliud Pharma) Sertralin beta9 (betapharm) Sertralin biomo9 (biomo)
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Sertralin-CT9 (CT Arzneimittel)
Sertralin-ratiopharm9 (ratiopharm) Sertralin Sandoz9 (Sandoz) Sertralin Stada9 (Stadapharm) Sertralin Winthrop9 (Winthrop) Sertralin TAD9 (TADPharma) Zoloft (Pfizer Pharma) Tbl. 50, 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) Lsg. 20mg/ml (60 ml)
Sertralin Hormosan9 (Hormosan)
Pharmakodynamik 5 Selektive Hemmung der 5-HT-Rückaufnahme. 5 Affinität zu σ-Bindungsstellen (klinische Relevanz unklar) und schwacher Inhibitor der Dopaminaufnahme. 5 Keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Pharmakokinetik 5 t½=ca. 26 h; Tmax=ca. 4–8 h; Plasmaproteinbindung 98%. 5 Ausgeprägter Metabolismus mit Beteiligung von CYP2D6, CYP2C9, CYP2C19 und CYP3A4; Hauptmetabolit N-Desmethylsertralin (t½=ca. 60–100 h) 20fach schwächer als Muttersubstanz. 5 Plasmakonzentration: 10–50 ng/ml(p).
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Alle Sertralin-Generika: Tbl. 50, 100 mg.
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Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungenz. 5 Rezidivprophylaxe depressiver Erkrankungenz. 5 Hinweise auf Wirksamkeit bei Zwangsstörung, Panikstörung, sozialer Phobie, posttraumatischer Belastungsstörung, prämenstruellem Syndrom. 5 Erste Hinweise auf Wirksamkeit bei generalisierter Angststörung. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. 5 SSRI in der Schwangerschaft: 7 Kap. 14. Dosierung 5 50 mg/Tag in einer morgendlichen Einzeldosis (niedrigste wirksame Dosis und Erhaltungsdosis), ggf. Erhöhung der Tagesdosis um 50 mg je Woche bis maximal 200 mg/Tagz. 5 Bei eingeschränkter Leberfunktion Dosisanpassung oder Verlängerung des Dosierungsintervalls; bei Niereninsuffizienz nicht nötig. Nebenwirkungen 5 Sehr häufig: besonders in der Anfangsphase Appetitlosigkeit, Übelkeit, Diarrhö; Mundtrockenheit; v. a. bei höheren Dosierungen Tremor, Schwindel; Schlafstörungen, Müdigkeit; sexuelle Funktionsstörungen, insbesondere Ejakulationsverzögerungen. 5 Häufig: Dypepsie, Erbrechen; Kopfschmerzen; Zwangsgähnen, Agitiertheit; vermehrtes Schwitzen. 5 Gelegentlich: reversible Erhöhungen der Transaminasen, die nicht regelmäßig zum Absetzen zwingen. 5 In Einzelfällen: SIADH (7 Kap. 1.6), dann v. a. bei älteren Patienten. Kontraindikationen 5 Kombination mit MAOH; MAOH können frühestens 7 Tage nach Absetzen von Sertralin angesetzt werden; Sertralin kann 14 Tage nach Absetzen eines irreversiblen MAOH bzw. 2 Tage nach Absetzen von Moclobemid angesetzt werden. 5 Kombination mit Pimozid, Serotonin-Agonisten, Disulfiram. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Lebererkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft. Interaktionen 5 Geringes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
5 Bei Kombination mit Lithium sind pharmakodynamische Wirkungsund Nebenwirkungsverstärkungen möglich. 5 Weitere Interaktionen 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum mit breitem Indikationsspektrum. Es gibt im Vergleich zu anderen SSRI mehr Studien zur Rezidivprophylaxe.
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Tranylcypromin Monoaminooxidasehemmer (MAOH) Jatrosom N (esparma) Tbl. 10 mg (20, 45, 90 Drg.)
Pharmakodynamik 5 Irreversibler nichtselektiver MAOH; auch Wirkung auf multiple Transmittersysteme. 5 Chemische Strukturähnlichkeit mit Amphetamin. 5 2 stereoisomere Formen: (+)-Tranylcypromin (hauptsächlich Hemmung der MAO-B), (–)-Tranylcypromin (vornehmlich Beeinflussung der Rückaufnahme und Freisetzung biogener Amine). Pharmakokinetik 5 t½=1,5–3 h; Tmax=0,5–3 h. 5 Trotz kurzer Halbwertszeit erheblich längere biologische Wirkdauer, da Tranylcypromin als irreversibler MAOH mit dem Enzym in der Nähe des aktiven Zentrums eine kovalente Bindung eingeht, sodass das Abklingen der MAO-Inhibition von der Neusyntheserate des Enzyms abhängt. Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Syndrome unabhängig ihrer nosologischen Zuordnungz; es wird über gute therapeutische Wirkung bei atypischen Depressionen berichtet (7 Kap. 1.4.1). In einigen Fällen gute antidepressive Wirkung bei unzureichender Response auf andere Antidepressiva, insbesondere in höheren Dosierungen (7 Kap. 1.12). Von der Kombination mit TZA sollte Abstand genommen werden (7 Kap. 1.12). 5 Hinweise zur Wirksamkeit bei Zwangsstörung und sozialer Phobie.
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5 Wirkungseintritt sehr unterschiedlich: dosisabhängig innerhalb weniger Tage bzw. erst nach 10–14 Tagen. 5 MAO-Hemmer sind nicht kardiotoxisch (s. aber Hypotonie und hypertensive Krisen unter Nebenwirkungen). 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 Einschleichend mit 10 mg, später bis 20 mg; maximal 30 mg/Tagz. In der Klinik sind Dosen bis 40 mg/Tag möglich; unter engmaschigen Kontrollen sind – insbesondere bei therapieresistenten Patienten – auch höhere Dosen gegeben und gut toleriert worden (7 Kap. 1.12). 5 Letzte Verordnung nicht am späten Abend, bei älteren Patienten Dosisanpassung. Nebenwirkungen 5 Häufigste Nebenwirkungen: orthostatische Hypotonie (bei Auftreten von therapiebedürftiger Hypotonie Gabe von Dihydroergotamin, z. B. Dihydergot®, 4–6 mg/Tag), Schwindel, Kopfschmerzen, Palpitationen, Übelkeit. ! Hypertone Blutdruckkrisen überwiegend nach Einnahme stark
aminhaltiger Nahrungsmittel (besonders Tyramin). Die Amine werden nach Anreicherung der MAOH in der Leber nicht metabolisiert und führen zu einer hypertensiven Reaktion; tyraminunabhängig können hypertone Krisen besonders bei Vorliegen eines Phäochromozytoms und bei Thyreotoxikose auftreten.
5 Häufig: zu Beginn der Therapie innere Unruhe und Agitiertheit sowie Schlafstörungen, Tremor, Hyperhidrosis; Möglichkeit von abwechselnden Unruhezuständen und plötzlichen Apathien. 5 In Einzelfällen: Gewichtsänderungen; Obstipation bzw. Diarrhö; Leuko- bzw. Thrombozytopenie; Ödeme; SIADH (7 Kap. 1.6); in Ausnahmefällen Verwirrtheit, Halluzinationen, Krampfanfälle. Kontraindikationen ! Keine Kombination mit SSRI, Clomipramin, Venlafaxin (Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms, 7 Kap. 12.7.2).
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Kapitel 1 · Antidepressiva
! Keine Kombination mit 5HT1-Agonisten zur Migränebehandlung, z. B.
Sumatriptan oder Naratriptan. Gefahr eines zentralen Serotoninsyndroms (7 Kap. 12.7.2).
5 Bei Gabe von SSRI und TZA nach MAOH Übergangszeit einhalten (7 Kap. 1.8); bei nachfolgender Therapie mit Antipsychotika allenfalls leicht erhöhtes Risiko bei Anwendung von Phenothiazinen. 5 Relative Kontraindikationen: Suizidalität (bei bestehender Suizidalität kann auf Tranylcypromin zurückgegriffen werden, wenn eine vorübergehende Kombination mit Benzodiazepinen – auch in höheren Dosen – vertretbar ist), Patienten müssen vor Selbstmedikation gewarnt werden; kardiale Vorschädigung (v. a. höhergradige Herzinsuffizienz); schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen. ! Gleichzeitiger Genuss von tyraminhaltigen Lebensmitteln: Einhaltung
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einer tyraminarmen Diät erforderlich. Zu meiden sind: Käse (besonders reifer, alter Käse; Frischkäse ist erlaubt), Fischhalbkonserven, wie z. B. Salzheringe, Hefeextrakte und -hydrolysate, Pilze, Soja und -produkte, Saubohnen, gealtertes Fleisch oder Fleischextrakte (Frischfleisch ist erlaubt), Sauerkraut, Salami, fermentierte Würste, Geflügelleber, saure Sahne oder Joghurt (große Portionen), verdorbene oder getrocknete Früchte wie verdorbene Bananen, Feigen oder Rosinen, sämtliche nichtfrische bzw. konservierte Lebensmittel; möglichst Alkoholkarenz (trotz geringen Tyramingehalts der meisten Alkoholika); besonders Biere, schwere Rot- und Süßweine.
Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames Antidepressivum mit breitem Indikationsspektrum (insbesondere bei therapieresistenter Depression). Nachteil: Tyraminarme Diät notwendig (Risiko von Blutdruckkrisen) und mit stärkeren Risiken als viele andere Antidepressiva verbunden.
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1.13 · Präparate
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Trazodon Serotoninantagonistischer/-Rückaufnahme-Inhibitor Thombran (Boehringer Ingelheim) Kps. 25 mg (50 Kps.) (Thombran mite) 50 mg (20, 50 Kps.) Tbl. 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Thombran Tabs)
Trazodon Hexal (HEXAL) Tbl. 100 mg Trazodon-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 100 mg
Dosierung 5 In den ersten Tagen 100 mg, Erhaltungsdosis nach einer Woche 200– 400 mg/Tagz (unter stationären Bedingungen auch schnellere Aufdosierung möglich), bei älteren Patienten 100–200 mg/Tag, in der Klinik maximal 600 mgz; Einnahme jeweils nach dem Essen. 5 Plasmakonzentration: 650–1500 ng/ml(p). Bewertung Die Entwicklung neuer Antidepressiva und ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko (u. a. orthostatische Hypotonie, ventrikuläre Arrhythmien) macht Trazodon in der psychiatrischen Pharmakotherapie bei depressiven Störungenz verzichtbar. Trazodon hat einen schlafinduzierenden Effekt. ! Priapismus wurde mehrfach beschrieben, daher Aufklärung über
diese ernste Komplikation (in akuten Notfall sofort urologische Intervention!).
Trimipramin Trizyklisches Antidepressivum al (Temmler Pharma) Tbl. 25, 100 mg
Trimineurin (Hexal) Tbl. 25, 100 mg
Stangyl (Aventis Pharma) Tbl. 25, 100 mg (20, 50, 100 Tbl.) (Stangyl Tabs) Lsg. 40 mg=40 Trpf.=1 ml (30, 90 ml)
Trimipramin 1A Pharma (1A Pharma) Tbl. 25, 50, 100 mg
Trimidura (Merck dura) Tbl. 100 mg
HerphonTrimipramin AL (Aliud Pharma) Tbl. 25, 100 mg Trimipramin AWD (AWD.pharma) Tbl. 100 mg
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Trimipramin beta (betapharm) Tbl. 25, 100 mg
Trimipramin Sandoz (Sandoz) Tbl. 100 mg
Trimipramin-neuraxpharm (neuraxpharm) Tbl. 25, 50, 75, 100 mg Lsg. 40mg=40 Trpf.=1 ml
Trimipramin Stada (Stadapharm) Tbl. 100 mg Trimipramin TAD (TAD Pharma) Tbl. 100 mg
Pharmakodynamik 5 Stark sedierende Wirkung aufgrund der Histaminrezeptorblockade. 5 DA-antagonistischer Effekt. 5 Keine wesentliche Beeinflussung der NA- oder 5-HT-Rückaufnahme. 5 Im Gegensatz zu den meisten Antidepressiva keine REM-/Tiefschlafsuppression. 5 Sonst ähnliches Wirkungsspektrum wie Amitriptylin. Pharmakokinetik 5 t½=23–24 h; Tmax=ca. 2–3 h; Bioverfügbarkeit 40%; Plasmaproteinbindung 95%. 5 Metabolisierung durch CYP2D6 und CYP2C19 zu N-Desmethyltrimipramin. 5 Plasmakonzentration: 150–350 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) mit den Leitsymptomen Schlafstörungen, Angst und innere Unruhez. 5 Chronische Schmerzzustände im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptsz. 5 Hinweise auf Wirkung bei primärer Schlafstörung. 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9. Dosierung 5 Bei depressiven Störungen einschleichender Beginn mit 25–50 mg/Tag, anschließend langsame Dosissteigerung. Bei mittelgradigen depressiven Zuständen 100–150 mg/Tag; bei schweren depressiven Episoden 300-400 mg/Tag (wegen starker Sedierung Hauptdosis spätabends), Tageshöchstdosis 400 mg/Tagz; bei älteren Patienten niedrigere Dosis. 5 Bei chronischen Schmerzzuständen Beginn mit 50 mg/Tag, danach durch langsame Dosissteigerung Erhöhung auf eine mittlere Tagesdosis bis zu 150 mg/Tag.
1.13 · Präparate
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5 Bei Schlafstörungen ohne begleitende depressive Symptomatik ist ein Versuch mit 25–50 mg Trimipramin angezeigt. Nebenwirkungen 5 Häufig: Müdigkeit (stärkere Sedierung als bei Amitriptylin); Schwindel; Mundtrockenheit; Akkommodationsstörungen. 5 Gelegentlich: orthostatische Regulationsstörungen, besonders bei älteren Patienten; Störungen der Erregungsleitung des Herzens. 5 Selten: delirante Syndrome, besonders bei schneller Dosissteigerung; Gewichtszunahme; Obstipation. Kontraindikationen 5 Harnverhalt, Engwinkelglaukom, Prostatahyperplasie mit Restharnbildung, akute Delirien; Pylorusstenose; paralytischer Ileus; manische Verstimmung. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenerkrankungen; erhöhte Krampfbereitschaft; kardiale Vorschädigung (insbesondere Erregungsleitungsstörungen, koronare Herzerkrankungen); anamnestisch bekannte Störungen des hämatopoetischen Systems, chronische Obstipation; Kombination mit MAOH (unter stationären Bedingungen möglich, 7 Kap. 1.12). Interaktionen 5 Bei Kombination mit Fluvoxamin oder Hemmstoffen von CYP 2D6, wie Fluoxetin, Paroxetin oder Bupropion, Anstieg der Plasmaspiegel von Trimipramin; daher Kontrolle der Plasmaspiegel bei Kombination. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames TZA mit stark sedierenden Eigenschaften, bei fehlender REM-/ Tiefschlafsuppression auch bei chronischen Schlafstörungen einsetzbar, falls keine Kontraindikationen bestehen.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Venlafaxin Serotonin- und Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitor; duales Antidepressivum Trevilor (Wyeth) Tbl. 37,5 mg (20, 50 Tbl.) Kps. 75, 150 mg (Trevilor retard) (20, 50, 100 Kps.)
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Pharmakodynamik 5 NA- und 5-HT-Rückaufnahmehemmung, außerdem schwache DARückaufnahmehemmung. 5 Wahrscheinlich in niedrigen Dosisbereichen präferenziell 5-HT-, in höheren Dosisbereichen zusätzlich NA-Rückaufnahmehemmung. 5 Keine Affinität zu Azetylcholin-, Histamin- oder α1-adrenergen Rezeptoren. Pharmakokinetik 5 Rasche Resorption, ausgeprägter First-pass-Metabolismus. 5 t½=5 h (O-Desmethylvenlafaxin 11 h); Tmax=2–4 h; Plasmaproteinbindung 30%. Retardpräparation: t½=14–18 h; Tmax=8–9 h. 5 Bildung des aktiven Metaboliten O-Desmethylvenlafaxin mit ähnlichem pharmakodynamischen Profil wie Muttersubstanz durch CYP2D6 und des inaktiven Metaboliten N-Desmethylvenlafaxin durch CYP3A4, CYP2C19 und CYP2C9. 5 Plasmakonzentration (Summe Venlafaxin und O-Desmethylvenlafaxin): 195–400 ng/ml(p). Indikationen und Behandlungshinweise 5 Depressive Erkrankungen, einschließlich Depressionen mit begleitenden Angstzuständenz. 5 Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe depressiver Erkrankungenz. 5 Generalisierte Angststörungz. 5 Panikstörung mit/ohne Agoraphobiez. 5 Soziale Phobiez. 5 Hinweise zur Wirksamkeit bei chronischen Schmerzsyndromen. 5 Erste Hinweise zur Wirksamkeit bei Zwangsstörung, PTSD, bei der Prophylaxe der Migräne und bei klimakterischen Beschwerden (Flushsyndrom). 5 Routineuntersuchungen: 7 Kap. 1.9.
1.13 · Präparate
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1
Dosierung 5 Depressive Erkrankungen: Empfohlene Anfangsdosis: 75 mg/Tag in 2 Einzeldosen (Retardpräparation als Einmalgabe, Änderungen nur in 75 mg-Schritten möglich), stationär auch 150 mg/Tag in 2–3 Einzeldosen (Retardpräparation als Einmalgabe); rasche Dosissteigerung bis maximal 375 mg/Tagz . Bei mittelschwerer Depression waren auch 75 mg/Tag wirksam. Bei älteren Patienten langsame Dosiserhöhung, sonst keine Dosisanpassung erforderlich, vorzugsweise Gabe der Retardpräparation. 5 Bei Panikstörung mit/ohne Agoraphobie einschleichend über 4–7 Tage mit 37,5 mg/Tag beginnen (als Retardpräparation in Deutschland noch nicht erhältlich, die Zulassung wurde beantragt); empfohlene Tagesdosis 75 mg/Tag (Einmalgabe als Retardpräparationz); ggf. Dosissteigerung auf 225 mg/Tagz. 5 Bei sozialer Phobie und GAD: Beginn mit 75 mg/Tag (Retardpräparationz); ggf. – falls erforderlich – Dosiserhöhung bis auf 225 mg/Tag z. 5 Bei klimakterischen Beschwerden 37,5 mg/Tag, dann 75 mg/Tag; bei Schmerzsyndromen 75-150 mg/Tag. 5 Bei schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen Dosisanpassung. Nebenwirkungen 5 Geringfügiger Blutdruckanstieg überwiegend bei Dosierungen über 225 mg/Tag (NA-Rückaufnahmehemmung!), daher – insbesondere in der Anfangsphase der Behandlung – häufigere Blutdruckkontrollen bei höheren Dosierungen; sonst gute kardiale Verträglichkeit. In einer kürzlichen Studie wurde unter Venlafaxin im Vergleich zu Paroxetin eine verminderte Herzfrequenzvariabilität gefunden; wie weit diese auf die blockierte NA-Aufnahme zurückzuführen ist, muss, zusammen mit der Absicherung des Befundes, geprüft werden. 5 Häufig: besonders in der Anfangsphase Appetitlosigkeit, Übelkeit, gelegentlich Erbrechen, Diarrhö (bei Retardpräparaten geringer); Schwitzen (häufiger als unter SSRI); v. a. bei höheren Dosierungen innere Unruhe und Agitiertheit, Schlafstörungen; Kopfschmerzen; Zwangsgähnen. 5 Gelegentlich: sexuelle Funktionsstörungen, besonders Ejakulationsverzögerung, Libidominderung, Orgasmusstörungen; allergische Hauterscheinungen (bei 4%). 5 In Einzelfällen: SIADH (7 Kap. 1.6), dann v. a. bei älteren Patienten. 5 Venlafaxin induziert nach einer Studie häufiger Manien als Sertralin oder Bupropion.
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Kapitel 1 · Antidepressiva
Kontraindikationen 5 Kombination mit MAOH; aus Sicherheitsgründen sollte nach Behandlung mit Venlafaxin ein Abstand von einer Woche zur Verordnung eines MAOH eingehalten werden; nach Absetzen von Tranylcypromin muss eine Karenzzeit von 2 Wochen eingehalten werden, bevor mit der Behandlung mit Venlafaxin begonnen wird; nach Absetzen des reversiblen MAOH Moclobemid ist ein Wechsel auf Venlafaxin am übernächsten Tag möglich. 5 Kombination mit tryptophanhaltigen Arzneimitteln. 5 Relative Kontraindikationen: schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen; erhöhte Krampfbereitschaft; arterielle Hypertonie. Interaktionen ! Bericht einer Intoxikation bei Kombination mit Tramadol.
5 Einzelfallberichte über Serotoninsyndrom bei Kombination mit Fluoxetin oder Paroxetin. Die Hemmung der O-Demethylierung durch CYP2D6-Inhibitoren scheint klinisch nicht relevant zu sein, da Muttersubstanz und aktiver Metabolit ein ähnliches pharmakologisches Profil besitzen. 5 Weitere Interaktionen s. Kontraindikationen und 7 Kap. 1.8. Bewertung Wirksames nichtsedierendes Antidepressivum. Retardpräparation sollte wegen besserer Verträglichkeit bevorzugt werden. Es gibt Studien, die für einen schnelleren Wirkungseintritt im Vergleich zu SSRI in den ersten beiden Behandlungswochen sprechen. Es gibt Hinweise, dass in niedrigeren Dosisbereichen von 75 mg die 5-HT-Rückaufnahmehemmung vorherrscht und erst in höheren Dosisbereichen ab 225 mg eine zusätzliche NA-Rückaufnahmehemmung bewirkt wird.
Anhang
683
A–D
Diagnoseverzeichnis Für die aufgelisteten ICD-10-Diagnosen und Syndrome finden sich unter den angegebenen Seitenzahlen jeweils die Therapiedarstellungen. Für alle anderen Aspekte s. Sachverzeichnis.
D 2 3
A Absetzmanie 170 Adipositas 537 Akathisie 220 akute vorübergehende psychotische Störung 207 Akutphase/Positivsymptomatik 203 – Schizophrenie 203 Alkohol- und Droge-induzierte Psychosen 213 Alkohol- und Opiatabhängigkeit 31 Alkoholentzugsdelir 457 Alkoholentzugssyndrom 454 Alkoholhalluzinose 213, 458 Alkoholintoxikation 454 Anorexia nervosa 533 anticholinerges Syndrom 602 Atypizität 192 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Erwachsenen 545 Autismus 575
B BDNF 193 Bewusstseinsstörungen 591 Binge-eating-Störung 536 bipolare affektive Störung 141, 146 – Phasenprophylaxe 146 bipolare Störung I 129 bipolare Störung II 129 Borderline-Persönlichkeitsstörung 571 Bulimia nervosa 535
C cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leucoencephalopathy 431 Chronic-Fatigue-Syndrom 30
D delirante Syndrome 588 Delirium tremens 457 Demenz – Alzheimer-Typ 428 – frontotemporale 432 – gemischte 431 – vom Lewy-Körperchen-Typ 432 – Parkinson-Syndrom 434 – vaskuläre 431 demenzassoziierte Verhaltensstörungen 421 Depression – atypische 12 – bipolare 129, 141 – gehemmte 334 – Morbus Parkinson 16 – postschizophrene 201 – Schizophrenie 205 – unterschwellige 11 – wahnhafte 210 depressive Episode 9, 12, 141 depressive Pseudodemenz 15 depressiver Stupor 594 Dermatozoenwahn 207 diabetische Polyneuropathie 29 dissoziativer Stupor 595 Doppeldiagnose 196
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D 2 3 4 5 6 7 8
Diagnoseverzeichnis
– Schizophrenie und Suchterkrankung 196 »double depression« 11 drogeninduzierte Psychose 213 Dysthymie 11
E Eifersuchtswahn 208, 458 Ejaculatio praecox 514 Ejakulationshemmung 520 Ejakulationsstörungen 514 Entzugssyndrom 31 Enzephalopathie – hepatische 459 – subkortikale vaskuläre 431 Erektionsstörungen 510 Erregungszustände, psychomotorische 587
F
9 10 11 12 13 14 15 16 17
febrile Katatonie 594 Fibromyalgiesyndrom 30 frontotemporale Demenz 432 Frühdyskinesie 220
G gemischte Episode – bipolare affektive Störung 145 – rapid cycling 130 generalisierte Angststörung 23 – Anxiolytika 334
H hepatische Enzephalopathie 459 Hypersomnie, primäre 552 Hypomanie 129
I induzierte wahnhafte Störung 207 Intelligenzminderung 575 – Verhaltensstörung 575
K Katatonie 207 – febrile 594 – perniziöse 594 Kleine-Levin-Syndrom 552 Kleptomanie 576 klimakterische Beschwerden 32 kognitive Störung, leichte 435
L Liebeswahn (Erotomanie) 208
M malignes neuroleptisches Syndrom 600 manische Episode 129 – rezidivierend 148 manischer Stupor 594 metabolisches Syndrom 224 MCI 435 Migräne 29 mild cognitive impairment 435 minor depression 11 Multiinfarktdemenz 431
N Narkolepsie 548 Negativsymptomatik 189, 204
O Opiatabhängigkeit 465 Opiatentzugssyndrom 463 organische dissoziative Störung 592
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Diagnoseverzeichnis
P Panikstörung mit/ohne Agoraphobie 21, 333 Paraphilien 515 Parkinsonoid 220 pathologisches Spielen 576 »periodic limb movements in sleep« 550 perniziöse Katatonie 594 Persönlichkeitsstörungen 567 – schizoide 574 Phobie – soziale 24 – spezifische 24 phobische Störung 24 Polyneuropathien bei Diabetes mellitus 29 Positivsymptomatik 189 Post-partum-Psychose 209 Post-Stroke-Demenz 431 Post-Stroke-Depression 16 posttraumatische Belastungsstörung 26 prämenstruell-dysphorisches Syndrom 31 Priapismus 517, 520 primäre Hypersomnie 552 Prüfungsangst 331 Pseudoatrophia cerebri 533 Pseudodemenz 15, 594 psychogener Stupor 595 psychomotorische Erregungszustände 587 Pyromanie 576
R rapid cycling 149 recurrent brief depression 12 Rednerangst 331 Restless-legs-Syndrom 550 rezidivierende kurze depressive Episoden 12
D–S
S SAD 12 saisonal abhängige affektive Störung 12 schizoaffektive Störung 208 schizoide Persönlichkeitsstörungen 574 schizoide Störung 207 schizophrenes Residuum 201 Schizophrenia simplex 201 Schizophrenie – hebephrene 200 – katatone 201 – komorbide Sucht- oder Abhängigkeitserkrankung 195 – paranoide 200 – undifferenzierte 201 Schlafapnoesyndrom 549 Schlafstörung 374, 384 Schmerz – neuropathischer 29 Schmerzsyndrom 28 Serotoninsyndrom, zentrales 601 sexuelle Störungen 507, 516 – substanzinduziert 516 sexuelles Verlangen – gesteigert 515 – vermindert 509 Spannungskopfschmerz 29 Spätdyskinesie 220 Spielen, pathologisches 576 Störung – akute vorübergehende psychotische 207 – bipolare affektive 129 – depressive 334 – der Impulskontrolle 573 – induzierte wahnhafte 207 – kognitive – – Schizophrenie 189, 206 – körperdysmorphe 28 – leichte kognitive 435 – organische dissoziative 592 – schizoaffektive
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D 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Diagnoseverzeichnis
– – Phasenprophylaxe 150 – schizoide 207 – schizophrene 199, 335 – sexuelle 507 – somatoforme 28, 335 – wahnhafte 207 Stupor – bei katatoner Schizophrenie 593 – bei organischer katatoner Störung 595 – depressiver 594 – dissoziativer 595 – manischer 594 – und Mutismus 334 – psychogener 595 subkortikale vaskuläre Enzephalopathie 431 Suizidalität 596 Symptomatik – depressive 189 – schizodepressive 209 – schizomanische 209 – Schizophrenie 189 Symptome, katatone 189 Syndrom – delirantes 588 – malignes neuroleptisches 172, 220, 600
– metabolisches 224 – zentrales anticholinerges 602
T Trichotillomanie 576
V vaskuläre Demenz 431 Verhaltensstörungen, demenzassoziierte 421
W wahnhafte Störung 207 Wernicke-Korsakow-Syndrom 458 Winterdepression 12
Z zentrales anticholinerges Syndrom 602 zentrales Serotoninsyndrom 601 Zwangsstörung 25 zykloide Psychose 209
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A
Pharmakaverzeichnis In das Pharmakaverzeichnis sind die chemischen Kurzbegriffe kursiv und die Handelsnamen in gerader Schrift aufgenommen. Eine fettgedruckte Seitenzahl verweist auf die ausführliche Beschreibung im Präparateteil. Handelsnamen von Präparaten aus Österreich (A) und der Schweiz (CH) sind mit dem Verweis auf den Substanznamen aufgenommen, wenn sie von den in Deutschland gebräuchlichen Handelspräparaten abweichen.
P 2 3 4
A Abilify 266 Acamprosat 475, 621, 629, 637 Accomplia 538 Adartrel 551 Adderall 547 Adjuvin (A) s. Sertralin Adumbran 367 Agomelatin 3, 73 AH 3 N Tabletten 360 Alfuzosin 514 Allenopar (A) s. Paroxetin Allium Plus (CH) s. Ginkgo biloba Alprastad (A) s. Alprazolam Alprazolam 349, 572, 636 Alprazolam-ratiopharm 349 Alprazolam AbZ 349 Alprazolam AL 349 Alprazolam Sandoz 349 Alprostadil 512 Alutan (CH) s. Citalopram Amantadin 227, 509, 518, 601 Amineurin 75 Amioxid-neuraxpharm 78 Amirine (CH) s. Mianserin Amisulprid 11, 263, 574, 619, 627, 634 Amisulprid-neuraxpharm 264 Amisulprid-ratiopharm 264 Amisulprid AL 263 Amisulprid dura 264 Amisulprid Hexal 264
Amisulprid Hormosan 264 Amisulprid Lich 264 Amisulprid Sandoz 264 Amisulprid Stada 264 Amitriptylin 75 Amitriptylin-CT 75 Amitriptylin-neuraxpharm 75 Amitriptylin-RPh 75 Amitriptylin beta 75 Amitriptylinoxid 78 Amphebutamon s. Bupropion Amphetamin 547 Anafranil 82 Anafranil (CH) s. Clomipramin Androcur 515 Anticholum 602 Anexate 591 Antabus 491 Antelepsin 356 Anticholium 602 Anxiolit (A, CH) s. Oxazepam Anxut 352 Apertia (A) s. Citalopram Apomorphin 512 Aponal 87 Ardeytropin 409 Aricept 437 Aripiprazol 266, 574, 619, 627, 635 Aristo 350 99 Aristoforat 99 Arminol 317 Artane 222
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
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P 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Pharmakaverzeichnis
Arterosan plus (CH) s. Ginkgo biloba Atarax 360 Atarax (A, CH) s. Hydroxyzin Ativan (CH) s. Lorazepam Atomoxetin 547, 553 Atosil 405, 492 Aurorix 109 Aurorix (CH) s. Moclobemid Avigilen 446 Axura 443
B Bendorma (CH) s. Diphenhydramin Benocten (CH) s. Diphenhydramin Benperidol 268 Benperidol-neuraxpharm 268 Bespar 352 Betachenol 518 Betadorm D 396 Biperiden 222 Bromaz 6--1A 351 Bromazanil 351 Bromazepam 351 Bromazepam-neuraxpharm 351 Bromazepam AL 351 Bromazepam beta 351 Bromazepam ratiopharm 351 bromazep von ct 351 Bromocriptin 72, 551, 601 Bromperidol 213, 270 Brotizolam 393 Buprenorphin 476, 621, 629, 637 Bupropion 2, 79, 481, 509, 548, 621, 637 Buronil (A) s. Melperon Busp 352 Buspar (A, CH) s. Buspiron Buspiron 23, 72, 328, 334, 352, 474, 518, 576
C Cabergolin 551 Calmaben (A) s. Diphenhydramin Campral 475 Carba-CT 158 Carbabeta 158 Carbachol 230, 518 carbadura 158 Carbaflux 158 Carbamazepin 158, 455, 474, 572, 575, 618, 626, 634 Carbamazepin-neuraxpharm 158 Carbamazepin-ratiopharm 158 Carbamazepin-RPh 158 Carbamazepin 1A-Pharma 158 Carbamazepin AL 158 Carbamazepin HEXAL 158 Cassadan 349 Catanidin (A) s. Bupropion Catapresan 489 Cerebokan (A) s. Ginkgo biloba Cerebryl (A) s. Piracetam Ceremin (A) s. Ginkgo biloba Cerepar N 446 Cesradyston 99 Chloraldurat 500 394 Chloraldurat rot 394 Chloralhydrat 377, 379, 394 Chloralhydrat Rectiole (A, CH) s. Chloralhydrat Chlorazin (CH) s. Chlorpromazin Chlordiazepoxid 354, 455, 636 Chlorpromazin 229, 233, 272 Chlorprothixen 273 Chlorprothixen Holsten 273 Cialis 525 Ciatyl 324 Ciatyl-Z Acuphase 324 Ciatyl-Z Depot 324 Cipralex 92
689
Pharmakaverzeichnis
Cipram (A) s. Citalopram Cipramil 80 Cisordinol (A) s. Zuclopenthixol Citadura 80 CitaLich 80 Citalo-Q 80 Citalon 80 Citalopram 1, 22, 60, 80, 631 Citalopram-1A Pharma 80 Citalopram AbZ 80 Citalopram AL 80 Citalopram Arcana (A) s. Citalopram Citalopram AWD 80 Citalopram beta 80 Citalopram-biomo 80 Citalopram CT 80 Citalopram dura 80 Citalopram ecosol (CH) s. Citalopram Citalopram Genericon (A) s. Citalopram Citalopram HelvePharm (CH) s. Citalopram Citalopram HEXAL 80 Citalopram Hormosan 80 Citalopram Interpharm (A) s. Citalopram Citalopram-ISIS 80 Citalopram-Mepha (CH) s. Citalopram Citalopram-neuraxpharm 80 Citalopram-ratiopharm 80 Citalopram Sandoz 80 Citalopram Stada 80 Citalopram TAD 80 Citalopram Torrex (A) s. Citalopram Citalopram Winthrop (CH) s. Citalopram Citalostad (A) s. Citalopram Claropram (CH) s. Citalopram Clobazam 355 Clomethiazol 378, 382, 455, 457, 484, 585, 621, 629, 637 Clomipramin 2, 82, 514 Clomipramin-neuraxpharm 82 Clomipramin-ratiopharm 82 Clomipramin Sandoz 82
A–D
Clomipramin von ct 82 Clonazepam 335, 336, 356, 572 Clonidin 456, 464, 489 Clonidin-ratiopharm 489 Clonistada 489 Clopin (CH) s. Clozapin Clopixol (CH) s. Zuclopenthixol Closin 405 Clozapin 206, 209, 214, 229, 231, 249, 256, 260, 262, 275, 342, 572, 598, 619, 627, 635, 672 Clozapin-neuraxpharm 275 Clozapin-Pharma 275 Clozapin beta 275 Clozapin Hexal 275 Co-dergocrin 437 Codergocrin ratiopharm (A) s. Co-dergocrin Cogentinol 222 Concerta 555 Cymbalta 90 Cyproheptadin 518, 601 Cyproteronacetat 515
D Dalcipran 105 Dalcipran (A) s. Milnacipran Dalmadorm 400 Dantrolen 601 Dantamacrin 601 Dapotum 283 Dapotum D 284 DCCK 437 Deanxit (A, CH) s. Flupentixol Decentan 302 Decentan-Depot 302 Demetrin 368 Demetrin (A, CH) s. Prazepam Demonatur Ginkgo (CH) s. Ginkgo biloba Depakine chrono (A, CH) s. Valproinsäure
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690
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Pharmakaverzeichnis
Depakine chronosphere (CH) s. Valproinsäure Dependex (A) s. Naltrexon Deprilept 103 Deramciclan 330 Deroxat (CH) s. Paroxetin Desipramin 2, 85, 473 Desmopressin 230 Dexantol (CH) s. Paroxetin DHEA 18, 509, 513 diazep AbZ 357 Diazepam 342, 357, 636 Diazepam-Lipuro 357 Diazepam-ratiopharm 357 Diazepam Desitin 357 diazep von ct 357 Dibondrin (A) s. Diphenhydramin Dihydergot 38, 231 Dihydroergocryptin 551 Dihydroergotamin 38, 231 Dikaliumclorazepat 359, 636 Diphenhydramin 377, 396 Dipiperon 305 Distigmin 230 Distraneurin 484 Disulfiram 461, 491, 621, 629, 637 Dogmatil 317 Dolestan 396 Dolestan forte 396 Dominal 306 Donepezil 437, 629, 636 Doneurin 87 DOPA/AADC-Präparate 551 Dorehydrin (A) s. Co-dergocrin Dormalon Nitrazepam 404 Dormicum 380 Dormo-Puren 404 Dosulepin 87 Dougink 3000 442 Doxepia 87 Doxepin 87, 456 Doxepin-1A Phama 87
doxepin-biomo 87 Doxepin-neuraxpharm 87 Doxepin-ratiopharm 87 Doxepin AL 87 Doxepin beta 87 Doxepin beta T 87 Doxepin dura 87 Doxepin dura T 87 Doxepin Sandoz 88 Doxepin Stada 88 Doxe TAD 88 Doxylamin 377, 397 Duloxetin 90 durazanil 351 durazepam 367
E Eatan N 404 Ebixa 443 Edronax 116 Edronax (CH) s. Reboxetin Efectin (A) s. Venlafaxin Efexor (CH) s. Venlafaxin Effortil 38, 231 Elcrit 275 elmendos 165 Elroquil N 360 Encephabol 447 Eostar (A) s. Citalopram Equasym 555, 556 Equilibrin 78 Ergenyl chrono 178 Ergenyl chronosphere 178 Ergobel 445 Ergocalm 402 Ergodesit 437 Ergohydrin (CH) s. Co-dergocrin Ergomed (A) s. Co-dergocrin Ergotop (A) s. Nicergolin Ergotox 2,5 437 Esbericum 99
Pharmakaverzeichnis
Escitalopram 1, 22, 23, 92, 633 espa-dorm 414 espa-lepsin 158 Etilefrin 38, 231 Eunerpan 295 Euplix 113 Euthyrox 139 Exelon 447
F Faustan 357 Felicium (A) s. Fluoxetin Fevarin 97 Finlepsin 158 Floccin (A) s. Fluoxetin Flox-ex (CH) s. Fluvoxamin Floxyfral (A, CH) s. Fluvoxamin Fluanxol 281 Fluctin 94 Fluctine (A, CH) s. Fluoxetin Fluesco (CH) s. Fluoxetin Flumazenil 377, 591 Fluneurin 94 Fluni 1–1 A Pharma 399 Flunibeta 1 399 Fluninoc 399 Flunitrazepam 399 Flunitrazepam-neuraxpharm 399 Flunitrazepam-ratiopharm 399 Fluocim (CH) s. Fluoxetin Fluox 94 fluox-basan (CH) s. Fluoxetin Fluox-puren 94 Fluox basics 94 Fluoxe-Q 94 FluoxeLich 94 Fluoxetin 1, 22, 60, 73, 94, 576, 633 Fluoxetin Arcana (A) s. Fluoxetin fluoxetin-biomo 94 Fluoxetin-CT 94 Fluoxetin Genericon (A) s. Fluoxetin
691
D–F
Fluoxetin-Mepha (CH) s. Fluoxetin Fluoxetin-neuraxpharm 94 Fluoxetin-ratiopharm 94 Fluoxetin 1A Pharma 94 Fluoxetin AL 94 Fluoxetin beta 94 Fluoxetin dura 94 Fluoxetin Helvepharm (CH) s. Fluoxetin Fluoxetin Sandoz 94 Fluoxetin Stada 94 Fluoxetin TAD 94 Fluoxgamma 94 Fluoxibene (A) s. Fluoxetin Fluoxifar (CH) s. Fluoxetin Fluoxistad (A) s. Fluoxetin Fluxomed (A) s. Fluoxetin Flupen dura 281 Flupentixo 574 Flupentixol 281 Flupentixol-neuraxpharm 281 Fluphenazin 283 Fluphenazin-neuraxpharm D 284 Fluphenazindecanoat 284 Flurazepam 400 Flusol (CH) s. Fluoxetin Fluspi 286 Fluspirilen 286 Fluspirilen beta 286 Fluvohexal 97 Fluvoxamin 1, 22, 60, 97, 633 Fluvoxamin-neuraxpharm 97 Fluvoxamin-ratiopharm 97 Fluvoxamin AL-neuraxpharm 97 Fluvoxamin beta 97 Fluvoxamin Stada 97 Flux (A) s. Fluoxetin Fluxet 94 Fluxil (A) s. Fluoxetin Frisium 10/20 Tabs 355
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Pharmakaverzeichnis
G Gabapentin 329, 572 Galantamin 440, 629, 636 Gamonil 70 (CH) s. Lofepramin Gastrozepin 231 Gepiron 329 Gincosan (CH) s. Ginkgo biloba Gingiloba 442 Gingium 442 Gingko-Isis 442 Gingobeta 442 Gingol (A) s. Ginkgo biloba Gingopret 442 Gingosol eco natura (CH) s. Ginkgo biloba Ginkgo biloba 442, 518 Ginkgobil ratiopharm 442 Ginkgodilat 442 Ginkgo Stada 442 Ginkopur 442 Gittalun Trinktabletten 397 Gityl 351 Gladem 118 Gladem (CH) s. Sertralin Glianimon 268 Guanfacin 548 Guttanotte (A) s. Flunitrazepam
12 H
13 14 15 16 17
Halcion 408 Haldol-Janssen 289 Haldol-Janssen Decanoat 289 Haloperidol 213, 229, 289, 454, 473, 572, 574, 581 Haloperidol-neuraxpharm 289 Haloperidol-ratiopharm 289 Haloperidoldecanoat 289 Haloperidol HEXAL 289 Haloperidol Stada 289 Haloper von ct 289 Harmosin 295
HEPA Merz 459 Herphonal 123 Hevert-Dorm 396 Hoggar N 397 Hydergin 437 Hydro-Cebral-ratiopharm 437 Hydroxyzin 329, 360 Hyperforin 3, 99 Hypericum 3, 99 Hypnorex retard 169
I Idom 87 Imap 286 imeson 404 Imeson (CH) s. Nitrazepam Imipramin 101, 473 Imipramin-neuraxpharm 101 Imovane (CH) s. Zopiclon Impromen 270 Insidon 366 Insidon (A, CH) s. Opipramol Isoginkgo 442 Ivadal (A, CH) s. Zolpidem Ixel 105 Ixel (A) s. Milnacipran
J Jarsin 300 99 Jatrosom N 120
K Kalymin 39 Kaveri 442 Ketalgin (CH) s. Methadon Ketoconazol 72
693
Pharmakaverzeichnis
L L-Polamidon 493 L-Tryptophan-ratiopharm 409 Lactulose 230 Laif 99 Lamotrigin 165, 262, 572, 626, 634 Lamotrigin-ratiopharm 165 Lamotrigin HEXAL 165 Lamra 357 Lanolept (A) s. Clozapin Laubeel 362 Laxoberal 230 Lendorm (A) s. Brotizolam Lendormin 393 Leponex 275 Leuprorelinacetat 515 Levanxol (A) s. Temazepam Levitra 527 Levium 292 Levomepromazin 292, 619 Levomepromazin-neuraxpharm 292 Levomethadon 493 Lexostad 351 Lexotanil 351 Lexotanil (A, CH) s. Bromazepam Librax(CH) s. Chlordiazepoxid Librium 354 Limbitrol (A, CH) s. Amitriptylin Lisurid 551 Lithium 71, 474, 572, 578, 618, 626, 634 Lithium-Aspartat 168 Lithiumacetat 168, 171 Lithium Apogepha 169 Lithiumaspartat 168, 171 Lithiumcarbonat 169, 171 Lithiumsalze 168 Liviella 509 LOLA 459 Loprazolam 401 Loramet (CH) s. Lormetazepam Lorasifar (CH) s. Lorazepam
G–M
Lorazepam 206, 207, 334, 336, 362, 577, 581, 636 Lorazepam-neuraxpharm 362 Lorazepam-ratiopharm 362 Loretam 402 Lormetazepam 402 Lormetazepam-ratiopharm 402 Lormetazepam AL 402 Ludiomil 103 Ludiomil (CH) s. Maprotilin Lyogen 283 Lyogen Depot 284 Lyorodin 283 Lyorodin-Depot 284 Lyrica 369 Lyrica (A, CH) s. Pregabalin
M Macrogol 230 Maprolu 103 Maprotilin 2, 103 Maprotilin-neuraxpharm 103 Maprotilin-ratiopharm 103 Maprotilin Holsten 103 Maprotilin von ct 103 Mareen 88 Medazepam 364 Medianox (CH) s. Chloralhydrat Medikinet 555 Medyn 456 Melatonin 341, 378, 382 Melleril 318 Melneurin 295 Melperomerck 295 Melperon 295, 576, 581 Melperon AbZ 295 Melperon AL 295 Melperon beta 295 Melperon-neuraxpharm 295 Melperon-RPh-Saft 295 Melperon Sandoz 295
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Pharmakaverzeichnis
Melperon Stada 295 Melperon von ct 295 Memantine 443, 620, 637 Merepine (CH) s. Doxylamin Mereprine Sirup 397 Meresa 317 Metadate 556 Methaddict 497 Methadon 497, 621, 630, 637 Methylphenidat 547, 549, 555, 621, 637 Metyrapon 72 Miabene (A) s. Mianserin Mianeurin 105 Mianserin 2, 105, 517, 617, 625, 633 Mianserin Arcana (A) s. Mianserin Mianserin Holsten 105 Mianserin-Mepha (CH) s. Mianserin Mianserin-neuraxpharm 105 Mianserin-ratiopharm 105 mianserin von ct 105 Midazolam 380 Milnacipran 105, 617, 625, 633 Minirin 230 Mirfudorm 367 Mirta TAD 106 Mirtabene (A) s. Mirtazapin Mirtaron (A) s. Mirtazapin Mirtazapin 2, 27, 41, 62, 106, 517, 576, 617, 625, 633 Mirtazapin-1A Pharma 106 Mirtazapin AbZ 106 Mirtazapin AL 106 Mirtazapin Alternova (A) s. Mirtazapin Mirtazapin AWD 106 Mirtazapin beta 106 Mirtazapin biomo 106 Mirtazapin-ct 106 Mirtazapin dura 106 Mirtazapin Hexal 107 Mirtazapin-Hormosan 107 Mirtazapin-Isis 107 Mirtazapin Kwizda 107
Mirtazapin-neuraxpharm 107 Mirtazapin-ratiopharm 107 Mirtazapin Sandoz 107 Mirtazapin Stada 107 Mirtazelon 107 Mirtazza 107 Mirtel (A) s. Mirtazapin Moclo A (CH) s. Moclobemid Moclobemid 2, 109, 519, 616, 625, 633 Moclobemid 1A Pharma 109 Moclobemid AL 109 Moclobemid Alternova (A) s. Moclobemid Moclobemid Hexal 109 Moclobemid-Puren 109 Moclobemid-ratiopharm 109 Moclobemid Sandoz 109 Moclobemid Stada 109 Moclobemid Torrex (A) s. Moclobemid Moclobeta 109 Moclodura 109 Modafinil 72, 548, 549, 560, 621, 630, 638 Modasomil (A, CH) s. Modafinil Mogadan 404 Mondeal (A) s. Zolpidem Moradorm 396 Movicol 230 Multum 354 Mutan (A) s. Fluoxetin
N Nalone (A) s. Naltrexon Naloxon 675 Naltrexin (A, CH) s. Naltrexon Naltrexon 467, 501, 515, 574, 579, 621, 638 Natriumoxybat 563 Natriumpicosulfat 230 Narcanti 675 Nemexin 501 neogama 317 neo OPT 351
695
Pharmakaverzeichnis
Nervifene (CH) s. Chloralhydrat nervo OPT N 396 Neurocil 292 Neuroplant 99 Neurotop retard (A, CH) s. Carbamazepin Nicergin (A) s. Nicergolin Nicergobeta 445 Nicergolin 445 Nicergolin-neuraxpharm 445 Nicergolin-ratiopharm 445 nicergolin von ct 445 Nicerium 445 Nicolan (A) s. Nikotin Nicomint (A) s. Nikotin Nicorette 504 Nicotinell 504 Nicotrol (A) s. Nikotin Nikotin 471, 504 nikrofenon 504 Nimodipin 445 NIMODIPIN-ISIS 445 Nimodipin HEXAL 445 Nimotop 445 Nipolept 322 NiQuitin 504 Nitazidin 226 Nitrazepam 404 Nitrazepam-neuraxpharm 404 Nitrazepam AL 404 Nobrium (CH) s. Medazepam Noctamid 402 Noctamid (A, CH) s. Lormetazepam Noctor (A) s. Diphenhydramin Nootrop 446 Nootropil (A, CH) s. Piracetam Nordazepam 365 Norkotral Thema 407 Normabrain 446 Normison (CH) s. Temazepam Normoc 351 Nortrilen 112 Nortrilen (CH) s. Nortriptylin
M–P
Nortriptylin 2, 112 Novanox 404 Noveril TR (CH) s. Dibenzepin Novocephal (A) s. Piracetam Novoprotect 75 Nozinan (A, CH) s. Levomepromazin Nytol (CH) s. Diphenhydramin
O Olanzapin 209, 261, 297, 572, 619, 627 Omca 283 Ondansetron 461 Opipramol 329, 366 Opipramol-neuraxpharm 366 Optidorm 414 Orahexal (A) s. Oxazepam Orap 304 Orfiril long 178 Orfiril long (CH) s. Valproinsäure Orlistat 538, 540, 622, 630, 638 Orphol 437 Östradiol 18 Oxa von ct 367 Oxazepam 336, 367, 636 Oxazepam-neuraxpharm 367 Oxazepam-ratiopharm 367 Oxazepam 10 STADA 367 Oxazepam AL 10 367 Oxazepam HEXAL 367 Oxazepam Sandoz 367 Oxcarbazepin 634 Oxycodon 552
P Paceum (CH) s. Diazepam Pantoprazol 456 Pantozol 456 Paracefan 489 Parexat (CH) s. Paroxetin Parocetan (A) s. Paroxetin
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Pharmakaverzeichnis
ParoLich 113 Paronex (CH) s. Paroxetin Paroxat 113 paroxedura 113 Paroxetin 1, 22, 23, 27, 60, 113, 616, 633 Paroxetin 1A Pharma 113 Paroxetin AbZ 113 Paroxetin AL 113 Paroxetin Arcana (A) s. Paroxetin Paroxetin AWD 113 Paroxetin beta 113 Paroxetin-biomo 113 Paroxetin-CT 114 Paroxetin HelvePharm (CH) s. Paroxetin Paroxetin Holsten 114 Paroxetin Interpharm (A) s. Paroxetin Paroxetin-Isis 114 Paroxetin-Mepha (CH) s. Paroxetin Paroxetin-neuraxpharm 114 Paroxetin-ratiopharm 114 Paroxetin Sandoz 114 Paroxetin Stada 114 Paroxetin TAD 114 Paroxetop (CH) s. Paroxetin PDE-5-Inhibitoren 521 Pemolin 547 Perazin 300 Perazin-neuraxpharm 300 Pergolid 72, 551 Peritol 601 Perphenazin 302, 574 Pertofran (A) s. Desipramin Petylyl 85 Phenergan (A, CH) s. Promethazin Phenoxybenzamin 514 Phentolamin 512 Physostigmin 602 Pimozid 229, 304 Pindolol 72 Pipamperon 305 Pipamperon-neuraxpharm 305 Pipamperon Hexal Saft 305
Pirabene (A) s. Piracetam Piracebral 446 Piracetam 446 Piracetam 800 Verla 446 Piracetam AbZ 446 Piracetam AL 446 Piracetam-ELBE-MED 446 Piracetam-neuraxpharm 446 Piracetam-ratiopharm 446 Piracetam RPh 446 Piracetam Sandoz 446 Piracetam Stada 446 piracetam von ct 446 Piracetrop 1200 446 Pirax (CH) s. Piracetam Pirenzepin 231 PK-Merz 601 Planum 407 Positivum (A) s. Fluoxetin Pram (A) s. Citalopram Pramipexol 552 Pravidel 227, 601 Praxiten 367 Prazepam 368 Pregabalin 329, 334, 369, 572 Priscol 490 Promethazin 377, 405 Promethazin-neuraxpharm 405 Proneurin 25 405 Propaphenin 272 Propranolol 37, 221, 578 Prothazin 405 Prothazin liquidum 405 Prothipendyl 306 Pryleugan 101 Psychopax (A, CH) s. Diazepam Psychotonin 300 99 Pycnogenol 512 Pyridostigmin 39 Pyritinol 447
697
Pharmakaverzeichnis
Q Quetiapin 209, 214, 229, 261, 307, 572, 619, 627, 635 Quilonorm retard (A, CH) s. Lithium(salze) Quilonum 168 Quilonum retard 169 Quomem (A) s. Bupropion
R Radedorm 404 Radepur 10 354 Ranitic 456 Ranitidin 226, 456 Reboxetin 2, 116, 617, 626, 633 Reductil 542 Remergil 107 Remergil SolTab 107 Remeron (A, CH) s. Mirtazapin Remestan 407 Reminyl 440 Reminyl 1-mal täglich 440 Remotiv 99 Restex 551 Revatio 511 Rimonabant 472, 538 Risperdal 309 Risperdal Consta 246 Risperidon 209, 229, 256, 261, 309, 572, 620, 627 Ritalin 555, 558 Ritalin LA (A, CH) s. Methylphenidat Rivastigmin 447, 629, 637 Rivotril 356 Rohypnol 399 Rökan 442 Ropinirol 551 Rudopram (CH) s. Citalopram Rudotel 364 Rusedal 364
S S. 8 396 Sanalepsi (CH) s. Doxylamin Saroten 75 Saroten Retard (CH). s. Amitriptylin SchlafTabs ratiopharm 397 Sedaplus Filmtabletten 397 Sedaplus Saft 397 Sedazin (CH) s. Lorazepam Sediat 396 Sedopretten 396 SE Ginkgo 442 Selegilin 548 Seralin-Mepha (CH) s. Sertralin Serdolect 314 Seresta (CH) s. Oxazepam Serital 80 Seropram (A, CH) s. Citalopram Seroquel 307 Seroxat 114 Serpax (CH) s. Oxazepam Sertindol 314 Sertragen (CH) s. Sertralin Sertral Spirig (CH) s. Sertralin Sertralin 1, 22, 60, 118, 576, 616, 633 Sertralin-1A Pharma 118 Sertralin AbZ 118 Sertralin AL 118 Sertralin Arcana (A) s. Sertralin Sertralin-CT 118 Sertralin-ratiopharm 118 Sertralin beta 118 Sertralin biomo 118 Sertralin HelvePharm (CH) s. Sertralin Sertralin Hormosan 118 Sertralin Interpharm (A) s. Sertralin Sertralin Ranbaxy (A) s. Sertralin Sertralin Sandoz 118 Sertralin Stada 118 Sertralin TAD 118
P–S P 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
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Pharmakaverzeichnis
Sertra-Med (CH) s. Sertralin Sibutramin 537, 538, 542, 622, 630, 638 Sifrol 552 Sigacalm 367 Sildenafil 510, 523, 622, 630, 638 Sinapsan 446 Sinquan (A, CH) s. Doxepin Sirtal 158 Sleepia (A, CH) s. Diphenhydramin Solian 263 Solvex 116 Somagerol 362 Somnal (A) s. Zopiclon Somnosam 414 Somnubene (A) s. Flunitrazepam Sonata 410 Sonin 401 Sponsin 437 Stangyl 123 Staurodorm (A) s. Flurazepam Staurodorm Neu 400 Stesolid (A, CH) s. Diazepam Stilnox (A, CH) s. Zolpidem Strattera 553 Subutex 476 Sulpirid 229, 246, 317, 619, 628, 634 Sulpirid-neuraxpharm 317 Sulpirid-ratiopharm 317 Sulpirid 1A 317 Sulpirid AL 317 Sulpirid beta 317 Sulpirid HEXAL 317 Sulpirid RPH 317 Sulpirid Sandoz 317 Sulpirid Stada 317 Sulpirid von ct 317 Sulpivert 317 Surmontil (CH) s. Trimipramin Symfona (CH) s. Ginkgo biloba Syneudon 75
T Tadalafil 510, 525, 630, 638 Tafil 349 Tagonis 114 Tamsulosin 514, 517 Tanakene (CH) s. Ginkgo biloba Tavor 362 Taxilan 300 Tebofortan (A) s. Ginkgo biloba Tebokan (CH) s. Ginkgo biloba Tebonin 442 Tegretal 158 Tegretol retard (A, CH) s. Carbamazepin Temazepam 407 temazep von ct 407 Temesta (A, CH) s. Lorazepam Tesoprel 270 Testosteron 509 Thiamin 458 Thioridazin 229, 233, 318, 619 Thioridazin-neuraxpharm 318 Thombran 123 Thyroxin 139 Tiaprid 455, 461 Tiapridex 461 Tibolon 509 Tilidin 552 Timonil 158 Tofranil 101 Tolazolin 490 Tolid 362 Tolvin 105 Tolvon (A, CH) s. Mianserin Topiramat 226, 263, 461, 536–538, 573 Tramadol 552 Tranxilium 359 Tranxilium N 365 Tranylcypromin 2, 38, 70, 72, 120, 548, 574, 616, 625, 633 Trazodon 3, 123, 513, 516, 617, 626, 633
699
Pharmakaverzeichnis
Trazodon Hexal 123 Trazodon neuraxpharm 123 Tresleen (A) s. Sertralin Trevilor 126 Triazolam 408 Trilafon (CH) s. Perphenazin Trimidura 123 Trimin (CH) s. Trimipramin Trimineurin 123 Trimipramin 123, 576 Trimipramin-neuraxpharm 124 Trimipramin 1A Pharma 123 Trimipramin AL 123 Trimipramin AWD 123 Trimipramin beta 124 Trimipramin Sandoz 124 Trimipramin Stada 124 Trimipramin TAD 124 Trittico (A, CH) s. Trazodon Truxal 273 Truxaletten (CH) s. Chlorprothixen Tryptizol (A) s. Amitriptylin Tryptizol (CH) s. Amitriptylin Tryptophan 378, 383, 409 Tymelyt (A) s. Lofepramin
U Ubretid 39, 230 Umbrium (CH) s. Diazepam Urbanyl (CH) s. Clobazam Uskan 367 Uskan (CH) s. Oxazepam
V Valdoxan 73 Valium 357 Valocordin-Diazepam 357 Valproinsäure 178, 262, 572, 618, 626, 634 Vardenafil 510, 527, 630, 638
S–Z
Venlafaxin 2, 22, 23, 27, 60, 62, 126, 547, 572, 617, 634 Viagra 523 Vigil 560 Vital-kapseln Biomed (CH) s. Ginkgo biloba Vitamin E 222 Vivinox 396
W Wellbutrin 79
X Xanax 349 Xanax (CH) s.Alprazolam Xanor (CH) s.Alprazolam Xenical 540 Xerenal (A) s. Dosulepin Ximovan 414 Xyrem 563
Y Yentrev 90 Yocon-Glenwood 529 Yohimbin 509, 511, 518, 529 Yohimbin Spiegel 529
Z Zaleplon 376, 410, 636 Zeldox 319 Zerene (A) s. Zaleplon Ziprasidon 229, 319, 574, 620, 628, 635 zodormdura 412 Zodurat 414 Zofran 461 Zoldem 412 Zoloft 118 Zolpi-Lich 412 Zolpidem 376, 412, 636
P 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
700
P 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Pharmakaverzeichnis
Zolpidem-neuraxpharm 412 Zolpidem-ratiopharm 412 Zolpidem beta 412 Zolpidem real 412 Zolpidem Stada 412 Zolpidem von ct 412 Zolpinox 412 Zop 414 Zopi-Puren 414 Zopicalm 414 zopiclodura 414 Zopiclon 376, 414, 636 Zopiclon-neuraxpharm 414 Zopiclon-ratiopharm 414 Zopiclon beta 414 ZopiclonLich 414 Zopiclon Stada 414 Zopiclon TAD 414 Zotepin 322, 620, 628, 635 Zuclopenthixol 324, 574, 585 Zyban 481 Zyprexa 297
701
Sachverzeichnis
A S 2 3
A AAP – antidepressiver Effekt 137 AAP (FGA) 186 – Charakteristika (FGA) 186 Abhängigkeit – Therapiephasen 452 Abhängigkeitserkrankungen – Übersicht 453 Absetzdyskinesien 221 Absetzsyndrome – Antidepressiva 41 ADHS – dopaminerge/noradrenerge Funktionsstörung 546 Adipositas 537 – Insulinresistenz 14 Aggression – bei Demenz 421 – impulsive 573 – Stimmungsstabilisierer 573 Agouti-related protein 532 Agranulozytose 231 Akathisie 220 Alkohol 454 Alkoholabhängigkeit – Rückfallprophylaxe 459, 462 – – Bewertung 462 Alkoholentzug – supplementäre Therapie 456 Alkoholentzugsdelir – Therapie 457 Alkoholentzugssymptombogen (AESB) 486 Alkoholentzugssyndrom – Komplikation 455
– Therapie 455 Alkoholismus – spezifische Psychotherapie 460 Allianz, therapeutische 215 Amenorrhö 227 AMPA-Rezeptoren 193 Amphetamine – Abhängigkeit 467 – ADHS 547 Androgendefizienz 509 Angst – Persönlichkeitsstörung 572 Angststörungen 211 – AAP 211 Anticholinergika 222 – Nebenwirkungen 222 Antidementiva – Behandlungsdauer 424 – Definition 417 – Wirkmechanismen 418 Antidepressiva – Absetzsyndrome 41 – Alkohol 48 – Amphetamin 547 – bipolare Depression 141, 142 – Dosisverteilung 59 – Einteilung 1 – Empfehlungen 58 – Entzugssyndrome 473 – generalisierte Angststörung (GAD) 23 – Gewichtszunahme 41 – hämatopoetisches System 40 – Interaktionen 47 – Kontraindikationen 44 – Leukopenien 40 – neurologische Störungen 40 – Panikstörung 21
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
702
S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Sachverzeichnis
– Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 576 – pharmakologische Angriffspunkte 6 – Plasmakonzentration 60 – Routineuntersuchungen 57, 58 – schlafanstoßend 381 – in Schwangerschaft und Stillzeit 643 – – Bewertung 643 – Sedierungspotenz 10 – sexuelle Funktionsstörungen 41, 516 – Suizidalität 42 – tetrazyklische 1 – Thrombozytenfunktion 40 – trizyklische 1 – Unterschiede 10 – Wirksamkeitsvorteile 10 – Wirkungseintritt 62 Antidepressiva und Psychotherapie im Vergleich, Depression 35 Antikonvulsiva – bipolare Depression 144 – Wirkmechanismus 132 Antipsychotika – Absetzversuch 252 – Anxiolytika 332 – Augmentationsstrategie 261 – bipolare Depression 143 – CK-Erhöhung 233 – Compliance 218 – Dauer der Medikation 250 – delirante Syndrome 223 – DGPPN-Leitlinie – – Therapieresistenz 253 – Einteilung 183 – Empfehlungen 242 – endokrine Begleitwirkungen 227 – Entzugssyndrome 473 – Hochdosistherapie 254 – Indikation für eine Langzeitmedikation 250 – Interaktionen 235 – kardiale Nebenwirkungen 228 – Kombinationen 258
– Kontraindikationen 234 – Krampfanfälle 223 – Langzeitmedikation – – Dosierung 245 – Leukopenien 232 – metabolische Wirkungen 224 – EKT 263 – neurologische und zentralnervöse Nebenwirkungen 219 – Non-Response 253 – Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 577 – Retinitis pigmentosa 233 – Rezeptorwirkungsprofile 187, 189 – Routineuntersuchungen 240, 242 – schlafanstoßend 381 – sexuelle Funktionsstörungen 227, 519 – Stabilisierungsphase – – Dosierung 245 – Tachykardie 231 – Temperatursteigerung 231 – Therapie Gewichtszunahme 226 – Therapieresistenz 253 – Therapieversagen 253 – Thrombophlebitiden 232 – Transaminasenansteig 232 – im Vergleich 137 – Vor- und Nachteile – – Tabelle 257 – Wechsel 255 – Wirkungseintritt 249 Antipsychotika-Plasmakonzentration 246 Anxiolytika – Einteilung 327 Apomorphin 512 Arryhthmie 44 Arzneimittelinteraktionen 655 Atonie des Magen-Darm-Trakts 39 Augmentationsstrategie – Depression 71 Azetylcholinesterasehemmer – Wirkmechanismen 418
703
Sachverzeichnis
B behavioral and psychological symptoms in dementia 421 Benzodiazepine – Abhängigkeitsrisiko 337 – Absetzproblematik 339 – Alkoholentzugssyndrom 455, 474 – im Alter und bei organischen Erkrankungen 336 – Behandlungsdauer 345 – chronische Einnahme – – Symptome 342 – depressiogene Wirkung 331 – Disinhibitionsphänomene 341 – Interaktionen 344 – Kontraindikatinen 343 – Panikstörung 22, 333 – Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 577 – Überdosierung 342 – Wirkmechanismus 327 – Zielsymptome 331 Benzodiazepinentzugsbehandlung 340 Benzodiazepinhypnotika 376 – Eliminations-Halbwertszeiten 389 – im Alter 384 Benzodiazepinrezeptoragonisten 377 Benzodiazepinwirkungen, paradoxe 336 Beta-Rezeptorenblocker 329 – Kontraindikationen 331 – somatische Symptome 331 Bewegungsstörungen, dystone 41 Bewegungstherapie 19 Biofeedback 30 Blasenatonie 39 BLIPS 199 Blutdruckanstieg – Venlafaxin 127 Blutfette 241 Blutungen, gastrointestinale 40 Botulinum-Injektion 278 BPSD 421
A–C
– Antipsychotika 212 Bulimia nervosa – Non-Purging-Typ 536 – Purging-Typ 535 Buspiron – Wirkmechanismus 328
C CADASIL 431 Cannabinoid-1-(CB1-)Rezeptorantagonist 472 Cannabis (THC, 6-9-Tetrahydrocannabinol) 471 Carbamazepin – Alkoholentzugssyndrom 455 – Depression 67 – Entzugssyndrome 474 – Rezidivprophylaxe 67 CATIE-Studie 190, 256 CBASP 35 CDLB-Kriterien 433 Chloralhydrat 377 Chlorpromazin-Dosisäquivalenzeinheiten 184 Chorea Huntington – Antipsychotika 214 Clozapin – Hypnotikum 381 – Kombination 260 – plus Benzodiazepine 342 – unzureichende Response 204 – Vergleich zu anderen AAP 256 – Vorgaben zur Verordnung 277 COMBINE-Studie 502 Corticotropin Releasing Hormon 330 Corticotropin-Releasing-Hormon-(CRH-) Rezeptor-1-Antagonist 4 CPAP-Therapie 550 Craving 460 cross-titration 256, 258 cycling acceleration 67
S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
704
S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Sachverzeichnis
D Dämmerzustand 592 Demenz – Parkinson-Syndrom 434 – diagnostisches Vorgehen 426 – gemischte 431 – Lewy-Körperchen-Typ 432 – – Therapie 432 – neuropathologische Befunde 429 – nichtmedikamentöse Maßnahmen 436 – Prävention 425 – Therapiealgorithmus 422 – vaskuläre 431 demenzielle Erkrankungen 212 – Antipsychotika 212 Depotpräparate 248 – im Alter und bei Demenz 15 – Übersicht 248 Depression – akinetische 206 – Akuttherapie 66 – Arteriosklerose 13 – Behandlungsdauer 63 – Benzodiazepine 33 – bipolare – – Antidepressiva 142 – – Bewertung der Behandlung 144 – dermatologische Erkrankungen 14 – Diabetes 13 – Dopamindefizit 10 – Erhaltungstherapie 35, 63, 66 – IPT 34 – kardiovaskuläre Erkrankungen 13 – körperliche Erkrankungen 13 – Krankheitsmodell 33 – KVT 11, 34 – Non-Response 68 – Osteoporose 13 – Pharmako- und Psychothrapie – – Bewertung 36 – pharmakogene 206 – Problemlösetraining 34
– psychoedukative Elemente 34 – Psychotherapie 33 – Remission 68 – Response 68 – Rezidivprophylaxe 35, 63, 66 – Therapieresistenz und unzureichende Response 68 Depressionsbehandlung – Antipsychotika 17 – Benzodiazepine 17 – Hormone 17 depressive Störung 9 – Benzodiazepine 334 Designer-Drogen 469 Detoxifikation 666 Dexfenfluramin 538 DGPPN-Leitlinie – Therapieresistenz, Antipsychotika 253 DHEA 18, 509 – Depression 18, 509 Diabetes mellitus 13, 224 Disulfiram-Alkohol-Reaktion 491 Dopaminagonisten 551 Dopamin-Systemstabilisierer 192 Doppeldiagnose – Schizophrenie und Suchterkrankung 195 Dosiserhöhung – Antidepressiva 69 Drogenintoxikation 665 Drug-Monitoring, therapeutisches 60 Dysfunktion, glutamaterge 193 – Schizophrenie 193 Dyskinesie 214 – tardive 336 – – Benzodiazepine 336 Dysregulation, orthostatische 230
E Ecstasy (MDMA, 3,4-Methylendioxymeamphetamin) 469 EEG 57 Ejakulationsverzögerung – SSRI 514
705
Sachverzeichnis
Elektrokrampfbehandlung 20, 73, 263 – Manie 139 – Schizophrenie 263 Elektrolyte 42 EMDR-Methode 27 Engwinkelglaukom 44 ENRICHD-Studie 14 Entactogene 469 Entgiftungsbehandlung, opiatgestützte 464 Entwöhnungstherapie 460 Entzug – qualifizierter 460 Entzugssymptome – Benzodiazepine 339 Entzugssyndrom 31 Enuresis 230 Episode, gemischte – Bewertung der Behandlung 145 Erregungszustände, psychomotorische – Schizophrenie 204 Eve (MDA, 3,4-Methylendioxyamphatamin) 469 Exposure with response prevention (ERP), Expositions-Reaktionsverhinderung 26 Expressed Emotions (EE) 217
F Fahrtüchtigkeit – Tabelle 653 Fehlregulation der Stresshormon-Achse 14 Fettsäuren 18 »first generation antipsychotics« (FGA) 186 – Charakteristika 186 Flashback-Psychose 470, 471 Floppy-infant-Syndrom 648 Flushsyndrom 32 Folsäure 425 Frühdyskinesie 220 Funktionsstörungen, sexuelle
– Antidepressiva 41 – Antipsychotika 219
G GABAA-Rezeptoren 328 Generalisierte Angststörung – Psychotherapie 24 Galaktorrhö 227 Gewichtsänderung – Psychopharmaka 539 Gewichtszunahme – Antidepressiva 41 – Antipsychotika 219, 224, 225 – 5-HT2-Rezeptoren 38 – Tabelle 225 Glukoseintoleranz 224 Growth-hormone-Releasinghormon (GHRH) 376
H Hämostase 14 Harnverhalt 39, 44, 230 HbA1c-Bestimmung 241 Heroinvergabe 466 Herz-Frequenz-Variabilität 14 Herzinfarkt 13 Herz-Kreislauf-Erkrankungen 13 – Risikoeinschätzung 615 Histamin-1-Rezeptoren 38 Histamin-H1-Rezeptorantagonismus 10 Homocysteinsäure 5 Homöopathika 378, 383 Horrortrip 471 Hyperhomocysteinämie 456 Hypericum – Wirkmechanismus 3 Hyperlipidämie 224, 226 Hypersalivation 231 – Clozapin 278 Hypertension, pulmonale 641 Hypnotika
D–H S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
706
S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Sachverzeichnis
– Bewertung 383 – Definition 373 – und Psychotherapie 385 Hypogonadismus 227 Hypokaliämie 229 Hyponatriämie 42, 57 hypothalamisch-hypophysär-adrenales System (HPA) 4 Hypotonie 230 – orthostatische 38 – – α1-adrenerge Rezeptoren 38 – – Antidepressiva 38
I Ileus, paralytischer 44 Imbalanz des Sympathikus-Parasampathikus-Systems 14 Impulsivität – Persönlichkeitsstörung 572 Induktion von Manien 67 Insulinresistenz – bei Depression 14 Intoxikation in suizidaler Absicht 44 Intoxikationssyndrome 665 Ionenkanäle 132
K Kainat-Rezeptoren 193 Kaliumkonzentration 229, 241 Katatonie, chronische – Benzodiazepine 335 Ketoazidose 226 klimakterische Beschwerden 32 Kokain 467, 468 – Abhängigkeit 467 – – Therapie 468 Kokainentzugssyndrom 468 Kombinationsstrategie – Antidepressiva 69 Konsum, riskanter 451 Kortikotropin-Releasinghormon (CRH) 376
Kortisol 5 Krampfanfälle – Antipsychotika 223 Kreatinkinase (CK) 600 Kreuztoleranz 331 Krise, okulogyre 220
L Lamotrigin 72 – Augmentation 72 Lebensmittel, tyraminhaltige 122 Leberfunktionsstörungen – Risikoeinschätzung 623 Leptin 532 Libidoverminderung 509 Lichttherapie 19 Lithium – Augmentation 71, 169 – Depression 67 – – bipolare 143 – EKB 175 – Intoxikation 174 – Messung 171 – Nierenfunktion 170 – phasenprophylaktische Wirkung 169 – Plasmakonzentration 169 – Rezidivprophylaxe 67 – serotonerge Neurotransmission 133 – Serumkonzentration 171 – – Messung 171 – suizidprotektiver Effekt 16 – Therapie 175 – – EKB 175 – zirkadiane Rhythmen 133 long QT-syndrome 229 »loose binding«/Fast-off-D2Theorie 193 low-dose dependence 338, 379 LSD 470
707
Sachverzeichnis
M Magnetstimulation, repetitive transkranielle (rTMS) 21 Mammatumoren 227 Manie – AAP 136 – Benzodiazepine 139, 335 – Bewertung der Behandlung 140 – Lithium 135 MAO-Hemmer – hypertensive Krisen 38 – Operationen 48 – pharmakodynamische Interaktionen 47 MCI 435 Melatonin 378, 382 – SAD 13 Melatoninrezeptor Antagonist 73 Meskalin 470 Metabolisierungswege – Benzodiazepine 344 Miktionsstörungen 39 Mini-Mental State Examination 426 Missbrauch/schädlicher Gebrauch 451 Modafinil – primäre Hypersomnie 552 Morbus Parkinson – Antipsychotika 214 Muskarinische Azetylcholinrezeptoren 38 Myalgie 233 Myoglobinämie 600 Myoklonien 40
N Nahrungsaufnahme – Inhibitoren und Stimulatoren 532 Naltrexon – selbstverletzendes Verhalten 579 Narkolepsie – Orexinsystem 549 – Schlaf-EEG 549 – Therapie 549
H–O
Nebenwirkungen – Antidepressiva 37, 39 – Antipsychotika 230 – kardiale 37 – vegetative 39, 230 neuroleptische Potenz 184 Neuroneogenese Neuropeptid-Y-Antagonist 5 – MCH-1-Rezeptorantagonist 5 Neurotransmission – GABAerge 132 – glutamaterge 419 – serotonerge 133 Nierenfunktion – Lithium 170 Nierenfunktionsstörungen – Risikoeinschätzung 632 Nikotin 471 Nikotinersatzstoff 472 NINCDS-ADRDA Kriterien 428 NINDS-AIREN-Kriterien 431 NK-1 Antagonist 5 NMDA(Glutamat)-Antagonist 418 Non-Benzodiazepinhypnotika 387 – Nebenwirkungen 387 Non-Compliance – Antipsychotika 219 Noradrenalin-Dopamin-RückaufnahmeInhibitor 79 Notfallsituation – Tabelle 582 »novel antipsychotics« (FGA) 186
O Obsessionen – SSRI 26 Obstipation 230 Omega-3-Fettsäuren 18 Opiatabhängigkeit – Entwöhnungsbehandlung und Rückfallprophylaxe 467 – Substitutionsbehandlung 465
S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
708
S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Sachverzeichnis
Opiate 463 Opiatentzug – Symptome 463 Opipramol – Wirkmechanismus 329 Orexine 376 Östrogene 425 – Depression 18
P Panikstörung – Dosis SSRI 60 – Psychotherapie 22 Parkinsonoid 220 Paroxetin – suizidales Verhalten 43 PDE-5-Hemmer 510 PDE-5-Inhibitoren – Nebenwirkungen 522 – – Tabelle 522 Pharmakokinetik 655 phase advance 133 Phasenprophylaxe bei bipolarer affektiver Störung – Bewertung der Behandlung 149 1-Phenyl-Piperazin (1-PP) 328 Phobische Störung – Anxiolytika 333 Phytopharmaka 378, 383 Placebo-Antidepressivum-Unterschied 9 Plasmakonzentrationsmessung – Antidepressiva 70 – therapeutisches Fenster 61 PLMS 41 Polytoxikomanie 452 Pregabalin 329 Priapismus 123 Prodromalstadium – Schizophrenie 199 Project Match 461 Prolaktin 227 Prolaktinerhöhung unter atypischen
Antipsychotika – Tabelle 227 Prostatahypertrophie 44 Protein p11 4 Psilocybin 470 Psychoedukation 218 Psychomimetika 470 Psychopharmaka – im Alter 611 Psychopharmakaintoxikation 665 Psychosoziale Intervention bei Schizophrenien 215 Psychostimulanzien 546 – Abhängigkeit 467 Pylorusstenose 44
Q QTc-Verlängerung 228
R Rabbit-Syndrom 221 rapid cycling – Bewertung der Behandlung 150 rapid tranquilization 204, 585 Rebound-Symptome 339 REM-Schlafepisoden 375 REM-Suppression 378 REM-Tiefschlafsuppression – Trimipramin 125 Restless-legs-Syndrom 220 – DOPA/AADC-Präparate 551 Rhabdomyolyse 233, 600 Rhinitis, vasomotorische 231
S SAD 19 S-Adenosylmethionin (SAM) 5 SADHART-Studie 14 Schilddrüsenhormone 17, 72 Schizophrenie – Alkoholabhängigkeit 196
Sachverzeichnis
– Depression 205 – EKB 207 – Frühwarnzeichen 217 – komorbide Angst- und Zwangsstörungen 197 – Langzeittherapie 216 – medikamentöse Therapieresistenz 204 – Opiatabhängigkeit 196 – primäre Prävention 201 – Prodromalstadium 199 – sekundäre Prävention 202 – Stabilisierungsphase 216 – Stupor und Mutismus 207 – Suizidalität 205 – tertiäre Prävention 202 – Zielsymptomatik 194 Schlaf, nichterholsamer 374 Schlafanalyse 374 Schlaf-EEG-Parameter – Hypnotika 378 Schlafentzug 18 Schlafhygiene – Verhaltensregeln 423 Schlafphasenvorverlagerung 19 Schlafstörungen – Antipsychotika 212 – Demenz 212 – Einteilung 374 – Neurobiologie 375 – Ursachen 374 Schlaganfall 13 Schmerzsyndrom – Antipsychotika 214 Schwellenkonzentration – Antidepressiva 61 second generation antipsychotics (SGA) (FGA) 186 Serotoninsyndrome – Lithium 172 Sedierung 39 – Antidepressiva 39 Selbstverletzungsimpulse 573 – Therapie 573, 579
709
O–S
Serotoninsyndrom 47, 601 – zentrales – – Notfalltherapie 601 SIADH 41 Signalttransduktionssysteme 131 Somnolenz 591 Sopor 592 Soziotherapie 217 Spätdyskinesie 220, 251 SSRI – Alter 15 – Behandlung in der Schwangerschaft 641 – Blutungen 40 – Dosiserhöhung 60 – Response Männer/Frauen 11 – Suizidalität 42 Statine 425 Stimmungsstabilisierer – Empfehlungen 154 – Entzugssyndrome 474 – Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 578 – Psychotherapie 151 – Routineuntersuchungen 154 – Übersicht 130 Stoffwechselstörung bei Depression 33 Störung – bipolare 131, 146 – – AAP 131 – – adjuvante Pharmakotherapeutika 131 – – Antidepressiva 131 – – Phasenprophylaxe 146 – depressive 334 – – Benzodiazepine 334 – extrapyramidal-motorische 336 – – Benzodiazepine 336 – phobische 26 – – Psychotherapie 26 – schizoaffektive 209 – – Akutbehandlung 209 – sexuelle 507 – – Übersicht 507
S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
710
S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Sachverzeichnis
Stupor – depressiver 594 – – Notfalltherapie 594 – katatoner 593 – Notfalltherapie 594 – unbekannter Genese 594 Substanz P 5, 330 Suizidalität 16 – Lithium 16 – Notfalltherapie 597 – SSRI 42 – Umgang 597 Suizidprävention 598 Syndrom – Angstsyndrom 605 – – arzneimittelinduziert 605 – delirantes 590, 605 – – arzneimittelinduziert 605 – – Notfalltherapie 590 – depressives 605 – – arzneimittelinduziert 605 – inadäquate ADH-Sekretion 41 – malignes neuroleptisches 220, 600 – manisches 605 – – arzneimittelinduziert 605 – metabolisches 224 – paranoid-halluzinatorisch 605 – – arzneimittelinduziert 605 – zentrales anticholinerges 602 – – Notfalltherapie 602 System – hypothalamisch-hypophysär-adrenales (HPA) 4 – mesokortikales 192 – mesolimbisches 192 – nigrostriatales 192 – tuberoinfundibuläres 192
T Taperprozess 383 – Benzodiazepinhypnotika 383 Tasikinesie 220 TDM 60
Testosteron 18 – Depression 18 Testosterongabe 509 Testosteronsubstitution 509, 512 «therapeutic-dose depencence” 338 Therapie, supportive 215 Therapieresistenz 254 – Antipsychotika 254 – Behandlungsoptimierung 254 Thrombophlebitiden 342 – Benzodiazepine 342 Toleranzentwicklung 331 Topiramat 226, 536, 537 – Binge eating 537 – Bulimia nervosa 536 – Gewichtsabnahme 226 Torsades de Pointes 229, 230 Tourette-Syndrom 214 – Antipsychotika 214 Tremor 41 Tropfinfusion 73 Tryptophan 378, 383 Turbo-Entzug 465 Tyramin 110
V Vagusnervstimulation (VNS) 21 Valepotriate 378 Valproinsäure – Entzugssyndrome 474 – gereizte Manie 138 Vasopressin 330 Vasopressinantagonist 5 Verhaltensstörungen, demenzassoziierte – Therapiealgorithmus 423 Verhaltensweisen, aggressive 572 – Persönlichkeitsstörung 572 Verlangen, sexuelles – Therapie 515 Vitamin E 425 Vulnerabilitäts-Stress-Modell 217
Sachverzeichnis
W Wechsel des Antipsychotikums 255 Wirkmechanismen 191 – Antipsychotika 191
Z Zahnkaries 58, 241 Zieldosis 59 Zwangsgedanken 26 Zwangshandlungen 26 Zwangsstörung – AAP 211 – Dosis SSRI 60 – Psychotherapie 26 – bei Schizophrenie 211
711
S–Z S 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17