Jürgen Platz Die erfolgreiche Kanzlei
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Jürgen Platz Die erfolgreiche Kanzlei
Jürgen Platz
Die erfolgreiche Kanzlei Gestaltung und Bewertung für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Irene Buttkus Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Satz: workformedia, Mainz/Frankfurt am Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2472-8
Vorwort Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber dem Tag mehr Leben. [Cecily Saunders]
Bei Gründung, Erwerb oder Verkauf einer Freiberuflerkanzlei treten regelmäßig Themen und Probleme, Fragen und Unsicherheiten auf, deren Beantwortung bzw. Lösung Anliegen dieses Fachbuches ist. Der geneigte Leser und Ratsuchende findet je nach dem Stand seiner beruflichen Erfahrung und Tätigkeit Vorgaben, Anleitungen und konkrete Kriterien nebst Formularen. Dabei wird je nach Erfahrungsstand und mentalem Typ auf „unterschiedliche Geschwindigkeiten“ Bezug bzw. Rücksicht genommen. Es wird insbesondere derjenige Freiberufler angesprochen, der sich mangels eigener Erfahrung und Praxis fachlich orientieren will, sei es bei eigener Gründung einer Praxis, beim Erwerb einer bestehenden Kanzlei oder Ausstieg durch Einleitung der Unternehmensnachfolge bzw. Verkauf. Während meiner jahrzehntelangen juristischen Tätigkeit im gesellschaftsrechtlichen und unternehmerischen Bereich, insbesondere mit dem Fokus auf Freiberuflerkanzleien von Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, Rechtsanwälten, habe ich Erfahrungen gesammelt, wie Q Gründung, Q Auf- und Ausbau von Kanzleien, Q deren Bewertungen, Q Transaktionen (Erwerb, Verkauf, Sozietätsgründungen) einschließlich wirtschaftlicher Operationen und Optimierungen zu beurteilen und zu behandeln sind. Mein besonderes Interesse gilt in diesem Bereich der Chance und den Möglichkeiten zur dynamischen Gestaltung von Kanzleien, da diese den ständigen Wandlungen und Anforderungen des Marktes anzupassen sind. Eine Kanzlei ist folgerichtig nicht nur als Anlageposten, sondern als Produktionsfaktor im Sinne eines Unternehmens anzusehen. Wertgestaltung und -erhaltung sowie Erwirtschaftung von Erträgen sind Maximen, denen ich das Kanzleimanagement stets gewidmet habe. Es geht mir in diesem Fachbuch nicht um eine wissenschaftliche Arbeit mit grundlegenden systematischen Darstellungen, sondern um eine Übersicht über die wesentlichen Punkte im geschäftlichen Werdegang und der Existenz einer Kanzlei, wie ich sie für die Praxis aus meinem Erfahrungsschatz mit wesentlichen Einblicken und Zukunftsperspektiven geben kann. Zu erwarten sind aus dieser Perspektive die Darstellung hervorragender Situationen, gravierender Fälle und Highlights, von denen der Leser profitieren kann. Die Bewertung einer Freiberuflerkanzlei mit allen Facetten von wertbildenden Merkmalen, die erfahrungsgemäß werterhöhend oder wertsenkend in Ansatz zu bringen sind, spielt eine wichtige Rolle bei allen Arten von Transaktionen. Die wertbildenden Merkmale beeinflussen die zur Anwendung kommenden verschiedenen Bewertungsmethoden, nämlich Umsatz- und Ertragswertverfahren. In den nachfolgenden Ausführungen kommen die Ansichten und Erfahrungen von gestandenen Praktikern zu Wort. Dabei wird nicht nur der Ist-Zustand in Beispielsfällen berücksichtigt, sondern es werden auch Vorschläge zur systematischen Nutzung betriebswirtschaftlicher Instrumente und zur Verbesserung von Organisation, Betriebsabläufen und Gewinn gemacht. 5
Vorwort Der Ratsuchende findet Hinweise auf die vertragliche Gestaltung und die Gefahren der Transaktionen von Erwerb und Verkauf sowie Tipps und Gedanken zur Finanzierung einer Kanzlei. Im Kapitel Zukunftsplanung werden nicht nur die Überlegungen und Erfordernisse der künftigen Kanzleientwicklung und -optimierung, sondern auch einer geordneten Nachfolgegestaltung behandelt. Dringende Aufmerksamkeit gebührt der Notfallplanung, einer vorsorglichen Regelung, unabhängig vom Lebensalter Maßnahmen für den Ernstfall zu treffen. Hierunter ist der befristete oder vollständige Ausfall des Kanzleiinhabers/Geschäftsführers zu verstehen. Mit dieser Situation müssen sich zwangsläufig Praxisinhaber jeden Alters vorausschauend für das Unternehmen befassen. Für den Blick über den fachlichen Tellerrand sorgen die eingestreuten Aphorismen. Als kleine Denkinseln sollen sie den geneigten Leser zu mentalen Pausen unabhängig vom fachlichen Inhalt des Buches anregen und inmitten aller Arbeit zum Blick auf das Wesentliche anregen. Mein Dank gilt der hilfreichen Mitarbeit und Unterstützung durch Herrn Dipl.-Wirtschaftsjuristen (FH) Ralf Heuckeroth sowie der Germanistin Frau Dania Platz und meiner Frau Sylvia Platz. Kassel, im September 2010
6
Dr. Jürgen Platz
Inhaltsübersicht Vorwort Abkürzungsverzeichnis Vorbemerkung §1 Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf A. Gründung einer Kanzlei I. Gründungsmodalitäten 1. Notwendigkeit eines Geschäftsplans 2. Personalkostenplanung 3. Investitionsplanung 4. Liquiditätsplanung 5. Umsatzplanung, Gewinn- und Verlustrechnung 6. Aufwandsplanung 7. Ergebnisplanung 8. Finanzplanung/Planbilanzen 9. Anlagevermögen 10. Umlaufvermögen 11. Eigenkapital 12. Verbindlichkeiten 13. Finanzplanung und Berechnung des Netto-Cashflows 14. Tipps und Gedanken im Umgang mit Banken 15. Persönliche Bonität II. Deckungsbeitrag 1. Mathematische Definitionen 2. Relativer Deckungsbeitrag 3. Deckungsbeitragsrechnung 4. Beispiele 5. Fazit B. Erwerb einer Kanzlei I. Alternativen der beruflichen Entscheidung II. Abwägung von Vorteilen und Nachteilen … 1. … als angestellter Steuerberater 2. … in freiberuflicher Tätigkeit III. Vorteile und Nachteile bei Einzelpraxis und Sozietät IV. Weitere Zwischenstufen 1. Begründung einer Bürogemeinschaft 2. Freiberufler in Kooperation 3. Verbundbildung 4. Verfestigte Kooperation oder Verbund von Steuerberatungspraxen 5. Haftung neu eintretender Sozien für Altverbindlichkeiten 6. Einbringungen 7. Partnerschaftsgesellschaft und GbR – Vergleich und Abgrenzung/Haftung 8. Verschmelzung 9. Außen-/Scheinsozietäten
5 15 17 19 19 19 19 20 20 20 21 21 21 22 22 22 22 22 23 23 24 24 24 24 25 25 26 26 26 27 27 27 27 28 28 28 28 29 29 30 30 30 31 7
Inhaltsübersicht 10. Anpachtung eines Mandantenstamms 11. Ankauf einer Steuerberaterpraxis a) Persönliche Voraussetzungen für den Erwerb – Käuferseite b) Kriterien beim Praxiskauf aus betriebswirtschaftlicher Sicht V. Erwerb aufgrund Realteilung 1. Definition 2. Abgrenzung 3. Gegenstand der Realteilung 4. Steuerliche Auswirkungen 5. Vollzug der Realteilung VI. Finanzierungsmöglichkeiten VII. Wege zu einer Praxis VIII. Kaufvertrag C. Verkauf einer Kanzlei I. Praxisverkauf – ein komplexes Vorhaben 1. Zeitschiene 2. Spezielle Wünsche des Käufers 3. Einbindung des Inhabers nach dem Verkauf? 4. Übliche Zahlungsmodalitäten beim Praxisverkauf II. Handlungsebenen/-abläufe 1. Mentale Ebene 2. Konzeptionelle und sachlich-inhaltliche Ebene III. Altersstufen 1. Freiwillige Entscheidung 2. Äußere Einflüsse oder Zwänge IV. Nachfolgeplanung mit „Soft-Lösung“ V. Typologie und Arbeitsstile der Praxisinhaber VI. Die Kunst des Loslassens VII. Partnersuche 1. Wer ist der richtige Partner? 2. Neuromarketing VIII. Inhalt der vertraglichen Regelung – in Stichworten IX. Zeitliche Reihenfolge der Verkaufsschritte X. Verhandlungsagenda D. Übertragung einer Kanzlei I. Einleitung 1. Kaufvertrag a) Mustervertrag b) Absichtserklärung – Letter of Intent c) Gegenseitige Sympathie 2. Reihenfolge einhalten 3. Was wird verkauft? 4. Zu welchen Konditionen? II. Vertragliche Gestaltung 1. Gegenstand des Übertragungsvertrages sind grundsätzlich a) der immaterielle Praxiswert b) der Sachwert 2. Einwilligung der Mandanten 8
31 32 32 33 35 35 35 35 36 36 36 37 37 37 37 38 39 39 39 39 39 40 40 41 41 41 42 43 44 44 45 46 47 47 49 49 49 49 49 49 49 50 50 51 51 51 51 52
Inhaltsübersicht
§2
3. Fallgestaltung auf der Käuferseite a) Gründung einer Sozietät, d. h. Aufnahme eines Partners in die bisherige Einzelpraxis oder Einbringung einer Einzelpraxis in eine Sozietät b) Rechtslage bei Praxisübertragung auf einen Mitarbeiter oder Angestellten des Praxisverkäufers c) Erweiterung durch Aufnahme eines neuen Partners d) Umwandlung e) Erbfall f) Einsicht Mitarbeiter g) Zielerreichung 4. Mandantenliste mit wesentlichen Inhalten 5. Kaufpreisgestaltung 6. Gewährleistung, Rückrechnungsklausel, Abschlagsklausel a) Gewährleistung b) Rückrechnungs- und Abschlagsklauseln für Umsatzrückgang nach der Übernahme aa) Die Interessenlage bb) Umsetzung cc) Abschlagsklauseln 7. Leistungsabgrenzungen 8. Wettbewerbsverbots- und Kundenschutzklauseln 9. Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang III. Vorbereitung der Abläufe 1. Erfassung der Praxisdaten 2. Nutzanwendung IV. Fortführung der Kanzleibezeichnung nach Ausscheiden des namensgebenden Partners V. Fazit zum Thema Vertragsgestaltung VI. Gefahren bei der Praxisübergabe Zukunftsplanung A. Nachfolgeplanung und -regelungen I. Anleitung II. Motive/Inhalte der Nachfolgeplanung? III. Ausgangssituation 1. Gezielte Vorbereitung 2. Erfahrungsgrundsätze a) Rationale Aspekte b) Emotionale Aspekte IV. Absichten und Vorteile V. Zwischenergebnis VI. Alternativen zur Veränderung VII. Einzelheiten der Nachfolgeeinleitung 1. Zukunftssicherung 2. Vermeidung von Fehlern VIII. Ansatz und Vorgehensweise IX. Inhalte und Ziele einer Unternehmensnachfolgegestaltung X. Juristische Gestaltung
53
53 53 54 54 54 54 55 55 55 55 55 57 57 57 57 58 58 59 59 59 59 60 61 61 62 62 62 62 62 62 63 63 63 64 65 65 65 65 66 66 67 67 9
Inhaltsübersicht
§3
10
XI. Strategie XII. Umsetzung der Nachfolge XIII. Vorteile der rechtzeitigen Suche und der Einsetzung eines Nachfolgers XIV. Schlussfolgerungen XV. Empfehlungen für eine erfolgreiche Nachfolgegestaltung XVI. Abläufe einer Nachfolgegestaltung B. Notfallplanung I. Definition II. Zeitpunkt III. Umsetzung 1. Prüfung 2. Abläufe 3. Zusammenfassung Bewertung A. Motivation und Gründe für Wertfeststellung I. Anfang II. Externes Gutachten III. Selbstrating bzw. eigene Bewertung B. Bewertungsgrundlagen I. Wertinhalte 1. Sachanlagen und Substanzwertermittlung 2. Immaterieller Wert bzw. Goodwill a) Definition des Goodwill bei Freiberuflerkanzleien (Einzelpraxen) b) Definition des Goodwill bei Sozietäten c) Anteilsübertragung II. Bewertungsmethoden/Verfahren zur Wertermittlung 1. Übersicht 2. Rechtsprechung a) Bewertungsverfahren im Urteil des BGH vom 25.11.1998 (NJW 1999,784 ff.) b) Oberlandesgerichte 3. Betriebswirtschaftliche Bewertungsverfahren a) Umsatzwertverfahren = Multiplikation mit einem branchenspezifischen Bewertungsfaktor b) Ertragswertverfahren c) Diverse andere Verfahren aa) Bewertung durch Multiplikation mit einem Rentenbarwertfaktor (Kapitalbarwerte nach Abzinsungstabellen) bb) „Ewige Rente“ cc) Vereinfachtes Ertragswertverfahren dd) Berücksichtigung einer zeitlichen Begrenzung nach IDW ee) Berechnung nach dem modifizierten Ertragswertverfahren ff ) Bewertung durch Multiplikation mit Rentenbarwertfaktor (Kapitalbarwerte nach Abzinsungstabellen)
67 68 68 68 69 69 69 69 70 71 71 71 72 73 73 73 73 74 74 74 74 75 75 76 76 77 77 77 77 78 78 78 79 80
80 80 81 81 83 84
Inhaltsübersicht
§4
gg) Multiplikation mit Gewinn-Vervielfältiger hh) Discounted Cashflow-Methode (DCF-Methode) d) Praxisbewertung im Zusammenhang mit Zugewinnausgleichsansprüchen: Abzug der latenten Steuerlast? aa) Grundsätzliches bb) Abzug der Ertragssteuern beim Zugewinnausgleichsanspruch? Berücksichtigung des BGH-Urteils vom 25.11.1998, NJW 1999,784 ff. cc) Grundlage für den Zugewinnausgleich dd) Fazit III. Auswertung – Standpunkte 1. Betriebswirtschaftslehre 2. Fachliteratur 3. Berufsständische Vertretungen a) Bundessteuerberaterkammer b) Bundesrechtsanwaltskammer c) Gemischte Sozietäten/Interprofessionelle Gemeinschaftspraxen 4. Bewertungsverfahren nach IDW 5. Rechtslage nach dem neuen Erbschaftsteuerrecht C. Spezifika des Umsatzwertverfahrens I. Umsatzwertverfahren bei Steuerberaterkanzleien 1. Bemessungsgrundlage 2. Multiplikator 3. Wertbildende Merkmale a) Werterhöhende Merkmale b) Wertsenkende Merkmale II. Umsatzwertverfahren bei Anwaltskanzleien 1. Bemessungsgrundlage 2. Multiplikator 3. Abzug der kalkulatorischen Anwaltsleistung? 4. Wertbildende Merkmale a) Werterhöhende Merkmale b) Wertsenkende Merkmale 5. Folgerungen D. Nachfolgestrategien I. Variationen, die sich wie folgt darstellen durch 1. Fortführung des Unternehmens 2. Trennung 3. Installation einer Stiftung 4. Verkauf der Kanzlei/des Unternehmens an II. Realteilung/Aufgabe/Liquidation Kanzleientwicklung und Optimierung A. Einleitung B. Kanzleistrategie I. Bedeutung II. Die strategische Ausrichtung – Einflussfaktoren
84 84 85 85
86 86 86 87 87 88 88 88 89 89 90 90 91 91 91 91 92 92 93 94 95 95 95 96 97 97 98 98 98 98 98 99 99 99 100 100 100 100 101
11
Inhaltsübersicht
C.
D.
E.
F.
G.
12
1. Externe Faktoren 2. Interne Faktoren III. SWOT-Analyse IV. Strategische Ziele V. Konkrete Strategieansätze VI. Praktische Umsetzung VII. Evaluation Marketing I. Definition II. Marketingziele III. Praktische Anwendung IV. 4P – Product, Price, Place, Promotion V. Besonderheiten des Dienstleistungsmarketings VI. Umsetzung Controlling I. Einleitung II. Kennzahlen 1. Umsatz je Mitarbeiter 2. Arbeitskostenquote 3. Anteil fakturierbarer Stunden 4. Gemeinkostenfaktor 5. Deckungsbeitrag 6. Umsatzentwicklung III. Zusammenfassung Risikomanagement I. Definition II. Bedeutung III. Bestandteile 1. Risikoerfassung 2. Risikosteuerung 3. Risikokontrolle IV. Zusammenfassung Organisation I. Einleitung II. Informationsmanagement III. Organisationshandbuch 1. Aufbauorganisation 2. Ablauforganisation 3. Stellenbeschreibungen IV. Kanzleimanager Personal I. Mitarbeiterbesprechungen II. Vorschlagswesen III. Finanzielle Anreize IV. Fortbildung
101 101 102 103 103 104 105 105 105 106 106 106 107 108 108 108 108 108 109 109 109 110 110 110 110 110 110 111 111 111 112 112 112 112 113 113 113 113 114 114 114 115 115 115 116
Inhaltsübersicht §5
Ausblicke A. Gestaltungsmöglichkeiten B. Marktsituation C. Strategische Erfolgsfaktoren D. Aktueller Handlungsbedarf aufgrund des Jahressteuergesetzes 2010
Anhang Stichwortverzeichnis
117 117 117 118 119 120 190
13
Abkürzungsverzeichnis a. A. a.a.O. Abs. Abschn. AfA AO Aufl. Az.
anderer Auffassung am angeführten/angegebenen Ort Absatz Abschnitt Absetzung für Abnutzungen Abgabenordnung Auflage Aktenzeichen
BAG BB BBKM BFH BGB BGBl BGH BGHZ BMF BORA BOStB BOWP BRAK BRAK-Mitt. BRAO BStbK BStBl. BVerfG bzw.
Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater (Zeitschrift) BeraterBrief Kanzleimanagement Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundesministerium der Finanzen Berufsordnung der Rechtsanwälte Berufsordnung der Bundes-Steuerberaterkammer Berufsordnung für Wirtschaftsprüfer Bundesrechtsanwaltskammer Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer (Zs.) Bundesrechtsanwaltsordnung Bundessteuerberaterkammer Bundessteuerblatt Bundesverfassungsgericht beziehungsweise
DB d. h. DStR DStZ
Der Betrieb (Zeitschrift) das heißt Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift)
EK EstG
Eigenkapital Einkommensteuergesetz
f. ff. FA FG FK Fn.
folgende fortfolgende Finanzamt Finanzgericht Fremdkapital Fußnote
15
Abkürzungsverzeichnis GbR GewStG ggfls. gem. GmbH
Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gewerbesteuergesetz in der Fassung des SEStEG vom 12.12.2006 gegebenenfalls gemäß Gesellschaft mit beschränkter Haftung
HGB
Handelsgesetzbuch
IDW IfM
Institut der Wirtschaftsprüfer Institut für Mittelstandsforschung
KMU KStG
kleinere und mittlere Unternehmen Körperschaftsteuergesetz in der Fassung des SEStEG vom 12.12.2006
Lt. lt.
Laut laut
NJW NJW RR
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report
OFD OLG
Oberfinanzdirektion Oberlandesgericht
PartGG
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz
RAK Rn.
Rechtsanwaltskammer Randnummern
sog. StB StbK
sogenannt(-e) Der Steuerberater (Zs.) Steuerberaterkammer
u. a. UmwG UWG
unter anderem Umwandlungsgesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
vgl.
vergleiche
WG
Wirtschaftsgut oder Wirtschaftsgüter
16
Vorbemerkung Ganz gleich, ob Sie Q eine neue Kanzlei gründen, Q eine bestehende Praxis übernehmen oder Q als aktiver Teilhaber in eine Kanzlei eintreten wollen: In jedem Falle müssen Sie sich als Existenzgründer/Kanzleierwerber zuallererst Klarheit über Ihre Berufs- und Lebensziele verschaffen, Visionen/Wünsche klären, konkrete Entscheidungen treffen und Prioritäten setzen. Eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie entwickelte Checkliste1 hilft, Ihre persönliche und fachliche Qualifikation zu prüfen. Sie verdeutlicht in groben Zügen, worauf es bei einer Existenzgründung ankommt und welche Anforderungen im Allgemeinen zu erfüllen sind, vgl. die Checklisten Anhang 1 und Anhang 2. ! Achtung: Die Beantwortung der Checklisten setzt eine profunde Prüfung sowie eine ehrliche Eigeneinschätzung voraus.
Anfängliche Fragestellung: Für Berufsanfänger stellt sich regelmäßig die Frage: „Neugründung oder Kauf einer Kanzlei?“ Fehlt ein ausreichendes finanzielles Polster für den Erwerb und steht die eigene Aufbauarbeit mit wenigen Mandanten aus der Verwandtschaft oder im Freundeskreis im Vordergrund, wird der Berufseinsteiger als unternehmungsfreudiger Berater den Weg einer Neugründung bevorzugen und kann hierbei seine unternehmerischen Fähigkeiten sowie fachlichen und persönlichen Qualifikationen beweisen. Beim Kauf einer Kanzlei liegen zahlreiche Vorteile auf der Hand: Q Es sind eingearbeitete Mitarbeiter, funktionierende Organisation, Kanzleiräume und Technik vorhanden. Q Arbeitsabläufe und Mandantenbeziehungen haben sich oft über Jahre hinweg eingespielt. Q Der Verkäufer steht zudem für die Überleitung und ggf. weitere Begleitung als Senior zur Verfügung. Bei einer Abwägung ist zu bedenken, dass der Nachfolger im Falle der kaufweisen Übernahme und Fortsetzung einer bereits gewachsenen Praxis sein Können auf allen Schauplätzen eines bereits gewachsenen Betriebes gleichzeitig unter Beweis stellen muss. Erschwerend kommt hinzu, dass Praxen sowie mittelständische Unternehmen in vielen Fällen stark durch die Persönlichkeit des Übergebers geprägt sind. Langjährige Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten haben sich hierauf eingestellt; der neue Chef muss sich deren Vertrauen erst erarbeiten.
Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen [Japanisch] 1
vgl. BMWi-Broschüre „Starthilfe – der erfolgreiche Weg in die Selbstständigkeit –“, Berlin 2007
17
1
§ 1 Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf A.
Gründung einer Kanzlei
I.
Gründungsmodalitäten
1.
Notwendigkeit eines Geschäftsplans
1 A.
Ein Geschäftsplan ist zwar nicht unbedingt für die Gründung und den Aufbau einer Heim- oder Kleinstpraxis notwendig; als professioneller Geschäftsplan spielt er jedoch eine wichtige Rolle bei Gesellschaftsgründungen (GbR, GmbH, AG) und Zusammenschlüssen in Form der Einbringung, Fusion oder Verschmelzung. Wie jeder Unternehmer haben auch Praxisgründer und -käufer die Entwicklung der Kanzlei vorausschauend zu planen. Es muss Klarheit darüber bestehen, was Bestand haben, was geändert werden soll und welche neuen oder veränderten Unternehmensziele verfolgt werden sollen. Ein Geschäftsplan gibt Auskunft über alle wesentlichen Aspekte des zu gründenden Unternehmens. Dazu gehören sowohl praktische Fragen der Gründung, des Betriebs und der Führung, des Marktes als auch betriebswirtschaftliche Analysen zu Kosten, Umsatz, Rentabilität und Wachstumsaussichten. Gleichzeitig hilft der Geschäftsplan, eine Geschäftsidee immer wieder zu durchdenken und mögliche Schwachpunkte zu entdecken. Er zwingt dazu, eine klar erkennbare Richtung für die Unternehmung anzugeben. Im Übrigen verliert der Geschäftsplan auch in bestehenden Unternehmen nichts von seiner Bedeutung. Er hilft dabei, beispielsweise Entscheidungen über eine Diversifikation oder einen Spin-off wirtschaftlich sinnvoll zu treffen. Bei Kapitalerhöhungen oder einem Börsengang dient er als Kommunikationsmittel gegenüber Investoren, Banken und Analysten. Der Geschäftsplan ist der Einstieg in die Kapitalbeschaffung. Schreiben Sie ihn so, dass Sie potenzielle Geldgeber davon überzeugen, Mittel in Ihr Projekt zu investieren. Mit der Vorlage eines fundierten Geschäftsplans stellen Sie unter Beweis, dass Sie die vielfältigen Aspekte der Gründung und Führung eines Unternehmens kennen und klar darstellen können. Der Geschäftsplan sollte als „Visitenkarte“ vollständig, plausibel und klar strukturiert sein, dient er doch dazu, einen potenziellen Geldgeber zur Kreditgewährung zu motivieren. Der Geschäftsplan oder Businessplan ist also die Grundlage für das Bankengespräch und die Finanzierung, insbesondere aus öffentlichen Förderprogrammen. Das bedeutet für die notwendige Finanzplanung, in folgender Reihenfolge vorzugehen: 1. Ermittlung der Kosten, insbesondere Personalkosten 2. Investitionsplanung 3. Liquiditätsplanung 4. Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnung 5. Erstellen der Planbilanzen 6. Ermittlung des Netto-Cashflows J. Platz, Die erfolgreiche Kanzlei, DOI 10.1007/978-3-8349-6471-7_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
19
1
2
3
4
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Die notwendigen Aussagen zum Geschäftsplan sind in der Übersicht Businessplan Anhang 31 aufgeführt.
2.
Personalkostenplanung
5 Die Personalkosten sind ein erheblicher Teil der Gesamtkosten eines Unternehmens und daher hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gravierend. Um eine Wirtschaftlichkeitskontrolle zu gewährleisten, sollten Sie die Personalkosten in die Personalplanung integrieren. Planen Sie rechtzeitig, welche Arbeitsplätze wann besetzt werden müssen und berücksichtigen Sie dabei auch die Einarbeitungszeit. Neben Löhnen und Gehältern sind folgende Personalnebenkosten einzuplanen: Q tarifbedingte Steigerungsbeträge Q voraussichtlich anfallende Überstundenvergütungen Q voraussichtlich anfallende Zulagen (Wochenend-, Nachtzulage) Q evtl. Kosten für Erfolgsbeteiligung Q gesetzliche/tarifliche Personalzusatzkosten (z. B. Sozialversicherung (Arbeitgeberanteil 50 %), Berufsgenossenschaft, Ausfallzeiten, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, vermögenswirksame Leistungen) Q betriebliche Personalzusatzkosten (z. B. Altersvorsorge, Fahrtkostenzuschüsse) 6 Auch die Kosten für Personalbeschaffung und -auswahl und für Fortbildung fließen in die Personalkostenplanung mit ein.
3.
Investitionsplanung
7 In die Investitionsplanung gehen alle Güter ein, die Sie für Ihr Geschäft anschaffen und die für mindestens zwei Geschäftsjahre nutzbar sind. Dazu gehören z. B. Gebäude, Maschinen, Fahrzeuge und Computer oder Software. Entscheidend sind die Anschaffungskosten, die Anschaffungszeitpunkte und die Nutzungsdauer. Bei der Nutzungsdauer sollten Sie sich an den realistischen Abschreibungszeiträumen für Anlagen orientieren. In der Investitionsplanung sind die Investitionsgegenstände gemäß Anhang 4 A zusammenzustellen und werden die zu tätigenden Investitionen, Abschreibungen und Restbuchwerte periodengerecht gemäß Anhang 4 B dargestellt.
4.
Liquiditätsplanung
Anhang 5 8 Auch ein rentabel arbeitendes Unternehmen kann zahlungsunfähig – illiquide – sein. Als Unternehmen können Sie schnell in eine solche Situation kommen. Denken Sie daher an den Grundsatz: Liquidität kommt vor Rentabilität!
1
20
Broschüre des BMWi „Unternehmensnachfolge“, www.bmwi.de
A.
1
Gründung einer Kanzlei
Planen Sie deshalb zunächst für mindestens 12 Monate die monatlichen Einzahlungen und Auszahlungen. Für die längerfristige Liquiditätsplanung können Sie mit Quartals- oder Jahresbeträgen kalkulieren. Berücksichtigen Sie dabei Zahlungsziele, branchenübliche Zahlungsverzögerungen, saisonale Schwankungen, Urlaubszeiten und Posten, die einmal im Quartal oder im Jahr als größere Summe anfallen. Trotz sorgfältiger Planung: Denken Sie immer daran, Reserven einzuplanen, so dass Sie auf jeden 9 Fall einen Überschuss an Liquidität haben. Reserve kann auch ein nicht in Anspruch genommener Kredit sein. Vereinbaren Sie mit Ihrer Hausbank daher einen höheren Kontokorrentkredit, als Sie ihn tatsächlich in Anspruch nehmen müssen.
5.
Umsatzplanung, Gewinn- und Verlustrechnung
Die Umsatzplanung ist eine Vorschau auf die Entwicklung der Umsatzerlöse Ihrer Kanzlei. Umsatzerlö- 10 se sind alle Einnahmen aus den angebotenen Dienstleistungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Die Mehrwertsteuer geht nicht in die Umsatzplanung ein, da sie grundsätzlich an das Finanzamt abgeführt wird („durchlaufender Posten“). Für die Gewinn- und Verlustrechnung ist festzulegen, wie sich die Umsätze, Aufwendungen und Erträge in den nächsten drei Jahren entwickeln werden und in welchem Jahr die Gewinnschwelle erreicht wird; vgl. Arbeitstabelle Anhang 6.
6.
Aufwandsplanung
Hier werden die Aufwendungen geplant, die zur Unternehmensführung notwendig sind. Zunächst 11 wird der Materialaufwand, bestehend aus Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für bezogene Waren und Leistungen ermittelt. Weitere Aufwandsposten sind die zuvor berechneten Personalaufwendungen und die aus der Investitionsplanung generierten Abschreibungen. Die übrigen Aufwendungen – z. B. Werbekosten, Raumkosten und Kosten für Telefon/Internet – werden entsprechend ihrer Kostenarten unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen zusammengefasst.
7.
Ergebnisplanung
In der Ergebnisplanung (= Erfolgsplanung) wird eine Vorschau auf den Jahresüberschuss oder -fehlbetrag 12 der kommenden Geschäftsjahre erstellt; vgl. Tabelle zur Rentabilitätsvorschau Anhang 7. Der Jahresüberschuss/-fehlbetrag errechnet sich aus der Differenz aller Erträge und Aufwendungen eines Geschäftsjahres. Bei der Ergebnisplanung wird zwischen dem operativen Ergebnis (= Betriebsergebnis), dem Finanzer- 13 gebnis sowie dem außerordentlichen Ergebnis unterschieden. Das operative Ergebnis umfasst alle Erträge und Aufwendungen der Tätigkeit Ihres Unternehmens. Das Finanzergebnis beinhaltet alle Zinsen und ähnliche Aufwendungen und Erträge. Saldiert mit dem Betriebsergebnis resultiert hieraus das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Im außerordentlichen Ergebnis sind einmalige oder unregelmäßig anfallende sowie betriebsfremde Aufwendungen und Erträge enthalten. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und das außerordentliche Ergebnis bilden zusammen – nach Abzug der Steuern (im Wesentlichen Körperschafts- und Gewerbeertragssteuern) – den Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag.
21
1
1 1
§1
8.
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Finanzplanung/Planbilanzen
14 Risikokapitalgeber wollen wissen, wie sich das Vermögen, d. h. die Kapitalbindung Ihres Unternehmens, entwickelt. In den Planbilanzen werden die Art und Höhe des Vermögens auf der Aktivseite, und die Herkunft des Vermögens auf der Passivseite jeweils zu einem Stichtag gegenübergestellt. Wie die Gewinn- und Verlustrechnung ist auch die Bilanzierung vom Gesetzgeber vorgeschrieben und reglementiert. Für die Bilanzierung gelten ebenfalls jährliche Planungsintervalle. Folgende Definitionen helfen Ihnen bei der Bilanzierung:
9.
Anlagevermögen
15 Zum Anlagevermögen gehören alle Gegenstände, die dazu bestimmt sind, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Anlagevermögen setzt sich aus immateriellen Vermögensgegenständen, Sachanlagen und Finanzanlagen zusammen. Immaterielle Vermögensgegenstände sind z. B. Patente und Lizenzen. Zu den Sachanlagen zählen Grundstücke und Gebäude, technische Anlagen und Maschinen, alle sonstigen Gegenstände des Anlagevermögens sowie geleistete Anzahlungen und Einlagen im Bau. Unter Finanzanlagen werden insbesondere Anteile und Ausleihungen an verbundene(n) Unternehmen, Beteiligungen und Wertpapieren zusammengefasst.
10.
Umlaufvermögen
16 Umlaufvermögen sind Vermögenswerte, die dazu bestimmt sind, nicht dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Darunter fallen: geleistete Anzahlungen, Forderungen und sonstige Gegenstände des Umlaufvermögens, Wertpapiere sowie flüssige Mittel (Schecks, Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten etc.).
11.
Eigenkapital
17 Das Eigenkapital setzt sich zusammen aus dem gezeichneten Kapital, den Gewinn- und Kapitalanlagen, den Gewinn- und Verlustvorträgen sowie dem Jahresüberschuss oder -fehlbetrag. Das gezeichnete Kapital ist das von den Eigentümern zur Verfügung gestellte Kapital. Bei der Aktiengesellschaft spricht man hierbei von Grundkapital, bei der GmbH von Stammkapital. Kapitalrücklagen sind zusätzliche Beträge, die der Kapitalgesellschaft von außen zugeflossen sind, z. B. Agio (Differenz zwischen Ausgabe- und Nennwert einer Aktie bei Neuausschüttungen). Gewinnrücklagen werden aus dem Jahresüberschuss gebildet. Das Eigenkapital kann in der Anfangsphase eines Geschäftes für den Aufbau verwendet werden. Nicht selten wird das Eigenkapital bei gegründeten Unternehmen via Verlustvorträgen beinahe aufgebraucht. Und dabei Achtung: Übersteigen die Verluste das vorhandene Eigenkapital, liegt eine bilanzielle Überschuldung (Insolvenzgrund) vor.
12.
Verbindlichkeiten
18 Zu den Verbindlichkeiten gehören insbesondere Verbindlichkeiten aus Lieferungen (offene Rechnungen von Lieferanten und Fremddienstleistern), Anleihen und langfristige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sowie kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, die innerhalb eines Jahres bezahlt werden müssen, wie z. B. Kontokorrentkredite zur Abwicklung des Tagesgeschäftes. 22
A.
13.
1
Gründung einer Kanzlei
Finanzplanung und Berechnung des Netto-Cashflows
1
Der Cashflow gibt an, wie hoch der Selbstfinanzierungsgrad ist und in welchem Umfang Finanz- 19 mittel für Schuldentilgung und Gewinnausschüttung zur Verfügung stehen. Der Cashflow ist eine Kennzahl, die den Überschuss der Einzahlungen gegenüber den Auszahlungen dokumentiert. Der Netto-Cashflow lässt sich sowohl aus der Liquiditätsplanung als auch über die Gewinn- und Verlustrechnung ermitteln. In der Liquiditätsplanung ergibt sich der Cashflow aus dem Saldo der Ein- und Auszahlungen ohne die Veränderung des Bestandes an Finanzmitteln. In der Gewinn- und Verlustrechnung wird der Cashflow aus dem Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag zuzüglich der Abschreibung und dem Saldo aus Anlagenabgängen abzüglich Sachinvestitionen errechnet.
Maß ziemt überall [Sophokles]
14.
Tipps und Gedanken im Umgang mit Banken
Wer einen Kreditantrag auf Darlehensgewährung für den Ankauf einer Kanzlei stellt, sollte sich nicht nur mit den materiellen Kreditanforderungen der Bank beschäftigen, sondern auch die Bankenphilosophien kennen und sich strategisch sowie psychologisch darauf einrichten. Weitere Hinweise und Infos, vgl. insbesondere Anhang 8. Die Bank setzt einen seriösen, schlüssigen und plausiblen Kreditantrag voraus. Sie fordert nicht automatisch die regelmäßige Vorlage eines Wertgutachtens von einem außenstehenden Dritten/Sachverständigen an, sondern setzt dies vom Antragsteller voraus. Mit anderen Worten: Der Sachbearbeiter der Bank ist von vornherein positiver eingestimmt, wenn der Antragsteller ein solches Gutachten, welches die Einzelheiten der Kanzlei beschreibt und dem Sachbearbeiter die due diligence erleichtert bzw. erspart, vorlegt. Auf diese Weise können Sie Pluspunkte für sich und Ihren Kreditantrag erwarten. Umgekehrt kann man im Umgang mit Kreditinstituten davon ausgehen, dass der erste Eindruck negativ ist, wenn der Kreditsuchende seinen Antrag nicht mit bzw. durch Vorlage eines Wertgutachtens begründet und begleitet. Wenn die Bank erst danach fragen muss, ist erfahrungsgemäß eine negative Einschätzung zu befürchten. Das Wertgutachten muss qualitativ positive Aussagen zum Sachbestand und den Zukunftsaussichten machen, d. h. eine renditestarke Ertragsvorschau enthalten, die sich auf die bisherige Geschäftsentwicklung, steigende Entwicklung von Umsätzen und Gewinnen, den Branchenmix und die Mandantenstruktur usw. stützt. Die Einschätzung der Bank bewegt sich in folgender Richtung: Welches Risiko wird eingegangen, wie kann dieses Risiko abgesichert werden? Selbst wenn eine optimale Werteinschätzung einer Kanzlei vorgelegt wird, bedeutet dies noch nicht, dass sie sich auch in Zukunft wertmäßig so halten und bewähren wird. Die angesprochene Bank prüft vielmehr, ob der Käufer auch in der Lage sein wird, die einmal als optimal und hoch angesehene Kanzlei auf diesem Status zu halten. Es müssen also schlüssige Aussagen vorgetragen werden, wonach bei Fortführung der Praxis durch einen geeigneten Nachfolger keine negative Entwicklung zu erwarten ist. 23
20
21
22
23
24
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
15.
Persönliche Bonität
25 Die weitere Kreditantragsprüfung zielt insbesondere auf die persönliche Bonität, d. h. auf den Eindruck des Nachfolgers ab. Dafür ist die Aussage umso hilfreicher, dass die Kanzlei schlimmstenfalls auch ohne die Führung des Kanzleinachfolgers weiterläuft, funktioniert und Gewinne abwirft. Mit anderen Worten: Es muss hinreichend und plausibel erklärt werden, dass der Wegfall oder die Erfolglosigkeit des Nachfolgers für die Bank zu keinen Ausfällen oder Erhöhungen des Engagements führt.
II.
Deckungsbeitrag
26 Der Deckungsbeitrag DB (engl. contribution margin) ist in der Kosten- und Leistungsrechnung die Differenz zwischen den erzielten Erlösen (Umsatz) und den variablen Kosten. Es handelt sich also um den Betrag, der zur Deckung der Fixkosten zur Verfügung steht. Der Deckungsbeitrag kann sowohl auf den Gesamterlös aus allen Mandaten, als auch auf eine Mengeneinheit (Stückgröße) bezogen sein. Der Deckungsbeitrag wird verwendet, um die Wirtschaftlichkeit einzelner Mandate oder Tätigkeitsbereiche miteinander zu vergleichen. Er wird durch Abzug der Einzelkosten von den Honorarerlösen ermittelt. Hierdurch kann beispielsweise festgestellt werden, ob ein Mandat trotz hohen Umsatzes im Vergleich mit anderen, weniger Umsatz erzielenden Mandaten einen geringeren Gewinn oder gar Verlust erwirtschaftet.
1.
Mathematische Definitionen
27 Die mathematischen Formeln für die Ermittlung des Deckungsbeitrags lauten: a. bezogen auf den Gesamtumsatz DB = E – KV = db x Menge Definition: E = Erlös der Periode KV = variable Kosten der Periode b. bezogen auf das Einzelmandat db = p – kV Definition: db: Deckungsbeitrag pro Mengeneinheit (auch Stückdeckungsbeitrag oder selten Deckungsspanne) p: Stückpreis (oder Erlös pro Mandat) kV: variable Stückkosten
2.
Relativer Deckungsbeitrag
28 Der relative Deckungsbeitrag (auch Bruttogewinnsatz) bezieht den Faktorverbrauch mit ein, der zur Generierung des Deckungsbeitrages benötigt wird:
24
A. DB =
1
Gründung einer Kanzlei
Deckungsbeitrag Produktionsfaktorverbrauch
1
Existiert innerhalb eines Unternehmens ein Engpass für einen Produktionsfaktor und können aus 29 diesem Faktor mehrere Produkte hergestellt werden, so lässt sich mit dem relativen Deckungsbeitrag feststellen, welches Produkt den Faktor am effizientesten ausnutzt und daher produziert werden sollte. Übertragen auf eine Steuerberatungskanzlei bedeutet das, dass die Arbeitszeit der Mitarbeiter für Mandate mit hohem Deckungsbeitrag angewendet werden sollte, Mandate mit niedrigerem Dekkungsbeitrag hingegen bei Personalengpässen u.U. beendet werden müssen. Der relative Deckungsbeitrag (hier auch als engpassspezifischer Deckungsbeitrag bezeichnet) gibt die Opportunitätskosten für den Fall an, dass man sich gegen die Herstellung des Produktes entscheidet.
3.
Deckungsbeitragsrechnung
Der Deckungsbeitrag ist die Rechengröße der Deckungsbeitragsrechnung. Innerhalb der mehrstufi- 30 gen Deckungsbeitragsrechnung (Fixkostendeckungsrechnung) unterscheidet man je nach betrachteter Unternehmensebene (sprich: welche fixen Unternehmenskosten alle hinzugerechnet werden). So gibt es durchaus Unternehmen, die 6-stufige, teilweise sogar 13-stufige Deckungsbeitragsrechnungen etabliert haben. In einer Steuerberatungskanzlei erscheint eine zweistufige Deckungsbeitragsrechnung als ausreichend. Dabei wird in der ersten Stufe das einzelne Mandat, in der zweiten Stufe ein Leistungsbereich, etwa die Abschlusserstellung, analysiert.
4.
Beispiele
Die Deckungsbeitragsrechnung verdeutlicht in der ersten Stufe die Wirtschaftlichkeit der einzel- 31 nen Mandate. Im folgenden Beispiel wird deutlich, dass hohe Umsätze mit einem Mandanten nicht zwangsläufig eine gute Wirtschaftlichkeit dieses Mandats garantieren: Mandant 1 Umsatzerlöse
15.000 €
Variable Kosten
12.500 €
Deckungsbeitrag
2.500 €
Mandant 2 100,0 %
2.500 €
100,0 %
83,3 %
1.000 €
40,0 %
16,7 %
1.500 €
60,0 %
In der zweiten Stufe der Deckungsbeitragsrechnung werden die Tätigkeitsbereiche der Kanzlei hin- 32 sichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit durchleuchtet. Bereichsfixe Kosten können dabei etwa Beiträge für spezielle Software, ein Abonnement für spezifische Fachliteratur o. Ä. sein. Die zweistufige Dekkungsbeitragsrechnung ist folgendermaßen aufgebaut: Buchführung Mandant 1
Abschlüsse
Mandant 2
Mandant 3
Umsatzerlöse
15.000 €
5.000 €
Variable Kosten
12.500 €
5.000 €
7.500 €
7.000 €
2.500 €
0€
5.000 €
3.000 €
Deckungsbeitrag I
12.500 €
Mandant 4 10.000 €
25
1
§1
1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Bereichsfixe Kosten
5.000 €
4.000 €
Deckungsbeitrag II
- 2.500 €
4.000 €
33 Da in der Steuerberatungskanzlei die variablen Kosten in der Regel ausschließlich die den fakturierten Stunden entsprechenden Personalkosten enthalten, erübrigt sich eine tatsächliche Berechnung des relativen Deckungsbeitrags. Vielmehr lässt sich bereits anhand der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung erkennen, welche Mandate relativ zu viel Einsatz des Produktionsfaktors Arbeitszeit erfordern.
5.
Fazit
34 Die Deckungsbeitragsrechnung in der Steuerberatungskanzlei ist dazu geeignet, schnell die Wirtschaftlichkeit einzelner Mandate oder gesamter Leistungsbereiche zu erkennen und miteinander zu vergleichen. Aus dem Deckungsbeitrag lassen sich direkt konkrete Maßnahmen ableiten, z. B. die Neuvereinbarung der Vergütung, wenn bei einem Mandat ein negativer Deckungsbeitrag ermittelt wird, oder eine Priorisierung, wenn Kapazitätsengpässe vorliegen.
Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind ein günstiger [Seneca]
B.
B.
Erwerb einer Kanzlei
35 Für einen Berufsanfänger (Steuerberater, Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer) bzw. Erwerbsinteressenten gibt es zahlreiche Möglichkeiten des Berufseinstiegs.
I. Q Q Q ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■
26
Alternativen der beruflichen Entscheidung angestellter Steuerberater freiberufliche Tätigkeit Steuerberater in Bürogemeinschaft/Gemeinschaftsbüro Steuerberater/Sozietät in Kooperation Verbundbildung/Holding bei schon bestehenden Praxen Sozietätsgründung Einbringung der eigenen Praxis in eine Sozietät Beteiligung an Sozietät oder Außen-/Scheinsozietäten Partnerschaftsgesellschaft Franchisenahme Pacht eines Mandantenstammes Ankauf einer Steuerberaterpraxis
1
B. Erwerb einer Kanzlei
II.
Abwägung von Vorteilen und Nachteilen …
1.
… als angestellter Steuerberater
1
Vorteile: Q kein Kapitaleinsatz Q kein unternehmerisches Risiko – bzgl. Umsätzen und Kosten Q Sozialleistungen (13. Gehalt, Urlaub, Lohnfortzahlung usw.) Q feste Arbeitszeiten (?) Q berufliche Flexibilität (schneller Wechsel von Arbeitsort und -geber)
36
Nachteile: Q Abhängigkeit Q Weisungsgebundenheit Q begrenzter Entfaltungs-/Gestaltungsspielraum Q kein Aufbau eines veräußerungsfähigen Praxiswertes (als Altervorsorge)
37
2.
… in freiberuflicher Tätigkeit
entweder in eigener aufzubauender Praxis = Neugründung (mit Ehepartner und/oder PC als Heim- 38 praxis) oder Tätigkeit für einen anderen Steuerberater, wobei die Haftungsverhältnisse gegenüber den Mandanten sowie die Honorarbeteiligung unbedingt speziell zu regeln sind, insbesondere auch Wettbewerbsabreden nach Beendigung der Tätigkeit 39 Vorteile: Q freie Gestaltung der Arbeitszeit Q „Risikostreuung“ durch Tätigkeit für mehrere StB (zudem „Know-how-Gewinn“ durch Kennen lernen mehrerer Praxen) Nachteile: Q keine Beteiligung am Praxiswert/stillen Reserven (als Altersversorgung) Q kurzfristige Kündbarkeit
III.
40
Vorteile und Nachteile bei Einzelpraxis und Sozietät
Vorteile: Q Aufteilung in Spezialgebiete Q fachlicher Erfahrungsaustausch
41
27
1
§1 Q
1
Q Q
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Gemeinkostensenkung durch gemeinsame Nutzung von Personal, technischen Hilfsmitteln (EDV etc.), Büroräumen Vertretung gesichert Vorteile bei der Alterversorgung für die Partner
42 Nachteile: Q Suche und Umgang nach/mit dem „richtigen“ Partner Q Verlust der Selbstständigkeit Q Verpflichtung gegenüber den Partnern Q gemeinsame Geschäftsleitung Q keine Verfügbarkeit über Anteile des Gesellschaftsvermögens Q Mithaftung für Partner
IV.
Weitere Zwischenstufen
1.
Begründung einer Bürogemeinschaft
43 mit Kollegen oder Rechtsanwälten, um Synergieeffekte durch gemeinsame Büroorganisation und Personalaustausch zu erzielen, Spezialisierungen einzuleiten oder interdisziplinäre Beratungsmöglichkeiten anzubieten.
2.
Freiberufler in Kooperation
44 Hier zeigen sich Vorzüge der Begründung und Aufteilung von Spezialgebieten und fachlichem Erfahrungsaustausch, teilweise auch interdisziplinär mit Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern = wesentliche Zukunftstendenz. Die Kooperation ist also eine Zusammenarbeit ohne gesellschaftsrechtliche Bindungen mit Kollegen zwecks Erfahrungsaustausch, Spezialisierung, Darstellung differenzierter Leistungsangebote auf vertraglicher Grundlage oder faktisch abgestimmtem Verhalten. 45 Die Bildung von Zusammenschlüssen auf dieser Basis bietet eine breitere fachliche Kompetenz, effizienteres Arbeiten und ein erweitertes Dienstleistungsangebot aus einer Hand, verbessert also die individuellen Erfolgschancen.
3.
Verbundbildung
46 durch Gründung einer übergeordneten Steuerungs-GbR (Holding), wobei ein föderatives System die Eigenständigkeit der einzelnen Praxen erhält und gleichzeitig Steuerungsmöglichkeiten im Leistungsbild, Honorarniveau sowie Personalunion im Top-Management bietet. Die Bildung kann konkret durch Austausch von Geschäftsanteilen, Abschluss von Gewinnabführungsverträgen und Begründung eines gemeinschaftlichen Führungsteams erfolgen.
28
1
B. Erwerb einer Kanzlei
4.
Verfestigte Kooperation oder Verbund von Steuerberatungspraxen
1
Weitere Entwicklungsstufe ist dann eine feste gesellschaftsrechtliche Verknüpfung durch Sozietäts- 47 gründung in GbR, Partnerschaftsgesellschaft oder GmbH. Vorteile: Q Aufteilung in Spezialgebiete Q fachlicher Erfahrungsaustausch Q Gemeinkostensenkung durch gemeinsame Nutzung von Personal, technischen Hilfsmitteln (EDV etc.) Büroräumen Q Vertretung gesichert Q Vorteile bei der Altersversorgung für die Partner Nachteile: Q Suche und Umgang nach/mit dem „richtigen“ Partnern Q Verlust der Selbstständigkeit Q Verpflichtung gegenüber den Partnern Q gemeinsame Geschäftsleitung Q keine Verfügbarkeit über Anteile des Gesellschaftsvermögens Q Mithaftung für Partner
5.
48
Haftung neu eintretender Sozien für Altverbindlichkeiten
In seinem Urteil vom 07.04.2003 (NJW 2003, 1803) hat der BGH entschieden, dass der in eine Ge- 49 sellschaft bürgerlichen Rechts eintretende Gesellschafter für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich auch persönlich und als Gesamtschuldner mit den Altgesellschaftern haftet. Dieser Grundsatz (Urteil zur Anwaltssozietät) gilt also auch für Gesellschaften bürgerlichen Rechts, in denen sich Angehörige freier Berufe zur gemeinsamen Berufsausübung zusammengeschlossen haben. Ob für Verbindlichkeiten aus beruflichen Haftungsfällen dieser Gesellschaften eine Ausnahme zu machen ist, bleibt offen. Es findet also keine Differenzierung statt, wie sie in § 8 Abs. 2 PartGG i. S. einer Sonderstellung zum Ausdruck kommt. Dort ist in Abgrenzung zu § 8 Abs. 1 PartGG, der für sonstige Verbindlichkeiten der Partnerschaft § 130 HGB ausdrücklich für anwendbar erklärt, geregelt, dass für berufliche Fehler nur diejenigen Partner persönlich haften, die mit der Bearbeitung des jeweiligen Auftrages befasst waren. Der Gesetzgeber differenziert also in den beiden Absätzen nach der Art der Tätigkeit. G Fazit: Der BGH hat in seinen Urteilen vom 7.4.2003 ( NJW 2003,1803 ) und vom 19.11.2009 ( WM 2010, 239 ) entschieden, dass a) der eintretende Gesellschafter für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich auch persönlich und als Gesamtschuldner mit den Altgesellschaftern haftet. b) dieser Grundsatz auch für Freiberufler-GbR’s gilt. Ob für Verbindlichkeiten aus beruflichen Haftungsfällen dieser Gesellschaften eine Ausnahme zu machen ist, ist offengeblieben. 29
1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf Das Wenige, das du tun kannst, ist viel.
1
[Albert Schweitzer]
6.
Einbringungen
50 in große WP- oder StB-Gesellschaften ermöglichen bei schwierigen Fachfragen Vorteile wie den Rückgriff auf Q ein vollständiges Back-Office in der Zentrale oder in Q regionalen Kompetenz-Centern Q die Vereinheitlichung der Arbeitsabläufe und der Aktenführung Q hochrangige einheitliche Beratungsstandards Q Arbeits- und Kosteneinsparungen
7.
Partnerschaftsgesellschaft und GbR – Vergleich und Abgrenzung/Haftung
51 Hierzu eine Übersicht der Personengesellschaften, deren Geschäftsführung und Vertretung, insbesondere in der 3. Zeile mit der Haftung der Gesellschafter, Anhang 9
8.
Verschmelzung
52 Die Verschmelzung von Unternehmen/Gesellschaften ist die weitestgehende Form einer Unternehmungsverbindung; sie bedeutet, dass das Vermögen der übertragenen Gesellschaft ohne Abwicklung auf die übernehmende oder eine neugegründete Gesellschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin übergeht. Die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften war ursprünglich nur nach den Vorschriften des Aktiengesetzes (§ 339 f.) möglich. Durch die Verschmelzungsvorschriften der § 19 f. KapEG und §§ 2 f. Umwandlungsgesetz kann sie auch bei zwei oder mehreren GmbH’s, ferner auch bei Rechtsträgern unterschiedlicher Rechtsform durchgeführt werden. Möglich ist die Verschmelzung durch Aufnahme oder auch durch Neugründung, wobei das Vermögen von zwei oder mehreren Gesellschaften auf eine neue übertragen wird. In beiden Fällen geht mit der Anmeldung der Verschmelzung das Vermögen als Ganzes auf die aufnehmende Gesellschaft über, ohne dass es eines besonderen Übertragungsaktes bedarf. 53 Der Übergang des Vermögens durch Verschmelzung beruht nicht auf einem Unternehmenskauf. Er ist eine auf entgeltliche Veräußerung gerichtete körperschaftliche Vereinbarung, auf welche – wie bei der Verschmelzung von Personengesellschaften – die allgemeinen Bestimmungen über Wandlung und Rücktritt keine Anwendung finden. Beispiel der Vorgehensweise bei einer Verschmelzung, Anhang 10
30
1
B. Erwerb einer Kanzlei
9.
Außen-/Scheinsozietäten
1
Eine besondere Form des gemeinsamen Auftretens sind Außen- bzw. Scheinsozietäten. Hierbei han- 54 delt es sich um Verbindungen von Berufsträgern, die gemeinsam nach außen auftreten, ohne dass im Innenverhältnis eine echte Sozietät vereinbart wurde. Zivilrechtlich wird gegenüber Mandanten und sonstigen Vertragspartnern in aller Regel die Außensozietät als GbR verpflichtet, deren auftretende Berufsträger – zum Beispiel auf dem Briefkopf – sämtlich gesamtschuldnerisch haften. Diese schuldrechtliche Verpflichtung erfolgt ohne Rücksicht auf das Innenverhältnis. + Anmerkung: Nach Rechtsprechung des BGH (BGHZ 1360 254/257; BGH NJW 1998 376) kann die GbR – auch in Form einer Außengesellschaft (BGHZ 146, 341 = MDR 2002, 459) – als Rechtssubjekt anerkannt werden. Außen- und Scheinsozietäten bergen erhebliche Risiken: Sämtliche nach außen auftretenden Berufs- 55 träger haften gesamtschuldnerisch. Wettbewerbsrechtliche Bedenken bestehen allerdings nicht. Die Diskrepanz zwischen äußerem Erscheinungsbild und tatsächlicher Aufteilung im Innenverhältnis führt aus steuerlicher Sicht zu erheblichen Gestaltungsproblemen. Die umsatz- und ertragssteuerlichen Auswirkungen sind in der Rechtsprechung noch weitgehend ungeklärt, vgl. zum vorstehenden Thema Kamps/Alvermann, NJW 2001, 2121 f.
10.
Anpachtung eines Mandantenstamms
In der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer2 wird in § 59 Abs. 6 der Abschluss eines 56 Pachtvertrages über Praxen von Steuerberatern für berufswidrig erklärt. Somit spricht das Standesrecht gegen die pachtweise Überlassung von Praxen. Der BFH hat hingegen im Urteil vom 18.12.19963 die Verpachtung eines rückbehaltenen Mandantenstamms bei Praxisveräußerung nicht als verdeckte Gewinnausschüttung eingestuft; in dieser Entscheidung wird bei Veräußerung eines beweglichen Betriebsvermögens mit Ausnahme des Mandantenstammes, der das werthaltigste Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens darstelle, der Abschluss eines Pachtvertrages über den von der Veräußerung ausgenommenen Mandantenstamm als möglich und zulässig angesehen; die vom Pächter gezahlten (angemessenen) Pachtzinsen werden lt. BFH nicht als verdeckte oder andere Ausschüttung i. S. d. § 8, Abs. 3 Satz 2 und § 27 KöStG angesehen4. In diesem Zusammenhang sei noch auf eine besondere Auslegung hingewiesen, § 59 Abs. 6 unter- 57 sage lediglich die Verpachtung der Berufspraxis an Dritte, also an andere Personen als den bisherigen Praxisinhaber bzw. die von ihm gegründete Steuerberatungsgesellschaft. Wenn der Verpächter hingegen seine berufliche Tätigkeit nicht aufgegeben habe, sondern diese im Rahmen eines neuen Verbundes unverändert fortführt, handele es sich um die Verpachtung an einen Nichtdritten. Eine Verletzung des Prinzips der Eigenverantwortlichkeit scheide aus, da die Gesellschafter des Verpächters die bislang von ihnen betreuten Mandate unverändert in eigener Person weiterbearbeiten. Die mögliche Verpachtung eines Mandantenstammes bekommt unter dem Gesichtspunkt der Überbrückung einer Generationslücke Bedeutung. Viele Praxisinhaber/Unternehmer haben den Wunsch, sich im Alter zwischen 50 und 65 Jahren aus der operativen Verantwortung zurückzuziehen. Falls die Option der unentgeltlichen Betriebsüberlassung durch Schenkung oder entgeltliche
2 3 4
Bundessteuerberaterkammer, veröffentlicht in DStR, 1997, Beihefter zu Heft 26/1997, S. 1 – 11 Urteil des BFH vom 18.12.1996, IR 128 – 129/95 (DstRE 1997, 518) Laut Schoor a.a.O. Rn. 7 soll der einschlägige § 59 Abs.6 künftig liberalisiert, d. h. Verpachtung zugelassen werden.
31
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Veräußerung oder Übertragung an Abkömmlinge (noch) nicht in Betracht kommt, will der Inhaber oft die Vermögenssubstanz nicht aus den Händen geben, jedoch die Verantwortung für die operative Unternehmensführung auslassen. Wie von Niggemann, Simmert5 ausgeführt, gewinnen die Neuregelungen des Erbschaftsteuergesetzes für Unternehmensnachfolgen durch Nießbrauch größere Bedeutung. 58 Die Frage der Verpachtung einer Kanzlei bzw. eines Mandantenstammes könnte mit einer Betriebsverpachtung gleichgesetzt werden, wozu allerdings standesrechtliche Bedenken im o. g. Sinne zu berücksichtigen sind, denn der Kanzleiinhaber bleibt bis zur familiären Nachfolgeregelung selbst Eigentümer der Vermögenswerte. Steht die Nachkommenschaft fest, ist zu regeln, ob entgeltliche, teilentgeltliche oder unentgeltliche Übertragung erfolgen soll.
11.
Ankauf einer Steuerberaterpraxis
59 Eine erste Orientierung gibt der Fragenkatalog gemäß Anhang 11. Der vollständige Ankauf mit Übertragung des gesamten Mandantenstammes und der Sachanlagen erfordert eine sorgfälltige Vorbereitung und fachliche Beratung. In den überwiegenden Fällen der Praxisveräußerung handelt es sich um das Lebenswerk des Inhabers, welches mit persönlicher Mühe und Arbeit aufgebaut wurde, von dem die Trennung schwer fällt und die Befürchtung/Sorge besteht, ob ein einzelner Nachfolger, eine Sozietät oder Gesellschaft die persönlichen Bindungen übernehmen und auf die Besonderheiten der Klientel eingehen kann. 60 Kauf statt Gründung ist für unternehmensfreudige Freiberufler, die ein finanzielles Polster haben, eine Alternative in der Form des so genannten management-buy-in. Die Vorteile eines Kanzleikaufs wurden bereits geschildert, vgl. oben I. 61 Sie liegen auf der Hand: eingearbeitete Mitarbeiter, Kanzleiräume und Technik sind vorhanden; Arbeitsabläufe und Mandantenbeziehungen haben sich über einen längeren Zeitraum hinweg eingespielt. Die Dienstleistungen sind auf dem Markt bekannt und erbringen vom ersten Tag nach der Übernahme an den definierten Umsatz. Wenn der Veräußerer in einer Übergangszeit als Mentor zur Verfügung steht, garantiert eine solche überleitende Tätigkeit eine hohe Mandantenbindung beziehungsweise eine geringe Mandantenabgangs-Quote.
a)
Persönliche Voraussetzungen für den Erwerb – Käuferseite
62 Der Ankauf 6 oder die Unternehmensnachfolge hängen wesentlich davon ab, ob und inwieweit aus seinem eigenen Bereich zahlreiche persönliche Voraussetzungen erfüllt sind. Wie oben erwähnt, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit7 dazu in einem sehr hilfreichen Katalog Fragen aufgestellt, die in Anhang 1 wiedergegeben sind. Auch Berning und Novak8 nehmen auf diese Voraussetzungen Bezug, deren Vorliegen in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gegeben sein muss.
5 6 7 8
32
Generationslücke durch Betriebsverpachtung überbrücken, Betriebswirtschaftliche Beratung, Heft 7, S. 215 Gründe und Varianten für Ankauf/Übernahme einer Kanzlei sind erschöpfend von Schoor, Fischer, Ueberfeldt in „Kauf und Bewertung einer Steuerberaterpraxis“, NWB- Verlag, Kapitel 2., 2.3 aufgeführt. Unternehmensnachfolge – die optimale Planung Erfolgsfaktoren der Kanzleinachfolge, Gabler-Fachverlag, S. 56/57
1
B. Erwerb einer Kanzlei
b)
Kriterien beim Praxiskauf aus betriebswirtschaftlicher Sicht
Wenn der eigene Aufbau einer Praxis zu langwierig und derzeit wenig aussichtsreich ist, bleibt die 63 Möglichkeit, eine komplette Praxis zu kaufen oder sich an einer Kanzlei zu beteiligen. Primär stellt sich die Frage nach dem Umfang der zu erwerbenden Kanzlei, d. h. nach dem bereinigten Nettoumsatz, wobei von den periodisch wiederkehrenden jährlichen Honorarerlösen auszugehen ist. Außen vor bleiben einmalige Aufträge und Erlöse aus Testamentsvollstreckungen, Konkursverwaltungen oder Gutachtertätigkeiten. Von wesentlicher Bedeutung und Aussagekraft ist die Ertragssituation. Hier muss der bereinigte 64 Gewinn ermittelt werden. Dabei sind solche Posten dem Gewinn hinzu zu addieren, die bei dem Nachfolger nicht eintreten müssen, z. B. Abschreibungen, Zinsen, Gehälter für nicht produktive Arbeitskräfte. Die Aufgliederung der Honorarumsätze nach Erlösarten ist von Aussagekraft für die Mandantenstruktur und die Art bzw. Gewichtung der Dienstleistungsarten, z. B. differenziert nach Buchhaltung, Abschlüssen und Beratungshonoraren. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang die Erstellung einer ABC-Analyse, aus der erkennbar wird, mit welchen Mandanten wie viel Prozent des Umsatzes erzielt wird. Festgestellt werden sollten des Weiteren die Umsatzklassen in einer Staffelung von Jahresnettohono- 65 rar bis 3.000 €, bis 5.000 €, bis 20.000 €, bis 30.000 €, bis 50.000 € und über 50.000 €. Einzelheiten und eine weitere Aufgliederung dazu liefert die Übersicht 1.
Übersicht 1: Arbeitspapier zur Erfassung betriebswirtschaftlicher Daten 1. Praxisinhaber: Praxis Anschrift: __________________________________________________ Praxis gegründet in:
_____________________
Rechtsform
_____________________
Beteiligungsverhältnisse:
1. _____________________ 2. _____________________
Gründe für die Veräußerung: __________________________________________________ Veräußerung bis: __________________________________________________ 2. Umsatz/Kosten/Ertrag: Nettoumsatz im laufenden Jahr: ____________________________€
Entwicklung
2004 T€
2005 T€
2006 T€
2007 T€
2008 T€
2009 T€
Umsatz Kosten Ertrag 33
1
1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
3. Mandantenstruktur
1
Anzahl der gewerblichen und freiberuflichen Mandate insgesamt: ____________ (ohne ESt) Aufteilung nach Branchen:
Anzahl
Handwerksbetriebe:
_____________________
Handelsbetriebe:
_____________________
Freiberuflich Tätige:
_____________________
Produktionsbetriebe:
_____________________
Sonstige:
_____________________
gesamt:
_____________________
Aufteilung nach Rechtsform:
_____________________
Einzelunternehmen:
_____________________
Personengesellschaften:
_____________________
GmbH:
_____________________
4. Anzahl der Mandaten nach jährlichen Honorarerlösen Bandbreite der Honorarerlöse
Zahl der Mandanten
bis 3.000 €
_____________________
bis 5.000 €
_____________________
bis 20.000 €
_____________________
bis 30.000 €
_____________________
bis 50.000 €
_____________________
über 50.000 €
_____________________
Mit der Feststellung des Honorarlevels lässt sich eine Aussage über die theoretische Steigerungsfähigkeit der Honorare machen. Zu dieser sind auch Angaben wichtig, inwieweit die Einzelmandate ausbaufähig und damit im Umsatz steigerungsfähig sind.
Erfahrung ist fast immer eine Parodie auf die Idee. [Goethe]
34
1
B. Erwerb einer Kanzlei
V.
Erwerb aufgrund Realteilung
1.
Definition
1
Die Teilung einer Personengesellschaft unter Fortführung der Buchwerte führt im Regelfall zur Ver- 66 schiebung stiller Reserven und damit potentieller Steuerschulden zwischen den Gesellschaftern, vgl. Einzelheiten zur gesetzlichen Regelung und Gestaltungsmöglichkeiten Paus in NWB, Nr. 44, vom 27.10.2003. Bei der Realteilung führt die Teilung einer Personengesellschaft unter Fortführung der Buchwerte im Regelfall zur Verschiebung stiller Reserven und damit potentieller Steuerschulden zwischen den Gesellschaftern, vgl. Einzelheiten zur gesetzlichen Regelung und Gestaltungsmöglichkeiten Paus in NWB, Nr. 44, vom 27.10.2003. Rechtstechnisch wird von einer einzelnen Rechtsübertragung ausgegangen. Die Personengesell- 67 schaft wird nach Erfüllung der Abfindungsansprüche der Gesellschafter beendet. Rechtstechnisch wird von einer Einzelrechtsübertragung ausgegangen, bei welcher schuldrechtliche Beziehungen nicht mit übergehen. Im Steuerrecht gehen die Finanzverwaltung und überwiegend auch die Literatur davon aus, dass der Tatbestand der Betriebsaufgabe einer Realteilung zu Grunde liegen muss. Die Realteilung ist demnach die Beendigung einer Personengesellschaft durch Aufteilung des Betriebsvermögens unter Umwandlung des gemeinschaftlichen Alleineigentums. Die Übertragung von Mitunternehmeranteilen stellt keinen Fall der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern dar.
2.
Abgrenzung
Von der Realteilung ist die Veräußerung oder die Aufgabe eines Mitunternehmeranteils bei Fortbe- 68 stehen der Mitunternehmerschaft zu unterscheiden. Scheidet ein Mitunternehmer aus einer mehrgliedrigen Mitunternehmerschaft aus und wird diese von den verbleibenden Mitunternehmern fortgeführt, liegt kein Fall der Realteilung vor. Dies gilt auch dann, wenn der ausscheidende Mitunternehmer wesentliche Betriebsgrundlagen des Gesamthandvermögens erhält. Es handelt sich in diesen Fällen um den Verkauf oder die Aufgabe eines Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG.
3.
Gegenstand der Realteilung
Gegenstand einer Realteilung ist das gesamte Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft, ein- 69 schließlich des Sonderbetriebsvermögens der einzelnen Realteiler. Die Realteilung kann durch Übertragung oder Überführung von Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen oder Einzelwirtschaftsgütern erfolgen. Mitunternehmeranteile in diesem Sinne sind auch Teile von Mitunternehmeranteilen.
35
1 1
§1
4.
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Steuerliche Auswirkungen
70 Bei der Umstrukturierung von Unternehmen und Freiberuflerpraxen ist eine der wichtigsten Gestaltungsaufgaben die Sicherstellung der Steuerneutralität. Durch eine Realteilung gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG kann die Buchwertfortführung erreicht und damit die Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden. Zu diesem vom BFH entwickelten Rechtsinstitut, das in seiner jetzigen Gesetzesfassung sehr interpretationsbedürftig und damit streitanfällig ist, hat das BMF mit Schreiben vom 28.02.2006 Stellung genommen. Dieses Anwendungsschreiben legt den Gestaltungsspielraum jedoch in einer für die Praxis sehr einengenden Weise aus9, wie Notar Dr. S. Spiegelberger in seinem Aufsatz „Realteilung in der Beratungspraxis“ in NWB Heft 19/2006 (F. 3 S. 14019 f.) erläutert. 71 Zu berücksichtigen ist das Rundschreiben des Bundesfinanzministeriums vom 28.2.2006 zur Definition der Realteilung und Versteuerung stiller Reserven.
5.
Vollzug der Realteilung
72 Zur Realteilung, d. h. Beendigung einer Personengesellschaft durch Aufteilung des Betriebsvermögens unter Umwandlung des gemeinschaftlichen Eigentums zu Alleineigentum, bedarf es eines umfassenden Vertrages, Muster Anhang 12, unterlegt mit den Arbeitsschritten zu den wesentlichen Vertragsinhalten. Zur Realteilung vgl. Checkliste Anhang 13.
VI.
Finanzierungsmöglichkeiten
73 Die Bemühungen des Käufers um die Finanzierung des Kaufpreises sollten vor Beginn der Kaufverhandlungen eingeleitet werden – eine generelle Zusage der Bank stärkt die Verhandlungsposition des Käufers. Aus der Interessenlage wird der Verkäufer seinerseits die Frage nach der Kaufpreissicherheit stellen, bestenfalls seine Hausbank anbieten, da diese am ehesten die Qualität der Praxis und deren Ertragssituation kennt. Die KfW Mittelstandsbank verwaltet die Förderprogramme der KfW und bietet Mittelstandsförderung aus einer Hand. Weitere Förderprogramme bieten u. a. die RKW Hessen sowie Bund und Länder. 74 Zu den Förderangeboten im Einzelnen, vgl. Q www.kfw-mittelstandsbank.de Q www.foerderdatenbank.de Q www.high-tech-gruenderfonds.de Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt in der Broschüre „Unternehmensnachfolge – Die optimale Planung“ eine informative aktuelle Übersicht der wichtigsten Förderprogramme10.
9 Spiegelberger „Realteilung in der Beratungspraxis“ in NWB Heft 19/2006 (F. 3 S. 14019 f.) . 10 Stand 2007, Herausgeber BMWI, Referat Öffentlichkeitsarbeit, S.20 f., www.bmwi.de
36
1
C. Verkauf einer Kanzlei
VII.
Wege zu einer Praxis
1
Geeignete Objekte lassen sich über Insertion, Kollegeninformation, Bankgespräche, Maklereinschal- 75 tung oder berufsständische Organisationen finden. Derzeit ist der Markt für Praxiskäufer eng. Die Gründe liegen einerseits in der Aufkauf-Strategie bestimmter Gesellschaften und Konzentrationsbewegungen, wobei gute Praxen meist nicht auf den Markt kommen, andererseits in der Zurückhaltung vieler Praxisinhaber, die auf eine Steigerung der Honorarerlöse warten. Da jede Kanzlei ihr individuelles Profil hat, sollte eine Partnerschaft oder Praxisübertragung nicht 76 dem Zufall überlassen werden. Individuelle, persönliche Beratung und Betreuung sind erforderlich. Ein außenstehender Unternehmensberater bzw. Fachvermittler erstreckt seine Tätigkeit auf alle Ebenen von fachlich-inhaltlich über strategisch-operativ hin bis zur Gestaltung von gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen oder Kaufverträgen.
VIII. Kaufvertrag Die Formulierung eines Kaufvertrages unterliegt der Vertragsfreiheit mit der Einschränkung, dass 77 unangemessene oder sittenwidrige Vereinbarungen nicht getroffen werden dürfen, § 138 BGB. Einzelheiten zur Transaktion einer Kanzlei gelten gleichermaßen für Kauf und Verkauf einer Kanzlei und sind unten im Kapitel § 1 D. Übertragung detailliert dargestellt und ergeben sich aus dem Mustervertrag, vgl. Anhang 14.
Wer am Morgen das richtige Prinzip erkannt hat, kann am Abend ruhig schlafen. [Chinesisch]
C.
Verkauf einer Kanzlei
I.
Praxisverkauf – ein komplexes Vorhaben
C.
Von seinem Lebenswerk trennt man sich oft nur unter Schmerzen. Dies gilt für jede Art von Unterneh- 78 men, folglich auch für den Verkauf einer Kanzlei. Ist die Entscheidung einmal gefallen, muss sich der Inhaber/Verkäufer bewusst sein, damit ein komplexes Vorhaben in Angriff zu nehmen. Wichtig ist es zunächst, die wesentlichen Rahmenbedingungen zu fixieren, bevor man sich am Markt zeigt, d. h. die für den Käufer entscheidenden Praxisdaten müssen erhoben werden, die Verkaufsstrategie muss stehen. Gefordert ist eine ehrliche Bestandsaufnahme. Ein Praxis- oder Kanzleiverkauf ist kein alltägliches Geschäft, umfasst er doch – neben dem Verkauf des Sachvermögens – die sensibel zu handhabende Übertragung des Mandantenstammes/Goodwills als immaterielles Wirtschaftsgut. Langjährig gewachsene Geschäftsbeziehungen, aus denen nicht selten eine besondere persönliche Verbundenheit erwachsen ist, beeinflussen die Verkaufsüberlegungen. Häufig gestellte Fragen sind dabei:
37
1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Wer kann mein Werk, meine Erfolge übernehmen, wenn ich meine Kanzlei abgeben möchte? Wer hat die menschliche Ausstrahlung und die fachliche Qualifikation, als mein Partner oder Nachfolgere das Vertrauen meiner Mandanten zu erlangen?
1
79 Die komplexen Probleme des Praxisverkaufs, zu denen auch die Ermittlung des Praxiswertes gehört, lassen sich am besten lösen, indem ein kompetenter Berater hinzugezogen wird, der den Vorgang in enger Abstimmung mit dem Verkäufer professionell begleitet11. Zunächst geht es darum, die für die Abfassung eines Kaufvertrages wichtigsten Punkte anzusprechen und zu regeln (vgl. Checkliste): Dann stellt sich die Frage nach der zeitlichen Reihenfolge der Verkaufsschritte, schließlich ist nach Prüfung aller Unterlagen und Besprechungsergebnisse eine Verhandlungsagenda aufzustellen. 80 Zu den Rahmenbedingungen für den Verkauf einer Kanzlei vgl. Checkliste Anhang 15 und Verhandlungsagenda Anhang 16. Die Aufzählung der Rahmenbedingungen zur Praxisübertragung ist nicht abschließend, vielmehr werden nur die Eckpunkte dargestellt. Der gesamte Vertrag bedarf der individuellen Gestaltung, da es sich regelmäßig um das Lebenswerk des Verkäufers handelt und dieser verständlicherweise den entsprechenden Besonderheiten seiner Kanzlei Rechnung tragen will. 81 Die Hauptgründe eines Verkaufs sind a) Krankheit, Alter b) Nachfolgersuche c) Zusammenlegung und Konzentration zu größeren Einheiten 82 Die Durchführung erfolgt in verschiedenen Stufen: Q Suche nach einem Käufer, Sozius oder Partner Q Feststellung der Absichten und Lebensplanung in einem persönlichen Gespräch Q persönliches Gespräch mit einem Interessenten Q Sammlung der Praxisdaten Q Darlegung der besonderen Umstände, Stärken und sonstigen Details einer Praxis
1.
Zeitschiene
83 Den optimalen Zeitpunkt, eine Kanzlei zu verkaufen, gibt es nicht. Häufig ist das 55. Lebensjahr der Anlass zum Ausstieg, weil die steuerliche Vergünstigung greift (1/2 Steuersatz auf den Veräußerungsgewinn) und die Nachfolgeregelung ein wichtiges Kriterium für das Bankenrating ist. Die Zeitdauer für die Käufersuche ist unterschiedlich, je nach dem, ob und wie die Vorgaben vom Praxisinhaber/Verkäufer angesetzt werden. Der Kaufinteressent muss in den meisten Fällen schon Erfahrung haben und sollte über finanzielle Mittel zur Kaufpreisbegleichung verfügen. 84 Die Abwicklung dauert in den schnellsten Fällen mindestens drei bis vier Monate, sonst darüber hinaus, wenn Verzögerungen auf Seiten des Käufers auftreten.
11 zur Praxisbewertung vgl. Platz. B.KM2006, S.63 f.
38
1
C. Verkauf einer Kanzlei
2.
Spezielle Wünsche des Käufers
1
Die individuellen Wünsche des Käufers sind ausschlaggebend, z. B. werden einerseits einfache, tra- 85 ditionelle Mandate bzw. Kleinstmandate gesucht, andererseits stehen gehobene Beratungsmandate, z. B. von Steuerberatungsgesellschaften auf der Wunschliste. Grundsätzlich ist ein Branchenmix von Vorteil, um unterschiedliche Entwicklungen in verschiedenen Branchen zu kompensieren. Zu viele Großmandate sind deshalb nicht wünschenswert, weil der Verlust eines solchen die Umsatzkurve zu stark nach unten ausschlagen lässt. Eine wichtige Rolle auf der Käuferwunschliste spielt die elektronische Ausstattung und kanzleiinterne Software. Es kommt auf die Kompatibilität der Systeme an, wenn Kanzleien zusammengelegt werden.
3.
Einbindung des Inhabers nach dem Verkauf?
Optimal ist die weitere Mitarbeit des Veräußerers für einen bestimmten Zeitraum (drei bis sechs Mo- 86 nate), eingerichtet bis Ultimo eines Jahres, um das Kalenderjahr und den Verbleib der Mandanten abzuwarten. Üblicherweise wird die weitere Mitarbeit für die ersten drei Monate nach Praxisübergang unentgeltlich vereinbart, nach Ablauf dieser Frist entgeltlich auf Stundenbasis.
4.
Übliche Zahlungsmodalitäten beim Praxisverkauf
In den seltensten Fällen wird der Kaufpreis in einer Summe gezahlt/überwiesen. Der Betrag wird 87 meistens gestundet, um die Mandantenzustimmungen zum Verbleib in der Kanzlei abzuwarten. Zu den Zahlungsmodalitäten gehören Raten- oder Rentenzahlungen, z. B. Anfangsrate mit 80 % bei Abschluss, Restzahlung nach endgültiger Feststellung der Mandantenzustimmung und -übergänge.
II.
Handlungsebenen/-abläufe
Stellen Sie sich vor, Sie seien in der Rolle eines verkaufswilligen Praxisinhabers. Sie wollen Ihre eige- 88 ne Praxis oder einen Teil davon verkaufen. Wie kann das geschehen, woran sollten Sie denken und was müssen Sie tun? 89 Zur Einstimmung und übersichtlichen Darstellung ist zunächst auf die verschiedenen Ebenen/Abläufe bei einer Praxisveräußerung zu verweisen, unterteilt in mentale, konzeptionelle und planerische Ebene.
1.
Mentale Ebene
Am Anfang der Überlegungen steht die eigene Lebensplanung, d. h. Sie sollten folgende Fragen für 90 sich beantworten: Q Wo stehe ich? Q Wohin will ich? Q Was sind meine künftigen beruflichen oder nachberuflichen Lebensziele? 39
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
91 Erforderlich ist also ein persönlicher Status mit definitiver Zukunftsplanung. Auf dieser mentalen Ebene sollte und muss absolute Klarheit bestehen, sonst lassen sich kaum weitere konzeptionelle Schritte und Abwicklungen einleiten.
2.
Konzeptionelle und sachlich-inhaltliche Ebene
92 Erstere umfasst die gedankliche Ordnung und generelle Vorstellung über die Ausführungsmöglichkeiten. Auf der sachlich-inhaltlichen Ebene Q steht die Bewusstseinsbildung über den Praxisbestand, Wert der Kanzlei und ihre Tätigkeitsinhalte. Q ist die Konkretisierung der Entschlussfassung angesprochen, und zwar: 93 auf der Seite des Praxisinhabers entweder die konkrete Aufnahme eines Sozius bzw. die Abgabe einer Beteiligung, der Teilverkauf oder der vollständige Verkauf der Praxis12; auf der Erwerberseite die Entscheidung über die oben geschilderten Modalitäten und beruflichen Möglichkeiten, Stufen und Varianten. 94 Die rechtliche Ebene umfasst Möglichkeiten und Erfordernisse zur vertraglichen Gestaltung, sei es im Kaufvertrag, im Gesellschaftsvertrag oder im Kooperationsvertrag. Auf der steuerlichen Ebene werden Fragen nach der optimalen steuerrechtlichen Gestaltung und zur Versteuerung des Kapitalflusses bei Verkauf und Beteiligungen gestellt. Die strategische Ebene soll und muss Klarheit über die definitive Zielsetzung und Ausgestaltung bringen. 95 Auf der operativen Ebene spielt sich die endgültige Ausführung und Abwicklung ab, und zwar in Bearbeitungs- und Ablaufphasen wie folgt eingeteilt: Q Analyse – due diligence Q Kontakt Q Verhandlung Q Gestaltung Q Realisierung
III.
Altersstufen
96 Erfahrungsgemäß werden Überlegungen zur Praxisabgabe in zwei wesentlichen Lebensaltersstufen angestellt, nämlich Q zwischen 40 und 50 Jahren und Q ab 55 Jahren und älter
12 Einzelheiten zu Abstufungen und Möglichkeiten für die Praxisübertragung, wesentliche Inhalte, Vorbereitung der Abläufe, Praxisbewertung und Kaufpreisfindung, Vertragsgestaltung zur Praxisübertragung vgl. Platz in Deutsches Steuerrecht, Heft Nr. 37/1997, Seiten 1465 f.
40
1
C. Verkauf einer Kanzlei
1.
Freiwillige Entscheidung
1
Im Bereich der freiwilligen Entscheidung gibt es für den Praxisinhaber zahlreiche Ansatzpunkte oder 97 Ziele: Q totaler Ausstieg Q Verwirklichung persönlicher Lebensqualität, Lifestyle Q Suche nach Arbeitserleichterung/Umorganisation Q anderweitige berufliche Orientierung neben oder anstelle der derzeitigen Beschäftigung, für die sich zahlreiche Variationsmöglichkeiten finden: ■ Übernahme einer Dozentur ■ literarische Beschäftigung in Artikeln und größeren Publikationen ■ Übernahme von Führungspositionen bei Mandanten oder in großen Unternehmen als Aufsichtsrat, Vorstand, Leiter des Finanz- und Rechnungswesens ■ nebenberufliche Beratertätigkeit in eigenen persönlichen Mandaten
2.
Äußere Einflüsse oder Zwänge
Zwischen Mitte 50 und Anfang 60 oder älter stellen sich in der beruflichen Laufbahn vieler Freibe- 98 rufler oft Situationen und Handlungsbedarf ein, bei denen nicht die freiwillige Entscheidung maßgeblich ist, sondern auf Grund äußerer Zwänge und Einflüsse gehandelt werden muss, wie: Q Unzufriedenheit mit Arbeit/Partner/Aufgaben Q unerträgliche gesellschaftsrechtliche Konstellationen Q Krankheit Q Arbeitseinschränkung in Folge des Alters Q finanzielle Verpflichtungen, insbesondere aufgrund Scheidungsfolgeregelungen Q Erreichung der Altersgrenze Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der Fall, dass der Praxisinhaber eine be- 99 stimmte Umsatzgröße erreicht hat, die ihn vor die Entscheidung stellt, einen Partner einzustellen und die gesamte Organisation der Praxis auf weiteren Zuwachs umzustellen, oder sich insgesamt von der Praxis zu trennen. Hier spielt auch die Überlegung eine Rolle, die Praxis insgesamt in einen größeren Verbund einzubringen, an dem der Praxisveräußerer dann entsprechend seinem Einbringungsanteil beteiligt wird. Eine solche Konstellation hat den Vorteil der Haftungsminderung, Spezialisierung und des umfas- 100 senden feed-back innerhalb einer Gruppe oder eines Verbundes.
IV.
Nachfolgeplanung mit „Soft-Lösung“
Ein wesentlicher Schwerpunkt der Zukunftsplanung ist die Einleitung der Nachfolgeregelung, wobei 101 eine zeitlich gestreckte und in allen Konsequenzen organisierte Regelung als „Soft-Lösung“ bevorzugt wird.
41
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Eine „Soft-Regelung“ in diesem Sinne bedeutet die schrittweise Aufgabe in geordneter RückzugsLinie; sie macht die Verabschiedung erträglich und gibt eine gewisse Garantie für die Erhaltung der Mandantschaft. Berücksichtigt werden können dabei die gewachsenen persönlichen Beziehungen zu den Mandanten, die über einen längeren Zeitraum hinweg auf den Inhaberwechsel vorbereitet werden. 102 Nachstehende Gründe sprechen für eine früh- und rechtzeitige Kanzleinachfolgeplanung: Q Auswirkungen beim Bankenrating, d. h. eine frühzeitige geplante Nachfolgeregelung wird positiv registriert gegenüber dem Zustand der Nichtplanung, der möglicherweise im Notfall eine ungeordnete, chaotische oder nichtorganisierte Praxisübertragung zur Folge hat. Q Strukturdatenerhebung (Nebeneffekt: Straffung der Organisation) Q Stärken-/Schwächenanalyse (Nebeneffekt: Vorbereitung der Kanzleibroschüre) Q Überblick über aktuelle Marktsituation Q Nachfolger kann gegebenenfalls eingearbeitet werden Q Planung der Altersabsicherung Q Vorsorge für den Unglücksfall Q Schutz vor sinkendem Praxiswert 103 Ein Wort zu Nachfolgeregelungen im Familienbereich: Hierbei stehen zur Entscheidung: Q langfristiges Freihalten von Positionen/Beteiligungen/Übernahmen für Sohn/Tochter vor dem Abitur oder Studium – funktioniert nur selten Q mittelfristiges Reservieren – nur angebracht, wenn absolute Neigung/Wunsch/Familientradition erkennbar ist Q kurzfristiges Freihalten nach Studium/Prüfung/Auslandsaufenthalt – Neigung und Kompetenz – ist sinnvoll und durchführbar
V.
Typologie und Arbeitsstile der Praxisinhaber
104 Hilfreich für die Entscheidungsfindung bei der Nachfolgersuche mag die eigene Zuordnung zu einem bestimmten Charakter-Typ sein – nicht wegen psychologischer oder soziologischer Studien – sondern als Grundlage und Hilfsinstrument für die Käuferselektion oder Partnersuche. Wie beurteilen Sie sich selbst? Sind Sie ein a) Unternehmertyp mit kaufmännischem Denken, ausgeprägten akquisitorischen und planerischen Fähigkeiten b) Buchhalterischer Typ mit exakten bis pedantischen Wesensmerkmalen/Ansichten/Arbeitsstil – eher introvertiert c) Pragmatischer, realistischer Typ, der für jedes Problem eine Lösung findet und anbietet 105 Mit dieser Zuordnung ist der äußerst sensible Bereich angesprochen, den richtigen Partner/Käufer/ Nachfolger zu finden, der immerhin oft das Lebenswerk und die zahlreichen Vertrauensverhältnisse zu den Mandanten erfolgreich übernehmen soll. Es gilt, den richtigen Erwerbertyp zu finden, mit der fachlich passenden Qualifikation und menschlichen Ausstrahlung als künftige Vertrauensperson für die Mandanten. Angesichts der komplexen und risikoreichen Übergangssituation bei der Praxisübertragung sind auf obige Anforderungen größte Aufmerksamkeit zu richten, Fingerspitzengefühl und Fachkompetenz zu verwenden. 42
1
C. Verkauf einer Kanzlei Abläufe: Der erste Schritt ist stets das persönliche Kennenlernen und der Aufbau eines Vertrauensverhältnis- 106 ses; Sympathie und Chemie müssen stimmig sein. Hier ist die Beratung durch einen neutralen Außenstehenden, einen versierten Unternehmensberater oder eine kompetente Fachvermittlung dringend anzuraten, denn bei der Suche nach dem richtigen Partner oder Nachfolger geht es um mehr als nur die Kontaktfindung. Da jede Kanzlei ein einzigartiges Profil hat – so wie auch jeder Mensch einzigartig ist – sollte nichts 107 dem Zufall überlassen werden. Die individuelle persönliche Beratung und Betreuung auf absoluter Vertrauensbasis ist erforderlich. Ein engagierter Berater erstreckt seine Tätigkeit auf alle Ebenen: von fachlich-inhaltlich über strategisch-operativ bis hin zur Gestaltung der gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen und zu steuerlichen Spezialfragen (z. B. Erhaltung des günstigsten Steuersatzes, Verfahren bei der Übertragung von GmbH-Anteilen).
VI.
Die Kunst des Loslassens
Wer seine eigene Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- oder Rechtsanwaltskanzlei aufgeben möchte, tut dies in der Regel aus folgenden Gründen: Q Erreichen einer bestimmten Altersgrenze, Wunsch oder Notwendigkeit zur Realisierung des Praxiswertes (als Teil der Altersversorgung) Q Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte, gesundheitliche Probleme Q Arbeits- oder Berufsverdrossenheit, familiäre Wünsche und Rücksichten, Streben nach beruflicher Veränderung, Hobbys, anderweitigen Lebenswegen Kann man sich verstandesmäßig diesen Gründen auch nicht verschließen, so ist der Entschluss erfahrungsgemäß aus subjektiver Sicht jedoch nicht leicht umzusetzen. Der Praxisinhaber hat oft eine zu große emotionale Beziehung/Bindung zu seiner Praxis, die er als sein Lebenswerk „mit Herzblut“ aufgebaut hat, um sich zügig und zeitnah davon zu trennen. Oft bedrängt das Gefühl, sich mit der Trennung auf ein Abstellgleis, zum alten Eisen oder in die Vereinsamung begeben zu müssen. Diese Gedanken und Emotionen sind einem erfahrenen Kanzleivermittler, Unternehmensberater und sachverständigen Wertgutachter hinreichend bekannt; er hat das Wissen und beherrscht Methoden zum Thema Kunst des Loslassens. Entscheidend ist, ob die Gründe für die zukünftige Lebensplanung hinreichend konkretisiert und realistisch umsetzbar sind. Als Pendant für die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit (+Einnahmequellen) und persönlichen Gewohnheiten lockt ein immaterieller Gewinn. Dieser besteht in der Entlastung vom Zugzwang und Aufwand, sich beruflich ständig auf dem Laufenden halten zu müssen, und zwar durch Studium der wechselnden Rechtsprechung, neuen Gesetzgebung, ministeriellen Rundschreiben und durch Fortbildungsseminare. Ein solcher Druck wird durch die Praxisaufgabe genommen bzw. auf den Nachfolger oder verbleibenden Sozius abgeleitet.
43
108
109
110
111
1
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Wichtig und Voraussetzung ist es also, für den ausscheidenden Praxisinhaber attraktive Zukunftsperspektiven zu finden und aufzuzeigen. Den o. g. negativen Befürchtungen ist durch Kennzeichnung der positiven, neu gewonnenen Lebensziele gegenzusteuern. Kann sich der Praxisinhaber hierfür begeistern und hat er neue Lebenspläne gefunden, fällt das Loslassen von der bisherigen Tätigkeit und Praxis leichter. 112 Rationale und emotionale Argumente der vorgenannten Art, schlüssig begründet und engagiert vertreten, bewirken und erleichtern zumeist das vermisste – notwendige – Loslassen.
Hüte dich vor dem Mann, dessen Bauch sich beim Lachen nicht bewegt. [Chinesisches Sprichwort]
VII.
Partnersuche
1.
Wer ist der richtige Partner?
113 Für die Frage nach dem richtigen Partner empfiehlt ein spezieller Unternehmensberater Jörg Petermann13 das so genannte HDI = „Hirn-Dominanz-Instrument“-Modell, nach dem das Profil eines Praxisinhabers bzw. einer Kanzlei und das Profil des vorgesehenen Partners anhand der Kriterien für die Zusammenführung und Eignung von Partnern eingehend geprüft und auf Übereinstimmung abgeglichen werden. 114 Das HDI-Modell wurde aus der neuro-physiologischen Gehirnforschung entwickelt und soll Denkund Verhaltensstrukturen von Menschen erfassen. Es teilt die Denk- und Verhaltensweisen in vier Kategorien ein, so dass sich vier Quadranten A, B, C und D ergeben – vgl. Anhang 17. 115 Verwendet wird dabei die Erkenntnis medizinischer Untersuchungen, dass die beiden Hemisphären des Großhirns weitgehend unterschiedliche Funktionen ausüben: Die linke Hemisphäre arbeitet sequentiell, ist also eher für logisch-analytisches Denken geeignet = Verstand, Logik, Kalkül. 116 Die rechte Hemisphäre arbeitet mit Bildern, Mustern und nonverbalen Ideen; sie ist der visionäre und intuitive Teil des Gehirns = Kreativität, Spontanität (Anhang 18). Die Handhabung ist relativ einfach: 117 Es ist kein Test, sondern eine Selbsteinschätzung mittels eines Fragebogens, wobei die bevorzugten Denk- und Verhaltensstile des Probanden geprüft und zugeordnet werden können.
13 www.strategie-B.de
44
1
C. Verkauf einer Kanzlei 118 Das HDI-Modell birgt eine Vielzahl von Möglichkeiten in sich: Man findet Klarheit Q bezüglich der eigenen Stärken und Schwächen Q im Umgang mit anderen: Q in der Familie Q mit Führungspersonen Q Kollegen, Mitarbeitern und Mandanten Die Ergebnisse sind wesentliche Voraussetzung für die Suche eines Partners, Sozius oder Mitarbei- 119 ters. Mit anderen Worten: Wer selbst seine Persönlichkeitsstruktur erforscht und kennt, ist besser in der Lage, sich mit anderen Menschen zu vergleichen und hieraus die Konsequenzen sowie den Nutzen für ein gesellschaftliches Miteinander zu ziehen.
2.
Neuromarketing
Im Zusammenhang mit Ergebnissen aus der Gehirnforschung ist auch der Begriff NEURO-MARKE- 120 TING zu erwähnen14. Dabei werden die physikalischen Eigenschaften des neuronalen Gewebes von so genannten Hirnscannern beobachtet und die ablaufenden Prozesse bildlich wiedergegeben. Diese sollen psychobiologisch die Kaufentscheidungen der Verbraucher transparent machen. Diese Vorgänge und Abläufe machen sich zahlreiche Großunternehmen zu Nutze, indem sie ihre Kundenansprache und Werbekampagnen entsprechend anpassen. Wenn auch das Neuromarketing in der Praxis vorrangig für den Vertriebsbereich von Produkten 121 anwendbar sein wird, findet sich damit eine Möglichkeit des Zugangs nicht nur zu Kunden, sondern auch zu Geschäftspartnern wie Mandanten. Häusel (a.a.O.) stellt in diesem Zusammenhang auf vier verschiedene Limbic-Typen ab (das Limbic-Modell verknüpft neueste Erkenntnisse der Gehirnforschung mit der empirischen Konsumforschung), die, falls sie zutreffen, die oben dargestellte Typologie der Vertragspartner ergänzen: 122 Die vier Limbic-Typen stellt Häusel wie folgt dar: Q Die Innovativen suchen neue Technologien, aktuelle technische Möglichkeiten, wobei der Preis eine Nebenrolle spielt. Sie sind chaotisch, individualistisch, unruhig und ungeduldig. Q Die Performer Q sind erfolgshungrig, wirken arrogant Q alles muss effizient und messbar sein Q haben perfekte Ordnung am Arbeitsplatz Q lieben harte Verhandlungen Q brauchen unbedingt Erfolgserlebnisse
14 Ulrike Lüdke, Markt und Mittelstand, Heft 6/2010, S. 68 f., Häusel, Emotional Boosting Haufe 2010
45
1
1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Die Bequemen Q ihr Hauptziel ist harmonisches und sorgloses Berufsleben Q sie lieben „rundumsorglos“-Servicepakete Q ihr Arbeitsplatz vermittelt Wohnzimmeratmosphäre Q die Kleidung ist nicht modisch, aber bequem Q Die Bewahrer Q haben Angst vor jeder Veränderung Q sind misstrauisch und finanziell risikoscheu Q sie sind eher verschlossen und korrekt Q der Arbeitsplatz ist pedantisch geordnet Q auf Äußerlichkeiten wird wenig Wert gelegt Die Typisierung ist stark überzeichnet, die eigene Einordnung bleibt jedem selbst überlassen. Q
1
VIII. Inhalt der vertraglichen Regelung – in Stichworten 123 Hauptthema bei der Praxisübertragung ist die Einhaltung der Gebote der Verschwiegenheit und des Datenschutzes. Die Gespräche und Vertragsverhandlungen müssen daher zunächst ohne Aufdeckung der Namen und Mandantenunterlagen durchgeführt werden. Folgende Überlegungen sind aus der Sicht des Verkäufers erforderlich: Q Vertragsgegenstand: Hier ist zu klären, ob der gesamte Inhalt der Kanzlei oder nur ein Teil davon, mit oder ohne Inventar, veräußert werden soll. Q Übergabetag: Der Stichtag muss passend gewählt werden, um die Abwicklung des Kaufvertrages zu erleichtern; praxisnahe Stichtage sind der 1.1. oder 1.7. eines Jahres – schon wegen der materiellen Abgrenzungen (z. B. Zuordnung geleisteter/teilfertiger Arbeiten). Q Mandanteneinwilligung: Sie ist in jedem Falle schriftlich einzuholen und unabdingbar bei Übertragung einer Einzelpraxis sowie bei Aufnahme eines Sozius erforderlich. Q Abrechnung: Wesentlich ist die Abgrenzung teilfertiger Arbeiten und deren Aufnahme in das Vertragswerk. Hier stellt sich regelmäßig die Frage, ob eine Vergütung zu zahlen ist oder teilfertige Arbeiten zu Gunsten des Käufers kostenlos übergehen. Q Kaufpreis/Rückrechnungsklausel: Die Interessenlage bei der Kaufpreisgestaltung erfordert eine Regelung, wie Umsatzeinbußen infolge des Inhaberwechsels zu behandeln sind, und zwar, ob diese zu Lasten des Käufers gehen oder ob der Verkäufer rückwirkend einen entsprechenden Kaufpreisanteil zurück zu erstatten hat. Q Verpflichtung zur Übernahme des Personals: § 613a BGB formuliert Unterrichtungs- und Widerspruchsrechte des Personals beim Betriebsübergang. Q Übertragung des Praxisinventars: Wird es als Bestandteil des Kaufpreises behandelt oder soll es gesondert bewertet werden? Zu beachten ist auch das Schicksal höchstpersönlicher Einrichtungsgegenstände, wie z. B. der „alte Studienschreibtisch des Praxisinhabers“. Q Eintritt in sonstige laufende Verträge: Der Käufer muss über den gesamten Vertragsbestand der Kanzlei informiert werden, insbesondere über Dauerschuldverhältnisse wie Mietvertrag, Leasingverträge, Abonnements von Fachzeitschriften
46
1
C. Verkauf einer Kanzlei Haftungsfreistellung/Geschäftsschulden: Es ist es üblich, sich von allen Verbindlichkeiten aus der Zeit vor dem Praxisverkauf freistellen zu lassen. Q Wettbewerbsverbots- und Kundenschutzklauseln: Die Parteien des Kaufvertrages müssen die weitere berufliche Perspektive des Verkäufers erörtern, um das Problem einer möglichen Konkurrenztätigkeit zu lösen. Üblicherweise werden zeitliche und räumliche Wettbewerbsklauseln vereinbart. Detaillierte Ausführungen zu diesen Punkten sind im Abschnitt D. „Übertragung einer Kanzlei“ 124 zu finden. Q
Im Wein ist Wahrheit, und mit beiden pflegt man anzustoßen. [Peter Sirius]
IX.
Zeitliche Reihenfolge der Verkaufsschritte
125 Im Rahmen der zeitlichen Reihenfolge der Verkaufsschritte ist Folgendes zu bedenken: Q Vertragsabschluss: Es wäre falsch, primär die Mandanteneinwilligungen einzuholen und erst danach den Vertragsabschluss zu tätigen. Falls der Praxisverkauf daraufhin nicht realisiert wird, wären die Mandanten ebenso wie das Personal unnötigerweise irritiert beziehungsweise verärgert. Q Mandanteneinwilligung: Anhand der anonymisierten Mandantenliste wird festgestellt, welche Mandanten ihre Zustimmung gegeben haben; hieraus resultiert das auf den Käufer übertragene Honorarvolumen. Q Endgültige Abrechnung: Nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Frist (üblich sind 6 bis 12 Monate) wird der übergegangene Mandanten- und Honorarbestand endgültig abgerechnet. Falls der Kaufvertrag eine entsprechende Vereinbarung enthält (Rückrechnungsklausel), wird der Kaufpreis mit Blick auf die nach dem Inhaberwechsel ausgeschiedenen Mandanten neu festgelegt
X.
Verhandlungsagenda
Vor einer schriftlichen Vertragsregelung sind die wichtigsten Umstände der vorgesehenen Transak- 126 tion zu klären, vgl. auch Anhang 15: Q Interessenlage: Die Motivation und die Absichten der Vertragsparteien sind genauestens festzustellen, um die Interessenlage der Vertragsparteien einzuschätzen und hierauf das Übertragungskonzept sowie die operativen Schritte aufzubauen. Q due diligence: Größte Sorgfalt ist insbesondere im Interesse des Käufers geboten, um spätere unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Q Mandantenabgänge: Wichtigste Frage ist hierbei, ob der Käufer oder Verkäufer das Risiko von Umsatzeinbußen durch wechselwillige Mandanten trägt. Q Gewinnermittlung: Sie ist von bedeutender Aussagekraft sowohl für die Kaufpreisgestaltung, da z. B. überdurchschnittliche Erträge werterhöhend wirken, als auch für das Bankenrating bei Kreditanträgen.
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§1 Q
1
Q
Q
Q Q Q Q Q
Q Q Q
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Die Mandantenstruktur vermittelt einen Eindruck über die Zusammensetzung der Mandate (z. B. Branchenmix oder Abhängigkeit von wenigen Großmandaten)15. Mandanteneinwilligung Die Mandanteneinwilligung ist nicht nur aus Gründen des Berufs-, Straf- und Datenschutzrechtes erforderlich, sondern auch mit Blick auf die bestehenden Mandatsverträge. Ohne Zustimmung der Mandanten entsteht kein Mandatsverhältnis mit dem Praxiskäufer, demzufolge auch kein vertraglicher Honoraranspruch des Praxiskäufers gegenüber den übernommenen Mandanten. Ein Kaufvertrag über eine Steuerberaterpraxis, der ohne die Einholung der erforderlichen Einwilligung der Mandanten eine uneingeschränkte Aktenübergabe vorsieht, ist unter Umständen insgesamt nichtig. Inhalt der Mandantenliste Die anonyme Auflistung der Mandanten erfolgt optimalerweise gegliedert nach Branchen, Rechtsform, Dauer der Mandatszugehörigkeit, Unterteilung in einzelne Honorarklassen und Gesamthonorar. Die Mandantenlisten dürfen keine Rückschlüsse auf die Auftraggeber zulassen, deren Akten und Unterlagen nur nach ihrer Einwilligung übergeben werden. Die Angabe weiterer Details ist für die Abwicklung des Kaufvertrages hilfreich. Dazu gehören die folgenden Punkte: Lebensalter und Dauer der geschäftlichen Tätigkeit des Mandanten, Angaben über den schriftlichen Steuerberatungsvertrag, Lastschriftermächtigungen, Zahlungsmoral und persönliche Klassifikationen der Mandanten. Mitarbeiter: Aussagekräftig und wertbildend sind Beschäftigungsdauer und Ausbildungssituation der Mitarbeiter. Kaufpreisermittlung: Der versierte Berater verweist für Wertermittlungen auf das Umsatzwertverfahren und parallel dazu auf das Ertragswertverfahren. Kostenminimierung: Die Auswirkung kostensenkender Maßnahmen auf die Ertragssituation ist nachdrücklich zu prüfen. Inventar: Die Darstellung sollte durch eine komplette Liste mit Anlagenspiegel sowie Zu- und Abgängen erfolgen. Teilfertige Arbeiten: Die Feststellungen über nicht vollendete Arbeiten sind Ausgangspunkt für eine Vereinbarung zur Frage, ob teilfertige Arbeiten in den Kaufpreis eingeschlossen sind oder aufgrund einer Einzelberechnung gesondert bewertet werden. Dauerschuldverhältnisse: Hierzu muss der Käufer wissen, welche Schuldverhältnisse er unter welchen Voraussetzungen kündigen kann. Weitere Mitarbeit: Soll der Verkäufer als ehemaliger Praxisinhaber weiter mitarbeiten, sind in diesem Fall der Arbeitsumfang und die Vergütung zu klären. Kaufpreisbeschaffung: Für die Gesprächseinleitung zur Kreditaufnahme empfiehlt es sich, die Hausbank des Veräußerers einzuschalten.
Wenn du dein Heute fest in die Hände nimmst, wirst du vom Morgen weniger abhängig sein. [Seneca]
15 zur Bewertung vgl. Platz. B.KM 2006, S. 62, 64
48
D.
D.
Übertragung einer Kanzlei
I.
Einleitung
1.
Kaufvertrag
1
Übertragung einer Kanzlei D.
Der Übertragungsvertrag für eine Kanzlei gehört mit zu den wichtigsten Verträgen, die Erwerber und 127 Verkäufer abschließen. Der Vertrag ist sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer nur etwas wert, wenn das Vertrauen der Mandanten in die Kanzlei nicht erschüttert ist. Eine fehlgeschlagene Kanzleiübertragung hinterlässt irreparable Schäden und damit nachhaltig negative wirtschaftliche Folgen auf beiden Seiten.
a)
Mustervertrag
Für die Kaufvereinbarung als beide Seiten verbindendes Element gibt es keinen allgemein verbindli- 128 chen Vertrag, der unbesehen übernommen werden könnte. Doch müssen in den meisten Fällen die gleichen Punkte geregelt werden, so dass auf ein Muster verwiesen werden kann (vgl. Anhang 14).
b)
Absichtserklärung – Letter of Intent
Als Vorstufe vor dem Vertragsabschluss wählen die Parteien oft eine Absichtserklärung (Letter of In- 129 tent), mit der sie eine gewisse vorvertragliche Bindung und Festlegung bestimmter Vertragskriterien zur beiderseitigen Absicherung erreichen, vgl. Muster Anhang 19.
c)
Gegenseitige Sympathie
Die gegenseitige Sympathie ist Voraussetzung für das beiderseitige Verstehen und die Vertrauensbasis, 130 ohne die Verträge sinnlos sind. Schließen Parteien eine Vereinbarung, ohne sich grundsätzlich gegenseitig zu verstehen, steuern sie auf Auseinandersetzungen zu und bewirken das Gegenteil von dem, was durch den Vertrag erreicht werden soll: Seinem Wesen nach muss ein Vertrag das gegenseitige Verhältnis so regeln, dass Streitfälle vermieden werden. Außerdem ist die Unterschrift nicht der Schlusspunkt einer Geschäftsbeziehung, vielmehr der Anfang oft längerer Zusammenarbeit: Die Vertragsparteien bleiben nicht selten auf Dauer miteinander verbunden, zumal dann, wenn die weitere Mitarbeit des übergebenden Partners in der Kanzlei geplant ist.
2.
Reihenfolge einhalten
n Oberstes Gebot: Solange über wesentlichen Punkte keine feste Vereinbarung getroffen worden ist, sollten weder Mitarbeiter noch Mandanten über die Verkaufsabsichten und die anstehende Übertragung informiert werden.
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1
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
131 Nicht selten werden in gewisser Euphorie schon Mitarbeiter und Mandanten eingeweiht, möglicherweise sogar die Zustimmung zur Mandatsübertragung eingeholt, ohne dass ein Kaufvertrag fertig ausgehandelt und unterzeichnet wurde. Kommt es dann doch nicht zum Abschluss, ist die Verwirrung bei Mitarbeitern und Mandanten vorprogrammiert. Die Erfahrung zeigt, dass Absprünge von Mandanten die Folge sind, insbesondere wenn es in der Vergangenheit mit ihnen bereits Konflikte gegeben hat. Deshalb gilt: Erst wenn der Vertrag fertig und von beiden Seiten unterschrieben ist, sind Mitarbeiter und Mandanten zu informieren.
3.
Was wird verkauft?
132 Sind Sympathie/Verständnis/Vertrauen zwischen Verkäufer und Käufer gegeben, ist als nächster Schritt zu klären, was genau übertragen werden soll. Die erforderliche Definition des Gegenstandes umfasst primär den Verkauf des Mandantenstamms, der durch eine anonymisierte, nachprüfbare Mandantenliste, die der Verkäufer differenziert und sachgetreu zu erstellen hat, festgelegt wird. 133 Auch das Sachvermögen muss in einer Liste detailliert erfasst werden. Wer dabei die persönlichen Gegenstände von der Übertragung nicht ausdrücklich ausnimmt, kann leicht eine unangenehme Überraschung erleben.
4.
Zu welchen Konditionen?
134 Die Frage nach den Konditionen betrifft zunächst sowohl die Berechnungsmethode als auch die Höhe des Kaufpreises, anschließend die Regelung der Fälligkeit. Zwar ist der Kaufpreis überwiegend sofort in einer Summe fällig, aber Vereinbarungen über Kaufpreisraten oder eine lebenslange Rente ergänzen die Möglichkeiten. Da die Fälligkeit ggf. auch Einfluss auf die Höhe des Kaufpreises haben kann, sollte dieser Punkt speziell geklärt werden. Q Festpreis? Vielfach vereinbaren die Parteien den Kaufpreis als Fixpreis, d. h. spätere Mandantenausfälle oder -absprünge sollen ausdrücklich keine Rolle mehr spielen. Im Klartext: Der einmal vereinbarte Kaufpreis bleibt von Mandatsabgängen unberührt. Eine solche Vereinbarung hat den Vorteil, dass beide Seiten Sicherheit über die Kaufpreishöhe haben und ggf. später entstehende Streitigkeiten über Mandatsabgänge und Kaufpreisminderungen von vornherein vermieden werden. Nachteilig für den Käufer ist, dass er allein das Risiko von Mandatsrückgängen zu tragen hat. Einer solchen ungleichen Risikoverteilung wird in der Praxis durch Abschläge vom Kaufpreis Rechnung getragen. Dabei richtet sich die Höhe des Abschlages nach dem zu erwartenden Mandantenabgang. Q Rückrechnungsklausel? Verkäufer, denen ggfs. Abschläge zu hoch sind, bzw. Käufer, die sich trotz entsprechender Abschläge noch unsicher fühlen, sollten im Vertrag ausdrücklich so genannte Rückrechnungs- oder Abschmelzklauseln vereinbaren. In diesem Falle nehmen die Parteien die endgültige Abrechnung des Kaufpreises erst nach einem vertraglich bestimmten Zeitablauf (meist 6 bis 12 Monate) vor. Mandantenabgänge werden dann über die Kaufpreisreduzierung ausgeglichen.
50
D.
1
Übertragung einer Kanzlei
> Hierzu ein Beispiel: Verkaufspreis: Jahresnettoumsatz x Faktor: 500.000 x 1,2 = 600.000 Euro Anwendung der Rückrechnungsklauseln bei einem Honorarverlust von 50.000 Euro: 50.000 x 1,2 = 60.000 Euro Der Kaufpreis ist somit um 60.000 Euro zu mindern.
1
Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun. [Goethe]
II.
Vertragliche Gestaltung
1.
Gegenstand des Übertragungsvertrages sind grundsätzlich
a)
der immaterielle Praxiswert
135 der sich aus drei Komponenten zusammensetzt: Q Beziehungen zwischen dem Praxisinhaber und den Mandanten = Goodwill Q konkretisiert durch den periodisch wiederkehrenden Jahresnettoumsatz, ohne einmalige Aufträge wie Testamentsvollstreckung, Insolvenzverwaltung, Gutachten Q realisiert durch den jährlichen Nettoertrag = Gewinn. Dabei kommt es auf den bereinigten Gewinn an, d. h. Gewinn ohne Berücksichtigung von AfA und Zinsen.
b)
der Sachwert
Der Sachwert umfasst das gesamte Praxisinventar und die Sachanlagen gemäß entsprechenden In- 136 ventarlisten, wobei die Bewertung in der Praxis mit dem Zeitwert erfolgt; hierbei sei auf den rapiden Wertverlust von EDV-Anlagen und Software hingewiesen. Persönliche Einrichtungsgegenstände wie Bilder, antike Schreibtische, Teppiche oder sonstiges Dekor werden regelmäßig von der Übertragung ausgenommen16.
16 Hinweis: An dieser Stelle ist eine erschöpfende und vollständige Aufführung aller Vertragsgegenstände nicht möglich, vielmehr werden nur die tragenden Punkte der Vertragsgestaltung behandelt; diese bedürfen – wie der gesamte Vertrag – der individuellen Beratung und Formulierung, da/wenn es sich um das Lebenswerk des Inhabers handelt und dieser verständlicherweise den entsprechenden Besonderheiten und Eigenheiten seiner Praxis Rechnung getragen wissen will.
51
1 1
§1
2.
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Einwilligung der Mandanten
137 Aus der Verschwiegenheitsverpflichtung bestimmter freier Berufe – insbesondere Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, – wurde durch die Rechtsprechung und Fachliteratur das Erfordernis der Mandanteneinwilligung bei der Mandatsübertragung festgestellt und entwickelt. Während § 203 StGB die Weitergabe eines im Rahmen der beruflichen Tätigkeit als Steuerberater/ Wirtschaftsprüfer erlangten Geheimnisses strafrechtlich sanktioniert, wird in den §§ 4 und 28 Bundes-Datenschutzgesetz (BDSchG) die Weitergabe personenbezogener Daten für unzulässig erklärt. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, muss der Mandant zur Offenlegung der anvertrauten Geheimnisse bzw. Weitergabe von Mandantenunterlagen seine schriftliche Einwilligung erklären, und zwar vor der Offenlegung der personenbezogenen Daten. 138 Auch die Berufsordnungen der Steuerberater und Rechtsanwälte enthalten entsprechende Regelungen. Zum Beispiel ist nach § 59 Abs. 2 und Abs. 4 der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) die berufsrechtliche Pflicht des Steuerberaters aus § 9 BOStB zur Verschwiegenheit bei der Übertragung der Praxis sowie bei der Einbringung der Kanzlei in eine Sozietät oder in eine Steuerberatungsgesellschaft besonders zu beachten. Die Gespräche und Vertragsverhandlungen müssen daher zunächst ohne Aufdeckung der Namen und Mandantenunterlagen durchgeführt werden; dennoch ist, wie schon erwähnt, in der Mandantenliste die genaue Angabe bestimmter Daten, Fakten und Umstände des Mandats erforderlich. Mandantenlisten zur Praxisermittlung dürfen jedoch keine Rückschlüsse auf die Auftraggeber zulassen. 139 Der BGH (NJW 1995, 2026) hat für Rechtsanwaltskanzleien und Steuerberaterpraxen entschieden, dass sowohl das Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft einer Kanzleiübertragung unwirksam sind, wenn die Mandanten der Übergabe der sie betreffenden Mandatsakten nicht zugestimmt haben. Zwar erfüllt in diesen Fällen das Verpflichtungsgeschäft nicht den objektiven Tatbestand des § 203 StGB, weil im Kaufvertrag selbst kein Geheimnis offenbart wird, doch führt die Zielsetzung des Verbotsgesetzes beim Erfüllungsgeschäft dazu, dass grundsätzlich auch das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft gem. § 134 BGB nichtig ist. 140 Liegt Nichtigkeit vor und/oder wurde diese gerichtlich festgestellt, erfolgt bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des gegenseitig Erlangten; es schließen sich diffizile Fragen zur Unterlassung von Wettbewerb, Wertersatz bei der Unmöglichkeit der Herausgabe und Herausgabepflicht für erzielte Gewinne bis zum Eintritt der Unmöglichkeit an, vgl. BGH vom 05.07.2006 und OLG Frankfurt vom 29.06.200517. Die Mandanteneinwilligung ist nicht nur aus Gründen des Berufsrechtes, Strafrechtes und Datenschutzes erforderlich, sondern auch aufgrund des bestehenden Mandatsvertrages. Ohne Zustimmung zur Mandatsübertragung entsteht kein Mandatsverhältnis mit dem Praxiskäufer; demzufolge besteht auch kein vertraglicher Honoraranspruch, vielmehr ist der Verkäufer weiterhin in der Pflicht und muss insbesondere auf die offenen steuerlichen Pflichten seiner Noch-Mandanten achten. 141 Die Zustimmung der Mandanten zur Mandatsübertragung muss schriftlich erfolgen, insbesondere wenn elektronisch gespeicherte Daten übergeben werden sollen, § 4 Abs. 2 Satz 2 BDSG. Die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit – und gegebenenfalls der Nichtigkeit wegen Gesetzesverstoßes nach § 134 BGB – taucht bei einer Vielzahl von Fallkonstellationen auf. 17 Platz, Erfordernis der Einwilligung der Mandanten zur Mandatsübertragung, StB Heft 03/2003, S. 108 f. und StB-Magazin 07/2007
52
D.
1
Übertragung einer Kanzlei
Die Fallgestaltungen zur Frage des Einwilligungserfordernisses und die jeweiligen Antworten sind in 142 einem Tableau dargestellt worden, vgl. Anhang 20. Eine Sammlung von Urteilen und Veröffentlichungen ist im Anhang 21 enthalten.
3.
Fallgestaltung auf der Käuferseite
a)
Gründung einer Sozietät, d. h. Aufnahme eines Partners in die bisherige Einzelpraxis oder Einbringung einer Einzelpraxis in eine Sozietät
In beiden Fällen gibt es keine Vermutung, dass die Mandanten der Einzelpraxis mit einer Ausdeh- 143 nung des Mandats auf eine Sozietät einverstanden sind. Erst nach Einwilligung der Mandanten darf der neue Partner über die Mandate unterrichtet werden und in die Mandantenunterlagen einsehen. Es gelten die gleichen Regeln wie bei der Übertragung einer Einzelpraxis.
b)
Rechtslage bei Praxisübertragung auf einen Mitarbeiter oder Angestellten des Praxisverkäufers
Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 10.08.1995; NJW 1995, 2915; vom 11.11.2004 AZ IX 144 240/03 und vom 1.3.07, AZ IX ZR 189/05) ist die Abtretung von anwaltlichen Honorarforderungen – unter Übergabe der Handakten – ohne Zustimmung der Mandanten nicht nichtig, also wirksam, wenn der Praxisübernehmer zuvor als Mitarbeiter des Verkäufers die Angelegenheiten der Mandanten umfassend kennen gelernt hatte. Hieraus sei auch für Steuerberater abzuleiten, dass bei der Praxisübertragung auf einen neuen Sozius die Schutzgedanken des Strafrechts und des Datenschutzes nicht greifen, wenn der Nachfolger als früherer Angestellter oder Mitarbeiter berechtigt von den Mandantensachen Kenntnis nehmen konnte. Fraglich ist allerdings, ob im Sinne der BGH-Rechtsprechung eine nur kurzzeitige Tätigkeit ausreicht, um die Befugnis zur Übergabe sämtlicher Mandantenunterlagen annehmen zu können. Das Landgericht Darmstadt18 hält bei der Praxisübertragung auf den bisherigen freien Mitarbeiter 145 die Aktenübergabe ohne ausdrückliche Zustimmung der jeweiligen Mandanten für zulässig. Die Dauer der bisherigen Tätigkeit müsse mindestens 6 Monate betragen. Einige Steuerberaterkammern sind hinsichtlich der Zustimmungsfrage bei Praxisübernahme durch einen früheren Angestellten oder freien Mitarbeiter strenger als der BGH und das LG Darmstadt, indem sie in beiden Fällen die vorherige schriftliche Zustimmung der Mandanten verlangen, und zwar unter dem Schutzgedanken des informationellen Selbstbestimmungsrechts: Keinem Mandanten könne zugemutet werden, dass ein früherer Angestellter oder freier Mitarbeiter, mag er auch teilweise Kenntnis von den Mandantenunterlagen gehabt haben, in der Rolle eines Chefs andere Funktionen zusätzlicher Art ausübt, die er in seinem vorherigen Status nicht gehabt hat. Die geänderte Position des früheren Mitarbeiters bedinge die Zustimmung der Mandanten.
18 Urteil vom 9.6.1994, Az. 13 O. 475/93, NJW 1994 S. 2962 f.
53
1
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§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
146 Die Kammern haben also Bedenken, die freie Übertragbarkeit auf Angestellte oder freiberufliche Steuerberater ohne Zustimmung der Mandanten zu akzeptieren. Die Zustimmungseinholung habe im Übrigen auch den Effekt, dass man sich des Übergangs dieser Mandate sicher sein könne19. Den in § 203 Abs. I StGB genannten Geheimnisträgern stehen ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen und Personen gleich. Der sachgerechte Einsatz einer Hilfskraft wird trotz der damit verbundenen Weitergabe von Geheimnissen in der Regel durch stillschweigende oder mutmaßliche Einwilligung des Mandanten gedeckt, weil dieser weiß, dass ein Berufsträger üblicherweise sein Personal zur Erledigung des Auftrages einschaltet.
c)
Erweiterung durch Aufnahme eines neuen Partners
147 Im Falle der Erweiterung einer bestehenden Sozietät durch Aufnahme eines neuen Partners hält der BGH die Zustimmung der Mandanten nicht für erforderlich, weil der Auftraggeber bei einer Sozietät mit dem Wechsel oder der Erweiterung der Sozietätspartner rechnen kann bzw. muss. Das Gleiche dürfte folgerichtig auch für den Fall gelten, dass zwei Sozietätspartner als Inhaber ausscheiden und die Praxis auf einen außenstehenden Dritten (Steuerberater) übertragen. Bei der Übernahme von Anteilen und Eintritt in die Geschäftsführung einer GmbH ist gleichermaßen wie bei der Sozietätserweiterung davon auszugehen, dass der Mandant mit wechselnden Personen in der Geschäftsführung rechnet. Wechsel oder Neuaufnahme von Gesellschaftern ist daher nicht zustimmungsbedürftig.
d)
Umwandlung
148 Da bei der formwechselnden Umwandlung die Rechtsträgerschaft geändert wird, ist die Zustimmung der Mandanten unter zivil-, berufs- und strafrechtlichen Gesichtspunkten erforderlich.
e)
Erbfall
149 Beim Tod des Praxisinhabers ist die Zustimmung erforderlich, wenn der Erbe, der das Geheimnis gem. § 203 Abs. 3 Satz 3 StGB erlangt hat, die Praxis übertragen will, d. h. die Mandanten müssen in diesem Fall zustimmen.
f)
Einsicht Mitarbeiter
150 Abschließend und der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Einsichtnahme in Unterlagen der Mandanten durch Mitarbeiter des schweigepflichtigen Berufsträgers zulässig ist, selbst dann, wenn die Angestellten erst nach Erteilung des Mandats Mitarbeiter geworden sind. Die Rechtsprechung sieht hier keinen Parallelfall zur Unterlagenüberlassung an einen Nachfolger, da der Mitarbeiter den Weisungen und der Aufsicht des schweigeverpflichteten Berufsträgers unterliegt und von diesem zur Verschwiegenheit verpflichtet wird.
19 Es empfiehlt sich die jeweilige Anfrage bei der zuständigen Kammer
54
D.
g)
1
Übertragung einer Kanzlei
Zielerreichung
Die Mandanteninformationen, Einholung der Zustimmung, Auftrag und Vollmacht bedürfen der 151 sorgfältigen Abstimmung und des Fingerspitzengefühls, um das angestrebte Ziel, Mandanten zu übertragen und die Mandantenabsprünge zu minimieren, reibungslos zu erreichen. Der fachkompetente Vermittler bzw. Berater stellt hierzu seine Erfahrungen, Arbeitspapiere und Musterschreiben zur Verfügung. Selbstverständlich werden die vorgenannten Schritte nicht ohne vorherige vertragliche Absicherung zwischen Veräußerer und Erwerber einzuleiten sein, vgl. gesonderte Checkliste über Inhalte und Abläufe. Anhang 15 und 16.
4.
Mandantenliste mit wesentlichen Inhalten
Wesentlicher Inhalt ist die anonyme Auflistung der Mandanten, optimal ist sie nach Branchen, 152 Rechtsform, Dauer der Mandatszugehörigkeit, Unterteilung in einzelne Honorarklassen und Gesamthonorar gegliedert. Weitere Details mögen sein: Lebensalter und Dauer der geschäftlichen Tätigkeit des Mandanten, Angaben über schriftliche Beratungsverträge, Lastschriftermächtigungen, Zahlungsmoral und persönliche Klassifikationen, vgl. Muster Anhang 22.
5.
Kaufpreisgestaltung
Sofern der Kaufpreis nicht als Fixpreis angesetzt wird, berechnen die Parteien diesen üblicherwei- 153 se nach dem bereinigten Jahresnettoumsatz als Bemessungsgrundlage, multipliziert mit einem bestimmten Faktor oder Prozentsatz. Dieser nimmt Bezug auf den Jahresnettoerlös der Praxis aus der Mandantenliste mit den dort enthaltenen Honoraren. Je nach Eingang der Zustimmungen werden die ursprünglichen Zahlen der Bemessungsgrundlage verifiziert und mit dem Faktor multipliziert, wodurch sich im ersten Takt der Kaufpreis ergibt, vgl. Beispiel einer konkreten Wertberechnung nach dem Umsatzwertverfahren Anhang 23. In der Endphase der Kaufpreisverhandlung sind zur finanziellen Kompensation geeignet die Fragen der 154 Q entgeltlichen oder unentgeltlichen überleitenden Tätigkeit Q Weiterarbeit Q Inventarbewertung Q Abgrenzung und Vergütung für teilfertige Arbeiten Q einseitigen Übernahme des gesamten Maklerhonorars je nach Verwertbarkeit als Betriebsausgabe
6.
Gewährleistung, Rückrechnungsklausel, Abschlagsklausel
a)
Gewährleistung
Zu beachten ist, dass mit dem Übertragungsvertrag verbundene Fehleinschätzungen (Ausbleiben 155 von Aufträgen der Mandanten des früheren Praxisinhabers bzw. der Nichteintritt bestimmter finanzieller Erwartungen des Erwerbers) im Risikobereich des grundsätzlich als geschäftsgewandt angesehenen Erwerbers liegen, unabhängig davon, welche Ursachen für die Fehleinschätzung entscheidend waren (BGH, NJW 1991, 1223; 1983, 2483). Falsche Angaben über den (bilanzmäßigen) Gewinn, 55
1
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
die zum Abschluss des Übernahmevertrags führen, können dem Erwerber aber ggf. einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens gem. § 311 Abs. 2 BGB verschaffen. Der Erwerber ist jedoch stets gehalten, sich weitere Aufschlüsse hinsichtlich der „Werthaltigkeit“ der Praxis zu verschaffen, da im Einzelfall auch bei Vorliegen eines fehlerhaften – u. U. sogar nichtigen – Jahresabschlusses eine Veräußererhaftung ausscheiden kann (OLG Hamburg, DStR 1994, 1019). Werden Mandantenlisten übergeben, handelt es sich insoweit regelmäßig um ein wichtiges Kontrollinstrument des Erwerbers zur Überprüfung der Verkäuferangaben. Dazu hat der BGH entschieden, dass eine wirksame Anfechtung wegen unzutreffender Angaben in den Mandantenlisten ausscheidet, wenn sie nicht bei Abschluss der Vereinbarung vorlagen (NJW-RR 1989, 800). Der potenzielle Praxiserwerber muss deshalb bei den Verkaufsverhandlungen beachten, dass unrichtige Angaben über Umsätze und Erträge regelmäßig keinen Sachmangel darstellen und deshalb keine zusicherungsfähigen Eigenschaften sind (ständige BGH-Rechtsprechung, vgl. NJW-RR 1989, 306; NJW 1987, 909; 1983, 2483). 156 Dies gilt allerdings nur in Fällen, in denen die Bewertung nicht nach dem Ertragswert-, sondern nach dem Umsatzwertverfahren vorgenommen wurde. Dagegen wird die Ertragsfähigkeit eines Unternehmens bzw. einer Praxis i. S. der §§ 459, 463 BGB zugesichert, wenn der Veräußerer sich nicht darauf beschränkt, die bisher erzielten Umsätze und Erträge zusammenzustellen, sondern eine Ertragsvorschau vorlegt, aus der sich nach seiner Meinung künftig erzielbare Umsätze und Erträge ergeben. Eine derartige Vorschau ist ohne Einschränkung zusicherungsfähig und begründete früher Schadensersatzansprüche aus § 463 BGB (NJW 1995, 1547); nach der Schuldrechtsreform gibt § 443 BGB die Möglichkeit zur Abgabe einer Beschaffenheitsgarantie. Dieser sind sämtliche denkbaren Eigenschaften zugänglich. Ein möglicher Gewährleistungsausschluss ist jedoch unwirksam, wenn der Veräußerer im Sinne der §§ 444 f. BGB Mängel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hatte. 157 In seltenen Fällen kann im Zusammenhang mit Praxisveräußerungen auch der strafrechtlich relevante Bereich berührt werden. Zu denken ist hier an folgende Tatbestände: Q Betrug des Veräußerers zu Lasten des Erwerbers gem. § 263 StGB Q Verletzung der Verschwiegenheitspflicht des Veräußerers gem. § 203 I Nr. 3 StGB Q Parteiverrat des Erwerbers + Zusammenfassung zum Gewährleistungs- und Haftungsrecht Lt. BGH gelten grundsätzlich die Regeln über Sachmängelhaftung, allerdings mit restriktiver Auslegung über Mängel und Eigenschaften. Unrichtige Angaben über Jahresumsatz und Ertrag sind dabei keine Sachmängel, weil sie die Gebrauchstauglichkeit eines Unternehmens nicht beeinträchtigen. Einfache Umsatz- und Ertragsangaben sind grundsätzlich keine zusicherungsfähigen oder keine zugesicherten Eigenschaften, dazu bedarf es der ausdrücklichen Zusicherung oder besser einer klaren Garantievereinbarung (im Sinne einer Beschaffenheitsgarantie), allenfalls kommt ein Verschulden bei Vertragsabschluss in Betracht. Fehleinschätzungen – Ausbleiben von Aufträgen der Mandanten des früheren Praxisinhabers bzw. Nichteintritt bestimmter finanzieller Erwartungen des Erwerbers – liegen in dessen Risikobereich, unabhängig davon, welche Ursachen für die Fehleinschätzung entscheidend waren20. Falsche Angaben über den Gewinn, die zum Abschluss des Übernahmevertrages führen, können dem Erwerber ggfls. einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens geben (BGH, NJW 1977, 1536). Mandantenlisten sind ein wichtiges Kontrollinstrument des Erwerbers. Anfechtung ist möglich, wenn in den Mandantenlisten unzutreffende Angaben gemacht wurden. Der Praxiserwerber muss deshalb bei den Verhandlungen beachten, dass unrichtige Angaben über Umsätze und Erträge regelmäßig keinen Sachmangel darstellen und deshalb keine zusicherungsfähigen Eigenschaften sind (BGH, NJW RR 1989, 307; 1997, 909; 1983, 2483). 20 BGH, NJW 1991, 1223; 1983, 2483
56
D.
b)
1
Übertragung einer Kanzlei
Rückrechnungs- und Abschlagsklauseln für Umsatzrückgang nach der Übernahme
1
aa) Die Interessenlage der Vertragsparteien einer Kanzleiübertragung geht in der Praxis dahin, Klauseln über eine Kauf- 158 preisreduzierung für den Fall zu vereinbaren, dass nach der Übernahme der Kanzlei ein Umsatzrückgang zu verzeichnen ist bzw. der Übernehmer Mandatsverluste hinnehmen muss. Derartige Vertragsklauseln werden als Rückrechnungs-, Springer-, Abschmelzungs- oder Reduzierungs-Klauseln bezeichnet und berücksichtigen das Interesse des Verkäufers, seinen Mandantenstamm möglichst lückenlos und ohne Verluste zu übertragen; sie tragen dem berechtigten Wunsch des Erwerbers Rechnung, im Rahmen des Praxisübergabevertrags nur den Mandantenstamm zu honorieren, der ihm nach der Kanzleiübertragung auch tatsächlich verbleibt. Vorgenannte Klauseln sehen eine endgültige Abrechnung über den Kaufpreis nach einem zwischen 159 den Vertragsparteien festgelegten Zeitablauf vor. Etwaige Abgänge werden danach mit den zwischenzeitlich erfolgten Zugängen kompensiert bzw. saldiert und zwischen den Parteien kaufpreismäßig ausgeglichen. bb) Umsetzung Vorstehenden Gesichtspunkten wird durch so genannte Rückrechnungs-, Abschmelzungs- oder 160 Springerklauseln Rechnung getragen, die eine endgültige Abrechnung nach bestimmtem Zeitablauf vorsehen. Die Formulierung einer Rückrechnungsklausel finden Sie im Anhang 24. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Varianten, um verschiedenen Standpunkten Rechnung zu tragen, z. B. Excedentenklauseln, Teilungsvereinbarungen u. Ä. Sofern die Parteien eine Rückrechnungsklausel vereinbart haben, wird der Kaufpreis entsprechend 161 herabgesetzt, wenn sich die Bemessungsgrundlage definitiv verringert. Dafür multipliziert man den abgegangenen Mandantenbestand, d. h. dessen ausgefallene Honorare mit dem zu Grunde gelegten Faktor und gleicht den sich daraus ergebenden Minderungsbetrag aus. Eine absolute Garantie für den 100%-igen Bestandsübergang wäre nicht erfüllbar und nicht sachgerecht, da z. B. der Tod oder die Insolvenz des Mandanten eintreten kann; ebenso wenig wäre eine definitive Gewinngarantie durchsetzbar. cc) Abschlagsklauseln Will oder muss der Praxisinhaber schnellstens veräußern, ohne sich mit der späteren Rückrechnung 162 befassen zu wollen, findet die hiermit verbundene Risikoverlagerung auf den Käufer üblicherweise in einem Kaufpreisnachlass ihren Niederschlag, d. h. es wird regelmäßig eine sogenannte Abschlagsklausel im Anschluss an die Kaufpreisformulierung vereinbart, für die folgender Wortlaut vorgeschlagen wird: Bei der Ermittlung, Berechnung und Gestaltung des Kaufpreises wurde von vornherein das Risiko von Mandantenabgängen berücksichtigt und ein entsprechender Kaufpreisabschlag einkalkuliert. Gehen nach Abschluss des Praxisübertragungsvertrages Mandate – gleich aus welchem Grunde – verloren, ist wegen des Honorarverlustes eine Kaufpreisminderung ausgeschlossen. > Beispiel: Die angenommene Quote der Mandantenabgänge beträgt 6 %, daher erfolgt die Reduzierung des vereinbarten Kaufpreises von 500.000 € um 6 % auf 470.000 €.
57
1 1
§1
7.
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
Leistungsabgrenzungen
163 Zum Übergabezeitpunkt wird eine Regelung über die teilfertigen Arbeiten erforderlich. Nach Erfahrung des Verfassers vermeiden die Vertragsparteien eine detaillierte Erfassung und Auflistung derjenigen Arbeiten, die bis zum Stichtag zwar angefangen, jedoch noch nicht abrechnungsfähig sind; sie vereinbaren vielmehr, dass dieser Leistungsbestand ohne Vergütung (gegebenenfalls gegen eine Pauschalvergütung) dem Käufer zufällt. Dabei hat es der Verkäufer in der Hand, seine bisherigen Leistungen bis zum Übergabezeitpunkt zur Abrechnungsreife so zu komplettieren, dass er sie abrechnen kann. Die gegensätzliche Vereinbarung geht dahin, das bereits erbrachte Leistungsvolumen des Verkäufers abzugrenzen und ihm die bereits erbrachten Leistungsanteile auf Stundenbasis zu vergüten. 164 Gestaltungs- und Formulierungsbeispiele vgl. Anhang 25. Einer besonderen Regelung bedarf es in jedem Falle hinsichtlich etwaiger Vorschusszahlungen der Mandanten.
8.
Wettbewerbsverbots- und Kundenschutzklauseln
165 Die Parteien klären im Vorfeld vielfach den weiteren Verbleib des Veräußerers, um schon auf diese Weise eventuelle Konkurrenztätigkeit zu vermeiden. Im Übrigen werden üblicherweise Wettbewerbsklauseln vereinbart; sie stellen das Abwerben bzw. Annehmen der übertragenen Mandanten und auch die Tätigkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums und Umkreises bei Vermeidung einer Vertragsstrafe unter ein Wettbewerbsverbot. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind nur dann wirksam, d. h. nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB, wenn sie sich nach ihrem örtlichen, zeitlichen und gegenständlichen Umfang im Rahmen des Angemessenen halten21. 166 Ist die Angemessenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Gegenstand überschritten, wird die Wettbewerbsbeschränkung als sittenwidrig angesehen. Allerdings kann sie im Wege der geltungserhaltenden Reduktion auf das noch rund zu billigende zeitliche Maß zurückgeführt werden. Zulässig sind Klauseln mit einer Laufzeit von zwei Jahren nach Vertragsende. Für die örtliche Einschränkung sieht die Rechtsprechung eine Grenze für einen Umkreis von 50 km Luftlinie vom Geschäftssitz des Klauselverwenders vor (BGH v. 29.9.2003 NJW 2004, 66). 167 Sachlich muss sich eine Wettbewerbsklausel auf den vorhandenen Kundenstamm beziehen, wobei dieser auch bundesweit verstreut liegen kann. Die Wirksamkeit einer Kundenschutzklausel setzt voraus, dass sie interessengerecht ist. Es muss daher im Einzelfall geprüft werden, ob in der konkreten Situation die betreffende Klausel Wirksamkeit entfaltet. Es wird zwischen Wettbewerbsverbotsklauseln und Kundenschutzklauseln unterschieden. Erstere dienen dazu, dem freien Mitarbeiter bzw. Kooperationspartner jeglichen Wettbewerb gegenüber dem Vertragspartner zu untersagen. Bei den Kundenschutzklauseln, auch Mandantenschutzklauseln genannt, wird einschränkend dahingehend formuliert, dass nur zukünftige Geschäftsbeziehungen mit dem jeweiligen Kunden bzw. Mandanten des Klauselverwenders untersagt werden sollen.
21 BGH, NJW 1986, 2944; BGH v. 29.10.1990, DStR 1991, 159
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D.
9.
1
Übertragung einer Kanzlei
Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang
1
Unterrichtungs- und Widerspruchsrecht Im Zuge der Umsetzung der „Betriebsübergangsrichtlinie“ (RL 2001/23/EG) hat der Gesetzgeber 168 § 613 a BGB um die Absätze 5 und 6 ergänzt. Sie sollen die Rechte der Arbeitnehmer im Falle des Betriebsüberganges gegenüber dem neuen Inhaber wahren. Diese Vorschriften schreiben mit Wirkung seit dem 01.04.2002 vor, Q die Einzelheiten einer schriftlichen Unterrichtungspflicht des bisherigen Arbeitgebers oder des Erwerbers hinsichtlich des Betriebsübergangs festzulegen und Q das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers bezüglich seines Arbeitsverhältnisses innerhalb einer Monatsfrist, das bisher vom BAG ohne Gesetzesanspruch anerkannt worden war, anzuerkennen und bekannt zu machen. Die Übernahme der Informationspflichten zwischen Veräußerer und Erwerber ist in der Checkliste 169 Anhang 26 mit entsprechenden Formulierungen erfasst.
Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was sagst. [Matthias Claudius]
III.
Vorbereitung der Abläufe
1.
Erfassung der Praxisdaten
Die wesentliche Zielsetzung einer umfassenden und reibungslosen Praxisübertragung muss in der 170 intensiven Erfassung der Praxisdaten liegen. Sie führt den Inhaber bzw. die Geschäftsleitung einerseits zur erschöpfenden, umfassenden Feststellung und Realisierung der geschaffenen Werte sowie potenziellen Kräfte der Praxis und bildet andererseits die effektive Grundlage für die Verkaufsgespräche und -verhandlungen. Größtmögliche Sorgfalt und Genauigkeit sind bei der Aufbereitung der Praxisstrukturdaten geboten, denn nur diese gewährleistet die erforderliche Transparenz für die Verhandlungspartner und erfasst die wertbildenden Faktoren. Dabei ist mancher Praxisinhaber überrascht, welche sachlichen Feststellungen herauskommen und welche potenziellen Kräfte realisiert werden könnten. Der versierte Fachvermittler/Unternehmensberater hält für die Praxisaufbereitung entsprechende 171 Arbeitspapiere, Checklisten sowie Formulare für Rentabilitäts- und Cash-Flow-Berechnungen und ferner ABC-Analysen bereit, vgl. Anhang 27.
2.
Nutzanwendung
Je ausführlicher und transparenter die Kanzleidaten erfasst werden, umso stärker werden die Argu- 172 mente für die Kaufpreisverhandlungen und die Verwendbarkeit bei der Finanzierung.
59
1 1
§1
Kanzlei – Gründung, Erwerb, Verkauf
173 Zur Aufbereitung der Praxisstrukturdaten ist die Vorlage folgender Unterlagen erforderlich: Q Mandantenstrukturliste mit Anzahl der Mandanten und jährlichen Honorarerlöse Q BWA’ s, insbesondere letzte aktuelle BWA, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen Q Zusammenstellung der Ausgangsrechnungen der letzten 3 Jahre Q Debitorenaufstellung Q ABC-Analyse Q Rentabilitätsberechnung mit Übersicht über die Kosten, den bereinigten Nettoumsatz und den Gewinn Q Personalliste, Mitarbeiterstatus Q Inventarverzeichnis Q Cash-Flow-Berechnung Q Übersicht über vertragliche Verpflichtungen der Kanzlei, insbesondere bestehende langfristige Verträge Q schriftliche Steuerberatungsverträge 174 Die Analyse und Darstellung der Rentabilität sowie des Cash-Flows setzt eindeutige Kenntnis bzw. EDV-mäßige Erfassung der eigenen Zahlen aus der persönlichen Buchführung voraus. Dem Praxiserwerber ist anzuraten, die anzufordernden Unterlagen sorgfältig aufzuarbeiten und zum Gegenstand der Ertragsvorausschau bei den Finanzierungsgesprächen zu machen. Auch hierfür stellt der fachlich versierte Berater Arbeitsunterlagen und Checklisten in differenzierter Form zur Verfügung und begleitet die Fachgespräche mit den Finanzierungsinstituten. Erfahrungsgemäß fehlt jüngeren Suchinteressenten die Verbindung bzw. Erfahrung mit Kreditinstituten und insbesondere Bürgschaftsbanken, die bei geringem Eigenkapital unentbehrlich sind.
IV.
Fortführung der Kanzleibezeichnung nach Ausscheiden des namensgebenden Partners
175 Grundsätzlich verstößt die Gestattungsvereinbarung, den Namen des Ausscheidenden weiterzuführen, nicht gegen gesetzliche Verbote22. Wenn die Fortführungsbefugnis einer GbR erteilt war, erfasst sie grundsätzlich auch die Weiterverwendung des Sozietätsnamens als Namen, in welchen die Sozietät umgewandelt wird. Im Berufsrecht beispielsweise für Rechtsanwälte ist inzwischen die Möglichkeit geregelt, den Namen eines ausgeschiedenen Partners auf Dauer in der Kurzbezeichnung der Kanzlei fortzuführen (§§ 9 II, 10 I und IV BORA). Damit setzt das Berufsrecht der Rechtsanwälte eine vom ausgeschiedenen Partner erklärte Gestattung als wirksam voraus. 176 Allerdings können Vereinbarungen, durch die der Namensträger einem Dritten die Benutzung des fremden Namens gestattet, wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB i. V. m. § 3 UWG unwirksam sein, wenn sie zu einer Täuschung der Allgemeinheit und einer Verwirrung des Verkehrs führen, vgl. BGH a. a. O. mit weiteren Rechtsprechungshinweisen.
22 BGH vom 28.02.2002, NJW 2002, 2093
60
D.
1
Übertragung einer Kanzlei
> Formulierungsvorschlag: Der Veräußerer gestattet dem Erwerber zeitlich unbeschränkt im beruflichen Verkehr, insbesondere auf dem Praxisschild und auf den Drucksachen, den Namen des Veräußerers und seine Berufsbezeichnungen in der bisher geltenden Form weiter zu verwenden. Dabei ist das Ausscheiden des Veräußerers deutlich herauszustellen und der Eindruck einer Sozietät mit dem Ausgeschiedenen zu vermeiden.
V.
Fazit zum Thema Vertragsgestaltung
Wie oben dargestellt, befassen sich die vorgenannten Punkte mit dem wesentlichen Regelungsbe- 177 darf; erforderlich sind weitere Vereinbarungen und Klauseln über die Stichtagsregelung, Einzelheiten der Mandanteninformation und Aktenübergabe, Personalübernahme, Inventargegenstände und deren Kaufpreis, Eintritt in sonstige Verträge, Haftungsfreistellung von Geschäftsschulden, Schlussbestimmungen, Schiedsvereinbarungen, Maklerhonorar und Ähnliches.
Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht. [Albert Einstein]
VI.
Gefahren bei der Praxisübergabe
Aktuelle Probleme wie Umsatzrückgänge und Einwilligung in die Mandatsübergabe ergeben oft 178 Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Praxisübernahmevertrags und werden häufig vor Gericht ausgetragen. Dies ist im Grunde nicht verwunderlich, sind hier doch regelmäßig erhebliche Vermögensinteressen im Spiel, die einer gütlichen außergerichtlichen Einigung im Wege stehen. Auch ist für die Vertragsparteien im vorgerichtlichen Raum nicht immer klar zu erkennen, wie die Rechtsprechung wohl tendieren wird. In jedem Fall empfiehlt es sich, die aktuellen Entwicklungen in der Judikatur und Fachliteratur genau zu beobachten. Die jüngste Rechtsprechung zur Frage der Sittenwidrigkeit/Nichtigkeit von Vertragsklauseln bei 179 Praxisübertragungsverträgen gibt Anlass, auf rechtlich neuralgische Punkte hinzuweisen, die dem Verkäufer bzw. dem Käufer bei Kanzleiübertragungen regelmäßig ins Haus stehen23. In der Praxis sind es z. B. folgende Fragen, die immer wieder zu langwierigen, die Entwicklung der Kanzlei störenden Rechtsstreitigkeiten führen: Q Umsatzrückgang bzw. Mandantenverluste Q Einwilligung des Mandanten in die Übergabe des Mandats – ein echter „Dauerbrenner“, zu dem sich in der Rechtsprechung eine umfangreiche Kasuistik gebildet hat Q Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang
Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nutzen. [Seneca]
23 vgl. Platz. B.KM 2006 S. 230 f.; z. B.wertungsfragen BBKM 2006 S. 62 f.).
61
1
2
§ 2 Zukunftsplanung 2 A.
A.
Nachfolgeplanung und -regelungen
I.
Anleitung
1 Die nachstehenden Ausführungen sind nicht nur für die eigene Nachfolgeplanung einer Steuerberater- oder Rechtsanwaltskanzlei gedacht, sondern auch als Beratungsfeld im Mandantenkreis. Es geht also um eine generelle Anleitung und Vorbereitung auf das Thema Nachfolgeeinleitung und -gestaltung. Vor Beantwortung der Frage, wie der Steuerberater, Rechtsanwalt seine Mandanten motivieren kann, die Nachfolge rechtzeitig anzustreben und unabhängig vom Lebensalter eine Notfallplanung aufzustellen/festzulegen, sei auf eine kurze Statistik hingewiesen: 2 Laut Hochrechnung des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn benötigen jährlich circa 70.000 KMU Gestaltungsoptionen zur Nachfolgeregelung. Circa 5.900 Betriebe werden stillgelegt, da kein Nachfolger gefunden werden konnte, was einen Verlust von ca. 33.500 Arbeitsplätzen bedeutet. Das vorgenannte Institut prognostiziert die Unternehmensnachfolgen in Deutschland in den Jahren 2010 bis 2014 mit jährlich 22.000 Unternehmen (über 50 Beschäftigte). Als Übergabegründe werden 86 % mit Alter, 10 % mit Tod, 4 % mit Krankheit angeführt.
II.
Motive/Inhalte der Nachfolgeplanung?
3 Die Kenntnis der folgenden Umstände und Beweggründe ist für die professionelle Beratung nützlich: Q psychologische Aspekte; „Was will der Unternehmer mit seinem Vermögen für die ihm nahestehenden Personen bezwecken?“ Q wirtschaftliche Aspekte; „Welche Umsetzungsmöglichkeiten bietet die wirtschaftliche Situation des Unternehmens?“ Q steuerliche Aspekte; „Welche Gestaltung ist steuerlich optimal?“ Q rechtliche Aspekte; „Welche rechtlichen, insbesondere erbrechtlichen Anforderungen sind zu beachten?“
III.
Ausgangssituation
1.
Gezielte Vorbereitung
4 Inhaber von KMU sowie von Kanzleien stehen eines schlechten Tages naturgemäß vor der Frage der unternehmerischen Nachfolge. Daher ist es wichtig und richtig, sich darauf rechtzeitig und gezielt vorzubereiten, bevor sich die Frage wirklich aktuell und brennend stellt.
62
J. Platz, Die erfolgreiche Kanzlei, DOI 10.1007/978-3-8349-6471-7_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2
A. Nachfolgeplanung und -regelungen Im Alltag von Freiberuflern, wie Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten, Ärzten – 5 ebenso von Kleinunternehmern – gibt es einerseits gleichlautende Themen und Probleme: Q man steht ständig unter Zeitdruck Q das Tagesgeschäft füllt vollständig aus Q Mandanten, Patienten drängen mit ihren Problemen so dass Q kaum Zeit für gedankliche kreative gestaltende Tätigkeit besteht Q Fragen der Praxisabläufe, EDV-Organisation, räumlichen Strukturierung, Personalplanung und -entscheidungen gelöst sein wollen Q eigene Fortbildung und Seminararbeit Zeit in Anspruch nimmt Q der tägliche Arbeitseinsatz 10 – 12 Stunden, wöchentlich 60 – 70 Stunden beträgt Q nur an Wochenenden Zeit für Rechtsprechung u. Literatur ist Q die Familie, Freizeit, Hobby zurückstehen muss. Andererseits bestehen individuelle Wünsche und Absichten zur Verwirklichung persönlicher be- 6 ruflicher Orientierung, wofür zahlreiche Alternativen locken Q Übernahme einer Dozentur Q literarische Beschäftigung in Fachartikeln und größeren Publikationen Q Übernahme von Führungspositionen bei Mandanten oder in großen Unternehmen als Aufsichtsrat, Vorstand, Leiter des Finanz- und Rechnungswesens Q Tätigkeit nur noch nebenberuflich mit eigenen Mandanten
2.
Erfahrungsgrundsätze
Die betriebswirtschaftliche Erfahrung zeigt, dass die Unternehmensnachfolge in zwei Komplexe zu 7 unterteilen ist, einen rationalen und einen emotionalen:
a)
Rationale Aspekte
Hierbei sind zu ermitteln und festzulegen: a) richtiger Zeitpunkt (eher früher als später) b) konkrete Lebensplanung und Absichten c) Arbeitskonzept mit Planung in Abschnitten d) Wert der Kanzlei e) rechtliche Konstruktion: Verkauf, Einbringung, Fusion, Sozietätsgründung usw. f) steuerliche Gestaltung g) Nutzung des Veräußerungsgewinns als Altersvorsorge h) Auswahl der richtigen Berater
b)
8
Emotionale Aspekte
Hierzu sind folgende Fragen zu beantworten nach a) dem richtigen Zeitpunkt (am liebsten niemals)
9 63
2
2
2
§2
Zukunftsplanung
b) der emotionalen Bereitschaft des Praxisinhabers, das Lebenswerk in andere Hände zu übergeben, d. h. loszulassen c) dem geeigneten Nachfolger; kritisch: Ist die favorisierte Lösung, beispielsweise das eigene Kind zum Nachfolger zu machen, wirklich auch die beste Alternative ? 10 Die Nachfolgeeinleitung und der Verkauf sind also für viele Unternehmer häufig keine rationale Desinvestition, sondern eine eher emotionale Trennung von seinem Lebenswerk. In vielen Fällen kann der Unternehmer/Inhaber/Eigentümer im wahrsten Sinne des Wortes nicht loslassen, sondern bleibt dem Unternehmen weiterhin verbunden. Hier gilt es, den richtigen Weg zu finden. 11 Der Unternehmer tritt in eine andere Phase seiner Unternehmenskultur ein, d. h. er kann nach Abgabe des Tagesgeschäftes weiterhin akquisitorisch, leitend und beratend mit zur Verfügung stehen, er muss also noch lange nicht zum alten Eisen gehören.
Ideale sind wie Sterne: man kann sie nicht erreichen, man kann sich aber nach ihnen orientieren. [Carl Schurz]
IV.
Absichten und Vorteile
12 Ein erfahrener, gereifter Kanzleiinhaber/Unternehmer in den besten Jahren, ein sogenannter „best ager“ von 55 + Jahren, denkt vorausschauend für sich und seine Mandanten: Er möchte Q Entlastung finden Q das Tagesgeschäft den Mitarbeitern überlassen und Q sich seinen Lieblingsaufgaben widmen Q seine Nachfolge „soft“ einleiten 13 Vorteile der rechtzeitigen Suche eines Nachfolgers und Einleitung der Nachfolge – ohne Zwang und äußeren Druck im Vollbesitz der körperlichen und geistigen Kräfte – sind folgende erkennbare Effekte wie Q Strukturdatenerhebung als Grundlage für die Straffung der Organisation Q Analyse von Stärken/Schwächen der Kanzlei Q Vorbereitung einer Kanzleibroschüre Q Überblick über aktuelle Marktsituation und eigene Position der Kanzlei Q Nachfolger kann gegebenenfalls eingearbeitet werden Q Planung der Altersabsicherung Q Vorsorge für den Unglücksfall Q Schutz vor sinkendem Praxiswert Q Präsentation des Generationswechsels und der eigenen Kanzlei Entscheidende Voraussetzung ist der Wunsch und Wille zu einer Veränderung.
64
2
A. Nachfolgeplanung und -regelungen Auf dem Wege der rechtzeitigen Nachfolgeregelung bleibt kein Unternehmens- oder Praxisinhaber 14 auf der Strecke, wird nicht zum Alteisen, er kann vielmehr Q als Best-ager im Vollbesitz seiner Kräfte Q auf der Basis seiner bisherigen Erfahrungen den Rückzug einleiten Q seiner Praxis/Sozietät Vorteile verschaffen Q durch gehobene Beratungstätigkeit, Akquisition, Führung und Leitung von Mitarbeitern, eigene Fortbildung nützlich sein Q dabei zeitliche Freiräume für Lifestyle und Urlaub gewinnen
V.
Zwischenergebnis
Zahlreiche Gründe sprechen also für eine gezielte, planmäßige, geordnete Nachfolgeregelung – zu 15 empfehlen unter externer Beratung. Als Argumente gegen eine frühzeitige Nachfolgeeinleitung werden oft angeführt: Q drückende Schuldenlast, die nur mit größter Arbeitsintensität – und ohne Verkauf, Partner- oder Nachfolgeraufnahme – zu tilgen ist Q Versorgung und Ausbildung minderjähriger Kinder Q uneingeschränkter Aufbau der eigenen Altersversorgung 16 Weitere Gründe sind Q Altersstarrsinn Q fehlende Einsicht in die Tatsache, dass die eigenen Kräfte schwinden und die Mandanten wegen mangelnder fachlicher Beratung abwandern
VI.
Alternativen zur Veränderung
Als Alternativen zur Veränderung bieten sich an: Q Sozietätsgründung, Einbringung der Praxis in einen größeren Verbund Q Partnersuche Q Teilverkauf Q Gesamtverkauf der Kanzlei
VII.
Einzelheiten der Nachfolgeeinleitung
1.
Zukunftssicherung
17
Die frühzeitige Vorbereitung auf einen Führungswechsel in der Kanzlei ist unerlässlich, um das Un- 18 ternehmen am Markt zu halten. Zeitdruck besteht nicht zuletzt deswegen, weil für eine erfolgreiche Übertragung eine Reihe von Aufgaben bewältigt werden muss, die sowohl für den Inhaber als auch seinen zukünftigen Nachfolger eine große Herausforderung darstellt.
65
2
2
§2
Zukunftsplanung
Hinzu kommt, dass im Rahmen der Basel II-Vereinbarungen die unternehmerischen Entwicklungspotentiale eine immer größere Rolle bei der Kreditvergabe spielen. Umso wichtiger ist es, die Weichen im Unternehmen rechtzeitig in Richtung Zukunftssicherung zu stellen.
2
2.
Vermeidung von Fehlern
19 Die rechtzeitige Nachfolgeplanung für ein Unternehmen, möglichst schon ab dem 55. Lebensjahr, ist daher für alle beteiligten Kreise von großem Interesse. Hinzu kommt, dass es sich um einen überaus komplexen Themenkreis handelt, dessen Bewältigung nicht ohne gewissenhafte, gründliche Planung und Vorbereitung zu erreichen ist. Viele Aspekte einer Unternehmensnachfolge gelten gleichermaßen für den Fremdnachfolger wie für den Nachfolger aus der Familie. Im Vordergrund steht immer die Kompetenz des Nachfolgers und nicht dessen Familienzugehörigkeit. 20 Zu den häufigsten Übergabefehlern, die zum Scheitern eines Nachfolgeprojektes führen können, gehören Finanzierungsschwächen, steuerliche Fehleinschätzungen, falsche Beurteilung rechtlicher Fragen und die Unterschätzung psychologischer Momente.
VIII. Ansatz und Vorgehensweise 21 Primär geht es darum, die Stilllegung eines Unternehmens zu vermeiden. Falls der Inhaber durch Tod oder Krankheit ausscheidet, sind zahlreiche Überlegungen anzustellen und vorsorgliche Maßnahmen zu treffen: a) Zu planen sind eine geordnete Unternehmensnachfolge und eine Notfallakte; sie haben Auswirkungen auf das Banken-Rating; im negativen Fall werden im Rating-Verfahren weniger Punkte vergeben. b) Die konkrete Nachfolgeeinleitung spielt eine entscheidende Rolle für die Attraktivität und den Kaufpreis des Unternehmens. Sieht sich der Inhaber wegen hohen Alters kräftemäßig nicht mehr in der Lage, das Unternehmen zu führen, so wird sich dieser Umstand negativ auf die Attraktivität und den Kaufpreis auswirken. Wenn hingegen frühzeitig eine geplante Nachfolge angegangen wird, wird dies – sofern es sich um ein gesundes Unternehmen handelt – vom Markt honoriert werden. c) Es empfiehlt sich aufgrund der Komplexität und der Bedeutung der Thematik immer, eine außenstehende, neutrale Beratung in Anspruch zu nehmen, die umfassende Planung, Gestaltung und Umsetzung der Unternehmensnachfolge anbietet. d) Bei Nachfolgeplanungen sind stets alle Interessengruppen (z. B. Übergeber, Nachfolger, Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten sowie Kapitalgeber) zu berücksichtigen. e) Die Gestaltung einer geplanten Nachfolge sollte auf jeden Fall folgende Schritte beinhalten: 1. Analyse des Unternehmens als Ganzes, nicht nur des reinen Zahlenmaterials 2. Abstimmung mit der Lebensplanung des Übergebers 3. Konzeption einer Nachfolgestrategie 4. Bewertung der Kanzlei durch einen neutralen Gutachter 5. Suche eines geeigneten Nachfolgers 6. Rechtliche Gestaltung (z. B. Gesellschaftsvertrag und Testament aufeinander abstimmen, Rechtsform anpassen) 66
2
A. Nachfolgeplanung und -regelungen 7. Steuerliche Gestaltung 8. Finanzierungsplanung und -beschaffung 9. Zukunftsplanung des Unternehmens
2
IX.
Inhalte und Ziele einer Unternehmensnachfolgegestaltung
Die Zielsetzung einer Nachfolgeplanung umfasst typischerweiser folgende Fragestellungen und Re- 22 gelungspunkte: Q Abgrenzung und Balance zwischen unternehmerischem und privatem Vermögen Q Erhaltung und Fortführung des Unternehmens; eine „Zersplitterung“ des Unternehmens bzw. der Unternehmensbeteiligung ist zu vermeiden Q Partner und Kinder müssen angemessen versorgt werden Q Der Finanzbedarf für die Erbschaftsteuer und etwaige Abfindungen ist möglichst sicherzustellen.
X.
Juristische Gestaltung
Auf die juristischen Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten wird in diesem Rahmen nicht in 23 Einzelheiten eingegangen Die Nachfolge kann bestimmt werden durch Testament, Erbvertrag, Vermächtnis, gesellschaftsrechtliche Nachfolgeklauseln, Betriebsaufspaltung, Schenkung von Todes wegen oder zu Lebzeiten, gemischte Schenkung, Gründung einer unternehmensverbundenen Stiftung oder von Grundbesitzgesellschaften, Familienholding, Betriebsverpachtung, Mitarbeiterbeteiligung, Unternehmensveräußerung.
XI.
Strategie
Es gibt viele verschiedene Strategien, die Unternehmensnachfolge zu gestalten. Die wichtigsten und 24 gängigsten sollen hier kurz aufgeführt werden: Q Familieninterne Nachfolge Die familieninterne Nachfolge ist nach Untersuchungen des Instituts für Mittelstandsforschung mit etwa der Hälfte aller Nachfolgen nach wie vor die häufigste und – gerade bei der übergebenden Generation – die beliebteste Variante Q Management-Buy-out (MBO) Hierbei wird das Unternehmen an die eigenen Führungskräfte verkauft. Q Management-Buy-in (MBI) Im Gegensatz zum MBO wird das Unternehmen hier durch fremde Führungskräfte übernommen. Q Unternehmensverkauf Der Unternehmensverkauf, etwa an Wettbewerber, zählt zu den häufigsten Nachfolgevarianten Q Einbringung Das Unternehmen, dies gilt insbesondere auch für Steuerberatungskanzleien, kann in einen größeren Verbund oder eine Gesellschaft eingebracht werden. 67
2
§2 Q
2
Zukunftsplanung
Errichten einer Stiftung Die Stiftung kann in besonderen Fällen eine interessante Nachfolgealternative darstellen.
XII.
Umsetzung der Nachfolge
25 Die tatsächliche Umsetzung der Nachfolge kann nur gemeinsam zwischen Übergeber und Übernehmer erfolgen; zur Vermeidung von Problemen sollte gerade in diesem Stadium ein Berater hinzugezogen werden. Zu bedenken sind hier insbesondere: Q Der genaue Zeitpunkt der Übergabe Q Die Verantwortlichkeiten der beteiligten Personen Q Der Übergang der Geschäftsführung im Innen- und im Außenverhältnis Q Information der Mitarbeiter Q Visionen und Strategie der zukünftigen Geschäftsleitung ! Wichtig: Selbstverständlich muss ein neuer Inhaber seine eigenen Visionen, Ideen, Wünsche und Ziele umsetzen. Dabei ist aber Vorsicht geboten, wenn bisher gut gewirtschaftet wurde; ein häufiger Fehler neuer Inhaber ist es, keinen Stein auf dem anderen lassen zu wollen. Stattdessen sollte der Belegschaft Respekt für das Erreichte gezollt werden.
XIII. Vorteile der rechtzeitigen Suche und der Einsetzung eines Nachfolgers 26 Die rechtzeitige Nachfolgeregelung hat – neben dem besseren Banken-Rating (gegenüber einer ungelösten Nachfolgefrage) – den Vorteil der planmäßig vorbereiteten Praxisübergabe an einen designierten „Kronprinzen“ oder an einen noch zu suchenden Erwerber. Es gilt das Motto der Übergabe eines gut bestellten Hauses.
XIV. Schlussfolgerungen 27 Gewichtige Argumente sprechen also für eine gezielte, planmäßige, geordnete Nachfolgeregelung unter externer fachlicher Beratung. Argumente gegen eine frühzeitige Nachfolgeeinleitung können sein: Q drückende Schuldenlast, die nur mit größter eigener Arbeitsintensität – und ohne Verkauf, Partner- oder Nachfolgeraufnahme – zu tilgen ist Q Versorgung und Ausbildung minderjähriger Kinder Q uneingeschränkter Aufbau der eigenen Altersversorgung Q fehlende Einsicht in die Tatsache, dass die eigenen Kräfte schwinden und die Mandanten wegen mangelnder, fachlicher Beratung abwandern. 28 Zum Altersstarrsinn vgl. die Glosse „Die Kunst des Loslassens“, Anhang 28.
68
2
B. Notfallplanung
XV.
Empfehlungen für eine erfolgreiche Nachfolgegestaltung
Vorrangige Zielsetzung einer Nachfolgeplanung ist typischerweise die Erhaltung und Fortführung 29 des Unternehmens. Eine „Zersplitterung“ des Unternehmens bzw. der Unternehmensbeteiligung ist zu vermeiden. Dazu soll das Unternehmen oder die Gesellschaftsbeteiligung als Ganzes auf den oder die geeigneten Nachfolger übergehen. Außerdem soll der Familienfriede auf lange Zeit gesichert sein, insbesondere muss die (unmittelbare) Familie angemessen versorgt werden. Der Finanzbedarf für die Erbschaftsteuer und etwaige Abfindungen ist möglichst sicherzustellen.
XVI. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Abläufe einer Nachfolgegestaltung1
Wertgutachten einholen zur Feststellung des Ist-Zustandes/Unternehmenswertes Rechtsform überprüfen Gesellschaftsvertrag und Testament aufeinander abstimmen Erbengemeinschaft möglichst vermeiden Faire Ausstiegsmöglichkeit schaffen Steuerliche Aspekte prüfen Anlegung einer Notfallakte, in welche die Dokumente und Informationen des Unternehmens aufzunehmen sind
Es gibt Menschen, die Fische fangen, und solche, die nur das Wasser trüben. [China]
B.
Notfallplanung
I.
Definition
B.
Unter dem Stichwort Notfallplanung ist die Ausnahmesituation zu verstehen und zu behandeln, dass 30 der Kanzlei-Inhaber/Unternehmer vollständig ausfällt, sei es durch Tod oder schwere Krankheit. In diesem Fall ist in besonnener rationaler Denkweise und Planung Vorsorge für die Kanzlei, das Unternehmen, die Familie oder sonstige Geschäftszwecke zu schaffen; dafür bedarf es einer Reihe von Schritten und Maßnahmen, die in einer Arbeitsliste zusammengefasst sind, vgl. Anhang 29.
1
Anmerkung: Im Rahmen dieser Ausführungen kann nicht näher eingegangen werden auf die komplexen juristischen Grundlagen (Testament, Erbvertrag, Vermächtnis, gesellschaftsrechtliche Nachfolgeklauseln, Betriebsaufspaltung, Schenkung von Todes wegen, lebzeitige Schenkung, gemischte Schenkung, Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt, Pflichtteil etc.) einer kompletten Unternehmensnachfolgegestaltung. Der bei dieser Komplexität erforderliche Beratungsaufwand ist allein aufgrund der zahllosen Variationsmöglichkeiten immens. Die Unternehmensnachfolgegestaltung kann regelmäßig nur mithilfe eines oder mehrerer fachlich versierter und erfahrener Berater (Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsjurist) erfolgen, die sich gegebenenfalls ergänzen. Dabei sind die zahlreichen Gestaltungsmodelle zu diskutieren und müssen für den konkreten Einzelfall auf ihre Eignung überprüft werden: Familiengesellschaften, Grundbesitzgesellschaften, Familienholdings, Betriebsverpachtungen, Mitarbeiterbeteiligungen, Unternehmensveräußerung und unternehmensverbundene Stiftungen sind hier wesentliche Stichworte.
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2
2
2
§2
Zukunftsplanung
31 Vorausgesetzt ist das Bewusstsein, dass jedem Menschen etwas passieren kann und er bestens beraten ist, für diesen Ausnahmenotfall die richtige Vorsorge zu treffen, vgl. dazu die Checkliste Dokumente und Informationen: a) für den betrieblichen Bereich wie auch b) für den privaten Bereich, Anhang 30 Fällt der Kanzleiinhaber als Führungskraft und Motor aus, können sich die Beteiligten aus der Familie oder Praxis anhand dieser Liste orientieren, die explizit konkrete Hinweise auf bestimmte Fundstellen oder einzuleitende Schritte gibt, vgl. Checkliste Notfallakte Anhang 31 und vgl. Checkliste zu den rechtlichen Verhältnissen Anhang 32. 32 Jeder Kanzleiinhaber, Unternehmer, aber auch Privatmann ist gut beraten, sich solche Checklisten zur Grundlage seiner Überlegungen für den Notfall zu machen. Die Anlegung einer solchen Notfallakte führt zur Bewusstseinsbildung und Erleichterung, das Notwendige für den Ausfall mit Fundstellenhinweisen veranlasst zu haben. Im Übrigen achten Kreditinstitute erfahrungsgemäß auf eine Regelung, wer im Notfall die Geschäftsführung eines Unternehmens bzw. einer Kanzlei übernimmt. Eine sorgfältige Notfallplanung kann sich günstig auf das Bankenrating und gegebenenfalls die Kreditkonditionen auswirken.
II.
Zeitpunkt
33 Die Notfallplanung ist in jedem Alter aktuell angebracht, da niemand den Zeitpunkt eines Notfalls voraussehen kann. Zur Verdeutlichung der Thematik zwei Sprichworte: „Warte nie, bis du Zeit hast“, was bedeutet, dass ein Praxisinhaber/Unternehmer seine Nachfolgegestaltung und die Notfallplanung mit einer eigenen Priorität versehen muss. Wer als Unternehmer mit solchen Handlungen wartet, bis er Zeit hat, wird oft warten, bis es zu spät ist. Denn es gibt immer etwas, das dringender erledigt werden muss. „Handle in der Zeit, so hast du in der Not.“ 34 Wenn die Nachfolgeregelung vorbereitet und/oder zumindest eine Notfallplanung angelegt ist, kann sich der Unternehmer – diesbezüglich – gelassen zurücklehnen, da er weiß, dass sein Unternehmen auch im Falle seines plötzlichen Ausfalls in seinem Sinne weitergeführt wird. G Fazit: Jeder Kanzleiinhaber sollte sich sofort um die Planung für den Notfall, ab einem bestimmten Alter um die reguläre Nachfolgeregelung kümmern.
70
2
B. Notfallplanung
III.
Umsetzung
1.
Prüfung
Q Q
Q Q
Q Q Q Q Q Q Q
2. Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q
2
Sachfeststellung: Was geschieht, falls kein Testament vorhanden ist Q gesetzliche Erbfolge falls Testament, insbesondere Berliner Testament, vorhanden Q gewillkürte Erbfolge Erbrechtliche Auswirkungen Erbschaftssteuerliche Auswirkungen (z. B. Doppelbelastung etc.) Ertragsteuerliche Auswirkungen (Versteuerung stiller Reserven etc.) Auswirkungen auf der Unternehmensebene (Management, Know-how etc.)
Abläufe Richtige Berater auswählen (Rechtsanwalt/Steuerberater/Wirtschaftsprüfer/Unternehmensberater) Analyse durchführen Strategie entwickeln Strategie schriftlich fixieren Abfassung Testament, ggf. Erbvertrag Anpassung/Abstimmung Gesellschaftsvertrag ggf. Rechtsformwechsel/Umstrukturierung durchführen Anpassung Güterstand (Ehevertrag) Flankierende Verträge (Pflichtteils-, Erbverzicht, Schenkung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung etc.) Sonstige Maßnahmen laut Erbstrategie durchführen (Aufnahme von Kindern in die Gesellschaft etc.) Periodische Überprüfung von Erbstrategie und Testament
71
2
§2
3. 2
Zukunftsplanung
Zusammenfassung
35 Ein Praxisinhaber/Unternehmer sollte sich in jedem Alter um die Planung für den Notfall kümmern, regelmäßig ab einem bestimmten Alter (z. B. ab 55 Jahren) rechtzeitig für die reguläre Nachfolgeregelung Sorge tragen. Hilfreich sind dafür die folgenden Aufstellungen: Überblick Anhang 33 Situationsanalyse Anhang 34 Abgrenzung verschiedener Vorsorgemaßnahmen Anhang 35 praktische Hinweise Anhang 36
Gewinn ist Segen, wenn man ihn nicht stiehlt. [Shakespeare]
72
3
§ 3 Bewertung Der Bewertung von Freiberuflerpraxen kommt angesichts der Marktdynamik zunehmend Bedeu- 1 tung zu, zumal sich die Zahl der Kanzleiinhaber der prüfenden und steuerberatenden sowie der rechtsberatenden Berufe (im Beobachtungszeitraum 1980 bis 2007) wesentlich erhöht hat, und zwar um folgende Steigerungssätze: Q Anzahl zugelassener Steuerberater + 460 %, Wirtschaftsprüfer + 260 %; Q Anzahl zugelassener Rechtsanwälte + 300 %1.
A.
Motivation und Gründe für Wertfeststellung
I.
Anfang
A.
Am Anfang der materiellen und finanziellen Planungen für Kanzleian- oder verkauf, Sozietätsgrün- 2 dungen, Einbringungen steht regelmäßig eine Kanzleibewertung; sie ist Anlass bzw. Voraussetzung für Q die Wertangabe in einem privaten Vermögensstatus oder einer Vermögensauskunft gegenüber Bankinstituten im Sinne des Bankenreports Q Einstellung, Stabilisierung oder Verbesserung im Banken-Rating Q Kauf und Verkauf einer Kanzlei Q Fusion oder Einbringung in eine andere Gesellschaft Q Kreditanträge zur Finanzierung eines Erwerbs Q Gründung oder Aufhebung einer Sozietät Q Einbringung in eine Sozietät oder andere Gesellschaftsform Q Vorbereitung der eigenen Nachfolge Q Vererbung oder Abgabe einer Praxisbeteiligung Q Abwicklung einer Praxis im Todesfalle mit nachfolgender Veräußerung Q testamentarische Verfügungen, Erbschaftsauseinandersetzungen Q gerichtliche Streitigkeiten über Kaufpreishöhe/-Reduzierung Q Vermögensfeststellung bei Zugewinnausgleichsfragen
II.
Externes Gutachten
Erster Schritt ist, den aktuellen Wert einer Kanzlei mit Stärken und Entwicklungspotenzialen fest- 3 zustellen, wobei das Gutachten eines externen Fachmanns/Spezialisten einer selbst erstellten Bewertung aus folgenden Gründen vorzuziehen ist: Das neutrale Gutachten eines Außenstehenden Q schließt subjektive Momente im Verhandlungsfall aus 1
Behring/Nowak, Gabler-Verlag, Erfolgsfaktoren der Kanzleinachfolge, Unternehmen und Praxen – Zahlen, Daten und Fakten in ausgewählten Branchen, 1. Aufl. 2010, S. 139
J. Platz, Die erfolgreiche Kanzlei, DOI 10.1007/978-3-8349-6471-7_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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3
3
§3 Q Q Q
ist bei geforderter Qualität und kompetentem Verfasser bankensicher und gerichtsfest gibt grundlegende Informationen und Entscheidungsgrundlagen im Sinne der due diligence beschreibt im Vergleich mit der Branchenentwicklung (Benchmarking) den aktuellen Marktwert
III.
3
Bewertung
Selbstrating bzw. eigene Bewertung
4 Im Zusammenhang mit der Anleitung zum Selbstrating ist auf die Ausführungen von Gleißner, Füser2 mit definiertem Überblick über das Ratingsystem generell und speziell das Branchenrating hinzuweisen. Das Selbstrating gibt Hilfestellung für vorbereitende Feststellungen durch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater, die ihre Mandanten bei der Kreditaufnahme beraten, um von vornherein die zu erwartende Beurteilung der Bank einschätzen zu können. Die Autoren stellen ein kompaktes, banknahes Ratingverfahren vor und verhelfen im Endergebnis zu einer Ratingstrategie, welche die Finanzierung eines Unternehmens langfristig sichert. Zur Bestimmung des eigenen Ratings werden die Ergebnisse zusammengefasst und ermöglichen fundiert die Berechnung des branchen- bzw. finanzbezogenen Zukunftspotentials. B.
B.
Bewertungsgrundlagen
I.
Wertinhalte
5 Der Wert einer Kanzlei setzt sich nach übereinstimmender Meinung in der Fachliteratur, Rechtsprechung sowie Verlautbarungen der Bundessteuerberaterkammer und der Bundesrechtsanwaltskammer als Gesamtwert aus dem Substanzwert und dem Goodwill zusammen.
1.
Sachanlagen und Substanzwertermittlung
6 Die Substanzwertermittlung3 einer freiberuflichen Praxis umfasst alle Q Vermögensgegenstände der Kanzlei wie Q Mobiliar und Praxisausstattung Q gesamte EDV und technische Bürogeräte Q Bibliothek und Zeitschriften Q Materialien Q Forderungen Q einschließlich der Schulden 7 Aus einer Bilanz lässt sich der Vermögensstatus am einfachsten erstellen, bei Vorliegen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung werden die Vermögensgegenstände hieraus aufgelistet und – teils nach zukünftigen Wiederbeschaffungskosten, teils nach Zeitwerten – bewertet. Sofern keine im Eigentum der Praxis stehenden Immobilien vorhanden sind, macht der Substanzwert in der Regel nur einen vergleichsweise geringen Teil des Praxiswertes aus. 2 3
74
Anleitung zum Selbstrating – So beurteilen Kreditinstitute das Unternehmen ihres Mandanten, NWB Betriebswirtschaftliche Beratung, Heft 7, 24.06.2010, S. 210 ff. Römermann/Schröder in NJW 2003 S. 2709 ff., Breidenbach, DStR 1991 Seite 48
3
B. Bewertungsgrundlagen
2.
Immaterieller Wert bzw. Goodwill
Im Goodwill einer Praxis drückt sich der über den Sachwert hinausgehende Wert der freiberufli- 8 chen Praxis aus. Der Goodwill „gründet sich auf immaterielle Faktoren wie Ruf und Ansehen des Praxisinhabers, einen günstigen Standort, Art und Zusammensetzung sowie Verweildauer der Klienten/Mandanten“. Weitere Faktoren wie die Konkurrenzsituation, Umsatzvolumen und -struktur, besondere Beziehungen, die Organisation und Steuerung der Kanzlei sowie der Mitarbeiterstamm begründen und beeinflussen ihn4. Der Goodwill hat in der Regel einen eigenen Marktwert (vgl. im Einzelnen die Nachweite bei Piltz, S. 258 ff.), den der Käufer einer freiberuflichen Praxis gänzlich oder anteilig bezahlt. Er hat mit dem Goodwill die Chance, die Mandanten des bisherigen Praxisinhabers oder Teilhabers zu übernehmen und auf dem vorhandenen Bestand den weiteren Ausbau (mit) zu betreiben (vgl. Piltz, S. 253). Dem entspricht es, dass ein Steuerberater als Mitgesellschafter einer eingeführten Praxis seine Einkünfte nicht ausschließlich im Wege der Nutzung seiner Arbeitskraft erzielt, sondern unter Einsatz des den Goodwill maßgeblich bestimmenden Stammes. Die damit gegebene Nutzungsmöglichkeit des Goodwill einer freiberuflichen Beraterpraxis be- 9 stimmt, gemäß der Entscheidung BGHZ 75, 195 (201)5, für die damalige Unternehmensbeteiligung weiterhin maßgeblich den Wert des Vermögensgegenstandes Beraterpraxis. Aus diesem Grund treffen für die freiberufliche Tätigkeit des Beraters auch die weiteren Erwägungen zu, mit denen in der genannten Entscheidung begründet worden ist, dass bei der Bewertung des Unternehmens oder Gesellschaftsanteils grundsätzlich der volle Wert einschließlich Goodwill zu veranschlagen ist6.
a)
Definition des Goodwill bei Freiberuflerkanzleien (Einzelpraxen)
Die Fachliteratur gibt folgende Definitionen des Goodwill bei Freiberuflerkanzleien (Einzelpraxen) 10 wieder, deren Vielfalt aufgezeigt werden soll: Q Englert7 Der Begriff des „Praxiswertes“ wird als Gesamtwert der beruflichen Praxis verstanden. Er umfasst den Goodwill und den Wert der Substanz. Q Schoor Fischer Überfeldt8 Der immaterielle Wert der Praxis wird durch das besondere Vertrauensverhältnis des Beraters zu den Mandanten geprägt; er entspricht den Möglichkeiten, Chancen und Beziehungen einer eingeführten Praxis, die über einen festen Mandantenstamm verfügt. Q Breidenbach9 Der Praxiswert ist kein sich laufend regenerierender Firmenwert, sondern ein personenbezogenes Potential von Vertrauensbeziehungen, die sich ohne den ehemaligen Praxisinhaber schnell verflüchtigen können.
4 5 6 7 8 9
vgl. Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rspr., 3, Aufl., S. 55 und 253 NJW 1980, 229 = LM § 1379 BGB BGB Nr. 6 L vgl. auch Kotzur, NJW 1988, 3239 3242 f. unter 2 Die Bewertung von Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterpraxen“, IDW-Verlag Düsseldorf, 1996 Kauf und Bewertung einer Steuerberaterpraxis“, Verlag NWB Herne, 3. Aufl. 2009 Überlegungen zur Ermittlung des Wertes einer Steuerberaterpraxis“, DStR 1991, 47
75
3
3
§3 Q
3
b)
Bewertung
Peemöller/Meyer-Pries10 Wenn es bei der Berechnung des Goodwill nach dem gängigen UWV zu einer sukzessiven Berücksichtigung aller wertbildenden Faktoren und damit zur Analogie zum Ertragswertverfahren kommt, d. h. eine Brücke zum Ertragswertverfahren geschlagen wird, empfiehlt es sich, die Berechnung nach beiden Methoden anzuwenden, bzw. deren Ergebnisse gegenüberzustellen, ggf. im Verhandlungsfall den Mittelwert anzusetzen.
Definition des Goodwill bei Sozietäten
11 Bei Personengesellschaften ist grundsätzlich der Wert des Unternehmens festzustellen und für den Bewertungsstichtag die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens zu ermitteln. Steht im Bewertungszeitpunkt das Ausscheiden aus der Gesellschaft fest, ist der Abfindungsanspruch anzusetzen. Anderenfalls ist eine endgültige Bewertung auf den Stichtag bezogen vorzunehmen, wobei der objektive Verkehrswert maßgebend ist. Eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Abfindungsklausel kann sich wertmindernd auswirken. Eine entsprechende Wertminderung bemisst sich nach objektiven Kriterien, vor allem danach, nach welchem Umfang sich die eingeschränkte Verwertbarkeit nach der Verkehrsanschauung auf den Wert auswirkt11.
c)
Anteilsübertragung
12 Auch Anteile an Freiberuflerpraxen sind veräußerbar. Dem steht das Abtretungsverbot des § 717 BGB nicht entgegen. Es trifft nicht zu, dass ein Anteil an einer BGB-Gesellschaft wegen seiner gem. § 717 fehlenden Abtretbarkeit nicht veräußert werden könne. § 717 BGB behandelt die Rechte, die der einzelne Gesellschafter als Ausfluss seiner Mitgliedschaft gegenüber der Gesellschaft hat. Diese sind grundsätzlich nicht übertragbar (vgl. v. Gamm, RGRK, 12. Aufl., § 717 Rdn. 1 u. 2). Die Vorschrift bezieht sich jedoch nicht auf das Mitgliedschaftsrecht als Ganzes, d. h. auf den Gesellschaftsanteil. Dieser ist Gegenstand der Regelung des § 719 BGB, die abdingbar ist. Die in § 719 BGB für den Gesellschaftsanteil bestimmte Unübertragbarkeit kann durch Gesellschaftsvertrag oder Vereinbarung unter den Gesellschaftern jederzeit dahin abgeändert werden, dass die Abtretung des Gesellschaftsanteils auf einen Dritten – gegebenenfalls unter besonderen Voraussetzungen oder mit Einschränkungen – zulässig ist12. Derartige Übertragungen von Gesellschaftsanteilen kommen in der Praxis unter Vereinbarung eines bestimmten „Veräußerungserlöses“ vor, der sich (wenn nicht nach anderen Kriterien) an dem Marktwert des Anteils ausrichtet. Maßgebend ist in jedem Falle, dass aus Rechtsgründen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Bewertung eines Praxisanteils nach seinem Markt- bzw. Verkehrswert bestehen, vgl. BGH NJW 1990, Seite 784 ff.
Alles was nützt, ist für wenig Geld zu haben, nur das Überflüssige kostet viel. [Axel Munthe]
10 Bewertung von Steuerberatungskanzleien, DSWR 3/98 11 vgl. Rechtsprechung des BGHZ 75, 195 ff. = NJW 1980, 229 = LM § 1379 BGB Nr. 6 L; Senat, NJW 1978, 321 = LM § 1376 BGB Nr. 9 = FamRZ 1986, 1196 (1197); NJW 1991, 1547 = LM § 1375 BGB Nr. 13 = FamRZ 1991, 43 ff., BGH v. 25.11.1998-XII ZR 84/97(Düsseldorf), abgedruckt in NJW 1999, 784ff. 12 vgl. v. Gamm, in: RGRK, § 717 Rdnr. 1 und § 719 Rdnr. 2; P. Ulmer, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 719 Rdnrn. 15, und 19 ff., auch BGHZ 13, 179 (186) = NJW 1954, 1155 = LM § 719 BGB Nr. 1; BGHZ, 44, 229 (231 f.) = NJW 1966, 499 = LM § 105 HGB Nr. 21
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3
B. Bewertungsgrundlagen
II.
Bewertungsmethoden/Verfahren zur Wertermittlung
Im Folgenden werden gängige Verfahren zur Ermittlung von Praxiswerten vorgestellt und abschlie- 13 ßend auf deren Anwendbarkeit bei einer Steuerberatungs-/Wirtschaftsprüfungskanzlei untersucht. Zur Erläuterung der verschiedenen Bewertungsmethoden dient die nachstehende, differenzierte Übersicht.
1.
Übersicht
14 Die nachstehende Übersicht enthält die anerkannten Bewertungsverfahren: Q Umsatzwertverfahren (UWV) Multiplikation mit einem branchenspezifischen Bewertungsfaktor Q Ertragswertverfahren (EWV) mit Varianten Q Modifiziertes Ertragswertverfahren Q Bewertung durch Multiplikation mit Rentenbarwertfaktor (Kapitalbarwerte nach Abzinsungstabellen) Q Ewige Rente Q Discounted Cash-Flow-Methode
2.
Rechtsprechung
a)
Bewertungsverfahren im Urteil des BGH vom 25.11.1998 (NJW 1999,784 ff.)
Die Ermittlung des Praxiswertes nach dem Umsatzbewertungsverfahren (durchschnittlicher Jah- 15 resnettoumsatz multipliziert mit marktüblichem Faktor) unter Berücksichtigung des modifizierten Ertragswertverfahrens ist höchstrichterlich durch den BGH sanktioniert, vgl. BGH vom 25.11.1998, NJW 1999,784 f. Bestätigt wird die Wertermittlung grundsätzlich nach dem Umsatzwertverfahren mit Überprüfung des so gewonnenen Ergebnisses anhand des modifizierten Ertragswertverfahrens. Abzulehnen ist laut BGH ein Verfahren, nach dem nur der künftige Nutzen festgestellt und dieser dann kapitalisiert wird. Im vorgenannten Urteil vom 25.11.1998 wird also grundsätzlich die Wertermittlung, die im Ein- 16 zelfall tatrichterlich nach der sachverhaltsspezifisch geeigneten Methode erfolgen soll, gemäß den Empfehlungen der Bundessteuerberaterkammer bestätigt, mit folgenden Resultaten: 1. Die Bewertung einer Steuerberaterkanzlei kann nach dem Umsatzwertverfahren oder der Ertragswertberechnungsmethode erfolgen. 2. Die Ergebnisse beider Verfahren sollen auf ihre Angemessenheit überprüft werden, gravierende Abweichungen sind auf die Gründe hin zu überprüfen. 3. Mitunter bietet sich das arithmetische Mittel aus beiden Methoden an, um eine sachgerechte Lösung im Bewertungsverfahren zu erzielen.
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§3
b)
3
Bewertung
Oberlandesgerichte
17 In der Rechtsprechung der OLGe-Spruchstellenverfahren wird von der Dominanz der Ertragswertmethode ausgegangen (OLG München – 31 Wx 60/06; OLG Stuttgart – 20 W 3/06; 20 W 5/06; OLG Düsseldorf – I-26 W 6/06 AktE). Unstrittig ist auch in der jüngsten Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung, dass diese bei grundsätzlicher Methodenoffenheit nach der Ertragswertmethode zu erfolgen habe. Dies entspreche „der nahezu durchgängigen Praxis der Gerichte“ bzw. der „ständigen Rechtsprechung der Gerichte“. Das OLG München betont, dass eine „bestimmte Bewertungsmethode zur Ermittlung der angemessenen Abfindung „rechtlich nicht vorgeschrieben ist“. Das OLG Stuttgart führt aus, es sei „heute allgemein anerkannte(r) Grundsatz, dass ein Unternehmen ...nach dem künftigen finanziellen Ertrag für den Eigner des Unternehmens ...zu bewerten ist“. Es handele sich dabei „naturgemäß“ um „eine mit Unsicherheiten behaftete Schätzung“; der so ermittelte Wert sei „deshalb nicht, wie oft formuliert wird, ein „wahrer“ Wert, sondern notwendigerweise eine Fiktion“. Die Ertragswertmethode ist mit dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 23.01.2008 „allgemein anerkannt und verfassungsrechtlich unbedenklich, um die „volle“ Entschädigung für das Anteilseigentum zu berechnen“. 18 Das OLG München beispielsweise betont in seiner Entscheidung vom 17.7.2007, dass es bei Anwendung der Ertragswertmethode Aufgabe des Gerichtes ist, den Unternehmenswert im Wege der Schätzung zu bestimmen; diese erfolge „unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden“. Berechnungsmethoden nach der Betriebswirtschaftslehre lt. Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 i. d F. 2008, IDW Fachnachrichten 7/2008 Seiten 271 ff. u. a. nach EWV (Ziff. 7.2) und DCF-Verfahren (Ziff.7.3)).
3.
Betriebswirtschaftliche Bewertungsverfahren
19 ! Hinweis: Den einzig richtigen Kanzleiwert gibt ist nicht, vielmehr existieren in der einschlägigen Literatur ca. 68 Bewertungsmethoden. Dazu vorab ein BonMot : „Die Bewertung eines Unternehmens mit einer Wertberechnungsformel ist der untaugliche Versuch, ein kaufmännisch gewünschtes Ergebnis mit einer mathematisch wissenschaftlichen Klausel zu begründen.“
a)
Umsatzwertverfahren = Multiplikation mit einem branchenspezifischen Bewertungsfaktor
20 In der Bewertungspraxis sind neben ertragswertsorientierten Verfahren überwiegend marktwertorientierte Bewertungsmethoden, so genannte Praktikerverfahren von Bedeutung, z. B. das Umsatzwertverfahren (UWV). Diese Methoden sind insofern am Marktwert orientiert, als sie entweder eine betriebswirtschaftliche Kennzahl mit einem Faktor multiplizieren, der einem Marktwert entspricht oder an Marktwerten vergleichbarer Unternehmen ansetzen. 78
3
B. Bewertungsgrundlagen Beim UWV spielt eine entscheidende Rolle die Feststellung von wertbildenden Merkmalen (quan- 21 titativer und qualitativer Art) einer Praxis, die nachstehend ausführlich dargestellt werden. In der praktischen Anwendung sind die Daten und Merkmale einer Musterpraxis angeführt und in den marktgängigen Bewertungsverfahren ausgewertet.
b)
Ertragswertverfahren
3
Das Ertragswertverfahren und die Discounted Cashflow-Methode (DCF-Methode) gehören zu den klassischen zukunftsorientierten Verfahren. Sie haben die Aussage, dass der Wert des Unternehmens darauf beruht, Gewinne zu erwirtschaften, die anschließend wieder den Eigentümern des Unternehmens zufließen. Die DCF-Methode ist das international am weitesten verbreitete Verfahren, welches auf der intellektuellen Grundlage der amerikanischen Finanztheorie aufbaut, während die Ertragswertmethode das in Deutschland am häufigsten angewandte Verfahren ist. Die DCF-Methode gehört, ebenso wie die Ertragswertmethode und die Multiplikatormethode, zu den Gesamtbewertungsmethoden, d. h. das Unternehmen wird in seiner Gesamtheit betrachtet und bewertet. Wie die Definition „Zukunftsorientierte Verfahren“ schon erkennen lässt, müssen die Berechnungsgrundlagen auf die Zukunft ausgerichtet sein. Dies ist bei der DCF-Methode der zukünftige Cashflow, beim Ertragswertverfahren der zukünftige „Ertrag“. Die Problematik hierbei ist allerdings, dass man keine genauen Aussagen über die Entwicklung eines Unternehmens in der Zukunft machen kann. Die Betriebswirtschaftslehre favorisiert weitgehend die Ertragswertmethode. Hier wird der Wert eines Unternehmens als der Barwert aller zukünftigen Nettoeinnahmen/Zahlungsüberschüsse – also Erlöse abzüglich Ausgaben – verstanden, die aus der Unternehmung zu erzielen sind (vgl. Breidenbach, B. „Überlegungen zur Ermittlung des Wertes einer Steuerberaterpraxis“, DStR 1991, 47). Bei dieser Form der Bewertung wird der Gesamtwert des Unternehmens ermittelt, ohne Unterscheidung zwischen Goodwill und Substanzwert. Aufgrund der Besonderheiten einer Freiberuflerpraxis kann bei ihrer Bewertung das Ertragswertverfahren nur bedingt zur Anwendung kommen, denn es ist zu berücksichtigen, dass der Praxiserwerber einige Jahre benötigt, um sich eine vergleichbare Praxis aufzubauen. Man geht dabei von dem geschätzten Zeitraum aus, den ein fremder Dritter benötigen würde, um eine vergleichbare Praxis aufzubauen. Im Übrigen ist der Praxiswert kein sich laufend regenerierender Firmenwert, sondern ein personenbezogenes Potential von Vertrauensbeziehungen, die sich ohne den ehemaligen Praxisinhaber schnell verflüchtigen können. Der BGH hat deshalb in einer Entscheidung aus dem Jahr 1976 zu Recht zum Ausdruck gebracht, dass diese im Wesentlichen für gewerbliche Betriebe entwickelte Bewertungsmethode den Besonderheiten der freiberuflichen Tätigkeit, die im Erbringen einer höchstpersönlichen Leistung gesehen wird, nicht hinreichend Rechnung trägt. Daher kann für die Berechnung des Wertes von Freiberuflerpraxen allenfalls ein modifiziertes Ertragswertverfahren zur Anwendung kommen. Aufgrund der zuvor aufgeführten Besonderheiten ist es angemessen, dem früheren Praxisinhaber oder den Rechtsnachfolgern den erzielbaren Nettoüberschuss im unterstellten Zeitraum als Kaufpreis zu zahlen. Die Länge des Zeitraums (= n) hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Zudem sind die Gewinne der Praxis vor der eigentlichen Wertermittlung um personenbezogene, einmalige und außerordentliche Einflüsse zu berichtigen. Dazu gehören etwa Kfz-Kosten für das Fahrzeug des Inhabers, einmalige Erlöse und persönliche Mandate des Inhabers. 79
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§3
Bewertung
26 Ferner ist ein kalkulatorischer Unternehmerlohn als zusätzlicher Kostenfaktor abzuziehen, um eine rechnerische Vergleichbarkeit mit Kapitalgesellschaften zu ermöglichen und den Einsatz der Arbeitszeit des Kanzleiinhabers zu berücksichtigen. Der so ermittelte berichtigte Gewinn bildet die Bemessungsgrundlage für die Ertragswertberechnung und wird mit dem Kapitalisierungszinssatz abgezinst. 27 Letzterer wiederum wird ermittelt, indem zunächst von demjenigen Zins ausgegangen wird, der bei Investitionen in risikolose Anlagen (festverzinsliche Wertpapiere) erzielbar ist. Auf diesen Basiszinssatz werden Zuschläge für das Inflationsrisiko und das unternehmerische Risiko vorgenommen. Die Bestimmung des Unternehmenswerts erfolgt sodann mittels Abzinsung der zukünftig nachhaltig ausschüttungsfähigen Jahresüberschüsse zum Bewertungsstichtag mit dem Kapitalisierungszinsfuß. Die Gewinne der einzelnen Jahre werden auf den Bewertungsstichtag abgezinst und anschließend addiert. 28 Beispielfälle und Lösungen nach dem Umsatz- und Ertragswertverfahren finden Sie als Ergebnisse a) mit Mittelung der Ergebnisse beider Verfahren im Anhang 37 b) ohne Mittelung im Anhang 38
c)
Diverse andere Verfahren
aa)
Bewertung durch Multiplikation mit einem Rentenbarwertfaktor (Kapitalbarwerte nach Abzinsungstabellen) 29 Eine Variante der Ertragswertberechnung, wie seitens von Borstel in seiner Publikation „Kauf und Bewertung einer Steuerberaterpraxis, 2. Aufl.“ angeführt, ist die Multiplikation mit einem Rentenbarwertfaktor. Dieser wird wiederum aus den Tabellen für Abzinsungsfaktoren ermittelt. Die Formel lautet: 30 Erzielbarer Nettoüberschuss (Cash-Flow) ./. kalk. UL multipliziert mit einem Rentenbarwertfaktor; dieser ist wiederum abhängig von den Parametern Zinssatz für Fremdkapital und Zeitraum. > Beispiel: Nettoüberschuss 50.000,-- € Unterstellter Zinssatz: 8 % p.a. Zeitraum für den Aufbau der Praxis: 8 Jahre ergibt einen Rentenbarwertfaktor von 5,7466 Berechnung des Praxiswertes = 50.000,-- € x 5,7466 = 287.330,-- € Es wird erkennbar, dass der Praxiswert von dem Abzinsungsfaktor (p) und von der Dauer des zu vergütenden Zeitraums (n) abhängig ist. bb) „Ewige Rente“ 31 Wenn die Höhe der zukünftigen Erfolge weitgehend konstant bleibt, entspricht die Gewinnentwicklung einer sogenannten „ewigen Rente“, die eine Abzinsung verlangt. Diese Methode gleicht einer Unternehmensbewertung über den Kapitalisierungsfaktor, also den Multiplikator, mit dem der Jahresertrag vervielfacht wird. Der Kapitalisierungsfaktor ist hierbei der reziproke Wert des Kapitalisierungszinsfußes. Beispiel mit nachhaltig erzielbarem Jahresertrag von 21.700 €: 80
3
B. Bewertungsgrundlagen cc)
Vereinfachtes Ertragswertverfahren 32 Q Kapitalisierungszinssatz/Kapitalisierungsfaktor: Basiszins (Rendite für öffentliche Anleihen) 3,61 % + Zuschlag (vorgegeben) 4,50 % = Kapitalisierungszinssatz 8,11 % = Kapitalisierungsfaktor =12,33 (100:8,11) Q Ertragswert im Beispielfall: Künftig nachhaltig erzielbarer Jahresertrag x Kapitalisierungsfaktor 21.700 € x 12,33 = 267.561 € Je höher der Kapitalisierungszinsfuß ist, desto geringer ist der Kapitalisierungsfaktor. Nach der Formel von der ewigen Rente werden 100 durch den Kapitalisierungszinsfuß geteilt, so dass sich bei 8 % ein Faktor von 12,5 (100 : 8 = 12,5) und bei einem Kapitalisierungszinsfuß von 12,5 % ein Faktor von 8 ergibt. 33 Die Kapitalisierungsformel lautet dann E=
G x 100 P
E = Ertragswert G = nachhaltig zukünftiger Jahresgewinn bzw. -überschuss P = Kapitalisierungszinsfuß in Prozent
Bei der Methode werden die zukünftigen geschätzten Erträge der folgenden ersten Planungsphase 34 (3 – 5 Jahre) einer festen Ausschüttungspolitik unterworfen und anschließend diskontiert. Die Diskontierung erfolgt anhand des Kapitalisierungszinssatzes (so auch das IDW, IDW S1, Grundsätze von Unternehmensbewertungen, Seite 835). dd) Berücksichtigung einer zeitlichen Begrenzung nach IDW Da die künftigen finanziellen Überschüsse aufgrund der ungewissen Zukunft nicht mit Sicher- 35 heit prognostiziert werden können und das unternehmerische Engagement stets mit Risiken und Chancen verbunden ist, lassen sich/werden diese Unsicherheiten durch Risikozuschläge abgesichert (Zins- bzw. Risikozuschlagsmethode). So lauten die Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen des IDW (Fachnachrichten 2007, Seiten 271 ff.): Addiert man zu dem zeitgültigen Basiszinssatz von 0,12 (Stand 1.1.2010) einen Risikozuschlag von 4 %, beträgt der Kapitalisierungszinssatz 4.12 %. Die professionellen Unternehmensbewerter nehmen durchschnittlich einen Kapitalisierungszinssatz von 5 – 6 % und eine Reproduktionszeit von 8 Jahren an. Bei meinen Bewertungen gehe ich von 5%, alternativ 6 % Kapitalisierungszinssatz aus. Zur Festlegung der Kapitalisierungsdauer wird der Zeitraum als angemessen angesehen, den ein 36 Freiberufler braucht, um die in Rede stehende Praxis selbst aufzubauen. Die Länge des Zeitraums hängt laut Bundessteuerberaterkammer (BStbK) von den Umständen des Einzelfalls ab und ist je nach Praxisstruktur individuell einzuschätzen. Eine Empfehlung oder Tabelle wird nicht gegeben, lediglich erfolgt zu einem Berechnungsbeispiel der Hinweis darauf, wie sehr das Bewertungsergebnis von der Länge des zu vergütenden Zeitraums (n) und der Wahl des Abzinsungsfaktors (p) abhängig ist. Der für den Aufbau für eine vergleichbare Praxis anzusetzende angemessene Zeitraum wird von der BStbK im Beispiel zwischen 5 und 7 Jahren angenommen und in der Ausrechnung ein verein81
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§3
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Bewertung
barter Zeitraum von 6 Jahren eingesetzt. Die einschlägigen Literaturbeispiele setzen eine Kapitalisierungsdauer von 3 bis 5 bzw. von 5 bis 6 Jahren bei einer mittleren Praxisgröße an13. Lediglich Unkelbach14 führt eine statistische Durchschnittspraxis mit 400.000 € Umsatz und einen möglichen Zeitbedarf von 10 Jahren an. In der Literatur wird als Reproduktionsdauer genannt: Q 6 Jahre15 Q 5 – 7 Jahre16 Q 5 Jahre17 Q 10 Jahre18 Q 12 Jahre19 In den Begutachtungen wird – ausgenommen bei besonderen Umständen – von einer Kapitalisierungsdauer von 5 Jahren ausgegangen und zu Vergleichszwecken der Praxiswert ergänzend mit 4 und 6 Jahren berechnet. Wie bereits festgestellt, gibt es keine definitive und allgemein verbindliche Wertberechnungsformel für Freiberuflerpraxen. Die oben genannten Aussagen sind nur als Hilfe für die Eingangsüberlegungen anzusehen. Eine Praxisbewertung nach mathematischen Klauseln oder betriebswirtschaftlichen Regeln kann kaum Anspruch auf objektive Alleingültigkeit erheben, da Berechnungsdauer und Zinssatz dem differierenden Ansatz der Parteien unterliegen, das heißt diese Methode ist vom jeweiligen Ansatz der Zins- und Reproduktionsfaktoren seitens der Parteien abhängig. Zur Frage nach dem Kapitalisierungszinsfuß wird im Rahmen einer Unternehmensbewertung üblicherweise auf die beste Alternativinvestition als Zinsfuß abgestellt. Aus praktischen Gründen findet zumeist der landesübliche Zinsfuß für risikofreie Anlagen, wie beispielsweise für Hypotheken, öffentliche Staatsanleihen oder Pfandbriefe Anwendung. Zum Zwecke der Berücksichtigung des Risikos wird er um einen branchenüblichen Zuschlag erhöht, der zugleich die Rechtsform und die Betriebsgröße berücksichtigt. Der Kapitalisierungszinssatz bringt das Risiko des Investors zum Ausdruck. Die Abzinsung zum Bewertungsstichtag erfolgt, damit der Investor die finanziellen Überschüsse mit Alternativanlagen vergleichen kann. Die Ermittlung des objektivierten Unternehmenswertes erfolgt, indem auf eine risikofreie Anhangform noch Risikozuschläge/-prämien getätigt werden. Der Kapitalisierungszinsfuß liegt in der Regel zwischen 7 und über 30 %, was zu einem erheblichen Spielraum bei der Ermittlung des Ertragswertes führt. Denn je höher der Risikozuschlag und damit auch der Kapitalisierungszinsfuß, desto niedriger ist der Unternehmenswert. Da ein Unternehmen im Laufe der Jahre meist nicht die gleichen Gewinne erwirtschaftet, ist es angebracht, einen gewichteten Durchschnitt zu verwenden, der den Gewinn des unmittelbar vergangenen Jahres stärker berücksichtigt als den weiter zurückliegenden. Diese Abwandlung schafft ein realistischeres Bild über die voraussichtliche Gewinnrealisierung bezüglich der folgenden Geschäftsjahre und fördert das Vertrauen eines potentiellen Käufers. 13 Vgl. Breidenbach, Überlegungen zur Ermittlung des Wertes einer Steuerberaterpraxis, DStR 1991, S. 47; Wehmeier, Veräußerung einer Steuerberaterpraxis, DSWR 1997, S. 230 Peemöller, Handbuch der Unternehmensbewertung, Kap.Anm. 711 14 Vgl. Unkelbach, Ermittlung des Praxiswertes von Steuerberaterpraxen. Hinweise der BStK und Grundsätze von Unternehmensbewertungen, DStR 1988, S. 631 15 Gratz, DB 1987, 2423 – jährliche Umsatzsteigerung von TDM 80. 16 Breidenbach, DStR 1991, 51 17 Wollny, (Fn 7), S. 514 Rn. 2305 18 Unkelbach, DStR 1988, S. 631 19 Wehmeier, DSWR 1997, 231
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B. Bewertungsgrundlagen ee) Berechnung nach dem modifizierten Ertragswertverfahren 41 Bei dieser Methode erfolgt die Berechnung des Kaufpreises unter Abzug Q der Finanzierungskosten für die Dauer der Finanzierung (KP/2 x p x n) und Q des kalkulatorischen Unternehmerlohns vom Cash-Flow. Formel: Praxis-Wert = KP = (Cash Flow ./. kalk. UL ./. p x ½ KP) x n (Zeitraum) 2 Hierbei wird der Praxiswert als Barwert der Nettoüberschüsse der Praxis für die bestimmte Repro- 42 duktions-Zeitperiode ermittelt, wobei als Zinssatz eine risikolose Anlagealternative zuzüglich eines individuell zu bestimmenden Risikozuschlags anzusetzen ist. Auszugehen ist immer vom Nettoüberschuss, d. h. Jahresumsatz abzüglich der Kosten, des kalkulatorischen Unternehmerlohns (UL) und der Fremdfinanzierungskosten. Beim modifizierten Ertragswertverfahren wird also von der Vorstellung ausgegangen, dass der Praxiserwerber einige Jahre benötigt, um sich eine vergleichbare Praxis aufzubauen. Deshalb ist es angemessen, in dem unterstellten Zeitraum (7 – 8 Jahre) den erzielbaren Nettoüberschuss dem früheren Praxisinhaber oder den Rechtsnachfolgern als Kaufpreis für den Praxiswert zu zahlen. Die Länge des Zeitraums – n – hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Auf dieser Grundlage versteht sich der Praxiswert als Barwert der Nettoüberschüsse der Praxis für 43 die Zeitperiode – n -, wobei als Zinssatz – p – der für Fremdkapital geltende Zinszusatz anzusetzen ist. > Beispiel: Jahresnettoüberschuss = 480.000 €; kalk. UL 120.000 € Zeitfaktor 6 J., Zinssatz 7 % KP = (480.000 – 120.000- x 0,07 x ½ KP) • 6 (480.000 – 120.000 – 0,07x ½ KP) • 6 KP = (360.000 – 0,07 x ½ KP) • 6 KP = 2.160.000 – 0,42 x ½ KP KP = 2.160.000 – 0,21 KP / + 0,21 1,21 KP = 2.160.000 / : 1,21 KP = 1.785.000 Ergebnis Kaufpreis 1.785.000 Berechnungsbeispiel vgl. Anhang 39 Berechnungsformel vgl. Anhang 40
Der Imperativ der Rentabilität hat den kategorischen Imperativ von Kant ersetzt [Rougemont]
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§3 ff)
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Bewertung Bewertung durch Multiplikation mit Rentenbarwertfaktor (Kapitalbarwerte nach Abzinsungstabellen)
44 Die gängige Ertragswertberechnung erfolgt, wie von Borstel in seiner Publikation „Kauf und Bewertung einer Steuerberaterpraxis“, 3. Aufl., angeführt, durch Multiplikation mit einem Rentenbarwertfaktor. Dieser wird wiederum aus den Tabellen für Abzinsungsfaktoren ermittelt. Die Formel lautet: Erzielbarer Nettoüberschuss (Cash-Flow) ./. kalk. UL multipliziert mit einem Rentenbarwertfaktor; dieser ist wiederum abhängig von den Parametern Zinssatz für Fremdkapital und Zeitraum. gg)
Multiplikation mit Gewinn-Vervielfältiger
45 In Einzelfällen werden am Markt Praxen mit einem Vielfachen des bereinigten Gewinns gehandelt. Erfahrungsgemäß kommen Vervielfältiger von drei- bis vierfach in Ansatz, Beispiel vgl. Anhang 41. Auf jeden Fall ist bei allen Ertragswertverfahren der durchschnittliche Ertrag bzw. der bereinigte Gewinn als Cash-Flow zu ermitteln, zweckmäßigerweise der letzten drei Jahre. Dies geschieht nach folgendem Schema des Anhangs 42: hh)
Discounted Cashflow-Methode (DCF-Methode)
46 Eine heute gebräuchliche Bewertungsmethode der Betriebswirtschaftslehre im Bereich des Ertragswertverfahrens ist die Discounted Cash-Flow-Methode (DCF-Verfahren). Diese basiert auf der Erkenntnis, dass sich der Wert eines Unternehmens nicht nur aus der Substanz des Vermögens eines Unternehmens ermitteln lässt, sondern aus seiner Eigenschaft, Gewinne zu erwirtschaften, die den Unternehmenseigentümern zufließen. Danach wird der Wert des Unternehmens oder eines Anteils an einem Unternehmen aus den zukünftigen Zahlungsströmen ermittelt (Zukunftserfolgswert). Die Prognose dieser zukünftigen Zahlungsströme erfolgt auf Basis einer Vergangenheitsanalyse. Die so ermittelten Zahlungsströme werden dann auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Die DCF-Methode unterscheidet sich von dem Ertragswertverfahren dadurch, dass die dem Unternehmen entziehbaren Einnahme-Überschüsse prognostiziert werden, während beim herkömmlichen deutschen Ertragswertverfahren die bilanzrechtlich ausschüttbaren Ertragsüberschüsse prognostiziert werden. Maßgeblich ist somit bei der DCF-Methode die verfügbare Liquidität des Unternehmens, mit der die Fremd- und Eigenkapitalgeber bedient werden können. Beide Methoden führen bei Zugrundelegung gleicher Bewertungsannahmen zu weitgehend identischen Ergebnissen. 47 Das Discounted Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) rechnet den Wert eines Unternehmens durch Diskontierung des Cash-Flows mit den gewogenen Kapitalkosten auf ihren Gegenwartswert. Die DCF-Methode ist vor allem für börsennotierte Unternehmen geeignet und zählt zum klassischen Instrumentarium der wertorientierten Unternehmensführung. Der durch die DCF-Methode ermittelte Firmenwert ist das Ergebnis der Bewertung von gewerblichen Unternehmen, im Gegensatz zum Goodwill, der das Ergebnis bei freiberuflichen Praxen ist und das personenbezogene Wertpotential widerspiegelt. 48 Die DCF-Methode zählt zwar allgemein zum klassischen Instrumentarium der wertorientierten Unternehmensführung und stellt somit ein angemessenes Unternehmensbewertungsverfahren dar, es erscheint jedoch zu komplex und im Bewertungsalltag für Freiberuflerpraxen unpraktikabel. So steht einer verkauften Leistung, die als Gewinn verbucht wird, nicht unbedingt auch ein Zahlungseingang gegenüber, der nur durch den Cashflow berücksichtigt wird. Das Resultat dieser Methode ist der Marktwert des Gesamtkapitals bzw. der als Shareholder Value bezeichnete Marktwert des Eigenkapitals.
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3
B. Bewertungsgrundlagen Bei der Bestimmung des Unternehmenswertes nach der DCF-Methode müssen somit Fragen bzgl. der Höhe der Cashflows, der Ermittlung der künftigen finanziellen Überschüsse, der Höhe des Kapitalisierungszinssatzes, insbesondere des Risikozuschlags und der Berücksichtigung von subjektiven Wertvorstellungen (Image des Unternehmens, Qualifikation des Personals usw.), beantwortet werden. Das DCF-Verfahren wird in verschiedenen Ausprägungen (Ansätzen), je nach Definition der bewer- 49 tungsrelevanten Cashflows und der anzuwendenden Diskontierungszinssätze, zum Einsatz gebracht: Q Entity-Ansatz (Bruttoverfahren) Es wird ein Unternehmensgesamtwert ermittelt, indem man die Zahlungsüberschüsse, die allen Kapitalgebern – EK- und FK-Geber – zur Verfügung stehen, mit einem Mischzinssatz aus EKund FK-Kosten abzinst. Das Bruttoverfahren hat zwei Unterarten, den WACC-Ansatz (Weighted Average Costs of Capital-Ansatz) sowie den APV-Ansatz (Adjusted Present Value-Ansatz). Auf diese beiden Unterarten soll im Folgenden jedoch nicht eingegangen werden. Q Equity-Ansatz (Nettoverfahren) Die Abzinsung erfolgt bei dieser Methode ausschließlich mit den Cashflows, die den EK-Gebern zur Verfügung stehen, d. h. die EK-Kosten des Unternehmens werden diskontiert. Wendet man die eben genannten Bewertungsmethoden auf das gleiche Bewertungsproblem an, stellt 50 man fest, dass man bei konsistentem Einsatz zu übereinstimmenden Ergebnissen gelangt. Es ist jedoch anzumerken, dass ein konsistenter Einsatz vom Bewerter erhebliche Anstrengungen abverlangt. Festzuhalten ist, dass die DCF-Methode für die Bewertung von Freiberuflerpraxen eher ungeeignet ist. Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, die eine Unternehmensbewertung vorzunehmen haben, sollten diese Methode, abhängig von den konkreten Umständen des Unternehmens, allerdings in Betracht ziehen.
d)
Praxisbewertung im Zusammenhang mit Zugewinnausgleichsansprüchen: Abzug der latenten Steuerlast?
aa) Grundsätzliches Für die Berücksichtigung des Praxiswertes im Anfangs- und Endvermögen ist es nicht von Bedeu- 51 tung, inwieweit der Berater beabsichtigt, den immateriellen Wert seiner Praxis durch Veräußerung tatsächlich zu verwirklichen. Es reicht vielmehr aus, dass die Praxis die Möglichkeit einer zukünftigen Nutzung für den Berater bietet und daher auch eine objektivierbare und verwertbare Vermögensposition darstellt. Bei der Wertermittlung nach § 1376, Abs. 2 BGB ist ein Unternehmen mit seinem vollen, wirklichen Wert zu berücksichtigen. Grundsätze darüber, nach welcher Methode das im Einzelnen zu geschehen hat, enthält das Gesetz nicht. Nach der Rechtsprechung sind sie entsprechend dem Sachverhalt auszuwählen und anzuwenden, was Sache des sachverständig beratenen Tatrichters ist (OLG Frankfurt unter Bezug auf den BGH in FamRZ 1991, 43). Bei der Berechnung des Zugewinns im Sinne des § 1373 BGB werden nur Werte, nicht Gegenstände 52 verglichen. Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Bei der Ermittlung des Endvermögens im Sinne des § 1375 BGB sind Schulden und Verbindlichkeiten voll abzusetzen. Es stellt sich die Frage, ob dazu auch fiktive Steuerschulden gehören. 85
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§3
Bewertung
bb)
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Abzug der Ertragssteuern beim Zugewinnausgleichsanspruch? Berücksichtigung des BGH-Urteils vom 25.11.1998, NJW 1999,784 ff. 53 Es ist sehr kontrovers diskutiert worden, ob beim Verfahren des Zugewinnausgleichs die Ertragssteuern zu subtrahieren sind, die bei einer tatsächlichen Praxisveräußerung entstehen würden. Nachdem die Rechtsprechung in der Vergangenheit eine solche Berücksichtigung der latenten Steuerlast auf den fiktiven Veräußerungsgewinn abgelehnt hatte, wurde ein Wandel vollzogen (vgl. BGH v. 25.11.1998, NJW 1999, 784 ff.). Wird der Wert der Steuerberatungspraxis zum Stichtag, in der Regel zum Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages nach § 1384 BGB, als fiktiver Veräußerungsfall errechnet, erhält der Veräußerer rechnerisch nicht den gesamten Kaufpreis, sondern es muss noch eine Versteuerung abgezogen werden. cc) Grundlage für den Zugewinnausgleich 54 Grundsätzliche Ausführungen zur Bewertung im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens können Sie in Anhang 43 einsehen. Grundlage ist das bis zum Stichtag in der Ehe erzielte Vermögen. Schulden und Verbindlichkeiten, die im Außenverhältnis nur einen von den Ehepartnern treffen, sind nur in dessen Endvermögensbilanz einzustellen20. 55 Aus diesem Grunde ist es gerechtfertigt, von diesem Vermögen auch die latenten Steuern zum Abzug zu bringen, da sie den bisher erreichten Vermögensstand zum Stichtag der Auseinandersetzung mindern ( BGH a.a.O. Seite 787, linke Spalte). Beim Abzug der latenten Steuerlast wird nicht von einem typisierten Steuersatz ausgegangen, sondern von der Steuerlast des Ausgleichspflichtigen als Praxis-/Firmeninhaber. 56 Entsprechend der Rechtslage zum Stichtag und der Umstände des Einzelfalls sind gegebenenfalls gem. § 3 Nr. 40 c) EStG i.V.m. § 17 EStG 40 % des Veräußerungsgewinns von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft steuerfrei oder es kann gem. § 34 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 1 EStG i.V.m. § 18 Abs. 3 EStG die sogenannte Fünftelregelung zur Anwendung kommen. dd) Fazit 57 Auch Steuerschulden, die noch nicht konkretisiert worden sind, weil kein Steuerbescheid vorliegt, sind als Abzug zu berücksichtigen21. Somit ist für den Zugewinnausgleich der Wert maßgebend, den die Praxis unter Abzug der vollen Einkommensteuerlast hat, die bei einer Veräußerung anfallen würde. 58 Die Ermittlung des Praxiswertes erfolgt nach dem Umsatzwertverfahren (durchschnittlicher Jahresnettoertrag, multipliziert mit dem marktüblichen Faktor). Vom ermittelten Praxiswert sind im Zugewinnausgleich die latenten/fiktiven Steuern auf den Veräußerungsgewinn abzuziehen.
Um weiter zu springen, muss man einen Schritt zurücktreten [Rougemont]
20 BGH FamRZ 1983, 795 ff.; OLG Hamm FamRZ 1990, 1359 ff. 21 BGH vom 24.10.1990, FamRZ 1991,43 NJW 1999, 784 ff.; Bestätigung BGH 6.2.2008
86
3
B. Bewertungsgrundlagen
III.
Auswertung – Standpunkte
Über die Auswahl der Bewertungsmethode wird seit längerer Zeit in der Fachliteratur kontrovers 59 diskutiert, denn die Meinungen von Wissenschaft, Rechtsprechung und Praxis gehen auseinander. Es existieren keine rechtlich oder betriebswirtschaftlich verbindlichen Vorgaben für die Bewertung von Steuerberater-, Anwalts-, Wirtschaftsprüferpraxen. Der Gutachter ist daher darauf angewiesen, auf Verlautbarungen der Standesorganisationen, Literaturbeiträge, Rechtsprechung und Kommentierungen zurückzugreifen. Der Kanzleiwert ist aufgrund der ausgeprägten, durch das Gesetz geschützten Vertrauensbeziehung 60 nachhaltig personenbezogen. Er ist daher seinem Wesen nach etwas anderes als der Geschäftswert (Firmenwert) des gewerblichen Unternehmens, der auf einer durch sachliche Maßnahmen und Aufwendungen besonders geförderten Leistungsfähigkeit des Betriebes beruht. Demgegenüber endet das persönliche Vertrauensverhältnis zum Kanzleiinhaber zwangsläufig mit dessen Ausscheiden und der Folge, dass sich der Kanzleiwert verhältnismäßig rasch verflüchtigt22. Auch die Rechtsprechung behandelt den Kanzleiwert beim Freiberufler anders als den Geschäftswert der Gewerbetreibenden. Soweit für die Bewertung von Wirtschaftsprüfer- und/oder Steuerberaterkanzleien besondere Grundsätze empfohlen werden23, sind diese Grundsätze auf die Bewertung von Anwaltskanzleien nicht anwendbar, da die Anwaltskanzlei – im Gegensatz zu Wirtschaftsprüferoder Steuerberaterkanzleien – fast ausschließlich keine Dauerklienten hat. Es fallen bei ihr nicht mit der gleichen Regelmäßigkeit Mandate der gleichen Klienten an, von Inkasso-Aufträgen oder Firmenberatungen und -aufträgen abgesehen24.
1.
Betriebswirtschaftslehre
Die Betriebswirtschaftslehre favorisiert weitgehend die Ertragswertmethode. Hier wird der Wert 61 eines Unternehmens als Barwert aller zukünftig erzielbaren Nettoeinnahmen oder des zukünftig erzielbaren Gewinns verstanden25. Bei dieser Form der Bewertung wird der Gesamtwert des Unternehmens ermittelt, also sowohl der Substanzwert als auch der Goodwill. Der Praxiswert ist kein sich laufend regenerierender Firmenwert, sondern ein personenbezogenes 62 Potenzial von Vertrauensbeziehungen, die sich ohne den ehemaligen Praxisinhaber schnell verflüchtigen können. Der BGH hat deshalb in einer Entscheidung aus dem Jahr 1976 zu Recht zum Ausdruck gebracht, dass diese im Wesentlichen für gewerbliche Betriebe entwickelte Bewertungsmethode den Besonderheiten der freiberuflichen Tätigkeit, die im Erbringen einer höchstpersönlichen Leistung gesehen wird, nicht hinreichend Rechnung trägt. Der BGH hat stattdessen auf Erfahrungswerte bei der Veräußerung vergleichbarer Praxen verwiesen. Dieser Wertansatz entspricht weitgehend dem Umsatzverfahren, bei dem aus den Kaufpreisen bekannt gewordener Praxisverkäufe eine Relation zum Umsatz zugrunde gelegt wird.
22 BGH Urt. vom 30.03.1994, BStBl II 1994, 903 = NJW 1995, 1174 = BB 1994, 2042; BFH Urt. vom 24.02.1994 BStBl 1994, 590 = NJW 1994, 2311 = BRAK-Mitt. 1994, 181 23 Platz, Veräußerung und Übertragung von StB- und Wirtschaftsprüferpraxen, DStR 1997, 1465; Englert, Die Bemessung von rechtlichen Abfindungsansprüchen bei Wirtschaftsprüfungs- und/oder Steuerberatungsgesellschaften, WPg 1997, 761. 24 BRAK-Mitt. 5/2004/223 25 vgl. Breidenbach, B. „Überlegungen zur Ermittlung des Wertes einer Steuerberaterpraxis“, DStR 1991, 47
87
3
3
§3
2.
3
Bewertung
Fachliteratur
63 Breidenbach sieht die Nachteile dieses Verfahrens, „... weil es die Kosten- und Ergebnisseite völlig außer Acht lässt...“. Er schlägt daher vor, in den Fällen, in denen man das Umsatzverfahren anwendet eine Kontrollrechnung anhand eines anderen Verfahrens anzustellen, das „der Denkweise des Ertragswertverfahrens entspricht“. Der Wert eines Unternehmens ist laut Barthel26 sein potenzieller Marktpreis. „Preis“ und „Wert“ unterscheiden sich darin, dass der Preis – als Gegenleistung des Käufers für den Erwerb eines Gutes – ein transaktionelles Moment und der Wert eine entscheidungsorientierte Größe darstellt. Marktpreise sind objektiv, Marktwerte sind subjektiv. Marktpreise geben an, was Unternehmen am Markt gekostet haben, ertragsorientierte Unternehmenswerte geben an, was Unternehmen am Markt höchstens kosten durften, und vergleichsorientierte Unternehmenswerte geben an, was Unternehmen am Markt kosten würden. 64 Als Anlass für die Wertfeststellung wird u. a. besonders die Feststellung des Wertes eines Kanzleianteils bei Eintritt in eine bestehende Sozietät, bei Begründung einer Sozietät, beim Ausscheiden aus einer Sozietät oder bei deren Auflösung gesehen.
3.
Berufsständische Vertretungen
a)
Bundessteuerberaterkammer
65 Die Bundessteuerberaterkammer hat „Empfehlungen für die Ermittlung des Wertes einer Steuerberaterpraxis“ veröffentlicht, die als unverbindliche Arbeitshilfe gedacht sind, ohne materielle Aussagen über die Höhe von Umsatzprozentsätzen, Zinssätzen, Tätigkeitsvergütungen oder Multiplikatoren zu enthalten. Diese entwickelten sich im freien Spiel der Kräfte zwischen Angebot und Nachfrage und veränderten sich fortlaufend aufgrund von Marktgegebenheiten. Empfohlen wird ergänzend zum Umsatzwertverfahren, bei dem der durchschnittliche Jahresnettoumsatz mit dem marktüblichen Faktor multipliziert wird, zur Kontrolle die Anwendung des modifizierten Ertragswertverfahrens; hiernach sei unter Berücksichtigung des Zeitraums und eines einzusetzenden Zinssatzes auf den Praxiswert hochzurechnen, und zwar mit entsprechenden Zu- und Abschlägen, je nach Mandantenstruktur. 66 Grundsätzlich gilt, dass die Wahl der Bewertungsmethode sowie die Wahl der Bewertungsmaßstäbe immer abhängig vom Bewertungsanlass sind. Bei einer Bewertung im Zuge eines Zugewinnausgleichsverfahrens etwa ist die Zielsetzung eine andere als bei der Bewertung zu Verkaufszwecken, dieser Unterschied muss stets berücksichtigt werden. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass zu dem nach UWV-Verfahren ermittelten Praxiswert der Substanzwert zu addieren ist, vgl. Ausführungen von Römermann/Schröder 27.
26 Barthel, DStR 37/96, S. 1458 ff. 27 NJW 2003, S. 2709 ff.
88
3
B. Bewertungsgrundlagen
b)
Bundesrechtsanwaltskammer
Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hatte bereits in den 1970er Jahren einen Ausschuss ein- 67 gesetzt, der Richtlinien zur Bewertung von Praxen erarbeitet hatte. Der Bericht dieses Ausschusses wurde insgesamt dreimal, nämlich 1986, 1993 und zuletzt 2007 fortgeschrieben28. Zu der Berechnung des immateriellen Kanzleiwertes wird ergänzend auf die einschlägige Fachliteratur29 und die BRAK-Berichte von 1979, 1986 und 1991 verwiesen. Wesentliche Grundlage der Bewertung von Rechtsanwaltskanzleien sind die neuesten Richtlinien der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in den Mitteilungen 3/2007/113 ff., die den Umsatz für den geeignetsten Wertbestimmungsfaktor halten, da er am sichersten festzustellen sei und sich aus dem erzielten Umsatz sowie dessen Entwicklung die Chancen des Übernehmers oder Fortführers einer Kanzlei am besten beurteilen lasse. Dagegen hänge der Gewinn weitgehend von den wirtschaftlichen Gegebenheiten des einzelnen Rechtsanwalts ab. Die Berechnung nach dem Umsatzwertverfahren entspricht auch der Praxis30. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat die vorherigen Richtlinien zur Bewertung von Anwaltskanz- 68 leien aus dem Jahre 2004 (Mitteilungen 5/2004/S. 222 ff.) fortgeschrieben und in den o. g. BRAKMitteilungen 3/2007 veröffentlicht. Sie dienen als interne Entscheidungshilfe für die regionalen Rechtsanwaltskammern und als Schema für die Bewertung von Anwaltskanzleien. Damit sollen den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer Hilfen für Verkauf oder Erwerb einer Kanzlei, für Eintritt in eine Sozietät, Ausscheiden aus einer Sozietät oder Auflösung einer Sozietät sowie für den Zugewinnausgleich oder für den Erbfall gegeben werden, insbesondere auch für die gutachterliche Tätigkeit. Für die Bewertung des Wertes von Anwaltskanzleien hat sich das Umsatzverfahren (UWV) als Bewertungsmethode in der Praxis durchgesetzt31. Das Umsatzverfahren stellt ein vereinfachtes Bewertungsverfahren dar, welches gegenüber den in der Betriebswirtschaft favorisierten Ertragswertverfahren den Vorteil bietet, dass die Wertermittlung anhand weniger Daten in kurzer Zeit vorgenommen werden kann32. Dafür wird allerdings der Nachteil in Kauf genommen, dass der reine Umsatz wenig über die Rentabilität des Unternehmens aussagt: So kann beispielsweise eine Kanzlei mit hohem Umsatz im Ergebnis Verluste erwirtschaften. Ebenfalls anwendbar sind die Bewertungsgrundsätze auf Sozietäten gleicher Berufsträger. Generell 69 wird in der Fachliteratur angemerkt, dass bei Sozietäten die Wahrscheinlichkeit der Wiederkehr der bisherigen Umsätze erheblich höher ist als im Fall vergleichbarer Einzelpraxen, was regelmäßig zu höheren Werten führe.
c)
Gemischte Sozietäten/Interprofessionelle Gemeinschaftspraxen
Bei der Bewertung von gemischten Sozietäten, z. B. Zusammenschlüsse von Steuerberatern, Wirt- 70 schaftsprüfern, Rechtsanwälten, stellt sich ebenfalls die Frage, welche Bewertungsmethode hier die richtige ist.
28 BRAK-Mitt. 1986, 119; BRAK-Mitt. 1992, 24 29 Eich, Alexander, Die Bewertung von Anwaltspraxen, 1995, Verlag Dr. Otto Schmid, Köln; Kaiser, Hans/Wollny, Paul, Kauf und Bewertung einer Anwaltspraxis, 2. Aufl., Herne-Verlag, Berlin; Möller, Reinhard, Kauf, Verkauf und Fusion von Anwaltskanzleien, 1998, Deutscher Anwaltverlag, Bonn 30 Achter, Bewertung von freiberuflichen Unternehmen, StB 2003, 67 ff., 79 ff., 129 ff.; Jansen, Die Bewertung von Anwaltskanzleien, NJW 2003, 3387 31 Zu diesem Verfahren eingehend Barthel, DStR 1996, 1701 32 Zur Kritik am Umsatzwertverfahren vgl. Englert, BB 1997, 142; zu weiteren Bewertungsverfahren vgl. Achter, Stbg 2003, 129
89
3
3
3
§3
Bewertung
Hierzu finden sich in der Fachliteratur wenige Aussagen, schon deshalb, weil derartige Praxen in der Regel getrennt abrechnen und auf diese Weise nur Daten und Zahlen der einzelnen Sparten greifbar sind. 71 Die Ausführungen von Heid33 über die Bewertung gemischter Sozietäten beziehen sich allein und im Wesentlichen auf die Prüfung und Feststellung der Praxiswerte für den eintretenden Jungsozius und ausscheidenden Seniorpartner. Für den Ansatz der Bewertungsfaktoren bei gemischten Sozietäten ist primär festzustellen, ob eine gesonderte Spartenführung für die einzelnen Branchen vorliegt. In diesem Falle ist ohne weiteres das Umsatzwertverfahren unter Anwendung der branchenspezifischen Multiplikatoren anwendbar. Wenn – wie in den meisten Fällen – keine gesonderte Spartenbuchführung gegeben ist, werden in der Regel zumindest die Umsätze getrennt nach Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsumsätzen erfasst, so dass eine Zuordnung der branchenspezifischen Faktoren möglich ist. 72 Besteht keine getrennte Erfassung, auch ansatzweise nicht nach geschätzten Einzelumsätzen, ist eine Mischkalkulation unter Anwendung des Ertragswertverfahrens die einzige Möglichkeit zur Bewertung. Alle Berufsorganisationen empfehlen die Multiplikatormethode mit jeweiligen berufsspezifischen Varianten. Bei einer Sozietät, in der keine Berufsgruppe dominiert, können die erforderlichen Beträge und Faktoren zunächst getrennt ermittelt werden, so dass ein eigener Goodwill das vorläufige Ergebnis darstellt. Danach werden die anteiligen Goodwill-Beträge aufsummiert. Die Besonderheiten der einzelnen Berufsgruppen können somit berücksichtigt werden. 73 Da sich bei der StB-/WP-Kanzlei vor allem in Bezug auf die Personenbezogenheit und das Vertrauensverhältnis Mandant/Berufsträger aber keine Differenzen ergeben, kann m. E. von einer getrennten Ermittlung abgesehen werden.
4.
Bewertungsverfahren nach IDW
74 Das IDW erkennt das Ertragswertverfahren und die DCF Verfahren unabhängig vom Bewertungszweck als zulässige Verfahren zur Ermittlung von Unternehmenswerten an. Danach bestimmt sich dieser durch den Barwert der zukünftigen Nettozuflüsse34.
5.
Rechtslage nach dem neuen Erbschaftsteuerrecht
75 Nach der Neuregelung des Erbschaftsteuerrechts ist der Verkehrswert gem. § 12 ErbStG nach dem ersten Teil des Bewertungsgesetzes zu ermitteln35.
33 Heid, DStR 40/98, Seiten 1565 ff. 34 vgl. IDW Standards: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, IDW S. 1 in WPg, Die Wirtschaftsprüfung, Heft 17/2000, S. 825 ff. und WPg, Heft 19/2000, S. 985. 35 Für die Bewertung von Kanzleien gilt § 12 Erbschaftsteuergesetz i.V.m. § 95 ff., 11 BewG. Systematische und kritische Anmerkungen zur Wahl der Bewertungsmethode, vgl. Borggräfe, Rothe , BRAK Magazin 1/2010, S. 10
90
C.
3
Spezifika des Umsatzwertverfahrens
C.
Spezifika des Umsatzwertverfahrens
I.
Umsatzwertverfahren bei Steuerberaterkanzleien
C.
In der praktischen Anwendung überwiegt das Umsatzwertverfahren (UWV), bei welchem der Jah- 76 resnettoumsatz mit einem bestimmten Bewertungsfaktor multipliziert wird. Es ist in der Praxis fest etabliert, sowohl für die Preisfindung als auch für die Bewertung freiberuflicher Praxen. Das UWV stellt auf das aktuelle Angebot bzw. die aktuelle Nachfrage nach vergleichbaren Unternehmen im relevanten (meist lokalen) Markt ab. Hierzu haben sich am Markt für bestimmte Branchen, insbesondere bei denen der Goodwill einen dominierenden Anteil am Gesamtwert ausmacht, feste Relationen gebildet, die eine hohe Akzeptanz bei den Marktteilnehmern besitzen. Diese Erfahrungssätze bestehen gewöhnlich in einer Bandbreite und schwanken im Durchschnitt nur geringfügig im Zeitablauf. Dem vornehmlich bei der Bewertung von kleineren Handelsunternehmen sowie Freiberuflerpraxen angewandten Umsatzwertverfahren liegt die Annahme eines stabilen Umsatz-Kosten-Verhältnisses zugrunde, welches einen Schluss vom Umsatz auf den Gewinn zulassen soll. Die Höhe bestimmt sich nach dem in der Branche üblichen Multiplikationsfaktor; dieser ist wiederum von der Marktsituation abhängig (Angebot und Nachfrage sind auch hier bestimmend). Den einzig richtigen Wert einer Kanzlei gibt es nicht. Er hängt vielmehr von dem Zweck der Durch- 77 führung der Bewertung ab, d. h. die Zweckadäquanz (Aufgabenanalyse, um die korrekte Bewertungskonzeption zur Lösung der Fragestellung festzustellen) der Bewertung muss gewährleistet sein. Ebenso wie die individuelle Situation der bewertenden Parteien mit einbezogen werden muss.
1.
Bemessungsgrundlage
Bei der Bewertung nach dem UW-Verfahren wird von dem durchschnittlichen Jahresnettoumsatz 78 der letzten 3 Jahre ausgegangen. Auszugehen ist dabei vom periodischen Jahresnettoerlös abzüglich der Mandate, die gekündigt wurden oder mit deren Abgang aus anderen Gründen zu rechnen ist. Das Umsatzverfahren ist somit ein marktorientiertes Verfahren zur Ermittlung des Goodwill. Es beruht auf Preisvergleichen für die Bemessung des Goodwill anlässlich von bereits realisierten Transaktionen, die sich in einem Prozentsatz vom Umsatz niedergeschlagen haben.
2.
Multiplikator
Durch die Anwendung von Multiplikatoren, auch „multiples“ genannt, wird bei den marktwert- 79 orientierten Verfahren der Unternehmenswert als ein Vielfaches einer Bezugsgröße ermittelt. Die Bewertung mithilfe von Multiplikatoren ist oft als vereinfachtes Preisfindungsverfahren charakterisiert, welches zur Plausibilitätskontrolle von errechneten Ertragswerten dienen soll. In der Praxis geschieht dies aber umgekehrt. Die Höhe des Multiplikators bestimmt sich nach dem in der Branche üblichen Multiplikationsfaktor; dieser ist wiederum von der Marktsituation abhängig (Angebot und Nachfrage sind auch hier bestimmend). Eine wesentliche Rolle spielen dabei die sogenannten wertbildenden Merkmale, insbesondere die Ertragslage sowie Dauer der Mandatsverhältnisse, welche bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern bedeutend länger als bei Anwaltspraxen ist. 91
3
3
3
§3
Bewertung
80 Beim Ansatz des Faktors (Multiplikators) ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen neuen und alten Bundesländern, wobei von folgenden Bandbreiten ausgegangen werden kann: Neue Bundesländer: Faktor 0,7 bis 1,0 Alte Bundesländer: Faktor 0,8 bis 1,2 Bei den jeweils letzten Werten handelt es sich meist um Vorstellungen/Forderungen aus Sicht des Verkäufers, deren Realisierung bei überdurchschnittlich hoher Rendite möglich ist, marktbezogen aber Abstriche verlangt.
3.
Wertbildende Merkmale
81 Eine wesentliche Rolle spielen die wertbildenden Merkmale, insbesondere die Ertragslage sowie Dauer der Mandatsverhältnisse, welche bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern bedeutend länger als bei Anwaltspraxen ist. Bei der Ermittlung des Multiplikators werden branchenspezifisch werterhöhende und wertsenkende Merkmale herangezogen, hier bezogen auf Steuerberater:
a) Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q
92
Werterhöhende Merkmale breit gestreuter Mandantenkreis gute Mandanten- und Umsatzstruktur keine überalterten Mandanten langjährige Mandantenzugehörigkeit hohes Beratungsniveau Umsatz wird von großer Mandantenzahl getragen Spezialisierung auf ertragreiche Geschäftsfelder nutzbare Steigerungspotentiale und Entwicklungschancen kontinuierliches Wachstum günstiges Kosten-Umsatz-Verhältnis unterdurchschnittliche Kostenstruktur überdurchschnittliche Ertrags-/Gewinnsituation hohe Lastschriftquote geringe Forderungsausfälle zeitnahe Zahlungseingänge effizientes Mahnwesen, Vernetzung in der Region Kanzlei gut/langjährig eingeführt guter Ruf bei Mandanten, Kreditinstituten, Verbänden attraktives äußeres Erscheinungsbild straffe, systematische Kanzleiorganisation effiziente Kanzleisteuerung Qualitätsmanagement
C. Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q
b)
3
Spezifika des Umsatzwertverfahrens
zeitgerechte EDV-Ausrüstung Internet-Auftritt aufgeräumt klare Strukturen/Anzeigenplatzierung fachgerechte Ausbildung und Qualifikation der Mitarbeiter/Berufsträger kontinuierliche Teilnahme von Mitarbeitern und Inhaber an Fortbildung geringe Fluktuation der Mitarbeiter störungsfreies Arbeitsklima integre Teamarbeit, Integration Corporate Identity, Identifizierung mit Kanzleistatus- und zielen Mitarbeiterbeteiligung günstige örtliche Lage, auch zu Gerichten und Behörden ausreichendes Parkplatzangebot attraktive Wirtschaftsregion kontinuierliche Investitionen geringe Zahl der Haftungsfälle Kanzleiinhaber ist jünger als 60 Jahre
3
Wertsenkende Merkmale
Grundsätzlich gilt, dass die wertsenkenden Merkmale eine negative Ausprägung der zuvor genann- 82 ten werterhöhenden Merkmale darstellen. Zur Verdeutlichung dienen folgende Beispiele: Q Kanzlei besteht erst kurze Zeit Q (erst) gering eingeführt Q hohe Arbeitsrückstände Q Spezialisierung auf unattraktive/unwirtschaftliche Beratungsgebiete Q kleiner oder abgegrenzter Mandantenkreis Q überalterter Mandantenstamm Q Umsatz wird von wenigen Großmandanten getragen Q unsystematische Organisation, veraltete EDV-Ausstattung Q schlechtes äußeres Erscheinungsbild Q Lage der Kanzlei ungünstig Q hoher Wettbewerbsdruck Q unterdurchschnittlicher Gewinn Q überdurchschnittlich hohe Personalkosten Q negatives Kosten-Umsatz-Verhältnis Q Nachfolgeeinleitung erfolgt ungeplant oder überhastet Q Kanzleiinhaber scheidet kurzfristig aus oder ist verstorben Zu folgen ist der Empfehlung von Barthel, C.36, wonach diese Merkmale im Sinne einer „Adjustierung“, d. h. Feinabstimmung werterhöhend oder -mindernd in Ansatz gebracht werden. 36 „Unternehmenswert: Grundlagen und Varianten des Umsatzwertverfahrens“, DStR 1996, S. 1458,
93
3
3
§3
Bewertung
83 Die nachstehende Tabelle weist beispielsweise insgesamt 10 endogene situationsbezogene Adjustierungskriterien aus. Diese werden jeweils auf einer 10-stufigen Skala als Einflussfaktoren/wertbildende Merkmale mit der Gewichtung 0,10 bewertet. Dabei entspricht jede Skalaeinheit 6 Punkten. Das Produkt aus der Bewertung der einzelnen Kriterien und dem Maß der Skaleneinheit ergibt den Adjustierungsbeitrag pro Kriterium. Im folgenden Beispiel zeigen sich in der Anwendung folgende Ergebnisse: Nr. Einflussfaktor 1. 2.
3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Gewinn Steigerungspotentiale/ Einsparungsmöglichkeiten Umsatzentwicklung Mandantenstruktur Honorarstruktur nach Tätigkeitsbereichen Mitarbeiter Alter der Mandanten Praxisausstattung/ Kanzleiorganisation Lage der Praxis Liquidität Summe
-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 Faktor X X
X X X X X X X X
Gewicht Gewicht Faktor
24 12
0,10 0,10
2,40 1,20
12 18 0
0,10 0,10 0,10
1,20 1,80 0,00
18 12 18
0,10 0,10 0,10
1,80 1,20 1,80
6 18 138
0,10 0,10 1,00
0,60 1,80 13,80%
84 Das Produkt aus der Bewertung der einzelnen Kriterien und dem Maß der Skaleneinheit ergibt demnach den Korrekturwert pro Kriterium, d. h. der Korrekturwert wird mit der Gewichtung des Kriteriums multipliziert und führt in der Summe zu einem Gesamtkorrekturbetrag. Im Ergebnis ist zu dem Basisbemessungswert/Multiplikator von 100,0 % ein Gesamtkorrekturfaktor von 13,8 % zu addieren ist, so dass der Multiplikator 113,8 % = 1,138-fache des durchschnittlichen Jahresumsatzes beträgt.
II.
Umsatzwertverfahren bei Anwaltskanzleien
85 Nach gängiger Praxis und Literaturmeinung ist der ermittelte Jahresdurchschnittsumsatz mit dem von den Umständen des Einzelfalles abhängigen Berechnungsfaktor zur multiplizieren, der z.Zt. für Rechtsanwaltspraxen in der Regel innerhalb der Bandbreite von 0,3 und 1,0 liegt (BRAK, aaO, S. 114, Ziff. 3.). Dabei existiert allerdings kein verbindlicher Erfahrungssatz dahingehend, dass bei einer durchschnittlichen Kanzlei der Mittelwert der genannten Bewertungsfaktoren, d. h. zwischen 0,3 und 1,0 angesetzt werden müsse.
94
C.
1.
3
Spezifika des Umsatzwertverfahrens
Bemessungsgrundlage
für den Praxiswert der Anwaltspraxis ist der durchschnittlichen Umsatz der letzten drei Jahre ohne 86 Mehrwertsteuer37. Lt. Richtlinien der BRAK ist für die Bewertung von der Entwicklung der Kanzlei in den letzten drei Jahren vor dem Kalenderjahr des Bewertungsfalls auszugehen. Das letzte Kalenderjahr vor dem Stichtag wird üblicherweise doppelt gewichtet, so dass sich auf diese Weise die positive oder negative Entwicklung der Kanzlei in jüngster Zeit ausdrückt. Es werden daher die Umsätze der letzten drei vollen Kalenderjahre zusammengezählt und der Umsatz des letzten vollendeten Kalenderjahres nochmals addiert, das Ergebnis wird dann durch vier geteilt.
2.
Multiplikator
Nach gängiger Praxis und Fachliteraturmeinung ist der ermittelte Jahres-Durchschnittsumsatz mit 87 dem von den Umständen des Einzelfalles abhängigen Berechnungsfaktor zur multiplizieren, der z.Zt. für Rechtsanwaltspraxen in der Regel innerhalb der Bandbreite von 0,3 und 1,0 liegt (BRAK, aaO, S. 114, Ziff. 3.). Die Untersuchung und Analyse der meisten bewerteten Anwaltskanzleien lässt als Ausgangs- bzw. 88 Grundfaktor den Ansatz des mittleren Wertes der oben genannten Bandbreite (0,3 bis 1) d. h. den Faktor 0,65 zu. Die Aussagen der Rechtsprechung38 zu diesem Thema sind spärlich, uneinheitlich und unübersichtlich. Der BGH scheint dazu zu neigen, das Ertragswertverfahren, welches auch insoweit die allein richtige Bewertungsmethode wäre39, auf die Bewertung von Freiberuflerpraxen nicht anzuwenden und auf die Standesrichtlinien zu verweisen40.
3.
Abzug der kalkulatorischen Anwaltsleistung?
Ist der Multiplikator unter Berücksichtigung der genannten Merkmale ermittelt und der Umsatz mit 89 ihm vervielfältigt, dann könnte von der verbleibenden Summe fiktiv ein sogenannter kalkulatorischer Anwaltslohn abgezogen werden. Dieser wird, in Anlehnung an die Richterbesoldung und aus ihr mit einem entsprechenden Prozentsatz abgeleitet, derzeit mit etwa Euro 40.000,-- angesetzt. Ein solcher Abzug basiert auf der Überlegung, dass ohne die persönliche Leistung eines Anwaltes der zugrunde gelegte Umsatz nicht hätte erzielt werden können, vgl. Rechtsprechung des BGH zum kalkulatorischen Unternehmerlohn/Tätigkeitsvergütung vom 24.10.1990, BB 1991, 311. Der Abzug des kalkulatorischen Unternehmerlohns ergibt sich wegen der Vergleichbarkeit mit Ka- 90 pitalgesellschaften, die in den Personalkosten sowohl in steuerlicher als auch in handelsrechtlicher Hinsicht die Geschäftsführergehälter abziehen und damit den Überschuss mindern. (Hier ergibt sich eine Parallele beispielsweise zu dem Gehalt eines Firmengeschäftsführers, das ebenfalls nicht der Ertragskraft des Unternehmens zugerechnet werden darf). 37 38 39 40
Bundesrechtsanwaltskammer, Zur Bewertung von Anwaltspraxen, BRAK-Mitteilungen 1992, S. 24, Piltz (Fn. 7), S. 56 Hierzu eingehend Schmidt-von Rhein, (Fn. 7), S. 80 ff. auch zur Rechtsprechung zu Arztpraxen Piltz, (Fn. 7), S. 259 Piltz, (Fn. 7), S. 205
95
3
3
3
§3
Bewertung
Der ursprünglich von der BRAK vorgeschlagene Abzug des kalkulatorischen Unternehmerlohns41 vom Ergebnis aufgrund der Berechnung nach dem Umsatzwertverfahren ist nicht angemessen. Dieser Abzug widerspricht dem Grundgedanken des Umsatzverfahrens als Multiplikatorverfahren: Das Verfahren beruht auf der Ausgangsgröße Umsatz, die durch den Multiplikator modifiziert wird. Kosten bleiben bei der Ermittlung des Praxiswertes dabei grundsätzlich außer Betracht, wenn man einmal von der Einbeziehung des Faktors Kostenstruktur in die Ermittlung des Multiplikators absieht. Das ist gerade der Unterschied zu den Bewertungsverfahren, die auf dem Gewinn als Bewertungsmaßstab nach dem Ertragswertverfahren aufbauen42. Es ist nicht ersichtlich, warum ein einzelner Kostenfaktor, nämlich der kalkulatorische Unternehmerlohn, vom Ergebnis abgezogen werden sollte. Dies gilt umso mehr, als es sich hierbei um fiktive („kalkulatorische“) Kosten handelt. An einem objektiven Festlegungskriterium fehlt es. Anderes gilt bei der Ermittlung nach dem modifizierten Ertragswertverfahren, welches als Korrektiv auch bei Rechtsanwaltspraxen zur Anwendung kommen mag. In diesem Fall ist der kalkulatorische Anwaltslohn in Abzug zu bringen. 91 In der Fachliteratur wird die Meinung vertreten, der vorgenannte kalkulatorische Anwaltslohn orientiere sich an der vergleichsweisen Richterbesoldung, sei um ca. 40 % für Altersversorgung und Beihilfen zu erhöhen. Dabei geht der BRAK-Ausschuss für den Übergabe- und Beteiligungswert vom Abzug – bloß – eines halben Anwaltslohns aus43. Dies ist strittig: ablehnend Eich (Bewertung), S. 28; zustimmend Möller, S. 110 f. Während nach dem BRAK-Vorschlag die Wertermittlung mit dem Abzug des kalkulatorischen Anwaltslohns endet, stellt sich die Frage nach der Berücksichtigung eines Risikofaktors, da Fehlerrisiken stets immanent sind. 92 Es wäre nach Meinungen in der Fachliteratur generell ein Risikofaktor in Höhe von 20% zu berücksichtigen, der im Einzelfall auch höher sein kann44. Der weitaus geringere Bewertungsfaktor bei Anwaltspraxen gegenüber dem Faktor bei Steuerberater- und WP-Praxen, resultiert aus dem Umstand bzw. der Tatsache, dass die Kontinuität der Mandate fehlt. Während der Anwalt auf laufend neue Fälle und Mandate angewiesen ist, stehen den Steuerberatern die Mandanten langjährig, oft über Jahrzehnte zur Verfügung. Diese Kontinuität der Mandatierung löst den vergleichbar doppelten bis mehrfachen Bewertungsfaktor (bezogen auf den Jahresnettoumsatz) aus. 93 Die laut Bundesrechtsanwaltskammer gebotene sorgfältige Prüfung und Gewichtung der individuellen Bewertungsmerkmale verändert den vorgenannten Grundfaktor/Multiplikator in weiterer Hinsicht. Mit anderen Worten: Der Multiplikator 0,65 (65% der Bemessungsgrundlage) wird aufgrund der individuellen Situation der Anwaltssozietät um bestimmte Punkte/Prozentsätze erhöht oder vermindert, und zwar unter Berücksichtigung der wertbildenden Merkmale.
4.
Wertbildende Merkmale
94 Für die genauere Bestimmung des Berechnungsfaktors geben die Fachliteratur und die BRAK Hinweise auf spezielle wertbestimmende Merkmale – sowohl erhöhend als auch senkend.
41 BRAK-Mitt. 1992, 24 (26) 42 vgl. auch Schiffer/Scherf/Hecker, AGS 2003, 280 (281), die allerdings auch beim Umsatzverfahren einen Abzug für Unternehmerlohn vornehmen wollen. 43 BRAK-Mitteilungen, 1992, S. 27 unter IV. a bis 2. ff. 44 näher Eich, Bewertung, S. 30 ff.; Kaiser/Wollny, S. 65 f.; kritisch Möller, S. 112 f., vgl. auch Beck’sches Rechtsanwaltshandbuch, Ausgabe 2001/2002, H 6 2. (S. 1692).
96
C.
a)
3
Spezifika des Umsatzwertverfahrens
Werterhöhende Merkmale
Bei der Einzelbestimmung des Bewertungsfaktors können z. B. folgende Merkmale werterhöhend 95 sein: Q Bestehen der Kanzlei länger als zehn Jahre Q überdurchschnittlich niedrige Kosten Q besonderer Ruf der Kanzlei Q günstige Standort-, Geschäfts- und Konkurrenzlage der Kanzlei Q Monopolstellung des Kanzleiinhabers am Ort (Platzhirsch) Q moderne Ausstattung der Kanzlei, hoher Organisationsgrad Q Verbindung der Anwalts- mit Notariatstätigkeit Q Steigerungspotentiale, Expansionsmöglichkeiten Q qualifizierte Mitarbeiter, hoher Kenntnis- und Ausbildungsstand, kreativ denkend, langjährige Zugehörigkeit zur Praxis, günstiges Verhältnis von Mitarbeiterzahl zum Umsatz deutet auf hohe Produktivität des Einzelnen Q kontinuierliche Investitionen in Mitarbeiterausbildung und Kanzleiausstattung, Programme und Marketing Q überdurchschnittliche Ertrags-/Gewinnsituation
b)
Wertsenkende Merkmale
Für die Einzelbestimmung des Berechnungsfaktors können z. B. wertsenkende Merkmale sein: Q Bestehen der Kanzlei seit weniger als zehn Jahren Q schlechte Gesundheit des Kanzleiinhabers Q überdurchschnittlich hohe kanzleibedingte Kosten Q Rückgang der Jahresumsätze Q unterdurchschnittlicher Gewinn Q hohe Verluste Q überdurchschnittlich hoher Aufwand für Personalkosten Q überdurchschnittlich hoher Aufwand für Raumkosten Q wirtschaftliche Situation, insbesondere in den neuen Bundesländern Q negative Aussichten zur Umsatzentwicklung Q kein aktueller technischer Ausrüstungsstandard der Praxis, Q Nachholbedarf an Investitionen in die Infrastruktur, insbesondere EDV-Ausrüstung, Q Anpassungsbedarf an neue Betriebssysteme Q ungünstige Mandantenstruktur Q hohe Mitarbeiterfluktuation, schlechtes Betriebsklima
96
97
3
3
§3
5.
3
Bewertung
Folgerungen
97 Je umfangreicher und intensiver die wertbildenden Merkmale erfüllt sind (und negative Umstände fehlen), um so mehr kann der Kaufpreis dem oberen Faktor aus den vorgenannten Bewertungsbandbreiten angenähert bzw. dieser auch überschritten werden. Sind die wertbildenden Merkmale gar nicht oder gering/schwach erfüllt, kommt der niedrigere Faktor in Betracht. Als Beispiel führt die Bundesrechtsanwaltskammer an, eine Reduzierung auf Null komme insbesondere dann in Betracht, wenn durch Krankheit oder aus anderen Gründen eine Kanzlei lange nicht mehr betrieben wurde oder völlig unwirtschaftliche oder zerrüttete Verhältnisse vorliegen45. 98 Eine absolute Zuordnung oder verbindliche Bewertung ist allerdings nicht möglich, da es jeweils von der Interessenlage und Einschätzung der Beteiligten abhängt, wie sich die einzelnen Merkmale in Umsatzentwicklung und Rendite auswirken. Über die obige verbale Darstellung betreffend die Praxismerkmale und Aussagen hinausgehend wird – wie schon bei der Bewertung von Steuerberaterkanzleien – der Empfehlung von Barthel, C.46 gefolgt, wonach im Sinne einer „Adjustierung“, d. h. Feinabstimmung die den Faktor bestimmenden Korrekturen – werterhöhend oder -mindernd – in Ansatz gebracht werden. D.
D.
Nachfolgestrategien
99 Zur Einführung von Nachfolgestrategien gibt es zahlreiche Variationen.
I.
Variationen, die sich wie folgt darstellen durch
1.
Fortführung des Unternehmens
100 in Form von Q familieninternen Regelungen Q Aufbau eines externen Nachfolgers Q Bindung an ein Konkurrenzunternehmen
2.
Trennung
101 von Führung („Fremde“) und Kapital („Familie“) durch Q Rechtsformwechsel Q Fremdgeschäftsführer Q Kooperation /Beteiligung
45 vgl. Bundesrechtsanwaltskammer, Mitteilungen 3/2007, III. 46 „Unternehmenswert: Grundlagen und Varianten des Umsatzwertverfahrens“, DStR 1996, S. 1458
98
3
D. Nachfolgestrategien
3. Q Q
4. Q Q Q
II.
Installation einer Stiftung 2.1. Familienstiftung 2.2. Gemeinnützige Stiftung
Verkauf der Kanzlei/des Unternehmens an
3
unternehmenseigene Führungskräfte („MBO“) externe Führungskräfte („MBI“) dritte Personen
Realteilung/Aufgabe/Liquidation
Die Realteilung ist das Ende einer Personengesellschaft durch Aufteilung des Betriebsvermögens 102 unter Umwandlung des gemeinschaftlichen Eigentums in Alleineigentum. Zivil- und handelsrechtlich handelt es sich bei der Realteilung um eine andere Art der Auseinandersetzung im Sinne der §§ 145 Abs. 1 HGB, 731 BGB und damit nicht um eine Liquidation des Gesellschaftsvermögens durch Versilberung47.
47 BFH vom 10.12.1991, BStBl 1992 II, S. 385.
99
4
§ 4 Kanzleientwicklung und Optimierung A.
4
A.
Einleitung
1 In einem wettbewerbsintensiven Umfeld reicht es nicht aus, fachlich erstklassige Arbeit abzuliefern. Vielmehr müssen aktiv die Akquise neuer Mandate sowie die konsequente und systematische Organisation und Steuerung der Kanzlei betrieben werden. Anderenfalls droht selbst bei guten Umsätzen eine schleichende Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit der Kanzlei. Das kann der Fall sein, wenn bei stagnierenden Umsätzen die Kosten steigen. Auch bei ineffizienter Mandatsbearbeitung droht eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Gründe für nachlassende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Kanzlei im Laufe der Zeit gibt es viele. 2 Daher ist es praktisch bedeutsam, den Aufbau und die Abläufe der Kanzlei strukturiert und systematisch zu organisieren. Bereits mit vergleichsweise geringem Aufwand lassen sich so deutliche Verbesserungen erreichen. Wichtig ist dabei, ein planvolles, schlüssiges Gesamtkonzept zu entwickeln, welches in der Folge konsequent von der Geschäftsleitung und der Belegschaft getragen und weiterentwickelt wird. Hauptbestandteil des Konzepts sollte in jedem Fall eine Kanzleistrategie mit konkreten Zielvorgaben sein. Die Strategie gibt die Richtung vor, in die sich die Kanzlei entwickeln soll, und definiert damit das unternehmerische Handeln des Inhabers wie auch das operative Geschäft der Kanzlei. Eine konkrete Strategie allein reicht jedoch nicht aus, um die Kanzlei effizient zu entwickeln; vielmehr müssen die Zielerreichung und die strategischen Risiken stets überwacht werden, die Akquise muss systematisch betrieben und die Organisation sinnvoll gestaltet werden. 3 Aus diesen Anforderungen wird deutlich, dass eine Kanzlei ein komplexes, dynamisches Gebilde ist, dessen unterschiedliche Bestandteile nicht nur einzeln betrachtet werden dürfen, sondern deren gegenseitige Auswirkungen bei allen Überlegungen bedacht werden müssen. Im Folgenden sollen nun die Anforderungen an die Kanzleistrategie sowie die Instrumente Marketing, Controlling, Risikomanagement und Liquiditätsmanagement vorgestellt werden. Zudem werden einige Aspekte der Organisation und des Personalwesens näher beleuchtet. B.
B.
Kanzleistrategie
I.
Bedeutung
4 Die Bedeutung der Kanzleistrategie liegt darin, dass Sie die Richtung, in die sich die Kanzlei entwikkeln soll, vorgibt. Dabei muss sie nicht zwangsläufig starr sein. Im Gegenteil ist es oft notwendig, dass die Strategie veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden kann, also in gewissem Maße flexibel ist. Entscheidend ist, dass Anpassungen der strategischen Ausrichtung mit Bedacht und nur dergestalt erfolgen, dass die Kanzlei dadurch vorangebracht wird. Der eingeschlagenen Richtung muss weiter konsequent gefolgt werden, so dass die Anpassungen in der Regel Einzelfragen betreffen.
100
J. Platz, Die erfolgreiche Kanzlei, DOI 10.1007/978-3-8349-6471-7_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
B.
II.
Kanzleistrategie
4
Die strategische Ausrichtung – Einflussfaktoren
Eine Kanzleistrategie kann nicht entwickelt werden, ohne zunächst eine gründliche Analyse des Ist- 5 Zustands vorzunehmen. Diese Analyse muss sowohl externe Faktoren, also etwa wirtschaftliche, rechtliche oder gesellschaftliche Rahmenbedingungen als auch interne Faktoren wie vorhandene Kompetenzen, finanzielle Situation oder Kanzleistruktur beinhalten.
1.
Externe Faktoren
4
Auf die externen Faktoren kann eine Kanzlei nur reagieren, aber keinen direkten Einfluss ausüben. 6 Daher gilt es, sich so gut wie möglich auf das Umfeld einzustellen, um eine gute Wettbewerbsposition zu erreichen. Externe Faktoren sind: Q Wettbewerbssituation Der Wettbewerb der Steuerberater untereinander ist bei weitem nicht so scharf wie derjenige der Rechtsanwälte. (vgl. Berufsstatistik der Bundessteuerberaterkammer 2009 sowie der Bundesrechtsanwaltskammer1). Dennoch ist auch für Steuerberater das Erreichen einer starken Wettbewerbsposition überlebenswichtig. Q Konjunktur Die Branche hängt weniger stark von der Konjunktur ab als andere Branchen, dennoch wirkt sich selbstverständlich eine schlechte konjunkturelle Lage auch auf Steuerberatungskanzleien aus. Den besten Schutz vor konjunkturbedingten Flauten bieten der Aufbau einer starken Wettbewerbsposition, eine gute Kostenstruktur und ein diversifiziertes Leistungsspektrum. Q Gesetzgebung Die Gesetzgebung hat in zweierlei Hinsicht Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Kanzlei, zum einen durch die Veränderung der wettbewerblichen Rahmenbedingungen (etwa Vergütung, Niederlassungsfreiheit) und zum anderen durch ständige Anpassungen des Rechts, auf die sich Steuerberater in ihrer Beratungstätigkeit einstellen müssen. Q Gesellschaftliche Entwicklung Die Entwicklung und Verteilung von Einkommen und Wohlstand sowie die demografische Entwicklung haben ebenfalls Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Kanzlei. Eine Erhöhung des Mandanteneinkommens führt zu höherem Honorarvolumen der Kanzlei, der Altersanstieg und der Bevölkerungsrückgang verringern langfristig den Bedarf an Steuererklärungen, können aber zugleich zu mehr qualifizierter Anhang- und Rentnerberatung führen.
2.
Interne Faktoren
Interne Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit einer Kanzlei beeinflussen, erscheinen nur auf den 7 ersten Blick leichter beherrschbar. Vielmehr stellen notwendige Veränderungen dieser Faktoren aufgrund der Beharrungskräfte innerhalb der Kanzlei eine große Herausforderung dar. So wird es bei den Mitarbeitern, oft genug aber auch bei Inhabern erhebliche Widerstände gegen sinnvolle, vielleicht sogar unvermeidliche Veränderungen geben.
1
http://www.brak.de/seiten/pdf/Statistiken/2009/Entwicklung.pdf
101
4
4
§4
Kanzleientwicklung und Optimierung
8 Die Faktoren im Einzelnen: Q Leistungsangebot Für die Attraktivität einer Kanzlei, ihren Ruf und ihre wirtschaftliche Kraft ist das Leistungsangebot von größter Bedeutung. Gleichzeitig ist es aber nicht willkürlich festlegbar, sondern wird beeinflusst von vielen externen wie internen Faktoren, einschlägigen Gesetzesänderungen und laufenden Anpassungen des Beratungsinhaltes; intern reagiert der anpassungsfähige KanzleiInhaber mit entsprechenden Fachschulungen für sich und die Mitarbeiter. Q Kostenstruktur Hohe Kosten bzw. eine schlechte Kostenstruktur sind besonders schädlich, gleichzeitig aber auch gut zu beseitigen, sofern der entsprechende Wille dazu vorhanden ist. Ein effektives Kostenmanagement sorgt sowohl für höheres verfügbares Einkommen des Inhabers wie auch für bessere Aussichten, Krisenzeiten zu überstehen. Q Vorhandene Kompetenzen Den bei Inhabern und Mitarbeitern vorhandenen Kompetenzen kommt eine wichtige Rolle zu, da diese Kompetenzen sowohl Auswirkungen auf das Leistungsangebot haben als auch auf die Qualität der angebotenen Leistungen. Q Kanzleiplanung Das Fehlen einer klaren und aussagekräftigen Kanzleiplanung ist nicht nur bei Kreditverhandlungen von Nachteil. Es bedeutet auch für den Inhaber den Verlust eines mächtigen Instrumentes. Die Unternehmensplanung dient zur Identifizierung seiner Ziele und als Richtschnur des unternehmerischen Handelns, als Informations- wie auch als Kontrollinstrument. Q Systematik Die Systematik in der Kanzleisteuerung bezieht sich sowohl auf die Organisation als auch auf das betriebswirtschaftliche Instrumentarium der Kanzlei. Hierunter fallen Instrumente wie Controlling, Marketing oder Risikomanagement.
III.
SWOT-Analyse
9 Die SWOT-Analyse (= S – Strengths (Stärken), W – Weaknesses (Schwächen), O – Opportunities (Chancen) und T – Threads (Bedrohungen)) ist ein Instrument, welches zur systematischen Erfassung und Bewertung der zuvor geschilderten externen und internen Faktoren und zur Entwicklung einer daraus abgeleiteten Strategie dient. Nach Ansicht des Autors ist die SWOT-Analyse für Freiberufler in besonderem Maße geeignet, da sie ein einfaches Instrument ist, welches der vergleichsweise geringen Komplexität des strategischen Prozesses bei Freiberuflern entgegenkommt. Aus den Erkenntnissen der SWOT-Analyse lassen sich vier verschiedene Ansätze und die Umsetzung ableiten: 1. Konzentration auf die Stärken der Kanzlei unter Berücksichtigung ihrer relativen Wettbewerbsvorteile (Stärken/Chancen). Dieser Ansatz bezieht sich rein auf die positiven Aspekte einer Kanzlei. Ein Beispiel ist die 2. Beseitigung der Schwächen der Kanzlei (Umwandlung oder Eliminierung) und Nutzen von Marktchancen. Statt Schwächen spreche man von „Entwicklungspotentialen“! 3. Möglichen externen Gefahren für den Erfolg der Kanzlei sollte man mit deren Stärken entgegentreten.
102
B.
Kanzleistrategie
4
4. Beseitigung interner Schwächen, um externen Gefahren besser begegnen zu können (Schwächen/Gefahren). Um eine erfolgreiche Kanzleistrategie zu implementieren, ist die Berücksichtigung aller Faktoren er- 10 forderlich. Eine Qualifizierung und eine Quantifizierung der Effekte der Faktoren nimmt die SWOTAnalyse nicht vor. In der Regel hilft jedoch bereits das Verdeutlichen dieser Faktoren, um daraus geeignete Rückschlüsse ziehen zu können; dies gilt insbesondere für inhabergeführte Freiberuflerpraxen mit vergleichsweise überschaubaren Leistungsangeboten und Märkten.
IV.
4
Strategische Ziele
Auf die Analyse muss eine daraus abgeleitete Zielsetzung erfolgen. Die strategischen Ziele sind die 11 eigentliche Richtschnur für das unternehmerische Handeln der Kanzlei. Ohne die Orientierung an diesen strategischen Zielen besteht die Gefahr, in eine kurzfristige, ungeplante Kanzleientwicklung zu geraten. Beispiele für strategische Ziele in einer Steuerberatungskanzlei können etwa sein: Q Marktführerschaft in der bearbeiteten Region Q Positionierung der Kanzlei als anerkannter Spezialist für ein oder mehrere Fachgebiete Q Dauerhafter Kanzleijahresumsatz von … T€ Unterschiedliche Ziele können einander ergänzen, aber auch behindern, daher ist es erforderlich, 12 eine Gewichtung vorzunehmen und den Zielen unterschiedliche Prioritäten zuzuweisen.
V.
Konkrete Strategieansätze
Um die zuvor festgelegten Ziele erreichen zu können, müssen konkrete Strategien eingesetzt werden. 13 Für Steuerberatungskanzleien kommen verschiedene Strategieansätze in Betracht. Konkrete Ansätze könnten etwa folgende sein: Q Spezialisierung Dabei konzentriert sich die Kanzlei auf ein oder wenige Spezialgebiete. Vorteil dieser Strategie sind die genaue Zielgruppenausrichtung, hohe Fachkompetenz, die Möglichkeit, einen guten Ruf sowie hohen Bekanntheitsgrad zu erreichen, und als besonders kompetent in den bearbeiteten Fachgebieten zu gelten. Dieser Strategieansatz ist erfolgversprechend und daher empfehlenswert. Eine Praxis als Generalist zu führen und viele Fachgebiete zu bearbeiten, führt gerade bei kleinen Kanzleien mit wenigen Berufsträgern entweder zur unrentablen Mandatsbearbeitung, da ein hoher Rechercheaufwand betrieben werden muss, um die qualitativen Anforderungen zu erfüllen. Oder die Qualität der Mandatsbearbeitung leidet, da es nicht möglich ist, in allen Gebieten ständig auf dem Laufenden zu sein. Beide Situationen sind der erfolgreichen Kanzleientwicklung nicht zuträglich. Mit einer konkreten Strategie und einer daraus abgeleiteten Spezialisierung hingegen kann eine Kanzlei ihr Profil schärfen und wird von außen ganz anders wahrgenommen. Q Konzentration/Kooperation Sehr sinnvoll ist auch die Konzentration mehrerer Kräfte. Eine Einzelkanzlei wird es sehr schwer haben, sich im weiter zunehmenden Wettbewerb auf lange Sicht zu behaupten. Daher geht der Trend verstärkt zur Gründung von Sozietäten oder Steuerberatungsgesellschaften. Diese bieten z. B. die Vorteile, dass ein größeres Aufgabenspektrum ohne qualitative oder wirtschaftliche Verluste bearbeitet werden kann, dass größere Mandate angenommen werden können und dass Aufgaben wie die Akquise auf mehrere Schultern verteilt und so besser erledigt werden können. 103
4
§4
Q
4 Q
Q
Kanzleientwicklung und Optimierung
Wenn die feste Einbindung durch eine Sozietätsgründung nicht erwünscht ist, bietet sich alternativ die Kooperation mit anderen Kanzleien an, vorzugsweise in anderer fachlicher Ausrichtung. Zur Gewinnung und Bearbeitung größerer Mandate können aber auch Kanzleien mit gleicher oder ähnlicher Ausrichtung kooperieren. Preisführerschaft Dabei bietet die Kanzlei die günstigsten Preise für die angebotene Leistung in einem Referenzgebiet an. Diese Strategie ist nicht zu empfehlen, da sie viele Nachteile mit sich bringt. Der wohl bedeutendste ist die fast schon zwangsläufig geringe Rentabilität. Diese führt zu einem geringen Einkommen des Inhabers, aber auch zu Schwierigkeiten, notwendige Investitionen vorzunehmen. Hinzu kommen ein schlechter Ruf und oftmals wenig zuverlässige Mandanten. Kostenführerschaft Anders als bei der Preisführerschaft ist es Ziel der Kostenführerschaft, durch eine gute Kostenstruktur die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Dieser Strategieansatz ist rein intern ausgerichtet und hat keinen Einfluss auf die Außenwirkung der Kanzlei. Daher ist dieser Ansatz gut mit anderen Ansätzen zu einer Gesamtstrategie zu verbinden; der Erfolg bei der Kostensenkung hat direkte Auswirkungen auf die Rentabilität der Kanzlei. Serviceorientierung Dieser Ansatz geht dahin, mehr Nutzen zu bieten als der Wettbewerb. Über die reinen Beratungsleistungen hinaus werden besondere Dienste angeboten, z. B. die für Laien verständlich aufgearbeitete Klärung rechtlicher Hintergründe, telefonische Kurzberatung etc.
VI.
Praktische Umsetzung
14 In der Praxis ist eine aus mehreren Ansätzen entwickelte, stimmige Strategie erforderlich. Dabei müssen die einzelnen Ansätze entsprechend den strategischen Zielen bewertet werden, um die optimale Zielerreichung zu ermöglichen. Die schließlich gewählte Strategie muss konsequent umgesetzt werden. Dies ist häufig genug ein entscheidender Stolperstein. Im Alltagsgeschäft geht die notwendige Beschäftigung mit der und die Ausrichtung auf die Strategie oft unter. 15 Daher bietet sich die Umbruchssituation einer Kanzleinachfolge oder -beteiligung in besonderem Maße an, strategische Neuausrichtungen vorzunehmen. Ein neuer In- oder Teilhaber wird ohnehin eigene Ideen und Ansätze einbringen. Es empfiehlt sich also, eine systematische Strategieentwicklung nach den zuvor beschriebenen Grundsätzen zu entwickeln, an dem neben dem Übergeber und dem Nachfolger auch die Mitarbeiter beteiligt werden. 16 Wichtige Punkte für die erfolgreiche Implementierung einer Kanzleistrategie sind: Q Akzeptanz bei Management und Belegschaft Q Konkreter Zeitplan, Planung des Ressourceneinsatzes Q Festlegung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten Q Schriftliche Fixierung der Strategie Q Vorleben durch Inhaber
104
C.
VII.
4
Marketing
Evaluation
Wie beschrieben, ist eine Kanzleistrategie nicht auf ewig unveränderbar festgelegt. Vielmehr ist jedes 17 Unternehmen und als solches auch eine Steuerberaterkanzlei ein dynamisches Gebilde. Die Umwelt der Kanzlei sowie ihr Innenleben sind ständigen Veränderungen unterzogen. Daraus folgt die Notwendigkeit, die Kanzleistrategie fortwährend zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Dabei kann es sich um einen langsamen und kaum merklichen Anpassungs- und Optimierungsprozess handeln, manchmal kann es aber auch sein, dass dramatische Änderungen der Kanzleiumwelt zu gravierenden Anpassungen führen. Wichtig ist in dem Zusammenhang, mögliche Veränderungen frühzeitig zu erkennen, rechtzeitig 18 darauf zu reagieren und vor allem nicht zu lange an liebgewonnenen, aber nicht mehr zielführenden Gewohnheiten festzuhalten.
C.
Marketing
C.
Das Marketing ist eng mit der Kanzleistrategie verbunden. Zum einen müssen die notwendige Be- 19 standsaufnahme und die Festlegung der Strategie bereits unter Marketinggesichtspunkten erfolgen, zum anderen dient das Marketing der operativen Umsetzung der gewählten Strategie.
I.
Definition
Die Bedeutung eines funktionierenden Marketings für jedes Unternehmen, auch für Steuerbera- 20 tungskanzleien, kann kaum überschätzt werden. Im Marketing sind alle Instrumente zur erfolgreichen Positionierung eines Unternehmens am Markt enthalten. Marketing kann als „Ausdruck eines marktorientierten und unternehmerischen Denkstils, der sich durch eine schöpferische, systematische und zuweilen auch aggressive Note auszeichnet“2, angesehen werden. Damit wird der Kern des Marketings, nämlich die Ausrichtung des unternehmerischen Handelns an den Marktgegebenheiten, klar betont. Zusätzlich kommen die Eigenschaften, die das Marketing auszeichnen, nämlich schöpferische Kraft, Systematik und Aggressivität zum Ausdruck. Die schöpferische Kraft der Marketingstrategie ist bereits durch deren Reflexion sowie die Kanzlei- 21 planung indiziert und mit der Gestaltung des Leistungs- und Serviceangebots umgesetzt. Mit anderen Worten: Marktbezogene, realistische Visionen postulieren und realisieren die erfolgsrelevante Durchdrängung des Marktgeschehens und lassen zielorientierte Erfolge erwarten Systematik bedeutet, alle mit dem Verkauf der eigenen Leistungen zusammenhängenden Aspekte aufeinander abzustimmen und kontinuierlich einzusetzen. Dazu zählen die Analyse des Marktes und des Wettbewerbs genauso wie die Fokussierung auf die eigenen Stärken und die eventuelle Anpassung des Leistungsspektrums, die planvolle Durchführung von Werbemaßnahmen genauso wie die Kontrolle der Erfolge. Der Anspruch auf Marktdurchdringung spiegelt sich in den Werbemaßnahmen und dem Außen- 22 auftritt wider. Hier gibt es m. E. für viele Kanzleien noch einiges zu tun. Beispielsweise leisten sich manche Kanzleien keinen oder nur einen sehr mangelhaften Internetauftritt.
2
vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, Marketing, Verlag Duncker & Humboldt
105
4
4
§4
II.
4
Kanzleientwicklung und Optimierung
Marketingziele
23 Bevor Marketingmaßnahmen geplant werden, müssen zunächst Marketingziele gesetzt werden, die sich als operative Ziele an der Kanzleistrategie orientieren. Wenn etwa die Kanzleiziele „Positionierung als Spezialist für das Fachgebiet xy“ und „Spezialisierung“ verfolgt werden, sind die Marketingziele darauf abzustimmen. Denkbar wäre z. B. das Ziel, eine gewisse Anzahl von Veröffentlichungen in einer dem Fachgebiet entsprechenden und von der Zielgruppe wahrgenommenen Publikation zu verfassen, z. B. „Auswirkungen der geänderten Erbschaftsteuer-Gesetzgebung auf die individuelle Mandantenberatung“. 24 Weitere allgemeine Marketingziele sind beispielsweise eine besonders gute Mandantenbindung, Gewinnung eines bestimmten Marktanteils oder festgelegte Deckungsbeiträge. Wichtig ist, alle Ziele für eine Messung und dementsprechende Evaluierung hinreichend genau zu definieren. Eine Zielformulierung wie „Wir wollen unseren Marktanteil erhöhen“ ist nicht ausreichend, da eine Messbarkeit der Zielerreichung nicht exakt möglich ist. 25 Stattdessen müsste die Zielaussage lauten: „Innerhalb eines Jahres wollen wir unseren Marktanteil von 12,5% auf 15% erhöhen“.
III.
Praktische Anwendung
26 Bedeutend ist, dem Marketing der eigenen Tätigkeit eine eindeutige Richtung und feste Struktur zu geben, als entscheidenden Faktor zum Beispiel die Profilentwicklung der Kanzlei im Bereich der Akquise und somit der Umsatzgenerierung vorzugeben. Zur Marketingstrategie und Systematik gehören auch die Zielgruppendefinition, die konsequente Ausrichtung des Handelns an den Marketingzielen und die Kommunikation nach außen. 27 Der einheitliche Auftritt der Kanzlei als sogenanntes corporate design ist ein wichtiges äußeres Erscheinungsbild. Sämtliche nach außen wirkenden Erscheinungsformen, seien es Briefe, Visitenkarten, Werbeanzeigen, Prospekte, der Internetauftritt oder auch Präsentationsunterlagen bei Fachvorträgen, müssen einer einheitlichen Gestaltung folgen. Als wichtigster Bestandteil des Außenauftritts muss dabei ein Logo auf allen Unterlagen vorhanden sein, da sich bildliche Elemente besser einprägen und sich folglich durch einen höheren Wiedererkennungswert auszeichnen als Schriftelemente.
IV.
4P – Product, Price, Place, Promotion
28 Die Festlegung der Marketingaktivitäten sollte unter Berücksichtigung der sogenannten 4 P (Product, Price, Place und Promotion) erfolgen: Q Product (Leistung): Hier wird festgelegt, welche konkreten Leistungen angeboten werden sollen. Wichtig ist die Ausrichtung am Nutzen für den Mandanten, d. h. man sollte sich in die Lage des Mandanten hineinversetzen und sich überlegen, welche Probleme dieser eigentlich gelöst haben will. Dabei ist immer zu bedenken, dass den Mandanten die Lösung seines Problems interessiert. Was ihn nicht interessiert, ist der Weg dorthin. Also sollte die Leistung derart dargestellt werden, dass das Ergebnis im Vordergrund steht, nicht unbedingt die Person des Beraters.
106
C. Q
Q
Q
V.
Marketing
Price (Preispolitik): Neben dem eigentlichen Preis der Leistung fallen hier auch weitere Konditionen ins Gewicht, z. B. in einem Festpreis enthaltene Service-Leistungen etc. Dieser Aspekt ist in der Regel bereits durch die Positionierung der Kanzlei entschieden, welche einen großen Einfluss auf die Preisgestaltung hat. So kann eine auf Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei kaum eine Niedrigpreispolitik verfolgen. Place (Absatzkonzept): Das Absatzkonzept spielt nur eine geringe Rolle, da Steuerberater ihre Leistung nicht wie ein körperliches Produkt im Laden verkaufen können. Hier zu bedenkende Alternativen sind z. B. Kurzberatung über das Internet oder telefonisch. Promotion (Kommunikationspolitik): Dies ist der Weg, wie potenziellen Kunden die Leistung bekannt gemacht wird, also beispielsweise Werbung, Artikel in Fachzeitschriften, Internetauftritt, Fachvorträge. Dieser Punkt sollte gut bedacht sein, da man sehr viel Geld mit letztlich geringem Erfolg verschwenden kann. Selbstverständlich müssen die berufsrechtlichen Anforderungen eingehalten werden.
Besonderheiten des Dienstleistungsmarketings
Die Leistung des Steuerberaters oder Rechtsanwalts ist kaum greifbar, der Dienstleister gibt immer 29 ein Leistungsversprechen ab. Daher stellen sich an das Marketing andere Anforderungen als im produzierenden Gewerbe. Der Dienstleister muss in jedem Fall beweisen, dass seine Leistung für den Erwerber nützlich und dass er der richtige Partner für den Mandanten ist. Um einen potenziellen Kunden davon zu überzeugen, stellen sich u. a. folgende Möglichkeiten dar: Q seriöses Auftreten Q Referenzen benennen Q ein positives Image in der öffentlichen Wahrnehmung erzeugen Q Mandanten zur Abgabe von Empfehlungen animieren Q Multiplikatoren, etwa Kammern und Verbände zur Abgabe von Empfehlungen animieren Q Fachvorträge halten Q Fachpublikationen veröffentlichen Q die eigene Arbeitsweise erläutern Q eine Arbeitsprobe abgeben Ferner ist natürlich von Bedeutung, ein diesen Maßnahmen entsprechendes Auftreten anzunehmen 30 sowie die erforderliche Leistungsqualität zu erbringen. Dazu müssen Prozesse definiert werden, die zur erfolgreichen Auftragsbearbeitung und damit zur Erfüllung des Kundennutzens notwendig sind. Diese müssen bei der Auftragsbearbeitung stets beachtet werden. Das Ziel aller Maßnahmen ist die Vertrauensbildung zwischen Dienstleister und Mandanten. Des- 31 halb ist es entscheidend, eine Übereinstimmung zwischen Anspruch, Außenauftritt einerseits und Leistungsqualität andererseits zu erzielen.
107
4
4
4
§4
VI.
4
Kanzleientwicklung und Optimierung
Umsetzung
32 Marketing ist wie die Kanzleientwicklung insgesamt ein kontinuierlicher und flexibler Prozess. Damit durch Marketing ein Mehrwert geschaffen werden kann, muss es gut geplant werden und die Umsetzung entsprechend systematisch erfolgen. Der Erfolg der umgesetzten Maßnahmen muss regelmäßig kontrolliert werden, etwa hinsichtlich des Erreichens der gesetzten Ziele oder speziell festgelegter Unterziele wie Kundenanfragen, Abrufe des Internetauftritts und dergleichen. Falls die gesetzten Ziele regelmäßig nicht erreicht werden oder besonders gravierend verfehlt werden, müssen die Ziele auf Realisierbarkeit überprüft werden. Wenn sie von vornherein unrealistisch waren, müssen die Ziele angepasst werden. Andernfalls müssen die eingeschlagenen Maßnahmen laufend überprüft und angepasst werden. D.
D.
Controlling
I.
Einleitung
33 Das Controlling ermöglicht die „ergebnisorientierte Steuerung des Unternehmensgeschehens“3. Diese Definition sollte den meisten Steuerberatern geläufig sein. Gerade deshalb ist es erstaunlich, wie viele Kanzleien kein oder nur ein rudimentäres eigenes Controlling durchführen, obwohl sie ihren Mandanten dessen Durchführung als Leistung anbieten. So berauben sich diese Kanzleien eines wirksamen Instruments, mit dem sich wirtschaftlicher Erfolg planen, überprüfen und erreichen lässt. 34 Grundsätzlich ist für jede Kanzlei, selbst für einen Ein-Mann-Betrieb, der Einsatz eines Controllings sinnvoll. Denn es gilt auch hier – wie im gesamten Bereich der Unternehmensführung –, dass ein Unternehmen umso effizienter betrieben werden kann, je systematischer es geführt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Kanzleien unterschiedliche Anforderungen an das Controlling stellen. Es ist folglich wichtig, sich klar zu machen, welche Kennzahlen in der eigenen Kanzlei sinnvoll und erforderlich sind. Ein lehrbuchmäßiges Controlling mit unzähligen, sehr ins Detail gehenden Kennzahlen wird für die meisten Kanzleien nicht erforderlich sein. 35 Daher sollen im Folgenden die nach den Erfahrungen des Autors sinnvollsten und wichtigsten Kennzahlen kurz angesprochen werden.
II.
Kennzahlen
1.
Umsatz je Mitarbeiter
36 Der Umsatz je Mitarbeiter ist ein geeigneter Indikator für seine Arbeitsleistung, die umsatzmäßig monatlich zwischen 80 und 100 T€ liegen sollten. Es handelt sich hierbei jedoch nur um einen kalkulatorischen, keinen tatsächlichen Umsatzwert, denn die Gesamtumsätze der Kanzlei werden durch die Mitarbeiteranzahl nach der Formel geteilt. Jahresumsatz Mitarbeiter 3
108
Thommen/Achleitner, Allgemeine BWL, 2. Aufl. 1998, S. 789
D.
Controlling
4
Dabei gilt, dass die Mitarbeiter nicht nach Köpfen, sondern als Vollzeitäquivalent anzusetzen sind, d. h. Teilzeitmitarbeiter werden als Dezimalzahl gezählt.
2.
Arbeitskostenquote
Die Arbeitskostenquote drückt aus, wie hoch der Anteil der Arbeitskosten (Gehälter, kalkulatori- 37 sches Inhabergehalt, Honorare für freie Mitarbeiter und Leistungen Dritter) an den Gesamtkosten ist, und zwar nach der Formel: AKQ =
3.
4
Arbeitskosten x 100 Gesamtkosten
Anteil fakturierbarer Stunden
Diese Kennzahl drückt aus, wie viel Zeit Mitarbeiter und Inhaber einer Kanzlei mit der tatsächlichen 38 Leistungserbringung verbringen und wie viel Zeit für andere Tätigkeiten, z. B. Verwaltung, Akquise, Fortbildung, Urlaub aufgewendet wird. In der Regel wird der Anteil fakturierbarer Stunden eines Inhabers geringer sein als derjenige seiner Mitarbeiter. Je nach Kanzleigröße kann ein Anteil an nicht fakturierbaren Stunden des Inhabers von 50 oder mehr Prozent aber sogar erstrebenswert sein, wenn der Inhaber diese Zeit konzentriert zur Kanzleientwicklung und Akquise nutzt. Wenn der Anteil nicht fakturierbarer Stunden der Mitarbeiter zu hoch ist, deutet dies wahrscheinlich 39 auf eine unzureichende Organisation und Struktur der Kanzlei hin.
4.
Gemeinkostenfaktor
Um den Gemeinkostenfaktor zu verstehen, müssen zunächst die Begriffe verdeutlicht werden. Bei 40 den Einzelkosten handelt es sich um diejenigen Kosten, die einer Leistung direkt zuzuordnen sind. In einer Kanzlei ist dies regelmäßig die Arbeitszeit des/der Inhaber und der Mitarbeiter, die für die tatsächliche Bearbeitung eines Mandats anfällt. Zur Ermittlung der Einzelkosten wird der Anteil fakturierbarer Stunden verwendet. Dieser wird mit den Gehältern der Inhaber (evtl. kalkulatorisch) und der Mitarbeiter multipliziert. Die übrigen Personalkosten sowie sämtliche Sachkosten werden der Einfachheit halber den Gemeinkosten zugeordnet. Folglich sind dies Kosten, die keinem Mandat eindeutig zugeordnet werden können. Je niedriger der Gemeinkostenfaktor ist, desto besser lassen sich vorübergehende Umsatzeinbußen 41 überstehen. Generell gilt, dass der Gemeinkostenfaktor 2,5 nicht übersteigen sollte. Formel: GKF =
Gemeinkosten Einzelkosten
109
4
§4
5.
Kanzleientwicklung und Optimierung
Deckungsbeitrag
42 Der Deckungsbeitrag (DB) kann verwendet werden, um die Wirtschaftlichkeit einzelner Mandate oder Tätigkeitsbereiche miteinander zu vergleichen. Er ergibt sich, wenn man von den Honorarerlösen die Einzelkosten abzieht. Der DB offenbart beispielsweise, wenn ein Mandat trotz hohen Umsatzes im Vergleich mit anderen, weniger Umsatz erzielenden Mandaten geringeren Gewinn oder gar Verlust erbringt.
4
6.
Umsatzentwicklung
43 Die Umsatzentwicklung kann schon durch einen Blick auf die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) ermittelt werden. Daher ist sie eine der einfachsten Kennzahlen, hat aber dennoch einige Bedeutung. Allerdings ist sie nicht detailliert genug, um daraus konkrete Handlungen abzuleiten. Zu genaueren Analysen müssen deshalb weitere Kennzahlen hinzugezogen werden.
III.
Zusammenfassung
44 Das Controlling dient dazu, die wirtschaftliche Entwicklung der Kanzlei jederzeit im Auge zu haben. Es versetzt Inhaber und Führungskräfte in die Lage, Fehlentwicklungen zu erkennen und zu lokalisieren. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse lassen sich geeignete Gegenmaßnahmen entwickeln. Für Freiberuflerkanzleien gibt es daher keine Rechtfertigung, auf das Kanzleicontrolling zu verzichten. Gerade für Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien stellt das eigene Controlling keine Herausforderung dar, insbesondere da die von den meisten Kanzleien verwendete Software hervorragende Instrumente zur Durchführung des eigenen Controllings bereithält. 45 Wichtig ist auch hier – wie in allen Bereichen der Kanzleisteuerung – die konsequente Anwendung und Weiterentwicklung der Systeme. E.
E.
Risikomanagement
I.
Definition
46 Risikomanagement ist ein systematisches Verfahren zur Erfassung und Bewertung von Risiken sowie zur Steuerung der Reaktionen auf diese Risiken. Das Risikomanagement baut dabei auf die bereits zuvor gesetzten Unternehmensziele auf und ist abhängig von der Risikobereitschaft des Kanzleiinhabers.
II.
Bedeutung
47 Die Bedeutung des Risikomanagements ist darin zu sehen, dass es die Kanzlei in die Lage versetzt, mögliche zukünftige Risiken sowohl in die Planung einzubeziehen wie auch Schritte zu ergreifen, um ein tatsächliches Eintreten der Risiken zu verhindern bzw. deren Auswirkungen zu verringern. Somit macht ein Risikomanagement die Risikosituation transparent, ein frühes Eingreifen und Entgegenwirken wird möglich, und strategische Entscheidungen können durch Abwägen von Nutzen und Risiken fundierter getroffen werden. 110
E.
4
Risikomanagement
Das Risikomanagement stellt einen wichtigen Bestandteil einer auf die langfristige Sicherung der Unternehmensexistenz ausgerichteten Kanzleientwicklung dar. Leider führt das Risikomanagement in der Praxis – nicht nur bei Freiberuflern – zum Schaden der Kanzleien und Unternehmen ein Schattendasein. Die meisten Unternehmen schrecken vor dem damit verbundenen – antizipierten – Aufwand zu- 48 rück. Dabei wird dieser vom damit einhergehenden Nutzen deutlich übertroffen. Zudem gilt auch hier, dass, sobald die Einrichtung erfolgt ist, der Arbeitsaufwand überschaubar ist.
III.
4
Bestandteile
Ein Risikomanagement setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen: Q Erfassung Q Kontrolle
1.
49
Risikoerfassung
Die Erfassung beinhaltet zunächst die Identifikation der Risiken, d. h. die Frage, welche Risiken über- 50 haupt bestehen. Wichtige Risiken für Steuerberatungskanzleien können sein: Q Ausfallrisiken (Forderungsausfälle, Ausfall des Kanzleiinhabers oder wichtiger Mitarbeiter, Umsatzeinbußen durch Ausfall von Mandanten, z. B. bei Insolvenz etc.) Q rechtliche und politische Risiken, z. B. verschärfter Wettbewerb aufgrund der Niederlassungsfreiheit der EU Q konjunkturelle Risiken Q Liquiditätsrisiken Q Leistungsrisiken wie Kalkulationsfehler Die erkannten Risiken werden anschließend hinsichtlich ihres Schadenspotenzials, ihrer Eintritts- 51 wahrscheinlichkeit und der Steuerungsmöglichkeiten bewertet. Zur Verdeutlichung empfiehlt es sich, einen Risikographen aufzustellen. Einzelrisiken müssen hierbei zusammengefasst werden, um das Bedrohungspotenzial für das Büro insgesamt einschätzen zu können. Zu beachten ist, dass einzelne Risiken nicht isoliert in ihren Auswirkungen betrachtet werden. Vielmehr müssen mögliche Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Risiken mit in die Überlegungen einbezogen werden. So kann eine Kanzlei möglicherweise eine gewisse Anzahl Forderungsausfälle noch verkraften, wenn 52 allerdings Schwierigkeiten bei der Beschaffung eines Überbrückungskredits hinzukommen, kann schnell eine existenzbedrohende Situation auftreten.
2.
Risikosteuerung
Die Risikosteuerung stellt die Strategie für den Umgang mit den zuvor identifizierten Risiken dar. 53 Q Bei der Risikoverminderung wird versucht, das Risiko hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenspotenzial auf ein annehmbares Maß zu reduzieren, etwa durch eine Qualitätssicherung in der Mandatsbearbeitung.
111
4
§4 Q
Q Q
4
Kanzleientwicklung und Optimierung
Risikobegrenzung kann beispielsweise durch die Kombination alternativer Leistungsbereiche erfolgen, so dass der Umsatz eines Geschäftsbereichs den Einbruch des Umsatzes eines anderen Bereichs ausgleichen kann. Bei der Risikoüberwälzung wird das Risiko auf Versicherungen oder Vertragspartner ganz oder teilweise übertragen. Das verbleibende Restrisiko nach den zuvor erörterten Strategien muss von der Kanzlei akzeptiert und getragen werden.
3.
Risikokontrolle
54 Die Kontrolle der Risiken schließlich dient zwei Zwecken, nämlich Q erstens der Überwachung bereits identifizierter Risiken hinsichtlich (schwerwiegender) Veränderungen Q und zweitens der Erkennung neuer Risiken. Besonders bestandsgefährdende Risiken müssen dabei intensiv überwacht werden.
IV.
Zusammenfassung
55 Das Risikomanagement ist ein überaus nützliches und wichtiges Element der Kanzleientwicklung. Durch die Vorbereitung auf potenzielle Risiken können Maßnahmen zu deren Vermeidung ergriffen werden. Falls ein Risiko doch eintritt, wird die Kanzleiführung davon weniger überrascht und verfügt über direkt einsetzbare Gegenmaßnahmen. Ein wichtiger Aspekt ist die integrierte Betrachtung der Risiken, d. h. es müssen alle Risiken aus allen Bereichen und Prozessen identifiziert und ihre Wechselwirkungen untereinander beachtet werden. 56 Risikomanagement ist ein fortlaufender Prozess und sollte daher regelmäßig überprüft werden. Veränderte oder neue Risiken müssen dabei aufgenommen werden. Der gesamte Komplex liegt in der Zuständigkeit der Kanzleiführung. Weitere Bedeutung kommt dem Risikomanagement innerhalb einer Steuerberatungskanzlei dadurch zu, dass zum Beispiel der Steuerberater seine so erworbenen Erfahrungen seinen Mandanten anbieten kann. 57 Die Durchführung eines Risikomanagements im Mandantenunternehmen oder die Beratung bezüglich dessen Einführung wird bislang nur von wenigen Steuer- oder auch Unternehmensberatern angeboten. Das Anbieten einer solchen Beratungsleistung stellt also ein Alleinstellungsmerkmal und somit einen Wettbewerbsvorteil für eine Kanzlei dar. F.
F.
Organisation
I.
Einleitung
58 In Freiberuflerkanzleien oder -büros entspricht die Organisation oftmals nicht den Anforderungen. Meistens wurde die Kanzlei von einem oder wenigen Berufsträgern aufgebaut und auch auf diese(n) zugeschnitten.
112
F.
Organisation
4
Dies mag tatsächlich funktionieren, wird aber in vielen Fällen nicht der bestmögliche Ansatz sein. Probleme stellen sich zudem dann ein, wenn die Kanzlei wächst oder in andere Hände übergeben wird. Deshalb ist es wichtig, transparente und nachvollziehbare Strukturen zu schaffen, die nicht auf die 59 Person des Inhabers sondern auf den Aufbau und die Abläufe der Kanzlei ausgerichtet sind.
II.
Informationsmanagement
Sicherzustellen ist zunächst ein möglichst barrierefreier Zugang aller Mitarbeiter zu den für ihre 60 Tätigkeit notwendigen Informationen. Es wird wenige Aussagen geben, die derart geeignet sind, das Vertrauen eines Mandanten in die Kompetenz einer Kanzlei zu erschüttern wie diejenige, dass der Mitarbeiter nicht in der Lage ist, die betreffende Information zu finden. Zudem ist das häufige Suchen von Informationen aufgrund fehlender Transparenz eine vermeidbare Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die die Wirtschaftlichkeit der Kanzlei negativ beeinflusst. Ein sinnvolles und allen Mitarbeitern bekanntes Ablagesystem ist also Voraussetzung für einen guten Informationsfluss, in größeren Kanzleien sollte ein Informationsmanagement hinzukommen. Eine sehr interessante Alternative bietet hier die elektronische Aktenführung.
III.
Organisationshandbuch
Ein weiteres wichtiges Instrument ist das Organisationshandbuch. Dabei handelt es sich um ein 61 Nachschlagewerk, in dem alle Aspekte der Kanzleiorganisation berücksichtigt werden. Wichtige Bestandteile sind:
1.
Aufbauorganisation
Die Aufbauorganisation regelt die Hierarchie der Kanzlei, also Aspekte wie Führungsstruktur, Ver- 62 antwortlichkeiten, Befugnisse und Aufgabenverteilung. Konkret festzulegen ist hier also: Q Wer darf wem Anweisungen geben (Kanzleiinhaber, Geschäftsführer, Führungskräfte)? Q Wer ist für welche Bereiche verantwortlich (etwa: einzelne Mandanten, Geschäftsbereiche, Aufgabengebiete wie Fristenkontrolle etc.)? Q Wer ist wozu befugt (Unterschriftsberechtigung, Vertretungsmacht etc.)? Q Wer hat welche Aufgaben (Führung der Kanzlei, Verwaltungsaufgaben, Mandatsbearbeitung usw.)?
2.
Ablauforganisation
Die Ablauforganisation gibt Anweisungen hinsichtlich der in der Kanzlei durchzuführenden Ab- 63 läufe wie Mandatsbearbeitung, Rechnungsstellung, Mahnwesen etc. In einer Freiberuflerkanzlei ist es sinnvoll, die Ablauforganisation als Arbeitsorganisation auszugestalten, d. h. hier wird festgelegt, welche Arbeitsabläufe in der Kanzlei anfallen, welcher Stelle diese Abläufe zugeordnet werden und wie die einzelnen Arbeitsschritte idealerweise zu erledigen sind.
113
4
4
§4
3.
4
Kanzleientwicklung und Optimierung
Stellenbeschreibungen
64 Die Stellenbeschreibung umfasst Aufgaben, Kompetenzen und Befugnisse sowie das Anforderungsprofil einer Arbeitsstelle in der Kanzlei. Über die Nachvollziehbarkeit der Kanzleiorganisation hinaus kommt es darauf an, dass diese sinnvoll ist. So macht es keinen Sinn, ein Sekretariat zu unterhalten, welches nur zur Annahme der Telefongespräche vorhanden ist. Vielmehr müssen dann die Arbeiten, die das Sekretariat zusätzlich erledigen kann, z. B. Schreibarbeiten, auch an dieses übertragen werden. 65 Grundsätzlich gilt, dass zur Entlastung der Inhaber und der Berufsträger alle Tätigkeiten von der in der Hierarchie am niedrigsten angesetzten Stelle erledigt werden sollten, sofern dies möglich ist. Schreibarbeiten könnte also das Sekretariat erledigen, Terminüberwachung, Fristberechnung und Buchhaltung wird von den Fachangestellten erledigt, angestellte Berufsträger übernehmen die Mandatsbearbeitung und Inhaber schließlich die Kanzleiführung, Akquise usw.
IV.
Kanzleimanager
66 Auch die Beschäftigung eines Kanzleimanagers kann – gerade für größere Kanzleien – sinnvoll sein. Dem Kanzleimanager obliegen sämtliche der oben genannten Aufgabenbereiche mit Ausnahme der Strategieentwicklung. Bei dieser unterstützt der Kanzleimanager den Inhaber und ist verantwortlich für die Implementierung und die Umsetzung durch die Mitarbeiter. In seinem Verantwortungsbereich hat der Kanzleimanager Weisungsbefugnisse gegenüber den Mitarbeitern. Die Vorteile sind, dass die Berufsträger stark entlastet werden und zusätzliche Zeit zur Mandantenakquise und zur Mandatsbearbeitung gewinnen. Zudem gibt es einen festen Verantwortlichen für Managementaufgaben, so dass jeder weiß, an wen er sich wenden kann. Hinzu kommt, dass durch den Kanzleimanager eine Konstanz im Bereich Kanzleientwicklung entsteht und dass der Kanzleimanager diese durch seine Erfahrungen und Routine effizient betreiben kann. G.
G.
Personal
67 Die Mitarbeiter sind neben den Mandanten das größte Kapital einer Kanzlei. Daher kommt ihnen bei der Kanzleientwicklung eine entscheidende Rolle zu, die sich aus mehreren Faktoren ergibt: Q Die Mitarbeiter repräsentieren die Kanzlei nach außen. Q Sie kennen die Abläufe und Strukturen der Kanzlei und damit auch Stärken und Entwicklungspotenziale. Q Sie kennen die Mandanten und deren Besonderheiten und Ansprüche. Q Sie halten das operative Geschäft am Laufen. 68 Um das Potenzial der Mitarbeiter zu heben, müssen diese motiviert und zufrieden sein, sich in der Kanzlei wohl fühlen und sich mit deren Zielen identifizieren. Zudem sollte in ihnen das Bewusstsein geweckt werden, dass durch den wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei auch ihre eigenen Arbeitsplätze gesichert werden. Daher sollten die Mitarbeiter bis zu einem gewissen Maß in die Kanzleientwicklung und -organisation eingebunden werden. Nachstehend erörterte Ansätze können dazu beitragen.
114
G.
I.
Mitarbeiterbesprechungen
Regelmäßig sollten Mitarbeiterbesprechungen stattfinden. Diese werden vom Kanzleiinhaber moderiert. Dabei ist darauf zu achten, dass die Mitarbeiter aktiv in die Besprechung mit einbezogen werden und die Möglichkeit erhalten und ermutigt werden, eigene Vorschläge einzubringen, aber auch etwaige Probleme anzusprechen. Die Besprechungen müssen zu einem festgelegten Zeitpunkt erfolgen und sollten für nicht mehr als zwei Stunden angesetzt werden. Sofern die Kanzleiabläufe es erlauben, empfiehlt sich als Termin der erste Montag des Monats von 10:00 bis 12:00 Uhr. Im Rahmen der Mitarbeiterbesprechungen empfiehlt es sich, nachstehende Themen zu behandeln: Q Kanzleisituation und -entwicklung; hier können die Mitarbeiter wichtige Anregungen geben und frühzeitig auf Fehlentwicklungen aufmerksam machen. Q Organisatorische Aspekte; auch hier sollen die Mitarbeiter motiviert werden, Vorschläge einzubringen, etwa zur Optimierung der Arbeitsabläufe, Akquise oder Mandantenpflege. Q Mandanten; Themen, die konkrete Mandanten betreffen, können hier angesprochen werden. Möglicherweise gibt es Fragestellungen, die einem anderen Mitarbeiter bei einem anderen Mandanten schon einmal begegnet sind und die hier erörtert werden können. Q Fachliche Fragen; die Mitarbeiterbesprechungen bieten den Anlass, fachliche Fragen in größerer Runde zu besprechen. Denkbar wäre, regelmäßig Mitarbeiter neue Erkenntnisse oder Entwicklungen vortragen zu lassen. Q Sonstiges; alle weiteren Themen, die dem Inhaber oder den Mitarbeitern wichtig erscheinen und die Kanzlei betreffen, sollen ebenfalls angesprochen werden. Wichtig ist, eine offene Atmosphäre zu schaffen, die den Mitarbeitern Sicherheit gibt, relevante Punkte anzusprechen. Dies erfordert einen kooperativen Führungsstil, der Nutzen ist es sicherlich wert, einmal über eine entsprechende Führungskultur nachzudenken, sofern es sie nicht schon gibt. Jeder Vorschlag eines Mitarbeiters muss objektiv berücksichtigt und darf keinesfalls abschätzig kommentiert werden. Auch sollten erfolgreich umgesetzte Vorschläge bei einer der nächsten Besprechungen lobend erwähnt werden. Es muss sichergestellt werden, dass diese im Rahmen eines etwaigen Vorschlagswesens (s. unten) berücksichtigt werden. Auf diese Weise werden die Mitarbeiter an der Kanzleientwicklung beteiligt, so wird ihre Identifi kation mit der Kanzlei und ihr Bewusstsein für deren Erfordernisse gestärkt.
II.
4
Personal
69
4 70
71
72
Vorschlagswesen
Ergänzend zu den Mitarbeiterbesprechungen sollte ein Vorschlagswesen eingeführt werden. Auf die- 73 se Weise können Mitarbeiter motiviert werden, eigene Verbesserungsvorschläge einzubringen. Eine Checkliste zum Vorschlagswesen verdeutlicht die wichtigsten Fragestellungen und Regelungen des Vorschlagswesens (Anhang 44).
III.
Finanzielle Anreize
Den Mitarbeitern könnten finanzielle Anreize für aktiven Einsatz zur Kanzleientwicklung in der 74 Form gegeben werden, dass Prämien oder Boni, ferner einmalige Erfolgsprovisionen, Aufwandsentschädigungen oder Sonderurlaub ausgelobt werden. 115
4
§4
IV.
4
Kanzleientwicklung und Optimierung
Fortbildung
75 Um eine dauerhaft qualitative hochwertige Leistung zu erbringen, müssen Inhaber und Mitarbeiter regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen. Hierbei kommt es darauf an, die persönlichen Vorlieben und Spezialisierungen der betreffenden Personen zu berücksichtigen und nicht die Fortbildung um ihretwillen durchführen zu lassen. Es kommt nicht selten vor, dass Mitarbeiter genervt sind, weil sie zu unnötigen, sie in der persönlichen und beruflichen Entwicklung nicht weiterbringenden Fortbildungen geschickt werden. So erreicht man das Gegenteil dessen, was eigentlich angestrebt wurde.
Das Genie ist ein Blitz, dessen Donner Jahrhunderte währt. [Knut Hamsun]
116
5
§ 5 Ausblicke A.
Gestaltungsmöglichkeiten
A.
Die zukünftigen Aussichten für Steuerberater und Anwälte stehen in engem Zusammenhang mit 1 der Werthaltigkeit und Marktfähigkeit der jeweiligen Kanzleien. Sind sie modern ausgestattet, im Leistungsbereich aktuell, systematisch organisiert und gesteuert sowie an den Zeitbedarf angepasst, schlägt sich dies in der Werthaltigkeit im Sinne von strategischen Erfolgsfaktoren nieder. Aus dieser Sicht versteht sich die Tätigkeit bei Praxisbewertungen und unternehmerisch-wirtschaftlichen Beratung zu Praxisveräußerung oder Erwerb. Die Nachfrage nach Beratungsleistungen der Sozietäten und Kanzleien wird auch in Zukunft weiter zunehmen. Dabei sind es weniger die traditionellen Routinearbeiten, die Umsatzwachstum versprechen, sondern vielmehr ein vermehrter Bedarf an betriebswirtschaftlicher Beratung. Der Mandant wünscht Betreuung aus einer Hand, umgekehrt erfordert dies vom Steuerberater eine ganzheitliche Sicht des Mandanten und seines Beratungsbedarfs, auch über den steuerlichen Aspekt hinaus. Ob eigenes Know-how zur betriebswirtschaftlichen Beratung aufgebaut wird oder ob im Bedarfsfall 2 verstärkt spezialisierte Berater hinzugezogen werden, hängt von den Möglichkeiten und strategischen Zielen der einzelnen Kanzlei ab. Konzentriert sich die Praxis auf die traditionellen Geschäftsfelder, kommt der Effizienz der Leistungserstellung zentrale Bedeutung zu. Soll die betriebswirtschaftliche Beratung ausgebaut werden, ist deren Abgrenzung als eigenständiges Dienstleistungsprodukt entscheidend für die Erlöswirksamkeit. Weitgehend aufgeteilte Märkte lassen echte Neugründungen immer seltener werden, Übernahmen oder Einbringungen in größere Einheiten nehmen dagegen zu. Selbst unter den etablierten Kanzleien intensiviert sich der Wettbewerb, so dass die neuen Möglichkeiten des Kanzleimarketings genutzt werden sollten. Gleichwohl wird die persönliche Empfehlung auch künftig wichtigster Vertriebsweg sein, so dass hohe Dienstleistungsqualität, Kundenorientierung und die Zusammenarbeit mit Vertretern verwandter Beratungsberufe und der Finanzwelt sich auch in Zukunft positiv auf den Erfolg auswirken werden. Da die Gebührenordnung den Preiswettbewerb weitgehend einschränkt, konzentriert sich der Kon- 3 kurrenzdruck auf die Qualität der Dienstleistungen, was die Aufwendungen für Fortbildung weiter in die Höhe treibt. Die zunehmende Komplexität des Steuerrechts tut sein Übriges. Der Trend zur Spezialisierung und – wie gesagt – zu größeren Einheiten beschleunigt sich dadurch für die Kanzlei. Allein auf der Kostenseite bieten sich Verbesserungspotentiale für die Kanzlei. Deshalb wird beim Kanzleimanagement die Anwendung des betriebswirtschaftlichen Instrumentariums und des entsprechenden Fachwissens immer wichtiger. Nur so können Rationalisierungsreserven in den Leistungserbringungen genutzt und strategische Vorgaben umgesetzt werden. Ziel für die Zukunft kann folglich nur sein, hohe Dienstleistungsqualität zu vertretbaren Kosten zu bieten.
B.
Marktsituation
Im Falle des Kanzleiverkaufs oder der Nachfolge muss trotz aller praxisbezogener oder wissenschaft- 4 licher Berechnungen auch gesehen werden, dass die Marktsituation den Preis einer Kanzlei oder eines Sozietätsanteils letztlich bedeutend beeinflussen kann. J. Platz, Die erfolgreiche Kanzlei, DOI 10.1007/978-3-8349-6471-7_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
117
5
5
5
§5
Ausblicke
Der Markt der Steuerberaterkanzleien und Sozietätsanteile ist vielseitig. In allen Bundesländern werden umsatzstarke, mittlere und kleine Kanzleien angeboten, ferner Allgemeinkanzleien und spezialisierte Kanzleien, Stadt- und Landpraxen, traditionelle und neugegründete. 5 Ausscheidende Kolleginnen und Kollegen verkaufen nach dem Erreichen der Altersgrenze oder wegen Krankheit, Berufs- oder Wohnsitzwechsel. Erben oder Testamentsvollstrecker bieten Kanzleien Verstorbener an. Arbeitsüberlastung, der Wunsch nach schrittweisem Ausstieg aus dem aktiven Berufsleben, eine vorgesehene Spezialisierung usw. veranlassen Kanzleiinhaber, einen Sozietätsanteil anzubieten. Fundort für Kanzlei- und Sozietätsangebote ist primär der Anzeigenteil der Fachzeitschriften. Hier bietet sich auch die Möglichkeit, erfolgreich eigene Suchanzeigen zu platzieren. Steuerberaterkammern und -verbände stellen ebenfalls Kontakte zwischen Kanzlei-/Sozietätssuchenden und Anbietern her. In den Fachzeitschriften finden sich auch Anzeigen von Fachvermittlungen, die sich auf die Vermittlung von Kanzleien und Sozietätsanteilen spezialisiert haben. 6 Für die Übernahme einer Kanzlei, wie auch für eine Neugründung, oder für den Erwerb eines Sozietätsanteils, stehen staatliche Subventionen zur Verfügung, etwa: Q von der KfW Mittelstandsbank Q KfW-StartGeld Q KfW-Unternehmerkredit Q Unternehmerkapital – ERP-Kapital für Gründung Q ERP-Regionalförderprogramm Q von regionalen Förderinstituten wie der WIBank in Hessen, der L-Bank in Baden-Württemberg oder der NBank in Niedersachsen. 7 Sind für die Finanzierung eigene Sicherheiten nicht oder nicht in der erforderlichen Höhe verfügbar, ergibt sich die Möglichkeit einer Absicherung durch Bürgschaftsbanken. Diese Finanzierungen werden idealerweise über die Hausbank des Verkäufers eingeleitet und abgewickelt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt in der Broschüre „Unternehmensnachfolge – Die optimale Planung“ eine informative aktuelle Übersicht der wichtigsten Förderprogramme, Stand 2007, Herausgeber BMWI, Referat Öffentlichkeitsarbeit, S.20 ff., www.bmwi.de.
B.
C.
Strategische Erfolgsfaktoren
8 Für die erfolgreiche Zukunft einer Kanzlei sind zu empfehlen: Q Die laufende Standortbestimmung, die Entwicklung und nachhaltige Umsetzung einer individuellen Kanzleistrategie. Dabei ist u. U. auch der Rückgriff auf kompetente externe Beratung zu erwägen. Q Je nach strategischer Ausrichtung kommt der Aufbau von eigenem Know-how in der betriebswirtschaftlichen Beratung oder die verstärkte Zusammenarbeit mit spezialisierten Unternehmensberatern und der Finanzwelt, Aufbau eines persönlichen Netzwerks in Betracht.
118
5
D. Aktueller Handlungsbedarf aufgrund des Jahressteuergesetzes 2010
D.
Aktueller Handlungsbedarf aufgrund des Jahressteuergesetzes 2010
D.
Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 (NWB 24/2010,S. 1890 ff.) enthält die Gleichstellung 9 von Lebenspartnern und Ehegatten im Bereich der Erbschafts-, Schenkungs- und Grunderwerbssteuer; ferner sind zwei Regelungen vorgesehen, welche die erbschaftssteuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen in Zusammenhang mit dem so genannten Verwaltungsvermögen gravierend einschränken werden. Vgl. informative Ausführungen mit Definitionen, Vergleich sowie Gestaltungsmodelle nach der geplanten Gesetzesänderung bei der Unternehmensnachfolge, Schmidt a.a.O. Die Beschäftigung mit diesen Themen sei hiermit angeregt.
119
5
Anhang Anhang 1:
Checkliste BMWI
Ihre Einstellung zum Thema berufliche Selbständigkeit
Ja | Nein
Sind Sie in der Lage, sich ein realistisches Bild über Ihren zukünftigen Unternehmer-Alltag zu machen? Kennen Sie z. B. über Ihren Bekannten-/ Freundeskreis Unternehmerinnen oder Unternehmer?
Ihre persönlichen Voraussetzungen Haben Sie mit Ihrer Familie darüber gesprochen, was sich für sie durch Ihre Selbständigkeit ändern wird? Sind Sie bereit, vor allem in den ersten Jahren überdurchschnittlich viel zu arbeiten (evtl. auch abends und am Wochenende)? Bewahren Sie einen kühlen Kopf, auch wenn es hektisch zugeht? Packen Sie auch unangenehme Themen an und versuchen Sie sie zu lösen? Kennen Sie Ihre persönlichen Grenzen und Ihre Leistungsfähigkeit?
Ihre Einstellung zum Thema Geld Können Sie ruhig schlafen, auch wenn Sie kein festes Einkommen haben? Sind Sie bereit und in der Lage, sich in der ersten Zeit finanziell einzuschränken? Können Sie diszipliniert mit Geld umgehen und Reserven anlegen, auch wenn Sie dabei auf Neuanschaffungen zunächst verzichten müssen?
Ihr fachliches Know-how Passt Ihre bisherige berufliche Tätigkeit zu dem Vorhaben und der Branche, in der Sie sich selbständig machen wollen? Verfügen Sie über nachweisbare Qualifikationen, um andere davon zu überzeugen, dass Sie ein „Meister Ihres Fachs“ sind? Wissen Sie, was Sie können, und vor allem, was Sie nicht können? Können Sie fachliche Defizite ausgleichen? (Schulungen, Partner, Mitarbeiter)
Ihr unternehmerisches Know-how Verfügen Sie über kaufmännisches oder betriebswirtschaftliches Know-how? Haben Sie Erfahrungen mit der Anleitung und Führung von Personal? Haben Sie bereits Verkaufsverhandlungen geführt? Können Sie unternehmerische Know-how Defizite ausgleichen? Je mehr Sie mit „Ja“ geantwortet haben, desto eher entsprechen Sie dem Profil, welches man bei einem Unternehmer oder einer Unternehmerin erwartet. 120
J. Platz, Die erfolgreiche Kanzlei, DOI 10.1007/978-3-8349-6471-7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Checkliste BMWI Wissen Sie, welche alltäglichen (und nicht-alltäglichen) Schwierigkeiten im Betrieb auftreten können und sind Sie in der Lage, damit umzugehen? Vorteil: Kunden- und Lieferantenstamm vorhanden. Diese Voraussetzungen benötigen Sie, damit der Vorteil zum Tragen kommt:
Ja | Nein
Kontaktfreude und -fähigkeit: Können Sie Kunden und Lieferanten u. U. von Ihren unternehmerischen Fähigkeiten überzeugen? Können Sie neue Geschäftsverbindungen aufbauen?
Verhandlungserfahrung: Besitzen Sie Verhandlungsgeschick? Sind Sie mit der Ausgestaltung von Verträgen vertraut? Vorteil: Produkte/Dienstleistung sind auf dem Markt eingeführt. Diese Voraussetzungen benötigen Sie, damit der Vorteil zum Tragen kommt:
Kenntnis über Erstellung des Angebots: Kennen Sie die Anforderungen an den Produktionsablauf bzw. die Bereitstellung der Dienstleistung? Kennen Sie die Einsatzbereiche und Kundensegmente?
Ideen zur Angebotsentwicklung: Haben Sie Ideen zur Optimierung, Erweiterung oder Ergänzung des bestehenden Angebots? Vorteil: Eingearbeitetes Personal vorhanden. Diese Voraussetzungen benötigen Sie, damit der Vorteil zum Tragen kommt:
Führungserfahrung: Haben Sie ausreichend Führungserfahrung? Sind Sie mit Personalverwaltung und Führungsstrukturen vertraut?
Überzeugungskraft: Können Sie das Vertrauen der Mitarbeiter gewinnen und sie von Ihren Ideen überzeugen?
Quelle: Die Langfassung dieser Checkliste finden Sie in der BMWi-Broschüre „Starthilfe – Der erfolgreiche Weg in die Selbständigkeit“, Berlin 2007
121
Anhang
Anhang 2:
Checkliste BMWI
Vorteil: Individuelle Betreuung durch Senior-Unternehmer. Diese Voraussetzungen benötigen Sie, damit der Vorteil zum Tragen kommt:
Einfühlungsvermögen Können Sie sich in die Lage des Senior-Unternehmers versetzen?
Kommunikationsfähigkeit: Können Sie Ihre Argumente gut verständlich formulieren? Können Sie zuhören und auf Ihren Gesprächspartner reagieren? Können Sie Konflikte ansprechen und austragen?
Kooperationsfähigkeit Können Sie Aufgaben delegieren bzw. erkennen Sie auch die Entscheidungen Ihres Partners an? Vorteil: Umsatz vom ersten Tag an Diese Voraussetzungen benötigen Sie, damit der Vorteil zum Tragen kommt:
Management Know-how Verfügen Sie über alle notwendigen staatlichen bzw. kammerrechtlichen Voraussetzungen oder Genehmigungen, die für Ihre berufliche Selbständigkeit und Betriebsfuhrung erforderlich sind? Sind Sie in der Lage, in den laufenden Betrieb einzusteigen, besitzen Sie z. B. Praxiserfahrung in puncto Betriebsorganisation, Controlling, Buchhaltung, Marktanalyse usw.? Können Sie betriebliche Abläufe schnell erfassen und angemessen reagieren? Diese Vorteile kommen allerdings nur dann zum Tragen, wenn Sie als Nachfolger auch die besonderen persönlichen, unternehmerischen und fachlichen Anforderungen an eine Unternehmensnachfolge erfüllen. Jeder Nachfolge-Kandidat sollte sich für die Unternehmerlaufbahn aus freien Stücken entscheiden und davon überzeugt sein, dass er der Richtige ist, um diese Aufgabe zu meistern. Nur so kann ein „Unternehmer in spe“ die Belastungen, die auf ihn zukommen werden, optimal verkraften.
Wer hilft weiter? Empfehlenswert sind spezielle Seminare und Schulungen für Existenzgründer u. a. von den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern sowie von Unternehmens- und Personalberatern. Ergänzend dazu bietet sich die Teilnahme bzw. der Besuch von Gründermessen/-Veranstaltungen an, die oft ein in-
122
Ja | Nein
Übersicht Businessplan teressantes Seminarprogramm anbieten. Die bundesweite Gründerinnenagentur (bga) führt einen Veranstaltungskalender mit Veranstaltungen zur „Nachfolge“. Kein Nachfolger sollte diesen Weg allein aus Traditionsbewusstsein wählen oder weil die Familie es von ihm erwartet. Tatsache, künftiger Erbe oder künftige Erbin eines Familienbetriebes zu sein, qualifiziert nicht automatisch zur Unternehmensnachfolge. Wenn Sie noch kein ausreichendes Know-how erworben haben, das Sie befähigt, ein Unternehmen zu leiten, holen Sie dies unbedingt nach. Eignen Sie sich berufliche und kaufmännische Fähigkeiten auch außerhalb des Familienbetriebes an. Besorgen Sie sich die nötigen Zeugnisse, Genehmigungen und Konzessionen.
Anhang 3:
Übersicht Businessplan
Der Businessplan für eine Unternehmensnachfolge sollte u. a. die folgenden Punkte berücksichtigen:
Soll-Zustand des Unternehmens bzw. wie soll die Zukunft des Unternehmens aussehen?
Ist-Zustand des Unternehmens bzw. in welchem Zustand befindet sich das Unternehmen? Die Idee
Q Q Q
Meine Geschäftsidee Welche Produkte/Dienstleistung will ich zukünftig anbieten? Welchen Nutzen hat mein zukünftiges Angebot? Was soll mein Produkt/ Dienstleistung kosten?
Q Q
Ursprüngliche Geschäftsidee des Inhabers Was wird derzeit angeboten? Welchen Nutzen hat das bestehende Angebot? Was kostet das bestehende Angebot?
Der Markt Q Q Q Q
Welche Kunden werden meine Produkte/ Dienstleistung kaufen? Wie groß ist das Marktvolumen der zukünftigen Kunden? Wie werbe ich neue Kunden für die bestehenden Produkte/Dienstleistungen? Wird das Absatzgebiet durch die Übernahme vergrößert?
Q Q Q Q
Welche Kunden kaufen das derzeitige Angebot? Wie groß ist das Marktvolumen der derzeitigen Kunden? Wie wurden bislang neue Kunden gewonnen und bestehende Kunden gehalten? Wie groß ist das jetzige Absatzgebiet?
123
Anhang Die Konkurrenz Q Q Q Q
Werde ich durch mein neues Angebot neue Konkurrenten erhalten? Was kostet mein Angebot bei der Konkurrenz? Kann ich einen günstigeren Preis anbieten als die Konkurrenz? Inwiefern unterscheidet sich mein Angebot von dem der Konkurrenz?
Q Q Q Q
Wer gehört zu den bestehenden Konkurrenten? Zu welchem Preis bietet die Konkurrenz das bestehende Angebot an? Ist das bestehende Angebot derzeit preisgünstiger als das der Konkurrenz? Inwiefern unterscheidet sich das bestehende Angebot von dem der Konkurrenz?
Das Personal Q Q Q
Wie muss der Personalstamm zukünftig strukturiert sein? Wie viel Personal werde ich zukünftig brauchen? Werden in den nächsten 12 Monaten Mitarbeiter das Unternehmen verlassen bzw. neue hinzukommen?
Q
Wie ist der Personalstamm gegenwärtig strukturiert? Wie viele Mitarbeiter hat das Unternehmen?
Die Unternehmensausstattung Q
Q Q
124
Welche Ausstattung an Geräten/Maschinen/Kfz werde ich brauchen? Welche zusätzlichen Geräte/ Maschinen/Kfz muss ich anschaffen? Müssen die Geräte/Maschinen überholt bzw. repariert werden? Sollte ich einen Teil der Geräte/Maschinen/ Kfz leasen?
Q Q
Welche Geräte/Maschinen/Kfz sind vorhanden? Wie alt sind sie? In welchem Zustand sind Geräte und Maschinen? Ist ein Teil der Geräte/Maschinen geleast?
Investitionsplan
Anhang 4 A:
Investitionsplan
Wie viel Geld brauchen Sie für Ihre Unternehmensgründung bzw. -übernahme? Mit Hilfe des Investitionsplans ermitteln Sie, wie hoch Ihr Kapitalbedarf ist.
Investitionen Grunderwerbskosten inkl. Nebenkosten (Grundstück, Gebäude) Gewerbliche Baukosten Maschinen, Geräte Einrichtungen, Büroausstattung Fahrzeuge Übernahme/Kauf von Unternehmensanteilen einmalige Patent-, Lizenz-, Franchisegebühr Warenlager/Materiallager Markterschließungskosten Q Kosten für Beratung und Erstellung eines ersten Werbekonzepts Q Maßnahmen zur Anknüpfung konkreter Geschäftskontakte Q Kosten für einmalige Informationserfordernisse bei der Erschließung neuer Märkte Q Kosten für die Teilnahme an oder den Besuch von geschäftlich wichtigen Messen/Ausstellungen Q Kosten für die Ausbildung von Handelsvertretern
In Euro
Zwischensumme Investitionen (Berechnungsgrundlage für die Investitionsförderdarlehen der KfW, z. B. Unternehmerkapital, ERP-Regionalförderprogramm, Unternehmerkredit}
Betriebsmittel Summe der Positionen 4.1 bis 4.17 der Checkliste „Rentabilitätsvorschau“ (Anhang 7) (Berechnungsgrundlage für Unternehmerkredit/Betriebsmittelvariante)
Gesamtsumme Kapitalbedarf (Berechnungsgrundlage für StartGeld und Mikro-Darlehen) QuellelKfWMittelstandsbank
125
126
10.000
2.500
7.500
Investition
Abschreibung (Abschreibungsdauer4 Jahre)
Restbuchwert
Beispiel:
3. Summe Restbuchwerte
2. Summe Abschreibungen
1. Summe Investitionen
Restbuchwert
Abschreibung
Investition
Restbuchwert
Abschreibung
Investition
Restbuchwert
Abschreibung
Geschäftsjahr 1
5.000
2.500
–
Geschäftsjahr 2
2.500
2.500
–
Geschäftsjahrs
Anhang 4 B:
Investition
Restbuchwert
Abschreibung
Investition
Anhang
Investitionsplanung
3. Operativer Cashflow (1.5 abzüglich 2.12)
2.12 Summe Auszahlungen
2.11 Ertragssteuervorauszahlungen
2.10 Umsatzsteuervorauszahlungen
2.9 Gezahlte Vorsteuer
2.8 Investitionen (0. MwSt.)
Zwischensumme Auszahlungen
2.7 Sonstige betriebliche Kosten (0. MwSt.)
2.6 Gründungs- und Beratungskosten (0. MwSt.)
2.5 Mieten (0. MwSt.)
2.4 Werbung (0. MwSt.)
2.3 Personalkosten inkl. Sozialleistungen
2.2 Fremdleistungen (0. MwSt.)
2.1 Material-/Wareneinkauf (0. MwSt.)
2. Auszahlungen (betrieblich)
1.5 Summe Einzahlungen
1.4 Umsatzsteuererstattung
Monat 1 M2
M3
M4
M5
M6
M7
M8
M9
M10
M11
M12
Anhang 5:
1.3 Erhaltene MwSt.
1.2 Sonstige Einzahlungen
1.1 Einzahlungen aus Forderungen (o. MwSt.)
l. Einzahlungen (betrieblich)
Liquiditätsplan i. Geschäftsjahr
Liquiditätsplan i. Geschäftsjahr
127
128
+/ – Finanzmittelbestand kumuliert
+/ – Finanzmittelbestand (3. + 4.7 – 5.4)
5.4 Summe Auszahlungen
5.3 Gewinnausschüttungen/Privatentnahmen
5.2 Zinsauszahlungen
5.1 Darlehensrückzahlungen (Tilgungen)
5. Auszahlungen (Finanzierung)
4.7 Summe Einzahlungen
4.6 Zinseinzahlungen
4.5 Dispositionskredit (in Anspruch genommen)
4.4 Darlehen
4.3 Fördermittel (Zuschüsse)
4.2 Beteiligungskapital
4.1 Stammkapital/Privateinlage
4. Einzahlungen (Finanzierung)
Monat 1 M2
M3
M4
M5
M6
M7
M8
M9
M10
M11
M12
Anhang
4.1 Erträge aus Beteiligungen
4. Finanzen
3. Betriebsergebnis
2.6 Summe Aufwendungen
2.5 Sonstige betriebliche Aufwendungen (2. B. Mieten, Kommunikationskosten, Büromaterial)
2.4 Abschreibungen
2.3 Personalaufwand
2.2 Bezogene Leistungen
2.1 Materialaufwand
2. Aufwendungen
1.5 Summe Erträge
1.4 Sonstige betriebliche Erträge (z. B. durch Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens)
Geschäftsjahr 1
Geschäftsjahr 2
Geschäftsjahr 3
Anhang 6:
1.3 Andere aktivierte Eigenleistungen (z. B. selbst erstellte Werkzeuge und Anlagen, nicht jedoch Software)
1.2 Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen
1.1 Umsatzerlöse
1. Erträge
Gewinn- und Verlustrechnung
Gewinn- und Verlustrechnung
129
130
8. Summe Jahresüberschuss/bzw. -fehlbetrag (5. + 6.3 – 7.3)
7.3 Summe Steuern
7.1 Steuern vom Einkommen und Ertrag 7.2 Sonstige Steuern
7. Steuern
6.3 Außerordentliches Ergebnis
6.2 Außerordentliche Aufwendungen
6.1 Außerordentliche Erträge
5. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (3+4.4)
4.4 Finanzergebnis (Saldo aus 4.1 bis 4.3)
4.3 – Zinsen und ähnliche Aufwendungen
4.2 + Zinsen und ähnliche Erträge
Geschäftsjahr 1
Geschäftsjahr 2
Geschäftsjahr 3
Anhang
4.15 Sonstige Ausgaben
4.14 Buchführungskosten, Beratung
4.13 Leasing
4.12 Beiträge (z.. B. Kammern, Fachverbände)
4.11 Versicherungen*
4.10 Reparatur/Instandhaltung
4.9 Verpackung
4.8 Büromaterial
4.7 Telefon, Fax, Internet
4.6 Reisekosten
4.5 Kraftfahrzeug kosten
4.4 Werbung
4.3 Heizung, Strom, Wasser, Gas
4.2 Miete
4.1 Personalkosten (inkl. Lohn- und Lohnnebenkosten)
.1. 4. Aufwendungen
Geschäftsjahr 2
Geschäftsjahr 3
Anhang 7:
= 3. Rohertrag/Rohgewinn
./. 2. Wareneinsatz
1. Nettoumsatz
Geschäftsjahr 1
Rentabilitätsvorschau (Alle Beträge in Euro und ohne MwSt)
Rentabilitätsvorschau (Alle Beträge in Euro und ohne MwSt)
131
132
Quelle: KfW Mittelstandsbank
„z. B. Kranken-und Pffegeverajcherung, private Altersvorsorge, Unfall Versicherung
* z. B. Betriebshaft pflicht, Feuer, Clas, Wasser
= 11. Verfügbares Einkommen
./. 10. Private Versicherungen
./. 9. Tilgung
./. 8. Einkommen- und Gewerbesteuer
= 7. Jahresüberschuss/-defizit
./. 6. Abschreibungen
= 5. Betriebsergebnis (Cash-flow)
4.18 Summe Aufwendungen
4.17 Sonstige Aufwendungen
4.16 Zinsen
Geschäftsjahr 1
Geschäftsjahr 2
Geschäftsjahr 3
Anhang
Tipps und Gedanken im Umgang mit Banken
Anhang 8:
Tipps und Gedanken im Umgang mit Banken
Wer einen Kreditantrag auf Darlehensgewährung für den Ankauf einer Kanzlei stellt, sollte sich nicht nur mit den materiellen Kreditanforderungen der Bank beschäftigen, sondern auch die Bankenphilosophien kennen und sich strategisch/psychologisch darauf einrichten.
1. Erfüllung der Kreditanforderung in materieller Hinsicht Die Bank setzt einen seriösen, schlüssigen und plausiblen Kreditantrag voraus. Sie fordert von sich aus regelmäßig nicht die Vorlage eines Wertgutachtens seitens eines außenstehenden Dritten/Sachverständigen an, sondern setzt dies aus der Eigeninitiative des Antragstellers voraus. Mit anderen Worten: Es ergibt sich von vornherein eine positivere Einstimmung mit entsprechenden Pluspunkten, wenn der Antragsteller ein solches Gutachten, welches die Einzelheiten der Kanzlei beschreibt und dem Sachbearbeiter die due diligence erleichtert bzw. erspart, vorlegt. Umgekehrt kann man erfahrungsgemäß im Umgang mit Kreditinstituten davon ausgehen, dass der erste Eindruck negativ ist, wenn der Kreditsuchende seinen Antrag nicht mit/durch Vorlage eines Wertgutachtens begründet und begleitet. Wenn erst die Bank danach fragen muss, ist erfahrungsgemäß eine negative Einschätzung zu befürchten. Das Wertgutachten muss qualitativ positive Aussagen zum Sachbestand und den Zukunftsaussichten machen, d. h. eine positive Ertragsvorschau enthalten, gestützt auf bisherige Geschäftsentwicklung, steigende Entwicklung von Umsätzen und Gewinnen, Branchenmix, Mandantenstruktur usw. Die Einschätzung/Gedanken der Bank bewegen sich in folgender Richtung: Welches Risiko wird eingegangen, wie kann dieses Risiko abgesichert werden? Selbst wenn eine optimale Werteinschätzung einer Kanzlei vorgelegt wird, bedeutet dies noch nicht, dass sie sich auch in Zukunft wertmäßig so halten und bewähren wird. Die um den Kredit ersuchte Bank prüft vielmehr, ob der Käufer auch in der Lage ist, die einmal – als optimal und hochangesehene Kanzlei – auf diesem Status zu halten. Es müssen also Aussagen gemacht werden, die darauf hinauszielen, dass bei Fortsetzung dieser Tendenz und Entwicklung durch einen geeigneten Nachfolger keine negative Entwicklung zu erwarten ist.
2. Persönliche Bonität Das zielt insbesondere auf die persönliche Bonität/Eindruck des Nachfolgers ab. Dann ist es umso hilfreicher, wenn die Aussage gemacht wird, dass die Kanzlei schlimmstenfalls auch ohne den Vorspann/die Führung des Steuerberater-Nachfolgers weiterläuft und funktioniert, Gewinne abwirft. Mit anderen Worten: Es muss hinreichend und plausibel erklärt werden, dass der Wegfall oder die Erfolglosigkeit des Nachfolgers zu keinen Einschränkungen oder Erhöhungen des Risikos führt, nur weil die Praxis quasi „von selbst läuft“, z. B. durch absolut kompetente Mitarbeiter, Profitcenter, die selbständig arbeiten usw.
133
Anhang
Anhang 9:
Übersicht : Personengesellschaften GbR
OHG
KG
Stille Gesellschaft
nein
ja
ja
nein
§§ 709 – 711 BGB: Im Zweifel alle gemeinsam
§§ 114 – 116 HGB: Im Zweifel jeder allein
Komplementär wie OHG-Ges.; § 164 HGB: Kommanditist im Zweifel nicht
Geschäftsinhaber; Beteiligung des stillen Gesellschafters möglich
§ 714 BGB: Im Zweifel wie Geschäftsführung, also alle gemeinsam
§§ 125, 126 HGB: Im Zweifel jeder allein; Umfang nicht einschränkbar
Komplementär wie OHG-Ges.; § 170 HGB: Kommanditist nicht (Prokura möglich)
reine Innengesellschaft, also nicht, vgl. § 230 II HGB
§§ 128, 129 HGB analog: alle unbeschränkt
§§ 128, 129 HGB: alle unbeschränkt
Komplementär wie OHG-Ges.; §§ 171-176: Kommanditist beschränkt
reine Innengesellschaft, also nicht
Handelsgesellschaft
Geschäftsführung
Vertretung
Haftung der Gesellschafter
Anhang 10: Vorhaben A StBG und B StBG wollen in Berlin eine Zusammenarbeit begründen Die Form der Zusammenarbeit kann sein: Q Praxiskauf durch A StBG Q Kooperation Q Verschmelzung mit weiterer Beteiligung aller Beteiligten Im folgenden wird lediglich die Verschmelzung aufgezeigt
Vorgehensweise Nahziel A StBG und B StBG begründen eine Kooperation für 12 Monate, beginnend am 01. Januar 2004, andauernd bis zum 31.12.2004 in Form einer „Bürogemeinschaft“ Q Gesellschaftsverhältnisse bleiben wie bisher Q Gemeinsame Praxisräume Q Gemeinsame Büroorganisation (insbesondere EDV-Lösung) 134
Übersicht : Personengesellschaften Q Q
Getrennte Fakturierung Kostenbelastung gem. Verursachung
Arbeitsschritte Q Q Q Q Q Q Q Q
Grundsätzliche Übereinstimmung Einigung über Beteiligungsverhältnisse Untersuchung der Praxisergebnisse Einigung über Vervielfältigungswert Vertragsentwürfe Bürogemeinschaft Verschmelzungsvorgang Herstellung der Bürogemeinschaft über Mietverträge und EDV-Verträge
Vorgehensweise Mittelfristziel 1 Q
A StBG und B StBG schließen bereits bei Begründung der Büroge-meinschaft einen Verschmelzungsvertrag zum 31. Dezember 2004 mit festen Bedingungen und Konditionen
Vorgehensweise Mittelfristziel 2 Inhalt des Verschmelzungsvertrages Q Verschmelzung auf von B StBG auf A StBG oder umgekehrt je nach Zweckmäßigkeit mit Barausgleich Q Alternative: Q Gründung einer neuen C StBG mit Verschmelzung von A StBG und B StGB auf die neue GmbH Q Beteiligungsverhältnisse: 25 v. H. 25 v. H. 25 v. H. 25 v. H.
135
Anhang Vorgehensweise Mittelfristziel 3 Herstellung des Barausgleiches für Praxiswert Prämisse: A StBG und B StBG haben den gleichen Vervielfältigungsfaktor aufgrund ihres Kapitalisierungsfaktors (spezielle Eigenschaft der Praxis, insbesondere Ertrag) (in Tausend Euro ) Vervielfältiger
Praxis A StBG
B StBG 1
1
Umsatz
600
400
Praxiswert
600
400
Gesamtwert
1.000
Anteil am Gesamtwert in v. H.
25
75
Anteil am Gesamtwert in Euro
250
750
+ 350
- 350
Vervielfältiger
1,3
1
Umsatz
600
400
1 x 780
1 x 400
Ausgleichsbetrag
x
Alternativ bei abweichendem Vervielfältigungsfaktor (in Tausend Euro)
Praxiswert Gesamtwert
1.180*
Anteil am Gesamtwert in v. H.
25
25
Anteil am Gesamtwert in Euro
295
885
+ 485
- 485
Ausgleichsbetrag * Erläuterung: zusammen 1.180 = 100 % Anteil 25 % = 295 Anteil 75 % = 885 1.180
136
Erläuterung:
780 ./. 295 485
885 ./. 400 485
Erste Orientierung
Anhang 11:
Erste Orientierung
Welche Vorstellungen haben Sie vom Kaufobjekt? Q Q Q Q
Q
Welche Umsatzgröße soll die Kanzlei haben (von Euro ......... bis Euro ........) Welche Standorte bevorzugen Sie? (Umkreis von ..........km) Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Kauf (eigene Kanzlei, weitere Niederlassung, Umsatzintegration, Standortverlegung, Kooperation) Hierzu gehört auch, sich über die Kaufart Gedanken zu machen (Mitarbeiter/Umsatzkauf oder Gesamtkanzleikauf (Mitarbeiter, Umsatz und Räume) oder Beteiligungskauf (bis 50 % oder mehr als 50 %, welchen genauen Anteil)) In welchen Fachbereichen soll die Kanzlei tätig sein (Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung)?
Wie soll die Übernahme erfolgen? Q Q Q Q Q Q
In welchem Umfang ist eine überleitende Tätigkeit erwünscht? Wann soll die Übernahme erfolgen? Wie hoch ist das zu tätigende Investitionsvolumen? Wie hoch ist der Kanzlei-Umsatz? Wie ermittele ich daraus den Kanzleiwert? Möchte ich mit oder ohne Immobilie erwerben? Wie können bzw. sollen die Zahlungsmodalitäten aussehen?
137
Anhang
Anhang 12:
Vertrag zur Realteilung und Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
zwischen den Steuerberatern
..................................................
..................................................
Präambel Die Steuerberater .........betreiben ( in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ) eine Steuerberaterpraxis in zwei örtlich abgegrenzten Bereichen mit getrennten Büros, nämlich Teilbereichen in ...... und in ..... Innerhalb dieser Sozietät ist Herr ....verantwortlich für den Teilbetrieb ...., die Herren ...... für den Teilbetrieb in ...... Die vorgenannten Sozietätspartner beschließen und regeln mit nachstehenden Bestimmungen die Realteilung der Sozietät und deren teilweise Auflösung:
§ 1 Realteilung Die bereits organisatorisch und räumlich, personell und bezüglich der Mandanten vollständig selbständigen Teilbetriebe der Sozietät in .......und in ......... werden in der Weise aufgeteilt und zugeordnet, dass Herr ......den Praxisteilbetrieb in ...... mit dem dort vorhandenen Sachvermögen gemäß Anlage 1 und dem dort betreuten Mandantenstamm gemäß Anlage 2 zum alleinigen Eigentum bzw. steuerlichen Betreuung/Beratung erhält, die Herren ........den Praxisteilbetrieb in ......... mit dem dort vorhandenen Sachvermögen gemäß Anlage 3 und dem dort betreuten Mandantenstamm gemäß Anlage 4 zum alleinigen Eigentum bzw. steuerlichen Betreuung/Beratung erhalten. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Eigentum in dem in Anlage 1 genannten Gegenständen mit dem heutigen Tage auf Herrn ...... und das Eigentum an dem in Anlage 3 genannten Gegenständen auf die Herren .............übergeht.
§ 2 Teilauflösung der GbR 1) Die Gesellschafter beschließen die Teilauflösung der Sozietät zum ..................... dahingehend, dass Herr ................... den Teilbetrieb in .................. als Einzelpraxis weiterführt, während die Steuerberater ................... den Teilbetrieb der Steuerberaterpraxis in ............... weiterhin in Sozietät betreiben. 2) Das Gesellschaftsvermögen geht in Liquidation und wächst den Gesellschaftern nach Maßgabe des § 1 an. Eine gesonderte finanzielle Ausgleichung findet nicht statt. 3) Die buchmäßige und wirtschaftliche Auseinandersetzung der Sozietät erfolgt zum ................ durch Erstellung entsprechender Schlussbilanzen und Endabrechnungen. 138
Vertrag zur Realteilung und Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Bestehende Verträge in ............... gehen auf Herrn .............., in ................gehen auf die Herren ................... über. Die Vertragsparteien werden sich einvernehmlich bemühen, die Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner zu der Vertragsübernahme zu erlangen.
§ 3 Übernahme des Personals Herr ............. übernimmt folgende Mitarbeiter: und wird diesen vorschlagen, das Arbeitsverhältnis mit ihm unter den bisherigen Bedingungen fortzusetzen. Die Herren ............... übernehmen die Mitarbeiter: und werden das Arbeitsverhältnis mit ihnen unter den bisherigen Bedingungen fortsetzen.
§ 5 Haftungsfreistellung/Geschäftsschulden 1. Die Herren ............. einerseits und ................... andererseits stellen sich gegenseitig ab Beginn der Realteilung ausdrücklich von solchen Ansprüchen frei, die von Mandanten/Dritten aus der steuerlichen Betreuung/Bearbeitung/ Buchhaltung durch die andere Teilpraxis erhoben werden. 2. Die Vertragsparteien haben vom Beginn der Realteilung an für eintretende Schadenfälle im Bereich ihrer Teilpraxis selbst zu haften. 3. Geschäftsschulden übernehmen die Vertragspartner nur für den Bereich der von ihnen betreuten Teilpraxis und Mandanten. Die Haftung gemäß § 75 Abgabenordnung 1977 wird ausgeschlossen. Die Parteien versichern, daß das diesem Vertrage zugrundeliegende Vermögen nicht ihr gesamtes Vermögen darstellt.
§ 6 Konkurrenzverbot 1) Herr ............... verpflichtet sich, in .................... und in einem Umkreis von 30 Kilometern für die Dauer von 3Jahren seit der Realteilung weder mittelbar noch unmittelbar, gelegentlich oder geschäftsmäßig, im eigenen oder fremden Namen, auf eigene oder fremde Rechnung für die in Anlage 4 aufgeführten Mandanten als Steuerberater, tätig zu werden und diesen auch keinen anderen Berater zu empfehlen. 2) Bei Zuwiderhandlungen wird hiermit eine Vertragsstrafe vereinbart, die auf 200 % des für die Konkurrenztätigkeit laut Gebührenordnung üblicherweise in Rechnung zu stellenden Honorars festgesetzt wird. Die Geltendmachung eines höheren Schadens ist nicht ausgeschlossen. 3) Die Herren ............... verpflichten sich, in .................. und in einem Umkreis von 30 Kilometer für die Dauer von 3Jahren seit Realteilung weder mittelbar noch unmittelbar, gelegentlich oder geschäftsmäßig, im eigenen oder fremden Namen, auf eigene oder fremde Rechnung für die in Anlage 2 aufgeführten Mandanten als Steuerberater, tätig zu werden und diesen auch keinen anderen Berater zu empfehlen. 4) Bei Zuwiderhandlungen wird hiermit eine Vertragsstrafe vereinbart, die auf 200 % des für die Konkurrenztätigkeit laut Gebührenordnung üblicherweise in Rechnung zu stellenden Honorars festgesetzt wird. Die Geltendmachung eines höheren Schadens ist nicht ausgeschlossen. 5) Sofern nach der Realteilung Mandanten der einen Praxis steuerliche Betreuung durch die andere Teilpraxis wünschen oder dies aus betrieblichen/wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig erscheint, bedarf es der Einigung zwischen den Vertragsparteien und der entsprechenden Ausgleichung. Diese wird mit 100 % des Jahresnettoerlöses des wechselnden Mandats angesetzt. 139
Anhang
1. 2.
3.
4.
5.
§ 7 Schlussbestimmungen Die Parteien versichern, dass die übergebenen im Vertrag genannten Unterlagen nach bestem Fachwissen erstellt sind und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Sämtliche Anlagen, auf die Bezug genommen wird, sind Bestandteil dieses Vertrages. Soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Etwaige Änderungen, Ergänzungen oder Berichtigungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Diese Form ist nur dann gewährt, wenn gleichlautende von beiden Vertragschließenden oder ihren Rechtsnachfolgern unterzeichnete Exemplare der Änderungsvereinbarung ausgetauscht sind. Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein oder werden, so folgt hieraus nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages. Dasselbe gilt, wenn eine oder mehrere Bestimmungen im Hinblick auf die Standesrichtlinien oder aus sonstigen Gründen unzulässig sind. Die nichtige oder ungültige Bestimmung ist alsdann so zu ergänzen oder umzudeuten, dass der mit ihr beabsichtigte wirtschaftliche oder rechtliche Zweck erreicht wird. Treten nach Praxisübernahme Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspartnern auf oder wird die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages streitig, so ist in jedem Falle zunächst die zuständige Standesorganisation zu hören. Ein Rechtsschutzbedürfnis zur Anrufung eines Gerichtes bei allen Streitigkeiten aus diesem Vertrag einschließlich seiner Wirksamkeit ist erst dann gegeben, wenn ein Vermittlungsversuch der zuständigen Berufskammer als erfolglos von dieser bestätigt ist, es sei denn, dass es sich um einen Antrag auf Erteilung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung handelt. Dieser Vertrag umfasst insgesamt Seiten zzgl. der Anlagen laut Anlagenverzeichnis und wird in zwei gleichlautenden Fassungen erstellt sowie von beiden Vertragspartnern eigenhändig unterzeichnet.
Anlagen: Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4
140
, den
, den
Unterschrift
Unterschrift
Checkliste
Anhang 13:
Checkliste
I. Realteilung Realteilung ist die Beendigung einer Personengesellschaft durch Aufteilung des Betriebsvermögens unter Umwandlung des gemeinschaftlichen Eigentums zu Alleineigentum. Arbeitsschritte: 1. Aufteilung und Zuordnung der Praxisbetriebe, Mandanten (jeder Partner behält die von ihm eingebrachten Mandate) und Gegenstände Belegung mit entsprechenden Anlagen zur steuerlichen Betreuung/Beratung bzw. zum alleinigen Eigentum Buchmäßige und wirtschaftliche Auseinandersetzung 2. Verbleib des Personals 3. Haftungsfreistellung/Geschäftsschulden 4. Finanzieller Ausgleich/Abfindungen/Gewinnverteilungs- und Ausgleichsansprüche gem. Sozietätsvertrag Ausgleichspflicht für neue hinzugekommene Mandate auf Basis 50 zu 50 Mieterträge, Vorkaufsrecht, Forderungseinzug, Überschussermittlung 5. Berücksichtigung des Rundschreibens BFM vom 28.02.2006 zur Definition der Realteilung und Versteuerung stiller Reserven
II. Auflösung der Gesellschaft 1. Gesellschafterbeschluss Verbleib des Gesellschaftsvermögens 2. Teilfertige Leistungen/Inkasso von Honorarforderungen 3. Wettbewerbsverbot 4. Schlussbestimmungen/Schiedsklausel
141
Anhang
Anhang 14:
Praxisübertragungs-Vertrag
zwischen
Herrn Steuerberater
– im folgenden Verkäufer/Veräußerer genannt –
Praxisanschrift Privatanschrift
und Herrn Steuerberater
– im folgenden Käufer oder Übernehmer genannt –
Praxisanschrift Privatanschrift
Präambel Herr .........betreibt in.............eine Steuerberatungspraxis, deren wesentlicher Bestandteil die in der Anlage 1 zu diesem Vertrag aufgeführten Mandate sind. Für diese Mandate wurden im Jahre ......... Jahresnetto-Honorare aus Einkommensteuererklärungen Finanz- und Lohnbuchhaltungen Abschlüssen inklusive Firmensteuererklärungen Beratungen, betriebswirtschaftlichen Gestaltungen usw. mit ca. ........... Euro erzielt. (Bei Absprungsgefahren: Die Honorare – Einnahmen werden sich jedoch – bedingt durch Abgänge – auf ca............ Euro jährlich reduzieren. Den genauen Nachweis über die Honorareinnahmen wird der Verkäufer durch Vorlage einer korrigierten Mandanten – Bestandsliste mit verbleibenden Honoraren führen.) Der Verkäufer versichert, dass die dem Käufer übergebenen bzw. zur Einsichtnahme überlassenen Unterlagen, Bilanzen, Einnahmenüberschussrechnungen, Rechnungsausgangsbücher, BWAs nach bestem Fachwissen erstellt sind und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. 142
Praxisübertragungs-Vertrag § 1 Vertragsgegenstand 1. Gegenstand des Vertrages ist die entgeltliche Veräußerung und Übertragung der bisher vom Verkäufer in................ betriebenen Steuerberaterpraxis, konkret a) des Praxiswertes (Mandantenbeziehungen) gemäß der anonymisierten Mandantenliste gem. Anlage 1, die einen Jahresnetto-Erlös von ca. ........ Euro ausweist. b) des gesamten Sachvermögens/Inventars in den Büroräumen der Praxis gem. Anlage 2 des Verkäufers. 2. Der Verkäufer überträgt im Einverständnis mit den Mandanten seine Rechte und Pflichten aus den bestehenden Mandatsverträgen gem. Anlage 1 auf den Übernehmer, der die Übertragung annimmt. Verkäufer und Übernehmer unterrichten die Mandanten in erforderlicher und geeigneter Form von dem Übergang der Mandate, vgl. § 3. 3. Herr ............ verpflichtet sich, den Übernehmer auf seinen Wunsch persönlich bei solchen Mandanten einzuführen, die der Praxis bereits längere Zeit verbunden und für sie von besonderer Bedeutung sind. § 2 Übergabetag Die Praxisübergabe erfolgt am
§ 3 Mandantenstamm/Aktenaushändigung 1. Der Übernehmer tritt vorbehaltlich der Einwilligung der Mandanten in alle bestehenden Aufträge/Mandate ein, die in der Anlage 1 (anonymisierte Mandantenliste) erfasst sind. 2. Der Verkäufer wird die Übertragung der Praxis nach Vertragsschluss rechtzeitig vor der Übergabe den Mandanten in einem Rundschreiben bekannt geben und die erforderliche schriftliche Einwilligung zur Übertragung der Mandate und Übergabe der Mandantenunterlagen an den Käufer einholen. Die Verpflichtung zur Aktenübergabe ist auf zustimmende Mandanten beschränkt. Der Verkäufer wird sich im Bedarfsfall im Rahmen des Möglichen bemühen, die Zustimmung der Mandanten zu der Übernahme der Beratungsverträge und der sonstigen Auftragsverhältnisse zu erreichen. 3. Sofern eine Mandatsübertragung abgelehnt wird, erfolgt die Aufbewahrung der Aktenunterlagen beim Verkäufer, ohne dass der Erwerber Einblick in die Unterlagen erhält. Aus den zu übergebenden Mandantenunterlagen ist der Stand der jeweiligen Bearbeitung ersichtlich, insbesondere die Angabe der einzulegenden Rechtsmittel und der Fristabläufe. Der Käufer verpflichtet sich, die übernommenen Handakten und mandantenbezogenen Unterlagen bis zum Ablauf der zivil- und strafrechtlichen Verjährungsfristen aufzubewahren und im Falle von Haftungs- oder Strafsachen dem Verkäufer oder dessen Erben zur Verfügung zu stellen.
143
Anhang 4. Es ist Sache des Übernehmers, sich einen Überblick über die noch schwebenden Angelegenheiten zu verschaffen und alles Erforderliche im Interesse der Mandanten zu veranlassen. Der Verkäufer haftet nicht für Versäumnisse irgendwelcher Art bei der weiteren Bearbeitung der Aufträge. 5. Der Verkäufer wird vom Zeitpunkt der Übergabe an a) dem Übernehmer in allen Angelegenheiten, die seine Tätigkeit für die übergebenen Mandate betreffen, jederzeit Auskunft erteilen, soweit er dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, b) den Übernehmer unterstützen und neben ihm darauf hinwirken, dass die übertragenen Mandate dem Übernehmer erhalten bleiben, 6. Vorlage an die Steuerberaterkammer Veröffentlichung der Praxisübertragung in der lokalen Zeitung 7. Der Veräußerer verpflichtet sich, ab dem Übergabezeitpunkt für einen Zeitraum von 3 Monaten bis zu ... Stunden wöchentlich/ monatlich dem Erwerber unentgeltlich zur Verfügung zu stehen. Für jeden weiteren Zeitaufwand erhält der Veräußerer eine Vergütung von ... Euro je angefangene Stunde.
§ 4 Abrechnung von Honorarforderungen 1. Die Übertragung und Übernahme der bisher von dem Verkäufer betreuten Mandate erfolgt zum Übergabetag (vgl. § 2). Der Übergabetag ist gleichzeitig der Verrechnungsstichtag für Honoraransprüche. Alle Honorare für Arbeiten und Leistungen des Verkäufers, die bis zum Tage der Praxisübernahme ausgeführt und abgerechnet werden, stehen dem Verkäufer zu. 2. Die Honorare für die in Arbeit befindlichen Aufträge, z. B. Buchhaltung, Jahresabschlüsse, Steuererklärungen und alle sonstigen teilfertigen Dienstleistungen des Verkäufers, d. h. die Honoraransprüche für Leistungen und Teilleistungen, die bis zum Tage der Praxisübergabe fertiggestellt wurden und seitens des Verkäufers noch nicht abrechenbar waren bzw. noch nicht abgerechnet wurden, stehen dem Käufer ohne Abgeltung zu. alternativ: Die teilfertigen noch nicht abrechenbaren Leistungen werden zum ......................festgestellt, aufgelistet und seitens des Käufers den Mandanten in Rechnung gestellt. Falls die diesbezüglichen Honoraransprüche durchsetzbar sind bzw. eingehen, erhält der Verkäufer für die von ihm geleisteten Arbeiten eine entsprechende anteilige Ausgleichsvergütung aus dem eingegangenen Honorar. alternativ: Der Verkäufer verzichtet aus Vereinfachungsgründen auf eine Abrechnung der bis zum Übernahmetag noch nicht abgeschlossenen Leistungen. Der Käufer verzichtet aus denselben Gründen auf eine Abrechnung der Vorschüsse. Hierbei wird jedoch vorausgesetzt, dass die von dem Verkäufer erhaltenen Vorschüsse 10.000,00 Euro nicht übersteigen. Damit sind im Übernahmekaufpreis alle am Übernahmetag noch nicht abgeschlossenen Leistungen enthalten (Rechnungsstellung durch den Verkäufer nach dem Übernahmetag ist ausgeschlossen). 3. Die Honorare für die nach dem Übergabetag erbrachten Leistungen stehen dem Käufer zu. Soweit der Verkäufer bereits Vorschüsse erhalten hat, denen am Übergabetag keine oder nur Teilleistungen gegenüberstehen, hat der Käufer gegenüber dem Verkäufer einen Ausgleichsanspruch für die von ihm erbrachten ausstehenden Leistungen. Auf Anforderung erstellt der Verkäufer eine Liste über die gezahlten Vorschüsse und die hierauf von ihm geleisteten Teilarbeiten. 144
Praxisübertragungs-Vertrag § 5 Kaufpreis 1. Der Kaufpreis für den Praxiswert (Mandantenbeziehungen) wurde nur für solche Mandate ermittelt, deren Auftragsverhältnis am Tage des Vertragsabschlusses nicht gekündigt oder anderweitig beendet ist. Den Praxiswert haben die Beteiligten unter Zugrundelegung der Honorarerlöse und unter Beachtung der Nutzungsmöglichkeit durch den Käufer festgesetzt. 2. Der Kaufpreis und beträgt a) für den Praxiswert . (gemäß Anlage 1Honorareinnahmen von ........... multipliziert mit Faktor )
Euro
b) für das Praxisinventar Euro insgesamt Euro (in Worten: ) ........................................................................................................ 3. Der Käufer verpflichtet sich, den Kaufpreis an den Verkäufer zwei Wochen nach Praxisübergabe auf die nachstehende Bankverbindung zu überweisen: Kto. – Nr......................BLZ.................. bei der Ratenzahlung. Dem Käufer wird die Begleichung des Kaufpreises in Raten von .....eingeräumt, fällig in Höhe von am,,,,,,.. Kommt der Käufer mit der Zahlung der Kaufpreissumme oder einer Rate ganz oder teilweise in Verzug, so ist der Verzugsbetrag zugunsten des Verkäufers mit einem 4% über dem Basiszinssatz der EZB liegenden Zinssatz zu verzinsen. Wahlweise: Zahlung des Kaufpreises in Form einer Leib- oder Zeitrente wie folgt: .......................... in Raten von.............. 4. Rückrechnungsklausel Der oben genannte Kaufpreis zu Ziffer 2 a) wurde anhand der anonymisierten Mandanten-Honorarliste gemäß Anlage 1 (Bemessungsgrundlage) zum Tag des Vertragsabschlusses mit dem Faktor,,,,, als Multiplikator ermittelt. Diese Liste ist wesentlicher Vertragsbestandteil und wurde von den Vertragsparteien anerkannt.
145
Anhang Nach Ablauf von 6 Monaten alternativ: 12 Monaten seit Praxisübergabe wird die Bemessungsgrundlage unter Abzug der Jahresnettohonorarerlöse von denjenigen Mandanten neu festgesetzt, die der Mandatsübergabe nicht zugestimmt haben oder die aus anderen Gründen , z. B. Kündigung, Geschäftsaufgabe Konkurs usw. , ausgeschieden sind, d. h. nicht mehr zum Mandantenbestand der Anlage 1 gehören; das Mandatsverhältnis muss seitens des Mandanten schriftlich gekündigt sein. Die ausgeschiedenen Mandate entfallen aus der Bemessungsgrundlage mit entsprechender Auswirkung auf den Kaufpreis gemäß § 5 Ziffer 2 a) mit ..... % des durchschnittlichen Jahresumsatzes. Bei der Nachberechnung werden Abgänge und Zugänge von Mandaten mit deren Jahresnettohonorarerlös saldiert.
§ 6 Name der Praxis Nach Übertragung der Praxis gestattet der Veräußerer dem Erwerber, im beruflichen Verkehr, insbesondere auf dem Praxisschild und auf den Drucksachen, den Namen des Verkäufers weiter zu verwenden, zeitlich beschränkt bis zum ... / für die Dauer von ... Jahren.
1.
2. 3.
4. 5. 6.
146
§ 7 Übernahme des Personals Der Käufer tritt gemäß § 613 a BGB in alle Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverträgen mit den Mitarbeitern der Kanzlei ein. Der Verkäufer verpflichtet sich, auf die Angestellten dahingehend einzuwirken, dass dieselben den Dienstvertrag mit dem Übernehmer fortsetzen, um ihn bei der Fortführung der Praxis nach Kräften zu unterstützen. Er wird die Vertragsbedingungen mit den Angestellten – insbesondere die Gehaltshöhe – in dem Zeitraum zwischen Unterzeichnung des Vertrages und dem Übernahmetag nicht ändern; anderenfalls bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung des Übernehmers. Pensionszusagen an die Mitarbeiter hat der Verkäufer nicht gemacht. Der Käufer wird der zuständigen Steuerberaterkammer ggf. die Übernahme der mit dem Verkäufer geschlossenen Ausbildungsverträge anzeigen. Soweit der Käufer nach der Praxisübergabe und Personalübernahme in bestehende Verpflichtungen zur Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Gewährung von Urlaub eintritt bzw. diese Verpflichtungen erfüllt, zahlt der Verkäufer zeitanteilig bis zur Praxisübergabe an den Käufer einen entsprechenden finanziellen Ausgleich, ggf. im Wege der Verrechnung mit dem Kaufpreis. Alle Rechte und Pflichten aus den Mitarbeiterverträgen gehen ab ......... auf den Käufer über, soweit die Mitarbeiter nicht widersprechen. Der Verkäufer wirkt bei freien Mitarbeitern darauf hin, dass diese entsprechende Wettbewerbsverbote zugunsten des Käufers eingehen. Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang Gemäß den Vorschriften zum Betriebsübergang nach § 613 a BGB zur Wahrung der Arbeitnehmerrechte in Bezug auf ihr
Praxisübertragungs-Vertrag Unterrichtungs- und Widerspruchsrecht informiert der Veräußerer Q Q
über die Einzelheiten hinsichtlich des Betriebsübergangs und das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers bezüglich seines Arbeitsverhältnisses innerhalb einer Monatsfrist (das bisher vom BAG ohne Gesetzesanspruch anerkannt worden war).
§ 8 Übertragung des Praxisinventars 1. Der Übernehmer erhält das gesamte Sachvermögen/Inventar (Mobiliar, Geräte, Maschinen, Fachliteratur, ect.) mit Ausnahme von ........... im derzeitigen Zustand wie es steht und liegt unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung für Sachmängel zu Eigentum übertragen. Der Verkäufer versichert, dass er Eigentümer dieser Gegenstände ist und hierüber uneingeschränkt verfügen kann, insbesondere, dass diese Gegenstände nicht mit Rechten Dritter belastet sind. Daneben wird das in der Praxis vorhandene übliche Büro- und Praxismaterial auf den Käufer übertragen. 2. Die Übergabe der zu übereignenden Gegenstände erfolgt zum Zeitpunkt der Praxisübergabe (§ 2). Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Eigentum an den Gegenständen mit der Praxisübergabe auf den Käufer übergeht. § 9 Eintritt in sonstige laufende Verträge 1. Der Übernehmer tritt ab Übernahmetag in die nachstehenden, im Rahmen der Praxis begründeten laufenden Verträge und sonstigen Dauerrechtsverhältnisse vorbehaltlich der Zustimmung der Vertragspartner ein: a) Wartungsverträge b) laufende Verträge über Ergänzungslieferungen c) Zeitschriftenlieferungen, Ergänzungslieferungen Der Käufer übernimmt von Herrn/Frau ........... mietweise die bisherigen Büroräume und Garage im Hause des Verkäufers zum Mietpreis von ..... Euro p.a. zzgl. Mietnebenkosten und Mehrwertsteuer. Die Mietbindung beträgt .... Jahre. Ein Mietvertrag über die Büroräume wird gesondert geschlossen und ist Voraussetzung für die Praxisübernahme. 2. Weitergehende Verträge/Dauerrechtsverhältnisse des Verkäufers werden nicht übernommen. Der Verkäufer stellt den Übernehmer ausdrücklich von Ansprüchen Dritter in diesem Zusammenhang frei; er verpflichtet sich, solche Dauerrechtsverhältnisse frühestmöglich zu kündigen.
147
Anhang § 10 Haftungsfreistellung/Geschäftsschulden 1. Der Verkäufer stellt den Übernehmer von der Inanspruchnahme und Forderungen durch Dritte oder durch Mandanten, die aus seiner beruflichen Tätigkeit bis zum Übergabetag resultieren und/oder für die er Verantwortung trägt, frei. 2. Der Übernehmer hat vom Übernahmetag an für eintretende Schadenfälle selbst zu haften. 3. Geschäftsschulden übernimmt der Käufer im Verhältnis zum Verkäufer nicht. Die Haftung des Übernehmers gemäß § 75 Abgabenordnung 1977 wird im Verhältnis des Übernehmers zum Verkäufer ausgeschlossen. § 11 Wettbewerbsverbot Der Verkäufer verpflichtet sich für die Dauer von zwei Jahren, in ........... und einem Umkreis von ......... km nicht als Steuerberater in eigener Praxis oder für eine andere Kanzlei tätig zu werden, insbesondere nach Übertragung der Praxis weder mittelbar noch unmittelbar persönlich oder über Dritte, seine früheren Mandanten zu beraten oder von diesen anderweitige Aufträge anzunehmen bzw. den Mandanten einen anderen Berater zu empfehlen. Bei Zuwiderhandlungen hat der Verkäufer eine Vertragsstrafe in Höhe von 150 % des durchschnittlichen Jahreshonorars des betroffenen Mandats zu zahlen.
1. 2.
3.
4.
§ 12 Sonstiges/Schlussbestimmungen Sämtliche Anlagen, auf die Bezug genommen wird, sind Bestandteil dieses Vertrages. Soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Diese Form ist nur dann gewahrt, wenn gleichlautende von beiden Vertragschließenden oder ihren Rechtsnachfolgern unterzeichnete Exemplare der Änderungsvereinbarung ausgetauscht sind. Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein oder werden, so folgt hieraus nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages. Dasselbe gilt, wenn eine oder mehrere Bestimmungen im Hinblick auf die Standesrichtlinien oder aus sonstigen Gründen unzulässig sind. Die nichtige oder ungültige Bestimmung ist alsdann so zu ergänzen oder umzudeuten, dass der mit ihr beabsichtigte wirtschaftliche oder rechtliche Zweck erreicht wird. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Mündliche Vereinbarungen sind von den Parteien nicht getroffen worden und haben auch keine Gültigkeit.
Für den Fall, dass die Vertragspartner nicht in Gütertrennung leben, erteilen die Ehepartner durch Unterzeichnung im Hinblick auf § 1.365 Abs. 1 BGB vorsorglich ihre Zustimmung zum Vertragsschluss.
§ 13 Beilegung von Streitigkeiten Treten nach Praxisübernahme Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspartnern auf oder wird die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages streitig, so ist in jedem Falle zunächst die zuständige Standesorganisation zu hören. Ein Rechtsschutzbedürfnis zur Anrufung eines Gerichtes bei al148
Praxisübertragungs-Vertrag len Streitigkeiten aus diesem Vertrag einschließlich seiner Wirksamkeit ist erst dann gegeben, wenn ein Vermittlungsversuch der zuständigen Berufskammer als erfolglos von dieser bestätigt ist, es sei denn, dass es sich um einen Antrag auf Erteilung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung handelt. Der Schiedsvertrag wird in einer gesonderten Urkunde niedergelegt.
§ 14 Gerichtsstandsvereinbarung Gerichtsstand ist der Ort des Kanzleisitzes. Wahlweise:
§ 13 Aufschiebende Bedingung Der Vertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die finanzierende Bank den beantragten Kredit zur Begleichung des Kaufpreises genehmigt, Herr ..........den genauen Nachweis über die aktuellen Honorareinnahmen zum ............. durch Vorlage einer korrigierten Mandanten – Bestandsliste mit verbleibenden Honoraren führt und Frau/Herr ..... mit dem Käufer einen Mietvertrag über die Büroräume zu den vereinbarten Konditionen abschließt. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der gesamte Vertrag unwirksam. Dieser Vertrag umfasst insgesamt .................. Seiten zzgl. der Anlagen laut Anlagenverzeichnis und wird in zwei gleichlautenden Fassungen erstellt sowie von beiden Vertragspartnern eigenhändig unterzeichnet.
........................................., den
.................................., den
Unterschrift des Veräußerers
Unterschrift des Käufers
Unterzeichnung der Ehepartner
Anlagen: Anlage 1 Mandantenliste Anlage 2 Praxisinventar .........................., den Unterschrift
Unterschrift 149
Anhang
Anhang 15:
Checkliste Rahmenbedingungen für den Verkauf einer Steuerberatungspraxis
1. Inhalte einer vertraglichen Regelung Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q Q
Vertragsgegenstand Übergabetag Mandanteneinwilligung, Aktenaushändigung Abrechnung der teilfertigen Arbeiten Kaufpreis Rückrechnungsklausel Übernahme des Personals Übertragung des Praxisinventars Eintritt in sonstige laufende Verträge Haftungsfreistellung/Geschäftsschulden Wettbewerbsverbot (vgl. Leuer, BBKM 2005, S. 67 ff.) – Überleitung – weitere Mitarbeit Schlussbestimmungen
2. Zeitliche Reihenfolge der Verkaufsschritte Q Q Q Q
150
Vertragsabschluss Einholung der Mandanteneinwilligungen Prüfung der Mandantenzustimmungen anhand der anonymisierten Mandantenliste wegen der Weitergabe personenbezogener Daten Endgültige Abrechnung aufgrund der Rückrechnungsklausel nach 6 bis 12 Monaten
Verhandlungsagenda bei Praxisverkäufen
Anhang 16:
Verhandlungsagenda bei Praxisverkäufen
1. Interessenlage/Absichten/Pläne der Parteien 2. Umsatzfeststellung – Nachweise Überprüfung im Rahmen der due diligence 3. Gewinnermittlung Verlustvorträge? 4. Mandantenstruktur 5. Mitarbeiter 6. Risikoverteilung bzgl. Mandantenabgänge 7. Kaufpreisermittlung 8. Ertragswertverfahren 9. Umsatzwertverfahren 10. Inventar 11. Teilfertige Arbeiten 12. Überleitung, weitere Mitarbeit 13. Finanzierung, Kaufpreisbeschaffung 14. Feststellung der Dauerschuldverhältnisse, Mietverträge, Leasingverträge usw. 15. Kostenblöcke und Möglichkeiten der Kostenminimierung
151
Anhang
Anhang 17: Q Q
Ned Herrmanns Hirn-Dominanz-Modell
Ned Herrmann hat eine Methode entwickelt, individuell unterschiedliche Denkstile sichtbar und damit vergleichbar zu machen. Seine Entwicklung basiert auf Untersuchungen über die menschliche Kreativität. Aus den gewonnenen Erkenntnissen ergab sich ein aufschlußreicher Zusammenhang mit den Ergebnissen der Gehirnforschung, vor allem in den Arbeiten von Paul Broca, Paul MacLean und Roger Sperry.
Die Hirnfunktionen Q Q Q Q
Medizinische Untersuchungen zeigten, dass die beiden Hemisphären des Großhirns trotz symmetrischer Anlage weitgehend unterschiedliche Funktionen ausüben. Die linke Hemisphäre arbeitet sequentiell, ist also eher für logisch-analytisches Denken geeignet. Die rechte Hemisphäre arbeitet mit Bildern, Mustern und nonverbalen Ideen; sie ist der visionäre und intuitive Teil des Gehirns. Über die Zweiteilung des limbischen Systems, das unter den beiden Großhirnhälften liegt, gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Es gilt als der Bereich, in dem Gefühle und verhaltensorientierte Denkweisen ihren Ursprung haben.
Das Gehirn — Physiologie Das Organisationsprinzip — Architektur Das Ganzhirn-Modell — Metapher Q
Zwei- bis dreihundert Millionen Nervenzellen verbinden über den Corpus Callosum (auch Balken genannt) die beiden Hemisphären. Dadurch werden alle Informationen ständig und außerordentlich schnell miteinander verknüpft.
Das Hirn-Dominanz-Modell Q
Q Q
152
Ned Herrmann entwarf ein metaphorisches Modell des Gehirns, das die Denk- und Verhaltensweisen in vier Kategorien einordnet, so daß sich die vier Quadranten A, B, C und D ergeben, denen bestimmte Merkmale zugeordnet werden. Die Bildreihe verdeutlicht die Entwicklung des Modells. Die von Ned Herrmann gefundene Einteilung gibt den komplexen Aufbau und die Arbeitsweise des Gehirns natürlich nur unvollständig wieder. Sein Modell ist gültig, unabhängig von der Frage, in welchem Maße unser Denken und Verhalten tatsächlich von den zuvor beschriebenen gehirnphysiologischen Funktionen gesteuert wird. Umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben die Validität des Modells bestätigt.
Ned Herrmanns Hirn-Dominanz-lnstrument
Anhang 18:
Q
Q Q Q
Q Q
Q
Q
Ned Herrmanns Hirn-Dominanz-lnstrument
Mehr und mehr Menschen erwarten heute, daß ihre Einzigartigkeit anerkannt und berücksichtigt wird. Sie wollen authentisch sein und gestehen diese, unter Umständen unterschiedliche Authentizität, auch anderen Menschen zu. Das Herrmann-Dominanz-Instrument ist ein Verfahren zur Selbstanalyse bevorzugter Denkund Verhaltensstile. Wir können damit einen Dialog darüber führen, was uns von anderen unterscheidet, was uns gemeinsam ist und wie wir mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten umgehen. Wir können prüfen, ob wir unser geistiges Potential an der richtigen Aufgabe einsetzen, oder ob wir quasi „mit halber Kraft“ arbeiten, weil unser Profil mit dem Profil einer Aufgabe nicht übereinstimmt. Gegebenenfalls können wir entscheiden, ob Änderungen der äußeren Faktoren zu einer Optimierung unserer Leistungen führen würden. Das Ausfüllen des Fragebogens zum Herrmann-Dominanz-Instrument dauert etwa 20 Minuten. Er wird anschließend von einer dafür lizensierten Stelle ausgewertet. Das Ergebnis wird als Tabelle und grafisch dargestellt. Jeder Teilnehmer erhält das Ergebnis seiner Auswertung zusammen mit einer ausführlichen allgemeinen Erläuterung im persönlich adressierten und verschlossenen Umschlag. Personenbezogene Daten werden vertraulich behandelt und anderen Stellen nicht zur Verfügung gestellt. Der Teilnehmer entscheidet selbst, mit wem er die gewonnenen Erkenntnisse teilen will.
Das Herrmann-Dominanz Instrument ist kein Test. Es beruht auf einer Selbsteinschätzung, gibt also die Verteilung von bevorzugten Denk- und Verhaltensweisen so wieder, wie ein Mensch sich selber sieht. Andere Menschen mögen ihn oder sie anders beurteilen, woraus sich aufschlußreiche Diskussionen ergeben, die oft zu besserem gegenseitigen Verständnis führen. 153
Anhang
Anhang 19:
Absichtserklärung (Letter of Intent)
Zwischen Herrn ................. Steuerberater, ..................................................
Übergeber / Verkäufer –
und Herrn ...................Steuerberater, ...................................................
Übernehmer / Käufer –
1. Vorbemerkungen Der Übergeber beabsichtigt, seine in ......................... befindliche Steuerberatungskanzlei an den Übernehmer zu veräußern. Die Parteien halten nachstehend den Stand ihrer bisherigen Verhandlungen und ihre vorläufigen Vereinbarungen fest. Sie begründen damit noch keine Verpflichtung zum Abschluss eines Kaufvertrages. Vielmehr haben die Parteien bis zur Unterzeichnung des entsprechenden Vertrages das Recht, jederzeit ohne Angabe von Gründen von den weiteren Verhandlungen Abstand zu nehmen. Der später abzuschließende Vertrag (Hauptvertrag) soll folgenden wesentlichen Inhalt haben:
2. Wesentlicher Inhalt des Hauptvertrages Gegenstand der vorstehenden Vereinbarung sind die Regelungen im Zusammenhang mit der Übertragung der Steuerberatungskanzlei des Übergebers. Ebenfalls sind Vereinbarungen über Kaufpreiszahlung, Haftung, Personalübernahme und Mandantenschutz sowie zur Übernahme von bestehenden Verträgen zu treffen. Einigkeit besteht über folgende Punkte: Q Die Übernahme der Kanzlei soll schnellstmöglich erfolgen. Ziel ............... Q Basis für den Kaufpreis der Kanzlei ist die vom Übergeber noch zu erstellende Mandantenliste mit Angabe der nachhaltig erzielbaren Umsätze (voraussichtlicher Kaufpreis ca. ............... €). Die Kaufpreiszahlung soll eine Woche nach Vertragsabschluss/Praxisübergabe durch Überweisung auf ein vom Verkäufer genanntes Konto erfolgen. Der Käufer legt vor Kaufvertragsabschluss eine Finanzierungsbestätigung vor. Der Verkäufer wird sechs Monate kostenlos für überleitende Tätigkeiten zur Verfügung stehen, bei täglicher Arbeitszeit von mindestens .... Stunden. Für weitere sechs Monate soll der Verkäufer gegen Entgelt auf Teilzeitbasis den Verkäufer unterstützen, falls hierfür Bedarf besteht. Eine Verlängerung ist nicht ausgeschlossen. Q Q Q
154
Alle Beschäftigungsverhältnisse sind fortzuführen. Die Praxisräume sind fortzuführen. Die Einrichtung und Technik wird mit pauschal ..................€ bewertet.
Absichtserklärung (Letter of Intent) 3. Zeitplan Die Parteien stimmen darin überein, dass sie schnellstmöglich Gespräche mit Ausarbeitung eines Hauptvertrages im Geiste dieser Absichtserklärung aufnehmen mit dem Ziel eines zügigen Vertragsabschlusses. Stichtag für die Übertragung soll der .............. sein. Beide Parteien sind bereit, die für den Vertragsabschluss erforderlichen Vorleistungen nach Treu und Glauben zu erbringen und zur Erreichung des Vertragsabschlusses partnerschaftlich zusammenzuarbeiten.
4. Inkrafttreten und Laufzeit der Absichtserklärung Diese Absichtserklärung tritt mit der Unterzeichnung durch beide Parteien in Kraft und endet automatisch mit Abschluss eines Hauptvertrages zwischen den Parteien, spätestens jedoch am ............, es sei denn, die Parteien haben einvernehmlich eine Verlängerung der Laufzeit dieser Absichtserklärung schriftlich vereinbart.
5. Geheimhaltung Die der anderen Partei übergebenen Unterlagen, Kenntnisse und Erfahrungen dürfen ausschließlich für die Zwecke dieser Absichtserklärung verwendet werden.
6. Schlussbestimmungen Frühere mündliche oder schriftliche Vereinbarungen zwischen den Parteien in Bezug auf den Gegenstand dieser Absichtserklärung sind mit deren Inkrafttreten gegenstandslos. Änderungen oder Ergänzungen der Absichtserklärung sowie dieser Klausel bedürfen der Schriftform und sind von beiden Parteien zu unterzeichnen. Sollte eine Bestimmung dieser Absichtserklärung unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. Die Parteien werden die unwirksame Bestimmung unverzüglich durch eine solche wirksame ersetzen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt. Auf diese Absichtserklärung findet deutsches Recht Anwendung. Gerichtsstand ist ..................
..................................., den
....................................., den
---------------------------------------(Unterschrift des Übergebers)
-----------------------------------------(Unterschrift des Übernehmers)
155
Anhang
Anhang 20:
Tableau Erfordernis der Mandanteneinwilligung
Vorgang
Einwilligungspflicht
Rechtsprechung
nach zivil-, berufs-, datenschutz – und strafrechtlichen Gesichtspunkten 1.
Aufnahme von qualifiziertem Personal – Steuerfach-/Rechtsanwaltsgehilfen in bestehende Kanzlei
nein
BGH LM § 134 BGB Nr. 150
2.
Aufnahme eines rechts- bzw.steuerrechtskundigen Mitarbeiters wie Steuerberater/Rechtsanwalt als Angestellter oder freier Mitarbeiter in bestehende Praxis
nein
BGH, LM §134 BGB Nr. 150 m. w. Nachw.; NJW 91,2955; 95, 2025/6; 2001, 2463; vgl. auch Anmerkungen
3.
Verkauf einer Einzelpraxis an bisher an- nein gestellten Steuerberater oder freien Mitarbeiter der Kanzlei
4.
4.1 Verkauf einer Einzelpraxis mit Mandantenübertragung an außenstehenden fremden Dritten
andere Beurteilung
durch div.Steuerberaterkammern
ja
BVerfG, NJW 84, 419; BGH, NJW 91,2955; 92, 737 f; 92, 2348; 93, 1638; 93,2371; 95, 2026/7 für RAKanzleien; 96, 393 ;96 726,96,774 ; 96,2087f. für StB-Kanzleien; NJW 99, 1404; BGH, MDR 92, 226; OLG Hamburg ,NJW 93,1335; KG NJW-RR 2001,1215
ja
OLG München vom 05.05.2000, NJW 2000, 2592 ff
– Verkäufer scheidet aus
– dito – Verkäufer bleibt noch freier Mitarbeiter
156
LG Darmstadt: Dauer der Tätigkeit mindestens 6 Monate, NJW 94, 2962 mit Hinweisen auf Urteile des LG Ffm. vom 25.3.und 26.3.1992 ;BGH, NJW 95,2915; 2001/2462 f.
Tableau Erfordernis der Mandanteneinwilligung 4. 2 Verkauf einer Praxis/Abtretung von anwaltlichen Gebührenforderungen und Aktenaushändigung
ja
OLG Koln, NJW 92,2772 BGH, NJW,93,1638;93,1912; 93,2795; 95,2026
nein
BGH, 95,2915 ;LG Darmstadt,NJW 94,2962; LG Bonn, Aw Bl 95,144 LG Baden-Baden, NJW-RR, 1998,202
5.
Verkauf/Einbringung einer Einzelpraxis
ja
wie 4.
in bestehende Einzelpraxis, GbR, GmbH 6.
Aufnahme eines außenstehenden Steuerberaters als Sozius in bestehende Einzelpraxis
ja
wie 4. u.OLG Koblenz vom 23.07.99, BGH, NJW 88, 1973
7.
Aufnahme eines bisher angestellten Steuerberaters oder freien Mitarbeiters der Kanzlei als Sozius
nein
wie 3.
andere Beurteilung
durch Steuerberaterkammern
Aufnahme eines weiteren Sozius
nein
BGH NJW 71,1801;1994,257;2000/1560 und 2462 f.; 2001/2463; OLG München, NJW 2000, 2593; LG Darmstadt,
8.
in bestehende Sozietät (GbR), Erweiterung
NJW 94, 2962 9.
Wechsel des bearbeitenden Berufsträgers in einer Sozietät
nein
BGH, NJW 71,1801; 94, 257; 96, 2859/60; 2000, 1333
10.
Praxisverkauf und Übertragung an amtlich bestellten Vertreter (§ 69 StbG)
ja
BGH v. 17.05.1995, NJW 1995, 2026; 95, 2915; 2000, 2594;
11.
Verkauf und Übertragung an den Abwickler
nein
BGH, NJW 95,2915; 97, 188
(§ 70 StbG), der die Mandantenakten umfassend kennengelernt hatte 12.
Verkauf einer (Aussen-)Sozietät an einen Berufsträger, der in diese eintritt
nein
BGH, NJW 2001,2463 , Vertrag wirksam, weil Eintritt in bestehende Sozietät zustimmungsfrei ist
13.
Kanzleifusion/Verschmelzung von mehreren Praxen unter Änderung der Rechtsform
Ja
BGH, NJW 2001/2464, und Gesichtspunkt der Änderung des Rechtsträgers, daher einwilligungspflichtig
157
Anhang 14.
Zusammenlegung von
ja
Einzelpraxen oder Sozietäten
nein
wie 4.:Schutzgedanke informationelles Selbstbestimmungsrecht verletzt wie 8 :Schutzgedanke nicht verletzt
15.
Verkauf einer/aus einer GmbH als share deal
nein
als asset deal
ja
keine Verletzung des Schutzgedanken wie 4.
16.
Wechsel von StB-Geschäftsführern einer GmbH
nein
keine Verletzung des Schutzgedanken
17.
Aufnahme eines Steuerberaters in GmbH als
nein
Keine Verletzung des Schutzgedanken
Geschäftsführer oder GesellschafterGeschäftsführer 18.
Mandatsübertragung von einer GmbH auf eine andere GmbH durch einen StB, der in beiden Gester-GF ist
ja
LG Hannover, Stbg. 94/114
19.
Umwandlung einer EP in GBR oder GmbH mit Gesellschafteränderung = strukturelle Veränderung
ja
wegen Änderung des Rechtsträgers mit wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Folgen
20.
wie 19. ohne Ges.ter-Änderung, d. h. bisheriger Inhaber wird alleiniger Ges.ter
ja
dito, wie 19.
21.
Verschmelzung oder Spaltung einer EP
ja
der übertragende Rechtsträger erlischt, Änderung des Rechtsträgers, wie 19.
22.
Kooperation mit anderen Berufsträgern
nein
keine Verletzung des Schutzgedanken
„Vorratseinwilligung“ der Mandanten zur Mandatsübertragung an unbestimmten Nachfolger
ja
Einwilligung muss sich auf konkrete Person als Nachfolger beziehen
Erbfall – Eintritt des/der Erben des Sequesters
nein
Verkauf und Übertragung der Mandate,
ja
23.
Einbringung der Praxis in andere Einzelpraxis, GbR, GmbH
158
Geltung der allgemeinen Regeln
Tableau Erfordernis der Mandanteneinwilligung
Anhang 21: Sammlung von Urteilen und Veröffentlichungen zum Thema „Bewertung von Steuerberater – und Wirtschaftsprüferpraxen“ Zugewinnausgleichsanspruch Zustimmungsbedürftigkeit der Mandanten zur Praxisübertragung, insbesondere zum Thema „Entfall der Zustimmung bei vorher regem Anstellungsverhältnis in der zu übertragenden Kanzlei“ Literaturhinweise Veräußerung einer Steuerberater-Praxis
DSWR 9/97, Seiten 230 ff
von Wolfgang Wehmeier Bewertung von Steuerberaterkanzleien
DSWR 3/98, Seiten 78 ff.
von Prof. Dr. Volker H. Peemöller und Dr. Lars Meyer-Pries Die Bewertung von Anwaltskanzleien
NJW, 2003/2709
Römermann Die Bewertung gemischter Sozietäten
DStR 1998/1565
Dr. P. Heid Veräußerung und Übertragung von Steuerberater – und Wirtschaftsprüferpraxen
DStR 37/97, Seiten 1465 ff.
Rechtsanwalt Dr. Jürgen Platz Überlegungen zum Erwerb einer Steuerberater-Praxis Rechtsanwalt Dr. Jürgen Platz
INF, Heft 3/2000, S. 88 ff.
Erfordernis der Einwilligung der Mandanten zur
Der Steuerberater, Heft 3, März 2003, S. 108
Mandatsübertragung Rechtsanwalt Dr. Jürgen Platz Marketing für Steuerkanzleien
CH. Beck Verlag
von Dieter Lutz Merkblatt für neue Regelungen im Handelsrecht: Kaufmannsbegriff, Liberalisierung des Firmenrechts
DWS Verlag, Bonn 9/98
159
Anhang Unternehmens- und Praxisübertragungen von Wollny
Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Herne/Berlin, 3. Aufl.
Steuerliche Probleme bei Praxisübertragungen von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden und steuerberatenden Beruf (verfasst vom gleichnamigen Arbeitskreis im Institut der Wirtschaftsprüfer)
IDW-Verlag Düsseldorf
Der Unternehmenskauf
Deutsches Anwaltsinstitut
Fachinstitut für Steuerrecht
e. V., Bochum
Unternehmensbewertung von Mittel- und Kleinbetriebe
Erich Schmidt Verlag
Behringer Der Unternehmenskauf
Verlag C.H. Beck, 2. Auflage
Beisel/Klumpp Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten bei der Abfassung von Sozietätsverträgen
IDW-Verlag Düsseldorf
Helmut Klaas Die Bewertung von Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterpraxen
IDW-Verlag, Deutschland
Joachim Englert Balanced Scorecard & Controlling
Gabler, Wiesbaden 1999
Jürgen Weber/Utz Schäffer Zur Verschwiegenheit des Steuerberaters bei Übertragung oder Einbringung seiner Kanzlei
INF, F 23/1998
Rechtsanwalt Dr. Hülsmann, Freiburg Kauf und Bewertung einer Steuerberaterpraxis
Gabler, Wiesbaden 2001
von Borstel/Schoor, 2. Auflage Außen- und Scheinsozietäten von Rechtsanwälten
NJW
Kamps/Alvermann
2001,2121
Praxisveräußerungen und Sozietätsgründungen in ertragssteuerlicher Sicht, vgl. Anlage ....
NWB, Nr. 47 vom 18.11.2002, S. 3935 ff.
von Dr. Ernst-August Ehlers, Hamburg Kanzleimarketing für die anwaltliche und steuerberatende
ISBN 350374252
Praxis David Hoefelmayer Rechtsfolgen des Betriebsübergangs nach § 613 a BGB
NJW, Nr. 25, 1998
Die neuen Arbeitnehmer-Rechte bei Betriebsübergang, Richter am Arbeitsgericht Dr. Guido Mareck, Iserlohn
Arbeitsrecht Aktiv, Heft 1, April 2003, S. 1 – 16
Außen- und Scheinsozietäten von Rechtsanwälten,
NJW, Heft 30/2001
W. Kamps; J. Alvermann
160
Tableau Erfordernis der Mandanteneinwilligung Rechtsprechung
Bewertung des Anteils an einer Steuerberaterpraxis
BGH Urteil v. 25.11.98,NJW 1999, 784 ff; BGH v. 06.02.02, BGH von 27.08.03, NJW 2003, 3339; v. OLG FfM v. 15.02.01; OLG Kob-lenz v. 13.07.01; OLG Düsseldorf v. 14.10.03; FamRZ 2004, 1106; AG DuisburgHamborn, FamRZ 2003, 1186;
1.2
Zustimmung der Mandanten/Nichtigkeit des Kaufvertrages ohne Zustimmung
BGH Urteil vom 22.05.96, VII ZR 194/95, DStR 1996, 1576
1.3
Mandantenstamm als selbständig übertragbares Wirtschaftsgut, KöStG § 8 III, 27
BFH Urteil vom 18.12.96, I R 128-129/95 (FG Niedersachsen) NJW 1997, 2262
1.4
Abschreibung des Praxiswertes
1.1
Goodwill bei Steuerberatersozietät im Zugewinnausgleich
BFH Urteil vom 30.03.94 NJW 1995, 2873 ff
Nichtigkeit eines Praxisübertragungsvertrages ohne Zustimmungsklausel für die Übergabe der Mandantenakte
BGH v. 11.12.1991 – VIII ZR 4/91,
Aber keine Nichtigkeit, wenn der Praxisnachfolger zuvor als Mitarbeiter des Verkäufers die Mandantenangelegenheiten umfassend kennen gelernt hat.
BGH v. 10.08.1995,
1.6
Die Nichtigkeit erfasst den gesamten Vertrag
KG v. 9.10.1995 – 12 U 1926/92, KGR Berlin 1995, 253 = NJW-RR 1996, 431; BGH, DStR 1995, 1924
1.7
Keine Steuerbegünstigung bei Veräußerung einer Teilpraxis oder Verkauf nur einzelner WG oder Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit
BFH vom 8.6.2000
Betriebsübergang nach § 613 a BGB
NJW 1998/1883; BAG vom 13.11.1997
1.5
1.8
BGHZ 116, 268 f = MDR 1992, 226; BGH v. 17.5.1995 – VIII ZR 94/94, MDR 1995, 960 = NJW 1995,2026;OLG München NJW 2000,2592
NJW 1995, 2915
NJW 2001, 2199; BFH vom 22.9.1999; BFH v. 17.2.2003; v. 27.10. 2000
161
162
nat/jur.
Nr.
Rechtsform seit ...
Mandant ja nein nein
ja
Honorarumsatz in € oder/10-Satz aus:
FiBU Lohn Abschluss StErkl. LSt/Est Beratung Prüfung sonstiges*
1.
risiko**
2. Verlust-
3. Bewer- Zustimmung tungsgrund- erteilt am: lage in %/€
Praxis: Stichtag:
Hinweis: Mandantenlisten (Nr. 1...) können wie folgt differenziert werden: Nr. 1: Mandanten, von denen der Verkäufer einschätzt, dass sie der Übertragung zustimmen. Nr. 2: Mandanten, von denen der Verkäufer weiß, dass sie mit Sicherheit in den kommenden Monaten (ca. 6) ausscheiden (bereits gekündigt, Betriebsaufgabe angekündigt etc). Nr. 3: Jahresmandate, soweit Umsatzanteil über 50 %, ggfs. mit pauschalem Sicherheitsabschlag o. 1/3 Abschlagszahlung in drei Jahren oder a. Preisdifferenzierung Nr. 4: Mandanten, die nicht übertragen werden, sondern beim Verkäufer verbleiben. Alle Listen sind als Anlagen unabdingbarer Bestandteil jedes Übertragungsvertrages.
* Umsatz aus ** Verlustrisiko z. B. durch Verbundeffekte in der Mandantschaft (rechtliche/wirtschaftliche/persönliche Abhängigkeiten), Insolvenz, Betriebsaufgabe, Kündigungen usw.
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
Branche
Einzugserm.
Anhang 22:
1
Alter
lfd.
schriftl. Vertr.
Anhang
Muster Anonymisierte Mandantenliste
Beispiel einer konkreten Wertberechnung nach dem UWV
Anhang 23:
Beispiel einer konkreten Wertberechnung nach dem UWV
Der Gutachter steht auf dem Standpunkt, dass unter Berücksichtigung oben aufgeführter wertbildender Merkmale ein Basiswert für den Multiplikator ( = Bewertungsfaktor ) von 1,00 = 100 % der Bemessungsgrundlage eingesetzt werden kann. Darüber hinaus folge ich der Empfehlung von Barthel, C. „Unternehmenswert: Grundlagen und Varianten des Umsatzwertverfahrens“, DStR 1996, S. 1458, wonach im Sinne einer „Adjustierung“, d. h. Feinabstimmung den Faktor bestimmende Korrekturen – werterhöhend oder – mindernd in Ansatz gebracht werden sollen. Die nachstehende Tabelle weist insgesamt 10 endogene situationsbezogene Adjustierungskriterien aus. Diese wurden jeweils auf einer 10-stufigen Skala als Einflussfaktoren/wertbildende Merkmale mit der Gewichtung 0,1 bewertet. Das Produkt aus der Bewertung der einzelnen Kriterien und dem Maß der Skaleneinheit ergibt den Adjustierungsbeitrag pro Kriterium. Der Adjustierungsbeitrag wird vom Gutachter mit dem sich aus der Gewichtung (0,10) ergebenden Faktor gewichtet und führt so zur Gesamtadjustierungsgröße. Für die Sozietät zeigen sich in der Anwendung folgende Ergebnisse: Nr.
Einflussfaktor
1. 2.
Gewinn Steigerungspotenziale/ Einsparungsmöglichkeiten Umsatzentwicklung Mandantenstruktur Honorarstruktur nach Tätigkeitsbereichen Mitarbeiter Alter der Mandanten Praxisausstattung/ Kanzleiorganisation Lage der Praxis Liquidität Summe
3. 4. 5.
6. 7. 8. 9. 10.
-5
-4
-3
-2
-1
0 1
2
3
4
X X
X X X
X X X X X
5
Fak- GeGetor wicht wicht Faktor 24 0,10 2,40 12 0,10 1,20
12 18 0
0,10 0,10 0,10
1,20 1,80 0,00
18 12 18
0,10 0,10 0,10
1,80 1,20 1,80
6 18 138
0,10 0,10 1,00
0,60 1,80 13,80%
Aufgrund der vorstehenden Angaben bewerte ich die o.g. praxisinternen Kriterien auf der zehnstufigen Skala, wobei eine Skaleneinheit 6 Punkten entspricht. Das Produkt aus der Bewertung der einzelnen Kriterien und dem Maß der Skaleneinheit ergibt den Korrekturwert pro Kriterium, d. h. der Korrekturwert wurde mit der Gewichtung des Kriteriums multipliziert und führt in der Summe zu einem Gesamtkorrekturbetrag von 138.
163
Anhang Ich komme demzufolge zu dem Ergebnis, dass zu dem o.g. Basisbemessungswert/Multiplikator von ein Gesamtkorrekturfaktor von zu addieren ist, so dass der Multiplikator
100,0 % 13,8 % 113,8 %
= 1,138 fach des durchschnittlichen Jahresumsatzes in den Jahren 2003 – 2006 beträgt. Das Ergebnis stellt sich wie folgt dar: durchschnittlicher Jahresumsatz 1.100.060 × Faktor 1,138 = Kanzleiwert nach dem Umsatzwertverfahren 1.251.868 €
Anhang 24:
Rückrechnungsklausel
Die Überprüfung und endgültige Festlegung des Kaufpreises erfolgt nach ..... Monaten anhand der zu diesem Zeitpunkt aktualisierten Mandanten-Bestandsliste gemäß Anlage 1, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen Gesamterlös aus Honorareinnahmen in Höhe von jährlich .... € netto ausweist. Bei jeder Veränderung durch Zugänge und Abgänge – unabhängig von Herkunft, Anlass und Ursache – erfolgt einen Nachberechnung des Kaufpreises unter Zugrundelegung des o.g. Faktors. Die festgestellte Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem nachberechneten Kaufpreis wird zwischen den Parteien ausgeglichen. Alternativ: die festgestellte Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem nachberechneten Kaufpreis wird zwischen den Parteien im Verhältnis 50 : 50 ausgeglichen (Differenzbetrag x Faktor: 2). Alternativ: der Kaufpreis mindert sich um den mit dem obigen Faktor multiplizierten Jahresnettoumsatzes der ausgeschiedenen Mandanten jedoch nur dann, wenn der Abgang/Ausscheiden von Mandaten mehr als % des Jahresnettoumsatzes gemäß Anlage 1 beträgt. Die Parteien sind berechtigt, bei der Nachberechnung Mandantenabgänge umsatzmäßig mit Mandatszugängen – unabhängig von Herkunft, Anlass und Ursache – zu verrechnen; der danach verbleibende Umsatzminderungsbetrag wird multipliziert mit dem o.g. Faktor – von dem Verkäufer an den Käufer – ausgeglichen. Alternativ: ............. bei Differenzbeträgen unter 10 % /bis zu 10 % bleiben diese unberücksichtigt; Minderungen von Umsatzerlösen über 10 % werden von dem Verkäufer zu 100 % / zu 50 % an den Käufer ausgeglichen. Alternativ: Umsatzminderungen nach Übergabe der Praxis bis zu .............% gehen zu Lasten des Käufers. Bei Überschreitung ist der überschießende Betrag/Differenz zu je 50 % von den Parteien zu tragen und der Kaufpreis entsprechend zu kürzen. Eine Umsatzminderung bis zu ..........% bleibt in jedem Falle unberücksichtigt.
164
Abrechnung Der oben genannte Kaufpreis zu Ziffer 2 a) wurde anhand der anonymisierten Mandanten-Honorarliste gemäß Anl. 1 (Bemessungsgrundlage) zum Tag des Vertragsabschlusses mit dem Faktor 1 (100 %) als Multiplikator ermittelt. Diese Liste ist wesentlicher Vertragsbestandteil und wurde von den Vertragsparteien anerkannt Nach Ablauf von 12 Monaten seit Praxisübergabe wird die Bemessungsgrundlage unter Abzug der Jahresnettohonorarerlöse von denjenigen Mandanten neu festgesetzt, die der Mandatsübergabe nicht zugestimmt haben oder die aus anderen Gründen , z. B. Kündigung, Geschäftsaufgabe, Konkurs usw. , ausgeschieden sind, d. h. nicht mehr zum Mandantenbestand der Anlage 1 gehören; das Mandatsverhältnis muß seitens des Mandanten schriftlich gekündigt sein. Die ausgeschiedenen Mandate entfallen aus der Bemessungsgrundlage mit entsprechender Auswirkung auf den Kaufpreis gemäß § 5 Ziff. 2 mit 100 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes. Bei der Nachberechnung werden Abgänge und Zugänge von Mandaten mit deren Jahresnettohonorarerlös saldiert.
Anhang 25:
Abrechnung
1. Die Übertragung und Übernahme der bisher von dem Verkäufer betreuten Mandate erfolgt zum Übergabetag (vgl. § 2). Der Übergabetag ist gleichzeitig der Verrechnungsstichtag für Honoraransprüche. Alle Honorare für Arbeiten und Leistungen des Verkäufers, die bis zum Tage der Praxisübernahme ausgeführt und abgerechnet werden, stehen dem Verkäufer zu.
2. Die Honorare für die in Arbeit befindlichen Aufträge, z. B. Buchhaltung, Jahresabschlüsse, Steuererklärungen und alle sonstigen teilfertigen Dienstleistungen des Verkäufers, d. h. die Honoraransprüche für Leistungen und Teilleistungen, die bis zum Tage der Praxisübergabe fertiggestellt wurden und seitens des Verkäufers noch nicht abrechenbar waren bzw. noch nicht abgerechnet wurden, stehen dem Käufer ohne Abgeltung zu.
alternativ: Die teilfertigen, noch nicht abrechenbaren Leistungen werden zum .......... festgestellt, aufgelistet und seitens des Käufers den Mandanten in Rechnung gestellt. Falls die diesbezüglichen Honorarforderungen beglichen werden, erhält der Verkäufer dfür die von ihm geleisteten Arbeiten eine entsprechende anteilige Ausgleichsvergütung aus dem eingegangenen Honorar.
3. Die Honorare für die nach dem Übergabetag erbrachten Leistungen stehen dem Käufer zu. Soweit der Verkäufer bereits Vorschüsse erhalten hat, denen am Übergabetag keine oder nur Teilleistungen gegenüberstehen, hat der Käufer gegenüber dem Verkäufer einen Ausgleichsanspruch für die von ihm erbrachten ausstehenden Leistungen. Auf Anforderung erstellt der Verkäufer eine Liste über die gezahlten Vorschüsse und die hierauf von ihm geleisteten Teilarbeiten. 165
Anhang
Anhang 26:
Checkliste: Regelungspunkte zwischen Veräußerer und Erwerber
1. Übernahme der Informationspflichten, z. B.: „Die gesetzlichen Informationspflichten nach § 613 a BGB gegenüber der vollständigen Belegschaft des Betriebes x in y übernimmt die x-GmbH als Veräußerer des Betriebes“;
2. Die Art und Form der Mitteilung an die betroffenen Arbeitnehmer, z. B.: Die x-GmbH wird sämtliche zum ...(=Zeitpunkt der schuldrechtlichen Veräußerungsverträge ist empfehlenswert) in einem Arbeitsverhältnis zu ihr stehenden Arbeitnehmer einschließlich der Auszubildenden schriftlich per Zustellung durch Einwurfeinschreiben von dem Betriebsübergang auf die y-GmbH zum ... unterrichten. Hinsichtlich des Umfangs der Unterrichtung verpflichtet sich die x-GmbH, die Unterrichtspflichten nach § 613 a Abs. 5 BGB zu wahren“;
3. Die Aufteilung der wirtschaftlichen Risiken einer unzureichenden Unterrichtung, z. B.: „Sämtliche aus der Verletzung dieser Informationspflichten entstehenden Schäden – auch künftige und insbesondere solche aus Ansprüchen der betroffenen Arbeitnehmer – hat im Innenverhältnis die xGmbH zu tragen.“
Anhang 27:
Arbeitspapier/Merkblatt zur Vorbereitung
1. Erforderliche Unterlagen a) Organigramm 2. Mandantenstrukturliste DIN A 4-Format – ohne Namensnennung mit Aufteilung nach folgenden Punkten: a) Branche b) Unternehmensform c) Anzahl Einzelunternehmen, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften d) Region oder Lage e) Umsatz des Mandanten/ der Gesellschaft f) Dauer der Mandatszugehörigkeit g) Art der erbrachten Dienstleistung, möglichst gegliedert nach Bereichen: ■ Buchführung – FiBu/Löhne/Gehälter ■ Abschlüsse, Bilanzen ■ Beratungen ■ Prüfungen ■ Einkommensteuer-/Lohnsteuererklärungen ■ Sonstiges 166
Arbeitspapier/Merkblatt zur Vorbereitung h) Honorarerlöse – Zuordnung zu den einzelnen Sparten 3. Anzahl der Mandanten nach jährlichen Honorarerlösen in folgenden Bandbreiten Zahl der Mandanten
Bandbreite der Honorarerlöse 0 5 12,5 über
– – – 25
5 TEUR 12,5 TEUR 25 TEUR TEUR
4. A B C – Analyse Prozentuale Aufteilung nach Zahl der Kunden und dem von ihnen erbrachten Umsatz, vgl. Anlage 1 5. Letzte aktuelle BWA und BWA zum Ultimo des letzten Jahres 6. Ergebnisrechnung/Einnahme-Überschussrechungen der letzten 3 Jahre 7. Zusammenstellung der Rechnungsausgänge der letzten 3 Jahre 8. Bilanz/ G + V – Rechnung der letzten 3 Jahre 9. Gewinn-/Ertragsberechnung für die letzten 3 Jahre unter Darstellung des bereinigten Gewinns, d. h., unter Abzug derjenigen Positionen, die für den Käufer nicht in Betracht kommen, z. B. Kfz, Abschreibungen, besondere Aufwendungen des Verkäufers, Kreditzinsen usw. 10. Darstellung des Cash-Flow 11. Rentabilitätsberechnung/Ertragsvorschau, vorausschauende Darstellung von Erlösen und Kosten (wichtige Vorlage für die Finanzierung) 12. Inventarliste Betriebs- und Geschäftsausstattung vor und nach Abschreibung 13. Personalliste – ohne Namen – nach Alter, Geschlecht, Betriebszugehörigkeit, Qualifikation und Ausbildung, Monatsgehalt brutto inkl. Arbeitgeberanteil. 14. Debitorenaufstellung hinsichtlich Jahreshonorar pro Debitor anhand der Offenen Postenliste
167
Anhang 15. Übersicht der für die Praxis bestehenden langfristigen Verträge(Mietverträge,Wartungsverträge, Pensionszusagen) 16. Schriftliche Steuerberatungsverträge, Honorareinzugsermächtigungen in prozentualem Anteil – später Aushändigung der Unterlagen. Vorbereitung des Vertragsabschlusses a) Festlegung der Vertragsklauseln zur Rückrechnung und Abgrenzung halbfertiger Arbeiten b) Einholung der Einwilligung der Mandanten – Anschreiben c) Entgelt für die Überleitung d) bestehende Verträge für die Praxis e) Vertragsvorbereitung und Kaufpreisgestaltung Zusätzlich für Praxiserwerber: a) Darstellung der künftigen Honorareinnahmen, Kosten und Nettogewinne b) Lebenslauf, Qualifikationsnachweise, Selbstauskunft und -darstellung, Steuererklärungen c) Mietvertrag Praxisräume d) Entwurf des Praxisübernahmevertrages 17. Honorarpolitik Zehntel bei Jahresabschlüssen und Steuererklärungen Umfang und Methode der Abrechnung von Sonderleistungen kalkulierte und ausgewiesene Stundensätze Art und Umfang von Honorarverträgen 18. EDV-Einsatz Aufstellung der vorhandenen Computer mit: Marke Bezeichnung (Standgerät, Notebook etc.) Bildschirmgröße Prozessor Takt Hauptspeicher Festplatte Anschaffungsdatum Zeitwert (ca.) Aufstellung der Drucker Aufstellung der EDV-Programme
168
Arbeitspapier/Merkblatt zur Vorbereitung Welche Programme werden genutzt für die folgenden Arbeiten: Finanzbuchführung für Mandanten eigene Finanzbuchführung Abschlussentwicklung (Eingabe und Verarbeitung von Umbuchungen) Erstellung von Steuererklärungen Berichtsschreibung Leistungserfassung Rechnungserstellung Schriftverkehr betriebswirtschaftliche Berechnungen 19. Übriges Anlagevermögen Zusammenstellung mit Bezeichnung Beschreibung Anschaffungsdatum Anschaffungskosten Zeitwert (ca.)
A B C – Analyse nach Kundenumsätzen Grundlagen:
A – Kunden = % vom Umsatz B – Kunden = % vom Umsatz C – Kunden = % vom Umsatz ________________________________________________________________________ Umsatz gesamt: EUR ________________________________________________________________________ Anzahl Mandate insgesamt: Stück
169
Anhang %-Mandate
Anz. Mandate
%-Umsatz
EUR-Umsatz
davon A:
%
Stück
= EUR
davon B:
%
Stück
= EUR
davon C:
%
Stück
= EUR
Besonderheiten:
Anhang 28: Wie schwierig es ist, die eigene Praxis/Kanzlei aufzugeben.
Die Weisheit und die Kunst des Loslassen Wer seine eigene Steuerberater- oder Wirtschaftsprüferpraxis oder Rechtsanwaltskanzlei aus unterschiedlichem Anlass aufgeben möchte, hat am Anfang die Einsicht und Verstandesgründe, die für die Trennung von der Praxis sprechen: Erreichen einer bestimmten Altersgrenze, Wunsch oder Notwendigkeit zur Realisierung des Praxiswertes (als Teil der Altersversorgung), Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte, gesundheitliche Probleme, Arbeits- oder Berufs-Verdrossenheit, familiäre Wünsche und Rücksichten, Streben nach beruflicher Veränderung, Hobbys, anderweitige Lebenswege. Jedenfalls kann der Verstand sich diesen Gründen nicht verschließen, und es spricht für einen weisen Entschluss, sich von seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit, d. h. von seiner Kanzlei definitiv zu trennen, mit anderen Worten: körperlich und mental loszulassen. Dieser Wille und Entschluss sind jedoch aus subjektiver Sicht erfahrungsgemäß nicht so leicht umzusetzen. Der Praxisinhaber hat oft eine zu große emotionale Beziehung/Bindung zu seiner Praxis, die er als sein Lebenswerk aufgebaut und mit Herzblut geschrieben hat, um sich zügig von der Kanzlei zu trennen. Dazu kommt die Befürchtung und Fragestellung, ob ein Nachfolger, Sozius oder Käufer die gleiche Kanzleikultur pflegt, die Mandanten wie gewohnt intensiv betreut und das Praxis- und Umsatzniveau wird halten können. Oft quält das Gefühl, sich mit der Trennung auf ein Abstellgleis, zum alten Eisen oder in die Vereinsamung begeben zu müssen.
170
Arbeitsliste Diese Gedanken und Emotionen sind einem erfahrenen Kanzleivermittler, Unternehmensberater und sachverständigen Wertgutachter hinreichend bekannt; er beherrscht das Wissen über und Methoden in Hinsicht auf die Kunst des Loslassens. Entscheidend ist, ob die Gründe für die zukünftige Lebensplanung hinreichend konkretisiert und realistisch umsetzbar sind. Als Pendant für die Aufgabe der bisherigen Lebensabläufe, beruflichen Tätigkeiten (+Einnahmequellen) und persönlichen Gewohnheiten lockt ein weiterer – immateriell – bedeutender Gewinn. Dieser besteht in der Entlastung von dem Zugzwang und Aufwand, sich beruflich ständig auf dem Laufenden halten zu müssen, durch Studium der ständig wechselnden Rechtsprechung, neuen Gesetzgebung, ministeriellen Rundschreiben und durch Fortbildungsseminare. Ein solcher Druck wird durch die Praxisaufgabe genommen bzw. auf den Nachfolger oder verbleibenden Sozius abgeleitet. Wichtig und Voraussetzung ist es, für den ausscheidenden Praxisinhaber attraktive Zukunftsperspektiven zu finden und aufzuzeigen. Den o. g. negativen Befürchtungen ist durch Kennzeichnung der positiven, neugewonnenen Lebensziele gegenzusteuern. Kann sich der Praxisinhaber hierfür engagieren/begeistern, d. h., hat er neue Lebenspläne gefunden, fällt das Loslassen von der bisherigen Tätigkeit und Praxis leicht bzw. leichter. Rationale und emotionale Argumente der vorgenannten Art, schlüssig begründet und engagiert vertreten, bewirken und erleichtern zumeist das vermisste – notwendige – Loslassen.
Anhang 29: Arbeitsliste Wer kann im Notfall die Geschäftsführung übernehmen? Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt werden (Handlungsvollmacht, Bankvollmacht, Prokura zum gegebenen Zeitpunkt)? Bei Gesellschaften: Welche Regelungen dazu muss der Gesellschaftervertrag beinhalten (z. B. mindestens zwei Gesellschafter, die die Gesellschaft jeweils allein nach außen vertreten)? Was sollte im Testament berücksichtigt werden (z. B. wer übernimmt Testamentsvollstreckung, Unterhaltsleistungen)? Liegen dem „Ersatzmann“, dem Ehepartner oder dem Notar alle wichtigen Kopien von Dokumenten vor? Q Notfall-„Fahrplan“ Q wichtige Verträge Q Testament Q Vollmachten Q Passwörter Q wichtige Adressen Q Zweitschlüssel Q usw. 171
Anhang Zusammenfassung: Nehmen Sie von den Ausführungen im Wesentlichen mit, dass sich jeder Unternehmer rechtzeitig um die Planung für den Notfall, ab einem bestimmten Alter auch um die reguläre Nachfolgeregelung kümmern sollte. Aber auch, wenn Sie jetzt so weitgehend noch nicht planen wollen, denken Sie an meine eingangs dargelegte Warnung: „Warte nie, bis du Zeit hast“.
Anhang 30:
Checkliste Dokumente und Informationen für die Notfall-Akte
Dokumente und Regelungen für den betrieblichen Bereich vorhanden Gesellschaftsverträge Handelsregisterauszüge Geschäftsführungsordnungen Vollmachten und Zugangsberechtigungen Berater (Namen, Anschriften, Telefonnummern) Bankverbindungen Stille Gesellschafter und Darlehensgeber (Namen, Anschriften, Telefonnummern) Versicherungsverträge Mietverträge Leasing-Verträge Grundstücksliste Jahresabschluss Maßnahmenkatalog für die ersten 30 Tage: Wer ist anzusprechen und zu informieren? Was ist im Unternehmen und privat zu veranlassen?
Dokumente und Regelungen für den privaten Bereich Testament/Erbvertrag in Kopie mit Hinweis auf den Verwahrungsort des Originals Bankverbindungen Versicherungsansprüche Liste der regelmäßigen Einkünfte/Ausgaben 172
noch besorgen/ bestellen
Checkliste Notfallakte Vermögensverzeichnis Vertrauenspersonen/Testamentsvollstrecker Mitgliedschaften Liste „Erste Maßnahmen nach dem Todesfall“: Wer ist anzusprechen und zu informieren?
Anhang 31:
Checkliste Notfallakte
I. Betrieblicher Bereich
Aktueller Stand
Nicht aktuell
Nicht vorhanden
Krisenstab/Stellvertreter Unternehmensnachfolgeregelung Verträge (detailliert auflisten nach Gesellschafts-, Versicherungs-, Mietverträge etc.) Vollmachten (Bankvollmachten, Vollmacht(en) für betriebliche Belange/Generalvollmacht) Zugangsberechtigungen, z. B. für Online-Banking Bankverbindungen Maßnahmenkatalog/Notfallanweisungen (genaue Beschreibung der Maßnahmen und Verantwort lichkeiten/Befugnisse Organisationshandbuch Wichtige betriebliche Daten (z. B. Auftragsbestand, wichtige Geschäftspartner und Termine, EDV-Passwörter etc.) Finanzbuchhaltungsunterlagen, Jahresabschlüsse Planungsunterlagen Lfd. Analyse über den Unternehmenswert Wichtige Adressen (z. B. Berater, Kammern etc.)
II. Privater Bereich Testament/Erbvertrag Vollmachten (Bankvollmacht, Handlungsvollmachten, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung) Bankverbindungen Versicherungen Finanzstatus Übersicht über laufende Einnahmen und Ausgaben Adressen (z. B. Hausarzt, Vertrauenspersonen, Testamentsvollstrecker) 173
Anhang Anmerkungen Q Die Notfallakte selbst sollte regelmäßig aktualisiert werden (alle 6 bis 12 Monate), ebenso wie einige der darin enthaltenen Unterlagen (z. B. Patientenverfügung, Vollmachten, Ansprechpartner, finanzielle Daten und Auftragsbestand). Q Die Notfallakte muss sinnvoll gegliedert sein (vgl. Aufbau der Checkliste), damit Krisenstab, Stellvertreter oder Familienangehörige schnell die richtigen Unterlagen zur Hand haben. Q Informieren Sie Ihre potenziellen Vertreter rechtzeitig und regelmäßig; ziehen Sie diese wenn möglich zur Planung oder Aktualisierung der Notfallakte hinzu. Q Weisen Sie wichtige Geschäftspartner (z. B. Hausbank, große Lieferanten oder Kunden) auf das Vorhandensein Ihrer Notfallakte hin; diese werden Sie umso mehr als langfristig planenden und zuverlässigen Partner zu schätzen wissen. Q Ziehen Sie Ihre Berater hinzu. Die Notfallakte behandelt wichtige Aspekte Ihres Unternehmens, zudem gibt es viele steuerliche und juristische Fragestellungen zu klären. Q Die Notfallakte dient dazu, das Überleben Ihres Unternehmens im Krisenfall sicherzustellen. Sofern Sie noch keine Nachfolgeregelung getroffen haben, bietet sie sich als Einstieg in die Planung der Nachfolge allerdings sehr gut an. Q Denken Sie darüber nach, Vollmachten oder Verträge notariell beglaubigen zu lassen, auch wenn dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Sie verbessern so die Rechtssicherheit.
174
Checkliste zu den rechtlichen Verhältnissen
Anhang 32:
Checkliste zu den rechtlichen Verhältnissen
Kriterien/Fragestellungen
Erläuterungen/Praxishinweise
1. Rechtsform des Unternehmens?
Kapitalgesellschaft, GmbH & Co. KG
2. Welche Größenmerkmale (Umsatz, Bilanzsumme, Mitarbeiter) kennzeichnen das Unternehmen?
kleinere Gesellschaft
3. Welche Unterlagen sind erforderlich?
es liegen vor: Gesellschaftsverträge Mietvertrag
4. Ist das Unternehmen prüfungspflichtig?
ja
5. Vertragliche Bindung zu anderen Unternehmen oder Gesellschaftern
keine
6. Wurden Teilbereiche ausgegliedert?
nein
7. Existieren Auslandsbeteiligungen?
keine
8. Ist ein Kontrollorgan vorhanden (Aufsichtsrat/Beirat)?
nein
9. Existiert eine Liste der Mitglieder im Aufsichtsrat und ihrer Tätigkeiten?
nein
10. Werden zurzeit Prozesse geführt, mit welchem Ausgang ist zu rechnen?
nein
11. Sind Versicherungsleistungen zu erwarten oder wird das Unternehmen in Anspruch genommen?
nein
12. Sind Schutzrechte, Patente, Lizenzen vorhanden?
geschützte Marke: Mediplace
13. Zugehörigkeit des Unternehmens zu
Kommunikationsverband
14. Miet-, Pacht-, Leasing-, Lizenzverträge (Würde bei Auslaufen der Verträge die Fortführung des Unternehmens gefährdetsein = keine unendliche Rente zu berechnen?)
Mietvertrag mit jeweils zweijähriger Laufzeit
15. Welche Beschaffungsverträge wurden abgeschlossen?
nein
175
Anhang Kriterien/Fragestellungen
Erläuterungen/Praxishinweise
16. Welche Beschaffungsverträge wurden abgeschlossen?
nein
17. Welche Vertriebsverträge wurden abgeschlossen?
nein
18. Welche Beraterverträge wurden abgeschlossen?
nein
19. Welche Geschäftsführerverträge wurden abgeschlossen?
nein
20. Welche Außendienst-/Vertreterverträge wurden abgeschlossen?
nein
21. Hat das Unternehmen auswärtige Standorte, Lager, Niederlassungen, Filialen oder Zweigwerke?
nein
22. Welche Pensionsverpflichtungen hat das Unternehmen?
nein
23. Welche Versicherungsverträge wurden abgeschlossen?
übliche Verträge
24. Welche Verträge mit Kreditinstituten wurden abgeschlossen?
Kasseler Sparkasse
25. Welche Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge wurden abgeschlossen?
nein
26. Wurden Subventionen oder sonstige Förderungen in Anspruch genommen?
nein
27. Liegen Verpfändungen oder Sicherungsübereignung vor?
nein
28. Welche Verpflichtungen können aus Gewährleistungen bzw. der Produkthaftpflicht entstehen?
nein
29. Existieren Veräußerungsverbote oder Verfügungsbeschränkungen über die Geschäftsanteile?
nein
176
„Das Haus bestellen“
Anhang 33: Q Q
„Das Haus bestellen“
Vorsorgevollmacht Patientenverfügung
Q Q
Privatvermögen
Postmortale Vollmacht Nachlassregelung
Betriebsvermögen
Altersversorgung
177
Anhang
Anhang 34: Situationsanalyse
Familie Mögliche Nachfolger Alter/Interessen der Familienmitglieder Vermögensverhältnisse und Finanzkraft Güterstand Erbrechtliche Ansprüche Versorgung des Ehegatten
Unternehmen Zukunftsaussichten Strategische Positionierung Rechtsform Management Eigentümer Finanzielle Lage/ Kapitalausstattung Marktwert Belastung mit Ausgleichsansprüchen/Entstrickungssteuer etc.
Qualifizierter Berater
178
Praktische Hinweise
Anhang 35:
Abgrenzung verschiedener Vorsorgemaßnahmen
Rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung postmortale Vollmacht sofortige Handlungsfähigkeit des Bevollmächtigten, z. B. Erben nach Tod des Erblassers Vorsorgevollmacht Wahrnehmung eigener Interessen durch Vertrauensperson im: gesundheitlich-medizinischen Bereich finanziellen und rechtlichen Bereich
Anhang 36:
Ausübung des Selbstbestimmungsrechts Patientenverfügung Festlegung von Behandlungsrichtlinien hinsichtlich: lebensverlängernder oder erhaltender Maßnahmen Schmerzlinderung Aufenthaltsbestimmung Organspende Beistand etc.
Praktische Hinweise Hinterlegung/Aufbewahrung Notfallbogen Benennung Vertrauensperson Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht
179
Anhang
Anhang 37:
Beispielfall
1. Daten der Kanzlei Durchschnittlicher Jahresumsatz innerhalb eines Dreijahreszeitraums Durchschnittlicher bereinigter Gewinn innerhalb des Zeitraums kalkulatorischer Unternehmerlohn Umsatzmultiplikator Sachwerte Kapitalisierungszinssatz Reproduktionszeitraum
261.828 € 113.826 € 80.000 € 77% 10.647 € 7% 7 Jahre
2. Anwendung des Umsatzwertverfahrens UW =Ø JU × Multiplikator UW=Umsatzwert JU=Jahresumsatz UW = 261.828€×77% UW = 201.608€ Der Wert der Kanzlei nach dem Umsatzwertverfahren beträgt 201.608 €. Hinzuzurechnen sind die Sachwerte mit 10.647 €, so dass der Gesamtwert der Kanzlei nach dieser Berechnungsmethode 212.255 € beträgt.
3. Anwendung des modifizierten Ertragswertverfahrens Der Kanzleiwert berechnet sich beim modifizierten Ertragswertverfahren nach folgender Formel: EW =[(CF – kalk. UK) ./. (1 + i x n) ] x 7 2 EW = Ertragswert CF = Cash Flow (bereinigtes Ergebnis) kalk. UL = kalkulatorischer Unternehmerlohn i = Zinssatz n = Zeitraum
180
Beispielfall Werden die zuvor genannten Werte in die Formel eingesetzt, so ergibt sich folgendes Bild: EW =[ 113.826 € – 80.000 €)) ÷ (1+0,07×7) ]×7 2 EW = [33.826 €÷ (1+0,245]×7 EW = (33.826 €÷1,245)×7 EW = 27.169,48 €×7 EW = 190.186 € Der Kanzleiwert beträgt nach dem Ertragswertverfahren 190.186 €.
4. Mittelung Da das modifizierte Ertragswertverfahren als Korrekturansatz dient, ist es in Übereinstimmung mit der Literatur vertretbar, von dem Mittelwert der Ergebnisse auszugehen, was sich wie folgt auswirkt: Wert nach dem Umsatzwertverfahren
212.255 €
Wert nach dem Ertragswertverfahren
190.186 €
zusammen
402.441 €
Mittelwert
201.221 €
Der endgültige Kanzleiwert nach Mittelung beträgt also 201.221 €
181
Anhang
Anhang 38:
Beispielfall für die Anwendung des Umsatz- und Ertragswertverfahrens
1. Daten der Sozietät Durchschnittlicher Jahresumsatz innerhalb eines Dreijahreszeitraums
1.655.338 €
Durchschnittlicher bereinigter Gewinn innerhalb des Zeitraums
630.776 €
kalkulatorischer Unternehmerlohn (2 Gesellschafter)
160.000 €
Umsatzmultiplikator
115%
Sachwerte
52.000 €
Kapitalisierungszinssatz
7%
Reproduktionszeitraum
7 Jahre
2. Anwendung des Umsatzwertverfahrens Wie bereits erwähnt, muss der anhand allgemeiner Kriterien gewählte Multiplikator zur Berücksichtigung der Besonderheiten jeder Kanzlei feinabgestimmt werden. Zur Veranschaulichung dient folgende Tabelle: Nr. Einflussfaktor
1.
-5
-4
-3
-2
-1
0
+1
Umsatzentwicklung 2. Steigerungspotenzial 3. Gewinnsituation 4. Liqudität
X
5.
6. 7. 8.
182
Umsatzstruktur nach Tätigkeitsbereichen Lage der Praxis Mandantenstruktur Mitarbeiterstruktur und -qualifizierung
+2
+3
+4
+5
Fak- Ge- Getor wicht wicht
+6
0,10
X
+ 12
0,10
X
+ 12
0,10
X
+ 12
0,10
X
+6
0,10
X
+6
0,10
+ 12
0,10
+ 18
0,10
X X
Faktor + 0,6 + 1,2 + 1,2 + 1,2 + 0,6
+ 0,6 + 1,2 + 1,8
Beispielfall für die Anwendung des Umsatz- und Ertragswertverfahrens 9.
Praxisausstattung-
+ 12
0,10
+ 1,2
0
0,10
0
+ 96
1,00
+ 9,6 %
X
EDV/Inventar/ Kanzleiorganisation 10. Alter der Mandanten Summe
X
Aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Lage, der überdurchschnittlichen Gewinnsituation und anderer positiver Faktoren erhöhte sich in diesem Fall der Multiplikator um 9,6 Prozentpunkte, so dass sich schließlich ein Multiplikator von 124,6% ergab. Somit zeigte sich bei der Berechnung des Kanzleiwerts nach dem Umsatzwertverfahren folgendes Bild: UW = 0 JU × Multiplikator UW=Umsatzwert JU=Jahresumsatz UW = 1.655.338 € × 124,6 % UW = 2.062.551 € Der Wert der Kanzlei nach dem Umsatzwertverfahren beträgt 2.062.551 €. Hinzuzurechnen sind die Sachwerte mit 52.000 €, so dass der Gesamtwert der Kanzlei nach dieser Berechnungsmethode 2.114.551 € beträgt.
3. Anwendung des modifizierten Ertragswertverfahrens Der Kanzleiwert berechnet sich beim modifizierten Ertragswertverfahren nach folgender Formel:
(
EW = [(CF – kalk. UL) ÷ 1 +
i×n 2
)] × n
EW = Ertragswert CF = Cash Flow (bereinigtes Ergebnis) kalk. UL = kalkulatorischer Unternehmerlohn i = Zinssatz n = Zeitraum Werden die zuvor genannten Werte in die Formel eingesetzt, so ergibt sich folgendes Bild:
(
EW = [(630.776 € – 160.000 €) ÷ 1 +
0,07 × 7 ]×7 2
)
EW = [470.776 € ÷ (1 + 0,245)] × 7 183
Anhang EW = (470.776 € ÷ 1,245) × 7 EW = 378.133 € × 7 EW = 2.646.933 € Der Kanzleiwert beträgt nach dem Ertragswertverfahren 2.646.933 €.
4. Mittelung Da im vorliegenden Fall die Differenz erheblich ist, ist es in Übereinstimmung mit der Literatur nicht vertretbar, von dem Mittelwert der Ergebnisse auszugehen. Daher ist hier der Umsatzwert entscheidend; bei den Kaufpreisverhandlungen empfiehlt es sich aber, die im Ertragswert widergespiegelte sehr gute Ertragssituation der Sozietät kaufpreiserhöhend einzubringen.
Anhang 39: Modifiziertes Ertragswertverfahren Bei dieser Methode wird der Praxiswert als Barwert der Nettoüberschüsse der Praxis für die bestimmte Reproduktions-Zeitperiode ermittelt, wobei als Zinssatz der für Fremdkapital geltende Zinszusatz (p) anzusetzen ist. Auszugehen ist immer vom Nettoüberschuss, d. h. Jahresumsatz abzüglich Kosten, abzüglich kalkulatorischer Unternehmerlohn (UL), abzüglich Fremdfinanzierungskosten Formel : KP = (Reinertrag (CF=Cash-Flow) – kalk. UL. – p x ½ KP) • n (Zeitraum) Beispiel: Jahresnettoüberschuss = 480.000 €; kalk. UL. 120.000 € bei Zeitfaktor 6 J. und Zinssatz 7 % KP = (480.000 – 120.000 – x 0,07 x ½ KP) • 6 (480.000 – 120.000 – 0,07 x ½ KP) • 6 KP = (360.000 – 0,07 x ½ KP) • 6 KP = 2.160.000 – 0,42 x ½ KP KP = 2.160.000 – 0,21 KP / + 0,21 KP 1,21 KP = 2.160.000 / : 1,21 KP = 1.785.000
184
Berechnungsformel nach dem modifizierten Ertragswertverfahren
Anhang 40:
Berechnungsformel nach dem modifizierten Ertragswertverfahren
KP (Wert) = (Cash Flow ./. kalk.UL ./. p x KP ) x n (Zeitraum) 2 Berechnungsbeispiel: Umsatz ./. tatsächliche Kosten Gewinn (das sind 40 %) ./. kalkulatorische Tätigkeitsvergütung Jahresnettoüberschuss
EURO 500.000,300.000.200.000,100.000.100.000,-
Prozentsatz p = 6 % Aufbau- bzw. Reproduktionsdauer 8 Jahre Einsetzung in die Formel KP ( Wert) = (CF ./. kalk.UL – p x KP ) x n (Zeit) 2 ausgerechnet: KP=(100 – 0,06 KP) x 8 2 KP = 800 – 0,24 KP / + 0,24 1,24 KP = 800 / : 1,24 KP = 800 : 1,24 KP = 645.161 Ergebnis: KP = Euro 645.161,--
185
Anhang
Anhang 41:
Praxiswertberechnung mit einem Vervielfältiger des (bereinigten) Gewinns
In Einzelfällen werden am Markt Praxen mit einem Vielfachen des bereinigten Gewinns gehandelt. Erfahrungsgemäß kommen Vervielfältiger von drei- bis vierfach in Ansatz. Legt man das bereinigte Betriebsergenis des Jahres der Praxis in Höhe von Euro 100.000,-zugrunde, ergibt sich ein Kaufpreis nach dieser Berechnungsmethode von bei Zugrundlegung eines Faktors von drei bei Zugrundelegung von 3,5 ergibt sich bei Zugrundelegung von 4 ergibt sich
186
Euro 300.000,-Euro 350.000,-Euro 400.000,--
Cash Flow im Jahr
Anhang 42:
Cash Flow im Jahr in Euro
I. Erlöse vgl. Gewinnermittlung 1.Umsatzerlöse ohne Mehrwertsteuer II. Kosten/Betriebsaufwand 1. Personalaufwand 2. Raumkosten 3. AfA 4. Zinsen u.ä. Aufwendungen 5. Sonstige betriebliche Aufwendungen III. Ertrag/Betriebsergebnis unbereinigtes Betriebsergebnis ergibt sich aus I – II. Zu dem vorgenannten unbereinigten Betriebsergebnis sind ergebniswirksam zu addieren 1. Afa 2. Sonstige a. o. und neutrale Aufwendungen 3. Erhöhung/Verr. der langfr. Rückstellungen IV. Ergibt Cash Flow als bereinigtes Betriebsergebnis Der Cash Flow ist der Betrag, der in der Rechnungsperiode als Geldfluß zur Verfügung steht 1. CF = Indikator für die für die Innenfinanzierungskraft
1
return of investment Cash Flow wird als Differenz zwischen Umsatzerlös und betriebsbedingten Ausgaben definiert, der somit für Investitionen, Schuldentilgung, Gewinnausschüttungen, Steuerzahlungen in einer Rechnungsperiode zur Verfügung steht. Der Cash Flow wird in den meisten Berechnungsarten nicht direkt aus den zahlungswirksamen Teilung der GuV ermittelt, sondern man beschreitet den umgekehrten Weg, indem das Ergebnis der GuV um die ausgabenlosen, d. h. zahlungsunwirksamen und periodenfremden Teile der GuV erhöht wird, vgl. Handbuch des Kreditgeschäftes Jährig/Schuck, Seite 480 so auch Wolny – Unternehmens- und Praxisübertragungen, 3. Aufl., Seite 351.
187
Anhang
Anhang 43:
Bewertung im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens
Im Rahmen des Zugewinnausgleichs ist grundsätzlich auch der Vermögenswert einer freiberuflichen Praxis zu berücksichtigen. Zur Vermeidung einer zweifachen Teilhabe hieran – zum einen durch den Zugewinnausgleich und zum anderen über den Ehegattenunterhalt – ist (neben dem Substanzwert) der good will dadurch zu ermitteln, dass von dem Ausgangswert nicht ein pauschal angesetzter kalkulatorischer Ünternehmerlohn, sondern der nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigte Unternehmerlohn in Abzug gebracht wird. Für die Bewertung des Endvermögens nach § 1376 Abs. 2 BGB ist der objektive (Verkehrs-)Wert der Vermögensgegenstände maßgebend. Ziel der Wertermittlung ist es deshalb in einem Fall wie dem vorliegenden, den Praxisanteil mit seinem „vollen, wirklichen“ Wert anzusetzen. Grundsätze darüber, nach welcher Methode das zu geschehen hat, enthält das Gesetz nicht. Die sachverhaltsspezifische Auswahl aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Methoden (vgl. die Zusammenstellungen von Schröder Bewertungen im Zugewinnausgleich und Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung und deren Anwendung ist Aufgabe des – sachverständig beratenen – Tatrichters (vgl. etwa BGH, Senatsurteile vom 24. Oktober 1990 – XII ZR 101/89 – FamRZ 1991, 43, 44 und vom 8. September 2004 – XII ZR 194/01 – FamRZ 2005, 99, 100). Bei der Bewertung einer freiberuflichen Praxis hat dieser zu berücksichtigen, dass sich die Ertragsprognose nicht von der Person des derzeitigen Inhabers trennen lässt. Die Angehörigen eines freien Berufes erbringen persönliche Leistungen, bei denen sie in der Regel nur für untergeordnete, nicht zum eigentlichen Berufsbild gehörende Tätigkeiten Hilfskräfte einsetzen. Die Erwartung künftigen Einkommens, das der individuellen Arbeitskraft des Inhabers zuzurechnen ist, kann für den Zugewinnausgleich aber nicht maßgebend sein, weil es insoweit nur auf das am Stichtag vorhandene Vermögen ankommt. Bewertungsobjekt können deshalb nur solche Ertragsmerkmale sein, die auf einen potentiellen Erwerber übertragbar sind (Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 – XII ZR 101/89 – FamRZ 1991. 43, 44; BGH Urteil vom 13. Oktober 1976 – IV ZR 16 4/74 – FamRZ 1977, 38, 40; Johannsen/Henrich/ Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1376 Rdn. 19; Klingelhöffer FamRZ 1991, 882, 884). Der Senat hat es in Anbetracht der Meinungsvielfalt in diesen Fragen für sachgerecht erachtet, wenn eine Bewertungsmethode herangezogen wird, die in Form einer Richtlinie von einem Gremium der zuständigen Standesorganisation empfohlen und verbreitet angewendet wird. Nach der Richtlinie zur Bewertung von Arztpraxen (abgedruckt bei Schröder Bewertungen im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rdn. 175) ist der Substanzwert nach allgemeinen Grundsätzen festzustellen. Der geeignete Wertbestimmungsfaktor für den ideellen Wert, der daneben den Wert einer Praxis ausmacht, sei der Umsatz, weil er am sichersten festzustellen sei. Aus dem Umsatz lasse sich die Entwicklungschance für den Übernehmer oder Fortführer einer Praxis am ehesten beurteilen. Dagegen hänge der Gewinn (Ertrag) aufgrund der individuellen Gestaltung der Kostenseite weitgehend von dem einzelnen Arzt ab. Die Bewertung erfordere eine Beurteilung der Entwicklung der Praxis in den letzten drei Kalenderjahren vor dem Kalenderjahr des Bewertungsfalles. Dabei sei ein signifikanter Anstieg oder ein signifikantes Abfallen des Jahresumsatzes zu berücksichtigen. Die Umsatzentwicklung des laufenden Jahres könne für die Beurteilung der Entwicklung der Praxis im Vergleich mit den Umsätzen der drei vergangenen Jahre von Bedeutung sein. Der ideelle Wert einer Arztpraxis könne mit einem Drittel des ermittelten durchschnittlichen Jahresumsatzes dieser Praxis angenommen werden. Von dem für diese Praxis ermittelten durchschnittlichen Jahresumsatz sei ein kalkulatorischer Arztlohn für den Praxisinhaber (Jahresgehalt eines Oberarztes nach I b BAT, brutto, verheiratet, zwei Kinder, Endstufe, ohne Mehrarbeitsvergütung) in variabler Höhe, gemessen an entsprechenden Umsatzgrößen, abzusetzen. 188
Checkliste Vorschlagswesen
Anhang 44:
Checkliste Vorschlagswesen
Information und Beteiligung der Mitarbeiter Q
Q
Informiere ich die Mitarbeiter über aktuelle und langfristige Kanzleiziele? ■ Informiere ich regelmäßig? ■ Befrage ich die Mitarbeiter nach ihren Meinungen/Erfahrungen? ■ Verstehen die Mitarbeiter die Kanzleiziele? ■ Identifizieren sich die Mitarbeiter mit den Kanzleizielen und der Kanzleistrategie? Wie beteiligen sich die Mitarbeiter heute bei der Entwicklung der Kanzlei? ■ Unterstützen sie bei der Zielfindung? ■ Unterstützen sie die Kanzleiplanung? ■ Handeln sie in Übereinstimmung mit den Zielen und der Strategie?
Motivation der Mitarbeiter zur Unterstützung des Vorschlagswesens: Q Q
Q Q Q
Fordern Sie die Mitarbeiter auf, Verbesserungsvorschläge einzureichen. Unterstützen Sie sie bei der Entwicklung und Formulierung ihrer Gedanken und Vorschläge Setzen Sie klare Ziele und nennen Sie Schwerpunkte, für die Verbesserungsvorschläge gefunden werden sollen (Verbesserung der Mandantenbeziehungen, effizienteres Marketing, Optimierung der Verwaltungstätigkeiten) Reagieren Sie auf Mitarbeiterideen und Verbesserungsvorschläge immer positiv! Begutachten Sie Vorschläge immer sofort und gewissenhaft! Setzen Sie angenommene Vorschläge immer möglichst schnell um und sichern Sie die rasche Anerkennung und Auszeichnung des Einreichers!
Umgang mit Mitarbeiterideen Q
Q
Sind die Mitarbeiter bereit, Ideen einzubringen? ■ Sind sie daran interessiert, Vorschläge zu unterbreiten? ■ Sind sie zufrieden mit der Anerkennung ihrer Vorschläge? ■ Zeigen die Mitarbeiter Interesse an den Zielen der Kanzlei? Wie gehe ich als Inhaber mit den Vorschlägen der Mitarbeiter um? ■ Wie werden die Ideen geprüft? ■ Nehme ich die Mitarbeiter ernst? ■ Fördere ich ■ kreative Mitarbeiterideen? ■ sachliche, kritische Haltungen? ■ schöpferische Mitarbeiter? ■ Wie werden gute Ideen gewürdigt oder prämiert? ■ Gibt es feste Regeln über die Prämienhöhe?
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Stichwortverzeichnis fette Zahlen = Paragraph andere Zahlen = Randnummer
A ABC-Analyse 1 172 Ablauforganisation 4 63 Abschlagsklausel 1 158, 162 – Interessenlage 1 158 – Umsetzung 1 160 Absichtserklärung 1 129 Altersstufen 1 96 Anlagevermögen 1 15 Anpachtung eines Mandantenstamms 1 56 Anreize, finanzielle 4 74 Anteilsübertragung 3 12 Anwaltsleistung, kalkulatorische 3 89 Anwaltslohn, kalkulatorischer 3 89 Arbeiten, teilfertige 1 126 Arbeitnehmerrechte 1 168 Arbeitskostenquote 4 37 Arbeitsstile der Praxisinhaber 1 104 Aspekte – emotionale 2 9 – rationale 2 8 Aufbauorganisation 4 62 Aufnahme eines Partners 1 143, 147 Aufwandsplanung 1 11 Ausrichtung, strategische 4 5 Außensozietäten 1 54
B Banken, Umgang mit 1 20 Berufsständische Vertretungen 3 65 ff. best ager 2 12, 14 Betriebsübergang 1 168 – Abläufe 1 170 – Arbeitnehmerrechte 1 168 Betriebswirtschaftliche Daten, Erfassung 1 33 Betriebswirtschaftslehre 3 61 Bewertung 3 1 – eigene 3 4 Bewertungs– faktor 3 20 – grundlagen 3 5 – methode, Auswahl 3 59 190
– methoden 3 13 Bewertungsverfahren – betriebswirtschfatliche 3 19 – im Urteil des BGH 3 15 f. – nach IDW 3 74 Bonität, persönliche 1 25 Bundesrechtsanwaltskammer 3 67 Bundessteuerberaterkammer 3 65 Bürogemeinschaft 1 43 Businessplan 1 3
C Cash-flow-Berechnung 1 172 Controlling 4 33 ff.
DDauerschuldverhältnisse 1 126 DCF-Methode s. Discounted Cashflow-Methode Deckungsbeitrag 1 26; 4 42 – relativer 1 28 Deckungsbeitragsrechnung 1 30 Dienstleisungsmarketing 4 29 ff. Discounted Cashflow-Methode 3 46 due diligence 1 20, 126 dynamisches Gebilde 4 17
E Ebene – konzeptionelle 1 92 – mentale 1 90 – sachlich-inhaltliche 1 92 Eigenkapital 1 17 Einbringung einer Einzelpraxis 1 143 Einbringungen 1 50 Einflüsse, äußere 1 98 Entscheidung, freiwillige 1 97 Erbfall 1 148 Erbschaftsteuerrecht 3 75 Erfahrungsgrundsätze 2 7 Erfolgsfaktoren, strategische 5 8 Ergebnisplanung 1 12 Ertragswert 3 33
J. Platz, Die erfolgreiche Kanzlei, DOI 10.1007/978-3-8349-6471-7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Stichwortverzeichnis Ertragswertverfahren 3 22 ff. – modifiziertes 3 41 – vereinfachtes 3 32 Erweiterung durch Aufnahme 1 147 Erwerb aufgrund Realteilung 1 66 Evaluation 4 17 f. Ewige Rente 3 31 Externe Faktoren 4 6 Externer Nachfolger 3 100 Externes Gutachten 3 3
F Faktoren, – interne 4 7 – externe 4 6 Fallgestaltung 1 143 Fehler, Vermeidung 2 19 Finanzielle Anreize 4 74 Finanzierungsmöglichkeiten 1 73 Finanzplanung 1 19 Fortbildung 4 75 Fortführung des Unternehmens 3 99 Freiberufler in Kooperation 1 44
G GbR 1 51 Gebilde, dynamisches 4 17 Gemeinkostenfaktor 4 40 f. Generationenwechsel, Präsentation 2 13 Geschäftsplan 1 1 Gestaltung – juristische 2 23 – rechtliche 2 21 – vertragliche 1 135 Gestaltungsmöglichkeiten 5 1 ff. Gewährleistung 1 155 Gewährleistungs- und Haftungsrecht 1 157 Gewinn-Vervielfältiger 3 45 Goodwill 3 8 – Definition 3 10 f. Gründung einer Sozietät 1 143 Gründungsmodalitäten 1 1 Gutachten, externes 3 3
HHaftung neu eintretender Sozien 1 49 Handlungsabläufe 1 88 Handlungsbedarf, – Jahressteuergesetz 2010 5 9 Handlungsebenen 1 88 Hirn-Dominanz-Instrument-Modell 1 113
I Immaterieller Wert 3 8 Informationsmanagement 4 60 Interne Faktoren 4 7 Inventar 1 126 Inventarverzeichnis 1 172 Investitionsplanung 1 7
J Jahressteuergesetz 2010 5 9 Jahresumsatz 4 36
K Kanzlei – Erwerb 1 35 ff. – Gründung 1 1 ff. – Stärken-Schwächen-Analyse 2 13 – Übertragung 1 124 – Verkauf 1 78 Kanzleibezeichnung, Fortführung 1 175 Kanzlei– entwicklung 4 1 – manager 4 66 – optimierung 4 1 – planung 4 8 – strategie 4 4 Kapitalisierungszinsfuß 3 39 Kapitalisierungszinssatz 3 39 Kaufpreis– beschaffung 1 126 – ermittlung 1 126 – gestaltung 1 153 Kaufvertrag 1 77, 127 Kompetenzen 4 8 Konditionen 1 134 Kooperation – Freiberufler 1 44 – verfestigte 1 47 Kostenminimierung 1 126 Kostenstruktur 4 8 Kreditantrag 1 20 Kundenschutzklauseln 1 165 Kunst des Loslassens 1 108
L Leitungsabgrenzung 1 163 Leistungsangebot 4 8 Letter of Intent 1 129 Liquiditätsplanung 1 8 Loslassen 1 108 191
Stichwortverzeichnis
MMandanten, Einwilligung der 1 137 ff. Mandanten– liste 1 152 – stamm, Anpachtung 1 56 – struktur 1 34, 126 – zustimmung 1 87 Marketing 4 19 Marketingziele 4 23 ff. Marktsituation 5 4 ff. Merkmale – wertbildende 3 81, 94 – werterhöhende 3 81, 95 – wertsenkende 3 82, 96 Mitarbeit, weitere 1 126 Mitarbeiter 1 126 – Information der 2 25 Multiplikation, mit Gewinn-Vervielfältiger 3 45 Mustervertrag 1 128
NNachfolge – Strategie 2 24 – Umsetzung 2 25 Nachfolgeeinleitung 2 18 Nachfolgegestaltung – Abläufe 2 29 – erfolgreiche 2 29 Nachfolgeplanung 2 1 – Vorbereitung 2 4 Nachfolger – Aufbau eines externen 3 100 – Einsetzung 2 26 – rechtzeitige Suche 2 13 – Suche 2 21 Nachfolgestrategie, Konzeption 2 21 Nachfolgestrategien 3 99 ff. Neuromarketing 1 120 Notfallplanung 2 30, 33 – Sprichworte 2 33
O Oberlandesgerichte 3 17 Organisation 4 58 Organisationshandbuch 4 61
P Partner, Aufnahme 1 143, 147 Partnerschaftsgesellschaft 1 51 Partnersuche 1 113 192
Personal 4 67 f. Personalkostenplanung 1 5 Place 4 28 Praxis, Wege zur 1 75 Praxisdaten – Erfassung 1 170 – Nutzanwendung 1 172 Praxisinhaber – Arbeitsstile 1 104 – Typologie 1 104 Praxiskauf 1 63 Praxisübergabe, Gefahren 1 178 Praxisübertragung auf einen Mitarbeiter 1 144 Praxisverkauf 1 78 Praxiswert – immaterieller 1 135 – Schutz vor Sinken 2 13 Price 4 28 Product 4 28 Promotion 4 28
R Realteilung 3 102 – Abgrenzung 1 68 – Gegenstand 1 69 – Vollzug 1 72 Rechtsformwechsel 3 101 Rechtsprechung 3 15 f. Rechtsstreitigkeiten 1 179 Referenzen 4 29 Reihenfolge, zeitliche 1 125 Reihenfolge 1 131 Rentabilitätsberechnung 1 172 Rente, ewige 3 31 Rentenbarwertfaktor 3 44 Reproduktionsdauer 3 37 Risiko– erfassung 4 50 – kontrolle 4 54 – management 4 46 ff. – steuerung 4 53 Rückrechnungsklausel 1 158
S Sachanlagen 3 6 Sachfeststellung 2 34 Sachwert 1 136 Scheinsozietäten 1 54 Schutz, vor sinkendem Praxiswert 2 13 Selbstrating 3 4
Stichwortverzeichnis Soft-Lösung 1 101 Sozietät, Gründung 1 143 Sozietäten, gemischte 3 70 Stärken-Schwächen-Analyse der Kanzlei 2 13 Stellenbeschreibungen 4 64 f. Steuerberaterpraxis, Ankauf 1 59 Steuerberatungsverträge 1 172 Steuerlast, latente 3 51 Stiftung, Installation 3 101 Strategie 2 24 f. – Ansätze 4 13 – Umsetzung 4 14 ff. Strategische Ausrichtung 4 5 Strategische Ziele 4 11 Stunden, fakturierbare 4 38 f. Substanzwertermittlung 3 6 SWOT-Analyse 4 9 Sympathie 1 129
T Testament 2 34 Typologie der Praxisinhaber 1 104
UÜbertragungsvertrag, Gegenstand 1 135 Umlaufvermögen 1 16 Umsatz je Mitarbeiter 4 36 Umsatzentwicklung 4 43 Umsatzplanung 1 10 Umsatzwertverfahren 3 20 – bei Anwaltskanzleien 3 85 – bei Steuerberaterkanzleien 3 76 – Bemessungsgrundlage 3 78, 86 – Multiplikator 3 79, 87 – Spezifika 3 76 ff. Umwandlung 1 148 Unglücksfall, Vorsorge 2 13 Unternehmensnachfolgegestaltung 2 22 Unterrichtungsrecht 1 168
V Verbindlichkeiten 1 18 Verbund, von Steuerberatungspraxen 1 47 Verbundbildung 1 46 Verhandlungsagenda 1 126 Verschmelzung 1 52 Vertragliche Gestaltung 1 135 Vertragliche Regelung, Inhalte 1 123 Vertragsgestaltung 1 177 Vertretungen, berufsständische 3 65 ff. 4P 4 28 ff. Visionen 2 25 Vorschlagswesen 4 73 Vorsorge, für den Unglücksfall 2 13
WWert, immaterieller 3 8 Wertbildende Merkmale 3 81, 94 Wertfeststellung 3 2 – Gründe 3 2 – Motivation 3 2 Wertinhalte 3 5 Wettbewerbsverbotsklauseln 1 165 Widerspruchsrecht 1 168
Z Zahlungsmodalitäten 1 87 Zeitschiene 1 83 Ziele, strategische 4 11 Zugewinnausgleich – Ansprüche 3 51 – Grundlage 3 54 Zukunftsplanung 2 1 Zukunftssicherung 2 18 Zustimmung, Einholung 1 151 Zwänge, äußere 1 98
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