Bernd Klein Leichtbau-Konstruktion
Aus dem Programm
Maschinenelemente und Konstruktion
Pro/ENGINEER Wildfire 4.0 fü...
690 downloads
2928 Views
5MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Bernd Klein Leichtbau-Konstruktion
Aus dem Programm
Maschinenelemente und Konstruktion
Pro/ENGINEER Wildfire 4.0 für Einsteiger – kurz und bündig von S. Clement und K. Kittel/herausgegeben von S. Vajna Pro/ENGINEER Wildfire 3.0 für Fortgeschrittene – kurz und bündig von S. Clement und K. Kittel/herausgegeben von S. Vajna CATIA V5 – kurz und bündig von S. Hartmann/herausgegeben von S. Vajna FEM von B. Klein UNIGRAPHICS NX5 – kurz und bündig von G. Klette/herausgegeben von S. Vajna Pro/ENGINEER-Praktikum herausgegeben von P. Köhler Konstruieren, Gestalten, Entwerfen von U. Kurz, H. Hintzen und H. Laufenberg Technisches Zeichnen von S. Labisch und C. Weber CATIA V5-Grundkurs für Maschinenbauer von R. List Lehrwerk Roloff/Matek Maschinenelemente von H. Wittel, D. Muhs, D. Jannasch und J. Voßiek Solid Edge – kurz und bündig von M. Schabacker/herausgegeben von S. Vajna Entwickeln, Konstruieren, Berechnen von B. Fleischer und H. Theumert
www.viewegteubner.de
Bernd Klein
LeichtbauKonstruktion Berechnungsgrundlagen und Gestaltung 8., überarbeitete und erweiterte Auflage Mit 341 Abbildungen und Tabellen sowie umfangreichen Übungsaufgaben zu allen Kapiteln des Lehrbuchs STUDIUM
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 1999 2., neu bearbeitete Auflage 1994 3., überarbeitete Auflage 1997 4., überarbeitete Auflage 2000 5., überarbeitete Auflage 2001 6., überarbeitete Auflage 2005 7., verbesserte und erweiterte Auflage 2007 8., überarbeitete und erweiterte Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg +Teubner | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Thomas Zipsner | Imke Zander Vieweg +Teubner ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Technische Redaktion: Stefan Kreickenbaum, Wiesbaden Druck und buchbinderische Verarbeitung: STRAUSS GMBH, Mörlenbach Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0701-4
V
Vorwort zur 1. Auflage Das vorliegende Manuskript umfasst den Umfang der Vorlesung „Leichtbau-Konstruktion“, die ich seit 1985 an der Universität Kassel als zweisemestrige Veranstaltung für Studenten des Maschinenbaus anbiete. Bei der Aufbereitung des Stoffes habe ich die bekannten Standardwerke des Leichtbaus (Czerwenka/Schnell, Hertel, Schapitz und Wiedemann) sowie Vorlesungsmitschriften von anderen Hochschulen zurate gezogen. Intention war hierbei, die allgemein als schwierig bezeichneten Grundlagen des Leichtbaus so zu vereinfachen und zu verkürzen, dass diese in besonderem Maße den Vorstellungen einer praxisorientierten Ingenieurausbildung gerecht werden. Als Zielgruppe sollten daher auch primär Studierende an Fachhochschulen und Gesamthochschulen sowie in der Praxis stehende Ingenieure angesprochen werden. Die inhaltlichen Darstellungen spiegeln im Wesentlichen die Anforderungen wider, die nach meinen Erfahrungen heute der Maschinen- und Fahrzeugbau an den Leichtbau stellen. Insofern habe ich thematisch einen großen Kreis geschlagen, ohne letztlich vollständig sein zu können. Mein Bemühen war dabei aber immer, besondere Prinzipien und Analogien herauszustellen, um den Lernenden letztlich Problemlösungsansätze zu vermitteln. Falls sich hieraus weitere Anregungen ergeben sollten, wäre ich um konstruktive Rückmeldungen dankbar. Des Weiteren möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich bei der Erstellung des Manuskriptes in den Mitarbeitern des Fachgebietes für Leichtbau-Konstruktionen Helfer hatte. So hat Herr Dipl.-Ing. D. Eulenbach einige Kapitel maßgeblich mitgestaltet sowie einige andere Herren vielfältige Detailarbeit geleistet. Die mühevolle Schreibarbeit hat ausschließlich Frau M. Winter übernommen. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Kassel, im August 1988
B. Klein
Vorwort zur 8. Auflage Nachdem nunmehr das Buch wiederum vergriffen ist, bin ich von vielen Studierenden und Fachkollegen gedrängt worden, eine Neuauflage auf den Weg zu bringen. Dem bin ich gerne nachgekommen, da sich das Buch seit einigen Jahren als Lehrunterlage an Fachhochschulen, Hochschulen und in der Praxis etablieren konnte. Einige Kollegen haben zudem darauf hingewiesen, dass mit dem fortschreitenden Leichtbau gerade die Strukturakustik immer wichtiger wird. Ich habe dem durch ein neues Kapitel und einigen Übungsaufgaben Rechnung getragen. Mit den sonst noch durchgeführten Änderungen ist die vorliegende Neuauflage auf einem aktuellen Stand, wodurch der konstruktive Leichtbau weitestgehend abgedeckt ist. Wie auch bei den vorausgegangenen Auflagen bin ich bei der Überarbeitung von den Mitarbeitern des Fachgebiets tatkräftig unterstützt worden. Besonderer Dank gilt Frau M. Winter für die redaktionelle Mitarbeit und der Erstellung des druckfertigen Manuskriptes. Kassel, im Januar 2009
B. Klein
VII
Inhaltsverzeichnis 1 Zielsetzung des Leichtbaus .............................................................................................. 1 2 Problemstruktur des Leichtbaus ...................................................................................... 2.1 Eigengewichtsaufgabe ......................................................................................... 2.2 Kostenmodell ....................................................................................................... 2.3 Konstruktive Rahmen- und Einsatzbedingungen ................................................
3 3 5 7
3 Methoden und Hilfsmittel im Leichtbau ...................................................................... 3.1 Konstruktive Techniken .................................................................................... 3.2 Berechnungsmethoden ...................................................................................... 3.3 Messtechnik ....................................................................................................... 3.4 Versuchstechnik ................................................................................................
10 10 12 14 15
4 Leichtbauweisen ............................................................................................................. 4.1 Differenzialbauweise ......................................................................................... 4.2 Integralbauweise ................................................................................................ 4.3 Integrierende Bauweise ..................................................................................... 4.4 Verbundbauweise .............................................................................................. 4.5 Vollwand- und Schalensysteme ........................................................................
17 17 18 18 19 20
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl ............................................................................. 5.1 Eigenschaftsgrößen ............................................................................................ 5.2 Linear elastische Kenngrößen ........................................................................... 5.3 Nichtlinear elastische Kenngrößen .................................................................... 5.4 Belastungseigenschaften .................................................................................... 5.5 Bezogene Werkstoffeigenschaften .................................................................... 5.5.1 Spezifisches Volumen ............................................................................. 5.5.2 Spezifische Steifigkeit ............................................................................. 5.5.3 Stabilitätswiderstand ................................................................................ 5.5.4 Reißlänge ................................................................................................. 5.5.5 Werkstoffwertung .................................................................................... 5.6 Gütekennzahlen ................................................................................................. 5.7 Leichtbaukennzahlen ......................................................................................... 5.8 Gesichtspunkte für die Werkstoffauswahl .........................................................
23 23 23 26 28 30 30 30 30 30 31 31 32 36
6 Leichtbauwerkstoffe ....................................................................................................... 6.1 Stahl ................................................................................................................... 6.1.1 Eigenschaftsmodifikationen .................................................................... 6.1.2 Sorten ....................................................................................................... 6.1.3 Physikalisch-mechanische Eigenschaften ............................................... 6.2 Eisen-Gusswerkstoffe ........................................................................................ 6.3 Aluminium ......................................................................................................... 6.3.1 Eigenschaftsmodifizierungen .................................................................. 6.3.2 Al-Knetlegierungen ................................................................................. 6.3.3 Al-Gusslegierungen ................................................................................. 6.3.4 Physikalisch-mechanische Eigenschaften ...............................................
38 38 39 39 42 42 43 44 44 45 46
VIII
Inhaltsverzeichnis
6.4 6.5
6.6 6.7 6.8
6.3.5 Sinteraluminium ...................................................................................... 6.3.6 Schaumaluminium ................................................................................... Magnesium ........................................................................................................ 6.4.1 Mg-Legierungen ...................................................................................... 6.4.2 Physikalisch-mechanische Eigenschaften ............................................... Titan ................................................................................................................... 6.5.1 Reintitan .................................................................................................. 6.5.2 Ti-Legierungen ........................................................................................ 6.5.3 Physikalisch-mechanische Eigenschaften ............................................... Kunststoffe ........................................................................................................ Superleichtlegierungen ...................................................................................... Faserverstärkte Werkstoffe ................................................................................ 6.8.1 Faserverstärkte Kunststoffe ..................................................................... 6.8.1.1 Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) ..................................... 6.8.1.2 Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) .......................... 6.8.1.3 Aramidfaserverstärkte Kunststoffe (AFK) ................................. 6.8.1.4 Verbundfestigkeit ....................................................................... 6.8.2 Faserverstärkte Metalle ...........................................................................
47 47 48 49 51 52 52 53 54 54 55 57 57 59 60 60 61 63
7 Gestaltungsprinzipien im Leichtbau ............................................................................ 65 7.1 Strukturmerkmale .............................................................................................. 66 7.2 Konstruktive Prinzipien ..................................................................................... 66 8 Elastizitätstheoretische Grundlagen ............................................................................. 74 8.1 Bauelemente ...................................................................................................... 74 8.2 Geometrische Beschreibungsgrößen ................................................................. 76 8.2.1 Flächenträgheitsmomente ........................................................................ 76 8.2.2 Steiner’scher Satz .................................................................................... 77 8.2.3 Flächenträgheitsmomente zusammengesetzter Profile ............................ 78 8.2.4 Transformierte Flächenträgheitsmomente ............................................... 79 8.2.5 Hauptflächenträgheitsmomente ............................................................... 80 8.3 Elastizitätsgleichungen ...................................................................................... 81 8.3.1 Verschiebungen und Verzerrungen ......................................................... 81 8.3.2 Verzerrungen und Spannungen ............................................................... 83 8.3.3 Gleichgewicht .......................................................................................... 84 8.3.4 Ebene Elastizitätsgleichungen ................................................................. 86 8.3.4.1 Ebener Spannungszustand .......................................................... 86 8.3.4.2 Ebener Verzerrungszustand ....................................................... 87 8.4 Formänderungsenergie ...................................................................................... 88 8.5 Elastizitätsgesetz der stabartigen Elemente ....................................................... 89 8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente ............................................................ 91 8.6.1 Scheibenelement ...................................................................................... 91 8.6.2 Plattenelement ......................................................................................... 96 8.6.3 Schalenelement ...................................................................................... 102 9 Dünnwandige Profilstäbe ............................................................................................. 9.1 Kraftflüsse ....................................................................................................... 9.2 Kraftflüsse und Schnittgrößen ......................................................................... 9.3 Querkraftbiegung ............................................................................................. 9.3.1 Schubflussverteilung .............................................................................
106 106 109 112 112
Inhaltsverzeichnis
IX
9.3.2 Schubmittelpunkt ................................................................................... 113 9.3.3 Geschlossene, symmetrische Konstruktionsprofile ............................... 116 9.3.4 Geschlossene, unsymmetrische Profile ................................................. 119 10 Torsion von Profilstäben ............................................................................................ 10.1 Grundbeziehungen ......................................................................................... 10.2 Voll- und Rohrquerschnitte ........................................................................... 10.3 Geschlossene, dünnwandige Querschnitte .................................................... 10.4 Offene, dünnwandige Querschnitte ............................................................... 10.5 Hohlquerschnitte mit Stegen ......................................................................... 10.6 Verwölbung von Querschnitten ..................................................................... 10.7 Wölbwiderstand einfacher Profile .................................................................
123 123 124 127 130 133 135 138
11 Biegung offener Profilstäbe ....................................................................................... 144 11.1 Allgemeines Normalspannungsproblem ....................................................... 144 11.2 Geometrische Beschreibungsgrößen beliebiger Querschnitte ....................... 148 12 Schubwandträger-Profile .......................................................................................... 12.1 Beanspruchungsmodell .................................................................................. 12.2 Kräfte und Momente zufolge des Schubflusses ............................................ 12.3 Schubmittelpunkt von Schubwandträger-Profilen ......................................... 12.4 Zusammengesetzte Schubwandträger-Profile ...............................................
152 152 154 156 157
13 Schubfeld-Konstruktionen ........................................................................................ 159 13.1 Schubfeld ....................................................................................................... 159 13.2 Ideales Zugfeld .............................................................................................. 160 14 Ausgesteifte Kastenprofile ......................................................................................... 14.1 Viergurtmodell .............................................................................................. 14.2 Torsionsbeanspruchung ................................................................................. 14.3 Ausschnitte ....................................................................................................
167 167 169 173
15 Energie- und Arbeitsprinzip ...................................................................................... 177 15.1 Energieprinzip ............................................................................................... 177 15.2 Arbeitsprinzip ................................................................................................ 179 16 Statisch unbestimmte Strukturen ............................................................................. 16.1 Äußere Unbestimmtheit ................................................................................. 16.2 Innere Unbestimmtheit .................................................................................. 16.2.1 Rahmenstrukturen .............................................................................. 16.2.2 Ebene Fachwerke ............................................................................... 16.2.3 Raumfachwerke ................................................................................. 16.3 Elastizitätsgleichungen für statisch unbestimmte Strukturen ........................ 16.4 Geschlossener Rahmen ..................................................................................
184 184 185 185 186 187 188 189
17 Sandwichelemente ...................................................................................................... 17.1 Aufbauprinzip ................................................................................................ 17.2 Werkstoffeigenschaften ................................................................................. 17.3 Homogener Kern ........................................................................................... 17.3.1 Grundlastfälle ....................................................................................
192 192 194 195 195
X
Inhaltsverzeichnis 17.3.2 Kritische Beanspruchung ................................................................... 17.4 Methode der Partialdurchsenkung ................................................................. 17.5 Stab-Knicken ................................................................................................. 17.6 Strukturierte Kerne ........................................................................................ 17.6.1 Schubsteifigkeit des Honeycomb-Kerns ........................................... 17.6.2 Tubuskern .......................................................................................... 17.7 Instabilitätsformen .........................................................................................
200 202 205 206 206 211 212
18 Stabilität von Stäben und Balken ............................................................................. 18.1 Grundeffekte .................................................................................................. 18.2 Knicken von Profilstäben .............................................................................. 18.2.1 Euler’sche Biegeknickfälle ................................................................ 18.2.2 Knickung von doppelt- und punktsymmetrischen Profilstäben ........ 18.2.3 Knickung von einfach symmetrischen Profilstäben .......................... 18.2.4 Knickung unsymmetrischer Profile ................................................... 18.3 Elastisch-plastisches Knicken ....................................................................... 18.4 Kippen ...........................................................................................................
215 215 216 217 220 222 223 225 229
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren ....................................................................... 19.1 Beulgleichung ................................................................................................ 19.2 Lösung der Beulgleichung ............................................................................. 19.3 Einfache Beulfälle ......................................................................................... 19.4 Zusammenstellung von Beulfällen ................................................................ 19.5 Rohrbeulen .................................................................................................... 19.6 Versteifte Scheibe .......................................................................................... 19.7 Beulung von Profilen ..................................................................................... 19.8 Bördelung ......................................................................................................
232 232 234 236 242 245 247 251 255
20 Konstruktive Versteifungen ...................................................................................... 20.1 Schalenförmige Formgebung ........................................................................ 20.2 Sicken ........................................................................................................... 20.2.1 Versteifungswirkung ......................................................................... 20.2.2 Konstruktive Ausführung .................................................................. 20.3 Rippen ............................................................................................................ 20.4 Randversteifungen ......................................................................................... 20.5 Durchzüge ......................................................................................................
259 259 261 261 266 268 271 272
21 Krafteinleitung ............................................................................................................ 274 21.1 Versteifte Scheibe .......................................................................................... 274 21.2 Einleitungsgurt konstanter Spannung ............................................................ 280 22 Verbindungstechnik ................................................................................................... 22.1 Einsatzbreite .................................................................................................. 22.2 Nietung .......................................................................................................... 22.2.1 Nietverbindungen mit überstehenden Köpfen ................................... 22.2.2 Nietverbindungen mit Senkkopfniete ................................................ 22.2.3 Überlagerte Scher- und Zugbeanspruchung auf Nietverbindungen .. 22.3 Schweißung ................................................................................................... 22.3.1 Punktschweißen ................................................................................. 22.4 Kleben ............................................................................................................
283 283 284 285 287 288 290 291 295
Inhaltsverzeichnis
XI
22.4.1 Klebstoffe .......................................................................................... 22.4.2 Grundwerkstoffe ................................................................................ 22.4.3 Belastungsmodelle ............................................................................. 22.4.4 Spannungsverteilung in schubbeanspruchten Klebeverbindungen ... 22.4.5 Gegenüberstellung verschiedener Lösungsansätze ........................... 22.4.6 Abschätzung des Normalspannungseinflusses .................................. 22.4.7 Gestaltungsregeln für Klebeverbindungen ........................................ 22.4.8 Schwingfestigkeit von Klebeverbindungen ....................................... 22.5 Sonderverbindungsverfahren .........................................................................
295 297 298 299 305 306 309 312 314
23 Strukturoptimierung .................................................................................................. 23.1 Mathematischer Optimierungsansatz ............................................................ 23.2 Extrema über Strukturkennwert .................................................................... 23.3 Einfache Minimalauslegungen ...................................................................... 23.3.1 Gewichtsminimaler Biegebalken ....................................................... 23.3.2 Gewichtsminimaler Knickstab .......................................................... 23.4 Vereinfachtes numerisches Optimierungsverfahren ......................................
317 317 320 322 322 325 328
24 Schwingbeanspruchte Strukturen ............................................................................ 24.1 Konstruktionsphilosophien ............................................................................ 24.2 Problematik des rechnerischen Nachweises .................................................. 24.3 Auswertung des Beanspruchungsverlaufs ..................................................... 24.4 Versagensverhalten ........................................................................................ 24.5 Arbeitsmechanische Schadensakkumulation ................................................. 24.6 Verbesserung der Aussagegenauigkeit .......................................................... 24.7 Restfestigkeitsproblem .................................................................................. 24.8 Allgemeines Rissfortschrittsproblem ............................................................ 24.9 Bruchmechanische Akkumulation ................................................................. 24.10 Nichtlineare Schädigungshypothese ............................................................
333 333 334 334 340 343 349 351 358 363 366
25 Strukturzuverlässigkeit .............................................................................................. 25.1 Zuverlässigkeitsanalyse ................................................................................. 25.2 Boole’sche Grundanordnungen ..................................................................... 25.3 Statistische Nutzung ...................................................................................... 25.4 Zufallsausfälle ............................................................................................... 25.5 Früh- und Abnutzungsausfälle ......................................................................
370 370 370 373 375 376
26 Strukturakustik ......................................................................................................... 26.1 Ursachen von Geräuschen ............................................................................. 26.2 Akustisches Verhalten ................................................................................... 26.3 Körperschallausbreitung ................................................................................ 26.4 Wellenbeanspruchung ................................................................................... 26.5 Impedanz ....................................................................................................... 26.6 Impedanz einer idealisierten Struktur ............................................................ 26.7 Quantifizierung von Versteifungsmaßnahmen .............................................. 26.8 Einfluss von Werkstoff und Verbindungstechnik .........................................
379 379 380 381 385 386 387 388 391
Leichtbau-Übungen .......................................................................................................... 393 Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 512 Sachwortverzeichnis ......................................................................................................... 519
XII
Formelzeichensammlung a
Belastungsabschnitte Risslänge
k
.
A AK b B c
umschriebene Fläche Kreisfläche Breite Biegesteifigkeit, Plattensteifigkeit Flanschabkantung Konstante C Forman-Konstante C Paris-Konstante cB Biegewellengeschwindigkeit c DeW Dehnwellengeschwindigkeit c DiW Dichtewellengeschwindigkeit C ij Steifigkeitskoeffizienten
cT Torsionswellengeschwindigkeit c TrW Transversalwellengeschwindigkeit cQ Schubwellengeschwindigkeit
CW d D E F f fG f(t) fN F0 F0T
Wölbwiderstand Durchmesser Drillsteifigkeit, Dehnsteifigkeit Elastizitätsmodul äußere Kraft Eigenfrequenz Gewichtsfunktion Ausfalldichte Korrekturfaktor Oberflächenfaktor resultierender Oberflächen-
FT
Technologiefaktor Technologiefaktor
F(x, y) Spannungsfunktion g Erdbeschleunigung G Gewichtskraft Gleitmodul h Höhe H Ü Häufigkeit i Trägheitshalbmesser iL Sicherheitszahl j Risikofaktor J Flächenträgheitsmoment
kτ K KI K Ic ΔK
Abminderungsfaktor Beulwert spezifische Kosten Verhältnisgröße Wöhlerlinienexponent Spannungsüberhöhung Kosten Spannungsintensität Bruchzähigkeit zyklische Spannungsintensität
ΔK o "ü L
Schwellenwert Überlappungslänge Länge Körperschallpegel LBK Leichtbaukennzahl m bezogene Momente Forman-Exponent Masse Paris-Exponent m, n Halbwellenlänge M Schnittgröße Moment n Anzahl aufgebrachte Lastspielzahl Bauweisenexponent bezogene Normalkräfte n x , n y Normalkraftfluss N Schnittgröße Normalkraft Bruchlebensdauer NB NG Grenzlastspielzahl NR Rissbruchlastwechselzahl p äußere bezogene Kraft Ausfallwahrscheinlichkeit Pa , A Überlebenswahrscheinlichkeit Pü, Ü q Q r rj R RF RS RZ
bezogene Querkräfte Querkraftfluss Schnittgröße Querkraft Querkrümmungssteifigkeit Radius Restriktionen Grenzspannungen Spannungsverhältnis Reservefaktor Schubreservefaktor Zugreservefaktor
XIII
Formelzeichensammlung S
Schubsteifigkeit Sicherheit statisches Flächenmoment Strukturkennwert t Materialdicke tE Messschritt Nutzungszeit tN T Knickmodul Streumaß Temperatur u, v, w Verschiebungen v, w Schweißfaktor V Volumen vc Crashgeschwindigkeit Kollektivwiederholungsfaktor wB Wt Drillwiderstandsmoment x, y, z Koordinaten Y(a) Korrekturfunktion zR Randfaserabstand Z Zielfunktion Zd Dämpfungsimpedanz ZE Eingangsimpedanz Zk Steifigkeitsimpedanz Zm Massenimpedanz α
αK ß ßK γ δ δu ϕ ε ζ θ κ
λ λB λ(t)
linearer Wärmeausdehnungskoeffizient Seitenverhältnis Vergrößerungsfaktor Formzahl Bezugsgröße Kerbwirkungszahl Schiebungen Exzentrizitätsverhalten Variation der Verschiebung Verschiebungsfaktor Dehnung Durchbiegefaktor Steifigkeitsparameter Krümmung Spannungsverhältnis Schlankheitsgrad Faktor Verlustfaktor Biegewellenlänge Ausfallrate
μ ν π ρ σ σa σA σm σo σu τ τB τSV φ φ´ ψ ω ω*
Eigenwert Massenbelegung Querkontraktion Formänderungsenergie Dichte Faktor Normalspannungen Ausschlagspannung Dauerfestigkeit Mittelspannung Oberspannung Unterspannung Schubspannungen Bredt’scher Schubspannungsanteil St.-Venant’sche Schubspannungsanteil Verdrehung Bezugsgröße Verwindung Querschnittsdrehung Bezugsgröße Eigenkreisfrequenz Wölbfunktion
1
1 Zielsetzung des Leichtbaus Eine Hauptforderung bei elastomechanisch, -thermisch und dynamisch beanspruchten Konstruktionen ist, dass diese so ausdimensioniert werden, dass die zulässige Beanspruchung in allen Querschnitten möglichst nicht überschritten wird. In diese Richtung weist auch die Aufgabenstellung des Leichtbaus, wo ein minimales Baugewicht unter höchster Ausnutzung angestrebt wird. Gewöhnlich stehen dem Restriktionen entgegen, die in den nutzbaren Werkstoffkennwerten und den noch zulässigen Verformungen bestehen. Insofern ist in der Praxis oft eine Extremlösung nicht zu verwirklichen, weil seitens des Werkstoffs, der Herstellung oder der Bauweise verschiedene Kompromisse eingegangen werden müssen. Vor diesem Hintergrund ist sodann nur ein optimierter Leichtbau zu realisieren. Dies ist in der Regel jedoch nicht mit einer Kostensenkung gegenüber „normalen“ Konstruktionen verbunden. Die Erfahrung zeigt, dass Leichtbaukonstruktionen meist in der Konzeption, im Werkstoffeinsatz, in der Herstellung und der Erprobung sehr aufwändig sind, weshalb mit erheblichen Mehrkosten gerechnet werden muss. Wenn man bei einer Konstruktionsaufgabe trotzdem diesen aufwändigeren Weg beschreitet, so sollte dies unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten wohl begründet sein, wobei die Vorteile die Nachteile deutlich kompensieren müssen. In der Verkehrstechnik ist dies relativ unproblematisch, weil durch Leichtbaumaßnahmen handfeste wirtschaftliche Vorteile ausweisbar sind. Eine Gewichtsreduzierung kann beispielsweise − zu einer Nutzlaststeigerung oder Geschwindigkeitserhöhung führen, − eine geringere Masse bewirkt weiter einen geringeren Rollwiderstand, Beschleunigungswiderstand und Steigungswiderstand, − was insgesamt einen geringeren Energieverbrauch zur Folge hat. So kann abgeschätzt werden, dass einer Massenersparnis von 100 kg bei einem Pkw eine Verbrauchsminderung von durchschnittlich 0,5 l Kraftstoff je 100 km und 12 g/km CO 2 Reduktion gegenüberstehen. Würde man dies durch eine Werkstoffsubstitution erreichen wollen, so können 2 kg Stahl etwa durch 1 kg Aluminium belastungsneutral ersetzt werden. Dies setzt aber gestaltoptimierende Eingriffe voraus. Die wesentlichen mit dem Leichtbau zusammenhängenden Fragen wurden zuerst im Luftfahrzeugbau aufgegriffen und systematisch bearbeitet. Da hier die Kosten meist nicht im Vordergrund standen, ist der Leichtbau gerade durch die Freiheiten der Luftfahrtforschung entscheidend geprägt worden. Neben einer generellen Erweiterung der theoretischen Grundlagen bezieht sich dies auch auf die erprobten konstruktiven Prinzipien (siehe insbesondere /ZIN 67/ und /KIR 56/). Ein markanter Entwicklungsschritt war hierbei sicherlich die Ablösung der Fachwerkbauweise durch die freitragende Bauweise unter Ausnutzung des Tragvermögens der Häute. Die hierauf beruhenden Prinzipien der Vollwand- und Schalensysteme haben sich dann über den Anmerkung: In der Automobilindustrie kann ein Serienbauteil um 3,- bis 7,- € teurer werden, wenn durch einen anderen Werkstoff etwa 1 kg an Gewicht eingespart werden kann. Oder: 0,5 l/100 km Kraftstoffersparnis je Fahrzeug entspricht bei weltweit 50 Mio./Jahr produzierten Kfzs eine Ressourcenschonung von 2,5 Mrd. Liter Kraftstoff.
2
1 Zielsetzung des Leichtbaus
Luftfahrzeugbau hinaus ausgedehnt in den Eisenbahnwagonbau, den Schiffbau und den Fahrzeugkarosseriebau. Als einen weiteren Meilenstein für den Leichtbau ist die Nutzbarkeit der Schweißtechnik anzusehen. Die Materialdopplungen, die vorher bei Nietverbindungen entstanden, ließen sich nun durch stumpfes Aneinandersetzen vermeiden. Durch die hohe Festigkeit der Schweißverbindungen und die sich ergebenden gestalterischen Möglichkeiten konnten so völlig neue Strukturkonzepte verwirklicht werden. Die konsequente Weiterentwicklung findet man heute in laserstrahlgeschweißten Rümpfen bei Großraumflugzeugen (Airbus A 318, A 380) und im modernen Karosseriebau von Pkws. Neuen Auftrieb erhielt zudem der Leichtbau in den letzten Jahren durch die immer leistungsfähiger werdende elektronische Datenverarbeitungstechnik und die darauf abgestimmten Rechenverfahren. So sind heute mittels der Finite-Element- oder Boundary-Element-Methode sehr tief greifende Analysen des Beanspruchungs- und Verformungsverhaltens möglich, woraus sich meist Optimierungsmöglichkeiten hinsichtlich einer besseren Leichtbaueignung ergeben. Darüber hinaus werden die rechnerunterstützten numerischen Rechentechniken sicherlich auch dazu beitragen, erweiterte Fragestellungen wie zum Beispiel die Ermüdungsfestigkeit, Rissphänomene oder die Strukturzuverlässigkeit im Leichtbau wissenschaftlich zu klären. Der moderne Leichtbau ist letztlich auch geprägt durch den Fortschritt in den Materialwissenschaften, der zu neuen Bauweisen geführt hat. So stehen mit metallischen und polymeren Verbundwerkstoffen erstmals Hochleistungswerkstoffe zur Verfügung, die eine hohe funktionale Integration bei extremer Steifigkeit und minimalem Gewicht ermöglichen. Mittels „aktiver Elemente“ (Transduktoren) werden diese Werkstoffsysteme zukünftig anpassbar sein an jede Art von äußerer Belastung. Neue Forschungsgebiete tun sich daher mit der Struktronik bzw. Adaptronik auf. Gehemmt wird diese Entwicklung jedoch zunehmend durch die Recyclingforderungen und die Zielsetzungen einer Kreislaufwirtschaft (EU-Altauto-VO), weshalb hier Kompromisse zu suchen sind. Aus der Auflistung dieser Tendenzen wird mehreres deutlich. Erstens: Der Leichtbau ist eine interdisziplinäre Ingenieurwissenschaft, welche auf Erkenntnissen der Festigkeitslehre, Rechentechnik, Werkstoffkunde und Fertigungstechnik begründet ist. Mit den Jahren haben sich zudem bestimmte Prinzipien durchgesetzt, sodass neben der Beherrschung der Theorie auch hinreichende konstruktive Erfahrung kommen muss. Zweitens: Die Forderungen werden immer extremer, sodass der Leichtbauer sich mit allen neuen technologischen Strömungen auseinander setzen muss und immer bestrebt sein sollte, diese problemspezifisch zu adaptieren. Mit den nachfolgenden Darlegungen soll daher der Versuch unternommen werden, einige typische Fragestellungen aufzugreifen und deren Behandlung im Gesamtumfeld zwischen Theorie und Praxis zu zeigen. Der Schwerpunkt soll hierbei im konstruktiven Umsetzen liegen, was zu der Formulierung von Konstruktionsregeln natürlich auch die Vermittlung von Grundwissen zum Werkstoffeinsatz, zu den elastomechanischen Grundlagen und zu den typischen Leichtbauelementen bedarf. Dazu wurde ein aufbauendes didaktisches Grundkonzept gewählt, das sich in vielerlei Hinsicht an die klassischen Leichtbauwerke /CZE 67/, /SCH 63/, /HER 80/, /WIE 96a/ anlehnt.
3
2 Problemstruktur des Leichtbaus Wie bereits angedeutet, kann Leichtbau kein Selbstzweck nur des Fortschritts halber sein. Aufwand und Nutzen müssen stets in einem interessanten Verhältnis zueinander stehen, sodass Leichtbaumaßnahmen lohnend erscheinen. Diesbezüglich gilt es, alle über das übliche Maß hinausgehenden Anstrengungen auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu bewerten. Hilfreich ist hier vielfach die Erstellung eines Gewichts- und Kostenmodells, welches parameterielle Abhängigkeiten zwischen dem Strukturgewicht, den Herstellkosten und dem wirtschaftlichen Nutzwert darzustellen vermag. Optimallösungen können jedoch nur mit einem holistischen Ansatz erreicht werden.
2.1 Eigengewichtsaufgabe Alle Bemühungen des Leichtbaus sind darauf gerichtet, das Eigengewicht einer Konstruktion zu minimieren. Als Einschränkung ist dabei zu berücksichtigen, dass hierdurch weder die Funktion noch die Sicherheit und Langlebigkeit beeinträchtigt werden dürfen. Maßnahmen, mit denen man dies heute zu erreichen versucht, sind: − Realisierung von fortschrittlichen Bauweisenlösungen, − Einsatz leichter und hochfester Werkstoffe, − neue Herstelltechnologien und − analytische Beherrschung des Beanspruchungs- bzw. Instabilitätsfalls durch hochwertige Analysemethoden (FEM, BEM). Im Zuge der Umsetzung dieser Prinzipien kommen bestimmte Konstruktionsstrategien /BLE 74/ zum Tragen, deren Merkmale sich verkürzt klassifizieren lassen in einen so genannten Formleichtbau, bei dem leichtbauförderliche Konstruktionsprinzipien, geeignete Profilgeometrien und eindeutige Kraftleitungspfade umgesetzt werden; • einen so genannten Stoffleichtbau, bei dem spezifisch schwere Werkstoffe durch leichtere Werkstoffe mit möglichst hohen Gütekennzahlen substituiert werden; und • einen so genannten Fertigungsleichtbau, in dem alle technologischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um das Ziel der Funktionsintegration (Einstückigkeit) bei geringstem Materialeinsatz und minimalen Verbindungsstellen zu realisieren. •
Hinter jeder Strategie verbirgt sich stets ein ganz individueller konstruktiver und technologischer Aufwand. Dem somit praktisch realisierbaren Leichtbaugrad (∼ 1/G) sind jedoch im Maschinen- und Fahrzeugbau oft enge Grenzen durch die Kostengesetzmäßigkeiten auferlegt, welche meist einen geringen Spielraum geben. Einige Grundtendenzen mit ihren Hauptkostenbestandteilen zeigt Bild 2.1 in schematisierter Darstellung. Die meisten Kosten zeigen hiernach einen exponentiellen Verlauf mit einem theoretischen Minimum als wirtschaftliche Vernunftlösung.
2 Problemstruktur des Leichtbaus
4
Ak (kg zepti Ge erte wic Ko hts ste red n je uzi eru kg ng)
B
optimierte Leichtbau-Konstruktion
Forschung Entwicklung Werkstoff Werkzeuge Produktion Reparatur
extremer Leichtbau Gesamtoptimum Konstruktion und Werkstoff
Kosten
Schwerbau A
Optimierung
Optimierung
- Leichtbau-Werkstoff - Leichtbau-Konstruktion
- Form/Gestalt - Konstruktion - Belastung - Ziel
Leichtbaugrad
Gewicht
Bild 2.1: Zusammenhang zwischen Kosten und Gewicht eines Systems Danach gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dem angestrebten Gewicht und der Kostenentwicklung*). In der Regel nehmen die Herstellkosten einer Struktur mit höherem Leichtbaugrad überproportional zu. Als Ursachen dafür lassen sich anführen: − Die Ingenieurkosten aus Design, Berechnung und Erprobung (E + K) können bei Leichtbaukonstruktionen um den Faktor 5-10fach höher liegen. − Mit sinkendem spezifischen Gewicht werden gewöhnlich die Werkstoffe teurer, etwa gemäß der Relation St: Al: Mg: Ti: GFK: AFK: CFK = 1 : 3 : 4 : 20 : 10 : 50 : 100 (Euro/kg). − Des Weiteren können die Fertigungskosten infolge höherer Werkzeug- und Prozesskosten bis zu 3fach höher liegen. In der Praxis des Maschinen- und Fahrzeugbaus ist deshalb oft ein sinnvoller Kompromiss anzustreben. Insofern besteht meist als Zielsetzung der optimierte Leichtbau, bei dem vernünftige Relationen zwischen Aufwand und Nutzen vorliegen. Bei Luft- und Raumfahrtkonstruktionen ist es demgegenüber oft so, dass die Kosten hinter der Mission zurückstehen und daher ein extremer Leichtbau betrieben wird.
*)
Anmerkung: Geht man bei einem Vergleich Stahl ./. CFK-UD-Verbund von einem ähnlichen Festigkeitsund Steifigkeitsverhalten aus, so gilt etwa m CFK ≈ 0,33 ⋅ m St und für die Werkstoffkosten K W , St ≈ m St ⋅ 1 € und K W , CFK ≈ 0,33 ⋅ m St ⋅ 100 € ≈ 33 ⋅ m St .
2.2 Kostenmodell
5
2.2 Kostenmodell Unter der Maßgabe, alle Leichtbaumaßnahmen wirtschaftlich bewertbar zu machen, sollen im Folgenden einige Abhängigkeiten diskutiert werden. Zu Grunde gelegt werden soll hier das übersichtliche Modell eines Verkehrsfahrzeuges, bei dem die Nutzlast bzw. die Einnahmen zur Amortisation des Mehraufwandes /BRE 83/ herangezogen werden können. Demgemäß gilt es, vereinfachend die folgende Gegenüberstellung zu wichten:
2. Kostenansatz/Periode K E (Einnahmen) - K S (Systemkosten) - K B (Betriebskosten) = K (Kostenüber- oder -unterdeckung) (2.2)
1. Gewichtsrelationen G S (Strukturgewicht) + G N (Nutzlast ≈ 5 ⋅ G S )
= G (zul. Gesamtgewicht) (2.1)
− In den Systemkosten K S (zu amortisierende Herstellkosten) sind wesentliche Anteile die Design- (K D ) und die Leichtbauzusatzkosten (K L ) der Entwicklung sowie die Werkstoffkosten (K W ) , die Werkzeugkosten K Wzg und die Fertigungskosten (K F ) :
(
(
)
)
K S = K W + K Wzg + K F + (K D + K L ) .
(2.3)
Die Leichtbauzusatzkosten (K L ) ergeben sich als Mehraufwand bei den Ingenieurleistungen (ΔK I ) , der Erprobung (ΔK V ) und den Herstellmitteln ΔK Wzg .
(
)
− Die Werkstoffkosten werden hierbei einen dominierenden Einfluss (ca. 35-40 % von K S ) haben. Sie bestimmen sich als KW =
n
¦ k Wi ⋅ GSi
(2.4)
i =1
mit k Wi als Werkstoff-Kilopreis für jede Strukturkomponente. − Die Betriebskosten sind weitestgehend proportional zum Gesamtgewicht und mit dem Betriebskostenfaktor k B anzusetzen als
KB ≈ k B ⋅ G .
(2.5)
− Die Einnahmen sind hingegen proportional zur Nutzlast und mit dem Einnahmefaktor k E anzusetzen als KE ≈ kE ⋅ G N .
(2.6)
Da ein Betreiber eines Leichtbau-Verkehrsfahrzeuges nur in begrenztem Maße die Einnahmen- und Betriebskostenseite beeinflussen kann, sind alle Anstrengungen darauf zu richten,
2 Problemstruktur des Leichtbaus
6
die Leichtbauzusatzkosten sinnvoll zu begrenzen. Ziel ist es, eine leichte Struktur bei möglichst geringen Systemkosten /WIE 84/ zu erstellen: − Die Leichtbauzusatzkosten werden im Allgemeinen kleiner, wenn die Strukturgewichtsminimierung durch eine bessere Ausdimensionierung und eine Strukturentfeinerung erfolgt. − Die Leichtbauzusatzkosten werden dagegen größer, wenn die Strukturgewichtsminimierung durch Bauweisenverfeinerung und den Einsatz höherwertiger Werkstoffe erfolgt. Unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ist es für ein Nutzfahrzeug zwingend, dass die Nutzlast deutlich größer als das Strukturgewicht ( G N ≥ G S ) ist, weil sich nur so der Zusatzaufwand schnell amortisieren lässt. Generell kommt bei Verkehrsfahrzeugen der Erreichung einer bestimmten Gewichtsrelation eine hohe Wertigkeit zu, wie in Fahrzeuglastenheften immer wieder herausgestellt wird. Gelingt es bei einer Entwicklung nicht, das projektierte Gesamtgewicht G o - das auch Basis aller Annahmen war - zu erreichen, so sind Folgemaßnahmen nötig, welche durch den Zusammenhang /HER 80/ G1 ≈ G o + α ⋅ Δ G S
(2.7)
ausgedrückt werden können. Das heißt, im Konzept wird ein Vergrößerungsfaktor α wirksam, der berücksichtigt, dass weitere Zusatzmaßnahmen an der Struktur bzw. den Aggregaten erforderlich sind, um dennoch eine gleiche Nutzlast über die vorgegebene Reichweite befördern zu können. Der Vergrößerungsfaktor kann demgemäß wie folgt definiert werden:
α=
(Gesamtgewichtsänderung) ΔG = ΔG S (Folgemaßnahmen an der Struktur)
.
(2.8)
Nach Erfahrung bewegt sich der Vergrößerungsfaktor etwa im Bereich − α ≈ 1,1-1,5 im Fahrzeugbau, − α ≈ 2-3 im Flugzeugbau, − α≥ 5 in der Raumfahrt. Treten nun Gewichtsüberschreitungen auf, so sind zwei Handlungsalternativen denkbar, und zwar •
Alternative I: Die Nutzlast G N wird auch weiter konstant gehalten, weshalb die Struktur ( + ΔG S ) nachgerüstet werden muss. Hierdurch entsteht ein Mehraufwand, der etwa proportional ist zu
Δ K ≈ C( K S + K B ) ⋅ α ⋅ Δ G S .
(2.9)
oder •
Alternative II: Die Nutzlast ( − ΔG N ) wird reduziert, weshalb die Struktur konstant gehalten werden kann. Hierdurch verändert sich die Wirtschaftlichkeit etwa proportional zu
2.3 Konstruktive Rahmen- und Einsatzbedingungen
7
Δ K ≈ C (K S − K E ) ⋅ α ⋅ ΔG N .
(2.10)
Je nach Einsatzgebiet und Restriktionen ist dann der ökonomisch sinnvollste Weg zu wählen.
2.3 Konstruktive Rahmen- und Einsatzbedingungen Da ein typisches Einsatzgebiet von Leichtbaukonstruktionen die Verkehrstechnik (Automobilbau, Schienen- und Luftfahrzeuge) ist, dürfen die meist dünnwandigen Bauteile nicht „unsicherer“ als vergleichbare Massivbauteile sein. Dies bedingt eine sorgfältige Auslegung auf Steifigkeit (Instabilitäten), Bruchfestigkeit sowie Zuverlässigkeit und Nutzungsdauer. In der Luftfahrtindustrie sind dies geläufige Forderungen, die schon seit langem in Regelwerke (LTH) festgeschrieben sind. Zunehmend greifen diese Nachweise (s. Bild 2.2) auch in konventionellen Anwendungsfällen. Die Ausrichtung der folgenden Buchkapitel ist darauf abgestellt.
LEICHTBAU-STRUKTUR
• statische oder • dynamische Krafteinleitung
• Steifigkeitsnachweis • Tragfähigkeitsnachweis • Restfestigkeitsnachweis
Gestalt: • Geometrie • Steifigkeit Werkstoff: • Festigkeit • Bruchzähigkeit
• Nutzungsdauernachweis • Rissfortschrittsverhalten
Technologie: • Herstellung • Oberfläche
• Strukturzuverlässigkeit
Umfeld: • Klima • Temperatur
Bild 2.2: Nachweisarten für Leichtbaustrukturen nach /AUT 92/ Innerhalb eines Tragfähigkeitsnachweises geht es regelmäßig um die Begrenzung von Verformungen und einen Sicherheitsnachweis gegen Fließen, Bruch oder Instabilität. Hierbei lässt der Leichtbau immer geringere Sicherheitsreserven zu, was eine aufwändige Berechnung erforderlich macht. In der Verkehrstechnik (s. DIN EN 12663) wird beispielsweise nur noch gefordert: •
Sicherheit gegen Fließen R el bzw. R p0,2 σ x berechnet
≥ S1 = 1,15 ,
(2.11)
2 Problemstruktur des Leichtbaus
8 •
Sicherheit gegen Bruch Rm ≥ S2 = 1,5 (bis 1,3) , σ x berechnet
•
(2.12)
Sicherheit gegen Instabilität
σ knicken/beulen krit σ berechnet
≥ S3 = 1,5 (oder kleiner bei kontrolliertem Versagen).
(2.13)
Für dynamische Beanspruchungen ist ergänzend ein Zuverlässigkeitsnachweis (Überlebenswahrscheinlichkeit aller Komponenten PA ≥ 95 % ) und ein Nutzungsnachweis (bzw. Dauer- oder Betriebsfestigkeitsnachweis) durchzuführen. Verlangt wird vielfach eine Mindestanzahl von 2 ⋅ 10 6 Zyklen bei Stahlwerkstoffen mit konstanter Amplitude in Höhe der Dauerschwingfestigkeit bzw.
•
•
eine Mindestanzahl von 1 ⋅ 10 7 Zyklen bei Aluminiumwerkstoffen.
Hieran ist gegebenenfalls ein statischer oder dynamischer Rissbruch- oder Rissfortschrittsnachweis anzuschließen: •
Sicherheit gegen statischen Rissbruch K I crit K y berechnet
•
≥ S 4 = 1,7 (bis 2,0) ,
(2.14)
Sicherheit gegen dynamischen Rissfortschrittsbruch K Ic (1 − R ) σ ≥ S5 = 2,0 (bis 2,5) mit R = u . ΔK max berechnet σo
(2.15)
In Abhängigkeit vom Anwendungsfall haben sich dabei zwei Grundhaltungen hervorgetan: Die Philosophie des „safe-life-quality“, die absolute Schadensfreiheit für das ganze Leben verlangt, und die Philosophie des „fail-safe-quality“, die Schadenstoleranz und hinreichende Resttragfähigkeit voraussetzt. Dem Ziel nach sind alle erforderlichen Leichtbaumaßnahmen zu begründen. Als Ansatzpunkte sind im Wesentlichen anzuführen: •
Der Werkstoff, für den ideal zu fordern ist: geringe Dichte, hoher Elastizitätsmodul, hohe statische und dynamische Grundfestigkeiten sowie ausreichende Bruchzähigkeit. Bei den natürlichen Werkstoffen ist diese Eigenschaftskombination so meist nicht anzutreffen, weshalb zunehmend Verbundwerkstoffe mit gezüchteten Eigenschaften zum Einsatz kommen. Neue Möglichkeiten werden zukünftig die „Aktiven Funktions-Bauweisen (AFB)“ /ELS 98/ bieten, wobei in einem Grundwerkstoff aktive Funktionswerkstoffe
2.3 Konstruktive Rahmen- und Einsatzbedingungen
9
(z. B. Piezo-Faser-Sensoren) eingebettet werden, die in der Lage sind, bestimmte Eigenschaften (Verformungs-, Stabilitäts- und Schwingungsverhalten) gezielt zu ändern. •
Die Dimensionierung, die stets das Prinzip der minimalen Auslegung verfolgen sollte. Dies setzt oft einen hochwertigen Berechnungsansatz (Lösung einer DGL, Erstellung eines FE-/BE-Modells) voraus.
•
Der konstruktive Aufbau mit den Hauptmerkmalen der definierten Krafteinleitung, des aufgelockerten Gestaltungsprinzips, der gezielten Einbringung von Steifigkeiten, der hinreichenden Reparaturmöglichkeit und der Anordnung von Fügungen in nur niedrig belasteten Zonen.
Wie die Erfahrung zeigt, reift eine gute Leichtbaukonstruktion meist über mehrere Iterationsschleifen durch den massiven Einsatz von Software (CAD-FEM). Trotz der erweiterten Möglichkeiten zur Simulation sollte am Ende einer Entwicklung immer ein Bestätigungsexperiment mit einem realitätsnahen Prototypen stehen.
10
3 Methoden und Hilfsmittel im Leichtbau Bei fast allen Entwicklungsprojekten bestätigt sich, dass der Leichtbau mit zu den theoretischsten Disziplinen der Ingenieurwissenschaft zu zählen ist. Gewöhnlich verteilen sich die Zeitanteile bei typischen Projekten etwa wie folgt: − − − −
30 % konstruktive Bearbeitung (Konzipieren, Entwerfen, Ausarbeiten), 40 % Auslegung (Dimensionierung, Optimierung), 20 % experimentelle Absicherung (Prototyp, Test), 10 % Überarbeitung (Konzept, Entwurf),
wobei mit ungefähr 80 % die theoretischen Anteile deutlich überwiegen. Insofern ist es vor dem Hintergrund, eine Methodenlehre des Leichtbaus darzulegen, auch geboten, auf die zum Einsatz kommenden Techniken und Hilfsmittel kurz einzugehen.
3.1 Konstruktive Techniken Schon seit geraumer Zeit versucht man, die Tätigkeiten beim Konstruieren zu systematisieren. Intention ist es hierbei, nicht mehr produktbezogene Vorgehensweisen zu vermitteln, sondern eine allgemein gültige methodenbezogene Technik (s. VDI-R 2221/2222) des Konstruierens zu lehren. In diesem Sinne bedarf auch der Leichtbau keiner besonderen Konstruktionslehre, sondern hier kommt nur ein modifiziertes Vorgehen /FEY 90/ zum Tragen, welches die besonderen Gegebenheiten der Leichtbautechnologie berücksichtigt. Wie nämlich bei jeder technischen Aufgabenstellung geht es auch bei Leichtbauaufgaben in der Hauptsache um eine vorgegebene Funktionserfüllung. Stärkste Nebenbedingung ist hier jedoch das Gewichtsminimum, welches durch weitere Bedingungen wie − − − − − − −
Sicherheit/Zuverlässigkeit, Herstellbarkeit, Kontrollierbarkeit, Montierbarkeit/Handhabbarkeit, Inspizierbarkeit/Wartbarkeit/Instandsetzbarkeit, Umwelt, Recycling etc.
eingeschränkt wird. Die Erfüllung einer isolierten Eigengewichtsaufgabe kommt daher praktisch nicht vor. Insofern lässt sich auch das leichtbaugerechte Konstruieren zergliedern in aufeinander aufbauende Arbeitsschritte mit etwa folgenden Inhalten: •
Klären der Aufgabenstellung: Informationsbeschaffung über die Anforderungen einer Aufgabe und Erstellung einer Anforderungsliste; Eingrenzung bestehender Bedingungen und ihre Bewertung für die Lösungserfüllung; Festlegung einer Lösungsrichtung; technisch-wirtschaftliche Konsequenzen
3.1 Konstruktive Techniken •
11
Konzipieren (Findung einer prinzipiellen Lösung): Hinterfragung der Aufgabe und Sichten des Kernproblems; Zerlegung des Kernproblems in untergeordnete Teilprobleme; Suche nach Lösungswegen zur Erfüllung der Teilprobleme; Kombination der Teilproblemlösungen zu Lösungsansätzen für das Kernproblem; Bewertung der Lösungen; Erstellung von Konzeptskizzen. Voraussetzungen einer sinnvollen Konzepterstellung sind Kenntnisse über die Größe und Richtung der wirkenden Kräfte, die Möglichkeiten des gewählten Werkstoffs, die Bauweiseneigenschaften und eine angepasste Vordimensionierung. Ein gutes Konzept ist letztlich auch der Garant für eine innovative Problemlösung. Der Konzeptentwicklung sollte daher große Bedeutung beibemessen werden. Leider zeigt die Erfahrung, dass man sich in der Praxis zu wenig mit Konzepten beschäftigt und sehr schnell nur eine Richtung verfolgt.
•
Entwerfen (gestalterische Konkretisierung einer Lösung): maßstäbliche Konkretisierung der Konzeptskizzen zu Bauvarianten; Bewertung, Vereinfachung und Auswahl einer Variante; Überarbeitung zu einem Gesamtentwurf
und •
Ausarbeiten (fertigungs- und montagegerechte Festlegung einer Lösung): endgültige Bestimmung der Geometrie, Dimensionen, Werkstoffe und Herstellung, um die notwendigen Fertigungsunterlagen erstellen zu können.
Hieran schließen sich eine oder mehrere Schleifen an, die der Optimierung der Lösung dienen. Dem zuzuordnende Phasen sind: • •
Prototypen-Herstellung (Kontrolle der Funktionen, Montage etc.), Testprozeduren (Überprüfung der Tragfähigkeit, Zuverlässigkeit, Lebensdauer).
Als Abschluss steht dann die Freigabe (SOP) mit der erforderlichen Dokumentation (eventuell nach ISO 9000 : 2009) bzw. ISO/TS 16949 : 2002). Diese Ablauffolge ist weitestgehend identisch mit dem allgemeinen Vorgehen der Konstruktionssystematik, so wie dies im Bild 3.1 angedeutet ist und welches sich als zielführend bei den unterschiedlichsten Problemstellungen erwiesen hat. Ein gutes Ergebnis wird man hier aber nur auf der Basis eines gesicherten Leichtbauwissens erzielen können. Kreativität alleine wird gewöhnlich nicht ausreichen, da der gewählte Werkstoff meist eine bestimmte Bauweise vorschreibt und hierdurch wiederum Leichtbaueffekte zum Tragen kommen. Letztlich verlangt dies eine ideale Kombination von theoretischen Grundlagen und praktischer Erfahrung. In den theoretischen Erkenntnissen muss letztlich auch die Übersicht gehören, mit welchen Methoden und Werkzeugen ein Problem anzugehen ist. Dies alles macht das Fachwissen eines „Leichtbauers“ aus, dessen Aufgabe es meist ist, extreme Anforderungen technisch umzusetzen.
12
3 Methoden und Hilfsmittel im Leichtbau
Bild 3.1: Systematische Vorgehensweise des leichtbaugerechten Konstruierens
3.2 Berechnungsmethoden Wie in der anfänglichen Aufstellung ausgewiesen ist, entfällt ein relativ großer Zeitanteil auf die Auslegung der Leichtbauelemente und der Struktur. Später wird offensichtlich werden, dass es sich dabei überwiegend um die Lösung von Differenzialgleichungen oder
3.4 Versuchstechnik
13
Gleichungssystemen für die Schnittgrößen oder die Verformungen handelt. Bei der nachfolgenden prinzipiellen Abarbeitung einiger Teilprobleme werden aus didaktischen Gründen ausschließlich analytische Lösungsverfahren gewählt, um konstruktive Verhaltensweisen transparenter zu machen. Dies ist heute nicht mehr ganz konform zur Praxis, da hier mit der Verbreitung leistungsfähiger Computer der Trend zu numerischen Lösungsverfahren weist. Als unterste Stufe bei der Lösung einfacher elastizitätstheoretischer Differenzialgleichungen kann diesbezüglich die Differenzenmethode oder die Fourier-Analyse angeführt werden. Diese Verfahren finden gewöhnlich ihre Grenze, wenn gleichzeitig komplizierte Geometrien, mehrere Belastungen und reale Randbedingungen auftreten. Prädestiniert für derartige Fälle ist dann die Finite-Element- oder Boundary-Element-Methode /KLE 03/. Unter diesen rein numerischen Verfahren ist die FE-Methode bis heute am universellsten anwendbar und daher auch am verbreitetsten. Der wesentliche Unterschied zur BE-Methode besteht darin, dass die FEM Aussagen über das Innere und den Rand zulässt, während die BEM nur Randaussagen ermöglicht. Eine Darstellung der Arbeitsweisen beider Verfahren würde aber über die Intention dieses Kapitels weit hinausgehen, weshalb nur ein paar grundsätzliche Anmerkungen zur FEM gemacht werden sollen: Die FEM ist eine rechnerorientierte Methode, die softwaretechnisch über einen Vorrat an mechanischen Grundelementen (Balken, Scheibe, Platte, Schale, Volumina), einen Zusammenbau- und einen Lösungsalgorithmus verfügt. •
• • • •
Ein finites Element wird dabei durch seine Steifigkeitsmatrix charakterisiert, zu deren Aufstellung es bestimmter Verformungsannahmen (lineare, quadratische oder kubische usw.) bedarf. Mit diesen Grundelementen wird dann entsprechend dem mechanischen Verhalten eine Struktur nachgebaut, wobei die Elemente über Knoten angebunden sind. In diesem Modell werden weiter die Kräfte eingeleitet und für die Anbindung an die Auflager gesorgt. Letztlich entsteht ein großes lineares Gleichungssystem, welches mittels eines Rechenprogramms numerisch aufgelöst wird. Ergebnis der Berechnung sind die Verformungen der Knoten, die Spannungen und die Auflagerreaktionskräfte.
Der Näherungscharakter der Methode besteht nun in den gewählten Verformungsansätzen, der meist nicht konturgetreuen Approximation der Geometrie und der Numerik des Algorithmus. Trotz dieser Einschränkungen ermöglicht die Methode aber dennoch gute Aussagen, die meist besser sind als analytische Lösungen. Als Beleg hierfür mag das einfache Beispiel von Bild 3.2 dienen, welches in der Realität einen Prüfstand für die Bewegungssimulation von Satelliten darstellt. Das verwendete Material ist nicht rostender Edelstahl und wird während der Prüfung den gleichen Umgebungseinflüssen (extreme Kälte und Wärme, in der Regel -140 °C/+100 °C) wie der Satellit ausgesetzt. Die Dynamik wird quasistatisch erfasst, d. h., es werden in verschiedenen Stellungen Ersatzkräfte aufgebracht und somit die eigentliche Beanspruchung simuliert. Dies ist insofern gerechtfertigt, da die Bewegungen im All relativ langsam erfolgen.
14
3 Methoden und Hilfsmittel im Leichtbau
Bild 3.2: Prüfstandsmodell aus finiten BALKEN- und SCHALEN-Elementen Nachdem die Dimensionierung überarbeitet war, wurde der Prüfstand gebaut und in Betrieb genommen, welches die Möglichkeit gab, einmal Rechnung und Messung vergleichen zu können. An dem ausgezeichneten Knoten 13 wurde beispielsweise die Spannung berechnet zu σ theo = 39,9 MPa, die DMS-Messung ergab σ real ≈ 38 MPa , was einem Fehler von 4,76 % entspricht. Dies ist eine sehr kleine Abweichung; in anderen Fällen wurden Abweichungen bis extrem 13 % gemessen.
3.3 Messtechnik Bei allen theoretischen Methoden der Dimensionierung bleibt oft eine Restunsicherheit bestehen, sodass zur Ergebnisabsicherung meist eine Messung am Modell /HOF 76/ notwendig wird. Da es sich dabei überwiegend um die Bestimmung von Kräften oder Spannungen handelt, kommt hier der Dehnungsmessstreifen-Technik (DMS) maßgebliche Bedeutung zu, weil dazu das Bauteil weder geschädigt noch zerstört werden braucht. Ohne auf die Details dieser Technik näher einzugehen, soll jedoch ausgeführt werden, dass mittels der DMS die Bauteilbeanspruchung selbst nicht gemessen werden kann. Den Messstreifen sind nur die an der Oberfläche auftretenden Verformungen zugänglich, die jedoch im linear elastischen Fall mit dem Beanspruchungszustand auf gesetzmäßige Weise verknüpft sind. Für die Anwendung bedeutet dies, dass die gewöhnlichen Grundlastfälle wie Zug/ Druck, Biegung und Torsion relativ einfach zu analysieren sind. Probleme sind zu erwarten bei überlagerten Beanspruchungen und komplizierten Geometrien. Die Genauigkeit
3.4 Versuchstechnik
15
dieser Messmethode ist letztendlich aber auch durch die zur Umrechnung benutzten Werkstoffkonstanten gegeben, da hiermit die elektrischen Signale in Spannungen umgerechnet werden müssen. Diesbezüglich sind Aussagegenauigkeiten bis maximal 10 % zu erwarten.
3.4 Versuchstechnik Im Zusammenhang mit der Messung ist auch der Versuch zu sehen, der gegebenenfalls zur letzten Absicherung der Auslegung heranzuziehen ist. Die Problematik des Tests ist dabei von der Tatsache begleitet, ob man es oft mit Sonder- oder Serienentwicklungen zu tun hat. Naturgemäß lassen sich die Möglichkeiten der zerstörenden Versuchstechnik bei Sonderentwicklungen nicht ausschöpfen, sodass man hier verstärkt auf die numerische Simulation angewiesen ist. Bei Serienbauteilen liegen hingegen stets viele Probanden vor, sodass zerstörend geprüft werden kann, welches dann ein realistischeres Bild ergibt. Zum Umfang von Versuchsprogrammen sind gewöhnlich die Gewinnung von Werkstoffkennwerten (Spannungs-Dehnungs-Zusammenhang, Bruchzähigkeit etc.) sowie die statische und dynamische Bauteilprüfung (Wöhlerlinien) zu zählen. Die ermittelten Werte dienen einmal der Überprüfung der Annahmen bzw. weiter auch zum Ausbau des Erfahrungsschatzes. Die Praxis des Leichtbaus zeigt immer wieder, dass die anfallenden Prüfungen nach Art und Umfang sehr verschiedenartig sind und auch die Größen der Bauteile vielfach wechseln. Feste Prüfeinrichtungen sind demnach oft unzweckmäßig. Vielmehr haben sich variable Aufspannfelder bewährt, die einen hohen Grad an Variabilität in den Prüfungen zulassen. Im umseitigen Bild 3.3 ist ein Ausschnitt aus dem LbK-Prüflabor mit einigen Apparaturen gezeigt: Werkstoffprüfmaschine für Zug-/Druckversuche, Bruchmechanik-Versuche und Kurzzeit-Schwingfestigkeitsversuche an Standardproben, • Aufspannfeld (Arbeitsbereich: 2,5 x 4,0 m) für dynamische Bauteilprüfungen mit servohydraulischen Zylindern (25 kN, 63 kN, 100 kN, 160 kN, 250 kN und 380 kN) für Mehrstufen-, Random- oder Nachfahrversuche und • Aufspannfeld (Arbeitsbereich: 4,0 x 6,0 m) für statische bzw. quasi-dynamische Bauteilprüfungen (bis 300 kN) von Großstrukturen*). •
Alle hiermit durchgeführten Versuche müssen in ihrem Ablauf gesteuert und ausgewertet werden, wozu noch Prozessrechner sowie Steuerungs- und Auswertesoftware (z. B. LABTRONIC) erforderlich sind. Dies alles zusammen ermöglicht erst Leichtbaukonstruktionen sicher und zuverlässig für den praktischen Einsatz auszulegen.
*)
Anmerkung: z. B. nach DIN ISO 3471: Überrollschutzaufbauten oder nach internationalen Prüfungen (ROPS) gemäß pr EN 500-1
16
3 Methoden und Hilfsmittel im Leichtbau
Bild 3.3: Prüfeinrichtungen des Laboratoriums für Leichtbau-Konstruktion an der Universität Kassel vorne links: Werkstoff-Prüfmaschine Mitte links: Aufspannfeld für dynamische Prüfungen oben rechts: Aufspannfeld für statische Prüfungen
17
4 Leichtbauweisen Eine der ersten konzeptionellen Schritte ist für die konstruktive Ausbildung einer Leichtbaukonstruktion die Wahl der Bauform /NN 69/. Diese wird im Allgemeinen bestimmt durch die Anwendung, die Kosten, • die Reparaturforderungen, • die Sicherheitsanforderungen und • die Möglichkeiten der Fertigung. • •
Ein typisches Beispiel hierfür gibt der Karosseriebau, wo für ein Verkehrsfahrzeug entweder eine quasi differenzielle Space-Frame-Lösung oder eine mehr integrativere Schalenlösung festgelegt werden muss.
4.1 Differenzialbauweise Das differenzielle Prinzip zählt zu den klassischen konstruktiven Aufbautechniken /BAU 72/, bei dem alle Einzelteile additiv*) verbunden werden. Gewöhnlich wird dies im Blechleichtbau (s. Bild 4.1) durch überlappendes Nieten, Kleben oder Schweißen durchgeführt.
Bild 4.1: Differenzial- und Integralbauweise bei einer Kabinenbodenstruktur eines Verkehrsflugzeuges, Realisierung als Multi-Verbindungslösung bzw. als einstückige Strangpresslösung
*)
Anmerkung: Nach der EU-Altauto-Richtlinie müssen ab 1.1.2006 mindestens 85 % des Fahrzeuggewichts verwertet werden; ab 2015 steigt diese Quote auf 95 %. Ab 2005 müssen Autos so konstruiert werden, dass eine Werkstofftrennung möglich ist.
18
4 Leichtbauweisen
Das angehäufte Verbindungsgewicht (Überlappungen) steht natürlich dem Bestreben, ein Minimalgewicht erreichen zu wollen, entgegen. Als vorteilhaft kann allgemein angesehen werden, dass hierdurch die Kombination /AUT 85/ unterschiedlicher Werkstoffe, ein späteres Recycling sowie eine partielle Reparatur möglich sind. Weiterhin weist eine Differenzialbauweise gute fail-safe-Qualitäten (dynamisches Sicherheitsverhalten) auf, da die vorhandenen Löcher und Querschnittsübergänge als Rissfallen oder Rissbremsen wirken. Probleme können jedoch die Kerbwirkung und gegebenenfalls das Korrosionsverhalten aufwerfen.
4.2 Integralbauweise Beim integrativen Prinzip wird eine absolute Minimierung der strukturbildenden Einzelteile angestrebt. Dies erreicht man durch das Konzept der Einstückigkeit (s. Bild 4.1, z. B. Catchpole-Platte). Heute wird dieses Prinzip teils so weit getrieben, dass auch Funktionen (z. B. Lagerstellen, Zwischengelenke etc.) über die Formgebung realisiert werden. Seitens der Erreichung des Minimalgewichts weist also die Integralbauweise den richtigen Weg. Dem gegenüber sind als Nachteile der stets gleichartige Materialeinsatz, die oft höheren Werkstoff- und Werkzeugkosten sowie das katastrophale Schädigungsverhalten anzuführen. Meist kann eine derart homogen gestaltete Struktur dem Durchwandern von Rissen keinen wirksamen Widerstand entgegensetzen.
4.3 Integrierende Bauweise Vor dem Hintergrund des Schädigungsverhaltens und der Notwendigkeit der Reparatur, Austauschbarkeit oder Recyclings gilt es, die Integration sinnvoll zu begrenzen. Unter Beibehaltung des Grundansatzes versucht man deshalb, zu Teilintegrationen gemäß Bild 4.2 zu gelangen.
Bild 4.2: Prinzip der integrierenden Bauweise mit definierter Schnittstelle
4.4 Verbundbauweise
19
Die Vorteilhaftigkeit dieses integrierenden Prinzips ist somit darin zu sehen, dass jeweils die positiven Merkmale der Addition und Integration lokal genutzt werden können. Damit kann es gelingen, alle Probleme bezüglich der Kerben, Korrosion und Rissausbreitung wirksam einzugrenzen.
4.4 Verbundbauweise Die reinen Faserverbundkonstruktionen stellen den klassischen Fall von hochintegrativen Bauweisen dar. Meist lässt sich dies im Maschinen- und Fahrzeugbau nicht so konsequent realisieren, weil eine „metallische Umgebung“ vorhanden ist. Hier besteht dann das Ziel, möglichst geschickt einzupassen.
Bild 4.3: Grundprinzipien der Verbundbauweise a) Sandwich-Konstruktion b) Faserverbund/Metall-Konstruktion Beispiele hierfür geben die Sandwich- und die Faserverbund-Konstruktionen nach Bild 4.3. Die Probleme liegen hier in der Fertigung, in den Krafteinleitungsstellen und gegebenenfalls in den Fügungen, sodass Verbundbauweisen gewöhnlich aufwändig sind. Anwendungen haben Verbundbauweisen vor allem im Flugzeugbau gefunden. Kombinationen aus Al-Profilen mit Faserplatten (insbesondere ARALL mit AFK) sind beispielsweise im Airbus schon Stand der Technik. Im Fahrzeugbau verspricht man sich vor allem durch Mischaufbauten von Blechprofilen belegt mit Fasersträngen in Harzeinbettung ein großes Potenzial. Versuche im Alltagsbetrieb laufen derzeit bei kleinen Transportern. Im Bild 4.4 sind einige Entwürfe von Verbundträgern gezeigt, die als Prototyp für Rahmenaufbauten von Nutzfahrzeugen hergestellt wurden. Der Mechanismus soll darin bestehen, dass unter Biege- oder Torsionsbelastung die äußeren Randfasern mit ihrer höheren Tragfähigkeit bzw. Steifigkeit angesprochen werden. Ziel ist meist die Verringerung von Verformungen bei deutlich gesteigerter Tragfähigkeit. In der Kombination Al mit CFK können somit erhebliche Nutzlaststeigerungen realisiert werden.
20
4 Leichtbauweisen
St
walzplatiert
Al Mb
laminiert
CFK Al Mb
x
Al St laserwalzplatiert bzw. gelötet mit Zusatzwerkstoff
Bild 4.4: Verbundaufbauten von Blechprofilen für Nfz-Rahmenstrukturen
4.5 Vollwand- und Schalensysteme Eine ausschließliche Charakterisierung über die funktionellen Eigenschaften ist im Normalfall für große Strukturen wie Karosserien oder Aufbauten von Nutzfahrzeugen nicht ausreichend. Meist ist eine weitere Differenzierung in die Trageigenschaften (Steifigkeit, Eigenfrequenzen) erforderlich. Am Beispiel der Entwicklungsstufen von Flugzeugrümpfen (s. Bild 4.5) sollen einige prinzipielle Systemlösungen /SCH 58/ herausgestellt werden. Analogien dazu findet man auch im Schiffbau oder bei Reisezugwagen, die ähnliche Entwicklungsstufen durchlaufen haben. Zielsetzung ist hierbei ein funktionaler Kompromiss zum wirtschaftlichen Gewichtsminimum.
21
4.5 Vollwand- und Schalensysteme
a) Knoten +F
Verkleidung
-F
Verkleidung Fachwerk
b)
Profile
+F
Mt
-F
c)
Gurt
q Spanten
nx Stringer Bild 4.5: Schematische Darstellung eines Flugzeugrumpfes a) in Fachwerk-Bauweise, die Verkleidung trägt hierbei nicht b) als Vollwandsystem, die Verkleidung trägt vorwiegend auf Schub c) als Schalensystem, die Verkleidung kann Normal- und Schubkräfte abtragen Als frühe Konstruktionslösung kann der Aufbau als Fachwerkprinzip gelten. Hier lag eine klare Aufgabenteilung zwischen Tragen und Verkleiden vor. Die Fachwerkstruktur war kraftführend, während die Blech-Oberfläche kräftefrei war. Diese Ausführung zeigt typische differenzielle Merkmale mit allen Vor- und Nachteilen. Bei Nutzfahrzeugen (Kleinlaster, Omnibusse) mit kleineren Stückzahlen werden derartige Aufbauten auch heute noch eingesetzt. Als Folgeentwicklung ist die Vollwand-Bauweise entstanden, bei der die Funktionen Tragen und Verkleiden verknüpft sind. Kennzeichnend für ein Vollwandsystem ist eine aus Blechwänden und massiven Einzelgurten aufgebaute Konstruktion, bei der die Tragfunktion so aufgespalten ist, dass die Bleche vorwiegend Schubflüsse (aus Querkräfte) abtragen bzw. die Gurte konzentrierte Einzelkräfte und Biegung aufnehmen.
22
4 Leichtbauweisen
Hiermit verglichen ist eine Schalenkonstruktion feingliedriger aufgebaut. Die eingebrachten Stringer und Spanten bestehen aus relativ dünnwandigen Profilen, wodurch eine weitestgehend stetige Verteilung der Kräfte in der Gesamtstruktur erreicht wird. Die Profile übertragen somit Schub- und Normalkraftflüsse (s. Kap. 9) und leiten diese in die Blechverkleidung ab. Um dies auch sicherzustellen, sind meist besondere Ein- und Ableitungskonstruktionen für die Kräfte notwendig.
23
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl Das Spektrum der im modernen Leichtbau zum Einsatz kommenden Werkstoffe ist mittlerweile sehr groß. Traditionell wurden immer hochfeste Stähle und Aluminiumlegierungen eingesetzt. Mit den gewachsenen Anforderungen haben aber auch Magnesium- und Titanlegierungen Bedeutung erlangt. Derzeit werden gerade große Anstrengungen unternommen, mit Verbundwerkstoffen neue Anwendungen zu erschließen. Um insgesamt zu einem zweckgerechten Werkstoffeinsatz zu kommen, bedarf es eines frühzeitigen Überblicks über die Ausnutzbarkeit der verschiedenen Werkstoffe. Hierzu müssen quantifizierende Größen und Auswahlkriterien definiert werden.
5.1 Eigenschaftsgrößen Zu den wesentlichen Eigenschaften der Werkstoffe bezüglich eines Einsatzes in belasteten Konstruktionen /GÜR 58/ sind zu zählen: − die physikalischen Größen Dichte ρ=
m kg / dm3 , V
(5.1)
lineare Wärmeausdehnung
α=
ΔL [1 / K ] , L 0 ⋅ ΔT
(5.2)
Wärmeleitfähigkeit λ[W / (m ⋅ K )] sowie − die mechanischen Größen Auslegespannung (R m , R eH , R p0,2 ) , Elastizitätsmodul (E), Querkontraktion (ν) und Bruchzähigkeit (K Ic ) . Mit diesen Größen kann dann eine Einsatz- und Gewichtswertung sowie weiter eine Strukturberechnung durchgeführt werden.
5.2 Linear elastische Kenngrößen Im Vordergrund sollen jetzt die für eine Bauteilauslegung besonders relevanten mechanischen Eigenschaften stehen. Hierunter sind vor allem die im Zugversuch (DIN EN 10002-1) aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm ableitbaren Größen zu verstehen. Unter Heranziehung von Bild 5.1 sind diese folgendermaßen charakterisiert:
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl
24 Rm
wahr
σ
σ
a) weicher Stahl Rm
b) hochfeste Al-Legierung
Rp0,2
Rp R ReL eH arc tan E εel
εΒ
εg ε
0,2 %
ε
Bild 5.1: Aus dem Zugversuch ermittelte Spannungs-Dehnungs-Diagramme − Bis zur Proportionalitätsgrenze Rp liegt gemäß dem bekannten Hooke’schen Gesetz (Robert Hooke, 1635-1703) ein linearer Zusammenhang zwischen der Spannung und der reversiblen elastischen Dehnung (ε el ∼ σ) vor. Das Hooke’sche Gesetz für Normalspannungen /MER 00/ ist definiert zu ε = α⋅σ
(5.3)
mit der Dehnzahl α. Gewöhnlich wird statt der Dehnzahl ihr Reziprokwert, der so genannte Elastizitätsmodul E, eingesetzt. Damit lautet das Hooke’sche Gesetz: σ = E⋅ε.
− Ab den Streckgrenzen R eL , R eH fängt ein Werkstoff an überproportional zu fließen. Liegt insgesamt nichtlineares Werkstoffverhalten vor, so müssen für eine Beschreibung Ersatzgrößen wie die technische Elastizitätsgrenze R p0,1 für 0,01 % Referenzdehnung oder die 0,2 % Dehngrenze R p0,2 für 0,2 % Referenzdehnung definiert werden. − Weiter ist die Zugfestigkeit R m als maximal aufnehmbare Spannung bezogen auf den Ausgangsquerschnitt A o der Probe (Cauchy-Spannung) von Bedeutung. Wichtiger ist hiergegen die wahre ausnutzbare Spannung R m wahr , bis zu der ein Bauteil örtlich beansprucht werden kann. Unter der Annahme von Volumenkonstanz ( A o ⋅ L o = A ⋅ L ) ergibt sich die Piola-Kirchhoff-Spannung zu σ wahr ( ε ) = σ (1 + ε ) , wozu auch die wahre Dehnung gehört:
ε wahr = "n (1 + ε ) .
25
5.2 Linear elastische Kenngrößen − Im Zusammenhang damit steht die Bruchdehnung ( ε B , A ) gemäß der Definition A=
ΔL ⋅ 100 % L0
(5.4)
als größte Verlängerung. Da der angegebene Wert vom Verhältnis Messlänge zu Querschnitt abhängt, muss die nähere Spezifizierung (s. DIN EN 10002-1) durch die Angabe A (früher A 5 ) oder A 11, 3 (früher A 10 ) erfolgen mit L 0 = ( 5 − 10 ) ⋅ d 0 (Rundquerschnitt), L 0 = ( 5 − 10 ) ⋅ 1,13 ⋅ A 0 (Rechteckquerschnitt). Des Weiteren ist manchmal noch von Bedeutung: − das Streckgrenzenverhältnis R eH /R m als ein Maß für die Sprödbruch-Empfindlichkeit eines Werkstoffs, − der Schubmodul G als Widerstandsmaß gegen Gleitung, welcher insbesondere bei isotropen Werkstoffen über G=
E 2 (1 + ν )
(5.5)
mit dem E-Modul*) verknüpft ist, und − die Querkontraktion ν =
εq εL
(Poisson’sche Zahl) als richtungsabhängige Volumenände-
rung eines Werkstoffs. Bei vielen Dimensionierungen spielen auch zeitabhängige Größen eine Rolle, z. B. gehören dazu − die Zeitdehngrenze σ1/100000 bzw. die Zeitbruchgrenze σ B/100000 für Werkstoffe, die nach 100.000 Stunden Belastungszeit zu 1 % bleibende Kriechdehnung oder zum Bruch führen, oder *)
Anmerkung: E-Moduli verschiedener Werkstoffe E C 15 = 204 GPa ,
E 41Cr4 = 203 GPa ,
E AlMgSi = 69 GPa ,
E C 35 = 202 GPa ,
E X12 CrNi 188 = 191 GPa ,
E G - AlSi = 75 GPa ,
E C 60 = 200 GPa ,
E AlCuMg = 70 GPa ,
E MgAl 7 = 43 GPa
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl
26
− die Dauerfestigkeit σ A als die unter Schwingbeanspruchung beliebig lang ertragbare Spannungsamplitude. In den meisten Fällen reichen diese Kennwerte zur Abschätzung eines Werkstoffeinsatzes aus. Unter besonderen Bedingungen, wie beispielsweise Rissbruchgefahr, gilt es, mit der Bruchzähigkeit ( K c , K Ic ) gegebenenfalls auch andere Bewertungsgrößen heranzuziehen.
5.3 Nichtlinear elastische Kenngrößen In der Praxis kommt es oft vor, dass bei hoch ausgelasteten Leichtbauwerkstoffen der lineare Bereich des Spannungs-Dehnungsgesetzes überschritten wird und der Werkstoff großflächig oder zumindest partiell fließt. Im Bild 5.2 ist ein typischer nichtlinearer Verlauf /KAN 63/ dargestellt, so wie er bei hochfesten Stählen oder Aluminium und Magnesium vorkommt.
σ
β Rp,2
Φ ψ α ε0,2
ε
Bild 5.2: Maßgebende Steifigkeitskenngrößen bei stark nichtlinear ausgeprägtem Werkstoffverhalten
Im Einzelnen können in dem σ-ε-Diagramm definiert werden: − der Elastizitätsmodul E − der Plastizitätsmodul Φ − der Sekantenmodul E S − der Tangentenmodul E T
= tan α, = tan Φ, = tan ψ, = tan ß.
(5.6)
Insbesondere haben E und E T eine wichtige Bedeutung bei Instabilitätsbetrachtungen (siehe hierzu Kapitel 18). Zur Quantifizierung von beliebigen nichtlinearen Verläufen von Spannungs-Dehnungskurven wird in der Praxis vielfach noch die Approximation von Ramberg-Osgood /ÖRY 83/ benutzt. Im umseitigen Bild 5.3 ist die prinzipielle Vorgehensweise für metallische Leichtbauwerkstoffe mit ihren Bezugspunkten exemplarisch dargestellt.
27
5.3 Nichtlinear elastische Kenngrößen
σ
σ
β Rp0,2 mit E 0 , 7 = 0 , 7 ⋅ E
R0,7
E 0 , 85 = 0 , 85 ⋅ E
R0,85 (E) (E0,85) (E0,7)
ψ α
ε
ε
Bild 5.3: Analyse von verfestigenden Spannungs-Dehnungs-Verläufen nach RambergOsgood Die maßgebliche Gleichung stellt den Zusammenhang zwischen der Spannung und der Dehnung her als
− Dehnungsmaß: ε =
nº R 0, 7 ª σ 3§ σ · » « ¸¸ , + ¨¨ E « R 0, 7 7 © R 0 , 7 ¹ » ¼ ¬
− Ersatzstreckgrenze:
R p 0,2 = ( 4 , 66 ⋅ 10
− Tangentenmodul:
ET = E
− Sekantenmodul:
ES = E
−3
1 ⋅ E) n
1 §3 · § σ · ¸ 1 + ¨ ⋅ n ¸ ¨¨ © 7 ¹ © R 0, 7 ¸¹ 1 3§ σ · ¸ 1 + ¨¨ 7 © R 0, 7 ¸¹
n −1
(5.7)
n −1
R 0, 7
n −1 2
,
,
.
(5.8) (5.9)
(5.10)
In die Gleichung geht noch ein Exponent (n > 1) ein, der die Anpassung steuert: § 17 · ln ¨ ¸ © 7¹ . − Approximationsexperiment: n = 1 + § R 0,7 · ¸¸ ln ¨¨ © R 0,85 ¹
(5.11)
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl
28
Die Anwendung dieser Formeln ist im nachfolgenden Bild 5.4 beispielhaft bei der Charakterisierung eines hochfesten Stahls für den Einsatz im Hochtemperaturbereich (z. B. Turbinenschaufeln) gezeigt.
σ [MPa]
3000
Rp0,2
2800
R0,85
R0,7
2600 2400 2200 2000 gemessen: σF = 2370 MPa Rp0,2 = 2750 MPa Rm = 2780 MPa εB = 2 % x---x Verlauf nach Ramberg-Osgood 1000
Rp0,2 = 2745 MPa, R0,7 = 2770 MPa, R 0 , 85 = 2750 MPa
800 600 400 200 0.2 0.4
0.4
1.2
1.6
2.0
2.4 ε [ % ]
Bild 5.4: Approximation nach Ramberg-Osgood /6/ für Maraging-Stahl X2NiCoMo 18 12 4
5.4 Belastungseigenschaften In Hybridkonstruktionen, geschichteten Verbänden oder Faserverbund-Konstruktionen müssen die elastischen Kenngrößen der zusammenwirkenden Werkstoffe besonders sorgfältig aufeinander abgestimmt werden. Als Beispiel hierfür können unidirektionale Faserverbünde (Bild 5.5) unter einachsiger Zugbelastung angeführt werden, bei denen das Tragvermögen besonders transparent darstellbar ist. Nach der klassischen Laminattheorie sind dann Fasern und Matrix sehr unterschiedlich an der Lastübertragung beteiligt: − Hohe Ausnutzung verlangt dabei, dass die Bruchdehnung der Matrix größer ist als die Bruchdehnung der Faser: ε BM ≥ ε BF .
29
5.4 Belastungseigenschaften
− In der Regel ist der E-Modul der Faser viel größer als der E-Modul der Matrix E F >> E M . Die Fasern ziehen somit als steifere Schicht die Belastung auf sich. − Infolge geringerer Verformungsfähigkeit sind aber die Fasern bruchgefährdet. Faserbruch zieht jedoch das Versagen des Laminats nach sich. − Durch das Laminat bilden sich je nach Schnittrichtung Faser und Matrix einmal eine Parallelschaltung (⏐⏐) und einmal eine Reihenschaltung (⏐).
y x σM
z Nx
σF F M
Bild 5.5: Unidirektionales Schichtelement (UD-ES) unter reiner Normalbeanspruchung (F = Faser, M = Matrix, φ F = Faservolumenanteil)
Aus dem Gleichgewicht in Faserrichtung folgt σ ⏐⏐ ⋅ A = σ F ⋅ A F + σ M ⋅ A M ,
(5.12)
bzw. mit Berücksichtigung der geometrischen Bedingung ε⏐⏐ = ε F = ε M und den linear elastischen Stoffgesetzen σF = E F ⋅ εF ,
σM = E M ⋅ εM
bestimmt sich
E ⏐⏐ ⋅ ε ⏐⏐ ⋅ A = (E F ⋅ A F + E M ⋅ A M ) ⋅ ε ⏐⏐ A A E ⏐⏐ = E F ⋅ F + E M ⋅ M = φ F ⋅ E F + (1 − φ F ) ⋅ E M . A A
(5.13)
Das heißt, es wird ein aus Faser und Matrix „gemischter“ Elastizitätsmodul E ⏐⏐ = E m wirken. Nach /ÖRY 83/ lässt sich die Festigkeit von faserartigen Verbünden in etwa abschätzen zu
E R zB m ≈ R zB F ⋅ m . EF
(5.14)
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl
30 Damit kann ein Traglastverhältnis zu ηT =
R zB m R zB F
≈ φF
(5.15)
definiert werden, woraus folgt, dass die Ausnutzung proportional zum Faservolumen (ca. 50-55 %) ist.
5.5 Bezogene Werkstoffeigenschaften Im Leichtbau ist es üblich, die mechanischen Eigenschaftswerte eines Werkstoffs auf die Dichte zu beziehen, um verschiedene Wertungen /MEN 60/ durchführen zu können. 5.5.1
Spezifisches Volumen '
§1· 1 bzw. ¨¨ ¸¸ , mit der unabhängig von elastomechani( g ⋅ ρ) ©ρ¹ schen Eigenschaften das eingenommene Volumen eines Bauteils charakterisiert werden kann.
Die einfachste Kenngröße ist
5.5.2
Spezifische Steifigkeit
E G eine bezogene Längssteifigkeitskenngröße bzw. mit ( g ⋅ ρ) ( g ⋅ ρ) eine bezogene Schubsteifigkeit definiert werden. Diese sind ein Maß für die eintretende Deformation.
Entsprechend kann mit
5.5.3
Stabilitätswiderstand
3 E E wird weiter die Knickstabilität von Stäben bzw. mit die Biegesteifigkeit (g ⋅ ρ) ( g ⋅ ρ) von Balken und die Beulstabilität von Platten charakterisiert.
Mit
5.5.4
Reißlänge
Rm ausgedrückt. Es quantifiziert demgemäß, bei ( g ⋅ ρ) welcher Länge ein aufgehängter Faden unter Eigengewicht reißt und kann somit zur Bewertung des Zugbeanspruchungszustandes herangezogen werden.
Mit Reißlänge wird das Verhältnis
31
5.6 Gütekennzahlen 5.5.5
Werkstoffwertung
Im Bild 5.6 ist eine Kenngrößenauswertung für einige Leichtbauwerkstoffe vorgenommen worden. Je größer hierin der Zahlenwert des spezifischen Volumens wird, umso größer ist auch das eingenommene Volumen. Die Höhe des Zahlenwertes bei der spezifischen Steifigkeit ist danach ein Maß für den Widerstand gegen Verformbarkeit bzw. bei der Reißlänge ein Maß für die festigkeitsmäßige Ausnutzbarkeit unter reiner Zugbeanspruchung.
Werkstoff
ª kg º » ¬ dm 3 ¼
ρ«
E [MPa]
R m [MPa ]
1 ª dm 3 º « » ρ ¬« kg ¼»
E [km] (g ⋅ ρ)
Rm [km] (g ⋅ ρ )
Stahl-Legierung
7,85
210.000
700
0,1274
2.675,16
8,92
Al-Legierung
2,70
70.000
400
0,3700
2.592,60
14,80
Mg-Legierung
1,74
45.000
300
0,5750
2.586,07
17,24
Ti-Legierung
4,50
110.000
1.000
0,222
2.444,44
22,22
PA 6 (trocken)
1,15
2.500
80
0,8690
217,40
6,96
GFK-UD (50 %)
2,25
39.000
1.150
0,4444
1.766,90
52,10
CFK-UD (50 %)
1,50
120.000
1.700
0,6667
8.155,88
115,53
AFK-UD (50 %)
1,32
31.000
1.250
0,7576
2.393,97
96,53
Holz
0,50
12.000
100
2,0000
2.400,00
20,00
Beryllium
1,85
245.000
400
0,54
13.243,24
21,62
Lithium
0,53
12.000
180
1,89
22.641,51
33,96
Bild 5.6: Wertung typischer Konstruktionswerkstoffe unter Zugbeanspruchung mit gemittelten Spezifikationswerten
5.6 Gütekennzahlen Als Ergänzung zu den vorstehenden Bewertungsmöglichkeiten kann man die Gütekennzahlen /CON 77/ ansehen. Im umseitigen Bild 5.7 ist eine Zusammenstellung der in der Praxis gebräuchlichen Gütekennzahlen zu unterschiedlichen Beanspruchungsarten gegeben. Des Weiteren ist eine Normierung auf Aluminium-Legierungen vorgenommen worden, was vielfach den Vergleich relativierbarer macht. Eine normierte Gütekennzahl*) gibt demgemäß an, um wie viel leichter (oder schwerer) eine geometrisch ähnliche Konstruktion aus dem betrachteten Werkstoff ist, verglichen mit jener aus dem gewählten Bezugswerkstoff. So wäre nach der Tabelle die auf statische Zugfestig*)
Anmerkung: Werte in der Tabelle > 1 heißen „leichter“, < 1 heißen „schwerer“.
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl
32
keit ausgelegte Verstrebung eines Flugzeugflügels aus GFK um den Faktor 7,65-mal leichter als aus einer Al-Legierung. Bei Auslegung auf die gleiche Längssteifigkeit wäre sie aber nur noch 0,67-mal so leicht, also 1,49-mal schwerer. Insofern erlaubt die Tabelle eine sehr gute Zuordnung von Werkstoffen zu bestimmten Beanspruchungscharakteristika und dient einer schnellen Vorauswahl.
Eigenschaften bezüglich stat. Festigkeit - Zug, Druck
Gütekennzahl HOLZ Mg- Al- Ti- STAHL GFK CFK AFK Leg. Leg. Leg.
[R m / (g ⋅ ȡ )]
1,35
1,16
1
1,50
0,60
7,65
3,45
6,39
Längssteifigkeit - Zug, Druck
[E/ (g ⋅ ȡ )]
0,93
1,00
1
0,94
1,03
0,67
3,09
0,91
Schubsteifigkeit - Torsion
[G/ (g ⋅ ȡ )]
-
1,06
1
0,93
1,06
0,32
1,11
0,15
Knicksteifigkeit von Stäben
[
]
0,96
1,00
1
0,97
1,02
0,82
1,76
0,95
Beulsteifigkeit und Biegesteifigkeit von Platten
[3 E /(g ⋅ ρ) ]
0,97
1,00
1
0,98
1,01
0,87
1,46
0,97
elastisches Arbeitsaufnahmevermögen
2º ªR p0, 2 « » « E » ¬ ¼
0,47
1,55
1
4,54
2,08
9,14
2,29
19,78
Schlagzähigkeit
[A]
0,20
2,50
1
1,50
2,50
0,75
0,20
0,20
[σ bw /(g ⋅ ȡ )]
1,20
1,20
1
2,20
1,30
1,70
2,80
3,20
Schwingfestigkeit R = -1 N = 10
6
E / (g ⋅ ρ )
Bild 5.7: Gütekennzahlen zur Beurteilung der Leichtbaueignung einiger typischer Konstruktionswerkstoffe normiert auf Aluminium
5.7 Leichtbaukennzahlen Gemäß dem Wunsch, die tatsächlichen Belastungsverhältnisse noch besser erfassen zu können, hat man die Leichtbaukennzahl kreiert. Sie stellt das Verhältnis zwischen der Gesamtlast FG , die eine Tragkonstruktion aufnehmen kann, zur Eigenlast FE der unbelasteten Konstruktion dar. Insofern ist anzusetzen: F LBK = G . FE
(5.16)
33
5.7 Leichtbaukennzahlen
Je größer der Zahlenwert von LBK wird, umso geeigneter ist der gewählte Werkstoff bei dem vorliegenden Belastungsfall für eine Leichtbaukonstruktion. Für die drei häufig vorkommenden Belastungsfälle Zug, Biegung und Knickung soll im Folgenden die Bestimmung der Leichtbauzahl kurz gezeigt werden: − Die Leichtbaukennzahl für Zug ergibt sich aus der Festigkeitsbedingung σ vorh =
FG A
≤ R p 0 , 2 / eH
(5.17)
und der Eigenlast des Zugstabes FE = ρ . g . A . L .
Gemäß Definition folgt daraus LBK z =
FG FE
=
R p 0 , 2 / eH ⋅ A ρ⋅g⋅A ⋅ L
=
R p 0 , 2 / eH
(5.18)
( ρ ⋅ g) ⋅ L
Im Bild 5.8 ist dazu die Bewertung eines Zugstabes für einige alternative Werkstoffe gegeben.
Definition: Leichtbaukennzahl für Zugfall LBK z =
Werkstoff St 52-3 (S 355 JO) AlCuMg 1 F 38 MgAl 6 Zn Q StE 460 (S 460 NL) TiCr 5 Al 3 GFK ΙΙ (0.55) CFK# (0.55)
[
ρ kg/dm 3 7,85 2,70 1,74 7,85 4,50 1,95 1,40
]
R p0,2 / eH
(ρ ⋅ g ) ⋅ L
R p0,2 / eH [MPa ]
LBK z für L = 1.000
355 240 220 460 700 900 1.100
4.609,88 9.061,05 12.888,56 5.973,37 15.856,84 47.047,75 80.093,20
Bild 5.8: Leichtbaukenngrößen für ein Bauteil unter Zugbeanspruchung
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl
34
− Bei der Aufstellung der Leichtbaukennzahl für Biegung muss der Lagerungsfall mit eingearbeitet werden. Danach kann man für den Balken auf zwei Stützen mit dem Gesamttragmoment bzw. -kraft ansetzen M =
R p 0,2 / eH ⋅ J e
F ⋅L = G , 4
durch Umstellen erhält man FG =
4 R p0,2 / eH ⋅ J ⋅ . L e
Wird beispielsweise ein Rechteckquerschnitt zugrunde gelegt, so wird das Flächenträgheitsmoment J=
A ⋅ h2 12
und die Leichtbaukennzahl somit LBK b( 2) =
R p0,2 / eH 2 . ⋅ 3 (ρ ⋅ g) ⋅ L2 / h
(5.19)
Für den Kragbalken erhält man dagegen mit dem Tragmoment M =
R p 0 , 2 / eH ⋅ J e
= FG ⋅ L
und somit FG =
1 R p0,2 / eH ⋅ J ⋅ . L e
Für die Leichtbaukennzahl findet sich so LBK b ( 1 ) =
R p 0 , 2 / eH 1 ⋅ . 6 ( ρ ⋅ g ) ⋅ L2 / h
(5.20)
Eine typische Auswertung dieses Falles zeigt weiter das nachfolgende Bild 5.9. Auch hier gilt wieder, dass durch die absolute Größe des Zahlenwertes die Vorteilhaftigkeit einer speziellen Werkstoffwahl für den Leichtbau ausgedrückt wird.
35
5.7 Leichtbaukennzahlen
L A, ρ
FG
Definition: Leichtbaukennzahl für Biegefall LBK b =
FE
[
ρ kg/dm 3
Werkstoff
]
R p0,2/eH 6 ⋅ (ρ ⋅ g ) ⋅ L2 / h
R p0,2/eH [MPa ]
LBK b für
L2 = 1.000 h
St 52-3 (S 355 JO)
7,85
355
768,31
AlCuMg 1 F 38
2,70
240
1.510,17
MgAl 6 Zn
1,74
220
2.148,09
Q StE 460 (S 460 NL)
7,85
460
995,56
TiCr 5 Al 3
4,50
700
2.642,81
GFK ΙΙ (0,55)
1,95
900
6.970,04
CFK# (0,55)
1,40
1.100
13.348,87
Bild 5.9: Leichtbaukenngrößen für ein Bauteil unter Biegebeanspruchung − In Analogie zur Bewertung einzelner Strukturelemente kann auch für ganze Strukturen eine Leichtbaukennzahl definiert werden. Bei Karosserien oder großen Karosseriebauteilen (Türen, Klappen etc.) verwendet man hier eine Leichtbaugüte, beispielsweise für die Torsionssteifigkeit LT =
m RK cT ⋅ A
mit c T = Torsionssteifigkeit
(5.21)
A = projizierte Fläche Dies drückt das Verhältnis der Masse der Rohkarosserie zur Torsionssteifigkeit und zum Raumbedarf aus. Ziel ist es, einen möglichst kleinen Wert für die Leichtbaugüte zu erreichen, welches exemplarisch im Bild 5.10 über mehrere Karosserie- bzw. Fahrzeuggenerationen sichtbar wird. Eine Leichtbaugüte kann natürlich auch für die Absenkbiegung einer Pkw-Türe definiert werden zu: L AB =
m Türe . c AB ⋅ A Projektion
(5.22)
5 Kriterien für die Werkstoffauswahl
36
mRK LT [10−3 kg $ /Nm 3 ] 9
8,13
8 7
Fu nkt ion al
er
6 4,65
5
Le ic h tb a u( Sta h
A l)
4 3
2,44
2 1 ab 1981
ab 1987
ab 1996
Bild 5.10: Leichtbaugüte für Karosserie 3er BMW Vielfach wird auch ein Bezug zur Eigenfrequenz ω2 = c/m gewünscht, womit sich dann LT =
1 2
ω ⋅A
(5.23)
ergibt.
5.8 Gesichtspunkte für die Werkstoffauswahl Der Erfolg einer Leichtbaukonstruktion hängt somit zu einem großen Teil von der richtigen Wahl des Werkstoffs ab. Diesbezüglich sind vorhergehend die Hauptkriterien zusammengetragen worden. In diesem Sinne lässt sich feststellen, dass der Leichtbau durch ganz bestimmte Werkstoffeigenschaften begünstigt wird, wie: 1. Niedrige Dichte ρ 2. Gute Festigkeitseigenschaften, wie hohe Fließgrenze R eH , hohe Bruchfestigkeit R m , bei ausreichender Dehnung A 3. Hoher Elastizitätsmodul E
37
5.8 Gesichtspunkte für die Werkstoffauswahl 4. Gute Fail-Safe-Qualitäten, d. h. hohe Dauerfestigkeit σ A , und hohe Bruchzähigkeitswerte K Ic bzw. K c
5. Weitestgende Temperaturbeständigkeit der mechanischen Kennwerte (bei Plus- und Minustemperaturen) 6. Niedriger Wärmeausdehnungskoeffizient α 7. Leichte Formbarkeit durch Kalt- und Warmformgebungsverfahren 8. Gute Schweißbarkeit und
mech. Werte
9. Akzeptabler Kilopreis für eine Anwendung
T0 = 20 ° C T1 = 160 ° C
0
20
40
60 φ F %
Bild 5.11: Tendenzielle Abhängigkeit der Festigkeit bzw. des E-Moduls vom Faseranteil und der Einsatztemperatur Die Summe dieser positiven Eigenschaften ist bei keinem natürlichen Werkstoff so ideal anzutreffen, weshalb in der Auswahl oft Kompromisse eingegangen werden müssen. In der Tendenz neigt daher die moderne Bauweisenentwicklung zu synthetischen Werkstoffen (d. h. Werkstoffverbünde), bei denen bestimmte Eigenschaften gezielt gezüchtet werden können. Wesentliche Effekte, nämlich die Anhebung der Festigkeitswerte und des E-Moduls /KLE 85/, erreicht man durch gezielte Einlagerung von festeren Werkstoffen (Fasern, Kugeln etc.), wodurch sich fast alle Leistungsgrenzen von Werkstoffen (Festigkeit und E-Modul) anheben lassen.
38
6 Leichtbauwerkstoffe Im Leichtbau gilt die Philosophie, immer den richtigen Werkstoff für den richtigen Anwendungsfall (Multi-Material-Design). Dies setzt voraus, dass der Leichtbauer einen breiten Überblick über die technologisch relevanten Werkstoffe hat. Vor diesem Hintergrund soll im folgenden Kapitel ein Überblick über typische Leichtbauwerkstoffe gegeben werden.
6.1 Stahl Die Stähle zählen bis heute zu den wichtigsten Konstruktionswerkstoffen des Maschinenund Fahrzeugbaus /NN 72/. Trotz aller Substitutionsbemühungen gilt dies auch weiterhin für den konventionellen Leichtbau. Neben dem günstigen Kilopreis ist hierfür sicherlich die große Breite an verfügbaren Halbzeugen und Qualitäten ursächlich. Ein weiterer Vorteil ist auch die große Vielfalt in den mechanischen und physikalischen Eigenschaften, die von weichen bis hochfesten und zu korrosionsbeständigen Stählen reicht. Als Nachteil gilt gemeinhin die hohe Dichte, die Konstruktionen oft schwer macht, obwohl es auch hier Prinzipien gibt, die Konstruktionen leichter machen können. Ein schönes Beispiel für den Wandel von Stahl stellt das Demonstrationsprojekt ULSAB (Ultra-Light Steel Auto Body)*) dar, bei dem man bewiesen hat, dass ein intelligenter Einsatz von Stahl noch Potenziale im Karosseriebau mobilisieren kann. Durchschnitt der Referenzfahrzeuge Karosseriegewicht (kg) Statische Torsionssteifigkeit (Nm/Grad) Statische Biegesteifigkeit (N/mm) 1. KarosserieEigenfrequenz (Hz)
ULSABErgebnisse
271
203
-25 %
11.531
20.800
+80 %
11.902
18.100
+52 %
38
60
+58 %
Bild 6.1: Pkw-Karosserie des ULSAB-Fahrzeugs
*)
Anmerkung: Ein weiterführendes Nachfolgeprojekt war ULSAC (Ultra Light Steel Auto Closure), d. h. neue Konzepte für Türen, Motorhauben und Kofferraumklappen.
6.1 Stahl
39
Bei der im Bild 6.1 gezeigten Karosserie wurden hochfeste Stähle eingesetzt und mit Tailored Blanks, IHU-geformten Tailored Tubes und der Doppel-Dünnblech-Technik neue Prinzipien realisiert, die letztlich zu einer vergleichsweise 25%ig leichteren und doppelt so steifen Bauweise mit deutlich höherer 1. Eigenfrequenz geführt haben. Dies unterstreicht die noch vorhandenen Innovationsperspektiven von Stahl. 6.1.1
Eigenschaftsmodifikationen
Die Eigenschaften der Stähle /HOR 72/, DOM 82/ können bekanntlich durch Legieren, gezielte Wärmebehandlung oder bestimmte Verfestigungsmechanismen (Mischkristallhärtung, Kornverfeinerung, Ausscheidungshärtung, Kohlenstoff-Diffusion) geeignet verändert werden: „Stahl ist ein Eisenwerkstoff mit im Allgemeinen weniger als 2 % Kohlenstoff“. Ab 2 % C ist die Grenze zum Gusseisen gegeben. Eine bedeutende Rolle spielt hierbei das Legieren, d. h. das Zusetzen von bestimmten Elementen, die entsprechenden Einfluss auf die Streckgrenze/Bruchfestigkeit/Dauerfestigkeit, Härte, Dehnbarkeit und andere technologische Eigenschaften nehmen. Unter den Auswirkungen kann als bekannt angenommen werden, dass beispielsweise der Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphorgehalt am stärksten auf Festigkeit und Härte durchschlagen. Im Gegensinne wirken diese Elemente aber auch versprödend. Bedeutend geringere Wirkung auf die mechanischen Werte zeigen hingegen Mangan, Silizium und Nickel. Diese Elemente beeinflussen teils aber andere Grundeigenschaften positiv, die sich wiederum in einer qualitativ guten Bauweiseneignung des Stahls bemerkbar machen. Des Weiteren können durch Wärmebehandlungsverfahren wie Glühen und Härten bestimmte Gefügeveränderungen ausgelöst werden, die sich ebenfalls in Änderungen der mechanischen Eigenschaften bemerkbar machen. Dadurch können sowohl kern- wie oberflächenharte Stähle für besondere Anwendungen erzeugt werden. Eine andere Möglichkeit, einige Eigenschaften noch besser auszuprägen, ist durch den Vorgang der Verfestigung gegeben, der entweder als Kaltverfestigung oder thermomechanisches Walzen durchgeführt werden kann. 6.1.2
Sorten
Je nach den Einsatzgebieten (Fahrzeug-, Stahl- oder Maschinenbau) unterscheidet man bei den Konstruktionsstählen /REI 76/: − allgemeine Baustähle, Feinkornbaustähle, − hoch- und höchstfeste Stähle, − Vergütungs-, Einsatz- und Nitrierstähle, − warmfeste/hochwarmfeste Stähle sowie − korrosionsbeständige, hitzebeständige und kaltzähe Stähle,
40
6 Leichtbauwerkstoffe
die gemäß ihrer Bedeutung kurz angesprochen werden sollen. Die unterste Qualitätsstufe ist durch die allgemeinen Baustähle (St 12XX, 13XX, 14XX) gegeben. Für höhere Anforderungen finden im Leichtbau überwiegend die Sondergüten Stxx-2 oder Stxx-3 Verwendung. Eine Sonderstellung nimmt hierbei der St52-3 ein, der ursprünglich für den Stahlleichtbau kreiert wurde. Diese Sorte ist mit Mn und Si legiert und hat bei geringem C-Gehalt eine höhere gewährleistete Streckgrenze und ist gut schweißbar. Neben diesen Qualitätsstählen werden im Fahrzeugbau höher- und hochfeste Leichtbaustähle eingesetzt. Eine Auswahl dieser Stähle zeigt Bild 6.2.
Stahltyp
Streckgrenze [MPa]
Zugfestigkeit [MPa]
Bruchdehnung (%)
HX 180 HX 260
180-240 260-320
340-400 380-440
34 30
H180B
180-230
300-360
36
H300B
300-360
400-480
26
Dualphasen-Stahl
DP-K 27/50 DP-K 38/60 DP-W 600
Restaustenit-Stahl (TRIP-Stahl)
RA-K 38/60 RA-K 42/80
270-350 380-460 330-450 380 420
500 600 580 600 800
25 18 24 26 22
Complexphasenstahl
CP-W 800 CP-W 900
680 700
800-980 880-1050
10 10
Martensitphasenstahl
MS-W 1000 MS-W 1200
750 900
1000-1250 1200-1450
5 5
Höherfester IF-Stahl
Bake-Hardening-Stahl
Bezeichnung
Bild 6.2: Typische Leichtbaustähle im Fahrzeugbau Die Anwendungen können wie folgt umschrieben werden: •
Im modernen Fahrzeugbau werden heute im größeren Umfang Feinkornstähle (Q St E/Z St E mit unterdrückter Perlitbildung durch Mikrolegierungselemente wie V, Nb, Ti) und verschiedene Sondergüten von Fein- und Hochfestblechen (s. Einordnung in Bild 6.3) eingesetzt /WEB 89/, wie z. B. − IF (Interstitial Free Stähle, Bez. HX) als mikrolegierte Sondertiefziehgüten mit vollständiger Abbindung der interstitiellen Atome C und N, − BH (Bakehardening Stähle, Bez. BHZ) mit gelöstem C als eine Sondergüte für Karosserieteile, die beim Lackeinbrennen noch eine Streckgrenzensteigerung erfahren, − DP (Dualphasen Stähle, Bez. DP-K) mit ferritischer Matrix und inselförmigem C für festigkeits- und crashrelevante Strukturen,
41
6.1 Stahl
− RA (TRIP-Stahl, Bez. RA-K) mit verformungsinduzierter Umwandlung von Restaustenit (RA) in Martensit, − CP (Complexphasenstähle, Bez. CP-K) mit feinkörnigem, ferritisch-bainitisch-martensitischem Gefüge für kaltumformbare und gut schweißbare Teile, − MS (Martensitphasenstahl, Bez. MS-W) mit aufeinander abgestimmten Gefügeanteilen von Ferrit und Martensit und − Z St E (P), Z St E (Nb, Ti), hauptsächlich mit Phosphor, Niob und Titan legierte höherfeste Feinkornstähle für verformungsfähige Komponenten. Die Anforderungen an diese Strukturstähle sind: hohe Festigkeit ( R m ≈ 500 − 1.500 MPa) bei guter Bruchdehnung ( A ≈ 10 − 20 % ) , kaltumformbar und schweißgeeignet. 0,9
Streckgrenzenverhältnis Rp0,2/Rm
MS
BH*
0,8
Z St E (Nb,Ti) Z St E (P)
St 12/13/14
0,7
IF
0,6
CP
RA
0,5
DP
0,4 IF
*nach Wärmebehandlung St 12/13/14
40
BH* Z St E (P)
Bruchdehnung A80 [%]
30
RA DP
20 CP
Z St E (Nb,Ti)
MS
10
0
0
100
200 300 400 500 Streckgrenze Rp0,2 [MPa]
Bild 6.3: Einordnung der Feinbleche für den Automobilbau
600
700
800
900
42
6 Leichtbauwerkstoffe
•
Einsatzgehärtete Baustähle (Aufkohlen der Randschicht mit nachfolgendem Härten) nach DIN 10 008 werden im Maschinenbau bevorzugt für Bauteile herangezogen, die eine verschleißfeste, harte Oberfläche aufweisen müssen. Für dynamisch beanspruchte Leichtbauteile ist vor allem die durch Einsatzhärtung anhebbare Dauerfestigkeit und die durch Druckeigenspannungen in der Oberfläche erzeugte geringe Anrissempfindlichkeit von Interesse. Typische Sorten sind C 10, 17 CrS 3, 16 MnCr 5 usw.
•
Entsprechend werden durch Vergüten (Härten mit anschließendem Anlassen) die Streckgrenze, die Zugfestigkeit und die Dauerfestigkeit angehoben, gleichzeitig verbessert sich die Zähigkeit. Vergütungsstähle nach DIN 10 083 zählen zu den Edelstählen. Blechteile werden oft pressgehärtet, d. h. warm umgeformt und im Werkzeug abgekühlt. Hierdurch steigen die Festigkeitswerte um den Faktor 2,5.
Durch die vielfältigen Forschungsaktivitäten der Stahlindustrie haben sich die Einsatzgrenzen für Stahl deutlich erweitert. 6.1.3
Physikalisch-mechanische Eigenschaften
Hierzu sind zu zählen: ρSt = 7,85 kg/dm 3 , νSt = 0 , 3,
•
•
Dichte Querkontraktion
•
Elastizitätsmodul
E St = 2 ,1 ⋅ 10 5 MPa ,
•
•
G St = 8 ⋅ 104 MPa , Gleitmodul lin. Wärmeausdehα St = 10,4 ⋅ 10 −6 1/K , nungskoeffizient Wärmeleitfähigkeit λ St = 45 W / (m ⋅ K )
•
6.2 Eisen-Gusswerkstoffe Das Streben nach einer Verringerung von Einzelteilen in einer Struktur führt oft zu Lösungen, bei denen durch Gießen die so genannte Einstückigkeit hergestellt wird. Es soll darum auch kurz erwähnt werden, dass viele normale Leichtbauteile mittlerweile auch in Sphäroguss (GGG: σ zB ≈ 600 − 1.200 MPa ) und ADI-Guss (Austempered Ductil Iron: σ zB ≈ 1.200 − 2.200 MPa ) ausgeführt werden. Durch diese modifizierten austenitischen und bainitischen Gusseisensorten können etwa doppelt so hohe Festigkeits- und Zähigkeitswerte wie bei normalen Gusseisenwerkstoffen erreicht werden. Dies wird durch Zusetzen von Ni, Si und Cr erreicht. Hauptsächlichen Einsatz finden die Sorten: GGG-NiMn/GGGNiCr/GGG-NiSiCr mit Kugelgrafit und die ADI-Sorten GJS-800-8, GJS-1000-5, GJS-12002 und GJS-1400-1. Die entsprechenden mechanischen Werte von Guss sind: • • •
ρ GG = 7,1 − 7,6 kg/dm 3 , Dichte Querkonν GG ≈ 0,26 − 0,28 , traktion ElastizitätsEGG = (1,65 − 1,75) ⋅ 105 MPa , modul
• •
Gleitmodul G GG = (6,2 − 6,5) ⋅ 104 MPa , BruchdehA5 = 1 − 8 % nung
43
6.3 Aluminium
6.3 Aluminium Als wohl wichtigster Konstruktionswerkstoff /AUT 88/ des metallischen Leichtbaus kann Aluminium mit seinen Legierungen angeführt werden. Mittels der verschiedenen Legierungstypen ist dabei ein breites Spektrum (s. Bild 6.4) in den mechanischen und technologischen Eigenschaften erreichbar. Von besonderem Vorteil für den Leichtbau ist hierbei − die niedrige Dichte, − die an die Stähle heranreichenden Festigkeitswerte, − der relativ gute Elastizitätsmodul und − die hohe Zähigkeit. Weiterhin günstig wirkt sich noch die gute Formbarkeit (Strangpressen, Gießen), Spanbarkeit, die meist gegebene Schweißbarkeit und die sehr gute Korrosionsbeständigkeit aus.
Rm [MPa]
500
§ R p0,2 · Streckgrenzenverhältnis ¨¨ ¸¸ © Rm ¹
(0,85) (0,66) (0,82)
400 300
(0,45)
R p0,2
(0,61)
σA
(0,74)
(0,42)
200 100
(0,84)
Rm
(0,27)
Auswahlkriterien Al 99,5 AlMgMn AlMg AlMg AlMg 3 4,5 Mn Si 0,5 F8 F 19 F 28 F 22
AlMg Si 1 F 31
AlZn Mg 1 F 36
AlCu Mg 2 F 44
AlZn AlZn MgCu 0,5 MgCu 0,5 F 45 F 53
Festigkeit
+
+
++
++
++
++
+++
+++
+++
Zähigkeit
+++
+++
+++
++
++
++
++
+
+
Schweißeignung
+++
+++
+++
++
++
+++
+
-
-
Verformbarkeit
+++
+++
+++
++
++
++
++
+
+
Korr.-Verhalten
+++
+++
+++
++
++
++
+
++
+
Strangpressen
+++
++
+
+++
++
++
+
+
+
Bild 6.4: Auswahlkriterien für Aluminiumknetlegierungen (+, ++, +++ = Verbesserungsgrad)
44 6.3.1
6 Leichtbauwerkstoffe Eigenschaftsmodifizierungen
Auch beim Aluminium können Eigenschaftsmodifizierungen zufolge Legieren, Aushärten und Kaltverfestigen vorgenommen werden. Durch Legieren wird Reinaluminium hinsichtlich seiner Festigkeitswerte, Härte und Zähigkeit verändert. Zu den wichtigsten Legierungselementen gehören Cu, Mg, Zn, Si und Mn. Durch Kombination dieser Elemente werden gleichzeitig auch aushärtbare und nichtaushärtbare Legierungen geschaffen. Die Aushärtung (Wärmebehandlung) führt weiter zu einer Festigkeitssteigerung. Hierfür eignen sich aber nur die aushärtbaren Legierungstypen*) (AlMgSi, AlSiMg, AlCu, AlCuMg, AlZnMg, AlZnMgCu) wobei der Grad der Festigkeitssteigerung sehr unterschiedlich ist. Bei den nichtaushärtbaren Legierungstypen (AlMg, AlMn, AlMgMn, AlSi) kann dagegen eine Festigkeitssteigerung nur durch eine Kaltverfestigung erzielt werden. 6.3.2
Al-Knetlegierungen
Die als Knetlegierungen zu bezeichnenden Sorten erhalten ihre Form ausschließlich durch Ur- und Umformung (z. B. Strangpressen und Gesenkschmieden). Von den Festigkeitswerten her liegen die ausgehärteten Sorten über den kaltverfestigten und diese wiederum über den naturharten. Zu den bevorzugt im Leichtbau eingesetzten Werkstoffsystemen für Knetlegierungen gehören: − AlMg 3, AlMg 4,5 Mn, − AlMgSi 0,5, AlMgSi 1, AlMgSiPb, − AlCuMg 1, AlCuMgPb sowie − AlZnMgCu 0,5, AlZnMgCu 1,5. In der Übersicht von Bild 6.5 ist eine entsprechende Auswahl gegeben.
Werkstoff EN AW-Al 99,5
R m [MPa] Rp0,2 [MPa] min. max. min.
75
110
A 5 / A10 [%] HB min.
Bemerkung
20
20
-
22 50 Bleche 70 Bänder 70 Rohre, Stangen 96 Drähte
EN AW-Al Mg3 190 EN AW-Al Mg4,5Mn0,7 275
-
80 125
12 12
-
EN AW-Al Si0,5MgMn 215 EN AW-Al Si1MgMn 310
-
160 260
12 10
10 8
EN AW-Al Cu4Mg1
440
-
290
13
11
EN AW-Al Zn5Mg3Cu 450 EN AW-Al Zn5,5MgCu 530
-
370 450
8 8
-
110 125 Bleche, Bänder 140
Bild 6.5: Mechanische Eigenschaften von ausgewählten Al-Knetlegierungen *)
Anmerkung: Im Automobilbau werden Al-Werkstoffe in der Regel mit ihrem internationale Reg. Code, z. B. 6.000der Legierung (AlMgSi) oder 7.000der Legierung (AlZnMg), angesprochen.
6.3 Aluminium
45
Eine Sonderstellung kommt hierbei den Sorten AlMgSi zu, die wegen ihrer guten Warmformbarkeit vielfach zu Strangpressprofilen mit teils komplexer Geometrie verarbeitet werden. Weiter hervorzuheben gilt es die Sorten AlZnMgCu, die unter den Knetlegierungen die höchsten Festigkeitswerte erreichen. Bereits an dieser Stelle soll auf das abweichende Verhalten der Al-Legierungen unter schwingender Beanspruchung hingewiesen werden. Die Wöhlerkurve weist hierbei den kennzeichnenden Knick beim Übergang vom Zeitfestigkeits- in den Dauerfestigkeitsbereich nur andeutungsweise auf, wodurch der relevante Schädigungsbereich ausgeprägter ist. Vereinbarungsgemäß wird deshalb die Grenzlastspielzahl bei nichtaushärtbaren Legierungen auf NG = 106 LW und bei aushärtbaren Legierungen auf N G = 10 8 LW (Stahl NG ≈ 2.1⋅106 LW)
festgesetzt, geprüft wird in der Praxis aber meist nur bis N = 5 ⋅10 7 LW. 6.3.3
Al-Gusslegierungen
Kompakte Bauteile mit integrativem Charakter werden gewöhnlich durch Urformung (Sand-, Kokillen-, Druck- oder Feinguss) hergestellt. Hierzu eignen sich aber nur bestimmte Legierungssysteme. Einige bevorzugte Sorten sind: − G-AlSi 12/G-AlSi12 (Cu), G-AlSi 10 Mg/G-AlSi 10 Mg (Cu), G-AlSi 8 Cu 3/G-AlSi 6 Cu 4 für allgemeine Verwendung, − G-AlSi 5 Mg, G-AlMg 3, G-AlMg 3 Si, G-AlMg 3 (Cu), G-AlMg 5, G-AlMg 5 Si für besondere Verwendung und − G-AlSi 7 Mg, G-AlSi 9 Mg, G-AlCu 4 Ti, G-AlCu 4 TiMg, G-AlSi 11 für besondere mechanische Anforderungen. Auch hierzu gibt die nachfolgende Übersicht einige Anhaltswerte, wobei bestimmte Qualitätskategorien (A, B, C und D) existieren. Gegenüber den Knetlegierungen weisen die Gusslegierungen etwas geringere Festigkeitsund Zähigkeitswerte auf. Als günstig kann die weit reichende Formbarkeit und somit wieder die Bauweiseneignung angeführt werden. Die Festigkeitseigenschaften von Gussbauteilen hängen vom Werkstoff und sehr stark von der Wärmebehandlung ab. So sind die Erstarrungs- und Speisebedingungen von entscheidender Bedeutung. Eine weitere Möglichkeit die Festigkeit besser auszunutzen besteht in der richtigen gießtechnischen Gestaltung. Auch sollte berücksichtigt werden, dass Gussbauteile etwa die 1,5- bis 2fache Zugfestigkeit unter Druckbeanspruchung ertragen können. Heute ist es Bestrebung, G-Al-Teile auch für sicherheitsrelevante Teile im Automobilbau zu nutzen. Hierfür müssen feinkörnige und porenfreie Gefüge vorliegen, weshalb dazu zunehmend Sondergießverfahren (Vacuralguss, Thixo-Casting und Squeeze-Casting-Verfahren) eingesetzt werden.
46 Werkstoff
R m [MPa]
Gruppe A
EN AC-Al Si12 EN AC-Al Si12(Cu) EN AC-Al Si10Mg EN AC-Al Si10Mg(Cu) EN AC-Al Si8Cu3
160–210 150–200 170–220 180–240 160–200
Gruppe B
EN AC-Al Si7Mg EN AC-Al Mg3 EN AC-Al Mg3(Si) EN AC-Al Mg5 EN AC-Al Mg5(Si)
Gruppe C
6 Leichtbauwerkstoffe
EN AC-Al Si9Mg EN AC-Al Si7Mg0,3 EN AC-Al Cu4Ti
A 5 [%]
HB
70–100 80–100 80–110 90–110 100–150
5–10 1–4 2–6 1–4 1–3
45–60 50–65 50–60 55–65 65–90
140–180 140–190 140–190 160–220 160–200
100–130 70–100 80–100 100–120 110–130
1–3 3–8 3–8 3–8 2–4
55–70 50–60 50–60 55–70 60–75
250–300 230–310 200–260
200–270 190–270 200–260
2–5 2–5 3–8
75–100 75–105 95–110
R p0,2 [MPa]
Bild 6.6: Mechanische Werte von ausgewählten Al-Gusslegierungen (Lieferformen als Sand-, Kokillen- oder Druckguss)
6.3.4
Physikalisch-mechanische Eigenschaften
Hierzu sind zu zählen: •
Dichte
ρ Al = 2,7 kg/dm 3
•
Querkontraktion
ν Al = 0,34
•
Elastizitätsmodul
E Al = 70.000 MPa
•
Gleitmodul
G Al = 26.000 MPa
•
lin. Wärmeausdehnungskoeffizient
Į Al = 23,5 ⋅ 10 −6 K −1
•
Wärmeleitfähigkeit
λ Al = 220 W/(m ⋅ K)
•
Streckgrenze
R p0,2 ≈ 10-25 MPa (weich)
≈ 80-350 MPa (hart) •
Zugfestigkeit
Rm
≈ 40-50 MPa (weich) ≈ 55-500 MPa (hart)
•
Bruchdehnung
A10
≈ 30-45 % (weich) ≈ 2-4 % (hart)
47
6.3 Aluminium 6.3.5
Sinteraluminium
Um Aluminium in der Luft- und Raumfahrt ein breiteres Einsatzfeld zu öffnen, muss die Temperaturbeständigkeit erhöht werden. Hierfür eignen sich SAP-Legierungen. SAP bezeichnet Sinteraluminiumpulver, welches pulvermetallurgisch hergestellt wird. Es kann für Bauteile und Profile eingesetzt werden, die durch aufeinander folgendes Kalt-, Heiß- und Strangpressen sowie Brennen aus Al-Pulver formbar sind. Der Werkstoff zeichnet sich durch eine hohe Warmfestigkeit aus, was eine Folge der eingestellten Dispersionsverfestigung durch Al 2 03 -Partikel ist. Als Gebrauchstemperatur gilt für eine längere Dauerbeanspruchung etwa 400 °C. Je nach Feinheit und Oxidgehalt des Ausgangspulvers beläuft sich die Raumtemperatur-Zugfestigkeit auf R m = 300-400 MPa. Oberhalb von 300 °C ist die Festigkeit des dispersionsverfestigten SAPs den besten ausgehärteten Al-Legierungen (Bild 6.7) überlegen. Bei langzeitigen Beanspruchungen fällt allerdings auch hier die Warmfestigkeit ab. Für 310 °C beträgt etwa R m/100 ≈ 100 MPa und für 480 °C nur noch etwa R m/100 ≈ 60 MPa . Für den Einsatz von SAP sprechen neben der geringen Dichte und die Warmfestigkeit noch die gute Korrosionsbeständigkeit. 400
Rm
Rp0,2, Rm [MPa]
300
c
200 Rm
Rp0,2
100
b Rp0,2 a
d Rp0,2
0
6.3.6
100
200
Bild 6.7: Festigkeitswerte von SAP in Abhängigkeit von der Einsatztemperatur a) Al+4 % Al203 b) Al+14 % Al203 c) AlCu 6 MnZr d) AlMg 3
300 400 T [°C]
Schaumaluminium
Zur Realisierung eines extremen Leichtbaus gibt es derzeit Bestrebungen, mit Metallschäumen, insbesondere Schaumaluminium, sehr leichte selbsttragende Konstruktionen oder Versteifungsstrukturen aufzubauen. Schaumaluminium ist ein hochporöser Aluminiumwerkstoff
48
6 Leichtbauwerkstoffe
mit zellularer Struktur. Man kann ihn auch als Verbundwerkstoff betrachten, bei dem offene und geschlossene Poren in einer Aluminium-Matrix fein verteilt sind. Heute wird Schaumaluminium schmelzmetallurgisch durch Abscheidung oder pulvertechnologisch hergestellt. Im Bild 6.8 ist beispielsweise der pulvertechnologische Weg prinzipiell dargestellt.
CIP
Bild 6.8: Herstellung von Schaumaluminiumteilen nach pulvermetallurgischem Verfahren Der Verfahrensablauf ist hierbei: − Mischung eines aufschäumbaren Vormaterials (Al-Pulver wird mit einem Treibmittel, z. B. Titanhydrid, vermischt), − Herstellung eines Halbzeuges durch axiales Heiß- oder Strangpressen und − Aufschäumung des Halbzeuges durch Wärmeeinwirkung zu einem Formteil. 3
Die erreichbaren Dichten liegen bei 0,3-0,7 kg/dm und die aufnehmbaren Spannungen etwa zwischen 10-25 MPa (bevorzugt Druckaufnahme) bei einem E-Modul von 8-10 GPa. Anwendungen sind: Ultraleichtprofile, Aussteifungen und Stoßverzehrkörper für Front- und Seitenaufprall, aber auch großflächige Teile (Unterstreben für Motor- und Kofferraumhauben). Außer bei Aluminium funktioniert das Aufschäumverfahren prinzipiell auch bei Magnesium, Zink/Zinn, Messing und Blei.
6.4 Magnesium Der Werkstoff Magnesium hat unter den Gebrauchsmetallen die wohl niedrigste Dichte und scheint daher für den Leichtbau prädestiniert zu sein. Trotz dieser und anderer Vorzüge haben jedoch einige Negativpunkte (geringe Bruchdehnung, hohe Korrosionsanfälligkeit) dazu geführt, dass es nur wenig Anwendungen über die Luft- und Raumfahrt bzw. den Fahrzeugbau hinaus gibt.
6.4 Magnesium
49
Zu den vorteilhaftesten Eigenschaften sind zu zählen: − die relativ guten Festigkeitswerte (etwas niedriger als bei Al), − die gute spanabhebende Bearbeitbarkeit (teils in Trockenbearbeitung), − die gute Gießbarkeit (insbesondere Druckguss) und − die bedingt mögliche Schweißbarkeit. Wegen der hohen Affinität zum Sauerstoff müssen allerdings beim spanenden Bearbeiten, Gießen und Schweißen besondere Vorkehrungen getroffen werden. Des Weiteren ist als Folge des hexagonalen Gitteraufbaus die Kaltumformung von Magnesium schwierig und kann wegen der Gefahr der Spannungsrisskorrosion nur bei > 225 °C durchgeführt werden. Kaltgeformte Erzeugnisse mit starker Umformung sind daher nur mit mehrfachem Zwischenglühen herstellbar. Größere Bedeutung kommt somit den warmgeformten Magnesium-Erzeugnissen und den Gussprodukten zu. Insofern erweist sich das Gießen bzw. Druckgießen als das wirtschaftlichste Formgebungsverfahren überhaupt. Hervorzuheben ist noch die hohe Kerbempfindlichkeit des Magnesiums, welches eine möglichst glatte (ohne scharfe Kerben) und riefenfreie Oberfläche unerlässlich macht. Weiterhin ist es Folge der niedrigen Bruchdehnung, dass Magnesium-Bauteile sehr empfindlich gegen Schlag- und Stoßbeanspruchung sind. 6.4.1
Mg-Legierungen
Das Reinmagnesium ist technisch ohne Bedeutung. Nur durch Zusatz von Al, Zn, Mn und Zr entstehen nutzbare Legierungen. Im Wesentlichen bewirkt Zink eine Erhöhung der Zähigkeit und eine Verringerung der Kerbempfindlichkeit, Aluminium eine Steigerung der Festigkeit und eine Verbesserung der Aushärtbarkeit, Mangan eine Verbesserung der Schweißbarkeit und eine Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit, ein Zusatz an Zirkon verbessert noch die Warmfestigkeit. Alle Mg-Legierungen sind sowohl im Sand-, Kokillen- und Druckguss gut vergießbar. Da jedoch die Schmelzen sehr oxidationsfreudig sind und bei Sauerstoffzusatz verbrennen würden, erfolgt in der Regel eine Abdeckung mit einer Salzschicht. Zum Schweißen ist anzumerken, dass dies zwar nach mehreren Verfahren möglich ist, die Schweißverbindung aber zur Warmrissigkeit und zur Bildung von Mikrolunkern neigt; bei größeren Bauteilen ist daher mit Vorwärmung zu arbeiten. Im Bild 6.9 ist eine kurze Auswahl von Mg-Knet- und -Gusslegierungen mit ihren mechanischen Kenngrößen zusammengestellt. Diese Eigenschaften verändern sich im Temperaturbereich von -80 °C bis 100 °C kaum, kurz oberhalb von 100 °C setzt dagegen der Steilabfall der Festigkeitswerte ein. Als übliche Grenze des Gebrauchs von Mg-Legierungen kann man 150 °C ansetzen.
50 Werkstoff
6 Leichtbauwerkstoffe R p0,2 [MPa]
min.
R m [MPa] A10 min. [%] min.
HB etwa
σ bw [MPa]
Bemerkung
NG = 50⋅ 106
EN-MBMgMn2
100
200
10
40
gut schweiß- und formbar
EN-MBMgAl3Zn
140
240
12
50
schweiß- und formbar
EN-MBMgAl6Zn
180
280
10
55
beschränkt schweißbar
EN-MBMgAl8Zn
210
300
10
G-MgAl6
80-120
180-240
8-12
50-65
70-90
hohe Dehnung und Schlagzähigkeit
EN-MCMgAl8Zn1
90-110
160-220
2-6
50-65
70-90
stoßbeanspruchte Teile
90-120
240-280
8-12
50-65
80-100
gute Gleiteigenschaften
110-140
240-280
6-12
55-70
80-100
höchste Werte für Zugfestigkeit
150-190
240-300
2-7
60-90
80-100
u. 0,2-Grenze
EN-MCMgAl8Zn1 (homogenisiert)
EN-MCMgAl9Zn1 (homogenisiert)
EN-MCMgAl9Zn1 (warm ausgelagert)
höchste Festigkeit
Bild 6.9: Mechanische Kenngrößen von ausgewählten Magnesiumlegierungen Zum Zweck einer Festigkeitserhöhung können Mg-Legierungen auch wärmebehandelt werden. Übliche Verfahren sind Homogenisierungsglühen (um spröde Mischkristalle zu lösen), Warmaushärten (erzeugt fein dispersive Ausscheidungen) und Spannungsarmglühen (zum Abbau von inneren Spannungen). Das ansonsten bei NE-Metallen vielfach genutzte Aushärten führt bei Magnesium zu einem Dehnungs- und Dauerfestigkeitsabfall. Bezüglich des Einsatzes von Bauteilen unter schwingender Beanspruchung sei noch erwähnt, dass einige Mg-Legierungen dauerfester als die meist höherfesten Al-Legierungen sind, was sicherlich eine hervorstechende Nutzungseigenschaft ist. Ein Vergleich dazu zeigt umseitig Bild 6.10. Im Fahrzeugbau werden daher Leichtbauteile für dynamische Langzeitbeanspruchung (z. B. Getriebegehäuse) bevorzugt aus Mg-Legierungen ausgeführt. Das Bruchverhalten von Magnesium ist aber wegen seiner hohen Sprödigkeit plötzlicher als bei Al-Legierungen, die vor dem Bruch eine ausgeprägte Plastifizierungsphase aufweisen. Demzufolge ist Magnesium nur wenig schadenstolerant. Ein sehr negatives Merkmal aller Mg-Legierungen ist die hohe Korrosionsempfindlichkeit. Da Mg das unedelste Gebrauchsmetall überhaupt ist, wird Mg in jeder Werkstoffkombination „gefressen“.
51
6.4 Magnesium
300
AlCuMg
log σbw [MPa]
AlMg9 200 MgAl8Zn1 100 50
0,1
1
5
10
50
100 6
log N · 10
Bild 6.10: Biegewechsel-Festigkeitswerte von Al- und Mg-Legierungen 6.4.2
Physikalisch-mechanische Eigenschaften
Zu den wichtigsten physikalisch-mechanischen Eigenschaften sind zu zählen: •
Dichte
ρ Mg = 1,74 kg/dm 3
•
Elastizitätsmodul
E Mg = 45.000 MPa
•
Gleitmodul
G Mg = 17.700 MPa
•
Querkontraktion
ν Mg = 0, 27
• •
lin. Wärmeausdehnungskoeffizient α Mg = 25 ⋅ 10 −6 K −1 Wärmeleitfähigkeit λ Mg = 171 W/ (m ⋅ K )
Weitere mechanische Eigenschaftsrelationen sind: • • • • •
Zugfestigkeit Druckfestigkeit Biegefestigkeit Torsionsfestigkeit Bruchdehnung
R m ≈ 100 − 150 MPa ( gegossen ) bzw. ≈ 250 MPa (gepresst) σdB ≈ 2 ⋅ Rm σ bB ≈ (1,7 − 2,2 )R m τtB ≈ 0, 66 ⋅ Rm
A10 ≈ 4 − 5 % ( gegossen ) bzw. ≈ 10 % (gepresst)
500
52
6 Leichtbauwerkstoffe
6.5 Titan Im Allgemeinen kann Titan als ein für den Leichtbau äußerst interessanter Konstruktionswerkstoff /GAN 82/ angesehen werden. Unter den vorteilhaften Merkmalen ist demgemäß auszuweisen: − die noch relativ niedrige Dichte, − die teils hochfesten Stählen überragenden Festigkeitswerte, − die geringe Wärmeausdehnung, − die hohe Korrosionsbeständigkeit (wie rostfreie Stähle) und − die gute chemische Beständigkeit. Als nachteilig ist anzuführen, dass Reintitan und die Ti-Legierungen (dichte Kugelpackung, hdP) nur aufwändig umzuformen sind und das Reintitan zwar gut weich-, hartlötbar und schweißbar ist, dies aber für die Legierungen nur eingeschränkt gilt. Auch sind Ti-Legierungen nur schwierig spanend zu bearbeiten, und zwar wegen der hohen Festigkeit und der sehr geringen Wärmeleitfähigkeit. 6.5.1
Reintitan
Die mechanischen Eigenschaften von Reintitan werden vorwiegend durch Zusetzen von Sauerstoff bestimmt. Daneben sind aber auch geringe Zusätze von Eisen, Stickstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff förderlich. Die eingesetzten Reintitansorten sind im Bild 6.11 aufgelistet.
Werkstoff Ti 99,8 Ti 99,7 Ti 99,6 Ti 99,5
0,2 %
0,1 %
Fe
0
0,35 %
0,3 %
R m [MPa]
R p0,2 [MPa]
A 5 [%]
300–420
180
30
400–550
250
22
470–600
330
18
Apparatebau
550–750
400
16
Schmiedeteile
Bemerkung Ziehteile
Bild 6.11: Mechanische Kennwerte von Reintitan Für die besonders reinen Reintitansorten (Ti 99,9 und Ti 99,8) ist zu bemerken, dass diese bei abnehmenden Temperaturen eine Festigkeitssteigerung (z. B. Ti 99,8 bei -190 °C auf R m = 1000 . MPa ) erfahren. Die Einsatzgrenze im oberen Temperaturbereich ist dagegen mit etwa 350 °C anzusetzen.
53
6.5 Titan 6.5.2
Ti-Legierungen
Da Titan polymorph (α, β-Umwandlung bei 882 °C) ist, ergeben sich die folgenden Variationsmöglichkeiten bei der Legierungsbildung zu: •
α-Ti-Legierungen enthalten bis zu 5,5 % Al.
Weil hier nur eine Phase vorliegt, sind die Legierungen relativ gut schweißbar und zeigen hohe Warmfestigkeit. Die Festigkeiten bei Raumtemperatur (RT) reichen bis R m = 1000 MPa und die Einsatzgrenze bis 600 °C. .
•
•
α+ß-Ti-Legierungen sind zweiphasig.
Die bei RT erreichbaren Festigkeiten reichen bis R m = 1200 MPa , die thermische Stabi. lität der Legierungen ist allerdings nur bis 400 °C gewährleistet.
ß-Ti-Legierungen sind wiederum einphasig. In der Regel sind diese Legierungen gut umformbar und auch gut schweißbar. Ausgehär. tet sind Festigkeiten bis R m = 1300 MPa möglich, wegen thermischer Instabilität liegt die Einsatzgrenze bei 300 °C.
Eine Auswahl dieser drei Legierungstypen ist im Bild 6.12 gezeigt.
Typ α α+β
β
R p 0 , 2 [ MPa ]
A 5 [%]
Werkstoff
Zustand
R m [ MPa ]
TiAl 5 Sn 2,5 TiAl 8 Mo 1 V 1
geglüht geglüht
880 1.030
840 950
18 16
TiAl 6 V 4
geglüht ausgehärtet
950 1.190
840 1.050
14 10
TiV 13 Cr 11 Al 3
geglüht ausgehärtet ausgehärtet
950 1.300 1.830
910 1.230 1.720
16 8 4
Bild 6.12: Mechanische Kennwerte der allotropen Ti-Modifikationen Die Dauerfestigkeit dieser Legierungen ist bezogen auf das Zugfestigkeitsverhältnis mit (ı A /R m ≈ 0,7) bedeutend höher als bei anderen Werkstoffen. Für Stahl gilt in etwa (ı A /R m ≈ 0,5) bzw. für Aluminium (σ A /R m ≈ 0,2) . Große Auswirkung auf die Dauerfestigkeit hat die Oberflächenbeschaffenheit, was unterstreicht, dass Titan sehr kerbempfindlich ist. Im Bild 6.13 ist dies beispielsweise bezüglich der Kerbschärfe an Titanproben im Wöhlerdiagramm ausgewiesen.
54
6 Leichtbauwerkstoffe 400
log σzdw [MPa]
±F
αK
300
R = -1 Į K =1
200
Į K =1,3 Į K = 2,0
100 10 4
105
106
107
108
log N
Bild 6.13: Dauerfestigkeiten gekerbter Ti-Leg-Proben
Durch Kugelstrahlen kann die Dauerfestigkeit wieder angehoben werden. Die Wirkung besteht im Schließen der vielen Mikrorisse durch eine Oberflächenverfestigung. 6.5.3
Physikalisch-mechanische Eigenschaften
Hierzu sind zu zählen: • • • • • •
Dichte Elastizitätsmodul Gleitmodul Querkontraktion
ρ Ti = 4,5 kg/dm 3 E Ti = 110.000 MPa G Ti = 40.400 MPa ν Ti = 0,36
lin. Wärmeausdehnungskoeffizient α Ti = 8,7 ⋅ 10 −6 K −1 Streckgrenze R p0,2 ≈ 200 − 400 MPa
•
Zugfestigkeit Bruchdehnung
R m ≈ 300 − 900 MPa A10 ≈ 16 − 30 %
•
Wärmeleitfähigkeit
λTi = 22 W/(m ⋅ K)
•
6.6 Kunststoffe Die große Vielzahl der thermoplastischen und duromeren Kunststoffe spielt für tragende Strukturbauteile im Leichtbau eine untergeordnete Rolle /AUT 83/. Als Ursache hierfür können die insgesamt geringen mechanischen Werte gelten, die etwa folgende Bereiche /STÜ 69/ abdecken:
55
6.7 Superleichtlegierungen
• • • • • •
Dichte Elastizitätsmodul Zugfestigkeit Querkontraktion
ρ K ≈ 0,8 − 2,2 kg/dm 3 E K ≈ 500 − 3.000 MPa R m ≈ 30 − 80 MPa ν K ≈ 0, 35
lin. Wärmeausdehnungskoeffizient α K ≈ 70 ÷ 100 ⋅ 10 −6 K −1 λ K = 0,12 ÷ 0,35 W /(m ⋅ K) Wärmeleitfähigkeit
Die erreichbaren Werte (nach ISO 527-1) sind sehr strukturabhängig. So zeigen amorphe Kunststoffe niedrigere Werte als Kunststoffe mit orientierter Molekularanordnung. Einen großen Einfluss auf die mechanischen Werte hat das Technoklima (Temperatur, Feuchtigkeit), was dazu führt, dass die in Laborumgebung gemessenen Werte um 40-50 % abfallen können. Derzeit haben nur die Harze (PF, UP und EP*))Bedeutung als Matrixwerkstoff in FaserKunststoff-Verbunde. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Entwicklung der faserverstärkten technischen Thermoplaste (GM-T) diese Situation ändern kann, da hiermit E-Module von 6-8 GPa und R m -Werte bis 100 MPa schon erreicht werden.
6.7 Superleichtlegierungen Als wahre Zukunftswerkstoffe des Leichtbaus können die so genannten Superleichtlegierungen angesehen werden, die auch heute schon Einsatzgebiete in der Luft- und Raumfahrt sowie im militärischen Bereich gefunden haben. Mit dem Begriff Superleichtlegierungen /NN 91/ werden dabei gewöhnlich lithiumhaltige Aluminium- und Magnesiumlegierungen /BOR 83/, /SUZ 82/ bezeichnet. Es liegt fast auf der Hand, dass durch Zusetzen von Lithium leichtere Konstruktionswerkstoffe geschaffen werden können, da Lithium mit einer Dichte von ρ Li = 0,53 kg/dm 3 zu den leichtesten Metallen überhaupt zählt. Folgende Ausführungsarten sind bereits verfügbar: − Al-Li-Legierungen sind schon seit längerem bekannt und werden im Flugzeugbau (Beplankung) auch eingesetzt. Generelle Zielsetzung war dabei, Aluminium metallurgisch zu optimieren, und zwar hinsichtlich niedrigerer Dichte, höherer Steifigkeit und größerer Riss-Bruchzähigkeit. Einige Anhaltswerte zu den mechanischen Eigenschaften von Al-Li gibt Bild 6.14. Hervorzuheben ist die durchschnittliche Absenkung der Dichte um 8 % und die E-ModulErhöhung von 11 %. Als weitere Verbesserung ist noch die gesteigerte Widerstandsfähigkeit gegen Korrosion bzw. Spannungsrisskorrosion anzuführen.
*)
Anmerkung: PF = Phenolharz, UP = Polyesterharz, EP = Epoxidharz
56
6 Leichtbauwerkstoffe
Legierungstyp
ρ
Masse - %
Li
Mg
Mn
Cu
[
kg/dm 3
E
]
R p 0, 2
[MPa]
Rm
[MPa] [MPa]
[
K Ic
MNn −3 / 2
]
A5 [%]
7075
3,20
1,10
3,40 0,60
2,52
85.000
DTD XXXA
2,32,6
0,50,9
1,01,4
2,55
80.000
Al-Li (high strength)
2,60
76.000
552
610
28
9-12
Al-Li (low density)
2,45
82.000
320
430
28
10
Al-Li (damage tolerant)
2,50
80.000
423
510
35
8-12
-
6
Bild 6.14: Mechanische Kennwerte von Al-Li-Legierungen − Al-Li-Plattenmaterial wird des Weiteren noch im Verbund mit AFK zu Sandwiches verarbeitet, welche als ARALL-Platten (ARamid ALuminium Laminates) bezeichnet werden. Hierdurch gelingt es noch einmal, die Dichte abzusenken und die Steifigkeit von dünnen Platten anzuheben.
− GLARE (glass-fibre reinforced aluminium) ist ein mehrlagiger Verbund aus dünnen Al-Folien und Glasfaserlaminat ( ρ ≈ 2 , 4 kg/dm 3 , E ≈ 75 GPa), die unter Druck verklebt worden sind. Der Werkstoff zeigt eine hohe Ermüdungsfestigkeit und behindertes Risswachstum.
Bild 6.15: Aufbau von GLARE£
− Mg-Li-Legierungen, die einen weiteren Durchbruch in der Gewichtswertung bringen würden, befinden sich seit längerer Zeit in der Entwicklung. Im Bild 6.16 sind zur ersten Orientierung einige Kennwerte aufgeführt. Legierungstyp
ρ
[kg/ dm3 ]
E
R p 0, 2
Rm
A5
[MPa] [MPa] [MPa] [%]
MgLi (7-10) Al (4-6) Cd (3-5) Zn (0,8-2) Mn(0,15-0,5) 1,57-1,60 ∼47.000 160-220 240-270 MgLi (14) Al (1,2) Mn (0,15)
1,35
95
Bild 6.16: Metallurgische und mechanische Kennwerte von Mg-Li-Legierungen
115
10
57
6.8 Faserverstärkte Werkstoffe
Bislang steht der Verwendung als Strukturbauteile noch die niedrige Festigkeit /MAR 87/ entgegen. Von der Formgebung her lassen sich Mg-Li-Legierungen als Knet- und Gusswerkstoffe verarbeiten.
6.8 Faserverstärkte Werkstoffe Das Prinzip der Faserverstärkung /PUC 87/ besteht darin, dass in einem Grundwerkstoff (Matrix) in bestimmter Anordnung Fasern eingebettet werden. Vorstellung ist hierbei, dass unter Belastung die Fasern die Kräfte auf sich ziehen sollen. Damit dies gewährleistet ist, müssen bei einer Werkstoffkombination folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
− Die Bruchfestigkeit der Fasern muss größer sein als die der Matrix ( RmF > RmM ) . − Der E-Modul der Fasern muss weit größer sein als der der Matrix (EF >> EM ) . aber − Die Bruchdehnung der Matrix muss größer sein als die der Fasern ( ε BM ≥ ε BF ) . Für die Konstruktion ist dann von Interesse, wie sich solche Verbunde elastizitätsmechanisch in unterschiedliche Richtungen verhalten. Insbesondere für undirektionale Glasfaserverbunde können folgende einfache Beziehungen für die Grundelastizitäten angegeben werden: E II = φ F ⋅ E F + ( 1 − φ F ) ⋅ E M ,
E⊥ =
(1 + 0, 85 ⋅ φ F2 ) ⋅ , E M ⋅ φF 1 − ν M 2 (1 − φ )1,25 + F (1 − ν M 2 ) ⋅ E F EM
E ν ⊥II = φ F ⋅ ν F + (1 − φ F ) ν M , ν II⊥ = ν ⊥II ⋅ ⊥ , E II
G II⊥ =
(1 + 0,6 ⋅ φ ) ⋅ G F
0,5
(1 − φ F )1, 25 +
M
GM ⋅ φF GF
.
(6.1)
(6.2)
(6.3)
(6.4)
Näherungsweise können diese Gleichungen auch zur Berechnung von Kohlenstoff- und Aramidfaserverbünden herangezogen werden, wenn man an Stelle von E F , G F die entsprechenden richtungsabhängigen Fasermodule E IIF , E ⊥ F bzw. G II ⊥ F benutzt. Die Eigenschaften derartiger Verbunde sollen nachfolgend kurz dargelegt werden. 6.8.1
Faserverstärkte Kunststoffe
In vielen technischen Anwendungen dominieren heute die Faserkunststoff-Verbunde. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die vorhandenen Leichtbaueigenschaften vieler Thermoplaste und Duromere hinsichtlich Festigkeit und Steifigkeit auch unter erhöhten Temperaturen durch
58
6 Leichtbauwerkstoffe
Compoundieren mittels Silikate, Karbonate oder Metalloxide bedeutend verbessert werden können. Diese Füllstoffe gehen als • •
Kurz- oder Langfasern auf der Basis von Glas, Kohlenstoff oder organischen Polyamiden (Kevlar) in der Form von Vliesen, Matten, Gewebe oder Bändern bzw. globulare, plattenförmige oder lamellare Füllungen
ein. Gebräuchliche Matrix-Kunststoffe sind − bei den Thermoplasten: Polyamide, Polysulfone, Polyolefine und − bei den Duromeren: Polyimid, Epoxid und Polyester. Die Anordnung der Füllungen kann gerichtet (un-, bi- oder tridirektional) oder ungerichtet erfolgen, wodurch sich entweder ein gesteuertes oder ungesteuertes anisotropes Verhalten erzeugen lässt. Thermoplaste Polyamid 6, unverst. /+ 30 % Kreide /+ 30 % Talkum /+ 30 % Kurzglasfasern /+ 30 % Kohlenstoffkurzfasern Duromere UP-Harz, unverstärkt /+ 30 % Glasfasern, ungerichtet /+ 60 % Glasfasern, endl., undir. /+ 60 % Kohlenstoffasern, endl., undir.
Bild 6.17: Mechanische Eigenschaften von Verbundwerkstoffen in Abhängigkeit von Art, Menge und Anordnung des Verstärkungsmaterials Je nach Verstärkungstechnik können dabei die Grundfestigkeiten (s. Bild 6.17) um 1 bis 2 Größenordnungen angehoben werden. Die Zähigkeit des Verbundes fällt durch die eingelagerten spröden Versteifungen aber unter der des Matrixwerkstoffes ab. Für die mechanischen Eigenschaften ist weiter besonders die Haftung zwischen Matrix und Fasern entscheidend, die vollständig sein muss, um Matrix und Fasern gleichmäßig zum Tragen heranziehen zu können. Der Belastungsmechanismus ist dann so eingestellt, dass der Hauptteil der Kräfte von den Fasern aufgenommen wird. Eine undirektionale Anordnung von Langfasern entspricht hier belastungsmäßig einer Parallelschaltung von Fasern und Matrix bzw. senkrecht
59
6.8 Faserverstärkte Werkstoffe
dazu einer Reihenschaltung. Bei geschichteten Laminaten (Mehrschichtverbunden) ermittelt man dagegen die Eigenschaften durch einen Überlagerungsansatz mit den Schichtdicken als Wichtungsfaktor. 6.8.1.1 Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) Der technisch wohl bedeutendste Verbundwerkstoff dürfte die Kombination zwischen einem Harz und Glasfasern /TAP 75/ sein. Bei einem derartigen Verbundwerkstoff liegt eine klare Aufgabenteilung zwischen Fasern und Matrix vor. •
Die Glasfasern bestimmen im Wesentlichen die Festigkeit, Steifigkeit, Bruchdehnung und thermische Ausdehnung des Verbundes, bzw. die Faserorientierung bestimmt die Richtungsabhängigkeit dieser Größen. Für die Glasfasern selbst gilt, dass diese isotrop sind, d. h., alle Werkstoffkennwerte sind parallel und senkrecht gleich groß.
•
Das Harz bestimmt hingegen die Eigenschaften wie Formbeständigkeit in der Wärme, Witterungs- und Altersbeständigkeit sowie die Rissbildungsgrenze. Gewöhnlich werden hierfür ungesättigte Polyesterharze (UP) und Epoxidharze (EP) verwandt. Die UP-Harze sind billig und leicht verarbeitbar. Sie unterliegen wegen ihrer hohen Schwindung starken Eigenspannungen und sind aber gut wärmebeständig. Genau entgegengesetzte Eigenschaften weisen die EP-Harze auf, die meist auch teurer sind und gute dynamische Kennwerte aufweisen.
Anhaltswerte für die Eigenschaften der Einzelkomponenten können dem Bild 6.18 entnommen werden. Die mechanischen Werte eines GFK-Laminats hängen somit in erster Linie vom Glasfasergehalt ab. Dennoch können die Festigkeiten nicht beliebig gesteigert werden, da höhere Glasgehalte nur durch stärkere Verdichtung zu realisieren sind. Bei höheren Drücken besteht aber bei sich kreuzenden Glasfasern die Gefahr der Schädigung mit einem damit verbundenen Festigkeitsabfall. Die Grenzen, bei denen GF-Versteifungen noch wirksam sind, liegt bei Mattenlaminaten etwa bei 35 %, bei Gewebelaminaten etwa bei 50 % und bei Rovings bei 75 %.
Eigenschaften
[
UP-Harz
E-Glasfaser
1,9
2,6
80
3.000
]
•
Dichte ρ kg/dm 3
•
Zugfestigkeit R zB [MPa]
•
Zug-E-Modul [MPa]
3.900
quer + längs: 73.000
•
Bruchdehnung A [%]
4,0
3,5-4
•
Querkontraktionszahl ν
0,35
0,18
•
therm. Ausdehnungskoeffizient α [1/K]
100 ⋅ 10 −6
4,8 ⋅ 10 −6
Bild 6.18: Mechanische Werte von Harz und Glasfasern
60
6 Leichtbauwerkstoffe
6.8.1.2 Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK)
Für CFK-Verbunde werden als Matrixwerkstoffe überwiegend Epoxidharze eingesetzt, da sie die beste Oberflächenhaftung erzeugen. Gegenüber den Polyesterharzen besteht für GFKTeile der Vorteil höherer mechanischer Beanspruchbarkeit, geringere Wasseraufnahme, höhere Chemikalien- und Temperaturbeständigkeit. Anhaltswerte gibt Bild 6.19.
Eigenschaften
[
]
Epoxidharz
C-Faser HT
IM
HM
1,18-1,20
1,78
1,8
1,97
70
3.400
5.400
2.350
3.000
-
-
-
•
Dichte ρ kg/dm 3
•
Zugfestigkeit R zB [MPa ]
•
Biege-E-Modul [MPa]
•
Zug-E-Modul [MPa]
-
quer: 15.000 längs: 235.000
max. 290.000
max. 358.000
•
Bruchdehnung A [%]
5-7
1,4
1,7
0,6
•
therm. Ausdehnungskoeffizient α [1/K]
-
− 0,1 ⋅ 10 −6
-
− 0,5 ⋅ 10 −6
Bild 6.19: Mechanische Werte von Harz und Kohlenstofffaser (= Carbon) Als Faserwerkstoff /FUN 01/ werden eingesetzt: C-Fasern auf der Basis von Polyacrylnitril als so genannte PAN-Fasern (HT, IM, HM, UHM) in ca. 90 % aller Anwendungsfälle und • C-Fasern auf der Basis von Mesophasenpech (HM, UHM) für niedrige Anforderungen. •
Die verbreitetste C-Faser ist die hochfeste HT-Faser, da sie im Vergleich zu den Hochmodulfasern relativ preiswert ist. Ein guter Kompromiss stellt die IM-Faser dar. Sie hat eine höhere Steifigkeit und ein höheres Dehnungsvermögen als die HT-Faser, ist jedoch deutlich preiswerter als die C-Hochmodulfaser (HM) und Ultrahochmodulfaser (UHM). 6.8.1.3 Aramidfaserverstärkte Kunststoffe (AFK)
Die AFK-Verbunde (Kevlar) erhalten ihre Versteifung durch organische Chemiefasern (Aromatisiertes Polyamid). Die Faserfestigkeit der Aramidfasern liegt zwischen den Glasfasern und den Kohlenstofffasern. Bei den mechanischen Werten (s. Bild 6.20) ist besonders die relativ hohe Zugfestigkeit bei guter Bruchdehnung und dem geringsten spezifischen Gewicht hervorzuheben.
61
6.8 Faserverstärkte Werkstoffe Eigenschaften
[
Aramidfaser LM/HM
]
•
Dichte ρ kg/dm 3
•
Zugfestigkeit R zB [ MPa ]
2.800/2.900
•
Zug-E-Modul [MPa], längs
59.000/127.000
•
Zug-E-Modul [MPa], quer
3.000/5.000
•
Bruchdehnung [%]
•
therm. Ausdehnungskoeffizient α längs
(− 2 , 3 ⋅ 10 −6 / − 4 ,1 ⋅ 10 −6 )
•
therm. Ausdehnungskoeffizient α quer
70 ⋅ 10 −6
1,44/1,45
4/1,9
Bild 6.20: Mechanische Werte von Aramidfasern (LM = Niedrigmodulfaser / HM = Hochmodulfaser) Aramidfaserverstärkte Kunststoffe werden vor allem dort eingesetzt, wo extreme Forderungen an die Schlagzähigkeit, Materialdämpfung und den Verschleiß bei geringem Einsatzgewicht gestellt werden. Insofern findet man AFK-Bauteile bei stoßartiger dynamischer Beanspruchung. 6.8.1.4 Verbundfestigkeit
In der Tabelle des umseitigen Bildes 6.21 sind noch einmal die wesentlichen mechanischen Eigenschaften von Fasern und einiger hiermit hergestellten Faserkunststoffverbunde (FKV) aufgeführt. Die Werte gelten nur für den angegebenen Fasergehalt von φ F ≈ 0,55 bei den angegebenen Verbundschemen. Von den Größenordnungen der Werte kann rückgeschlossen werden zu der relativen Vorteilhaftigkeit sowie den möglichen Einsatzbereichen der Compounds mit der jeweiligen Aufbaustruktur. Hiernach lässt sich feststellen, dass GFK-Strukturen gegenüber AFK- und CFKStrukturen immer schwerer sein werden. CFK-Strukturen sind sowohl in der Festigkeit und Steifigkeit den Metallen überlegen. AFK-Strukturen liegen etwa in der Mitte. AFK-Aufbauten haben Vorteile bei stoßartigen, dynamischen Beanspruchungen, da sie hinreichend elastisch sind.
62
6 Leichtbauwerkstoffe
Mechanische Eigenschaften von Verstärkungsfasern Faserart
ρªkg/dm 3 º «¬ »¼
Eigenschaften E FII [MPa ] R zB MPa
α [1/K]
E-Glas-Fasern
2,54
isotrop
73 ⋅ 103
3.000
4,8 ⋅ 10 −6
Aramid-Fasern
1,44
anisotrop
60 ⋅ 103
2.800
αII = −2 ⋅10−6 α⊥ = 70 ⋅10−6
C-Fasern (HT-Typ)
1,78
anisotrop
235 ⋅ 103
3.400
C-Faser (HM-Typ)
1,97
anisotrop
358 ⋅ 103
2.350
αII ≈−0,1⋅10−6 bis − 0,5 ⋅ 10.−6 α⊥ ≈ 30 ⋅10−6
Mechanische Eigenschaften von faserverstärkten Kunststoffverbunden (für Faservolumenanteil φF = 0,55) 3 ~ 40 ⋅ 10
UD GFK
4,5 ⋅ 10
2,20
20-50 40-70
35 ⋅ 10−6
25 ⋅ 103
400-550
12 ⋅ 10−6
TD
22 ⋅ 103
250-350
12 ⋅ 10 −6
~ 30 ⋅ 103
>1.200
− 3 ⋅ 10−6
6 ⋅ 103
15-30
70 ⋅ 10 −6
2 ⋅ 10 3
20-40
BD
40 ⋅ 103
750
0
TD
3
500
0
~ 120 ⋅ 103
>1.700
0
8 ⋅ 103
20-40
40 ⋅ 10−6
5 ⋅ 103
40-100
1,33
UD CFK
3
BD
UD AFK
12 ⋅ 103
−6 800 - 1.100 (6 − 8)⋅10
1,50
30 ⋅ 10
3
BD
40 ⋅ 10
TD
30 ⋅ 103
550
1,5 ⋅ 10 −6
370
1,5 ⋅ 10 −6
Bild 6.21: Werte von Faserverbundwerkstoffen abgestimmt mit Probenexperimenten Anmerkung: UD = uni-direktional, BD = bi-direktional, TD = tri-direktional
63
6.8 Faserverstärkte Werkstoffe 6.8.2
Faserverstärkte Metalle
Wie bei den Kunststoffen verspricht auch die Faserverstärkung von Leichtmetallen zukünftig Bedeutung zu erlangen. Erste Ansätze zeichnen sich im bor- und kohlenstofffaserverstärkten Aluminium bzw. stahldrahtverstärktem Aluminium sowie im kohlenstofffaserverstärktem Nickel ab. Zielsetzung ist es dabei, unter Erhalt der niedrigen Dichte dieser Werkstoffe die Festigkeit und Steifigkeit, insbesondere unter erhöhten Temperaturen (T > 500 °C), zu stabilisieren. Auf die damit zusammenhängenden Aspekte soll noch kurz eingegangen werden: •
Bor- und kohlenstofffaserverstärkte Aluminium-Verbundwerkstoffe erreichen vielfach höhere mechanische Werte als ausgehärtete oder legierte Aluminiumlegierungen. Die Herstellung dieses Compounds ist allerdings sehr schwierig, da Aluminium die Fasern erst bei hohen Temperaturen vollständig benetzen kann. Des Weiteren sind besondere Vorkehrungen gegen unerwünschte chemische Reaktionen der Schmelze erforderlich, da durch die Bildung von Al-Karbiden der Verbund an Festigkeit wieder einbüßt.
Ein in Pilotanlagen erprobtes Verfahren ist das Plasmaspritzen von so genannten Al-BTapes (s. Bild 6.22). Zur Herstellung von Blechen werden mehrere Tapes übereinander gelegt und durch Lotplattierung oder Diffusionsschweißen miteinander verbunden. Durch die Anordnung der einzelnen Tapes können sowohl undirektionale als auch Winkelverbunde hergestellt werden. Fertigteile gewinnt man dann durch Ausfräsen oder Funkenerosion. Phasenbrenner Al-Pulver
a) Wolframseele
Spritzschicht Tape
B-Faser b)
Al-Trägerfolie
Bild 6.22: Verstärktes Bor-Aluminium a) Herstellung durch Plasmaspritzen b) Aufbau von Struktur aus geschichteten Tapes Im folgenden Bild 6.23 sind einige Richtwerte zu den mechanischen Eigenschaften aufgeführt, die an Probestäben ermittelt worden sind.
64
6 Leichtbauwerkstoffe Fasergehalt:
φF
[%]
Dichte:
ρ
[kg/dm ]
Zugfestigkeit:
σ zBΙΙ [MPa]
1.064
σ zB⊥ [MPa]
91
44 3
2,52
E ΙΙ
[MPa]
1,7465 ⋅ 105
E⊥
[MPa]
1,0607 ⋅ 105
Scherfestigkeit:
τ ΙΙ⊥
[MPa]
53
Gleitmodul:
G ΙΙ⊥
[MPa]
3,462 ⋅ 104
Fasergehalt:
φF
[%]
Biegebruchfestigkeit:
σ bB
[MPa]
1.071
Biege-E-Modul:
Eb
[MPa]
2,143 ⋅ 105
E-Modul:
53
Bild 6.23: Werkstoffkennwerte von Al-B-Verbundwerkstoffen in Abhängigkeit vom Fasergehalt •
Ein weiterer möglicher Verbund ist Stahldraht-Aluminium, bei dem martensitische Stahldrähte (d ≈ 150 μm, R m ≥ 3.000 MPa) in AlMgSi1 eingelagert werden. Hierbei konnten bei 35 % Drahtanteil durchschnittliche Zugfestigkeiten von R m ≈ 1.200 MPa in Faserrichtung gemessen werden. Herstellverfahren für derartige Tapes ist das Heißpressverfahren, Plasmaspritzen und die Schmelzinfiltration.
•
Die Entwicklung von Al-C-Verbunden ist dagegen noch nicht so weit fortgeschritten, als dass dafür schon verlässliche Materialwerte angegeben werden können. Erste Proben zeigen aber schon, dass die Verbundfestigkeiten unter denen der Al-B-Verbunde liegt.
•
Kohlenstofffaserverstärktes Nickel befindet sich derzeit ebenfalls noch in der Entwicklung. Probleme bereitet hier die Reaktionsfreudigkeit des Ni mit C bei Temperaturen um 900 °C, bei denen die Kohlenstofffasern zu Grafitflocken umkristallisieren. Insofern sind derzeit bei der Stabilisierung der Warmfestigkeitswerte noch keine durchgreifenden Erfolge abzusehen.
•
Mit Mg-C (kohlenstofflangfaserverstärktes Magnesium) zeichnet sich ebenfalls eine interessante Entwicklung für ultraleichte Fahrzeugkomponenten (Motorenbau, Fahrwerk) ab. Die im Labor hergestellten Proben zeichnen sich durch niedrige Dichte bei hoher Festigkeit, Verschleißbeständigkeit und Wärmeleitfähigkeit bei geringer Ausdehnung aus.
Ebenso wie die Faser-Kunststoff-Verbunde werden in naher Zukunft auch den MetallMatrix-Verbunden (allgemein als MMC = Metal Matrix Composites bezeichnet) ein festes Anwendungsfeld im Leichtbau eingeräumt.
65
7 Gestaltungsprinzipien im Leichtbau Die Natur bedient sich innerhalb der Schöpfung von Pflanzen und Lebewesen vielfältig bewährter Prinzipien. So ist nachweisbar, dass biologische Bauweisen stets mit möglichst geringster Energie hergestellt werden, stets massearm und langlebig sind. Dies ist auch insofern notwendig, da der Materialaufwand jeweils mit der Stoffwechselleistung produziert wird, für die erforderliche Beweglichkeit eine günstige Massenverteilung und abgestimmte Steifigkeiten anzustreben sind. Bei vielen technischen Lösungen wurde die Natur mit Erfolg kopiert. Beispiele (s. Bild 7.1) hierfür geben Stützkonstruktionen, Sandwich- oder Faserverbundbauweisen, die erst neuartige Konstruktionen ermöglicht haben. a) Stützkonstruktionen Versteifungsprinzip eines Seerosenblattes
Struktur eines Schmetterlingflügels
Struktur der Eischale eines Insektes b) Sandwichkonstruktionen
Schädel eines Säugetieres
Blatt einer Alge
Sandwichwabenelement
c) Faserverbundkonstruktionen
Bruchfläche eines Seeigelzahns Bild 7.1: Bauweisen in der Natur nach /NAC 82/
Bruchfläche eines GFK-Werkstoffes
66
7 Gestaltungsprinzipien im Leichtbau
Die Natur stellt mit 1,5 Mio. Tier- und 0,5 Mio. Pflanzenarten ein unendliches Reservoir für technisch funktionale Lösungen mit hohem Leistungsvermögen dar. So verfügt beispielsweise der Chitinpanzer des Käfers auf Grund seiner Sandwichstruktur über eine enorme Druckfestigkeit; der Weizenhalm zeigt als hohle Verbundkonstruktion eine extreme Knickfestigkeit, und selbst große Schädelstrukturen sind durch Pneumatisierung ungeahnt leicht. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass nicht einfach übernehmen, sondern nur zweckgerechtes Adaptieren zum Ziel führt.
7.1 Strukturmerkmale Ein Grundprinzip der Natur ist, „körpereigene Masse“ vorrangig dort „anwachsen“ zu lassen, wo die größte Belastung auftritt: Axiom der gleichmäßigen Oberflächenspannung. An Stellen mit geringerer Belastung findet dagegen eine Materialabnahme statt. So findet man als Bauprinzipien vielfach dünnwandige, profilierte Stabprofile bzw. geschlossene Rohre oder gefächerte und verrippte Flächentragwerke vor. Die Profilierung ist hierbei stets belastungsoptimal. Prinzipien /WIE 84/ sind hierbei: − Wenn möglich wird eine Zugbeanspruchung angestrebt. Derartige Strukturen benötigen keine Biegesteifigkeit, da keine Instabilitäten auftreten. − Falls Druckbeanspruchungen auftreten, werden Maßnahmen gegen Instabilität durch Profilierung, Segmentierung oder stützende Anbindungen vorgesehen, die aber meist zu einer Gewichtszunahme führen. − Biege- oder Torsionsbeanspruchungen in massiven Querschnitten werden vermieden, da derartige Querschnitte nicht richtig ausgenutzt werden. Die Werkstoffe zeichnen sich ebenfalls durch eine extrem geringe Dichte (z. B. Spinnseide: ρ = 0,11 kg/dm 3 , Vogelfedern: 0,115 kg/dm 3 , Chitin*): 0,14 kg/dm 3 ) aus. Stabilität wird durch die Einlagerung von Elastin, Kollagen und Resilin mit gummiartigen Eigenschaften
(ρ = 1,2 kg/dm 3 , E ≈ 10 − 20 N/mm 2 )
hergestellt. Flächige Strukturen erhalten hingegen ihre Steifigkeit durch Wachstumspfad (s. Blätter), die gleichzeitig Strukturen segmentieren und dadurch eine hohe Biege- und Beulsteifigkeit haben.
7.2 Konstruktive Prinzipien Die Entwicklung einer Leichtbau-Konstruktion ist bekanntlich ein mehrstufiger Prozess, bei dem verschiedene Schleifen innerhalb der Konzipierung und Realisierung /JOR 86/ zu durchlaufen sind. Um den Aufwand an Mitteln und Zeit zu begrenzen, sollte vorhandenes Erfahrungswissen möglichst frühzeitig in die Entwürfe einfließen. Es zeigt sich nämlich in der Praxis, dass die Beherzigung natürlicher Prinzipien stets zu intelligenten Konstruktionen führt. Alle Verstöße hiergegen wirken zurück durch erhöhten Aufwand in der Konstruktion, Gewichtswertung und Herstellung. In vielerlei Hinsicht gibt uns die Bionik gewährte Richtungen (Form/Topologie und Gestalt) vor, wie Bauteile/Strukturen optimiert werden können.
*)
Anmerkung: Chitin = Cellulose ähnlicher Stoff; Elastin = Gerüsteiweiß; Kollagen = Bindegewebsleim; Resilin = elastische Substanz aus Protein-Ketten
67
7.2 Konstruktive Prinzipien
Einige Anhaltspunkte für ein abgestimmtes leichtbaugerechtes Konstruieren sollen die folgenden Regeln geben: 1. Regel: Möglichst direkte Krafteinleitung und Kraftausgleich Es ist anzustreben, dass Kräfte stets unmittelbar in die Haupttragstruktur eingeleitet werden. Umleitungen oder Umlenkungen führen wegen komplizierter Spannungszustände oft zu höheren Belastungen mit entsprechenden Konsequenzen auf die Dimensionierung und das Eigengewicht (etwa 10fach schwerer). Schematisierte Beispiele dazu gibt Bild 7.2.
zu Regel 1:
ungünstig
besser
Hinweise
F F N, Q, M
· direkte Einleitung der Kraft in die Hauptstruktur
N, Q
N, M F
F
F1 F2 F3 F4
F
N F
p
F1 F2 F3 F4
F
· keine Umleitung von Kräften · möglichst großflächige Einleitung von Kräften · möglichst direkte Unterstützung von Kräften
Bild 7.2: Typische Krafteinleitungsprobleme in Tragwerken Wenn möglich sollte versucht werden, unsymmetrische Konstruktionen zu symmetrisieren. Als Vorteil kann dann ein innerer Kräfteausgleich genutzt werden. Dies führt bei reinen Stützkonstruktionen (Stäbe und Balken) zu der oft besser ausgenutzten Schubfeldkonstruktion. Gleiche Überlegungen sind bei Profilen anzustellen. Ein geschlossenes Profil ist vielfach höher belastbar (etwa 30fach) und deformiert sich viel geringer (1/300fach) als ein offenes Profil. Dies gilt bei jeder Querschnittsgeometrie. Das Prinzip muss also sein, Konstruktionen oder Profile zu schließen und gegebenenfalls zu segmentieren. Im umseitigen Bild 7.3 ist versucht worden, dies exemplarisch herauszustellen.
68
7 Gestaltungsprinzipien im Leichtbau
zu Regel 1: ungünstig
besser
Hinweise F
F
· parallele Strukturen sollten möglichst symmetrisiert werden F
· offene Strukturen sollten möglichst geschlossen werden
q (s )
Mt
Mt
q = konst.
Bild 7.3: Typische Kraftausgleichsprobleme in Tragwerken und Profilen
2. Regel: Realisierung eines möglichst großen Flächenträgheits- bzw. Widerstandsmomentes Bei biege-, torsions- und knickgefährdeten Bauteilen gilt es, stets große Trägheitsmomente bzw. Widerstände bei möglichst kleiner Fläche zu erzielen, d. h. quantitativ den Profilformfaktor fP =
i2 = A2 A J
(7.1)
zu maximieren. Dies gelingt, indem viel Material aus der Mitte weggeschoben und in die äußere hoch belastete Zone angeordnet wird. Im Bild 7.4 sind Entwicklungsschritte vom Vollquerschnitt über Hohlquerschnitt bis zum Sandwichbalken dargestellt. Mit Hohlprofilen können gewöhnlich höhere Flächenträgheitsmomente als mit Vollquerschnitten erzielt werden. Hierbei gilt die Einschränkung, dass sich die Abmessungen regelmäßig vergrößern, aber das Eigengewicht gesenkt wird. Auch lassen sich Sandwiche durch eine entsprechende Kernstruktur gut den herrschenden Belastungsarten anpassen, wobei strukturierte Kerne eine etwa 4fach größere Knicksteifigkeit haben als homogene Kerne.
69
7.2 Konstruktive Prinzipien zu Regel 2: ungünstig
besser
Hinweise · möglichst Hohlprofile · Einsatz von dünnwandigen Profilen mit leichtem Stützkern
F Mb Mt
F
Bild 7.4: Querschnitte mit großem Profilformfaktor
3. Regel: Feingliederung von Strukturen Durch eine aufgelockerte Bauweise können insbesondere Flächentragwerke bei kleiner Querschnittsfläche merklich versteift werden. Ein verripptes oder mit Untergurten unterstütztes Tragwerk oder ein Sandwichaufbau ist dabei einem massiven Tragwerk vielfach überlegen. Exemplarisches Beispiel hierzu zeigt Versteifung einer Platte durch Rippen, Untergurte und als Gitter- bzw. Noppenblech.
zu Regel 3:
ungünstig
besser
p2 p1 Hinweis: · anstatt Vollquerschnitte sollten dünnwandige Stützquerschnitte realisiert werden
Gitterblech
Noppenblech
Bild 7.5: Versteifung einer Platte durch Rippen oder Untergurte
70
7 Gestaltungsprinzipien im Leichtbau
4. Regel: Nutzung der natürlichen Stützwirkung durch Krümmung Die Biege-, Knick- und Beulsteifigkeit von geraden Scheiben und Platten lässt sich durch Vorkrümmung vielfach erhöhen, weil hierdurch das Flächenträgheitsmoment ansteigt und die Neigung zur Instabilität angehoben wird. Prinzipanwendungen dazu zeigt Bild 7.6.
zu Regel 4: ungünstig
besser
Hinweise F
F
· gekrümmte Formen erhöhen kritische Knick- und Beullasten q
q
p
p
Twinblech
p
· den Lasten entgegengesetzte Krümmungen wirken Durchbiegungen entgegen und stabilisieren gegen Durchschlagen
Bild 7.6: Traglasterhöhung durch vorgekrümmte Bauteile
5. Regel: Gezielte Versteifung von Konstruktionen in den Hauptbelastungsrichtungen Durch die gezielte Einbringung von Ortho- oder Anisotropien kann die Steifigkeit eines Bauteils in bestimmten Vorzugsrichtungen angehoben werden. Möglich ist dabei die Nutzung so genannter konstruktiver oder werkstoffmechanischer Anisotropien, wodurch die Tragfähigkeit und die Instabilitätsgrenze ansteigt. Beispielhafte Lösungen dazu zeigt Bild 7.7.
71
7.2 Konstruktive Prinzipien zu Regel 5: ungünstig p
besser p
p
p
p
p
p
· Einbringen von Sicken zur Versteifung knickgefährdeter Bauteile
p
p
p
Hinweise
p
Faser Matrix p
· Ausrichtung von Fasern in Kraftrichtung (UDVerbund)
Bild 7.7: Gezielt versteifte Bauelemente Abgestimmte Versteifungen können auch durch unterschiedliche Blechdicken (z. B. Tailored Blanks bzw. -Tubes) erzeugt werden. Hierbei werden Bleche unterschiedlicher Dicke und Qualität laserverschweißt und gemeinsam verformt. Damit lassen sich Hohlprofile (gegebenenfalls IHU*) oder Pillow-Hydroforming-konturiert) und flächenartige Großbauteile herstellen. Des Weiteren ist es auch möglich, steifigkeitsabgestimmte Werkstoffkombinationen wie beispielsweise St-Al-Profil/Blech-Verbunde (laserwalzplattierte Transition Joints) einzusetzen. Als Verbindungstechnik wird hierbei ein gezieltes Oberflächenanschmelzen und Verpressen der Teile genutzt.
*)
Anmerkung: IHU = Innenhochdruck-Umformung mit flüssigen Wirkmedien bei p = 3.000 bar. Geeignet für St- und Al-Legierungen.
72
7 Gestaltungsprinzipien im Leichtbau
2,5
Bild 7.8: Flächenartige Versteifung durch Blechdickenvariation und Geometrieanpassung an einem Pkw-Radgehäuse 1,3
6. Regel: Bevorzugen des integrativen Prinzips Eine Leichtbaukonstruktion sollte unter der Prämisse so wenig Einzelteile wie möglich aufgebaut werden. Das Zusammenbringen von Einzelteilen führt zu zusätzlichem Verbindungsaufwand, zu Montage- und Zuverlässigkeitsproblemen. Lösungsansätze hierzu zeigt Bild 7.9. Der meist höhere Werkzeugaufwand ist gegebenenfalls durch die Werkstoffersparnis, den Sicherheitsgewinn oder die geringere Teilzahl zu rechtfertigen.
zu Regel 6: ungünstig F 2 F 2
besser
Hinweise
F F 2 F 2
F · Reduzierung von Einzelteilen und somit Vermeidung von Verbindungsaufwand
Bild 7.9: Zusammenfassen von Einzelteilen zu einstückigen Bauteilen
73
7.2 Konstruktive Prinzipien 7. Regel: Absolute Ausschöpfung einer Konstruktion
Extremer Leichtbau ist nur zu realisieren, wenn überzogene Sicherheitsbegriffe (Angstzuschläge für nicht eindeutig erfassbare Randbedingungen) in Frage gestellt werden. Dies hat zur Voraussetzung: − genaue Kenntnis der Kräfte (Größe, Richtung), − Einsatz hochwertiger Werkstoffe mit garantierten Spezifikationen, − Verwendung genauer Berechnungsmethoden (FEM), − optimierte Geometrie (Kerben, Kraftfluss) und gegebenenfalls zur Absicherung − gezielte Vorversuche an konstruktiven Details. Die Sicherheitsproblematik ist besonders im Stahlbau von Bedeutung, wo große Konstruktionen im Freien stehen und beim Versagen Menschenleben gefährdet werden können.
zu Regel 7: zu berücksichtigen
Häufigkeit
Kraftverlauf Werkstoffkenngrößen NV
NV
Sicherheitsabstand
Merkmale
Bild 7.10: Sicherheitsbegriff im Stahlbau mit normalverteilter Last und statistischen Werkstoffkenngrößen
Bei dynamisch beanspruchten Leichtbaukonstruktionen ist noch ergänzend zu den vorherigen Regeln zu fordern: 8. Regel: Erreichung einer vorgegebenen Nutzungs- und Lebensdauer Leichtbauteile weisen in der Regel typische Schwachstellen (Kerben, Risse) mit Spannungskonzentrationen auf. Bei dynamischer Beanspruchung begrenzen diese Stellen den sicheren Betrieb einer Konstruktion mit der Folge des Versagens. Auf der Basis eines Lebensdauernachweises (theoretisch/experimentell) sind daher Maßnahmen zur Sicherstellung vorgegebener Nutzungsdauererwartungen zu ergreifen. In der Regel verlangt eine hohe Nutzungsdauervorgabe eine Reduzierung der Beanspruchung, die Wahl eines geeigneten Werkstoffs und verschiedene Anpassungen bei der Form und der Geometrie eines Bauteils/Struktur. Es zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass oft gegen die vorstehenden Regeln verstoßen wird. Als Folge dessen erhält man Konstruktionen, die vom Standpunkt des Leichtbaus ungünstig sind.
74
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen Im folgenden Kapitel sollen zur Basislegung der Leichtbautheorie einige wesentliche Zusammenhänge der Mechanik bzw. Festigkeitslehre aufbereitet werden.
8.1 Bauelemente Ein reales Tragwerk ist eine aus verschiedenen einzelnen Bauelementen zusammengesetzte Konstruktion unter einer äußeren Belastung und mit bestimmter Stützung. Derartige Konstruktionen sind der Berechnung meist nicht geschlossen zugänglich, sondern müssen idealisiert werden. Elemente zur Idealisierung sind Stäbe, Balken, Scheiben, Platten und Schalen, deren elastizitätstheoretisches Verhalten gut beschreibbar ist. Nachgebaut wird hiermit ein Tragwerksmodell. Die Lösung ist also immer die Lösung des Modells, die umso besser ist, je exakter die reale Geometrie, die Lagerung und die Belastung approximiert wurden. Da Modelle die Realität aber nur näherungsweise erfassen können, muss man sich über die möglichen Abweichungen der Lösung bewusst sein. Bei den Strukturmodellen wird zwischen drei Grundtypen unterschieden, und zwar in stabartige Tragwerke, Flächentragwerke und Raumtragwerke. •
Ein stabartiges Bauelement (Bild 8.1) ist dadurch gekennzeichnet, dass seine Länge L stets groß gegen seine Querschnittsabmessungen ist. Demgemäß spricht man vom Stab, wenn eine Belastung ausschließlich in Richtung der Längsachse erfolgt und vom Balken, wenn auch Kräfte und Momente quer zur Längsachse wirken.
Mbz Mt Qy
N L
x N
d
d
Mt
y x
Qz
t Mby
(+) Qy N
Mt Mbz
Bild 8.1: Kräfte am reinen Stab und Balken
(-)
N
Mt Mby
z
Qz
75
8.1 Bauelemente
Im Leichtbau verwendet man vorwiegend dünnwandige, offene und geschlossene Profile. Das Merkmal für Dünnwandigkeit ist dabei die relative Kleinheit der Wanddicke t gegenüber den anderen Querschnittsabmessungen: t << d << L bzw. t < (0,05 – 0,07) ⋅ d . •
Ein Flächentragwerk (Bild 8.2) wird aus Bauelementen gebildet, bei dem die Dicke t klein gegen die anderen Abmessungen ist. Ist die Mittelfläche eben und wirken alle Kräfte in dieser Mittelfläche, so wird das Element mit Scheibe bezeichnet. Treten dagegen Kräfte senkrecht zur Mittelfläche auf, oder wird das Element am Rand durch Momente belastet, so liegt eine Platte vor.
•
Wird ein Flächentragwerk durch einfach oder doppelt gekrümmte Bauelemente (Bild 8.3) gebildet, so liegt eine Schale vor. Eine Schale kann sowohl mit Kräften in der Mittelebene als auch senkrecht dazu beaufschlagt werden. Bezüglich der Schnittkräfte ergeben sich die Schalenkräfte aus der Überlagerung von Scheibe und Platte.
nx
ny
qyx
qxy
px
x,u
py y, v
ny
qyx
qxy
nx
mxy
y
qxz
mx
my
z, w
pz
qyz
myx x mx
my myx
qxy
mxy
qyz px, py, pz = äußere Kräfte
Bild 8.2: Kräfte an Scheibe und Platte
z, w py
nx, ny
pz px
y, v Bild 8.3: Kräfte an der Schale (Scheibe und Platte)
= Normalkräfte/Länge
qxy, qxz = Querkräfte/Länge x,u mx, my = Biegemomente/Länge mxy, myx = Drillmomente/Länge
76 •
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen Unter einem Raumtragwerk versteht man dagegen eine aus verschiedenen mechanischen Grundelementen zusammengesetzte Konstruktion, die in allen drei Raumrichtungen Abmessungen gleicher Größenordnung aufweist.
8.2 Geometrische Beschreibungsgrößen Um die vorstehenden Bauelemente hinsichtlich ihrer Belastungseigenschaften quantifizieren zu können, müssen im Weiteren die geometrischen Merkmale erfasst werden. Hierzu sind die Flächen, Flächenträgheitsmomente und Widerstandsmomente zu ermitteln. 8.2.1
Flächenträgheitsmomente
Als ein Flächenmoment gilt der Ausdruck Abstand mal Flächenteilchen zur Bezugsachse. Somit ist ein Flächenmoment immer mit der Angabe der Bezugsachse zu kennzeichnen (Bild 8.4). z
η
dA y ξ A
r SP
zSP
ξ
ρ 0
z ySP
y
Bild 8.4: Zur Ableitung der Flächenmomente auf Schwerpunkt- bzw. kartesisches Bezugssystem (x, y) Die Flächenmomente 1. Ordnung Sy =
³ z dA ,
A
S z = ³ y dA
(8.1)
A
bezeichnen die statischen Momente. Aus ihrer Definition leitet sich die Lage des Schwerpunktes
77
8.2 Geometrische Beschreibungsgrößen
ySP =
1 1 ⋅ ³ y dA , zSP = z dA A A A A³
(8.2)
ab. Fallen Bezugspunkt und Schwerpunkt der Gesamtflächen zusammen, d. h. wird ySP = zSP = 0 , so gilt:
³ ξ dA = 0, ³ η dA = 0
A
,
(8.3)
A
d. h., die statischen Momente sind bezogen auf die Achsen durch den Schwerpunkt einer Fläche gleich null. Die Flächenmomente 2. Ordnung Jy =
³z
2
dA , J z =
A
³y
2
(8.4)
dA
A
werden als axiale Flächenträgheitsmomente bezeichnet. Beim Kreisquerschnitt erhält man aus ihrer Addition das polare Flächenträgheitsmoment
Jp = Jy + Jz =
³ (z
2
)
+ y 2 dA =
A
³r
2
dA .
(8.5)
A
Darüber hinaus existiert noch ein gemischtes Moment <
J yz = − ³ y ⋅ z dA = 0 , A
>
(8.6)
das Deviationsmoment heißt und das bei der Spannungsverteilung in dünnwandigen, offenen Profilen eine Rolle spielt. 8.2.2
Steiner’scher Satz
Der Satz von Steiner wird zur praktischen Berechnung von beliebig zusammengesetzten Flächen benutzt. Danach wird von einem um y = ySP + ξ
(8.7)
und/oder z = zSP + η
verschobenen Koordinatensystem ausgegangen. Nach Einsetzen von Gl. (8.7) in (8.4) folgt
78
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen Jy =
³ (zSP
A
2
+ η) dA = z SP 2 ³ dA + 2z SP ³ ηdA + ³ η2 dA, A
A = 0 SP − Systeme
A eigene Achse
(8.8)
J y = J ξ + zSP 2 ⋅ A bzw . J z = J η + ySP 2 ⋅ A
(8.9)
sowie J yz = J ξη − ySP ⋅ zSP ⋅ A
(8.10)
für das gemischte Flächenträgheitsmoment. 8.2.3
Flächenträgheitsmomente zusammengesetzter Profile
Viele Großquerschnitte sind oft filigran aus vielen Einzelprofilen aufgebaut. Für das im Bild 8.5 dargestellte Profil ergibt sich folgender Ansatz: ª ª t ⋅ h 3 b ⋅ t 23 h 2º h 2º + + b ⋅ t 2 §¨ ·¸ » + ¦ J p i + ¦ «A p ⋅ §¨ i ·¸ » J ges = 2 « 1 i © 2 ¹ 12 © 2 ¹ ¼» ¬« ¼» ¬« 12
(8.11)
mit A p , J p als Summe der Eckprofile und der Gurte. Bei großen Abmaßen und dünnen Blechen ist meist der Steiner’sche Anteil dominierend, sodass in der Regel die Eigenträgheitsmomente der Versteifungen und des äußeren Blechs vernachlässigt werden können.
a
t1
a
t2
b a
a
a
h2 2
h1 2
h
AE, JE
AG, JG
Bild 8.5: Querschnitt eines ausgesteiften Kastens (z. B. Lkw-Kofferraum)
79
8.2 Geometrische Beschreibungsgrößen
Eine andere Möglichkeit, das Trägheitsmoment zu erfassen, besteht im Verschmieren, d. h., alle Versteifungen werden zu einem neuen homogenen Querschnitt zusammengefasst. Für gleiches Trägheitsmoment gilt dann die Beziehung 2
2
§h · §h· §h· A Bl 2 ⋅ ¨ ¸ + ¦ A Pi ⋅¨ i ¸ = A Bl 2 ⋅ ¨ ¸ © 2¹ © 2¹ © 2¹
2
oder
(8.12)
(
2
)
h A Bl 2 = t 2 ⋅ b = A Bl 2 + ¦ A Pi ⋅ i2 , h worin jetzt t 2 die Ersatzblechdicke des Deckbleches bezeichnet. Für das Gesamtflächenträgheitsmoment ergibt sich so wieder t ⋅ h3 J ges ≈ 2 1 + 2 A Bl 2 12
8.2.4
2
§ h· ⋅¨ ¸ . © 2¹
(8.13)
Transformierte Flächenträgheitsmomente
Oftmals tritt der Fall auf, dass alle Flächenträgheitsmomente eines Bezugssystems bekannt sind, jedoch aus Belastungsgründen die Beschreibungsgrößen für ein anderes Koordinatensystem relevant sind. In Bild 8.6 ist der Fall dargestellt, dass zu dem y-, z-Grundsystem ein neues ξ-η-System und ein so genanntes 1,2-Hauptachsensystem existieren. η
z
2 y φ ξ=
sφ + y · co
φ z · si n
η = -y ·sinφ + z · cosφ z
φ ξ
φ α
y
ψ
1
Bild 8.6: Gedrehte Flächenmomente bezüglich eines Koordinatensystems
80
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen
Mit den Transformationsbeziehungen folgt dann
J ξ = ³ η 2 dA = ³ y 2 ⋅ sin 2 φdA + ³ z 2 ⋅ cos 2 φdA + 2 ³ yz ⋅ sin φcos φdA , J η = ³ ξ 2 dA = ³ y 2 ⋅ cos 2 φdA + ³ z 2 ⋅ sin 2 φdA − 2 ³ yz ⋅ sin φcos φdA , J ξη = − ³ ξηdA = ³ y 2 ⋅ sin φcos φdA − ³ z 2 ⋅ sin φ cos φdA − ³ yz ⋅ cos 2 φdA ,
(8.14)
+ ³ yz ⋅ sin 2 φdA. Werden die Integrationen ausgeführt, so werden J ξ = J y ⋅ cos 2 φ + J z ⋅ sin 2 φ + J yz ⋅ 2 sin φ cos φ, J η = J y ⋅ sin 2 φ + J z ⋅ cos 2 φ − J yz ⋅ 2 sin φ cos φ,
(
)
(
(8.15)
)
J ξη = J z − J y sin φ cos φ + J yz cos 2 φ − sin 2 φ .
Mit Hilfe der bekannten Beziehungen cos 2 φ =
1 1 (1 + cos 2φ), sin 2 φ = (1 − cos 2φ), 2 sin φ ⋅ cos φ = sin 2φ 2 2
kommt man zu den umgeformten Gleichungen Jy + Jz Jy − Jz + cos 2 φ + J yz sin 2 φ , 2 2 Jy + Jz Jy − Jz Jη = − cos 2 φ − J yz sin 2 φ , 2 2 Jy − Jz J ξη = − sin 2 φ + J yz cos 2 φ , 2 Jξ =
(8.16)
die zweckmäßiger anzuwenden sind. 8.2.5
Hauptflächenträgheitsmomente
Insbesondere bei Profilen (z. B. Bild 8.7) interessieren oft die Extremwerte der Flächenträgheitsmomente. Aus der vorstehenden Hauptachsenbedingung kann sofort die Winkellage der Hauptachsen zueinander mit tan 2 φ =
2 J yz Jy − Jz
(8.17)
bestimmt werden. Unter Einhaltung folgender Orientierung J y > J z und zufolge der Beziehung
81
8.3 Elastizitätsgleichungen tan 2 φ = tan ( 2 φ − 180° ) ≡ tan 2 ( φ + 90° )
gibt es zwei aufeinander senkrecht stehende Achsen mit φ1 = − α , φ 2 = − α +
π , 2
(8.18)
die als Hauptachsen die Extremwerte J1, 2 =
Jy + Jz 1 ± 2 2
(J y − J z )2 + 4 J yz2
aufweisen. 2
φ 2 = −α +
1
π 2 y
φ1 = − α 1
2
z
Bild 8.7: Unsymmetrischer Profilquerschnitt
8.3 Elastizitätsgleichungen Unter der Einwirkung äußerer Kräfte verformt sich jeder elastische Körper bzw. jedes Tragwerk. Verformungen sind demgemäß mit Verzerrungen und diese wiederum mit Spannungen /CZE 67/ verbunden. Zum Zweck einer Dimensionierung müssen die bestehenden Zusammenhänge bekannt sein. 8.3.1
Verschiebungen und Verzerrungen
Mit dem Vorhandensein von Kräften und Momenten treten stets Verschiebungen auf, die als Abstandsänderungen definiert sind. Die Verschiebungskomponenten in x-, y-, z-Richtung sollen mit u, v, w bezeichnet werden. In der linearen Theorie wird angenommen, dass diese Verschiebungen klein gegenüber dem Abstand selbst sind.
82
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen
Als Maß für die Verformung dienen die Verzerrungen, die durch Vergleich von Abständen und Winkeln vor und nach der Verformung ermittelt werden. Auf diese Weise erhält man für den dreidimensionalen Fall die Verzerrungskomponenten ∂u , ∂x ∂v , (Dehnungen ) ε yy = ∂y ∂w , ε zz = ∂z ∂u ∂ v , γ xy = + ∂ y ∂x ∂v ∂w , (Schiebungen ) γ yz = + ∂z ∂ y ∂ w ∂u . γ zx = + ∂ x ∂z ε xx =
(8.19)
Im Fall der dünnen Scheibe können die Verzerrungen anhand von Bild 8.8 veranschaulicht werden, indem die Verschiebung der Punkte A, B, C nach A', B', C' betrachtet wird. Für die Dehnungen folgt daraus § ∂u · dx¸ − dx ¨ dx + ∂x ¹ A ' B' − AB © ∂u = = ε xx = , dx ∂x AB § ∂v · dy¸ − dy ¨ dy + ∂y ¹ A ' C' − AC © ∂v = ε yy = = dy ∂y AC
(8.20)
und für die Schiebung ∂v ∂u · § dx dy ¸ ¨ π π π ∂x ∂ y ¸ ∂v ∂u = + γ xy = − < ( A ' B' C' ) = − ¨ − − . 2 2 ¨2 dx dy ¸ ∂ x ∂ y ¸ ¨ ¹ ©
(8.21)
Aus den drei Verschiebungen (u, v, w) können also über die kinematischen Gleichungen sechs Verzerrungen bestimmt werden. Somit ist zu folgern, dass zwischen den Verzerrungen auch Beziehungen bestehen müssen. Dies führt zu der Kompatibilitätsbedingung, die physikalisch aussagt, dass unter Verformungen der stetige Materialzusammenhalt gewahrt bleiben muss: 2 2 ∂2εx ∂ εy ∂ γ xy + = . ∂x∂y ∂y2 ∂x2
83
8.3 Elastizitätsgleichungen ∂v ⋅ dx ∂x
y
∂v ⋅ dy ∂y
C' dx
∂u ⋅ dy ∂y
∂v ∂v dv = ⋅ dx + ⋅ dy ∂x ∂y
dy
C dy
A'
u(x, y)
∂v ⋅ dx ∂x
∂u ∂y ∂v ∂x
v(x, y) A
B' ∂u ⋅ dx ∂x
B
dx
du =
∂u ⋅ dy ∂y
∂u ∂u ⋅ dx + ⋅ dy ∂x ∂y x
Bild 8.8: Ebene Verzerrung eines Elementes
8.3.2
Verzerrungen und Spannungen
Die zuvor definierten Verzerrungen rufen in einem elastischen Körper Spannungen hervor. Über das Stoffgesetz sind diese Verzerrungen mit den Spannungen verknüpft. Im allgemeinen Fall ist Richtungsabhängigkeit gegeben, es kann somit angesetzt werden:
[(
)
(
)
(
)
]
1 1 − ν y ⋅ ν z E x ⋅ ε xx + ν y + ν y ⋅ ν z E y ⋅ ε yy + ν z + ν y ⋅ ν z E z ⋅ ε zz , α 1 σ yy = ( ν + ν x ⋅ ν z )E x ⋅ ε xx + (1 − ν x ⋅ ν z )E y ⋅ ε yy + (ν z + ν x ⋅ ν z )E z ⋅ ε zz , α x 1 σ zz = ν + ν x ⋅ ν y E x ⋅ ε xx + ν y + ν x ⋅ ν y E y ⋅ ε yy + 1 − ν x ⋅ ν y E z ⋅ ε zz , α x (8.22) σ xx =
[ [( (
)
(
)
(
)
]
]
)
und damit α = 1 − ν x ⋅ ν y − ν x ⋅ ν z − ν y ⋅ ν z − 2 ν x ⋅ ν y ⋅ ν z und τ xy = G xy ⋅ γ xy , τ yz = G yz ⋅ γ yz , τ zx = G zx ⋅ γ zx .
(8.23)
84
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen
Dieser Spannungsansatz ist geeignet, anisotropes Materialverhalten (z. B. FaserverbundWerkstoffe) zu beschreiben. Der Regelfall wird aber isotropes Materialverhalten mit ν = ν x = ν y = ν z = konst. und E = E x = E y = E z = konst . sein. Hierfür kann dann beispielsweise folgender Grenzübergang gemacht werden: σ xx =
[
]
E (1 − ν)(1 + ν) ε xx + ν (1 + ν) ε yy + ν (1 + ν) ε zz , ν 1 + 1 − ( )( 2 ν)(1 + ν)
aus dem die bekannten Hooke’schen Gleichungen folgen:
[
)]
(
E (1 − ν )ε xx + ν ε yy + ε zz , (1 + ν )(1 − 2ν ) E (1 − ν )ε yy + ν(ε xx + ε zz ) , σ yy = (1 + ν )(1 − 2ν ) E (1 − ν )ε zz + ν ε xx + ε yy , σ zz = (1 + ν )(1 − 2ν )
σ xx =
[
[
τ xy =
E
2(1 + ν )
]
(8.24)
)]
(
γ xy ,
E γ yz , 2(1 + ν ) E τ zx = γ zx . 2(1 + ν )
(8.25)*)
τ yz =
Wegen der vorausgesetzten Isotropie lässt sich insbesondere der Gleitmodul durch den Elastizitätsmodul ersetzen. 8.3.3
Gleichgewicht
Zur Bewertung der Beanspruchung infolge von Belastungen ist stets Gleichgewicht herzustellen. Im Bild 8.9 ist dazu ein Volumenelement unter volumenhaften Lasten dargestellt. Gleichgewicht ist gegeben, wenn sich in den drei Koordinatenrichtungen die Kräfte aufheben, z. B. ∂τ yx · § § · ∂σ = 0 : − σxx ⋅ dy ⋅ dz + ¨¨ σ xx + xx dx ¸¸dy ⋅ dz − τ yx ⋅ dx ⋅ dz + ¨¨ τ yx + dy¸¸ ∂x ∂y © ¹ © ¹ § ∂τzx · dx ⋅ dz − τzx ⋅ dx ⋅ dy + ¨¨ τzx + dz¸¸dx ⋅ dy + p x ⋅ dx ⋅ dy ⋅ dz = 0; ∂z © ¹ (8.26)
¦ Kx
*)
Anmerkung: Für Metalle kann gesetzt werden: G =
E 2(1+ ν )
85
8.3 Elastizitätsgleichungen aus den drei Richtungsgleichungen folgen somit die Gleichgewichtsgleichungen ∂ σ xx ∂ τ yx ∂ τ zx + + + p x = 0, ∂x ∂y ∂z ∂ τ xy ∂ σ yy ∂ τ zy + + + p y = 0, ∂x ∂y ∂z ∂ τ xz ∂ τ yz ∂ σ zz + + + p z = 0. ∂x ∂y ∂z
(8.27)
z
σxx
∂σ σzz + dzzz dz σyx τxy
τyx
τxz ∂τyz τyz + ∂y dy ∂σyy σyy + ∂y dy
∂τ τzx + ∂zzx dz τyz
pz py τzx
τyx +
∂τzy τzy + ∂z dz
px τzy
∂τ τxz + ∂xxz dx σxx + ∂τxy τxy + ∂x dx
∂τyx dy ∂y
∂σxx dx ∂x
σzz
y
x Bild 8.9: Spannungen an den Schnittflächen eines Volumenelementes unter Volumenlasten (p x , p y , p z ) Des Weiteren kann aus dem Momentengleichgewicht noch der Zusammenhang τ xy = τ yx , τ yz = τ zy , τ zx = τ xz
hergeleitet werden, welcher belegt, dass Schubspannungen paarweise gleich sind.
(8.28)
86
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen
8.3.4
Ebene Elastizitätsgleichungen
Die Grundgleichungen der ebenen Elastizität können aus denen des dreidimensionalen Kontinuums abgeleitet werden, wenn die Komponenten in z-Richtung ignoriert werden. Alle Gleichungen hängen demnach nur noch von x und y ab: •
Es treten somit nur die Verschiebungen u und v auf,
•
hierauf folgt für die Verzerrungen
•
ε xx =
∂u 1 ≡ σ xx − ν ⋅ σ yy , ∂x E
ε yy =
∂v 1 ≡ σ yy − ν ⋅ σ xx , ∂y E
γ xy =
∂u ∂v 1 + ≡ τ xy , ∂y ∂x G
(
)
(
)
(8.29)
entsprechend ergeben sich für die Spannungen
[ ] E σ yy = (1 − ν) ε yy + ν ⋅ ε xx ], (1 + ν)(1 − 2 ν) [ σ xx =
E (1 − ν) ε xx + ν ⋅ ε yy , ν + 1 ( )(1 − 2 ν) (8.30)
τ xy = G ⋅ γ xy . Diese Gleichungen können im Weiteren noch spezialisiert werden zu einem ebenen Spannungszustand (ESZ) und einem ebenen Verzerrungszustand (EVZ). 8.3.4.1 Ebener Spannungszustand Der ebene Spannungszustand tritt näherungsweise in dünnen Scheiben bzw. an Oberflächen auf. Die Spannungen σ xx , σ yy werden hierbei als Mittelwerte über die Dicke angenommen: •
Es soll somit gelten σ zz = 0 , τ xz = 0 , τ yz = 0.
•
Für die Verzerrungen soll aber ε zz =/ 0 vorausgesetzt werden, diese bestimmt sich dann aus Gl. (8.24) zu ε zz = −
ν σ xx + σ yy . E
(
)
(8.31)
87
8.3 Elastizitätsgleichungen •
Die Spannungen ergeben sich so zu σ xx = σ yy =
E 1 − ν2 E
( ε xx + ν ⋅ ε yy ), (ε yy + ν ⋅ ε xx ),
(8.32)
1 − ν2 τ xy = G ⋅ γ xy ,
•
oder aus Einsetzen in Gl. (8.31) folgt weiter ε zz = −
ν ε xx + ε yy . 1− ν
(
)
(8.33)
8.3.4.2 Ebener Verzerrungszustand In langen dickwandigen Bauteilen unter Dehnungsbehinderung tritt dagegen ein ebener Verzerrungszustand auf, der wie folgt gekennzeichnet ist: •
Es soll hier gelten w = konst., weshalb ε zz = 0, γ yz = 0 , γ zx = 0 wird.
•
Für die Spannungen soll aber σ zz =/ 0 vorausgesetzt werden.
•
Die Verzerrungen ergeben sich somit zu
•
ε xx =
1 − ν2 § ν · σ yy ¸ , ¨ σ xx − © ¹ 1− ν E
ε yy =
1 − ν2 § ν · σ xx ¸ , ¨ σ yy − ¹ 1− ν E ©
γ xy =
1 τ xy . G
(8.34)
Für den Spannungszustand folgt dann
[
]
[
]
σ xx =
E (1 − ν) ε xx + ν ⋅ ε yy , (1 + ν)(1 − 2 ν)
σ yy =
E (1 − ν) ε yy + ν ⋅ ε xx , (1 + ν)(1 − 2 ν)
τ xy = G ⋅ γ xy .
(8.35)
88 •
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen Aus Einsetzen erhält man weiter
(
)
σ zz = ν σ xx + σ yy =
ν⋅E ε +ε . (1 + ν)(1 − 2 ν) xx yy
(
)
(8.36)
8.4 Formänderungsenergie In einigen nachfolgenden Kapiteln muss die Gleichgewichtsbedingung ersetzt werden durch ein Arbeitsprinzip. Gleichgewicht herrscht demnach, wenn die äußere Arbeit gleich ist der inneren Formänderungsenergie. Im allgemeinen Fall eines dreidimensionalen Spannungszustandes kann die Formänderungsenergie definiert werden zu
πi =
(
)
1 σ xx ⋅ ε xx + σ yy ⋅ ε yy + σ zz ⋅ ε zz + τ xy ⋅ γ xy + τ yz ⋅ γ yz + τ zx ⋅ γ zx dV. 2 V³ (8.37)
Diese Größe entspricht der im Spannungs-Dehnungs-Diagramm umrahmten Fläche. Für die spätere Anwendung ist in diesem Zusammenhang noch der Satz von Castigliano wichtig, der besagt: Wenn die Formänderungsenergie nach der Kraft abgeleitet wird, dass man dann die zu dieser Kraft gehörige Verschiebung erhält (∂π / ∂N = u ) .
σ σxx πi
εxx
ε
Bild 8.10: Definition der Formänderungsenergie bei linear elastischem Verhalten
Wenn man einmal einen eindimensionalen Spannungszustand annimmt, so ergäbe sich beispielsweise die Formänderungsenergie zu πi =
1 σ xx ⋅ ε xx dV , 2 V³
oder bei Berücksichtigung des linearen Hooke'schen Gesetzes
(8.38)
89
8.5 Elastizitätsgesetz der stabartigen Elemente
πi =
1 E ⋅ ε xx 2 dV 2 V³
(8.39)
πi =
1 σ xx 2 ³ E dV. 2V
(8.40)
bzw.
Mit den auftretenden Spannungen und Dehnungen können dann jeweils die Beanspruchungsfälle eingearbeitet werden.
8.5 Elastizitätsgesetz der stabartigen Elemente Im Bild 8.11 ist ein stabartiges Element unter den äußeren linienhaften Kräften p x , p y , p z und dem Torsionsmoment mx dargestellt.
Mz Mx
(-) y Qy + My +
dM y dx
dQ y dx
dx
py
(+)
mx
dx
Qz + dM x dx dx
Qy
My
z
pz dx
dN N+ dx dx
Mx +
x px
N
Qz
Mz +
dQ z dx dx
dM z dx dx
Bild 8.11: Gleichgewicht an einem Balkenelement (-) negatives Schnittufer, (+) positives Schnittufer Zur Bestimmung der Beanspruchung gilt es, den Zusammenhang zwischen den äußeren Lasten und den Schnittgrößen herzustellen. Diesen erhält man gewöhnlich aus dem Kräfte- und Momentengleichgewicht. Es soll zunächst gebildet werden zu
90
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen dN dx + p x ⋅ dx − N = 0 , dx dQ y ¦ K y = 0: Q y + dx dx + p y ⋅ dx − Q y = 0, dQ ¦ K z = 0: Q z + dxz dx + p z ⋅ dx − Q z = 0,
¦ Kx
= 0: N +
(8.41)
hieraus folgt N ' = − px
(8.42)
Q y' = − p y , Q z' = − p z .
(8.43)
und
Entsprechend erhält man aus dem Momentengleichgewicht dM x dx − M x + m x ⋅ dx = 0 , dx dM y + dx − M y − Q z ⋅ dx = 0 , dx dM z + dx − M z + Q y ⋅ dx = 0 , dx
¦ Mx
= 0: M x +
¦ My
= 0: M y
¦ Mz
= 0: M z
(8.44)
hieraus folgt weiter M x' = − mx ,
(8.45)
M y' = Q z , M z' = − Q y .
(8.46)
und
Bei den Biegemomenten besteht über Gl. (8.43) noch ein Zusammenhang zu den äußeren Lasten, sie können deshalb auch angegeben werden zu M y " = Q z ' = − p z , M z" = − Q y ' = p y .
(8.47)
Hieraus wird ersichtlich: Für die Längskraft N und das Torsionsmoment M x gilt jeweils eine DGL erster Ordnung, während für die beiden Biegemomente M y , M z jeweils eine DGL zweiter Ordnung maßgebend ist. Die Schnittkräfte erhält man somit aus der Integration zu N = − ³ p x ⋅ dx,
(8.48)
M x = − ³ m x ⋅ dx ,
(8.49)
L
L
91
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente und M y = − ³ p z ⋅ x dx bzw . M z = L
³ p y ⋅ x dx.
(8.50)
L
Für einen einfachen Stab muss man dagegen bei der Belastung die Annahme p y = 0, p z = 0 treffen, sodass hier grundsätzlich nur Normalkräfte und ein Torsionsmoment auftreten können.
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente Als Grundbauelemente des Leichtbaus können Flächenelemente angesehen werden, die als Blechfelder in ausgesteiften Konstruktionen, als Wände in Stabprofilen oder Mehrschichtenverbände sowie als Häute vorkommen. Nachfolgend sollen deshalb einige Grundgleichungen für isotropes Materialverhalten zusammengestellt werden. Weitere Effekte wie Instabilität sollen dabei zunächst ausgeklammert bleiben. 8.6.1
Scheibenelement
Das Scheibenelement ist zuvor als Bauelement charakterisiert worden, welches dünnwandig ist und in dem äußere Kräfte nur in der Mittelebene auftreten sollen. Demgemäß tritt in dem Element ein ebener Spannungszustand auf, für den die Elastizitätsgleichungen von Kapitel 8.3.4.1 als gültig angesetzt werden können. Im Bild 8.12 ist noch einmal ein derartiges Scheibenelement dargestellt. q yx ⋅ dx
q xy ⋅ dy n x ⋅ dy
x
n y ⋅ dx t
y
p y ⋅ dx ⋅ dy
p x ⋅ dx ⋅ dy
(q xy + q xy′ ⋅ dx) dy (n x + n x ′ ⋅ dx) dy
(q yx + q yx ⋅ dy) dx (n y + n y ⋅ dy) dx
Bild 8.12: Belastungs- und Beanspruchungszustand am Scheibenelement Von Interesse sind hier vor allem die Schnittgrößen, die aus dem Kräftegleichgewicht in den beiden Richtungen folgen zu
92
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen
(
)
' ¦ K x = 0 : n x + n x dx dy − n x dy + (q yx + q yx dy) dx − q yx dx + p x dxdy = 0 (8.51) '
n x + q yx + p x = 0,
(
)
¦ K y = 0 : (n y + n y dy ) dx − n y dx + q xy + q xy ' dx dy − q xy dy + p y dxdy = 0 (8.52) ' n y + q xy + p y = 0.
Ergänzend weist die Momentengleichung aus, dass q xy = q yx ist. Die gefundenen Beziehungen belegen also, dass in beiden Koordinatenrichtungen unabhängig voneinander Normalkräfte auftreten können, über die die Schubkräfte gekoppelt sind. Weiter wird ersichtlich, dass die hergeleiteten zwei Gleichungen nicht ausreichen, die drei unbekannten Schnittgrößen n x , n y und q xy zu bestimmen. Um dieses Problem angehen zu können, muss die Scheibengleichung aufgestellt werden. Ausgangsbeziehung hierfür ist die Kompatibilitätsbeziehung des ebenen Spannungszustandes, die aus zweimaliger Differenziation der Normaldehnungen und deren Einsetzung in die abgeleitete Gleichung zu finden ist zu 2
2
2 ∂ ε xx ∂ ε yy ∂ γ xy + − = 0. 2 2 ∂x⋅∂y ∂y ∂x
(8.53)
Für die Spannungen führt man nun eine so genannte Spannungsfunktion (Airy’sche Spannungsfunktion) F(x, y) ein, die insbesondere die Gleichgewichtsgleichungen zu befriedigen hat: 2
⋅⋅
σ xx = F =
∂ F ∂y
2
,
2
"
σ yy = F =
∂ F ∂x
2
(8.54)
,
⋅′
τ xy = − F − p x ⋅ y − p y ⋅ x . Für das Stoffgesetz findet sich weiter der Zusammenhang zu Gl. (8.53), es gilt nämlich
(
)
§ ∂2F ∂2F · ¨¨ ¸¸ , − ⋅ ν ∂ x2 ¹ © ∂ y2
(
)
§ ∂2 F ∂2 F · ¨¨ ¸¸ , − ⋅ ν ∂ y2 ¹ © ∂ x2
ε xx =
1 1 σ xx − ν ⋅ σ yy = E E
ε yy =
1 1 σ yy − ν ⋅ σ xx = E E
γ xy =
· 1 1 § ∂2 F + p x ⋅ y + p y ⋅ x¸¸ . τ xy = − ¨¨ G G © ∂x ∂ y ¹
(8.55)
Werden jetzt diese Verzerrungsausdrücke in der Spannungsfunktionsformulierung in die Kompatibilitätsgleichung eingesetzt, so erhält man
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente 1 ∂ 2 §¨ ∂ 2 F ∂ 2 F ·¸ 1 ∂ 2 − ν + E ∂y 2 ¨© ∂y 2 ∂x 2 ¸¹ E ∂x 2
§ ∂ 2F ∂ 2 F ·¸ ¨ − ν ¨ ∂x 2 ∂y 2 ¸¹ ©
· 1 ∂ 2 §¨ ∂ 2 F + + p x ⋅ y + p y ⋅ x ¸¸ = 0. ¨ G ∂x ∂y © ∂x ∂ y ¹
93
(8.56)
Die Endgleichung lässt sich zweckmäßiger formulieren, wenn man ausmultipliziert und in bekannter Weise noch den Gleitmodul durch den Elastizitätsmodul ersetzt: 1 ∂4 F ν ∂4 F 1 ∂4 F ν ∂4 F 2(1 + ν ) ∂4 F − + − + ⋅ E ∂y 4 E ∂x 2 ∂y 2 E ∂x 4 E ∂x 2 ∂y 2 E ∂x 2 ∂y 2 +
2(1 + ν) ∂ 2 p ⋅ y + p y ⋅ x = 0. ∂x ∂y x E
(
)
Somit lautet die Scheibengleichung ∂4 F ∂x
4
+2
∂4 F
2
∂x ⋅ ∂y
2
+
∂4 F ∂y4
=0
(8.57)
bzw. F"" + 2 F"⋅⋅ + F⋅⋅⋅⋅ = 0. Diese partielle DGL vierter Ordnung (Bipotenzialgleichung) lässt sich unter Ansatz spezieller Lösungsfunktionen nun für die verschiedensten Scheibenprobleme unter Berücksichtigung ihrer Randbedingungen näherungsweise lösen. Gewöhnlich erfüllen einfache Funktionen wie § x, F≡¨ ¨ y, ©
x 2 , x 3 , xy, x 2 y, x 3 y, , x 3 ·¸ y 2 , y3 , y 2 x, y 3 x , , y 4 ¸¹
die Bipotenzialgleichung. Aus dem Zusammenhang der Gl. (8.54) sind dann weiter die Spannungen bestimmt und über n x = σ xx ⋅ t , n y = σ yy ⋅ t , q xy = τ xy ⋅ t
(8.58)
auch die Schnittgrößen an den Rändern. Bei den eingesetzten dünnwandigen Profilen trifft man beispielsweise scheibenartige Bauteile bzw. ebene Beanspruchungszustände immer wieder an. Beispiele hierfür weist Bild 8.13 aus.
94
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen
Mb
Mb Mt
Bild 8.13: Beanspruchungszustände an Profilelementen nach /WIE 96a/ Die hierin hervorgehobenen Grundfälle sind noch einmal im Bild 8.14 dargestellt.
95
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente a)
σ1
y Scheibe unter einachsigem Zug/Druck
σ1
x
σ2
b)
σ1
Scheibe unter allseitigem Zug/Druck
σ1
σ2 c) τ Scheibe unter reinem Schub
τ
2
τyx = - 1 C h 8
d)
h
σxx = C L y
L
Scheibe unter überlagerter Biegung und Schub
2 τxy = - 12 C y
Bild 8.14: Grundbeanspruchungsfälle am Scheibenelement Für die durchnummerierten trivialen Beanspruchungsfälle können dann die nachfolgenden Lösungsfunktionen angesetzt werden:
96
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen 1 σ ⋅ y 2 mit σ1 = konst ., 2 1 ΔΔF = 0 ist dann erfüllt, die Spannungen ergeben sich zu
Fall a: F =
σxx =
∂2F ∂2F ∂2F = = = und = − = 0. σ , σ 0 τ 1 yy xy ∂x ∂y ∂ y2 ∂ x2
(
)
Fall b: F = 1 σ1 ⋅ y 2 + σ 2 ⋅ x 2 mit σ1 , σ 2 = konst., 2 ΔΔF = 0 ist dann erfüllt, die Spannungen ergeben sich zu σxx = σ1, σyy = σ2 und τxy = 0.
Fall c: F = − τ ⋅ xy mit τ = konst., ΔΔF = 0 ist dann erfüllt, die Spannungen ergeben sich zu σxx = 0 , σyy = 0 und τxy = τ . 1 C xy 3 , 6 ΔΔF = 0 ist dann erfüllt, die Spannungen ergeben sich zu
Fall d: F =
σxx = C xy , σyy = 0 und τxy =
1 C ⋅ y2 , 2
d. h., die Normalspannungen sind mit der Höhe linear, die Schubspannungen dagegen quadratisch veränderlich.
8.6.2
Plattenelement
Platten treten vielfach als Hautelemente bei Profilen oder Hautfelder (z. B. Flügelbeplankung) auf. Im Gegensatz zur Scheibe wirken hierbei nur Kräfte senkrecht zur Mittelebene. Die Verknüpfung zwischen der Belastung und der Beanspruchung folgt wieder aus dem Gleichgewicht gemäß Bild 8.15. Angenommen ist dabei die Kirchhoff’sche Plattentheorie, die im Wesentlichen von kleinen Verformungen und dem Ebenbleiben der Querschnitte ausgeht.
97
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente qyz dx
myx dx my dx
qxz dy
mx dy
x pz·dx·dy
y
z
m x + m x ′ dx dy
.
mxy dy 1
2
(qxz + qxz' dx) dy
y dy) dx (m y + m yx dy) dx (m yx + m
(q yz + q yz dy) dx
Bild 8.15: Gleichgewicht am Plattenelement Aus den Kraftwirkungsbetrachtungen findet man •
Gleichgewicht in z-Richtung
(q xz + q xz ' dx)dy − q xz dy + (q yz + q yz dy) dx − q yz dx + p z dx dy = 0 q xz ' + q yz + p z = 0, •
( 8.59 )
Momente um die zur x-Achse parallele Schwerpunktachse 1
( m y + m y dy) dx − m y dx + ( m xy + m xy ' dx) dy − m xy dy dy dy − q yz dx − (q yz + q yz dy) dx ⋅ =0 2 2 + m ' − q = 0, m y xy yz
( 8.60 )
98 •
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen Momente um die zur y-Achse parallele Schwerpunktachse 2
(m x + m x ' dx ) dy − m x dy +(m yx + m yx dy) dx − m yx dx dx dx − (q xz + q yz dy ) dy =0 2 2 yx − q xz = 0. mx' + m
−q xz ⋅dy
(8.61)
Werden jetzt die Gleichungen (8.60) und (8.61) in Gleichung (8.59) eingesetzt, so entsteht eine Gleichung für die drei Momente m x" + 2 m xy⋅' + m y⋅⋅ = − p z .
(8.62)
Bevor nun die auftretenden Schnittgrößen berechnet werden können, muss das Verzerrungsgesetz der Platte diskutiert werden. Hierzu kann das Balkenmodell in zwei Ebenen herangezogen werden, das zu plattengleichen Verhältnissen führt. Wie dann aus Bild 8.16 hervorgeht, ist der Verformungszustand eines Plattenelementes durch die Durchbiegung w(x, y) der Mittelebene gegeben. a y, v
b t
.
z
x, u
w
.
∂w ∂x
z
u z, w
Bild 8.16: Verzerrungsgesetz an der Platte Die zugehörigen Verschiebungen erhält man somit zu u = − z ⋅ w ' und v = − z ⋅ w ⋅ .
(8.63)
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente
99
Entsprechend folgen für die Verzerrungen ε x = − z ⋅ w " , ε y = − z ⋅ w ⋅⋅ ,
(8.64)
γ xy = −2 z ⋅ w ⋅' . Demgemäß ergeben sich dann die Spannungen zu
( w ′′ + ν ⋅ w⋅⋅ ), w ⋅⋅ + ν ⋅ w ′′ ) σy = − 2( 1− ν
σx = −
und
z⋅E
1 − ν2 z⋅E
(8.65)
z⋅E ⋅ w ⋅′ . τ xy = − 1+ ν
Der Zusammenhang zu den Schnittgrößen - die pro Längeneinheit definiert sind - ist im Weiteren durch Integration über die Spannungsresultierenden gegeben. Hieraus folgen: •
für die Biegemomente
mx =
•
t 2
³ σ x ⋅ z dz,
t − 2
my =
t 2
³ σ y ⋅ z dz,
(8.66)
t − 2
für das Torsionsmoment
m xy = m yx =
t 2
³ τ xy ⋅ z dz
(8.67)
t − 2
und •
für die Querkräfte
q xz =
t 2
³ τ xz
t − 2
dz, q yz =
t 2
³ τ yz
dz.
(8.68)
t − 2
Aus der Durchführung der Integration erhält man die Abhängigkeit der Schnittgrößen von der Durchbiegung, z. B. für
100
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen
(
)
E w ′′ + ν ⋅ w ⋅⋅ t / 2 E ⋅ t3 2 m x = −2 z dz = − ³ 1 − ν2 12 1 − ν 2 0
(
)
(
() w" + ν ⋅ w⋅⋅ ).
(8.69)
Führt man dies nun durch, so findet man für die Momente
( ) ⋅⋅ m y = − B(w + ν ⋅ w ′′),
m x = − B w ′′ + ν ⋅ w ⋅⋅ , (8.70)
m xy = − B(1 − ν) w . '. Hierin ist mit B=
E ⋅ t3
(
12 1 − ν 2
(8.71)
)
die Plattenbiegesteifigkeit eingeführt. Werden jetzt diese Größen in die Momenten-DGL (8.62) eingesetzt, so ergibt sich die Plattengleichung (inhomogene DGL 4. Ordnung) p w ′′′′ + 2 w ′′⋅⋅ + w ⋅⋅⋅⋅ = z . B
(8.72)
In den einfachen Standardfällen kann diese Differenzialgleichung nach dem Navier’schen oder Lévy’schen Verfahren gelöst werden. Bei dem Lösungsverfahren nach Navier werden antimetrische Reihenansätze für die Durchbiegung und die Kraftverteilung angesetzt, und zwar w( x, y) =
∞
∞
¦ ¦ C mn ⋅ sin
m⋅π⋅x n⋅π⋅y ⋅ sin a b
∞
m⋅π⋅x n⋅π⋅y ⋅ sin , a b
m =1 n =1
(8.73)
und p( x, y) =
∞
¦ ¦ Pmn ⋅ sin
m =1 n =1
( m , n = 1, 2, 3..) .
(8.74)
Dieser Lösungsansatz gilt für eine beliebige Konstante C mn sowie für den FourierKoeffizienten a
Pmn =
b
4 m⋅π⋅x n⋅π⋅y p( x, y) ⋅ sin ⋅ sin dx dy a ⋅ b x =³ o y =³ o a b
(8.75)
Für die frei aufliegende Platte unter einer gleichmäßigen Streckenlast p( x , y ) = p erhält man beispielsweise mit dem Fourier-Koeffizienten
101
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente
Pmn =
16 ⋅ p
( m, n = 1, 3, 5...)
m ⋅ n ⋅ π2
(8.76)
für die Durchbiegung
w ( x, y) =
∞ sin
16 ⋅ p ∞
¦ ¦
π 6 ⋅ B m =1 n =1
m⋅π⋅x n⋅π⋅y ⋅ sin a b . 2 2 2 §m n · ¸¸ m ⋅ n ¨¨ + b2 ¹ © a2
(8.77)
Für eine quadratische Stahlplatte (mit ν = 0,3) findet sich somit die größte Durchbiegung in der Mitte zu w max = 0, 0443
p ⋅ a4 E ⋅ t3
.
Das Biegemoment in Plattenmitte beträgt dann m x = my = 0, 0479 p ⋅ a 2 , und die größte Biegespannung an der Oberseite der Platte wird 2
§ a· σ max = 0,287 p ¨ ¸ . © t¹
Wird stattdessen eine Einzellast F im Punkt ( x o , y o ) eingeleitet, so ergibt sich mit dem entsprechenden Fourier-Koeffizienten Pmn =
4F m ⋅ π ⋅ xo n ⋅ π ⋅ yo ⋅ sin ⋅ sin a⋅b a b
(8.78)
für die Durchbiegung
w (x , y ) =
4F
∞
∞
¦ ¦
π 4 ⋅ a ⋅ b ⋅ B m = 1 n =1
sin
m ⋅ π ⋅ xo n ⋅ π ⋅ yo m⋅π⋅x n⋅π⋅y ⋅ sin ⋅ sin ⋅ sin a b a b § m2 n2 · ¨ ¸ + ¨ a2 b 2 ¸¹ ©
2
(8.79) Einige exemplarische Auswertungen zur Plattenproblematik zeigt im Weiteren Bild 8.17. Die Berechnung ist dabei für die Durchsenkung in Plattenmitte und für die Spannungen in der Mitte und am Rand erfolgt. Aus der Diskussion der Verhältnisse wird klar, dass für kleine Seitenverhältnisse b/a < 0,3 ein Plattenstreifen vorliegt, für den faktisch die Balkenbiegetheorie angesetzt werden kann.
102
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen pz
Biegespannung: 2 σ = η·pz· ( b ) t
b Durchbiegung: 3 p w = 11 ξ · z · ( bt ) E b 14
σmax = σyM
a 5 384 = 0,013
12
0,8
10
0,75 σyM
8 ξ⋅10 −3
σmax = σyR
σxM
0,6
6
η
4
1 384 = 0,0026
0,00127 0,2
Plattenstreifen bzw. Balken
0,4
0,6
σyR
0,2
0,285 σxM 0,225
0,00406
2 0
0,4
0,8 b a
0,307
0 1
Quadrat
0
0,2
Plattenstreifen
0,4
0,6
b a
0,8
1
Quadrat
Bild 8.17: Durchsenkung und Spannungsgrößen der eingespannten und gelenkig gelagerten Platte unter Gleichlast nach /WIE 96a/ Wie weiter zu erwarten war, lässt ein vollständig eingespannter Rand geringere Durchbiegung zu, als eine gelenkige Lagerung. Hierfür sind die Spannungen in der eingespannten Platte (und zwar am Rand) deutlich höher, als in der gelenkig gelagerten Platte. 8.6.3
Schalenelement
Bei allen gekrümmten Hautfeldern (z. B. dünne Behälterwände, Kuppeln, Karosserien etc.) kommen Schalen vor. Eine Schale kann in ihrer Mittelebene Kräfte in allen drei Raumrichtungen aufnehmen. Es treten dann die im Bild 8.18 dargestellten Schnittkräfte am Schalenelement auf.
103
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente
qxz·dsy mxy·dsy
ny·dsx
qxy·dsy qyx·dsx
nx·dsy
z py·dsx·dsy
px·dsx·dsy q xy + q xy ⋅ ds y
mx+mx'·dsx
myx·dsx
mx·dsx
pz·dsx·dsy
my·dsy
y
qyz·dsx
y ⋅ ds y x my + m n x + n x ⋅ ds y
qyx+qyx'·dsx
ny+ny'·dsx
qyz+qyz'·dsx
q xz + q xz ⋅ ds y xy ⋅ ds y m xy + m
myx+myx'·dsx
ry
rx dA
txz txy
sxx
dsy
z y
ry
Bild 8.18: Gleichgewicht am Schalenelement
Die Schnittgrößen erhält man aus der Überlegung +
N x = n x ⋅ ds y =
³ σ x ⋅ dA −
bzw.
t 2
t 2
104
8 Elastizitätstheoretische Grundlagen
1 ds y
nx =
+
t 2
³ σ x ⋅ dA
.
(8.80)
t − 2
Für die differenzielle Fläche ist weiter anzusetzen dA = dsy ⋅ dz ,
hierin bezeichnet dsy die Länge des Bogens außerhalb der Mittelebene. Hierfür gilt das Verhältnis dsy ry
dsy , ry + z
=
sodass jetzt für Gl. (8.80) t
+
2 § § z· z· 1 nx = σ x ¨¨1 + ¸¸ ds y ⋅ dz = ³ σ x ¨¨1 + ¸¸ dz ³ ds y ry ¹ ry ¹ © © t −
(8.81)
2
folgt . Entsprechend ergibt sich +
ny =
t 2
§
z· ¸ dz x¹
³ σ y ¨©1 + r
t − 2
(8.82)
und weiter +
q xy =
q xz =
t 2
³ τ xy
§ z· ¨1 + ¸ dz, q yx = r © x¹
³ τ xz
§ z· ¨1 + ¸ dz, q yz = rx ¹ ©
t − 2 t + 2 t − 2
+
t 2
³ τ yx
t − 2 t + 2
§
z· ¸ dz . ¸ y¹
³ τ yz ¨¨1 + r
t − 2
Des Weiteren folgt für die Biegemomente
§ z· ¨1 + ¸ dz , ¨ ry ¸¹ ©
©
(8.83)
(8.84)
105
8.6 Elastizitätsgesetze der Flächenelemente +
t 2
§ z· m x = − ³ σ x ⋅ z ¨1 + ¸ dz, rx ¹ © t −
2
+
t 2
§ z· m y = − ³ σ y ⋅ z ¨¨1 + ¸¸ dz ry ¹ © t −
(8.85)
2
und für die Torsionsmomente +
t 2
§ z· m xy = − ³ τ xy ⋅ z ¨1 + ¸ dz, rx ¹ © t −
2
+
t 2
§ z· m yx = − ³ τ yx ⋅ z ¨¨1 + ¸¸ dz . ry ¹ © t −
(8.86)
2
Die hierin eingehenden Spannungen sind nun für spezielle Schalen, wie Kugel, Kegel, Zylinder etc., so wie bei der Platte gezeigt, aus den Elastizitätsgleichungen zu bestimmen.
106
9 Dünnwandige Profilstäbe Nachdem vorstehend allgemeine elastizitätstheoretische Grundlagen entwickelt worden sind, soll jetzt etwas spezieller auf typische Leichtbauelemente eingegangen werden. Ein verbreitetes Element ist dabei der dünnwandige Profilstab, der sehr viel in Rahmenkonstruktionen eingesetzt wird. Von Dünnwandigkeit kann man hierbei sprechen, wenn das Verhältnis Wanddicke zu Profilhöhe (t/h ≤ 1/10) relativ klein ist. Im Weiteren sollen die wesentlichen Grundbeziehungen für den dünnwandigen, offenen Profilstab aufgestellt werden.
9.1 Kraftflüsse Es soll ein beliebiger offener Profilstab nach Bild 9.1 vorausgesetzt werden. Dieser soll durch eine äußere Kräftegruppe (bezogene Kräfte) aus einer Längskraft p x , zwei Querkräften p y , p z und einem Torsionsmoment m x belastet werden, wodurch eine innere Beanspruchung auftritt.
Mz (-)
Mx
Qz N Oberflächenelement
y z
x
(+) t
nx Qy +
My +
dM y dx
py
s
dQ y dx
px
dx
pz
mx
SP
dx
N+
dN dx dx
dM x Mx + dx dx
Qz +
dQ z dx dx
Mz +
dM z dx dx
Bild 9.1: Angriff der fiktiven Schnittkräfte am offenen Profilstab
dx
Qy
My
9.1 Kraftflüsse
107
Wie bereits im Kapitel 8.5 bewiesen, bestehen dann zwischen den Belastungen und den Schnittgrößen die Beziehungen N ' = − px , M x ' = − mx , M y " = Qz ' = − pz , M z " = − Qy ' = py . Zur Erfassung dieser Beanspruchung werden in dünnwandigen Profilen jedoch örtliche Querschnittsresultierende eingeführt, und zwar Kraft- und Spannungsresultierende /CZE 67/, die sich aus der Integration über den Umfang ergeben. Hiernach gelten die folgenden Zusammenhänge zwischen − der Normalspannung und dem so genannten Normalkraftfluss
σ x (s) =
N → n x (s) = σ x (s) ⋅ t , s⋅t
(9.1)
− der Schubspannung und dem so genannten Schubkraftfluss τ(s) =
Q ⋅ S(s) → q(s) = τ(s) ⋅ t . J⋅t
(9.2)
Aus einer Gleichgewichtsbetrachtung am Hautelement (s. Bild 9.2) lassen sich im Weiteren einige wichtige Beziehungen zwischen diesen Flüssen herstellen. nx
∂q q + ds ∂s
n ds s
∂n n s + s ds ∂s q+
x
∂q dx ∂x
nx +
dx dα 2
∂n x dx ∂x dα
ns
Bild 9.2: Dünnwandiges, gekrümmtes Hautelement (allgemeines Oberflächenelement eines belasteten Profils) mit den angreifenden Flüssen
108
9 Dünnwandige Profilstäbe
Aus den drei Gleichgewichtsbedingungen erhält man somit § ¦ Kx = 0 : ¨nx + ©
§ ¦ Ks = 0 : ¨ ns + ©
§
¦ K n = 0 : ¨ ns + ©
∂n x ∂q · § · dx − n x ¸ ds + ¨ q + ds − q ¸ dx = 0, ∂x ∂s ¹ © ¹ ∂n s ∂q · § · ds − n s ¸ dx + ¨ q + dx − q ¸ ds = 0, ∂s ∂ x © ¹ ¹ ∂n s dα · ds + n s ¸ dx sin = 0. ∂s 2 ¹
Aus der Normalengleichung ergibt sich sofort ∂n § · ¨ 2n s + s ds ¸ = 0 , ∂ s © ¹ oder weil die Längenmaße nicht null werden, kann nur ns = 0
(9.3)
sein. Aus den beiden anderen Gleichungen folgt dagegen ∂n x ∂q + = 0 bzw. n x ′ = −q ∂x ∂s
(9.4)
∂n s ∂q = 0. + ∂x ∂s
(9.5)
und
Insbesondere folgt noch aus Gl. (9.5) ∂q = 0. ∂x
(9.6)
Hieraus können als wichtige Aussagen /CZE 67/ abgeleitet werden: − An einem Profilstabelement tritt kein Normalkraftfluss n s in Umfangsrichtung auf. − Der Schubkraftfluss ist in Schnitten über der x-Achse überall gleich groß, d. h. q(x) = konst. und − Der Schubkraftfluss q ist in Umfangsrichtung s so veränderlich, dass seiner Zunahme gerade einer Abnahme des Normalkraftflusses n x in x-Richtung entspricht. Diesbezüglich stellt die Gl. (9.4) die maßgebliche Beziehung für die Beanspruchung dar.
9.2 Kraftflüsse und Schnittgrößen
109
Im Fall von ebenen Hautelementen liegen die Verhältnisse dagegen etwas anders. Die dritte Gleichung tritt nicht auf, da keine Flussmomente senkrecht zur Ebene existieren. Am Hautelement wird nach Bild 9.3 also n s ≠ 0 und wirkt daher zusätzlich.
nx
ns +
∂n s ds ∂s q+
ds = dy ns
∂q ds ∂s
q+
dx
∂q dx ∂x nx +
∂n x dx ∂x
Bild 9.3: Ebenes Hautelement an einem abgekanteten Profilstab Aus dem Gleichgewicht folgt sodann ∂n x ∂x
+
∂q = 0, ∂s
∂n s
∂q + = 0. ∂s ∂x
(9.7)
Diese beiden Gleichungen bezeichnet man als Scheibengleichungen. Sie beschreiben die Beanspruchung in ebenen Blechen (s. auch Kap. 8.6.1). Wie bereits ausgeführt, können die drei Unbekannten (n x , n s , q ) nicht alleine aus Gleichgewichtsbetrachtungen bestimmt werden. Es müssen also noch spezielle Randbedingungen formuliert werden.
9.2 Kraftflüsse und Schnittgrößen Bisher wurden die Schnittgrößen als resultierende Kräfte und Momente aus der Integration der Spannungen über dem Querschnitt gefunden. Da sich aber auch die Kraftflüsse durch die Spannungen ausdrücken lassen, muss es einen Zusammenhang zwischen den Kraftflüssen
110
9 Dünnwandige Profilstäbe
und den diskreten Schnittgrößen geben. Den Zusammenhang zwischen den Flüssen und den diskreten Schnittgrößen in der fiktiven Wirkungslinie zeigt Bild 9.4.
Mz Mx Qz
N Qy
s
My
y x z dx
r(s)
q
dy
nx
ds
dz
q(s) ⋅ ds ⋅ cos β
β
β
q (s ) ⋅ ds dz = ds · cosβ
s = su q(s) ⋅ ds ⋅ sin β
ds
-dy = ds · sinβ
Bild 9.4: Wirkung der Schnittgrößen bzw. Flüsse am Querschnitt Hiermit lassen sich dann die Kräftegleichgewichte wie folgt bilden:
³ n x (s) ⋅ ds − N
= 0,
s
− ³ q (s) ⋅ sin ßds − Q y = 0, s
³ q(s) ⋅ cos ßds − Q z = 0,
s
³ q(s) ⋅ r ⋅ ds − M x = 0,
s
³ n x (s) ⋅ zds − M y = 0,
s
− ³ n x (s) ⋅ yds − M z = 0. s
(9.8)
9.2 Kraftflüsse und Schnittgrößen
111
Zwischen dem benutzten y-, z-Koordinatensystem und der Umfangskoordinate s besteht noch die Beziehung
ds ⋅ cos ß = dz, ds ⋅ sin ß = −dy. Damit lassen sich die Querkräfte auch ausdrücken als Q y = ³ q ( s ) ⋅ dy,
Q z = ³ q ( s ) ⋅ dz .
s
(9.9)
s
Integriert man diese Gleichungen partiell, so führt dies zu Q y = q (s) ⋅ y Q z = q (s) ⋅ z
su 0 su 0
su
− ³ y ⋅ dq , 0
su
(9.10)
− ³ z ⋅ dq. 0
Für ein offenes Profil gilt stets q = 0 an den Stellen s = 0 bzw. s = su , demgemäß gilt für ein geschlossenes Profil q ( 0 ) = q ( su ) = q = konst .;
in Gl. (9.10) verschwinden so die ausintegrierten Terme, sodass unter Berücksichtigung von Gl. (9.4) angegeben werden kann: Q y = − ³ y ⋅ dq = ³ y ⋅ n x '⋅ds, s
s
Q z = − ³ z ⋅ dq = ³ z ⋅ n x '⋅ds. s
(9.11)
s
Ebenso lässt sich noch für das Torsionsmoment eine zweckmäßigere Umformung finden. Mit Einführung einer neuen Abhängigen
dω(s) = −r ⋅ ds folgt s M x = ³ q(s) ⋅ r ⋅ ds = − ³ q (s) ⋅ dω(s) ≡ − q(s) ⋅ ω(s) u + ³ ω ⋅ dq ≡ − ³ ω ⋅ n x ′ ds . 0 s s s s
112
9 Dünnwandige Profilstäbe
Alle Schnittgrößen können so auf den Normalkraftfluss bzw. dessen erste Ableitung zurückgeführt und daher einfach bestimmt werden.
9.3 Querkraftbiegung 9.3.1
Schubflussverteilung
Es ist eine Erfahrungstatsache, dass gerade offene Profile sehr torsionsweich sind, insofern ist bei jeder Art von Konstruktionen eine torsionsfreie Biegung anzustreben. Für die Krafteinleitung bedeutet dies, den Kraftangriffspunkt so zu legen, dass die Momente der Querkräfte im Gleichgewicht mit dem Moment des Schubflusses stehen. Im Bild 9.5 ist die erforderliche Gleichgewichtsüberlegung für zwei angreifende Querkräfte in der Ebene dargestellt.
s
t(s)
q(s)·ds ·
h
rt (s) y
zSM
x
Qy
Qz
Bild 9.5: Gleichgewicht an einem Profilquerschnitt zufolge innerer und äußerer Kräfte
ySM z
Bezogen auf die Längsachse kann angesetzt werden:
³ q(s) ⋅ rt (s)ds = Q z ⋅ ySM − Q y ⋅ zSM .
(9.12)
s
Die Größe des Querkraftschubflusses ist bereits in Gl. (9.2) angegeben worden. Bei einer Belastung in zwei Ebenen ist dieser dann in der Betrachtungsebene unter Berücksichtigung des Gleichgewichts anzusetzen mit q (s) = −
Q z ⋅ S y (s) Jy
−
Q y ⋅ S z (s) Jz
+ q0 .
(9.13)
Mit q o ist eine zusätzliche Konstante eingeführt worden, die als Anfangsschubfluss interpretiert werden kann. Die weiter noch eingehenden statischen Momente
9.3 Querkraftbiegung
113
s
s
0
0
S y (s) = ³ z ⋅ t (s)ds, Sz (s) = ³ y ⋅ t (s)ds
(9.14)
sind jeweils unvollständig bis zur betrachteten Stelle s zu bilden. 9.3.2
Schubmittelpunkt
Bei offenen Profilen ist der in Gl. (9.13) aufgeführte Anfangsschubfluss q o = 0 . Aus dem Momentengleichgewicht von Gl. (9.12) folgt dann durch Einsetzen −
Qy Qz S y ( s) ⋅ rt ( s) ds − ³ ³ S (s) ⋅ rt (s) ds = Q z ⋅ ySM − Q y ⋅ zSM . Jy s Jz s z
Aus dem entsprechenden Koeffizientenvergleich zu den Querkräften findet sich so
ySM = −
· 1 1 §¨ Sy (s) ⋅ rt (s) ds = − r ( s) 2 ⋅ t ⋅ sin φ dφ¸ r( s) 2 ⋅ dφ ³ ³ ³ ¸ Jy s J y φ ¨© φ ¹
und
(9.15) zSM =
· 1 1 §¨ S z (s) ⋅ rt (s) ds = r ( s) 2 ⋅ t ⋅ cos φ dφ¸ r ( s) 2 ⋅ dφ . ³ ³ ³ ¸ Jz s J z φ ¨© φ ¹
Diese beiden Koordinaten bezeichnen die Lage des Schubmittelpunktes. Hiernach ist also der Schubmittelpunkt der ausgezeichnete Punkt, in dem alle äußeren Kräfte angreifen müssen, um ein offenes Profil torsionsfrei zu halten. Die vorstehenden Herleitungen sind von grundsätzlicher Natur und in diesem Sinne auch übertragbar auf die vielfach eingesetzten rechtwinkligen Konstruktionsprofile. Hierzu zeigt das umseitige Bild 9.6 einige Beispiele. Elementar ist dabei das schmale Rechteckprofil unter Querkraftbiegung, wo die Flüsse qualitativ und quantitativ bekannt sind. Die Flüsse werden wegen des dafür bekannten J y zunächst auf den Schwerpunkt bezogen und dann auf die Laufkoordinate s umgerechnet: n x (z) = σ x (z) ⋅ t = −12 ⋅
Q z ⋅ (L − x ) ⋅ z h
3
(
12 bzw. n x (s) = − ⋅ Qz ⋅ L − x h3
)⋅ §¨¨ s − h2 ·¸¸ , ©
¹
h 2
12 ⋅ Q z ⋅ t ⋅ ³ z dz q(z) =
z
t ⋅ h3
§ 3 ⋅ Qz § 3 ⋅ Qz ¨ z 2 ·¸ 4 ¨ bzw. q(s) = ⋅ ¨1 − 4 ⋅ = ⋅ ¨1 − ¸ 2 2⋅h © 2⋅h ¨ h2 h ¹ ©
2· § h· ¸ ¨ ¸ ⋅ ¨s − ¸ ¸ . © 2¹ ¸ ¹
Etwas verwickelter sind hiergegen die Verhältnisse bei den gezeigten rechtwinkligen Blechprofilen. Hier muss beanspruchungsmäßig in Flansche und Stege abgegrenzt und hierfür die Flüsse bestimmt werden. Für den Normalkraftfluss ergibt sich somit recht einfach
114
9 Dünnwandige Profilstäbe n x (s) = σ x (s) ⋅ t F,S
oder für den Größtwert im Flansch bei vernachlässigtem Steg n xF = σ x ⋅ t F =
M by h ⋅ ⋅ tF = J yF 2
M by § h· AF ⋅¨ ¸ © 2¹
2
⋅
2 M by h ⋅ tF = . 2 b⋅h
(9.16)
h
+ nx
Qz
y x
q(s)
z
n x (s )
s
L
− nx
t q(s)
s
s
b n x (s )
q(s) s
nx(s)
s
s
n x (s) n x (s )
q(s)
Bild 9.6: Flüsse in dünnwandigen, offenen Profilen
9.3 Querkraftbiegung
115
Entsprechend ist der Schubfluss zu ermitteln. Hierzu gehe man vom freien Rand über die Flanschlänge los und erhält so aus dem allgemeinen Ansatz Q q ( sF ) = − z ⋅ S yF ( sF ) = Jy
Qz ⋅
h ⋅ t F ⋅ sF 2 . Jy
(9.17)
Im Steg lässt man dann eine weitere Koordinate s S = (h / 2) − z laufen und addiere auf zu q ( sS ) =
h/2 · Qz § h ⋅ tF ⋅ b Qz + t S ³ z ⋅ dz¸ = ¨ 2 Jy © ¹ 2⋅Jy z
ª ·º § h2 − z 2 ¸¸ » . « h ⋅ t F ⋅ b + t S ¨¨ «¬ ¹ »¼ © 4
(9.18)
Am Verlauf der Flüsse wird über die gezeigten Profilquerschnitte jetzt auch die Wirkung von Gl. (9.4) transparent, die die Abhängigkeit der Flüsse voneinander beschreibt. Weil am freien Rand q = 0 ist, muss dort jeweils n x ≠ 0 sein, d. h. aber wiederum, dass aus Gleichgewichtsgründen der Schubfluss bis zur Größe des Normalkraftflusses aufgebaut werden muss. Bei sehr dünnen Profilen ist es weiterhin zulässig, modellmäßig zu vereinfachen. Hier wird vorausgesetzt, dass die folgende Flussverteilung vorherrscht: − im Flansch n xF , − im Steg
q ( sF ) = 0 ,
n xS = 0, q ( sS ) = q m =
Qz . h
Auf diese Vorstellung wird bei den Schubwandträgern noch einmal zurückgegriffen. Ergänzend zeigt umseitig Bild 9.7 die Lage einiger Schubmittelpunkte (SM). Es fällt auf, dass − bei einfach symmetrischen Querschnitten der Schubmittelpunkt stets auf der Symmetrieachse liegt und − bei doppelt- oder polarsymmetrischen Querschnitten der Schubmittelpunkt im Schnittpunkt der Symmetrieachse liegt und somit mit dem Schwerpunkt zusammenfällt. In Anwendung der Gl. (9.15) ergibt sich für das geläufige U-Profil zSM = 0
bzw.
y SM = − und mit
1 Jy
§
·
©s
¹
¨ ¸ ³ ¨ ³ z ⋅ t (s)ds ¸ rt ⋅ ds = −
1 Jy
2 § − h ⋅ t ⋅ b· h ⋅ b = 1 ⋅ h ⋅ t ⋅ b2 ¨ ¸ F F Jy 4 © 2 ¹ 2
116
9 Dünnwandige Profilstäbe t ⋅ h3 h2 Jy ≈ S + 2 ⋅ tF ⋅ b ⋅ 12 4
dann ySM ≈
b 1 tS ⋅ h 2+ ⋅ 3 tF ⋅ b
wobei der Abstand von der Stegmitte genommen worden ist. Qz
b
tS y
SP
SM
SM tF h
SP
SP = SM
z ySM
SM SP SP = SM
Bild 9.7: Lage des Schubmittelpunktes einiger Blechprofile 9.3.3
Geschlossene, symmetrische Konstruktionsprofile
Des Öfteren werden auch dünnwandige Kastenquerschnitte als Konstruktionsprofile herangezogen. Die beiden geläufigsten Ausführungsformen zeigt Bild 9.8. Lässt man nun die Umlaufkoordinate s auf der Symmetrieachse beginnen, so ist dies gleichzeitig die Stelle, bei der der Schubfluss von null an aufgebaut wird. Diesbezüglich zerfällt das Kastenprofil bei der Beanspruchungsanalyse unter Querkraft in zwei U-Profile. Aus dem Vergleich mit Bild 9.6 ist weiter noch festzustellen, dass über die Flansche dann hinsichtlich des Schubflussverlaufs spiegelbildlich gleiche Verhältnisse vorliegen. Berücksichtigt man ferner, dass die Querkraft Q z hälftig auf die beiden Profilseiten aufgeteilt werden kann, so ergibt sich der Schubfluss entsprechend zu Gl. (9.18) zu q(s) =
Qz 4J y
ª ·º § h2 − z 2 ¸¸» . «h ⋅ t F ⋅ b + t S ¨¨ ¬« ¹¼» © 4
(9.19)
9.3 Querkraftbiegung a)
117 s q q(s) + nx Qz SP = SM
− nx
b)
h · § ¨1 + ¸ Q 2⋅b ¹ q max = z ⋅ © h · 2⋅h § ¸ ¨1 + © 6⋅b ¹
q(s) + nx
qm
Qz
− nx
c)
qm =
Qz 2⋅ h
q(s)
nx φ
φ
Qz
q (φ) =
Qz ⋅ sin φ π⋅r
Bild 9.8: Flüsse in dünnwandigen, geschlossenen Profilen unter Querkraftbiegung nach /WIE 96a/ a) Rechteckrohr b) Rechteckrohr mit sehr dünner Seitenwand c) Rundrohr
118
9 Dünnwandige Profilstäbe
Dieser Fluss muss wieder der äußeren Querkraft das Gleichgewicht halten. Lässt man weiter die Seitenwände zu dünnen Blechstegen entarten, so kann wie zuvor schon bei den Schubwandträgerprofilen in diesen Seitenwänden der Normalkraftfluss zu null angenommen werden. Der Schubfluss ist somit zu qm =
Qz = konst . 2h
anzusetzen. Ähnliche Verhältnisse wie beim dünnwandigen Kastenprofil liegen bei einem Rohrquerschnitt vor. Mit dem für ein Halbrohr geltenden unvollständigen statischen Moment φ
S y ( φ) =
³ z ⋅ dA = − r 2 ⋅ t ³ cos φ dφ = − r 2 ⋅ t ⋅ sin φ
(A )
o
bzw. dem zugehörigen Flächenträgheitsmoment (s. auch Gl. (10.9)) J y = ³ z 2 ⋅ dA = ³ (r ⋅ sinφ )2 t ⋅ ds = s
π 3 ⋅r ⋅t 2
folgt für den Schubflussverlauf über der Rohrwandung unter Berücksichtigung der Richtungskonvention bei „halbierter Querkraft“ q ( φ) =
2 ⋅ Q z ⋅ r 2 ⋅ t ⋅ sin φ 3
2 π⋅r ⋅t
=
Qz ⋅ sin φ π⋅r
(9.20)
bzw. aus dem Zusammenhang von Gl. (9.4) der Normalkraftfluss zu n x ( φ) = ³ −
Q dq 1 dq dφ dx = − ³ ⋅ ⋅ dx = − z 2 cos φ ³ dx . dφ r dφ ds π⋅r
(9.21)
Der aufgetragene Verlauf lässt wieder die typische Verteilung des Biegeproblems erkennen. Wird nun wie zuvor der Grenzübergang bei der Wandstärke vorgenommen, so kommt man zu dem im Bild gezeigten segmentierten Rohr (Schubwandträgerprofil), das aus zwei Blechstegen und zwei Gurten besteht. Vom Kraftverlauf wird hierdurch ein aufgeteiltes Tragbild erreicht, in dem die massiven Gurte den Normalkraftfluss und die Bleche den Schubfluss abtragen. Des Weiteren gilt der Hinweis, dass bei symmetrischen, geschlossenen Profilen der Schubmittelpunkt stets auf der Symmetrieachse liegt.
9.3 Querkraftbiegung 9.3.4
119
Geschlossene, unsymmetrische Profile
Im Gegensatz zu den vorstehend behandelten offenen und geschlossenen Profilen stößt man bei den geschlossenen, unsymmetrischen Profilen auf die Schwierigkeit, dass der Schubfluss allein aus Gleichgewichtsüberlegungen heraus nicht bestimmbar ist. Insofern müssen wir zunächst von dem allgemeinen Zusammenhang dq = −
dn x ⋅ ds = − σ x ' ⋅ t ( s) ⋅ ds dx
(9.22)
ausgehen. Für reine zweiachsige Querkraftbiegung kann die hervorgerufene Normalspannung dann angenommen werden mit σx =
Qy ⋅ x Qz ⋅ x ⋅z+ ⋅y . Jz Jy
Wird diese Gleichung abgeleitet, so folgt daraus σx ' =
Qy Qz ⋅z+ ⋅ y, Jz Jy
oder eingesetzt in Gl. (9.22) erhält man den Schubfluss zu q ( s ) = − ³ σ x '⋅t ( s ) ⋅ ds = − s
Qy Qz z ⋅ t ( s ) ds − y ⋅ t ( s ) ds . ³ Jy s Jz ³ s
Hierin können wieder die beiden statischen Momente abgespalten werden, sodass für den Schubfluss endgültig q ( s) = −
Qy Jz
⋅ S z ( s) −
Qz ⋅ S y ( s) + q o Jy
(9.23)
folgt. Die Integrationskonstante q o bezeichnet den Anfangsschubfluss. In den bisher betrachteten Fällen konnte dieser immer sofort bestimmt werden: − An einem freien Profilrand offener Profile war immer q o = 0. und − Auf der Symmetrieachse von geschlossenen Profilen war ebenfalls q o = 0.
Bei einem beliebigen geschlossenen, unsymmetrischen Profil ist die Position der Umlaufkonstante s frei, sodass keine Vorinformation über die Größe des Anfangsschubflusses vorliegt. Um diesen im Weiteren bestimmen zu können, muss auf Verformungsbedingungen zurückgegriffen werden. Zu diesem Zweck wird das Profil der Länge nach aufgeschnitten. Gemäß Bild 9.9 liegt damit ein offenes Profil mit ungleichmäßigem Schubflussverlauf vor.
120
9 Dünnwandige Profilstäbe v≈0 y, v SP z x, u s
q(s)
u1
u2 Δu
Bild 9.9: Aufgeschlitztes unsymmetrisches Profil Durch die Wirkung dieses Schubflusses verschieben sich die beiden Ränder der Röhre relativ gegeneinander. Wird hierbei angenommen, dass über die unverschobene Fläche betrachtet genauso viele Flächenanteile aus der Fläche heraus- wie zurücktreten, so kann angesetzt werden: Δu = u1 − u 2 = ³
∂u ds. ∂s
(9.24)
Die hierin auftretende Schubverzerrung wurde früher (Gl. (9.19)) schon definiert zu ∂u ∂v =γ− , ∂s ∂x
(9.25)
sodass für Gl. (9.24) auch geschrieben werden kann Δu = ³ γ ⋅ ds − ³
∂v ds. ∂x
(9.26)
Wird hierin noch die Gleitung ersetzt durch γ =
q , G⋅t
so kann abschließend Δu =
∂v 1 q(s) ds − ³ ds ³ ∂x G t (s)
(9.27)
angeben werden Da die Schnittufer sich möglichst nicht voneinander entfernen sollen, muss natürlich das zweite Integral verschwinden. Ein Verschwinden auch des ersten Integrals würde weiter Δu = 0 voraussetzen, wie es tatsächlich auch an dem geschlossenen Profilstab
9.3 Querkraftbiegung
121
Bedingung ist. Dies kann aber nur eintreten, wenn dem angesetzten Schubfluss q(s) ein weiterer rückdrehender Schubfluss q o so überlagert wird, dass die Relativverschiebung der Schnittufer auch zurückgeht. Zufolge dieser Überlegung muss gelten: Δu =
1 q (s ) − q o ds = 0, G ³ t (s )
(9.28)
hieraus folgt für den als konstant anzusehenden Anfangsschubfluss
qo =
³
q (s ) ds t(s ) . ds ³ t(s )
(9.29)
Für den wirkenden resultierenden Schubfluss erhält man so q (s) ds t(s) q ( s )ges = q ( s ) − q o = q ( s ) − . ds ³ t(s)
³
(9.30)
Wird hierin jetzt der Schubfluss des offenen Profils eingesetzt, so ergibt sich S z (s ) º ª ³ t ( s ) ds » Q Qy « q ( s )ges = − »− z «S z ( s ) − ds » J y Jz « ³ t(s) » «¬ ¼
S y (s ) º ª « ³ t ( s ) ds » «S y ( s ) − » . ds » « ³ t(s ) » « ¬ ¼
(9.31)
Aus dem entwickelten Gedankengang lässt sich erahnen, dass es auch bei geschlossenen, unsymmetrischen Profilen einen Punkt gibt, in dem die äußeren Kräfte angreifen müssen, sodass das Profil torsionsfrei bleibt. Insofern existiert auch hier ein Schubmittelpunkt. Im umseitigen Bild 9.10 sind noch einmal die Verhältnisse an einem beliebigen Querschnitt verdeutlicht. Torsionsfreiheit verlangt also wieder Gleichgewicht zwischen den Momenten der inneren und äußeren Kräfte: − Q y ⋅ zSM + Q z ⋅ ySM =
³ [q (s) − q o ] rt (s) ds = ³ q (s) ⋅ rt (s) ds − q o ³ rt (s) ds. (9.32)
Auf der rechten Seite tritt dabei das Umlaufintegral Abstand mal Bogen auf. Über die Pro , also filmittellinie betrachtet ist dieses genau zwei Mal die umschriebene Fläche A
³ rt (s) ⋅ ds = 2A .
(9.33)
122
9 Dünnwandige Profilstäbe rt (s)
q ges ⋅ ds
Qz y
z SM
q (s) ges
SP
SM Qy ySM
Å z
Bild 9.10: Lage des Schubmittelpunktes als ausgezeichneter Kraftangriffspunkt bei geschlossenen, unsymmetrischen Profilen Wird dies berücksichtigt sowie für q und q o die bekannten Ausdrücke eingesetzt, so folgt aus Gl. (9.32) − Q y ⋅ z SM + Q z ⋅ y SM = −
+
Qy
Q
z ³ S z (s) ⋅ rt (s)ds − J ³ S y (s) ⋅ rt (s)ds Jz y
ª Q y S (s) Q S y (s) º 2A z ds + z ³ ds». « ³ ds ¬« J z t (s) Jy t (s) ¼» ³ t (s)
(9.34)
Hieraus erhält man die Abstände zum Schubmittelpunkt ª º « » S s ( ) 1 2A y «− ³ S y (s) ⋅ rt (s) ds + ySM = ds» ³ ds Jz « t (s) » ³ t (s) «¬ »¼ und
(9.35) ª º S (s) » 1 « 2A z «− ³ S z (s) ⋅ rt (s) ds + zSM = − ds» ds ³ t (s) Jy « » ³ t (s) «¬ »¼
wieder durch einfachen Koeffizientenvergleich. Damit ist belegt, dass auch in geschlossenen, unsymmetrischen Profilen irgendwo im Querschnittsinneren ein Schubmittelpunkt vorkommt, in den die Krafteinleitung erfolgen sollte.
123
10 Torsion von Profilstäben Zuvor ist schon mehrfach hervorgehoben worden, dass alle dünnwandigen Profile torsionsweich sind. Insofern bedarf die Torsionsbelastung einer besonderen Betrachtung, um Steifigkeiten konstruktiv richtig nutzen zu können.
10.1 Grundbeziehungen Nach der elementaren Torsionstheorie von St. Venant wird bei kreisförmigen Querschnitten angenommen, dass das Torsionsmoment in der Stabachse wirkt und unter dieser Belastung die Querschnitte eben bleiben, keine Verwölbung (d. h. Verwerfung) erfahren und sich als Ganzes zwangsfrei gegeneinander verdrehen können. In diesem Fall tritt alleine Schubbeanspruchung auf.
τ(r) =
Mx + Mx '
dφ
r ⋅τ ra max
r mx
τ (r ) Mx
dx r
dA = 2π ⋅ r dr
Bild 10.1: Torsion eines Profilstabelementes unter einem äußeren Moment Die Verhältnisse an einem Stabelement zeigt Bild 10.1. Bei vorausgesetzter kleiner Verformung bleibt so auch unter „Drillung D“ die Mantellinie gerade. Gemäß den geometrischen Verhältnissen gilt so
γ ⋅ dx = r ⋅ dφ ⋅ oder
D = φ' =
γ , r
(10.1)
124
10 Torsion von Profilstäben
wobei φ' als Verwindung bezeichnet wird und der Drillung D entspricht. Hiermit kann das Elastizitätsgesetz angegeben werden zu τ(r ) = G ⋅ γ = G ⋅ φ′ ⋅ r ≡ G ⋅ D ⋅ r .
(10.2)
Dieses Gesetz beschreibt eine über den Querschnitt lineare Spannungsverteilung. Mit dieser Spannungsverteilung muss die äußere Belastung im Gleichgewicht stehen, d. h. r
r
M x ≡ ³ τ(r ) ⋅ dA ⋅ r = G ⋅ φ' ³ r 2 ⋅ dA = G ⋅ J p ⋅ φ' 0 0
(10.3)
Jp
sein. Hierin beschreibt J p das so genannte polare Flächenträgheitsmoment. Die vorstehenden Ausführungen charakterisieren die Verhältnisse der zwangsfreien Torsion kreisförmiger Querschnitte. Bei allen nichtkreisförmigen Querschnitten tritt anstelle von J p
(
)
eine vom Querschnitt abhängige geometrische Größe J t J t ≠ J p . Zusammen mit dem Gleitmodul bezeichnet das Produkt G ⋅ J t die Torsionssteifigkeit eines Querschnitts. Für beliebige Querschnitte muss des Weiteren die Voraussetzung des Ebenbleibens aufgegeben werden, sodass hier Verwölbung auftreten kann. Wird insbesondere diese Verwölbung behindert, so tritt neben einer Torsions- noch eine Normalkraftbelastung auf. Diesbezüglich spricht man von einer „Wölbkrafttorsion“. Im Weiteren gilt es, die Spannungsverteilung, die polare geometrische Beschreibungsgröße und die aus der Verwölbung resultierenden Effekte zu diskutieren.
10.2 Voll- und Rohrquerschnitte Als Erstes sollen die im Bild 10.2 dargestellten einfachen Voll- und Rohrquerschnitte hinsichtlich ihrer Torsionsbeanspruchbarkeit betrachtet werden. Die Grundannahme ist dabei, dass der Spannungsverlauf dem linearen Gesetz von Gl. (10.2) gehorcht. Im Einzelnen liegen dann folgende Verhältnisse vor: − Beim Vollkreis tritt die maximale Schubspannung τ max = G ⋅ ra ⋅ φ ' =
M x ⋅ ra Jt
(10.4)
in der äußeren Randfaser auf; die geometrische Beschreibungsgröße ist demnach ra r r 4 ⋅π J t ≡ J p = ³ r 2 dA = 2π ³ r 3 dr = a . 2 0 0
(10.5)
125
10.2 Voll- und Rohrquerschnitte
Mx τ (r )
τ (r )
Mx
ra ra r ri i
τ xy
Mx
Mx
τ (r) q
τ xz b
rm m
t
t
IJ xy << IJ xz = IJ max
Bild 10.2: Reine Drillung einfacher Profile − Beim dickwandigen Rohr sind die Schubspannungen am Außen- und Innenrand von Interesse. Diese betragen τ max =
M x ⋅ ra , Jt
τ min =
M x ⋅ ri , Jt
(10.6)
entsprechend ist für die geometrische Beschreibungsgröße Jt ≡ Jp = anzusetzen.
(
π 4 ra − ri 4 2
)
(10.7)
126
10 Torsion von Profilstäben
− Beim dünnwandigen Rohr kann dagegen von einer mittleren Schubspannung ausgegangen werden. Somit ist der Schubfluss anzusetzen als q = τ ⋅ t ≈ G ⋅ rm ⋅ φ ' ⋅ t =
Mx
2 π ⋅ rm2
.
(10.8)
Setzt man weiter ra = rm +
t t , ri = rm − 2 2
an, so ist ª § t ·2º 3 J t ≡ J p = 2 π ⋅ rm 3 ⋅ t «1 + ¨ ¸ » ≈ 2 π ⋅ rm ⋅ t , r 2 « © m¹ » ¬ ¼
(10.9)
d. h., für dünnwandige Profile kann praktisch der zweite Term vernachlässigt werden. Hervorgehoben werden soll noch einmal, dass bei Kreisprofilen die geometrische Beschreibungsgröße stets identisch ist mit dem polaren Flächenträgheitsmoment. − Ein häufiger Fall sind einfache Rechteckprofile bzw. aus Rechtecken zusammengesetzte Profile. Die Bestimmung des Torsionswiderstandes ist hierfür aufwändiger, weshalb nur die Endformel von A. Föppl angegeben werden soll, und zwar für das Torsionsflächenmoment Jt =
1 3 t ⋅b 3
° 192 t ª § π ⋅ b· § 3π ⋅ b · º ½° 1 1 tanh¨ ¸+ ¸ » ¾ ≈ ζ1 ⋅ t 3 ⋅ b ®1 − 5 ⋅ «tanh¨ 2 243 2 b t t © ¹ © ¹ ¼ ¿° 3 π ¬ ¯°
(10.10)
mit
b/t
1
1,5
2
3
4
5
6
8
10
∞
ζ1
0,424 0,588 0,687 0,789 0,843 0,875 0,897 0,920 0,938
1
ζ2
0,625 0,664 0,737 0,801 0,845 0,873 0,894 0,919 0,936
1
und entsprechend für das Torsionswiderstandsmoment Wt ≈
1 2 ζ2 ⋅ t ⋅ b. 3
127
10.3 Geschlossene, dünnwandige Querschnitte
Eine neue Problematik entsteht dadurch, dass Rechteckprofile (und auch noch andere) bei ihrer Verdrehung nicht eben bleiben. Das Verwerfen des Querschnitts (s. Bild 10.3) nennt man Verwölbung.
Mx
Mx
Mx Mx
Bild 10.3: Verwölbung am Rund- und Rechteckquerschnitt
10.3 Geschlossene, dünnwandige Querschnitte Im Bild 10.4 ist ein beliebiger dünnwandiger Hohlquerschnitt dargestellt, der einer zwangsfreien Torsion unterworfen sei. Zuvor wurde hergeleitet (Gl. (9.4)), dass es für die Änderung der in dünnwandigen Profilen auftretenden Flüsse einen festen Zusammenhang gibt, und zwar ∂n x ∂q + = 0. ∂x ∂s
Wenn jetzt unbehinderte Verwölbung infolge axialen Ausgleichs möglich ist, so kann kein Längskraftfluss aufgebaut werden. Mit n x = 0 folgt so q = konst., d. h., in Hohlquerschnitten selbst mit veränderlicher Wandstärke ist der umlaufende Schubfluss konstant. Hieraus folgt, dass wegen τ(s) =
q t (s)
die größte Schubspannung
128
10 Torsion von Profilstäben τmax =
q t min
an der dünnsten Stelle des Querschnitts auftritt.
Mx y
ns = 0
x
q s q ⋅ ds
nx = 0 ΔÅ
z
nx = 0 q ns = 0
r (s )
M x + dM x
Bild 10.4: Torsionsbeanspruchung eines beliebigen geschlossenen, dünnwandigen Profils Weil stets Gleichgewicht (inneres Moment gleich äußeres Moment) auftritt, kann s M x = q ³ r ⋅ ds = q ⋅ 2 A 0
angesetzt werden, oder der Schubfluss wird bestimmt zu q=
Mx . 2A
(10.11)
die Dieser Zusammenhang ist allgemein als 1. BREDT’sche Formel bekannt. Hierin ist A unter der Profilmittellinie beschriebene Querschnittsfläche (s. auch Gl. (9.33)). Zur Bewertung eines Profils muss des Weiteren noch der Verdrehwinkel und die geometrische Beschreibungsgröße bestimmt werden. Diesbezüglich bietet sich an, zunächst aus dem Arbeitssatz den Verdrehwinkel abzuleiten. Infolge des äußeren Momentes M x tritt eine Ver-
10.3 Geschlossene, dünnwandige Querschnitte
129
drehung der Endquerschnitte um φ ein, dem steht die Arbeit des Schubflusses entgegen. Die Gleichheit dieser Arbeiten (s. Kapitel 8.4) verlangt 2 · 1 1 x τ2 1 x§ q2 1 M ⋅x ds . M x ⋅ φ = ³ ³ dAdx = ³ ¨ ³ ds ¸dx = ⋅ x ⋅ 2 ⋅ G ³ t (s) 2 2 0A G 2 0 ¨ s G ⋅ t (s) ¸ 2 4A s ¹ ©
(10.12)
Hieraus erhält man den Verdrehwinkel eines Längenelementes zu Mx ⋅ x ds 2 ⋅ G ³ t (s) 4A
φ=
(10.13)
bzw. durch Ableitung die Verwindung mit Mx ds ³ t (s) . 2 4A ⋅ G
φ' =
(10.14)
Aus der zu Gl. (10.3) entsprechenden Umformung Mx = G ⋅
2 4A ⋅ φ' ds ³ t(s )
kann man dann die Beschreibungsgröße „Torsionsflächenmoment“ herauskristallisieren als Jt =
2 4A . ds ³ t (s )
(10.15)
Diese Gleichung wird als 2. BRETD’sche Formel bezeichnet. Es sei noch einmal ausdrücklich betont, dass die Bredt’schen Formeln nur bei dünnwandigen, geschlossenen Querschnitten anwendbar sind. Aus dem Ansatz τ=
q Mx M = = x t 2 A ⋅ t Wt
findet sich weiter noch das „Torsionswiderstandsmoment Wt “.
130
10 Torsion von Profilstäben
10.4 Offene, dünnwandige Querschnitte Bei dünnwandigen Querschnitten kann man sich die Belastung als im Querschnitt verlaufende Stromfäden (Analogie aus der Strömungsmechanik) vorstellen. Eine Schubbeanspruchung resultiert dabei aus einem über dem Querschnitt hebelndem Kräftepaar. Insofern ist die geometrische Form des Querschnitts eigentlich nicht entscheidend für die Beanspruchung, sondern alleine die Dickenverteilung des Querschnitts. Im Bild 10.5 ist diese Analogie an einem Profil hergestellt. Die Analyse von Profilstäben lässt sich somit auf die Analyse von zusammengesetzten Rechteckprofilen zurückführen.
b3
s
φ
t3 t2 b2
dM x τmax
q2 b z
dM x Mx
Mx
t1
q b1
t
Bild 10.5: Torsion eines beliebigen offenen Querschnitts und Vergleich mit einem Rechteckquerschnitt Für die Beanspruchung gilt, dass die Spannung an den schmalen Seiten extremal ist, also τ xz >> τ xy . Bei dünnen Querschnitten t << b kann weiter eine lineare Spannungsverteilung
τ ( y ) = τ max ⋅
y t 2
(10.16)
angenommen werden. Für den Schubfluss gilt (s. Gl. 9.2) sodann auch dq = τ ( y ) ⋅ dy =
2 τ max y ⋅ dy t
(10.17)
10.4 Offene, dünnwandige Querschnitte
131
bzw. für das infinitesimale Drehmoment durch gegenüberliegende Stromfäden dM x = 2 (dq ⋅ dz ) ⋅ y .
(10.18)
Wird in Gl. (10.18) der Schubfluss durch Gl. (10.17) ersetzt, so findet sich für das Drehmoment § 2 τ max 2 · dM x = 2 ¨ y ⋅ dy ¸ dz . t © ¹
(10.19)
Somit steht die äußere Belastung mit der Spannungsverteilung wie folgt im Gleichgewicht:
Mx =
³
t 2 8 τ max ⋅ b 2 1 y dy = τ max ⋅ t 2 ⋅ b . dM x = t 3 0
³
(10.20)
Zur Hinleitung auf die Bestimmung der Beschreibungsgröße Torsionsflächenmoment wollen wir noch einmal auf einige Grundbeziehungen der Torsion zurückgreifen, wie
³ τ ⋅ ds = G ⋅ ³ γ
ds .
Wird hierin die Gleitung durch die Verschiebungen ersetzt, so ergibt sich du
dv
³ τ ⋅ ds = G ³ ds ds + G ³ dx ds.
−−−−− = 0 (Wölbbedingung)
Unter Berücksichtigung einer symmetrischen Verwölbung des Rechteckquerschnitts verschwindet aber gerade das erste rechtsseitige Integral, sodass nur dv
³ τ ds = G ³ dx ds
(10.21)
übrig bleibt. Für die Verschiebung v über den Querschnitt gilt ferner
dv = r ⋅ dφ ≡
b dv dφ , = r⋅ dφ bzw. 2 dx dx
(10.22)
womit dann für Gl. (10.21) τ max = ³ τ ⋅ ds = G ⋅ φ' ³ r ds = 2G ⋅ φ' ⋅ A
(10.23)
anzusetzen ist. Wiederum zufolge der Schmalheit des Profils vereinfacht sich das Umlaufintegral zu
132
10 Torsion von Profilstäben §
2 t·
³ τ ds = τ max ( 2 b + 2 t ) = τ max ⋅ 2 b ¨©1 + 2 b ¸¹
≈ τ max ⋅ 2 b .
Aus Gl. (10.23) erhält man dann letztlich
³ τ ds ≈ τ max ⋅ 2b = 2G ⋅ φ'⋅t ⋅ b bzw. τ φ' = max . G⋅t
(10.24)
In Gl. (10.3) ist aber ermittelt worden, dass gleichfalls φ' =
Mx G ⋅ Jt
gilt. Damit kann die Beziehung τ max Mx ≡ G⋅t G ⋅ Jt
hergestellt werden. Setzt man jetzt hier noch Gl. (10.20) ein, so wird τ max τ ⋅ t2 ⋅ b ≡ max , t 3 ⋅ Jt
oder man erhält durch Umstellen 1 3 ⋅t ⋅b . 3
Jt ≈
(10.25)
Unter Benutzung dieses Zusammenhangs bzw. einer gegebenenfalls erforderlichen Angleichung an Gl. (10.10) können dann beliebige offene oder verzweigte Walz- oder Strangpressprofile aus Einzelrechtecken zusammengebaut werden. Näherungsweise gilt so Jt ≈
n
1
¦ 3 ζ1i ⋅ ti3 ⋅ bi i
für das gesamte Torsionsflächenmoment bzw. Wt ≈
n
1
¦ 3 ζ2i ⋅ ti2 ⋅ bi i
für das gesamte Torsionswiderstandsmoment.
(10.26)
133
10.5 Hohlquerschnitte mit Stegen
10.5 Hohlquerschnitte mit Stegen Aus Gründen der Erhöhung der Steifigkeit werden Hohlquerschnitte meist mit Zwischenstege versehen. Zur Auslegung dieser Steifen (z. B. gegen Instabilität der Wände) muss die Größe des jeweils beanspruchenden Schubflusses bekannt sein. Um übersichtlich bleiben zu können, soll nachfolgend nur ein einfaches dreizelliges Profil gemäß Bild 10.6 betrachtet werden. Bei den hiervon abweichenden Profilen ist der Lösungsweg geeignet zu modifizieren. In der Praxis wird man mehrzellige Profile als Flugzeugflügel oder Bodengruppen von Verkehrsfahrzeugen (z. B. ICE 2 und ICE 3) finden.
q i⋅1
qi
qi
q i +1
Mx
Bild 10.6: Durch Zwischenstege segmentiertes Hohlprofil Unter der Voraussetzung • • •
zwangsfreie Torsion, konstanter Schubfluss q i in jeder Zelle, kleine Verformungen
soll angenommen werden, dass alle Zellen anteilig gleich an der Momentenübertragung beteiligt sind, somit ist anzusetzen: Mx =
3
3
i =1
i =1
¦ M xi = ¦ q i ⋅ 2 A i .
(10.27)
Diese Gleichung ist aber nicht ausreichend, um die drei Schubflüsse zu berechnen; es müssen deshalb noch Verformungsbedingungen herangezogen werden. Diesbezüglich soll weiter angenommen werden, dass alle Zellen der gleichen Verwindung φ1 ' = φ 2 ' = φ 3 ' = φ '
unterliegen. Insofern kann für jede Zelle
134
10 Torsion von Profilstäben
M xi = G ⋅ J t i ⋅ φ' = G
2 4A i φ' = q i ⋅ 2 A i § ds · ¨³ ¸ © t (s ) ¹ i
angesetzt werden. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, die vorstehende Gleichung wie folgt umzuformen: § ds · ⋅ G ⋅ φ' . ¸¸ = 2A q i ⋅ ¨¨ ³ i t ( s ) © ¹i
(10.28)
Bezeichnet man beispielsweise die mittlere der drei Zellen mit i, so ist Gl. (10.28) folgendermaßen zu entwickeln: B
C
D
A
ds ds ds ds ⋅ G ⋅ φ' . + (q i − q i −1 ) ³ + qi ³ + (q i − q i +1 ) ³ =2A i t t t t A B C D
qi ³
Im Weiteren sollen die Terme geeignet zusammengefasst werden zu C A q § ds · q q ds ds . − i −1 ³ + i ¨ ³ ¸ − i +1 ³ =2A i G ⋅ φ' B t G ⋅ φ' © t ¹ i G ⋅ φ' D t
(10.29)
Es ist weiter sinnvoll, noch folgende Abkürzungen einzuführen: ui =
qi G ⋅ φ'
(10.30)
und C
ds t B
³
für den linken Steg,
§ ds · a i, Z = ¨ ³ ¸ © t ¹i
für die gesamte Zelle,
a i, L =
A
a i, R =
ds t D
³
für den rechten Steg .
Aus Elastizitätsüberlegungen heraus lässt sich belegen, dass die Koeffizienten bei symmetrischen Querschnitten auch symmetrisch sind, d. h. es gilt a i, L = a i −1, R bzw a i, R = a i +1, L . Damit lässt sich Gl. (10.29) ganz allgemein formulieren als
135
10.6 Verwölbung von Querschnitten − a i , L ⋅ u i − 1 + a i , Z ⋅ u i − a i , R ⋅ u i +1 = 2 A i
( i = 1, 2 , 3) .
(10.31)
Für das dreizellige Profil kann so das Gleichungssystem a1, Z ⋅ u1 − a1, R ⋅ u2 − a 2 , L ⋅ u1 + a 2 , Z ⋅ u2 − a 2 , R ⋅ u3
=2A 1 =2A
(10.32)
2
− a 3, L ⋅ u2 + a 3, Z ⋅ u3 = 2 A 3
aufgestellt werden. Hieraus lassen sich sodann die unbekannten u1 , u 2 , u 3 bestimmen. Aus der Rückrechnung mittels Gl. (10.30) erhält man so die Schubflüsse q i ( i = 1, 2 , 3) zu q i = (G ⋅ φ′) ⋅ u i .
(10.33)
Die hierin noch eingehende Verwindung φ′ kann beispielsweise für den mittleren Teilquerschitt aus Gl. (10.14) bestimmt werden.
10.6 Verwölbung von Querschnitten Es ist schon darauf eingegangen worden, dass die Schub- und Torsionsbeanspruchung nichtkreisförmiger Querschnitte mit Verwölbung verbunden ist. Unter Verwölbung ist dabei die Verwerfung des ganzen Querschnitts zu verstehen. In diesem Sinne setzt „Verwölbung voraus, dass sich mindestens vier Punkte eines ursprünglich ebenen Querschnitts so gegeneinander verschieben, dass keine längsachsenparallele Ebene mehr aufgespannt werden kann“. Dies bedeutet für alle rechtwinkligen Profile, dass drei Teilflächen vorhanden sein müssen. Hiernach gibt es also auch Profile, an denen keine Verwölbung definiert werden kann. Diese Beispiele zeigt Bild 10.7. In diesem Sinne kann man als wölbfrei ansehen: − die zweiflächigen Walzprofile T, L und die sternförmigen Strangpressprofile, − Dreieckprofile mit abschnittsweise ungleichen Wanddicken, − Kreistangentenpolygone mit konstanter Wandstärke und h − Rechteckprofile mit dem Wandstärkenverhältnis t 2 = ⋅ t1. b
SM t1 t3
t2
r
SM t
t2 t1
SM
Bild 10.7: Wölbfreie offene und geschlossene Konstruktionsprofile nach /BRU 84/
b
h
136
10 Torsion von Profilstäben
Tritt nun Verwölbung auf und wird diese durch die Einspannung eines Querschnitts behindert, so werden zusätzliche Normalspannungen hervorgerufen. Um diese erfassen zu können, muss ein Ansatz in Form einer Normalspannung formuliert werden. Dieser ist σ xW =
MW
³ ω*
2
⋅t ds
⋅ ω*
§ Moment x Abstand · ¨¨ =ˆ ¸¸ . © Flächenträgheitsmoment ¹
(10.34)
Die hierin auftretende Größe M W ist eine Schnittgröße, die als Längsbimoment bezeichnet wird. Des Weiteren bezeichnet ω* die so genannte Wölbfunktion. In Äquivalenz hierzu wird mit 2
³ω*
⋅t ds = C W
(10.35)
der auf den Schubmittelpunkt bezogene Wölbwiderstand eingeführt. Tordiert nun weiter ein verwölbbarer Profilstab, so kann das übertragene Torsionsmoment zerlegt werden, und zwar − in einen Anteil M xt aus der St. Venant’schen (reinen) Torsion*) und − in einen Anteil M xT aus dem Wölbschubfluss. Somit besteht die folgende Gleichgewichtsgleichung: M x = M xt + M xT . Das Wölbmoment ist hierbei definiert zu M xT = ³ n x ' ⋅ ω* ⋅ ds .
(10.36)
Mithin kann die durch eine Verwölbung hervorgerufene Spannung (s. Gl. (10.34)) angegeben werden als σ xW =
MW ω* CW
(10.37)
und die daraus resultierende Änderung des Normalkraftflusses zu n x ' = σ xW ' ⋅ t =
MW ' ω *⋅ t CW
(10.38)
bestimmt werden. Wird nun dieser Zusammenhang berücksichtigt, so folgt letztlich unter Berücksichtigung von Gl. (10.35) für das Wölbmoment *)
Anmerkung: Annahme ist, dass in torsionsbeanspruchten Profilträgern nur ein reiner Schubspannungszustand auftritt. Normalspannungen sind nicht vorhanden, da eine zwangsfreie Lagerung vorliegt.
137
10.6 Verwölbung von Querschnitten
M xT =
MW ' ω *2 ⋅t ds ≡ M W ' , CW ³
(10.39)
d. h., das Wölbmoment folgt aus der Ableitung des Längsbimomentes. Um damit die Grundgleichung der Wölbkrafttorsion bestimmen zu können, müssen Verformungsbedingungen definiert werden. Hierzu ist im Bild 10.8 ein verworfenes Hautteilchen eines U-Profils dargestellt. dy ≡ ds π −γ 2 r* SM
dx v
s
z
φ
y, v
Mx
Bild 10.8: Profilverwölbung am U-Träger Die Verwölbung lässt sich als das Heraustreten von Flächenteilen aus der Querschnittsebene darstellen. Demnach kann von der Verzerrungsbeziehung γ =
du dv + ds dx
ausgegangen werden. Hieraus folgt für die aus der Ebene weisende Verschiebung u = ³ γ ds − v '⋅ y mit ds ≡ dy.
(10.40)
s
Für die in der Ebene wirkende Verschiebung v lässt sich noch bezogen auf den Schubmittelpunkt v = r * ⋅φ
angeben. Damit kann nun die durch Verwölbung hervorgerufene Spannung unmittelbar bestimmt werden als § σ xW = E ⋅ u ' = E ¨¨ ³ γ ' ds − v"⋅ ©s
· M y¸¸ ≡ W r * ⋅ y , CW ¹
(10.41)
138
10 Torsion von Profilstäben
wobei mit r *⋅ y = ω *
die Wölbfunktion eingeführt worden ist. Aus der Auflösung von Gl. (10.41) erhält man so für das Längsbimoment MW =
E ⋅ CW r *⋅ y
§ · ¨ ³ γ ' ds − r * ⋅φ"⋅ y¸ ¨ ¸ . ©s ¹ =0
Gewöhnlich kann der aus der Schubverformung resultierende Anteil vernachlässigt werden, womit sich vereinfacht
M W = − E ⋅ C W ⋅ φ"
(10.42)
ergibt. Unter Berücksichtigung von Gl. (10.39) kann jetzt definiert werden: M xT ≡ M W ' = − E ⋅ C W ⋅ φ" ' ,
(10.43)
woraus die Proportionalität zur dritten Ableitung des Verdrehwinkels ersichtlich wird. Die Wölbkrafttorsion kann somit unter Beachtung von Gl. (10.3) durch die folgende inhomogene DGL erfasst werden: E ⋅ CW ⋅ φ" ' − G ⋅ J t ⋅ φ ' = − Mx .
Für einen derartigen Gleichungstyp kann sowohl die homogene (φ h ) wie auch die partikuläre Lösung φ p leicht konstruiert werden, womit dann auch der Verdrehwinkel und die
( )
Momentenanteile bekannt sind.
10.7 Wölbwiderstand einfacher Profile Zuvor wurde herausgestellt, dass sich zweiflanschige oder dreiflächige Profile verwölben können, weshalb deren Einsatz besonderer Beachtung bedarf. Zu diesen Profilen gehören die häufig verwandten Konstruktionsprofile − doppel-T-Profil, − U-Profil und − Z-Profil. Für diese Querschnittsformen soll nun die Größe des Wölbwiderstandes beispielhaft bestimmt werden.
139
10.7 Wölbwiderstand einfacher Profile
a)
dx
φ
QF = -MF'
y z +u
v=h φ 2
σFW
MF
h
MxT = QFh
z t
QF
y b
-u
MF
b) AF
x
As 2
y σSW
h t
x
y t b σFW
F = Flansch
c) AF
h
S = Steg
t A s 2
σSW
b
Bild 10.9: Verwölbung an Profilen nach /WIE 96a/ a) am doppelt symmetrischen I-Profil b) am punktsymmetrischen Z-Profil c) am einfach symmetrischen U-Profil
σFW
140
10 Torsion von Profilstäben
− Im Bild 10.9a sind zunächst die geometrischen Verhältnisse am I-Profil dargestellt. Aus der Torsion folgt eine gesamte Querschnittsdrehung um φ. Dadurch verschieben sich die Flansche um v=
h φ. 2
(10.44)
Wird nun unterstellt, dass unbehinderte Verwölbung vorliegt, so tritt gemäß Gl. (10.40) die axiale Wölbverschiebung
u ≈ − v' ⋅ y
(10.45)
auf, wobei Schubverformung vernachlässigt ist. Aus der Verwölbung, die hier aus der alleinigen Verdrehung der Flansche resultiert, kann weiter das äquivalente Flanschmoment
σ ⋅J M F = − FW F y
(10.46)
abgeleitet werden. Die Wölbspannung im Flansch ist dabei von der Größe σFW = E ⋅ u ' ≈ − E ⋅ v" ⋅ y ,
(10.47)
somit folgt für das Flanschmoment ebenfalls M F ≈ E ⋅ J F ⋅ v" = E ⋅ J F ⋅
h ⋅ φ" . 2
(10.48)
Diese um die z-Achse biegenden Momente sind in beiden Flanschen gleich groß aber gegensinnig. Über den Abstand der Flansche bauen sie ein Längsbimoment M W = −M F ⋅ h
(10.49)
auf. Eine Änderung dieses Bimomentes kann nur über Querkräfte erfolgen. Demgemäß ist anzusetzen: M W ' = −M F '⋅h = Q F ⋅ h ≡ M xT = −E ⋅ C W ⋅ φ" '.
(10.50)
Wird dies nun in Relation zu Gl. (10.48) gesehen, so findet sich − E ⋅ JF ⋅
h ⋅ φ′′′ ⋅ h = − E ⋅ CW ⋅ φ′′′ , 2
(10.51)
woraus für den Wölbwiderstand folgt: CW = J F ⋅
h2 1 1 = t F ⋅ h2 ⋅ b3 = AF ⋅ h2 ⋅ b2 . 2 24 24
(10.52)
10.7 Wölbwiderstand einfacher Profile
141
Hierin ist t ⋅b JF = F 12
3
(10.53)
als Flächenträgheitsmoment des Flansches um die Beanspruchungsachse eingesetzt worden. − Liegt des Weiteren noch der Sonderfall eines I-Profils mit ungleichen Flanschen vor, d. h. auch ungleichen Flächenträgheitsmomenten, so erhält man für den Wölbwiderstand CW =
J F1 ⋅ J F 2 ⋅ h2 . ( J F1 + J F2 )
(10.54)
− Weiterhin zeigt Bild 10.9b ein Z-Profil. Im Gegensatz zum I-Profil pflanzt sich hier die Beanspruchung aus Verwölbung bis in den Steg hinein fort. Ohne Ableitung ergibt sich dann für den Wölbwiderstand §1 A · C W = A F ⋅ h 2 ⋅ b 2 ¨¨ − F ¸¸ © 6 8A o ¹
(10.55)
mit Ao = A F +
AS . 2
− Im Bild 10.9c sind die Verhältnisse am U-Profil gezeigt, wobei das wesentliche Merkmal die antimetrische Spannungsverteilung ist. Ohne Ableitung erhält man hier für den Wölbwiderstand ª º « » 1 2 2 «1 » . CW = A F ⋅ h ⋅ b − «6 § AS · » 8 ¨1 + « ¸» 6 A F ¹ »¼ © «¬
(10.56)
Falls bei den zuvor betrachteten Profilen die Stegfläche klein gegenüber den Flanschflächen ist, so kann bei allen dreiflächigen Profilformen mit guter Näherung für den Wölbwiderstand CW ≈
1 2 3 tF ⋅ h ⋅ b 24
(10.57)
angesetzt werden. Wertet man abschließend noch die Wölbwiderstände der drei Profilformen untereinander aus, so lässt sich unter der Bedingung 2 A F ≈ A S relativieren:
142
10 Torsion von Profilstäben Profil
I
Z
U
CW
1 2 2 AF ⋅ h ⋅ b 24
5 2 2 AF ⋅ h ⋅ b 48
7 2 2 AF ⋅ h ⋅ b 96
d. h., das I-Profil hat relativ den geringsten Wölbwiderstand, hingegen ist das U-Profil um den Faktor 1,75fach besser und letztlich das Z-Profil um den Faktor 2,5fach besser. Von weiterem Interesse ist für eine möglichst steife Dimensionierung, wie das Verhältnis h/b für ein Optimum des Wölbwiderstandes anzusetzen ist. Um diese Betrachtung durchführen zu können, soll vereinfacht unterstellt werden, dass der Steg keinen Anteil zum Wölbwiderstand beisteuert und die Dicke t = konst. sein soll. Auf den Materialaufwand (Abwicklung: a = 2 b + h) bezogen und unter Berücksichtigung des dann für eine Profilform geltenden Wölbwiderstandes ergibt sich dann CW =
1 a5 t ⋅ h 2 ⋅ b3 c (2b + h )5
(10.58)
bzw. finden sich für die Profile die bezogenen Ausdrücke
− I:
CW t⋅a
5
=
§ h· ¨ ¸ © b¹
2
1 , ⋅ 5 24 § h· ¨2 + ¸ © b¹
(10.59)
2
2h · §h· § ¨ ¸ ⋅ ¨1 + ¸ CW 1 ©b¹ © b ¹ , − Z: = ⋅ 6 t ⋅ a 5 12 h· § ¨2 + ¸ b¹ ©
(10.60)
2
− U:
CW t⋅a
5
=
2 h· § h· § ¨ ¸ ⋅ ¨3 + ¸ © b¹ © b ¹
1 ⋅ . 5 12 § h· § h· ¨6 + ¸ ⋅ ¨2 + ¸ © b¹ © b¹
(10.61)
Die Auftragung dieser bezogenen Wölbwiderstände zeigt Bild 10.10. Aus den Kurvenverläufen sind die entsprechenden optimalen Verhältnisse Flanschbreite zu Profilhöhe abzulesen, bei denen der Wölbwiderstand extremal wird.
143
10.7 Wölbwiderstand einfacher Profile -4
t · a5
CW
4 ⋅ 10
1,7 -4
3 ⋅ 10
-4
2 ⋅ 10
-4
1,3
1 ⋅ 10
0,5
1,0
1,5
1,8
2,0
h b
2,5
Bild 10.10: Bezogener Wölbwiderstand zweiflanschiger Profile; Optimierung hinsichtlich der Abwicklung nach /WIE 96a/
144
11 Biegung offener Profilstäbe Die Voraussetzung, unter welcher eine torsionsfreie Beanspruchung eines offenen Profils auftritt, ist vorstehend begründet worden. Beim geraden Profilstab muss sodann die eingeleitete Querkraft durch den Schubmittelpunkt gehen; für die Lagerung besteht diese Forderung /HIB 06/ nicht zwingend. In diesem Fall ist es möglich, das Normalspannungsproblem entkoppelt von der Torsion zu betrachten. Dies ist aber nicht der Normalfall, im Allgemeinen werden durch die Krafteinleitung Normal- und Schubspannungen überlagert auftreten und ein Profil kompliziert beansprucht.
11.1 Allgemeines Normalspannungsproblem Im Folgenden soll eine Belastung aus einer Kräftegruppe Fx , Fy , Fz angenommen werden, die zu einer Belastung über Schnittkräfte führen. Jede Lastart erzeugte eine lineare Beanspruchungsverteilung. Diese sind im Bild 11.1 dargestellt, wobei die angegebenen Verläufe sowohl für die Dehnungen wie auch für die Spannungen gelten. (-) t +nx
(+)
Mz N
Qz Fz
Qy
y
Fy
x
My
z -nx
Fx
dx
q s a 0 , a1 c 0 ⋅ z, c1 ⋅ z
b0 ⋅ y, b1 ⋅ y
Bild 11.1: Resultierender Normalspannungszustand am offenen Profil unter einer Kräftegruppe aus Fx , Fy , Fz
11.1 Allgemeines Normalspannungsproblem
145
Für den auftretenden Gesamtdehnungsverlauf kann dann folgender linearer Ansatz /CZE 67/ gemacht werden: ε x = a o + bo ⋅ y + co ⋅ z .
(11.1)
Die hierin angenommenen Dehnungskoeffizienten a o , b o , c o sind dabei nur von der Längskoordinate x abhängig. Wird weiterhin linear elastisches Materialverhalten angenommen, so kann auch die resultierende Normalspannung allgemein angesetzt werden zu
σ x = E ⋅ ε x = E ( a o + b o ⋅ y + c o ⋅ z ) ≡ a1 + b1 ⋅ y + c1 ⋅ z .
(11.2)
Die Spannungskoeffizienten a1 , b1 , c1 sind also proportional zu den vorstehenden Dehnungskoeffizienten. Mit diesen Betrachtungen kann somit auch der im Profil letztlich wirkende Normalkraftfluss angegeben werden. Per Definition ist dieser ebenfalls linear anzusetzen mit n x = σ x ⋅ t = a1 ⋅ t + b1 ⋅ t ⋅ y + c1 ⋅ t ⋅ z .
(11.3)
Berücksichtigt man jetzt noch den bereits in Gl. (9.8) dargestellten Zusammenhang zwischen den Schnittgrößen und dem Normalkraftfluss, so kann für die am U-Profil gezeigten Verhältnissen Folgendes festgestellt werden: N = ³ n x ⋅ ds = s
³ ( a1 ⋅ t + b1 ⋅ t ⋅ y + c1 ⋅ t ⋅ z) ds ,
(11.4)
− M z = ³ n x ⋅ y ds =
³ ( a1 ⋅ t + b1 ⋅ t ⋅ y + c1 ⋅ t ⋅ z) y ds ,
(11.5)
M y = ³ n x ⋅ z ds =
³ ( a1 ⋅ t + b1 ⋅ t ⋅ y + c1 ⋅ t ⋅ z) z ds .
(11.6)
s
s
Als Aufgabe besteht nunmehr, aus diesen drei Gleichungen die drei unbekannten Koeffizienten a1 , b1 , c1 zu bestimmen. Um dies durchführen zu können, entwickele man am zweckmäßigsten hieraus das nachstehende lineare Gleichungssystem, bei dem die Koeffizienten von den Vorfaktoren und den bekannten Kräften separiert werden:
³ t ⋅ ds ⋅ a1 + ³ y ⋅ t ⋅ ds ⋅ b1 + ³ z ⋅ t ⋅ ds ⋅ c1 = N, ³ y ⋅ t⋅ ds ⋅ a1 + ³ y
2
⋅ t ⋅ ds ⋅ b1 + ³ y ⋅ z ⋅ t ⋅ ds ⋅ c1 = −M z ,
³ z ⋅ t ⋅ ds ⋅ a1 + ³ y ⋅ z ⋅ t ⋅ ds ⋅ b1 + ³ z
2
(11.7)
⋅ t ⋅ ds ⋅ c1 = M y .
Man erkennt nun in diesem Gleichungssystem einige Ausdrücke wieder, die zuvor schon als geometrische Beschreibungsgrößen definiert wurden, und zwar
146
11 Biegung offener Profilstäbe
− die Fläche als
A = ³ t ⋅ ds ,
− die statischen Momente als
S y = ³ z ⋅ t ⋅ ds,
− die Flächenträgheitsmomente als
J y = ³ z 2 ⋅ t ⋅ ds, J z = ³ y 2 ⋅ t ⋅ ds
und − das Deviationsmoment als
− J yz = ³ y ⋅ z ⋅ t ⋅ ds.
Sz = ³ y ⋅ t ⋅ ds,
Bei der Erstellung und Auflösung des vorstehenden Gleichungssystems müssen insbesondere die bei der Beschreibung von offenen Profilen vorkommenden Verhältnisse berücksichtigt werden: Fall 1: Es liegt ein allgemein unsymmetrischer Querschnitt vor. Zur Geometriebeschreibung ist dann ein Koordinatensystem mit beliebiger Lage y , z erforderlich. Für das Gleichungssystem (11.7) kann festgestellt werden, dass die drei Gleichungen gekoppelt sind und nach a1 , b1 , c1 aufgelöst werden müssen. Fall 2: Es liegt ein punktsymmetrischer Querschnitt (Z-Profil) vor. Zur Geometriebeschreibung wird das Koordinatensystem in den Schwerpunkt y , z gelegt. Für den 2. Fall folgt zunächst aus der Definition des Schwerpunktes (Verschwinden der statischen Momente), dass Sy = ³ z ⋅ t ds = 0
und Sz =
³ y ⋅ t ds = 0
wird. Das Gleichungssystem (11.7) reduziert sich demnach auf A ⋅ a1 +
0
+
0
=N
0
+ J z ⋅ b1 − J yz ⋅ c1 = − M z
0
− J yz ⋅ b1 + J y ⋅ c1 = M y
und kann sofort aufgelöst werden. Man erhält für die Koeffizienten a1 = b1 = und
N , A − M z ⋅ J y + M y ⋅ J yz J y ⋅ J z − J yz2
(11.8)
147
11.1 Allgemeines Normalspannungsproblem
c1 =
M y ⋅ J z − M z ⋅ J yz J y ⋅ J z − J yz2
.
Damit ist nach Gl. (11.2) die auftretende Spannung bestimmt zu M y ⋅ J z − M z ⋅ J yz N − M z ⋅ J y + M y ⋅ J yz ⋅z ⋅ + + y A J y ⋅ J z − J yz2 J y ⋅ J z − J yz2
σx =
oder sortiert zu
σx =
( (
) )
( (
) )
J y ⋅ y + J yz ⋅ z J z ⋅ z + J yz ⋅ y N − Mz + My . A J y ⋅ J z − J yz 2 J y ⋅ J z − J yz 2
(11.9)
Man erkennt aus dieser Gleichung, wie die Spannung anzusetzen ist und das für überlagerte Normalspannungen das Superpositionsprinzip gilt. Fall 3: Es liegt ein einfach oder doppelt symmetrischer Querschnitt (U, I) vor. In diesem Fall fällt das Schwerpunktkoordinatensystem mit den Hauptachsen des Profils zusammen. Es gilt somit J y ≡ J 1 bzw . J z ≡ J 2 . Kennzeichnend für das Hauptachsensystem ist, dass hier das Deviationsmoment verschwindet: − J yz = ³ y ⋅ z ⋅ t ds = 0 . Somit würde sich Gl. (11.7) weiter vereinfachen zu A ⋅ a1 + 0 0
0
+
0
=N
+ J z ⋅ b1 + 0 = − M z + 0 + J y ⋅ c1 = M y
(11.10)
Aus dem Gleichungssystem erkennt man, dass es überhaupt keine Kopplungen mehr untereinander gibt. Mit a1 =
My N M , b1 = − z , c1 = A Jz Jy
kann die Spannung sofort angegeben werden zu σx =
My M N My N − Mz + ⋅y+ ⋅z = + ⋅z− z ⋅y , Jz A Jy Jy A Jz
worin y und z die jeweiligen Randfaserabstände bezeichnen.
(11.11)
148
11 Biegung offener Profilstäbe
Die Voraussetzungen, unter denen diese für die praktische Berechnung wichtigen Gleichungen gelten, sind − linear elastisches Verhalten und − beliebige offene Querschnittsgeometrien mit über der Länge konstanten Flächen. Da über Gl. (11.3) auch sofort der Normalkraftfluss n x bestimmt ist, soll der Vollständigkeit halber jetzt noch kurz der Querkraftverlauf q hergeleitet werden. Dazu nutzen wir den bekannten differenziellen Zusammenhang von Gl. (9.4) und verwendet mit Gl. (11.11) ein in den Symmetrieachsen aufgespanntes kartesisches Koordinatensystem. Für eine gewöhnlich unveränderliche Normalkraft (N = konst.) gilt es, somit den Spannungsansatz abzuleiten zu σx '=
nx ' t
=
My ' Jy
⋅z−
Mz ' Jz
⋅ y.
(11.12)
Wie im Bild 11.1 eingeführt, sind also die beiden Biegemomente von der Längskoordinate x abhängig. Den Querkraftfluss erhält man so zufolge §M ' My' · q = − n x ' = ¨¨ z ⋅ y − ⋅ z¸¸ t Jy © Jz ¹
(11.13)
bzw. aus der entsprechenden Integration zu §M ' § Qy · Qy M y' · Q Q Sz − z S y . q = ³ ¨¨ z ⋅ y − ⋅ z¸¸ t ds = ³ ¨¨ − ⋅ y − z ⋅ z¸¸ t ds = − Jz Jy Jz Jy ¹ Jy J ¹ s© z s© Anzumerken bleibt dabei, dass sich die ausgewiesenen Vorzeichen auf die anfängliche Festlegung der Kraftrichtungen beziehen.
11.2 Geometrische Beschreibungsgrößen beliebiger Querschnitte Als eine unmittelbar mit der Beanspruchungsanalyse von Querschnitten verbundene Fragestellung muss die Ermittlung der geometrischen Beschreibungsgrößen von beliebigen Querschnitten angesehen werden. Dass dies erst in diesem Abschnitt erfolgt, hat den Grund, dass in den vorausgegangenen Kapiteln erst einige Voraussetzungen (statische Momente, Schubmittelpunkt) dazu definiert werden mussten. Am Beispiel des Profilquerschnitts von Bild 11.2 soll jetzt ein möglicher Weg hierzu angegeben werden. Die Grundidee besteht darin, den Querschnitt in Rechteckelemente der Länge Δsi und der Dicke Δt i zu segmentieren. Die Lagen dieser Rechteckelemente sind dabei durch die Umlaufkoordinate si und die Feldkoordinaten y i , z i gegeben.
149
11.2 Geometrische Beschreibungsgrößen beliebiger Querschnitte Bei k Elementen ergibt sich somit für die Fläche des angenäherten Querschnitts k −1
k −1
i =1
i =0
A ≈ ¦ A i ¦ Δs i ⋅ Δ t i .
(11.14)
0 s 1
0
y
2 y
i
= Δt i
Δsi
t i +1
SP
+ti
z
2
z
i+1
k
Bild 11.2: Bestimmung der geometrischen Beschreibungsgrößen am Querschnitt Damit kann zur Bestimmung der Schwerpunktkoordinaten dann der Schwerpunktsatz folgendermaßen angesetzt werden: k −1
A ⋅ y SP = ¦ Δs i ⋅ Δt i ⋅ und
i =0
k −1
A ⋅ z SP = ¦ Δs i ⋅ Δt i i =0
(~yi +1 + ~yi ) . 2
(~z + ~zi ) ⋅ i +1 2
(11.15)
150
11 Biegung offener Profilstäbe
Des Weiteren gilt es, die Flächenträgheitsmomente zu bestimmen. Für die hier entwickelte Vorgehensweise bedarf es zunächst einer Vorbetrachtung. Hierfür soll von zwei allgemeinen Funktionen f(s), g(s) ausgegangen werden, die im Integrationsbereich s = si bis s = si + Δ si linear sind. Zur wertmäßigen Darstellung der Funktion soll folgende Konvention vereinbart werden:
f (s i ) ≡ f i ,
g(s i ) ≡ g i ,
f (s i + Δs i ) = fi +1 ,
(11.16)
g(s i + Δs i ) = g i +1 ,
damit kann innerhalb der Grenzen wie folgt linear approximiert werden: f − fi (s − s i ), f ( s ) = f i + i +1 Δs i
(11.17)
g − gi g ( s ) = g i + i +1 (s − s i ). Δs i
Bei der später notwendig werdenden Integration zu den Flächenträgheitsmomenten treten unter Benutzung vorstehender Funktionen noch die Integrale s i + Δs i
³
f ( s ) ⋅ g( s ) ds =
si
= bzw.
Δs i ( 2 fi ⋅ g i + fi ⋅ g i +1 + fi +1 ⋅ g i + 2fi +1 ⋅ g i +1 ) 6
(11.18)
Δs i fi ( s) ⋅ g i ( s) 6
s i + Δs i
³
f ( s ) 2 ds =
si
(
)
Δs i 2 Δs i 2 f i + f i ⋅ f i +1 + f i +12 = fi ( s) , falls f (s i ) = g (s i ) 3 3
auf. Nach diesen Überlegungen können so die Flächenträgheitsmomente der Rechteckelemente angegeben werden zu J zi =
s i + Δs i
³
si
y(s) 2 ⋅ Δt i ds =
Δs i ⋅ Δt i § 2 Δs ⋅ Δt i 2 yˆ i (s) 2 ¨ y i + y i ⋅ y i +1 + y i +1 ·¸ = i ¹ 3 © 3
(11.19) und entsprechend J yi =
Δs i ⋅ Δt i zˆ i (s) 2 , 3
− J yz i =
Δs i ⋅ Δt i yˆ i (s) ⋅ zˆ i (s). 6
11.2 Geometrische Beschreibungsgrößen beliebiger Querschnitte
151
Aus der Summation bildet man dann die Gesamtträgheitsmomente Jy =
1 k −1 ¦ Δs i ⋅ Δt i ⋅ zˆ i (s) 2 , 3 i =0
Jz =
1 k −1 ¦ Δs i ⋅ Δt i ⋅ yˆ i (s) 2 , 3 i =0
(11.20)
1 k −1 ¦ Δs i ⋅ Δt i ⋅ yˆ i (s) ⋅ zˆ i (s). 6 i =0
− J yz =
Mit der gleichen Systematik lassen sich auch die statischen Momente ermitteln zu k −1
Δs i ⋅ Δ t i (z i +1 (s) + z i (s)), 2 i =0
Sy = ¦
k −1
(11.21)
Δs i ⋅ Δ t i Sz = ¦ (y i +1 (s) + y i (s)), 2 i =0 womit ferner die Lage des Schubmittelpunktes y SM =
1 k −1 ¦ S y y i (s) 2 + z i (s) 2 ⋅ Δs i , J y i=0
1 k −1 z SM = ¦ S z y i (s) 2 + z i (s) 2 ⋅ Δs i Jz i=0
(11.22)
bestimmt ist. Die vorstehende Vorgehensweise lässt sich auch leicht programmieren, womit dann ein Algorithmus vorliegt, mit dem beliebige Profilgeometrien ausgewertet werden können.
152
12 Schubwandträger-Profile Der Trend im Stahl- und Strukturleichtbau weist zu einer größeren Variabilität bei Profilträgern, die heute gerade oder gebogen sowie mit unterschiedlichen Flanschbreiten hergestellt werden. Diese Forderungen lassen sich mit der konventionellen Walztechnik nicht erfüllen, weshalb zunehmend zusammengesetzte Profile (Tailored Strips*), DAVEX-Profile etc.) eingesetzt werden. Merkmale dieser Bauformen sind massive Flansche, dünne Stege und Werkstoffkombinationen, wofür der Begriff Schubwandträger geprägt wurde. Dies charakterisiert die Kraftverteilung in Schub und Zug/Druck.
12.1 Beanspruchungsmodell Zur Erläuterung des Schubwandträger-Prinzips ist im Bild 12.1 der Übergang von einem relativ massiven Profil zu einem zusammengesetzten Schubwandträger gezeigt, der aus zwei Flanschen und einem Stegblech besteht. Bei gleicher Tragkraft ist dieser oftmals bedeutend leichter. a)
b)
Qz
Qz y b s
s x z
h L
τ
z
tG
y -σx
x
-σx
τ
c)
+σx
tS +σx
Bild 12.1: Kraftangriff und Spannungsverteilung a) Strangpress- bzw. Walzprofil, b) geschweißter Schubwandträger, c) Rollfügeprofile (DAVEX) *)
Anmerkung: Tailored Strips sind Halbzeuge, die ausgehend von verschiedenen Coils (Qualität, Dicke) in einem kontinuierlichen Prozess mittels Laserschweißen zu Stahlbändern verschweißt werden und dann durch Walzprofilieren zu einem Profil geformt werden.
12.1 Beanspruchungsmodell
153
Schubwandträger in den unterschiedlichsten Formen (I, U oder L) finden heute eine große Anwendung, beispielsweise im Unterrahmen von Lkw-Trailern. Falls man als Verbindungstechnik Rollfügen nutzt, ist es sogar möglich, unterschiedliche Materialien zu verwenden. In Bild 12.2 ist die Technik zur Herstellung so genannter DAVEX£-Profile dargestellt. Ein randprofilierter Steg wird in eine eingewalzte Nut eines Flansches eingeführt und dann beidseitig verrollt. Durch eingebrachte Rillen erfolgt ein Verquetschen des Materials, womit eine feste Verbindung entsteht, die auch hohen Zug- und Schubbeanspruchungen standhält.
Bild 12.2: Herstellung von DAVEX£-Profilen (Quelle: Thyssen-Krupp) Ergänzend sind im Bild 12.3 einige Varianten von Profilen gezeigt, die für die Variabilität dieser Bauform stehen.
Bild 12.3: Formenvielfalt von Rollfüge-Profilen (Quelle: Thyssen-Krupp)
154
12 Schubwandträger-Profile
Die übliche Belastung derartiger Träger ist Querkraftbiegung, die über Zug/Druck in den Gurten und Schub im Steg abgetragen werden soll. Gemäß der Beziehung für Schub τ max =
Q ⋅ S y max J⋅t
3
2
t⋅h h + 2 AG ⋅ 12 4 h h h S y max = A G ⋅ + t ⋅ ⋅ 2 2 4
mit J ≈
erhält man
h§ t⋅h · ¨A + ¸ 2© G 4 ¹ Q Q ≈ τ max = ⋅ 2 t t⋅h · t⋅h §h· § 2¨ ¸ ⋅ ¨ A G + ¸ 6 ¹ ©2¹ ©
(12.1)
und für Biegung 2
σ b max =
Mb h t⋅h· §h· t ⋅ h3 § §h· mit J ≈ 2 A G ⋅ ¨ ¸ + = 2 ¨ AG + ⋅ ¸⋅¨ ¸ 6 ¹ © 2¹ 2 12 J 2 © © ¹
2
2
§h· J := 2 A m ⋅ ¨ ¸ , ©2¹
hierin wird A m als tragender Querschnitt (Gurte + mittragende Bleche) bezeichnet, womit sich für die Biegespannung ergibt σ b max =
Mb . Am ⋅ h
(12.2)
Im Weiteren ist insbesondere die Wirkung des Schubflusses von Interesse.
12.2 Kräfte und Momente zufolge des Schubflusses Im umseitigen Bild 12.4 ist ein gerades und gebogenes Schubwandträger-Profil /DER 82/ gegenübergestellt. Derartige Profile werden im Stahlbau oder speziell im Klima- und Lüftungsbereich eingesetzt. Wie zuvor angesetzt, folgt aus der Kraftaufteilung, dass im Stegblech ein konstanter Schubfluss wirkt. Damit ist die Abgrenzung zu den dünnwandigen, offenen Profilen charakterisiert, in denen ja ein ungleichmäßiger Schubflussverlauf auftritt. In dem einfachen Fall des geraden Profils verläuft der Schubfluss q = Q z /h mittig in der Verbindungslinie der Randgurte und stellt das Gleichgewicht zur Querkraft her. Es ist zu vermuten, dass die Verhältnisse beim Kreisprofil anders sind. Würde man demgemäß mit Flusskomponenten operieren, so würde sich herausstellen, dass sich alle Flusskomponenten in y-Richtung aufheben, jedoch in z-Richtung eine Resultierende bilden, und zwar
155
12.2 Kräfte und Momente zufolge des Schubflusses +r
+π/2
−r
−π / 2
³ q ⋅ cos α dz = q ⋅ r ³ cos α ⋅ dα = 2 q ⋅ r ≡ Q z ,
(12.3)
d. h., die Kraftresultierende eines symmetrisch gekrümmten Profils fällt ebenfalls in Richtung der Verbindungslinie der beiden Gurte und hat dieselbe Größe wie beim geraden Profil. Es ist aber noch ein weiterer Effekt sichtbar. Über einen Umfangsabschnitt des offenen Schubwandträgers ergibt sich ein Kraftinkrement von dQ = q ⋅ ds
(12.4)
mit dem Hebelarm r, wodurch ein inneres Torsionsmoment der Größe s
s
π
0
0
0
M x I = ³ r ⋅ dQ = q ⋅ r ³ ds = q ⋅ r 2 ³ dα = q ⋅ r 2 ⋅ π ≡ q ⋅ 2 A
(12.5)
aufgebaut wird. Im gezeigten Fall kann somit nur Gleichgewicht herrschen, wenn Qz ⋅ y − M xI = 0
(12.6)
ist. Dies führt zu dem weiteren Problem der richtigen Krafteinleitung.
y q
x z
ds dα Qz
h Qz
x
r
q Å
α s
s y
Bild 12.4: Wirkung des Schubflusses im geraden und gebogenen Schubwandträger
z
156
12 Schubwandträger-Profile
12.3 Schubmittelpunkt von Schubwandträger-Profilen Wie bei den offenen Profilen des Kapitels 9.3 sollte es auch bei Schubwandträgern Prämisse sein, die Querschnitte möglichst frei von Drillung zu halten. Insofern gilt es auch hier, den Schubmittelpunkt als bevorzugten Krafteinleitungspunkt zu bestimmen.
q
r
Qz
Qz y
SM
P
h
SP Å z
ySM
s
Bild 12.5: Lage des Schubmittelpunktes bei einem Schubwandträger Für den im Bild 12.5 gezeigten Schubwandträger unter der angesetzten Belastung Q z , Q y = 0 erhält man den Schubmittelpunkt aus dem Gleichgewicht der äußeren Kräfte
(
)
mit dem Moment des Schubflusses = Q z ⋅ ySM = q ⋅ 2 A
Qz ⋅2 A h
(12.7)
zu ySM =
2 A . h
(12.8)
Der Bezugspunkt für die Schubmittelpunkt-Koordinate ySM wird hierbei zweckmäßigerweise vom Schwerpunkt aus gewählt. Stellt man nun den Vergleich zwischen Gl. (12.8) und Gl. (9.14) an, so ist ersichtlich, um wie viel einfacher die Berechnung der Schubmittelpunkt-Koordinaten bei den Schubwandträgern ist. Es sei deshalb noch einmal darauf hingewiesen, unter welchem vereinfachten Belastungsmodell dies hergeleitet worden ist.
157
12.4 Zusammengesetzte Schubwandträger-Profile
12.4 Zusammengesetzte Schubwandträger-Profile Komplizierte Profilgeometrien (z. B. Querschnitt eines Kofferaufbaus von Nutzfahrzeugen, s. auch Bild 8.5) lassen sich oft hinsichtlich ihrer Beanspruchungsverteilung nicht geschlossen behandeln. Hier bietet sich dann die Idealisierung in ein Schubwandträger-Profil /RAM 92/ an. Im Bild 12.6 ist eine beispielhafte Profilkonstruktion gezeigt, für die die Querschnittsflüsse und der Schubmittelpunkt zu bestimmen sind. Eckprofile
q1
AF2
Qz
q2
SM
AF1
AS1
AS2
SP
y
h
z AS3 AF2 ySM
q3 b
s
AF1
Bild 12.6: Aus mehreren Einzelfeldern zusammengesetztes Schubwandträger-Profil Der Aufbau des Profils macht hierbei eine sektionsweise Ermittlung des Schubflusses erforderlich. Dieser ist in jedem Feld konstant und von der Größe qi =
Q z ⋅ S yi Jy
.
(12.9)
Es soll im Weiteren davon ausgegangen werden, dass die Querschnittsabmessungen groß sind. In diesem Fall ist es sinnvoll, das statische Moment und das Flächenträgheitsmoment vereinfacht anzusetzen. Zweckmäßigerweise werden auch die Bleche auf die Eckprofile verschmiert, sodass hier Ersatzflächen A F1 ' = A F1 +
1 1 1 A S1 , A F 2 ' = A F 2 + A S1; S 3 + A S 2 2 2 2
(12.10)
158
12 Schubwandträger-Profile
zu bilden sind. Danach lauten die Beschreibungsgrößen S y1 = A F1 ' ⋅
h , 2
S y 2 = ( A F1 ' + A F2 ') ⋅
h , 2
(12.11)
S y3 = S y1
und 2
2 h J y = 2 ¦ A Fi ' ⋅ §¨ ·¸ . ©2¹ i =1
(12.12)
Für die Schubflüsse ergibt sich so q1 =
Q z ⋅ S y1 , Jy
(12.13)
q 3 = q1
bzw. q2 =
Q z ⋅ Sy2 Jy
.
Entsprechend findet sich aus dem Momentengleichgewicht wieder der Schubmittelpunkt. Wählt man hierfür als Drehpunkt die linke untere Ecke, so haben q 2 und q 3 keinen Anteil. Es gilt somit Q z ⋅ y SM = q 1 ⋅ b ⋅ h =
Q z ⋅ S y1 ( b ⋅ h) . Jy
(12.14)
Werden hierin jetzt die Beziehungen für S y1 und J y eingesetzt, so erhält man für die Schubmittelpunkt-Koordinate ySM =
S y1 Jy
( b ⋅ h) =
A F1 ' ⋅ h ( b ⋅ h)
A F1 ' ⋅ b 2 = A '+A ' . h F1 F2
2 ⋅ 2 (A F1 ' + A F2 ') ⋅ 4
(
)
(12.15)
Ist es seitens des Profilaufbaus jedoch angebracht die Bleche gesondert zu berücksichtigen, so muss der zuvor beschriebene Lösungsweg etwas abgewandelt werden.
159
13 Schubfeld-Konstruktionen Als ein weiteres Konstruktionselement des Leichtbaus sind Schubfelder /CZE 67/ anzusehen. Vom Aufbau her werden dabei umlaufend Rahmenprofile durch Blechfelder ausgefacht. Diese Technik findet man heute noch im Nutzfahrzeugbau, wenn ein stützendes Gitterwerk als Kraft aufnehmende Struktur verwandt wird. Neuere Anwendungen sind SpaceFrame-Strukturen für Pkws. Die Kraftaufteilung erfolgt dabei wieder so, dass die Gurte bzw. Pfosten die Längskräfte und das Blech die Schubkräfte aufnehmen.
13.1 Schubfeld Das Bauprinzip des einfachen Rechteck-Schubfeldes zeigt Bild 13.1. Wesentlich ist hierbei, dass das Blech über die ganze Länge kraftschlüssig mit dehnelastischen, aber biegestarren Stäben verbunden ist. Die Stäbe selbst sollen dagegen untereinander gelenkig verbunden sein. Mit der Anbringung der seitlichen Pendelstützen (Lagerung) sei angedeutet, dass das Feld meist fortgesetzt wird. dx
N + dN S1
q
x
N N = Fz
S2 S 1 q2
+
L N = Fz ⋅ h q1
S2 +
z h
+ q3
S3
S3
q4 L N = Fz ⋅ h
Fz
N ≡ Fz
Fz L
Bild 13.1: Rechteckiges Schubfeld als Beispiel eines Seitenverkleidungsstückes aus einem Nutzfahrzeug Als Belastung sei eine Einzelkraft Fz an einem Knoten angenommen. Trennt man nun das Blech von dem Rahmen ab, so kann für die Kraftangriffsstelle sofort der Schubfluss mit
160
13 Schubfeld-Konstruktionen
F q1 = z h
(13.1)
angegeben werden, d. h., der Schubfluss resultiert aus der Abtragung von Fz . Aus dem Gleichgewicht am Blech folgt weiter
¦ K x = 0: q 2 ⋅ L = q 4 ⋅ L → q 2 = q 4 ¦ K z = 0: q 3 ⋅ h = q1 ⋅ h → q 3 = q1 ¦ M y = 0: q1 ⋅ h ⋅ L = q 2 ⋅ L ⋅ h → q 2 = q1 und somit q1 = q 2 = q 3 = q 4 = q = konst . ,
(13.2)
d. h., im Rechteckfeld ist der Schubfluss an allen Seiten gleich groß. Den Zusammenhang zwischen dem Schubfluss und den Stabkräften erhält man wieder aus dem Gleichgewicht an einem Stabelement. Hieraus folgt
+ N + q ⋅ dx − N − dN = 0 dN = q ⋅ dx bzw. aus der Integration N=
³ q ⋅ dx + C
.
(13.3)
L
Damit ist ausgewiesen, dass die Normalkräfte in den Stäben linear verlaufen. Die auftretende Integrationskonstante ergibt sich für jeden Stab zu C = 0.
13.2 Ideales Zugfeld Zuvor ist vorausgesetzt worden, dass das Blech unter der wirkenden Schubbeanspruchung nicht ausbeult. Es ist aber auch möglich, dass die Schubbeanspruchung bis oberhalb der kritischen Beulspannung τ xz > τ B krit anwächst. Unter kritisch ist dabei die Grenzspannung zu verstehen, bei der das ursprünglich ebene Blech in einen neuen Gleichgewichtszustand (Stabilitätsgrenze) übergeht, der mit einer Kraftumlagerung verbunden ist. Im Blech entsteht dadurch ein besonderer Spannungszustand, der als ideales Zugfeld charakterisiert wird. Um den auftretenden Effekt zu begründen, soll zunächst eine Zwischenbetrachtung an einer dünnen Scheibe angestellt werden. Wenn an den Rändern einer dünnen, rechteckigen Scheibe die Spannungen σx , σz und τxz wirken, so können bekanntlich die Hauptspannungen als größte Beanspruchung wie folgt berechnet werden: σ 1, 2 =
σx + σz 1 ± 2 2
(σ x
− σ z ) 2 + 4τ xz 2 .
161
13.2 Ideales Zugfeld
Übertragen auf das Schubblech - mit der Grundannahme σ x = 0, σ z = 0, τ xz = τ - bestimmen sich somit die Hauptspannungen zu σ1 = + τ ( Zug ) und σ 2 = − τ ( Druck ) .
(13.4)
z
τ σ2 σ1
σ1
α
τ
σ2 x
Bild 13.2: Hauptspannungsrichtungen im idealen Zugfeld Wird nun im Blech die Beulspannung überschritten, so tritt herrührend aus der Druckbeanspruchung ein Falten des Blechs ein. Dadurch kommt es zu einer Spannungsumlagerung: Die Zugspannung σ1 (in Richtung der Falten) wächst nämlich für ansteigende Schubspannung wesentlich stärker an als die Druckspannung σ 2 (senkrecht zu den Falten). Als Grenzfall ist anzusetzen, dass sich das biegeweiche Blech durch stetige Vertiefungen der Falten jeglicher weiteren Kraftaufnahme senkrecht zur Faltenrichtung entzieht. Für das ideale Zugfeld setzt man daher σ 2 = 0 voraus. Unter diesem Wirkzusammenhang ist somit von Interesse festzustellen, wie letztlich die Hauptspannung im Blech σ1 von der äußeren Belastung τ(q) abhängt. Um dies zu klären, soll gemäß dem umseitigen Bild 13.3 ein Blech in Richtung der Hauptspannungen geschnitten werden. Aus dem Gleichgewicht am linken Schnittelement erhält man so
¦ Kx
= 0: ( σ1 ⋅ A ) cos α − τ ( A ⋅ sin α ) − σ x ( A ⋅ cos α ) = 0,
(13.5)
also eine Gleichung mit zwei Unbekannten. Somit ist eine weitere Gleichung erforderlich, die aus dem rechten Schnittelement abzuleiten ist mit
¦ K x = 0: σ x (A ⋅ sin α ) = τ (A ⋅ cos α ) .
(13.6)
162
13 Schubfeld-Konstruktionen
Multipliziert man jetzt Gl. (13.5) mit sinα und setzt hierin Gl. (13.6) ein, so folgt σ1 ⋅ A ⋅ sin α ⋅ cos α = τ ⋅ A ⋅ sin 2 α + τ ⋅ A ⋅ cos 2 α ≡ τ ⋅ A
bzw. als Zusammenhang mit der Belastbarkeit*) eines Blechfeldes σ1 =
2τ 2q = ≤ τ B krit = k τ ⋅ σ Euler . sin 2α t ⋅ sin 2α
a)
(13.7)
b) α
σx
A
A ⋅ cos α
σ1 α
A σ2 = 0
α
A ⋅sin α σz
τ
A ⋅sin α
σx
A ⋅ cos α σz
Bild 13.3: Hauptschnittrichtungen im idealen Schubfeld Offen ist bisher noch die Größe des Faltungswinkels α, der jetzt an einem beliebigen mittigen Schubfeld nach dem Satz von Castigliano bestimmt werden soll. Im Bild 13.4 ist der Grenzzustand der Faltung beanspruchungsmäßig sichtbar gemacht worden. Wie vorstehend hergeleitet, entstehen jetzt durch die Überlagerung weiterer Felder noch Normalkraftflüsse n x , n z im Blech. Somit kann die Beanspruchung der umrahmenden Pfosten und Gurte wie folgt ermittelt werden: − Die Größe der Kraft im Pfosten ist auch durch das angrenzende Schubfeld gegeben zu §1 · Q p = 2 ¨ n z ⋅ a ¸ = q ⋅ a ⋅ tan α , 2 © ¹ wobei über die Betrachtung am Schnittelement noch der Zusammenhang n z = q ⋅ tan α
*)
Anmerkung: Siehe zur Problematik „Beulen“ von Blechen Kapitel 19 bzw. DIN 4114.
(13.8)
163
13.2 Ideales Zugfeld hergestellt werden kann. − Die Größe der Kraft ist im Gurt durch ein Schubfeld bestimmt zu QG =
1 1 q nx ⋅ h = ⋅ h, 2 2 tan α
(13.9)
wobei der Zusammenhang nx =
q tan α
ebenfalls wieder aus Schnittelementbetrachtungen herrührt.
a QG
Qp
Qp
2
2
AG
QP z
QG
nz
x
n x = σx ⋅ t
ı2
Qp
Qp
2
2
nx α
q
α q QG QP
q
q
ı1
q
ı1 q
QP QG
t
α
QG
Ap
nx QG
nz
h
ı2 = 0 x
n z = σz ⋅ t
QP
Qp
Qp
Qp
Qp
2
2
2
2
QG
QG
Bild 13.4: Wirkrichtung der Kräfte im Schubfeld, wobei allseitig weitere Felder anschließen sollen Damit sind wir in der Lage, die Formänderungsenergie eines Feldes aufzustellen und aus deren Ableitung und Nullsetzung letztlich den Faltenwinkel eliminieren zu können. Die Komponenten der Formänderungsenergie (s. auch Kapitel 8.4) ergeben sich somit
164
13 Schubfeld-Konstruktionen
− aus den beiden Pfosten 1 πi p = 2
h
³ o
Qp2
1 dz = E ⋅ Ap 2
h
³ o
(q ⋅ a ⋅ tan α )2 dz = 1 q 2 ⋅ a 2 ⋅ tan 2 α ⋅ h , E ⋅ Ap
2
(13.10)
E ⋅ Ap
− aus den Gurten 2
§1 q ⋅h · ¸ a a¨ © 2 tan α ¹ 1 q2 ⋅ h2 ⋅ a 1 1 QG2 ⋅ , = ⋅2 ³ dx = ³ dx = 4 E ⋅ A G tan 2 α 2 o E ⋅ AG E ⋅ AG o
πiG
(13.11)
− aus dem Blech πi B =
1 σ12 1 q2 a⋅h . t dA = ⋅ ³ 2 E 2 E ⋅ t ( sin α ⋅ cos α ) 2
(13.12)
Diese Anteile müssen nun zur gesamten Formänderungsenergie zusammengefasst werden. Hierzu ist es aber noch zweckmäßig, die beiden folgenden Abkürzungen λ=
a⋅t h⋅t , μ= Ap 2 AG
(13.13)
einzuführen und den zuvor entstandenen trigonometrischen Ausdruck sinα ⋅ cosα =
tanα 2
1 + tan α
noch geeignet umzuformen. Für die Gesamtenergie findet sich so
πi = πi P + πiG + πi B
πi =
(
)
2º ª 1 + tan 2 α » 1 q2 ⋅ a ⋅ h « 1 = ⋅ + λ ⋅ tan 2 α + μ » 2 E ⋅ t «« tan 2 α tan 2 α » ¬ ¼
(13.14)
1 q2 ⋅ a ⋅ h ª 1+ μ º ⋅ (1 + λ ) tan 2 α + 2 + 2» . « 2 E⋅t ¬ tan α ¼
Im Gleichgewichtszustand nimmt diese Formänderungsenergie gerade ein Minimum ein, d. h. 2 (1 + μ ) º ∂π i 1 q 2 ⋅ a ⋅ h ª 2 tan α = − «(1 + λ ) » = 0. 2 ∂α 2 E⋅t ¬ cos α tan 3 α ⋅ cos 2 α ¼
(13.15)
165
13.2 Ideales Zugfeld Da hierin aber nur der Klammerausdruck verschwinden kann, bleibt als Bedingung 2 (1 + λ ) tan α =
2 (1 + μ ) tan 3 α
bestehen bzw. tan 4 α =
1+ μ ≈1 . 1+ λ
(13.16)
Da bei dünnen Blechen λ < 1, μ < 1 sind, wird in erster Näherung tanα ≈ 1 und somit der Faltenwinkel α ≈ 45°. Will man die tatsächliche Abweichung des Faltenwinkels von 45° erfassen, so kann man einen Fehleransatz derart machen, in dem die Abweichung eingesetzt wird π + Δα , 4
α=
(13.17)
hierbei ist Δα ein sehr kleiner Winkel. Damit soll dann sein §π · tan α ≡ tan ¨ + Δ α ¸ = ©4 ¹
π + tan Δ α 4 . π 1 − tan ⋅ tan Δ α 4 tan
Unter Berücksichtigung von tan
π = 1 und tan Δα ≈ Δ α 4
wird so tan α ≈
1 + Δα 1 − Δα
und in Analogie zu Gl. (13.16) 4
tan α =
2
3
4
2
3
4
1 + 4 Δα + 6 Δα + 4 Δα + Δα 1 − 4 Δα + 6 Δα − 4 Δα + Δα
≈
1 + 4 Δα . 1 − 4 Δα
Wird jetzt wieder die Identität 1 + 4 Δα 1 + μ := 1 − 4 Δα 1 + λ
(13.18)
166
13 Schubfeld-Konstruktionen
hergestellt, so folgt für Δα =
μ−λ . 4 (2 + μ + λ)
Der Abweichungswinkel ist dabei im Wesentlichen eine Funktion der Dimension des Bleches und der Auslegung der Stäbe, also der Steifigkeit des Schubfeldes.
(13.19)
167
14 Ausgesteifte Kastenprofile Als Anwendung einiger der vorstehenden Betrachtungen können Kastenprofile angesehen werden. Typische Einsatzgebiete hierfür sind konventionelle Flügelkästen, Nutzfahrzeugaufbauten, Waggons-, Kran- und Manipulatorenausleger etc. Die häufigste Belastung ist dabei Biegetorsion aus exzentrischen Querkräften oder reine Torsion durch Kräftepaare. Meist kann als Abschluss eines Kastens eine feste Einspannung eines Endquerschnitts angenommen werden, die beispielsweise aus dem Übergang Ladeaufbau zum Motorwagen oder Anschluss eines Flügels am Flugzeugrumpf (s. /KAN 56/) resultiert.
14.1 Viergurtmodell Im Unterschied zu den üblichen dünnwandigen Profilträgern sind tragende Kastenprofile oft mehrfach ausgesteift. Üblich ist hierbei eine Versteifung der Deckbleche durch Längsrippen bzw. eine weitere Gesamtaussteifung durch Schubwände oder Querrippen (Spante). Um diese Ausführungsform der Analyse möglichst einfach zugänglich zu machen, ist eine Idealisierung in eine räumliche Schubwandträger-Konstruktion (s. umseitiges Bild 14.1) zweckmäßig. Man kann dann wieder ideal annehmen, dass die Gurte alle auftretenden Längskräfte abtragen und die Bleche den Schub leiten. Das Viergurtmodell stellt somit das einfachste Ersatzmodell /HEI 61/ dar, und zwar in dem jetzt die Längsrippen mit den Deckblechen zu einer Ersatzwandstärke verschmiert werden und den Eckgurten die notwendige Steifigkeit gegeben werden. Im vorliegenden Fall soll das Verschmieren der Stringer zu neuen Blechdicken unter anderem den Abtrag von Schub ermöglichen: t1 = t B1 +
AS , a
t 2 = t B2 .
(14.1)
Die Biegesteifigkeit der Bleche soll des Weiteren ganz auf die Eckprofile umgelegt werden. Für die zu berücksichtigende Zusatzfläche (s. auch Kapitel 8.2.3) erhält man aus dem Steiner’schen Anteil, − und zwar bei Biegung um die y-Achse 2
4 A äquivalent ⋅
2
h h t ⋅h ≈ 2 t1 ⋅ b ⋅ +2 2 4 4 12
3
oder t ⋅b t ⋅h Aäquivalent ≈ 1 + 2 , 2 6
− bei Biegung um die z-Achse ist entsprechend vorzugehen. Damit kann für ein Eckprofil als Ersatzfläche
(14.2)
168
14 Ausgesteifte Kastenprofile A = A eigen + A äquivalent
(14.3)
angesetzt werden. Nachfolgend wird diese Fläche für den Steifigkeitsansatz E ⋅ A benötigt. Entsprechend ist die Schubsteifigkeit der Bleche als G ⋅ t i zu berücksichtigen. a) L Rippe GR ⋅ tR
t B1 t B2
1 z
2
x
h
t1
y a
b
As
G ⋅ t2
t2
G ⋅ t1
E⋅A
b) N + dN σx N
c) N + dN
τ yx
N
Bild 14.1: Übergang vom Kastenträger zum Viergurtmodell a) Modellbildung, b) Biegebeanspruchung, c) Schub- bzw. Torsionsbeanspruchung
169
14.2 Torsionsbeanspruchung
14.2 Torsionsbeanspruchung Eine der bevorzugten Problemstellungen, die mit dem Viergurtmodell gelöst werden kann, ist die Krafteinleitung in Kastenträgern durch an beliebigen Stellen eingeleiteten Torsionsmomenten M xi = M x = konst. Annahme dieses Lösungskonzeptes ist, dass die letzte Zwischenwand an eine sehr steife Struktur angebunden wird, weshalb näherungsweise von einer festen Einspannung ausgegangen werden kann. Im Bild 14.2 ist diese Situation skizziert. Von Interesse ist in der Praxis, wie die Belastung abgetragen wird. feste oder bedingt nachgiebige Einspannung
Auftrieb Mx5
L Anströmung
Mx4
L 3
Mx2
1 q1k
1
Mxk
3 q3k
4
dx
q4k
dN N+ dx dx
Mx1
h
k
q2k
2 N
1
dN N+ dx dx N(x)
0
dx
t2
t1
z
x
2
Mx3
2
L
dN N+ dx dx
3
L
y
4
4
b N
q1k
q2k N
Bild 14.2: Belastungsmodell eines Kastenträgers (Flügelmodell) mit Zwischenwänden Zunächst gilt, dass der innere Beanspruchungszustand einer Zelle den angreifenden Torsionsmomenten äquivalent sein muss. Aus dem erweiterten Gleichgewicht folgt zwingend,
170
14 Ausgesteifte Kastenprofile
dass neben Schubflüssen auch Normalkräfte in den Gurten vorkommen werden. Für die Schubflüsse kann gemäß den vorausgegangenen Herleitungen sofort angesetzt werden q1k = q 3k = konst . bzw . q 2 k = q 4 k = konst . , aber q1k ≠ q 2 k
(14.4)
und für einen Drehpunkt in der Querschnittsebene eines Abschnittes q1k ⋅ h ⋅ b + q 2 k ⋅ b ⋅ h = M xk .
(14.5)
Aus einer Gleichgewichtsbetrachtung an einem Gurt erhält man weiter dN = q1k − q 2 k = konst . , dx
womit auf einen linearen Verlauf der Normalkraft pro Zelle geschlossen werden kann: N k − N k −1 = q1k − q 2 k . L
(14.6)
Mit den vorstehenden Beziehungen ist ein Gleichungssystem für die Flüsse q ik gefunden worden, in dem die N k aber noch unbestimmt sind. Zur Bestimmung der N k ist zweckmäßigerweise der Satz vom Minimum der Formänderungsarbeit anzuwenden. Zuvor ist aber noch geeignet umzuformen, und zwar indem aus Gl. (14.5) q 2 k eliminiert wird und dies in Gl. (14.6) eingesetzt wird. Man erhält so N k − N k −1 M = 2 q1k − xk . L b⋅h
(14.7)
Wenn M xk ein in eine Zelle eingeleitetes äußeres Torsionsmoment darstellt, so kann mittels der 1. BREDT’schen Formel M xk ≡ 2 qk ° b⋅h
die von außen initiierte Bezugsschubflussgröße q k ° für jede Zelle einfach bestimmt werden. Damit lässt sich die vorstehende Gleichung auch schreiben als N k − N k −1 = 2 q1k − 2 q k ° . L
(14.8)
Für die spätere Rückrechnung zu den Schubflüssen muss Gl. (14.8) aber noch aufgelöst werden zu q1k =
N k − N k −1 + q k °. 2L
Weiterhin soll jetzt für die Normalkräfte ein abschnittsweiser linearer Verlauf
(14.9)
171
14.2 Torsionsbeanspruchung
N(x) =
N k − N k −1 ⋅ x + N k −1 L
(14.10)
entwickelt werden. Damit kann die Formänderungsenergie für ein k-tes Feld aufgestellt werden. Diese ergibt − für die Normalkräfte in den vier Gurten 2
πNk = 4 ⋅
1 N( x ) 2 2 ª N k − N k −1 º dx = ⋅ x + N k −1 » dx ³ ³ « 2L E⋅A E ⋅ A L¬ L ¼
[
(14.11)
]
2 L = ⋅ N k 2 + N k ⋅ N k −1 + N k −12 , 3 E⋅A
− für die Schubkräfte in den beiden Seitenblechen π q vk = 2 ⋅
º q 2 ⋅h⋅L 1 Q 2k 2 h ⋅ L ª N k − N k −1 dx = 2k = + q k °» ³ 2 L G ⋅ t2 ⋅ h G ⋅ t2 G ⋅ t 2 «¬ 2L ¼
1 = G ⋅ t2
2
º ª (N − N )2 2 k −1 ⋅ h − q ° ⋅ h(N − N « k k k k −1 ) + q k ° ⋅ h ⋅ L», 4⋅L »¼ «¬
(14.12)
und − für die Schubkräfte in den beiden Deckblechen 2
º q 2 ⋅b⋅L b ⋅ L ª N k − N k −1 π q hk = 1k = + q k °» « G ⋅ t1 G ⋅ t1 ¬ 2L ¼ 2 º 1 ª (N k − N k −1 ) = ⋅ b − q k ° ⋅ b(N k − N k −1 ) + q k ° ⋅ b ⋅ L ». « G ⋅ t1 ¬« 4L ¼»
(14.13)
Die gesamte Formänderungsarbeit für eine Zelle (hier linke Zelle) lautet so: π Z links = +
(
2 L ⋅ N k 2 + N k ⋅ N k −1 + N k −1 2 3 E⋅A 1 G
)
º §b h · ª ( N k − N k −1 )2 ¸¸« ⋅ ¨¨ + − q k °( N k − N k −1 ) + q k ° ⋅ L ». 4L »¼ © t 1 t 2 ¹«¬
(14.14)
Durch Hochzählen des Indexes kann die Formänderungsarbeit auch für eine rechte Zelle angegeben werden. Eine gekoppelte Gleichung in den Kräften erhält man nun durch Addition der beiden Teilarbeiten und entsprechendes Ableiten (Satz von Castigliano) zu ∂ (π Z links + π Z rechts ) = 0. ∂N k
(14.15)
172
14 Ausgesteifte Kastenprofile
Die entsprechenden Ableitungen lauten hierbei unter Berücksichtigung der Konstanz von A, L und t i : ∂πZ links ∂N k ∂πZ rechts ∂N k
=
§ · §N · N 2 L (2N k + N k −1 ) + 1 ¨¨ b + h ¸¸ ⋅ ¨¨ k − k −1 − q k ° ¸¸ = 0 ⋅ 3 E⋅A G © t1 t 2 ¹ © 2L 2L ¹
=
§ · § N · N 2 L ⋅ (N k +1 + 2N k ) + 1 ¨¨ b + h ¸¸ ⋅ ¨¨ − k +1 + k + q k +1 ° ¸¸ = 0. 3 E⋅A G © t1 t 2 ¹ © 2L 2L ¹ (14.16)
Sortiert führt dies zu den Gleichungen ª4 L 1 §b h ¨¨ + + « ⋅ ⋅ ⋅ 3 E A 2 G L t t 2 © 1 ¬ 1§b h · ¸q k ° = ¨¨ + G © t1 t 2 ¸¹
ª2 ·º L 1 §b h ¸¸ » N k + « ⋅ ¨¨ + − ⋅ ⋅ 3 E A 2 G L t t 2 ¹¼ © 1 ¬
ª2 L 1 §b h ¨¨ + − « ⋅ ⋅ ⋅ 3 E A 2 G L t t 2 © 1 ¬
ª4 ·º L 1 §b h ¸¸ » N k +1 + « ⋅ ¨¨ + + ⋅ ⋅ 3 E A 2 G L t t 2 ¹¼ © 1 ¬
=−
1§b h ¨¨ + G © t1 t 2
· ¸¸q k +1 ° ¹
·º ¸¸ » N k −1 ¹¼
·º ¸¸ » N k ¹¼ (14.17 )
bzw. addiert zu dem überlagerten Gleichungssystem α o ⋅ N k +1 + 2α oo ⋅ N k + α o ⋅ N k −1 = ß k ⋅ (q k ° − q k +1 °) ,
(14.18)
wobei die Koeffizienten α o , α oo und ß k aus der vorstehenden Gleichung zuzuordnen sind. Unterstellt man jetzt beispielhaft, dass Gl. (14.18) für einen Aufbau aus drei Zellen zu lösen ist, so muss folgende Gleichung entwickelt werden: α 01 ⋅ N 2 + 2α 001 ⋅ N1 +
0
= ß ⋅ (q1 ° − q 2 °) für k = 1,
α 02 ⋅ N 3 + 2α 002 ⋅ N 2 + α 02 ⋅ N1 = ß ⋅ (q 2 ° − q 3 °) für k = 2, 0
+ 2α 003 ⋅ N 3 + α 03 ⋅ N 2 = ß ⋅ q 3 °
für k = 3.
Die letzte Zelle soll dabei auf eine starre Wand stoßen, für die immer die Form von Gl. (14.19) anzusetzen ist. Als Endgleichung entsteht somit 2 α 00 ⋅ N k + α 0 ⋅ N k −1 = ß ⋅ q k ° ,
wobei das q k ° in die starre Endwand abgetragen wirkt.
(14.19)
173
14.3 Ausschnitte
14.3 Ausschnitte In der Praxis müssen Kastenträger oft aus Funktionsgründen mit Ausschnitten /DER 82/ für Fenster, Türen oder Fahrwerksöffnungen etc. versehen werden. Das Profil wird hierdurch geschwächt (geringere Torsionsfestigkeit), was einerseits zu einer höheren Verdrillung führt und andererseits kommt es dadurch zu einer Beanspruchungsumlagerung. Im Bild 14.3 ist ein Ausschnitt in einer Zelle angedeutet, und zwar vereinfachend so, dass eine Blechwand als fehlend angesehen wird. Diese typische Situation findet man beispielsweise in Flugzeugrümpfen oder Flügeln, wo ein Fahrwerksrad ein- bzw. ausgefahren werden muss.
L
y x
L
z
L Störabschnitt L
Ausschnitt q
L
ungestörter Abschnitt h
Mx b
Bild 14.3: Kastenträger mit kritischem Ausschnitt Als Belastung sei wieder Torsion durch das äußere Moment M x = konst . angenommen und unterstellt, dass dieses auch im Ausschnittsbereich wirkt. Des Weiteren soll angenommen werden, dass die auftretende Störung im Kraftflussverlauf begrenzt ist auf den Ausschnittsbereich selbst und die beiden angrenzenden Zellen. Von grundsätzlichem Interesse ist dann zu untersuchen, wie sich der Beanspruchungsverlauf einstellt und wie die Störung abklingt. Die tatsächlich auftretende Schubflussverteilung in dem angenommenen Modell zeigt das umseitige Bild 14.4, und zwar in dem Sinne, dass vom offenen Kasten auf den geschlossenen Kasten abgetragen wird.
174
14 Ausgesteifte Kastenprofile
a) y q2
z
x
N
p
q1
q3
q1
Mx
q2 = 0
b) q2
N
p
q1
q3
N
q1
Mx
q2
q4
Bild 14.4: Belastungsverläufe im Kastenträger mit M x = konst. a) abgetrennter offener Kasten b) abgetrennter geschlossener Kasten Die Störung im Anschlussbereich und das Abtragen auf die Nachbarzellen lassen sich nun aus einer Gleichgewichtsbetrachtung herleiten. Und zwar gilt für den offenen Kasten
¦ K y = 0: ¦ K z = 0: ¦ Mp
q2 ⋅ b = 0
→ q2 = 0
q1 ⋅ h = q 3 ⋅ h
→ q1 = q 3
= 0: q 1 ⋅ h ⋅ b = M x → q 1 =
(14.20)
Mx = 2 q° . b⋅h
Das heißt, in dem Ausschnitt des gegenüberliegenden Deckbleches tritt kein Schubfluss auf, während in den Seitenwänden ein Schubfluss von der doppelten Höhe des äußeren Bezugsschubflusses auftritt. Die Normalkräfte in den Gurten entstehen demzufolge aus Gleichgewichtsreaktionen mit den Schubflüssen q1 und q 3 . Sie können somit aus dem Stabgleichgewicht 2 N + q1 ⋅ L = 0 , 1 N = − q1 ⋅ L = − q ° ⋅ L 2
bestimmt werden.
(14.21)
175
14.3 Ausschnitte
Auch zur Betrachtung des Nachbarbereiches ist wieder vom Gleichgewicht auszugehen. Annahme ist aber jetzt, dass in der vor- und nachgeschalteten Zelle die Störung völlig abgebaut wird. Diese Flüsse ergeben sich so zu
¦ Ky = 0:
q2 ⋅ b = q4 ⋅ b
→ q2 = q4 ,
(14.22)
¦ Kz = 0:
q1 ⋅ h = q3 ⋅ h
→ q1 = q3 ,
(14.23)
¦ Mp
= 0: q 1 ⋅ h ⋅ b + q 4 ⋅ b ⋅ h = M x → q 1 + q 4 =
Mx = 2 q° . b⋅h
(14.24)
Diese drei Gleichungen reichen aber zur Bestimmung der vier unbekannten Flüsse nicht aus. Eine weitere Gleichung kann noch durch das Gleichgewicht am Stab gewonnen werden zu q1 ⋅ L − q2 ⋅ L + N = 0 , q1 − q2 = q °.
(14.25)
Hierin ist N durch Gl. (14.21) ersetzt worden. Aus den vier Gleichungen (14.22), (14.23), (14.24) und (14.25) können durch einfache Elimination die unbekannten Schubflüsse gefunden werden zu q1 = q3 =
3 q° 2
q2 = q4 =
1 q°. 2
bzw.
Als Resümee (s. umseitiges Bild 14.5) ist nachfolgend transparent gemacht und festgestellt. Im Ausschnittsbereich wächst der Schubfluss auf die doppelte Größe des Bezugsschubflusses des ungestörten Bereiches an. Im Bereich des Bodens fällt der Schubfluss auf null ab. Die Seitenwände werden somit extrem belastet und müssen im Anwendungsfall verstärkt werden.
176
14 Ausgesteifte Kastenprofile
1 · q°
1 · q°
1.5 · q° 0.5 · q°
2 · q° 0 1.5 · q° 0.5 · q°
1 · q° 1 · q°
q° = Mx
Mx 2b·h
Bild 14.5: Schubflussverteilung im ausgeschnittenen Kasten (gezeichnet ist eine symmetrische Hälfte der Struktur)
177
15 Energie- und Arbeitsprinzip Die Anwendung des Energie- und Arbeitssatzes auf Strukturen erfolgt in der Hauptsache zur Ermittlung der Verformungen und Schnittkräfte /FAL 68/. Im Folgenden sollen die grundlegenden Beziehungen, basierend auf der Vorstellung der virtuellen Arbeit, dargelegt werden.
15.1 Energieprinzip Wirkt auf eine verformungsfähige Struktur eine äußere Kraft F, so wird in einer kinematisch möglichen Verformungsrichtung eine Verschiebung δu hervorgerufen. Die äußere virtuelle Arbeit ist demgemäß definiert zu δπ a = F ⋅ δu .
(15.1)
Die Gesamtarbeit erhält man durch Integration π a = ³ δπ a =
u2
³
F ⋅ δu .
(15.2)
u1
Besteht nun wie beim ideal elastischen Körper ein linearer Zusammenhang
F = c⋅u zwischen der Kraft und der Verschiebung, so folgt für die gesamte äußere (End-)Arbeit π a = ³ c ⋅ u δu = u
c ⋅ u2 1 = Fmax ⋅ u max . 2 2
(15.3)
Bei einem elastischen Körper wird die verrichtete äußere Arbeit als innere Formänderungsenergie gespeichert, weshalb unter linearen Verhältnissen πa = πi
(15.4)
gilt. Die Größe der inneren Formänderungsenergie π i hängt im Weiteren davon ab, welcher Spannungszustand im Tragwerk hervorgerufen wird. Allgemein kann diese angegeben (s. Kapitel 8.4) werden zu
πi =
1 ( σ ⋅ ε + τ ⋅ γ ) dV , 2 V³
hierin sind die Spannungen und Verzerrungen lastfallspezifisch anzusetzen.
(15.5)
178
15 Energie- und Arbeitsprinzip
Q ≡ Fz
u max Fx ≡ N
x, u
x z, w
Biegelinie
w max
L
Bild 15.1: Verformungszustände an einfachen Tragstrukturen a) Zuglastfall b) Biegelastfall Die Anwendung von Gl. (15.4) zur Bestimmung von Verformungsgrößen sei beispielhaft an dem Stab und dem Balken im Bild 15.1 gezeigt. − Unter der Annahme, dass ein elastischer Stab konstanten Querschnitts durch eine Längskraft Fx ≡ N belastet wird, kann die äußere Endarbeit definiert werden zu
πa =
1 Fx ⋅ u max , 2
entsprechend ist die Formänderungsenergie als πi =
1 σ x2 A dx 2 L³ E
anzusetzen. Berücksichtigt man ferner die Spannung mit F σx = x , A so kann aus dem Energiesatz 1 1 Fx 2 Fx ⋅ u max = L 2 2 E⋅A
der Endwert der Verschiebung bestimmt werden zu F ⋅L . u max = x E⋅A
15.2 Arbeitsprinzip
179
− Des Weiteren sei ein elastischer Kragbalken mit konstantem Querschnitt angenommen. Unter der wirkenden Querkraft Fz ≡ Q wird hierbei die äußere Arbeit πa =
1 Fz ⋅ w max 2
verrichtet. Für die Formänderungsenergie ist anzusetzen: πi =
2 σx2 1 1 My dA dx dx . = 2 A³ L³ E 2 L³ E ⋅ J y
Hierin ist die Spannung mit σx =
My Jy
F ⋅x z= z z Jy
berücksichtigt. Der Energiesatz liefert damit w max =
1 Fz ⋅ L3 . 3 E ⋅ Jy
Für alle Strukturelemente und für jede Belastung kann so der Energiesatz aufgestellt und hinsichtlich der maximalen Verformungsgröße ausgewertet werden.
15.2 Arbeitsprinzip Der Energiesatz ermöglicht nur die Ermittlung einer Verschiebung an der Kraftangriffsstelle in Richtung einer äußeren Kraft. Eine größere Bedeutung erhalten die Energieausdrücke aber erst durch die Verallgemeinerung /CZE 67/, dass sie Verschiebungen an beliebigen Stellen zu bestimmten gestatten. Am einfachen Beispiel eines Balkens auf zwei Stützen (s. umseitiges Bild 15.2) soll des Weiteren der Arbeitssatz begründet werden. Zunächst sei der Balken nur durch die Kraft F1 belastet. Unterhalb des Kraftangriffspunktes (1) tritt dann die Verschiebung w11 auf. An der beliebigen Stelle (2) ist noch die Verschiebung w 21 feststellbar. Wenn zwischen der Kraft und den Verschiebungen ein linearer Zusammenhang vorausgesetzt wird, so lässt sich auch w11 = F1 ⋅ δ11
und
w21 = F1 ⋅ δ21
(15.6)
angeben. Hierbei sind mit δ ik (i = Ort, k = Ursache) die so genannten Verschiebungszahlen oder Nachgiebigkeitszahlen eingeführt worden.
180
15 Energie- und Arbeitsprinzip
a)
b) F1
F1 2
1 w 11
1
F2 2
w 21 w11 + w12
w 21 + w 22
Bild 15.2: Durchbiegung eines Balkens a) zufolge einer Einzelkraft F1 b) zufolge der Lasten F1 und F2 Infolge der Kraft und den Verschiebungen kann die anteilige Arbeit mit π a (1) =
1 1 F1 ⋅ w11 = F12 ⋅ δ11 2 2
(15.7)
angegeben werden. Wird jetzt auf den schon belasteten Balken eine weitere Kraft F2 an der Stelle (2) aufgebracht, so treten auch weitere Arbeitsanteile auf, und zwar − die Arbeit der Kraft F2 mit ihrer eigenen Verschiebung πa ( 2) =
1 1 F2 ⋅ w 22 = F2 2 ⋅ δ 22 2 2
(15.8)
und − eine zusätzliche Arbeit π a ( 3) = F1 ⋅ w12 = F1 ⋅ F2 ⋅ δ12
(15.9)
durch die Kraft F1 mit der Verschiebung w12 , die durch die Kraft F2 an der Stelle (1) ausgelöst wurde. Der Vorfaktor 1/2 entfällt hier, da F1 zu Beginn der Verschiebung w12 ja schon in voller Größe vorhanden war. Die Gesamtarbeit ist demgemäß für den Balken πa =
1 2 1 F1 ⋅ δ11 + F1 ⋅ F2 ⋅ δ12 + F2 2 ⋅ δ 22 . 2 2
(15.10)
Werden weiter noch von der Momentenlinie die Kräfte abgespalten, die den Momentenverlauf (innere Arbeit) verursachen, so kann
181
15.2 Arbeitsprinzip M1 = F1 ⋅M1 und
(15.11)
M 2 = F2 ⋅M 2 . angesetzt werden. In Äquivalenz zu Gl. (15.6) beschreibt das Moment M i die Momentenlinie für die Kraft Fi = 1. Um wieder Verformungen bestimmen zu können, ist von der Gleichgewichtsrelation π a = π i auszugehen. Setzt man nun diese Ausdrücke entsprechend an, so erhält man 2
1 2 1 1 ( M1 + M 2 ) F1 ⋅ δ11 + F1 ⋅ F2 ⋅ δ12 + F2 2 ⋅ δ 22 = ³ dx = E⋅J 2 2 2L 2 2 2 M1 2 M2 M1 ⋅ M 2 1 1 F + ⋅ dx F F + dx F dx. 1 2 ³ 1 2 E⋅J E⋅J 2 L³ 2 L³ E⋅J L
(15.12)
Da generell kleine Verschiebungen vorausgesetzt seien, ist die Reihenfolge bei der Aufbringung der Belastung unerheblich. Somit kann das Superpositionsprinzip auch für die Momente angewandt werden. Vergleicht man insbesondere in Gl. (15.12) die rechte mit der linken Seite, so ist der allgemeine Zusammenhang δ ik =
Mi ⋅ Mk dx E ⋅ J L
³
(15.13)
zu erkennen. Mit w ik = Fk ⋅ δ ik bzw. Gl. (15.11) folgt so auch δ ik =
w ik M = w ik ⋅ k Fk Mk
und damit w ik = ³ M i L
Mk dx . E⋅J
(15.14)
Diese aus dem Arbeitssatz hergeleitete Vorschrift sagt aus: Wird ein Balken an der Stelle k belastet und will man die Verschiebung an dem Ort i ermitteln, so kann man an dem Ort i eine virtuelle Kraftgröße "1" in Richtung der gesuchten Verschiebung anbringen: Bestimmt man nun den wirklichen Momentenverlauf M k und den Momentenverlauf M i infolge der virtuellen Kraftgröße, so folgt aus der Integration des Produktes die gesuchte Verschiebung w ik . Für die Anwendung der Beziehung ist immer darauf zu achten, dass das Produkt aus Kraftgröße mal Verschiebung eine Arbeit liefert. Es entsteht somit die Verknüpfung
182
15 Energie- und Arbeitsprinzip Kraft x Verschiebung Biegemoment x Winkel Torsionsmoment x Drillwinkel
In der praktischen Handhabung hat es sich als zweckmäßig erwiesen, die Integrale nach Gl. (15.14) für die wichtigsten Lastfälle zu lösen. Im Bild 15.3 sind einige häufige Werte zusammengestellt, die bei der Multiplikation zweier Momentenlinien und anschließender Integration auftreten. Man erhält den gesuchten Wert w ik , indem mit dem Zahlenfaktor c vormultipliziert wird: w ik = c
Mi ⋅ M k L. E⋅J
(15.15)
Hierin sind M i und M k die jeweiligen Randwerte der Momentenfläche, L die Länge des Balkens, E ⋅ J die konstant vorausgesetzte Biegesteifigkeit. Mk
Mi 12 60
15 60
18 60
2 60
5 60
8 60
20 60
15 60
20 60
25 60
5 60
10 60
15 60
30 60
18 60
25 60
32 60
8 60
15 60
22 60
40 60
20 60
30 60
40 60
20 60
30 60
40 60
60 60
Bild 15.3: Tabelle des Zahlenfaktors c Die Anwendung der vorstehenden Tabelle sei kurz am Kragbalken von Bild 15.4 gezeigt. p z
x
“1” z
L
Mk = −
p ⋅ L2 2
Bild 15.4: Kragbalken unter Streckenlast
x
M i = −1 ⋅ L
15.2 Arbeitsprinzip
183
Die Enddurchbiegung des Lastfalls ermittelt man gemäß Gl. (15.15) zu w max =
15 p ⋅ L2 p ⋅ L4 ⋅L= , (1 ⋅ L) 60 2 E⋅J 8 E⋅J
(15.16)
worin der Vorfaktor mit c = 15/60 aus der Tabelle abgelesen werden kann. Entsprechend kann auch jede Zwischenstellung w(x) bestimmt werden. Damit ist ein einfacher Weg gezeigt worden, wie Durchbiegungen beliebiger Strukturen bestimmt werden können.
184
16 Statisch unbestimmte Strukturen Um das elastomechanische Verhalten von Strukturen beurteilen zu können, muss grundsätzlich unterschieden werden, ob eine statisch bestimmte oder statisch unbestimmte Struktur gegeben ist. Bekanntlich ist eine Struktur dann statisch bestimmt, wenn sich unter Belastung alle Auflager- und Schnittkräfte allein aus Gleichgewichtsbetrachtungen bestimmen lassen. Sinngemäß ist eine Struktur statisch unbestimmt, wenn sich die Kräfte allein aus Gleichgewichtsbetrachtungen nicht bestimmen lassen, sondern weitere Bedingungen herangezogen werden müssen.
16.1 Äußere Unbestimmtheit Die freie Bewegung bzw. Einstellung eines Körpers im Raum lässt sich durch sechs Freiheitsgrade beschreiben. In der Ebene verringern sich diese auf drei Freiheitsgrade. Wenn also die Beweglichkeit eines Körpers verhindert werden soll, so müssen zur Fesselung einer räumlichen Struktur sechs und für eine ebene Struktur drei Stützungen eingeführt werden. Für eine ebene Struktur reichen demnach drei Auflagerkräfte aus, deren Wirkungslinien jedoch nicht durch einen Punkt gehen dürfen. Liegen bei einer ebenen Struktur A Auflagerreaktionen vor, so ist der Grad der äußeren statischen Unbestimmtheit Ua = A − 3 .
(16.1)
Die nachfolgenden Beispiele im Bild 16.1 zeigen, wie man den Unbestimmtheitsgrad (Anzahl der überzähligen Reaktionen) durch Abzählen leicht feststellen kann. Tritt jedoch in einer Struktur ein Gelenk auf, so ist die Bedingung folgendermaßen zu modifizieren: Ua = A − 3 − G
(16.2)
mit G als Drehfreiheitsgrad des Gelenkes.
A = 2 + 5 ⋅1 = 7 Ua = 4
A = 2⋅3 = 6 Ua = 3
A= 3+ 1= 4 Ua = 1
A = 2 ⋅ 2 = 4, G = 1 Ua = 4 − 3 − 1 = 0
Bild 16.1: Ermittlung der Unbestimmtheit von Strukturen durch Abzählen nach /CZE 67/
185
16.2 Innere Unbestimmtheit
Bei der Berücksichtigung von Gelenken ist besondere Vorsicht geboten. Ein Gelenk ist nämlich in Gl. (16.2) nur zu berücksichtigen, wenn an einem statisch bestimmten System ein weiteres Teilsystem angebunden wird, welches für sich selbst nicht bestimmt sein braucht.
16.2 Innere Unbestimmtheit 16.2.1 Rahmenstrukturen Im Inneren eines äußerlich statisch bestimmt gelagerten Rahmens ist der Kräfteverlauf aus Gleichgewichtsbedingungen nur dann eindeutig bestimmbar, wenn der Rahmen nicht einoder mehrfach geschlossen ist. So können zwar für den Rahmen nach Bild 16.2 die Auflagerkräfte sofort angegeben werden, schneidet man aber den Rahmen an einer beliebigen Stelle durch, so werden drei voneinander unabhängige Schnittkräfte ( N o , Q o , M o ) frei.
Da die äußere Kraft mit den Lagerreaktionen bereits im Gleichgewicht steht, sind somit keine weiteren statischen Bedingungen zur Ermittlung der Schnittgrößen verfügbar. Der dargestellte Rahmen ist also dreifach innerlich statisch unbestimmt. Besteht ein Rahmentragwerk im Folgenden aus R geschlossenen Rahmen, so ist der Grad der inneren Unbestimmtheit nach /SZA 84/ Ui = 3 R .
(16.3)
F
M0 F 2
Qo
No
F 2
Bild 16.2: Innere Unbekannte im Rahmen
Im Bild 16.3 ist ergänzend eine Rahmenstruktur mit Gelenk gezeigt. Hier liegt aber der Fall vor, dass das Gelenk nicht berücksichtigt werden braucht, da wie vorher dargelegt, kein Teilsystem angebunden wird. In diesem Sinne müssten Gelenke nur berücksichtigt werden, wenn zwei Rahmen über Stäbe zusammengebunden werden. Das Rahmentragwerk ist somit äußerlich statisch bestimmt, obwohl insgesamt 9 Reaktionskräfte vorliegen, die nicht sofort bestimmt werden können.
186
16 Statisch unbestimmte Strukturen 2
1 A=2+1=3 G=0 Ua = 3 - 3 - 0 = 0 R=3
Bild 16.3: Abzählbedingung an einer Rahmenstruktur mit Gelenken
Ui = 9 U=9
Den gesamten Grad der statischen Unbestimmtheit eines zusammengesetzten Rahmentragwerks (s. Bild 16.3) bestimmt man demgemäß zu U = Ua + Ui = A − 3 − G + 3 R .
(16.4)
Hierin ist der Grad U identisch mit der Anzahl aller Unbekannten einer Struktur. 16.2.2 Ebene Fachwerke
Besteht ein Fachwerk oder eine Schubfelder-Konstruktion aus K Knoten und S Stäben und wird diese Struktur von A Auflagerreaktionen gestützt, so folgt für den Grad der statischen Unbestimmtheit
U = A +S−2 K
(3)
(16.5) 3
2 (2)
4
11 10
12 8
(5) A=3 S = 12 + 4 = 16 K=9 U = 3 + 16 - 18 = 1
5 (9)
9
1 (1)
(4)
(8)
(6) 6
7
Bild 16.4: Abzählbedingung für Schubfelder-Konstruktion
(7)
187
16.2 Innere Unbestimmtheit
Da an jedem Knoten zwei Gleichgewichtsbedingungen aufgestellt werden können, müssen auch die Knoten mit 2 K eingehen. Die Anwendung der Gl. (16.5) ist an einer zusammengesetzten Schubfelder-Konstruktion im vorstehenden Bild 16.4 gezeigt. 16.2.3 Raumfachwerke
Weil für räumliche Gelenke (Knoten) drei Gleichgewichtsbedingungen gelten, ist Gl. (16.5) für Raumfachwerke entsprechend zu erweitern. Als Abzählbedingung gilt hier
U = A +S−3K .
(16.6)
Die Auflagerreaktionen können hierin mit maximal A = 6 vorkommen. Bei den Lagerungsmöglichkeiten müssen jedoch drei Fälle ausgeschlossen werden, da sie zu Beweglichkeiten führen. Diese sind: − Keine Wirkungslinie einer Auflagerkraft darf die Wirkungslinie aller anderen Kräfte schneiden. − Nicht mehr als drei Wirkungslinien dürfen sich in einem Punkt schneiden. und − Es dürfen nicht mehr als drei Auflagerkräfte in einer Ebene liegen.
Eine Ausführung eines mit Deckblechen ausgefachten Raumfachwerks zeigt Bild 16.5.
11 10 6
A=6 S = 12 + 6 = 18 K=8 U = 6 + 18 - 24 = 0
12
7 9
3 5 2
8 4
1
Bild 16.5: Abzählbedingung für Kastenträger
188
16 Statisch unbestimmte Strukturen
16.3 Elastizitätsgleichungen für statisch unbestimmte Strukturen Die beanspruchungsmäßige Analyse von statisch unbestimmten Strukturen beruht auf dem Grundgedanken, dass man durch Lösen äußerer Bindungen (Weglassen von Lagerfreiheitsgraden) oder auch innerer Bindungen (Einführung von Gelenken, Durchschneiden von Stäben) ein statisch und kinematisch bestimmtes Grundsystem erzeugen kann. Hierdurch wird zunächst die Geometrie einer Struktur verletzt. In diesem statisch bestimmten Grundsystem können dann alle Schnittgrößen als so genannte Nullkräfte N o , Q o und Nullmomente M o aus Gleichgewichtsbedingungen heraus ermittelt werden. Von besonderem Interesse sind jetzt die Verschiebungen und Winkeländerungen an den Stellen (i), an denen die Struktur geschnitten wurde. Diese Größen bewirken dort Klaffungen. Weil diese von der angesetzten Nullbelastung herrühren, sollen sie mit δ io bezeichnet werden. Die reale Struktur muss aber an den Schnittstellen (i) kontinuierlich verlaufen, bzw. die Verschiebungen müssen an allen Auflagern verschwinden. Man muss daher die Klaffungen δ io wieder rückgängig machen, in dem an den Schnittstellen Kraftgrößen X k (statisch überzählige Kräfte) angebracht werden. Der Kräfteverlauf lässt sich dann wieder aus Gleichgewichtsbedingungen bestimmen und somit können auch die Verschiebungen δ ik zufolge der Kraftgrößen X k berechnet werden. Hebt man im Folgenden mit diesen Verschiebungen die Klaffungen des Nullsystems auf, so ist auch wieder der geometrische Zusammenhalt hergestellt. Für die praktische Vorgehensweise werden die statisch überzähligen Kräfte zunächst als Einheitslasten angesetzt. Eine Kraft X k = 1 bewirkt dann entsprechende Schnittgrößen N k , Qk , M k mit einer Verschiebung δ ik an der Stelle (i). Die wirkliche Verschiebung ist aber mit X k ⋅ δ ik gegeben. Statisch überzählige Kräfte von der Anzahl n erzeugen demgemäß an den betrachteten Stellen (i) die tatsächliche Gesamtverschiebung w ik =
n
¦
X k ⋅ δ ik .
(16.7)
k =1
Wenn angenommen sei, dass an dieser Stelle keine Verschiebung auftreten darf, so muss hier die Kompatibilitätsbeziehung gelten: δ io +
n
¦
k =1
X k ⋅ δ ik = 0 ,
( i = 1, ... , n ) .
(16.8)
Dies stellt ein Gleichungssystem mit n Gleichungen für die statisch überzähligen Kraftgrößen X k dar, die, wie im nachfolgenden Beispiel gezeigt wird, somit eindeutig berechnet werden können. Die tatsächlichen Schnittgrößen
16.4 Geschlossener Rahmen n
N = No + Q = Qo +
¦
Xk ⋅ N k ,
¦
X k ⋅ Qk ,
k =1 n k =1 n
M = Mo +
¦
189
(16.9)
Xk ⋅ Mk
k =1
folgen demnach aus der Überlagerung der angreifenden Nullkräfte mit den Schnittgrößen aus den statisch Überzähligen.
16.4 Geschlossener Rahmen Ein in der Praxis vielfach vorkommendes Problem ist die Ermittlung der Schnittgrößen in geschlossenen Rahmen. Eine mögliche Ausführungsform hierzu zeigt das umseitige Bild 16.6. In jedem Arm des Rahmens können drei Schnittgrößen N, Q und M wirksam sein. Demnach ist der Rahmen dreifach innerlich statisch unbestimmt. Durch das Aufschneiden eines Längsarmes (hier am zweckmäßigsten) entsteht ein statisch bestimmtes Grundsystem. Da in der ursprünglichen Ausführung an dieser Stelle aber keine Verschiebungen auftreten können, sind diese durch das Anbringen von gegenwirkenden Kraftgrößen X k rückgängig zu machen. Unter Vernachlässigung der Normal- und Querkräfte sei dies für das Biegemoment M demonstriert. Durch das Aufschneiden eines Arms erzeugt man zunächst ein Grundsystem und ermittelt darin den Momentenverlauf M o . Die dadurch an der Schnittstelle möglichen Deformationen macht man nun wieder rückgängig durch die drei überzähligen Kräfte X1 = 1 X2 = 1 und X3 = 1
(als innere Normalkraft), (als innere Querkraft) (als inneres Moment).
Die in der tatsächlichen Höhe erforderlichen statisch überzähligen Kräfte X i können dann unter Ansatz der Verschiebungsbedingung von Gl. (16.8) ermittelt werden, und zwar aus Lastfall 1: δ11 ⋅ X1 + δ12 ⋅ X 2 + δ13 ⋅ X 3 = −δ10 , Lastfall 2: δ 21 ⋅ X1 + δ 22 ⋅ X 2 + δ 23 ⋅ X 3 = −δ 20 ,
Lastfall 3: δ31 ⋅ X1 + δ32 ⋅ X 2 + δ33 ⋅ X 3 = −δ30 .
(16.10)
190
16 Statisch unbestimmte Strukturen
F
F⋅
a 2
F
Q M
b
N
s=0
s
M0 s = su
F a
F
1⋅ b
1⋅ a
M1
M2
X1 = 1
1⋅
„1“
X2 = 1
M3
X3 = 1
b 2
Bild 16.6: Schnittgrößenverlauf im Raum (nur Momentenverlauf betrachtet) Unbekannt sind hierin aber noch die Verschiebungseinflusszahlen, die man jetzt aber bestimmen (s. hierzu auch Bild 15.13) kann als δ io =
su
Mi ⋅ Mo ds, o E⋅J
³
(16.11)
i = 1, 2, 3
und su Mi ⋅ M k i = 1, 2, 3 (Ort) ds, δik = ³ k = 1, 2, 3 (zufolge der Last) o E⋅J
.
(16.12)
16.4 Geschlossener Rahmen
191
Zur Auflösung von Gl. (16.10) nutzt man am zweckmäßigsten die so genannte Cramer'sche Regel*). Die überzähligen Kräfte finden sich so zu − δ10
δ12 δ 22
δ13 δ 23
− δ 20 − δ 30 δ 32 δ 33 D D D X1 = = 1 , X2 = 2 , X3 = 3 , δ11 δ12 δ13 D D D δ 21 δ 22 δ 23 δ 31 δ 32 δ 33
(16.13)
darin bezeichnet D i jeweils die Zählerdeterminante und D die konstant bleibende Nennerdeterminante. Damit ist man in der Lage, die innere Beanspruchungsgröße "Biegemoment" für den vorliegenden Rahmen als 3
M ( s ) = M o + ¦ X k ⋅ M k = M o + X 1 ⋅ M1 + X 2 ⋅ M 2 + X 3 ⋅ M 3
(16.14)
i =1
an einer beliebigen Stelle zu berechnen. Sind für eine Analyse aber auch noch die Normal- und Querkräfte von Interesse, so ist der vorstehende Ansatz entsprechend zu erweitern. Im allgemeinen Fall sind nämlich für die Verschiebungseinflusszahlen δ io =
su
su su § Ni ⋅ No Mi ⋅ Mo · Mi ⋅ Mo Qi ⋅ Q o Ni ⋅ No ¸ (16.15) + + ds ds ³ E⋅A ³ G⋅A ³ E ⋅ J ds + ¨¨ c + c ¸ © ¹ F M o o o
bzw. δ ik =
su
su su § Ni ⋅ N k Mi ⋅ M k · Mi ⋅ M k Qi ⋅ Qk Ni ⋅ N k + + ds ds ³ E⋅ A ³ G⋅A ³ E ⋅ J ds + ¨¨ c + c ¸¸ © F M ¹ o o o
(16.16)
anzusetzen. Neben dem Normal- und Querkrafteinfluss können dabei auch noch Anteile aus Federn (c F , c M ) aufgenommen werden.
*)
Anmerkung: Bei der Cramer’schen Regel werden in Di jeweils die zu der Unbekannten xi gehörenden Koeffizienten δ ji durch die rechte Seite δio ersetzt.
192
17 Sandwichelemente Jede noch so differenzierte Blechbauweise kann hinsichtlich einer Eigengewichtsoptimierung durch das Verbundprinzip übertroffen werden. Der einfachste Aufbau besteht dabei in einer Kombination von leichten und festen Werkstoffen zu einem Sandwich. Durch die hierdurch mögliche Eigenschaftsvariabilität kann ein breites Spektrum an mechanischen, thermischen oder akustischen Vorgaben abgedeckt werden, weshalb Sandwichelemente im Fahrzeugbau, Bauwesen und in der Klimatechnik breite Anwendung finden.
17.1 Aufbauprinzip Ein für tragende Aufgaben vorgesehenes Sandwichelement besteht aus drei Schichten: den beiden äußeren Häuten und der dazwischenliegenden Kernschicht. Um eine gemeinsame Tragwirkung des Verbundes zu erreichen, wird dieser zug- und schubfest miteinander verklebt. Seitens des Aufbaus sind dabei im Wesentlichen die im Bild 17.1 dargestellten Prinzipien möglich. Haut Kleber Kern t L
h B
Kernstrukturen
homogener Kern · Schaumstofffüllung · Papierlagenfüllung · SchaumAluminium
Bild 17.1: Aufbauprinzip von Sandwichelementen
strukturierter Kern · Honeycomb · Tubus · Wellen · Rechtecke
193
17.1 Aufbauprinzip
Für die Häute eignen sich Platten aus Stahl, Aluminium oder faserverstärkte Kunststoffe (GFK, CFK, AFK)*). Für homogene Kerne kann verpresstes Papier, dichte Schäume wie Polyäthylen bzw. aufgeschäumte Kunststoffe wie Polyurethanhartschaum oder Al-Schaum sowie für strukturierte Kerne getränktes Aramid-Faserpapier (mit Phenolharz) oder Leichtmetalle in waben-, tubus-, steg- oder wellenförmiger Ausführung zum Einsatz kommen. Von den Werkstoffalternativen her strebt man dabei möglichst dehnsteife Häute und schubweiche Kerne an. Eine hohe Dehnsteifigkeit folgt aus der Verwendung von Hautwerkstoffen mit hohem E-Modul und von Kernwerkstoffen mit geringerem Schubmodul bzw. von durchbrochenen Kernstrukturen mit geringen Kraft leitenden Querschnittsflächen /BLU 58/. Infolge dieses Aufbauprinzips der Sandwichelemente bedarf deren Einsatz aber auch einiger konstruktiver Vorkehrungen. Diese bestehen hauptsächlich in − der Krafteinleitung, − den Eckab- und -anschlüssen sowie − der Formgebung (z. B. Winkel, Wölbungen) insgesamt. x
y z
p z ( y)
p z ( y)
Bild 17.2: Krafteinleitung in Sandwichelementen Am Beispiel eines homogenen Elementes ist diese Problematik im Bild 17.2 in Varianten dargestellt. Wesentlich ist hierbei die Krafteinleitung, die so zu erfolgen hat, dass keine örtlichen Instabilitäten entstehen und der Kern geschädigt wird. Dies setzt eine möglichst großflächige Verteilung der eingeleiteten Kräfte voraus.
*)
Anmerkung: Unter Recyclingaspekten (z. B. EU-Altauto-VO) muss heute die Wiederaufbereitung berücksichtig werden. Die Verwendung von duromeren FKV als Deckschichten muss daher neu bewertet werden. Bewährt haben sich hingegen metallische Deckschichten, die mit Thermoplasten ausgeschäumt sind.
194
17 Sandwichelemente
17.2 Werkstoffeigenschaften Die Werkstoffwahl für Sandwichelemente ist vom Einsatzfall abhängig, d. h. der Höhe der Beanspruchung sowie möglicherweise einiger ergänzender Forderungen wie Schall- und Wärmedämmung, Wasser- und Dampfsperrung etc.
[
Kunststoffschäume
ρ kg/dm 3
Polyurethanschaum, hart
0,1 0,2
PVC-Schaum, hart
0,05 0,08
Polystyrolschaum
0,02
Al-Metallschaum
0,3 0,4
]
E [MPa] 9-25 15-95 18 30 1.400 2.500
G [MPa]
σ zB [MPa]
σ dB [MPa]
τsB [MPa]
5-20
0,7 2,0
0,9 3,0
0,5 1,5
5 10
0,8 2,0
0,2 0,5
4
0,3
0,1
0,2
48 79
3,0 4,0
4,0 6,0
3,0 7,0
Bild 17.3: Mechanische Werte von Kunststoffschäumen für Kernfüllungen nach Herstellerangaben Aus funktionellen Gründen sind hier vor allem die Eigenschaften des Kernwerkstoffs maßgebend. Dieser soll spezifisch leicht sein, Druck- (σ d ) und Schubspannungen τ xz , τ yz
(
)
senkrecht zur Mittelebene ertragen können sowie dem Verbund eine ausreichende Gesamtsteifigkeit, Stabilität und Unterstützungswirkung geben. Dazu sind ein ausreichender Druckmodul E Kz sowie entsprechende Schubmodule G Kxz , G Kyz erforderlich. Die E-Module E Kx und E Ky können relativ gering sein. Im Bild 17.3 ist eine kleine Auswahl an porigen Materialien wiedergegeben, die üblicherweise für Kernfüllungen verwandt werden. Im Prinzip wird dadurch ersichtlich, dass die mechanischen Werte dieser Schäume fast vernachlässigbar klein gegenüber denen der häufigsten Hautwerkstoffe Stahl, Aluminium und GFK, CFK, AFK sind. Weiterhin ist im umseitigen Bild 17.4 eine Gegenüberstellung von Kunststoffschäumen und Honigwaben etwa gleicher Dichte gezeigt. Hierdurch wird ersichtlich, dass die Druck- und Schubfestigkeit von Honigwaben bedeutend höher ist als die der Schäume. Noch offensichtlicher zeigt sich die Überlegenheit der Honigwaben beim Elastizitäts- und Gleitmodul. Mit ansteigender Dichte wird dieses Verhalten immer ausgeprägter. Als Nachteil der Honigwaben ist jedoch die Verbindungsproblematik mit den Häuten anzusehen. Während die Schäume großflächig verklebt werden, ist die Verbindung der Waben an bestimmte Linien gebunden (gegebenenfalls können Kehlnähte herstellt werden). Insgesamt wird sich aber bei der nachfolgenden Gegenüberstellung der Bauprinzipien herausstellen, dass die strukturierten Kerne bezüglich des Verhältnisses Gewicht zu Steifigkeit und bezüglich des Instabilitätswiderstandes den homogenen Kern deutlich überlegen sind.
195
17.3 Homogener Kern
Werkstoffe
[
ρ kg/dm 3
]
E [MPa]
G [MPa]
σ zB [MPa]
σ dB [MPa]
τsB [MPa]
0,05 0,10 0,20
(Zug) 5-20 9-30 15-100
Papierhonigwaben (Nomex)
0,02 0,04 0,08
(Druck) 200 400 1000
⊥ ¸¸ 65 25 130 50 300 150
0,8 2,5 6,0
⊥ ¸¸ 0,5 0,3 1,0 0,6 2,0 1,5
Al-Honigwaben
0,03 0,05 0,10
150 500 2500
⊥ ¸¸ 90 40 200 80 550 250
0,6 2,0 6,0
¸¸ 0,5 1,3 3,5
Kunststoffschäume
3-10 5-20 10-50
0,2-1,0 0,5-2,0 1,0-5,0
0,1-0,5 0,2-1,0 0,5-2,0
⊥ 0,3 0,8 2,0
Bild 17.4: Mechanische Werte von Kernfüllungen im Vergleich
17.3 Homogener Kern 17.3.1 Grundlastfälle Als einfachster Aufbau eines Sandwichelementes gilt ein solcher mit homogenem Kern. Für das Verhalten eines derartigen Elementes sollen folgende Voraussetzungen /REI 62/ gelten:
− Die Häute verhalten sich linear elastisch. − Der Kern sei homogen und zeigt ebenfalls linear elastisches Verhalten. − Die Häute seien eben, parallel und dünn, sodass ihre Eigenbiegesteifigkeit klein ist, weshalb nur Normalkräfte übertragen werden sollen. und − Die Kernschicht sei nicht zusammendrückbar, woraus wegen des geringen Moduls folgt, dass bevorzugt Schubkräfte übertragen werden können. Seitens der Kraftaufnahme kann deshalb das Schubwandträgermodell (äquivalenter I-Querschnitt) auf das Sandwichelement übertragen werden. Um das mechanische Verhalten dieser Elemente etwas näher kennen zu lernen, sollen zunächst die Grundlastfälle an einem schmalen Plattenstreifen entwickelt werden. •
Zug-/Druckbeanspruchung: Im Bild 17.5 ist ein Sandwichelement unter reinem Zug durch eine breitenbezogene Last n x dargestellt. In der Praxis ist ein derartiger Lastfall zwar selten, obwohl druckbeanspruchte Stützen im Flugzeugbau oder Platten im Gehäusebau eingesetzt werden. Zufolge der unterschiedlichen Elastizitäten ( E K << E H ) bildet sich dann die gezeigte Dehnungs- und Spannungsverteilung aus.
196
17 Sandwichelemente
EH
t
EK
h
hK
x,u
nx=σx·h
σK(z)
nx
t dx
du
εx(z) = u'
σH(z)
z
Bild 17.5: Längskraftbeanspruchtes Sandwichelement mit bezogener Breite b = 1 Für die Spannung kann somit lokal angesetzt werden: − in den Häuten σ H = E H ⋅ ε x und σK = E K ⋅ εx , − im Kern
(17.1)
wobei bei reversibler Beanspruchung die Dehnung ε x = konst. ist und ε x ≤ ε B sein sollte. Des Weiteren folgt aus dem Gleichgewicht in x-Richtung n x = σ x ⋅ h = 2σ H ⋅ t + σ K ⋅ h K ≡ D ⋅ ε x .
(17.2)
Mit D ist hierin eine Dehnsteifigkeit eingeführt worden, die das Elementverhalten charakterisiert. Diese lässt sich definieren zu D = 2 E H ⋅ t + EK ⋅ hK ≈ 2 EH ⋅ t .
(17.3)
Wegen des geringen Kernelastizitätsmoduls kann näherungsweise der Beitrag des Kerns gänzlich vernachlässigt werden.
•
Biegebeanspruchung: Weiterhin zeigt Bild 17.6 ein Sandwichelement unter reiner Biegung und die hierbei auftretende Dehnungs- und Spannungsverteilung. Im Allgemeinen stellt Biegung der bevorzugte Lastfall dar. Für ein wirkendes breitennormiertes Biegemoment ist dann anzusetzen:
my =
My b
=2
( h + t)/2
³
0
σ x ⋅ zdz = −E ⋅ J y ⋅ w" ≡ −B y ⋅ w" .
(17.4)
197
17.3 Homogener Kern ψ dx
dx
_ h 2
x,u
+
+
t
h σK(z)
my my
-
t
+ h 2
σH(z)
εx(z) z,w
Bild 17.6: Biegebeanspruchtes Sandwichelement mit bezogener Breite b = 1 In diesem Ansatz muss jetzt wieder die unterschiedliche lokale Spannungsverteilung berücksichtigt werden, und zwar σ H (z) = E H ⋅ z ⋅ w ′′ und σ K (z) = E K ⋅ z ⋅ w ′′ .
(17.5)
Die Biegesteifigkeit ergibt sich dann zu ( h + t)/2
By = 2
³
E ⋅ z 2 dz = 2E H
( h + t)/2
³
z 2 dz + 2E K
( h − t)/2
0
ª z 3 º (h + t )/2
h K /2
³
z 2 dz =
0
[
]
ª z 3 º h K /2 E H (h + t )3 − (h − t )3 + E K h K 3 , = 2E H « » + 2E K « » = 12 12 «¬ 3 »¼ (h − t )/2 «¬ 3 »¼ 0
was auch übersichtlicher zusammengefasst werden kann zu § h 2 ⋅ t t 3 · E K ⋅ h K3 . B y = E H ¨¨ + ¸¸ + 6¹ 12 © 2
(17.6)
Mit der Annahme h ≈ h K , E K << E H und Vernachlässigung der Eigenbiegesteifigkeit der Häute kann für die Biegesteifigkeit aber auch angesetzt werden 2
By ≈ E H
h ⋅t ; 2
dies gilt bereits als hinreichend gute Näherung für Verhältnisse t/h < 1/4.
(17.7)
198 •
17 Sandwichelemente
Schubbeanspruchung: Ergänzend zu den vorherigen Betrachtungsfällen ist nachfolgend ein Sandwichelement unter Querkraftbiegung gezeigt. Bezüglich des Elementverhaltens ist hierzu die Wirkung eines gegensinnigen Kräftepaares n x in den Häuten maßgebend. Es bildet sich dann der im Bild 17.7 gezeigte unstetige Schubspannungsverlauf aus.
a) t
dx
nx
GK << GH
q zx ≡ n x
GH
qxz
τH,K ≤ τKleber
h hK x
x z
z
∂qxz
qxz +
∂x
dx
GK
t qzx +
∂qzx ∂z
dz
nx +
∂ nx ∂x
dx
τH
τK
b) nx γk ≈ γ
γ
u
nx
Bild 17.7: Sandwichelement unter kritischem Schub mit bezogener Breite b = 1 a) Belastungs- und Beanspruchungszustand b) Verzerrungszustand Zwischen der auftretenden Verschiebung u und dem in den Häuten angreifenden Kräftepaar n x soll folgende proportionale Beziehung (Federgesetz) bestehen: nx = c ⋅ u,
(17.8)
worin aus der Verformungsgeometrie noch folgt u = hK ⋅ γ K .
(17.9)
199
17.3 Homogener Kern
Aus dem Momentengleichgewicht am unverformten Kernelement erhält man weiter den Kräftezusammenhang q zx ⋅ h K = q xz ⋅ dx
(17.10)
mit q zx ≡ n x , sodass für die Schubkraftkomponente q xz =
nx ⋅ hK c ⋅ hK2 = γ K ≡ Sx ⋅ γ K dx dx
(17.11)
gilt. Hierin ist mit S x die Schubsteifigkeit eingeführt worden. Zur weiteren Bestimmung der Schubsteifigkeit muss noch vom Schubspannungsansatz τ zx =
q n Q = zx = x ≡ G K ⋅ γ K 1 ⋅ dx dx dx
(17.12)
Gebrauch gemacht werden. Wird auch hierin wieder Gl. (17.9) berücksichtigt und nach n x aufgelöst, so erhält man nx =
G K ⋅ dx u hK
(17.13)
oder für die Federsteifigkeit c=
G K ⋅ dx . hK
(17.14)
Setzt man nunmehr diese Proportionalitätskonstante in Gl. (17.11) ein, so findet sich Sx =
c ⋅ h K 2 G K ⋅ dx h K 2 = ⋅ = G K ⋅ hK . dx hK dx
(17.15)
Von weiterem Interesse ist noch die Schubspannungsverteilung. Ausgangsbeziehung hierfür ist das Gleichgewicht (s. Kap. 8.3.3) in einer scheibenförmigen Kernschicht im Inneren, für die anzusetzen ist: ∂σ x ∂τ zx + =0. ∂x ∂z Aus der Integration folgt z
∂σ x dz + C . ∂x 0
τ zx = − ³
(17.16)
Hierin tritt mit ∂σ x / ∂x ein Normalspannungsgradient auf, der in dieser Form aber unzweckmäßig ist. Für linear elastisches Materialverhalten kann dieser Spannungsgradient
200
17 Sandwichelemente
auch wegen der Proportionalität zwischen dem angreifenden Moment und der hervorgerufenen Spannung wie folgt ersetzt werden: σx ∂σx = , my ∂my
(17.17)
d. h., der endliche und der differenzielle Quotient Spannung zu Moment steht im gleichen Verhältnis zueinander. Diesbezüglich gilt auch ∂m y σ x ∂σ x . = ⋅ ∂x ∂x m y
(17.18)
Weiterhin soll berücksichtigt werden, dass die Ableitung eines Momentes stets gleich der Querkraft ist, d. h. ∂my ∂x
= qxz ,
(17.19)
sodass letztlich für Gl. (17.18) auch ∂σx q xz σx = ∂x my
(17.20)
folgt. Demnach kann der Spannungsverlauf mit Gl. (17.4) bzw. Gl. (17.5) angesetzt werden als z q q z τ zx = − xz ³ σ x dz + C = − xz E ⋅ ³ zdz + C . By my 0 o
(17.21)
Hierin ist die von außen angreifende Kraft gleich der inneren Kraft, also q xz ≡ n x .
Die drei Grundbeanspruchungsfälle am Element mit homogenem Kern sind somit beschrieben, wobei deutlich geworden ist, dass hierbei die Steifigkeiten die wesentlichen Kenngrößen darstellen. 17.3.2 Kritische Beanspruchung
Wie zuvor bereits ausgeführt wurde, sind Kern und Häute miteinander verklebt, insofern ergibt sich aus der zulässigen Zug-Scherfestigkeit für den Kleber*) die Grenzbeanspruchung für ein Sandwichelement unter Schubkräften. Bei Berücksichtigung des im Bild 17.7 gezeigten Spannungsverlaufs und der vorstehenden Gleichung können für die Betrachtung zwei Bereiche über das Element abgegrenzt werden /STA 74/, und zwar:
*)
Anmerkung: Die Zug-Scherfestigkeit von Klebern liegt etwa im Bereich τ zB ≈ 20 − 35 MPa.
201
17.3 Homogener Kern
h−t h+t ≤z≤ 2 2 Für die absolute Größe des Schubspannungsverlaufs ist somit nach Gl. (17.21) und unter Berücksichtigung des E-Moduls E H anzusetzen:
1. Der Hautbereich in den Integrationsgrenzen
q τ xz (z) H = xz ⋅ E H ⋅ By
[h + t ]/2
³
z
ª (h + t )2 z 2 º q zdz + C H = xz ⋅ E H « − » + CH . By 2 »¼ ¬« 8
(17.22)
Aus der Diskussion des Verlaufs ergibt sich, dass an der Stelle z = (h + t)/2 (äußerer Rand) die Schubspannung τ xz H = 0 ist und deshalb auch die Integrationskonstante C H = 0 wird, welches durch Einsetzen bewiesen werden kann.
h 2. Der Kernbereich in den Integrationsgrenzen 0 ≤ z ≤ K 2 Für den Schubspannungsverlauf im Kern gilt mit dem entsprechend berücksichtigten EModul E K dann τ xz (z) K =
h K /2 ª h 2 z2 º q q xz ⋅ E K ⋅ ³ zdz + C K = xz ⋅ E K ⋅ « K − » + C K . 2 »¼ By By «¬ 8 z
(17.23)
Aus dem Übergang Haut-Kern mit z = h K /2 folgt τ xz ( h K / 2) K = C K ≡ τ xz (( h − t ) / 2) , H
(17.24)
woraus man für die Integrationskonstante q h⋅t C K = xz ⋅ E H ⋅ By 2
(17.25)
erhält. Berücksichtigt man dies, so kann für Gl. (17.23) auch angegeben werden q ª § h 2 z2 · h⋅tº τ xz ( z ) K = xz « E K ¨¨ K − ¸¸ + E H », By « © 8 2¹ 2 » ¼ ¬
(17.26)
bzw. für die Spannung im Klebstoff (z = h K /2) q h⋅t τ xz Kleber = xz ⋅ E H ⋅ . By 2
(17.27)
Der Schubspannungsverlauf im Kern ist also nicht nur abhängig vom Kernwerkstoff, sondern auch vom Werkstoff der Häute. Am Übergang vom Kern zur Haut ergibt sich im parabolischen Verlauf eine Unstetigkeitsstelle.
202
17 Sandwichelemente
Den Maximalwert der Schubspannung findet man auf der Schwerlinie des Elementes an der Stelle z = 0 zu τ max =
ª h 2 h ⋅tº «E K ⋅ K + E H ⋅ », 8 2 »¼ «¬
q xz By
(17.28)
oder für dünne Häute und leichte Kerne wieder τ max ≈
q xz ⋅E ⋅h⋅t . 2 By H
(17.29)
Aus Vergleich der Gleichungen (17.28) mit (17.26) folgt, dass der mittlere Schubspannungsverlauf sehr flach sein muss.
17.4 Methode der Partialdurchsenkung Bei der Biegung eines Sandwichelementes stellt man fest, dass sich die Gesamtdurchbiegung w aus zwei Anteilen zusammensetzt, und zwar aus der Biegeverformung w b ( x ) und der Schubverformung w s ( x ) . Bei der Methode der Partialdurchsenkung werden beide Anteile zur Gesamtverformung aufaddiert. Im Folgenden soll dieser Ansatz an einem breitennormierten Plattenstreifen (s. Bild 17.8) entwickelt werden. Voraussetzung ist dabei, dass sich die Verhältnisse in y-Richtung nicht ändern. pz
pz y
=
x z, w
pz
+
=
· · · · · · · · · · · reine Biegung: GK = ∞
reiner Schub: By = 0
Bild 17.8: Biegedeformation am Plattenstreifen mit b = 1 nach /WIE 79/ Für die resultierende Durchbiegung ist demnach anzusetzen: w ( x) = w b ( x) + ws ( x) .
(17.30)
Die einzelnen Anteile folgen dabei aus der Integration der entsprechenden Formänderungsbeziehungen:
17.4 Methode der Partialdurchsenkung
203
- Biege-DGL
my
w b"= − w b '= −
By
,
1 ³ m y ⋅ dx + C1, By x
wb = −
1 ³ ³ m ⋅ dx + ³ C1 ⋅ dx + C2 By x x y x
(17.31)
und - Schub-DGL
w s ' = γ xz = ws =
q xz , G Kx ⋅ h K
1 q xz ⋅ dx + C1 . G Kx ⋅ h K x³
(17.32)
Die hierin noch enthaltenen Integrationskonstanten findet man aus der Einarbeitung der speziellen Randbedingungen des entsprechenden Lagerungsfalls, welches exemplarisch in der 21. Übung im Anhang gezeigt ist. Einige beispielhaft gelöste Biegefälle zeigt hierzu Bild 17.9. Man erkennt beim Biegeanteil deutlich die Analogie zur kontinuierlichen Verformungstheorie.
4.
3.
2.
1.
z
z
z
x
x
x
z
L
− m ye L
b
x
Beispiel
p(x, y)
p(x, y)
p(x, y)
p[N/mm]
+
+
2
_
+
+
+ wie 2.
q xz ( x )=− p⋅x
p 2
_
_
_
_
§L · m ye § x· q xz ( x ) = p¨ − x ¸ − ¨2 ¸ + mye ¨¨1 − ¸¸ mit L © ¹ © L¹ § 24By ·¸ m ye = −pL2 /¨ 8 + ¨ G KxhL2 ¸¹ ©
2º ª pL2 « 4x § 2x · » − ¨¨ ¸¸ + my (x) = 8 «L ©L¹ » ¬ ¼
_
pL2 ª1 § 2x ·2 º my (x) = « −¨ ¸ » 8 ¬«3 © L ¹ ¼»
_
+
q xz ( x )=−
pL § 2x · ¨1 − ¸ 4 © L¹
pL ª § 2x ·2 º m y (x) = «1 − ¨ ¸ » 8 ¬« © L ¹ ¼»
m y (x) =
+
Querkraft
+
Biegemoment
5pL 384By ª 2 4º § 2x · § 2x · » « ¨ ¸ +¨ ¸ 1 2 − « ¨L¸ ¨L¸ » © ¹ © ¹ » « ¬ ¼
ª 2 4º § · § 2x · « ¨ ¸ + 1 ¨ 2x ¸ » − 5 6 « ¨L¸ 2 ¨© L ¸¹ »» © ¹ « ¬ ¼
w s max =
w s (x) =
wie 2.
pL2 8G Kx h
pL2 ª § 2 x ·2 º «1 − ¨ ¸ » 8G Kx h ¬« © L ¹ ¼»
+
º § x ·» ¨¨ ¸¸ © L ¹» ¼
2 ·º § ¨ § x · § x · ¸» ¨ ¸ ¨ ¸ − ¨¨ ¨ L ¸ ¨ L ¸ ¸¸» + © ¹ © ¹ » © ¹¼
2B y m ye L2 ª § x · 2 1 § x · 3 «− ¨ ¸ + ¨ ¸ − 2B y « ¨© L ¸¹ 3 ¨© L ¸¹ G Kx hL2 ¬
ª 3 4 12B y §x· §x· pL4 « = − 2 ¨¨ ¸¸ + ¨¨ ¸¸ + « 24B y G Kx hL2 ©L¹ ©L¹ «¬
w b =w s =
keine Trennung der Teile möglich (statisch unbestimmte Querkräfte)
pL 384By
4
pL4 384By
w b max =
w b (x) =
w b max =
4
pL4 w b ( x) = 384By
Durchbiegung infolge Biegung infolge Schub ª 2 3º pL2 « 3 §¨ 2x ·¸ 1 § 2x · » pL § 2 x · + ¨ ¸ » w s (x) = w b (x) = 1− ¨1 − ¸ 48B y «« 2 ¨© L ¸¹ 2 ¨© L ¸¹ » 4G Kx h © L ¹ ¬ ¼ pL w s max = pL3 4G Kx h w b max = 48B y
204 17 Sandwichelemente
Bild 17.9: Durchbiegung eines Sandwichplattenstabes bei unterschiedlicher Lagerung
17.5 Stab-Knicken
205
17.5 Stab-Knicken Wird ein Sandwichprofil einer Druckbeanspruchung ausgesetzt, so kann der Profilstreifen insgesamt instabil werden. Die Ausgangsbeziehung zur Bestimmung der kritischen Last folgt dabei wieder aus den Formänderungsbeziehungen der Partialdurchsenkung: − für Biegung w b " ( x ) = −
m y (x) By
und q xz ( x ) . G Kx ⋅ A K
− für Schub w s ' ( x ) =
AK
w( x ) = w b ( x) + w s ( x )
px
x
px
z px
wb
L
· · · · · · · · · · ·
my
ws
px
qxz
Bild 17.10: Biegeknickung an einer Sandwichstütze (Platte oder Stab) Für den im Bild 17.10 gezeigten Sandwichstreifen mit den angesetzten Randbedingungen folgt dabei zunächst für die Schnittgrößen m y (x) = p x ⋅ w (x)
(17.33)
q xz ( x ) = m y ' ( x ) .
(17.34)
und
Insofern kann mit Gl. (17.30) für Biegeknickung angesetzt werden: w"( x ) = w b "( x ) + w s "( x ) = −
m y (x) By
+
q xz ' ( x ) . G Kx ⋅ A K
(17.35)
Dies führt zu der DGL px p § · ¨1 − ¸w " ( x ) + x w ( x ) = 0 . G Kx ⋅ A K ¹ By ©
(17.36)
206
17 Sandwichelemente
Für diese homogene Gleichung ist mit π⋅x w ( x ) = w max ⋅ sin L
(17.37)
bzw. 2
π π⋅x w " ( x ) = − 2 ⋅ w max ⋅ sin L L die Lösung bekannt. Setzt man diese Lösung in Gl. (17.36) ein, so folgt für die erste Eigenform 1 px
krit
=
1 L2 1 1 + ≡ + 2 G Kx ⋅ A K π ⋅ B p xSchub p x Biegung y krit krit
(17.38)
oder interpretiert, dass die Kehrwerte der Lasten aus den entsprechenden Beanspruchungsfällen wie Nachgiebigkeiten addiert werden müssen.
17.6 Strukturierte Kerne In den vorausgegangenen Betrachtungen ist von einem homogenen Kern ausgegangen worden. Von größerem Interesse /PLA 77/ sind aber die strukturierten Kerne, da sie höher belastbar sind. Die mechanischen Eigenschaften sind dabei wieder durch die Dehn-, Biege- und Schubsteifigkeit gegeben. Für die Steifigkeitsbetrachtung und die Verformungsrechnung sind hierbei noch die Schubsteifigkeit und der geometrische Gleitmodul eines strukturierten Kerns erforderlich, den es somit zu bestimmen gilt. 17.6.1 Schubsteifigkeit des Honeycomb-Kerns
Für den Wabenkern soll angenommen werden, dass wegen der Relation t W << h K die Biegesteifigkeit der Wände gegenüber der Schubsteifigkeit vernachlässigt werden kann. Bei der Berechnung der Schubverformung geht sodann von der Gesamtverschiebung nur die jeweils zur Belastungsrichtung parallele Komponente ein. Aus der Gestaltung der Waben geht zudem hervor, dass Orthotropie vorliegt, weshalb die Schubsteifigkeit in zwei Richtungen zu bestimmen ist. Fall 1: Schubsteifigkeit S Wx eines Wabenstreifens in Längsrichtung (s. Bild 17.11) Gemäß des Aufbauprinzips des Honeycomb-Kerns können die Betrachtungen an einem sich wiederholenden Grundelement unter der Kraft n x = σ x ⋅ t bzw. n x i = n x ⋅ b vorgenommen werden.
17.6 Strukturierte Kerne y
207 b
tw 2·tw
e tw
x
nxi q
L
q
a
l
b
β
e
q u
nx B
Bild 17.11: Längsschubverformung eines Wabengrundelementes Als Folge der Schubverformung u in Längsrichtung kann angesetzt werden: − für die Schubspannung in den parallelen Wabenwänden τ ΙΙ = G K ⋅ γ K ΙΙ = G K ⋅
u q ΙΙ ≡ hK tW ⋅ a
(17.39)
und − für die Schubspannung in den geneigten Wabenwänden τ/ = GK ⋅ γ K/ = GK ⋅
q/ u ⋅ cos ß ≡ . hK tW ⋅ "
(17.40)
Somit ergibt sich in dem selbsttragenden Stützkern (4 Wabenwände) folgende der äußeren Kraft entgegenwirkende Schubkraft: q Wx i = 2 q ΙΙ + 2 q / ⋅ cos ß ≡ q xz i ,
wobei natürlich wieder aus dem Gleichgewicht q xz i ≡ n x i folgen muss.
(17.41)
208
17 Sandwichelemente Wird hierin Gl. (17.39) und (17.40) eingesetzt, so folgt § § t ⋅ a· t ⋅ " ⋅ cos 2 ß · ¸ ⋅u q Wx i = 2 ¨ G K ⋅ W ¸ ⋅ u + 2 ¨¨ G K ⋅ W ¸ hK ¹ hK © © ¹
bzw. bei Einführung von cosß = e/ " wird ª t q Wx i = «2 G K ⋅ W hK «¬
§ e2 · º ⋅ ¨¨ a + ¸¸ » ⋅ u ≡ c x ⋅ u . " ¹» © ¼
(17.42)
Zuvor ist in Gl. (17.14) bereits der Zusammenhang hergestellt worden zwischen der Längsfederkonstanten und der Schubsteifigkeit. Für eine Wabe gilt entsprechend ª § e2 · º 2 t W ¨¨ a + ¸¸ » « " ¹» © « c ⋅ h 2 2 GK ⋅ t W § e2 · h 2 SWx i = x K = ⋅ ¨¨ a + ¸¸ ⋅ K = «G K ⋅ ⋅h , " ¹ ( a + e) « dx hK ( a + e) »» K © « » ¬ ¼
(17.43) worin mit dx = a + e die Grundlänge einer Wabe eingesetzt worden ist. Auf einen Streifen der Breite B entfallen im Weiteren i = B/b Waben, sodass sich folgende Gesamtsteifigkeit ergibt: § ª e 2 ·¸ º 2t W ¨¨ a + « » " ¸¹ » B ⋅ hK B« © . S Wx = i ⋅ S Wx i = «G K ⋅ ⋅ h K = G KWx ⋅ » (a + e ) b b « » «¬ »¼
(17.44)
Aus dieser Gleichung kann also mit G KWx der geometrische Gleitmodul einer Wabe bestimmt werden. Damit ist eine Bezugsgröße definiert worden, die beispielsweise einen homogenen Kern haben müsste, um die gleiche Schubsteifigkeit wie ein Wabenkern aufzuweisen. Wird noch der Grenzübergang ß = 0, " = e und 2 t W = b gemacht, so strebt G KWx zum Gleitmodul des homogenen Kerns G K . Die in den Wabenwänden auftretenden Schubspannungen können jetzt aus Gl. (17.39)/(17.40) mit Gl. (17.11) hergeleitet werden zu τ ΙΙ = G K ⋅ γ K ΙΙ = G K ⋅ und
Q xz GK b = ⋅ ⋅ Q xz SWx G KWx B ⋅ h K
(17.45)
17.6 Strukturierte Kerne
209
τ / = τ ΙΙ ⋅ cos ß , worin jetzt mit Q xz die resultierende Querkraft-Schnittgröße am Plattenstreifen eingeführt ist. Fall 2: Schubsteifigkeit SWy eines Wabenstreifens in Querrichtung (s. Bild 17.12) Infolge des Schubverformungsverhaltens in Wabenquerrichtung kann angenommen werden: − Die Längswände tragen zur Steifigkeit fast nichts bei, deshalb soll τ ⊥ = 0 und γ K ⊥ = 0 angesetzt werden.
− Diesbezüglich leisten die Querwände den ganzen Widerstand. y
b e
x tw
a
nyi
q e
β
l
Bild 17.12: Querschubverformung eines Wabengrundelements
v
Für die Schubspannung in den Querwänden gilt somit τ/ = G K ⋅ γ K/ = G K ⋅
v ⋅ sin ß q/ = . hK tW ⋅ "
(17.46)
Die übertragene Querkraft ist demnach t ⋅" 2 q Wy i = 2 q / ⋅ sin ß = 2 τ / ⋅ t W ⋅ " ⋅ sin ß = 2 G K ⋅ W ⋅ sin ß ⋅ v ≡ q yzi (17.47) hK
210
17 Sandwichelemente bzw. wieder mit Einführung von sin ß = b/2 " folgt ª t ⋅ b2 º q Wy i = « G K ⋅ W » ⋅ v = cy ⋅ v . 2 ⋅ h K ⋅ " »¼ «¬
(17.48)
Für die Schubsteifigkeit ist demgemäß wieder S Wy i =
cy ⋅ h K2 dy
=
G K ⋅ t W ⋅ b2 h K 2 ª t ⋅ bº ⋅ = «G K ⋅ W » ⋅ h K 2 ⋅ hK ⋅ " 2" ¼ b ¬
(17.49)
anzusetzen , worin dy = b gesetzt ist. Die Gesamtschubsteifigkeit bestimmt sich entsprechend durch Betrachtung eines Streifens mit j = L/(a + e) Stützkernen zu SWy = j ⋅ SWy i =
tW ⋅ b º L ⋅ hK L ª . «G K ⋅ » h K = G KWy ⋅ 2" ¼ ( a + e) ¬ ( a + e)
(17.50)
Damit lässt sich wieder die geometrische Steifigkeit einer Wabe G KWy definieren. Aus dem Grenzübergang ß = 90°, a = 0, 2 " = b und e = t W folgt ebenfalls wieder G KWy = G K . In Analogie zu Gl. (17.46) erhält man nun für die Schubspannungen in den Wabenwänden und
τ ΙΙ = 0
G K ( a + e) τ/ = ⋅ ⋅ Q yz ⋅ sin ß. G KWy L ⋅ h K
(17.51)
Genauso wie beim homogenen Kern muss auch beim Honeycomb-Kern die Frage nach der Klebenahtbeanspruchung beantwortet werden. Für die Schubspannung über den Wabenrand kann unter Nutzung der vorstehenden Beziehungen angesetzt werden: τ Wx =
q Wx i
2 t W ( a + " ⋅ cos ß )
≤ τ B K1
(17.52)
bzw. τ Wy =
q Wy i ≤ τ BK1 . 2 t W ⋅ " ⋅ sin ß
(17.53)
17.6 Strukturierte Kerne
211
17.6.2 Tubuskern
Vom Aufbau her zeigt der Tubuskern nach allen Seiten gleiches (isotropes) Verhalten. Die Anordnung der Tuben stellt Bild 17.13 dar. Hiernach werden jeweils Röhrchenreihen aneinander gesetzt und miteinander verklebt. a)
b)
y
ds
2r h
x L
tT
r
r tT
nx
ny
dx ≡ h = r · 3 β
B
Bild 17.13: Geometrie eines Tubuskerns a) Verteilung der Tuben b) n-Eck Da dieses Stützelement somit Schubsteifigkeiten sowohl in x- wie in y-Richtung aufweist, muss für die Herleitung der Schubsteifigkeit eines Röhrchens von einem verallgemeinerten n-Eck ausgegangen werden, das im Grenzübergang n → ∞ ein Kreis wird. Für eine schräge Wand gilt zunächst allgemein − bezüglich der Schubspannungsverteilung τ = GK ⋅ γK = GK ⋅
u ⋅ cos ß dq ≡ , hK t T ⋅ ds ⋅ cos ß
(17.54)
212
17 Sandwichelemente
− umgestellt nach der Schubkraft folgt daraus § t ⋅ ds u ⋅ cos ß · ¸¸ ⋅ t T ⋅ ds ⋅ cos ß = G K ⋅ T dq = τ ⋅ t T ⋅ ds ⋅ cos ß = ¨¨ G K ⋅ cos 2 ß ⋅ u h h © ¹ K K
bzw. mit ds = r ⋅ dβ folgt 2π
t ⋅r t ⋅r q = GK ⋅ T cos 2 ß ⋅ dß ⋅ u = G K ⋅ T h K 0³ hK
ª1 º 2𠫬 2 ( ß + sin ß ⋅ cos ß ) »¼ 0 ⋅ u
ª t ⋅r ⋅πº = «G K ⋅ T ⋅ u, h K »¼ ¬
(17.55 )
− somit erhält man für den Steifigkeitskoeffizienten t ⋅r⋅π cr = G K ⋅ T . hK
(17.56)
Für die Schubsteifigkeit eines Tubusröhrchens folgt so
c ⋅h 2 ª t ⋅ r ⋅ πº hK2 ª t ⋅ πº S Ti = r K = «G K ⋅ T = «G K ⋅ T » h K . » hK ¼ r 3 ¬ r⋅ 3 3 ¼ ¬
(17.57)
Die Gesamtschubsteifigkeit, beispielsweise für einen Streifen der Breite B mit j = B/2r Tubusröhrchen, ergibt sich somit zu S Tges = j ⋅ S Ti =
B 2r
tT ⋅ π º B⋅ hK ª «G K ⋅ 3 » h K = G KT ⋅ 2 r , ¬ ¼
(17.58)
wobei wieder mit G KT eine geometrische Steifigkeit beschrieben werden konnte. Entsprechend gilt für die Klebenaht τT =
q xz , yz ≤ τ B K1 . 2 π⋅r
(17.59)
17.7 Instabilitätsformen Beim Einsatz von Sandwichelementen können aus der Wirkung einer Druckbeanspruchung verschiedene Formen der Instabilität /HER 80/ auftreten. Wie im Bild 17.14 dargestellt, kann hierbei unterschieden werden in − eine so genannte Gesamtinstabilität, wenn das Element als Ganzes ausknickt, oder
17.7 Instabilitätsformen
213
− eine örtliche Instabilität, wenn eine oder beide Häute unter Druckbeanspruchung kurzwellig Beulen, bzw. auch bei strukturierten Kernen die Wände unter der Schubspannung instabil werden. In beiden Fällen werden bestimmte geometrieabhängige Grenzwerte überschritten. x
F
F
Druckbeanspruchung
Gesamtinstabilität
h z
Knicken des Sandwichbalkens F
F
x h z
symmetrisches Knittern der Häute
Druckbeanspruchung F
örtliche Instabilität
F
x h z
antimetrisches Knittern beider Häute Biegebeanspruchung
Mb
Mb
x h z
Knittern der oberen Haut
Bild 17.14: Stabilitätsfälle an Sandwichbalken Die Wellenlänge der Beulung und die kritische Knickspannung der Häute hängen dabei vom Verhältnis der Hautbiegesteifigkeit zur Kernsteifigkeit ab. Unter der Voraussetzung von dünnen Häuten (t << h) und sinusförmigen Beulen kann dann gemäß der Formel a=
π CA
E Kz ⋅ G Kx
(17.60)
die Halbwellenlänge abgeschätzt werden. Mit C A muss hierin ein Amplitudenfaktor berücksichtigt werden, der etwa proportional zur Belastung ist. In gleicher Weise ist die Knickspannung abzuschätzen. Hierfür gilt die Formel σK
(isotrop ) krit
= C K 3 E T ⋅ E Kz ⋅ G Kx ≤ R eH ,
mit C K = 0,82, theor CK
exp r
≈ 0,5,
(17.61)
214
17 Sandwichelemente
σK
(orthotrop)
= CK 2
krit
E T ⋅ E Kz ⋅ t . h
Hierin bezeichnet wieder E T den Tangentenmodul des Hautwerkstoffs, E Kx den Elastizitätsmodul und G Kx den Gleitmodul des Kerns. elastisch
600 σKnitter [MPa]
Rm (hochfest: AlZnMg) 500
Rp0,2
AlZnMg
Rm (niederfest: AlCuMg) 400
plastisch
AlCuMg
Rp0,2 Al-Wabe
300 länge
200
quer
100
Schaumstoff +Al-Häute
0 0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5 3 0,6 ρK [kg/dm ]
Bild 17.15: Unterstützung des Kerns beim Knittern der Häute nach /WIE 79/ Eine Auswertung der vorstehenden Gleichung ist noch im Bild 17.15 gezeigt. Es zeigt wiederum, dass der strukturierte Kern dem homogenen Kern vielfach überlegen ist. Der homogene Schaumstoffkern gibt dabei beispielsweise Al-Häuten kaum Unterstützung gegen kurzwelliges Beulen, dagegen unterstützt eine Wabenstruktur mit der Dichte von ρ K ≈ 0,5 − 0,6 kg/dm 3 (entspricht Kernfüllungsgrad α K ≈ 2 %) die Häute fast bis zur Streckgrenze. Ist jedoch das Verhältnis Hautdicke zu Wabenweite zu klein, so ist es möglich, dass die Haut, ohne den Wabenkern zu verformen, zwischen den Wabenwänden durchbeult. Erst ab Verhältnisse t/b ≥ 0,05 kann kurzwelliges Beulen bis zur Streckgrenzenbelastung ausgeschlossen werden.
215
18 Stabilität von Stäben und Balken In vielen Strukturen sind Stäbe und Balken die hauptsächlichen Tragelemente. Das Tragverhalten der Gesamtstruktur ist dann oft durch das Instabilitätsverhalten /PFL 75/ dieser meist dünnwandigen und schlanken Elemente gegeben. Zu den Instabilitätsfällen zählen im Wesentlichen Knicken, Kippen und Beulen, wobei Beulen speziell im nachfolgenden Kapitel 19 behandelt werden soll. Bezüglich des Tragfähigkeitsnachweises in Stahlbaukonstruktionen ist hier die DIN 18 800*) maßgebend. Diese Norm verlangt erst bei Verhältnissen LK / i π E / Re
> 0,2
( mit L K = Knicklänge, abhängig von Lagerungsbedingungen und i = J / A = d / 4 , Trägheitsradius )
einen Stabilitätsnachweis.
18.1 Grundeffekte Als typischer instabilitätsgefährdeter Lastfall gilt der schlanke Druckstab, der bei kleiner Kraft nur gestaucht wird und sich einer höheren Kraftaufnahme durch seitliches Ausweichen in eine andere Gleichgewichtslage entziehen kann. Dies zeigt vom Prinzip her Bild 18.1.
LK 2
FI FII
FI QII MII
NII
L=
NI
FII
∅ d1
2⋅ FI
Schnitt eines Bambusrohres ∅ d 2 ≈ 1, 2 ⋅ ∅ d1
Bild 18.1: Knickung eines Druckstabes bzw. „Bambusrohres“ Die Kraft FI ist noch eine stabile Last, während die Kraft FII > FI oberhalb der kritischen Last zu dem gezeigten Instabilitätsfall führt. Je nach Profilform kann dabei reines Biegeknicken, gekoppeltes Biegedrillknicken oder Drillknicken auftreten. Weitere Instabilitätsprobleme sind aber auch im Verzweigen und Durchschlagen von Strukturen vor allem bei elastischen oder nachgiebigen Lagern zu sehen. Der Stabilitätswiderstand kann durch Segmentierung (z. B. Grashalme, Bambus) deutlich erhöht werden. Beispielsweise kann ein *)
Anmerkung: DIN 18 800-1, Stahlbauten, Bemessung und Konstruktion DIN 18 800-2, Stahlbauten – Stabilitätsfälle, Knicken von Stäben und Stabwerken
216
18 Stabilität von Stäben und Balken
segmentiertes Rohr bei gleicher Masse und Beanspruchung sowie 20%iger Durchmessererhöhung die doppelte Knicklast aufnehmen. Als eine mit dem Knicken verwandte Instabilitätsform gilt das Kippen. Wie im Bild 18.2 angedeutet, tritt dies gewöhnlich bei schmalen, hohen Biegeträgern mit dem Merkmal stark unterschiedlicher Flächenträgheitsmomente auf, die dann unter Last biegen und drillen können.
pz(x)
y x
z
h
t
Jz << Jy :
Jy =
t .h 12
Jz =
h. t 12
3
3
Bild 18.2: Kippen am schmalen Biegeträger
18.2 Knicken von Profilstäben Wie zuvor schon begründet, knicken Stäbe unter Druck aus. Je nach der Profilform kann hierbei auftreten: − reine Biegeknickung bei Vollquerschnitten und Rohren, − Biegedrillknickung bei allgemein unsymmetrischen Profilen, − Biege- oder Biegedrillknickung bei einfach symmetrischen Profilen (wie U und T) sowie − Biege- oder Drillknickung bei doppelt- oder punktsymmetrischen Profilen (wie Doppel-T und Z).
217
18.2 Knicken von Profilstäben
Diese Formen erklären sich einmal durch die Größen der Flächenträgheitsmomente in unterschiedlichen Achsen oder das Drillknicken durch Kraftmomente, die nicht durch den Schubmittelpunkt gehen und somit eine Torsion hervorrufen. 18.2.1 Euler’sche Biegeknickfälle Reines Biegeknicken tritt nur in dem Idealfall auf, dass der Stab exakt gerade ist, ein geschlossener Querschnitt vorliegt und die Kraft genau in der Neutralachse wirkt. Die Verhältnisse an einem derartigen Stab unter der Voraussetzung kleiner Verformungen zeigt Bild 18.3. F M Q F φ N px φ+dφ
L
px dx
N + dN x
φ+dφ F + dF
Q + dQ
z, w L
N = F +
M + dM
³ p x dx 0
Bild 18.3: Kräfteverhältnisse am unverformten und verformten Stab ( p x = Eigengewicht) Unter der Annahme der Richtungstreue der äußeren Kraft ist dann folgende Kräftezerlegung möglich:
N = F ⋅ cos φ
(18.1)
Q = −F ⋅ sin φ .
(18.2)
218
18 Stabilität von Stäben und Balken
Das negative Vorzeichen folgt aus der Orientierung des Koordinatensystems in der Skizze. Da kleine Formänderungen des Weiteren mit kleinen Winkeländerungen verbunden sind, gilt näherungsweise N ≈ F,
(18.3)
Q = −F ⋅ sin φ ≈ −F ⋅ φ .
(18.4)
Weiterhin gilt für das Biegemoment um den markierten Drehpunkt dM + Q ⋅ dx +
1 2 p x ( dx ⋅ sin φ ) = 0 , 2
(18.5)
hierin ist der zweite Term von p x klein von zweiter Ordnung und kann somit vernachlässigt werden, sodass M ′ = −Q = F ⋅ φ = F ⋅ w ′ = 0
(18.6)
wird. Aus der weiteren Differenziation folgt M ′′ = F ⋅ w ′′ ≡ − E ⋅ J ⋅ w ′′ ′′ = 0 ,
(18.7)
was umgestellt zu der Differenzialgleichung w ′′ ′′ +
F ⋅ w ′′ = 0 E⋅J
(18.8)
der Biegeknickung führt. Für diese DGL ist mit w ( x ) = C1 + C 2 ⋅ x + C 3 ⋅ cos μ ⋅ x + C 4 ⋅ sin μ ⋅ x
(18.9)
und μ2 =
F E⋅J
(18.10)
ein Lösungsansatz bekannt. Zur gleichen Lösung des Biegeknickproblems kommt man aber auch, wenn Gl. (18.8) zwei Mal integriert wird. Man erhält so w ′′ + μ 2 ⋅ w = C 5 + C 6 ⋅ x .
(18.11)
Die hierin neu auftretenden Konstanten C 5 und C 6 verschwinden üblicherweise beim Vorliegen spezieller Randbedingungen, sodass man auch von der Euler’schen Gleichung w ′′ + μ 2 ⋅ w = 0
(18.12)
219
18.2 Knicken von Profilstäben ausgehen kann. Der hierfür angepasste Lösungsansatz ist dann w ( x ) = C1 ⋅ cos μ ⋅ x + C 2 ⋅ sin μ ⋅ x .
(18.13)
Für jeden Knickfall gilt es, so unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen das entstehende Gleichungssystem zu lösen. F
Im Bild 18.4 ist ein typisierter Knickfall, und zwar ein Stab in einem gelenkigen und einem geführten Auflager unter axialer Last gezeigt. Dieses Beispiel dient hier der Diskussion des entstehenden Eigenwertproblems und dessen Auswertung. Ausgehend von dem Lösungsansatz der Gl. (18.13)
w(x)
w ( x ) = C1 ⋅ cos μ ⋅ x + C 2 ⋅ sin μ ⋅ x
L
gilt es, die Randbedingungen
w (0) = 0 und w (L) = 0
(18.14)
einzuarbeiten.
x z N=F
Bild 18.4: Knickfall mit bestimmten Randbedingungen (Knicklänge L K = L)
Die Randbedingung w(0) = 0 liefert sofort C1 = 0 , während die Randbedingung w(L) = 0 zu der Gleichung C 2 ⋅ sin μ ⋅ L = 0
(18.15)
führt. Offensichtlich muss aber die Konstante C 2 =/ 0 sein, da man ansonsten die triviale Lösung w(x) = 0 erhielte. Es verbleibt somit das Eigenwertproblem sin μ ⋅ L = 0
(18.16)
zu betrachten. Bekanntlich kann die vorstehende Gleichung aber nur durch μ n ⋅ L = n ⋅ π mit ganzzahligen n = 1, 2, 3, ...
(18.17)
befriedigt werden, womit sich als Lösung w ( x ) = C 2 ⋅ sin μ n ⋅ x
(18.18)
220
18 Stabilität von Stäben und Balken
ergibt. Dies ist insofern charakteristisch für Eigenwertprobleme, die hier nur der Form nach bei unbestimmt bleibenden Amplituden bestimmt werden können. Setzt man n = 1, 2 , ... ein, so können die real auftretenden Eigenwerte (Biegeformen) wie folgt abgeschätzt werden: μn2 =
§ n ⋅ π· F ¸ =¨ E ⋅ J ¨© L K ¸¹
2
(18.19)
oder verallgemeinert 2
§ n ⋅ π· ¸¸ ⋅ E ⋅ J y, z . Fkrit n = ¨¨ © LK ¹
(18.20)
Eine vollständige Auswertung der Euler’schen Knickfälle für n = 1 zeigt das nachfolgende Bild 18.5. Der Kleinstwert von Fkrit wird hierbei immer beim kleinsten Flächenträgheitsmoment J erreicht.
Euler-Fall
mech. System
L 1
2
3
4
kritische Last Fkrit =
F
E ⋅ J y, z Fkrit = π 2 L2
LK = 2 L
LK = L
F L K = 0,7 L
F
LK = 0,5 L
π 2 E ⋅ J y, z 4 L2
F
Fkrit = 2,046π 2
Fkrit = 4π 2
E ⋅ J y, z L2
E ⋅ J y, z L2
Bild 18.5: Knicklast von Stäben mit geschlossenen Querschnitten für verschiedene Randbedingungen nach /HOL 71/ 18.2.2 Knickung von doppelt- und punktsymmetrischen Profilstäben
Für doppelt- und punktsymmetrische Profile gilt, dass die Mittelachse mit der Schubmittelpunktachse zusammenfällt. In diesem Fall können drei unabhängige Knickformen auftreten, und zwar Biegeknicken um die y- bzw. z-Achse und Drillknicken. Die Knicklasten bestimmen sich so
221
18.2 Knicken von Profilstäben 2
§ π · ¸¸ ⋅ E ⋅ J y Fkrit , y = ¨¨ © LK ¹
− um die y-Achse
(18.21)
und 2
§ π · ¸¸ ⋅ E ⋅ J z − um die z-Achse für Biegeknicken Fkrit , z = ¨¨ © LK ¹
(18.22)
bzw. − um die x-Achse für Drillknicken Fkrit , t =
ª§ π · 2 º «¨ ¸ ⋅ E ⋅ C + G ⋅ J W t» , ¨ ¸ » iSM 2 «¬© L K ¹ ¼
1
(18.23)
worin i SM 2 = J t /A den polaren Trägheitsradius um den Schubmittelpunkt, C W den Wölbwiderstand und J t das Flächenträgheitsmoment für Torsion bezeichnet. Die niedrigste Last bestimmt im Weiteren die Knickform. Für schlanke Stäbe ist dies stets die zum kleineren Flächenträgheitsmoment gehörende Biegeknicklast. Das Drillknicken tritt nur bei gedrungenen Stäben mit weichen Flanschen auf. b h
t
z
z
1,5
0
h
1,0
icke nn
1,0 0,5
1,3 1,8 2,0 b/h
Drillknicken Fkrit,t
y
0,1
2
Bieg ekn
normierte Knicklast
Fkrit EA
L⋅t
0
Biegeknicken nach z
ach
( πhL )
2
Biegeknicken nach z 0,2
t
h
y
1,5 1,0 0,5
0,1 L⋅t h2
0,05
Drillknicken Fkrit,t
y
b
Biegeknicken nach y
0
0
1,0
Bild 18.6: Knickformen vom Doppel-T- und Z-Profil nach /WIE 96a/
2,0 b/h
222
18 Stabilität von Stäben und Balken
Im Bild 18.6 ist eine prinzipielle Auswertung der vorstehenden Gleichungen für einen Doppel-T- und einen Z-Träger vorgenommen worden. Beim Doppel-T-Profil sind danach alle drei Knickformen möglich, während beim Z-Profil ausschließlich Biegeknicken um die y Hauptachse auftritt. Als Abschätzung für das Doppel-T-Profil kann gelten, dass bei Verhältnissen b/h ≤ 1,8 zuerst Biegeknicken um die y -Hauptachse, bei b/h > 1,8 um die z -Hauptachse sowie bei b/h ≥ 1,3 und ( L ⋅ t )/h 2 ≥ 0,5 bevorzugt Drillknicken auftritt. 18.2.3 Knickung von einfach symmetrischen Profilstäben
Im Bild 18.7 sind die beiden vorkommenden einfach symmetrischen Profile U und einfach T analysiert worden. Knicken tritt bei beiden Profilen bevorzugt in Richtung der y-Achse auf.
h
h
1,0
1,4 b/h
2,0
y ach en n
L⋅t
1,0
Biegedrillknicken Fkrit
4,0 2,0 1,0 0,5
nick
h2
gek
nick e
0,5
10
L⋅t
2,0
0,1
Bie
20
Biegedrillknicken Fkrit
0,1
Biegeknicken nach z
ch y
h
n na
en i ck
c na
z
Bieg ek
Fkrit EA
n ek eg i B
0
t
z
2
( πhL )
0,2
normierte Knicklast
y
t
z
0,25
0
b
b
y
h2 0,01 0 0
0,5 1,0
b/h
2,0
Bild 18.7: Knickformen vom U- und T-Profil nach /WIE 96a/ Knickung in Richtung der z-Achse ist dagegen mit zusätzlicher Drehung verbunden. Diese Problematik führt somit auf ein gekoppeltes homogenes Gleichungssystem für w und φ. Die kritische Last Fkrit folgt dann wieder aus der Lösung des Eigenwertproblems der charakteristischen Gleichung*) § ¨¨1 − ©
*)
ySM · ¸ F 2 − Fkrit , y + Fkrit , z Fkrit + Fkrit , y ⋅ Fkrit , t = 0 i SM ¸¹ krit
Anmerkung: a ⋅ x
(
2
+ b ⋅ x + c = 0 , x1,2 =
)
−b±
b
2
2a
− 4ac
(18.24)
223
18.2 Knicken von Profilstäben mit iSM 2 = iSP 2 + ySM 2 ,
und zwar als kleinste Wurzel. Die in der Gleichung eingehenden Kräfte Fkrit , z bzw. Fkrit , t folgen aus den Grundlastfällen der Gl. (18.11) und (18.13). Im Allgemeinen ist Fkrit kleiner als diese beiden Kräfte. Bei einem U-Profil ist reines Biegeknicken nur bis b/h ≤ 1,3 möglich, darüber tritt ausschließlich Biegedrillknicken auf. Des Weiteren ist aus den Kurvenverläufen zu entnehmen,
(
)
dass der Hang zum Biegedrillknicken mit kleiner werdender Profilkenngröße L ⋅ t/h 2 zunimmt, wodurch auch Profile mit schmalen Flanschen drillen können. Für das T-Profil gilt, dass das Profil für b/h ≤ 1,4 in Flanschrichtung und für b/h > 1,4 in
(
)
Stegrichtung abknickt. Bei kleinen Verhältnissen L ⋅ t/h 2 überwiegt hingegen Drillen. 18.2.4 Knickung unsymmetrischer Profile
Auch beim Fall allgemein unsymmetrischer Profile liegt eine Kopplung zwischen Biegung und Drillung vor. Ausgangsbeziehung zur Ermittlung der kritischen Last ist hier dann die Beziehung F § ¨ 1 − krit , y ¨ Fkrit ©
· ¸ ¸ ¹
F § ¨ 1 − krit , z ¨ Fkrit ©
· ¸ ¸ ¹
F § ¨ 1 − krit , t ¨ Fkrit ©
F · § ¸ − ¨ 1 − krit , z ¸ ¨ Fkrit ¹ ©
· ¸ ¸ ¹
§ ¨ ¨ ©
F § ¨ 1 − krit , y ¨ Fkrit ©
y SM · ¸ i SM ¸¹ · ¸ ¸ ¹
§ ¨ ¨ ©
2
z SM · ¸ i SM ¸¹
− (18.25)
2
=0
Die Gleichung kann auf folgende Normalform gebracht werden: A ⋅ Fkrit 3 + B ⋅ Fkrit 2 + C ⋅ Fkrit + D = 0
(
)
§z mit A = 1 − a 2 − b 2 und a = ¨¨ SM © i SM
· §y ¸¸, b = ¨ SM ¨i ¹ © SM
(18.26) · ¸¸ ¹
· § B = −¨ Fkrit, t + Fkrit, y ⋅ §¨1 − a 2 ·¸ + Fkrit , z ⋅ §¨1 − b 2 ·¸ ¸ ¹¹ © ¹ © © C = §¨ Fkrit , z ⋅ Fkrit , t + Fkrit , y ⋅ Fkrit , t + Fkrit , y ⋅ Fkrit , z ·¸ ¹ © und D = − Fkrit , y ⋅ Fkrit , z ⋅ Fkrit , t .
224
18 Stabilität von Stäben und Balken
Als kritische Knickkraft erhält man somit Fkrit = y * −
B 3A
(18.27)
als kleinste der drei reellen Wurzeln der Gleichung mit φ· § y * = 2 ⋅ r ⋅ cos ¨ 60 °− ¸ , © 3¹ r=− cos φ = p=
p , q
,
r3
3 AC − B 2 9 ⋅A2
und q=
B3 27 ⋅ A
3
−
B⋅C 6⋅A
2
+
D . 2⋅A b
-2
∞ 10 5
z nach ken knic
3
2,0
Bieg e
Fkrit EA
4
2
L⋅t h2
1,0
1 0
t
0
0,5 2,0
1,0 b/h
Bild 18.8: Knickformen des L-Profils nach /WIE 96a/
Biegedrillknicken Fkrit
h
z
5 ·10
normierte Knicklast
( πhL )
2
y
225
18.3 Elastisch-plastisches Knicken
Als beispielhafte Auswertung zeigt Bild 18.8 die Knickformen eines Winkelprofils. Bevorzugte Knickrichtung ist hier die z -Achse. Für kleine Profilkennwerte (L ⋅ t )/h 2 überwiegt dabei wieder die Neigung zum Biegedrillknicken.
18.3 Elastisch-plastisches Knicken Mit der Euler’schen Knickspannung /KUN 08/ F π2 ⋅ E ⋅ J π2 ⋅ E C mit i 2 = J / A und λ = L / i σ krit = krit = = ≤ σ zul = R eH ⋅ A S K sowie C = 0 , 65 , S K ≈ 3, 0. A ⋅ L2 λ2 (18.28) wird das ideale elastische Verhalten eines Knickstabes beschrieben. Den Verlauf der Knickspannung in Abhängigkeit vom Schlankheitsgrad zeigt in der Tendenz Bild 18.9. Hiernach ist Gl. (18.28) nur bis zur Proportionalitätsgrenze (bei Stahl R p ≈ 0,8 ⋅ R eH ) gültig, da
σK
keine Beschränkung durch Fließen abgebildet wird.
nach Euler
ReH Rp nach Engesser-Kármàn
λp
λ
Bild 18.9: Verlauf der Euler-Hyperbel bei Stahl, real erfolgt Abknicken der Kurve bei der Proportionalitäts- oder Fließspannung Für Verhältnisse λ < λP = π ⋅
E Rp
226
18 Stabilität von Stäben und Balken
ist das Materialverhalten oberhalb der Proportionalitätsgrenze /CZE 69/ zu berücksichtigen. Hierfür wird allgemein die Modellvorstellung von Engesser-Kármàn zu Grunde gelegt. Danach soll ein Stab vorliegen, der unter Druck den Tangentenmodul E T (s. Kapitel 5.3) und unter Zug den linearen Elastizitätsmodul E aufweist. Unter Ausbiegung wird sich dann der im Bild 18.10 gezeigte Dehnungs- und Spannungsverlauf einstellen.
Druck σb = E T ⋅ ε b -
O
+ σa = E ⋅ ε a
Mb ε b ⋅ dx ρ
b(z)
II z
SP
N
y z,w
ε a ⋅ dx
dx
dz N
Zug
Mb
b a
I
Bild 18.10: Elastisch-plastische Biegung Bezogen auf den fiktiven Drehpunkt 0 ergeben sich so als Beziehungen − für die Faserverlängerungen nach dem Strahlensatz ε a ⋅ dx ε b ⋅ dx dx = = a b ρ
bzw. für die Krümmung εa
ε 1 = b = = − w ′′ , a b ρ
(18.29)
− für die Spannungen in den beiden Querschnittssektionen an den Stellen z I , z II z ε σ I ( z ) = σ a ⋅ I = E ⋅ zI ⋅ a , a a
(18.30)
z ε σ II ( z ) = σ b ⋅ II = E T ⋅ z II ⋅ b . b b
(18.31)
227
18.3 Elastisch-plastisches Knicken Das Momentengleichgewicht fordert nun a
b
o
o
M b = ³ σ I ( z ) ⋅ z I ⋅ b I ( z ) ⋅ dz + ³ σ II ( z ) ⋅ z II ⋅ b II ( z ) ⋅ dz .
(18.32)
Wird hierin nun Gl. (18.30) bzw. (18.31) eingesetzt, so folgt Mb =
E⋅εa a a
³ b I ( z ) ⋅ z I 2 ⋅ dz +
o
ET ⋅εb b ³ b II ( z ) ⋅ z II 2 ⋅ dz . b o
(18.33)
Interpretiert man jetzt die Integrale als Teilflächenmomente, so folgt M b = − ( E ⋅ J I + E T ⋅ J II ) ⋅ w ′′ ≡ − T ⋅ J ⋅ w ′′ ,
(18.34)
welches die Biege-DGL darstellt. Für den so genannten Knickmodul kann man also ansetzen T=
b E ⋅ J I + E T ⋅ J II º 1ª a ≡ « E ³ z I 2 ⋅ dA I + E T ³ z II 2 ⋅ dA II » . J J «¬ o »¼ o
(18.35)
Zufolge von Gl. (18.20) Mb = F ⋅ w bzw. M b = − J ⋅ T ⋅ w" gilt dann wieder für die Knick-DGL
w ′′ +
F w=0 T⋅J
(18.36)
Insbesondere ergibt die Auswertung von Gl. (18.35) für den Knickmodul − eines Rechteckquerschnitts T=
und
(
4 E⋅ET E+
ET
)
2
(18.37)
228
18 Stabilität von Stäben und Balken
− eines I-Querschnitts T=
2 E ⋅ ET
(E + ET )
.
(18.38)
Der Knickmodul ist somit in erster Linie abhängig vom eingesetzten Werkstoff und weniger von der Querschnittsgeometrie des Profils. Dies belegt sehr deutlich das folgende Bild 18.11, welches auch nur geringe Unterschiede bei den beiden Geometrien ausweist.
ET E
§T· ¨ ¸ ©E¹
1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,1
§E · 4¨ T¸ © E ¹ = § E E · ¨1 + 2 T + T ¸ ¨ E E ¸¹ © 1,00 0,89 0,76 0,61 0,38 0,23
§E · 2¨ T¸ §T· = © E ¹ ¨ ¸ E · © E ¹I § ¨1 + T ¸ E ¹ ©
1,00 0,89 0,75 0,57 0,33 0,18
Bild 18.11: Werkstoff- und Geometrieabhängigkeit des Knickmoduls Wegen der nur geringen Unterschiede wird vielfach in den Stahlbaurichtlinien (u. a. DIN 18 800) nur der Knickmodul des Rechteckquerschnitts (s. auch DIN 4114) den Betrachtungen zu Grunde gelegt. Für die Knickspannung kann somit angesetzt werden: σ krit =
π2 ⋅ T
(18.39)
λ2
bzw. für die kritische Belastung Fkrit =
π2 ⋅ T ⋅ J L2
.
(18.40)
Die Theorie von Engesser-Kármàn kommt in vielen Anwendungsfällen den Leichtbauverhältnissen näher als die Euler’sche Theorie.
229
18.4 Kippen
18.4 Kippen Wie einleitend schon dargestellt, tritt Kippen bei hohen, schmalen Biegeträgern auf und ist mit dem Biegedrillknicken verwandt. Im Folgenden soll Kippen an doppelt symmetrischen Profilen betrachtet werden. Als Beispiel hierzu dient der Biegeträger im Bild 18.12 unter einer Einzellast. Bei kleiner Kraft F tritt nur eine Durchbiegung auf. Steigert man die Kraft, so wird ab einer kritischen Kraft der Träger auslenken und die Biegelinie räumlich gekrümmt werden. Es tritt somit eine zusätzliche seitliche Verschiebung v auf und damit verbunden eine weitere Querschnittsdrehung φ.
F
y,v
Fy
x
Fz
F
z,w φ
Fz
Fz
φ
x v′
v
x ⋅ v′
Fz
· e
(
Bild 18.12: Kippen eines Biegeträgers J z << J y
)
M y ⋅ sin φ
M y ⋅ cos φ My
φ
230
18 Stabilität von Stäben und Balken
Zunächst bewirkt die Kraftkomponente Fy die seitliche Ausbiegung. Hierfür besteht der Zusammenhang M y ⋅ sin φ ≈ M y ⋅ φ = − E ⋅ J z ⋅ v ′′ .
(18.41)
Die Kraftkomponente Fz bewirkt unter anderem die Verdrehung. Dafür gilt der Zusammenhang Fz ⋅ e = Fz ( v − x ⋅ v ′ ) = E ⋅ C w ⋅ φ ′′′ − G ⋅ J t ⋅ φ ′ .
(18.42)
Mit der rechten Seite dieser Gleichung wird transparent, dass bei dem Profil sowohl der Torsions- wie auch Wölbwiderstand (s. Kapitel 10, Gl. (10.39) und Gl. (18.40)) angesprochen wird. Differenziert man jetzt Gl. (18.42) noch einmal, so folgt daraus Fz ⋅ v ′ − Fz ⋅ x ⋅ v ′′ = E ⋅ C w ⋅ φ ′′ ′′ − G ⋅ J t ⋅ φ ′′ .
(18.43)
Bei kleinen Formänderungen kann üblicherweise der erste Term vernachlässigt werden, womit dann die Gleichung M y ⋅ v ′′ + E ⋅ C w ⋅ φ ′′ ′′ − G ⋅ J t ⋅ φ ′′ = 0
(18.44)
vorliegt. Zusammen mit Gl. (18.41) ist somit Kippen eindeutig beschrieben. Die Betrachtung vereinfacht sich, wenn man die Wölbproblematik vernachlässigt, was meist bei schmalen, hohen Profilen berechtigt ist. Aus. Gl. (18.44) folgt so v ′′ =
G ⋅J t My
⋅ φ ′′ ,
(18.45)
wird dies in Gl. (18.41) eingesetzt, so erhält man letztlich E ⋅ Jz ⋅G ⋅ Jt My
⋅ φ ′′ + M y ⋅ φ = 0
(18.46)
oder φ ′′ +
M y2 E ⋅ Jz ⋅ G ⋅ Jt
⋅ φ = 0.
(18.47)
Wertet man diese Gleichung nun für unterschiedliche Belastungen und Lagerungen aus, so kann die im Bild 18.13 gezeigte Tabelle mit Abschätzformeln*) für praktische Fälle erstellt werden. *)
Anmerkung: In dieser Tabelle wird die Struktur als Balken berücksichtigt, handelt es sich um brettförmige Konstruktionen, so ist eine Korrektur durch Ersatz von E durch E/(1-ν2) durchzuführen.
231
18.4 Kippen
Belastung
My
kritische Belastung
1.
My
My ___
π E ⋅ Jz ⋅ G ⋅ Jt L Hinweis: J z << J y
M krit ≈
L 2. F F L ⋅ 2 2 L 2 3.
Fkrit ≈
16,93
L 2
F F⋅ L
Fkrit ≈
1 p ⋅ L2 8
p krit ≈
p ⋅ L2 2
p krit ≈
L2
4,2 L2
E ⋅ Jz ⋅ G ⋅ Jt
E ⋅ Jz ⋅ G ⋅ Jt
L 4.
p
28,3 L3
E ⋅Jz ⋅G ⋅Jt
L
5.
p 12,85 L3
E ⋅ Jz ⋅ G ⋅Jt
L Bild 18.13: Kritische Kipplasten für Träger mit beliebigen Querschnitten bei unbehinderter Querschnittsverwölbung nach /CZE 69/
232
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren Bei scheibenförmigen Tragelementen kann unter Druckbeanspruchung als Instabilität Beulen auftreten. Als Folge einer anwachsenden Belastung wölbt dabei die Mittelfläche durch, um wieder in einen stabilen Gleichgewichtszustand überzugehen. Da durch Beulen zusätzliche Querkräfte und Momente hervorgerufen werden, muss zur Ermittlung der Beanspruchung von der Plattentheorie ausgegangen werden.
19.1 Beulgleichung Im Folgenden soll ein dünnwandiges Scheibenelement vorausgesetzt werden, welches durch Druckkräfte (s. Bild 19.1) in seiner Mittelebene belastet sei. Da hier nicht von vornherein mit kleinen Verformungen gerechnet werden kann, muss das gekoppelte Scheiben-PlattenProblem betrachtet werden. Zielsetzung ist die Erstellung der so genannten Beulgleichung.
z,w ∂w ∂y
ny
∂w ∂x
y
∂w ∂ 2 w + dx ∂x ∂x 2
qyx
nx p
qxy
x
dx ∂w ∂2w + dx ∂y ∂y∂x ∂q xy q xy + dx ∂x
dy
∂w ∂ 2 w + dy ∂y ∂y 2
pn
∂w ∂ 2 w dy + ∂x ∂x∂y
nx + q yx +
ny +
∂n y ∂y
dy
p = äußere Plattenkraft pn = resultierende Rückstellkraft
∂q yx ∂y
dy
∂n x dx ∂x
t ∂w ∂ 2 w dx + ∂x ∂x 2
n x ⋅ dy
∂w ∂x
n x dy +
∂n x dx dy ∂x
Bild 19.1: Zur Herleitung der Beulgleichung vom verformten Plattenelement
− (p nx ⋅ dx dy )
233
19.1 Beulgleichung
Ausgangsbeziehung sei dazu die DGL der Plattenbiegung für anisotropes Materialverhalten, die anzusetzen ist als ∂4w
∂4w ∂4 w + 2 B xy + By = p( x , y ) . ∂x 4 ∂x 2 ∂y 2 ∂y 4
Bx
In Kapitel 8 wurde zuvor diese DGL*) bereits für isotropes Material (s. Gl. (8.72)) benutzt, und zwar in der Form
∂ 4w ∂x
4
+2
∂ 4w 2
∂x ∂y
2
+
∂ 4w ∂y
4
=
p(x , y ) . B
(19.1)
Auf der rechten Seite tritt hierin mit p(x, y) die äußere Belastung auf, die senkrecht zur Mittelebene wirkt. Bei einem Beulproblem liegen die Verhältnisse allerdings anders. Von außen sollen die Kräfte n x und q xy auf die Scheibe wirken. Um die vorstehende DGL benutzen zu können, muss im Weiteren p n = − p als resultierende Rückstellkraft bestimmt werden. Aus der Komponentenaddition folgt somit z. B. für pn
∂n x § · ⋅ dx ⋅ dy = ¨¨ n x ⋅ dy + dx dy ¸¸ ∂x x © ¹
§ ∂w ∂ 2 w · ∂w ¨ dx ¸¸ − n x dy ¨ ∂x + 2 ∂x © ¹ ∂x ∂ 2 w ∂n x ∂w ∂n x ∂ 2 w pn = nx ⋅ + ⋅ + ⋅ dx , ∂x ∂x ∂ x ∂x 2 x ∂x 2
(19.2)
hierin sind die jeweiligen Sinusse gleich dem Winkel gesetzt worden. Entsprechend finden sich die anderen Komponenten p n und p q , sodass die Resultierende anzusetzen ist zu y xy
p n = p n x + 2 p q xy + p n y .
(19.3)
Werden hierin insbesondere die Glieder 2. Ordnung vernachlässigt, so erhält man pn = nx
∂2 w ∂x 2
+ 2 q xy
∂2 w ∂ 2 w §¨ ∂2 w ∂2w ∂ 2 w ·¸ + ny ≡ ¨σx + 2 τ xy + σy ¸ t , (19.4) ∂x ∂y ∂x ∂y ∂y 2 © ∂x 2 ∂y 2 ¹
womit sich dann die Plattenbiegegleichung schreiben lässt als ∂4w ∂x 4
*)
+2
∂4w ∂x 2 ∂y 2
+
∂4w ∂y 4
=−
t §¨ ∂2 w ∂2 w ∂ 2 w ·¸ + 2 + σ τ σ ¸ xy ∂x ∂y y B ¨© x ∂x 2 ∂y 2 ¹
Anmerkung: Biegesteifigkeit der homogenen Platte: B =
E ⋅ t3 12(1 − ν 2 )
(19.5)
234
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren
bzw. ΔΔw = −
∂2 w t §¨ ∂2 w ∂ 2 w ·¸ σ + 2 τ + σ ¸ . xy ∂x ∂y y B ¨© x ∂x 2 ∂y 2 ¹
Diese DGL muss nun für die verschiedenen Beanspruchungsfälle und Randbedingungen gelöst werden.
19.2 Lösung der Beulgleichung Für die einfachen Beulfälle kann die vorstehende DGL durch direkte Integration gelöst werden. Diese Vorgehensweise sei nachfolgend an der frei aufliegenden Rechteckscheibe (s. Bild 19.2) unter allseitigem Druck demonstriert. Vereinbarungsgemäß ist in allen Fällen das Koordinatensystem x, y so zu orientieren, das stets n x > n y ist. x n x = t ⋅ σx
t a n y = t ⋅ σy
y
Bild 19.2: Rechteckscheibe unter allseitigem Druck
b
Bei der angesetzten äußeren Belastung kann sofort geschlossen werden, dass τ xy = 0 ist, weswegen hier die Beulgleichung angesetzt werden kann zu ∂4w ∂x 4
+2
∂4w ∂x 2 ∂y 2
+
∂4w ∂y 4
=−
t §¨ ∂2w ∂ 2 w ·¸ + σ σ ¸. y B ¨© x ∂x 2 ∂y 2 ¹
(19.6)
Zur Vereinfachung soll im Weiteren noch die Spannungsproportion σ y = κ ⋅ σ x benutzt werden, sodass die vorstehende Gleichung auch geschrieben werden kann als
235
19.2 Lösung der Beulgleichung
ΔΔw = −
σx ⋅ t § ∂2w ∂ 2 w ·¸ ¨ + κ ¸ . B ¨© ∂x 2 ∂y 2 ¹
(19.7)
Für die direkte Integration dieses DGL-Typs und bei momentenfreier Lagerung hat sich der Lösungsansatz w ( x , y ) = C mn ⋅ sin
m⋅π⋅x n⋅π⋅y ⋅ sin a b
(19.8)
bewährt. Er geht von der Vorstellung aus, dass Ränder nach Sinushalbwellen beulen. Die eingehenden Ordnungszahlen m, n sind somit ganzzahlig m = 1, 2, 3, ... bzw. n = 1, 2, 3, ... anzusetzen, da sie Anzahl der Halbwellen auf den Scheibenseiten a bzw. b vorgeben. Mit den erforderlichen Ableitungen*) des Ansatzes 2 mπx nπy § m π· = − C mn ⋅ ¨ ⋅ sin , ¸ ⋅ sin 2 © a ¹ a b ∂x ∂2w nπ 2 mπx n πy ⋅ sin = −C mn ⋅ §¨ ·¸ ⋅ sin , 2 a b © b ¹ ∂y
∂2w
4 mπx nπy § m π· = C mn ⋅ ¨ ⋅ sin ⋅ sin , ¸ © a ¹ a b ∂x 4 4 mπx nπy § n π· ∂4w = C mn ⋅ ¨ ⋅ sin ⋅ sin , ¸ 4 © b ¹ a b ∂y
∂4w
∂4w
§ m π· = C mn ⋅ ¨ ¸ 2 2 © a ¹ ∂x ∂y
2
(19.9)
2 mπy nπy § nπ· ⋅ sin ⋅¨ ¸ ⋅ sin © b ¹ a b
erhält man dann als Lösung der DGL § m⋅ π· ¨ ¸ © a ¹
4
§ m⋅ π· +2⋅¨ ¸ © a ¹
2
§ n⋅ π· ⋅¨ ¸ © b ¹
2
§ n⋅ π· +¨ ¸ © b ¹
4
2 σ x ⋅ t ª§ m ⋅ π · 2 § n⋅ π· « = ⋅ ¨ ¸ + κ ⋅¨ ¸ B «© a ¹ © b ¹ ¬
º » »¼
bzw. zusammengefasst π 2 ⋅ B ª§ m · 2 § n · 2 º ⋅ «¨ ¸ + ¨ ¸ » © b¹ » t «¬ © a ¹ ¼
2
2 ª§ m · 2 § n· º = σ x ⋅ «¨ ¸ + κ ¨ ¸ » © ¹ © b¹ » ¬« a ¼
und durch Umformung *)
Anmerkung: (sin x)´= cos x und (cos x)´= -sin x
(19.10)
236
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren π 2 ⋅ B ª§ m · 2 § n · 2 º ⋅ «¨ ¸ + ¨ ¸ » © b¹ » t «¬ © a ¹ ¼ σx = 2 2 ª§ m · krit § n· º «¨ ¸ + κ ⋅ ¨ ¸ » © b¹ » «¬ © a ¹ ¼
2
(19.11)
also eine Relation zwischen der Beanspruchung am Rand und der Beulform. Um im Weiteren einen Analogieschluss zur Knickung herstellen zu können, soll mit σE =
π2 ⋅ B b2 ⋅ t
≡
π2 ⋅ E ⋅ J
(1 − ν 2 ) b 2 ⋅ t
=
π2 ⋅ E
§t· ⋅¨ ¸ 2 ©b¹ 12 1 − ν
(
2
)
(19.12)
die so genannte Euler’sche Bezugsknickspannung eines an beiden Enden gelenkig gelagerten Plattenstreifens von der Länge b und der Breite a = 1 eingeführt werden. Wird mit α = a/b noch das Seitenverhältnis definiert, so kann Gl. (19.11) auch ausgedrückt werden als 2
§ m2 2 ·¸ ¨ ¨ α2 + n ¸ ¹ ⋅σ ≡ k⋅σ . σx = © E E krit § m2 2 ·¸ ¨ n + κ ⋅ ¸ ¨ α2 © ¹
(19.13)
Hierin kann jetzt mit k ein Vielfaches der Euler-Spannung angegeben werden. Der kleinste Wert von σ x ist die gesuchte kritische Beulspannung, die für bestimmte Halbwellenzahlen zu einem Minimum des Beulwertes k führt.
19.3 Einfache Beulfälle Auf die Analyse einiger grundlegender Beulfälle hinsichtlich ihrer Beanspruchbarkeit soll im Folgenden noch beispielhaft eingegangen werden. Fall 1: Frei aufliegende Rechteckscheibe unter allseitig gleichem Druck, d. h. κ = 1. Die hierfür angepasste Gl. (19.13) lautet: σx
ª§ m · 2 º = «¨ ¸ + n 2 » ⋅ σ E . krit «¬ © α ¹ »¼
(19.14)
Ein Minimum der Beulspannung wird für m = n = 1 eintreten. Damit wird σx
§ 1 · = ¨1 + 2 ¸ ⋅ σ E © krit α ¹
(19.15)
237
19.3 Einfache Beulfälle bzw. der Beulwert § 1 · ¸ . k = ¨1+ © α2 ¹
(19.16)
Den Verlauf des Beulwertes in Abhängigkeit vom Seitenverhältnis der Scheibe zeigt Bild 19.3. 5
k
σ 4 σ
σ a
3 σ b 2
1
0
1
2
3
a α= b
4
5
Bild 19.3: Beulwert bei der Rechteckscheibe nach /KOL 58/ Für eine quadratische Scheibe mit α = 1 wird k = 2, d. h., es kann die doppelte Euler-Spannung wie bei einem Plattenstreifen aufgenommen werden. Fall 2: Frei aufliegende Rechteckscheibe mit einer unbelasteten und einer auf Druck belasteten Seite Entsprechend der vorhergehenden Definition ist hier κ = 0, sodass für die Beulspannung
σx
krit
=
§ m2 · 2¸ ¨ ¨ 2 +n ¸ ©α ¹ m2 α2
2 2 §m n2 · ¨ ¸ ⋅σE = ¨ + α ⋅ ⋅σE m ¸¹ ©α
(19.17)
238
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren anzusetzen ist. Für den Beulwert kann man somit §m n2 k = ¨¨ + α ⋅ m ©α
· ¸ ¸ ¹
2
(19.18)
bestimmen. Der Beulwert bedarf aber noch einer näheren Betrachtung: Beulen setzt beim minimalen Beulwert ein, und zwar für ganzzahlige m, n-Werte. Für ein beliebiges α muss daher k min gefunden werden. Sicherlich wird dies bei n = 1 (d. h. nur eine zu erwartende Halbwelle in Querrichtung) sein, womit die andere Halbwelle zufolge ∂k ∂ §m α·2 α · §m α· § 1 ¸ =0 = ¨ + ¸ = 2¨ + ¸ ⋅¨ − © α m¹ © α m2 ¹ ∂m ∂m © α m ¹
(19.19)
ermittelt werden kann. Dieser Ausdruck kann jedoch nur null werden, wenn die zweite Klammer verschwindet, d. h. m=α wird. Aus Gl. (19.18) folgt sodann k min = 4
und σ x krit = 4 ⋅ σ E .
Weil voraussetzungsgemäß sowohl m wie n ganzzahlig sein soll, kann auch der minimale Beulwert nur für ganzzahlige Verhältnisse α auftreten, d. h. in entsprechend beanspruchten Scheiben, in denen die Seite a ein ganzzahliges Vielfaches der Seite b ist. Die Beulfigur kann danach eine Halbwelle in b-Richtung und m Halbwellen in a-Richtung aufweisen, und zwar umso mehr, desto größer α wird. Für hiervon abweichende Verhältnisse α < 1 oder m < α < (m + 1) ist der Beulwert stets größer als k = 4. Insbesondere für α < 1 steigt der Beulwert stark an. Trägt man den Beulwert gemäß Gl. (19.18) für festes n = 1 auf, so entsteht eine typische Girlandenkurve wie Bild 19.4. Als erster kritischer Fall ist hieraus m = n = 1 für die quadratische Scheibe abzulesen. Damit folgt für die Beulspannung σx
2 2 2 §1 §1 · · π ⋅B = ¨ + α¸ ⋅ σ E = ¨ + α¸ ©α ©α ¹ ¹ a2 ⋅t krit
.
(19.20)
239
19.3 Einfache Beulfälle
k
8
a
7 n=1
b 6
σx
σx
m
5 m=1
4
m =3
m= 2
m= 4
m =5
3 2 1 0
1
1,41
2
2,5
3
3,46
4
4,47 a α= b
5
Bild 19.4: Beulwert für Rechteckscheibe unter einseitigem Druck nach /KOL 58/, untere Grenze ist k = 4 Fall 3: Frei aufliegende Rechteckscheibe, wobei die Seiten a auf Zug und die Seiten b auf Druck beansprucht sei. Dieser Fall soll insbesondere die versteifende Wirkung selbst einer kleinen Zugbeanspruchung herausstellen. Gemäß der Beanspruchungseinwirkung gilt σ y = − κ ⋅ σ x und somit
σx
krit
=
ª§ m · 2 º «¨ ¸ + n 2 » «¬ © α ¹ »¼
2
ª§ m · 2 º «¨ ¸ − κ ⋅ n 2 » «¬ © α ¹ »¼
⋅σE = k ⋅σE .
(19.21)
Da im vorliegenden Fall m und n nicht vorherbestimmbar sind, erhält man den minimalen Beulwert aus der Bedingung
240
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren
∂k = ∂α
· 2 m2 § m2 − 2 ⋅ 3 ⋅ ¨¨ 2 + n2 ¸¸ α ©α ¹
2
2 § m2 · § 2 · 2¸ ¨ m 2¸ 2 m ¨ − ⋅ + + ⋅ κ n n ¨ 2 ¸ ¨ 2 ¸ α3 ©α ¹ ©α ¹
§ m2 · 2¸ ¨¨ − ⋅ κ n ¸ © α2 ¹
2
= 0.
(19.22)
Dieser Ausdruck kann aber nur für verschwindenden Zähler null werden. Aus einer Umformung führt dies zu der neuen Bedingung · ª§ m 2 · 2m 2 § m 2 ⋅ ¨¨ + n 2 ¸¸ ⋅ «¨¨ + n 2 ¸¸ − 2 3 2 2 α ©α ¹ ¬© α ¹
§ m2 2 ·¸º ¨ ¨ α 2 − κ ⋅ n ¸» = 0 © ¹¼
(19.23)
=0
oder weiter zu der reduzierten Bedingung n 2 ⋅ (1 + 2 κ ) −
bzw.
α 2 ⋅ (1 + 2κ ) −
m2 α2
m
2
n2
=0
(19.24)
=0 .
Die Auflösung ergibt dann α=
m 1 ⋅ . 2 κ +1 n
(19.25)
Setzt man nun wieder den α-Wert in die Definition des Beulwertes ein, so folgt für k min = 4n 2 (1 + κ ) ,
(19.26)
d. h., der minimale Beulwert ist jetzt unabhängig von der Halbwellenzahl m und wird für n = 1 am kleinsten, nämlich
k min/min = 4 (1 + κ ) . Hiermit wird dann auch α=
m . 2 κ +1
(19.27)
Da in Gl. (19.27) der Wurzelwert stets größer als eins werden wird, muss auch für m = 1 der Wert α < 1 sein. Hieraus folgt, dass die Halbwellenlänge in x-Richtung auch kleiner als die Seitenlänge b werden wird. Mit zunehmendem Spannungsverhältnis κ wird die Halbwellenlänge immer kleiner, hingegen wird der Beulwert
241
19.3 Einfache Beulfälle
immer größer. Der minimale Beulwert stellt sich nur ein, wenn für die längere Seite die Bedingung a=
m⋅ b 2 κ +1
erfüllt ist; für alle anderen Seitenlängen a ist er größer. Insbesondere für Verhältnisse a<
b 2 κ +1
steigt der Beulwert rasch an. Für die umgekehrte Relation mit größeren Seitenlängen sind dagegen die Abweichungen vom minimalen Beulwert geringer. Entwickelt man den Verlauf Beulwert über das Seitenlängenverhältnis, so ergibt sich wieder die typische Girlandenkurve. Speziell für ein Spannungsverhältnis von κ = 4 zeigt Bild 19.5 den Verlauf.
k
60
σx
50
σy = − 4 σx
40
σx
b
30 m =1
m=2
20
m=3
m=4
m =6
m=5
10 0
0,2 0,4 0,6 0,8 0,333 0,667 0,430 0,790
1,0
1,2
1,4 1,6 1,8 2,0 1,333 1,666 1,136 1,476 1,814 α=
a b
Bild 19.5: Beulwert für Rechteckscheibe unter Druck und Zug für ein Verhältnis κ = 4 nach /KOL 58/ Den minimalen Beulwert liest man hierin mit k min = 20 ab, er tritt bei α = m/3 auf. Entsprechend findet man für eine quadratische Scheibe mit α = 1 in x-Richtung m = 3, also das Auftreten von drei Halbwellen.
242
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren
19.4 Zusammenstellung von Beulfällen Für einfache Anwendungen in der Praxis lässt sich die Beulproblematik vereinfachen, in dem die häufig vorkommenden Fälle (s. Bild 19.7) tabelliert werden sollen. Voraussetzung für diese Aufbereitung ist, dass die Euler’sche Bezugsknickspannung §t· π2 ⋅ E ⋅ ¨¨ ¸¸ σE = 12 §¨1 − ν 2 ·¸ © b ¹ © ¹
2
durch die Einführung von randbedingungsabhängigen Konstanten nach Bild 19.6 linear entwickelt werden kann.
Fall
k min
p
q
1.
0,000
0,000
2.
0,425
0,000
0,425
3.
0,570
0,125
1,28
4.
2,000
1,000
4,00
5.
2,500
5,000
6,97
6.
2,270
2,450
5,40
Bild 19.6: Koeffiziententabelle für die Randlagerung gegenüberliegender Seiten von Blechen (nach /KOL 58/) Die Entwicklungsgleichung lautet: 2
2
2
§t· §t· q ⋅ π2 ⋅ E § t ⋅ a · π2 ⋅ E 1 ¸ ⋅ σkrit = ⋅ ¨¨ ¸¸ + ⋅ ¨¨ + ⋅ ¨¨ ¸¸ ⋅ m2 . ¸ 2 2 12 §¨1 − ν 2 ·¸ © b ¹ 12 §¨1 − ν 2 ·¸ © b ¹ m 12 §¨1 − ν2 ·¸ © a ¹ © ¹ © ¹ © ¹ p ⋅ π2 ⋅ E
(19.28)
Hierin sei jetzt angemerkt, dass für Verhältnisse σ krit ≤ R eH , elastisches Beulen und σ krit > R eH , inelastisches Beulen vorliegt. Für praktische Abschätzungen ist es hier dann aber ausreichend, den E-Modul zu modifizieren. Aus Versuchen an dünnen Blechstreifen kann ein wirksamer E-Modul
243
19.4 Zusammenstellung von Beulfällen
Ew ≈
1
(E T + E S ) mit E T = Tangentenmodul*),
2
E S = Sekantenmodul als maßgebend bestimmt werden, der somit zu berücksichtigen ist. Wird weiter Gl. (19.28) noch besser angepasst, so lässt sich letztlich die Ausgangsgleichung wie folgt definieren:
σ krit =
π2 ⋅E
2 § t· ⋅¨ ¸ 12 1 − ν 2 © b ¹
(
)
2 2 ª § a · § b ⋅ m· «p + q ¨ ¸ +¨ ¸ © b ⋅ m¹ © a ¹ «¬
º » »¼
(19.29)
bzw. mit α = a/b 2 2 ª § α· § m· σ krit = σ E « p + q ¨ ¸ + ¨ ¸ © m¹ © α¹ «¬
º » = σE ⋅k . »¼
(19.30)
Somit kann auch der Beulwert verallgemeinert definiert werden. Den Wert α, zudem die Beulspannung minimal wird, erhält man demgemäß aus der ersten Ableitung und Nullsetzung ∂k α m2 = 2⋅q⋅ 2 − 2 3 = 0 ∂α m α
(19.31)
oder zu α2 = m2 ⋅
1 . q
(19.32)
Eingesetzt in Gl. (19.30) folgt so für den minimalen Beulwert kmin = p + 2 q .
(19.33)
Für die möglichen Randbedingungsfälle ist der k min -Wert ebenfalls in der vorstehenden Tabelle angegeben.
*)
Anmerkung: Für Abschätzungen (s. Kapitel 5.3) kann angesetzt werden E T ≈ 0 , 8 ⋅ E und E S ≈ 0 , 7 ⋅ E , damit wird E W ≈ 0 , 75 ⋅ E .
244
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren Beulfälle
a)
x
Scheibe am Rand a gelenkig gelagert, an b vollständig frei:
y a
σ krit =
0,425 ⋅ π 2 ⋅ E § t · 2 (m ⋅ π ) 2 ⋅ E ⋅¨ ¸ + ©b¹ 12 1 − ν 2 12 1 − ν 2
(
x
x
(
)
(
)
)
Scheibe an den Rändern a , b beidseitig gelenkig gelagert:
y
σ krit = +
2 ⋅ π2 ⋅ E § t ·2 π2 ⋅ E § t ⋅ a ·2 1 ⋅¨ ¸ + ⋅¨ ¸ ⋅ 12(1 − ν 2 ) © b ¹ 12(1 − ν 2 ) © b 2 ¹ m 2
( m ⋅ π )2 ⋅ E § t · 2 ⋅ ¨ ¸ ; k min = 4,0 2 12(1 − ν
)
©a¹
Scheibe am Rand a fest eingespannt:
x
σ krit = y
+ e)
)
0,57 ⋅ π 2 ⋅ E § t · 2 0,125 ⋅ π 2 ⋅ E § t ⋅ a · 2 1 ⋅¨ ⋅¨ ¸ + ¸ ⋅ © b2 ¹ m2 12 1 − ν 2 © b ¹ 12 1 − ν 2 (m ⋅ π)2 ⋅ E § t · 2 + ⋅ ¨ ¸ ; k min = 1,28 12 1 − ν 2 © a ¹
σ krit =
(
d)
(
2
Scheibe am Rand a fest eingespannt, an b vollständig frei:
y
c)
)
§t· ⋅¨ ¸ ©a¹
Die Ausbeulung dieser Scheibe erfolgt stets in einer Halbwelle (m = 1); k min = 0, 425 .
b b)
Formeln
2,5 ⋅ π 2 ⋅ E § t · 2 5 ⋅ π 2 ⋅ E § t ⋅ a · 2 1 ⋅¨ ¸ + ⋅¨ ¸ ⋅ 12(1 − ν 2 ) © b ¹ 12(1 − ν 2 ) © b 2 ¹ m 2
( m ⋅ π )2 ⋅ E § t · 2 ⋅ ¨ ¸ ; k min = 6,97 2 12(1 − ν
)
©a¹
Scheibe am Rand a fest eingespannt bzw. gelenkig gelagert:
x
σ krit = y
+
2
2
2, 27 ⋅ π 2 ⋅ E § t · 2, 45 ⋅ π 2 ⋅ E § t ⋅ a · 1 ⋅¨ ¸ + ⋅¨ ¸ ⋅ 2 2 2 2 12(1 − ν ) © b ¹ 12(1 − ν ) © b ¹ m
(m ⋅ π )2 ⋅ E § t · 2 ⋅ ¨ ¸ ; k min = 5, 4 2 12(1 − ν
)
©a¹
Bild 19.7: Übersicht über einige praktisch wichtige Beulfälle
245
19.5 Rohrbeulen
19.5 Rohrbeulen Ein anderes wichtiges Beulproblem besteht im Instabilwerden von Rohren /SZA 84/. Im Bild 19.8 ist ein derartiger Beulfall dargestellt. Vom Prinzip her handelt es sich hierbei um eine Kreiszylinderschale, die durch Axialdruck belastet wird. p r
L
t
x
Bild 19.8: Rotationssymmetrisches Beulen einer Zylinderschale Bei der Analyse des Problems könnte man zunächst auf den Gedanken kommen, hier eine Knickung eines an den Enden gelenkig gelagerten Stabes (Euler-Fall 2) mit 2
2
r3 ⋅ t §π· §π· Fx = 2r ⋅ π ⋅ p = ¨ ¸ E ⋅ J p ≈ ¨ ¸ E(r 3 ⋅ π ⋅ t ) ≈ π3 ⋅ E L2 ©L¹ ©L¹
(19.34)
bzw. dem kritischen Druck p krit ≈
π2 ⋅ E ⋅ r 2 ⋅ t 2 L2
(19.35)
anzunehmen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Lösung nur für lange, dünne Rohre (L >> r) näherungsweise anwendbar ist. Völlig anders sind jedoch die Verhältnisse, wenn die Länge L und der Durchmesser 2 r etwa von derselben Größenordnung sind. Unter Belastung wirft dann die Schalenwand gleichmäßige Wellen, was als Rohr- oder Faltenbeulung anzusehen ist. Dieses Verhalten kann aus der Biegetheorie der Kreiszylinderschalen abgeleitet werden. Ohne Herleitung kann hierfür die homogene DGL ∂ 4 w 12(1 − ν 2 ) ⋅ p ∂ 2 w 12(1 − ν 2 ) + ⋅ + ⋅w =0 ∂x 4 E ⋅ t3 ∂x 2 r2 ⋅ t2
angesetzt werden. Mit den Abkürzungen
(19.36)
246
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren
2α =
12(1 − ν 2 ) ⋅ p E ⋅ t3
β2 =
und
12(1 − ν 2 ) r2 ⋅ t2
kann die DGL auch geschrieben werden als w ′′′′(x ) + 2α ⋅ w ′′(x ) + β ⋅ w (x ) = 0 . 2
.
Dieser Gleichungstyp kann für alle auftretenden Randbedingungen wie auch für w(0) = 0, w(L) = 0,
w′′ (0) = 0, w′′ (L) = 0,
mit dem Ansatz
w( x) = C m ⋅ sin
m⋅π⋅x L
mit m = 1, 2, ...
(19.37)
befriedigt werden. Bildet man die entsprechenden Ableitungen und setzt diese in Gl. (19.36) ein, so erhält man 4
2
§ m⋅π· § m⋅π· ¨ ¸ − 2α ⋅ ¨ ¸ + β2 = 0 . © L ¹ © L ¹
(19.38)
Wird jetzt die Rücksubstitution für die Konstante 2α wieder vorgenommen, so kann die vorstehende Gleichung nach dem kritischen Axialdruck aufgelöst werden: ª § m ⋅ π ·4 º «¨ ¸ + ß2 » 3 E⋅t L ¹ » . ⋅ «© p krit = 12(1 − ν 2 ) « § m ⋅ π · 2 » « ¨ » ¸ ¬ © L ¹ ¼
(19.39)
Das Minimum für p krit erhält man für die kleinste Anzahl an Halbwellenlängen m, wozu Gl. (19.39) abzuleiten ist: 2 2 E ⋅ t3 ª ∂p π2 −3 ⋅ β ⋅ L º = 0 . 2 m 2 m = − » ∂m 12 1 − ν 2 «¬ L2 π2 ¼
(
)
(19.40)
Für m findet sich sodann aus dem Klammerausdruck m=
(
)
L4 L 12 1 − ν 2 . β= 4 π π r2 ⋅ t2
(19.41)
Es wäre sicherlich Zufall, wenn m wie vorstehend vereinbart genau ganzzahlig wäre. Ist dem ˆ gerundet werden. Damit gilt nicht so, so muss mathematisch auf m
247
19.6 Versteifte Scheibe 4 ª§ m º ˆ · « ¨ ⋅ π ¸ + β2 » » E ⋅ t 3 « ¨© L ¸¹ p Beul ≡ p krit = « » . 2 12(1 − ν 2 ) « § m ˆ ⋅π· » « ¨¨ L ¸¸ » ¹ ¬ © ¼
(19.42)
Die vorstehende Gleichung gilt natürlich nur für rein elastisches Verhalten und für langsame Lastaufbringung. Ein Vergleich von Gl. (19.35) mit Gl. (19.39) zeigt, dass ein Rohr für −
r3 2
t⋅L
2
< π
2
(
31− ν
2
)
wie ein Stab ausknickt
bzw. für −
(19.43)
r3 2
t⋅L
2
> π
2
(
31− ν
2
)
tatsächlich beult.
Ein heute geläufiger Anwendungsfall für Rohrbeulen sind Crashboxen, die bei Pkws Kollisionen bis 15 km/h ohne Strukturschädigung kompensieren können. Als Geometrien werden dazu bevorzugt Kreis- und Rechteckrohre genutzt.
19.6 Versteifte Scheibe Um Beulen von Blechfeldern zu behindern, geht man in der Praxis oft dazu über, durch Untergurte gezielt zu versteifen. Hierzu werden entweder ein, zwei oder drei Gurte gewählt, die in Kraftwirkungsrichtung angeordnet werden. Die Versteifung (am Rand oder in der Mitte) richtet sich gewöhnlich nach der Größe der Scheibe. Für die Wirksamkeit einer derartigen Versteifung ist es wichtig zu wissen, welche Steifigkeit ein Gurt überhaupt haben muss, um unterstützend wirken zu können. Da diese Problemstellung mathematisch nicht einfach zu lösen ist, soll eine exemplarische Betrachtung für eine Scheibe mit Mittelgurt angestellt werden. Aus Vereinfachungsgründen sollen hierbei die folgenden Annahmen gemacht werden: − Die Scheibe und die Versteifung sind aus dem gleichen Werkstoff. − Die Schwerachse aus Versteifung und Scheibe fällt etwa in die Scheibenmittelebene. sowie − Die Torsionssteifigkeit des Gurtes soll vernachlässigt werden. Im Bild 19.9 ist eine derartige Situation exemplarisch dargestellt.
248
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren y σx
b 2
1 AG, JG
2
a)
σx
x
b 2
σx
+ +
b) σx
σx
+
_
_
+
σx
b
a
Bild 19.9: Versteifte Scheibe nach /KOL 58/ a) mögliche symmetrische b) antimetrische Beulform Je nach der Steifigkeit des Untergurtes können dabei zwei Fälle auftreten: − Die Scheibe beult zusammen mit dem Gurt symmetrisch, d. h., der Gurt ist zu schwach. oder − Die Scheibe beult antimetrisch, wobei der Gurt insgesamt gerade bleibt, also zu steif ist. Für den antimetrischen Fall kann die kritische Beulspannung (s. Fall 2 im Kapitel 19.3) sofort bestimmt werden, sie entspricht nämlich einer Scheibe mit halber Breite. Somit folgt aus Gl. (19.17) mit n = 1 und α = 2 α σx
2 2 π2 ⋅ E ⋅ t 2 π2 ⋅ E § t ·2 §m α· § m 2α · =¨ + ¸ ⋅ = 4¨ + ⋅ ⋅¨ ¸ . ¸ krit © α m ¹ 12 1 − ν 2 (b / 2)2 © 2α m ¹ 12 1 − ν 2 © b ¹
(
)
(
)
(19.44)
Die minimale Wellenzahl wird sich für m = 2 α einstellen. Ist der Stab biegesteif genug, sodass dieser Fall überhaupt möglich ist, so kann auch mit einer weiteren Steifigkeitserhöhung die kritische Beulspannung nicht gesteigert werden.
249
19.6 Versteifte Scheibe
Im Fall der symmetrischen Beulung wird eine nur geringe Biegesteifigkeit des Gurtes vorliegen. Die Beulform kann somit aus der Gleichung B ⋅ ΔΔw = − p x ⋅
∂2 w
(19.45)
∂x 2
bestimmt werden. Die geläufigen Randbedingungen sind einerseits gelenkige Lagerung und andererseits Bettung auf elastischer Unterlage (Biegung von Platte und Gurt sind gleich). Letztlich führt dieses Problem auf die Eigenwertgleichung · m2 ⋅ π 2 4 m ⋅ k λ⋅b ω ⋅ b · § m2 1 § 1 − ¨ ¸ ⋅ ¨¨ γ ⋅ 2 − δ ⋅ k¸¸ tan tan − = 0. ©λ⋅b ω⋅b α 2 2 ¹ © α ¹ α2
(19.46)
In diese Gleichung sind folgende Abkürzungen λ2 = 2
m 2 ⋅ π2
ω =−
a2
+
m 2 ⋅ π2 a2
m ⋅ π2 a⋅b m ⋅ π2 + a⋅b
k, (19.47) k
bzw. Koeffizienten AG t⋅b E ⋅ JG γ = B⋅ b
δ=
( Flächenverhältnis)
(bezogene Biegesteifigkeit )
(19.48)
eingeführt worden. Danach treten in Gl. (19.46) noch vier Unbekannte auf, weshalb Sie nur durch Probieren zu lösen ist. Im Allgemeinen geht man so vor, dass für δ Werte vorgegeben werden und dann k als Verlauf der Steifigkeit γ gegeben ist. Dies zeigt beispielsweise Bild 19.10. Die Mindeststeifigkeit des Gurtes für Beulbehinderung ist der Grenzfall der Antimetrie. Wird jetzt von Gl. (19.44) der Beulwert § m 2α · ¸¸ k = 4 ¨¨ + © 2α m ¹
2
abgespalten und in Gl. (19.47) eingesetzt, so kann aus der Auflösung von Gl. (19.46) der Koeffizient γ bestimmt werden, aus dem wiederum die Gurtabmessungen folgen.
250
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren
k
16,0
15
20
γ δ = 0,20 a
b pkrit
k
b
20
γ δ=0 a = α .b
15
γ=15
γ=5
m
10
=1
γ=10
5
γ=0
1 m= m=2
1
2
10
m=2
10
5
3
a α= b
20 15
m 5 m=1 =2
γ=0 =1m =2 m 2,85
4,0
0
pkrit
4
0
1
2
3 4 a α= b
Bild 19.10: Beulwerte der versteiften Scheibe nach /KOL 58/ Führt man dies durch und berücksichtigt, dass − für α > 2 sich der Beulwert nur noch unwesentlich ändert und − k grenz ≈ 16 ist, weil auf b/2 bezogen wird, so ergeben sich die folgenden vereinfachten Gleichungen: § m ·m + 1¸ λ⋅b ≈ 2 π ¨ , ©4 α ¹ α § m ·m ω⋅b ≈ 2 π ¨ − 1¸ ©4 α ¹ α
(19.49)
bzw. als Mindeststeifigkeit 2 16 ( α / m) 3 § α· γ ≈ 16 δ ¨ ¸ + . © m¹ λ⋅b 1 ω ⋅ b· 2 § 1 π ¨ − ¸ tanh tan ©λ⋅b 2 ω⋅b 2 ¹
(19.50)
Zu festgelegten geometrischen Verhältnissen (δ, α, λ, ω) kann nun unter Vorgabe der Wellenzahl m eine minimal erforderliche Biegesteifigkeit für den Gurt abgeschätzt werden.
251
19.7 Beulen von Profilen
Die Auftragung dieses Lösungsweges führt zu einer umgekehrten Girlandenkurve (s. Bild 19.11), die in Abhängigkeit von der Geometrie den Verlauf der Mindeststeifigkeit des Gurtes ausweist. 55
m=1
m=2
51,63
γ
50 45 40
43,83
δ = 0,20 0,15
36,69
35 0,10 30
30,20
0,05 24,36
25 20
δ=0
15 10 5 0
0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 0,7 1,2 1,7 2,2
3,0
3,5
4,0
4,5
5,0
5,5
6,0
6,5
a α= b
Bild 19.11: Mindeststeifigkeitsverlauf für einen Gurt, der Beulen verhindert nach /KOL 58/
19.7 Beulung von Profilen Wie Flächentragwerke neigen auch die Wände von Profilstäben zum Beulen. Man spricht hier speziell vom örtlichen Beulen und kennzeichnet dadurch eine kurzwellige Beulform. Während beim Knicken von Profilstäben die Querschnittsform erhalten bleibt und die Stabachse ausweicht, bleiben beim Profilbeulen die Anschlusskanten der Profilwände gerade und nur die Wände beulen aus. Die auftretenden Beulbilder sind im Bild 19.12 skizziert.
252
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren
a)
b)
b t
b
b
h
b h
h
b
b
σx
σx
σx
Bild 19.12: Beulbilder von Stabprofilen nach /WIE 79/ a) am Profil b) an der Abwicklung Dieser Effekt ist darauf zurückzuführen, dass alle Abwinkelungen wie eine Lagerung stabilisieren und so als Knotenlinie der Beulwellen wirken. Dadurch wird immer eine bestimmte Beulform erzwungen, sodass es im Grund gleichgültig ist, in welche Richtung ein Profil abgewinkelt wird. Dies zeigt auch das Beispiel, wobei beide Fälle letztlich auf ein Blechstreifen mit gelenkiger Lagerung zurückzuführen sind.
2
nn in g re sta r
ge len
m 2
iti g
L
ei n se
se iti g ein
h
es pa
stü ge ki g
in g re tar ig s eit ids be
m
d)
tzt
t nn es pa
es tü ig g nk ele ig g eit id s be
σx
h
c) t
b)
tzt
a)
m
σx b
b 2
§t· §t· §t· §t· σ krit = 3,6 ⋅ E¨¨ ¸¸ σ krit = 6,3 ⋅ E¨ ¸ σ krit = 0,38 ⋅ E ¨ ¸ σ krit = 1,15 ⋅ E ¨ ¸ ¨ ¸ ¨b¸ ¨ ¸ ©h¹ ©h¹ © ¹ ©b¹
Bild 19.13: Beulformen und Beulwerte von Profilstreifen nach /WIE 79/ Für diese Grundformen gelten dann die folgenden Grundgleichungen:
2
253
19.7 Beulen von Profilen Fall a) Blechstreifen mit beidseitig gelenkiger Stützung Die Wellenlänge der Beulung ist m = h und die beulkritische Spannung § t· σ x krit ≈ 3,6 E ⋅ ¨ ¸ © h¹
2
.
(19.51)
Fall b) Blechstreifen, der beidseitig starr gefasst ist Die Wellenlänge der Beulung wird so m < h und die beulkritische Spannung 2 § t· σ x krit ≈ 6,3 E ⋅ ¨ ¸ . © h¹
(19.52)
Fall c) Blechstreifen mit einseitig gelenkiger Stützung und freiem Rand Die Wellenlänge der Beulung stellt sich ein zu m = L, die beulkritische Spannung wird 2 § t· σ x krit ≈ 0,38 E ⋅ ¨ ¸ . © b¹
(19.53)
und Fall d) Blechstreifen mit einseitig starrer Stützung und freiem Rand Die Wellenlänge der Beulung ist etwa b < m < L und die beulkritische Spannung 2
§ t· σ x krit ≈ 115 , E⋅¨ ¸ . © b¹
(19.54)
Die angeführten Gleichungen können unmittelbar aus dem Bild 19.7 abgeleitet werden. Profile können nun aus diesen Einzelstreifen synthetisch aufgebaut werden. Da dann die Einzelstreifen an den Rändern zusammengebunden werden, müssen dort auch die Randwinkel und Halbwellenlängen übereinstimmen. Dieser Zwang bewirkt, dass die Beulspannung eines Profils in jedem Fall größer ist, als die Summe der Beulspannungen der unstabilisierten Einzelstreifen. Die Obergrenze der Stützwirkung liegt sicherlich immer bei der festen Einspannung. Soll nun die Beulspannung von Profilstäben abgeschätzt werden, so bietet sich als einfacher Weg das Kräftegleichgewicht /ÖRY 83/ im Profil an. Für das im Bild 19.14 gezeigte Winkelprofil kann so der Ansatz σ x krit ≈
σ x1 krit ⋅ t1 ⋅ b1 + σ x 2 krit ⋅ t 2 ⋅ b 2
(t1 ⋅ b1 + t 2 ⋅ b2 )
(19.55)
gemacht werden. Gemäß seiner Geometrie zerfällt es in zwei Blechstreifen, die über eine steife Kante zusammengebunden sind. Deshalb ist anzusetzen:
254
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren 2
§ t · σ x1krit ≈ 0,38E ⋅ ¨¨ ¸¸ , Fall c) © b1 ¹
(19.56)
und 2
§ t · σ x 2krit ≈ 0,38E ⋅ ¨ ¸ , Fall c). © b2 ¹
t1
(19.57)
2
b1
b2
1
2
frei
1
frei
t2
Bild 19.14: Einfaches Winkelprofil Der vorstehende Ansatz lässt sich nun beliebig verallgemeinern zu n
σx
krit
≈
¦ σ xi krit ⋅ t i ⋅ bi
i =1
n
.
(19.58)
¦ t i ⋅ bi
i =1
Eine abschließende Auswertung zu Gl. (19.58) soll das Z-Profil im Bild 19.14 sein. Wie der geometrische Aufbau zeigt, kann das Profil in drei Blechstreifen zerlegt werden. Danach liegt zwei Mal ein Streifen mit freiem Rand vor, für den anzusetzen ist:
255
19.8 Bördelung 2
2
§t · §t · σ x1 krit ≈ 0,38 E ⋅ ¨ 1 ¸ , σ x 3 krit ≈ 0,38 ⋅ ¨ 3 ¸ , Fall c) . © b1 ¹ © b3 ¹
(19.59)
Der Mittelstreifen ist beidseitig an einer steifen Kante angebunden, weshalb für diesen 2
§t · σ x 2 krit ≈ 3,6 E ⋅ ¨ 2 ¸ , Fall a), © b2 ¹
(19.60)
anzusetzen ist.
t1
2
3
2
3
t3
t2
b1
1
frei
1
frei
σx
b2
b3
Bild 19.15: Z-förmig abgesetztes Profil Der gezeigte einfache Weg über die Überlagerung von Grundlastfällen berücksichtigt das mechanische Verhalten der Profile und stellt eine ausreichend genaue Abschätzung dar.
19.8 Bördelung Unter Belastung wird man feststellen, dass die Tragfähigkeit von Profilstäben durch das Beulen der freien Ränder begrenzt wird. Wenn demgemäß die Tragfähigkeit erhöht werden soll, so müssen die Ränder durch Umbördeln stabilisiert werden. Ein breiter freier Rand wird dadurch zum beidseitig gestützten Rand und nur der kurze Überstand ist wieder als freier Rand anzusehen. Im Bild 19.16 ist der Stabilisierungseffekt zwischen den beiden Grenzfällen freier Rand und beidseitig gestützter Rand abgeschätzt worden.
256
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren
-2
2 .10
εkrit = σkrit / E
c 0,3
-2
1 .10
h
t
8 0,2
6 4 c h
2
0,15
-3
1 .10
0,1
8 6 -4
4 .10
4
6
8 10
1
2
4
6 h/t
8 10
2
Bild 19.16: Einfluss der relevanten Bördelhöhe auf die Tragfähigkeit nach /HER 80/ (Durch die Auftragung von ε krit sind die Werte unabhängig vom Werkstoff.) Die durch eine Bördelung zu erzielende Stützwirkung ist vom Verhältnis Steghöhe zu Dicke des zu unterstützenden Profilstreifens abhängig und setzt eine bestimmte Mindestbördelhöhe gemäß Bild 19.17 voraus. Eine relative Bördelhöhe c/h = 0,27 reicht hiernach aus, um bei einem Verhältnis t/h < 1/20 die Anschlusskante zu stützen. Wird die Bördelhöhe c größer gemacht, als die Abbildung ausweist, so neigt der Rand seinerseits wieder zur Instabilität und drückt den Beulwert wieder herunter. Letztlich lässt sich durch eine Bördelung die Tragfähigkeit eines freien Randes um den Faktor 2-3 erhöhen. Der Einfluss der Bördelhöhe bei verschiedenen zweiflanschigen Profilträgern zeigt insbesondere Bild 19.18. Hierin ist ersichtlich, dass zunächst bei Profilverhältnissen b/h = 0,5-1,0
257
19.8 Bördelung
und c/b = 0,2 der Druckbeulwert fast vervierfacht werden kann. Weiterhin ist dargestellt, dass bei größeren Verhältnissen c/b = 0,4-1,0 der Beulwert wegen Instabilität wieder deutlich abfällt. Den stärksten Effekt erreicht man mit einer zweiseitigen Bördelung, recht gute Werte erreicht man aber auch schon mit einseitigen Bördelungen.
c
(c/h)min
0,3 h
t
0,2
0,1
0
0
20
40
60
80 h/t
Bild 19.17: Mindestbördelhöhe für Profilränder Ergänzend hierzu sind im Bild 19.19 verschiedene Profilformen mit und ohne Bördelung bzw. unterschiedlichen Bördelverhältnissen bezüglich ihrer versteifenden Wirkung gegenüberstellt. Der Vergleich belegt, dass das doppelseitig abgewinkelte Z-Profil hierbei das günstigste Druckbeulverhalten zeigt. Leider muss dieser mechanische Stützeffekt mit höheren Fertigungskosten bezahlt werden. Während bei offenen Walzprofilen der Mehraufwand meist nur gering ist, sind gebördelte Umformprofile (beispielsweise geformte Blechseitenteile für Pkw-Sitze) nur schwer herstellbar. Das Problem ist dabei, dass für eine maßgenaue Umformung von U- oder C-Profilen ein Kern benötigt wird, von dem das umgeformte Profil letztlich gelöst werden muss. Dies verlangt aufwändige Werkzeuge mit Schieber, wodurch die Produktivität sinkt. Im Automobilbau geht man trotzdem diesen teuren Weg, weil das dominierende Ziel immer hohe Steifigkeit und Stabilität bei geringstem Eigengewicht ist. Der höhere Werkzeugaufwand wird bei den großen Stückzahlen im Automobilbau*) nur sehr geringe Auswirkungen auf das Teil haben.
*)
Anmerkung: Ab dem VW-Golf II wird für die Sitzlehne ein gebördeltes Profil benutzt, das mit einem Schieberwerkzeug geformt wird. VW benötigt am Tag etwa 18.000–20.000 Rückenlehnen, der Mehraufwand pro Teil ist somit gering.
258
19 Beulen von Blechfeldern und Rohren
k
6
4 3 2 1
unbrauchbarer Bereich
5
0
0,3
1,0 0,8
0,6
0,4 0,2 = c/b
h
c
b
b t b
c c
c b
b
0
0,5
1
1,5
b/h
c b
c
h
b c
Bild 19.18: Einfluss der relativen Bördelhöhe auf den Druckbeulwert nach /WIE 79/
k
6 c/b
5
3 2 1
0
unbrauchbarer Bereich
4
Drillen
0,2 0,3
0,2
c/b 0,3
0,2 c/b -0 ,4
L/h 3 10
(Drillen) 0,5
1
b/h
1,5
Bild 19.19: Einfluss des Profil-Längen/Seitenverhältnisses auf die Beulung (Drillung) und Vergleich verschiedener Profilformen hinsichtlich des Druckbeulwertes nach /WIE 79/
259
20 Konstruktive Versteifungen Unter konstruktiven Versteifungen sollen gezielt eingebrachte geometrische Anisotropien verstanden werden, die helfen, die Steifigkeit einer Leichtbaukonstruktion zu erhöhen. Wenn möglich soll die Versteifung ohne zusätzlichen Materialaufwand erfolgen, sodass bei konstantem Eigengewicht gleichzeitig eine Steigerung der Tragfähigkeit eintritt. Am günstigsten ist daher, wenn die Versteifung im gleichen Arbeitsgang wie das Bauteil hergestellt wird. Nach der geometrischen Form und dem Einbringverfahren unterscheidet man so: − Versteifung durch schalenförmige Gestaltung, − Ausbildung von Sicken, − Anformung von Rippen sowie − Formung von Randversteifungen, Durchzüge und Falze. Bevorzugte Anwendungsfelder hierfür stellt der Blechbau da, weil dünne Bleche bekanntlich aufgezwungenen Verformungen oder Instabilitäten nur einen geringen Widerstand entgegensetzen können. Auf einige grundsätzliche Aspekte von Versteifungen soll im Folgenden etwas näher eingegangen werden. 20.1 Schalenförmige Formgebung Schalenartige Versteifungen können durch einfach gebogene oder doppelt gekrümmte Teile sowie gewölbte Profile (s. Bild 20.1) realisiert werden. Die Herstellung erfolgt zweckmäßigerweise durch Formdrücken, welches ein Biegeumformverfahren zwischen einem Ober- und Unterstempel ist. Die Blechdicke bleibt hierbei annähernd erhalten, da nur ein geringer Werkstofffluss stattfinden braucht. a) einfach gebogene Teile
b) gekrümmte Profile c) ungleichmäßig abgekantete Teile
d) doppelt gekrümmte Teile
Bild 20.1: Beispiele für schalenartige Formgestaltung In der Praxis wird immer wieder die Frage gestellt, wie Wölbungen hinsichtlich ihrer versteifenden Wirkung zu bewerten sind. Letztlich kann dies aber nur in jedem Einzelfall beant-
260
20 Konstruktive Versteifungen
w (mm)
wortet werden, weil hier die Richtung und die Größe der Verkrümmung sowie die Randbedingungen maßgebend sind.
15
pz pz
w
14,85
2a
2b
h 2b
10 7,75
5 3,19 1,51
0,1
0,2
0,3
0,79
0,5
0,4
0,5
0,6
κ = h/2 b
Bild 20.2: Einfluss der Vorkrümmung von Platten auf die Durchbiegung Dies ist beispielhaft im Bild 20.2 an dem Problem der Plattenbiegung herausgestellt worden. Gemäß der Formel w=
c1 ( a / b ) p z ⋅ b 4 ⋅ c2 ( κ) E ⋅ t3
(20.1)
ist die Durchbiegung eine Funktion des Längen-/Breiten-Verhältnisses, der Lagerung, welches unter anderem durch die Randbedingungskonstante c1 ausgedrückt sei, und des Krümmungsfaktors c2 .
261
20.2 Sicken
Insbesondere bei Vorkrümmung liegt eine Schale vor, deren Durchbiegung als Funktion des Krümmungsparameters κ numerisch ermittelt worden ist. Wie zu erwarten war, nimmt die Durchbiegung mit zunehmender Krümmung ab. Insofern ist bewiesen, dass durch Krümmung flächige Konstruktionen erheblich versteift werden können.
20.2 Sicken 20.2.1 Versteifungswirkung Sicken sind rinnenartig eingebrachte Versteifungen in Blechfelder, wobei die Tiefenprägung meist klein gegenüber der Längenprägung ist. Im Allgemeinen werden Sicken nach der Querschnittsform und Anordnung unterschieden. Einige häufig benutzte Formen zeigt Bild 20.3. Halbrunde Sicken
Formsicken
Kastensicken
Trapezsicke
Dreiecksicke
Bild 20.3: Verschiedene Sickenformen nach /OEH 71/ Die Versteifungswirkung in eine bestimmte Belastungsrichtung ist hierbei im Wesentlichen von der Ausprägungstiefe abhängig, wodurch die folgenden Effekte auftreten: − Die Schwerlinie verschiebt sich aus der Mittelebene des Bleches, und − wegen des dann dominierenden Steiner’schen Anteils nimmt das Flächenträgheitsmoment überproportional zu. Bei vielen praktischen Anwendungsfällen kann dies sehr vorteilhaft genutzt werden. Ein wichtiger Fall ist die Versteifung von Blechwänden gegen Instabilität, welches bekanntlich sehr wirksam durch Sicken erfolgen kann. In Kapitel 19.4 ist schon die Beulung von
262
20 Konstruktive Versteifungen
Blechen diskutiert worden. Der Beulwiderstand kann hierbei durch die kritische Spannung der ersten Eigenform mit σ Bkrit = k
π2 ⋅ E ⋅ J
(20.2)
(1 − ν 2 ) b 2 ⋅ t
ausgedrückt werden. Man sieht sofort, dass neben anderen Einflüssen die Größe des Flächenträgheitsmomentes entscheidend ist. Sehr einsichtig wird dies an dem Blechstreifen im Bild 20.4, der unversteift und versteift gegenübergestellt wird.
p
a
p
t=1
k = 1,28
100
b k=4
2,5
50
theoretisch praktisch
10
15
20 15
σ Bkrit
σBkrit = 5, 25 ⋅ σ Bkrit
σBkrit = 7 , 98 ⋅ σ Bkrit
-
σBkrit ≈ 2 , 89 ⋅ σ Bkrit
σBkrit ≈ 3, 86 ⋅ σ Bkrit
Bild 20.4: Wirkung von Sicken in einem dünnen Blechstreifen (Dicken < 2-3 mm)
263
20.2 Sicken
Gemäß der vorstehenden Gl. (20.2) kann die kritische Beulbeanspruchung durch eine oder durch zwei Sicken erheblich angehoben werden. Dies kann theoretisch wie auch experimentell quantifiziert werden. Im untersuchten Fall zeigen sich jedoch erhebliche Abweichungen zwischen Theorie und Praxis. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei der theoretischen Abschätzung weder die partielle Verdünnung der Blechstärke noch der seitliche Einzug des Blechstreifens berücksichtigt wurde. Insofern signalisiert das Ergebnis, dass man die Wirkung von Sicken gegen Instabilität nicht überschätzen sollte. Ein anderer Fall ist die Versteifung von biegebeanspruchten Blechen durch Kastensicken. Im Bild 20.5 ist dazu ein weiteres Experiment der Theorie gegenübergestellt. a F (N)
700
b
600 500
c
400
L/2
F w
t=1
10
300 14
200
L = 375
42
100 1
2
3
4 w (mm)
Bild 20.5: Durchbiegung eines sickenartig versteiften Blechstreifens unter Einzellast nach /KIE 55/ Schmale Blechstreifen lassen sich in erster Näherung als Balken betrachten, demgemäß kann für die Durchbiegung w=c
F ⋅ L3 E⋅J
(20.3)
angesetzt werden. Wie die Auswertung zeigt, ergeben sich auch hier Abweichungen zwischen der Messung und der Rechnung von ca. 10 %. Die Ursache ist wohl darin zu sehen, dass die Querschnittsgeometrie klein bleibende Verformungen (Setzen in den Ecken) zulässt, die durch einen elementaren Rechenansatz nicht erfasst werden können. Viele Anwendungen zeigen jedoch, dass gesickte Tafelbleche der Massivbauweise hinsichtlich Gewicht und Steifigkeit überlegen sind. Diesbezüglich ist im Bild 20.6 noch ein Ver-
264
20 Konstruktive Versteifungen
gleich von Aluminium-Bodenelementen für den Fahrzeugbau dargestellt, der einige Vorteile deutlich unterstreicht. F
F
F
F
F
F
10
b=6
7,75
0
b=6
0
100 %
t = 7,75 mm
100 %
G = 1,83 kg W = 600 mm J = 2330 mm
t=
15
t=
3
4
w = 3,83 mm
13%
500
1 mm
32 %
100 %
0,59 kg 100 %
100 % 100 %
L=
1
180 % 56 %
600 mm
3 4
4200 mm 2,13 mm
Bild 20.6: Vergleich eines Massivelementes mit einem gesickten Blechen gleichen Widerstandes nach /KIE 55/ (Proportionen sind maßstäblich verändert worden.) Ein wesentlicher Anwendungsaspekt ist im Material- und gegebenenfalls niedrigeren Energieeinsatz für eine Aufgabenstellung zu sehen, der den höheren Fertigungs- und Werkzeugaufwand kompensieren muss. In der Montage können auch Handlingsaspekte maßgebend sein, weshalb dann eine Leichtbauplatte immer einer kompakten Platte vorzuziehen ist. Die Möglichkeiten, eine hohe Steifigkeit durch Gestaltung zu erreichen, sind sehr vielfältig, wobei Sicken nur ein Weg sind. Ziel muss es daher sein, durch eine bestimmte Formgestaltung einer Sicke ein möglichst großes Flächenträgheitsmoment mitzugeben. Dies erreicht man durch weitestgehend scharfkantiges Ausprägen. Aus Bild 20.7 ist hierzu zu entnehmen, dass man mit der scharf ausgeprägten R-Form schneller ein hohes Flächenträgheitsmoment erreicht als mit den beiden H-Formen. Dies ist bezüglich der Biegung ein Effekt des Steiner’schen Anteils. Werden Sicken zu tief eingeprägt, so neigen die Wände selbst wieder zur Instabilität. Erfahrungsgemäß liegt der Grenzwert etwa bei h/t ≤ 5-6, welches gedrungene Sicken voraussetzt.
265
20.2 Sicken
4
J (mm )
t=1 1500
R h a = 10 HI H II r=2
1000 R
V
HI HII
r=1 V 500
10
12
14
16 h (mm)
Bild 20.7: Einfluss der Sickenformen auf das Flächenträgheitsmoment Ergänzend zu den vorherigen Betrachtungen kann durch Versickung auch die Stabilität von Rohren gegen Druck und Torsion erhöht werden. In der Praxis wird dies beispielsweise bei Rohrstützen*) im Offshore-Bereich genutzt, um die aufnehmbare Knicklast zu erhöhen. Für alle Knickfälle gilt bekanntlich die Beziehung Fkrit = c
π2 ⋅ E ⋅ J y L2
,
(20.4)
in der wieder über die Variation des Flächenträgheitsmomentes die Knicklast angehoben werden kann. Eine Auswertung dazu zeigt Bild 20.8, wobei die Dimensionalität einer Sicke bei 4- und 8facher Verprägung als konstant angenommen wurde.
*)
Anmerkung: Werden abgewickelt versickt und dann längsnahtverschweißt.
266
20 Konstruktive Versteifungen
t =1 dm
1 ⋅ 10 6 5 ⋅ 10
6
log J (mm 4)
5 ⋅ 106
16
5
8 Sicken 4 Sicken ohne Sicken
1 ⋅ 105 4 ⋅ 10 4 50
100
150 200
log d m mm
Bild 20.8: Erhöhte Flächenträgheitsmomente von gesickten Rohren Vielfach werden Sicken auch zur Mantelversteifung von kurzen Rohren bei Torsion herangezogen. Wegen der Bildung des Torsionsflächen-Trägheitsmomentes Jt =
2 ⋅t 4A
³ ds
aus der eingeschlossenen Querschnittsfläche unter der umlaufenden Profilmittellinie ist dieser Effekt allerdings als nicht groß einzuschätzen. 20.2.2 Konstruktive Ausführung
Die Einbringung von Sicken in Blechen erfolgt in der Regel durch Biegeumformung in entsprechenden Werkzeugen. Hierbei gilt es, besonders das Verhältnis von Materialdicke zur Sickengeometrie abzustimmen, um die Steifigkeit nicht durch Wanddickenverringerung zu beeinträchtigen. Um Sicken in ihrer Wirkung richtig ausnutzen zu können, sollten die folgenden Hinweise bezüglich ihrer Proportionierung und Anordnung berücksichtigt werden. Hierzu sind im Bild 20.9 die wichtigsten konstruktiven Kriterien kurz zusammengestellt worden.
267
20.2 Sicken
vermeiden
vermeiden
bevorzugen
a
f
b
g
bevorzugen
c h d i e
Bild 20.9: Gestaltungsrichtlinien für Sicken Danach sollte gegen drei Hauptkriterien nicht verstoßen werden: Bei felderartigen Versteifungen von Blechen sind möglichst keine trägheitsbevorzugten Achsen zu schaffen (R. 20.9a). • Unversteifte Randbereiche sind grundsätzlich zu vermeiden. und • Bei flächigen Sicken sollten Knotenpunkte von sich kreuzenden Sicken möglichst vermieden werden (R. 20.9b). •
Darüber hinaus gibt es noch einige Erfahrungsregeln, und zwar: − Lange Diagonalversteifungen in dünnen Blechen sollen nach Möglichkeit vermieden werden, zu bevorzugen sind umlaufende flächige Sicken mit kurzen dornartigen Ausläufen (R. 20.9c). − Bei großen Tafelblechen sind für optimale Versteifung unregelmäßige Sickenformen mit krummlinigen Begrenzungen zu bevorzugen (R. 20.9d). − Linienförmige Sicken sollten wenn immer möglich am Blechrand auslaufen, scharfkantige Absetzungen sind hingegen zu vermeiden (R. 20.9e).
268
20 Konstruktive Versteifungen
− Bei dynamischer Beanspruchung des Blechteils ist eine aufgelöste Sickenstruktur zu wählen, da ansonsten konzentrierte Ermüdungsbrüche an den Sickenrändern auftreten (R. 20.9f). − In Z- und U-förmigen Profilstegen ist das Einbringen von linienartigen und flächigen Sicken wegen Steginstabilität (Knicken, Beulen) zu vermeiden. Falls erforderlich, sind räumliche Sickenanordnungen zu wählen (R. 20.9g). − Bei Behälterbefestigungen mit Anschweißblechen sollten so genannte Entspannungssicken vorgesehen werden, die unter Kriech- und Schwingbeanspruchung der Rissbildung entgegenwirken (R. 20.9h). und − Faltenbildung in Blechfeldern kann durch sinnvoll angebrachte Hilfssicken vermieden werden (R. 20.9i). Vielfach wird durch ungünstig angebrachte Sicken nur eine kleine Versteifungswirkung erzielt, d. h., die Instabilität wird nicht in dem Maße beseitigt, wie man sich dies erhofft hatte.
20.3 Rippen Mit Rippen bezeichnet man schmale Versteifungsleisten, die unterhalb von flächigen Bauteilen angebracht werden. Bei Leichtmetall-Konstruktionen können Rippen entweder massiv oder aus Profilstäben (s. Bild 20.10) hergestellt werden. Die Anbringung erfolgt dann durch Kleben, Schweißen oder Nieten. Darüber hinaus ist auch direktes Angießen bei Gussteilen (NE-Metalle, Kunststoff etc.) möglich. Fx
Fz
Fx
Bild 20.10: Konstruktive Ausführung von Rippen (Untergurte)
269
20.3 Rippen
In der Regel erfordern Rippen einen höheren Fertigungs- und meist auch Materialaufwand als Sicken. Der Vorteil gegenüber Sicken ist aber hinsichtlich der Steifigkeit gering. Wie im Bild 20.11 prinziphaft angedeutet ist, gibt es vielfältige Möglichkeiten, Rippen unterhalb von Platten anzuordnen. Durch Rippen soll die Durchbiegung verringert oder die Tragfähigkeit erhöht werden.
Verrippungsart
Gleichungskoeffizienten
y νy = 0
x A
2 B xy = B y ⋅ ν x + 4 C
B
νx = νy = 0 2 B xy = 4 C
C
νx = νy = 0 2 B xy = 4 C
D
E
νx = νy = 0 2 B xy = 4 C
νx = νy = 0 2 B xy = 4 C
Bild 20.11: Verschiedene Verrippungen von Platten nach /MOH 76/ Eine verrippte Platte ist orthotrop, weshalb hier die Plattengleichung (s. Kapitel 8.6.2) mit richtungsabhängigen Steifigkeiten angesetzt werden muss als Bx
∂4w ∂4w ∂4w B B + 2 + = pz ( x , y ) . xy y ∂x4 ∂x2 ∂y2 ∂y4
(20.5)
270
20 Konstruktive Versteifungen x y
z SL
Ep
pz
Ly zx "x
ER
Lx
hRx bR x
Bild 20.12: Maßgrößen an einer verrippten Platte Gemäß Bild 20.12 bestimmen sich die Steifigkeiten aus den geometrischen Verhältnissen zu Bx =
EP ⋅ t3 E ª º + R «¦ J R x + z x 2 §¨ ¦ b R x ⋅ t i ·¸» , i i 2· © ¹ L § ¼ x ¬ 12¨1 − ν x ¸ © ¹
(20.6)
By =
EP ⋅ t3 E ª º + R «¦ J R y + z y 2 §¨ ¦ b R y ⋅ t i ·¸» . i i 2· © ¹ L § ¼ y ¬ 12¨1 − ν y ¸ © ¹
(20.7)
Weiter ist die Diagonalsteifigkeit bestimmt als die Überlagerung der Biege- und Torsionssteifigkeit zu 2 Bxy = Bx ⋅ νy + By ⋅ νx + 4 C ,
(20.8)
hierin ist C = CP +
CR . 2
(20.9)
Für die Torsionssteifigkeit der Platte kann CP =
G ⋅ t3 12
angesetzt werden. Entsprechend ist für die Rippen
(20.10)
271
20.4 Randversteifungen 3 GR ⋅ Jt 1 b R i ⋅ h R i ⋅E R i CR = ¦ =¦ ⋅ Li 3 § 2¨1 + ν xy ·¸ ⋅ L i © ¹
(20.11)
anzusetzen. In Analogie zu Kapitel 8 kann die Durchbiegung der frei aufliegenden Platte unter gleichmäßiger Streckenlast angesetzt werden zu
16 ⋅ p z ∞ ∞ w (x , y ) = ¦ ¦ π 6 m =1 n =1
m⋅π⋅x n⋅π⋅y ⋅ sin a b 4 2 § m m ⋅ n2 n 4 ·¸ . + 2B xy + By m ⋅ n¨ B x ¨ a4 a 2 ⋅ b2 b 4 ¸¹ © sin
(m , n
(20.12)
= 1,2 ,3... )
Andere Fälle sind entsprechend der Literatur /MOH 76/ zu entnehmen.
20.4 Randversteifungen Um freie Blechränder zu stabilisieren, werden in der Praxis vielfach Falzungen als Randversteifungen vorgenommen. Einige Ausführungsformen, die als Abschlusskanten bevorzugt werden, zeigt Bild 20.13.
A B C D
Wie im Kapitel 19.8 schon bei der Bördelung dargelegt worden ist, kann eine Randversteifung näherungsweise als Lagerung (frei aufliegend) angesehen werden. Hierdurch wird der Beulwert k eines Bleches angehoben. Ebenfalls ist im Kapitel 19.7 gezeigt worden, dass dieser Effekt recht einfach quantifiziert werden kann. Je nach Ausführungsform der Falzung wird die Bördelung in ihrer Steifigkeit deutlich überschritten, man nähert sich in der Qualität schon Gutversteifungen.
E F G
Bild 20.13: Versteifung von freien Blechkanten
272
20 Konstruktive Versteifungen
20.5 Durchzüge Stege in Profilträgern erhalten aus Leichtbaugründen oft große Löcher. Um hierdurch keine Steifigkeitseinbuße zu haben, sollten diese Löcher als Durchzüge ausgeführt werden. Als einfache Regel hat hier zu gelten: Eine Wand mit Durchzug sollte ein höheres Flächenträgheitsmoment haben als eine ungelochte Wand. Im Bild 20.14 sind einige Formen von Durchzügen gezeigt, so wie sie als Erleichterung in Trägern des Flugzeugbaus eingesetzt werden. Für die Bildung eines Durchzuges sind entsprechende Werkzeuge notwendig. (1)
(2)
(3)
45° t
1,1·d
d
d1
d2
d
h
1:5
r
s
≈ 0,1 d
Bild 20.14: Formen von Durchzügen in Stegen Erfahrungsgemäß haben sich für Durchzüge die folgenden Abmessungen: − Durchmesser zu Steghöhe etwa 0,4-0,6, − Durchmesser zu Lochabstand etwa 0,5 und − Durchzugstiefe zu Durchmesser etwa 0,1 bewährt. Für die Beanspruchbarkeit eines Steges ist die übertragbare Schubspannung maßgebend. Im Bild 20.15 sind einige Versuchsergebnisse an Trägern wiedergegeben, die etwa die folgende Tendenz zeigt: Mit höheren Stegen und größeren Löchern fällt hier die auftretende Schubspannung ab, weshalb Durchzüge tatsächlich geeignet sind, Träger erheblich zu erleichtern.
273
20.5 Durchzüge
8
d/h
τn [MPa]
10
6
0 0,2
4
0,4 0,5 0,6
2
60
100
140 h/t
180
Bild 20.15: Verlauf der Nennspannung bei gelochten Stegen (Form 3) in Aluminium, Steg lag zwischen zwei Flansche
274
21 Krafteinleitung Die Dünnwandigkeit von Leichtbau-Konstruktionen stellt eine Schwierigkeit bei der Krafteinleitung dar, da die örtliche Tragfähigkeit und Stabilität begrenzt ist. Jedes Einbringen von konzentrierten Kräften ist daher zu vermeiden oder durch eine besondere Gestaltung zu ermöglichen. Im Bild 21.1 sind einige Standardfälle mit diskreten Versteifungen prinziphaft skizziert. Als Ziel ist hierbei zu verfolgen, dass die beispielsweise über einen Mittengurt eingeleiteten Kräfte über einen endlichen Weg in das Blech abgetragen werden können.
F dx F2
x 2F
F
F2 +
dF2 dx dx
F1 +
dF1 dx dx F
St, Al
CFK F
F1
z
Al
2F
Mt
Bild 21.1: Verschiedene Krafteinleitungs- und Kraftübertragungslösungen nach /SCH 63/ Vom konstruktiven Prinzip werden dazu idealisierte Gurte benutzt. In der Praxis interessiert somit, wie die Gurte auszulegen sind und über welchen Weg die Kraftumlagerung vom Einleitungsgurt, über die Bleche, bis in die Randgurte erfolgt.
21.1 Versteifte Scheibe Im Folgenden soll als typisches Beispiel eine einfache Scheibe mit drei Gurten analysiert werden, dies entspricht in etwa der Bodenstruktur von Eisenbahnwaggons mit mittiger Krafteinleitung über eine Kupplung. Das mechanische Modell hierzu zeigt Bild 21.2, welches gleichzeitig einen Ausschnitt aus dem obigen Segment repräsentiert. Vorstellung ist dabei, dass die konzentrierten Gurtkräfte über Schub in das Blech abgetragen werden. Insofern interessiert das Zusammenwirken der unterschiedlichen Steifigkeiten über die Baulänge der Konstruktion.
275
21.1 Versteifte Scheibe
Kraftfluss
F F Kupplung
Bodenblech
F F Kraftfluss
u2 E ⋅ A2
F2
F2 +
dF2 dx dx
q q x q
z G⋅t
q
F1 +
F1 dx
E ⋅ A1
dF1 dx dx u1
Bild 21.2: Kräftegleichgewicht und Verformungsverhalten am lokalen Zweigurtausschnitt Den notwendigen Zusammenhang findet man dann über das Gleichgewicht an den Gurten, und zwar •
für den unteren Gurt F1 +
dF1 dx
dx − F1 + q ⋅ dx = 0
F1′ + q = 0 und
(21.1)
276 •
21 Krafteinleitung
für den oberen Gurt F 2′− q = 0 .
(21.2)
Weiterhin gelten an den Gurten noch die folgenden Elastizitätsbeziehungen:
ε x1 =u1′ = ε x 2 =u 2′ =
F1
→ F1 = E ⋅ A1 ⋅u1′ ,
E ⋅ A1
F2 → F2 = E ⋅ A 2 ⋅u 2′ . E ⋅ A2
(21.3)
(21.4)
Für das Schubfeld gilt weiter die Verzerrungsbedingung
γ=
u 2 − u1 Q q ⋅ dx τ q = = = = h G A ⋅ G t ⋅ dx ⋅ G G ⋅ t
und somit für den Schubfluss q=
(21.5)
G⋅t ( u 2 − u1 ) . h
Das Abtragen der Kräfte wird somit durch die Differenzialgleichungen
•
F1 · G ⋅ t § F2 G⋅t ¨ ¸ =0 u 2 ′ − u1′ = F1″ + − F1″ + q ′ = F1″ + h © E ⋅ A 2 E ⋅ A1 ¹ h
(
)
bzw. mit dem Gurtverhältnis ψ =
F1″ +
(
E ⋅ A1 , E ⋅ A2
)
G⋅t ψ ⋅ F 2 − F1 = 0 h ⋅ E ⋅ A1
(21.6)
und durch •
F2 ″ −
(
)
G⋅t ψ ⋅ F2 − F1 = 0 h ⋅ E ⋅ A1
beschrieben. Die Schubbeanspruchung lässt sich weiter durch
•
′ F 1′ · G⋅t G ⋅ t §¨ F 2 ¸ =0 ″ ″ q ′′ − − u 2 − u1 = q ′′ − h h ¨© E ⋅ A 2 E ⋅ A 1 ¸¹
(
)
(21.7)
277
21.1 Versteifte Scheibe
q ′′ −
G⋅t ( ψ + 1) q = 0 . h ⋅ E ⋅ A1
(21.8)
angegeben. Für den homogenen DGL-Gleichungstyp (21.8)
q ′′ − α 2 ⋅ q = 0
(21.9)
ist mit x
ρ⋅ q = eα⋅x = e h
(21.10)
der Lösungsansatz bekannt. Der Exponent folgt aus der charakteristischen Gleichung ρ = ± α 2 ⋅ h2 = ±
G⋅t⋅h (1 + ψ ) . E ⋅ A1
(21.11)
Gemäß des Fundamentalsatzes für die Erfüllung von Differenzialgleichungen ist somit auch x x ρ⋅ − ρ⋅ ·¸ *) ρ §¨ h h q( x ) = C ⋅e − C2 ⋅ e ¸ h¨ 1 © ¹
(21.12)
eine Lösung für den Verlauf des Schubflusses im Blech. Aus Gl. (21.1) und Gl. (21.2) findet man durch Integration die weiteren Lösungen, wie zum Beispiel x
x
x
x
ρ⋅ −ρ⋅ ρ⋅ −ρ⋅ ρ ρ F2 = ³ q( x)⋅ dx = C1 ³ e h ⋅ dx − C2 ³ e h ⋅ dx = Co + C1 ⋅ e h + C2 ⋅ e h (21.13) h h x x x
oder ρ⋅
x
F1 = C o ⋅ ψ − C1 ⋅ e h − C 2 ⋅ e
− ρ⋅
x h .
(21.14)
Die vorstehenden Lösungen /WIE 79/ lassen sich aber nur eindeutig bestimmen, wenn Randbedingungen gegeben sind, wie zum Beispiel − am langen Scheibenstreifen x = ∞:
*)
q=0 → F2 = F1
C1 = 0 , C 2 = −C o ,
1 0 Anmerkung: ³ eax dx = eax und e = 1 a
278
21 Krafteinleitung
− an der Krafteinleistungsstelle x = 0:
F1 = F →
Co =
F , 1+ ψ
damit folgt für die Kraftverläufe F1 =
x − ρ⋅ · F §¨ ψ+e h¸ , ¸ (1 + ψ ) ¨ © ¹
(21.15)
F2 =
x § − ρ ⋅ ·¸ F ¨ h 1 e − ¸ (1 + ψ ) ¨¨ ¸ ¹ ©
(21.16)
und x
−ρ ⋅ ρ⋅F h q= ⋅e h (1 + ψ )
(21.17)
oder − einseitig eingespannter bzw. symmetrischer Scheibenstreifen (z. B. sehr langes Feld einer Fahrzeugbodengruppe) mit entsprechender Symmetriebedingung x = 0: x= ±
q = 0, L : 2
F2 = F1 , F1 = F;
durch Diskussion der Gleichungen finden sich dann hier auch die entsprechenden Kraftverläufe zu κ⋅x·· § cosh§¨ ¸¸ F ¨¨ L ¹ ¸, © ψ+ F1 = κ ¸ (1 + ψ ) ¨ cosh ¸ ¨ 2 ¹ ©
und § κ ⋅ x· sinh¨ ¸ © L ¹ κ⋅F q=− ⋅ (1 + ψ ) ⋅ L cosh κ 2
§ cosh§ κ ⋅ x · · ¨ ¸¸ F ¨¨ © L ¹¸ F2 = 1− κ ¸ (1 + ψ ) ¨ cosh ¸ ¨ 2 ¹ ©
279
21.1 Versteifte Scheibe mit der bezogenen Steifigkeitsgröße κ=
ρ⋅L L = h h
G⋅t⋅h (1 + ψ ) . E ⋅ A1
Im Bild 21.3 ist das Abtragen der Kräfte an den beiden vorherigen Beispielen prinzipiell dargestellt worden. a) sehr langer Scheibenstreifen
E ⋅ A2
F2 h G⋅ t
x
F
F1
E ⋅ A1
F
F1 q F2
0
x
b) einseitig eingespannter bzw. symmetrischer Scheibenstreifen F2 F2
F
F1
F L 1 2 F
F L 2
F1 F2 q
0 x
Bild 21.3: Kräfteverläufe im Längsgurt-Scheibenmodell nach /WIE 79/
280
21 Krafteinleitung
21.2 Einleitungsgurt konstanter Spannung Aufgabe der Gurte ist es, äußere Kräfte über das Blech abzutragen. Insofern sollen die Gurte hinreichend elastisch sein, damit das Blech allmählich Kräfte aufnehmen kann. In seiner Konsequenz verlangt dies einen veränderlichen Steifigkeitsverlauf des Gurtquerschnitts. Im Bild 21.4 ist wieder der Fall konstruiert, dass eine Scheibe mit drei Gurten vorliegt, wobei der Einleitungsgurt jetzt veränderlichen Querschnitt erhalten soll und die Randgurte konstanten Querschnitt aufweisen sollen. Demgemäß gilt für den Einleitungsgurt die Forderung konstante Spannung bzw. äquivalent konstante Dehnung ε = u ′ = konst. .
(1
)
1
E . A2 = konst. F2∞ h
F1∞
F
G . t = konst. x
E .A1(x)
Bild 21.4: Dreigurtige Scheibe mit Einleitungsgurt konstanter Spannung Ausgangsbeziehungen für die Problemstellung sind die Gleichgewichtsgleichungen (21.1) und (21.2) bzw. (21.3) und (21.4). Diese sind hier wie folgt anzusetzen: •
für den veränderlichen Einleitungsgurt
[ E ⋅ A1 ( x) ⋅ u1′ ] ′ + Gh⋅ t (u 2 − u1 ) = 0
(21.18)
bzw. •
für den Randgurt
[ E ⋅ A 2 ⋅ u 2 ′ ] ′ − Gh⋅ t (u 2 − u1 ) = 0 .
(21.19)
Werden die beiden Differenzialgleichungen ausdifferenziert, so erhält man für Gl. (21.18)
281
21.2 Einleitungsgurt konstanter Spannung G⋅t E ⋅ A1 (x )′ ⋅ u1′ + E ⋅ A1 ⋅ u1″ + (u 2 − u1 ) = 0 . h =0
(21.20)
Die Annahme war aber für den Einleitungsgurt u1′ = konst . , sodass wegen u1″ = 0 auch G⋅t E ⋅ A1 (x )′ ⋅ u1′ + (u 2 − u1 ) = 0 h
(21.21)
gilt. Die Annahme für den Randgurt war E ⋅ A2 = konst ., weswegen für Gl. (21.19) auch E ⋅ A 2 ⋅ u2″ −
G⋅t ( u 2 − u1 ) = 0 h
(21.22)
geschrieben werden kann. Die Randbedingungen für diesen Fall sind im Besonderen Verformungsbedingungen (die Analogie zu den vorherigen Bedingungen ist aber leicht herzustellen): − x = ∞: γ = 0, − x = 0: u ′ = 0, 2
u1′ = konst.
Diese werden ohne expliziten Beweis erfüllt durch die Ansätze (s. /WIE 79/) x· § h −ρ ⋅ h ¸ ¨ u1 = u o + ε1 ¨ x + ⋅ e ¸ ρ ¸ ¨ ¹ ©
(21.23)
und A1 (x ) = A1∞ + A 2 ⋅ e
−ρ ⋅
x h *).
(21.24)
Somit kann auch der Kräfteverlauf in den Gurten eindeutig quantifiziert werden zu x § − ρ ⋅ ·¸ F1 (o ) ¨ ′ h F1 (x ) = E ⋅ A1 (x ) ⋅ u1 = E¨ A1∞ + A 2 ⋅ e ⋅ ¸ E ⋅ A (o ) ¨ ¸ 1 © ¹ x − ρ ⋅ ·¸ F1 (o ) §¨ h A1∞ + A 2 ⋅ e = ¸, A 1 (o ) ¨¨ ¸ © ¹
*)
(21.25)
Anmerkung: Der Endquerschnitt A1∞ muss konstruktionsbedingt festgelegt werden, während der Anfangsquerschnitt A1(0) frei gewählt werden kann.
282
21 Krafteinleitung x § − ρ ⋅ ·¸ F1 (o ) ⋅ A 2 ¨ ′ h F2 (x ) = E ⋅ A 2 ⋅ u 2 = E ⋅ A 2 ⋅ ε1 ¨1 − e ¸ = A (o ) ¸ ¨ 1 ¹ ©
x § − ρ ⋅ ·¸ ¨ h ¸. ¨1 − e ¸ ¨ ¹ ©
(21.26)
Der Randquerkraftverlauf, der in das Blech abgetragen wird, findet sich weiter aus der Gleichgewichtsgleichung (s. Gl. (21.2)) am Gurt, und zwar zu x
F1 (o ) ⋅ A 2 ρ − ρ ⋅ h . ⋅ e q(x ) = F2′ = A1 (o ) h
(21.27)
Die drei Kraftverläufe sind prinzipiell im Bild 21.5 dargestellt.
F F1∞
F1 (x )
F q( x )
F2∞
F2 ( x ) x
Bild 21.5: Kräfteverlauf in versteifter Scheibe mit angepasstem Einleitungsgurt Durch die Auftragung wird sichtbar, dass eine schnelle Umlagerung der Kraft auf die Randgurte stattfindet, wodurch das Blech entlastet wird. Die Krafteinleitung im mittleren Gurt ist hiervon unberührt, weshalb sie für Gleichgewichtsrelationen herangezogen werden kann.
283
22 Verbindungstechnik Die Verbindungstechnologien sind im Leichtbau von großer Wichtigkeit, da zur Herstellung leichter Konstruktionen oftmals aufgelöste Bauweisen aus teils unterschiedlichen Konstruktionselementen und Werkstoffen erforderlich sind. In diesem Sinne interessieren bei Verbindungen die mechanischen Festigkeiten, die Parametergrenzwerte und das Langzeitverhalten. Meist sind jedoch die möglichen Verbindungstechniken durch die gewählte Leichtbauweise vorbestimmt.
22.1 Einsatzbreite In der Tabelle von Bild 22.1 ist zunächst eine kurze Übersicht über die Einsatzwertigkeiten der verschiedenen Verbindungstechnologien gegeben.
Kriterien •
ja ja ja ja
ja ja nein nein
ja nein viele nein
ja ja nein nein
ja meist ja ja
hoch mittel hoch gegeben
mittel gering gering gegeben
hoch hoch hoch gegeben
mittel gering mittel gegeben
gering gering gering Alterung
kleiner mittel hoch
klein mittel hoch
stark geringer unsicher
mittel geringer unsicher
kleiner hoch unsicher
einfach sehr klein gut
einfach klein gut
mittel mittel aufwändig
aufwändig höher aufwändig
aufwändig sehr hoch aufwändig
mittel
niedrig
niedrig
mittel
hoch
Fertigung und Prüfung Bauteilvorbereitung Prozesszeit Prüfbarkeit
•
Kleben
Eigenschaften Verzug Schwingungsdämpfung Sicherheit
•
(Laser-) löten
Festigkeit stat. Grundfestigkeit Schwingfestigkeit Warmfestigkeit Langzeitbeständigkeit
•
Durchsetz- Schweißen fügen
Fügbarkeit Metalle Metallkombinationen Kunststoffe Faserverbundwerkstoffe
•
Nieten
Herstellkosten
Bild 22.1: Stärken und Schwächen verschiedener Verbindungsverfahren
284
22 Verbindungstechnik
Die Anwendungen konzentrieren sich dabei in der Praxis im Wesentlichen auf Nieten (insbesondere Stanznieten), Durchsetzfügen/Clinchen, Laserschweißen und -hartlöten, Kleben und Punktschweißkleben. Als Prämisse des Einsatzes hat zu gelten, dass − durch die gewählte Verbindung möglichst nur ein geringes Zusatzgewicht entsteht, − um kritische Spannungskonzentrationen zu vermeiden, soll möglichst nur eine geringe Kerbwirkung hervorgerufen werden, − auch soll durch die Verbindung nach Möglichkeit keine Werkstoffveränderung entstehen, und − manchmal besteht noch als Forderung, dass Lösbarkeit wegen einer begrenzten Reparaturmöglichkeit oder des Recyclings vorhanden sein soll. Generell gilt, dass die Fragenkomplexe der Verbindungstechnik theoretisch gut abgesichert und dokumentiert sind. Im Besonderen kann dabei auf das umfangreiche Schrifttum verwiesen werden. Insofern soll nachfolgend nur auf einige Aspekte des Nietens, Punktschweißens und Klebens eingegangen werden.
22.2 Nietung Nietungen erzeugen bedingt lösbare Verbindungen, die im Leichtbau immer dann zu bevorzugen sind, wenn dünne Bleche verzugsarm oder aus unterschiedlichen Materialien zu verbinden sind. Gemeinhin wird der Nietung auch eine hohe Prozesssicherheit zugeschrieben, da ihre Funktionsfähigkeit durch Abzählen oder Nietbild leichter feststellbar ist als bei einer Schweiß- oder Klebeverbindung, der man ihre Fehlerfreiheit äußerlich meist nicht ansehen kann.
Vollniet
Blindniet
Setzkopf
Sollbruchstelle
Schließkopf
Niethülse Nietdorn Stanzniet
Nietschaft
Passniet
Arttypische Unterschiede ergeben sich bei der Nietung aus der Anforderung als Heft-, Funktions- oder Dichtverbindung. Im Folgenden sollen jedoch nur kraftführende Verbindungen analysiert werden.
Nietschaft
Sicherungsring
Bild 22.2: Nietarten
285
22.2 Nietung 22.2.1 Nietverbindungen mit überstehenden Köpfen
Bei den erforderlichen Tragfähigkeitsnachweisen ist die Schnittigkeit der Überlappung entscheidend. Die einfachste Überlappung ist die im Bild 22.3 gezeigte einschnittige Verbindung.
e F
t2
t1
F
F
F
d
Bild 22.3: Beanspruchung einer einschnittigen Nietverbindung Im Allgemeinen wird vereinfachend ein konstanter Spannungsverlauf über eine Nietreihe mit pro Niet gleichen Traganteilen angenommen. Bei mehr als 3 Nieten sind die Traganteile jedoch ungleichmäßig verteilt. Zum Tragfähigkeitsnachweis gehört gewöhnlich der Abscherund Lochleibungsnachweis. Die Bleche werden nach den Gesetzen der Festigkeitslehre bestimmt. Insofern bleibt für die Niete der Nachweis auf Scherbruch und Lochleibung zu erbringen: dR 2 ⋅ π F = ⋅ τB F ≤ SB mit d R = d + 0,05 ⋅ d . 4 FLF = d R ⋅ t min ⋅ σ LF
(22.1)
Wie hervorgehoben, ist in der Rechnung stets der Nietlochdurchmesser d R und die minimale Blechdicke t min zu berücksichtigen. Die für die Abschätzung erforderlichen Werkstoffwerte können als Anhalt den folgenden Tabellen Bild 22.4 und Bild 22.5 entnommen werden. Falls darüber hinaus keine spezifizierten Angaben zur Scherfestigkeit vorliegen, kann für Voll- und Passniete als Näherungswert etwa τ B = 0,6 ⋅ R m
bzw.
(22.2) τ B = 0,9 ⋅ R p0,2
angesetzt werden.
286
22 Verbindungstechnik
F
gültig für Werkstoff R m [MPa ]
d e
Lochleibungsfestigkeit e/d = 1,5 unlegierte Stähle
≤ 2000
≤ 1400
Lochleibungsfestigkeit e/d = 2,0
σ LB = 1, 35 ⋅ R m
σ LB = 1, 65 ⋅ R m
σ LF = 1, 3 ⋅ R p 0 , 2
σ LF = 1, 5 ⋅ R p 0 , 2
σ LB = 1, 5 ⋅ R m
σ LB = 2 , 0 ⋅ R m
σ LF = 1, 4 ⋅ R p 0 , 2
σ LF = 1, 65 ⋅ R p 0 , 2
legierte Stähle
> 1400
σ LB = 2100 + 0,56(R m − 1400 ) σ LB = 2800 + 0,8(R m − 1400 ) σ LF = 1960 + 0,8(R p0,2 − 1400) σ LF = 2310 + 0,6(R p0,2 − 1400 )
TitanLegierungen
≤ 1200
σ LB = 1, 4 ⋅ R m
σ LB = 1, 7 ⋅ R m
σ LF = 1, 35 ⋅ R p 0 , 2
σ LF = 1, 5 ⋅ R p 0 , 2
Anm.: σ LB Lochleibungs-Bruchfestigkeit (≡ σSB bzw. 1,5 ⋅ σ LF ) σ LF Lochleibungs-Dehngrenze Bild 22.4: Zulässige Lochleibungsfestigkeit von Stahl- und Titanblechen nach /AUT 76/ Im Automobilbereich findet die Stanznietung immer größere Verbreitung zur Verbindung von Karosserieblechen. Da der harte Niet das Loch selbst stanzt und danach seinen Schließkopf bildet, muss der Niet von der Geometrie so ausgebildet sein, dass er wie ein Stanzwerkzeug wirkt, jedoch gleichzeitig noch das Material elastoplastisch verformen kann. Als Regel gilt beim Stanznieten weich in hart und dünn in dick,
bezogen auf die zu verbindenden Bleche. Stanzniete erhält man am Markt aus Stahl, Edelstahl und Aluminium, wozu eine entsprechende Festigkeitsklasse bezüglich des Durchstanzvermögens und der Kraftaufnahme gehört. Die Nachrechnung von Stanznietverbindungen erfolgt gewöhnlich mit hochkarätiger FEM-Rechnung; Handrechnungsverfahren sind bisher noch nicht bekannt. Als Nachteil gilt gemeinhin die kostenintensive Recyclingfähigkeit, wenn Stahlniete beispielsweise zur Verbindung von Al-Blechen eingesetzt werden müssen. Die Niete müssen dann sorgfältig aus dem Shreddergut entfernt werden, weil sie ansonsten die Schmelze des Sekundäraluminiums verunreinigen würden.
287
22.2 Nietung Werkstoff
Lochleibungsfestigkeit σ LF [ MPa]
AlZn4,5Mg1 F35
240-270
AlSi1MgMn F31/F32
210-240
AlSi1MgMn F28
160-180
AlMgSi F22
145-165
AlMg4,5 Mn G31
190-215
AlMg4,5 Mn F27/W28
115-130
AlMg4,5Mn0,7 F27
125-140
AlMg2Mn0,8 F24/F25
145-165
AlMg3 F24/F25/G24
90-100
AlMg2Mn0,8 F20 AlMg3 F18
80-90
AlMg2Mn0,8 W18/W,F19 AlMg3 W18/W19/F19
Bild 22.5: Zulässige Lochleibungsfestigkeit von Aluminiumblechen (DIN EN 573-3) nach /AUT 76/
22.2.2 Nietverbindungen mit Senkkopfniete
Generell gestaltet sich der Tragfähigkeitsnachweis von Senkkopfniete analog zur Vorgehensweise bei Niete mit überstehenden Köpfen. Für den zylindrischen Teil kann von gleichen Annahmen ausgegangen werden, während im konischen Teil von einer abgeminderten Lochleibungsfestigkeit auszugehen ist. Die Verhältnisse an einem Senkkopfniet zeigt Bild 22.6.
t1 F
h dR
F2 ≡ FLF2 F1 ≡ FLF1
Bild 22.6: Einschnittige Senkkopfnietung Insbesondere ist für die Abschätzung auf zulässige Lochleibung F ≤ F LF1 + F LF2
(22.3)
288
22 Verbindungstechnik
anzusetzen mit den Grenzwerten
(
)
(22.4)
( )
(22.5)
FLF1 = d R ⋅ t1 − h ⋅ σ LB ,
FLF2 = d R ⋅ α ⋅ h ⋅ σ LB .
Der hierin eingehende Abminderungsfaktor α kann aus Nietfestigkeitstabellen ermittelt werden und ergibt sich in Relation zum geschlagenen Kopf. Im Bild 22.7 ist der Verlauf des Abminderungsfaktors als Funktion der Festigkeit des Nietwerkstoffs dargestellt. 1,0 α
oll eV
te
te en ni e lag d h n c i s Bl ge nd u ßPa
0,5
0
nie
0
0,5
1,0
τB σ LB
1,5
Bild 22.7: Abminderungsfaktor für konische Tragzonen nach /AUT 76/ Aus der Auftragung ist abzulesen, dass ein harter Nietwerkstoff eine stärkere Abminderung der Lochleibungsfestigkeit erfährt als ein weicher Nietwerkstoff. Der Grund ist darin zu sehen, dass sich der weichere Werkstoff jeweils einer Senkung besser anschmiegen kann und damit eine größere Tragzone entsteht. 22.2.3 Überlagerte Scher- und Zugbeanspruchung auf Nietverbindungen
In der Praxis lässt es sich manchmal nicht vermeiden, dass Verbindungen auch kombinierten Beanspruchungen aus Scherung und Zug unterliegen. Als vereinfachter Tragfähigkeitsnachweis hat sich hierfür die Ausweisung eines resultierenden Reservefaktors R F bewährt. Hiernach werden zunächst gebildet:
289
22.2 Nietung − der Schubreservefaktor Rs =
Fs , FSB
(22.6)
als Verhältnis der wirkenden Schubkraft zur ertragbaren Scher- bzw. LochleibungsBruchkraft des Niets, wobei FZB = 0 ist und − der Zugreservefaktor Rz =
Fz , k ⋅ FZB
(22.7)
als Verhältnis der wirkenden Zugkraft zur ertragbaren Zugbruchkraft. Hierbei ist k ein tabellierter Abminderungsfaktor. Unter Heranziehung einer Versagenshypothese lassen sich somit für die Verbindung Grenzkurven erstellen, aus denen die tatsächliche Reserve (Sicherheit) gegenüber der Beanspruchung abzulesen ist. Den unterschiedlichen Nietarten und Lastfällen ist hierbei gemäß Bild 22.8 noch eine Hypothese zuzuordnen.
Kurve
k
dicke Bauteile
dünne Bauteile
normale Lastfälle
CrashFälle
Stahl- und Titan-Passniete und -Stifte
A
C
1,0
1,0
Aluminium-Passniete und -Schrauben
B
C
1,0
1,0
gequetschte Passniete
D
D
0,8
1,0
Vollniete
D
D
0,5
1,0
Blindniete
D
D
0,2
1,0
Verbindung
Bild 22.8: Zuordnung einer Verbindung zu einer Versagensgrenzkurve nach /AUT 76/ Die den Kurven zu Grunde liegenden Versagenshypothesen sind wie folgt gebildet worden: − A:
− B: − C: − D:
R z + R s10 = 1, R z + R s5 = 1, R z2 + R s2 = 1, R z + Rs
= 1.
(22.8)
290
22 Verbindungstechnik
Nach entsprechender Kurvenwahl kann dann aus Bild 22.9 der Reservefaktor gebildet werden. 1,0 0,9 Rz =
A
Fz
B
k ( Zug) ⋅ FZB 0,8
C
0,7 0,6 D
0,5 0,4 Rz
S
0,3
P
0,2 0,1 0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6 Rs
0,7
0,8
0,9
1,0
F R s = s (Schub) FSB
Bild 22.9: Verlauf der Verbindungsgrenzkurven Für bestimmte Faktoren R z , R s bestimmt sich somit R F grafisch als Streckenverhältnis zu RF =
OS . OP
(22.9)
Verbindungssicherheit ist gegeben, wenn der resultierende Reservefaktor R F > 1 ist.
22.3 Schweißung Die Schweißtechnologie hat in den letzten Jahrzehnten den integrativen Leichtbau entscheidend gefördert. Maßgebend hierfür ist natürlich, dass Stahl, Aluminium, Magnesium und Titan schweißbar sind. Neben dem konventionellen Gasschmelzschweißen, Lichtbogen-
291
22.3 Schweißung
B ≈ 1-1,3
H =1,2
H = 1,6
schweißen (MIG und WIG), Widerstandspunktschweißen entwickelt sich mit der Tendenz zu Dünnblechen zunehmend das Laserschweißen. Die Tailored-Blank- und Tailored-TubeTechnologie hätten ohne das Laserstrahlschweißen keine großserienmäßige Anwendung im Fahrzeugkarosseriebau gefunden. Im Bild 22.10 ist beispielsweise eine gelaserte Stumpfnaht an einem Al-Tailored-Blank dargestellt.
Bild 22.10: Schliffbild einer Laserschweißnaht an einem Tailored-Blank Hier soll unterstellt werden, dass die Berechnung von Schweißnähten gemäß den technischen Regelwerken (siehe unter anderem DIN 4132) bekannt ist. Aus Versuchen ist weiter bekannt, dass Lasernähte eine 10 % höhere Verbindungsfestigkeit als Schmelz- und Lichtbogennähte aufweisen. Weitere Vorteile sind: Laserschweißen kann wegen des besseren Tiefschweißeffektes mit höherer Geschwindigkeit und bei geringerer Wärmeeinwirkung durchgeführt werden. Hierdurch entsteht bei Dünnblechen nur ein äußerst geringer Verzug. Durch Laserschweißen wird die Oxidschicht des Aluminiums nicht angegriffen, sodass kein zusätzliches Korrosionsproblem entsteht. Im Allgemeinen werden bis 3 mm Al- und St-Blechdicken CO2-Laser (extrem bis 5 mm) eingesetzt, die eine sehr gute Nahtqualität erzeugen. Bei komplizierten 3-D-Schweißproblemen (z. B. Verbindung von Space-Frame-Strukturen) werden wegen der flexibleren Strahlführung vermehrt Nd : YAG-Laser herangezogen. In Verbindung mit Knickarmroboter ergibt sich auch ein weites Feld im Karosseriebau. Neben der Lasertechnologie spielen im Karosseriebau aber weiterhin das Punktschweißen und das Punktschweißkleben eine Rolle, jedoch mit abnehmender Bedeutung. 22.3.1 Punktschweißen
Beim Punktschweißen werden in der Hauptsache Bleche ohne Zusatzmaterial unter Druck durch Anschmelzen (Widerstandsschweißen) einer linsenförmigen Zone verschweißt. Das
292
22 Verbindungstechnik
Verfahren ist im Leichtbau insofern von Bedeutung, da alle wichtigen Stähle mit C-Gehalt ≤ 0,1 % punktschweißbar sind. An darüber hinausgehenden Vorteilen besteht noch: − der eintretende geringe Verzug, − das geringe Verbindungsgewicht, − die hohe örtliche Versteifungswirkung, − nur geringe Kerbwirkung sowie − keine Schwächung des Grundwerkstoffs. Von der Tragfähigkeit her ist eine Punktschweißung zwischen einer Nahtschweißung bzw. Nietung anzusetzen. In der Kombination mit Kleben weist eine Punktschweißklebe-Verbindung eine bis zu 20 % höhere Steifigkeit auf, was für Dünnblechverbindungen sehr interessant ist. Als Bereich für punktschweißbare Verbindungen können etwa Blechdicken von 0,52 mm angesehen werden. Für die Beanspruchung gilt, dass eine Punktschweißverbindung bevorzugt auf Scherung zu beanspruchen ist, unter Kopfzugbeanspruchung fällt die Tragfähigkeit auf ca. 1/3 ab. Als noch ungünstiger ist eine Torsionsbeanspruchung anzusehen. Im Bild 22.11 ist eine einschnittige Punktschweißklebeverbindung*) mit den für eine Festigkeitsbetrachtung erforderlichen Maßen dargestellt. Nachzuweisen ist nach DIN 4115 die Scher- und Lochleibungssicherheit eines äquivalenten Niets oder Stiftes.
FSchwP ( 83 % )
Schweißpunkt
FKl (17 % )
Glühzone a d' d b 2
F (100 % )
b 2 t
Klebeschicht
2A Kl " 2
" 2
Legende: A SchwP =
d2 ⋅ π 4
mit d ≤ 5 t min A Kl =
b ⋅" 2
Bild 22.11: Einschnittige Punktschweißverbindung bzw. alternativ als Punktschweißklebung ausgeführt
*)
Anmerkung: Bei Punktschweißklebeverbindungen wurden um 12-23 % höhere Traganteile gegenüber Punktschweißen gemessen, d. h., etwa 83 % der Kraft nimmt die Punktschweißung und 17 % die Klebung auf.
293
22.3 Schweißung
Die über eine Punktschweißklebeverbindung übertragene Kraft setzt sich aus den beiden Anteilen F = FSchwP + FKl ≡ ( 0 , 83 ⋅ F ) + ( 0 ,17 ⋅ F ) zusammen. Hierbei kann die Klebekraft einfach abgeschätzt werden zu FKl = 2 A Kl ⋅ τ zB .
(22.10)
Werte für die Zugscherfestigkeit sind im Bild 22.13 ausgewiesen. Der Nachweis für die Scherfestigkeit eines Schweißpunktes erfolgt über die Festigkeitsbedingung τ SchwP = mit n = m=
FSchwP
n ⋅ m ⋅ A SchwP ⋅ ( v ⋅ w )
≤ τ Schw
zul
(22.11)
Anzahl Schweißpunkte, Schnittigkeit,
In diese Gleichung gehen fallweise noch Gütefaktoren ein, und zwar − v als Faktor für die Güte der Schweißung und − w als Verfahrensfaktor für die Zuverlässigkeit der Schweißung. In der nachfolgenden Tabelle (s. Bild 22.12) sind zu diesen Faktoren einige Anhaltswerte gegeben worden.
Wert
vorgenommene Prüfung
v = 1,0 ; 0,75 ; 0,5
Einstellversuch
v = 1,0 ; 0,75
Stichproben der Parameter während der Herstellung
v = 1,0
laufende Überwachung der Schweißparameter Herstellart
w = 1,0
zweiseitiges Schweißen mit Maschine
w = 0,9
zweiseitiges Schweißen mit Hängezange
w = 0,8
einseitiges Schweißen
w = 0,8
Drei- oder Vierblechverbindungen
Bild 22.12: Ausführungsfaktoren für Punktschweißverbindungen
294
22 Verbindungstechnik
Ergänzend sind im Bild 22.13 noch ein paar Aufgaben für zulässige Scherfestigkeiten für Blech-Punktschweißverbindungen gemacht worden.
Blech dicke t mm
Punktdurchmesser d mm
Scherfestigkeit
τ Schw
zul
Blech dicke in [MPa] t mm
PunktScherfestigkeit durchmesser τ Schw in [MPa] d mm zul
St 12; St 13/St 14 neu: DC01;DC03/DC04 0,5
3 4 5
89 65 51
73 54 42
0,8
4 5 6
110 80 64
91 66 53
4 5 6 7
115 89 73 60
95 74 60 50
5 6 7
121 100 82
101 81 68
1,0
1,5
St 12; St 13/St 14 DC01;DC03/DC04 2,0
2,5
3,0
6 7 8 9
134 115 102 92
111 95 85 76
8 9 10
118 106 95
98 88 78
8 9 10 11
133 120 109 99
110 99 90 82
Bild 22.13: Zulässige Scherfestigkeiten von Punktschweißverbindungen nach DIN 18 801 Ein häufiger Schadensfall ist bei Punktschweißungen das Herausreißen der Schweißlinse aus dem Blech. Als Ursache hierfür wird allgemein die Überschreitung des zulässigen Lochleibungsdruckes angesehen. Für den Lochleibungsdruck ist demgemäß σ PL =
F ≤ σ SchwL zul n ⋅ d ⋅ t min
(22.12)
zu fordern. Die zulässige Lochleibungsfestigkeit nach der DIN 18 801, Teil 1, ist wie folgt anzusetzen: − bei einschnittigen Verbindungen σ SchwL ≤ 1, 8 ⋅ R eH zul Blech bzw. − bei zweischnittigen Verbindungen σ SchwL ≤ 2 , 5 ⋅ R eH zul
Blech
.
Für dynamische Belastungen sind weiter noch die Merkblätter DVS 2902, 2923 und 2906 maßgebend. In der Luft- und Raumfahrt ist darüber hinaus die DIN 29 878 zu berücksichtigen.
22.4 Kleben
295
Grundsätzlich sei hierzu noch angemerkt, dass die Schwingfestigkeit von Punktschweißverbindungen nicht sehr hoch ist. In Versuchen haben dynamisch belastete Proben teils nur 30-40 % der Werte unter statischer Belastung erbracht.
22.4 Kleben Gegenüber den zuvor dargestellten Verbindungstechniken hat Kleben mannigfaltige Vorteile. Ein Vorteil ist, dass zum Metallkleben nur geringe Temperaturen notwendig sind, weshalb dünne Bleche verzugsfrei und fest verbunden werden können. Eine Veränderung des Gefüges wie beim Schweißen oder Löten tritt somit nicht auf. Bei einer Klebeverbindung ist zudem die Beanspruchung auf die gesamte Verbindungsfläche verteilt, wodurch eine relativ hohe statische und dynamische Belastbarkeit vorliegt. Auch tritt durch Kleben keine Kerbwirkung auf, wodurch günstiger dimensioniert werden kann. Als weiteren Vorteil ist herauszustellen, dass nicht nur unterschiedliche Metalle, sondern auch Metalle mit fast allen andersartigen Werkstoffen dauerhaft verbunden werden können. Hierbei erweist sich der Klebstoff als Isolier- und Dämmstoff, der beispielsweise Kontaktkorrosion verhindert. Die Problematik von Klebeverbindungen ist jedoch, dass eine Vielzahl von Einflussfaktoren die Güte bestimmt, weshalb jeweils die spezifischen Verbindungsverhältnisse sorgfältig analysiert werden müssen. 22.4.1 Klebstoffe
Die verwendeten technischen Klebstoffe sind Kunstharze auf der Basis hoch polymerer synthetischer Stoffe, die auf Metalloberflächen fest haften und hohe Adhäsions- wie Kohäsionskräfte aufbauen können. Ihre Aushärtung ist mit einer chemischen Reaktion verbunden, die zu einer Vernetzung des Klebstoffes führt, sodass letztlich die Klebeschicht die mechanischen Eigenschaften eines Duroplasten aufweist. Man unterscheidet des Weiteren warm und kalt abbindende Klebstoffe. Das Härten der Warmkleber geschieht nach Zugabe eines Reaktionsmittels unter Wärme und Pressdruck (Polykondensation). Für eine bestimmte zu erreichende Festigkeit ist dann jeweils eine abgestimmte Aushärtetemperatur, -zeit und -druck erforderlich. Bei üblichen Warmklebern beträgt die Härtetemperatur etwa 120-180 °C und die Härtezeit 20 min. bis zu 16 h. Meist genügt dabei Kontaktdruck bzw. ein definierter Pressdruck von 1-2 MPa. Die Kaltkleber härten dagegen bei Raumtemperatur aus, nachdem sie vorher mit besonderen Härtern (Zweikomponentenkleber) vermischt wurden. Auch hier genügt in den meisten Fällen nur Kontaktdruck. Verbindungen mit kalt abbindenden Klebern erreichen meist erst nach einigen Tagen ihre volle Festigkeit. Der Vorteil liegt aber darin, dass der Herstellungsaufwand für die Kalthärtung deutlich geringer ist. Einen Sonderfall stellen die anaeroben Klebstoffe (Schnellklebstoffe) dar, die als Einkomponenten-Kleber ebenfalls kalt abbinden und heute sehr oft als Metallkleber verwandt werden.
296
22 Verbindungstechnik
ν Kl
E K1 [MPa]
warm abbindende Klebstoffe
0,38-0,40
3.000-4.200
900-1.520
20-35
kalt abbindende Klebstoffe
0,38-0,44
1.500-2.500
1.500-2.500
18-25
Klebstoffe
G K1 [MPa]
τ zB [MPa]
Bild 22.14: Durchschnittliche Festigkeitswerte der charakteristischen Klebstoffgruppen Im vorstehenden Bild 22.14 sind einige Richtwerte zu den mechanischen Eigenschaften von Klebstoffen angegeben. Von der Größenordnung her erreichen sie typische Kunststoffwerte; sie sind insofern also eine Zehnerpotenz niedriger als Metalle. In der Praxis werden eine Vielzahl von Klebstoffen auf Basis von Epoxid, Phenol, Polyester, Polyurethan, Cyanacryl- und Dimethyl-Säureester eingesetzt, die von verschiedenen Herstellern angeboten werden. Hierzu gibt das folgende Bild 22.15 noch einige Anhaltswerte, die aus Scherversuchen stammen. Zug-Scherfestigkeit τzB [MPa] 0
10
20
30
warm härtend
Epoxid Dicyandiamid
Araldit
Epoxid Polyaminoamid
BN + VA Redux Tegofilm
Phenol Polyvinyl Epoxid Phenol
40
Hidux
kalt härtend
Epoxid Nylon
Epoxid Polyaminoamid Acrylat/ anaerob
FM
Araldit AW
Prüfung nach DIN EN 1465 an AlCuMg 2pl 1,6
F 12
F
Bild 22.15: Zug-Scherfestigkeiten verschiedener Klebstoffe im Überlappungsversuch /ALT 91/
297
22.4 Kleben
Die Versuchsführung zur Ermittlung von maßgebenden Festigkeitswerten ist weitestgehend genormt, und zwar Zugscherversuch nach DIN EN 1465 für einschnittig überlappende Verbindungen, Zugfestigkeit von anaeroben Klebstoffen (Metallkleber) nach DIN EN 26 922 und • Druckscherfestigkeit nach DIN 54 452 (insbesondere von Wellen-/Naben-Verbindungen). • •
Trotz dieser eindeutigen Kriterien ist es dennoch in der Praxis schwierig, übertragbare Festigkeitswerte zu finden, mit denen sicher dimensioniert werden kann. 22.4.2 Grundwerkstoffe
Durch Kleben lassen sich alle bekannten Werkstoffe verbinden. Eine Klebung wirkt durch die Haftung des Klebstoffes an der Oberfläche der zu verbindenden Werkstoffe (Adhäsion) und die Eigenfestigkeit der Kleberschicht (Kohäsion). Beide Eigenschaften müssen für jede Werkstoff-Kleber-Paarung abgestimmt werden. Voraussetzung für einen innigen Kontakt zwischen Klebstoff und Grundwerkstoffen ist die Benetzbarkeit der Oberflächen der Grundwerkstoffe. Dazu müssen gegebenenfalls die Oberflächen vorbehandelt werden. Durch eine Vorbehandlung soll der Haftgrund gesäubert, entfettet und die Oberflächen aktiviert werden. Die Festigkeit einer Verbindung ergibt sich aus der Kombination Grundwerkstoff mit Klebstoff und ist weiterhin stark von der Fügegeometrie abhängig. Im Bild 22.16 sind einige Versuchsergebnisse wiedergegeben, die an einschnittig überlappten Verbindungen gleicher Dimensionalität ermittelt wurden.
Werkstoffpaarung
τ zB [MPa]
Klebstoffbasis
•
Stahl/Kupfer
43 27
Epoxidharz Phenolharz
•
Stahl/Stahl
59 42
Epoxidharz Phenolharz
•
Titan/Titan
49 39
Epoxidharz Phenolharz
•
Al/Al
29 24
Epoxidharz Phenolharz
Bild 22.16: Experimentell ermittelte Verbindungsfestigkeiten an dünnen Blechen bei unterschiedlichen Werkstoffpaarungen (Epoxi = Epiphen/Phenol = Laminac) Die Tendenz ist etwa die, dass zu einer hohen Festigkeit der Grundwerkstoffe auch eine angepasste höhere Verbindungsfestigkeit erwünscht ist, welches durch Abstimmung: Klebstoff, Überlappungslänge, Schichtdicke und Elastizität der Fügeteile erreicht werden kann. Des Weiteren haben Epoxidkleber meist höhere Schubfestigkeiten als Phenolkleber. Durch Alte-
298
22 Verbindungstechnik
rung und Kriechen kann eine Festigkeitsminderung auf 60-80 % der Anfangsfestigkeit eintreten. 22.4.3 Belastungsmodelle
Innerhalb realer Anwendungen werden Klebeverbindungen in unterschiedlichen konstruktiven Situationen zum Einsatz kommen. Um dafür gesicherte Auslegungskriterien verfügbar zu haben, müssen die Grundbelastungsfälle hinreichend genau analysiert werden. Im folgenden Bild 22.17 ist die am häufigsten vorkommende ein- und zweischnittige Klebeverbindung dargestellt. a) E2, t2, b
GKl, d, b E1, t1, b
F
2F F "ü ≈ (0,05 bis 0,1) ⋅ Rp 0,2 ⋅ t d ≈ (0,06 bis 0,1) ⋅ t
b) E2, t2, b
GKl, d, b E1,t1,b
F
F "2
"ü "ges
"1
Bild 22.17: Modell einer ein- und zweischnittigen Klebeverbindung Wie allgemein bekannt ist, sollen Klebeverbindungen bevorzugt auf Scherung belastet werden. Insofern ist die zweischnittige Verbindung ideal, da hier tatsächlich nur Schubbeanspruchung auftritt. Bei der einschnittigen Verbindung tritt hingegen Schub und Biegung auf, die sich entsprechend überlagern. In der Abbildung wurde des Weiteren angedeutet, dass unter vereinfachenden Gesichtspunkten die einschnittige von der zweischnittigen Verbindung abgespalten werden kann und somit ein Standardfall entsteht.
299
22.4 Kleben 22.4.4 Spannungsverteilung in schubbeanspruchten Klebeverbindungen
Früher hat man die Beanspruchbarkeit einer Verklebung (Bindefestigkeit) zufolge der einfachen Festigkeitsbedingung τm =
F ≤ τzB "ü ⋅ b
(22.13)
kontrolliert, d. h., die Forderung war, dass die mittlere Schubspannung im Klebstoff kleiner als die Zug-Scherbruchfestigkeit sein sollte. Aus einer theoretischen Festigkeitsanalyse ist aber beweisbar, dass dieser Ansatz zu einfach bzw. falsch ist, weil der Schubspannungsverlauf über der Überlappungslänge teils große Spitzen zeigt.
E2, b F
u(x)
x u2
t2
d u1
GKl u(0)
F
t1 E1, b
"ü Verschiebungen der elastischen Fügeteile reine Schubverformung des Klebers
Bild 22.18: Einschnittige Klebeverbindung mit beliebiger Werkstoffkombination Für die weiteren Betrachtungen soll die im Bild 22.18 dargestellte einschnittige Klebeverbindung angenommen werden. Eine ausreichend exakte Analyse ist selbst nur dann gegeben, wenn vereinfachend die folgenden Voraussetzungen definiert werden: − Alle Querschnitte längs der Fügung bleiben konstant. − Alle Fügeteile einschließlich Kleber verhalten sich linear elastisch. und − Es tritt kein Biegemoment in der Fügung auf. Mit dieser Aufgabenstellung hat sich 1938 bereits Volkersen /VOL 38/ auseinander gesetzt; zu seiner Ableitung gibt es mehrere Abwandlungen (z. B. /MÜL 61/, /MAT 63/). Nachfolgend wird eine sinnvoll überarbeitete Lösung des Problems gezeigt.
300
22 Verbindungstechnik
Ansatzpunkt der Ableitung ist die folgende Beziehung zwischen der Verschiebung der Klebstoffrandschicht und den Dehnungen in den beiden Fügeteilen. Für die Verschiebung im Inneren der Verbindung an einer beliebigen Stelle gilt x
x
o
o
u( x) = u( o) + u1 − u2 = u( o) + ³ ε1( x) dx − ³ ε2 ( x) dx .
(22.14)
Die Dehnungen in den Fügeteilen sind anzusetzen als ε 1 ( x) =
1 x ³ τ( x) dx E1 ⋅ t 1 o
ε 2 ( x) =
ª 1 «F − E 2 ⋅ t 2 ⋅ b ¬«
(22.15)
und x º b ³ τ( x) dx» . »¼ o
(22.16)
Werden diese Ausdrücke in Gl. (22.14) eingesetzt, so folgt daraus u( x) = u( o) +
x ªx x ª x º º 1 1 ⋅ ³ « ³ τ( x) dx» dx − « F − b ³ τ( x) dx» dx . (22.17) ³ E 1 ⋅ t 1 o «¬o E 2 ⋅ t 2 ⋅ b o «¬ o ¼» ¼»
Wird diese Gleichung nun zwei Mal differenziert, so ergibt sich d 2 u( x) dx
2
=
E1 ⋅ t1 + E 2 ⋅ t 2 τ( x) τ( x ) + = ⋅ τ( x) . E1 ⋅ t 1 E 2 ⋅ t 2 E1 ⋅ t 1 ⋅ E 2 ⋅ t 2
(22.18)
Unter der Annahme, dass im Klebstoff ausschließlich Schub (s. Bild 22.19) wirkt, gilt τ Kl ( x ) = G Kl ⋅ γ = G Kl .
u(x) . d
N = ı ⋅ A = E 2 ⋅ İ 2 + E1 ⋅ İ 1
F E 2 , b, t 2
(22.19)
x
IJ(x) ⋅ dA = IJ(x) ⋅ b ⋅ dx dx F = ı ⋅ A = E1 ⋅ İ1 ⋅ b ⋅ t 1
IJ(x)⋅ dA E1 , b, t1 Bild 22.19: Freigeschnittene Klebeverbindung
301
22.4 Kleben Berücksichtigt man dies in der DGL (22.18), so kann diese angegeben werden als d 2 u (x )
= λ2 ⋅ u (x )
(22.22)
E ⋅ t + E2 ⋅ t2 GKl λ2 = 1 1 . ⋅ E1 ⋅ t1 ⋅ E2 ⋅ t2 d
(22.23)
dx
2
mit
Für diese homogene DGL 2. Ordnung ist die Lösung u ( x ) = A ⋅ cosh (λ ⋅ x ) + B ⋅ sinh (λ ⋅ x )
(22.24)
bekannt. Hierzu existieren die beiden Verschiebungsrandbedingungen u ( x = o ) = u (o ) (22.25)
und u( x = " ü ) = u( " ü ) .
(22.26)
Die Annahme, dass die beiden Verschiebungen am linken und rechten Rand gleich sind, träfe nur bei gleichen Werkstoffen zu. Für den allgemeinen Fall kann hingegen nur folgender Zusammenhang u(" ü ) = u( o) + Δ
(22.27)
angegeben werden. Mit diesen Vorbetrachtungen ist das Problem mathematisch eindeutig lösbar. Für Gl. (22.22) findet sich jetzt ohne vollständige Beweisführung für die Verschiebung u( x) =
u(o) sinh λ ( " ü − x) + (ß + 1) ⋅ sinh(λ ⋅ x) . sinh( λ ⋅ " ü )
{ (
}
)
(22.28)
Hierin ist mit ß eine weitere Konstante eingeführt worden, die definiert ist zu ß=
( E 2 ⋅ t 2 − E 1 ⋅ t 1 ) G Kl ⋅ " ü 2
(
E 1 ⋅ t 1 G Kl ⋅ " ü 2 + E 2 ⋅ t 2 ⋅ d
)
.
(22.29)
Gesucht ist im Weiteren aber nicht die Verschiebung, sondern die Spannung. Diese findet sich aus der linearen Proportion u( x) τ( x) = um τm
bzw.
(22.30)
302
22 Verbindungstechnik u( x) τ( x ) = τ m ⋅ , um
(22.31)
die über die gemittelte Verschiebung bzw. mittlere Spannung gebildet wird. Für die mittlere Verschiebung ist demgemäß um =
1 "ü
"ü
³ u( x) dx =
(
)
u( o) ⋅ ( ß + 2) ⋅ cosh( λ ⋅ " ü ) − 1 λ ⋅ " ü ⋅ sinh( λ ⋅ " ü )
o
(22.32)
anzusetzen , womit sich für Gl. (22.30)
[ (
]
)
λ ⋅ " ü ⋅ sinh( λ ⋅ " ü ) u( x) u(o) sinh λ( " ü − x) + (ß + 1) sinh( λ ⋅ x) ⋅ = um sinh( λ ⋅ " ü ) u(o) ⋅ (ß + 2) cosh( λ ⋅ " ü ) − 1
(
)
(22.33)
findet . Wird hingegen jetzt mit ω = λ⋅"ü =
G Kl ( E 1 ⋅ t 1 + E 2 ⋅ t 2 ) " ü 2 E1 ⋅ t 1 ⋅ E 2 ⋅ t 2 ⋅ d
(22.34)
eine weitere Kenngröße eingeführt, so kann für Gl. (22.33) auch ª § § § x ·º u( x) ω x ·· ¸ ¸ + ( ß + 1) sinh¨ ω ¸» = «sinh¨ ω ¨ 1 − ( ß + 2) ⋅ ( cosh ω − 1) «¬ © © " ü ¹ ¹ um © " ü ¹ ¼»
(22.35)
geschrieben werden. Damit ergibt sich für die Spannungsverteilung über die Länge einer Klebeverbindung τ( x ) =
ω ⋅ τm ( ß + 2) ⋅ ( cosh ω − 1)
ª § § § x ·º x ·· ¸ ¸ + ( ß + 1) sinh¨ ω ¸» . «sinh¨ ω ¨ 1 − " ü ¹¹ © " ü ¹ »¼ © © «¬
(22.36)
Diese Gleichung hat ein Extremum, welches je nach Werkstoffkombination am linken oder am rechten Rand liegt, und zwar entweder bei x = 0 zu:
τ max =
ω ⋅ τ m ⋅ sinh ω
( ß + 2)(cosh ω − 1)
≡ k τ′ ⋅ τ m
(22.37)
oder bei ω ⋅ τ m ⋅ ( ß + 1) sinh ω x = " ü zu: τ max = ≡ k τ″ ⋅ τ m . ( ß + 2)(cosh ω − 1)
(22.38)
303
22.4 Kleben
Für eine Diskussion der Beanspruchung kann die Schubspannungsspitze auch mittels eines Überhöhungsfaktors kτ definiert werden zu τmax = kτ ⋅ τm ,
(22.39)
wobei der Überhöhungsfaktor entsprechend der vorstehenden Randbedingungsabgrenzung am linken oder rechten Nahtende anzusetzen ist. Im Bild 22.20 ist für unterschiedliche Fälle der Verlauf der Schubspannung nach Gl. (22.36) sichtbar gemacht worden. Um reale Unterschiede erkennen zu können, wurden drei verschiedene Steifigkeitsverhältnisse gewählt. GKl, d, b
E2, t2, b
E1, t 1, b
F
F kτ 3,098
E2 t2
E1 t1
3,098
Legende: d = 0,2 mm "ü = 20 mm t1 + t2 = 3 mm
1,0 x
GKl = 1.000 MPa kτ
E2 t 2
2 E1 t 1
4,328
E1 = E2 = 70.000 MPa
2,237 1,0 x kτ 4,328
E2 t2
0, 5 E1 t1 2,237
1,0 x "ü Bild 22.20: Prinzipieller Verlauf des Spannungsüberhöhungsfaktors kτ bei unterschiedlichen Werkstoffkombinationen Aus der Auftragung erkennt man, dass − sich bei gleicher Werkstoffpaarung eine symmetrische Schubspannungsverteilung einstellt und gleiche Maxima am Rand auftreten,
304
22 Verbindungstechnik
− bei ungleicher Werkstoffpaarung tritt hingegen ein unsymmetrischer Schubspannungsverlauf auf, das Maximum liegt stets am Rand der Überlappung, und zwar an der steiferen Verbindungsstelle, d. h. im dickeren Blech. Einen gleichmäßigeren und deutlich niedrigeren Spannungsverlauf kann man theoretisch erzielen, wenn die Enden der Klebeverbindung geschäftet werden. Hierdurch passt sich die Elastizität der Scheiben der des Klebewerkstoffes besser an, wodurch Spannungsspitzen abgebaut werden. Dies zeigt Bild 22.21 im Vergleich zum vorherigen Ergebnis. E2, t2, b
F
α . t2
α . t1
F E1, t1, b kτ 3,098
α = 1,0 α = 0,1
α = 0,01
2,134 1,414 1,000 0
0,981 0,823 0,283 x "ü
Bild 22.21: Geschäftete, einschnittige Klebeverbindung unter Schubbeanspruchung Während der Spannungsüberhöhungsfaktor einer symmetrischen, ungeschäfteten Verbindung bei kτ = 3,098 liegt, fällt dieser bei einer geschäfteten Verbindung in Abhängigkeit vom Grad der Anschäftung α auf kτ = 2,134 bzw. kτ = 1,414 ab. Im Umkehrschluss kann man also unter rein linearen Verhältnissen eine geschäftete Verbindung deutlich höher (zwischen 1,45- bis 2,19fach) beanspruchen. Insofern ist Schäftung immer ein Mittel, eine Verbindung besser ausnutzbar zu machen.
305
22.4 Kleben 22.4.5 Gegenüberstellung verschiedener Lösungsansätze
Wie zuvor schon erwähnt, geht der Ursprung der Bestimmung der Schubspannungsverteilung auf Volkersen zurück. Volkersen gibt für eine einfach überlappte Verbindung die Lösung
τ( x ) =
φ ω
τm sinh
° § § x x · · ½° ¸¸ ¾ + cosh¨ ω ⋅ φ ¨ 1 − ®( ω − 1) ⋅ cosh ω ⋅ φ ⋅ "ü " ü ¹ ¹ °¿ © © ω ⋅ φ ¯°
(
)
(22.40)
an mit φ=
G Kl ⋅ " ü2 E2 ⋅ t2 ⋅ d
und E ⋅ t + E2 ⋅ t2 ω= 1 1 . E1 ⋅ t1
Zu der vorstehenden Lösung von Gl. (22.45) gibt es eine quantitative Diskrepanz, die vermutlich darin liegt, dass bei der Herleitung der Volkersen-Gleichung von symmetrischen
(
)
Randbedingungen u( o) = u(" ü ) ausgegangen worden ist.
Im Fall gleicher zu verklebender Werkstoffe (dann treffen erst symmetrische Randbedingungen zu) gibt es dagegen eine recht gute Übereinstimmung zwischen Gl. (22.45) und Gl. (22.48), die unter 0,3 % liegt. Die bisherigen Betrachtungen berücksichtigen nicht, dass durch den außermittigen Kraftangriff bei einfach überlappten Verbindungen auch Biegung auftritt, wodurch zusätzlich noch Normalspannungen überlagert werden. Für dieses Problem haben Goland und Reissner /GOL 44/ einen pragmatischen Ansatz ½ " · δ § cosh ⋅ ¨ x − ü ¸ ° ° F t © 2 ¹ ° °δ ⋅ " ü (1 + 3 ⋅ k ) τ(x ) = + 3(1 − k )¾ ® δ ⋅"ü 4 ⋅"ü ⋅ b ° 2 ⋅ t ° sinh °¿ °¯ 2⋅t gemacht mit 2
δ =
8 ⋅ G Kl ⋅ t E⋅d
und dem reziproken Exzentrizitätsfaktor
(22.41)
306
22 Verbindungstechnik ª" 1 = 1 + 2 2 ⋅ tanh « ü k «2 ⋅ t ¬
(
3 1− ν ⋅ 2 E
2
)⋅
º F » . b⋅t » ¼
Die Vereinfachungen in dieser Lösung sind: Gleiche zu verklebende Werkstoffe mit gleicher Blechdicke, symmetrische Randbedingungen und die Bleche sind so elastisch, dass sich die Verbindung in der Kraftwirkungslinie ausrichten kann, sodass keine Kraftexzentrizität mehr vorliegt. Im Bild 22.22 sind zum Zweck des Vergleichs die drei zuvor besprochenen Ansätze an einer Blechverbindung ausgewertet worden, und zwar einmal analytisch und einmal mit FEM.
d = 0,2 mm "ü = 20 mm t1 = t2 = 1,5 mm
4,226 kτ 4,1
FEM
3,107 3,098
GKl = 1.000 MPa νKl = 0,4
Goland/Reissner
E1 = E2 = 70.000 MPa
Volkersen Klein/Li
1,000 0
10
x
20
"ü
Bild 22.22: Auftragung der Schubspannungsverläufe nach Klein/Li, Volkersen und Goland/ Reissner und linearer FEM-Rechnung Die Diskussion zeigt, dass wegen des tatsächlich vorhandenen Biegeeffekts die Abweichungen zu Goland/Reissner schon gravierend sind, aber in die richtige Richtung weisen. 22.4.6 Abschätzung des Normalspannungseinflusses
Wie vorstehend schon erwähnt, treten in allgemeinen Verbindungsfällen neben Schub- auch Normalspannungen auf. Die Höhe der Normalspannungen soll im Folgenden an einer ein-
307
22.4 Kleben
schnittigen Klebeverbindung abgeschätzt werden. Hierzu gilt es, die beiden Normalspannungen σxx und σzz zu ermitteln. Die Entstehung der Normalspannung σzz wird sofort am Bild 22.23 sichtbar, bei dem die obere Scheibe abgetrennt worden ist und Gleichgewicht durch die Schnittgrößen hergestellt wurde. x z
Nz z
Q xz
My
h
M y1
h-z
N1 E1, t1, b
lü 2
lü 2
Q1
Bild 22.23: Gleichgewicht in der Klebenaht in z-Richtung Für die Schnittkräfte erhält man somit N z = Q1 , Q xz = N1
und
M y (z ) = M y1 + N1 (h − z − 0,5 ⋅ t1 ) − Q1 ⋅ 0,5 ⋅ " ü .
Demgemäß findet sich die größte Normalspannung zu σzzmax =
6 My Nz . + " ü ⋅ b b ⋅ " ü2
(22.42)
Durch Umformung kann man weiter den Zusammenhang 6 My · § Nz ¸ = kσ ⋅ τm σ zz max = τ m ¨ + z © N1 " ü ⋅ N1 ¹
(22.43)
herstellen. Wie des Weiteren aus dem Bild 22.24 ersichtlich wird, tritt auch noch die Normalspannung σxx auf. Diese wird an dem gezeigten Schnittelement ermittelt.
308
22 Verbindungstechnik x N2
M sy
z SL
QS
M y1 h − zSL
Q1
N1
N1
x "ü z
Bild 22.24: Gleichgewicht in der Klebenaht an einem Schnitt in x-Richtung Für die Höhe der Beanspruchung ist zunächst die Lage der Schwerlinie maßgebend. Unter Berücksichtigung, dass die Scheiben aus verschiedenen Materialien bestehen können, findet sich die entsprechende Koordinate zu 3
z SL =
¦ §¨© ρ i ⋅ A i ⋅ z SP i ·¸¹
i =1
3
¦ (ρ i ⋅ A i )
.
(22.44)
i =1
Damit kann dann das Biegemoment angesetzt werden als M Sy ( x, z) = M y1 + N 1 ( h − z SL − 0,5 ⋅ t 1 ) − Q1 ( " ü − x) bzw. die Spannung bestimmt werden zu σxx =
MSy J yges
⋅ zR .
Der Randfaserabstand ergibt sich fallweise zu zR =
( h − z SL ) − ( t 1 + d) . z SL − ( t 2 + d )
Entsprechend ist das resultierende Flächenträgheitsmoment
(22.45)
309
22.4 Kleben
(
)
3 2º ª J yges = ¦ «J ieigen + A i z SL − z SPi » ¼ i = 1¬
anzusetzen. Im Allgemeinen ist σxx << σzz und kann daher in den meisten Fällen vernachlässigt werden. Die resultierende Spannung in der Klebeschicht kann demgemäß nach der Schubspannungshypothese zu τKlres =
σzzmax2 4
+ τmax2
(22.46)
abgeschätzt werden. Damit gilt auch für den Spannungsüberhöhungsfaktor kτres =
1 4 kτ2 + kσ2 , 2
(22.47)
welches belegt, dass der Biegeeinfluss etwa mit einem Zuschlag von 25 % auf die Verbindungsspannung zu berücksichtigen ist. FEM-Berechnungen zeigen, dass der Zuschlag eher bei 30-35 % liegt. 22.4.7 Gestaltungsregeln für Klebeverbindungen
Als Wirkmechanismus von Klebe- und Dichtverbindungen wurde zuvor das Zusammenwirken der Adhäsion an den Oberflächen und der Kohäsion im Inneren der Stoffe dargelegt. Eine gezielte Einflussnahme auf eine Klebeverbindung ist demnach möglich durch − eine Schaffung funktionsgerechter Fügeteile, − eine beanspruchungsgerechte Krafteinleitung und − eine anforderungsgerechte Auswahl des Klebers. Demzufolge können einige Voraussetzungen definiert werden, die bei der Ausführung und Gestaltung unbedingt zu berücksichtigen sind. Wichtig ist somit, dass − gut gereinigte, fremdschichtfreie, metallisch blanke und benetzbare Oberflächen eine Chance bieten, zuverlässig verklebt zu werden, − nur scher- und/oder druckbeanspruchte Verklebungen auf Grund ihres arteigenen Verhaltens auch langzeithaltbar sind. Dies gilt weniger für zugbeanspruchte bzw. schälbeanspruchte Verbindungen und − nur die Berücksichtigung des oft stark unterschiedlichen Werkstoffverhaltens (Mischpaarungen) die Gewähr für sichere und dauerfeste Verbindungen bietet. Hiernach ist klar, dass man nicht einfach die Gestaltungsprinzipien des Maschinenbaus – insbesondere aus der Schweißtechnik - übernehmen kann, sondern jede mechanische Situation klebegerecht ausgestalten muss. Dies soll in den beiden folgenden Abbildungen vom Ansatz her diskutiert werden.
310
22 Verbindungstechnik
Zunächst zeigt das Bild 22.25 einige Grundausführungen von Klebeverbindungen. Das Prinzip ist dabei, stets Überlappungen herzustellen, um bevorzugt Schubkräfte aufnehmen zu können. Falls dies nicht immer möglich ist, z. B. bei richtungswechselnden Kräften, sind Vorkehrungen gegen Schälen der Verbindung zu treffen. Dies kann durch Vergrößerung der Klebefläche, Verklammerung oder einen Endniet erreicht werden.
Bild 22.25: Klebegerechte Verbindungsgestaltung im Blechleichtbau bei Grundfällen nach /ALT 91/ a) verschiedene Überlappungsklebungen b) Verhinderung von Abschälen c) Profilversteifung d) angepasste Steifigkeiten Um Spannungsspitzen an Überlappungen zu glätten, sollten, wenn immer möglich, Platten, Rohre oder Naben angeschäftet werden. Hierdurch lässt sich die Belastbarkeit einer Verbindung deutlich anheben. Wenn Kleben innerhalb schalenartiger Bauweisen angewandt wird, so muss nicht nur auf ausreichende Profilsteifigkeit geachtet, sondern auch dem lokalen Beulen durch Steifigkeitssprünge entgegengewirkt werden. Dies ist dadurch möglich, dass die zu verklebenden Profilschenkel hinreichend biegeweich gehalten werden, damit sie der globalen Verformung der Schale folgen können. Weiterhin zeigt das fortsetzende Bild 22.26 einige ergänzende Gestaltungsfälle, bei denen auch das Schubübertragungsprinzip im Vordergrund steht. Beispielsweise kann dem Wunsch nach großen Klebeflächen durch eine nut- oder keilförmige Verbindung entsprochen werden.
22.4 Kleben
311
Dies gilt auch für die Befestigung von runden Teilen auf Wellen. Konische Sitze haben zudem den Vorteil, dass sie sich selbst zentrieren.
Bild 22.26: Klebegerechte Verbindungsgestaltung von Sonderfällen nach /ALT 91/ e) Nut- und Keilverbindungen f) Aufsetzen von Rundteilen g) Wellen-Naben-Verklebungen h) Rohrverklebungen i) Eckverklebungen Werden insbesondere Naben verklebt, so ist nicht nur für eine ausreichende Klebefläche, sondern auch für die erforderliche Elastizität durch verjüngte Nabengestaltung zu sorgen. Dies hat den gleichen elastomechanischen Effekt wie die Schäftung. Rohrübergänge, Rohrstöße oder Gabelköpfe müssen ebenfalls überlappend verklebt werden. Falls möglich sollte eine leichte konische Verbindungsausführung gewählt werden, da diese zentrierend und kraftausgleichend wirkt. Mit besonderer Sorgfalt sind zudem Eckverbindungen im Blechbau zu gestalten, da hier meist Kräfte senkrecht zur Klebeschicht oder Biegemomente auftreten. Dies muss durch eine
312
22 Verbindungstechnik
sinnvolle Lage der Klebung und entsprechend große Klebeflächen kompensiert werden. Wegen des dabei zu treibenden hohen Aufwandes sollte geprüft werden, ob hier nicht auch Schweißen möglich ist, da das Verbindungszusatzgewicht dabei meist geringer ist. Anzumerken bleibt noch der Kostenaspekt: Als Prozesslösung bei Leichtmetall-Verbindungen ist Kleben viel kostengünstiger als Schweißen, Nieten oder Schrauben. Nur bei Stahlverbindungen ist Punktschweißen noch günstiger. Moderne Klebesysteme, die im Karosseriebau auf ungereinigten oder sogar geölten Flächen verkleben, haben insofern noch größere Kostenvorteile. 22.4.8 Schwingfestigkeit von Klebeverbindungen
Da Leichtbaukonstruktionen nicht nur statisch, sondern viel häufiger dynamisch beansprucht werden, interessiert gerade auch die Schwingfestigkeit von Klebeverbindungen im Technoklima. Ein Beispiel hierfür stellt der Flugzeugbau dar, der Kleben vor allem bei kompakten Kurzstrecken-Flugzeugen anwendet. Derartige Flugzeuge absolvieren in ihrem Leben ca. 50.000 Einsätze, wobei etwa 1010 LW aus Böen- und Triebwerksschwingungen resultieren. Zusätzlich wirkt noch eine Temperaturdifferenz von +100 °C/-20 °C, wodurch neben der Schwingfestigkeit auch der Alterung große Bedeutung zukommt. Hohe Auslegungs- und Betriebssicherheit wird man bei derart extremen Beanspruchungen letztlich nur durch entsprechende dynamische Experimente (Wöhlerversuche), Lebensdauerabschätzungen und Zuverlässigkeitssimulationen erzielen. Im Folgenden sollen daher einige Versuchsergebnisse wiedergegeben werden, wodurch die Zusammenhänge in etwa gedeutet werden können. Die Versuche wurden praxisgerecht an einfach überlappten Klebeverbindungen im ZugSchwelbereich durchgeführt. Für die Proben wurde eine plattierte Al-Legierung ausgewählt, die wegen ihrer gleichmäßigen Qualität vor allem für hochwertige Karosserie- und Flugzeugrumpfteile bevorzugt wird. Die Klebstoffe waren alternativ Redux 775 (Phenolharzkleber) und Aralid 106 (Epoxidharzkleber), welche unter Raumtemperatur und normaler Feuchte getestet werden. Im Bild 22.27 sind jeweils die Wöhlerlinien dieser Verbindungen aus zehn Prüfniveaus mit jeweils 7-8 Proben dargestellt. Gewöhnlich gehorchen die Ausfälle einer Log-Normalverteilung (keiner einfachen Gauß-Verteilung, weil Ausfälle immer nur positiv und größer null werden können). Die Linien gleicher Überlebenswahrscheinlichkeit (d. h. 50 % Überlebenswahrscheinlichkeit) prägen sich dabei in doppellogarithmischer Auftragung als Geraden heraus. Bei sorgfältig ausgeführten Verbindungen kann zudem der Streubereich der Zeitfestigkeitswerte mit ±15-20 % vom Mittelwert bemerkenswert gering gehalten werden; bei reinen Werkstoffversuchen (St, Al) ist die Streuung oft dreimal so groß.
313
22.4 Kleben
b=60 t=2
60
±F
d=0,5
15 Al Cu Mg2 pl
18 τo [MPa]
16
±F
τ u = 1,1 MPa
14
PA = 50 %
12 10 9 8
45
Araldit 106
Redux 775
7 6 5 4 10
5 10
5
5
10
6
5
10
7
5
10
8
N [LW]
Bild 22.27: Wöhlerlinien geklebter Leichtmetall-Verbindungen nach /MAT 68/ im Pulserversuch Nach einer Vielzahl von Versuchen kann für Klebeverbindungen eine Grenzlastspielzahl*) von etwa NA ≈ 107 LW angegeben werden; hierbei pendelt sich die Dauerfestigkeit τA auf etwa 15 % der statischen Zug-Scherfestigkeit ein. Diese Relation kann selbst bei noch tragfähigeren Klebstoffen nicht wesentlich verbessert werden. Selbst um dieses niedrige Spannungsniveau zu sichern, müssen möglichst große Klebeflächen realisiert und die äußeren Kräfte auch so eingeleitet werden, dass ausschließlich Schubspannungen hervorgerufen werden. Falls Dauerbrüche zu befürchten sind, sollte zusätzlich noch vernietet werden. Einen markanten Effekt auf die Beanspruchbarkeit und die Streuung der Verbindungsfestigkeit hat die Ausführung der Klebeenden, da diese bekanntlich die Schwachstelle einer Verbindung darstellen. Im Bild 22.28 sind diesbezüglich zwei Klebungen gegenübergestellt.
*)
Anmerkung: Die Werkstoff-Dauerfestigkeit von Al-Legierungen liegt etwa bei N A ≈ 10 8 LW; bereits ab
N = 5 ⋅ 10 7 LW wird nur noch ein geringer Dauerfestigkeitsabfall zu beobachten sein.
314
22 Verbindungstechnik
t=2
Al Cu Mg2 pl
d = 0,5 t=2 4
N [LW]
2 5
10
Araldit 106 τo = 13,6 MPa τu = 1,1 MPa
PÜ = 10 % PÜ = 50 % PÜ = 90 %
je 10 Proben PÜ = 10 %
4
PÜ = 50 %
2
PÜ = 90 %
10
4
ohne Kehlrand
mit Kehlrand
Bild 22.28: Ausführung von Überlappungsenden von Klebeverbindungen auf die Lastwechselzahl nach /MAT 68/ Wie Versuchsprogramme zeigten, ertragen Klebeverbindungen mit Kehlrand eine definierte Schwingbeanspruchung etwa um den Faktor zehn länger, als eine Ausführung mit sauber bearbeitetem Abschluss. Der Streubereich der Lastspielzahlen ist jedoch bei der Kehlrand-Verbindung größer. Die Ursache, warum bei glatten Endabschlüssen die Lastspielzahl geringer ist, dürfte in der dort auftretenden hohen Spannungsspitze (Quasi-Kerbwirkung) begründet sein.
22.5 Sonderverbindungsverfahren Das oberste Gebot einer leichtbaugerechten Verbindungstechnik ist es, den Zusatzaufwand an gewichtsträchtigen Elementen möglichst gering zu halten. Deshalb wird Schweißen und Kleben öfter angewandt als Nieten und Schrauben. Neben diesen Standardverfahren gibt es aber noch eine Vielzahl von Sonderverfahren, die situations- und belastungsgemäß einige Vorteile haben können. Einige dieser Verfahren sollen nachfolgend kurz gestreift werden. Im umseitigen Bild 22.29 ist eine Übersicht über die wohl wichtigsten Sonderverbindungsverfahren für den Blechleichtbau gegeben. Das Interessante ist dabei, dass für die Verbindung keine oder von der Masse her nur geringe Zusatzelemente herangezogen werden, also die Verbindung möglichst durch Klammerung oder Umformung hergestellt wird.
315
22.5 Sonderverbindungsverfahren a) Falzen
b) Schnappverbindung
c) Verlappen
d) Durchsetzfügen
e) Rollen
f) Nieten
g) Stanznieten
h) Blindnieten
i) Nietmuttern und -bolzen
j) Stanzmuttern und -bolzen
Bild 22.29: Blech-Verbindungstechniken
316
22 Verbindungstechnik
Die Merkmale der aufgelisteten Verfahren sind im Wesentlichen: − Falzen (Bild 22.29 a) ist eine recht einfache Technik, welche ohne teurere Werkzeuge hergestellt werden kann. Anwendungsbereiche sind die Verbindung von dünnen, weichen und halb harten Blechen aus Stahl oder NE-Metallen. Vom Prinzip her lassen sich damit auch Bleche aus unterschiedlichen Materialien verbinden. Die Verbindung kann kontrolliert belastet werden und versagt durch allmähliches Öffnen der Falznaht. − Schnappverbindungen (Bild 22.29 b) erfordern federnd ausgelegte Verbindungsstellen, deshalb werden hier Paarungen aus Federstahl oder Kunststoffen bevorzugt. Es können somit unterschiedliche Materialien lösbar verbunden werden. Bei richtiger Auslegung können hiermit auch Kräfte übertragen werden, wobei gegebenenfalls aber der Auslösemechanismus in Gang gesetzt wird. − Verlappen (Bild 22.29 c) ermöglicht die Eckverbindung von dünnen Blechen in einfachen Anwendungsfällen. Die übertragbaren Kräfte sind dabei aber klein. − Durchsetzfügen (Bild 22.29 d) bezeichnet ein örtliches Trennen und Umformen. Die Anwendung ist auf gleichartige Bleche beschränkt, wobei die Kraftübertragung auf ein Verhaken zurückzuführen ist. − Rollen (Bild 22.29 e) bedeutet das Einrollen von Blechenden, wodurch großflächige Teile verbunden werden und auch Profilquerschnitte aufgebaut werden können. − Nieten (Bild 22.29 f) bezeichnet eine jahrhundertealte Verbindungstechnik im Maschinenbau. Alle drei unterschiedlichen Nietarten Voll-, Halbhohl- und Hohlnieten werden zweiseitig mit Vorlochen verarbeitet. − Stanznieten (Bild 22.29 g) kann zwei verschieden starke Bleche unterschiedlichen Materials miteinander verbinden. Es handelt sich um einen zweiseitigen Arbeitsprozess ohne Vorlochen. − Blindnieten (Bild 22.29 h) bestehen aus einer Hülse, die mit einem unverlierbaren Dorn ausgestattet ist. Diese Nieten lassen sich blind, d.h. einseitig setzen. − Nietmuttern und -bolzen (Bild 22.29 i) sind Gewindeträger, die die Funktion eines Blindniets und einer Mutter bzw. eines Gewindebolzens erfüllen. − Stanzmuttern und -bolzen (Bild 22.29 j) als selbststanzende Funktionsteile benötigen kein Vorlochen der Verbindungsstelle und ersparen somit einen Verarbeitungsschritt. Die vorstehende Auflistung ist nur als eine Auswahl unter der Vielzahl der bekannten Verfahren zu verstehen. Weitere Informationen sind gegebenenfalls der verbindungstechnischen Literatur zu entnehmen.
317
23 Strukturoptimierung Erweiterte Aufgabenstellung der Strukturoptimierung ist es, das Gewicht einer vorgegebenen Konstruktion zu senken, ohne hierbei die Forderung nach einer sicheren und zuverlässigen Aufgabenerfüllung zu verletzen. Das Problem der Gewichtsminimierung kann auch als inverses Spannungsmaximierungsproblem aufgefasst werden, da sich das Gewicht normalerweise reziprok zur Spannung verhält G∼
1 . σ
(23.1)
Im Allgemeinen ist das Gewicht einer Konstruktion von der Bauweise, vom Werkstoff, von den Dimensionen und vom Verbindungsaufwand abhängig. Ein Optimierungsproblem wird im Folgenden durch die Begriffe Zielfunktion - dies ist der mathematische Ausdruck, der ein Extremum einnehmen soll, Variablen - sind die frei wählbaren Parameter und Restriktionen - sind Bedingungen, die Parameter eingrenzen, beschrieben. Überwiegend hat man es dabei mit nichtlinearen Zusammenhängen zu tun. Bei hoch parametrigen Problemen kann daher eine Optimierung nur sinnvoll numerisch durchgeführt werden. Im Folgenden werden beispielhaft einige manuelle Vorgehensweisen gezeigt, die jedoch nur bei zwei oder drei Parametern zu einem brauchbaren Ergebnis führen.
23.1 Mathematischer Optimierungsansatz Das Wesen der mathematischen Optimierung besteht darin, dass ein Problem als eine geschlossene Zielfunktion mit Restriktionen dargestellt werden muss und über Ableitungen eine Lösung zu finden ist. In der Praxis stellt dies oft eine erhebliche Hürde dar. Da eine tiefer gehende Darlegung in die Optimierungstheorie über die Intention dieser Einführung hinausgehen würde, soll im Folgenden nur die niedrig parametrige Extremwertbestimmung kurz dargestellt werden. Aufgabe hierbei ist es, eine Funktion f ( x i ) , i = 1, n extremal zu machen. Für die vorkommenden Parameter existieren jedoch verschiedene Restriktionen r j ( x i ) ≤ 0, j = 1, m . Derartige Probleme können beispielsweise recht einfach mit der Lagrange'schen Multiplikatoren-Methode gelöst werden. Hierzu addiert man zur Zielfunktion die Restriktionen und bildet mit einem Gewichtsfaktor eine neue Hilfsfunktion
(
)
m
Z x i , λ j = f ( x i ) + ¦ λ j ⋅ r j ( x i ) → MIN.!
(23.2)
j =1
Aus den ersten Ableitungen dieser Funktion erhält man so das folgende Gleichungssystem
318
23 Strukturoptimierung ∂r j ( x i ) ∂f ( x i ) m ∂Z = 0, + ¦λj = ∂x i ∂x i ∂x i j =1 r j (x i ) = 0 ,
i = 1, n
(23.3)
j = 1, m
zur Bestimmung der Parameter xi , bei der die Hilfsfunktion extremal (minimal) wird.
y x
F
h
z
t1
t2
L
Bild 23.1: Querschnittsoptimierung eines Biegebalkens mit vorgegebener Länge
b
Anhand einer einfachen Problemstellung soll diese Vorgehensweise verdeutlicht werden. Es geht dabei um die Gewichtsminimierung (G = ρ ⋅ g ⋅ A ⋅ L ) des im Bild 23.1 dargestellten Kragträgers unter Biegebelastung. Bei diesem Problem ist aber nur noch die Querschnittsfläche variabel. Vereinfacht kann diese ausgedrückt werden als A = 2 b ⋅ t1 + 2 h ⋅ t 2 .
Parameter im engeren Sinne sollen jetzt die Breite b ≡ x1 und die Höhe h ≡ x 2 sein, damit kann die Fläche auch angegeben werden als
A (x 1 , x 2 ) = 2 ⋅ (x 1 ⋅ t 1 + x 2 ⋅ t 2 ) .
(23.4)
Weiterhin wird noch das Widerstandsmoment des dünnwandigen Querschnitts zu § t ⋅ h 2 t1 ⋅ b ⋅ h · ¸ + Wby ≈ 2 ⋅ ¨ 2 ¨ 6 2 ¸¹ © bzw.
Wby ( x1, x 2 ) ≡
1 t 2 ⋅ x 2 2 + x1 ⋅ x 2 ⋅ t 1 3
(23.5)
23.1 Mathematischer Optimierungsansatz
319
benötigt. Als Nebenbedingung ist zu berücksichtigen, dass der Querschnitt nur so weit verkleinert werden darf, dass die zulässige Spannung im Balken nicht überschritten wird. Demzufolge ist die Restriktion wie folgt anzusetzen: r (x1 ,x 2 ) =
M by 1 t 2 ⋅ x 2 2 + x1 ⋅ x 2 ⋅ t 1 3
− σ zul = 0 .
(23.6)
Entsprechend der Multiplikatorenmethode ist somit Z( x1 , x 2 ) = A( x1 , x 2 ) + λ ⋅ r ( x1 , x 2 ) → MIN.!
(23.7)
zu verlangen. Für die Parameter erhält man dann die folgenden Bestimmungsgleichungen: ∂r ∂A ∂Z = 0, +λ = ∂x 1 ∂x 1 ∂x 1 ∂r ∂Z ∂A = 0. +λ = ∂x 2 ∂x 2 ∂x 2
(23.8)
Die hierin vorkommenden Ableitungen sind relativ leicht zu ermitteln, und zwar zu
∂A = 2 t1 , ∂x 1
∂r = − x 2 ⋅ t 1 ⋅ σ zul , ∂x 1
∂A = 2 t2 , ∂x 2
∂r §2 · = −¨ x 2 ⋅ t 2 + x1 ⋅ t 1 ¸ σ zul . © ¹ ∂x 2 3
(23.9)
Aus den vorstehenden Gleichungen und unter Berücksichtigung von Gl. (23.7) können dann die beiden Beziehungen 2 t1 = λ ⋅ x2 ⋅ t1 ⋅ σzul ,
(23.10)
§2 · 2 t 2 = λ ¨ x 2 ⋅ t 2 + x 1 ⋅ t 1 ¸ σ zul ©3 ¹
(23.11)
erstellt werden. Wird weiter Gl. (23.10) durch Gl. (23.11) dividiert, so folgt t1 x2 ⋅ t1 = 2 t2 x2 ⋅ t2 + x1 ⋅ t1 3 oder
320
23 Strukturoptimierung x2 =
3 ⋅ t1 x1 . t2
(23.12)
Aus der Nebenbedingung Gl. (23.6) M by 1 2 x 2 ⋅ t 2 + x1 ⋅ x 2 ⋅ t1 = 3 σ zul
und Einsetzen von Gl. (23.12) findet sich weiter 2 M by 1 § 3 ⋅ t1 · § 3 ⋅ t1 · x1 ¸ t 2 + x1 ¨ x 1 ¸t 1 = ¨ 3© t2 σ zul ¹ © t2 ¹
bzw. 6t 1 2 t2
x12 =
x1 =
M by σ zul
,
M by
t ⋅ 2 σ zul 6 ⋅ t 2 1
(23.13)
als optimale Parameter. Die minimale Fläche ist somit A=
32 M by ⋅t . 3 σ zul 2
(23.14)
Der gezeigte Lösungsweg funktioniert im Allgemeinen relativ gut bis zu dreiparametrigen Aufgaben. Darüber hinaus muss das Problem numerisch mittels Gradienten- oder Suchmethoden gelöst werden.
23.2 Extrema über Strukturkennwert Ein für Einzelzweckstrukturen brauchbares Optimalitätsverfahren nutzt einen Strukturkennwert S /WIE 96b/ und Grenzbedingungen, die bauweisenspezifisch zu definieren sind. Und zwar lässt sich demonstrieren, dass Steifigkeits- und Festigkeitsprobleme so umformuliert werden können, dass ein direkter Bezug zwischen dem Gewicht und der Steifigkeit bzw. der Tragfähigkeit hergestellt werden kann. Bei reinen Steifigkeitsproblemen kann somit eine bezogene Gewichtsfunktion angesetzt werden zu fG = S
G
§S· = ψ ⋅¨ ¸ 3 ©E¹ ρ⋅g⋅L
n
(23.15)
321
23.2 Extrema über Strukturkennwert bzw. bei reinen Tragfähigkeitsproblemen zu fG
T
=
n
§ S · = ψ⋅¨ ¸ . 3 ρ⋅g⋅L © Re ¹ G
(23.16)
Die Festlegung des hierzu erforderlichen Strukturkennwertes (Dimension über Flächenlast) ist im Bild 23.2 an einigen typischen Fällen gezeigt.
p [N/mm] F [N]
F [N] L
F ª N º S = 2 «[MPa] » L ¬ mm2 ¼
S=
pª N º [MPa] L ¬« mm2 ¼»
p [N/mm] p [N/mm]
L
S=
p ª N / mm º L «¬ mm »¼
L
p [N/mm]
p [N/mm]
r
b
S=
p ª N / mm º b ¬« mm ¼»
S=
p ª N / mm º r ¬« mm ¼»
p [MPa]
3
ρ [kg/dm ]
L S = p [MPa]
S = ρ ⋅ g ⋅ L kg / dm 3 ⋅ m / s 2 ⋅ mm
Bild 23.2: Definition des Strukturkennwertes an einigen Tragwerken unter Punkt-, Linien-, Flächen- und Volumenbelastung nach /WIE 96/
322
23 Strukturoptimierung
Es kann nachgewiesen werden, dass Tragwerke mit gleichem Strukturkennwert und gleichen Materialkenngrößen geometrisch ähnlich sind. Diese Ähnlichkeit betrifft die gesamte Bauweise. Bei kleinen Strukturkennwerten ist eine Konstruktion gewöhnlich dünnwandig und schlank. Demgemäß ist die ertragbare Knick- oder Beulspannung niedrig. Ein großer Strukturkennwert kennzeichnet demgemäß eine gedrungene und dickwandige Konstruktion, die leicht zu beherrschen ist. Insofern können auch aus dem Strukturkennwert qualitative Trends abgeleitet werden.
23.3 Einfache Minimalauslegungen 23.3.1 Gewichtsminimaler Biegebalken
Ein häufig vorkommendes Problem ist die gewichtsminimale Auslegung von Biegebalken unter Steifigkeits- und Festigkeitsrestriktionen. Im Bild 23.3 ist ein derartiger Fall dargestellt, wobei es sich vereinfachend um ein Quadratprofil handeln soll. F x wmax
Quadratprofil y
h z
z L
Vorgegebene Größen
F, L, E , R e , w zul
Variable Größe
h
Strukturkennwert
S = F / L2
Bild 23.3: Biegebalken mit quadratischem Vollquerschnitt nach /WIE 96/ Bei einer Steifigkeitsoptimierung muss die zulässige Durchbiegung w max =
F ⋅ L3 ≤ w zul 48E ⋅ J y
(23.17)
als Verformungsbedingung berücksichtigt werden. Die variable Profilgröße bestimmt sich weiter aus dem erforderlichen Flächenträgheitsmoment Jy =
h 4 F ⋅ L2 = 12 48E
§ L ⋅ ¨¨ © w max
· ¸¸ . ¹
(23.18)
323
23.3 Einfache Minimalauslegungen Die Steifigkeitsrestriktion kann zweckmäßigerweise angesetzt werden zu 1
§1 S L ·4 § h· ¸ . ≥¨ ⋅ ¨ ¸ © L ¹ erf © 4 E w zul ¹
(23.19)
Für das Gewicht des Balkens gilt weiter § h· G = ρ ⋅ g ⋅ h 2 ⋅ L = ρ ⋅ g ⋅ L3 ⋅ ¨ ¸ © L¹
2
,
(23.20)
womit die maßgebende Gewichtsfunktion formuliert werden kann: § G fGS = ¨ ¨ ρ ⋅ g ⋅ L3 ©
· § h ·2 ª 1 S § L ¸ = ¨ ¸ ≥ « ⋅ ⋅¨ ¸ ©L¹ «¬ 4 E ¨© w zul ¹
1
·º 2 ¸» . ¸» ¹¼
(23.21)
Bei einer Festigkeitsoptimierung wird die Bedingung σxxRand ≤ Re
(23.22)
aktiv. Die variable Profilgröße ist demgemäß aus dem erforderlichen Widerstandsmoment Wy =
h3 M F⋅L = = 6 R e 4R e
(23.23)
zu bestimmen. Für die Festigkeitsrestriktion findet sich so 1
1
§3 F ·3 §3 S ·3 § h· ¸ =¨ ¸ . ≥ ¨¨ ¨ ¸ © L ¹ erf © 2 R ⋅ L2 ¸¹ © 2 Re ¹ e
(23.24)
Die Gewichtsfunktion kann hier wieder übernommen werden als § G fG = ¨ ¨ ρ ⋅ g ⋅ L3 T ©
· § h ·2 § 3 S ¸=¨ ¸ ≥¨ ⋅ ¨2 R ¸ ©L¹ © e ¹
2
·3 ¸¸ . ¹
(23.25)
Um die Restriktionen (Gl. (23.19), (23.24)) als Grenzen der Zielfunktion f G ,S / T verwenden zu können ist es zweckmäßig, diese mittels des Strukturkennwertes und der Bezugsgröße ß=
wzul E ⋅ L Re
(23.26)
324
23 Strukturoptimierung
zu normieren. Damit ergeben sich die folgenden Grenzen für eine Minimalauslegung: − Steifigkeitsproblem 1
1
1
1 § S ·2 § L ⋅ Re ·2 1 § S ·2 f G S min = ¨ ¸ ¸ = ¨ ¸ ⋅¨ 2 © R e ¹ © w zul ⋅ E ¹ 2 © Re ¹
1
1 ⋅ §¨ ·¸ 2 , ©ß¹
(23.27)
− Tragfähigkeitsproblem 2
2
3 § S ·3 f G T min = §¨ ·¸ 3 ⋅ ¨ ¸ . © 2 ¹ © Re ¹
(23.28)
0,05 log fG
Tragfähigkeitsrestriktion Steifigkeitsrestriktion
0,005 0,002 0,001
unzulässiges Gebiet
0,01
f G T min f GS min
0,0001 0,01
0,05
0,1
0,2
0,5
1,0 h log L
Bild 23.4: Zielfunktion mit alternativen Auslegungsgrenzen Den Verlauf der Zielfunktion in Abhängigkeit von dem Variablenverhältnis h/L zeigt vorstehend Bild 23.4, wobei eine logarithmische Auftragung gewählt wurde, weil man es wegen der Bezugsetzung oft mit kleinen Größen zu tun hat. Die beiden Restriktionen grenzen hier-
325
23.3 Einfache Minimalauslegungen
bei das unzulässige Gebiet ab, das man aus Steifigkeits- und Festigkeitsgründen nicht unterschreiten sollte. 23.3.2 Gewichtsminimaler Knickstab Knickstäbe werden im Stahlbau vielfach zur zusätzlichen Aussteifung von Konstruktionen herangezogen und sollten daher ebenfalls gewichtsminimal ausgelegt werden. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass die Form des Querschnitts Einfluss auf die Belastbarkeit hat, weshalb hier exemplarisch die Alternativen Rund- und Quadratvollquerschnitt betrachtet werden sollen. Die angenommenen Verhältnisse hierzu zeigt Bild 23.5. Kreisprofil F
r
F
i2 =
r2 4
i2 =
h2 4
Quadratprofil L
h
Vorgegebene Größen
F , L , E bzw . E T , ρ , R p 0 , 2 , R m
Variable Größe
r; h
Strukturkennwert
S = F / L2
Bild 23.5: Druckstab mit Kreis- oder Quadratvollquerschnitt nach /WIE 79/ Als Auslegungsrestriktion soll die zulässige Knickspannung (s. Gl. (18.28)) 2 § i· σ ≤ σ krit = π 2 ⋅ E T ⋅ ¨ ¸ , mit i = © L¹
J A
(23.29)
bis in den nichtlinearen Bereich angesetzt werden. Für das Gewicht ergibt sich dann weiter G = ρ⋅g⋅A ⋅L = ρ⋅g⋅
F S ⋅ L = ρ ⋅ g ⋅ L3 ⋅ σ σ
bzw. § G min · S ¸= f G = ¨¨ . 3¸ © ρ ⋅ g ⋅ L ¹ σ max
(23.30)
326
23 Strukturoptimierung
An dieser Gleichung sieht man, dass die Maximierung der Spannung äquivalent zur Minimierung des Gewichtes ist. Für die beiden Querschnittsformen kann die Spannung nun wie folgt angesetzt werden: 1 L 2 F σDK = 2 = ⋅ S ⋅ §¨ ·¸ ©r¹ r ⋅π π
L = S ⋅ §¨ ·¸ 2 h¹ © h F
σDQ =
(23.31)
2
(23.32)
Unter Berücksichtigung der Restriktion folgt für die zu optimierenden Variablen F r2 ⋅ π
π2 r 2 ⋅ E T ⋅ §¨ ·¸ 4 © L¹
=
F h2
h 2 π2 ⋅ E T ⋅ §¨ ·¸ 12 ©L¹
=
oder
4
ropt 4 =
π
3
F ⋅ L2 ET
⋅
h opt 4 =
(23.33)
12 π
⋅
2
F ⋅ L2 . ET
(23.34)
Die jeweilige Variable kann auch als dimensionsloses Verhältnis mittels des Strukturkennwertes angegeben werden zu § ropt ¨¨ © L
4
· 4 S ¸¸ = ⋅ 3 E π ¹ T
§ h opt ¨¨ © L
(23.35)
4
· 12 S ¸¸ = . ⋅ π2 E T ¹
(23.36)
Wird nun die optimierte Variable in die entsprechende Spannungsbeziehung Gl. (23.31)/ (23.32) eingesetzt, so ergibt sich 1
1
§ π2 E T · 2 ¸ σDQ = S ⋅ ¨¨ ⋅ ¸ max © 12 S ¹
§ π3 E T · 2 1 ¸ σDK = ⋅ S ⋅ ¨¨ ⋅ max π S ¸¹ © 4 =
1 π2
2
⋅ ET
1 2
= 0,89 ⋅ E T
1 2
⋅S
1 2
(23.37)
1 2
⋅S .
=
π 12
⋅ ET
= 0,91 ⋅ E T
1 2 1 2
⋅S
1 2
(23.38)
1 2
⋅S .
Das quadratische Profil erweist sich somit gegen Druckbeanspruchung als geringfügig besser, da mehr Material im Außenbereich angeordnet ist, und zwar σDQ
max
≈ 1,022 ⋅ σ D K
max
.
Ergänzend zu den vorstehenden Betrachtungen soll im Weiteren noch die Auslegung der artgleichen Hohlquerschnitte gezeigt werden. Unter den möglichen Bezügen soll jetzt angenommen werden, dass das Verhältnis (r/t) bzw. (h/t) vorgegeben und jeweils das Verhältnis
327
23.3 Einfache Minimalauslegungen
(r/L) bzw. (h/t) zu optimieren ist. Diesbezüglich kann wieder für die beiden Querschnittsformen die Spannung angesetzt werden zu σ D KR =
F 1 § L ·2 § r · = ⋅¨ ¸ ⋅¨ ¸⋅S 2π ⋅ r ⋅ t 2π © r ¹ © t ¹ (23.39)
σ D QR =
F 1 L 2 h = ⋅ §¨ ·¸ ⋅ §¨ ·¸ ⋅ S 4⋅h⋅t 4 ©h¹ © t ¹ (23.40)
Über die Grenzbedingung mit der kritischen Spannung 1 § L ·2 § r · π2 r 2 ⋅ E T ⋅ §¨ ·¸ ⋅¨ ¸ ⋅¨ ¸⋅S = 2π © r ¹ © t ¹ 2 ©L¹ (23.41)
π2 1 § L ·2 § h · h 2 ⋅ E T ⋅ §¨ ·¸ ⋅¨ ¸ ⋅¨ ¸⋅S = 4 ©h¹ © t¹ 6 ©L¹ (23.42)
erhält man wieder die optimalen Verhältnisse 1
1
ª 3 § h · § S ·º 4 §h· =« ⋅¨ ¸⋅¨ ¸ ¨ ¸ © L ¹ opt ¬ 2π 2 © t ¹ © E T ¹»¼
r § S ·º 4 ª1 §r· = « ⋅ §¨ ·¸ ⋅ ¨ ¸ ¨ ¸ 3 © L ¹ opt ¬ π © t ¹ © E T ¹»¼ (23.43)
(23.44)
Werden auch dieser wieder in die zugehörige Spannungsbeziehung Gl. (23.29)/(23.40) eingesetzt, so folgt daraus −
1
−
1
1 h ª 3 § h · § S ·º 2 1 §r· ª 1 r § S ·º 2 σDQR = ⋅ §¨ ·¸ ⋅ S ⋅ « ⋅¨ ¸⋅¨ ¸ σDKR = ⋅ ¨ ¸ ⋅ S ⋅ « ⋅ §¨ ·¸ ⋅ ¨ ¸» 3 max max 4 © t ¹ ¬ 2π2 © t ¹ © ET ¹»¼ 2π © t ¹ ¬ π © t ¹ © ET ¹¼ 1
1
1
1
2 π r 2 = §¨ ⋅ ·¸ 2 ⋅ ET ⋅ S ©4 t¹ 1
1
1
1
§ π2 h · 2 2 2 = ¨ ⋅ ¸ ⋅ ET ⋅ S ¨ 24 t ¸ © ¹
1
2 2 r = 0,89 ⋅ §¨ ·¸ 2 ⋅ ET ⋅ S ©t¹
1
(23.45)
1
1
2 h 2 = 0,64⋅ §¨ ·¸ 2 ⋅ ET ⋅ S ©t¹
(23.46)
Im Fall, dass h = 2 r ist, ergibt sich vergleichsweise σ D QR
max
≈ 1,017 ⋅ σ D KR
max
,
d. h., auch hier zeigt sich das dünnwandige Quadratrohr wieder dem Kreisrohr als geringfügig überlegen. Im Bild 23.6 sind für diese Profile die Verläufe σ über S dargestellt.
328
23 Strukturoptimierung
AlMgSi: R p0,2 = 200 MPa R m = 275 MPa E = 70.000 MPa
500 log σ
E T = 48.000 MPa plastischer Bereich
200
Rm R p0,2
100
50
r t = 10
20
10 0,01
0,1
1
2
5 log S
10
Bild 23.6: Nutzungsbereiche von Knickstäben als Voll- und Rohrquerschnitte
23.4 Vereinfachtes numerisches Optimierungsverfahren In der Mathematik gibt es eine ganze Reihe von so genannten Parameteroptimierungsverfahren (wie Monte Carlo, Gradienten, Hooke-Jeeves, Box etc.), die mittels einer bestimmten Strategie eine Funktion inklusive Restriktionen zu minimieren gestatten. Die Schwierigkeit dieser Vorgehensweise ist, dass eine problemspezifische Zielfunktion in den unabhängigen Parametern formuliert werden muss. In der Mehrzahl der Fälle ist diese Funktion stark nichtlinear und verfügt noch über Nebenminima. Diese Nebenminima täuschen einer Optimierungsstrategie ein Extremum vor, obwohl das echte Minimum noch nicht erreicht ist. Insofern liegt im Vergleich zum Startdesign nur eine verbesserte Lösung vor. Bis heute ist es zudem so, dass man sich mehr mit der Verbesserung der Lösungsstrategien als mit der Optimierung des Problems beschäftigt. Dies ist natürlich für die Praxis kein empfehlenswerter Ansatz. Ein pragmatischer Ansatz, der tatsächlich die beschriebenen Anwendungsprobleme weitestgehend behebt, ist die CAO-Methode (Computer Aided Optimization /MAT 92/), die das biologische Wachstum von Bäumen und Knochen als computersimulierte Strategie benutzt.
23.4 Vereinfachtes numerisches Optimierungsverfahren
329
An einer Vielzahl von Anwendungen konnte mittlerweile verifiziert werden, dass somit tatsächlich eine technologische Optimierung möglich ist. Wegen der Einfachheit des Algorithmus und seine Abbildbarkeit in der FE-Methode erweisen sich kompakte Leichtbauteile als ein gut geeignetes Anwendungsfeld, da es hier stets um hochausgenutzte Konstruktionen geht. Der Zusammenhang zur CAO-Methode besteht nun darin, dass mittels des biologischen Wachstums das Axiom der konstanten Spannung realisiert wird, d. h., eine Bauteilauslegung wird dann als optimal angesehen, wenn weitestgehende Spannungskonstanz herrscht. Um in einem Körper eine derartige ideale Spannungsverteilung herzustellen, wird im Weiteren eine Temperaturdehnungsanalogie benutzt. Eine Bauteiloptimierung läuft dann in den folgenden Schritten ab: 1. Voraussetzung ist, dass von einem Bauteil ein Grundentwurf vorliegt, der jetzt unter den bekannten Betriebslasten einer FEM-Analyse unterworfen wird. Notwendig ist dabei, dass eine randparallele Netzstruktur gebildet wird, da so leichter eine Gestaltanpassung möglich ist. Als Ergebnis der ersten Analyse erhält man an jedem Knoten die Verschiebungen, Dehnungen und die Vergleichsspannung. 2. Danach wird eine Referenzspannung (z. B. σref = Re ) festgelegt, die an den am höchsten beanspruchten Zonen nicht überschritten werden soll. 3. Nunmehr wird die Temperaturdehnungsanalogie aktiviert; der Vergleichsspannungszustand wird in eine fiktive Temperaturverteilung ΔT ≡ σ − σref
umgerechnet, wodurch die folgende Analogie entsteht: − eine hoch beanspruchte Zone wird zu einem warmen Bereich und − eine niedrig beanspruchte Zone wird zu einem kalten Bereich. Idee ist es nun, die warmen Bereiche auszudehnen und die kalten Bereiche schrumpfen zu lassen. Letztlich muss hierdurch Material „verschoben“ werden. Die Gestaltanpassung erfolgt ausschließlich in der Randzone und wird dadurch begünstigt, dass der E-Modul der Randelemente auf ca. E/500 herabgesetzt wird. 4. Im nächsten Schritt werden jetzt die mechanischen Belastungen ausgeschaltet und die Dehnungen der thermischen Differenzbelastung ε = α ⋅ ΔT als äußere Belastung aufgegeben. Die kontrollierte Gestaltänderung als Wachstumsprozess (Verschiebungen u, v, w) wird nunmehr dadurch initiiert, dass in der Randzone der Wärmeausdehnungskoeffizient mit α und im Kern mit α = 0 angenommen wird. Dadurch passt sich die weiche Randzone dem Dehnungsverlauf gut an.
330
23 Strukturoptimierung
Wie diese Vorgehensweise in eine Computerstrategie umzusetzen ist, zeigt noch einmal Bild 23.7. Realisiert wurde dieser Ablauf in dem Programmsystem KONTOPT nach /FREI 94/.
FE-Modell der Ausgangsstruktur
FE-Spannungsanalyse Verschiebungszustand v. Mises-Vergleichsspannung Optimierungsstrategie Temperaturdehnungsanalogie ΔT = σ v − σ ref i
Dehnungsbelastung ε v = α ⋅ ΔT α Kern = 0
k
α Kern > 0 Bildung skalierter, vorgeschriebener Dehnungen
Dehnungen = äußere Belastung angepasste Bauteilkontur σ ≤ σ ref
nein
konturoptimiertes Bauteil
Bild 23.7: Prinzipieller Ablauf des CAO-Verfahrens An einer Vielzahl von Anwendungsfällen, wo zwei- und dreidimensionale Bauteile optimiert worden sind, konnte mittlerweile die Praktikabilität dieses Verfahrens nachgewiesen werden. Ein fiktives Beispiel dazu mag der im umseitigen Bild 23.8 gezeigte volumenhafte Winkel sein. Als Testbauteil sei dieser an der kurzen Stirnfläche festgehalten und an der Oberkante der langen Stirnfläche mit einer gleichmäßigen Linienlast belastet.
331
23.4 Vereinfachtes numerisches Optimierungsverfahren a)
b) ABAQUS 5.2-1 : *STATIC LOAD SET: 1 TIMESTEP: 1 TIME: 1.0 FRAME OF REF: GLOBAL STRESS - VON MISES MIN: 2.59 MAX: 1076.08
922.72
769.37
616.01
462.65
309.30
155.94
c) ABAQUS 5.2-1 : *STATIC LOAD SET: 1 TIMESTEP: 1 TIME: 1.0 FRAME OF REF: GLOBAL STRESS - VON MISES MIN: 1.88 MAX: 687.06
589.18
491.30
393.41
295.53
197.65
99.76
Bild 23.8: Optimierungsbeispiel „Winkel“ aus 46 Cr 2 a) idealisierte Ausgangsstruktur b) beanspruchungsmäßig analysierte Struktur c) optimierter Konturverlauf
332
23 Strukturoptimierung
Zu erwarten ist, dass in der Kerbe eine hohe Spannungskonzentration entsteht. Um diese zu beherrschen, würde jeder Konstrukteur die Ecke ausrunden. Genau diese Maßnahme folgt aus der Temperaturdehnungsstrategie, wenn diese die Oberfläche des Winkels an den Spannungsverlauf durch Konturverschiebung angleicht. Im Leichtbau wären zur Entschärfung von Spannungsspitzen aber noch andere Maßnahmen denkbar, wie die konkurrierende Ausbildung von Rippen. Dies zeigt vergleichsweise Bild 23.9 an einem kompakten Bauteil. a)
b) ABAQUS 5.2-1 : *STATIC LOAD SET: 1 TIMESTEP: 1 TIME: 1.0 FRAME OF REF: GLOBAL STRESS - VON MISES MIN: 2.45 MAX: 688.09
ABAQUS 5.2-1 : *STATIC LOAD SET: 1 TIMESTEP: 1 TIME: 1.0 FRAME OF REF: GLOBAL STRESS - VON MISES MIN: 2.91 MAX: 690.41
592.20
590.14
493.98
492.19
395.77
394.24
297.55
296.29
199.34
198.34
101.13
100.39
Bild 23.9: Spannungsgesteuerte Ausbildung von Rippen als Alternative zur Ausrundung a) Spannungsabbau durch eine Rippe b) Spannungsabbau durch zwei gleiche Rippen Den Ort des Rippenwachstums kann dabei der Konstrukteur bestimmen; die Dimensionalität ergibt sich dann durch die Richtung und Größe der Hauptspannungstrajektorien. Damit ist ein leicht handhabbares und robustes Verfahren verfügbar, das breit anwendbar ist. Der Rippen-Algorithmus lässt sich auch auf Sicken in Blechbauteilen übertragen. Dies ist nicht nur in KONOPT möglich, sondern ist mittlerweile auch in vielen kommerziellen Programmsystemen, wie beispielsweise TOSCA, realisiert worden.
333
24 Schwingbeanspruchte Strukturen Viele im Stahlbau sowie alle im Fahrzeugbau und in der Luft- und Raumfahrt eingesetzten Konstruktionen werden dynamisch beansprucht. Wenn hierbei durch ein mögliches Versagen folgenreiche Schäden entstehen können, kommt dem Aspekt der Ermüdungsfestigkeit, Bruchmechanik und der Zuverlässigkeit erhöhte Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund bedarf dann die herkömmliche Auslegung einer Erweiterung hinsichtlich eines Restfestigkeitsnachweises und einer Nutzungsdauer- oder Rissfortschrittsabschätzung. In einigen Richtlinien (z. B. DIN 15 018, FKM-Richtlinie, LTH) sind diese Nachweise bereits aufgenommen.
24.1 Konstruktionsphilosophien Im einführenden Kapitel 3.1 ist schon dargelegt worden, dass eine Bauweisenentwicklung gewöhnlich in den Stufen Konstruktion, Bau und Erprobung abläuft. Ein Optimum bezüglich aller Forderungen ist oft nur in mehreren Iterationsschleifen zu erreichen. Weil dies zeit- und kostenintensiv ist, strebt man verstärkt Modellsimulationen an, um später teure Prototypen zu verringern und den Erprobungszeitraum zu verkürzen. Eine häufige Forderung im Leichtbau ist, dass eine Struktur eine bestimmte Nutzungszeit oder Lebensdauer erreichen soll. Dies beinhaltet die Vorstellung einer zeitfesten und ausfallsicheren Konstruktion. Zielsetzung der Simulation ist es sodann, bereits im Stadium des Entwurfs die konstruktiven Gegebenheiten so auszurichten, dass alle Vorgaben durch Variation der Beanspruchung, Geometrie, Bearbeitung und des Werkstoffs erfüllt werden können. In der Umsetzung bedarf diese Konstruktionsphilosophie besonderer Vorkehrungen: − Die Realisierung einer ermüdungsfesten Struktur (Flugzeuge) setzt im Wesentlichen voraus, dass alle Beanspruchungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit liegen und die Oberfläche oder Verbindungen nicht vorgeschädigt sind. − Die Erreichung einer bestimmter Lebensdauer, d. h. einer nur zeitfesten Struktur (Pkw, Lkw), ist dagegen ein Abstimmungsproblem zwischen der Beanspruchungshöhe, der Bauteilgeometrie und -beschaffenheit sowie den Werkstoffparametern. − Eine ausfallsichere Struktur erfordert darüber hinaus Vorkehrungen bezüglich jeglichen Versagens während der Gesamtnutzungsdauer. Damit diese Ausfallsicherheit garantiert werden kann, müssen gegebenenfalls redundante Kräftepfade geschaffen werden. Die mit diesen Nachweisarten verbundenen Fragestellungen führen zu der Notwendigkeit, eine Konzeption zur Lebensdauerabschätzung zu entwickeln. Wie später noch dargelegt wird, können die erforderlichen Betrachtungen zweistufig (Urzustand-Anriss-Bruch) oder einstufig (Mikroanriss-Bruch) vorgenommen werden. Weiter wird auch gezeigt, in welcher Weise die Form der Beanspruchungsfunktion und die Natürlichkeit des Werkstoffs maßgebend ist. Damit sei angedeutet, dass die Aussagen nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit relevant sind, weil die Lastdaten und die Werkstoffkenngrößen zufallsartigen Charakter haben.
334
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
24.2 Problematik des rechnerischen Nachweises Oftmals sind Leichtbaukonstruktionen absolute Neuentwicklungen oder Einzelanfertigungen. Dies bedeutet dann, dass für eine schadenskritische Betrachtung auf keine Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann bzw. zu einer Absicherung auch keine Versuche möglich sind. Ein sicherer Entwurf muss daher stark auf die Simulation abgestützt werden. Als generelle Problematik der Aussagesicherheit sind hier dann einige Unwägbarkeiten von Bedeutung, die zurückzuführen sind auf − den nur statistisch auswertbaren Beanspruchungsverlauf durch ein Klassierverfahren, − die komplexen Einflüsse aus den Strukturmerkmalen Größe, Form, Oberfläche und gegebenenfalls Eigenspannungen, − die oft nur statistisch vorliegenden bzw. abgesicherten Werkstoffkennwerte sowie − ein phänomenologisches Versagensmodell. Ein hierauf abgestimmtes Berechnungsmodell hat daher ebenfalls Wahrscheinlichkeitscharakter, d. h., die Aussagen können nicht absolut gewertet werden, sondern unterliegen einer gewissen Vertrauenswahrscheinlichkeit. Der große Nutzen einer schadenskritischen Analyse ist daher in der quantifizierten Vergleichbarkeit von konstruktiven Varianten oder Modifikationen zu sehen. Bei einem entsprechend großen Aufwand sind aber realistische Grenzabschätzungen möglich.
24.3 Auswertung des Beanspruchungsverlaufs Genauso vielfältig wie die Einsatzgebiete von Leichtbaustrukturen sind auch die vorkommenden Beanspruchungsverläufe, für die es auszulegen gilt. Eine ordnende Übersicht zeigt das nachfolgende Bild 24.1. In Abhängigkeit davon, ob die beschreibenden Kennwerte (Mittelwert, Streuung) eines Verlaufs konstant oder mit der Zeit veränderlich sind, liegt entweder ein stationärer oder instationärer Vorgang vor. Charakteristisch für die skizzierten Verläufe ist − beim periodischen (deterministischen) Verlauf die zeitliche Wiederkehr der gleichen Beanspruchung, sodass zu jedem Zeitpunkt eine eindeutige Reproduzierbarkeit des Beanspruchungsfalls möglich ist, − beim stationären (stochastischen) Verlauf die nur statistische Bewertbarkeit der Beanspruchung, die eine generelle Reproduzierbarkeit des Beanspruchungsfalls ausschließt, − beim stoßartigen Verlauf der Einschwingvorgang mit großer Anfangsbeanspruchung und dem Abklingvorgang und − beim instationären Verlauf die zeitliche Veränderlichkeit von Mittelspannung und Amplitude.
335
24.3 Auswertung des Beanspruchungsverlaufs
periodischer Verlauf σ t stationäre Beanspruchung stationär regelloser Verlauf σ t dynamische Beanspruchung stoßartiger Verlauf σ t instationäre Beanspruchung instationär regelloser Verlauf σ t
Bild 24.1: Typisierte Beanspruchungsverläufe nach /ZAM 85/ Am einfachsten ist hierunter der periodische Verlauf (Sinusfunktion bzw. idealisierter Sinus) zu bewerten. Normalerweise kann dies mit der Festigkeitsbedingung (s. VDI 2226) σ o = α K ⋅ σ m + ß K ⋅ σ a ≤ σ o zul =
σA SD
(24.1)
erfolgen. Diese setzt also die Oberspannung als größte auftretende Spannung in Relation zu einer zulässigen Oberspannung. Überschreitet die Oberspannung die Dauerfestigkeit, so liegt ein Zeitfestigkeits- oder Lebensdauerproblem vor. In dieser Hinsicht ist der periodische Verlauf als ein Einstufenkollektiv aufzufassen, welches nur endlich ertragen werden kann. Viel häufiger kommen aber im Betrieb regellose Verläufe vor, deren Schwierigkeit im Erfassen der Ablauffolge besteht. Dies korrespondiert auch mit dem Schädigungsverhalten von Schwachstellen, für dessen Versagen meist nicht ein einmaliger Spitzenwert maßgebend ist,
336
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
sondern die Häufigkeit von Beanspruchungsfolgen. Insofern gilt es, für eine Bewertung die kennzeichnenden Merkmale einer Beanspruchungsfunktion zu erfassen, was zu einer statistischen Aussage führt. Als Möglichkeit bietet sich hierzu eine Zähltechnik an, in dem − eine Zählung von Umkehrpunkten (Maxima/Minima), − eine Zählung von Bereichen (absteigende, aufsteigende Flanken) oder − eine Zählung von Wertüberschreitungen in einem Raster vorgenommen wird. Als Ergebnis erhält man eine Kennfunktion (Kollektiv) in der Auftragung sortierte Beanspruchungen über die Häufigkeit. In der Anwendung haben sich vor allem die so genannten Klassengrenzen-Überschreitungs- und die Bereichspaarzählung durchgesetzt. Beispielhaft zeigt hierzu Bild 24.2 die Ermittlung eines Kollektivs entsprechend der Klassengrenzen-Überschreitungszählung an einer als kritisch vermuteten Stelle in einer Struktur.
F
F(t)
8 6 4 2 0
σ
Hü 0 1 3 4 5 4 3 2 1 t
σ max
σmin 1
2
3 4 log H ü
5
σa
Klassengrenzen σ
t
Bild 24.2: Umwandlung eines Beanspruchungsverlaufs in ein Kollektiv Dazu wird über den Beanspruchungsverlauf ein äquidistantes Netz (Klassen, s. auch DIN 45 667) gelegt. Empfohlen seien je 8-10 Klassen, wobei die erste Klasse unterhalb der Minimalbeanspruchung liegen soll. Mit der Zählung wird das Durchschreiten der positiven (oder negativen) Flanken durch die Klassen erfasst. Für die weitere Auswertung ist aber das Amp-
24.3 Auswertung des Beanspruchungsverlaufs
337
litudenkollektiv σ a ( t ) maßgebend. Dies erhält man durch eine rasterartige Ausmittlung der beiden Zweige gemäß
(
)
1 σj − σj . min 2 max
σa j =
(24.2)
Wie daraus ersichtlich wird, reduziert sich das Kollektiv auf nur einen Zweig. Durch die dargestellte Technik der Kollektivbildung gehen jedoch vom ursprünglichen Beanspruchungsverlauf die zeitliche Aufeinanderfolge der Amplituden und die Frequenzen*) verloren. Das somit erstellte Amplitudenkollektiv (Messkollektiv) repräsentiert meist nur einen kurzen Beanspruchungsabschnitt innerhalb der Gesamtdauer der einwirkenden Beanspruchung. Insofern ist es notwendig, die Auswertung auf die erwünschte Gesamtbeanspruchung auszudehnen. Hierzu bietet sich eine Extrapolation über die Höchstwertverteilung an, deren Konzept im umseitigen Bild 24.3 entwickelt ist. Vom Ablauf ist dabei wie folgt vorzugehen: − Die Überschreitungshäufigkeiten des Grundkollektivs (H ü , M = Häufigkeiten des Messkollektivs) sind zunächst durch Multiplikation mit dem Faktor t N /t M bzw. n N /n M auf einen größeren Umfang (H ü , N = Häufigkeiten des Gesamtnutzungskollektivs) umzuwerten. In der logarithmischen Auftragung ist dies gleichzusetzen mit einer Rechtsverschiebung des anfänglich ermittelten Kollektivs. − Durch Stichprobenauswertung in beliebigen Beanspruchungsabschnitten (t i ≡ t E ) ist das Verteilungsgesetz der Beanspruchungsmaxima σ max zu finden. Vielfach kann dieses als Gauß’sche Normalverteilung angegeben werden. − Die sortierten Extremwerte σ i max sind mit ihrer zugeordneten Auftretenshäufigkeit Hü i =
3i − 1 ⋅ 100 , 3n + 1
i = Ordnungszahl von 1, 2 ,..., n n = Stichprobenumfang
im doppellogarithmischen Wahrscheinlichkeitspapier (zum dekadischen Logarithmus) aufzutragen. Die Auftragung kann gewöhnlich zu einer Geraden ausgemittelt werden. Bildet sich keine Gerade aus, so gehorcht der Versagensmechanismus nicht dem Zufall, sondern es wird ein anderer Ablauf wie beispielsweise Verschleiß**) vorliegen. − Gemäß Hü =
1 t ⋅ 100 mit a = M , t E = t1 = t 2 =... = t n 2a tE
(24.3)
ist der Zusammenhang zwischen der Überschreitungswahrscheinlichkeit und dem Belastungsabschnitt a herzustellen. *)
Anmerkung:
Will man diese Informationen behalten, so muss zu einer mehrdimensionalen Zählung (z. B. Rainflow) übergegangen werden. **) Anmerkung: Bei Verschleißproblemen ist dementsprechend auf die Weibull-Verteilung zurückzugreifen.
338
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
a) σ Ka max
log σa
σ Ka max = 0,5 (σ K max − σ m )
e tM
b)
tN
σ 2 max
σ 4 max
σ3 max
σ n max
σ
σ1 max
log H ü
t1
t3
t2
t4
tn tM
98 90 % 80
umsortiert (max → min) a = 2 1H ü
Hü [%]
c)
70 60 50 40 30 20
σ max i Hü
10
σ1 max > σ 2 max > σ3 max >.... > σ n max 1
2
3
3i − 1 ⋅ 100 3n + 1
aN
H ü, N log σi max
σ K max
Bild 24.3: Extrapolation zum Kollektivhöchstwert a) vom Grund- zum Gesamtkollektiv b) Höchstwertverteilung innerhalb der Belastungsabschnitte c) Ermittlung des Kollektivhöchstwertes
n (%)
339
24.3 Auswertung des Beanspruchungsverlaufs
− Den Kollektivhöchstwert σ K max erhält man somit zu der Überschreitungswahrscheinlichkeit H ü,N =
1 1 t = ⋅ E , 2 aN 2 tN
wobei die Größe extrapoliert werden kann. Mit der Eintragung des Höchstwertes kann so das ursprüngliche Bezugskollektiv ausgedehnt werden auf die Gesamtbeanspruchungsdauer. Vielfach liegt aber im Entwurfsstadium der Beanspruchungsverlauf nicht gesichert vor. Um dennoch Aussagen über die Zeitbeanspruchbarkeit eines Bauteils machen zu können, besteht noch die Möglichkeit, so genannte Einheitskollektive zu nutzen. Es ist nämlich empirisch belegt, dass bei typischen Anwendungsfällen bestimmte Häufigkeitsverteilungen ganz charakteristisch vorkommen. Im Bild 24.4 ist weiter eine Katalogisierung dieser Kollektivformen vorgenommen worden.
1,0 4,0
H ü = H ü max 1 − (σai / σa ) ν
2,0
σ log ai σa
1,0 e
b 0,8
c
d
a
0,6 0 log H ü
10 = H ü max
Bild 24.4: Standardisierte Kollektivformen a Lambdakollektiv, b logarithmische Normalverteilung, c Gradlinienverteilung, d Normalverteilung, e Deltakollektiv Für vergleichende Parameterstudien kann hieraus ein Kollektiv ausgewählt und die probalistische Nutzungsdauern abgeschätzt werden. Vereinbarungsgemäß wird dabei der Umfang auf 106 Überschreitungshäufigkeiten begrenzt, was entsprechende Lastwechsel bedeutet. Für die Erstellung und Weiterverarbeitung derartiger Standardkollektive sei auf die FKM-Richtlinie verwiesen.
340
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
24.4 Versagensverhalten Für das Phänomen der Ermüdung der Werkstoffe gibt es bis heute nur hypothetische Vorstellungen. Verbreitetes Modell ist, dass zufolge wiederholter Verformungen Versprödung eintritt und hiervon ausgehend sich Mikrorisse ausbreiten. Demnach unterscheidet man das Wechselerformungsverhalten (von der ersten Beanspruchungsschwankung bis zum technischen Anriss) und das Bruchverhalten (Rissausbreitung bis zum Bruch). Als klassisches Experiment zur Bestimmung des Dauerfestigkeitsverhaltens eines Werkstoffs bzw. einer Bauteilprobe ist der Wöhlerversuch bekannt. Entsprechende Wöhlerlinien (Auftragung nach Basquin) werden in abgestimmten Schwingfestigkeitsversuchen jeweils bis zur Grenznutzungsdauer ermittelt. Diese ist gewöhnlich bei Proben der Bruch und bei hinreichend großen Bauteilen ein ausgeprägter Anriss. Im Bild 24.5 ist eine Proben-Wöhlerlinie mit den notwendigen Identifikationsgrößen (Spannungsverhältnis R = σ u /ı o oder Mittelspannungslage σ m, Formzahl α K ) skizziert.
R bzw. σm = konst, αK, PA = 10, 50, 90 % _+Mba
-1,282·s +1,282·s
log σa
f(N)
1% 10 %
μ
50 %
99 % N
90 %
k
σA Kurzzeitfestigkeitsbereich
Zeitfestigkeitsbereich
Dauerfestigkeitsbereich
NG
log NR
Bild 24.5: Verlauf einer Proben-Wöhlerlinie und deren statistische Auswertung als logarithmische Normalverteilung
341
24.4 Versagensverhalten
Für eine Übertragbarkeit der Aussagen auf entsprechende Bauteile ist eine weitestgehende Ähnlichkeit zur Probe zwingend. Angleichungen sind jedoch möglich bei Formzahl, Beanspruchungsart (Axialbeanspruchung in Biegung oder Drillung, Biegung in Drillung) und beim Mittelspannungsniveau, wofür es spezielle Umwichtungsfaktoren gibt. Wie aus dem Kurvenverlauf zu erkennen ist, gibt es unter Schwingbeanspruchung eine Abhängigkeit zwischen der Beanspruchungshöhe (σ ai ) und den ertragbaren Schwingspielen (Ni ) . Die Schwingspielzahl ist hierbei ein statistischer Wert aus 8-10 Probenwerten je Niveau, wobei die Auftragung die zeit- und dauerfest ertragbaren Spannungsausschläge abgrenzt. Des Weiteren erfolgt auch noch eine Charakterisierung mittels der Ausfallwahrscheinlichkeit. Bis zur PA = 10-%-Linie sind 10 % der Proben bzw. bis zur PA = 50-%-Linie 50 % der Proben ausgefallen. Der Zeitfestigkeitsbereich wird darüber hinaus noch durch die Neigung
k=−
log N1 − log N 2 log(N1/N 2 ) Δ(log N ) =− =− Δ(log σ a ) log σ a1 − log σ a 2 log(σ a1/ı a 2 )
(24.4)
des Zeitfestigkeitsastes zwischen zwei Punkten (1,2) beschrieben. Dieser so genannte Wöhlerlinienexponent nimmt für flach verlaufende Wöhlerlinien große Werte (z. B. k ≈ 10) und für steil verlaufende Wöhlerlinien kleine Werte (z. B. k ≈ 3) an. Damit lässt sich die Wöhlerliniengleichung darstellen als N1 § σ a1 · ¸ =¨ N 2 © σa2 ¹
−k
−
1
§N · k σ bzw. a1 = ¨ 1 ¸ . σa2 © N 2 ¹
(24.5)
Den horizontalen Übergang zum Dauerfestigkeitsbereich kennzeichnet die Dauerfestigkeit und die Grenzlastspielzahl, die bei Stahl etwa bei Lastwechseln von N G ≈ 2 ⋅ 106 liegt. Bei den üblichen NE-Metallen (Al, Mg) sind hingegen die Verhältnisse etwas anders. Die Experimente zeigen dort einen weitestgehenden nichtlinearen Zusammenhang zwischen σ a und N. Auch ist kein Abknickpunkt zwischen der Zeit- und Dauerfestigkeit festzustellen, weshalb man eine fiktive Grenze bei N G ≈ 107 festlegt. Insofern ist bei diesen Werkstoffen der Zeitschädigungsbereich insgesamt länger. Ein weiteres Problem besteht noch in der Verifizierung von Probenwerte auf Bauteile, wo sich wegen abweichender Verhältnisse die Dauerfestigkeitswerte oft unterscheiden. Diesbezüglich ist auch von einem anderen Schädigungsverhalten (primärer Anriss statt Bruch) auszugehen. Im Sinne eines konservativen Ansatzes kann hier die im umseitigen Bild 24.6 gezeigte Vorgehensweise (konventionelle Absenkung) eingeschlagen werden. Das Prinzip besteht darin, die Proben-Wöhlerlinie im Verhältnis zum Größenunterschied (veränderte Kerbwirkung), zu den technologiebedingten Einflüssen und zum geänderten Bearbeitungsverfahren auf die Bauteil-Wöhlerlinie abzusenken. Der hierzu erforderliche Ansatz
342
24 Schwingbeanspruchte Strukturen σ A 2 = F ⋅ σ A1
(24.6)
umfasst nur den Dauerfestigkeitsbereich. Voraussetzung ist jeweils eine abgesicherte Proben-Wöhlerlinie. Liegt diese jedoch nicht vor, so bietet sich das Konzept der synthetischen Wöhlerlinien*) an, auf das hier jedoch nicht eingegangen werden soll.
log σa
Proben-WL
σ A1 Bauteil-WL σA2
NG
log N
σ A 2 = F ⋅ σ A1 = FG1, 2 ⋅ FOT1, 2 ⋅ σ A1 Größeneinfluss:
ß n α FG1, 2 = k1 = k1 ⋅ 2 ß k 2 α k 2 n1
2195 − R m1 Technologieeinfluss: FT = 1; geschmiedet FT1, 2 = 2195 − R m 2 Oberflächeneinfluss: FO = 1 − 0 , 22 ( log Rz ) 0 , 64 ⋅ log R m + 0 , 45 ( log Rz ) 0 ,
FO
1, 2
res. Faktor:
=
FO
2
FO
1
2 2 § ·¸ + §¨ 1 + F ·¸ ·¸ = 1 − ¨¨ §¨ 1 − FO T 1, 2 1, 2 ¹ 1, 2 ¹ ¸¹ © ©©
FOT
Bild 24.6: Absenkung einer Proben-Wöhlerlinie zu einer Bauteil-Wöhlerlinie (Werkstoff: Stahl) *)
Anmerkung: Berechnung von Wöhlerlinien für Bauteile aus Stahl, Stahlguss und Grauguss – synthetische Wöhlerlinien. Bericht ABF 11, Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf 1984
24.5 Arbeitsmechanische Schadensakkumulation
343
24.5 Arbeitsmechanische Schadensakkumulation Bisher wurde dargelegt, wie die Beanspruchung und die Beanspruchbarkeit eines Bauteils erfasst werden kann. Im Folgenden geht es nun darum, die Nutzungsdauer zu quantifizieren. Gemäß der zuvor vorgenommenen Abgrenzung ermöglicht die Schadensakkumulation eine Abschätzung (Zeit, Lastwechsel) bis zur Rissbildung. Hierbei folgt die Nutzungsdauer aus der Arbeit, die ein Bauteil bis zur Schädigung absorbieren kann. Damit hängt die Bestimmung des Belastungsumfangs zusammen. Abgeleitete Fragestellungen beinhalten: die Ertragbarkeit der auftretenden Betriebsbeanspruchung innerhalb der vorgegebenen Nutzungsdauer, • die Wertung von Nutzungsdauern für konstruktive Varianten oder • die Wertung von Nutzungsdauern für unterschiedliche Beanspruchungsabläufe. •
Für einen entsprechenden Nachweis soll das häufig benutzte Verfahren der Akkumulation von Palmgren-Miner und die Modifikationen von Haibach bzw. die Elementar-Miner-Regel demonstriert werden. Hypothese des Palmgren-Miner-Verfahrens ist der lineare Zusammenhang zwischen der Schädigung und den einwirkenden Schwingspielen. Annahme ist dabei, dass die verrichtete Schädigungsarbeit etwa proportional zur Spannungsamplitude und zur Lastspielzahl*) ist. Dies kann an dem folgenden Gedankenmodell verifiziert werden. − Führt man ein Lebensdauerexperiment mit Proben durch, so kann etwa die folgende Abhängigkeit gefunden werden: σ a 1 ⋅ N 1 ≈ π1 ( = Bruch ) σ ai ⋅ N i ≈ π i ,
wobei
σ a 1 > σ ai > σ ar mit N1 < N i < N r
σ ar ⋅ N r ≈ π r ,
d. h., für alle Niveaus ist die Schädigungsarbeit π1 = π i = π r = π gleich. Vorausgesetzt ist jeweils eine konstante einstufige Beanspruchung. − Nun sei ein äquivalentes Kollektiv angenommen. Um dieses vergleichbar zu machen, muss es in den Stufen 1 bis r getreppt werden. Je Niveau treten dabei Lastspiele n i < N i auf. Diesbezüglich werden also nur Schädigungsteilarbeiten π i verrichtet. Als Abhängigkeit soll somit wieder gelten:
*)
Anmerkung: Versuche zeigen, dass die Annahme der linearen Proportion nicht bestätigt wird, sondern dass sich ein nichtlinearer Zusammenhang einstellt.
344
24 Schwingbeanspruchte Strukturen σ a1 ⋅ n1 ≈ π1 (= anteiligeSchädigung), σ ai ⋅ n i ≈ πi ,
σ ar ⋅ n r ≈ πr . Unter der weiteren Annahme, dass auch das aufgebrachte Kollektiv zum Bruch führt, muss also sein π1 + + π i + + π r = π .
(24.7)
− Zufolge dieser Überlegungen wird die lineare Proportionalität πi n n = i bzw . π i = i π i πi N i Ni
unterstellt. Wird diese Beziehung in Gl. (24.7) eingesetzt, so folgt n1 n n π1 + + i π i + + r π r = π N1 Ni Nr
oder r
n
¦ Ni
i =1
i
= 1.
(24.8)
Die Summe über die Lastspielquotienten gleich „eins“ stellt demnach die Palmgren-MinerHypothese dar. Allgemein kann diese für ein beliebiges Kollektiv angegeben werden als ni , i =1 N i "
DK = ¦
mit r = " für σ ai > σ A .
(24.9)
Per Definition soll für D K = 1 bei der Probe Bruch und beim größeren Bauteil Anriss vorliegen. Vielfach wird aber bei hochgradigen Sicherheitsteilen die Grenze auf D K ≈ 0,3-0,5 abgesenkt werden müssen, da die Experimente einen Streubereich*) um das Versagenskriterium aufweisen. Der praktische Ablauf des Palmgren-Miner-Verfahrens ist im Bild 24.7 als grafisches und rechnerisches Konzept gezeigt. Die Auswertung besteht demnach in einer Spiegelung des Kollektivs an der Wöhlerlinie und dessen Bewertung.
*)
Anmerkung: Miner hat in seinen Probenversuchen Schadenssummen zwischen D K = 0,79 und min DK = 1, 49 festgestellt. Durchschnitt über seine Versuchsreihen war jedoch D K ≈ 1,05 . max
345
24.5 Arbeitsmechanische Schadensakkumulation
σa1,n1
R bzw. σm= konst., αK
σa2
log σa
σa3
σa4 k
σA
n2
d
n4
n3
"
PM
γ γ
m
H
2k-1
n EM≈CD
CD 10
Stufe
i
1
10
2
10
3
Über- Stufen- Spanschrei- last- nung σ A tungs- spiele σ ai häufigkeit Hü ni σai
10 N4
σA σ ai
4
k
10
σA σ ai
5
k−1 2k
6
10 N"
10
7
N′m
σ N i = NG A σ ai
10
8
Nn ′ log N N′m
k*
n DK = ¦ i Ni
l . . .
. . . n
aus dem Kollektiv entnehmen
zur Berechnung von Ni oder aus dem Wöhlerdiagramm abzulesen
DK=
( k * = k bzw. 2 k − 1 , N G = 2 ⋅ 106 )
Bild 24.7: Schadensakkumulation nach Palmgren-Miner, Haibach bzw. Elementar-MinerRegel/Corten-Dolan
346
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
Für die Diskretisierung des Kollektivs sollten mindestens 8 Stufen gebildet werden, die es entsprechend abzustufen (z. B. nach FKM-Richtlinie) gilt. − Als Bedingung wurde von Miner formuliert, dass alle Beanspruchungsamplituden des Kollektivs oberhalb der Dauerfestigkeit liegen sollen. Bei der Anwendung des Verfahrens bleibt dies meist aber unberücksichtigt. Das Kollektiv kann demgemäß nur bis zur Stufe " gespiegelt werden, d. h., die Stufen m und n werden dabei nicht erfasst. Die Nutzungsdauer bestimmt sich somit zu "
¦
NR =
ni
i =1 "
n ¦ Ni i i =1
,
(24.10)
oder mit Bezug auf den Eckwerten (σ A , N G ) der doppellogarithmischen Wöhlerlinie als "
¦ ni
NR =
i =1
n §σ · ¦ i ¨ ai ¸ i =1 N G © σ A ¹ "
.
k
(24.11)
− Bestätigt durch die Erkenntnis, dass auch Beanspruchungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit mit zur Werkstoffschädigung beitragen, wenn vorher im Zeitfestigkeitsbereich geschädigt wurde, hat man Modifikationen des Miner-Verfahrens entwickelt. Praktische Bedeutung haben hierunter das Verfahren nach Haibach und die ElementarMiner-Regel gefunden. In den USA wird dagegen das Corten-Dolan-Verfahren bevorzugt, das prinzipiell für viele Werkstoffe wie die Elementar-Miner-Regel durchzuführen ist. Vom exakten Ansatz wird hier mit einer modifizierten Steigung des Zeitfestigkeitsastes d = w ⋅ k ≈ k gearbeitet. Nach der Elementar-Miner-Regel wird der Zeitfestigkeitsast mit der gleichen Steigung in den Dauerfestigkeitsbereich hineinverlängert. Dies ermöglicht dann die Spiegelung aller Kollektivstufen. Für die Schädigung erhält man so r
ni , i =1 N i
D K EM = ¦
(mit r ≡ n als höchste Stufe)
(24.12)
und für die Nutzungsdauer r
¦ ni
r
¦ ni
i =1 . N R EM = ir=1 = r n §σ ·k ni i ai ¦ ¸ ¨ ¦ i =1 N i i =1 N G © σ A ¹
(24.13)
347
24.5 Arbeitsmechanische Schadensakkumulation
Nach der Modifikation von Haibach wird dagegen der Zeitfestigkeitsast bei doppellogarithmischer Auftragung nur mit halber Steigung in den Dauerfestigkeitsbereich verlängert. Es ergeben sich somit unterschiedliche Teilschädigungssummen, und zwar m n i
DK H = ¦
i =1 N i
+
r
ni
¦
i = m +1 N i
24.14)
*
mit §σ · Ni = NG ¨ A ¸ © σ ai ¹
k
§σ · bzw. N i* = N G ¨ A ¸ © σ ai ¹
k*
(24.15)
und k* = 2 k − 1 .
(24.16)
Die Nutzungsdauer findet sich so wieder zu r
NRH =
¦ ni
m
k
i =1
r n §σ · ni § σ ai · ¸ ¨ ¦ i ¨ ai ¸ + ¦ i =1 N G © σ A ¹ i = m +1 N G © σ A ¹
2 k −1
.
(24.17)
Vergleiche an Proben haben gezeigt, dass sich eine Abschätzung nach Palmgren-Miner meist als zu gut bzw. eine nach der Elementar-Miner-Regel als zu schlecht erweist. Im Sinne dieser Tendenz scheint daher eine Abschätzung nach Haibach einen akzeptablen Mittelwert darzustellen. Damit wird das Grundproblem dieser Hypothesen deutlich, in denen der Belastungsverlauf und die Werkstoffwerte ( N G , σ A , k ) statistisch eingehen sowie die Werkstoffstruktur als ideal angenommen wird. Vorkommende Abweichungen zwischen Theorie und Experiment haben weiterhin ihre Ursache in den nicht eindeutig erfassbaren werkstoffmechanischen Fehlern, was auch im nachfolgenden Bild 24.8 verdeutlicht wird. Wird beispielsweise das in der Abbildung dargestellte Bauteil dynamisch beansprucht, so ist letztlich für die Nutzungsdauer der größte werkstoffmechanisch vorhandene Fehler a max maßgebend. Werden dagegen aus dem Bauteil n Proben hergestellt, so ergibt sich meist eine recht gleichmäßige Verteilung der Proben-Lebensdauern, wobei Ausreißer*) wie bei Probe 12 - möglich sind. Diesbezüglich sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die zuvor ermittelten Nutzungsdauern nicht in jedem Fall als absolut zu verstehen sind. Der Nutzen liegt in der Praxis in Lebensdauerabschätzungen von Grenzen oder im Variantenvergleich.
*)
Anmerkung: Auffällige Messwerte sollten unbedingt einem Ausreißertest (z. nach Pearson oder Grubbs) unterworfen werden.
348
24 Schwingbeanspruchte Strukturen größter Riss in der Probe i 1
F(t)
F( t )
2
Einschluss in der Probe k
3
Werkstoffurzustand
technischer Anriss
anrissfreie Phase
Bruch
Rissfortschrittsphase
Rissbildungsphase
Lebensdauer bis zum technischer Abriss Gesamtlebensdauer Anzahl Schwingspiele
Hü [%]
95
Hü =
90
LebensdauerEinzelergebnisse von 12 Proben
80 70 60 50 40 30 20 10 5
3⋅ i −1 ⋅100% 3⋅ n +1
LebensdauerErgebnis des Block Nr. 12
10
4
10
5
10
6
N N11
N1 T
Bild 24.8: Statistische Verteilung von Proben-Lebensdauern
log N
24.6 Verbesserung der Aussagegenauigkeit
349
24.6 Verbesserung der Aussagegenauigkeit Unter der Zielvorgabe, die Abweichungen zwischen den realen und den ideal ermittelten Nutzungsdauerergebnissen zu minimieren, hat man sich in der Folgezeit um Korrekturverfahren bemüht. Hierunter sind zusammenzufassen − die so genannten Relativierungsregeln und − die korrektive Angleichung. Die einfachste Art zu relativieren besteht darin, einen auf Erfahrung beruhenden Korrekturfaktor fN =
N exp
(24.18)
N theo
einzuführen, der Streuungen zwischen experimentell und theoretisch ermittelten Nutzungsdauern abgleicht. Damit kann auf der Basis abgesicherter Versuchsergebnisse eine Nutzungsdauer m
NRM =
fN ⋅ ¦ ni m
i =1
n ¦ Ni i i =1
(24.19)
mit höherer Vertrauenssicherheit ermittelt werden. Eine weitere Betrachtungsweise ermöglichst noch die Relativ-Miner-Regel /SCH 73/, die eine Verbindung zwischen experimentellen und berechneten Nutzungsdauern bei ähnlichen Beanspruchungskollektiven herstellt. Unter der Vorgabe etwa gleicher Schadenssummen D exp
( KollektivA )
≈ D theo ( KollektivB)
kann so als vorausbestimmte Nutzungsdauer angesetzt werden: § m ni · ¨¦ ¸ © i = 1 N i ¹ exp N R theo M = ⋅ N R exp . § m ni · ¨¦ ¸ © i = 1 N i ¹ theo
(24.20)
Der Ansatzpunkt der korrektiven Angleichung ist im Weiteren darin gegeben, dass die im vorstehenden Kapitel errechneten Nutzungsdauern sich hauptsächlich an der 50-%-Wöhlerlinie abstützen. Demnach liegt seitens des Werkstoffs eine erhebliche Unsicherheit vor. Auf Grund von statistischen Aufbereitungen der logarithmisch normal verteilten Einflüsse existieren zur Korrektur die im Bild 24.9 gezeigten Diagramme. Hiernach ist es möglich, so ge-
350
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
nannte 50-%-Nutzungsdauern zu geringeren Ausfallwahrscheinlichkeiten zu korrigieren, und zwar mit dem Ansatz N R( P = x % ) = A
N R( P = 50 % ) A . i L ⋅ ( j)
(24.21)
Hierin ist i L eine Sicherheitszahl. Ausfallwahrscheinlichkeit PA
50 %
10 %
10
1%
0,1 %
0,01 %
0,001 %
Streumaß 1/T
8 6 4
2
2
3
4
5
10 20 30 Sicherheitszahl iL
2,4 2
Risikofaktor j
2,2 2,0
3
1,8
4 5 6 8 10 20 30 50
1,6 1,4 1,2 1,0
1
2
3
4
6
8
40 50
Anzahl der Einzelversuche n
1
10
Streumaß 1/T
Bild 24.9: Diagramme zur Korrektur der 50-%-Lebensdauerwerte nach /AUT 85/ a) für höhere Ausfallwahrscheinlichkeit b) für besser abgesicherte Wöhlerlinien
24.7 Restfestigkeitsproblem
351
Ist darüber hinaus die Wöhlerlinie selbst nicht statistisch abgesichert, sondern nur aus einer geringen Anzahl von n Einzelversuchen konstruiert, so muss weiter noch durch den Risikofaktor j dividiert werden. Parameter beider Diagramme ist dabei die Streuspanne T der Bauteilnutzungsdauern. Diese ist definiert zu T=
N R( P =10 % ) A , N R P = 90 %
(
A
)
(24.22)
wobei unterstellt ist, dass diese aus Versuchen bekannt sind. Die Größenordnung bewegt sich beispielsweise − bei Proben mit geometrischen Kerben zwischen
T=
1 1 ÷ 1, 2 2,0
oder − bei Schweißproben zwischen T=
1 1 ÷ . 1,19 3,1
Sofern keine Angaben über die Streuung vorhanden sind, hat es sich für eine Abschätzung als praktikabel erwiesen, die Streuspanne mit T≤
1 5
anzusetzen.
24.7 Restfestigkeitsproblem Ist nach dem Auftreten eines Risses mit dem Versagen der Struktur zu rechnen, so wird heute unter Sicherheitsaspekten ein weiterer Schadenstoleranznachweis gefordert. Dieser Nachweis verlangt die Beantwortung folgender Fragestellungen: Wie groß ist die Resttragfähigkeit eines angerissenen Bauteils? Kann durch Rücknahme der Beanspruchung die Standzeit verlängert werden? und • Wie breitet sich ein Anriss in einem Bauteil aus? • •
352
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
Seitens der Berechenbarkeit dieser Effekte bietet sich dazu das bruchmechanische Konzept der linear elastischen Spannungsintensität (K-Konzept) an. In seiner Grundformulierung beschreibt dieses Konzept zunächst den statischen Fall. Zur weiteren Klassifizierung müssen noch die im Bild 24.10 gezeigten Beanspruchungsfälle (Modi) definiert werden, die das Rissöffnungsverhalten charakterisieren. σ∞
a)
y
FI
FII
r φ
z
FIII
FII
x
FI
y
b)
σy = F(r,φ)
σy τxy σr
r2 (
φ
2)
σx
φ 1) r 1(
τ rφ1 σ φ1
φ2 φ1 x a
Bild 24.10: Rissöffnungsarten und Spannungsverlauf an der Rissspitze nach /SCH 80/ (I = NormalkraftModus II = LängsschubModus III = QuerschubModus)
24.7 Restfestigkeitsproblem
353
Als am kritischsten wird hierbei Modus I erkannt, der den Riss senkrecht zu den Rissufern (Trennbruch) öffnet. Der Spannungsverlauf kann dann gemäß der Williams-Irwin-Gleichung angesetzt werden zu σx =
σ∞ π ⋅ a
φ§ φ 3 · cos ¨ 1 − sin ⋅ sin φ¸ , 2 2 ¹ 2© 2 π⋅r
σy =
σ∞ π ⋅ a φ§ φ 3 · cos ¨ 1 + sin ⋅ sin φ¸ , ¹ © 2 2 2 2 π⋅r
τ xy =
σ∞ π ⋅ a φ φ 3 cos ⋅ sin ⋅ cos φ. 2 2 2 2 π⋅r
(24.23)
Weitestgehend unabhängig davon, ob ein Innen- oder Außenriss vorliegt, treten immer zu Gl. (24.23) ähnliche Funktionen auf, sodass die vorstehende Gleichung als universell gültig anzusetzen ist. Streng genommen ist aber die Gültigkeit auf Risse in der unendlichen Scheibe aus sprödem Material begrenzt. Bei gegebener äußerer Beanspruchung σ ∞ und vorliegendem Anriss a ist somit der Zähler in Gl. (24.23) eine konstante Größe, der nur den durch den Nenner bestimmten Spannungsverlauf maßstäblich vergrößert. Da auf diese Weise die Intensität des Spannungszustandes um die Rissspitze gesteuert wird, bezeichnet man den Zähler als so genannten Spannungsintensitätsfaktor KI = σ ∞ π ⋅ a .
(24.24)
Für reale Bauteile mit verschiedenen Risskonfigurationen gilt es noch, die für die unendliche Scheibe gültige Beziehung durch eine Korrekturfunktion anzupassen KI = σ ∞ π ⋅ a Y ( a ) .
(24.25)
Diese Korrekturfunktionen Y(a) (s. auch umseitiges Bild 24.11) sind für die meisten Risse tabelliert. Auftretende Fehlerarten sind so immer diesen Rissgeometrien zuzuordnen. Diesbezüglich lässt sich folgende Aussage herleiten: Liegen bei verschiedenen Bauteilen gleiche Werte für die Spannungsintensität (bzw. deren Schwingweite) vor, so ist mit gleichem Restfestigkeits- und Rissfortschrittsverhalten zu rechnen. Somit lassen sich die an Proben experimentell ermittelten Verhaltensmuster direkt auf Bauteile übertragen. Als so genanntes statisches Bruchkriterium wird nun der Beginn der instabilen Rissausbreitung eines zunächst ruhenden Risses (Risseinleitung) beim Erreichen eines kritischen Wertes des Spannungsintensitätsfaktors angesehen K bei Vorliegen des EVZ (dicke Bauteile) K I = ® Ic ¯K c bei Vorliegen des ESZ (dünne Bauteile).
(24.26)
354
24 Schwingbeanspruchte Strukturen a a Korrekturfunktion Y§¨ ·¸ bzw. Y§¨ ·¸ ©r¹ ©W¹
Rissgeometrie 1.
∞ B
2a
Y=
Eckanriss
Y = 1.12 − 0.23
Oberflächenriss
a a 3 1.05 + 10§¨ 0.6 − ·¸§¨ ·¸ a 2c ¹© B ¹ © , Yc = Ya ⋅ Ya = 1.12 c a ·2 § 1 + 8¨ ¸ © 2c ¹
W ∞
1
1 π⋅a cos 2⋅W
Mittenriss
2. B
a W
a a 2 a 3 a 4 + 10.55§¨ ·¸ − 21.72§¨ ·¸ + 30.39§¨ ·¸ W © W¹ © W¹ © W¹
∞
3. a
B
2c
W ∞
4.
a a 3 Eckriss mit 1.05 + 10§¨ 0.6 − ·¸§¨ ·¸ a 2c ¹© B ¹ © kreisYa = 1.21 , Yc = Ya ⋅ c förmiger a 2 Rissfront 1 + 8§¨ ·¸ © 2c ¹
∞ B ca
W
∞
5. aDa
§ · zweiseitiger ¨ 0.34 ¸ 1 ¸⋅ Bohrungs- Y = ¨ 0.94 + a π(2a + D ) ¨¨ anriss 0.14 + ¸¸ cos © D¹ 2⋅W
B
W ∞
6. Da
einseitiger Bohrungsanriss
B
W ∞
7. a ∞
2c
r
8. a ∞
r
2c
§ · ¨ 0.44 ¸ 1 ¸⋅ Y = ¨ 0.68 + ( a π a + D) ¨¨ 0.16 + ¸¸ cos © ¹ D 2⋅W
(
a Y§¨ ·¸ = 0.375 1 + 0.5λ + 0.375λ2 + 0.3125λ3 + ©r¹ Ober+ 0.2734λ4 + 0.537λ5 flächenriss r −a λ= r ∞ a Y§¨ ·¸ = 0.375 1 + 0.5λ + 0.375λ2 + 0.3125λ3 + ©r¹ Ober+ 0.2734λ4 + 0.208λ5 flächenriss r −a λ= r
∞
(
)
)
Bild 24.11: Korrekturfunktionen für verschiedene Rissgeometrien nach /HAN 86/
355
24.7 Restfestigkeitsproblem
Dieser kritische Wert wird mit Rissbruchzähigkeit bezeichnet. Beim Ansetzen dieses Kriteriums muss jedoch unterschieden werden zwischen dickwandigen ( EVZ → K Ic ) und
dünnwandigen Bauteilen ( ESZ → K c ) . Die gegebenenfalls heranzuziehende Risszähigkeit K Ic ist hierin eine Werkstoffkonstante (ermittelt mit CT-Proben) und kann gewöhnlich aus Tabellen entnommen werden. Als Anhalt /AUT 79/ kann in etwa angegeben werden:
− Baustähle
K Ic ≈ 2000 − 4000 Nmm −3/2 ,
− Vergütungsstähle
K Ic ≈ 700 − 2500 Nmm −3/2 ,
− Einsatzstähle
K Ic ≈ 2000 − 5000 Nmm −3/2 ,
− Aluminiumlegierung
K Ic ≈ 800 − 1500 Nmm −3/2 ,
− Magnesiumlegierung
K Ic ≈
− Titanlegierung
K Ic ≈ 2200 − 4500 Nmm −3/2 .
1000
Nmm −3/ 2 ,
Dagegen ist die Rissbruchzähigkeit K c eine variable Größe, die im Wesentlichen von der Dicke eines Bauteils und dem Werkstoff abhängig ist. Die angegebenen K Ic -Werte sind somit untere Grenzen der Rissbruchzähigkeit. Das Restfestigkeitsproblem besteht nun in der Abschätzung von σ∞ ≤ σc ,
als Gleichgewichtsbedingung, wobei σ c die auf den Bruttoquerschnitt bezogene kritische Versagensspannung darstellt. Unter Berücksichtigung von Gl. (24.25) und (24.26) ist hierzu anzusetzen: − Bei sprödem Werkstoffverhalten σc =
K Ic
π ⋅ a o Y(a o )
, mit a o als Anfangsrisslänge.
(24.27)
Kennzeichnend ist, dass nahezu keine stabile Rissausbreitung erfolgt und somit a o ≈ a c ist. Ähnliches Verhalten zeigen dickwandige Bauteile (t > 25 mm) unter einem EVZ. und − Bei duktilem Werkstoffverhalten σc =
Kc
π ⋅ a c Y(a c )
, mit a c als kritische Risslänge.
(24.28)
356
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
Da meist der K c -Wert nicht bekannt ist, wird vielfach anstatt mit Gl. (24.28) eine Näherung zufolge σc ≈
K co
(24.29)
π ⋅ a o Y(a o )
durchgeführt. Um in diesem Zusammenhang auch Aussagen für dünnwandige Bauteile machen zu können, ist es wichtig, den K c -Wert zumindest abzuschätzen. Dazu wird von der im nachfolgenden Bild 24.12 gezeigten Probe ausgegangen und die Risswiderstandskurve gemessen. Anstatt der exakten Risszähigkeit K c wird aber vor dem Hintergrund, den Messaufwand zu
reduzieren, nur die scheinbare Rissbruchzähigkeit K co = K co ( σ c , a o ) bestimmt. Die Versagensspannung σ c der Probe wird ebenso vereinfachend bei 2 a o = b/3*) gemessen, wodurch die Ermittlung der kritischen Risslänge entfällt. Somit kann die scheinbare Risszähigkeit angegeben werden als K co ∞ = σ c
1 π⋅b 6
(Der Index ∞ soll hervorheben, dass ungeachtet der endlichen Probenbreite der Wert für unendliche Proben gelten soll.)
(24.30)
Vorausgesetzt ist hierbei, dass die Probe in Dicke und Breite etwa die gleichen Abmessungen aufweist wie das Bauteil.
∞
σc
Versagen
∞
2a
instabiles Risswachstum
t
stabiles Risswachstum b 2a0 ∞
Bild 24.12: CCT-Probe für dünnwandige Bauteile *)
Anmerkung: In der amerikanischen ASTM-Norm entspricht b
≡ W (width).
2ac 2a
357
24.7 Restfestigkeitsproblem
Unter weiterer Berücksichtigung der so genannten Feddersen-Beziehungen lässt sich dann Gl. (24.29) wie folgt übertragen auf Bauteile:
K co =
Sektion 9 § Kco ∞ · ¸ ¨ 0 ≤ ao ≤ 4 𠨩 R p0,2 ¸¹
2
2 º ª 4 π § R p0,2 · ¨ ¸ ao » R p0,2 «1 − » « 27 ¨© Kco ∞ ¸¹ ¼ ¬
π ⋅ ao Y
2
9 § Kco ∞ · b ¸ ≤ ao ≤ ¨ ¸ ¨ 4 π © R p0,2 ¹ 6
K co
b b ≤ ao ≤ 6 2
3 6 ao § 2 ao · Kco ∞ ¨1 − ¸ Y 2 b © b ¹
∞
⋅Y
mit Y = 1 / cos ( π ⋅ a o / b)
Der Geltungsbereich ist hierbei eingeschränkt durch 2
− die Bauteildicke mit
§ K · t < 2,5 ¨ Ic ¸ , ¨ R p 0, 2 ¸ © ¹
− die Bauteilbreite mit
27 b≥ 2π
§ K co · ¨ ¸ ¨R ¸ © p0,2 ¹
2
und 2 ao · § − die Versagensspannungen mit σ c ≤ R p 0,2 ¨ 1 − ¸ . © b ¹ Weiter ist mit 1§K · a c = ¨ Ic ¸ π © σ∞ ¹
2
auch noch die kritische Risslänge von Interesse.
(24.31)
358
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
24.8 Allgemeines Rissfortschrittsproblem Als ein Vorteil des K-Konzeptes ist weiterhin die leichte Übertragbarkeit auf dynamische Probleme anzusehen. Unter den Voraussetzungen einer konstanten Mittelspannung und konstantem Spannungsausschlag lässt sich gemäß ΔK = Δσ ∞ π ⋅ a Y ( a ), mit Δσ ∞ = 2 σ a
(24.32)
eine zyklische Spannungsintensität definieren. Wie das Bild 24.13 verdeutlicht, nimmt diese Spannungsintensität durch Risswachstum stetig zu. Bruch tritt sodann ein, wenn eine der Instabilitätsbeziehungen K max = K c oder ΔK = ΔK c
(24.33)
verletzt ist. Wobei noch der bekannte Zusammenhang ΔK c = (1 − R ) K c
(24.34)
besteht.
a)
σ
R =
K σ ∞u = min K max σ ∞o
σ ∞0 σ ∞m
Δσ ∞
σ ∞u t
b)
Kmax
K
Kc
ΔK c Km ΔK
Kmin a
t
Bild 24.13: Verhältnis zwischen der Beanspruchung und dem Verlauf der zyklischen Spannungsintensität
359
24.8 Allgemeines Rissfortschrittsproblem
Entsprechend vorstehender Fragestellung gibt es somit eine Korrelation zwischen der Änderung der Spannungsintensität und des Rissfortschritts. Je Lastwechsel wächst nämlich der Riss und somit auch die Spannungsintensität um § da · ΔK = ΔK 2 − ΔK1 = Δσ ∞ 𨨠a + dn ¸ dn ¸¹ ©
an. Um nun die Ausbreitung von Ermüdungsrissen abschätzen zu können, muss in einem Werkstoff der Zusammenhang zwischen dem Spannungsniveau (= Spannungsintensität) und der Rissfortschrittsrate bekannt sein. Für benachbarte Datenpaare a, n stellt der Differenzialquotient da/dn das Risswachstum pro Lastspiel*) dar. Die angestrebte Darstellung erhält man durch die Auftragung von Bild 24.14, in der das Risswachstum mit der zyklischen Spannungsintensität verknüpft ist. Bei allen technisch relevanten Werkstoffen ergibt sich dabei näherungsweise der gezeigte Sförmige Kurvenverlauf, der sich asymptotisch innerhalb von zwei Grenzwerten bewegt. Vom Verlauf her lassen sich hierin drei Bereiche abgrenzen. − Bereich I:
Untere Grenze ist der so genannte Schwellenwert ΔK o (= bruchmechanische Dauerfestigkeit). Für ΔK ≤ ΔK o ist Rissstillstand zu beobachten. Die Schwellenwerte der verschiedenen Werkstoffgruppen verhalten sich wie ihre Elastizitätsmodule.
− Bereich II:
Kennzeichnend ist der lineare Zusammenhang zwischen log(da/dn) und log (ΔK). Dieser lässt sich durch die Paris-Gleichung da = C ⋅ ΔK m dn
(24.35)
beschreiben. Hierin sind C und m werkstoffabhängige Konstanten. Für C gilt noch, dass dieser vom Spannungsverhältnis abhängt, während m ≈ 2-4 die Steigung darstellt. Die C-Werte sind in der Regel sehr klein und liegen bei weichen Stählen etwa bei 10 −16 und bei harten Stählen bei 10 −10 . − Bereich III: Kurz vor dem Erreichen der Bruchgrenze knickt die Kurve ab, d. h., der Riss wächst trotz des nur schwachen Zuwachses von ΔK überproportional und kann nicht mehr gestoppt werden. Bruch tritt also ein, wenn ΔK = K c oder K Ic ist.
*)
Anmerkung: Eine Risswachstumsgeschwindigkeit wäre da/dt, diese kann aber gewöhnlich messtechnisch nicht erfasst werden.
360
log da dn
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
III
+R
R =0
II
−R
da dn
K max = K c
tan β = m I
ΔK0
ΔK
ΔKc log ΔK
Bild 24.14: Doppellogarithmische Darstellung von da/dn über ΔK nach /HAI 89/ Wie Versuche weiter gezeigt haben, ist das Risswachstum im Bereich II nur wenig vom Spannungsverhältnis abhängig. Im Bereich I und III ist diese Abhängigkeit dagegen größer. Spielt sich insbesondere das Risswachstum mit einem nicht mehr zu vernachlässigenden Anteil im Bereich III ab, so beschreibt die Forman-Gleichung da C ⋅ ΔK m = dn (1 − R ) K c − ΔK
(24.36)
das Risswachstum besser als die Paris-Gleichung. Auch in Gl. (24.36) sind C und m identische Werkstoffkonstanten. Die Paris-Gleichung ist bevorzugt für Einstufenbeanspruchung anzuwenden.
361
24.8 Allgemeines Rissfortschrittsproblem
Das Rissfortschrittsproblem besteht nun in der Integration von Gl. (24.35) bzw. (24.26) in den Grenzen von Anriss bis Bruch: − Für die Paris-Gleichung folgt so aus da = C ⋅ Δσ ∞ m (π ⋅ a )m / 2 , dn
für die kumulierte Bruchlastspielzahl
NB
N B = ³ dn = 0
1
(
C Δσ ∞ π
m· § ¨1 − ¸ 2¹ ©
ac
)
m
−m / 2 = ³ a
ao
(
−1
C Δσ ∞ π
)
m
1− m/2 · § 1− m / 2 ⋅ ¨¨ a c − ao ¸¸. © ¹
(24.37)
Die hierin noch unbekannte kritische Risslänge kann in etwa aus der Grenzbetrachtung K max = σ ∞ o ⋅ π ⋅ a c Y(a c ) ≡ K c bestimmt werden zu 1§ K ac ≈ ¨ c 𠨩 σ ∞ o
2
· ¸ . ¸ ¹
(24.38)
Eingesetzt in die vorstehende Gleichung erhält man eine Abschätzung für die Bruchlastspielzahl −1 §1 − m · ¨ ¸ 2¹ NB ≈ © m C Δσ ∞ π
(
)
2−m ª§ 1− m/2 · «¨ K c ¸ − ao «¨ ¸ «¬© Δσ ∞ o π ¹
º » . » »¼
Ein Sonderfall der Integration liegt für m = 2 vor. Ausgehend von da = C ⋅ Δσ ∞ 2 ⋅ π ⋅ a dn
folgt hier für die kumulierte Bruchlastspielzahl
(24.39)
362
24 Schwingbeanspruchte Strukturen 2 ª§ · º» «¨ Kc ¸ «¨ ¸ » ac « ¨© Δσ ∞ o π ¸¹ » 1 da 1 NB = "n « = » . ³ ao §¨ C ⋅ Δσ 2 ⋅ π ·¸ a a §¨ C ⋅ Δσ 2 ⋅ π ·¸ « » ∞ ∞ © ¹ o © ¹ « » « » «¬ »¼
(24.40)
− Für die Forman-Gleichung m
m
C§¨ Δσ ∞ π ·¸ ⋅ a 2 da © ¹ = dn (1 − R ) K − § Δσ π · a ¸ c ¨ © ∞ ¹ erhält man entsprechend ° (1 − R )K c NB ≈ m ® 2−m C Δσ ∞ π °¯
(
2
)
2− m ª§ º · «¨ K c ¸ − a o ( 2 − m )/2 » «¨ » ¸ «¬© σ ∞ o π ¹ »¼
3− m ª º½ Δσ ∞ 𠫧¨ K c ·¸ ( 3− m )/2 » ° − ao . − »¾ ¸ 3 − m «¨ σ «¬© ∞ o π ¹ »¼ °¿
(24.41)
Auch hier ist wieder anzumerken, dass die vorstehenden Gleichungen nur für die unendliche Scheibe gilt, da die Korrekturfunktion nicht eingearbeitet ist. Eine Integration unter Berücksichtigung der Korrekturfunktion ist wegen der Abhängigkeit Y(a) meist sehr aufwändig. In praktischen Fällen geht man deshalb zu einer iterativen Lösung der Risswachstumsgleichung
(
]
über. Hierzu wird die Risslänge a o bis a c in ausreichend viele Intervalle i = 1, n eingeteilt und beispielsweise unter Anwendung von Gl. (24.39)/(24.40) die Bruchlastspielzahl nach folgendem Schema ermittelt: − Vorgeben einer Risslänge in den Schritten = ai − ao 1 a i +1 = a i + ( a i +1 − a i ) 2 ai
an
= a n −1 +
1 ( a − a n −1 ) 2 c
,
363
24.9 Bruchmechanische Akkumulation − Bestimmen der Risskorrekturfunktion Y = Y(a i ) , − Berechnen einer Teilbruch-Lastspielzahl gemäß N Bi =
a i −1(2 − m ) / 2 − a i (2 − m ) / 2 §m − 2· ¨¨ ¸¸ C Δσ ∞ ⋅ π ⋅ Y (a i ) © 2 ¹
[
]
für m ≠ 2
(24.42)
für m = 2 ,
(24.43)
bzw. § a · "n¨¨ i ¸¸ © a i +1 ¹ N Bi = C ⋅ π[Δσ ∞ ⋅ Y (a i )]2
− Aufsummieren über alle Schritte NB =
n
¦ N Bi
(24.44)
i =1
zur resultierenden Bruchlastspielzahl. Ein dementsprechender Ablauf kann auch mit der Forman-Gleichung entwickelt werden. Die iterative Gleichung lautet hier N Bi =
[
2
]
C Δσ ∞ π Y (a i )
m
(1 − R )K c ª (2 − m ) / 2 − a i −1(2 − m ) / 2 º a ® «¬ i »¼ − 2 m ¯
½° Δσ π Y (a i ) ª (3 − m ) / 2 − ∞ ai − a i −1(3 − m ) / 2 º ¾. «¬ »¼ ° 3−m ¿
(24.45)
Die Aufsummierung erfolgt dann wieder über alle Intervalle.
24.9 Bruchmechanische Akkumulation In Fortführung der vorherigen Betrachtungen soll nun eine abschnittsweise periodische Schwingbeanspruchung zugelassen werden. Bisher sind die damit zusammenhängenden Phänomene des Rissfortschrittverhaltens noch nicht restlos geklärt. Im Folgenden soll daher ein pragmatischer Weg unter der Vorstellung einer bruchmechanischen Akkumulation entwickelt werden. Ausgangspunkt soll hierfür das getreppte Kollektiv nach Bild 24.15 sein.
364
log σa
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
N Bi m, C, Kc, R σa 2 Schadenslinie zu PA = x %
j
σa0
N Bj
n2 k
Δσc∞ 2 (geringen Einfluss) σak <
log H ü
log N Bi
Bild 24.15: Risskollektiv und bruchmechanische Schadenslinie zur Ausfallwahrscheinlichkeit PA = x % für m, C Mit Berücksichtigung des bruchmechanischen Dauerfestigkeitswertes ΔK o lässt sich weiter das Lastkollektiv auf ein wirksames Risskollektiv eingrenzen. Maßgebend für das Risswachstum sind nur Spannungsausschläge ΔK o 1 σ ai ≥ σ c o = . 2 π ⋅ a Y(a ) o o
(24.46)
Somit tragen kleine Amplituden, die nicht zu einer Schwellenwertüberschreitung führen, nicht oder nur gering zum Risswachstum bei. (Diese Einschränkung ist allgemein üblich und stellt somit eine Analogie zur Palmgren/Miner-Hypothese dar. Gegebenenfalls muss mit zunehmender Plastifizierung des Materials diese Eingrenzung aufgegeben werden.) Unter der Annahme von äquivalenten Einstufenbeanspruchungen kann nun unter Anwendung eines Risswachstumsgesetzes eine Schadenslinie über alle Stufen bestimmt werden. Hierin lässt sich die Paris- oder Forman-Gleichung nutzen. Der Ablauf gestaltet sich dann folgendermaßen: − Stufenweise Integration der Paris-Gleichung In Gl. (24.42) ist der Zusammenhang zur iterativen Lastspielzahl-Abschätzung angegeben als
365
24.9 Bruchmechanische Akkumulation
N Bi =
a i −1( 2 − m )/2 − a i ( 2 − m )/2 mit (a i = a ci ] . § m − 2 · ⋅ C 2 σ ⋅ π ⋅ Y (a ) ¨ ¸ ai i © 2 ¹
[
]
Der Iterationsbereich erstreckt sich dabei auf dem Spannungsniveau σ ai bis a ci . Die niveauabhängige kritische Risslänge a ci muss jeweils aus einer Überschreitungsrechnung bestimmt werden, und zwar aus der Ungleichung ΔK ≡ 2 σ ai π ⋅ a i ⋅ Y(a i ) ≤ K Ic (1 − R ) ,
(24.47)
erfüllt bei a i = a ci . Nachdem somit alle schadensrelevanten N Bi -Werte ermittelt worden sind, kann eine analoge bruchmechanische Schadensbewertung durchgeführt werden. Je Stufe führt dies zu einer anteiligen Schädigung von DKi =
ni . N Bi
(24.48)
− Stufenweise Integration der Forman-Gleichung Die Forman-Gleichung erfasst den Rissfortschrittsverlauf aus Bild 24.14 mit seinen Eckwerten (ΔK o , K Ic ) ganz, während mit der Paris-Gleichung nur der Mittelbereich abgedeckt wird. Insofern besteht bei der Bestimmung der stufenweisen Bruchlastspielzahlen N Bi eine etwas höhere Genauigkeit. Falls dieser Anspruch bei einer Problemanalyse besteht, ist für die Lastspielzahlauswertung die Gl. (24.45) heranzuziehen. Ansonsten gestaltet sich der Berechnungsablauf wie vorher. Wie bei der herkömmlichen Schadensrechnung kann jetzt eine bruchmechanische Akkumulation k
k
ni N i =1 Bi
D RK = ¦ D K i = ¦ i =1
(24.49)
angesetzt werden. Die gesamte Nutzungsdauer eines mit diesem Kollektiv beaufschlagten Bauteils ergibt sich somit zu wB =
1 1 + , D K D RK
(24.50)
welches ein Kollektivwiederholungsfaktor darstellt, der die drei Phasen Gefügezerrüttung/Anriss/Bruch abdeckt.
366
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
24.10 Nichtlineare Schädigungshypothese Bei der zuvor dargestellten linearen Schadensakkumulation erfolgt die Abschätzung der Lebensdauer aus der einfachen Aufaddition der einzelnen Schädigungskoeffizienten. Unberücksichtigt bleibt hierbei der tatsächliche Belastungsverlauf. Die hiermit erzielten Ergebnisse können insofern nur als sehr grobe Abschätzung verstanden werden und taugen eigentlich nur für Variantenvergleiche. Exaktere Abschätzungen sind nur möglich, wenn der Reihenfolgeeffekt (Low-High-Belastungen sind erfahrungsgemäß unkritischer als High-LowBelastungen) und die belastungsabhängige Werkstoffschädigung berücksichtigt werden. In der Forschung konzentriert man sich daher seit einigen Jahren auf die Entwicklung nichtlinearer Schädigungshypothesen, wobei ein Verhalten wie im Bild 24.16 angenommen wird. 1,0
N1 < N 2 < N 3
C
Schädigung D
0,8 n ′3 N 3
n3 N3
n 2eq N 2
0,6
n′2 N 2
n 2 N2
0,4
Ψ3
n1 N1 d B = d B′
B 0,2
d A = d A′
A Ψ1 0
0,2
B′
Ψ2 A′
0,4
0,6
0,8
1,0
zyklisches Schwingungsspielverhältnis n i Ni
Bild 24.16: Nichtlinearer Schädigungsablauf über drei Kollektivstufen Die lineare Schädigungstheorie würde sich in dieser Darstellung als Diagonale darstellen, während die reale Schädigung durch Kurven repräsentiert wird. Ein Leichtbauteil, welches nun einer begrenzten, einstufigen Schwingbeanspruchung ausgesetzt wird, erfährt damit eine anteilige Schädigung von
367
24.10 Nichtlineare Schädigungshypothese ψ §n · i di = ¨ i ¸ . © Ni ¹
(24.51)
Der hiernach ablaufende Schädigungsmechanismus kann sowohl mathematisch als auch physikalisch begründet werden. Beispielsweise kann für ein 3-stufiges Kollektiv in Äquivalenz zur Miner-Hypothese angesetzt werden: ψ ψ ψ § n1 · 1 § n 2 · 2 § n 3 · 3 ¸ ¨ ¸¸ ¸¸ + ¨¨ ¨¨ = 1, +¨ ¸ © N2 ¹ © N1 ¹ © N3 ¹
(24.52)
welches umgeformt zur Akkumulationsregel ψ2
ψ1 ª º ψ3 n «§ n1 · ψ 2 n 2 » ¸¸ + + 3 =1 «¨¨ » N2 » N3 «© N1 ¹ ¬ ¼
führt. Physikalisch ist der Ablauf hingegen etwas komplexer und folgendermaßen zu entwickeln: − Beim Abfahren der ersten Stufe werden zu einem hohen Lastniveau σ a1 , n1 Lastspiele über den Pfad OA aufgebracht, welche bis zur Bruchlastspielzahl N1 ertragbar wären. Zum Umfang n1 wird aber nur eine Teilschädigung d A (bis zum Zustand A) hervorgerufen. − Beim Wechsel zur niedrigeren Belastungsstufe σ a 2 muss der Zustand A zu A´ (neuer Ausgangszustand) transformiert werden, weil ein anderes Schädigungsverhalten vorliegt. − Um mit einem niedrigen Belastungsniveau σ a 2 die gleiche Teilschädigung d A ′ (wie d ) über den Belastungspfad 0A´ zu erzeugen, wären (fiktive) n ′ Schwingspiele aufzuA
2
bringen. Mit dem dann maßgebenden Schädigungsparameter kann sodann der Ansatz ȥ ȥ § n1 · 1 § n 2 ' · 2 ¨ ¸ =¨ ¸ © N1 ¹ © N2 ¹ oder ȥ1 n 2 ' § n1 · ȥ 2 =¨ ¸ N 2 © N1 ¹
gemacht werden.
(24.53)
368
24 Schwingbeanspruchte Strukturen
− Am Ende der zweiten Belastungsstufe bei B würde sich somit eine äquivalente Zyklenzahl n 2eq einstellen, und zwar additiv gemäß ψ1
n 2eq
n ' n n § n ·ψ = 2 + 2 ≡¨ 1¸ 2 + 2 , N2 N 2 N 2 © N1 ¹ N2
(24.54)
welche aus dem transformierten und dem realen Anteil besteht, welche wieder eine relative Teilschädigung d B ausmachen. − Die Abarbeitung der nächsten Belastungsstufe σ a 3 , n 3 bis zum letztendlichen Versagen in C (D = 1) kann jetzt unter Berücksichtigung der vorhergehenden äquivalenten Zyklenzahl*) als ein zweistufiger Ansatz entwickelt werden, und zwar zu ȥ2
§ n 2eq · ȥ 3 n ¨¨ ¸¸ + 3 = 1. N3 © N2 ¹
(24.55)
Aus Substitution der vorstehenden Relation ergibt sich hiernach für eine dreistufige Beanspruchung ȥ2
ȥ1 ª º ȥ3 n n2 » «§ n1 · ȥ 2 + + 3 = 1. «¨ N ¸ » N2 N3 «¬© 1 ¹ »¼
(24.56)
Ziel muss es im Weiteren sein, diesen Ansatz über i Beanspruchungsstufen zu verallgemeinern: ȥ i −1
ȥ2 ½ ȥi ȥ1 º ȥ3 °ª ° n2 » n i −1 ° °«§ n1 · ȥ 2 + ... + + ¸ ®«¨ ¾ N2 » N i −1 ° °«© N1 ¹ » ¼ °¬ ° ¿ ¯
+
ni = 1. Ni
(24.57)
Zu diesem nichtlinearen Grundschema sind in den letzten Jahren einige Schädigungstheoreme (beispielsweise Subramanyan, Hashin, Manson/Halford) entwickelt worden, die sich im Wesentlichen dadurch unterscheiden, wie die Autoren den Schädigungsparameter ψ i ansetzen. Alle Autoren nutzen jedoch als Bezug die Wöhlerlinie, welches man im Sinne der besseren Praktikabilität der Verfahren einordnen muss.
*)
Anmerkung: Obige Schreibweise ist identisch zu (
n 2 eq ψ 2 n ψ3 ) +( 3 ) =1 N2 N3
369
24.10 Nichtlineare Schädigungshypothese
Weitestgehend gute Bestätigung hat in Experimenten der Ansatz von Manson /MAN 81/ gefunden. Nach Manson wird der Schädigungsparameter zu ψi = Ni P
(24.58)
angesetzt. Für den Exponenten hat sich ein Bereich von p = 0,3 bis 0,5 als relevant für Stahl (Mittelwert: p = 0,4) herausgestellt. Das hierauf beruhende Schädigungsgesetz lautet dann:
ª § N2 · ¨¨ ¸¸ « © N3 ¹ «ª 0,4 º § N1 · «« ¨ ¸ » n n § · N D = «««¨ 1 ¸© 2 ¹ + 2» N N2 » «««© 1 ¹ »¼ «¬ « «¬
0,4
§ N i −1 · ¨ ¸ º © Ni ¹
» » » n i −1 » ++ N i −1 » » » » »¼
0,4
n + i = 1 . (24.59) Ni
Zweckmäßigerweise nutzt man diese Gleichung iterativ, und zwar folgendermaßen: D i +1 = D i
ψˆ i
+ C i +1 ,
mit i = 0, 1, 2, ..., n (24.60) (wobei i = 0 auf die 1. Kollektivstufe zu setzen ist)
wobei zu berücksichtigen ist D o = 0, Ci =
ni Ni
und
§ N · ψˆ i = ¨ i ¸ © N i +1 ¹
0, 4
.
Letztlich ergibt sich die zusammengefasste Schadenssumme zu D n , welche im Allgemeinen eine sehr gute Vorhersage (Erkenntnis aus 650 Versuchen) der tatsächlich erreichten Lebensdauer darstellt.
370
25 Strukturzuverlässigkeit Die vorausgegangene Diskussion der Ermüdungsfestigkeit hebt auf die Analyse einer als schadenskritisch erkannten Stelle ab. Eine Leichtbaustruktur wird aber im Regelfall aus vielen Einzelteilen bestehen, sodass sich letztlich die Frage nach der Systemzuverlässigkeit stellt. Das somit neu auftretende Problem der Zuverlässigkeit soll im Weiteren etwas vertieft betrachtet werden.
25.1 Zuverlässigkeitsanalyse Für die Forderung Zuverlässigkeit von Tragwerken gibt es viele unterschiedliche Begriffsbestimmungen (z. B. DIN 40 041, DIN 55 350, MIL-HDBK-217 F). Zur Bewertung der Auswirkungen soll im Weiteren jedoch von folgender Definition ausgegangen werden: Mit Zuverlässigkeit einer Struktur soll die Fähigkeit bezeichnet werden, unter vorgegebenen Belastungs- und Funktionsbedingungen in einem bestimmten Zeitraum und mit einer definierten Wahrscheinlichkeit nicht auszufallen. Dies beinhaltet, dass man Zuverlässigkeit durch ein Merkmal wie die Überlebenswahrscheinlichkeit (PÜ ) oder die komplementäre Ausfallwahrscheinlichkeit (PA ) kennzeichnen kann. Hierdurch wird es möglich, diese Effekte dann auch zu quantifizieren. Bei den hier zu betrachtenden Anwendungen soll bereits im Entwurf einem späteren Ausfall der Struktur vorgebeugt werden. Dies bedingt eine Maximierung der Zuverlässigkeit. Insofern gilt es, alle Maßnahmen bezüglich − der Krafteinleitung, − der Werkstoffauswahl, − der Verbindungstechnik, − der Gestaltung bzw. − der notwendigen Redundanzen sorgfältig abzustimmen. Die Bewertung einer Konstruktion hinsichtlich des verlangten Verhaltens erfolgt mittels einer Zuverlässigkeitsanalyse. Diese umfasst eine Schwachstellenbetrachtung, eine Abstrahierung eines Systems in ein Boole’sches Modell und hiervon abgeleitet eine wahrscheinlichkeitstheoretische Betrachtung bezüglich des Langzeitverhaltens.
25.2 Boole’sche Grundanordnungen Im Weiteren soll angenommen werden, dass eine Struktur aus mehreren Komponenten mit unterschiedlichen Schwachstellen aufgebaut sei. Für die einzelnen Komponenten sei die Überlebens- oder Ausfallwahrscheinlichkeit durch Simulation oder Experiment bekannt.
371
25.2 Boole’sche Grundanordnungen
Von Interesse ist nun zu prognostizieren, welchen Einfluss die einzelnen Schwachstellen auf die Gesamtstruktur haben. Nach grundsätzlichen Erkenntnissen treten in technischen Systemen stets bestimmte Boole’sche Grundanordnungen auf, die sich entweder als Serien- oder Parallelanordnung der Komponenten darstellen. Ausfall oder Überleben können hierbei als Komplementärereignisse angesehen werden. Es gilt demgemäß für eine Struktur/System PÜ + PA = 1
(25.1)
bzw. für eine einzelne Schwachstelle/Bauteil Püi + Pai = 1 .
(25.2)
Damit lassen sich die Grundanordnungen wie folgt charakterisieren: •
Serienanordnung: Der Fall ist dadurch charakterisiert, dass die maßgebenden Komponenten (K1-Kn) hintereinander wirken. Eine Struktur überlebt dabei nur, wenn alle Komponenten überleben. Für die Überlebenswahrscheinlichkeit ist demgemäß n
PÜ ( t ) = Pü1 ⋅ Pü 2 ⋅ ... ⋅ Pün = Π Püi ( t )
(25.3)
i =1
anzusetzen bzw. für die Ausfallwahrscheinlichkeit n
PA ( t ) = 1 − Π (1 − Pai ( t )) .
(25.4)
i =1
Falls alle Komponenten die gleichen Wahrscheinlichkeitswerte aufweisen sollten, vereinfachen sich die vorstehenden Gleichungen zu PÜ ( t ) = Püi n bzw. PA ( t ) = 1 − (1 − Pai ) . n
•
(25.5)
Parallelanordnung: Dieser Fall ist durch Verzweigungen gekennzeichnet, d. h., es sind mehrere Kräftepfade vorhanden. Der Ausfall einer Komponente zieht also nicht zwangsläufig auch den Ausfall der Struktur nach sich. Für die Ausfallwahrscheinlichkeit gilt somit n
PA ( t ) = Pa1 ⋅ Pa 2 ⋅...⋅ Pan = Π Pai ( t ) i =1
bzw. für die Überlebenswahrscheinlichkeit
(25.6)
372
25 Strukturzuverlässigkeit n
PÜ ( t ) = 1 − Π (1 − Püi ( t ) ) .
(25.7)
i =1
Sind wiederum alle Wahrscheinlichkeitswerte gleich, so sind die zu Gl. (25.5) dualen Beziehungen zu bilden. Im Bild 25.1 sind die typischen Grundanordnungen in ihrem Aufbau symbolisch dargestellt. Serienanordnungen liegen in der Technik überall da vor, wo der Kraftverlauf von einem Bauteil zum anderen läuft. Dies ist der Regelfall, der überwiegend vorkommt. Bei Parallelanordnungen wird der Kraftverlauf aufgespalten. In der Praxis ist dies relativ selten, obwohl es hierfür Anwendungsfälle (z. B. Zweikreis-Bremssystem bei LKW, doppelte Wände bei Öltanks etc.) gibt.
Blockdiagramm
Überlebenswahrscheinlichkeit PÜ ( t ) = Pü1 ( t ) ⋅ Pü 2 ( t ) ... Pün ( t )
− logische Serienanordnung
n
K1
K2
Kn
= ∏ Püi ( t ) i =1
− logische Parallelanordnung
K1 K2
PÜ ( t ) = 1 − [1 − Pü1 ( t )] ... [1 − Pün ( t )] n
= 1 − ∏ [1 − Püi ( t )] i =1
Kn Bild 25.1: Logische Grundanordnungen im Zuverlässigkeits-Blockdiagramm nach /LEC 79/ Darüber hinaus treten oft auch Mischanordnungen dieser beiden Grundstrukturen auf. Eine Ausführungsform hierunter ist die Parallel-Serienanordnung, so wie im umseitigen Bild 25.2 gezeigt ist. Die Parallel-Serienanordnung fällt demnach also aus, wenn gerade zwei Komponenten K1i und K 2 i in gegenüberliegenden Strängen ausfallen, was normalerweise nur wenig wahrscheinlich ist. Eine insgesamt höhere Zuverlässigkeit kann der Serien-Parallelanordnung zugeschrieben werden, da dort jedes Glied redundant vorhanden ist. Ein Gesamtausfall ist hier nur möglich, wenn eine Parallelanordnung insgesamt ausgefallen ist.
373
25.3 Statistische Nutzung
Die diesen Anordnungen zugehörigen Wahrscheinlichkeitsfunktionen sind exemplarisch mit aufgeführt worden.
Blockdiagramm
Überlebenswahrscheinlichkeit
− Parallel-Serienanordnung
K11
K12
K21
K22
K1n
n m ª ºª º PÜ ( t ) = 1 − «1 − ∏ Pü1i ( t ) » «1 − ∏ Pü 2k ( t ) » ¬ i =1 ¼ ¬ k =1 ¼
K2n
− Serien-Parallelanordnung K11
K12
K1n
n
i =1
K21
K22
[
PÜ ( t ) = ∏ 1 − Pa1i ( t ) ⋅ Pa 2i ( t )
]
K2n
Bild 25.2: Zuverlässigkeits-Blockdiagramm von Parallelanordnungen
25.3 Statistische Nutzung Es wird in der Verkehrstechnik viele Fälle geben, wo von einem Leichtbauteil oder einer Leichtbaustruktur eine größere Stückzahl hergestellt werden soll. Das Zuverlässigkeitsverhalten der Struktur /BIR 91/ ergibt sich dann gemäß vorstehenden Ausführungen aus dem Ausfallverhalten der Komponenten. Wenn die Ausfall- bzw. Überlebenswahrscheinlichkeiten der Komponenten streuen, so kann man auch das Ausfallverhalten und die Lebensdauer der Struktur nicht als Einpunktwerte auffassen, sondern diese wird ebenfalls streuen. Demzufolge muss man die Nutzungszeit T als Zufallsgröße ansehen. Der Erwartungswert (MMTF = Mittelwert) der Lebensdauer kann dann angesetzt werden als ∞
E( T) ≡ Tm = ³ f ( t ) ⋅ t dt .
(25.8)
o
Darin bezeichnet f(t) die so genannte Ausfalldichte, welche definiert ist zu f ( t) =
dPÜ dPA =− . dt dt
(25.9)
374
25 Strukturzuverlässigkeit
Durch partielle Integration lässt sich Gl. (25.8) noch vereinfachen zu ∞
∞
o
o
Tm = − PÜ ( t ) ⋅ t + ³ PÜ ( t )dt . =0
(25.10)
Der erste Term in dieser Gleichung ist null, weil PÜ ( 0) = 1 bzw. PÜ ( ∞) = 0 ist. Die mittlere Lebensdauer kann so angegeben werden als ∞
Tm = ³ PÜ ( t ) dt .
(25.11)
o
Der Wert Tm wird vielfach auch als MTTF (Mean Time To Failure) bezeichnet, welcher die ausfallfreie Zeit umfasst. Eine für die nachfolgenden Betrachtungen weiter wichtige Größe ist die so genannte Ausfallrate λ(t), sie ist definiert als das Verhältnis λ( t ) =
dP ( t ) f ( t) 1 ≡− ⋅ Ü . PÜ ( t ) PÜ ( t ) dt
(25.12)
Der Begriff Ausfallrate wird verständlich, wenn man eine hinreichend große Anzahl N gleicher Komponenten betrachtet, die einer Lebensdauerprüfung unterworfen werden. Nach Ablauf einer vorgegebenen Prüfzeit t werden eine Anzahl von n a ( t ) -Komponenten ausgefallen und ein Anzahl von n ü ( t ) -Komponenten die Prüfung überlebt haben. Dann gilt n a ( t) + n ü ( t) = N .
(25.13)
Versteht man die Wahrscheinlichkeit als Grenzwert der relativen Häufigkeit, dann lässt sich für die vorgenannten Ereignisse empirisch definieren ~ ( ) n ü ( t) PÜ t = N
(25.14)
~ ( ) na ( t) . PA t = N
(25.15)
und
Damit lässt sich dann wieder die Ausfallrate angeben zu λ(t ) = −
N 1 dn ü 1 dn a 1 na ⋅ ⋅ = ⋅ ≈ ⋅ , n ü N dt n ü dt N Δt
(25.16)
375
25.4 Zufallsausfälle
wobei die differenzierte Gl. (25.13) eingeführt worden ist. Die Ausfallrate kann so gedeutet werden als die Anzahl der Ausfälle n a aus einem Prüfumfang N in einem Zeitraum Δt . Des Weiteren kann aus Gl. (25.12) noch die Überlebenswahrscheinlichkeit für ein System über ein Zeitintervall (0, t 1 ) bestimmt werden. Aus einer Umstellung folgt PÜ ( t1) dPÜ
³
Pü ( 0) PÜ
t1
= − ³ λ( t ) ⋅ dt
(25.17)
o
bzw. t1
P (t ) "n PÜ Ü 1 = − ³ λ( t ) ⋅ dt , 1
0
mit PÜ ( 0) = 1 ,
oder entlogarithmiert erhält man
PÜ ( t 1 ) = e
§ t1 ¨ ¨¨ − ³ © o
· ¸ ¸ ¹
λ( t )⋅dt ¸ .
(25.18)
Dies lässt sich erweitern auf die Fragestellung, die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Systems für ein festes Zeitintervall Δ t = ( t 1 , t 2 = t 1 + Δ t ) anzugeben, wenn das System das vorausgegangene Zeitintervall [0,t1 ) überlebt hat. Zufolge der vorstehenden Betrachtungen folgt hierfür
PÜ ( t 1 , t 2 ) = e
§ t1 + Δt · ¨ ¸ − λ t ⋅ dt ( ) ³ ¨ ¸ ¨ ¸ t1 © ¹
(25.19)
als Funktion der Überlebenswahrscheinlichkeit.
25.4 Zufallsausfälle Ein seltener Spezialfall für die Nutzung einer Struktur ist der Zufallsausfall. In der Praxis versucht man damit das reine Werkstoffversagen unter gleichen Belastungsbedingungen zu erfassen. Das Kennzeichen eines Zufallsausfalls ist, dass Ausfälle zu beliebigen Zeiten auftreten. Es kann somit angenommen werden, dass die Ausfallrate zeitunabhängig ist. Somit kann für den Exponenten von Gl. (25.19) angesetzt werden: t1
λ ³ dt = λ ⋅ t 1 . 0
(25.20)
376
25 Strukturzuverlässigkeit
Die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Systems in einem Zeitintervall von t = 0 bis t = t1 ist dann angebbar als PÜ ( t 1 ) = e − λ ⋅ t1 .
(25.21)
Interpretiert heißt dies aber auch, dass die Zuverlässigkeit PÜ ( t 1 , Δ t ) eines Systems, welches zum Zeitpunkt t funktionsfähig ist, unabhängig ist von der Vorbelastungszeit, was bei Werkstoffproblemen nur mit Einschränkung gültig ist. Erweitert gilt so PÜ ( t 1 , Δ t ) = e − λ ⋅ Δ t .
(25.22)
In Gl. (25.22) tritt somit die Vorbelastungszeit nicht mehr in Erscheinung, sondern nur noch das Zeitintervall. Entsprechend folgt für die Ausfallverteilungsfunktion PA ( t 1 , Δ t ) = 1 − e − λ ⋅ Δ t .
(25.23)
Vorstehende Gleichungen beschreiben eine Exponentialverteilung und ist somit ausschließlich für Zufallsausfälle relevant. Hieraus leitet sich die Ausfalldichte gemäß Gl. (29.9) zu f ( t) = λ ⋅ e −λ⋅ t
(25.24)
und die mittlere Lebensdauer zu ∞
Tm = ³ e − λ ⋅ t ⋅ dt = − o
1 − λ⋅t ∞ 1 ⋅e = o λ λ
(25.25)
ab, d. h., bei Vorliegen einer konstanten Ausfallrate beschreiben der Mittelwert und die Ausfallrate die Zuverlässigkeit eines Systems. Der Ausdruck 1/λ = MTBF (Mean Time Between Failures) wird oft auch in Regelwerken zur Kennzeichnung der ausfallfreien Zeit herangezogen. Die Annahme einer konstanten Ausfallrate ist für beliebig große Betrachtungszeiträume jedoch nicht zutreffend, da gewöhnlich über einen längeren Zeitraum auch die Ausfallrate (z. B. wegen Kriechens, Ermüdens, Alterns etc.) zeitabhängig wird.
25.5 Früh- und Abnutzungsausfälle Bei Systemen aus vielen Einzelteilen, die miteinander verbunden sind und wo Reibung oder andere systematische Effekte wirken, wird man in der Praxis einen bestimmten Versagensablauf aus Früh- und Abnutzungsausfällen erkennen. Im Bild 25.3 ist eine dieses Verhaltens beschreibende Ausfallkurve (Badewannenkurve s. /AUT 84/) skizziert. Die Kurve grenzt hierbei drei Bereiche ab:
377
25.5 Früh- und Abnutzungsausfälle
− Im Intervall von t = 0 bis t1 tritt eine abfallende Ausfallrate auf. Hierdurch werden Frühausfälle charakterisiert, die infolge verborgener Mängel (Herstellungs-, Montage- oder Werkstofffehler) vorkommen. − Im Intervall t1 , t 2 hat sich die Ausfallrate stabilisiert, da vorher schon alle fehlerbehafteten Strukturen ausgefallen sind. Weitere Ausfälle treten somit nur zufällig auf. − Im Intervall t > t 2 steigt die Ausfallrate wieder an. Ursache können hier Verschleiß, Alterung oder Ermüdung sein.
λ(t)
Frühausfälle
Abnutzungsausfälle Zufallsausfälle
0
t1
t2
t
Bild 25.3: Bereichsweise veränderliche Ausfallkurve (Badewannenkurve) Das zuvor beschriebene Verhalten kann mathematisch durch die Weibull-Verteilung /BER 86/ beschrieben werden. Diese kann entweder zwei- oder dreiparametrig angesetzt werden. − Bei der zweiparametrigen Weibull-Funktion entspricht die Überlebenswahrscheinlichkeit b PÜ ( t ) = e −( t / T ) .
(25.26)
Hierin ist t die variable Zeit, T die charakteristische Lebensdauer (bei 63,2 % Ausfälle) und b ein Formparameter, der den Verlauf der Verteilungskurve steuert. Die Dichtefunktion ist anzusetzen als f ( t) =
*)
dPA b § t · b − 1 − ( t / T)2 *) = ⋅¨ ¸ ⋅e dt T © T¹
(25.27)
− t /T b Anmerkung: Für PA = 1 − e ( ) und t = T = 1 wird PA ( T) = 0,632 und ist unabhängig von b, weil 1b = 1 . Somit bezeichnet T die Lebensdauer, bis zu der 63,2 % aller Strukturen/Systeme ausgefallen sind.
378
25 Strukturzuverlässigkeit
und die Ausfallrate als λ( t ) =
f ( t) b § t · b −1 = ⋅¨ ¸ . PÜ ( t ) T © T ¹
(25.28)
Die Erfahrung zeigt, dass die mit der zweiparametrigen Weibull-Funktion berechneten Lebensdauern fast immer unter den real gemessenen Lebensdauern liegen. Als Ursache hierfür ist zu vermuten, dass gemäß Gl. (25.26) schon Ausfälle zum Zeitpunkt t = 0 angenommen werden. Dies wird in der Praxis aber sehr selten sein, sondern es kann unterstellt werden, dass jede Struktur eine bestimmte Mindestlebensdauer hat, ab der erst Ausfälle auftreten werden. − Die dreiparametrige Weibull-Funktion berücksichtigt durch einen zusätzlichen Parameter t o eben diese ausfallfreie Zeit. Demgemäß wird angesetzt PÜ ( t ) = e
[
− ( t − t o ) / (T − t o )
]b
.
(25.29)
Dieser Ansatz gibt im Allgemeinen das Betriebsverhalten besser wieder. Für die Dichtefunktion erhält man somit f ( t ) = b( t − t o )
b −1
⋅ (T − t o )
−b
⋅e
[
− ( t − to ) / (T − to )
]b
(25.30)
und für die Ausfallrate λ( t ) = b( t − t o )
b −1
⋅ (T − t o )
−b
.
(25.31)
Die Bestimmung von t o würde in der Praxis einen hohen Versuchsaufwand bedeuten, sodass man hier meist mit Abschätzungen operiert. Eine oft benutzte Bezugsgröße ist die L10 -Lebensdauer, bis wohin 10 % der Systeme ausgefallen sind. Damit kann dann eine Abschätzung wie L10 t o = =c L t
(25.32)
durchgeführt werden, da für viele Bauteile (Schrauben, Lager, Wellen etc.) das Verhältnis L10 /L aus Versuchen ungefähr bekannt ist. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand existiert derzeit kein verlässlicherer Ansatz als die Weibull-Funktion, um Systemlebensdauern vorhersagen zu können.
379
26 Strukturakustik Dünnwandige Blechstrukturen stellen in vielen Anwendungen die günstigste Konstruktionslösung dar. Oftmals treten jedoch Geräuschprobleme auf, die bei dem gewachsenen Umweltbewusstsein immer weniger toleriert werden. In immer stärkerem Maße werden daher lärmarme Konstruktionen verlangt, zumal nachträgliche Lärmminderungsmaßnahmen in der Regel sehr kostspielig und nicht immer erfolgreich sind.
26.1 Ursachen von Geräuschen Geräusche können nach ihrer Entstehung in direkten und indirekten Luftschall /HEN 01/ eingeteilt werden. Direkter Luftschall wird von aeropulsiven, aerodynamischen oder thermodynamischen Schallquellen erzeugt (Beispiele: Propeller-, Strömungs-, Explosions- und Brennergeräusche). Der von einer Blechstruktur abgestrahlte Luftschall wird als „indirekt“ bezeichnet, weil er durch Körperschall, d. h. Schwingungen (im Allgemeinen Biegeschwingungen) im hörbaren Frequenzbereich zwischen 16 Hz und 16 kHz, verursacht wird. Das Geräuschniveau einer Konstruktion kann nur dann durch akustisch wirksame Veränderungen eines Blechbauteils oder einer Leichtbaubaugruppe gemindert werden, wenn es sich hierbei um eine dominante Teilschallquelle handelt. Dies bedingt, dass das Gesamtgeräusch wesentlich durch dieses Bauteil oder einer Baugruppe bestimmt wird. Eine sorgfältige Teilschallquellenanalyse ist daher die Voraussetzung zur Gestaltung geräuschgeminderter Konstruktionen bzw. zu wirksamen Änderungen an bestehenden Konstruktionen. Zur Lokalisierung dominanter Teilschallquellen eignet sich als qualitatives Verfahren eine systematische Betrachtung des Kraftflusses; quantitative Aussagen erfordern die Kenntnis des akustischen Verhaltens der einzelnen anregenden oder übertragenden Bauelemente. In der Regel führen dynamische Betriebskräfte zur Körperschalleinleitung und lassen somit Blechstrukturen zu Schallstrahlern werden. Einige typische Beispiele sind im Bild 26.1 aufgelistet. Anregungen
Quellen
• Massenkräfte
Motor-, Getriebe-, Gebläse- und Turbinenunwuchten, Kurvengetriebe, oszillierende Massen
• Wechselkräfte
periodische Kraftübertragung in Zahnradgetrieben, Wälzlagern
• magnetische Kräfte
Elektromotore, Linearantriebe
• Stöße, Schläge
Anschläge, Spiel, Umform- und Trennvorgänge, Fallvorgänge
• Druckwechselvorgänge Kolbenmaschinen, Rohrleitungen Bild 26.1: Typische Betriebskräfte mit Körperschallinduzierung Die Schaffung geräuscharmer Konstruktionen muss im ersten Schritt an den Geräuschquellen ansetzen, d. h., die anregenden Kräfte müssen minimiert und ihr Zeitverlauf beeinflusst
380
26 Strukturakustik
werden. Im zweiten Schritt kann dann erst geräuscharmes Konstruieren greifen. Zeigen diese Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg, so sind in einem weiteren dritten Schritt Sekundärmaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören Dämmung oder absorbierende Kapselungen.
26.2 Akustisches Verhalten Die Entstehung des indirekten Luftschalls kann physikalisch drei Ursachen haben: Schwingungseinleitung in eine Struktur, Körperschallübertragung von den Einleitungsstellen zu den abstrahlenden Flächen und die Abstrahlung (Umsetzung von Körper- in Luftschall). Mögliche Maßnahmen müssen sich gemäß Bild 26.2 auf diese Ursachen /SCH 96/ konzentrieren.
Bauteile im Kraftfluss
umschließende Bauteile
abdeckende Bauteile
F(t)
± v ( t ) ± F( t ) v(t)
F(t) v(t)
Eingangsimpendanz Maßnahmen bezüglich: Masse und Stetigkeit
Abstrahlung Maßnahmen bezüglich: Oberflächengröße, Oberflächengestaltung, Eigenfrequenz, Ausgleichsvorgänge
Übertragungsverhalten Maßnahmen bezüglich: Dämmung, Dämpfung, Zusatzmassen
günstige akustische Konstruktion
Bild 26.2: Funktionssystematik und Maßnahmenschwerpunkte zur Geräuschbeeinflussung nach /TÖN 83/
381
26.3 Körperschallausbreitung
Je nach Funktion und Gestaltung zeigen Blechkonstruktionen ein unterschiedliches akustisches Verhalten, welches wesentlich davon abhängt, ob eine Kraft- oder Fußpunktanregung vorliegt. Meist lässt sich eine Fußpunkterregung besser beherrschen als eine Krafterregung. Maßgebend für den Luftschall ist die Schnelle, d. h. die Schwinggeschwindigkeit senkrecht zur Oberfläche. Liegen Bauteile (Träger, Rahmen, Gestelle) im Kraftfluss, so werden diese unmittelbar durch Wechselkräfte zu Schwingungen angeregt. Hierbei spielt der Schwingungswiderstand (Eingangsimpedanz) an der Anregungsstelle die entscheidende Rolle. Abdeckende Bauteile (Deckel, Seitenverkleidungen) liegen nicht im Kraftfluss, sondern sind an tragende Bauteile angebracht. An der Koppelstelle werden sie mit der Schwinggeschwindigkeit dieser Bauteile beaufschlagt, ohne dass ihre Eingangsimpedanz diese Geschwindigkeitsanregung beeinflussen kann. Zur Klärung der Frage, ob ein Bauteil geschwindigkeitserregt ist, hilft ein Vergleich der Impedanzen an den Verbindungsstellen. Ist nämlich die Eingangsimpedanz des anzukoppelnden Bauteils deutlich geringer als diejenige der tragenden Struktur, so liegt eine Geschwindigkeitsanregung vor. Eine Verminderung der anregenden Schwinggeschwindigkeit ist dann nur möglich, wenn die Impedanz der tragenden Struktur an den Verbindungsstellen wesentlich erhöht werden kann. Flächige, selbsttragende Bauteile (Behälter, Kanäle, Förderrinnen) erfüllen sowohl tragende als auch abdeckende Funktionen, weswegen sie als umschließende Bauteile bezeichnet werden. Meist lässt sich die Frage nicht so einfach klären, ob es sich hierbei um eine Kraft- oder Geschwindigkeitsanregung handelt. Vielfach treten Stöße oder Schläge auf, wobei die Anregung dann aus Spitzenwerten (d. h. Impulse) besteht. Oftmals lassen sich derartige Probleme nur durch lokale Dämmung beheben.
26.3 Körperschallausbreitung In festen Körpern pflanzen sich Anregungen mit charakteristischen Geschwindigkeiten fort. Dabei wird nicht nur elastischen Längsverformungen ein Widerstand entgegengesetzt, sondern auch Schub-, Biege- und Torsionsverformungen. Demzufolge treten in Körpern Längs-, Schub-, Biege- und Torsionswellen auf. Dehnwellen Als Dehnwellen bezeichnet man quasi-longitudinale Wellen (Längswellen). Für Stahl ρ = 7.850 kg/m 3 , E = 2 ,1 ⋅ 1011 N/m 2 bestimmt sich deren Fortpflanzungsgeschwindigkeit bzw. Dehnwellengeschwindigkeit zu
(
)
c DeW , St =
E m = 5.172 . ρ s
(26.1)
Das Auftreten von Dehnwellen (s. Bild 26.3) setzt voraus, dass die Abmessungen eines Körpers in den Querrichtungen klein gegenüber der Wellenlänge sind. Derartige Verhältnisse liegen gewöhnlich bei stabartigen Strukturen vor.
382
26 Strukturakustik primäre Longitudinalwelle
λ
Bild 26.3: Prinzip der Dehnwellen /HEN 01/
sekundäre Transversalwelle
Quasi-longitudinale Wellen mit sekundären Transversalwellen können auch noch in plattenförmigen Strukturen, d. h. an der Plattenoberfläche, auftreten. Die Dehnwellengeschwindigkeit in Platten ergibt sich demnach für Stahl (ν = 0,3) c DeW , Pl =
1
E m = 5.422 . ρ s
1− ν2
(26.2)
Dichtewellen Falls die räumliche Ausdehnung von Körpern in allen drei Richtungen wesentlich größer als die auftretende Wellenlänge ist, so werden bei Längserregung reine Längs- oder Dilatationswellen (Dichtewellen) hervorgerufen. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit hat eine kugelartige Form. Damit ergibt sich die Dichtewellengeschwindigkeit zu c DiW , K =
1− ν ⋅ (1 + ν ) ⋅ (1 − 2 ν )
E . ρ
(26.3)
Für Körper aus Stahl beträgt die Dichtewellengeschwindigkeit c DiW , K = 5.970 m/s und ist damit um 15 % größer als die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in stabartigen Strukturen. Im Bild 26.4 ist der Verlauf stilisiert dargestellt worden. a) Dichtewellen
b) Schubwellen
λD c) Torsionswellen
λS d) Biegewellen
λT
Bild 26.4: Wellenausbreitung in Strukturen nach /HEN 01/
λB
383
26.3 Körperschallausbreitung
Schubwellen In räumlichen Strukturen können bei Querkrafterregung auch reine transversale Schubwellen auftreten. Die Schubwellenausbreitung zeigt dann eine räumliche Form. In Stahl G = 8 ,1 ⋅ 1010 N/m 2 beträgt die Schubwellengeschwindigkeit
(
)
cQ =
G = 3.210 m/s . ρ
(26.4)
Torsionswellen Ein Sonderfall von Schubwellen sind Tosionswellen in stabartigen Körpern, die eine zirkulare Form aufweisen. Für die Torsionswellengeschwindigkeit ergibt sich demzufolge cT =
G ⋅ JT , mit Θx
G ⋅ J T = Drillsteifigkeit
(26.5)
Θ x = Massenträgheitsmoment um die Längsachse Im Fall von kreisförmigen Strukturquerschnitten ist c T = c Q .
Biegewellen Am häufigsten werden Leichtbaustrukturen auf Biegung beansprucht, weswegen Biegewellen für die Ausbreitung und die Abstrahlung von Körperschall am wichtigsten sind. Biegewellen erzeugen transversale Auslenkungen bei gleichzeitigem Schrägstellen aller Körperquerschnitte. In stabartigen Körpern beträgt die Ausbreitungsgeschwindigkeit von freien Biegewellen cB =
2π ⋅ f ⋅ 4
E ⋅Jb μL
, mit J b = Flächenträgheitsmoment μ L = Masse pro Länge f
(26.6)
= Anregungsfrequenz
bzw. cB =
2 π ⋅ f ⋅ i ⋅ c DeW , mit
i = Trägheitsradius.
(26.7)
Analog gilt für Platten
cB =
2π ⋅ f ⋅ 4
B , mit μ A = ρ ⋅ t ≡ Masse pro Fläche μA E ⋅ t3 = Biegesteifigkeit B= 12 1 − ν 2
(
bzw.
)
(26.8)
384
26 Strukturakustik c B = 1, 35 c DeW , Pl ⋅ t ⋅ f .
(26.9)
Somit kann die Wellenlänge einer Biegewelle bestimmt werden zu c DeW , Pl ⋅ t c λ B = B = 1, 35 . f f
(26.10)
Im Gegensatz zu den bisher erfassten Wellen-Ausbreitungsgeschwindigkeiten hängt die Biegewellengeschwindigkeit von der Frequenz f ab und wird mit steigender Frequenz auch größer. Dieses Phänomen bezeichnet man als die Frequenzdispersion des Körperschalls. Entsprechend der Beanspruchung können in Körpern alle aufgeführten Wellenformen auftreten. Es sind jedoch auch Wellenumlagerungen möglich, wenn beispielsweise Dehnwellen an Ecken oder Knoten reflektiert werden, so können diese in Biegewellen umschlagen. Transversalwellen biegeweicher Körper Vorgespannte, biegeweiche Körper (Seile, Saiten) schwingen unter Erzeugung von Transversalwellen (s. Bild 26.5). A,E
x
Fx L
Bild 26.5: Erste Transversalwelle bei einem biegeschlaffen, stabartigen Körper nach /HEN 01/ Wird in Gl. (26.1) für die Dehnwellengeschwindigkeit der E-Modul durch die Vorspannung ersetzt, so erhält man c TrW =
σx = ρ
Fx . μL
(26.11)
Wie zuvor schon festgestellt wurde, sind für die Schallabstrahlung in ein umgebendes Medium ausschließlich relative Bewegungen senkrecht zur Oberfläche ursächlich. Dies bedingt transversale Wellen, wie sie in geringerem Umfang bei Dehnwellen und im starken Maße bei Biegewellen auftreten. Biegewellen sind daher besonders kritisch.
385
26.4 Wellenbeanspruchung
26.4 Wellenbeanspruchung Mit dem Auftreten von Körperwellen sind auch innere Beanspruchungen verbunden, die von Profilen aufzunehmen sind und letztlich zur Instabilität führen können. Kritisch kann dies vor allem in Crashsituationen von Fahrzeugen sein, bei denen die Längsschweller zunächst kurzzeitig (etwa 8-10 ms) einer Dehnwellenbeanspruchung und danach einer Stauchbeanspruchung mit eventueller Fließgelenkausbildung unterliegen. Das Prinzip eines Crashs zeigt die vereinfache Darstellung im Bild 26.6.
starre Wand
dünnwandiger Hohlquerschnitt Fahrzeugmasse
Anfangsgeschwindigkeit
Wellenfront bewegt sich mit Bereich Schallgeschwindigkeit nach hinten großen Stoßdrucks und wird reflektiert
Wellenausbreitungsphase
Kontaktzone Längsschweller in Pkw-Karosserien
lokales Faltenbeulen
Bild 26.6: Belastungsprinzip eines Längsschwellers im Crash
386
26 Strukturakustik
Die Längsträger sind gewöhnlich geschlossene, dünnwandige Stahlprofile, die longitudinale Wellen c DeW , St = 5.172 m/s übertragen. Hierdurch werden Druckspannungen von der
(
)
Größe σ d , DeW = ρ ⋅ c DeW ⋅ v c
(26.12)
hervorgerufen, denen das Profil in der Crasheinleitungsphase standhalten muss. Das folgende Bild 26.7 gibt die Beanspruchungsgrößen bei einigen Crashgeschwindigkeiten wieder.
v c [ km/h ]
[
σ d , DeW N/mm 2
56,4 112,8 563,9 1.127,8
5 10 50 100
] Bild 26.7: Innere Profilbeanspruchungen aus Dehnwellen
Normale Stähle können diese Beanspruchung nicht aufnehmen, weshalb man heute im Fahrzeugbau CP-, TRIP- und TMS-Stähle für crashrelevante Strukturbauteile einsetzt. Aber auch diese Stähle können Stoßwellen bei Geschwindigkeiten größer v C = 100 km/h nur schwer standhalten, d. h. es entsteht eine unbeherrschbare Instabilität.
26.5 Impedanz Als Impedanz einer elastischen Struktur wird das Verhalten einer erregenden Ursache (Kraft, Moment) zu einer Geschwindigkeit (Schnelle) bezeichnet, die sich an einer Struktur einstellt. Man unterscheidet hierbei eine akustische und eine mechanische Impedanz. Für die hier zu betrachtenden Probleme ist nur die mechanische Impedanz von Interesse. Die mechanische Impedanz /HEN 01/ ist hiernach der Widerstand, der den wirkenden Kräften entgegengesetzt wird. Ist F(t) die erregende, periodische Kraft von v(t) die Schnelle an der gleichen Stelle, wobei beide gleichgerichtet sein müssen, so bezeichnet das Verhältnis
ZE =
F( t ) v(t )
(26.13)
die Eingangsimpedanz. Angenommen wird stets eine punktförmige Krafterregung, wobei die Kraftangriffsfläche klein gegenüber der erzeugten Wellenlänge sein soll. Physikalisch besagt Z E , in welcher Stärke bei einer krafterregten Struktur Körperschall erzeugt wird. Das heißt, eine große Eingangsimpedanz führt nur zu geringem Körperschall.
387
26.6 Impedanz einer idealisierten Struktur
26.6 Impedanz einer idealisierten Struktur Praktische Erkenntnisse lassen sich sehr schön am Beispiel eines gedämpften Einmassenschwingers (Bild 26.8) gewinnen. Im Fahrzeugbau kann an diesem idealisierten Modell die Kraftanregung der Achsstruktur oder im Maschinenbau das Verhalten von Werkzeugsystemen abgeschätzt werden. F(t) x
m
k
d
Bild 26.8: Gedämpfter Einmassenschwinger
Durch Freischneiden findet sich sofort die zugehörige DGL*) m ⋅ x + d ⋅ x + k ⋅ x = F ( t ) mit den bekannten Lösungsansätzen x = xˆ ⋅ e i ⋅ω⋅ t , F = Fˆ ⋅ e i⋅ω⋅ t ,
d. h., bei einer Anregung mit der Kreisfrequenz ω schwingt eine Struktur ebenfalls mit der gleichen Frequenz. Nach dieser Vorbetrachtung ergibt sich für die Eingangsimpedanz des Einmassenschwingers ZE =
F F k = = i⋅m⋅ω+ d + . v x i⋅ω
(26.14)
Man erkennt die Zusammensetzung aus drei Anteilen, und zwar − einer Massenimpedanz Z m = i ⋅ m ⋅ ω,
(26.15)
welche bei einer Punktmasse eine rein imaginäre Größe ist. Dies bedeutet: Die Schwinggeschwindigkeit oder Schnelle der Masse ist um 90° phasenverschoben gegenüber der anregenden Kraft. Weiter ist die Massenimpedanz proportional zur Masse und zur anfachenden Kreisfrequenz. *)
Anmerkung: x = i ⋅ ω ⋅ x x = − ω 2 ⋅ x
388
26 Strukturakustik
− einer Dämpfungsimpedanz Zd = d ,
(26.16)
welche als reelle Größe geschwindigkeitsproportional und mit der anregenden Kraft in Phase ist. − einer Steifigkeits- bzw. Federimpedanz Zk =
k , i⋅ω
(26.17)
welche imaginär ist, womit ausgedrückt wird, dass die Schwinggeschwindigkeit um -90° phasenverschoben ist zur anfachenden Kraft. Der Betrag der Federimpedanz ist proportional zur Federkonstanten und umgekehrt proportional zur anfachenden Kreisfrequenz. Die Eingangsimpedanz eines Einmassenschwingers kann somit durch Variation der Masse, Dämpfung und Steifigkeit /VDI 80/ weitestgehend unabhängig optimiert werden.
26.7 Quantifizierung von Versteifungsmaßnahmen In der Praxis des Blechleichtbaus geht es regelmäßig darum, die Eingangsimpedanz durch Versteifungsmaßnahmen (Verrippungen, Versickungen, Wandstärkensprünge) zu verändern. Als mechanisches Ausgangselement liegt gewöhnlich eine Platte vor (s. Bild 26.9). Aus der Schwingungs-DGL muss daher zunächst die Eigenkreisfrequenz hergeleitet werden. Diese Herleitung wird in der Literatur (z. B. /SZA 64/, /KOL 93/) wiederholt gezeigt und soll hier nicht noch einmal vollzogen werden.
x y
a
z, w
b
t
Bild 26.9: Festlegungen an der homogenen, dünnwandigen Platte
26.7 Quantifizierung von Versteifungsmaßnahmen
389
Somit findet sich für − die frei gestützte Rechteckplatte die Eigenkreisfrequenz § i2 k2 · 2 B ¸π ⋅ ω ik = ¨¨ + , ¸ 2 2 ρ ⋅t b ¹ ©a
i, k = 1, 2, 3, ...
(26.18)
und die Eigenfrequenz zu f ik =
ω ik
(26.19)
2π
und für − die eingespannte Rechteckplatte (Näherung nach W. Leissa für die 1. Eigenkreisfrequenz) Kx
ω11 = π 2 ⋅
+
a4
Ky b4
+2
K xy a2
⋅ b2
⋅
B ρ⋅t
(26.20)
mit den Konstanten Kx = Ky = K xy =
144 π4
504 π4
,
.
Wenn Platten verrippt werden, verschiebt sich durch die Verrippung die erste Eigenfrequenz. Aus Experimenten ist der folgende Zusammenhang belegt: f PR
1
= ϕ 0 ⋅ f PL 1
(26.21)
mit ϕ0 =
B PR B Pl
⋅
μ A , Pl μ A , PR
.
(26.22)
Die Größe des Verschiebungsfaktors ϕ 0 ist im Bild 26.10 an einigen Verrippungsmustern dargestellt.
390
26 Strukturakustik 1,5 1,4
ϕ0
1,3 1,2 Blech 100 × 100 × 1 mm3 Rippen 2 mm breit 3 mm hoch fest eingespannt
1,1 1
Verrippungen
Bild 26.10: Eigenfrequenz-Verschiebung durch Verrippung (nach /TÖN 83/) Bei versickten Platten (Sickenbreite gleich zweimal Plattendicke) hat man mit B PS
ϕ0 =
(26.23)
B Pl
einen ähnlichen Zusammenhang gefunden. Des Weiteren können durch Wandstärkensprünge (s. Bild 26.11) Eigenfrequenzverschiebungen hervorgerufen werden.
A2
A1 t1
t2
Bild 26.11: Abgesetzte Platte
26.8 Einfluss von Werkstoff und Verbindungstechnik
391
In Relation zu einer gleich schweren homogenen Platte mit t = 0,5 ( t 1 + t 2 ) wurde experimentell gefunden: A A f Pl , abg = f 1 ⋅ 1 + f 2 ⋅ 2 . A ges A ges
(26.24)
Dieser Zusammenhang lässt sich auch auf Kastenstrukturen übertragen. Vereinfacht können Wände als gelenkig gelagerte Einzelplatten aufgefasst werden. Die erste Eigenfrequenz ergibt sich sodann als das flächengewichtete arithmetische Mittel der ersten Eigenfrequenzen aller Teilplatten zu n
Ai ⋅ fi . i =1 A ges
fK = ¦
(26.25)
Die aufgezeigten Frequenzverschiebungen führen zu einer Absenkung des Schalldruckpegels (s. Darstellung in der DIN 45630), sodass das menschliche Ohr eine geringe Intensität wahrnimmt, welches gleichbedeutend mit einem Leiser-Empfinden ist.
26.8 Einfluss von Werkstoff und Verbindungstechnik Um die akustische Effizienz von Werkstoffänderungen oder Teileverbindungen bewerten zu können, nutzt die Physik einen Verlustfaktor. Dieser stellt im Grunde ein Energie- bzw. Dämpfungskriterium dar, und zwar Verlustfaktor =
pro Schwingung in Wärme umgewandelte Energie . nicht in Wärme umgewandelte Energie
Gewöhnlich kann der Verlustfaktor aus Resonanzkurven oder der Nachhallzeit gewonnen werden. Weiter ist es üblich, diesen Effekt als Senkung des Körperschallpegels (in dB) anzugeben, wie λ ΔL K = 10 lg 2 . λ1
(26.26)
Die Verlustfaktoren sind gewöhnlich tabelliert bzw. können dem folgenden Bild 26.12 entnommen werden. Somit lassen sich Änderungen bezüglich eines Werkstoffwechsels oder der Einfluss von Teileverbindungen bewerten.
392
26 Strukturakustik Werkstoff/Kombination Stahl Aluminium Stahlguss Kunststoffe Stahlblech mit Entdröhnbeleg Verbundblech Gummi Ausführungsformen verschweißte Stahlbleche verschraubte Stahlbleche (wenige Teile) verschraubte oder genietete Stahlbleche (viele Teile)
Verlustfaktor λ 0,0002 0,0002 0,001-0,002 0,1 0,1 0,1-0,2 1,0 Verlustfaktor λ 0,001-0,002 0,01-0,02 0,03
Bild 26.12: Anhaltswerte für den akustischen Verlustfaktor (nach VDI 3720, Blatt 1)
393
Leichtbau-Übungen
394
1. Übung zu Kapitel 2.2 „Kostenmodell“ Im Folgenden soll zur Abschätzung einer günstigen Bauweise ein vereinfachtes Kostenmodell angewandt werden. Als Beispiel dient hierzu die leichtbaugerechte Optimierung einer Zelle eines Kleintransporters, dessen prinzipiellen Strukturaufbau die Skizze zeigt.
h b L Profil: b, h, E . J Bild 1: Prinzipielle Struktur einer Zelle eines Transportfahrzeuges Bisher wurde die Gitterstruktur des Fahrzeugs aus hochfesten Walzstahl-Profilen hergestellt. Im Weiteren ist zu untersuchen, wann sich Al- oder GFK-Profile seitens der Kosten rentieren. Für die Materialkenngrößen (Relationen) sollen dabei nachfolgende Annahmen gemacht werden:
[
ρ kg/dm 3
Stahl
Aluminium
GFK
7,85
2,7
1,95
210.000
70.000
40.000
1
3
4
]
E [MPa] k W [€/kg]
Die Gewichtsverteilung bei der St-Zelle war bisher − Strukturgewicht: G S = 1. 000 kg − Nutzlast: G N = 800 kg G = 1. 800 kg Unter der Voraussetzung, dass die tragenden Profile der Zelle auf gleiche Biegesteifigkeit ausgelegt werden sollen und hierfür die Bedingung
1. Übung zu Kapitel 2.2 „Kostenmodell“
395
ESt ⋅ J St = E x ⋅ J x = konst .
(1)
gilt, leitet sich die Bauweisenforderung Jx =
ESt ⋅ J St Ex
(2)
ab. Für die erforderlichen Flächenträgheitsmomente der Alternativwerkstoffe gilt sodann J Al = 3 ⋅J St bzw . J GFK = 5, 25 ⋅ J St .
(3/4)
Im Rahmen einer weiteren Vereinfachung sollen Rechteckprofile mit J = b ⋅ h 3 /12 für die tragenden Querschnitte angenommen werden. Für die sinnvolle Restriktion b = konst. finden sich dann für die Profilhöhen 3 h Al = 3 ⋅ h St und h GFK = 3 5,25 ⋅ h St .
(5/6)
Damit kann folgende relative Gewichtsfunktion (bezogenes Strukturgewicht) gebildet werden: § GS · G S* = ¨ ¸ = ρ⋅h © g ⋅ b ⋅ L¹
(7)
oder ρ ⋅ 3 3 ⋅ h St 2,7 = Al = ⋅ 1,44 = 0,49 , G S, St * ρSt ⋅ h St 7,85
G S, Al *
ρ ⋅ 3 5,25 ⋅ h St 1,95 = GFK = ⋅ 1,73 = 0,43 . G S, St * ρSt ⋅ h St 7,85
G S, GFK *
Für das Strukturgewicht zeigt sich dabei folgende Entwicklung:
St
Al
GFK
G S [kg]
1.000
490
430
+ G N [kg]
800
800
800
1.800
1.290
1.230
= G
[kg]
Die Wirtschaftlichkeitsdiskussion zeigt dabei folgende Tendenz:
1. Übung zu Kapitel 2.2 „Kostenmodell“
396
− Die Betriebskosten (Kraftstoff, Öl, Verschleiß) sind proportional dem Gesamtgewicht anzusetzen mit k B = 0,01 €/ (kg ⋅ 100 km ) ,
KB = k B ⋅ G ,
damit wird K B, St = 18 €/(100 km), K B, Al = 12,90 €/(100 km), K B, GFK = 12,30 €/(100 km)
(100 %)
(71,7 %)
(68,3 %)
− Die gesamten Herstellkosten der Zelle können proportional zu den Werkstoffkosten angesetzt werden, und zwar zu K H = H ⋅ I ⋅ KW = H ⋅ I ⋅ k W ⋅ GS ,
wobei die nachfolgenden Relationen gelten sollen: St
Al
GFK
Herstellkostenfaktor
H
100 %
120 %
200 %
Ingenieurkostenfaktor
I
100 %
130 %
150 %
Die Herstellkosten der reinen Tragstruktur findet man somit zu K H, St = 1.000 €, K H, Al = 2.293 €,
K H, GFK = 5.160 €
− Für die Amortisation kann dann der bezogene Faktor gebildet werden: f t , x [100km ] =
K H, x − K H, St K B, St − K B, x
=
K B, x ΔK H = (K H, x − K H, St ) ⋅ , K B, St ΔK B
d. h., höhere Werkstoffkosten müssen also im vorliegenden Fall durch verringerte Betriebskosten amortisiert werden. Als Amortisationsfaktoren bezüglich Stahl erhält man f t , St = 1,0 und
f t , Al
= 1,64
f t , GFK = 2,84
Dies kann wie folgt interpretiert werden: Wenn der Kaufpreis PSt eines Nutzfahrzeuges mit Stahlstruktur nach n Kilometern wieder eingefahren worden ist, so würde dies bei Aluminium eben mal f t , Al und bei GFK mal f t , GFK dauern. Hieraus ist zu folgern, dass unter den angenommenen Gegebenheiten eine Al- oder GFK-Zelle für Kleintransporter derzeit nicht wirtschaftlich zu sein scheint.
397
1. Übung zu Kapitel 2.2 „Kostenmodell“
Ein anderes Wirtschaftlichkeitsmodell nutzt beispielsweise die Firma AUDI in der Pkw-Entwicklung, um die zulässigen Mehrkosten für Leichtbaumaßnahmen zu begründen. Die Leichtbaugrenzkosten bestimmen sich somit zu LGK =
s⋅c⋅k ⋅f p
mit s = Amortisationsstrecke c = Verbrauchssenkung k = Kraftstoffpreis p = Entwicklungsmehraufwand f = Kostenbewertungsfaktor für Zusatznutzen
Erfahrungswerte für die Faktoren sind: 0,6 Ltr. , 100 km ⋅ 100 kg p = 1,0, f = 1,0, c=
2,0
8
1,5 1,4 1,3 1,2
7
1,1 1,0
6
0,9 0,8 0,7
5 4,05
4
0,6 0,5
3 2,70 2
1,35
1 45000 km
0 0
50000 Amortisationsstrecke s [km]
Bild 2: Akzeptable Leichtbaumehrkosten durch Verbrauchssenkung
100000
Kraftstoffpreis k [€/Liter]
Leichtbaugrenzkosten LGK [€/kg-Gewichtseinsparung]
hiermit lässt sich das im Bild 2 gezeigte Diagramm entwickeln.
398
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“ Als wesentliche Forderungen, die bei der Auswahl eines Konstruktionswerkstoffs unter Leichtbauaspekten zu berücksichtigen sind, gilt es anzuführen: − Gewährleistung der Funktion (Verformungsbedingungen), − Gewährleistung der Sicherheit (Langzeitverhalten), − Erfüllung der Gewichtsforderung (Nutzlast/Strukturgewichtsverhältnisse), − Verarbeitbarkeit (Umformbarkeit/Schweißeignung), − Herstellkosten (Materialkosten, Verarbeitungskosten), − Unterhaltskosten (Korrosionsschutz, Reparatur) sowie − Bewährung (Risiko der Nutzung neuer Werkstoffe). Die Auswahl eines geeigneten Werkstoffs wird oft durch gegenläufige Forderungen erschwert, weswegen meist Kompromisse eingegangen werden müssen. Um auf quantifizierbarem Wege eine Werkstoffauswahl durchführen zu können, sollen für die Alternative Stahl oder Aluminium einige Einsatzbeschränkungen betrachtet werden.
1. Vorteile der geringeren Masse Der Vorteil einer geringeren Masse kommt vor allem bei dynamischen Vorgängen zum Tragen, so wie die folgenden Beispiele belegen. 1.1 Rotierende Bauteile Rotierende Bauteile bewirken Zentrifugalkräfte Fz = m ⋅ r ⋅ ω2 ,
(1)
die wiederum im Bauteil Spannungen von der Größe F m ⋅ r ⋅ ω2 m ⋅ r 2 ⋅ ω2 m ⋅ v 2 V ⋅ ρ ⋅ v 2 σz = z = = = = A A A⋅r A⋅r A⋅r V und c = Systemkonstante σ z = c ⋅ ρ ⋅ v mit c = A⋅r v = Umfangsgeschwindigkeit ρ = Dichte 2
hervorrufen. Aufgelöst nach der Geschwindigkeit
(2)
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“ v2 =
σz g σ = ⋅ z , c⋅ρ c ρ⋅g
v=
σz g ⋅ , ρ⋅g c
v max = c1 ⋅
σz ρ⋅g
399
(3)
, worin c1 eine neue Konstante ist
zeigt sich, dass die maximal erzielbare Grenzgeschwindigkeit unmittelbar von der Reißlänge des Werkstoffs abhängt. Diese Erkenntnis soll nun übertragen werden auf einen kleinen Anwendungsfall. Beispiel: Rotierender Greifarm
bn
ω
mG
N A
Bild 1: Greifarm eines Roboters
r Für die Umfangsgeschwindigkeit gilt nach (3) v = c1
σz Re = c1 . ρ⋅g ρ⋅g
Betrachtet man als zulässige Spannung die Streckgrenze R e eines Werkstoffs, so zeigt die Tabelle, dass bei gleichen Baumaßen die Drehzahl des Greifers fast verdoppelt werden kann, wenn man Stahl durch Aluminium substituiert.
R e [ MPa]
ρ kg / dm3
Re km ρ⋅g
S 355 J0
355
7,8
4,5
2,15 ⋅ c1
MgAl 8 Zn
230
1,8
13
3,6 ⋅ c1
AlZnMgCu 0,5 F 50
430
2,7
16,23
4,02 ⋅ c1
Werkstoff
v = c1 ⋅
Re ρ⋅g
400
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
1.2 Oszillierende Bauteile
In oszillierenden Bauteilen entstehen Kräfte, die linear von der Dichte des Werkstoffs und der Beschleunigung abhängen: N = mG ⋅ b = ρ ⋅ V ⋅ b = ρ ⋅ A ⋅ L ⋅ b
mit b = translatorische Beschleunigung
(6)
Bei konstanter Beanspruchung σ z = N/A und unveränderter Baugröße gilt zunächst ρ⋅b =
N A⋅L
oder das Verhältnis ρ ⋅ b = konstant
(7)
muss bei der Werkstoffsubstitution gleich groß bleiben. Die Konsequenz zeigt der folgende Fall. Beispiel: Linear bewegter Greifarm
s
v
N
F A
L
mG
Bild 2: Greifarm eines Roboters Durch eine Werkstoffsubstitution von Stahl durch Aluminium kann also die Beschleunigung auf ρ b Al = St ⋅ bSt = 2 , 9 ⋅ bSt ρAl
vergrößert werden, wobei die Trägheitskraft dieselbe bleibt. 1.3 Unstetig bewegte Konstruktionen
In diese Kategorie fallen beispielsweise alle Fahrzeuge, die sich durch ständige Verzögerung oder Beschleunigung einem bestimmten Rhythmus anpassen müssen. Bei Verzicht auf eine Erhöhung der Beschleunigung kann somit ein geringeres Konstruktionsgewicht zu erheblicher Energieeinsparung führen, wie nachweislich an U-Bahnzügen bewiesen werden konnte.
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
U-Bahnwaggon Gesamtgewicht
in kN
Gewichtsersparnis bzw.
in kN in %
401
Stahlbauweise Baujahr 1965
Ganzaluminiumbauweise Baujahr 1986
469
357 112 24
Energiekosten je Tonne Gewicht/Jahr in €/a
900
Energiekostenersparnis bei Al-Waggon je Jahr in €/a
10.000
Berücksichtigt man, dass ein Zug durchschnittlich aus 5 Waggons besteht, so können durch Materialsubstitution bis zu 50 T€ an Energie pro Jahr eingespart werden.
2. Einfluss des Elastizitätsmoduls Wenn der E-Modul eines Werkstoffs niedriger ist als der von Stahl, so muss bei einer belasteten Konstruktion mit größeren Verformungen gerechnet werden. Dies gilt es insbesondere zu berücksichtigen, wenn Stahl-Lösungen umkonstruiert werden in Al-Lösungen. 2.1 Dimensionierung auf gleiche Steifigkeit
Meist gilt es, bei Tragstrukturen Verformungsbedingungen einzuhalten. Da der E-Modul von Al aber nur 1/3 dem von Stahl entspricht, ist mit 3fach größeren Verformungen zu rechnen. Für unterschiedliche Beanspruchungsarten bedingt dies notwendige konstruktive Maßnahmen. Beispiel: Zugbeanspruchung
F A, E
Bild 3: Zugstab
Bei gleicher Dehnung beträgt die erforderliche Stab-Querschnittsfläche in Al-Ausführung ε=
F σz = = konstant, E E⋅A
402
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
d. h., bei gegebener äußerer Kraft F muss der Nenner konstant bleiben. Hieraus folgt E Al ⋅ A Al = ESt ⋅ A St
oder A Al =
ESt ⋅ A St = 3 ⋅ A St . E Al
(8)
Hieraus leitet sich ab, dass bei zugbeanspruchten Konstruktionen kein Gewichtsvorteil zu erzielen ist, da gleichzeitig Stahl dreimal so schwer wie Aluminium ist. Beispiel: Biegebeanspruchung p [N/mm]
E, J L
Bild 4: Biegebalken Für die Durchsenkung eines Biegeträgers ist gemäß des Belastungs- und Lagerungsfalls anzusetzen w max =
5 p ⋅ L4 ⋅ . 384 E ⋅ J
Unter der Voraussetzung gleicher Durchsenkung bei einem Stahl- und Al-Träger gilt w=
C = konstant, E⋅J
damit ergibt sich für die entsprechenden Flächenträgheitsmomente E Al ⋅ J Al = ESt ⋅ J St
oder J Al =
ESt ⋅ J St = 3 ⋅ J St . E Al
(9)
Die mögliche Gewichtsersparnis ist jetzt aber davon abhängig, wie dieses Flächenträgheitsmoment realisiert wird. Die größte Einsparung ergibt sich immer dann, wenn die Quer-
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
403
schnittsabmessungen noch veränderlich sind. Das größte Flächenträgheitsmoment lässt sich nämlich bei einer möglichst kleinen Querschnittsfläche erzielen. Bei Biegung wirkt sich dabei die Änderung der Höhe am stärksten aus. Für den gezeigten I-Träger führt dies zu folgender Bilanz:
12
6,9 73
5
210
140
140
4,7
4,7
7
140 100
Stahl
Aluminium
IPE 140
I 140/140/4,7/12
I 210/100/5/7
210.000
70.000
70.000
541 ⋅ 10 4
1.443 ⋅ 10 4
1.756 ⋅ 10 4
1,14 ⋅ 1012
1,01 ⋅ 1012
1,23 ⋅ 1012
1.640
3.820
2.380
G[ kg / m]
12,9
10,6
6,4
G[ % ]
100
82
50
77,3 ⋅ 10 3
206,1 ⋅ 10 3
167,2 ⋅ 10 3
100
37
46
E[ MPa ]
[ ] E J[ N ⋅ mm2 ] J mm4
[
A mm2
[
W mm3
]
σ max [ % ]
]
Bild 5: Biegeträger annähernd gleicher Biegesteifigkeit aus Stahl und Aluminium Ergänzend soll die Durchsenkung einer Platte mit mittiger Einzellast betrachtet werden.
404
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“ F
1 C =4
b t
E
L
Bild 6: Platte unter Einzellast
Die Durchsenkung in der Mitte beträgt hier w max = C
F ⋅ L3 E ⋅ t3 ⋅ b
und soll ebenfalls konstant bleiben. Mit C ist wieder eine Konstante eingeführt worden, die die Lagerbedingungen berücksichtigt. Unter der Voraussetzung gleicher Durchsenkung bei der Stahl- und Al-Platte ergibt sich somit für die Plattendicke E Al ⋅ t Al 3 = ESt ⋅ t St 3 oder t Al = 3
ESt ⋅ t St = 1, 44 ⋅ t St . E Al
(10)
Wird dieses Dickenverhältnis realisiert, so beträgt die Gewichtsersparnis zwischen den Ausführungen 50 %, so wie die folgende Tabelle zeigt.
Stahl
2,9 Aluminium
t = 2 mm G = 16 kg / m2 = 100 %
t = 2,9 mm G = 7,8 kg / m2 = 50 %
2
Bild 7: Platten gleicher Steifigkeit aus Stahl und Aluminium
Eine typische Kenngröße, um die Steifigkeit einer Platte zu bewerten, ist hierbei die bezogene Steifigkeit. Diese lässt sich über folgende Schritte herleiten:
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
405
− aus der Verformungsbedingung 1
§ F ⋅ L3 · 3 ¸ t = ¨¨ C ⋅ w ⋅ E ⋅ b ¸¹ © und − aus dem Plattengewicht G = m ⋅ g = ρ ⋅ g ⋅ ( b ⋅ L) ⋅ t 1
§ F ⋅ L3 · 3 ¸ ⋅ = ( b ⋅ L) ⋅ ¨¨ C ⋅ w ⋅ b ¸¹ ©
1
.
1 E3
(11)
( ρ ⋅ g) Wenn alle Baugrößen der Platten festliegen, so ist diejenige Platte am leichtesten, die den größten Steifigkeitswert ausweist.
[
ρ kg/dm 3
Werkstoff
]
[
E [ MPa]
E1/3 / (ȡ ⋅ g ) N −2/3 ⋅ mm 7/3
S 355 J0
7,8
210.000
75,72
AlZnMgCu 0,5 F 50
2,7
70.000
152,64
MgAl 8 Zn
1,8
42.000
193,11
]
2.2 Dimensionierung auf gleiche Stabilität Für Dimensionierungen auf Instabilität ist wie zuvor wieder die Steifigkeit einer Konstruktion maßgebend. Beispiel: Knickung L
F E, J, A
Bild 8: Knickstab
406
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
Für die elastische Knicklast eines zentrisch gedrückten Stabes kann nach Euler angesetzt werden: FK =
π2
⋅E⋅J = C⋅E⋅J LK2
C=
mit
π2 LK2
.
(12)
Damit gelten für die Knickung die bereits bei der Biegung hergeleiteten Verhältnisse. Das erforderliche Flächenträgheitsmoment bei gleicher Knicksicherheit ist damit mit
J Al = 3 ⋅J St
(13)
J ≈ 2 π ⋅ rm3 ⋅ t und G = μ ⋅ L ⋅ g . Ein Vergleich ist bei den nachfolgenden Rundstäben durchgeführt worden. Es zeigt sich, dass das dünnwandige Rohr die bessere Lösung ist.
1.25
4 4
100
16
100
Stahl
[
] A[mm 2 ]
140
Aluminium
140
Stahl
138,9 ⋅ 10 4
372 ⋅ 10 4
394,9 ⋅ 10 4
131,1 ⋅ 10 4
1205
4220
1708
545
μ[kg / m] *)
9,47
11,39
4,59
4,28
G[%]
100
121
48,5
45,2
J mm 4
Bild 9: Knickstäbe annähernd gleicher Knicksicherheit aus Stahl und Aluminium Die Konsequenz hieraus ist: Wenn eine Knickstütze aus Stahlrohr durch ein Aluminiumrohr ersetzt werden soll, so muss bei etwa gleicher Wandstärke das Durchmesserverhältnis 3
d m Al ≈ 3 ⋅ d m St
*)
Anmerkung: μ =
m L
= ρ ⋅ A ist die Massebelegung eines Stabes.
(14)
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
407
betragen. Dies entspricht einem um 44 % vergrößerten Durchmesser. Die Analyse zeigt aber auch, dass bei dem vergrößerten Durchmesser das dünnwandige Stahlrohr noch besser ist. Beispiel: Beulen σx
b
a t
E
Bild 10: Scheibe unter Druck Wird bei einer druckbeanspruchten Scheibe eine bestimmte kritische Spannung überschritten, so tritt ein Ausbeulen der Mittelebene ein. Für diese kritische Spannung kann angesetzt werden σx ≤ σB = k⋅
E⋅t2 a2
;
(15)
hierin ist k die fallspezifische Beulzahl, die Lagerung, Geometrie und Beanspruchung erfasst. Für rechteckige Felder gilt die Beulzahl
· §1 k = ¨ + α¸ ¹ ©α
2
a b
mit α = Seitenverhältnis =
(16)
Bild 11 zeigt die Bedeutung der Beulzahl für unterschiedlich große Felder an einer aufliegenden Scheibe.
a k = 6,2
σx
a
a/2 a
a
k = 3,6
a
Bild 11: Beulzahlen von Scheiben
a
a
k = 3,6
408
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
Gleiche Beulsicherheit wie bei einer Stahl-Scheibe stellt man also durch eine Erhöhung der Blechdicke her auf t Al =
ESt ⋅ t St = 1, 73 ⋅ t St . E Al
(17)
Trotz dieser Maßnahme können mit Aluminium noch 42 % Gewichtseinsparung erzielt werden G Al ρAl t Al 1, 73 ≈ ⋅ = = 0 , 58 . ρSt t St G St 3
2.3 Dimensionierung auf gleiche Festigkeit
Für eine Festigkeitsdimensionierungen soll angenommen werden, dass der Werkstoff bis zur Fließgrenze ausnutzbar sei. Beispiel: Plattenbiegung
F
C = 23
b
L
t
σx Bild 12: Plattenbiegung
Die eingespannte Platte soll durch eine mittige Einzellast beansprucht sein. Für die zulässige Belastung kann also angesetzt werden: Fzul = C ⋅ b ⋅ t 2 ⋅
Re . L
Das Gewicht der Platte beträgt G = m ⋅ g = ρ ⋅ g ( b ⋅ L) ⋅ t .
Durch Einsetzen der erforderlichen Plattendicke 1
§ F⋅L ·2 ¸ t=¨ © C ⋅ b ⋅ Re ¹
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
409
folgt daraus 1
1 § F ⋅ L· 2 G = ( b ⋅ L) ⋅ ¨ . ¸ ⋅ © C ⋅ b¹ R e1/ 2 ( ρ ⋅ g)
(18)
Somit ist ersichtlich, dass die leichteste Platte durch den größten spezifischen Kennwert R e1/2 / (ȡ ⋅ g ) gegeben ist.
3. Einfluss des Formänderungsvermögens Typische Konstruktionen, wo das Formänderungsvermögen eine Rolle spielt, sind stoßbeanspruchte Strukturen (z. B. Fahrgastzelle). Der geringere E-Modul des Aluminiums erweist sich hierbei als günstig, da bei gleicher Krafteinleitung größere Verformungen möglich sind.
Die Formänderungsarbeit kann allgemein als π= FStoß
s
1 ³ F ⋅ ds 2
angesetzt werden. Im linear elastischen Bereich ergibt sich so π=
1 ⋅F⋅s . 2
Bild 13: Stoßbeanspruchte Konstruktion Für die einwirkende Kraft kann weiter der folgende Zusammenhang hergestellt werden F = E⋅A ⋅ε =
E⋅A ⋅s = C⋅E⋅s , L
welches eingesetzt zu der Proportionalität π=
1 ⋅ C ⋅ E ⋅ s2 2
führt. Bei gleicher vorgegebener Energieabsorption verhalten sich demnach die Verformungen wie sAl =
ESt ⋅ sSt = 1, 73 ⋅ sSt . E Al
(19)
410
2. Übung zu Abschnitt 5/6 „Werkstoffverhalten/Leichtbauwerkstoffe“
Für die inneren Kräfte gilt dann F ⋅s FAl = St St = 0,58 ⋅ FSt . sAl
(20)
Bei etwa gleichen Grundfestigkeiten ergibt sich somit bei Aluminium eine größere Reserve gegen plastische Verformung.
411
3. Übung zu Kapitel 6 „Leichtbauwerkstoffe“ Bei Trägerkonstruktionen werden im Leichtbau zunehmend Verbundwerkstoffe aus zwei und mehr Komponenten eingesetzt. In diesen Fällen interessiert dann meist, wie die einzelnen Werkstoffe ausgenutzt werden, welches eine Frage nach der Spannungsverteilung ist.
dφ
E1
M by
SP
E2
ρ
M by N
σ(z )dA
S x
z
E3
ds
z
z0 ds ′
Bild 1: Belastung eines Verbundträgers mit fest miteinander verbundenen Scheiben (verklebt oder walzplattiert) Für die Verformung einer Faser unter Biegung gilt bekanntlich mit dem Krümmungsradius (ρ ) ds′ = (ρ + z − z o ) ⋅ dφ
(1)
und für die Dehnung
ε(z ) =
ds′ − ds z − z o = ds ρ
(2)
bzw. Spannung σ (z ) =
E (z ) (z − z o ) . ρ
(3)
Gleichfalls kann man als Gleichgewichtsbedingungen formulieren:
¦ Kx
= 0:
³ σ(z ) dA = 0 ,
(4)
A
¦ My
= 0:
³ z ⋅ σ(z ) dA − M by
A
= 0.
(5)
412
3. Übung zu Kapitel 6 „Leichtbauwerkstoffe“
Wird hierin Gl. (3) einsetzt, so erhält man weiter º 1ª « ³ E (z ) ⋅ z dA − z o ³ E (z ) dA » = 0 ρ «¬ A »¼ A
(6)
º 1ª « ³ E (z ) ⋅ z 2 dA − z o ³ E (z ) ⋅ z dA » = M by . ρ «¬ A »¼ A
(7)
und
Da der E-Modul bereichsweise konstant ist, lassen sich die Integrale auch schreiben als n
³ E(z ) dA = ¦ E i ⋅ A i , i =1
A
n
³ E(z ) ⋅ z dA = ¦ E i ⋅ z Si ⋅ A i ,
(8)
i =1 n
A
2 ³ E(z ) ⋅ z dA = ¦ E i ⋅ J yi , i =1
A
wobei mit dem Laufindex i jeweils die Teilflächen erfasst werden. Die vorstehenden Gleichungen (6, 7) nehmen somit die Form an: n º 1ªn « ¦ E i ⋅ z Si ⋅ A i − z o ¦ E i ⋅ A i » = 0 , ρ ¬«i =1 »¼ i =1
n º 1ªn « ¦ E i ⋅ J yi − z o ¦ E i ⋅ z Si ⋅ A i » = M by . ρ «¬i =1 »¼ i =1
(9)
(10)
Aus Gl. (9) folgt die Lage des Schwerpunktes zu n
¦ E i ⋅ z Si ⋅ A i
z o = i =1
(11)
n
¦ Ei ⋅ Ai
i =1
und aus Gl. (10) die Krümmung des Trägers mit 1 = n ρ
M by n
¦ E i ⋅ J yi − z o ¦ E i ⋅ z Si ⋅ A i
i =1
i =1
.
(12)
413
3. Übung zu Kapitel 6 „Leichtbauwerkstoffe“
SP3 M by − zS3
σb2
+ zS1
SP1
σ b3
− σ b2 − σ b1
Bild 2: Lage der Schwerpunkte Mit diesen Vorbetrachtungen kann dann die Spannungsverteilung angegeben werden als σ i (z ) =
M y ⋅ E (z ) ⋅ (z − z o ) n
n
i =1
i =1
.
(13)
¦ E i ⋅ J yi − z o ¦ E i ⋅ zSi ⋅ A i
Die Spannungsfunktion hat in der neutralen Faser bei z = z o den Wert null, ansonsten verläuft sie in jedem Werkstoffbereich mit E i = konst . linear mit z. Über den Krümmungsradius kann weiter der Zusammenhang zur Durchbiegung herstellt werden zu w ′′ =
1 = n ρ
M by n
,
¦ E i ⋅ J yi − z o ¦ E i ⋅ z Si ⋅ A i
i =1
i =1
bzw. aus deren zweimaligen Integration kann die fallweise Biegung bestimmt werden.
(14)
414
4. Übung zu Kapitel 7 „Gestaltungsprinzipien“ In den Gestaltungsregeln für eine leichtbaugerechte Konstruktion ist unter anderem das Prinzip von der direkten Kraftleitung begründet worden. Oft wird nämlich in der Praxis der Effekt einer Kraftumlenkung unterschätzt. Am Beispiel eines Zuggestänges sollen die Auswirkungen einer nicht direkten Kraftleitung diskutiert werden.
A1 N L1
F
F
F = 20 kN L1 = 1000 mm
Mb A2 F
N
gegeben:
L 2 = 50 mm
L2
R e = 200 N/mm 2 F
L1
Bild 1: Zuggestänge für eine mechanische Bremseinrichtung Im Fall der geraden Zugstange liegt eine reine Normalkraftbeanspruchung vor. Für die Dimensionierung des Querschnitts ist anzusetzen
σz =
N ≤ Re A1
A1 ≥
N 20 ⋅ 10 3 = = 100 mm 2 bzw. d = Re 2 ⋅ 10 2
(1)
oder 4A1 = 11,3 mm . π
(2)
Im Fall des abgewinkelten Zugstabes liegt im gefährdeten Querschnitt eine überlagerte Normal- und Biegebeanspruchung vor. Zur Dimensionierung ist hier σz =
M N + b ≤ Re A 2 Wb
(3)
anzusetzen. Um die Dimensionierungsgröße zu ermitteln, muss also die Ungleichung 20 ⋅ 103 20 ⋅ 103 ⋅ 50 + ≤ 200 π 2 π 3 ⋅d ⋅d 4 32
(4)
4. Übung zu Kapitel 7 „Gestaltungsprinzipien“
415
befriedigt werden. Mit d ≈ 38 mm wird Gl. (4) etwa erfüllt. Die Fläche ist dann A 2 = 1. 134 mm2 , also um den Faktor 10 größer als A1 . Für die Gewichtsabschätzung ergibt sich wieder ρ ⋅ A 2 ( L1 + 2 L 2 ) 1134 G2 . ⋅ 1100 = = = 12,5 (!) ρ ⋅ A 1 ⋅ L1 G1 100 ⋅ 1000
(5)
Als Folge der Umlenkung muss also ein Gestänge realisiert werden, dass etwa 12,5-mal so schwer ist wie das gerade Zuggestänge. Damit ist belegt, dass eine direkte Kraftleitung zu einer gewichtsminimalen Lösung führt.
416
5. Übung zu Kapitel 8.5 „Stabartige Bauelemente“ Den Kofferaufbau eines Transportfahrzeuges kann man etwa wie im Bild 1 gezeigt idealisieren. Für die Festlegung der Blechstärken gilt es im Weiteren, die Beanspruchung über den Querschnitt aus Biegung und Schub zu ermitteln.
ˆt 2 y
JG , AG JE , AE
x
Q
z
t1
t1 hE
AE
hG
ˆt 2
AG a
a
t2 b
Bild 1: Kastenträger Zur Bestimmung der Biegebeanspruchung sei zunächst das exakte Flächenträgheitsmoment bezüglich der strichpunktierten Linie aufgestellt: ½ ° ° 3 2 2 2 b ⋅ t 23 hE · hG · ° ° t1 ⋅ h § § § h· J y = 2® + + b ⋅ t 2 ⋅ ¨ ¸ + 2 ⋅ J E + 2 ⋅ A E ¨ ¸ + 3 ⋅ J G + 3 ⋅ AG ¨ ¸ ¾ . © 2¹ © 2¹ © 2 ¹ ° 12 ° 12 ≈0 ≈0 ° ° ≈0 ¿ ¯ (1) Mit der Näherung h E ≈ h G ≈ h und der Vernachlässigung der vorstehend gekennzeichneten Anteile lautet eine Abschätzung des Flächenträgheitsmomentes: t ⋅h h 2 + b ⋅ t 2 + 2A E + 3A G º» ⋅ §¨ ·¸ . J y ≈ 2ª« 1 ¬ 3 ¼ ©2¹
(2)
Ein Verschmieren des Deck- und Bodenbleches zu einer Ersatzrechteckfläche soll zu einem Querschnitt gleichen Trägheitsmomentes führen. Dann kann für das Deck- und Bodenblech angesetzt werden:
417
5. Übung zu Kapitel 8.5 „Stabartige Bauelemente“ 2 2 § hˆ · §h· ˆ ¨ ¸ ( b ⋅ t 2 + 2 A E + 3 A G )¨ ¸ = A Bl ⋅ ¨ ¸ + Jˆ Bl . © 2¹ ©2¹ ≈0
umgeformt Nach der Ersatzfläche A Bl ˆ = b ⋅ ˆt = (b ⋅ t + 2A + 3A )§¨ h ·¸ A Bl 2 2 E G ˆ ©h¹
2
und in die Gleichung (2) eingesetzt, ergibt sich für das Flächenträgheitsmoment schließlich die Näherung t ⋅ h3 Jy ≈ 2 1 +2A Bl 12
2 § h · ¨ ¸ ⋅¨ ¸ . © 2¹
(3)
Mit diesen Betrachtungen bestimmt sich dann die maximale Biegespannung zu
σb =
Mb h ⋅ Jy 2
(4)
bzw. die Normalkraftbelastung zu n x = σb ⋅ t .
(5)
+n x
-n x
Bild 2: Normalkraftverlauf bzw. Biegebeanspruchung am kontinuierlichen Modell Zur Bestimmung der Schubbeanspruchung ist hier die Beziehung für den Schubfluss
418
5. Übung zu Kapitel 8.5 „Stabartige Bauelemente“
q=−
Q ⋅ S y (s)
(6)
Jy
bzw. die Schubspannung τ=
q t
(7)
maßgebend. s qi
qE ˆt 2 q max t1
Bild 3: Schubflussverlauf bzw. Schubbeanspruchung am kontinuierlichen bzw. diskreten Modell Im Fall, dass mit einem verschmierten Querschnitt gearbeitet wird, ist entsprechend Gl. (6) von einem Bezugspunkt ausgehend das statistische Moment S y( s) zu entwickeln. An den Ecken ergibt sich so qE =
Q §b ˆ h· ⋅ ¨ ⋅ t2 ⋅ ¸ , Jy © 2 2¹
(8)
und als Maximalwert hat man q max =
Q Jy
§ b ⋅ ˆt ⋅ h + t ⋅ h ⋅ h · = Q ⋅ h (2b ⋅ ˆt + t ⋅ h ) . ¨ ¸ 2 1 2 1 2 2 4 ¹ Jy 8 ©2
(9)
Wird dagegen mit dem Schubfeldschema gearbeitet, so ist der Querkraftfluss feldweise zu entwickeln nach
qi =
Q h ¦ A G ⋅ 2 . Jy i
Die zugehörige Schubspannung findet man dann weiter aus Gl. (7).
(10)
419
6. Übung zu Kapitel 8.6.1 „Scheibenelement“ Für die Scheibe ist in Gl. (8.57) die DGL ΔΔF =
∂4 F
∂4 F ∂4 F + 2 + =0 ∂x 4 ∂x 2 ∂z2 ∂z4
(1)
entwickelt worden. Im Folgenden soll dazu das Beispiel einer Kragscheibe betrachtet werden, das die Anwendung von Spannungsfunktionen zeigen soll. Für das betrachtete Problem in Bild 1 sind die Schnittgrößen zu bestimmen.
z
p (x, y)
h
x
t
Bild 1: Eingespannte Scheibe unter Flächenlast p(x, y)
L
Die Randbedingungen für dieses Problem (achten sie auf das Koordinatensystem) sind: für x = 0:
n x = 0,
q xz = 0
(2a)
für x = L:
u( L) = 0,
w( L) = 0
(2b)
für
z =+
h : n z = −p ⋅ t, 2
q xz = 0
(3a)
für
z=−
h : 2
q xz = 0 .
(3b)
nz = 0,
Die Wahl der Koeffizienten der Spannungsfunktion ist so vorzunehmen, dass sowohl Gl. (1) als auch die Randbedingungen möglichst genau erfüllt werden. Es sei hingenommen, dass die Randbedingungen (2b) nicht berücksichtigt werden. Für die Airy’sche Spannungsfunktion wird ein bipotenzieller Ansatz gemacht, und zwar F = a 20 ⋅ x 2 + a 21 ⋅ x 2 ⋅ z + a 23 ⋅ x 2 ⋅ z 3 + a 03 ⋅ z 3 + a 05 ⋅ z5
(4)
420
6. Übung zu Kapitel 8.6.1 „Scheibenelement“
Der erste Index i am Koeffizienten a ik steht für den Exponent von x, und der zweite Index k steht für den Exponent von z. Mit dem gewählten Ansatz ergeben sich die Schnittgrößen laut Definition zu n x ( x, z) =
n z ( x , z) =
∂2 F
= 6 a 23 ⋅ x 2 ⋅ z + 6 a 03 ⋅ z + 20 a 05 ⋅ z3 ,
(5a)
= 2 a 20 + 2 a 21 ⋅ z + 2 a 23 ⋅ z 3 ,
(5b)
∂z 2
∂2 F ∂x 2
q xz ( x, z) = −
∂2 F = −2 a 21 ⋅ x − 6 a 23 ⋅ x ⋅ z 2 . ∂x ∂z
(5c)
Die in den Gleichungen auftretenden freien Koeffizienten a ik müssen nun so bestimmt werden, dass die Bipotenzialgleichung (1) der Scheibe und die Randbedingungen (2), (3) erfüllt sind: − aus der DGL (1) folgt a 23 + 5 ⋅ a 05 = 0 ,
(6a)
− aus der Randbedingung (3a) und Gl. (5b) folgt a 20 +
1 1 1 a ⋅ h + a 23 ⋅ h3 = − p ⋅ t , 2 21 8 2
(6b)
− aus der Randbedingung (3a) und Gl. (5c) folgt a 21 +
3 a ⋅ h2 = 0 , 4 23
(6c)
− aus der Randbedingung (3b) und Gl. (5b) folgt a 20 −
1 1 a ⋅ h − a 23 ⋅ h3 = 0 . 2 21 8
(6d)
Das Gleichungssystem (6) liefert bereits Lösungen für die Koeffizienten a 20 = −
3 p⋅t 1 p⋅t p⋅t p⋅t , a 21 = − ⋅ , a 23 = 3 , a 05 = − ⋅ 3 . 4 4 h 5 h h
(7)
Keine zusätzlichen Informationen ergeben sich aus der zweiten Randbedingung in (3b). Es verbleibt noch die Bestimmung des unbekannten Koeffizienten a 03 . Die Randbedingung (2a) führt auf die unbrauchbare Aussage
6. Übung zu Kapitel 8.6.1 „Scheibenelement“
n x( x = 0, z) = 6 ⋅ a 03 ⋅ z − 4 ⋅
p⋅t
⋅ z3 = 0 .
h3
421
(8)
Für die Konstante a03 ist diese Aussage nicht zu erfüllen. Man benötigt deshalb für die Randbedingung (2a) eine Ersatzrandbedingung, die die Forderung (8) abschwächt. Eine derartige Ersatzrandbedingung lautet: h 2
M b( x = 0) = ³ n x( x = 0, z) ⋅ z dz = 0 , h −
2
das resultierende Biegemoment M b( x=0) aus dem Schnittgrößenverlauf n x( x =0, z ) an der Stirnseite (x = 0) soll demnach verschwinden. Damit ergibt sich für den Koeffizienten a 03 h 2
§
³ ¨© 6 ⋅ a 03 ⋅ z − 4 ⋅
−
h 2
3· 3 ⋅ z ¸¹ ⋅ z ⋅ dz = 0
p⋅t h
1 p⋅t ⋅ . 10 h
a 03 =
(9)
Die gesuchten Schnittgrößen sind also nx =
3 p⋅t § 2 · ¨ 6x ⋅ z + ⋅ h 2 ⋅ z − 4 ⋅ z 3 ¸ , 3 5 ¹ h ©
nz =
p⋅t § 1 3 3 2 · ¨ − h − ⋅ h ⋅ z + 2 ⋅ z 3 ¸, 3 2 2 ¹ h ©
q xz =
p⋅t § 3 2 ¨ ⋅ h ⋅ x − 6x ⋅ z 2 3 h ©2
(10)
· ¸. ¹
Nach der herkömmlichen technischen Balkenbiegetheorie kann man dagegen nur den Normalkraftfluss zu §M · n x = σ x ⋅ t = ¨¨ b ⋅ z¸¸ ⋅ t = © Jy ¹
x2 2 ⋅t 6⋅p⋅t 2 2 x ⋅z ⋅z = 3 h3 t⋅h 12
p⋅
(11)
bestimmen. Somit ist der Unterschied zur klassischen Biegetheorie herausgearbeitet worden. In der nachfolgenden Auftragung (s. Bild 2) ist der sich dann einstellende Spannungsverlauf dargestellt. Es zeigt sich an der Stelle x = 0, dass die Randbedingung n x = 0 nicht erfüllt wird.
422
6. Übung zu Kapitel 8.6.1 „Scheibenelement“
x=
x=h §
n x ¨¨ x , z = ©
h· ¸ 2 ¸¹
h n x §¨ x , z = ·¸ 2¹ ©
h 2
x=0
14 ⋅p⋅t 5
11 ⋅p⋅t 21
4 ⋅p⋅t 5
3⋅ p ⋅ t
3 ⋅p⋅t 4
0 z
nx
x
z
p t
p t
p t
nz
x
z 3 p⋅t 2 x
3 p⋅t 4
qxz
Bild 2: Gegenüberstellung der Spannungsverläufe an der Scheibe ( ____) und am Balken (----)
423
7. Übung zu Kapitel 9.1/9.2 „Kraftflüsse in dünnwandigen Profilen“ Im Bild 1 ist der Tragarm einer Fahrwerkskonstruktion gezeigt, dessen Profil (Bild 2) offen ist, weil im Inneren noch Hydraulikleitungen verlegt werden sollen. z
z
L
Fz
x
Fz
s
t
y
ySM
R
ϕ ϕ0 − ϕ0
ϕ0 =
π 4
y
ySM Bild 1: Tragarm der Fahrwerkskonstruktion
Bild 2: Teilkreisprofil
a) Mit welchem Hebel y SM muss die eingezeichnete Querkraft Fz am Teilkreisprofil angreifen, damit keine Torsionsbelastung auftritt? Für den Schubmittelpunkt SM gilt das über der Abwicklung a gebildete Integral ySM = −
1 ⋅ ³ S ( s) ⋅ rt (s) ds und z SM = 0 . J y (a ) y
rT (s) ist der Abstand (kleinste Entfernung) der Tangente, durch den Punkt s auf der Profilmittellinie, vom Bezugspunkt, dem Koordinatenursprung. Beim Kreis ist rt (s) = R . Statt s verwendet. Die Substitution mit der Bogenkoordinate s wird hier der Bogenwinkel ϕ = R s = ϕ ⋅ R , ds = R ⋅ dϕ führt auf
y SM = −
3⋅ π 2
1 ⋅ S ( ϕ ) ⋅ R 2 dϕ J y 0³ y
Das unvollständige bis zur Bogenkoordinate s gebildete statische Moment lautet: s
Sy =
³ z dA = ³ z( s) ⋅ t ( s) ds = Sy ( s)
A ( z)
0
(1)
424
7. Übung zu Kapitel 9.1/9.2 „Kraftflüsse in dünnwandigen Profilen“
Auch hier wird die Bogenkoordinate s durch s = ϕ ⋅ R und ds = R ⋅ dϕ substituiert: ϕ
S y (ϕ ) =
³ z ( ϕ ) ⋅ t ( ϕ ) ⋅ R dϕ . 0
Für die Abhängigkeit der Koordinate z vom Winkel ϕ gilt nach Bild 2 z(ϕ) = R ⋅ sin(ϕ + ϕ0 ) = R ⋅ (sin ϕ ⋅ cos ϕ0 + cos ϕ ⋅ sin ϕ0 ) . π Die Profildicke t ist konstant über der Bogenlänge s bzw. dem Winkel ϕ . Mit ϕ o = 4 folgt für das statische Moment ϕ
S y (ϕ) = t ⋅ R 2 ³ sin ϕ ⋅ cos 0 2 ϕ
π π + cosϕ ⋅ sin dϕ , 4 4
S y (ϕ ) =
t⋅R ³ sin ϕ + cosϕ dϕ , 2 0
S y (ϕ) =
t ⋅ R2 ⋅ (1 + sin ϕ - cosϕ) . 2
(2)
Es fehlt noch das Flächenträgheitsmoment bezüglich der y-Achse, für dieses gilt:
Jy =
3⋅ π ⋅R 2
³ z 2 dA = ³ z(s) 2 ⋅ t (s) ds ,
A
0
3⋅ π 2
Jy =
R3 ⋅ t ³ (sin ϕ + cos ϕ) 2 dϕ , 2 0
Jy =
3⋅ π + 2 ⋅ R3 ⋅ t . 4
(3)
Nun lässt sich die Schubmittelpunktskoordinate y SM nach Gl. (1) bestimmen:
y SM = −
4
3⋅ π 2
³ R 3 ⋅ t ⋅ ( 3 ⋅ π + 2) 0
y SM = − 2 ⋅
3⋅ π + 4 ⋅ R. 3⋅ π + 2
⋅
R4 ⋅ t 2
⋅ (1 + sin ϕ − cos ϕ) dϕ ,
(4)
7. Übung zu Kapitel 9.1/9.2 „Kraftflüsse in dünnwandigen Profilen“
425
b) Es sind der Schub- und der Normalkraftfluss infolge der im Schubmittelpunkt SM angreifenden Querkraft Fz zu berechnen! Im dargestellten Koordinatensystem gilt für den Schubfluss q ( x, ϕ ) = −
Q z ( x) ⋅ S y ( ϕ ) Jy
(5)
Die Schnittgrößen am Kragträger lauten: Q z ( x) = − Fz und M by ( x) = Fz ⋅ ( L − x) . Das Einsetzen der Gl. (2) und Gl. (3) in die Gl. (5) liefert q (ϕ ) =
2 ⋅ 2 Fz ⋅ ⋅ (1 + sin ϕ − cos ϕ) . 3⋅ π + 2 R
(6)
Der Normalkraftfluss bestimmt sich z. B. aus ∂n x ( x, s) ∂q (s) + = 0, ∂x ∂s ∂n x ( x, s) ∂q (s) =− , ∂x ∂s
∂n x ( x, ϕ ) ∂ϕ 1 ∂q (ϕ ) ∂ϕ =− ⋅ mit = . ∂x ∂ϕ ∂s ∂s R
(7)
Aus Gl. (6) folgt 2 ⋅ 2 Fz ∂q (ϕ) ⋅ ⋅ ( sin ϕ + cos ϕ) . = 3⋅ π + 2 R ∂ϕ Damit folgt für Gl. (7) 2⋅ 2 F ∂n x ( x, ϕ ) ⋅ z ⋅ ( sin ϕ + cos ϕ) . =− 3 ⋅ π + 2 R2 ∂x
(8)
Einmalige Integration und Berücksichtigung der Randbedingung n x ( x = L, ϕ ) = 0 am freien Balkenende führt schließlich auf den gesuchten Normalkraftfluss n x ( x, ϕ ) = −
2⋅ 2 F ⋅ z ⋅ ( sin ϕ + cos ϕ) ⋅ ( x − L) . 3 ⋅ π + 2 R2
(9)
426
8. Übung zu Kapitel 9.3.2 „Schubmittelpunkt“ Für einen Lkw-Muldenkipper ist qualitativ der Rahmenaufbau zu skizzieren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in den Rahmen die Radkräfte und die Aufbaukräfte einzuleiten sind. Aufbau Zelle Rahmen
Bild 1: Muldenkipper Um eine hohe Zuladung zu erzielen, sollte der Rahmen möglichst leicht sein, dies setzt die Verwendung offener warm gewalzter Profile voraus. Von der Geometrie bietet sich besonders das U-Profil an. I. Ausführungsvariante: Bei dieser Konstruktionsart wird das Rahmenprofil nach außen gedreht. Die Einleitung der Kräfte erfolgt im Schubmittelpunkt, damit das Rahmenprofil drillfrei bleibt. Als Quertraverse bietet sich ein T-Profil an, das insbesondere wölbfrei bleibt. FA′ FA ′
FA′
FR ′
SM FA′
SM
Bild 2: Rahmenkonstruktion gemäß Variante 1
FR′
427
8. Übung zu Kapitel 9.3.2 „Schubmittelpunkt“
Als nachteilig ist anzuführen, dass die Konstruktion schmal baut, welches ungünstig für die Kippsicherheit ist. II. Ausführungsvariante: Die Rahmenprofile sind umgedreht, sodass sich von außen eine glatte Konstruktion ergibt. Da auch hier die Kräfte in den Schubmittelpunkt eingeleitet werden sollen, müssen die Kraft aufnehmenden Elemente von außen aufgesetzt werden.
FA′ FA′
SM
FR
SM
Bild 3: Rahmenkonstruktion gemäß Variante 2 Als Vorteil dieser Bauweise ist die weitgespannte Abstützung der Kräfte anzuführen, sodass das Fahrzeug eine hohe Kippsicherheit zeigt. Für die Wartung ist weiter auch die außen liegende Federung und Achsführung zweckmäßig. In der Praxis wird man deshalb diese Ausführungsform am meisten finden.
428
9. Übung zu Kapitel 10.4 „Offene, dünnwandige Querschnitte“ Zwei dünnwandige, rein torsionsbelastete Rohre, das erste mit offenem längs geschlitzten (Bild 1) und das zweite mit geschlossenem Profil (Bild 2), sind auf ihre Belastbarkeit und Verformbarkeit hin miteinander zu vergleichen. Die Rohre seien so eingespannt, dass freie Verwölbbarkeit gewährleistet ist. y x
τ2
τ1 rm
t
z
rm
t
Mx
Mx s
s
Bild 1: Offenes, dünnwandiges Rohr
Bild 2: Geschlossenes, dünnwandiges Rohr
Als Vorbetrachtung soll zunächst ein schmaler Rechteckquerschnitt unter Torsionsbeanspruchung M x behandelt werden.
τ0
b
t
Bild 3: Schmaler Rechteckquerschnitt
9. Übung zu Kapitel 10.4 „Offene, dünnwandige Querschnitte“
429
Nach Gl. (10.3) gilt (umgestellt): D=
Mx . G ⋅Jx
(1)
Für das Torsionsträgheitsmoment ist in Gl. (10.10) Jt =
1 3 ⋅t ⋅b 3
(2)
für t << b gegeben. Damit kann die Drillung zu D0 =
3⋅Mx G ⋅ t3 ⋅b
(3)
bestimmt werden. Das Torsionswiderstandsmoment W t ist für t << b
Wt =
1 2 ⋅t ⋅b. 3
(4)
Hiermit kann direkt die Schubspannung τ 0 bestimmt werden: τ0 =
Mx 3⋅ Mx . = Wt t2 ⋅b
Für den geschlitzten Rohrquerschnitt gilt für das Torsionsträgheitsmoment Jt =
1 3 2 ⋅ t ⋅ 2 ⋅ π ⋅ r m = ⋅ π ⋅ rm ⋅ t 3 3 3
(5)
in Analogie zu Gl. (2). Damit ergibt sich für die Drillung D1 =
3⋅Mx 2 ⋅ π ⋅ rm ⋅ t 3 ⋅ G
und für die Schubspannung τ1 =
Mx Mx ⋅t 3⋅Mx = = . Wz Jt 2 ⋅ π ⋅ rm ⋅ t 2
(7)
Das Torsionsträgheitsmoment des dünnwandigen, geschlossenen Rohres wird nach Gl. (10.15) zu
430
9. Übung zu Kapitel 10.4 „Offene, dünnwandige Querschnitte“
Jt =
4 ⋅ π 2 ⋅ rm 4 4 A2 = 2 ⋅ π ⋅ rm 3 ⋅ t = ds 2 ⋅ π ⋅ rm ³ t (s ) t
(8)
berechnet. Die Drillung ist demnach
D2 =
Mx 2 ⋅ π ⋅ rm 3 ⋅ t ⋅ G
.
(9)
Beim geschlossenen Rohr darf unter der Annahme der Dünnwandigkeit gemäß Abschnitt 10.2 von einer gleichmäßigen Verteilung der Schubspannung über die Wanddicke ausgegangen werden. Sie beträgt τ2 =
Mx ⋅t Mx = . Jt 2 ⋅ π ⋅ rm 3 ⋅ t 2
(10)
Vergleich offenes Profil - geschlossenes Profil:
Das Verhältnis der Drillungen ist §r = 3 ⋅ ¨¨ m D geschlossen © t D offen
2
· ¸ . ¸ ¹
Doffen /Dgeschlossen
D offen / D geschlossen
Wegen rm >> t ist die Verdrillung des offenen Profils wesentlich größer als die des geschlossenen Profils. Das Verhältnis der Drillungen ist in Bild 4 dargestellt.
3000 3000 2500 2500 2000 2000
1500 1500 1000 1000 500 500
00
00
55
10 10
15 15
20 20
25 25
30 30
rm Bild 4: Verhältnis der Drillungen beim offenen und beim geschlossenen Profil
9. Übung zu Kapitel 10.4 „Offene, dünnwandige Querschnitte“
431
Das Verhältnis der Schubspannungen nach Gl. (7) und Gl. (10) lautet: τ offen τ geschlossen
=
3 ⋅ rm . t
Die maximale Schubspannung im geschlossenen Profil ist wesentlich kleiner als im offenen Profil. Bezüglich Drillung, Verformung und Spannung erweist sich das geschlossene Profil als weitaus günstiger und ist dem offenen Profil, wenn möglich, vorzuziehen.
432
10. Übung zu Kapitel 10.5 „Hohlquerschnitt mit Steg“ Für den dargestellten zweizelligen Rechteckkasten unter Torsionsbeanspruchung ist die Schubflussverteilung zu berechnen. Verwölbung soll dabei noch ausgeklammert sein.
Mx
q1
h
t = konst.
q2
b
2b
Bild 1: Tordierter Rechteckkasten mit Steg Unter der Annahme, dass beide Zellen an der Momentenübertragung teilnehmen, kann folgende Gleichgewichtsrelation angesetzt werden: Mx =
2
2
i =1
i =1
¦ M xi = ¦ q i ⋅ 2 A i .
(1)
Hierin ist § · ¨ 4A 2¸ ¸ ⋅ φ' = q i ⋅ 2A M xi = G ⋅ J t i ⋅ φ' = G ⋅ ¨ i ds ¨¨ ¸¸ ³ © t ¹i
.
(2)
Durch Umstellen kann hieraus der gesuchte Schubfluss in der Form q i § ds · i ¨³ ¸ = 2 A G ⋅ φ' © t ¹ i
(3)
10. Übung zu Kapitel 10.5 „Hohlquerschnitt mit Steg“
433
ermittelt werden. Das Umlaufintegral über den Querschnitt ist hierin wie folgt zu entwickeln:
³ ds = ³ ds − ³ ds + ³ ds . 1
1,2
(4)
2
Im Kapitel 10 des Textteils ist zudem bereits als allgemeine Gleichung − a i, L ⋅ u i −1 + a i, Z ⋅ u i − a i, R ⋅ u i +1 = 2A i
(i = 1, 2, 3)
definiert worden. Hierin ist s2
ds s1 dt
a i , L, R = ³
für den linken bzw. rechten Steg und ds a i, Z = §¨ ³ ·¸ © dt ¹i für die gesamte Zelle anzusetzen. Für das betrachtete Zweizellensystem gilt dementsprechend a1, Z ⋅ u1 − a1, R ⋅ u 2 = 2A 1
oder
(5) h 2 ⋅ (b + h ) ⋅ u1 − ⋅ u 2 = 2b ⋅ h t t − a 2, L ⋅ u1 + a 2, Z ⋅ u 2 = 2A 2
oder
(6) h 2 − ⋅ u1 + (2b + h ) = 4b ⋅ h t t
Aus diesem Gleichungssystem erhält man die Lösungen u1 =
q1 8 b ⋅ h ( b + h) t , = 2 G ⋅ φ' 8 b + 12 b ⋅ h + 3 h 2
(7)
u2 =
2 b ⋅ h (4 b + 5 h) t q2 . = G ⋅ φ' 8 b 2 + 12 b ⋅ h + 3 h 2
(8)
Des Weiteren kann aus der Umrechnung
434
10. Übung zu Kapitel 10.5 „Hohlquerschnitt mit Steg“ q i § ds · =4A 2 ¨³ ¸ ⋅ 2 A i i G ⋅ φ′ © t ¹ i
(9)
oder 2 qi 4A i ⋅ 2 Ai = ≡ J ti G ⋅ φ′ § ds · ¨³ ¸ © t ¹i
letztlich das gesamte Torsionsträgheitsflächenmoment als 2 § q · 2⋅t = Jt = ¦ ¨ i ¸ 2 A i 2 8 b + 12 b ⋅ h + 3 h 2 i =1© G ⋅ φ' ¹
[8 b ⋅ h (b + h) b ⋅ h + 2 b ⋅ h (4 b + 5 h) 2 b ⋅ h]
=
(10)
8 b2 ⋅ h2 ⋅ t
( 6 b + 7 h) 8 b2 + 12 b ⋅ h + 3 h2
bestimmt werden. In Gl. (7) und (8) ist der Schubfluss aber noch von der Verdrillung φ' abhängig. Um die Verdrillung zu eliminieren, muss noch folgende Umwandlung durchgeführt werden:
§ qi · Mx § qi · Mx § qi · q i = G ⋅ φ'⋅ ¨ ¸ . ¸ = ¨ ¸ = G⋅ ¨ G ⋅ J t © G ⋅ φ' ¹ J t © G ⋅ φ' ¹ © G ⋅ φ' ¹
(11)
Damit erhält man q1 =
( b + h) Mx Mx 8 b ⋅ h ( b + h) ⋅ t ⋅ 2 2 = ⋅ 8 b ⋅ h ⋅ t ( 6 b + 7 h ) b ⋅ h ( 6 b + 7 h)
(12)
q2 =
M x 2 b ⋅ h (4 b + 5 h ) ⋅ t Mx 4 b+5h . = ⋅ ⋅ 2 2 8 b ⋅ h ⋅ t (6 b + 7 h) 4 b ⋅ h 6 b + 7 h
(13)
und
Somit sind die beiden wirkenden Schubflüsse bekannt.
435
11. Übung zu Kapitel 10.6 „Verwölbung von Querschnitten“ Es ist die maximale Spannung in einem kurzen Profilträger unter Torsion zu ermitteln, und zwar in dem Fall, dass sich eine unbehinderte Verwölbung einstellen kann bzw. die Verwölbung durch die Einspannung behindert ist. Fall 1: Querkraft-Biegung
Fall 2: Wölbkraft-Torsion z τ F max
1
σ F max
1
t
y h
h
Qy x
L
Qy
Mx
b
Bild 1: I-Träger unter Torsion Im Fall 1 soll die Behinderung der Verwölbung durch die Einspannung vernachlässigt werden. Es ergibt sich eine Beanspruchung durch Querkraft-Biegung. Die Schubspannung für das offene Profil ergibt sich zu τ max = 1
Mx 1 2t 2 ⋅ b + t 2 ⋅ h 3
(
)
.
(1)
Die in den Flanschen hebelnden Querkräfte erzeugen noch eine zusätzliche Normalspannung von der Größe § Mx · ¨¨ ¸¸ ⋅ L 6⋅Mx ⋅L 1 © h ¹ = σ x max = mit Wb = t ⋅ b 2 . 2 2 1 6 t⋅b t⋅h⋅b 6
(2)
Unberücksichtigt ist bis jetzt der Zwang durch die Einspannung geblieben. Im Kapitel 10.7 ist die Verwölbung des Doppel-I-Profils dargestellt, wodurch in x-Richtung eine zusätzliche Wölbspannung auftritt. Diese ist von der Größe
436
11. Übung zu Kapitel 10.6 „Verwölbung von Querschnitten“
σ xW =
MW CW
⋅ ω*.
(3)
Hierin bezeichnen
(Q ⋅ L ) , M x = Torsionsmoment ( Q ⋅ h ) , M W = Längsbimoment
C W = Wölbwiderstand JF = ω* =
§ JF ⋅ h2 ¨ ¨ 2 ©
· ¸, ¸ ¹
§ t ⋅ b3 Flansch-Flächenträgheitsmoment ¨¨ © 12 §h b· Wölbfunktion ¨ ⋅ ¸. © 2 2¹
· ¸, ¸ ¹
Angemerkt sei noch, dass die Wölbfunktion ω * im Kapitel 10.6 definiert ist zu
ω* = r * ⋅ y , (Abstand vom Schubmittelpunkt x Laufkoordinate vom Spannungsnullpunkt bis Flanschende) insofern muss diese immer extra bestimmt werden.
437
12. Übung zu Kapitel 10.6 „Verwölbung von Querschnitten“ Das gezeigte dünnwandige Kastenprofil sei durch ein Torsionsmoment M x belastet. Zum Zwecke der Überprüfung der Auslegung sind der Schubfluss, die Schubspannungen und die Verwölbung bei unbehinderter Verwölbung zu bestimmen. Der St.-Venant’sche Schubspannungsanteil ist zu vernachlässigen.
t2
t1 Mx
b Bild 1: Torsion eines Kastenprofils In Kapitel 10 ist dargelegt worden, dass der Schubfluss in geschlossenen Profilen konstant ist. Aus der 1. Bredt’schen Formel bestimmt sich so der Schubfluss zu q=
Mx Mx = = konst . 2A 2⋅b⋅h
(1)
Demgemäß erhält man die Schubspannungen in den Wänden zu q t1
τ1 =
bzw . τ 2 =
q . t2
(2)
Für die Verwindung findet man entsprechend φ′ =
Mx 4 (b ⋅ h
)2
§h §h b· q b· ⋅2 ¨ + ¸ = ⋅¨ + ¸ ( ) © t1 t 2 ¹ G ⋅ b ⋅ h © t1 t 2 ¹ ⋅G
(3)
bzw. für den Verdrehwinkel φ=
§h q b· ⋅¨ + ¸ ⋅L . G ⋅ b ⋅ h © t1 t 2 ¹
(4)
438
12. Übung zu Kapitel 10.6 „Verwölbung von Querschnitten“
Die maximale Verwölbung an einer Ecke folgt aus dem Ansatz von Gl. (10.40) zu b/2
u=
³
b/2
γ ⋅ ds −
0
dv ds dx 0
³
mit
γ =
q , G⋅t
v = rt ( s) ⋅ φ
(5)
v ′ = rt ( s) ⋅ φ ′
u2 =
b/2 §h q b / 2 ds q b q b · b⋅h φ rt ( s) ds = ⋅ − − ⋅¨ + ¸ ⋅ ′ ³ ³ G 0 t G 2 t 2 G ( b ⋅ h) © t 1 t 2 ¹ 4 0
u2 =
§h q⋅b q b· − ⋅¨ + ¸ 2 ⋅ G ⋅ t 2 4 ⋅ G © t1 t 2 ¹
u2 =
q⋅h q⋅b q⋅b − − 2 ⋅ G ⋅ t 2 4 ⋅ G ⋅ t1 4 ⋅ G ⋅ t 2
u2 =
q⋅b q⋅h − 4 ⋅ G ⋅ t 2 4 ⋅ G ⋅ t1
u2 =
q § b h· ¨ − ¸ . 4 ⋅ G © t 2 t1 ¹
(6)
Wie im nachfolgenden Bild 2 gezeigt ist, stellt sich die Verwölbung bei dem Kastenprofil als antimetrischer Verlauf ein.
(-)
u2
(+)
Bild 2: Verwölbtes Kastenprofil
u1 = 0
439
13. Übung zu Kapitel 10.6/10.7 „Wölbkrafttorsion“ An einem eingespannten Profilträger unter einem Enddrillmoment tritt infolge der festen Einspannung eine Wölbbehinderung auf. Zu bestimmen sind die zu übertragenden Anteile aus der reinen Torsion und der Wölbkrafttorsion.
t = 2 mm h = 80 mm b = 40 mm
Mx b Bild 1: Tordiertes Profil unter Wölbbehinderung In Kapitel 10.6 wurde dargelegt, dass unter Wölbbehinderung ein äußeres Torsionsmoment durch zwei Anteile übertragen wird. Dem entspricht die Gleichung
M x = M xt + M xT
(1)
oder der DGL E ⋅ C W ⋅ φ ′′′ − G ⋅ J t ⋅ φ ′ = − M x .
(2)
Umgestellt führt dies zu φ ′′′ −
G ⋅ Jt Mx ⋅ φ′ = − E ⋅ CW E ⋅ CW
(3)
oder der Normalform φ ′′′ − α 2 ⋅ φ ′ = − μ .
(4)
Für diese inhomogene DGL ist sowohl die homogene wie auch die partikuläre Lösung bekannt, und zwar φ h = A + B ⋅ cosh α ⋅ x + C ⋅ sinh α ⋅ x
(5)
440
13. Übung zu Kapitel 10.6/10.7 „Wölbkrafttorsion“ φp =
μ
⋅x .
α2
(6)
Aus den Randbedingungen folgt dann 1.
x = 0: φ( 0) = A + B = 0, μ φ ′(0) = α ⋅ C + 2 = 0, α
2. 3.
x = L: φ ′′( L) = α 2 ⋅ B ⋅ cosh α ⋅ L + α 2 ⋅ C ⋅ sinh α ⋅ L = 0,
womit man für die Konstanten μ C=− 3 , α B=
μ
(7)
⋅ tanh α ⋅ L
(8)
μ A = − B = − 3 ⋅ tanh α ⋅ L α
(9)
α3
und
erhält. Die Lösung der DGL (4) lautet somit: φ = φh + φp
φ=
μ
[tanh α ⋅ L (cosh α ⋅ x − 1) − sinh α ⋅ x + α ⋅ x] .
α3
(10)
Des Weiteren werden die Ableitungen von Gl. (10) benötigt:
φ′ = φ ′′ = φ ′′′ =
μ α3 μ α3 μ α
3
α ⋅ tanh α ⋅ L ⋅ cosh α ⋅ x − α ⋅ cosh α ⋅ x + α ,
(11)
α 2 ⋅ tanh α ⋅ L ⋅ cosh α ⋅ x − α 2 ⋅ sinh α ⋅ x ,
(12)
α 3 ⋅ tanh α ⋅ L ⋅ sinh α ⋅ x − α 3 ⋅ cosh α ⋅ x .
Gemäß Gl. (1) kann man nun die Momentenanteile bestimmen, und zwar
(13)
13. Übung zu Kapitel 10.6/10.7 „Wölbkrafttorsion“
441
− Anteil des St. Venant'schen Torsionsmomentes zu M xt = G ⋅ J t ⋅ φ ′ =
μ α2
⋅ G ⋅ J t tanh α ⋅ L ⋅ sinh α ⋅ x − cosh α ⋅ x + 1
(14)
bzw. mit Einsetzen von α 2 und μ folgt
M xt = M x tanh α ⋅ L ⋅ sinh α ⋅ x − cosh α ⋅ x + 1 .
(15)
− Anteil der Wölbkraftdrillung zu M xT = − E ⋅ CW ⋅ φ ′′′ = − E ⋅ CW ⋅ μ tanh α ⋅ L ⋅ sinh α ⋅ x − cosh α ⋅ x
(16)
bzw. mit Einsetzen von μ
M xT = − M x tanh α ⋅ L ⋅ sinh α ⋅ x − cosh α ⋅ x .
(17)
Um den Einfluss der Wölbbehinderung diskutieren zu können, muss weiter G ⋅ Jt E ⋅ CW
α2 =
(18)
bestimmt werden. Hierin ist G = 0, 385 , E Jt =
(19)
1 3 1280 ¦ hi ⋅ t i 3 = 3 = 427 mm4 , 3 i =1
CW =
7 A F ⋅ h 2 ⋅ b 2 = 59, 73 ⋅ 106 mm6 , für 2 A F = A S . 96
(20)
(21)
Für Gl. (18) erhält man so α2 =
0, 385 ⋅ 427 97 , 5 ⋅ 106
= 2 , 8 ⋅ 10−6 mm2
und α = 1, 6 ⋅ 10−3 mm−1 .
(22)
Mit diesen Vorbetrachtungen wären nun Gl. (15) und (17) auswertbar. Zweckmäßiger ist es aber, noch eine Normierung der Längenkoordinaten mit ξ = x/L vorzunehmen. Damit lassen sich dann die vorstehenden Beziehungen darstellen als
442
13. Übung zu Kapitel 10.6/10.7 „Wölbkrafttorsion“ M xt = M x (1 − η)
(23) mit η = cosh α i ⋅ ξ − tanh α i ⋅ sinh α i ⋅ ξ , α i = 1, 6 ⋅ 10−3 ⋅ Li
M xT = M x ⋅ η .
(24)
Von Interesse ist aber das Verhältnis η=
M xT M = 1 − xt . Mx Mx
(25)
Eine Auswertung von η über die normierte Länge zeigt das nachstehende Bild. 1,0
L = 100 mm
η 0,8
M xt Mx
500 mm
0,6
0,4
1000 mm
M xT Mx
0,2 2000 mm 0
5000 mm
10000 mm 0,25
0,5
0,75
1,0 ξ
Bild 2: Momentenverläufe über der Stablänge Als Resümee lässt sich daraus ableiten, dass der Wölbeinfluss bei kurzen Längen überwiegt. Bei allen Stäben werden jedoch an der Einspannstelle vorwiegend Wölbmomente auftreten, während an der Kraftangriffsstelle überwiegend St. Venant’sche Torsion vorherrscht.
443
14. Übung zu Kapitel 13 „Schubfeld-Konstruktionen“ Für den dargestellten Schubfeldträger unter Einzellasten sind der Schubflussverlauf in den Schubfeldern sowie der Normalkraftverlauf in den Gurten und Pfosten zu bestimmen. F1 = 30 kN F2 = 15 kN 4
2
6
8 h = 500 mm
1
5
3
7
FA
L=1000 mm
FB
Bild 1: Rechteck-Schubfeldträger Zu Beginn der Analyse müssen für den Belastungsfall die Auflagerkräfte berechnet werden. Es gilt
¦ M A = 0: F B = ¦ K z = 0:
F2 ⋅ 2 L + F1 ⋅ L 3L
FA = F1 + F2 − FB
=
=
(
)
1 2 F1 + F1 = 20 kN 3
(
)
1 F + 2 F1 = 25 kN . 3 2
Wie in Kapitel 13.1 festgestellt wurde, ist der Schubfluss in jedem Rechteckfeld konstant. In dem gegebenen Schubfeldträger können wir somit die Richtung der Schubflüsse in jedem Feld willkürlich festlegen. Die Pfeile in den Feldern geben an, wie die Schubflüsse auf die Gurte und Pfosten wirken. F1 F2 q1 FA
Bild 2: Verlauf der Schubflüsse
q2
q3 FB
444
14. Übung zu Kapitel 13 „Schubfeld-Konstruktionen“
Zur Bestimmung der Schubflüsse beginnt man nun an einer bekannten Kraftangriffsstelle mit der Aufstellung des Gleichgewichts: •
Pfosten 12 FA − q1 ⋅ h
•
F = 0 → q1 = A , h
Pfosten 34
(q 1 − q 2 ) ⋅ h − F1 = 0 •
F1 FA − F1 q 2 = q1 − = , h h
Pfosten 56
(q 2 − q 3 ) ⋅ h − F2 = 0 •
→
Pfosten 78 FB + q 3 ⋅ h
(als Kontrolle)
F2 FA − F1 − F2 → q3 = q2 − = , h h
F = 0 → q3 = − B . h
Mit den gegebenen Werten findet sich und
q1 = 50 N/mm, q 2 = −10 N/mm q 3 = - 40 N/mm .
Das negative Vorzeichen drückt in diesem Zusammenhang nur aus, dass die wirklichen Schubflüsse in diesem Feld entgegen der angenommenen Richtung wirken. Aus der Schubflussverteilung können jetzt die linear verlaufenden Normalkräfte in den Gurten und Pfosten bestimmt werden, und zwar Untergurte Stelle 1: 3: 5: 7:
Obergurte N1 = 0 N 4 = q1 ⋅ L = +50 kN N 5 = −q 2 ⋅ L = 40 kN N7 = 0
2: 4: 6: 8:
N2 N3 N6 N8
=0 = −50 kN = −40 kN =0
Ohne weitere Rechnung ergeben sich die Pfostenkräfte aus den Endlasten in den entsprechenden Knoten. Im umseitigen Bild 3 ist noch einmal der Verlauf der Schubflüsse und der Normalkräfte herausgestellt.
445
14. Übung zu Kapitel 13 „Schubfeld-Konstruktionen“
50 kN
40 kN
_
_
_
F1 = 30 kN
_
_ _ FA = 25 kN
50 N/mm
+
50 kN
F2 = 15 kN
10 N/mm
+
40 N/mm
+
40 kN
Bild 3: Darstellung der Schubflüsse und Normalkräfte im Schubfeldträger
_ FB = 20 kN
446
15. Übung zu Kapitel 14 „Ausgesteifte Kastenprofile“ Für einen mit Querrippen versteiften Kastenträger aus drei Feldern ist die Schubflussverteilung unter Berücksichtigung des Abtragens in den Spanten zu bestimmen. Die Verhältnisse am Träger zeigt die folgende Skizze.
150
III 150
II 150
50
G =
t =2
E 2,6
A G = 1000 mm 2
150 M x = konst.
Bild 1: Eingespannter Kastenträger unter konstanter äußerer Torsion In Kapitel 14 sind die wesentlichen Beziehungen zur Berechnung von Kastenträgern dargestellt worden. Insbesondere gilt die Feldgleichung α o ⋅ N k +1 + 2 α oo ⋅ N k + α o ⋅ N k −1 = 0 .
(1)
Die rechte Seite wird hierbei gleich null, weil im Beispiel q k ° = q ° k +1 ist, d. h. keine Krafteinleitung innerhalb der Felder erfolgt. Für die Koeffizien-ten folgt somit
αo =
(
)
2 L 1 b+h ⋅ − ⋅ , 3 E ⋅ AG 2 G ⋅ L t
(2)
15. Übung zu Kapitel 14 „Ausgesteifte Kastenprofile“
447
somit αo =
( b + h) L 2 1 ⋅ − ⋅ , t 3 E ⋅ AG 2 G ⋅ L
α oo =
( b + h) 4 L 1 ⋅ + ⋅ . 3 E ⋅ AG 2 G ⋅ L t
(2)
(3)
Des Weiteren muss die Endgleichung für die starre Wand herangezogen werden 2 α oo ⋅ N k + α o ⋅ N k −1 = ß ⋅ q k
(4)
mit ß=
( b + h) . G⋅t
(5)
Unter den gegebenen Verhältnissen folgt für die Koeffizienten αo = −
0, 766 1, 166 260 , α oo = , ß= E E E
und für die Schubflussbeanspruchung des äußeren konstanten Momentes q k =
Mx . 2 b⋅h
(6)
Für die in der Skizze gezeichneten Abschnitte muss nun die Feldgleichung ausgewertet werden I.
Feld (k = 1) α o ⋅ N 2 + 2α oo ⋅ N1 = 0 −
II.
0,766 2,332 ⋅ N2 + ⋅ N1 = 0 E E
(7)
Feld (k = 2)
α o ⋅ N 3 + 2α oo ⋅ N 2 + α o ⋅ N1 = 0 −
0,766 2,332 0,766 ⋅ N3 + ⋅ N2 − ⋅ N1 = 0 E E E
(8)
448 III.
15. Übung zu Kapitel 14 „Ausgesteifte Kastenprofile“ Feld (k = 3) 2α oo ⋅ N 3 + α o ⋅ N 2 = ß ⋅ q k −
2,332 0,766 260 ⋅ N3 − ⋅ N2 = ⋅ q k . E E E
(9)
Aus der Auflösung folgt: N1 =15,32 ⋅ q k , N 2 = 46,72 ⋅ q k ,
(10)
N 3 = 126,84 ⋅ q k . Unter Heranziehung von Gl. (14.12) N k − N k −1 = 2 (q 1k − q k ) L
bzw. aus der Umstellung q1k =
N k − N k −1 + q k L
findet man nun die Schubflüsse in den Blechen zu q11 = 1,05 ⋅ q k , q12 = 1,10 ⋅ q k ,
(11)
q13 = 1,27 ⋅ q k , und aus Gl. (14.29) folgt ergänzend q 21 = (2 − 1,05) ⋅ q k = 0,95 ⋅ q k , q 22 = (2 − 1,10 ) ⋅ q k = 0,90 ⋅ q k , q 23 = (2 − 1,27 ) ⋅ q k = 0,73 ⋅ q k . Wie diese Belastungen über die Länge des Kastenträgers wirken, zeigt das umseitige Bild 2.
449
15. Übung zu Kapitel 14 „Ausgesteifte Kastenprofile“
Nk
126,84 ⋅ q k
0,73 ⋅ q k 1, 27 ⋅ q k
46,72 ⋅ q k 0,9 ⋅ q k 1,1 ⋅ q k
15,32 ⋅ q k
0,95 ⋅ q k 1,05 ⋅ q k
Bild 2: Auswertung des Belastungsverlaufs
450
16. Übung zu Kapitel 15.1 „Energieprinzip“ Für einen geschlossenen Rahmen unter Einzelkräften ist über die Formänderungsarbeit das Biegemoment im Mittelschnitt der horizontalen Trägerabschnitte zu ermitteln.
Q Q
N
N =
F 2
H 2
H 2
L 2
L 2
Bild 1: Geschlossener Rahmen unter Druckkräften Im Kapitel 15.1 ist dargestellt, wie die Formänderungsarbeit eines elastischen Körpers allgemein dargestellt werden kann als πi =
(
)
1 ³ σ ⋅ ε + τ xy ⋅ γ xz dV . 2V x x
(1)
Angewandt auf das vorliegende Problem führt dies zu der Gleichung πi =
L M2 L Q2 º 1 ªL N 2 «³ dx + ³ dx + ³ dx» . 2 «¬ o E ⋅ A »¼ o E ⋅ Jy oG⋅A
(2)
Bei dem zu untersuchenden Rahmen liegt eine Doppelsymmetrie vor, somit genügt es, die Betrachtungen auf ein Viertel des Rahmens zu beschränken. Am Ort des gesuchten Momentes wird dazu der Rahmen aufgeschnitten und die vorhandenen Schnittkräfte als äußere Kräfte eingeführt. Da es sich beim Mittelschnitt um eine Symmetrielinie handelt, entfallen die antimetrischen Schnittkräfte. Im vorliegenden Fall trifft dies für die Querkraft Q zu. Die Normalkraft lässt sich dagegen mithilfe der Gleichgewichtsbedingung bestimmen.
451
16. Übung zu Kapitel 15.1 „Energieprinzip“
− Beschreibung des Trägersegmentes:
F 2
x1 2
z1
A2, J2
Schnittkräfte für die Trägerabschnitte:
A1, J1
1
N1 = F / 2 Q1 = 0 M1 = M
x2
N2 = 0 Q2 = F / 2
z2
M2 = M + Bild 2: Trägerabschnitt mit Kräften
· F §¨ H ⋅ ¨ − x 2 ¸¸ 2 ©2 ¹
− Anteil des Trägerabschnitts 1 an der Formänderungsarbeit:
π i1 =
1 L/2 F2 1 L/2 M2 1 F2 L 1 1 M2 L dx1 = ⋅ ³ dx1 + ⋅ ³ ⋅ + ⋅ 2 o 4 ⋅ E ⋅ A1 2 o E ⋅ J1 2 4 2 E ⋅ A1 2 E ⋅ J 1 2
π i1 =
F2 ⋅ L M2 ⋅ L , + 16 ⋅ E ⋅ A1 4 E ⋅ J 1
(3)
− Anteil des Trägerabschnitts 2 an der Formänderungsarbeit: 2 H/2 1 1 H /2 F §H F2 ª ·º ⋅ ³ « M + ⋅ ¨ − x 2 ¸ » dx 2 + ⋅ ³ π i2 = dx ¹¼ 2 E ⋅ J2 o ¬ 2 ©2 2 o 4 G ⋅ A2 2
(4)
Die Integration führt zu π i2 =
1 2 E ⋅ J2
ªM2 ⋅ H 1 F2 ⋅ H 3 º F2 ⋅ H . « »+ + M ⋅ F ⋅ H2 + 8 96 »¼ 16 G ⋅ A 2 «¬ 2
(5)
Für das betrachtete Rahmen-Viertel kann damit die Formänderungsarbeit zusammengefasst werden zu 1 π i = π i1 + π i 2 4
(6)
1 F2 ⋅ L M2 ⋅ L M2 ⋅ H M ⋅ F ⋅ H2 F2 ⋅ H 3 F2 ⋅ H . + + + + + πi = 4 16 E ⋅ A1 4 E ⋅ J 1 4 E ⋅ J 2 16 E ⋅ J 2 192 E ⋅ J 2 16 G ⋅ A 2
(7)
452
16. Übung zu Kapitel 15.1 „Energieprinzip“
Zur Ermittlung des unbekannten Momentes wird jetzt der Satz von Castigliano angewandt, der Folgendes besagt: Die partielle Ableitung der äußeren Arbeit nach der Kraft (einem Moment) ergibt die Verschiebung (Verdrehung) des Kraftangriffspunktes in Richtung dieser Kraft (dieses Momentes). Da der Rahmen an der fiktiven Schnittstelle nicht klaffen darf, ist hier die Verschiebung gleich null zu fordern. Wird dieser auf Gl. (7) wie folgt angewandt M⋅L M⋅H F ⋅ H2 ∂π i =0 + + = ∂M 2 E ⋅ J 1 2 E ⋅ J 2 16 E ⋅ J 2
(8)
bzw. · F⋅H § L J2 = 0, M¨ ⋅ + 1¸ + 8 ¹ © H J1
so folgt für das Moment M=−
F⋅H § L J2 · 8 ¨1 + ⋅ ¸ H J1 ¹ ©
.
(9)
453
17. Übung zu Kapitel 15.2 „Passive Formänderungsarbeit“ Für den in Bild 1 dargestellten Kragträger ist mithilfe der passiven Formänderungsarbeit die Biegelinie zu bestimmen. Der Kragträger ist an der Stelle a mit der Einzelkraft F belastet, die im Schubmittelpunkt des Profils angreift.
F x z w, ψ a L
Bild 1: Kragträger mit Einzelkraft F Für den Biegefall ist von der Beziehung LM
w i = w(x i ) = ³
o
b ( x ) ⋅ M b ( x , x i ) dx
E ⋅ Jy
auszugehen. Es ergibt sich damit die Durchsenkung w i an der Stelle x i . Der Punkt x i ist der Angriffspunkt der virtuellen Kraft „1“. M b ( x) ist der Biegemomentenverlauf der real einwirkenden Lasten, und M b ( x, x i ) ist der aus der virtuellen Kraft „1“ resultierende Biegemomentenverlauf. Mit 0 ≤ x i ≤ L als variable Größe beschreibt w ( x i ) die Biegelinie. Am Ort a der Krafteinleitung hat der reale Biegemomentenverlauf bzw. der reale Krümmungsverlauf κ einen Knick. Demzufolge muss die Biegelinie in zwei Intervallen beschrieben werden, d. h. w i (0 ≤ x i ≤ a ) und w i (a ≤ x i ≤ L ) .
454
17. Übung zu Kapitel 15.2 „Passive Formänderungsarbeit“
Biegelinie a ≤ xi ≤ L
Biegelinie im Bereich 0 ≤ x i ≤ a _______________________________________________
"
1"
_______________________________
F
F
x
"
1"
x xi
a
a
L
z
xi
L
z
Biegemomentenverlauf M b ( x) im Bereich 0 ≤ x < x i : M b ( x ) = − F ⋅ ( a − x) ; x i ≤ x ≤ a : M b ( x ) = − F ⋅ ( a − x) ; a < x ≤ L : M b ( x) = 0 . Biegemomentenverlauf M b ( x , x i ) im Bereich 0 ≤ x < x i : M b ( x, x i ) = −( x i − x ) ; x i ≤ x ≤ a : M b ( x, x i ) = 0 ; a < x ≤ L:
M b ( x, x i ) = 0 .
xi
xi
=
w(x i ) =
E ⋅ Jy
L 0⋅0
dx + ³
a E ⋅ Jy
0 ≤ x < x i : M b ( x, xi ≤ x ≤ a : M b ( x,
w(x i ) = ³
0
dx
xi F ⋅ ³ (a − x ) ⋅ ( x i − x )dx E ⋅ Jy 0
F ⋅ xi2 E ⋅ Jy
Biegemomentenverlauf M b ( x, x i ) im Bereich
x i ) = −( x i − x ) ; x i ) = −( x i − x ) ;
a F ⋅ (a − x ) ⋅ ( x − x ) i
F ⋅ (a − x ) ⋅ ( x i − x ) dx + E ⋅ Jy 0 a − F ⋅ (a − x ) ⋅ 0
0 ≤ x < a : M b ( x ) = − F ⋅ ( a − x) ; a ≤ x ≤ x i : M b ( x) = 0 ; x i < x ≤ L : M b ( x) = 0 .
a < x ≤ L : M b (x, x i ) = 0 .
w(x i ) = ³
+ ³
Biegemomentenverlauf M b ( x) im Bereich
a x ⋅ §¨ − i ·¸ für 0 ≤ x i ≤ a ©2 6 ¹
E ⋅ Jy
dx +
xi
L 0⋅0 0 ⋅ (x − x i ) dx + ³ dx E ⋅ Jy a xi E ⋅ J y
+ ³ =
a F ⋅ ³ a ⋅ x i − (a + x i ) ⋅ x + x 2 dx E ⋅ Jy 0
w(x i ) =
F ⋅ a2 ⋅ (3 ⋅ x i − a ) für a < x i ≤ L 6 ⋅ E ⋅ Jy
455
18. Übung zu Kapitel 15.2 „Arbeitsprinzip“ An dem gezeigten Rahmen, der durch eine Streckenlast belastet sei, gilt es, über den Arbeitssatz bzw. die daraus folgenden Beziehung L
w ik = ³ M i ⋅ o
Mk dx E⋅J
i = Ort der "1"− Kraft
(1)
k = Stelle der wirklichen Belastung
die Verformungen zu bestimmen. Zu beachten ist hierbei, dass jeweils Besondere für die Rechnung geeignete Koordinatensysteme benutzt werden. q
x + q ⋅ L2 8
H
z x A
B FA =
L
q⋅L 2
FB =
q⋅L 2
Bild 1: Rahmen und Momentenfläche a) Berechnung der seitlichen Verschiebung u des Loslagers B Am Ort der gesuchten Verschiebung muss eine Einheitskraft "1" in Richtung der Verschiebungswirkung aufgebracht werden. Infolge dieser Einheitslast ergibt sich der dargestellte Biegemomentenverlauf M , der abschnittsweise mit dem realen Biegemomentenverlauf M des Rahmens überlagert werden muss. Zur Bestimmung der Loslagerverschiebung ist der Arbeitssatz wir folgt anzuwenden und auszuwerten: L
u B = ³ (1 ⋅ H ) ⋅ o
(
)
2 q L⋅x − x q⋅H dx = 2 E⋅J E⋅J
ª L x 2 x 3 º L q ⋅ H ⋅ L3 . − = « ⋅ » 6 ¼» o 12 E ⋅ J «¬ 2 2
(2)
456
18. Übung zu Kapitel 15.2 „Arbeitsprinzip“ x
1.H +
Bild 2: Normierte Einzellast am Lager B mit zugehörigem Momentenverlauf M
+
+ M
"1" 1
uB
1
b) Berechnung der Durchbiegung w M in Rahmenmitte Wie zuvor bereits gezeigt, ist auch für diesen Belastungsfall wieder der Momentenverlauf zu erstellen. x
“1” + wM
1⋅ L 4 M 1 2
1 2
Bild 3: Normierte Einzellast in Rahmenmitte mit zugehörigem Momentenverlauf M Für die Durchbiegung ist demgemäß anzusetzen: L 3 4º 2 ª q q L x x §1 · w M = 2 ³ ¨ x¸ ⋅ L ⋅ x − x 2 dx = − « ⋅ » ©2 ¹ 2 E ⋅J E ⋅ J «¬ 2 3 8 »¼ o o L/2
=
(
)
q ⋅ L4 § 1 1 · 5 q ⋅ L4 − . ⋅ ¨ ¸ = E ⋅ J © 48 128 ¹ 384 E ⋅ J
(3)
457
18. Übung zu Kapitel 15.2 „Arbeitsprinzip“ c) Berechnung der Neigung ψ des Pfostenquerschnitts am Lager B
Für diesen Belastungsfall muss am Rahmen ein Einheitsmoment in Richtung der Verdrehung angebracht werden und dafür der Momentenverlauf ermittelt werden. x
1 + M +
ψB
"1"
1 L
"1"
Bild 4: Normiertes Einheitselement am Lager B mit zugehörigem Momentenverlauf Es ergibt sich damit für die Verdrehung L 1 x4 º L q q ª 1 x3 q ⋅ L3 § x· ψ B = ³ ¨1 ⋅ ¸ ⋅ . (4) L ⋅ x − x 2 dx = − ⋅ « ⋅ » = © L¹ 2 E ⋅ J 2 L 4 »¼ o 24 ⋅ E ⋅ J E ⋅ J «¬ 2 3 o
(
)
d) Die zuvor erzielten Einzelergebnisse können auch ohne Integration mittels umseitiger Tabelle gewonnen werden. Alle Verformungsgrößen finden sich aus einer Überlagerung der entsprechenden Momentenflächen. uB =
M k q ⋅ L2 1 L Mi 1 2 q ⋅ L2 q ⋅ H ⋅ L3 ⋅ ³ ⊕ 1⋅ H ⋅ ⊕ dx = ⋅ L ⋅ (1 ⋅ H ) = 8 8 12 E ⋅ J E⋅J o E⋅J 3
wM =
ψB =
1 E⋅J
L Mi
⋅ ³ ⊕ 1⋅ o
2 5 q ⋅ L4 1 5 L M k q ⋅ L2 § L· q ⋅ L dx = ⋅ ⊕ ⋅ ⋅ L ⋅ ¨1 ⋅ ¸ = © 4¹ 8 E ⋅ J 12 4 8 384 E ⋅ J
M k q ⋅ L2 § q ⋅ L2 · q ⋅ L3 1 L Mi 1 1 ¸= dx = ⋅ ³ ⊕ 1⋅ ⊕ ⋅ L ⋅ (1) ¨¨ ¸ E⋅J 3 8 E⋅J o © 8 ¹ 24 E ⋅ J
(5)
L
L
Mi
L
L
Mi
L
Quadr. Parabel
Mi
Quadr. Parabel
Mi
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
2 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
2 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
1 (M i1 ⋅ M i 2 ) Mi2 2 ⋅ Mk ⋅ L
Quadr. Parabel
L
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 2
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 2
Mi ⋅ M k ⋅ L
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 6
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 2
L
Mk
Dreieck
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
1 (1 + α ) 6 ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L 1 (1 + β ) 6 ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L
)
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 2
L
β .L
Dreieck
Mk α .L
1 M i ⋅ [(1 + β ) ⋅ M k1 6 + (1 + α )M k 2 ⋅ L ]
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 12
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 4
)
1 1 + β + β2 12 ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L
(
1 1 + α + α2 12 ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L
(
(
(
)
)
1 M i ⋅ (3M k1 12 + M k2 ) ⋅ L
1 M i ⋅ (M k1 12 + 3M k 2 ) ⋅ L
)
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 5
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 5
7 Mi ⋅ M k ⋅ L 15
Mk
(
1 1 + α + α2 12 ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L
)
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 12
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 4
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
L
Quadr. Parabel
2 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
3 Mi ⋅ M k ⋅ L 10
11 Mi ⋅ M k ⋅ L 30
3 Mi ⋅ M k ⋅ L 10
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 5
2 Mi ⋅ M k ⋅ L 15
3 Mi ⋅ M k ⋅ L 10
1 (3M i1 +5M i 2 ) 1 (M i1 + 35M ik ) 12 12 ⋅ Mk ⋅ L ⋅ Mk ⋅ L
1 5 − β − β2 12 ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L
(
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 4
5 Mi ⋅ M k ⋅ L 12
2 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
L
Mk
Quadr. Parabel
7 8 Mi ⋅ M k ⋅ L Mi ⋅ M k ⋅ L 15 12
1 (M i1 + M i 2 ) 3 ⋅ Mk ⋅ L
1 (1 + αβ )M i 3 ⋅ Mk ⋅ L
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
1 M i ⋅ (2M k1 6 + Mk2 ) ⋅ L
2 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
L
Mk
Quadr. Parabel
1 Mi ⋅ M k ⋅ L 3
M k2
1 M i ⋅ (M k1 6 + 2M k 2 ) ⋅ L
1 M i ⋅ (M k1 2 + M k2 ) ⋅ L
L
Trapez M k1
1 1 (M i1 + 2M i 2 ) 1 M k ⋅ [(1 + β) ⋅ M i1 6 [(2M k1 + M k 2 ) 6 6 ⋅ M i1 + (M k1 + 2M k 2 ) ⋅ Mk ⋅ L + (1 + α )M i 2 ] ⋅ L ⋅ M i2 ] ⋅ L 1 1 5 − β − β2 5 M i ⋅ (3M k1 M i ⋅ M k ⋅ L 12 12 12 ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L + 5M k 2 ) ⋅ L 1 1 5 − α − α2 1 M i ⋅ (5M k1 Mi ⋅ M k ⋅ L 12 12 4 + 3M k 2 ) ⋅ L ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L
1 (1 + α ) 1 M ⋅ M ⋅ L 6 k β .L 2 i ⋅ Mi ⋅ M k ⋅ L
Quadr. Parabel
L
Trapez
Mi α .L
Dreieck
Mi
Mi1
L
Dreieck
Mi
Dreieck
L
Mi
Rechteck
Mi
L
Mk
Rechteck
Mk
458 18. Übung zu Kapitel 15.2 „Arbeitsprinzip“
459
19. Übung zu Kapitel 16.4 „Geschlossener Rahmen“ In Fahrzeugaufbauten versucht man, durch Stringer und Spante die notwendige Stabilität einzubringen. Ein Spant kann hierbei als geschlossener Rahmen aufgefasst werden. Für einen Rumpfspant eines Flugzeugs (nach /CZE 67/) soll eine Belastungsanalyse durchgeführt werden. Im folgenden Bild 1 ist die äußere Belastung des Spants gezeigt.
F
r
Bild 1: Rumpfspant unter Axiallast F
Das Problem lässt sich lösen durch Aufschneiden und Analyse unter Nullbelastung und „Eins-Belastung“. 1. Aufschneiden
2. Die hauptsächliche Beanspruchung ist Biegung F 2
s
F 2
„1“
r ⋅ sin ϕ r
F 2
Mo =
F r ⋅ sin ϕ 2
Bild 2: Ersatzmodell
F 2
„1“ M1 = 1
Wegen der Symmetrie braucht nur eine Hälfte ausgewertet zu werden. Bild 3: Einbringen der „1“-Last
460
19. Übung zu Kapitel 16.4 „Geschlossener Rahmen“
3. Gemäß der Analyse aus den Schnittgrößen ist das folgende Gleichungssystem zu lösen: δ10 + X 1 ⋅ δ11 = 0 δ X 1 = − 10 , δ11 dies führt zu M = M o + X1 ⋅ M1 .
4. Bestimmung der Verschiebungseinflusszahlen s
π
0 s
0
"
E ⋅ J ⋅ δ11 = ³ M 1 2 ⋅ ds = ³ " 1 2 ⋅ r ⋅ dϕ = r ⋅ π π
E ⋅ J ⋅ δ10 = ³ M 1 ⋅ M o ⋅ ds = ³ " 1" ⋅ 0
0
=
F ⋅ r ⋅ sinϕ ⋅ r ⋅ dϕ 2
π F⋅r2 ( − cos ϕ ) = F ⋅ r 2 2 0
Daraus folgt: δ F⋅r X1 = − 10 = − δ11 π und somit für den inneren Momentenverlauf an einer beliebigen Stelle
F F⋅r § sin ϕ 1 · − ¸. M(ϕ) = M o + X1 ⋅ M1 = ⋅ r ⋅ sin ϕ − = F ⋅ r¨ π¹ 2 π © 2
461
20. Übung zu Kapitel 17.1 „Sandwichelemente-Aufbauprinzip“ Die Bodengruppe eines Rennwagens soll aus sehr leichten Sandwichplatten aufgebaut werden. Hierfür wurden verschiedene Studien angefertigt. Als Problem erweist sich jedoch die Anbindung von notwendigen Stützen, die vorwiegend Druckkräfte einleiten sollen.
FD
Al-Rohr Al-Häute
PU-Schaumkern
Bild 1: Situation der Anbindung und der Krafteinleitung Aufgabenstellung soll es im Folgenden sein, einen Vorschlag für das Krafteinleitungsproblem auszuarbeiten. Allgemeines:
Im Kapitel 17.1 wurden einige mögliche Aufbauprinzipien von Sandwichelementen dargestellt. Auch ist dort schon auf die Problematik der Einleitung von äußeren Kräften eingegangen worden. Ergänzend wurden auch typische Werkstoffwerte zusammengestellt. Insbesondere die Kernwerkstoffe zeigen hier nur geringe mechanische Werte, sodass der Kern nach Möglichkeit nicht konzentriert zu beanspruchen ist. In den umzusetzenden Konstruktionsprinzipien sollte dies unbedingt berücksichtigt werden.
Zur Musterlösung: Natürlich gibt es mehrere Möglichkeiten, der vorgegebenen Aufgabenstellung zu genügen. Nachfolgend sei ein Prinzip skizziert, das mit relativ geringem Aufwand alle Randbedingungen erfüllt. Konstruktionsprinzip • •
Falls möglich, sollten Schubkräfte in Sandwichelemente eingeleitet werden. Durch die schräge Rohrstütze werden in idealer Weise Schub- und Druckkräfte abgeleitet. Das entwickelte Einschraubelement ist zunächst lösbar und gut für die Kompensation von Kräften geeignet. Die Schubkraft wird als Flächenlast in die Häute eingeleitet und der Kern frei von Druckkräften gehalten.
462 •
20. Übung zu Kapitel 17.1 „Sandwichelemente-Aufbauprinzip“
Durch Dimensionierung der Durchmesser, insbesondere der Tellergröße, können die Kraftverhältnisse in weitem Rahmen den zulässigen Werten angepasst werden.
FD Krafteinleitungszone
FDz
FDx
PUSchaum
Bild 2: Anbindung einer Stütze an eine Sandwichplatte Die vorstehende Lösung ist für ein reales Fahrzeugkonzept entwickelt worden. Für den Einsatz von Sandwichelementen im Maschinenbau ist noch eine Systematik von − Eckabschlüssen oder Eckenstößen, − Mittenanschlüssen oder Mittenstößen sowie − Winkelanschlüssen von Interesse.
20. Übung zu Kapitel 17.1 „Sandwichelemente-Aufbauprinzip“
463
In den umstehenden konstruktiven Vorschlägen sind dabei die zuvor beschriebenen Grundregeln der großflächigen Krafteinleitung und der möglichen Freihaltung des Kerns von großen Kräften beherzigt worden. Die gezeigte Zusammenstellung ist bei weitem nicht vollständig, sondern soll nur Prinzipien andeuten.
Eckanschlüsse zur Lagerung und Verblendung
Mittenanschlüsse zum Anbringen von Streben oder Stützen
Bild 3: Systematik von Sandwichverbindungen
464
20. Übung zu Kapitel 17.1 „Sandwichelemente-Aufbauprinzip“
Mittenstöße
Eckstöße
Bild 4: Systematik von Sandwichverbindungen
465
21. Übung zu Kapitel 17.4 „Sandwichelemente/Partialdurchsenkung“ p = konst. t t
z
h
x
p⋅L 2
Für den dargestellten beidseitig gelenkig gelagerten Sandwichbalken unter Streckenlast ist die maximale Durchsenkung zu bestimmen.
p⋅L 2
L
p M by Q p⋅L 2
Bild 1: Sandwichbalken der Breite b
Die Neigung w( x) ′ der Biegelinie ist bei berücksichtigter Schubverformung
w( x) ′ = γ ( x) − β( x) .
(1)
Der Verdrehwinkel β( x) , der die Neigung der Querschnitte beschreibt, bestimmt sich aus M by ( x) = E ⋅ J y ⋅
dβ( x) . dx
(2)
Die Schubverformung γ ( x) ist das Resultat der berücksichtigten Schnittkraft Q( x) = G ⋅ A s ⋅ γ ( x) .
(3)
A s = b ⋅ h ist die Querschnittfläche des Sandwichbalkens. Für den gegebenen beidseitig gelenkig gelagerten Sandwichbalken erhält man die Schnittgrößenverläufe
§L · Q( x) = p ⋅ ¨ − x¸ , ©2 ¹ M by (x ) =
p ⋅ x ⋅ (L − x ) . 2
Aus Gl. (2) und (5) folgt für die Ableitung des Verdrehwinkels
(4)
(5)
466
21. Übung zu Kapitel 17.4 „Sandwichelemente/Partialdurchsenkung“ dβ( x) p = ⋅ x ⋅ ( L − x) . dx 2 ⋅ E ⋅ Jy
(6)
Einmalige Integration von Gl. (6) liefert β( x) =
p p ⋅ L ⋅ x2 − ⋅ x 3 + C1 . 4 ⋅ E ⋅Jy 6⋅ E ⋅ Jy
(7)
Der Schubwinkel γ ( x) ergibt sich aus Gl. (3) und (4) zu γ ( x) =
p §L · ⋅ ¨ − x¸ . ¹ G ⋅ As © 2
(8)
Damit sind die beiden Größen der rechten Seite von Gl. (1) bestimmt und man erhält die Neigungslinie der Biegelinie · § p L p p w (x )′ = ¨¨ − ⋅ §¨ − x ·¸ + C1 . ⋅ L ⋅ x2 + ⋅ x 3 ¸¸ + 6 ⋅ E ⋅ Jy ¹ ¹ G ⋅ As © 2 © 4 ⋅ E ⋅ Jy
(9)
Die Integration der letzten Gleichung führt auf w( x) = −
(
)
p p p ⋅ L ⋅ x3 + ⋅ x4 + ⋅ L ⋅ x − x2 + C1 ⋅ x + C2 . (10) 12 ⋅ E ⋅ J y 24 ⋅ E ⋅ J y 2 ⋅ G ⋅ As
Aus den Randbedingungen w( x = 0) = 0 und w( x = L) = 0
(11)
ergeben sich die beiden Konstanten in Gl. (10)
C1 =
p ⋅ L3 und C 2 = 0 , 24 ⋅ E ⋅ J y
(12)
womit für die Biegeverformung bei berücksichtigtem Schubeinfluss die Gleichung w ( x) =
(
)
p p ⋅ x 4 − 2 ⋅ L ⋅ x 3 + L3 ⋅ x + ⋅ x ⋅ ( L − x) 24 ⋅ E ⋅ J y 2 ⋅ G ⋅ As
(13)
gefunden wird. Man erkennt, dass sich die Biegelinie Gl. (13) nach der Partialdurchsenkungstheorie aus einem reinen Biegeanteil w b ( x) =
(
p ⋅ x 4 − 2 ⋅ L ⋅ x 3 + L3 ⋅ x 24 ⋅ E ⋅ J y
)
21. Übung zu Kapitel 17.4 „Sandwichelemente/Partialdurchsenkung“
467
und dem reinen Schubanteil w s ( x) =
p ⋅ x ⋅ ( L − x) 2 ⋅ G ⋅ As
zusammensetzt. Die maximale Gesamtdurchbiegung in der Mitte des Balkens ist 5 p ⋅ L4 L· p ⋅ L2 § + w max = w¨ x = ¸ = ⋅ , © 2 ¹ 384 E ⋅ J y 8 ⋅ G ⋅ A s
(14)
w max = w b max + w s max . Das Verhältnis des maximalen Schubanteils zum maximalen Biegeanteil ist 48 ⋅ E ⋅ J y w s max . = w b max 5 ⋅ G ⋅ A s ⋅ L2
(15)
Die Biegesteifigkeit E ⋅ J y hängt im Wesentlichen von der oberen und unteren Hautplatte ab; sie entspricht in Näherung dem mit dem E-Modul der Hautplatten E H multiplizierten Steiner'schen Anteil E ⋅ J y ≈ E H ⋅ t ⋅ b ⋅ h 2 *).
(16)
Die Schubsteifigkeit G ⋅ A s wird durch den Kern G ⋅ As = GK ⋅ b ⋅ h
(17)
bestimmt. Berücksichtigt man Gl. (16) und (17) in Gl. (15), so gilt w s max 48 ⋅ E H § t · § h · 2 = ⋅¨ ¸ ⋅¨ ¸ . w b max 5 ⋅ G K © h ¹ © L¹
(18)
Beispiel: Al-Haut und Al-Wabenkern E Al ≈ 70.000
*)
N mm
2
, G K ≈ 100
N mm
2
,
t = 0,1 h
Anmerkung: An dieser Stelle ist stark gerundet worden: ªh 3 ⋅b § b ⋅ t3 h2 ·º + 2¨ + E ⋅ J y = EH ⋅ « K b ⋅ t ¸» ≈ E H ⋅ t ⋅ b ⋅ h 2 ¨ ¸» 12 12 4 © ¹¼ ¬«
468
21. Übung zu Kapitel 17.4 „Sandwichelemente/Partialdurchsenkung“ h L
w s max w b max
Fehler bei Vernachlässigung von w s
0,16
17,20
95 %
0,10
6,72
87 %
0,02
0,27
21 %
Die Tabelle zeigt, dass der Schubfluss bei kurzen Balken nicht vernachlässigt werden darf. Bei langen Balken überwiegt dagegen der Biegeeinfluss. Bild 2 verdeutlicht diesen Sachverhalt, der aus Gl. (18) resultiert.
L
L
20
w s max
t
w b max
t
h
15
t = 0,5 h
t = 0, 2 h
t = 0,1 h
t = 0,05 h
10
Schubanteil
5
0,025 0,05
0,1
w s max w b max
0,2
0,3 h L
Bild 2: Schubeinfluss bei der Biegung eines Sandwichbalkens in Abhängigkeit von den Balkenabmessungen
469
22. Übung zu Kapitel 18.2 „Knicken von Profilstäben“ Für den abgebildeten Druckstab mit elastischer Mittelstütze soll die kritische Druckkraft in Abhängigkeit von der Federsteifigkeit bestimmt werden. L 2
L 2
F
F
F
c
ξ
c
F
Bild 1: Symmetrische und antimetrische Knickform des Druckstabes Der Druckstab kann im Versagensfall je nach Steifigkeit der Mittelstütze eine symmetrische oder antimetrische Knickform annehmen. Im antimetrischen Fall findet keine Belastung der Mittelstütze statt. Die kritische Druckkraft entspricht daher der Euler'schen Knicklast des beidseitig gelenkig gelagerten Stabes der Länge L K = L / 2 : 2
§ π · π2 π2 ¸ E⋅J = 4 2 E⋅J = k⋅ 2 E⋅J. F krit = ¨ © LK ¹ L L
(1)
Hieraus lässt sich der Beulwert des Problems mit k = 4 herleiten. Im symmetrischen Fall muss die DGL (s. auch Gl. (18.8)) 2 d4 w 2d w + μ = 0, dξ4 dξ2
F mit μ2 = E⋅J
(2)
gelöst werden. Der Lösungsansatz dafür ist w( ξ) = C1 + C 2 ⋅ ξ + C 3 ⋅ cos μ ⋅ ξ + C 4 ⋅ sin μ ⋅ ξ .
(3)
Die Integrationskonstanten bestimmt man wieder an den Stellen 0 ≤ ξ ≤ 2 zu w ( 0)
= 0:
C1 + C 3 = 0
(4)
w ′′( 0)
= 0:
C 3 = 0 → C1 = 0
(5)
C2 + μ ⋅ C4 ⋅ cos μ = 0.
(6)
w ′( ξ = 1) = 0:
Mit Gl. (6) liegt aber nur eine Gleichung für zwei Unbekannte vor. Eine weitere Beziehung findet man durch Freimachen der Feder, nämlich
22. Übung zu Kapitel 18.2 „Knicken von Profilstäben“
470 2 Q(1) = c ⋅ w(1) .
(7)
Unter Berücksichtigung, dass bei Balkenbiegung noch M′ = Q
→
Q = E ⋅ J ⋅ w ( x )′′′
gilt, kann Gl. (7) geeignet entwickelt werden.
Q
Q c
c . w (1) Bild 2: Kräftegleichgewicht an der Feder
Dies bedarf aber zunächst noch eines Einschubes zur Differenziation, und zwar ist ξ=
2x dw dξ dw 2 1 d3w . , w′ = ⋅ = ⋅ , w ′′′ = 8 ⋅ L dξ dx dξ L L3 dξ3
Damit folgt für Gl. (7) unter Berücksichtigung der halben Balkenlänge −2 ⋅ 8
E ⋅ J d3w (1) + c ⋅ w (1) = 0 . ⋅ L3 dξ3
(8)
Wird darin weiter eingesetzt, so erhält man 16
E⋅J L3
⋅ μ 3 ⋅ C4 ⋅ cos μ + c (C2 + C4 ⋅ sin μ ) = 0 .
(9)
Mittels Gl. (6) und Gl. (9) kann jetzt ein Gleichungssystem für die noch unbekannten Integrationskonstanten erstellt werden: μ ⋅ cos μ º ªC 2 º ª1 » « » « «c 16 E ⋅ J μ 3 ⋅ cos μ + c ⋅ sin μ » ⋅ « » = »¼ ¬C 4 ¼ «¬ L3
ª0º « ». «0» ¬ ¼
(10)
Unter der Forderung der verschwindenden Koeffizientendeterminante erhält man so die Eigenwertgleichung 16
E⋅J 3 1 μ ⋅ cos μ + c ⋅ sin μ − c ⋅ μ ⋅ cos μ = 0 ⋅ 3 c ⋅ cos μ L
(11)
471
22. Übung zu Kapitel 18.2 „Knicken von Profilstäben“ 16
E⋅J 3 μ + tan μ − μ = 0 c ⋅ L3
oder tan μ = μ − 16
E⋅J c ⋅ L3
(
)
μ3 = μ 1 − γ ⋅ μ2 ,
(12)
worin jetzt der Steifigkeitsparameter γ = 16
E⋅J c ⋅ L3
(13)
eingeführt werden kann.
γ=0
π
2
μ (1-γμ )
In der nachfolgenden Abbildung ist der Verlauf dieses Steifigkeitsparameters als Funktion des Eigenwertes μ dargestellt.
tan μ
γ=0,025
tan μ
γ=0,05
π 2
γ=0,1
π 2
π
3π 2 μ
Bild 3: Darstellung der Eigenwerte Es zeigt sich, dass mit μ = π der kleinste Eigenwert gefunden ist. Hierzu gehört der Steifigkeitsparameter
472
22. Übung zu Kapitel 18.2 „Knicken von Profilstäben“ 1 γ = 2 ≈ 0, 1 . π
(14)
Eine Erhöhung der Steifigkeitsparameter über diesen Wert hinaus bringt keinen Gewinn an Tragvermögen, weil der Stab dann antimetrisch ausknickt. Als Grenzwert für die Steifigkeit erhält man aus Gl. (13) und Gl. (14) 16 § π · 2 16 π2 ¨ ¸ E⋅J = c min = 16 3 E ⋅ J = F Euler . ¹ © L L L krit L
(15)
Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass die Knicklast durch eine Stütze maximal aus das Vierfache der Euler'schen Knicklast angehoben werden kann. Bei steiferen Stützen tritt nur eine andere Knickform auf.
473
23. Übung zu Kapitel 18.2.2 „Knickung doppeltsymmetrischer Profilstäbe“ F
Innerhalb einer Konstruktion soll das gezeigte doppelt symmetrische I-Profil zur Abstützung einer Druckkraft eingesetzt werden. Wie groß darf diese Kraft werden, damit keine reine Biegeknickung oder reine Drillknickung auftritt?
h y x
z
b
Daten: b = 100 mm, 150 mm, 200 mm t = 10 mm h = h Steg = 100 mm
t
L
L = 1000 mm ν = 0,3 E = 210.000 MPa Bild 1: Stütze
Gemäß Kapitel 18.2.2 ist bei dem vorgegebenen Profil zu klären, ob F ≤ F krit
(1)
ist. Die kritische Kraft ist dabei die kleinste Kraft aus der Biegeknickung 2
2
§ π · § π · F krit , y = ¨ ¸ E ⋅ J z , F krit , z = ¨ ¸ E ⋅ Jy L © K¹ © LK ¹
(2)
oder der Drillknickung F krit , t =
2 º 1 ª§ π · E ⋅ CW + G ⋅ J t » . « ¨ ¸ iSP 2 «¬© L K ¹ »¼
Für den einseitig fest eingespannten Träger ist L K = 2 ⋅ L . Zunächst können mit t = η=
(3)
h und 10
b recht einfach für das Profil Größen bestimmt werden: h
− die Fläche
A = (2b + h ) ⋅ t = (2b + h )
h 2⋅ η + 1 2 = ⋅h , 10 10
(4)
474
23. Übung zu Kapitel 18.2.2 „Knickung doppeltsymmetrischer Profilstäbe“
− die Flächenträgheitsmomente
Jy = 2 ⋅
Jz =
b ⋅ t3 t ⋅ h3 h t 2 728 ⋅ η + 100 4 + + 2 ⋅ b ⋅ t ⋅ §¨ + ·¸ = ⋅h , 12 12 12.000 © 2 2¹
t ⋅ b 3 h ⋅ t 3 t ⋅ b 3 200 ⋅ η3 + 1 4 + + = ⋅h , 12 12 12 12.000
(5)
(6)
− der polare Flächenträgheitsradius
iSP 2 =
Jy + Jz A
=
200 ⋅ η3 + 728 ⋅ η + 101 2 ⋅h , . ⋅ (1 + 2 ⋅ η) 1200
(7)
− der Wölbwiderstand CW =
h 2 ⋅ J F1 ⋅ J F2 0,121 6 = (J F1 + J F2 ) 2.400 ⋅ η ⋅ h
(8)
und − das Torsionsflächenmoment
1 3 ¦ t i bi 3 i 1 2⋅ η + 1 4 2 J t = b ⋅ t3 + h ⋅ t3 = ⋅h . 3 3 3.000 Jt =
(9)
Damit bestimmen sich die kritischen Kräfte für reine Biegeknickung zu F krit , y ≈ 0,52 ⋅
200 ⋅ η3 + 1 4 ⋅h , 12.000
Fkrit , z ≈ 0,52 ⋅
728 ⋅ η + 100 4 ⋅h 12.000
(10)
⋅ h2 .
(11)
bzw. für Drillknickung
F krit , t =
129.293,5 ⋅ η2 + 129.262,1 ⋅ η + 32.307,7 1.200 ⋅ η3 + 728 ⋅ η + 101
Die nachfolgende Auswertung der Gl. (10) und (11) zeigt die Abhängigkeit der kritischen b Knickkräfte vom geometrischen Verhältnis η = . h
475
23. Übung zu Kapitel 18.2.2 „Knickung doppeltsymmetrischer Profilstäbe“ Auswertung: 0,1
0,3
0,5
0,735
1
1,473
1,972
3
F MN ] krit , y [
0,005
0,028
0,113
0,345
0,871
2,77
6,65
23,4
F MN ] krit , z [
0,749
1,38
2,011
2,75
3,588
5,08
6,65
9,897
F MN ] krit , t [
2,674
2,547
2,638
2,75
2,827
2,77
2,603
2,061
F [MN]
b h
6,65
2,75 1. Fall 0
0,735
2. Fall
1,473
1,972
für Fkrit, y für Fkrit, z für Fkrit, t
Bild 2: Verlauf der kritischen Knick- und Drillkraft b < 1,473 h b 2. Fall: > 1,473 h
1. Fall:
Fkrit , y ist kritische Kraft Fkrit Fkrit , t ist kritische Kraft Fkrit
b h
476
24. Übung zu Kapitel 18.2 „Knicken von Profilstäben“ In Kapitel 18.2.1 wird ein Stab mit einer genau im Flächenschwerpunkt angreifenden Drucklast betrachtet. In der Praxis tritt ein solcher Fall eigentlich selten auf. Es werden immer leichte Ungeradheiten und Exzentrizitäten vorliegen. Die Folge ist, dass der reale Stab nicht schlagartig wegknickt, sondern sich zunächst durchbiegt und dann infolge einer unzulässigen Spannung versagt. Druckstab, exzentrischer F
L
F
e
w x
x z
M
z F
e
F
Bild 1: Exzentrischer Druckstab
Für den in Bild 1 dargestellten Stab, der in der x-z-Ebene symmetrisch ist, mit exzentrisch angreifender Druckkraft sind die maximale Durchbiegung w ( x ) und die maximale Normalspannung infolge der Last F zu bestimmen:
gegeben: J y = J, Wy , A, L . Aus dem Freikörperbild wird das innere Biegemoment mit M = F(e + w )
(1)
bestimmt, wobei analog zu Gl. (18.7) M = −E ⋅ J ⋅ w ′′ .
(2)
gilt. Damit ergibt sich durch Einsetzen von Gl. (2) in Gl. (1) und Umstellen die Differenzialgleichung
w ′′ +
F −F w= e. E⋅J E⋅J
(3)
μ2 =
F E⋅J
(4)
Mit
24. Übung zu Kapitel 18.2 „Knicken von Profilstäben“
477
liegt die allgemeine Form nach Gl. (18.11) vor:
mit
w ′′ + μ 2 w = C 5 + C 6 ⋅ x ,
(5)
C 6 = 0 und C5 = −μ 2 ⋅ e .
(6)
Der angepasste Lösungsansatz für Gl. (5) ist dann
w ( x ) = C1 ⋅ cos μ ⋅ x + C 2 ⋅ sin μ ⋅ x − e .
(7)
Aus der Randbedingung w (0) = 0 folgt C1 = e . Die Randbedingung w (L) = 0 liefert die Gleichung C2 =
e[1 − cos μ ⋅ L] . sin μ ⋅ L
(8)
Es gilt L 2
(9)
L L cos μ ⋅ 2 2.
(10)
1 − cos μ ⋅ L = 2 sin 2 μ ⋅ und sin μ ⋅ L = 2 sin μ ⋅
Mit Gl. (9) und (10) kann ermittelt werden: C 2 = e ⋅ tan μ ⋅
L 2.
(11)
Die Biegelinie lässt sich damit nach Einsetzen der Konstanten in Gl. (7) mit der Gleichung § F · § F · º ª § F L· w ( x ) = e « tan¨¨ ⋅ ¸¸ ⋅ sin ¨¨ ⋅ x ¸¸ + cos¨¨ ⋅ x ¸¸ − 1» E ⋅ J 2 E J E J ⋅ ⋅ ¹ © ¹ © ¹ ¼ ¬ ©
(12)
beschreiben. Die maximale Durchbiegung ist ª º « » 1 − 1» . w max = w (L / 2 ) = e « « § F L· » ⋅ ¸¸ » « cos¨¨ ¬ © E⋅J 2¹ ¼
(13)
478
24. Übung zu Kapitel 18.2 „Knicken von Profilstäben“
Die Spannung resultiert aus der Überlagerung von Biege- und Normalspannung σ=
F M ± . A Wy
(14)
Mit Gl. (1) lässt sich die maximale Spannung angeben: σ max =
F F(e + w max ) + . A Wy
(15)
479
25. Übung zu Kapitel 18.2.4 „Knickung unsymmetrischer Profile“ Für einen beidseitig gelenkig gelagerten Druckstab der Länge L mit dem abgebildeten unsymmetrischen Querschnitt ist die kritische Last für das Biegedrillknicken zu ermitteln. Der Stab wird mittig gedrückt, und die Endquerschnitte sind gegen Verschiebung in ihrer Ebene gehalten und sollen frei von Biegespannungen sein.
150 10
SM
y φ
SP
y 250
z
z
Bild 1: Unsymmetrisches Winkelprofil
10
Für das Profil wird angegeben: ySM = 52 mm , zSM = −63 mm , Jy
= 28. 980 ⋅ 103 mm4 , J z = 4 . 340 ⋅ 103 mm4 ,
J t = 130 ⋅ 103 mm4 , CW = 0 für wölbfreieLagerung, A = 3.900 mm2 . Die Instabilitätsbedingung für das hier auftretende Problem der Biegedrillknickung ist in Gl. (18.26) gegeben zu
(ySM2 + zSM2 − i M2 ) F3 + [(Fy + Fz + Ft ) i M2 − ySM2 Fz − zSM2 Fy ] F2 −
(
)
− i M2 Fy Fz + Fy Ft + Fz Ft F + Fy Fz Ft i M2 = 0, hierin bedeuten
(1)
480
25. Übung zu Kapitel 18.2.4 „Knickung unsymmetrischer Profile“
ySM , zSM - Koordinaten des Schubmittelpunktes
- Trägheitsradius bezogen auf den Schubmittelpunkt
iM
iM2 = ySM2 + zSM2 +
Jy + Jz A
,
(2)
- kritische Knicklasten nach Euler durch Biegung um die y - bzw. z -Achse
Fy , Fz
2
§ n ⋅ π· Fy = ¨ ¸ ⋅ E ⋅ Jy, © L ¹
2
§ n ⋅ π· Fz = ¨ ¸ ⋅ E ⋅ Jz , © L ¹
(3)
- kritische Knicklast durch Torsion um die Längsachse x
Ft
Ft =
μ
G Jt +
π2 ⋅ E ⋅ CW G ⋅ Jt L2 := , 2 iM iM2
(4)
- Eigenwert der Biegelinie μ=
n⋅π . L
(5)
Für das vorliegende Beispiel sollen zunächst die Beziehungen Gl. (2-5) in Gl. (1) eingesetzt werden. Man erhält so J y + J z · 3 ª§ § G ⋅ Jt · ¸¸ ⋅ ¨ ySM 2 + zSM 2 − ySM 2 − zSM 2 − ¸ F + «¨¨ E ⋅ J y ⋅ μ 2 + E ⋅ J z ⋅ μ 2 + A ¹ © i M2 ¹ «¬©
(
]
)
(
⋅ i M 2 F2 + − zSM 2 ⋅ E ⋅ J y − ySM 2 ⋅ E ⋅ J z F2 − i M 2 ⋅ E 2 − J y ⋅ J z ⋅ μ 4 + +
E2 ⋅ J y ⋅ G ⋅ J t ⋅ μ 2 i M2
+
E2 ⋅ G ⋅ J y ⋅ J z ⋅ J t ⋅ μ4 E2 ⋅ J z ⋅ G ⋅ J t ⋅ μ 2 · ¸ F+ =0 ¸ i M2 i M2 ¹
(6) oder −
{
[(
)]
}
Jy + Jz ⋅ F3 + G ⋅ J t + E ⋅ J y + J z ⋅ i M 2 − J y ⋅ zSM 2 + J z ⋅ zSM 2 μ 2 F2 + A 2
[
2
2
)
(
(
)]
2
(7)
4
− E ⋅ μ ⋅ E ⋅ J y ⋅ J z ⋅ i M ⋅ μ + G ⋅ J t ⋅ J y + J z F + E ⋅ J y ⋅ J z ⋅ G ⋅ J t ⋅ μ = 0.
Die Koeffizienten enthalten die geometrischen Querschnittswerte, die Materialwerte E und G und über den Eigenwert μ die Stablänge und die Zahl der Sinuswellen beim Ausknicken.
25. Übung zu Kapitel 18.2.4 „Knickung unsymmetrischer Profile“
Wird weiter durch − so folgt mit
Jy + J z A
481
geteilt und werden die problemspezifischen Werte eingesetzt,
iM2 = 15, 22 ⋅ 103 mm2
(8)
F3 − 128 ⋅ 104 + 932 ⋅ 1012 μ2 F2 + 892 ⋅ 1016 + 991 ⋅ 1022 μ2 μ2 F − 710 ⋅ 1028 μ4 = 0 . Aus dieser Gleichung kann die kritische Last F krit als Funktion von μ ermittelt werden, die sich als kleinste der reellen Wurzeln für n = 1 ergibt. Die kritische Last soll nun für verschiedene Längenverhältnisse berechnet werden: L = 1000 mm: F3 − 9190, 4 ⋅ 106 ⋅ F2 + 1050 ⋅ 1012 ⋅ F − 692 ⋅ 1018 = 0 F krit= 672 , 1 kN L = 2000 mm: F3 − 2298, 6 ⋅ 106 ⋅ F2 + 82 , 5 ⋅ 1012 ⋅ F − 43, 2 ⋅ 1018 = 0 F krit= 530 kN L = 3000 mm: F3 − 1022 , 3 ⋅ 106 ⋅ F2 + 21, 8 ⋅ 1012 ⋅ F − 8 , 59 ⋅ 1018 = 0 F krit= 483, 4 kN L = 4000 mm: F3 − 575, 6 ⋅ 106 ⋅ F2 + 9 , 26 ⋅ 1012 ⋅ F − 2 , 71 ⋅ 1018 = 0 F krit= 370 , 2 kN L = 5000 mm: F3 − 369 ⋅ 106 ⋅ F2 + 5, 06 ⋅ 1012 ⋅ F − 1, 11 ⋅ 1018 = 0 F krit= 301 kN Eine Knickuntersuchung allein nach Euler hätte nach Gl. (3) für die betrachteten Längen folgende kritische Lasten ergeben: L = 1000: L = 2000: L = 3000: L = 4000:
F krit F krit F krit F krit
= 9000 kN = 2250 kN = 1000 kN = 560 kN
482
25. Übung zu Kapitel 18.2.4 „Knickung unsymmetrischer Profile“
L = 5000:
F krit = 360 kN
Diese Ergebnisse sind im nachfolgenden Diagramm dargestellt. Es wird ersichtlich, dass sich bei kurzen Stäben große Unterschiede zwischen der kritischen Last nach Euler (Biegeknicken) und der kritischen Last des Biegedrillknickens ergeben. Für längere Stäbe wird der Unterschied jedoch geringer.
Fkrit [KN]
3500
3000
2500 nach Euler (reines Knicken) 2000
1500
1000
nach Wlassow (Biegedrillknicken)
500
0
1000
2000
3000
Bild 2: Verlauf der kritischen Lasten über Knicklänge
4000
5000 L [mm]
6000
483
26. Übung zu Kapitel 19 „Beulen von Blechfeldern“ Für die nachfolgend dargestellte orthotrope Rechteckscheibe unter Längsdruckbelastung ist eine Beuluntersuchung durchzuführen. Es ist zu ermitteln, wie groß der Einfluss der seitlichen Lagerung ist und wann die Platte als Plattenstab und wann als Plattenstreifen gerechnet werden darf.
a x px
px
y b p
px
gelenkige Lagerung
p x w ′′
px
Bild 1: Rechteckscheibe Nach Gl. (19.1) lautete die Beziehung Bx ⋅ w′′′′ + 2 Bxy ⋅ w′′.. + By ⋅ w.... = p . Die äußere Belastung p ist hierbei normal zur Mittelebene gerichtet. Weil man aber bei Instabilitätsproblemen stets von der verformten Struktur ausgeht, muss jetzt die Reaktionskraft zufolge der Mittelebenenkrümmung berücksichtigt werden. Für das vorliegende Beulproblem ist somit anzusetzen: B x ⋅ w ′′′′ + 2B xy ⋅ w ′′.. + B y ⋅ w .... = − p x ⋅ w ′′ .
(1)
Bei der Grenzbelastung px = pxkrit tritt dann gerade Beulen der Mittelebene ein. Für die Durchsenkung der Mittelebene kann im Weiteren der bekannte Doppelreihenansatz (s. Gl. (19.8)) w ( x , y ) = ¦ ¦ C mn ⋅ sin m n
m⋅π⋅x n⋅π⋅y ⋅ sin , m, n = Halbwellenzahl a b
(2)
gemacht werden. Wird dieser entsprechend oft abgeleitet und in Gl. (1) eingesetzt, so entsteht folgende charakteristische Gleichung
484
26. Übung zu Kapitel 19 „Beulen von Blechfeldern“ ª
4 2 § m ⋅ π· § m ⋅ π· ¸ + 2 Bxy ¨ ¸ © a ¹ a ¹
¦ ¦ «Bx ¨© m n
«¬
2 4 ª§ m ⋅ π · 2 º § n ⋅ π· § n ⋅ π· º ⋅¨ ¸ + By ¨ ¸ » = p x ¦ «¨ ¸ » (3) © b ¹ © b ¹ » m «¬© a ¹ »¼ ¼
oder umgestellt 4 2 4 ª§ a · 2 ª § m· § m ⋅ n· § n · ºº p x krit = ¦ ¦ «¨ ¸ ⋅ π 2 «B x ¨ ¸ + 2 B xy ¨ ¸ + By ¨ ¸ »» . ©a¹ © a⋅b¹ © b ¹ »» «¬ m n «¬© m ¹ ¼¼
(4)
Hierin sind eingeführt: − die Biegesteifigkeit mit
Bx =
E ⋅ t3 , By = 12 1 − ν 2 12 1 − ν 2
und − die Diagonalsteifigkeit mit
B xy =
E ⋅ t3
(
)
ν ⋅ E ⋅ t3
(
12 1 − ν 2
(
)
+
2(1 − ν) E ⋅ t 3
(
12 1 − ν 2
)
) .
Die vorstehende Gl. (4) soll nun so umgeformt werden, dass die dimensionslose Beulzahl k abgespalten werden kann in
p xkrit ⋅
ª ª B b2 Bxy By a 2 n4 ºº x »» . = ¦ ¦ «π2 « ⋅ 2 m2 + 2 ⋅ n2 + ⋅ ⋅ Bx b2 m2 »» Bx ⋅ By m n « « By a Bx ⋅ By ¼¼ ¬ ¬ b2
(5)
Es ergibt sich dann folgende Beziehung für den kritischen Längsdruck: Bx ⋅ By pxkrit = π2 ⋅ k ⋅ . b2
(6)
Weiterhin können aus Gl. (5) noch folgende Kenngrößen herausgelöst werden: − die Diagonalzahl
η=
Bxy Bx ⋅ By
,
(7)
− das wirksame Seitenverhältnis ß=
und
b Bx 4 a By
(8)
485
26. Übung zu Kapitel 19 „Beulen von Blechfeldern“ − das reziproke Seitenverhältnis α=
1 . ß
(9)
Die Beulzahl lässt sich dann auch angeben zu 2 ª§ ª m2 º n4 m n2 · k = ¦ ¦ « 2 + 2η ⋅ n 2 + α 2 ⋅ 2 + 2n 2 − 2n 2 » = ¦ ¦ «¨¨ + α ¸¸ +2n2 ( η − 1) m¹ m »¼ m n «¬© α m n «¬ α
(
)
Erweiterung
]
(10)
Da seitens der Belastung nur px vorliegt, ist im Weiteren die Beulung in y-Richtung nicht von Bedeutung, sodass n = 1 (Zahl der Wellen in y-Richtung) gesetzt werden kann: ª§ m α · 2 º k = ¦ «¨ + ¸ + 2 ( η − 1)» . © m¹ »¼ m «¬ α
(11)
Trägt man nun den Wert k - 2 (η - 1) über dem Seitenverhältnis α als Parameter auf, so erhält man den nachfolgenden Kurvenverlauf:
k - 2 (η - 1)
8
px
7 a 6 b
5 m =1
4
m=4
m =3
m=2
px m=5
3 Einfluss der seitlichen Lagerung
2 1 0
Plattenstab 0,2
1
2
Idealisierung als Plattenstab
Bild 2: Verlauf der Beulfunktion
2
6
3
12
4
Idealisierung als Plattenstreifen
20
5
486
26. Übung zu Kapitel 19 „Beulen von Blechfeldern“
Die Kurven besitzen ein identisches Minimum, welches man aus folgender Ableitung erhält: ª dk m2 α º = ¦ «− 2 3 + 2 2 » = 0 → α min = m dα m «¬ m »¼ α
(12)
k min = 4 + 2 ( η − 1)
oder k min − 2 ( η − 1) = 4
(13)
für alle Wellenzahlen m. Da sich stets der niedrigste Beulwert einstellt, entstehen als Grenzkurven die gezeigten Girlandenverläufe. Die Schnittpunkte dieser Kurven ergeben sich aus k m = k m +1
oder α m α m+1 + = + α m α m+1
zu α=
m ( m + 1) .
(14)
Des Weiteren sollen noch folgende Grenzfälle der Beulproblematik betrachtet werden: − Der Plattenstab als Analogie des Balkens auf zwei Stützen
px
a
px b
Bild 3: Plattenstab Unter der Voraussetzung, dass die Ausdehnungen in der y-Richtung keine Rolle spielt, kann Gl. (4) folgendermaßen abgewandelt werden: 2 4 ª § a· § m· º p x krit = ¨ ¸ π 2 « B x ¨ ¸ » © m¹ © a¹ » «¬ ¼
487
26. Übung zu Kapitel 19 „Beulen von Blechfeldern“ oder für m = 1
2 B x ⋅ By b 2 B x B x ⋅ By 1 Bx By b 2 § π· 2 p xkrit = ¨ ¸ ⋅ Bx = π 2 2 ⋅ ⋅ 2 = π2 ⋅ ⋅ = π ⋅ 2. © a¹ By b a b2 a 2 By b2 α
(15) Der sich hierdurch ergebende Kurvenverlauf ist ebenfalls im vorstehenden Bild 2 eingezeichnet. Für ein Verhältnis α < 0 , 2 sind die Kurven so sehr abgeglichen, dass die allseitig gelenkig gelagerten Platten zum Plattenstab vereinfacht werden können. − Der Plattenstreifen
px
a
px b
Bild 4: Plattenstreifen Die vorstehenden Girlandenkurven lassen erkennen, dass für das wirksame Seitenverhältnis α → ∞ der Beulwert k → 4 strebt. Gemäß der Angrenzung in dem Diagramm bedeutet dies, dass der Einfluss der Stirnlagerung gegenüber der seitlichen Lagerung näherungsweise vernachlässigt werden kann. Ab einem Wert α = 3 kann die allseitig gelenkig gelagerte Platte ohne große Fehler als Plattenstreifen betrachtet werden.
Anmerkung: In anderen Abschätzungen wird k min für Stahlplatten mit 3,62 angegeben.
488
27. Übung zu Kapitel 20.2 „Sicken“ Für den Aufbau eines segmentierten Fahrzeugbodens soll alternativ der Einsatz einer massiven und einer gesickten Platte untersucht werden. Die Belastung ist mit Fi = 300 N anzunehmen. Vorgesehen ist die Verwendung von Aluminiumblechen.
F1 L = 500
b=300
x z y F2 F3
t=6
wmax
F1
F2
t=1 h = 15
F3
b = 300
15
20 30 20 30 20 30 20 30 20 30 20
15
L = 500
Bild 1: Plattenbauweisen Aus der vorgesehenen Bauweise kann sofort die Symmetrie in der Belastung und in der Geometrie abgeleitet werden. Insofern kann das Plattenproblem durch ein äquivalentes Balkenproblem angenähert werden. Es ist somit also ausreichend, einen Plattenstreifen (b' = 50 mm und F = Fi /2) mit einem identischen Sickenstreifen zu vergleichen. − Grundgrößen für den Plattenstreifen (b' = 50 mm) Gewicht: G P = ρ ⋅ A ⋅ L = 0,405 kg
(1)
27. Übung zu Kapitel 20.2 „Sicken“
489
Flächenträgheitsmoment: Jy =
50 ⋅ 6 3 = 900 mm 4 12
(2)
Durchbiegung: w max =
Fi ⋅ L3 = 48 ⋅ E ⋅ J y
150 N ⋅ 5003 mm3 = 6,2 mm N 48 ⋅ 70000 ⋅ 900 mm 4 mm 2
(3)
− Grundgrößen für den Sickenstreifen (b' = 50 mm) Gewicht:
G S = ρ(s ⋅ t ) ⋅L = 0 ,105 kg mit s = 78 mm Flächenträgheitsmoment: ª15,5 ⋅ 13 º ª1 ⋅ 133 º ª 21 ⋅ 13 º + 1 ⋅ 15 ⋅ 6,12 » + 2 ⋅ « + 1 ⋅ 13 ⋅ 0,9 2 » + « + 1 ⋅ 21 ⋅ 7,9 2 » = 2.818 mm 4 Jy = 2 ⋅ « ¬« 12 ¼» ¬« 12 ¼» ¬« 12 ¼» Durchbiegung: w max =
150 N ⋅ 500 3 mm 3 = 1,98 mm N ⋅ 2.818 mm 4 48 ⋅ 70000 mm 2
t=1 y z
14
20 0,9
s 15
SP 20
7,9 6,1
15
Bild 2: Bestimmung des Flächenträgheitsmomentes
Diese einfache Gegenüberstellung belegt einsichtig, dass Sicken zu einer Erhöhung des Flächenträgheitsmomentes führen und somit auch die Durchbiegung reduzieren. Als Zweites ist auch ersichtlich, dass die aufgelöste Bauweise um ein Vielfaches leichter ist als die massive Bauweise.
490
28. Übung zu Kapitel 20.5 „Durchzüge“ Zum Zweck der Gewichtserleichterung ist ein dünner I-Träger im Steg mit Erleichterungslöchern zu versehen. Da dadurch der Querschnitt geschwächt wird, soll die Höhe der Beanspruchung abgeschätzt und Maßnahmen zur Stabilisierung des Steges angegeben werden. p z = konst.
τL τ1 x
τ τ
z
t
s l d
Bild 1: Gelochter Profilträger Im Kapitel über die Schubwandträger-Profile wurde herausgearbeitet, dass in dem Steg dünnwandiger Profile in der Hauptsache Schub wirken. Auf der Neutralachse angebrachte Erleichterungslöcher haben somit auf die Biegespannung nur geringen Einfluss. Durch die Verringerung des tragenden Querschnitts erfahren die Schubspannungen jedoch eine beträchtliche Erhöhung, die es wie folgt abzuschätzen gilt: − Beanspruchung des ungeschwächten Steges mit
τ1 =
Q z ⋅ S y ( 0) . Jy ⋅t
(1)
− Beanspruchung des gelochten Steges. Die aus dem Spannungsansatz von Gl. (1) resultierende Schubkraft Qx muss im Fall des gelochten Steges von einer kleinen Fläche aufgenommen werden. Demnach ergibt sich das Verhältnis
28. Übung zu Kapitel 20.5 „Durchzüge“ Qx = τ1 ⋅ t ⋅ " = τL ⋅ t ⋅ s .
491 (2)
Hieraus folgt für die auftretende Schubspannung " 3 " 3 " Q z ⋅ S y ( 0) τ L = τ1 ⋅ ≡ τ1 ⋅ = ⋅ ⋅ , s 2 s 2 s Jy ⋅ t
(3)
wobei mit dem Vorfaktor der tatsächliche parabolische Verlauf eingearbeitet worden ist. Wie weiter im Kapitel 13.2 dargelegt worden ist, neigen dünnwandige Stege unter erhöhter Schubbeanspruchung zum Knittern, welches hier eine Instabilitätsform darstellt. Stabilisierend gegen das Ausweichen des Steges erweist sich das Bördeln der Löcher (Durchzüge), wie dies im vorstehenden Bild schon angedeutet ist.
492
29. Übung zu Kapitel 23 „Strukturoptimierung“ Ein Sandwichplattenstab unter gleichmäßiger Flächenlast ist hinsichtlich seines Eigengewichts zu optimieren. Als variabel sollen die Hautdickheit und deren Distanz h angesehen werden. Die Optimierung ist einmal unter verlangter Tragfähigkeit und einmal unter verlangter Steifigkeit durchzuführen.
x
y z
p ( x , y)
h
L t B
1 ⋅p⋅L⋅B 4
Bild 1: Die Gewichtskraft des Sandwiches ist bestimmt zu G = g ⋅ B ⋅ L (2 t ⋅ ρ H + h ⋅ ρ K ) .
(1)
Fall a: Vorgegebene Tragfähigkeit des Tragwerkes Für die Spannung in den Häuten ist diesbezüglich σH ≤ σzul =
σF SF
(2)
zu fordern. Eine gewichtsoptimale Dimensionierung setzt somit voraus, dass die auftretende Biegespannung in den Häuten gerade den zulässigen Wert σH max = σzul =
M h ⋅ J 2
(3)
29. Übung zu Kapitel 23 „Strukturoptimierung“
493
erreicht. Mit dem Flächenträgheitsmoment der Platte
§ h· J ≈ 2 ( L ⋅ t) ⋅ ¨ ¸ © 2¹
2
=
1 L ⋅ t ⋅ h2 2
(4)
und dem maximalen in der Plattenmitte auftretenden Biegemoment
§1 · B 1 M = ¨ p ⋅ L ⋅ B¸ ⋅ = p ⋅ L ⋅ B 2 ©4 ¹ 2 8
(5)
erhält man für die Spannung §1 · ¨ p ⋅ L ⋅ B2 ¸ 2 8 ¹ = 1p B σ zul = © L⋅t⋅h 8 t⋅h
(6)
bzw. kann hieraus zunächst eine Variable festgesetzt werden t=
1 p B2 ⋅ ⋅ . 8 σzul h
(7)
Eingesetzt in Gl. (1) folgt für das Gewicht §1 · p B2 G = g ⋅ B ⋅ L ¨¨ ⋅ ⋅ ⋅ ρ H + h ⋅ ρ K ¸¸ . © 4 σ zul h ¹
(8)
Die zweite Variable findet man aus der Forderung dG = 0 = MINIMUM ! dh
oder 1 p B2 dG =− ⋅ ⋅ ⋅ ρH + ρK = 0 4 σzul h2 dh
(9)
zu hopt =
1 p ρ B ⋅ H . 2 σzul ρK
(10)
494
29. Übung zu Kapitel 23 „Strukturoptimierung“
Wird nun diese Größe eingesetzt, so kann das Minimalgewicht angegeben werden als §1 G min = g ⋅ B ⋅ L ¨ B ©2 =
p σ zul
⋅ ρH ⋅ ρK +
· p 1 B ⋅ ρH ⋅ ρK ¸ 2 σ zul ¹
(11)
g ⋅ B2 ⋅ L p ⋅ ρ H ⋅ ρ K (1 + 1) . 2 σ zul
Daraus ist abzuleiten, dass das Gewichtsminimum unter der Forderung vorgegebener Tragfähigkeit bei gleichem Gewichtsaufwand für Haut und Kern zu erreichen ist. Aus Gl. (1) ist somit 2 topt ⋅ ρH = hopt ⋅ ρK
(12)
bestimmt, womit dann auch topt =
1 B 4
p ρ ⋅ H σzul ρK
(13)
gegeben ist. Fall b: Vorgegebene Biegesteifigkeit des Tragwerks Für die Steifigkeit ist verlangt: Berf = BH = EH ⋅ J =
1 EH ⋅ L ⋅ t ⋅ h2 . 2
(14)
Hieraus folgt unmittelbar für eine Variable t=2
Berf . EH ⋅ L ⋅ h2
(15)
Wird diese in die Gewichtsgleichung eingesetzt, so kann das Eigengewicht angegeben werden als § 4 B erf · G = g ⋅ B ⋅ L ¨¨ ⋅ ρ H + h ⋅ ρ K ¸¸ . 2 © EH ⋅ L ⋅ h ¹
(16)
Die andere Variable wird jetzt aus der Minimumforderung Berf dG = −8 ⋅ ρH + ρK = 0 dh EH ⋅ L ⋅ h3 bestimmt, und zwar zu
(17)
29. Übung zu Kapitel 23 „Strukturoptimierung“
h opt = 2 3
B erf ρ H ⋅ . E H ⋅ L ρK
495
(18)
Das Minimalgewicht kann so angesetzt werden als § B erf · B erf ⋅ 3 ρH + ρK2 + 2 3 ⋅ 3 ρH + ρK2 ¸ G min = g ⋅ B ⋅ L ¨ 3 EH ⋅ L © EH ⋅ L ¹ B erf =g⋅B⋅L⋅3 ⋅ 3 ρ H + ρ K 2 (1 + 2 ) . EH ⋅ L
(19)
Es ist ersichtlich, dass das Gewichtsminimum unter der Forderung einer vorgegebenen Steifigkeit nur beim doppelten Gewichtsaufwand für den Kern zu erzielen ist. Somit besteht die Beziehung hopt ⋅ ρK =
1 topt ⋅ ρH , 4
(20)
woraus abzuleiten ist, dass
t opt =
sein muss.
§ ρK · 1 3 B erf ¸ ⋅¨ 2 E H ⋅ L © ρH ¹
2
(21)
496
30. Übung zu Kapitel 24 „Schwingebeanspruchte Strukturen“ Eine Zugstange zur Betätigung einer Bremseinrichtung in einem Verkehrsfahrzeug ist auf seine Nutzungsdauer hin zu kontrollieren. Die Beanspruchung ist weitestgehend stochastischer Natur. a) In der folgenden Auswertung ist der Beanspruchungsverlauf schon idealisiert worden. Um eine Mittelspannung σm = 0 pendelt eine Unter- und Oberspannung mit den dargestellten Spannungsausschlägen. Dieser Spannungsverlauf ist mittels Zählung in ein Kollektiv zu überführen. Das Kollektiv verwendet dabei nur die Spannungsausschläge σa in einer abfallenden Größenordnung.
σa
2
σo 90 N/mm
70 N/mm
σa1
2
σa2
2
50 N/mm
50 N/mm
σa3
2
σm
n1
n2
n3 Hü
t σu
Bild 1: Überführung eines Beanspruchungsverlaufs in ein Amplitudenkollektiv Die Auswertung kann hierbei in der folgenden Tabelle dargestellt werden:
[
σ ai N / mm 2 n i [LW ]
]
90
70
50
1 ⋅ 10 3
3 ⋅ 10 3
1,1 ⋅ 10 4
b) Für den verwendeten Werkstoff (3.4377 T 761 AlZnMgCu) sind 50-%-Wöhlerversuche mit dem Probestab (α K = 3,6) durchgeführt worden. Die Aufzeichnung ist als Ausgleichskurve umseitig gezeigt.
497
30. Übung zu Kapitel 24 „Schwingebeanspruchte Strukturen“ 300
2
log σa [N/mm ]
200 100 δ 50 σA
10 2 10
10
3
10
4
10
5
Bild 2: Ausgeglichene Bauteil-Wöhlerlinie für die Al-Legierung (σm = 0, αK ) Der Kurvenverlauf wurde mit Geraden ausgemittelt.
6
NG 10 log N
3.4377
T
761;
c) Zur Bestimmung der Nutzungsdauer soll gemäß Gl. (24.9) bzw. (24.10) die einfache Miner-Regel 3 n DK = ¦ i i =1 N i
(1)
bzw. 3
NR =
¦ ni
i =1
3 1 ⋅ ¦ ni D K i =1
3
ni N i =1 G
= ¦
§ σ ai · ¨ ¸ © σA ¹
k
(2)
angewandt werden. Die Auswertung erfolgt dabei zweckmäßigerweise nach dem Schema von Bild 3. Als erforderliche Zwischenwerte gilt es aber noch zu ermitteln:
498
30. Übung zu Kapitel 24 „Schwingebeanspruchte Strukturen“ σ A = 25 N/mm 2
− die Dauerfestigkeit − die Grenzlastspielzahl − bzw. ein Fixpunkt
(ablesen)
6
N G = 2,4 ⋅ 10 LW
(ablesen)
N1 = 18500 LW
(ablesen)
σ a1 = 90 N/mm
2
(ablesen)
Damit ergibt sich der Wöhlerlinienexponent zu
(
)
log(N1 / N G ) log 1,85 ⋅ 10 4 / 2,4 ⋅ 106 =− = 3,7984 log(σ a1 / σ A ) log(90 / 25)
k=−
(3)
Mit diesen Vorbetrachtungen kann dann die rechnerische Lebensdaueranalyse durchgeführt werden:
ni
i
σai
§ σ ai ¨¨ © σA
· ¸¸ ¹
−k
§σ N i = N G ¨¨ ai © σA
· ¸¸ ¹
−k
ni Ni
1
1000
90
0,071875
18500
0,05405
2
3000
70
0,020023
48055
0,06243
3
11000
50
0,007708
172500
0,06377
¦ n i = 15000
n D K = ¦ i = 0,18025 Ni
Bild 3: Schema zur Lebensdauerberechnung Für die Schadenssumme findet sich D K = 0 ,18025 , was einem Kollektivwiederholungsfaktor von wB =
1 = 5,548 DK
(4)
entspricht. Aus der Anwendung von Gl. (2) erhält man weiter die Lastwechselzahlen bis zum technischen Anriss zu NR =
15 ⋅ 103 = 83218 LW . 0,18025
(5)
Nimmt man weiter an, dass ein Lastwechsel eine Sekunde dauert, so beträgt die Lebensdauer 23,1 Std.
499
31. Übung zu Kapitel 24.8 „Allgemeines Rissfortschrittsproblem“ Der in einem Tragwerk eingebaute Zuggurt, der mit einer sinusförmigen Schwellbeanspruchung von Δσ ∞ = 100 N/mm 2 belastet wird, ist ein Riss von ao = 10 mm Länge entstanden. Mit wie viel Lastwechseln kann dieser Gurt noch bis zum Bruch beaufschlagt werden? Werkstoffdaten: m p = 2,7 C p = 2,54 ⋅10 −11
a0 Δσ∞ = 2σa
B = 70 mm t = 4 mm K Ic = 4000 Nmm −3 / 2
B
Bild 1: Zuggurt Gemäß den Ausführungen von Kapitel 24.8 kann dieses Problem mit der Paris-Gleichung gelöst werden, die hier wie folgt anzusetzen ist: 2 − mp
NB =
ao
2
2 − mp
− ac
2
m § mp − 2· ª § a ·º p ¨ ¸ C p «Δσ ∞ ⋅ π ⋅ Y¨ ¸ » © B¹ ¼ © 2 ¹ ¬
(1)
mit dem Korrekturfaktor 2 3 4 a § a· § a· § a· § a· Y¨ ¸ = 112 , − 0,23 + 10,55 ¨ ¸ − 21,72 ¨ ¸ + 30,39 ¨ ¸ . © B¹ © B¹ © B¹ © B¹ B
(2)
Unbekannt ist in dieser Formel aber noch die kritische Risslänge ac . Unter Verweis auf Gl. (24.32) kann diese aber aus einer Überschreitungsrechnung der zyklischen Spannungsintensität § a· ΔK I = Δσ ∞ ⋅ π ⋅ a ⋅Y¨ ¸ © B¹
(3)
bestimmt werden. Dazu gilt es, die maximale Risslänge in Intervalle einzuteilen und zu angenommenen Risslängen die Korrekturfunktion und die Spannungsintensität zu bestimmen. Die Risslänge, bei der die Spannungsintensität die Bruchzähigkeit ( K Ic ) überschreitet, kann als kritisch angesehen werden. Im vorliegenden Fall soll die kritische Risslänge mit ac = 40 mm angenommen werden.
500
31. Übung zu Kapitel 24 „Allgemeines Rissfortschrittsproblem“
a
§ a· Y¨ ¸ © B¹
ΔKI
10
1,2518
701,62
20
1,6114
1.277,33
30
2,2747
2.208,29
35
2,8269
2.964,26
38
3,2687
3.571,40
39
3,4385
3.806,11
40
3,6210
4.059,14
Bild 2: Ermittlung der kritischen Risslänge Trotz dieser Vorbetrachtung ist Gl. (1) nicht direkt lösbar, da sich diese Gleichung aus einer Integration (s. Gl. (24.37)) ergeben hat und weiterhin die risslängenabhängige Korrekturfunktion zu berücksichtigen ist. Hier muss also ein iterativer Lösungsweg gewählt werden. Die demnach anzusetzende Gleichung lautet:
N Bi =
2−mp
2−mp
2
2
a i −1 − ai . § mp − 2 · ª a i ·º m p § ¨¨ ¸¸C p «Δσ ∞ ⋅ π ⋅ Y¨ ¸» © B ¹¼ © 2 ¹ ¬
(4)
Die gesamten Lastwechsel bis zum Bruch enthält man aus der intervallweisen Addition zu NB =
n
¦ NBi .
(5)
i =1
Für die Auswertung von Gl. (4) wird zweckmäßigerweise eine Tabellenform gewählt. Das Prinzip ist hierbei: − Einteilen des Rissweges (von 10 bis 15 und 15 bis 20) bis ac in beliebige Abschnitte, − in der Mitte des Intervalls a i wird die Risskorrekturfunktion bestimmt, − Einsetzen dieser Welle in Gl. (4) somit − erhält man die Lastspielzahl die erforderlich ist, einen Anfangsriss von 10 mm nach 15 mm etc. vorwärt zu treiben.
501
31. Übung zu Kapitel 24 „Allgemeines Rissfortschrittsproblem“ Anfangsriss- Endrisslänge länge
mittlere Risslänge
Korrekturfunktion
Lastspielzahl
ai−1
ai
ai
§ ai · Y¨ ¸ © B¹
N Bi
10
15
12,5
1,3226
29.764
15
20
17,5
1,5012
13.281
20
25
22,5
1,7392
6.331
25
30
27,5
2,0648
3.031
30
35
32,5
2,5257
1.402
35
40
37,5
3,1882
616 NB = 54 . 425
Aus der Addition über den Rissverlauf lässt sich also prognostizieren, dass der Zuggurt vom Anfangsriss ausgehend noch mit N B = 54.425 LW beaufschlagt werden kann.
502
32. Übung zu Kapitel 26.4 „Bestimmung von Impedanzen“ Die Eingangsimpedanz stellt die maßgebende Größe einer Leichtbaustruktur gegen anregende Kräfte dar. Im Weiteren werden für einige einfache Strukturelemente die Impedanzen bestimmt. Längs erregte elastische Stabstruktur Durch Längserregung eines Stabes werden lineare Wellen und somit Körperschall erzeugt. Die induzierte Oberflächenschwingung wird vom menschlichen Ohr als Luftschall wahrgenommen. ρ, E ⋅ A x
F(x, t)
Bild 1: Längs erregter elastischer Stab
v(x, t)
Definition der Eingangsimpedanz:
ZE =
F . v
(1)
Im linear elastischen Fall gilt: F = σ⋅A
(2)
und für die Dehnwellenspannung
σ = ρ ⋅ c DeW ⋅ v
.
(3)
Damit findet sich die Eingangsimpedanz zu Z E = ρ ⋅ c DeW ⋅ A = ρ
E ⋅A. ρ
(4)
Biegeerregter elastischer Kragarm Vorausgesetzt sei hier ein langer Kragarm und punktuelle Einwirkung einer erregten Kraft.
F ( x , t ) = Fˆ ⋅ e i ⋅ω⋅t
μL, E ⋅ J y
x v(x, t)
z, w
Bild 2: Biegeerregter Kragarm
32. Übung zu Kapitel 26.4 „Bestimmung von Impedanz“
503
Für dieses Problem ist die DGL der Biegeschwingung maßgebend, deren Herleitung als bekannt angenommen sei: . E ⋅ J y ⋅ w ′′ ′′ = − μ L ⋅ w
(5)
Diese DGL lässt sich mit dem Separationsansatz w ( x , t ) = w ( x ) ⋅ e i ⋅ω⋅ t
(6)
lösen. Für die Körperwellenanregung ist aber die Schnelle entscheidend, weshalb die folgenden Umformungen nötig sind: § μ w ( x ) ′′′ − ¨ ω 2 ⋅ L ¨ E⋅Jy ©
· ¸ ⋅ w(x) = 0 . ¸ ¹
(7)
Hierin ist die Schnelle an der Krafteinleitungsstelle einzusetzen, und zwar v ( x ) = i ⋅ ω ⋅ w ( x ),
(8)
v(x)′′′′ = i⋅ ω⋅ w(x)′′′′ .
(9)
Aus der Ausgangs-DGL folgt somit: § μL · ¸ ⋅ w(x) = 0 i ⋅ ω ⋅ w ( x ) ′′ ′′ − i ⋅ ω¨ ω 2 ¨ E ⋅ J y ¸¹ ©
(10)
bzw.
§ μL · ¸ ⋅ v( x ) = 0 v ( x ) ′′ ′′ − ¨ ω 2 ¨ E ⋅ J y ¸¹ © oder v ( x ) ′′ ′′ − a 4 ⋅ v ( x ) = 0 .
(11)
Die eingeführte Konstante ergibt sich zu § μ a 4 = ¨ ω2 ⋅ L ¨ E⋅Jy ©
· ω2 1 § ω ¸⋅ = ω4 ⋅ = ¨¨ ¸ ω2 4 © cB cB ¹
4
· ¸¸ . ¹
(12)
Die DGL (11) hat die bekannte Lösung v ( x ) = A ⋅ e − i ⋅a ⋅ x + B ⋅ e − a ⋅ x ,
(13)
504
32. Übung zu Kapitel 26.4 „Bestimmung von Impedanz“
wobei noch beim Kragarm die beiden Randbedingungen an der Stelle x = 0 zu erfüllen sind: −
M b ( 0 ) = 0 und sonst E ⋅ J y ⋅
−
Q(0) = F
E⋅Jy ⋅
bzw.
∂ 2 w (0) ∂t 2 ∂ 3 w (0) ∂x 3
= 0 bzw.
∂ 2 v (0) ∂x 2
= F bzw. E ⋅ J y ⋅
= 0,
∂ 3 v(0) ∂x 3
(14)
⋅
1 = F. i⋅ω
(15)
Aus der ersten Randbedingung folgt: ∂ 2 v(0) ∂x 2
= i 2 ⋅ a 2 ⋅ A ⋅ e − i ⋅a ⋅0 + a 2 ⋅ B ⋅ e − a ⋅0 = 0 −A + B
(16)
=0
und aus der zweiten Randbedingung folgt: ∂ 3 v(0) ∂x 3
=
i ⋅ω⋅ F E⋅Jy
− i 3 ⋅ a 3 ⋅ A ⋅ e − i ⋅a ⋅0 − a 3 ⋅ B ⋅ e − a ⋅0 = i⋅A −B =
i ⋅ω⋅ F E ⋅ Jy ⋅a3
i ⋅ω⋅ F E⋅Jy
(17)
.
Somit ergibt sich A=B
(18)
und A=
F ω ⋅ (1 + i ) E ⋅ J ⋅ a 3 y
,
(19)
d. h. die angepasste Lösung lautet: v( x ) =
ω⋅ F (1 + i ) ⋅ E ⋅ J y ⋅ a 3
(e −i⋅a ⋅ x + e − a ⋅x ).
(20)
Damit lässt sich auch die Schnelle an der Anregungsstelle x = 0 ermitteln zu v(0) =
2⋅ω⋅ F (1 + i ) E ⋅ J y ⋅ a 3
.
(21)
32. Übung zu Kapitel 26.4 „Bestimmung von Impedanz“
505
Erst nach dieser Zwischenbetrachtung kann die Eingangsimpedanz eines angeregten Kragarms bestimmt werden zu ZE =
(1 + i ) (1 + i ) F ⋅ E ⋅ Jy ⋅a3 = ⋅ μL ⋅ cB. = 2 v(0) 2ω
(22)
Die am Kragarm hergeleitete Lösung lässt sich unmittelbar übertragen auf einen beidseitig eingespannten Balken, wenn dieser in der Mitte geschnitten wird. F ( x , t ) = Fˆ ⋅ e i⋅ω⋅t
x z, w v(x, t)
Bild 3: Angeregter Biegebalken Für die Balkenkräfte sind dann die Randbedingungen an der Stelle x = 0 wie folgt definiert: ∂ 3 v(0) 1 F F ⋅ = , , E⋅Jy ⋅ i⋅ω 2 2 ∂x 3
−
Q(0) =
−
Balkenneigung φ ( 0 ) = 0 ,
∂w ( 0 ) ∂v ( 0 ) 1 = 0 bzw. = 0. ⋅ ∂x i ⋅ ω ∂x
(23)
(24)
Hieraus können wieder die Konstanten des Lösungsansatzes zu A=
ω⋅ F
(25)
4 E ⋅ Jy ⋅ a3
und B=−
i ⋅ω⋅F 4 E ⋅ Jy ⋅a3
und somit der Lösungsansatz bestimmt werden zu v(x) =
ω⋅ F 4 E⋅Jy
⋅a3
(e −i⋅a ⋅x − i ⋅ e − a ⋅x ) .
(26)
506
32. Übung zu Kapitel 26.4 „Bestimmung von Impedanz“
Damit findet sich wieder die Schnelle an der Krafteinleitungsstelle
v(0) =
(1 − i ) ⋅ ω ⋅ F 4 E ⋅ Jy ⋅ a3
.
(27)
Für die Eingangsimpedanz des eingespannten Balkens kann somit angegeben werden:
ZE =
2 (1 + i ) = ⋅ E ⋅ J y ⋅ a 3 = 2 (1 + i ) ⋅ μ L ⋅ c B . ω
(28)
Man erkennt, dass die Eingangsimpedanz des eingespannten Balkens viermal größer ist, als die des Kragarms. Die Phasenverschiebung zwischen Kraft und Schnelle beträgt π / 4 . Erst mit Kenntnis der Abhängigkeiten können in der Praxis Maßnahmen zur Geräuschreduzierung getroffen werden. Biegeanregung elastischer Platten
Der mathematische Aufwand zur Impedanzberechnung bei zweidimensionalen Strukturen ist deutlich größer als die gezeigte Herleitung für den Balken. Es sollen daher für dünne Platten nur Endgleichungen unter zwei Anregungen (Mitte, Rand) angegeben werden. x y
F(x, t)
t
F(x, t)
z, w v(x, t)
v(x, t)
B, ρ, μ A = ρ ⋅ t
Bild 4: Kraftanregung in Plattenmitte und alternativ am Rand Für die mechanische Eingangsimpedanz der mittig angeregten Platte findet sich Z E = 8 ρ ⋅ t ⋅ B ≈ 2 , 3 c DeW , Pl ⋅ ρ ⋅ t 2 ≈ 12 , 5 ⋅ 10 3 ⋅ ρ ⋅ t 2
(29)
und für die randerregte Platte Z E = 2 , 3 ρ ⋅ t ⋅ B ≈ c DeW , Pl ⋅ ρ ⋅ t 2 ≈ 5 , 42 ⋅ 10 3 ⋅ ρ ⋅ t 2 .
(30)
Eine weitere Kenngröße zur Beurteilung der akustischen Struktureigenschaften stellt die dynamische Masse dar. Diese charakterisiert den Widerstand einer Struktur gegenüber äußeren Erregerkräften. In der folgenden Auflistung sind einige dynamische Massen zusammengestellt worden.
507
32. Übung zu Kapitel 26.4 „Bestimmung von Impedanz“ Strukturelement
dynamische Masse
• kompakte Masse
mb = m
• Feder
mb =
• Dämpfer
mb =
• Stab
mb =
• Balken
• Platte
k ω2 d ω ρ⋅E⋅A ω
längs angeregt
2 2 ⋅ρ⋅A⋅4 mb =
E ⋅ Jb ρ⋅A
ω 8
mb =
Kraftanregung
E ⋅ t3
(
12 1 − ν 2 ω
)
⋅ρ⋅ t
beidseitig eingespannt, Anregung in der Mitte
punktförmige Anregung in der Plattenmitte
Bild 5: Auflistung der dynamischen Massen einiger Strukturelemente Abschätzung der Eingangsimpedanz mit dem λ/4-Verfahren
Mit dem zuvor eingeführten Zusammenhang zur dynamischen Masse lässt sich auch die Eingangsimpedanz einfacher dünnwandiger Strukturen abschätzen. Man kann den Zusammenhang ~ ⋅ω ZE ≈ m b
(31)
als Ausgleichsgerade eines Impedanz-Frequenz-Spektrums auffassen, welches in der Litera~ wird hierbei an tur als λ / 4 -Verfahren /HEN 99/ bekannt ist. Die dynamische Masse m b der Krafteinleitungsstelle innerhalb eines gedachten Kugelradius mit λ/4 idealisiert. Mit λ ist hierbei die maßgebliche Wellenlänge aus der Beanspruchung gemeint. In den meisten Fällen kann die Biegewellenlänge λ B = c B / f zugrunde gelegt werden. Bei der Übertragung auf längs erregte Stabstrukturen oder Fundamente hat sich hingegen die Schubwellenlänge λ Q = c Q / f als zutreffender erwiesen. An einem kleinen Zahlenbeispiel, wie die mittig angeregte dünne Stahlplatte, soll der vorstehende Ansatz einmal ausgewertet werden. Zuvor ist die Impedanz (s. Gl. 29) angegeben worden als Z E = 12 , 5 ⋅ 10 3 ⋅ ρ ⋅ t 2 ≡ 98 ,13 ⋅ t 2 .
(32)
508
32. Übung zu Kapitel 26.4 „Bestimmung von Impedanz“
Die Plattendaten mögen sein: ρ = 7.850 kg/m 3 , t = 2 mm , c DeW , Pl = 5.422 m/s ,
womit für die exakte Impedanz gilt: Z E = 392 , 5
kg . s
Nach dem λ / 4 -Verfahren entspricht die Masse innerhalb einer gedachten Kugel genau der Masse einer Kreisplatte mit dem Radius λ B / 4 . Somit ergibt sich für die dynamische Masse ~ = ρ ⋅ §¨ λ B m ¨ 4 b ©
2
· ¸¸ ⋅ π ⋅ t . ¹
(33)
Die Biegewellenlänge ist im Kapitel 26.2 angegeben worden mit c DeW , Pl ⋅ t c λ B = B = 1, 35 . f f Damit kann die Impedanz abgeschätzt werden zu ~ ⋅ (2π ⋅ f ) ZE = m b =
ρ§ t· kg ¨ 1, 35 2 ⋅ c DeW , Pl ⋅ ¸ ⋅ ( 2 π ⋅ f ) = 382 , 41 . 16 © f¹ s
Der Fehler beim einfachen Plattenproblem beträgt somit 2,6 % und hiernach klein.
(34)
509
33. Übung zu Kapitel 26.4 „Impedanz bei Schwingungsisolierung“ In vielen Situationen lässt sich die Geräuschproblematik durch Entkopplung des Erregers beeinflussen. Vereinfacht kann dies an den beiden Fällen der starren und elastischen Ankopplung einer schwingfähigen Struktur dargestellt werden. Im Bild 1 ist dies prinziphaft bei einer starren Masse dargestellt, die an einer Platte angekoppelt werden soll. a)
b) F1
F1
m1 , Z1
m1 , Z1 v1
v1 F2 v
v1
Z2
F2n k
v 2n
Z3
d F2n
Z2
v2v v 2n
Bild 1: Kraftanregung von Strukturen a) Fall mit starrer Ankopplung b) Fall mit elastischer Ankopplung Die beiden gezeigten Fälle lassen sich mittels der übertragbaren Wechselkräfte F2 v bzw. F2 n (vor bzw. nach der Isolierung) und der jeweiligen Schnelle v 2 v bzw. v 2 n bewerten.
Für den Fall der starren Ankopplung ergeben sich: − Impedanz und Schnelle
F − F2 v Z1 = 1 v1
(1)
→
F − F2 v v1 = 1 , Z1
(2)
F Z2 = 2v v2v
(3)
→
F v2v = 2v , Z2
(4)
510
33. Übung zu Kapitel 26.4 „Impedanz bei Schwingungsisolierung“
− Bedingung für die Schnelle bei starrer Ankopplung
v1 = v 2 v .
(5)
Aus Gl. (5) folgt nach Gleichsetzung und Umstellung F2 v =
F1 Z 1+ 1 Z2
(6)
und v2v =
F1 . Z1 + Z 2
(7)
Da in der Praxis meist nur Extrema interessieren, kann vorstehend auch mit Beträgen F1 , F2 v , v 2 v operiert werden.
Die eingehenden Impedanzen sind zuvor auch schon bestimmt worden, wie beispielsweise − die Massenimpedanz Z1 ≡ Z m = i ⋅ m 1 ⋅ ω oder
− die Plattenimpedanz Z2 = 8 ρ ⋅ B ⋅ t . Im Fall der elastischen Ankopplung ergeben sich analog zum schon gelösten Fall
− Impedanzen F − F2 n Z1 = 1 , v1 Z3 =
(8)
F2 n , ( v1 − v 2n = Relativgeschwindigkeit im Ankopplungselement), (9) v1 − v 2 n
F Z2 = 2n . v2n
(10)
33. Übung zu Kapitel 26.4 „Impedanz bei Schwingungsisolierung“
511
Nach Umformung folgt hieraus F2 n = F1 ⋅
1 Z Z § ¨¨ 1 + 1 + 1 Z 2 Z3 ©
(11)
· ¸¸ ¹
und F 1 v2n = 1 ⋅ Z2 § Z Z ¨¨ 1 + 1 + 1 Z2 Z3 ©
· ¸¸ ¹
.
(12)
Das hierin eingehende Ankopplungselement (Feder-Dämpfer) ist mit seiner Impedanz auch schon entwickelt worden zu Z3 =
k + d. i⋅ω
512
Literaturverzeichnis zu Kapitel 1 /CRE 67/ Czerwenka, G.; Schnell, W.: Einführung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. Bd. 1 (Nr. 124/124a) und Bd. 2 (Nr. 125/125a), BI Hochschultaschenbücher, Mannheim 1967 /HER 80/ Hertel, H.: Leichtbau. Springer-Verlag, Berlin 1980 /KIR 56/ Kirst, L.: Konstruktive Grundlagen des Leichtbaus: Werkstoff - Berechnung – Gestaltung. VDI-Z 98 (1956) 23, S. 1373-1380 /SCH 63/ Schapitz, E.: Festigkeitslehre für den Leichtbau. VDI-Verlag, Düsseldorf 1963 /WIE 96a/ Wiedemann, J.: Leichtbau. Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg - New York, Bd. 1, 1996 /ZIN 67/ Zindel, E.: Die Probleme und Möglichkeiten des Leichtbaues und seine Entwicklung vom Luftfahrzeugbau zur allgemeinen Technik. 1. Teil. In: Blech Nr. 10/1967, S. 458-462
zu Kapitel 2 /AUT 92/ Autorenkollektiv: Handbuch Struktur-Berechnung (HSB). Industrie Ausschuß Struktur-Berechnungsunterlagen, 1992 /BLE 74/ Bleicher, W.: Konstruieren mit Aluminium. Aluminium-Taschenbuch, Düsseldorf 1974, Kapitel 12 /BRE 83/ Breitling, U.: Leichtbau-Optimierung in der Konstruktionspraxis. In: Konstruktion 35 (1983) 2, S. 53-56 /ELS 98/ Elspass, W. J.; Flemming, M.: Aktive Funktionsbauweise - Eine Einführung in die Struktronik. Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg - New York 1998 /HER 80/ Hertel, H.: Leichtbau. Springer-Verlag, Berlin 1980 /WIE 84/ Wiedemann, J.: Gewichts- und kostenorientierte Zielmodelle, Einsatzkriterien, Konstruktionsprinzipien und Probleme des Leichtbaus. Vortrag Technische Akademie Esslingen, 1984
zu Kapitel 3 /FEY 90/
Feyerabend, F.: Methodische Gewichtsreduzierung - am Beispiel von Industrierobotern. Diss. Universität-GH-Paderborn, 1990 /HOF 76/ Hoffmann, K.: Grundlagen der Dehnungsmeßstreifen-Technik. Manuskript Hottinger Baldwin Meßtechnik, Darmstadt 1976 /KLE 03/ Klein, B.: FEM - Grundlagen und Anwendungen, Vieweg Verlag, Wiesbaden 2007
Literaturverzeichnis
513
zu Kapitel 4 /AUT 85/ Autorenkollektiv: Konstruieren mit Verbund- und Hybridwerkstoffen. VDI-Bericht 563, Düsseldorf 1985 /BAU 72/ Baumgartner, H.: Optimaler Leichtbau von Schienenfahrzeugen. In: Nahverkehrspraxis, 11/1972, S. 442-454 /NN 69/ N.N.: Festigkeitsgerechtes Konstruieren im Fahrzeugbau. Merkblatt Studienkreis der Verkehrsfahrzeuge e.V., 1969 /SCH 58/ Schapitz, E.: Berechnungsverfahren für Schalenkonstruktionen. VDI-Bericht, Bd. 28, Düsseldorf 1958
zu Kapitel 5 /CON 77/ Conen, H.: Gestalten und Dimensionieren von Leichtbaustrukturen. In: Kohlenstoff- und aramidfaserverstärkte Kunststoffe, VDI-Verlag, Düsseldorf 1977 /GÜR 58/ Gürtler, G.: Leichtmetalle und Leichtbau. VDI-Bericht Bd. 28/1958, S. 49-57 /KAN 63/ Kann, v. H.: Die Leichtmetalle Magnesium, Aluminium und Titan als neuzeitliche Konstruktionswerkstoffe. In: Metall 17 (1963) 3, S. 209-217 /KLE 85/ Klein, B.: Beanspruchungskenngrößen zur Konstruktionsbewertung. In: Technica, Heft 15/16 (1985), S. 11-15 /MEN 60/ Mengeringhausen, M.: Das Prinzip des Leichtbaus und seine Bewertung in Natur und Technik. VDI-Z 102 (1960) 13, S. 523-527 /MER 00/ Merkel, M.; Thomas, K.-H.: Taschenbuch der Werkstoffe. Fachbuchverlag Leipzig, 5. Auflage, 2000 /ÖRY 83/ Öry, H.: Leichtbau. Vorlesungsmitschrift, RWTH-Aachen, 1983
zu Kapitel 6 /AUT 83/ Autorenkollektiv: Kunststoffe im Automobilbau. VDI-Verlag, Düsseldorf 1983 /AUT 88/ Autorenkollektiv: Aluminium-Taschenbuch. 14. Auflage, Aluminium-Verlag, Düsseldorf 1988 /BOR 83/ Borbe, P. Chr.; Erdmann, F.: Eigenschaften und Anwendung von Superleichtlegierungen. In: Maschinenmarkt 89 (1983) 53, S. 1232-1235 /DON 82/ Domke, W.: Werkstoffkunde und Werkstoffprüfung. Girardet-Verlag, Essen 1982 /FUN 01/ Funke, H.: Systematische Entwicklung von Ultra-Leichtbaukonstruktionen in Faserverbund-Wabensandwichbauweise am Beispiel eines Kleinflugzeuges, Dissertation, Universität Paderborn, 2001 /GAN 82/ Gans, G.: Elektronenstrahlschweißen von Titan am Beispiel eines FlugzeugFlügelkastens. In: Werkstatt und Betrieb 115 (1982) 7, S. 425-430 /HOR 7/ Hornbogen, E.: Werkstoffe. Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1972 /MAR 87/ Marissen, R.: Flugtauglich - Hybrid-Verbundwerkstoffe für hochbelastete Bauteile. In: Konstruktionselemente 9/1987, S. 80-82 /NN 72/ N.N.: Stahlfibel. Beratungsstelle für Stahlverwendung, Düsseldorf 1972 /NN 91/ N.N. Trends in Aluminium: Aluminium-Lithium-Legierungen. In: IndustrieAnzeiger 29/1991, S. 22 /PUC 87/ Puck, A.: Grundlagen der Faserverbund-Konstruktion. Vorlesungsmanuskript, Universität Kassel, 1987
514
Literaturverzeichnis
/REI 76/ /STÜ 69/
Reisner, J.: Werkstoffe Ib. AMIV-Verlag, ETH-Zürich, 1976 Stüwe, H.-P.: Einführung in die Werkstoffkunde. BI-Hochschultaschenbuch, Nr. 467, Mannheim 1969 /SUZ 82/ Suzuki, H.; Kanno, M.; Hayashi, N.: Aging phenomena in aluminium-lithium alloys. In: Aluminium 58 (1982) 2, S. 120-122 /TAP 75/ Taprogge, R.; Scharwächter, R.; Hahnel, P.: Faserverstärkte Hochleistungs-Verbundwerkstoffe. Vogel-Verlag, Würzburg 1975 /WEB 89/ Weber, A. (Hrsg.): Neue Werkstoffe. VDI-Verlag, Düsseldorf 1989
zu Kapitel 7 /JOR 86/
Jorden, W.: Beanspruchungsgerechtes Konstruieren. Vorlesungsmanuskript, GHPaderborn, 1986 /NAG 82/ Nachtigall, W.: Werkstoffe und Leichtbauweisen in der Natur. in Verbundwerkstoffe und Werkstoffverbunde in der Kunststofftechnik. VDI-Verlag, Düsseldorf 1982 /WIE 84/ Wiedemann, J.: Gewichts- und kostenorientierte Zielmodelle. in Einsatzkriterien, Konstruktionsprinzipien und Probleme des Leichtbaus. Vortrag Technische Akademie Esslingen, 1984
zu Kapitel 8 /SZA 84/
Szabo, I.: Einführung in die technische Mechanik. Bd. 1, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg, 1984 /WIE 96a/ Wiedemann, J.: Leichtbau. Bd. 1, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1996
zu Kapitel 9 /CZE 67/
Czerwenka, G.; Schnell, W.: Einführung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. Bd. 1, BI-Hochschultaschenbuch, Nr. 124/124a, Mannheim 1967 /WIE 86a/ Wiedemann, J.: Leichtbau. Bd. 1, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1986
zu Kapitel 10 /BRU 84/ Bruhns, O. T.; Klöhn, C.: Technische Mechanik II, Elastostatik. Vorlesungsmanuskript, Universität Kassel, 1984 /FRI 83/ Friemann, H.: Schub und Torsion in geraden Stäben. Werner-Verlag, Düsseldorf 1983 /WIE 86a/ Wiedemann, J.: Leichtbau. Bd. 1, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1986
Literaturverzeichnis
515
zu Kapitel 11 /CZE 67/ /HIB 06/
Czerwenka, G.; Schnell, W.: Einführung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. BI-Hochschultaschenbücher, 124/124a, Mannheim 1967 Hibbeler, R. C.: Technische Mechanik – Festigkeitslehre. Pearson-Verlag, München 2006
zu Kapitel 12 /DER 82/ Dreher, H.-J.: Leichtbaustatik. Teubner-Verlag, Stuttgart 1982 /RAM 92/ Rammersdorfer, F. G.: Reptitorium Leichtbau. Oldenbourg-Verlag, Wien - München 1992
zu Kapitel 13 /CZE 67/
Czerwenka, G.; Schnell, W.: Einführung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. BI-Hochschultaschenbücher, 124/124a, Mannheim 1967
zu Kapitel 14 /KAN 56/ Kan, S. N.; Panowko, J. G.: Festigkeit dünnwandiger Konstruktionen – Blechbaustatik. VEB-Verlag, Technik, Berlin 1956 /HEI 61/ Heilig, R.: Beitrag zur Theorie der Kastenträger beliebiger Querschnitte. In: Stahlbau, 30/1961, S. 333-349 /DER 81/ Dreher, H.-J.: Leichtbaustatik. Teubner-Verlag, Stuttgart 1982
zu Kapitel 15 /CZE 67/ /FAL 68/
Czerwenka, G.; Schnell, W.: Einführung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. Bd. 1, BI-Hochschultaschenbücher, 124/124a, Mannheim 1967 Falk, S.: Technische Mechanik. Bd. 3, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1968
zu Kapitel 16 /CZE 67/] Czerwenka, G.; Schnell, W.: Einführung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. Bd. 1, BI-Hochschultaschenbücher, 124/124a, Mannheim 1967 /SZA 84/ Szabo, I.: Einführung in die technische Mechanik. Bd. 1, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1984
516
Literaturverzeichnis
zu Kapitel 17 /BLU 58/ Blume, W.: Festigkeitseigenschaften kombinierter Leichtbaustoffe im Hinblick auf die Verkehrstechnik. Forschungsberichte des Verkehrsministeriums NRW, Nr. 487, Düsseldorf 1958 /HER 80/ Hertel, H.: Leichtbau. Springer-Verlag, Berlin 1980 /PLA 66/ Plantema, F. J.: Sandwich Construction. Wiley & Sons, New York 1966 /REI 62/ Reich, O.: Die Biegung der Sandwichbalken. In: Wiss. Zeitschrift der TUDresden 11 (1962) 1, S. 71-86 und 11 (1962) 3, S. 501-508 /STA 74/ Stamm, K.; Witte, H.: Sandwichkonstruktionen. Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1974 /WIE 96/ Wiedemann, J.: Leichtbau I und II. Vorlesungsmitschrift, TU-Berlin, 1979/80
zu Kapitel 18 /CZE 69/
Czerwenka, G.; Schnell, W.: Einführung in die Rechenmethoden des Leichtbaus. Bd. 2, BI-Hochschultaschenbücher, 125/125a, Mannheim 1969 /HOL 71/ Holzmann, G. et.al.: Technische Mechanik. Festigkeitslehre. B. G. Teubner, Wiesbaden 2006 /KUN 08/ Kunz, J.: Druckbelastungsgrenzen von Stäben geringer Schlankheitsgrade. In: Konstruktion 4/2008, S. 94-96 /PFL 75/ Pflüger, A.: Stabilitätsprobleme der Elastostatik. Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1975 /WIE 86a/ Wiedemann, J.: Leichtbau. Bd. 1, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1996
zu Kapitel 19 /HER 80/ Hertel, H.: Leichtbau. Springer-Verlag, Berlin 1980 /KOL 58/ Kollenbrunner, C. F.; Meister, M.: Ausbeulen. Springer-Verlag, Berlin - Göttingen - Heidelberg 1958 /ÖRY 83/ Öry, H.: Leichtbau. Vorlesungsmitschrift, RWTH-Aachen, 1983 /SZA 84/ Szabo, I.: Einführung in die technische Mechanik. Bd. 1, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1984 /WIE 79/ Wiedemann, J.: Leichtbau I und II. Vorlesungsmitschrift, TU-Berlin, 1979/89
zu Kapitel 20 /KIE 55/
Kienzle, O.: Die Versteifung ebener Böden und Wände aus Blech. In: Mitteilungen der Forschungsgesellschaft Blechverarbeitung, Düsseldorf, 1955, H. 7 /MOH 76/ Mohr, H.; Weber, A.: Rippen- und sickenversteifte Kunststoff-Konstruktionen. In: Mitteilungen der BASF, Ludwigshafen 1976 /OEH 71/ Oehler, G.; Draeger, E.: Versteifen von Stahlblechteilen. In: Merkblatt Stahl Nr. 350, Düsseldorf 1971
Literaturverzeichnis
517
zu Kapitel 21 /SCH 63/ Schapitz, E.: Festigkeitslehre für den Leichtbau. VDI-Verlag, Düsseldorf 1963 /WIE 79/ Wiedemann, J.: Leichtbau I und II. Vorlesungsmitschrift, TU-Berlin, 1979/80
zu Kapitel 22 /ALT 91/ Althof, W.: Kleben. in O. C. Bauer, Handbuch der Verbindungstechnik, HanserVerlag, München - Wien 1991 /AUT 76/ Autorenkollektiv: HSB-Handbuch Struktur Berechnung. Industrie Ausschuß Struktur-Berechnungsunterlagen, Bremen 1976 /GOL 44/ Goland, M.; Reissner, E.: The Stresses in Cemented Joints. In: Journal of Applied Mechanics 11 (1944) 1, pp. 17-27 /MAT 63/ Matting, A.; Ulmer, K.: Grenzflächenreaktionen und Spannungsverteilung in Metallklebeverbindungen. In: Kautschuk Gummi Kunststoff 16 (1963), S. 213224, S. 280-290, S. 334-345 und S. 387-396 /MAT 68/ Matting, A.; Draugelates, U.: Die Schwingfestigkeit von Metallklebeverbindungen. In: Adhäsion 12 (1968) 1, S. 5-22, S. 110-132 /MÜL 61/ Müller, H.: Festigkeits- und Dimensionierungsvoraussagen von einfach überlappten Metallklebeverbindungen. In: Fertigungstechnik und Betrieb 11 (1961) 2, S. 131-135 /VOL 38/ Volkersen, O.: Die Nietkraftverteilung in zugbeanspruchten Nietverbindungen mit konstanten Laschenquerschnitten. In: Luftfahrtforschung 15 (1938) 1/2, S. 41-47
zu Kapitel 23 /FRE 94/
Freitag, D.: Programmentwicklung KONTOPT. unveröffentl. Manuskript, Universität Kassel, 1994 /MAT 92/ Mattheck, C.: Design in der Natur. Rombach-Verlag, Freiburg 1992 /WIE 96/ Wiedemann, J.. Leichtbau I und II. Vorlesungsmitschrift, TU-Berlin 1979/80 /WIE 96b/ Wiedemann, J.: Leichtbau. Bd. 2, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1996
zu Kapitel 24 /AUT 79/ Autorenkollektiv: Berechnungsunterlagen zur Rißfortschritts- und Restfestigkeitsvorhersage rißbehafteter Großbauteile. Bericht der Arbeitsgemeinschaft Betriebsfestigkeit, Nr. ABF 06, Düsseldorf, 1979 /AUT 85/ Autorenkollektiv: Leitfaden für eine Betriebsfestigkeitsrechnung. Verlag Stahl Eisen, Düsseldorf 1985 /HAI 89/ Haibach, E.: Betriebsfestigkeit - Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung. VDI-Verlag, Düsseldorf 1989 /HAN 86/ Handbuch: The Fracture Mechanic Software. American Society for Metals, USA 1986
518
Literaturverzeichnis
/MAN 81/ Manson, S. S.; Halford, G. R.: Practical implementation of the double linear damage rule and damage curve approach for treating cumulative fatigue damage. In: Int. Journal of Fracture, 17 (1981), pp. 169-192 /SCH 73/ Schütz, W.; Zenner, H.: Schadensakkumulationshypothesen zur Lebensdauervorhersage bei schwingender Beanspruchung - Ein kritischer Überblick. In: Zeitschrift für Werkstofftechnik 4 (1973) 1, S. 25-33 und S. 97-102 /SCH 80/ Schwalbe, K.-H.: Bruchmechanik metallischer Werkstoffe. Hanser-Verlag, München - Wien 1980 /ZAM 85/ Zammert, W.-U.: Betriebsfestigkeitsberechnung. Vieweg Verlag, Braunschweig - Wiesbaden 1985
zu Kapitel 25 /LEC 79/
Lechner, G.; Hirschmann, K. H.: Fragen der Zuverlässigkeit von Fahrzeuggetrieben. In: Konstruktion 31 (1979) 1, S. 19-26 /BIR 91/ Birolini, A.: Qualität und Zuverlässigkeit technischer Systeme. Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1991 /AUT 84/ Autorenkollektiv: Zuverlässigkeitssicherung bei Automobilherstellern und Lieferanten. VDA, Frankfurt, Heft 3, 1984 /BER 86/ Bertsche, B.; Lechner, G.: Verbesserte Berechnung der Systemlebensdauer von Produkten des Maschinenbaus. In: Konstruktion 38 (1986) 8, S. 315-321 /BER 90/ Bertsche, B.; Lechner, G.: Zuverlässigkeit im Maschinenbau. Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg 1990
zu Kapitel 26 /SZA 64/
Szabó, J.: Höhere Technische Mechanik. 4. Auflage, Springer-Verlag, Berlin 1964
/KOL 93/ Kollmann, F.-G.: Maschinenakustik – Grundlagen, Messtechnik, Berechnung, Beeinflussung. Springer-Verlag, Berlin – Heidelberg – New York 1993 /HEN 99/ Henn, H.; Sinambari, G. R.; Fallen, M.: Ingenieurakustik – Grundlagen, Anwendungen, Verfahren. 4. Auflage, Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2008 /TÖN 83/ Tönshoff, H. K.; Bernhardt, U.: Lärmarm konstruieren in Blech. Forschungsbericht Nr. 10 der Deutschen Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e. V., Hannover 1983 /SCH 96/ Schösser, Th. F.: Körperschallreduktion durch experimentelle Strukturoptimierung. In: Konstruktion 48 (1996), S. 236-242 /VDI 80/
N. N.: Lärmarm Konstruieren – Allgemeine Grundlagen. VDI 3720, Düsseldorf 1980
519
Sachwortverzeichnis A Abminderungsfaktor 288 Airy’sche Spannungsfunktion 419 Akkumulation 343, 363 Aluminium 43 f., 47, 49, 53, 55, 63, 193, 194, 273 Aluminium-Verbundwerkstoffe 63 Amortisation 396 Amplitudenkollektiv 337 Ankopplung 509 Anriss 341, 344, 351, 353, 361 Arbeit, virtuelle 177 Arbeitssatz 179, 181 Ausfalldichte 376 Ausfallrate 374 ff. Ausfallsicherheit 333 Aushärtung 44, 295 Ausreißer 347 Ausschnitte 173
Blechstreifen 252 ff., 262 f. Bodengruppe 461 Bördelung 256 f. Boole’sches Modell 370 Box 328 BREDT’sche Formel 128 Bruchdehnung 28, 57, 59 Bruchfestigkeit 36, 57 Bruchkriterium, statisches 353 Bruchmechanik 333 Bruchverhalten 340 Bruchzähigkeit 15
B Badewannenkurve 376 Balken 34, 178 ff., 215, 263, 319 Baustähle 40, 42 Bauteilprüfung 15 Bauweise 1, 11, 21, 69 Beanspruchungsverlauf 173, 336, 339 BEM 13 Betriebskosten 5, 396 Betriebssicherheit 312 Beulfälle 234, 236 Beulgleichung 232, 234 Beulspannung 160 f., 236, 248, 253, 322 Beulwert 237 f., 243, 250, 256, 469 Beulwiderstand 262 Beulzahl 407 Bezugsknickspannung 236 Bezugsschubflussgröße 170 Biegebalken 229 Biegedrillknicken 379 Biegeknickung 205, 216, 218 Biegesteifigkeit 167, 197, 249, 250 Biegewellen 383 Biegewellengeschwindigkeit 384 Bleche 21, 118, 157 f., 167, 259, 284, 291, 295, 306, 316
D Dämpfungsimpedanz 388 Dauerfestigkeit 26, 42, 53 f., 313, 333, 341, 346 Dehnsteifigkeit 193, 196 Dehnwellen 381 Dehnwellengeschwindigkeit 381, 384 Deviationsmoment 77, 146, 147 Dichte 30, 36, 47 f., 55 f., 63, 194, 214 Dichtefunktion 377 f. Dichtewellen 382 Dichtewellengeschwindigkeit 382 Differenzialbauweise 17 DMS 14 Doppelreihenansatz 483 Drehpunkt 158, 170 Drillung 123, 125, 156, 223 Druckstab, exzentrischer 476 Dünnwandigkeit 75, 106, 274 Durchsetzfügen 284, 316
C CAO-Methode 328 C-Fasern 60 Clinchen 284 Crashboxen 247 Crashgeschwindigkeiten 386
E Eigenbiegesteifigkeit 195, 197 Eigenfrequenz 389, 391 Eigenkreisfrequenz 389 Eigenschaftsvariabilität 192
520 Eigenwert 471 Eingangsimpedanz 381, 386 f., 502, 505 Einleitungsgurt 280 f. Einnahmen 5 Einstückigkeit 42 Einstufenkollektiv 335 Elastizität 86, 304, 311 Elastizitätsgrenze 24 Elastizitätsmodul 23, 36, 84, 93 Energieabsorption 409 Energiesatz 178 f. Erleichterungslöcher 490 Ermüdungsfestigkeit 370 Ersatzmodell 167 Extrapolation 337 F Faltung 162 Falzen 316 Fasern 29, 57, 58, 61, 63 Federimpedanz 388 Feinblech 40 Feinkornstahl 40 FEM 13 Flächenmoment 76 Flächenträgheitsmoment 70, 118, 141, 157, 220 f., 261, 264 Flächentragwerk 75 Fließgrenze 36 Formänderungsarbeit 450 Formänderungsenergie 88, 163 f., 171, 177 ff. Formänderungsvermögen 409 Fortpflanzungsgeschwindigkeit 381 Frequenzdispersion 384 Fußpunkterregung 381 G Gesamtarbeit 177, 180 Gesamtenergie 164 Gesamtgewicht 6 Gestaltungsprinzipien 414 Gewichtsfunktion 320, 323, 395 Gitterstruktur 394 Gleitmodul 84, 93, 124, 206, 208 Grenzgeschwindigkeit 399 Gurte 21, 118, 155, 159, 167, 247, 274, 280
Sachwortverzeichnis Gusslegierungen 45, 49 Gütekennzahlen 31 f. H Haibach 343, 345 ff. Halbwellenlänge 213, 240, 246 Harz 59, 60 Hauptachsensystem 79, 147 Hauptspannung 161 Hautbereich 201 Häute 91, 193, 195, 197, 200, 202, 213 f. I Impedanz 386, 507 Ingenieurkosten 4 Instabilität 53, 91, 212, 232, 256, 263, 268 Instabilitätsgrenze 70 Integralbauweise 18 K Kaltverfestigung 39 Kastenprofil 116, 118 Kastenträger 168 f., 173 Kerbempfindlichkeit 49 Kerben 351 Kerbschärfe 53 Kernschicht 195, 199 Kleben 295, 297, 310, 312, 314 Kleber 200, 299 Klebstoff 295 ff., 299 f., 312 Knetlegierung 44 f. Knicklast 220, 265 Knickmodul 227 f. Knickspannung 213, 228, 325 Knickstütze 406 Knickung 33, 215, 220, 222 f., 236, 245 Knittern 214 Kofferaufbau 416 Kollektiv 337, 339, 343 f., 346, 365 Kollektivformen 339 KONTOPT 330 Körperschall 379, 386, 502 Körperschallpegel 391 Körperwellen 385 Korrekturfunktion 353, 362 Kostenmodell 5 Krafteinleitung 67, 112, 193 Krafterregung 381
Sachwortverzeichnis Kraftfluss 109, 379 Kraftumlenkung 414 Kraftverlauf 282 Kragbalken 34, 179, 182 Kragscheibe 419 Kreisrohr 327 Krümmung 70 Kunststoff 54, 59 f. Kunststoff, faserverstärkter 193 L Längsbimoment 136 Längsträger 386 Laserschweißen 291 Lebensdauer 333, 373, 377 Lebensdauer, mittlere 374, 376 Lebensdaueranalyse 498 Leichtbau, optimierter 1 Leichtbaugrad 3 f. Leichtbaukennzahl 32 ff. Leichtbauweise 283 Leichtbauzusatzkosten 6 Lochleibung 285, 287 Luftschall 379 f. M Magnesium 48 f. Mantellinie 123 Massenimpedanz 387 Matrix 28 f., 57 f. Mindeststeifigkeit 249, 251 Miner-Regel 497 Mission 4 Mittelgurt 247 MMC 64 Momentenlinie 180 f. Momentenverlauf 181, 190 N Nieten 284, 312, 314 Normalkraftfluss 108, 112 f., 118, 145, 148, 425 Normalspannungsgradient 199 Normalspannungsproblem 144 Nullkräfte 188 f. Nullmomente 188 Nutzlast 5 f. Nutzungsdauer 343, 346 f., 349, 365, 496
521 O Optimalitätsverfahren 320 Orthotropie 206 P Palmgren-Miner-Hypothese 344 PAN-Fasern 60 Parallelanordnung 371 Partialdurchsenkung 202 Platte, angeregte 506 Plattenbiegung 233, 260 Plattenstab 486 Plattenstreifen 488 Pneumatisierung 66 Proben-Wöhlerlinie 340, 342 Profilbeulen 251 Profilstab 106, 121, 136, 144 Proportionalitätsgrenze 24, 225 f. Punktschweißen 291 Punktschweißkleben 291 Punktschweißklebung 292 Q Quadratprofil 322 Quadratrohr 327 Querkontraktion 25 Querkraftbiegung 117, 119, 198 Querkraftfluss 418 Querkraftverlauf 148 Querrippen 446 R Rahmenprofil 426 Rahmentragwerk 185 Randfaserabstände 147 Raumtragwerk 76 Reihenfolgeeffekt 366 Reinaluminium 44 Reißlänge 30 f. Reservefaktor 290 Riss 353, 359 Rissbruchzähigkeit 355 Rissgeometrie 353 f. Risskollektiv 364 Risslänge, kritische 357, 361 Rissverlauf 501 Rohr 428 Rohrquerschnitt 118 Rollen 316
522 S Satz von Castigliano 452 Schadensakkumulation 343 Schadenslinie 364 Schadenstoleranz 8 Schädigungshypothese, nichtlineare 366 Schädigungsparameter 367 Schädigungstheorem 368 Schale 75, 102, 261, 310 Schalensystem 20 Schallabstrahlung 384 Schallquelle 379 Schaumaluminium 47 Scheibe 75, 82, 96, 160, 233, 237 f., 241, 247 f., 250, 280, 282, 307, 353 Scheibengleichung 92 Scherbruch 285 Scherung 288, 292, 298 Schlankheitsgrad 225 Schnelle 381 Schubbeanspruchung 123, 160, 276 Schubfeld 159, 162 f., 276 Schubfluss, rückdrehender 121 Schubkraftkomponente 199 Schubmittelpunkt 113, 115, 118, 136, 156 f., 217, 423 Schubspannung, mittlere 299 Schubsteifigkeit 30, 168, 199, 206, 208 ff., Schubverzerrung 120 Schubwandträger 152, 156 Schubwandträgermodell 195 Schubwellen 383 Schubwellengeschwindigkeit 383 Schweißen 17, 49, 268, 293, 295, 312, 314 Schwellbeanspruchung 499 Schwerpunkt 2, 77, 115, 146, 156 Schwerpunktkoordinaten 149 Schwerpunktsatz 149 Schwingfestigkeit 295, 312 Serienanordnung 372 Serien-Parallelanordnung 372 Sicherheit 3 Sicherheitsbegriffe 73 Sickenstruktur 268 Sondergießverfahren 45 Spannungsansatz 84 Spannungsintensität, zyklische 358
Sachwortverzeichnis Spannungskoeffizienten 145 Spannungsüberhöhungsfaktor 304 Spannungsverteilung 77, 124, 131, 141, 197, 299, 329 Spante 459 Stab 74, 91, 160, 175, 178, 217, 226, 247, 248 Stabilitätswiderstand 30 Stahl 1, 28, 53, 225, 316, 341 Stanznieten 284, 286 Stege 113, 272 Stringer 459 Strukturgewicht 6 Strukturkennwert 320, 322 Stützwirkung 70, 253, 256 Superleichtlegierung 55 Superpositionsprinzip 147, 181 Systemkosten 5 T Tailored Blanks 71, 291 Tangentenmodul 214, 226 Teilschädigung 367 Titan 41, 52 f. Torsion 14, 123, 130, 140, 144, 173, 217, 221, 265, 266 Torsionsflächenmoment 131 f. Torsionsmoment 89 f. Torsionssteifigkeit 124, 247, 270 Torsionstheorie 123 Torsionswellengeschwindigkeit 383 Torsionswiderstandsmoment 129 Tosionswellen 383 Tragfähigkeit 255, 256, 259, 274, 292, 320 Trägheitsmoment 79 Transversalwellen 382, 384 Tubuskern 211 U Überhöhungsfaktor 303 Überlebenswahrscheinlichkeit 312, 371, 375 f. Überschreitungswahrscheinlichkeit 337 Umlaufkoordinate 148 V Verbundprinzip 192 Verbundwerkstoff 8, 411
Sachwortverzeichnis Verdrehwinkel 128 f. Vergrößerungsfaktor 6 Verlappen 316 Verlauf, regelloser 335 Verlustfaktor 391 f. Versagen 29, 333, 335, 351 Versagenshypothese 289 Verschiebungen 81 f., 86, 98, 131, 179 ff., 188 f., 301, 329 Versteifungen 58, 78 f., 259, 261, 267, 274 Verwerfung 135 Verwölbung 123 f., 127, 131, 135 ff., 139 ff., 432 Verwölbung, unbehinderte 127 Verzerrungen 81 ff., 86 f. Vollquerschnitt 68, 322 Vollwandsystem 21 Vorspannung 384 W Wabenstruktur 214 Wärmeausdehnungskoeffizient 37, 329
523 Wärmebehandlungsverfahren 39 Wellenlänge der Beulung 213, 253 Werkstoffkosten 5 Wirtschaftlichkeitsmodelle 397 Wöhlerlinie 341, 346, 349, 351 Wöhlerversuch 340 Wölbbehinderung 439 Wölbfunktion 138 Wölbkrafttorsion 137 f. Wölbproblematik 230 Wölbwiderstand 136, 138, 140, 142 f., 221, 230 Z Zeitbruchgrenze 25 Zeitdehngrenze 25 Zelle 169 ff., 175 Zugstange 414 Zuverlässigkeit 293, 333, 370, 372, 376 Zweizellensystem 433 Zwischenstege 133