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V XOLO'ÜfUlL zu ziehen ist; in diesem Fall wird das Partizip ÖEÖfJE'Vo; selbständig. Von dieser Entscheidung hängt auch die Interpunktion des Satzes ab l3 . Die Versicherung der Fürbitte für den Briefempfanger ist in einem antiken Briefkeineswegs selten 14 • Statt 9 .. in 'ÖT)aav. Der paulinische Stil wirkt kunstvoll und rhetorisch. Das vorangestellte cpaaxovtEI!; ist ähnlich wie yv6vtEI!; 'tov &E6v in V 21 besonders eindringlich: •• mit Nachdruck behaupten« (Apg 24,9; 25,19). Man beachte den Kontrast zwischen Behauptung und Wirklichkeit (vgl. Jer 10,14; Jes 29,14). Der Gegensatz zwischen OO Paulus im Talmud« vgl. E. KITTEL, Rabbinica, 1920, I ff.; zu »Paulus und das Judentum" die Studie von H. WINDISCH (1935). Es ist nicht unwichtig, daß Marcion unser Kapitel ausgelassen zu haben scheint; vgl. Tert. adv. Marc. 5,14; TH. ZAHN, Geschichte des neutestamentlichen Kanons 11 I, 1890,518; A. v. HARNACK, Marcion, das Evangelium vom fremden Gott, 1924, lOS·. 5 ScHLATTER, Gerechtigkeit 291 sieht in Röm 9-11 die fOlgerichtige Weiterführung der Gedanken von Röm 8. Er weist dabei hin auf den Zusammenhang zwischen der christlichen Botschaft und dem jüdischen Bekenntnis, aufdie Feindschaft desJ udentums gegen die christliche Gemeinde und aufden Prozeß der Scheidung der Gemeinde von der Synagoge. A. Schlauer hebt also die geschichtlichen Prozesse hervor, die mit dem paulinischen Won von Röm 9-11 verbunden sind. 6 Ähnliche Beteuerungen finden sich auch sonst bei Paulus, vor allem in 2Kor 1,23; 2,17; 11,31; 12,19, wobei bestimmte Formeln und formelhaft~ Wendungen auffallen. au~OQTUQO~ Til~ ouvEIhfJoE(&)~erinnen an Röm 2,15 und weist damit aufeinenJestmStil hin. Daß Röm 9,1 in ITim 2,7 eine genaue Parallele hat, könnte mit dem festen Stil zusammenhängen; es ist allerdings nicht ganz ausgeschlossen, daß der Sprachgebrauch unseres Briefes im I. Timotheusbrief eingewirkt hat. 7 LAGRR 225 spricht von einem Doppelzeugnis (au~ClQ'tUQ06 E'Ü6QEat~) 11, wobei der Dativ 't zu E'ÜcioEat~ zu ziehen ist l2 . Es gab unter Heiden und Juden das dargebrachte Opfer, das den Bestimmungen der Opfergesetze genügen mußte. Die Dreizahl der Adjektive stellt die Eigenart des urchristlichen Opfers heraus. Jetzt erst entsteht die Möglichkeit des wahren Opfers, bei dem der Opfernde sich selbst und sein Leben anbietet, bei dem sich die Heiligung des Menschen vollzieht, und das allein dem Willen Gottes entspricht. Indem der Glaubende sich selbst und sein Leben anbietet, offenbart er die eschatologische Freiheit, die neue Situation, von der Röm 6,13 spricht. Man könnte auch sagen, daß hata ~OOaa das eschatologische Leben offenbart, das dem Glauben eigen ist. Es darfkeinesfalls übersehen werden, daß die Formel &ua(a ~(OOa mit einem besonderen Nachdruck verwandt wird 13 • Es fragt sich, inwieweit diese Tenninologie und Vorstellung von Paulus übernommen ist, und inwieweit er selbst sie mit neuem Inhalt erfüllt hat; vor allem die nachfolgende Ergänzung: »welches sei euer vernünftiger Gottesdienst« (M. Luther), die als Apposition zum ganzen Satz aufgefaßt werden muß14, fiihn in einen weiten Bereich des religionsgeschichtlichen Vergleichs. Die paulinische Auffassung vom menschlichen Ganzopfer und der Loslösung von der Gebundenheit an den alten Äon hat jetzt eine sachliche Parallele in der Qumranliteratur. 1QS 9.3-6: Wenn die Gebote der Sektenregel gehalten werden, 10 bedeutet dies »ein Fundament heiligen Geistes. ewige Wahrheit. Sühnung der Sündenschuld und des sündhaften Abfalls. (göttliches) Wohlgefallen an der Welt. was mehr ist als das Fleisch von Brandopfern und das Fett von Schlachtopfern; aber das Opfer der Lippen ist das Richtige wie ein Opferr:luft der Gerechtigkeit, und voUkommener Wandel ist wie ein wohlgefälliges Macht, und der Retter der Menschheit istJesus dadurch, daß er getötet und auferweckt worden ist und die ihm Glaubenden zum Abbild seines Todes und seines Lebens macht, 10 daß sie nicht mehrim FleUche sind. Darum beginnt der Unterricht über das chrisdiche Handeln mit dem Gebot, das angibt, was mit dem Leibe geschehen soll. Die Leiber werden Gott als sein Eigentum übergeben.« BAIlTHR. 415: -Denn der Mensch selbst, der anschauliche, der geschichtliche Mensch, den wir allein kennen, ist eben der Leib.« Vgl. auch &NDAY-HEADLAMR 352; KAsEMANNR 312 a: 9 Vgl. Röm 13,13 f.; lKor 1,10. 10 Allerdings nicht der LXX, die dafür ~V oder KQOCJIPtQeLV hat. ~QL toof.av findet sich häufig im Hdlenismus: Dill. Or. I 332,& 7 .42; 11 456,20 f.; 764,23 f[ Ditl. SyU. 11 2. Auß. 554,5 f.; 11 3. Auß. 736,65.70 f.; 589,46; 694,49; Jos. Ant. 4,113 u.ö. 11 Zur Dreigliederung der Adjektive vgl. Röm 7,12. u ~O!;'tlP&lP begegnet bei Paulusin Röm 14,18; Phil4,18; Eph 5,10. ~ hatdaa Bedürfnis, ergänzt zu werden. Die Wendung dürfte aus dem Semitischen übernommen sein. u KOHLR 416 nennt t«öaa das vornehmste Attribut zu &ucJ(aj diese Hervorhebung von tÖMJa ist verbreitet (CaANFIELD, Commentary 9). 14 Es handelt sich nicht um eine erklärende Apposition zu oOJt,u11Q oder zu ihJo(av, auch nicht um ein weiteres Objekt zu ~(JQL (LAGIlR 292 f.) aufgelöst werden, ist daher von ttAtQLOEV abhängig. ~LOEV-~ ist Alliteration, die auch sonst bei Paulus vorkommt (2Kor 10,13); GOlt teilt dem Menschen ein bestimmtes »Maß« (:'Ill;)) zu. Der Begriffdes »Maßesc( umfaßt die Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit der Gnadengabeni. Schon dasjudentum spricht davon, daß der heilige Geist nach verschiedenem Maß oder Gewicht gegeben wird 9 • So hat auch Paulus in der Auseinandersetzung mit den Schwännern sich immer wieder darauf berufen, daß dem Glaubenden ein bestimmtes »Maß« gegeben sei, nach dem er sich auszurichten habe (2Kor 10,13; Eph 4,7). Der Begriffdes »Maßes« schließt die Beschränkung dem anderen gegenüber ein. In dieser Zuweisung (J.LEQ(tELV) liegt ein Akt der Gnade, aber auch ein bestimmter Auftrag. f,LftQOV XtatE~ ist ebenso zu verstehen wie f,LftQOV XclQLtoc;10; Die Grenze in der Geistbcgabung ist durch den Glauben erkennbar; der Glaube bejaht die Begrenzung, die dem Geist gesetzt ist. Die Verschiedenheit der Geistesgaben ist durch die An des Glaubens gegeben und bestimmt. Wenn Paulus von ~ x(O't~ spricht, mahnt er zur kritischen Selbstbesinnung, die es venneidet, die eigene Gabe falsch einzuschätzen und über sie hinaus sich etwas anzumaßen (Röm 12,6; 14,23b)11. V" f.: Paulus geht anschließend, um den Begriff »Maß des Glaubens« zu klären, auf den hellenistischen Bildstoff vom »Leibcc und den »Gliedern« ein; er bringt s0wohl die Mannigfaltigkeit wie auch die Zusammengehörigkeit der Gnadengaben zum Ausdruck 12 • Im Bilds toff fällt die Hinzufügung von xllvta auf. Die Glieder bilden ein Ganzes, wie auch die Charismatiker »in Christus« ein Ganzes bilden. • Vgl. K. DEISSNER, ThW IV 637; KAsEMANNR 320. 'Vgl. Str-B 11 431. Paulus hat oß'enbar eine auch imJudentum bekannte Sentenz vor Augen, die auch IOnst bezeugt ist. IOJe nach der Exegese wird der Genitiv bestimmt: "ein im Glauben bestehendes Maß oder Maßstabte (Gen. appos.) oder »ein Maß an Glauben« (Gm. part.). Es ist beachtlich, daß Paulus ziemlich unvermittelt vom IAhP nWuWt; miet und nicht vom j.&ttp nveu~ oder j.&ttQOY x6Q\~, was in diesem Zusammenhang doch näher ~legm hätte. Es handelt sich nicht 10 sehr um den reduferti~nden oder charismatischen Glauben. als vielmehr um dir Teilhabe am Leib des Christus, diedurch den Glauben gegeben ist. Es ist sehr bezeichnend. daß Paulua in der Auseinandersetzung mit den Pneumatikern auf diesen Glauben, der eine beschränkende und kritische Bedeutung dem Menschen gegenüber entfal tet, zurückweisL Zu j.&ttQOY n~ bietet Röm 12,6: xenta Tiav ~ Tii~ xl· auWt; eine beachdiche Parallele (vgl. auch Röm 14.23b). Die beste Erläuterung findet sich in Eph 4,7: M bt txcimtp "'f'ÖJV tb66Y) '" X~~ xenta tb j&ttQOY t'it~ bwQ~ tOÜ XQ~. 11 PALUsR 134 denkt bei j.&ttp n(m~ an einen passivischen Sinn: das Maß deueD, was uns von Gott anvertraut isL Vgl. IPetr 4.\0 als Nachwirkung der gleichen paränetischen Tradition. 12 In I Kor 12,12 0: beginnt Paulua mit dem gleichen xaOcmt()y6Q. Du Bild des "Leibes. ist eine Vontufe rur den Bildatoff .. Leib Christi. (BAUEITR 236). &t6v ist adverbial wie Hebr 2,17; 5,1. 11 'toA.j.&f)aco (. ACD) ist bcssa bezeugt als das Präsens 't~ (8). 19 dw 00 xatEI.QYOoo'tO ist eine kühne Attraktion. Einerseits bezieht sieh dw aufn (AaMLV) zurück, anderseits entspricht es 'tO'6'twv &. Es muß neutriseh ergänzt werden. lO.).Oycp xai fvtq» findet sich auch sonst bei Paulus (2Kor 10,11; Ko13,17; 2Thess 2,17); unzureichend ScHLlEIlIl 432. 21 mrrll\A4't~ hatte ursprünglich keinen Zusatz. JM6 .XL fügen den Genitiv hoü hinzu, ACDG vulgo das Adjektiv QyWu.
der ganzen Welt« ist nach Str-B 111 25 ..ein hyperbolischer Ausdruck«. '2'2,'27; ISam I'2,5;Jer 4'2,9; Ps 89,38. Auch im Griechentum ist es üblich, die Götter zu Zeugen anzurufen (Homer Od. 1,'273; 14,394; Palyb. 11,6). 11 Ob man in V 91'00 oder I'Ot. liest, macht sachlich keinen Unterschied. 12 SDt 11,13 § 41: .. ihm zu dienen, das ist das Gebet« (Str-B 111 26). Der König Darius wünscht Daniel: .. Dein Golt, dem du ohne Unterlaß dienst, der möge dich errettencc (Dan 6,17.21). 13 Kann 6bUlA.t:iJtttoe; sich mit :n:lxvtotE verbinden, ohne die Konstruktion zu überladen? Oder muß um des ä6ulM:i:n:ttoe; willen :n:lxvtotE zu O~ gezogen werden? (Vgl. die ähnlichen Konstruktionen in I Thess 1,'2; Phill,3.) Sowohl stilistisch als auch sachlich sind beide Verständnisse des T ates möglich, und auch der Satzrhythmus gibt keine endgültige Entscheidung. ScHLIER R 37 verbindet :n:lxvtotE mi t OE6f.lE'VOt;. 14 Die Versicherung des gegenseitigen ..Gedenkenscc findet sich immer wieder in der jüdischen Briefliteratur (z.B. I Mall 1'2,11: ApkBar 86,1 Ir.), aber auch im hellenistischen Briefstil (A. DEISSMANN, Licht vom Osten, 4. Auß. 19'23, 150). Paulus benutzt auch hier eine bestimmte Form und geprägtes Material. 10 Jas
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des bestimmten [va folgt hier das vorsichtige d,,~ (vulg.: si quomodo), das sowohl der Hoffnung als auch der Unsicherheit Raum läßt; i'JÖTJ "alt wirkt dagegen eindringlich (»endlich einmal«). Daß Paulus seit Jahren den Wunsch hat, nach Rom zu kommen, aber bisher gehindert wurde, behauptet sowohl der Eingang (Röm 1,13) als auch der Abschluß des Briefes (Röm 15,22). Ob es die politischen Wirren in Rom oder die drängenden Angelegenheiten der Mission sind, die das Kommen des Apostels bisher verhinderten, wissen wir nicht. Auf jeden Fall hat er die Hoffnung nicht aufgegeben, nach Rom zu kommen. Allerdings steht dieser Plan ganz in Gottes Hand (tv 't<{> itEATif.Ul'tL 'tO'Ü itEO'Ü) 15. Paulus ist also nicht Herr über sich selbst und seine Pläne, sondern muß sich in die Hand Gottes geben. Der jüdische und allgemein menschliche Vorbehalt erhält neue und verstärkte Bedeutung im Christentum, ist also keine bloße Form, sondern ernsthaft gemeint. Selbstverständlich ist tv 't<{> itdTif.U1'tL 'tO'Ü tro'Ü zu tÄitELV zu ziehen. A. Schlatter übersetzt: »)Ob mir wohl endlich einmal der Weg, durch Gottes Willen zu euch zu kommen, gebahnt werde«16. Tatsächlich kann in dem Verbum E'Öo&Wa6aL der Begriff ~ mitschwingen (eigtl.: »einen guten Weg geführt werden«17). An unserer Stelle zeigt der nachfolgende Infinitiv, daß das Verbum lediglich »gelingen« heißt (H. Lietzmann). VII: Paulus verstärkt das Gebet durch seinen persönlichen Wunsch: er sehnt sich danach, die römische Gemeinde kennenzulernen (btlJtotkö lbELV klingt ebenfalls wie eine gebräuchliche Wendung: I Thess 3,6; 2Tim 1,4). Der Apostel stellt sichjetzt als Geistträger vor, der die Begegnung mit Geistträgem sucht. Er selbst bietet ihnen »geistliche Gnadengabe« (XOQL0f.Ul "VEUf.Ul'tLX6v) an 18, ist aber bereit, auch selbst Zuspruch von seiten der Gemeinde anzunehmen. Die Unbestimmtheit des Ausdruckes »etwas an Gabe des Geistes« erschwert eine konkrete Deutung. Erst in der Begegnung mit der Gemeinde wird sich herausstellen, welches Wort, welche Erkenntnis, welche Glaubensstärkung der Gemeinde nottut. Die Liebe wird finden, was der andere braucht. Xeiol.OJ.IQ (eigd.: »das Geschenkte«, die »Gabe«) ist ein hellenistischer Begriff, der in der neutestamendichen Literatur vorwiegend von Paulus gebraucht wird. Auch im Alten Testament findet er sich nur selten in der späteren Literatur, und dann nur in bestimmten Handschriften (Ps 30,22; Sir 7,33; 38,30). Paulus verwendet XQ()UJJ.urtQ in der Bedeutung von 1t'Y2UJ.lQ'tI.x6, steht also in der Auseinandersetzung mit dem hellenistischen Pneumatikertum. Kann der Begriff die xa'ÖXTJOU; aufheben? Er will den Gnadencharakter der Ga15 Alle Reise- und Zukunftspläne stehen unter diesem theologischen Vorbehalt und dieser Formel des Gehonams (Röm 15,32; IKor4,19; 16,7;Jak4,15; Apg 18,21).lmJudentum ist diese Formel bekannt und gebräuchlich, ihre Anwendung entscheidet über den Segen Gottes und die Zukunft des Menschen (Str-B 111 758). Es finden sich aber auch heidnische Parallelen (BGU I 27; 11 423). 16 A. ScHLAlTER, Erläuterungen zum Neuen Testament 11 10; ScHLAlTER, Gerechtigkeit 28. Gott allein vermag dem Menschen den Weg freizumachen. Vgl. dazu auch das jüdische Reisegebet: ,.Es sei Wille vor Dir,Jahwe, mein Gou, daß Du mich leitest in Frieden und mich dahinschreiten lässest in Frieden und mich stützest in Frieden ... « (Str-B I 410= bBer 29b). Wir haben auch hier mit dem Einfluß der Gebetssprache zu rechnen. 17 Wichtig ist, daß Tob 5,17.22 LXX der Gebetawunsch ~d'l'tE und der Seg~n EiIo&arikiOEtQL beschrieben werden. EUoboüo6al als»guten Erfolg haben, gelingen« findet sich in 2ehron 32.30; Sir 41,1. 11 ~ab&b6wl findet sich in ähnlichem Sinn auch in IThess 2,8 (•• Anteil geben«).
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ben und Fähigkeiten hervorheben. Man muß also zwischen apostolischer Vollmacht (~OLa) und pneumatischer Gnadengabe (x6QwJIQ) unterscheiden. Paulus will offenbar in Röm 1,11 mit dem römischen Pneumatikertum ins Gespräch kommen, will aber seine Autorität diesem gegenüber behaupten. Er ordnet sich ihm nicht gleich, sondern sieht in dem Apostolat das rechte Vorbild des Pneumatikers 19•
Paulus ist berei t, sich vor den Pneumatikern Roms als Geistträger zu legitimieren, ohne selbst diese Pneumatiker in ihrem Anspruch zu bestätigen. Vielleicht darf man auf Röm 15,29 verweisen: wenn Paulus kommt, wird er ))in der Fülle des Segens Christi« bei ihnen sein. Das Ziel der Gabe ist die ))Stärkung« der Gemeinde20• Man könnte annehmen, daß 'Paulus auch die »Offenbarungen« der römischen Pneumatiker kennen lernen will; aber er biegt vorsichtig ab: wenn er selbst der Gebende ist, dann ist sein Dienst dazu da, daß er in der Begegnung mit der römischen Gemeinde den gleichen Zuspruch Gottes empfängt, sich unter die gleiche Gnade beugt, und daß Apostel und Gemeinde im beiderseitigen Glaubensstand getröstet werden. 'too'to 6t tatLv will nicht nur O'tT)QLx-6ftvaL erläutern oder verbessern, sondern den in V 11 geäußerten Gedanken umbilden und weiterführen 21 • Die n(atLc; der Römer und die nW'tLc; des Apostels begegnen einander, und aus dieser Begegnung erhom sich der Apostel gemeinsamen Trost und Zuspruch. Da er selbst der Angefochtene ist, muß die Begegnung mit einer lebendigen Gemeinde Hilfe und Kraft für ihn selbst werden. Die Gemeinde soll gestärkt, der Apostel getröstet werden. Die Fassung des Begriffes n(atLC; erinnert an Röm 1,5.8 und meint objektivierend den Glaubensstand bzw. die Glaubenserkenntnis. V 15: Paulus versichert noch einmal (und nimmt damit V 10 auO, daß er oft die Absicht und den Plan gehabt habe, zur römischen Gmeinde zu kommen. Sowohl die Anrede i16eMpo(, die hier zum ersten Mal auftaucht, als auch die durch eine doppelte Negation 22 verstärkte Aussageform: oU ttA.oo uJ.Uic; ir(voEtv weisen darauf hin, daß Paulus hier eine Beteuerung ausspricht. Ohne Vgl. G. FRIEDRICH, Geist und Amt, Jahrb. der Theol. Schule Bethe1, 1952, 61 W. Gott stärkt (Röm 16,25; 2Thess 2,17; 3,3); das Wort des Amtsträgers und Bruders stärkt (Lk 22,32; Apg 18,23; IThess 3,2 u.ö.) ...Stä rkt'n« (ot1'JQ't!w) heißt einerseits: .>die Verheißung Gottes dem Menschen zusprechen« (IThess 3,2), anderseits, von Gott aus gesehen: ..das Herz des Menschen durch das Wort Gottes befestigencc (Hebr 13,9: tkpaLOiJv). Wir haben es mit einem Bildwort zu tun, das die Paränese des Urchristentums bestimmt. 21 "Wirto fit Wnv findet sich im Neuen Testament nur hier, häufiger ist sonst uriii I.cmv. Das Selbstbewußtsein des Amtsträgers bekennt sich ausdrücklich zur Verbundenheit der Liebe. Auch das Komposi tum O\J~aQ
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Zweifel schwingt ein apologetischer Unterton mit: ihr sollt mich nicht falsch beurteilen. Zwischen der Absicht des Paulus und dem hindernden Eingreifen Gottes muß die römische Gemeinde unterscheiden. xaL führt hier nicht fort, sondern setzt entgegen, entspricht also einem QUa. Die Sehnsucht und das Gebet des Paulus waren schon zu einem festumrissenen Plan geworden (1tQOtUtEafkll.: »sich vorsetzen, sich vornehmen«23). Zwar heißt es in einem ähnlichen Zusammenhang IThess 2,18, daß der Satan Paulus am Kommen gehindert habe; an unserer Stelle jedoch bleibt der Apostel vorsichtiger (einfaches Passiv) und denkt wahrscheinlich an eine Verhinderung durch Gott selbst (semitische Umschreibung). Es handelt sich um Hindernisse verschiedener Art, nicht um verschiedene Stellungnahmen zu gleichen Hindernissen 24 • Der nachfolgende Absichtssatz: [va 'tl.va ~v OXOO schließt sich an das entscheidende Hauptverb 1tQOdtt(U&Eiv) an: Paulus hat sich vorgenommen, nach Rom zu kommen, um auch dort Frucht zu ernten. Das Bild von der »Frucht« darf hier missionarisch verstanden werden (Phill,22). Paulus empfängt Frucht und erntet dort, wo er das Wort verkündigen darf. 'tLVa klingt bescheiden: der VerkündigerdarfFrucht erwarten, aber nicht bestimmen. Es sieht so aus, als fehle Rom im Kranz der Völker, denen Paulus das Evangelium gebracht hat. Im missionarischen Sinn sind die Römer ein Glied der Völkerwelt, zu der Paulus gesandt worden ist. Denkt man aber daran, daß der Judenchrist zwischen Israel und den »Heidencc unterscheidet, dann ist die Hauptstadt des Reiches nichts anderes als der Mittelpunkt des Heidentums und der Dämonie (Apokalyptik!). Man kann nicht zu den Völkern gehen, ihr Zentrum aber außer acht lassen (tv 'Öf.liv = »bei euch in Rom«). V 14: Es folgen nun mehrere Bekenntnisse, die einerseits Paulus und sein Verständnis des Evangeliums vorstellen, anderseits seine Absicht, nach Rom zu kommen, unterstreichen. Zwischen seiner besonderen Auffassung des Evangeliums und seinen Reiseplänen müssen also bestimmte Beziehungen bestehen. Sprache und Stil dieser Bekenntnissätze (V 14-16a) sind feierlich und proklamatorisch, unterscheiden sich also darin von den vorangehenden Versen (V ~) 3). Allen Völkern und Bildungsschichten gegenüber ist Paulus verpflichtet. ÖCPEIÄt'tTJS ElVaL ist ein Bild aus dem Schuldrecht und drückt die Tatsache aus, daß Paulusselbst »in Pflicht genommen ist« (K. Barth). Die Wendung ist besonders stark und besagt, daß Paulus sich in seiner ganzen Existenz den Völkern verpflichtet weiß (vgl. Röm 8, ) 2; 15,27; Gal5,3). Der Apostel schließt sich in den beiden Begriffspaaren: " Ell'lVE; - ~ttQ~OL, Ooq>OL - civ6T}'tOL an das griechische Denken an; in diesen Unterscheidungen liegt nach Ansicht des gebildeten Griechen eine Einteilung und Einschätzung der Menschen 25 • Für den Griechen ist eigentlich
,,"V
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1I{)OtltEo6aL ist gut griechisch und ist stärker als po6ÄEo6aL oder "tÄELV.
Man hat an mancherlei konkrete irdische Gründe gedacht, die Paulus zurückgehalten haben könnten: politische Wirren in Rom oder missionarische Verpflichtungen auf anderen Missionsgebieten, ArbeitsfUUe oder Erkrankung. 25 Vgl. zur Literatur: A. EICHHORN, B~ quid significaverit (Diss.), 1904; H. WEIlNER, Barbarus, NJbklA 21, 1918,389 fT.;j.JOTHNER, Hellenen und Barbaren, 1923; M. HENGEL,Juden, Griechen und Barbaren, 1976. Paulus stellt sich hier aufden Standpunkt der griechischen Einteilung, ohne nach dem Judentum zu fragen. Der Jude unterscheidet Juden und Griechen (3,9), Juden und 24
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nur der hellenistisch Gebildete Mensch im vollen Sinn. Er spricht von ItGriechen und Barbaren« sowohl addierend zur Bezeichnung der Gesamtmenschheit als auch differenzierend zur Kennzeichnung der U nterschiede26. Die Römer konnte man sprachlich und kulturell zu den »Hellenencc rechnen; doch gab es in Rom ebenso wie in den griechischen Hafenstädten Fremde aller An (Orientalen, Afrikaner) , die man als »Barbarencc ansprechen konnte, weil sie kaum griechisch verstanden 27 . Während für den Griechen griechisch und weise, barbarisch und unvernünftig gleichbedeutend ist, fehlt bei Paulus der abwertende Klang. Er weiß sich in besonderer Weise zu denen gerufen, die in den Augen der Weisen »schwachcc und »törichtee sind (I Kor 1,26 ff.). Die Begriffe ~ und ltv6r)toc; werden nicht aufgehoben, wohl aber durch die Liebe Christi ebenso erfaßt wie die Begriffe • EllYJ'Y und ~. Die ganze Menschheit in ihren U nterschieden, die anerkannt werden, steht unter der Liebe, aber auch unter dem Gericht des Evangeliums. Paulus unterscheidet sich daher von den griechischen Philosophen, die sich bewußt an die Gebildeten wenden und die Unverständigen verachten 28 . Er kennt Weise auch unter den Nichtgriechen, und Griechen erscheinen ihm oft als unvernünftig U. A. Bengel). V 15: Dies Verpßichtetsein gegenüber den »Völkerncc, das aus der Besonderheit seines apostolischen Amtes stammt, schafft die Bereitwilligkeit, auch nach Rom zu gehen, um dort das ihm anvertraute Evangelium zu verkündigen. Wortlaut und Stil von V 15 sind unfeierlich und knapp. o~ fähn fort (»so wie die Sache liegt«). tb xat" ~ XQ6&uJ10Y ist ebenfalls verkürzte Redeweise (»soweit es auf mich ankommt, bin ich bereit«)29. Die Auslassung von tO~ tv· Prolln dürfte mit einer liturgischen überarbeitung des Briefes zusammenhängen (vgl. 1,7). Der knappe Infinitiv E'ÖcryyeA.(aaoftaL meint zunächst, daß Paulus der römischen Gemeinde seine Botschaft vortragen will, dann erst im weiteren Sinn, daß er missionarisch Frucht zu ernten gedenkt (1,13). Beide Absichten werden in diesem einen Infinitiv zusammengefaßt. V 16 und 17 sind stilistisch durch ein mehrfaches 16.0 miteinander verHeiden (3,29), Beschneidung und Un~chniltenheit (Gal2,8 f.), stellt also dem Griechentum das jüdische Mlbstbewußtsein gegenüber. 26 Addierend z.B. Plalo leg. 1635 B; Philo ,,·it. Mos. 11 48.137; differenzierend Hdt. IX 79; Plato resp. VIII 544 D; Eurip. Phoen. 1509 f.; Hec. 1199 f.; Aesch. Sept. Theb. 72 f.; Pen. 180 f. (186 f.). 21 Wenn eic. fin. 11 49 noch Grama und Italia der barbaria gegenüberstellt, so hat Mn. de ira 111 2 in seiner Unterscheidung von Graji und Barbari sicher die Römer mit :tu den ersteren gerechnet. Dasselbe Problem taucht fast überall auf, wo die Lateiner von Griechen und Barbaren reden (z.B. Liv. 31,29; Horazep.1 2,7). Vgl. auch ThW 1546. Auch in das Rabbinat dringt das Frerndwon .. Barbarim« ein und bezeichnet hier entweder ungebildete Einulpenonen oder rohe Naturvölker (Str-B 111 28). Der verächtliche Ton, der aufdem Fremdwort liegt, bleibt auch im Judentum bewahrt. 28 ~~ bezeichnet den Menschen, der unfähig oder nwillig ist, das ihm Gesagte zu erfassen; es untencheidet sich daher von dem ~ in I Kor 1,25. 'c.7; 3,18; 4,10, das die verkehrte Richtung des menschlichen Dcnkens angibt. ~~ kommt im Neuen Testament noch in Lk 24,25; GaJ 3,1; ITim 6,9 und Tit 3,3 vor. Uno Stoic. vet. fragm. I 52,26teih die Menschen in die beiden Klauen mroubaiot. und CfClÜAoL ein. 29 Die Umschreibung des Genitivs durch XQt' 4tt (mit Akkus.) ist inder hellenistischen Zeitgeläufag (Apg 18,15; 26,3; Eph 1,15). tO KQ6&uI'OV enspricht dem Substantiv qo&ufda (sc. tytyno). Vgl. z.B. 3Makk 5,26; tO ~ov 1:00 pao~.
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bunden. V 16a dient als überleitung von der persönlichen Aussage V 15 zu den feierlichen Bestimmungen des Evangeliums in V 16b und 17. Paulus scheut sich weder vor der Welthauptstadt30 noch vor der Besonderheit der römischen Gemeinde; er ist bereit, als »Verpflichteter« (ÖCPELA.tnt~) oder als »Bote unter dem Zwang« (avaYXT) 1Kor 9,16) nach Rom zu kommen. Er scheut sich weder vor Ju~nchristen, die ihn lästern, noch vor Pneumatikern, die ihn verachten. Feierlich und prägnant klingt V I6a: »ich schäme mich des Evangeliums nicht«. oUx btaa.axUVOJAaL erinnert an die Bekenntnissprache des Urchristentums (Mk 8,38; 2Tim 1,8) und entspricht negativ einem feierlichen 6J.lOAoyw. »Sich nicht schämen« ist eine negative Formulierung für das positive Ereignis des »)Bekenneos« in einer bestimmten geschichtlichen Situation der Anfechtung (6J.lOAoyELV). Paulus betont, daß er dem Ärgernis des Evangeliums in Rom nicht ausweichen will. Es geht hier nicht um das Fehlen einer psychologischen Scheu (vulg.: erubesoo), sondern um eine konkrete Bereitschaft, um einen in Worte gefaßten Entschluß und um ein feststellbares Ereignis. tb EiJayyD.t.av vertritt an dieser Stelle den Infinitiv E'Üayyd'(~EO'6aL und meint die besondere Form der paulinischen Botschaft (= tb E'ÜcrrtfAWv J1OV 31 ). Es sieht so aus, als wolle V 16a einen fremden Verdacht abwehren oder eine Selbstrechtfertigung darstellen. In zwei aufeinander folgenden Hauptsätzen, die die Bedeutung des Evangeliums für die gesamte Menschheit herausstellen wollen, wird zum Ausdruck gebracht, daß Gottes Autorität hinter der Botschaft des Evangeliums und damit hinter dem Akt der Verkündigung steht32• Das Evangelium ist Offenbarung der )Kraft Gottes« (ö(ryaJ1L~ &o'Ü V 16b) und der »)Gerechtigkeit Gottes« (Önwl.OO'irvT) aeoü V 17). Die beiden Begriffe treten an den Anfangjedes Satzes und erhalten dadurch einen besonderen Nachdruck. ÖUvaJ1a.~ ist das Zeichen Gottes, seiner Erscheinung und seiner Machttaten; durch seine ÖVvßJ1a.~ setzt sich Gott gegen allen Widerstand und gegen alles Unvermögen der Menschen und Mächte durch. Trotz aller Niedrigkeit des Wortes und des Ärgernisses des Kreuzes ist die Botschaft Träger der ») Kraft Gottes« (IKor 1,18; 2,4 f.; 4,20; IThess 1,5). Der Begriff ist in der Auseinandersetzung mitjudentum und Hellenismus auch antithetisch entfaltet worden33 . Für Paulus »caput et theatrum orbis terrarumcc U. A. BENGEL z.Sl.). Es ist nicht zufällig, daß in der Textgeschichte immer wieder das Bedürfnis empfunden wird, das Objekt 'tb EÜayytMOV durch einen geeigneten Genitiv zu ergänzen (wü atoü, 'toü ~LO'tOÜ, au'toü bzw. 1'00). Auch ein hinzugesetztes 'to\rto entspricht dem gleichen stilistischen Bedürfnis. 32 Paulus trennt also nicht zwischen dem Akt der Verkündigung und der Botschaft selbst. Der Akt der Verkündigung sowie der Verkündiger selbst stehen unter dem Schutz der Autorität der Botschaft. 33 J. WEISS, Ztschr. f. e... gl. Rd. Unt. 20,24 und A. DIETERICH, Eine Mithrasliturgie, 3. Aufl. 1923, 46 f. versuchen, 66val'L~ E~ CJOm)Q{av nach Analogie der Zauberpapyri im hellenistischen Sinn als »Rezept, Anweisung zur Genesung •• oder als »Heilkraft" zu deuten. Es liegt aber kein Grund vor, 00VQj.lL~ an unserer Stelle anders als in 1Kor 1,18.24 zu verstehen. W. GRUNDMANN weist aufdie rabbiniache Anschauung hin, daß die Tora selbst die rechte Heilskraft und Stärke ist (Mek Ex 15,2·.13.26 und 18,1). Die Aussage des Paulus ist antithetisch zu verstehen: .. Nicht die Thora, sondern das Evangelium ist Kraft GOlles.c (ThW II 310). Ausdrücklich bekämpft E. LOHSE in seinem Aufsatz: Die Gerechtigkeit Gottes in der pauliniJchen Theologie die übersetzung ))Macht.. in Köm 1,16 (a.a.O. 2'14 ff.): Paulus meint die Kraft des töricht erscheinenden Wortes vom Kreuz, das allein dem 30
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waren •• Kraftcc und ••Geistcc Gottes eng miteinander verbunden. Das Won hat Anteil an der Kraft Gottes, weil es durch den Geist Gottes bestimmt und sein Werkzeug ist. Es vermag sich gegen allen Widerstand und aUes Unvermögen durchzusetzen .•• Kraftcc ist hier Erweis der Gottheit Gottes, seine ••virtuscc (vulg.), sein •• Vermögenc( (M. Lu ther) 34. Diese •• Kraft« Gottes istschafTende, errettende, bewahrende Wirksamkeit am Menschen (A. Schlatter). Sie zielt ab auf eschatologische Errettung im jüngsten Gericht. CKO't'I')Q(a ist grundsätzlich Gegensatz zu MOOA.eLa, ist daher die Verheißung des Glaubens (Röm 10,9: 00JÖ'i)a0). Vielleicht gehört der Begriff in die Missionsprtdigt rmd TGUjsprtICM. In unserem Zusammenhang taucht er stichwortanig auf, wenn auch sicherlich nicht zufaIlig. Ihn positiv mit •• Heilc( zu übersetzen, ist zwar möglich, aber wegen des Zusammenhangs mit den Begriffen 6Lxaa.ooiM) und tun) nicht ratsam. Es geht hier wirklich um die •• Errettungcc des Menschen vor dem göttlichen Zorn und Gericht (Röm 5,9 f.: CXI1&r)06J.LE6a). Der Mensch erfährt durch die Botschaft, in welcher Gefahr er steht und wodurch er Errettung und Leben empfangen kann. oomtQ(a weist auftorit hin und bereitet die Einführung von tW'fl vor (IThess 5,9-10). Dam 20,20formulien: •• bisdaß aufgehtHtil und Gtrtchtigktil für die Gottesfürchtigen. ce OW'nIQ(a (im Alten Testament = ~ u.ä.) ist ein in LXX (Psalmen 34-, jesaja 18mal) häufig vorkommendes Substantiv, das sich auch in den hellenistischen Teilen des Neuen Testaments gern wiederfindet (unregelmäßig in den Evangelien und in den PauIus-Briefen, öfter im Hebräer- und 1. Petruabrief). Im Römerbrief begegnet das Won in Röm 1,16; 10,1.10; 11,11; 13,11, ohne daß es ausdrück.licherldärt wird. Auffallend ist, daß CJ
.Kraft.
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Errettung. die durch die Annahme des Evangeliums vorweggenommen wird1S• ~ fehlt übrigens in G.
W;
Gottes Machttat im Wort verlangt als Antwort des Menschen den Glauben. Er ist nicht eine Bedingung, an die Gottes Kraft gebunden ist, sondern Antwort. Folge und Wirkung (A. Schlatter). xavd t
V 17: Während V 16b das Evangelium als Machthandeln Gottes bestimmt. wird in V 17 sein Inhalt im Verhältnis Gottes zum Menschen aufgezeigt. V 17 ist also eine Steigerung und Weiterführung von V 16b,ja, V 17 ist der eigentliche Höhepunkt und das abschließende Ziel des ganzen Abschnittes. Der Fomi nach handelt es sich in V 17 um einen programmatischen Lehrsatz, der durch ein nachfolgendes Schriftzeugnis bestätigt wird (vgl. Röm 1,2). Das •• Ichee des persönlichen Bekenntnisses (V 14-16a) ist durch objektive Begriffe und Aussagen abgelöst. ÖLxaLooiM) &roü ist bei Paulus beides, sowohl Gottes richterliches Urteil als auch seine eschatologische Heilsgabe. Beides wird im KreuzJesu als innere Einheit erkennbar und dem Menschen im Glaubensakt zugesprochen. Es ist ein Grundgedanke des Alten Testaments, daß Gott Recht setzt und als gerechter Gott dem Recht verbunden ist. Erist also der Richter, der das Böse straft und demjenigen, lS IQM 1,5: .Die Zeildes Heiles rurw Volk Gottes« (- eschatologische Heilszeit); 14,5: .. Bezeugungen des Heiles dem Volk leiner Erlösung.. ; 18,7: -die Tore der Heilserweilungen.. ; IQS 1,19: MGoll ~r Heilserweilungmoc. 16 Röm 1,16; 2,9.10; 3,9; 10,12; I Kor 1,24; 12,13.
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der Recht sucht, auch sein Recht zukommen läßt. Im Alten Testament liegt also zunächst das Bild des Prozeßverfahrens vor: Gott greift durch sein Urteil zugunsten des Gerechten und zuungunsten des Rechtsbrechers ein. Hierher gehört auch das Verständnis von Hab 2,4: Im Kampf und in der Auseinandersetzung hält sich der Fromme an die Gebote Gottes und entgeht damit dem von den Gegnern beantragten Todesurteil (ThW 11 180). Wichtig ist ferner, daß man den Messias als einen König verstanden hat, der mit Weisheit, Recht und Gerechtigkeit im Lande hemchen wird Uer 23,5 f.; 33,15 f.; aethHen~). Bei Deuterojesaja tritt die enge Verbundenheit von Gerechtigkeit und Heil heraus (z.B.Jes ~,13; 51,5.6.8; 59,17): Gott läßt sein Heil ausrufen und seinen Sieg den Völkern verkündigen. Der paulinische Begriff spricht von einem eschatologischen Urteil Gottes, das im Kreuz Jesu Christi offenbar wird und vom Glauben anerkannt wird. Diese Gerechtigkeit Gottes ist paradox als Einheit von Gerechtigkeit und Gnade zu verstehen, ist aber als geschichtliches Ereignis an das Faktum des Kreuzes gebunden. »Es ist die Gerechtigkeit des neuen Zeitalterscc (NygrenR 62). In der &xa"OOÖVI'I itEoiJ haben wir es mit dem eschatologischen Heilshandeln Gottes, nicht nur mit einer Eigenschaft Gottes zu tun (Gen. auct.). Vor allem muß erkannt werden, daß der paulinische Begriffin einer Auseinandersetzung mit dem Rabbinat und seiner Gerechtigkeitslehre steht (PhiI3,9; Röm 10,3). Die radikale und eschatologische Auffassung der »Gerechtigkeitcc bei Paulus hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den Psalmen (Hodajot) der Qumrangemeinschaft des 2. und 1. vorchristl. Jhs. Der alttestamentliche Gegensatz zwischen dem Gerechten und Gottlosen ist hier radikal verstanden: »Ich weiß, daß der Mensch keine Gerechtigkeit hat( (IQH 4,30)37. Vor allem ist wichtig, wie die Damaskusschrift von )Gerechtigkeit« und dem »Lehrer der Gerechtigkeit( spricht. Auffallend ist das Präsens cmoxa).:umE"ta&. (vgl. Röm 1,18), das zum Aus-
druck bringt, daß sich in der Predigt auch jetzt noch die Gerechtigkeit Gottes enthüllt. Gerade in diesem Geschehen liegt die »Kraft« des Wortes, von der Röm 1,16 spricht. Im Evangelium wird apokalyptisch offenbar, was ohne das Evangelium verborgen ist. tx X(atE~ d~ XLatLV gehört wohl adverbial zu cmoxa).;ux'tE"taL: der Glaube empfängt durch das Wort des Evangeliums seinen Grund und sein Ziel (bt - d~). Vielleicht ist diese adverbiale Verstärkung aus volleren Wendungen verkürzt: t; uxaxoil~ x(atECJ.)~ (Gal 3,2) und d~ uxaxoTlv x(at~ (Röm 1,5)38. Die exegetische Wendung b x(atem; E~ x(Ot"v ist umstritten. Man hat exegetisch an 'Oe1schüdme Subjekte des »Glaubens« gedacht: die Gerechtigkeit wird offenbar auf Grund des Glaubens des Predigen zum Glauben des Hörers hin, oder: aus der Treue Gottes zum Glauben des Menschen. Oder man vermutete einen Hebraismus: der Glaube wächst aus kleinen Anf.ingen zu größerer Kraft und erreicht neue Ziele. Gelegentlich verstand man diese adverbiale Wendung als Vmliirlamg: der Glaube kommt nicht über sich selbst hinaus, weder durch irgendeine Gnosis noch durch irgendein menschliches Werk (M. Luthers »lOla fidecc). Clern. Al. strom. V 12,4 faßt b X(atE(J)~ d~ x(Ot"v als Steigerung auf (aij~~ und u)..dO)(Jt,~). Sedulius unterscheidet zwischen dem Glauben des Predigen und dem des Hörers (ex fide praedicantium in fidem credentium). M. Luther spricht vom werdenden und 37 Vgl. IQH 14,15 f.: »Und alles Unrecht der Gottlosigkeit wintdu für ewigvemichten, und deine Gerechtigkeit wird geoffenban vor den Augen aller deiner Werke.« Ja Ähnliche Wendungen finden sich auch sonst bei Paulua: 2Kor 2,16; 3,18; 4,17. Wichtig ist die Erinnerung an ~ 83,8: XOQE'CJoov'au b 6~ d~ MVQ,",v. Mehriiach wird der Zusatz: Itaus Glauben zu Glauben« zum Subjekt gezogen (H. LIETZMANN, A. NVGUN).
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wachsenden Glauben, in den man immer tiefer und klarer hineingeführt wird. Und doch bleibt die Gerechtigkeit verborgen und wird nicht sichtbar (E. Ellwein 25). A. Fridrichsen, Conj. NeotesL XII, 1948 will ein rhetorisclw Sclrema erkennen, das auch im außerbiblischen Griechisch verwandt wird. PallisR 40 erklärt, daß tx x(atEO>S dS XLO'tLV keinen Sinn habe und krmjki"t: tx XWtem<; Els 'I1100üv XQl.at6v, um einen ähnlichen Zusammenhang wie in Röm 3,22.26; Phil 3,9 zu gewinnen.
Aufjeden Fall klingt tx n:((nE~ E[; n:LC1tLV wie ein Kampfruf, denn diese adverbiale Wendung legt jetzt auf die Herausstellung des Glaubensbegriffes besonderes Gewicht. Sicherlich darf man den nachfolgenden Schriftbeweis nicht außer acht lassen, enthält doch dies Zitat Hab 2,4 LXX die Worte tx n:(C1tEWS. Der spätere Abschnitt Röm 3,21-31 nimmt dann Röm 1,17 wieder aufund fuhrt aus, was an unserer Stelle gemeint ist. Auch der Zusammenhang von Röm 10,8-13 mit entsprechenden Schriftzitaten (z.B. Jes 28,16; Joel 3,5) gibt eine Parallele zu dem, was Paulus unter »Glauben« verstand. Der Lehrsatz 1,17 wird durch die Autorität des Schriftzeugnisses Hab 2,4 bestätigt. Der Grundtext lautet: »Der Gerechte, durch seine Glaubenstreue wird er leben«; die Septuaginta übersetzt: 6 öl ö(xawc; tx n:(C1tEW; f.LOV ~"OE'taL (B 1)39. Allerdings ist die Stellung des JA.ou unsicher, und es ist nicht gewiß, ob Paulus es vorgefunden hat. Das Frühjudentum hat sich enger an den Text der Mas. angeschlossen und den Hinweis auf das Verhalten des Menschen verstärkt40. Gelegentlich unterstreicht man die besondere Bedeutsamkeit dieses prophetischen Wones 41 . Für Paulus ist der Glaube kein dem Gesetz zugeordnetes Werk des Menschen, das ihm das Leben sichert, sondern nach Gen 15,6 das menschliche Empfangen der eschatologischen Gerechtigkeit, die Anerkennung der HeilstatGottes inJesusChristus (Röm 4,3; Gal 3,6). Diealtttstammtlicke rmdjüdiscke Dmlcform wird durch das Evangeliumgesprmgt. Es ist wahrscheinlich, daß tx n:(C1tEWS gemäß der alttestamentlichen Tradition zu ~fJaEtaL zu ziehen ist. xa~ y~aL ist eine bei Paulus häufige Zitationsformel (frühjüdisch ,~, »denn es ist gesagt wordencc)42. 39 Vgl. Str-B 111 542 ff.; lQpHab. 2,4 weBt auf die zukünftige ErfliUung des Gotteswones hin; wenn lie auflich wanen läßt, 10 trügt sie doch nicht,lOndem kommt licher und bleibt nicht aus. Der Frevler ist in leinem Inneren nicht »gerade« gesinnt, der Gerechte aber wird intolge seiner Glaubenstreue sein Leben bewahren. Du entscheidende Stichwort ist für Paulul der Begriff »Glaube«, den er mit dem der GnIChligA:ftt verbindet (ebenso Gen 15,6 in Röm 4,3). Der Glaube ist für ihn der Inbegriff, nicht nur Voraussetzung der neuen Gerechtigkeit. 40 Der Targum liest: ..die Gerechten werden wegen ihrer Gradheit (= Wahrheit) am Leben bleiben«.lm Midruch wird durch ein Wortspiel »Glaube« durch .. Handwerk« erklärt. AufGou bez0.gen bedeutet dies: Selbst der Gerechte, der ewig Lebende, lebt durch lein Handwerk (= Gebotserfiillungen). Vgl. Midr Koh 3,9 = Str-B 111 544. DtIS tIIIIÜI}wJmhIIn Icfllf1l also as thm ZiItJl ,erade die V01I PaIIIS btkimpfll M..., herasluert. Grundlegend bleibt Ab 1,2: »Auf drei Dingen beruht die Welt: auf dem GCletz, aufdem Gottesdienst und aufLiebeserweisungen.« VgL P. STUHLMACHER, Gerechtigkeit Gottes bei Paulul, 1965, 18()...182. 41 Unter den .. Zusammenfauern« des Gesetzes befindet sich nach bMak 24a auch R. Nachman b. lsaak (um 350), der Hab 2,4 als Summe der Tora ansieht (Glaube als Gottvertrauen oder als Bekenntnis zum Monotheismus). Hier erhält das Schriftwort innerhalb desjudentums seine entscheidende Bedeutung. 42 VgL Röm 2,24; 3,10; 4,17; 8,36 u.ö. Ähnlich ist bei Paulul ~ ytyQwttw. zu verstehen. Paulus behält an unserer Stelle du 6t des griechischen Textes bei. Zum paulinischen Schriftzitat vgl. O. MICHEL, Paulus und seine Bibel, (Nachdruck 1972); Str-B 11 I; 111 12 ff. u.ö.
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Der hebräische Grundtext, Septuaginta und Targum haben die präpositionale Bestimmung b xlm~ zum Verbum gezogen: »der Gerechte, durch seine Glaubenatreue wird er I~bell« (Mas.) bzw. »die Gerechten werden wegen ihrer Gradheit am Leben bleiben« (Targ.). In der Gegenwart zieht man allerdinp häufig Ix xlm~ zum Subjekt: »der aus dem Glauben Gerechte, er wird leben« (so Lietzmann R 30; Käaemann R 29; Gaugier R 31; Nygren R 67 fT.). Vor allem sieht A. Nygren im Aufbau von Röm 1-4 und !)....8 einen entscheidenden Beweis dafür, daß Paulus zunächst von der Gerechtigkeit aus Glauben, dann vom eschatologischen Leben gesprochen hat. Auch in dieser Exegese von A. Nygren ist das Schriftzitat polemisch. Die Synagoge behauptet: »Wer das Gebot hält, behält das Leben«; Paulus aber stellt den Satz auf: »Der durch den Glauben Gerechte wird leben.ce Gegen die jetzt beliebte Zusammenziehung von 6~ und Ix xlouo»c; läßt sich einwenden, daß Paulus GlsJUIÜ du Scbriftzitat aufjeden Fall anders versteben mußte. Wollte er die alttestamentliche Tradition durchbrechen, dann bätte er die Worte umstellen müssen: 6 öl b xlm~ 6(xoWC; tflonm. Schlauer, Gerechtigkeit 43 urteilt mit Recht:»Es liegt kein Anzeichen vor, daß Paulus das Gefüge des semitischen Satzes nicht mehr richtig empfunden habe.«
Das Schriftzeugnis wird von Paulus dann angewandt, wenn er besonderen Wen aufseine übereinstimmung mit dem Alten Testament, dessen Wonen und Ereignissen, legt. Allerdings kann es nach Paulus nicht aus sich selbst ventanden werden, sondern es empfangt sein Licht und seinen Sinn vom Evangelium her. Bekehrungspredigt und Polemik formen die äußere Gestalt des paulinischen Zitates, wobei auch der Wortlaut selbst für Paulus von Wichtigkeit sein kann. Wir haben es nicht mit einern rationalen Schriftbeweis zu tun, sondern mit einem theologischen Sachzusammenhang, den allein der Glaube an Jesus Christus erkennt. Diesem Gesetz untenteht auch das Zitat an unserer Stelle43• Sowohl der Begriff des ••Glaubenscc als auch der des •• Lebenscc ist in Hab 2,4 wesentlich anden verstanden als bei Paulus. Hab 2,4 denkt an ein Beharren in der Treue Jahwe gegenüber und an eine Bewahrung des irdischen Lebens in der kommenden Anfechtung; Paulus dagegen versteht unter dem .)Glauben« die Anerkennung des göttlichen Heilshandelns und unter dem .)Lebencc die eschatologische Existenz, das Wandeln im neuen Äon (z.B. Röm 6,4). Die Begriffe des Schriftwortes werden also von Paulus neu verstanden und durch den nachfolgenden Brief erläutert. Röm 1,5 läuft Röm 1,16.17 vor: der Glaube ist Gehorsam gegen die Botschaft ({",:axof)}, fühn zur Rettung ((J(J)'tT)Qta) und schenkt das Leben des zukünftigen Äons (~wf). Gehorsam, GUmbe, Rtttrmg und Ltbmfallmfir Paulw nicht awtituuuJer, sondtm liegmfür ihn ineintmder. Gehorsam gegen das Evan· gelium gibt es bei Paulus lediglich als Akt des Glaubens, und das eschatologische Leben ist für ihn konkret gegenwärtiges Heil, Rettung. Wir stehen innerhalb der UmJceJarJmdigt, in der Glaube und Taufe miteinander verbunden sind (Röm 10,9 ff.; Mk 16,16). Was ))Glaube(( ist, wird von Paulus hier nicht beschrieben, wohl aber vorausgesetzt. Daß er Frucht und Wirkung des Evangeliums ist und von ihm aus bestimmt werden muß, läßt der Zusammenhang vermuten (Röm 1,5.8.12.16 f.). Mandarfihn also nicht als Voraussetzung und Bedingung für ein 4J Marcion streicht das alttestamentliche Zitat in Röm 1,17. Für M. LUTHEItS reformatorische Erkenntnis (1512-13) ist es ein entscheidendes Wort; die Psalmenvorlesung 1515 weist häufig aufdiesen Vers zurück.
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erwartetes Heil ansehen, so daß er als notwendiger Denkakt oder als Leistung des Menschen mißverstanden wird; er ist vielmehr Kennzeichen und Siegel des recht verstandenen Evangeliums. Allgemein wird jetzt erkannt44, daß Röm 1,17 »Thtmll und Text« der folgenden Predigt ist; doch gilt diese These nicht ganz ohne Einschränkung. Der Römerbriefist eben nicht nur eine Darstellung der paulinischen Rechtfertigungslehre, sondern umfaßt darüber hinaus manche anderen Themata und Probleme. Und doch könnte man sagen, daß die Rechtfertigungslehre als kritische und nonnierende Funktion allen anderen Teilen des Römerbriefes vor- und übergeordnet ist. Es geht aber im ganzen Brief um die Darstellung der eschatologischen »Gertchtigkeit« Gottes, die alle Themata und Probleme umschließt. Um diese ))Gerechtigkeit« haben alle Richtungen des Judentums (Apokalyptik, Rabbinat, Sekten, Hellenismus) gekämpft45 •
Exkurs Zum Glaubensventändnis im Friihjudentum und bei Paulus I. In allen Zweigen des Judentums wird auf Grund des Alten Testaments vom »Glauben« gesprochen. Soviel wir erkennen, spielt er besonden im Htllmismus eine Rolle (z.B. 2Makk 7,40; 8,18; 15,7; Sap 3,9; 16,24; 18,6; Sir 25,11; Philo. Abr. 268 ff.). Der Glaube ist hier das Vertrauen auf Gott, die überwindung der Anfechtung und Venuchung, aber auch die Geduld im Leiden. Das 4. Makkabäerbuch faßt in diesem Sinn die Standhaftigkeit der Zeugen auf (15,24; 16,17 ff.; 17,2). Im RtlbbiNJt hemcht die Gleichsetzung: an Gott glauben = Gott gehorchen, nicht an Gou glauben = Gou nicht gehorchen (Str-B III 191). Man glaubt daher, indem man dem Gesetz gehorcht (vgl. die bezeichnende Wendung: .)({em Gesetz glauben«) (Sir 35,24; 36,3; OrSib 3,283 ff.), und der Glaube wird als Gehonamsakt des Menschen von Gott anerkannt (Gen 15,6 in IMakk 2,52). Der Glaube ist also ein Handeln, zu dem der Mensch aus eigenen Kräften fähig ist. Er verfugt über ihn. Das Rabbinat ordnet den Glaubensakt seiner Gesetzeslehre ein. Im apokalyptiseAm Judentum tritt die grundsätzliche Scheidung zwischen »Gläubigen« und » U ngläubigen« stärker heraus (OrSib 5,158 fr.; äthHen 46,8; ApkBar 54,21), dazu wird auch das zukünftige Heil oder Unheil von der Entscheidung des Glaubens oder Unglaubens abhängig gemacht (ApkBar 42,2; 57,2). Der Glaube an das zukünftige Gericht wurde damals (in den Tagen Abrahams) geboren, und die Verheißung des Lebens, das nachher kommt, wurde damals gepflanzt (57,2). Wir werden also annehmen dürfen, daß sowohl der Begriff der GertelU;,keit als auch der des Gl4ubms in apoludyptischm wie in sektiererischen Kreisen (Damaskusschrift) eine besondere Zuspitzung erfahren hat. In der Apokalyptik scheint auch eine gewisse Untencheidung zwischen den Werken und dem Glauben selbst eingesetzt zu haben (4Esr 9,7-8), ohne daß allerdings ein Spannungsverhältnis zwischen .. Z.B. LAoaR. 16; LTZMR 30; NVGRENR 53. 45 Aufkeinen Fall darfin den beiden Sätzen Röm 1,16~ 17 eine Zusammenfassung der Predigt g~ sehen werden, die in Röm 8 oder 11 endet (gegen ZNR 532 u.a.). Die Gerechtigkeit Goues, von der Röm 1,17 spricht, wird auch in dem von Röm 12,1 ab beschriebenen Zuspruch entfaltet. KASEMANNR 21 fI'. stellt die These auf: Die Rechtfertigungslehre ist die spezifisch paulinische Deutung der Christologie wie umgekehn diese die Grundlage der ersten. Gott hoh die gefallene Weh in den 8~ reich seines Rechts zurück. Damit werden die Begriffe ..Macht« und »Recht« in den Bereich der Rechtfertigung hineingezogen (vgl. dagegen den Widerspruch E. LOHSES).
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ihnen besteht. Der paulinische Glaubensbegriff ist antirabbinisch und antiheUenistisch, hat aber Beziehungen zum apokalyptisthep Judentum. 2. Der Glaube, von dem Paulus spricht, ist die Antwon auf die Botschaft und eine besondere Form des Bekenntnisses und der Anrufung dei Namens des Herrn (Röm 10,9.14 ff.). Gelegentlich scheint er ein bestimmtes christliches Verhalten zu sein, das neben anderen steht und ergänzt werden muß (z.B. Gal 5,6; I Kor 13, 13). Meist aber ist er Ausdruck der gesamten christlichen Existenz, Norm und Kritik des menschlichen Handelns (Röm 14,23). Aufjeden Fall ist erausgcrichtet aufdievorangehende und ihm zuvorkommende Heilatat Gottes. Wenn Paulus den Glauben auf die Rechtfertigung bezieht, dann ist dieser Akt des Glaubens ein Annehmen der Verheißung, eine Bejahung der Gnade, ein Vertrauen auf den, der die Toten lebendig macht und das Nichtseiende zum Sein ruft (Röm 4,17). Das Schriftzitat Gen 15,6 = Röm 4,3; Gal3,6 kann kein NtIdwituwIn in dem Sinn bezeichnen, daß der Glaube die Voraussetzung oder Bedingung für die Gerechtigkei t Gottes ist, sondern es meint das sachliche JrviMNIn und MittiMluln von Glaube und Gerechtigkeit. Der Glaube ist selbst ein Zeichen und Zeugnis der Gerechtigkeit, die Gott schenkt. Die logischen Denkformen stoßen sowohl in der paulinischen als auch in der reformatorischen Theologie an bestimmte Grenzen. Entscheidend ist, daß Paulus den Glaubensbegriffvom Lohn- und Verdienstgedanken befreit hat, daß er ihn vom Werk Gottes her gesehen und in das Werk Gottes einbezogen hat. Der eigentliche »Wen« des Glaubens bleibt dem Menschen entzogen und wird ganz in die »Gerechtigkeit Gottes« hineingestellt. Auch auf den seelischen Akt als solchen legt Paulus kein Gewicht (vgl. dagegen Philo!). Die lItatL; darf weder als Erlebnis noch als seelische Verfassung, nicht als 6a.a&aL; der Seele noch als ~ ventanden werden; sie ist auf das Heil bezogen und steht deshalb selbst im Heilsgeschehen, ist aber nicht selbst das Heil46• Beachtenswert ist die enge Verbindung des Glaubens mit dem Bekennen (Röm 10,9 f.), entsprechend auch die enge Verbindung von Glauben und Taufe (Röm 10,9.13; Mk 16, 16). Der Glaube muß also von dem Christusgeschehen Wld seiner Botschaft, nicht aber vom Menschen her interpretien werden. Der Glaube ist als Gehorsam gegen die Botschaft gleichzeitig ein Erkennen und Ventehen dessen, was Gott für ihn getan hat, das Bekennmis zur Heilstat Gottes, der das Ereignis der Vergangenheit durch die Botschaft zu einem konkreten Geschehen in der Gegenwart werden läßt. Ein eigenaniges Problem liegt darin, daß die Wortgruppe lItatL; -lILatE'Öav in Röm >-8 zuriicktri tt. Die Adam-Christusparallele, die Taußebre und die Entgegensctzung Fleisch-Geist arbeiten zunächst mit anderem Begriffsmatcrial und anderen Denkformen als die Rechtfenigung und das ihr zugeordnete Glaubensvenländnis. Und doch wäre es falsch, das 1tDmUernuJe und /critiscJu Element der Rechtfertigungs- und Glaubenslehre aus dem Zusammenhang von Röm 5-8 herauszunehmen. Die Kapitel Röm >-8 sind als Vorgänge nur innrrhalb des paulinischen Glaubensventändnisses auszulegen, wie letztlich auch sachlich die Annahme der Rechtfenigung notwendig die Erlösung aus der Knechtschaft der Sünde, des Gesetzes und des T~ des in sich schließt. Würde man meinen, Paulus führe in Röm 5-8 über das Glaubensverständnis hinaus, statt in anderen Begriffsformen wieder in den Glauben hinein, so würden die Kapitel Röm >-8 mißventanden und Röm 1-4 entwertet.
46 Zur Literatur vgJ. W. MICHAELIS, Rechtfertigung aus Glauben bei Paulus, Festgabc: für A. Deißmann, 1927, 116-138; W. MmIDu, Der Glaubensbqriffdes Paulus, 1932; H. W. HEIDlAND, Die Anrechnung des Glaubens zur Gnechtigkeit, 1936; R. BULTMANN, Theologie des Neuen Testaments,6. Aufl. 1968; KAsEMANNR 21 ff.; P. STUHLMACHER, Gerechtigkeit Gottes bei Paulus, 2. Aufl. 1966.
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Briefeingang und Thema
Exkurs Zum Problem Paulus und Luther A. SchIatter beginnt in Köm 1,17 mit der Heraulltellung des Untenchiedes zwischen der ptlldürisdn und rtJormtllorisdn DmJcjorm. M. Luther übenetzt Köm 1,17: ••sintemal darin offenbart wird die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben.« Diese Obenetzung ist nach A. Schlatter ungenau, weil ihr Blickpunkt vom Menschen ausgehe und seine Frage nach der Gerechtigkeit beantworte. Es bestehe die Gefahr, daß nicht das ganze Handeln Gottes inJesus Christus,lOndem ein ganz bestimmtes Verlangen des Menschen die Auslegung bestimme"'. Eine zweite Abweichung vom Text entstehe dadurch, daß das Evangelium aus einem Handeln Gottes, das den Glauben wirkt, zu einem Unterricht über die Rechtfertigung werde. So müsse aus Röm I~ eine theologische Abhandlung werden, die das Zid habe, den Lehnatz Köm 1,17 zu beweisen. Damit sei aber das Verständnis für den Aufbau des Römerbriefes gefährdet. A. Schlatten Einwände wurden von E. Ellwein, SchIatten Kritik an Luthen Römerbrief-Vorlesung (ZZ 5,1927,530 ff.) und P.Althaul, Paulus und Luther über den Menschen, 1938 in ihrer Richtigkeit bestritten. E. Ellwein hält entgegen, daß Luthen Auffassung von der Rechtfertigung heides in lich schließe, das justum reputare und das justum efficere. Daß Gottes Vergeb\Dlgswort sein Schöpfungswort ist \Dld gleichzeitig die Neuheit des Lebens schafft, weiß auch M. Luther. Man darf also M. Luther nicht nach der späteren Lehrverkündigung Ph. Mdanchthons bzw. der Kirche interpretieren. Immerhin glaubt auch P. Althaus, daß Luthen Obenetzung: »Gerechtigkeit, die vor Gott gilt« nicht vollständig sei, denn es handle sich um Gottes eigene Gerechtigkeit, die er dem Menschen mitteilt .•• Es ist Gottes Wesen, sich selhet mitzuteilen. Was er hat, daran gibt er teil« (Paulus und Luther 14). Zwar hat M. Luthen Theologie und Exegese einen anderen geschichtlichen Ort, eine andere Denkform und Denkrichtung als Paulus, doch hat kein Ausleger Paulus in seinen tiefsten Intentionen so gut verstanden wie M. Luther. EntlCheidend ist die Erkenntnis, daß durch die Parallelität der Aussage: 6Lxa&.OaCM1 ytIQ teo;; lv Cl'Ö'aP cbwxaAumnaL (Köm 1,17) und: cbwxaAWnnaL ytIQ 6crftI teo;; M' 06Q<1VOÜ (Köm 1.18) du Verhältnis von &a,tläma und GIS'~ geklärt wird. In dieser Parallelität ilt zum Ausdruck gebracht, daß die Proklamation des Evangeliums die Verkündigung des .Zornes Gottes« (~ haü) nicht au., sondern einschlie8L Weil du Evangelium Botschaft von der »Gerechtigkeit Gottes« ist, zeigt es das Verfallensein des Menschen an das göttliche Gericht aufU. Das rechte Verständnis des Neuen Testaments. das hinter Röm 1,2 f. und Röm 1.16 f. steht, wirdjetzt in Röm 1,18 ff. zur rechten Interpretation des Gesetzes. Das Gesetz selbst wird zum Ankläger für Heiden undjuden. wenn es vom Evangelium her ausgelegt wird. In diesem Si nn ist der Zusammenhang von Röm 1,17 mit Köm 1,18 verständlich, ja notwendig. Auch der Römerbriefdes Paulus muß in der Dialektik von ~,l;'" und GIS'~ ventanden werden. Damit stehen wir in einer Fragestellung. die für die Theologie M.Luthen wichtig isL Die Botschaft vom Kreuz ist nur ventändlich, wenn das Gericht Gottes, das auf dem Menschen liegt, als solches ernst genommen wird In diesem Sinn ist Köm 1,1~32; 2,1-16.17-29 durchaus notwendig. um Röm 1,17 und Röm 3,21-31 zu würdigen. Ausgangspunkt bleibt die Predigt vom Evange-
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ScHLATTER,
Gerechtigkeit 38.
4. Ganz ähnlich beginnt Dam 1,1 Ir.: ..Und nun hört alle, die ihr Gerechtigkeit kennt, und merkt
aufdas Tun Gottes, denn Streit hat er mit allem Fleisch und über alle seine Verächter hält er Gericht .• Vgl. auch äthHen 91,7.
Röm 1,18-32
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lium (Röm 1,16 f.; 3,21-31), aber in die Predigt vom Evangelium wird der Aufweis des eschatologischen »Zornes Gottesec eingeordnet. Dit Prtdigt ths Evtm,tliums wiTd PlDtwnuIig 01' AnkUlgt dir MmsclWit. Man darf diese Gesetzespredigt nicht selbständig werden lassen noch aus der UmklammerWlg durch das Evangelium herauslösen, darf aber auch nicht die Gesetzespredigt als bloße »Voraussetzungec des Evangeliums ansehen. Die Gesetzespredigt ist vielmehr ein konkreter Aufweis des »Zornes Gottescc und daher in die Predigt von der »Gerechtigkeit Gottesec einbezogen. Bezeichnt'nd ist, daß die Gesetzespredigt in Röm 1,18-3,20 keineswegs einen Imperativ enthält, die Sünde abzutun, sondern in der Härte der unausweichlichen Anklage stehen bleibt. Der Imperativ gehört in die TauOehre (Röm 6,4 ff.), in die Geistlehre (Röm 8,12 ff.) und in die paränetische Unterweisung (Röm 12,1 ff.). In den entscheidenden Grundzügen hat M. Luther Paulus richtig ventanden. M. Luthen Auslegung des Römerbriefs sieht von einer geschichtlichen Einordnung des Wortes ab und macht den Brief für seine Gegenwart transparent, indem er ihn befragt. Gegensatz ist für ihn nicht so sehr die Auseinandenetzung zwischen Urchristentum und Judentum, sondern ~wiscJrm Go" uIIIl Mmsch. Gottes Gerechtigkeit steht daher im Unterschied zur Menschengerechtigkei t, wie sie AristoteIes beschreibt (Eth. N ic. 3,7). Die Auseinandenetzung mit Aristoteles ist fur M. Luther letztlich eine Auseinandenetzung mit der scholastischen Tradition, und der Bruch mit AristoteIes in Röm 1,17 ist ein Bruch mit ihr4'. Der Offenbarungsbegriffwird im Anschluß an I Kor 1,25 ebenfalls in den Gegensatz Gott-Mensch hineingestellt: die göttliche Torheit und Schwachheit vor den Menschen ist Weisheit und Kraft vor Gott (und umgekehrt); Weisheit und Kraft vor der Welt ist Torheit und Schwachbeit,ja Tod vorGolt. So wird Gottes Zorn nach M. Luth~zunächst ein Angriff auf die Weisen und Mächtigen dieser Welt: »Haben sie sich gebeugt, dann demütigen sich auch die Untergebenen und einfältigen Leute leichtec (E. Ellwein. Obenetzung 26). Der Kampfdes Paulus um die rechte Verkündigung vor Heidentum undjudentum wird bei M. Luther zu einem Kampfum Gottes Wahrheit in der Kirche und vor den Menschen überhaupt. So wird M. Luthen Römerbriefzu einer neUeR Interpretation des paulinischen Briefes angesich ts der refonnatorischen Lage. Es entstehen daher folgende wichtige theologische Probleme: I. Unterscheidet sich die Situation des Christen in der Welt von der des Nichtchristen? 2. Kann M. Luther mitderVerablOlutierungdesGegensatzes Gott-Mensch die eschatologische Spannung des Urchristentums wahren? In diesen heiden Fragen bricht das Problem der theologischen Exegese auf.
Röm 1,18-32: Der Heide unter dem Zorn Gottes
"DeaD a mthüUt .ich der Zom Gottes vom Himmel her über jede Elufurchulo••keit UDd UDpnddipeit der Measchea, die die Wahrheit in Uapnchdpeit
............tea. I'Deaa ... voaGoa . . . .n .... ua,i8t ...... u.-alf....,weil Gott ...... a iImeD offeabut hat: 301eiDe 1III8ichtbarea EipaKhaftea .enIea VOD der Schöp"der Welt mleÜleD Werken mit der Vemaaft enchaat, UDd . . ebea ist Mine ewip Knft UDd Gottheit, 80 da8 sie lreiDe l'.nUchuIdipJII .... ben. 21 Dem obwobllie Gott bDDtm, . . . . . sie iIuD Dicht ... Gott Ehre HebeD 49 Vgl. M. LUTHER, Ausgewähhe Werke, übersetzung des Römerbriefes von E. ELLWEIN, 11 ~~7: .. Luther kehrt dieses in der Scholastik im Anschluß an Ariltoteles geübte Verständnis von dem Verhältnis zwischen Gerechtwerdung und Gerechterklärung radikal um ... .c.
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Der Heide unter dem Zorn Gottes
oder ihm pdenkt, _dem wurden in ihreD Gedanken endeert, und ihr unvernünftiges Herz wurde verfinstert. 2lWabrend sie behaupteten, weile zu sein, wurdea sie zu Narren 23und vertauschten die Herrlichkeit des unverJänglichen Gottes mit dem Abbild der Gaalt da verpng1ichen MeDKhen und der Vögel UDd der Vierfii.8ler und der Würmer. 24 Darum hat sie Gott dahingegeben, in die Begierden ihres Henens ventricld, an die Uareinheit, da8 ihre Leiber an ihnen seht pKhäncIet wurden, 15 weil sie die ptdiche Wahrheit mit der Liip vertaUlCht und Verehrung und Dienst der Schöpfung erwiaea luIbm an Stelle des Schöpfen, der in Ewigkeit gepriesen ist. AlBea. l6 DabaIb hat sie Gott clahingeaebm an schändliche LeideDIChaften. Dema ihre Weiber vertaUKhten dea natürlichen Geschlechtsverkehr mit dem widematürHchea. l7Und ebenlO haben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Fnu -'PI'" und lind in der Beperde gegeneinander entbrannt. Männer treiben mit Männem Unzucht und empfaapn den gebührenden Lohn für ihre Verirrung an sieh seIbIt. 18UDd wie sie es Dicht für wert achteten, Gott in der ErIrrnntnis zu bewahren, 10 hat Gott sie dahinge&eben an einen werdoeen VentaDd, 10 daß sie du Uagebü.hrliche tun, 19erfü1lt von jeder Ungerechtigkeit, Schlechtigkeit, Ibbsueht, Bosheit, voll Neid, Mord, Streit, Trug, Arglist. Sie lind OhreDblüer, 3OVerleumder, Gottverha8te, Gewalttäter, Hoflirtige, Pnhler, erfinde. riIch in Boaheiten, den Eltern unphonam, 31 unventändig, unbatiinclig, lieblos, erbumunploL 3lSie erkennen zwar die Rechtlforderung Gottes an, da8 nämlich, die lOlches tun, des Todeslchulclig sind; gleichwohl tun sie derartige Dinge Dicht Dur, _dem ltimmeD auch denen zu, die lOlches treiben.
Anagse: Wir haben in Röm 1, 1~32 ein Beispiel der Missionspredigt des Paulus vor uns, wie er sie häufig genug vor Heiden gehalten hat. Im Anfang (V 18) fällt uns ein programmatischer uhrsat~ auf, der den ganzen Abschnitt bestimmt. Der Form nach schließt er negativ an Röm 1,17 an, ohne allerdings über sein Verhältnis zu V 17 etwas auszusagen. Ganz entsprechend dürfte der Schlußsatz (V 32) ein Gesamturteil über die Heiden sein, das geradezu die Form eines Richterspruches hat (6;WL itavatou). AufRöm 1,18 folgt die Begründung: Gottes Zorn ist das Gericht über Schuld und Verfehlung der Heiden, die Gottes unsichtbares Wesen verkennen. Daß die beurteilten Menschen als Heiden angesprochen werden müssen, erkennt man an dem Fehlen des Begriffes v6J.LO~, vielleicht auch an der typischen Art ihrer Verfallenheit. Von V 24 an wird das Gericht über den Heiden in einem dreifachen Gedankengang näher bestimmt (vgl. das Kennzeichen mlQtÖOOXEV airtoU~ 6 itE6~ V 24.26.28), der dann in einem Lasterlcatalog von V 29 ab endet. Gottes ))Zorn« erscheint also in diesem Zusammenhang als die Antwort Gottes auf die Verderbnis des heidnischen Glaubens, Denkens und Handelns. Er schickt nicht wunderbare Plagen und apokalyptische Zeichen, sondern läßt die Schuld und die Verfehlung der Heiden an ihnen selbst zur Auswirkung kommen. In ihrer eigmm Existmz liegt das an ihnm volh:.ogme Gericht. Fonngeschichtlich gesehen haben wir hier einen Predigtstoff vor uns, der bis hin zu den einzelnen gedanklichen Parallelen in allen Zweigen desjudentums vorgebildet ist (Sibyllinische Orakel, Testamente der 12 Patriarchen, Aristeasbrief, Weisheit Salomos, Damaskusschrift) . Vorausgesetzt ist jedes Mal, daß Gott einen »)Strei t« hat mit ))allem Fleisch« und daß er über seine Verächter Gericht hält (Dam 1,2 f.). Trotz
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aller hellenistischen Parallelen (stoische Diatribe) kann kein Zweifel sein, daß der paulinische Stoff aus einer friihjüdischen Urform abzuleiten ist 1. Es erhebt sich die Frage, wie 1,18 an 1,17 anzuschließen ist (man achte dabei aufdas wiederholteyclQ in V 16. 17. 18. 19b.20). Wird das Thema von 1,17 verlassen? Ist der »Zorn Gottescc, von dem 1,18-3,20 redet, ein von der »Gerechtigkeit Gottescc losgelöstes neben ihr oder vor ihr laufendes Geschehen? Dagegen spricht entscheidend das betonte Wtoxa).:u3ttEtat. von 1,18, das dem WtoxaAumetat. von 1,17 entspricht. Die »Gerechtigkeitcc, die im Evangelium enthüllt wird, ist also mit der Aufweisung des »Zornescc verbunden: Gottes Gtrichtsstunth ist angebrochen und wird im Evangelium proklamiert. Der mit 1,18 beginnende negativ gerichtete Unterteil läuft auf die beiden richtenden Anklagen in 3,9 und 3,20 aus. Paulus will in diesem Abschnitt zeigen, daß Juden und Heiden unter der gleichen Herrschaft der Sünde stehen. Diese These wird zuerst im Blick aufdie Heiden durchgeführt (1,18-32), später im Blick auf die Juden (2,1-29). Dabei bildet er als Oberleitung einen Abschnitt, der für Heiden und Juden die gleiche Verantwortung gegenüber dem Gebot Gottes bezeugt (2,1-16). Paulus schiebt in den Aufbau des Lehrbriefes Zwischenfragen und -themen ein, die dem eigentlichen Gedankengang untergeordnet sind. So dient auch die ganze negative Gedankenführung von 1,18-3,20 als Unterbau für die positive Darlegung des eigentlichen Themas, der Gerechtigkeit Gottes (1,17-3,21-31). Ohne den Aufweis des Zornes Gottes ist die Darstellung des Evangeliums nicht möglich. Exegese: V 18: WtoxaA.U3ttEtat. (Passiv) beschreibt das eschatologische Handeln Gottes in der Gegenwart (beachte das Präsens!). Die beiden Sätze 1,17 und 1,18 sind auffaUend gleich gebaut. Die Gerechtigkeit Gottes vollzieht sich »im Evangeliumcc, während Gottes Zorn »vom Himmel hercc (Wt' oUQavoiJ) enthüllt wird. Was heißt: »vom Himmel hercc ('P 13,2: tx tOÜ oUQavoü)? Was vom Himmel her kommt, trägt Gottes Art an sich. Die alttestamentlich-jüdische Wendung: »vom Himmel hercc sichert und interpretiert den Begriff »Zorncc. Gottes Zorn ist Ausdruck der Majestät und Heiligkeit Gottes; er ist »Gottes Widerwille und Widerstand gegen die Bosheitcc (A. Schlatter)2. Vom Zorn Gottes spricht 1 Vgl. H. DAXER, Röm I, 1~2, 10 im Verhältnis zur spätiüdischen Lehrauffassung (Diss.), 1914; LTZMR 33 (Exkurs: Die Polemik des Paulus); G. BORNKAMM, Die Offenbarung des Zornes Goues, ZNW 34, 1935,239 ff.; H. ScHLIER, Ober die Erkenntnis Goues bei den Heiden, EvTh 2, 1935,9 ff.; K. OLTMANNS, Das Verhältnis von Röm 1,1~3,20 zu 3,21 ff., ThBI 1929, 110 ff. Wichtig auch E. ScHLINK. Die Offenbarung Goues in seinen Werken und die Ablehnung der natürlichen Theologie, ThBI 1941, I ff. Außerdem: M. POHLENZ, Vom Zorne Goues, 1908; Paulus und die Stoa, ZNW 42, 1949,65 ff.; H. M. SCHENKE, Aporien im Römerbrief, ThLZ 92, 1967,881--888. 2 Der Genitiv -&roü fehlt bei Marcion und Min 1908. M. Luther übersetzt: »Denn Goues Zorn vom Himmel wird offenbart.« Dagegen wendet sich ScHUlTER, Gerechtigkeit 48: »Der Zorn Gottes war rur Paulus kein Geheimnis, von dem bloß die heilige Lehre Nachricht gäbe, auch nicht nur etwas Zukünftiges, das uns nur angedroht würde. Der Mensch nimmt ihn an dem wahr, was er ist.« Der Zorn der Göuer spielt in allen Religionen eine Rolle. In Israel antwortet Gottes Zorn auf die Verletzung seiner Heiligkeit und Unnahbarkeit (ISam 5,6; 6,9). Gottes Zorn ist durchweg Reaktion auf das gegen ihn gerichtete Handeln der Menschen. Damit scheidet sich die heilige Schrift von der Vorstellung vom .. Neid der Götter«. 1m Frühjudentum nimmt die Vorstellung vom .. Zorn Goues« vor allem eschatologische Färbung an (äthHen 91,7; 99,16;Jub 24,30; Sap 5,20). Der Gerichtstag ist der Tag des Zornes Gottes auch nach Röm 2,5; ApkJoh 6,17. Das Urchristentum spricht ebenfalls
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Der Heide unter dem Zorn Gottes
schon das Alte Testament (Ps 90,7 ff.), weiß auch das FTÜhjudentum zur Genüge (äthHen 91,7 als nächste Parallele zu Röm 1,18!). Jetzt aber, in der Zeit des Evangeli ums, erhält sowohl die Sünde des Menschen als auch das Gericht Got tes ein neues Gewicht3 . Der Kampfgegen Gottlosigkeit und Unrecht ist in ein verschärftes Stadium getreten. Paulus spricht in 1,18 ff. nicht apologetisch oder polemisch, sondern als Ankläger. Ohne diese Anklage ist weder Missions- noch Umkehrpredigt möglich. Hinter den paulinischen Worten steht nicht die apologetische Weisheitslehre des Hellenismus, sondern derapolcalyptischt Offtnbarungsstil. Der Geist träger deckt die » Wege der Sünder« auf (Dam 2,3; äthHen 91; Or Sib 3,240: 4 ). Der Ton des Paulus wechselt zwischen belehrenden Sätzen und scharfen Uneilen, plastischen Schilderungen und rhetorisch wirkenden Aufzählungen. tio~ELa und tiöntta könnten eng miteinander verbunden sein und auf von dem ..zukünftigen Zorn .. Mt 3,7; Lk 3,7; IThess 1,10. Dieser eschatologische Zorn wird nach Paulus schon jetzt offenbar. Zum Spra,lrJi,hm: Wenn Paulus vom .. Zorne Gottes •• spricht, dann tritt dieser Begriff als eine selbständige Größe auf: das Handeln Gottes wird durch ihn umschrieben (nicht: GOIt offenban seinen Zorn). Die paliRis,he Theologie arbtittl mit vt1stlbstiiNligtm BtgriJfm. Zum Wechsel von Präsens und Aorist im Predigtstil vgl. R. BUt.TMANN, Der Stil der paulinischen Predigt und die kynisch-stoische Diatribe, 1910. 1 Wichtig ist, daß M' OÜQ<1VOÜ in Röm 1,18 der Beschreibung tv au'tcp in Röm 1,17 gegenübersteht. Unmittelbar und unentrinnbar (vom Himmel her) vollzieht sich apokalyptisch die Enthüllung des Menschseins und der Menschheitsgeschichte. Paulus bestimmt also nicht das Evangelium als den Ort, an dem der Zorn Gottes über den Menschen offenbart wird, sonäern bleibt vorsichtiger und unbestimmter. Und doch ist die Offenbarung des Zornes Gottes über den Heiden auch nicht ohne das rechte Verständnis des Evangdiums und des Gebotes möglich. PALLISR 40 sieht in Röm 1,18 eine Verkürzung aus: anoxaÄV1t'tE'tal ya(] tv au'tcp (tv tq> ruayyEALtp), Ö'tl ÖQyTl6EOÜ lmal. Man kann A. PALLIS deshalb nicht zustimmen, weil cbt' oüpavoü sein Gewicht behält. Gegen A. ScHLATTER wird einzuwenden sein, daß die Wirklichkeit des Zornes Gottes zwar vom natürlichen Menschen empfunden wird, daß aber die Wahrheit des Zornes ihm nicht ohne Weiteres verständlich ist. ÖQyTl 6t:oü ist eben doch ein Begriff der göttlichen Offenbarung. Der Zorn Gottes ist ja auch nicht nur ..Gottes fremdes Werk.. , sondern gerade nach Röm 1,18 ..Gottes eigenes Werk.. (A. NVGREN). KASEMANN R 30 0: arbeitet richtig heraus, daß Kosmologie und Anthropologie betroffen sind, daß also der Gotteazorn zur Verlorenheit, Knechtschaft und Verwerfung dea Menschen fUhrt. Rechtfertigende
und richtende Gerechtigkeit laufen nicht parallel. Diese notwt"ndige Erkenntnis deckt die Vergangenheit auf, die vorher verdeckt war. Nach TH. ZAHN vollzieht sich die Enthüllung des Zornes Gottes ebenso wie die der Gerechtigkeit je und dann während des Wd tlaufes. Wie das Evangelium von Land zu Land, von Volk zu Volk sich über die Erde ausbreitet, so findet gleichzeitig und stetig eine Äußerung göttlichen Zornes vom Himmel her statt. TH. ZAHN denkt also mehr geschichtstheologisch als eschatologisch. H. LI ETZMANN spricht von der Periode des Zornes, die 1101 dem Ereignis des Kreuzes liegt: Gottes Gerechtigkeit kann zu ihr nur negativ Stdlung nehmen. Aber auch H. LIETZMANN wird dem Schwergewicht der paulinischen Begriffe nicht gerecht. Sehr viel ernsthafter klingt die Feststellung von A. NVGREN, daß Gottes Gerechtigkeit und Zorn einander gegenüberstehen. und daß vor Gottes Urteil beides gerichtet ist, sowohl die menschliche Ungerechtigkeit als auch die Gesetzesgerechtigkeit. 4 Das hellenistische Material zu Röm 1,18 ff. findet sich in der genannten Untersuchung von G. BoRNKAMM, aber das weittragende apokalyptische Gebiet bleibt auch hier wenig berücksichtigt. Wir haben es bei Paulus mit hellenisienen alttestamentlichen und apokalyptischen Vorstellungen zu tun, ein Umstand, der entscheidende Bedeutung hat. In der Qumrangemeinde spielt der Begriffder ..Offenbarung« (:17.) besonders in bezug auf die Geheimnisse der Endzeit eine große Rolle. Vgl. IQH 14,15-16; IQpHab 11,1; Dam 20,20; IQ 103, Col. I 5. Gut KAsEMANNR 34. Wir haben in ApltBar 54,170:; TestNapht 3,2-5 den Beweis, daß jüdische Apokalyptik alttestamentliche und heUenistische Motive aufnimmt und verarbeitet (richtig KAsEMANN R 36).
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die beiden Gesetzestafeln hinweisen, von denen die erste die dot~ELa, die zweite die dÖLxLa verwirft (A. Schlatter). Auch sonst finden sich im Judentum diese beiden Begriffe dicht nebeneinander ('" 72,6; Prov 11,5; äthHen 13,2). In V 18b faßt Paulus beide Begriffe in dÖLx(a zusammen, legt also auf den Verstoß gegen das Recht besonderes Gewicht. dÖLXta ist hier jedenfalls das Gegenteil von der »Gerechtigkeit« Gottes, der sich dem Menschen als seinem Geschöpf gegenüber an das Recht bindet. Frömmigkeit und gerechtes Verhalten gegen den Mitmenschen sind dem Menschen als dem Geschöpf Gottes aufgegeben, und es ist nicht verwunderlich, daß Gottes Zomjeden Verstoß gegen dies »Recht« Gottes ahndet. Das Recht ist verletzt, wenn Menschen die Wahrheit (~ i1Af]'ftEUl steht hier absolut, ist also allgemein: »das rechte Verhalten«) unterdrücken (xa'ttxELv heißt hier: »bedrücken, niederhalten«}!!. ~ dAf]'ftELa ist ein Verhalten, durch das der Mensch das, was ihm gezeigt wird, anerkennt und vor Entstellung schützt, durch das er aber auch sich selbst zeigt, wie er ist (A. Schlatter)6. Gott verlangt also von jedem Menschen dies rechte Verhalten gemäß dem Recht des Schöpfers. V 19: Er verlangt aber nicht etwas, was er nicht selbst kundgetan hat. Paulus spricht umschreibend und begrenzend von der Wahrheit und Wirklichkeit Gottes (neutrisch), soweit sie dem Geschöpf erkennbar sind. 'to yvfJXJtOv 'tO'Ü 'ftEO'Ü besagt also: »Gottes Wesen, soweit es dem Menschen erkennbar ist«. Bis zu einem gewissen Grade ist Gott jedem Menschen erkennbar und erfahrbar. h au'tOLl!; heißt wahrscheinlich: »in ihrer Mitte«'. Der Nachsatz V 19b betont, daß diese Erkennbarkeit Gottes nicht zufällig oder selbstverständlich ist, sondern von ihm selbst bewirkt wird. Der ständige Wechsel zwischen Präsens und Aorist gehört zur Feinheit und Abwechslung des Predigtstiles. Mit V 20 beginnt eine längere Satzperiode, die für das paulinische Denken bezeichnend ist. Sie setzt ein mit einer Beschreibung des göttlichen Handelns, biegt aber dann in logischem Gegensatz ab und beschreibt die menschliche Schuld, die der Offenbarung Gottes die Anerkennung versagt. 'tQ d6Qa'ta (Plural!) weist hin auf Gottes unsichtbare Eigenschaften, die nach Paulus durch einen Erkenntnisvorgang (V()()'()J.lEva) »erschaut« oder »)betrachtet« werden können (paradox wirkt der Gegensatz: 'tQ d6Qa'ta xa'ftOQä'taL). Es ist nicht eine theoretische oder ästhetische überlegung gemeint, sondern eine Möglichkeit, die Gott selbst schafft (xa'ftoQä'taL ist Passiv: ))er läßt sich erschauence). Was dem natürlichen Auge verborgen ist, kann in einem Erkenntnisvorgang besonderer Art wahrgenommen werden. Die :rtOLf]J.la'ta sind hier nicht Gottes Geschöpfe (wie :rtMlOJ.la'taJes 29,16 = Röm 9,20), 5 In xattxELv liegt ein gewaltsamer Akt; es bedeutet entweder »gefangenhaltencc (POxyr I 65,3.5; Epict. IV 1,147) oder »bedrücken, niederhalten« (wie in Zaubertexten). Vgl. A. DEISSMANN, Licht vom Osten, 4. AuO. 1923, 260. PAU.lsR 41 r. nimmt willkürliche und überflüssige Veränderungen am paulinischen Text vor. 4A.1Ijana entsprich t hier also dem hebräischen Begriff~. Das Gegensatzpaar 4A.1IjtEL
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Der Heide unter dem Zorn Gottes
sondern seine Werke und Taten in Schöpfung und Geschichte (PsSaI8,7 ff.: ta xQLf.lata too itEOÜ). imo XtLoEwS x60f.l0U (= im' ltQxY1S bzw. imo xatafkJ).:;lS xOOf.l0u) ist wohl zeitlich verstanden: die besondere Offenbarung vollzieht sich ununterbrochen seit Beginn der Schöpfung (M. Luther: »allezeit konnte und kann er erkannt werden«). T) lttÖI.OS ÖUvaJlI.S xal itEl.6n]snimmt offenbar den Begriffder lt6Qata wieder aufund beschreibt diese »Unsichtbarkeit« als »Kraff« (ÖWaf,lI.S) und »Gottheit« (itEL6t'r]S)8. Diese Begriffe finden sich ähnlich auch in der hellenistischen Literatur des Judentums. Wenn Paulus sie hier verwendet, dann will er einerseits die Hoheit, anderseits aber auch die Begrenzung der göttlichen Offenbarung hervorheben. Die Gottheit Gottes läßt nicht mit sich spielen, auch wenn sie sich dem Heiden nur in einer bestimmten Beschränktheit mitteilt. Paulus stimmt in dieser Aussage mit dem hellenistischen,ja auch mit dem apokalyptischenjudentum überein (Sap 13,1 ff.; ApkBar 54, 17 ff.; OrSib 3,6 ff.).ln allen apokalyptischen Anklagen findet sich die Aussage, daß der Schöpfer an seinen Werken vom Geschöpf erkannt werden kann, daß aber das Geschöpf Gott die schuldige Ehrfurcht verweigert, sich dem Götzendienst verschreibt und letztlich das göttliche Gericht »vergiBt«. Wir haben also eine geformte apokalyptische Lehrtradition vor uns, die allerdings hellenistisch beeinflußt ist. Das Alte Testament und das judentum vertreten zunächst den Grundsatz, daß die Schöpfung durch das Wort Gottes entstanden ist (Ps 33,6-9), später auch die Schöpfung aus dem ),Nichts« (2Makk 7,28). Der Fromme des Alten Bundes sieht die Wunder der Schöpfung mit seinen Sinnen und seiner überlegung (Ps 8,4; 19,2) und schließt vom Geschöpf auf den Schöpfer. ja, Gott zieht aufGrund seiner Werke in der Schöpfung auch seinerseits den Menschen zur Rechenschaft (Hi 38,4 ff.; 39,1 ff.). Er appelliert an die "Einsichtee (aU'VEm;) des Menschen (Hi 38,4). Weil Gott aus der Schöpfung und aus der Heilsgeschichte erkannt werden kann, darum braucht dasj udentum keinen eigentlichen "Gottesbeweisee. Nach rabbinischer Anschauung haben die Menschen dadurch, daß Adam und Noah die Grundgebote empfingen, die Möglichkeit gehabt, Gott zu erkennen. Vor allem ist Abraham selbst ein Beispiel dafür, daß der Heide von sich aus Gott erkennen kann. Im hellenistischen judentum (Sap 13, I 0:) und in der Apokalyptik (TestNapht 3,4 ff.; äthHen 91,40".; 99,20:; OrSib 3,60".; ApkBar 54, 170".) haben wir eine I'ülle von Beispielen apokalyptischer Missions- und BrifJpredigt vor uns. überall wird hier beides betont und festgehalten: eine ))ßatürlicheee Gotteserkenntnis des Menschen und die Verschuldung, die sich über sie hinwegsetzt, oder anders ausgedrückt: dieallgemnne Verantwortlichkeit und die allgemeine Verschuldung. Hier in der Apokalyptik ist der religionsgeschichtliche Ort, an den der paulinische Gedankengang anknüpft 9 . I atöw<; ist von ae( abzuleiten (»ewig«) und ist ein Lieblingswort Philos (BAUER Wb s.v.); es findet sich auch als göttliches Attribut in Sap 2,23; 7,26. itt:L6'tT1S begegnet als hellenistischer Begriffauch in Sap 18,9 und meint bei Paulus etwas anderes als ite6n]s. Es findet sich im Neuen Testament nur an dieser Stelle. Gottes itt:L6n]S denkt an seine Eigenschaften, Gottes ite6n]s an das Personsein Gottes (KoI2,9). Wenn Paulus von ÖWal'LS und itt:L6n]S Gottes redet, dann ist an Ciceros Zusammenstellung: »vis et natura deorumcc zu erinnern (de natura deorum 1,18.44). Die übernahme dieser hellenistischen Begriffe ist auch mit der übernahme bestimmter Denkmotive verbunden, doch steht bei Paulus das alttestamentliche Denken dahinter. 9 V gl. IQ 154 fr. 34: .. Nicht merkte der Same der Menschen auf all das, was du sie erben ließest, und sie erkannten dich nicht an in allen deinen Worten, sondern sie frevelten gegenüber allen; auch merkten sie nicht auf deine große Macht. Aber du wirst sie verwerfen, denn du liebst die Ungerechtigkeit nicht, und der Gottlose wird vor dir nicht bestehen."
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Die apokalyptische Darstellung des Paulus ist allerdings IullmisieTt. Man findet eine Berührung mit stoischer Terminologie und apologetischen Gedanken des Judentums in vier Punkten: 1. Der kunstvolle Bau der Welt gibt dem beschauenden Menschen Anlaß, nach dem Schöpfer zu fragen und aus der Herrlichkeit des Werkes auf die göttliche Größe zu schließen. 2. Diese Erkenntnis des Schöpfers bedeutet nicht nur ein theoretisches Konstatieren der Vorhandenheit einer prima causa, sondern zugleich ein Erfassen des Nomos. 3. Zur rechten Erkenntnis des Schöpfers gehört darum die Verehrung Gottes und ein gehorsames Leben. 4. Das Sichverschließen der wahren Gotteserkenntnis gegenüber führt zu den Greueln des Götzendienstes und eines verrohten Lebens. Diese Hellenisierung ist aber schon vorpaulinisch. Daß Gott unsichtbar ist, wirihn aber aus seinen Werken erkennen können, ist ein Grundton der stoischen Predigt (E. Norden, Agnostos Theos, 1913, 24 0:; H. Daxer, a.a.O. 5 ff.). Der kosmologische Gottesbeweis setzt ein bei Heraklit und Anaxagoras, findet sich aber auch bei Xenophon und Plutarch. Plato schließt von der Existenz der Welt auf ihren Urheber, von ihrer Schönheit auf den Künstler (Tim 28 ff.), Aristoteles von der Bewegung der Welt aufdas Bewegende (Eth. Nie. 7,15; Metaph. 12,6 ff.). Die ältere Stoa denkt allerdings mehr pantheistisch und stellt das Interesse an dem kosmologischen Gottesbeweis zurück. Anders denkt die mittlere Stoa seit Poseidonius, die aus der Harmonie und Zweckmäßigkeit der Dinge auf die alles ordnende und erhaltende göttliche Vernunft schließt. Auch das hellenistischejudentum hat sich diese Gedanken angeeignet (Sap 13,1 ff.;Jos c.Ap. 2,167). Besonders eifrig vertritt sie Philo. Gott ist unsichtbar und doch wirksam wie die Seele (opif. mund. 70".; spec.leg. 1,18 ff.). Aufdiesem rationalen Wege kommt man allerdings nur bis zum Sein Gottes; deshalb ergänzt er ihn durch die mystische Gottesschau (leg. all. 3,100 f.).
Gott schenkt dem Menschen die Möglichkeit, ihn zu erkennen, damit er im jüngsten Gericht seine Schuld nicht abstreiten kann (Röm 2,5 ff.). Er blickt also vorausschauend auf diesen eschatologischen Zeitpunkt. um den Schuldigen zum Schweigen zu bringen. Die finale Abzweckung d~ 1:0 ElvaL ist noch zu spüren 10, civwtoÄ.6yr]1:o~ ist, wie Röm 2, I erweist, für Paulus wichtig: In der eschatologischen Situation ist für den Heiden keine cDto).oy(a im rechtsgültigen Sinn möglich. Ähnlich wird die U nentschuldbarkeit des Heiden in Sap 13,8; AssMos 1,13 geschildert; ja, auch in AssMos 1,13 wird Gottes Absicht hervorgehoben, die Heiden zu beschämen und zu überführen. V 21: Trotz ihrer Möglichkeit, Gott recht zu erkennen, trotz der erfahrenen Tatsache, daß Gott sich ihnen kundtat, versagten die Heiden Gott Anerkennung und Ehre, Anbetung und Dank. yv6v1:E~ 1:Ov itE6v (GaI4,9) ist besonders stark und bezieht sich auf eine konkrete und lebendige Gotteserfahrung. Was Gotteserkenntnis (yvö>OL~ 1:O'Ü itEO'Ü) im strengen Sinn heißt, hat das Alte Testament gelehrt. Gott wird an dem Ernst seiner Gebote und an dem Segen seiner Verheißungen, an seinen Züchtigungen und seinen Gerichten ))erkannt«. Gotteserkenntnis setzt also die Tiefe eines Verstehens voraus, in der sich der Mensch schicksalsmäßig mitbetroffen weiß. Der hellenistische Mensch mißversteht den Ernst dieser yv
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lung von Röm 2,14 ff. denken, die hier vielleicht mi tschwingt. Die Menschen aber haben aus dieser Begegnung mit Gott nicht die Folgerung gezogen, daß sie Gott als Schöpfer anerkannten und ihm dankten 11. Man darf den Hinweis auf das konkrete Gebet und die ständige Danksagung der jüdischen Sitte in öo;atEt.V und roxaeurtElv nicht überhören. Wer Gott nicht als Gott verehrt, wird von ihm der »Nichtigkeit« (~a'tat.6ntl!;) und der Verfinsterung des Herzens überantwortet. Die Passiva weisen auf die Straf- und Verstockungsgewalt Gottes hin. Der BegrifTder ~a'tat.6ntl!; ist schillernd. Einerseits erinnert er an den jüdischen Sprachgebrauch, in dem die Götzen 't<1 ~a'tat.a genannt werden (2Kön 17, 15;Jer 2,5); anderseits kann ~a'tat.OüaDat. die Entleerung und Nichtigkeit eines Gedankens oder Prozesses zum Ausdruck bringen (1p 93,11; Sap 13,1). In unserem Zusammenhang ist die Nähe der beiden Verbformen t~a'taa.ro6t)aav und taxa'tLaih}, aber auch des bestätigenden t~WQaVÖT)oov (V 22) zu beachten. Daß Paulus ein Wortspiel: 't<1 ~a'tat.a-t~(l'taui>'ÖT)oov weitergibt, ist nicht von der Hand zu weisen l2 • In der Beschreibung des Heidentums wendet Eph 4,17 bezeichnenderweise das gleiche Begriffsmaterial an. Das Bild der »Verfinsterungc( ist in ähnlichen apokalyptischen Schilderungen nicht selten 13 • Die •• Gedankencc sind ein Einfluß des Herzens, sind also nicht von ihnen getrennt zu denken. Das Herz, das nicht •• einsichtig« ist (1p 75,6), gerät in die Macht der Finsternis. Der paulinische Stil wird feierlich, proklamatorisch, wie der Parallelismus der Satzglieder bezeugt. Ähnlich wie V 21 ist die neue Satzperiode V 22 f. aufgebaut. Auch hier steht ein betontes Partizip:
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kennbar ist, ein gegen das Abbild einer Gestalt. Vielleicht liegt in ÖJ,lo(w1"l noch eine Nachwirkung des biblischen Begriffes ('" 105,20; Dt 4,15 ff.), während dxiliv in diesem Zusammenhang an die Gestalt des Menschen bzw. Tieres denkt l4 ••• Die künstlerische Reproduktion einer Gestalt, dxrov, ergibt ein 6Jlo(001"1, ein Abbild. dx6Jv ist nicht auch ein Abbild, sondern die dem Menschen und den Tieren anhaftende Figur« (Schlatter, Gerechtigkeit 63) 15. 6UftooELV hr könnte als semitische Konstruktion angesehen werden (BI-Debr 179,2) 16; hr 6J.tOLOlJ.Ul"tL ist daher wie dC; 6t!o(mj.La zu verstehen. Daß Israel Gottes ö<>;a •• vertauscht«, beklagt auchJer 2,11. Paulus denkt ganz im Sinn des Alten Bundes: israel war verpflichtet, sich mit dem nSchall der Worte« zu begnügen und aufeine •.Gestaltcc zu verzichten (Dt 4,12). Die Herrlichkeit Gottes verbarg sich also im Wort und in den Erscheinungen am Berg (..Finsternis, Wolken, Dunkelcc Dt 4, 11; Hebr 12,18). Israel durfte nicht ein Gottesbild aufstellen, weil dieses der Offenbarung widersprach. Der Heide sullt also friT Palllw unln dtm gleichen Gebot wie Israeli'. Die Dreiteilung der TierWelt dürfte einer Vorlage entsprechen (Gen 2,20; 7,8; Apg 10,12; 11,6). Man könnte etwa an Falke und Ibis, an Krokodil und Schlange denken, die in Ägypten verehrt werden 18. V 24 ff.: In einem dreifachen Beweisgang, der sicherlich drei verschiedene Beschreibungen des gleichen Ta tbestandes darstellen will (ÖLO xaQtöooxEV aUtOUC; V 24.26.28), wird das Gericht Gottes an den Heiden aufgezeigt. Auch über den Menschen, der die Wahrheit Gottes verkehrt oder ihr gar zu entrinnen sucht, bleibt Gott Richter. Der Text spricht zunächst von Unreinheit und Schändung des Leibes, schildert dann ausführlich schimpfliche Laster und widernatürlichen 14 Dt 4,1 ~ 19 verbietet ausdrücklich ein Gottesbild (y),umav 6~o«&)~a), das die Nachbildung eines männlichen oder weiblichen Wesens, eines vierfUßigen Tieres, eines beschwingten Vogels, eines Kriechtieres oder eines Fisches ist, denn an dem Tage, an dem der Herr aus dem Feuer heraus zu israel miete, sah Israel keinerlei Gt'Stalt (Ot&otwtMl). U Nach R. eH. TRENCH, Synonyma des Neuen Testaments (deutsche übersetzung), 1907,330: sind Ot&o{w~a und dJUino gleichbedeutend. Ot&oiwt&a d~ ist Pleonasmus (" 105,20). 16 Vgl. ZnR 97 Anm. 78; SANDAy-HEADLAtd R 45. In der Apokalyptik findet sich sogar eine kosmische Ikdeutung dieser Venauschung (Tt'StNapht 3,20:). 17 Anders und doch ähnlich schildert Sap 14,12 den entstehenden Bilderdienst: •• Denn der Anfang des Abfalls von Gott ist das Ersinnen von Götzenbildern; ihre Erfindung aber hat den Verderb des Lebens herbeigeflihrtcc. Auch Sap 14,12 ff. weiß von einer Entwicklung des Bilderdienstt'S bis hin zur Anbetung. Selbst die Heiden (Plutarch, Tacitua) sprechen von einer anfänglichen Bildlosigkeit einzelner Religionen. 11 Die paulinische Missions- und Umkehrpredigt verwendet ein ähnlicht'S Schrma wie die Sapirntia Salomonis: I. TOfCn waren aUe Mt'nschen, die an Unkenntnis Gottes litten und nicht imstande waren, aus dem sichtbaren Guten den Seienden zu erkennen (Sap 13,1 0:). 2. Gott straft die Verehrung der vemunftlosen Tiere durch eint' entsprechende Qual, denn es gilt der Grundsatz: wodurch man sich verfehlt, wird man auch gestraft (Sap 11,16; 12,23). Das paulinische Schema iststärker vom Wortlaut des Altt'n Testaments bestimmt und klingt weniger rational als das Schema drr Sapientia. Die Tatsache der Tierverehrung unter den Heiden und ihre 8t'Strafung durch Gott ist ein fester PrcdigtstofTin der Sapirntia, beiJOIephu5, Philo und den sibyllinischen Orakdn (Str-B 111 60 ff.). Der von Paulus in Röm 1,22-24 angedeutete und in 1,2~27 ausgefUhrte Gedanke, daß religiösr Perversität (Tierkult) srxudle Pervenität nach sich zieht, findet sich in TestNapht 3,2-4. Zur Entsprechung von Vergehen und Strafe vgl. E. KLOSTERMANN, Die adäquate Vergeltung in Röm 1,22-31 (ZNW 32, 1933,1-6) undJ.JEREtdIAS, Röm 1,22-32, ZNW 45, 19~55, 11~121.
1M
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Geschlechtsverkehr und zeigt zuletzt den Verfall der Erkenntnis, des U neils und des Handeins auf. Das starke und wiederholte 1tootÖ
bneu"""
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stament vorbereitet Uer 13,25; vgl. AssMos 5,4; Philo)23. oEßatE06aL (häufiger otßE0'6aL) bezeichnet den Akt der frommen Scheu, ).a'tQEuELV die Ausübung des Kultes. Die Auflösung der Wahrheit Gottes bringt auch den Verfall der Frömmigkeit und des Kultes mit sich: auch sie stehen unter dem Gesetz der »Vertauschung«. Frömmigkeit und Kult gehen rechtmäßig dem Schöpfer, sind also eine besondere Form, in der die Wahrheit Gottes verehn wird; unter dem Gesetz der )Venauschung« wird das Geschöpfselbst zum Objekt der Verehrung. xQQi1 'tOv x't(oaV'ta heißt hier: ))statt des Schöpfers«. Die Reihenfolge: Bilderdienst-Kreaturvergötterung ist wahrscheinlich durch Dt 4,16 ff. bestimmt. Diese Lästerung der Wahrheit Gottes ist für das Empfinden des Paulus so verabscheuenswert, daß er sich selbst abgrenzt und bekenntnisartig einen Lobpreis (Beracha) nach jüdischer Sitte anftigt 24 . Paulus geht also in die Gehetsspraclu über (ilJ.ltlv). V 26: Obwohl Paulus in 1,24.26.28 drei verschiedene Schilderungen desselben Tatbestandes geben will, ist eine Sttignung in der Art der Preisgabe unverkennbar. Gott liefert die Menschen den schändenden Leidenschaften aus (xclih] ilnJ.l(at; = Gen. qual.). Was damit gemeint ist, ergeben die folgenden Sätze. Weib und Mann - Paulus stellt hier um - suchen nicht mehr das andere Geschlecht, sondern entbrennen in der Begierde Weib an Weib und Mann an Mann. Daß Paulus in der Schilderung der nVenauschung« die Frau zuerst nennt, könnte eine Nachwirkung der Sündenfall-Geschichte sein15 . Der natürliche Geschlechtsverkehr (yt q>UOLXi) X~OLt;} ist der von Gott gewollte, der widernatürliche (yt xQQCl q>'IJOLV X~OLt;) dagegen eine Aufhebung der göttlichen Ordnung26. Die Ausdrucksweise des Paulus ist hellenistisch umschreibend, entspricht der stoischen Popularphilosophie, das Empfinden ist jedoch durch die geschlechtliche Erziehung des Alten Testaments geformt 27 . V 27: Der Unzucht zwischen Weib und Weib stellt sich die gleiche zwischen Mann und Mann zur Seite. Die Knabenliebe ist in der hellenistischen Welt vielfach als selbstverständlich hingenommen, ja gelegentlich sogar als eine höhere Form der Liebe gepriesen worden 28 • Um so Zum Gegensatz Wahrhdt-Lüge ~i Philo vgl. vit. Mos. 2,167: 600v "'~ itvit' ÖOY)~ (\).1')was auf die Geschichte vom goldenen Kalb bezogen wird. Die Abkehr von den Götzen und die Hinwendung zu dem wahren Gou ist der umgekehrte Vorgang, der sich durch die Annahme des Evangeliums vollzieht (1 Thess 1,9). 14 Ähnliche Lobprdsungen fmden sich im Judentum auch sonst, z.B. 3Esr 4,40: »gepriesen sei der Gott der Wahrheit« oder Ab 6 (überschrift): »gepriesen sei, der sie und ihre Lehre erwählt hat«. Ein solcher Lobpreis hat Bezug auf die vorherige Aussage. Das würde fUr Röm 1,25 bedeuten: Paulus preist den, den die Heiden lästern. Derartige •• Lobpreisungen« habtn liturgischen Klang und sind im synagogalen Gottesdienst üblich. 15-11 ih')A.ELQ (Adj. fern. von ititA\l~) ist das Wdb, 6 ciQ
itt(~ u~avto,
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Der Heide unter drm Zorn Gottes
mehr stößt das jüdische Empfinden auch in diesem Sinn auf den heidnischen Gegensatz.Jüdische und christliche Polemik hebt immer wieder diese Form heidnischer Lasterhaftigkeit hervor, doch findet sich auch im Heidentum gelegentliche Kritik einer solchen Art des Eros 29 • Das Judentum rühmt sich ganz besonders, sich in dieser Hinsicht vom Heidentum zu unterscheiden. Die Leidenschaftlichkeit des sinnlichen Begehrens (ta 3ta'ÖTJ) findet in der paulinischen Darstellung einen lebhaften Nachklang (txxa{E0'6aL, ÖQ~L~). Für den Apostel ist dies Sichausliefern an die Macht der Sinnlichkeit, die den Menschen zum schändlichen Tun treibt, ein Zeichen des göttlichen Zornes. tTJv ciOX'lJ.looUVTlV XatEQYa~Eo -DaL bedeutet, daß man das bekannte schändliche Tun vollzieht 30• Dies unnatürliche Treiben ist die Vergeltung Gottes für den Irrtum, dessen Folgen sie an sich selbst auszukosten haben 31 . Es ist also nicht nur als konkretes Geschehen schändlich, sondern auch als Zeichen des Gerichtes Got tes, das sich an ihnen rechtmäßig vollzieht, eindrucksvoll. V 28: Die dritte Schilderung bringt den Höhepunkt des Abfalls durch die Beschreibung des Menschen, der Gott überhaupt aus seinem Bewußtsein ausschaltet. xaitOO~ drückt hier nicht nur einen Vergleich (vulg.: sicut), sondern auch eine Begründung aus (Aug.). Die Menschen stellen fest, daß es nicht mehr notwendig ist, Gott in der Erkenntnis festzuhalten, seinen Anspruch zu hören und seine Offenbarung anzuerkennen (txELv tv btLyvWOEL). oü ÖOXLJ.la~ELV bedeutet vielleicht sogar, daß man diese Möglichkeit der Erkenntnis verwirft. Paulus denkt dabei nicht nur an einen philosophischen Atheismus, sondern auch an die konkrete Ausschaltung Gottes aus dem täglichen Leben. Die »Gottlosigkeit« der Heiden ist also in Wirklichkeit eine Auflehnung gegen die Wahrheit rechter Gotteserkenntnis. Darum gibt Gott die Menschen hin in einen Sinn, der ohne Maß und Norm ist (cib6xL~O~ vo'Ü~). Verliert der menschliche Denkakt das Maß und die Norm, dann vermag er nicht mehr zu prüfen und muß notwendig das tun, was »sich nicht geziemt« (ta ~T) xaih1xovta)32. Mit diesem hellenistischen Begriff leitet Paulus zum »Lasterlcatalog(( V 2~51 über, der keine feste Gliederung aufweist, auch wenn einzelne Gruppen sich von einander absetzen. Am Gleichlaut der Endsilbe erkennbar ist die Zusammenstellung von cibLXta, 3tOVT)Qta, 3tAEOVE;ta und xaxta (= 4 Glieder); die letzte Gruppe ist am a privativum zu erkennen: cimJVEto~, cimJv6Eto~, äOtOQy~ und ciVEA.ET)J1WV (= 4- Glieder). Wichtig ist die Beobachtung, daß 3tEltÄ.'lQO>J.Ltvo,,~ und ~EOtOtJ~ verschiedene Gruppen einleiten, daß aber in der dritten und vierten Gruppe eine entsprechende Kennzeichnung fehlt. Wie sind die Mittelglieder angeordnet? Ansprechend ist der Versuch, das Ganze in 4 ungleiche Gruppen aufzuteilen (4 + 5 + 8 + 4 Glieder), wobei dann die dritte Gruppe aus 29
30
Vgl. z.B. Max. Tyr. or. 1S-2J. Philo I~. aJl. 2,66;Jos. ant. 16,223; Epict. 2,5.23. Beachtr bd Paulus dir Anwrndung des Ani-
kris! )1 MO)"a~VOVtEC; drückt ähnlich wie dir LA: ltvn)"a~VOVtEC; drn Akt drs Empfangens aus. der drm Recht rntspricht. 3Z Ta I'i) xa"'lxOV'ta ist ein Begriff, der sieh an die griechische Ethik. vor allrm an die stoische Tradition anschließt (tO xa&T)xov ist verwandt mit tO nQtJtov). Srit Zrno bedrutrt tO xa&T)xov ..das Pflichtmäßige .. (Diog. Laert. 10.25.108). ta I'i) xa"'lxOV'ta begegnet dann in der jüdisch-hrllenistisehen Literatur (2Makk 6,4; 3Makk 4.16). Vgl. KASEMANN R 44 f.
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vier Wort paaren besteht (Th. Zahn). Im übrigen ist die Anordnung des Paulus weniger durch den Inhalt, als vielmehr durch eine gewisse RJreWriJr. bestimmt (vgl. den Gleichklang:
Entscheidend ist die eschatologische Ausrichtung des Lasterkatalogs: Es geht um Tod und Leben im göttlichen Endgericht: wer diese Vergehen aufsieh lädt, ist dem Tode verfallen, ja, er trägt schon jetzt die Zeichen des Todes an sich. V 32 bildet den Abschluß des ganzen Abschnittes und klingt wie ein Richterspruch. Der relativische Anschluß (ohLve; wie 1,25) läßt den Gedanken eines Subjektswechsels nicht zu. Es handelt sich immer noch um die gleichen Menschen, denen Gott sich kundtut, und die sich doch gegen dies Kundtun auflehnen J3 Zur Literatur über die Lasterkataloge: M.]. LAGRANGE. Le cata10gue de vices dans l'epitre aux Romains (1,1~32), RevBibl NS 8,1911,534-549; K.. WEIDINGEa, Die Haustafeln. Ein Stück urchristlicher Paränese, 1928; K. FItANCKE, Das Woher der neutestamentlichen Laatertafeln. Eine religionsgeschichtliche Spezialstudie, 1930; M. DIBELlUS, Zur Formgeschichte des Neuen Testaments, ThR NF 3,1931,207-242; B. S. E.\s'rON, Die ethischen Listen des Neuen Testaments,JBL51, 1932, 1 ff.; A. VOGTLE, Die Tugend- und Lasterkataloge im Neuen Testament. 1936; S. WIBBING, Die Tugend- und Lasterkataloge im Neuen Testament. 1959. Aus der älteren Zeit vgl. A. SEEBERG, Der Katechismus der Urchristenheit. 1903; H. DAXER. Röm 1,18-2.10 im Verhältnis zur spätjüdischen Lehrauffassung. 1914.
l~
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und daher dem Gericht preisgegeben werden. Ausdrücklich wird noch einmal betont, daß die Menschen Gottes Rechtsforderung (OLxa(wJ.la)34 genau kennen bzw. anerkennen (btLyv6vtE~). Der Inhalt dieser Rechtssatzung Gottes wird in dem ÖlL-Satz exegetisch entfaltet. Da die bürgerliche Ordnung auf die genannten Vergehungen des Lasterkatalogs keineswegs die Todesstrafe setzt, ist die Rechtsforderung Gottes in Wirklichkei t theologisch und radikal verstanden. Im Endgericht sind alle diese Menschen dem Todesurteil Gottes verfallen (Röm 2,5). Die hier unerwartet einsetzendenPräsentia zeigen, daß Paulus in seiner Darstellung nicht einen historisch abgeschlossenen Prozeß, sondern die eschatologische und gegenwärtige Auflösung des Heidentums schildern will. Alte apokalyptische Weissagungen haben sich in der Gegenwart erfüllt 35 • Paulus will also nicht jeden Heiden als solchen charakterisieren, er will vielmehr das Ziel aufzeigen, auf das die innere Auflösung des Heidentums zutreibt. In diesem Sinn ist allerdings die paulinische Schilderung durchaus historisch wahr. V 32 findet dadurch einen rhetorisch wirksamen Abschluß, daß der innere Verfall des schuldigen Menschen nicht nur an seiner eigenen Tat aufgewiesen wird, sondern auch an dem Beifall (O'UVE'UOoXEiv), den er der Schuld des Mitmenschen spendet. Schuld verstrickt sich in Schuld. Der Beifallspender zeigt nicht nur, daß er selbst bereit ist, das Unrecht zu tun, sondern er spornt auch den Täter an 36 • Man denkt in der Exegese an Philosophen, die das Laster rechtfertigen, oder an die Obrigkeit, die das Verbrechen unbestraft läßt oder durch eigenes Beispiel fördert 37 • Zum feierlichen Stil einer göttlichen Rechtssatzung vgl. als Parallele Gal 5,21. Mit Röm 1,18 ff. stehen wir innerhalb der apokalyptischen Gerichtsprtdigt des Paulus, die zur Verkündigung des Evangeliums notwendig hinzugehört. Apokalyptik und Hellenismus des Judentums kennen feste Schemata und ähnliche Schilderungen, nach denen die Heiden Gott aus seinen Werken erkennen konnten, diese Erkenntnis verwarfen und aus Hochmut oder Ehrfurchtslosigkeit sich dem Götzendienst verschrieben. Es geht also bei Paulus nicht um die Behauptung einer vergangenen Stufe der Offenbarung, sondern um den Nachweis, daß Gott sich allen Menschen zu allen Zeiten kundtut, so daß sie ihm gegenüber verantwortlich sind. Goues Offenbarung unter den Heiden wird nicht als Anbietung der Tora oder als Rückschluß des Menschen vom Geschöpf auf den Schöpfer verstanden, sondern als ein Sichkundtun Gottes in seiner Machtftille und Gottheit (z.B. Allmacht, Heiligkei t, Ewigkeit Gottes). Es handelt sich also um ein konkretes Geschehen, bei dem Gott selbst der Handelnde, der Mensch der Empfangende ist, nicht um einen rationalen Denkvorgang oder um ein logisches Rückschlußverfahren. Von einer hellenistischen Offenbarungsqualität des Kosmos, die auch imJudentum nicht unbekannt ist (PhitO &xaUoI"l ist Rechtsforderung, RechtssalZung (2,26; 8,4) oder RechlStat (5,18). Dam 1,3 ff.; äthHen 99,6 ff.; OrSib 3,20 ff.; AssMos 5,1-6. 36 OUVroboxELV (seit Polyb. nachweisbar) bedeutet: »Beifall spenden, zustimmen .. (IClem 35,6; 44,3). Selbst ein Mann wie Seneca ließ sich zu Schmeichelreden aufClaudius und Nero verleiten. Als ParaUelen kommen in Betracht: Seneca epist. mor. 39,6: turpia non solum delectant, sed etiam placent. Test Ass 6,2: 6tL xat ~OL tO xaxOv xai OUVroboxOÜOl tO~ ltQOOOO\JOlV ... Der Täter ist betrunken von Leidenschaft. Er wird von der Tat überwältigt. Wer aber Beifall spendet, der steht ja außerhalb der Leidenschaft, er gebraucht (bewußt) die Bosheit, er ist ein Mitläufer des Bösl"n.. (Apollinarius bei CIlAMER, Catena). 31 Als Nachklang unserer Stelle ist IClem 35,5 f. zu betrachten, wo dl"r paulinische Text aufgenommen und verwertet wird. 14
35
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10, Sapientia), redet Paulus hier nicht. Die Offenbarung Gottes in seinen Werken ist eine geftihrliclu Wahrheit, die dem Menschen unerträglich ist (vgl. die paulinischen Begriffe wie: Q6Qata, öUvaJU.S, 'fUL6't1}S, b6;a, cU"aELQ - es fehlt gerade die von Sap 13,3 f[ gepriesene ))Schönheit((). Daher vertauscht er sie mit ihm erträglichen religiösen Anschauungen. Aber gerade diese Vertauschung wird ihm zum Verderben und Gericht. Die apokalyptische Aufdeckung des heidnischen Verfalles wird anschaulich und konkret geschilden, ist also trotz ihrer escha tologischen Zuspi tzung die Darstellung eines historisclu" Tatbestandes, den wir auch aus heidnischen Selbstzeugnissen gut kennen. Der Lasterkatalog hat seine hellenistischen, aber auch seine frühjüdischen und urchristlichen Parallelen. Ohne Frage wirken philosophische Begriffe auf den paulinischen Sprachgebrauch ein (z.B. 'tel I.lTJ xa&itxOV'ta), doch bleibt die rhetorische Anordnung und die spezielle Aufzählung unerklärt. Das Rabbinat beginnt gelegentlich mit nAufzählungen(( von Tatsünden, aber eigentliche ))Lasterkataloge(( sind ihm fremd. Die später fixierten Sündenbekenntnisse des Großen Versöhnungstages haben einen anderen Charakter als die paulinischen Kataloge 38 • Wie die allgemeine Off'!nbarung Goues eine Voraussetzung ist für das Wirken Goues durch Jesus Christus, also nicht verselbständigt werden kann, so ist auch die konkrete Aufweisung der heidnischen Laster eine wirksame Gegenüberstellung zu Jesu Opfer am Kreuz.
Exkurs
Das Verhältnis von t)Zorn(( und )~erechtigkeit(( Gottes: Die Frage nach dem inneren Zusammenhang von Röm 1,17 zu 1,18 I. Äußerlich ist das Problem an dem überleitenden ytiQ in V 18 erkennbar: wie kann ein eschatologisches Geschehen, das im jetzigen Zeitpunkt wirksam sich entfaltet, die Situation zwischen Gou und Mensch beschreiben? Als Negation gehört der Zorn Goues, der wirksames Geschehen ist, in den alten Äon, als Position die Gerechtigkeit Gottes in den neuen Äon, der das volle Heil mit sich bringt. Wenn Evangelium Heil ist, kann Zorn grundsätzlich nur in den Bereich des Unheils, Gerechtigkeit Gottes nur in den des Heiles gezogen werden. Heil und Unheil sind aber schon nach dem Alten Testament sich gegenseitig ausschließende Begriffe. Nach paulinischer Theologie ist Gerechtigkeit Goues aber auch nicht distributiv zu verstehen; den einen schenkt Gott auf Grund ihrer Bewährung das Heil, den anderen als Vergeltung das Unheil. Es ist gerade der Gewinn der neueren Exegese, daß sie betont, daß das Heil des Menschen Rettung aus Unheil, Angebot der Gnade an den Sünder, wirksames Geschehen an der ganzen Menschhei t sein will. Gerechtigkeit Gottes als Gnadenangebot und als Vollzug des Gerichtes zugleich ist aber auch nicht ein Oberbegriff, unter dem Negation und Position als Unterbegriffe sich entfalten können. Von jeher fragt man nach den Strukturen des paulinischen Zusammenhangs, nach Wortzusammenhängen, nach dem spezifischen Inhalt der einzelnen Begriffe. Geht man von der apokalyptischen Struktur des Zornes Gottes aus, dann ist auf Mt 3,7 Par.; I Thess 1,10; Röm 5,9 und vor allem auf die AplrJoh zu verweisen; sie bieten ein weitschichtiges Material. Besonders wichtig ist ApkJoh 4,18-20: Es wird ein Ende gesetzt für das Bestehen des Frevels, und dann wird die Wahrheit der Welt für immer hervorkom31 Last~rkatalog~ find~n
Schrift~n
IQS 4,9
sich häufig in
s~kti~r~risch~nJud~ntums ff.). Vgl. dazu S. WIBBING, Di~
da
d~r jüdisch~n Apokalyptik, gel~mtlich auch in and~ren (gritth. ApkBar 8,5; 13,5; TestLev 17,11; OrSib 3,35 0:; Tugmd- und Last~rkatalog~ im N~u~n Testam~nt, 1959.
110
Der
H~id~
unter dem Zorn Gones
men. Mit dem KreuzJesu als eschatologischem Ereignis und der wirksamen Verkündigungdes Evangeliums sind Ende des Frevels und Heraustreten der Wahrheit aufs engste verbunden. 2. In der Fonchung wurde die Stellungnahme A. Ritschls mit seiner Untencheidung zwischen dem Gnadenwillen und dem ZorneswiUen Gottes bekannt 39• Er hielt eine wirkliche Beziehung zwischen beiden Offenbarungsweisen Gottes für ausgeschlossen und beschränkte den Zorneswillen aufdenjüngsten Tag. H. Weinel sah in dem Zorn Gottes ein Erbstück aus der alttestamentlichen Religion des Gesetzes und der Propheten; die apostolische Botschaft heiße: •• lasset euch versöhnen mit Gottcc (2Kor 5,20)40. Einen anderen Weg schlägt die englische Fonchung ein, die um die Realität des angesprochenen Phänomens mit Recht kämpft: C. H. Dodd denkt an das Schickaal des Sünden, das er sich selbst bereitet, und an das Raumgeben für den zukünftigen Zorn. das Eigenrecht Gottes (Röm 12,19)41. Zahlreich sind dann die Versuche. den Begriff der Gerechtigkeit Gottes vor- oder überzuordnen und Gnade und Zorn als entgegengesetzte Verhaltensweisen Gottes aufzufassen. Man bleibt aber dann innerhalb von Begriffsuntersuchungen stehen 42 . 3. Einen eigenen Weg bahnt man sich, wenn man nach der Ztithtstimmung in den paulinischen Aussagen fragt: der Zorn Gottes gehört dann in den Bereich des alten Äons, die Gerechtigkeit Gottes in den des neuen (H. Lietzrnann. A. Nygren). Hier ist aber die Beobachtung entgegenzuhalten, daß Paulus mit Bestimmtheit erklärt, daß das Leben des Christen sich noch während der Fortdauer der alten Weltzeit abspielt (Röm 12,2; 1Kor 1,20; 2,6; 3,18). Die neue Weltzeit ragt aber schon als eschatologisches Ereignis in die alte hinein (Gall,4; Röm 12.2). Man könnte dabei an die jüdische Unterscheidung zwischen altem Äon, messianischer Zeit, neuem Äon denken: die Freudenbotschaft reicht als messianische Erfiillung in die alte Weltzeit hinein, bestimmt die gegenwärtige Kampf- und Entscheidungszeit, reicht aber als Verheißung in den rttutrl Äon hinein. Eine theologische Wende bedeutet K. Barths Venuch, den Zorn Gottes in die Gerechtigkeit selbst hineinzuziehen. Gottes Treue verwirklicht sich als sein Nein, als das Gericht, unter dem wir alle stehen, sofern wir den Richter nicht lieben. Es ist das Nein, das uns entgegengesteUt ist, sofern wir es nicht htjaJrm43• G. Bornkamm enüaltet eine andere Konzeption, die dem Text näher kommt: Das Evangelium stellt eine verlorene Welt in das Licht und in den Feuenchein des jüngsten Tages. Die Zeit vor dem Evangelium ist nie"t durch tlm Zorn, sorulmt dU GtdultJ GoUts I,Ülur.(,mluut". E. Käsemann R ist dieser Lösung nicht allzufern: Es handelt sich nicht um zwei venchiedene OfI'enbarungsweisen. sondern um den gleichen OfI'enbarungsakt. Wie der Mensch lJOr dem Evangelium nicht weiß, was eigent-
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A. RITSCHL, D~ ira Dd, 1859; Di~ christlich~ Lehr~ von d~r R~chtfertigung und V~rsöhnung '1. 4. Auß. 1900. 40 H. WEINEL, Biblisch~ Th~logie d~s N~u~n Testaments. Die ReligionJesu und d~s Urchrist~ntums, 3. Auß. 1921, 323. 41 C. H. Donn, The Episde of Paul to the Romans, 13. Auß. 1954. 42 Vgl. die Untnsuchungen von G. BORNKAMM, G. HEROLD und P. STUHLMACHER. U Zu den Erg~bnis~n K. BARTHS (Kirchliche Dogmatik, Rechtf~rtigung und Recht) vgl. P. STUHI.MACIID, Gerechtigkeit Gottes 57 ff. Di~ Ergd)lü,,~ kmren in der gegenwärtigen Diakuuion wiedtt: I. Gott~s ~rechtigkeit ist ~in streng gerichts~ogener. eschatologi~r Begriff. '1. Gottes Gerechtigkeit hat zu ihrem Gegenstand nicht in erster Linie den Einzelnen, sondern die Welt des Bundes. 3. Goues Gntthtigkeit kennt nur ein Maß: Gottes Gouheit. 4. Gottes Gem:htigk~it ist als Goues Recht ein~ ford~rnde Macht. 5. Goues Gerechtigkeit ist ~in~ Manifestationsweise der Lirbr Goues und von dies~r nicht ablösbar (58 f.). P. STUHLMACHER will an K. BARTH, R. BULTMANN und A. ScHLATIER anschließen, um d~ Zentrum paulinischer Th~logi~ grr~cht zu wrrden . .. G. BoRNKAMM, Di~ Offenbarung des Zornes Goues, Röm 1-3. Das Ende des Gesetzes, Ges. Aufsätz~ 1,2. Auß. 1958,31.
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lieh Sünde ist, obwohl er in ihr lebt, so weiß er auch nicht um den Zorn, dem er verfallen ist. Der Zorn ist nicht Inhalt des Evangeliums, auch nicht Teil oder Funktion der Gerechtigkeit, sondern die Kehrseite des Evangeliums. Das Evangelium bedeutet als Rechtfertigung stets Rettung aus dem Zorn. Ausdrücklich erkennt E. Käsemann das Gewicht der apokalyptischen Parallelen an; er selbst verweist aufäthHen 91,7: »Wenn aber Sünde, Ungerechtigkeit, Gotteslästerung und Gewalttat in allem Tun zunimmt und Abfall, FIn'e1 und U nreinhei t wachsen, dann kommt über alle ein großes Strafgericht vom Himmel, und der Herr tritt mit Zorn und Züchtigung hervor, um Gericht zu halten auf Erden.«45 Es wird in der Gegenwart üblich, den Zusammenhang von Röm 1,18 mit 2,5 bzw. 2Thess 1,5--7 hervorzuheben. Ansätze finden sich smon bei A. Schlatter, voll entfaltet wird er bei E. Käsemann, P. Stuhlmacher, G. Herold. Es geht dabei um die venchiedene Färbung des Begriffes: )>gerechtes Gericht Gottescc (ÖLXOloxQLa(a.bzw. ÖLxaLa XQ(cn;). Häufig bezieht er sich auf die Schuldigen, denen Gott als Richter gegenübertritt (TestLev 3,2; 15,2; 1QS 5,12). Man sollte also ruhig zugeben, daß der Ton der Anklage, Warnung, Drohung vorherrscht. Aber anderseits hat der Trost in 2Thess 1,5--7 doch überzeugungskraft. Das Motiv des »gerecht urteilenden Richtersc( schließt beilschaffend Hilfe und Rettung ein. A. Schlatter sprach von der Güte Gottes, die Recht schafft, E. Käsemann von der Aufrichtung des Gotttsrechts. »Die Dialektik (zwischen Gerechtigkeit und Zorn Gottes) löst sich darin, daß seit der Offenbarung der Gerechtigkeit im Evangelium das schon immer waltende und verspürte Zornesverhängnis in seiner eschatologischen Ausrichtung, nämlich als verborgene Epiphanie des letzten Richters und als vorausgreifender Vollzug seines Urteils über einer abtrünnigen Welt erkannt werden kann« (R 52). Rechtfertigung und Gerichtsgedanke sind bei Paulus untrennbar aufeinander bezogen. Man kann nur darauf aufmerksam machen, daß dies Gottesrecht auch in einem individuellen Klagepsalm wie Ps 62,13 zu Worte kommt. 4. Wie verhalten sich Zorn und Gerechtigkeit, Verheißungstreue und endzeitliches Gericht zueinander? In dieser Grundfrage gehen P. Stuhlmacher, G. Herold auf Traditionen wie Dan 9, Esr 9 und Bar 1,5 zurück: der Zorn Gottes macht die Treue Gottes, sein Festhalten an seinem Wort offenbar (Bar 2,20). G. Herold sucht eine gemeinsame Grundstruktur zwischenJes 59 und Röm 1-3: dem theologischen Gehalt wie der formalen Gestalt nach lehne Paulus seine Aussagen in Röm 1-3 an das prophetische Heilsorakel an (a.a.O. 300). Im XrtUt}esu und in der Botsclw.ft vom XrtUt lugt das Gtri.cht Gottls über du Welt, du EntlUillung der Sünde des Menschen, die Strafgtwalt Gottu, die dem ~ukünJtigen Gtri.cht voranliiujt. Gerechtigkeit und Strafgwalt schließen sich nicht aus, sondern ein. Röm 1,17 und 1,18 entsprechen einander.
Röm 2,1-16: Der Richter und der Maßstab des Gerichtes t Darum bist du unentschuldbar, 0 Mensch, wer du auch seist, der du richtest! Denn worin du den anderen richtest, richtelt du dich selbst. Denn du tust c:lauelbe, du, der du richtest. 1 Wir wislen aber, da8 Gottes Gericht nach dem Ma8at.ab der Wahrheit über die ergeht, die derartiges tun. 3 Rechnest du etwa damit, 0 Mensch, der du über die richtest, die derartiges tun, und tust es doch leibet, da8 du dem Gericht Gottes entfliehen wirst? 40der venchtest du den Reichtum seiner Güte, Langmut und Geduld, und merkst dabei nicht, daß dich die Güte Gottes zur Umkehr treiben will? 5 Du häufst dir ja in deiner Hartnäckigkeit und Unbu8fertigkeit
4S KÄSEMASN
R 32.
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Der Richter und der Maßstab des Gerichtes
da HeneDI Zom Ul auf c:Iea Tat dea Zoma uad der 0fI'eabu0ua& da prechten Gerichtes Gottes, 'der (DKh der Schrift) jedem DKh leiDen Werken Yel"pltea wird. 'Deaea, die behmrlieb am ptm Werk re.tbaltea uacl ct.bei Henlichkeit, Ehre uad UaverJinliichkeit ...cbea, wird er ewipl Lebea leben. 8Auf die aber, die du Zeiebea da lUden Ul lieh tnpa, der Wllhrheit Gones WicientaDd lei11m, aber der Uaprechtipeit phorchea, wartet Zorn uacl Grimm. 'Triibul UDd Beclrinpil kommt über die Seele jeda Measchea, der du Böse wirkt, über den Juden zuerst UDd über c:Iea Griechen. 10 Herrlichkeit aber UDd Ehre uad Friedea kommt über jeden, der du Gute tut, über dea Juden zuent uad über den Griec:heD. 11 Dema a UI keiD AllHbea der Penoa vor Gott. Alle die, die oboe du Geletz psiiucli&t heben, werden auch olme das Gaea im Gericht verphea. 12 UucI die, dieanterdem Gaea psüadi&theben, wenlea aufGnmd des Geletza pricbtet werdea. 13Dema Dicht die Hörer da GeletzaliDd precht vor Gott, ~a die rate!' da Geletza werdea pt"ecbt &aProchea werdea. 14 Weaa aäm1ich Heiden, die du Gaea Dicht hahea, VOD lieb .... (in ihrer Gachöpflichkeit) erfiillen, w. daI Gaea veriaD&t, 10 liDc:lsie, olme da Gesetz zu haben, lieh sen.t Geletz. 15 So tun lie a.ch au8ea das vom Geaetz pforderte Werk bad, du in ihre Henea eiaplchriebeD ist, wobei ihr Gewiuea, claaD aber auch die Gedaaken, die lich UDtereiDllDder verldapa oder verteidigen, I'mit ab Zeugen auftreten. Du lelChieht nimlich Ul dem Tag, Ul dem Gott du Verborgeaecler MeDlChea richten wird uch meiDem Evaaplium, durch ChriItuI JaUL
Analyse: Der neue Abschnitt Röm 2,1-16 steht selbständig neben 1,1S-32, ist also nicht unmittelbar an den vorherigen Gedankengang angeschlossen. Schon der Stil (vgl. die Anrede V 1.3) zeigt seine Besonderheit gegenüber den vorangehenden Abschnitten. Wir haben hier zunächst den dialogischen Charakter der Diatribe (R. Buhmann) vor uns, doch darf nicht übersehen werden, daß der Ton der Anlclage und der Gerichtspredigt auch hier immer wieder durchbricht. Vor allem ist entscheidend, daß Paulus die festen Normen aufweist, an die Gottes Gericht gebunden ist. Wenn er auf sie zu sprechen kommt (2,6-11.12-16), dann geht der ungezwungene, lebhafte Stil der Diatribe in die feierliche Form einer amtlichen Feststellung über. Damit ergibt sich die Untngliednung des Abschnittes: Gedanklich stehen V 1-5 und V 6-11 als geschlossene Gruppen nebeneinander, denen sich V 12-16als dritte Gruppe anschließt. Stil und Aufbau verkennt die Exegese, die in 2, I eine Anrede an Christen bzw. Judenchristen sehen will; auch das weltliche Richteramt als solches bzw. das kirchliche Lehramt als solches ist nicht angesprochen l . In der Gegenwart hat man erkannt, daß der Abschnitt 2,1-16 eine verhüllte Polemik gegen das Judentum enthält, daß also der 6v6Qomo~ 1tä~ 6 xQ(voov (2,1.3) niemand anders ist als der Rabbi undjude, der mit Verachtung auf das verworfene Heidentum blicktl. Wichtiger als die Polemik ist aber, daß Paulus in unserem Abschnitt die Gleichheit der menschlichen Situation vor dem Gericht Gottes verkündigt; dabei denkt er - wie er ausdrücklich und mehrfach betont (2,9.10) - an Juden und Heiden. Der Unterschied zwischen den beiden I Nach Chrys. und Thdn denkt Paulus in 2,1 an weltliche Richter und Obrigkeiten, nach Orig. an Bischöfe, Presbyler und Diakone.
2
M. J.
LAGRANGE, H. LIETlMANN, SANDAy-HEADl.AM,
A.
~YGRE~.
Röm 2,1-16
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Abschnitten 2,1-16 und 2,17-29 besteht also darin, daß in 2,17-29 die Verhüllung fällt und die Umkehrpredigt -die Sünden Israels aufdeckt. Exegese,' Paulus rechnet dami t, daß' der Jude sich der Anklage des radikalen Gesetzes dadurch entzieht, daß er den Heiden, der offensichtlich dem Gericht Gottes verfallen ist (I, 1~32), selbstbewußt preisgibt und sich selbst rechtfertigt. Paulus lehnt diesen Versuch einer imoA.oy(a (2,1) ab und erklärt, daß der sich selbst rechtfertigende und den anderen (tOv hEQOV) anklagende Mensch gleichfalls unter dem Gericht Gottes steht. Er nimmt seine eigene Existenz nicht ernst genug, übersieht die eigene Schuld und vergißt, daß die Erkenntnis Gottes (2,4erinnert an 1,21) ihn zur Erkenntnis seiner Langmut und Güte hätte führen müssen. Der selbstgerechte Mensch steht also jür Paulus unter dem gleichen Urteil wie der im HtitJmtum verfallme. V 1: öt.6 schließt an den vorangehenden Abschnitt an, doch hat es seine ursprüngliche Bedeutung (>>darum«) verloren und ist zur einfachen übergangs-Partikel geworden4 • Die Konjektur ÖLe; statt ÖL6 (»doppelt unentschuldbar«) ist interessant, aber nicht überzeugend 5 • »Du Mensch« ist in der Diatribe eine häufige Anrede, ist aber in unserem Zusammenhang mehr als eine rhetorische Form, da der »Mensch« schlechthin unter der Anklage steht (avaltoA.6yTJtOe; 2, I wie 1,20). Auch die Situation des »richtenden« Menschen ist vor der Anklage Gottes unhaltbar. Wenn Paulus sich an jeden, der »richtet«, wendet (XQLVELV heißt »richten« im aburteilenden Sinn), dann denkt er vor allem an das jüdische Selbstbewußtsein, das sich jede Gleichstellung mit dem Heiden in der Schuldfrage verbittet. Nach jüdischer Auffassung ist Gottes »Zorn« eine Reaktion gegen heidnische Sünden, während Israel selbst nur »gezüchtigt« wird (Sap 11,9 f.; 12,22). Israel steht also unter einer anderen Norm als das Heidentum. ltäe; verallgemeinert (= ÖOtLe; ~av ~e;), wirkt aber hier geradezu ausschließend (»wer du auch seiest«). Die Anklage sucht den Menschen in allen seinen Schlupfwinkeln auf. Dadurch, daß man den andern verurteilt, zieht man sich selbst die gleiche Verurteilung zu 6 • Das Wort, das den andern trifft, fällt auf den beurteilenden Menschen mit gesteigerter Kraft zurück (XQ(VELV- XataxQLvELV). Offenbar ist der Satz des Paulus ähnlich gemeint wie das Jesuswort Lk 6,37; Mt 7,1. Entscheidend ist nicht das Wort, sondern die Tat selbst (ltQQOOELV). Die Handlungen des Beurteilers stehen unter dem gleichen Gerichtswort Gottes wie die Handlungen des Beurteilten. Es gibt eint göttliche Norm, die die gleichartige Verfallmlllit alles menschlichen 1 uns a~fdtckt. V 2: Allgemein anerkannt (O[ÖQf.lEV öt) ist 4 Vgl. E. MOLLA ND, Serta Rudbergiana, 1931,43-52. R. BULTMANN, Glossen im Römerbrief (ThLZ 72, 1947, 198 IT.) schlägt vor, Röm 2,1 als Glosse anzusehen.1Eäc;;6 ~(v(J)'Verscheint ihm verdächtig. ÖL6 bereitet sachlich Schwierigkeiten. Nach R. BULTMANN schließt sich 2,2 gut an 1,32 an. o~ öt hätte dann seinen guten Grund, während es hinter 2,1 verschiedentlich in o[öal'f\' yciQ abgeändert wurde, ein Zeichen dafür, daß man den Zusammenhang zwischen 2,1 und 2,2 nicht feststellen konnte. Eigentlich gehöre 2,1 hinter 2,3 als Antwort auf die Frage. Auch KAsEMANN R 49 spricht von einer späteren Randglosse. 5 A. FRIDRICHSEN, Symbolae arct. osloenses I, 1922,40; Revue d'histoire et de phil. rel. 111, 1923, 440. AuchJ. CALVIN hat die Wendung: bis accusabilis, meint aber damit die zweifache Schuld des Selbsttuns und des Richtens über den anderen. 6 ht ~ kann verschieden aufgelöst werden: I. ht toilt,!" ötL »damit, daß« oder 2. ht tOVttp, ht
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Der Richter und der Maßstab des Gerichtes
die Tatsache, daß das Gericht Gottes nach dem Maßstab der Wahrheit gefallt wird', wenn es sich gegen die in Röm 1,18 ff. beschriebenen Heiden wendet (o[ ta tow'Üta 3tQClOOOvtE~ in V 2.3 klingt geformt). Diese These ist zwischen Paulus als Ankläger und seinem Gesprächspartner nicht strittig, wohl aber geht es um die Möglichkeit, daß der Beurteiler, also der Jude, meint, sich selbst dem Gericht Gottes entziehen zu können. Paulus wiederholt in V 3 mit den gleichen Worten wie in V 1 die Behauptung, daß das selbstgerechte Israel die gleiche Schuld aufsieh lädt wie das Heidentum. Der Jude verbirgt hinter seiner Selbstgerechtigkeit ein eigenes Tun, das ebenfalls der Wahrheit Gottes ins Gesicht schlägt. V 5 und 4 sind zwei Fragen, die eng zusammengehören und nicht getrennt werden dürfen. Will das selbstbewußte Israel die These aufstellen (MryLtEa6aL), daß es selbst dem Gericht Gottes entgehe (tXCPE'UyELV wie Mt 3,7)? Oder - der Ton wird noch eindringlicher - verachtet es Gottes Güte, Geduld und Langmut (rhetorischer DreiklangS)? XQTlOtlm]~ ist gegenüber den beiden nachfolgenden Begriffen betont (vgl. tO XQTlOtOv to'Ü t}EO'Ü). Eine derartige Verachtung würde bedeuten, daß man die Absicht Gottes, den Menschen durch seine Güte zur Umkehr zu führen, verkennt 9 • Offenbar sind V 2 und V 4b feste überlieferungen, auf die sich Paulus beziehen kann. Diese Verachtung und Verkennung Gottes stellt den beurteilenden Juden letztlich auf die gleiche Stufe wie den Heiden, der Gottes U nanschaulichkeit nicht aushält (Röm 1,21). Damit hat aber der richtende Jude das prophetische Scheltwort verdient, das Paulus in V 5 in neuer Form wiederholt. Die »Herzenshärtigkeit« (o')(,Ä.T)Q6tTJ~ Dt 9,27; ähnlich axÄ.T)QoxaQÖLa) und das »unbußfertige Herz« sind die typischen Vorwürfe der Gerichtspredigt gegenüber Israel: an ihnen erkennt man deutlich, daß Paulus in unserem Abschnitt verhüllt Israel anspricht 10 • Fast ironisch klingt die Behauptung, daß Israel sich selbst Zorn wie ein Konto auf den jüngsten Tag hin ansammle l l . Dabei verkehrt er in seiner Polemik den Satz, daß gerade auf die Hei7 )C(na iA~LQV heißt hier: •• in Aufdeckung der Wahrheit, der Wahrheit gemäßee (nicht: »in Wirklichkeit«). Die IrnumslOligkeit des letzten, entscheidenden Gerichtes ist ein Grundsatz, der im griechischen Totengericht wie im jüdischen Weltgericht festgehalten wird. Das Uneil ist unanfechtbar. Gericht und Wahrheit stehen nebeneinander in ApkBar85,9; 4Esr 7,34; Ab 3,16. Weiteres Material bei Str-B III 76; P. VOLZ, Die Eschatologie der jüdischen Gemeinde, 2. Auß. 1934,308; L. RUHL, De mortuorum judicio, 1905. s Die Konkordanz lehrt, daß feststehende Genitiv-Verbindungen sich an den BegriO'nA.oüt~ anschließen (nA.oüt~ TfJ~ ~~, nAoütex; TiJ~ Xcl{>LtO~). Diese Genitiv-Verbindungen sind typisch hellenistisch, während die frühjüdischen Gottesprädikate adjektivisch oder adverbial gebraucht werden (»groß an Huld •• , »der reichlich Wohltaten erweist«). Derartige Häufungen der Eigenschaften Gottes, wie sie Paulus in Röm 2,4 verwendet, klingen rhetorisch, weisen aber auf die Gtbtlsspradu zurück, wie 4Esr 7,132 0'. beweist: >>der Barmherzige, der Gütige, der Langmutsvolle, der Edelmütige, der Gnadenreiche, der Edle, der Verzeihendecc. Vgl. auch Sap 15,1 und PsSal 10,8. avoxfl ist das Zurückhalten des Zornes (ApkBar 59,6). 9 Der Inhalt des ön-Satzes: .. Gottes Güte treibt dich zur Buße., ist feststehendes Wissen (Sap 11,23). 10 Die »Herzenshänigkeitcc begegnet als ständiger Vorwurf auch in den Qumranschriften: Dam 2,17-18; 3,5.11 ff.; 8,8.19; 20,9; IQS 1,6; 2,14; 3,~; 5,4 u.ö. 11 Der Sprachgebrauch von ~uQ(tELV ist ähnlich wie in Mt6,19 0'.; ApkBar 14,12; PsSal9,5; Inschr. von Priene 112,15; doch ist das Bild mit Ausnahme von Prov 1,18 im allgemeinen positiv verstanden.
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den der Zorn Gottes wartet, während Israel am jüngsten Tag verschont wird (Sap 11,9 f.; 12,22). Paulus liebt in der Zusammenstellung der Begriffe den rhetorischen Zwei- und Dreiklang. Gottes Zorn wird von ihm als Enthüllung des gerechten Gerichtes (ÖLxaLOXQLo(a) 12 bestimmt. Der anschließende Relativsatz V 6 ist feierliches Zitat (Ps 62,13) und klingt hier wie eine exegetische Bestätigung des paulinischen Gerichtswortes. Für Paulus ist jedes Glied dieses Zitates wichtig. Gottes Gericht wartet auf jeden Menschen ohne Ausnahme und beurteilt ihn nach seinen Werken 1J• Damit hat dies Schriftwort thematische Bedeutung gewonnen und kann daher den neuen Abschnitt, der bis V 11 reicht, einleiten. V 7: Der BegrifTder »Werke« wird im folgenden Gedankengang nach der positiven und negativen Seite hin interpretiert: wer beharrlich am guten Werk festhält und dabei Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit sucht, wird ewiges Leben empfangen. Der Dreiklang Ö6;a, t41TJ und lup'fklQo(a beschreibt das eschatologische Ziel in einer schon geprägten Form (vgl. IPetr 1,7; ApkJoh 4,9)14. Auch die jüdische Apokalyptik spricht von der Herrlichkeit und U nvergänglichkeit derer, die hier auf Erden dem Höchsten unter Mühsal und Gefahr dienten und sein Gesetz befolgten (4Esr 7,95 f.). V 8 schildert als Gegenstück zu V 7 die Menschen, die Streitsucht und Hader zu ihrem Lebensinhalt gemacht haben lS , die sich der Wahrheit Gottes widersetzen, der Ungerechtigkeit aber gehorchen: auf sie wartet Zorn und Grimm (sc. ~ataL). Auch dieser Zweiklang hat seine Geschichte und seine Parallelen (ApkJoh 16,19) 16. Die beiden Verse 7 und 8 schlie12 bu
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Ben sich eng an das Schriftzitat V 6 an und entfalten seinen Sinn im feierlichen Stil des GtSt~tS, das nach beiden Seiten hin zu sprechen hat und Lohn und Strafe austeilen muß. Aber das genügt Paulus nicht; es kommt ihm darauf an, daß der Maßstab Gottes nicht nur erkannt, sondern auch auf das Verhältnis der Juden und Heiden angewandt wird; der besondere Anspruch des Judentums mt1ß durch das Gesetz Gottes im Gericht Goues getroffen werden, sonst ist dies Gesetz eben nich t Gottes Gesetz. Darum beginnen die zusammenhängenden Verse ~ 11 noch einmal im feierlichen Gesetzesstil. Allerdings kehrt Paulus chiastisch die Reihenfolge von Belohnung und Strafe um. Die Zusammenstellung von itA.i~L~ und otEVoxwQ(a, die betont am Anfang des Verses steht, ist ebenfalls übernommen und begegnet auch in Röm 8,35; 2Kor 6,4. Auch sie will in drastischer Form die Auswirkung des göttlichen Gerichtes auf den Menschen beschreiben. Eine bestimmte Scheu, den Gottesnamen unmittelbar mit den eschatologischtn Strafen in Verbindung zu bringen, mag bei derartigen Zusammenstellungen mitgewirkt haben. Paulus unterstreicht die Allgemeingültigkeit des göttlichen Urteils und löst daher die semitische Formel1täoa ""'xT1 itvitQO>1tOU (= »jeder einzelne Mensch«) auf in die Gegenüberstellung von »Jude und Grieche«. Der Jude ist durch sein Gesetz in erster Linie (1tQÖ>'tov wie 1,16) unter den Maßstab Gottes gestellt: aufihn schaut Gott zuerst. Aber auch im positiven Sinn stehenjude und Grieche unter der gleichen Möglichkeit und Verheißung, daß Gott ihnen Herrlichkeit, Ehre und Frieden, drei eschatologische Begriffe wie in 2,7, schenken kann. Die anschließende Versicherung in V 11, daß Gott kein Ansehen der Person kennt, entspricht einem allgemeinen israelitischen Grundsatz 1? Diese feierliche »Konsequenz(( erinnert an das Schriftzitat in 2,6, das ebenfalls einen Gedankengang zum Abschluß brachte. Die Werke des Menschen sind bei Paulus Ausdruck für dessen Wesen und Existenz, nicht davon ablösbare Handlungen. In dem, was der Mensch tut, offenbart er, wer und was er ist. Bei Paulus kommt es daher auch nicht auf die »Menge« oder »Mehrzahl« der Werke an wie im Rabbinat, sondern auf deren An. Es erhebt sich die exegetische Frage, ob Paulus in Röm 2,9 t: einen Maßstab aufstellt, der lediglich dazu da ist, dem '>natürlichen Menschen« sein Unrecht vor Gott aufzuzeigen (der Jude würde zuerst in seiner Selbsterkenntnis getroffen werden, dann aber auch der Heide), oder ob Paulus mit einer eschatologischen Möglichkeit rechnet, die vom Menschen her weder zu verwirklichen noch als wirklich vorzustellen ist. In der Geschichte der Auslegung nahm man z.B. an, daß Paulus sich auf den Standpunkt des Judentums stelle und die Lage der Menschheit abgesehen vom Kreuz Christi beschreibe: nEs würde so kommen, wenn das Evangelium nicht wäre, und die Erfüllung des Gesetzes möglich wäre« (Ltzm R 40). Nach P. Altbaus erfaßt Paulus die innere Einheit von Gesetz und Evangelium: Wohl zerbricht der Mensch an der Norm des Gerichts nach den Werken, aber die Glaubensgerechtigkeit hebt die Gültigkeit der Nonn nicht auf. Die Glaubensgerechtigkeit führt zum guten Werk. Alles kommt aus dem Glauben, aber alles liegt am Werk (NTD 6,20). Käsemann R 55 f[ spricht von nSätzen heiligen Rechtes« bei Paulus und ihrer besonderen Funktion innerhalb seiner Botschaft: die Vorordnung der Glaubensgerechtigkeit bleibt gewahrt. 17 2Chron 19,7; Sir 35,15;Jub 5,16; PsSal2, 18; Ab 4,22. Der 8egriff1tQoo(.t)3toAtt~",(a ist offenbar ein Semitismus.
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Daß Paulus in Röm 2,9 f. sich nicht auf einen jüdischen Maßstab dialektisch einstellt, sondern das eschatologische Gericht als solches beschreibt, darf nicht abgestritten werden (2Kor 5,10). Auch der Glaubende geht durch das Feuer des eschatologischen Gerichtes hindurch (IKor 3,15). Der Mensch, der auf sich selbst und sein Werk schaut, sieht die Unmöglichkeit zu bestehen. Röm 2,9 f. hat also die bleibende Aufgabe,jeden Selbstruhm des Menschen zu zentören: der göttliche Maßstab wird niemals eine eigene Gerechtigkeit anerkennen. Die Glaubensgerechtigkeit aber ist die von Gott dem Menschen geschenkte Gnade, die ihn durch das eschatologische Gericht hindurch trägt und freispricht. Obwohl der Glaube die Möglichkeit zum guten Werk gibt, ja selbst das entscheidende und ausschließliche Werk des Menschen ist, erfolgt der göttliche Gerichtsspruch nicht auf Grund des guten Werkes, sondern allein auf Grund des WerkesJesu. Röm 2,9 f. behauptet also nicht, daß die Christenheit infolge ihres Glaubens und des daraus entstehenden guten Werkes gerecht gesprochen wird. Wie sich das eschatologische Gerichtswort zur Erfüllung des Gesetzes durch den Menschen verhält, steht allein in Gottes Vollmacht. Er hat und kennt Möglichkeiten, die wir Menschen so nicht haben und kennen. Jede menschliche Denkform zerbricht vor der Wirklichkeit des göttlichen Gerichtes.
Mit V IZ setzt ein neuer Gedanke ein: Heide und Jude (chiastische Umstellung!) stehen im eschatologischen Gericht deshalb unter dem gleichen Maßstab, weil beide unter dem gleichen Anspruch Gottes, darum auch in der gleichen Verantwortlichkeit stehen. Die entscheidenden Wendungen: Qv6J.l~, tv v6J.lq>, ÖLeI v6J.lO\J sind offenbar bewußt aufeinander abgestimmt. Es stellt sich heraus, daß der Besitz des mosaischen Gesetzes nicht ein letztes, sondern nur ein vorletztes Argument in der Diskussion ist. Gott hat besondere Mittel und Wege, seine Forderungen dem Heidentum unmittelbar kundzutun. Der Stil unserer Verse ist dem Gesetz angepaßt und beschreibt das Kategorische, Endgültige der göttlichen Entscheidung. Der Gerichtston wiegt vor (luto).oÜvtaL, xQLihloOvtaL). Das Passiv umschreibt wieder das göttliche Handeln, ohne Gott selbst zu nennen. Daß Israel »durch das Gesetz« gerichtet wird, klingt für Israel hart. Auch dasjudentum spricht vom Richteramt des Gesetzes; aber wenn es an denjüngsten Tag und an die letzte Entscheidung dachte, dann lag ihm die Beschämung des Heidentums nahe (Str-B 111 84). Der Gegensatz zwischen den »Hörern« und den »Tätern«, den V I! zur Sprache bringt, ist dem Judentum gut bekannt, zumal er an die Lektion der Tora am Sabbat erinnert. Auch das Rabbinat sieht nicht das Studium, sondern die Erfüllung des Gesetzes als entscheidend an (Ab 1,17 f.; 3,17) 18. Paulus verwendet hier einen rabbinischen Lehrsatz, aber in einem neuen Sinn, bedroht dieser Lehrsatz doch das Vorrecht Israels. Auch hier meint die Rechtfertigung den eschatologischen Freispruch, die Anerkennung einer »Gerechtigkeit« durch Gott. V 14: Es besteht aber die unerhörte Möglichkeit, daß einzelne Heiden (fflvt]) in ihrer Geschöpflichkeit (cpUOEL) die Forderung des Gesetzes erfüllen (wie es z.B. bei Abraham geschah). Es ist ganz unnötig, in diesem Fall an Heiden, die zumJ udentum oder Christentum übergetreten sind, zu denken. Paulus setzt vielmehr den »bedingungslosen« Fall, daß der Heide als solcher (cp'ÖOEL) sich der Forderung Gottes aufschließt. Auch dieser te Die Ausdrucksweise: Ö(xaIOL mlQcl &~ isl ganz offenbar semitisch (»gerechl vor Gou«. mlQ6. wird hier wie tv6mLO'V oder tvavdov gebrauchl). Der Satz war ursprünglich hebräisch oder aramäisch formulierl.
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Gedanke ist imJ udentum nicht ganz unbekannt, hat aber dort selbstverständlich nicht die gleiche revolutionäre Kraft wie bei Paulus l9 • Betont wird die Tatsache, daß die Heiden das Gesetz nicht haben; ausdrücklich wird diese Tatsache zugegeben,ja sogar wiederholt. Aber Paulus stellt dieser Tatsache die These gegenüber, daß Heiden sich selbst Gesetz werden können. Diese Ausdrucksweise ist zunächst befremdlich, ja unverständlich, das ))ungeschriebene Gesetzcc (v6J!~ lryQacpo~) und das ))ins Herz geschriebene Gesetzcc (yQWttOv tv tai; xaQÖ(aLS) sind zwei ähnliche Anschauungen, die dem paulinischen Text verwandt sind. Gemeint ist, daß im Menschen selbst oder im Nächsten ein Maßstab, eine Norm gefunden wird, an die man sich hält. Und dieser Maßstab, diese Norm ist nicht nur relativ oder psychologisch, sondern im Gegenteil absolut und objektiv: Gott selbst richtet seine Autorität in aller U nanschaulichkeit unter Heiden auf, so daß Heiden ihm gehorchen können. Allerdings entsteht gerade dann, wenn diese unerhörte Möglichkeit sich verwirklicht, keint Gerechtigkeit auf Grund menschlicher Werke. Echter Gehorsam kann nie Anspruch werden (Lk 17,10). Täter des Gesetzes sind niemals in der Lage, sich selbst zu rechtfertigen. Und doch ist das Ereignis eines echten Gehorsams mitten in der HeidenweIt ein Angriff auf die Selbstgerechtigkeit Israels. Daß Menschen nsich selbst Gesetz sindce, ist an sich eine Vorstellung, die allein aus griechischem Denken verständlich wird 20. Sie stammt aus platonischen und aristotelischen W!lrzeln. Bei Plato begegnet sie bei der Schilderung der Bürger des idealen Staates, die im Unterschied zu denen des schlechten Staates keiner besonderen Gesetzgebung bedürfen. Jeder vermag die Gesetze selbst zu finden, oder aber sie ergeben sich aus der bereits vorangegangenen Lebensweise (Polit IV 427 A). In jedem Fall erscheint der Gegensatz zwischen dem Gesetz, das erst besonders erlassen werden muß, und dem unmittelbar gegebenen, ungeschriebenen Gesetz. In der stoischen Popularphilosophie, die Natur und Geselz gleichsetzt, wird dies Motiv des ))ungeschriebenen Geset19
Nach vrreiozrltrn nabbiniachrn Tradilionrn machrn auch dir Heiden im Endgrrichl gdlend.
daß sie das eine oder andere Gebot erfüllt haben; ja, Gou wird sich zu Israel bekennen, obwohl die Heiden das Gebotene tun, ohne daß es ihnen geboten ist, und obwohl sie es mehr erfullen als Israel selbet (Str-B 11189). Paulu. hebt auch tuer die adbetvmländliche Gc:sichenheit israeli auf, ohne deucn heilagcschichtlichc:s Vorrecht anzuwtm. 20 Zum Folgenden vgl. E. NORDEN, Agnostos Theos, 1913; M. POHLENZ, Paulus und die Stoa, ZNW 42, 1949,69 ff.; W. KRANZ, Das Gesetz des Herzens, Rhdn. Mus. f. Philol. NF 94,1, 1951, 222-241; H. LIETZMANN, Exkun zu 2,14 Ir.; G. BoRNKAMM, Gesetz und Natur (Röm 2,14-16), Studien zu Antike und Urchristentum, Ges. Aufsätze 11, 1959,93-118. Daß Heiden sich selbst Gesetz sind, ist ein im Griechentum und Hellenismus öfter wiederkehrender Gedanke: Für Plato wichtig ist PolitlV 427A; rur AristoteIes Eth. Nie. IV 112& 31; Politlll 13 l284a 13; schon bei Aristoteles begegnet sowohl der Hinweis auf den ausgezeichneten und rreien Bürger wie auf die Machthaber, die lich selbet Gesetz lind. Wichtiges Material findet sich in den Untmuchungen \1>n W. KU.'lIz, M. POHLE.'\IZ und G. BoIl..'\IKA....... Für Paulus ist die nähere Bestimmung cpUoEl ein Hinweis aur die U nmiuelbarkeit und innere Notwendigkeit gerade dieses Gehonams: manche Heiden ~rfullen »von Natur« die Werke des Gesetzes. Zum Wesen desJ uden dagegen gehört, daß er über den Gehonam gegen das Gesetz von and~ren belehn wird. Aur cpUotL liegt ein starkes Gewicht, weil in ihm ein Hinweis auf ein unmittelbares Handeln Goues selbst liegt. Der Heide, der Goues Forderung g~nügt, erhält damit s~ine Würde wieder. Paulus ordnet den philosophischen Einfluß dem biblischen Denken ein.
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zes« besonders gern aufgenommen und verarbeitet. Hier herrscht die überzeugung, daß alles sittliche Handeln die Befolgung der uns von Natur eingepflanzten Gesetze sei und in der Gottheit selbst wurzele (H. Lietzmann: »der Fundamentalsatz der stoischen Ethik«). Gute und gewalttätige Herrscher können vor allem (in gutem wie in bösem Sinn) »sich selbst Gesetzcc werden, darum auch über den geschriebenen Gesetzen Herr sein 21 • Vor allem stellt sich heraus, daß der Weise, der dem Gesetz der Natur folgt, allen menschlichen Meinungen und Ansprüchen gegenüber unabhängig, selbständig (tv nämv airtaQXT)~} werden kann. Parallelen zur paulinischen Wendung fehlen also keineswegs 22. Entscheidend ist nun, daß in den verschiedenen Zweigen des Frühjudentums Spuren davon vorhanden sind, daß Abraham als Urbild des von Gott gegebenen, noch ungeschriebenen Gesetzes galt (Philo de Abr. 275 f.; ApkBar 57,2). Das Motiv des »ungeschriebenen Gesetzes« wird im philosophischen Sinn bei Philo mit dem der Natur verbunden: Abraham ist ))ßicht vom Geschriebenen .belehrt, sondern kraft der ungeschriebenen Natur danach eifernd, den gesunden und von aller Krankheit unberührten Antrieben zu folgen«. Er ist selbst Gesetz und ungeschriebene Gottessatzung. Im Bereich des heUenistischenJudentums darf man aber auf keinen Fall außer Acht lassen, daß das mosaische Gesetz mit diesem in der Natur begründeten Sittengesetz identisch ist (4Makk; Philo). Es kann sich also darum handeln, daß Paulus missionarisch und apologetisch an das stoisch-philosophische Gedankengut anknüpft und ausdrücklich bestätigt: mit eurem eigenen höchsten Selbst bewußtsein seid ihr unmittelbar dem Anspruch Gottes verhaftet. Auch der Jude kann darauf Bezug nehmen, daß der Heide eine besondere Bindung fl:n die Gebote Gottes hat Merkwürdigerweise sind es einzelne Stellenjüdischer Apokalyptik, die vom Gehorsam einzelner Heiden und von der eschatologischen Verantwortung aller Bewohner der Erde ausdrücklich reden (ApkBar 48,38 ff.; 4Esra 3,33 ff.) 23. Jeder der Erdbewohner hätte es wissen müssen, wenn er sündhaft handelte. Vielleicht ist aber die jüdische Form dieser Aussage zu beachten: das mosaische Gesetz reicht so weit in die Menschheit, daß es auch im Heidentum zur Norm und zum Wahrheitskriterium werden kann. Es gibt auch hier eine göttliche Weisung, die unerschütterlich und unbezweifelbar ist. In diesem Fall darf man also nicht so sehr von dem stoisch-philosophischen Erbe ausgehen - das an sich natürlich da ist -, sondern von dem Bekenntnis desjudentums zur göttli21 W~nn d~r H~id~ sdn~ Würd~
darin hat, daß ~r d~r unmiuelbar~n Ford~rung Goues gehorcht, u im G~~nsatz zu d~r Umg~bung, di~ andeun Göu~rn g~horcht. Wenn er sich selbst Gesetz isl, ist ~r also unabhängig vom Einspruch seinu U mg~bung. Das Motiv der DantelJung eines wahren Ge~zes hat ein~ gri~chische Geschicht~, darf aber im paulinischm Tat nicht vom biblischen Gehorsam gelöst w~rden. 22 Vgl. H. LIETZMA!liN, Exkun zu Röm 2,14 und G. 8oRNKAMM, a.a.O. Anm. 24.25. Vgl. z.B. Manilius in dem Astronomicon (V 495): Ips~ sibi la est. u Vgl. 4. Eara 3,35 W.: ..Qd~r wann häu~n vor dir die Erdlxwohner nicht gesündigt? Oder welche Nation erfülh~ also dein~ Vonchriften? Du kannst wohl einzelne besond~ n~nnen, die dein~ Vorschriften g~hahen; doch ganu Völk~r findest du nicht ... M. LAGRANOE, O. Kuss übersetzen: .. Immer wenn ( ... j~esmal wenn) manch~ Heid~n (Hv11 im Unterschi~ von taHv11 und Hvuco(),ohnedas mosaische Gesetz zu kennen, von Natur (aurGrund ihus Mmschenwesens) dennoch tun, was das mosaische Gesetz gebiet~t, erweist es sich, daß dies~ Heiden sich selbst Gesetz sind ...
st~ht
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ehen Weisung: es spiegelt sich auch außerhalb Israels im heidnischen Selbsthewußtsein wider. Das Wahrheitsbewußtsein des Heiden, das sich im rechten Tun äußen, wird von dem Gerichtsvorgang begleitet, der sich im Inneren des Menschen abspielt 24 • Vielleicht setzt Paulus stillschweigend voraus, daß das mosaische Gesetz aufeinen Kern reduziert werden kann, der mit dem Dekalog oder mit dem Liebesgebot (Röm 13,9) identifiziert zu werden vennag15. Sicherlich ist ein innerer Zusammenhang zwischen den hellenistischen Voraussetzungen von Röm 1,20 f. und 2,14 f. gegeben. I n heiden Fällen handelt es sich um mögliche und erfahrbare Gotteserkenntnis auf Grund der Schöpfung in der ganzen Menschheit. Ihre Existenz ist für den Apostel grundsätzlich, aber auch missionarisch bedeutungsvoll. Selbstverständlich denkt Paulus nicht daran, einen nichtchristlichen Heilsweg d1'en zu halten, als habe der Mensch von sich aus die Möglichkeit, auf Grund einer ethischen Entscheidung des Gewissens sein Leben zu bestimmen und Gottes eschatologische Anerkennung zu erlangen. Es geht Paulusja um die Widerlegung des Judentums mit Hilfe einer von ihm anerkannten eschatologischen Möglichkeit des Heidentums 26. Der relativische Anschluß ot'tL'Y€C; (vgl. 1,25.32) ist bei Paulus jedes Mal betont und wirkt.demonstrativ. V 15 führt den vorherigen Gedanken weiter. Die Heiden erweisen schon jetzt (tvbdxvuvtaL = Präsens), erst recht natürlich in der zukünftigen Enthüllung27, daß das ))Werk des Gesetzes« (= das vom Gesetz geforderte Werk) ihnen ins Herz geschrieben ist. Spricht der Grieche vom ))ungeschriebenen« Gesetz, so der Jude von dem ))ins Herz geschriebenen«21. Gott wird nachJer 31,33 einst sein Gesetz Israel ins Herz schreiben - aber hier geht es nicht um ein eschatologisches Handeln Gottes an Israel, sondern um seine gegenwärtige Bezeugung unter Heiden (Hvr)). ))Ins Herz geschrieben« ist der stärkste Ausdruck für die Unausweichlichkeit göttlicher Forderung; )~as Werk des Gesetzes« entspricht dem rabbinischen Begriff:11'~ (Str-B 111 161) und ist, allerJot V,I. den Exkun von O. Kuss: .Du in die Herzen der Heiden leschriebene Werk des Gaetzes« (.Naturgesetz und Naturrecht«). a.a.O. 72-76. KAsEMANN R 59 behaupt~t: .. Esg~ht zud~m Paulus nicht llm di~ Einordnung des Mmach~n in ein Ordnunpgd. .ige. wie naturrechdich~ Konsequenz eiDa gricc:bisc:ben Ventändnisaea annimmt. IODdern, wi~ .ich aua V. 15 ergibt, um die Kriae der Exi.t~nz .• 25 Vgl. O. Kuss, a.a.O. 75: .. Das mosaische Gesetz wird da~i vom Apostel stillschweig~nd auf ein~n Kern reduzi~rt. d~r etwa mit d~m Dekalog identisch .ein könnt~.- Ob der Begriff d~r Reduktion glücklich ist, sei dahingestellt. Es g~ht zunächst um ~in~ ZUlamm~nfassung. di~ a~r dann cin~ Radikalisi~rung mit sich bringt. 26 Für die innere Struktur der paulinischm Theologi~ wird di~ F~ wichtig, ob Paulus mit cin~r eschatologischm Gerechhprechung ~inzelner auf Grund ihrer Werk~ rechn~t oder nicht. Seit H. LIETZMANN spricht man von einem hypothetischen Gedankmgang. da Paulus grundsätzlich die Gerechtigkcit auf Grund der Werke ablehnen will. Vgl. dazu O. Kuss. a.a.O. 64. Doch löst diese Erklärung nicht das tief~rliegmd~ Problem der menschlichen Verantwonung für di~ Geschichl~. 27 tv&Cxvuo6m (Med. »erW~ism, d~n Beweis bringm-) muß p~ntisch aufg~faßl werden. w~i1 ~ sich um einen v~rborgmen. a~r gegmwänigm Vorgang handelt. Es ist nichl ratsam. unt~r d~m Eindruck von V 16 zu steh~n und dann MdxvuvtQL futurisch aufzufassen. Di~ in Frag~ kommend~ fv6ell;~ isl auch fo~nsisch g~m~int. a. Vgl. T~tluda 2O,l-5 das MOliv d~r ins Herz ~ing~lchrie~nm W~rk~; auß~rd~m IQS 10,10:
Das
eingegrabm~ Ges~tz.
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dings mit Vorbehalt, ein jüdisches Element 29 • Die Form des Satzes ist durch den Rechtscharakter seiner Umgebung geprägt. Dem Heiden wird das zugeschrieben, was der Rabbine ihm niemals zugestehen würde: man kann hier nicht von dem in die Herzen der Heiden geschriebenen Gesetz sprechen (Str-B III 89). Hat Paulus hier griechisches, besser gesagt: hellenistisches Material verwandt, dann hat er die Unausweichlichkeit der göttlichen Forderung besonders stark zum Ausdruck bringen wollen. Diese Forderung wird beim Heiden eine andere Gestalt annehmen, sie ist aber in der Bedeutung und im Inhalt mit dem mosaischen Gesetz identisch. Das mosaische Gesetz entspricht also beim Heiden der Stimme der Natur und des Gewissens, d. h. auch hier läßt sich die Stimme Gottes vernehmen. OfTenbarsetzt Paulus voraus, daß ))Naturc( und ))Gesetzcc bei Heiden in dner bestimmten Entsprechung stehen. G. Bornkamm, Gesetz und Natur (Studien zu Antike und Urchristentum, Ges. Aufsätze 2, 1959,92 O".) legt Wen darauf, daß Paulus den griechischen Gedanken der lex naturae in diesem Zusammenhang übernommen habe. Er beruft sich dabei auf die philologischen Untersuchungen von E. Norden, Agnostos Theos, 1913; M. Pohlenz, Paulus und die Stoa, ZNW 42, 1949,69 f[ und W. Kranz, Das Gesetz des Herzens, Rhein. Mus. f. Phi101. NF 94, I, 1951, 222-241. Beweiskräftig ist nach ihm I. das zusammengehörige BegrißSpaar: Natur-Gesetz; 2. die ebenfalls festgelegte Wendung: »sie sind sich selbst Gesetz«; 3. das Motiv des »)ungeschriebenen Gesetzes« und der aus griechischen Voraussetzungen verständliche Hinweis auf das Gewissen der Heiden. Alle diese Motive gehören nach G. Bornkamm traditionsgeschichtlich in den geschlossenen Zusammenhang einer griechischen, philosophischen Tradition. Im Unterschied von der Sophistik, die cpUOL; und v6tW; entgegensetzte, hat die Stoa v6f.w; als Vernunftgesetz angesehen, das die Menschheit verbindet und verpflichtet. Diese Identifikation von qroOL; und v6twc; hat in der älteren Stoa metaphysischen Sinn; man versteht hier qrom; als eine umfassende AllNatur. Erst in der mittleren Stoa (Panaitios und seine Schule) denkt man dabei an das Individuum, an die Natur des einzelnen Menschen und an seine besonderen Anlagen und Lebensumstände. Auf Grund der stoischen Identifikation von Natur und Gesetz ist der entscheidende ethische Grundsatz verständlich, daß alles sittliche Handeln die Befolgung der uns von Natur eingepflanzten Gesetze sei und in der Gottheit wurzele (H. Lietzmann). G. Bomkammfolgen: In Röm 2,14 f. geht es um die schlichte FeststeUung, daß das Gesetz Gottes Heiden und Juden kundgetan ist und beide nach ihm gerichtet werden. Zum Erweis dieser These bediene sich Paulus eindeutig der aus stoischer Tradition stammenden Gedanken der 10 naturae. Daß er sie nicht einfach im stoischen Sinn versteht, leidet allerdings keinen Zweifel. Freilich ist diese Konstruktion keineswegs beweiskräftig. Es könnte zwar sein, daß der Apostel meint: das Selbstverständnis des griechischen Philosophen ist rechtlicher Beweis dafiir, daß er vor Gott verantwortlich ist. Gott nimmt den Menschen ernst in dem, was er von sich selbst behauptet. Aber gerade das scheint doch nicht der Meinung des Paulus zu entsprechen. Er will vielmehr von einer vorg'g,bmm Nmn Gottes reden, die Tun und Schicksal des Heidentums bestimmt. Der Ankläger weist die Verantwonlichkeit des Angeklagten auf und spricht in rechtlicher Denkform, nicht in spekulativer überlegung. In Röm 2,14 f. spricht nicht ein griechischer Philosoph, sondern einjude, der Heidenmissionar wurde. Diese Sätze müssen also in den Zusammenhang des Z9'(0 fQyov 'tOÜ v6J,lou ist der konkrete Vollzug des Gebotes, das aus der GebolSerfüllung stammende Werk. Das Rabbinat hat diesen Begriffnichl ausgebildet, und die Paulus entsprechende Formulimmg begegnet nur in der ApkBar. Dieser Tatbestand ist auffallend (vgl. Str-B 111 161).
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jüdisclrm Hellmismus eingeordnet werden, zumal jüdische, sogar rabbinische Elememe auch hier immer wieder sichtbar werden (das ins Herz geschriebene Gesetz, das Werk des Gesetzes, die Dreizahl der Zeugen). Es ist auch beachtlich, daß Paulus nicht die Natur zum Ausgangspunkt macht, sondern allein Gott selbst, der nach altbiblischem Vorbild auf Tafeln und in Herzen schreibt (qr60EL ist lediglich beigeordnet). Tatsache ist aber, daß nachjüdisclrn Ob"litftrU1ll das mosaische Gesetz in der Patriarchenzeit zwar ungeschrieben, doch allgemein bekannt war. Die Werke der Gesetze (opera praeceptorum) wurden damals schon getan. Der Glaube an das zukünftige Gericht wurde damals schon geboren. Die Hoffnung auf Erneuerung der Welt wurde damals auferbaut; don wurde auch die Verheißung des Lebens gepflanzt (siehe ApkBar 57,2). Wie die übertretung Adams Tod und Trübsal nach sich zieht, so liegen im Ursprung Abrahams die zukünftigen Heilsprozesse (= helles Wasser). Die Patriarchenzeit war der Ursprung der eschatologischen Erwartung. Ähnlich denkt auch das ganze Neue Testament. Hellenistischer klingt es, wenn nach Philo Abraham das göttliche Gesetz und die Gebote gehalten hat, und zwar nicht vom Geschriebenen belehn, sondern kraft der unge$chriebenen Natur danach eifernd, den gesunden und von aller Krankheit unberühnen Antrieben zu folgen (de Abr. 275 f.). Abraham ist das VfJ1bild des Gehorsams, der dem ungeschriebmen Gebot folgt. Man wird nicht umhin können, gewisse rabbinische Zusammenhänge zu nennen. Daß es von Anfang an Grundgebote Gottes für die ganze Menschheit gab (adamitische und noachitische Gebote), die den Bestand der Menschheit sichern, wird in zahlreichen Traditionen gelehrt (Str-B 11136 f.). Damit wird die Verantwonlichkeit des Heidentums festgehalten, von der auch das Alte Testament zeugt. Daß sich die Menschen nach diesen Grundgeboten Gottes nicht richteten, ist ihre Schuld. Vor allem ist auch an die Proselyten zu denken, die Gottes Gebote unter den Völkern halten. Paulus greift aber jetzt eine stoisch-philosophisclrt Trtulilion des Griechent ums auf (H. Lietzmann), die geeignet ist, escha talogisches Gewicht in sich aufzunehmen. Er bestätigt nicht das heidnische Selbstbewußtsein, sondern er stellt die Verantwortlichkeit des Heidentums heraus. Daß es sich in diesem Zusammenhang um wirkliche Heiden handelt (die aber vielleicht unter dem Einfluß des Diasporajudentums stehen), ist weithin in der Exegese anerkannt. Daneben aber findet sich eine auf Augustin zurückgehende zweite Auslegung, die an Htidmchristm denkt. In seinen antipelagianischen Schriften (de spiritu et littera 2fr28; contra J ulianum 4,23-25) vertri tt er die These, die litvT) seien Heidenchristen, die im begnadeten Zustand ihrer .)Natur« zur Erkenntnis und Erfüllung des Gesetzes kommen. In der Gegenwart findet sich die gleiche Deutung zunächst bei W. Mundle, Zur Auslegung von Röm 2,130:, ThBI 13, 1934, 249-256; K. Barth, Die kirchliche Dogmatik 12, 3. Aufl. 1945.332; F. Flückiger, Die Werke des Gesetzes bei den Heiden (nach Röm 2,14 ff.), ThZ 8, 1952, 17-42. Wo diese These vertreten wird, erscheinen die Heidenchristen im Licht der Gerechten, die als Täter des Gesetzes das Gesetz erfüllen. Im allgemeinen wird diese These von der gegenwärtigen Exegese als gekünstelt zurückgewiesen 30• Häufig werden die Sätze des Paulus hypothetisch verstanden: Die Täter des Gesetzes werden gerecht gesprochen werden (2,13). Dieser Grundsatz gilt sowohl für dieJ uden, die sich des Gesetzes rühmen, wie auch für die Heiden, die in ihrem Herzen auf Grund der Natur die Forderung Gottes vernehmen (2,14 f.). Die Heiden haben also die gleichen Möglichkei ten, das ewige Leben zu erwerben wie die Juden (2,fr 11), aber diese Möglichkeiten sind lediglichfzktiv und irreal, da alle Menschen in Wirklichkeit unter der Sünde stehen, und deshalb keine Berufung aufirgendwelchen Gehorsam gültig ist (3,20). Diese hypothetische Deutung kann sich auf2,26 berufen (.)wenn ... ee), darf aber nicht auf2, 14 ff. 30
Vgl. O. Kuss R 70 f.; P.
ALTHAUS
R 2'1.
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übenragen werden: 2,14 0: will keine Fiktion sein. Paulus rechnet damit, daß Heiden Gehorsam gegen die Forderung Gottes wirklich vollziehen. Dann entsteht das Problem nach dem Verhältnis von 2,14 tT. zu 3,20: grundsätzlich gilt, daß im eschatologischen Gericht jeder nach seinem Werk gerichtet wird (2,6). Der Gehonam gegen die Forderung Gottes bleibt nicht unbelohnt; der Ungehorsam gegen das götdiche Gebot bleibt nicht ohne Strafe. Und doch geht es im eschatologischen Gericht nicht bloß um den konkreten Gehonam im einzelnen, sondern auch um die unermeßliche Forderung des Gesetzes, an der jeder Mensch schuldig ist: an diesem Punkt ist jeder Mensch allein auf die Gnade Gottes angewiesen. Die paradoxe Spannung zwischen der Verantwonlichkeit des Menschen und der götdichen Gnade wird bei Paulus durchgehalten. Hat nun Paulus ein natürliches Sittengcsetz oder ein Naturrecht bei Heiden vorausgesetzt? Man muß diese Fragestellung mit großer Vorsicht behandeln, denn dem Apostel kommt es auf gar keinen Fall darauf an, von griechischen oder hellenistischen Voraussetzungen aus einen Ansatzpunkt rur das theologische Denken festzulegen. Grundsätzlich geht er von der Gültigkeit des mosaischen Gesetzes aus, und das den Heiden verpflichtende Gebot Goltes ist ein AMIogo1l zum mosaischen Gesetz. Es kommt Paulus hier nicht aufirgendeine Würde des natürlichen Menschen an, auch nicht auf»Funktionen, Fähigkeiten, Begabungen des Menschen als Menschen« (so o. Kuß), sondern auf den Anspruch Gottes und das Tun des Menschen3l • 11 F. FLOCKIGER, Die Werke des Gesetzes bei den HOden (ThZ 8, 1952, 17-42), nimmt an, daß Paulus sich mit einem jüdischen Anspruch auseinandersetzt, wie er in Sap 15,2-3 vorliegt: .Wenn wir auch sündigen, so bleiben wir doch dein, denn wir kennen deine Herrschaft. Weil wir aber wissen, daß wir zu den Deinigen gerechnet werden, wollen wir nicht sündigen. Denn dich kennen ist eine vollkommene Gerechtigkeit, und deine Herrschaft wissen ist die Wurzel der Unsterblichkeit.oe Es geht Paulus nicht nur um eine Abwehr eines jüdischen Anspruchs, sondern auch um eine Widerlegung einer bestimmten Auslegung der alttestamentlichen Botschaft. Solange die jüdische Auffassung von Gericht und Verheißung zu Recht besteht, ist dem Evangelium der Weg versperrt. Die Forderung des Alten Testaments heißt: Gehonam, aber Paulus radikalisiert sie durch das Motiv: .kein Ansehen der Person ... Aufdiese Weise wird der jüdische Vorzugsgedanke ausgeschlossen. Auch der andere Satz des Alten Testaments: .Nur der Täter des Gesetzes wird gerechtgesprochenoe wird von Paulus bejaht und bedarf seiner Auslegung, wenn daneben der Satz der Glaubmsgem:htigkeit Gülligkeil haben soU: .Nur der Glaubende wird gerechtgesprochen ... F. FLOCKIGER nimml nun an, daß die Glaubensgerechtigkeit die Erfüllung des Gesetzes, der Dienst des Geistes in Christus der wahre Gehonam sei; der prozeß der Scheidung der Menschen im Gericht kann sowohl aluestamentlich wie neuleslamenllich verstanden werden. tt! toü v6J.tou darf nach F. FLOCKIGER nicht kasuistisch vers landen werden: .. Einiges von dem, was das Gesetz befiehlt.ce Es handelt sich also nicht um das Zugeständnis, daß z.B. auch Heiden das Gebot, die Eltern zu lieben, erfüllen können. Ein kasuistischer Gehonam ist sowohl im Heidentum wie auch imJudenlum möglich, kann aber nicht als voller Gehonam und als Beständigkeit im Trachten nach gölllicher Anerk~nnung verstanden werden. Es geht um das vom Gesetz verlangte Vollwerk. cpUoEL kann entweder bedeuten: .von sich aus- (= von selber) oder .aIt solche- (= ohne Gesetz). LetzIlich ist gemeint, daß die Liebe des Gesetzes ErftiUung ist. Man wird in der Auseinandersetzung mit dieser auf Augustin und M. LUTHER sich berufenden Exegese daran festhalten müssen: Es gehl um eine eschatologische Möglichkeit, die an der Grenze allen menschlichen Seins immer wieder auftauchen kann. Zur Literatur vgl. F. FLOCKIGER, Die Werke des Gesetzes bei den Heiden, ThZ 8, 1952, 17-42; O. Kuss. Di(' Heid~n und die Werke des Gesetzes (nach Röm 2,14-16), MThZ 5, 1954, 77-98; J. B. SoutEK, Röm 2,140: in ..Antwon- (Barlh-Feslschrift), 1956, ~113; B. REICKE, NatürlicheTheologie nach Paulus, Svensk Exegetisk Anbok 22-23, 1957-58, 154-167; den., Syn~idesis in Röm 2,15, ThZ 1:1, 1956, 157-161; A. WALKER, Die Heiden und das Gerichl, EvTh 20, 1960, 302-314; G. 8oRNKAMM, Gesetz und Natur, Ges. Aufsälu 2, 1959, 9~118.
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tO lQ'YO'Y tOO v6f.WU (Sing.!) ist bei Paulus eine auffallende Wendung (weniger befremdlich wäre der Plural). Er denkt sicherlich nicht ausdrücklich an Jer 31,33, obwohl sich äußerlich in der Ausdrucksweise eine Ähnlichkei t feststellen läßt. Aber dort geht es um Gottes eschatologische Verheißung an Israel, hier um griechisch-hellenistische Würdigung des Heiden, der eine Analogie zum mosaischen Gesetz in seinem Herzen wiederfindet. Die ins Herz geschriebene Forderung des Gesetzes, das Gewissen und die Gedanken, die einander anklagen oder auch verteidigen, bilden eine Dreiheit von Zeugen, die dem Zeugenrecht des Alten Testaments entspricht (Dt 17,6; 19,15). Aufdem ersten Zeugen liegt allerdings wohl der Hauptton. Oder sollte in der Aufzählung nur von zwei Zeugen die Rede sein und das xa( in V 15c erläuternden Sinn haben: Das Gewissen würde dann eng mit den verklagenden und veneidigenden Gedanken zusammengehören; nachdem die Tat geschehen ist, wird sie der Kritik des Gewissens unterworfen. Die Gedanken könnten einander verteidigen und anklagen, könnten aber auch U neile sein, die im Verkehr der Menschen unter~inander gefällt zu werden pflegen. Es ist nicht leicht, diese Dreiheit der Zeugen zu analysieren oder ihr Verhältnis zueinander zu bestimmen, da sie in Wirklichkeit ein einheitliches Zeugnis ablegen (cru~J1(lQt\lQEiv32). Das »Gewissen« (cruvdÖYJOL~) ist auf das Gesetz Gottes (sonst auch auf die Norm des Evangeliums) ausgerichtet und ist ein Ausdruck dafür, daß der Mensch in jeder Situation sich vor dem Urteil Gottes verantwortlich weiß. Das Alte Testament kennt zwar das Phänomen des Gewissens seit uralter überlieferung (z.B. Gen 3,8; 4,13 f.), hat aber Mühe, es begrifllich und funktionsmäßig in seinem Eigengewicht verständlich zu machen. Seine bildhafte und konkrete Ausdrucksweise, seine Möglichkeiten, diesen entscheidenden Tatbestand zu beschreiben, sind grundsätzlich anzuerkennen (vgl. auch Scham, Schuldbewußtsein, Selbstrechtfertigung, Selbstbehauptung) . Das »Herz« ist als Sitz des »Gewissens« verstanden ( I Sam 24,6; 2Sam 24, I 0), und damit ist für die Folgezeit eine bestimmte Redeweise festgelegt. Im Rabbinat tritt die Lehre von den heiden Trieben an den Ort, der den ethischen Konflikt beschreibt; der »gute Trieb« treibt den Menschen zu allem Guten an, wie der »böse Trieb« ihn zu Fall zu bringen versucht. TesrJud 20 spricht von zwei Geistern, die um den Menschen kämpfen, dem Geist der Wahrheit und dem Geist des Irrtums; zwischen beiden steht die Einsicht des Ventandes. Er kann sich dahin neigen, wohin er will. In das Herz des Menschen werden eingeschrieben der Wahrheit und des Truges Werke, so daß der Mensch sich nicht verbergen kann. Vor dem eigenen Herzen wird der Sünder rot und kann zum Richter nicht sein Antlitz erheben. Noch stärker hellenistisch ist die Beschreibung des »Gewissens« bei Philo (0\.IVe~, lleyx~). Wenn wir durch unser Gewissen der eigenen Sünden überfUhrt sind, sollen wir zu Gott flehen, er möge uns strafen; er wird uns dann helfen, indem er den zurechtweisenden Tadel, sein eigenes Wort, in unsere Seele entsendet, durch das er sie um ihrer Sünden willen schmäht und schilt und retten wird (quod. det. pot. ins. 32 O\I~QEiv heißt eigentlich: »mitbe-~eugen«, dann »bestätigen •• , »Zeugnis ablegen«. Entweder CI ist gemeint, daß das Zeugnis des Gt'wissens mit dem der Personen im Einklang steht, oder es handelt sich um t'ine feststehende Wendung mit einer Aufzählung von Zeugen wie in Röm 9,1, wo dieselbe Form wiederkehn. Man achte auf das vorangestellte auuiw. BARltETTR 53 legt ebenfalls Gewicht auf das ente Glied; das Gewissen stimmt mit dem Gesetz überein und äußert sich in bestimmten Gedanken.
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sol. 46). Der Geist des Menschen ist Zeuge dessen, was er im Verborgenen plant, er ist der unbestechliche und aUeruntrüglichste überführer (poster. C. 59). Auch bei Philo ist das Gewissen der On, an dem sich ein forensischer Kampf abspielt; es ist daher Zeuge, Ankläger und Richter. Das jüdische Element bezieht sich dann auf das richtende Won Gottes, das hellenistische Element auf die kritische Funktion des menschlichen Geistes (voiJ~). Für Philo sind aber diese heiden Beziehungspunkte des Gewissens keineswegs gegensätzlich verstanden. Die begrißliche Fassung des Gewissens entfaltet sich im Hellenismus unter philosophischem Einfluß (Sextius; vgl. Seneca, de ira 3,36), wobei vielleicht die Gewissenserforschung zuletzt von den Pythagoreern übernommen wurde. Es bleibt unsicher, ob Paulus sich über das hellenistische Judentum den Begriff des nGewissenscc angeeignet hat (was an sich wahrscheinlich ist) oder ob unmittelbar Einflüsse griechischer Philosophie an ihn gelangt sind33• Jeder Mensch steht nach Paulus vor einer göttlichen Forderung, die sich unabhängig von seinem Wollen und Handeln, aber auch gegen sein Wollen und Handeln in seinem Herzen behauptet. Auch jeder Heide weiß um diese Unterscheidung von Gut und Böse, von Recht und Unrecht, sowie um die Notwendigkeit, sich vor Gott zu verantwonen. Das mosaische Gebot hat also seine Analogie im Gewissen des Menschen, das Gottes Forderung durchaus kennt. Man kann schwerlich entscheiden, ob Paulus von der Offenbarung Gottes in Jesus Christus her den Inhalt des Gewissens auf den Dekalog reduziert oder an eine Bestätigung der noachitischen Gebote denkt. Daß er den Inhalt des Gewissens nicht scharf abgrenzt, ist bezeichnend. Ihm kommt es mehr auf das Phänomen der Verantwonlichkeit grundsätzlich an als auf eine deutliche inhaltliche Bestimmung. Vielleicht d~ man darauf hinweisen, daß das ~~Gewissencc als Norm auch im Christenstand durchaus lebendig sein muß, ja, daß es den Wandel in der Gemeinde immer wieder bestimmen muß. Allerdings ist sein Uneil inhaltlich keineswegs allgemein festliegend, sondern es kann verschieden reagieren.
Die Gedanken (AoYI.OJ.'O() hängen offenbar mit dem Gewissen zusammen und stellen im Bewußtsein des Menschen ein Abbild des göttlichen Gerichtes dar, indem sie sich untereinander anklagen oder verteidigen 34 • Der angeschlossene Re33 Das >lGewissencc (t'! ouvE(b1lOU;) steht im Neuen Testament nicht auf sich selbst, sondern ist Ausdruck einer Verantwonung vor Gou. Der Begrifffehlt im Alten Testament ganz, allerdings nicht die Sache. In der LXX begegnet OUVEtbt)oU; in Eccl 10,20; Sap 17,10. Bei den Griechen findet sich häufiger tO OUVE~, ebenso bei Philo. Bei Paulus fehlt eine adjektivische Bestimmung in den älteren Briefen (gutes, reines, böses Gewissen). Zur Geschichte des Begriffes vgl. M. KAHLER, Das Gewissen, 1878; R. STEINMETZ, Das Gewissen bei Paulus, 1911; H. BoHLtG, Das Gewissen bei Seneca und Paulus, ThStKr87, 1914, 1-24; F. TILLMANN, Zur Geschichte des Begriffs ••Gewissencc bis zu den paulinischen Briefen, Festschrift S. Merkle, 1922, 33~347; F. ZUCKER, Syneidesis-Conscientia, 1928; TH. ScHNEIDER, Der paulinische Begriffdes Gewissens (Syneidesis), Banner Zeitschr. f. Theol. u. Seelsorge 6, 1929, 193-211; den., Die Quellen des paulinisehen GewissensbegrifTes, ebd. 7, 1930,97-112; H. OSBORNE, l:uvd6TJOt;,JThSt 32,1931, 167-179; C. SrtcQ, La consciencedans le NT, Revbibl47, 1938, 50-80 1J. DUPONT, Syneidesis aux origines de la notion chretienne de conscience morale, Studia Hellenistica 5, 1948, Il~153;C. A. PIERCE, Consciencein the NT, 1955; B. REICKE, Syneidesis in Röm 2,15, ThZ 12, 1956, 157-162; außerdem den Exkurs von O. Kuss, Das Gewissen (R 76-82). ouvU6rt~ gehön als Begriffin die griech. PopularphilosophiG und beschreibt den an den Menschen gerichteten Anspruch, dem er sich stdlen muß. Nur dann, wenn dieser Anspruch von außen gebön und ernstgenommen wird, kann das Menschsein bewahn werden. Gebet und Gebot tragen du ursprüngliche Wissen des Menschen. 34 Nach R. BULTMANN, Glossen im Römerbrief(ThLZ 72,1947,201) soU man 1. an den Gesetzesgehonam, 2. an das Gewissen, 3. an die von Paulus gefiihne Diakuaion denken. ~ können sowohl nGedanken« als auch »Argumente« sein. KAsEMANN R 61 [ spricht von dem transzendenten
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Ocr Richter und der Maßstab des Gerichtes
'tO lQ'yov'toü v6f.Wu (Sing.!) ist bei Paulus eine auffallende Wendung (weniger befremdlich wäre der Plural). Er denkt sicherlich nicht ausdrücklich an Jer 31,33, obwohl sich äußerlich in der Ausdrucksweise eine Ähnlichkeit feststellen läßt. Aber dort geht es um Gottes eschatologische Verheißung an Israel, hier um griechisch-hellenistische Würdigung des Heiden, der eine Analogie zum mosaischen Gesetz in seinem Herzen wiederfindet. Die ins Herz geschriebene Forderung des Gesetzes, das Gewissen und die Gedanken, die einander anklagen oder auch verteidigen, bilden eine Dreiheit von Zeugen, die dem Zeugenrecht des Alten Testaments entspricht (Dt 17,6; 19,15). Aufdem ersten Zeugen liegt allerdings wohl der Hauptton. Oder sollte in der Aufzählung nur von zwei Zeugen die Rede sein und das xa( in V 15c erläuternden Sinn haben: Das Gewissen würde dann eng mit den verklagenden und verteidigenden Gedanken zusammengehören; nachdem die Tat geschehen ist, wird sie der Kritik des Gewissens unterworfen. Die Gedanken könnten einander verteidigen und anklagen, könnten aber auch U rteHe sein, die im Verkehr der Menschen unter~inander gefällt zu werden pflegen. Es ist nicht leicht, diese Dreiheit der Zeugen zu analysieren oder ihr Verhältnis zueinander zu bestimmen, da sie in Wirklichkeit ein einheitliches Zeugnis ablegen (O'UJlJlaQ'tUQELV 32 ). Das »Gewissen ce (O'UvdÖT)mc;) ist auf das Gesetz Gottes (sonst auch auf die Norm des Evangeliums) ausgerichtet und ist ein Ausdruck dafür, daß der Mensch in jeder Situation sich vor dem Urteil Gottes verantwortlich weiß. Das Alte Testament kennt zwar das Phänomen des Gewissens seit uralter überlieferung (z.B. Gen 3,8; 4,13 f.), hat aber Mühe, es begrifllich und funktionsmäßig in seinem Eigengewicht verständlich zu machen. Seine bildhafte und konkrete Ausdrucksweise, seine Möglichkeiten, diesen entscheidenden Tatbestand zu beschreiben, sind grundsätzlich anzuerkennen (vgl. auch Scham, Schuldbewußtsein, Selbstrechtfertigung, Selbstbehauptung). Das »Herzcc ist als Sitz des )~enscc verstanden (1 Sam 24,6; 2Sam 24,10), und damit ist für die Folgezeit eine bestimmte Redeweise festgelegt. Im Rabbinat tritt die Lehre von den heiden Trieben an den Ort, der den ethischen Konflikt beschreibt; der »gute Triebcc treibt den Menschen zu allem Guten an, wie der »böse Triebcc ihn zu Fall zu bringen venucht. Tes\Jud 20 spricht von zwei Geistern, die um den Menschen kämpfen, dem Geist der Wahrheit und dem Geist des Irrtums; zwischen heiden steht die Einsicht des Verstandes. Er kann sich dahin neigen, wohin er will. In das Herz des Menschen werden eingeschrieben der Wahrheit und des Truges Werke, so daß der Mensch sich nicht verbergen kann. Vor dem eigenen Herzen wird der Sünder rot und kann zum Richter nicht sein Anditz erheben. Noch stärker hellenistisch ist die Beschreibung des ))Gewissenscc bei Philo (auvE~, lMyx~). Wenn wir durch unser Gewissen der eigenen Sünden überführt sind, sollen wir zu Gott flehen, er möge uns strafen; er wird uns dann helfen, indem er den zurechtweisenden Tadel, sein eigenes Wort, in unsere Seele entsendet, durch das er sie um ihrer Sünden willen schmäht und schilt und retten wird (quod. det. pot. ins. u O\IJlJIQQ't\.IQEiv heißt eigentlich: .. mitbneugen«, dann .. bestätigen«, .. Zeugnis ablegen ... Entweder es ist gemeint, daß das Zeugnis des Gewissens mit dem der Penonen im Einklang steht, oder es handelt sich um eine feststehende Wendung mit einer Aufzählung von Zeugen wie in Röm 9,1, wo dieselbe Form wiederkehrt. Man achte auf das vorangestellte aimöv. BARRETrR 53 legt ebenfalls Gewicht auf das erste Glied; das Gewissen stimmt mit dem Gesetz überein und äußert sich in bestimmten Gedanken.
Röm 2,1-16
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sol. 46) . Der Geist des Menschen ist Zeuge dessen, was er im Verborgenen plant, er ist der unbestechliche und alleruntrüglichste überführer (poster. C. 59). Auch bei Philo ist das Gewissen der Ort, an dem sich ein forensischer Kampf abspielt; es ist daher Zeuge, Ankläger und Richter. Das jüdische Element bezieht sich dann auf das richtende Wort Gottes, das hellenistische Element auf die kritische Funktion des menschlichen Geistes (voü~). Für Philo sind aber diese beiden Beziehungspunkte des Gewissens keineswegs gegensätzlich verstanden. Die begriftliche Fassung des Gewissens entfaltet sich im Hellenismus unter philosophischem Einfluß (Sextius; vgl. Seneca, de ira 3,36), wobei vielleicht die Gewissenserforschung zuletzt von den Pythagoreern übernommen wurde. Es bleibt unsicher, ob Paulus sich über das hellenistische Judentum den Begriff des »Gewissens« angeeignet hat (was an sich wahrscheinlich ist) oder ob unmittelbar Einflüsse griechischer Philasophie an ihn gelangt sind33• Jeder Mensch steht nach Paulus vor einer göttlichen Forderung, die sich unabhängig von seinem Wollen und Handeln, aber auch gegen sein Wollen und Handeln in seinem Herzen behauptet. Auchjeder Heide weiß um diese Unterscheidung von Gut und Böse, von Recht und Unrecht, sowie um die Notwendigkeit, sich vor Gou zu verantworten. Das mosaische Gebot hat also seine Analogie im Gewissen des Menschen, das Gottes Forderung durchaus kennt. Man kann schwerlich entscheiden, ob Paulus von der Offenbarung Gottes inJesus Christus her den Inhalt des Gewissens auf den Dekalog reduziert oder an eine Bestätigung der noachitischen Gebote denkt. Daß er den Inhalt des Gewissens nicht scharf abgrenzt, ist bezeichnend. Ihm kommt es mehr auf das Phänomen der Verantwortlichkeit grundsätzlich an als auf eine deutliche inhaltliche Bestimmung. Vielleicht darf man darauf hinweisen, daß das )>Gewissencc als Norm auch im Christenstand durchaus lebendig sein muß, ja, daß es den Wandel in der Gemeinde immer wieder bestimmen muß. Allerdings ist sein Urteil inhaltlich keineswegs allgemein festliegend, sondern es kann verschieden reagieren.
Die Gedanken (AoyL0J10() hängen offenbar mit dem Gewissen zusammen und stellen im Bewußtsein des Menschen ein Abbild des göttlichen Gerichtes dar, indem sie sich untereinander anklagen oder verteidigen 34 • Der angeschlossene ReII Das "Gewissen« ('i\ ouveUn)oa.;) steht im Neuen Testament nicht auf sich selbst, sondern ist Ausdruck einer Verantwortung vor GOll. Der Begrifffehlt im Alten Testament ganz, allerdings nicht die Sache. In der LXX begegnet ouvelbl}oLC; in EcclIO,20; Sap 17,10. Bei den Griechen findet sich häufiger lO OUVE~, ebenso bei Philo. Bei Paulus fehlt eine adjektivische Bestimmung in den älteren Briefen (gutes, reines, böses Gewissen). Zur Geschichte des Begriffes vgl. M. KAHLER, Das Gewissen, 1878; R. STEINMETZ, Das Gewissen bei Paulus, 1911; H. BoHLlG, Das Gewissen bei Seneca und Paulus, ThStKr 87. 1914, 1-24; F. TILLMANN. Zur Geschichte des Begriffs atGewissen« bis zu den paulinischen Briefen, Festschrift S. Merkle. 1922.336-347; F. ZUCKER, Syneidesis-Conscientia, 1928; TH. ScHNEIDER, Der paulinische Begriff des Gewissens (Syneidesis), Bonner Zeitschr. r. Theol. u. Seelsorge 6, 1929, 19l-211; den., Die QueUen des paulinischen Gewissensbegriffes, ebd. 7, 1930,97-112; H. OSBOR.II/E,l:uvt:L61')OL~,JThSt32, 1931, 167-179; C. S'ICQ, La consciencedans le NT, Revbibl47, 1998. ~I J. DUPONT, Syneidesis aux origines de la notion chretienne de conscience moraJe, Studia Hellenistica 5,1948, I 19-153;C. A. PIERCE, Consciencein the NT, 1955; B. REICKE. Syneidesis in Röm 2,15, ThZ 12, 1956, 157-162; außerdem den Exkun von O. Kuss, Das Gewiuen (R 76-82). CJUYe(bwp.~ gehön als BcgrifI'in die griech. PopularphilosophiG und beschreibt den an den Menschen gerichteten Anspruch, dem er sich stellen muß. Nur dann, wenn dieser Anspruch von außen gehört und ernstgenommen wird, kann das Menschsein bewahn werden. Gebet und Gebot tragen du ursprüngliche Wissen des Menschen. l4 Nach R. BULTMANN,Glouen im Römerbrief(ThLZ 72,1947,201) soU man 1. an den Gesetzesgehorsam, 2. an du Gewissen, 3. an die von Paulus gefiihne Diskuaion denken. ÄDyUJJ.IO( können sowohl »Gedanken« als auch »Argument~ sein. KAsEMANN R 61 { spricht von dem transzendenten
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Der Jude im Gericht
lativsatz V 16 bezi~ht sich eind~utig auf das jüngste G~richt und macht hier ein~n luUun7ulm Eindruck. Man muß vi~lI~icht rin~n Zwischengedanken einschieben: ))dies~r verborgen~ Tatbestand wird am Tage des Gerichts aufgedeckt, nämlich dann, wenn Gott die V~rborgenheit der Menschen richten wird, wie ich es in mein~m Evang~lium durch Jesus Christus verkündige«. N~hmen wir die Ursprünglichkeit eines derartigen Zusamm~nhangs an, dann ist sich Paulus bewußt, in den vorangegangenen Versen 12-15 eine kühne und anstößige Aussage g~macht zu haben, die den Widerspruch des Judentums hervorrufen muß. Er kann in dies~r Auseinand~rsetzung sich nur auf di~ eschatologisch~ Herausstellung d~r Wahrh~it beruf~n, und er tut es in ~in~r fei~rlichen, autoritativen Aussage35 • ÖUI XQLOtO'Ü 'ITJOO'Ü gehört sein~r St~lIung nach in di~ sachliche Nähe von 'to EUayytA.a.ov: ))durch m~in Evangelium, das mir durchJesus Christus aufg~trag~n istcc. And~rs wä~ d~r V~rsuch, ÖLC'i XQLOto'Ü '1'100'Ü aufXQ(VEL zurückzubezi~h~n: ))wobei Christus am jüngsten Tage Richter sein wirdcc. xa'tß 'to roayyG.L6v ....oo findet sich in feierlichen Zusammenhängen (Röm 16,25; 2Tim
2,8). Röm 2,17-29: Der Jude im Gericht 17WeDJI du dich aber ltOIz eiDm Juden DeDDII, dich auf du Gaea verWk uad dich Gottee rü hm_, li_iDen Willen kemut uad zu prifm ventelut, wonuf a .n....mt, weil du ... dem Gaetz unterrichtet bOt, "wmn du dir zutraut, ein Führer der BliDclm zu leiD, ein Ucht derer, die in der Finlterni8 lind, 20ein Er· zieher der Unweisen, ein Lehrer der Unmündipn, weil du die GataltuDl der Er· kematni. und der Wahrheit im Gesetz halt - 21 DUß, der du dm uaderea lehnt, belehnt du dich Hlb.t Dicht? Der du verlriindipt: Nicht .tehlmJ du stiehlst? 12 Der du den Satz au&tellst: Nicht ehebrechenJ du briclut die Ehe? Der du die Götzen venbecheut, du berauba ihre Tempel? 21 Du, der du dich da GeIetIeI rühmst, schindat du durch die VbertietuDl da GaeaeI Gott? 24 Wird doch der Name Gottee um euretwillen unter den Heiden verUi8ten, wie pKluiebeD ItebL
Anlpruch, den der Men.m ltaU aUi der Tora in der eigenen Exiatmz eriähn, von der reactio der Selbeduitik und der Dialektik über lieh selbst. Diesen Kriterien muß er sich lleUen, er kann sie nicht zum Schweigen bringen, und er Iteht in der gleichen AUleinandersetzung wie lpäter der Mensch nach Röm 7,7 ff. Die antike Tragödie und die hellenistische Erönerung des Gewiaaeßlprobleml können als Vorauaetzungen dieser pauliniscben Beschreibung angesehen werden. l5 Es wäre natürlich eine Erleichterung, wenn man Mdxwvtm (V 15) und XO(VEl (V 16) einheitlich futurisch verstehen könnte. A~r in diesem Fall ü~rsieht man den engen Zusammenhang zwischen V 14 und V 15. Man hat auch V 14-15 als eine Parenthese angesehen und V 13 mit V 16 zusammengezogen (SAHDAy-HEADLAM, C. H. DooD) oder V 14-15 geslrichen U. WEISS). Wicderandere Ausleger denken bei V 16 an du gegenwärtige Gericht, das sich in der Predigt wUzieht (CHL V. HOFMANN, H. E. Wuu). R. BULTMANN sieht in Röm 2,16 eine Interpolation, die vieUeicht aufden Redaktor der Schlußliturgie (Röm 16,25-27) zurückgeht. Die ltilistischen Schwierigkeiten in Ußlerem Zusammenhang lind Ichwerlich lösbar. Wichtig ilt die Zusammenfassung KAuMANNR 63 (BAUElTR 53 f.): V 15 projiziert Apokalyptik in die Anthropologie. V 161chützt diesen Tatbestand, führt sogar zu einem Höhepunkt. Der Mensch ist daraufhin ansprechbar. Paulus setzl sogar leine Autorität gerade hier ein. Die Verkündigung des Gerichtl gehört notwendig zum Evangelium, und jede urchristliche Millionspredigt verbindet sich gleichzeitig mit der Gerichtsansage.
Röm 2,17-29
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Beschneidung hat gewiß ihren Nutzen, wenn du du Gesetz hälut; wenn du aber Obertreter des Gesetzes bist, dann ist deine Beschneidung zur Unbeschnittenheit geworden. 26Wenn aber ein Uabeschnittener die Satzungen des Gesetzes hält, wird ihm dann nicht seine Unbeschnittenheit ab Bachneidung anprechnet werden? 27Und es wird der leiblich Unbeschnittene, der aber du Gesetz erfüllt, Richter sein über dich, der du trob geschriebenem Gesetz und Beschneidung ein Obertrete!' des Gesetzes bist. 28 Denn nicht deJjen\ge ist ein Jude, der sieh öffentlich dafür ausgibt, auch ist du nicht die rechte Beschneidung, die am Fleisch geschieht und sich als Beschneidung ausgibt, 29 sondern der ist ein wahrer Jude, der es im Verborgenen ist, und das ist eine wahre Beschneidung, die am Henen geschieht durch den Geist und nicht durch den geschriebeDen Buchsaben. Du ist ein Jude, dessen Lob nicht von MeDIChen, sondern von Gott kommt. Anaryse: Mit Röm 2,17 wendet sich Paulus ausdrücklich an den Juden, und zwar an den Verkündiger des Gesetzes unter den Heiden. Der an 2,1-16 sich eng anschließende Abschnitt 2,17-29 nimmt jüdische Anschauungen auf und überwindet sie durch die Radikalisierung des Gerichtsurteils, das Paulus als Verkündiger des Evangeliums über das Judentum ausspricht. Damit wird dieser Abschnitt zum Gegenstück von Röm 1,18-32, in dem das Gericht über den Heiden ausgesprochen wird. Man kann zwei Unterteile feststellen, die sich schon im Ton voneinander unterscheiden: 2,17-24 klingt rhetorisch-dialektisch (vgl. die häufige Frageform), 2,2>-29 ist mehr lehrhaft-thetisch 1• Im ersten Unterteil steht der Vorzug des Gesetzes im Vordergrund, im zweiten dagegen die Beschneidung. Der Unterteil 2,17-24 ist letztlich ein einheitliches Satzgefüge. Paulus beginnt zunächst mit aneinandergefügten Bedingungssätzen (5 Glieder mit nachgestellter Partizipial bestimmung) , dann bricht er ab (Anakoluth) und setzt mit einer neuen Aufzählung ein, die aus unverbundenen Substantiven besteht (4 Glieder), aber auch in einer nachgestellten Partizipialkonstruktion endigt. Die anschließenden Fragesätze (oder Ausrufe) ersetzen eigentlich den Nachsatz. Sie bestehen vielleicht aus 5 (bzw. bei einer Ablösung von V 23 aus 4) Gliedern. M. J. Lagrange und H. Lietzmann sehen in V 23.24 den logischen Abschluß, wobei V 23 keine Frage, sondern eine Aussage wäre. Der zweite Unterteil 2,2>-29 beginnt zunächst mit einer prägnanten These (2,25a), die durch die folgenden tav-Sätze auf das Verhältnis von Heidentum und Judentum ihre Anwendung findet. Mit den entscheidenden Thesen 2,28-29, die als solche schon am Stil erkennbar sind, erreicht dieser Unterteil seinen Höhepunkt und Abschluß, der auch äußerlich durch den Hinweis auf Gott selbst gekennzeichnet ist. Exegese: In dem besonders lebhaften und kunstvoll aufgebauten Abschnitt sieht sich Paulus dem jüdischen Gesetzeslehrer gegenüber. Er schildert ihn mit den Ausdrücken der Würde und des Selbstbewußtseins, die der Schriftgelehrte 15 Die
1 V gl. R. BUL TM A.'liN , Der Stil der paulinischen Predigt und die kynisch-stoische Diatribe, 1910; H. ScHLIER, Von denJudrn in Röm 2,1-29, E"Th 5, 1938,2630".; A. FRIDRICHSEN, Der wahrejude und sein Lob, Symb. Arct. 1922,390".; G. BoRNKAMM, Paulinische Anakoluthe, Ges. Aufsätze I, 2. Aufl. 1958, 76-92; Paulus spricht nicht ironisch, sondern im Hinblick auf äußerste Perversion (KASE.MAl'\NR 64). Doch vgl. A.j. HESCHEL, The Prophets, 1962,30".; 247 0".; 268 0".; 2790".; 299 ff. Der Prophet sagt oft das Gegenteil \"on dem, was er wünscht; er zieh aber ab auf die Versöhnung des Menschrn mit GOIt.
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Der Jude im Gericht
sich selbst zuzulegen pflegt. PauJus bestreitet den Anspruch des Gesetzes-Verkündigers nicht, wohl aber deckt er den Zwiespalt zwischen Anspruch und Existenz, Wort und Handeln in ihm auf. Es gibt nach Paulus lediglich den Maßstab des Gehorsams gegen das Gesetz, der sowohl für einen Beschnittenen als auch für einen Unbeschnittenen Gültigkeit hat. Der rechte Gehorsam gegen die Gebote Gottes ist auch das Kennzeichen des wahren Israel. V 17: Paulus sagt jetzt offen, daß Gottes Angriffnicht nur dem Heiden, sondern auch demjuden gilt. Das Gericht Gottes durchschlägt alle Sicherungen Israels. Schon der BegriffnJude«, den man in der Diaspora nicht selten dem Eigennamen hinzufügte (btovo,..,ateoiklL), bedeutete für seinen Träger eine Verpflichtung 2 • Jude sein hieß: Bekenner des einen Gottes zu sein (Str-B III 96). Mochte man diese Bezeichnung auch als Schimpfwort benutzen, für ihren Träger war und blieb sie ein Ehrenname3 . Aber man nennt sich nicht nur Jude, sondern vertraut als solcher auf das Gesetz (btavwtaueoiku v6f.up)4 und rühmt sich Gottes in Gebet und Bekenntnis (xauXäoiku tv'6EJer 9,23; PsSa117, 1). Die Reihenfolge:Jude, Gesetz, Gott ist bezeichnend und bedeutet eine Steigerung. Daß diese Begriffe eng mi teinander verbunden sind, beweisen die jüdischen Gebete (z.B. ApkBar 48,22 ff.). Die Schilderung des Paulus ist also dem geschichtlichen Selbstbewußtsein des Judentums entnommen. V 18: Auffallend ist der Anspruch desjuden, den nWillen« zu erkennen. Hinter dieser Wendung steht die jüdische Gewohnheit, den Begriff)) Willen« (= Gottes Willen) absolut zu gebrauchen. So gibt es die jüdische und aramäische Formel: ))Möge es (Gottes) Wille sein« (ZnR 138). Dieser Wille bekundet sich in der Tora, denn Gottes Wille und Gesetz gehören eng zusammen. Es gehört zu Israels Ruhm, daß es allein Gottes Willen kennt; Israel hat die Aufgabe, durch Gesetz und Belehrung die Menschheit zu unterrichten. ÖOXI.,..,atEI.V'tQ öl.acptQavto ist eine Fähigkeit Israels, die in der Auslegung Verlegenheit bereitet. ÖOXI.J.latel.v heißt: )prüfen, als erprobt annehmen«; 'tcl ÖLacptQOVto weist hin auf Unterscheidungen (z.B. Gutes und Böses, Judentum und Heidentum) bzw. auf das, worauf es ankommt (das ))Wesentliche«, das )Bessere«). Wichtig ist, daß Paulus im Gebet wünscht, die Gemeinde möchte die Fähigkei t empfangen, die Unterschiede zu prüfen (Phil I, I 0). Es handelt sich also um eine feststehende hellenistische Wendung5 , die eine besondere Bedeutung sowohl für das Juden turn als auch für die christliche Gemeinde gewonnen hat. Es :z Zum Begriff»Jude« vgl. Apg 18,2.24; 22,3 (fester Stil!); A~oh 2,9; 3,9 (beide Male als Ausdruck jüdischen Stolzes). Vgl. auchJos. c. Ap. 1,165. Auf Grabinschriften findet sich 'Iouooioc; z.B. CtG 9916; 9926; CIJ I 530.643. Man nennt sich »Jude« um der Nichtjuden willen. 3 Der Begriff6 'I~ ist alao andersartig a11'E~~ und 'IOQCJ11A.(tT)I;. Es geht Paulus hier nicht um Sprache und Heilsgeschichte, sondern um das Verhälmis des Juden zum Heiden. Wie das Sclbstbcwußtscin des Judentums selbst das Gebet bestimmt, zeigt deutlich 4Esr 6,5!>-59. 4 b:avamx6eotOL v6f.up hei.8t: »sich ausruhen, sich stützen aufdu Gesetz« Mi 3,11; 2Kön 5,18; 7,2.17; Ez 29,7; I Mall 8,11. S Weitgehend haben die Kommentare von M. J. LAGRANGE, SANDAy-HEADLAM und H. LIETZ. MANN das hellenistische Material zusammengestellt, ohne allerdings die Frage aufzuwerfen, inwieweit diele Wendungjudaisicrt wurde. Paulus schließt sich ofl"cnbar an den Sprachgebrauch der hellenistischen Synagoge an. Es fällt übrigens auf: wie schillernd die Wendung im damaligen Hellenismus gebraucht wird.
Röm 2,17-29
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liegt nahe, daran zu denken, daß man die eigene Berufung gegenüber der heidnischen Umgebung durchsetzen muß und daß eine feste katechetische Unterweisung dazu dient, die Grenze gegenüber dem Heidentum aufzurichten. Die Wendung will besagen, daß man im konkreten Leben die rechte Unterscheidung zwischenjudentum und Heidentum finden muß und sich dabei vom Gesetz belehren läßt 6 • xaTrJXEia6aL paßt gut in diesen Zusammenhang und geht in die Richtung einer katechetischen Unterweisung (Gal6,6; IKor 14,19). Es handelt sich also um eine katechetische Tradition. V 19: Es folgt eine Gruppe von zwei mal zwei Gliedern, die durch "tE angeschlossen sind. Der asyndetische Stil entspricht den Aufzählungen (Röm 1,29 ff.). Wir sehen den Gesetzeslehrer vor uns, der sich zum Wegweiser für die heidnische Welt berufen weiß. Dabei haben wir zunächst an die konkrete Berührung der hellenistischen Missionspredigt mit der heidnischen U mgebu~ zu denken, in der diese Begriffe des Paulus eine RoUe spielten, doch sind diese Begriffe in eine darüber hinausreichende ältere Tradition gesteUt.ntJtoLfa; hat nach M. Luther einen abwertenden Klang (»du vermissest dichcc); gemeint ist ein naives, vor der Wahrheit des Evangeliums zerbrechendes Selbstvertrauen (securitas). 6bTribc; wcpA.WV setzt ebenso wie in Mt 15,14; 23,16.24 eine bestimmte Tradition voraus, die wir bisher nur lückenhaft verfolgen können. Eine genaue Parallele aus dem Rabbinat fehlt bisher'. Sicher ist, daß der Jude sich als Wegweiser und Führer des Heiden berufen wußte (äthHen 105,1; OrSib 3,194 f.;Jos c. Ap. 11 41). Daß die Heiden »Blinde« sind, daß man selbst das »Lichtc( bringt, für die Heiden ))Lichtbringer« ist, setzt einen ganz bestimmten Bildkreis der jüdisch-hellenistischen Missionssprache voraus (Sap 18,4). Ist der ))Blinde« sehend, die ))Finsterniscc beseitigt worden, dann bleibt der Bekehrte trotzdem noch unbeholfen und unmündig. Darum sieht der Schriftgelehrte gütig und überlegen als ))Erzieherc( auf die ))Torencc, als ))Lehrer« auf die ))Unmündigencc herab. Die Verbindung von naLÖEU'tiJ; und Ö~ ist ebenso überzeugend wie die Zusammenstellung von dcpQove; und vTptLOL. In gewisser Weise bleibt also die überlegenheit des Schriftgelehrten auch dem Proselyten gegenüber erhalten. Den Abschluß bildet wieder eine Partizipialkonstruktion, die sicherlich als eine Art Höhepunkt angesehen werden muß (fxovta ... ). YVÖKJL; und cUytitELa sind feierliche Begriffe, in denen sich die Sehnsucht • Man acht~ auf di~ eigmartig~ Präposition b, di~ zu d~m Partizip xcmtX~ hinzutritt. b kann jüdisch v~rstand~n ~rd~n und dm L~hm' bez~ichn~n, von d~ man lernt. Der Gritth~ würd~ vi~lIeicht an das Ges~tz als ~hrbuch dmk~n, aus d~m man I~mt. Vgl. W. BACHER, D~ ält~st~ Terminologi~ d~r jüdischen Schriftauslegung, 1899,95. 7 Wichtig ist vor all~ di~ Berührung mit Deuterojesaja (42,6.7: ~ ~oU~~, 49,6: ac;~ ttYciJy = Apg 13,47). Es lieht 10 aUl, als habe man aufden Lehrer der Tora die Gonesknecht-Sprüche angewandt. All Parallele wird BQ 52a notiert: .Wenn ein Hin über .eine Herde zürnt, macht er den Leithammel blind.. (Ser-B 1721; SANDAy-HEADLAMR 65). Wichtig ist das Selbst~ßlIein des Beters in IQH 2,8-9: .Ich bin eine Schlinge für die Sünder und ein Arzt für alle, die umkehren von der Sünd~, Klugheit für die Törichten ... Vgl. auch IQ 126, fr. 28b, Col. IV 1.7 r. (priesterliche Ben~iktion): .Er mache dich ... zu einer großm ~uchte, zum Licht für die W~h in Erk~nntnis, umdas Angesicht der Viel~n zu erleucht~n (mit der W~isheitdes ~bms) ... Vgl. IQH 4,1.7: .. Durch mich hast Du das Antlitz von vielen erleuchtet .• TestLevi 18,3.9 über d~n priest~rlich~n Messias: .. Das Licht der Weish~it.trahlet auf«; -die Heiden ... werden durch die Gnadr des Herrn erleucht~t .•
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des antiken Menschen, aber auch der Anspruch der Philosophie und der Religionen widerspiegelte. Die Offenbarung Gottes im Gesetz verspricht die •• Gestaltungee (f.l~ sonst nur noch in 2Tim 3,5), die vollkommene Ausprägung der Erkenntnis und der Wahrheit. Vielleicht hat es sogar eine jüdische Propagandaschrift unter diesem Titel gegeben (H. Lietzmann)9. Im Gesetz nimmt die Erkenntnis und Wahrheit konkrete Gestalt an. V 21 ff.: Es folgen fünf (bzw. vier) gleichgebaute Sätze (der fünfte faßt die vorherigen zusammen), die man als vorwurfsvolle Fragen oder als anklagende Aussagen (vulg.) auffassen kann. Der entscheidende Vorwurf gegen den Juden besteht darin, daß er selbst das Gesetz nicht erfüllt. Er lebt nach Gottes Urteil in dem Widerspruch zwischen Wort und Tat. Auch das Rabbinat weiß, daß Lehren und Tun, die Belehrung des anderen und die der eigenen Person keineswegs zusammenfallen (Ab R. Nath 29) 10. Die Formulierung des Paulus entspricht wörtlich der Ausdrucksweise des Rabbinats. Was aber für das Rabbinat eine Möglichkeit ist, die es selbst vermeiden will, ist nach Paulus eine grundsätzliche und allgemeine Tatsache, unter der man leiden müßte. Aus einer rabbinischen Diskussion wird eine Anklage gegen das Rabbinat überhaupt. Vor dem radikalen Gesetzesanspruch wird der Selbstwiderspruch des Menschen, der unter dem Gesetz steht, offenbar". Paulus greift einzelne Gebote des Dekalogs heraus, ohne sich jedoch an dessen Reihenfolge zu binden. Die Partizipien bLMoxoov, xT)Q'U(JOO)'V, Al.yorv sind miteinander verwandt, obwohl die Färbung dieser Verben verschieden ist. Alle drei sprechen von einem ötJ"entlichen Lehramt, alle drei weisen zurück auf das armäische ";f ~ (= »du sagstcc), das häufig Bibelworten voransteht l2 . Die Abwechslung entspricht hellenistischem Stilempfinden. bL6llaxwv drückt den Lehrsatz, xT)oVoowv das Predigtwort, ).t:y0l'Y das exegetische Zitat aus. Die Infinitive als Form des Verbotes finden sich im Neuen Testament wie auch sonst häufig (BI-Debr 409,2). Obwohl der Diebstahl grundsätzlich verboten ist, entsteht im • Vgl. Sap 18,4; OrSib3,195;Jos. c. Ap. 2,193,2; Philo; vgl. LwnR 43 (Hinwds auf Gebete des hellenistischen Judentul11l);
KAs~MANNR
66 mit weiterem Material.
• ~&; ist nach PALLISR 54 vielleicht ein stoischer Begriff; er selbst setzt ~&; mit "aL6Euo&; gleich, weil im Griechilchen ein wohlenogener Mensch "0QCP06~ heiße. H. UETZMANN
und H. ScHuER denken an den Titel einer jüdischen Propagandaschrift. KAsEMANNR 66 deutet den Begriff ~&; mit Recht von der Koine aus. 10 Abba Schaul b. NannOi (ein Tannait) sagte: .. Du hast manchen Menschen, der sich selbst lehrt und nicht andere lehn; der andere lehn und sich selbst nicht lehn; der sich selbst und andere lehrt, und der weder sich selbst noch andere lehn .. .H Ähnlich Dtr 2 (l98b): R. SimJai hat gesagt: .. Da sitzt dn Gelehner und trägt öffentlich vor der Gemeinde vor: du sollst nicht auf Zins leihen! und er selbst leibt auf Zins! Er sact: Du soUat nicht rauben! Und er selbet raubt. Er ugt: Du IOUst nicht stehlen! Und er selbst stiehlt.« Paulus am nächsten kommt ein Ausspruch R. Jochanans (Str-B 111 107). 11 R. Jochanan b. Zakkai entwirft ein Sittenbild von den inneren Zuständen des jüdischen Volkes aus den letztenjahrzehnten vor der Tempelzenlörung, das von StreB 111 105 r. als Bestätigung und Ergänzung der Wone des PauJus bezeichnet wird. Ebenso radikal ist die apokalyptische Gerichtspredigt (TestLtv 14,4 ff.), nach der die .. Leuchten Israels.. selbst in Finsternis sind durch ihre Sünden, da sie Gebote geben, die den Satzungen Gottes zuwider sind, die Opfer berauben, ungesetzliche Verbindungen eingehen usw. Dam 4,12 ff. spricht von den ..drei Netzen Belials«, mit denen Israel gefangen wird: Unzucht, ungerechter Reichtum und Beneckung des Heiligtums. Dir Gerichtsprrdigt des PauJus über Israel hat also ihre Vorgeschichte und ihre Vorbilder. IJ W. BACHD, Die exegetische Terminologie 11, 1899, 11.
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Rabbinat eine Diskussion, ob dem Nichtjuden gegenüber die Härte des Gebotes erweicht werden kann 13 • Der Rabbi weiß auch um seine geschlechtliche Versuchbarkeit (bQid 8Ia.b). Nur Gott selbs~ nur seine Engel retten den Angefochtenen aus der Gewalt Satans. Auch Raub am heidnischen Tempel ist nicht ganz ausgeschlossen, obwohl das Gesetz die Scheu vor dem heidnischen Götzendienst lehrt. Da der Götze für den Juden ein ))Nichtscc ist, ist sein Besitz nicht mehr unantastbar. Tempelberaubung war in der damaligen Zeit keineswegs selten (vgl. Apg 19,37)14. DemJuden war der Venuch, Gold oder Silber an den Götzenbildern zu entfernen und sich anzueignen, verboten (Dt 7,25;JOI. ant. 4,207). Trotz dieses Verbotes war es nicht unmöglich, daß auch einjude ein Götzenbild bestahl (AZ 50. - Str-B 111 114). Denkt man an eine Beraubung des jüdischen T empe1s, so wäre Ähnliches gemeint wie in der sonstigen innerjüdischen Gerichtsprcdigt (z.B. PlSaI 1,6 ff.; 8,12; TestLcv 14,4 ff.; Dam 6,15 ff.). Von einem jüdischen Gelehrten, der sich zur Zeit des Tiberius in Rom aufhielt, erzähltjOI. ant. 18,81 0".: er tut sich mit gleichgesinnten Gefährten zusammen und überredet die Proselytin Fulvia zu einer großen Spende an das Heiligtum inJerusa1em, unterschlägt sie aber zu eigenen Zwecken. Die Folge war diejudenvertreibung aus Rom. DelitzschR 77 sammelt die in Betracht kommenden SteUen aus AZ und folgert: »Der Jude konnte, indem er einen heidnischen Götzen wegnahm, sogar ein gutes Werk zu tun meinen, weil er den Heiden den Gegenstand ihres falschen Kultus entzog.« PaUisR 56 nimmt an, daß der Text verdorben sei, da Juden und Christen die heidnischen Tempel nicht betraten (vgl. T ert. apol. 15). Schon Bentley konjiziert: l.eQo&vui;. Die Entsprechung zu d&oMl ist der heidnische, nicht der jüdische Tempel.
Zusammenfassend fragt V IS, ob nicht das Sichrühmen im Hinblick auf das Gesetz dadurch seine Wahrheit verloren hat, daß man durch die konkret vollzogene übertretung des Gebotes Gott die Ehre nimmt. Der übergang vom Partizip in einen Relativsatz könnte einen Zusammenschluß von V 23 mit V 24 rechtfertigen; man könnte sogar statt der zusammenfassenden Frage eine abschließende Aussage annehmen: ))du nimmst Gott die Ehre« 15. Die übertretung der Gebote bringt nach jüdischer Anschauung die Entheiligung des göttlichen Namens ("tI"'~) mit sich. Die Vorwürfe des Paulus erhalten ein neues theologisches Schwergewicht durch das im Verständnis veränderte Schriftzitat von V 24. Jes 52,5 klagt ursprünglich über die Schändung des Namens Gottes durch die Zwingherren Israels, aber Paulus hat das Septuaginta-Zitat als Vorwurf Israel gegenüber verstanden l6 . Um der übertretungen Israels willen schmähen die U ..Sein
'4
Verlorenes ist erlaubt .. ; .. Das, um was er sich im, ist erlaubt«. Str-B 111 lOB f.
pt)u.uooro6ru (im Neuen Testament nur noch Ap~oh 21,8) heißt: »verabscheuen« und wird
vor allem rur die im Gesetz gebotene Scheu vor dem Götzendienst gebraucht. le(K>ouwv kann ~i erlei bedeuten: I. einen Tempel bcTaubm (2Mill9,2); 2. unehrerbietige Handlung gegen ein Heiligtum velÜbm (Ditt. Sy1l3. Auß. 578,47 fI'.); 3. Tempelgelder veruntreuen. Vgl.Jos. c. Ap. 1,310 f.: der Antisemit Lysimachus von Alexandria leitet Hierosolyma von einem unpriinglichen Namen 'IrQOOuAa ab. 's Die Entheiligung des Namens Gottes ist das Gegenteil von seiner Heiligung, die Israel auferlegt ist. Entscheidend ist das Verständnis von Lev 22,32: »Entweiht meinen heiligtn Namen nicht, damit ich geheiligt werde inmitten der Kinder Israel« (Str-B I ~18). 16 Paulus schließt sich der LXX an, läßt 6th mJVt~ fon und setzt staU jW\.I zur Verdeutlichung urü hoü tin. Dieser exegetische prozeß milDen an die Verwendung von Ez 36,~23 imJudentum (bJoma 86a - StreB 1415). SOU.ATrER, Gerechtigkeit 106 vermutet, daß der LXX-TextaufGrund des Römtrbriefcs verändert sei.
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Heiden den Namen Gottes. Die Sendung Israels, durch seinen Gehonam Gott zu preisen, wird also ins Gegenteil verkehrt. Das nachgestellte xa~ ytyomnm ventärkt die Autorität des Schriftwones. Nach der polemischen Auseinandenetzung mit dem Schriftgelehrten (V 17-24) verfällt Paulusjetzt wieder in einenle",luIflm Ton. V 25hatdie Form einer TMSt, die sich gegen eine bestimmte rabbinische Anschauung wendet. Die Diskussion über das Gesetz spitzt sich zu einer Diskussion über den Wert der Beschneidung zu (V 25-29). Die Beschneidung ist das Zeichen der Zugehörigkeit Israels zum Bund mit Gott, ist aber auch die Bürgschaft für den im Bund von Gott verheißenen Segen. Gesetz und Bund, Bund und Beschneidung gehören daher eng zusammen; eine Auseinandenetzung über das Gesetz wird notwendig zur Frage nach dem Bund. XEQL'tOflTt kann dreierlei Bedeutung annehmen: den Akt der Beschneidung, den Zustand des Beschnittenseins und die Gemeinschaft der Beschnittenen (= dasjudentum) 17. Zum Lehntil der These gehört auch der Sprachgebrauch von dJq>deiv (hebr. =»1: hi.). Mit diesem Verbum ist nicht irgendein profaner Nutzen, sondern die theologische Erfüllung eines Anspruches gemeint (vgl.Joh 6,63; GaI5,2; Hebr 4,2; 13,9). Die Beschneidung hat schon im Alten Testament bewahrenden Charakter (Ex 4,240:), den sie auch in der späteren jüdischen überlieferung beibehalten hat (Str-B III 119). Paulus verneint nicht die Kraft der Beschneidung, verlangt aber, daß der beschnittene Israelit das Gesetz durch sein Handeln erfüllt. VÖJ.lOV ~OElV ist eine aus demJudentum übernommene Wendung1'. Nach Paulus erfüllt man das Gesetz, wenn man den radikalen Willen Gottes erfüllt. Gehorcht man ihm wirklich, dann wird die Beschneidung zum echten Bundeszeichen. In diesem Fall wird die Beschneidung nicht zur Ursache menschlicher Sicherheit, sondern zur Bestätigung der göttlichen Verheißung. In diesem Sinn ))nützt« sie. Diese Möglichkeit besteht aber nur von Gott, nicht vorn Menschen her 1'. Entsprechend gilt die Negation: die übenretung des Gesetzes verwandelt die Beschneidung in Unbeschnittenheit. Die Sprache des Paulus ist rabbinisch bestimmt. Das ytyOVE'V entspricht dem A.oyt.o6fJOEtQL (V 26)20. Das Uneil Gottes entscheidet über das, was sich am Menschen hier auf Erden voUzieht. Vor dem Gesetz kann die Beschneidung nie zur Unbeschnittenheit werden, da die Beschneidung im allgemeinen ihre Kraft behält. Paulus denkt auch hier antithttisc": wer auf die Kraft der Beschneidung 17 Zum Verhälmis von Gesetz und Beschneidung vgl.Jos. ant. 20,34-48 (ü~rtriu und Beschnt"idung des lzates). '"Ql~opfl ab Umschreibung des Judentums bqegnet in Röm 3,30; 4,9.12; 15,8. 11 Y6pov XQ600UV (0. cpvMWorLV) entspricht dn- jüdischt"n Wmdung ~ (SOt 32,30). 1. Y6pov ~V ist t"in außm>rdt"ntlich starkt"r Aumruck, dt"r gt"Wiß nicht ethisch odt"r gest"tzlieh bestimmt wm:lm kann. Nach M. LUTHER vt"ntmen die Gqnt"r dt"S Paulus seine Wone nicht, nehmen auch nicht an, daß leine Ikuneilung ihm Penon sie wirklich treffe. Sie bt"Zit"henja die Tatm und Gebote nicht aufdm inneren Mmschm. »Entgegnen sie, sie hieltm das Gest"tz,lOantwonet er: ja, aoo nur nach außen hin. Es ist rine Beschneidung des Fleisches, a~r nicht dt"S Gt"istt"S, weil sie ohne Gnade geschieht, die dm Geilt beschneidet .. (E. ELLWEIN 78). M. LUTHER hat ein starkes Empfinden dafür, daß die Wendung v6faov xQOoauv nicht von der gt"Setzlichen E~nt" aus vt"rstanden werden kann. 20 Dit"S ytyavn erinnen an das rabbinische ~ :t1'I~ (Ser-B 111 119).
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pocht, hat dies Bundeszeichen mißverstanden. Er steht nicht mehr in der Beschneidung, sondern in der U nbeschnittenheit, nicht mehr unter der Gnade, sondern unter dem Zorn 21 . V 26: In scharfer Dialektik verfolgt Paulus die nun entstehenden Möglichkeiten im göttlichen Gericht. Es könnte ja sein, daß ein Heide die Satzungen des Gesetzes erfüllt. ä~U
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mil dnn Rabbilllll. 24 VÖl'OV cpuMOOELV ist einr frststrhrndr Wendung (Apg 7,53; 21,24; Gal6,13). 25 Auch Aoy(tEo&aL ist in dirsem Fall dne frststehmdr rabbinischr Wmdung (z.B. Ab 2,2 ~einrm rtwu anrrchnen als oboe). Vgl. H. W. HEIDLAND, Dir Anrrchnung drs Glaubms zur Gerechtigkeit, 1936, 84 fT. brdrutet eigmtlich: ~buchmec.
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gemessen wird, ist auch sonst im Judentum vertreten 16• Die Verschärfung jedoch: der Heide »richtet« über denjuden, führt in die Nähe des WortesJesu (Mt 12,41 f.; Lk 11,31)27. Man hat schon immer die Hervorhebung: .~er Heide in seiner natürlichen Unbcschnittenheitcc (" tx cpOOe~ c't~'UO't(a) als anstößig empfunden 28• Wie arm ist er gegenüber demjuden, der das Schriftwon und die Beschneidung für sich gehend machen kann! Und doch ist der Wortlaut und das Verständnis der einzelnen Satzglieder nicht abzuändem 29 • Das Schriftwon ist allerdings .. Buchstabecc (yQtiJ.lf.Ul) und letztlich mit dem ).Gesetzc( identisch, das den Sinn des Schriftwortes bestimmt. Es ist also noch nicht durch den ..Geist« (KVeÜJUl) als dem eschatologischen Gegenbegriffaufgeschlossen. Mit den beiden Schlußvcrscn 28.29 erreicht unser Abschnitt seinen Höhepunkt. Sie nehmen die Form von polmaischm T1wm an, wobei offenbar das Schwergewicht auf dem zweiten Vers mit seiner positiven Bestimmung liegt. Die doppelte Negation von V 28 gilt dem cpaveQ6v des menschlichen Denkens, während die feierliche Posi lion von V 29 dem Geheimnis des xQUm:6v gilt. Auch die verbindende Gegenüberstellung von oü yclQ (oü6t) und c'tlla zeigt, wo das Schwergewicht zu finden ist. Der Gegensatz zwischen dem, was offenbar, und dem, was verborgen ist, hat im Neuen Testament seine Parallelen (z.B.Joh 7,4; IPetr 3,4). Gott bekennt sich zu dem, was vor den Augen des Menschen verborgen ist. In der Verborgenheit des menschlichen Herzens fallen die eigentlichen Entscheidungen, hier wirkt Gott und hier erfüllt sich seine Verheißung. Die Ausdrucksweise des Paulus ist in beiden Verscn so knapp wie möglich und ganz in den Dienst der Polemik gestellt. Die Negation besagt, daß nicht der äußere Jude als solcher der wahre und Gott wohlgefälligejude ist, sondern daß mit der eschatologischen Situation auch eine Radikalisierung des Maßstabes erfolgt sei. Der Grundsatz, daß der Mensch sicht, was vor Augen ist, daß aberGoll das Herz sieht (ISam 16,7), hat eine neue Bedeutung gewonnen. Er wendet sich auch gegen den Juden, der Wert darauf legt, daß man ihn als Juden erkennt, der die äußere Beschneidung .)am Fleischcc trägt (eine rabbinische Rcdeweise)30. Die Position heißt: .)Nur der verborgene Jude ist derwahre(c. Für Paulus ist der BegrifT ••Judecc eine theologische, nicht nur eine heilsgeschichtliche Größe. Was im Herzen des Menschen, was in seinem Inneren vor sich geht, entscheidet über das, was er ist. Die Frage, wer ein echter Jude ist, wird im Rabbinat und im Urchristentum lebhaft diskutiert 3l . ).Beschneidung des Herzenscc ist ein durch das Alte Testament seit der Zeit des Deuteronomiums feststehendes Bild und eine ständige Forderung der Propheten 31 • Str-B I 650. LAGaR 56 sieht in 2,27 eiM Nachwirkung des Wones Jesu. u ZnR 146 bestimmt die »geborenen Heiden« als Christen, die das ~tz erfüllen; ähnlich auch R. BULTMANN, Theo~ des Neuen Testaments, 1968, 262 f. 29 ,.VI!L ist (vorxQ(Yt& G) vorzuziehen. '" b cp6ouoc; ~ fehlt in G und wird von A. PA!, LlS als Erweiterung angesehen. 6\6 ist vieldeutig, bezeichnet hier doch wohl den begleitenden UmItand (H. LIETZMANN, M. J. LAGllANGE). JO Vgl. ScHLAlTER, Gerechtigkeit 111. II Str-B IIII25;Joh 1,47; Ap~oh 2,9; 3,9. n Lev 26,41; Dt 10,16; 3O,6;Jer4,4; 9,25 f.; Ez44,7.9;Justin dial. 114. Das Bild des .. beschnittenen Herzens« findet sich auch bei Philo migr. Abr. 92; spec.leg. 1,6.305. Doch denkt er an ein ..Abtun der J6
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Nach dem Alten Testament hat auch Israel ein »unbeschnittenes Herz«. Wir stehen damit innerhalb der BuB- und Gerichtspredigt. Nach dem Rabbinat ist ein unbeschnittenes Herz vom bösen Trieb beherrscht (Röm 7,7 fT.)j die Beschneidung geschieht durch die Umkehr (SLev 26,41). Nach V 29 wird das Herz durch den »Geist«, also durch die Kraft Gottes, beschnitten 33 • Paulus denkt schon hier an den Gegensatz: Fleisch - Geist, der letztlich zum Schlüssel für den ganzen Abschnitt wird. Es geht also nicht allein um eine ethische Forderung oder um einen moralischen Vorwurf, sondern um den Hinweis aufein Tun Got tes, das sich auf einer anderen Ebene abspielt. Damit geht der Gedanke auf das gegenwärtige Werk Gottes über, in dem sich die Verheißung verwirklicht (Phil 3,3). »Beschneidung des Herzens« ist nicht etwas, was ein Mensch an sich selbst oder am anderen vollziehen kann, sondern Gottes eigenes Werk (Dt 30,6). überraschend wirkt der abschließende Relativsatz, der geradezu feierlich klingt und aus der Ebene der Polemik herausfühn. Gottes »Lobec des wahren Israeliten klingt zwar schon in der Schrift an, ist aber hier als eschatologischer Begriffverstanden. Dies »Lob Gottes(c ist mehr als ein Lob von Menschen, ist auch vom Lob der Menschen unabhängig. Man kann an das im Judentum bekannte Wortspiel: Juda = Lob denken 34 , vielleicht sogar an die Person des Paulus selbst. Sicher ist, daß auch dies »Lob Gottes(( Ausdruck seines Gerichts und damit Heilswon ist (Röm 2,10). Wir haben in Röm 2,17-29 eine Kritik am juden, vor allem am Schriftgelehrten vor uns, die an konkrete Beobachtungen, Diskussionen und Vorfälle anschließt. jüdische Lehrsätze über Gesetz und Beschneidung, die Israels Sondentellung zum Ausdruck bringen, werden vorausgesetzt, aber bekämpft. Der Abschnitt geht von einer radikalen Gesetzesverkündigung des Christentums aus, die der Gesetzeslehre des Rabbinates widerspricht. Beachtlich ist ferner, daß diese Kritik des juden durch eine durchgehende Vergleichung mit dem Heidentum ventärkt wird. Gerade im Verkehr mit dem Heiden kommt das Selbst bewußtsein des juden, aber auch sein Selbstwiderspruch zum Ausdruck. Es wäre falsch, wenn man in Röm 2,17-29 eine Obenpannung einer an sich berechtigten Kritik sehen würde. Paulus schließt auch keineswegs von dem Ungehorsam eines Einzelnen aufden Ungehorsam aller. Wohl aber kommt im Ungehorsam des Einzelnen die Unmöglichkeit der ganzen Haltung und Lehre zum Vonchein. Es entsteht die Aufgabe, diese Bußpredigt des Paulus mit entsprechenden polemischen Auseinandersetzungen innerhalb des j udentums zu vergleichen (z.B. Damaskusschrift). Es gibt auch innerhalb der Polemik bestimmte Gesetze und fIXierte Stoffe, die immer wiederkehren. Für unseren Abschnitt ist die Berührung mit hellenistisch-stoischen Gedanken nicht unwichtig (A. Fridrichsen), doch tritt sie gegenüber den apokalyptischen Grundmotiven zurück. Lüste., an das .. Abtun der Vorunrile.. und des Eigmdünkds. Vgl. den Sprachgebrauch in Qumran: Der gotdose Hohepriester hat die Vorhaut seines Herzens niebt beschnitten (IQpHab I I, I 3); das unbeschnittene Ohr (IQH 18,20); der unbeschnittene Trieb (IQS 5,5). II Beachte das Fehlen des Genitivs, das offenbar durch die Antithese veranlaßt wird. An sich müßte der Begriff des ..Geistes .. interp~tiert werden, aber Paulul verwendet den Gegensatz: GastFleisch ohne näherT Ikstimmung (Röm 7,6, 2Kor 3,6). Widalit ist, dIIjJ PallI.S dnI G"nu~ Iri" 1'1'" tIJu Rd6iN1t als XtII'IIplt1rtsl DtTWnWitt. Zur Verbindung der Beschneidung des Herzens mit dem heiligen Gmt vgl.Jub .,23; OdSal 1.,1-3. M J uda = Lob "gI. Gen 29,35; 49,8. Englische Kommenta~ nennen GIFFORD als Entdecker dieses Wonapieles (S....'IIDAv-HEADLAMR 68; PALLISR 57 f.).
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Der Vorzug des Wones Gottes und der Beschneidung
Deutlich wird auch an unserem Abschnitt, daß der Römerbriefaus einzelnen Predigtstükken zusammengesetzt ist, die ihre eigene Form behalten haben.
Röm 3,1-8: Der Vorzug des Wortes Gottes und der Beschneidung
lW.. iIa cIaaD der Vonua der Juden, oder welcl.ee ist der Nuaea der 8eKhaeicIuDc? 2VieI in jeder Hhuicht. EnIeu: ihDea aiDd Goaee heilip Worte ....ertraut wordea. 3Dea.a wie _ht ee cbmitl Weaa eiDip die Treue Gott . .aäher gebrochen wird etwa ihre Uatreue die Treue Gouee aufheben? 4 Du 1ft femel EI wird lieh aber herauatellea: Gott ist wahr, jeder MeDICh aber em LÜI...., wie ptdaiebea _ht: .o.mit da recht bebaltat ia cWnen Wortea aad Iiept, WeDa maa mit dir richtet.. 5 WeDa aber UD8fft Uaprechtipeit Goue8 Gerechtipeit iDa rechte Licht 1IeIIt, wa toIIea wirclazu 1apD? bt Gott etwa uaprecbt, weDD er eeiDea Zorn ~ Ich rede aach IDeD8Chlicher Wei8e. 6Du Iei femel Deaa wie lliaate Gott 80.... die Welt richten? 'Uad weDa die Wahrheit Cottel durch meiDe Lüp groB pworden ist zu leiDer Verherrlich...., WH werde ich deaD DOCh ab Süader prichtet? • Und n pht wahrbaftia Dicht aa:h dem Wort, da pwiue Leute uaaliaterlicherweiee umenchiebea: lall UDI das Böee luD, damit das Gute komme I Diele Leute empfaapa mit Recht ihre VenarteiI.....
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AMryse,' Gegenü her dem predigt artigen Ton von Röm I, 18 fT.; 2, I ff. fäll t die starke Veränderung des Stiles auf: die Sprache wird ungezwungener, dialogischer und bewegter. Der Hörer glaubt, in ein Gespräch verwickelt zu sein. Dif' abschließenden Thesen Röm 2,28 f. rufen den Einwand desjuden hervor (3, 1), den Paulus kurz beantwortet (3,2), ohne sich aber von seinem eigentlichen Thema, der Anklage, abdrängen zu lassen. Röm 3,3 gehört ebenfalls ursprünglich in eine Diskussion mit dem Judentum und setzt die anerkannte Anschauung voraus, daß Verräter an Gottes Bund den Bund selbst nicht aufheben können. Paulus begnügt sich aber nicht mit dieser Feststellung, sondern zeigt in V 4, daß es im augenblicklichen Rechtsstreit nicht um die Bundestreue Gottes geht, sondern um die Aufweisung der verborgenen Wahrheit, daß Gott sich als gerecht herausstellt. In diesem Vers lugt dJJs titjslt Motiv dn Rechtfertigungs/ehre. Während Röm 3,1-4 unter dem Einfluß der Doppelfrage Röm 3,1.3 steht, ist der zweite Abschnitt Röm 3,5-8 durch die Fragen 3,'>-7 bestimmt. In ihnen wehrt sich der angeklagte Jude gegen ein Verfahren, in dem der Kläger seine Absichten durchführt und ihn, den Angeklagten, dabei für dies Verfahren verantwonlich macht. Während Röm 3, I den Ansatz einer Antwort in 3,2 erhält, werden die späteren Einwände lediglich zurückgewiesen. Die Tatsache des Weltgerichtes genügt, um dem theoretischen Einwand 3,5 die Kraft zu nehmen. Auch die nächste Frage 3,7 geht von einer falschen Voraussetzung aus, die darin besteht, daß sie die Verantwonlichkeit des Menschen in Frage stellt. Wer so redet, begibt sich auf eine schiefe Bahn, denn er wird schließlich in die Nähe derer geführt, die dem Paulus eine falsche These unterschieben und dadurch ihre ganze Verwerflichkeit offenbaren. Die Satzkonstruktion von V 8 ist schwierig und bedarf einer Auflösung.
Röm 3,1-8
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Man darf die Frage stellen, ob Paulus durch dies dialogische Spiel von Frage und Antwort den Gedankengang lediglich weitertreiben will, oder ob er zum Ausdruck bringen will, daß der Gegner durch seine theoretischen Einwände die Ebene noch nicht betreten hat, auf der eine ernsthafte Diskussion allein möglich ist. Auch die knappe Antwort in 3,2 ist ja nur eine Vorwegnahme der späteren Ausführung in Röm 9,4 ff., aber keine befriedigende Antwort. Selbstverständlich ist als Gegenüber wieder der »Jude« zu denken, dessen Vorrechte im vorangehenden Kapitel angegriffen wurden. Seine theoretischen Einwände werden durch Gegenfragen bloßgelegt. Man mag die Frage stellen, ob ein Einschnitt zwischen Röm 2,29 und 3, I zu erkennen ist; sicherlich sind die beiden Abschnitte 3,1-8 und 3,9-20 eine Verstärkung der Anklage von Röm 2, während erst in Röm 3,21 ff. ein neuer Gedankengang einsetzt (A. Nygren). Das Schwergewicht der Abschnitte 3,1-8 und 3,9-20 liegt offenbar in denSchri}kitalm, die zum Ausdruck bringen sollen, daß das Alte Testament selbst zum Zeugen für die Anklage des Menschen bzw. desJ uden wird. Der Verkündiger des Evangeliums steht mit seiner Anklage des Menschen nicht allein, sondern kann sich auf das Alte Testament selbst berufen. In diesem Sinn werden die abschließenden Verse 3,19.20 zum eigentlichen Höhepunkt des Abschnittes. Der Prozeß Gottes gegen den Menschen wird durchgeführt! Exegese: Wenn Gottes Urteil nicht mehr nach dem fragt, was dem Menschen vor Augen ist, sondern nach dem, was sich im Herzen des Menschen abspielt, dann scheint der Vorzug Israels dadurch hinfcillig geworden zu sein. Es erhebt sich also der Einwand, worin der Vorzug des Juden besteht oder was eigentlich der Nutzen der Beschneidung ist. Die Doppelfrage von V 1 entspricht an sich dem paulinischen Stil (zum korrelativen ft vgl. Röm 10,6 f.; 11,34 f.). BeideGlieder hängen sachlich eng miteinander zusammen, denn der Vorzug des Juden wird im Akt der Beschneidung erkennbar l . Aber selbst für den, der die Kampfthesen 2,27-28 aufgestellt hat, ist der Vorzug des Juden und der Beschneidung unbestritten. Mit einer gewissen Leidenschaftlichkeit versichert V 2: »auf alle Fälle« oder 'taufjegliche Art, in jeder Hinsicht«2. Daß der Vorzug des Juden bestehen bleibt, hängt mit dem ihm anvenrauten Pfand der »Gottessprüchecc ('ta A.6yLQ 'tO'Ü 'ÖEO'Ü)3 zusammen. Was anvertraut ist, kann nicht Israels Eigentum und Ruhm sein. 'tel k6yLa 'tO'Ü itEo'Ü ist ein besonders feierlicher hellenistischer Ausdruck; man schwankt, ob mi t diesen »Gottessprüchen« die spezielle Offenbarung Gottes am Sinai oder die dem Volk gegebenen Verheißungen (Röm 9,4 ff:) gemeint sind. Das vorangestellte xQ
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Der Vorzug da Wortes Goues und der Beschneidung
gentlieh ein späteres mEL'ta öt, das aber wie in Röm 1,8 fehlt. Man könnte abschwächend vermuten, daß Paulus auf den ))hauptsächlichen« Vorzug hinweisen möchte (R. Cornely). In dem genannten Vorzug wird nach E. Kühl alles andere einbeschlossen. Man sollte jedoch die Unebenheit des Stiles nicht abstreiten. Das Verbum xLmEUEmhlL (1 Kor9,17; IThess 2,4) will prägnant verstanden sein und leitet die Substantiva und Verba der folgenden x(mu;-Gruppe ein. V 5: d yltQ (quid enim) ist rhetorische Frage und bereitet einen Einwurf vor. Die folgende Gegenüberstellung iutLat(a-x(mL~ setzt die Verwandtschaft von Bundestreue (bzw. Abfall vom Bund) und Glauben voraus. iutLOtELV könnte heißen: ))sicl'l als untreu erweisen« (2Tim 2,13), aber auch: ))den Glauben verweigern«. Entsprechend ist iutLat(a die ))Untreue« bzw. die ))Verweigerung des Glaubens«, ~ x(mu; 'toü itEoü die ))Bundestreue Gottescc (PsSaI8,35). Der Partner fragt, ob Gott zu seinem Bunde steht, auch wenn einige Israeliten ihm die Bundestreue verweigern. Die Einschränkung ))einigec( (dVE~) will nicht Menschen entschuldigen oder ihr Vergehen verkleinern, sondern dessen Begrenztheit und Gottes überlegenheit zum Ausdruck bringen. Wenn Israeliten Gott die Bundestreue aufsagen, ihm den Glauben verweigern, kann dann diese Schuld Gottes Bundestreue zunichte machen?5 Paulus weist den Einwand mit einer starken Abwehrformel (J.lTJ ytvOL'to) zuTÜck 6 . Das Ziel des göttlichen HandeIns und des Heilsprozesses besteht nicht darin, daß Israels Vorrecht bestätigt wird (obwohl es auch für Paulus erhalten bleibt), sondern darin, daß Gott sein Recht durchsetzt. Es muß sich herausstellen, daß Gott gemäß der Anklage des Evangeliums ))wahrc( ist, und daß die Aussagen des Menschen Lüge sind. So wichtig ist für Paulus das Ziel dieses Prozesses, daß er ganz von selbst in den Ton der heiligen Schrift verfäUt und ein Psalmwort (116,11) paraphrasierend auf den Gegensatz von Gott und Mensch bezieht. Neben das Gebetswort von Ps 116,11 tritt das Bußgebet von Ps 51,6 (allerdings nur in Form eines Nachsatzes), in dem ausdrücklich gesagt wird, daß die Erkenntnis und das Bekenntnis der Schuld dazu da sind, daß Gott recht behält in seinen UrteilsspTÜchen und rein dasteht, wenn er richtet. Die notvollm und lJtT.(,wtifeltm Belcmnmisse des Psalters sindfiir Paulus eigentliche und tiefste Wahrhtit, die auch derjude wieder entdecken muß. Der Stil des Gebetes im Zusammenhang dieser dialektischen Diskussion ist auffallend. Das ))Gerechterklären Gottesc( ist ein Akt, der in den Sündenbekenntnissen geschieht: man überdenkt die Gerichte Gottes und gibt zu, daß er in diesen Gerichten recht behält. ÖLXaLO'ÜV 'tOv itE6v ist in diesem Zusammenhang ein fester Begriff der Bußsprache und gehört in den Stil formulierter Gebete und Bekenntnisse? Der hängig ist Euseb. dem. evang.IX 9,4; Athanas. in Ps 118,162. yciQ könnte eingeschoben sein (IlA'KL, Korr. von D). ZnR 148 rechnet mit einer Beeinflussung durch den Text des Orig. An sich ist die Verbindung Jltv yciQ nicht ungewöhnlich. Das folgende ÖU ist wohl erklärend, nicht begründend gemeint. s XQtQ{rYEiventspricht dem aram. "" und findet sich in Esr4,21.23; 5,5; 6,8. Das Wort kommt bei Paulus häufig vor (25mal), sonst nurin Lk 13,7; Hebr2,14. Das Futurum ~OEL könnte logisch oder eschatologisch gemeint sein. Hier hat aber die logische Möglichkeit den Vorzug. 6 Jlil ytvoL'tO findet sich im Römerbriefhäufig (lOmat); es ist in der Diatribe beliebt und entspricht dem hebr. 7 &xawüv 'tOv in6v (- Gott recht geben) findet sich häufig in den Psalmen Salomos (2,16; 3,5;
:1'1'''''.
Röm 3,1-8
139
Prozeß muß also so auslaufen, daß die Worte Gottes sich als richtig herausstellen, und daß in diesem Rechtsverfahren Gott als Sieger heraustritt. Die Parallelität des doppelten tv spricht eigentlich mehr rur die mediale als rur die passive Bedeutung von XQ(VEaDaL (doch vgl. das Passiv von V 7). V 5: Für das jüdische Empfinden liegt der Einwand nahe, daß eine derartige Zielsetzung Gottes den schuldigen Menschen entlasten muß. Zwei parallel gebaute Fragesätze zeigen deutlich, daß man sich dagegen wehrt, rur etwas verantwortlich gemacht zu werden, was Gott in der Durchführung des Prozeßverfahrens rur sich in Anspruch nimmt. Der GegensatZ: MLx(a-6L)mLO<JiTvr) wird durch den ähnlichen von itA.'Ifh1S-",EUO'tTJS in Röm 3,4 vorbereitet. OUVLatavaL heißt hier: ••darstellen, ins Licht stellen« (durch logische Argumente oder sachliche Handlungen) und paßt gut in diese rechtliche Situations. Wichtig ist, daß der Satz, daß Gott gerecht ist, eine Voraussetzung sowohl des rabbinischen als auch des paulinischen Denkens ist; seine Aufhebung würde den Gottesgedanken selbst treffen. Schon die Frage als solche reizt zur übertretung der dem Menschen gesetzten Norm; daher entschuldigt sich der Sprecher durch die Wendung: xa'tcl 6v&Q<.Oxov 'ktym (GaI3,15; 1Kor 9,8; Röm 6,19). Er meint, daß er nur die Konsequenzen nach menschlicher Logik ziehe. Die Formel kann im Rabbinat verschiedenen Sinn haben und ist vieldeutig9. btuptQELV'ri)VÖQYf)v klingt hier auch forensisch: Gott verhängt den Zorn über den Menschen 10. V 6: Die Antwort des Paulus besteht in dem Hinweis auf das kommende Weltgericht; sie klingt wie eine These (I Kor 6,2; Joh 3,17; 12,47), und es ist wahrscheinlich, daß ein palästinischer, ursprünglich aramäischer Lehrsatz zugrunde liegt l l . Es bedeutet nur eine kleine Abwandlung, wenn das Rabbinat davon spricht, daß Gott die Völker der Welt richtet. Der Begriff •• Welt« meint an unserer Stelle •• alle Menschen«. Das Futurum XQLVEi ist dem Präsens XQ(VEL vorzuziehen. Paulus meint, daß die Tatsache des Weltgerichtes jeden Gedanken an Ungerechtigkeit bzw. Aufhebung der Gerechtigkeit ausschließen muß. V 7: Ein nochmaliger Einwurf soll die Position des Gegners verdeutlichen. Wenn die Wahrheit Gottes meine Lüge voraussetzt, um selbst Herrlichkeit zu empfangen, dann habe ich ein Recht, mich dagegen zu wehren, daß ich als Sünder behandelt werde. Die Wahrheit Gottes ist identisch mit dem Recht Gottes, die menschliche Lüge mit dem Unrecht vor Gott. Die Herrlichkeit Gottes besteht darin, daß Gott durch das Bekenntnis des Sünders, daß er allein recht hat, Anerkennung empfängt. Der übergang zum •• Ich«-Stil gehört in die Diskussion und wirkt rhetorisch. Hinter der empörten 4,9; 8,7). Wichtig ist PsSal2,16: "Ich erkenne dich, 0 Gou, als gerecht an, mit aufrichtigem Herzen, denn in deinen Gerichten ist deine Ge~chtigkeit, 0 Gou.« :"q! (= .. ~in sein«) nimmt im späte~ aram. Sprachgebrauch (Iq!) die Ikdeutung an: .. Recht behalten, siegencc. XQ(VEo&ru kann sowohl medial (= mit jemandem rechten) als auch passivisch (= gerichtet werden) verstanden werden. Vgl. auch IQS 10,11.13. I Röm 5,8; Gal 2,18; 2Kor 6,4; 7,11. 9 Nach Str-B 111 136 ohne genaue rabbinische Entsprechung, doch vgl. D. DAUBE, The New T~ stament and rabbinicjudaism, 1956,394 ff.; KAsEMANN R 77. Hier meint sie: .. nach der Art, wie man es von Menschen nicht anders erwarten kann«. 10 Vgl. Jos. ant. 2,296. 11 Str-B BI 139. Das einleitende btd heißt: )tda sonst'c ... (wie Röm 11,6).
140
Die Anklage Gottes gegen die Menschheit
Frage des Gegners verbirgt sich schon hier die paulinische These, daß Gott tatsächlich das Böse in seinen Dienst nimmt, ohne die Verantwortlichkeit des Menschen aufzuheben (Röm 5,20). V 8 kann als Frage oder Antwort aufgefaßt werden; als Frage würde der Satz rhetorisch, als Antwort wie eine Beteuerung klingen. Die Leugnung der menschlichen Verantwortung, die im dialektischen Spiel des Gegners auftaucht, ist verwandt mit der Lästerung, mit der man die Autorität des Apostels untergräbt. Man parodiert seine Gnadenlehre in dem Sinn, als wolle er das Böse freigeben, damit das Gute daraus entstehe. Der Vers enthält also eine polemische Karikatur des Paulus, die der Apostel zurückweist. Eine solche Argumentation ist in jedem Fall verwerflich und zieht das göttliche Gericht nach sich - man darf eben nicht dialektisch spielen, wenn es um die Gerechtigkeit Gottes geht. Der Abschluß klingt wie eine Beteuerung: wer so redet, verdient das Urteil Gottes, das er über solche Verleumder spricht 12 •
Röm
3,~20:
Die Anklage Gottes gegen die Menschheit
'Wie8teht es Dun? Haben wir Juden einen VOrzu&? Nicht in jeder Hinsicht! Denn wir luIbea vorhin Juden und Griechea unter dielelbe Anld. gelltellt, daß lie alle unter der Hernchaft der SiiDde stehen, l°wie geKhriebeD steht: • ist kein Gerechte!', auch nicht einer, da ist keiner, der einlichtig wäre, da ist keiner, der IIKh Gott fragt. 12 Alle aiDd sie abgewichen, alle miteinander unbrauchbar geworden. Da ist keiner, der du Gute tut, auch nicht ein eiDzipr. 13 EiD pöflDef.eI Gnb ist ihr Schbllld, mit ihren ZUDpD betrügen lie, SchlwDgengilt ist unter ihren Lippen. 141hr Mund ist voll Fluch und Bitterkeit. 15ScImellIiDd ihre Füße, Blut zu vergieSen, 16Verwüatung und Jmuner liegen auf ihren Wegm, 17UDd den Weg des FriedeDi habeD lie Dicht erkannt. lIEs ist keine Gottafun:ht vor ihren AupD.. l'Nun wiuen wir aber, cIa8 alles, was du Gesetz sagt, es denen sagt, die UDter dem Gaetz 1iDcl, damit jeder Mund gestopft uud die puze Welt vor Gott Khuldig werde. 2°Denn aUI Werken des Gesetzes wird kein F1eilcb vor ibm gerecht gesprocheD werden, weil durch du Gaecz Erkenntnil der Sünde kommt.
Analyse: Daß Paulus in Röm 3,1-8 mit demjuden diskutiert, wird auch durch den ganz andersartigen Abschnitt Röm 3,~20 bestätigt. Die Frage nach dem Vorzug des Juden (3,1) wird wieder aufgenommen; sie wird allerdings in Röm 3,9 etwas vorsichtiger beantwortet als in 3,2. Es folgt in 3,9b eine ausdrückliche und zusammenfassende Form der Anklage, die den Inhalt von Röm I, I S-3,8 zusammenfaßt. Man kann diese These Röm 3,9b als das eigentliche Thema des neuen Abschnittes bezeichnen. Es folgt dann eine feierliche Klage-Liturgie, die aus 12 ~J.LEia6m ist ein besonders starker Ausdruck, der die Schwerr des gegnerischen Vorwurfs vor Augen fühn. Das Won des Gegnen trifft Paulus am empfindlichsten Punkt, nämlich im Ernst seines Zeugnisses. Wer zum Tun des Bösen aufruft, ist selbst ein xaxoxo~ ZnR 161). Die Verurteilung des Paulus bezieht sich auf die 'tLV~, nicht auf solche, di~ eine derartige These für möglich halt~n. Der Schluß von V 8 ist eine Art Fluch, wie V 4a k~in religiöses Postulat, sondern beschwörendes Gebet war (0. Kuss, E. KAsEMANN).
Röm 3,9-20
141
einzelnen Schriftworten (vor allem aus dem Psalter als dem Gebet- und Bekenntnisbuch) in drei Strophen zusammengesetzt ist. Der mögliche Einwand, die Schrift rede von der Schuld der Heiden, wird durch die exegetische These in V 19 abgewehrt, daß die Tora zu Menschen unter der Tora redet. Der Vers zeigt, wie stark auch unser Abschnitt von der Tendenz beherrscht wird, denJ uden verantwortlich zu machen. Nur wenn der Protest des Juden verstummt, kann sich die Anklage gegen alle Menschen durchsetzen. Diese Klage-Liturgie dient also dazu, den Juden zur Selbstbesinnung zu bringen. Auch der folgende Vers 3,20 wendet sich mit einem Schriftwort und einer prägnanten These zum Gesetz ausdrücklich an die Adresse desjudentums. Das von Paulus aufgenommene Psalmwort entstammt wieder einem Bußgebet (Ps 143,2) und besagt, daß vor Gott kein Lebender gerecht gesprochen wird. Auch hier dient der Psalter zur Erkenntnis der eigentlichen Situation des Menschen unter dem Gesetz (vgl. Röm 3,4; 4,7 f.). Die abschließende These, daß durch das Gesetz Erkenntnis der Sünde ermöglicht wird, weist schon auf Röm 7,7 ff. hin. Exegese: V 9: Auch der neue Abschnitt setzt mit der Dialogform ein. In diesem und 'tL yclQ (Röm 3,3) zur Aufnahme eines Gespräches. xQOSinn dienen tL EX6ttEita bezieht sich auf dasJ udentum und nimmt die Frage von Röm 3,3 noch einmal auf: Kann dasjudentum sein Vorrecht geltend machen (XQOtxEofkll.)?1 xaV't
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Wir weisen aufdie Aussage von Röm 5,12 ff.: Sünde als hernchende Macht »kommt in die Weltce. Damit wird in anderer Form der gleiche Tatbestand beschrieben, der schon in Röm 1,18 ff.; 3,1~18 dargestellt wird. Folgende Momente der Gtrichtspredigt des Paulus sind charakteristisch: I. die Menschen verkehren das Gebot Gottes in ein gegen Gott geI Ip der LA des westlichen Textes: 't( obv 1tQ<»«l'ttxOJlEV 1tEQwoOv (O-G-) ist das Ganze als eine Frage im Sinn von 3, I zu verstehen. In diesem Fall fällt das folgende crü 1tavt~ weg. In der gewöhnlichen Fassung unseres Textes ist es fraglich, ob man 't( obv 1tQOE'X6J.ldta als eine einzige Frage auffassen soll, oder ob man 'tl abv von 1tQOE'X6f.aria abtrennen soll. Die Antwon: 06 navt~ spricht fUr die Abtrennung. 1tQOEXOtArio. hat in der Profangräzität gewöhnlich den Sinn: »etwas vorschützen, Ausflüchte machen •• ; es wird a~r hier aktivisch verstanden werden müssen: »etwas vorausha~n«. Zum Auseinandertreten der verschiedenen Zeugengruppen vgl. LTZMR 47. A. PALLIS bevorzugt wie auch sonst den westlichen Text. l Die Verschiedenheit zwischen der Antwon: •• viel auf jeden Fall« (3,2) und der Einschränkung: »nicht in jeder Hinsicht .. (3,9) darfnicht ü~rsehen werden. KOHLR 103 sieht in ihr eine Korrektur. DoooR 47 warnt vor der Annahme, daß zwischen Röm 3,2 und 3,9 eine Diskrepanz liegt. PALLISR 64 schlägt vor, crü durch Komma von navt~ zu trennen.
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Die Anklage Gottes gegen die Melllchheit
richtet es und Gott widerstrebendes Handeln und Sein. Mit dem verkehrten Handeln ist ein verkehrtes Sein gegeben. 2. Dies verkehrte Handeln und Sein richtet sich nicht nur gegen Gott, sondern auch gegen den Mitmenschen und gegen sich selbst: dem Verkehrungsprozeß entspricht ein Zerstörungsprozeß. 3. Dies verkehrte Handeln und Sein verdeckt jede Möglichkeit der Gotteserkenntnis und verwickelt folgerichtig Geschlecht auf Geschlecht in dies schuldhafte Verhängnis, so daß der Mensch keine Möglichkeit ha t, sich ihm zu entziehen. Die Sünde wird zur konkreten Macht in der Geschichte und im Leben der Menschheit. Es entsteht der Zwang, die Notwendigkeit und die Aussichtslosigkeit der Verschuldung, damit die Gleichgültigkeit, die Zustimmung, aber auch die Verzweiflung gegenüber dieser VerOochtenheit (Röm 1,32; 7,7 ff.). Paulus kann die Sünde als Verkehrung, als Zerstörung und als Verhängnis konkret in der Gerichtspredigt aufweisen, wie er es in Röm 1,1~3,20 tut. Er kann aber auch theologisch und mythisch denselben Sachverhalt darsteUen, wie es in Röm 5,12 ff. geschieht. Die mythische Beschreibung ist also eine theologische Bestätigung der Gerichtspredigt und ergänzt die früheren DarsteUungen des göttlichen Gerichtes. Der mythische Begriff der 6J&OQ~(a beschreibt also auch einen konkreten anthropologischen Sachverhalt. Der Begriff der lq.&agt(a ist eine Personifikation und stellt uns vor eine religionsgeschichtliche Frage. Der Mensch untersteht der Sünde wie ein Sklave oder Schuldner (Röm 6,16.18; 8,3). Er verliert also die Möglichkeit, über sich selbst und sein Handeln zu verfügen. Diese Personifikationen (Begierde, Fleisch, Sünde, Tod) sind eine besondere Eigenart der paulinischen Theologie und stellen vor die Frage, inwieweit hier ein ganz bestimmter jüdischer Lehrstil oder eine hellenistisch-orientalische Denkform vorliegt. Man könnte auf den Sprachgebrauch und die Anschauungen der qumtanischen Sektenschrift ( 1QS) und auf die Anthropologie des Psalmenbuches ( 1QH) hinweisen. Offenbar ist hier im Anschluß an gewisse Stellen des Alten Testaments (z.B. Ps 143,2) eine Radikalisierung des anthropologischen Denkens erfolgt (vgl. IQH 1,21 Ir.; 3,23 f.; 4,30 f.; IQS 11,9). Es ist auch anzunehmen, daß im Rabbinat, im 4. Esra und bei Paulus eine exegetische Tradition vorliegt, die sich auf Gen 3 beruft. Aus gnostischen Voraussetzungen ist der paulinische Begriffder Sünde nicht zu verstehen, denn es geht ihm nicht um eine Verstrickung in die Materie, sondern um die Auflehnung gegen Gott selbst und gegen sein heiliges Gebot (Röm 7,7 ff.)3. Es folgt eine Kombination von Schriftzitaten, vorwiegend aus dem Psalter, die offenbar unter einem bestimmten Gesichtspunkt zusammengestellt ist. Entscheidend ist die Einsicht in die Komposition: Wir haben drei Strophen vor uns, die einen besonderen Aufbau haben. V 10-12 als 1. Strophe besteht aus 2 mal 3 Zeilen, V 13-14 und V 1'>-18 aus je 2 mal 2 Zeilen. Nachdrücklich klingt das 6maiigeO'Üx fotLv, das in V 18 zum letzten Mal auftaucht. In diesem oux fO'tLV, das in anderer Form durch navtEC; in V 12 wieder aufgenommen wird, liegt das eigentliche Thema dieses Klageliedes (vgl. die Konsequenz in V 19: :1täv 0't6f.Ul, V 20: näoo oßQ;): niemand steht außerhalb der allgemeinen Schuld. Das Ganze klingt wie ein Klagtlied, das einerseits durch seine Gleichförmigkeit, anderseits durch die Abwechslung in der Aufzählung (der Gerechte, der Verständige, derjenige, der Gott sucht, derjenige, der Gutes tut) eine gewisse Kunstform aufweist. Alttestamentliche und jüdische Denkformen bestimmen nicht nur die Zitate, sondern auch die neue Komposition (Gottesklage!). Auch im Blick auf den In1 Zur Hernchaft der Sünde vgl. auch den alten johanneischen Spruch Joh 8,34: »jeder, der die Sünde tut, ist Sklave der Sünde« (anm. Wortspiel ~-: machen; ~: Knecht).
Röm 3,9-20
143
halt ist ein gedanklicher Aufbau zu erkennen: die Sünde besteht darin, daß der Mensch Gott mißachtet (V 10-12) und mit dem Wort (V 1!-14) und auf allen Wegen (V 15-18) das Leben des Mitmenschen zerstört. Wir haben einen urchristlichen Psalm vor uns, der aus der Vielheit von Einzelzitaten zu einer kunstvollen Einheit zusammengewachsen ist. Teilweise schließen sich die Einzelzitate wörtlich an die Septuaginta an, teilweise wird eier griechische Text verändert und gekürzt. Eine derartige Kombination von Schriftzitaten gleichen oder ähnlichen Inhaltes, in der man die Einzelworte wie Perlen aneinanderreiht, war schon im Rabbinat geläufig. Es ist nicht unmöglich, daß 'eine derartige Zitatenkollektion Paulus vorgelegen hat bzw. daß sie als selbständiges Gebilde in der paulinischen Verkündigung einen festen Platz hat. Wichtig ist die Beobachtung, daß nicht nur das Einzelzitat, sondern auch der neue Psalm als solcher für Paulus und seine Leser zur Autorität (= Gottesklage!) geworden ist. Es ist möglich, daß diese Kollektion eng zusammenhängt mit den ähnlichen Bußgebeten, die Paulus in Röm 3,4.20; 4,7 f. zitiert. Cod B LXX zu Ps 14,1-3 hat offenbar den paulinischen Text übernommen. AuchJustin dial. 27,3 geht wahrscheinlich aufdie paulinische Zitation zurück. Anfang und Schluß der Zitatenreihe: oox fotLV Ö(XQ~ ooöt d; (V 12) und oUx mLv ~ inoü lmf:vavtL tÖN ~ aÜtÖN (V 18) gehören wie ObtrSclrrift und Resultat zusammen. Vorangestellt ist das Stichwort ÖLXQL<>;, das in Ps 14,1~3 fehlt, für Paulus aber typisch ist. Die einzelnen Wendungen entsprechen dem semitisch und alttestamentlich gefärbten übenetzungsgriechisch. In V 13-17 scheinen sich die menschlichen Glieder venelbständigt zu haben; gemeint ist jedoch die Tätigkeit, die der Mensch durch seine Glieder ausübt. Der Satz: »den Weg des Friedens haben sie nicht erkannt« (V 17) bedeutet doch wohl, daß sie außerstande sind, Frieden bzw. Heil zu schaffen (vgl. dagegen Röm 5,1: E~ fxOf.LEV). Es besteht die Möglichkeit, daß schon dasjudentum Zitatenkompositionen zu katechetischen und apologetischen Zwecken geschaffen hat und daß die alte Kirche solche übernommen und ähnliche neu geschaffen hat. Die besondere Kunstform unseres Psalmes weist mehr auf eine liturgische als auf katechetische Abzweckung. Zur Testimonienfrage vgl. die Untersuchungen von E. Hatch (Essays in Biblical Greek, 1889), H. Vollmer (Die alttestamentlichen Zitate bei Paulus, 1895), R. Hams (Testimonies, 2 Bde, 1916-1920); C. H. Dodd (According to the Scriptures, 1953), J. A. Fitzmyer (NTS 7, 1960/61, 297-333), O. Michel (Paulus und seine Bibel, 1929, Neudruck 1972).
V 19: otöaf.LEv weist auf die bei den] uden vorhandene Kenntnis des folgenden Lehrsatzes hin 4 ; er heißt: naHes, was das Gesetz sagt, spricht es zu denen, die unter dem Gesetz stehen«. Es ist anzunehmen, daß dieser Lehrsatz von den]uden ausgesprochen und anerkannt wurde, denn nur in diesem Fall ist das exegetische Schlußverfahren des Paulus gültig. 6 v6J.l~ ist hier letztlich identisch mit der ganzen heiligen Schrift (= iI YQ
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Die Offmbarung der Gerechtigkeit Gottes
dem Judentum anvertraut iSl (Röm 3,2), will seinen ganzen Dienst tun und den Menschen in die Tiefe der Sündenerkenntnis fUhren l l .
Röm 3,21-31: Die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes im Kreuz Jesu Christi
21 Nun Mer ist ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit offenbart worden, die von Gesetz und Propheten bezeugt wird, 12 nämlich die Gerechtigkeit Gottes, wie lie durch Glauben an JesUi Chriltul erlangt und allen zuteil wird, die da glauben. Denn es i.t kein Unterschied: l3lie laben doch alle gesündigt und enDlIIlgelD daher der Herrlichkeit Gottes; 24 1 ie werden aber UIDIOnst gerechtfertigt durch seine Gnade auf Grund der in Christul Jaus geschehenen Erlöeung. 15 Den hat Gott öffentlich hingestellt'" Sühnopfer durch den Glauben in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, weil er die Sünden, die früher während der Zeit der Lanpnut Gottes bepngen worden waren, bisher unbestraft vorübergehen lie8, 26zum Erweis seinel' Gerechtipeit in der jetzigen Zeit, auf cIa8 er seIbIt gerecht sei und rechtfertige den, der im Glauben an Jau. steht. 27 Wo bleibt nun du Rühmen? EI wurde aUIgeschlossen. Durch welches Gesetz? Durch du der Werke? Nein, IOndern durch das Gesetz des Glaubens. 28 Urteilen wir doch, cIa8 durch Glauben der Mensch gerechtfertigt werde ohne Werke des Gesetzes. 290der gehört Gott nur den Juden? Nicht auch den Heiden? Ja, auch den Heiden, 30 wenn anders e. nur einen Gott gibt, der rechtfertigen wird die Beschneidung aus Glauben und die Unbeschnittenheit durch den Glauben. 31 Heben wir nUß etwa du Gesetz durch den Glauben auf? Du sei ferne, IODdem wir richten du Gesetz auf.
Ana{vse: Mit Röm 3,21 setzt ein neuer Abschnitt ein, der sich offenbar an den programmatischen Lehrsatz Röm I, 17 anschließt. Die eschatologische Gerechtigkeit ist im KreuzJesu Christi als dem entscheidenden Ereignis der Geschichte offenbar geworden. Es bleibt auffallend, daß gegenüber der Ntgation Röm I, 1~3,20 (Offenbarung des Zornes Gottes) die Position in Röm 3,21-31 knapp dargeste-llt wird. Wir unterscheiden drei Gedankengruppen: V 21-24 (Stichwort: öLxaLoaUVT) 'ÖEOü); V 2>-26 (Stichwort: lAa<Jti)QLOV); V 27-31 (Stichwort: n:(atL~). Auch stilistisch sind diese drei Gruppen deutlich voneinander zu unterscheiden. Die beiden ersten Gedankenkreise (V 21-24.2>-26) setzen sich durch einen proklamalorischen Stil von ihrer Umgebung ab: man erkennt ihn an einer gewissen Feierlichkeit, an der Betonung ausgewählter Begriffe und am Zurücktreten der Verben und Adjektivei. Vor allem in V 25.26 löst sich das SatzgefUge in präpositionale Wendungen auf, die unverbunden nebeneinander stehen. (ÖL« ... tv ... El~ . .. ÖuI ... tv ... n:Q6~ ... ). Auffallend ist ferner, daß in diesen Satzkonstruktionen ein Teil der Begriffe durch andere ausgelegt oder wiederholt wird (z.B. Ö
Röm 3,21-31
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fragt sich, ob nicht die Wendung Öl.« nLouooc;, auf die es Paulus offenbar ankommt (3,22.25, ähnlich 27.28), für die theologische Erfassung des Zusammenhangs von besonderer Bedeutung ist. Was die nLm:I.C; ist, wird sowohl durch das Heilsereignis selbst als auch durch die Antithese gegen die »Werke des Gesetzes« bzw. gegen das Vorrecht des Judentums deutlich. Man kommt nicht um die Erkenntnis herum, daß Paulus auch in Röm 3,21-31 das KreuzJesu in die Auseinandersetzung mit demjudentum einbezieht. Vielleicht haben wir zwischen einer ursprünglichen Tradition, deren Bestandteile in Röm 3,24 ( noch erkennbar sind, und einer paulinischen Inttrpretation, die vor allem Röm 3,26 umfaßt, zu unterscheiden J . Im Unterschied zu den langen, feierlich getragenen Satzperioden V 21-24.2~26 hat der Abschnitt V 27-31 einen aufgelockerten, dialogisch-rhetorischen Charakter. Frage und Antwort wechseln weiterführend einander ab. Auch in diesem Schlußabschnitt steht Paulus in der Diskussion mit dem Judenturn und wehrt dessen Einwände und Mißverständnisse ab (vgl. besonders 3,31). V 27-31 stehen also nicht auf der gleichen Stufe wie V 21-26, die offenbar die Grundlage bilden, von der aus Paulus dann die Konsequenzen zieht. Ein eigentliches Zitat findet sich in unserem Abschnitt nicht, doch gibt das nachfolgende Kapitel Röm 4 eine exegetische Begründung für die Bedeutung des Glaubens. Exegese: Wie der •• Zorn Gottes« die Schilderung von Röm I, 1~3,20 bestimmt, so tritt die ••Gerechtigkeit Gottes« von Röm 3,21-4,25 in den Mittelpunkt des paulinischen Denkens. Der .)Zorn Gottes« ist das charakteristische Merkmal des alten Äons wie die »Gerechtigkeit Gottes« für den neuen Äon. Für dasJ udentum waren derartige Begriffe bestimmte Eigenschaften und Kundgebungen Gottes, die auf sein Gericht und seine Vergeltung hinwiesen, für Paulus aber sind sie zu Gegensätzen innerhalb der eschatologischen Anschauung von »Einst« und »Jetzt« geworden. Allerdings ist dies eschatologische Gegenüber von altem und neuem Äon nicht die einzige Denkform; durch die heilsgeschichtliehe Beziehung (Röm 3,21; 4,1 ff.) ist die eschatologische Wendung als Erfüllung mit der Vergangenheit verbunden. V 21: Der neue Abschnitt beginnt mit einem sowohl zeitlich als auch logisch zu verstehenden vuvi. öt (I Kor 15,20; Eph 2,13; Hehr 9,26). Gemeint ist, daß der neue Äon schon in der Gegenwart angebrochen ist (vgl. Röm 3,26: tv t vüv xal.QQi.C; v6J.loU bedeutet, daß Gottes Ge&v :n:QOfflno 6 6EOs D..aon;QLOV tv t«i> autoü atJ,latl
bUI :n:(atEWC; dC; tvbE";lV "Ci\c; oLxaLOO'iM)c; autoü
bui tTrv :n:OQEOLV tÖJV :n:QO'{E'(OVOtwv QJ,laQtTIJ,l{mov tv tfI ilvoxfi tOÜ itEoü ltQOc; tTrv tvbEL;LV ti)c; bLxaLOOiM)c; autoü tv t<j) vüv xaLQ<j> dC; tO dval autOv o(XQLOV xat bLXOLOÜVM tOv bc lt((nEl.O<; 'l'IOOü. 1 Vgl. R. BULTMANN, Th~ologi~ des N~u~n T~stam~nts, 1968, 49; auß~rd~m E. KASEMANN auf d~m Marburg~r Th~log~ntag 1950, ZNW 43, 1950-51, 150-154. Vgl. dazu kritisch O. Kuss. a.a.O. 161. • Di~ Komm~ntare schwank~n, ob VUVL bt z~idich od~r logisch zu v~rst~h~n st:i. Di~ z~it1ich~ Deutung liegt wegen d~r Näh~ zu :n:apavtQwtaL nahe. ScHUlTER, Gerechtigkeit 136 weist daraufhin, daß auf die Betrachtung d~r Heiden und Juden nicht eine Darstellung der Christenheit folgt: Paulus spricht vom .)W~rk~ Gones" in Schöpfung und Gesetz, in Jesus Christus und von der durch ihn gesch~nkten Gerechtigkeit.
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Die OfFenbarung der Gerechtigkeit Gottes
rechtigkeit nicht als Frucht menschlichen Bemühens, aber auch nicht als Ereignis unter dem Gesetz verstanden werden solls. Vielleicht darf man sogar schon an Christus als ttÄo~ v6tlou (Röm 1O,4) erinnern. Gottes Gerechtigkeit ist offenbar geworden ))unabhängig vom Gesetze< (Tb. Zahn). XEq>
5
XWQ~
votlov steht in Gegensatz zu bUI v6J.tov in Röm 3,20: Erkenntnis der Sünde geschieht
durch das Gesetz, die Gerechtigkeit Goues wurde offenbar ohne das Gesetz.
x~ts
v6J.&ov begegnet
als feststehende Fonnel in Röm 7,8 f. 6 I'O{mJQEÜJ6aL an dieser Stelle hat einen ihm eigenen Klang: der Kanon des Alten Testaments triu auf die Seite der Gerechtigkeit, stimmt ihr als Zeuge zu und widerspricht damit der jüdischen Selbstgerechtigkeit. Die Zweiteilung des Kanons ist (neben der sonst bezeugten Dreiteilung) nicht ungewöhnlich (Str-B 111 164). Gelegentlich werden die Psalmen zu den prophetischen Büchern gezählt. Zur Zweiteilung des Kanons vgl. Mt 5,17; 7,12; 22,40 u.ö. 7 Der Hinweis auf ..Gesetz und Propheten« in Röm 3,21 entspricht dem heilsgeschichtlichen Zeugnis der »heiligen Schriften« in Röm 1,2. Paulus legt Wert auf seine übereinstimmung mit dem Alten Testament. S Vorausgesetzt wird, daß Paulus in Röm 3,22.26 an einen Gen. obj. denkt (Glaube anJesus Christus), d.h. daß der Glaube sich zu Jesus von Nazareth als Sohn und Herrn bekennt. Es geht also in diesem Gen. obj. um einen Bekenntnisakt. Doch wird diese Genitiv-Verbindung auch anders verstanden (Gen. subj. oder Gen. myst.). Der gleiche Genitiv wie in Röm 3,22.26 findet sich in Gal 2,16.20; 3,22; Phil 3,9; Eph 3,12. 9 Nach]( 00, also nach byzant. und westlichen Textzeugen, ist aus der LA El; 1tclvta; (It ABC) und aus der zweiten: super omnes (vulg.) die Kombination: El; 1tclvta<; xal btl 1t6vt~ entstanden. NVGRENR 114 entscheidet sich dafür, diese liturgisch vollklingende LA für ursprünglich zu halten. 10 Der neue Gedanke muß mit V 22b einsetzen, nicht mit V 23, oder man müßte V 22b als Anfang \'on V 23 zählen (vg!. SANDAV-HEADLAMR 84).
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Menschen gesündigt haben, wird hier ausdrücklich wiederholt. Eigentlich beginnt der Vers mit den Wonen: ab yciQ tO'tLV 6LaowAy), die ohne Zweifel zur nachfolgenden Anklage gehören. Die Aufhebung der Unterschiede und des Vorrechts Israels war deshalb notwendig, weil die Menschheit unterschiedslos gesündigt und daher die Anerkennung durch Gott verloren hat. Die Allgemeinheit des menschlichen Verderbens ist eigentlich eine apo/cillyptisclu Erkenntnis (4. Esra); wir werden an diese Tatsache erinnert, wenn Paulus die Allgemeinheit der Schuld als einen Mangel der •• Herrlichkeitcc Gottes (1'1 ~ lOÜ itEoü) beschreibt. 1'1 M;a lOÜ itEoü könnte an sich im Sinn vonJoh 12,43 verstanden werden (Ehre, Anerkennung vor Gott); der Sünder kann keine Anerkennung von Gott her erwanen. Aber in unserem Zusammenhang ist ~a lOÜ itt:oü doch wohl mehr, vielleicht sogar mehr als 6uwl.()(J\m} itro'Ü (vgl. Röm 8,30; 4Esr 7,42). Nach der Auffassung des Frühjudentums hat Adam Gottes •• Herrlichkeitcc verloren t t, daher liegt auf dem Sünder ein Verlust dessen, was Gott dem Menschen zugedacht hat (IKor 11,7: Verbindung von dX<.Ov und M;a itEo'Ü). Vielleicht ist dies Motiv sogar ganz alt und semitisch (hebr. ';IJ). In unserem Zusammenhang ist die Rechtfertigung ein Geschehen, das diese •• Herrlichkeitcc wiederherstellt. V %4: An die negative Aussage von V 23 schließt sich jetzt eine positive ohne Verknüpfung an. Statt des Partizips 6LXOLOUflEVOL erwartet man eigentlich eine indikative Verbform (wie 6LxoLOmaL 6t). Paulus will den Begriff 6u(al.()(J\m} itEoü (V 21.22) durch die Panizipialaussage unseres Verses näher bestimmen, so daß der Gedankengang an V 21.22 anknüpft und V 23 wie eine Parenthese wirkt. Paulus kommt es auf die »geschenkweisecc (6roQEav = semitisch DI.,) übermittlung der Gerechtigkeit an. Dies &oQEav kommt bei Paulus sonst nur in einem anderen Sinn vor, es wirkt hier bewußt feierlich und liturgisch und stammt wohl aus einer älteren Vorlage (ähnlich AplrJoh 21,6; 22,17). Der Mensch hat keine Möglichkeit zu einer eigenen Vorleistung, sondern bleibt ein Empfangender. 'tfl amoü XlJQt.lL ist selbständig und beschreibt die Rechtfertigung als einen Akt der Gnade Gottes. Die Verbindung von XOQ~ und 6wQEa findet sich auch in Röm 5,17. Der Rithtnspruch Gottu lud sich im K'~JtSU Christi 1101l(.01'''; er hat aber die Welt nicht zerstön, sondern begnadigt. Es handelt sich also um den Sinn und die Herausstellung eines bestimmten historisclura Ereignisses. In dieser Verbindung von Richterspruch und Begnadigung ist die ganze Spannung der paulinisehen BegritTsbildung und seiner Denkformen angedeutet. Der begnadigte Mensch ist dem Gericht entnommen und steht jetzt im Zeichen einer Gnade, die den Ernst des göttlichen Gerichtes ständig vor Augen hat. Es entsteht daher eine neue Einstellung des Menschen Gott gegenüber, die aus diesem Begnadigtsein heraus glaubt und handelt. Dies »Leben« aus dem Begnadigtsein ist das eschatologische Leben von Röm 1,1 7. Der eingeschobene Genitiv amoü (\'fI amoü XOQLlL) unterstreicht die Souveränität Gottes. Zur Kennzeichnung dessen, was sich am KreuzJesu Christi ereignete, verwendet unser Text die beiden 11 Adam hat Gottes Herrlichkeit (''1) durch aeine Sünde verloren (Gen r 12,5 zu 2,4; griech. Apk Bar 4,16; VitAd). Vgl. ThW 11 391; 111 1020 0". undJ.JERvELL, Imago on. 1960.44 0". 92. 100 0". 1130".
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Begriffe cbtoAlrtQ
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und einer paulinischen Interpretation. Die Durchführung des Opfergedankens stellt also ebenfalls das Motiv der »Gerechtigkeit« Goues heraus: stirbtJesus als Sühnopfer, so liegt in diesem öffentlichen Geschehen die Veruneilung der menschlichen Schuld durch Gott, aber auch die Bestätigung seiner Wahrheit 14 . lAaoTfpOY ist subst. Adjektiv (vgl. ourtTJQ- ourtTJQ\ov, qnJMIx,",Q- qnJ~) und bezeichnet in der LXX (auch in Hebr9,5) den Deckel der Bundeslade (Kappored, vgl. Ex 25,17-22; 31,7 u.ö., auch Philo. Die Kapporet ist Ort der Gegenwart Gottes, der götdiehen Offenbarung und Sühnstätte (Str-B 111 165-185).Jos. ant. 16,182 spricht von einem »Denkmal, das sühnen sollce (D..aotfJQlOY Jlvi)..,.a) und verwendet dabei unser Adjektiv, während er in ant. 3,137 den Deckel der Bundeslade bdfq.&a nennt. Ähnlich ist der Sachverhalt bei Philo, der mit bd&..,.a und xOOtm den LXX-Begriff zu erklären sucht (vit. Mos. 11 95.97). Offenbar wollen die hellenistischen Schriftsteller die Kapporet anführen, haben abcreine gewisse Schwierigkeit, den LXX-BcgriffD..aO't'flQ"ov aufsie anzuwenden. I m Hellenismus ist u.acm;QLOY die Sühngabe , durch welche die zürnende Got thcit gnädig gestimmt wird. In diesem Fall gab es eine hellenistische Kultsprache, an die Paulus sich anschloß. Da z.Zt. des zweiten Tempels die Kapporet nicht mehr existierte, sprengte man das Blut auf einen Stein, der an ihrer Stätte lag Uoma 5,3 f.). Es ist durchaus möglich, daß Paulus - und vorher das hellenistische Judenchristentum - an die Kapporet des Neuen Bundes dachten.
Die gegenwärtige Diskussion, die Sprache und Sinnzusammenhang unseres Textes untersucht, steht vor bestimmten Alternativen: I. Ist lla
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Die O&nbanmg der Gerechtigkeit Gottes
Frühjudentums vgl. J. Jeremias, E. Lohse, P. Stuhlmacher, H. Gese. Es gibt ein neuts Sühnewirken, das für alle Völker gilt. Bund und Sühne gehören zusammen. Alte Traditionen werden aufgenommen und von Paulus neu gedeutet. Es kommt aber Paulus nicht auf eine Stätte, sondern auf ein Geschehnis an. Selbstverständlich ist das jüdische Grundmotiv, daß ein Gerechter zur Sühne, zum Opfer wird, hier als Voraussetzung einzuschalten. Am KreuzJesu stirbt der Gerechte, der die Sünde der Menschen nicht kannte (2Kor 5,21 ). Am nächsten verwandt sind die Aussagen lJoh 2,2; 4, I0 (~ ltEQi 'tÜJY ~~). Auch in ihnen wird der Anspruch des OpfenJesu hervorgehoben. Es ist anzunehmen, daß die Begriffe D.acnftQwY~ ab feste Deutungen des Todes Jesu der Gemeinde bekannt waren. Gegen die Gleichsetzung: JesUl = Kapporet hat ZnR 188 n: wichtige Einwände erhoben. Die adjektivische Fassung der älteren lateiner (propitiatorem) wird deshalb meist abgelehnt, weil die maakulinische Form von ~ov bisher noch nicht nachgewiesen wurde (ZuR 186; LagrR 76). Der heidnische Gedanke, daß Menschen durch eine Sühnegabe Gott gnädig stimmen, liegt unserem Text fern. Gott selbst ist der Handelnde, weil er das Sühnopfer Christi annimmt und die Versöhnung ausrufen läßt (2Kor 5,20 f.). Die Formel: tv -ap airtoü at,.uX'tL findet sich in Röm 3,25; 5,9; Eph 2,13; Hebr 10,19; 13,20; lJoh 5,6; Ap~oh 1,5; 5,9; 7,14. Vorausgesetzt ist, daß wir auch hier ein Motiv der OpfnsJlrtltN (und der Abendmahlsfeier) vor uns haben (vgl. Lk 22,20; IKor 11,25). Die Sühnkraft liegt im Blut (vgl. auch 4Makk 6,29; 17,22). Im Blut liegt die Seele, das Leben; somit ist die Hingabe des Blutes identisch mit dem Opfer des Lebens (Str-B 111 185). Das einmalige SterbenJesu Christi bleibt wirksam in der Proklamation seines Todes (xatayytllEL'Y, I Kor 11,26). Sühne für die Schuld des Volkes unabhängig vom Tempelkuh spielt schon in der Qumran-Gemeinde eine entscheidende Rolle. Indem die Gemeinde-Gebote eingehalten werden, weiß sich diese als eine wn Gottes RatschJuß bestimmte heilige Gemeinde der Endzeit, die für du Land (für die Welt) Sühne erwirken soll. Vgl. IQS 8,6.10; IQ 109, Col. I 3. Es scheint so, daß die Wendung: ))zu sühnen für Israelcc fest geprägt und feierlich ist (Neh 10,34). Ganz entsprechend sagt Jos ant. 18,19: »Die Essener bringen keine Opfer dar, weil sie heiligere Sühnemittel zu besitzen glauben. ce Beim Eintritt in die Sekte geschieht Sühne durch den heiligen Geist (IQS 3,68".; IQH 16,12; fragm. 2,13). Vgl. zum Ganzen L. Moraldi, Sensus vocis Ilaat1JQLOV in Röm 3,25, Verbum Domini 26, 1948.257-276; L. Morris. Thc mcaning Of~QLOV in Rom 3,25. NTS 2. 1955. 3~55. Außerdem: A. Büchler, Studies in Sin and Atonement in the Rabbinic Literature ofthe fint century, 1928; F. Nötscher, Zur thcol. Terminologie der Qumrantcxte, Bonner bibI. Beiträge 10, 1959, 188-192; P. Stuhlmacher, Zur neue ren Exegese von Röm 3,24-26, Festschrift für W. G. Kümmel, 1975,315-333.
"11,,,,..,
Ist ö..a x(me~ ursprünglich, dann ist es an den ganzen Zusammenhang anzuschließen: •• das man sich zu eigen macht durch den Glaubencc (H. Lietzmann). Tatsächlich ist ölit x(OtEW; die einzige Bestimmung, die von der Heilsaneignung durch den Menschen spricht. ölit x(mew; ist bei Paulus häufig als Kampffirtnll gebraucht und bezeichnet den neuen Heilsweg im Gegensatz zum Gesetz und den Werken des Gesetzes. Wenn Paulus in Röm 3,24 f. eine ältere Tradition verarbeitet, wie R. Bultmann 15 annimmt, dann könnte die Vermutung auftauchen, daß ölit x((neO>; von ihm selbst eingefügt worden sei. Es wäre vielleicht möglich, die präpositionalen Wendungen in ~ti IJTtiergruppm aufzulösen, die einander genau entsprechen: ÖLCi, tv, d; werden durch bLCi,
15
R.
BULTMANN,
TMoJogie des Neuen Testaments, 1968,49.
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~v, lt~ wieder aufgenommen,
wobei das letzte Glied der ersten Reihe dem letzten Glied der zweiten Reihe entspricht. Auf dem letzten Glied liegt also jeweils ein besonderer Nachdruck. Wir werden 4!laher mit der zweiten Dreiergruppe neu einsetzen müssen. Es geht um die Bestimmung der fvÖE";I.~ tii~ ö.."al.OO'irv'l~ airto'Ü (V 25.26). Damit ist ein Stichwort gegeben, das für Paulus wichtig ist. Das Opfer Jesu Christi ist ein Offenbarungsgeschehen, in dem Gott sich selbst kundtut. Die Herausstellung der Gerechtigkeit (fvÖE";I.~ = ))Erweis«, )Aufzeigen«) bedarf einer Erläuterung; darum spricht Röm 3,25 von einem ))Vorübergehen lassen« oder von einem »)Aufschubc( der Sünden, die während der Periode der Geduld Gottes aufgespeichert wurden. ltaoEO~ ist in diesem Zusammenhang nicht eindeutig. Es bedeutet hier, daß Gott Aufschub gewährt, bis daß der Tag der Abrechnung kommt. So nimmt das Judentum an, daß Sünden im Lauf eines Jahres aufgespeichert werden, bis daß der große Versöhnungstag kommt und sühnt Uoma 8,8). Der Karfreitag tritt dann als eschatologisches Ereignis an das Ende der alten Weltzeit und beendet die Periode der Geduld (civoxfJ). Der Zeitraum des ))Zornes Gottes« ist zugleich von Gottes Geduld und von seinem Zuwarten bestimmt (Röm 9,22) .ltaoEOI.~ darfnicht wie l1q>EOI.~ verstanden werden (vulg. übersetzt: propter remissionem); das Wort findet sich nur hier im Neuen Testament 16 • Verwandt ist die Anschauung Apg 17,30: Gott übersieht die Zeit der Unwissenheit und ruft jetzt die Umkehr aus. War die vergangene Zeit eine Periode des ))Aufschubs« und des ))Ansichhaltens« Gottes, dann waren auch die Sühnopfer und Riten der Menschen nicht imstande, das zu geben, was sie sollten (Hebr 10,1-4). Der pa ulinische Gedanke wäre mißverstanden, wenn man in der fvÖEI.;I.~ tii~ ÖL')(.aLooUVTJ~ ai,.tO'Ü ein rationales Beweisverfahren sehen würde: wegen der Gerechtigkeit Gottes war die Verurteilung notwendig, weil er sich als Gerechter behaupten wollte (fvÖEI.;~ = Beweisführung). Es geht Paulus noch einmal um die Herausstellung der Gerechtigkeit, von der er schon in Röm 3,4 sprach; sie ist das Ergebnis des Gerichtsverfahrens. Am KreuzJesu wird offenbar, daß Gottes Gericht gerecht ist.J und daß Gott den rechtfertigt, der auf .1> ZnR 196 spricht vom •• Aufhalten und Hinausschieben der endgültigen Entscheidung Gottes über die Sünde und den Sünder, den Gerichtsaufschub«. Ähnlich SANDAY-HEADLAMR 90 (zeitlicher Aufschub der Strafe, nicht: Vergebung). Anders LTZMR 51: .. Der von den Kommentaren behauptete Unterschied zwischen :n:
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Grund des Glaubens denkt und handelt l7 . 6 tx X(atEW~ (bzw. ol b, X(atEWC; Röm 4,16; GaI3,7.9) beschreibt den Menschen, der seinen Ursprung im Glauben an Jesus hat. Ganz entsprechend finden sich bei Paulus die Formeln OL tx XEQL'tOJ1f)~ (Röm 4,12) und oU" v6J.lOV (Röm 4,14; vgl. 4,16). Der Sing. fällt auf und beschreibtdtn E~tlnm, der in der Rechtfertigung Gott gegenübersteht 18. Ist der Mensch »aus Glauben«, so formt sein Glaube sein ganzes Denken und Wollen. Das Gerichtsurteil Gottes ist ein objektives Geschehen, das sich an dem vollzieht, der anJ esus glau bt. Auffallend ist der einfacheJ esusname (im Unterschied zu Röm 3,22.24) 19, der auf die Geschichtlichkeit und Einmaligkeit dieses »Menschen« hinweist. Gemeint ist auch hier der Glaube anJesus (vgl. ApkJoh 14,12). Der Glaube an Jesus ist die durch Kreuz und Auferstehung gegebene Form des Glaubens an GoU. Man nimmt vielfach an, daß Paulus Begriffe wie nErlösung« (Qno)';U't{KOOL;) und ••Sühnopfercc (UaOl'fJQLOV) aus einer älteren Tradition übernommen hat, die auf den Tod Jesu und auf das Abendmahl bezogen war. Die Erlösung wurde rur Paulus das Ende der Knechtschaft des Menschen unter der Sünde (Röm 3,9), das Sühnopfer zum Akt der Vergebung, der die Schuld des alten Äons beseitigt. In diesem Sinn gehören beide Begriffe bei Paulus eng zusammen. Wir werden nach den jüdischen Denkfonnen fragen müssen, die dem paulinischen Text zugrunde liegen. Ursprünglich dachte man an eine eschatologische Befreiungstat Gottes, an ein sühnendes Geschehen, das der ••Gerechte« bzw. der •• Knecht Gottes« auf sich nimmt. Dazu kamen Motive der Bußlehre: Gott rechnet am Versöhnungstag ab, nachdem sich Sünden aufgespeichert haben ( ••Aufschubcc = Joma 8,8). Aus diesen Elementen setzt sich die paulinische Deutung des TodesJesu zusammen, die von Paulus keineswegs als dogmatische oder rationale Theorie verstanden wurde (Anse1m). Das •• Blut Christi« wird nicht als Sache oder Mittel angesehen, sondern bleibt ein Ausdruck der Opfersprache, der die Hingabe des Lebens und die von Gott geschenkte Wirkung beschreiben will. Man darf aber nicht vergessen, daß die paulinische Auffassung von der allgemeinen Verschuldung und der Realität des Zornes Gottes ganz eng mit dieser Deutung des Todes Jesu zusammenhängt (2Makk 7,38). Daß der Tod sühnt, daß man durch stellvertretendes Leiden sühnen kann, sind allgemeine jüdische Gedanken (vgl. das Material bei Str-B 111 undJ.Jeremias). Die Versöhnung bleibt aber Goues freie Tat und eigener Wille. Das sühnende Opfer Christi und das versöhnende Handeln Gottes sind verschiedene Deutungen des gleichen Ereignisses. Den Sühnegedanken zugunsten der Versöhnungs lehre aufzugeben, ist unmöglich, doch zerbricht er an dem Versuch, ihn in einer rationalen Theorie zu sichern. Vgl. P. Altbaus, Das Kreuz Christi, Mysterium Christi, 1931, 239 ff.; Schlatter, Gerechtigkeit 145 f.
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In rhetorischem Wechsel von Frage und Antwort zieht Paulus in V 27-51 seine Folgerungen aus dem Heilshandeln Gottes. Steht der Mensch wirklich unter der Sünde (3,9), ist das Kreuz das Zeichen der Gerechtigkeit Gottes (3,25 f.), so entfällt jede Möglichkeit des Rühmens. Die xaUxrtOL~ ist hier ein Akt des Selbstvertrauens Israels, das den Anspruch Gottes im Gesetz und in der Beschneidung mißversteht 20• Man darf dabei nicht übersehen, daß eine bestimmte xa( fehlt in G Ambstr. darf jedoch nicht gestrichen werden. Der Sing. hat also generdlen Sinn. 19 Der Genitiv ')T)OOÜ fehlt in G. Die LA 'JTJooiI XQLOtO'Ü ist Angleichung an V 22.24. 20 Der Begriff der XOUXTJou; findet sich häufig in dcr paulinischen Literatur und wird vom Apostcl in der Auseioandcrsetzung mit dem Judentum und der Gnosis vielfach vcrwandt. Paulus bekämpft 17
11
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Fonn des Gebetes und des Hymnus zum Selbstruhm werden kann (Röm 2,17.23). Vielleicht ist sogar zu lesen: ))WO bleibt dein Rühmencc? (Ti XQUXtlot; 000 G gd vulg. Ambstr)21. Das Rühmen wurde durch das Kreuz »ausgesperrtee (Passiv als Umschreibung des göttlichen Handelns)22. Die Diskussion setzt voraus, daß ein »Gesetzee diesen Ausschluß des Selbstruhms bestätigen muß. Wie kann ein derartiges Gesetz aussehen? Auf keinen Fall so, daß es sich auf Werke bezieht oder mi t Werken befaßt. Paulus meint mit dem Begriffv6J,L~ 'UÖV fQ'YU)V ein Verständnis des Gesetzet, das den Gehorsam in Einzelakte zerlegt und den Willen Gottes mißversteht. Dem ~ 'tWv fvfU)'V entsprechen auf Seiten des Menschen die fvfa v6J1oo (Röm 3,20). Das jüdische Verständnis des Gesetzes ruft notwendig den Selbstruhm des Menschen hervor. Das Gesetz, das den Selbstruhm des Menschen vernichtet, ist das »Gesetz des Glaubense( (~x(· O'tE(J.)~). Diese kühne Wendung ist nur als Kampfformel verständlich: Gott schließt durch Jesus Christus einen Bund mit dem Menschen, er setzt eine neue Ordnung, die auf Glauben gegründet ist 23 . Das neue Heilsgeschehen hat eine ähnliche Autorität wie der alte Bund. Dabei darfman aufden Anspruch bzw. auf die Forderung hinweisen, die auch diesem Bund eigen ist. Auch der neue Bund verlangt Gehorsam (Röm 1,5; 10,3.16). Außerdem bringt er das Gebot Gottes zur rechten Geltung (Röm 3,31). Verwandt ist die ähnliche Wendung: v6tt~'toü 1CVEVJ1at~ (Röm 8,2). Vielleicht kämpft Paulus an beiden Stellen um die eschatologische Ordnung, die der Ordnung des alttestamentlichen Gesetzes gegenübertritt. Glaube und Geist sind die ))Gesetzecc des neuen Äons, wie das mosaische Gesetz an den alten Äon gebunden ist. Man muß erkennen, daß hinter xC· O'tL~ und 1CVE'ÜJ1a objektive Gegebenheiten stehen (GaI3,25). Paulus versucht in V 28 den Inhalt der neuen, eschatologischen Ordnung durch einen uhr~ zu verdeutlichen, der durch das vorangestellte AoYLt6J1e&a als solcher erkennbar ist (vgl. Röm 8,18). Der Plural könnte schriftstellerische Form sein, könnte aber auch die Norm und die Gültigkeit dieses Lehrsatzes unterstreichen. Der Inhalt unseres Verses ist die theologische Entsprechung und Ergänzung zu Röm 3,20: die Unterscheidung zwischen x(O'n~ und fQYa VÖJlO'U ist die notwendige Folge aus dem Gerichtsurteil Gottes. Der Glaube nimmt dies Urteil hin und verzichtet aufden Versuch, sich selbst vor Gott zu rechtfertigen (vgl. die Kombination von Röm 3,20.28 in Gal 2, (6). XOJQi~ fQYU)'V VÖf.lOU bedeutet, daß GOlt das Recht der das falsche Selbstvertrauen, das sowohl den Juden als auch den Pneumatiker hinden, Gou ernSl zu nehmen. Die xoUXriou; Ixstehl nicht nur in rinem ungebrochenen Selbstvertrauen des frommen Menschen, sondern iSl sdbst Jubelruf, Hymnus, Psalm (Röm 5,2). Paulus selzl gegen die falsche xaUXrioL; eine dem Evangelium gemäJk. Zur Lileratur vgl. R. BULTMAlIIN, ThW 111 648 0'.; R. AnlsG, Kauchesis, 1925. xa\ixllOu; findel sich bei Paulus in Köm 3,17; 15,17; I Kor 15,31; 2Kor 1,12; 7,-l.14; 8,14; 11,10.17 u.ö. 21 Zahlreiche Spuren des ooü veranlassen ZnR WO, dies ooü als unprünglich anzusehen. u ntudflV bedeutel ..ausschließen .. (GaI4,17). uG. fRlEDRICH, Das Gesetz des Glaubens Röm 3,17, ThZ 10, 1954,401-417 bringt rine wichtige Beslimmung dieser bei Paulus einmaligen Wendung. Nach ihm handelt es lich um das mosaische Geselz, das ausdrücklich die Gerechligkeil durch Glauben bekennt. Diese Bestimmung wird in der Gegenwan immer wieder neu aufgenommen. Vg!. dazu die anderen Möglichkrit~n, v6f,loc; zu bestimmen, bei KAsEMANNR 95 ff.
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»Werke« ausgeschlossen hat. Das unbetonte, artikellose ~ov (= »manee) ist das Kennzeichen eines Lehrsatzes (vgl. I Kor 4,1; 7,1). Paulus will nicht sagen: Tatsächlich gibt es - in Weiterführung von Röm 3,~20 - eine Rechtfertigung durch Gott, aber sie vollzieht sich durch Glauben (ZnR 203), sondern er will im Anschluß an Röm 3,27 das Schwergewicht auf den Gegmsal<; legen: die Rechtfertigung geschieht durch Glauben und nicht durch Werke des Gesetzes14. Paulus steht hier in einer Auseinandersetzung mit der rabbinischen Theologie, die behauptet, daß Gott die vorhandene Gerechtigkeit des Israeliten anerkennt (Str-B 111 163 (). Nach Paulus ist die Rechtfertigung ein Heilshandeln Gottes; das auf das KreuzJesu bezogen ist und den Sinn des KreuzesJesu herausstellt. Er kannJesus deshalb geradezu »Gottes Gerechtigkeit« nennen, weil sich durch ihn Gottes richtendes und rettendes Handeln enthüllt (IKor 1,30). DurchJesus' Christus empfängt der Mensch Gottes Gerechtigkeit, weil Gottes Urteil, daßJesus gerecht sei, zum U neil über den Glaubenden wird. Was Glaube und Gehorsam ist, hat Jesus Christus sichtbar gemacht: durch ihn ist der »Glaubeee in die Welt gekommen (Gal3,25). Glauben heißt aber: Gott recht geben (Röm 3,4), auf den eigenen Anspruch verzichten (Röm 3,20.28), Gott gehorsam sein (Röm 1,5; 10,3), sein Venrauen auf Gott setzen (Röm 10, 11). Wer unter dem falschen Verständnis des Gesetzes steht, vermag den »Glaubene( und den »Gehorsamee, den Paulus meiiu, nicht zu erreichen. Mit V 29 wendet sich Paulus gegen einen jüdischen Einwurf, der dem vorangehenden Lehrsatz widerspricht. Der mit diesem Vers einsetzende Zusammenhang verteidigt also den Lehrsatz V 28. Der Jude wehn sich nicht nur gegen die Gleichstellung mit dem Heiden im göttlichen Gericht (Röm 3,19.20), sondern auch gegen die Gleichstellung mit ihm in der Gnade (Röm 3,28). Aber Paulus zeigt auf, daß jeder Widerspruch gegen Gottes Urteil ihn selbst nicht ernst nimmt. Gott ist nicht nur Israels Gott, sondern auch Gott der Völker. Damit schließt sich Paulus an eine Fragestellung an, die auch die Synagoge kennt, die aber von ihr anders beantwonet wird (Str-B 111 185). V 50: Letztlich weiß doch Israel selbst, daß Gott nur ein einziger ist. Täglich bekennt es ja im Schema sich zu diesem »einen« Gott (Dt 6,4 = Mk 12,29). Gerade durch dies Bekenntnis zu dem tinna Gou wird die Voraussetzung für die Einheit und Gleichheit des Heilsgeschehens geschaffen. Der Stil von V 30 klingt feierlich und dem Bekenntnis gemäß (~6LX«uOOEL ... , rhetorische Gegenüberstellung: b 1t(CJ'tE(&)~ - 61i1 Ti)~ 1t(mE(&)~). Vielleicht ist das Futurum 6LxauOOEL logisch gemeint, vielleicht sind die präpositionalen Bestimmungen tx 1t(mE~ und 61i1 Ti)~ 1t(cn~ nur stilistisch voneinander zu unterscheiden (M. J. Lagrange, H. Lietzmann)15. Die Wiederholung: »aus Glaubene(, »durch den Glauben« bedeutet selbstverständlich eine Verstärkung. 1tEQL'tOJ.U; und QXQO~1JO't(a als Zusammenfassung von Beschnittenen und Unbeschnittenen fand 24
Die Formel: .um deines Erbarmens willen und nicht nach unseren Werken .. findelsich schon in
IQM •• ,4. 25 In der Auslegung der Väter werden allerdings die !>eiden Wendungen oft genug sachlich voneinander unterschieden. Orig., Theod. Mops., Ambstr versuchen den Wechsel der Präpositionen zu erklären, doch ohne sachliche Beweiskraft. Richtig erklän Aug. de spiritu et lit. 11 29: non ad aliquam differentiam, sed ad \'ari~atem oralionis.
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sich schon in Röm 2,26 ff. V 51: Und noch einmal wehrt Paulussich gegen einen gegnerischen Einwand: die paulinische Gnadenpredigt löse das Gesetz auf. Der Gegensatz xa't
"':ja
Exkurs Got tes ,.Gerech tigkei t ce J. Forsclrungsgeschichtliclre Situation
I. In der alttestamentlichen Forschung hat man an die Erkenntnis Kl. Kochs und G. von Rads anknüpfen können, daß der Stamm p-JI nicht eine abstrakte Norm, sondern einen Anspruch, der in einem Gemeinschaftsverhältnis begründet ist, zum AUJdruck bringt. Jedes irdische Verhältnis wie Familie, Stamm, Volk hat seine ihm eigene Nonn. Am wichtigsten ist natürlich das Verhältnis, das der Ewige Israel angeboten hat und das im Kult gepflegt wird. Man rühmt die Gerechtigkeitstaten des Herrn und seine Heilstaten in der Geschichte (Ri 5,11; ISam 12,7; Mi6,5; Ps 103,6; Dan9,11). Gerechtigkeit und Heil werden vor allem im Hymnus zu synonymen Begriffen (Jes 45,8; 46,13; 51,6.8). Aufdie Verwundung der Gerechtigkeitsaussagen in Theophanieschilderungen wird man vor allem im Psalter aufmerksam (Ps 50,6; 97,6; 85,14). Nicht unwichtig ist das altorientalische Ordnungsdenken, in dem der Kosmos aufeinen höchsten Gou ausgerichtet ist. In Israel war aber dies Ordnungsdenken geschichtlich gefaßt und auf den Bund und die Erwählung ausgerichtet. Man ist versucht, im Bereich des Alten Testaments ein Ordnungsdenken im Rahmen einer Schöpfermacht Gottes bzw. eine Gleichsetzung von Gerechtigkeit und Heil als Vorstufen paulinischer Struktur anzusehen. Der Schluß liegt nahe, daß das Alte Testament zwar gewisse grundsätzliche Voraussetzungen zum Verständnis des paulinischen Begriffes geschaffen hat, daß aber sein eigentlicher Ursprung nicht im Alten Testament selbst liegt. (Vgl. dazu P. Stuhlmacher, D. Zeller.) Wichtig ist, daß Gen 15,6; Ps 143,2; Häb 2,4 den Grundstamm der paulinischen Aussagen bilden; von ihm aus hat man methodisch auszugehen. Dieser Stamm weist daraufhin, daß das Evangelium auf das Alte Testament zurückstrahlt, daß ihm aber umgekehrt eine
26 ScHU.lTER, G~rechtigk~it 156: »VÖflov xatOQYElV, das G~~tz ungültig machen, und v6t&ov lO'tOvElv, das Gesetz zum Stehen bringen, sind heides dem Rabbinat geläufige Formeln (4Makk 5,25) ... Der Text des Pau1us steht dem Aramäischen näher als der des Matthäus. Die Tatsache, daß GOlt nur nach Israel genannt ist (Exr 29), darf weder allgemein zum Angriffgegen das Judentum noch gegen die christliche Frömmigkeit ~macht werden (mißverständlich KAsEMANNR96 f.). Wenn KAsEMANN Gottes Recht und Gottes Gnade herausstellen will, dann muß dies anden geschehen.
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Die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes
über diesen Stamm hinausgehende alttestamentliche Grundstruktur entgegengekommen ist (vgl. Röm 3,5.25 Gottes Gerechtigkeit als Bundestreue). 2. Das Offenbarwerden der Gerechtigkeit des Schöpfers, eine Vorstellung, die prophetische Wurzeln hat Ues 56,1; Ps 98,2), gehön vor allem in die apokalyptische Tradition. Gericht Gottes, Verschwinden der Werke der Gottlosen, Offenbarwerden der Gerechtigkeit Gottes vor seinen Erwählten sind kosmische, univenale Prozesse (äthHen 91,14; Apk Abr 31,5). Anders erscheint die apokalyptische Vorstellung vom •• Aufgehen der Gerechtigkeit« (= Lichtterminologie) für die Gerechten (Tes\) ud 24, I; TestSeb 9,8; äthHen 58,3 8:; Qumran). Ewige Güte und Gerechtigkeit sind Kennzeichen der neuen Welt Gottes. Eine eigene Stellung nehmen die Qumrantexte ein. Grundsätzlich vertreten sie einen Gesetzesradikalismus, zu dem alle Söhne des Lichtes verpflichtet sind; doch bezeugen Gemeinderegel (IQS) und Hodajot (IQH), daß man sich aufs tiefste seiner Sünden und Verlorenheit bewußt ist .••Sein Uneil will ich gerecht heißen entsprechend meiner Verkehrtheit, und meine Sünde sei mir vor Augen wie ein eingegrabenes Gesetz. Aber zu Gott will ich sprechen: Meine Gerechtigkeit, und zum Höchsten: Gründer meines Gutes, Quelle meines Wissens und Quelle der Heiligkeit, Höhe der Majestät und Allmacht zu ewiger Verherrlichung« (IQS 10,11 f.). nlch aber, wenn ich wanke, so sind Gottes Gnadenerweise meine Hilfe auf ewig. Und wenn ich strauchle durch die Bosheit des Fleisches, so besteht das Uneil über mich durch die Gerechtigkeit Gottes in Ewigkeit« (IQS 11,11 f.). Man darf dazu TestGad 6,10 vergleichen: .. Von jeder Ungerechtigkeit laßt ab und haltet fest an Gottes Gerechtigkeit! Dann bleibt fiir immer euer Stamm gerettet.cc Wenn Paulus Fleisch und Sünde, Gerechtigkeit und Heil in Spannung zueinander treten läßt, dann liegt das Motiv der »Macht« nahe. Die Gerechtigkeit Gottes, die als Gabe dem Sünder zuteil wird (Gen. auct.), und die vorpaulinische Bezogenheit der Bundestreue Gottes, die am Kreuz Jesu enthüllt wird (Gen. subj.), sind das Besondere, das in der paulinischen Theologie aufgenommen und mit besonderer Schärfe herausgestellt ist. 3. Sowohl die Aufrichtung des Rechtes Gottes innerhalb der Schöpfung wie auch die eschatologische Gabe seiner Gerechtigkeit an den glaubenden Menschen verraten eine apokalyptisdu Dimension, die nicht veTkannt werden darf. Daß die paulinische Rechtfertigungslehre antirabbinische Kampflehre bleibt, ist an dem Herausbrechen der Geset~esleh,t besonders tln.tliclr .
Wir haben bei Paulus zwei Aspekte der Wongruppe: 6LXOL<><J\rv1'), 6(XOLoc;, 6LxaL6w voneinander zu trennen. Der erste ist stark antithetisch und wird entweder durch nLatL;, nLOtEUw bzw. den Gegensatz t; fvf
159
Röm 3,21-31
2. Zu, theologischen Deutung der Ö..xaLO<JiJvr)
itEOÜ
bei Paulw
lnxQLooUVfI itro'Ü ist in der Auseinandersetzung mit dem Gerechtigkeitsverständnis des Rabbinats entstanden und darf nicht als eine Eigenschaft Gottes im hellenistischen Sinn verstanden werden (ThW 11 206). Antithetisch steht ihm die Ö..xaLOa'UvT) bt v61W" bzw." lÖ(a Ö"XQLooUVfI (PhiI3,9; Röm 1O,3) als ein falsches Verständnis Gottes und seines Heilswillens gegenüber. Im Begriff der ••Gerechtigkeit Gottes«« liegt ein Geschehen, ein Sichoffenbaren Gottes, ein Sichdurchsetzen und Sichpreisgeben Gottes, ein Gerichtsund Gnadenakt zugleich, ein geschichtlich, aber doch eschatologisch verstandener vonzug des Willens Gottes, ein Akt seiner Bundestreue (K. Barth) und der Erfüllung seiner Verheißungen, ein Prozeß, der an einen einzigen Punkt der Geschichte, an das Kreuz Christi gebunden ist und der sich durch die Predigt als Wort von der» Versöhnung«« kundtut. Der Begriff der •.Gerechtigkeit«« ist vielschichtig, alttestamentlich und apokalyptisch (nich t eigentlich griechisch oder hellenistisch) gefärbt. Offenbar prägt die .) W ahrhei t«« der Botschaft den Begriff und seine Umgebung, keinesfalls aber darf die Denkform eines überlieferten Gerechtigkeitsbegriffes als Norm und Grenze für die Botschaft verstanden werden. Im Gegenteil, in der Ausltpng dieses Begriffes muß ~wischm dtm, W4S PfJll.ltu sagt, fINI dem, was Paulw mnm, deutlich unterschieden werden. Das Problem des Verhältnisses zwischen Gerechtigkeit und Gnade ist nicht nur im Rabbinat, sondern auch sonst im Frühjudentum ernsthaft gesehen, aber nicht gelöst worden (z.B. Psalmen Salomos,Jubiläenbuch). Während Gottes richterliche Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gewöhnlich so gedeutet werden, als ständen sie in einer Spannung zueinander oder gefährdeten sich gegenseitig, rükken gelegentlich beide auch im Judentum enger zusammen (4Esra 8,36: .)denn dadurch wird deine Gerechtigkeit und Güte offenbar, daß du dich derer erbarmst, die keinen Schatz von guten Werken haben««). Entscheidend aber ist, daß Goues Gerechtigkeit keineswegs eine menschliche Gerechtigkeit anerkennt oder als falsch verstandene Bundestreue sich zum Vorrecht Israels bekennt, sondern daß sie sich im Gegensatz zu allem, was der Mensch ist und tut, als Gericht über den Menschen, also auch über den Juden, herausstellt (Röm 3,21 f.). In diesem Gericht liegt gleichzeitig die Schaffung einer eschatologischen Gerechtigkeit, in der Gott dem seine Gnade anbietet, der sein Gericht anerkennt (Röm 3,24 Ir.). Gou setzt also - wie schon in der alttestamentlichen Prophetie - seine Gerechtigkeit als Gericht und Heil zugleich durch, so daß der Glaube Gott rechtfertigen, d.h. in seiner Gerechtigkeit anerkennen muß (Röm 3,4 = Ps 51,6; Röm 3,26). So wie Gott den Sünder rechtfertigt (Röm 4,5), gibt auch der Glaubende, der Gottes Gericht über sich annimmt, Gou recht. Die ö..xalOOiMl ist ein echtes Handeln, Schaffen Gottes im geschichtlichen Vollzug, obwohl der Begriffzunächst deldaratorisch und geltungshaft wirkt. Allerdings steht dies Handeln, Schaffen Gottes im Gegensatz zu allem ).Sein«( des Menschen und kann daher vom Menschen nicht als moralische Qualifikation nachgewiesen werden. Aber Gottes Urteil und die menschliche Existenz stehen sich nicht auf zwei getrennten Ebenen gegenüber, sondern Gottes Urteil bricht als eschatologisches Geschehen in die menschliche Existenz ein. Die öLxal.O<J6vrt itEoü von Röm 3,21-31 ist die gleiche Ö..xaLOaUVfI, welcher der Glaubende sich selbst zur Verfügung stellt. Die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes geschieht an einem Ort der Geschichte, am KreuzJesu Christi. Paulus übernimmt eine Tradition, nach der GottJesus Christus als ).Erlösungcc und .)Sühnopferc« aufgestellt hat. Röm 1,17 wird also nach Röm 3,21-31 christologisch verstanden werden müssen. Das, was Gott in der Rechtfertigung tut, entspricht dem wahren Opfer Jesu Christi am Kreuz, steht also letztlich in der Fortsetzung der Abendmahlsüberlieferung. In dieser rechtlichen und kultischen Auslegung des Kreuzes ist bei Paulus Jesus Christus von Gott her zur Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung gemacht worden (IKor
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Die Bestätigung der Gerechtigkeit durch die Schrift
1,30). Er ist der »Gerechte•• , durch dessen Gehorsam sich die Rechtfertigung der •• vielen« vollzieht (Röm 5,12-21). Das eigentliche Werk Christi ist sein Gehonam, sein Sterben am Kreuz, aber dieser Gehorsam, dies Sterben ist von Gott gesegnet. Das, was Gott tut, was Jesus Christus am Kreuz voUbracht hat, wird durch die Botschaft und das Evangelium sowohl Juden als auch Heiden angeboten und verlangt den Akt des Gehorsams. Das Geschehnis der Vergangenheit, der Bote, der die Botschaft bringt, und der Vollzug der Verkündigung sind eine notwendige innere Einheit. Ohne die konkrete, zusprechende Verkündigung des Boten ist also die Rechtfenigung nicht möglich; die Du,due~ung dir Gerechtigkeit und J'mölmung volIvtht mh gntuk dUTeh dU J'nlciiluJipng.
Röm 4,1-25: Die Bestätigung der Gerechtigkeit durch die Schrift a) Röm 4,1-8: Abrahams Gerechtigkeit aus Glauben I WulOllea wir Dua ....., cIa8 Abnbma, UIIIeI' Vorfahre dem Fleiecbe 1IKb, pfuDdea hilbe? 2Deaa WeDII Abraham aua Werken precbtfertiat worcIea wäre, dum hätte er zwar Gnmd, aich zu rühmm; aber Dicht vor Gott. 3Deaa wu aqt die SChrift?E. ....... aber Abraham Gott, uad n wurde ihm zur Gerecbtipeit ..... recImet.. • Dem. der mit Wakea umpht, wird der Lob Dicht pmäB der Gaade, eoadem pmii8 der Schuldipeit anpredmet. 5 Dem aber, der Dicht mit Werkea umpht, aber aa dea, der dea Ua&ommea rechtfertist, dem wird Ieia Glabe zur Gerec:btipeit aaprecImet, 'wie auch David die SelisJweiauaI da Meuchea .....,richt, dem Gott Gerecbtipeit olme Werke aaredmet: 7 &Iis aiDcl die, defta UaprechtipeiteD ,erpbeD UDd defta SÜ..... bedeckt aiad; • ae•• der Mama, deuea SüDcle der Herr Dicht UU"eClmet••
,18.
GesamtanaJyse: Das neue Kapitel wirkt wie ein selbständiges Ganzes, wie ein exegetischer Midrasch, der sich an Röm 3,21-31 anschließt. Dabei fällt auf, daß der wichtige Abschnitt Röm 3,21-31 relativ kurz ist, während der angefügte Schriftbeweis ziemlich ausführlich geführt wird. Vielleicht war dieser Midrasch ursprünglich selbständig. Unser Kapitel wird vorbereitet durch die beiden Hinweise aufSchrift und Gesetz in Röm 3,21.31. Der dialogisch-rhetorische Stil der vorangehenden Vene 27-31 wirkt in 4,1 Ir. nach, so daß man gelegentlich 3,31 mit 4,1 eng verbunden hat (K. Barth). Der feierliche Abschnitt in 4,23-25 zeigt, daß ein Gedankengang zum Abschluß gekommen ist, und läßt vermuten, daß mit Röm 5, I Ir. ein neuer Zusammenhang beginnt. Man kann das Kapitel in einzelne Unterteile zerlegen. So ist zunächst Röm 4,1-8 durch die heiden Schriftzitate 4,3 (= Gen 15,6) und 4,7 f. (= Ps 32,1 f.) bestimmt. Nach rabbinischer Methode wird das Torawon durch das Psalmwon bekräftigt. Nun folgt in Röm 4,~ 12 die exegetische Frage, ob die Seligpreisung von Ps 32,1 nur dem Beschnittenen oder auch dem Unbeschnittenen gilt. Die Antwort wird aus dem zuerst angeführten Zitat Gen 15,6 herausgeholt. Paulus exegesiert also das zweite Zitat mit Hilfe des ersten. Das Problem der Beschneidung bzw. der Unbeschnittenheit wird im folgenden Unterteil Röm 4,13-17 abgelöst durch die Frage nach dem Verhältnis der Verheißung zum Gesetz bzw. zum Glauben. Die exegetische Entscheidung heißt: Abraham empfing die Ver-
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Röm 4,1-25
heißung auf Grund des Glaubens, daher auf Grund der Gnade. Dieser mittlere Abschnitt ist deshalb besonders wichtig, weil er das Problem des Gesetzes theologisch weiterführt (nach Röm 3,20 jetzt Röm 4,15). In einem feierlichen Schlußteil Röm 4,18-25 beschreibt der Apostel das Wesen dieses Glaubens, der aufdie Erfüllung der Verheißung ausgerichtet ist. Dem Glauben des Abraham entspricht der Glaube der christlichen Gemeinde, die sich auf das Bekenntnis zuJesus Christus als ihrem Herrn beruft. Sieht man auf Sprache und Stil dieses Midrasch, so fällt die Besonderheit gegenüber seiner Umgebung auf. Er wirkt predigtartig, lehrhaft. Aus dem Schriftzitat werden bestimmte Schlüsse gezogen, die für die Verkündigung des Paulus wichtig sind; daher ist unser Kapitel weithin durch das alttestamentliche Zitat bestimmt. Die gestellten Fragen Röm 4,1.9.10 wirken nicht rhetorisch, sondern thematisch; es kommt in unserem Kapitel nicht auf ein Wechselgespräch zwischen Paulus und einem Partner an, sondern aufdie methodische Herausstellung theologischer Thesen. Selbstverständlich formt auch dieses Kapitel seine Sätze im Blick auf das Judentum. Der Schlußteil Röm 4,18-25 nimmt eine gewisse Sonderstellung ein: er erklärt, deutet, paraphrasiert den Glaubensbegriff und stellt die typologische Beziehung zwischen Altem Testament und urchristlichem Bekenntnis her. Exegese: Die paulinische Rechtfertigungslehre beruft sich, wenn sie nach ihrer alttestamentlichen Legitimation gefragt wird, aufdie Abraham-Geschichte (vgl. auch Gal 3,6 ff.); dabei spielen ganz bestimmte Schriftzitate, auf die Paulus besonderen Wert legt, eine Rolle (z.B. Gen 15,6; 17,5 u.a.). Die Gestalt Abrahams als des Stammvaters des Judentums stand auch sonst im Mittelpunkt der rabbinischen Diskussion (Str-B III 186 ff.). Es kam also darauf an, welches Schwergewicht man den einzelnen Schriftstellen des Alten Testaments zumaß. Schon der Wortlaut von V 1 ist für Paulus bezeichnend; vielleicht denkt er schon hier an die Wendung: »Gnade findencc (X<1QlV EUQ(OXElV Gen 18,3), wenn er fragt, was Abraham, der Vater des Judentums, »gefunden(( habe l . Paulus spricht von Abraham als »unserem Ahnherm nach dem Fleischcc und bekennt sich damit ausdrücklich zum Judentum 1 . Allerdings gibt er schon durch den Begriff des »Findens(c der exegetischen Erörterung eine gewisse Richtung: für ihn ist Abra1 Textkritisch ist hier zu fragen, ob EUQY}xtval ursprünglich ist und wie es verstanden werden soll. Es fehlt in B. bei Orig., Chrys., wurde gelegentlich hinter tOv nQ<mOtOQ
"I'ÖJY
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Die Bestätigung der Gerechtigkeit durch die Schrift
ham eben nicht durch den Gehorsam gegen das Gesetz gerecht geworden, sondern durch einen Gnadenakt Gottes. Wenn Abraham fragt, ob er »Gnade gefunden hat« (Gen 18,3), dann ist nach Paulus die Entscheidung schon gefallen: Gnade ist Gegensatz zum Werk des Menschen; Abraham sieht dann in der Gnade die eigentliche Gabe Gottes. V 2: Dadurch ergibt sich notwendig eine Diskussion mit dem Judentum über die These: Abraham ist auf Grund seines Gehorsams, d.h. also aus »Werken« gerecht gesprochen Uub 23,10; Joma 28b; Qid 4,14; Mek Ex 14,15). Paulus reißt durch den Gegensatz Glaube-Werke Begriffe auseinander, die imJudentum eng zusammengehören. Gesetz und Werke, Glaube und Gehorsam, Gehorsam und Verdienst, Lohn und Segen sind in der rabbinischen Theologie eine Einheit. Daher hat Abraham nach rabbinischer Anschauung nicht nur bei Menschen großen Ruhm, sondern auch bei Gott (Sir 44,19 ff. hebr.;Jub 24, 11). Wenn diese Thesedesjudentums berechtigt ist, dann hat Abraham allerdings Grund, sich zu rühmen. Aber Paulus zeigt durch das nachfolgende Schriftzitat auf, daß diese These falsch ist. Abraham hat keinen Grund, sich vor Gott zu rühmen J • V 5: Entscheidend war der Glaubensakt Abrahams (Gen 15,6), denn er war die Grundlage für die Gerechtigkeit, die Gott ihm zusprach. Paulus denkt bei diesem Zitat des Alten Testaments daran, daß nur der Glaube des Menschen die göttliche Gerechtigkeit empfangen kann. Allerdings entstehen sofort Schwierigkeiten, weil das logische Schema dieses Schriftwortes den Glauben wie eine Voraussetzung des Menschen behandelt, die die Gerechtigkeit Gottes nach sich zieht. Dies logische Schema entspricht aber nicht der paulinischen Rechtfertigungslehre, in der das göttliche Heilshandeln dem menschlichen Verhalten vorgeordnet ist. Immerhin sind Glaube und Gerechtigkeit bei Paulus so ineinander geschoben, daß die Verwendung unseres Schriftzitates möglich ist. Es kommt PauLus also nicht so sehr aufein logisches Schema an, als vielmehr taif die Herausarbeitung des Glaubmsbegriffes 4 • V 4 und 5 sind nichts anderes als eine Exegese des Schriftzitates unter der Problemstellung Gnade und Verdienst. Man kann die beiden Verse paraphrasieren: dem» Wirkendencc ist der Lohn nicht Gnadengabe, sondern Pllichtgabe (V 4); dem »Nichtwirkenden«, der glaubt, ist der Lohn Gnadengabe (V 5). Der BegriffMry(~Ea6aL stellt die Verbindung zwischen dem vorangehenden Zitat und seiner Auslegung her; er bedeutet einerseits die Anrechnung im Verdienst, anderseits die freie EntscheiJ 1t~ entspricht hier dem hebr. '~,~. Zu ergänzen ist natürlich fIEL xcriJxrll-«l. Vielleicht ist V 2a ein irreales Zugeständnis an das Judentum, V 2b eine paulinische Korrektur. Die Exegese der Kirchenväter trifft nicht den Sinn des Textes, wenn sie zwischen dem Ruhm vor Engeln, Heiligen und Menschen einerseits und dem Ruhm vor Gott anderseits unterscheidet. 4 Logisch sieht der Abschluß des Zitates: xa1 tAoyw&Yt wie eine Bestätigung und Anerkennung des Glaubens aus, doch wird sachlich dies Schema bei Paulus gesprengt. Allerdings hat auch die Iogischt Vorordnung des Glaubens vor der Gerechtigkeit ihren thMlogiscJrm Sinn: die Botschaft von Jesus ruft den Gehorsam, den Glaubensakt des Menschen hervor, so daß der Menscb zum Glauben erzogen wird. Erziehung zum Heil ist im Neuen Testament immer Erziehung zum Glauben. Die Gerechtigkeit Gottes steht einerseits vor dem Glaubensakt, anderseits jenseits des Menschen im Bereich Gottes. Die transzendente und eschatologische FaSSUhg der göttlichen Gerechtigkeit wird also durch Gen 15,6 angedeutet. 5 Zum Verständnis des Äoy(tEofkll gibt es drei Möglichkeiten (H. W. HEIDLAND, ThW
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Röm 4,1-25
dung im Willensakt Gottes5. Es liegen also verschiedene Momente in Äoy(~Ea6aL (:lW.,), die durch den jeweiligen Zusammenhang bestimmt werden müssen 6 • Der Gegensatz ~yat,6f.LEVOC; - "" tgyat,6f.'EYo; könnte einen allgemeinen bildhaften Gedanken in sich tragen: der Arbeiter, der seinen Lohn verdient, steht in einem Rechtsverhältnis; wenn aber jemand Lohn empfängt, ohne eine Dienstleistung zu vollziehen, dann geschieht ein Gnadenakt. Aber wahrscheinlich haben wir es hier mit der Weiterführung der entscheidenden Bestimmung t~ fQYwv (V 2) zu tun: ein Mensch, der sein Verhältnis zu Gott aufdie lQyastellt, ist ein ~t,61J.E ~, während ein Mensch, der eine solche Einstellung ablehnt (f."TJ tgyat,61J.Evo;) , als Glaubender und Begnadigter beschrieben werden kann. Der auf Werke bedachte Mensch empfängt seinen Lohn »nach der Schuldigkeit« (xa'tcl 6cpdA.'1f.1Q). Paulus setzt aber die Tatsache voraus, daß die Anrechnung des Glaubens ))nach der Gnade« (xa'tcl xaoLV) geschieht. Gnade ist für ihn Ausschluß des Verdienstes und der Schuldigkeit. Der Glaubensakt besteht nach Röm 4,3 in der Annahme der Verheißung, nach Röm 4,5 in dem Vertrauen auf den, der den nUnfrommencc rechtfertigt'. Wir haben es in unserem Vers mit einer antithetischen Kampfformel des Paulus zu tun (itEb; 6LX
:2'"
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Die Bestätigung der Gerechtigkeit durch die Schrift
anerkannt, und in dieser Anerkennung liegt der eigentliche Glaubensakt. Nur dann ist Gnade wirklich Gnade, wenn die Rechtfertigung sowohl verurteilendes, als auch schenkendes Handeln Gottes ist9 • ltLO'tEUELV bt( (Röm 4,5) statt ltLO'tEUELV'tQ> & (Gen 15,6) ist wohl bewußt fonnuliert (ZnR 223). Das Verhältnis von Gloubt uM Werk ist nach dem Rabbinat rechtlich gedacht und durch den Bundesbegriffbestimmt. Gott verkürzt keinem Geschöpfden Lohn (Pesikt 118a). Der wichtige Begriff n~~T beeinOußt das Urteil Gottes über die Gebotserfiillung. In diesen Rahmen gehört auch der Glaube, der als Werk des Menschen durchaus gerühmt wird (z.B. Philo und Mek Ex 14,31; 15,1). Der Glaubensakt schließt das Verdienst des Glaubens ein und bestimmt damit die Gerechtigkeit des Glaubens. Im Verhältnis von Glaube und Werk bleibt m~T der verbindende Begriff, so daß zwar eine Unterscheidung, nicht aber eine Scheidung möglich ist (4Esr 13,23). Weil der Glaube dem Werk übergeordnet werden kann (bMak 23b in Bezug aufHab 2,4), ist er selbst nicht ein einzelnes Gesetzeswerk neben anderen (fQyov, ~). Philo nennt zwar den Glauben das »Werk einer gr0ßen und olympischen Vemunftcc (quis rer. div. her. 93), meint aber fQyov psychologisch als eine seelische Funktion des Menschen, nicht als verdienstliches Handeln. Der Glaube ist das Umfassende, und aus ihm wird, in ihm geschieht das einzelne Werk. Aber der Verdienstgedanke wird nirgends gesprengt. Abrahams Glaube bleibt ein Akt seiner Gesetzestreue, so daß man wohl sagen kann, er sei durch Werke gerecht geworden. I Makk 2,52 legt Abrahams Glauben nach Gen 15,6 als ••Treue in den Versuchungencc aus und folgert, daß ihm diese Treue als Gerechtigkeit angerechnet wurde.] ub 14,6 zitiert das Schriftwort im Zusammenhang mit der Verheißung Gottes (glauben = annehmen der Verheißung). Die Rabbinen betonen die Anrechnung des Glaubens zum Verdienst. Ihr Rühmen gilt gerade dem Verdienst des Glaubens (•• und so findest du, daß Abraham, unser Vater, nur durch das Verdienst diese und die zukünftige Welt ererbtec( (Mek Ex 14,31). Paulus dagegen entdeckt die Tatsache, daß Gen 15,6 außerhalb des Verdienstgedankens verstanden werden muß. Bei ihm ist das göttliche Anrechnen (MryctEa6m) wieder ein schöpferischer Denkakt, eine freie Entscheidung Gottes über den Menschen; damit kommt der paulinische Sprachgebrauch der hebräischen Grundbedeutung von ~'IJ wieder näher 1o•
V ~8: Ein neuer Schriftbeweis, der den ersten (V 3) verstärken, aber auch erläutern soll, schließt sich an V 5 bzw. an den bisherigen Gedankengang an. Er ist nach rabbinischer Methodik (Aneinanderreihung von Gesetzeswort und Psalmwort) an Gen 15,6 zur Bestätigung angefügt. Da das Abraham-Beispiel das ganze Kapitel durchzieht, ist das Psalmwort auch hier dem Torawort untergeordnet. V 6 ist eine ausführliche Einleitung zum Zitat, die bis ins Einzelne exege9 Auffallend ist, daß Paulus in Röm 4,5 sowohl im Partizipialsatz als auch im Hauptsatz den Gottesnamen vermeidet und umschreibt. Vielleicht ist auf Ex 23,7 zu verweisen (Mas: »Ich will nicht gerechtsprechen den Gottlosen«, anden LXX). Grundsätzlich gilt, daß nach alttestamentlichem Maß. stab GOlt alles Böse ausschließt: vgl. Ex 23,7; Prov 17,15; 24,24; Jes 5,23. GOlles geschichtliches Handeln encheintjetzt paradox. Abraham ist entweder rur Paulus Beschreibung ~ines geschichtlichen Einzelfalles oder aber der grundsätzlichen Glaubcnsexistenz. Zur Litmlwrvgl. G. v. RAD, Die Anrechnung des Glaubens zur Gerechtigkeit, ThLZ 76, 1951, 129-132; K. BERGER, Abraham in den paulinischen Hauptbricfen, MThZ 17, 1966, 47-89; E. KAsEMAN!'\, Der Glaube Abrahams in Röm 4, Paulinische Penpektiven, 2. Aun. 1972, 140-177. 10 tAoyi
Röm 4.1-25
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tisch bestimmt ist. Der Inhalt des Zitates wird durch den Ausleger vo~ge nommen, wobei er aufDavid als Verfasser des Spruches hinweist. Nach dem Anfang des Psalms faßt Paulus den Inhalt des Zitates als J.lClXO()LOJ.l~ zusammen (GaI4, 15). Entscheidend ist der Relativsatz, in dem Paulus den vorangehenden Gedankengang wieder aufnimmt und zu dem folgenden Psalmwort in Beziehung setzt. Die Sündenvergebung, von der Ps 32,1 f. spricht, ist ein Zuspruch der Gerech tigkei t Gottes. Die Wend ung: 6 6E~ A.OY(~E'tQL 6U«lLOO"IJVT!V denkt schon an die Aussage von V 8: 0(, oü J'Tt A.oy(Of)'taL X"QLO~ QtwQ't(av. Daß Gott dem Menschen den Glauben als Gerechtigkeit anrechnet, wirdjetzt zu einem Akt, in dem Gott dem Menschen die Gerechtigkeit ohne Werke zuspricht (übergang in die mediale Form von A.oy(~rott(lL). In Röm 4,fHJ tritt das schenkende Handeln Gottes in diesem Zuspruch noch stärker heraus als in Röm 4,3-5. XWQ~ fQ'YCI)V (Röm 3,28) will bezeugen, daß die Sündenvergebung von Ps 32, I f. keineswegs durch ein »Werk« des Menschen veranlaßt wird. Auch das Bekenntnis des Psalmisten (Ps 32,5) hat also keinen Anspruch vorGolt-das »Werk« desjudentums erhebt Anspruch. Da Ps 32,1 weder von der Gerechtigkeit Gottes noch von der Anrechnung zur Gerechtigkeit spricht, setzt Paulus den Akt der Sündenvergebung, der Sünden bedeckung (= Sühnung) und die Nichtanrechnung der Sünde mit dem Zuspruch der Gerechtigkeit gleich. Oder kurz gesagt: Zuspruch der Gerechtigkeit heißt zugleich Vergebung der Sünden 11. Schon die Deutung des Kreuzes als 1.A.a0000000LOV in Röm 3,25 legt diese Erkenntnis nahe, Röm 4,fHJ führt sie aus (vgl. M. Luther). Wenn Gott im KreuzJesu Christi das Zeichen seiner Gerechtigkeit aufrichtet, dann bedeutet dies, daß er durch Gericht und Vergebung den Menschen in dies Geschehen hineinnimmt. Die Rechtfertigung ist also der umfassendere Begriff, die Sündenvergebung vollzieht sich innerhalb der Rechtfertigung des »Unfrommen« (Röm 4,5). Auch in der Gliederung von Röm 4, I~ kommt dies Verhältnis zum Ausdruck: der Oberbegriff bleibt die Gerechtigkeit. b) Röm
4,~12:
Abrahams Gerechtigkeit ohne Beschneidung
9Gilt nUD die. SelilPreiauD, der BaclmeiduDg oder auch der Unbetcbnineaheil? Wir . .en ja: ,a wurde dem AbnhmI der Glmabe zur Gerec:htilileit an. . redmet.. IOUnfer welchen Umatänclea fand die. Anrechn.... ltatt? Ab er beIChniaea war oder als er noch unbnchnitten war? Nicht ab er belclmittm, IODdem als er noch "nbevhniuen war. 11 Uaci er empfins" Zeichen der Belchnei.... als Si.eI der Glaubeaaprechtipeit, die ihm tchoa als UnbeKhmtteaem zupeipet worden war, auf cIa8 er Vater aller derer werde, die als Unbevhniueae 11 Es ist \;dlricht nicht zufällig, daß Ps 32,1 im antikenjudentum gern auf die Vergebung des gr0ßen Versöhnungstages !>nagen wird; z.B. Joma 86b; Pesikt 45 (l85b und 186a). Die Eigenart des paulinischen Schriftbcwcises grgenübcr dem Fruhjudentum trin bcsonde-n hervor. Es kommt Paulus nicht wie- dem Psalmisten auf die Hervorhebung des SündenbckenntnislCS oder wie dem antiken Judentum aufdas kultische Gcschehe-n an, in dem die- Vergebung Gonessich vollzieht, sondern allein aufdas Ereignis der Vergebung selbst. Vgl. zum paulinischm Analogieschluß:J.JEIlEMIAS, ZurG~ danke-nflihrung in den paulinischen Briefe-n, Studia Paulina, 1953, 149 f.; BAlUtETTR 89 It
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Die Bestätigung der Gerechtigkeit durch die Schrift
gI..ben, cWnitauch iImea die Gerechtigkeit angerechnet werde, 12 und cIa8 er V. terder Beschneidung werde türclie, die nicht nur aus der Bac:hneidunlltmunen, lOadern auch in den Fua.tapfeu des Glaubena waudeln, den unser V.teI' Abraham IchOll als Unhachniuener baaß. Exegese: V 9: Nach rabbinischer Auslegung gilt Ps 32, I f. ausschließlich Israel, keiner anderen Nation (Pesikt 45, 185b = Str-B 111 203). Paulus lehnt eine derartige Auslegung grundsätzlich ab. Die Seligpreisung, von der unser Psalm redet, ist nicht auf Israel beschränkt. Darum stellt Paulus die Frage, ob die zitierte Seligpreisung sich auf die Juden allein oder auf Juden und Heiden zugleich bezieht 1• Der Prozeß ist also umgekehrt wie in Röm 3, 1~18: dort war die Gefahr, daß der Jude die Gerichtsworte auf die Heiden abschiebt, hier dagegen, daß die Seligpreisung auf Israel beschränkt wird. Paulus hätte auf den Wortlaut von Ps 32, I ( zurückweisen können, der von keiner ausdrücklichen Beschränkung auf Israel weiß; er greift aber in Wirklichkeit auf das Abraham-Beispiel zurück und wiederholt zu diesem Zweck das Zitat von Gen 15,6. AtyOJ.lEV yciQ erinnert an entsprechende rabbinische Wendungen 2 • Der rhetorisch-dialogische Charakter dieses Abschnittes tritt wieder stärker heraus. V 10: Paulus fragt nach dem Zustand des Erzvaters: Empfing er als Beschnittener oder als Unbeschnittener die göttliche Zurechnung? Die beiden Fragen unseres Textes bilden letztlich eine Einheit. Nach der synagogalen Chronologie lag. zwischen der Bundschließung von Gen 15,10 und der Beschneidung von Gen 17, 10 ein Zeitraum von 29 Jahren (Str-B 111 203). Abraham empfing die Glaubensgerechtigkeit also als Unbeschnittener. V 11: Die Beschneidung ist der Zurechnung nachgeordnet. Man liest am besten ot)J.lELOV 3tEQL'tOJ.lfJ~ (= Gen. appos.): »und ein Zeichen empfing er, das in der Beschneidung bestandcc 3 . Die Beschneidung ist nach Gen 17,11 »Zeichen des Bundescc (ot)J.lELOV öLaih1xll~), nach den Targumen sogar »Siegel Abrahamscc (aq>Qay(~). Wir haben also eine durch das Alte Testament selbst gegebene Bestimmung der Beschneidung vor uns 4 • Es liegt nahe, die urchristliche Bildsprache, daß die Taufe »Siegelcc (aq>Qay(~) sei, in Zusammenhang mit dem frühjüdischen Sprachgebrauch zu bringen (Barn 9,6). Im Bild des »Siegelscc drückt sich die Zugehörigkeit, die Beglaubigung, sowie die anschauliche bzw.legitime Anerkennung aus. Die Glaubensgerechtigkeit wird durch das »Siegel c( rechtlich anerkannt und bestätigt; doch bleibt sie selbst ein Geschehen, das dem Unbeschnittenen zuteil wurde. Entscheidend ist die anstößige Tatsache, daß ein Unbescknitttnn die Glaubensgerechtigkeit empfängt. Die Aneinanderreihung I
Zur Verstärkung tritt in D vulg. c1 I'6vov hinzu. Zur Textfrage von Röm 4,9 vgl. H. LJETZMANN
zSt. 1 »Das Subjekt ist der Schrifterklärerce; vgl. W. BACHER, Die älteste Terminologie der jüdischen Schriftauslegung, 1899,9 (in der ersten Person: Mek zu 12,15; 13,10 u.ö.). 1 So mit Recht ZnR 225; SANDAy-HEADLAM R 107. Der kurze Akkusativ 1tE{)LtOl'tlV (AC·) istlediglich eine Verdeutlichung der Genitiv-Verbindung. 4 Zum Begriff des ..Siegels« vgl. Cant r 3,8; Schab 137b; Ex r 19. »Es würde gut zu unserer Stel1e passen, wenn acwaY(~ eine geläufige Bezeichnuag der Beschneidung gewesen wäre: auch Bam 9,6 scheint das nahe zu legen, und es ist vielfach behauptet worden« (H. LJETZMASN). Die Bedenken, die gegen diese Möglichkeit vorgebracht werden, scheinen mir nicht schwer genug zu wiegen (vgl. SAN. DAV-HEADLAM R 107; Str-B IV 1,30 ff.; LTZM R 53 f.).
Röm 4,1-25
167
zweier Absichtssätze (d~ 'to dVQL ••. , Et; 'to A.oyLOÖ'f)VQL ••• ) zeigt, wie wichtig für Paulus die Vorordnung der Glaubensgerechtigkeit ist, die an den Unbeschnittenen offenbar wird s. An ihnen ist Gottes Ratschluß zuerst erfüllt worden. Dann erst fand Gott- beinahe ))nachträglich« - den Weg zu den Beschnittenen, soweit sie nämlich nicht nur beschnitten sind, sondern auch in den Spuren des vorgegebenen Glaubensweges wandeln 6 . Abraham kommt in seiner Vattrschaft (Gen 15,5; 17,5) zuerst im Heidenchristentum zum Ziel: denn dort im Heidenchristentum vollzieht sich zu allererst dit; Zurechnung des Glaubens. Dann erst wird er Vater des Judenchristentums, das nicht nur die Beschneidung auf sich genommen hat, sondern auch in den Spuren des Glaubens Abrahams wandelt'. Der Begriffder ))Vaterschaft« Abrahams bezieht sich also nicht auf das Judenturn als solches (trotz Röm 4, 1), sondern wird ganz in den Glaubensakt bzw. in den Glaubensweg der christlichen Gemeinde hineingezogen. Während das Rabbinat Abraham zunächst Vater Israels sein läßt, das Verdienst Abrahams ausdrücklich auf Israel beschränkt, die Proselyten dagegen nur unter bestimmten Voraussetzungen einbezieht (Bik 1,4), stellt Paulus die Gegenthese auf: Abraham ist zunächst Vater der Heidenchristen, dann erst Vater der Judenchristen. Diese Umstellung wird exegetisch und heilsgeschichtlich begründet.
c) Röm
4.1~17:
Abrahams Gerechtigkeit ohne das Gesetz
13 Denn nicht durch du GeJea iat die Verhei8un1 dem Abraham oder Ieinem Samen zuteil gewonlen, cIa8 er nämlich Erbe der Welt lein lOHe, lODdem durch die GI. .benagerechtipeit. 14 Wenn Dämlich die Geletzedeute Erben sind, dann iat der Glaube seines Inhalts endeert und die VerheiBUDI zunichte pmacht. 15 Denn da Gesetz bewirkt Zom; wo es aber kein Gesetz pllt, pbt a auch keine Obertretung. 16Deshalb iat du verhei8ene Erbe an den Glauben gebunden, damit es ein Gudenpechenk lei, damit die Verhei8ung fabteht für den pDRD s.men, nicht allein für den aus dem Gesetz, IOndem auch für den, der aus dem Glaubea Ahn-
5 bl' äXQOPuodac; (V 11) bezeichnet den begleitenden Umstand (Röm 2.27). Abraham heißt auch in der rabbinischen Literatur das »Haupt der Glaubenden« (~"). Vgl. das Material bei OELITZSCHR 80; SANDAy-HEADLAMR 107 f. 6 Eine stilistische Schwierigkeit taucht auf bei der Angliederung: 6llQ xai. 1:oie; otOLXOÜOLV. Will Paulus zwei Eigenschaften der gleichen Menschen (der judenchristen) beschreiben oder - worauf das rätselhafte1:oie; führen könnte - zwei verschiedene MeDSchengruppen Uuden und judenchristen)? Er will in Wirklichkeit Heiden- und judenchristen gleichstellen, außerdem betonen, daß die Beschneidung aJlnn nicht genügt (bei den Heidenchristen fehlt sie ja). Man könnte annehmen, daß xal 'toie; ein alter Schreibfehler für x, QVtOLC; (= xal aU1:oic;) ist. Dann ergibt sich der Gedanke: .. Welche nicht nur auf Grund der Beschneidung Anspruch auf Abraham machen, sondern auch ihrerseits (ebenso wie die Heidenchristen) den Fußspuren des Glaubens Abrahams folgen.« BEZA schlug vor, entweder xai. 1:oie; umzustellen oder 1:oic; auszulassen. Andere Kommentatoren rechnen mit einer stilistischen Ungenauigkeit oder Nachlässigkeit. 7 Paulus nimmt der Beschneidung ihre volksmäßige Bedeutung: für den Christen erhält sie einen neuen Sinn, obwohl die IkgrifTe .. Zeichen', und ,)Siegel« bestehenbleiben. Zum Vergleich mit Paulus istjub 15 gttignet: die Beschneidung ist das Zeichen eines ewigen Bundes zwischen Gott und Israel. Zu otOlXElV 1:oic; IXVEOlv vgl. 2Kor 12,18; IPetr 2,21; Nidda 4,2. Der Ausdruck: otOLXEiv ist auffallend: .. in Reih und Glied marschierencc (als militärisches Bild).
168
Die Bestätigung der Gerechtigkeit durch die Schrift
h. . . .ebt, der ....... aller V.ter i8t, "wie ~ steht: .zum V.ter vieler VöDrer t.be ich dich ICWtd.c Vor dieMIII Gott bat er .....u..., der die Totea Jebeadi.,-dlt ....... Nicldnieade wie Seien'" naft. Extgeu: Mit dem neuen Abschnitt V 1~17 treten wir in das wichtige Mi uel-
stück des Kapitels ein. Paulus kommt es darauf an, zu sagen, daß nur der Glaubensgerechtigkeit, nicht aber dem Gesetz die göttliche Verheißung zugesprochen worden ist. Der Begriffder •• Verheißung« hat in der Abraham-Geschichte verschiedene Traditionen. In Gen 15,6 bezog sich die Verheißung auf den Erben und die unzählbare Nachkommenschaft. Wichtig ist auch die andere Zusage, nach der Abraham das Land Kanaan besitzen soll (Gen 12,7; 13,14 f.; 15,18; 17,8; 26,3). Paulus spricht in Röm 4,13 von der Verheißung, daß Abraham Erbe der Welt wird (Sir 44,21). Das Frühjudentum hat offenbar den BegrifTder ))Verheißung« nach verschiedenen Seiten erweitert und die alttestamentlich'en Sprüche zusammengefügtl. Dem Gerechtfertigten gehört die Verheißung, darum auch die Zukunft Gottes, nicht aber dem, der durch das Gesetz sich Zukunft verspricht. Gerade deshalb, weil Abraham nur Glaubender, Hörender, Empfangender war, wurde ihm das zuteil, was sonst die Menschen durch Unglauben, Ungehorsam, Verwerfung der Gebote Gottes zu erreichen suchen. Nach der Weltherrschaft streben Völker und Herrscher, ohne aber nach dem Willen Gottes zu fragen. Hat Abraham das Land Kanaan als Besitz empfangen sollen, so wird durch den messianischen ).Samen« Abrahams (Gal 3, 16) die Wehherrschaft gesichen. Man darf also das messianische Zwischenmotiv in diesem Zusammenhang nicht übersehen 2 • Paulus wendet sich in V 14 noch einmal gegen den jüdischen Anspruch, daß aus dem Gesetzesgehorsam ein Anspruch oder eine Hoflilung auf das verheißene ).Erbe« entsteht. Gesetzesgehorsam und Erlangung des Erbes schließen sich aus. Wenn die ).Männer des Gesetzes«3 Erben würden, dann wäre der Glaube seines Inhalts, seiner Wahrheit, seiner Bedeutung beraubt und die Verheißung aufgegeben bzw. zunichte gemacht. Einer derartigen ))Entleerung« dieser biblischen Begriffe muß der Verkündiger des Evangeliums Einhalt gebieten (I Kor 15,14; Gal 3, 17). Glaube und Verheißung gehören also grundsätzlich und heilsgeschichdich zusammen. Die Passiva XEXtvo.nQL, xa't'flQYYl'tQL sind bewußt gesetzt: die Begriffe ).Glaube« und ).Verheißung« würI 6ui v6f,aou (ohne Anikel!) ist instrumental zu ventehen; i'J tcp cmtQl.aau (nicht XCI() bringt zum Ausdruck, daß auch rur die Nachkommen keine andere Situation gegeben ist als rur Abraham selbst. Eigentlich findet sich die erwähnte Weissagung nicht dem Wonlaut nach im Alten Testament, sondern nur verschiedene einzel~ Motive, die eine andere Färbung haben (SANDAY-HEADLAMR 111). Das Rabbinat uneilt übrigens gerade umgekehn wie Paulus: ..alle Verheißungen sind dem Abraham nur auf Grund seiner Gextzesgerechtigkeit zuteil geworden, und wenn es Gen 13,6 heißt, daß der Glaube Abraham als Gerechtigkeit angerechnet sei, so kommt auch dieser Glaube nur als verdienstliche Leistung in Iktracht, die mit den Geset.zeswerken auf einer Linie steht- (Str-B 111 2(4). 2 Nach KOHLR 143 liegt in dem BegriJT-Erbe der Welt- lediglich die VonteIlung, daß Abraham am messianischen Zukunftsreich teilnimmt (vgl. I Kor 6,2). Diese Deutung ebnet Abrahams besondere Stellung ein. Der Messias ist der Erneuerer der Weh; wird er sie in Besitz nehmen, 10 geschieht dies als Erfüllung der Verheißung, die dem Abraham gegeben wurde. Der 8egrifT .. Erbe der Welt. muß also von Christus her interpretiert werden, was manche Kommentare übersehen. Jot tx v6f,aou (:t:'u.tI·~) schließt an eine auch im Rabbinat bezeugte Wendung an (DELITZSCHR 80). Vgl. zur An der Verbindung Röm 2,8 (to~M ~ folitt(a~) und 3,26 (tbY txll(ou:~ 'ITlooü).
Röm 4,1-25
169
den gewaltsam zerstört sein. Israel darf diesen Begriffen keine Gewalt antun. V 15: Paulus offenbart, warum das Gesetz keine Kraft zum Segen, zur Verheißung oder zum Erbe haben kann: das Gesetz bewirkt den Zorn des Gesetzgebers, weil es im Hinblick aufdie übertretung gegeben ist und mit übertretungen zu tun hat". Der Satz wirkt wie eine eingesprengte Sentenz und wird von manchen Auslegern geradezu als allgemeine Rechtsbelehrung aufgefaßt. »)Zorn« ist hier eine Umschreibung für das Gericht Gottes- Paulus vermeidet auch hier den Gottesnamen. Der Satz klingt in seiner sachlichen Kürze wie eine Umkehrung des rabbinischen, daß das Gesetz Gnade, Leben bewirke5. Wir haben es offenbar mit einer paulinischen Xampfthese zu tun. Die anschließende Folgerung (00 y~ (bi) ... 6) will besagen, daß der Begriff und die Tatsache der übertretung notwendig das Gesetz voraussetzen (Röm 5,13; 7, 7). Gemeint ist doch wohl, daß der Besitz des Gesetzes erst recht das Wesen der übertretung bloßstellt. Der Anschluß in V I5b fallt nicht leicht; man erwartet eigentlich: wo kein Gesetz ist, da wird Sünde nicht »angerechnete< (Röm 5,13); aber die Formulierung des Paulus ist hier doch wohl grundsät;;lich und rechtlich, nicht heilsgeschichtlich verstanden. Die Formulierung dieses Lehrsatzes ist deshalb besonders anstößig, weil für dasjudentum das Gesetz Ausdruck der Heiligkeit Israels ist und außerhalb israels die Unreinheit des Heidentums herrscht. Die grundsätzliche und rechtliche Form der paulinischen Kampfthese entspricht dem rabbinischen BeweisstiJ7. Sicherlich will Paulus die Epoche der Verheißung nicht als eine Zeit ohne übertretung darstellen, sondern die Eigentümlichkeit der Rechtssituation andeuten, die mit der Bundschließung gegeben ist. Für Paulus Juli das Rechtsdmlcm auch im Zusam4 Eigentlich fehlt ein vermittelndes Zwischenglied: .. das Gesetz bewirkt übenretung, die übenretung aber den Zorn Gottesce. 5 Wir haben in diesen Versen 1~16 eine auffallende Verkürzung der Satzkonstruktion sowie eine Zusammendrängung der Gedanken vor uns, die eine Auslegung erschweren. Die meisten Sätze sind unvollständig, gedanklich notwendige Zwischenglieder fehlen. Allerdings ist dieser verkürzte rabbiniseht &weisstiJ auch sonst bei Paulus zu beobachten (vgl. Röm 5,16.18; 14.23; Gal2,9). Vergleicht man die entscheidenden paulinischen Thesen mit dem Rabbinat, so erscheinen sie vielfach wie Umkehrungen und Antithesen zum antik-jüdischen Gedanken. Offenbar verlangt die Polemilc eine Zuspitzung, die um der Sache willen zum Anstoß für den Gegner werden soll. Viele grundsätzliche Thesen innerhalb des Römerbriefes sind aus der Auseinandersetzung mit entsprechenden rabbinischen Thesen zu verstehen. 6 oU y(lQ wird wegen seiner guten Bezeugung am meisten empfohlen (ZnR 230); LagrR 93}. oU ~ weist zurück auf V 14,00 6t bereitet V 16 vor. PALLISR 72 nimmt eine Textverderbnis an und schlägt vor: ltO'Ü yO.Q oUx wnv v6j.&~, oMt lt~Tlcn;. Wenn nur die Juden gerechtfertigt werden, dann gibt es für die Nichtjuden keinen Trost. 00 6t in 2Kor 3,17 muß nach A. PALLIS ähnlich verstanden werden (= Öltotl). 'Wenn Paulus sagt: .. Wo kein Gesetz ist, ist auch keine übertretungce (Röm 4, 15), so vertritt ereinen Lehrsatz, den er ähnlich aach sonst aufstellt (Röm 5,13; 7,7). ~n gleichen rabbinischen Btwtisstil zeigen die verwandten Sentenzen: •• überall, wo eigentliches Recht ist, da ist kein Friede, und überall, wo Friede ist, da ist kein eigentliches Recht ... ce. Oder: .. überall, wo Recht ist, ist nicht Wohltat, und überall, wo Wohltat ist, ist nicht Recht« (TosSanh 1,3; Str-B 111 21O). Paulus ordnet ebenfalls in diesem Beweissril die Begriffe zusammen und bemüht sich um den gleichen Rechtsbegriff. Nach diesem Rechtsdmkm weiß man: Vor Gericht gilt nur das strenge Recht; das Recht als solches weiß nichts von Erbarmen und Mitleid. Vielleicht haben wir hier einen neuen Zugang zur paulinischen Rechtfenigungslehre: gerade die Durchführung des Rechts zerstön notwendig den Menschen; die Versöhnung aber nimmt die richterliche Funktion Gottes wieder auf.
170
Die Bestätigung der Gerechtigkeit durch die Schrift
menJumg derRechtfertigungslehre eine hesondere BedeutungS. V 16: Paulus bestätigt die Gültigkeit der Verheißung und des Glaubens, indem er auf die Absicht Gottes hinweist. Verheißung und Glaube gehen aufdie Gnade Gottes zurück und sind selbst Ausdruck der Gnade Gottes. Gott bekennt sich zu diesem Heilsweg um der Menschen willen. Man ist versucht, den paulinisehen Beweisstil in einen vollständigen Satz umzuwandeln: öm 'too'to" XAT)QOVOJ.lUl (btayyu(a) tx 1t(enE('o~ tytvE'tO, tva ~ xa'tcl XclQLV. Die Absicht Gottes wird sowohl durch die Bestimmung tva xa'tcl XclQLV, als auch durch den mit d~ 'to ... beginnenden Finalsatz aufgewiesen. Die Verheißung ist nur dann fest gegründet, ihrer Erfüllung gewiß, wenn sie nicht von der Unsicherheit der menschlichen Leistung abhängt, sondern allein von der Gnade Gottes. Vielleicht wird aber der Gedanke noch klarer, wenn wir sagen: )~eshalb wird das Erbe auf Grund des Glaubens zugesprochen, damit es nach der Gnade ausgeteilt werden kann, damit die Verheißung rechtsgültig wird 9 «. Vorausgesetzt ist in diesem Zusammenhang, daß der negativen Dreiheit Gesetz, übertretung, Zorn (V 15) eine entsprechende positive gegenübertritt: Verheißung, Glaube, Gnade (V 16). Paulus legt offenbar Gewicht auf die beiden letzten Glieder der Reihe: Zorn und Gnade, und stellt sie daher beide an den Schluß der Dreiheit. Der Jude verkennt Gottes Absicht,ja er handelt ihr entgegen, wenn er Verheißung, Glaube und Gnade ihres Inhaltes beraubt. Außerdem vergiBt er, was ))Same Abrahams« in Wirklichkeit für Gott bedeutet. Verheißung, Glaube und Gnade legen das gesetzliche Vorrecht Israels nieder. )~ame Abrahams« ist also nicht nur der ))Mensch des Gesetzes« (4,14.16), sondern auch derjenige, der dem Glauben Abrahams entstammt (4,16). In der Polemik und Auseinandersetzung zwischeaJudentum und Urchristentum wird die Frage nach Verheißung und Herkunft entscheidend. Der Glaube Abrahams erweckt ))Samen«: wer so glo.uht und gerecht wird wie einst der Erzvater, ist sein Same. Allerdings feHlt die logische Verbindung: oU J.l6vov ... &.JJ.iJ. xa( auf (V 12): wir erwarten eigentlich einen Ausschluß der ))Gesetzesleute« und des gesetzlichen Denkens, während Paulus hier die zweifache Abrahamskindschaft zuläßt (Röm 9,6 O:). Ohne Zweifel stehen wir mitten in der Diskussion über das Thema der Abrahamskindschaft. Es geht um die Frage, wer Abraham )) Vater« nennen darf. Nach Paulus haben nicht nur die Juden, sondern auch die Heidenchristen das Recht, ihn so zu bezeichnen. Der Beginn des Relativsatzes (6; tenLv) entspricht einem Stil, mit dem im Hellenismus und Urchristentum eine feierliche Aussage eingeführt wird 10• Es folgt ein Schrift beweis in V 17, der diese Vaterschaft Abrahams über viele Völker ())Völker« = Heiden) bestätigen soll (Gen 17,5; Sir • Für Paulus hängt das Rechtsdenken notwendig mit dem Motiv der Bundschließung zusammen. Deshalb, weil das Abendmahl der Schlüssel zum Kreuzesgeschehen ist, das Kreuzesgeschehen aber eine erneute BlllldsckliejJlIIfl ist (I Kor 11,25) - der »Neue Bund« ist ja für den paulinischen Abendmahlsbericht ein Hauptbegriff-, entsteht notwendig ein neues Rechtsdenken, das sich einendts der eschatologischen Bundschließung zuwendet, anderseits dem Problem des mosaischen Gesetzes und seiner Verpflichtungen. 9 Ptlkxwc; ist vielfach ein r"IIt1ichn Begriff: eine Vereinbarung, ein Vertrag ist »gesichert .. , daher »fest« und »zuverlässig« (Hebr 9,17). Man kann entweder Wen darauf legen, daß die VerheiUung ,WluljI iat, oder, daß sie sich mit Sicherheit erfiillt. Zum Problem vgl. H. ScHLID, ThW I 600-603. 10 Vgl. E. NORDEN, AgnostOl theos, 1913, 1~239 (Ober den Relativsatz der Prädikation).
Röm 4,1-25
171
44,19)11. Es handelt sich um die Deutung des Namens Abraham (Vater einer
Menge von Völkern), die auch in der Synagoge ein Hinweis darauf war, daß Abraham Vater der Proselyten und aller Menschen genannt werden konnte (Str-B III 211). Dabei tritt nun die außerordentlich wichtige Bestimmung »vor Gottcc in den Vordergrund, die in V 17b zugrunde liegt. xattvavn 00 btWtWOE\' itEOO ist wohl eine Attraktion, die sich auf V 16b (~ tanv xenTtQ xlrvtwv ttJ.LÜ)V) zurückbezieht (BI-Debr 294,2) 12. Abraham ist unser aller Vater vor Gott, an den er glaubte. Der Sprachgebrauch erinnert an den desjudentums. Aufdiese entscheidende Bestimmung Nl1Of' Gott« fällt im Römerbrief entscheidendes Gewicht. Die anschließenden Partizipien klingen bekenntnisartig und liturgisch 13• Schon im Judentum findet sich das Bekenntnis zu Gott im Gebet: »Gepriesen seist du, Herr, der lebendig macht die Toten« (2. Benediktion des 18-Bittengebets) und die Anrufung: •• Durch ein Wort rufst du ins Leben, was nicht da istfC (ApkBar 48,8). Ähnliche Formulierungen im B,k.tMInisstil finden sich im Frühjudentum auch sonst häufig. V gl. 2Mill7 ,28: ))Bedenke, daß Gott diese Dinge aus solchen, die nicht waren, erschaffen hat« oder Philo spec.leg. IV,187: »Denn das Nichtseiende riefer zum Sein« (ta yQQ JA" 6vta buiAEOEV E~ tO ElvaL). In den gleichen Stil gehört bSanh 9la: »Das, was nicht war, ist ins Leben getreten, und das, was war, sollte nicht um so viel mehr wieder ins Leben treten können?« Das lllbi.fmtf als Umschreibung des Schöpfunphande1ns Gottes entspricht einer alten biblischen Tradition Ues 48,13; ApkBar 21,4). ~ 6vta könnte an sich vwglnc!tnuJ gemeint sein (Gott ruft das Nichtseiende so, wie wenn es Seiendes wäre) oder koruelcutiv (so daß es zum Seienden wird). Wir haben einen festen liturgischen Stil vor uns, der sowohl im Frühjudentum als auch in der späteren chrisdichen Kirche nachweisbar ist (Const. apost. VIII 12,7; Chrysostomus-Liturgiep4.
Wenn Paulus diese zwei formelhaften Prädikationen verwendet, dann will er dem Judentum gegenüber zum Ausdruck bringen, daß seine Rechtfertigungslehre dem biblischen und jüdischen Bekenntnis entspricht. Gott rechtfertigt den Unfrommen, bestimmt den Erstorbenen zum Vater der Völker und offenbart damit die Wahrheit des Bekenntnisses, daß er die Toten lebendigmacht und das Nichtseiende wie Seiendes anspricht.
Paulus denkt in diesem Zitat an die Heidenchristen, die den Glauben Abrahams teilen. Man löst diese Attraktion am besten aufim Sinn von xaUvavtL loo teoü, eil mlcntuorv. XQ1:tvavlL 'tOÜ hoo begegnet bei Paulus in 2Kor 2,17; 12,19. Vulgo übersetzt: ante deum, M. LUlHEa: vor Gott. Der Sprachgebrauch erinnen an den des Frühjudentums (vor - in den Augen: targumisch Dlf). Vgl. Str-B 111 212. I l Zum Panizipialltil der Prädikation vgl. E. NORDEN, AgnOitOi lheos, 1913, 166 0: I. LtzmR 54 und DoooR 73 übersetzen: ..der das Nichtseimde ins Duein ruft.« Daß Goues Schöpfung aus dem Nichts entstanden ist, wird besonders im hellenistischen Judentum bekannt (Philo opif. mund. 81; vit. Mos. 2,100; quis ~r. div. her. 36; migr. Abr. 183). Du hellenistische Urchrist~ntum setzt diesen Schöpfungsglauben fon (Herrn vis I 1,6; mand I I; 2Clem 1,8; Const. apoll. VI11 12,7; Chrys. Lit. 322,7; 384,27 f. BRIGHTMAN). Wichtig ist die liturgische Verwendung dieser alten Formel auf die Berufung der Christen (2Clem 1,8; Orig F~. 25 RAMS80THAM). Ganz ausführlich zur Problematik KAsEMANNR 114-117. 11 12
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Die Bestätigung der Gerechtigkeit durch die Schrift
d) Röm
4,1~25:
Der Vollzug des Glaubens in der Geschichte Abrahams
11 Er bat wider menlChJichee Erwanea . f HoffD..... bin . . . . . cIa8 er der Vater vieler Völker werde aacb dem Wort: .so po8 lOlI dei.a Same 8eÜI.c l'Uad er wurde Dicht ecbwacb im Glauben, WeaD er bedachte, cIa8 leiD Leib entorben eei, war er doch bUDdertJabrealt, UDd cla8der Muuerleib derSaraentorbea lei. 201m HiDblick auf die Verbeiß..... Gotta geriet er nicbt durch Unpauben in Zweifel, lOodem entarkte im Glauben, pb Gott die Ehre 21 und war fest davOD überzeugt, cIa8 Gott die Macbt habe, WH er verbei8eD bat, auch auaufiihrea. 12 Darum wurde ihm der Glaube auch ..... Gerechti.peit aaprecImet. 2.1 Du SchriftwOl1: -Der Glaube wurde ibm zur Gerechtipeit aaprecImetc Ut aber meld DDr um eeiaetwilIea pKIuieben wonIen, J48011dern auch um uuertwilIen, cleaea er lieicbfalla .aprecImet wenlea lOIl, ....., die wir .....beD an den, der Je..... lIDIeI'eD Herrn, VOll cleD Toeea auferwecld bat, 25 der -um UUeftr frJbertretuDpD willen dabinppben 1IIKI um uuerer Rechtfeni.pn& wDlen aaferweckt
wunIec. Exegese: Der letzte Abschnitt beginnt mit einer Paraphrase von Gen 15,6. Wenn Abraham glaubte, dann war dieser Glaube gegen alle menschlichen Möglichkeiten und Erwartungen (1taQ' Vwdba) allein auf die Hoffnung gegründet (bI' V,,1t(lu.). Dieser Glaubensakt ist bestimmt durch die Absage an die menschliche Berechnung und durch das Venrauen auf Gott. Die Hoffnung ist die Frucht der Verheißung und ist daher nichts anderes als der Glaube, der sich der Erfüllung der Verheißung zuwendet. Im Glaubensakt liegt auch das auf Gott sich richtende Hoffen. Der anschließende Infinitivsatz (d; 'to ... ) könnte als Entfaltung und Beschreibung der Verheißung aufgefaßt werden, wenn man es nicht vorzieht, bei einer finalen oder konsekutiven Bestimmung stehen zu bleiben 1. Gottes Verheißung (oder Absicht) geht dahin, daß Abraham Vater vieler Heidenchristen werden sollte (Gen 15,5) 2. Das Schriftwort verheißt den Reichtum des göttlichen Segens: "so (zahlreich) soll dein Same werden (wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Meer«)3. V 19: Um zu beschreiben, was die Eigenart dieser Hoffnung Abrahams ist, weist Paulus auf den leiblichen Zustand Abrahanu und Saras hin (Gen 17,17): menschlich gesprochen ist jede Hoffnung auf Nach-
kommenschaft unmöglich, weil Abraham nicht mehr zeugungskräftig und der Mutterleib der Sara abgestorben war. "Schwach sein im Glaubence· ist hier ein Bild, das durch den Gegensatz zur "Kraftee des Glaubens veranlaßt wird (vgl. I bI' tM(6l findet sich nicht sehen (im Alten Tt'Stament Ri 18,7.108; außerdem Tt'StBenj 10,11; POxy 15,97; im Neuen Tt'Stament Apg 2,26; Röm 5,2; 8,20; I Kor 9,10; Tit 1,2; später: leiern ~7,71. Baurr Wb deutet UßS('f'(' Wendung: .. auf Grund \'on Hoffnunga. Es zrigt sich, daß bt' tM(bl im hrllenisti.chen Griechischforwvlhdfl grbraucht wurde. Zum paulinisehen Drnken ,·gl. A. JllLlCHERS Ober~tzung: ..er hat, wo nichts zu hoffen war, hoffnungnoll zu glauben gewagtcc (Schriftrn dt'S Neuen Tntaments, zSt) und R. BULTMANN im ThW 11 528 ff. 2 '10 t4n1JÜ'YOV (..wie gesagt wurdrcc) entspricht der rabbinischrn Ausdrucksweise (vgl. W. BACHER, Die exegetischr Terminologir der jüdischrn Traditionsliteratur I, 1899,6). Im Nruen Testament: Lk 2,24; vgl. auch Apg 2,16; 13,40. J Das Dop~lgleichnis, das bei Paulus nur durch oo'ttlX; angedeulrt wird, wird in rinigrn wndiehen Hdschr. (G) hinzugefügl (vgl. Hebr 11,12). Das Doppt'lgleichnis enlspricht semitischrr Rrdeform und Gewohnheil. • 'tfl ";Wul (Dativ du Beziehung; BI-Drbr 197) ist besSft' bezeugt als tv 'tfl ,,;{atn (D·G Orig.l;
xata
Röm 4,1-25
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bEÖUV
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Die Batitigung der Gerechtigkeit durch die Schrift
Namen Gottes'. Im Glaubensakt liegt also deshalb eine Ehrung Gottes, weil in ihm Gottes Macht und Hoheit anerkannt wird (4,17). Außerdem gehört zum Glauben die Gewißheit, das Oberzeugtsein (&'1QOq)OQY)itE(~), daß Gott imstande ist, seine Verheißung auch zu erfüllen 10. Der I nhal t dieser Gewißhei t wird in einem feierlichen, fast formelhaften Nebensatz angeschlossen. 6\1Vat~ tanv weist aufdie 6Uval.lL~ &EO'Ü hin. Abschließend wiederholt Paulus in V 22 das entscheidende Schriftzitat, das den ganzen Zusammenhang bestimmt hat (Röm 4,3.9.22). So sieht der Glaube aus, dem Gott seine Gerechtigkeit zuspricht. An die exegetischen Ausführungen von V 1-22 schließt sich in V 2S-25 eine auf die Gegenwart der Gemeinde bezogene Konsequenz an, die für das hermeneutische Denken des Paulus aufschlußreich ist. Das Schriftzitat Gen 15,6 ist nicht nur um Abrahams willen aufgeschrieben, um seine Geschichte den kommendenGeschlechtem zu erhalten (Sir 44-, 10; Hebr 11,4), sondern auch »um unsertwillen« (1 Kor 10,6.11). Das alttestamentliche Schriftwort erschließt sich der endzeitlichen Generation, der die Verheißung der ))Anrechnungcc aufs Neue geschenkt wurde (o~ "tllt:L Aoy(tEa&aL) 11. Auch die Gemeinde Jesu Christi ist zum Glauben gerufen: sie bekennt sich zum gleichen Gott, der die Toten lebendigmacht und das Nichtseiende zum Sein ruft (Röm 4,17). In der Auferweckung Jesu Christi von den Toten hat sich diese Schöpferkraft Gottes bestätigt: das Osterereignis ist also nichts anderes als eine Manifestation der Schöpfermacht Gottes. Der Glaube an die Auferweckung »unseres HerrnJesuscc von den Toten wird hier also dem Glauben an die Verheißung Gottes eingeordnet, zumal er ja unmittelbar mit der Verheißung des »)Samens Abrahamscc (Gal 3,16) zusammenhängt. Die Sprache des Paulus wird feierlich, weil er eine Belcnmtnisfo171ll1 zitieren will, die das ganze Kapitel abschließen SOllI2. V 24 erwähnt die entscheidende Heilstat Gottes, während V 25 in zwei einander zugeordneten Gliedern (~1CaQE666Y) ... XCli~) auf die theologische Bedeutung von Kreuz und Auferweckung zu sprechen kommt. Der Relativsatz V 25 (~1CaQE666Y) ... ) hat prädikativen Stil; die Nebenordnung von mlQE66itYJ und IrYtoihl ist offenbar durch eine vorgegebene Tradition bestimmt. Heide Male wird das Verbum durch eine präpositionale Bestimmung (6Ll1 ta ~a "tfIÖW und 6Ll1 gebung von lv~ legt nahe, daß wir an einen geistigen prozeß zu denken haben. Gelegentlich denkt man auch an du leibliche Wunder (ZnR 239, PALLISR 75), besonders wenn man tfptLouL instrumental versteht: ..er erstarkte durch Glauben.« 'lkMvaL 66;av -ap itap ist im Alten Testament und Neuen Testament eine geläufige Formel. Gemeint ist, daß man sich vor der AutorititGottes beugt (z.B. indem man die Wahrheit sagt und die wie der, der Gott glaubt, Gott verherrlicht, so nimmt umgekehrt der, der Schuld eingesteht) . Gon nicht glaubt, Gou die Ehre« (M. LUlHER). 10 Vor ~~ fehlt xa( in G. M'IQOCPOQ€LV (Röm 14,5; KoI4,12) findet sich im außerbib1ischen Griechisch nicht häuf•. Beachte das heUenistische Material bei LTZMR 56. U Von einem .. zeitJOIen« Prüens dürfen wir bei I'tlltL ).oy(tm8aL nicht reden (gegen ZnR 241; KUHLR 155). Paulus denkt vielmehr an den eschatologischen Gerichtstag (A. ScHLATTER). 12 Man beachte das Prücns: w~ nuntiJouOlv, das verstärkte Bedeutung hat ( = wir bekennen uns im Glauben zu Gott, der Jesus auferweckt hat), und die feierliche Würdebezeichnung: b X6QL~ flJ.UÖY. Entscheidend ist die Parallele Röm 10,9. Man vergleiche unseren Text mit der alttestamentlichen Heilstat: ..Gott, der Israel aus dem Land Ägypten gtfuhrt hat .. (Ex 20,2; Dt 5,6; Ps 81,11; Hos 13,4; Am 2,10; Mi 6,4).
.so
Röm 4,1-25
175
'tTJV ÖLxa(OKJLV TtJ.I.ÖrV} auf die gegenwärtige Gemeinde bezogen. Man könnte an
einen »hebräischen Parallelismus« denken (Dodd R 70). n:aQEöOftT) (Passiv!) ist eine feststehende Passionsformel und wird durch 1Kor 11,23; Röm 8,32; Gal 2,20; Eph 5,2 erläutert: Gott gibt den Christus als Sühne für unsere Sünden in den Tod. Wahrscheinlich knüpft der erste Halbsatz anJes 53,4.5.12 an. Wenn Jesus um unserer Rechtfertigung willen auferweckt wurde, dann soll die Absicht Gottes zum Ausdruck gebracht werden: um uns oie Rechtfertigung zu verschaffen, istJesus auferweckt worden 13. Das erste ÖL« ist also mehr kausal, das zweite final zu verstehen. Auffallend ist das Auftauchen des Substantivs ÖLxa(woL; (nur noch Röm 5,18): gedacht ist daran, daß die Rechtfertigung sich auf Grund der AuferweckungJesu vollzieht. Nun sind Tod und AuferweckungJesu Christi innerhalb der paulinischen Theologie keineswegs voneinander zu trennen, ebensowenig wie Sühnung der Schuld und Rechtfertigung. Man könnte in Anbetracht der Tatsache, daß V 25 aus einem Bekenntnis oder Hymnus stammt, das Verhältnis bei der Halbsätze zueinander rhetorisch auffassen und daraufverzichten, eine logisch exakte Gedankenführung aus ihnen zu erheben. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß wir in V 25 eine ältere von Paulus zitierte Tradition vor uns haben, die Tod und AuferweckungJesu in ihrer Heilsbedeutung voneinander zu scheiden versucht 14 • Paulus will offenbar in dem letzten Abschnitt Röm 4, 1~25 die Gleicluzrtiglceil des Glaubens Abrahams und der christlichen Gemeinde herausstellen. Dies geschieht dadurch, daß der Gottesglaube (0 tyELQa;) und die Heilstatsachen (mlQEÖ6'&Y), t'rvtQih]) als Inbegriff und als Vollzug des alttestamentlichen und biblischen Glaubens geschildert werden. Eine Analyse des Glaubens bahnt sich an, die den alttestamentlichen Glauben mit dem des Christenstandes gleichsetzt (4,9.20). Vor allem wird das gleiche Gottesurteil über Abraham und über die Christenheit gesprochen (4,22 f.). Und doch schlägt die esc/uUologisehe SiltuJtitm als Besonderheit der neutestamentlichen Botschaft überall durch: jetzt erst versteht man, warum Abraham als Unbeschnittenergerechtgesprochen wurde und daß er zum Vater vieler Völker in der Gegenwart geworden ist. Jetzt ist die Erfüllung der Verheißung, die Herausstellung der Rechtfertigung möglich geworden (4,23-25). Die beiden Denkformen der Gleichartigkeit des Geschehens und der eschatologischen Erfiillung der Verheißung stehen bei Paulus dicht nebeneinander und greifen ineinander über. Mit der Zitierung der urchristlichen BekenntnisformeI4,24-25 schließt der erste Hauptteil unseres Briefes ab.
13 Schwerlich richtig ist die Deutung, daßJesus auferweckt wurde, wnJ wir durch den TodJesu gerechtfertigt wurden. I. KOHLR 157: »Durch unseren Vers wird die selbständige Bedeutung der Auferstehungstatsache neben der Tatsache des Todes Christi im Zusammenhang der paulinischen Lehre von der Rechtfertigung klargelegt."
11. Teil
Kap. 5-8: Das neue Leben aus Gott Röm 5,1-11: Die Gaben der Gnade
Da wir nUD auf Gnmd des GlaubeDa prechtfertigt aad, haben wir Frieden mit Gott durch UD8eI'eD HermJesua ChrUtua, ldurch den wir auch den Zugang empfmgea haben durch cIea Glauben zu diesem Gaadeaatand, in dem wir stehen, und wir riihmea UD aufGnmd der' Hoffaungauf die Herrlichkeit Gottes. 3 Und Dicht nur daa, wir riihmea UDS auch der Anfechtungen, clean wir wiuea, «Ia8 die ADfechtuag Geduld wirkt, 4 die Geduld aber Bewähnmg, die Bewährung aber Hoffnung. 5 Die Hoffnung aber läßt Dicht zuachandeu werden, denn die Liebe Gottes ist auapgouen in uasere Herzen durch den heiligen Geist, der UIU ge&ebea ist. 6 Deaa Christus ist, als wir noch sch'WIICh waren, zur rechten Zeit für GottIoae ge.torben. 7Deun kaum wird jemand für einen Gerechten .terbea; für den Guten (für du Gute?) nämlich bringt einer vielleicht fertig, zu .terben. 8 Aber den Beweis aeiner Liebe zu UDI liefert Gott dadurch, daß Christus für UDS geltorben ist, als wir noch Sünder waren. 9Um wieviel mehr werden wir, die wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt .ind, durch ihn von dem Zorn gerettet werdenI 10 Denn wenn wir als Feinde mit Gott venölmt worden .ind durch den Tod seines Sohnes, um wieviel mehr werden wir als Venöhnte prettet werden durch .ein Leben. 11 Und nicht nur du: wir rühmen UDS auch Gottes durch uueren HermJesua Christus, durch den wir jetzt bereitl die VenöhnUDg empfangen haben. 1
Anaryse: Nicht nur der feierliche und bekenntnisartige Abschluß von Röm 4,2~25,
sondern auch der Inhalt von Röm 5 rechtfertigt den Versuch, mit dem neuen Kapitel auch einen neuen Abschnitt des Briefes zu beginnen. Paulus will zunächst zeigen, daß in der Gabe der Rechtfertigung alle anderen Gaben enthalten sind (5, 1-11), dann stellt er alte und neue Menschheit, Todesweg und ewiges Leben einander gegenüber (5,12-21). Damit werden Einzelmotive und Gedanken angeschlagen, die von den nächsten Kapiteln nicht losgelöst werden können (vgl. Röm 5, I-li mit Röm 8; Röm 5,12-21 mit Röm 6). Der übergang von Röm 5,12-21 zu Röm 6, I ff. ist außerdem so eng, daß der in den Kommentaren übliche Versuch, zwischen Röm 5 und 6 einen neuen Hauptteil beginnen zu lassen, fehlschlagen muß. Sieht man in Röm 4 eine Einlage, dann wird man Röm 3,21-31 mit Röm 5, I ff. verbinden, was an sich möglich wäre (vgl. Dodd R 72); doch hebt die vorgeschlagene Einteilung exegetische Schwierigkeiten auf, die in der seither üblichen Unterteilung nicht gelöst werden konnten. Versucht man, den Abschnitt Röm 5,1-11 aufzugliedern, dann stellt sich zunächst V 1-2 als eine in sich abgeschlossene Einheit heraus. Es folgt in V ~5 als zweites Glied ein Kettenschluß, der den Gesichtspunkt der Anfechtungen, aber auch der Hoffnung hervorhebt. Ein neues, drittes Glied V ~ unterstreicht die Einzigartigkeit des Heilsgeschehens durch den Hinweis auf das Kreuz Jesu: er ließ rur uns als Unfromme und Sünder sein Leben. Paulus beruft sich damit auf
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eine ihm vorgegebene Deutung des Sterbens jesu. Es ist nicht zufällig, daß das dritte Glied wie das zweite (V 5) mit der Herausstellung der Liebe Gottes zu uns schließt. Der Abschluß V ~II arbeitet mit Hilfe des Schlusses »vom Leichten zum Schweren« (~ollq> I"ällov V 9.10) die eschatologische Spannung zwischen gegenwänigem und zukünftigem Heil heraus (<JO>'Ö'1l06J.lEita V 9.10), endet aber ausdrücklich mit einem Lobpreis (xQUXcio6aL V 11 wie 2.3). Achtet manaufden Stil des Abschnittes, dann zeigt sich, daß das Ganze als Lobpreis (xaUXTJOLS) gedacht ist. Daher herrscht der Wir-Stil vor, mit Ausnahme von V 7, in dem eine allgemeingültige Beobachtung weitergegeben wird. Mit diesem feierlichen Lob. preis hängt auch die besondere Gehobenheit der Sprache zusammen, die dem Leser unmittelbar auffällt. Es gehört zu dieser Gehobenheit, daß Paulus be. stimmte Motive (wie tAJds, lt'fWtt] 'tO'Ü itEO'Ü) hervorhebt und sie durch Wiederholung entfaltetl. Exegese: V 1: Der Lobpreis (xaUXTJms) setzt die Rechtfertigung voraus (ÖLXQLO>ittV'tES V 1.9): weil wir den Zuspruch der Gerechtigkeit auf Grund des Glaubens empfangen haben, ist uns dadurch auch der Friede mit Gott (doflvrrv fxo!.1EV) durch unseren Herrn jesus Christus geschenkt. ))Frieden haben« (als Gegensatz zum Zorn Gottes und zur Feindschaft mit Gott) ist venvandt mit dem Bekenntnis: Wir sind versöhnt mit Gott (xa'tT)UaYTl!.1EV 'tcp -DEcp V 10). Versöhnung und Friede gehören auch sonst bei Paulus eng zusammen (Kol 1,20; Eph 2, 14).jesus Christus ist unser Friede, wie auch der Freudenbote desjesaja Frieden (= Heil, Gutes) verkündigt Ues 52,7). Im Bekenntnis fxOl"EV liegt ein ))Habencc, das man aus der Gnade Got tes empfängt 2 • Der Abschluß des Verses klingt feierlich und formelhaft, er weist auf die Mittlerschaft jesu Christi hin 3 • V 2: Paulus wiederholt den Hinweis auf die Mittlerschaftjesu (ÖL" (0) und dankt für den Zugang (oder Zutritt) zum Gnadenstand (~QOO
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denstand (taim)v), in den die Gemeinde eingetreten ist. Das Präsens ~OJ1EV wird also durch das Perfekt tO'ti)xaJ.LEV verstärkt 5 • Gnade ist hier ein bleibendes, sich fortsetzendes Handeln Gottes am Menschen. Wenn man vom )Gnadenstand« spricht, dann darfman nicht vergessen, daß Gott Herr der Gnade bleibt; es kommt in ihm zum Ausdruck, daß der Mensch einen )festen Stand erhält« (A. Schlauer). Der Begriff des JubtlruJts (xaUxOOJ.LE'fta) bestimmt den Anfang und Abschluß des Abschnittes Röm 5,1-11: sicherlich denkt Paulus dabei an das in der Gemeinde geübte Danlr.gtbtl und an die vom Geist Gottes bewegtenjubelrufe (äyall(aOL~ Apg 2,46; ltyalll.äo-&al. Lk 1,47; 10,21). Die Gemeinde stimmt das Dankgebet und denJubelrufan, der sich aufdie Hoffnung und das Offenbarwerden der Herrlichkeit Gottes bezieht. Die xhntt; wird zur tAJt(~, die l)l.xatO<JlJVT) zur b6~ (8,30). War der Mensch in die Sünde verstrickt, daher ohne Gottes Herrlichkeit (3,23), so wartet der Gerechtfertigte auf die Herrlichkeit Gottes, die aller Verborgenheit und Verhüllung des göttlichen Handelns ein Ende setzt. Mit V 5 setzt der Lobpreis neu ein 6 . Er zählt nicht nur die Gaben auf, die uns durch das Kreuz Jesu geschenkt wurden, sondern er wendet sich ausdrücklich der Situation des Bedrängtseins zu, die an sich den Lobpreis gefährden könnte. Aber dies Hemmnis wird überwunden, ja die Trübsal wird geradezu zu einem neuen Motiv für den Lobpreis. Wir können übersetzen: »Wir rühmen uns auch der Trübsale« (M. Luther) und aufJak 1,2 ff.; I Fetr 1,6 verweisen; vielleicht ist aber das Verständnis unseres Verses noch einfacher, wenn man an V 2 unmittelbar anknüpft: »Selbst in den Bedrängnissen hält die Gemeinde am Jubelruf fest« (Th. Zahn, C. H. Dodd). xat,xäo-&al. tv kann an sich den Gegenstand, dessen man sich rühmt, aber auch die Lage, in der man sich rühmt, meinen. Auch das Judentum konnte sich der Züchtigungen rühmen, schätzte also das von Gott verhängte Leiden hoch 7 • Bei Paulus bestätigt der JubeIrufirn Leiden die elapfangene Gnade Gottes. »Wir wissen« (db6tE~ bzw. O[l)aJ.LEV) ist eine bei Paulus häufige Formel, die eine bestimmte Erkenntnis unterstreichen soll, ohne daß ihre Herkunft näher erläutert wird 8 . Dies » Wissen« des Apostels trägt die Eigenart
Sl'fI ,dmet (•• Al( vulg.) 6
ist texdich nicht gesichen, viellricht sogar Glosse (LAoaR 101).
ob J.Ibvov bt, Qll.« xa( ist eine bei Paulus beliebte Verkürzung, die sowohl im Griechischen als
auch im Semitischen ihre Parallelen hat. Diese Verbindung findet sich auch in Köm 5,11; 8,23; 9, 10; 2Kor 8, 19; sie hat weiterführenden, aber auch steigernden Sinn. Nach LtzmR ist diese Verkür· zung »gut griechischec, nach DELrrzscHR. 81 im talmudisch-midraschischen Sprachgebrauch nach· gewiesen. 7 xauxäD&a&. tv und xauxäo&m m( können sprachlich den Gegenstand des Sichrühmens zum Ausdruck bringen, doch bleibt eine Unsicherheit bestehen, ob Paulus in V 3 ähnlich wie in V 2 (b' tAnUh) und V 11 (tv-ap itnp) sich der Trübsale rühmen will oder denJubeirufderGemeinde auch in der Situation der Trübsal anstimmen will. Zum Problem der .. Züchtigungen« im Judentum vgl. Prov 3,11 f.; PsSal 3,4; 8,34; 10,1-3 u.ö. In Weiterführungdes alttestamentlichen Lobpreises des Lei· dens und der Züchtigungen fmden wir auch beim Beter in den Hodajot die Freude über die erfahre· nen Gerichte Gottes: .. Ich habe Gefallen an den Gerichten, und an den Züchtigungen habe ich WohJ· gefallen« (IQH 9,10 vgl. 9,21-25). Die Sprache des Lobpreises ist eine Ausdrucksfonn des Dankes, der Erfahrung des Heiles und der Hingabe an Gott (vgl. den Psalter!). Vgl. ScHLiERR 143 f. • dMu~ findet sich auch in Köm 6,9; 13,11; 1Kor 15,58; 2Kor 4,14; 5,6.11; Eph 6,8.9. Tatsächlich liegt in diesem Wusm der Anspruch auf eine Wahrheit, die nur dem Glauben zugänglich ist, die ihm aber möglich ist und die eine gültige und letzte Wahrheit ist.
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des Glaubens in sich, steht auch grundsätzlich zur menschlichen Erfahrung im Gegensatz. Paulus wechselt nun den Stil- ein Zeichen dafür, daß sein »Wissen« auch formal hervorgehoben werden soll. Vielleicht knüpft er aber auch an eine paränetische Tradition an (vgl.Jak 1,3). Zur Eigenart dieses Weisheitsstiles gehört das Hervorheben des Abstraktums, der Eigenschaft oder Tugend, deren Personifikation, außerdem das Fehlen des persönlichen Momentes (wir, unser). Dazu tritt hier die Form des Ktltmschlwsts, der in Exegese und Paränese keineswegs sehen ist; Rabbinat, Weisheitslehre und Hellenismus haben ihn geschätzt 9 • itAi"'L~ bezeichnet im Neuen Testament die Anfechtung und Bedrängnis, die auch den Christenstand bedrücken, ja gerade ihn um seiner Eigenart willen anfallen 1o• Paulus spricht deshalb von den Anfechtungen, weil sie den Gerechtfertigten in seinem Glauben gefährden 11. Die Wahrheit des Evangeliums ist paradox und widerspricht dem menschlichen Augenschein l l . Der Christ rühmt sich deshalb in den Trübsalen (bzw. der Trübsale), weil er weiß, daß Gottes Werk sich an ihm vollzieht. Wenn Paulus bekennt: )Anfechtung bewirkt (xa'tEQYatE'taL) Geduld« (vgl. 2 Kor 4, 17), dann meint er ein dem Evangelium entsprechendes, aus der Gnade Gottes kommendes Geschehen, also ein Wirken Gottes. Trübsal an sich kann Empörung oder Verdruß schaffen U. Calvin}, Anfechtung wirkt Geduld (UMf.WVT1) , d.h. der Glaube nimmt in der Anfechtung die Form des Ausharrens, der Standhaftigkeit an. V 4: Die Geduld führt zur Bewährung (ÖoXLJ,lTJ) , d.h. der Glaube ist erprobt und hat sich an die Belastung gewöhnt. ÖOXLJ,ltl findet sich im Neuen Testament nur bei Paulus 13 • Daß wir paränetische Tradition vor uns haben, die im Einzelnen verschieden ist, zeigt ein Vergleich zwi9 Zum Kettenschluß vgl. Hos 2,23 8".; Am 3,3 8".; 2Petr 1,5 f[; außerdem im HeUenismus Max. Tyr. philos. 16,3 p.201 f[ HOBElN; 31 ,4 p.365; Porphyr. ad Marc. 24p.206 NAUCK. Bei Paulusrmdet sich der Kettenschluß aufkrdem in Röm 10,14 ff. 17. IO&M'I1L; denkt ursprünglich an Druck, Bedrängnis, Anfechtung durch die Welt. Bei den Lateinern nimmt tribulatio die Bedrutung der Christenverfolgung an (Ten., Cyprian, Ambstr.). Clem. Al. quis div. aal. 25,6 und Orig. Ruf. 995 Cf[ unterscheiden zwischen einer Anfechtung, die von außen kommt und voo anderen zugeftigt wird, und einer Anfechtung im Inneren, die aus der Seele selbst entsteht. 11 Man darf nicht vergessen, daß Paulus von der Gnade ausgeht, in der wir stehen (Röm 5,2), also ist der Glaube und das Werk Gottes am Glaubenden nicht nurein Akt,sondem auch ein Werden und Geschehen »mitten im Gewühl, mitten in der den Menschen bis aufs Innerste berührenden Verwirru~ der IIIfn'listm Welt« (BARlHR 132). 12 M. LUlHER legt in seiner Römerbrief-Vorlesung großes Gewicht aufden pau1inischen Satz: »wir rühmen uns auch der Trübsale«. Der natürliche Mensch verkennt die Kraft und Wirksamkeit der Trübsal, beurteilt und würdigt sie nur nach dem äufkren Schein, obwohl sie doch wie das Kreuz Christi selbst angebetet werden müßte. M. LUlHER setzt die Trübsale mit dem »Kreuz Christi.. gleich, 10 daß ein Feind des Kreuzes Christi ist, wer sich gegen die Trübsale sträubt. Letzdich will der Mensch seine Ohnmacht, Torheit und Strafwürdigkeit verleugnen. u boxt.ldt begegnet bei Paulus häufig und heißt »Bewährung, Erprobtheit«. Zum Begritrvgl. ThW 11261. A.JOucHERhattevon »Festigkeit« gesprochen; der Begriffwirddann von E. KOHLpsychologisien (»Gcftihl der Stetigkeit und Festigkeit.. ). Diese Psychologisierung ist falsch, denn in der Bewährung und Erprobtheit ist Gottes Uneil entscheidend, wie M. LUlHER noch genau gewußt hat: »Denn Gott nimmt keinen als gerecht an, den er nicht vorher geprüft hat; er prüft aber nur durch das Feuer der Trübsal« (E. ELLWEIN 212). Ober Bewährung (boxt.JdI) bei Paulussprichtjetzt ScHuERR 148.
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schen Röm 5,4 undjak 1,3 14 . Die Bewährung stärkt die Hoffnung, gibt ihr Gewißheit, empfängt nach Jak 1,12 den »Kranz des Lebens«. An unserer Stelle bezeichnet &(s allerdings nur den Akt der Hoffnung. Paulus wäre mißverstanden, wenn man in diesem Kettenschluß mehrere voneinander unterschiedene Stufen des Glaubens sehen woUte 15 . Ihm kommt es vielmehr darauf an, daß die Gnade Gottes den Glauben unter dem Druck der Anfechtungen über sich selbst hinauswachsen läßt und daß er Segen gerade in die Anfechtung hineinlegt. Man darf den Weisheitsstil der paränetischen Tradition nicht ohne den Zusammenhang mit der paulinischen Theologie verstehen. V 5: Als Schlußglied der Kette fügt sich im gleichen Stil die an das Alte Testament erinnernde Wendung an: »Hoffnung beschämt nicht.« Das paulinische Won erinnert an das Bekenntnis des Psalters: »auf dich haben die Väter venraut und wurden nicht epttäuscht« (Ps 22,6; 25,3.20)16. Es kommt daher dem Alten Testament daraufan, daß Gott das Venrauen nicht enttäuscht; auf ihn haben die Väter ihr Vertrauen gesetzt. Paulus gleicht den alttestamentlichen Gedanken an den Weisheitsstil der vorherigen Verse an und meint: »die Hoffnung wird nicht unerftillt bleiben, sie wird den Menschen nicht enttäuschen« Uak 1,12)17. An das Ende des Kettenschlusses fügt sich eine auffallende Begründung an, die schon durch den Wechsel des Stiles ihre Eigenart ankündigt 18. Liebe Gottes und heiliger Geist verbürgen, daß die Hoffnung nicht enttäuscht. Wenn der Reichtum der Gaben Gottes schon Gegenwart geworden ist, dann bleibt auch die Hoffnung nicht leer. Von dem Begriff der»LiebeGottes« spricht Paulus hier zum ersten Mal (vgl. Röm 8,35.39; 15,30). Das Bild des »Ausgießens« verbindet sich oft mit dem Begriffdes Geistes Gottes UoeI3,1; Apg 2,17; 10,45). An unserer Stelle ist die Liebe »ausgegossen« und der heilige Geist uns »gegeben«; dabei wird man an ähnliche alttestamentliche Aussagen erinnen 19 . 14 Nach Jak 1,3 bewirkt die Erprobung Standhaftigkeit, nach Röm 5,4 die Standhaftigkeit Erprobtheit. In diesem Zusammenhang ist das Bild von der Erprobung des Goldes durch Feuer geläufig (Hi 23,10; Prov 17,3; Sir 2,5; IKor 3,13; IPetr 1,7). uM. LUTHEIl unterscheidet drei Stufen: »die unterste besteht darin, daß man die Trübeale mit Sträuben aufsieh nimmt; in der mittleren ergibt man sich fröhlich und willig da rein , ohne die Trübeal zu suchen; die höchste Stufe aber ist die, die Trübeale zu ersehnen, sie zu suchen und fordernd die Hände danach auszustrecken wie nach einem Schatz« (E. ELLWEIN 212). 16 Vulg. übersetzt: .pes non confundit. xmua.oxWELV heißt eigentlich »beschämen, schänden«; in der LXX tritt xatCJLCJXWELV häufig rur ~iJ ein (Ps 44,8.11; 119,46; vgl. IKor 1,27). 11 Es bleibt die Möglichkeit offen, das Futurum xcmllDX"\'El zu lesen (CHR. V. HOFMANN, A. PA!.LlS). Die biblische Aussage steht im Gegensatz zur allgemeinen menschlichen Erfiahrung. An sieb ist die Warnung berechtigt, daß die weit umhenchweifende HoflDung viden Männern ein Nutzen, vielen aber ein Betrug leichtsinniger Begierden ist (Soph. Ant. 619 f.), daß »Hoffen und Harren manchen zum Narren macht« (Sprichwon). Die biblische Aussage will aber nicht allgemein verstanden werden (Weisheiustil!), sondern will betonen, daß Gott du Venrauen des Menllchen nicht enttäuscht. Es geht nicht um Festigung des Charakters, auch nicht um einen Enthusiasmus, der aufwärts strebt, IOndern um die Erreichung des Zides, du Gott uns vorhält (vgl. KAsEMANNR 125). I' Man könnte an eine Verbind~ zwischen V 3a und V 5b denken (unter Auaklammerung des KettenschlUSleS), denn die Züchtigungen sind nach biblischer und urchristlicher überzeugung ZeiHebr 12,5 f.). Vgl. dazu ZnR 248; PALLlsR 76. chen und Unterpf.md der Liebe Gottes (Prov 3,11 19 Gottes Zorn wird »ausgegossen« (Ps 69,25; 79,6; Jer 10,25; Ez 7,8); Gottes Bannhenigkeit wird »aUJgqossen« (Sir 18,11). M. DIIELIUS bemerkt zu Röm 5,5: .. txxtxvmL ist gesagt von der Liebe,
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Schon Origenes stellt die Frage nach dem Verständnis des Genitivs 'toO troü: ))Es ist zu erwägen, ob er hier jene Liebe meint, mit der wir Gott lieben, oder ob jene, mit der wir von Gott geliebt werden, die durch den heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen wurde« (Ruf. 997 B C). Origenes entscheidet sich in dieser Frage für die Liebe, mit der wir von Gott geliebt werden; ähnlich Chrys., Ambstr. Von einer Liebe zu Gott reden Thdrt, Photius und Aug. de spiritu et litera 32,56. Da im Zusammenhang unseres Textes ausschließlich Gaben Gottes genannt werden, liegt die Deutung: »Gottes Liebe zu uns« nahe. Es entsteht ferner die Frage, in welchem Vtrlriilmis die Liebe Gottes zur Gabe des Geistes steht. Die Kirchenväter nannten den Geist Gottes das Pfand, den Bringer bzw. die Gabe der Liebe Gottes. Aber vielleicht muß man vorsichtig sein und die Bestimmung des Verhältnisses von Liebe und Geist umschreiben: der heilige Geist vermittelt, daß Goues Liebe in unsere Herzen ausgegossen wird; der heilige Geist macht uns gewiß (in den Anfechtungen) , daß Gottes Liebe in unsere Herzen ausgegossen ist; das Wissen um die Liebe Goues zu uns ist durch den uns gegebenen heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen.
Was Liebe Gottes zu uns ist, wird in V &-8 erläutert. An die Bekenntnisformel 1Kor 15,3 erinnert die Aussage, daß Christus für Gottlose starb. Die Heilstat Christi gilt als Liebestat Gottes bzw. Christi uns gegenüber. Vielleicht knüpft Paulus hier an eine hellenistische Diskussion an, in der die Frage behandelt wird, unter welchen Umständen es eine gute Tat ist, für einen anderen Menschen zu sterben. Man kennt besondere Fälle, in denen der Tod für andere anerkannt wird 20. Der TodJesu aber steht nicht innerhalb dieser menschlichen Möglichkeiten und Erwägungen. Wahrscheinlich ist die an sich umständliche LA: hLYCJ.Q XQLOtO~ övtorv 'lttuiJv ito6evWv hL xa'tQ xaLQOv uxtQ itoEßmV i1xtfkIVEV (. AC Orig.) vorzuziehen 21 . Die Bestimmung: öV'torv 'lttuiJv itoitEVWv (V 6) wird erläutert und verstärkt durch die spätere Wiederholung: hL ltJ.LaqtwMöv ÖV'twv 'lttuiJv (V 8). Es geht nicht darum, die Schwachen, die Unfrommen und die Sünder voneinander zu unterscheiden; gemeint ist, daß wir vor Christus schwach, unfromm und Sünder sind. Paulus will den Unterschied zwischen dem Christus und den Menschen zum Ausdruck bringen 22. xa'tQ xaLQ6v ist zu i1lttfkIvEV zu ziehen (= ))zur rechten Zeit«, vgl. GaI4,4)23. Die Paradoxie des Sterbens Christi gedacht vom heiligen Geist. Die Liebe ist nach Paulus gar nicht dadurch bestimmt, daß sie )ausgegossen c wird, sondern indem der heilige Geist den Gläubigen gachenJu, d.h. ausgqouen wurde, tat ihnen Gott seine Liebe kund« (Vier Wone des Römerbriefes, Symb. Bibi. Upsal. 3, 1944,6). lO·Zur Diakuaion dieaea Problems im Judentum vgl. TestAas 2,3: »Ist da ein Mensch, der einen übeltäter liebt, weil dieser für ihn sterben will, 10 hat auch dies zwei Seiten. Das Ganze aber ist ein übel Ding.• über die Pflicht des Eintretens und Sterbena die Verwandten und Freunde: PhiloItr. ApolI. 7,12; Arrian Epiet. 2,7; Epicur (USENER) p. XXX. Als Parallele wichtig in Nr. 1044 der Herku1anensischen Rollen (A. DEISSMANN, Licht vom Osten, 4. Auß. 1923,95): ..Für den am meisten Geliebten unter den Verwandten oder den Freunden würde er wohl bereitwillig den Hals darbieten .• 11 Textkritisch haben wir zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu wählen (In y{IQ, h~, d~ n y{IQ, tl y6Q, d ye). Die Lesanen d YE, d 6t, EI y6Q scheinen Erleichterungen zu sein. Von den wichtigsten Hdschr ist vorgeschlagen: hLYlJoXQ~ (I ACD) , ferner: ~'riy6Q (G vulg. Iren.), dy{IQ (lsid. Pelus., Aug.), ye (B). 22 Schwach ist der Mensch, weil er den Anfechtungen nicht gewachsen ist (MIt 14,38), weil er das Gebot nicht erfüllt (Röm 7,14). Gottlosigkeit bedeutet, daß man von Gott weiß, aber ihn nicht ernst nimmt (Röm 1,20.25.28). Die Kirchenväter haben versucht, Schwache, Gottlose und Sünder genau zu scheiden. 23 G. DEUING, ThW 111 462.
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er
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wird durch zwei parallele y6Q-Sätze veranschaulicht. Der erste stellt eine allgemeine Regel auf: »Für einen Gerechten wird kaum jemand sterbenu, während der zweite eine Einschränkung, ein Zugeständnis bringt: ))Für den Guten bringt vielleicht jemand fertig, zu sterben«. Umstritten ist, ob ÖLxa(ou bzw. Qya60ü maskulinisch oder neutrisch zu verstehen ist. Im ersten Fall bezweifelt Paulus, daß sich jemand für einen Gerechten opfern würde; er gibt aber die Möglichkeit zu, daß jemand für seinen Wohltäter (für einen ))Gütigen«) zu sterben bereit ist 2•• Im letzteren Fall müßte man zwischen einer gerechten Sache und dem AIIgemeinwohl zu unterscheiden versuchen. V 8: Während die Menschen eine Hingabe in den Tod für andere nur in besonderen Fällen kennen und vollziehen, aufjeden Fall aber niemals für ))Gottloseee eintreten, stellt Gott seine eigene Liebe uns gegenüber heraus, indem Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren. Wie stark der Zusammenhang durch feste 8ekenntnisformeln geprägt ist, zeigt ein Blick auf I Petr 3,182.5. Ein Vergleich mit V 5 (txxtxu'tQL) läßt das Präsens (avv~aLv) in einem besonderen Licht erscheinen: war die Liebe Gottes nach Röm 5,5 ein Ereignis, das auf die Vergangenheit hinweist, so wird sie hier als bleibend und dauernd bezeugt. 6 itE~ als letztes Glied soll vidleicht hervorgehoben werden, wenn auch die Reihenfolge textkritisch unsicher ist 26 • Ö'tL drückt hier nicht eine Begründung, sondern eine Erläuterung (epexegetisch) aus: )~adurch, daßee (Gal 1,11.13)21. Es fällt auf, daß für Paulus der Tod Christi ein Erweis der Liebe Gottes ist. Da diese Liebe sich dem Menschen zuwendet, obwohl er Sünder ist, geht sie dem Verlorenen nach und trägt den Charakter der Barmherzigkeit an sich. Offenbar übernimmt V 8 eine bestimmte theologische überlieferung, nach der Gottes Liebe sich im Kreuz Jesu Christi erweist. V 9: Nachdem Paulus in V 6-8 sein Verständnis der Liebe Gottes entfaltet hat, wendet er sich nun wieder der Spannung zwischen gegenwärtigem und zukünftigem Heil zu. Zwei fast parallele Sätze (xoÄÄ.q, Jlällov V 9.10) drücken in der gleichen Weise den Grund und den Inhalt der christlichen Hoffnung aus. Auch hier bleibt der Grundgedanke erhalten, daß in der Rechtfertigung alle Gaben Gottes einbeschlossen sind. Der Schluß xoUq, Jlällov ist schon im Rabbinat geläufig und verknüpft dort ))Leichtes und Schweresee miteinander28. öLxawrlttvtEC; nimmt das entscheidende Stichwort von V 1 wieder auf.Jt~t (vüv) ist uns die Rechtfertigung zugesprochen, aber die Vollendung des Heiles (ow't'Y)Q(a vgl. Röm 1,16) ist noch nicht erschienen. Wir sind gerechtfertigt, und in dieser RechtJ4 Zur maakulinilCben FUiung vgI. Epict. dia.11I :20,11 8'. In dergnostiscben Theologie spielt der Gegensatz 6~~ eine groBe Rolle (Mare.). Man dachlt mehrfach in der Exegae von V 7baneincn Hinweiaaufdiecbriadichen Mätyrer, die fiirden -Guten- sterben (Mit 10,18). Hieron. ep. 121,7 erwähnt, daß edichr eine VerpOicht~ zur Lebenahinpbe für Christus aus dietem Ven folgern. 25 ~ (Röm 3,5; Gal 2,18; 2Kor 6,4) bedeutet: -heraUIIItIIen, erweisen- (vulg. übenetzt: commendat caritatem) . CJUVU7tlMlL ist in der alten Auslegung venchieden venLandcn worden (commendat,confirmat). Gut iatdie übersetzung: -Gou beweist seine Liebe zu uns-. Bekannt iat M. LV11IERS Wiedergabe: -Darum preist Gou seine Liebe gegen Uni ••• -. 26 e~ "'~ 6 ~ leien. ACKP. 6 &~ ~ "'~ DFGL; 6 ~ fehlt bei B. 27 ZnR 257 rechnet mit der Möglichkeit, 6n d fn (G d- Cypr.) zu leaen. 28 Das Gewicht einer Au...~ soll die andere AUD&~ tragen (Str-B 111 223 0:).
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f~rtigung
liegt die Bürgschaft für die Errettung vor dem Zorn Gottes. Di~ Rechtfertigung vollzieht sich durch das Opfer Christi. Die geprägte Formel tv tcp atJ.l(ltL airrO'Ü w~ist auf Röm 3,25; 1Kor 11,25 hin und stammt wohl aus der Abendmahlsliturgie. bL' airtO'Ü vertritt vielleicht tv tfI twn airtoü (V 10): bringt der TodJesu die Rechtfertigung. dann bringt sein Leben als Auferstandener die Rettung im jüngsten Gericht (Röm 8,34; Hebr 7,25). ÖQytl taucht in unserem Zusammenhang als rschatologischer Begriffauf: im Endgericht offenbart sich Gottes Zorn 29• Die Errettung aus diesem Zorn Gottes besteht nicht darin, daß die Glaubenden nicht zur Verantwortung gezogen werden (2Kor 5,10), sondern darin, daß sie mitten in der Erfahrung des Zornes Gottes, der auch sie trifft, in die Gnade Gottes, in seine Herrlichkeit hineingenommen werden. Nur wer vom Zorn weiß, nimmt auch die Gnade ernst 30• V 10: Die neue, mit V 9 parallele Aussage geht von der Vorstellung der Feindschaft des Menschen mit Gott aus. Unt~r den Adjektiven unseres Abschnittes, die den Zustand des natürlichen Menschen beschreiben, bildet tx-DQo( einen Höhepunkt. Die Vorstellung der Feindschaft mit GOlt wird durch Röm 8,7 0:; Koll ,21 f. bestätigt: der natürliche Mensch erhebt sich gegen Gott 31 und verdirbt die gegenseitige Beziehung; die Feindschaft des Menschen geg~n Golt wird zur Feindschaft Gottes gegen den Menschen (Röm 11,28). Durch das KreuzJesu Christi richtet Gou das Zeichen der ~trsöluumg auf. Durch unseren Vers wird eine neue Vorstellungsreihe eingeführt, um auszudrücken, daß mit der Rechtfertigung auch ein neues Verhältnis zwischen Gott und Mensch gegeben ist 32. Wir haben also wieder einen festen Zusammenhang vor uns, der ursprünglich neben der Rechtfertigungslehre stand. Entscheidend ist, daß nicht Menschen Gott versöhnen, sondern daß Gott sich mit den Menschen versöhnt. Er sendet seinen Sohn, er richtet den Dienst der Versöhnung auf, er st~ll t die Menschen vor die Entst:heidung, ob sie sich mit ihm versöhnen lassen (2Kor 5,20). Mit dem Begriff der Versöhnung nimmt Paulus den des Friedens (V 1) auf33 • V 11: Aber selbst mit dem Motiv der Versöhnung bzw. der Errettung kommt der paulinische Gedankengang noch nicht zum AbAuch hier klingt der Begriff övrfIlO vendbltändigt. daß der Genitiv emo fehlen kann. tei durch die Offenbarung der Gnade vergangen, hatte in Paulul keinen Platz. Was in Gott ist, vergeht nicht. Im Gegenteil, da die Ankunft des Chriltus bezeugt, daß die Herrschaft Gottes konune und leine Herrlichkeit offenbar werde, ist damit auch bezeugt, daß sein Zorn mit gottheitlicher Majestät in einer alle erf.uaenden Wirk.mkeit sein reinigendes Werk vollbriacen werdcc (ScHLATTEa, Gerechbpeit 182). II In der Auslegung trin eine aktive Deutung (die Menschen betrachten Gott ab ihren Feind) der puaiven (die Mcnschcn werden von Gott ab Feinde angesehen) gegmübcr. Man darfbeides nicht von einander scheiden: .Es ist gewiß, daß einer, derdic Werke tut. die Gott nicht liebt, Gottes Feind ist.. (Orig.). KAsEMANNR 129 betont den aktiven Sinn: Rebellion und Rcbdl in der Verfeindung. 12 Der Begrifl'XataU600ElV begegnet bei Paulul noch in 2Kor 5,18 ff., xa~ in Röm 5,11; 11,15; 2Kod,I8 ff. ~v fmdetlich in Koll,20.22; Eph 2,16in ähnlichen Gedankengingen. »Der gleiche Zusammenhang zwischen Vef1Öhnung und Friedeschatren findet lich auch in Kai 1,20. Der Begriffdes FricdCDI wird also durch den der Venöhnung erläutert: wnöhnt lich Gott mit dem Mcnschcn, dann empfängt der MenlCh den Frieden. Rechd'eniguna und Vel'lÖhnung Iaufm beide auf den umfuaenden Frieden zu. :19
JO ItDer Gedanke, der Zorn
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Der neue Mensch und die neue Menschheit
schluß34• Die versöhnte und errettete Gemeinde stimmt den Jubelruf auf Gott an, dem dies ganze Werk zu verdanken ist. Zunächst fällt der Gleichklang mit V 3 auf, dann aber auch die Beziehung zu Röm 2,17 (xaUXäoaL tv itE<jJ). Sicherlich handelt es sich dabei um den hymnischen Jubelruf (äyaW~) im urchristlichen Gottesdienst. Der abschließende Relativsatz «(>L" 00 ... ) ist ähnlich aufgebaut wie V 2 und läßt auf einen bestimmten doxologischen Stil schließen 35 • Das doppelte 00v von V 9.11 darf nicht übersehen werden: jetzt schon hat die Gemeinde die Versöhnung empfangen. Das Verhältnis von Rtthifntipllg ~ Vtrsö!uumg wird in Röm 5,1 f.; 9f.; 11,15als logische Folge, als Wechsel des Aspekts und als Anschluß an eine verwandte Deutung des Christusgeschehens geschildert. Auf jeden Fall schließt sich die Versöhnungslehre hier der Rechtfertigung an, nicht umgekehrt. Versöhnung der mit Gott verfeindeten Menschen bzw. des KOimos müssen voneinander getrennt werden; die Liebe Gottes, die Sendung des Sohnes als des Mi tden, die Befreiung von Mächten treten stark heraus; die Kernstelle 2Kor 5,18-20 bedarfder Erwähnung (Koll,2O ff.; Eph 2,14-18). Versöhnung, Friedenschaffen, Zugang zu Gott gehören eng zusammen. Sühne und Versöhnung sind allerdings verwandte Wortstämme, der Hinweis aufdas •• BlutJesu Christicc erinnert an die Rechtfertigung Röm 3,24 f. Daß die Weissagung vom GottesImecht hinter Rechtfertigung und Versöhnung steht, darf nicht vergessen werden (Röm 4,25; 2Kor 5,21; vgl. J. Murray, Appendix C. 375-383). »Feindschaft« gegen Gott sollte nicht gegen »Zorn Gottes« über den Menschen ausgespielt werden (andenJ. MurrayR 112); das Schwergewicht liegt jedoch auf dem aktiven Sinn (der Mensch als Aufrührer gegen Gott!). Venähntsein legt Gewicht auf den Zustand, das Ergebnis, die Frucht - daher fällt in manchen DanteIlungen die Betonung auf die VerlÖhnung (z.B. P. Grelot, Peche originel et redemption, 1913). E. Käsemann, Erwägungen zum Stichwort: VeRÖhnungslehre im NT (Zeit und Geschichte, 1964, 41-60) wendet sich gegen das Schwergewicht, das von der Venöhnung ausgeht. Daß in 2Kor 5,19- 21 ein frühpaulinisches Grundelernent zu fmden ist, halte ich für wahrscheinlich (anders E. Käsemann a.a.O. 50).
Röm 5,12-21: Der neue Mensch und die neue Menschheit l1n.um, wie durch eiDea Meallclaea die SäDde in die Welt biDeiDbm UDd durch die SÜllde der Tod, aad _ der Tod ..., alle MealChen äcb ....a.eitete, weDja alle peönclil'luIbea - 13dea.a bia l1li' Zeit, da . . GeIea wurde, war$üacle in der Welt; Süade lIber wird Dicht aapredmet, WeDD keiD GeIea da ist; 14troadem hat der Tod von Adam bia MOMa aeiae Herncbaft aach über die aaapübl, die Dicht Öl der peichea Webe wie Adam darch Vbertretaaa eme. LetdmmteD Geb0ts ~ me.er Adam iR Bild da zaIdiaftipa Meuchea. 15 Doch plt Dicht der Sall: wie die tJt,a betuac, _ auch die GIIIIIIeapbe. DeIm WeIIII dan:b die tJbertretaac da Eiaea die Vielen .aarbea, WB wievieI mehr Ut daaD die Gaade Gotte. UDd du ea.denpKbmk da eiDeD Meaachea Jesaa Chriatua dea Vielea reicbHch zuteil gewonleD. 16Uad es plt Dicht der Salz: wie die SüDcIe da EiDea,
P'"
~ 00 t.abvoY 6t (1lOÜ1O De GF) wird von manchen Aualegun gedanklich durch ~ bzw. omt~ erpnzL JS Zwn Problem des ~ a1a eines goctadiensilichen AktCI vgI. W. BoVSSET, K yrioa ehri1101,2. Auß. 192I,I09;LYDEl.BaUN,Symb. Ara. I, 1922, 190: Du Panizip~iatindib tiviach oder Ir.obonativ vencanden.
Röm 5,12-21
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10 du Geschenk. DemI du Gericht erging wepD des EiDen zur Veru.rteiung, die GDMIengabe aber kommt auf Grund vieler VbertretunpD und führt zur Gerechtsprechung. 17De1m weDD durch die Vbertretunpn des EiDen der Tod zur HerrIChaft kam durch den EiDen, um wieviel mehr werden die, die den V'berflu8 der Gnade und des Geschenb der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herncheD durch den EiDen, Jesua CIuUtua. 18 Wie es Dun durch die Vbertretung des EiDen zur Verurtei1ung für alle MeDICheD bm, 10 kommt es auch durch die Rechttat des EiDen für alle Menschen zur Rechtfertigung, die ewips Leben IChenkt. 19Dem1 wie durch den Unphonam da eiDen Menschen die Vielen als Sünder hingestellt wurden, 10 werden auch durch den Gehonam des EiDen die Vielen als Gerechte h.iDpsteIIt waden. 10 Du Gesetz ist aber daneben hineingekommen, damit du Mal der Sünde ueb mehre. 11 Wo aber die Sünde sich mehrt, da fIie8t das Mal der Gaade iber, damit, wie die Sünde hfS'l'lChte durch den Tod, 110 auch die Gnade hernche durch Gerechtipe1t zum ewigen Leben durch Jesus Christus, uueren Herrn.
Ana!Jst: An denJubelrufRöm 5,1-11 schließt sich ein ganz andersartiger Abschnitt an, der die apokalyptische Gegenüberstellung: Adam-Christus zum Inhalt hat. War Röm 5,1-11 geradezu im Stil eines Lobpreises gehalten (Wir-Ton), so erscheint Röm 5,12-21 als eine Meditation, die den Sinn des Kreuzes und der Auferweckung eschatologisch und kosmisch ausweitet. Derartige Rückblicke auf die Geschichte unter einem gegebenen Gesichtspunkt sind allgemein-jüdisch: man faßt zusammen, was eine vergangene Zeit zu dem behandelten Thema zu sagen hatte (z.B. JuLiläen, äthHen). Es ist also von vorne herein anzunehmen, daß Röm 5,12-21 die Rechtfertigungslehre Röm 3,21-31 eschatologisch und apokalyptisch im Sinn der Gegenüberstellung alter und neuer Mensch entfaltet. Trotz der Verklammerung von Röm 5,12-21 durch XQ'taUayMe; 0<0'ÖT)06t'ria (5, 10) und iq,LOQ1:(a-XQQ"; (6,1) sieht unser Abschnitt zunächst wie eine selbständige Einlagt aus: die einzelnen Gedanken und Motive sind vom Kontext unabhängig. Es fragt sich daher, welche Bedeutung unser Abschnitt für den ganzen Zusammenhang des Römerbriefes hat. Offenbar will Paulus das WerkJesu Christi in einen großen heilsgeschichtliehen Rahmen hineinstellen und damit seine eschatologische und jeden Menschen einschließende Bedeutung sichern. Logisch steht unser Abschnitt unter dem Gesetz dertmlithttischtn Typologie: Adam-Christus; ihr entspricht die Gegenüberstellung von altem und neuem Äon sowie die gegensätzliche Dreiheit: Gesetz-Sünde-Tod bzw. Gnade-Gerechtigkeit-Leben. Erkennt man diese wichtige Eigenart unseres Abschnittes, dann wirkt Röm 5,12-21 wie eine mythische und bildhafte Darstellung der großen eschatologischen Wende, die in Kap. 6-8 näher beschrieben wird. Der Abschnitt ist deshalb mehr als eine Einlage, weil er das TIumtJ rur die folgenden Kapitel angibt. In diesem mythischen Denken liegt das Wissen um das Schicksalsschwere in der Einmaligkeit eines geschichtlichen Ereignisses. Die mythischen Denkformen und Begriffe wollen zum Ausdruck bringen, daß das ganze Problem des Menschseins durch ein Urdatum der Vorzeit und der Endzeit entschieden worden ist. Die Verkündigung kann nur noch entfalten, was in diesen Urdaten als Urteil und Ratschluß Gottes verborgen liegt. Dabei darf man nicht vergessen, daß der Begriff des »Mmschmsolmu« in seiner apokalyptischen Bedeutung ein U ntoff der neutestamentlichen Verkündigung ist und daß er eine Voraussetzung der pauIinischen Christologie ist. Die Kreuzeslehre geht bei Paulus in die Menschensohnlehre ein, und die Menschensohnlehre gibt dem Kreuzesgeschehen ein besonderes Schwergewicht.
Wir haben einen lehrhaften, logisch deduzierenden Stil vor uns, der sich von
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On- neue Mensch und die neue Menschheit
seiner Umgebung deutlich abhebt. Es ist sehr schwer, den Gedankengang unseres Abschni ttes sachlich aufzugliedern (etwa V 12-14; 15-17; 18-21), da die Motive sich nicht ablösen, sondern in anderer Gestalt immer wieder durchbrechen. Einerseits stellt Paulus antithetisch dem Urgeschehen des Falls Adams das Endgeschehen des Gehorsams Jesu gegenüber, anderseits hebt er die überbietung der Sünde durch die Gnade und die überwindung des alten Äons durch den neuen hervor. Diese bei den Motive der Antithese und der Obtrbittung wechseln also einander ab. Wichtig ist aber, daß der Abschluß V 20.21 in Fortsetzung von Röm 3,20; 4,15 die Gesetzeslehre weiterführt: das Gesetz ist kein endgültiges und abschließendes Geschehen im Heilsplan Gottes, sondern lediglich Ausdruck einer vorübergehenden Weltzeit. Daß Paulus in der Gegenüberstellung: Adam-Christus mit altem jüdisch-palästinischem Stoff arbeitet, sollte nicht bestritten werden. Sowohl die weit verbreitete haggadische Auslegung der Sündenfall-Geschichte wie auch die Anwendung des rabbinischen Grundsatzes: "Das Maß der Güte ist größer als das Maß der Strafen« (SLev 5,17 = Str-B I I I 230) weisen in das Frühjuden tu m. Dazu tri tt die Gegenü berstellung von dem "Einen« und den)) Vielen« sowie die Anschauung von dem Verfallensdn des ganzen Kosmos an gottfremde Mächte. Daß im Ahnherrn auch die Nachkommen schicksalhaft mit einbezogen sind, ist auch sonst bezeugt (Hebr 7,10), aber Paulus stellt neben die Sünde des Ahnherrn gleichzei tig die der Nachkommen (Röm 5, 12). Wich tig ist, daß der Begriffdes» Fleisches« in diesem ganzen Abschnitt fehlt und daß der Begriffder Erbsünde arn griech. Text keinen Anhaltspunkt hat. Paulus fragt nicht nur nach der Entstehung der Sünde, sondern auch nach ihrer umfassenden. Herrschaft, und stellt dann die Herrschaft der Sünde der Herrschaft der Gnade gegenüber. Dabei setzt er die biblisch-haggadische Antwon auf die Frage nach der Entstehung der Sünde voraus.
Exegese: V 12: Eigenartig ist die Anknüpfung durch ÖUI "[0"Ü"[0, die eine logische Verbindung mit dem vorherigen Abschnitt herstellen sol)1. So Großes ist von Jesus Christus ausgesagt worden, daß es berechtigt ist, in ihm den Anfänger der neuen Menschheit zu sehen. Er kann also nicht mit einem Menschen innerhalb der israelitischen Heilsgeschichte (wie Abraham oder Moses) verglichen werden, sondern kann nur dem Anfänger der alten Menschheit gegenübergestellt werden. Die mit W<mEQ eingeleitete Satzperiode verlangt als Entsprechung ein 0\,.t(J)~, das aberin unserem Zusammenhang fehlt (vgl. V 21). Paulus legt auf die Schicksalsschwere der Sünde des einen Menschen Gewicht: durch einen Menschen (ÖL' tvo; civaQw1tou) kam die Sünde in die Welt (= in das menschliche Leben) hinein. Dieser Schicksalsschwere entspricht es, daß der Tod als Folge der Sünde des ,)Einen« durch die Reihen der ganzen Menschheit geht (ÖLyt).,-&EV). Daß die »Sünde« in die Weh kommt, klingt mythisch und bezeichnet in diesem Fall die Strukturveränderung des ganzen kosmischen Daseins 2 • K. Heim legt besonderes Gewicht auf dies ÖL' tvo; lrvitQW1tou: durch den ersten Menschen dringt die Macht der Sünde wie durch ein Eingangstor in die Menschenweh ein J . I b&4lOVtO ist Obergangspanikd. Worauf weist Paulus zurück? Auf V 11 allein, auf Köm 5,1-11 oderaufRöm 1,17-5,11? Es liegt am nächsten, 6&ll w'frto als Schlußfolgerung aus Röm 5,1-11 anzusehen. H. SatLJER schlägt vor: .. nicht begründend, sondern fonführend«. 2 Zum Stil vgl. Sap 2,24; ähnlich auch Smeca epist. 90,6.38. 3 K. HEIM, Wdtschöpfung und Weltende, 1952, 142. E. BIANDENIUaGER, Adam und Christus,
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Röm 5,12-21
doilA:&E'V wird durch ÖLT)A:&EV gesteigert: der Tod geht durch die Reihen der Menschheit. tq:> «P steht für bti "[olm!> Ö"[L und begründet das allgemeine Todesschicksal (»weil sie alle gesündigt haben« bzw. »unter dem Umstand, daß alle gesündigt haben«)4. Die lateinische übersetzung: in quo omnes peccaverunt verschiebt den Geanken (in quo = in Adam) 5 • Seit Adam, dem Haupt der alten Menschheit, ist diese bewußte und unbewußte Macht der Sünde, der Auflehnung gegen Gott eine ständige Tatsache in der Geschichte der Menschheit.Jeder wird in diese Schuld gegen Gott und .in dies Todesgericht hinein verflochten (1taV"ta~-1tav"tE~; vgl. auch Röm 3,23). Der Zusatz »alle haben gesündigt« deutet die enge Verbundenheit von Schicksalhaftigkeit und eigener Schuld an. Auch imJudentum war diese enge Beziehung zwischen dem Tod als Verhängnis und als Folge eigener Schuld schon gesehen worden. Im Judentum sind beide überzeugungen vorhanden: I. Der Tod ist ein Verltiingrris das J
wegen der Sünde Adams über die Menschen gekommen ist (4Esr 3,1.21 f.; 1,118; Apk.Bar 17,3; 23,4; 48,42; 54,15.19). Ausdrücklich heißt es, daß die ))Krankheit« dauernd wurde, daß Gott den Tod über Adam und seine Nachkommen verordnet und Adam die Jahre derer verkürzt, die von ihm abstammen. Freilich tritt dann in der Apokalyptik auch das Motiv der persönlichen Verantwort ung hinzu: •• wir alle aber wurden jeder für sich selbst zum Adam« (ApkBar 54,19).2. Der Tod ist die Strafe für die Sündejedes einzelnen Menschen (vgl. Schab 55a). Allerdings gibt es Menschen, die den Tod nicht durch eigene Sünden verschuldet haben, die aber infolge des Rates der Schlange sterben. Die Frage, ob es einen Tod ohne eigene Schuld des Menschen gibt, ist für die alte Synagoge offengeblieben (Str-B 111 229). Grundsätzlich schließt sich die paulinische Theologie insofern an das Frühjudentum an, als sie ebenfalls in der Auslegung der Sündenfall-Geschichte das Motiv des Verhängnisses mit dem der persönlichen Bestrafung verbindet.
V 15 f.: Unsere Meditation geht im Hinblick auf das Gesetzesverständnis auf die Kindheitsgeschichte der Menschheit zwischen Adam und Moses ein. In diesem Zeitraum ist die Sünde als selbständige Macht in der Menschheitsgeschichte, aber sie wird noch nicht angerechnet, aufgeschrieben, auf die Rechnung gesetzt 6 • Es gab auch in dieser Kindheitsgeschichte allgemeine und spezielle Strafgerichte Gottes, aber erst seit der Gesetzgebung am Sinai besteht der verschärfte Gerichtszustand über den Menschen. In gewisser Weise führt unser Vers die These von Röm 4,15 weiter aus. Auch dann, wenn die Menschen nicht in derselben Art wie Adam gesündigt haben, unterstehen sie der Herrschaft des Todes. ol
1962; E. JONGEL, Das Gesetz zwischen Adam und Christus, ZTbK 60, 1963,44-74. 4 Zur Geschichte der Auslegung J. FIlEUNOOIlFEIl, Erbsünde und Erbtod beim Apostel Paulus, 1927; vgl. KAsEMANNR 138: a) auf Grund dessen, durch den, b) zu welchem Ziel hin, c) weil (= kausal2Kor 5,4; PhiI3,12; 4,10). Gemeint ist die Ambivalenz zwischen Verhängnis und Einzelschuld. S Zum Problem vgL ZnR 266 Anm. 33;J. FIlEUNDOIlFEIl, Erbsünde und Erbtod beim Apostel Paulus, 1927; KAsEMANNR 138(; ScHLlEIlR 159-162. 6 Das Passiv ist Umschreibung eines göttlichen Hande1ns. tuoyEiD6a.L rmdet sich häufig auf Papp. und Inschr. Man darf also nicht an eine menschliche Anrechnung denken. Paulus knüpft an die Vontellung an, daß im Himmel Bücher geführt werden, die alle Taten der Menschen enthalten. Ähnlich wie Röm 5,13 ist auch 7,7-9 von der VonteUung beherrscht, daß es eine Periode im Leben des Juden gibt, in dem das Gesetz nOl·h nicht über ihn herncht. Vgl. A. DEISSNANN, Licht vom Osten, 4. Auß. 1923,66; G. FRIEDRICH. ci~qt(a 0'Üx tuoyä'tw Ilöm 5,13, ThLZ 1952,524 f[
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Der neue Mensch und die neue Menschheit
",,7.
~ ~oavtE~ ist wohl ursprünglicher als die Weglassung der Negation Gemeint sind die Menschen, die nicht wie Adam gegen ein ihnen gegebenes Gebot gesündigt haben 8 . Es war eine andere Situation, als Adam unter der Androhungdes Todes stand, als später in der Zeit, in der die Tatsache des Todes für die Menschen feststand. Auffallend ist der Abschluß von V 14: Adam ist Typos des ).Zukünftigen« (0 ~). Schon der Stil zeigt, daß wir eine bestimmte Tradition vor uns haben. Altenümlich ist die geheimnisvolle Bezeichnung "tA.Awv, die ähnlich ist wie 0 tQX61'E"~ (Mt 11,3; Hebr 10,37). Der Begriffn".;o~ ist an sich vieldeutig. Er weist auf einen analogen heilsgeschichtlichen Zusammenhang hin und taucht gern in der Exegese alttestamentlicher Texte auf( lKor 10,6.11). Menscht ,. und Ereignisse werden im eschatologischen Rahmen zum Zeichen für andere. Der Begriffwill exegetisch verknüpfen, in Beziehung setzen, Ähnlichkeiten oder Gleichhei ten aufweisen (WmtE~OO~ V 12.15.18.19.21). V 15: Aber diese Grundtendenz des n".;~ wird unterbrochen durch das Motiv der Steigerung, das die Ähnlichkeit oder Gleichheit überbietet (xoUq> "ä)J.ov V 15.17). Die beiden Denkformen der Analogie und der überbietung sind ineinander verschlungen. Zunächst stellt Paulus übertretung und Gnadenakt einander gegenüber. Brachte der Einbruch der Sündenmacht eine unendliche Katastrophe über die Menschheit, so liegt es im Wesen der göttlichen Gnade, daß sie diese unendliche Katastrophe überbietet. Gott würde nicht Gott sein, wenn er nicht die Fülle des Unheils durch eine Fülle der Gnade überwinden könnte. Der Begriff der übertretung (xOQlm'tOOJ.IQ) hebt die Besonderheit der Schuld Adams hervor: er übertritt ein bestimmtes Gebot Gottes. Diese übertretung zog eine Fülle von Schuld und Not, auch die Verflochtenheit in die Todesgemeinschaft nach sich. Aber die Gnadengabe (XOoLOJUl), die uns durch Jesus Christus geschenkt ist, gleicht ebenfalls einem Strom, der sich von einem Urquell aus in die Weite der gesamten Menschheit ergießt. Die Gegenüberstellung: der Eine - die Vielen (6 d~ - ol3tOllo() klingt altertümlich und semitisch; sie denkt daran, daß in einem einzigen Geschehen das Schicksal einer ganzen Menschheit beschlossen ist, daß daher aus einer einzigen Wurzel ein weit verzweigter Baum entsteht (olxollo( = D'I':1) . .
o
-.
Es ist zu beachten, daß nach unserem Text die Sünde nicht auf eine metaphysische oder materielle Wurzel zurückgeführt wird, sondern daß sie als ein Geschehnis und als Macht in die exegetische Betrachtung eingeführt wird. Außerdem fällt auf, daß weder Adam noch der »)Zukünftigecc als mythologische Gestalten geschildert werden, sondern daß heide als in die Geschichte gehörende Menschen beschrieben werden, die allerdings je eine bestimmte Weltzeit einleiten. Das Schicksalsschwere liegt in dem konkreten Handeln bzw. in dem Geschehen, das mit der Person Adams und Jesu Christi verbunden ist. Die
7 Orig. kennt beide Lesarten: mit und ohne Negation. Offenbar hat er beide vorgefunden. Die meisten Iat. Textzeugen haben nach seiner Behauptung JdI nicht ge1eten, während die griech. Zeugen du JdI gehabt haben. Ambatr hält die IaL Zeugen ohne I'fI für älter und sieht in 1"'1 eine häretische FäJachung. Seine Berufung auITert., Viaorin und Cypr.1wm heute nicht mehr nachgeprüft werden. In den Kommentaren bekennt man ,ieh allgemein zur Ursprünglichkeit der Negation. 'bl oap ~ erinnert an HOl 6,7: ..sie aber haben wie Adam den Bund gebrochen, sind dabei treulOi VOll mir absefal1enu. ~ - Gleichheit, Ahnlichkeit, Gleicbgeatalt (BAUER Wb 1123 f.; ThW V 191 tr.).
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Vorstellung eines derartig schicksalsschweren Ereignisses, das eine endlose Kette von Not nach sich zieht, ist vor allem in der jüdischen Apokalyptik gepflegt worden (4Esr 3.21 f.; 7,118). Gott kann auf bestimmte Geschehnisse ein einzigartiges Gewicht legen. das man an seinen Folgen erkennt. Ein gewisser Aufbau der christologischen Formeln und Aussagen ist unverkennbar: in V 14 wird Jesus Christus verhüllt als »der Zukünftige« eingeführt, V 15.17.19 sprechen von dem »einen Menschen« Jesus Christus als dem Anfänger der neuen Menschheit, V 21 bringt als Abschluß die volle bekenntnisartige Würdebezeichnung: »Jesus Christus, unser Herr«. Auffallend ist die Betontheit des »einen Menschencc. Man denkt unwillkürlich an die Vorstellung des »letzten« bzw. »himmlischen Menschencc (IKor 15,44 ff.), die aber ebenfalls als Antithese zum )enten Menschen« gemeint ist. Es kommt Paulus auf die Tatsächlichkeit des MenschseinsJesu an: gerade in ihr sieht er das Unterpfand des Heiles und die überwindung der Gerichts- und Todesmächte (Röm 8.3).
Man achte auf die beiden Denkformen der Entsprechung und der Oberbietung: 1. Der alten Weltzeit entspricht die neue. dem Menschen der Urzeit entspricht der »Kommendecc bzw. der »eine Mensch« Jesus Christus. 2. Das Verhängnis der Urzeit wird übertroffen durch die Gnadengabe der Endzeit (oUx w~- oo"t~). Schicksalsschwer war die übertretung ("to 1uIQmt'twfW) der Urzeit. aber noch gewichtiger ist die Gnadengabe ('to xßQLOJ1a). Vielleicht kommt in diesem Zusammenhang ein alter jüdischer Grundsatz zu Wort, nach dem das Maß des Bösen bzw. der Strafen überboten wird durch den Reichtum des Segens bzw. das Maß der Güte9 • V 15 wird als ein Bekenntnis zur Größe Gottes, der das Böse bzw. die Schuld des Menschen durch Jesus Christus überwunden hat, aufzufassen sein. XelQLOfW wird wieder aufgenommen durch fI XtlQL~ 'too &00 und fI Ö
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eignis die neue Menschheit angebrochen ist und repräsentiert wird. Man achte aufdas Nebeneinander von Gott und Christus, das doch wohl dem urchristlichen Bekenntnis entspricht, das beide nebeneinander stellt (ITim 2,5). Die GnadengabeJesu besteht in seinem Sühnopfer (Röm 3,25) und in der Rechtfertigung des Sünders (Röm 5,17); was Gott schenkt, ist gleichzeitig GabeJesu. Wie stark das Bild der Gnade mit dem des Reichtums Gottes verbunden ist, zeigt der Sprachgebrauch von "EQI.OOEUELV (Röm 3,7; 5,20). Gott überbietet das Unheil des Menschen durch Jesus Christus und bezwingt es dadurch. Seine Gabt und Gruult iibnbitten alle mm5chlichm Yngleicht und Maßsliibt. Stark verkürzt, aber äußerlich an den Aufbau von V 15 erinnernd, schließt sich V 16 an: war die Verurteilung die Folge einer einzigen Sünde, so wird die Gnadengabe zu einer Antwort Gottes auf die vielen vorhergehenden Obertretungen. Sowohl im Vordersatz als auch im Nachsatz fehlt ein eigentliches Verbum oder Hilfsverbum (wie todvoder tytvEto). Paulus will an einem bestimmten Beispiel das Motiv der überbietung ("EQLOOEUELV) verdeutlichen: der Weg in den Abgrund ging von einem einzigen Geschehen aus, und auf ihm gingen alle Menschen zugrunde, während die Gnade eine Fülle von übertretungen vorfand und einen einzigen Neuanfang setzen mußte. Der Weg der Gnade war also an schwerere Voraussetzungen gebunden als der Weg der übertretungen. Man könnte an die Leichtigkeit einer Infektion denken, der die Schwere des Gesundungsprozesses gegenübersteht. Aber der Weg der Gnade führt nicht zurück, sondern über den Anfang hinaus! Das über Adam gesprochene Urteil (XQLf.Ul) , das auf Grund der übertretung eines Einzelnen gefäUt worden ist, wird zur Verurteilung (x«tQXQLf.Ul) der ganzen Menschheit; die Gnadengabe aber kommt auf Grund vieler übertretungen und führt zur Gerechtsprechung (ÖLx«LroJ.la). XatQXQLJ.la und Ö.."aLroJ.la scheinen einander zu entsprechen; XatQXOL"a steht am Ende des alten Äons, ÖLX«Lro"a dagegen am Ziel des neuen Äons J2 • V 17: Noch einmal setzt ein Vergleich zwischen übertretung und Gnadenakt ein: Wenn durch die übertretung des Einen der Tod zur Herrschaft kam (tßaOCA.roOEV = Aor. ingress.), so wird das Leben zur Herrschaft kommen durch den Einen, Jesus Christus - aber der Gedankengang biegt vorher um: nicht das Leben wird zur Herrschaft kommen, sondern die Empfänger der Gnade werden herrschen. Statt den Vergleich logisch durchzuführen, nimmt Paulus eine alte apokalyptische überlieferung aufS J • In diesem Zusammenhang spielt die Betonung des )~Einencc eine besonders eindrückliche RoUe; das Öt.a too ~ des Vordersatzes entspricht ebenso dem ÖLa too tv~ des Nachsatzes wie das t~D..E"OEV des Vordersatzes dem tKIOIAEUoouOLv des Nachsatzes. 6Mvat~ttKIo(UuoEVerinnert an V 14. Der Tod »)herrschtcc über die Menschheit, das Leben aber kann nicht über Menschen nherrschen«, sondern ist das Zeichen der eschatologischen Herrschaft. Bezeichnend ist die \\' endung zur endzeitlichen Tradition: Paulus denkt gleichzeitig zurück in die Urzeit und vorwärts in die Endzeit; offenbar entsprechen sich diese beiden Denkbewegungen. u 6ucalaJtaa wird in D·d· vulgo ergänzt durch u PISaI 3,8; lKor 6,2; AplUoh 20,4.
tonl~.
Röm 5,12-21
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Von V 18 ab faßt Paulus die Ergebnisse der Gegenüberstellung zusammen (vgl. das vorangestellte äQa oUv). Noch einmal vergleicht er in großen Satzperioden übertretung und nRechttat« (jetzt: Gehorsam), das Einzelgeschehen und die Wirkung auf die Vielen mi teinander (V 18: ~-oü't~; V 19: iixmEQ-OÜ't~). Die Satzkonstruktion ist verkürzt, denn es fehlt das Verbum (Lehrstil). Öl' tv~ x<XQWt'tooJ.la't~ und ÖL' tv~ ÖlXalooJ.lmOC; entsprechen einander (vgl. den Aufbau von V 16). ÖlxaLooJ!a bedeutet hier »Rechttat« (= uxaxoTJ) und ist daher von ÖLXaLO)(nc; zu unterscheiden 14. Entstand aus der eintn übertretung die Verurteilung, so aus der tintn Rechttat der göttliche Rechtsspruch, der das eschatologische Leben gibt (ÖlxaLOO(JlC; ~orilc;). Wichtig ist, daß sowohl V 16 als auch V 18 Gott selbst als den Richter und Gerechtsprecher erscheinen lassen, obwohl in beiden Versen der Gottesname vermieden wird. Das Rechtsdenken des Paulus hängt mit der Betonung der besonderen theologischen Bedeutung der geschichtlichen Ereignisse zusammen, die ihm als Fakta der Vergangenheit feststehen. Auch der Lehrsatz über das Gesetz in V 20 verbindet sich mit dem Motiv der adamitischen übertretung und mit dem paulinischen Rechtsdenken. Die Wiederholung von dC; xftV'tac; av6QOOxouc; (V 12.18) darf nicht übersehen werden: alle Menschen des alten und des neuen Äons werden einander gegenübergestellt 15 • V 19 bestätigt offenbar die vorherige Aussage. Auch hier entsprechen einzelne Glieder einander im Vergleich: xaQ
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auf einen Einwurf oder an einen theologischen Anhang 17. Aber man darf nicht übersehen, daß unser ganzer Abschniu mit rechtlichen Begriffen arbeitet, und daß der Gegensatz 0 bertretung-Recht tat auf das Gebot Goues bzw. das Gesetz bezogen ist. Außerdem liegt es nahe, die Frage nach der Bedeutung des Gesetzes deshalb aufzuwerfen, weil sowohl von Adam als auch von Jesus Christus als entscheidenden heilsgeschichtlichen Zeichen geredet wird. Israel sah aber die Heilsgeschichte unter dem Gesichtspunkt des Gesetzes, mußte also fragen, weiche Rolle das Gesetz spielen soll, wenn das Gegenüber von alter und neuer Weltzeit auch ein Gegenüber von menschlicher Sünde und göttlicher Gnade sein soll. Daß die Frage nach dem Gesetz den Apostel nicht losläßt, zeigt schon Röm 5,13 an. Es ist auch nach den grundlegenden Aussagen Röm 3,20; 4,15; 5, 13 folgerichtig, wenn Paulus Gesetz, Sünde und Tod als zusammengehörig betrachtet (vgl. als Höhepunkt Röm 7,7-25). Schon die äußere Form, dann aber auch der Inhalt dieses Lehrsatzes muß für jüdische Ohren geradezu blasphemisch gewirkt haben, denn für das Judentum gehören Lehre, Leben und Licht eng zusammen. Für Paulus dagegen ist die Verheißung Goues eigentlicher Wille, das Gesetz jedoch eingeschoben. Im Zusammenhang unseres Briefes bildet Röm 5,20 eine Steigerung gegenüber den früheren Thesen über das Gesetz und eine Vorbereitung aufden entscheidenden Abschniu Röm 7,7 0: Das Gesetz ist ))daneben hineingekommen« (XUQELOiJl.tEv), ist also keine legitime Antwort auf die Frage nach dem »Leben«I'. Von Jesus Christus her gesehen sind die bisher gegebenen Bekenntnisse des Judentums überholt und verneint, weil in Jesus Christus ein qualitativ ande~s, neues Leben erschienen ist. Es ist nicht zufällig, daß die rntscheidenden polemischen Thesen über das Gesetz sich gegen dasjudentum und seinen konk~ten Anspruch, im Gesetz das Leben zu haben, richten. Paulus löst keineswegs das Gesetz von Gott, denn auch nach ihm liegt im Gesetz eine verborgene Absicht Goues (lva). Er will, daß die alte Weltzeit ihr Ziel, die Fülle der Sünde und die menschliche Aussichtslosigkeit im Tode, erreicht. Er will auch, daß der Mensch die Bitterkeit dieses Zieles, die Not der Sünde und des Todes. restlos durchkostet. Gou will dem Menschen das Ende des Weges, der mit Adams übertretung eingeschlagen wurde, nicht ersparen. Sein Gericht verbirgt sich in seiner Langmut, die Langmut Goues aber hebt sein Gericht und die Gültigkeit des Gesetzes nicht auf. xA.Eova~EL'v ist hier eindeutig intransitiv (= ))sich mehrencc) 19; es zieht in unserem Zusammenhang l'tEQLOOEUELV nach sich (auch in 2Kor4, 15)20. Anschließend biegt Paulus logisch den Lehrsatz über das Gesetz zu einem Vergleich von Sünde und Gnade um. Erreicht die Sünde ihr volles Maß
Anbaac
'7 Voo eiocm sprechen LTUdl65; LAoa.R 112; SANDAv-HEADLAMR. 143. '8 ~eoea.. bewahrt die BedeutuDI HitW darin enthalteoen Pripoätiooen (- nebenher eindriosm); in diaan ZuaamlllCllbans knüpft ~tn an dofa).tn yoo V 12 an. Die GegenübentellWII: dDfI).~n zeigt. daS V 20 keinawqp ein Fremdkörper in diClem puzen ZUlUlUDenhanc zu Kin braucht. ~ bedeutet an lieh eine Feblentwicklung (Gal 2,4).
19 Vgl. die verschiedenen Obenetzungm M. J.. UTHEIS: .. überhand nehmen, übenc:hwänglicher werden, mächti8er werden. (1522-1539). JO VgL Sir 23,3: ~ ~ ,u.~v a1 (ryvouIt J&OV xa1 a1 ~taL J&OV ~v. Die Steiammg der SiiDde besteht in ihrer Wiederholung.
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(Aorist, nicht Perfekt: abundavit), so wird auch die Gnade überreich (vgl. Röm 5,17: 1tEQl.ooda T'i]'!; xaQl.'t~). Die neue Weltzeit ist die Weltzeit der Gnade: kommt die alte Weltzeit zu dem von Gott bestimmten Ende, dann offenbart Gott die Macht seiner Gnade, die die ganze Not überwindet. Statt 1tAEovatELv zu steigern (PsSaI5,16; ITim 1,14)21, nimmt Paulus U1tEQ1tEQLOOEUELV zu Hilfe (2Kor 7,4): der Reichtum der Gnade strömt über. Begriftlich drängt sich das quantitative Moment in den Vordergrund (vgl. Röm 5,15). V 21: In einem letzten Vergleich (ÖXJ1tEQ-olhoo<;) drückt Paulus aus, daß ein Wechsel dtr HtTTschaft erfolgt (~ßaoo.E\JOEV-ßaOL).ruan). Die Gewalt der Sünde kommt durch die Tatsache des Todes zum Ausdruck (tv "t
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gendeine Beschreibung der menschlichen Natur, sondern um die Schicksalhaftigkeit und Verantwortlichkeit, die in der Menschheit und im einzelnen Menschen liegen. Es handelt sich um einmalige Geschehnisse einer besonderen Kategorie, wenn Adam sündigte und Jesus Christus gehorsam wurde, aber diese Geschehnisse lösen sich nicht von den ständig sich vollziehenden Handlungen, die in der Geschichte von Menschen immer wieder getan werden und nun den Gesamtprozeß zur Ausreifung bringen. Ausgangspunkt für dieses Geschichtsdenken des Paulus ist das Chrirtus~uignis; es hat seinen Sinn und seine Auswirkung auf die ganze Menschheit. Darum kann niemand anders als allein Adam, durch den Sünde und Tod in die Welt kamen, mit Jesus Christus verglichen werden. Adam und Christus stehen also in einem Entsprechungsverhältnis zueinander, aber nicht so, daß Christus von Adam her, sondern nur so, daß Adam von Christus her zu verstehen ist. Allerdi~s darf man nicht die Denkformen der apokalyptisch bestimmten Weisheitslehre, die deduktiv und scheinbar rational ableitet, übersehen: es gibt nach ihr E,tigniss~, die schicksalhafte Gewalt in sich tragen. Der Ungehorsam bzw. der Gehorsam eines Einzelnen bestimmt den Weg der Menschheit sowohl nach der negativen wie nach der positiven Seite. Nach R. Buhmann, Adam und Christus nach Röm 5 (ZNW 50, 1959, 14.>-165) ist ein gnostisches, kosmologisches Schema der eigentliche Ausgangspunkt des Abschnittes: Zwei Menschheitsperioden sind in ihrem Ablauf durch ihren Anfänger bestimmt. Aber Paulus hat dies gnostische Schema durch heilsgeschichtliche Motive verändert, die nunmehr den Gedankengang stören: 1. alle Menschen sind durch ihre eigene Schuld verantwortlich; 2. zwischen der Schuld Adams und der Schuld der vormosaischen Menschheit muß deshalb unterschieden werden, weil erst die übertretung des Gesetzes die Sünde zur wirklichen Schuld macht. Der kosmologische Aufriß des Mythos ist zu einem heilsgeschichtlichen geworden: Die beiden Perioden der Menschheitsgeschichte folgen nicht aufeinander wie im Mythos, sondern stehen in einem inneren Zusammenhang zueinander: die erste Periode, die der Sünde, bereitet die zweite, die der Gnade, vor (vgl. 5,20 f.). M. Luther hat den heilsgeschichtlichen Aufbau in die Geschichte der Menschheit projiziert. Das von R. Bultmann herangezogene .,gnostische« U rmotiv bedarf allerdings der Korrektur (B. Murmelstein, H. W. Robinson). Auch geht es keineswegs um die Würde des Menschen, sondern um den inneren Kern der Handlungen und ihre weltweiten Auswirkungen. Vielleicht kann man sagen, daß das zugrunddiegendc Geschichtsdcnken ursprünglich apokalyptisch, die Tendenz dramatisch, apokalyptisch war. Fragt man nach der nEigentlichkeit« der menschlichen Existenz und nach der gegenwärtigen Gewißheit des zukünftigen Lebens (vgl. R. Bultmanns Gespräch mit K. Barth), dann droht die eschatologische Kraft, die auf das zukünftige Ziel ausgerichtet ist (5,17.21), verlorenzugehen. Zur Auseinandersetzung mit dem Analogiedenken bei K. Barth und seinen Folgen vgl. den Einspruch MurrayR I 384-390 = Appendix D. In dem Exkurs Sünde und Tod, Erbtod und Erbsünde setzt O. Kuß nach allem religionsgeschichtlich wichtigen Material bei der theologischen Erkenntnis ein: .. Als er (= Paulus) den Glauben anJesus Christus gewinnt, erkennt er zugleich das wahre Antlitz der gottverlassenen Welt; aus dem Glanz dieser Erke~~'tnis schaut er zurück und entdeckt noch Dunkel dort, wo es ihm bisher so hell zu sein schif''l. Von hier aus wird es recht klar: Gruuh ist der eigentliche Zentral begriff der paulinischen Sünden theologie, und alle Sündenproblematik der paulinischen Hauptbriefe stellt lediglich den Hintergrund für die Heilslehre dar« (R 273 f.). Spekulativen Charakter haben die Aussagen dieses Abschnittes nicht. KäsemannR 144 kämpft um das Emstnehmen der apokalyptischen Situation: a) es geht nicht um das Verhältnis Gott-Mensch, sondern um das Gegenüber zweier Schicksalsträger; b) die Endzeit ist der Urzeit unendlich überlegen (Röm 11,12.15 f.; 4Esr 4,31
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ff.); c) die typologischen Motive müssen abgeklärt werden (Steigerung, überbietung, antithetische Entsprechung); der Christus will sein Reich auf dieser Erde bauen. Grundsätzlich geht es Paulus um eine theologische Aufgabe: er muß heilsgeschichtlich nicht nur die Welt des Alten Bundes, sondern darüber hinaus die ganze Menschheit auf Jesus hin zu begreifen suchen. Dabei bleibt der Ernst der Geschichte gewahrt, ja, das Menschsein wird als Herrschaftsbereich von Sünde, übertretung und Tod gesehen. Die Lehre von den beiden Äonen wird in Röm 5,12-21 vorausgesetzt (A. Nygren), aber sie bleibt im Hintergrund; man kann von •• Zeiten«, aber auch .. Bereichen« sprechen. Mehrfach findet sich die Beobachtung, daß die Frage nach dem letzten Ursprung der Sünde von Paulus nicht beantwortet wird (KußR 274; R. Bultmann 153). An diesem Punkt geht der Text über den Wortlaut von Gen 3 nicht hinaus.
Zum exegetischen MatnUd I. Süruk und ObertTehlng, sündigen und Siindnsrin: Das durch die Sünde charakterisierte Handeln und der in ihr sich äußernde Tatbestand des Sünderseins spiegelt sich bei Paulus in verschiedenen Warrgruppen wider ({q.Latyda, xaQClpa(JL~, xaQClmO)!'O, avoJ,Ua, aÖLxUx, lO xax6v). Auch die Lasterkataloge unterstützen die Fülle der Ausdrucksmöglichkeiten und warnen auf Grund alter Traditionen vor konkreten Vergehen aller möglichen Art. Die paulinische Literatur hat dies ganze Verhältnis zwischen Gott und Mensch am sorgfältigsten durchdacht und eine neue Beurteilung durchgesetzt, die der Rechtfertigung aus Glauben entspricht. Im Sündersein des Menschen liegt die eigentliche Tragik, aber auch die Basis, von der aus das Evangelium sein Werk ausrichten kann. Die Sünde besteht im biblischen Denken zunächst in der Untreue gegen den Bund Gottes mit seinem Volk. Die Sünde, um deretwillen Gottes Zorn auf der Menschheit liegt, ist nach Paulus eine Auflehnung des Geschöpfs gegen den Schöpfer und sein Offenbarwerden in der Schöpfung (Röm 1,18 ff.). Der Zorn Gottes ist nichts anderes als die Gegenwehr Gottes gegen diese Auflehnung des Menschen gegen den Schöpfer. Der Mensch übernimmt also nicht leidend das peccatum originis und begeht dann in eigener Verantwortung die peccata actualia, sondern das peccatum originis ist seine eigene Tat; was er konkret tut, ist nichts anderes als eine Manifestation seines Verfallenseins (G. Bomkamm). Der Abschluß Röm 5,20 f. zeigt deutlich, daß das Gesetz die Herrschaft der Sünde auf das volle Maß gesteigert hat; es ist also in den Prozeß der Sünde, ohne es zu wollen, eingegangen. Es fragt sich aber, ob der begriff des Gesetzes genügt, um die Tiefe und Weite des Sündenbegriffes bei Paulus zu tragen. Vgl. dazu die Definition von O. Kuß 241 und das Auftauchen des XCJQMlCO!'O- Begriffes in Röm 5,12-21. Schon das Alte Testament weiß in bestimmten Schichten, daß eine im Herzen verwurzelte Sündhaftigkeit die Menschheit zur Katastrophe reif werden läßt (Gen 6.5-8; 8,21). Sicherlich ist die Härte dieses Urteils weithin nicht durchgehalten worden, aber man wird an sie erinnert, wenn Paulus behauptet, daß Juden und Heiden unter der Herrschaft der Sünde stehen (Röm 3,9). Der Mensch wird immer aufs neue Sünder, wächst also indie Erfahrung der Sündhaftigkeit hinein; er ist aber gleichzeitig von der Macht der Sünde erfaßt und in seiner ganzen Existenz mitbetrotfen (gegen O. Kuß 244)22. Paulus kommt es also auf das Zusammenspiel von Sünde als Tat und Sünde als Macht, Verhängnis an: dies Zusammenspiel ist das Tragische am menschlichen Schicksal und an der Auswirkung des 12 Vgl. dazu O. KussR 244: ..Der Mensch wird nicht erst Sünder, wenn man von Adam absieht, für den, wie es scheint, besondere Bedingungen gegeben waren, sondern er findet sich in dieser Weh als Sünder vor, er ist von Anfang an Sünder (Röm 5,19).« KAsEMANNR 146: Wie der in Adam vorgegebene Fluch, so ist auch der inJesus Christus gegebene Segen unser Schick.sal und das Schicksal der Weh.
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~r n~u~
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neu~
Menschheit
Gesetzes. Es führt notwendig in den Tod, also in das schwerste Unheil, das überhaupt möglich ist. Sicherlich spielt die Auslegung von Gen 3 hier hinein: der leibliche Tod ist die Folge der übertretung eines göttlichen Gebotes und bedeutet Strafe, Gericht Gottes über den Menschen; er ist aber darüber hinaus Zeichen einer Vernichtung der Schöpfung und einer ernsten Bedrohung des Verhältnisses zwischen Schöpfer und Geschöpf. Selbstverständlich gibt es auch andere biblische Aussagen über Schuld und Tod, aber das ist gerade das Bezeichnende für Paulus: Er schließt sich an die härtesten Urteile an und stellt den glaubenden und den heidnischen Menschen unter diese schwere Bedrohung durch Gott selbst. Die überwindung des Todes, der sich leiblich, geistig und im Verhältnis von Gott und Mensch ständig auswirkt, ist zwar durchJesus Christus gegeben, muß aber im andauernden Kampf und in der Auseinandersetzung mit Gesetz, Sünde und Satan bewährt werden. In der Theologie des Paulus wirkt sich ein nachhaltiger Schrecken über die Macht des Todes immer wieder aus (Röm 6,21; IKor 15,56). 2. Der U,spntng dn SWlJlulJuhfriiJrjiidisclrn T ,tJditio,.: Im hellenistischenJ udentum fällt auf die Sünde des ersten Menschen deshalb besonderes Gewicht, weil in ihr die Ursache von Sünde und Tod des Menschengeschlechtes gefunden wird. Es entspricht offenbar einer Lehrtradition, wenn Sir 25,23 exegetisch feststellt: »»Von einem Weibe ist der Anfang der Sünde gekommen, und um ihretwillen müssen wir alle sterben«; man erinnert sich an ITim 2,13 ff., wo ähnlich rational im Stil der Weisheitslehre in bezug auf die Frau gefolgert wird. Aber das Schlußverfahren Sirachs ist bezeichnend: Von der Schuld einer Frau her ist der Tod der Menschheit abzuleiten. Für die weitere Entfaltung der Lehrtradition der hellenistischen Synagoge ist es bezeichnend, daß die Sap zwischen den Gerechten, die zur Unsterblichkeit bestimmt sind, und den Gottlosen, die einen Bund mit dem Tode geschlossen haben, unterscheidet (1,12-16; 6,19 f.). Das leibliche Sterben ist also nur eine vorletzte Wahrheit: Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit geschaffen und ihn zum Abbild seines eigenen Wesens gemacht; aber durch den Neid des Teufels ist der Tod in die Welt gekommen. den die zu schmecken bekommen, welche jenem (= dem Teufel) angehören (2,23 f.). Durch den Gehorsam gegen das Gebot wächst der Gerechte in eine Nähe Gottes hinein, die den leiblichen Tod überwindet. Die Gottlosen erfahren eine Verwerfung durch Gott, die ein vertieftes Todesschicksal in sich schließt. Das Schicksal des Menschen nimmt ausdrücklich transzendenten Charakter an. Die frühjüdische ApokaJyptilc nimmt an dieser Lehrtradilion, die nach dem Anfang der Sünde und des Todes fragt, ebenfalls teil und verstärkt den mythischen und legendären Zug; es ist aber bezeichnend, daß die Motive nicht einheitlich sind. So schließt sich äth Hen ~9;69 an die Erzählung vom EngelfaU Gen 6, 1-4 an und leitet von ihm letztlich alles Wissen und auch das Todesschicksal der Menschen ab. Tiefer in die Genesis-Problematik führt das apokryphe nLeben Adams und Evas«, das in zwei Rezensionen erhalten ist. Hier wird der Schuld Evas besonderes Gewicht beigemessen, alle Sünde ist durch sie in die Schöpfung gekommen (Apokalypsis § 32). Die Frage nach der Herkunft von Sünde und Tod, einmaliger Schuld Adams und allgemeiner menschlicher Verantwortlichkeit kommt zum Höhepunkt in 4Esra und syr. Baruchapok. Offenbar ist die apokalyptische Weisheit hier zu einem Abschluß gekommen; die Schuld Adams hat den Tod, das Verderben der ganzen Menschheit nach sich gezogen, ja die ganze Schöpfung in Elend und Leid gestürzt. Das »»böse Herze( war im Anfang in Adams Herz gesät und hat eine Frucht bis auf die Gegenwart und Zukunft getragen. »»Adam, was hast du getan! Als du sündigtest, kam dein Fall nicht nur auf dich, sondern auch auf uns, deine Nachkommen« (4Esra 7,118). Man wird auch das Nebeneinander beider Linien feststellen können: Von Adams Sünde stammt der Tod, der über die ganze Menschheit verhängt wurde, stammen auch die übel, die das Leben seitdem bedrücken. Und doch trägt Adam nur für sich selbst Verantwor-
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tung, wir aUe sind jeder für sich selbst zum Adam geworden (ApkBar 54,15.19). Der ente Gedanke drückt das allgemeine menschliche Schicksal aus, der zweite das individuelle Schuldgefiihl. Seide Linien lassen sich logisch nicht ausgleichen, scheinen jedoch einander zu erfordern. Die rabbinisclu Lehrentwicklung nimmt immer wieder in der Folgezeit ähnliche Aussagen auf und beweist damit, daß wir es hier nicht mit apokalyptischen Sondenneinungen zu tun haben, sondern mit festem synagogalem Gut, das zum frühjüdischen Menschenbild gehört. Sicherlich wird der christliche Weg ausdrücklich abgelehnt und der Unterschied zwischen Israel und den Heiden stärker betont, aber die exegetischen Fragen bleiben ähnlich wie bei Paulus. Allerdings wird im Rabbinat die Unterscheidung von gutem und bösem Trieb nun typisch. Der böse»Triebcc, der im Herzen des Menschen seinen Sitz hat, wirkt alles Böse im Menschen wie z.B. die Verachtung der Gebote, Unterlassung des Gebetes und Götzendienst. Man kann also den »bösen Trieb« nur aus dem jüdischen Menschenbild verstehen (vgl. Str-B IV 466-483). Die IrIUmistUc!u Theologie Philos kann bestimmte Aussagen machen, die äußerlich mit Paulus Berührungen haben. Auch bei ihm sind gewisse a1ttestamendiche Voraussetzungen gegeben, sein Gottesgedanke gehört letztlich doch in den Umkreis des jüdischen Glaubens. Freilich ist sein Verhältnis zur philosophischen Wahrheit so eng, daß man ihn niemals als Exegeten verstehen kann, der die biblische Offenbarung enchließt, sondern er ist der Tradent hellenistischer Weisheit und vertritt den unjüdischen Gegensatz von Geist und Materie. Damit wird das Verhältnis zum menschlichen Leid kritisch. »Der Mensch hat nach seiner Geburt gleich von der Wiege an zu seinen Genossen Torheit, Zügellosigkeit, Ungerechtigkeit, Furcht, Feigheit und die anderen verwandten Laster« (saer. Abelis et Caini 15). Durch die Darbringung des Sündopfen wird angedeutet, daß jedem Geborenen, auch wenn er tugendhaft ist, dadurch, daß er zur Geburt gekommen, das Sündigen angeboren ist (vitMos 2,147). Vgl. Bou5set-Greßmann, Die Religion des judentums, 3. Auft. 1926, 441 f. z,.r Literatur: B. Munnelstein, Adam. Ein Beitrag zur Messiaslehre, WZKM 35, 1928, 242-275; 36,1929,51-86; H. W. Robinson, The HebrewConception ofCorporate Personality, 1936: A. Vögtle, Die Adam-Christus-Typologie und der Menschensohn, Trier. ThZ 60, 1951,309-328; G. Lafont, Sur I'interpretation de Rom. 5, 12-21, RecbScRel35, 1957,481-513; A. Feuillet, Le regnede Ja mon et le regne de Ja vie (Rom 5, 12-21), RevBibl77, 1970,481-521; A.j. M. Wedderbum, TheTheologica1 Structure oCRom. 5,12, NTS 19, I 972n3, 339-354;G. Friedrich, ·~o6xW..oyehOlRöm5,13, ThLZ 77, 1952, 521-528; E. jüngel, Das Gesetz zwilchen Adam und Chriatua, ZThK 60, 1963, .2-73; H. Müller, Der rabbinische QaI-Wachomer-Schluß in paulinischer Typologie, ZNW 58, 1967, 73-92; U. Luz, Das Geschichtsventändnis des Paulus, 1968; U. Luz, Zum Aufbau von Röm 1-8, ThZ 25, 1969, 161-181; E. Brandenburger, Adam und Christus, 1962; K. Barth, Chriatus und Adam nach Röm 5, ThSt 35 (1952), 2. Auß. 1964.
Exkurs »Letzter Mensch« (lKor 1~,45) und neue Menschheit Paulus knüpft in seinen Auseinandersetzungen an die Verkündigung und LehreJesu an: die Zeit des Evangeliums ist messianisch geprägt (Röm 10,17; 2Kor6,2). Dies Wissen um die messianische Zeit wird durch das alttestamentliche Zitat unterstrichen und bekräftigt. Hier handelt es sich um ein Kernstück seiner Botschaft. Dies prophetische
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Grundelement ist aber eingebettet in die apokalyptische Lehre von den beiden Äonen bzw. von dem Geschick der alten und neuen Menschhei t (Röm 5,12-21). Die messianisch gefiillte Zeit steht mitten in der vergehenden alten Weltperiode. Der Abschnitt Röm 5,12-21 ist aufzwei Voraussetzungen aufgebaut: a) dem apokalyptischen Gegensatz zwischen altem und neuem Äon, b) der typologischen bzw. analogen Gegenüberstellung Adam-Christus. Dabei erscheint Adam als Bild des zukünftigen Menschen (5,14), Jesus ist Antityp in eschatologischer Entsprechung (»letzter Mensch« 1Kor 15,45). Man spricht besser von Analogie als von Typologie, um dem Ganzen der Gedankenführung gerecht zu werden (C. K. Barren). Adam undJesus standen in entsprechender Situation und Versuchung: Ereignis und Schicksal sind eng miteinander verbunden, heide treffen als übertretung bzw. Sünde und als Gehorsam bzw. Verheißung die ganze Menschheit. Der Zusammenhang wird zu einer Kontrastbildung. Man hat religionsgeschichtlich an die rabbinische ,"l-Vorstellung (Adam als Seelenbehälter), an die alttestamentliche corpora te personality (Israel als personhafte Einheit eines Ganzen) oder auch an gnostische Anthropos-Spekulationen anknüpfen wollen, um diese Typologie verständlich zu machen; allerdings fehlt diesen Ableitungen (bzw. Mischfonnen) die übeneugungskraft. Wir werden davon ausgeben müssen, daß die Lehre vom »Ietzten MelllChen« (IKor 15,45) im Zusammenhang steht mit der vorgegebenen Menschensohnüberlieferung, die den kommenden Herrschaftsbereich mit der Lehre vom Menschen verbunden hat (IKor 15,26 = Ps 8,7; ausdrücklich Hebr 2,6-7). Die Frage, ob unmittelbar die synoptische MelllChensohntradition zugrundeliegt (Barren R 118) oder eine mit ihr zusammenhängende Lehrform (Käsemann R 136), muß offen bleiben. Die Betonung der menschlichen Verantwortlichkeit, die Verbindung der Sünde Adams mit der Schuld des Einzelnen (4Esra!), das Gewicht, das auf einen einzelnen Geschichtsvorgang gelegt wird, weisen in biblische bzw. apokalyptische Zusammenhänge. Substantielle Motive, die wir in der gnostischen Anthropologie vorfinden, fehlen überhaupt. Die Vermutung, daß die Adam-Christusparallele auf eine korinthische These zurückzuführen ist, beruft sich auf I Kor 15,45 (E. Brandenburger, U. Luz). Wahrscheinlicher ist, daß sie eigensten paulinischen Anliegen entspricht (universalistische Tendenz, neue Menschheit in der Taufe, überbietung der mosaischen Tradi tion). Die sprachlichen Schwierigkeiten, mit denen Pau1us in Röm 5,12 0". zu kämpfen hat, weisen vielleicht doch daraufhin, daß es sich hier um schwer erkämpftes Gedankengut handelt (anders U. Luz 197). Grundsätzlich wird man zugeben müssen: Paulus denkt in Röm 5,12-21 geschichtlich, Adam und Jesus sind als geschichtliche Personen gesehen. Paulus bringt hier einen Geschichtsentwurf, der von der Gegenüberstellung: übertretung, Gesetz, Tod und Gehorsam, Leben und HerrschaftJesu Christi sprechen will. U. Luz betont, daß dieser Gesamtentwurf der Geschichte nicht ein Entwurf der Heilsgeschichte, sondern der Unheilsgeschichte ist. Es gebe nur eine kontinuierliche, be trach t bare Geschichte des Unheils, nicht aber eine solche des Heils (U. Luz 2(4). Hier wird aber die Tatsache, daß der Christ durch die Taufe in eine neue Form des Seins gestellt wird, verkürzt. Es geht nicht nur um überwundene Unheilsgeschichte, sondern um konkretes Leben in der Spannung zwischen Unheilsgeschichte und Heilsgeschichte. E. Käsemann legt Gewicht auf das religionsgeschichtliche Motiv des U nnelllChen sowie auf den Sophia-Mythos, gibt aber zu bedenken, daß die Adam-Christustypologle als solche noch nicht geklärt sei (R 137 f.). Paulus spricht in Röm 5,12-21 nicht vom Schöpfungsmittler, sondern von dem in den Bekenntnissen Röm 1,3-4; 4,25 bezeugten HermJesus; es geht um Kreuz und Auferweckung. Im Kreuz und in der Auferweckung liegt die Schicksalwende, die durch den einna Menschen Jesus Christus heraufgeführt wurde (5,15). Die Sünde Adams schafft das Sündersein, und das Sünder-
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Röm 6,1-23
~in bringt Sünd~ h~rvor. Der G~horsamJesu schafft das n~u~ L~~11 aus d~r Gnad~. und Gnad~ ruft in ~in~n n~u~n G~horsam. Dit Geschichte schaffl stlbsl witJer Geschichte.
Jtsfl
Röm 6,1-23: Das a) Röm 6,1-14: Das
n~u~ u~n
n~u~ L~~n
aus J~sus Christus
als Tod und
Auf~rst~hung
I W.. lODen wir nUD -.en? Sollen wir in der Sünde bebarrea, damit die Gnade sich mehre? lD.. sei fernel Wie IOIlteD wir, die wir det.Süade pstorbeD aiDd, DOCh in ihr leben? 30der wißt ihr niebt, da8 wir alle, die wir in ChrUIua Jaua plauft aiad, in RiDeD Tod geuuf't 8iDd? 4 Wir aiod abo mit ibm durch die Taufe in dm Tod bepMeD, damit, wie CbrUbu VOll den Totea auferweckt wurdedurcb die Herrlichkeit da Vallen, ebenlO auch wir in einem neuen Leben waDdeiD 101len. 5 Denn weDD wir mit dem Ebeabild seme. Tode. ~Iuea siDd, 10 werden wir auch mit dem der Aufentehung zuaammenwachlell. 6 DeaD wir wiueD, da8 UD.Ier alter Menach mitpkreuzigt wurde, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, 10 cIa8 wir nicht mehr der Sünde dienen. 'DeDD wer pstorben ist, ist dadurch VOD der SÜDde frei pworden. 'WenD wir aber mit Chriatua . . starben aiDd, 10 stauben wir, daß wir auch mit ibm lebea werdea, 9UDd wir wb8eD, daß Cuiahu, DKhdem er VOD den Toten auferweckt wurde, Dicht mehr.urbc. Der Tod berncht nicht mehr über ihn. I°DeDD weDD er pstorbeD ist, iat er der SÜDde ein für alle Mal patarben; wenn er aber lebt, lebe er für Gott. llSo haltet auch ihr euch selbet dafür, daß ihr der Süade tot aeid, für Gott aber lebt in ChrUhu
Jau..
nUD die Sünde nicht in eurem sterblichen Leibe hernchen, 10 daß ihr seinen Begierden gehorcht; 13 auch stellt eure Glieder nicht ab Waffen der Unp rechtigkeit der Sünde zur Verfügung, sondern stellt euch seI_t Gott zur Verfiigung ab solche, die aus den Toten zum Leben entanden sind, UDd ate1lt eure Glieder ab Waffen der Gerechtickeit zur Verfügung! 14DeDD die SÜDde wird nicht mehr über euch herncheD, elenD ihr steht nicht unter dem Gesetz, lOIICIem unter der Gnade. 12 So IOD
Anagst von Röm 6: Zunächst zeigt die parallele Anordnung von Röm 6, I und 6,15, daß das neue Kapitel in zwei Teile zu gliedern ist. Steht im ersten der Gegensatz: Tod-Leben im Vordergrund. so im zweiten: Knechtschaft-Freiheit. Allerdings erscheinen V 12-14 als eine Art überleitung, weil hier der Gegensatz: Tod-Leben bereits aufgegeben ist. Im Unterschied zu Röm 5.12-21 bringt Kap. 6 (abgesehen von eingestreuten Lehrsätzen) den Wir-Stil des Bekenntnisses. Es scheint so. daß Paulus sich mit bestimmten Einwürfm auseinandersetzen muß, die seine Gnadenlehre angreifen. Hat er vorher behauptet. daß die neue Gerechtigkeit Gnadt sei. so muß er jetzt umgekehrt den Gedanken sichern, daß die Gnade wirklich in einer neuen GtTecht;gkeit besteht. Ob wir an jüdische bzw. judenchristliche Einwände zu denken haben. ist nicht sicher auszumachen 1. Es ist I Nach ZnR 295; KOHLR 101.201 wendet lieh Paulul erneut gegenjüdilche Verdrehungen (unter Hinweis auf den ähnlichen Einwand Rößl 3.8). W. LOTGERT läßt Röm 6-8 gegen libertiniatiJche Strömungen gerichtet sein. H. SatLlEa, EvTh 5, 1938 faßt die Frage Röm 6,1 rhetorilch, nicht pole-
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Du neue Leben au. Jesua Christus
nicht unmöglich, daß di~ Front wechs~1t und daß Paulus ~in h~lI~nistisch~s ins Aug~ faßt, das auf ein~m sakram~ntal~n Selbstv~rständnis auf1 g~baut ist . Das Eig~nartig~ uns~res Kapitels ~st~ht in d~m N~~n~inand~r von Jrulikalwm und ImptrtJliDm, von d~m, was Gott am G~tauft~n g~tan hat, und d~m, was d~r G~tauft~ tun soll; Indikativ und Imperativ bild~n 00 Paulus ~ine unauflösliche Einh~it. Inhaltlich schließt sich Röm 6 insof~rn an Röm 5,12-21 an, als d~r don vorausg~~tzt~ Zusammenhang zwisch~n Christus und d~n Seinen in Röm 6 aufg~nommen und weitergeführt wird. Auch die Geg~nsätze: Sünd~ Gnad~; Tod - Le~n, di~ uns in Röm 5, 12-21 ~~gnet sind, werden in ihrer konk~t~n B~d~utung für die Situation des Getauft~n deutlich; d~r Geg~nsatz: G~ s~tz - Gnad~ wird in den Zusamm~nhang ~ingefügt, aber nicht herausg~ar~ tet (V 14-15). Man wird also die Zusammeng~hörigk~it von Röm 5,12-21 und Röm 6,1-13 nicht zerrei~n dürfen, wi~ es g~scheh~n würd~, w~nn man in Röm 6, I d~n B~ginn ~ines n~u~n Hauptteiles sieht 3 . Es ist vielleicht nicht zufällig, daß ~id~ Abschnitte Röm 6,1 ff. und 6,15 tT. mit wiederholten Fragm ~ginnen, die dann durch ~kenntnisartige Aussag~n (6,4 0:) od~r th~tische Festst~lIungen (6,17) abgelöst werd~n. Der Wir-Stil muß zunächst rhetorisch und dialogisch verstand~n werd~n (6,1-2.15), wird a~r dann ~kenntnisartig (6,4-6.8) und bricht daraufhin ab; im zweiten Abschnitt ü~rwiegt die Anrede »IM«. Offensichtlich ar~itet Paulus mit Aussag~n, die der ~meinde nicht fremdartig od~r un~kannt sein könn~n, da er auf zugestandenes Wissen immer wied~r zurückkommt (ft i1yvoein 6,3; oUx ot&xn 6,16). Das ~i g~ntlich~ Schw~rg~icht liegt auf den Im~rativen, di~ auf di~ Indikative aufbauen. Da~i ist der Gedankengang grundsätzlich dadurch ~stimmt, daß di~ in d~r Taufe vollzog~n~ G~meinschaft mit Christus notwendig den Willen zur O~rwindung d~r Sünd~ und zur Aufrichtung d~r Gerechtigkeit in sich schließt. Dtr GtllJujü wird aufgtfordtrt, in du Konstqllt1l<. stintS GtllJrift.stins ~u lebm uruJ ~u IulntUln. Das Problem des logis""n Aufoaw des Kapitels hat imm~r wied~r di~ thrologisch~ Arbeit ~schäftigt. Es ist unverk~nnbar, daß ~stimmte kerygmatische Sätz~ den Zusammenhang bestimm~n und von Paulus zitien und ~ntfah~t werd~n. Di~ Frage nach der Tauf~ wird für ihn grundsätzlich ein~ Frag~ nach d~r Wirkung d~s Todes und des Le~nsJ~su Christi. Tod und Le~n sind id~ntisch mit den älteren Begriffen Kreuz und Auferweckung, di~ e~nfalls ang~d~ut~t sind; daß der Würdename XQLC1t~d~n ganzen Zusammenhang ~h~rrscht (xuQ~ fehlt vollständig, 'I'1oo'Ü~ begegn~t in der Zusammenstellung mit XQLC1t~ Christ~ntum
miIch aufund weist damit aufden Stil der Diatribe hin. Daß ein Zuununenbanc zwilchen 3,8; 6,1.15 besteht. IOllte nicht seJeuanet werden, anderseits zeitrt die Verbuadenheit von 5,20 f. mit 6,1, daß eine tbeolopchc FortfUhn... beabaicbtigt iaL Paulua wendet lichjetzt clan LebenIwq des Christen zu: Gerechtigkeit des Glaubens iat Taufierechtigkeit; sie geht durch eineo Bruch hindurch. Die Neuheit des Lebena scheidet von Judentum und Heidmtum. 2 In dieaem Fall würde man Röm 6,1 f[ mit 11,17 fI'.; 12,3 fI'. verbinden. J Es bleibt bemerkenswert, daß schon ältere Ausleger den ensen Zusammenhang zwilchen Röm 5,12 f[ und 6,1 f[ betonen (z.B. TH. ZAHN); die neuCl'f!n Auslegungen stellen meist die ,leidle Verbindu.. her; VII. BAD!1TR 118 f[; KAlEMANNR 150 f[
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Röm 6,1-23
dann, wenn die besondere Feierlichkeit es verlangt: 6,3.11), ist sicherlich nicht gleichgültig". Es kommt Paulus offenbar auf die Einheit von Christusgeschehen und Taufe an. Also dürfte V 2-4 logisch einen geschlossenen Zusammenhang darstellen: Wer dem Christus übereignet ist (d~), ist in seinen Tod getauft, ist also selbst gestorben; damit wird die Wirkung der Taufe ))realistisch« geschildert, wenngleich es weder um magische noch um gleichnisartige Wirklichkeit geht. Das Schicksal des Glaubenden hängt an dem Schicksal Jesu Christi, ))in den« (d~) der Mensch hinein getauft wird. Diese Einheit ist für Paulus offenbar entscheidend und wird im Folgenden durch zwei analoge Zusammenhänge sichergestellt, die ganz parallel sind:
V ~7:
V 8-10:
Vordersatz:
d yQQ aUJ.UPU"tOL yey6v
am.
Nachsatz:
Erläuterung und Folgt: YLVOOoxovtE~ ön 6 7taAaLO~ 6v6Q<.07to~ CJU'VEatauQ<.irlhl ...
tooto
dMtE~ ÖtL XQLOt~ tyEQ&Et~ VEXQCÖV
b
oUxttL lmo6vfIOXEL ...
Begründung und Ergebnis (senleru:.artig fonnulitrl) : 6 Yo{} cbto6avOOv 6Ef)LxaUotaL cbtb tft~~(~·
• G. BoRNKAMM, Taufe und neues Leben bei Paulu. (Ga. Aufsätze 140), macht daraufaufinerksam, daß in unserem Abschnitt vonJesus als dem Chri.tus ( .. dem eschatologischen Heilbringer) die Rede ist. Diese Beobachtung i.t richtig und zeigt, daß der Apostel typisch messianische Elemente zwar noch kennt, aber seiner Aufliuaung des Evangeliums ein- und unteflC'Ordnet baL Nach G. BOaNKAMM findet sich ~ vor allem in kel)'llD&tiac:hen, x~ in belr.enntniaanigen Wendungen. S Zur Fr. des logischen Aufbaus vgl. G. BoRNKAMM, &.a.O. 39.
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Das neue Leben aus Jesus Christus
Exkurs Die religionsgeschichtliche Fragestellung in Röm 6
1. A. Schweitzer hat in seinen verschiedenen Arbeiten (Geschichte der paulinischen Forschung, 1911; 2. Aufl. 1933; Die Mystik des Apostels Paulus, 193'0; 2. Aufl. 1954) eine konsequent eschatologische Auffassung vertreten; damit würde das Denken des Apostels aus frühjüdisch-urchristlichen Prämissen zu erklären sein, obwohl hellenistische Motive im einzelnen natürlich nicht ausgeschlossen sein sollten. Pau1us unterscheidet dann zwischen de;r durch die Sinne wahrnehmbaren irdischen Wirklichkeit und einer anderen, die geschichtstheologisch und apokalyptisch bestimmt wird. Die eschatologische Welt beginnt, in aufeinanderfolgenden Stößen aus dem Ozean der Vergänglichkei t aufzusteigen. Dazu gehört zunächst die AuferstehungJesu, dann die Leiblichkeit der mit Christus zusammengehörigen Erwählten, die Verwandlung der -ganzen Schöpfung und zuletzt die allgemeine Auferstehung. Auf diese Weise gelingt es A. Schweitzer, eine einheitliche eschatologische Struktur der paulinischen Geschichtsprozesse und Begriffe verständlich zu machen und die an Ereignisse gebundenen, über das Bewußtsein des Einzelnen hinausgehenden H.eilsaussagen in Zusammenhänge einzuordnen. Der Taufvorgang ist daher durchaus realistisch zu verstehen; der Glaubende erlebt das Sterben und Auferstehen mit Christus mit, ohne daß man von einer bloßen Nachbildung reden müßte. Das Eingepflanztwerden in die Leiblichkeit Christi ist der Beginn der neuen christlichen Existenz. Immer wieder weist er auf diese aus Röm 6,5 stammende Vorstellung zurück, um die Wirklichkeit und Geschichtlichkeit der christlichen Existenz zu betonen. Die Objektivität des Geschehnisses liegt ganz in der apokalyptisch bestimmten Wirklichkeit. E. Lohmeyer hat in einer großen Studie: ~vv XQLO'tep (Festgabe fur A. Deißmann, 1927, 21 ~25 7) diese fur die Taufaussagen wichtige Formel der Christusgemeinschaft aus einer urchristlichen Tradition hergeleitet, deren Elemente unter iranischem Einfluß in der Apokalyptik des Frühjudentums vorgebildet sind. Die Formel ist also nicht aus individualistisch-hellenistischer Mystik zu erklären. Es ist notwendig, das ebenfalls paulinische »in Christus« von dem »mit Christus« abzusetzen; beide Formeln tauchen in verschiedenen Bereichen auf, können aber nicht sicher abgegrenzt werden. Die Formel »mit Christus« beschreibt eine Verbundenheit im Leiden, den besonderen Zusammenhang des Taufgeschehens, zuletzt das eschatologisch-apokalyptische Heilsziel, scheint also sich nacp. verschiedenen Seiten zu entfalten. W. D. Davies, Paul and RabbinicJudaism (1948, 2. Aufl. 1955) hat entscheidende Aussagen und Vorstellungen aus demjüdischen Brauchtum und Denken ableiten wollen. Es entspricht dem feiernden Handeln des Judentums, sich mit dem aus Ägypten ausziehenden Volk (z.B. im Passaritus) zu identifizieren. »In jedem einzelnen Zeitalter ist man verpflichtet, sich selbst so anzusehen, wie wenn man selbst aus Ägypten ausgezogen wäre. Denn es heißt: >Und du sollst deinem Sohn anjenem Tage also erzählen: Es geschieht um dessentwillen, was J ahwe mir bei meinem Auszug aus Ägypten getan hat< (Pes 1O,5b) «. Paulus war ganz entsprechend Verkünder einer neuen Heilszeit, eines eschatologischen Gotteshandelns, eines neuen Auszuges. Auch das israelitische Denken über die Gemeinschaft oder einen Verband muß herangezogen werden, um das Verhältnis zwischen Taufgemeinschaft und Christus zu begreifen. Die Familie ist aufgeteilt unter alle ihre Glieder, aber nicht so, daß jeder nur ein Stück des Ganzen hätte. Sie ist vielmehr in jedem Einzelnen verkörpert mit allem Segen und Unsegen, mit ihren Aufgaben wie mit ihrer Verantwortlichkeit (vgl. J. Pedersen, Israel, its Life and Culture, 1926; 2. A ufl. 1946, 277). So stellt jeder einzelne Christ letztlich in einem bestimmten Sinn Christus dar und kann so mit ihm sterben und auferstehen (vgl. Davies, a.a.O. 108 f.). BarrettR 122 geht davon aus, daß getaufte Christen ein messianisches Volk bilden, und
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daß die Taufe einen eschatologischen, nicht mystischen Ursprung hat. Sie eröffnet den Zugang zum messianischen Leben, nicht zu einer himmlischen Existenz. Messianische Bedrängnisse werden bei Paulus durch Partizipation an dem Schicksa1Jesu Christi überboten. Hellenistische Beeinflussung liegt nach BarrettR 122 nicht vor. 2. Die griechisch-hellenistische Erklärung des Taufgeschehens wird von dem Ziel, am Leben der Götter teilzunehmen, ausgehen und stellt den Ritus dar, der die Taten und Leiden des Gottes, der in menschlicher Gestalt erschienen war, vergegenwärtigt. So wurde der Mensch ein ••Geweihtercc und aus der Masse derer, die von den Mysterien ausgeschlossen waren, ausgesondert und bildete mit anderen ••Geweihtencc zusammen eine heilige Gemeinschaft. Der Kultus vollzog sich in einer dramatischen Symbolik; so wird die Heilstatsache unter dem Ritus zur Gegenwart. Allerdings wird auch der Unterschied zwischen den älteren undjüngeren Mysterien einerseits und dem Neuen Testament andererseits nicht verschwiegen werden dürfen: Die Mysterien leben von Mythen, die weithin Naturgottheiten galten; ihre Riten sind magisch bestimmt und richten sich nach dem Ziel, das letztlich erstrebt wird. Die Mysterien von Eleusis verraten vorgriechischen Ursprung und leben noch von uralten Vegetationsriten. Abtr im Lauf der Zeit tritt die Hoffnung auf ein Jensei ts inden Vordergrund. 0 ber die Einweihung in die Mysterien der Isis (und des Osiris) berichtet Apul. Met. XI (2.Jh. n.Chr.). Lucius, der durch Zauberkunst in einen Esel verwandelt war, wird durch die Hilfe der Isis wieder Mensch und weiht sich nun ganz dem Dienst der Göttin. Entscheidend ist dann die eigentliche Weihe, die in Kap. 23 als Fahrt in die Welt des Todes und Aufstieg zu den Göttern des Lichtes beschrieben wird. So erlebt der Eingeweihte eine Wiedergeburt zu neuem Leben. überblickt man das Verhältnis zwischen paulinischerTheologie und heidnischer Mysterienfrömmigkeit, dann wird man geneigt sein, die urchristliche Taufsitte aus sich selbst zu verstehen, aber die jüdischen Denkvoraussetzungen nicht gering zu achten. Hellenistische Gemeinden mögen sich in Sprache und Denkformen über den Standpunkt der Urgemeinde hinaus entwickelt haben, und Paulus scheint gerade mit ihn-en im Gespräch zu sein, aber man wird nur von Analogien und äußeren Berührungspunkten, schwerlich von Abhängigkeit von heidnischer Frömmigkeit und Sehnsucht sprechen können. Solange der judenchristliche Einschlag die Gemeinde mittrug, wird auch die Abscheu vor dem Verbotenen nicht ganz gering gewesen sein. Die von O. Casel bestimmte Theologie, die das Kultmysterium des Hellenismus als heilsgeschichtliche Form und Voraussetzung für die urchristliche Taufe ansieht, wird in der Behandlung der paulinischen Texte auf Widerstände stoßen. Der zum Hellenismus wenig passende unfeierliche und unpriesterliehe Charakter der paulinischen Taufunterweisung weist auf eine andere religionsgesdtichtliche Entwicklung hin. Die Objektivität der Taufwirkung liegt doch wohl nicht in einer sakralen Kulthandlung begründet, sondern in der historischen und theologischen Einmaligkeit des Christusgeschehens. Vgl. dazu O. Casel, Die Liturgie als Mysterienfeier, 1922; ders., Das christliche Kultmysterium, 3. Aufl. 1948; dazuJahrb. für Liturgiewissenschaft 1921-1938 und Archiv für Liturgiewissenschaft, seit 1950. Litnatur: R. Reitzenstein, Die hellenistischen Mysterienreligionen, 1910; 3. Aufl. 1927; F. Cumont, Die orientalischen Religionen im römischen Heidentum, 1910; 3. Aufl. 1931; H. Greßmann, Die orientalischen Religionen im hellenistisch-römischen Zeitalter, 1930; M. P. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion, 2 Bde, 1941 und 1950; M. Dibelius, Die Isisweihe bei Apulejus und verwandte Initiationsriten, 1917 (Botschaft und Geschichte 11, 1956, ~79); K. Prümm, Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum der altchristlichen Umwelt, 1943, Neudruck 1954; ausführlich der umfassende und gut orientierende Exkurs von O. Kuß, Mit Christus, 31 ~381. Außerdem: O. Kuß, Zur Frage
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einer vorpaulinischen Todestaufe, MThZ 4, 1953, 1-17; V. Wamach, Taufe und Christusgeschehen nach Röm 6, Archiv für Liturgiewissenschaft 3,2, 1954, 284-366; R. Schnackenburg, Das Heilsgeschehen bei der Taufe nach dem Apostel Paulus, ]950; G. Wagner, Das religionsgeschichtliche Problem von Röm 6,1-11,1962; G. R. Beasley-Murray, Baptism in the New Testament, 1962; H. Schlier, Die Zeit der Kirche, 2. AuO. 1958, 47-56, 107-129. Interessant sind vor allem die Ergebnisse von O. Kuß (s. Exkurs): I. Es ist das un bestrei t bare Verdiens t der re]igionsgeschich tlichen Schule innerha] b der protestantischen Exegese, daß sie nach dner langen Zeit verschiedenartiger Umdeutungen, welche im Dienst bestimmter dogmatischer Thesen standen, wieder zu einem unvoreingenommenen Verständnis der neutestamentlichen Sakraments texte und damit auch der die Taufe betreffenden Mit-Christus-Aussagen gelangte (S. 331). 2. Einem anfänglichen Optimismus in bezug auf die Verwandtschaft von Christentum und Mysterienkulten ist eine Periode erheblicher Skepsis und Zurückhaltung gefolgt, wenigstens was das Neue Testament angeht; doch kann kaum die Rede davon sein, daß die schwierigen und verwickelten Fragen in einem bestimmten Sinn bereits beantwortet sind (S. 332). 3. Es stellt sich die Frage: Gab es in der damaligen heidnischen Welt Anknüpfungspunkte für die erstaunliche Botschaft von dem Verhältnis von Heilbringer und Heilsempfängern in der Art, wie es sich bei PauJus etwa in dem »mit Christus« in Taufzusammenhängen ausdrückt? Wenn man sich in der Umwelt des Paulus nach Analogien umsieht, kann man die Mysterienreligionen nur schwer übersehen (S. 374.375). 4. Auch wenn man mit einem gewissen Einfluß der Mysterienkulte auf die Sakramentstheologie im Neuen Testament rechnet, darf die Rolle des jüdischen Oberlieferungsstromes keineswegs unterschätzt werden (S. 376). G. Bornkamm sieht offenbar die religionsgeschichtliche Situation eindeutiger. Nach ihm bietet Röm 6 keine spezifisch paulinische Tauflehre, sondern schließt sich an das in den hellenistischen Gemeinden schon verbreitete Verständnis der Taufe an (i] QyvoEitE). Die Interpretation dieser deutlich ihre Abkunft aus Mysterienvorstellungen verratenden TauOehre ist freilich paulinisch. Vgl. den Aufsatz: Taufe und neues Leben bei Paulus (Ges. Aufsätze 1,37, Anm. 5). KäsemannR 152 ff. geht von hellenistischen Mysterien und einem enuprechenden Enthusiasmus urchristlicher Gemeinden aus.
Exegest: V 1: d oUv 4x>'üJ.lfV erinnert an Röm 3,5; 4,1 und weist daraufhin, daß Paulus auf einen gegnerischen Einwand antwortet. War das Voll maß der Sünde die Voraussetzung für die Herrschaft der Gnade, ist das Verständnis der Gnade eng verbunden mit dem Wissen um die menschliche Sünde, so kann der Einwand kommen, der sich gegen die paulinische Predigt richtet: Liegt nicht in ihr ein letztes Zugeständnis an die Sünde (vgl. Röm 3,8)? Die Vermutung liegt nahe, daß man Paulus von seiten des Judentums im gnostischen Sinn mißverstanden hat. Er wehrt aber diese falsche Konsequenz seiner Gnadenpredigt ab 6 . • Paulua wehrt alao einen Gedanken ab, der sich in Abstraktion und Deduktion verliert. Er verlangt vielmehr, daß du ernst genommen wird, wu Gott durch du Kreuz und die AuferweckungJesu.der Gemeinde übergeben hat. Er erinnert alao an den Sinn der Taufe, statt sich auf eine Dialektik zwischen Sünde und Gnade einzululen. Der heilsgeschichtliche Prozeß der Zuordnung von Sünde und Gnade darf nicht dazu dienen, die Aufrichtung der Gerechtigkeit im Leben des Getauften zu verhindern. Die paulinische Gnadenlehre ist gefährlich und durch Einwände gefährdet (SANDAY-HEADLAKR153; ScHLruR 190).
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Würden wir bei der Sünde verharren, dann würden wir in ihr leben; so aber sind wir für die Sünde g(Storben (V 2) 7. Der Getaufte ist nich t mehr in der Lage, sich für die Sünde zu entscheiden. Paulus setzt voraus, daß der GtTtChiftTtigu (Röm 1-4) dnGtlQuftt (RÖTn6) ist, so daß zwischen der Rechtfertigung und dem Vollzug der Taufe keine Trennung liegt. Der Gedanke, daß man bei der Sünde ))verharren« könnte, um damit der Gnade Spielraum zu gewähren, ruft bei Paulus Abscheu und stärkste Abwehr hervor (1''' ytvOl:tO wie 6,15). V Z: Durch die Taufe hat sich eine entscheidende Wandlung vom Leben zum Tod und vom Tod zum Leben vollzogen: der Getaufte ist für die Sünde g(Storben, kann also nicht mehr in ihrem Machtbereich leben. V 5: Paulus setzt als bekannt voraus (i\ QyvoEL'tE wie 7,1), daß die Taufe aufJesus Christus eine Taufe auf seinen Tod ist8. Die Verbundenheit d(S Täuflings mit Christus ist eine Verbundenheit mit dessen Tod 9 • Der Dreiklang: wir sind gestorben, wir sind begraben, wir sind auferweckt erinnert an das alte Bekenntnis I Kor 15,3 f., daß Christus gestorben, begraben und auferweckt ist. In der Taufe vollzieht sich das gleiche Geschehen, dasJesus Christus einmalig für uns auf sich genommen hat. V 4: Die Taufe ist nicht nur Urbild, sondern auch ein reales Geschehen an uns: wir sind wirklich mit Christus dem Tod überantwonet, damit wir in der Gemeinschaft mit Christus aus dem Tod zum Leben geführt werden. Das einmalige geschichtliche Ereignis der Vergan~nheit wirkt in der Taufe nach, bleibt aber auch als das Urbild der Taufe des Einzelnen vorgeordnet (öxmE~~). Die Aussage, daß Christus ))durch die Herrlichkeit d(S Vaters« erweckt wurde, klingt bekenntnisartig 1o• Der Gedanke biegt von der Konsequenz, daß der Mensch wie Christus auferweckt werden wird, ab und weist hin aufdie Absicht Gottes, daß wir unser Leben als eschatologisches G(Schehen, als Neuanfang von Gott her ansehen sollen. 1r:EQIJtQ'tELV deutet den Gehorsam an, unter dem der neue Wandel geführt werden soll. Die Neuheit des Lebens (xaLvlm'1~ ~urii~) besteht in der Erneuerung des Menschen, die durch das Taufg(Schehen bewirkt wird. V 5: Wenn wir zusammengewachsen sind (mJl'cpvtOL yFy6vaf.'EV = OUVEcp\n]I'EV) mit dem Ebenbild d(S Tod(SJesu Christi, dann werden wir auch eingepflanzt werden (mJl'cpvtOL t06f,lE'6a) in das Abbild bzw. in die Gemeinschaft seiner Auferstehung 1l . 'tb 6~mJ.lCl 'toü tav6'7 bnf'h'a.v mit Dativ findet sieh nicht sdlen (Röm 11,22; Kol 1,23; Phil 1,24; ITam 4,16). Man verham in der Sünde, indem man lieh du Recht zu sündigen vorbehilt. PALUSR 83 erinnert an gn0stische Theorien, die ein EntaprechullllVerhiltnis von Sünde und Gnade postulieren. s de; - übereignung des TauOingt (ThW 1537). 9 Paulus stdlt überhaupt den TOtJ},. in den Mittelpunkt der urchristlichen Bundeacicben (1 Kor 11,26). IO~ '100 xcnq6c; begegnet inaner in feierlichem ZUI&IIUDeDhans, z.B. Mk 8,38; Mt 16,27; U 9,26. Die .Hcrrlichkeit« (~) ist hier verwandt mit der .Kraft« Gones (~Oroü). 66ta uad 66vu~ sind Umschreibuqen der Encbcinq, der Macht Gottes. Daß hier vom .Vater« (6 xcn1IQ) schlechlhin die Rede ist, bänst mit einem bestimmten.~ Stil zusammen, der in UDseran Zusammenhang Iingulir ist (KAsEMANNR 157). 11 CJVt.upV"COc; beißt .angeboren« (3Mall 3,22; Jot. c. Ap. 1,42; Eurip. Andrem. 955); .voU bepflanzt, ohne Lücken im Baumbestand« (10 in Pachtkontralr.ten), .verwachsen, verwandt mit ... « (ArislOt. hist. an. 5,32; topica 7,6; Theopbr. de causa plant. V 5,2); .verwachsen mit etwU« (PlaID Pbaedr. 25) ...Zusammengewachsen« ist im AlJsemeinen OUII4MK (PiaIO Sopb. 34; Tam. 16; 42; Plut. Lyc. 25). Dn Aulndfrwlll sielt i", N_ T,*"",,,.., ItUrIllfli isl.g.u.. Gemeint ist nicht, daß
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'tou wird von den Kirchenvätern oft als •• Ebenbild des Todes Christi« auf die
Taufe bezogen 12; in diesem Fall sind wir mit der Taufe als dem Abbild des Todes Christi aufs engste zusammengewachsen: wir erleiden in ihr den gleichen Tod wieJesus selbst. Anders ist die Auslegung, wenn man oUlJ
6tw'wtlO begegnet bei Paulus in Röm 1,23; 5,14; 6,5; 8,3; Phil2,7; es kann an unserer Stelle .BildfC und .AbbildfC im konkreten Sinn oder ein abbildendes Geschehnis oder Handeln, Vergegenwärtigung eines Geschehnisses bedeuten. Man könnte sich fragen, ob das äußere Taufgcschehcn als Untertauchung im Blickfeld dieser auffallenden Wendung liegt (H. Lietzmann) oder ob es sich darum handelt, daß die Gestalt einer anderen Person nicht nur ähnlich, sondern gleich ist. Entscheidend ist auf jeden Fall, daß ÖlWlrol'a das Wesen des Abgebildeten tatsächlich zur Darstellung bringt. Paulus will wohl zum Ausdruck bringen: Im Taufgeschehen ist der Tod Jesu Christi gegenwärtig da, wenn auch in einer von Golgatha verschiedenen Gestalt (0. Kuß). Die Möglichkeit, öl'0((J)l'a aus der Mysteriensprache zu vcntehen, ist versucht worden, kann aber nicht als gesichert gelten (vgl. Ovid Metam 10,727)14; doch achte man auf den feierlichen Ton dieser Aussagen: man rühmt sich dessen, was in der Taufe geschieht (2Tim 2,11-13). Nach G. Bomkamm, Taufe und neucs Leben bei Paulus (Ges. Aufs. 1,34-50) ist der Dativ up ~L nicht instrumental, sondern soziativ zu verstehen, d.h. der Bqriff bezieht sich dann nicht auf die Taufe, als Abbild seines Sterbens und Auferstehens, sondern unmittelbar auf die PersonJesu Christi. Der BqrifföpMtIO hat dann überhaupt nichts mit dem Sakrament zu tun. Dagegen wendet man mit Recht ein, daß vom Tode Jesu Christi, nicht von Jesus Christus, dem Getöteten, in unserem Text die Rede ist und daß man gut tut, sich so eng wie möglich dem Wortlaut anzuschließen, auch wenn es unbequem ist. Vielleicht ist es auch besser, in V 5bdie formal geforderte Ergänzung nur mit großer Vorsicht vorzunehmen, weil der Apostel nicht mehr an das Taufereignis, sondern an die Vollendung des Heils denkt; das Futurum ist sicherlich wieder zeitlich, nicht logisch zu verstehen. Die Gedanken des Apostels gehen von der Taufe zurück zum Heilsgeschehen selbst, weil in ihr das Ereignis der Vergangenhei t gesetzt ist, aber die Vergangenheit greift über die Gegenwart wieder hinaus in die Zukunft. Es handelt sich in diesem grundsätzlichen Denken weder um eine Mystik noch um eine Metaphysik, sondern um die Hervorhebung ganz bestimmter Geschichtsereignissc, deren Folgen sich in der alten und neuen Menschheit abspielen. In der Geschichte liegen schicksalhafte, einmalige Ereignisse, in denen Ursprung und Folge eng miteinander verbunden sind. wir mitJesus Christus ltCIie"eiche Natur haben« (was an .ieh möglich wäre),lODdem daS wir in du gleiche HeilJpIchehen binem,enommen .ind. U Der Wortbildq nach bezeichnet ~ im Untenchied VOll ~ eipdich einen konkreten Gqenatand, der einem anderen"eich ist (Abbild, Modell). In Köm 6,5 kann~ k0nkret wntaaden werden, kann der Bqriffaber auch allBemein die GIIidtItIiI hervorheben. OriS. Ruf. IOKAB tagt aUldrüddich, daß der Bqriff ~ 10\) tav6tou VOll doketilchen Hiretikem 10 miBwntandm wurde, daß Christus nur die Ahnlichkeit da Todes erlitten habe. KAsEMANNR 1~159 bringt die gqenwärti&e Diakuaion: Du Abstraktum -Gleichheit« wird dem Text am ehelIen gft'echt. lJ Pesch.: ItZUl&mmengepOanzt wurden wir mit ihm«; Ten. de pud. 17; de raur. carnis 47: c:onuti .umUl; vulg.: conplantati .umUl. 14 VgL O. CAsEL,Jahrb. r. LiturgiewiaenJcbaft 14, 1938,213.245; O. Kuss, a.a.O. 302.
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So erkennen wir (YLvWoxovtEC;), daß unser »alter Mensch« mit Christus gekreuzigt wurde (GaI2, 19). Der »alte Mensch« (KoI3,9; Eph 4,22) ist für Paulus der von Gott veruneilte Mensch der alten Weltzeit, der in der Taufe getötet bzw. mit Christus gekreuzigt wurde. Der Gegensatz »alter« und »neuer« Mensch gehört in die urchristliche 1 aufmalznung. Das Bild vom » Mi tgekreuzigtwerden« stammt offenbar aus einem eigenen Traditionszusammenhang und legt hier die Vorstellung einer gewaltsamen Zerstörung (xa'tClQ'(EiaiklL) nahe. Der »Leib der Sünde« ist der Lei b, der unter der Herrschaft der Sünde steht bzw. der dem Tode unterworfen ist (Röm 7,24). In dieser Leiblichkeit liegt ein Hinweis auf die menschliche Existenz der alten Weltzeit; sie ist an einen Leib gebunden, an dem man die Herrschaft der Sünde und des Todes erkennen mußl5. Die in der Taufe sich vollziehende Vernich tung des Sündenleibes bedeutet ein Freiwerden aus der Knechtschaft der Sünde; denn nachjüdischem Recht bedeutet der Todesfall eine Aufhebung der Rechtsverhältnisse und der Schuldansprüche. Das Rabbinat zitiert einen Ausspruch R. Jochanans: "Bei den 101mfrei« (nach Ps 88,6) und legt ihn in dem Sinn aus, daß, wenn ein Mensch gestorben ist, dieser frei geworden ist von den Gebotserfüllungen l6 . Wir haben also in V 7 einen jüdischen Rechtssatz vor uns, den der Apostel aufnimmt. Stirbt der Mensch, so verliert die Sünde ihre Herrschaft über ihn. OLXQLO"aDaL darf in diesem Zusammenhang allgemein rechtlich verstanden werden: »von Sünden frei werden«17. Im Stil und Aufbau an V 5 erinnernd, vielleicht sogar aus der gleichen Taufliturgie stammend, ist V 8 feste Glaubensaussage der Gemeinde (2Tim 2, 11) 18. Dem imEitQV0tJ.EV ent15 Wir haben hier ein Stinsunst4tuJlfis vor uns, das nicht ohne weiteres auf das rabbinische oder laellenislische Judentum zurückgeführt werden kann. Wir können es aber auch nicht schlechthin gnostisch nennen. Der Mensch untersteht bestimmten Mächten, entweder nach der negativen oder nach der positiven Seite. Sap 1,4 warnt vor einer IOböswilligen Seele« und einem IOLeib, welcher der Sünde verfallen ist«; Sap 1,4 denkt also an eine Möglichkeit, welcher der Mensch aUlWeichen kann. Für Paulus dagegen ist der Leib, der der Sünde und dem Tod verfallen ist, das schlechthinnige Zeichen der alten Weltzeit. Bis hinein in die körperliche Substanzdea Menschen reicht die Not der Sünde und des Todes. Man wird fragen mÜSlen, aus welchen Prämiaen das paulinische Denken abzuleiten ist. Vgl. dazu K. G. KUHN, ZThK. 1952,200 f[ Wichtig ist, daß im Judentum nicht das IOFleischee, sondern das "Herz« der Sitz des bösen Triebes ist; auch für Paulus ist der lOalte Menschcc mit seiner Begierde Ursache für die Not des Leibes und des Fleisches. Es geht um Vollzug und Verantwortung, um Schicksal und Eschatologie, neues eschatologisches Sein und Existenz (gut SalLIERR 193-195, ähnlich IUsEMANNR 160). 16 Schab 30&; 151 b; Nidda 61 b. Schon FR. DELITZSCH hat erkannt, daß Paulus hier einen allgemeinen Rechtssatzaufuimmt. Vgl. auch K. G. KUHN, ZNW 30,1931,3058'. KUHNweisthinaufSNum§ 112 zu 15,31: "Alle, die sterben, erlangen durch ihren Tod Sühne«. Wir finden in der Antike oft die Anschauung, daß mit dem Tode bzw. der erlittenen Todesstrafe die Schuld abgebüßt und der Verbrecher von der Sünde befreit ist. Nachklang dieser Rechtsanachauung ist auch I Petr 4,1. 17 Vgl. zu diesem Sprachgebrauch Apg 13,38 f.; Sir 26,29; Herrn vis 3,9,1. Ähnlich die Grabinschrift: EÖvil6LX
Das neue Leben ausJeaus Christus
spricht folgerichtig O'U~f)OOJA.EV; doch schiebt sich bezeichnenderweise ltLotEllOJA.EV ein: es will offenbar Hinweis aufdas urchristliche Bekenntnis sein (ltLotEllELV = 6J.lQAoyEiv) 19. Es ist ganz unwahrscheinlich) daß Paulus hier eine sakramental bestimmte Sicherheit zerstören will 20. V 9: Mit der Gewißheit des Glaubens verbindet sich das Wissen (döOtEsL daß Christus als der Auferweckte nicht mehr stirbt, ja) daß der Tod keine Gewalt mehr über ihn hat (XUQI.EVELV ist hier hebr. = "'1?P1. Es fragt sich, worauf dies döOtES bezogen ist: hat man in der Liturgie oder in den HymnenJesus als den Sieger gefeiert, der der Macht des Todes entronnen ist? Ist der Christus als unser Haupt dem Tod entnommen, dann liegt darin die Gewißheit unserer Erlösung. V 10: Zunächst ist die Konstruktion zu sichern. Wir haben an einen Objektsakkusativ zu denken: tOv itavatov, &v <'uttitaVEV, ÖUl 'riIv itJA.OQtLav cbtEitavEV 'riIv ftJ.lEtEQav (Euthym.). Äußerlich ist die Wendung: cbtoitvOOXELVtfI itJA.OQt({~ die gleiche wie in Röm 6,2, doch hat sie hier eine andere Bedeutung. Der Christus stirbt, weil er unter die Macht der Sünde getan ist. Lebt er als der Erhöhte, so steht er im Dienst Gottes (~iJv t
n.
Röm 6,1-23
209
Sünde soU nicht herrschen in dem ))sterblichen Leibe(, d.h. in der irdischen Existenz, die durch den vergänglichen Leib gekennzeichnet ist; der Getaufte darf nicht den Begierden folgen. Das Fleisch »begehn( (bn&ul'li Röm 7,7; Gal 5,16 f.); der »alte Menschcc ist der Mensch des Begehrens. Auch dem Pneumatiker muß die Gefahr des Begehrens vor Augen gestellt werden. Sind bestimmte Begierden gemeint, die insonderheit mit der Leiblichkeit des Menschen zusammenhängen?24 Daß die Sünde einst herrschte, darf nicht bloß eine Erinnerung sein; das Evangelium stellt neben die Botschaft vom Wechsel (Einst-Jetzt) die Mahnung: ))({ie Sünde soll nicht herrschencc (6,12) und die Verheißung: ))die Sünde wird nicht herrschencc (6,14). Leben und Freiheit des Getauften bleiben also ständig bedroht; die Taufverkündigung wird durch Mahnung und Verheißung in ihrer Gültigkeit bestätigt. Ähnlich wie V 12 beginnt auch V 15 mit einer Negation, geht aber dann in zwei positive Forderungen über (nClQaanlOO'tE ta"toU~ ... xal ta J,lt).'1 ut1(irv); der Abschluß unseres Verses: tq.&agda Yclo u~ oö XUQmJOEL erinnert an den Anfang von V 12. Paulus verwendet ein kriegerisches Bild: man kann die Glieder als Waffen der U ngerech tigkei t25 der Sünde oder als Waffen der Gerechtigkeit Gott zur Verfügung stellen. Die menschlichen Glieder sind die Mittel des menschlichen Handelns, Organe seiner Leiblichkeit und Ausdruck seiner natürlich-irdischen Existenz (Röm 3, 10-18). Vielleicht darf man annehmen, daß sowohl die paulinisehe Begriffiichkeit als auch seine Bildsprache einer älteren jüdischen bzw. hellenistischen Tradition entstammen. Wie die Glieder des Menschen, die der Sünde dienen, notwendig zu Waffen der Ungerechtigkeit werden, so sollen sie, wenn sie in den Kriegsdienst für Gott eintreten, zu Waffen der Gerechtigkeit werden. Die menschliche Kampfsituo.tion vträndtTt sich durch die Taufe, bleibt aber als solche erhalten. Erwächst aus der menschlichen Leiblichkei t die Gefahr des Begehrens, so kann anderseits aus ihr auch der Dienst für Gott seine Möglichkeiten nehmen. Paulus denkt nicht spiritualistisch oder übergeistig (A. Nygren). Aufiällend ist der Zusatz: iliod tx VEXQWv tÖ1Vta~, der offenbar auf das Taufgeschehen zurückweist: ))da ihr aus dem Totenreich zum Leben erstanden seid.( Das wunderbare Geschehen der Auferweckung läßt den Auferstandenen zum Geheiligten und zum bewaffneten Kämpfer der Gerechtigkeit Gottes werden. Steht der natürliche Mensch in einem durch Gott gerichteten Leben und geht damit auf den Tod zu, so läßt umgekehrt der Getaufte den Tod hinter sich und ergreift das eschatologische Leben. iliod ist also nicht nur Bild 24 Ober den Zuaanunenhang VOll Fleilc:h und Sünde vgI. R. BULTMANN, 'Theologie des Neuen Teltamenta, 6. Auß. 1968, 23~246 und K. G. KUHN,~~imNeuen Testament, ZThK 1952, 216; vor allem E. BI.ANDENauaou, FleiKb und Gciat, 1968, lOWie die po8eo Kommentare der Gqenwan (E. KAsEMANN, H. Sao.IU). u6da66~ - Gen.qual. (BI-Debr 165).XCIQUJ'Clm:a - zurVeri'upDlltellen. Du Verbum bringt ein freiet, verantwonlicbea Handeln des Memcben zum AUidruck. Du Bild vom Kriepdienat paSt in dietem Zusammenhang gut zu dem Begriff der Sünde und des Fleilcbes. Man denke an den Spnchsebnueh der Gemeinde von Qwnnn, dann aber auch an die Stoa WKI an die bell. Mystik. LAGaR 153 macht auf den Untenc:bied zwilchen dem Prüena ~t und dem Aorist KU~ mit R.echt aufmerksam. Auagezeichnet KAlEMANNR170: Gott Bibt in der Rechtfertigung lieh leibet (mit der FOI1IetZung: indem er una in lein Recht'" unter Schöpfer hineinzieht). Anden: indem er Uni die Sünden verJibt und una neu schafft (2Kor 5,17).
210
Das neue Leben aus Jesus Christus
und Vergleich, sondern auch Begründung und nähere Bestimmung. Wahrscheinlich ist auch diese auf die Taufe bezogene Wendung älteres Gut. V 14: Entsprechend der Mahnung: »die Sünde soll nicht König sein« (V 12) schließt sich nunmehr die Verheißung an: ••die Sünde wird nicht zur Herrin werden über euch«. Sie gilt dem Getauften, der einem anderen Herrn dienstbar geworden ist. Gott ist mächtiger als die Sünde, die ihren Anspruch auf uns nicht fahren lassen will. Eine überraschende Sentenz schließt sich an: Getaufte stehen unter der Gnade, nicht unter dem Gesetz. Paulus sieht die Herrschaft der Sünde ganz eng mit der Herrschaft des Gesetzes zusammen: das Gesetz hat der Sünde die Bahn frei gemacht und ihr Vollrnaß heraufgeftihrt (Röm 5,20). Die Herrschaft der Gnade bricht sowohl die Macht der Sünde als auch des Gesetzes. Wie in Röm 5,20 f., so schließt Paulus auch in 6, 14 mit einem Blick auf das Gesetz und mit einer Hervorhebung der Gnade.
b) Röm
6,1~23:
Das neue Leben als Freiheit und Gehorsam
15 Was nun? SoDen wir (weiter) sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz ltehen, 80Ddem unter der Gnade? Das sei feme! 16 Wisset ihr nicht, daß wem ihr euch hingebt als Sklaven zum Gehorsam, dessen Sklaven seid ihr,lO daß ihr ihm gehorchen mü8~ entweder als Sklaven der Sünde zum Tod oder als Sklaven des Gehorsaml zur Gerechtigkeit? 17 Gott aber sei Dank: ihr waret Sklaven der Sünde, habt aber von Herzen den Gehors... gegen die Lehrform angenommen, der ihr übergeben wurdet; 18 ihr seid frei geworden von der Sünde und seid Sklaven der Gerechtigkeit geworden. 191ch rede nach Menschenweise um der Schwachheit eures Fleisches willen. Denn wie ihr eure Glieder als Sklaven der Unreinheit uDd der Gesetzlosigkeit hingegeben habt - und du hat zur Gesetzlosigkeit geführt -,lOgebet nUD eure Glieder als Sklaven der Gerechtigkeit hin - und dal führt zur Heiligung. lODenn als ihr Sklaven der Sünde ware~ da waret ihr der Gerechtigkeit ge-
genüber frei.
21
Welche Frucht hattet ihr damaI.? Solche. deren ihr euch jetzt
schämt, denn deren Ende ist der Tod. 22Jetzt aber, da ihr befreit seid von der Sünde, aber zu Sklaven Gottes gemacht seid, habt ihr eure Frucht zur Heiligung, als du Ende aber ewips Leben. 23 Denn der Sold der Sünde ist der Tod, die Gnadenpbe Gottes aber ist du ewige Leben in Chriltus Jesus, unserem Herrn. V 15: Tl ouv erinnert an V I (d ouv tQOÜJ,lEV) und zeigt eine neue Fragestellung an. Haben wir es in beiden Fällen mit der gleichen rhetorischen Form zu tun? Kann man einen sachlichen Unterschied zwischen V I und V 15 feststellen? Die neue Fragestellung schließt sich eng an die vorangehende These V 14b an. Man könnte sie als »rhetorisch« ansehen; wahrscheinlicher ist jedoch, daß Paulus sich gegen ein erneutes Mißverständnis schützen will. Für Juden liegt der Verdacht nahe, daß mit dem Aufhören des Gesetzes die Sünde sich breit macht. Paulus wehrt den gegnerischen Einwurfgegen seine These (V 14b) ab: J,lT) ytvm1:0 und verwendet nun ein Bild, das von V 16 an in verschiedenen Abwandlungen wiederkehrt. In der menschlichen Situation gibt es nur ein ausschließendes Entweder-Oder; entweder steht der Mensch in der Sklaverei der Sünde, oder er ist
Röm 6,1-23
211
der Sklave der Gerechtigkeit auf der Seite Gottes t • Die einleitende Frage: oUx oibatE (vgl. V 3: ft QyvOEltE) wendet sich an das Wissen der Gemeinde, nicht an die antike Rechtskenntnis. Paulus ruft zur Besinnung darüber auf, wem der Getaufte Dienst schuldig ist. Zunächst beginnt unser Vers mit einer allgemein klingenden Regel: Wem der Sklave zugehörig ist, dem hat er zu gehorchen 2• 6o'Ü~ und i",:axm1 sind grundsätzlich miteinander verbunden: zum Sklavendienst gehört der Gehorsam. Paulus unterstreicht diese Verbindung: nihr seid Sklaven dessen, dem ihr gehorcht«3. Allerdings gewinnt im:axm1 in der inhaltlichen Bestimmung: fltOL ~'tL~ d; Mvatov ft ultaxoil; d; ÖutalpoiMtv eine andere, neue Bedeutung; gemeint ist der freie Gehorsam des Getauften, der unmittelbar mit dem Taufgeschehen verbunden ist. Wie dieser Gehorsam gestaltet ist, zeigt z.B. Röm 12,1-2. Ohne diesen freien Gehorsam des Getauften ist die Taufe nicht vollständig, ist sie vielleicht sogar in der Gefahr, mißverstanden zu werden. Schon hier in V 16 blickt Paulus auf das Ziel und das Ende des Dienstes hin (wie in V 23): die Sünde führt zum Tod (als Gerichtsurteil Gottes)4, der Gehorsam des Getauften zur Gerechtigkeit (als eschatologischer Spruch Gottes). Man darf also nicht verkennen, daß ebmso wie die Rechtfertigungslehre duch die Tdriflehre die Gerechtigkeit Gottts in sich sclditjJt (vgl. Röm 3,26 mit 6,13.16). Die Rechtfertigungslehre hat eine andere Tendenz, auch andere Denkformen als die Tauflehre; doch darf die Rechtfertigungslehre nicht ohne die Tauflehre weitergegeben werden, I PauJus verwendet hier in Röm 6,15 0: nicht du Bild der Frri1ulUng eines Sklaven ( I Kor 7,22), sondern des Wechsels der Herncha.f\; wodurch er sich vollzieht. wird nicbtau.,mihrt. In Wirklichkeit konnte ein deraniger übergang aUi einer Hand in die andere durch Ert.cbaft, Schenkung und ähnliche Verfügungen erfolgen. Der Sklave hat an lich kein Recht und keinen Einfluß aufden Wechsel des Herrn. Die Gesetzgebung der Kaiscrzeit räumt aber den Sklaven unter r-.cn Umständen du Recht ein, einen lOlchen Wechsel zu beantragen. Es kam auch vor, daß Freie sich freiwillig in Sklaverei begaben,.ci es aus Not, um sich den Lebensunterhalt zu sichern, sei es, um aufdicae Weile einen Sklaven frei zu machen (Ielem 55,2). Für PaulUi ist es entscheidend, daß dem Getauften die Möglichkeit gegeben ist, in freiem Gehonam sich seinen Henn leibst zu wählen (was in Wirklichkeit vielleicht eine Ausnahmesituation war). Es ist jüdisches Sklavenrec:bt. daß man entweder &ci wird oder erneute Sklaverei aufsich nimmt (Gittin 4,4). Vgl. K. H. RENosroar, ThLZ 76,1951,659 Ir. 2 Die Kommentare erinnern mit begrenztem Recht an du synoptischeJesUIWon Mt 6,24; U 16,13 oder an die johanneische Regel Joh 8,34, ohne daß man von einer nachzuweisenden Abhängigkeit bzw. BeeinfluDung reden könnte. ) Du zweite cl» in V 16 läßt verschiedene Außiulungen zu: entweder ist es nur Wiederaufnahme dei enten: .. dessen allO, dem ihr gehorcht4C oder ellteht verkürzt für den Gedanken: ..und dem müßt ihr nun gehorchen4C. Eine dritte Möglichkeit bcatülMle in der Außöeung: &b toCJwu 6n = »eben dadurch, daß ihr gehorcht4C. In allen diesen Autiusungen geht es um die Betonung des Gehorsams. • Der Begriff ..Tod. (Röm 1,32; 5,12 Ir.) bedeutet hier, wie auch sonst bei PaulUl, du Gerichtsurteil Gottes über den Menschen, allerdings nicht im Sinn einer notwendigen Folge auf Grund des mcnscblichcn Sündenfalls wie in Röm 5,12 0:, modem als eine eschatologiacbe Möglichkeit, die in Folsedes Ungehonams auch über dem Getauften steht. Der Tod ist also nicht ein für alle Mal durch ein Bundcazeichen wie die Taufe überwunden, mndern steht ab bleibende Gefahr auch über dan Getauften. Der Begriff .Tod4C drückt ein Nein Gottes in einem letzten forenliacben Sinn aus; er steht aber hier im Gegensatz zur eschatologiachen Gerechtigkeit und zum ewigen Leben (vgl. V 21 f.). Die M.sclridtJilbil des paulinischen Todesbegrift"es muß aberzugcatanden werden: a) biologisch natürlicher Tod ab Folge des Uneils Goues (Röm 5,12 O:);b) Verf&llenheit des vorchristlichen Menschen (Kot 2,13; Eph 2,1); c) eschatologisch-forensisches Gerichtsunei1 Gottes ab Folge der verkehnen Entscheidung des Menschen, auch des Getauften (Röm 6,16).
Du neue Leben aua Jesua Chriatus
212
weil heide einander ergänzen und bestätigen. Die Gerechtigkeit, die der Christ im Glauben empfängt, ist gleichzeitig die Gerechtigkeit, in deren Dienst er gestellt ist, aber auch das Ziel, zu dem er gerufen ist. Man darf die venchiedenen Schattierungen des paulinischen Gerechtigkeitsbegriffes nicht übenehen, man darf aber auch nicht seine Einheitlichkeit verkennen: wir haben in allen Fällen ein Urteil GotUs vor uns, das über das konkrete irdische Sein des Menschen hinausgeht und das seine Begründung nicht vom Menschen, sondern von Jesus Christus her hats. V 17: Im Stil eines Dankgebetes 6 bringt Paulus die Tatsache zum Ausdruck, daß die Getauften in Rom sich nicht mehr in der Sklaverei der Sünde befinden, sondern daß sie, von der Sünde befreit, der Gerechtigkeit dienstbar geworden sind. In Form dieses Dankgebeto .• erden die Leser daran »erinnert«, was sie einst waren und was jetzt aus ihnen geworden ist. Der angeschlossene ML-Satz mit seiner Doppelaussage ist ein Beispiel für parataktische Ausdrucksweise; der Dank bezieht sich nur auf die zweite Satzhälfte'. Nach R. Buhmann, ThLZ 12, 1941, 193-198 lag in Röm 6,11 ursprünglich ein gut aufgebauter Zweizeiler vor: xllQ~ 6t ~ tfcp 6n Irre baüM>L l'il~ ~~, ~e~
6l Mb ~ lq,LOQ'tUl; l6ouA.cirihrtE 1ft 6uCQLOO6vn.
Er ist nach R. Bultmann durch den Zwiacbenaatz: impcoOOate 6t bc ~ ~ bv 1&OQE66&rJu TWrOV &6axiK gestört. U npaulinisch sind nach ihm die heiden Wendungen: bc XOQ~ und ~ 6t.6axiK. Allerdings hat der Zwischensatz mancherlei stilistische und sachliche Auflälligkeiten. Die Wendung: max06eL'Y bc ~ (= ein von Herzen Gehonamwerden) soll offenbar eine Umschreibung des freien Gehorsams von V 16 sein. Auffallend ist auch die Beziehung des freien Gehorsams auf die Lehrform, der die Leser (von Gott?) überliefert wurden. T6x~ 6L6axfJ~ ist hier: ••Ausprägung, Art der Lehrece. Entweder beschreibt Paulus das Evangelium als halachische Lehre im Unterschied zu Rabbinat und hellenistischer Popularphilosophie, oder er denkt an eine bestimmte Lehrform im Unterschied zu anderen urchristlichen»Typence. x
Röm 6,1-23
213
anderen bezeichnen (vgl. auch F. W. Beare, On the Interpretation ofRom 6,17, NTS 5, 195~ 1959, 2~210). Dann ist der Christ aus der Herrschaft des einen Herrn in den Bereich des anderen überliefert worden. Im TCm~ 6L6axit; sieht]. Kürzinger eine An Aufriß der Glaubensbotschaft, auf Grund deren (= E~) die Christen ihrem neuen Herrn mit voller Zustimmung (tx xaobta;) gehorsam geworden sind. Er vermutet weiter, daß Paulus dabei auf ein TauCsymbol anspiele. ZnR 322 zog d~ ebenfalls in den Hauptlatz und faßte &v als Objekt zu mlQCl6L66vaL auf: d~ ~bv wnovtfJ~ 6L6axi!!;, ÖV mlQ€Mih)n = »aufden lehrhaften Typos hin, welcher euch übergeben wurdecc (vgl. auch ThW 11 173; BI-Debr 2940,S). Nahegelegt wird diese Auflösung durch die Analogien des im Neuen Testament häufigen nLouUOflal ~L = »mir wird etwas anvertrautc( und des ähnlichen bn~QbtOf.lQl ~L »mir wird etwas anvertraut, aufgetragen« (Philo,Jos 8,8). Am einfachsten dürfte jedoch die oben vorausgesetzte Auflösung des Relativsatzes sein: innpcoUoau -ap Wmp tfJ~ 61baxft!;, ~ &v ~E. 'Ym1xoUELV wird im N euen Testament mehrfach mit einem sachlichen Objekt verbunden (Röm 6,12; 10,16; 2Tbess 1,8). Vgl.jetzt KüemannR 171 (.credo beim Taufvorganr).
Eigentlich erwartet man umgekehrt, daß eine bestimmte Lehre den Menschen übermittelt wird, nicht daß Personen der Lehre übergeben werden'. In diesem eingeschobenen Zwischensatz liegt ein eigenartig »objektivierender« Zug (U'"1xoOOa'tE, naQeö6ih]'te); außerdem finden sich in ihm manche stilistische Fremdheiten, die es schwer möglich machen, ihn dem Kontext einzufügen. V 18: In paradoxer Weise kann Paulus sagen: •• Als Befreite seid ihr wieder dienstbar geworden«. Das Bild der Befreiung beschreibt bei Paulus das H~ilsge st.:hehen am Kreuz (IKor 7,22 f[); die Getauften bleiben Befreite, aber dies Befreitsein vollzieht sich in gleichzei tiger Anerkennung des Herrschaftswechsels. In diesem Zusammenhang stehen die Passiva (UEu&Q(ll&tvtE~, tbouÄ.016'TJte) im Vordergrund, nicht die Imperative. Paulus denkt an die Taufe: in ihr vollzieht sich beides, das Befrei twerden von der Sünde und die Verpflichtung für den Dienst der Gerechtigkeit9 • V 19: Paulus empfindet das Unzulängliche des Bildes (i1~LvOV Uyw = Ka'tcl 6v&{KImOV Uyw Röm 3,5; Gal 3,15)1°.. Um der Schwachheit des Fleisches willen, d.h. um des mangelnden Verständnisses der Leser willen hat er den harten Ausdruck MovÄ.016'TJte verwandt: sie sollen die • Orig. Ruf. 106IB erklärt die .Fonn der Lehre« typologisch: .ie ist Abbild und Schatten der Wahrheit, die wir eintt VOll Angesicht zu Angesicht sehen werden. In der Gegenwan Ipricht man selegeodich von dem .Muster« und .Modell« (TCm~ 6&.6aXil~), nach dem du ganze Leben des Chrilten gefonnt werden soll (A. NVGUN). , Es wird nicht ganz leicht sein, einenfM'tl.ifllllÜll ~. . in Röm 6 festzustellen. Grunddtzlich kommt es PaulUI darauf an, nachzuweisen, daß für den Getauften der Dienlt für die Sünde und ihr Ilecht aufihn auagetchlouen ist. Dazu kommt der ltäßIÜF und wiederbolte HinweU auf die Notwendipeil, daS der Getaufte in den Dienet der Gem:htipeit triu und lieh diaem Einutz Dicht entzic:hL Seide Grundrnotive der pauliniachen Taußebre erginzen einander in dem Sinn, daS die Freiheit VOll der Sünde den Kampf FF' die Sünde DOtwendig zur Folie bat (A. NVOUN). Darum ac:heint in manchen Venen du Pauivum, in anderen der Imperativ du Schwe'lewicht zu lJ'aIeD. lO.J>ie paulinivhe Formd Wtvaa ~ ~ kann venc:biedenen Sinn haben. Str-B 111136 vermutet, daS sie kein feslilehender, aus der Schullprache hergenommener Terminus gewesen ist. An eine jüdische Herleinmg denken Fa. Durrzsat und TH. ZAHN. Vgl. im Hellenismus PPett 1",9; 37,5; 40,4; 43,9; 47,15. Du POIl. Pron. ()1&CirY gebön aemiliaierend zur ganzen Wendu. .: .Schwachheit des Fleiacbel«. KAaEMANNIl172 deutet 6Dttvaa ab Anfechnmg des Christen durch die Rqungen des Fleiac:bes.
214
Du neue Leben aus Jeaus Christus
Verpflichtung, für den Dienst der Gerechtigkeit zu leben, so ernst wie möglich nehmen. Vielleicht hat Paulus nicht so sehr den konkreten Zustand der römischen Gemeinde tadeln wollen (aofttvEUI Ti]; <XIQX6;), als daß er sich auf die Grenze der menschlichen Ausdrucksform einzustellen sucht 11. Das Getriebenwerden des alten Menschen zur Sünde hin müßte einem Getriebenwerden des neuen Menschen zur Gerechtigkeit hin entsprechen. Das Bild des Sklavenverhältnisses hat seinen Sinn, obwohl es dem Bekenntnis zur Freiheit in Christus widerspricht. Immerhin vermag Paulus das paradoxe und einseitige töouMirfhrtE durch die Wiederholung des Imperativs 1tOQ
d
Geist Gottes (8,9) überantwortet. lJ Allerdings fehlt tl~ civo",,", in B petch Ephr. Tm.; vgl. zum Textproblem H. LIETZMANN zSt, außerdem A. PALLII, der mit einer Interpolation rechnet. und H. SAHLIN, Einige Textemenda-
nrv
tionen zum Römerbrief, ThZ 9, 1953, 99.
Röm 6,1-23
215
botes in sich auf. QyLao~ ist Heiligung und Heiligkeit zugleich, weder ein menschlicher Zustand noch eine sittliche Tugend l4 • Nicht das Gesetz, sondern Christus bestimmt den Inhalt dieses Geschehens, das nicht von der Taufe gelöst werden kann. Das Zit! da 1 auft ul tbm dit Hnligung. V 20 f.: Wieder weist Paulus auf die Vergangenheit der Gemeinde zurück: als sie im Dienst der Sünde stand, war sie von der Gerechtigkeit losgelöst 15; aber welche Frucht hatte man damals aufzuweisen? Paulus denkt immer an die Folge und an das Ende eines Dienstes, darum legt sich ihm das Bild der Frucht und des Ertrages nahe. Die Einzahl ))Fruchhc wird abwertend durch die Mehrzahl ))Früchteee (lcp' ol~) abgelöst, weil Paulus an die Vielfalt und Verschiedenheit der menschlichen Handlungen denkt, die den Tod nach sich ziehen (vgl. Gal 5,19.22). Man könnte fragen, ob der folgende Relativsatz hp' o~ ... den Vordersatz weiterführt oder ob er eine selbständige Antwort geben will. Da wir es wahrscheinlich mit einer Antwort zu tun haben, so ergänzt man am besten btEiva bzw. ~Olairta. Paulus will die ))Früchtecc nicht nennen, da sich die Getauften ihrer schämen müssen. Sich schämen ist der Anfang christlicher Lebensweisheit U. Calvin} . Sentenzartig schließt sich das Urteil über diese Handlungen an, im Stil einer katechetischen Unterweisung nicht unähnlich l6 • ~t~ beschreibt hier den Abschluß und das göttliche Gerichtsurteil, das über diese menschlichen Handlungen gefällt wird. Der Tod ist Bild und Ausdruck der göttlichen Verurteilung im Endgericht, wie als Gegenstück das ewige Leben die endzeitliche Heilsgabe darstellt. V 22:Jetzt ist der Umschwung eingetreten (vuvi öt): Die Gemeinde ist befreit vom Dienst der Sünde, ist aber dafür in den Dienst Gottes gestellt worden (zwei Passiva!); jetzt hat sie eine Frucht, derer sie sich rühmen darf, weil sie auf die Heiligung gerichtet ist (dC; aYLaOJlOv). Abschluß und Ende dieses Prozesses ist jetzt das ewige Leben. Die btiden Konstruktionen V 20-2/ und JI 22lauftn wnthin parallel zueinander. Heiligung und ewiges Leben stehen eng nebeneinander, werden aber durch Satzbau und Gedankengang voneinander getrennt: ewiges Leben ist für Paulus noch mehr als Heiligung. Der neue Gehorsam (V 16) ist letztlich die in unserem Text nicht genannte Frucht, die aus der Heiligung stammt und zur Heiligung führt; aber auch er untersteht einem letzten Urteil Gottes, das ihm die volle Gnade der Ewigkeit öffnet. V 2S: Ein neues Bild fügt sich als Abschluß des ganzen Abschnittes an; es will den Gegensatz Tod-Leben, aber auch den Zusammenhang zwischen menschlichem Handeln und göttlichem Richterspruch ins Licht rücken. Das Bild der ))Fruchtee wird aufgegeben, dafür wird an das kriegerische Bild von V 13 neu angeknüpft: die Glieder des Menschen sind entweder Waffen der Sünde oder der Gerechtigkeit. Der Soldat empfängt von seinem Kriegsherrn Sold <Ö'VrovLOV} 17, unter Umständen beim Regierungsantriu eines Vgl. dazu LAGalt 157; Sctu.1EaR 211 r. »Sie wan:n f~i in Bezug auf die Gerechtigkeit.; wir crwancn eigentlich ab TiK Ö~~. Pau1U1 verwendet wieder den Gcgenaatz: ÖOÜ~- ~, aUerdingslO, daß ~ eine eigmanige Färbung bekommt. Vgl. PALLISR 91; BI-Debr 180.197. 16 Ähnlich klingt Hebr 6,8: f1!t ~b ~~ d~ xaiKnv; Philo vin. 182: cbv W ~~ ~(nataL ~tWu· Der Abschluß Röm 6,21.22 klingt katechetisch lehrhaft, ist gewiß formelhaft. 17 ~ (im Sing. und Plur. gebraucht) heißt eigcndich: ..Gekochtes, Proviant, ZukCllt, Löh14
15
216
Du neue Leben aus Jeaul Christus
neuen Herrschers auch einen außerordentlichen Gnadensold (XOQLOJ.lQ = donativum) 18. Als Kriegsherren erscheinen hier gegensätzlich und sich ausschließend Sünde und Gott. Die Sünde gibt als Kriegslohn den Tod, Gott aber gibt als »Gnadensold« das ewige Leben. Der Ausdruck XelQLOJUl ist gewählt, um jeden Anspruch des Menschen auszuschließen. Der feierliche Abschluß unseres Verses beschreibt das ewige Leben als eine Gabe, die an das WerkJesu Christi gebunden ist. Trotz der sentenzartigen Form der ganzen Gegenüberstellung von ihlva't~ und ~wTi gewinnt der Abschluß geradezu die Bedeutung einer Danksagung. Man erinnert sich an den Abschluß Röm 5,21; 6,11.
Exkurs Die Eigenart der paulinischen Taufanschauung I. Es kann als wahncheinlich angesehen werden, daß Paulus anftsle 1,tuJititmnt hellenistisrlter Gemeinc:ien anknüpft, wenn er vom Sterben und Auferstehen der Getauften mit Christus spricht. In den wichtigsten Mysterienkulten der römischen Kaiserzeit (Isis-, Attis-, Dionysos- und Mithrasreligion) hat die Vorstellung von Tod und Wiedergeburt des in den Kult Eingeweihten eine große Rolle gespielt 19. Dabei mag der Gedanke der Obertragung des Schicksals der Gottheit auf den Eingeweihten nahe gelegen haben. Die Weihe schenkt U nsterblichkei t und Vereinigung mi t Gott, wenn auch der Geweihte vorläufig ins Leben zurückkehrt. Ist er gestorben, wird ihm die Unsterblichkeit gehören und er wird mit der Gottheit als "Kind« vereint sein 20• Vorausgesetzt sind also sakramentale, in sich wirksame Handlungen, die auch über den Tod hinaus Bedeutung gewinnen. Es ist damit zu rechnen, daß Paulus feste Formeln und Wendungen, Begriffe und Denkformen aus der urchristlichen Tradition übernommen hat und daß er diese in Röm 6 in seinem Sinn interpretiert. Es darf also nicht ohne weiteres ein Glied aus dem Ganzen herausgelöst und als typisch "paulinisch« angesehen werden, es sei denn, daß es durch den religionsgeschichtlichen und theologischen Vergleich als solches ausgewiesen wird. A. Schweitzer macht darauf aufmerksam, daß Paulus an dem naheliegenden Begriff "Wiedergebuncc
vorübergeht, obwohl dieser durch die sonstige außerchrisdiche und chrisdiche Literatur genügend bekannt war21 • Nach ihm sind Taufe und Herrenmahl aus der jüdischen Apokalyptik stammende eschatologische Zeichen, die zur Teilnahme an der messianischen Herrlichkeit Jesu berechtigen (a.a.O. 254). 2. Bei Paulus ist das Nebeneinander von JruJik4tW und Jmf/eTaliv entscheidend, das keineswegs in eine sakramentale und ethische Gedankenreihe auseinandergerissen werden darf. Es handelt sich vielmehr um eine echte Antinomie, d.h. um sich widersprechende und doch zusammengehörige Aussagen, die aus einem einheitlichen Sachverhalt erwachnung«. Du Wort findet lich häufig bei PoIyb., aber auch in LXX und im Neuen Testament. Es wird als Fremdwort auch in du Hebrii8che und Aramäische übernommen. In den rabbinilchen Stellen teilt der König die LöbnUIIK aUi (Str-B 111 233). 11 Zum Sprachgebrauch von X~ als donativum vgl. ZnR. 328; PAULY-WISSOWA V 1593 und die Wörterbücher. Vgl. Tac. ann. 1,8; 12,41; 14,11; bist. 1,5; Suet. Aug. 10; Claud. 10; Nero 7; Dio Cauius 56,32,2; 59,2,1 f.;JOI. anL 19,247. Apul. Met. XI; M. DIBELlUI, Isiaweihe bei ApulejUl, SAH, 1917. 2o·A. DIETUlaI- O. WEiNUlaI, Eine MithruliturBie, 3. Auf!. 1923. 21 A. SarwEITZER, Die Myatik des Apoetds PaulUl, 1930, 13.
I'
Röm 6,1-23
217
senll. Das eigentliche Heilsgeschehen ist nach Röm 6,3 das einmalige Ereignis des Todes Jesu Christi, und das Getauftwerden aufJesus Christus ist fUr Paulus nichts anderes als ein Getauftwerden aufseinen Tod. In der Taufe vollzieht sich eine übertragung des Todes Christi als eines geschichtlichen und doch eschatologischen Ereignisses auf den Täufling, eine überwindung der zeitlichen und räumlichen Begrenzung dieses historischen Ereignisses durch einen Akt, der an uns vorgenommen wird (vgl. die Passiva!). Unser eigenes Schicksal wird an das Schicksal J esu Christi so gebunden, daß Tod, Begrabenwerden und AuferweckungJesu Christi zu einem Geschehnis an uns selbst wird. Dabei denkt Paulus zunächst durchaus sakramental, aber er verbindet das Zeugnis von dem, was am Getauften geschieht, mit Imperativen und mit.dem Hinweis auf die eschatologische Erwartung. Wie stark Paulus in der Auseinandersetzung mit einer falschen Sicherheit einer hellenistischen christlichen Gemeinde jeden Mißbrauch des sakramentalen Denkens abwehrt, zeigt I Kor 10,1-13. Es hat nur dann sein besonderes Recht, wenn es imGehonam gegen die Taufparänese und in dem Ernstnehmen des göttlichen Gerichtes bewahrt und bewährt wird. Offensichtlich hat Paulus eine hellenistisch-christliche Anschauung auf den T odJesu ausgerichtet und durch die Einarbeitung der Imperative in das Taufgeschehen vor einer falschen Sicherheit geschützt. 3. Man wird dem paulinischen Text nicht gerecht, wenn man den objektiven, sakramentalen Charakter auflöst. Das Schwergewicht der Indikative trägt die Imperative, die nun nachfolgen, mit, ohne daß für Paulus das Empfinden entsteht, ein Zugeständnis zu machen, das die grundlegende Wahrbeit entwertet oder einschränkL Der Leser darf nicht denken, daß die Aussagen des Evangeliums jeden Imperativ überflii.uig machen, oder daß eine idealiatiache Konstruktion sich nur langsam, mit Hilfe des andersartigen Imperativs, durchzusetzen vermag. Immer wieder erhebt sich der Verdacht, daß die sittlichen Imperative in der Erfahrung des Seelsorgers Paulus ihren Ursprung haben. »Er siehtund man wird mit einiger Sicherheit sagen dürfen: im enten Augenblick verwunden, bestürzt und enttäusch t -, daß der .Besitz( des fundamentalen Heiles nicht mit Sündenloaigkeit für das weitere Leben bis zur Parusie identisch ist, und doch hätte man eine lOlche aus dem Heilsbesitz resultierende Sündenlosigkeit der Glaubenden und Getauften als das eigentlich )Natürlichec erwarten können« (0. Kuß, a.a.O. 411). In Wirklichkeit liegt aber die Antinomie zwischen Indikativ und Imperativ in der eschatologischen Situation selbst begründet und kann als notwendig nur von hier aus verstanden werden. Der objektive sakramentale Charakter muß in der Spannung der Äonenlehre durchgehalten werden (Röm 5,12-21). In der Taufhandlung wird-entweder durch diepalästinisch bestimmte Vergegenwärtigung oder durch eine »hellenistisch« beeinflußte Ineinssetzung von Taufe und Todesschickaal - das Evangelium selbst an der ganzen Menschheit wirksam. Der neue Menach ist jetzt wirklich in Verheißung und Glauben; aufkeinen Fall wird der bisherige Mensch unter ein neues Ideal geste1IL Die neue Wirklichkeit in Verheißung und Glauben ist verborgen in Gott (Kol 3.3), muß also notwtrulä, auf die gegenwärtige Situation des Christen in der Spannung der heiden Äonen bezogen werden. Dies geschieht durch die nun einsetzenden Imperative, die den Menschen besonders dringlich vor die Aufgabe stellen. das neue Leben des Glaubens zu ergreifen. »Die Taufe ist die Zueignung des neuen Lebens, und das neue Leben ist die Aneignung der Taufe« (G. Bomkamm, Taufe und neues Leben bei Paulus, Ges. Aufsätze 1,50). 4. Es entsteht die notwendige Frage, in welchem Verhältnis die Reclalftrtigvngslthrt, die 22 R. BULTMANN, Du Problem der Ethik bei Paulua, ZNW 23,1924,123-140; H. WINDlsaI, Du Problem des pauliniachen Imperativs, ebd. 265-281; E. KAaEMANN, Zur pauliniachen Anthropologie. P.u1inilche Perspektiven, 2. Auß. 1972,9-60.
218
Der Todesweg des Menschen unter dem Gesetz
in den ersten Kapiteln entfaltet wird, zur Ttniflehre steht. Grundsätzlich wird man zugestehen müssen, daß Röm 3,21-31; 5,12-21 und 6,1-14 aus verschiedenen Voraussetzungen und Anschauungen entstanden sind; und doch hat Paulus durch Anordnung und Aufteilung dieser Abschnitte der Rechtfertigungslehre einen bestimmten Vorrang gesichert. Das einmalige Faktum des KreuzesJesu liegt allen drei Abschnitten zugrunde und wird verschieden beleuchtet: es ist Sühnzeichen, schicksalhaftes Geschehen, das eine neue Menschhei t konstituiert, und in der Taufe wirksames geschichtliches Ereignis. Wir habm es mit vmchieJnren Formm fÜr Kr~estJuologie.tU tun, die einander bestätigen und vor Entleerung schützen. Um der Auseinandersetzung mit demJ udentum willen, um der Herausarbeitung des Gnadenverständnisses willen hat die Rechtfertigungslehre einen Vorrang. Aber sachlich ist der Begnadigte gleichzei tig der Befreite und mit dem Diens t der Gerechtigkeit Betraute, der in der Spannung zwischen Altem und Neuem steht. Rtchtfertigung und Taule btdingm UIId sichml sich gtgmseitig. Die doppelte Frage Röm 6,1.15 zeigt, daß die Gefahr abgewehrt werden soll, als könne der Empfang der Gnade bzw. der Taufe etwas anderes sein als der Tod des alten und das Leben des neuen Menschen. In diesem Sinn verlangt die Rechtfertigungslehre nach dem Vollzug der Taufe als der rechten Auslegung und Bestätigung des Heilsgeschehens. Die paulinische Theologie wehn durch die Betonung des Im~tivs (Röm 6,4; 1Kor 10,12) eine falsche Sicherheit ab, die die Bedeutung der Rechtfertigung gefährdet. Literatur: K. Mittring, Heilswirklichkeit bei Paulus, 1929; G. Matern, Exegese von Röm 6 (Königsberger Dissertationen); W. Tr. Hahn, Das Mitsterben und Mitauferstehen mit Christus bei Paulus, 1937; G. Bornkamm, Die neutestamentliche Lehre von der Taufe, ThBI17, 1938,42-52; ders., Taufe und neues Leben bei Paulus, ThBI 18, 1939, 23~242 (Ges. Aufsätze 1, 1958,34-50); O. Cullmann, Die Tauflehre des Neuen Testaments, 1948; H. Schwarzmann, Zur Tauftheologie des heiligen Paulus in Röm 6, 1950; R. Schnackenburg, Das Heilsgeschehen bei der Taufe nach dem Apostel Paulus, MThSt I, 1950; O. Kuß, Zu Röm 6,5a, Theol. u. Glaube 41, 1951,430 ff.; ders., Zur Frage einer vorpaulinisehen Todestaufe, Münchener ThZ 4, 1953, 1-17; H. Schlier, Die Taufe nach dem 6. Kapitel des Römerbriefes, EvTh 5, 1938, 33~347 (Zeit der Kirche, 1956,47-56); ders., Zur kirchlichen Lehre von der Taufe, ThLZ 72, 1947, 321-336 (Zeit der Kirche, 1956, 107-129); E. Lohse, Taufe und Rechtfertigung bei Paulus (Die Einheit des Neuen Testaments, 1973, 228-244).
Röm 7,1-25: Der Todesweg des Menschen unter dem Gesetz a) Röm 7,1-6: Das Ende einer Bindung 1 Oder wiuet ihr nicht, liebe Brüder, ich rede ja zu Leuten, die das Gesetz kennen, daß das Gesetz über dfD Menschen 10 lange Herr ist, als er lebt? lDenn die verheiratete Frau ist durch dasGeieez an den Mann gelnmden, 10 lange er lebt. Wenn aber der Mann stirbt, ist sie frei geworden von dem Gesetz, das sie an den Mann bindet. 3 Also wird sie bei Lebzeiten des Mannes als Ehebrecherin bezeichnet, wenn sie sich einem anderen Mann zu eigen gibt; weDD 8ber der Mann stirbt, 10 ist sie frei von dem Gesetz, 10 daß sie keine FJaebrecherin ist, weDD sie sich einem anderen Mann zu eigen gibt. 4 Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz gegenüber in den Tod pgeben durch cIeu Leib Christi, 10 da8 ihr einem anderen zu eigen geworden seid, nämlich dem von den Toten Auferweckten, auf daß wir Gott Frucht bringen. 5 Denn als wir noch im Fleische waren, wirkten die sündigen Leiden-
Röm 7,1-25
219
scharten, die durch du Gaetz geweckt waren, in uuerea Gliedern, 10 aa wir dem Tode Frucht bncllten. 6Jeat aber sind wir frei geworden VOD dem Gesetz, indem wir dem 1IIUben, was UDS in Banden hielt, 10 da8 wir Dun in dem Dellen Geist dieneD und nicht im alten Buchstaben.
Anaryse: Mit Röm 7,14i setzt die Frage nach dem Sinn und der Aufgabe des Gesetzes wieder ein, die bisher zwar in verschiedenen Sätzen schon berührt wurde (Röm 3,20; 4,14 f.; 5,20; 6,14), die aber erst jetzt eine ausführliche Bearbeitung erfährt. Unser Abschnitt bildet einen geschlossenen Zusammenhang, in dem Paulus zum Ausdruck bringen will, daß wir vom Gesetz frei geworden sind und nunmehr dem Christus angehören (V 4) bzw. in der Neuheit des Geistes dienen (V 6). Paulus will den Wechsel zwischen Gesetzes- und Christusherrschaft durch ein Beispiel veranschaulichen (V 1-3), das ebenfalls aus dem Rechtsleben stammt wie so viele andere Bilder und Anschauungen unseres Briefes. Die Frage nach dem Gesetz legt die Frage nach dem Recht nahe. Anschließend wendet sich V 4 der übertragung dieses Beispiels zu: der Christ ist dem Gesetz gestorben (entsprechend V 6: er ist vom Gesetz losgelöst). Man achte auf die Passiva ffiava'torlhrtE und xa'tTJQYf)Ö'r)J1EV, die nicht zufällig sind! Der neue Zusammenhang von c. 7 und 8,1-11 geht vom Gegensatz: .)Neuheitdes Geistes« und ,.aher Ablauf des Gesetzes« (7,6) bzw. dem Kampf zwischen Geist und Fleisch aus (7,5; 8,2 ff.). Das entscheidende Ereignis in diesem Zusammenhang ist die »Sendung J esu Christi in das Fleisch« (8,3-4). Diese Sendung zur überwindung von Gesetz, Sünde und Tod trägt den ganzen Zusammenhang von c. 7 und 8. Für Paulus ist die Frage des Gesetzes eng verbunden mit dem Anspruch Israels, nicht unter der Verurteilung Gottes, nicht unter der Herrschaft der Sünde und des Todes zu stehen (vgl. den Hinweis auf die rabbinische Auslegung: YQ6t!.,w 7,6 und den Hinweis auf die Kunde des Gesetzes 7,1). C. 7 hängt mit c. 8 unter dem Nachweis zusammen, daß die adamitische Existenz die ganze Menschheit ~wammen- und Israel einschließt. Dies Urteil kann gewagt werden unter der Voraussetzung der ).Neuheit des Geistes« (7,6), unter Voraussetzung der eschatologischen Existenz der Getauften (6,4.14.18). Die Antithese: Neuheit des Geistes, nicht alter Ablauf des Gesetzes (7,6) trägt also den ganzen Zusammenhang. Der Bruch in der Taufe (c. 6) überträgt seine Struktur auf den Gegensatz Gesetz-Geist, die apokalyptische Geschichtslehre c. 5,12-21 schafft den Gegensatz zwischen adamitischer und christusfiirmiger Exis~. Die zeitliche Differenz, die in diesem Gegenüber liegt, die Spannung zwischen Individuum und Kosmos, ist nicht zu übersehen. Der Einzelne schafft Unheilsgeschichte, übernimmt aber auch Unheilsgeschichte. Für die Auslegung ist der Wechsel im Stil (Anrede Ihr in Wir übergehend: 7,1-6, übergang in das Ich 7,7-25, in das Du 8,2) zu beachten.
Exegese: Der übergang von Röm 6,23 zu 7,1 0: klingt unvermittelt. Die Anrede äÖEMpo( (V 1) bzw. sogar äÖEMpoL J.lou (V 4) wirkt in diesem Zusammenhang
besonders eindringlich. Unser Vers beginnt mit einem Hinweis aufvorausgesetztes Wissen (i} äYVOEi'tE Röm 6,3). YLVWoXELV v6J.lOv kann verschieden verstanden werden; entweder meint Paulus: die Gemeinde kennt das mosaische Gesetz, oder: sie versteht das menschliche Gesetz und Recht (homines jurisprudentes) 1. 1 An das Ge~tz des Alten Bundes denken Theodoret, CALVIN, BENGEL, H. LI ETZMANN , A. SatLATfEa, C. K. BAJUlETT, an das allgemeine bzw. römische Recht B. WEISS, E. KOHL, A.JOu. CHEa. KAsEMANNR 179 spricht von »geregelter Ordnung« und einem ..schillernden Sprachgebrauch«. Grundsätzlich ist das mosaische Gesetz gemeint. Vgl. ScHI.IEaR 215.
220
Der Todeswcg des Menschen unter dem Gesetz
VieHeicht ist YLVOOaxELV v6J.lov mehr als nur ein »Kennen« des Gesetzes 2• Die nachfolgende Behauptung: »das Gesetz ist Herr über den Menschen, solange er lebt«, paßt besser auf das mosaische Gesetz als auf das allgemein menschliche Recht (vgl. Röm 6,7). Aber für Paulus ist das allgemein menschliche Recht in gewisser Weise analog dem mosaischen Gesetz zu verstehen (Röm 2,12 f.). Paulus knüpft nicht nur an die Kenntnis des mosaischen Gesetzes an, sondern auch an das antike Rechtsdenken. Spricht er vom mosaischen Gesetz, dann denkt er auch an die Rechtskenntnis und die Rechtsverpflichtung des Menschen. XlJQLroELv (= ,,~) heißt hier »Herr sein« (Röm 6,9.14; 14,9). Der Inhalt des Ö"tLSatzes klingt wie eine Rechtsregel. Es folgt in V 2-3 ein Beispiel aus dem Rechtsleben. Auch im Leben der verheirateten Frau (i! 'ß",av6~ 'Y\Ml)3 spielt das Gesetz eine Rolle (lex mari talis). Seine Macht und seine Begrenzung durch den Tod liegen im Eherecht klar vor Augen. Die Macht des Gesetzes besteht darin, daß die verheiratete Frau daran gebunden ist, solange ihr Mann lebt (vgl. 1Kor 7,39). Der Tod des Mannes ist das Ereignis, das der Macht des Gesetzes ein Ende setzt. In xa"tßQYEtoftaL ist ein gewaltsamer Prozeß angedeutet. Solange der Mann lebt, wird die Frau eine Ehebrecherin heißen 4 , wenn sie das Gesetz bricht, unter dem sie steht. Y(VEO'itaL Qv6Q( erinnert an den alttestamentlichen Sprachgebrauch (Dt 24,2; Hos 3,3). V 4: Die übertragung des Beispiels wird durch Ö>atE und durch die erneute Anrede Mdcpo( J.l0lJ eingeleitet. Konnte der Christ in Bezug auf die Taufe bekennen, daß er mit Christus gestorben sei, daß er aber auch mit ihm leben werde (Röm 6,8; 2Tim 2,11), so ist dies Sterben gleichzeitig eine gewaltsame Loslösung vom Gesetz: »ihr seid dem Gesetz getötetee bzw. »jetzt aber sind wir vom Gesetz getrennte( (V 6). Die Verbindung von Taufe und Tod zieht also auch die Befreiung vom Gesetz nach sich. Auffallend ist die Beschreibung des Vollzugs dieses Sterbens: es geschieht durch den »Leib« des Christus. Gemeint ist offenbar die Hingabe des Leibes Jesu in seinem Sterben, nicht die neue Gemeinschaft der Glaubenden 5 . War der Tod Christi Befreiung von der Bindung an das Gesetz, so ist seine Auferstehung die Grundlage für eine neue Bindung: die Glaubenden gehören nun dem Christus an, der von den Toten erweckt wurde. 61.(\"tO'Ü exOf.UI"tO!; entspricht geradezu der Hingabe des Leibes Christi und klingt hier bekenntnisartig. Durch das Bild vom Fruchtbringen wird 2 Die Wendung könnte bedeuten: »den Sinn des Gaetzea ventehen«. »Paulus hat dem Rabbinat nicht zuptanden, daß es du Gesetz kenne« (A. ScHLAlTU). J '" {m~ ~ (im Neuen Testament nur hier) mnnen an ähnliche Wendungen in Num 5,20.29; Prov 6,24.29; Sir 9,9; 41,23; TestLev 14; Polyb. 10,36,3; Arternid. 1,80; Athen. 9,399C. Zur Formulierung: »Du Gesetz des Mannes« vgl. A. JULICHU, Schriften des Neuen Testaments 11, 1908, 263: »... das treffend als Gesetz des Mannes bezeichnet wird, weil es im Altenum nur Rechte des Mannes über die Frau gab« . .. XQIIJ&(ß~v heißt eptlicb: »ein Geschäft ausüben, öffentliche Angelqenheiten besorgen, einen Namen bekommen oder annehmen« (Apgll,26;JOI. ant. 8,157; 13,318; bell. 2,488). Zum gnomischen Fut. vgl. Bl-Debr 349. S Zunächlt erw&net man die Wendung: »ihr seid dem Ge.etz gestorben durch den Tod.. und in dietem Sinn paraphruiert l.ap'R 162: ltCiurcb die Tatsache des Todes Chrilti, der alle Christen in der Taufe zu einem Leib vereinigt«. Orig. Ruf. 1073C deutet CXÖfMl aufden Tod Christi, da er an seinem LeibeuuereSünden trug (ebenlO Ten.Chrya. Ambr. Ambstr.). Vgl. E.SatWEIZEIl, ThWVII 1064; KAsEMANNR 179 f.
Röm 7,1-25
221
ein neuer Gedanke eingeflihrt (Röm 6,21 f.): aus der Gemeinschaft mit Christus erwächst Frucht rur Gott. V 5 f.: In diesen beiden letzten Versen unseres Abschnittes stellt Paulus noch einmal ausdrücklich Einst undJe~t einander gegenüber: ehe die Wende eintrat, war der Mensch durch das »Fleisch« bestimmt, wirkten sich die sündhaften Leidenschaften gerade infolge des Gesetzes in den Gliedern aus und bewirkten eine Frucht zum Tode. Jetzt aber, nach der entscheidenden eschatologischen Wende, ist dieser Todesweg: Fleisch, Sünde, Gesetz, Tod unterbrochen. Durch den Tod des Christus tritt an die Stelle der Gesetzesherrschaft die endzeitliche Erneuerung durch den Geist Gottes, die dem alten Äon des Buchstabens entgegengesetzt ist. In V 5 finden wir alle Begriffe vor, die für den folgenden Abschnitt Röm 7,7-25 notwendig sind; man kann geradezu in V ~ eine thtmatischt Voraumalunt der beiden folgenden Abschnitte Röm 7,7-25 und 8,1-11 sehen. Wenn Paulus in unserem Vers sagen kann: »Wir waren im Fleisch«, dann will er damit die Zeit vor der Taufe als den alten Äon beschreiben, welcher der Äon des Gesetzes ist. Bricht die Herrschaft des Gesetzes zusammen, so ist damit der alte Äon vergangen. Weil Christus als Bringer des neuen Äons das Gesetz ablöst, steht auch der Christ jenseits des Gesetzes, ist er dem Gesetz gestorben; sein Leben»im Fleisch« ist daher - von Gott aus gesehen - überwunden. Die Existenz »im Fleisch« war ein Leben nach natürlich-menschlichen Gesichtspunkten (= nach irdischem, vergänglichem Maßstab6 ). Der Ausdruck 't
• tiJv tv ooQX' bqegnet auch in Gal 2,20, allerdings in anderem Sinn. In Ga! 2,20 wird das irdiach-natürliche Leben mit seinen Bindungen, Notwendigkeiten und Verpflichtungen a1s.Leben im Fleisch« beschrieben. Auch der Christ steht in diesem ird.iach-natürlicheo Leben. Röm 7,5 weicht als Formulierung von G&12,20 ab. Hier in Röm 7,5 ist du »Leben im Fleilc:h« durch die Taufe a~ ben, weil es ein Beherrachtaein von fremden Mächten ist. 1 Die Deutung des Genitivs ist in der Exegese umstritten. PaulUl kennt Leiden als Widerfahmiue von außen (Rörn 8,18), aber auch Leidenschaften, die als Anfechtung von innen her kommen (~ jAQ1a - bnhiMm nach G&15,24). PaulUl fiihn in Röm 7,5 den Begriffunvermitte1t ein, ohne ihn im folgenden Abschnitt wieder aufzunehmen (vgl. dagqm den Sing. bnhtUa in Röm 1,7 f.). yei'to bezeichnet hier den ZUltand und ist medial gebraucht (.uch wirbam erweisen«). • Eigentlich erwartet man ein zu ergänzendes Subjekt zu ~ W ~ (etwa "'~). , Eine besondere VITWtINitscJt.f' stellt sich ()I1isc/rIII Ptabu _ 4Esr. '--s: »Doch nahmst du nicht das böse Herz von ihnen, daß dein Gesetz in ihnen Früchte trüge. Ein böIea Herz trug schon der erste Adam, kam 10 in Schuld und ward besiegt, desgleichen alle, die ihm entstammen. So ward die Krankheit dauernd; es war zwar in des Volkes Herzen du Gesetz, jedoch zusammen mit dem
mw-
222
Der Todesweg des Menschen unter dem Gesetz
wandelt er in der neuen Weltzeit, in der Gott das Leben schenkt (xaL v6tTJ~ ~wiJ~ Röm 6,4 = xaLV6tTJ~ JtVEUJ.lm:~ Röm 7,6). XQLVOtt]~ und JtaÄ.aL6n]~ bilden hier ein Gegensatzpaar, das mehr zum Ausdruck bringt als )neu« und »veraltet« (2Kor 3,6.14). Ebenso ist der Gegensatz: JtVWJ.LQ-y()(lf.lJ.lQ (Röm 2,29; 2Kor 3,6), der die Trennung zwischen dem urchristlichen und jüdischen Verständnis der heiligen Schrift durchführt, grundsätzlich und absolut. XQLv6t'1~ und JtaAmOt11~ beschreiben den Unterschied zwischen dem neuen und alten Äon. Das Kommen des neuen Äons schließt die »Neuheit« des Schriftverständnisses in sich und macht damit das rabbinische Wort zu einem »veraltetencc (Hebr 8,13). Die JtaA.at6t11~ ist also eine Konsequenz der XQLV6ntS. JtVEÜJ1Q ist das charakt~ ristische Zeichen fur das rechte Verständnis des Alten Bundes, während yQ«JA.JA4 als polemische Abgrenzung auf das Gesetz als äußere Vorschrift, als Geschriebenes und Vorgeschriebenes hinweist. Das Auftauchen der beiden Gegensatzpaare XQLVOtt]~ und JtaAQLOtt]S, JtVEÜJ.lQ und yQCtf.lJ.lQ zeigt, daß Paulus sich in diesem Augenblick in der Auseinandersetzung mit dem jüdisch-rabbinischen Gesetzesvers tändnis befindet 10.
b) Röm 7,7-25:
Un~r~ G~bund~nheit
Der Ruf nach Q)
an
Ges~tz,
Fleisch,
Sünd~
und Tod
d~m Befr~i~r
V 7-12:
'Wu 100m wir Dun sagen? Ist du Gesetz Sünde? Du sei femel Allerdings hätte ich die Sünde nicht kennenplemt außer durch du Gesetz; denn die 8eKienle hätte ich nicht erfahren, wenn du Gesetz nicht geagt hätfe: du IOIIst Dicht begehrenl 8Die Sünde aber erhielt Anato8 durch du Gebot und wirkte in mir jegliche Beperde; denn ohne du Geaetz ist die Sünde tot. 9Ich üer lebte einst ohne du Gesetz; ... üer das Gesetz kam, lebte die Sünde auf. 190 Ich aber starb, und 10 erwies lich mir das Gebot, du zum Leben ppben war,'" todbriDgend. 11 Denn die Sünde erhielt AnaoS durch du Gebot und betrog mich und tötefe mich durch du.elbe. 12 AIao: das Geaetz ia heilig, und du Gebot in heilig, gerecht und gut.
schlimmen Keim. So schwand, was gut, das Böse blieboc (3,20-22). Der Mensch geht zugrunde, aber die Herrlichkeit des Gesetzes bleibt: .. Wir, die wir du Gesetz empfingen, gehen zugrunde wegen unsenr Sünden samt unserem Herzen, das es aufgenommen. Doch geht das Gesetz nicht zugrunde, es bleibt in seiner Herrlichkeit« (9,36). Auch 4Eara bezweifelt die erlösende Kraft des Gesetzes, erkennt aber seine bleibende Herrlichkeit an. 10·ln den TextaUlpben von BUA (1565), ELZEVIR (1624, 1633) findet sieh die erleichternde LA ~~t die auch in Min 242 vertreten wird. ~~ bedarf vielleicht des Zusatzes w\rtq> (= up v6tMp); bei den weadichen Zeugen findet sich vielfach die Textänderung: 'tOÜ ~ J&OU 'tOÜ tavchou (00 Ambatr). Man kann tv 4» xa"tE..~ auf~ zuruckbeziehen oder neutrisch als Attraktion verstehen (= ~e; W'Cmp tv 4> xatnx6t1e&a). xattxro6a.. erinnert an du Bild von der Kerkerhaft (Gal 3,23 (), das in diesem Zusammenhang den besonderen Notstand des natürlichen Menschen zum Ausdruck bringt: von innen her bedrohen ihn die Leidenschaften, von außen her nimmt ihn das Geletz in Gewahrsam. Wichtig ist, daß für Paulus gerade der Jude, der im Besitz des Gesetzes ist, ein Gefangener ist (R. BULTMANN, Theologie des Neuen Testaments, 1968, IBO).
cmb
Röm 7,1-25 ~)
223
\" 13-17:
So ist also das Gute für mich zum Tode geworden? Das sei feme! Vielmehr hat die Sünde, damit sie als Sünde offenbar werde, durch das Gute mir den Tod sebracht, damit die Sünde über alle Maßen sündig würde, und dies geschieht durch das Gebot. 14 Denn wir wissen, cla8 das Gesetz aus Gottes Geist stammt; ich aber bin von fleischlicher Art, unter die Macht der SÜDde verkauft. IS Denn was ich voUbrinp, erRnDe ich nicht; denD nicht du, was ich will, tue ich, ~n was ich hasse, tue ich. 16WenD ich nun du tue, was ich nicht will, 80 ttimme ich dem GeRb darin zu, da8 es pt iIt. 17 Dann aber bin nicht mehr ich ~ der du Bö.e vollbringt, sondern die in mir wolmende SÜnde. 1l
y)
V
1~25:
18 Denn ich weiB, cla8 in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Denn das Wollen ist bei mir vorhanden, nicht aber das Vollbringen des Guten. 19Denn ich tue nicht das Gute, das ich eicendich will, sondem du Böee, das ich nicht wiU, das tue ich. WenD ich also das tue, was ich nicht will, so vollbringe nicht ich duselbe, sondern die in mir wohnende Sünde. 11 Ich finde also das Gesetz, da8 bei mir, der ich doch das Gute tun will, nur das Böee zustande kommt. 11 Denn ich stimme dem Ge8etz Gones nach meinem inneren Menachen mit Freuden zu, 23 sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das im Krieg I;~ mit dem Gesetz meiner Vernunft und mich fesselt unter das Gesetz der SÜDde, das in meinen Gliedern ist. 24 Ich unglückseliger Mensch! Wer wird mich erlösen aus diesem Todesleib? 2.5 Dank sei Gon durch Jesus Christus, unsem Herrn! AllOdiene ich nun mit dem VerstaDd dem Gesetz Gottes, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde. BmrITlcung ~um 1 nc/: Es gibt and~re Möglichk~it~n, d~n Abschluß d~s T~xtes kritisch zu bearbdt~n: 1. durch l1mst~lIung d~r Verse: V 23.25b.24.25a, 2. durch Annahm~ ('in~r Gloss~: Man erwägt, ob Röm 8,2.1.3 od~r Röm 8,2.1 (Gloss~: Röm 8.1) an die Danksagung Röm 7.25a anzuschli~ß~n sind.
Ana(yst': Mit Röm 7,7 beginnt ein neuer Stil in der Beweisführung; man darf den rhetorisch-dialogischen Charakter des folgenden Abschnittes nicht verkennen 1. Vor allem fällt die Einführung des Ich-Stiles auf, der in dem neuen Abschnitt neben den feststellenden Lehrsätzen eine besondere Bedeutung gewinnt;ja, man kann sagen, daß dieser Ich-Stil im Römerbriefeinzigartig ist. Der Gedankengang läßt festgefügte Abschnitte erkennen: V 7-12 wird durch die Frage bestimmt, ob das Gesetz Sünde sei. V I ~ 17 steht unter der neuen Frage, ob .)das Gute« für den Menschen zum Tode führt. Der letzte Abschnitt V 18-25 schließt sich an ein Bekenntnis an (olöa yfJ.Q ön V 18). Das Problem bleibt ungelöst, wieweit dieser letzte Abschnitt Ilxtkritisch in Ordnung ist und wie er ursprünglich abgeschlossen hat. Man könnte den Versuch machen, die Verse 2~25 umzustellen (V I Zum Problem der Stilfonn vgl. W. G. KüMMEL, Röm 7 und die Bekehrung des Paulus, 1929, 119 ff. Zur Fragest~lIung: E. VON DOBSCHO"rZ, Wir und Ich ~ Paulus, ZSTh 10, 1933,251-272. G. 8oRlliKAMMM, Sünde, Gesetz und Tod. Das Ende des Gesetzes I 51~9; E. BRANDENBURGER. Fleisch und Geist, 1968. 46--48.
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Der Todesweg des Menschen unter dem Gesetz
23.25b.24.25a), um dadurch einen logischen Gedankengang zu erreichen 2 • Man könnte aber auch mit noch schwierigeren Textverhältnissen rechnen (Bearbeitung, Glossen) und die Frage aufwerfen, inwieweit die Zusammenhänge von Röm 8,1 ff. heranzuziehen sind, um Röm 7, 1~25 zu ergänzen 3 • Trotz des rhetorisch-dialogischen Stiles darf man nicht verkennen, daß das Ganze eine gewisse RlzylhmiJc in sich trägt; vielleicht könnte man sogar von Strophen statt von Abschnitten sprechen. Diese Rhythmik zeigt sich am deutlichsten durch einen Vergleich mit dem Kontext: man achte auf die beiden Klammern Röm 7,6 und 8,2 mit ihrem ganz anderen Stil! Paulus spricht nicht von einem beliebigen •• Ich~~, sondern von einer an seine Person gebundenen Erfahrung, die der Mensch unter dnn Gese~ mit dem Gesetz machen muß. Es ist also der Jude, der die Strenge des Gesetzes an sich selbst erfährt und der nun in einem feierlichen Bekenntnis entscheidende Selbstaussagen macht. Wir haben es nach Röm 3,21-31 und 5,12-21 erneut mit einem zentralen Abschnitt unseres Briefes zu tun. Und doch sind diese Aussagen über die Erfahrungen des Menschen mit dem Gesetz keineswegs individueller Art, sondern wollen grundsätzlich normativ und allgemein gültig sein. Das paulinische ~dch« kann verschiedene Färbung annehmen, wie ein Vergleich von Röm 7,7 ff. mit 1Kor 13, I ff.; Gal2, 18 ff. zeigt. Manchmal kann es geschichtlich-allgemein verstanden werden, so daß weder auf die Person des Paulus noch auf die geschichtliche Besonderheit des Vorgangs ein besonderes Gewich t zu legen ist. Manchmal dagegen scheint es ganz anders zu sein: die paulinische Schilderung stellt eine btispielJw.fte,paradigmtllische Erfahrung heraus und will die Allgemeingültigkeit eines theologischen Satzes durch die Besonderheit der Erfahrung unterstreichen. In diesem Fall liegt auf der Geschichtlichkeit des Vorgangs ein besonderes Gewicht. Bei der Deutung des pauJiniscJrm »/eh« in Röm 7,7 ff. versuchte man zunächst, Erinnerungen an die Kindheit des Paulus bzw. an die Zeit vor seiner Bekehrung festzustellen (autobiographische Deutung)·. Dabei ist die überlegung wichtig, daß auch im Rabbinat verschiedene Lebensstufen unterschieden werden (Ab 5,24): mit 13Jahren wird der jüdische Knabe bar-mizwa, also für sein Tun verantwortlich. Schon vorher (seit seiner Geburt?) lag der "böse Trieb« in ihm, aber erst mit 13 Jahren beginnt der Kampf zwischen den beiden "Trieben« und damit die Verantwortlichkeit des Menschen. Dabei ist vor allem an den Geschlechtstrieb gedacht. Daß die paulinische Konstruktion allerdings wesentlich von der rabbinischen abweicht (Stellung zum Gesetz!), darfnicht übersehen werden. Man hat den Gebrauch des ,) Iche( in Röm 7,7 ff. auch als eine rhetorische Stilfonn ansehen wollen. Tatsächlich gibt es in der rabbinischen Diskussion einen LthTstil in der »/eh,,-Foma (Ber 1,3; Ab 6,9b), wie auch das Griechentum gelegentlich ähnlich dialogisch reden kann s. Allerdings werden die angeführten Beispiele (besonders aus demJ udentum) 2
Fa. MVLLEI., ZNW 40, 1941, 249 f[
R.. BULTMANN, ThLZ 72, 1947, 198 f[ A. DEISSWANN, PaulUl, 1911,64 f.; W. D. DAVIES, Paul and RabbinicJudailm, 1948,24 f[;J.Jt:. REMIAS, NuntiUllOdalicii Ncoteswnentici Upealiemi.s 2, 1949,8; zum Problem auch E. STAUFFEa, ThW 11 355 f[ Nach W. D. DAvlESunteracheidet PaululdrliStGd;".: I. Unberührtheit von derSünde, .Unschuld«; 2. Auftreten des Gebotes und Wachwerden der Sünde; 3. Du Kommen des Geistes und die Befreiung (5. 24). s Zum .Icbstil« des Rabbinates vgl. Der 1,3 du Beiapie1 R.. TarphonJ. Anekdoten, Erlebniaae, 10gar Encheinunaen dienen zur Begründung einer halachiachen Regel oder Anschauung. EI ist aber 1
4
Röm 7,1-25
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keineswegs so zu verstehen sein, als läge dieser Stilfonn kein faktisches Geschehnis zugrunde. Tatsächlich denkt man bei der rhetorisch-generellen Deutung von Röm 7,7 ff. an den Menschen unter dem Gesetz, dessen objektive Lage vom Standpunkt des Glaubens aus beurteilt wird 6 • Er ist zerspalten. Es geht also nach R. Bultmann um »transsubjektive Vorgänge«, in denen der Mensch zur •• Eigentlichkeit« des •• Ichseinscc gerufen wird, aber den Anspruch Gottes nicht versteht'. Eine vom rhetorisch-generellen Verständnis sich unterscheidende heilsgeschichtliche Deutung legt Wert darauf, daß in Röm 7,7-25 die latente Krise des Gesetzes und des Gesetzesmenschen aufgedeckt wird (Röm 10,4: Christus als Ende des Gesetzes)8. Neuerdings wird auch die refonnatorische These erneuert, daß Paulus von der Bedeutung des Gesetzes für den Christen spricht: auch er lebt noch in der alten Weltzeit, auch er ist noch den Bedingungen der Sünde unterworfen. Gerade der Christ weiß etwas von dem Zwiespalt zwischen Wollen und Vollbringen (A. Nygren). Es scheint mir, daß weder eine rhetorisch-fiktive noch eine psychologisch-subjektive Deutung dem exegetischen Tatbestand gerecht wird. Gegen die refonnatorische Auffassung, die an die Stellung des Christen zum Gesetz denkt, müßte die Frage erhoben werden, ob nicht Gal 5,1~18 den Kampfzwischen Fleisch und Geist anders beschreibt als Röm 7,7-25 den Kampf zwischen Fleisch und Gesetz. Der aussichtslose Kampf des Menschen unter dem Gesetz wird von dem Menschen unter der Verheißung wieder aufgenommen. In Röm 7,7-25 geht es um den Menschen unter dem Gesetz und um die Krise des Gesetzes überhaupt, aber in dieser Situation wird die Not des Menschen und die Ausweglosigkeit seiner Lage vor Gott aufgedeckt. Der Mensch unter dem Gesetz erkennt also durch das Wirken des Gesetzes die tiefste Not des Menschseins überhaupt. Wichtig ist als Parallele zum Ich-Stil von Röm 7,7 ff. der Sprachgebrauch in den Hodajot. Auch dort wird die persönliche Erfahrung des Beters mit der allgemein gültigen Aussage über die Verfallenheit des Menschen aufs engste verbunden. Auch in den Hodajot spricht der Geistträger, in den meisten Fällen der Lehrer der Gerechtigkeit selbst. IQH 4,29 f.: •• Was ist das Gebilde von Lehm, daß es Wunder rühmte? Ja, es ist in Sünde vom Mutterleib bis zum Greisenalter, in der Schuld des Treubruchs, und ich weiß, daß der Mensch keine Gerechtigkeit hat.« IQH 3,23 ff.: .)Aber ich, das Lehmgebilde, was bin ich? Geknetet mit Wasser! Wem werde ich zugerechnet, und was ist mein Können? Denn ich habe ,estanden im Gebiet der Bosheit zusammen mit Elenden in einem Los.cc Vgl. IQH 1,21 ff.
Exegese: V 7: Die Frage: tL oUv tQO'ÜJ.lEV zeigt den Beginn einer ne.uen Auseinandersetzung aufl. Gefragt wird, ob das Gesetz etwas Sündhaftes oder Sünde Bewirkendes sei, ob es im Widerspruch zu Gottes heiligem Willen stehe 10 • Eine nicht möglich, diesen .. Ichstil« dem hdlenistiach-rhetorischen Material ein- bzw. unterzuordnen. Rhetorisch generdl im eigen dieben Sinn ist Philo somn. I 176. Hier wird weder auf du penänliche noch auf das geschichtliche Moment Gewicht gdegt. 6 Daß der ganze Abschnitt Röm 7,7 fT. aus hellenistisch-christlichen Vorauucuungen verständlich wird, habenG. F. MoolE,Judaism 1,484; W.G. KOMMEL,a.a.O. 118betont.DasBcsondereunacres Abschnittes besteht in der Schilderung der Zerspaltenheit des MCDJehen. KAsEMANNR 179 spricht mit Recht von einer Breite der Variationsmöglichkeiten: verständlich wird solche Skala, sofern sich mit dem irdischen Stand außerhalb des Rcgnum Christi faktisch die Vcrfallcnheit an die Wdt und ihre Mächte verbindet. ~ R. BULTMANN, Röm 7 und die Anthropologie des Paulus, Imago dei, 1932,62. • Richtig ist die Beobach~ E. STAUFFElS in TbW 11 356: ..Aberdicsc Ocutung wird dadurch erschütten, daß bei genaucrem Zusehen der Ichstil von Röm 7 nicht der hypothetisch fiktive Paräncscnstil von 1Kor 13, IOndern mehr der historisch parad igrnatische von Gal2 ist.ce DU z"sfMlUnluit du [elt ist ,;,. K~nellnt ths MlIISduft .1IIn _ Gu,~. 'Vgl. Röm 4,1; 6,1; 7,7; 8,31. 10. Die Frage: 6 ~ iq,IaQt{a klingt venürzt; es fehlt die Kopula tat(v.
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Der Todesweg des Menschen unter dem Gesetz
derartige Fragestellung klingt wie eine falsche Konsequenz aus Röm 7,1-6, braucht aber nicht rein rhetorisch zu seinlI. Die Abwehr J.lfl ytvot.'to (3,6.31; 6,2) entspricht dem paulinischen Stil und hat hier besonderes Gewicht. Allerdings würde der Mensch die Sünde nicht kennengelernt haben, wenn nicht das Gesetz in sein Leben getreten wäre. Das gilt sowohl für Adam als auch für den Juden schlechthin. iüJ.a ist in diesem Zusammenhang einschränkend: »zwar ist das Gesetz nicht Sünde, wohl aber offenbart es uns das Wesen der Sünde«12. fyvwv bezeichnet hier nicht ein theoretisches Kennenlernen, sondern eine konkrete Erfahrung (vgl. 2Kor 5,21: 'tOv J.lTt yv6vta). Es folgt eine Weiterführung des Gedankens (yl!Q), wobei auf den Nährboden der Sünde, nämlich auf die Begierde verwiesen wird. bn6uJ.l(a ist hier, ähnlich wie bei Philo itbovit, geradezu die Wurzel alles übels 13• Paulus setzt eine jüdische Tradition voraus, nach der Beginde, Siindt und 10d wie in der Sündenfallgeschichte (Gen 3) eng miteinander zusammenhängen. Diese Tradition findet sich auch inJak 1,15. Man erinnert sich an die Klage über das »böse Herz« bei 4Esra, an die Auslegung des Dekalogs bei Philo und an die hellenistische Paränese, die vor der Macht der »Begierde« (btL6uJ.l(a) und der »Lustc( (itbovit> wamt l4 • Das Gesetz spricht: »Du sollst nicht begehren« (oUx bn6uJ.lTJOE~) und verbietet damit nach Paulus den Akt des Begehrensschlechthin. Gemeint ist zunächst Ex 20,17; Dt 5,21 (= 10. Gebot), wobei allerdings durch das Entfernen der Objekte (z.B. Haus, Weib. Knecht, Magd) der Sinn radikalisiert wird 15. Solange das »Begehren« lediglich in einem Wunsch des Herzens besteht. ist nach rabbinischer überzeugung das Gebot Gottes noch nicht übertreten; versucht man aber, diesen Wunsch zu verwirklichen, so tritt man damit unter das Verdikt des Gebotes l6 . Paulus versteht das Gesetz als den Weg, die Begierde bzw. den »bösen Trieb« aufzudecken". Hat nach rabbinischer Auffassung das Gesetz die Aufgabe, den bösen Trieb niederzuzwingen, so ist es nach Paulus außerstande. die Begierde auch nur einzudämmen; es bringt 11 .Die hier in. AUSC ,cfaßac Folscrung ist apiter von Irrlchrnn wie Marcion mit kunachlü_ip Kühnheit gezogen wordm- (GAUOualt I 197). 'J 6U6 fühn aIao nicht in die Verteidigung da Gaetzea ein,lOIIdem gibt etwas Richtip zu (A. PALLI5, W. G. Ke .... EL). Was Sünde i.t, zeigt das Geletz. U Von der Macht der .Begierde« !pricht Philo vor allem in dec:al. 142 f[; 150; 173. '4 Die geschlechtliche Bqierde ist in den .böeen Trieb« einbezCJlm, wenn lie auch nicht Ichlechthin mit ihm gleichzusetzen ist. Auch bei Philo fanden wir die enle Verbundenheit zwiachen geachlechdichem Verlangen und u.rechten Handlungen. Er unterscheidet jedoch zwilchen dem Verlangen nach inniaer Gemeinachaft und der Lust des Körpen, die der Anfang ungerechter und UDgCletzlicher Handlungen ilt (opif. mund. 152). U V,L ähnlich Pbilo decal. 142 f[ Str-B 111 235 Ir. FA acheintlO, ala wenn Paulua die SündenfAll-Geschichte immer wieder vor Aulen hätte. Das Gebot Gotta war nicht imstande, den .böeen Trieb« zurückzuhalten oder zu entmächtip, ja, a war lOpI' die Vorauaetzung für die Erweckuna der Begierde. Und doch nimmt Paulua dem Dekalog nichl die Ehre: er ist für ihn mehr ala ein VOlkagCletz larads, und er vermag, bis ins Herz des Menschen mit seiner Machl vorzudringen. " Der Gegensatz zwilchen dem Geilt der Wahrheit und dem Geist der Verderblheit, entsprechend auch zwilchen dem gefatigten und dem lündhaften Trieb fandet lich mit beIOnderer Betontheit auch in den Schriften von Qumran (IQS 4,23-26; 5,5; Dam 2,16; IQH 5,6; 6,32; 7,13; IQ 3,9.10). V,I. Teat.Auer 1,5-9; 3,2.
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vielmehr die Begierde zur Herrschaft.über den Menschen 18. Das Geset~ löst also im Menschen einen todhringenden Pro~eß aus. V 8: Die Wendung: Qq>OQJ.1Trv A.aJ.1ßavELv kann heißen: ))einen Anstoß bekommen, seinen Ausgangspunkt nehmen, einen Angriffspunkt finden«; wie in V 11 ist der Genitiv ÖUl Tf); h'tOA.'i\; zu diesem Partizip zu ziehen 19. Die Sünde als geistige Macht bedient sich des Gebotes und vergiftet den Menschen durch die Erweckungjeder Art der Begierde ("äon mL'Ö'uJ.1La). Der Vorgang bleibt kein einzelnes Ereignis, sondern wird zu einem dauernden Prozeß. Das Wachwerden der Begierde erstreckt sich auf jedes Gebiet (Steigerung). Auffallend bleibt die Parallelität zwischen V 8 und V 11, die sicherlich nicht zufällig ist 10 • Man denkt am besten an eine lullenistisch geforhte Interpretation der Sündenfall-Geschichte (Gen 3, 1-7). Paulus spricht weder von der Schlange noch vom Satan (2Kor 11,3), betont aber die Aktivität der Sünde (wie in Röm 5,12). Sie hat als geistige Macht satanischen Charakter, weil sie das Gebot mißbraucht. Was sich einst geschichtlich und typisch abspielte, wird bestimmend für jeden Menschen, und damit auch für denjuden Paulus. Der Jude ist eben nicht nur Mensch, sondern auch Repräsentant der Menschheit. Paulus beschreibt nicht nur ein Geschehen der Vergangenheit, sondern auch eine Regel und innere Gesetzmäßigkeit, so daß seine Auslegung der Sündenfall-Geschichte in seinem besonderen Lehrstil zum Ausdruck kommen muß. Bezeichnend ist auch der Zusatz: ))ohne das Gesetz ist die Sünde tot« (= unwirksam, kraftlos)ll. Nur dort, wo Gesetz ist, ist übertretung (Röm 4,15), und nur wo übertretung ist, gibt es im eigentlichen Sinn Schuld. Das Geset~ macht die Sünde ~ur verantwortlichen, vor dem Gericht Gottes strafbaren Handlung. Auch hier denkt Paulus rechtlich. Paulus meint also nicht, daß das Gesetz die Sünde »bewußt-« oder ))offenbarmache« oder daß die Sünde erst am Gesetz entstehe; es geht ihm vielmehr um die Herausarbeitung des Wesens der Sünde coram deo. »Erst in der 'Begegnung des Menschen mit dem Gesetz wird die Sünde als Sünde geboren« (Gaugier R 202). V 9: Wieder tritt im Ichstil eine Schilderung eines geschichtlichen Prozesses auf: einst lebte »ich« ohne das Gesetz; als aber das Gebot kam, lebte die Sünde auf (Qvt~"OEV), das »Ich« aber starb11 . Es gab im Paradies eine Zeit unmittelbaren 11 Eigenartig ist der paulinische Widerspruch gegen dic rabbinische Auffassung: der gute Trieb nimmt aus der Tora Anlaß und Kraft zu allem Guten her, der böse Trieb dagegen lehnt sich gegen die Tora auf; deshalb ist die Tora das beste von Gott gegebene Mittel, den bösen Trieb niederzuzwingen (Str-B 111 237). Für Paulus hat nur der Geist Gottes die Kraft, die den bösen Trieb niederzwingt. 19 ~ilV M1~av (neben 6&MvaL und ruQlmwv) findet sich häufig im heUenistischen Sprachgebrauch (z.B. Polyb. 111 7,5; 32,7) und ist eine beliebte Redensan. Sie heißt: »die Gelegenheit ergreifen« (~ilV Ä.a~uv), nicht "Anstoß empfangen« (BAUER WB 253; ScHLiEaR 222 ausführlich) . 20 In heiden Fällen wird die Sünde beschuldigt, die sich des Gesetzes bedient. In manchen Kommentaren sieht es so aus, als wolle Paulus das Gesetz beschuldigen, das die Begierde hervorruft. I,. Wirklichu;t kl.' Ptlllbu /IOr 1111.. dit SiUtd,,.,. (GAUGUaR I 2(0). 21 Die fehlende Kopula wird von westlichen Zeugen (GF d vulg.) durch itv ergänzt; besser wäre tm'v (Aug.). Aus Jak 2,17.26 erkennt man, daß »tot« soviel bedeutet wie »unwirksam, ohne Kraft« oder »ohne Aktivität«. Gegensatz dazu ist die Aussage 1Kor 15,56: »Die Kraft der Sünde ist das Gesetz«. 22 chta~ijv heißt hier: »aufleben« (nicht wie sonst vielfach: »wieder lebendig werden«). I n der ähe-
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Der Todeswcg des Menschen unter dem Gesetz
Lebens und Fruchtbringens (Gen 1,28 ff.); dann aber kam das Gebot, das den Gehorsam verlangte und die Strafe des Todes androhte (Gen 2,17). Damit war die Zeit der paradiesischen Freiheit beendet. Auch für den Juden gibt es eine Kindheit ohne das Gesetz und ein Alter, in dem man für die Erfüllung des vom Gesetz Gebotenen selbst verantwortlich wird (bar-mizwa). Es ist anzunehmen, daß Paulus eine ähnliche Entwicklung hier voraussetzt, wobei er den Gegensatz Leben und Tod aufsein Verhältnis zum Gesetz anwendet. Wenn er hierv6~ und MOAT) im Wechsel gebraucht, dann denkt er durchweg an das mosaische Gesetz bzw. an das in V 7 zitierte Einzelgebot (= Ex 20,17). v6~ und tvtOAT) sind letztlich theologisch gleichbedeutend13• V 10: Das Bekenntnis: •• Ich aber star~( ist die Konsequenz der Gerichtsdrohung Gottes: .)Du wirst des Todes sterben« (Gen 2,17). Gottes Gericht tötet den Menschen, auch wenn er leiblich weiter lebt. Der leibliche Tod ist nur die Vollstreckung des von Gott verhängten Urteils. Es vollzieht sich eine völlige Umkehrung: die Sünde ist tot, und der Mensch lebt - die Sünde lebt auf, und der Mensch stirbt. Das Gesetz, das die Verheißung des Lebens in sich schließt, führt den Menschen zum Tode. Für die jüdische Lehre, die lediglich im Zeichen der Freude am Gesetz steht, ist ein derartiger Satz geradezu Gotteslästerung. Für Paulus dagegen ist der Weg des Gesetzes notwendig ein Weg, der in den Tod führt, weil der Mensch an sich selbst scheitert. An seinem Ende stehen die Zerspaltenheit des Menschen und das Gericht Gottes. Das Gesetz deckt die Tiefe der menschlichen Verlorenheit (bnihJJl(a, oßQ~, 'ftava'toc;) auf, und wenn der Mensch diese Tiefe der Verlorenheit nicht an sich wahrnimmt, dann hat das Gesetz seinen eigentlichen Dienst noch nicht erfüllt. Die Tiefe der Verlormheit liegt im Menschen selbst, nicht aujJerhalb von ihm. Paulus leugnet in Röm 7 keineswegs das Geheimnis des Dämonischen und Satanischen, wohl aber legt er es mitten hinein in die geschichtliche Situation des Menschen. Er denkt an Vorgänge, die einerseits ganz subjektiv, anderseits aber allgemein gültig verstanden werden wollen. xai. EUQt6TJ gibt das Ergebnis des Prozesses an (xa( = und so, EUQt6T) = hebr. K't,)~)24. Der Dativ J,lOL kennzeichnet das Geschehen als einen persönlichen, am Menschen sich vollziehenden Vorgang. " dC; twTtV klingt verkürzt; zu ergänzen wäre o'Öoa oder ÖEÖoJ.Lt'vt125. V 11: Mit den gleichen Worten wie in V 8 wird die Sünde beschuldigt, den verderblichen Prozeß zu verursachen; offenbar soll die Wiederholung verstärken. Daß die Schlange Eva täuschte (Gen 3,13; 2Kor 11,3; ITim 2,14) oder daß die Sünde betrügt (Hebr 3,13), hängt wieder mit der Auslegung der Sündenfall-Geschichte zusammen: das einmalige Ereignis ist auch hier allgemein gültig. Wieder wird Röm ren Exegese wird cnatfrv gelegentlich im Sinn einer Rückkehr in einen früheren Zustand verstanden. Gemeint ist aber lediglich, daß die Sünde ihre Bedeutung, ihre Kraft, ihr Leben empfängt, geradezu »aufblüht«. 23 Zur Unterscheidung von ~ mit und ohne Artikd vgI. W. G. KOMMEL, a.a.O. 55. J4 Gottes Gebot verheißt das Leben; es heißt daher das »Gesetz des Lebens und der Einsicht« (Sir 45,5; PsSal14, I f.). afm) (GIUESBACH: aim) verstärkt das Subjekt: eben dies Gesetz führt mich zum Tode. 2S »Die schauerliche Erkenntnis bricht auf, daß alle menschliche Ethik, ja seIbIt das götdiche Gesetz in der gefallenen Welt die Sünde nur groB macht, ja sie erst gebiert und den Menschen tötet« (GAUGLEaIlI 204).
Röm 7,1-25
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7,7-25 ~UT großen AnJclagtdtrSiindt, nicht des Gtstt~tS Gottes. Sie zieht das Todesurteil Gottes nach sich, benutzt also das Gebot (ÖL' avtil~) zum Mord an den Menschen. In V 12 gibt Paulus die endgültige Antwort auf die in V 7 gestellte Frage; ÖX7tE bezeichnet hier die Folgerung, 6 J1Ev v6J1O~ schränkt ein: das Gesetz als solches, abgesehen von der Sünde oder von der Wirkung auf den Menschen. Paulus bekennt sich ausdrücklich zur Hoheit und Würde des Gesetzes, bleibt also trotz der Tragik des Menschen ebenso wie 4Esr 9,36 f. im Rahmen der alttestamentlichen Offenbarung. Das Gesetz ist heilig (äyLOI!;) , stammt von Gott und trägt die Wahrheit Gottes unmißverständlich in sich. Ja, Paulus wiederholt, sein Bekenntnis verstärkend, seine Aussage: das Gebot ist heilig, gerecht und gut (Dreiklang). Auch das einzelne Gebot, nicht nur das Gesetz als Ganzes, hat Anteil an der göttlichen Herkunft (ily(a); es ist gerecht (ÖU«1La), weil es von der Gerechtigkeit Gottes zeugt und das Zeichen dieser Gerechtigkeit unter den Menschen aufrichtet; es ist gut (ayaihl), weil es verstehen lehrt, was Gottes eigentlicher Heilswille ist: dem Menschen das Lehen zu schenken (V I0: d~ ~rofJv). Derartige Bekenntnisse zum Gesetz sind auch sonst nicht ungewöhnlich (x~ 6 v6J1o~ = Röm 7,16; ITim 1,8). VIS: Wieder setzt Paulus mit einer Frage ein: Ist nun das »Gute«, nämlich das Gesetz l6 , für den Menschen zur Ursache des Todes (zum Mittel der Verurteilung) geworden? Auch diese Fragestellung bedroht wie die frühere in V 7 die Autorität des Gesetzes. In beiden Fällen verteidigt Paulus das Gesetz, greift aber die Sünde an, die sich des Gesetzes bedient, um den Menschen zu knechten. Auf die an den Anfang gestellte Frage folgt die gleiche Abwehr J1Tt ytvOLto wie in V 7. Es war nicht Gottes Absicht, daß das Gesetz dem Menschen den Tod bringen sollte. Den Tod hat ihm vielmehr die Sünde gebracht (Anakoluth). Es sollte aber der Dienst des Gesetzes sein, daß die Sünde ihr wahres Wesen herausstellen muß (tva epavfl). Diese Absicht Gottes ist für Paulus so wichtig, daß er einen zweiten Absichtssatz anfügt: •• damit die Sünde durch den Dienst des Gebotes über die Maßen sündig würde«. xa'Ö' "1tE{)~AfJV tritt adverbial zu itJ.l
229. 37 xa&' 6It~fJv begegnet bei Paulus in IKor 12,31; 2Kor 1,8; 4,17; Gal 1,13. »o(bcq&Ev ydQ ist an sich gut bezeugt. Doch entsteht die Frage, ob unprünglieh nicht der Sing.
oI6a J&tv gemeint ist (vgl. dalSelbe Problem in I Kor 8, I ). oIba J&tv als Sing. (- sao quia) wird aufgenommen bei Hier. c.Jovin. I 37 und in den Kommentaren von eHR. v. HOFMANN, TH. ZAHN und K. BARTH. 29 M. LUTHER beruft sieh vor allem auf Aug. retract. 1,22 f.; 2,27 und c. duaa epist. Pelag. 1,~ 11; 13 ff. Auguatin hatte Röm 7,14 ff. zunächst auf den Menschen unter dem Gesetz bezogen; später dagegen hat er die unprüngliehe Deutung auadrücldich zurückgenommen und gemeint, Paulus rede
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setz stamme aus dem Geist Gottes, trage also die Art Gottes an sich (XVEUtw'tl.x~), weist schon auf den Konflikt mit dem Menschen hin: das Gesetz stellt sich als geistlich heraus, der Mensch dagegen ist fleischlich (XVE'Uf.Ul'tI.X~-oOQXI. v~). Dieser Gegensatz deckt den Widerstreit zwischen dem Willen Gottes und dem na türlichen Menschen auf (Röm 8,7). I n der Gegenüberstellung von Gesetz und Ich erfahrt das Ich sein Verfallensein an das Fleisch und sein Verkauftsein unter die Macht der Sündel°. Der Begriff des »Fleisches« ist offenbar einer snnilisch-hellmistischm Vorlagt entnommen und bezeichnet in diesem Zusammenhang nicht nur eine bestimmte Leiblichkeit, sondern ist auch Merkmal eines Lebens, das sich von Gott loslöst und sich gegen ihn auflehnt J1 • Wichtig ist die Beobachhier von seinem gqenwirtip Zustaad. Nach Aupatina Aualqung nennt Paulus sich ßeilchlich, weil er noch an den irdilcben Leib und seine ooncupiacmtia gebunden isL Aber der Christ möchte auch frei werden von der c:oncupilcentia, die in seinem Leibe berndll. Abnlich deutet M. LUTHD. (E. EuwEIN 269 f.): »Dieser lanze Abschnitt zeigt auldrücldich ein Seu&en und einen Haß wider du Fleisch an und Liebe zum Guten und zum Gesetz. Du triffi aber bei einem fleischlichen Menac:hen in keiner Weise zu. Dieser haßt vidmehr du Gesetz, spollet darüber und folgt dem Fleische, seinen Neigungen nachgebend. Der geistliche Mensch nämlich kimpft mit dem Fleiac:h und seufZt, daß er nicht so kann, wie er will. Der Fleiscbliche aber kimpft pr nicht, sondern gibt nach und willigt ein.« Zum Problem vgl. A. F. N. LEKKEIlKEIlKER, Röm 7 und Röm 9 bei Augustin, 1942; W. G. KOMMEL, Röm 7 und die Bekehruns des Paulus, 1929, 90 ff.; E. DINKLU, Die Anthropologie AugusUns, 1934. Du groIk Recht der augustiniscb-rd'ormatorischen Auslegung besteht in der Erkenntnis, daß letz dich nur der Christ zu einer derartig radikalen Aussage über den Menschen kommen kann; jeder nichtchrisdiche Standpunkt muß DOtwendig ablchwäc:hen. Außerdem steht auch die christliche Existenz unter dem Bekenntnis von Röm 7,18: »denn ich weiß, daß in mir, du heißt in meinem Fleisch, nicht du Gute wohnt«. Die exegetische Frage, ob nur der geisdiche Mensch als solcher den Widentnit voo Röm 7,14 ff. erkennen kum, ist damit allerdinp noch nicht entschieden. 30 Das Bild des 11 y"k4Iiftstins" findet sich schon im Alten Testament (verkauft - hingegeben: Dt 32,30; I Kön 2I,20.25;Jes 50,1; I Milll,15). ScHulTER, Gerechtipeit240 legt besonderes Gewicht aufdie präpositionale Wendung: »tI1IIn die Sünde verkauft«. »Denn die Versetzuns des Menac:hen in die Unfreiheit geschieht nichtent inncrhalbder Lebensgeschichte dereinzdnen durch ihren eigenen Sündenfall,sondern geschah schon durch jenes götdiche Uneil, du aus der Menschheit die Gemeinschaft von Sündern gemacht hat. Darum entsteht sie durch den Leib, den alle baben«. Auch ZnR. 351 betont: »Nicht willenlOl, aber machdOl ist der Mensch, wie er von GdJun ist, der Sünde untCl'WOl'fen«. qm von 7,14 meint den Menschen »im Schatten Adams« (E. KAsEMANN, H. ScHLIER). Du U rteil über Sünde und Flrisch ist nur vom Geist Gones aus möglich. Man achte auf die jetzt einsetzenden PrisnuIllUStIl"', die du Präteritum ablöeen. JI Zum BegrifI'des "FllisUw" vgI. LtzmR. 75: .. Man hat nun die Wahl, entweder Paulus zum selbständigen Schöpfer dieser Lehre auf al lIestamendicher Grundlage zu machen, oder den Umstand zu berücksichtigen, daß ein Zeitgenosse des Apoetds, der gleichfalls wie er hellenistischerjude war, die gleiche schon lange existierende Lehre vertritt. Hält man du Letztere rur methodisch richtiger, so wird man sagen, Paulus habe sie ebenso wie Pbilo aus der ihn umgebenden hellenistitcben Atmosphäre übernommen«. Neuerdings muß man vor allem auf den Sprachgebrauch der s,~ verweisen (11,7-10: -Gemeinschaft des Fleisches der Boeheit«). »Der Gläubige gehön alao zu beidem: indern er Mensch ist, d.h. inIofern er sündigt, ist er Fleisch der Sünde; insofern er Erwählter Gottes ist (baft des gemäß Prädestination in ihm wohnenden und lein rechtes Tun bestimmenden Geistes der Wahrheit), gehört er zur ewigen Gemeinschaft, zum Heerlager der Heiligen und stmt damit im Kampfgegen die Gemeinschaft des Trugs, die Gemeinde der Nichtsnutzigkeit« (K. G. KUHN, ZThK 1952, 211). In der Gegenwart poINliert E. BRANDENBuaGu, Fleisch und Geist. Paulus und die dualistische Weisheit, 1968, die Traditionen der dualistischen Weisheit und ihrer wdtansdtaulichen Hintergründe (Apokalyptik, Mystik). Dabei setzt er sich mit den verschiedenen Ansätzen (z.B. E. ScHWEl. ZEll, E. KAsEMANN) auseinander. Tatsache ist der weisheitliche Stil und Hintergrund der Antike, doch bleibt leine Konstruktion fraRlich.
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tung, daß Paulus von V /4 ab im Präsens, nicht mehr in Präterita redet (ZnR 351). Vertritt man das Recht der reformatorischen Auslegung, dann könnte man zur Vermutung kommen, Paulus unterscheide zwischen Wollen und Ausführen: der Wille zum Guten ist bei dem Glaubenden vorhanden, aber die Möglichkeit zur Ausführung fehh 32 • Worin dies •• Verkauftsein unter die Sünde« besteht, wird in V 15 f.beschrieben. Offenbar fallen das xatEQYcltEoihlL(V 15.17 . 18.20)und das yt.VWoxELV auseinander. Für xauQ'Yclt;E06aL kann auch 3tOLEiv bzw. 3tQclOOELV eintreten. YLvWoxELV kann heißen: a) ••erkennen, verstehen«, b) •• anerkennen, billigen«, c) .)als eigen annehmen, innere Gemeinschaft mit etwas haben«33. Es entsteht ein Zwiespalt zwischen dem Ich, das das Gute willbzw. dem Gesetz zustimmt, und dem Ich, das von der Sünde überwältigt ist und das vollzieht, was dem eigentlichen Willen entgegengesetzt ist. Was der Mensch unter dem Gesetz tut, versteht er nicht,ja, will er auch nicht; im Gegenteil, was der Mensch unter dem Gesetz tut, verabscheut er selbst (!!LOro). Aber selbst in diesem objektiven Zwiespalt zwischen Wollen und Vollbringen liegt das Eingeständnis, daß das Gesetz gut ist. In der hellenistischen Diatribe sind ähnliche Anarysen nicht ungewöhnlich, doch spricht Paulus hier nicht von einer psychologisch verstandenen Notlage (z.B. Ovid metam. 7,19 ff.), sondern von einem die ganze Existenz des Menschen durchziehenden Widerstreit zwischen dem, was der Mensch in übereinstimmung mit dem Gesetz will, und dem, was er, beherrscht durch die Sünde, konkret vollzieht 34 • Vielleicht dürfen wir im Anschluß an die Funde aus Qumran (I QS) noch stärker herausarbeiten, daß es Paulus letztlich um den Kampf gegen die Sünde geht (Röm 6,12 ff.). Der Mensch unter dem Gesetz ist nicht mehr in der Lage, diesen Kampfin rechter Weise durchzuführen 3s • Durch den Sündenfall ist 32 ZnR 351 weist daraufhin, daß von V 14 an das Präsnu an die Stelle der vorangehenden Prätma tritt ... Es erscheint daher die Annahme, daß er sich V 14 in eine längst abgelaufene Vergangenheit zwück versetze, ebenso unstatthaft als die andere, daß er sich in die Rolle eines anderen Individuums
oder einer Klasse von Menschen, zu der er sdbst nicht gehön, versetze und aus dieser beraus rede«. Vgl. 1QS 11,90: J3 Beliebt ist die Obenetzung: ..das billige ich nicht« (Aug., Erasmus, Beu). Str-B 111 238 deutet: .. innere Gemeinschaft mit etwas haben«. R. BULTMANN venteht: ItDer Mensch weiß nicht, daß sein Dienst unter dem Gesetz in den Tod ruhn«. Zum Widerstreit ()Ilischm WoUm l1li4 Tun vgl. Epict. diss. 11 26,1.4. Daß ein WidenlJ'eit zwischen dem Wollen und Begehren, zwischen der Einsicht und dem Handeln, zwischen der Vernunft und den Leidenschaften entstehen kann, weiß man auch sonst in der späten Antike. Es fehlt auch nicht an Beschreibungen der Niederlage (Ovid metam. 7,19 ff.; Plut. de virt. mort. 6). 34 Vgl. die Ausführung über ,uQUtattiv und ÖQt.iäv in Epict. diss. IV 1,72. 35 Es geht nicht so sehr um die Beschreibung einer anthropologischen Not, wie sie sich auch in den hellenistischen Dantellungen fmdet, als vidmehr um die Erfahrung, die der Mensch notwendig am Gesetz machen muß. Gott muß den Menschen in den Abgrund der Selbsterkenntnis führen, um ihm die Bedeutung des Evangeliums klarzumachen. Auch d4s Judmtvm Nu scho" tJiuen Ab".,wJ gesehen, ist ihm ab" immer wild" tIIUI,wic""'. Röm 7,7-25 ist keineswegs ein Anhang zu Röm 2,17-29, sondern die längst erwartete und vorbereitete Antwort auf die Frage: Welchen Dienst tut das Gesetz? Auch der Christ wird durch die Botschaft in die Auseinandenetzung zwischen Geist und Fleisch hincingestdlt (Gal5, 16-18) ,ja, er muß durch die Tiefe der Geaetzeaerkenntnis und der Selbsterkenntnis hindurchgehen, um das Evangdium in seiner Größe zu verstehen. Die Auseinandenetzung zwischen Geist und Fleisch steht jedoch unter einer anderen Voraussetzung und unter einem anderen Zid als der Zwiespalt zwischen Gesetz und Fleisch in Röm 7,7-25. Die Frage, ob Paulus über das Bekenntnis
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Der Todeswcg des Menschen unter dem Gesetz
er an das Fleisch, an die Sünde und den Tod so gebunden, daß er in sich selbst zerspalten ist 36 • Das ))Ichcc steht einerseits auf Seiten des Gesetzes, ist aber anderseits unter die Sünde verkauft. Ein zerspaltener Mensch kann nur fragen und klagen, aber nicht mehr den Kampfum die Gerechtigkeit Gottes kämpfen. Das WoUen des Menschen ist aufden Verstand (voü;) und auf das Gesetz (V0f.lo;) ausgerichtet, das Tun dagegen durch die Herrschaft der Sünde bestimmt. Die Sünde wird durch das Begehren, das eng mit dem ))Fleischcc zusammenhängt, hervorgerufen. oUf.lCPTIf.lL 'tcp vOf.lCP bzw. ouviJboJ.laL 'tcp vÖfUp wird gewöhnlich als die Zustimmung zur konkreten Forderung des Gesetzes verstanden 3'. In der Tatsache, daß mein Handeln im Widerstreit zu meinem Wollen, mein der Sünde unterworfenes Ich im Kampf gegen mein dem Gesetz zustimmendes Ich steht, liegt ein Zeugnis für den von Gott verordneten Dienst des Gesetzes. V 17: Der Mensch, der unter die Sünde verkauft ist, wird jetzt als von der Sünde besessen beschrieben. Die Umkehrung des Gedankens fällt auf: Nicht der Mensch tut die Sünde, sondern die Sünde handelt anstelle des Menschen und tut das, was er nicht will. tvOLxEiv geht auf einen alten Sprachgebrauch zurück (vgl. Röm 8,11; 2Kor 6,16); dies )) Wohnencc wird zu einem Bild für die Herrschaft über den Menschen 38• Paulus will nicht den Sünder entlasten, wenn er von der Herrschaft der Sünde über den Menschen spricht: es geht auch jetzt um die Sünde gerade dieses Menschen. Ihm liegt nichts an einer ))Gesinnungsethik«, sondern alles hängt für ihn an der Tat (GauglerR 1219). DtTjüdis,he Hintngnmd dUstT confessio wird deutlich sichtbar. V 18: In einer neuen Gedankengruppe stellt Paulus heraus, daß der Mensch nicht nur unter der Herrschaft der Sünde steht, sondern auch von der Verlorenheit dieser Situation weiß. Damit kommt die confessio des Paulus zu einem bestimmten Höhepunkt. Wäre der Mensch unwissend, lediglich ))bösecc, so wäre die Situation nicht 80 verzweifelt wie jetzt, da er weiß, daß er seinem Feind ausgeliefert ist. 'toVt' fO'tLV kann hier nur Erklärung, nicht Abschwächung sein. aciQl; Röm 7,7-25 hinaUlfiihrm will, ist unabbängigvon der anderen, ob nichtjederChriat durch du Bekenntnis Röm 7,7-25 hindurdJcehen muß, um zu ventehen, WAl die Erlösung durchJesua Chriatua bedeuteL IN 8rcAJuru CItrisIat IIIU ,udIIIabt Grt.ü , ...... 8rcA _ B""lltis Ritrt 7,7-251Ut41nA. ,,;, dIr a i.bt PlriIi. KAaENANNR 188 unterscheidet zwischen der unprünglichen BekunduDg des Gotteswillena (- Intention) und den Wirkungen der faktiachen Tora (- Folgen). Ihm ist wichtis, daß die Wirklichkeit der Sünde als Rebellion gegen Gott sich dem Urteil des natürlichen MenKhen entzieht. J6 Zur Not desJudentuma unter dem Ge.etz vgl. 4Ear 7,21 fF. 48 0: 42 0: 118 fF.; IQS 11,9 ff'. Der Glaubende achIie8t.ieh in du SdUcbal der puzen Menachheit ein. 17 Nach R. BVLTWANN, Röm 7 und die Anthropolqpe dea Paulus, 1932,60 ist Objekt dea Oflav die und Raultat des KO&dv baw. q600uv ist der t6va~.•AlIeS Tun ist von vorne herein sqm aeine eigme und eigentliche Intention gaicbtet« (R. BVLTMANN, a ... O. 61). In diesem Fall iat ~ 1IP v6tuP ab die Bejahq der Grundintention des Gesetzes, zum Leben zu führen, ventanden. Die Kommentare von E. KAsEMANN und H. ScJn.IER nehmen diesen Gnmdan.tz R. BULT.
tmtt.
MANNSaw. JI Eineganu Reihe von Wendungen finden.ich bei Pauluanurin Röm 7,7-25,z.B. ~Aa lkiv (Röm 7,8.11); dvatfrv (Röm 7,9); 06lMP'1f1l (Röm 7,16); MQCixeL'tQ( f.IO' (Röm 7,18.21); awft6ea8m (Röm 7,22); ~r6fG8GL (Röm 7,23); ~ (Röm 7,24). Stil und Sprache unaerea Ablc:hnittes bleiben abo eigmartis.
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bezeichnet das begehrende, sich dem Gebot Gottes entziehende Menschsein. »Gutes« ist in diesem Zusammenhang Gegensatz zur »Sünde«, die im Menschen wohnt; der Wille zum Guten ist da, aber die Kraft zur Durchführung fehlt. Das Gesetz ~gnügt sich nicht mit dem Willen zum Guten, sondern es verlangt seine Ausführung. Statt des einfachen 0'Ü als Abschluß des Satzes finden sich die beiden LA: oUx eUQ(<JX(O (DG'Jt) und oU YLv6xn«o (Min.). V 19 klingt ähnlich wie V 15, während V 20 an den Gedanken von V 17 anschließt. Für unseren Abschnitt ist die hier gezogene Schlußfolgerung entscheidend: die Sünde besitzt die beherrschende Macht. V 21: Darum muß der Mensch erkennen, daß dem Gesetz Gottes eine andere Gesetzmäßigkeit, ein »Zwang« gegenübersteht, auf Grund dessen das Böse zustande kommt. eUQ(oxoo bezeichnet hier die logische Feststellung; v6,,0~ ist im uneigentlichen, bildhaften Sinn gebraucht. Der Dativ 't<{> atMwtL 4«>( weist schon auf den Dativ des folgenden Ö'tL-Satzes hin, um ihn besonders herauszustellen. Die Gesetzmäßigkeit besteht darin, daß (Ö'n) das Schlechte zustande kommt, obwohl der MenSch das Gute tun will 39• V 22: Wieder verschiebt sich der Gedanke: statt des gespaltenen »Ich« treten nun zwei Gegensatzpaare auf. Dem Gesetz Gottes steht das Zwangsgesetz der Sünde gegenüber; ganz entsprechend tritt dem )inneren Menschen« (6looo ltv6Qom;o~) bzw. der Vernunft (VOÜs) das Gesetz in den Gliedern gegenüber. Wir haben es weder mit psychologischen noch mit metaphysischen Kategorien zu tun, sondern mit einer Beschreibung eines theologischen Sachverhaltes, der am Gesetz Gottes entsteht. Der Zwiespalt im Menschen vollzieht sich in der Begegnung mit dem Gestl~:40 Einerseits ist es ein stets aufs neue ergehender Ruf Gottes, der als solcher auch dann sein Recht anmeldet, wenn er aufden Neuen Bund übergeht: der Anspruch Gottes auf den Menschen bleibt erhalten (Röm 3,27; 8,2). Als Gottes Anspruch im mosaischen Bund tritt das Gesetz fordernd und richtend dem Menschen gegenüber (Röm 2,12-14) analog dem ins Herz geschriebenen Wort an die Heiden (2,15). Anderseits trägt es das verurteilende Gottesurteil in sich, das Unheil über den Menschen verhängt (Gen 3,19; 6,3). Es verschärft dann die Sündenherrschaft und gehört in den Bereich des Todes (7,9.10). Das »Begehren« des Men39 Nach R. BULTMANN, a.a.O. 61 ist die ~ das Gute von V 19.21, während umgekehn der Tod du Böse von V 19.21 ist. EbeDJoE. FUCHS, Freiheit dea Glaubens, 1949,74. R. BULTMANNgeht von der Vorauuetzung aus, daß Paulus nicht die Gesetzesübertretungen, IOndern den Geaetzeaeifer des Juden als den eigendichen Grundfehler aufdecken will. Du Gaetz verbeißt dem Menschen das Leben. Will aber der Mensch durch den Gehonam sqm du Gesetz sein Leben gewinnen und sichem, dann verfehlt er seine eigene Existenz. Der Widel'ltreit zwilchen dem wollenden und handelnden Ich ist nach R. BULnuNN nicht der zwiachen dem geiatigm und dem naturhaften menachlichen Sein, sondern die Schilderung der objektiven Tatsache, daß der Mensch um aeine Eigentlichkeit weiß. sie aber in seinem Handeln ständig verfehlt. ·W. G. KVNNEL, a.a.O. 136: .voiJ~ und ~ sind also denelbe MenlCh in venchicdener Hinsicht, als wollendes und handelndes Wesen gesehen. Es ist also nicht so, daß JCler Mensch aus zwei Teilen bestellte (LtzmR 71 ),sondern er ist als Mensch ~ und voiJ~, und dieaer~ bat bier die Fähigkeit, dem Gesetze Gottes zuzustimmen. Ein und derselbe Mensch ist es also, der du Gesetz ausführen will und nicht kann. ~ und ~ sind einander gegenübeflelteUt. ,aber nicht alt zwei Teile. die zusammen ein Ganzes bilden, sondern 10, daß du ly(O lOWohl durch du Eine wie zugleich durch du Andere charaltteriaien iate (R. BULTMAN'N, ThLZ 1927,36).«
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Der Todeaweg des Menachen unter dem Gesetz
schen ist verderblich: der Mensch ist Fleisch. Daß Paulus von zwei Gesetzen in 7,23 redet, hängt mit der Spannung in seinem Gesetzesbegriff zusammen. Schwierig sind die entsprechenden anthropologischen Begriffe, z.B. »Fltis,h«. Einerseits beschreibt »Fleisch« die irdische Existenzweise des Menschen ohne Abwertung, allerdings unter eschatologischem Vorbehalt (z.B. Röm 1,3; 4,1), anderseits steht )) Fleisch« als Zusammenfassung alles Menschseins unter dem Gerichtsuneil Goues (Röm 3,20; GaI2,16). Entscheidend am Fleischverständnis wird dann, wie das Alte Testament weiß, der Widerstand des Menschen gegen die Strafgewalt Gottes (Gen 6,3;Jes 31,3). Für Paulus ist die Wendung »alles Fleisch« in Röm 3,20; Gal 2,16 von Wichtigkeit: sie beschreibt den Zustand der Menschheit unter dem Gerichtsuneil Gottes (vgl. seine Zitierong von Ps 143,2!). Verwandt ist in Qumran IQH 9,14 8".: »Keiner ist geredu nach deinem Unei1 und unschuldig in deinem Gericht. (vgl. auch 12,31 f.). Das Gerichtsuneil Gottes voUzieht sich nach Paulus am Kreuz Jesu Christi, wo die Verkehnheit der ganzen Menschheit seit Adam aufgedeckt wird (Röm 7,7-25). »Fleisch« ist vor allem der Widerstand des Menschen gegen die Strafgewalt Goues (Gen 6,3.12). Die Obenretung der Gebote geht auf die Verkehnheit des Willens zurück. Das eigentliche Wesen des Menschen ist nicht der Logos, die Vernunft, der Geist im Unterschied von der Materie. Menschsein ist immer verstanden als ein bestimmtes Trachten-nach, aIa ein WoUen (G. v. Rad, R. Buhmann). Der verkehrte jüdische Wille äußert .ich auch im Widerstand gegen das Evangelium und die missionarische Verkündigung (IThess 2,14-16). Das »jüdische Fleisch«, mit dem Paulus sich auseinandersetzt, darf weder aus dem Gegensatz Geist-Materie noch aus dem hellenistischen Gegensatz Fl~Weisheit verstanden werden.
Schwierig wird die Aufnahme des Begriffes »innern Mensch« (Röm 7,22), später bestätigt von dem )~esetz der Vernunft« (V 23). Die Ausdrucksweise erinnert an das hellenistisch-philosophische Denken41 • Der Gedankengang verschiebt sich: Das Gesetz Gottes erfährt Zustimmung (7,16), ja Freude nach dem ))inneren Menschen«. Es steht aber dem Gesetz, das als Gerichtsurteil Gottes sich auswirkt, gegenüber. Der Ausdruck ).innerer Menschcc begegnet ausdrücklich in 2Kor 4,6; Eph 3,16 und meint dort den gegenwärtig verborgenen Christenstand. In Röm 7,22 denkt Paulus an den frommenJ uden, der in dem Schuldbekenntnis
das Recht Goues ausdrücklich bestätigt, aber gleichzeitig die Macht der Sünde offenbar macht. Der Psalmist weiß etwas von der Spannung zwischen dem Recht Gottes und der Macht der Sünde, die nach dem Won des Paulus eine Spannung zwischen zwei Gesetzen ist (7,23). Wir fragen nach dem frommen Menschen, der sich über das Gesetz Gottes freut, aber unter einem anderen Gesetz steht, das ihm Not macht. Man könnte an Ps 32 und 51 denken, die beide auf die Sünde und Buße Davids bezogen wurden; beide Psalmen werden zudem von Paulus selbst zitien (Ps 51,6 Röm 3,4; Ps32,1 Röm4,7 f.). Seide Psalmen wissen von der Auswirkung der Sünde auf den ganzen Lebensstand: Ps 51,7 klagt: »Ich
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.1 Der BegriJr.innerer MClllch. hat einejüdiache, griechische und bdlenistische Vorgeachichte (Plato, PhiJo). Bei PaulUi wird sie in 2Kor4, 16 und Röm 7,22 verwandt, ohne da.8lie mythologiscbe oder religiöse Züge häue; ebenlo vonichtig ist auch der pauliniache Sprachgebrauch von ~ (anden z.B. Pbilo de congr. 97). Zum Ganzen vgL E. BIANDENIUaGU, Fleisch und Geist. Paulul und die dualiatiac:hr Weisbeit, 1968, 155 W.; KAsEMANNR 198. Die ZUitimmung zum Willen Gouea wird dem .inneren Menschen- nicht abgezwungen, Ion dem erblgt freiwillig. Paulul denkt an den frommen Menschen, der dal Ziel nicht erreicht. • /JfItIft1 MtllSCII. ruttI GauisSIJI"*", sidI fIidu (KAsEMANNR 199). Vgl. H. P. RUGE&, HieronymUl, die Rabbinen und PaulUl, ZNW 1977, 132-137.
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bin ja in Schuld geboren, und meine Mutter hat mich sündhaft empfangen.c( Ps 32,4 bekennt: •• Denn am Tag und bei Nacht lag schwer auf mir deine Hand: mein Mark war vertrocknet wie in Sommergluten.cc Das Gerichtsurteil Gottes liegt schwer auf dem hebräischen Frommen. Das Verfallensein des Menschen an die Sünde als kollektive Macht (Gen 8,21; Hi 14,4; 15,14) ist dem Frommen einsichtig - es drückt ihn tiefin den Staub. Der Fromme steht unter dem fordernden und richtenden Gebot Gottes, aber gleichzeitig unter dem Gerichtsurteil, das ihn auf einen Todesweg schickt.
Der ninnere Menschc< von Röm 7,22 ist der wahre Fromme Israels, der Einsicht in das Gebot Gottes hat und es von ganzem Herzen bejaht, aber gleichzeitig die Erfahrung der allgemeinen Sündhaftigkeit des Menschen, der Verfallenheit der Menschheit unmittelbar und immer wieder empfängt. Er weiß um die innere Spannung, daß Israel den Bund Gottes halten soll, aber gleichzeitig Sühne und Opfer nötig hat, um seine Unreinheit zu tilgen (Ex 19,5 f.; Lev 16). Diese Spannung wird zum Kampf,ja zur Niederlage, auch wenn man an das Verhältnis zum Heidentum denkt: Israel ist Bundesvolk, wird aber immer wieder an das Heidentum preisgegeben. Israel ist beides: erwiihlt und preisgegeben. VOÜ~
ist in 7,23 die Einsicht und das Urteilsvermögen, das sich durchaus aufdie Seite Gottes schlagen kann. Das .)Gesetz in den Gliedern« erinnert an das Verhaftetsein an ein leibliches und persönliches Geschehen, das stärker ist als die Einsicht. Diese Not des Frommen bezieht sich auf Geschichte, auf Einzelschicksal und Gesamtschicksal. Auch der Apostel ist in diese Geschichte einbezogen. Der Gegensatz bricht in der eschatologischen Entscheidung in der Geschichte der Menschheit auf. Paulus unterscheidet durchaus zwischen dem ))Gesetz meiner Vernunft(c und dem ))Gesetz des Geistes des Lebenscc (Röm 8,2). Im Unterschied von 2Kor4,6; Eph 3,16 ist in Röm 7,22 nicht vom Christusgeschehendie Rede; wohl aber verrät die Zustimmung bzw. die Freude am Gesetz (7,16.22) eine bestimmte Situation, die nicht allgemein ist. Käsemann R 201 betont, daß nicht bloß das Geschöpf nach seinem fall immer wieder aufseine Grenzen stößt, sondern daß gerade der Fromme schei tert und daß der Weg unter der Tora ihn wie Adam verblendet und der Sünde preisgibt. Die Rede vom ))inneren Menschen« soll in diesem Zusammenhang nur andeuten, daß das himmlische Wesen in dieser Weh und Leiblichkeit nur verborgen angefangen hat und der Vollendung bedarf. Barren R ISO betont die Wichtigkeit der Eschatologie: fOO) 6~2t~ ist mit dem f;yro und VOÜ~ identisch (V 23.25). Die Vernunft vermag eine reine Frömmigkeit zu erfassen, in der das ganze Leben der Schöpfung gemäß geordnet ist. In dem Bund mit Gott erkennt der Mensch auch sein Verpflichtetsein Gott gegenüber an. Aber damit ist nicht die tatsächliche Frömmigkeit des Judentums getroffen. Die Sünde hat vielmehr Besitz vom Gesetz ergriffen und macht aus dem Gesetz etwas anderes als das, was ursprünglich gemeint war. Dies Zerrbild des Gesetzes ist Ausdruck der Sündenherrschaft. Paul S. Minear gibt in seiner Studie ))Tbe obedience offaith« 1971 einen eigenen Beitrag zum Lehrstoff von Röm 7. Nach ihm geht es Paulus um eine bestimmte Sünde, nämlich um die Verurteilung der Brüder in der Gemeinde (8,1; 14,4). Mit dieser Ver.urteilung will man sich seinen eigenen Gehorsam gegen das Gesetz bestätigen. Die Freude der Judenchristen am Gesetz ist aber in Wirklichkeit ein sklavisches Gebundensein an das Gesetz der Sünde. Paulus will nicht, daß das Gesetz Gottes dazu dient, Werkzeug für die Verurteilung der Brüder zu werden. Nicht das Gesetz Gottes, sondern das Gesetz der Sünde und des Todes nötigt dazu, den Bruder zu verurteilen. Es hat aber die Macht, in jedem Augenblick den Beurteiler selbst zu treffen. Gesetz Gottes und Legalität, d.h. Gesetzlichkeit sind voneinander zu trennen.
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Der Todesweg des Menschen unter dem Gesetz
Im Gespräch mit der gegenwärtigen Exegese ergeben sich bestimmte Fragestellungen. I. Will Paulus in 7.21-24 über den Bereich der Tora hinausgehen und sagen, daß es allgemein eine Geschöpflichkeit gibt, die zwar nach dem Willen Gottes fragt, aber letztlich in Ohnmacht und Gefangenschaft unter die Mächte der Welt endet? (Käscmann R 201). 2. Darfman unterscheiden zwischen »heiligem Geist« und der ))Zwiespältigkeit der Religion« (BarrcttR 152 ()? Gehört das Gesetz in den Bereich der Religion, die es hier auf Erden mit der menschlichen Existenz zu tun hat? WoUen christliche Einsichten des Paulus die Erfahrung des Menschen im Bereich der Religion zum Ausdruck bringen? 3. Inwieweit spricht Paulus in Röm 7Judenchristen bzw. ehemalige Proselyten, die unter dem Gesetz bleiben woUen, an? Paulus will doch wohl nicht eine neue hellenistische Theorie bringen, sondern durch Begriffe wie ))Fleisch« und Widerstreit zweier Gesetze die christliche Existenz ausschließlich auf die Gabe und die Macht des Geistes Gottes gründen. Drei Awsagm sind notwendig: I. Es geht Paulus um Recht und Grenze des mosaischen Gesetzes, das selbst in den Bereich der Offenbarung Gottes gehört. Das mosaische Gesetz steht im Kampf mi t anderen Gesetzen, die es in Frage stellen. 2. Für dasjudesein gilt grundsätzlich, daß es auch in das adamitische Schicksal hinein verflochten ist. Das Judesein ist ebenfalls in Gesetz (= Gottesurteil), Sünde (= übertretung des Gebotes) und Strafe (= Todesverhängnis) hineingegeben. 3. Paulus hält aber auch hier das Besondere desJ udeseins fest und läßt es nicht einfach in einem allgemeinen Menschsein aufgehen. Menschen, die dem Gesetz zustimmen (7,16), sich mit dem Gesetz Gottes freuen (7,22), finden sich gerade im Bereich der jüdischen Geschichte. Paulus selbst ist kein )Abtrünniger((, sondern steht im Bereich der jüdischen Geschichte, sonst wäre sein Gespräch über das Judesein in dieser Form nicht möglich (Röm 9,1-5; 1O,1-2). Dasjudentum ist noch nicht durch eine welthafte Argumentation in Frage gestellt, sondern das Christsein vollzieht sich als eschatologischer Prozeß im Anspruch an das Judenturn und Heidentum. Gewiß ist dieser eschatologische Prozeß eine Scheidung, aber er ist noch nicht abgeschlossen. Das ))Menschsein« ist auch nicht ideologisch fixiert (etwa im Sinn von Eigentlichkeit und Gegenständlichkeit des Existierens), sondern vollzieht sich als Umbruch in einem neuen geschichtlichen Werden. Vielleicht ist es möglich, unter Voraussetzung der gesch~chtlichen Situation, in der Paulus steht, die überlieferte ReilzmJolge: V 24.25; 8,1.2.3 aufrechtzuerhalten. Nur dann, wenn dieser Versuch mißlingt, dann ergeben sich andere Möglichkeiten, den Zusammenhang wieder herzustellen: entweder rechnet man in 7,25b mit einer Glosse (R. Bultmann, E. Käsemann) oder versucht, die Verse umzustellen (Fr. Müller, ZNW 40, 1941, 249-254: V 23.25b.24.25a). Der folgende Aufbau ist so zu verstehen, daß die urmythisclu Geschichte (Gm 3) die Existenz des Mmschseins erhellt, daß in Paulus das Christsein, das Judesein und das Mmschsein zusammenlaufen, aber auch sich differenzieren, daß ferner Geschichte (Kollektivdenken) und persönliches Geschehen (Individualdenken) sich nicht widersprechen. 7,24 als Klagerufist eine Zusammenfassung des Unheils, unter dem die ganze Menschheit steht; 7,25a ist die Antwort, die dem Christen als Danksagung gegeben ist; 7,25b ist zusammenfassende Form der alten Weltzeit, die als Antwort ei-
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nes jüdischen Frommen gedacht ist. 8, I schließt dann als entscheidender Grundsatz an, der als Appell an den Juden bzw. an den Judenchristen in 8,2 gerichtet ist. DtT Zusammenhang von 7,24 ff. ist also dialogisch und klar durchgefrihrt. Die Frage, wie Paulus dasjudesein versteht, wird beantwortet durch die Frage, wie tT selbst sein Judesein VtTstdrt. V 24: Wie ein Gebetsschrei klingt die anschließende Frage: »)ich unglückseliger Mensch! Wer wird mich erretten aus diesem Todesleibe?« Man wird in der o berse tz ung darauf achten müssen, ob man aufden »Leib dieses T odescc (= dieses geschilderten Todes) oder auf die einheitliche Verbindung: »aus diesem Todesleibecc Wert legen SOU 42 • Sowohl im Judentum (Str-B III 239 f.; Jos. u. As. 6,2) als auch im Hellenismus (Hennetik: Kore Kosmou 34-37) finden sich Parallelen zu diesem Klageruf; vor allem der empfundene Widerspruch zwischen dem bösen Trieb und dem Schöpfer dürfte hier im Zusammenhang von V 23-25 von Gewicht sein. Der »böse Trie~c dürfte mit dem Gesetz der Sünde, das sich in den Gliedern auswirkt, identisch sein. Mit dem Klagerufverbindet sich der Gebetswunsch (Ps 14,7; 53,7). Das Bild des Gefangenen legt sich nahe: der Mensch ist an diesen Todesleib gebunden; darin liegt seine Verlorenheit und Verzweiflung. Findet sich ein Retter (QUEa6aL wie Röm 11,26)? Das Element des »Rettenscc dürfte hier messianische Färbung haben. Christ undjude sind imstande, die Frage nach dem Messianischen zu stellen. 43 Mit der Frage nach dem Gesetz ist für das Christsein das Bekenntnis zur eschatologischen Freiheit, für das Judentum das Beharren in der Unerlöstheit dieser Weltzeit gegeben. Paulus hat als Christ das Verständnis aufgebracht, warum der Jude aufder U nerlösthei t in dieser Wel tzei t besteht,ja sogar dies Beharren aufUnerlöstheit in die Diskussion aufgenommen (V 25). Der Todesleib ist der dem Begehren und der Sünde ausgesetzte Leib; das Kreuz ist der ständige Ruf, über diesen Todesleib hinaus zu glauben, zu hoffen und zu handeln. Jedes Gebundensein an das Gesetz denkt im Rahmen der alten Weltzeit. Das Sprechen von der leiblichen Seite der menschlichen Existenz beschreibt nicht einen ei71(.elnm Gesichtspunkt innerhalb der paulinischen Anthropologie, sondern dasg~e Dasein in dieser irdischen Welt.teit. Damit drängt die Fragestellung über die Danksagung (V 25a) hinaus auf die zukünftige Erlösung des Leibes (Röm 8,18 fT.): sie ist in der Danksagung eingeschlossen. 42 ~ = zerschlagen, unglückJich, elend. Zum Klagerufvgl. 4ur 7,116 &:; die Diakussion in Esr 13b und Ear 16a; IQH 2,6 f.;JosAs 6,2 &:: hermetischer Traktat x6Qr) xOcJtwu § 34-37. Vgl. dazu KAsEMANNR 198. ~rotaa. kann auf Gott sdbat oder auf den Mesaiu bezogen werden ( I Theu 1,10; Röm 11,26). EI ist möglich, in V 24 den Klageru~ in V 25a den alllchließenden Dank (EuIogie) zu sehen, V 25b dann an V 24 anzuschließen. In der Gcgenwan rechnet man weithin mit einer Glosse in V 25b (R. BULTNANN). Doch ist da1nit die exegetische Gesamtsituation nicht geklärt. Man kann in der Exegese drei verschiedene Möglichkeiten unterscheiden: a) au8erchristliche (vor allemjüdische) Existenz unter der Tora und chriatliche Existenz. Damit ist die Spannung zwischen altem und neuem Äon gegeben; b) Spannung innerhalb der christlichen Existenz (zwischen dem Hängen am eigenen Ich und der Auslieferung an Christus); c) judenchriatliche Schwäche unter dem Gesetz und Leben aus dem Geist Gottes nach dem Bruch mit dem Gesetz. 43 Es iat die Aufgabe desJudentuma und des Christentums, die Frage nach der kommenden Erlösung durchzuhalten. Aber auch sonlt weiß man vom venchärften Kampfzwischen Fleisch und Geist (Ga! 5,16-18). Du Nebeneinander von KJageruf und Danksagung schützt vor allem Enthuaiumus.
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Der Todeaweg des Menachen unter dem Gesetz
In der Exegese liegt die Tendenz, die paulinisehe Theologie als eschatologische Korrekturder Weisheitslehre bzw. des urchristlichen Enthusiasmus zu verstehen. Alle Strömungen des urchristlichen Denkens gehen von der Tatsache des erhöhten Christus aus; die Frage entsteht, wie sich dies Denken auf das irdische Leben bzw. das Selbstverständnis des Christen auswirkt. Wie weit reichen die Möglichkeiten, Geschöpflichkeit und Menschsein, Geschichte und Altes Testament zu verstehen? Anderseits steht Paulus innerhalb des Gespräches über Judentum, Gesetz und Aussage der heiligen Schrift. Ktmkrtl "4t d4s: Wil weit reicht SiDuU b{W. Fleisch tJls Uruil Gottes Mbtr den MmschnIJ Röm 7,7 ff. durchschlägt alle Schutzschichten des Menschseins (M. Kähler). Der in Röm 7,7-25 angesprochene Christ bzw. der vom Christen beuneilteJude unterscheidet sich vom anderen dadurch, daß der Christ die Danksagung V 25a nachspricht, der Jude dagegen an dem Widerstreit zwischen den heiden Gesetzen und der Zerspaltung von Vernunft und Fleisch festhält (V 25b als Abschluß und Höhepunkt von 7,7-25). K_ dir Christ Pabu I' 25b {Wistlun tkta Gnoula.sSII,m I' 25tJ IIIUI 8,/ -f,nunnmm MbmJ Wtltlun Sill" mIIjJ tr I' 25b Itl- WtnJ Der Stilbruch erinnen an den Zusammenhang I Kor 15,56 zwischen 15,55 und 15,57 (Siegeswon, Lehraussage, Danksagung). In beiden FäUen soU die Wirklichkeit der alten Weltzeit, also ein letzter Vorbehalt, eingeschaltet werden. •AQCI 00v wiU aus dem Zusammenhang V 21-24 folgern, au'tOc; tyfi> stellt noch einmal das »Ich« des ganzen Abschnittes heraus: es geht um Paulus selbst, um seinJudesein und sein Menschsein in der Spannung der beiden Weltzeiten. Er hat diesen Menschen gekannt und überwunden: er dient mit seinem Uneilsvermögen dem Gesetz Gottes, mit seiner fleischlichen Welthaftigkeit dem Gesetz der Sünde; auffallend ist das betonte .)diene« (6ouAriKo); es beschreibt ein Zulassen, Tun und einen Zustand. Der Fromme, der von seiner VerfaUenheit an das Fleisch redet, der Rabbine, der noch fragt, was das Gebot besagt und was es freiläßt, der Glaubende, der sich von der heidnischen Obrigkeit getrennt weiß, spüren sie nicht alle etwas von einer fremden Macht, der man nicht gewachsen ist? Aus welchen Voraussetzungen ist eine überwindung des »Gesetzes der Sünde« überhaupt möglich? Die Antwon kann nur in dem Aufweis zweier verschiedener Strukturen des paulinischen Gesetzesventändnisses liegen: das Gesetz Gottes, das Paulus ausdrücklich bestätigt (7,22.25), ist das Gesetz, das im .)Geistcc und in der .)Freiheitcc erfüllt wird (Röm 8,1-4); das Gesetz, das in seinen Gliedern sich auswirkt, ist identisch mit der rabbinischen Schriftauslegung des »Begehrens« und des »Tuns« (7,22.25). Die beiden Strukturen sind einander entgegengesetzt. Man darf also nicht metaphysisch-dualistisch (E. Brandenburger, E. Käsemann) argumentieren, auch nicht die Vielfältigkeit des Gesetzesverständnisses herauszustellen versuchen (Gleichsetzung mit »religion«, C. K. Barrelt), sondern man muß auf den geschichtlichen Gegensatz zwischen Synagoge und messianischer Gemeinschaft (bucl110(a) eingehen: das Verhältnis beider ist geschichtlich und eschatologisch aufgefaßt. Am nächsten steht 2Kor 3,4-11: die verhüllte Schriftauslegung des Rabbinates. Ohne diesen Schlüssel ist jedes Verständnis von Röm 7 gefährdet: Entweder wehn der Apostel hier judaistische I rrlehrer ab, die in Mission und Lehre ihn bedrohen (Röm 16,17-20), oder er denkt schon jetzt an den Gegensatz ))Itark« - »schwach« in Röm 14,1-15,13 (P. S. Minear 65 ff.). Wahrscheinlich handelt es sich hier nicht um ein Entweder-Oder, sondern um verschiedene Gefahren, die aus der gleichen Wurzel stammen. Damit erklän sich am leichtesten auch die Stellung nach Röm 6: die Taufe setzt nach der Theologie des Paulus den Bruch mit der Synagoge voraus. Ebenso ist der Anschluß an Röm 5,12-21 gesichen: die Frage nach der Bedeutung und Gültigkeit des Gesetzes geht nicht nur dasjudentum, sondern die ganze Menschheit an. Es geht um die Loslösung von der Synagoge, weil es sich um die Frage der Tora schlechthin handelt.
Röm 7,1-25
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Das ))Ichcc von Röm 7 ist tatsächlich biographisch-heilsgeschichtlich, daher paradigmatisch: Paulus weiß am besten, was die Besonderheit des jüdischen ))Fleischescc ist, und hat daher an diesem Punkt den Bruch vollzogen (PhiI3,4-11). Er selbst war Verfolger der Gemeinde, hatte im Namen der Tora den gekreuzigten Messias verfolgt (Gall ,22 f.; Apg 9,1-3) und mußte am Gesetz ))sterbencc. Es kann durchaus richtig sein, daß die Gegner das Gesetz weisheitlich weitergaben, so daß auch Paulus in Röm 7 das Gesetz ))weisheitlich« verteidigen bzw. angreifen muß (Vernunft - Glieder), aber hier liegt nicht die Spitze seiner Argumentation. Tatsächlich mag man daran denken, daß auch in der Auseinandersetzung zwischen ))starkcc und ))schwachc( die Gültigkeit des Gesetzes zur Diskussion stand: die Mischgemeinde hatte zwar die paulinische Konzeption angenommen (Röm 6,17: tU~~ rile; 61.baxT!e;) , war aber schwer imstande, sie gegen Widerspruch zu verteidigen (vgl. die Schlußkapi tel). An der Gesetzesfrage hängt das Verständnis des ganzen U rchristentums; das Verständnis von Röm 7 entscheidet auch über Aufbau und Sinn des ganzen Briefes. Da Paulus Apokalyptiker ist und die Zeit nicht nur äonenhaft auseinanderreißt, sondern zeitlich auf den ihm gegebenen Augenblick achtet (Röm 13,11). weiß er, daß im Abbruch der Zeit die Scheidung zwischen gesetzesfremdem ))Enthusiasmus« und torabewußtemJ udentum notwendig ist. Seine Haltung ist in eine bestimmte Situation gestellt. Es geht in Röm 7,14ff. nicht um einen Kampf um die )Nervollkommnungec (KäsemannR 213), sondern um die für den Christen notwendige Einsicht, daß das Gesetz seinen bleibenden Dienst an ihm tut, indem es ständig die Schwachheit des Fleisches aufdeckt. Jede Form des Nomismus wird durch das die Sünde aufdeckende Gesetz unmöglich gemacht; jeder Enthusiasmus, der das Gesetz als überwunden ansieht, ohne das Recht des Sinai anzuerkennen, wird in der Wurzel getroffen. Es gtht awschlilßlich um dit Gtgmiibtrsttllung des auf sich stlbst vtrtraunulm Menschen mit dem anJtsw Christw und tim Geist gtbundenen Menschm. V 25b kann daher verstanden werden als Hinweis auf den Menschen, der auf sich selbst gestellt ist (= 6Qa 00v ambe; !yoo) im Gegensatz zu 8,2 (6 yOo v6~ 'tOÜ ~vE'6~a't~ rile; toriie; = die Heilsordnung des Geistes, die allein Leben Schafft). l)oVAEUEI.V muß dann verschieden abgetönt sein: In Röm 6,18 meint es die Dienstbarkeit in der Freiheit des Geistes, in 7,25 das vorläufige Sichgebundenwissen an die VorläufIgkeit der alten Weltzeit und der alten Weltmächte, die zum bleibenden Stachel jedes Christseins wird. Wir haben in Röm 7,7- 25 ein in einem bestimmten Stil abgefaßtes Btkenntnis vor uns, das die Not des Menschen an sich selbst enthüllt. In der Begegnung mit dem Gesetz Gottes entdeckt er seine Zerspaltenheit in ein eigentliches Ich und in ein der Sünde verkauftes bzw. der Sünde unterworfenes Ich. Inhaltlich hat dieser Stoff manche Berührungen mit apokalyptischen, sektiererischen Anschauungen desJ udentums, formal dagegen erinnert er an hellenistische und orientalische Begriffe und Unterscheidungen. Mag das Wissen um die Zerrissenheit des Menschen auch Parallelen haben, so geht es in Röm 7,7- 25 doch nicht um eine psychologische cx:ler metaphysische Tatsache, sondern um eine durch die Verkündigung des Evangeliums aufgewiesene menschliche Not, die in dieser Tiefe und Uneingeschränktheit nur vom Christen am radikal verstandenen Gesetz erfahren werden kann,ja erfahren werden muß. Voraussetzung rur dies ganze Bekenntnis ist die überwindung der Herrschaft des Gesetzes durch die Wahrheit und Herrschaft des Geistes (Röm 7,1-6), doch wird auch der Christ in seiner fleischlichen Existenz und in seiner Auseinandersetzung mit der bleibenden Forderung Gottes von dieser menschlichen Not immer wieder bedroht und erschüttert. Da die christliche Existenz nicht in der Aufhebung der Situation von Röm 7,7-25 besteht, sondern in ihrer Erkenntnis und in ihrer überwindung, hat unser Abschnitt seinen Dienst auch an dem getauften Menschen auszurichten. Das Wissen um die Zerrissenheit des Menschen, um seine Bestimmtheit durch das Fleisch, um
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den Gegensatz zwischen Gottes Willen und dem menschlichen Willen ist die durchgängige Voraussetzung auch der paulinischen Paränese (Gal5,1~18). Es ist anzunehmen, daß ein derartiges Ich-Bekenntnis im Gottesdienst und in der Frömmigkeit eine besondere Bedeutung hat.
Exkurs Geschichtliche und theologische Probleme zu Röm 7 J. Zu, GesclricJate dn Auslegr.mg44 a) Schon in der Auslegung dn alten Kirclu finden wir venchiedene Möglichkeiten, das »Ichee von Röm 7,7 ff. zu verstehen, ohne daß immer eine klare Abgrenzung zwischen ihnen gefunden werden könnte. Man denkt z.B. an die Person Adams und an die Sündenfall-Geschichte von Gen 3 (Method. resurrect. 15,2; 57,1; 58,2; 11 1,1-5). Es liegt dann nahe, in der »Sünde«, die den Menschen verführt (Röm 7,11), einen Hinweis aufsatanisches Wirken zu sehen. Orig. hat Röm 7,7 f[ und 7,13 aufalle Menschen bezogen, insofern als alle unter der Sünde stehen. Er hat damit auch die Getauften in die paulinische Aussage einbezogen. Einen Satz wie Röm 7,14: »Ich aber bin fleischlich, verkauft unter die Sünde« habe Paulus deshalb gesprochen, weil er als Lehrer der Kirche auch die Schwachen in seine Aussage mit einbezog (comm. inJoh 10,28). Allerdings hat man in der alten Kirche das •• Ichee von Röm 7,7 ff. oft anden ventanden als das von Röm 7,13 ff.; auch fehlt oft eine klare Untencheidung in der Frage, ob Menschen unter dem Gesetz (Heiden und Juden) oder Menschen unter der Gnade (Christen) in unserem Abschnitt gemeint seien. Method. resurrect. 11 I ff. denkt in der Auslegung von Röm 7,13 ff. an den gläubigen Christen und an Paulus selbst. Hilarius deutet in seinem Psalmenkommentar das »Ichee von Röm 7,13 0". ebenfalls aufPaulus selbst (z.B. in Ps 118; 125,7; 129,6). Auch Ambrosius hat Röm 7,13 f[ aufPaulus und "uns« bezogen (z.B. Enarr. in Ps 37,25; de Abr. 2,27; de poen. 2,74). Allerdings gibt es auch viele Aussagen der Kirchenväter, die Röm 7,13 ff. ausdrücklich auf den unerlösten Menschen (Heiden undjuden) deuten, so Tert. pud. 17; Aug. propos. 44; de div. quaest. ad Simpl. I 1. Allerdings behauptet Auguatin in de div. quant. ad Simpl. I 1,7, daß jenes Wort Röm 7, 14b: •• lch bin fleischlichce auch vom Getauften gelte. Nur sei er nicht mehr an die Sünde verkauft wie der Mensch des Gesetzes. Im Kampfmit dem Pelagianismus gibt Augustin seine alte Auslegung auf und versteht die Klage des Paulus als die Stimme des wiedergeborenen, jedoch unter der Verderbnis der Natur seufzenden Menschen (de nupt. et concup. 1,27-32; c. duas epist. Pelag. 18,13-24; retract. 122,2; 23,5; 25,67; 11 27,2). Manche mittelalterlichen Ausleger folgen dieser neuen augustinischen Deutung, während andere schwanken. b) Die Reformation (M. Luther, Ph. Melanchthon,J. Calvin, Th. Baa) nimmt die augustinische Exegese wieder auf, wenn auch einzelne Theologen sich von ihr freizumachen suchen (M. Bucer, Musculus). M. Luther führt zwölf Gründe dafür an, daß Paulus mit dem »Ich« letztlich den geistlichen Menschen meine (165 ff.; 11 168 ff.j. Ficker) .•• Er redet in eigener Person und im Namen aller Heiligen.ce ••Der geistliche Mensch nämlich kämpft mit dem Fleisch und seufzt, daß er nicht so kann, wie er will. Der fleischliche Mensch aber kämpft gar nicht, sondern gibt nach und willigt ein.ce •• Denn das ist das 44 Vgl. SANDAy-HEADLAMR 184 8:; W. G. KONNEL, a.a.O. 748:; K. H. ScHELKLE, Die Auslegung von Paulua' Römerbriefbei den Vätern, 1. Teil, 1948, 166 8:; den., Paulus, Lehrer der Väter, 1959, 224-258; N. BoNWETSCH, Röm 7,14 ff. in der alten Kirche und in Luthen Vorlesungen über den Römerbrief; NkZ 30, 1919, 135-156.
Köm 7,1-25
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Merkmal eines geistlichen und weisen Menschen: er weiß, daß er fleischlich ist und er mißti.llt sich, er haßt sich selber und preist das Gesetz Gottes, daß es geistlich ist.cc »Der geistliche Mensch will nämlich ganz rein, ganz frei, ganz fröhlich, ohne durch das widerstrebende Fleisch beschwert zu sein, das Gute tun. Aber das bringt er nicht fertig.« M. Luther undJ. Calvin können sich daraufberufen, daß die Schilderung Röm 7,7 ff. keineswegs übereinstimmt mitder Beschreibung des heidnischen bzw. desjüdischen Menschen in Röm 1,186".; 2,1 ff. 176". Die »Vernunft« (vOOIi) des nicht wiedergeborenen Menschen war ja nach Röm 1,21.28 verfinstert und entleert. Tatsächlich stehen wir damit vor einer wichtigen exegetischen Beobachtung: Paulus hat zwei Formen der Auseinandersetzung mit dem Judentum. Er deckt die Nichterfüllung des Gesetzes (Röm 2,17-29) ebenso auf wie den Versuch Israels, eine eigene Gerechtigkeit vor Gott aufzurichten (Röm 9,32; 10,3). ImPitlismus wird es fraglich, obdie Schilderung von Röm 7,18 f. aufPaulus und den wiedergeborenen Menschen passe (Ph.J. Spener), und man kehrt zur voraugustinischen Exegese zurück (A. H. Francke). In der MInen Auslegung finden wir die augustinisch-reformatorische Tradition in der Erlanger Schule (Chr. v. Hofmann, Th. Zahn) und in bewußt reformierten Kreisen (Fr. Kohlbrügge, K. Barth). Aufden Nichtchristen beziehen F. Chr. Baur und die Tübinger Schule Röm 7,7 fr., dann aber auch die meisten historisch-kritischen Untersuchungen in der Gegenwart (E. Kühl, H. Lietzmann, W. G. Kümmel). Vertritt man die existentiale Deutung des paulinischen Textes, dann würde man die menschliche Existenz in dem Aufsichselbst-Gestelltsein und in ihrem VorGott-Gestelltsein unterscheiden. Der Gnadenstand ist dann die jeweilige aktuelle Aufhebung des Gesetzesstandes. Es ist aber die Frage, ob nicht das Schwergewicht des paulinischen Textes auf dem Ereignis der Veränderung der geschichtlichen Situation liegt, die durch das KreuzJesu gegeben ist. »Wir haben hier nicht )unSC zu interpretieren, sondern das Zeugnis des Pauluscc (GauglerR I 244). Mag auch die persönliche Erfahrung immer wieder uns dazu verleiten, in Röm 7,18 f. einen Ausdruck dessen wiederzufinden, was gerade der Christ - und vielleicht in dieser Radikalität rwr der Christ - aussagen kann, so ist anderseits doch festzuhalten, daß die mit dem Kreuz und der Auferweckung uns gegebene Verheißung uns auch über unsere Erfahrung hinausträgt.
2. Zum tluologisclren Verständnis von Paulw und M. LuJhe,. Seit der Theologie Ritschls und Schlatters ist das Verhältnis von Paulus und Luther zu einem ernsthaften theologischen Problem geworden. P. Althaus hat in: Paulus und Luther über den Menschen, 1938 versucht, aus dem Zusammenhang der beiden Kapitel Röm 7 und Röm 8 die begrifflichen und denkmäßigen Unterschiede zwischen dem NT und der refonnatorischen Theologie herauszuarbeiten. Tatsächlich wird man nicht abstreiten können, daß in der Art, wie der Mensch ohne Christus und die Not bzw. der Widerstreit des Menschen in Röm 7 und bei M. Luther dargestellt werden, erhebliche Verschiedenheiten aufzuweisen sind. Es ist typisch, daß für M. Luther die geschichtlichen Unterschiede in der menschlichen Situation vor der radikalen Frage nach der Art des Glaubens und des Geistes Gottes zurücktreten, daß also nicht der Heide oder der Jude, sondern der Mensch, der dem Fleisch gehorcht, dem geistlichen Menschen gegenübergestellt wird. Die menschliche Natur als solche hat keine Lust am Gesetz und widerstreitet ihm, während der geistliche Mensch den Kampf mi t Fleisch und Sünde aufnimmt. Das paulinische Bild des vorchristlichen Menschen ist differenzierter als das M. Luthers, aber trotz aller exegetischen Einzelunterschiede hat dieser die Tiefe des Gegensatzes von Gesetz und Evangelium theologisch richtig gesehen. Es genügt nicht, die Theologie des Paulus als »Missions- und Bekebrungstheologiecc zu beschreiben, M. Luther dagegen innerkirchlich aus der Auseinandersetzung mit der Frömmigkeit seiner Zeit zu begreifen (P. Althaus,
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a.a.O. 73 W.). Auch Paulus kämpft mit gleichem Ernst wie M. Luther gegen die falsche Sicherhei t der Getauften und gegen die Sünde innerhalb der Gemeinde. Der eigentliche U nterschied zwischen Paulus und M. Luther besteht darin, daß M. Luther die Erkenntnis von Röm 7,14 0: auf den geistlichen Menschen beschränkt, während Paulus den Menschen schildert, der am Gesetz scheitert. Daß dies Versagen des Menschen dem Gesetz gegenüber eine Erkenntnis ist, die auf den Christen beschränkt ist, kann nicht zugestanden werden; wohl aber ist diese Schilderung, die der Christ Paulus entwirft, in ihrer Radikalität und Ausweglosigkeit für das paulinische Verständnis des Gesetzes bezeichnend. Wer sich des Gesetzes rühmt, verschweigt die Wahrheit, die auch an ihm sich vollzieht bzw. vollziehen muß. Daß diese Wahrheit sich notwendig am Menschen vollziehen muß, ist die Erkenntnis, die wir dem Evangelium verdanken. Grundsätzlich ist für Paulus durch das Verhältnis von Indikativ und Imperativ die Möglichkeit gegeben, die Sünde konkret zu überwinden. Für Luther bleibt aber der Glaubende auch jetzt peccator in re, d.h. das Bekenntnis zur faktischen Sünde wird für ihn ausgeweitet zu einer dogmatischen Aussage über ihre Unausweichlichkeit. Indem die Reflexion das Bekenntnis zur konkreten Schuld und Sündhaftigkeit ausweitet und weiß, daß die Sünde auch morgen da ist, ja injedem guten Werk vorhanden ist, ist die Situation faktischen Bekenntnisses überschritten. Hier liegt ein Unterschied zwischen Paulus und M. Luther, der fUr die theologische Fragestellung nicht unwichtig ist45 • 3. z"r rtligionsgeschichllidlm Einordnung von Röm 7,7Jf. a) Die Form des ))Ich«-Stiles, die Art der anthropologischen Aufspaltung, auch die Gegenüberstellung von »WoUencc und ))Tun« weisen einerseits in eine ganz bestimmte jüdische Tradition (IQS 11,7-10; IQH 2,6 f.), andererseits in bekannte hellenistische Vorstellungen (Epict. 11 26; 128,6 ff.; Xenoph. memo 111 9,4; Plato Rep. IX 577E; Ovid metarn. VII 19 f.; Stob. 161,1). Dieser Ich-Stil knüpft zunächst an den alttestamentlichen Psalm an, nimmt aber dann dualistische Motive, die von anderswoher kommen, auf. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Röm 7,7-25 aus einer Vorlage entstanden ist, doch ist aufjeden Fall zu betonen, daß biblische und jüdische Grundmotive in diesem Text unverkennbar sind. Die Beziehungen zur Sündenfall-Geschichte, zum Dekalog und zur Gesetzeslehre des Judentums sind ganz entscheidend; dabei kommt es nicht so sehr auf die menschliche Situation als solche an, sondern auf die notwendige Erfahrung, die aus der
Begegnung mit dem Gesetz entspringt. Wir haben jüdische Grundmotive vor uns, die aber stark gegen die rabbinische Gesetzeslehre ausgerichtet sind. Daß das Gesetz Leben ist, Leben schafft und verbürgt, ist in Röm 7,7 ff. einerseits zugegeben, anderseits aber von einer anderen Ebene aus bekämpft. b) Vorausgesetzt ist auch in Röm 7,7-25, daß das Gesetz als Forderung Gottes seinen Anspruch auf den Menschen mi t Recht erhebt. Da aber der Mensch nicht gehorcht, sondern begehrt, scheitert er und stirbt an dem Gesetz. Damit entsteht die Frage, in welchem Verhältnis Röm 7,7-25 zu Röm 2,17-29 steht. Die Denkformen der beiden Abschnitte weichen voneinander ab. In Röm 2,17-29 bekämpft Paulus den jüdischen Anspruch auf Gerechtigkeit und deckt den Ungehorsam konkret mit Hilfe der Norm des Gesetzes auf. Er erkennt also die bleibende Forderung Gottes ausdrücklich an und erscheint somit wie ein Prediger des Gesetzes. In den scharfen Aussagen: 4,15; 5,20; 7,1~ und 7,7-25 bekämpft der Apostel aber die Möglichkeit, auf Grund des jüdisch verstandenen Gesetzes Leben und Gerechtigkeit überhaupt zu empfangen. Er hält sich also streng an den Satz, "'VgL P. ALTHAUS, Paulua und Luther über den Menschen, 1938 (3. Auß. 1958); W.jOEST, Paulua und das lutherische Simul justus el pea:ator, Kerygma und Dogma I, 1955, 269-320.
Rößl 7,1-25
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daß allein aus Glauben Leben empfangen werde. Damit ist das jüdische Ventändnis des Gesetzes durchbrochen. Man wird auch bier aufG/JOIuU.JPlisclu PrimUs". hinweisen dürfen. Paulus denkt grundsätzlich von der Lehre der beiden Äonen aus. Das Gesetz gehört für ihn in den alten Äon des Unheils hinein; es macht das Maß der Sünde voll (Röm 5,2O). So kann dasjudentum cschatologischlli"" denken, doch ist an den Gcschichtsaufriß desjubiläenbuches zu erinnern Uub 1,1-18): Moses steigt auf den Berg Goues und sieht die vergangene und zukünftige Geschichte. Er erhält Befehl, alle Worte in ein Buch zu schreiben, damit die Nachkommen sehen, daß Gou tratz alles von ihnen verübten Bösen sie nicht verlassen habe. Wenn alles über sie kommt, dann erkennen sie, daß Gou gerechter ist als sie selbst mit aU ihrem Recht und ihren Werken. Die Gebote werden zu ausdrücklichen Zeugnissen, die ihre Wahrheit über den Abfall des Volkes hinaus bewähren werden. Gou wird das abgefallene Volk in die Hände der Heiden zur Gefangenschaft, Beute und Vemichtung geben. Aber dann wird eine Periode der Umkehr, des Heiles, der Sammlung aus allen Heiden einsetzen; man wird Gou suchen, und er wird sich von ihnen finden lassen. Heil und Gerechtigkeit werden geschenkt. Das Gesetz wird zu einer Wahrheit, die sich vom SchickIalsweg des Volkes entfernt. Das Heil bindet sich an eine neue Ptriodt dir UmIuJa, und der Gegenwart Gottes. Wichtig ist ferner, daß an die Venchärfung des Sabbatgebotes, aber auch an andere Gebote (vgl. etwa Ex 2I,12-17), immer wieder die Drohung des Todes geknüpft wird (Wer das und das tut, der soll sterben). Die Ausrottung des Sünden ist ganz offenbar der Sinn dieser Todeadrohung"6. Doch ist es entscheidend, daß auch die Untenchiede zwischen dieser Art frühjüdischer Gesetzespredigt und paulinischer Unterweisung hervortreten. Paulus versteht das Gesetz ausschließlich vom Evangelium aus. Er deckt letztlich das Versagen des Menschen,ja den notwendigen Zerfall des Menschen an der götdichen Forderung ebenso auf, wie es einst Aufgabe der Propheten war, Gottes Gebote neu zu ventehen und den Ungehonam dei Volkes aufzudecken. Daß für Paulus die Tora zum v~ wird, liegt ja scb1ießlich nicht nur an dem Hellenisierungsprozeß der Septuaginta, sondern auch an dem durch ihn geschaffenen GesetzesbegrifT, der von der Antithese zum Evangelium ausgeht. Wir haben ein Denken vor uns, das ausschließlich von der Hei1stat Gottes inJesus Christus ausgeht und nunmehr das Versagen, ja die Zerfallenheit des Menschen an diesem Maßstab aufweisen wi1l 47 • c} Auch dal qumranitische Judentum sieht den Menschen grundsätzlich im Widerspruch gegen Gou und seinen Willen, wie er in der Toraauslegung der Gemeinde offenbart ist: Er wandelt im Eigensinn eines schuldigen Herzens und begeht mit unzüchtigen Augen jede Art von Bösem (IQS 1,6 f.; IQH 7,3). Wie hoch auch immer die Werke der Schöpfung gepriesen werden (I QH I ,6-15) und auch die biblische Aussage von der Herrschaft des Menschen über die Erde festgehalten wird (IQS 3,17 f.), erscheint der Mensch doch durch völlige Nichtigkeit bestimmt, als Gebilde aus Lehm und Wuser ( I QH 1,21), aus Staub bestehend (IQH 10,3 f.; IQS 1I,21). Aufdiese Weise wird nicht nur die Vergänglichkeit und Ohnmacht des Menschen beschrieben, sondern damit ist zugleich seine UrifiJaigUi, ~ tJlUm Gulm gegeben: Er ist ein Grund der Schande und ein Quell des Schmutzes, ein Schmelztiegel des Unrechts (I QH 1,21); er hat keine Einsicht (I QH 1,23) und kann keinen geraden Weg gehen (lQH 12,24-35). Von der Sünde befallen sind s0wohl der Geist des Menschen (lQH 1,22 f. 32; 3,21) wie auch sein Fleisch (IQS 3,8 f.; 4,20 f.). Menschsein heißt Sündenein im umfassenden Sinn; das Fleisch hat keinen Ruhm •• VII. BoUSIET-GIlESINANN, Die ReliKion des Judentums, 3. AuO. 1926, 125 f. • , VII. G. v. RAD, TbeoJosie da Alten Testaments 11, 1960,402-424 (Du Gaetz).
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und der Geist keine Kraft (IQH 9,1~17). An sich ist ).Fleisch« ein neutraler Begriff ( IQH 8,31; IQM 7,5; 17,7 f.), genau wie OOQ~ im Neuen Testament im neutralen Sinn verwendet werden kann. Doch scheint das »Fleisch« auch von der Qumrangemeinde in besonderer Weise als Sitz der Sünde betrachtet worden zu sein (IQS 4,20 f.; 11,12; IQH 13,13; 17,25). Mit seinem Eintritt in die Bundesgemeinde entsagt der Mensch allem sündhaften Eigenwillen und gibt sich ganz der Forderung des Gottesgebotes hin (IQS 1,1-10; 5,4 f. 7-11; 9,23-26; IQH 6,6 f.; Dam 2,14-16; 3,3). Entscheidend für diese Veränderung ist letzten Endes nicht das Tun des Menschen, sondern Gottes Wirken, und zwar einerseits inder Vorausbestimmung (IQH 3,22; 15,15 f.) und andererseits im gegenwänigen Heilshandeln (IQS 1,19; 3,~II; 11,3.14 f.; IQH 7,30; 11,1~13; 16,8-19). Die Gemeinde ist ein Haus der Heiligkeit für Israel, sie sühnt für die Erde und tritt als Zeugin für die Wahrheit im Endgericht auf( IQS8,~1O). Ausdrücklich wird gesagt, daß jeder, der in die Gemeinschaft eintritt, ohne den Eigensinn des Herzens aufzugeben, und der Widerwillen gegen die Weisungen der Erkenntnis empfindet, nicht unter die Rechtschaffenen gezählt wird und daß es für ihn weder Sühne noch sakramentale Reinigung gibt (I QS 2,2~3,6). Um so mehr überraschen die Siindmbekmnmisst der Vollmitglieder, wie sie in I QH und I QS überliefen sind. In I QH 1,22-27 bekennt der Beter, dem Gott Einsicht in seine Geheimnisse geschenkt hat, daß er einen verderbten Geist ohne Einsicht hat und daß dem Menschen der Dienst am Unrecht und die Werke des Betrugs zukommen. Der Fromme ist Siindn rmd Gertchter zugleich: in I QS II,~ gehört der Beter zu denen, die Gott erwählt hat und denen er Anteil am Lose der Heiligen gewährt; unmittelbar d~uf, in 11,9 f., zählt er sich zur gottlosen Menschheit und zum Kreis der Verkehrtheit. Der Mensch bleibt also auch als Erwählter und als Glied der Bundesgemeinde der Macht der Sünde ausgesetzt, denn der Geist der Verkehrtheit wohnt in seinen fleischlichen Gliedern (I QS 4,20). Er muß sich dazu auffordern, das zu erwählen, was Gott ihn lehn (IQS 10,13). Die Qumrangemeinde sieht die Ursache dieser Zerspaltenheit des Menschel'l im Kampfder Mächte des Bösen und des Guten, die Gott selbst geschaffen hat und die bis zum Endgericht miteinander ringen (I QS 4, I~ 19). Die Menschen zerfallen in ~ti Gruppen, die jeweils unter der Herrschaft einer dieser Mächte stehen. Entscheidend ist dabei, daß der Engel der Finsternis auf die Söhne des Lichtes Einfluß hat: »All ihre Sünde, alle ihre Frevel, all ihre Schuld, alle Auflehnungen ihrer Werke•• sind die Wirkung seiner Herrschaft (IQS 3,22). Freilich kommen der Gott Israels und sein Engel der Wahrheit den Söhnen des Lichtes zu Hilfe (IQS 3,24); aber der Kampfdauen an (IQS 4,23-25), so daß der Mensch stets Anteil an der Wahrheit und an der Verkehrtheit hat, bis zum Tage des entscheidenden Gerichts (IQS 4,~23). Im Blick auf Röm 7 fragt man, ob die Qumrangemeinde auch mit einem Kampf der heiden Mächte im Menschen vor seinem Eintritt in den Bund rechnet. Das wird offenbar nirgends gesagt. Der Mensch schwankt nicht, sondern sein Herz ist han, und er tut, was er will (Dam 8,7 f. 19). Von dieser Frage abgesehen, stimmen Paulw rmd du QpmTtmgtmeiNJt in der Beuneilung des Menschen und seiner Möglichkeiten weitgehend überein: 1. Der Mensch ist Sünder und zum Guten unfähig; 2. auch nach der Bekehrung ist der Wille nicht eindeutig auf das Gute gerichtet, sondern wird noch vom Bösen beeinflußt. Die Einsicht in die Macht der Sünde führt in der qumranitischen Theologie dazu, daß Gott dadurch belastet erscheint, daß er das Böse geschaffen hat und wirken läßt. Paulus sagt über eine Beziehung Gottes zum Bösen nichts; dafür gerät aber das Gesetz bei ihm in den Verdacht, der Sünde Vorschub zu leisten. Sowohl Paulus wie Qumran weisen diesenjeweiligen Verdacht energisch zurück, indem sie den Menschen trotz aller widrigen Bedingungen, die ihm vorgegeben sind, für seine Sünde voll verantwortlich machen. Sie unterschei-
Rötn 7,1-25
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den sich jedoch voneinander darin, wie sie den Menschen das eschatologische Heil erlangen und wovon sie sein Leben zwischen Bekehrung und Tod bzw. Endgericht bestimmt sein lassen. Nach qumranitischer Lehre erleuchtet Gott den Menschen, so daß er Einsicht in die Heilsgeschichte und in das Gesetz erlangt (IQH 7,26 f.; 11,10.17-20). Er gibt ihm Festigkeit. so daß er trotz Verfolgung und eigener Schwäche den Hei1sweg gehen kann (IQH 1.32; 9,1~13). Er vergibt dem Menschen die Sünde (IQH 4,37; 7,30; 9,13) und entsühnt ihn (IQH 6,4-13; 11,10 f.). Bestimmt wird das Leben des Bundesgliedes durch die Tora, deren Erfullung durch Gottes Hilfe ermöglicht wird. Nach Paulus erlangt der Mensch das Heil durch die Tat des Christus; das Leben des Erlösten wird bestimmt durch den Geist des erhöhten Herrn, dazu freilich auch durch die konkrete Paränese. Vgl. dazu K. G. Kuhn. XE~~~ im Neuen Testament. ZThK 49. 1952, ~222; S. E.Johnson, Paul and the ManualofDiscipline. Harvard Theol. Review 48, 1955, 157-166; W. D. Davies, Paul and the Dead Sea Scrolls: Flesh and Spirit, The Scrolls and the New Testament. hng. v. K. Stendahl. 1957, 157-182; D. Flusser, Fleisch und Geist in den RoUen aus der Wüste Juda und im Neuen Testament, Tarbiz 27. 1957-58, 158-169; R. E. Murphy, Basarin the Qumran Literature and ~ in the Epistle to the Romans. Sacra pagina 11, 1959, 66-77. Der ~tz von Wollen und Tun nach Röm 7,15f1: Wenn man Röm 7,7 ff. auf den uorclrristJidrnt Measclaen bezieht, ihn als den in Paulus sich danteIlendenjuden bestimmt, dann ist das dort genannte Gesetz ganz selbstverständlich das mosaische. Der jüdische Mensch würde dann in seiner Person unter dem Gesetz eine grundsätzliche Erfahrung machen, die stellvertretend rur die ganze Menschheit gilt: er würde dadurch Inbegriff auch des ItAdam« der Schöpfungsgeschichte. Anden wäre der Ausgangspunkt der Exegese, wenn man von vorneherein bei der Adamgeschichte einsetzt und jeden Menschen vor und außerhalb des Christus - ob er Jude oder Heide ist, spielt dann keine wesentliche RoUe - hier geschildert findet. Dann wäre das mosaische Gesetz letztlich kein anderes als das schöpfungsmäßig auch dem Heiden mitgegebene natürliche Gesetz. Der Jude wie der Heide machten die gleiche Erfahrung des Zwiespalts und des inneren Zerfalls am göttlichen Gebot. Man würde. ähnlich wie in Röm 2,14-16 und 1.20, an eine allgemeine Kenntnis göttlichen Willens anknüpfen können; »der innere Menschte (V 22) bzw. »das Gesetz der Vemunftte (V 23) beschreiben in diesem Fall eine Würde bzw. eine Norm, die rur jeden Menschen angewandt werden kann. Auffallend ist aUerdings, daß Paulus auch hier dem natürlichen Menschen eine solch ernsthafte Einsicht zugesteht: .)Niemals hat der Apostel dem natürlichen Ich des Menschen soviel Konzessionen gemacht wie hier« (W. Bousset, Kyrios Christos, 4. Auß. 1935, 123). Sowohl die Apokalyptik wie auch die Weisheitslehre haben den Weg rur eine Aussage freigemacht, die das Judentum in eine Menschheitsgeschichte und in eine allgemeine Lebenserfahrung einordnet Die griechische und hellenistische Philosophie hat Anschauungen. Begriffe und Einzelmotive entwickelt. die ihrerseits ein Menschenbild gestalten können. Der Gegensatz zwischen »Woll",,, ""'" »1""" in Röm 7,15 W. kann venchieden verstanden werden. Zunächst liegt es nahe, an einen Zwiespalt im Menschen zu denken, der eineneits durch die Vernunft sich auf die Seite Gottes gestellt sieht, anderseits durch sein Gebundensein an das Fleisch die Forderung Gottes nicht erfuUen kann. Es kann durchaus möglich sein, daß dem natürlichen Menschen dieser innere Zwiespalt zum Bewußtsein kommt; es wäre auch möglich. daß der natürliche Mensch Freude am Gesetz Gottes empfindet (V 22), aber letztlich ist das eigene Urteil des Menschen über sich selbst nicht maß-
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Der Todesweg des Menschen unter dem Gesetz
gebend: es gehört ja zur Zerrissenheit des Menschen, daß er beides 10 in sich tragen kann, die Freude am Gebot Gottes und die Freude am Bösen-. Wenn aber es einerseits als sicher gelten kann, daß der Jude unter dem Gesetz keineswegs als gespalten oder zerrissen erscheint (PhiI3,6: Paulus bezeichnet sich als vor dem Gesetz untadelig), andeneits gerade der Selbstruhm desjuden als eigentliche Schuld angesehen wird, dann legt sich für R. Bultmann eine neue Deutung des »WoUmsff und »1rmsff nahe. Der Mensch will »das Leben«, aber er tut das, was dieser Intention widenpricht: sein Handeln ist konkret auf den Tod ausgerichtet. Der Zwiespalt des Menschen besteht jetzt nicht im Bewußtsein des Menschen, der sich selbst verklagen, sich von sich selbst distanzieren kann, sondern darin, daß der Mensch das Gegenteil von dem tut, was er im Grunde will. xatfQ'Y6tro6aL in 7,8.13 bezeichnet dann das Ergebnis des Tuns, also das, was bei dem Tun herauskommt4'. Man darf den Zweck des Bekenntnisses Röm 7,7-25 nicht übenehen: Es IOU eineneits jedes Selbstvertrauen desjüdischen Menschen, Gerechtigkeit auf Grund des Gesetzes zu erlangen, in der Wurzel zerstören. Die im Menschen liegende Zerrissenheit läßt eine Erfüllung des Gesetzes nicht zu. Andeneits ist der Besitz des Geistes die einzige Möglichkeit, die im Menschen liegende Spaltung zwischen Wollen und Tun zu überwinden. Der Zwiespalt im Menschen zwischen Wollen und Tun ist also nicht psychologisch, sondern radikal in dem Menschsein selbst zu suchen. Nur der in Röm 8,1 f[ geschilderte Besitz des Geistes Gottes gibt eine Möglichkeit, den im Menschen liegenden grundsätzlichen Zwiespalt zwischen Wollen und Tun unter die Verheißung Gottes zu stellen und dadurch zu überwinden. Aus sich selbst heraus ist also dieser Zwiespalt nicht aufzuheben, und der Christ vermag in jedem Augenblick in ihn zurückzufallen. Die Radikalität dieses Zwiespaltes besteht in der Macht des Fleisches über die grundsätzliche Zustimmung des Menschen zur Forderung Goues. Es ist immer noch naheliegend, das »Gute« (ltyat6v, xaA6v) auf die Enüllung der Forderung Gottes, das »Böse« (xax6v) auf die Handlung des Menschen, die der Begierde entspricht, zu beziehen. Das Schicksal der Menschheit, das ~kenntnis zur Verfallenheit an Schuld, Ohnmacht und Tod und die Erwartung apokalyptischer Strafen und Qualen hängen wohl unprünglich eng miteinander zusammen (4Esr 7,60 W. 1160':). Hier findet sich auch die ausdrückliche Betonung der »Vernunftcc, die den Schicksalsweg des Menschen bewußt macht und die apokalyptische Weisheit aufnrh~n kann. Dir Vernunft steht also ausdrücklich auf der Seite des göttlichen Gebotes (Röm 7,23; 4Esr 7,72; vgl. 63 f.) . .. Vgl. zum Ganzen: P. AL11IAUI, PaulUi und Luther über den MeDlchen, 3. AuO. 1958; W. G. KUMMEL, Du Bild des MeDlcben im Neuen Testament, 1948; Il BULTMANN, Röm 7 und die An-
thropologie des Paulu., Imago Dei 1932,53-62; den., ChriatUI des Gesetzes Ende (Glauben und Venteben 11, 1952,3211':); G. BoIlNKANM, Sünde, Gesetz und Tod, Exegetische Studie zu Rößl 7, Ges. Auiätze I, 2. AuO. 1958, 51~; E. EuWElN, Du Rätsel von Röm 7, Kerygma und Dogma I, 1955, 247-268; O. Kuss in .einem Exkun: Zur Geschichte der AUilegung von Röm 7,7-25, R 462-485; H. HOMMEL, Du 7. Kapitel des Römerbriefs im Licht antiker Oberlieferunc, ThViat 8, 1961-62, ~ 116; KAsEMANNR 17~204. E. KAsEMANN geht es auch in Röm 7 nicht nur um den Menschen im Widerspruch bzw. in der Gespalteobeit, IOndern auch um sein Ventridnaein in die kaImisehe Ver&Uenhcit. H. P. RUGE&. ZNW 1977, 132-137; E. GIEIE. Römer 7 neu gesehen, Dia. Mvburg 1959;J. M. E. CauvW-lEa, L'exqeae de Romaina 7 rt le mouvrment de Keswic:k, 1961; H. GEIE, Das Gesetz. Zur Bibliscben Theologie, 1977,55-84. .. Du .Wollen. ilt dann keine in der Sphäre der Subjektivität gelegene Willenabeweguns, sondern ist die traDuubjektive Tendenz der menachlichen Existenz überhaupt. Du .Wirken. bezieht .ich nicht aufdie empirische Tat der übertretung, sondern aufdu Ersebnia des Tuna, du für die seaetzliehe Existenz bei jeder Tat herauskommt. O. Kuss weh" lieh danen, den lubjektiven Faktor im .WolIen. und .Tun. auszuschalten; es kann nach ihm nicht die Rede davon .ein, daS PaulUi tranaaubjektM Sachverhahe auf eine 10 .ubjektive Weile habe .childern wollen (R 470).
Röm 8,1-11
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Die Ablösung des Gae~es durch den Messiu I. In der modemen Paulua-Fonchung weilt man gelegentlich daraufhin, daß sich nach der Lehre des Judentums der gesamte Lauf der Geschichte in drei aufeinander folgenden Epochen abspielt: zweitausend Jahre das Chaos. zweitausend Jahre das Gesetz, zwei tausendjahre messianisches Reich. danach das Ende, die Welt, die nur Sabbat ist. die Ruhe im ewigen Leben (bSanh. 97a; Pesikt 4a; Tamid 7,4)50. Damit ist eine Fragestellung angedeutet, die für Paulus ebenfalls wichtig ist. Auch für ihn ist das Leben unter der Herrschaft des Messias mit dem Abbruch der bisherigen Auffassung der Tora verknüpft (Röm 10.4). Auffallend ist auch, wie stark er sich von dem weiter bestehenden alten Äon a~ grenzt (Röm 12.2). 2. Die Untencheidung zwischen den »Tagen des Messias« und der zukünftigen Weltzeit (ApkBar,4Esr) ist bei Paulus ständig vorausgesetzt. wenn auch in modifizierter Form ( I Kor 10,11; 15.23 0:). Die ••Tage des Messias« sind gekommen. der zukünftige Äon hat mit der Aufentehung Jesu seinen Schatten vorausgeworfen. Die Geschichtsanschauung des Apostels trägt apokalyptische Züge". Daß die Zeit des Messias begrenzt sei. wußten auch tannaitische Lehrer (R. Elieser. R. Akiba). Der Apostel folgen aber nicht »logisch«: das Gesetz hört auf, wo das messianische Reich beginnt, sondern folgt einer vorgegebeRen Tradition: I. der »Sohnee stand selbst unter dem Gesetz (Gal4,4; Röm 8.4); 2. er kannte dieJesusüberlieferung von der ..Tora des Messias« (Gal6,2) und die Abendmahlsüberlieferung vom .)Neuen Bund« ( I Kor 11.25; 2Kor 3.6). Er hat auch Jes 51,11 vor Augen gehabt: ndurch leine Erkenntnis« (Targum: Weisheit) »wird als Gerechter mein Knecht gar vielen zur Gerechtigkeit verhelfenee 52 . 3. Wichtig encheint der Text: •• Der Ewige sitzt und foncht in einer,.,.",. Tara, die er in der Zukunft durch den Messias geben wirdee (Targum zuJes 12,3; JalqSchim 11 § 296). Vom Jlollnu!I ihr SiiIuU ab apokalyptischer GeschichtlanlChauung spricht aUJdrüc:klich Dan 9,24, ehe Sühne erfolgt und ewige Gerechtigkeit kommt.
Röm 8,1-11: Geist und neu es Leben
'So pt eI Abo jeczt kein Verdammwapurteil für die, die iD CIuUtu. J.... .... 2DemaduGe.a dnGeJ.ae. UDd_ Lebea., du iD a.ri8IIUJau ......... ....... Ut, hat cIicb vca Celeta _Sü..... DIIII . . T __ &eipallM:.... 3Deaa . . . dem ee.e. UJIIDÖIÜdI war, worin eI dch KhWKh erwi_, um da FleiK... wOIe.., .... hat Gott YOUbnchl, iDdem er 8eiaea eipDea SoIm andte, iD der Gleichheit" SündeafleiKh_ UDd al8 SüImopler; und dadurch venuteilte er die SüDde im Fleide, 4damit die Rechtafonlenllll- ee.eae. iD UD8 erfüllt würde, die wir Dicht Mda dem FleiKhe wadelD, 80Ddem DIICh dem GeUt. 5 Dean die uda dem FleiKh leben, tnchtea DIICh der Art da Flei8c.... die aber aach dem Gebt IebeB, tnchtea Dach der Art _ GeUteL 6Dema da Tnchtea da FleiKhe8 führt ..... Tod, du Tnc:htea da GeUtn .... zu Leben uad Frieden. 7Dem1 du Tradaso Vgl dazu L BAECK, Der Glaube des Paulua, Neudruck 1961; A. ScHWEITZEI., Die Myatik des Paulua, 1930; H. J. ScHoEPS, Paulus als rabbinilcher Exeges, Aus frühchristlicher Zeit, 19~, 221-238. SI Zur Diskuaion vgl U. Luz, Du GeschichliventändniJ des Paulus, 1968, 139 tr., der aUerdinga A. ScHWElTZU und H. J. ScHOEPS und dem rabbinischen QueUenmateria1 nicht gerecht wird. Zum Ase 10 Come. 1952.
Material vgl. W. D. DAVIES, Tarab in thc Mcuianjc Ase ud/ar tbe J2 Wichtig MUUAvR 11 375 ff.
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Geist und neucs Leben
leD da FleiKha Ut FeiDcbcbaft . . . . Gott; a
UDtawirft lich dem GeIetz Gone. Diebt, .er.... a auch Dicht. • Die 1Iber, die im FIeUch öd, IröIUlell Gou Dicht prau... 'Ihr .... leid Dicht im fteiKb, lOIIdem im Geiat, WenD aaden der Geilt Got. . iD euch wolmt. WenD aber jemaad dea Geist CIuUti Dicht hat, 80 gehört er ihm Dicht.... IOWemaliber Christus iD euch wolmt, 80 Ut der Leib zwar tot um der SüDlle willea, derGei.8laber Lebea um der Gerechtipeit will... 11 WenD aber der Geiat deuea, der dea J.....00 cIea Toeea auferweckt hat, iD euch walmt, 80 wird der, welcher ChrUtaa J.... auferweckt bat, auch eure Iterblichea Leiber lebeDctipudaea durch eeiDea Gei.8I, der iD euch wolmt.
Analyse: Der Aufbau von Röm 8 vollzieht sich in einzelnen Abschnitten, die zwar logisch untereinander zusammenhängen, sachlich aber in sich abgeschlossen sind. Das neue Kapitel schildert den Einbruch der neuen Weh Gottes in die Welt des Fleisches, der Sünde und des Todes, wobei V 1-11 an die Stelle des seitherigen Gegensatzes Gesetz und Fleisch den neuen Gegensatz Geist und Fleisch setzen. Eine Reihe von Sätzen unseres Abschnittes klingt objektiv und lehrhaft (V 5 f. 7 f.), andere Aussagen dagegen wenden sich in persönlicher Anrede an die Leser (vgl. OE 8,2, ÜJ1EL~ V 9-11). Es liegt wohl am Zusammenhang von Röm 7 mi t Röm 8, daß die persönliche Anrede IIA.ruittQmotv OE V 2 sich auf den Klageruf 7,24 zurückbezieht; aber diese persönliche Anrede wird durch die bekennende Aussage des tva-Satzes 8,4 weitergefühn. Man wird feststellen dürfen, daß stilmäßig Röm 8,3 ff. gegen Röm 7,7-25 und den »Ichcc-Stil abgegrenzt ist. Es liegt nahe, das neue Kapitel mit Röm 7,25a beginnen zu lassen und Röm 8, I f. als Begründung anzuschließen. Dann verschiebt sich der Gedanke: 8, I spricht von Veruneilung, nicht von Errettung aus dem Todesleib. 8,3 schließt sich an (Veruneilung der Sünde). Vielleicht ist aber Röm 8, I f. eine Wiederaufnahme von 7,5-6 (Barrett R 154). Theologisch muß die Bedeutsamkeit von V ~ hervorgehoben werden: die Sendung des Sohnes ist die Voraussetzung rur den Wandel im Geist. Es folgen die harten Gegenüberstellungen von Fleisch und Geist in V 5-6.7-8.9-11. Die Schlußgruppe V 9-11 spricht der Gemeinde paränetisch die Gabe des Geistes zu, verbindet die Aussage über den Geist mit dem in der Gemeinde verkündigten Christus und schließt mit der durch den Geist verbürgten eschatologischen Hoffnung. Es kommt in diesem Abschnitt alles auf das rechte Verständnis des Geistes Gottes an: seine Existenz ist an die einmalige Sendung des SohnesJesus Christus in die Gestalt des Sündenfleisches gebunden, hat also hier ihren Ursprung (V 3); sie bewährt sich in der ständigen Auseinandersetzung von Fleisch und Geist (V 5), und sie verheißt eine überwindung der Spannung zur Leiblichkeit (V 11)1. I Auch in bestimmten Zweigen apokalyptilcher und IOnabger esteniacher Literatur spidt die Lehre vom Geilte Goaes eine enllcheidende Rolle. Er ist Werkzeug Gottes zur Erleuchtung und Errettq des MenJChen, schenkt dem Beter Erkennblia und Eimicht in die wunderbaren Geheimniuc Gottcl, reinigt den Memchcn und bringt ihn Gott nahe, stärkt ihn, daß er in der Versuchung nicht fillt. IQH 12,11 f[: .Ich habe dich erkannt, mein Gott, durch den Ckiat, wdcben du mir ICFben hast, und Zuverläaip habe ich sebön über demen wunderbaren Raucbluß. Durch deinen hcilisen Geilt butdu meinem Inneren Erkenntnis crößDet im Geheimniadeiner WciaheiL- V,t. IQH 3,6 f[; 4,2Off.; IQS4,31; 7,6ff.;9,16; 16,11.
Röm 8,1-11
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Exegese: Die Danksagung von Röm 7,25a bedarf einer Fonsetzung (vgl. 6,17); der Dank des Paulus, den er Gott darbringt, geschieht durch die Vermittlung Jesu Christi, der nicht nur Erlöser aus der Macht des Todes, sondern auch Mittler des Gebetes ist. Grund des Dankes wäre dann der Inhalt von Röm 8,2, wobei die Anrede OE statt J,lE oder tU1Ci~ beizubehalten ist2 • Die umständliche und sicherlich feierliche Wendung am Anfang des Verses ist in zwei Genitive aufzulösen: ))das Gesetz des Geistes und des Lebens«, entsprechend dem ))Gesetz der Sünde und des Todes« am Schluß des Verses. Man erinnen sich dabei an das Gegenüber der bei den ))Gesetze« in Röm 7,23. War der Mensch unter die Sünde verkauft (7,14), unter das Gesetz der Sünde gefesselt (7,23), so ist in Jesus Christus eine neue Ordnung gegeben (wie Röm 3,27: v6J,l0<; lt(atE~), die den Menschen vom Gesetz der Sünde und des Todes erlöst. Auch hier legt Paulus Wen darauf, den BegrifTv6J,l0<; auf das neue Werk Gottes anzuwenden; es sieht so aus, als würde durch das ))Gesetz des Geistes des Lebens« Gottes eigentlicher Wille und sein Wirken im Wort umschrieben. Gemeint ist, daß die neue Ordnung Gottes selbst wieder zur Forderung wird (vgl. den übergang von Röm 3,27 zu 3,31), daß sie als Bund Gottes mit den Menschen zur Verpflichtung wird, und daß das mosaische Gesetz durch den Christus in ein Gesetz ganz anderer und neuer Art verwandelt wird Uer 31,31-34). Das neue Gesetz schenkt die Gabe des Geistes und des Lebens. nvEUl1
V 1: Die Folgerung, daß nunmehr (vüv ist zunächst zeitlich, dann logisch gemeint) keine Verdammnis über die ausgesprochen werden kann, die in Christus Jesus eingeglieden sind, klingt wie Abwehr eines Vorwurfs: an das Gesetz gebundene Menschen könnten Heidenchristen Gottes Gericht angedroht haben 2 OE findet sieh bei. BG Orig. peach. Ephr. Chryl. Tut.; I&l bei ACD Clern. Al.; ~ bei Mare. (?), Method.
250
Geist und ncues Leben
(P. S. Minear). Dialogische und kategorische Aussagen gehen ineinander über. Allerdings tritt Barrett R 153 Anm. I für den einfachen gnomischen Aorist TJAE'UittQ(OOE (ohne den Zusatz J,&E, OE) ein 3. Die übersetzung M. Luthen: »SO ist nun nichts Verdammliches an denen ... « ist deshalb undeutlich, weil der griechische Text auf die Aufhebung des Urteils Gottes über den Menschen Wert legt. Da das Kreuz Jesu Christi die Verurteilung der Sünde in sich schließt (Röm 8,3), steht der gerechtfertigte und getaufte Christ unter dem Urteilspruch über die Sünde, gleichzeitig aber auch unter dem Freispruch der Gnade. Man darf den ,Iduldm Ku., des Verses nicht überhören. Der Zusatz: »für die, die in ChristusJesus eingegliedert sind« erinnert an Röm 5,18 ff.; durch die Taufe vollzieht sich die Eingliederung inden LeibChri.ti (Röm6,11.23). Um unseren VenstärkerindenZuaammenhang der folgenden Ausführung zu stellen, haben A vulg. pesch. Chrys. ergänzt: ldJ xatti otaoxa ~'V bzw. haben Xpl nach Röm 8,4 aufgefüllt.
V 5: Die Verkündigung der Befreiung (V 2) und die Aufhebung der Verurteilung (V I) werden ausdrücklich auf den Heilsratschluß Gottes und auf das einmalige Ereignis der Sendung Jesu Christi in die Welt des Fleisches zurückgefühn. Vermutlich wollte Paulus sagen: »Das, was dem mosaischen Gesetz unmöglich war, hat Gott getan, indem er seinen Sohn sandte«. Das Gesetz vermochte kein Leben zu schaffen (Gal 3,21), weil das Fleisch die eigentliche Absicht des Gesetzes vereitelte. Das Unvermögen des Menschen, das Gute zu tun, macht notwendig auch eine Schwäche des Gesetzes offenbar. Das Wort t'töwa'tO'V bezeichnet bei Paulus sowohl das »Nichtvermögen« wie auch das») U nmögliehe«. Das geschichtliche Ereignis der Sendung des Sohnes wird stark betont, sicherlich in der Form einer altm Tradition: »Gott sandte seinen Sohn« (GaI4,4). Da die Not des Menschen in einer besonderen Art des »Fleisches«,ja auch seiner »Leiblichkeit« besteht, legt Paulus Gewicht darauf, daß Gott seinen Sohn gerade in dies »Sündenfleisch« hineinschickt. tv 6JAOUOJ.LQ'tL oaQX~ t'tJAaQ't(a; drückt die Gleichheit der leiblichen SituationJesu mit der unsrigen aus. Diese umständliche Ausdrucksweise ist sicherlich nicht zufällig (Phil 2,7; Hebr 2,17; 4,15), will aber aufkeinen Fall doketisch verstanden werden". Man hat daran gedacht, daß der gnostische Erlöser als ein Fremder in die irdische Materie gebannt wird, oder daß der Begriff6J1OI:wJ.LQ zwar die Gleichheit, nicht aber die Identität der SituationJesu mit der unsrigen zum Ausdruck bringt; aber Paulus will mit Nachdruck hervorheben, daß die Macht der Sünde eine kosmische Einheit ist, daß sie aber an einem ganz bestimmten Punkt durchbrochen wird. In der Leiblichkeit als solcher kann also kein Unterschied zwischen Jesus und uns bestehen, wohl aber in der Art, wie diese Leiblichkeit Jesu bzw. wie unsere eigene Leiblichkeit sich zu der ihr von Gott gestellten Aufgabe verhält. Paulus steht vor dem Geheimnis der ZnR 375 faßt vüv enklitiKh auf und venteht dQa vüv als Ventärkung des einfachen 4Qa. R. Kennzeichen einerGloue werden kann (vgl. Röm 7,25b; 8,1; 10,17). • ~ bedeutet bei konkreten Dingen »Gestalt«, »Encheinungaform«. Du Won muß lCbon sehr früh in chriatologischem Zusammenhang verwandt worden lein.j. ScHNElDEIl (Tb W V 195 ff.) deutet Röm 8,3 10, daß Jesus Christus einen Fleilchesleib trug, der dem mit Sünde behafteten Flei.chealeib der Menschheit nachgebildet war. Aufjeden Fall muß auf Phil 2,7 verwiesen werden: tv ~w,...au ~ yevÖJ&€V~. Damit ist ein christologisches Grundproblem gegeben. 3
BULTMANN weist daraufhin. daß ein 4Qaoft zum
Röm 8,1-11
251
l,w,rMlion und drückt mit der dem Judentum eigenen Scheu und Vorsicht die theologische Schwierigkeit aus, daß einerseits die SituationJesu keine andere ist als die unsrige, daß aber andererseitsJesus nicht der Sünde verkauft ist, sondern in radikalem Gehorsam Gottes Werkzeug wird. Er ist in einzigartigem Sinn zum Zeichen der Gerechtigkeit Gottes geworden. Sein Sterben am Kreuz wird zum U rteH Gottes über die Sünde überhaupt, seine Leiblichkeit wird zum Ort, an dem die Sünde ihr U neil empfängt. Der Satrz: Gott sandte seinen Sohn »als Sühnopfer« (xEQl i".&aQ'd~), entspricht hier dem kultischen Sprachgebrauch der LXX (Lev 4,3.14; 5,6), nimmt also ausdrücklich die Kreuzealehre von Röm 3,25 wieder auf. Die alttestamentliche Ordnung wird durch ein neues kultiJches Geschehen abgelöst5 • Auch in diesem Zusammenhang liegen mythische Motive, die das Geheimnis der SendungJesu zum Ausdruck bringen sollen. Bezeichnend ist der übergang zum Absichtssatz im .. Wirc(-Stil (V 4): Die Sendung des Sohnes und die Durchführung des Rechtsverfahrens am Kreuz haben die Absicht, daß die Rechtsforderung Gottes unter uns erfüllt wird. Damit wird ein Grundton des Römerbriefes angeschlagen: Das Heilsgeschehen dient dazu, die Autorität des göttlichen Willens aufzurichten und durchzusetzen (Röm 3,31; 6,13). Dieser neue Gehorsam vollzieht sich im Glaubenden so, daß er den Maßstab des Fleisches verwirft und dem Maßstab des Geistes gehorcht. Es ist nicht zu übersehen, daß in der Negation t'iI oOQxa xEQUta'toVoLV eine deutliche Abwehr liegt. Paulus will sagen, daß der Anspruch, den Geist Gottes zu haben, nur dann berechtigt ist, wenn gleichzeitig der Kampf gegen das .. Fleisch« geführt wird. Auch der Rabbi, auch der Pneumatiker glaubt, im Besitz des Geistes Gottes zu sein. Paulus ruft aber beide zum Kampf gegen das »Fleisch« auf. Beide müssen notwendig den Kampf um den Geist Gottes deshal b verlieren, weil sie die Gefahr des »frommen« Fleisches in der Existenz des Glaubenden unterschätzen (Phil 3,3; Gal5, 16-18). Es gehört zur Besonderheit der paulinischen Theologie, daß sie mit dem Begriff des »Fleisches« eine Abgrenzung vornimmt, die durch alle theologischen und menschlichen Lager geht und damit das Menschsein in seiner letzten Tiefe, in seiner Schwierigkeit und Not aufreißt. Was »Fleisch« ist, wird duTch dnt »Geist« als solches erkannt uruf entlarvt. Paulus sieht also den Glaubenden in den gleichen Kampf gestellt, in dem auch das qumranitische Judentum steht. Der Glaubende ist als Sünder »Fleisch der Sünde«, als »Erwählter« dagegen Glied der »ewigen Gemeinschaft«6. Man muß also damit rechnen, daß in der übernahme des Gegensatzes von Geist und Fleisch eine alte Tradition benutzt wird, die nun eine neue Gestalt annimmt. »Fleisch« ist die Machtsphäre des Menschen, in der er sich dem Willen Gottes entzieht und sich gegen ihn auflehnt; ).Geist« dagegen ist die Umschreibung der Herrschaft Gottes, die dem Wort und WerkJesu gemäß ist. Die Gebundenheit an Jesus Christus ist das neue und entscheidende
xam
JE.
5 Früher ab man in der WcndWII xal ~~ einen Zuaatz, dcslCll Bedeutung fiaslicb war. Neuerdinglvcrweiat man mit Vorliebcaufden kultiachcn Sprachscbrauchdcr LXX undaufdie Ipczicllc Bcdcut~ von .CPlta in 2Kor 5,21 ab »Sühnopfe.... S. DANlEI., Rcchcrchcs lur Ic vocabulairc du culte dana Ja Scpcantc, 1966,301 0:; P. SruHLMACHER, Zur ncueren Excgcac von Röm
3,24-26; 323. • VII. K. G. KUHN, neLQCICJ~~ta~ im Neucn Testament, ZThK 49, 1952,211.
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Geist und neues Leben
Kennzeichen für die christliche Geistaussage. Selbstverständlich klingt der Abschluß von V 4 nicht nach einer Bedingung, sondern nach einer erfüllten Tatsache:jetl;t vollzieht sich unter uns die Rechtsforderung des Gesetzes,}ell:l wandeln wir nach dem Maßstab des Geistes Gottes 7 • V 5 f.: Paulus will nun beschreiben, wie verschieden und wie gegensätzlich diese beiden Machtsphären »Fleisch« und »Geist« sind, daß also alle Vorsicht geboten ist, um sie voneinander zu unterscheiden. Wer sich von fleischlichen Gesichtspunkten beherrschen läßt und so sein Leben führt, trachtet nach dem, was Absicht und Ziel des Fleisches ist, wie anderseits auch derjenige, der sich vom Geist Gottes beherrschen läßt, auf das aus ist, davon bestimmt ist, was Absicht und Ziel des Geistes Gottes ist. Jedes »Sei,,« (ot ÖVtEQ hat ei" »Gesinntsei,,« , ei" » T,achte,,« (cpQOVELV) bei sich. Ohne Zweifel hat V 5 die Form einer Regel: sie erinnert den Glaubenden daran, daß er sich selbst dieser Regel einzuordnen hat, daß er außerdem vermeiden muß, ihr zuwider zu handeln und sich durch die Machtsphäre des Fleisches mißbrauchen zu lassen. Das andersartige »Sein« (ot ÖVtE;) schließt das entsprechende »Trachten« (cpQOVELv) in sich 8 . Eng angeschlossen an V 5 ist V 6, in dem das jeweilige Ziel des Trachtens aufgewiesen wird. Die Form des Satzes ist stark antithetisch, wobei die Kopula fehlt. »Tod« ist das Ergebnis des fleischlich-menschlichen Trachtens, »Leben und Friede« (Verdoppelung!) ist das Ergebnis des Trachtens des Geistes. Alle diese Begriffe haben eine eschatologische Beziehung, die aber sicherlich nicht nur forensich gemeint ist: Ergebnis und Ziel bestimmen schon jetzt die Art und den Inhalt unseres Wollens. Wie V 5 f. beginnt Paulus in V 7 f. und V 9-11 mit einer neuen Gegenüberstellung der beiden Seinsweisen »Fleisch« und )>Geist«. Zunächst klingen auch die Sätze V 7 f. objektiv und lehrhaft, indem sie das ))Sein im Fleisch« beschreiben; mit V 9 dagegen setzt die persöriliche Anrede UJlEL; ein, die dann zum Höhepunkt des ganzen Abschnittes führt. V 7 f.: Das Trachten des Fleisches ist nichts anderes als Feindschaft gegen Gott (vgl. Röm 5,10: ~ot ÖVtE;). Der Aufbau des Satzes ist ähnlich wie V 6: weil das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist. ist sein Ergebnis der Tod. Es kommt Paulus aber darauf an. den Begriff des Fleisches und die Art seines Trachtens bis in die letzte Tiefe zu durchdringen. Die Feindschaft des Fleisches besteht darin, daß es sich dem Gesetz Gottes nicht unterordnet; Paulus steigert sogar und behauptet, daß das Fleisch auch dann, wenn es will, nicht die 7 Sel.. tventindlich könnte man »unter Uni« odeuin Uni« Ü benetzen (tv "-,""v). Die Ilec:htafordenmg Gottes (Sing.!) wird »unter uns« (objektiv) erfüllt. Gottes Geist ist sachlich identisch mit der uns z~rochenen Gerechtipeit. I V 5 wird mißventanden. wenn man in ihm nur die Untencheidung von zwei Mentchenarten sicht. EI geht bei Paulus nicht nur um venchiedene Seimweisen. sondern auch um zwei bleibende Möglichkeiten und um ein ltindiga Entweder-Oder. in denen der Christ steht. Dernichtchriadiche Mensch ist geknechtet und dem Tod verfallen. während der Christ dank der Gabe des Geistes zur Entacheidung in der sewonnenen Freiheit aufgerufen wird. LAoaJt 196 betont, daß qvovetV geradezu »Panei nehmen für eine Sache« ist. und warnt exegetisch davor. V 5 tautologisch auszulegen. Nimmt man diae Warnung ernat, dann muß man wohl sagen, daß Sein und Leben im Geist Dichta anderes ist als ein Sein und Leben in der Gnade. Dies Sein und Leben in der Gnade vollzieht sich in der Paneinahme für du, wu der Geist will. Für Paulus ist sowohl der Jude als auch der Heide vom .. Fleisch« beherncht, er stellt aIIo beide gleich.
Röm 8,1-11
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Fähigkeit hat, sich unterzuordnen'. Auch in V 8 bleibt Paulus lehrhaft und kategorisch, ja er wiederholt das harte Urteil: oU ÖUYavtaL. Wer sein Leben nach fleischlicher Norm ruh", vermag nicht, Gott zu gefallen. Die Erfüllung des Gesetzes hat den Sinn, Gott zu gefallen; auch der Gehorsam der Gemeinde gegen die apostolische Tradition steht unter dem Gesichtspunkt, wie man »Gott gefällt« (IThess 4,1). Mit V 9 ff. setzt ein ganz neuer Ton ein, der schon äußerlich durch die persönliche Anrede kenntlich ist; diese Anrede ist sogar betont an den Anfang gestellt. Auch das stereotype y6Q (V 2.3.5.6.7) wird jetzt durch das wiederholt gebrauchte d öt (V 9b. 10. 11) abgelöst. Paulus beruft sich dabei aufdie Tatsachen, die in der Gemeinde anerkannt sind, und schließt aufdas, was aus ihnen folgt. Es handelt sich also immer um dasselbe Schlußverfahren. Tatsache ist, daß das »Seinee der Gemeinde ein Sein ist, das vom »Fleisch« geschieden ist. Das Leben im Geist (ElvaL tv m'EVf.U1'tL = ~i1v tv 7CvE1Jf.U1'tL) ist durch die Rechtfertigung und die Taufe zu einem grundsätzlichen Tatbestand geworden. Die Existenzgrundlage für dies Leben im Geist steht also hier nicht zur Diskussion. Die Gemeinde soll nicht erst das »Fleischee ablegen und den »Geistee anziehen, sie steht vielmehr im Geist (E. Gaugier ). Aber in jedem Handeln muß der Glaubende aufgerufen werden, sich dieser grundsätzlichen Tatsache bewußt zu sein,ja, ihre Wirklichkeit zu seiner eigenen Wirklichkeit werden zu lassen. Paulus weist daraufhin, daß diese neue Existenz im Geist sich daraufberufen kann, daß Christus selbst bzw. Gott selbst im Glaubenden wohnt. EÜtEQ (3,30; 8,17) drückt weder Bedingung noch Bedenken aus, sondern bezieht sich aufdie Voraussetzung und Gültigkeit des christlichen »Seinsee lO • Der Satz: »Gottes Geist wohnt in euchee (I Kor 3,16; ähnlich IKor 14,25) entstammt einem alten katechetischen Wissen, das Paulus gelegentlich in Erinnerung bringt l l . Es folgt im V 9b eine kategorische These, die vielleicht aus einem anderen Zusammenhang stamlJ'lt. Wahrscheinlich ist V 9b ursprünglich eineSeWtformel, die in der Gemeinde eine ähnliche Bedeu tung hat wie 1Kor 16,22; Did 10,6 (vgl. auch den Zusammenhang mit der Abendmahlsliturgie!) . Wenn Paulus diese Scheideformel hier einfügt, so will er sagen, daß auch sie mit der Zugehörigkeit zu Christus die Gabe des Geistes Christi verbürgt. Wer den Geist Christi nicht hat, wer nicht glaubt, denkt, aus diesem Bestimmtsein durchJesus Christus heraus handelt, beweist dadurch, daß sein Anspruch, Knecht Jesu Christi zu sein, falsch ist. Man achte auch auf das hervorhebende ofrtOS! Paulus setzt in unserem Zusammenhang voraus, daß Gottes Geist, Christi Geist und Jesus Christus selbst miteinander verbunden sind. • IpEpb 8,2 kann in einem ähnlichen Stil die Scheidung vollziehen: ol oaqxLxolTb JMU~ qciooav 06 ~ o66t ol ~xolTb oaqxLxlL IO.yuIg. übersetzt üEQmilli lamen, M. LUllIEa: »10 anden«. M.J. LADaANOEdeutet daQnacb: si quidem. Schwerlich richtig E. FUCHS, Die Freiheit des Glauben .. 1949, 96: .Der konditionale Nebensatz enthält eine Warnung«. 11 Str.B 111241 weistaufdaahebr.~. (aram . .,') alsXquivalent fürobwv hin. Jüdisch ist der Gedanke, daß der Geist sich auf einen Menachen niederli.ßt Uoh 1,33). Aber auch dies .Wohnen« dÜJfte eine längere Vorgeschichte haben, zumal die Parallelen Röm 7,17.20 zu beachten sind. Eine dem Menschen überlesene Macht .wohnt« nach alter und verbreiteter Vontd.luq.in ibm«.
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Geiat und neues Lebens
Xounoü dvaL drückt rechtlich die Hörigkeit, theologisch die Abhängigkeit aus (vgl. I Kor 1,12; 3,23 u.ö.). Der Satzbau von V 10 weist einen strengen Parallelismus auf. Wo der Geist Christi ist, ist er selbst gegenwärtig; wohnt er im Glaubenden, dann steht zwar dessen Leib unter dem Gesetz des Todes um der Sünde willen (&a ~(av), ist aber die Gabe des Geistes Gottes Unterpfand des eschatologischen Lebens um der Gerechtigkeit willen (614 6LxaLOOi'MJv) 12. Der Gegensatz: oWJ.UI-xve'ÜJ.UI wird von den meisten Kommentaren anthropologisch verstanden; dann ist xve'ÜJ.UI )~as vom Körper zu unterscheidende Innenleben des Christencc (ZnR 391). Dagegen spricht die Tatsache, daß in unserem ganzen Abschnitt nur vom xve'ÜJ.UI iteoü, 1tVEÜJ.UI XQLatOÜ und XQLat6~ die Rede ist, also ein unvermittelter übergang in die anthropologische Denkfonn auffallend wäre". JtY2'ÜJ.UI ist auch hier eine Umschreibung der Wahrheit und Macht Gottes, die in dem Won und WerkJesu dem Menschen begegnen. Dil IAh,t l10m Geist Gotlts waJart die Botsclulfl DOll dn Ruhifmigrmg »txtra IIOS ft , GlclullJisint sit aber im komtlerI i,tlisclrm IAbm 14. Noch ein letztes Mal stellt Paulus in V 11 folgernd die in der Verkündigung formulierte Behauptung fest: ))Wenn das wahr ist ... cc (d 6t). Die auf Gott bezogene Prädikation 6 tye(Qa~ 'tOv "I1')ooüv tx v€XQÖlV weist ausdrücklich aufRöm 4,24 zurück. In Gebeten und Bekenntnissen findet sich dieser beschreibende und preisende Stil des Judentums und Christentums lS • Offenbar gehört auch die Wiederholung der Prädikation (6 tyd(K1~ tx v€XQÖlV) als Verstärkung zur feierlich hymnischen Redeweise. Liegt eine unmittelbare Anspielung aufdas Bekenntnis Röm 4,24 f. vor, so wendet Röm 8, 11 dies Bekenntnis auf die zukünftige Heilstat Gottes an: er wird unsere sterblichen (= dem Tode verfallenen) Leiber zum Leben erwecken 16. twoxoLetv ist in diesem Zusammenhang frühjüdisch und hymnisch festgelegt (Achtzehnbittengebet; Röm 4, 17). Daß Gott den hl. Geist gibt, damit die Menschen wieder lebendig werden, ist ein Glau benssatz des apokalyptischen Bildes Ez 37,14. In der Geschichte der Ausle12 ZnR. 389 wendet lich mitlUten Gründen gqeD die Deutung de. Vordersatzes auf du Sterben des ahm Mensc:ben in der Taufe, denn dies Sterben gachieht nicht »um der Sünde«, tondem »um der Gem:htipeit willeD4l. Auch sei Subjekt jenes Sterbau nicht der Leib, tandem du Ich des Men1Cben. 5au.A1TD, Gerecbapeit 262 lieht in Röm 8,10 einen AUldrucir. dafür, daß auch aufdem Glaubenden noch ein Zwieapalt liegt. Dieacr Zwiespalt zwiacben Geist und Leib, dies Urteil: »zu. gleich Sünder und Gerechter« wird erst dann aufsehoben, wenn der Leib erneuen wird. ~ ist vielleicht im Sinn von ~ au&ufuleD, ist allerdings noch ltärker (Röm 4,19; Hebr 11,12): der Leib des Menschen ist in Goues AUlen tot. U CJliJpa und KYripa lind keine Faktoren, aus denen der Christ »besteht«, tandem Faktoren, die ibm vorgegeben lind und die ihn daber bestimmen. Zum KVlÜpa-Bqrift'hat man vor allem die Parallelen der WJ.istisda M,ptiJ: herangezogen (R. RErrzENSTEIN, Hdlen. Myst., 3. Aufl. 1927, 321 8:). DerChristul extra noa (Röm 8,3) wird zum Chriltus in nobis (Röm 8,10). B-uTHR. 268 fF. letzt den .christus in UDS« mit dem göttlichen Wort an UDS gleich. I. E.FvcHl, a.a.O. 97 f[ webn lich ebenfalla mit RechtgegeD die Annahme, daß in Röm 8,10 eine anthropologische Auuage vorliegt und daß wir es hier mit dem Gegensatz äu8erlicb-innerlich zu tun haben. U Zum Stil der jüdischen Berakot YJI. J. EUOOEN, Der jüdische Gottesdienst in leiner geacbicbtlieben Entwiclr.lUDI, 3. Auf). Igs I; E. NORDEN, Agnc»101 Tbec., 2. Aufl. 1929. Zu den zahlreichen Varianten in der BezeichnWII des Jesua-Namena YJI. ZnR 392 Anm. 81. I. Die AuferweckWIIJeau Christi itt auch IOOIt bei Paulus Bürpcbaf\ und Vorbild UDlCfer" Den Auferweckuna (IKor 6,14; 2Kor 4,14; Pbil 3,21; ITbeu 4,14).
Röm 8,1-11
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gung spielt das Nebeneinander der heiden Lesarten: »durch den in euch wohnenden Geist« (ÖLeI 'tO'Ü tvot.xo'Üvt~" A) bzw .••wegen seines in euch wohnenden Geistes« (ÖLit 'tO tvot.xoüv amO'Ü 1CVWJ.I(l BDGx lat sy) eine große Rolle. Der Genitiv drückt stärker die Verbundenheit von Geist und Auferweckung aus: im Geist liegt die Wahrheit und Macht des Wortes, darum ist im Geist auch die Verheißung und Möglichkeit der Auferweckung ~egeben. Der Akkusativ ist vorsichtiger, wahrt stärker einen bestimmten Abstand zwischen Geist und Auferweckung: weil Gott sich durch die Wahrheit und Macht seines Wortes an uns bezeugt hat, läßt er uns nicht los, sondern vollzieht die gleiche Machttat, die er an Jesus Christus getan hat, auch an uns. Der Geist ist Unterpfand, Bürgschaft für das zukünftige Geschehen. Einmal wird der Zwiespalt zwischen göttlichem Wort und menschlicher Existenz aufgehoben werden 17. Sieht man auf den ganzen Zusammenhang unseres Abschnittes zurück, dann wird man in dem Verständnis des ••Geistes Gottes« die entscheidende Antwort auf die Fragestellung von Röm 7,7-25 finden: der Geist Gottes ist die Voraussetzung für die Erlösung des Menschen. Er wird von Paulus als die Vergegenwärtigung der Sendung des Sohnes beschrieben (Röm 8,3) und an die Auseinandersetzung mit dem .. Fleisch« so gebunden, daß das ganze Problem des Menschseins ebenso angerührt wird wie im KlagerufRöm 7,24. Die Rechtfertigung ist die Bürgschaft für die leibliche Auferweckung. Ohne die kosmische überwindung des Todes wäre die Heilstat Gottes unvollständig.
Exkurs Zur Auseinandersetzung: Gesetz, Geist und zum Gegensatz: Geist und Fleisch 1. Die gegenwärtige Fragestellung, ob Paulus zu verschiedenen Gruppen in Rom spricht (P. S. Minear) oder in einer Art Rechenschaftsbericht seine eigene Position gegenüber einem gesetzesgebundenen Judenchristentum und einem das Gesetz abstoßenden Heidenchristentum abklärt, setzt verschiedene Aspekte frei. Dazu gehört die Frage nach der "Rechtsforderung des Gesetzes« (8,4). Es liegt Käsemann R daran, im zweiten Hauptteil (Kap. 5-8) stark den Freiheitsgedanken herauszustellen (Tod, Sünde, Gesetz) und gegenüber den Mächten des alten Äons die Macht des Geistes zu betonen. Das Leben im Geist ist nicht als Gesetzeserfüllung (etwa durch die Liebe), sondern als Erfüllung des Gotteswillens zu begreifen, der sich im ursprünglichen Gesetz kundtut (S. 210). Etwas anders liegt die Situation, wenn nach G. Friedrich, Das Gesetz des Glaubens (Röm 3,27), ThZ 10, 1954, 40 1-417 v6~ an den entscheidenden Stellen unseres Briefes die Tora bedeutet und im Sinn von 3,21.27 nicht nur Verdammnis, sondern auch den Glauben selbst bezeugt. Zum "Gesetz des Glaubens« kann die Tora erst nachträglich, von Christus her, 1'7 Daß Gott -die Toten belebt« (Achtzcbnbittengebet) ist rur daaJudentum ebenJO gewiß wie der Satz des Ezechiel: »Ich will meinen Geist in euch geben, daß ihr lebendig werdet« (37,14). Au. Ez 37,14 wird gefolgen: »In dieser Welt hat mein Geist in euch Weiaheitgegeben, aber in der Zukunft wird mein Geist euch wieder lebendig machen« (Ex r 48; Str-B 111 241). Der in Chriltul uni geIchenltte Geist ilt auch der Lebensgeiat, von dem Ezechiel redet.
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Geist und neuea Leben
werden. P. von der Osten-Sacken (Röm 8 als Beispiel paulinischer Soteriologie, 1975,226 ff.) betont, daß das Gesetz die Struktur des Seins des U nerlösten wie des Erlösten ist. Tritt eine Änderung des Menschen im Verhältnis zum Gesetz ein, so verändert sich auch das Wesen des Gesetzes. Damit steht die Dialektik des Gesetzesbegriffes zur Diskussion: Liegt das Schwergewicht aufder Befreiung von der Gesetzesmacht oder auf der Forderung, die das Gesetz auch jetzt erheben kann? 2. Käsemann R 211 f. faßt in der Frage: Geist-Fleisch folgende Ergebnisse zusammen: I. Es handelt sich religionsgeschichtlich um die Ausdrucksform eines nichtjüdischen metaphysischen Dualismus (R. Meyer, ThW VII 113). Zugrunde liegt eine eschatologische Betrachtungsweise, die mit der Lehre von den heiden.Äonen eng verbunden ist. Es handelt sich um weltbeherrschende Mächte, die um jeden einzelnen Menschen kämpfen und von ihm volle Hingabe verlangen. 2. Die viel umstrittene Formel ))in Christuscc ist aufs engste mit der Antithese Geist-Fleisch verbunden; sie hat lokale, modale, instrumentale Bedeutung. Auch hier geht es um den eschatologischen Anbruch des neuen Äons und um einen Rahmen, der kosmisch universal, nicht anthropologisch verengt ist. Die Bindung der Geistlehre an die Christologie ist entscheidendes Merkmal paulinischen Denkens. In diesem letzten Punkt finden sich die verschiedenen theologischen Ansätze zusammen. Wird die Rolle des Gesetzes anders bestimmt, dann kann man in der religionsgeschichtlichen Vergleichung aufphilonische Texte zurückweisen, die zum Verhältnis Geist-Seele zu vergleichen sind (z.B. E. Brandenburger, Fleisch und Geist. Paulus und die dualistische Weisheit, 1968). In diesem Fall fragt man nicht so sehr nach der Fremdheit der kosmischen Macht als nach der Struktur der menschlichen Existenz (P. von der Osten-Sakken, a.a.O. 221 tr.). Der Mensch lebt im Anspruch des Gesetzes Gottes, aber Fleisch-Geist bestimmen den entgegengesetzten Antrieb, unter dem der Mensch steht. 3. In der gegenwärtigen Diskussion wird der eigentliche Ansatz im Gesetzesverständnis dann verfehlt, wenn man nicht vom mosaischen Gesetz und seiner halachischen Auslegung ausgeht, die Lebensordnung des Judentums war. Mit ihm war der eigentliche Rechtswille Gottes gegeben (ÖLXQ(o)JlQ too v6J.WU), der nach Paulus auf ein » Tun« ausgerichtet war (Röm 10,5 = Lev 18,4). Gottes eigentlicher Rechtswille wird aber im Annehmen, Gtltuiftwerdm, Mitltidm mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn bestätigt. Am Glaubenden vollzieht sich etwas, was über das )Tuncc hinausgeht. Der Rahmen, in dem das geschieht, ist der Neue Bund, die neue Lebensordnung, die mit der übernahme der Taufe gegeben ist. Die Verbundenheit von Geist Gottes und den ))Zeichencc von Taufe und Abendmahl ist für Paulus konstitutiv. Es ist also keineswegs selbstverständlich, den »Rechtswillencc des Gesetzes mit der Zusammenfassung der Gebote (Röm 13,8-10) gleichzusetzen. »)Rechtswillecc des Gesetzes ist eher das erste Gebot, dessen Ausdrucksform in der Sendung des Sohnes liegt. Der new GtJrorsQm ist ~t Erfüllung des mtm GtlHltts. 4. Der Gegensatz: Fleisch-Geist, der für die paulinische Theologie konstitutiv ist, steht im Zentrum des zweiten Hauptteiles des Römerbriefes (c. 5-8). Er hat die Aufgabe, die Auslegung des Rabbinates (PhiI3,3.8 f.) ebenso in Frage zu stellen wie die Sicherheit des hellenistischen Christentums (Röm 8,4). Religionsgeschichtlich steht das qumranitische Vergleichsmaterial den paulinischen Texten näher als das phiionische (gig. 29 ff.; leg. alleg. 131-42). Die Tatsache, daß Paulus den Gegensatz Fleisch-Geist auf alle Gebiete seines Denkens kritisch anwendet, ebenfalls gegenüber allen Gruppen in der Gemeinde,läßt darauf schließen, daß wir es hier mit einem von Anfang an mitgegebenen Zug seines apostolischen Zeugnisses zu tun haben (vgl. dazu G. Strecker, Befreiung und Rechtfertigung, Festschrift für E. Käsemann, 1976,478-508). 5. Der von H. Lietzmann eingeführte Einwurf eines zweifelnden Christen: »Ich merke
Röm 8,12-17
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nichts davon, daß ich Gottes Kind bin« ist unnötig und die von ihm gegebene Antwort: "Wenn du nach den Geboten des Geistes handelst, bist du auch Sohn« ist theologisch unrichtig, weil ein falsches Geistventändnis dahinter steht. Es handelt sich in Röm 8 nicht um den an sich selbst verzweifelnden Christen, sondern um die Auseinandenetzung des Paulus mit venchiedenen Gruppen, vielleicht sogar in der römischen Gemeinde selbst. Die Gabe des Geistes Gottes bzw. die Kraft, die dem Evangelium eigen ist, wird von Paulus auf Ereignis und Wirkung: "Gott sandte seinen Sohn« (8,3) zurückgeflihrt. Im Annehmen des Wortes, im Getauftwerden, in der Weitergabe des Wortes, in der Nachfolge im LeidenJesu Christi liegen die Möglichkeit.en und Voraussetzungen Gottes, Menschen Heilsgewißheit zu geben. Die Jtitrliclu Aussage Röm 8,3 belriilt behmschende Stellung in Röm 8 /-J/. J
Röm 8,12-17: Geist und Kindschaft
Abo siad wir, meiDe Brüder, dem Fleische pgenüber Dicht verpflichtet, nach dem Fle_he zu leben! 13 DemI wenn ihr DaCh dem Fleiac:he lebt, werdet ihr aterben. Wenn ihr aber durch den Geilt die Taten da Leibes tötet, werdet ihr leben. 14 Denn alle, die vom Geiste Gottes ptrieben werden, die siDd Söhne Gottes. 15 Denn ihr .....t ja Dicht den Geist der Sklaverei empfanFn, so cIa8 ihr euch wieder fürchten müBtet, sondern dea Geilt der Sohn schaft, in welchem wir beteod .snalen: Abba! Vater! 16 Der Geist leIbat bezeugt ct.durch unserem Geist, da8 wir Gottel KiDder sind. 17 Sind wir aber KiDder, dann siDd wir auch Erben, uDd zwar Erben Gottes und Miterben Christi, wenn anders wir mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm verherrlicht werden. U
AnalYse: Der Gegensatz »Geist und Fleisch«, der den Abschnitt Rörn 8,1-11 beherrschte, wirkt in der hervorgehobenen Feststellung von V 12 nach; V 13 hat die Aufgabe, diese Forderung zu unterstützen. Beide Verse betonen die Notwendigkeit, sich dem Gesetz des Geistes und des Lebens (8,2) unterzuordnen; in diesem Sinn bilden beide Verse eine geschlossene Einheit. Die Pflicht zum Gehorsam, die aus dem Gesetz des Geistes und des Lebens entsteht, kann nur dann richtig verstanden werden, wenn man das neue Gesetz als Ausdruck der Sohnschaft und nicht der Knechtschaft auffaßt. In diesem Sinn haben V 14-17 die Aufgabe, den neuen Gehorsam als den Gehorsam des Kindes und des Erben Gottes zu beschreiben. Stilistisch fällt der übergang vom ))Wir« zum ))Ihr« in V 12.13 auf; ihm entspricht umgekehrt der Wechsel vom »Ihr« zum ))Wir« in V 15. V 14 fällt durch die Form einer Regel auf und ist sicherlich eine eigene, eingefügte Tradition (wie V 9b). Exegese: Paulus nimmt in unserem Abschnitt mit Nachdruck das Verständnis der Verpflichtung, des Dienstes, der Forderung des Gesetzes wieder auf (Röm 6,12-14.18-19; 8,2.4). Kann der Glaubende gewiß sein, daß der Geist Gottes in ihm wohnt, so gehört zu dieser Gabe notwendig der neue Gehorsam. V 12: Der neue Einsatz (llQa oUv wie in Röm 7,25) wird durch die Anrede äÖEMpo( betont. 6
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Geist und Kindschaft
dem Geist und nicht dem Fleisch zu gehorchen. Paulus will sagen: der Christ darf dem Fleisch nicht zu Willen sein. Er stellt das Bild des Schuldnerseins in den Vordergrund im Hinblick auf unsere Verpflichtung dem Geist gegenüber l . Der Gedanke, der Glaubende könne sich dem Fleisch gegenüber verpflichtet fühlen, liegt Paulus fern. Es ist aber doch zu beachten, daß PallisR 101 unseren Vers antignostisch als Antithese gegen die Losung: ta ti\; ooQXo; tfI o
LAGaR 200; PAUlsR 101 umschreibt den Sinn des Verses: öqll!lAol'2\' tiJv 06 TfI OCIQX(,
cUA4 ~ KVriJ~L. Unendliche Schuld verlangt unendlichen Gehonam! 2 Gut ist die klare Bestimmung des Geistes bei BuTHR 274: .. Der Geist, oder wu duselbe sagen will: die UDI übennächtig gewordene, die von Uni emstgenommene Wahrheit ... « Und doch muß selbst dieae Wahrheit gegen eine intellektualistische und lediglich kritisch ventandene Aussage geachützt werden. 1 E. FUCHS, a.a.O. 98: .. Daher kommt es, daß Paulus keine Ontologie treiben kann, obwohl er durchaus 10 etwu wie Seioaweisen in den Blick bekommen hat.« • al ~~ lOiI 0
Röm 8,12-17
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Schranken zu haltencc (ZnR 393). Es geht aber theologisch um mehr. Der Ausdruck meint die stete Absage, real und konkret, an die Eigenmächtigkeit des Leibes mit seinen Forderungen und Wünschen; 1tVE'Uf.Ul'tL nennt das Mittel des Geistes Gottes, durch das wir ))tötencc. ) ) A m Geist selbst, am Geist allein soU das Fleisch sterbencc (K. Barth)5. Durch den Geistbesitz wird der Kampf mit dem Fleisch nicht aufgegeben, sondern unter einem anderen Vorzeichen erneuert, in seiner Härte sogar bestätigt. Dabei ist der Kampf gegen das Fleisch immer auch ein Kampf gegen die Eigenmächtigkeit des Fleisches. ~E cbtoitvtIOXELV drückt die notwendige Konsequenz, das zukünftige Gericht Gottes aus; ganz entsprechend ist ~"aw6E eine betonte Beschreibung der göttlichen Verheißung. Die alttestamentliche Alternative von Tod und Leben (Dt 30,15;Jer 21,8) wird von Paulus mit dem Kampf zwischen Fleisch und Geist verknüpft. Der übergang von V 13 zu V 14 ist logisch nicht ganz einfach: ist die Absage an das Fleisch ein wichtiges Zeichen des ))Getriebenwerdens durch den Geistce? Oder kommt es Paulus darauf an, zu sagen, daß der neue Gehorsam als Akt des Geistes Gottes zur Gabe der Sohnschaft gehört? Der Abschnitt V 14-17 muß als eine innere Einheit angesehen werden, dessen Stichwort: ))Sohnschaftcc in V 14 zum ersten Mal auftaucht. Das Gesetz des Geistes, das uns in den Kampf mit dem »Fleisch« treibt, ist ein Kennzeichen der Sohnscho.ft und nicht der SkltuJerei. V 14: Die Formel: 1tVE'Uf.L(l'tL ltYEcrltm (Gal 5,18) klingt ekstatisch und ist sicherlich alt. Der Begriff der ))Sohnschaftcc war zwischen Judentum und Urchristentum strittig (Dt 14, I). Unser Vers klingt wie eine im Kampfgegen das Judentum gewonnene Bestimmung dieser Sohnschaft. Die Verbindung von Geist und Sohnschaft ist auch sonst bei Paulus bezeugt (Ga14,6 f.). Dem Stil nach ist V 14 eine Art Regel oder Bestimmungssatz: der Vers sagt aus, wer Sohn Gottes ist und wer nicht (OOOL ... oVtOL)6. Eigenartig ist der übergang von dem Aktiv itava'toün (V 13) zu dem Passiv ltyovtaL (V 14)7. Es liegt nahe, dies Aktiv mit dem Passiv zu verbinden: Wenn man die ))Handlungen des Leibesec tötet, dann gehört auch dies Geschehen zum Getriebenwerden durch den Geist Gottes. Man darf aus diesem ltyro6aL keinen gesetzlichen Zwang herauslesen, wohl aber einen Hinweis auf die Macht 5 In anderer Ausdrucksweise begegnet die gleiche Aufforderung in Kol 3,5: vtXQ(OOau ~Q ~". Man tötet die irdischen Glieder, indem man ihre Handlungen verwirft. Im Rabbinat gibt es die Vorstellung, daß man den bösen Trieb niedertret~n, niederzwingen soll (Ab 4,1; Tamid 66a; Str-B 111 241). Fleischlich leben heißt für Paulus: triebhaft leben; geistlich leben ist für ihn: im Gehorsam gegen das Wort Gottes leben. KAsEMANNR 218 spricht von der Distanz zwischen Pneumatiker und irdischem Menschen. • Eigendich heißt der Vers ausschließend: »so viele« oder »nur die« (6oot.). Die LA: \/[0( dcnv &EOÜ (BG Orig.) hebt die Würde des Christen heraus. 7 Du Pasliv: »die gettieben werdencc muß erhalten bleiben (gegen ZnR 394: ••die sich treiben Iassencc). Man erinnert sich an Ri 13,25: .>der Geist des Herrn fing an, ihn zu treibencc (= drängen). Es war für du Judentum schwer, dies »ekstatische« Element festzuhalten (Str-B 111 242). SANDAYHfADLAMR 202 legt besonders darauf Gewicht, daß sowohl Röm 8,14 als auch 8,16 ein mystisches Verständnis von Röm 8,9.11 zulassen. Das »Dring"." tmd »B,~,.,,,.,, da Grotes ~tigt, wit PtnlÜIs d4s .. WONlm" da Grolls rJff'stmtd". Wm wiU. M. LUllfElllegt besonderes Gewicht auf den engen Zusammenhang zwischen Röm 8,13 und 8,14: _vom Geist getrieben werden heißt: in freier Bereitschaft freudig das Fleisch (= den alten Menschen) in den Tod geben, d.h. alles verachten und verneinen, was nicht Gott istcc (E. ELLWEIN 310).
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Geist und Kindschaft
des Antriebes. V 15 stellt Knechtschaft und Sohnschaft als Gegensätze einander gegenüber (Gal4,6 f.); Gottes Geist ist ein Geist der Adoption, d.h. er entspricht der Stellung des Sohnes (Gen. qual.). Die vorangestellte Negation o'Ö yiJ.Q tla~E"tE wird durch die Position QUa tAilßE"tE wieder aufgenommen. utoftro(a (Röm 8,23; Gal4,5; Eph 1,5) ist eigentlich ein Rechtsakt und drückt ein objektives Geschehen aus. Paulus mnnen hier an den Taufvorgang, wie ~E"tE deutlich macht'. Wir haben einen festen Predigtsloff vor uns, der uns auch in Gal4,6-7 entgegentritt. Versuchen wir, einen geschlossenen Gedankengang wiederzugeben: Ein Leben nach dem »Fleisch« führt zum Sterben, muß in eine neue Knechtschaft zurückfallen, steht aber unter der Bedrohung durch Gott und bleibt ein Leben in der »Furcht«. Ein Leben im »Geist« wird zum Gegensatz gegen den »U mtrieb des Leibes« (= Fleisches) und steht in dieser Auseinandenetzung unter der Verheißung des Lebens. Ein derartiger Gegensatz gegen das »Fleisch« in seiner Eigenmächtigkeit ist nur in der Freiheit der Sohnschaft durchführbar, wird nur im Bewegtwerden durch den Geist zur Wirklichkeit. Im Begriff »Knechtschaft« liegt für Paulus die Unfähigkeit, in Freiheit über sich selbst zu verfügen, die Unmöglichkeit, den »Herrn« so zu ventehen, wie er verstanden werden muß, und die Hemmung, mit ihm penonhaft zu reden. »Sohnschaft« dagegen ist Ausdruck für die Freiheit des Getauften, der keine andere Bindung anzuerkennen braucht als den Willen Gottes, für das Ventändnis Gottes, der sich dem Menschen aufschließt, und für das Venrauen, das aus dieser Vaterschaft erwächst9 • Als Ausdruck des Geistes der Sohnschaft gilt der Gebetsruf und die Gebetsanrede, in der die Vaterschaft Gottes anerkannt wird. Der heilige Geist drängt und treibt dazu, Abba - Vater auszurufen 10. xQCitELV meint den lauten, ebtatischen Ruf (Röm 9,27;Joh 1,15; 7,28.37; 12,44). ZnR 396 denkt bei XQCitOI'fV an das gemeinsame Sprechen im Gottesdienst. XQCltELV hat ähnlich wie X'lQ'UOOELV, mit dem es verwandt sein kann, oft proklamatorischen Charakter: in dieser Gebetsanrede enthüllt sich ein objektiver Sachverhalt. 'A~a 61t
Röm 8,12-17
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ter) verwandt werden. Schlatter, Gerechtigkeit 265 erläutert: .. Im Rufen äußert sich die Gewißheit und Freude, mit der sich die vom Geist Bewegten an Gott wenden. Die Rede der Knechte ist dagegen das murmelnde Gebet, wie es die jüdische Gebetssitte vonchrieb. Ebenso kommt durch den Vokativ die Unmittelbarkeit des Verkehn zum Ausdruck. Daß der Anruf mit Abba ohne Pronomen einfach durch die Determination hergestellt wird, war fester palästinischer Gebrauch; 6 mn1)Q, das wie Abba Vokativ ist, ist daher Semitismus. Nicht der Abwesende wird herbeigerufen, sondern der Anwesende angerufen. Die ,Hinzufiihrung zur götdichen Gnadec (Röm 5,2) ist gesc:hehencc. Gal4,6 f. bringt denselben exegetischen Befund wie Röm 8,15, allerdings tritt d~ Objektivität des Sachverhaltes noch stärker heraus. U nprünglich wird ein derartiger Gebetsruf auch bekennblisartigen Charakter gehabt haben: der Getaufte nimmt die BotachaftJesu an. Vielleicht haben wir es hier mit einem Teil des TßJIlScIWrms zu tun (V 15: ~ne xveüpa).
V 16: Durch die Taufe werden wir in die Sohnschaft versetzt und empfangen den Geist, welcher der Sohnschaft entspricht. Gleichzeitig mit dem Gebetsruf spricht Gottes Geist zu unserem menschlichen Geist, daß wir Gottes Kinder sind 11 • OVJlf.1OQtUQELV kann hier ))bestätigencc oder »Mitzeuge seine< bedeuten; es entsteht exegetisch ein Entweder-Oder: 1. Mit unserem Gebetsruf zugleich erfolgt die Bestätigung des Geistes Gottes, daß wir Gottes Kinder sind. Der Bewegung nach ))obencc entspricht also eine Bewegung von oben nach »unten«. 2. Der Geist selbst bezeugt mit unserem Geist, daß wir Gottes Kinder sind. Hier sind also Gebetsruf und Gottesgeist die heiden Zeugen, die den gleichen Dienst tun (Dt 19,15; Röm 8,26) 12. Nimmt man die zweite Deutung ernst. so erhebt sich die Frage, in welcher Form der Geist GOUes sich dem Gebetsruf des Getauften zugesellt. Handelt es sich um einen selbständigen Vorgang in der Gemeinde (zitiertes Schriftwort, prophetisches Zeugnis) oder um ein gleichzeitig mit dem Gebetsruf geschenktes Gewißwerden im Glauben. das lediglich die innere Seite des Vorgangs darstellt? Sicherlich ist das Erstere der Fall. »Ober die Weise, wie der Geist selbst zum Redenden wird, gibt Paulus keine Bestimmungen; die Sorge, mit der die reformatorische Lehrbildung alle inspirativen Vorgänge abwies, war Paulus fremd; ebenso fremd war ihm aber auch jede Anleitung, wie man die Inspiration und Vision hervorbringe«« (Schlauer, Gerechtigkeit 266). Aufjeden Fall ist »dn Gtist selbst« ein dem MmscJun Vlgts/ITochnvs Wort 13• Zwischen den beiden Zeugnissen des Geistes Gottes und des Gebetsrufes muß eine enge Verbindung bestehen: der Geist Gottes (amo 'to XVEÜJ.Ul) ist die Voraussetzung für jede christliche Gewißheit; er ist das objektive Wort, das dem subjektiven Bekenntnis vorgeordnet 11 -In der rabbinitc:hen Literat1D' ist Uni keine Srdle be&qnet. in der der heilise Geist mit dem Beten eines Israeliten in Verbindung &ebncht wird« (Str-B 111 243). ~v bqepet bei PulI.. noch in Röm 2,15; 9,1. U EI iat nicht zufällig, daß V 16 ohne Verbindung zu V 15 anfängt. Man hat dabalb ein lMm CD) oder hinter crbr6 ein y6Q eiJlldügt. Viele Exqeten entlCheiden .ieh dafür, an zwei venc:hiedme Zeupi.ue zu denken (ZnR 396; 5au.AnEa, Gerechtipeit 266; LaI'R 202). Du iat aber nur dann mötlich, wenn V 16 den Zuaammenhang zwiachen V 15 und 17 nicht zerreißt U EI ist auffallend, daß V 16 relativ Ielbetändil ist, und daß V 15 und V 17 gedanklich eDIJ anachließen. Man hat Ichon volJachlagat, V 16 al. du objektive ZeupiI des Geistes den Venen 15.17 vorzuordnen. Ein Verpich mit Gal4,6 f. zeist, daß der Prediltatolf V 15.17 ohne V 16 eine sacbloaene Einheit Iei.n kann. Wir werden annehmen dürfen, daS V 16 eine Steiaaual VOll V 15 Iein IOllte: Ja, der Geilt Gottes Ielbet pbt zUlaßUllen mit unterem Geiat ZeupiI ab.
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Geist und Kindachaf\
bleibt 14• Man darf nicht vergessen, daß auch im Judentum der •• heilige Geist« eine Umschreibung dessen ist, was Gott selbst oder das autoritative Won der heiligen Schrift sagt (Str-B 11 135). Wenn Paulus in unserem Zusammenhang sowohl von den »Söhnencc ("lo() als auch von den •• K.indemc< ('ttxva) Gottes redet (8,14.16), so folgt er damit der semitischen Sprechweise, die keinen theologischen Unterschied macht. Wichtiger ist allerdings das vorangestellte und betonte tofAh': .>wir sind es tatsächlich« (ljoh 3,1). V 17 knüpft im Anschluß an den alttestamentlichen und semitischen Sprachgebrauch an die Gewißheit von V 15 an: das Sohnesverhältnis und Sohnesrecht verleiht die Erbschaft und das Erbrecht (GaI4,7; Mk 12,7; Hebr 1,2). Der Sohn allein {nicht der Sklave) erwirbt das Eigentum aufewig (Röm 4, 13): alle Verheißungen Gottes kommen zur Erfüllung. Die Form der Sätze V 17a und b ist in ihrer Verkürzung autTallend (keine Kopula!); sie erinnert an die Kurzform der Gesetzesauslegung in der Mischna. Wir dürfen annehmen, daß es sich um eine bestimmte Stilform handelt. Die Verbindung von •• Sohnschaftcc und •• Erbschaft« lenkt den Blick auf Gott selbst, der die Stellung und das Recht des Kindes bestimmt ("l06Eo(a). Er schafft auch die Gemeinschaft und die Gleichstellung mit dem Sohn und Erben Jesus Christus (ovyxA.T)QOVÖJ1OL). Dit RtchlsvtThiiltnisse sind gtlcliirt und liegen ausschließlich in der Hand Gottes. Der nachgestell te EUtEQ-Satz darf nich t als Bedingung (vulg.: si tamen) , die noch erfüllt werden muß, oder als indirekte Mahnung, die Leiden zu enragen, verstanden werden; er weist vielmehr auf das gegenwänige Geschehen hin, das Bürgschaft ist für die Zukunft (EUtEQ = si quidem) 15. Das gegenwärtige Leiden mit Christus (d.h. um Christi willen) ist das Unterpfand der zukünftigen Herrlichkeit; wie Jesus Christus jetzt schon verherrlicht ist, werden wir mit ihm verherrlicht werden. Schicksalsgemeinschaft ist Erbgemeinschaft. OUJUtaOXELV und ovvöo;atE06aL erinnern an
JoIAItL eine KOlTUption aUI XQGVyJ.aan. 15 Ähnlich ~ in 2Thea 1,6; Röm 3,30; 8,9.
Röm 8,12-17
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md: »mil Clnistu.sff berührt eine reiche und vielgestaltige Tradition, die in anderen Formen die gesamte jüdische Apokalyptik durchzieht (E. Lohmeyer.l:i1v XQumP. Festgabe für A. Deißmann. 1927,246). Sie prägt einerseits die paulinische TauOehre (Röm 6.8). anderseits seine Leidenslehre (Röm 8.17; PhiI3.10). Es ist aber unmöglich, die Leidenslehre aus der TauOehre zu verstehen, da sie andere Begriffe und VonteUungen in sich aufgenommen hat. Daß OUJ.Ut6oxEI.'V in Röm 8.17 nicht nur beiläufig erwähnt ist. erkennt man an dem weiteren Gedankengang des Kapitels (V 18.36). Du Judentum kennt sowohl die Verbindung: Soh~Züch tigung (Prov 3.11 f.) als auch: Züchtigung-Herrlichkei t (SDt 6.5 § 32 = Str-B 111 243). Für Paulus ist es entscheidend, daß die übernommenen Leiden Christusleiden sind, daher Anteil an Christus geben (Phil 3,10). Das eigentliche Leiden hat Christus am Kreuz getragen: Paulus selbst leidet »mit Christuscc nach, was er am Kreuz getragen hat, und er füllt auf, was in eschatologischer Hinsicht noch fehlt (Kol 1.24). Das messilllrisd'llIiIJm, an dem der Glaubende Anteil hat, wird nicht nur mit persönlichen Anfechtungen zusammenhängen, die aus dem Fleischsein des Glaubenden entstehen (8,13). Die »gegenwänige Zeitcc (8,18; 13,14) steht noch im Rahmen des alten Äons und bringt der Gemeinde besondere •• Bedrängnissecc (I Kor 7,29.31) 16. Heilsgeschichte Gottes ist verborgen in der Unheilsgeschichte. Das Ausgesetztsein des Glaubenden in seinem »Fleischaeincc ist allerdings gerade in dieser Situation spürbar (8,12-17 als Zusammenhang). Barren R 163 nimmt an, daß für Paulus du ganze vorchristliche Leben im Zeichen der »Furchtcc und der »Gcbundenheitcc (8,15) besteht, daß also keine Abwehr des falschen Gouesbildes (Gott als Despot) vorliegt. Die »Kindschaftcc, die mit der Taufe (Gebet, Akklamation) geschenkt wird, ist du Bedeutsame, du über Judentum und Heidentum hinausfühn (vgl. dazu den Zusammenhang mit Gal 4.6). Der Gegensatz: Knechtschaft-Sohnschaft ist vorgegeben (vgl. dazuJoh 8.35 f.); in seiner Nähe steht daher ein entsprechender Freiheitsbegriff (Gal4,8 ff.; Joh 8.36). Die Botenlehre (8,3; Joh 3.16; 8.14) verrät ebenso wie Geist- und Tauflehre (Sohnschaft, Abbaruf,f'reiheitsverkündigung) rmfHIIdUrisc"" 1,tulititm. Selbstventändlich gehört auch die »Neuschöpfungcc (2Kor 5.17;Joh 3.3) in den Bereich des Taufgeschehens (C. K. Barren). Das spezifisch Paulinisehe ist eine besondere Ausprägung eines vorpaulinischen Christentums. Der Gebetsruf »Abba Vatercc gehört zur Taufe. kann allerdings von Käsemann R 220 als Akklamation. daher als Rechtsakt vena.anden werden. Wahncheinlich ist der unprüngliche Gebetsruf zur Akklamation in der Gemeindevenammlung geworden. Daß 8.16 Akklamation und Versetzung in die Sohnschaft miteinander verbindet. ist offensichdich. Barren R 163 versteht Venetzung in Sohnschaft eschatologisch (9,4; Gal4,5), weil jüdische Verhältnisse den Rechtsakt »Adoption« nicht aufnehmen. Dann wäre auch hier der eschatologische Sprachgebrauch PoralUst~ bestimmter sakramentaler VonteIlungen (ausdrücklich Barren R 163). Die Frage der geschichtlichen Situation bzw. der Auseinandenetzung steht ständig hinter der exegetischen Erörterung: Will Paulus die venchiedenen Gruppen in Rom zum Gespräch miteinander verbinden (P. S. Minear) oder dialektisch und kritisch seiner eigenen theologischen Position gegenüber den enthusiastischen Christen Ausdruck geben (Käsemann R 217- 221)? Entscheidend sind zwei Ergebnisse: 1. der Geist Gottes sagt Nein zum Fleisch, sagt aberJa zum messianischen Leiden (8.12 f.; 8.17); 2. die Geistlehre steht im Dienst christologischen Zeugnisses (8,3.16 f.). Christologisch ist die Gemein11 Anden die V crltünq bei P. VON DEa OsTEN-SACItEN, a.a.O. 140 Anm. 26 (»die Gepwan als eschatologisch q ualifizime Zeit«). Die V oUeoduns in der Endzeit ilt niebt idmtiacb mit der zukünftiBm Herrlicbkcit des Glaubens, wohl aber Fhört diese meaianilche HelTichkcit in die Gqenwan und in die endzeitlic:he Vollendung hinein. Exiatenzcienkm bedeutet"",,, A6IinIIw dir A""#ik.
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Geist und Erlösung
schaft mit Jesus Christus in der Taufe als Gestahwerdung, als Teilhabe an Leiden und Sterben, an Herrlichkeit und Verwandlung beschrieben (8,17 .29). Immer sind Taufsprache und TaufvonteUung im Hintergrund (Neuschöpfung und Gen 1,27). Der neue Mensch wird Bild Gottes durchJesus als den Sohn (BarrettR 170). Auf Existenz verengte Exegese will hier den SubstanzbegrifT ausscheiden (dagegen Phil 3,21) 17. UibluJjtts Denken braucht nicht »substanzhaftcc mißdeutet zu werden. Zur notwendigen Frage nach dem t/utologischnt DmJcm bei Paulus: I. Paulus nimmt das Zum-Glauben-kommen als Voraussetzung ganz ernst; 2. er schildert und beschreibt den Menschen vom apostolischen Dienst aus; 3. es ist ein apokalyptisches, von Kreuz und Aufentehung Jesu Christi bestimmtes Denken, das tud biblisch-existenzhaft vorgeht; das Ziel der Geschichte bleibt aber die endzeitliche Vollendung der Herrschaft Gottes (IKor 15,28).
Röm 8,18-27: Geist und Erlösung llDema ich 1CbIie8e, daß die Leidea der . . . .wirdpa Zeit Dicht iDa Gewicht faI· lea ..._chb der ""rünftipD Herrlichkeit, die lich an UDI ofl'eabueD wird. 19Dena _ tehlllüchtip AUIbarrea der SchiipfuDI wartet auf cW Offenbuwerclea der Söhne GotteI. 2°Deaa der Leerheit wurde die ~ UDterworfen, Dicbt aUte4eDe111 Willen, lODdem durcb cIea, der lie UDIerWorfea bat, auf HoffaUDI bia, 21deaa auch die ScbiipfuaK ...... wird befreit werclea VOD der KDecbachaft der V erJiftllicbkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der KiDder Gote tee. 22 Deaa wir wiuea. daß die pIlZe SciIöpfuDK bil jeaa nocb pme1D..m leUfzt und iD Weben Iiep. 23 UDCI nicbt nur die.e, .adern auch wir .n.t, die wir die EntliDppbe da Geiltet echon beaiaen, auch wir aeIb8t leUfzen im Blick auf UDI ...., weil wir die SohDlCbaft erwartea, die Er...... UIIIeI'eI Leibet. l4 Deaa nur auf HoftnUDI bin lind wir prettet. EiDe HoffD.... aber, die ...... _ea Iaum, iM keiDe Hoffn..... DeaD _. eiDer liebt, Wal bnucht er _ noch zu erwart.ea1 25 WenD wir aber_ erboffea, WM wir nicht Mhea, dann wartea wir wirIdicb mit Geduld. 26 Eben. kommt aber auch der Gei8t UIIMftI' Schwachheit zur Hilfe. Dean wir wiueD nicht, wal wir beten 8OIIen, wie alicb Jebübrt, IODdern der GeUt ..... triu IlellveabeteDd ein mit Sea&ern. die Dicht in Worte zu faaen 8iDd. 27 Der ar, der die Henea erfoncbt, weil, Wal du Tncbtea da GeUta iIt, daß er nämIicb ucb GoaeI Sima für Heilip eintritt.
AMlyse: Der neue Abschnitt Röm 8, 18- 27 bedarf einer sorgfältigen Aufgliederung. V 18 enthält offenbar eine entscheidende These, die wie eine überschrift über den ganzen Abschnitt aussiehtl. V 19-22 bringen einen apokalyptischen 17 Zum Problem VJI.J.JUVEU., IrnqoDci.Gen 1,26f. imSpitjudentum, inderGnolia und inden paulinilchen Briefen, 1960,271 0: (richtiger Hinweis aufPhil3,21; 1Kor 1~,44 f[); anders E. GOTT. GEWANNS, Der leidende Apc»tel und Iein HefT, 1966,278 Anm. 4~ (»nichtlOapekulativ«). Danken. wen ist bei E. GOTrGEMANNS der Scblußabschniu: C. Die Methoden theofosiacber Interpretation der pauliniac:hen ChrillOlogie. Er ruft in der Gqenwan zur Besinnung aufdie Methodcn&age. Dabei ftndetlich eine ernsthafte WürdiguDl A. SCHLATTEU (S. 382). Weiter fUhn heute KAaEMANNR 246: .. lat Goues Won mehr als eine Idee, welche ihreneita ohne Kerygma eine religiöee Chif&e bliebe, hat es die Funktion neuer Kreatur, ohne welche du Chriatacin eine religiölc Chiflioe bliebe, hat es die Funktion, lieb irdisch zu verleiblichen«. I Du Schlußver&bren: .. Kinder - Erben«; »mit Chriltua leiden - mit ihm verherrlicht werden« drinlt den Gedankengang in eine neue Ricbtußl. Die eschatologische Erwartung ist die eiscndiche
Röm 8,18-27
Zusammenhang, der aus objektiven Lehrsätzen besteht. Er stellt den großen Kreis der Schöpfung in Beziehung zur eschatologischen Erlösung der Söhne Gottes. V 23 wendet sich speziell der Situation des Geistbegabten zu, die auf die eschatologische Erlösung ausgerichtet bleibt. Im Folgenden bilden V 24.25 eine eigene kleine Einheit, in der Paulus das Wesen der Hoffnung herausarbeitet. V 26-27 schildern, wie der heilige Geist durch sein Eintreten für uns die Hoffnung stärkt und stützt. So stellen sich V 23.24-25 und 26-27 bestätigend und verbürgend ruhm V 18.19-22. Die Analyse stellt eine relative Selbständigkeit des Abschnittes Röm 8,18-23 heraus. Offenbar übernimmt Paulus hier apokalyptisches Material, besondere Traditionen mit eigenen eschatologisch verstandenen Begriffen (~a, utohna, ~Q, iuwx6A,",,~ 't00v utmv -co;; hoü, cmoAirto
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Geist und Erlösung
Das Maß des Leidens, das Gott zuteilt, und das Maß der verheißenen Herrlichkeit haben ein ganz verschiedenes Gewicht. Soll die zukünftige Herrlichkeit »enthüllt« werden, dann wird damit angedeutet, daß sie bei Gott vorhanden ist, von Propheten geschaut werden kann und für die Ewigkeit bereit gehalten wird (ApkBar 4,1-7). Der Begriffder cbtOX6ÄU'i'L; bzw. des cbtoxaAimuaitaL spielt in unserem Zusammenhang eine besondere Rolle. Klingt V 18 wie ein Bekenntnis, das die paulinische Theologie sich zu eigen gemacht hat, so geht V 19 ganz in die Form des apokalyptischen Lehrsatzes über. Schon die Ausdrucksweise und die WahJ der Begriffe zeigen an, daß eine eigenartige 1 radiJion sich zu Worte meldet. Die gespannte Erwartung (rutO'Xa(KlÖOX(a) der ganzen Schöpfung (xdcn;) ist auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes gerichtet. Dieser Satz ist nur dann verständlich, wenn X"t(OL; die Fülle des Geschaffenen (ohne Begrenzung) bedeutet und den »Söhnen Gottes«, die offenbar bevorrechtet sind, gegenübersteht. In der Geschichte der Exegese schwankt man, ob XdOL; auf die unbeseelte Welt (= "t<1 lt"""xa) und auf die XdOL; 6Aoyo; beschränkt werden soll, oder ob Engel, Geister und Menschen einzubeziehen sind U. A. Bengel). Schon sehr früh wurde darauf aufmerksam gemacht, daß cbtoxaQaöox(a und cbtEXötxE
Polyb.). Das Subst. bedeutet: "das unbestimmte Abwarten, das sehnsüchtige Harren(( und unterscheidet sich von UJt(; als der begründeten Hoffnung (Th W I 392). M. Luther übersetzt seit 1541: ,>das ängstliche Harren der Kreatur«. XdOL'i kann sowohl den Akt der Schöpfung als auch die Schöpfung selbst, dann aber auch das einzelne Geschöpfbedeuten; xtWt.'i als Einzelgeschöpf behält einen weiten Spielraum, kann Menschen, Geister und Engel umfassen (Str-B 111 245 f.; ThW 111 999 ff.). Offenbar denkt Paulus daran, daß die ganze beseelte und belebte Schöpfung auf die endzeitliche Vollendung ausgerichtet ist, weil sie damit von der Last der Vergänglichkeit befreit wird. Schlauer, Gerechtigkeit 269 spricht von einer ~ust:l1n11lnlf4SstndnJ Btnnf1IUIlg derer, die durch Gottes Schaffen entstanden sind. "Somit könnte X~(OL'i auch den Himmel und die Erde, Engel und Menschen, Tiere und Pflanzen umfassen als die einheitliche Bezeichnung alles dessen, was durch das Sechstagewerk (Gen I) entstanden ist. Auch dann wäre es aber unmöglich, die Menschheit von der Schöpfung auszuschließen.«
Das Offenbarwerden der »Söhne Gottes« ist wohl als eine Art Präsentation vor 5 M. Luther hat an dieser Stelle jeden Versuch, die Kreatur ontologisch zu verstehm, abgelehnt: Itlhr werdet allo dann die besten PhilolOphen und die bestm Naturforscher .ein, wenn ihr vom Apostellemt, die Kreatur als eine harrende, seu&ende, in Wehen liegende zu betrachten, d .h. a1. eine, die du, wu ist, verablcheut, und nach dem verlangt, was zukünftig und darum noch nicht ist. Dann wird man die WislClUc::baft von dem Sein der Dinge, von ihren zufälligen Eigenac:haften und ihren Unterschieden gar bald gering achten« (E. ELLWEIN 319). Ähnlich: »Wer lieber nach dem Wesen und nach dem Wirltm der Dinge foncht als aufihr Seufzen und Harren achtgibt, der ist ohne Zweifel töricht und blind, da er nicht weiß, daß auch die Kreatur Kreatur ist. Du geht deutlich genug aus diner Schriftstelle hervor« (E. ELLWEIN 320). DtIIfIil s,~t n. X.""j"", dit tltlOlogisc"'" DmJ.:jOf7lflft tUt, dIr bis Ur dit C1nrwt11t ,lieN.
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Röm 8,18-27
dem Kosmos gedacht; nach jüdischer Vorstellung wird der »Sohn«, der »Messias« die Schöpfung erlösen (4Esra, Gen r 12). Die paulinische Tradition schließt den Erlöser und die Erlösten, den Messias und seine Gefährten zusammen. Ja, diese endzeitliche Herausstellung der »Sohnschaft« wird in Röm 8,23 geradezu 'als eine Einsetzung in die Sohnschaft beschrieben. Das Offenbarwerden ist als ein Verherrlichtwerden verstanden (V 18). Mit diesem Offenbarwerden ist apokalyptisch die Erneuerung der Schöpfung verbunden. Es ~eigt si,h, daß alteftidisclu und apokalyptisclu Dmliformm von Paulw übernommen sind. In feierlichem Stil fährt V 20 fort: Die Schöpfung wurde dem Leerlauf( der ~'tal.Ö't1'J~) unterworfen. ~ 'taL6'tTJ~ ist hier betont und an den Anfang des Satzes gestellt. Der Begriff bezeichnet die Vergeblichkeit, die Inhaltsleere und die Nichtigkeit, vielleicht auch die Verkehrtheit und die Unordnung der Welt6 • unE'tQyrJ beschreibt den einmaligen Akt des Gerichtes durch Gott: Gott liefert die Schöpfung an einen verderbenden Prozeß aus (unter Anspielung auf Gen 3,16). Der Zusatz O'Öx ~oüaa (dagegen O'Ö '6ti..ouoo nach G) kann bedeuten: »wider den eigenen Willen« bzw. »ohne eigenen Willen«. Hier ist gemeint, daß der Gerichtsakt sich nicht schuldhaft, sondern schicksalhaft vollzog, ohne daß die Geschöpfe durch eigene Tat an diesem Fall beteiligt wären 7. Die Schuld trifft ganz den Menschen, die Schöpfung dagegm ist an das Schicksal des Mmschm gebunden. Wie sie durch die Schuld des Menschen gerichtet wird, so ist ihre Erlösung an die Präsentation der »Söhne Gottes« gebunden. Der Unterwerfende (6 unO'ta;a~) ist sicherlich weder Adam noch der Mensch schlechthin, auch nicht der Satan. Der Unterwerfende kann nur Gott selbst sein, dessen Name hier aus jüdischer Gottesscheu vermieden wird8 . 61.6: mit Akkus. bezeichnet hier den Grund oder den Anlaß: »wegen der richterlichen Entscheidung, die Gott um der Sünde Adams willen traf« (Gaugier R 303). tcp' t).n(6L bzw. bt' t).nt6L (ACK) ist mit unE'tQY'I zu verbinden: Gott, der die Schöpfung unterwarf, setzt gleichzeitig die Hoffnung, die sich auf die Aufhebung des Gerichtes richtet. War WtoxaQa6ox(a das Sichausstrecken der Schöpfung nach dem Offenbarwerden der Söhne Gottes, so ist t).n(~ das göttliche Heilsziel, das Ende der Wege Gottes, das nicht nur für die Menschen, sondern auch für die 6 Im Neuen Testameqt findet sich J&CRCJWn}~ noch in Eph 4,17; 2Petr 2,18. Im biblischen Denken begegnet der BegrifTvor allem in &cl 2,17.21.23; 4,7.8; 6,2; 8,10.14. Die altkirchliche Exegese hat I.&a~LlmJ~ oft im Sinn von cptoQQ ventanden, wie die Catene lehn. O. BAUUNrEIND sagt treffend: »Röm 8,20 ist gültiger Konunenlar zum Prediger Salomonia« (ThW IV 529). Thomaa v. Aquin dachte im pbiJoaophischen Sinn an mutabilitaa (stete Veränderlichkeit), während andere Au.Jeger j.&a'tQLlmJ~ im Sinn von cptoQQ oder des Konkretwns ol ...malm verstanden. Man muß aber wohl einen bestimmten Abstand von cp&0Q6 aufrecht erhalten. Nach Znll402 ist IMItQLlmJ~ ein Zuatand der Entkräftung oder der Schwäche, während LAGaR 207 an Verkehrtheit und Unordnung denkt. 7 IOnon spontetC (Ambr. Hil. Aug.), "non volunlariatC (Ambstr), IOnon volenl4C alle übrigen lat. Obenetzungen. Auch nach der rabbinischen Tradition gehen bestimmte Eigenschaften des Menschen und der übrigen Schöpfung durch den Sündenfall verloren (Gen r 12 Str-B I 19; 111 247). Die Schöpfung wurde von Gott gerichtet (4Ear7,11 f.). Obwohl die Dinge in ihrer Fülle geschafl'en worden waren,so wurden sie, nachdem der ente Mensch gesündigt halte, verdorben, und sie werden nicht eher zu ihrer Ordnung zurückkehren, bis daß Ben perez (= der Messias) kommen wird (Gen r 12,5, p. 9a). s -Adam hat die Schöpfung der Eitelkeit preisgegeben, aber er hat sie nicht unterworfen« U. A. BENGEL).
=
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Geist und Erlösung
Welt der Geschöpßichkeit bestimmt ist. tAxL; hat hier objektiven Klang (wie in Kol 1,5). V 21 beschreibt den Inhalt der tML;, die auch für die Schöpfung gilt, wobei bLML diesen Vers einleitet9 • Auch die Schöpfung selbst wird von der Verknechtung an die Vergänglichkeit befreit werden (UEu&QO>'fh10EtaL) und soU Anteil nehmen an der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Die Erneuerung der Schöpfung wird als Befreiung von der Knechtschaft unter die Vergänglichkeit beschrieben (cp60QCi ist also noch etwas anderes als lla'tau)'tT);po. bauA€(a steht im Gegensatz zu UEu&Q(a,
Röm 8,18-27
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mige Klage (Theod. Mops.). Man darfbei ouv- nicht an ein gemeinsames Leiden von Schöpfung und Christus (bzw. Kindern Gottes) denken. Die gegenwärtigen Geburtswehen der zukünftigen Weltzeit sind eine Bürgschaft für den Glauben. Offenbar liegt das apokalyptische Bild der ))Messiaswehencc unserem Text zugrundelS. ))Alle haben ein gemeinsames Leid, das ihnen die gemeinsame Klage und dasselbe sehnsüchtige Verlangen nach Erlösung gibt; es sind nicht einzelne, die für sich seufzen und für sich leiden; seufzen und leiden ist das gemeinsame Menschenloscc (Schlauer, Gerechtigkeit 275). auatEVa~EI.V (V 22) wird durch atEVa~ELV (V 23) und atEVayJ.Loi; (V 26) aufgenommen, so daß eine bestimmte Reihe oder Stufenfolge entsteht: Schöpfung, Söhne Gottes, der Geist selbst. Damit ergibt sich eine Steigerung »von unten nach oben«". Es fällt auf, daß das OUVwb(VEI.V nicht erläutert oder weitergefiihn wird; es muß also eine Ergänzung zu auatEVci~EI.V bilden. Es scheint zunächst so, als weise das ))Seufzen« stärker in die hellenistische Erlösungsfrömmigkeit, das Bild der Wehen aber in die apokalyptische Vorstellungswelt 17. Wir haben es hier mit »E"thiillwagtf im biblischen Sinn ,cu tu", nicht mit einem weltanschaulichen oder metaphysischen Bild der Antike. l1xQL tOÜ vüv (Phil 1,5) unterstreicht den eschatologischen Klang des ganzen Satzes: der alte Äon ist noch nicht zu Ende gegangen, der neue noch nicht angebrochen. Die ganze Notsituation ist in der Gegenwan bis zum äußersten Maß gesteigert. Mit V 25 will Paulus bewußt steigern (00 p6vov bt, 6lla xa( ... ). Nicht nur die ganze Schöpfung, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe des Geistes schon haben, auch wir selbst seufzen bei uns selbst in der Erwartung der Sohnschaft, der Erlösung unseres Leibes 1'. Es fällt auf, daß xat amo( 15 auYCI)()(vuv erinnen an die VonteUung der .Messiaswehen«: dem Meuiu geht eine bemndere Zeit der .Wirren« (- der .Wehen«) yoraua (Str-B 1950). 16 Die .Verherrlichung« ist ein Proze8, der .von oben nach unten« gedacht ist (V 22). "Gewöhnlich vergleicht manAmlutiuAt Von teilungen mit dem enMtuvderpauliniachen Theologie. In der K6Qta x6opou, von der Stobiua Stücke erhalten bat (C. WACHlMU11I, Stobaeua I, 1884, 389 f.; Scarr, Corp. Herrn. I, 1924,464 I[), finden wir die Anachauung, daß Maucben gebildet werden, um die Seelen für die Obenretung eines Gebotes zu bestrafen. Die Seelen werden in die Menscbenleiber gebannt, erkennen ihre Verdanvnung und stöhnen vor Kummer, weil sie in dende ~1Q einge8Cblouen sind (395,5 ft). Sie Oeben um EräulII und empfängen die MÖSlichkeit, du Fleisch zu verlauen und in den Himmel einzugehen, oder sie werden in eine andere, niedere Leiblichkeit gebannt. Man folgert daher: .Du ist ganz die StimmulII des Nuuenerhymnua (5,7), aber auch du Seu&en der Kreatur bei Paulus, der, wie wir sehen, auch den Ausdruck cncijv~ aua der religiöIen Begrif&wdt seiner Zeit entlehnt bat« (P. WENDLAND, Die bdl. römiac:be Kultur, 2. u. 3. Aufl. 1912, 182). In einem verwandten Zuaammenbang (2Kor 5,1 Wo) finden wir du gleiche ~LV (V 2.4), aucb ~ (V 1.4) und ~ (V 4),10 daß auch hierG"'" tÜllulUIastiscA. AfIlIUJ~ nach~isbar lind wie in Röm 8,18 I[ Vielleicht ist ..... der AuarufRöm 7,24 eine bestimmte Form ctaea cn!~. Verwandt lind die KIap der ~ Maucbenlcelen, aber auch du Seufzen der gerichteten himmlischen Wächter in der ätbHen-Apokalyptik (9,3 1[; 12,4). In 4Ear finden wir eine doppelte Klage: du Weib Zion klagt über den Verluat des Sohnes, die Erde über du Verderben ihrer Kinder; vgl.dazu F.G. LANG, 2Kor5,1-IOinderneueren Foncbung, 1973, 157 . .. Vielleicht bleibt man UD besten bei der LA von B stehen: cUa xal cr610l Tftv ialCIQXirI WO nve
...-JPlisc-
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Geist und Erlölung
wiederholt wird, so daß das ente xai. amol zu fxovtES, das zweite zu otEVatotJ.EV zu ziehen ist. Vielleicht ist am Anfang des Satzes oder nach dem Partizip fxovtes ein betontes "IJ.ELs sinngemäß zu ergänzen: gerade wir, die wir den Geist empfangen haben (fXovtES), seufzen. Der Besitz des Geistes Gottes bindet ent recht an die Zukunft und gibt dem Rufnach Erlösung eine eigene GestaltI'. Sogar die Chris,en, die schon die Entlingsgabe des neuen Lebens haben, die den Geist Gottes als Anhub und Bürgschaft der Zukunft empfangen haben, stehen nicht jenseits der ganzen kosmischen Not. " imaQXil 'tOO m'wJ.W'tOS (Gen. appos.) ist ein Bild aus der alttestamentlichen Opfenprache und klingt an unserer Stelle betont feierlich 2o• Dem Anhub entspricht die vollkommene Ernte, der gegenwärtigen Bürgschaft die zukünftige Verherrlichung. Weil wir als Christen die eschatol0gi5che Gabe des Geistes Gottes empfangen haben 21 , seufzen auch wir »in uns selbst« oder »im Blick auf uns selbst« bzw. »wenn wir uns zum Gebet versammeln« 22. Der Zusatz ~ tau'toLs wird in der Auslegung venchieden stark ausgewertet. Haben wir durch die Gabe des Geistes auch den Geist der Sohnschaft empfangen (V 15), so ist doch die Lebensform, in der wir stehen, noch im Zwielicht von alter und neuer Weltzeit (V 19.23). Durch die Enthüllung der Sohnschaft wird die eigentliche Form und Gestalt dieser Sohnschaft offenbar. Sie ist nichts anderes als die Erlösung unseres Leibes von der Vergänglichkeit.
Die Genitiv-Verbindung ft lm<»'irtQ(OOL; 'toü 0<0tun~ ist auffallend. Als Apposition aufgefaßt, wirkt sie befremdlich. Es ist nicht von ungefähr, daß das anikellose ulo6m(av von DG Ambstr gestrichen wird, so daß ein gekürzter Text entsteht: lmDC6EXÖJ.&€Va&. 'rirv cbt<»'irtQCOOLV tOÜ oWl'Qt~ fttuiJv. Pallis R 104 nimmt an, daß dieser Kurztext ursprünglich ist, daß aber vielleicht tv intOJ1OV'Ö oder 6L' intqwviJc; vor dem Partizip cbtex6Ex6tArVa&. gestanden habe. Der Sinn des Langtextes kann nur sein: die Einsetzung in die Sohnschaft bringt die Erlösung unseres Leibes vom Fluch der Vergänglichkeit mit sich. Falsch ist die übersetzung von H. Lietzmann: »die Erlösung von unserem Leibe«, wie V 21 beweist. cbtolirtQ
Widenpruch, zu dem sich Paulus in V 24. ausdrücklich bekennt. Der Dativ TfI ., -Auch wir Idbat, wir in una Idbat, die Glaubenden, pörm zu den Seu&enden und Leidenden« (Sau.ATTEa. Gerechtigkeit 275). EI ilt erstaunlich, daß die Kommentare nicht die Nähe zu Röm
7,24-25 erkennen. Vgl.J. SalNlEWlND, Du Seu&en des Geistes. Nachsd&llelle Reden und Aufsätze, 1952, 81-IOS. ··Man darfallo nichtdaran denken, daß eine Endinallabe des heilip Geistes (Gen. part.) jetzl Ichon aUllelCbünet sei und daß apiter eine vollkommene AlJIIie8ulIfJ ~. eine endgültige Verwandl.... folcen werden. cbIC1Cll'f1 bqepet bei PaulUi noch in Röm 11,16; 16,5; IKor 15,20.23; 16,15. 21 Anders die Obenetzuug von LTZMR. 84: -die wir die Gabe des Geistes als die enten besitzen«. JJSchon CHa. v. HOFNANNR337 wandtraichgepdie Vonle1lung, PaulUi spreche von deulnnerlichkeil des Seufzeni der Chrilten«, da es keinesfalli ein Kennzeichen des Christen.landes sei, lein Seu&en in lich zu verschließen, IIlUt seine Klage vor Gott auazuachütten. In die gleiche Richtung weisl Saa.ATJ'Ea. Gerec:htipeit 276: -wir aeu&en um unserer Ielbat willen.« P.u.LlsR 103 bezieht dann a6ml tv ~ auf die Gebetavenammlung der Gemeinde und legt in diesem Sinn aUl: -untrruDl aelbIt, wenn die AuBenatehenden aUJKaChlouen lind«. A. PALLlsdenkt an kulliacbe AUINie, die du Gebet unlentüuen (z.B.: x~. ~; VII. älhHen 9,10). Ausführlich dazu KAIE. MANNR 232 (goue8dienadiche Vorgänge).
Röm 8,18-27
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yi:J.Q t).n(ÖL wird verschieden gedeutet; er steht am Anfang des Satzes und ist daher betont. Es liegt nahe, 't'f1 yi:J.Q t).n(ÖL im Sinn von bt' t).n(öL (V 20) zu verste-
hen (H. Lietzmann, M. J. Lagrange). t).n(~ könnte aber auch objektiv das Hoffnungsgut bezeichnen: ))Durch das, was wir hoffen, ist das Heil uns geschenkt worden« (Th. Zahn). Noch anders wäre der Gedanke, wenn wir an eine Art Einschränkung denken müßten (M. Luther: »Wir sind wohl selig, doch in der Hoffnungcc). Es wäre aber unrichtig, wollte man sagen: bisjetzt sind wir nur der Hoffnung nach gerettet. Paulus will in der Aussage toWitT)J,lEV von einem Geschehnis reden, das sich mit der Predigt des Wortes schonjetzt an uns vollzieht (Röm 1,16: d~ oWlTIQ(av). Aber dies Geschehnis löst uns nicht von der Erwartung der Zukunft, sondern stellt uns erst recht in diese Erwartung hinein. Es ist daher wahrscheinlich, daß der Dativ 't'f1 t).n(ÖL im Sinn von bt' t).n(ÖL auszulegen ist. Die Hoffuung ist nicht von der Verkündigung ablösbar, und das »Seufzencc der Christen (V 23) ist wohl begründet. Es folgt in V 24b eine Reflexion über das Wesen der Hoffnung und über ihr Verhältnis zur sichtbaren Welt: ))Hoffnungsgut, das gesehen werden kann, ist nicht mehr Hoffnungsgutc(, Die Artikellosigkeit deutet den Dtjinitionsstil an. Der Gedanke ist gleichzeitig normativ: die Hoffnung dtlrf nicht auf Sichtbares gehen, weil alles Sichtbare zeitlich, nur das Unsichtbare ewig ist (2Kor 4, 18). Der Gegensatz: Sichtbares-Unsichtbares ist in diesem Zusammenhang philosophisch geprägt. Das Sichtbare ist das, was zu dieser Welt, zum Kosmos gehört13• Die nachfolgende Frage: ))Denn was einer sieht, was braucht er das noch zu erwarten?cc ist schon textkritisch schwierig24 • Hält sich der Mensch an das Sichtbare, dann ist ihm die Hoffnung auf das Unsichtbare unmöglich. Ausdrücklich betont 2Kor 4, 18: )) Wir schauen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbarecc. Aller Glaube trägt den Verzicht auf die Welt des Sichtbaren in sich. Eng verknüpft mit den Begriffen und Aussagen von V 24 ist V 25: Wenn wir auf das hoffen, was wir nicht sehen, dann ist dies Hoffen eine zuversichtliche Erwartung (lmE'XÖEX6~ita wie V 23), die in Geduld und Ausharren den Druck des Gegensatzes erträgt (ÖL' "XOJA.oviJ~). In diesem Ertragen dessen, was der Hoffnung entgegensteht, wird sie selbst gewiß und getrost. V 24.25 wollen offenbar die Aussage von V 23 stützen und das Wesen der Hoffnung beschreiben (Hebr 11, l). Vielleicht wendet sich dieser Zusammenhang gegen ein falsches Pneumatikertum, das die t).n(~ in diesem Sinn nicht ernst genug nimmt. Dabei ist daran zu denken, daß ~s Paulus letztlich auf die Erlösung des Leibes und die Vollendung der Schöpfung ankommt, daß er also den Vorgang der Hoffnung nicht auf sich selbst stellen will, sondern auf das zukünftige Handeln Gottes15 • Röm 8,24.25; 2Kor 4, 17.18 und Hebr 11,1 bringen eine verwandte Vgl. R. BULTMANN ThW 11 528. DG leien: 6 ~ ~n 1:~, 'tl t,Mttn; Cl( eiern. Al. lesen: 6 yc\Q ~n 1:~, 'tl xal t,Mltu; B·p46 Orig. lesen: 6 yc\Q ~n 1:~, t,Mlta.; •• liest: 6 yOQ lUbtu u~ xa1 ~n; LrzMR 86 schlägt vor: 6 ~ lUbtu 1:~, 1:l xa1 ü~n (ebeMo KAsEMANNR 228). 1S V gl. 1QH 3,20 f.: .. Ich erkannte, daß es eine HoflDung gibt für den, den du aua dem Staub gebildet hast.« Es handelt lich hier um feste Formelsprache (6,6; 9,14). 23
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Geist und Erlösung
Botschaft über den Zusammenhang der »Hoffnung« mit der Weh des »Unsichtbaren«; gemeinsam ist auch ein bestimmter hellenistisch-philosophischer Einschlag. V 26 und 27 müßten eigentlich an V 23 angeschlossen werden, haben aber auch enge Beziehungen zu V 16. Paulus spricht nicht nur von dem Seufzen der Schöpfung (V 22) und dem Seufzen der Glaubenden (V 23), sondern auch von der Hilfe und dem Mitdertum des Geistes Gottes, das ebenfalls durch »unaussprechliches Seufzen« geschieht. Das notvolle Geschehen in Schöpfung und Gemeinde wird also überboten durch einen wunderbaren Vorgang, auf den Paulus erst jetzt zu sprechen kommt 26 • Vielleicht hängt es mit dem neuen Ansatz zusammen, daß das feierliche und umständliche choo\rtQ)~ öt xaL die Verbindung mit V 23 herstellt 27 • Auf jeden Fall treten die beiden zentralen Aussagen: tO X'VruJ,la ouvavtLAatAßcivEtaL (der Geist ~~kommt zur Hilfe, steht bei«) und tO ltvruJ,la unEQEvtUyxt'rvEL (der Geist )~legt Fürsprache ein«) in dem neuen Satzgefüge beherrschend hervor. Die beiden im Neuen Testament seltenen hellenistischen Komposita zeigen an, daß Paulus eine Tradition von dem Geist Gottes als ))8eistand« verwendet, der das Gebet der Gemeinde vertritt. Ist sie eine Gemeinde der Rechtfertigung, dann bekennt sie sich in der Situation des Betens zu ihrer ))Schwachheit« (äa6tvELa), d.h. zu dem menschlichen Unvermögen, so zu beten, wie es Gott wohlgefällig ist. Man dachte in der Exegese oft daran, daß der natürliche Mensch nicht weiß, um was er beten soll und wie er beten soll28. Es liegt aber nahe, xaitO ÖEL ähnlich aufzufassen wie das spätere xata 'Ö'E6v (V 27). Auch der Christ steht vor der Frage, ob er in seinem Gebet dem Willen Gottes gerecht wird. Er erkennt gerade als Christ den bleibenden Abstand zwischen Gott und ihm selbst 29 • So ist es nicht abwegig, M. Luthers Auslegung zu dieser Stelle ganz ernst zu nehmen: »Es ist kein schlechtes, sondern das allerbeste Zeichen, wenn auf unsere Bitten hin scheinbar gerade das Gegenteil eintrifft. So wie es kein gutes Zeichen ist, wenn unseren Bitten alles ganz nach Wunsch widerfährt« (E. ElIwtin 324). War Gott gibt, gibt er uns so, doß es all unseren Vorstellungen zuwiderliiuft. Gottes Rat und Wille ragt hoch hinaus über unseren Rat und Willen. Mit dem rätselhaften Begriff: ))unaussprechliches Seufzen« (otEVaYJ,lOL äMAT)'tOL) ist 26 A. PAU.rs denkt in Rößl 8,23 an GebetIrUfe wie x{)QI.E, ab)oov und bezieht in V 26a 'tb :rnrEÜpa aufct.. Evangelium selbst, du unlCr Gebet unterstützt. V 26b (<\Ua a'Ö'tb 'tb :rnrt'Üf.UI) und V 27 sind nach A. PAU.Jsein späterer Zusatz, der du :rnrEÜpa von V 26a auf eine Mittlergestalt (etwa den ~ ~ ~~) bezieht. 27 cboa~ 6l XCI' begegnet auch in Mk 14,31; Luk 20,31; ITim 5,25. • Orig. de Oral. 11 I: Kt:Ql 'taU dva 'tQÖKOY ~L 6li, xa1 dva bl t1l~ E'ÖXit~ Atynv ~ tr.6v. Nur GAUGLEKR I 317 f. nimmt das Eingeständnis des »Nichtwissens« ganz ernst. 2t ZnR 412 und KoHLR 298 ziehen xa&b6Ei zu ~ (»wir wissen nicht in dem Maße, als es nötig ist«), was aber künstlich bleibt und abgelehnt werden sollte. GAUGLERR 316 urteilt mit Recht »du ist aber sicherlich eine VerhannlOlung des hier Gemeinten«. M. BUBEa, Die chusidischen Bücher, 1928,568 berichtet ein Gespräch über du Gebet: .Ein Chaaid klagte dem Kozker seine Armut und Bedrängnis.•Sorge nichte, beschied ihn der Rabbi. .Bete mit deinem ganzen Herzen zu Gott und der Herr des Erbarmens wird lieh deiner erbarmene .• Ich weiB aber nichte, redete jener weiter, .wie ich beten solle. Mit aufwallendem Mitleiden sah ihn der Kozker an .•Da hast du freiliche, sprach er, >eine groBe Sorgec.«
Röm 8,18-27
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sicherlich ein ähnlicher Vorgang gemeint wie in 2Kor 12,4 (6QQTI'ta ~I.ul'ta). Es handelt sich um Seufzer. die nicht in Wone zu fassen sind (vulg.: inenarrabilis) 30. Es liegt nicht nahe, an Glossolalie oder Gemeindegebet zu denken, weil irdische Vorgänge nicht ohne weiteres Abbild eines himmlischen Vorgangs sein müssen. Es geht hier vielmehr um einen himmlischen, apokalyptischm Vorgang. Daß dem Seufzen der Schöpfung und der Kinder Gottes ein entsprechendes Seufzen des Geistes Gottes an die Seite tritt, ist auffallend und bedarf einer Erklärung31. Das Redm des heiLigm Gtislls ist kein Stuf(.ta; vtrlritt er aber die GnMiruU vor Gott, dtmn nimmt er die Schwachheit der Mmschen aufsich. Der Geist nimmt die An, die Not, die Schwachheit der Schöpfung an, um sie vor Gott zu tragen (A. Schlatter). Der heilige Geist ~lbst seufzt in uns, mit uns. rur uns, auch über unsj Gott selbst trägt durch seinen Geist die Not der Schöpfung mit (E. Brunner)3z. Feierlich und das Motiv des Geistes auf Gott selbst zurückführend, schließt sich V t7 an. AlsJude umschreibt Paulus den Namen Gottes durch einen Hinweis auf dessen Wirken und Vermögen. Als der Richter erforscht Gott die Herzen der Menschen 33 • Erforscht er schon die Herzen der Menschen, wieviel mehr kennt er dann die Gesinnung und das Begehren des Geistes! Einerseits ist der Geist auf die Erforschung aller Wahrheit und Wirklichkeit, auch der »Tiefen der Gottheit«, gerichtet (I Kor 2,10), anderseits steht Gott selbst wissend und erkennend der Gesinnung und dem Begehren des Geistes gegenüber. Paulus kennt also eine An Bewegung zwischen Gott selbst und seinem Geist. Nimmt der Geist an der An der Schöpfung und des Glaubens Anteil, dann erkennt Gott in dieser Stellvertretung die Durchführung seines eigenen WiUens und Planens. Zwischen dem feierlich klingenden Hauptsatz und dem nachfolgenden (rn-Satz, der eine ältere Tradition wiedergibt, liegt ein gewisser Abstand. Sollen wir diesen enL-Satz kausal Ja VII. den Zusatz von f: quac verbis cxprimi non posaunt. Es lind aIIo nicht-unau.geaptocbene, wonlole Seufzer« lCIßCint. ZnR413 denkt an dielOne.dienadicbe Venamm1u. . und an die dortp übte baondere An der Gk.olalie; du .Reden im Geilt« wird zum -Reden des GeilIa« leibet. GAuoLUR 322 umschreibt den pauliniachen Gedanken richtig: -Der Geilt in UDI, der nicht eins ist
mit UDlerem Geilt, aber unaerea Geistes unmögliches Beten vernimmt, nimmt unser Flehen aufund vertritt es vor dem Thron des Ewigm. Er übel'letzt es in die Spncbe des Geiltes, die im Himmel veratanden wird, er läutert es, verwandelt es, formt es nach dem Willen des Vaten und macht es 10 zum richliBen Gebet, wie aiebs lebührt« . .n StreB 11 562 urteilt, daß die Vorstellung vom heilip Geist ala Fürsprecher Iaraela der alten Synaaoge nicht unbekannt Icwesen ist, wenn lich auch die Bezeichnung D~ für ihn nicht nachweisen läßt. Paulus knüpft offenbar an eine bestimmte ~-Tnditioa des Urcbriatentuma an, wenn er auch den BegriffxaQ6x).~ nicht aUldrücldich nennt. V,I. N. JOHANISON. Pankletoi, 1940, 271 Ir. n Abzulehnen ist die AualecunI von L TZWIl86: .in dem wort1oeen Stammeln des Verzückten feodet der Geilt eine Spnche. die Gott veraceht«. Entaeheidend ist .eine ~chtliche FoIsefWII: -Daß ein Wort wie V 26 nun aber ebcnIo pt aus dem Geaichtakreia des ApoIteia wie aus dem eines IJIOItiachen Systems erldän werden kann, rührt daher, daß die KVlVIIG-Lehre des PauJua tatsächlich mit Voratelluqen operiert, welche der hellenistUcben Mystik entstammen, und daß Paulus aich vielfach auch in der Au.drucbweiae eJII an diese Vorbilder anachlie8t.« II Daß Gou die Herzen der Menachen erfoncht, ist alnestamentliche Vorstellung (ISam 16,7; 1Kön 8,39; Pa 7,10; Prov 15,11;Jer 17,9-10). Du Partizip66t ~ in V 27 klingtleprigt und hymnisch, ltammt vielleicht aus der Gebetaapnche. Du verbindende 6t könnte adversativ ~eint sein (.Golt aber ... «).
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Der Ratschluß Goues
wiedergeben (»denn er trit teine<) oder explikativ (••daß er nämlich eintri ttee)? Die letztere Möglichkeit liegt deshalb nahe, weil der Inhalt des ö'tL-Satzes in diesem Zusammenhang eine gewisse logische Selbständigkeit bewahrt. Paulus kannte offenbar den theologischen Satz: •.der Geist tritt nach dem Willen Gottes (xa'tcl itrov- xa'tcl 'to av'toü &D..11J.Ul) für Heilige einee. Altertümlich wirkt die Bezeichnung •• Heiligeee ((xyLOL) als Name der christlichen Gemeinde (Röm 1,7). Heilig sein ist Ausdruck einer besonderen Berufung und einer Zugehörigkeit zu einer messianisch-apokalyptischen Gemeinde34 • Röm 8,28-30: Der Ratschluß Gottes
"'eII,
28 Wir wiuea 1Iber, daS die Gott Iiebea, .oe. zum Gu1eD aaitwirkt, deaea, die lUdI dem Voralz Berufeae .iDcl. 19 Dena welche er zuvor erbmate, die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bilde leiDe. SoIme.lleicbcetdaltet zu wenlea, auf cIa8 er aei ein Entpboreaer unter vielen Brüdern. 30Die aber, welche er vorher beltimmte, die hat er auch berufen. Und die er berufen hat, die hat er auch prechtgeIprochm. Die er aber prechtpsprochell hat, die hat er auch verhenlicht.
AnalYse: Es erhebt sich die Frage, in welchem Verhältnis die Verse 28- 30 zum vorherigen Zusammenhang stehen. In Röm 8,18-27 wurden die Leiden der gegenwärtigen Weltzeit dem Gewicht der z!lkünftigen Herrlichkeit gegenübergestellt. Das Motiv des Leidens, der Vergänglichkeit und der Schwachheit wird aber immer wieder überboten durch das Bild der zukünftigen Herrlichkeit. Schöpfung, Söhne Gottes und Geist Gottt"s sind in diesen apokalyptischen Prozeß der überwindung der alten Weltzeit t"inbezogen. Paulus wendet sich in einem letzten Schlußverfahren dem Heilsplan Gottes selbst (der 1tQ66EOLC; = :1") zu. Wenn er dies zusammenfassende Handeln Gottes in den Versen 28-30 besonders hervorhebt, dann haben diese Verse deshalb eine gewisse Selbständigkeit, weil er nunmehr eine nt'ue Argumentation gtgf'nüber dt"n vorangeht'nden eschatologischen Bildern einführt; anderseits hängen V 28-30 insofern mit den vorherigen Bildern und Traditionen zusammen, als die Entfaltung des Heilsplanes Gottes eine letzte Bürgschaft für die eschatologische Gewißhei t von Röm 8,18- 27 darstellt. Gott fUh,t sein Werk durch I,ot(. menschlichen Leidens, menschlicher Vergänglichlceit und mmschliclzt,Schwochhtit. Schon die äußere Form von V 28-30 ist betont und feierlich; auch ist ein deutlicher Abstand gegenüber dem Kontext erkennbar. V 28 klingt wie ein vorangestellter Lehrsatz, dessen Tradition im Judentum feststellbar ist. Die beiden nachfolgenden Verse bringen eine Fortführung und Begründung des Lehrsatzes, die in einem Kettenschluß endet, der ebenfalls ein Zeichen gehobener Sprache ist (Röm 5,3). Durch unsere Verse wird zugleich der übergang zu Röm 9- 11 gesichen. wie Röm 9,11 beweist. Daß der .. wissende Gottee alles Sein und Geschehen nach seinem Ratschluß, nach Zweck :w Zur Selbatbezeichnung der Gemeinde Jesu Chrilti vgl. den Exkun bei LTZMR 121 ff. <ÖxlQ &y(caJV ist in Köm 8,27 heuer bezeugt als die LA imtQ itfAÖJV. Eine Ethilierung des Begriffes »Heüige«
ist auf jeden Fall zu vermeiden.
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Röm 8,28-30
und Bestimmung geschaffen hat, ist die feste überzeugung der Qumrangemeinde (IQS 4,15ff.). Der Erwählungsgedanke ist ebenso wie die Vorstellung vom Heilsplan Gottes in einer festen Tradition des Judentums zu Hause. Exegese: V 28: Paulus setzt mit einem überlieferten Lehrsatz ein, wie der Eingang (otÖClf.lEv öt), die Sprache und die frühjüdischen Parallelen zeigen. Zwei Textformen stehen einander gegenüber. In der kürzeren, durch K CDG bezeugten LA ist Jtavta Subjekt: » Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alles zum Guten mitwirkt«. In der längeren, durch BA vertretenen LA wird 6 6e6~ handelndes Subjekt: »Gott wirkt in allen Stücken zum Guten mit«. Daß die kürzere LA bevorzugt werden muß, ist sichert. Die Sfn"ac/u des Lehrsatzes fällt auf. lryMCiv 'tOv &E6v ist eine alttestamentliche, jüdische Wendung, die durch die urchristliche Katechese weitergegeben wird. Sie findet sich im Römerbrief nur an unserer Stelle, sonst aber in 1Kor 2,9; 8,3 bei Paulus. Die partizipiale Wendung QyaJtOOvtE; 'tOv &E6v klingt formelhaft (PsSal4,25; 6,6; 10,3; 14,1) und ist offenbar gebräuchlich wie die Selbst bezeichnung der ),Heiligencc und »Berufenen«. Vielleicht zog sie ergänzend die andere Wendung bw 'to\J lrya.m1oavt~ in Röm 8,37 nach sich. OUVEQYELV findet sich im Römerbrief sonst nicht und hat gewöhnlich bei Paulus eine andere Färbung (1 Kor 16,16; 2Kor 6,1). OUVEQYELV heißt hier vielleicht nicht: )gemeinsam mit einem anderen etwas tun«, sondern: ))förderlich sein« (vgl. Plut. Erot. 23 p. 769 D); dieser Sprachgebrauch erinnert vor allem an den der Test XII (TestIss 3,8; TestGad 4,7; TestBenj 4,5). Es zeigt sich, daß unser Lehrsatz in die frühjüdische überlieferung eingebettet ist.
"iKt;
Vor allem muß an Ber 60 b erinnert werden; dort wird eine ähnliche Tradition bis aufR. Aqiba zurückgeführt: »Immer gewöhne sich ein Mensch zu sagen: Alles, was der Allmächtige tut, tut er zum Guten.« Auch R. Nachum aus Gimzo sagt: »Auch das ist zum Guten« (Taan 21a). Wir haben es mit verschiedenen Zweigen einer älteren im Alten Testament wurzelnden Aussage zu tun. Am Anfang steht die Partizipialwendung: »denen, die Gott Iieben«, die auf den Kreis der »Heiligen« (V 27) zurückweist und in dem Abschluß unseres Verses durch den Zusatz: »die nach dem Vorsatz berufen sind« wieder aufgenommen wird. Vermutlich ist dieser Abschluß eine Ergänzung und Erklärung im paulinischen Sinn 2• Wenn die Partizipialwendung: »denen, die Gott lieben« entgegen der allgemeinen Gewohnheit nicht am Ende, sondern am Anfang des Lehrsatzes steht 3 , t ZnR 414 entscheidet sich mit Recht für die kürzere Textform und sieht in dem Subjekt 6 0t6I; eine spätere Einfügung (BA JM6 Orig. orat. 29,19). xllvta wird in der längeren Textfonn zum Akkus. (»in allen Stücken«). ZnR415 Anm. 38 urteilt mit Recht: "Paulus würde tvxämv fiirxavmgeschrieben, überhaupt deutlicher sich ausgedrückt haben«. Zum Sprachlichen vgl. Xen. memo 3,5,16; Heliod. 9,11. Ausführlich ScJu.IEIlR 270, der sich für den Langtext entscheidet. 2 Die Hervorhebung der Berufung und des götdichen Heilsplanes entspricht ganz der pau1inischen Tendenz, das Heilsgeschehen in die Gnade Gottes einzubetten. Gott zu lieben ist die Eigenan derer, die von Gott berufen sind. Der von Paulus übernommene Lehrsatz war sicherlich ebenso knapp wie die jüdischen Parallelen. 1 Im allgemeinen steht die Partizipialwendung oll&yamiM:~ Wv &Wv am Ende der theologischen Aussage (z.8. lKor 2,9; Jak 1,12; 2,5 u.ö.). Es geht um die Erfiillung des enten Gebotes durch den Geist Gottes (anden KAsEMANNR 235). Die Liebe zu Gott entspricht der Gegenbewegung der Liebe Gottes zu uns. Die Liebe ist Ausdruck der Erwählung und begegnet vor allem im Gebet, in der Meditation und imJube1ruf(Mt 11,2>30). »Dasein für« ist eine zu dürre Formulierung (gegen KASEMANNR 235).
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Der Ratschluß Gones
dann ist ihr dn besonderes Gewicht beigemessen. Die Liebenden sind die Heiligen und Berufenen, auf denen das göttliche Geheimnis ruht, die im Kampf gegen die Frevler und Gottlosen an dieser Liebe zu GOlt festhalten.ltclvta OUVEQ'YEl ~ zieht sich in erster Linie auf die Leiden und Anstöße, die Rätsel des Glaubens: auch sie dienen dem ))Gutencc. Das ))Gutecc ist hier jüdische Umschreibung für das Heilsame, aber auch für das Heil selbst (Röm 10,15). Man könnte den Abschluß unseres Verses kausal auflösen: »weil sie nach dem Vorsatz berufen sind«. In der Berufung verbirgt sich das Geheimnis des Heilsamen und des Heiles, das sich trotz aller Anstöße und Leiden auf Erden durchsetzr4. Der Heilsplan GOltes (seine ltQOitf:o~) steht unwiderruflich fest; er wurzelt in der Liebe Gottes, die eher da ist als die Liebe des Menschen zu Gott. Berufen ist nach Paulus derjenige, der den Ruf Gottes empfangen und angenommen hat. Der Ruf ist also wirksam geworden (xA.'ft~ Röm 1,1.6.7). 1CQ6&EOI.~ (:1") ist ein hier plötzlich auftauchender Begriff, der die freie, souveräne Art des göttlichen Heilshandelns zum Ausdruck bringt. Die )Heiligencc, ))Gou Liebendencc und ))Berufenen(c sind das, was sie sind, nicht aus sich selbst, sondern aus Gottes ewigem Ratschluß5. Das Geschichtliche ruht im Ewigen und Vorzddichen. In lockerem Zusammenhang (Ö'n) schließt sich eine Entfaltung dieses göttlichen Ratschlusses in Form eines Xttlmsclzlwsts an (V 29-50). Wir haben vier gldchgebaute Sätze vor uns (~ 1C()otyvw, OÜ~ 6t lt(KXi>QI.OEV, OÜ~ bauOEV, OÜ~ 6t t6I.xa(
Röm 8,28-30
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Die beiden ersten Glieder (1tQOtyvw, XQOWQLOEV) nehmen den Inhalt der xQ6-DEaL; wieder auf, während tXaAEOEV an die Wendung toi; xA.T)toi~ OOOLV erinnert. Das erste Glied xQOtyvw weist zurück auf die YVÖ)(JL~ Gottes (Röm 11,2). Paulus unterscheidet zwischen dem vorherigen Erkennen (xQOtyvw), in dem Gott den Menschen sich zu eigen macht, und dem vorherigen Bestimmen (XQ<XOQLOEV), in dem Gott dem von ihm erkannten Menschen ein bestimmtes Ziel setzt. Es geht also um ein Erkennen im semitischen Sinn (vgl. das hebr. J1:), nicht um ein spekulatives oder neutrales Wissen. Dies Erkennen drückt eine Bewegung des Willens aus, ein Anerkennen, ein Erfassen des anderen, eine bestimmte An des Erwählens (Am 3,2; Hos 13,5;Jer 1,5). Man könnte an IKor8,3 denken: die Liebe zu Gott ist das Zeichen dafür, daß der Mensch von Gott erkannt ist. In xQOEyvw liegt der Grund für das XQ<Xi){)LoEV (I Kor 2,7; Eph 1,5.11). Gott setzt ein Ziel fest für diejenigen, die er erwählt hat: sie sollen dem Bild seines Sohnes gleichgestaltet werden. Zugrunde liegt vielleicht der apokalyptische Gedanke, daß sich mit dem Messias seine Gefährten offenbaren werden (4 Esr 7,28)6. Aber dieser apokalyptische Gedanke nimmt eine neue orientalische Denkform an:Jesus Christus ist nicht nur Sohn, sondern auch Bild Gottes (2 Kor 4,4; Kol 1,15). Als Bild Goues ist er seine Vergegenwärtigung, seine Wahrheit, seine Repräsentation vor dem Menschen. Als Urbild ist er das Ziel und die Gestalt, auf die die Menschen ausgerichtet werden sollen (oUt1f.l~). Man kann aus dem Zusammenhang Eph 1,5; Kol 1,14-18 eine gemeinsame Tradition ableiten, die ursprünglich in eine Taufliturgie hineingehört. Ausgangspunkt ist der Christus als Bild Gottes und himmliche Gestalt. J.LOQCPi) und dxrov sind dann Begriffe, die seine Gestalt (Ö~a), seine Stellung (= als Erstgeborener), seine Ausstrahlung (= Wirkung auf die Menschen) und seine Beauftragung von Gott her beinhalten. Neuerdings spricht man gern von seinem »Wesenee und sieht in 8,29b einen »Traditionssplitteree aus älterer Zeit. oU~ begegnet bei Paulus in Phil3,21 (» Verwandlungsprozeßee): Christus wird bei der Parusie unseren Leib der Niedrigkeit in den Leib seiner Herrlichkeit verwandeln. 7 Wenn Paulus vom »Bild Gottesee redet, dann denkt er an eine Christologie, die den Menschen unter das Zeichen der Verwandlung stellt. Christus hat durch seine Auferweckung und Erhöhung eine »Herrlichkeit« empfangen, die auch das Zeichen unserer Verwandlung sein wird (Phil3,2l). Die Wendung oUf.Lf.L~ tTt~ dx6v~ aü'to'Ü darf also nicht als Tautologie aufgefaßt werden: wir sollen die gleiche Gestalt tragen wie das himmlische Urbild (dxrov) Christus selbst. Als Sohn ist er das »Urbild«, in das wir gestaltet werden; mit dieser Verwandlung kommt die Sohnschaft zur Vollendung. »Herrlichkeit« heißt in diesem Fall Verwandlung. Apokalyptik geht hier in eine bestimmte Form der Gnosis über. tv xolloi~ ilÖEAcpoi; zeigt an, daß diese Verwandlung Gleichstellung mit Christus E. LoHMEYu.,l:irv XQump in der Feslpbe für A. Dei8mann, 1927,218 f[ Nach heUeniatiachcr Auffaalq geht es dabei um die Verwandlunc des Wesens, der SubitaDZ: ob dabei an Gen 1,27 (Chriltus all neuer Menach) zu denken ist, wird in der Fonchung diskutiert. Zum Ganzen vgl F. W. ELTESTEa, Eikon im Neuen Testament, 1958; J. JERVELL, Imago Dei. Gen 1,26 f. im Spätjudentum, in der GllOIis und in den pauJiniachen Briefen, 1960; P. VON DER OsTENSACKEN, Röm 8 alt Beispiel pauliniacher Soteriologie, 1975. 6
7
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Der Sieg über die Anfechtung
bedeutet (V 17). Das gemeinsame Erbe besteht in der gemeinsamen Herrlichkeit, in der gemeinsamen Verwandlung und in der gemeinsamen Bildhaftigkeit (Gen 1,27). Der Aufbau von V 30 ist regelmäßig, dreifach gegliedert und zielstrebig in seinem logischen Gefälle (oi)C; . . . tOlrtOUC;). Die vorzeitliche Bestimmung erfüllt sich in der Berufung, die Berufung führt zur Rechtfertigung, die Rechtfertigung zur Verherrlichung. Auffallend ist der Aorist t~aoEV stan eines Futurums 6o~6.oEL, das man eigentlich erwartet. An sich ist der Glaube selbst schon Verwandlung, Begabung mit ))Herrlichkeit« (2 Kor 3,18), aber Pis denkt hier doch letztlich von der Vollendung her: vor Gottes Augen ist die Endvollendung jetzt schon geschehen: ))alles steht längst fest und ist erledigt, auch wenn wir's noch nicht empfinden« (Ltzm R 87). Galt vom natürlichen Menschen, daß er die himmlische ~a verloren hat (Röm 3,23), so liegt im Werke Christi die Wiederherstellung dieser ~a. In dieser »triumphierenden Antezipation cc (E. Kühl) ist die Dunkelheit des Leidens, der Vergänglichkeit und der Schwäche überwunden'. Röm 8,31-39: Der Sieg über die Anfechtung 11 Wu ..neu wir D1III dazu .....? Weaa Gott für uaa - . wer iM dum wider uu? URat er doch Ieiaea eipDea Salm Dicht verw:boat, IoOIideiD Um für UDI a11e clMiDp,ebeD: wie lOIIte er ..... mit iIIIIa Dicht auch .oa 1Cbeakea? 11 Wer wird ADlrlap erbebea ..... die AuerwäblteD Goaa? Gott Ut ea, der prechtIprichL 34Wer wird die Venu1eiIuac auaprecbea? Cbriatua J..... Ut a, der .wb, ja, mehr Doch: der auferweckt wurde, der IUI' RechteD GotIa -. der auch für UDI eiatriu. 15 Wer will uaa trenDen von der Liebe da Cbriatua? Triib-.I oder Bec:biapia oder Verfol...ng oder Hun... oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? 16Wie pacbriebea ateht: .Um deiaetwiUea wir den pDRD Tq ptöcet. Wir aiDd pachtet wie Sch1acbtKbafe.< 17 Aber in .u diaea Lapa überwinden wir weit durch den, der UDI pliebt bat. 1a Deaa ich bin äberzeuit, daß weder Tod DOCh Leben, weder Eapl DOCh aoutip Herncber, weder Gepawirdpa DOCh Zukiiaftipa,
wer'"
DOCh 80IUdp GewaItea, l'weder Höbe Doch Tiefe, Doch eiDe andere Scböpfua, UDI von der Liebe Goaea zu ICbeiden verIIIaI, die in Cbriatua Jeaua iat, uuerem Herm.
Analyse: Der Schlußabschnitt Röm 8,31-39 beginnt mit einer Reihe anscheinend rhetorischer Fragen 1. Es ist jedoch nicht ausgemacht, ob diese Fragen wirk• Auch in dem jüdischen Sektmtum weiß man um die endzeitliche Offenbarung der Herrlichkeit Gones. Vgl. Dun 20.25 f.: -wenn aufstrablen wird die Majestät Goues für Israel.. ; IQH 11.26 f.: -Und deine Wahrheit läßt du auCstrahlen zu ewiger Herrlichkeit und ewigem Heil. .. I V gl. R. B ULTMANN, Der Stil der pauliniscben Pmfigt und die kynisch-stoische Dia tri be, 1910, 71. Die paulinische Frage U tQO\Ij.&n begegnet auch in 3,5; 4,1; 6,1; 7,7; 9,14.30. GAUGLuR 342 denkt auch hier mit Recht an die Abwehr eines Einwandes, während andere Exegeten in V 31. nur einen rhetolÜchen übergang leben (KvHLR 3~; LAoaR. 218). KAsEMANNR 238 spricht von chriIdicher Diatribe mit einer Annäherung an antike Kunltprou.
ow
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lieh nur »rhetorisch« gemeint sind. Am Anfang unseres Abschnittes steht in V 31a die bekannte Formel d ow tQoüJ1EV, die gewöhnlich eine Antwon auf Einreden des Gegners einleitet (E.Gaugler). Vielleicht ist es möglich, V 31 b.33.35 als Einschnitte in dem Textgefüge anzusehen 2 . Diese wiederholenden, nicht eigentlich weiterführenden Fragen werden durch Hinweise auf bestimmte festgeprägte Sätze der Verkündigung und des Bekenntnisses unterbrochen. Die letzte Frage in V 35 wird durch eine Kette von sieben Gliedern erweiten, die zunächst in einem offenen Gegensatz zur »Liebe des Christus« steht. Sie wird verstärkt durch die Autorität des Schriftwortes Ps 44,23 (= V 36), das ausdrücklich auf das Preisgegebensein des Glaubenden in der Welt hinweist. Dies Schriftzitat hat deshalb eine besondere Bedeutung, weil unser ganzes Kapitel sonst kein ausdrückliches Zitat anführt. Mit diesem Schriftzitat ist der eigentliche Höhepunkt in unserer Fragestellung erreicht. Es folgt in V 37 die endgültige Antwon auf V 35. V 3~39 bildet dann den hymnischen Abschluß mit einer Aufzählung von 10 Gliedern, die in Zweier- oder Dreiergruppen geordnet sind. Wir stellen also fest, daß wir ein in sich kunstvoll gegliedertes hymnisches Ganzes vor uns haben, bei dem Frage und Antwon aufeinander eingestellt sind. Es entstehen wahrscheinlich vier Strophen: V 311>-32; 33-34; 35-37; 3~39. Exegese: V 51: Die einleitende Frage: d ow tQO'ÜJ1EV ltoO~ 'ta'Ü'tQ; zeigt deutlich den Einschnitt gegenüber den vorangehenden Versen. Paulus denkt auch jetzt an Einwände, die er widerlegen muß und deren Gewicht in den folgenden Fragen angedeutet ist. Der Heilsplan Gottes setzt sich trotz Widerständen und kosmischen Gegenmächten durch. Man darf also nicht den Ernst der wiederholten Fragen in Zweifel ziehen, der auch durch ihren scheinbar rhetorischen Charakter nicht aufgelöst ist. Paulus will doch nicht sagen, daß angesichts des Heilsplanes Gottes (der 1t~EO~ ~roü) kein Widerstand von Menschen und Mächten zu fürchten ist; er meint vielmehr, daß der Sieg über die gegenwärtigen und kommenden Anfechtungen gesichen ist. Derjenige, der gegen uns spricht, der die Erwählung Gottes verklagt, ist ja nicht nur ein angenommener, sondern ein wirklicher Gegner, wieja auch der für uns eintretende Gott, der fiirsprechende Christus nicht nur Möglichkeit, sondern Wahrheit und Wirklichkeit ist. Die erste inhaltliche Frage in V 31 b knüpft an die bisherige Verkündigung unseres Briefes an: weil die Veruneilung aufgehoben ist (8,1), weil alles zum Guten dient (8,28), steht Gott auf unserer Seite (i)lt~ TtJUÖV). Vorausgesetzt wird auch jetzt noch eine Gtrichtssituahon: Gott selbst erhebt keine Anklage, verzichtet auf die Verurteilung des Menschen und hat diejenigen, die in ChristusJesus sind, freigesprochen. Gott tritt in dieser Gerichtssituation grundsätzlich für den Glaubenden ein: iJ1t~ TtJUÖV ist eine kurze, prägnante Formel, die das ganze Heilsgeschehen umschreibt. Alles, was Gott in Christus Jesus tut, ist ein Geschehen »für uns«. Die forensische Situation schlägt deutlich durch: iJlt~ TtJUÖV steht statt der anderen Möglichkeit des xa~' TtJUÖV (ähnlich 2Kor 13,8). Wenn Gott aufsein Recht zur Anklage verzichtet, wer hat dann Möglichkeit und Recht, die Rolle des Anklägers zu übernehmen? Das Interesse des Paulus geht aber nicht darauf, daß 2
So schon]. WEISS, Beiträge zur pauliniachen Rhetorik, 1897,33; LAGaR 217 f.
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nun der Name eines anderen genannt wird; er beschränkt sich vielmehr auf Gott selbst und auf das, was er ftir den Glaubenden getan hat3 . Das Schicksal des Glaubenden liegt allein in der Hand Gottes. Paulus beruft sich in V 52 auf einen festen Stoff der Verkündigung, den er offenbar selbst übernommen hat. In den entscheidenden Relativsätzen (V 32.34: ~ ... ) haben wir geprägten Stoff vor uns, der die Objektivität der paulinischen Antworten sicherstellen soll. Gott hat wie Abraham seinen eigenen Sohn nicht geschont: der Wortlaut unseres Verses erinnert an den Wortlaut von Gen 22,16: die Opferung Isaaks wird also dazu benutzt, um die PreisgabeJesu Christi durch Gott zu erläutern4 • Das »Preisgeben« des Sohnes (mlQOÖLÖ6vaL) ist durch das Bekenntnis Röm 4,25 (~mlQEö6fh) begründet; auch das wiederholte »wir« (,,~), das unseren ganzen Zusammenhang von Röm 8,31 an durchzieht, geht auf das gleiche »wir« des Bekenntnisses Röm 4,25 zurück. Dies »Wir« ist nicht nur das »Wir« der Auserwählten und Berufenen, sondern das »Wir« der neuen Menschheit, die sich in der Gemeinde Gottes sammelt. Dies »Preisgeben Gottes« (:rtOQClÖLÖ6vw) ist eine richterliche Preisgabe, die gleichzeitig Opfer im Sinn von Gen 22,16 ist. Der Ernst des :rt
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der XßQ~ 'tO'Ü itEO'Ü mit6 . Vielleicht darfman auf die Tiefe des paulinischen Gottesverständnisses, aber auch aufseine Weite und Oberschwenglichkeit aufinerksam machen. Zu seiner Tiefe gehört das Bild vom Vater, der seinen eigenen Sohn nicht verschont (8,32 = Gen 22,16), zu seiner Weite und Oberschwenglichkeit die Gewißheit, daß Gott das ganze Heil dem Glaubenden als Geschenk geben wird. Auch das Erbe bleibt ein Akt der freien Gnade Gottes. V 55: Paulus nimmt die Frage auf, wer es angesichts dieser forensischen Entscheidung Gottes wagt, seine ))Erwähltencc zu verklagen. Der Begriff der ))Erwähltencc ist ein alter Ehrenname Israels (IChron 16,13; Ps 105,6.43), der auch von der Gemeinde Jesu übernommen wurde (Röm 16,13; KoI3,12)7. In unserem Zusammenhang ist der Begriff deshalb wichtig, weil er auf den Heilsplan Gottes (Röm 8,28) und die ersten erwählenden Schritte im Kettenschluß (8,29) zurückweist. Paulus verwendet hier wie die Apokalyptik die verschiedenen Ehrennamen der Gemeinde nebeneinander, um die Feierlichkeit des Stiles hervorzuheben. Es fragt sich, wie V 33 und 34 stilistisch aufzulösen sind. Ist V 33a als Frage, 33b als Antwort und entsprechend V 34a als Frage und 34b als Antwort aufzufassen? Oder sind V 33b und 34b ebenfalls als Fragen zu deuten, aufdiejedes Mal mit einem »Nein« zu antworten wäre? Oder soU man einheitlich durchkonstruieren, so daß zuent eine Beteuerung dasteht, auf die dann eine als unmöglich erwiesene Frage folgt? Im Sinn dieser zuletzt genannten Möglichkeit würde man etwa V 31 übersetzen: »Ist Gott für uns, wer ist dann wider uns?e( Nach diesem Schema von V 31 würde V 33b zur Beteuerung: »Gott ist es, der da gerechtspricht!ec Aus dieser Beteuerung heraus entspränge die Frage von V 34a: »Wer will da noch verdammen?« In diesem Fall würde in V 34b wieder eine Beteuerung folgen: »Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist, der auch für uns eintrittcc. Daraufwürde in V 35a sich die Frage anschließen: ))Wer wird uns da noch trennen von der Liebe des Christus?« - Im Gegensatz zu dieser Anordnung bei GauglerR I 348 scheint es mir richtiger zu sein, Frage und Antwort nicht auaeinanderzureißen, 10 daß V 33a bzw. 34a als Fragen ernst genommen werden, auf die V 33b bzw. 34b antworten. In der Geschichte der Auslegung hat man öfter auch V 33b und 34b als Fragen aufgefaßt, was aber nicht ohne Schwierigkeiten ist (vgl. dazu ZnR 425 Anm. 61). Auch H. Lietzmann löst den ganzen Zusammenhang in Fragen auf. Nicht unwichtig ist ein Yerglei&" milJu 50,7-9; der pauliniache Text klingt wie eine Paraphrase dieses Liedes vom »Gottesknech tce.
Auch in den Versen 33.34 sind alle Verben der eschatologischen und forensischen Situation angepaßt: tyxaÄ.ELv, ÖLxaLO'Ü'V, xa'taXQ(vELv, tvruyxavELV. Auf die Frage, wer die Anklage erheben wird (~aAELV), folgt keine direkte Antwort. Gott selbst gilt in der Schrift nirgends unmittelbar als Ankläger, wohl aber der Satan oder das Gewissen. Unser Text hebt hervor: ))Gott ist da, der uns rechtferVgl. lKor 2,12; 2Kor 2,7.10; 12,13; Ga! 3,18. Auch in der äth-Hen-Apokalyptik sind die Bezeichnungen: Heilige, Gerechte, Auserwählte für die Gemeinde gdäufig (z.8. 38,2 f[). »Auserwählte« (D":I~) ist eine feste Bezeichnung für die Mitgl~er der Sekte. Vgl. IQpHab 10,13: »Die, welche die AUKrwählten Gottes gehöhnt und sesclunäht haben, werden ins Feuergericht kommen.« 1QS 8,6: »durch Gottes Woblgefallen Erwählte, um zu sühnen für die Well.« Dam 4,3 Ir.: •• Und die Söhne Zadob: das sind die AUierwählten larads, die mit Namen Genannten, die da bestehen werden am Ende der Tage.« V g1. dazu F. NOT5CHER, Zur theologischen Terminologie der Qumrantexte, Donner biblilChe Beiträge 10, 1956, l6~181; A. PENNA, L'elezione neUa letten ai Romani e nei testi di Qumran, Divinitaa 2, 1958-59,597-614. 6 7
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tigt« Ues 50,8: 6 ÖLxaLo~ f.L2)8. Es ist wahrscheinlich, daß Paulus an eine zukünftige Gerichtssituation denkt (tyxaA.tOEL, xa'taXQLvmv), wie auch V 32b (XClQUJnaL) ohne Zweifel ein echtes Futurum sein wi11 9 . Auf die ausführliche Frage V 33a antwonet V 33b in kurzer, prägnanter Form; chiastisch schließt sich die knappe Frage V 34a an, aufdie in V 34b eine ausführliche Nttwon erfolgt. Feierlich weist das Bekenntnis auf Christus Uesus) hin, auf den sich vier Aussagen (2 + 2) beziehen 10; Die beiden Panizipien cbto6av6rv und ~ bilden eine Steigerung, wie schon das f1ällov ausdrücklich zu erkennen gibt 11. Es folgen zwei indikative Aussagen in relativischem Bekenntnisstil (~tanv ... ~ xa( ... ), die ebenfalls enger zueinander gehören. Paulus hat hier offenbar eine bekenntnisanige, liturgische Tradition vor Augen, welche die Erhöhung nach Ps 110,1 beschreibt und diese durch die priesterliche Funktion des ))Eintreteos« für uns ergänzt (Hebr 7,25). Wir haben damit ein ausdrückliches Paraklet-Motiv vor uns, das sich an das Erhöhtsein zur Rechten Gottes angeschlossen hat 12 • Eigentlich wäre da. Eintreten Christi für uns ein Geschehen, das mit der Rechtfertigung, die Gott ausspricht, eng zusammengehört. Aber Paulus will offenbar in V 33b und 34b zwei bekenntnismäßige Aussagen machen, die Gott und Christus formal auseinandenreten lassen. Der Aufbau der beiden Verse 33.34 ist also durch diesen Bekenntnisstil bedingt. V 55: Gegenüber den vorherigen Fragen nach dem Verkläger und Richter verschiebt sich nun der Gedanke.jesu Sterben und Auferstehen, seine Erhöhung und sein Auftrag an uns sind bei Paulus Ausdruck für seine »Liebe« zu uns (8,37; 2Kor 5,14). Die »Lieoo< des Messias (beachte den Artikel!) ist bei Paulus ein zusammenfassender Ausdruck fiir das Heilshandelnjesu 13 • Durch dies Hei1shandeln hat er sich mit uns verbunden; hat jemand die Macht, uns von dieser Tatjesu zu trennen und von ihr auszuschließen? Da die Rechtfertigung ein rechtlicher Akt ist, müßte sich diese Scheidung geschichtlich und rechtlich auswirken. Liebe und Erwählung hängen aufs engste miteinander zusammen; ebenso ist für Paulus auch die Liebe Christi eng verbunden mit der Liebe Gottes, die sich in Christus] esus uns anbietet (8.39). Nicht als erneute Frage, sondern als Fortsetzung von V 35a tritt uns eine siebenfache Aufzählung entgegen. Allerdings sucht 't~ nach einer Person oder Macht, während in dieser Aufzählung nur Ereignisse, Lebenslagen und Gefährdungen ange• Die Artikelloaigkeit hebt die besondere Würde hervor: »Wer wird Menschen verklagen, die Auserwählte Gottes lind?« (V 33a). &2~ 6 6LXQ&(i)v ist Apposition: »Gott ist da, der Rechtfertigende« (V 33b). 9 Die Auslegung fragt, ob Paulul in V 33 futurisch an eine zukünftige Gerichtssituation denkt oder ob die Futura lediglich einen logischen Sinn haben (Bl-Debr 366). 10 'I~ fehlt bei BDEl(. XQLOt6c; findet sich ohne Eigennamen nicht selten im Römerbrief (5,6.8; 6,4; 8,9; 14,9.15). »Die Auslassung erklärt sich jedenfalls leichter als die Zusetzung« (KOHLR 309). 11 J-Uillov tritt als Ausdruck der Selbstkorrektur im paulinischen Stil gelegentlich hervor (Gal4,9). Du zweite Glied bedeutet in diesem Fall gewöhnlich eine Steigerung. 12Vgl. N.JOHANSSON, Paraldetoi, 1940,234.273. Zum ganzen Abschnittvgl. G. ScHILLE, Die Kirche Gones in Christus. Betrachtungen zu Röm 8.31-39, ZNW 59, 1968, 2~244. 13 Vgl. E. STAUFFER, Art. i&y6m), ThW 149 11". <'mb"t'ijC;i&y(unJC;"too XQ«noo wird von ACDG gele8en, "tOÜ itroil dagegen von B K. Die LA "tOÜ &200 "t'ijc; tv XQt.atei> 'IY)CJOÜ sucht an V 39 anzugleichen. Vgl. zur Frageltellung Chrya. cat. 287.19.
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führt werden. Nimmt man das personhafte 't(S, das in V 31.33.34.35 begegnet, ganz ernst, dann müßte man feststellen, daß erst die neue Aufzählung in V 38.39, die stark personhaft geformt ist, diesem 't(s gerecht wird. In der Reihe V 35b hängen sachlich itAL'I'LS und atEVOXOOOw (Röm 2,9), MJ.L6s und Y'JJ.LvlmJs zusammen 14. Man ist versucht, Öu.oyJ.L6s, x(VÖWoc; und J.LaxaLQ
statt).~
2M
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VLxäv drückt schon als Wortbildung etwas Außerordentliches aus (im Neuen Testament nur hier!) 17; Gedanke und Wortprägung haben etwasJohanneisches, aber auch Hellenistisches an sich. Dieser triumphierende Ton, den Paulus schon in V 37 anschlägt, setzt sich in V S8 f. fort. Der rhetorisch-hymnische Stil des ganzen Abschnittes tritt jetzt besonders deutlich heraus. Es folgt eine neue Aufzählung der kosmisch-weltlichen Mächte, die sich zwischen Gott und den Glaubenden stellen könnten. Das Moment des ))Personhaftencc, das durch die verschiedenen 't(;-Fragen vorbereitet ist, macht sich jetzt stärker geltend. nmELOJ.&ClL hat im paulinischen Sprachgebrauch eine besondere Gewalt und steht dazu hier noch betont am Anfang; es drückt ein überzeugtsein, ein Gewißsein aus, das Zweifel und Anfechtung bewußt überwindet l8 . Die angeführten Mächte sind mehrfach paarweise geordnet (2 + 2 + 2 + 1 + 2 + 1): Tod und Leben, Engel und sonstige (kosmische) Herrscher, Gegenwärtiges und Zukünftiges, sonstige Gewalten, Höhe und Tiefe, irgendeine andere Schöpfung (= GeschöpO. Wir haben also eine Lhner-Gruppe vor UIIS. Die Zahl der Glieder ist in derartigen Gruppen nicht zufällig l9 • Es bleibt die Frage offen, ob Aufbau und Reihenfolge auch sachlich begründet sind. Wenn Paulus mit der Erwähnung des Todes beginnt, dann hängt dies wohl mit dem Schriftzitat von V 36 ('ftava'tovf.'ria) zusammen. Der Tod, den der Glaubende aufsich zu nehmen hat, ist gleichzeitig ein Zeugnis für die dämonische, trennende Macht des Todes. Aber auch das Leben, das neben dem Tod genannt wird, vermag Gott und Mensch zu scheiden, weil es ein Getrenntsein vom Herrn und ein Fremdsein gegenüber der himmlischen Heimat in sich schließt (2Kor 5,8 f.; Phill,23). Die )Liebe Gottescc als Unterpfilnd der Erwählung und als Bürgschaft in der Anfechtung überwindet die besondere Not des apostolischen Berufes und des Preisgegebenseins des Glaubenden an die Macht des Todes; sie tritt auch der verstrickenden und trennenden Macht des ))Lebenscc bewahrend und überwindend gegenüber und bezeugt den gekreuzigten und erhöhten Christus als den ))Herrncc über Tod und Leben (Röm 14,7-9). Ganz anders klingt das zweite Begriffspaar: Engel und Herrscher; gemeint sind nicht gehorsame Gottesboten (Hebr 1,14), sondern kosmisch-weltliche Gewalten, die einen eigenen Machtbereich innehaben (äthHen 6 ff.). Man könnte sogar auf den Gedanken kommen, daß in diesem Begriffspaar niedere und höhere Mächte voneinander unterschieden werden sollen2o; Ähnliche Aufzählungen kosmisch-weltlicher Gewalten begegnen auch sonst bei Paulus und verraten immer ein ganz bestimmtes Schema im Aufbau 21 • Trotz aller Eigenheiten hat auch Röm 8,38 f. ge-
1'7 imrqvLxäv bedeutet: "einen glänzenden Sieg erringen. (Th W IV 941 0".). UmQVucav erinnen an WonbiJdungen wie imEQUJX<Jnv, ö~\J~6vuv und im~EW. "Der Apostd redet schier im Obenchwang. Er braucht ein Won, du etwa heißt: Wir siegen hoch darüber hinaus.. (GAUGLEaR 353). 11 Ähnlich begegnet es auch sonst bei Paulus in Röm 14,14; 15,14; 2Tim 1,5. 19 Derartige Aufzählungen sind im Hellenismus keineswegs sehen; man erinnen sich auch an 1Kor 3,22. PALLlsR 109 glaubt, ein altes Schema aus 3 Paaren zusammensetzen zu können: oöu c\yyt:A.oc; oöu 6c1xfI, o6u ~a WtE 6Uva~, o6u tvEmlinn o6u ~a. 20 LADaR 222. 21 z.B. I Kor 15,24: 6c1xfI. ~(a, 6Vva~ (.. 3 Glieder); Kol 1,16: 6Q6voL, x\JQWnJ~, 6qxa(, ~oootaL (- .. Glieder); Eph 1,21: 6c1xfI. ~(a,~, x\JQLlm1~, 6vOJ&O (= 5 Glieder).
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wisse Berührungen mit 1Kor 3,22. Paulus hat offenbar nach der AbVDtckung verschiedene Schemata miteinander verbinden können. Auf jeden Fall ist sicher, daß durch die Zusammenstellung von ciYYEAoL und itQxa( die letzteren als Engelmächte besonderer Art bestimmt werden sollen; in diesem Sinn begegnen sie immer wieder in den uns bekannten Schemata22 • Seltsam ist, daß buvaflEU; an dieser Stelle fehlt und erst später auftaucht; so konnte die Vermutung ausgesprochen werden, daß die ö'UVaflEU; zunächst in der Nähe der ÖQXa( standen, dann ausgelassen und später an falscher Stelle eingesetzt wurden 23 • In der paulinisehen Vorstellung sind die ö'UVaflELS ebenfalls kosmisch-weltliche Kräfte, Engel und Geistermächte, die mit den dOXa( verwandt sind. Apokalyptische und gnostische Motive haben sich in derartigen Zusammenstellungen eng miteinander verbunden. Das relativ selbständige Paar: •• Gegenwärtiges« und •• Zukünftiges« denkt an irdische Ereignisse, Katastrophen und Kräfte, die das Bild der Geschichte bestimmen, und die doch auch im Bereich des kosmisch-apokalyptischen Kräftespiels liegen ( 1Kor 3,22). Mitten in der Aufzählung unserer Reihe beginnt V S9. Gelegentlich hat man •• Höhe« und ••Tiefe« als Umschreibung der vorher genannten »Kräfte4( (ö'UV(q.LEU;) angesehen, so daß die Verbindung zu dem vorher genannten Glied sehr eng gedacht werden soll. Es ist aber unwahrscheinlich, daß man die ö'UV(q.LEu; in ~<.O~ und paito; zerlegen darP". Die patristische Exegese dachte bei ~w~ an himmlische, bei Pllaos an unterirdische Mächte (z.B. Orig. cat. 292,16 ff.). Eigenartig ist ein moderner Versuch, im Anschluß an astrologische Begriffe des Hellenismus ~<.O~ und pa60s aufsiderische Mächte zu beziehen, die in Höhe und Tiefe herrschen 25 • Haben wir bei ~<.O~ und Pllaos an Geisterwesen in himmlischen und unterirdischen Räumen zu denken, dann fügen sich derartige Vorstellungen gut in den Zusammenhang ein26• Auffallend ist die räumliche Färbung dieser kosmisch-gnostischen Begriffe. Das letzte Glied: 'tU; XdOLS htQu ist auf sich selbst gestellt und schließt ab: auch keine sonstige Art von Geschöpf ist imstande, Gott und Mensch zu •• lrennen« und die Liebe Gottes aufzuheben. Mag es auch Macht haben (ÖVY'i)OE'taL), die Macht der Liebe Gottes, die in ChristusJesus uns angeboten wird, ist größer. Die Liebe des Messias (V 35) ist letztlich auch die Liebe Gottes, der uns in Christus Jesus gegenübertritt. Der Abschluß in Röm 8,39 ist betont und feierlich; er erinnert vor allem an Röm 6,23. Die Rechtfertigungslehre, die in Röm 1-4 entfaltet wird, bezeugt die Einheit von Gnade und Gerechtigkeit Gottes. In der Auseinandenetzung mitjuden und Heiden, mitJudenVgl. ThW 1481 ff.; M. DIBELlUS, Die Geisterwelt im Glauben des Paulua, 1909,99 W. 110 ff. Vgl. schon M. DlBELIUS, a.a.O. 110; später SANDAY-HEADLAMR 223; PALLIsR 109. 24 •• Bei 6uv{q&.E..; dachte Paulus an die zu Heeren verbundenen Geister, die er als .. Höhe« und ..Tiefe« kennzeichnet. Das fnIKof.lO. sind die Heere, die sich in Gottes Nähe befinden; das ~ lind dagegen die, die ein göttliches Uneil von der Welt gcaonden hat.. (Sau.AITER, Gerechtigkeit 289). 2S ~ und "tcmdvq&a sind astrologische Ausdrücke f1.ir die größte Annäherung und Entfernung eines Sterns vom Zenith (Plut. sept. sap. oonv. 3 p. 149a). ~ ist astrologisch der unter dem Horizont befindliche Himmelsraum, aua dem die Sterne aufiteigen (A. DIETERlCH, Mithrasliturgie, 3.Aufl. 1923, p. 8,5; 12,16). LTZMR 89 nimmt an, daß in V 38 siderische Mächte gemeint sind, die in Höhe und Tiefe herrschen. 26 Vgl. auch H. ScHLIER, ThW I 515. 2Z
13
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christen und Heidenchristen stellt sich diese neu gewonnene Verbundenheit von Gertchtigkeit und Gnade als wesentliches Merkmal der Kreuzespredigt heraus. Der Begriff der »LUllt« Gotüs steht dagegen innerhalb der paulinischen Theologie in eigenen Zusammenhängen und muß aus sich heraus verstanden werden. »Liebe« ist schon für Altes Testament und Judentum, aber auch für das Neue Testament verbunden mit Erwählung, so daß für Paulus geliebt sein soviel heißt wie berufen und erwählt sein (Röm 1,7; 8,28). Ausdrücklich setzt der Begriff der »Liebe« Gottes erst in Röm 5,5.8 ein. Gottes Liebe zu uns wird durch die Gabe des Geistes Gottes uns zur Gewißheit, so daß wir uns auch der Zukunft rühmen können. Sie besteht allerdings in einem objtlctiDm Geschehen, das durch das Evangelium vermittelt wird: Christus ist für uns, die Sünder, gestorben (Röm 5,6.8). Da objtlcliw HtiJsgucluhm »fo IIIU« wird tdso dm B.griffUr »Lieb.« IllUg,ltgt. In diesem -für uns •• liegt die Erwählung und Berufung Gottes. Röm 5,6.8 wird in dem Hymnus Röm 8,31-39 wieder aufgenommen. Weder in der Rechtfertigungslehre noch in der Tauflehre noch in der Geisdehre spielt unser Begriff der »Liebe« Gottes eine entscheidende Rolle. Ent in der Behandlung des Vorsatzes Gottes (Röm 8,28) und der damit zusammenhängenden Frage der Erwählung ist das Thema der »Liebe Gottes
"d,
Blicken wir zurück auf den Zusammenhang Röm 5-8, dann zeichnen sich bestimmte Ergebnisse ab: 1. So gewiß wie das Evangelium als Kraft Gottes beschrieben wird (1,17), so fehlt gerade in Bezug auf den Geist bei Paulus eine entsprechende Beschreibung als »Kraftcc oder als »Machtc(. Der Apostel bindet den
Geist an die Taufe, die Gottes schöpferisches und umgestaltendes Handeln herausstellt. Paulus vermeidet ein )>dynamistisches« Mißverständnis des Geistes und erkennt dem Taufvorgang umwandelnde und schöpferische Macht zu. 2. Mit der Gabe des Geistes bricht die Freiheit als Loslösung von Gesetz, Sünde und Tod durch. An dieser Freiheitsparole erkennt man die charakteristische Stellungnahme des Apostels für das hellenistisch geformte Christentum. Sie tritt aber erstNIC/a Darlegung der Rechtfertigung auf(Gal5,1; Röm 6-8} und wird in das Dienstverhältnis umgebrochen. Daß die Rechtfertigung Erlösung und Freiheit einschließt, hängt mit dem Werdegang des Paulus selbst zusammen. 3. Gerechtigkeit, Friede, Freude, Gabe des Geistes sind ursprünglich messianische Strukturm Ues 11,1 f[; 42,1 f[) und setzen voraus, daß eine entsprechende Botschaft von der Herrschaft Gottes vorangeht (14, 17). 4. Hilfe und Kennzeichen echten Christenstandes ist der Gegensatz Fleisch-Geist, der bei Paulus sowohl in der Geistlehre wie auch sonst im Bewußtsein seines Apostolates eine wichtige Rolle spielt. 5. Als Vorwegnahme, Angeld und Bürgschaft für die Zukunft trägt die Botschaft von Anfang an eine Steigerung über sich selbst hinaus. Damit ist das
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Problem des »Enthusiaamuscc gegeben (E. Käsemann) . Der Bezug des Glaubenden aunVelt, Mächte, Leiblichkeit entspricht apokalyptischem Bewußtsein und darf nicht auf die Existenz des Menschen reduziert werden (E. Käsemann).
IH. Teil
Kap. 9-11: Du Geheimnis des IÖttlichen Heillplanes
Man darfnicht übersehen, daß Röm 9-11 ein abgeschlossenes Ganzes ist, daß aber vom Schluß 8,30 ff. 37 ff. aus Verbindungslinien zu 9,1-5 führen. Der Leidensweg des Paulus fühn nicht an der Tatsache vorbei, daß Israel, das Gottesvolk des Alten Bundes, sich dem Evangelium leidenschaftlich widersetzt ( 1Thess 2,15 f.). Paulus steht in Abläufen und Auswirkungen, denen er ausgesetzt ist. Geht man der Geschichte der Auslegung nach, dann erkennt man, wie oft die Abstraktion (Gegensatz: Universalität-Panikularität, Heilsgeschichte allgemein, Pädagogik Gottes) die Konkretion (die Frage der bleibenden Erwähltheit Israels) ersetzt. Das Evangelium ist eine Botschaft für denjuden »zuerst« und auch den Griechen (Röm 1,16; 2.9 f.; 3,9; 10,12); diese Zusammenstellung und Zuordnung bleibt aber ein Problem, das eine theologische Erklärung verlangt. In Röm 3,1 setzte eine Beschreibung des »Vor~ugs« ISTtUls ein, aber sie brach allzu rasch ab. Paulus gab zu, daß die Treue Gottes Israel auch dann nicht preisgibt, wenn es selbst diese Treue Gott gegenüber verlassen hat (Röm 3,3). Damit ist aber die bleibende Besonderheit Israels ausdrücklich anerkannt (Dt 7,6; 14,2). Paulus übernimmt in Röm 9-11 die Aufgabe, den Vorzug der Erwählung Israels als bleibend und unaufgebbar zu beschreiben. Durch die Anerkennung der Erwählung trotz der Verhänung desjudentums wird der Apostel zum Fürsprecher für Israel vor den Heiden (Röm 11,13 W.).
Paulus beschreibt den Weg IsrtUls von verschiedenen Seiten her; darum sind die drei nun folgenden Kapitel jedes in sich abgeschlossen. Und doch sind sie nicht voneinander unabhängig, sondernjedes Kapitel ist die Grundlage des nächsten; derJubelrufRöm 11,33-36 schließt den ganzen Gedankengang als einen eigenen Teil unseres Briefes ab. Röm 9 spricht von der Freiheit der göttlichen Erwählung und stellt neben den Akt der Erbarmung den der Verstockung. Der Begriff der Liebe Gottes (Röm 8,39) wird von dem der Gnade und des Erbarmens abgelöst, weil Gottes Freiheit und Schöpferrecht zum Ausdruck kommen sollen. Röm 10 beschreibt die Verantwonlichkeit und Freiheit des Menschen innerhalb der Erwählung. Israel hat seine eigene Gerechtigkeit behaupten wollen und ist an der Botschaft des Evangeliums gescheiten. Röm 11 schließlich zeigt die Durchführung des Heilsplanes Gottes auf. Im Judenchristentum liegt der Erweis, daß Gottes Verheißung nicht hinfällig geworden ist. Das Heidenchristenturn aber darf nicht vergessen, daß nur durch die Schuld Israels die Einpfropfung in den 01baum möglich wurde; die prophetische Weissagung, daß die Verstockung Israels zeitlich begrenzt sei und daß die Rettung von ganz Israel bevorstehe, harrt noch
Röm 9-11
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ihrer Erfüllung. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Röm 8 und 9 ist nicht ohne weiteres sichtbar. Jedoch ist die Verbindung von Röm 8,29 f. zum neuen Hauptteil nicht zu übersehen. Am Beispiel ))Israelcc tritt die Wahrheit des »Vorsat~es« und der Erwählung Gottes heraus (vgl. Röm 9,11; 11 ,2). Wie der Vorsatz Gottes sich trotz menschlicher Bedrängnisse und irdischer Gegenmächte durchzusetzen vermag (Röm 8,31 tT.), so wird er auch Israels Unglauben überwinden und sich als Wahrheit herausstellen l . Gewiß steht das geschichtliche Schicksal Israels im Vordergrund, doch geht es dem Apostel letzten Endes um mehr: er will aufweisen, daß Gottes Wort und Absicht auch in diesem Fall ihre Kraft nicht verloren haben. Wir haben übrigens in Röm ~II den Teil des Römerbriefes vor uns, der am stärksten vom SchriJk.eugnis durchzogen ist. Dabei ist die Schrift keineswegs nur als Zeuginfiir Israel verstanden, sondern auch als Klägerin gegen Israel. Im Schriftzeugnis offenbart sich die Treue und Stetigkeit des göttlichen Ratschlusses auf dem Weg der Geschichte Israels. Grundsätzlich wird man sagen müssen, daß der ) Vorsatz« Gottes nich t eine abstrakte Idee oder ein spekulativer Begriffist, der sich vom Evangelium und von der Schrift loslöst; er ist vielmehr der unbedingte Heilswille Gottes, der sich im Evangelium und in der heiligen Schrift kundtut. Man wird auch annehmen dürfen, daß die Erwählungslehre nicht gegen die Rechüertigungslehre in dem Sinn ausgespielt werden kann, als handle es sich hier um ein neues ))Thema« des Briefes, das den verborgenen Gott predigt; in der Erwählungslehre ist vielmehr die Weiterfiihrung und Konsequenz der Rechtfenigungslehre gegeben, die letztlich vor den gleichen Gott der Güte und der Härte stellt (Röm 11,22). Was in der Rechtfertigung des Menschen sich vollzieht, hat in seiner Erwählung durch Gott seinen Grund.Jedes tntscheidnult Handeln Gottes in der Geschichte des Menschen Iult seinen Ursprung und seine Grundlage in der Ewigkeit. Durch den Willen Gottes ist der Weg Israels mit dem der Heiden verschlungen und verknüpft worden. Die Erwählung Israels ist also nicht mehr ein ausschließendes, Israel isolierendes Ereignis, sondern wird zu einem Heilsweg, der Juden und Heiden unter die Gerichte Gottes führt (Röm 11,33). Wenn Paulus diese neue Erkenntnis aufdeckt, dann zeigt er damit,.wie wenig der Vorwurf paßt, er sei ein Apostat, der mit größtem Eifer mit Füßen tritt, was ihm einst heilig war. Es ist nicht unmöglich, daß man Paulus den Römern als solchen geschildert hat (Ltzm R 89). Paulus bekennt sich aber in Röm ~ 11 ausdrücklich zumJ udentum und tritt als Fürsprecher für sein Volk ein2 • Der Heidenapostel gibt sein Juden1 Die Kirchenväter haben eine Verbindung zwischen Röm 8,35.38 f. und Röm 9,3 lehen woUen: Zunächst beteuen Paulus, daß nichts ihn von der Liebe Christi scheiden kann, ist aber dann bereit, eine Scheidung »weg von Christus« für sein Volk aufsieh zu nehmen. An eine derartige Verbindung denken Orig., Ephraem, Diodor, Theod. Mops., Chrys., Thdrt., Photius lOWie der Interpolator des Pdagius. Weil dies Anerbieten 10 unglaublich encheine, bekräftige Paulul es durch venchiedene Beteuerungen. Diese seine Beteuerungen seien deshalb notwendig gewesen, weil Paulus du Mißtrauen der Juden, die ihn für ihren unverJÖhnlichen Feind hidten, zerstreuen mußte. 2 Zur Literatur über Röm 9-11: K. L. SatMIDT, Diejudenfrage im Lichte der Kapitd 9-11 dei Römerbriefes, ThSI 13, 1943; W. VISCHE1l, Du Geheimnis Iaradl,Judaica 6,2,1950; G. SCHIlENK, Der göttliche Sinn in Israds Geschick, 1943; den., Die Weissagungen über Iarad im Neuen Testament, 1951; O. MICHEL, Opferbereitschaft für Iarad, In memoriam E. Lohmeyer, 1951, ~100;
290
Di~ KIag~
um Israd
turn nicht auf, sondern gibt nun seinem Judentum einen neuen Sinn. Vielleicht ist die Aufdeckung des göttlichen Heilsplanes noch in einem anderen Sinn eine Antwon auf Auseinandersetzungen der damaligen Zeit. Paulus wendet sich gegen das unzufriedene, eifersüchtige Murren des Judentums und gegen die hochfahrende Verachtung Israels durch das Heidentum 3 • Röm 9,1-5: Die Klage um Israel
Wahrheit . . . ich in ChrUtu., ich lüp nicht, wobei mir mein Gewiaen im heilipD Geht Zeapia .... , 2da8 ich pole Traer t.be und UDUDtelbrOChenen Schmerz in meinem Renen. 3 Ich WÜD8chte . . . . verbunt zu Rin, von CIuUbu pKhieden, für meiDe Brüder, die DaCh dem F1ebch ~ VoIbpaouen aiDd; aiDd I..nten, und ilmen pbören die Sohn.....ft uad die Rentichkeit und die BUlidalChlie8unpn und &lieGeR. . . . . . und der Gouadieut und die Verbei8unpn, 5 iImen phören die Väter zu, und von iImen ttammt der ChrUtu. dem F1eUche nach ab. Er, der über allen Dinpn Gott iat, an hochpIobt in Ewilbäte Amen. 1
4.
A1I4ryse: Dal neue Kapitel beginnt mit einer feierlichen Beteuerung, die sowohl positiv als auch negativ formulien ist, der auch durch die Berufung auf das Gewissen und das Zeugnis des heiligen Geistes eine besondere Bedeutung zufällt (V 1-2). Paulus deutet an, daß er darunter leidet, daß sein VolkJesus Christus abgelehnt hat und in diesem Sinn von ihm getrennt und damit ))verbannt« ist. Es ist aber bezeichnend, daß dieser wichtige Gedanke lediglich angedeutet, nicht aber ausgeführt wird. Mit V 3 setzt vielmehr das Angebot ein (T}ÖX6f.111V), selbst vom Heil ausgeschlossen zu werden, wenn damit die Schuld Israels gesühnt und die Erfüllung der Verheißungen an Israel gewährleistet werden könnte. Von V 4 an zählt der Apostel die Vorzüge auf, die darstellen sollen, daß die Israeliten es wen sind, daß man solche Opfer für sie bringt (Fr. Godet). Auch die Au&ählung in V 4.5 ist feierlich und untersteht sicherlich einem bestimmten formalen Gesetz; sie schließt mit einem bekenntnisanigen Lobpreis, der vielleicht sogar das Gottesprädikat aufJesus Christus selbst anwendet. Der Apostel ist also nicht nur Ankläger, sondern auch Fürsprecher für sein Volk. Das apostolische Amt ist wie das des Propheten beides. Seine Haltung ist also die gleiche wie die des Moses, der einst Gott bat: ))Nun aber, vergib ihnen doch die Sünde! Wenn aber nicht, so streiche mich selbst aus deinem Buche aus, das du geschrieben hast!« (Ex 32,32). Man weist mit Recht darauf hin, daß die Männer der Vorzeit wie Moses, David und die Propheten stellvenretend für das Volk gelitten haben und so zum Sühnopfer für Israel geworden waren (Str-B 111 261). CHR. MOLLER, Gottes G~rechtigkeit und Gottes Volk. Eine Unt~rsuchung zu Röm ~II. 1957; D. FLUSSER, The Dead Sea Sect and Prae-Pauline Christianity, Scripta Hierosolymitana IV, 1958, 215-266; J. GNILKA, Die Verstockung Israels, 1961; E. GOTfGEMANNS. Heilsgeschicht~ bei Paulus oder Dynamik des Evangeliums, Studia linguistica Neotestamentica. 1971.34-58. Zum ganzen Probl~m vgl. den wichtigen Aufsatz von K. STENDAHL. Th~ Apostl~ Paul and the Introspective Con· SciOlce ofthe West, Harvard Theo!. Rev. 56, 1963, 199-215. l P. ALTHAL'S, NTD, 10. Aufl 1966,98; KASEMANNR 247-250.
Röm 9,1-5
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Exegese: Die Leidenschaft der Beteuerung und des Bekenntnisses, die Anrufung des Gewissens als verstärkenden Zeugen, die Vergegenwärtigung des Christus und des heiligen Geistes und schließlich der feierliche, liturgische Abschluß in V Slassen darauf schließen, daß Paulus als Angegrifftnn, als Angefochtenerdie Synagoge sieht ihn als •• Abtrünnigen« und als .)Verführer« an - über die Synagoge spricht4. Er redet alsjuth über Gottes Handeln an Israel, ohne sein Volk ausdrücklich anzureden, während er in Röm 11,13 das Wort an die Heidenchristen richtet. Es geht Paulus also nicht um eine Selbstverteidigung vor der Synagoge, sondern um eine Besinnung auf die bleibende Bedeutung Israels vor der Gemeinde Gottes 5 • V 1: Unter bestimmten Umständen muß Paulus eine Behauptung durch eine Beteuerung bekräftigen (Gaugier R 11 6 spricht sogar von einem »feierlichen Schwur«); deranige Beteuerungen haben einen bestimmten Stil und eine besondere Form, auf die man achten muß. Sie sind bei Paulus nicht ganz selten6 , doch fällt die doppelte Versicherung (positiv und negativ) als ein Zeichen außerordentlicher Verstärkung auf. Ausgeschlossen ist die Vermutung einiger Kirchenväter (z.B. Chrys.), daß Paulus hier drei Zeugen nennt (Christus, das Gewissen, den heiligen Geist); dagegen spricht schon die Anordnung'. Wahrscheinlicher ist, daß die paulinisehe Aussage (das »Ich«) durch den Hinweis auf das mitzeugende Gewissen verstärkt wird, während die richterliche Vollmacht des Christus und des heiligen Geistes' (beachte die Parallele: tv XQL<Jt
292
Die Klage um Israel
heiligen Geist gebunden und ihm untergeordnet ist (tv 1t'VE'UJ.IQ'tL 6Y«P). Die formale Besonderheit der paulinisehen Beteuerung besteht in einer Häufung von Doppelgliedern: Paulus und Christus, Gewissen und heiliger Geist, Wahrheit und Lüge, Trauer und Schmerz. Auch im Einzelnen steht V 2 unter diesem formalen Gesetz der Doppelheit. Paulus spricht von der ))Größe« (= Tiefe) seiner Trauer und von ~er ))U naufllörlichkeit« (= Unablässigkeit) seines Schmerzes, die er um Israels willen erleidet. Was ihn selbst trifft (twL), trifft gleichzeitig sein Herz (lfi XOQÖt{l j.LOu); so entsteht formal ein weiteres Doppelglied l l . Wenn Paulus nicht sofort aufden Grund seiner Trauer und seines Schmerzes eingeht, dann ist nicht an vorsichtige Rücksichtnahme oder rhetorische Absicht zu denken, sondern lediglich an eine persönliche Ergriffenheit, die das sachliche Motiv überspringt. Entscheidend ist das an den Anfang von V 5 gestellte Imperfekt '1üx6J.a,1'}'Y, das verschieden gedeutet werden kann. Man kann übersetzen: »ich wünschte« oder ))ich gelobte« und das Imperfekt als einen unvollendeten Versuch (Impf. de conatu, Tb. Zahn) oder als eine verkürzte Wunschform (= '1ÜXÖIJ.1'}'Y lrv Bl-Debr 359,2) auffassen. Im letzteren Fall würde der Sinn sein: ))ich möchte« bzw .••ich würde wünschen« (vgl. Apg 25,22; GaI4,20). M.]. Lagrange würde statt optabam (vulg.) lieber optarem lesen. Dies Imperfekt bringt offenbar beides zum Ausdruck: daß der Wunsch des Paulus wirklich und ernsthaft ist, daß Paulus aber auch weiß, daß diesem Wunsch eine Grenze gesetzt ist, und daß Gott das angebotene Sdbstopfer bisher nicht angenommen hat. Es erhebt sich die Frage nach der TtJlsiicldil:lWit und Erfollbarkeit des paulinischen Wunsches. Nach ZnR 431 weiB Paulus, daß nichts ihn scheiden kann von der Liebe Gottes, die in ChristusJesus ist (Röm 8,35 f.). Paulus war allerdings bereit, zeitweilig hier auf Erden eine Trennung von Christus auf sich zu nehmen. An Tagen und Stunden solcher Verlassenheit von Christus hat es im Leben des Apostels nicht gefehlt (2Kor 1,8 f.; 2,13; 7,5; 12,7). Eine derartige zeitweilige Trennung von Christus rur sein ungläubiges Volk aufsich zu nehmen, war Paulus bereit. Allerdings sagt Paulus nach Tb. Zahn nicht, daß er wirklich diesen Wunsch habe oder daß er ein derartiges Gelübde ablege, sondern nur, daß ein derartiger Wunsch in ihm au&teigen konnte. Kühl R 312 wehrt sich ausdrücklich gegen die Entwertung der paulinischen Aussage bei Tb. Zahn, kommt aber selbst nicht zu einer ernsthaften Gegenthese. Er spricht von der •• wännsten Anteilnahmecc an dem Geschick seines Volkes, ohne das "iJxÖf.1TJV klar zu bestimmen. Lagr R 225 bleibt ebenfalls vonichtig und meint, es handle sich jedenfalls nicht um ein Gebet, sondern um einen Wunsch, von dem Paulus sehr wohl weiß, daß er nicht erfiillbar ist. Sanday-Headlam R 228 versucht, dem Text gerecht zu werden. Er läßt die Frage offen, ob es sich um einen Wrmscla oder ein Gebet handelt; er glaubt vor allem, daß Paulus den Wunsch äußert, ohne an die Unmöglichkeit der zugrunde liegenden Bedingungen zu denken. Ausdrücklich betont Schlauer, Gerechtigkeit 293 diese U nmäglichkeit des Wunsches: »Unmögliches begehrt dieser Wunsch; denn Christus gibt seine Gemeinschaft dem, dem er sie geben will. So wenig Paulus ihn von sich wegscheuchen kann, nachdem er ihn gerufen hat, so wenig kann er Christus zu den Juden bringen.c( Gaugier R 11 8 sieht in dem Indikativ des Impf., daß Paulus den Wunsch wirklich und ernsthaft hegt, doch zugleich weiß, daß er nie in Erfilllung gehen kann. 11 GAUGLER R 11 7 spricht von einer dreifachen Steigerung in V 2: Trauer - Schmerz, groß - unaufhörlich, mir - in meinem Herzm. Er will also hervorheben, daß das zweite Glied dem ersten gegmüber verstärkt ist.
Röm 9,1-5
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M. Luther hat in seiner Auslegung von Röm 9,3 das 'l"x6t.L'lV sehr ernst genommen und in ihm den Erweis der voUJcommmen Liebt gesehen, die sich selbst haßt und preisgibt, um den andern wahrhaft zu lieben. Wer sich so in die HöUe und in den ewigen Tod fügt, bleibt nicht in der HöUe und im Tod, ist er doch mit dem Willen des Vaters geeint; ist er geliebt, so ist er auch gerettet. Auch Christus ist mehr als alle Heiligen verdammt und verlassen worden und hat sich in die ewige Verdammnis hingegeben; darum hat ihn Gott vom Tod und von der Hölle erweckt, und alle Heiligen müssen ihm darin gleichkommen (E. Ellwein 345 ff.). 'l"x6f.lTJ'V muß deshalb vor einer Entwertung geschützt werden, weil es noch im Schatten der Beteummg von V I steht. Es kann nicht nur bedeuten: •• mir kam der Wunschee (ZnR 430) oder: •• ich würde einen derartigen Wunsch haben, wenn man einen solchen formen könnte« (LagrR 225). Man darf nicht vergessen, daß dJxwDaa. »beten, geloben, wünschen« heißt und daß das Vorbild des Moses in Ex 32,32 ein Angebot rJOr Gott ist. Es geht nicht um einen reflektierenden Wunsch, sondern um ein konkretes Angebot vor Gott, das Paulus in die Reihe der Propheten und Gottesmänner des Alten Bundes riickt. Paulus weiß aber um die Grenze seines Angebotes, die ihm 110,. Gott her gesetzt ist. Gott hat die Freiheit, sein Angebot anzunehmen oder abzulehnen ('l"x6t.LTJ'Vals Impf.). Aufjeden Fall ist das Angebot des Paulus ernsthaft gemeint; ähnliche SüJwjtmMln und SiiJmevorsltlhmtm werden auch im Friihjudentum nachgewiesen, haben also ihren Sitz im konkreten Leben U .
Das paulinische Angebot an Gott spricht sowohl vom Verbanntsein (itvlrDEJUl) als auch von der Trennung vom Messias (iuto tO'Ü XQt.atoü). Die erste Formel ist auch sonst nachgewiesen. itVa&EtAQ ist hellenistische Fonn für das klass. avaih]J.«l (Ditt. Syll. IV 208) und bedeutet ursprünglich: »das der Gottheit überantwortete«; dann verengt sich der Begriff und meint: .~as Verfluchte« oder »das zum Untergang Geweihte« (TbW 1356)13. Paulus knüpft an den Sprachgebrauch der Septuaginta an und erklärt seine Bereitschaft, dem Vertilgungsfluch zu verfallen, wenn er dadurch sein Volk retten kann 14. Der Gedanke, daß ein Mensch durch übernahme des Leidens (Vergeltung im Jenseits) ein Sühnopfer für andere sein kann, war der Synagoge geläufig l5 • Selbstverständlich denkt Paulus auch hier an das eschatologische Gericht, nicht an die übernahme zeitlicher Leiden oder an einen Akt der Kirchenzucht (TbW I 356). Paulus verstärkt sogar den Einsatz der Person durch die Hervorhebung: aüt~ ~ro (ich Vgl. O. MICHEL, In memoriam E. LOHMEYE", 1951,94 ff. Auegangapunkt ist Ex 32,32. KAs&. 246 reduzien das Gewicht der alttestamentlichen Tradition (der Fluch hebt die sakramentale Gemeinschaft auf); anders ScHLIEJtR 285. 13 In dieser verengten Bedeutung tritt chta&q.aa in der LXX häufig auf(Dt 7,26; 13,16.18; 20,17 u.ö.). Man kann sogar versuchen, ~IJQ und cholritelJQ dem Sinn nach zu unterscheiden (ltvci&'lIIQ = Weihgeschenk,ltvciitqaa = Verfluchtes), was in vielen Fällen zutrifn (SANDAY-Hf.AD. LAMR 228). Im Rabbinat ist der BegrifFdes »Geweihten« ebenfalls weiter als der des "zum Untergang Bestimmten« (Str-B III 260). Es gab im Frühjudentum den Ausruf: »Möge ich eine Sühne sein für den und den« oder .. Ich will eine Sühne sein für den und den« (Sanh 2,1; Neg 2,1; Qid 31 b Bar; Sulli 20a; Jos. bell. 5,4(9). 14 Voraussetzung ist der Glaube an die reale Kraft und 8edeutungdes Opfers rm Gott. Wie Gott das Opfer des Messias angenommen hat, !IO hängt alles davon ab, ob er auch das Opfer des Apostels annehmen würde. Der paulinische Gedankengang ist nicht dem christologischen Zeugnis nachgeformt, wohl aber eine Folgerung aus ihm (Kol 1,24). 15 StreB 11 275.279; 111 261;J. LEVY, Neuhebr. u. chald. Wönerbuch II 386 f. 12
MANNR
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Die Klage um Israel
selbst). Damit drückt sich der bewußte Gegensatz zu dem triumphierenden Bekenntnis Röm 8,39 aus (Chrys.), aber auch seine ganz persönliche, aufihn allein beschränkte Opferbereitschaft (Röm 8,39: TU.&ä; - Röm 9,3: airt~ ~). Auch das Wissen um die bleibende Verbundenheit mit der Liebe Gottes gibt sich selbst immer wieder preis an den Willen des Vaters. MO 'tO'Ü XQLatO'Ü bedeutet in diesem Fall Ausstoßung aus der Gemeinschaft mit dem Messias (man beachte den Artikel!), also eschatologisches Gericht (Mt 7,23; 25,12). Auch diese Wendung ist keineswegs zufällig, sondern als Gegensatz zu tv XQuJ"t
einführt; er nimmt an, daß Paulus selbst im buchstäblichen Sinn von den Juden mit dem Fluch Gottes belegt worden ist. Er spricht daher von einer Liebe, die selbst das Äußerste zu leiden bereit ist, was der Gegner einem antun möchte. H. Windisch, Paulus und Christus, 1934, 242 spricht sogar von einer »wirklichen Konkurrenz mit dem Christusce, der doch schon eirut)al für alle, auch für das Volk Israel, stellvertretend das avldtEtAQ, das LAOO't'ftQLOV, den Fluch aufsich genommen und dadurch der ganzen Welt Segen, Heil und Gnade erwirkt hat. Dies Fluchopfer Christi erscheint (vorübergehend) als nicht genügend: für das Volk Israel scheint ein zweites lA.aatftQLOV nötig zu sein, weil es das erste nicht angenommen hat. - Man darf aber nicht die StellvertretungJesu Christi gegen die des Paulus ausspielen, wie es bei H. Windisch geschieht; Paulus hat weder sein Opfer unmittelbar an das Jesu Christi angeschlossen noch es selbständig ihm gegenübergestellt. Die Denkfonnen des Paulus sind prophetisch und frühjüdisch, sind also nicht den Traditionen der Evangelien nachgebildet; sein Apostolat nimmt aber sachlich das GesetzJesu Christi in seiner Situation wieder auf.
Eine derartige Opferbereitscho.ft für Israel (im:EQ) bekennt ausdrücklich, daß eine Bruderschaft menschlich-irdischer Art (xa'tQ OOQxa) zwischen Paulus und seinem Volk weiter besteht, auch nachdem die GemeindeJesu Christi gegründet ist; der neue Brudername hat den alten nicht aufgehoben. ol auyyEVE~ bezeichnet im Hellenismus die Stammesgenossen desselben Volkes (Röm 16,7.11.21; Jos. Ant. 12,338). Dieschöpfungsmäßige Verbundenheit mitdemjudentum, das gleiche Gebundensein an das Gesetz und die Heilsgeschichte von Abraham bis Christus sind für Paulus eine Einheit, die nicht aufzulösen ist. Diese Prozesse sind zwar zu unterscheiden, aber nicht zu scheiden 17 • V 4: Es folgt eine AufZählung von 2 mal3 Gliedern, von denen das dritte und sechste durch die Pluralform 16 »Der Jude kennt nichts Schrecklicheres als den Bann, der so vom Leben abschnün. Wer so gebann t is t, is t bei lebendigem Leibe tot. Der jüdische Bannfluch gaI t für dieses und das zukünftige Leben" (GAUGLER R 118). Die westliche LA Uno to'Ü XQunoiJ (00) ist wohl eine Erleichterung. Man darfauch nicht mit PAU.lsR 110 imo 'tOÜ XQunoii mit einer Trennung von der Gemeinde gleichsetzen (:: iupWQID~~ imo 'tfJs bcx).'lOLas 'toii XQID'tOÜ). 17 W. VlsatER fragt: ))Ist es das elementare Gefühl der völkischen Gemeinschaft, das den Apostel so weit getrieben hat?" Uudaica VI 2, 1950,85) und antwonet mit Recht, daß das Problem der Verbundenheit mit Israel nicht nur durch den Volksverband, sondern auch durch die Vorzüge der Heilsgeschichte bestimmt ist, in der Israel eine bleibende Rolle spielt. Die Liebe zu Israel ist für Paulus gleichzeitig die Liebe zu den Heilsgaben, die gerade diesem Volk geschenkt sind (ZnR 432).
Röm 9,1-5
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auffallen; der Oberbegriff 'ICJQ
uloOuria, ~ b~ vOf&Oho€a, MrtQ€€a, mayyu.€aL. Es iat dabei die Frage zu stellen, ob I. und 4., 2. und 5., 3. und 6. Glied aufeinander bezogen lind; die umachließende Dreiheit 10QCD1Ai1:0L, ,,~, 6 XQun~ -ro ~ 00Qxa läuft von der Vielheit über die Auswahl zur Einheit und iat ebenfalls nach einem festen Schema aufgebaut. Dw kllllStDoIU AMfla dIr 6ntJIII V"s14 lUfi 5 ~tit, dit vtlt &tItIIbIIW _, dU Palas iAJIIJI 0IIfIiJI. 19 66I;a - ~, ar&m • ..,r,. -Doch iat uns ein Beispiel für diCICD abaoluten Gebrauch von ~ und •.,r, ohne Beifügung einer Gottesbezeichnung in der rabbinischen Literatur nicht bekannt gewor-
deli" (Str-B III 262). Es geht um einen bleibenden Vorzug Israels, daher wird man an Gones Gegenwan im Tempel zu denken haben (KVHLR 314). 30
LTZMR. 89.
Nach Ab t,2steht die Welt aufdrei Dingen: aufderTora, auf dem Tempeldienst und auf der Erweiaung von Liebcswerken. 21
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Die Klage um Israel
Messias in Israel geboren wurde Uoh 4,22). Paulus denkt bei dieser beschränkten christologischen Aussage an das Bekenntnis Röm 1,3-4 mit seiner Unterscheidung: xarll o6Qxa - xarll XVEVJICl. Nach seiner geschichtlichen Herkunft stammt Christus »aus dem Samen Davids«. Der kunstvolle Aufbau der Aufzählung und der Hinweis auf das christologische Bekenntnis als Abschluß lassen vermuten, daß Paulus in V 4 älteres ~ellenistisch-jüdisches Bekenntnisgut verarbeitet hat, zumal das sprachliche Material nicht typisch paulinisch ist bzw. sonst bei Paulus anden verwandt wird. Der folgende Schlußsatz V Sb kann als christologische Bekenntnisformel oder - auf Gott gedeutet - als Danksagung für die genannten Heilsgaben aufgefaßt werden. Sieht man in ihm eine auf Gon bezogene Doxologie,so ist er mi t Röm 1,25 und 2Kor 11,31 zu vergleichen. Die Kirchenväter haben ihn zumeist als christologische Bekenntnisformel verstanden, doch wird seit dem 4. Jh. (Arianer und arianisch gesinnte Theologen) auch die Deutung auf Gott selbst durchgefiihnu . Exkurs Exegetische Einzelprobleme zu Röm 9,5b
1.z",Guchidlluu, EJu,u,: Allgemeinkirdilich iatzunäcbltdieAuslcgungvon V 5bauf Christus (Iren. bau. 111 16,3; Tm. Prax. 13,15; Novatian trin. 13; Cypr. test. 2,6; Athanas. c. ArianOlI 3,10; Epiph. baer. 57,29; Aug. trin. 2,13). Allcrdingl kennt Orig. (Rufin) Leute, die es für schwierig halten, das Prädikat ~ aufChristus anzuwenden, da Paulus ihn sonst u~ &ro;; genannt habe. Orig. selbst weist aufRöm 1,4 zurück und nimmt auch hier ein christologisches Bekenntnis an. AufRöm 9,5 muß eine Kontroverse zurückgehen, die wir bei Euseb v. Caeaarea (c. Marcellum 1,1,8; Theol. eccl. 1,1,7 f.) und Ps. Ignatius (Tan. 2,5; Philipp. 7) vorfinden: soll man 6 bl Mvtlov &roc; (xal :n:Cl't'fJQ) aufGott selbst oder auf Christus deuten? Es war vor allem die arianische Theologie, die den Abschluß von V 5 als eine auf Gott den Vater zu beziehende Parenthese verstand. Apollinaris, Diodar und Photiu. führen den Abschluß eindeutig ab Lobpreis auf Gott zurück. Cyrill (c. Julianum 10 - MSG 76, 10(4) lä8tJulian behaupten, daß Pautus es nicht gewagt habe, Jesus &roc; zu nennen, sondern erstJobannes; vielleicht hatJulian diese These von ananisch gesinnten Lehrern übernommen (Th. Zahn). Cyrill selbst führt Röm 9,5 gegen die These Julians ins Feld. Eraamus stellt fest, daß mehrere Interpretationen möglich sind und schwankt selbst in seiner Auslegung. 2. Du YersclaWimltlil der IraUrfnmktum: Man kann heute vier verschiedene Möglichkeiten, den Schlußsatz zu verstehen, unterscheiden; es kommt dabei wesentlich auf die verschiedene Interpunktion an.
I.
q dJY 6 XQtmbc; 1b XQta o6Qxa. 6 {)yv f::n:l:n:6vtcov hbc; riAoyrrtbc; d; ~ ~ (6 OYV ilt dann ein ergänzender Relativsatz, der .ich an ~ anschließt).
12 Riim 9,5 plt der alten Kirche ab klares Zeugnis für die Gottheit Christi (Orig., Ephr., Theod. Mops., Chrys., Thein, PhotiuI, Pdag., Aug.) und spiehe daher in der dogmatischen Kontroverse eine große RoUe. Zur Literatur vgl. K. H. SatELKLE 202 W.; den., Paulus331 fr.; R. CoIlNELY. Epiat. ad Rom., 1896,479; ZNR 433 f. Anm. 77; SANDAy·HEADLAMR 233-238; O. Kuss, Zu Röm 9,5, Rechtfertigung. FeslKhrifi Kiaemann, 1976,291-303; R. DEICHGLUEIl, Goucshymnus und ehri· ltushymnus, 1967. Meist wird die Nähe zu Joh 20,28 übersehen.
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Röm 9,1-5
2. ~ IDv 6 XQUJt~ W X
3. Dt'f g'gmwirtig' SI4tUi der Fragesulü",,: Aus formalen und stilistischen Gründen liegt es nahe, den Schlußsatz V 5b aufJesus Christus zu beziehen. Lagr R 227 wendet sich ausdrücklich gegen den Venuch, eine Doxologie asyndetisch mit 6 Ö)y bzw. ~ beginnen zu lassen. In beiden Fällen würde ein Subjekt, nicht ein Prädikat die Doxologie beginnen. Nach Lagr R 227 weisen die paulinischen Doxologien grundsätzlich aufdas vorangehende Gal 1,5: 4> '" Mlia; 2Tim 4,18: 4> '" Subst. zurück (Röm 1,25: 6; lotl.V, 2Kor 11,31: 6 Mlia; Röm 11,36: airtq, '" 6~a). Außerdem geht das Prädikat immer voran, nicht nur in der heiligen Schrift, sondern auch in den semitischen Inschriften. Eine scheinbare Ausnahme bildet Ps 67,20 LXX. Diese venchiedenen Gründe sind nach M. J. Lagrange ausschlaggebend für eine Beziehung des Relativsatzes auf Christus. ~ darfin diesem Fall nur als Attribut Christi (= Gott von Art), nicht als Gleichsetzung mit Gott verstanden werden (beachte das Fehlen des Artikels!). Zum Verhältnis von xUQ~ und el als Gottesbezeichnungen vgl. jetzt die Darlegung von]. A. Fitzmyer, Der semitische Hintergrund des neutestamentlichen KyriOltitels (Festschrift H. Conzelmann, 1975,267-298). Barth R 3140". entschließt sich, für die schon vor 200 Jahren bekannte Konjektur:
mv;
Halten wir aus stilistischen Gründen mit M. J. Lagrange die christologische Deutung rur wahrscheinlich, so bildet 6 öYv btt ,.;ll'vtmv &E6c; eine Einheit: der über allem Gott ist. 6 öYv bt( ,.;avrmv ist eine hellenistische Herrscherbezeichnung, die jetzt universalistisch verstanden werden soll (Eph 4,6). &E~ meint keine Identifizierung mit Gott, sondern im Sinn von 2Kor 5, 19; Phil2,6; Koll, 15 die göttliche Existenz des Christus. Er kommt aus der Welt Gottes, sein Werk an uns tut er im Namen Gottes, seine Hemchaft und seine Erhöhung weisen ihn als mit Gott unmittelbar verbunden aus. Dies xUQI.~- und &E~-Bekenntnis würde in unserem Zusammenhang die Grenze in der übereinstimmung mit dem] udenturn aufweisen und einem falschen Verständnis von V 5a wehren. E'ÜA.oyrJ~
298
Die Erwählung und die Verwerfung
entstammt der jüdischen Gebeugewohnheit und wäre an sich auffallend, wenn man es auf Christus deuten würde (Röm 1,25; 2Kor 1,3; 11,31)23. QJ.l.tlventspricht dem Gebetsstil und schließt gern eine Doxologie ab 14. Eine letzte Gewißheit über die Deutung von V 5b läßt sich nicht geben 25 •
Röm
9,~13:
Die Erwählung und die Verwerfung
nicht lila ob du Wort Goaea hi n &IIi,pworden wäre. Denn Dicht alle, die au. Iane1 aiDcl, aind 1__ , 7 und Dicht weil aie Same Abrabam.I aiod, aiDcI.ie alle Kiader, 80DIIem a heilt: .in bMk wird dir Same ........t wadene. 'Du bedeutet: Nichtclie Kinder da F1eiacba aiDdGoaa Kincler, lODdern nur die Kindercler V erbe;8u. . waden lila s... uerblmt. 'Dean ein WOI't der Verbei8uni Ut foIpada WOI't: .Um diae Zeit werde ich Jrommea, und s.ra wird einen SolID babene. I°Aber Dicht nur aie kommt in Betncbt, eoadem auch Rebekb, die YOD einem Mann, UI1IeI'eIII Vater Iaü, IChwanpr war: 11 Denn lila Iie noc:b Dicht pi»reD waren und weder etwa Gutea DOCh etwa Böea ..... baaen, wurde ihr pIaIt, damit der DllCh der ErwäbIUDI YerfabreDde RatICbluB Goaea bateben bliebe, 12bei dem. Dicht irpadwelcbe Werke, ..adem der Berufende entICbeiclet: .Der Xltere wird demJÜDpftIl dieBenc. 13 Wie pKbrieben ateht: •Den Jakob habe ich pliebt, den EIau .... habe ich phaBte. 6 Aber
A1UJ~se: Zunächst muß die Tatsache erkannt werden, daß zwischen V 1-5 und V 6-13 kein unmittelbarer übergang zu erkennen ist. V 1-5 sprachen von dem Leid des Paulus und den bleibenden Vorzügen Israels, während V 6-13 die heilsgeschichtliche Größe Israels scheinbar auflösen und zwischen dem Israel der Verheißung und dem Israel des Fleisches unterscheiden. Der überleitende V 6 stellt fest, daß das Wort Gottes nicht hinfällig geworden ist, daß aber Israel eine Heilsbezeichnung ist, die nicht aufjedes Glied des Volkes Israel angewandt werden darf. Der Begriff der »Erwählung«, den Paulus von Röm 8,28 f. her einführt, wirkt hier wie ein Sprengstoff, der den einheitlichen Begriff Israel zu zerstören droh t. Der »Heilspllm« Gottts gab den Erwiihllm GmJißheit, löst aber die Sicherheit eines aufseine Vorzüge pochenden Israel auf. Wir haben also V 6-13 als eine Auseinandersetzung des Apostels mit dem Selbstbewußtsein des Judentums anzusehen, das sich auf Grund seiner Vorzüge vor dem Evangelium verschließt. Paulus beginnt wie auch sonst mit einer einleitenden These, die durch den folgenden Abschnitt erläutert wird. Dabei taucht begründend, weiterführend und abschließend ein Schriftbeweis auf, der aus verschiedenen Sätzen besteht (V 7.9.12 f.). Der Gedankengang, der rhetorisch-dialogisch geformt ist, hat offenbar das Ziel, mit dem Judentum selbst sich auseinanderzusetzen. Vielleicht
13 rlJAoy,,,tOl; xUQ~ 6 &~ ist eine feststehende Doxologie des Psalten (ähnlich '" 40,14; 88,53; 105,48). Josephus vermeidet den Lobpreis E"ÜAoyrJ'tOl; 6 &t:6c;. 14 Vgl. G. MARDER, Paulus und das Gebet, 1936,79 ff; ,>doppelte Akklamation .. KAsEMANNR 247. 15 Vonichtig bleibt auch GAUGLER R 11 19: •• Die Wahncheinlichkeit spricht dafUr, daß der Apostel auch hier Gott anbetend preisen will. Wer aber diese Lösung bejaht, darf nicht verheimlichen, daß die grammatikalische Fonn des Satz-Anschlusses eher fUr die andere Deutung spräche...
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ist es nicht zufällig, daß ein gewisser heilsgeschichtlicher Verlaufin der Zitatenreihe gewahrt ist (Abraham-Isaak, Isaak-Jakob, Moses-Pharao, Prophetenzeugnis) . Die Schriftzitate werden midraschartig ausgelegt, stützen paulinisehe Sätze, haben aber ihrerseits aufdie Formung des paulinisehen Gedankens keinen geringen Einfluß. Logik und Gedankenführung unseres Abschnittes verraten rabbinische Schulung. Geschichtliche Ereignisse und biblische Zitate werden unter einen bestimmten theologischen Gesichtspunkt gestellt (V 11). Es kurnml Paulus auf die Htf'ausstellung dtf' SOIlVtf'änitiit Gottes gegmiibtf' den Vor~iigen lsrlltls an, und darum liegt auf dem Abschluß unseres Abschnittes V 11-13 ein ganz besonderes Gewicht. Einzelne Motive wie das der ))Sohnschaft Abrahams« sind paulinisches Predigtthema (Gal 3,29; 4,21 f.) und verraten auch in anderen Zusammenhängen eine bestimmte polemische Zuspitzung. Exegese: Paulus sieht mit Trauer und Schmerz, daß Israel den Messias und seine Gemeinde abweist. An dieser geschichtlichen Tatsache kann der Apostel nicht vorbeigehen, er muß sie vielmehr in sein Denken einordnen. Was bedeutet diese Ablehnung Israels für das ihm einst gegebene Gotteswort? Paulus wehrt in V 6 den Verdacht ab, daß Gottes Wort hinfällig geworden ist. OOX otov ö~ ML (vulg.: non autem quod) ist ähnlich gebrauch t wie 00 öiptou und OÜX ML (»nicht als obcc)1. bCJtUrtELV erinnert an Gal 5,4; IKor 13,82. Im hellenistischen Griechisch kann nUnELv (bzw. tX3tUnELV) ))hinfällig werden, versagen« bedeuten (bzw. vom Redner und Schauspieler: ))abfallen«)3. Einzelne Kommentare deuten: das Wort Gottes als Verheißung kann nicht ))hinfillig werden« (Lagr R 228). Aber Ä.6'(o<; 'tO'Ü itEO'Ü ist ein weiterer Begriffals etwa btayyuLa (vgl. Röm 3,2; Jes 31,2 LXX)4. In diesem Zusammenhang ist der A.6y<><; 'tO'Ü itEO'Ü Ausdruck für die Absicht und den Willen Gottes, der sein Ziel trotz des Unglaubens der Menschen erreichen will. Das Israel, um das es Gott in seiner Absicht, in seinem Heilsplan geht, ist nicht identisch mit der Vollzahl derer, die aus Israel abstammen; Gottes Htilsplan be~ielrt sich auf tint AuswaJU, auch wenn stint Vtf'htijJung dtmgan~en Volk angeboten ist. Innerhalb der Geschichte ist nicht jedes Werkzeug zur Durchsetzung der Absichten Gottes gleich brauchbar; Gott erwählt und verwirft, ohne daß seine Absicht, ganz Israel zum Heil zu führen, ins Wanken gerät. Es liegt also eine Spannung innerhalb des paulinisehen Denkens: einerseits will Paulus aufzeigen, daß Israel als Ganzes sich auf Gottes Wort und Absicht berufen darf und daß dies Wort trotz aller geschichtlichen Ereignisse nicht hinfällig geworden ist; anderseits zeigt gerade das Wort des Alten Bundes wie die Geschichte des Volkes, daß Gottes Heilsplan durch Erwählung und Verwerfung des 1 V gl. LAGIlR 228; ZnR 436 Anm. 83; LTZMR 90: eine» Venchrnelzung von o(,x olov und oilx lnL, die heide .nicht als obc heißence. 1 Phrynichus ed. LoBECK p. 372. J Plut. de puer. cduc. 13 p. 9b: törichte Eltern üherladendie Kinder mit Arbeiten, o~cmau6Wvt~ DutUnoooLv. Es handelt sich nicht um einen Mißerfolg Gottes, sondern um ein Hinfällig- oderUngültigwerden seines Wortes (GAUGLER R 11 21). • Jes 31,2 LXX: 6 A.6y<x; aVwü o~ "" ä6rnJitf1. PALLISR 111 schlägt vor, statt A.6y<x; lieber ~ zu lesen, zumal auch sonst in der altchrisdichen Literatur eine Verwechslung zwischen ~ tOÜ ittoü und A.6y<x; wü itwü möglich gewesen sei.
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Die Erwählung und die Verwerfung
Menschen hindurchgeht. Diese beiden Linien laufen innerhalb der Geschichte nebeneinander her und müssen in ihrer Spannung zueinander ertragen werdens. Schwierigkeiten macht die logische Verbindung zwischen V 6a und 6b: statt des yQQ wäre eigentlich ein äiJ..a zu erwarten. Da aber auch in der Unterscheidung zwischen dem erwählten und nich t erwählten, zwischen dem pneumatischen und sarkischen Israel eine Durchsetzung des göttlichen Wortes verborgen liegt, ist auch dies yQQ nicht ganz unverständlich. Wie zwei gleichgebaute Lehrsätze, die einander entsprechen und erläutern, klingen V 6b und 7L Nicht alle, die von dem Stammvater Israel (~ 'ICJQ
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der neue Vers die Folgerung aus dem Vorhergehenden ziehen will. In der Gegenüberstellung »Kinder des Fleisches« und »Kinder Gottes« wird der Gegensatz zwischen den Menschen, die lediglich aus ihrer natürlichen Abstammung heraus denken, und denen, die sich allein auf die Verheißung Gottes berufen, wieder aufgenommen. Auch dieser Gegensatz entspricht einem festen paulinischen Predigtstoff, wie Gal 4,21-31 beweist. »Kinder Gottes« sind Kinder der Verheißung und dürfen sich als legitimen Samen im Sinn von Gen 21,12 ansehen. Solange der Mensch sich auf Grund seiner Abstammung (OOQI;) einen Vorzug anmaßt, solange sein Denken grundsätzlich die Ungebrochenheit menschlich-irdischer Art an sich trägt (oao~), hat er noch nicht verstanden, was Verheißung im eigentlichen Sinn bedeutet. Die biblischen Begriffe und Zitate gewinnen also durch die paulinische Auslegung eine besondere Konse~ und Radilcalitiit. Ismael ist nach dem Fleisch gezeugt (Ga14,23), weil seine Entstehung aus menschlicher überlegung, aus Eigenmächtigkeit der beteiligten Personen und aus Zweifel an der Verheißung Gottes zu erklären ist. Obwohl Abraham Träger der Verheißung ist, liegt also auf diesem seinem Handeln kein Segen. [saak dagegen ist durch die Verheißung gezeugt, d.h. er wurde auf Grund der göttlichen Verheißung wider alle menschliche Erwartung als ein "Zeichen« des Heilshandelns Gottes geboren. Aufseiner Geburt liegt nicht die Belastung, die auf der Geburt Ismaels liegt. Fleisch und Verheißung sind für Paulus im alttestamentlichen Geschehen wie in der Gegenwart die gleichen Gegensätze. Paulus interpretiert seine Auseinandenetzung mit dem Judentum vom Alten Testament her, wobei er die fleischliche Art Ismaels mit der fleischlichen Art desjudentums vergleicht. Der Anspruch Israels, als Ganzes die Gotteskindschaft zu haben (Röm 9,4: "lotwta), ist nur dann berechtigt, wenn dieser Anspruch nicht fleischlich mißventanden wird, sondern wenn er die Freiheit und das Gericht Gottes auch über Israel anerkennt. Röm 9,6-13 legt Röm 9,1-5 von neuen theologischen Ko.tegorim aus, die ein »fleischlichesc( Ventändnis ausschließen sollen. Dabei gibt das Alte Testament typologische Hilfen.
V 9: Wie stark es auf die Verheißung ankommt, zeigt ein weiteres alttestamentliches Zitat aus Gen 18,10.14. Dabei stellt Paulusden Begriffbtand(a betont an den Anfang, um den Inhalt des Zitates zu kennzeichnen: Die Ankündigung der Geburt Isaaks trägt den Charakter einer Verheißung. Gott kündigt seine zukünftige Erscheinung an (Paulus sagt ausdrücklich: UE\JOOJUlL)1o·und umschreibt den an Sara sich vollziehenden wunderbaren Vorgang. V 10: Das Gesetz der göttlichen Freiheit gegenüber jedem menschlichen Anspruch macht sich auch später in der Geschichte der Erzväter geltend; es scheidet die beiden Söhne Isaab und Rebekkas, obwohl sie von einem Vater und einer Mutter abstammen 11. Der Satzbau unseres Verses ist unvollständig. Vielleicht ist der paulinische Gedanke durch Zwischensätze unterbrochen, so daß man ihn etwa folgendermaßen nachkonstruieren könnte: »Aber nicht nur dies (kann als Beispiel dienen) 12, sondern auch Rebekka, die von einem Manne, unserem Vater Isaak, tOLXX sagt f1!iw bzw.
QvQO"tQ~ ~
ot E~ lilQa,c; ...
Grundsätzlich gilt von den Zitaten V 7.9.12 f., daß sie Gottes Freiheit und Verfügung über den Menschen beschreiben, ehe dieser selbst geboren wird. Gott spricht zu den Eltern über die Kinder. 12 crlJ l'ÖVov 6f, c'.cllQ xaC ist bei Paulua als überleitung, Anfugung und Ventärkung beliebt (Röm 5,3.11; 8,23). 11
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Die Erwählung und die Verwerfung
schwanger war, empfing das Gotteswort: )Der Größere wird dem Kleineren dienen(.« Gottes Freiheit bleibt also nicht auf einen einzigen Fall beschränkt, sondern stellt sich an den Kindern des erwählten Isaak erst recht heraus; ja, dies neue Beispiel ist deshalb besonders instruktiv, weil die Entscheidung über Esau undjakob schon gefallen war, ehe sie geboren wurden und ehe sie verantwortlich handeln konnten. Sprache und Ausdrucksweise des Apostels sind hier besonders lebendig und anschaulich. Er sieht auf die Stammutter, die von demselben Mann (~tv~) den gleichen Samen empfangen hat 13 und nun das Gotteswort erhält, das schicksalhaft wird. Paulus spricht auch von Isaak, der nach jüdischer Gewohnheit »unser Vater« heißt; er deutet damit an, daß er sich auch jetzt im Gespräch mit dem Judentum befindet. V 11 f.: Dies auffallende göttliche Handeln geschieht, »damit der nach dem Vorsatz verfahrende Ratschluß Gottes bleibe« (~) 14. Offenbar kommt in diesem Absichtssatz die eigentliche T~ unseres Abschnittes zum Vorschein. Paulus verstärkt das Motiv der nQ6&EoL; (Röm 8,28), das nur formal aus dem Hellenismus stammt, durch den Zusatz XQ"t' ~v und unterstreicht damit die Freiheit des göttlichen Ratschlusses, der sich nur an Gott gebunden weiß 15 • Mehrere Negationen umgrenzen und bestimmen diesen Bezirk der göttlichen Erwählung (I''inoo YEVVYJittvtoov, I'TtÖ~ nQQ;aV"toov, später: oUx tl; fQYc.ov)16. U Die Wendung xo(t1JV fxELV (~ könnte ganz einfach bedeuten: .. Nachkommenschaft haben (= empfangen haben)«. xo(l1I heißt ),Lager, Beilager«, nach LXX auch ..Samenergußce. xo(t11 als semen emissum begegnet Num 5,20, xo(t11 cmtQt44't~ Lev 15,16 f.; 18,20; 22,4. 14 PAlJ.lsR 113 schlägt vor: tva cpavfI (statt ~). 15 Der Begriffder xQ66wL; begegnet in Röm 8,28; 9,11 ; Eph 1,11; 3,11; 2Tim 1,9; 3,10. Mag er zunächst htlunistisc~philosophisch klingen, so darf doch nicht vergessen werden, daß im Judentum der ),Ratschluß Gottes« eine besondere Bedeutung hat. Gott faßt den Plan zur Erschaffung der Weh und bestimmt durch seinen Ratschluß seine Werke. Die paulinische:JtQ66~ ist verwandt mit der:1Jr vonJes 25,1; Hi 38,2; 42,3 und mit der XQWL; von Sir 16,26. DM BuoMne in d" ptnJinischna FMSIIItl der xQ66wL; ist die göttlicJu Zielsttvml im U ntenchied von POU).i) und XQ(aL;. bc).oyfJ begegnet in Röm 9,11; 11,5.7.28; IThesa 1,4; 2Petr 1,10; Apg 9,15; im Frühjudentum PsSal9,4; 18,5. Vgl. ApkAbraham 22.2.3 zum Verständnis des unwandelbaren göttlichen Ratschlusses: .. Dies ist mein Walle zu dem Seienden im Ratschlusse; es war vor meinem Angesicht wohlgdällig; alsdann befahl ich ihnen durch mein Won. So ward, was immer ich zum Sein bestimmte, und was in diesem Bild zuvor entworfen war, das stand vor mir, bevor es noch ins Dasein trat, wie du gesehen." Entsprechend ApkAbraham 26,5.6: "Höre, Abraham! Wie deines Vaters Wille in ihm ist und wie dein Wille auch in dir, so steht in mir auch meines Willens Ratschluß rur alle Zukunft schon bereit, bevor du sie nur kennst, und ehe du noch das Künftige mit deinen Augen schaust. Wie die aus deinem Stamme sein werden, das schau im Bilde!« G. MAlER. Mensch und freier Wille, 1971,366 ff. verweist aufdie Weisheitslehre, die qumranitiach gefärbt ist. " xQ6&tcn; darf allerdings nicht auf die vorausgesehene persönliche Willensentscheidung des Menschen bezogen werden, nach der Gottes Wahl erfolge (Scholion, das Diodor zugeschrieben wird). Gottes x(l6&wL; geht als Ausdruck der Freiheit Gottes voran; sie äußert sich konkret und geschiebdich als bc).oy1J (TH. ZAHN). Paulus denkt daran, daß der jüdische Gesprächspanner sich auf die Abstammung von Abraham und Isaak berufen kann. Diese Sicherheit, Erwählung und fleischliche Abstammung miteinander zu verbinden, wird durch Paulus zenchlagen. Sie kann auch nicht später als Schema übernommen werden (BAIUlETIR 183). Man muß daran erinnern, daß Christus der eigendiche Same Abrahams ist (Gal3,14) und daß daher die Christen nur in Christus als Same Abrahams erwählt sind. Erwählung ist alJO an die Zugehörigkeit zu Christus gebunden. Paulus kämpft um die Freiheit Gottes gegenüber der menschlichen Sicherheit.
"",,(00
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Ehe die Menschen geboren wurden, ehe eine persönliche Entscheidung ihr Leben bestimmen konnte, hat Gott seinem Ratschluß Ausdruck verliehen und damit den Grundsatz der Erwählung kundgetan 1'. Der Ratschluß Gottes soll »bestehen bleiben« (tva ~), d.h. er soll sich in der Geschichte der Menschen durchsetzen. Dabei stellt sich das gleiche Motiv ein, das schon in der Rechtfenigungslehre zum Ausdruck gekommen war, daß es nämlich nicht auf die Werke der Menschen ankommt, sondern allein auf den l\.ufGottes. Dies besondere Motiv schließt sich an den vorhergehenden Finalsatz an, ist innerhalb unseres Satzgefüges ziemlich selbständig und will offenbar den rabbinischen Verdienstgedanken ausschließen 18 • Wenn dies Motiv in unserem Zusammenhang wie eine Kampfparole eingeschoben wird, dann untentreicht es damit den GruuJmcha,akter des göttlichen Vorsatzes (Röm 11,6). Die Erwählung vollzieht sich in der Berufung (xAT)OI.;): beide Akte sind nicht voneinander lösbar (Röm 8,28). Was in der Ewigkeit beschlossen ist, vollzieht sich in der Geschichte. Es kommt Paulus zunächst nicht darauf an, die doppelte Prädestination zu formulieren, sondern die Freiheit und Voraussetzungslosigkeit der göttlichen Gnade nachzuweisen. Der »Rufende«« (6 xaMirv) ist semitische Umschreibung für den Gottesnamen und gehön mit der Verheißung des »Gerufenwerdens«« (xAT)ih1onaL V 7) zusammen 19• V 15: Als Bestätigung des Genesiszitates, als Abschluß und Höhepunkt unseres Abschnittes dient das Schriftzitat Mal 1,2 f. Nach ihm ist Jakob »geliebt«« (= erwählt), Esau dagegen »gehaßt«« (= verworfen). Daß Paulus auf dies Zitat besonderes Gewicht legt, erkennt man daran, daß er es durch eine feierliche Zitationsformel einleitet (xaitMEQ ytyQWttaL) und ohne Erläuterung an den Schluß unseres Abschnittes stellt 20 ; Jakob und Esau sind im Text des Maleachi und des Paulus zunächst Personen, dann aber als Ahnherrn auch typische und gleichnisanige Umschreibungen von Völkern. Gott bekennt sich ausdrücklich zu seiner Liebe zu Israel: ))ich habe euch geliebt« und zu seinem Haß gegen Esau: ))Esau habe ich gehaßt, so daß ich sein Bergland zur Einöd gemacht und sein Erbteil den Schakalen der Steppe überlassen habe« (Mal 1,2 f.). In der Geschichte der beiden Völker vollzieht sich also diese Scheidung durch Liebe oder Verwerfung; die Wichtig ist aber, daß man trotz und gerade wegen Röm 8,30 den AbsliDttl r;wischm Bmlju", rwJ ErwiildlllW (Mt 22,/4) nicht tJl4!hebt. Der Kampfgegen eine falsche Sicherheit muß durch Gottes Erziehung zu echter Erwählung verstärkt werden. 16 Die LA n l.ryaihJv ~ cpaü).ov verdient den Vorzug vor ~ xax6v. 17 Die Unterscheidung.wt;wv und Moorov (im Sinn von älter undjünger) entspricht semitischer und hellenistischer Redeweise. SANDAy-HEADLAMR 246 spricht ausdrücklich von einem »HelnaismlUff. Zum sprachlichen Problem vgl. o. MICHEL, ThStKr 1~, 1937 f38, 40 1 fT. Die Kirchenväter beziehen Röm 9,10-13 sehr früh aufdas Verhältnis von Kirche und Synagoge, was im Text allerdings nicht ausgesprochen ist. 11 Es geht in dieser »Zwischmbnnerkrmgtr aber nicht nur um eine Antithese, sondern auch um die Zuverlässigkeit der göttlichen Zusage. Gott beruft seine Werkzeuge zu geschichtlichem Dienst aus eigener Freiheit. 19 Daß Gott der »Rufende •• ist, entspricht dem Bekenntnis Röm 4,17; slawHen 24,2: •• Ich riefalle Dinge aus dem Nichtsein in das Dasein, aus dem Unsichtbaren ins Sichtbare«. 20 Nach PALLlsR 114 ist V 13 ein späterer Zusatz. Wenn der Targum den Ausdruck des prophetischen Textes milden: »Ich liebte den Jakob und den Esau enüernte ich•• , dann zeigt sich, daß Paulus die Schärfe des al nestamen tlichen Zitates wahn. Auch derjude weiß um die Spannung zwischen der FrtiJltit und der Gtrechtitktit Gottes.
304
Die Freiheit und die Erwählung
göttliche Freiheit bestätigt sich in dem, was sich in der Geschichte dieser Völker abspielt. Es ist nicht ganz einfach, den smaitisclren Klang des Gegensatzes •• lieben« und •• hassen« zum Ausdruck zu bringen. Es geht hier nicht um einen Komparativ (•• vorziehen« und •• benachteiligen«), sondern um einen absoluten, sogar in der Geschichte erkennbaren Gegensatz im Sinn einer echten Prädestination. In Gott liegen heide Möglichkeiten, und beide Möglichkeiten werden auch in der Geschichte angewandt. Paulus benutzt das Schriftzitat keineswegs zur Bestätigung des Selbstbewußtseins Israels, sondern zur Betonung der Freiheit Gottes auch Israel gegenüber. Ja, es gibt sogar jetztjakob und Esau innerhalb des jüdischen Volkes, wenn erwähltes und nicht erwähltes Israel einander gegenübertreten (Röm 9,6)21.
So sehr Paulus das Motiv der Freiheit und der Möglichkeit des doppelten Handelns Gottes in Röm 9,&-13 in den Vordergrund stellt, so darf doch nicht übenehen werden, daß in dieser geschichtlichen Prädestination die Nichterwählung und die Verwerfung der Menschen im Schatten der Erwählung, der Gnade und der Liebe stehen, und daß Paulus grundsätzlich ein vollesJa zum geschichtlichen Vorrecht Israels beibehält (Röm 9,1-5). Wir werden also Röm 9,&-13 nicht als Aufhebung oder Korrektur von Röm 9,1-5 anzusehen haben, sondern vielmehr als ein auf Grund des KreuzesJesu notwendiges Verständnis der Vorzüge Israels, das mit den Grundzügen des israelitischen Prophetismus übereinstimmt22 • Röm 9,14-29: Die Freiheit und die Erwählung 14 W.. lOIlen wir DUD .....? I. etwa Uaprechtipeit bei Gott1 Du Iei fernel 15 DeDD zu Mo. ~ er: .Ich werde mich ert.naea, weuea ich mich ert.rme, und ich werde Mideid hilben, mit dem ich Mideid habe<. 16 AIao kommt a Dicht auf du Wollea UDd Dicht auf du Laufen aB, lCIIIdem auf du Erbumea GotteL 17DeDD die Schrift ~ zu Pharao: .Gende cIau habe ich dich auftretea .... MD, damit ich IID dir meiDe Kraft el'WeUe und damit meiD Name auf der pmea
Erde verküDclip werdec.
··So
erbarmt er aeb, weuea er will, und er verbirtet,
wen er will. I'NUD wintclu mir .....: W.. tIIdeIt erdua DOCh? DeDD wer ...... 1eiaem Willen wiclentebea? 20 0 Men...., wer biat du clena, cIa8 du Gott wiclenprechea wiIIat? 31 BARnIR 331 f. faßt das Schriftzitat als eine Beschreibung des Verhaltens Gottes auf. der in dieser Welt im Paradoxon sich offcnban. Es geht aber Paulus nicht nur um die beiden eng miteinander verbundenen Möglichkeiten Goues, sondern auch um sein Geheimnis in der Geschichte. Er teih dem Jakob eine andere Aufgabe als dem Esau zu. Ähnlich urteilt GAUGLE1l R 11 35 f.: »Es geht nicht darum, daß Gou durch ein unabänderli,ches Dekret den einen das ewige Leben, den anderen die ewige Verdammnis vorherbestimmt hätte, es gdlt vielmehr, wie das Zitat in V 12 aufzeigt, um ihre Stellung und ihre geschichdiche Aufgabe (G. SCHIlENK) , um die Frage, wie Gou vorgehe bei der Durchführung seines Heilsplam mit d~r ganzen Welt... n Der Weg des Einzelnen wird also in den Weg der allgemeinen Heilsgeachichte so eingeordn~t, daß das götdiche Ziel der ~~ niemals aus dem Auge gelassen wird. Die Erwählung dcsJakob und die Verwerfurw des Eaau sind a110 nicht nur Z~ichen eines götdichen Paradoxon, sondern auch W cgweiaer und Mittel zur Er~ichung eines bestimmten Zieles. Doch darf das Ärgernis der Prädestination nicht abgeschwächt werden, sondern muß in seiner ganzen Schärfe und Schwere herausgestellt werden.
Röm 9,14-29
305
s.t etwa du Gebilde ZIIIII aildaer: W..,... but da lIIich 80 Il!uhelfea1
210der
bat Didat der Töpfer MKId über cIea TOD, um . . dem....... Scaff . . ei. Ge&I
EIue, .... aDCIeft IUI' Uaehre zu ....ben? 22Wema_Goa, weil erdeDZGm . . . . UDd.me V_ht IamdIUD wiIl,iD po8er lanptUI Gefi8e da Zoma lnII, die doch lUDl UIdeI .... balallelll wareD, 2luad die8 dau, clluail er deD IleicbtIUD .mer Herrlic...eil ... deD Gefi8en cla ErIIumeu lamdtue, die er zu._ bereitet bat zur HerrUchkeilcIeDea er auch 1IIU bei ufell "I Dicht Dur aua den JudeD, aoadera auch . . den Heidea - , 2S wie er im auch H - . aqt: .Ich werde da., ... Dicht meiD Volk ua. _ meiDeal Vaik berufea UDd die Nichlpliebte IUI' GeI.ieIItea, 26UDd _ wtnl,u cbeben ... dem Ort, wo _ iIIDea a-.t walde: ihr . . . aidlt meiD Volk, da wadea . . _ Söh..... da WIe_pa craa. belufme. 27J...... nd't iIaer bneI: .Wema die Zahl der SöIme I...a. wie der Sud da Meere. wäre, 80 .üade doch II1II' eia _ prea.et werclea. 28Deaa jgclene er 8eiD Wem YOIIfihn ..... ....., wird der Herr _ auf der Erde aullfiihreac. 29UDd _ wird wie J--Ja _ I' lIat: .Wema Dicbl der Herr ZeIaMtb ..... s.mea ~ biae, 80 wirea wir wie Sodom pwordea UDd wireD Gomorrlla ..... pwordeac.
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A1I4lyst: Der Aufbau unseres Abschnittes entspricht der exegetischen Methode des Apostels: V 14-18 behandelt die Toraperikope, V 1~21 fügt einen prophetischen Stoff an, V 22 ff. zieht aus beiden Zusammenhängen die theologische Konsequenz, wobei auf V 24 ein besonderes Gewicht fällt. Die nachfolgenden Schriftzitate V 2S-29 schließen sich eng an die These von V 24 an, führen über den dialogischen Charakter hinaus und erhalten geradezu feierliches Gepräge. Man erkennt, daß unser Abschnitt sehr geschlossen aufgebaut ist. In Röm 9,14-29 ist die dialogische Auseinandersetzung mi t gegnerischen EinwtindnI wichtig. In V 14 hat Paulus es mit einem Einspruch zu tun, der in der Betonung der göttlichen Freiheit eine Gefährdung der Gerechtigkeit sieht; in 9,19 dagegen antwonet der Apostel auf das Bedenken, daß durch diese Erwählungslehre die menschliche Verantwortlichkeit zen tön wird. Durch die Auseinandersetzung mit diesen Einwindm wird der Aufbau der Abschnitte 9, 14-18 (Gottes eigene Gerechtigkeit) und 9, 1~21 (Geschöpf und Schöpfer) bestimmt. Mit 9,22 beginnt eine neue Satzperiode, die insofern über die beiden vorherigen Abschnitte hinausführt, als Paulus auf den HtilsplQII Gottes zurücklenkt, der sowohl in den Gefäßen des Zornes als auch in denen des Erbannens erkennbar ist (9,22-29: Gefäße des Zornes und des Erbarmens) 1. Ging es in den beiden ersten Abschnitten um das Eigenrecht des Schöpfen, so wird im dritten Abschnitt die Absicht Gottes in dem eigenanigen Relativsatz V 24 (oß~xai.~) erkennbar.h.jdusem Vers lugt offm,b(JJ' ein thtologisc/w Schwergtwichlruutrts KII/Iiuls. Paulus liebt es also, seine eigentlichen Anliegen in Zwischensätzen und unscheinbaren Anfü1 GAUGLE& R 11 68 tmuJt 9,22-29 unter der neuen Obenchrift ab: ..Gott bleibt sich selbst treu, auch wenn er jetzt Israel aufbestimmte Zeit ventoclu und die Heiden in seine Gemeinde einholt«. Es bleibt die FraF offen, ob Paulu•• ich in der Art seiner Zitation auf bestimmte Vorlagen (Florilegien katechetischer überlieferung) stützen kann (vgl. K. H. MOLLEa, Anstoß und Gericht, 1969,71 0:). Nach den Funden am Toten Meer hat es .chon innerhalb der Qumrangemeinde derartige Florilegien gegeben; doch ist das paulinische .Mischzitat« ohne eigentliche Parallele.
306
Di~ Freih~it
und
di~
Erwählung
gungen ZU verbergen (vgl. 9, 11). Grundsätzlich werden wir im dritten Abschnitt einen wesentlichen Gedankenfortschritt über die heiden enten hinaus erkennen. Wie schon in 9,6-13 spielt auch in 9,1 ~29 das Selwifkeupis eine btsondere Rolle. Das Alte Testament wird nicht nur zur Stütze der paulinischen Gedankenführung, sondern ist selbst die Grundlage, von der aus Paulus argumentiert. Beinahe sieht es so aus, als wolle er eine »svmrtUJrisclu Befrtlp",« der ganzen Heilsgeschichte vornehmen, denn nach der Vätertradition 9,6-13 stellt er jetzt die Mosesgeschich te 9, 1~ 18 und die Worte der Propheten nebeneinander. I n allen diesen alttestamentlichen Worten geht es keineswegs nur um lehrhafte Sätze, sondern auch um die geschichtliche Durchsetzung des Weges Gottes. Im Alten TeslamntJ offmlJlJ1t Gottes Weg ~.. tim Yiilkml. Paulus untencheidet zwischen den Anspielungen auf prophetische Worte, die seinen eigenen 8eweisgang tragen (9, 1~21), und den ausführlichen Zitaten, die sogar mit den Namen der Propheten (Hosea, jesaja) versehen werden (9,25.27.29). Die feierlichen Schriftzitate bilden fraglos den Höhepunkt des ganzen Kapitels; aufsie läuft der Gedankengang zu. Im Alten Testament liegt also nicht nur das Zeugnis eines geschichtlichen Weges Gottes, sondern auch die schrittweise Enthüllung der Zukunft in Weisung und Weissagung. In dieser doppelten Hinsicht geht es um die Durchsetzung desselben göttlichen Heilsplanes von 8,28; 9,11.
sie"
Zur Guclti&lIU Ur Aus",...: Die Analyse wird falsch, wenn man aufGrund der Einwürfe 9,14.19 annimmt, daß der Abschnitt 9,14-19 von einem fingierten Gegner stammt, und daß Paulus selbst erst von 9,20 ab zu Wone kommt (Orig., Diod., Thcod. Mops., Chrys., CyrilI Al.). Bei den Kirchenvätern wirkt die Tendenz zur Abschwächung des paulinilehen Textes deshalb nach, weil man die Voraussetzung der menschlichen Freiheit gedanklich einzuschieben lucht. Die Meinung des Origenea zu 9,16, daß du Beginnen zwar des Menschen, du Vollenden aber Gottes Sache lei, wird in der patristischen Exegese gern wiederholt (Chrys., Ambr.). »Unser also ist du Wollen, unser ist du Laufen, Gottes du Vollenden«, behauptet Optatus v. Mileve in seiner Auslegung von 9,16. Allgemein erklären die Väter du Schicksal des Pharao als Folge eigener Schuld. Gott wußte im voraus um die Bosheit des Pharao, die alle Geduld und Gnade ablehnt. Du Hen des Pharao ist durch ihn selbst verhärtet worden (Orig.). Es geht den Vätern durchweg um die Bewahrung des Satzes, daß der Mensch aufGrund seiner Sünden verworfen wird, daß also auch Röm 9 im Sinn der Willensfreiheit und Verantwortlichkeit des Menachen auszulegen ist. Diese Tendenz der Kirchenväter wird leicht zu einer Schranke gegenüber der Kompliziertheit der paulinischen Exegese. Erst AllpShII ,elingt u, üb" tim ScluJuere d" illnni Trtulilion IUNIILS~lum2. Es ist nach ihm Gnade, wenn Gott .ich erbarmt, ein gerechtes U neil, wenn er verhärtet (opus imperf. 1,141). Die ganze Menschheit ist eine »massa damnata«, und es ist ein Akt der Barmherzigkeit, wenn Gott Gefäße des Erbannens zur Herrlichkeit führt, ein Akt der Gerechtigkeit, wenn er Gefäße des Zornes zum Untergang bereitet (antipdag. Schriften). Augustin dringt aIJo tiefer in den Gottesgedanken, darum auch in den paulinischen Text ein. Eine neue Bedeutung gewinnen die Kap. ~11 in der reformatorischen Auslegung (M. Luther, de servo arbiuio,J. Calvin, instit. 111). Grundsätzlich liegt auch in der Gegenwart das Hauptinteresse der Exegese am Ventändnia des biblischen Gottesgedankens. Die Betonung des göttlichen RtusclWusu führt re1igionagesehichtlich in die Welt des Frühjudenturns, vor allem der Apokalyptik und nach Qumran. V gl. IQS 3,15: ))Von dem Gott des 2
Vgl. A. F. N. LEKKEaKUKER, Rörn 7 und Röm 9 bri Augustin, 1942.
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307
Wissens kommt alles, was ist und was sein wird. Und vor ihrem Sein hat er festgesetzt all
ihr Sinnen und Denken. Und bei ihrem Sein ... erfiillen sich ihre Taten unabänderlich«. In Gottes Ratschluß liegen also das Sein und Tun des Menschen, die Zeit und die Zukunft der Geschichte beschlossen. TMologiscla ergibt siela du NotwnuJiglceit, Mm bibliseMn Gottug,danJcen niclal PUlT tds Ausdruck eines PtlTtUJoXOft ~ UMn, sOtUlem IIIICIa tds UmsclaTtiInIIIg eines g~ be-
stimmlm Weges Gottu ÜI der Gesclaiclale der MttlSelWit. Das Wort der Proplutm wird _ela Pabu ~um Sclalüsseljü, das Wi,km Gottu WIltr HeUJm ruuljwJm. Röm 9-/ / geb", du KriUrina d4fo, ob Röm 3,2/.ff. (Reclaifertigrmgslthre) riclalig verslllluJ", wurde. Exegese: V 14: Hat Paulus die Freiheit Gottes in Erwählung und Verwerfung des Menschen herausgestellt, so wird dadurch die Frage nach der Gerechtigkeit tQoüJ.LE'Y ist wie auch sonst bei Paulus (3,5; Gottes lebendig. Der Einwurf't( 4, I ; 6, I; 7,7; 8,31) das äußere Zeichen einer Auseinandersetzung mit dem Gegner, der hier an die richterliche Gerechtigkeit Gottes erinnert. Es ist am besten, MLX(a im strengen Sinn als Verstoß gegen die Gerechtigkeit aufzufassen, weil gerade die richterliche Gerechtigkeit bei Paulus entscheidend ist (Lagr R 232)3. Wird Gott durch seine freien Entscheidungen auf die Seite einer Partei gedrängt, statt unabhängiger Richter zu bleiben? mJQCl 't
ow
Mt"
3 KoHLR. 324 f. erweicht den Begriff äbLX(a, indem er in ihm lediglich das Abweichen von der Nonn sieht. Dann würde man fragen, ob Gott gegen sein eigenes Wesen, gegen alle Verheißungen und Bundschließungen handelt, wenn er so untenchiedlich in seinen Entscheidungen vorgeht. E. KOHL weist daraufhin, daß bei einer anderen Auslegung V 15 keine Antwon, sondern nur eine Vnschirfimlsein würde. Aber diese Schwierigkeit sollte man ruhig in Kauf nehmen. Paulus zeigt in V 15 an, daß die Schrift selbst von einem Eigenrecht Gottes weiß, das das menschliche Denken übenteigt. Die Rechtuituation bleibt gewahn. 4 Röm 2,11; Eph 6,9, S »Nicht dadurch entsteht Gerechtigkeit, daß der Mensch neben Gott für sich ein eigenes Recht in Anspruch nimmt und Gottes Obmacht beschränkt; gerecht und der Wahrheit gemäß ist es dagegen, daß sich der Mensch ohne Vorbehalt dem ergebe, der sich seiner erbanntcc (ScHUTTER, Gerechtigkeit 3(0). Paulus steht im Rahmen einer seit Sirach vorbereiteten Weisheits tradition (M. HENGEL, G. MAlER). Sie kämpft um Gottes Freiheit und Schöpferrecht, um die Verantwonliehkeit des Menschen unter dem Gebot und die zukünftige Vergeltung.
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Die Freiheit und die Erwählung
V 14, wohl aber liegt sachlich und faktisch in diesen Gottessprüchen ein für den Menschen gültiger Bescheid. Beide Männer der Frühgeschichte, sowohl Moses als auch Pharao, empfangen einen Gottesspruch; es geht dabei um das persönliche Schicksal des Menschen, darum treten heide Namen ohne irgendeine nähere Kennzeichnung auP. Schon der U ntenchied der Zitationsformeln ist nicht ganz gleichgültig; das UyEL von V 15 ist verkürzt (= itE~ UyEL), während ÄtyEL iI yQ
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Heiden; es ist daher verständlich, daß nicht Gott, sondern das Schriftwort ('" YQOCpfJ) zu Pharao redet. Das paulinische Zitat von Ex 9,16 hebt sowohl die A~ sicht Gottes (~airtO 'toVto) als auch seine Schöpfennacht (~~..v Hab 1,6; Sach 11,16;Jer 27,41) hervor und weicht vom griech. wie auch vom hebr. Wortlaut erheblich ab'. Der vorliegende Text bringt eine bestimmte Verschärfung des Sinnes (~EYE!QELV = »erwecken, geschichtlich auftreten lassence). Gott hat Pharao dazu bestimmt, daß er an ihm seine Macht (6~) kundtun kann; dies Handeln Gottes an Pharao soll zum Anlaß der Verkündigung des Namens Gottes werden. Pharao wird damit in doppelter Weise zum Objekt des göttlichen Ratschlusses. Man könnte fragen, worin die göttliche 6~ besteht: haben wir an die göttliche Strafgewalt zu denken, die in den Gerichtstaten sichtbar wird, oder an die göttliche Freiheit, den einen Menschen anzunehmen, den anderen dagegen zu verhärten IO? Sieht man aufden Zusammenhang mit den nächsten Versen, dann legt sich die Vermutung nahe, daß es sich um Gottesfttit Schöpft'mllUlU handelt, die an Pharao sichtbar wird. Gott macht ihn zum Warnzeichen ('t6x~), das in die Verkündigung eingeht (~ 6uryyd,fl). Auch in der Dunkelheit dieses Geschehnisses verbindet sich Gottes Name in einer besonderen Weise gerade mit diesem MenschenIl. In der Heilsgeschichte macht Gott immer wieder Menschen zu Zeugen seiner Barmherzigkeit, aber ihnen stehen die Beispiele seiner Ungnade und Verhärtung wie ein Schatten der gleichen göttlichen Schöpfennacht gegenüber. Man hat diese Tatsache einschränken woUen: es gehe hier allein um die geschichtliche Rolle dieser Menschen, nicht aber um ihr persönliches Geschick im Gericht; doch ist das Geschehen hier auf Erden eng verflochten mit dem, was im Heilsplan Gottes über den Menschen bestimmt ist. Eine Scheidung zwischen der geschichtlichen RoUe, die Gott dem Menschen zudiktien, und dem ewigen Ratschluß, der über den Menschen verhängt ist, läßt sich schwer durchfuhren 12. V 18 zieht wie V 16 die Konsequenz aus dem vorher angeführten Schriftzitat. Der Form nach haben wir es mit einem Lehrsatz zu tun, 9 Der Grundtext von Ex 9,16 hieß: .. Aber um deswiUm habe ich dich bestehen la.ssen (~m=J), aufdaß ich dich meine Krafuehen lieBe«. Die LXX schwächt ab: .Und um deawillen bist du erhalten geblieben (6~), damit ich an dir meine Stärke erwei.le«. Paulua illgt zwar der LXX oder einer verwandten überKtzung, sagt aber .tatt 6~ aktiver ~'4lC1 CJ!, was an .ich dem Mu. enllprechen kann. Statt 'riIV lcJx6v 1'0\1 LXX liest Paulu. 'riIV b6vcq.&(v 1'0\1 (wie Ex 9.16A). 10 Mit Paulua verwandt i.t ein griech. Zusatz zu Sir 16,14: .. Der Herr verhärtete den Pharao, ihn nicht zu erkennen, damit aeine Taten bekannt würden allem unter dem Himmel; der ganzen Schöpfung i.t Kin Erbannen offenbar, und aein Licht und.eine Finatel1Ül hat er den Menschen zugeteilt«. Der hebr. Text weicht in aeiner Tendenz etwu ab (Str-B 111 269). 11 Außiallend ilt du doppelte ~ (im Unterschied zur LXX), du die göttliche Abticht noch deutlicher hervortreten läßt (WiederbolUIII!). PaulUi nimmt übripl bestimmte alneswnentlicbe AUllagm auf: lOlch aberwerdeaein Herz verhärten« (Ex4,21; 7,3; 14,4.17) bzw.llClerHerrverhärtete Pharao. Herz« (Ex 9,12; 10,20; 11,10). Gottea~ und Gonealrvotaaenllprechen einander.lndem PaulUi auf Pharao aI. Warnzeichen hinweiat, erfüllt er lelbtt die Abticht Gones (lmmt; 6cay-
yt).U ... ). U GAUGLU R 11 53: .. Es geht allein auf die RoUe des Hernchen in der Heilagcschichte, es geht nicht auf du perlÖnliche GelChick dieaes Menschen im Gericht. Die überinterpretation, die hier du ewige U neil Gouea über die einzelnen Menschen ausgesprochen findet, iat gerade der Fehler der alten Prädeatinationalehre-.
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Die Freiheit und die ErwähJuog
der in zwei gleichgebaute Satzhälften zerfällt. Zunächst nimmt Paulus das Motiv der Barmherzigkeit aus V 15 (Ex 33,19) auf(D ergänzt 6 tE~). Wie Gott sich erbarmt, so verhänet er. mcA.'lQUvELV entspricht als Ausdruck für eine bestimmte verwerfende Tätigkeit Gottes innerhalb seines Heilsplanes der alttestamentlichen Tradition (Ex4,21; 7,3). Nurim Zusammenhang mit einer bestimmten alttestamentlichen Tradition kann Paulus dies Verbum aufdas göttliche Werk btziehen, während es sonst im Neuen Testament gerade den Widentand des Menschen gegen das göttliche Wort beschreibt (Apg 29,9; Hebr 3,8 ff.; 4,7). Auf jeden Fall steht dies ))Verhänencc Gottes innerhalb, nicht außerhalb des göttlichen Heilsplanes. Das wiederholte ttÄELV zieht die Aufinerksamkeit auf sich (auch V 22). Nach dem GlUuliltnmllidtm ~ haben wir zu untencheiden zwischen einem Verhärten Pharaos durch Gott (Ex 4,21; 7,3) und dem Haruein des Herzens Pharaos als Zeichen seines U ngehonams gegen Gott (Ex 7,14). Das Verbänen als Wirken Gottes auf Pharao belteht darin, daß Gott ihm die Möglichkeit des Hörena und Gehorchens nimmt und den Widentrebenden in seinen Heilsplan einfugt, ihm also eine bestimmte Rolle zuweist. Das )t Verhärten« und )tHauen« Gottes ist ein Zeichen seiner Verwerfung und Auadruck der freieD Schöpfennacht Gottes (seiner ~). In dieser Verhänung liegt schon im Alten TestameDt die Absicht Gottes, sich zu verherrlichen (Ex 10,1; 14,4), aber rur Paulus ist dies Wirken Gottes nicht nur ein Letztes, sondern auch ein Glied im Heilsplan Gottes. Die Betonung der freien Schöpfennacht Gottes entspricht der Tiefe und Häne des alttestamentlichen Gottesgedankens, und es ist bezeichnend, daß Paulul diese Häne und Tiefe gerade in der Auseinandenetzung mit Israel zum Ausdruck bringt. Gottes unterschiedliches Wirken widenpricht nie seiner ~rechtigkeitcc, wird nicht zur Willkür. Die Frage der menschlichen V"tI1tIwortlidJuit Iteht hier nicht zur Diskussion. Da Paulus sie aber in Köm 10,16 ff. ausdrücklich berücksichtigt, schließt er lie in seiner Erwählungalehre nicht aus, sondern ein. Es gibt keine Verwerfung durch Gott oIuu die menschliche Verantwonlichkeit. Und doch widenpricht Paulus der jüdischen Tradition, soweit lie den U ngehonam Pharaos als eine Vorausaetzung rur die Verwerfung durch Gott ansieht. Die göttliche Verwerfung umsclrJiljJt den menschlichen Widentand, veranken also den geschichtlichen Vorgang in einer letzten theologischen Tiefe. Solange der Menach nicht erkennt, daß er in jedem geschichtlichen Verhalten und in seiner ganzen Existenz umachJoasen ist, hat er Gott noch nicht als Gott anerkannt (Ps 139,5). Das Schriftzitat Ex 10,1: »ich habe sein Herz verhärtet« hat in der JIOkmiscItnl ~ d"ulQlllg zwischen Juden und Häretikern (Minim-Judenchristen?) eine Rolle gespielt, wie ein rabbinisches Lehrgeapräch zeigt (Ex r 13 = Str-B 111 269). ~~R. Jochanan (geat. 279) hat gesagt: Auf Grund dieser Stelle haben die Häretiker (Minim) Gelegenheit zu aagen: Es hing nicht von ihm ab, Buße zu tun, denn es heißt Ex 10,1: Ich habe sein Herz verbänet.cc R. Schimeon bLak.isch (um 250) dagegen exegesien: Nachdem Gott fiinfmal zu ihm geschickt hatte, ohne daß lich dieser um seine Wone kÜJnmene, sprach Gott zu ihm: du hast deinen Nacken han gemacht und dein Herz verhärtet, .iehe,1O will ich Unreinheit zu deiner Unreinheit hinzufügen. Das meinen die Wone: ich habe sein Herz verhänet.« Es geht bei Paulus nicht um eine theologische Spitzfindigkeit oder um eine Spekulation, sondern um die ReüWit du lJiblisclrm Gottesltdakms. Der Schöpfer letzt seinen Willen durch Menschen und Geschichte durch, wenn sie ihm gehorchen, ent recht aber, wenn sie ihm widerstehen: alle Wege des Menschen und der Geschichte fUhren also zu Gott zurück und auf Gott hin. Wie rur das Alte Testament und das Judentum überhaupt ist auch fUr Paulus Gott der Schöpfer in einem einzigartigen und unvergleichlichen Sinn. D" Scltipfn
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ist Ur verborgen SeMffnuk. Dieser "Realismusec des Schöpfen ist durch das Christentum bestätigt, ja sogar weitergeführt worden. Neben Gott kann sich der Mensch nicht behaupten, er kann sich Gott nur unterordnen. In diesem Sinn erzieht Röm 9,14 ff. zur radikalen Demut gegenüber dem Schöpfer. Selbstventändlich ist jedes »Hassen« und ,Nerwerfentc Gottes ein Zeichen seines Gerichtes und seiner Gerechtigkeit; die praedestinatio ist ja nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich ventanden. Man hat durch mancherlei Hilfslinien venucht, die paulinisehe Erwählungslehre zu erweichen. Aber man darf nicht übenehen, daß schon das Rabbinat daran gearbeitet hat, die alttestamentlichen Anstöße zu beseitigen. Die paulinische Exegese ist nicht rational aufZulösen, sondern sie will bewußte Anstöße in den Weg legen. Die Aussage »Gott verhänettc bedroht jetztj. Menschen, auch den Juden (Röm 9,24 ff.), wie auch Gottes Barmherzigkeitjuiem Menschen, auch dem Verworfenen, erkennbar ist (Röm 9,22). Die alttestamentlichen Anstöße dienen für Paulus dazu, den Weg des Evangeliums in der Gegenwan venländlich zu machen. Im A'fIS1o}J lugt Gotta Gtheimnis (Röm 9,33). Schon die alttestamentliche Geschichtsbetrachtung ist teleologisch, d.h. auf ein Ziel ausgerichtet. Es geht den Propheten um Gottes "Werkcc und •• Plan« Ues 5,19; 28,29; 4ü,13; 46,10 f.). Diese Geschichtsbetrachtung ist in der jüdischen Apokalyptik und im qumranitischenJudentum weiter ausgebildet worden. Auch die paulinische Exegese arbeitet in Röm 9-11 mit Begriffen und Denkformen der prophetischen Geschichtstheologie, die allerdings durch den Hellenismus verdeckt werden (alttestamentliche ~ und paulinisehe KQ66w..;). Der neue Einwurf V 19 liegt in der gleichen Linie wie V 14: der jüdische Geg-
ner, der nach der Gerechtigkeit Gottes fragt, kaan sich darauf berufen, daß Gott den Menschen für sein Verhalten verantwortlich macht; ja, nach der alttestamentlichen Erzählung tadelt Gott Pharao immer wieder (Ex 7,16; 8,25; 10,3). Der Gegner wirft nun zwei Fragen ein: Die erste setzt voraus, daß Gott den Sünder zur Rechenschaft zieht, die zweite wiederholt die alte Erkenntnis, daß kein Mensch Gott widerstehen kann 13. Beide Einwände sind nicht .unberechtigt und lassen an sich keine Widerlegung oder Apologetik zu; gibt Paulus diese Einwände zu, so ist sein Satz, daß Gott auch dem Sünder seine Rolle in der Geschichte zuweist, bedroht. Gott kann doch den Sünder nicht für das zur Rechenschaft ziehen, was er selbst in seinem Plan festgelegt hat. Außerdem widerstrebt ja der trotzigste Sünder nur dem Wort und Gebot Gottes, nicht aber seinem Wirken. Paulus weist in V 20 die beiden Fragen mit einem scharfen Verweis zurück. Die Anrede 00 civitQWXE erinnert den Redenden an sein Menschsein und an seine Distanz von Gott; auch das nachfolgende J.LEYOÜV YE (= vielmehr) dient dieser scharfen Zurückweisung l4 . Es sieht für Paulus so aus, als habe der Mensch die ihm gegebenen Möglichkeiten überschritten. Er ist nicht in der Lage, Gott Widerrede zu geben oder ihm gar Vorhaltungen zu machen (c'1vtwtOXQtvwtaa. Lk 14,6). Eine Gegenfrage, die Paulus selbst stellt, nimmt einen bekannten alttestamentlichen Bildstoff auf, der das Schöpferrecht Gottes seinen Geschöpfen gegenüber hervorhebt. Bezogen sich V 15 und 17 auf Exoduszitate (Tora), so erinnert II Daß der Gegner nur vom JloVA.'11ACl toü ino\J, nicht aber von seiner 1tQ6tE~ reden wo, ist sehr bezeichnend. dt; äv6tantxev ist als gnomisches Perfekt zu ventchen. Vgl. den Wordaut von Sap 12,12 mit dem paulinischen Text: Ut; yQQ tQä U bto(T)OQt;; i\ Ut; ävtLO"t1JoE'tat. ui> XQ(IAClU 00\1; I. ~OÜVYE steht hinterW~E bei. A(B) Orig.,vorw ~ bei l( und fehlt völlig bei p46 D·FG. Zur Stellung am Anfang des Satzes vgl. auch Luk 11,28; Röm 10,18; Phil 3,8.
312
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und
di~
Erwählung
V 20 an dieJesajarolie (29,16; 45,9) und an die Weisheitsliteratur (Sap 12,12). Jes 29,16 schilt über die VtrUltrllwil. daß du Geschöpfden Schöpfer verleugnet und daß du Gebilde den Bildner verachtet. Jes 45,9 spricht ein Wehe über den, der mit seinem Bildner hadert, obwohl er nur Scherbe unter irdenen Scherben ist. Derselbe Stoffwird in venchiedenen Abwandlungen immer wieder benutzt, um die Auflehnung des Geschöpfes gegen den Schöpfer zu treffen. Vor allem schildert Sap 15,7 das R.echt des Töpfers, Gefäße zu allen möglichen Zwecken zu schaffen und zu verwenden. Im Rabbinat und im hellenistilchenJudentum ist dieser Bildstoflbekannt und beliebt gewesen, 10 daß Paulus weniger zitiert als vielmehr einarbeitet (»Anspielungen«). Erwählung und Verwerfung sind für Paulus AUldruck seiner SdIiiI/tIJtIshIn. Auch du menschliche Handeln wird in den Rahmen dieses Geschehens eingespannt. Nur wenn du Eigmrecht des Schöpfers heraustritt, ist der biblische Schöpfunpgedanke gewahrt. Da Gott für du Alte Testament immer der Gerechte bleibt, wird die Erwählung des Menschen nie zur Willkür. Wer Widerrede gibt (~vm&cu upOap), greift damit seinen Schöpfer an und setzt sich dadurch selbst ins Unrecht.
Wir haben in V 20 f. ein DoJIIHlgltichnis vor uns, von dem das eine das ande~ ergänzt und erläutert. Die Gegenüberstellung tb ~ - /) KA.aa~ entstammt J es 29,16 und geht letztlich auf den Schöpfungsbericht selbst zurück (Gen 2,7) 15. Die andere GegenübentelJung /) ~ - /) mJA.6c; erinnert anJes 29,16; 45,9 und hat eine altorientalische Tradition hinter sich. Wir haben wohl den Genitiv tOÜ m)Aoü auf ~o(av zurückzubeziehen: hat nicht der Töpfer Vollmacht über den Ton? ~(a (hebr. n•..,) umschreibt wie 6iMq&~ (V 17) die Freiheit Gott~ als des Schöpfen. Es kommt Paulus daraufan,jede Selbstherrlichkeit des Geschöpfes zu zentören. Der Töpfer kann aus demselben Ton Gefäße zu ehrenhaftem oder unehrenhaftem Gebrauch hentellen, je nachdem, wie er das Gefäß benötigt. Es ist wichtig, auf die stilistische Form zu achten: wie der Einwurf des Gegnen in V 19 in einer doppelten Frage besteht, so antwortet Paulus selbst in V 20 ff. mit einer Reihe von Gegenfragen. Er kann sich dabei schon aufdie prophetische Form des Alten T~taments berufen Ues 29,16; 45,9), aber ohne Zweifel zeigt dies Spiel und Gegenspiel von Fragen die Erregtheit in der Argumentation an. Paulus steckt hier nicht die Grenzen der göttlichen Gerechtigkeit ab, wie man dies nach V 14 erwarten würde, sondern er greift aufdie letzten Voraussetzungen der menschlichen Existenz Gott gegenü ber zurück. Nur in diesen Voraussetzungen liegt die Möglichkeit, Gottes Gerechtigkeit zU.ventehen und anzuerkennen. Paulus weicht also nicht aus, sondern spricht auch hier zu seinem Thema. Im Einzelnen zeigt jeder Begriffseinen festen Sitz in alttestamentlichen und orientalischen T,tUliJionm:~, mJA.6c;, ~ m>Wv (im Sinn von ~LV), oxriJ~ (hebr. ''?i'), tLf1yt-Qt..,.ua; lediglich cpUQ
wird auch sonst gern in der Schöpfungstradition verwandt (Gen 2,7 f. 15; 1Clcm 33,4;
Diop 10,2). 16 Zum Bildatoff: Töpfer-Ton vgl.Jes 29,16; 45,9; 64,7;Jer 18,3-10; Hi 10,9; 33,6; Sir 33,13; Sap 15,7 und rabbiniache Paral1elm (Str-B 111 271). Abgewandelt ist der BildatotTauch in IQH 1,21, wo es vom Menacben heißt: -ein ohnmichtip Gebild~ aus Ton, geknetet aus Waacr«. Di~ UmachreibUIII des Menac:hm als ..Lehmgebilde« ist ~ine festgeprigte Stilfonn in den Psalmen der Qumran-
Röm 9,14-29
313
daß der Töpfer nicht ent nach der Herstellung den Zweck der Gefäße bestimmt, sondern von vorne herein sie zu einem bestimmten Zweck anfertigt (Lagr R 238). Auch· das Bild der Gefäße, die zu einem ehrenvollen oder schimpßichen Gebrauch angefertigt sind, dürfte in einer bestimmten überlieferung und in verschiedenen Abwandlungen nachweisbar sein (Sap 15,7; 2Tim 2,20 f.)17. Wir haben es mit einem BildstofTzu tun, der hier einen begrenzten Dienst tut: es kommt Paulus auf das Schöpferrecht und die Zielsetzung Gottes an, der Menschen in seinen Heilsplan einspannt. Man darf daher das Bild nicht theologisch pressen: den Töpfer verbindet mit seinem Werk kein Liebesband, darum trifft es auch kein Zorn (Schlatter, Gerechtigkeit 304). Der Mensch ist auch nicht nur Gefäß, weil er ja selbst verantwortlich ist (Dodd R 159). Die neue Satz periode V 22 hat keinen Nachsatz l8 . Man könnte den Venuch machen, den Ven sinngemäß zu ergänzen: ))wenn Gott in der Absicht, seinen Zorn zu erweisen ... , die Ge6.ße des Zornes ertragen hat, dann ist von seiten des Menschen kein Einspruch möglieh ... «. Diese stilistische Unvollkommenheit ist allerdings nicht ungewöhnlich l9• Es folgt in V 25 ein aufschlußreicher Absichtssatz, der mit xat tva eingeleitet wird: »Gott handelt so in seiner Freiheit, damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit zeige ... «. Es schließt sich in V 24 ein Relativsatz an, der eine überraschende Wendung bringt: ))zu denen er auch uns berufen hat, nicht nur aus den Juden, sondern auch aus den Heiden ... «20; Grundsätzlich wird man sagen müssen, daß Paulus von V 22 an eine Reihe theologischer Argumente einbaut, die einen neuen Sinnzusammenhang ergeben; in der äußeren Form sind sie so eng ineinander verwoben, daß man sie logisch und stilistisch auflockern muß. gemeinde: IQH 3,23 f[; 4,29; 11,3; 12,26.32 u.ö. ZucpUQOf.IO. vgl. BauerWbs.v. Zum Ganzen vgl. G. MAlER, Mensch und freier Wille, 1971,375 f[ 11 Die Wendung ~ 't1.I1ftY (hier betont vorangestellt!) dürfte einen Genitiv enetzen. ~ 'tLtdJv und ~ änt&Lav bedeuten sicherlich nicht: .. wertvoUcc und ..weniger wertvoll« (wie z.B.· LAGaR 238 meint), sondern ..ehrenvoll« und »verächdichcc, »schandbarce (10 ZnR 457). Außällig ist der Sprachgebrauch von Der 27b.28a (Str-B 111 271 f.). 11 ZnR 458 macht darauf aufinerbam, daß im Abschnitt Röm 9,19-21 das Prüens, von Röm 9,22 ab der Aorist überwiegt, daß allO schon äußerlich die Venchiedenheit der Abechnitte erkennbar werde...Aus dem Prüenader theoretischen Erörterung kehrt Paulul hiermit zur geschichdichen Betrachtuns zurück und knüpft in Bezug auf die Wahl der Ausdrücke an V 17 wieder an« (TM. ZAHN). Man achte darauf, daß V 14-18 einen Sloffaus der Tora, V 19-21 aus den Nebüm nebeneinander steUte, daß V 22-24 tiil KtIfU~ aus beiden Stoffen zieht. Daher finden sich in V 22-24 Anspidungen sowohl auf die Pharaogeachichte als auch auf die Prophetentradition. 19 Origenes hält d 6t am Anfang von V 22 rür überflüssig und möchte diese Worte weglauen (Ruf. 1149 C-1150A). Andere Exegeten trennen d 6t ab und beginnen mit 6tMov einen neuen Satz, z.B.: ..Wenn du danach fragst, warum es den Bösen jetzt ol\gut und den Guten schlecht geht, 10 verhält es sich 10 .•. ce (K. H. SatELKLE, Paulus357). Die Exegese fragt seit alten nach dem Sinn des Partizipl ~ 6~. Will Paulus sagen: »obwohl Gott willce oder: .. weil Gott will«? Im enten Fall würde das Schwergewicht auf das neu eingeführte Motiv der Langmut Gottes venchoben werden (..Gott will den Gefäßen des Zornes Gelegenheit zur Sinnesänderung geben«, vgl. Röm 2,4). Eine derartige Verlagerung des Schwergewichtes würde aber der ParaUde von V 22 zu V 17 widersprechen; 10 liegt es näher, tl6t nicht advenativ zu deuten und &fl.ont kausal aufzuben. 30 Ein Fragezeichen hinter den angefügten Rdativaatz zu setzen, wie es im Nesde-Text geschieht, emp6eh1uich nicht. C. v. TISCHENDOusetztdaaFragezeicbenhinterV 23, ein Komma hinter V 24. Es ist schwer, bei einem Anakoluth eine sachgemäße Entscheidung zu fällen.
tIuow,is,'"
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Die Freiheit und die Erwählung
Das Schöpferrecht Gottes vollzieht sich nach beiden Seiten hin und wirkt sich sowohl als Zorn wie auch als Bannherzigkeit aus. Wenn dem so ist, dann wird auch in diesem Fall kein Einspruch des Menschen möglich sein. Paulus nimmt zunächst Motive von V 17 wieder auf, verarbeitet aber auch den Bilds toff V 20 f. und bestätigt außerdem das Motiv der Erwählung Gottes (8,17.30). Inhaltlich führt Paulus den Gegensatz 6QYiI und J.UlXQOh,,(a in das Verständnis des Schöpferrechtes und des richterlichen Handelns Gottes ein: Gott handelt mit dem Menschen nicht blind, sondern richtet sich nach dem Gesetz seiner Gerechtigkeit, die sich in Zorn und Langmut verschieden offenbart (Röm 2,4 f.). Zorn und Langmut schließen einander im Schöpferrecht Gottes nicht aus, sondern bedingen sich gegenseitig. Auch Pharao, der als typische Gestalt des Heidentums den Zorn Gottes in seiner Realität sichtbar macht, ist nicht losgelöst von Gottes Langmut, sondern wird durch sie während seiner ganzen Existenz getragen. Und doch steht hinter seiner Erscheinung ein erstes und letztes Urteil Gottes, ein richterliches Nein, das den Pharao ins Verderben schickt21 • Wie Paulus tvöd;a06aL (V 22) auf tvÖd;WJ.UlL (V 17) zurückbezieht, so auch tO öuva'tOv 'toü (V 22) auf~v öirvaJUv 1'0" (V 17). Es ist aber bezeichnend, daß in V 22 60YfJ und 'to övvQ'tOv aÜtoü nebeneinander treten: im Erweis des Zornes Gottes liegt gleichzeitig die Darstellung dessen, was ihm möglich ist. Auch sein Zorn ist Manifestation seiner Macht. Gottes Zorn wird in diesem Zusammenhang radikal gedacht: er ist nicht nur Reaktion auf eine menschliche Handlung, sondern ein umfassendes Gericht, das die ganze menschliche Existenz vom Anfang bis
av-
Zl Es geht Paulus bei den »Gefäßen dts Zorns« (axt'Örl ÖVfiIIi), die zum Verderben bestimmt sind, zunächst um die Heiden, die analog dem Pharao (V 17) außerhalb des Bundts Gottes mi t Israel stehen. Paulus verwendet in V 22 einen allgemeinen Gedanken jüdischer Theologie, der seinen prägnanten Niederschlag in Sap 12,20 findet: d ytaQ tx&QOiIIi :n:a(bwv CJOU xal öcpw.ol'fvou~ eavG"C'f)
J.&nO"COOQ<m,lim.~Ii:n:()OOOXii~XQ16dpEW«;()oU~XQ6vou~XQ1"C(mov,ÖL'.m.MallayciXJLv "'~ XQ~ ... Da aber der paulinische Gedankengang zwischen dem wahren Israel und dem '10QCIiIÄ 00Qxa untencheidet (Röm 9,6), droht das richterliche Handeln Gottes in der gleichen Weise dem Juden und dem Heiden, wie auch die Berufung beiden gilt (V 24). Die doppelte Prädestination gehön zu den Grundlagen in der Theologie Qumrana. Dam 2,7 f.: »Denn Gott hat die Gottl~ sen nicht erwählt von Anfang der Welt an, und ehe sie noch geschaffen waren, hat er ihre Taten erkannt und hat verabscheut ihre Geschlechter von Uranfang an und hat sein Antlitz verborgen vor dem Lande, sie zu vernichten bis zu ihrem gänzlichen Untergang.« Vgl. den Psalm 1QH 15,120:: ..Und ich erkannte durch deine Einsicht, daß es nicht im Vermögen des Fleisches liegt, ... daß der Mensch seinen Weg bestimme, und der Mensch kann seinen Lebensweg nicht festsetzen ... Du hast ihn bestimmt, bevor du ihn erschaffen hast, und wie könnte er deine Wone abändern? Du allein ... hast den Gerechten (erwählt) vom Mutterleibe an und ihn rur die Zeit des Wohlgefallens bestimmt, damit er bewahn werde in deinem Bund, ... und um über ihm (auszuschütten) die Fülle deiner Barmherzigkeit, und um zu lösen alle Not seiner Seele zu ewigem Heil und stetem Frieden ohne Mangel, und du erhebst aus dem Fleisch seine Herrlichkeit. Die Gottlosen aber hast du enchaffen (zum Gericht) nach deinem Wohlgefallen, vom Mutterleibe an hast du sie geheiligt zur Schlachtung, denn sie wandeln aufeinem Weg, der nicht gut ist, ... und haben kein Wohlgefallen an allem, was du befohlen hut, vieimehrGcfal1en an dem, wu du hassest ... Du hast sie bestimmt, um an ihnen große Strafgerichte zu vollziehen vor den Augen aller deiner Werke, daß sie ein Zeichen seien ... " Verwandt sind auch die Ausführungen von ApkAbraham 22,'>-7 (»Die aufder linken Seite ... Die auf der rechten Seite ... «), die offenbar ebenfalls dem Essenismus nahestehen. Grundlegend fiir diear Anschauung ist IQS 3,1'>-17.
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Röm 9,14-29
315
zum Schluß bestimmt. j.WXQO'Ö'UJALa und fÄWS dürfen nicht miteinander verwechselt werden (Kühl R 334): Gott läßt die Schuld des Menschen geschehen, ohne einzugreifen, nicht nur deshalb, weil er dem Menschen Zeit und Raum gönnt, sondern auch, weil er das endgültige Verderben erst dann durchführt, wenn seine Stunde gekommen ist11 • Es ist nicht zufällig, daß V 22 alttestamentlich gefonnt und mit biblischen Begriffen gefüllt ist, um eine gewisse Feierlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Der Begriff»Gefäße des Zornes« (V 22)13 zieht den entsprechenden Begriff der »Gefäße der Barmherzigkeit« (V 23) nach sich: Gott offenbart in diesen Gefäßen nicht nur seinen Zorn und seine Barmherzigkeit, sondern sein Zorn und seine Barmherzigkeit schaffen derartige sichtbare Zeichen seines Wirkens. ÖQyi) und cbtmAew gehören zueinander: im Zorn Gottes tut sich das zukünftige Verderben ebenso kund wie in der Bannherzigkeit die zukünftige Herrlichkeit; also sind auch fÄ.E~ und ö6!;a eng miteinander verbunden. Der Auftau in heiden Versen mlspricht sich daher gnuzu. Auch die beiden Verben XO't(lQ'tet;ELv (V 22) und 1I:{)OE'tOLJ,Uit;ELv (V 23) gehören eng zueinander; beide weisen auf das vorzeitliche und vorgeschichtliche Handeln Gottes zurück14. Ein sachlicher Zusammenhang besteht zwischen der Denkform von Röm 9,22 und der von Röm 3,25 (tvöEc;aa6w - Et; fvÖa.;LV, tv 1I:oUfI JA.aXQO'Ö'UJAL(l- tv 'tfI avOX'Ö 'too &00). Gottes Weltregiment vollzieht sich in Manifestationen seiner Gerechtigkeit; auch dort, wo er seine Gerichte herausstellt, sind seine Langmut, sein Zuwarten, seine Geduld nicht verleugnet. Strenggenommen stellt Paulus nicht »Gefäße des Zornes« und »Gefäße der Barmherzigkeit« gleichgeordnet einander gegenüber, als wolle er die Geschichte der Menschheit in einen Dualismus auflösen, sondern er denkt vom Heilsplan Gottes aus, der sich der Gerichte bedient, um den Weg der Barmherzigkeit zu Ende gehen zu können. »Der Zorn zerbricht die, die er trifft, damit geschehe, was der Erbarmer will« (Schlauer, Gerechtigkeit 305). Den Begriff)>Gefäße der Barmherzigkeit« biidet Paulus antin Ein besonderer Ton liegt auf dem Verbum t,vE"'(Xn' (V 22): dies ))Tragencc (Enragen) Gottes ist eine Ausdrucksform der göttlichen Langmut, die Paulus in belOnderer Weise rühmt (MAAn fällt daher auf). Der alttestamentliche Zusammenhang Uer 27 ,25: ~EYXE'Y ~a oxt\rr) ÖQYiIC;) gehön sachlich nicht hierher. 1JoxeUrj ÖVftlc;erinnert als BegrifTanJer 27,25 LXX (auchJes 13,5), doch hat erim alttestamentlichen Zusammenhang eine andere Bedeutung. Bei Jeremia ruft Gott zu einem Gericht über Babel auf, das sich wider Gott aufgelehn t hat. Gott 6i.ngt Babel, ohne daß es Babel merkt. Er hat seine Rüstkammern aufgetan und seine Zorneswaffen herausgeholt (ähnlichJes 13,5). Die Zorneswaffen sind die Mittel der Züchtigung in der Hand des Herrn (Targ,Jes 13,5 LXX umschreiben den Begrift). Auch rur Paulus sind die ..Gefäße des Zornes« Gottes Werkzeuge, die seinem Heilsplan eingeordnet sind. Was Zorn Gones ist, wird an ihnen offenbar. Aber der Begriff nimmt noch eine neue Färbung an: Gott läßt an diesen Werkzeugen seinen Zorn aus, weil sie sein Gericht verdienen. ScHI.AlTEa, Gerechtigkeit 305 bestimmt den Begriff umfassender, als es gewöhnlich geschieht: ..Schwerlich entspräche es der Absicht des Paulus, wenn wir deuteten: Gefaße ftir den Zorn, Gefäße, in die er seinen Zorn hineinlegt. Der Genitiv wird angeben, wer diese Gefaße geformt hat. Die Ereignisse, an die Pautus denkt, stehen unter der göttlichen Absicht, den Zorn zu zeigen. Diese Absicht ist das, was diesen Gefäßen das Dasein, die Wirksamkeit und die Macht verleiht.cc l4 xatcl{rttt;av und ~ol.f&l1tav dürften in liturgischen Zusammenhängen eine besondere Bedeutung gehabt haben (Eph 2,10); sie stammen aus alten Traditionen und entsprechen sogar hebr. Äquivalenten (Str-B I 981 0:).
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Die Freiheit und die Erwählung
thetisch neu; gemeint sind die Menschen, an denen Gott seinen ganzen Reichtum kundtun wird. Die doxologische Wendung »Reichtum der Herrlichkeit« erinnert an den liturgischen Zusammenhang von Eph 1,18. Nennt Paulus den Menschen nach semitischem Sprachgebrauch »Gefäß« oder »Gerät«, dann erinnert er ihn daran, daß er lediglich vom Heilsplan Gottes aus, nicht dagegen von sich selbst her verstanden werden kann. Der Begriff reißt den ganzen Abstand zwischen Schöpfer und Geschöpfauf. Der Relativsatz 1I:QOI1'to4&aaEV ~ ö~av schließt den Gedankengang eschatologisch ab und erinnert an den göttlichen Ratschluß (Röm 8,30)25. Der relativisehe Anschluß V 24 geht von der theologischen Interpretation des Schaffens und Handelns Gottes in eine Art Bekenntnisstil über: Diese Gefäße des Erbannens sind wir, die Gott nicht nur aus dem Judentum, sondern auch aus dem Heidentum berufen hat. Es ist also nicht so, daß die Heiden Gefäße des Zornes, diejuden Gefäße der Barmherzigkeit wären, sondern der Ruf Gottes geht quer durch die gesamte Menschheit hindurch. Die These wird durch die nachfolgenden Schriftzitate erhärtet; der Jude setzt gern das Ergebnis der Schriftzeugnisse vor das Zitat selbst26 • Der Gegensatz Jude und Heide fand sich zuletzt innerhalb der Darlegung der Rechtfertigungslehre (Röm 3,298".), wo die Frage gestellt wurde, ob Gott lediglich der Juden Gott sei. Die Gleichstellung der Juden und Heiden zeigt sich sowohl in der Rechtfertigung als auch in der Berufung und Heiligung. Wie stark die These V 24 mit dem folgenden Hoseazitat V 25 f. verknüpft ist, zeigt sich darin, daß das Motiv tX6AtOEV zweifach (am Anfang und am Schluß) wieder aufgenommen wird (xaUaw - dtr6'flOOVtaL) ;ja, es ist sogar wahrscheinlich, daß es die Folge beider Hoseastellen (2,25 vor 2,1) bestimmt hat. Paulus will sagen, daß sich der Ruf Gottes vollzogen hat, und daß dies Ereignis die Erfüllung alttestamentlicher Weissagungen ist. So stellt Paulus das machtvolle xaÄ.taw an den Anfang (statt LXX tQö» und läßt mit ihm die Zitatenkollektion beginnen. Sie ist selbst wieder eine Interpretation des Hoseawortes und hat im Unterschied zu den bisher verwand ten al ttestamen tlichen Worten (V 15.17.20) nicht so s~hr dialogisch~n als vielmehr feierlich kerygmatischen Charakter. Sieht man auf den Inhalt der Zitate, dann gewinnt man den Eindruck, daß sie den Ruf Gottes an die Heiden in den Vordergrund stellen, daß sie aber Israels Vorrechte in der Bewahrung eines kleinen Restes wiedererkennen. Es fällt auch auf, daß die drei großen Zitate ausdrücklich den Namen des Verfassers bzw. des prophetischen Buches in einer Einführung nennen (V 25: Hosea, V 27.29: Jesaja); so kommt die biblische Reihe der Zeugen zum Abschluß 27 •
a
Auf~in~ bestimmte Entwicklung desG~tuagu muß aufinerksam gemacht werden: 2S Zum Relativsatz V 23 vgl. die Anmerkung von SANDAy-HLU)(.AMR 263: »der beste Kommentar zu die.en Worten ist Röm 8,~3Ooc. Man muß aber die einzigartige Betontheit des Bekenntnisses Kai. ~ t'lJ&C% in dieaem Zusammenhang hervorheben. 26 O. MICHEL, PaulUl und seine Bibel, 1929, 159-172 (Nachdruck 1972). 27 V 25: ~ xal tv up • Oartl AtyEL führt die folgende Zitatenverbindung Hos 2,25 und 2, I ein; tv up' OCJr)t bezieht lieh ausdrücklich auf den Text des Hoseabuches, der allerdings von Paulus stark verändert wiedergegeben wird. Zu Uya ist Gott als Subjekt zu ergänzen (V 15). ZnR 464 glaubt irrtümlich, daß das ~ xal AtytL weniger wichtig sei als andett Zitationsfonneln wie ~ ytyoamQL bzw. ytyvamaI. Y6o. So kommt er zu der Abschwächung, daß Paulul nicht einen wirklichen Schriftbeweis geben will. sondern einen lehrreichen Vergleich.
Röm 9,14-29
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man darf den engen Zusammenhang von V 22 und V 17 nicht aus den Augen verlieren. Paulus nimmt auffillienderweise das venchärfende Motiv des oxÄY)QVvEIoV hier nicht auf, sondern führt den Gegensatz ÖVftl und ~fIla ein, der dem Gottesbild »Gerechtigkeite( und »Barmherzigkeitee entspricht. V 22 denkt zunächst an Pharao und seine Schicksalsgefährten in der Heilsgeschichte, droht aher auf Grund der geschehenen Wende auch dem nichtglauhenden Israel; nach Gottes Willen sind jetzt nicht mehr nur Heiden wie Pharao verworfen und nicht nur Israeliten erwählt. Wenn Israel den Glauben verweigert, verfällt es trotz der Langmut Gottes seinem Gerichtsuneil (~ &t.oü) und dem eschatologischen Verderben (4mUAaa). Es wäre nicht ausgeschlossen, daß der Feind Israels (Pharao) und Israel selbst im Widentand gegen Gottes konkreten Anrufsich als »Gef.lße des Zornesee enthüllten. Paulus wagt aber einen derartigen Gedanken nicht anzudeuten, geschweige denn auszusprechen, sondern er begnügt sich mit der Feststellung, daß zu den »Gefäßen des Erbarmensee nicht nur Juden, sondern auch Heiden zählen. In tim ktrnIcJwtm FoIgmmgm von Röm 9,22 f. bleibt Paulus iiujJerst uorsiclalig,. I~lich die Schriftzitate zeigen, daß er bereit war, weiterzudenken. Der eigmdiclu Angriff af das jwJmlrun liegt im Sclrrift;Jl4I· Aus dem Vergleich ~clrm Septuginltl rmd PtlUlw- Text ergibt sich: 1. Zwischen den Zitaten V 25-29 müssen ganz bestimmte Zusammenhänge bestehen, da z.B. der Anfang von Jes 10,22 = Röm 9,27 an den von Paulus nicht erwähnten Anfang von Hos 2,1 LXX erinnen (xat Itv 6 iaQl~ 'tÖ)'y ulOrv 'ICJOO'IIA), da außerdem bestimmte Sticlrworte auftauchen, die ebenfalls die Zitate verbinden ( •• Nicht mein Volk« bzw. »Same« und »Rest«); man muß also auf den ganzen alttestamentlichen Zusammenhang und aufdie von Paulus gewählte Reihenfolge achten, da die ganze Zitatenkollektion offenbar in einen bestimmten Z&sillnmlrllumg der Verkündigung hineingehön. Aufkeinen Fall ist diese Zitatenkollektion V 2'>-29 zufällig entstanden. 2. Die heiden Hoseazitate 2,25 und 2,1 (nach A LXX) stehen unter dem Stichwon: •• Nicht mein Volkee und sind offenbar Verheißungswone, die einem verworfenen Volkstei1 galten; Paulus hat die heiden Zitate auf dieHeidett bezogen, die berufen, geliebt und Söhne des lebendigen Gottes genannt werden. 3. Die Voranstellung der heiden Hoseazitate zeigt deutlich, daß es Paulus zunächst auf das Erbarmen Gottes ankommt, das gerade den Heiden zuteil geworden ist; ent mit V 27 wendet.sich Paulus der Ventockung Israels und dem prophetischen ).Rest« und .>Samen« zu, von dem übrigens auch Hos 2,25 reden kann. Das Motiv des Erbarmens steht vor dem der Ventockung (Röm 9,18).
Es ist wahrscheinlich, daß derartige Zitatenkollektionen, die das biblische Won paraphrasieren, sowohl in der Verkündigung als auch in der Liturgie eine besondere Rolle gespielt haben. Es war ja auch im Judentum üblich, aus verschiedenen Textteilen einen einheitlichen neuen Grundtext so zu gestalten, wie es hier geschieht28 • Strenggenommen ist der paulinische Schriftbeweis nur dann gültig und unanfechtbar, wenn Paulus im Nordreich einen Typos der Nichterwählung oder der Verwerfung gesehen hat29 • Aber es bleibt die Frage offen, ob ein deraniger geschichtlicher Zusammenhang für die paulinische Exegese noch wichtig ist. Vor allem steht ihm das göttliche Handeln selbst vor Augen: Gott hat die Macht und die Freiheit, aus einem verworfenen Volk ein auserwähltes zu machen. Dabei ist die xA.f)OLC; der geschichtliche Vollzug der~; in der Berufung vollzieht sich die Erwählung. In der Berufung der Heiden liegt die Umkeh28 29
Vgl. Stt-B 111 274. Vgl. LAGIlR 274.
318
Di~ Fr~ihcit
und
di~
Erwählung
rung und verändene Durchführung des göttlichen Ratschlusses. Erwählung und Liebe Gottes sind eine letzte Einheit, ebenso Nichterwählung und Haß (= Verweigerung der Liebe). Die •• Nichtge1iebtecc (ein ergänzendes Fern., vgl. Gal4,27 =Jes 54, I) wird zur •.Geliebtencc werden (Röm 9,13 hat den Gegensatz: ciymtäv - t'LOELV). Besondere Schwierigkeiten macht die lokale Färbung: tv 'tcp 't6mp ... btEi, und man venucht daher, die Landschaft festzulegen, in der einst die Verstoßung (O'Ö ~ J1O" 'ÖJ&e~) ausgesprochen warl°. Gerade don, wo sich diese Ausstoßung abspielte, soU die endgültige Annahme an Sohnes Statt ausgesprochen werden. Das Zitat spricht von einer bedeutsamen Situation, in der ein früherer Gottesspruch aufgehoben wird. Sprache und Stil klingen feierlich und nehmen alte Anschauungen auf. Besonden eindrucksvoU wirkt der Abschluß, der wieder zum Anfang zurücklenkt (~ tciJv ist zudem Bekenntnisformel) . Neben das Hoseazitat, das den Heiden die Verheißung Gottes zuspricht, stellt Paulus in V 27 f. ein doppehesjesajawon (V 27 f. = Jes 10,22; V 29 = Jes 1,9), das an Israels Adresse gmchtet ist. Die Verdoppelung des Zitates zeigt, wie stark Paulus am Schicksal Israels beteiligt ist und welche Bedeutung er der JetajaRolle zwnißt. V 27 f. klingt wie ein Gerichtswort, während V 29 als Ausdruck der Hoffnung angesprochen werden kann l t . Gemeint ist, daß Gott sich nur an den •• Rest«, nicht an die große Zahl Israels halten wird. Nur diesem Rest gilt die Verheißung, daß er gerettet wird. Dies »Resttnotiv«, das aus der prophetischen Verkündigung stammt, wird den paulinischen Gedanken bis Röm 11,3 fT. begleiten (11,5: AdJ1l.&O)32. Paulus denkt hier nicht an die Rettung aus einer irdischen Katastrophe, sondern an das eschatologische Heil. Die Fonsetzung des Zitates ist gegenüber der Septuaginta verkürzt, nimmt aber eine alte prophetische Wendung wieder aufUes 28,22; Dan 5,27: mrvtwiv - CJ'UV'tq.&veLv). Es handelt sich um ein beschlossenes Strafgericht, das Gott hier auf Erden vollziehen wird. Nur so wird ein voller Gegensatz zu V 25 f. erreicht. Während das Nichtvolk an Kindes Statt angenommen wird, wird die Vollzahllsraels durch das abschließende Handeln Gottes dezimiert 33 • In V 29 folgt ein weiteresJesaja-Zitat Ues 1,9), das Ja-Man hat in du Exegewc an Palästina gedacht, wo lich di~ Ausstoßung der H~idm voUzOl und wo man im Lehrbetri~b lich von dem Heidentum schied, oder an die LandM:haft, in der du Heidmtum zu Hause ist. Man könnte daran denken, daß nach alttestamentlicher AnlCbauung die Heiden zum Zionlberg wallfAhren werden Ues 2,2 ff.; Mi 4, I n:). ZnR 465 bezieht Röm 9,25 f. auf du ung~ treue, leiner Würde buaubt~ Israel, das inl Land d~r Heidm verbannt ist. KAsEMANNR 2621Ö1t du geographisch~ Interesse auf: die jüdischen Hoflhungen werden z~ntö" undjedu Anspruch Israels zunichte gemacht. 11 Wie es in du rabbinischen O~rliefmmg häu6g heißl: .Der Prophet ruft.. od~r ..Jeaaja ruft .. , 10 entspricht dies proph~tisch~ ~v Uoh 1,15; 7,28.37; 12,44) dem hebr. Verbum "." (Str-B 111 275). PaulUi will ü Heilspchichte in d~ Au&ählung der Zitate fortführen, wenn ~ di~ Prophetm JIGIftnIlIicA nennt. Du O~rpng von V 25 f. zu V 27 ist vielleicht als Gegmuu gemeint, (mfQ entlpricht hiu JUQ( (.u ruft ü~r land.). Vielleicht wirkt bei du Zitation vonJes 10,22 f. noch du Hoteatext nach (HOl 2,1: 6 .~ uäY ulciJv 'IOQCI'ftA ltall Jes 10,22: 6 ~ 'IOQCIft).). J2 Paulus hat stall xat6AeLIAfIO (LXX) du gleichbedeutend~ ö~~ gelesen. Statt Mu.: »der Rest wird sich bekehren.. bzw .•wird zurückkehren, wieduhergcste1h wuden.. las Ichon di~ LXX: .wird Heil empfangen (~aL). I I Di~ beiden n~ben einand~r stehenden, mit dem Objekt).(yyov v~bundmen Partizipim auvttl.ciJv und CJuvdJMI)'V können v~nchiedmen Sinn haben: I. Gon müllt und verkürzt seine Verhci-
319
Röm 9,30-33
nach dem Septuaginta-Text geformt ist. Das Motiv des nRestesc( wird hier zu dem des nSamenscc, und damit tritt sein Verheißungscharakter stärker heraus. Der Einführung ~ 'lQOdQtlXE'V 'Hoa~ möchte man am liebsten ein ytyoVa' oder y(vnaL zufügen: auch dies Schriftwon hat sich in der Gegenwan erfüllt. Wiejesaja, so bekennt auch Paulus sich zum judentum, dessen ))Samecc die Katastrophe überdauen hat. Das Gericht hat sich ereignet, hat aber nicht jede Hoffuung zerstön. Die Entwicklung des Textes Ues 1,9 Mas.: ))überbleibsel, Rest«, LXX: »Same«) zeigt, daß Paulus auch in unserem Zitat das Motiv des Restes noch nachempfunden hat, daß also die Zusammenstdlung der beidenjesaja-Wone für ihn nicht willkürlich ist34 • Blickt man auf den Gedankengang zurück, dann hat Paulus zunächst beweisen wollen, daß Gottes Ruf nicht nur juden, sondern auch Heiden triffi (V 24). In Wirklichkeit haben diese Schriftzeugnisse mehr bewiesen: während die Heiden zu einem nauserwählten Volkcc berufen wurden, traf Gottes Strafgericht Israd so, daß nur ein »Restcc, ein nSame« eingeglieden werden kann. Es ist daher zu vermuten, daß dieser alttestamentliche Beweisgang eher da war als der Zusammenhang, in den er heute eingefügt ist. Der alttestamentliche Beweisgang ist schärfer als die These, um derentwillen er angefühn wurde: er spricht ausdrücklich von dem Strafgericht Gottes über Israel. Röm
9,~33:
30WU 100m wir - - . folpral
Der Stein des Anstoßes
Heidea, die Dicht DKh der Genchtipeit'"
I'"
teil, t.bea Genchtipeit erJaaat, Dimlich die Gerechdpeit, die ... dem GIaaIIea
kommt. 31 1Iber, daadem Ge8eta aach,Pit, daa.oa clerGerechtipeitlwndeJt, "t daa Ge.eta in Wirldichbit Dicht erreicht. 32Wauml Weil _ Dicht ... Ga.beB, eoadera ... Wedea precht .....dea.achte. So ........... dea s.em.se. Aa..... ,utaaea, 33wie ~ Iteht: ~iehe, ich . . in Zioa elDea SIeiD .se. Aa..... aad eiaeD FeI8ea .se. XrJenU-; ...... Um .u. Vabwea ...., wird Dicht ZII.........ea wercleal.
wer'"
AMlyst: Röm 9,30-33 erscheint einerseits wie ein Abschluß von Röm 9, ander-
seits wie eine Einleitung zu Röm 10. Der Abschnitt beginnt mit der rhetorischen Frage t( oW tQo'ÜJ.LEV. die sich auf das verwunderliche Handeln Gottes bezieht, ßung Israel jlqmübcr; 2. Gott erfüllt sein Won und verkünt die große Zahllsraela; 3. Gott erfilllt sein Won und richtet es zu (,. faßt CI zusammen, schlie8t es ab). Vulg. übcnctzt: vcroum mim conSUmmanl et abbreviaru in acquitate: quia verbum breviatum faciet DominUi luper ternm. KAsENANNR 263 übcnctzt: ..denn AbRchnung wird voUcadend und einachränkeod der Herr auf Erden halten« und argumentiert: der Sinn IOn drohend sein (- .nur t'in Rest wird gerettet«). CJUYund ouvUJ'VOJV werdm mit Dan 5,27 LXX (Theod. 9,24) eine apoka1yptiacbc Ausdrucbweist' vt'1T<'n (..durchfuhren« und ..abgekürzt handeln«). BAuETR 191 verweist aufJes 10,22 r. (.t'I'fUllen« und .. reduzieren.. ). leb achIie8t' mich ausdrücklich an dir von E. KAsEMANN abgelehntt' Deutung (- Won, Verheißung) an. Erwählungist immer ein Verwirklichungs- und Reduktionaprozeß. M Ein ähnlicher Zusammenhang findetlich auch inJes6, 13: »ein heiliger Same wird lein Wurzelstock sein«; doch fehlt gcndt' diese Verheißung in der LXX.
'tu.mv
320
Der Stein des Anstoßes
der die Heiden annimmt, diejuden dagegen unter sein Gericht stellt. V 32 setzt dies dialogische Spiel fort und gibt eine Begründung für das göttliche Handeln, geht aber dann auf die dahinter stehende göttliche Absicht ein, die sich in diesem Handeln verbirgt. Den Abschluß bildet ein Schriftzitat, das in gewisser Weise den ganzen Gedankengang trägt. Es unterstreicht auch den Charakter des übergangs. Die Freiheit des göttlichen Handeins liegt darin, daß Gott den ••Stein des Anstoßes« aufstellt (V 33). Dieser »Stein des Anstoßes« ist in gewisser Weise der Schlüssel für den schweren Fall Israels, so daß der Hinweis aufihn die ganze Zitatenkollektion Röm 9,24-29 gut abschließt. Wenn das Gotteswon zum Vertrauen auf diesen Stein aufforden, dann ist damit die überleitung zu Röm 10,1-13 gegeben. Daß mit Röm 10,1 ein neuer Abschnitt beginnt, zeigt sowohl die neue Anrede Md.qlo(, die betont am Anfang steht, wie auch der verändene Stil. Aus allen diesen Gründen wird man in Röm 9,3~33 einen Abschluß sehen, der gleichzeitig zur überleitung für das folgende Kapitel wird. Man darfihn weder aus c. 9 herausnehmen noch auch ohne c. 10 entfalten. Exegese: V 50: Die einleitende Frage'ri obv tQoÜJ'EV, die eine gewisse Parallele zum Eingang des vorangehenden Abschnittes in 9, 14 darstellt, zeigt an, daß Paulus auf den Einwand eines jüdischen Gegners gefaßt ist, der daran Anstoß nimmt, daß dasselbe Handeln Gottes die Heiden annimmt, die Juden aber als Volle unter das Gericht stellt. Paulus bekennt sich ausdrücklich zu diesem Ergebnis der alttestamentlichen Schriftzitate (daher das Ö'n) 1. »Heiden« (HvT) ohne Anikel!) haben das Ziel der Gerechtigkeit erlangt, ohne daß sie der Gerech tigkei t nachgejagt haben, wie es Israel tut. Israel dagegen, das sich abmüht, dem Gesetz Gottes Genüge zu tun, hat das Ziel des Gesetzes nicht erreicht2 • Dieser paradoxe Tatbestand darfnichtabgeschwächt werden. ErwählungundVerwerfungwaren in Röm 9 als Zeichen der göttlichen Freiheit und Macht geschilden, sahen also den geschichtlichen Vorgang von seinem Ursprung her; jetzt dagegen tritt dasselbe Geschehen in das Licht eines bestimmten Ergebnisses. Die Heilsgeschichte nimmt die Gestalt von menschlichem Gehorsam und Ungehorsam, Glauben und 1 In der patristischen Exegese fragt man, ob Röm 9,30 f. als Frage oder als Aussage zu verstehen sei. Faßt man die beiden Verse als Frage auf, dann ist zu entscheiden, ob Paulus leibst oder lein Gegner diese Frage tDnnulien hat. Andere Ausleger betonen, daß nach der rhetorischen Frage "t( oliv tQoü~ die Fortsetzung in V lOb und 31 als theologische Aussage aufzufa.ssen sei (z.B. Thdn, Aug.). Die Parallele zu V 32 zeigt, daß wir eine Aussage vor uns haben. Die Eigenart der paulinischen Gedankenführung wird abgeschwächt, wenn man in V 31 d~ v6~ Ö~XQI.OC7iMJ~ (vulg.,lt) bzw. d~ ö~ xClWO"CMJv (Konjektur P. SatMIEDEL) liest. LTZMR 94 uneilt: It~ v6twv ist aus rhetorischen Gründen wegen des Parallelismus gewählt und deshalb inhaltlich mißverständlich; gemeint ist ~ "tEAI!lWO\V v6twu oder vielmehr ganz prizise: ~ ~... PALLISR 118 nimmt eine textliche Verderbnis an und schlägt vor, E~MbvO~!; oUx fcp6axev zu leien. In V 32 wird der paulin.ische Gegensatz b xlamo!;~ fv(covebenfalls abgcschwächt,wenn man v6f.aou mit Dlt nach Röm 3,20 hinzufügt. Im Zitat selbst verschiebt sich der Gcdanke,wenn ~ zu 6 ~ hinzutritt ( 'X vulg.); auch LAGaR 251 tritt für Streichung von xci; ein. 2 V 30 und 31 sind weithin parallel aufgebaut: J1'iI ~ - ÖWJxwv; xm~EV OI.XCIWC7CM)v - E~ v6twv oUx bptaaev. oLCimnv und xm~nv (bzw. cp6avnv) beziehen sich aufeinander (»erstreben .. und ..erreichen.. ): beide Verben finden sich auch sonst nebeneinander (Ex 15,9; Sir 11,10; 27,8; Phi13, 12-14). Man vergleiche den paulinischen Text mit Prov 15,9 LXX! O~W xuv O&.XCll.OCJ"fMtv ist eine bekannte alttestamentliche Wendung.
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Röm 9,30-33
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Unglauben an. Entscheidend ist die Erkenntnis, daß wir es in V 30 f. wieder mit dem Bild des Wettlaufes zu tun haben ( I Kor 9,24; Phi13, 12-14). Damit wird aber eine Beziehung unseres Textes zu Röm 9,16 aufgedeckt: die eigentliche Entscheidung fällt in Gottes Erbarmen, nicht im ))Willen« oder ))Laufen« des Menschen3 • Paulus will andeuten, daß die Heiden nicht wie dieJ uden ihr Leben unter das Ziel einer gesetzlichen, vom Menschen zu erwerbenden Gerechtigkeit gestellt haben. Der Gerechtigkeit nachzustreben war jüdisches Ideal, das dem Heidentum fremd war. Um so auffallender ist dann die Tatsache, daß Menschen, die der ))Gerechtigkeit nicht nachstrebten« (um mit dem Juden zu reden), die »)Gerechtigkeit erreichten«, freilich eine andere Gerechtigkeit als die, die der Jude kannte, nämlich eine Gerechtigkeit auf Grund des Glaubens. Eine Gerechtigkeit auf Grund des Glaubens ist aber eine Gerechtigkeit aus Gnaden und widerspricht ganz dem menschlichen Streben und Denken. Die Eigenart der eschatologischen Gerechtigkeit tritt also gerade an dem heraus, was an den Heiden geschieht4. ÖLxal.OCJ'ÖV1l tx :rtLan:~ ist eine Gerechtigkeit, die im Verzicht auf die eigenen Werke, d.h. auf das eigene Recht vor Gott besteht. Darum ist diese Glaubensgerechtigkeit nicht auf dem Wege des ))Nachstrebens der Gerechtigkeit« erreichbar. Paulus denkt also an den Einwand desjudentums, daß es selbst ausgeschlossen sein soll, während das Heidentum angenommen werden sollS. Schlatter, Gerechtigkeit 300 f. meint, daß es im Wesen des Gesetzes liege, daß es dem Menschen fern bleibe; könnte der Mensch glauben, so wäre er nicht mehr fern vom Gesetz und nicht mehr der, der nach der Gerechtigkeit läuft, sondern der, der sie hat. Auch ZnR 471 glaubt, daß der Gegensatz darin bestehe, daß der Jude nach dem Gesetz strebe, daß aber der Vorzug des Evangeliums darauf beruhe, daß man sich im Einklang mit dem Gesetz wisse (als fvvot.aoc; 6roü). Aber damit wird die paulinische Perspektive verkürzt: auch für Paulus ist die Gerechtigkeit Gottes in dem Sinn eschatologisch, als sie immer wieder über den Menschen selbst hinausweist (PhiI3, 12). Paulus scheut sich davor, die neue Gerechtigkeit seine eigene zu nennen; sie bleibt die im Glauben an Christus geschenkte Gerechtigkeit.
Die kurze Frage, wie der in V 30 geschilderte Sachverhalt möglich ist, beant) KUHLR 342 f.; SANDAy-HEADLAMR 279; LAGI.R 249. Ein besonderes Problem besteht theologisch zwischen den Aussagen über die Stellung des Heidentums zum Gesetz Röm 2,14 ff. und 9,30. In Röm 2,14 ff. geht es um eine konkrete Möglichkeit im einzelnen Fall, in Röm 9,30 um eine vom Standpunkt desjudentums aus gesehene berechtigte Unterscheidung. KUHLR 243 venucht ebenfalls, Röm 9,30 mit 2,14 0: zu vergleichen. Er meint (im Hinblick aufRöm 9,30): "Immerhin warnuie uns, ausjencr Stelle (Röm 2,140:) ein allzu günstiges Urteil des Apostels über das sittliche Streben des Heiden abzuleiten.tc Aber CI geht Paulus nicht um die Sittlichkeit der Heiden, lOIldern um ihre Stellung zum alttestamentlichen Gesetz. 5 Wie bWntnv bLXCJl.OCJiM)v eine alttestamentliche, dem Judentum bcJwmte Wendung ist (1fT:' so ist auch vOl'OC; 6~~ das Gesetz, das dem Israeliten die Verheißung der Gcrechtigkeit vorhält (Röm 10,5). Die Auslegung der schwierigen Vene 30 und 31 muß berücksichtigen, daß die heiden Begriffe 6LXC1&OC1CM1 und v6f,&oc; ~'" gebraucht werden. Israel strebt nach eigener Gerechtigkeit, weiß aber nicht, daß es gerade mit diesem Streben der von Gott geschenkten Gerechtigkeit im Wege steht; Israel bemüht sich um das Gesetz, das von der Gerechtigkeit spricht, und verkennt, daß der eigentliche Sinn des Gesetzes außerhalb seiner selbst in Christus liegt (Röm 10,4). L TZMR 94 deutet t~ vOtwv IIptaatv im Sinn von ~ 'tWUoot.v v6faou oder von ~ b~. Tatsächlich sollte man in diesem Zusammenhang den Bcgriffdes ~ v6tWu (Röm 10,4) nicht umgehen (dAoc; eschatologischer Abschluß und Ziel). Rim 9,31 wtist tIM! Rim 10,4 1tUa. 4
:1""),
=
322
Der Stein des Anstoßes
wortet V S2; dem »)Warumcc (bLil d) entspricht die Begründung; )~arum, weil (6'tL) Israel das Gesetz, das die Gerechtigkeit verlangt, aufGrund der Werkt erfüllen wollte, und nicht aufGrund des Gltmbms« (vgl. Röm 3,27 f.; 4,5) . ~ M; fQyuJv klingt subjektivierend und stellt sich auf den Standpunkt Israels ein (2Kor 2,17; 11,16). Israel will die »eigene Gerechtigkeit« auf Grund der Verdienstlehre erwerben; aber eine Gerechtigkeit, die von Gottfestgesullt wird, steht im Gegensatz zu einer Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus hergesuUt wird. Der Widerstand Israels gegen diese Gerechtigkeit ist nicht zufiillig, sondern liegt seit langem im Heilsplan Gottes, entspricht auch der Eigenart des Christusgeschehens. Vorangestellt ist das betonte Urteil: »sie haben sich gestoßene< (und sind dabei zu Fall gekommen). Das Verbum bezieht sich auf den »Stein des Anstoßes« Ues 8,14), setzt aber vielleicht auch das Bild des Wettlaufes fort. Das nachfolgende Zitat ist eine Verbindung vonJ es 28,16 und 8, 14 und gehört theologisch in die polemische Auseinandersetzung mit Israel 6 • Vorausgesetzt ist das Bild des »Steines«, das verhüllt aufJesus Christus angewandt wird. Diese Selzung Gottes hat eine doppelte Wirkung: einerseits wird er zu einem gefiihrlichen Hindernis, über das Israel zu Fall kommt, anderseits zu einem Heilszeichen, auf das der Mensch vertrauen darf. Mit dem Motiv des »Vertrauens« (nLmEUELv) erhält Paulus ein Stichwort für den folgenden exegetischen Zusammenhang (Röm 10,8 ff.). In diesem Vertrauen liegt die einzige Möglichkeit, im Gericht nicht zuschanden zu werden.Jes 28,16 hebt die Autorität des göttlichen Handelns hervor: Wieder begegnet der freie Gott, der sich gerade im eschatologischen Ereignis gegm Israel wendet und ihm zur Gefahr wird. Die paulinische ZitatDwerhindung stellt (gegen LXX) die Gefihrlichkeit des Christusereignisses heraus, so daß die zweite Vershälfte geradezu einschränkenden Sinn gewinnt: »nur der, welcher gerade auf ihn sein Vertrauen setzt, wird im Gericht nicht zuschanden werdencc (Fut. gegen LXX). Diese Zitatenvennischung ist Ausdruck bewußter Polemik und schließt sich einer älteren Tradition an. überblickt man das ganze Kap. 9, dann fällt die Zusammengehörigkeit von Röm 9,1-5 und Röm 9,30-33 auf: der Schmerz um Israel besteht darin, daß Israel am »Stein des Anstoßes« und am »Fels des Ärgernisses« zu Fall gekommen ist, und daß es die einzige Möglichkeit, auf den »)Stein des Anstoßes« das Vertrauen zu setzen, nicht venteht. Gegenüber dieser Haltung Israels verkündigt Paulus die absolute Freiheit Gottes als des Schöpfen, d.h. alle Bundessch1ießungen und Verheißungen heben diese absolute Freiheit nicht auf. 6 Unser Text weicht von der hebr. Grundlage und von LXX erheblich ab, ist aber nahe verwandt mit der ZitatenkoUektion IPetr 2,fHI. Diese Verbindung von »Stein«-Zitaten gehört wohl zum ältesten StofTder ~lemischen Verkündigung (R. HAUIS, Testimonies I, 1916, 18 f. 26 f.;J.JEIlEMlAS, Art. U~, ThW IV 275 f.). Wenn Paulus die Zitatenverbindung übernommen hat, dann ist Jes 28, 16 als HfIII/JISUlll anzusehen, die durch Jes 8,14 in einen ganz anderen Zusammenhang hineingestellt wird. Auch der Targum deutetJes 28,16 auf einen »starken König«, den Gott aufZion einsetzen wird, also aufden Messias. Durch den Einschlag von 8,14 kommt das richtrnde und strafende Walten Gottes in das Zitat hinein. ~ und CJXl.rvOO).oy gehören auch IOnst bei Paulus zusammen (Röm 14,13). CJXl.rvOO).oy ist Anlaß zum Straucheln, zu Verführung und Sünde, muß aber hier auch in die al ttes tarnen tliche Bildsprache hineingezogen werden. I n der T extfonn von J es 8, J4 berühn sieh Paulus weniger mit LXX als mit der griech. übersetzung des Aquila und des Theodotion. Der Zusatz~zu6KtDtE6aJy iattextlich nicht gesichert (gegen vulg.). Vgl. K. H. MOLLEIl, Anstoß und Gericht, 1969, 78 fT.
Röm 10,1-21
323
Wie in der Rechtfenigungslehre stellt Paulus letztlich Gott und Mensch penonhaft einander gegenüber und löst dadurch alle geschichtlichen Vorrechte Israels bewußt auf, obwohl er sie in ihrer historisch relativen Bedeutung durchaus anerkennt (Röm 9,~5). In dieser Zuspitzung des Gedankenganges aufdie absolute Freiheit Gottes wagt Paulus Thesen und Formulierungen, die für das frühjüdische Denken anstößig waren (z.B. Röm 9,16). In den Schriftzitaten schließt er sich an Textüberlieferungen an, die härter sind als die Septuaginta (Röm 9, 17.33). Es wäre nun ganz falsch, diese Verkündigung der absoluten Freiheit Gottes als eine theologische Theorie anzusprechen, die auf sich selbst steht; Paulus will vielmehr in der Auseinandenetzung mit Israel die Stimme des Alten Testaments zu Gehör bringen. Es geht ihm nicht nur um eine aufweisbare Scheidung zwischen Begnadigten und Verworfenen, sondern er stellt vor allem beide, Verworfene und Begnadigte, einander gegenüber, um an beiden die Freiheit des Schöpfers aufzuweisen, der jeden in seinen geschichtlichen Dienst stellt. Gott ist nicht gebunden an Israel und frei gegenüber den Heiden, sondern er kann sich immer wieder aufs Neue binden und lÖlen. In der paulinischen Rechtfenigungslehre geht es vor allem um das Eigenrecht Gottes in seinem Handeln, nicht nur um die Auswirkung dieses Handelns an dem Menschen. Man darfnicht die Verbindungslinien zwischen der Rechtfenigungslehre und der Erwählungslehre übenehen: heide behaupten die Gerechtigkeit und die Gnade Gottes, beide wissen um die Verwerfung und das Gericht Gottes, beide stehen im Kampfgegen die rabbinische Verdienstlehre und die Sicherheit Israels, beide wenden sich an den Menschen schlechthin, anJuden und Heiden zugleich, heide arbeiten stark polemisch mit bestimmten alttestamentlichen Zitatenreihen, die vorgeformt sind, beide Lehren kämpfen auch mit einzelnen Denkschwierigkeiten, die schon bei Paulus ungelöst bleiben. Vor allem läßt sich erkennen, daß heide ein geschichtliches Handeln Gottes am Menschen beschreiben, das sich durch das Evangelium vollzieht (Röm 9,24). Es ist darum nicht zufiillig, daß am Schluß des Kapitels der in der Weissagung verhüllte Christus - er bleibt ungenannt - als der einzige Weg zum Heil herausgestellt wird (Röm 9,33). Die Art der Auseinandersetzung trägt die Spuren des Gespräches mit Israel. Zur Literatur vgl. jetzt: K. H. Müller, Anstoß und Gericht, 1969; Chr. Plag, Israels Wege zum Heil, 1969; G. Maier, Mensch und freier Wille nach den jüdischen Religionsparteien zwischen Ben Sira und Paulus, 1971; B. Mayer, Unter Goues Heilsratschluß, 1974.
Röm 10,1-21: Die Schuld Israels a) Röm 10,1-13: Die Stimme der Glaubensgerechtigkeit im Alten Bund 1 Meiae Brüder! Der WUlUCh meiDea Hene... und mein Gebet zu Gott für Iie .mct auf ihre Rettuaa prichtet. 2 Denn ich bezeup ilmen, da8.ie Eifer um Gott haben, . . . Dicht pmä8 richtipr ErkelmtDia. 3 Da lie ja die Gerechtipeit Gotta verkeimen und die eipae m.fmrichten ..eben, haben lie lieh der Gerechtipeit Gottea nicht UIdeI'pOI'dDet. 4 Denn du Ende da Gaeaa iat Chri..... zur Gerechqkeit fürjeden, der pauk 5 Denn Mo.eIlChreibt, cIa8 der Meuch, der die Gerechtipeit au. dem Gaetz tut, durch Iie leben wird. 6 Aber die Gerechtipeit aua Glauben .,ncht 10: ~ Dicht in deinem Henen: Wer wird in den Himmel aufIteipn1c DaI bedeutet, Chriatu. henbmhoIen. 7 Oder: .wt!I' wird in den AbpuDcI hi~1c Du bedeutet, CIuiatua au. dem Toteareich berauauholen. 8Soadem wu . . . . .1 .Nabe bei dir iat du Won, in cIeiaem MUDde und in deinem Her-
324
Die Schuld Israels
zen.. Damit btdu Wort vom GImbea pmeint, du wir vaküaclipa. 9Dean weDD
du mit deinem Muade Jau ... clea Herrn bekennet UDCl in deinem Henea ........, cIa8 Gott Um .... dem Toteareich auferweckt hat, 80 wint du preUet werdea. l°DeaD mit dem Henen .....k man zur Gerechtipeit, mit dem MUDde bekeimt man zum Heil. 11 Denn die Schrift lall ja: .Jeder, der UI Um &Iaubt, wird nicht machanden werden.. llDenn a Ut kein Untenchied zwUchenJuciea uad Griechen: deneIbe Ut Herr über alle wad el'Wei8t lieh ... Herr für alle, die Um .... rufen. 13.Delmjeder, der den Namea da Herrn aanafen wird, winlpaeuet wer· dea..
AlI4Iyse: Man darfRöm 10 nicht von Röm 9 t30-33 und dem ganzen Inhalt des vorangehenden Kapitels lösen. Erwählung und Verwerfung vollziehen sich in der Begegnung mit dem Evangelium t stehen nicht losgelöst und abseits von dem t was hier auf Erden von Menschen getan oder nicht getan wird. Das neue Kapitel beginnt mit einer für Israel eintretenden starken Versichnung, die an den Anfang von Röm 9 erinnert (V 1-2)t erhebt aber dann den durch Röm 9,30-33 vorbereiteten Vorwurf, daß Israel in der Verkennung der Gerechtigkeit Gottes seine eigene Gerechtigkeit behaupten will (V 3). Er wird durch die These, daß Christus Ende des Gesetzes sei (V 4), unterstrichen. Mit dieser These ist ein Höhepunkt des Abschnittes tTTeicld. Es folgt von V 5 an eine Gegenüberstellung von Werkgerechtigkeit und Glaubensgerechtigkeit in Form von Schriftzitaten, in der die Eigenart der Glaubensgerechtigkeit heraustritt. Es ist nicht von ungefähr, daß Worte der wichtigsten Bücher des Alten Testaments nebeneinander stehen (Deuteronomium, Psalter, Jesaja undJoel), und daß Anspielungen aufdas Bekenntnis zuJesus Christus eingefügt werden (V 6 f.,9). Durch die zahlreichen Worte des Alten Testaments und die urchristlichen Bekenntnisformulierungen bekommt der sprachliche Charakter dieses Unterabschnittes V ~13 etwas Feierliches und Gehobenes. Er ist ein besonders wichtiges Glied in der Gedankenführung des Römerbriefes. Exegese: VI: Die Anrede •• Brüdercc (zuletzt in Röm 8,12) wendet sich an die christliche Gemeinde, der das Verständnis des Problems »Israel« am Herzen liegen soll; Paulus spricht also in Röm 9-11 über Israel zur Gemeinde; Israel selbst nimmt als Partner an der Diskussion teil (9,14.19). Eine feierliche, in Form des semitischen Parallelismus aufgebaute Versicherung leitet den folgenden Angriff auf Israels Haltung ein (vgl. 9,1-5). Es ist der persönliche Wunsch des Paulus, aber auch seine Fürbitte vor dem Angesicht Gottes, daß der Anstoß und der Fall Israels nicht das letzte Wort Gottes bleiben, sondern von einem Heilswort abgelöst werden 1. Das Ziel Israels ist seine kommende Rettung (d; OO>lTIQ(av = tva oorihi)(JLv)2. Paulus rechnet mit der Möglichkeit, daß die eingetretene »Verhärtung« noch kein endgültiges und letztes Geschehen darstellt. Insofern ist Röm 10,1 überleitung zum »Geheimnis« von Röm 11,25 f. Weder der gegenwärtige Widerstand noch auch die auf die Zukunft gerichtete Hoffnung entbinden den 1
~ta
ist Semitismus (= hebr.1il1l und bedeutet hier: »Wunsch, WilIecc (ThW 11
JA.tv steht rur sich allein ohne ein korrespondierendes öt. 1
J.
A.
BENGEL
bemerkt z.St.: »non oraslet Paulus, si absolute reprobati essent«.
73~745).
Röm 10,1-21
325
rür
Apostel von seinem ernsten Eintreten das Heillsraels3 . Wurde Paulus von jüdischer Seite als Feind Israels bekämpft, so bleibt er doch unverändert in der Haltung des Fürbittenden. V 2: Mit der Fürbitte verbindet sich das öffentliche Zeugnis (f.UlQ"t\JoW): so wie Paulus selbst ein Eiferer (Gall, 14) und Unwissender (lryv<Xirv ITim 1,13) war, kann er auch von Israel bezeugen, daß es zwar um Gott eifen (tTJA.oI; 'tO'Ü &00 Gen. obj.), aber ohne rechte Erkenntnis. Auch Apg 22,3 schilden Paulus als •• Eiferercc. Der BegriW •• Eifer um Gottcc (bzw .•• Eifer um das Gesetzce) begegnet schon in der alttestamentlichen Tradition (~P.)". bdYV(OOL!i ist mehr als YVWcnI;; der •• Eifercc Israels um Gott geht fehl, weil er den konkreten Willen und Anspruch Gottes in seinem Heilsgeschehen ablehnt. bdyY(OOLI; bedeutet soviel wie die konkrete Erkenntnis und Anerkennung des Willens Gottes (Koll,9 f.; 2,2; 3,10). Mit der Anerkennung des konkreten Willens Gottes verbindet sich das rechte Verständnis dessen, was als Glaube und Heil zwischen Judentum und Christentum diskutiert wird. V S: Der Irrweg israels wird negativ und positiv beschrieben, aber diese Beschreibung wird ausdrücklich zu einem Vorwurf.lryvooüvtEli steht betont am Anfang und drückt nicht nur ein einfaches •• Nichtwissencc aus (da Röm 10,19 ausdrücklich von einem ).Erkennencc Israels spricht), sondern beschreibt ein/GIschts Verstehen, einen Irrweg im Erkennen und Denken (Lagr R 253). Paulus stellt betont einander gegenüber:" 'too troü ÖLXClLOOiM') (die Gerechtigkeit, die dem Willen und der Souveränität Gottes entspricht) und" lö(a &xaLOeJiM) (PhiI3,9: " tt'fI &)CQL()O'ÖYY) die Gerechtigkeit, die der Mensch auf Grund seines Werkes beansprucht}. Es geht in diesem Gegensatz um Gottes Gottheit und um des Menschen Widerspruch gegen Gott. Gottes Gerechtigkeit ist eine Gerechtigkeit eigener An und bleibt auch als ••Gnadengabecc ein Geschehen, in dem Gott den Menschen anerkennt und erlöst. Die .)eigenecc Gerechtigkeit dagegen ist nichts anderes als der menschliche Versuch, auf Grund eigenen Handelns Gottes richkrliches Urteil beeinflussen zu wollen5. Phil 3,9 zeigt deutlich, daß der Genitiv 'tO'Ü haü als Gen. auct. verstanden werden muß (= tx 'to,; haü)6. Gottes Gerechtigkeit ist
=
1 Es gehön zum Amt des Propheten, Fürbitter für sem Volk zu lein (z.B. Ex32,31; Am 7,1~). Es bedeutet ein beIonderes Gericht über Israel, wenn dem Propheten die Fürbitte verboten wird Uer 7,16-20).G. v. RAD, Theologie 11,63 fT. t~ entsprich t dem hebr. Begriff:'l\l~P und hat sonst eine andere Bedeutung ( I Makk 8,16). Es gibt einen .. Eifer- des Herrn um .ein Volk (Ex 20,5; Ez 16,38; 23,25); ihm entspricht von seiten des Israeliten ein t'ilA.oc; um Gott Udth 9,4; ",68,10; '" 118,139; IMakk 2,58; Phil3,6; vgl. auch Philoleg. ad Gaium 117). Dieser Eifer um den Herrn ist I.rad aufFlragen, und an ihm ist die beIondere Berufung Israel. erkennbar. Paulus bestreitet nicht Israd•• Eifer.. , schilt auch nicht darüber, daßlsrad -eifen.. ,sondem beklagt lediglich die Blindheit seines Eifers. AuchJesUi sdblt Uoh 2,17) und Paulus (2Kor 11,2) sind .Eifem-4C, allerdinp im Sinn des Evangeliums. Der falsche Eifer Israels richtet .ich gepCbristUi und sein Wen (Gall,14; Phil3,6;Apg5,17; 13,45).IHrK..",_lmuJistasDliIVAIuritta.s"~"" •• tlil RicAbov üs Elf.s. Zum Verständnis des .EifeR« vgt. Ab 5,20Juda b. Tema und B.uaE1TR 196: -enthusiasm.. ; ThW 11 879-890; M. HENGEL. Die Zeloten, Arbeiten zur Geschichte des SpätjudenlUmI und Urchristentums I, 1961, 151-234. S Die Wendung liav [b(av (6LXaWCJCMtv) cnftoaL (vgl. Röm 3,31; 14,4) klingt semitisierend (im Sinn des hebr. D'~). Ein ergänzendes 6LXQU)(J("Mp wird von. JM6 GKL empfohlen. 6 Zum Problem der -Gerechtigkeit Goue.« vgl. G. SaulENK, ThW 11 208 fT.; LtzmR. 95 f. (Exkurs); LagrR 253; KAsEMA..·.NR 272 (entscheidende Zusammenfaaung der Problematik).
•
326
Die Schuld Israels
ein eschatologisches Geschehen (nicht ))Eigenschaftcc, wie Ltzm R 95 meint), das schon jetzt enthüllt wird. Auch in der Rechtfertigung liegt also eine Vorwegnahme des eigendichen, eschatologischen Ergebnisses vor: sie ist beides zugleich, richterliches Urteil und heilschaffende Tat. Im Ton der Anklage stellt der Abschluß fest: sie haben den Gehorsam gegen die Gerechtigkeit Gottes verweigen. Der Glaube ist ein Akt des Gehorsams gegen die Botschaft Gottes (Röm 1,5; 10,16) und ist ebenfalls ein Geschehen eigener Art: er entspricht dem rechten Hören {cixofl} und der verstehenden Anerkennung (bt(YVU)(JLC;) des Evangeliums. Trotz aller Betonung des ))Eiferscc Israels bezeugt Paulus den Irrweg seines Volkes, und sein prophetisches Eintreten für sein Volk kann die Anklage nicht beschwichtigen, daß es im letzten Sinn ungehorsam gegen Gottes konkreten Willen ist. Ähnlich klagten auch die Propheten über den Ungehorsam ihres Volkes. Die Anku"t tIM! Ungtlwrstlm (OÜX 'ÖnnciyYJoav) ist also slll1k bllmtl. V" klingt wie eine eingefügte lehrhafte These, die einerseits den Gedankengang abschließt, anderseits aber auch zum Folgenden überleitet 7• Die Tatsache, daß der Vers beide Aufgaben erftillt, verrät, wie wichtig diese These in unserem Zusammenhang sei~ muß. Da von V 2 ab jeder Vers durch ytiQ angeschlossen wird, ist das erneute y6Q an sich nicht auflällig. 'ttAoc; v6twu kann sowohl ))Endecc wie auch ))Zielcc des Ges~tzes bedeuten, und schon die Auslegung der Kirchenväter ist sich keineswegs einig, obJesus Christus nach der Aussage unseres Verses ein Ende gesetzt hat oder Erftillung und Ziel des Gesetzes sein soll (dAoc; vÖfWU = nl.dOKJLC; oder nAftQmf.Ul). Nun kann kein Zweifel sein, daß der Kontext nur die erste Auslegung zuläßt: Christus ist das Ende, das eschatologische Ereignisjmstitr des Gesetzes. Der Satz will also polemisch verstanden werden: diejuden wissen nicht, daß die alte Weltzeit zu Ende und die Herrschaft des Gesetzes abgeschlossen ist. Dazu paßt auch der sonstige Sprachgebrauch von 'ttAoc; in den paulinischen Briefen'. Man hat versucht, hinter der hellenistischen Wendung 't~ vÖIWU eine frühjüdische Vontellung zu erkennen. Daß ein Rabbi als letztes Glied einer Reihe die Mischna bzw. die Gemara abschließt und so zum Ende (.,~) der Mischna oder Gemara werden kann, ist nicht ungewöhnlich (BM 85-86a). Mischna und Gemara sind dann keineswegs aufge~ ben, sondern zum Abschluß gekommen, so daß weiteres Material nicht mehr eingeiugt werden darf (Str-B 111277). Nach der Meinung des R.JOIeph (Nidda 6tb) werden die Gebote der Tora in der Messiaszeit teilweise ohne praktische Bedeutung sein (Str-B 1 241; GaugIer R 11 99). 7 GAUGLER R 1195 IteUt fest: .. V 4 gibt gleichsam die Obenchrift zu diesem ganzen Ablchnith' (= 10,4-13). • Zum V nständnis dei ~-BcgritTes bei PaulUi vgl. Röm 6,21 C.; 2Kor 3,13; Phil 3,19; I Tim 1,5, wenn man von den alJllnprochen eschatologischen Stellen ablieht. Grundsätzlich ist anerkannt, daß ~ v6twu auf keinen FalllOviel bedeutet wie ~ (SANoAY-HE.\DL.U(R 285). Wenn PaulUi von ~ miet, dann licht er aufdas Ende eines Prozcucs, das Gott selbst hcrauftühn. Auf diesem gesdUchdichcn .. Endc-licgt bei Paulus ein ganz bestimmter Nachdruck. VOll diamt "EMU" ,." wird d" l~t Itsc,,"Atlidtl p,~fj V6sl4ruJlicA fIIt{/ "lclllllbtll. Dies Gcschichtldcnken ist Ichon alttestamentlich, aber der Jude spricht nicht vom .. Ende des Gesetzes«. BAUETTR 197 übcnetzt t~ mit "Absich tce und ..ZielllCtzu~« (V erwirldichung der Ge~chtigkeit des Neucn Bundes). Du ist deshalb beachtlich, weil damit die GcgenübenlCllung von sYltematischer und exegetischer Deutung (KAsEMAlIINR 270) in Fr. gestellt wird.
327
Röm 10,1-21
K. Banh sucht in -c~v6twu eine Umschreibung des hebr. Begriffes ~ (= d .. Allgemeine, das Prinzip, die Gesamtheit, die Summe). Nach ihm ist -c~ v61W" eine Art ))Zusammenfassungc( (ä~) des Gesetzes. Es geht also um jesUi Christus allein, wenn man sich um das Gesetz bemüht (Kirchliche Dogmatik 11 2, 1946, 269). Die Auslegung der Kirchenväter von -c~ v6f,wu ist nicht eindeutig. lrenaeus adv. haer. 4,12,4 bezeichnet Christus als ))Anfang und Ende des Gesetzes« (nach Röm 10,4). Clem. Al. venteht d~ als »Erfüllung« und als »Ziel« (strom. 2,42,5; 4, 130,3; 6,94,6). So gebt ~ geradezu in die Bedeutung von n).~ über. Origenes paraphrasiert: »Finis enim legis Christus: hocest perfectio legis etjustitiaCbristus est« (Ruf. 1160B). In seinen Kommentaren wird allerdings auch behauptet, daß Christus des Gesetzes Ende und Ziel sei. Nach Euseb. demonstr. ev. 8,2,33 ist Christus des Gesetzes Ziel, indem er es vollendet, wie es in Mt 5,17 heißt'. Gegen die zahlreichen Venuche, ~ sprachlich in venchiedene Möglichkeiten aufzuspalten, wendet sich Käsemann R 273 mit Recht: die Botschaft des Neuen Testaments würde nicht mehr zu erkennen sein, wäre es der Auslegung erlaubt, vorhandene sprachliche Möglichkeiten durchzuspielen.
Paulus will sagen, daß in Jesus Christus das Gesetz als Heilsordnung Gottes seinen Abschluß und seine Grenze gefunden habe, daß also mit ihm eine neue Weltzeit begonnen hat, in der das erfüllte Gesetz und die Erfüllung des Gesetzes regieren 10 ; Es ist nicht sicher, daß hinter diesem 'ttl~-Begriffwirklich eine semitische Wendung zu finden ist. Daß die alte Weltzeit mit dem KreuzJesu vergangen ist, deutete schon Röm 7,1-6 an; mit dem Einbruch der neuen Weltzeit beginnt gleichzeitig die Herrschaft der Gerechtigkeit fiir jeden, der glaubt. xavtt t4> XLatEVOVtL klingt formelhaft und erinnert an Röm 1,16; 3,22. Aaifjedm Fall haben wir es in V -I mit einer paulinischtn GrundtheSt ~u tun. Damit wird der »Stein« des Jesaja-Zitates (Röm 9,33) mit Christus gleichgesetzt. V 5 und 6 stellen einander gegenüber: »Moses schreibt« und »die Gerechtigkeit aus Glauben sagtC(. Dem »Schreiben« des Moses entspricht das Gesetz, wie dem »Reden« der Gerechtigkeit aus Glauben das Wort des Evangeliums l l . Im Gesetz des Moses war die Gerechtigkeit auf Grund der Werke nach Lev 18,5 bezeugt: xOLTioas dvDQom~ ~TiaetQL b Qi,.toi; (= Lev 18,5; GaI3,12). Paulus paraphrasiert hier das Wort des Alten Testaments und bezieht es nicht auf die Gebote, sondern auf die Gerechtigkeit, die aus der Beobachtung des Gesetzes entsteht 12• Sie hat es mit dem »Tun« zu tun, und dieses Tun lenkt den Blick des Menschen auf sein eigenes Vermögen: sie macht das zukünftige »)Leben« von dem Urteil über dies ) Tun« abhängig. An dieser Entscheidung der Gerechtigkeit aus dem Gesetz muß der
a
Paulus 36>-368. 11 95 ff. setzt sich ausdrücklich mit der Deutung K. BARlltS auseinander und hebt hervor, daß unser Vers heilsgeschichtlich verstanden sein will: »Es ist eine umfassende, eschatologische Botschaft. Es meint: Jetzt ist heimlich-öffentlich, unsichtbar, aber doch schon ausgerufen, das Neue schon da« (GAUGLEI R II 117). 11 So richtig 5<::HLAlTEI, Gerechtigkeit 312. 12 Wir haben zwei verschiedene T cxtfonnen vor uns: I. yQ6q1n 6u Tfrv 61.XCJ1.OCJ'CMrv Tfrv b taU vOtwu 6 Ml.ftoa~ civ6Qw~ tflamn tv airtf1 (.- AD- Orig.); 2. YQ«cpEL t'i)v bLX~V Tfrv b taU V6twu,61:L 6 MLftaa; airta 6v&QW~ tftanaL tv airtoic; (1* BGX). Die zweiteLA ist umständlich, aber offenbar der LXX angeglichen (LagrR 254). 9
Vgl. K. H.
ScHELKLE,
10 GAUGLEIl R
328
Di~
Schuld Israels
Mensch zerschellen l l. Paulus penonifiziert die »Gerechtigkeit aus Glaubencc und legt ihr Wone aus dem Zusammenhang von Dt 30,11-14 in den Mund. Ursprünglich handelt es sich auch hier um Wone des MOles, die gerade auf das Gesetz selbst bezogen sind. Israel kann sich nicht beklagen, daß das Gesetz unerreichbar »)im Himmelee oder »)jenseits des Meeres« liege: )Nein, ganz nahe ist dir das Won: in deinem Munde und in deinem Herzen hast du es, so daß du es befolgen kannstcc. Diese paulinische Auslegung ist ganz offenbar eine polenmche Umdeutung des exegetischen Tatbestandes 14. Der Einsatz des Schriftwones: »Sagenicht in deinem Herzen ... (( (Dt8,17; 9,4) hat besonderes Gewicht. ImAJten Testament wendet sich diese Warnung an den selbstsicheren, aufsein Verdienst pochenden Menschen. Die Glaubensgerechtigkeit nimmt diese Warnung des Alten Bundes wieder auf und macht sie sich zu eigen. Die folgenden Wendungen: »Aufsteigen zum Himmel« und »Hinabsteigen in den Abgrund« (V 7) sind an sich bildhafte U IllIChreibungen für etwas, was dem Menschen unmöglich ist 15 • Für Paulus ist der Himmel der Wohnon Gottes, der Abgrund das Totenreich (~,,~ = ~6Y);). Nun zeigt sich, daß Paulus das Motiv »von dir ist nichts Unmögliches verlangtcc wesentlich abwandelt. Er warnt, sich nichts Unmögliches vorzunehmen und paraphrasiert diese Warnung im christologischen Sinn: Du kannst nicht den Messias aus dem Himmel oder aus der Unterwelt herausholen, denn er ist schon gekommen und in seiner Botschaft gegenwärtig, also »)nahece. Diese christologischen Zusätze sind nur dann sinnvoll, wenn eine Tradition vorlag, nach der Christus Himmel- und Höllenfahrt aufsich genommen hat. Wo unser alttul4mnUlicl&ts Wort VDm Gesl'<. sprtl&la, "tht Ptmhu gnuuJs~licla von CIariStas 16 • Paulus will also vor einem vergeblichen Unterfangen warnen: wer sich
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U Aua Ga) 3,12 ergibt lich, daß Paulus das. dem en~nletzt; für die rabbinilc:he Aualegu.. von Lcv 18,S ist wichtig, daß der unprüngliche Text (»durch welche der Meuch lebt.) du Leben des Menachen betont: -daß er durch li~ I~be, nicht daß er durch lie (oder: ihretwegen) sterbe« (SLev 18,5 = Str-B 111 278). ,. TargJeruacb I paraphruien: -Denn nahe Ul euch du Won in eun:n LehrbiUKnl; öllhel euren Mund, um in ihnen zu Itudieren, reinigt euer Herz, um sie zu tUD .• (Str-B 111 279). Paulus paraphnlien den pilZen Text auf Grund dieses Lehrsatzes: • . , ist ad MI Wort .. (1b~). Dia Won ist für ihn du Evancelium seihet (I Thca 1,6). Ventändlich wird UDS dieser cxqetiache Proze8, wenn wir annehmen kÖDnen,da8 die Synasoge gerade dica~ Grunditelle 01 30,11-14 vom Gesetz verstanden und gqen die chriadiche Verkündigu. . a~elt hat. Paulua argumentiert von dcrGcwiBheitaus, daß ein -nahel Won. nur ein den Menschen bepadendes Ansebouein kann (PALLISR 121). _Nah. itt allO für ihn nicbt: leicht erreichbar, IOndem: von Gou nahe gebracht, weil er du Heil anbietet. Eine derartige Exqac ist ein Wapit, weil sie sachlich thcologiacb auslegt, historisch aber ~r ist. Daß Gon seine GcrKhtipeit -nabe bringt., itt übripa die Botachaft OnIterojesaju (46,13). Vgl. E. KAMLAH, Buchatabe und Geilt, EvTh 14, 19S4, 276-282; E. KAsEMANN, Geist und Buchstabe, Pau1iniacbe Penpektiven, 2. Aufl 1972,237-285. 15 Pa 107,26; Bar 3,29 0:; Git 84a Bar; SOl 11,22. Bezeichnend ist die Parallele Git 84a Bar - BM 94a in anderer Fauung: (Sagt einer zu seiner Frau:) .Siehe, du ist dein Scheidebriefuntcr der Bedingung, daß du zum Himmel emponteipt, unter der Bedingung, daß du zum Abgrund binaheteipt ... , 10 ist du kein Scheidebrief. (weil die Bcdingu..en unerfüllbar sind). Weiteres Material bei LtzmR 96; KAsEWANN R 274 (Hinweis auf die Pescher-Form als Aktualiaicrung des verboiguaen
Sduiftainna) . •• Dreimal letzt Paulus mit
Im,.,
wüte Itm., ein (V 6b.7b.8b). wirr' (bzw. wino 6t hm.,) ltammt nicht aus der bcllcnistiacben Rhetorik (z.B. Epict. diu. I 17,26; 25,14; 11 1,25; 111 1,2S;
Röm 10,1-21
329
Unmögliches vornimmt, verkennt die gegenwärtige eschatologische Situation, in der Gott gerade das getan hat, was Menschen unmöglich war. Diese Verkennung der Situation hängt damit zusammen, daß man nicht weiß, daß Christus des Gesetzes Ende ist. Man denkt weiterhin vom Gesetz her, während man nunmehr eschatologisch von Christus her das Schriftwon verstehen müßte. Der Christus hat die Sache des Gesetzes an sich genommen und tut das, was dem Gesetz unmöglich war (Röm 8,3). Kein Mensch ist imstande, den Messias herabzuholen oder auf die Erde zu bringen, weil beides Gottes eigenes Wwk ist. Er allein hat den Sohn gesandt (Röm 8,3), er hat ihn aus der Totenwelt heraufgefühn (Hebr 13,20: 6 irvayayfiYv tx VEXQÖ1Y). Der Mensch darf sich nichts Unmögliches vornehmen (Lagr R 255). Dieser christologische Hinweis steht im Dienst der Aussage von V 8: »Nahe ist dir das Won«. Das Christusgeschehen ennöglicht die Heilsverkündigung von der »Nähe« (tyyU~). Paulus tut nichts weiter, als Dt 30,11-14 auf Christus hin auszulegen, der im Unterschied zum Gesetz das Heil nahe gebracht hat. Subjekt zu A.tyEI. ist sicherlich wie in V 6 die Glaubensgerechtigkeit 17 • Das Wort ist dem Hörer in Mund und Herz gelegt, wie Dt 30,14 fonnulien 18• Es ist also nicht nur ein Won des Alten Bundes, sondern es ist das lebendige, gegenwärtige und vom Apostel verkündigte Won, das die Leser ja kennen. Dies verkündigte Won ist »das Won des Glaubens« ('to ~J.«l 'tij~"WtW;), d.h. das Wort, das vom Glauben handelt und den Glauben erforden 19• V 9: In Auslegung des Schriftzitates verbindet sich der Akt des »Bekennens« mit dem »Mund«, der Akt des »Glaubens« mit dem »Herzen«, ohne daß damit die Einheit zwischen Bekenntnis und Glaubensakt in Frage gestellt wäre. Wie die menschlichen Glieder - Mund und Herz - zusammen eine Einheit bilden, so auch Bekenntnis und Glaubensakt. Der folgende V 10 stellt chiastisch den Glaubensakt voran und fügt dann das Bekenntnis an. Wenn der Mensch das Bekenntnis zum )Henn«Jesus ausspricht und sich damit ihm übereignet (etwa im Taufakt) , und wenn er glaubt, daß Gott Jesus von den Toten auferweckt hat (Röm 4,24), so wird er das Heil empfangen (ow&ftan weist aufdie Verheißung des Taufaktes hin, vgl. Mk 16,16). Bekenntnis und GÜlube sind ebenso u1UlUflöslich mitEnch. 33,10), sondern aus der exegetischen Tenninologie d~Judentums (vgl. z.B. 1QS 8,15. Dam 4,1 u.ö.). Entscheidend ist, daß man seinetxtgttisdu Bedeutung erkennt. Das griech. to\Tt'latLV kann eine Deutung, eine Näherbes timmung oder eine Ergänzung einführen. Hier bei Paulus leitet es eine exegetische Deutung ein. Paulus verwendet also Dt 30,11-14 in ganzstrengem Sinn als exegetischen Schriftbeweis (gegen StreB 111 281). M. LU11IERbekenntausdrücldich, daß Dt 30,12 nichtim paulinischen Sinn gemeint sei; er verweist aber darauf, daß die ganze Schrift überall von Christus allein handelt., wenn man nach innen blickt, mag sie auch nach außen hin, sofern sie Bild und Schatten ist., anders lauten. Das Wort des Gesetzes wrtlICkJ das Wort ~ Glaubens. 17 6)J.Q -r( A.tye, wird von DG ergänzt durch t'I YQClcpfJ. 18 Paulus schließt sich in der Zusammenstellung »Mund« und »Herz« an den hebr. Grundtext an, während die LXX noch in einem dritten Glied von den »Händen« spricht. Philo poenit. 2 (= virt. 183) schließt sich der LXX an und deutet in Dt 30,14 mÖIIQ auf die Worte, XGQ6la aufelie Willenaäußerungen, X~ auf die Werke d~ Menschen. Die Reihenfolge »Mund« und »Herzcc ist durch Dt 30,14 gegeben und wird unter dem Einfluß des alttestamendichen Zitates von Paulus aufrechterhalten, wird aber in V 10 chiastisch umgekehrt. 19 LagrR 255 f. und Kum.R 354 sprechen von einem Gen. poil. ZnR 481 erinnert an die andere Genitiv-Verbindung v6jW!; x~ (Röm 3,27).
330
Die Schuld Israels
ti1llllllln DnInuuIm wit T_fgutlatllm rmd /Ucluftrtipngslehrt 20; Offenbar handelt es sich in V 9 um die bekannte Akklamation: »Herr ist Jesus cc (IKor 12,3; Phil 2,11), aber auch um eine feststehende liturgische Formulierung, die beim Taufakt eine Rolle spielt (Mit 16,16; Apg 8,37). Das Bekenntnis •• Herr istJesus« hängt eng zusammen mit der Taufe •• im Namen Jesu Christi« (Apg 2,38; 19,5)21. Dies Bekenntnis: »Hm isl}UUS« setzt voraus, daß XU~ eine besondere Würdebezeichnung war, die in sehr früher Zeit auf den Erhöhten angewandt wurde. In der aramäiJch sprechenden Urgemeinde gab es die mehrfach bezeugte Bitte: J.IGQCJ'YO t<& (lKor 16,22; Did 10,6; Ap~oh 22,20 als übersetzung) und die Gewohnheit, den geschichtlichen und erhöhten Christus ab den »Herrn« zu bezeichnen. Je mehr du Urchristentum in die he1Jenistisch-orientaliJc:he Welt dcrGötter und »Herren« (xUQux 1Kor 8,5) hineinwuchs, desto bedeutungsvoller wurde gerade dies Bekenntnis zum »Herrn«Jesus. EI bleibt aber schwierig, die venchiedenen Motive, die in diesem Bekenntnis liegen, zu analysieren. Schon das Alte Testament sprach vom Meuias als dem »Herrn« (Ps 110, 1), und die hellenistisch-christliche Exegese übertrug gern alttestamentliche Gottcsauaaagen auf den »HerrnccJesus (z.B. Köm 10,13 = JOO3,5). Wußte aich der Christ als Sklave Christi (Röm 1,1), so lag es nahe, den Dienstgedanken in Richtung aufdu entsprechende Bekenntnis zu Jesus als dem »Herme( zu ergänzen (2Kor 4,5). Die Antithese zum römischen K.aiaenum mag ebenfalls die besondere Bedeutung des urchriJtlichen xu~-Bekenntniuc:l unterstrichen haben (Nero als 6 ~OÜ ~ x6cJtwu xU~ Ditt. Syll. 11,3. Auß. 814,30). Wichtig ist, daß für du Urchristentum Gott selbst ~ bleibt, und daß das Bekenntnis zuJesus als dem xu~ nicht als Verletzung, sondern als Bestätigung des Monotheismus angesehen wurde ( I Kor 8,6). Cltristws erscWlttrtllÜ.t- tW dn ~ Gotl6s rxw Mnuchnc """ MidIInI; xu~ wird zur Herncherbezeichnung. Daß schon in sehr früher Zeit dies xUQwc;-Bekenntnis eine Machtstellung zum Ausdruck bringen will, die jeden irdiJchen und kosmischen Bereich umschließt, sagt ausdrücklich Phi} 2,9 ff. Wenn dieser Christuspsalm mit dem Hinweis auf die kosmische Huldigung und Exhomologese schließt, dann zeigt der Abschluß, daß du kultische Geschehen sich in ein kosmisches eingliedert, von dem aus es auch ventanden sein will. Mag die christologische x'ÖQ~-Bezeichnung in venchiedenen Beziehungen gedacht worden sein, für das eigentliche BekenntniJ kommt ausschließlich die theologische Herrscher-Bezeichnung in Frage. Sie ist apokalyptischer Herkunft, schließt sich an die Erhöhung Christi an und wird von Paulua innerhalb einer Tradition übernommen und weiterentwicltelt. Zur Literatur vgl. W. Kramer, Christus, Kyrios, Gottessohn, 1963, 61-103; K.äsemannR 278-280. ~ MWtluiff- GWt, daß Gott Jesus von den Toten auferweckt hat, ist selbst ein Ausdruck des Bekenntnisses zum Hernein. Es weist auf du Taufgeschehen hin, in dem dem TäuOing die Verheißung des Heiles zugesprochen wird (oom)Q(a). Das Ereignis der Auferweckung wird in einem übernommenen Bekenntnissatz (Röm 4,24) weitergegeben, exegetisch ist der Glaube an die AuferweckungJesu aI.o eine Entfilltung des ~-Be kenntniucs. Man darf weder den Glauben als einen »Herzensakttc dem Bekenntnis des Mundes als einem äußeren Won gcgenübentellen, noch auch die Auferweckung ab ein Faktum der Vergangenheit von dem Bekenntnis zum HerrseinJesu lösen. Die perlÖnliche Anrede von V 9 ist zunächst Weiterfiihrung der Anrede des Zitates (Dt 30,14), erinnen JO B eiern. Al. lesen: 'tb ~I&CI tv tq. cn6tMn' oov 6n x~ ·I~. Einige Ex~ten vmnuten, daßd .. x~.Bekennblii in dietem Fall den Abatiegaufdie Erde, der Glaube an die Auterweclr.ung den Aufstieg aus der Totenwd teinschließt, 10 daß die beiden Glieder des Bekenntnisses in V 9 Antwon auf die Fragen von V 6 und 7 geben würden (LagrR 258; SANDAY-HEADUMR 290.) 21 Vgl. DoDDR 166.
Röm 10,1-21
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aber auch an die Anrede des Taufenden, der eine Verheißung ausspricht. Nach MIt 12,1 ~ 11 ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben, von Gott zum Eckstein gesetzt (Ps 118,22); so liegt es nahe, Röm 9,33 (= 10,11) in dem Sinn auszulegen: »Wer auf den Stein vertraut, wird nicht zuschanden (= er wird gerettet} werden«. Daß die AuferwekkungJesu eine derartig zentrale Bedeutung im Heilageschehen empfängt, letzt auch die Deutung der Taufe in Röm 6,4 ff. voraus. Für Paulus ist dies christologische Bekenntnis ein Kriterium des rechtfertigenden Glaubens. V 9 ist nur dann richtig verstanden, wenn man die parallelen Satzglieder einander zuordnet: aus dieser Parallelität erkennt man, daß das Bekenntnis zum X"QL~ 'I'1oO'Ü~ durch den Glauben an die Auferweckung erläuten wird. Die Tatsache, daß die ,,(an~ sich auf ein Ereignis der Vergangenheit richtet, bleibt auffallend, hängt aber doch wohl mit der besonderen Bedeutung des Osterereignisses zusammen: Gott hat durch das ei~ig4,tige und einmalige Ostergeschehen (Aorist!) Jesus zum X"QL~ gemacht und den Sohn mit Vollmacht ausgerüstet (Röm 1,4; PhiI2,9). Der Glaube ist hier als Akt des Bekenntnisses, als ein nach außen gerichtetes Geschehen aufgefaßt (wie Röm 1,8). Das, was er ist, ist er nicht aus sich selbst, sondern aus dem, was er als Gabe empfängt, und was er als einmalige Heilstat bekennt. In V 10 bleibt der Blick noch auf das Zitat Dt 30,14 (= Röm 10,8) gerichtet: allerdings stellt der Apostel die beiden Glieder »Herz« und ~)Mund« chiastisch um. Der Vers ist in zwei einander entsprechenden Hälften aufgebaut; der Stil ist exegetisch lehrhaft: ~)mit dem Herzen glaubt man und empfängt die Gerechtigkeit, mit dem Munde bekennt man und erlangt das eschatologische Heil«. Die Schrift sprach in der Erwähnung des Herzens vom Glauben, in der Erwähnung des Mundes vom Bekenntnis - und beide Worte weisen auf dasselbe Heil hin, denn die »Gerechtigkeit« (öLxaLOaUVI1) ist nichts anderes als das »Heil« selbst (OW't1')QLa) 22. Wie auch sonst, verbindet Paulus jetzt mit dem Motiv des »Heiles« die Gewißheit, daß dies Heil für alle bestimmt ist. So betonen die folgenden Verse die Allgemeingültigkeit des Angebotes Gottes. Verbindungsglieder bleiben die Stichwone "unEUELv (V 10.(1) und 6J.&OAoYELV (V 10 = bnxaAELaftaL V (3). Die beiden Zitate V 11 und 13 ordnen sich V 10 in gewisser Weise unter, lassen aber die Allgemeingültigkeit stärker hervortreten. V 11 f.: das ZitatJes 28,16 (= Röm 9,33) wird durch den Zusatz"~ am Anfang verstärkt; auch der Nachsatz, der das"~ auslegt, unterstreicht dessen universalen Sinn (= Röm 3,22). Paulus wiederholt bestimmte Sätze und Formeln, wenn er bestimmte Gedanken zum Ausdruck bringen will. Die Grenze zwischen Juden und Heiden ist vor Gott, daher im Glauben aufgehoben. Die Verheißung des Alten Testaments: oü xa1:Wox\J'V'Df)OE"taL entspricht der »Gerechtigkeit« von V 10: Wer gerecht ist, wird nichtzuschanden (= vor Gott). Dem universalen Sinn des Glaubens entspricht die Einheit der gleichen Herrschaft. 21 Verstanden wird unser Zusammenhang nur dann, wenn man ihn als IJUgetisc"'" Pro~eß sieht. Ausgangspunkt bleibt das Zitat V 8, das durch V 9 erläuten wird. In V 1Oa.b arbeitet sich eine neue These heraus, die sdbst wieder in V 11 und 13 durch Zitate gestützt wird. ~ in V 8 setzt die (J(&)TI'IQU! in V 10 aus sich heraus; die Form der Regel in V 10 (beachte die Passiva!) schließt schon die Allgemeingültigkeit des ~ (V 11.13) mit ein. Der gtl1lQ ~ ist talso kluutooU tllf!g,bllllt. Man sieht also, wie Rechtfenigungslehre und Taufgeschehen letztlich auf den Univenalismul des Heiles bezogen lind. Vgl. dazu auch E. KAMLAH, a.a.O. 280.282.
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Die Schuld Israels
Der XUQLO<; 1t«vtO)'V (= »Herr der Weltce) ist nach Apg 10,36; Röm 9,5; Phil 2,9 ff. Jesus selbst (Röm 10,9). V 12b klingt feierlich und liturgisch; auch das Partizip 1tA.oU"tÖlV weist auf den allgemeinen Prädikationsstil hin. btLxaA.Eürltm 'to ÖVOJ1Q xUQ(ou ist schon imJudentum als Gebets- und Bekenntnisakt verstanden 2J ; ol btU«1A.oUJ,LEVOL 'tOv XUQLOV ist geradezu eine Umschreibung rur die Frommen, die sich auf die Seite Gottes stellen. Im Neuen Testament werden die Christen als diejenigen bezeichnet, die den Namen des Herrn Uesus} anrufen (IKor 1,2; Apg 9,14). Es ist für das Judentum selbstverständlich, daß mit der Anrufung des Namens Goues das Heil verbunden ist; für Paulus ist dies »Heilcc nichts anderes als die Gerechtigkeit selbst (Röm 10, 1O.13). In die jüdische Gebetssprache gehön auch die panizipiale Apposition: »reich gegen alle, die ihn anrufencc 24 • Der ganze Zusammenhang Röm 10,1-13 setzt eine reiche Formelsprache, eine starke Beziehung zum kultischen Leben der Gemeinde voraus. Die beiden Größen Glaubensgerechtigkeit und HerrseinJesu werden in einem exegetischen Verfahren so beschrieben, daß der Universalismus des Heiles deutlich heraustritt.
b) Röm 10,14-21: Die Unentschuldbarkeit Israels vor dem Zeugnis des Alten Bundes
den.
14Wie lOlIen aie naD den annd'en, an den aie nicht zu ,lauben plerDt büen? Und wie dien .ean den pben, nichtpböJt ""hen? Wie lOlIen .eUer hören olme einen, der v~ 15 Und wie lOlIen aie verlriindipn, wenn aie nicht . . ......t liad1 Steht doch pKbrieben: •Wie Heblieb aincl die Füße derer, dieGutee (= du EvanpIium) verlriindipnc. 16 Aber niebt alle 8ind dem Evanplium pbonam pworden. Denn Jaaja lall: .Herr, wer bat uuerer Boucbaft Glauben . . .cbenkt1c 11 Abo erwiclut der Glaube .... der BotIcbaft, die BotIcbaft.a.er .... dem Wone CbrUIi. 11 Aber ich . . .: hilben aie nicht pbört? Freilich: .Ober die puze Erde iat ihr ScbaU ............. und an die Grenzen der Welt ihre WO!'tec. 19 Aber ieb wende weiter ein: bat 1.-1 niebt ventaDclen? All enter lall Mo. .: .ieb will euch ...... Eifern brinpn <'-w. euren Eifer ....enken) auf _ehe, die kein Volk 8ind, auf ein un~ Volk will ich euch ZOI'IÜI machenc. 20Je-ja (ab zweiter) ea UDd laI'= .Ich HeB mich finden von deaen, die mieb Dicht lUChten; offenllu wurde ich denen, die niebt uch mir &aatenc. 21 Aber über I. nella1l er: .Den pnzen hnritete ich meiDe Häade .... nach einem Volk, du .....bonam iat UDd widei .prichtc.
w.-
T.
Analyse: Die Mehrzahl der Kommentare beginnt mit V 14 einen neuen Abschnitt, dessen eigentliches Gefüge durch sechs alttestamentliche Zitate (davon vier aus Deuterojesaja bzw. Tritojesaja) gebildet wird. Der Versuch, V 14 f. an 13 Vgl. G. HARDER, Paulus und das Gebet, 1936, 107: ,.Paulus verwendet fUr das Bekenntnis den Ausdruck: den Namen anrufen, d.h. den Herrennamen. Die .den Namen des Herrn anrufen<, das ist die alttestamentliche Bezeichnung der Bekenner, der Frommen ... Vor allem beachte den AkIr.lamatiol1lruf: I Kor 12,3; Röm 10,9; Phil2,11 in den Arbeiten von E. PETERSON, E~&t~, 1926; W. KItA. MER, Chriltos, K yriOI, Gottessohn, 1963; ScHLIERR 313 - 314. 24 Vgl. Eph 2,4 und die 6. Benediktion des Schemone esre.
Röm 10,1-21
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den vorangehenden Abschnitt anzuschließen (A. Jülicher), ist abzuweisen: V 14 f. sind die Voraussetzung für die später beschriebene Unentschuldbarkeit Israels. Logisch haben wir in V 14 f. den bekannten jüdischen »Kettenschluß( vor uns. Eigentlich gehön V 17 als Zusammenfassung hinter V 15, jedenfalls nicht hinter V 16; es ist nicht ausgeschlossen, daß wir es mit einer lehrhaften Glosse zu tun haben 1. Es folgen in V 18 und 19 zwei Einwände, die formal ganz gleich eingeführt werden (i:JJJ..O. ~(J) in V 18.19, dagegen später: ~(J) in Röm 11,1). Der ganze Abschnitt ist lebendig und rhetorisch wirkungsvoll, da Fragen und Antworten sich unmittelbar folgen. Eigenes Gewicht haben die eingestreuten Zil4te, die vielleicht auch einen besonderen Aufbau verraten: die ersten drei Zitate sprechen von der Botschaft und ihrer Verbreitung Oes 52,7; 53,1; Ps 19,5), während die letzten drei aufdas Verhältnis Goues zu Israel bzw. zu den Heiden bezogen sind und den Widerstand Israels gegen das Evangelium bezeugen sollen (Dt 32,21;Jes 65,1.2). Eine Steigerung unter den letzten drei Zitaten ist unverkennbar: V 21 (= Jes 65,2) nennt endlich die Sünde Israels offen und unumwunden. Wir stehen also wieder in der lebendigen Auseinandersetzung mit dem Judentum, in der das alttestamentliche Zitat die Führung hat. Schon die Propheten standen im Kampf mit dem Widerspruch Israels und verkündigten einen Gott, der sich denen kundtat, die nicht nach ihm gefragt hatten. Die eschatologische Gegenwan ist die Erfüllung der Wahrheit, die sich schon früher kundtat. Exegese: V 14 f.: Paulus bildet gern »KeUenscldüsse« (z.B. Röm 5,3b-5; 8,2~30; 10,17); hier in V 14-15a sind die Glieder rückläufag (wie auch in 10,17): Paulus beginnt mit dem letzten Glied (tnLxaAEia&m) und schließt mit dem ersten (OJtoattUwitw.). Wir haben fünf Glieder in vier Fragesätzen vor uns; in diesen fünf Gliedern spiegelt sich der Prozeß der Verkündigung wider. Er hat seinen Ausgangspunkt in der Aussendung, sein Ziel im »Anrufen«( (= Bekennen). Dieser Kettenschluß ist als Einheit aufgefaßt und wird daher durch das Zitat unterstrichen. Das Zitat bezieht sich deswegen nicht auf ein einzelnes Glied des Kettenschlusses, sondern auf den ganzen Prozeß der Verkündigung. Der Sinn dieses Schlusses besteht darin, zu zeigen, daß der Prozeß sich Glied für Glied in Israel abgespielt hat. Israel kann sich nicht entschuldigen, daß dieser Weg abgebrochen sei 2 . V 16: Trotz der Durchführung des Heilsgeschehens von der »Sendung« bis zur »Anrufung« stößt die Botschaft auf Widerstand. Die Einschränkung oU navtE~ klingt hier antithetisch zu nä~ in V 11-13, und das nachfolgende
ow
1 Zum textkritischen Problem von Röm 10,17 vgl. die Analyst des ganzen Zusammtnhanges bei FR. MOLLER. ZNW 40, 1941, 24~254 und R. BULTMANN, Gloum im Römtrbritf, ThLZ 1947, 197-202. Fit. MOLLEilschlägt vor, 1O,13.14.15b.15a.17 .16.18 ab unprünglicbt Ordnung zu bmachttn, ztrstön abtr durch dit Einfügu~ des Zitates dit Einhtit des Kttttnlchluues. l Dit LXX las: ~ &Qa bd tWv ÖQ&oY, ~ n6bE~ riayyULtOf'h'ou cbcoirv dQfrw)~, Wc; riKlyywt~ äya&a. Dtr htbr. Tat dagegen lautttt: »Wit litblich lind auf den BeTgtn dit Füßt dessen, dtr gutt Botschaft bringt, dtt Fritden hörtn läßt, Gutes mddtt. Hti! hörtn läßt, indem u zu Zion spricht: KöniggtWordm istdtinGou... DtrpaulinischtTatstthtMu. nähtrallduLXX.~~ = »schön, litblichcc (Sir 26,28) nimmt vidlticht dit Btdeutung: »rtchtzdtig.. an. c'rya&Q ist bitt dit Umschrtibung rur das Hti! (OlImlO(a). In dtr rabbinischen Littratur wurdt diest propbttischt SttUt aufdit messianischt Ztit gtdtuttt (Str-B 111 282 f.).
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Die Schuld Israels
Jesajazitat beklagt sogar die Allgemeinheit des Unglaubens Oes 53,1). Dieser ))Rest«, der dem Evangelium gehorcht, läßt sich zahlen mäßig nicht fassen, sondern er wird durch die Erwählung Gottes bestimmt und begrenzt (Röm 11,5). Das Evangelium ist eine Botschaft, hinter der Gottes Autorität steht; daher verlangt es Gehonam (Röm 1,5; 10,3). 'to roayytAwv ist hier die Heilsbotschaft von Jesus Christus, ohne daß das Substantiv durch einen Genitiv bestimmt wäre; das Substantiv schließt sich an das vorangehende Partizip roayyuLt6J1EVOL des Zitates an (V 15). Der tatsächliche Widentand Israels, der keinem Verkündiger fremd ist, wird durch das klagende WortJes 53,1 bestätigt; die Anrede xUQLE (nicht im Mas.) zeigt, daß das Zitat sich an Gott selbst wendet. "ltxofi ist hier die ))Kunde«, das ))Gehöne«, also die ))Verkündigung« (~~.)3. Paulus bildet in unserem Zusammenhang eine innere Einheit von ))Gehonam, Hören und Gehönem« - alle diese Wone entstammen einer einzigen Wongruppe. Der Glaube kommt aus dem ))Gehönen«, d.h. aus der Botschaft, wie auch nach V 14b der Glaube aus dem Akt des Hörens der Botschaft kommt~. V 17: In lehrhaftem Stil fügt sich eine Folgerung an, die durch 60a kenntlich gemacht wird und zunächst wie eine Gloss~ aussieht; inhaltlich werden wir an den Kettenschluß von V 14.15 erinnen. Eineneits sprengt der Ven den Zusammenhang, andeneits sieht er wie eine logische Folgerung aus dem früheren Kettenschluß aus. Drei Glieder werden miteinander unächlich verbunden: Glaube, Botschaft, Won Christi. Das ))Won Christi« ist offenbar das Won, von dem aus der ganze Prozeß der Verkündigung ausgeht. Es wird damit der Auftrag und die AussendungJesu gemeint sein (V 15: cbtomt.llea&m)5. Man wird doch den Eindruck nicht los, daß der dreigliedrige Kettenschluß V 17 eine Art Konkurrenz zum fünfgliedrigen von V 14 ist. In diesem Fall haben wir an ein selbständiges Schema, das durch den Schreiber eingefügt ist, oder an eine Glosse zu denken. Von einer ))Bestätigung« von V 14 zu reden genügt jedenfalls nicht (gegen Lagr R 261). Zwei Fragen ergeben sich aus dem Gesagten und dienen dazu, die Auseinandenetzung mit Israel :J 6XO'fl entspricht dem rabbinischen BegrifT:'I"~ und kann im Neuen Testament die Heilslehre, die Verkündigung bedeuten; doch wehn sich Sau.AlTER, Gerechtigkeit 316 f. gegen die überxtzung von ilxoII mit »Predigt«: »Die übenetzung .unsere Predigte für '11 ilxoiI 'IIJ.Uin' gefährdete den Sinn des Satzes; denn sie schaltete aus dem Vorgang ein Glied aus, das für ihn wesen dich ist, eben das Hören. Es wurde undeutlich, daß alles aufdie Art des Hörena ankommt, darauf, daß das itxo6ELvein (m:mco(iELV sei. Statt desaen war mit .Predigte das Gewicht auf die Lehrhaftigkeit der Verkündigung gelegt.« Doch bleibt die übersetzung »Botschaft. Predigt« gesichen (IThess 2,13). 4 PAUISR 124 weist daraufhin, daß ilxofJ und ilXOÖELV im Rabbinat soviel bedeutet wie »mündliche Unterweisungec und »Unterweisung empfangenfC. 5 Der 8egriff~1IO ist durch das Zitat Dt 30,14 (Röm 10,8) nahe gelegt. Paulus spricht daher vom ~IIO tii~ ,,(m~, d.h. vom WO", das vom Glauben handelt und Glauben morden. ~IIO XQwtoiJ könnte an sich das von Christus handelnde oder auch das von Christus herrührende Won sein; es muß sich von i1xofJ (= Botschaft) in bestimmter Weise unterscheiden. L TZMR. 100 übenetzt daher: ~ie Predigt erwächat aus dem Auftrage ChristifC. Der 8egriff~1MI ist durch den Hellenismus geprägt, ist aber bei Paulus und im Epheserbrief von einer bestimmten Feierlichkeit. Statt XQ&OtO'Ü findet sich in A'K syr Clem.AI. haü, während in G der Genitiv überhaupt fehlt. In der Gegenwan stellt sich hier ein wichtiges Methodenproblem heraus: Meint Paulus das autorisierende Won des Messias (Gen. auct.) oder die Kraft des Wones Christi (6LtUtatt b)? Der Hintergrund des Textes liegt in der übernommenen Botenlehre (anden KAsEMANNR 283: ..apostolische Predigt« und ScHLiERR 318: »das Tatwort Christi«).
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schärfer werden zu lassen: »Haben sie nicht gehört?« (V 18) und »Hat Israel nicht erkannt?« (V 19). Die beiden Fragen klingen zusammengehörig, doch fühn die zweite die erste weiter; es handelt sich wohl um dialogische Einwürfe, die Paulus selbst macht, um die Diskussion weiter zu fUhren und die Verantwonlichkeit herauszustellen, die aufIsrael mllt. Erst in V 19 nennt Paulus Israel ausdrücklich, während er in V 16.18 von Israel spricht, ohne es zu nennen. Beide Fragen schließen sich noch einmal an den Akt des Hörens an, da im Hören die Entscheidung über das Erkennen mllt. Auf die erste Frage antwortet das alttestamentliche Zitat Ps 19,5, während die zweite Frage durch ein dreifaches Schriftzeugnis über sich selbst hinausgeführt wird (Dt 32,21; Jes 65,1.2). Das Psalmwort, das durch ein abwehrendes J.LE'VO'Ü'Y YE eingeleitet wird6 , will bezeugen, daß die Worte der Verkündiger über die ganze Welt vorgedrungen sind. Ps 19,5 redete ursprünglich von den »Himmeln«, die Gottes Ruhm und Herrlichkeit weitertragen. Das. was der Psalter von den »Himmeln« sagt, gilt in der gleichen Weise von den Sendboten (E'ÜayyW~6J.LE'VOL), die Träger der göttlichen Botschaft sind. Voraussetzung ist wie auch sonst bei Paulus die Auswechselbarkeit der geschichtlichen Situation und des Subjektes, ohne die Autorität einzubüßen. Der Weg hinaus in die Völkerwelt ist der Gottesweg, den die Sprache des Himmels und die Verkündigung der Missionsboten in der gleichen Weise antreten 7 • In V 19 dürfte ltQ
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Die Schuld Israels
rael, indem er auf die Seite eines fremden Volkes tri tt. Gott tut etwas, was Israel anstößig ist, um Israel auf seinen lrrweg aufmerksam zu machen. Das vollzieht sichjetzt in der Heidenmission. Die Heiden sind ))Nichtvolk« und ))unverständiges Volk«, Bezeichnungen, die nur als Scheltworte verstanden werden können. Der Parallelismus der Versglieder hebt ausdrücklich die Autorität Gottes hervor 10; Als zweiter Zeuge schließt sichJesaja an 11, der das kühne Wort auszusprechen wagt, daß Gott sich von denen finden ließ, die ihn nicht suchten. In der Reihenfolge der beiden Versglieder ist eine Steigerung erkennbar (anders Septuaginta). Der Apostel deutet das prophetische Wort auf die Heiden, die das empfangen, was sonst das Vorrecht Israels ist. Jetzt tut sich Gott also in der Mitte des Heidentums kund statt in Israel (IKor 14,25). Ganz anders spricht Gott zu israel! Er klagt an: als Bittender und Einladender streckt er ))den ganzen Tag« (Semitismus: ))täglich«, ))fortwährend« wie 8,36 = Ps 44,23) die Hände aus, wird aber abgewiesen, weil Israel den Gehorsam verweigert und widerspricht. In dieser Haltung liegt der völlige Gegensatz zum Gehorsam des Glaubens und zum Bekenntnis der Gemeinde 12. Moses undJesaja, Gesetz und Propheten klagen israel als widerstrebendes und abgöttisches Volk an, und doch geht der Heilsweg Gottes zu den Heiden gerade um Israels willen. Paulus weiß durchaus, daß die Heidenmission ein Strafgericht und ein Anstoß erregendes Handeln Gottes ist, das deshalb notwendig ist, weil Israel selbst den Gehonam und das Bekenntnis verweigen. Aber dies »eifersüchtig machenee (mIQ
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Röm 11,1-10
aber er muß an der Existenz des Heidenchristen erkennen, welche Gabe Gottes er selbst autgeschlagen hat. Es ist bezeichnend, daß Paulus weder in Röm 9 noch 10 zu einem eigenen Schluß ansetzt, sondern beide Kapitel mit Schriftzitaten beendeL Er stellt abo in beiden Zusammenhängen die Autorität des Schriftwones als entJcheidend heraus.
Röm 11,1-10: Der heilige Rest 1Ich &.p DUD: .hat Gou etwa leiD Volk vento8ea?c Du 8ei fernel Deaa auch kh Wa I..ut, _ .... Se. . . . AInIIaIu, ... dem Stemm BeajuaiD. 2Gou hat.m Volk, du er . . . . erwibIt hM, aidat .er...... Oder wiIt iIIr aidd, . . . die SdIrift im AMcImitt iber EUaa ....... er bei Goa iber hneI JU.p fiibrtel 3.HeIT, cW. Plcplw:1eD ....... ptäeec, deiae Abire ........ aiederpriuea. aad ich .... aIIeiD ~ ...... tnchtIeD ..m mei.... Lebea.c 4 Aber . . . . . . ihm der Goarl'Jliuchl.Ieh .... mir ............. vaD,,", iibrigeIuleD, die . . Kaie Dieht wr der Bee' ...................c 550 Ut DUD _eh in der Jea.iaeD Zelt ein ae.t . . .adell pmi8 der ErwihI.... der G ..... ·WeDII . . . cIurda G.-Ie, dua Dicht _Grund VOD WerIr.ea, da lOIUt G ' " Dicht mehr G.-Ie wire. 'Wie.....u W. bneI -.eilt, da hat e8 akht eI'IaßIl, ... die Auwahl Mt e8 eI'IaJIIl (= die AuerwIhItea w.e.. e8 erIaDit). Die iIIripa . . . 8iacI ,ailD"ka, I wie pKhriebea lieht: oGou hat iImeD dea GeUt der ppbeB, A...... da8 . . Dicht -ben, uacI Ohren, cIaI. Dicht hiinD, w. auf dea heudpa T ••c 9Uad Da.w -at: .Ihr TiKh .... ihMa ..... Sch"... werdea uacI .... Falleaacl ...... An............. Verpa.... fär . . l°lhre A .... 1OlIea verfbutert werclea, daS . . aicht -heB, uacI ihna Rücken . . . . da "-dadil beupD.c
Be.,"·.
Arual)'St: Begannen Röm 10, 18.19 in der gleichen Weise mi t 6llQ A.tyw, so werden in 11,1.11 die heiden neuen Abschnitte mit den ähnlichen Fr~en durch Atyw obv eingefühn. Die Weiterfiihrung der Fragen weist daraufhin, wie eng die Kapitel miteinander verbunden sind, und hilft, den Aufbau des neuen Kapitels zu erkennen. Für das Denkschema des Paulus ist es bezeichnend, daß alle Fragen eine positive Antwon verlangen. Für das Verständnis von Röm 11,1-10 ist von einer kleinen Beobachtung auszugehen: während Paulus zunächst Israel veneidigt und die Frage, ob Gott sein Volk verstoßen hat, abweist, wendet er sich von V 7 ab gegen diejenigen, die nicht zum •• Rest« gehören, und stellt sie unter das hane Gericht Gottes. V 1-6 sind also apologetisch, V 7-10 dagegen polemisch. Seide Abschnitte sind von alttestamentlichen Zitaten durchzogen, heide Abschnitte hängen au& engste mit Röm 9 zusammen. Wie Paulus in Röm 9,6-13 das Israel der Verheißung von dem Israel nach dem Fleisch und in 9,27-29 die Gesamtheit von dem »Rest« und dem »Samen« gelöst hat, 10 führt Röm 11,1 ff. die gleiche Scheidung durch. Röm 11,7-10 erinnert an 9,31-33, weil in heiden Abschnitten zusammenfassende Thesen mit auffallend polemischen Zitaten verbunden werden und die Diskussion mit Israel zuspitzen. Eine enge logische Verknüpfung zwischen 11, 1~ und 7-10 besteht darin, daß die Positionen don negativ entfaltet werden. Der Heilsplan Gottes wäre nicht Heilsplan, würde er nicht das Gericht in sich schließen.
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Der heilige Rest
Blickt man aufdas ganze Kapitel, so fällt auf, daß V 1-10 und V 25-36 von alttestamentlichen Zitaten durchsetzt sind, daß diese dagegen im Mittelstück fehlen. Das hängt einerseits mit der besonderen Anrede des heidenchristlichen Teiles der Gemeinde zusammen (11,13), anderseits mit der Veränderung der Argumentation: an die Stelle des fiihrendenScluijtziltJlts tritt das ausgefühneGleichms. In der Denkbewegung bedeutet das Mittelstück ein gewisses Retardieren, da die Heidenchristen in die Heilsgeschichte eingeordnet und vor dem Mißbrauch der Polemik bewahn werden sollen. Der Gedankengang wird durch die heiden Abschnitte V 1-10 und 25-36 vorwärtsgetrieben. Exegese: VI: Die Frage, ob Gott sein Volk verstoßen habe, setzt die vorangehende Diskussion weiter fort; sie erinnen an die ausdrückliche Versicherung von Ps 94,14, daß der Herr sein Volk nicht verstoßen noch sein Erbe verlassen werdeI. Mit starker Abwehr (fA.Tt ytvOL'tO) verneint Paulus die Frage. Gott hat zwar Israel eifersüchtig gemacht und verhänet, aber nicht verstoßen, d.h. aus seinem Hei1splan entfernt2 • Das Gericht Gottes hat entweder die Gnade in sich oder vor sich. Gott bekennt sich also auch jetzt zur Erwählung Israels, aber nicht in der An und Weis~, wie Israel es erwanet. Diese Bestätigung seiner Erwählung vollzieht sich vielmehr in der geschichtlichen Durchsetzung seines Heilsplanes, der schon in der Gegenwan, erst recht in der Zukunft zum Ziel kommt. Das anschließende Bekenntnis des Paulus hat einen doppelten Sinn. Im Zusammenhang mit der vorangehenden Negation wirkt es apologetisch: eine derartige Möglichkeit ist undenkbar und im Munde des Paulus ausgeschlossen, weil er sich seiner Zugehörigkeit zu Israel wohl bewußt ist. Diese apologetische Fassung erinnert an die ähnlichen Bekenntnisse im Eingang von Röm 9 und 10, so daß in dieser Hinsicht eine gewisse Gleichförmigkeit erreicht ist. Das Bekenntnis wirkt aber auch ~tugnisa,tig: Gott hat sein Volk nicht verstoßen, denn der Apostel als Angehöriger dieses Volkes ist KnechtJesu Christi und berufener Apostel (Röm 1, 1). Er is t als solcher Unterpfand für die bleibende Erwählungl. Das Bekenntnis des Paulus ist dreifach gegliedert: er ist Israelit. aus dem Samen Abrahams und Angehöriger des Stammes Benjamin. In allen drei Bezeichnungen geht es zunächst um volksmäßige Zugehörigkeit, also um die Ebene der ~ (Phi! 3,4; 2Kor 11,18). Paulus geht auf sie ein, um seine Solidarität zu Israel zu bezeugen. Er gehört als Israelit in diesen Volksverband, stammt blutsmäßig von Abraham 1P46G lesen in 11,1 (statt 'tbv A.a6'V) unter Einwirkung von Ps 94,14l'i1v xA.T\QOVojUav. Zur besonderen Bedeutung von Ps 94,14 und ISam 12.22 vgl. Str-B 111 286. Daß Gott Israel nicht verstößt. ist jüdisches Dogma. Er ventößt es nicht .. um seines Namens willen«. d.h. an der Erwählung Israel. hängt sein Name. 2"" ytvono en tspricht wieder dem hebr. :t7'~. Paulus fragt: f.lil ruaoocno 6 ~ 'tbv).aby mnoil statt LXX: oirx cbuOOnm. Zu "" ytvoL'tO vgl. Gen 44.7;jos 22,29; 3Kön 20.3; vgI. auch Epict. Index p. 540 ed. E. ScHENKL. 1 Paulus betont, daß schon seine Existenz als Volljude es unmöglich macht. einen solchen Angriff aufdasjudentum zu wagen, zumal er schon in Röm 9,1-3 und 10,1 ähnliche Bekenntnisse abgelegt hat. Vielleicht wehn Paulul sogar entsprechende jüdische Entstellungen seiner Predigt ab. Der eigendiche theologische Gegenbeweis beginnt ent in V 2. BAJUtETIR 207 meint, daß Paulus auf die Wirklichkeit hinweist: er ist beidea,jude und Chri.t. Das bedeutet, daß eine Einheit von judentum und Christentum konkret vorhanden ist. Allerdings ist diese Antwon nicht ausreichend.
Röm 11,1-10
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ab und kann sich traditionsmäßig zum Stamm Benjamin rechnen 4 • Jede dieser feierlichen Selbstaussagen hat also ihre eigene Bedeutung. Benjamin vertritt innerhalb desJ udentums das Fortbestehen von Gesamtisrael und die Hotmung auf die Rückgewinnung der verlorenen Stämme; zum ))Apostel der Heiden« hat Gott einen Benjaminiten bestimmt. Außerdem hat Paulus den Namen des ersten Königs Israels, der ebenfalls Benjaminit war, ))Saul« erhalten. Seine Familie hielt also eine bestimmte überlieferung über die Abstammung und das Geschlecht fest. Ausdrücklich betont V 2 in feierlichem Stil, daß Gott wirklich sein Volk nicht verstoßen hat; der Zusatz &v XQ<)tyvw erinnert an Röm 8,29 (oi;; n:QOtyvw). Dieser Zusatz stammt also aus einer bedeutungsvollen Kette: das erste Glied schließt alle anderen folgerichtig in sich. Hat Gott Israel vorher erwählt, dann darf Israel hoffen, daß der ganze HeiIsprozeß sich an ihm verwirklichen wird. An das Beispiel des Paulus, der selbst den )Rest(( Israels repräsentiert, schließt sich das Schriftzitat aus dem Elias-Abschnitt ans, das sowohl die Klage des Propheten als auch die göttliche Antwort umfaßt. Als Elias Gott gegen Israel zur Hilfe aufrufen will, wird ihm die Antwort zuteil, daß Israel in der Bewahrung eines Restes durch Gott erwählt geblieben ist6 • Die verkürzte Klage des Propheten besteht aus drei Gliedern (1 Kön 19,10.14). Im Vordergrund steht das Interesse an dem Prophetenmord; ihm ordnet sich das Niederreißen der Altäre und die Verfolgung des allein Gott treuen Elia ein. V 4: Auf die Klage des Propheten erfolgt als Antwort der autoritative Gottesspruch (6 XQ11f.W't"O~)7. Gott offenbart ihm, daß er nicht allein der Rest ist (Ün:EA.dcpihlV J.!.6vo;), sondern daß außer ihm siebentausend Männer übriggeblieben sind, die ihre Knie nicht der Baalschande gebeugt haben. 1Kön 19,18 Mas.lautete: ))Und ich will übriglassence, ebenso Targ., Pesch. und Luciantext; dagegen lasen Septuaginta AB: xa'taA.e("'EL; (2. Pers.). Paulus lumitseiner Vorlage die 1. Pers. und deutete dies xatfl.utOV lf.lOUt
Der heilige Res t
siebentausend Mann erscheint zunächst wie ein historisches Rudiment. doch liegt es nahe, ihr besondere Bedeutung beizumessen. Gegenüber der Person des Propheten erscheint diese Zahl als groß U. A. Bengel) und als eine apokalyptische Ganzheit. Der Israelit zählt allein die Männer (Mk6,44). Das Feminin '" BaaA (statt Septuaginta: 6 B6aA) erinnert daran, daß im Judentum das Götzenbild vielfach als ein Feminin behandelt wurde. :r:t! ~, war im Rabbinat die allgemeine Bezeichnung für •.(;ötze«, und man sprach vom Baal ab einem Feminin (= n~ 2Sam 2,8; 3,8; 9,6 f.; 11,21). Die LXX übertrug n~ mit atox'CM). Vgl. A. Dillmann, Monatsber. der Rerl. Ak. der Wiss. 1881,601 ff.; Sanday-Headlam R 312.
V 5: Gemäß diesem Ratschluß Gottes (xadAutOV tJ.&(lVt
n.s
Im Lauf dieses exegetischen Schlußverfahrens zieht Paulus die Konsequenz nach derrugGtWm Seite, daß die Erwählung des •• Restescc nicht aus menschlichem Verdienst herrührt (oüxtn t; fQywv). Gnade und Werke schließen sich gegenseitig aus (Röm 3,27; 4,6; GaI2,16). Zum Begriff der Gnade gehört, daß sie sich selbst begründet und nicht nach menschlichen Voraussetzungen richtet'. Mit V 7 wendet sich Paulus dem Schicksal desg~m Israel zu und faßt nun 'In Röm 11,7 ist bcAoyfJ nicht auf Gottes Handeln, sondern auf die von ihm erwählten Mcnschcn bezogen. Das Abstraktwn ersetzt also ein Konkretum. 906xtt~ (~fvtoJv) in V 6 ist logisch au&utiwcn (Röm 7,17; 14,15; Gal3,18). y(vmu.erinnenan das vorangehende yf:yavev. Die Koine (und 8) ergänzt den Nachsatz durch die Folgaung: e16t ~ Igytov, 06xtt~ (tod) X~, bd tb f(7YOY owtn tmLv lQyov (8 X~ statt 1Qyov). ZnR. 500, SAN· DAv-HEADLAMR 313 und LAoaR 271 sehen mit Recht in diesem Zusatz eine reflektierende Glosse.
Röm 11,1-10
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sein U neil thetisch zusammen. Diese These beginnt einen neuen, polemisch ausgerichteten Abschnitt, der an den Schluß von 9,31-33 erinnen. TI obv leitet den neuen Abschnitt ein und wirkt formelhaft 10; Die These lautet: Wonach Israel (auch jetzt noch) sucht, das hat es nicht erlangt. Sie ist eine Wiederaufuahme von 9,31 und der dort angedeuteten Zusammenhängen. Neu dagegen ist die Scheidung zwischen den »Erwählten« (b.A.oyfJ als Konkretum) und den »übrigen« (= Nichterwählten). Paulus begnügt sich also nicht mit der negativen Feststellung: »Israel hat das messianische Heil (die Gerechtigkeit) nicht erlangt«, sondern er stellt positiv und steigernd fest: »die übrigen sind verhärtet worden« (~oav). Das Motiv der »Verhärtung« stammt aus der prophetischen Gerichtspredigt (vgl. Jes 6,10 = Job 12,40) und spielt in der urchristlichen Scheltrede eine besondere RoUe u . Im folgenden Zitat wird derselbe Tatbestand als Geist der Betäubung und als Unfähigkeit, zu sehen und zu hören, beschrieben. Das Herz ist verfettet Ues 6,10), so daß es den wahren Sachverhalt nicht erkennen kann. Verwandt ist das ••Verhänen« (mcl.1')Qwuv) von Röm 9,18 13 • In all diesen Wendungen ist ein Gerichtshandeln Gottes beschrieben, das den Hei1sweg schattenhaft begleitet. Gerade dort, wo sich die Gnade als Gnade herI°Gelqmdich hat man in der Auslegung ~int, uOOv.ci ähnlich wie dOOv tQoüllEY zu ventehen und leite eine iOlgmde Frage ein (vgl. Röm 4,1; 6,1; 9,14), so Tbeod. Mopsv., CHL v. HOFMANN U.&.
11 Beachte du Prilena bnt1lUL (Itatt: butfru, G), dqqcn den Aoriat bmJxn, der du F..rgebDia zuaanunenfaßL bntyruLv nimmt 6&mxav, b,'lVYXeiw,v nimmt ~'v wieder auf (9,31). Die These Röm 11,7 ac:blie8t lieh gmau an Röm 9,30 0: an. U Zur Literatur über XCIJQOÜV vgl. ZnR 619 (EUun 111); P. DE LAoAlDE, Gel. AbhaDdlungen, 1876, 101; A. ROIINSON,joum. oftheol. laudiea 111,1902, 81-93. ~ (~) iaa zunächat eine Steinart (Tuflitein) und bezeichnet mediziniach eine abnorme Verhärtung weicherer Gewebe oder auch callUi (ca1lum) bzw. die Entltebung des ca1lUl (ca1lum) , die Gewebebildung nach einem Kn0chenbruch. ~ kann heißen: -unempfindlich gemacht« oder -geworden« ~Adian var. biat. 9,13; Athenag. 12,549}. Neben acdQOÜ'Y findetlich auch im Neuen TeslameDt a1a v.l. "'IQOÜ'Y, wu aber an lich den Schaden an einem körperlichen Glied bedeutet Uoa. Co Ap. 2,15; Epict.I,12,24; Artemid.Oneirocr. 3,51) bzw. die Blindheit UUltindial.69;apoI. 1,22). ~wird,aufdaaptige Leben überuatm, auf die Erkennhliaunfihigkeit beulten (Philo omn. prob. lib. 55). Nur in dieaem übenrqmen Gebrauch nähen aic:b ~, K'IQOÜ'Y der Wongruppe ~ XOJQOÜY und ~. Daher erklärtlich die Unlicherheit der Abecbreiber. Weiterea Material bei ZnR 6190: U mOQOÜ'Y (Hippokrates, Ariltotelea, auch Hiob 17,7) heißt: -verhärten« (bibliach: ltClu Herz verhänen«). ZnR 502 Ipricht von der Bestrafung, die in der Bestärkung des Widenpruchea beatebt. SANDAy-HEADLAMR 313 aagt auadrückJich: Sie haben nicht gefehlt, weil.ie verhirtet wurden, IODdern lie lind verhänet worden, weillie gefehlt haben. KuHLR. 374 bezeichnet KCOQOÜV ab die aelbatventindliche und notwendige KebrKite dei tlutv, ab unmittd~ Folge dea göttlichen Erbarmunpwillena. Wenn Gott braeI unter die gleiche Ventoc:kq Itelh wie einst Pharao, dann geacbidll diea beide Male unter dem Zeichen eina total dU1"chgefübrten Gerichtes, nicht aber einer Willkür. EI darfnicbt 10 aUSleben, a1a gehe die Katqorie der - Ventoc:kunge in der der -BeatrafUng« auf, weil weder der Wille Gottea noch der aachichtlicbe Weg laraela rational auflölbar lind, wohl aber iat die Entacheidung laraela acbic:balhaft, d.h. _ beatimmt leinen Weg. Der Erwählung Gottel entlpricht der Glaube und der Gebonam del Menachen, während in der Verhärtung da Menac:hen durch Gott Ungehonam und Unglaube in piuer Weiae gleicbzuaetzen lind. Göttliche und menacblicbe Ebene lind aufeinander bezogen, können aber nicht in einem eindeutigen logiachen Verbälblia zueinander geaeben werden. Weder die einfache Identifizierung noch du kauaale Nacheinander von Ursache und Wirkung beachreiben zureichend du.-v Gacbeben.
342
Ikr heilige Rest
ausstellt, nehmen Menschen so an ihr Anstoß, daß sie über sie zu Fall kommen (Röm 9,33). Es entsteht ein Unheilsweg in der Geschichte, der nicht nur menschlichen Anlaß und menschliches Maß hat, sondern auf Gott selbst zurückgeführt werden muß (Passiv: ~). Aus der Verfehlung des Unglaubens entsteht der geschichtliche Weg des Beharrens aufdem Widerspruch, aufder Negation. Im Verhänetwerden ist also eine theologische Vertiefung des geschichtlichen Phänomens gegeben, die nur in der prophetischen Sprache erreichbar ist. Diese Verhänung hebt deshalb allerdings die göttliche Erwählung Gesamtisraels nicht auf, wohl aber macht sie den Tatbestand der Erwählung um so rätselhafter und eindringlicher. xatlutEQ ytyQCUn
15
m-
Röm 11,11-24
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steht darin, daß ihre Augen und ihre Ohren zum Nichtsehen und zum Nichthören gegeben sind. Den XiTchnrzNilml lag viel daran, die Freiheit der Entscheidung des Menschen und damit seine Verantwonlichkeit herauszustellen; darum war für sie die Verhärtung nur als Strafe für den Unglauben zu denken (Orig. Ruf. 1179BC) . Der Fluch in Röm 11,9 wird dann als Vergeltung aufgcfaßt (Orig. Ruf. 1183A, Chrys. 643C). Eine deranige Auslegung verkürzt den paulinischen und alttestamentlichen Gedankengang.
Röm 11,11-24: Die Gnade in der Verwerfung 11 Ich &.p Dun: liDd • ~, damit ae zu FalIlrommen? Nimllliftmebri SoaderD durch ÜU'eD Fall Ut" Heil zu deD VöIkerD .....mea, II1II ...... Ei-
fera .. rebeD. uWeaaaller illre Obervetuac IleicbIluD fiir die Welt UDd ihr Ver. 1... Reichtum für die Völker Ut, winiel mebr wird illre VaI-hl Sepa becleuteal uEuch aller, cIea VöIbm, . . ich: iDdena, ab ich Apo*! für die Völker lIiD, prelle ich meiDeD DieD.ll (iD demSbua), 14c1a8 ich neUeicht meiD .neUch4 ..... Eifern reiz.ea UDd eiDice voa iImea retteD baD. U Dema weaa ecboD illre Verwer. fuac die Venöb.DUac der Welt bedeutet, wu kum cIaaa ihre AD-hme uacIera hei8ea ... Lebea ... cIea ToteD? 16WeDa'" du Entllapbrot heiIic Ut, _ Ut auch der paae Te, heilii, UDd WeDa die Wunel beili& Ut, _ liDd ee auch eile Zweip. l1WeaaMer eiDip voa cIea Zweipa ~ 8iDd, du aller, obwobl du vaaa wilclea 01..........mmwe, UDIer Iie eiapj60pft bUt UDd mit Teil .... UI der Feu lpeDCIeadnI Wunel da 01........, 10 rühme eIlch Diebt wider die Zweipi 18WeDa du dich'" ppa . . rühm., _laS dir . . . . .m: Diebt du tript die WuneI, IODdemdie Wunel riltdichl 19 Vielleicht .... _ Dun: Ea 8iDcl cIoch ZWeip au~ wordea, damit ich eiappfropft würde. lODu .... recht! Aber aufGnmd da Vaclauheal wurcIea ae ......ochea, du aIIer . .ha feit Dur durch deI.a Glaubea. Sei Dicht bochmütit, 80Ddem fiin:hte dich! 21 Dema WeDII Gott die aaIiirIichea Zweip Dicht venchoat bat, wird er wobl auch eIlch Diebt . . . ecboDea. USiebe die Gäte UDd Slreap Goaal Gepa eile, die 111 Fall kommea, 5cnDp, ppD dich aber Güte GoaeI, WeDa du UI der Güte feethilut; cIeaD . . winI ...ch du .........ea. 2lVad aadereeita jeDe, weaa Iie Dicht im Va.....hea verbarreD, wiecIeI' eiupptiopft werdea, deaa Goa hat die Macht, • wieder eiampfropfea. 24 Deaa weDa du ... dem dir .....8ea wilcIea 0Ibaam heraulplClmittea UDd ppD die Natur iD dea edlea 0I1Jaum elDiepfn»pft wonIea biet, um wimel mehr wenlea die. aatürlichea Zweip ihrem eipDea OIbaum elappfrupftwenlea.
wer'"
AM{,st: Ikr neue Abschnitt Röm 11,11-24 unterscheidet sich charakteristisch von der vorangehenden Polemik 11,7-10. Es geht ihm nicht mehr um Erwählung und Verstockung innerhalb Israels, sondern um die Stellung des Heidenchristentums zu Israel. Paulus ist also auch nicht mehr der Ankläger (11,7), sondern Gottes Werkzeug, das er vor den Heidenchristen für Israel benutzt ( 1I , 13). In gewisser Weise schließt 11,11 tT. an die Schriftzitate Röm 9,25 f.; 10,18 tT. an; aus 10,19 stammt sogar das Stichwon naoatTJÄ.O'ÜV, das er in 11,11.14 wieder aufnimmt. Für das Verständnis des Aufbaus ist die Beobachtung nicht unwichtig,daßV 12.16.17.18mitdöt, V 15.21.24 mitdy6Qbeginnen; wir haben es in
Die Gnade in der Verwerfung
allen diesen Fällen mit einem bestimmten Schlußverfilhren zu tun. V 12 und 15 scheinen gleichgebaut zu sein und zum einheitlichen Zusammenhang V 11-15 zu gehören. Die beiden metaphorischen Grundsätze in V 16 haben ein eigenes Gewicht; sie bilden die Grundlage für die folgende allegorische Beweisführung. Der BildstofTV 17-24 hat Zug für Zug das Verhältnis des Heidenchristen zu Israel im Auge, ist also von Anfang an paränetisch bestimmt. Exegese: V 11: Die Einführung ktym erinnert an den Anfang von Röm 11,1: in beiden Versen geht es um die Sicherung des paulinischen Gottesgedankens. Paulus stellt die Frage, ob Israel angestoßen und aufgeschlagen ist (maLa,v), um endgültig zu Fall zu kommen (XUrtELV)1. Die beiden Verben mma,v und xUnELv wirken gleichnisartig und schließen sich an das xQOaXlm'tELV (9,32) und an das 0'XlIv6aAov (11,9) an. Umstritten ist die Frage, ob (va finalen oder konsekutiven Sinn hat (vgl. I Thess 5,4; 1Kor 7,29); beide Auffassungen können ein gewisses Recht beanspruchen 2 • Es kommt Paulus in V I1 darauf an, zu sagen: das »Anstoßencc Israels ist nicht Anlaß zum endgültigen Fall, sondern zu einem heilsgeschichtlichen Prozeß, der diejuden an die Völker und die Völker an die Juden bindet. Die Erwählung Israels bitt in der eschatologischen Gegenwart in ein ganz neues Licht sie muß sich gegen die Berufung der Völker verteidigen; sie verlien den Charakter des »Vorrechtescc und wird zu einer Verheißung der absoluten Gnade. In der rabbinischen Diskuasion gab CI eine ähnliche Problematik. Man argumentierte:
ow
in der Vergangenheit war das Reich bei Israel gewesen; als die Israeliten sündigten, wurde das Reich von ihnen genommen und den Völkern der Welt gegeben. Wenn Israel Buße tut, nimmt Gott das Reich von den Völkern der Welt und gibt CI Israel wieder. Gott wird einst sagen: »diese (= die Israeliten) lind das Werk meiner Hände, undjene (= die Nichtisraeliten) sind das Werk meiner Hände. Wie soU ich nun diese (= die Nichtisraeliten) um jener willen vernichten!« (R.Jochanan in Sanh 98b; Str-B III 289; I 817). Diese Diskuasion gehört ins 3. und 4. nachchr. Jh.
Das Bild des »Anstoßenscc wird durch den BegrifT»Fehltriucc (mJQlumoJ.LQ) in V 11.12 weitergeführt; dabei wird der Schuldcharakter dieses »Fehltrittcs« keineswegs geleugnet. Paulus weist auf den geschichtlichen Vorgang hin, daß die Predigt vor den Völkern aus der Verwerfung des Evangeliums durch Israel entstand (Apg 13,45 ff.; 18,6 ff.). Aber dieser geschichtliche Vorgang ist nicht endgültig und abschließend, sondern er führt zu Israel zurück. Indem Gott Israel »eifersüchtig machtcc (Dt 32,21 = Röm 10,19), wendet er sich Israel wieder zu3 . 1 maw.v Uak 2,10; 3,2; 2Petr I, 10) beißt unprünglich: ..auf einen banen Gegenstand aufschlagen« (Xen. anab. IV 2,3; Polyb.). xunny ist ein bildticher Ausdruck für du endgültige Verderben. Ues 24,20; PsSal 3,13; Hebr 4,11). 2 Zum philologischen Problem vgl. MNDAY-HEADLAMR 321; LAGaR 275. Auch unter den Kirchenvätern kann man zwei Gruppen unterscheiden. K. H. ScHELKLE, Paulus 390 Anm. I enllCheidet sich für die konsekutive Auffassung mit der Begründung: ..Gott ist nicht das handelnde Subjekt des Satzes, sondern die Juden, und sie haben nicht du Ziel zu fallen.1 Der .. Eifer Gottes- um Israel und demenliprechend der .. Eifer des Volkes- um Gott entsteht aus dem Bundesverhälmis, du Gott mit Israel eingegangen ist. Der Eifer wird zur Eifenucht, wenn Iaraelsich von Gott und Gollsich von Israel abwendet. Eifenucht ist zunächst ein~ Verkehrung des Eifen, ein Gericht Gottes, das eine negative Wirkung hat (Rößl 10,19). In Röm 11,11.13 bahnt sich
Röm 11,11-24
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V 11: Im Stil des Lehrsatzes wird aufden Inhalt von V 11 zuruckgegriflen: wenn schon durch einen »Fehltritt« Israels »Reichtum« für die Welt (= die Völker) entstand und wenn schon Israels »Ausfall« (~taa)· zum »Reichtum« der Völker wurde, wieviel mehr (a minori ad majus) wird ihre apokalyptische Vollzahl (&~ airtWv) zum Segen werden! Der Begriff des »Heiles« (oW't1)QUl) erscheint als »Reichtum«, d.h. als eine Fülle der Gaben Gottes. Man könnte hier V 15 als sachliche Parallele heranziehen 5 : wenn schon ihre Verwerfung (~ ~) Venöhnung der Welt durch Gott in sich schlieBt, wu wird dann ihre »Annahme« (XQOOÄJIP"'~) anderes sein als »Leben aus den Toten«. Schwierigkeiten macht die r"..".,u diaer Vene, an der die A........ der Kin:beDväter nicht weniger leidet a1a die modernen Kommentare. frmMia bedeutet an lieh .Nieder., könnte aber an unserer Stelle als GqmaaIZ zu ~ du Zurückbleiben hinter Forderungen, du .. Minus« (H. Lieazmann) bedeuten. tb ~ könnte dementsprechend .messianische VoUendung« oder analog Röm 11,25 die apokalyptische Vollzahl meinen. Die heiden Begriffe könnten sich a1ao entweder quläIMiD oder pali,.,., gegenübentehen. Enchwen wird unsere EntsCheidung durm die Nähe des Begrifh KCI~ (V 11.12), die eine qualitative Bedeutung von ~tMI beatirkt. Für die quantitative Deutung Ipricht die Parallele zu Röm 11,25.
wich'"
W. ViJcher, Du Geheimnis laraela, 1950, 120 nimmt an, daß PaulUllicb der Handeltsprache bedient: larael ist ein Polten in Gottes Iledmq. Sein AuafaIl hat nicht den Heilsplan Gottes vernichtet. lODdern einen gro8en Gewinn einceuap. Aber Gott will, daß die ganze Summe einkommt und zurückerstattet wird. Pallis R 127 denkt an hellenistisch-philoeophische Parallelen, aus denen der GegeuaaIZ ~ - ~ erbeUt werden kann. Nach ihm ist ~~ wie ~ zu verstehen, und xA.~ entspräche t~. Letztlich wäre dann die GDOIia U nprung dieser Terminologie. Offenbar haben wir es mit apokalyptischen Kategorien zu tun: auf der einen Seite scheidet ein Faktor aus, aufder anderen Seite wird er eingefügt. Es handelt sich um einen heilJgeschichtlichen Prozeß, nicht um das Verbalten von Menschengruppen (anden Gaugler R 11 183).
In V 15 kehrt Paulus zum Lehnatz V 12 zurück und wiederholt ihn in neuer Form. iJx~fJ heißt unprünglich »VerwerfuDI« und zieht ab Gegensatz ~Ä.'lP'i'~ nach sich ())Aufuahme«, »Annahme« als eachatologiacher Proze8). Dies Begriflipaar erinnert an fIn'ltaa und x~:fKP(J)t.UI in V 12. Mit~'" ist ein heilageschichtlicher Eingriff Gottes in das Schicksal Israels gemeint, der aber aber eine positive Wirkung an: aua der Völkermiuion enutd" eine liefe BeunruhiKung in lmad, warum Gon lich von aeinern Volk abgewandt hat. Der Jude lieht, wu Gon den Völkern acbenkt, weiß, daß er zu &Derent diese Gabe emp6angen 101he, und wird dadurch gereizt, auch aelt.t um dicae Gaben zu bitten. Die Predigt an die VöUtermeint wirkJichdaa Heil der Völker, iltabereineiDdireJue FfaF Ul Ianel. • VuJc. übeneUt-diminutio« (- daninutio). 121 zieht ~ und ~ zum VerwIeich heran. ~ bqqnet inJa 31,8 LXX und I Kor 6,1. All heiden SIdJen babaa wir einen ~,.",. Sinn vor UDl. Danentaprechend KAsEMAHNR 295: .Du Zurückbleiben hinter .-alten AafOrderu..... I EI hat etwu Batecbeodca, mit K. B.ul1l (VoIk.abocMcbulkun 1940/41) und W. VaaatEI., Du Geheimnis lanela Uudaica 6, 1950, 111) V 12 hinter V 14 zu aetzen und damit einerlei.. eine qere Verbindung von V 11.13.14 herzuatdlen, andeneiu die beiden auf die Zukunft bezosenen Sitze V 12.15 miteinander zu verknüpfen. In der Auatecw. haben wir kdiPch &UI praktilc:ben Grüaden V 12.15 zuaammengeatellt, ohne UDI der Theae von K. B.ul1l anzUlChließen.
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Die Gnade in der Verwerfung
nicht endgültig zu sein braucht. KQ6oA'I~"'~ dürfte eschatologischer Gnadenakt sein (vgl. K~ro&aa. in 14,3; 15,7)6. Man hat auch V 15 als Schluß vom .Leichten« zum »Schweren« aufzufilsscn venucht: Wenn schon die Verwerfung Israels die Versöhnung der Welt bedeutet (~entspricht den ftvr), wieviel mehr wird die gnädige Annahme in der Endzeit das Leben aus den Toten nach sich ziehen! XQ~ XÖOJ.LO" und tUJil b vEXQÖJV sind offenbar festliegende eschatologische Prozesse, die stufenweise aufeinander folgen. Wichtig ist die Feststellung der Wirk.".,: »Leben aus den Toten« ist nicht nur ein apokalyptisches Geschehen, das sich anderen Prozessen anfügt, sondern vor allem die endgültige Heibgabe. Speziell an eine »geistliche Erweckung Israels« oder eine messianische Erfüllung der Verheißung an Israel ist nicht zu denken'. Der Begriff .Leben aus den Toten« (twrt b 'YEXQ(iJv) ist semitisch und altertümlich; er wird wie die anderen apokalyptischen Begriffe unseres Zusammenhanges von Paulus übernommen worden sein. In V l' redet Paulus ausdrücklich den hliJmelwistlulrm Teil ('tll ftvr) der römischen Gemeinde an. Gerade deshalb, weil er so polemisch über das Schicksal Israels hat reden müuen (11,7-10), muß er nun ein eigenes Won an die Heidenchristen richten. Er zeigt ihnen, daß es unmöglich ist, aus einer Situation des .Glaubens« und des .Reichtums« heraus Israel zu veruneilen, ohne das eigene Beteiligtaein am Schicbal Israels anzuerkennen. Wie Paulus mit Israel durch seine Abstammung verbunden bleibt (9,3; 11,1), so spricht er als Heidenapoatel zu den Heidenchristen, weil er seinen besonderen Auftrag an sie nur so erfüllen kann, daß er in den Riß zwischen Heidenchristen und Israel tritt. Die Anrede wendet sich an den heidenchristlichen Teil, weil gerade er davor gewarnt werden soll, sich denJuden gegenüber überheblich zu zeigen (Röm 11,17-24.25-32). Es handelt sich nicht sosehr um eine Form des hellenistischen Antisemitismus als vielmehr um ein gesteigenes Selbstbewußtsein des Pneumatikenumal . Du T1uSlft V 11.12 wntlna lIIIIn dtr AlmtÜ V 15 (~f:tvEOLv) im Hillblidc tMif dIIS HNJmelwislntJvm WÜtJlrltol, lI1IIl pr~lrt (V 11 = 13.14; V 12 = V 15). iJJ&1v 6t fällt als Einleitung unseres Vma beaonden auf: »auch für Heidenchristen sind derartige Sätze über Israel wichtig«'. tcp" 600v bedeutet keine zeitliche Begrenzung, • V,I. die GIOIIe zu Sir 10.20: nQOOA~~ 4QXiI ~ xUQlou. ~~ 6t ~ ax).~ xa1 Wlf4lt'ICPCIYf.a (lfCier Annahme Anfang ~t Furcht des Herrn, aber der Verwerfung Anfang ~t Ver-
hinung und Hochmut«). 'Man könnte an du Bild Ez 37,1-10 denken, nach dem ein Lebensgeist in die Toten hineinkommt. SClUAlTER, Gerechtigkeit 323 betont, daß Paulus nicht an eine allgemeine Auferstehung denkt, IOn· dern an eine Auferweckung der AUlCl'Wähltco (b). G"UGLU R 11 187 sieht in dem Begriß' .. ~ben aUi den Toten- du Merkmal eines allgemeinen Prinzipe. nicht eines bestimmten Ereigniaes. Von einem gläubig gewordenco uraeJ wird in dem Sinn Rettung ausgehen, daß sich die alten Verheißungen, die Israel für leine Miuion an den Völkern ICWeben ~~, erfiiUco (z.B. Ps 67,2-4). • Die Mehrzahl der Kommentare entacbeidet sich mit Recht für ein heidcocbristliches ObergewichL Nur ZnR 19 nimmt eine j uden christliche Mehrheit an. doch widerspricht dies dem Aufbau der Parinesc Rörn 120:. die einejudenchmtliche Minderheit achützen will. Paulua bereitet in gewisser Weise in Röm 11,13 die spätere Parinese vor. 'Die LA vl'lv 6t ist der anderen, von OOJt gebotenen:vl'iv yQQ vorzuziehen.1&h' ist ein verstirktea oW und wirkt hier beatäliKmd und hervorhebend.
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Röm 11,11-24
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sondern eine nähere Bestimmung (quatenus = ~insofem als«)10; Paulus preiJt seinen »Dienst« als Heidenapostel, weil dieser Dienst ihm die Möglichkeit gibt. für Israel einzutreten. DM Werk Gottes tUt den Htidm ist l1li&11 m. DUnst du Aposulsfo [srtltl (V 11.13 f.). Die~ (gravitas), die im Werk Gottes liegt (V 11), liegt also auch in dem apostolischen Amt. Gemeint ist in ~tELV das Dankgebet, das ganz konkret ausgesprochen wird (111~) 11. Sein Dienst an Israel besteht darin, daß er als »MitarbeiterGottes« diejuden eifersüchtig macht und dadurch Raum scham für die zukünftige Erfüllung der Verheißungen 12• Die Möglichkeit, die in d X(l)~ angedeutet ist, kann lediglich eine Möglichkeit Gottes sein 13, nicht aber eine menschliche Absicht, die, folgerichtig gedacht, den Ernst der Heidenmission in Frage stellen müßte. Es geht um eine geschichtliche Möglichkeit, die in der Verkündigung verborgen liegt. Interessant ist der Gegensatz zwischen dem zusammenfassenden Begriff »mein Fleisch« ( = die Gesamtheit Israels) und dem auswählenden und begrenzten Won »einige«. Seine Verkündigung beunruhigt das G~t und rettet jetzt schon tin.tllne Glieder. CXPtELV ist wohl Ausdruck der hellenistischen Missionssprache; die genaue Parallele hierzu ist 1Kor 9,22. V 16 hat eine gewisse Sonderstellung in unserem Abschnitt. Er bringt ein Doppelgleichnis aus verschiedenen Lebelllgebieten; die heiden Spruchzeilen haben den gleichen Aufbau und Gedankengang. Eine Anknüpfung an du Vorherige fehlt, ebenso auch eine Deutung. Die Tendenz der heiden Gleichnisse besteht darin, daß von einem Ttil aufs GtuI.(.I geschlossen werden kann. Der Anfang bzw. der Ursprung entscheidet über den Fortgang bzw. über den ganzen Lebensprozeß. Du Form der btidm SJriellt erinnen an die rabbinische Regel. Das erste Gleichnis stammt aus dem Kultus und der Opfergeaetzgebung. imaQx1i ist hier speziell die »Teighebe(( (:'1~ Num 15,18 tr.); durch das Opfer eines Erstlingsbrotes aus dem Kornjedesjahres soll der ganze Brotteig geheiligt wa-den.lryL~ bedeutet hier speziell: »geheiligt, zum Opfer auagesonden« (Röm 12,1: ihJota Qy(a). Gemeint ist, daß durch den geheiligten Ursprung Israel. das Ganze auf immer geheiligt bleibt. Die Zusammenstellung von cbcOQXfl und cp(JQCII.IO weist autdrücklich auf den Zuaammenhang Num 15,18-21 hin (vgl. Septuaginta: imaQxiI ~). Die Bezeichnung ist im Judentum nicht ungewöhnlich; 10 wird z.B. Adam die eines Menschen als
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darf abo keinesfalls Xfll1vav ergi.nzen wollen (Röm 7,1; I Kor 7,39; Gal 4,0. Du Präsens ~tw ist geläufiger als du du'reh JM6 G bezeugte Futurum ~. Zur Bedeutung von ~llI;ELV vgl. G. HAIDER, PaulUi und du Gebet, 1936 und ThW 11 257; anders SClwull 330. 12 Es ist theologiach nicht ganz unbedenklich, zu aqm, daß du letzte Ziel der Hcidenmiuion die Gewinnunc Israclssei. PaulUi redet hier nicht von der Heidenmiuion an aich,lOßdern \IOD dem VerhäI tnia der Heiderunisaion zu Israel. Wichtig ist die Festltdlq K..AsEuANNI R 296: »Nirgmdwo uitt die Maßlosigkeit des apostolischen Selbltbewu8tseipa mehr heraus. und nirgendwo erweist sieb schärfer Apokalyptik als treibendes Element der paulinischen Theologie und Praxis. Ihre innere Grenze hat lOlche Sendq allein in dem ebenso ac:hrankenlosen Wiuen, nichts als Werbeus und Diener zu sein«. 13 d ~ leitet hier keinen Konditionalsatz ein, sondern eine vorsich. AUla&gC, ist also am besten durch -daß vielleicht. wiederzugeben. d Jt~ zieht im Neuen Testament entweder den Indik. Fut. oder den Konj. Aor. nach sich (Röm 1,10; 11,14; Phil3,10 f.). Gelegentlich findet sich auch der Optativ (Apg 27,12), Zum Ganzen vgl. BI-Debr 375. 10. Man
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Die Gnade in der Verwerfulll
»TeipebederWelttc genannt (Str-B 111 290; Deliwch R 91). Mitt'maQxfl in Röm 11,16 lind die Erzväter gemeint (11,28: &l& 't~ ~). Mit cp(JQaf.Ia ist Israel als Ganzes verpichen. Die Aualegunc der Kirchenväter, die bei Teighebe, Wurzel und Ölbaum an JeaUi Christus denkt, muß abgewieaen werden (Clem. Al. sttom. VI 2,4; Orig. Ruf. II93B). Die Valentinianer haben das Gleichnis gnostisch verstanden: der Erlöser nimmt Teile der Psyche in sich aufund heiligt das Pneuma aIa »die Entlinge« (Iren. haer. I 8,3; Exc. ex Tbeodoto 56,4).
Du zweite Gleichnis veränden den Gedanken. Es sagt nicht: »ist die Wurzel heilig, dann ist es auch der ganze Baum«, sondern: »die Wurzel bestimmt auch die einzelnen Zweige«. Israel ist in einem verbreiteten Bildstoß' Ölbaum Uer 11,16) oder »Pflanze der Gerechtigkeit« (äthHen 10,16; Jub 1,16); Abraham bzw. die Gerechten sind .Wurzel« , d.h. Unprung, Grundlage, Voraussetzung 14• Aus der Wurzel.tammt die Heiligkeit, du Ausgesondertsein auch der einzelnen Zweige. Man sollte also eigentlich folgern, daß jeder Israelit deshalb »heilig« sei, weil er mit den Vätern verbunden ist. Du blÜÜft Glti&lurisst sind lHWgtgtbntl T,tuJitio111ft, dU Ptlllhu in V /6 ~itUrt, in V 17 ff. ",tgm l1OrtllUSt~t. Sie werden wie Schriftzitate behandelt. In dem neuen Abschnitt V 17-24 schließt Paulus eine tdugorisclle Auswenung von V 16b an. Der Stil ist lebhaft, in den Formen wechselnd wie in der Diatribe, mit Imperativen und Anreden durchsetzt 15 • Paulus setzt den Fall, daß von einem edlen Ölbaum Zweige abgeschnitten und dafür andere eines wilden Ölbaumes eingep&opft wurden. Dieser Vorgang wird von ihm selbst als mIQO cpOOLV bezeichnet (V 24). Das Normale und Geläufige war umgekehn die Veredelung des Baumes durch ein Edelreis. Gegen V 16b venehiebt sich die Absicht: es geht nicht mehr um die Heiligkeit Gesamtisraels, sondern um die Heiligung der Heidenchristen durch die Väter Israels. Mall untencbeidet a1Jaemein zwilchen dem edlen Olbaum (xaA.\LD~ - n~ und dem wildwacbaeoden (6yv&D~ 11) 1'. Für den HolzatoB aufdem Brandopkraltarwaren die Äste des wildwachJenden zugdaaen, nicht aber die des edlen (Tamid 2,3 Stt-B III 291). Du Ven:deln eines Baumes war in der Zeit dea Neuen Teatamenu durch.... bekannt, doch wurde aUldrücklich verlanct. daß ein Edelreis nur in einen Baum gleicher An (Ölbaum nur aufOlbaum) eingeletzt wurde (Kil 1,7). Columella (de re fUlt. V 9,16) behauptet, es komme vor, daß kräftige Olbäume keine Frucht tragen; dann bohre man ein Loch in sie und achIage in diea ein &isches Zweiglein vom wilden Olbaum (vgl. auch PalladiUl de inaitione 14,53 f.). Es scheint 10, daß die Sitte, junge Wildlinge in alternde Oliven einzusetzen, auch noch später in Palütina üblich war (nach Nachrichten von Reisenden, vgl. G. B. Winer, Biblischea Realwönerbuch 11,3. Aufl. 1848, 171; W. M. Ilarnaay, TheExpOlitor, VIII,I905,16&:; 152 &:). MitPaulusverwandt ist Philodeexteer. 6, wo pwchilden wird, wie in den zukünftigen Wirren vor dem Anbruch der meuiaaiIchen Zeit der zum Judentum übertretende Fremdling hochgeehrt im Glück sei, wäh-
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Mlnteraaaat iIt die Deutq in Sau.AlTEa, GerKbtipeit 325: -Die Wunel deutet auf den Vor.... der lÖttlic:ben(;nade bin, aus dem du Duein der Gemeinde und ihre ganze AUll'Ültulll und fruchtbarkeit entataDd•. Gemeint lind die Väter israeli, die freunde und Bundespanner Gones Iiad (ThW IV 218; VI 989; SalLiEaR 332). 11 Vgl. W. SnAul, Die Bildenprache des Apostels Paulus, 1937, 74. 1. AnllDt. plant. 1,6 p. 82Ob,40.
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rend der dem edlen Stamm entsprossene Israelit, weil er die EdelmÜllZe seiner Abstammung verfälscht habe, tiefhinabgestoßen werde in den Tartaros und in dichte Finsternis, dami t alle Menschen verständig werden und lernen, daß Gott die an Stelle früherer Feindschaft hervorwachacnde Tugend des Proselyten lieb hat, indem er die Wurzeln des alten Stammes fahren läßt, den Schößling aber am Wurzelstumpf aumimmt, weil er veredelt zum guten Fruchttragen überging. Es scheint überhaupt, daß man Bild du SdtöJIu.,s für den Proselyten verwandt hat, der in Abraham bzw. ÜI w}fIIkNwm ~t wwde. Nach Jeb 63a sind Ruth, die Moabiterin, und Naama, die Ammoniterin, zwei achöne Schößlinge; nach Iren. haer. IV 20,12 ist das äthiopische Weib des MOICS ein Zweig des wildwachsenden Olbaums. Dieser Sprachgebrauch vom »Einsenken« eines »Scbö81inga« ist mit der Bildrede des Paulus zwar verwandt, aber nicht identisch (Str-B III 291). Paulus hat in seiner allegorischen Bildrede nicht daran gedacht, daß einem absterbenden oder unfruchtbaren Baum die Kräfte der eingepfropften Zweige zugute kommen 101len, sondern ihm liegt umgekehn daran, zu zeigen, daß die Kraft, die aus der Wurzel kommt, auch den eingepfropften Zweigen zuteil wird (ZnR 517; Schlatter, Gerechtigkeit 325). Es kann sein, daß Paulus sich bewußt ist, einen Vorgang zu beschreiben, der aßngeuJÖhnlil:h ist, um zum Ausdruck zu bringen, daß die Aufuahme von Heiden in du Geschlecht Abrahams ein Wunder der göttlichen Barmherzigkeit sei (ZnR 517; A. Deißmann, Licht vom Osten, 4. Auß. 1923, 235). Andere Ausleger beschrän.k.en sich darauf, eine gewisse Sorglosigkeit in der Fonn der Bilder bei Paulus anzuerkennen (Kühl R 389; Ltzm R 105). Aufjeden Fall muß erkannt werden, daß Paulus aufeiner älteren TrtMIiIüna fußt. Seine Ausführungen sind s«hJil:h bestimmt und durchdacht. Wichtig ist ihre Tendenz, die Heidenchristen vor überheblichkeit zu warnen: sie sind in einem völlig unnatürlichen Prozeß in den Baum eingepfropft, sind also nicht »aus eigenem Verdienst« Zweige des Baumes geworden. Gott hat daher die Macht, die unprünglichen Zweige wieder einzusetzen.
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Paulus setzt mit V 17 logisch den Fall, daß Zweige ausgebrochen sind. Die Ausdrucksweise ist vorsichtig (vgl. Röm 3,3: El "nW'n)olrv 'tLvE;); sie setzt voraus, daß Gott gezwungen wird, durch das Versagen Israels Glieder des Volkes aus seiner Erwählung auszuschalten, und deutet einen bestimmten Gerichtsakt 17 an. Nicht der Baum wird umgehauen, sondern nur einige Zweige werden entfernt, während die am Baum verbleibenden Zweige das gläubig gewordene Israel vertreten. Dieser Fall ist in der Gegenwart eingetreten, und es entsteht die Frage, wie sich die Heidenchristen zu diesem Geschehen verhalten. Paulus erinnen den Heidenchristen an das, was er war und was er wurde: Er ist ein Sproß des wilden Ölbaums (11,24), trägt also dessen Art an sich (ciyQ~ ciJv)1', wurde unter die übriggebliebenen Zweige des edlen Ölbaumes eingepfropft (tv airtoLC; = inter illos) , so daß er an der Fettigkeit der Wurzel des edlen Ölbaumes Anteil empfängt19. Das Anteil-Gewinnen an der Fettigkeit der Wurzel des 01l1VgI. das Bild aethHeo 26,1: »Ich ging dann von dort nach der Mitte der Erde und erblickte einen gesegneten und fruchtbaren On, wo Bäume mit Zweigen waren, die aus zurückgelcbnittenen Asten sproßten und blühten«. 11 äy()I.~ ist eigen dich ein Adjektiv (Bauer Wb IV). Doch ist auch die lubataDt. rUluns möglich, wie wir »Eiche« zur Bezeichnung von Tisch und Schrank sagen. borl.civ (»ausbrechen, abbrechen«) findet sich seit Plato Rcsp. 10 p. 611 D, auch Lev 1,17; tyxevtQ(tnv (»aufpfropfen«) ArisfOt. plant. 6 p. 820b,34; Theophr. bist. pl I I 2,5; M. Antonin. 11,8. 19 Das unbequeme Asyndeton l'il~ ~t'Jli 'riI~ xllmt~ wird wohl featzubalten sein, zwnal alle anderen LA der Erleichterung verdächtig sind(z.B.l'il~ ~t'K xal. KA vulgo syr. Chry1. bzw.(auyMOI.-
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Die Gnade in der Verwerfung
baumes ist Höhepunkt und Abschluß des Prozesaes 20• Wenn sich der Heidenchrist diesen seinen eigenen Weg vorhält, dann erkennt er, daß er nicht das Recht hat, sich gegenüber den ausgebrochenen Zweigen zu rühmen. Der Heidenchrist hat gemeinsam mit demjudenchristen Anteil an der Fettigkeit der Wurzel (auyXOt.~ Tij~ ~t,,~ Tij~ xLlmJtoc;) 21. Die» Wurzel~( des Olbaumes besteht in den Erzvätern, die Fettigkeit der •• Wurzel~( in der Erwählung, die ihnen zuteil wurde, und die die gleiche ist wie die unsrige. Auch der Heidenchrist lebt von dem Wort des Alten Testaments, und die endgültige Bedeutung des Alten Testaments wird erst in der messianischen Vollendung Israels offenbar. Paulus wehrt sich gegen die Möglichkeit, daß die Heidenchristen die ausgebrochenen Zweige (= die ungläubigen Juden) verachten22 • Nicht ausgeschlossen ist die Deutung, die in der Gegenwart meist bevorzugt wird2l • daß die Heidenchristen sich sowohl über die gläubig gewordenen als auch über die ungläubigen Juden (beachte den Artikel: 'airv xl.abwv) stellen. In diesem Fall müßte man von einer christlichen Form des »Antisemitismus(~ sprechen24 • Der neue Teil der Gemeinde darf sich nicht über den alten stellen und sich (menschlich oder geisdich) überheben 25 • Man denkt und redet verächdich, versteht daher die Freiheit des Geistes falsch und glaubt sich dem Judentum bzw. dem Judenchristentum überlegen 26• Nimmt man an, daß Paulus an konkrete römische Verhältnisse erinnert, dann ist vor allem an ein enthusiastisches ~ zu denken 27 • In V 19 finden wir ein Motiv des bekämpften xamxaUXäa6aL. Zweige sind ausgebrochen, damit ich eingepfropft ~) 'd\~ ~ (ohne 'd\~ oct,,~ 0- JM. G it. Iren.). Der Genitiv Tii~ ltllmJl~ könnte ein Gen. qua!. sein (- die fene Wurzel), bezeichnet aber wahncheinlich all Apposition die Fettigkeit, die zur Wurzel gehört oder aUI ihr entlteht. Vgl. Ri 9,9 du Wort des Olbauma: _Soll ich etwa meine Fettigkeit aufgeben, um deretwillen Götter und Menachen mich preilen ... ce oder TestLev 8,8: ~ lla(a~
l6cDxev ltUm}~.
20 Wer vom Alten Testament herauf Abraham gewiesen wird,
kommt mit der -Gerechtigkeit. und mit dem »Glauben. an die Verbei8ungGones selbtt in Berührulll (Rößl 4,3), nennt ihn daher .Vater vieler Völker« und weiß, daß er telbtt zum Sunen Abrahaml gehört (Röm 4,18). Inaofem hat man am Fett der Wurzel Anteil. Gut 5an.IEa.R. 333: -Eigentlich ilt die Kirche aUi den Heiden ein aufimommener Frandlilll des wahren 1arae1«. 21 CJU'f1CO'v~ hat bei Paulul ein beaonderea Gewicht: Man hat Anteil an einer Sache (z.B. I Kor 9,23; Phi! 1,7). Die Sache, an der man Anteil hat, bestimmt die An und Weile, wie man Anteil hat. Die Wurzel entacbeidet, nicht die Zweige! 22 So aUldriicklich ZnJt 518. Die heutige Verseinteilung reißt V 18a von seinem Vordenatz V 17. Neben der gewöhnlich überliefenen Textform d 6t xcnaxauxÖDCIL &Odet sich auch d 6t aU xClUXllocu. (D·GfM6). uSo KOHLR 386; SANDAy-HEADLAMR 328; LAGaR 280; PALusR 130; ScHLATTEa, Gerechtigkeit 325. DoooR 180 erinnert an den Iateinilchen AntilemitiamUl (Cicero, Tacitua,luvenal) und meint, c:Ia8 man in cbriItlicben Kreiaen zwar froh war, den Schutz der rdigio licita zu genießen, aber zugleich jede Verbundenheit mit dem Gheno ablehnte. In dieaem Fall entltand eine Gleicbgültigkeit gesm die alttestamentliche Tradition. Jot Vgl. W. LVTGEaT, Der Römerbrief'" biltoriacbea Problem, BFchrTh 1913,83 ff. Nach ihm ilt unaer Brief eine Auaeinandenetzung mit einem antiaemiti.achen Chriltentum. U SClu.ATTEa, Gerechtigkeit 325. M SANoAy-HEADLAMR 329. 27 Die Auadruckaweile erinnen an ein glistJie/w Selbttbewußtsein, nicht an eine beaondere Form dea römiachen Antiaemitiamul. Vgl. auch die Auseinanderaetzung mit der korintbiachen Gemeinde (lKor 7,37; 10,12).
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werden kannB . Der Gegner rühmt sich in dieser These einer besonderen Einsicht in den Heilsplan Gottes. Die Hervorhebung der eigenen Person (tyW) fällt in dieser selbstsicheren These auf. Die Entgegnung des Paulus in V 20 beginnt mit einem ironischen ~. Er bestätigt die These des Pneumatikers in gewisser Weiset hebt aber den entscheidenden Faktor des Gltmbms hervor. Durch ihren Unglauben haben sich Zweige vom Ölbaum losgelö~t und haben sich dadurch Gottes Gericht zugezogen; wenn aber der Pneumatiker ).steht«, dann nur durch seinen Glauben. Das ).Stehen« ist ein bekanntert von Paulus übernommener Ausdruck (';'}t der den beständigen Heilsbesitz zum Ausdruck bringt29. Aller Glaube ist ja ein Zeichen und Hinweis auf die göttliche Gnadet die allein jede Beständigkeit verbürgt. Der scharfe Imperativ t nicht auf »Hohes« hin gesinnt zu sein (vgl. zu ~A.a cpQOVEiv auch Röm 12 t 16) t richtet sich gerade gegen das Selbstbewußtsein des Pneumatiken. Vielleicht ist ~ cpQOVEtv noch stärker als U'P1l~Eiv30; Die Mahnung t sich zu fürchten t erinnert an die Gottesfurcht des Alten Bundes t die auch für das Pneumatikertum der Anfang der Weisheit sein sollte. V 21 kehrt in die allegorische Redeweise zurück: GoUt der die Zweige t die natürlich angewachsen sind t nicht von dem Gericht verschont hat t wird um so weniger die eingepfropften Zweige vom Gericht ausnehmen 31 . V 22 wendet den Gleichnisstoff paränetisch an. Aus diesem geschichtlichen Prozeß erkennt man beides t sowohl die Güte als auch die Härte Gottes t die heiden Maßstäbe der göttlichen Gerechtigkeit. Der Nachsatz stellt chiastisch um: wer nicht »stehtcc t sondern »fällt«, muß die ganze Härte Gottes spüren, wie anderseits derjenige, der an der ••Güte« Gottes festhält (btLf,ltvELV 'tfI XQTlenÖ'tTftL), auch den Segen der »Güte« empfangen darf. Die Hervorhebung der ))Güte« Gottes erinnert an den Zusammenhang Röm 2,4.7f. und entspricht dem jüdischen '90; btLJ.LtyELV 'tfI XQTlen6'n)'tL nimmt das l<mlxtvaL (V 20) wieder auf. An der »Güte« festhalten ist also identisch mit dem .)Stehen« im Glauben. Gegensatz zu tO'tT)xtvaL ist XUnELv (Röm 11,11; 14,4; Hebr 4,11}32. Die Mahnung: »überhebe dich nicht, sondern fürchte dich!« (V 20) gehört dem Stil nach in die Weislllitsü"". In der Furcht Gottes liegt nach fester alttestamentlicher Oberzeugung die eigentliche Weisheit, die auch dem Pneumatiker eingeschärft werden muß (Hi 28,28; Ps 34,12; 111,10). Das Schicksal Israels soU das Selbstbewußtlein des Pneumatikers nicht stärken, sondern enchüttern. Sinn der Mahnung V 20 ist, daß Gott t der durch
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28 xl6bot. ist aniltdlos, lielt den Artikd: ot'x).6&t.. Beachte im Einwurf des Gegnera den chiastischen Aufbau! Die beiden Passiva lind Umschreibungen dea göttlichen Handeln •. Z9Vgl. zum Sprachgebrauch: Röm 5,2; 11,20; I Kor 7,37; 10,12; 15,1; 2Kor 1,24; vgl. auchJoh8,44. 3O~ CPQOVuv wechaelt textkritiach oft mit dem helleniltischen ~Eiv. In Röm 11,20 steht ~cPQ6vEt. (a AB) gegen~ .. (CDG); in I Tim 6,17 findetaich eine ähnliche Unsicherheit. Grundaätzlich ist ~ cpQOYEiv ursprünglicher: »aufHohea« geainnt sein kann bedeuten: auf»Himmliachea« gesinnt sein, d,h. lich götdiche Qualitäten anmaßen, du irdiach-menachliche Maß überspringen. 1I Beliebt ist die negative Wendung "" cpabt.a&at. (Röm 8,32; 11,21; Apg 20,29; 2Petr 2,4 f.; Ign Röm 1,2). xam cpOOLV und xOQO cp\IoLV (V 21.24) lind hdlenistische Wendungen, die auf die natürliche bzw. unnatürliche Beschaffenheit hinweisen. Jl~ vor OObi ilt frühzeitig bezeugt und findet sich immer wieder in der wesdichen überlieferung (JM6DG lat ayr Iren.). 32 bW heißt hier: »denn IOnat« (l Kor 5,10; Hetw 9,26). bx6mro6aL erinnert an bxAäD6m (V 17.20), Gewöhnlich wird ein ganzer Baum »abgehauencc, nicht ein Zweig.
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Die Gnade in der Verwerfung
du Kreuz dem Juden die Möglichkeit, sich zu rühmen, zerstöne (Röm 3,27), auch dem Gerechtfertigten jeden Selbstruhm abgeschnitten hat. Das Kreuz erweckt nicht nur den Glauben an Gottes Gnade, sondern auch eine erneute Furcht vor Gott. Die Furcht, die Paulua verlangt, ist Sorge um das empfangene Heil, Verzicht aufSelbstruhm, Aufgabe der Selbstsicherheit. Der innere Gehalt der Rcchtfertigungslehre entfaltet sich auch in der Auseinandersetzung mit dem hellenistischen Pneumatikenum. Die Kirchenväter haben R.öm 11,20 gern als Sentenz gebraucht (Orig., Gregor v. Nysaa, Cyprian, Ambros.). ~ und cmmop(a pinnern an die Doppelheit des jüdisch-rabbinischen Gotteagedankena: das Maß des Erbarmens und des göttlichen Rechtes bzw. das Maß der Güte und der Strafe atehen hier einander gegenüber (Str-B 111 292). Man erinnert sich auch an die Gegenüberstellung der Züchtigungen und Gerichte, die Gott nach Sap 16 0: über die AsYPter verhängt, und der Wohltaten Gottes, die Gott Israel zuteil werden läßt (Sap 16,1). Du pauliniache Begrif&paar ist also nicht eine zufällige ZuaammcnateUung, sondern Ausdruck eines bestimmten tMoI8gis&/n SeAmt.tu, das auch im Rabbinat und in der hellenistischen Theologie bekannt war. Nur vergesse man nicht, daß Gottes Güte bei Paulua ebenso das Gericht in sich schließt wie umgekehn seine Häne die Barmherzigkeit (Röm 9,22). Mit V IS nimmt die Allegorie eine überraschende Wendung: Paulus hön auf,
den Heidenchristen zu warnen und wendet sich dem zukünftigen Schicksal Israels zu. Wenn Israel nicht bei seinem Unglauben beharn, besteht die Möglichkeit, ja die gewisse Aussicht, daß die herausgeschlagenen Zweige wieder eingepfropft werden. Man ist überrascht, wie stark die Allegorie von der Deutung, von der gemeinten Sache her bestimmt wird. Gott als der Allmächtige hat auch die Möglichkeit (&rvat~ wie Lk 1,49; Hebr 11,19)33, sein eigenes Gericht wieder rückgängig zu machen. Wenn er imstande war, Zweige aus dem wilden Olbaum in den edlen einzupfropfen, dann ist er ent recht imstande (x6oql ~), die Zweige, die von Natur zum edlen Olbaum gehören, wieder einzupfropfen. Paulus bezeichnet in V 14 ausdrücklich den ganzen Vorgang des Einpfropfens der wildgewachsenen Zweige als xaota cp(Jcnv; gegenüber diesem außerordentlichen Vorgang scheint die Wiedereinpfropfung der herausgeschnittenen Zweige beinahe ein ))Leichtes« zu sein - obwohl doch dieser Vorgang sich nicht in der Natur ereignen dürfte. Eigenanig iJt lediglich die Wendung: ))wenn du aus dem deiner Natur entsprechenden wilden Olbaum ausgeschnitten wurdestcc. Gemeint ist ja nicht, daß der Heide aus dem ))von Natur« wilden Olbaum herausgeschnitten wurde, sondern daß der Heide in seiner Eigenart am wilden Olbaum Anteil hat und doch aus ihm herausgeschnitten wurde. Die beiden Verse 23.24 führen also über das XOQQt'lMruv von V 1I 6". hinaus: der Heilsplan Gottes kann auch für Israel als Ganzes Rückkehr, Anschluß und Errettung bedeuten. Diejetzige Entscheidung Israels braucht nicht eine endgültige zu sein.
)) 6uv~ y6Q fmLV tritt beIonden kräftig heraus und klingt wie eine Venicherung oder Beteuerung: Gott hat wirklich die Macht.
Röm 11,25-36
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Röm 11,25-36: Die Erfüllung der Verheißung 15 Darum
will ich euch, meiue Briider, über diea Geoheimni. Dicht in UDkeaatni.
1••1eDy c:Wnit ihr euch Dicht lebt Idq cIüakt, dd Ventocku. . teilwei8e über I.
rael pkommen i8l, bi. dd die volle z.hI der Völker einpht, 16UDd cIuD wird 8chIie8llch ..-Ianel prellet werden, wie pachriebea aht: )kommea wird .... Zion der ErIi*r', er wird die GoaIMipeilen voaJüob üweDden. l7Uacl die. iIt mein Bund, deD ich mit iImen achlie8en werde, wean ich ihre Säaclen hin'Welnehme.c lIGftnii8 dem EvmpIium Iiacllie zwar Feiacle um euretwillen, pmä8 der ErwihIUDI aber lind lie Geliebte um der Väter wiIlea. 19Denn unwiclenufHch Iiad die G....enphen uacl die BendluIi GoaeI. 30DeJm wie ihr eiDlt Goa ppaiiber uaphonaa wut, jetzt lIber ErtIumU"l erfahren . . . iDfolp ibreI Uapbor8UDl, 31 10 Iiacl ...ch dieae uDphonam PWeeeD ap8ichtl eurer Er.....U"I' c:Wnit ...ch Iie jetzt Bumhenipeit erWIpD. 3lDenn Goa ... .oe zuIalDlDellplChlouea in deD Uaphonam, c:Wnit er an.oen aeine ~t erweUe. 33 Welche Tiefe da Reichtuma, der Weiabeit uacl der ErkematDiaGoaelI Wie UDer-
fonchHch lind leiDe Gerichte, UDd wie un.qm ....... 1iDd aeiDe Wepl 34)DeDD wer "'tdel HeJ'I'D SinD erkannt? Oder wer iIt 8ein RaIpber pwaen? 35 Oder wer ihm etwa zuvmaeJeben, dd Gott eI ihm verplten mü8te?c 36Denn au. ihm und durch ihn UDd m ihm lind .oe Dinp; ihm pbührt Ehre in Ewiakeit, AmeD.
"'t
Anaryse: Der Einsatz V 25 (ou 6tÄ.w uJ.LCis äYVOELV) macht den neuen Abschnitt kenntlich 1; auch die Anrede Mdcpo(, die diesen Einsatz auch sonst begleitet (vgl. zuletzt 10,1), unterstreicht den übergang. Entsprechend der Anfangsthese Röm 9,6: »nicht alle, die von Israel abstammen, sind Israel«, folgt V 26 die Schluß these: »ganz Israel wird gerettet werden.« Dieser erstaunliche, bisher zurückgehaltene Satz wird durch ein Mischzitat Ues 59,20 f.; 27,9) gestützt. Ein neuer Unterteil V 28-32 setzt mit der Anfangsthese V 29 ein: »Gottes Gaben und seine Berufung sind unwandelbar« und schließt mit' der großen Schlußfolgerung V 32: »Denn Gott hat alle zusammengeschlossen in den Ungehorsam, damit er an allen seine Barmherzigkeit erweise((. Die t>eiden Unterteile 11,2~27 und 28-32 sind also Zusammenfassungen des Hauptteiles Röm 9-11: das Problem Israel endet in einem eschatologischen Geheimnis (f.&"O"t'tioLOV), das allerdings entfaltet werden kann. Rein stilistisch fällt auf, daß der Stil von 11,11-24 aus einem bewegten Dialog in 11,25-32 zu einer thetischen Zusammenfassung hinüberführt. Die Anrede an die Heidenchristen 11,13 wird auch in diesen Schlußteilen beibehalten (z.B. V 25.28.30.31). Entscheidend sind aber die eingesprengten Thesen V 26.29.32, die das Gedankengefüge des Paulus bestimmen.
Den Abschluß des ganzen Hauptteils bildet ein Hymnus in V 33-36. Er besteht zunächst aus zwei Ausrufen hellenistischen Stils: der erste beginnt mit und einem folgenden Vokativ, der zweite besteht aus einer verkürzten Aussage, die durch WC; eingeleitet wird 2 • Es folgen zwei alttestamentliche Schriftzitate in Fra-
ro
~r
Einsatz ist besonden stark. Vgl. Röm 1,13; IKor 10,1; 2Kor 1,8; IThesa 4,13. Parallelismus membrorum, die Eigenart der Wortstellung und der Woruchatz sdbet lallen den Hymreu als lOlchen erkennen; das griechische Gut wird durch die hellenistische Synagoge I
2 ~r
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Die Erfiillung in der Verheißung
gefonn, die durch den biblischen Stil die Feierlichkeit des Hymnus unterstreichen Ues 40, 13; Hi 41 ,3). Es schließtsich eine hellenistische Gottesformel an, die den Klang eines Lobpreises hat (vgl. I Kor 8,6; Kol 1,16). Den Abschluß bildet eine jüdische Gebetsfonnel, eine liturgische Wendungl. Daß Paulus mit einem Hymnus schließt, der den ganzen Abstand zwischen Gott und Mensch aufreißt, hat sicherlich grundsätzliche Bedeutung: seine Denkbewegung ist zum A~ schluß, aber nicht zur Lösung gekommen. Exegese: In den Mittelpunkt von V 25 tritt f.luatf)QLOV als Hauptbegriff, der die Art der neuen Erkenntnis beschreibt. Er bezeichnet bei Paulus keine esoterische Geheimlehre, sondern eine apokalyptische Weisheit, die zur Prophetie gehört. Das Wort dürfte einen semitischen Begriff ersetzen (vielleicht ,,). Paulus denkt daran, daß das, was bisher verborgen war, jetzt am Ende der Tage enthüllt wird. Das Wort hat eschatologische Bedeutung und ist auf geschichdiche Vorgänge bezogen·. Die Mitteilung des »Geheimnisses« geschieht mit einer bestimmten Absicht: die Heidenchristen sind in Gefahr, »vor sich selbst« verständig zu sein'. Der Pneumatiker macht den Anspruch, in besonderer Weise »verständig« zu sein 6 . Paulus redetals Apokalyptiker, d.h. als ein Auserwählter, der besondere Einsicht in den geschichtlichen Heilsprozeß Gottes und in das Ziel Gottes in der Geschichte hat (nQ6&E~ 9, II ; 'tD..oc; 10,4; l'umftQLOV 11,25). Nach ZnR 523 besteht das ltGeheimnis« aus drei Teilen: »)Das Ente ist, daß dem Volk Israel eine partielle Verhärtung widerfahren ist; das Zweite, daß dieses Verhängnis über Israel fortbestehen wird, bis daß das ~,,~ der Heiden eingegangen sein wird; das Dritte, daß alsdann (= ~) Israel als ein Ganzes Rettung finden wird.« Gemeint ist aber ein Heilsprozeß, der einheidich und in sich geschlossen ist; das Schwergewicht liegt auf dem letzten Glied. Es ist die Frage, ob wir es mit~ uMsi~m zu tun haben, von denen der zweite die Konsequenz aus dem ersten zieht (1«11 o{j~ im logischen Sinn), oder ob wir fonnal einen d,eigliedtigm Proplatlmsfmleh vor uns haben (ML ... , ltxQL 06 ... , xai. ~ ... ). Der Aufbau spricht rur die zweite Möglichkeit. weil der Höhepunkt offenbar in dem Abschluß des zugänglich gemacht worden acin. Zur Gliederung uniere. Hymnus •. G. HARDE•• Paulull und du Gebet, 1936,51. VgJ. die wich. Feststellung in der Analyse KAsEMANNR 310 f.: ..Wie in der Apk Joh und in Phil 2,11 nimmt die Akklamation schließlich die kosmische Huldigung antizipierend auf. Im Lobpreis der Gemeinde wird schon jetzt Jaut, was einst alle Welt bekennen und mit ihrem Amen bestätigen muß ... 3 Zum Ganzen vgJ. die Untersuchungen von E. NORDEN, Agnostos Theos. 1913; G. HARDER. a.a.O.;G. BoRNKAMM, Der Lobpreis Gottes (Röm 11.33-36),Ges.Au&.170-75; E. VOGT, Mysteria in Textibus Qumran, Biblica 37. 1956. 247-~52; R. DEICHGR.UER. Gotteshymnus und Christushymnus in der frühen Christenheit. 1967; K. ScHWAltZWALLER, Das Gotteslob der angeli:>chtenen Gemeinde. 1970; außerdem O. KERN, Orphicorum fi'agmenta. 1922; R. REITZENSTEIN. Poimandres, 1904. Vgl. auch KAsEMANNR 307 ff. IlUO'tf\QI.OY bei Paulus: I Kor 2,1 v.l.; 2.7; 4.1; 13,2; 14.2; 15.51; KoII,26.27; 2,2;4,3; 2Thess 2,7; Röm 16,25. VgJ. z.B." (aram.lCn) Dan 2,18 ff.; IQS4,18oderauch TI) Chag 14a; IQS 2.25. Der Begriff JiUO'tf\ql.OV ist stark apokalyptisch geprägt. 5 tv tatnO~ lesen AB,mJQ' tatnO~. CltD, tauro~ JM'G.tv tauro~ scheint mir den Vorzug zu verdienen. Vieltach wird der einfache Dativ vorgezogen (ZnR 522; LAGRR 284; PALLISR 131). • Vielleicht haben wir es mit einem bestimmten Schlagwort zu tun (vgl. I Kor 4,10; 10,15; 2Kor 11,19). Das Wiuen und die Weitergabe der Geheimnisse des göttlichen RatschluSICS ist dem Pneumatiker der jüdischen Apokalyptik und der Qumrangemeinde anvenraut. Vgl. slawHen 24,1-5; TestLev 2,10; I QpHab 7,5; I QH 2,13. Die Mitteilung dieser Geheimnisae an den Pneumatiker vollzieht sich entweder durch Gesichte oder durch Schrifterkenntnis.
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Ganzen liegt. Es handelt sich um die Durchführung des apokalyptischen Prozesses (ähnlich Mk 13,10): zunächst ist Ventockung Israel zugestoßen, die aber nur bis zum Eingehen der Vollzahl der Heiden befiiJtet ist; und 10 sind die Vorauuetzungen dafür geschaffen (xal. ~), daß ganz Israel das Heil empfängt. Sprache und Denkformen dieses Prophetenspruches sind W,tJisiwnuJ (EWfqxm&aa., ~ ·IOQO'f)).). ~ begegnet im Neuen Testament in Mk 3,5; Eph 4,18; ~ in Röm 11.7. Das Nomen heißt: ).Verhärtung~ (vulg.: caeciw). 'JuW ~C; ist adverbial zu yf:yav~ zu ziehen (» Ventockung ist teilweise Israel widerfahren«). 'tb M~ 'UiJy Hv
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Die ErfüUung in der VerheiBung
außerdem methodisch das ,,"mTiQLOV im Einklang mit dem Schriftzitat V 26.27 sehen: der himmlische Erlöser wird Jakob entsühnen. Man könnte annehmen, daß der Inhalt des letzten Gliedes ursprünglich selbständig war und erst nachträglich mi t den beiden vorher genannten Prämissen verbunden wurde. Stil und Gliederung des Satzes: n~ "10Q
,"''?;
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Ohne überleitung beginnt PaulUl, aus V 2~27 exegetische Folgerungen zu ziehen. Zunächst schilden er du Judentum in einer scharfen Antithese zweier gleich aufgebauter Satzglieder. Das Subjekt ergibt sich aus dem vorangehenden Zitat (V 27): sie, die Juden, sind zwar verfeindet (txtQo()12 in Anbetracht der Art, wie sie sich zum Evangelium stellen", aber geliebt (lrtamrro() im Hinblick auf die Erwählung um ihrer Väter willen. Das paulinische Satzgefüge macht deshalb Schwierigkeiten, weil der Parallelismus der beiden Satzhälften zwar rhetorisch wirksam ist, sich aber sachlich nicht leicht durchführen läßt. Die Juden sind ))von Gott gehaßt«, weil sie sich gegen das Evangelium stellen ( I Theu 2,15: hc; "" iiQr.ox6vtrov); sie werden »von Gott geliebt«, weil sie mi t der Wurzel des Ölbaumes, den Vätern, verbunden sind. Paulus denkt daran, daß Feindschaft gegen die Botschaft eine feindliche Gegenwirkung auf Seiten Gottes hervorruft (Ausschluß aus seiner Gemeinschaft, Abhauen der Zweige des Olbaumes). Rhetorisch wirkt die GegenübenteIlung: 6L" iJ~ - &a 'too; mI'ttQa;. 6L" iJ~ bedeutet: »damit ihr Heiden das Heil empfangen könnt« (anden Pelag.: ))wegen ihres Hasses aufeuchee). 6Lc\ 'too; XQ'ttQa; dagegen sieht nicht aufdu Ziel, sondern auf die Unache, den Grund. Der antithetische Satzbau ist also nicht sachlich, sondern rhetorisch orientien. Das Motiv des ))Geliebtseins« taucht in diesem Zusammenhang unvennittelt auf; man könnte sich an Röm 9,13.25 erinnern. Wichtiger ist die Beobachtung, daß die »Väter« Freunde, Geliebte, Erwählte Gottes sind, und daß es nahe liegt, diese Liebe Gottes zu den Vätern auf die Nachfahren zu übertragen. Aufjeden Fall will PaulUi zum Ausdruck bringen, daß nicht die Verfeindung das letzte Won behält, sondern das Geliebtwerden. Diese ))Liebe« trägt die Züge des Erbarmens (~) und der Gü te (XQI1atlm);), ist also dem Grundmotiv der Erwählungslehre nicht fremd 1... V 29: Daß die Erwählung Israels bestehen bleibt, ist nicht zufällig, sondern hängt mit einer Voraussetzung alles theologischen Denkens zusammen (Röm 3,3 f.). Zur Gerechtigkeit Gottes gehön seine Beständigkeit und Zuverläsaigkeit. Der zwischen V 28 und V 30 f. eingesprengte Satz hat die Form einer Sentenz oder· eines theologischen Lehnatzes. Unwiderruflich sind Gottes Gnadengaben (oder Gnadenerweise), vor allem seine »Berufung«. iq.&ncq&fl.1JtC>; steht am Anfang und ist betont (»unwiderruflichee bzw. »unbereubaree vgl. 2Kor 7,10; '" 109,4) 15. Die Zu12 Die Adjektive ~ und t\yamJ~ werden meist pulivisch aufsd'aBt: diejuden .ind beides, von Gott gehaßt und von Gott geliebt (SANDAY-HEADLANR 337). AlJerding. gibt ZnR 526 zu bedenken, daß ~ im Neuen Testament durchweg aktivUch gebraucht wird, und daß CI nicht aach&emä8 ist., von einer fciDcbeligen GesinnWII Gones gegen den MCDICben zu reden. Zum Motiv der Feindlcbaft des MCDKben gegen Gon vgl. Köm 5,10; 8,7. Du Gqenüber von ~ und ~ 1qt den pauivilc:hcn Sinn nahe: dir Juden .ind verfeindet., .tehen aIIo unla' dem Gericht Gottes. U xmtA pb 1b ric:ryytlwY könn~ bedeuten: »gaDä8 dan EVUJldium .J. der BotlCbaft-, 10 daß du Ev...dium den Maßstab abiibt. Entaprccbend würde xartA 61 np txlDrfIv -semäß dem Ma8.lab der ErwähJWII- bedeuten. Aber ricIyytMov und bcAoyfJ lind nicht zwei venchicdcne MaBatibc. die ein gcpaätzlicbea Uncil über du Judentum gestatten, IODdem zwei vencbiedene Gai&AIsunter denen dieldbcnJuden FlChen werden. B.uTHR 403 übe!letzt daher: -aufdie Hcilabotac:baftgeschen .ind .ie freilich Feinde um euretwillen, aufdie ErwähluDlgeldlen aber Geliebte Gottes um der Viter willen« . .. dilecti (Ambatr, Hier., AUS.) entspricht dan 4ywayrol mehr als cariuimi (Vulg.). u6pnap.tl.~ bqqnet bei Plato Tun. 59D; Polyb. 21,11; 23,16; Dionyt. Hai. 11,13; P1uL moI'.
"'16, 137B.
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Die Erfüllung in der Verheißung
sammenstellung: 'tcl XOOUJJw'tQ xaL ~ x).Tia..; tO'Ü hoü ist hier nicht addierend, sondern spezialisierend gemeint (BI-Debr 442,9): unter den GruuJmgaben (vgl. Röm 9,4) ist die XA:ijOt.; die wic/rJigste. Biblisch ist die Gewißheit, daß Gott einen Entschluß oder ein Geschehen bereuen kann. Im Alten Testament findet sich die Aussage, daß es ihn reute, die Menschen geschaffen zu haben (Gen 6,6) oder Saul zum König gemacht zu haben (1 Sam 15,11.35). Gott sieht die Not der Israeliten an, er gedenkt seines Bundes, den er mit ihnen gemacht hat, und es reut ihn auf Grund seiner großen Barmherzigkeit (Ps 106,45). Gott hat die Möglichkeit, das Unglück zu bereuen, das er dem Volk zuzufügen gedachte; wenn aber das Volk der Stimme Gottes nicht gehorcht, dann vermag er auch, das Gute zu bereuen, das er verbeißen hat Uer 18,8.10; 26,3.19; 42,10). Gou ist gütig und bannherzig, darum reut ihn bald die Strafe Uoel 2,13;Jona 4,2). Die prophetische Verkündigung weiß von der Unheimlichkeit in den geschichtlichen Entscheidungen Gottes: Gott ist an dem, was der Menach tut, unmittelbar beteiligt und nimmt auf das, was auf Erden geschieht, in seinen Entschlüssen Bezug. Umgekehrt kann Num 23,19 (lSam 15,29) ausdrücklich betonen, daß Gott nicht wie ein Menach ist, daß er lüge oder ihn etwas gereue. Er ist in seinen Entschlüssen nicht wandelbar, wie es der Mensch sein kann. An ein spekulativ-philosophisches Moment der Unwandelbarkeit Goues denkt weder das Alte Testament noch das Neue Testament (vgl. dagegen Philo Deus immut., 20 W. über Gen 6,~7). Es kommt Paulus daraufan, daß Gottes Gnadengaben beständig sind und daß er in seinen Verheißungen zuverlässig ist. Paulus hat den Begriffx~ in verschiedenem Sinn verwandt. In allen Fällen liegt auf dem Gnadencharakter der Gabe ein besonderer Ton. Hier in Röm 11,29 denkt er an die geschichtlichen Vorzüge Israels, die in Röm 9,1 aufgezählt wurden.
V 50 f.: Wie sich die Gnadenerweise Gottes ab unabänderlich herausstellen, zeigt weiter der Vergleich zwischen Israel und den Völkern (iOmtEO ... oo't(l);). Aus der These V 29 werden in V 30 f. exegetische Folgerungen gezogen, die zu dem Ergebnis in V 32 führen. Auffallend ist ein dreimaliges VÜV, das verschiedene Bedeutungen annimmt. ))Jetzt« (= in der eschatologischen Gegenwan) haben die Heiden Erbarmung erfahren durch den Ungehorsam der Juden; so sind auch diese ))jetzt« (= in der historischen Situation der Gemeinde) eurer Erbarmung gegenüber ungehorsam gewesen. Zuletzt denkt Paulus an die nahe Zukunft, in der sich das Schicksal Israels vollendet: damit auch sie ))jetzt« (= in der nahen Zukunft) Erbarmen erfahren sollen 16 • Es ist bezeichnend, daß Paulus die Endvollendung ganz nahe glaubt, daß er so in diesem dritten vüv auf die eschatologische Zukunft hinweisen kann. V 30 f. hat also die Aufgabe, bestimmte Ergebnisse zusammenzustellen. Einst waren die Heiden schlechthin Gott ungehorsam (MEI.'ÖELV Röm 2,8; 10,21). Dieser Zustand des Ungehorsams wurde nicht etwa durch ein Ausscheiden der Heiden, sondern durch das Erbarmen Gottes abgelöst. Paulus kann also selbst ein menschliches Versagen mitten hinein in den Heilsplan Gottes stellen, der sich auch die Schuld dienstbar macht. Gottes Erbarmen wurde dadurch ermöglicht, daß diejuden versagten (tfI 'tou't(I)V Qxu'ÖELfCl). So sind in der Gegenwan die Juden die ))Ungehorsamen« angesichts der 16 Man hat dies eschatologische vüv der nahen Endvollcndung (Il BO-) schon früh durch ~ ersetzt oder überhaupt gestrichen (P" AXG). Zum textkritischen Problem vgl. ZnR 528 Anm. 76 und LAGaR 288.
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Erbarmung, die den Heiden widerfuhr ('tCj) "t'E'ttQ
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Die Erfüllung in der Verheißung
daß er selbst sich dem göttlichen Ratschluß unterwirft und daß sein Denken die göttliche Weisheit nicht ausschöpft. Dabei gibt Paulus gefonntes Traditionsgut verschiedener Herkunft wieder, will aber die einzelnen Glieder auf den Gedankengang von Röm ~II bezogen wissen 20 ; Der Hymnus beginnt mit zwei verschieden gefonnten Ausrufen in V 55: der erste wird eingeleitet durch eh JWx~, der zweite durch ~ dv~EQEUvTrta21. Ein derartiger Ausruf mit eh ist im hellenistischen Griechisch häufig (Philo) , findet sich aber im Neuen Testamept nur hier. JWx~ (IKor 2, 10; ApkJoh 2,24) ist hier bildhaft gemeint: es drückt das Gewicht der Gaben und die Unergründlichkeit der Erkenntnis aus. Drei Begriffe, die in der Auseinandersetzung mit den Pneumatikem eine besondere Rolle spielen: ~ (xA.oVtou), oocp[a und yvmm~ werden eng miteinander verbunden. Der Begriffdes ))ReichtuMS« erinnert an die Fülle der göttlichen Gaben (Röm 2,4; 9,23; 10,12). ))Weisheit« ist eine Kennzeichnung apokalyptischer Begabung (4Esr 14,40; ApkJoh 13,18). ))Erkenntnis« könnte vielleicht verwandt sein mit der ))Einsichtcc in die göttlichen Geheimnisse ( I Kor 1,19; Kol 1,9; 2,2). Man dachte auch an die Erwählung und Durchsetzung des Heilsplanes Gottes in der Geschichte22. Daß Gottes ))Tiefecc in dem Geheimnis der Heilsgeschichte und seines Heilsplanes sich kundtut und doch verborgen bleibt, zeigen die alttestamentlich bestimmten Begriffe XQlJ.Ul'ta ("p 35,7) und Mol Ues 55,8). Gottes Rechtsentscheidungen sind unergründbar, und seine »·Zum Hymnus vgl. ApkBar 14.8 f[: IClern 6O,1:Jes 40.13 LXX: Hi 41,3 (dazu Str-B 111). Zum Ganzen B. NORDEN, AgnOltos Theoa, 1913,240 f[; ThW VII 518 f[; KAaEMANNR 306-308. KAsEMANN betont, daß die Doxologie auucblie8lich das Verhältnia zu Israel im Blickpunkt hat und daß der Apoetel in fester apokalyptischer Tradition Iteht. Grundsätzlich gilt, daß apokalyptische, altteltamentliche und hellenistische Elemente in diesem Hymnus verarbeitet lind. Du apokalyptische Motiv V 33 hebt die 8ewunderuog und Anbetung Gottes hervor, du alttestamentliche in V 34 f. zeigt den Abetand von Gott und Mensch auf, während du hellenistische in V 36 die Beziehung Gottes auf Welt, Geschichte und Menachheit doxologisc:h a. .prichL Vgl. O. MICHEL, Luthen deus abaconditua und der Oott~eclanke dea Paulua, ThStKr 1931, I ~ 194. Z- Prohl_ "" HIiJs,uelti<U: l. Heilsgeschichte ist Verknüpfunglgeachichte vom Eschaton und vom Unsichtbaren her. Entscheidend ilt du Gebunden.ein an du Wort Gottes, die Analogie von Erwählung und Berufung, du Wissen um Gaben und Aufgaben. 2. EI gibt eine verborgene Kontinuität, ein Zusammenfallen der Zeiten in Gott, auch ein Vorwärtuchreiten der Zeit in der GadUchte. 3. Zur Apokalyptik gehört immer eine Art Periodendenken (Gal 3.17; I Kor 15,23 6'.). Du apokalyptische Periodendenken verwandeltsich ltändig, ist aber grundlitzlicb notwendig (vgl. auch Röm 10,4). :n Zum hellenistischen Sti (Ausrufmit~) vgl.Jes 52,7 - Röm 10,15. ~~ findetsich im Neuen Testament nur hier (dagegen im Symm.Text in Prov 25,7; Jer 17,9) und heißt: »unermnchlich«. ~~ (Eph 3,8; Hi 5,9; 9,10; 34,24; IClem 20,5) bedeutet: »nicht aufspürbar« (vgl. A~ Const. VII 35,8 f.: x~ ... ~~ XQ4aaoI.v). MOULTON-MIlJ.IGAN, Vocabulary I 41 meint, Paulus habe &veta.~ aus dem Hiob-Text übernommen. Die privativen Formen ~ und ~xvcamoc; lind offenbar vor Paulus in das jüd.Uche Gebet und in den jüdischen Hymnus eingedrungen. 22 »ErUamis« ist im Sinn des alttestamentlichen Begri&a nicht nur» Wiaen«, IOndem »Wählen, Lieben«. Zur engen Verbinduog von WIÜAIiI und EiIuieAt vgl. auch IKor 1,19; KoIl,9; 4E1r 14,40; WtisMit und ErUutbtis KoI2,3. Diese Verbindungen haben offenbar ihre liturgische Geschichte und werden von Paulus übernommen, nicht gescbafI"en. Selbetventändlich ist in Röm 11,33 die paulinisehe Zusammenstellung dreiteilig, d.h.jedes Glied bedarf seiner beIOnderm Untersuchung. Man kann ~oo nicht als Oberbesriffvon oocp(a; und yY~ aufTuten und du erste xa( Itreichen (Min. 321. vulg., AmbroL, Aug., Ambetr, Pelag.).
Röm 11,25-36
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Ratschlüsse (= geschichtliche Führungen) sind nicht nachvollziehbar23. An die heiden Ausrufe schließen sich tiTti rhetorische Fragen an, die in alttestamentlicher Sprache Ues 40,13; Hi 41,3) den ganzen Abstand zwischen Gott und Mensch aufreißen (1 Kor 2,16). Paulus benutzt dabei offenbar eine von der Septuaginta abweichende Textform24• Gott bedarfkeines Ratgebers, ist auch nicht verpßichtet, einem Menschen seine Dankbarkeit zu bezeugen. Nimumd vermag, in seinen Sinn einzudringen, niemand vermag, ihn durch eine Gabe zu einer Gegengabe zu veranlassen. Vielleicht darfman in diesen drei Fragen, die sich gegen den Anspruch des Rabbinen und des Pneumatikers in der gleichen Weise richten, das Kernstück des ganzen Hymnus erblicken. Anbetend und huldigend schließt sich V 56 an: ))aus ihm, durch ihn und zu ihm führen alle Dinge«. Gott ist der Schöpfer, Erhalter und das Ziel alles Geschaffenen. Wir haben es mit einer alten hellenistischen Gotttsfonnel zu tun, die an den Präpositionen tx~..a-~ kenntlich ist; sie ist in die jüdische Gebetssprache übenragen worden. Paulus vermeidet die mystische Formel tv 00( bzw. tv amq" da er grundsätzlich geschiehtlich und escluJtologisch denkt. Menschheit und Geschichte bilden ein G~esJ das von Gottes Hand geschaffen und erhalten, aber auch zu seinem endzeitlichen Ziel geruhn wird. Der jüdischen und urchristlichen Gebetsform entspricht auch der Lobpreis und die Schlußfonnel cit1frv25 • Der feierliche, bekenntniaartige Abschluß des Hymnus in V 36 (vgl. 1Kor 8,6) hat einen bestimmten religionagescbichtlichen Hintergrund. Zugrunde liegt eine ältere sllJisdll Fonnel, die ihreneits wieder an die alten Physiker anklingt (Diog. v. Apollonia, Xenophanes, Heraklit}26. Mark Aurel sagt in seinen Selbstgesprächen (4,23): »Alles, was dir hannonisch ist, 0 Welt, das ist es auch mir. Nichts kommt mir zu früh oder zu spät, was dir zeitgemäß erscheint. Alles, was deineJahrläufe bringen, ist mir Frucht, 0 Natur: Ix aoU mivta, tv ool KlIvta, EI; ot xm«. Der stoische Pantheismus nennt Zeus &[0, weil er x6vuov hmv ah~ xat 6,' crlrtbv x6vta (Chrysipp bei Stob. Ecl. I 1,26 p. 31). E. Norden, AgnOitos Theos, 1913 nimmt eine hellenistisch-jüdische Quelle an, aus der PaulUi in Röm 11,33 ff.schöpft. Auch R. Reitzenstein (Poimandres, 1904,39) wird aufdu Problem aufinerk.sam: »Ich darf beiläufig bemerken, daß die gewaltige Grundfonnel des ägyptiJch-griechiJchen Mystizismus bei Paulus falt wörtlich erscheint« (= Röm 11,36). R. Reitzenstein ~eiat hin aufTrismeg. 13,19 (= Poimandres 347). Aufeinem Zauberring findet sich die Au&cbrift (Collectiona des aneiena alchimiates grecs von M. Bertbelot und C. E. Ruelle, 1888, Inttoduction 133): hw:cävxal6,'crlrroü'tbmivxal~cr6W'tbxäv xal d ~iI 'tb miv, oMtv tat, w :cäv. V gl. außerdem Zosimus (Collectiona des aneiena alchimistes grecs, 1888 11 143); Selenehymnus (E. Abel, Orphica, 1885,294); Pseud.
txoc.
23 Die Zuaammen.dlung von GnU'*" und /lMsdäss", Gota encaprichtjüdiacbem Hymnenatil. Man vergleiche ApkBar 14,8 f.: _Aber wer, 0 HeIT, mein Gott, venlebt dein Gericht, oder wer erforscht die Tiefe deines Weges, oder wer denkt nacil über die beschwerliche Lut deines Pfades, oder wer vermag nachzudenken über deinen uner6a8baren Rallchluß, oder wer hatjemall von den Geborenen Anfang und Ende deiner Weisbeit gefunden?« Jt Paulua hat offenbar für Hiob eine von LXX abweichende Textvorlqe benutzt (VJI. auch 1Kor 3,19 - Hi 5,13). 2S Vgl. G. 1tuDu., Paulua und du Gebet, 1936,53 798". Zur Verwendung der Allmachtavorstellungen vgl. W. PoHLMANN, Die hymnilchen AU-Pridibtionen in Koll,I5-20, ZNW 64,1973, 53-74. 26 Vgl. DIELS-KaANz, Fragm. 1,135,14; 153,11 0:; KAaEMANNR 3\0 f.
a:
362
Die ErfüUung in der Verheißung
Aristot. Mund. 6; Philo spec. leg. I 208; cher. 125 f.; Sir 43,27; Apost. Const. VII 35,8. Es zeigt sich, daß diese Fonnelsprache eine weitverzweigte Geschichte hat. daß sie ihren Grundelementen nach festliegt. daß sie aber in Einzelheiten veränderlich ist. Es ist anzunehmen, daß die F onnel: b - 6ui - ~ in.ftitJi.sdura Gebeten und Liturgien verwandt wurde. Die Drlillitdmurt des ganzen Hymnus ist unverkennbar: a) V 33.34-35.36, b) die Substantiva: ~~, c) die dreifache Frage ~ in V 34.35, d) die dreigliedrige Fonnel in V 3627 • Exkurs Die hei1sgcachichtliche Frage in Röm
~11
1. Nach älterer Tradition (v. Hofinalm, Fr. Delitzsch) war es der butmdnt BnMJ Israels, in seiner alttestamentlichen Geschichte den WegJesu und der christlichen Gemeinde vorzubereiten. Es sollte also dem Christentum nicht aufgegeben sein, Israel gcachichtlich aufzulölen, sondern nur es für den großen Tag des Heiles vorzubereiten, der seiner wartet. Diese Aufpbe fordert von der Kirche Selbetbesinnung und Kritik am eigenen Verhalten sowie ernsthafte Einsicht in die Gcachichte und Aussage Israels. Die Kirche soll außerdem der Mühe und Arbeit gedenken, die Israel für sie getragen hat, indem es seinen Beruf, Gottes Volk nach dem Gesetz zu sein, erfüllte. 2. In der Gegenwart wirkt die ausführliche Stellungnahme K. Barths (Kirchliche Dogmatik 11 2, 1942, 2,5 ff.) nach, die auf dem ErwiIIluntsgttlaUn aufgebaut ist. Für ihn ist das »Geheimnis« von Röm 11,25 f. wichtig, sowohl seine Zukünftigkeit wie auch sein Nochnichtgeschehensein. Auch gls,IIUluliela kann K. 8anh argumentieren (Die JudenfraRe und ihre christliche BeantwortuDR, Judaica 6, 1950,67 ff.). DasJudentum existiert als Volk auch heute noch: es bleibt trotz seiner Katastrophen ein besonderes Volk der Geschichte, anden als andere. Die Bibel hat mit ihrem Hinweis auf die Treue Gottes recht behalten: es gibt eine Treue Gottes, die sich dem Menschen von Ewigkeit her zugewandt hat. Uns ·verdrießt es, daß uns im Judentum ein Spiegel vorgehalten wird, der uns zeigt, wie schlecht der Mensch ist. Der Jude bezahlt dafür, daß er der Erwählte Gottes ist. Uns ist unheimlich, wie unpichert, wie wurzc1l01 und doch wie beständig der Jude durch die Wekgcachichte geht und dabei uns Menschen an unsere eigene Wurzellosigkeit erinnert. Die christliche Gemeinde existiert nicht anden als das Judentum: uns trelmt von ihm der Jude Jesus, den wir als Erfüllung der Verheißung und als Heiland der Welt bekennen. 3. J. Moltmann spricht von DtrSCItUt/nna Btr'Mfimgm, die Israel und die Kirche haben (Kirche in der Kraft des Geistes, 1975, 170). Israel bleibt, wo es seiner Berufung treu bleibt. ein Stachel in der Seite der Kirche. Das Dasein desJ uden zwingt dem Christentum den Gedanken auf, daß es selbst nicht apt Ziel angelangt ist, sondern stets auf dem Wege bleibt. Das Judentum schärft dem Christentum die Erfahrung der Unerlöstheit der Welt ein. Die Kirche bleibt. wo sie ihrer Berufung treu bleibt. aber auch ein Stachel für Israel. Sie bezeugt die Gegenwart der Versöhnung der Welt mit Gott, ohne die es keine begründete HoftDung auf die Erlösung gibt. 4. Schärfer encheint die Abgrenzung L. Goppe1ts (Israel und die Kirche, heute und bei Paulus, Christologie und Ethik, 1968, 165 ff.). Er denkt nicht in Analogie, sondern in Ty21 Den Lobpreis der Erkennblis Gottes fmden wir auch in den Schriften der Qumrangemeinde. Der Menach, der &ua Staub gebildet ist, kann die.e Erkennrnis nicht von sich aua begreifen, er muß vielmehr durch Gottes Geist erleucbtetwerden. Vgl.IQS 11,3; IQM 17,8; 1QpHab 11,1; IQH 12,11 tT., 24 f. 29.
Röm 11,25-36 pologie. Er entfaltet duJudesein und du Israelproblem nach drei venchiedenen Seiten: 1. der Jude ist in seinem Verhalten gegenüber dem Gesetz Typ des adamitischen Menschen; 2. das alttestamentliche Israel ist als Gottes Bundesvolk hei.llgeschichtlicher Typoe der Kirche; 3. Israel, du das Evangelium ablehnt, bleibt im Sinn von Röm 11,25 unter Gottes Verheißung. Diese Differenzierung ist notwendig, um den komplizierten Tatbestand aufzuarbeiten. Alttestamentliches und neutestamentliches Geschehen sind dUrch Gottes Verheißung und Treue miteinander verbunden, aber nicht durch geschichtliche Kontinuität. Gottes Offenbarungsakte sind nicht punktuelle vertikale Vorgänge, aondem sind auf geschichtliche Situationen bezogen und bestimmen Geachichtsabläufe (Paulus und die Heilsgeschichte, L. Goppelt, a.a.O. 220 ff.). Heilsgeschichte weiß um Geschichtlabläufe und Auswirkungen. 5. Von Wichtigkeit bleibt die Frage nach dem Geaetzesventändnis des Paulus. Von Gottes Forderung, die unabdingbar und heilig ist (7,12), untencheidet der Apostel den konkreten Weg Israels unter dem Gesetz, der nicht zum Ziele kommt (9,31). Ausgangspunkt für rabbinisches Denken ist die Ewigkeit und Unverbrüchlichkeit der Tora; dem entspricht bei Paulus das grundsätzliche Bekenntnis, daß Gesetz und Gebot heilig, gerecht und gut sind (7,12). Dabei geht Paulus vom radikalen Ventändnis des Gcse~ aus, an dem die Erkenntnis des Fleischaeins entbrennt (7,14). Wogegen Paulus lich wendet, ist eine ganz bestimmte nomistiache Lehre des »Tuns4C (10,5): sie setzt dem grundsätzlichen Willen Gottes Grenzen und zentört durch Au&ählung (Zersplitterung) der Gebote die Einheit bzw. Totalität des göttlichen Gebotes. Wieweit im paulinischen Gesetzesbegriff stoisches Gut mitschwingt, wird im Einzelnen durchgesprochen werden müssen: es ist bezeichnend, daß dies im Gespräch mit dem Heidentum notwendig wird (2,15). Der bisherige Weg des mosaisch-nomistischen Tuns darf dem Heiden nicht auferlegt werden! Sclbstventändlich weiß Paulus, daß auch im Zeitalter der ~Verhcißung« Tora als Weisung gehört wird, aber für ihn war die Forderung Gottes an eine mosaische Struktur gebunden. Moses ist beides, ein Hörender auf die Stimme und ein Geber des Gebotes (10,5.19). Die Forderung Gottes wird durchJesus messianisch erfiillt; dem mosaischen Verfahren aber wird ein Ende gesetzt ( 10,4). Wenn vOtwc; als mosaisch-nomistiache Tradi tion von Paulul abgewiesen wird, dann meint er nicht nur den Buchstaben des Gesetzes (YQOI'f'O), sondern auch den ganzen Auslegungsprozeß (einschließlich der T,Jaditionsprozesse). Vgl. SDt 11,22 § 48 (84b): ~Denn wenn ihr dieses ganze Gesetz beobachtet ( ... und el tut, daß ihr den Herrn, euren Gou, liebt ... ) ... du ganze Gesetz heißt Midrasch, Halachot, Haggadat.« Vgl. zum Ganzen A. Nissen, Gott und der Nächste im antikenJudentum, 1974. Wir haben zwei verschiedene Strukturen des Gesetzesventändnisscl vor uns, die sich gcschichdich auswirken.
Exkurs Das Evangelium und die Erwählung Goues 1. Die Erwählung des Menschen durch Gdtt kann nicht als ein Geschehen angesehen werden, das sich jenseits der Botschaft von der Gnade Gottes und jenseits der Rechtfertigung des Menschen abspielt. Gottes Erwählung als ein Akt seiner Freiheit, seiner Schöpfermacht und seiner Gerechtigkeit muß geschichtlich und theologisch verstanden werden 2l . Wir haben es in der Erwählung des Menschen mit dem konkretenHeiIs/umtÜ/II Got2a
K. BARTH, Kirchliche Dogmatik 11 2, 1942, 18 f[ 24
f[
Dic Erfüllung in dcr V crhci8ung
tea zu tun, der als der verborgene UDd als der offenbare durchjesus Christus dem Menschen begqneL Erwählung und Evangelium, Erwählung und Berufung gehören nach Paulus zusammen; Gott erwählt den Memchen dadurch, daß er ihn zum Gehorsam des Glaubens aufiuft und ihn an seinen On in der Hei.bgeachichte weilt. 2. jesus Chriatua iat zum Sohn Gottes bestimmt (1,4); die GemeindeJesu Christi ist nach dem Vonatz Gottes berufen (8,28); abo steht der erwählende Ruf Gones nicht auf lich allein. Die ErwGJtJa,}11M Clrtisti, die Erwählung der Gemeinde und die Erwählung des Einzelnen gehören in einen engen Zusammenhang. Daß Paulus die Erwählungslehre in den Vordergrund stellt. hingt mit der Frage nach Israel, dem Volke Gottes zusammen. Die Erwähhmgjesu Christi und seiner Gemeinde hebt die Erwählung I ....els nicht auf. Jesus Christua ist der ErIÖIer, der Israels Zukunft verbürgt (11,26). Du Geheimnis, du der Gemeinde micsetei1t wird, acbenlr.t die Weiaagung, daß Israel als Ganzes du Heil emp&ngen wird. Gottes Bund mit Israel bleibt bestehen, wird aber aufs Neue in Kraft treten. Apokalyptik erwartet neue EingrifFe Gottes, iat abo auch Itmaterialmäßig« unabge-
achbaen. 3. Die pauliniachen Aussagen in Röm 9-11 dürfen nicht als zeidose Wahrheiten oder als re1igioDlphiloaophiache Auseinandersetzung (a1s.Theodizee«) verstanden werden. Paulus gibt vielmehr eine dem Evangelium gemäße Antwort auf du heilJgeschichtliche Pro",.,.llNll. Der Einwand des Juden, der lich gegen du Evangelium an die Heiden und gegen die pauliniacbe VerkÜDdigung der Gerechtigkeit des erwählenden Gottes richtet, wird ebenIo getroffen wie du Sichrühmen des Heidenehristen, der auf den Juden verachtend herabblickL Paulus seihet steht auf der Seite des Judentums und wehrt lich gegen den Vorwurf. daß er sein Volk preisgebe. Röm 9-11 iat ein gedanklich sorgfältig aufgebautes Ganzes, aber kein logisches System, IOndern Zeugnis offener HeilJgeschichte (vgl. 11,31: vW). Der Abec:hnitt iat der Versuch des Apostels, du Schicbal Israels mit prophetisch-apokalyptischen Denkbtegorien bis in du Handeln Gottes hinein zu verfolgen. 4. Se1bstventändlich kennt Paulus einen t/opfJI1IriI WiU". CotUs (praedestinatio gemina) : Gottea Wille enthält einJa und ein Nein zum Menschen als Ausdruck seiner Gnade und seiner Verwerfung. Aber es bleibt die Frage offen, wie sich dieser doppelte Wille zum Evangelium selbst verhält. Der Weg in die Zukunft istbWati durch die Verwerfung des sieh seihet suchenden Menschen bestimmt. Dieser sich selbst suchende Mensch bleibt verworfen. Wahr bleibt Gott, deaen Erwählung und Verwerfung dem Menschen kon.kn:l im Evangelium begepet. Wichtig ist, daß Paulus vom Sieg des SÖttlichen Erbarmens über den menschlichen Widerstand weiß (11,32) und daß er den Schöpfer preist, der du All begründet und zum Ziel fiihn (11,36). Eine Lehre von einer allgemeinen Apokawtaaia läßt sich aufdiese Aussagen nicht gründen. Gerade dann, wenn Paulus vom doppelten Willen Gottes redet, entstehen Unauageglichenheiten, die sich adlwerlich lÖIen lauen. 5. Die pauliniache Prädestinationalehre will letztlich vom ~litlm her, ja als Evangelium seihet verstanden werden (11,32), während du Evangelium selbst nicht durch eine außerbalb des Evangeliums stehende Prädestinationslehre mißverstanden werden darf. Der richtende Gott bleibt der verwerfende Gott, der verwrinde ist der richtende. Nirsenda tritt der enge Zusammenhang des Evangeliums mit dem Alten Testament tllflltÜIrI B_ GotIIs IIfillnM 10 stark heraus wie in unserem AbechnitL Die Wurzeln des Evangeliums liegen im Alten Testament, und entscheidende pauliniache Thesen entstehen lediglich aus dem altteatamentlichen Won. Die alttestamentlichen Züge des Herneina Gottes werden nicht abgachwicht, wie es in der hellenistischen Verkündigung IOnst geschieht, sondern werden ent recht herwrgehoben29• H
Vgl. O. MICHEL. Lumen dcUl abecondilUi und dcr Gol~ankc des Paulua, ThStKr 1931,
1~194.
IV. Teil Kap. 12,1-15,15: Du Opfer da Leibes und die VerwaadlUDI da Sbmn
Mit Röm 12, I beginnt der paränetische Teil unseres Briefes, den man nicht ohne Grund selbst wieder in mehrere U1iUr1ftU zerlegt hat (12,1-13,14; 14,1-15,13; 15,14-33)1. Man hat in Röm 6, 12-13.14-23 und 8, 12-13 eine Vorauuetzung von Röm 12,1-2 gesehen (vgl. ZnR 532), so daß Röm 12, I tr. nicht unvermittelt einsetzt. Daß Paulus die Paränese in einem Schlußteil anfügt, daß diese Paränese einen eigenen Stil aufweist und über eine eigene T,tUiitüm verfiigt, ist längst erkannt worden2 • Daß die mit 12,1 einsetzende Paränese an Originalität und Kraft dem vorangehenden Hauptteil nachsteht, kann nicht zugegeben werden 3 • Es wäre verfehlt, im Anschluß an die Anrede Köm 11,13 W. auch den Scblußtei1 des Briefes ausschließlich an Heidenchristen gerichtet sein zu lassen; von Röm 12,1 an wendet sich Paulus wieder an die Gesamtgemeinde (ZnR 533). Das Evangelium nimmt die Form der Paränese an, d.h. die Paränese ist nichts anderes als eine Gestalt des Evangeliums selbst (vgl. mlQOxaMi> 12,1 mit dem X601AJlMl ~QQWCA~ 12,8). Die Botschaft des Evangeliums wendet sich mit einer Forderung konkret an den Menschen in seiner geschichtlichen Situation. Damit wird das Gesetz Gottes durch das Evangelium neu aUJgelegt und auf den Menschen, der die Botschaft hört, bezogen. Das Gesetz, das heilig, gerecht und gut ist, empfängt durch das Evangelium seine neue Gestalt, ist also konkrete Forderung, die dem Evangelium gemäß ist, und nicht etwa ein beliebiger Anhang. An der An und Weise, wie die Paränese weitergegeben und befolgt wird, entscheidet lich, ob die Botschaft von der Rechtfertigung richtig ausgelegt und aufgenommen wurde. Es geht auch jetzt noch um die Gerechtigkeit Gottes in der Gemeinde selbst und in ihrem VerhältDia zur Welt. Schon dem Stil nach fällt Röm 12,1-2 besonden auf; die heiden Vene lind offenbar als eine An ()bersc,,"jt und Bestimmung des christlichen Lebens gedachL Anschließend wendet sich Paulus in 12,~ an die Träger der venchiedenen Charismen und fordert sie auf: die Gnadengaben im rechten Sinn zu verwenden. Der Abschnitt bringt zum Ausdruck, 1 Grundlegend C.j. BJEIlKELUND, ParakaJö, 1967; E. KAsEMANN, GottesdieDIt im Alltag der Wdt, Festschrift für J. Jeremiu, 1960, 16~171; C. E. B. CIlANFIELD, A commentary on Romans 12-13, 1965; KAsEMANNR 311 (»eine großartige Gcseblosaenhc:it der Argumentation, wdebe nur dem verborgen bleibt, der sieb niebt genug Mühe mit ihr macht«). 2 Die Spruchliteratur, die Weisheitalehre und die katecbetiache Unterweisung haben die literarische Gattung der Paränese gcac:hafRn, an die auch Paulus anknüpft. Es ilt offensichtlich, daß Paulua in Auswahl und Form der katechetischen Unterweisung auf die römitc:hen Gemeindeverbältniue Bezug nimmt. Zum Ganzen vgI. M. DIBELlUS, Die Formgeacbichte dea Evangeliums, 2. AuO. 1933, 234--265; W. P. FUIlNJSH, Theology and Ethic:a in Paul, 1968. C. H. Dooo, Tbe Primitive CatedUam, NT Essays T. W. Manson, 1959, 1~108. J Gegen KoHLR 412. Es ist verfehlt, wenn LAGIlll291 annimmt, daß PauJu.jetzt von Röm 12 an ohne eine Itrenge Gliederung in der Form der Unterhaltung planloa teine Gedanken durchführe. Paulua ordnet sich in diesem letzten Teil dem Gesetz der Paräneae unter, du ein anderes ilt'" du der vorangehenden thcologilchcn Di.kUllion.
366
Einführung
wu der Sinn, die Aufpbe und die Grenze des Charisma ist. Der Stoff erinnert an die Parallele IKor 12,4 tr. 12 tr. und zeigt. daß Paulul lich zunächst an die Pneumatiker der christlichen Gemeinde wendet4. AnIchlie8end gewinnt Paulus im Begriff der &"f6m1 das Stichwon, du den ganzen Ablchnitt 12,~21 beherncht. Auch in diesem Ablchnitt denkt Paulus in erIter Linie an die Pneumatiker, die durch die lry{&m) Norm und VorausldZung mrden DienatderGemeindeempfangen (vgl. den Obergangvon 1Kor 12,31 zu 13,1 f[). Während IKor 13 ab Hymnus mit anderem Material arbeitet, ist Röm 12,9-21 stärker alttestamentlich beeinßußt (alttestamentliche Spruchliteratur). Paulus übernimmt also einmflSlIII paränetiachen SIDff, der auch sonst in seinem Gespräch mit dem heUenistisehen Pneumatikertum nachweisbar ist. Mit Röm 13,1-7 haben wir eine EilUtt vor uns, die den Zusammenhang von 12,9-21 und 13,~14 unterbrichL Auch hier weicht der Stil von dem des Kontextes erheblich ab, und die Argumentation ist anderI als die der Umgebung. Man wird an Stil und Gedankenfiihrung der jüdilch-helleniatiachen WtisMitsltltn erinnen, zumal kein eigentlich urchristliches Motiv anklingt. Der Abschnitt 13,8-10 schließt sich unmittelbar an 12,9-21 an, wie du Stichwon &ycmciv ausdrücklich zeigt. Sein Stil ilt der der Geaetzesaualegung, und du Problem des Gesetzes wird durch die Tradition von der Nächstenliebe (Lev 19,18 - Röm 13,9) noch einmal deudich gestellt. Den Abschluß bildet in 13,11-14 eine eschatologisch zugespitzte T_~. die an dieser Stelle den getauften Gemeindegliedem in Rom aufs Neue zugesprochen wird. Sprache und VonteUungskreis von 13,11-14 weichen erheblich von ihrer Umgebung ab, haben offenbar wieder eine alte und eigene Tradition. Wenn Röm 12,1-2 und 13,11-14 ab Taufparäneae aufzufauen sind, dann fauen diese Vene wie eine Klammer den ganzm Abschnitt ein und kommen hier zum Höhepunkt (= Einach1ießung) . Es IteUt ,ich also heraus, daß die paränetische Ermahnung von Röm 12 und 13 in bestimmte Sprw"".",. und GttlaJunktmtplt%l geglieden ist, die verlchiedener Herkunft sind. In Röm 14,1-15,13 wendet sich Paulus einer speziellen Frage zu, die eine andere Form der Paräneae erfinden, al••ie in c. 12 und 13 gegeben war. Waren die vorangehenden Kapitel durch die alttestamentliche und heUeniatiache Spruchliteratur stärker durchgeformt, 10 gehören Röm 14,1-15,13 zunächst in du Gebiet dertJ/HISlDlisdlnt U~ im engeren Sinn. Allerdings endet der At.chnitt in einem kunstvollen, alttestamentlich geformten Lobpreis ( 15,7-13). Die apostolische Unterweisung bezieht sich aufeinen konkreten Fall in der Gemeinde und sucht ihn durch einen bestimmten Bescheid zu klären. Dieser nimmt überlieferte Grundütze der Tradition auf, beschränkt aber die Beweisfiihrung keineswegs auf i.rgendein Zitat. Auch die apostolische Unterweisung kennt Imperative, die keinen Einspruch zulusen (z.B. 14,15.20), wendet sich aber mehr an die freie Einsicht des Bruden al. die Spruch tradition von c. 12 und 13. Erkennbar ist diese Unterweisung an der Darlegung des slritlif'" F..uu. Es handeltsich um zwei verschiedene G""""" innerhalb der Gemeinde, die sich in ihrer Lebensführung voneinander abgrenzen (14,2 f[); man hat diese heiden Gruppen als die »Starken« (~o(6\Mno( 15, I) und ab die »Schwachm« (6DhwiJy "Ö mam 14, I) zu charakterisieren VerluchL In dieser Beurteilung liegt schon eine gewiae Wertung, die für die Pneumatiker bezeichnend ist; aber Paulus aelblt, der diese Unterscheidung vorgefunden hat, zählt sich U'Otz dieser selbstbewußten Wertung • Der Bepiffder bacA"ala fmdet lieh nicht im eigendichen corpUI des Römerbrides. ebmlOWeßig wie der des b:~ und cks ~ bzw. des~. boc).')CRa bqegnet erst in Röm 16 (V 1.4.5.16.19.23). KQOtmamku findet .ieh in anderer Bedeutung in Röm 12,8 unter den Charismen. Dieser Tatbestand ilt auffilliend. Die .. Institutionen.. waren normal vorhanden (Altestenverr"ulII), PaulUi ordnet.ie den Charismen ein. Ihm ist die Vorordnung des Geistes Gottes wichtig.
Röm 12.1-2
367
sachlich zu den »Starken«. Wir erinnern uns an den Begriff des »Schwachen« (6ot.. ~ in I Kor 8,7-13, obwohl die dortige Situation anders liegt als in Rom. EI scheint 10, daß der Begriff des »Schwachen« (6ot.. ~) von der anderen Gruppe (der Pneumatiker, der »Starken«) ab Kritik geprägt worden ist. Paulus wendet sich in seiner Unterweisung den »Starken« zu und legt ihnen die Verantwortung für ihr Verhältnis zu den »Schwachen« in der Gemeinde auf. Röm 14,1-12 ist deursII Teil der Beweisfiihrung; es' achildert die Verschiedenheit der heiden Gruppen und ihr gleiches Gebundensein an denselben Herrn (x~). Keinem Christen bleibt die eschatologische Verantwortung vor dem Richterstuhl Gottes erspart ( 14,1 ~ 12). In einem ~wft"" Teil, Röm 14, I ~23, sucht Paulut die Situation zu entwirren. Er selbst bekennt sich grundsätzlich zur »Freiheit« des Chriltcnatandes (vgl. die entscheidenden Zitate 14,14.20), nimmt aber Rücbicht aufdie Schwäche des Bruders und empfiehlt den Verzicht aufden anstößigen GenuS von FleiJch und Wein (V 21). Die Beweisführung ist ähnlich wie in I Kor 8,7-13. DerflliUt TIiI, Rößl 15,1-13, scheint .ufden ersten Blick nicht einheitlich zu sein. In einem ersten Abschnitt, V 1-6, weist P.uJut vor allem auf das Beispiel des ChriltUJ hin (V 3.5.6), unterstreicht auch in dem folgenden zweiten Ablchnitt V 7-13 das Beispiel Chrilti (V 7.8), der lich der Beschneidung dienstbar gemacht hat, um die Verheißung der Väter zu verwirklichen und den Lobpreis der Heiden zu ermöglichen. In diesem ScbIußabschnitt, der oftenbar Hölll/Jakt und Zill des ganzen Zusammenhanges ist, geht Paulut von dem Gegensatz »Itark« - »schwach. über zu dem von Heiden undjuden (V 8). Er lelbst stellt sich ab Vorbeter und Liturg mitten hinein in den Kreis der »Heiden« (V 9 ff.) und zitiert einen feierlichen Lobpreis aut einer kunatvoUen Zitatenreihe. Der Abschnitt achließt mit einem Gebeuwunscb l . Köm 12.1-2: Der neue Gotte.dienlt
1 Wir steUen mit DoooR 188 f.; KAsENANNR 308 den Abschniu 12.1-15.13 unter den Gesichtspunkt der ..Gerechtigkeit Goues«. unter dem auch der ganze Brief Iteht; doch ist zu beachten. daß der Begriff 6L~ im ganzen Schlußteil nur in der These Röm 14.17 auftaucht. 12.1-2 ist eine Art überschrift und muß als solche anerkannt werden. Das Opfer des Menschen. der Vollzug der Liebe. der Gehorsam gegenüber der Obrigkeit und die Beseitigung der Anstöße in der Gemeinde lind konkrete Fonnen in der Anerkennung der Gerechtigkeit Goues. C. J. B.JEIlKELUND. ParakaJi> 172 spricht von einem »AppcU an die Urteilskraft .. in 12.1-2 und trennt bcide Vcrsevon der eigentlichen Paränese. ParuaJc>.Sätze entsprechen dem Einging der Danksagung in der paulinischcn BrieOitcratur; an lich gehören sie in den antiken Briefstil und tragen oft oflizic1len Charakter. Bei PaulUilind lie stark alDrilatilJ (Röm 12.1-2; 15.30 ff.; 16.17). - C. H. Dooo macht ferner aufdcn grundsätzlichen Unterschied der paulinischen Paränese von der griechisch-philosophischen Ethik einerseits. der jüdisch-rabbinilchen Halacha andcncits au6ncrksam. Es kommt PaulUi vor aUem daraufan. daß der Mensch in leinem konkreten Leben. in seinem Verhiltnis von Mensch zu M msch bewahrt. was ihm von Gott geschenkt wurde. Das menschliche Tun ist nicht mehr der Weg zur SclbetvoUcndung in Verdienst und Tugend. sondern cin Zeugnis für die Gnade. die der Menach empfangen hat. Entscheidend ist. daß PaulUi auch in seinft' Ethik das Gesetz des MOles nach der AUllcgungJcsu auf. richtet (Röm 3.31). Zur Literatur: C. H. DoDD. The Primitive Catechism. Ncw Test. Essays T. W. Manson. 1959. 1~108; H. ScHLIER. Vom Wesen der apostolischen Ermahnung nach Röm 12.1-2. Zeit der Kirche. 2. AuO. 1958. 7~9; den .• Die Eigenart der christlichen Mahnung nach dem Apostel PaulUi (Besinnung aufdas NT. 1964. ~357); E. KAsEMANN. Gottesdienst im AUtag. EVB H. 198-204.
368
Der neue GotteadienJt
.eil peich, 80Ddem wudelt euch durch die ErDeaenuIi" Sin...., damil ibrprü. fea könnt, wu der WUIe Gaue. 8ei, du Gate, du WohIpfiII.ip und du VoU· kommenet
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Exegese: Am Eingang des paränetischen Hauptteiles steht ein wuchtiges Q
ow
2 Zum &p:»etoliscben JlClQClxaMiv vgl. IThca 4,1.10; 5,14; 2Theu 3,12; IKor 1,10; 4,16; 16,15; 2Kor 2,8; 10,1; Phil4,2; Eph 4,1; I Tim 2,1. Im Römerbrieffindet sich JlClQClxaMiv zunächst in 12,1, dann in 15,30 und 16,17, entsprechend JI~xA')O~ in 12,8; 15,4.5. Kein Briefdes Paulus ist ohne ~')O~. ZUlpruch, Mahnwon, Troetwort ergeben eine Variationsbreite. Wichtiges Material bei C. J. BjUJW.uND 34 0:; SCHLIUR ~353. J voutnEiv ist mit 2lClQClxaMiv verwandt (Röm 15,14; I Kor 4,14; Kol 1,28; 3,16; I Theu 5, 12.14). tQonäv &ndeuicb neben JIOQCIxaMiv in ITheu 4,1, JlClQCl"fYfU.uv neben JlClQClxaUiv 2Theu 3,12. 4 ITbeu 4,1; IKor 4,16; ITim 2,1. 5 Die Anrede Mdq>o( findet sieb in Röm 1,13; 7,1.4; 8,12; 10,1; 11,25; 12,1; 15,14.30; 16,17. • Ähnlich Röm 15,30; IKor 1,10; 2Kor 10,1 u.ö.; vgl. auch Röm 15,15. 6u1 erinnert andas1ateinisehe per, mllpricht hier dem ~ mit Genitiv (BI-Debr 223,4). Vidleicht liegt hier ein Latinismus vor (ZnR 534 Anm. 6) . ., Der gleiche Wechsel im Anschluß an JICIQCIxcWö findet sich in Röm 16,17 (zuerst Infinitiv: oxoJlav, dann Imperativ: bxMve'U im' a61Ö1V). Wir haben es offenbar mit einem festen Stil zu tun. I San.AlTER, Gerechtigkeit 331: .Nach dem, was in Röm 6-8 gesagt war, verstandjeder, warum ihm PaulUi zuent sagt, wu er mit seinem Leib tun 1011. Durch den Leib bekommt die Sünde ihre
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hat ihren Sinn: Paulus liebt in der Paränese den Dreiklang: positiv - negativ- p0sitiv'. Die erste Mahnung: mJQaat'iloaL 'tel oWJ.LCl'ta Uf.&ÖJV erinnen an Röm 6,13.19, doch spricht Paulus von aWJ.LCl'ta und nicht von JAD.'1, wenn er jetzt die ganze leibliche Existenz des Christen beschreiben will. mJQLatQvw hotav (»zum Opfer hingeben«) ist eine Wendung der hellenistischen OpfersprachelOt die den ganzen Zusammenhang Röm 12,1-2 entscheidend bestimmt. Das neue Leben des Christen steht unter dem Zeichen des Opfers, das sich leiblich und geistig auswirkt. Das Motiv der &uma wird dreifach verstärkt (tmaa, i.ry(a, 't
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Der neue Gottesdienst
freiwilliges Opfer - zu jener Zeit sonen sich die Männer der Gemeinde absondern als ein heiliges Haus für Aaron, um vereint zu sein als Allerheiligstes und als ein Haus der Gemeinde für Israel, das in Vollkommenheit wandelt.« A.oytxil AatQEU1 ist in der hellenistischen Literatur ein Ausdruck für das DG1Ik,tlItt, das an die Stelle des Dankopfen trat. ~ selbst findet sich als philosophischer Ausdruck seit Aristoteles, nicht dagegen in der Septuaginta. Es gehön freilich in den Sprachgebrauch der hellenistischen Synagoge (Const. apost. VII 34,6; 35,10; 38,S; VIII 9,8; 12,17; 15,17; 37,6). Vom Kult der Engel sagtTestLev 3,6: ~~UPXUQUpÖCJJ&flvEOOr 6~ AoyLxfIv xa1 c'tv~OY &ooUzv. Wichtig ist vor aDem der Sprachgebrauch der Hermetik (131; XIII 18). »Das Eigentümliche dieser Stellen ist nicht die Oberordnung des Sittlichen über das Kultische - das ist ja bereits für die Propbetenprcdigt typisch und auch der griechischen Polemik der Philosophen wohlbekannt - sondern die Betonung, daß die Art des Opfen dem Wesen des Logoa entsprechen muß. Dieser Gedanke ist auch unpfÜnglich auf dem Boden der späteren Stoa gewachsen, dann in der hellenistilchen Mystik entwickelt und wahnebeinlich durch jüdische Vennittlung zu Paulusgekommencc (Ltzm R lOS). R. Reitzenstein, Hell. Myst. 328 f. zieht I Petr 2,5 heran: ävEVtyxm m'nJJ.IO'tL~ &oo~ rimQoo6txtO"~ &ap und setzt AoyLx6c; und m'EUJ,IO'tLx6c; gleich. Wir haben offenbar.in Röm 12,1 und I Petr 2,5 tim ,ltiehnt liturgisch-hymnischen Stil vor uns. Zugrunde liegt die Von teilung von einem rechten Priesterdienst und einem offenbarunpgemäßen Opfer, das in der eschatologischen Gemeinde dargebracht wird. Röm 12,1 setzt die Mahnungen von Röm 6,13 fort: das Opfer des Christen besteht in der Hingabe des Leibes zu einem neuen Leben, und nur dies eine Opfer entspricht dem Willen Gottes (= A.oytxil AatQEla). Aoy""" Ä.cnQela und AoyLxiI too(a gehören offenbar in die liturgische Sprache des hellenistischen Judentums, die auch philosophische Motive verarbeitet hat. Vielleicht dachte man schon hier an ein von Gott verordnetes, seinem eigentlichen Willen und dem Wesen des Menschen entsprechendes Geschehen, das dem Menschen einsichtig geworden ist. Die Antithese zum Tieropfer ist durch die Tradition gegeben, die Betonung des Einsichtigwerdens entspricht dem philosophischen Einschlag. Nicht nur das rechtliche, sondern auch das kultische Denken kommt in unserem Briefunter dem eschatologischen Gesichtspunkt zur Entfaltung. Die pau1inische Vonte1lung ist eigenartig und setzt sich von der Hermetik ab. Don ist Gott unauadfÜckbar, und man darfihm nur die ebenso unauuprechliche Verehrung der Gedanken und Gefühle darbringen (AoyLXII tuma). Paulus dagegen geht es um den konkreten und völligen Gehorsam gegen den Anspruch des Evangeliums in der ganz unmystisehen Sphäre des »Leiblichen«.
Sprach V I vom ))Iebendigen Opferce, das der Mensch um der Barmherzigkeit Gottes willen darbringen soll, so setzt V 2 mit dem eschatologischen Gesichtspunkt ein und verdeutlicht das Gegenüber von alter und neuer Weltzeit. Voraussetzung ist, daß mitJesus Christus der neue Äon nahe herbeigekommen ist, daß man sich nach ihm richtet und sich nicht dem vergehenden alten Äon anpaßt. Es scheint so, als habe Paulus auch in V 2 sich an eine feste Terminologie angeschlossen, die zunächst vergeistigt gedacht war l5 , die aber in unserem Zusam15 Die urchristliche
Röm 12,1-2
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menhang eine neue Bedeutung gewinnt. Die )Erneuerung des Sinnes«, die als das Stichwort in V 2 erscheint, ruft den Menschen zur ständigen Verwirklichung dessen, was ihm in der Taufe geschenkt ist. In jeder konkreten Situation soll er sich vor Augen stellen, daß die )Erneuerung des Sinnes« zur ständigen Prüfung des Willens Gottes nötigt. Bezog sich V I nicht nur auf die leibliche Existenz des Christen, so wäre es auch falsch, V 2 auf die geistige Existenz (oder auf die Sphäre des ))vernünftigen« Denkens) einzugrenzen. V I und V 2 beziehen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten auf das gtl~t konkrete Leben des Glaubenden. V 2 wechselt im Stil zum Imperativ hinüber 16• In der Gegenüberstellung t1Y1 O\J<JX11J.UldtEaitE und J.IEt«t10Qq>0üo&t: klingt im Griechischen der Unterschied zwischen axTIJ.Ul und JWoqrii nach (Phil 2,6.7; 3,21)1'. Der Gerechtfertigte soll sich nicht dem gegenwärtigen Weltlauf anpassen, sondern eine Verwandlung seiner ganzen Existenz an sich vollziehen lassen. Ein Vergleich mit 1Pett 1,14 zeigt auch hier einen festen liturgischen Zusammenhang: die negative und positive Mahnung entspricht offenbar dem urchristlichen Taufgeschehen. Der Begriff der ))Verwandlungcc (J.IEt
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Der neue Gottesdienst
stellt. Der angefügte Zwecksatz (d; 't0 = Iva) 19 ist an den letzten Imperativ (J.LE'tatwQCPO'Üa6E) anzuschließen, so daß die Erneuerung des Sinnes dazu dient, die durch das Evangelium aufgegebene Frage nach dem eigentlichen Willen Gottes zu beantworten 20• Wichtig ist für alles »Prüfencc die Unvoreingenommenheit des Urteils und die Möglichkeit, in der konkreten Situation das überlieferte Wort recht anwenden zu können. Die Freiheit des Christenstandes bewährt sich in der Situation der Entscheidung. Jede Gesetzlichkeit im jüdischen Sinn ist damit aufgehoben 21 • Mit der Feststellung des Willens Gottes verbindet Paulus den neuen Gehorsam und die Zustimmung des Glaubenden, ohne sie ausdrücklich zu nennen. Er setzt voraus, daß Erkennen, Wollen und Tun miteinander verbunden sind 22 • Vielleicht ist der Inhalt des Zwecksatzes durch eine vorgegebene Tradition schon festgelegt 23 . Die angefügten drei Adjektiva können als Attribute zu ittA'IJ.UI oder selbständig als Apposition an dieses angefügt sein. Was nach göttlichem Willen gut ist, was Gottes Wohlgefallen hat, und was vollkommen ist (= was Gottes Absicht entspricht)24, soll der Glaubende prüfen und erfragen. Die Vorsicht, mit der Paulus den Willen Gottes bestimmt, fällt in diesem Zusammenhang auf. M. Luther sieht als die eigentliche Aufgabe der christlichen Ethik an, die eigene Klugheit und den Eigensinn auszurotten. Die Veränderung durch Erneuerung wird als »Bet9
81-Debr 402,2.
1°6ox&.t.&6tuv ist die eigendiche Funktion des ~ (daher auch die Autgabe des Pneumatikers nach Paulus!) , so daß der angefügte ZWecUatz zunächst an den 8egrifT6vaxa(~ toV vo6; anzuschließen ist. Schon sehr früh hat es eine feste Taurparänese in folgender Gestalt gqeben: Kinder des Lichtes, Prüfung des Willens Gottes, Absage an die Werke der Finsternis (Eph 5,8 0:). 21 Der jüdische Toralehrer bindet die Erkenntnis des Willens Gottes an die Tora und ihre Auslegung, während der Apostel Paulus die Freiheit des Geistes Gottes darin zum Ausdruck bringt, daß der Glaubende die Ikdeutsamkeit des geschichtlichen Augenblicks erkennt, in dem Gottes Wille ihm aufgegeben ist. Vgl. BIlUNNEIlR. 90: »Darum muß die Erneuerung im Zentrum beginnen, bei der Erkenntnis des göttlichen Willens, wobei Gottes Wille jetzt ganz kmkret zu verstehen ist: das, Wal Gott jetzt, heute und hier von mir will... 23 SalLATTEIl, Gerechtigkeit 334 f; C. J. BJEaKELUNO, Parablö 172 f. 23 V gl. ToaScheq 2,1 : »So tue denn, was recht ist und gut ist in Goues Augen, d.h. Wal gut ist in den Auam Gottes, und Wal recht ist in den Augen der Menschen; das sind Worte des R. Aqiba... Eine ähnliche Tradition findet sich auch in Sap 9,9: »(die Weisheit) ... die weiß, was in deinen Augen wohlgefällig ist, und was recht ist nach deinen Geboten«; vgl. I QS 1,2: »zu tun das Gute und Rechte vor Gou, wie er es befohlen hat ... cc Wir haben hier eine feste FflnfUufJr«1rt der Weisheitslehre vor UDS. 24 Sau.AITEIl, Gerechtigkeit 335 interpretiert "ttAaov auf die Ganzheit und das Ziel Goues hin (..zur Ganzheit Gebrachtes, was nicht im Anfang stecken bleibt und nicht dem Wechsel verfällt, sondern du Ziel erreicht und bleibt«). Wir haben es in dieser Aufzählung der drei Adjektiva mit übernommenen hellenistischen Formeln zu tun (PhiI4,8; vgl. M. Aou:as Index zu v. AIlNIMSStoicorum veterum fragmenta IV 2 f.; W lrya&Ov ~OY I 127,8; "tO ~ Qyat6v 11 I 20,20). Paulus benutzt die Nüchternheit der philoeophischen Ausdrucksweise zur Auseinandenetzung mit den bellenistischen Chariamatikern. Der Wille Gottes ist immer exakt (- genau) und konkret (dem Menschen perlÖnlich zupprochen und in eine bestimmte Situation hineingestellt). Er hat unprünglich mit der Weglehre und dem Wandel im Licht zu tun (Taufparäneae). Das ethische Gebiet ist einbezogen, aber der Wille Gottes ist weiter als das ethische Gebiet. Das Gebiet des ItHumanum« (Popularphiloeophie) ist nicht unwichtig, aber die Umwandlung des Denkena (Taufparänese) vollzieht sich als Neuschöpfung Gottes. »Man traut dem Geist zu, daß er jedem und allen das Nötige und Richtige aufdeckt« (KAsEMANNR 313).
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wegung vom Guten zum Besserencc geschildert (Beispiel des Kranken, der auf dem Weg der Genesung ist; des Baumes, der grünt und blüht, aber nun auch Frucht bringt; aristotelische Lehre von den Stufen des Seins). M. Luther kommt alles auf die geschichtlich sich vollziehende Btwtpng an, und er weist dabei aufRöm 8,14 zurück (= vom Geist getrieben werden). Christen sind ihm Menschen von biegsamem Sinn und Urteil. »Die Rechte Gottes führt sie wunderbar, nicht dahin, wohin sie wollen und denken, sondern über alles Ventehen. Daher sieht der Wille Gottes, wenn sie geführt werden, wider sie hart und mißfällig, ja ganz und gar verzweifelt auscc (E. Ellwein 431 ). Der Glaube schickt sich in harter Prüfung in den Willen Gottes, während die Ungläubigen den Rat Gottes nicht ertragen; darum prüfen sie nicht, welches da sei der gute Wille Gottes, sondern sie stellen sich dieser Welt gleich und bauen allein auf das, was sie fühlen und erfilhren. »Allein der Glaube nämlich bildet den Sinn um und führt uns dahin, daß wir Gottes Willen erkennen« (E. Ellwein 432). M. Luther interpretiert also den Willen Gottes durch das Kreuz Christi und nimmt die Erneuerung des Sinnes als Umdenken besonden ernst. Röm 12,3-8: Der Dienst der Gnadengaben
350 -ce ich auf Gnmd der mir ftI'IieheDen Gaade jedem eiazelDen UDter euch, nicht in .einem Denken über du hinaq . . . .ben, Wal er cIeakea darf, lOIIdem zu cIeakeo ia der Abeicht, beIoaDea zu bleiben, einjeder 10, wie ihm Gouda Mal cIee G ....beaa zupteilt hat. 4 Dema peich wie wir in einem Leibe viele GHeder t.ben, weDD auch nicht alle Glieder dietelbe VerrichtuJII Ubea, '10 liDd wir in UD8eI"eI' Vielheit ein Leib in CIuUtua, wenn wir ..... auch a1a Ehnelae zueiuader verbalten wie Glieder. 6Wir hüea aber venchiecIeDe G........pbea pmä8 der UD8 ppbeDeD GIIIIde, 10 etwa du propbetUche Wort: a pKhebe in 'Obereiutimm.... mit dem Glauben; 7 oder etwa Dienat an den Armen, dann pechehe er im rechten GeUt da Dieuta; Iei a, cIa8 einer lehrt, 10 halte er fat UD Lehramt; I Iei a, cIa8 eiDer Zuapruch zu pbea hat, lO,.er ihnJ Gibtj"""ncI aualeiDem Beeitz, der tue a in Einfalt! Steht j"""ncI in der FünorJe, der tue pa mit Eifer! Vbt einer Bumhenipeit, der tue a mit Freudipeit!
Ana!1se: Mit Röm 12,3-8 setzt eine unmittelbare Mahnung an dieCluJrisrnatikn ein. Wir haben also keinen selbstverständlichen übergang zwischen V 1-2 und V 3-8 vor uns, sondern lediglich ein bestimmtes Beispiel rur die Notwendigkeit der ))Erneuerung des Sinnes«l. Daß kein glatter übergang von V 2 zu V 3 besteht, erkennt man an der feierlichen Einleitung von V 3, die ausdrücklich auf das apostolische Lehramt Bezug nimmt. V 4--5 verstärkt die wichtige Mahnung von V 3 durch ein Bild, das zum Gleichnis 1Kor 12,12 ff. eine Verbindung hat. In V 6-8 schließt sich eine Aufzählung der Gnadengaben an, die wie V 3-5 auf das Motiv der Selbstbeschränkung ausgerichtet ist 2 • Es scheint so, als werde die paulinische Paränese in V 6-8 ganz konkret und besage, in welche Richtung 1 Vgl. SANDAy-HEADLAMR 355. BAIlRETTR 235. Der ganz~ folgcnd~ Abschnitt ist gegen den Enthusiasmul gcricht~t. Enthusiastisch istjed~ Betrachtungsweise, di~ di~ Seele des MenlCh~n erh~bt, ohne die G~bundenh~it auch des Glaubenden an die altt Weltteit ernst zu n~hmen. 2 Vgl. SCHLAT1l:Jl, G~rechtigk~it 336 f.: .. Di~ Gefahr, der sich Paulus widersettt, entsteht aus der verführerischen Kraft dei Gleichheitsideales.Jed~r will da.aelbe sein und tun wi~ die anderen; k~in~r will weniger gläubig sein als der andere.ce Es geht jedoch um den Versuch, sich das Charisma des an
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Der Dienst der Gnadengaben
V 3.4-5 gesprochen sind. V 6a ist nicht an V 5 (~) anzuschließen, sondern beginnt einen neuen Satz, der in den Stil der Diatribe übergeht. »Der mit fxOVt~ beginnende Satz läuft in ein Anakoluth aus, und von V 7 an wechselt die Konstruktion beständigcc (Ltzm R 109). Die Sprache des Paulus ist gehoben, in unserem Abschnitt geradezu rhythmisch zu nennen. V 3 und V 4--5 bestehen aus gut gebauten Vierzeilern, deren dritte Zeile das Schwergewicht trägt. Aber auch das Gefüge V 6-8 spricht feierlich und gehoben. Exegese: V S: Das hervorgehobene).tyw am Anfang der Satzperiode (parallel dem mlQCIxaA.W von V I) unterstreicht die apostolische Vollmacht und wird hier mit einem Imperativ verbunden: »ich befehle, ich schärfe ein«3. yciQ verknüpft logisch mit V 1-2: gerade den Charismatikern gilt die Mahnung, mit der Paulus das Kapitd beginnt, in besonderer Weise. Wie er in V 1 die Barmherzigkeit Gottes anruft, so verweist er in V 3 aufsein apostolisches Amt als eine ihm besonders verliehene Gnade4 • '" X~ '" boitEtOO fWL ist fonnelhaft und bei Paulus nicht ungewöhnlich'. Statt des einfachen uJ'iv betont Paulus ausdrücklich und einschärfend: lCavtt t4> 6vtL tv utüv6. Paulus will, daß niemand in der Gemeinde sich seiner Mahnung verschließt; er fürchtet offenbar die Einrede des Charismatikers. Der Inhalt des apostolischen Befehls wird in ein hellenistisches Wortspiel gekleidet, wie es in der antiken Kunstprosa nicht ungewöhnlich ist. Dabei treten UltEQCpQOVEiv und ~Eiv als Gegensätze einander gegenüber; UltEQCpQOVElV begegnet im Neuen Testament nur hier; es ist sicherlich nicht moralisch zu verstehen ())hochmütig seince) , sondern denkt an die überschreitung der Grenze, die auch dem Charismatiker gesetzt ist'. Als Gegensatz zu UltEQCpQOVEiv dient der philosophisch klingende Begriff orocpQOVEiv, der hier die Zucht, die Selbstbeherrschung und die Selbstbegrenzung des Charismatikers zum Ausdruck bringen soll. ~v findet sich bei Paulus (2Kor 5,13) und in den nachpaulinischen Schriften (Tit 2,6; I Petr 4,7) an entscheidenden Stellen in venchiedener Bedeutung. ~ begegnet in Apg 26,25; I Tim 2,9.15; CXI)CfQO'Y(teLV Tit 2,4; KVEÜ"" OlIMpQOYUJIIDÜ 2Tim 1,7; ~ ITlDl 3,2; Tit 1,8; 2,2.5; ~ Tit 2,12. Die genannte Wortgru~ spielt in der griechischen Philosophie und Ethik eine bedeutende Roße; ~ ist eine der vier griechischen Kardinaltugenden und wird als Selbstbeherrschung und Oberwindung der bntutALa geschilden (Plat. Resp. 4 p. 43OE; Phaid. p. 68C; Sympoa. p. 196C; Aristot. Rhet. I 9,9); ihr entspricht die moderatio bei Cicero (Tusc. 3,8; 5,14). Der paulinische Sprachgebrauch zeigt deutlich die Auseinandenetzung mit den Pneumatikern. In 2Kor 5,13 ist CJWCPQOVEiv Gegensatz zu ~(maa&a&. und beschreibt die Verwendung des 1
Vgl. Röm 2,22: 6 Ä.ty(J1V = -der in der Vollmacht des Amtes befiehlt.. (rabbinische Ausdrucks-
weise). 4 Vgl. Röm 1,5; 15,15 u.ö. Die Einfügung von 10\1 &roü (L) ist unnötig. 6uh~ X~~ begründet: ..auf Grund der mir verliehenen Gnade- (BI-Dcbr 223,4). 5 Röm 12,3.6; 15,15; IKor 3.10; Ga! 2,9; Eph 3.2.7.8. • VENEMA konjiziert: xavn tcP 6vn Tl tv 6~v (..jedem, der bei euch etwas ist.. - jedem. der als Chariamatiker eine besondere Stellung einnimmt). 7 6x~v findet sich im klaasischm Griechisch leit Äschyl., Herodol, begegnet aber auch im Judmtum (4Mall 13,1; 14,11; 16,2 im lobenden Sinn: Schmerzen ~ring achten; bei Symm. Hi 31,13; 42,6 für cpaU)JttLV). Ähnlich.,.tya cpQOVEiv Polyaen IV 9,2; VII 6,6. SoILAITER, Gerechtigkeit 336 weist auf2Kor 10.12.13 hin.
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voü~
im Dienst für andere. Es kommt Paulus darauf an, den nicht-ekstatischen Zustand als Wert herauszustellen und eine nüchterne Selbstkritik und Selbstbeschränkung des Charismatiken zu erreichen. Pallis R 134 venteht CXIMpOOVfLV in Röm 12,3 zugespitzt als Demut in der Selbsteinschätzung (vgl. Röm 12,16; Pbi13,3).
Dem cpoovdv ist eine Grenze gesetzt, die es nicht überschreiten darf (xOQ' t» öd q>QO'VELV). Wahrscheinlich geht es Paulus in diesem cpoovdv vor allem um die Selbsteinschätzung (A. Pallis) , die dem Gnaden- und Dienstcharakter gemäß ist. Diese Selbsteinschätzung ist an das »Maß des Glaubenscc gebunden. buiat
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Christus ist hier der in seinem Leibe gegenwärtige Herr, in den jeder einzelne Glaubende eingeglieden ist 13 • Das Motiv des OOIA4 ist durch eine gegebene thec> logische Vontellung vom CJCÖI.UI XQunoü geprägt, wird aber hier durch das Bild von der Vielheit der tdA'1 und der Einheit des CJli)1A4 ausgelegt. 01 xoUo( ist ähnlich wie in Röm 5,15.19 semitisch und entspricht hier einem "'I...d~ n;civt~ (»wir in unserer Gesamtheitce) . Aus xait' fva (1 Kor 14,31; Eph 5,33) ist das indeklinable xait' EI; entstanden, das han klingt 14. Wir haben ein allegorisierendes Gleichnis vor uns, das zwei ,Tendenzen hat, die Paulus wichtig sind: a) die Glieder haben nicht alle die gleiche Funktion, b} sie sind aber untereinander zum gegenseitigen Dienst verpflichtet. Die Venchiedenheit des Dienstes muß ebenso anerkannt werden wie das Mit- und Füreinander-Sein; heides ist nur möglich unter der Voraussetzung der vorgegebenen Einheit. Du 0ÖlJIa XQunoü beschreibt allerdings eine soziologisch und organisch verstandene Einheit. Aber außerdem umfaßt es die durch die Charismen wirksame Gegenwan des gekreuzigten und erhöhten Herrn. Es dient dem Aufeinander-Gewiesen-Sein von Mensch zu Mensch. V 6: Mit fIovt~ beginnt ein neuer, ungewöhnlich konstruiener Satz; das weiterleitende 6t verbietet, dies Panizip attributiv an das Vorangehende anzuschließen. Daher venritt es den Indikativ fIOf.II:V. Paulus legt nun das Gleichnis vom Leib und den Gliedern für die konkrete Situation der Gemeinde und der Charismatiker aus. Der Begriff xllQwl.&a, der im allgemeinen Sinn (konkreter Ausdruck der Gnade) schon öfter in unserem Brief verwandt wurde 15 , wird ent an unserer Stelle im Sinn des Dienstes und der Vollmacht des Geistträgen gebraucht. Alle Charismen entstammen dem lebendigen Won und bleiben auch mit dem Vollzug der Verkündigung verbunden. Paulus nennt eine Reihe von Charismen, die allerdings kürzer ist als die von 1Kor 12,8-11, ohne daß er in seiner Anordnung an ein bestimmtes Schema gebunden wäre. Er vermeidet jedenfalls eine hierarchische oder gesetzliche Ordnung, die in charismatischen Kreisen hätte mißbraucht werden können 16. So entstehen 7 Beispiele, von denen 4mit d'tE eingefühn werden, während die 3 letzten asyndetisch nebeneinanderstehen l7 • Der Stil unserer Aufzählung ist stark verkürzt; er hat seine Parallelen in U Dem xattauQ in V 4, du die BiIdhälfte einleitet, entapricht in V 5 das 06t~ du die Sachhälfte einfühn. Beide Teile des Gleichni.ues lind zweizeiljg und weiten auf einen bestimmten Rhythmus hin. In der BiId- und in der Sachhälfte tritt du .. Wir. in einem ganz bestimmten Stilltark hervor (fxoI&ev, t.cJt&tv). Bild und Sache gehen ltark ineinander über: der Christ ilt in du CJÖ)t.&Q XQt,cnoü, du mit dem Christus ident.iac:h ist, eingegliedert. Der Leib des Chriltus tch1ie8t du Eiagqliederuein in Christus (tv XQump) ein; beide VonteUungcn bedingen sich gegenseitig (I Kor 12,13). VgL zum Ganzen E. KAsEWANN. Leib und LeibChriati, 1933; KAsEWANNR323 f.; BAUETTR 236 f. •• Vgl. Bl-Debr 305; L RADUWACHD, 2. AuS. 1925, 71. .. Riim 1.11; 5,15 f.; 6,23; 11.29. •• Ea ist bezeichnend für Paulut, daß der Begrifrx6Qt.opa nicht an ein Amtabewu8C1ein oder an eine InIlitution denkt, sondern an eine Manifestation des Geiltet, an eine Glicdlchaft in der Gemeinde und an eine VerantwortunsvorChriatus. Der Bepiffumlchreibt mehr du Gemeinte. alt daß er seinen Sinn umf.utend danteUt. Vgl. ThW IX 3938".; vor aUem KAsENANNR 324, der du Pr0blem \IOD der Differenzierung, alto vom Einzelnen aUI an~t. 17 Au&ählqen mit dn &nden lich bei Paulul in IKor 10,31; 13,8; 2Kor 8,23; auBerhalb des Neum Testamenll in Plato Apol. Socr. 23 p. 35A; Maximua Tyr. philOll. 1,7.
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der Diatribe (auch beiJosephus!). Umstritten ist die Frage, ob die Nachsätze indikativisch oder imperativisch ergänzt werden müssen. Paulus hat aber nicht eine Beschreibung geben wollen, wie die Gnadengaben sich auswirken, sondern eine Anweisung, wie man sie ausüben soll: » ••• der weissage nach dem Maßstab des Glaubens« bzw. »der Lehrende soll sich aufsein Lehramt beschränken, soll sich in seinem Lehramt betätigen«. Unausgesprochen bleibt der Gedanke: jede Gnadengabe will als solche ernst genommen werden, und der Charismatiker soll darauf achten, daß er sie recht anwendet 18• Es fällt auf, daß Paulus in der AufZählung der Charismen die eigentlich ekstatischen Elemente nicht erwähnt und dafür das prophetische Wort voranstellt 19• Der Begriff"'QO
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nicht an eine theologische Abweichung des Charismatiken, sondern an die schwärmerische überschreitung der Grenzen, die mit der Gnadengabe gegeben waren. Paulus will das CJlI)(JIQOYäv des Glaubens einschalten, das den Besitz der Gnadengabe gesund erhält. Das Motiv der ilvaAoyta ~ nUn~ hat hellenistischen Klang, während J,LttQOV n(O't~ in Röm 12,3 dem jüdiach-pa1ästinischen Denken näher steht.
V 7: ÖLaxov(a als weiteres Glied der Gnadengaben bezieht sich entweder auf allgemeine Dienste innerhalb der Gemeinde (Röm 16,1; I Kor 12,5; 16,15) oder auf die Versorgung der Gemeindeglieder in ihren jeweiligen Bedürfnissen (z.B. bei der Tischmahlzeit Apg 6,1 f. oder bei der Versorgung der Schwachen und Annen Röm 15,25.31; 2Kor8,4). Eigentlich ist jede Gnadengabe ))Dienstcc, aber es gibt neben dem prophetischen Wort eine spezifische Diakonie. Auch sie hat Anteil an der Wonverkündigung (Apg 6,4), vielleicht in Lehre und Unterricht, wie die Stellung zwischen ltQOCPYl'tECa und ÖLbaaxa).(a nahelegt21. In der Anordnung der Charismen liegt eine Hervorhebung von prophetischem Wort und Diakonie, wie die Satzkonstruktion beweist. Es folgen zwei weitere Glieder, die stilistisch enger miteinander verbunden sind: ÖLÖaaxa>J:a und ltaQ«xA.'I~22. Das Lehramt findet sich auch in I Kor 12,29 nach Nennung der Apostel und Propheten und weist auf die Bewahrung der geschichtlichen und paränetischen Traditionen hin, die mit der Verkündigung verbunden sind. ltaQl&xA.'IaL~ als Zuspruch gehört ebenfalls zur Mahnrede und zum Unterricht. Die lt
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wie die großen Gnadengaben. Auch eine deranige Hinzufiigung dient dem empfohlenen OO>CpQOVELV (V 3.16). Was hier bestimmten Menschen aufgetragen wird, ist eigentlich eine Aufgabe, die jedem Christen gestellt ist, ein Glaubensakt, in dem sich das Christsein als solches bewährt. Dadurch wird der Kreis der Charismatiker geradezu gesprengt; die Gnadengabe wird zu einer Äußerung des Glaubens im Verkehr zwischen Mensch und Mensch innerhalb der Gemeinde. V 8b ist also überleitung zum folgenden Abschnitt V ~21. Selbstverständlich steht dieser Zusammenhang V 8b in einer breiten paränetischen Oberlitjmmg. J!E'taöL66vw. ist ))Anteilgeben« am Besitz (Prov 11,26; Eph 4,28); ein entsprechender Imperativ ist zu ergänzen (f1E't4IÖLÖOtOO). Wer einem anderen Anteil an Nahrung oder Kleidung gibt, tue es nin Einfalt«, d.h. ohne Hintergedanken, in Selbsdosigkeit24 • Das Motiv des ))einfältigen GebeOS« hat eine verbreitete Tradition. xoo(enaaftaL kann zweierlei bedeuten: »)({er Gemeinde vorstehen« (M. Luther: »wer regieret«) oder: )sich um jemand kümmern, für jemand sorgen« (= procurare)25. Zwischen J.LE'taÖLÖoU~ und aE6Jv wirkt xQOLenaf.1EV~ isoliert, wenn man an der ersten Deutung festhält. Bei der zweiten Deutung könnte man geradezu an ein Patronat für Schutzlose denken (Witwen, Waisen, Sklaven, Fremde); sie würde dann besonders gut für die römischen Verhältnisse passen16• 6 tA.EWv erinnen an den Sprachgebrauch von tA.E1}J.LO
:IA Vgl. 2Kor 8,2; 9,13; Jak 1,5. Zu tmAlm]~ vgl. den Sprachgebrauch von Test XII (Iaaschar 3,2.6-8 u.ö.); Philo op. mund. 156; 170; vit. Mos. 1,172.287. Außerdem Str-B 111 296. Dieser biblische Begriff ist bei Paulus besonders ausgeprägt. 2S .~er Gemeinde vorstehen« I Theu 5,12; ITim 5,17; .. für jemand sorgen« DemO8th. Phil. 4,46; Epict. 111 24,3; PFay 13,5; PTebt 326,11;BGU 1105,6. Vgl.~L;Röm 16,2. Die Geschichtc der Auslegung kennt beide Deutungen, doch hat die zweite einen gewissen Vorrang. Vgl. W. MICHAELIS, Das Ältestenamt der christlichen Gemeinde, 1953, 50 ff. Grundlegend ist für das Urchristentum das Ähestenamt. Für Paulus ist entscheidend, daß charismatische Vorzüge sowohl bei der Wahl wie bei der Amtsführung den Ausschlag geben. Anders S. ScHULZ, Die Charismenlehre des Paulus, Festschrift tUr E. Käsemann, 1976,451 f[ 26 Vg1. KOHLR 125. tv cmoubfl paßt für heide Deutungen von ~~. 27 Vgl. Mt 6,3: 1WLliv tAnt~v. Str-B 111 296 legt unter Hinweis aufLev r 34 die Gleichsetzung von tAuiv und JWt.fiv tADtf&OCJ"CMJv nahe. 28 Vor allem erinnen tAuiv tv llaQ6trrnan Prov 22,8; 2Kor9,7; Levr34,9b (..Wer Almosen gibt, tue es mit fröhlichem Herzen!«). Str-B 111 296; I 459. 29l>.aQ6trJ~ (im Neuen Testament nur hier), ~ (im Neuen Testament 2Kor 9,7; vgl. Prov 22,8) hängt speziell mit dem Akt der Barmherzigkeit und dem Almosengeben zusammen. Vgl. zum fröhlichen Sinn des Gebers auch den Sprachgebrauch der Clem. Hom. und Barn. 19,11.
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Der Dienst der Gnadmgaben
Exkurs Leib Cluisti """ CIuzrismna
I. In der Auseinandersetzung zwischen Paulus und den hellenistischen Gemeinden spielen der Begriff ))Leib Christi« sowie die AufZählung der Charismen (als Gnadengaben) eine besondere Rolle (I Kor, Röm, Gefangenschaftsbriefe) . Dabei darf man nicht vergessen, daß das Gleichnisdenken bzw. die Rätselsprache für das ganze Urchristentum grundsätzliche Bedeutung hat (IKor 13,12; Num 12,8). Wie kann der gekreuzigte und erhöhte Leibjesu Christi zum Bildund Rätselwort für die konkrete irdische Gemeindejesu werden Goh 2,2l)? Woher kommt die Zusammenstellung von grundlegenden Aufgaben (Apostel, Pr0pheten und Lehrer), Gnadengaben (Geistesgaben) und dienenden Funktionen in der Gemeinde, und wie ist ihre Zusammenfassung zu deuten? Grundlegende Ergebnisse der bisherigen Diskussion müssen hier eingeschaltet werden: a) Die Metapher ))Leib Christi« ist nicht nur Bild, Gleichnis im modernen Sinn, sondern beschreibt den ))Machtbereich« des erhöhten Herrn. Ursprünglich gab es ein escha tologisch-apokal yptisches Motiv ()) Leib des Auferstandenen«), das sich dann eucharistisch-sakramental und charismatisch ausgeweitet hat (Barrett R 236). Aufjeden Fall spielt der Zusammenhang der Inkorporation (corporate personality) dabei eine bedeutsame Rolle. b) Die Gegenüberstellung Leib/Charismen wird in den älteren Paulusbriefen paränetisch verwandt (IKor 12,14 ff.; Röm 12,4): das Füreinanderdasein der Glieder im gegenseitigen Dienst und das Eingegliedertwerden in ein übergeordnetes Ganzes tritt stark heraus. 2. Die Charismen des Geistes werden bei Paulus zu einem eigenständigen und durchdachten Entwurf zusammengefaßt; er ist angeregt durch das Verhalten und Lehren der korinthischen Gegner, die offenbar eine andere Rangordnung haben als der Apostel. Man kann bei Paulus kerygmatische, diakonische, ekstatische und kybernetische Charismen untencheiden. Charisma ist bei Paulus Gabe, Geschenk, Zuteilung, dann Manifestation, Konkretion, Individuation des Geistes Gottes. Der Geist Gottes willleibhaft, Fleisch werden. In der Frage, ob der Geist Voraussetzung für das Recht oder das Recht Voraussetzung für den Geist ist, entscheidet sich Paulus eindeutig für die Vorherrschaft des Geistes. Das Wirken, Scha.ffen, Ordnen des Geistes Gottes ist übergeordnet. Der Geist hat die Kraft, neue Rechtssätze und Ordnungen zu entfalten. Auch die Weitergabe der Tradition entsteht aus dem Geist. Aber das Wirken des Geistes ist gleichzeitig das Wirken des erhöhten Herrn selbst. Er bevollmächtigt und begrenzt zugleich. Eine weitere Frage stellt das Verhältnis der paulinischen Briefe zur nachapost0lischen Tradition und zum Frühkatholizismus dar. In der Gegenwan wird die These aufgestellt: ))Die Charismenlehre des Paulus ist die bewußte und bleibende Alternative zum Amts- und Ordnungsdenken der religiösen Antike Gudentum, judenchristentum, Heidentum und Frühkatholizismus) und als solche die direkte ekklesiologische Entsprechung zur Rechtfenigungsbotschaft« (S. Schulz, Die Charismenlehre des Paulus. Festschr. für E. Käsemann, 1976,454). Diese These bedarfder Korrektur, der Weiterfiihrung und der Ergänzung (Cha-
Röm 12,9-21
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risma und Knechtsdienst Gottes am Menschen im Raum der konkreten Kirchengeschichte) . Literatur: E. Käsemann, Amt und Gemeinde im NT (1949), EVB I, 4. AuO. 1965, 109-134; Geist und Geistesgaben, RGG 11, 3. AuO.1958, 1272-1279;5. Schuh, DieCharismenlehre des Paulus. Festschrift rur E. Käsemann, 1976,443-460; U. Brockhaus, Charisma und Amt, 1972; O. Michel, Das Zeugnis des Neuen Testaments von der Gemeinde, 1941. Röm 12,9-21: Die Liebe und der Kampf gegen das Böse
9Die Liebe Iei uapbeucbelt. VerabKheut du BöR, baDpt dem Guten l1li1 101n der Bruderliebe leid pp_-nder benlich, in EbreJWetaIIC pbe eiaer dem lUlderen den VGnIIII 111m Eifer leid Dicht .....' bftmIt im Gebt, onIaet euch der Zeit
Anagse: Nach der gewöhnlichen Auslegung beginnt mit 12,9 eine paränetische SpruchreiJu, die unvermittelt und ohne strenge Logik Glied an Glied fugt; paränetisches Spruchgut ist durch das Gesetz. der Obtrlieferung bestimmt. Es gilt daher, aufdie außerchristlichen Parallelen, auch aufdie verwandten Spruche innerhalb des Urchristentums sorgfältig zu achten. Wenn auch die Paränese auflogische Verknüpfung der Sätze kein Gewicht legt, so gibt es doch bestimmte Stichworte, denen sich die Einzelsprüche unterordnen. Hier in dem Abschnitt Röm 12,9-21 scheint es zunächst der Begriff»Liebe« zu sein, der am Anfang von V 9 betont auftaucht, der sich in V 10 als Bruderliebe und Ehrerbietung, in V 13 als Gastfreundschaft darstellt. Er zeigt auch die innere Verbundenheit zwischen Röm 12,9 ff. und 13,8 ff. auf. Das zweite Stichwon ist )>das Gute«, das uns aus der überschrift V 2 bekannt ist. Der Kampf gegen das »Böse« beherrscht den Zusammenhang von V 9b.17.21 und Röm 15,11-14 (»Licht und Finsternis«)!. In der äußeren Form der Paränese zeigt sich eine gewisse rhetorische Mannigfdltig1 In der Auslegung von Röm 12,9 fT. muß die ..Lieb,,, als die Verwirklichung der götdichen Gerechtigkeit angesehen werden; sie ist die Entfaltung des »Guten« im Kampfgegen das ltBöse«. Sie ist die eigendiche Wirkung des Geistes Gottes, und in ihrer Durchsetzung bewähn sich die Gabe des Geistes. Daß die Liebe der Gemeinde schon geschenkt ist, wird von Paulus voraUJgesetzt; der Apostel will sie nicht erst erwecken. Die Liebe ist angewandter Glaube, kann also von ihm nicht getrennt
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Die Liebe und der Kampf gqen das Böse
kal. Paulus liebt es, Partizipien aneinander zu reihen, schiebt aber auch Imperative oder Infinitive ein 2 • Dabei ist er gewiß von seinen Vorlagen abhängig. Es empfiehlt sich, den ganzen Zusammenhang in sinngemäße Gruppen aufzulösen und auf die Herausstellung der Leitmotive Gewicht zu legen3 . Man könnte sich die Frage vorlegen, ob nicht mit V 8a die Aufzählung der Charismen abgeschlossen ist und mit V Sb die Beschreibung der ityam, einsetzt. Man könnte dagegen einwenden, daß dadurch die Aneinanderreihung der Panizipien künstlich unterbrochen wird. Aber auf der anderen Seite kann V 8b nur schwer in eine Aufzählung der Charismen eingefügt werden. Eigenartig ist die Stellung von V 14; an sich gehön dieser Vers in den Zusammenhang von V 17-21, während er zwischen V 13 und V 15 eingesprengt erschein t. Nur die äußere Verbindung durch ÖuOxELV bestimmt die Reihenfolge der Verse 13 und 144 • Will man eine GliMerung DES Ganzen versuchen, dann bieten sich als Leitmotive V 9b.17 und 21 in ihrer inhaltlichen Zusammengehörigkeit und in ihrer besonderen Stellung an Anfang, Mitte und Schluß an: a) Hasset das Böse, hanget dem Guten an; b) Vergeltet niemandem Böses mit Bösem; sinnet auf Gutes gegenüber allen Menschen; c) Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde durch das Gute das Böse. Das »)Gute« ist letztlich nach Röm 12,2 identisch mit dem konkreten, gegenwärtigen Willen Gottes, während das »Böse« nichts anderes ist als die Gestalt dieser Weltzeit, der sich die Glaubenden nicht angleichen sollen. Exegese: V 9: Ein kurzes Mahnwon über die Liebe steht programmatisch am Anfang. Der übergang von V 8 zu V 9 erinnen an 1Kor 13,1: die Liebe ist die entscheidende Voraussetzung für die Gnadengaben. Die Neuheit des Lebens (6,4) ist inhaltlich »Liebecc, und die Liebe ist die entscheidende Voraussetzung für den Vollzug der Charismen. Daß die Liebe »ungeheucheltcc (kein Schauspiel) sein soll (sc. f(J'too) , entspricht auch einer Wendung von 2Kor 6,6 und I Petr 1,22. Der Satz stimmt also mit einer festen paränetischen Tradition übereins. Offenwerden. Der Begriß'ist fUr Paulus06jettiDtr als fUrden modemen Menschen."il ~ bleibt Leitwon der Exegese (ScHLIEaR 273. anders KAsEMANNR 328). 2 Paulus überläßt sich allO nicht einem »natürlichen Lauf der ldeencc, .ondem folgt bestimmten Traditions-Zusammenhängen. Im Rabbinischen werden Mlwiisc/tl P"rtidflim verwendet, um im Unterschied von unmittelbaren Befehlen bestimmte Regeln und Anordnungen weiterzugeben. Auch in I Petr 2.18; 3,1.7 ff.; 4,7-10 stehen wir vor ähnlichen Zusammenhängen. die ebenfalls aufhebräiache Partizipien zurückgeführt werden müssen. Das Material von Röm 12,~ 13 weist auf eine frühchrisdiche Quelle bzw. Tradition zurück. Dis1r.utien wird in der Gegenwart die Abgrenzung und Bedeutung dieser ursprünglichen Tradition bzw. Quelle (D. DAUBE,jewish Missionary Maxims in Paul. StTh I, 1948, 158-169). Vgl. außerdem KAsEMANNR 328 ff. 1 KOHLR 425 ff. versucht, V ~ 13 auf das Leben innerhalb der Gemeinde, V 14-21 auf das Verhalten zu den Ungläubigen zu beziehen; ähnlich unterscheidet LAoaR 301 zwischen der liebederChristen untereinander (V ~16) und der Liebe zu allen Menschen (V 17-21). Beide Einteilungen wir1r.en schematisch und scheitern an der Mannigf.lltigkeit des Abschnittes: V 14 gehört zu dem Gedankenkreis von V 17-21, V 15-16 dagegen lassen sich auch aufdas Verhältnis der Gemeindeglieder untereinander beziehen .•• Man wird wohl auf eine Gliederung in zwei Teile verzichten müssen" (ScHLIERR 374). 4 Es ist damit zu rechnen, daß die eindringliche Form der Paulus vorliegenden Tradition (doppelter Imperativ tUAoyEi"tE) gegenüber der synoptischen Differenzierung einen Vorrang hat. 5 b;vun6xQL"t~ wird hier als Adjektiv zweier Endungen betrachtet (vgl. Sap 5,18; 18.15). M. Lu.
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bar ist der Abschnitt 1Kor 13,4 ff. mit ihr verwandt. Die ))Liebe« ist mit Christus in die Welt ))gekommen«, und Paulus will sie vor Verfall schützen. Der schwärmerische Charismatiker macht die Bruderliebe zum Schauspiel, da er nicht nach dem anderen fragt, sondern sich selbst in den Vordergrund stellt. V 9b (als Doppelspruch) ist Verstärkung von V 9aj iutOCJ't'\1YELV (im Neuen Testament nur hier) und xolläa6al. sind besonders starke Wendungen: man soll jede Berührung mit dem Bösen in heiliger Scheu vermeiden, dagegen dem ))Gutencc sich eng anschließen. Der Sprachgebrauch weist in den Umkreis der Test XII zurück. Die Stärke der Ausdrücke bezeichnet eine gewisse Leidenschaftlichkeit6 • Gemeint ist, daß die Liebe das Kriterium zwischen dem Bösen und dem Guten gewinnen und den Kampf aufnehmen soll. Die Spruchgruppe V l~lS ist formal eine Einheit: die Einzelmahnungen sind paarweise aneinander gereiht, so daß fünf Paare mit zehn Gliedern entstehen, von denen das erste und das letzte Glied wie eine Klammer die ganze Reihe einschließen (cplla6dtpta und Cp~EVta) 7. In der Bruderliebe (cpllabdcpta) nimmt die Qy{un) eine besondere Form an 8 • Es ist die fiirsorgliche Liebe, die der Bruderschaft entspricht. Sachlich verwandt ist cptl6atOQyOL, ein gewählter Ausdruck, der sich im Neuen Testament nur hier findet 9 • Gemeint ist in eptAa6dcpta und cpl.A.6atOQYOL eine Herzlichkeit, wie sie llfER übersetzt 1522: »ungefährcc , seit 1529: »nicht falschcc. Der Kampf um die Aufrichtigkeit der
Liebe und des Glaubens ist rur das Neue Testament typisch. 6YM1l und 1tVEÜ~ sind die grundsätzlichen und umfassenden Merkmale des neuen Äons und der christlichen Existenz überhaupt. Das plötzliche Auftreten des Begriffes 6y{imJ in Röm 12.9 darf die Exegese nicht dazu verführen, seine Bedeutung für die paulinische Ethik einzuschränken. Nur in der Qualifizierung des 1tVEÜ~ als dyam, ist 1tVEÜJ.I.Q im Vollsinn Gottes Geist. CRANFIELD, Commentary 38 unterscheidet zwischen ir(lLml (gegen jedermann) und cpllabEMp(Q (gegen die Brüder). 6 Stau cmoowyoüvt~ liest G j.U.CJOÜV"t~ (= odientea g wlg.Jat.). »Hier hat wohl der lateinische Text auf den griechischen gewirkt, ähnlich wie Tit 3,3 OtU"f'Iw( in D durch !-UDIlw( .. odibilea ersetzt istcc (LTZMR 100). Zum Sprachgebrauch von xoUäo&m (= hebr. ~,) vgl. TestDan 6,10; TestBenj 8,1; Did 5,2; Bam 20.2; I Clern 46, I. übrigens begegnet das subst. Adjektiv W KOYTIQ6v im Römerbrief auch nur hier (hebr. "iJ), es stammt wohl ebenfalls aus einer Vorlage. Das »Böse«, das gemieden werden soll, braucht übrigens nicht nur in dem Geliebten, sondern kann auch in dern Liebenden vorhanden sein. Es geht um die Reinheit der Liebe, die dem Geist Gottes entspricht. 7 Fünf Paare stehen in der Aufzählung nebeneinander, von denen das ente und das letzte Glied (cplla6d.cpla und ~€Vla) die ganze Gruppe umschließen. übrigens gehören cpllabdcpla und cp~lQ grundsätzlich zueinander (vgl. Hehr 13,1 f.). ~ cpV..aödcp~ cpll.6cnOVfOL - ~ "tLl'fl ~J&n'OL ~ cmoubfl J&il i»c"'1QO( - uiJ 1tVril~"tL ~f.ovm; "tQ» xal.Q(i» 6ou~ - ~ tAA;lbL XQ~ "t'Ö ~A(",a "MtJ.tvovt~ - ~ JtQOOX041tEQOÜV"tt; "tQ~ XQaa..C;"tWv QyUaJv XOI.v(aJV()üvt~ - 'EilV cp~lav 6~
noooruxn
• Vgl. IThess 4,9; IPetr 1,22; Hebr 13,1 f.; 2Petr 1,7. 9 2Makk 6,20; 9,21; 4Makk 15,13, bei Philo und auflnschr. u. Papp. Während imJudentum vor allem aufdie herzliche Liebe im Familienlueiae hingewiesen wird, ist der BegrifTimHeUenismus aufdie verschiedensten Beziehungen hin ausgedehnt, z.B. auf das Verhältnis eines Königs zu einer Stadt, und er kann dann auch entsprechende Färbung annehmen (verwandt mit dIvoLQ). Interessant ist auch ein Vergleich mit Antipater v. Tarsos, aber auch Polyb. und Ditt.. Or. InsO'., 11,719 (dazu vgl. C. SPICQ, cp!UKnocrtoc;, RevBibl. 62. 1955,497-510). PAIJ.lsR 137 f. schlägt statt cpU.6at.oQyoL die Konjektur cpLAlmQWTO\ vor und denkt dann an das Gespräch mit dem ehrsüchtigen Charismatiker: .. Wenn ihr es liebt. die Ersten zu sein, dann seid es in der brüderlichen Liebe, in der ihr einander übertreffen könnt...
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sonst nur im Familienkreis zu finden ist lO • Nur die Bruderliebe ist in der Lage, den andern höher zu schätzen als sich selbst. nQOllYEiaitaL ist in diesem Zusammenhang sehr bezeichnend (»jemandem vorangehen, ihm den Wegzeigencc) . Es ist nicht ausgeschlossen, daß die paulinisehe Wendung den Ehrgeiz und den falschen Führungsanspruch der Charismatiker treffen will l l . Paulus schärft demgegenüber die Haltung der 'tWtELVocpQOOirvTJ ein (Phil2,3). Der Charismatiker soU die Ehre des andern höher achten als die eigne; nur in diesem Fall erfüllt er die Bruderliebe. V 11 besteht aus zwei einander zugehörigen Hälften, die negativ und positiv eine Einheit bilden. mtouÖ'i) begegnet in V 8 und 11 als echtes Zeichen des Geistes Gottes (sonst nur in 2Kor 7-8)12. Was wirklich gemeint ist, geht aus der Fortsetzung -up nvE6,.LU'n ttovn; hervor 13• Die Wendung ttwv 'tQ» 1CVEVJ.UI'tL erinnert an Apg 18,25, wo sie auf Apollos angewandt wird. ttwv (= »brennend, glühendce) ist offenbar ein Bildwort, das in den Zusammenhang von Geist und Feuer gehört. Es geht um die richtende, verzehrende Entschiedenheit des Glaubens, nicht um einen menschlichen Enthusiasmus 14 • Zwei weitere, einander zugeordnete Glieder: 'tcp X«LQ
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Der LA ~ XQ&Q(P bouÄriovte; (D·FGdg Ambstr) steht die andere LA ~ XUQl'P bauA.roovte; (JM6" ABELP) gegenüber. Die Kirchenväter kennen heide Lesarten, haben aber aus sprachlichen und sachlichen Gründen vielfAch eine Abneigung gegen die ente. Ausdrücklich entlcheidet Athanas. Ep. ad Draoont. 3: lm 00 2IQbm ~ ~ 00uM(,EI.V, iUJ.4 ~ xUQUp. Orig. Jat. 7,314: .ao ... in nonnullia Latinorum exemplaribus haberi: )tempori servientcsc, quod non mihi videtur oonvenienter insertum. Hier. Ep. 27,3: illi (sc. Latini oodices) legant: )BpC gaudentes, tempori servientesc, nos lepmus: )BpC gaudentes, domino servientesc (entsprechend vulg.: domino servientes). Vielleicht ist das Abkürzungsverfahren: ~ = XQCI) an dieser Textlchwierigkeit Ichukt. Die Redewendung ~ bouÄria.v ist allerdings in der Antike anstößig (=s »Opponunist sein«; vgl. J. J. Wettateina Sammlung; Anth. Pal. 9,441; eie. Fam. 9,17; Lact. Inst. V 2,10). AUerdinp macht sich im Judentum auch eine andere Bewenung der »Zeit« geltend. Man verweist aufBer 64a: »Wer sich der Zeit entgegenltemmt, den drängt sie hinweg, und wer ihr nachgibt, der bemeiaten sie« (Delitzsch R 93). Gemeint ist, daß in der Zeit eine Aufgabe liegt, die gesehen und bewältigt werden muß, und daß der Mensch nicht an dieser Aufgabe vorbei leben IOll. Paulus hat riß ZeilHrsllÜlllllis, weil er von einer eschatologisch erfüllten Zeit weiß. Ihm ist nichts fremder als ein »Opponunist zu sein« im griechischen Sinn, wohl aber liegt IOwohl das Empfinden der Demut als auch des Verpßichtetaeins im slrnrtslm Sinn (OOuM(,uv) in dieser Wendung. PaUis R 139 entscheidet lich für die schwierigere LA tcp ~, glaubt aber, daß eine Negation (flf) ausgefallen sei. Die anstößige LA ist ohne Zweifel die schwierigere und darum die bessere. Allerdinp darf sie nicht opportunistisch mißventanden werden, wie CI schon in alter Zeit geschah (ZnR 550 Anm. 44). Verwandt ist die Mahnung KoI4,5; Eph 5,16. Wir haben an eine kritische Selbstbesinnung aufdie eigene Situation, aber auch an die uns bestimmte Aufgabe in der Zeit zu denken, die der Mahnung zum ~v V 3 entsprechen. Vgl. Schlier R 376f.
"''"fles
Der Hinweis auf die ••Hoffnungcc durchzieht den ganzen Römerbrief; im Hinblick auf die Erfüllung der Verheißung, auf die bevontehende Offenbarung Gottes wird die Gemeinde zur Freude aufgerufen (Röm 5,2) 15. Die beiden nächsten Glieder: l'fI itM16'EL u:rtOJ.LtvOVt~ -l'fI :rtQOOEVXfl :rtQOCJXOQtEQO'ÜVt~ gehören eng zusammen. Das ente erinnen an Röm 5,3 (" itA.i:16'~ u~ XQ'tEQ'YCitE'tru). Es ist möglich, den Dativ zeitlich aufzulösen (»in der Trübsalce); ausgeschlossen ist aber auch nicht, daß man an eine noch engere Verbundenheit von Trübsal und Geduld denkt (»bedrängt haltet stand«)!6. Bedrängnis ist umfassender als Verfolgung, schließt aber diese ein. Not und Gebet weisen aufeinander hin. Daß das Gebet der Ausdauer und einer bestimmten Sitte und Zucht bedarf, ist schon jüdische Anschauung. Auch das :rtQOO'XOQ'tEQEiv klingt semitisch!7. Immer wieder mahnt Paulus zum •• anhaltenden Gebetce, wie er auch selbst »unaufhörlich« betet t '. Dasjudentum kennt zur Zeit des Paulus bestimmte Gebetsworte und Lobpreisungen, die alle Handlungen des Menschen von früh bis spät begleiten (Tob 4,19). Paulus legt allen Wen darauf, daß die junge christliche U
TfI tlal& ist Dat. inatr. (BI-Debr 196-: vennäge ... ). Der Dativ TfI &U",n kann vielleicht einen Akkusativ eneaen
(Tip &U"'LV ~~. DELITZSCHR 94; G. HAIDER, PaulUi und du Gebet, 1936,8 f. Zu den Parallelen im hellenistischen Raum vgl. P. WENDLAND, Die hellenistisch-römische Kultur, 2.3. Auß. 1912,413 f. 18 Kol 4,2; Eph 6,18; 1Theu 5,17. KQOCJXCI("tEQdV TfI KQOOtuxfI begegnet auch in Apg 1,14; 2,42 und ist sicherlich eine altenümliche Wendung (PlI) pi). I'
17 Vgl.
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Gemeinde die Gebetssitte und Gebetsordnung aufrecht erhält. Besonders in Zeiten der Bedrängnis erweist sich das Gebet als unentbehrlich 19 . V 13: Auch das letzte Paar ist aufeinander bezogen: 'taL~ XQELm~ (D*FG it vulgo lesen 'tai:~ j.1VE(al.~20) 'tÖ>V 6yLwv )('()l.v(OVO'ÜVt~ - 'ritv cpllo!;EVLaV öui>XOV't~. Paulus denkt an die Unterstützung nodeidender und an die Gastfreundschaft für zu reisende Brüder. aL XQELm bezeichnet die jeweiligen Bedürfhisse und Notstände21 , während at j.1VELal. zunächst nichts anderes als das ))Gedenken« an den Notstand im Auge hat. Man hat an die Kollekte in Jerusalem gedacht (ot llyl.ol. = die Glieder der palästinischen U rgemeinde 22 ), auch an die besondere Nodage der Verfolgten, die deshalb der brüderlichen Hilfe bedürfen. Jedenfalls ist der enge Anschluß an die Mahnung zur cp~EV(a zu berücksichtigen: die Gemeinde ist aufgerufen, brüderliche Notstände zu beseitigen. So ist die LA 'taL~ XQE(al.~ vorzuziehen. Die Mahnung zur Gastfreundschaft steht in einer breiten urchrisdichen Tradition (Hebr 13,1) und zeugt ebenfalls für konkrete Bruderliebe. öuoxav muß im Sinn des hebr. '1'" verstanden werden und bezeichnet den Eifer in der Ausübung. Die christliche Gemeinde empfand sich selbst als eine große Familie innerhalb einer ihr fremden Welt und bewies daher durch die Ausübung der Gastfreundschaft ihre enge Zusammengehörigkeit. Die Frage nach der Grenze dieser Gastfreundschaft (Christen oder Nichtchristen) ist hier nicht gestellt. V 14 steht aufsich allein, erhält aber in V 17-21 eine Fortführung. Wir haben einen Dopptls;ruch vor uns, der in den beiden Hälftenjedesmal mit eUAoyEL'tE beginnt. Es handelt sich also um eine Anweisung zum »Segnnll<, die nur äußerlich (stichwortartig) durch Öui>XELV mit V 13 verbunden ist. Eine gewisse Ähnlichkeit mit einem synoptischenJesuswort (Lk 6,28; Mt 5,44) ist unverkennbar 23 • Wir haben eine gen aue Wiedergabe oder eine targumartige Paraphrase des Jesuswortes vor uns. Diese Anweisung zum )Segnenc< der Feinde richtet sich vor allem gegen die synagogale Sitte, gegen den Gegner Fluchworte auszusprechen 24 • Die Anweisung zur »Lie19 ZnR 550; SANDAY-HEADLAMR 362. 200rig. lat. 7,315 (memini in Latinis exemplaribus magis haberi ,memoriis.) hält beide Lesarten für möglich. Die griechisch venaßten Acta Pionii zeigen die Verbreitung der LA ta~ J.&VElaa.; an (c. I). Auch Theod. Mopev. kenn t einige Handschriften, die sich für die LA ~ J.&vt:laa.; einsetzen. Der Venauer der Acta Pionii dachte dabei an Gedächtnisfeiern zur Erinnerung an die Märtyrer. Diese Auffiusung läßt sich auch bei Seduli us Scotus später venolgen. P ALLIsR 139 entscheidet sich für die LA ta~ J.&VElaa.; und denkt an Sammlungen zur Unterstützung der Heiligen bei den Mahlzeiten. 21 Apg 2,45; 6,3; 20,34; 28,10; Phil 2,25; 4,16.19. 22 IKor 16,1.15; 2Kor 8,4; Röm 15,25. 2J DasJesuswort, aufdas Paulus Bezug nimmt, ist nicht als Zitat gekennzeichnet (vgl. V 21). Entscheidend ist die Weitergabe der Tradition in der Autorität des Geistes Gottes, die schon früh eingesetzt haben muß (B. GEItHAIlDSSON, E. E. ELLIS). Das Wort ist offenbar zur festen katechetischen überlieferung geworden, die als lOlche Autorität besitzt. DieseJesusworte der Paulusbriefe beziehen sich vor allem auf konkrete Lehrentscheidungen und ethische Anweisungen (Halachot). 24 ..Segnen« bedeutet: in leierlichen, oft feststehenden Worten Heil erbitten und mitteilen, während das »Fluchen .. Unheil erfleht und heraufführt. Im Hebräischen bezeichnet ~: Gott anrufen. segnen und fluchen. Segnen und Fluchen gehören durchaus in die alttestamentliche Frömmigkeit, wie auch Segen und Fluch nach dem Alten Testament das Schicksal des Menschen bestimmen können. Zur überwindung des Fluches vgl. auchjak 3,9 f[: der Lobpreis Gones schließt das Fluchwort über den Menschen aus. Eine weitere Paraphrase der urchristlichen Anweisung zum Segnen verbirgt
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be« (V 9) wird also ausdrücklich zut Einschärfung der Feindesliebe; sie macht an den Grenzen der christlichen Gemeinde nicht Halt, sondern umfaßt auch die Außenstehenden (ol f;ro), ja sogar die Widerstrebenden und die Verfolger25. V 15 und 16 beziehen sich wieder auf das Verhältnis der Gemeindeglieder untereinander; die beiden Verse sind ganz verschieden stilistisch konstruiert und gehören ursprünglich wohl nicht zusammen. V 15 besteht aus zwei einander entsprechenden Infinitiven, die auf verschiedene Situationen Rücksicht nehmen z6 . V 16 ist dagegen aus drei selbständigen Mahnungen im Partizipialstil zusammengesetzt, die durch das Stichwort cwovEiv (bzw. cpQ6vLJAOV dvaL) zusammengehalten werden. Offenbar hat das Mittelglied, das negativ und positiv entfaltet wird, ein bestimmtes Gewicht und treibt den ganzen Zusammenhang in eine bestimmte Richtung. V 15 klingt sentenzartig und verlangt von jedem Gemeindeglied, daß es sich in der Bruderliebe auf den anderen einstellt; V 16 dagegen nimmt Rücksicht auf eine ganz bestimmte Schwierigkeit im Gemeindeleben: die Eintracht des Glaubens und die Gemeinschaft untereinander sind durch das Selbstbewußtsein der Pneumatiker gefährdet, so daß die Bruderliebe aufgerufen werden muß. Die jüdischen Parallelen zu V 15: Sir 7,34 und Derech erez 6 warnen davor, daß sich der Mensch dem Anspruch des Mitmenschen entzieht, während Paulus über die Warnung hinausgeht und eine entsprechende Einstellung des Bruders auf den Bruder verlangtz7. Dabei stellt er das •• Sichfreuen« voran, denn das •• Sichfreuen« ist das Schwierigere (ChryS.)Z8. Äußerlich erinnert V 16a mit seinem Stichwort q>QOVEiv an den Zusammenhang von V 3 (q>QOVEiv). Die Mahnung, auf das Gleiche gesinnt zu sein, kehrt bei Paulus öfter wieder29. Man könnte V 16 als Fortsetzung von V 15 auffassen, so daß auch weiterhin an ein sich in I Kor 4, 12; 1Petr 2,23. Wir haben es hier mit festem Traditionsgut zu tun. Zum Ganzen vgl. W. ScHENK, Der Segen im Neuen Testament, 1967, 74-80. 2S Stark verbreitet ist die Hinzufl.igung von iJ~ nach buj)XovtClli (. A1
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Di~ Li~b~
und der Kampf gegen das Böse
Sicheinstellen auf den Anderen gedacht wäre. Deutlicher ist die Antithese zu Streit und Spaltung (vgl. Phil2,3; 4,2): Der Weg zur überwindung persönlicher und sachlicher Schwierigkeiten muß gesucht und gefunden werden; er ist möglich, wenn alle Beteiligten von der Voraussetzung der ))Barmherzigkeit Goues« aus (12,1) nach der Aufgabe fragen, die ihnen vorliegt. 'tb Qmb q>Qoveiv kann nicht unter Preisgabe der Sache, um die es geht, geschehen; gemeint ist doch auch hier der konkrete Vollzug des Willens Goues im persönlichen Leben des Einzelnen (12,2). Dies nücliterne und sachliche Fragen nach dem konkreten Willen Gottes schaßt allein die"echte Gemeinschaft, die der Schwierigkeiten Herr wird 30; In dem mittleren Glied der dreiteiligen Mahnung fällt das Gegenüber von ~ und 'tWtELVU auf (vgl. ~ cpQOVeLV 11,20). u~ könnte auf hohe Offenbarungen oder auf gesteigene persönliche Ansprüche bezogen sein. Was gemeint ist, wird sich durch den Gegensatz zwischen ~A.a und 'tWtELVU enchlie8en31 • OUVWtuyEOtaa. (Gal 2,13; 2Petr 3,17) heißt an sich: ))sich fortreißen lassen«. An unserer Stelle könnte man an einen Gegensatz zur Ekstase denken, in der man ))fongerissencc wird (IKor 12,2)32. Eigentlich ist die Mahnung paradox: die geringen, niedrigen Dinge haben an sich keine Macht, den Menschen über sich selbst hinauszuheben. 'tu 'twtELVU (eine verächtliche Bezeichnung?) sind geringe Dinge in der Gemeinde, die dem Pneumatiker weder Ehre noch Ansehen bringen33 • Als Abschluß von V 16 dient das biblische Zitat Prov 3,7: ))sei nicht weise in deinen Augencc • Paulus zitiert in der Pluralform, änden
avamrro{
3ODi~ EinJugung d~r Anred~ (P-) ist sekundär (vgl. V 19). tOi; ~~L~ kann maskulinisch und n~utrisch ventan~n w~rd~n. Die maskulinische Fas-
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sung hat gqen sich, daß sie d~n Parallelismus zu ~Q ~ zerstört. Allerdings ist 'tW1:EL~ im Tcatament gewöhnlich maskulinisch gebraucht, das Neutrum ist allo auffallend (vgl. '" 137,6). Vgl. R. LEIVESTAD. TM€L~- TMUv6cpQwv, NovTest8, 1966,36-47. Zum Ganzen vgl. D. DAUBE, Jewish Missionary Maxims in Paul. Stud. Thcol. I, 1948, 1~169; CH. TALBEaT, Tradition and Redaction in Romans 12.~21. NTSt 16, 1969,83-93. 32 PALLISR 140 schlägt OUV'tMUvOOJUV(>L statt ~ vor. KoHLR 429 behaupt~t: -Durch di~ passivische Form ouvamry~ kommt zum Ausdruck, daß die ~Wt€LVa eine zwingende, unwidentehliche Macht über sie gewinnen sollen, von d~r sie sich anziehen und bestimmen lassen müuen.cc Aber die twULva können diese zwingend~, unwidentehliche Macht aus sich selbst nicht gewinnen. Der Ausdruck muß also ursprünglich in einem ander~n Zusammenhang gebraucht worden sein. Das ouv- in dem Kompositum OUVMciyro6aa. deutet aufP~rsonen hin (ZnR 552 Anm. 53, ScHI.AITER, Gerechtigkeit 348). 33 Vielleicht haben wir hier bei Paulus eine UmJIripnf der Ausdrücke und Denkformen der Pneumatiker vor UDS; sie SlJ'eben nach hohen Ofli:nbarungen (~Q ~) und verachten die geringen Dienste (m ~Mava) des GemeindelebenL Sie lassen sich »mit fortreißencc durch den Geist Goues in der Ekstate. Paulus dagegen verlangt durch di~ Liebe zu den kleinen Diensten ein neues Venländnis des Geistes Gottes und eine Bewährung der Nüchternheit (V 3). Wenn man w~ tcm€L~ neutrisch auf&8t, dann denkt man gelegentlich an -niedere LebensverhälmWe- (B. WElssR 524; KOHLR 427) oder an -bescheidene Dienste« (DoDoR 199). M. LltIllEa übersetzt 1529: -Trach~t nicht nach hohen Dingen, sondern hal~t euch herunl~r zu den geringen ... ol ~LVO( im 1fIIIShJiIIisdlln Sinn sind die _Niedrigen« und »Demütigen.. (vgl. d~n Sprachgebrauch von '~, und W im Psal~r). In diesem Fall will Paulus den sozialen Ehrgeiz treffen. ScHLAT. TU, Gerechtigkeit 348 denkt an di~ »Schwachen.. und »Kleinen.. , von denen die Gemeinde sich nicht trennen darf. KAsEMANNR 332 deutet die 'tW1:€l.vocpQOCJ(MJ als das Zeichen der mit dem gekreuzigten Christus angebrochenen Endzeit (cbKryro6aa. = sich herabziehen lauen, medial: sich herabbeugen). Ne~n
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den Septuaginta-Text daher ab 34 • Das alttestamentliche Wort ist offenbar für Paulus zu einem bestimmten Schlagwort gegen das Selbstbewußtsein der Pneu- . matiker geworden (vgl. Röm 11,25)35. Das Zitat soll mit besonderem Schwergewicht die Selbstkritik und die Nüchternheit der Pneumatiker wachrufen. Es ist offensichtlich, daß V 16 eine von Paulus persönlich in der Auseinandersetzung mit den Pneumatikern geformte Mahnung ist. Zwischen V 16 und V 17 gibt es keine Brücke, wohl aber sind V 14 und V 17-21 eng miteinander verbunden. Während V 16 bestimmte Gemeindeverhältnisse im Auge hat, sind V 14 und V 17-21 Mahnungen allgemeiner Art mit stärkerer traditionsgeschichtlicher Bindung; sie stellen das Verhältnis zu Nichtchristen in den Vordergrund. Die Hervorhebung der Feindesliebe in unserem Abschnitt hängt vielleicht mit der vorsichtigen und zurückhaltenden An zusammen, in der Röm 13,1-7 von der Obrigkeit spricht. Wenden sich beide Zusammenhänge gegen apokalyptische und pneumatische Strömungen in Rom, die der Nüchternheit von Röm 12,3 widersprechen? Man kann V 17-21 gut untergliedern: V 17-18, V 19-20 und V 21 sind offenbar kleinere Einheiten, die durch die jedesmal am Anfang stehende Negation als solche kenntlich gemacht sind. V 17 und V 19 werden durch entsprechende Schriftzitate unterstrichen; V 21 ist Abschluß und Höhepunkt des ganzen Zusammenhangs von Röm 12,~21. Man darfnicht verkennen, daß das Motiv der »Liebe« keineswegs aufsieh allein steht, sondern daß es unterstützt wird durch den Sieg des »Guten« (itya66v) über das »Böse« (xax6v). Der Voll~ug der Liebe ist nichts anderes als die Durchse~ung des »GuIm«.
V 17: Die Warnung, Böses nicht mit Bösem zu vergelten, scheint eine feststehende Formulierung der katechetischen Unterweisung gewesen zu sein, die immer eine positive Ergänzung nach sich gezogen hat ( 1Thess 5,15; 1Petr 3,9). Die negative Formulierung ist stärker geprägt, während die positive Ergä.nzung vielfach wechselt36• Auch das Rabbinat kam zur Forderung, Böses nicht mit Bösem zu vergelten, aber das Besondere an der urchristlichen Lehre war die überwindung des Bösen durch das Gute, die dem Rabbinat in dieser kategorischen Form fremd blieb (doch vgl. Str-B I 3~370). Der negative Vordersatz V 17a wird durch zwei positive Nachsätze V 17b und 18 ergänzt Die Zusammengehörigkeit der heiden positiven Glieder ist auch äußerlich kenndich (beide Male »1Elrv'uov avDQ
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wie die semitische Wendung tvcimLOV ltClvtW'Y Qv6Q6>3UOV verstanden werden soll- soll sie etwa den Dativ ersetzen? Es liegt nahe, um des Zusammenhangs willen eine Paraphrase des alttestamentlichen Wortes in dem Sinn anzunehmen, daß die Gemeinde sich Gedanken darüber machen soll, wie sie Gutes (als Gegensatz zum Bösen) allen Menschen zuteil werden lassen kann 38 • Als letztes Glied der Mahngruppe V 17-18 tritt uns die Forderung, Frieden zu halten, entgegen; sie ist eng mit V 17b verbunden: die dQ1iVTJ gehört zu den xaÄ.a, die wir allen Menschen gegenüber schuldig sind. Auffallend ist die doppelte Einschränkung: d buvat6v - 'tO ~ VJ.LÖ)V, die offenbar besagen will, daß die Durchführung dieser Forderung nicht nur von der christlichen Seite abhängig ist39 • Das Motiv des Frieden-SchatTens (Mt 5,9) und des Frieden-Haltens (Mk 9,50) gehört in die Verkündigung Jesu. Paulus wiederholt diese Mahnung immer wieder (I Thess 5,13; 2Kor 13,11), denkt aber an unserer Stelle über die Grenzen der Gemeinde hinaus 40 ; Aber auch in dieser allgemeinen Fassung steht er in einer bestimmten Tradition, wie Hebr 12,14 beweist"1. Die allgemeine Fassung des Gebotes, Frieden zu halten, ist eine besondere Zuspitzung des Liebesgebotes; selbstverständlich handelt es sich in ihm nicht um eine Weisheitsregel, sondern um eine bestimmte Form, das Evangelium weiterzugeben"2. Paulus will bewußt irgendwelche Provokationen von christlicher Seite ausschließen, und er legt dem christlichen Partner eine höhere Verantwortung auf, als sie der Nichtchrist hat. Mit V 19-20 setzt eine neue Mahngruppe ein, die wieder negativ beginnt, dann aber positiv fortfährt. Den Höhepunkt bildet ein abschließender Schriftbeweis, der ebenfalls aus zwei Gliedern zusammengesetzt ist (Dt 32,35; Prov 25,21 f.). Inhaltlich geht es um die überwindung des Strebens nach eigener Vergeltung. Das »Gute« ('to ltyait6v, 'to xaÄ6v) besteht in diesem konkreten Fall in der Bereitschaft, das Alleinrecht Gottes auf Vergeltung anzuerkennen. In dieser schwierigen Auseinandersetzung führt Paulus ein unmittelbares Gotteswort an (Dt 32,35: AtyEL XUQL<><;)43. Der Weisheitsspruch steht also unter dem Einfluß 38 WurtUJfsoll mtUI btdtldl sm? )) Was in den Augen aller Menschen gut und edel ist« (TH. ZAHN); »allen Menschen ohne Ausnahme gegenüber auf das bedacht zu sein, was gut und edel ist« (E. KOHL) i »sinnt auf Gutes gegen alle Menschencc (H. LIETZMANN); »trachtet danach, keinen Anlaß zum Vorwurfin den Augen anderer Menschen zu bieten« (C. H. DoDD). Diese übersetzung C. H. DoDDS knüpft an die Situation des Pneumatikers an, der ja in der Gefahr ist, durch auffiillendes Handeln vor Außenstehenden Anstoß zu erregen. Prov 3,4 lautet ursprünglich: »so wirst du Gnade und feinen Verstand finden in den Augen Gottes und der Menschen«. Paulus paraphrasien targumartig unseren Text sowohl an unserer Stelle als auch in 2Kor 8,21. G und lat. fügen an unserer SteHe oU JWvov tvXLOV tOÜ ikoü, äUQ xa( ein. Vgl. W. C. VANUNNIK, Die Rücksicht aufdie Reaktion der Nichtchristen als Motiv in der altchristlichen Paränese (Festschrift rur J.Jeremias, 1960,221-234). 39db\Mlt6v (sc. tanv) vgl. Mt 24,24 Par.; 26,39 Par.;GaI4,15; ~u~ ist hier selbständig (»50weit es in eurer Macht liegt«). 4OVgI. Epict. IV 5,24: E~V lryt~ x~ xmo; lMtQClmou!;. 41 Dasselbe Mahnwon findet sich in Hebr 12,14 ohne Einschränkung; im Wonlaut ist es alttestamen tlicher gefärbt. 42 Vgl. DoDDR 199; CIlANFlElD, Commentary 55. 43 Ot 32,35 Mas.lautet: »Mein ist Rache und Vergeltung«. Targ. Onk. paraphrasiert: »Vor mir ist die Strafe und ich, ja ich werde vergeltencc (Str-B 111 3(0). Paulus weist wie Mas. und Targum auf das Sonderrecht Goues hin, das alles menschliche Recht ausschließl (t~, ty
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des voranstehenden Anspruchs Gottes auf sein Recht. Die Besonderheit der Mahngruppe wird vor allem durch die eingefügte Anrede aywt1')l'o( unterstrichen (V 19a). Inhalt und Form von V 19a sind durch eine bestimmte jüdische Tradition vorbereitet, doch darfman gelegentliche Einschränkungen des Racheverbotes nicht übersehen 44 . Wie in V 14.17 bleibt der apodiktische Stil und die uneingeschränkte Forderung für den paulinischen Text typisch. l'(mov ÖLÖOvaL ist offenbar ein Semitismus (vgl. das hebr. aip91t1~) und bedeutet: »Anlaß« oder »Gelegenheit geben«, »Platz machen« oder »das Feld vor jemandem räumen«45. Wahrscheinlich bleibt die Deutung: »gebt Raum dem Zorn (Gottes)!«46 Gottes »Zorn« ist zunächst endzeitlich verstanden (5,9), doch steht schon das gegenwärtige Strafgericht Gottes (1,18 fT.) unter eschatologischem Vorzeichen. Der Traditionsstrom, aus dem Paulus in V 17 ff. schöpft, weist einerseits in einen ganz bestimmten Zusammenhang des Frühjudentums (Test XII, Dam) , andererseits in diejesusüberlieferung zurück; daß diese beiden Traditionen zu einer einheitlichen Spruchreihe werden konnten, ist bezeichnend. Vielleicht muß auch der Aufbau V 19b.20 sorgfältig beachtet werden 47 . Das autoritative Gotteswon Dt 32,35 übenrägt sein Gewicht auf den anschließenden Weisheitsspruch, wie mehr den eschatologischen Gcsichupunkthcraus. Paulus fUgt die Fonnel ÄtyEl xUQLOt; hinzu, um die Autorität des Gottcsspruches hervorzuheben (vgl. I Kor 14,21). Dieselbe Tradition wie in Röm 12,19 findt"t sich in Hebr 10,30. Die Entschiedenheit, mit der Röm 12,19 die persönliche Rache verbietet und Gott anheimstdlt, hat eine sachliche Parallele in Dam 9,2 ff. Die Damaskusschrift hat Mahnungen, die an Paulus erinnern: A 6,20 ff.: »Ein jeder soU seinen Bruder wie sich selbst lieben und den Elenden und Annen und Beisassen stützen, undjeglichcr soll auf das Wohl seines Bruders bedacht sein, daß sich nicht jeder gegen sein Fleisch und Blut vergeht«. Vgl. dazu Röm 12,17b: »sinnet auf Gutes gegenüber allen Menachen!« Die paulinische Mahnung ist universalistisch und sprengt die Grenzen. Dun 9,2 enthält ein ausdrückliches yerbot der Rache und des Grolls gegen den Volksgenossen mit Hinweis aufLev 19,18 und auf Gottes Eigcnrecht (vgl.Jes 59,17 f.): .>Gott nimmt Rache an seinen Widersachern und er bcwahn Groll seinen Feinden.« Paulus steht an dieser Stelle Dun näher als dem Rabbinat, das davor warnt, eine Streitsache gegen einen Menschen Gott zu überweisen (Str-B III 301). Vgl. auch IQS 10,17 r. Zum exegetischen Problem vgl. W. VOlJ.MER, Die alttestamentlichen Zitate bei Paulus, 1895, 30 ff.; O. MICHEL, Paulus und seine Bibel, 1929,65; E. E. ELUS, Paul'. Use ofthe Old Testament. 1957. 107 ff. (AtyEl xUQt.O!; = Gottesspruch). Paulus hat offenbar zu Deuteronomium eine von der LXX abweichende übersetzung zur Hand gehabt . .... Vgl. Prov 20,22; Sir 28,1; TestGad 6: Wp~ ainbv xal ~ 't itE bcb(X1')OLV. Zu den Einschränkungen vgl. Str-B I 364; 111 300. Der Vel7icht aufVergchung findet sich auch sonst in apokalyptischer und esscnischer Literatur: Jos. u. As. 29,3: »Einem gottesfUrchtigen Manne ziemt es nicht, für Böses Böses zu vergelten«; slawHen 50,3-5 (Hinweis auf den eschatologischen Gerichtstag). Der Anschluß an dieJesustradition wird deutlich (Lk 6,29.35). 45 Vgl. Bauer Wb s.v. t~, Str-B 111 300; die Wendung findet sich auch sonst in der biblischen Literatur (z.B. Sir 13,22; 19,17; 38,12; U 14,9; Eph 4,27) und weist auf eine ältere Tradition hin . ... Bezeichnend is l, daß " 6qyti hier absolut gebrauch t ist (ohne Geni tiv). Dami t fällt auf diesen Begriff ein besonderer Ton. Offenbar hal dasjudentum schlechthin von dem »Zornee (= dem Zorn Gottes) gesprochen. Andere übersetzungen: »Haltet euren Zorn zurück« oder »laßt euch den Zorn der Gegner gefallen« sind in diesem Zusammenhang unwahrscheinlich. Vgl. die lateinische Wendung: »irac spatium darecc (Liv. 2,56; 8,32; Sen. de ira 3,39). Ausschlaggebend für das Verständnis von bOtE 't6nov tfI ÖQyfi ist der Kontext (SANDAV-HEADLAMR 364). 47 Wahrscheinlich wird das von Paulus angefügte zweite Zitat durch ein steigerndes, adversatives d),),Qeingcfühn. ZnR554 Anm. 59 weist aufdie Unsicherheit der Verbindung hin (tavow, xal.tav, tav ytAQ. tQv 6f, tav). d),),Q wird durch. ABP vulgo hczeugt.
nrv
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umgekehrt der Weisheitsspruch dem Gotteswort Dt 32,35 eine bestimmte positive Ausrichtung gibt. Der Mensch gibt Gott sein Recht zurück und stellt sein eigenes Verhalten zum Gegner (tx6~) unter das Gebot und das Wagnis der Feindesliebe. Das Motiv, Gott das ihm zustehende Recht zu geben, verbindet Röm 3,4 mit 12,19. Das Zitat Prov 25,21 f. schließt sich eng an die Septuaginta an und gibt der Mahnung durch die Anreiie in der 2. Pers. Sing. eine Zuspitzung auf den Einzelnen. Das Zitat beginnt mit zwei tlrv-Sätzen, denen gewichtige Imperative folgen; es läßt dann eine Verheißung mit Indikativ Fut. (GrooE'ÖGE~) folgen. Auch dieser Stil des Schriftwortes hat seine besondere Geschichte und seinen eigenen Sinn. Gottes RechJ uruJGebot litgen tlIJ.js engste zwammnl. Bei dem •• Feind« (b tx~ Gau) hat man an den konkreten Widersacher der christlichen Gemeinde zu denken, der in seiner Person das »Böse(( verkörpern kann. Das persönliche Verfeindetsein ist in diesem Begriffnicht umfaßt, doch handelt es sich zunächst um die Auseinandersetzung zwischen Christen und Nichtchristen. ~ f.lttELv heißt: »mit Brocken füttern((48. 'to\rto yb.{} noui>v (mit nachfolgendem Fut.) ist offenbar eine feste Redewendung (I Tim 4,16). Das Bild von den •• feurigen Kohlen(( macht erhebliche Schwierigkeiten. nFeurige Kohlen(( auf das Haupt des Gegners zu schütten, ist an sich ein feindlicher Akt (Ps 140, II )49. Das paradoxe Bild will offenbar besagen: Gerade dann, wenn du auf Rache verzichtest und durch die ••unmÖJliche Möglichkeit(( der Feindesliebe den Frieden, ja die Gegenwart des neuen Äons demonstrierst, wird Gott selbst sein Recht wahrnehmen, das Gericht vollziehen, indem er feurige Kohlen auf das Haupt des Gegners sammelt. Der Gegner wird zum Büßenden, dessen Not und Scham offenbar werden wird. Ursprünglich handelt es sich wohl um eine Sühnehandlung, die dem orientalischen Menschen besonders eindrücklich war. Für den römischen Leser wird sie vielleicht weniger verständlich gewesen sein50 ; 411 Vgl. IKor 13,3; in Prov 25,21 LXX nach rod. B. A.llAHusrechnet mit einer Beeinßullung von Prov 25,21B durch Röm 12,20. ZnR 554 Anm. 59& nimmt dagegen an, daß die LXX-Codices statt des ~t;ELV manchmal das farbloaere "tQtcpELV eingesetzt haben. Aufjeden Fall hat Paulus bei der Verwendung des auflallenden Verbums ~l&Ltuv eine Vorlage gehabt. 496vtoa~""~ (Mas.: ~~) sind »fe4lrige Kohlen« im Unterschied zu »schwarzen«. CXIlQE6ELV findet sich im Neuen Testament nur noch 2Tun 3,6 ( ..anhäufen«). 5O·»Glühende Kohlen aufs Haupt legen« ist ein paradoxes Bild für ein StrlljgnUN. Vielleicht gab es in Ägypten eine Sitte, nach der ein Sünder ein Kohlenbecken auf dem Haupt trug, um dem Beleidigten genug zu tun. So muß z.B. ein entwendetes Buch zurückgebracht werden: »das Gabelholz in der Hand und ein Becken mit glühenden Kohlen aufdem Haupt« (F. L. M. A. GatmTH, Stories ofthe High Priestl ofMemphis, lroo; E. v. DoascHtrrz, ThLZ 1901,283 f.). Diese Geräte waren ein Zeichen der Reue, die die Strafe aufsich nimmt. 4Esr 16,54 ist ebenlO wie das Paulus-Zitat bildhaft gemeint: »Nicht sage der Sünder, er habe nicht gesündigt, denn Feuerkohlen brennen aufdem Haupt dessen, der da sagt: )Ich habe nicht vor Gon und seiner Herrlichkeit gesündigt•. « Man verweist auch auf ein arabisches Sprichwort, nach dem Kohlen (- Schmerzen) im Herzen brennen (W. GESENIUS, Thesaurus, 1835 I 280). Die rabbinische überlieferung erzähl t in einem Gleichnis von einem Bäcker, der glühende Kohlen aus einem Backofen scham und sie dem Feind aufdas Haupt schüttet (Tanch B § 20 - Str-B 111 303). DerTargum zu Prov 25,21 erläutert: »Denn glühende Kohlen scharrst du auf sein Haupt und Gott wird ihn dir übergeben oder: wird ihn dir zum Freunde machen« (Str-B
111 302). Die chrisdiche AlWegung des Paulus-Wortes denkt oft an Scham und Reue, die eine Folge der Liebeshandlung sein können (z.B. Ambetr, Aug., M. LUTHEa.J. A. BENGEL, Co. v. HOFMANN). AIler-
Röm 13,1-7
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V 21: Vielleicht hängt es mit dieser Bildsprache zusammen, daß Paulus eine abschließende Sentmz im Weisheitsstil hinzufügt, die den Inhalt des Bildwortes V 20, aber auch des ganzen Abschnittes V 17-21 prägnant zum Ausdruck bringt. Der Glaubende steht im Kampfmit dem ))Bösen«; er darf aber nicht unterliegen, sondern muß das ))Böse« durch das »)Gute« überwinden. Diese Schlußsentenz des Kapitels klingt geradezu philosophisch lehrhaft, könnte an sich eine Weiterfiihrung von V 20 sein, zumal Paulus die Anrede der 2. Pers. Sing. beibehält. Die Auseinandersetzung zwischen dem ))Bösen« und dem »)Guten« wird mit V 21 zu Ende geführt (V 9.17.21), doch ist das ))Böse« in V 21 zunächst die Macht, die dem Glaubenden in der Gestalt des Verfolgers gegenübertritt, während das )Gutecc mit der Durchführung des Willens Gottes identisch ist. vLxciv erinnert hier ebenfalls an Test XII, weist aber auch auf den johanneisehen Sprachgebrauch hin 51 . Röm 13,1-7: Der Gehonam gegen die Träger der Gewalt 1Jedermum 8011 den VOI'pilEboleu Gewalten pboram leiD: clean ea p.t keiDe Gewalt außer VOB Gott, wad die beatebeadeD liDd VOll Gott eiDpeebtt. 2Wer'" abo der Gewalt wideneut, der wiclenteht der ADorclDuaa Goaa; die uch lIber auflebnea, wenIea aich ..... du Uneil aaiebea. 3Deaa die Repereadea .... keia Scbreckea für du pie Werk, 80DIIet a für du biMe. WiUat du frei .m voa Furcht vor der Gewalt? Dma tue du Gute, uad du wint Lob VOll ihr ert.JteL 4 ue i . für dich Gotte. Dieaerin, die dich IUID Gutea erzieht. Wema du .aaer du Bö.e ...., cIaaa fiin:hte dich, cIeaD aie Dill du Schwert Dicht qm. . . .1 Deaa aie Ut Gouea DieaeriD, eiae Richeria ZIIID Zora für dea, der du Utut. 5 Darum i.t ea aotweJlCÜit phonam m!lEiD, Dicht Dur um cleaZorDea,.oadem auch um da Gewiue... willea. 6 Deaa deehelb zahlt ihr auch Steuera; aiDd aie doch Goaa Diener, die cIafiir beadiadil Sorp tnpa. 7 Gebet .um, wu ihr u..a IChulCÜlIlEid: Dem ihr die Steuer IChuldet, die Steuer; dem ihr den ZoIIlCbuldet, deaZoU; dem ihr die Furcht lCbuldet, die Furcht; dem ihr Ehre lCbuIdet, die Ehre.
ne..
Analyse: Es steht fest, daß Röm 12,21 in 13,8 seine Fortsetzung hat. Man kann diese Bezieh.mg der abgeschlossenen Sprüche zu 13,8 äußerlich auch an den gleichlautenden ,.I:r,6EV( (12,17; 13,8) erkennen; in heiden Fällen leitet es eine Padings hat der Akt der Feindesliebe gerade dario seine Hoheit und Würde, daß er den Sieg über den Gegner ganz in die Hand Gottes stellt (V 19.21). Der Gegner wird zur ~UI durch ein Handeln genötigt, das die Verheißung Gottes hinter sich stehen hat. Verwandt sind die Traditionen IPetr 2,15; 3.16. Ausführlich KAsEMANNR. 333. Zum BildwortRöm 12,20vgl. A. WRIGHT. Interpreter 16,1920.159; E.j. ROIDTSund F.JAUAT, Interpreterebd. 239; A. T. FaYE", Th~ ExpositoryTimes 36,1925,478; S. BUTSnA. Nieuw~ logiach Tijdschrift 23. 1934, 61~; S. MORENZ, Th,l.Z 78,1953, 187-192; W. KLAssEN, Coals oCFire, NTSt 9, 1962/63,337-350; L. RAMAaOSON, Charbons ardentl: ..sur la tete« ou .. pour le feu«?, Biblica 51, 1970, 2~234. 51 Die nächste Parallde ist TestBenj 4,3: ofmoI; 6lrya6<moWv VL~ tc) xaxbv axmQt~ mw lOÜ ~; vgl. auch Polyaen 5,12: der Karthager Gisco erklärt: oiJ xaxcp xaxbv ",,,,uv{q.aJv, c»J.tI
c'.cya6cp xax6v. Zum ganzen Zu.s4nnmllag vgl. auch 1QS 10.17 f[: .. Keinem will ich eine böse Tat verselten, will mit Gutem einen Mann gdeiten. denn bei Gott ist das Gericht über alles Lebende, und er ist's, der dem Mann seine Tat vef8ilt.«
Der Gehonam gegen die Träger der Gewalt
raphrase des Gebotes der Nächstenliebe ein. Röm 13,1-7 ist also eine selhständige Einlagel. Der A&ifbtm der Diatribe ist relativ einfach. V 1 stellt eine These auf und gibt ihr eine theologische Begründung; die Bedeutung dieser These tritt dadurch besonders hervor, daß sie in V 5 ausdrücklich wiederholt wird. V 2-4 ist eine selbständige Einheit, die die Folgerungen aus V 1b zieht: die Menschen dürfen sich dieser Gewalt nicht widersetzen (beachte das Wortspiel: ultotaoow6m irvtLt6.00w6m). In V 4 findet sich zweimal die über t;ouOLa hinausführende Bestimmung [)LclXOVoc;, die sowohl positiv wie negativ entfaltet wird. In diesem neuen Begriffliegt also eineSttigerurlg gegenüber V 1 (vgl. V 3a: ol6QxovtE;, 3b: "ritv t;oumav). Da die Obrigkeit zum )>Gutencc erziehen soll, geht die Diatribe in V 3b-4b zur persönlichen Anrede in die 2. Pers. Sing. über (Ml.E~, ltOLEL, f;EL~ usw.). In dieser paränetischen Form liegt eine besondere Eindringlichkeit. V 5 wiederholt den Befehl der Unterordnung (ultotaoc:rtaDro V 1), verschärft ihn aber durch den Begriff des ))Gewissenscc, der in V 2-4 vorbereitet ist. V 5 bestimmt sowohl den Beweis für den göttlichen Dienst, den die Obrigkeit leistet (V 6), als auch den/mpnGtiv, der diesem Beweis zugeordnet ist (V 7). Der Imperativ geht über den vorangehenden Vers hinaus, weil er nicht nur von den Steuern, sondern auch von der Furcht und von der Ehrerbietung spricht. Wichtig ist vielleicht auch, daß in V 6 der Begriff des [)Laxovoc; durch den des AELtouQY6s ersetzt wird (V I: t;ouota, V 4: [)LclXOVoc;, V 6: AELtouQY6s): da der letzte Begriffeine gewisse Feierlichkeit in sich schließt, ist dieser übergang auch eine Art Steigerung. Das Schwergewicht der ganzen Einlage liegt auf den Vtrsnz I und 5. Der ganze Abschnitt spricht im Stil der jüdischen Weisheitslehre und wendet sich 1 Zur Literatur über Röm 13,1-7: H. ScHLIER. Mächte und Gewalten im Neuen Testament, ThBI 9, 1930.289 0:; den., Die Bedeutung des Staates im Neuen Testament, ZZ 10, 1932, 3126".; E. STAUFFER, Gott und Kaiser im Neuen Testament, 1935; G. DEHN, Engel und Obrigkeit, Theo!. Aufs. für K. BAlllll, 1936. 90 6".; K. L. ScHMIDT, Das Gegenüber von Kirche und Staat in der Gemeinde dea Neuen Testaments. ThB116. 1937; K. BAIllll. Rechtfenigungund Recht. 1938;G. KITIEL, Christus und Imperator, 1939; O. EcK, Urgemeinde und Imperium, BFchrTh 42, 1940; M. DIBELIUS, Rom und die Christen im ersten Jahrhunden, Sitzgsber. Heid. M. phi!. hist. K!. 1941/42; O. CULLMANN. Christus und die Zeit, 1946;J. KOCH-MEHIlIN, Die Stellung des Christen zum Staat naeh Röm 13 und ApkJoh 13, EvTh 7,1947-48,378-401; W. ScHWElTZEll, Die Herrschaft Christi und der Staat im Neuen Testament, 1948; H. V. CAMPENHAUSEN, Zur Auslegung von Röm 13: Die dämonistische Deutung des ~(a-Begriffes, Festschrift für A. 8ertholet, 1950. 97 IT.; E. GAUGLEIl, Der Christ und die staatlichen Gewalten nach dem Neuen Testament, Intern. lUrchI. Zeitschr. 1950, 133-153; O. CULLMANN, Zurneuesten Diskussion über die l;oumQL in Röm 13,1, ThZ 10, 1954,321-337; O. Kuss. Paulus und die staatliche Gewalt, Theol. u. Glaube 45, 1955, 321-394; E. KAsEMANN. Röm 13,1-7 in unserer Generation, ZThK 56, 1959,316-376; ders., Grundsätzliches zur Interpretation von Röm 13, EVB 2,204-222; A. STROBEL, Zum Verständnis von Röm 13, ZNW 47, 1956,67-93; den., Furcht, wem Furcht gebühn. Zum profangriechischen Hintergrund von Röm 13,7, ZNW 55, 1964,58-62; C. MOllIlISON, The Powers that be, 1960; O. CULLMANN, Der Staat im NT, 2. AuO. 1961; E. BARNIKOL, Röm 13, Festschrift f. E. Klostermann, 1961,65-113; G. DELLING, Röm 13,1-7 innerhalb der Briefe des NT, 1962;J. KOSNETIER. Röm 13,1-7. Zeitbedingte Vorsichtsmaßregel oder grundsätzliche EinsteUung, Stud. Paul. Congr. 1,347-355; F. NEUGEBAUEIl, Zur Auslegung von Röm 13,1-7. KuD 8, 1962, 151-172; R. WALKER. Studie zu Röm 13,1-7, ThExheute NF 132,1966; W. ScHRAGE, Die Christen und der Staat nach dem NT, 1971;J. FRiEDIlICH, W. POHLMANN, P. STUHLMACHER. Zur historischen Situation und Intention von ROm 13,1-7, ZThK 73,1976,1316". L. GoPPELT, Die Freiheit zur Kaisersteuer, Ekklesia und Res publica, 1961,40-50.
Röm 13,1-7
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daher ausdrücklich an das kritische Uneilsvermögen des Lesers (den voü;). Vorausgesetzt ist die rationale Einsichtigkeit des göttlichen Handelns und der Ordnungen Gottes. Paulus geht von einer schöpfungsmäßigen Setzung aus, weist aber dann auf eine dem Menschen zugewandte Bestimmung dieser Setzung hin. Für den Apostel hat jedes schöpfungsgemäße Geschehen seinen teleologischen Bezug. Diese beiden Motive der schöpfungsmäßigen Setzung und ihres von Gott gewollten Sinnes sind eng miteinander verbunden. Entsprechend wechseln in dieser Einlage Thesen und Anordnung. Die Gedankenftihrung der Einlage entfaltet sich nach verschiedenen Richtungen auf Grund der These V 1, entwickelt sich aber doch zielstrebig auf den Abschluß V 7 hin. AUfSc/daggebmd bleibt V I, und auch die Wiederholung des Befehles von V 1 in V 5 ist für die logische Folge des Abschnittes bedeutungsvoll. Wie auch sonst sind Logik und Komposition des Paulus bzw. der ihm vorgegebenen Tradition Iwnstvoll. Exkurs Zur EigtrllD't der T,tuiiliotl Riim 13,1-7
Man hat versucht, den Zusammenhang von Röm 12,19 ()micht vergeltencc) mit Röm 13,1-7 hervorzuheben: Gott hat die Obrigkeit eingesetzt, um die persönliche Vergeltung zu verhindern (Sanday-Headlam R 366; Lagr R 3(0). Oder man hat auf den Zusammenhang von Röm 12,21 mit unserem Abschnitt hingewiesen: Die Ordnung der kommenden Welt zerbricht die Ordnungen des menschlichen GemeinachafWebens nicht (Banh R 460). Wahrscheinlicher ist die Verbindung von 12,21 mit dem Wissen um den Kampf gegen das Böse (13,4). Die Selbständigkeit der Paränese Röm 13,1-7 läßt eine andere Oberleitung nicht zu. Es ist bezeichnend, daß wir es in Röm 12,9 ff. und 13,8 ff. mit der Einschärfung der Liebe zu tun haben und daß in der Einlage Röm 13,1-7 serade dieser Klang fehlt. Im Verhältnis zur Obrigkeit geht es um den Gehorsam, den der Christ zu leisten schuldig ist. Es wäre also nicht ganz ausgeschlossen, daß ein nicht ausgesprochenes Motiv von 12,21 zu 13,1-7 hinüberläuft. Auflehnung gegen die Träger obrigkeitlicher Gewalt verführt leicht dazu, das Böse nicht zu besiegen, sondern zu vermehren. Entscheidend ist die Beobachtung, daß der Zusammenhang 13,1-7 sich an Christen wendet, deren Verhältnis zu Trägern der Gewalt geregelt werden soll; es handelt sich also nicht in erster linie um eine Darstellung der Würde des Staates mit Hilfe naturrechtlicher oder geschichtstheologischer Begriffe und Vorstellungen. Die übergeordnete Tatsache, daß der Christ zur eschatologischen Verwandlung des Sinnes aufgerufen wurde, darfnicht außer ach t gelassen werden (12,2). Dieser eschatologische Aufruf trägt den ganzen Zusammenhang der Paränese und verwandelt sich nicht unter der Hand in eine grundsätzliche Unterordnung unter eine metaphysische Seins- oder Gesellschaftsordnung. »Denn christlicher Gehorsam ist niemals metaphysische Notwendigkeit, weil er dann Antwon auf ein Naturgesetz statt dankbare Bewahrung und Bewährung der Gnade wärecc (E. Käsemann, ZThK 56 (1959) 345). Auch darfder kritische Vorbehalt Apg 5,29: »Man muß Gott gehorchen, nicht den Menschen« nicht außer acht gelassen werden, denn er bleibt das kritische Maß der urchristlichen Gemeinde. Man wird also Röm 13,1-7 nicht als die ausschließliche und ausreichende neutestamentliche »Staatslehrecc betrachten dürfen, sondern als eine aus gegebenem historischen Anlaß im Stil der jüdischen Weisheitslehre weitergegebene, apodiktisch und vorbehaltlos klingende apostolische Paränese anzusehen haben.
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l>eT Gehonam gegen die Träger der Gewalt
Man wird daraufhinweisen müssen, daß jede spezifische EinsteUung in dieser Paränese fehlt und daß wir es mit einer vorgeformten Tradition zu tun haben, deren Elemente im Alten Testament und im Frühjudentum vorgebildet sind (Str-B III 303 ff.). »Jeder Mensch« untenteht dieser göttlichen Setzung, deren Anspruch offenbar durch die Vernunft einsichtig gemacht werden kann (6LO'tayf) = Anordnung). Der Bereich »dieser Ordnung« reicht also auch in die Gegenwart hinein und ist durch den neuen Äon keineswegs aufgehoben. In ihm meldet sich der Gott der Anordnung, des Rechts, der gebietenden Autorität an. Ordnung, Recht, gebietende Autoritäten können auch von der christlichen Gemeinde anerkannt werden, nicht anden als es von jedem anderen Glied des römischen Imperiums geschieht. Dj~ Vertreter der staatlichen Macht haben von Gott her das Recht, den Willen des Staates zu vollziehen; in diesem Sinn sind sie 6Lll~ und A.€L't0UQ"fÖC; hoü; die feierlich und autoritativ klingenden Genitiv-Verbindungen sind sicherlich bcsonden betont, haben aber schwerlich kultische Bedeutung. Denkform und Stil dieser Weisheitslehre sind nicht ohne weiteres eschatologisch. Der Abstand zwischen der christlichen Gemeinde, die sich im Gehonam der Ordnung des schaffenden Gottes ein- und unterordnet, und den heidnischen Amtsträgern, die durch das Wort der Weisheitalehre gedeckt werden, darfnicht verkannt werden. Es handelt sich also um einen Gehonam, der trotz des Abstandes zwischen Gemeinde und Amtsträger willig aufgebracht werden IOU. Der Kampf gegen das Böse, zu dem die Gemeinde aufgerufen wurde, widerspricht diesem Gehonam nicht. Wie verhält sich Köm 13,1-1 zur Themastellung von Röm 12,1-2? Daß Köm 13,1-1 dem eigentlichen Thema Köm 12,1-2 untergeordnet ist, steht außer Frage. Die exegetische Schwierigkeit besteht darin, daß Köm 12,1-2 von dem »SichnichtgleichsteUen« und von der »Erneuerung des Sinns« redet, während Köm 13,1-1 diesen eschatologischen Vorbehalt scheinbar nicht kennt und die Gefahr in sich trägt, als »Weisheitslehre« im WItfHItIIllisc,"" Si",. mißventanden zu werden. Wird nicht der in Köm 13,1-1 geforderte Gehonam gegen die Obrigkeit zu einer gefährlichen Angleichung an diese Weltzeit, wie sie in Köm 12,1-2 gerade untersagt wird? Von dieser Voraussetzung aus venuchte K. Barth die christliche Freiheit jenseits von Reaktion und Revolution aufzurufen: »Es gibt keine energischere Unterhöhlung des Bestehenden als das hier empfohlene sang- und klangund iIIusionalose GeJtenlauen des Bestehenden« (a.a.O. S. 461). Allerdings wird es richtiger sein, das Motiv der eschatologischen Gerechtigkeit nicht aus dem Blickpunkt zu verlieren: Die Gemeinde 1011 nicht den Gehonam gegen die Provisorien weltlicher Obrigkeit, die Ordnung, Recht und Autorität aufrechterhalten, gering achten. Die eschatologische Gerechtigkeit schließt diesen Gehonam nicht aus. Daß PauluslO kategorisch und vorbehaldOl redet, wie es hier geschieht, muß mit der Besonderheit der römischen Gemeinde zusammenhängen. Paulus verwendet dte ganze Kraft des objektiven Weisheitsstiles dazu, die Grundsätzlichkeit des geschuldeten Gehonams gerade in diesem Briefzu betonen. Die eschatologische Ausrichtung von Köm 12,1-2 ist eine Voraussetzung für den Gehonam von Köm 13,1-1. Man darfnicht verkennen, daß der behernchende Imperativ umnaootcriko (V I), der durch die Feststellung iIv{ryxYJ imot6oor.otaa. ventärkt wird (V 5), nicht ein verbindlicher Rat eines Weisheitslehren ist, sondern der uneingeschränkte Appell des Apostels Paulus, der im Stil eines Wtislreitslelrrers zur Gemeinde sprichL Unter der Voraussetzung der eschatologischen Umwandlung (12,1-2) kommt Paulus zur erneuten Geltendmachung der schöpfungsmäßigen Anordnung Gottes (vgl. Köm 1,20), ohne die Spannung zwischen neuem und altem Äon aufzuheben. Kaum ein Paulus-Text hat 10 swken Anklang und solche geschichtliche Bedeutung gewonnen wie Köm 13,1-1; doch gehen parallele überlieferungen mit dem paulinischen Text konform. Es entspricht dem Stil der
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Weisheitslehre, daß Paulus von den Pflichten des einzelnen Menschen gegen die Obrigkeit redet und sich an den nüchternen Ventand seines Zuhörers wendet; dabei ist,.", sclaeinlJ. von der geschichtlichen Situation der Gemeinde abgesehen. An eine systematische Untenuchung über das Verhältnis des Christen zur Obrigkeit darfman nicht denken, fehlt doch z.B. umgekehn eine Warnung an die Obrigkeit, ihr Amt dem einzelnen Menschen gegenüber zu mißbrauchen. Es scheint so, als bringe Paulus einegtJomau T,tulititm zur Geltung, deren Spuren sich im Judentum (vielleicht auch in der Jesustradition) nachweisen lassen. Sie wehne schon im Judentum eine zelotische Denkweise ab. Paulus zeichnet sie im Gegensatz zu aller heidnischen Verherrlichung und zur apokalyptischen Gerichtspredigt nach und wehn jeden gewaltsamen Widentand gegen Rom ab1 . Die Abwehr des Enthusiasmus in Röm 12,~21 legt es nahe, daß Paulus auch in Röm 13,1-7 einen filbchen Ansatz des Pneumatikenums bekämpfen will. Man denke z.B. an ein zugespitztes Wort des scilitanischen Märtyren: »ego imperium huius saeculi non oognoscocc 3 • Der Stil der Paränese läßt sich am besten mit einer Abwehr des bewaffneten Widentandes in Verbindung bringen (13,2.6 f.). Wir werden Röm 13,1-7 geschichtlich zu ventehen haben: es geht nicht nur um den Gehonam selbst, sondern auch um seinen Grund und seinen Sinn, seine Bedeutung und seine Be-
grenzung'.
Exegese: Knapp und prägnant klingt die These V I., während ihre Begründung in V Ib und Ic ausführlicher gehalten ist. miaa "PvxTI wirkt semitisch (= W!r'i) und ist hier, am Anfang des Satzes stehend, betont'. Gemeint ist kollektiv: »jeder Menschce. Der Plural t;ouotaL spricht von den menschlichen Werkzeugen der staadichen Gewalt (Autorität, Amt, Amtsträger)6; man fiihlt sich an die häufige Verbindung i&Qxal xal t;ouotaL erinnert'. 2 Die Entwicklung der jüdischen Situation im Verhälblis zum römischen Imperium (nach dem Regierungaan tri tt Neros 54 n .Chr.), die erneute Tätigkeit der zdotischen Bewegung in Palästina, die allgemeinen AuOösungsencheinungen UOIephus) bilden einen bestimmten Hintergrund (80 REIKKE, Neutestamentliche Zeitgeschichte, 1963, 151 11'.). Gleichzeitig venchärft sich der judaistiache Druck aufdie Heidenmission. Die Steuerpolitik in Rom und im Imperium, die auch berücksichtigt werden muß (etwa für den Zeitraum 54-59 n.Chr.), darf nicht vernachlässigt werden. DoDoR 202 macht daraufaufinerksam, daß wenige Tage nach Abfaasung des Römerbriefes die neronische Verfolgung des Jahres 54 n.Chr. einen ernsten Kommentar zu UMerem Abschnitt geschrieben hat, doch stehen wir noch in einem geschichtlichen Vontadium, das zu beachten ist. Vgl. zur Zeitgeschichte Tacitus ann. XIII 50 0:; Sueton Nero 10. 3 R. KNOPF- G. KaOGER. Ausgewählte Märtyrerakten, 3. AuO. 1929,29. E. GAUGLEIl (Intern. kirchi. Ztlchr. 1950, 133 ff.) vermutet, daß in Rom auch den staatlichen Gewalten gegenüber etwas von jener falschen überheblichkeit und Selbstgenügsamkeit erkennbar wurde, die Paulus schon vorher gerügt hatte (11.20; 12,3). Die Frage nach der Willkür und der Ungerechtigkeit der Pächter darf nicht auageschlossen werden (ThWb 87-106; M. ROSroVfZEFF, Geschichte der Staatspacht in der rom. Kaiserzeit, Philo. Suppl. 9,3 (1904) 312-512. • PALLISR 141 nimmt an, daß wir es in Röm 13,1-7 mit einer apologetischen Haltung zu tun haben, die in die spätere (hadrianische) Zeit gehön. Röm 13,1-7 sei nach 133 n.Chr. in unseren Text eingefügt worden. Derartige Interpolationsthesen scheitern. Die gleiche apologetische l;Ialtung findet sich inJoh 19,10 f. und in I Petr 2,13-17: Sie ist aUgemeinchristlich. Die historische Frage, wo die paulinische Tradition nachwirkt, bleibt ein Teilproblem (au&rdem vgl. Tit 3,1 0'.; ITun 2,1 0:). 5 Vgl. Röm 2,9; Apg 2,43; 3,23; ApkJoh 16,3. 6 Vgl. W. FOuTU. ThW 11 560; O. EcK., a.a.O. 34. E. GAUGLEIl (a.a.O. 134) formuliert: .Du Won, das wir hier mit )(fie (staatlichen) Gewaltene übenetzt haben, bedeutet in der Einzahl vor allem ldie Macht, die zu sagen hate, d.h. das, was wir )Aumritäte heißen, dann aber auch du staatliche Amt. in der Mehrzahl ganz konkret »die Amtsträger, die Behördene. Dagegen läßt sich im au8erbibli-
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Der Gehorsam gegen die Träger der Gewalt
~(a bezeichnet zunächst die übertragene Vollmacht, wird dann aber auch von
Menschen bzw. der Instanz, der sie übertragen ist, gebraucht. Der Plural ist zwar auftällig, aber keineswegs ungewöhnlich (vgl. Plut. Philop. 17; Jos. bell. 2,350). ~ als »Macht« oder »Autorität« dürfte hier fiir das rabbinische n•., (n•.,) eintreten, das eine • • ähnliche Bedeutung hat. Auf griechischem Boden wird das Wort häufig im Zusammenhang mit staatlichen Verhältnissen verwandt (z.B. für Macht oder Vollmacht eines Königs); nur selten bedeutet es soviel wie »Behörde« oder staatliches »Amtcc (vgl. die Wörterbücher). a1 ~(aL ist offenbar dasselbe wie in V 3 oL 6QxovtE;. Paulus redet eigentlich nicht von einer abstrakten Staatsgewalt, sondern von den konkreten Trägem der öffentlichen Macht (z.B. Regierende, Richter, Steuerbehörden). Der auffallende Plural hat dazu geführt, an dämonische oder engelartige Mächte zu denken (G. Dehn, K. L. Schmidt, K. Barth); dann würde der Begriff a1 ~oumaa. aufder gleichen Stufe stehen wie iioxm, bwcit&E~, XUO'~E;, &Q6vo.. (vgl. I Kor 15,24; Koll,16; 2,10.15), doch ist dieser Auslegung mit Recht widenprochen worden.
Die staatlichen Gewalten werden als UltEQI;xOUOQL (»Vorgesetzte«) beschrie-bene. Das Partizip bezeichnet die gehobene Stellung (vgl. UltEQOXfl) 9. Das starke Verbum \JmrtaaoE0'6aL bezeichnet den Gehorsam gegenüber verschiedenen Autoritäten und wird auf das Verhältnis zum Gemeindeleiter, zum Ehemann (von der Frau gesehen) und zu staatlichen Gewalten angewandt 10; Schon die Form des Satzes erinnert an den Gesetzesstil. Auffallend ist, daß die ganze \Vortgruppe: \JltMaooEO'6aL, itvtL'taooro&aL, 'taooELV, ÖLa'tayfJ in unserem Abschnitt vertreten ist l l . Die Begründung der These V la erfolgt durch die Negation V I b und die Position V I c; in heiden Gliedern liegt der Ton aufum awü, das trotz aller textlichen Schwankungen beibehalten werden sollte l2 • Daß die schen Griechisch nirgends mit Sicherheit die Bedeutung .obrigkeit<, die uns aus den bekannten Übersetzungen vertraut ist, nachweisen ... Aufjeden Fall denkt Paulus an die rimischm Behörden, hat also eine konkrete VonteIlung von den ~ouaUn. Auf das Problem des Kaiserkulte5 braucht die Exegese von Röm 13,1 f[ nicht einzugehen, da Paulus sich nach dieser Seite hin nicht abgrenzt. 7 Vgl. Lk 12,11; Tit 3,1; ManPol 10,2. • Vgl. Phil 2,3; 3,8; 4,7; IPetr·2,13; Hrnn via 111 4,2; .im IX 28.3 f. 9 'Ö1IlQOXfI 1Tim 2,2; 2Mill 3, 11. ol umQtx~ sind geradezu die Männer, die in einer politischen Machtstellung stehen (Sap 6,5). Der ganze z.utlll'llft~ Sap 6, I bis 11 ist für das Verständnis unserer Stelle aufschlußreich. Der Weisheitslehrer redet die Könige als die Richterder Erde an. Gou hat ihnen Macht und Herrschaft verliehen, aber obwohl sie in diesem Sinn seine Diener sind, haben sie nicht recht gerichtet und das Gesetz nicht bewahn. So wird Gou ein unbarmherziges Gericht gerade an den Mächtigen dieser Erde vollstrecken. Es ist auflilliend, daß die Paränese Röm 13,1-7 nicht aufdie Tatsache Bezug nimm t, daß eine Obrigkeit ihre Aufgabe verkennen und zum Anwalt des »Bösen« werden kann. Dazu kommt die Auedrucksweise hellenistischer Administration (A. SnoBEL, ZNW 47 (1956) 67-93). tOZu fnrotOOoro&at. vgl. IKor 16,16 gegenüber den Gemeindeleitem, I Kor 14,34; Ko13,18 im Verhältnis der Frauen zu ihren Männern, 1Petr 2,13; Tit 3, I gegenüber den staadichen Gewalten. imotOooro&aa. ist stärker als 1Euha&at. oder U1EUxOOa,V. Im Bereich der Auslegung (Hieronymus, CALVIN) wird betont, daß jeder Gehonamsakt reziprok ist (selbst ein anderes überordnungsverhältnis voraussetzt). Das Material bei Paulus bestätigt die Bedeutung, die der Ordnungsgedanke für Paulus hat (G. DELLlNG, C. E. B. CRAlI/FlELD). 11 D6 Gp46 il. Iren. Ten. lesen: 1EclaaL; ~ouo(u~ U1EEQEXouoa~ U1EotQooEmn. LTZMR 112 urteilt: »alte, aber wen lose, durch AusfaU von" "'\lxii veranlaßte Variame«. PALLIsR 141 schwankt. welche LA vorzuziehen ist. U I m ersten Glied der Begründung lesen D6 G Orig. cmo hOll; im zweiten wiederholt G cm6. Außerdem schieben Ksyr. ~oo(aL ein. cm6 tritt bei passiven Verbformen in der Koine für int6 ein.
Röm 13,1-7
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Herrschaft den Mächtigen durch Gott verliehen ist, wird im Judentum und Griechentum in gleicher Weise anerkannt. Merkwürdig klingt im zweiten Glied das vorangestellte Panizip ut ÖE 0l'J001.: )>die tatsächlich vorhandenen Gewalten sind von Gott eingesetzt«tJ. taam:l.v bedeutet hier: ))jemand auf einen bestimmten Platz stellen, einsetzen«. Exkurs Die göttliche Setzung der staadichen Gewalt Daß Gott Zeiten und Verhältnisse sich ändern läßt, Könige a~ und einsetzt, ilflen auf Erden Macht und Herrschaft verleiht, bringt das DtmÜlbwla immer wieder zum Ausdruck (2,21.37 f.; 4,14.29). Gottes Herrschaft ist ewig, menschlichedagcgen abgeleitet und zeitlich begrenzt. Gott verleiht das menschliche Königtum, wem er will. Diese Grundhaltung wird später in den verschiedenen Traditionen des Judentums beibehalten. Selbst wenn die römische Obrigkeit den Tempel zentört, die Frommen tötet, bleibt sie Herrscherin vom Himmel her (AZ 18a Bar = Str-B 111 303 f.). Auch dann, wenn der Rabbi mit der heidnischen Obrigkeit in Konflikt gerät, spricht er den Segensspruch aus, der die Herrschaft auf Erden anerkennt (Ber 58a,32 = Str-B 111 304). Ausdrücklich wird auch im&bhintat auf das Danielbuch Bezug genommen: Gott wird einst unter den Völkern Gericht halten, wie er auch den überheblichen Nebukadnezar daran erinnert, daß das bißchen Herrschaft, das ihm gegeben ist, von Gott stammt (nach Dan 2,37 in Ex r 30 (89a) = Str-B I I I 45). Wie der König der Richter ist, der Gewalt von Gott hat, so verfällt er selbst, wenn er seine Gewalt mißbraucht, dem gätdichen Gericht. So findet sich in den verschiedenen Traditionen auch die Gerichtspredigt vor den Herrschern (z.B. Sap 6,1-11; aeth Hen 46,5; ApkBar 82,9). Dabei erkannte das Rabbinat vor allem den Segen der Ordnung an, der durch das obrigkeitliche Amt gewährleistet ist. AufR.Jochanan ( t 279) wird der Satz zurückgeführt: ••Selbst einen Brunnenaufseher setzt man vom Himmel aus ein« (Ser 58a,40 = Str-B 111 304). Das Königtum auf Erden wird zum Abbild des Königtums der Himmel (Ber 58a,20 = Str-B 111 303). Gelegentlich bringt man zum Ausdruck, daß die Furcht vor der Obrigkeit das Chaos verhütet (Ab 3,2: .)Bete für das Wohl der Regierung; denn wenn nicht die Furcht vor ihr wäre, hätten wir einer den anderen lebendig verschlungen«). Diese apokalyptische Tradition führt die prophetische Linie fort, nach der die heidnische Weltmacht zur» Rächerin zum Zornee werden konnte (Röm 13,4). Gott gibt König und Volk in die Hände des Nebukadnezar Uer 21,7.10 u.ö.). Die Vertriebenen werden zur Fürbitte für die Wohlfahrt Babyions ermahnt Uer 29,7). Die rabbinische Anerkennung der Obrigkeit steht im Gegensatz zu einer ~ewtischen Auffassung des Gesetzes und der Gottesherrschaft 14 • Politische Aufstände brachen in Palästina aus, weil die Herrschaft Gottes durch menschliche Fremdherrschaft gefährdet schien; aber auch die Diaspora (Rom, Alexandria) wurde immer wieder in ähnliche Unruhen hineingezogen. Die Zoll pächter und Steuereinnehmer konnten zur Plage werden. Aber auch in der rabbinischen Literatur wird zuweilen vor einer zu engen Verbindung mit 13 ai bt olJoaa. bedeutet nach PALUsR. 141 die ..gegenwänige«, nach DoooR 202 die »wirklich vorhandene« staadiche Gewalt. •• Die Essener verpflichten sich in ihrem Schwur, daß sie Treue gegen jedermann halten, be.onden aber gegenüber der Obrigkeit, weil niemand Gewalt habe, ohne daß sie von Gott gegeben sei Uos. bell. 2,140).
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Der Gebonam gegen die Träger der Gewalt
der Obrigkeit gewarnt (Ab 1,10; 2,3; 3,5). Daß die Obrigkeit Fremdherrschaft ist, darf nicht vergessen werden. Auch im Gri«1IeMma findet sich von Anfang an die überzeugung, daß Könige ihre Herrschaft von den Göttern haben (Hom. 11.9,38.98), und daß menschliche Gesetze von den Göttern eingegeben werden; selbst der demokratische Staat beruft sich aufgöttliche Autorität. Griechen und Orientalen sehen im Kaiserkuh kein Element, das ihrer Religion widerspricht, sondern nehmen diesen mit besonderem Eifer auf. Paulua beruft sich in dieser Diatribe nicht ausdrücklich autein Logitm}uu, obwohl eine gewisse Berührung mit derJesuatradition unverkennbar ist (Mk 12,17 = Röm 13,7). Es entsteht die Frage, ob Paulus in Röm 13,7 einen SatzJesu übernimmt, oder ob dasJesuawort in Mk 12,17 in die von Paulus zitierte allgemeine Tradition gehört. Neben der gedanklichen Entfaltung steht die konkrete Verkündigung derselben überlieferung in Joh 19,11. Desgleichen findet sich ein apokalyptisches Gegenstück in U 4,6, wo der Satan in dämonischer Verkehrung eine ~ von Gott her beansprucht und sie ab Leben weitergeben will. Mit dem Rückgriff aufdiese alte Tradition will Paulua keine Theorie über die staatliche Gewalt geben. Die konkrete luapitzung der paulinischen Mahnrede weist auf einen bistorischnl ArtUJjJ hin, der entweder in jüdischen U nrohen oder in pneumatischer überheblichkeit liegen kann. Interessant ist, daß der Römerbriefin die leit f.illt, in der Nero noch unter dem philOlOphischen Einfluß Senecas stand.
V 2 zieht die Konsequenz aus der These V la und ihrer Begründung; er ist zweizeilig, stufenfcirmig und weiterführend aufgebaut. Es stellt sich heraus, daß unsere Diatribe über ein eigenes Begriffsmaterial verfügt, das sonst in der paulinischen Literatur fehlt. Vielleicht ist zwischen lrvtL'taoawtku ()sich widersetzence) und ch&U:na06aL (»sich auflehnence) ein bestimmter Unterschied zu erkennen 15. Auf jeden Fall hat die Verbindung: ÖLa't~ 'toü &oü einen feierlichen, amtlichen Klang (Einsetzung, Verordnung, Gebot) 16: wer der staatlichen Gewalt widerstrebt, lehnt sich gegen Gottes Verordnung auf, vergeht sich also gegen Gott selbst 17 • An einen bestimmten antiken Staatsgedanken hat Paulus nicht gedacht, wie er auch kein Staatsideal im modernen Sinn zeichnet. Es kommt ihm lediglich auf die Erfüllung ganz konkreter Aufgaben an, die in den Bereich des Glaubenden gehören. )CQtt'« ~E(rlklL scheint eine ungriechische, semitische Wendung zu sein 11; gemeint ist ein göttliches Strafgericht, das sich aus dem Verstoß gegen das Gebot ergibt. Es ist nicht identisch mit der Reaktion der Staatsgewalt. Das Futurum könnte auf ein eschatologisches Gericht 15 Vgl. 6va:tCJD06ta,evoe; Esth 3,4. Vulg. üheneat heide Male .. resistere«. ol6vhan}x6te; (»die Aufrührer«) begegnet auch beiJos. ant. 14,424 8".; 18,10. DooDR 203 stelh schon in seiner übersetzung einen gewissen Unterschied beraus. mit Indikativ (BI-Dcbr 391,2) steUt die Verbindung mit V I her. Zur politischen Terminologie vgl. G. DEu.ING, 44-48. 16 Vgl. Esr 4,11; Apg7 ,53; IClern 20,3. 6&a'"CClYf1 ist mit 6Uhcryt&a verwandt (Hebr 11,23). Es empfiehlt sieh, 6,enayfl. 6unaYJAO und 6unal;L; rechtlich voneinander zu untencheiden. 61AhayJ&a edictum, 6t1n~ - constitutio, 6unayfJ - Anordnung. 6unayfJ findet sich häufig auflnacbriften und Papyri (vgl. DEISSMANN, Licht vom Osten,". AuO. 1923, 70 f.; b6una~ = ltaufAnordnung« (CIG 34,65; 35,8; P. Oxy I 92,3; 93,2). Zu 6unayfl vgl. CIG 4300,6 und J. f'RIEDRlCH, W. PoHLMANN, P. SroHLMACHER, ZThK 73, 1976, 137. 17 Wie srarkdiejüdiachc überlieferung nachwirkt, zeigt Gen r94 (6Oa): R.Judan bat gesagt: .. Wer sich frech gegen den König benimmt, ist wie einer, der sich frech gegen die Scbechina benimmt« (auch DELITZSaIR. 95; Str-B 111 3(4). 18 Mk 12,40; Lk 20,47; Jak 3,1. tau~ (Dat. incomm.) ist reßektiv gebraucht.
mau
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hinweisen, doch bleibt die Fonnulierung allgemein. Man könnte an einen bestimmten Gestt.(.esstil denken, der sowohl V 2a wie 2b bestimmt 19. V ! und" setzt eine Beschreibung der Aufgabe des Staates ein20; ot llQxovte; venritt nunmehr den Begrifft;ouma und erinnen an den Sprachgebrauch von Apg 3,17; 4,8. Die Herrscher sind ))Objektcc der Furcht fUr das böse Werk21 • Als Dativ erwanet man eigentlich: ))dem, der Böses tut«, aber unsere Diatribe ersetzt den Täter durch die Tat. Gut und böse wird die Tat des Menschen durch seine Entscheidung fiiroder gegen seine Pilicht. Die staatliche Gewalt ist also als Hüterin des Gesetzes Gottes und als Richterin über Gut und Böse vorgestellt. Mit V 3b beginnt die persönliche Anrede in einer rhetorischen Frage (im Sinne eines abgekürzten Bedingungssatzes)22. Vorausgesetzt ist, daß die Obrigkeit die Aufgabe erfiillt, dem Bösen Furcht einzujagen und dem Guten Lob zu spenden23 • So regt sie den Menschen zur guten Tat an. Das ))Gute« ist hier nicht die christliche Liebe, sondern die allgemeine Ehrbarkeit, von der auch der Heide wissen kann. Das Böse besteht ganz entsprechend in der Zentörung der menschlichen Gemeinschaft (vgl. Phi14,8). In diesem nüchternen Sinn ist die Staatsgewalt Goues Dienenn (so wiederholt in V 4)24. Sie steht also in einem ganz bestimmten Sinn im Dienst für das göttliche Recht. Das Furchtmotiv ist in unserem Zusammenhang besonden wichtig. Wenn der Böse die staatliche Gewalt fUrchten muß (V 4: beachte den Imperativ!) und der Rechtschaffene sie nicht zu fürchten braucht (V 3), dann handelt es sich um die Furcht vor Strafe. In diesem Sinn ist auch der Hinweis auf das Schwert zu ventehen: es ist nicht das Zeichen des Krieges, sondern des Rechtes (jus gladii) 25. dxfl kann heißen: ))ohne Grund«, ))ohne Rechtstitel« oder: ))Qhne Absicht, ohne das Schwert tatsächlich anzuwendencc. Gemeint ist hier: ))ohne ein bestimmtes Recht«. Am Schwert wird der Auftrag der Gewalt, zu strafen, erkannt. cpoQELV ist stärker als cptQEl.V (= gestare, gerere) . Mit dem Schwerttragen ist das Recht auf die Todesstrafe gemeint, die eine Zuspitzung des Strafrechtes ist; des"Wir haben es mit kurzen Hauptsätzen zu tun, die durch wichtige Partizipien eingeleitet werden. 2O·Beachte die häufige Anknüpfung durch y(IQ in V Ib.3.4a.b.c.6a.b. 21 cpöPOC; ist metonymisch gebraucht wie inJes8, 13; Ditt. Syll. 442,10. VgL LtzmR 112; BAU EIl Wb S.v. 22 Vgl. I Kor 7,18.21.27;Jak 5,13 f.; P. WENDLAND, Die urchristlichen LiteraturiOrmen, 1912,356 Anm. 4; R. BULTMANN, Stil der paulinilchen Predigt, 1910, 150: 69. 2l Man darfwohl an die antike Sitte denken, eine öffendiche Anerkennung durch eine Inschrift auf Marmor oder Erz zu verewigen. 24 Der Genitiv hoü wird betont vorangestellt: 6~ ist hier als Feminin gebraucht (Röm 16,1), weil ~SubjektderAusaageist OOListmitdt;~lryat6Yzu verbinden. LtzmR 112 überletzt: ltdie dich zum Guten erzieht«, während O. EcK, U rgemeinde und Imperium, 1940, 41 an den Schutz und die Sicherung des Lebens und Eigentums denkt. Die Wendung dt; ~ lryat6Y in 13,4 erinnert an 8,28. 2S Man trägt in Rom dem Prätor das Rutenbündel mit dem Beil, im Lager dem Feldherrn du Schwen voran. Im römischen Recht spidt es eine Rolle, welche Behörden du jus gladü haben. Du Sdlwen ist also du Zeichen der richterlichen Vollmacht (Ulpian, Digest I 18,6; 11 1,3; Ael. Perpetuae 6,3). In der späteren römiacben Zeit bildete sich die Sitte heraus, ein Kleinachwert oder einen Dolch als Zeichen der Macht und der Strafgewalt zu tragen (Dio Cus. 42,27; 68,16; Tac. bist. 3,68; Aurel Viel. 13). ~ bedeutet die Kriminaljusliz des Beamten bzw. die staatliche Straf- und P0lizeigewalt. T. MONNSEN, Römisches Staatsrecht 1,433-435; 11,806; AN. SHEIlVIEIl WHITE, Roman Society and Roman Law in the New Testament, 1963; CllANnELD, Commentary, 7>-76.
Der Gehorsam
g~en
die Träger der Gewalt
halb wiederholt Paulus noch einmal ausdrücklich den Dienstcharakter der staatlichen Gewalt, der sich selbst in der Todesstrafe ausweist. Damit vollstreckt die staatliche Gewalt das Recht (b6L~) im Dienst des Zornes (~ ÖVf'Irv sc. hoü)26. Der Staat hat an dem Recht Gottes, Vergeltung zu üben, teil. •• Zom Gottes« ist ein Begriff, der bei Paulus vielschichtig ist27 • V 5: So ergibt sich die logische und sachliche Folgerung (chro"fXTI)21, zu gehorchen, nicht nur aus Furcht vor dem göttlichen Strafgericht, sondern auch aus dem Verpßichtetsein, das den Auftrag der Obrigkeit anerkennt. 614 'riIv ÖVf'Irv und 614 'riIv ouvd6r)mv sind in diesem Sinn einander zugeordnet, obwohl eigentlich bt.Q 'tbv ~ und 6..a 'riIv ouvElm1mv einander entsprechen sollten. Das Gewissen des Menschen bezieht lieh hier auf die Anerkennung des göttlichen Gebotes und auf das von Gott stammende Recht des Staates. Auch diese scheinbar rationale Gedankenführung ist letztlich glaubensmäßig bestimmt. V 6: Als eine Anerkennung der Staatsgewalt ist auch die Bezahlung der Steuern anzusehen; deshalb benutzt Paulus diese Tatsache als Beweis für die Notwendigkeit des Gehonams. In diesem FaU ist 'tWL'tE indikativisch aufgefaßt 29• ~ ist hier die direkte Steuer (= Kopfsteuer ~ 20,22; 23,2), während 't~ die indirekte (= den Zoll) meint 30; In der Steuerzahlung liegt die Anerkennung des Staates als des Dienen Gottes. Auf: fallend ist die Bezeichnung •• Liturgen« für die Staatsbeamten; sie meint hier sicherlich nicht ein Priestertum (wie in der Septuaginta), sondern den Amtsträger überhaupt. Das Wort behält feierliche und autoritative Färbung, geht daher in der äußeren Form über den Begriff 6L6~ hinaus l t . Als Kennzeichnung dieses Amtes wird angeführt, daß die Liturgen •• zu diesem Dienstee (~airtb 'toVto) 26 h&~ ohne eL;ÖQ'v'fIv lesen: D- G it, ~ ~v fxbuc.o~ .·E. fxbuc.o~ findet sich in I Theas 4,6; Sir 30,6; Sap 12,12; 2Mill15,29, auch auflnschr. und Papp. he6Lxo; =0 ..Anwalt.. (A. STROIEL, ZNW 47, 1956,89 fI'.). Als enge Sachparallele zu Röm 13,4 muß IPetr2,I4 beachtet werden (~~ ~v xaXOlrol.ÖJY). Wir haben es in I Petr 2,13 a: mit der gleichen Tradition zu tun wie in Röm 13,1-7. 27 Seltener ist die ~utu,. auf das menschliche Zomgericht (vgl. LAoRll 314). • Der weltliche Text läßt ÖV{ryx1t aus und ersetzt den Infinitiv 6Kot6oumhLCiurch den Impera. tiv unot6ocm7&e (DGF Amb.tr). lIvQyxyJ = -du Sollen.. (KAsEMANNR 343). 29 'twin kann als Imperativ oder als Indikativ aufgd'aßt werden. Die Partikeln"t6Q und xa( legen nahe, daß Paulus an die Sine der chris dieben Gemeinde erinnert, dem Staat die gefOrderte Steuer zu zahlen. 30 Neben der bekannten Wendung cp6Qov 6lb6vaL I Mill8,4.7; Lk 20,22; 23,2 findet sich auch cp6Qov uMLV (Plat. Ale. I p. 123A) bzw. ~ 'tWLV (Mt 17,24). 11 An'tO\lgyelV ist eine hellenistische Bezeidmu,. für eine Leistung des Einzelnen im Dienst des Staates, auch fürdi~ Obernahme eines Amtes (Din. Or. inscr. IIlndexp. 679; U. WILCKEN,Grundzüge und Chrestomathie I I, 1912,3398:). Wer ein~ An~ übernimmt, kann An~ genannt werden. In der LXX wird Ml't(nlQ"t6l; aufden Priester bezogen Ues6I,6).ln uuerer Diatribe ist schWtttich an einen sakralen Sinn gedacht (Vergleich der Steuer mit der Einsammlu,. von ~ fergaben).lmmerhin erhält der &ep;ffeine gewiuc Feierlichkeit und Amtlichkeit. Er bezeichnet eine Autorität, die vom Amt abzuleiten ist. Allerdings ist auch der Verkünder des Evangeliums .. Litursim sakralen Sinn (Röm 15,16) .• Die wohl auch damals nicht besonders beliebten Steuerbeamten werden also nicht zu Priest~rn idealisiert, und von den Steuern wird nicht als wie von Opfergaben gesprochen, es wird einfach festgestellt, daß sich auch in diesem Geschehen ein Stück der götdichen WdlOrdnung verwirklichet< (GAUGLER R 11 138). Vgl. ThW IV 236 f.; KAsEMANNR 343 (Hinweis auf Xenophon Hell. VII 14).
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beharrlich anleiten bzw. diesen Dienst mit Beharrlichkeit verrichten. nQO<JX
Der Gehorsam gegen die Träger der Gewalt
ren Text umdeuten (vgl. z.B. Pistis Sophia c. 113). Man darfnicht annehmen, daß Paulus etwa in der späteren Zeit der Mrorrischm Hmsc""ft derartig anerkennende U rtei1e über den Staat nicht hätte fällen können. Schon die Vorgänger Neros haben den Weg des hellenistisch-orientalischen Despotentums beschritten, auf dem Nero weiterging. Außerdem liegt die Tradition von Röm 13,1-7 10 fest, daß sie nicht als zufällig entstanden oder zeitgebunden gültig angesprochen werden kann. Selbst in der apokalyptischen Gerichtspredigt (z.B. AplrJoh 13.17) darfdas grundsätzlicheJa zur Obrigkeit nicht überhört werden. Die Verwendung von Röm 13,1-7 in unserem Briefläßt daraufschließen, daß Paulus ein ganz bestimmtes Bild der römischen Verhältnisse vor Augen gehabt hat (vor allem in den Problemen der Zoll- und Steuerpolitik). Die Steuererhebung des römischen Imperiums ist zu variabel, als daß ein bestimmter Erhebungsmodus für einen genau cingrenzbaren Zeitraum enchlossen werden kann. Als Literatur vgl. dazu A. H. M. Jones, The Roman Economy, 1974 (Over-Taxation 82-89; Taxation in Antiquity 151-185)35. »Vectigal« ist der übergreifende Begriff der heiden Steuerarten qJ6Qoc; und 't~; bei vectigal ist daher auf die genaue Bedeutung im Zusammenhang zu achten (Cicero Quint. I 33). Zur Literatur vgl. auch den Art. publicani, Pauly-Wiss. Suppl. IV, 1968, 1184-1208. Das römische Reich hatte damals kein einheitliches Steuenystem. Die ägyptischen Verhältnisse (Philo spec.leg. 11 92 und 111 159) sind nicht ohne weiteres auf das ganze Imperium auszudehnen. Der Haß gegen die Steuereintreiber bei Philo muß eingegrenzt werden. Philo klagt über spezifisch ägyptische Verhältnisae. über die Kopfsteuer in der Provinz Asia vgl. Cicero Au. V 16,2 (bnXlq?CU.awv). Zu den übergriffen vgl. auch BB 8b (um 330 n.Chr.). Beachte jetzt zu den Verhältnissen im Judentum A Greek Tariff Inscription in Jerusalem, lEa 25,4, 1975, 238-244 (hell. Zeit). Zum Ganzen vgl. A. Strobel,Zum Verständnis von Röm 13, ZNW 47,1956,67-93; W. C. van Unnik, Lob und Strafe durch die Obrigkeit. Hellenistisches zu Röm 11,3-4. Festschrift fürW. G. Kümmel, 1975, 334-343;J. Friedrich, W. Pöhlmann, P. Stuhlmacher, Zur historischen Situation und Intention von Röm 13,1-7,ZThK 73,1976,131-166.
Exkurs Die exegetische Auseinandenetzung in der Gegenwan (Röm 13,1-7) 1. Zunächst erhebt sich das Problem der Antalyse des Textes. Grundsätzlich ist zuzugestehen, daß die neutestamentliche Paränese aus venchiedenen Traditionen zusammengewachsen ist, die nachträglich miteinander verbunden sind (M. Dibelius). Allerdings wird man auf Motive und Stichworte zu achten haben, die bei der Gliederung behililich sind; auch ist die Auswahl der Traditionen durch bestimmte geschichtliche Aufgaben mitbestimmt. Selbstverständlich soll kein »spekulativer« Zusammenhang hergestellt werden, doch darf man auch nicht von dem konkreten geschichtlichen Dienst absehen, den ein bestimmterparänetischer Zusammenhang leisten IOll (vgl. Käsemann, ZThK. 56, 1959, 349). Allgemein wird die überordnung des leitenden Gesichtspunktes Röm 12,1-2 anerkannt. Es geht also auch in Röm 13,1-7 in der Unterordnung unter' die Träger der p0litischen Gewalt um die Bewährung des Glaubens, nicht um ein Verhalten, das vom 3S Zur weiteren Lilnllll6: M. ROSTOWZEW, Geschichte der Staatspacht, Philologua Suppl. 9,3, 1904, 312-512; A. ANDIlEADES, Geschichte der griechiachen StaaIBwirtschaft I, 1931; HUGHJ. MANSON,Gruk Tenns forRoman lnatitutions, 1974;A.H. M.JONES, The Roman Economy, 1974;ThW
VIII 88.
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Glauben absieht und auf Mächte der Politik und Geschichte Rücksicht nimmt. OfI'enbarunpwon und Weisheitslehre stehen nebeneinander, brauchen jedoch nicht auseinanderzutaUen; entscheidend ist aber, daß die Unterordnung der verschiedenen Stoffe unter du Heillgeschehen (Röm 12,1-2) durchgehalten wird. L. Goppclt (Der Staat in der Sicht des Neuen Testaments, in »Macht und Recht«, hng. von H. Dombois und E. Wilkena, 1956, 10 W.) unterscheidet zwischen dem »Prinzip« der Erneuerung des Sinns in Röm 12,1 f. und der geschichtlichen Gestaltung von Grundverhältniuen (die Gemeinde, der Nächste, der weltliche Stand). Daraus ergibt sich: der Staat ist grundsätzlich nicht von den anderen Ständen zu sondern. 2. Immer wieder versucht man, hinter dem Text eine I)'ItematischeGnaldasu....., zu entdecken, die von den exegetischen und historischen Frageltellungen wegfiihrt und bUliw Aussichten ermöglichL Dazu gehören die Veröffentlichungen von O. C..u(Köniphernchaft Christi und Kirche im Neuen Testament, Th. Studien 10, 1941; Christus und die Zeit, 1946), der die Unterordnung des Christen unter den Staat mit der bekenntnismäßigen Erhöhung Jesu Christi über die Mächte des Kosmos in enge Verbindung bringt. Christus ist du Haupt der Gemeinde, und alle kosmischen Mächte sind ihm unterworfen (vgl. die Hymnen des Kol und Eph). Die Mächte haben ihren bösen Charakter verloren und stehen nun auch unter der Herrschaft des Christus, sind aber in Gefahr, sich aus diesem Dienstverhältnis zu emanzipieren. Auch K. Banh (Rechtfertigung und Recht, Tb. Studien 1,2. AuO. 1944) geht von einer Grundanachauung aus: Der Gott, von dem her die Obrigkeit ist, kann nicht losgelöst von der PerlOn und dem Werk Chrilti, er kann gerade nicht im allgemeinen als Schöpfer- und Regierergott ventanden werden. Wir befinden Uni dann, wenn du Neue Testament vom Staate redet, grundJätzlich im christologischen Bereich. Die Kirche, die die Rechtfertigung aus Glauben verkündet, kann nach K. Banh die Autorität des Staates nicht problematisieren: diese Autorität ist eingeschlossen in die AutoritätJesu Christi. In der Gegenwart venucht man mit Recht, unseren Text von systematischen Grundanschauungen freizuhalten: das Grundgef\ihl, von dem Paulus ausgeht, ist die allgemeine Rechtsunsicherheit und die Sorge, wie man sich konkret zu verhalten habe (Barretl R 248 f.). Der Abschnitt ist nicht christologisch, sondern weisheitlich zu ventehen (Schlier R 392 f.). 3. Viel ansprechender ist der Venuch A. Suobels (Zum Ventändnis von Röm 13, ZNW 47,1956, 67-93), den,"of"",dIlidlftH~ der Tradition Röm 13,1-7 au&udecken. Er verweist auf das Nebeneinander von iaQxa( und ~ in U 12,11, das eiae ganz andersartige synoptische Vorlage ablösL Lk denkt offenbar dabei an bestimmte mit jurisdiktionellen Befugnissen ausgestattete Behörden des römischen Staatsapparates. Im zeitgenö..iachen Latein ist eine ähnliche Kombination zweier Begriffe keineswegs ungeläufig (imperia et poteslates bzw. imperia et rnagistratus). Schon Tb. MollU1llell war bei dem Auftauchen der Begriffe imperium und potesw in den MunizipaJgesetzen und R.echtsbüchem zur Vermutung gekommen, daß imperium die höhere, poteaW dagegen die niedere Amtsgewalt bezeichne. In diesem Zusammenhang löst sich vielleicht auch ein weiteres Problem: wie kann nach Röm 13,3b ein Christ erwanen, daß er als rechtlCbaf('ener Bürger Lob von der Obrigkeit empfingt? Man könnte dabei an die römische Einrichtung der laudatio iudicialis denken (eine An Leumundszeugnis zugunsten des Angeklagten); wahncbeinlicher ist aber das offizielle amtliche Lob gemeint, du der Kaiser oder ein Amllträger Städten und Volksgruppen des Reiches aussprichL EI bestand die Siue, in offiziellen Schreiben das Verhalten der Untertanen zu loben; vor allem im griechiach-hellenistischen Denken spielen Lob und Anerkennung eine bedeutende Rolle (vgl. TbW I 583). Auch die Ehrerweisungen spielen im politischen und weltlichen Bereich eine entsprechende Rolle. Mit dem Tragen des Schwertes (- ius gladü) iat eine ganz bestimmte
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juristische Vorstellung verknüpft: ursprünglich war dies Recht ein spezielles Mandat des Kaisers, ging aber dann aufdie Statthalter über. Vgl. Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, Hdbch. d. deutschen Rechtsw. 14; Römisches Staatsrecht 11 1,4. Auß. A. Strobel kommt zu dem Ergebnis, daß unser Abschnitt unter Voraussetzung einiger Kenntnisse des römischen Verwaltungs- und Staatsrechtes geschrieben wurde. 4. In der exegetischen Forschung der Gegenwart liegt weithin eine Abwehr gtgm tim sucll rJOT, die Autorität des Staates mit Hilfe von Röm 13,1-7 zu einer OrdnrmgnNICM theologisch auszubauen. Es lag einer systematischen Betrachtung immer nahe, von unserem Text auszugehen und eine entsprechende naturrechtliche Konstruktion zu entwickeln. Auch die praktische Gefahr, die jeweiligen politischen Machtverhältnisse glaubensmäBig zu rechtfertigen, entsteht an diesem Text immer wieder. In der Gegenwart ist man nüchterner: O. Kuß, Paulus über die staatliche Gewalt, Theologie und Glaube 45, 1955, 321-334, kann feststellen: •• Es gibt keine christliche Lehre vom Staat im Neuen Testament; es gibt nur verschiedene und verschiedenartige Elemente, die einer solchen Lehre dienlich sein können und von denen freilich keines für eine vollständige Synthese entbehrt werden kann« (a.a.O. 333; vgl. Käsemann, a.a.O. 239). Umgekehrt darfman auch nicht behaupten, die Bibel lege kein Gewicht auf den Stiftungscharakter der Obrigkeit. E. Käsemann, a.a.O. 373, steUt mit Recht fest: •.Gerade darin liegt das Kernproblem unserer Stelle und der Auslegungsgeschichte in der hier behandelten Epoche, daß die apostolische Paränese derart begründet wird, und zwar, um es nochmals ganz präzis herauszustellen, mit einer von der Diaspora-Synagoge her übernommenen Anschauung vom Weltenschöpfer, der ordnend auch die irdischen Gewalten setzt.« Daß Paulus diese frühjüdische Tradition hier im Römerbrief aufuimmt, ist ein deutliches Zeichen seiner konkreten Nüchternheit. Dahinter liegt aber auch das Bekenntnis des Paulus zum Schöpfergott, der seine Schöpfung nicht im Stich läßt. Machtbesitz und Rechtsausübung des Staates werden als Funktionen dieser Schöpfung Gottes anerkannt. 5. Es bleiben einzelne Fragen offen: a) Nach L. Goppelt, a.a.O. 17 wird in der Paränese u1tO'taooroDm und unaxoutw ohne Unterschied gebraucht (IPetr 3,5 f.; Eph 6,1; Kol 3,20). Käsemann, a.a.O. 337 will einen Unterschied zwischen beiden Verben nicht aufgeben. b) Goppelt, a.a.O. 16 betont die Verpflichtung gegenüber den geschichtlichen Setzungen Gottes .••So iat nach den Ständetafeln ~bieten und ~horchen in gleicher Weise Ausdruck eines selbstlosen Dienens unter dem Herrn im Himmel, dem erhöhten Christus. Vielleicht kann man sagen, es ist ein Erweis der Agape, die nicht das ihre sucht, sondern das des andern. Das Handeln in den Ständen entspringt also demselben Motiv wie das Handeln im Nächstenverhältnis und in der Gemeinde, aber es bleibt materiell davon unterschiedenee (a.a.O. 17). Anders Käsemann, a.a.O. 376: •• Den Engeln braucht man nicht zu dienen, wohl aber muß man dienen der gefallenen, bedrohten, sich gottlos gebärdenden Schöpfungswelt. Denn das ist das eschatologische Zeichen dafür, daß sich die Barmherzigkeit Gottes auf den Weg der Erniedrigung begeben hat. Mit der Lehre vom allgemeinen Schöpfer- und Regierer-Gott hat das doch ebensowenig zu tun wie mit einer Ordnungs- oder Geschichtstheologie.ee c) Man achte darauf, daß der Römerbrief eigentlich in das glückliche ••quinquenniumee der ersten Regierungszeit Neros fällt, daß also die Pr0blematik der Regierung Neros noch offen ist (Lucan. 1,33 f.). Von diesem Tatbestand darf man nicht absehen. Je stärker man die gedankliche Abstraktion dieser Weisheitstradition herausstellt, desto mehr droht eine Verhannlosung einer geschichtlichen Situation. In Wirklichkeit geht es auch hier um die Bewahrung der apokalyptisch-theologischen Ausgangsposition des Urchristentums; sie allein gibt die Möglichkeit, die eingearbeitete Weisheitstradition richtig zu bewerten und abzugrenzen. 6. E. Bamikol nimmt in seiner Untersuchung: Röm 13. Der nichtpaulinische Ursprung
v,,-
Röm 13.8-10
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der absoluten Obrigkeitsbejahung wn Köm 13,1-7 (E. K1oatermann-Festschrift 1961, 6>133) frühere Studien und Thesen wieder auf und behauptet, die Einlage Röm 13,1-7 sei überhaupt unpaulinisch und gehöre auch nicht in die Zeit des UrchristeDtuma. Zunächst macht der Verfasser auf das Nebeneinander der verschiedenen Tatrt~1ItSÜnrIrt aufmerksam und entscheidet sich selbst für den .. härteren und älteren Text" wn G (Boemerianus). Auffallend ist dessen kategorischer Charakter: V I: Moa~ ~~ \JxEQEX0'Öoal.; \J1tOlc1ocJto6E. oü yOQ fcm.v t;ooo(a d ~" Mb itroiJ, ... V 4: itroü yt&o 61fDcov6t; ten..v E~ 'tb i.cyait6v ... itEoü yt&o &axov()(; ten..v, W ..~ 'tCi» w xaxbv xQ6ooovt... V5:&b\J~, ... Damit tritt zunächst das Problem der Textgestaltung in den Vordergrund. Aber auch die Tt%'luchicllu selbst gibt RätJel auf. Die achristliche und abeolute Obrigkeitsbejahung von Röm 13,1-7 gilt nicht nur fiirChristen und Juden als Monotheisten,lOndem für alle Menschen, die Verehrer einer Gottheit sind. Sie ist nicht nur unpaulinisch, sondern widenpricht auch dem apokalyptischen Charakter des Urchristentums. Marcion las Köm 13,1-7 nicht (um 130 n.Chr.), doch könnte man Spuren unseres Textes im Manyrium des Polykarp finden, das nach 156 n.Chr. vcrfaßt wurde, aber nach E. Barnikol überarbeitet wurde. Grundsätzlich bekennt sich auch das Martyrium des Polykarp zum errettenden KönigtumJesu (9,3; 17,3). Bei dem Gnostiker Herakleon (fragm. 48) findet sich eine deutliche Spur wn Köm 13,4 (vgl. Orig. InJoh 20,38; E. Preuachen GCS Orig. IV 380,7 W.). Aber sonst ist der Befund im gnostischen Bezirk gering. Gnostischer U nprung UJlICI'eI Textes erscheint daher auagcachlOllen. Unter den Kirchenvätern ist es zunächst Irenäus, der aufihn zu sprechen kommt (adv. haer. 4,36,6; 5,24), doch sind diese Zusammenhänge nach E. Bamikol überarbeitet und so nicht unprünglich. Tertullian dagegen hat einwandfrei eine Verwertung von Röm 13,1-7 in seiner antignostischen Schrift ••scorpiacecc (14,2); unbestritten ist auch die Bezugnahme aufRöm 13,4 in Itde anima" (33,6). Es geht Tenullian vor allem um den Gehonam zum Guten, der nicht dem Bekenntnis zum Martyrium widentreitet. E. Bamikol ist der überzeugung, daß Tertullian den Text Köm 13,1-7 erst im Anfang des 3.Jh.s kennengelernt hat. Der Text selbst stamme aus dem 2. Jh. Auch wenn man grundsätzlich gegen die ItInterpolationsmethod~ E. Barnikob gewisse Bedenken hat: eine Interpolationshypothese zieht notwendig andere nach sich (vgl. z.B. seine Behandlung von 1Petr 2,1 ~17), so tritt die Notwendigkeit heraus, die Texlgeschichte wn Köm 13,1-7 historisch und theologisch neu zu bearbeiten. Es wird sich dabei herausstellen, daß der Text weithin den Dienst getan hat, dem Enthusiasmus zu wehren, und daß er in dem Augenblick seine theologische Besonderheit offenbart, in dem die Kirche ihre Bekenntnispflicht zu schützen hat.
Köm 13,6-10: Die Erfüllung des Gesetzes in der Liebe
'Seid DJemandem etwa .....Idi....... ~ Liebe; deaa wer cIea . . . . rea lieIIt, batdaa Gaeca erfiiUt. 9Deaa daa GeIMJt: .......... aicbt ebeIIIecbea, da 80Ibt Diebt titeD, du lOIbt Dicbt -bIea, du..u.t Dlcbt bepbreDc, UDd wuea __ All GeIIotea pbt, daa wird ia dieaem Wart pl_mmeapfa8t, DimIlcb: »Clu ....t deiaea Nichltea 1iebeD wie dich .....~ lODie Liebe tut dem Nicluaea Dichta Bö. . aB; - iat die Liebe die da Gae...
ErfiIl_
Die ErfüUung des Gesetzes in der Liebe
Analyse: Wir haben in diesen drei Versen einen Exkurs über die Zusammenfassung und die Erfüllung des Gese~es vor uns. Diese Lehrunterweisung will das Gebot der Nächstenliebe (Lev 19,18) als den Sinn des Gesetzes herausstellen. Es liegt nahe, unseren Exkurs als Fortsetzung von Röm 12,9-21 anzusehen; anderseits ist der Anfang von Röm 13,8 so ~ormuliert, daß man den Anschluß an Röm 13,7 deutlich erkenntl. Aufjeden Fall stammen Röm 13,1-7 und 8-10 aus ganz venchiedenen Traditionen, so daß man an keine zu enge Verbindung denken darf. Der Aaifbau des Abschnittes ist bezeichnend: Am Anfang steht ein Imperativ mit Begründung (V 8); ihqt folgt eine zusammenfassende Gesetzesbelehrung (V 9); den Abschluß bildet eine Folgerung aus der Gesetzesbelehrung und die Rückkehr zum Anfang (V 10). Es ist anzunehmen, daß dieser Aufbau einer ganz bestimmten Logik und Ltlarwtise entspricht. Exegese: Der Anfang von V 8 wird gewöhnlich als Imperativ verstanden: ))Bleibt niemandem etwas schuldig!« Es schiebt sich jetzt ein Zwischengedanke ein. Die Liebe ist die eigendiche Verpflichtung (Ö
Röm 13,8-10
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Der kategorische Imperativ V Ba wird durch V 8b (Lehnatz!) begründet. Wer den »anderen« liebt, hat du Gesetz erfiillt5 • Gemeint ist, daß das Gebot der tereinander verwandt sind (neptiv-poeitiv), miteinander verbinden. Grundaätzlieb gilt die VerpOiebtung, niemandem etwa lChuAdia zu bleiben., aber diese rechtliebe Aufpbe weist bin auf die wichtige~ Verpßiebtung der Liebe, die UDi immer und in allen FiUen zu Schuldnern macht. Ea bleibt die Frage offen, wieweit die Unterordnung und die Liebeaforderung, die dem Nichsten pit. in einem inneren Zusammenhang Itehen U. A. BENGEL: debitum immortale) . VII. zum Ganzen CRAH· 'IELD, Cornmentary 82 r. Eine acböne Parallele, die du antike Emp&nden kennzeichnet, &.odet lieb in dem Briefdes AnlOG. Loncoe an Ieioe Mutter Neilus: »WeiBt du nicht, daß ieb lieber ein Krüppel werden möchte, ab zu wiuen, daß ieb einem Mmsc:hen noch einen Obolos schulde?« (BGU 111846; A. DElISWANN, Liebt vom Osten, 4. Auo. 1923, 155). S Zur rabbinilchen Vontdlung der Nichstenliebe alt des po8en Prinzi.. der Thon VII. Str-B 1357-359; 111 306; A. NISSEN, Gott und der Nichste im antiken judentum, 1974. Wir haben zwei FrqatdlUßlell vor UDI, die zwilChen Synasoge und Kirche diakuliert worden sind: 1. Wer ist der wahre Erfüller des Gesetzes? 2. Worin liegt der Sinn bzw. die Zuaammeafauung des Gesetzes? PauIUllmüpf't an eine bestimmte rabbiniacbe Lehrtradition an, die ErfüDung und Zuaammenfauung del Gesetzes miteinander verbindet, aber untencheidet. ~ und ~ sind daher niebt identiacb (vgl. dazu die Hil1eltradition und diejesustradition in Mk 12,29-33 Par.). Aufjeden Fall ilt die hier gebotene »Nächstenliebe« im Liebt wo U 10,25-37 verstanden. Die hier geb0tene Liebe ist nicht im Sinn des Paulus. wenn lie nicht den Andendenkenden eiDachlie8t, gerade auf ihn ist ja dies Gebot bezogen (BAUE1i, CRAHßELD). Röm 13,~10 bereitet in lewiuer Weise auch Röm 14 a1a Testfall vor. Du ChriatenNm nimmt ofFenbar mitjesus und Paulua einen c:baaidiac:ben Zugjüdilcher Frömmigkeit aufund erleichtert damit den Weg der Miaion.Jedea der Gebote wird im Liebcagebot eingdil8t, du Gesetz a1a Ganzes wird nicht a~ (richtig ScHLIuR 395). Die Geacbichte der Exqae kennt venc:biedene V ersuche, ~ in V 8 adjektiviacb aufzu&.en und a1a Attribut mit ~ zu verbinden. NachJ. Co. v. HOFMANNR 542 r. bezeichnet die Wendung 6 ~ ~ »du anderweitige, du übrige Gesetz« im Gegensatz zum Gebot der Liebe in dem Sinn, wie in V 9 Lev 19,18 den übrigen Geboten gegenübertritt. ZnR 563 Amn. 81 übernimmt diese Deutung. Für den Gebraueb von ~ zur Bezeichnung »des Rt:Itca einer Gesamtheit unter AusacbIuB eines genannten einzelnen Teiles« U. CHL v. HOFMANN) wird aufCyrop 3,3,1 vi; U 4,43 verwiesen. W. GunaOD An. ~ ThW IV 1069 versteht ~ hier in au&ihlendem Sinn (»der andere von zweien«). Er gebt grundaätzlieb vom DoppeIgebot der Liebe aus (Mt 22,36 &:),10 daS du Gebot der Nidaatenliebe ~ ~ ist (Röm 13,8). Daneben kann ~auch im Sinn wo »andenartig« verstanden werden (vgl. Röm 7,23: ~~. 6 ~ ~ wäre dann ein Geletz, du in einem bestimmten Abetand von einem bekannten Gesetz Itünde. So lieht W. MAaxIIN, Der ~ ~ wo Röm 13,8, ThZ 11, 1955, 2~237, in dem k~~du Gesetz des MOles, du ab ein »anderaanigea Gesetz« in Antithese zum römiac:ben Staaarecht triu, aufwaebes lieb Paulus in Röm 13,7 bezogen hat. Wäh~d die VerpOiebtungen, die du römiache Gesetz auferlegt, ohne weitera muUt werden könnten und müßten, sei die Erfiillung des mou.iachen Gesetzes für den ChriIten »nie erledigt., 10 daß jedes Rühmen dabei auagacblossen sei (S. 237). F. LEENHAaDTR 190 Amn. I übernimmt die Deutung von kIQOY ~ auf du rDOI&iIc:be Gesetz und meint, PauJUi antworte auf ein judenchri.atliches Bedenken, ob nicht du römiache Staatarecbt und du Gesetz des Moeea lieb gqeueitig ausecblöeaen: da du mouiacbe Gesetz nicba anderes a1a die Nächatenliebe vuIanse, komme niemand, der ihm gehorche, aait dem Staaarecbt in KonOikL Allen diesen Venucben gegenüber wird zu beachten sein, daS 6yadv bei PauJus o&nbar nie ohne Objekt verwendet wird (&oden z.B. U 7,47; ljob 3,18; 4,7 r.). In Stellen, die der LXX entnommen lind oder ihr nahestehen, ist 6 x).~ grundsätzlieb die Bezeichnuna für den Nichaten (Röm 13,9 r.), aber 6 ~ kann auch sonst in diaem Sinn gebraucht werden (Röm 15,2;jak 4,12): es bezeichnet vor aUem den von Gott mir zugeordneten Menachen. Daneben findet lieb aber hiufia bei PauJul 6 ~ alt Ausdruck rur den mitmenac:hlieben Partner (z.B. Röm 2,1; IKor6,1; 10,24.29; 14,17; Gal6,4). Wenn die Verbindung6yaävWY kqovim Sinn von: »den Nichatatlieben« im Neuen Testament IODIt niebt belegt ist, 10 1i8t aich daraUi aUein keine Enuc:beidUDI tilIeD.
uw
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Die ErfüUung des Gesetzes in der Liebe
Nächstenliebe (Lev 19,18) die Erfüllung des g~m Gesetzes in sich schließt (nA,T)Q
Begriff"'n
Röm 13,8-10
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hier, daß jedes einzelne Gebot des Alten Testaments, das sich auf unser Verhältnis zum Mitmenschen bezieht, im Liebesgebot mitgesetzt ist und daß umgekehrt sich das Liebesgebot in jeder Situation verschieden konkretisiert. Man mag fragen, ob 13,8-10 aus der gesetzlichen Kasuistik herausführen will, wie der Wortlaut von V 9 nahelegt, oder ob nicht umgekehrt das Liebesgebot in allen möglichen Fällen konkretisiert werden soll, wie V 10 vermuten läßt. Weil der ganze Zusammenhang das Recht und seine Autorität schützen will, stammt der antikasuistische Zug aus der Tradition, doch kommt es Paulus hier auf den konkreten Vollzug der Liebe und die Abwehr des Bösen an. Lev 19,18 wird so verstanden, daß die Nächstenliebe so stark sein soll wie die natürliche Selbsdiebe gemeinhin, so daß der Mensch aus seiner selbstverständlichen Sicherheit herausgerufen wird 10; Ohne logische Verknüpfung schließt sich in V 10 eine Beschreibung der Liebe an, die mit lKor 13,4 ff. verwandt ist ())was die Liebe tut« bzw. ))nicht tut«). Das Böse, das in der AufZählung der Gebote genannt war, ist der Liebe fremd. Ganz anders klingt der Nachsatz. Schon die Wortstellung fällt auf: chiastisch ist das entscheidende Subjekt an den Schluß des Satzes gestellt, so daß der Begriff dylunJ Anfang und Ende des Verses zugleich bildet. ,Ü:I1QWJ.UI klingt besonders betont und meint zunächst den Akt der ))Erfiillungec (= nA.TtQ(I)CJLS), dann aber wohl auch die ganze inhaltliche ))Fülle« des götdichen Gesetzes. Die ))Liebe« ist nicht nur Zusammenfassung, sondern auch überbietung aller Einzelgebote. Wie das Verbum ävaxEcpaAaLOÜa6aL klingt auch das Substantiv x).TtQ
das Christentum am Gesetz selbst geübte Kritik ist ein Zeichen dafür, daß du gleiche Prinzip der Nächstenliebe eine neue und andersartige Kraft entfalten kann (Chauidismus).Jede Erfüllung des Gesetzes trägt das treibende Element der Liebe in sich. Umgekehrt soU du Gebot der Nächstenliebe seine kritische Funktion an den Forderungen und Geboten der Tora ausrichten. Ober das Verhältnis von OvaxtcpaÄaWÜo6aL und m.'lQOÜV vgl. G. DELLING, ThW VI 303: n~ ist nicht Zusammenfassung, sondern vollständige Erfiillung des Gesetzes durch die Tat, insofern Gegenbegritf zu dem formalen avaxapaAaLoüa6clL. Vgl. außerdem O. BOCHLER, Types ofJewiah-Palestinian Piety, 1968; W. STAERK, RAC 1411 ..... 14. lOh 't
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Die Dringlichkeit des göttlichen Anapruches
Röm 13,11-14: Die Dringlichkeit des göttlichen Anspruches
11 UBd diee 1111, incleal DIr die Zeit recht eftennt, cId nimlich die SIIIDde für euch ......men iIt, . . dem Schief --wacIIea; deaajeat Ut" Heil aaa aiIIer ... wir . . . GJ-hen ..... uDie NKht Ut ycqeriickt, eierT. . . . . p...... So--'aaadie Walreeler FiaMenda.......,.miehea .... die W""" LlchteIJ uWle _lieh . . T. . . . . .1, ..... aaa e........ wandeln, Dicht lD Gel. pa1Uld TnmIreahelt, Dicht lD IleUchlaf1Uld AuuchweifaDpa. aidat lD StreIt uBd EIfenacId, 141011_a . . . . cIea Herra Jau CIuUau aB, 1UId ..... für . . fteUcIa Didd 110, daS hpea'" eawarhea.
d_'" ...
Aulyst: Der Abschluß unseres Kapitels ist nicht eine Fortsetzung von 13,1-7 und ~IO, sondern eine Art Urtlnschrijt unter den ganzen Zusammenhang Röm 12,1-13, 10. Zwar sind die vorangehenden Spruchgruppen schon in sich selbst motiviert, aber derlS,""tologis'''' Hinweis des Abschlusses c. 13,11-14 gibt dem Ganzen eine besondere Bedeutung und Dringlichkeit (vgl. Hebr 10,25)1. Sprache und Begriffe dieses Abschnittes sind eigenartig. Die eschatologische Spannung wird zunächst in bildhaften Begriffen (Nacht-Tag, Finsternis-Licht) beschrieben, dann aber sachlich ausgeführt: drei JIIgatWt Doppelpaare beschreiben eine bestimmte Haltung des Menschen im alten Äon, während ihm gegenüber der einzige Begriff: »der Herr Jesus Christus« zur Beschreibung des gegenwärtigen Augenblicb und des eschatologischen Lebens denpositiDm Sinn herausstellt. Die negativen Glieder weisen aufeine besondere Gefahr, die in der Zusammenfassung V 13b14b deutlich heraustritt. Du römische Gastmahl hat einen ganz bestimmten Verlauf(vgl. z.B. die Schilderung des Petronius). Schwelgerei, Unzucht und Streitigkeiten sind seine typischen Kennzeichen. Paulus will nicht, daß sich die römische Gemeinde in diese Unsitten verstricken läßt. Eine genauere Untersuchung zeigt, daß dieser letzte Abschnitt in einer erkennbaren paränetischen Tradition steht (vgl. Gal5,20 f.; 1Petr 4,3), daß er aber auch sein eigenes Gepräge hat. Es ist möglich, daß dieser Schlußabschnitt sich an die Adresse der Pneumatiker wendet (vgl. Gal 5,130:), die in Gefahr sind, du Evangelium von der Gesetzesfreiheit libeninistisch auszulegen. Im E~tbem werden wir zwei Spruchgruppen zu unterscheiden haben. V 11-12 enthält den eschatologischen Wiichtmuj, der aber durch die Reflexion V 11 b unterbrochen ist. Die Sprache dieses Wächterrufes ist rhythmisch; die Reflexion V 11 b fiillt auch atilmäßig aus dem Kontext heraus. Stichwort der Gruppe V 11-12 ist 6~, ein Wort, das betont an den Anfang gestellt ist. Die neue Gruppe V 13-14 hat den Stil der apostolischen MtIlmrt4e und wechselt von der I. Person zur 2. Person hinüber; sie steht unter dem Stichwort"~ und be1 Zn" 564 meint. Röm 13,11-14 bilde einen Oberpng zur Aulfiihrung von Röm 14, wu 10 nicht anerkannt werden kann, da Röm 14 mit neucD Gedanken und BqrifI'en einletzt. Doch darf nicht übenehen werden, daß P.WUI jetzt du Gactz Gottes einIchärft: der Geist Gottes darf nicht den konluetenGdorl4lm verbaen. Die Wiederau&Wunedes Gaetzesthemu (nach Röm IO,4!) wird zwar a1Jsemein bemerkt, .ber leine AufiWune bleibt ein Problem. Die Erfilllung der Forderuq Gottes (Röm 8,4) bedarfder Konkretion und Verwirklichung in der einzelnen Situation. Röm 14 ist aller-
dinp vorbereitet.
Röm 13,11-14
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schreibt den Wandel am Tage. Gedanklich fällt der ständige Wechsel von positiven und negativen Gliedern auf, der für die beiden Verse typisch ist. Auch dieser zweiten Spruchgruppe ist eine betonte Feierlichkeit nicht abzusprechen. Exegese: Unser Zusammenhang stellt mit besonderer Deutlichkeit das paulinische Zeit- und Geschichtsverständnis heraus. Auch an unserer Stelle geht es um den Gegensatz zwischen altem und neuem Äon, der das ganze Denken des Neuen Testaments bestimmt. Er erreicht eschatologische Tiefe, löst sich aber nicht von einer zeitlichen Betrachtungsweise. Schon jetzt vollzieh t sich eine grundsätzliche Scheidung im Wandel und Leben der Menschen, die dem neuen Äon entspricht; dieser übergang vom alten zum neuen Äon erhält seine besondere Dringlichkeit durch den Hinblick auf die gegenwärtige Zeit, die auf das Ende ausgerichtet ist und dem Ende zugeht2 • Im Aufbau von V 11 schiebt Paulus zunächst den Begriff der Zeit (6 xal{)6c;) vor. xaL 'to\rto verlangt als Ergänzung den Imperativ XOLeL'tEl; es hat hier steigernde Bedeutung (»und dies um so mehr, als ... «). Wir wissen um die Besonderheit der Zeit, die durch das Heilsgeschehen entscheidendes Gewicht erhält. Inhalt dieses Wissens (d66'tE; Ö'n) ist der Wielaterruf: »Die Stunde ist gekommen, vom Schlaf au&ustehen.« Man hat wohl an einen apokalyptischen Stoff zu denken, der auch sonst bezeugt ist (vgl. IThess 5,4.6). »Oie Stunde kommt« bzw. »die Stunde ist da« Goh 4,23; 5,25) ist eine alte semitische Einleitungsformel für eine wichtige prophetische Aussage. Die »Stundec( ist (ähnlich wie die Zeit) eine Beschreibung der von Gott gegebenen geschichtlichen Schwierigkeiten macht das Problem, ob ü~ oder "'~ zu Situation (= lesen ist". »Schlafen« und »Wachwerden« sind feststehende Bilder und bedeuten: dem alten Äon verhaftet sein und ganz entsprechend: zum neuen Äon berufen werden. Ebenso sind »Finsternis« und »Tag« (als Gegensatzpaar bei Paulus auch in IThess 5,4) eine Beurteilung der beiden Äonen: der alte ist seinem Wesen nach »Finsternis«, der neue dagegen »Tag«, an dem der Mensch wach wird. Der Gegensatz: Licht-Finsternis ist schon in sektiererischen Kreisen desjudentums bezeugt5 und wird als Taufpredigt in Eph 5,8 ff. entfaltet. Verwandt sind natür-
:I,,).
2 Zum eschatologischen Problem vgl. SANDAY-HEADLAMR 379 fI'.; LAoaR 319 f[; DoooR 209 f.; GAUGLEa R 11306 f. Vgl. TestRuben 3,7 fI'. über den ~t des Schlafescc. Eschatologie venchärft die Mahnrede und darf nicht abgeschwächt werden (KAsEMANNR 346). Ö ~ und '" iOQa lind hierkoMrtll üiJb,griff'. '" CJlIm')o(a iat kein »Prinzip«, sondern Umschreibung eines zukünftigen Geschehens. l xal"toVto I Kor 6,6.8; Eph 2,8; BI-Debr 480,5. Zur steigernden Bedcutung vgl. xa1 m\mJ in Hebr 11,12. 4,,~ (I*XDG) könnte: an sich eine Anglcichung an den Kontext sein, doch iat eine: letzte Entscheidung schwierig. 5 IQS 1,9 f.; 2,16; 3,13 fr.; IQM 1,1; Te:stLcvi 19,1; Tes\}oeeph 20,2; TestNaphth 2,7; ae~en 58,6; 63,6; 108,11; slawHen 65,9. Im Urchristentum haben wir einen festen katcchetiachCLTraditionutofl'Licht - Finsterrus vor uns, de:r mit der Taufe verbunden in; verwandt ist der Bildatoff. ~ legen der alten Gewänder und Anziehen de:s ncum Menschen (vgl. die Kommentare). In der Gegenwart sucht man den dualiatischm Wciahciwtofl'hc:rauszustellen, der die urchristliche Verkündigung vorbereitet (M. HENGEL, E. BIlANDDlIU&GU). Das Problem der Gnosis bzw. des Synk.retiamus wird zu differe:nzieren sein. Wichtig erscheint der Versuch H. ScHl.IEILS, hinter de:m Prosastück V 11-14 ein altes Taulicd ausfindig zu machen, das sich mit dc:m Taulicd Eph 5,14 eng berühn.
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Die Dringlichkeit des göttlichen Anspruches
lich die Vorstellung des eschatologischen ••Tages« Jesu Christi (1 Kor 1,8; 5,5 u.ö.) und der messianische HeilsruP. Heilsruf und Heilszeit sind die Gaben des Messias; sie hängen miteinander zusammen und weisen aufeinander zu. Gottes Wort hat seinen bestimmten Weg und seine Stationen, aufdie zu achten notwendig ist. V II b klingt hier überraschend; die apokalyptische Zeit setzt den gegenwärtigen Augenblick: man steht nicht mehr in der Zeit der Bekehrung, sondern die Stunde ist neu, ebenso ihre Gefahr. Der eschatologische •• Tag« steht unmittelbar bevor, und die Zeitspanne zwischen der Bekehrung und der Gegenwart fällt ins Gewicht. Es ist sicher, daß itJ&fuY von (J(O't'Y)Q(a abhängt: •• unser Heil ist näher gekommen als damals, als wir zum Glauben kamen« (zu btLatE'ÖOaf.IEV vgl. Apg 19,2) 7 •••Heil« ist in diesem Zusammenhang streng periodisch mtktitliclr verstanden'. Das, was der Glaube erwartet, ist gegenüber dem, was er empfangen hat, überreich und gewichtig. Und doch gibt es die Gewißheit, daß die entscheidende Gabe Gottes in der Gegenwart schon geschenkt ist und in der Zukunft nur enthüllt oder vollendet zu werden braucht. Diese beiden Denkformen zeigen, daß Paulus die Spannung zwischen Gegenwart und Zukunft durch trägt und nicht auflöst. V 12. ist Fortsetzung des Wächterrufes V 11 a und proklamiert den Anbruch des neuen •• Tages«. Die •• Nacht« ist vorgerückt (XQ<)txmpEV ist zeitlich zu verstehen)9, der ••Tag« genaht. Der feierliche Ton dieser Gegenüberstellung fällt auf. Es ist nicht zufilllig, daß wir an die Proklamation Mk 1,15 (ft"NLXEV it fJaoalda 'tO'Ü &oü) denken. Eine derartige •• Proklamation« gehört eigentlich nicht in einen Brief, sondern in die mündliche Verkündigung und in die Liturgie10• V 12b zieht die Konsequenz aus V 12a und bringt durch den Gegensatz: cbto6mJ,Ldta - tvöu(J(i)~a eine Fortsetzung des vorangehenden Ausrufes. Man könnte an sich daran denken, daß der Wechsel von Nacht und Tag auch das Ablegen des Nachtgewandes und das Anlegen des Tageskleides zur 6
Vielleicht gab es .chon imJudentum drn alten Herold.ruf: .. 0 .. Heil iat nahe herbeigekommence.
In den Pirke Muchiach (Reth Hamidruch 3,73,17) ist der Messias derjenige, der diesen Heilsruf verkündet (Str-B 111 10.3(6). Vgl. ApkBar 23,7 und aethHen 51,2. Vgl. auch IQM 1,12: »(Die Drangsalszeit des Volkes Gottes) eilt ihrer Vollendung, der ewigen Erlösung, entgegen.ce 7 Der Aorist b~ hat im Neuen Testament auch sonst oft ingressive Bedeutung ( I Kor 3,5; 15,2.11; Ga! 2,16: Apg 19,2; Mk 16,16). Zur Zusammengehörigkeit von nuneüooL und pan~ClI. vgl. auch PALLlsR 143. Zum-Glauben-kommen und Getauft-werden gehören zusammen. • Paulus venteht den Augenblick als eine bestimmte Situation des alten Äons, der selbst wieder zeitlich gegliedert ist. Taufvollzug und neuer Wächterrufsind voneinander getrennt. Der Apostel berechnet nicht, wanet aber in jedem Augenblick. Der Apostel bezieht sich auf eine konkrete Situation, die rür ihn und für die römische Gemeinde erkennbar ist. Er denkt apokalyptisch konkret, nicht spekulativ (vgI.J. BAUMG.....TEN, Paulus und die Apokalyptik, 1975, 189 ff.). Die Tatsache, daß Apokalyptik als »Lehrec. weitergegeben wird, darfnicht zum Verlust der Konkretion führen. Die Versuche, von Reduktion und Entapokalyptisierung bei Paulus zu sprechen. treffen den exegetischen Tatbestand nicht (anden BAUMG.....TEN 232 0".). 9 Zu "QO'X6nuLv vgl. Jos. bell. 4,298; Luc. Soloec. 6. vulg. übersetzt: praecessit (lat.: processit). 10 Im Orient sind die Stunden des Morgengrauens und des Sonnenaufgangs wichtig, weil sie noch nicht durch die Hitze des Tages belastet sind. Bei Sonnenaufgang ist König Agrippa I. schon mit dem Volk im Theater Uos. ant. 19,344). Vor Sonnenaufgang müssen schon zahlreiche Verrichtungen im Tempel zur Vorbereitung des täglichen Opfen geschehen sein, muß auch das Schema gebetet werden (E. ScHVRER, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi 11,4. AuO., 351 ff., 570).
Röm 13,11-14
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Folge hat lt . Aber der Wortlaut unseres Textes, die zeitgeschichtliche Sitte 12 und die sonstige Verwendung dieses Bildstoffes bei Paulus 13 lassen eine derartige Erklärung nicht zu. Das Bild des »Ablegens« des alten Menschen und des »Anziehens« des neuen bzw. der WaffenrüstungGottes (oder des Christus} taucht in der Paränese immer wieder auf, auch ohne an den Wechsel von Tag und Nacht gebunden zu sein. Wir haben einen feststehenden Bildstoff vor uns, der allgemeiner vorderasiatischer Herkunft ist und in die Taufsprache gehört. Es ist möglich, daß Paulus hier eine Taufliturgie verwendet, sie aber jetzt ausbaut und auf den Glaubenden bezieht. Der Glaubende mIIjJ in du gnmdsät(.liclae Umkehr der TtmJe (.uriickgeruJen werden. Das »Ablegen« bezieht sich auf den Menschen des alten Äons, das »Anziehen« auf den Menschen des neuen Äons (Kol 3,9.12). Der »alte Mensch« ist an seinen Werken ebenso erkennbar wie der »neue« (Röm 13,13; Kol 3,12). Indem man die Werke des »alten Menschen« ablegt, legt man ihn selbst ab, und indem man die Werke des )meuen Menschen« annimmt, zieht man den Christus als den »neuen Menschen« an (13,14). Alter und neuer Mensch, alter und neuer Äon entsprechen einander wie Nacht und Tag14. Es ist nun eigenartig, daß Paulus in V 12b nicht Werke der Finsternis und des Lichtes einander gegenüberstellt, sondern Werke der Finsternis und Waffen des Lichtes 15 . Dieser "Wechsel hängt offenbar mit der Besonderheit seiner Tradition zusammen, in der die »Waffen des Lichtes« gegen die »Werke der Finsternis« gerichtet sind 16. Ähnlich war schon in apokalyptischen Kreisen des Judentums der Kampf der Söhne des Lichts gegen die Söhne der Finsternis geschildert worden, und manche paulinische Mahnung (»militia Christi«) dürfte eine lange Geschichte hinter sich haben 17 . Die »Waffen des Lichtes« erinnern an die »Waffen der Gerechtigkeit« (6, 13). Der Begriff stammt vielleicht aus der iranischen Tradition (Gegensatz: Licht-Finsternis) und beschreibt den neuen Äon als »Licht«. Auch die »Werke der Finsternis« sind nicht nur Werke, die in der Finsternis geschehen Ues 29,15}, sondern solche, die durch die Finsternis geprägt sind und sie ausbreiten. »Waffen des Lichtes« sind entsprechend Verhaltensweisen des neuen Menschen, Erscheinungsformen des neuen Äons, in denen die Auseinandersetzung zwischen Finsternis und Licht durchgefochten wird. Die Eigenart dieser Begriffe führt also 11 V gl. B. WElssR 541; KOHLIl442; abwehrend KAsEMANNR 347 gegen eine feste Auslegungstradition. t2 Da der Römer der Kaiaerzeit sich angekleidet ins Bett legte - man nahm nur den Mantel ab und zog die Schuhe aus -, war die Morgentoilette eine sehr einfache Angelegenheit. Auch mit dem Waschen hielt man sich nicht lange auf, denn die Römer pOegten am späten Nachmittag ins Bad zu gehen; man tauchte lediglich Kopfund Hände in frisches Wauer U. C.uCOPINO, Du Alltagaleben im alten Rom, 1950, 248 ff.). 13 Vgl. ITheu 5,8; Gal 3,27; Kol 3,12; Eph 4,22 ff. 25. t4 Zum ganzen Problem vgl. E. BRANDEN.UIlGER, Fleisch und Geist. Paulus und die dualiatische Weisheit, 1968, 188 W. 15 Neben cbw&~Q findet sich in D· G ]M6 ~ (lat.: abiciamus) eine Lesart, für die CIlANFlELD, Commentary 94 energisch eintritt. Ua öxA.a 'to\J ~ ist bei AD Min. durch 'tQ lQya 'to\J qxat6<; ersetzt, und dadurch ist die Verschiebung des Bildes korrigiert. PALLlsR 143 liest 'tQ aUvE(rtQ (= ÖQyava) 'to\J ox6totx;. 16 Vgl IQM. 17 Vgl. K. G. KUHN, ThW V 297 1[; E. BRANDEN.UIlGER 49 ff.
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Die Dringlichkeit des göttlichen Anspruches
in die Besonderheit einer bestimmten Heilslehre ein. Zu den »Waffen des Lichtes« gehören nach IThess 5,8; Eph 6,14 ff. rhetorisch aufgezählte Beschreibungen des Heiles; an unserer Stelle beschreibt Paulus zwar inhaltlich die ))Werke der Finsternis« (13,13), ersetzt aber die ))Waffen des Lichtes« durch den ))Herrn Jesus Christus« (V 14) als den Inbegriffdes neuen Äons. Dieser Kampfzwischen Licht und Finsternis ist identisch mit dem zwischen Glauben und Unglauben. Dil Bilder von Röm 13,11-l4fii1n'm aufdil Malmung Röm 12,1-2 in anderer Form ;:.rritk. Es handelt sich hier wie dort um Teile der Taufliturgie. V 15: Die Bestimmung: ~ tv "'~ entspricht dem Lebenswandel ))am Tage«, wie ja auch Paulus die Glaubenden ))Söhne des Lichtes« und »Söhne des Tages« nennen kann (I Thess 5,5). ))Tag« und ))Licht« gehören eng zusammen wie ))Nacht« und ))Finsternis«. Der Christ ist zum ))Tag« berufen und trägt die Art des ))Tages« an sich. Vielleicht ist daran zu denken, daß in römischen Kreisen das Empfinden herrschte, in der Nacht sei alles erlaubt (M. J. Lagrange). Paulus schärft den ))anständigen«, ))ehrbaren« Wandel ein (E'ÖOXTIt.&6v~) und denkt dabei an eine bürgerliche Zucht, die den äußeren Anstoß vermeidet (1 Thess 4, 12) und die Ordnung in der Gemeinde bezeugt (IKor 14,40). Die Wendung xEQUta'teiv E'ÖOXTI~ liegt bei Paulus fest (I Thess 4, 12) 11. Die folgende AufZählung der» Werke der Finsttmis« ist paarweise angeordnet und entstammt einem paränetischen Schema (Gal5, 19 ff.; 1Thess 4,3); sie nimmt Rücksicht aufdie besondere Gefährdung des hellenistischen und römischen Menschen, der in der Art seiner Geselligkeit leicht in Ausschweifungen geriet. Wenn der Pneumatiker, auf den unsere Paränese in erster Linie ausgerichtet ist, ein falsches Freiheitsbewußtsein hat, soll er durch das Mahnwort der Taufpredigt wieder zur Ordnung gerufen werden. xW~ bezeichnet ursprünglich den Festzug des Bakchus, dann allgemein das fröhliche Gelage l9. Ein derartiges Gelage bringt oft (Plur.!) Trunkenheit, Ausschweifungen und Streitigkeiten mit sich. Daher tritt verdeutlichend ~1. hinzu (IThess 5,7). Ganz entsprechend ist auch das zweite Paar zu verstehen. XOL'taL bezeichnet allgemein den Beischlaf (Hebr 13,4), wird aber durch äcnAYEl.a1. negativ bestimmt 20 ; Somit ist der Beischlaf als Ausschweifung der hellenistischen Gesellschaft abgewehrt. Das dritte Paar der Aufzählung fiillt durch den übergang in den Singular auPl; die Zusammenstellung von fQ..; und t;~ wirkt wie eine verstärkende Doppelung. Streit und Hader sind die Folgen dieser Ausschweifungen. Diese Aufzählung will offenbar den gesellschaftlichen Verfiill geißeln, an dem der Christ sich nicht beteiligen soll. Diesen ))Werken der Finsternis« tritt 11 Zum Sprachgebrauch von r6axf11"O'V und riJaxrJ~ vgl. BAUEIl WB s.V. Paulus schützt die -Ehrbarkeit« des bürgerlichen Lebenswandels vor dem Verfall der Sitte und Ordnung. Die A~ sungdeaGesctzcs und der den Umgang der Menschen untcreinanderordnendenGebotedarfnicht in die Gemeinde eindringen (SCHuuR. 398). 19 ~ findet sich in LXX Sap 14,23; 2Mill6,4. Im Neuen T eatament auch Gal5,21; 1Petr 4,3. 2O·2Kor 12,21; Gal 5,19; Eph 4,19; IPetr 4,3; 2Petr 2,18. 21 Bestimmte Textzcugen (B sah. Clem. Ambr.) setzen den Plural ein, um du letzte Paar an die vorangehenden anzugleichen (vgl. ZnR 568 Anm. 95; LTZMR 114). ~ und t~ bestimmen sich bei Paulul gcgcnaeitig (I Kor 3,3; 2Kor 12,20; Gal 5,20). Auch in 2Kor 12,20; Gal 5,20 achwankt der Text zwischen Singular und Plural. ~ und t~ sind ein bekanntes Gcgcn.satzpaar, du auch politische Bedeutung bat (vgl. IClem 5 und die reiche Literatur dazu).
Röm 13,11-14
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i&llQ am Anfang von V 14 kraftvoll entgegen. In direkter Anrede (2. Person!)
werden die Glaubenden aufgerufen, den Herrn Jesua Christus als den »neuen Menschen« anzuziehen; dabei ist die volle Namensnennung mit der Würdebezeichnung auffallend 22 • In der Taufe wird der neue Mensch wie ein himmlisches Gewand angezogen 23 • Dies »Anziehen« vollzieht sich nicht nur als einmaliges sakramentales Geschehen, sondern ist darüber hinaus das Zeichen der neuen ExUtenz und des Gehorsams, der das ganze Leben umschließt (Imperativ!). Der Täufling zieht den Herrn Jesus Christus an, indem er seine Eigenschaften und Gnadengaben anzieht (vgl. die Aufzählungen Ko13, 12; Eph 4,24). Man erwartet also auch hier eine Reihe von Eigenschaften bzw. Gnadengaben, die der x,,~ verleiht oder in denen der x\JQ~ gegenwärtig ist, um eine Entsprechung zu den »Werken der Finsternis« (V 13) zu haben. Paulus beschränkt sich aber in V 14 aufdie Autorität des HermJesus Christus, dem man gleichgestaltet werden kann und dem der Täufling nachfolgt. Dn »Hm Jesw Christus« bleibt immer mein- GIs die ~,lnm EigmscluJftm, in dmen sich hin in diesem Äon die Existlft(. des Christen verwirklicht. Der starke Imperativ tv6'6CJaO'6E zeigt, wie ernst Paulus die Spannung zwischen altem und neuem Äon sieht. Die grundsätzliche Entscheidung ist in der Taufe gefallen, doch muß der Getaufte aufgerufen werden, die von Gott ihm verliehene Gabe in der Auseinandersetzung mit den Mächten dieses Äons zu behaupten. Daß die ))Ethik« des Christentums sich weithin auf Elementen der Tautlehre und Taufinahnung aufbaut, ist ganz offenbar eine Frucht paulinischer Theologie. überraschend nüchtern erscheint der Abschluß unseres Verses. Er muß als negative Ergänzung zum positiven Vordersatz betrachtet werden, so daß dem Objekt ))Fleischcc Jesus Christus als Gegenbild gegenübertritt. Es ist daher wohl nicht daran gedacht, daß eine gewisse Fürsorge für das natürliche Leben zu empfehlen sei (M. Luther), sondern daß grundsätzlich jede Verstrikkung in die Welt des ))Fleischescc, wie sie in V 13 geschildert wird, vom Glaubenden zu meiden sei. Dieser Nachsatz klingt summarisch und drängt die Aussagen zusammen. Einerseits fällt die hellenistische Wendung ~ KOI.Eia&aa. auf24: man könnte an die Frage denken, wie weit man den Bedüfniasen des Le22 Vgl. Gal3,27; Kol3,IO; Eph 4,24. Zum uchlichcn Problem VII. A. OEPKE, ThW 11321 f.; KA· SEMANNR 350 f. Eine gewisse Parallele bringt OdSal33,12: ltDie mich anziehen, werden keinen Schaden nehmen, lOßdem die neue, unvergängliche Welt gewinnen.« Textkritisch ist du volle Bekenntnis x'6Qwv 'IY)OOÜV XQun6v vor anderen Lesarten vorzuziehen. U Zwar kann nach dem biblischen Sprachgebrauch der Menach Gerechtigkeit, Fluch, Schande anziehen (z.B. Hi 29,14; PI 109,18.29), aber man darfdies Anziehen des neuen Menschen niebl nur aua dem bildhaften Denken des Allen Testaments versteben. Man ziehl vielmehr gemäß der AdamCbriatuaparaUele, die &UI einem anderen Anlcbauunpkreis ltamml, den neueD Mmacben an in der Taufe, indem man in seine neue Schöpfung venetzl wird. Vgl. E. B&AND&NBUaGuI97 tr. at KQ6wuIv KOLEicJOw findet lieb bäu&gin der heUc:nialilchen Umpnpapracbe (Dcmo.tb., PoIyb., Plut.,lnschr. und Papp.), bei Paulua dagegen nur an unserer Stelle. Man achte darauf, daS Pautua von -Fleisch«, abo von Weltbaftitlkeit und Weltgebundenbeil spricht (~. ~ MU!UJb ist eine bekannte hellenistische Wendung (BAuu Wb) und kann,1Waw Bedeulung haben. Goites Fünorge (~) ist niemals ganz vergessen. Andereneits ist der Begriff ltFlei.lcb« vielscb.ichtig (C. K. BA.UETT). So ist es möglich, die Auuage, die hier den ZUI&I1lI1lenbang ablcblie8t,limitierend zu fallen (vgl. den Lutbertext) oder aber, wu vorzuziehen ist, im Sinn von KAsEMANN(R 351) als uneingeschränkte scharfe Verwarnung. Vonichtig bnnuliert BAUETTR 254: man IOU dem F1eiacb nichl entgcgmkommen, um leine Wünsche zu beCriedip.
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Di~ Stark~n
und
di~
Schwachm
bens Rechn ung tragen soll; andersei ts zieh t der Begriff)) Fleischcc (= menschliche Existenz im alten Äon) den der Begierde so selbstverständlich nach sich, daß er den Sinn des ganzen Satzes bestimmt. Man sollte die Wucht der Gedankenführung nicht abschwächen. Paulus empfiehlt die Ehrbarkeit und die Zucht, nicht die Pflege des ))Fleischescc. Der Abschluß warnt daher noch einmal vor der Möglichkeit, daß aufirgendeinem Umwege das ))Fleischcc auch über den Getauften Mach t gewinn t. Es stellt sich h~raus, daß Röm 13,11-14 di~ beid~n Kapit~112.13 zu cin~r Einh~it abrund~t, indem es die grundsätzlichen Mahnworte von Röm 12,1-2 wieder aufnimmt. Di~ beid~n Kapitel g~ben wcithinparinltische T,lIIlitiOfl w~iter, all~rdings untu ganz bestimmt~n Gesichtspunkten, di~ Paulus aus konkreten Nachricht~n über die römisch~ Gemeind~ gewonnen bat. Dabei red~t Paulus in entu Lini~ di~ Pn~umatiku an, wril u ihnen cin~ gt'wiss~ Verantwortlichkeit für die Gemeind~ zusch~ibt. In d~r bäu6g~n Ziti~rung des Alt~n Testam~nts z~igt Paulul, daß d~r Geistbesitz nicht in d~r überwindung des Alt~n Testaments, sondern in seiner Erfüllung zum Ausdruck kommt. Vor allem ist Röm 13,S-IO für den Zusammenhang des ganzen Briefes (Ges~tzesfrage), aber auch für die folgenden Kapitel 14.15 von ausschlaggebender Bedeutung. Die Gemeinde wird zur g~en seitigen Liebe aufgerufen, die d~n andersdenkenden Bruder trägt und ihn als den von Gott aufgetragenen 'Nächsten behand~lt. Das Problem der Leiblichkeit des Christen wird in 12,1 so ins Auge gefaßt. daß es in die HerrschaftJesu Christi cinbezogen wird; also ist 13,14 weder ein Eingehen aufdi~ Rechte des ))Leibes« noch ih~ asketische Bestmtung. Es geht auch hier um die Scheidung zwischen altem und n~em Äon. Röm 14,1-15,13: Die a) Röm 14,1-12: Die
Stark~n
und die
Gebundenh~it
Schwach~n
an den gleichen Herrn
1 Den, der IChw.ch iat im Glauben, _hiat in eure GemeiucWt auf, olme über Venchiedeaheit der Meiauapn mit ihm mlb'eiten. 2 Der eine p.ubt, .oee eueD zu dürfen, der ScbWKhe lIber iSt (DUr) GemiUe. 3 Derjeaip, der ißt, I0I.l den, der Dicht iSt, Dicht vencheen. uad der Dicht iSt. lOlI den. der i8t, Dicht richten, .... doch Gott Um .....IIND........ W'.e komm.. du dam, eiaea &emdea Sldavea ZU richten? Er ICeht oder &1lt 8eiaem eipaen HeJTD; er wird .... _heB Weibea, cIema Iein Herr ftI'IUI ilm aufrecht ZU halten. 5 Der eine macht eiaea U nlertchied zwiKhen den eimelDen Tapa, der andere .leht.oe Tap liekh an; jeder I0I.l nach 8eiDem eipaen Sinn zu einer feeten ~ kommen. 6 Wer etwa auf den eiDzelDen T., pbt, tut ee doch für den Herrn. Uad wer iSt, tut ee doch für den Herra, denn er dankt ja Gott dafür. Wer aber nicht (.oee) i8t, tut a auch für den Herra, uad er 8pricht (auch) du ~ zu Gott. 'Niemand von IIIU .ebt für . . . .n.t, uad IÜftDanclltirbt für 8ich.n..t; Iclema wema wir leben, leIIen wir dem Herra, ulld wenn wir lteIbeD, Aerben wir dem HeJTD; aJ.o wema wir . . . UDd wenn wir lteIbeD, 80 phören wir dem Herrn. 9Dau i8tja CIIrUau. . . . . . . UDd lebendil pwOl"" da8 er 8Owohl über Tote ab _ch über Lebeade Hen 8ei. lGDu""_ wie komm .. du dazu, deinen Bruder ZU richtea? Oder auch duwarum venchtat du deiDen Bruder? Wir werden ja alle vor dea RichtenlUhl Gotca treten miiuen; 11 deaa a _ht pKhrieben: &. wahr ich .ebe, 8pricht der Hen, mir wird üch beupn jeda Knie, und jede Zunp wird vor Gott beIIenDeD.c 12 50 wird aI80 jeder von IIIU über üch ...... Recheuchaft vor Gott ....epn miiuen.
Röm 14,1-15,13
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Einfohrrmg: Der neue Abschnitt Röm 14,1-15,13 geht auf eine bestimmte Frage ein, mit der sich die Gemeinde offenbar beschäftigt hat; es handelt sich um das Verhältnis von »Starken« und »Schwachen« im Glauben ('IlJ&.E~ ol6wmo( Röm 15,1 ; cWtevWv 'tfI XlmEL Röm 14,1) zueinander. Wir haben es bei diesem Gegensatz von »stark« und »schwachcc mit Schlagworten und einer bestimmten Einstellung von seiten der »Starkencc zu tun, denen Paulus sich selbst zurechnet ('IlJ.LEi; Röm 15,1). Paulus gibt also dem Standpunkt der »Starkencc grundsätzlich recht. Der Gegensatz zwischen dem »StarkJeincc (6watOv ElvaL) und dem »Schwachseincc (cio&EvEiv) kann auch sonst bei Paulus auftauchen (z.B. 2Kor 12,10; 13,9), ohne daß er auf bestimmte Gruppen innerhalb der christlichen Gemeinde bezogen wäre. Das Besondere an den »Starkencc beSteht darin, daß sie ein ausgeprägtes Vollmachts- und Freiheitsbewußtsein haben t, während die »Schwachencc durch eine bestimmte fromme Scheu (vor Verunreinigung, vor übertretung des Gesetzes) gekennzeichnet sind. Ganz entsprechend sind die »Starkencc in der Versuchung, den Bruder zu »verachtencc, während die »Schwachencc den Andersdenkenden leicht »)richtencc (Röm 14,3). Exkurs Die Enthaltung von Fleisch und Wein Die Enthaltung von »Fleisch. und »Wein« (Röm 14,21) ist in der Antike keineswegs I AufWIend iat, daß die entlCheidenden Begriffe ~ und ~ in unserem Ablehni" fehlen. Intereuant bleibt P. S. MINIWl, TM Obediencr of'Faith, 1971, der den dialogilchen Charakter des Römerbriefes hervorhebt. Kap. 14,1-16,27 stehen als AbIch1uß und Ziel der ganzen Gedankenftihrung im Blickpunkt der exegetischen Analyse. Die Gemeinde in Rom besteht aus venchiedenen GemeinJchaften. Paulus will sie zum .Gehorsam des Glaubens« (1,5; 16,25 f.) führen. Die .swUn« und die .schwachen« sind die heiden in Rom bestehenden Hauptgruppen, die zum -Gehorsam« gegen den durch Paulus erhobenen autoritativen Anspruch des EvangeliwnI gebracht werden sollen. imcDcoia K~ iat abo eine Wendung, die konstitutiv Anfang und AbIc:hluß da Briefes zusammenscblie8t. Zwei Vorauaetzungen des Römerbriefes müaen abo gesehen werden: a) die Pläne des Apottels, b) die VerbiltniaK in Rom: aus heiden Voraussetzungen muß das Ventändnia des Ganzen erhoben werden. Die ..schwachen« (606tvoüvte.c;, ~) sind eine Gruppe, die von den Gegnern als unfähig angesehen werden, bestimmte Handlungen des Geiates bzw. der Freiheit zu vollziehen. Ihre Art des Glaubens beruht auf der Gültigkeit des Gesetzes und bestätigt den Vorzug da Judentums in der Heilsgeschichte. Die .Starken« betonen den Grundsatz, daß .alles rein« iat (Röm 14,20). Bei ihnen schleicht sich ein antijiftlischer Affekt ein (W. D. DAvIES). Dazu gibt es verschiedene Gruppen von .Zweifelnden«, die sich nicht trauen, dem eigenen Gewiuen zu folgen (14,1.23). Paulus Ktzt sich mit den .Schwachen« und den .Starken« auseinander und bestätigt alle diejenigen, die den Gegensatz entsc:hirfen. Der scharfe Ton Röm 16,17-20& paßt nicht zu dem ItUChkritisch« und .zum Frieden mahnenden Stil« des übrip Briefes, ist aber eine Zuspitzung von 14,1~23. Aufdiese polemische Zuspitzung iat entscheidendes Gewicht zu legen (P. S. MINEA&, K.
Bunt). Man hat bisher vid zu wenig Gewicht au f diese weiterführende Untenuchung von P. S. MINf.AIt gelegt. Der dÜJJIJgiscJu CIulTtJkJn d~ Briefes ist unbestriuen, die Zrutl1frllllflltiliritklit von Riim 1-15 mit Röm 16 wird ernst genommen, die WICMigUit von Röm 16,17-20 tri II stark heraus. Auch der .s4l41li· schltt Gegner bekommt Farbe (a.a.O. 29). Aufjeden Fall bringt P. S. MINf.AIt einen grundsätzlichen Umsthwtuw in der ganzen Exegese: Röm 14,1-15,13 dürfen nicht mehrim Schauen einer dogmatisch gätihrten Auslegung stehen (gegen A. WIKENHAUSER), Röm 16 darf nicht vom Gesamtbrief getrennt werden (anden KAsEMANNR 399).
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Die Starken und die Schwachen
selten, sondern ein Zug asketischer Frömmigkeit. Die 0rfJIrUm, die thrakischen DionyIOImysten und die Pythagoräer hielten sich grundsätzlich an POanzenkOlt (AlIxava); orphiIch ist die Scheu vor dem Genuß der 4l~a (des »Beseelten«), und orpbilche Tendenzen setzen sich im Pythagoräismus fon. Enthaltung wn Wein tritt hinzu, nicht deshalb, weil er unrein wäre, sondern weil er den VO'Ü~ beeinträchtigt oder die Gemeinschaft mit den Göttern gefährdet (vgl. PhilOltrat. Vita ApoUonii I 8). Aufjüdischem Boden findet sich das Bekenntnis, das die Vorbereitung Daniela auf ein Gesicht schilden: »Wohlschmeckende Speise aß ich nicht, Fleisch und Wein kamen nicht in meinen Mund, ich I&lbte mich auch niemals, bis wUe drei Wochen um waren« (Dan 10,3). PhilOi Therapeuten beschränken sich aufden Genuß wn Brot, Salz, YlOp und WAller (Vit. contempl. 37 p. 477). Ahnliche asketische Tendenzen haben wir auch bei den EsstwItR anzunehmen2 • Bekannt ist die Dantdlung Hegesipp' wn JakobUi dem Gerechten: olvov xal oUcrQa o6x fmn o66l ~OY lqMIy!v (bei Euseb bist. ecd. 11 23,5) und das ähnliche, ebionitisch gefärbte Bild des Petrua der späteren Zeit (Epiph. 30,15,3; ClemenL Homil. 8,15; 12,6). Innerhalb der Synagoge tritt nach der Zentörung des Tempels ein Verzicht auf Fleisch und Wein alaZN_ der T,." auf, setzt sich aber keineswegs durch. R.Jehoschua (um 90) verlangt, daß man nicht über Gebühr trauen (T. Sota 15,11-15; BB60b - StreB 111 307). Ba ist möglich, daß die »Enthaltsamen«« (- die »Schwachen«) in Rom Christen gewesen sind, die sich wr Götzenopferfleisch und Libationswein scheuten und daher aufjeden Fleisch- und Weingenuß verzichteten (Str-B 111 307). Ba liegt nahe, an einejtulmcltristlidtl Gruppe zu denken und die Auuonderung bestimmter Tage in Köm 14,5 auf die Beobachtung des Sabbats (vgl. die Au&ählung KoI2,16) und der jüdischen Fastentage (Montag, Donnerstag nach Did 8) zu beziehen. Man könnte auch an einen bestimmten Festkalender denken, wie er in gewi.en jüdischen Gruppen featgehahen wird Uubiläen, SektenregeI). Allerdings zeigt die Geschichte der Fonchung, daß venchiedene Möglichkeiten der Deutung gegeben sind. Man dachte an eine ParaUeie zu den korinthischen Verhältnissen, an eine hellenistisch-asketische Richtung philosophischer An, auch an eine ebionitisch oder euenisch beeinflußte Sekte oder Gruppe innerhalb des Christentums. Ba schien auch nicht sicher, daß Paulus eine deranige Bewegung in Rom kannte; war es nicht möglich, daß er damit rechnete, daß ähnliche Strömungen wie in anderen Gemeinden auch in Rom wrbanden sein könnten? Ba liegt aber nahe, mit einer bestimmten Kenntnis der Verhältnisse in der römischen Gemeinde zu rechnen und die »Enthaltsamen« mit einer bestimmtenjudenchristlichen Minderheit zu identifizieren (vgl. Köm 15,7-12 und den Exkun bei Sanday-HeadJam R 399-4(3). Sie war sich ihrer Eigenart bewußt. Allerdings hebt man gelegentlich hervor, daß es im Judentum kein grundsätzliches Verbot, Fleisch zu essen und Wein zu trinken, gab; auch habe diese christliche Gruppe der »Enthaltsamen« keineswegs propagandistische oder aggreuive Tendenzen gehabt wie etwa derJudaismus in Galatien, IOndern sie habe im Gegenteil unter einem starken Druck von seiten der »Freien« gestanden (z.B. Lagr R 336). Ba liegt nahe, die Situation von 1Kor 8 mit der von Köm 14 zu vergleichen, und tatsächlich finden sich manche 8erührunppunkte; doch bestehen gewisse U ntenchiede in der An der paulinischen Argumentation. Paulus setzt sich in Köm 14 nicht ausdrücklich mit dem Opfercharakter von Fleisch und Wein auseinander, wendet .ich aber ebensowenig gegen dualistische Anschauungen, wie 2 Vgl. H. STRATHMANN, Geschichte der fHihchri.stlichen Aakes~ I, 1914; W. BOVSSET, Religion des Judentums, 3. Auß. 1926, 465; E. ScHVUR, Geschichte des jüdischen Volkes 11,4. AuO. 1907, 664; Me 1 749 ff.; M. HENOEL, Judentum und Hellenismus, 1969,427 tr. H. ScHLIEit untentreicht die Nachrichten über die Therapeuten (vita contemplativa 37).
Röm 14,1-15,13
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sie in der antiken Askese vertreten werden; es geht ihm entscheidend um die Erhaltung der Tischgmuinsclulft trotz der verschiedenen Denkweisen der heiden Gruppen.
Analyse: Mit dem neuen Gedankengang Röm 14,1-15,13 setzt eine neue Art der Paränese, daher auch eine andere Stilart ein; der übergang von Röm 13,14 zu 14,1 erscheint als unvermittelt. Während c. 12 und 13 weithin durch eine feste paränetische Tradition gekennzeichnet sind, entscheidet in Röm 14,1-15,13 die Argumentation des Apostels. Es geht also um eine lebendige Fragestellung in der Gemeinde, die durchdiskutiert werden und einen apostolischen Entscheid erhalten muß. Daher wechseln Ton, Sprache und Stil sowie die Einzelmotive des Denkens. Erst am Schluß unseres Abschnittes (Röm 15,7-13) wird die Sprache hymnisch und durch die Aneinanderreihung von Zitaten alttestamentlich bestimmt. Immerhin darf man nicht übersehen, daß auch sonst ein Schriftzitat an entscheidender Stelle eingesetzt ist (14,11; 15,3). Nimmt man Röm 14,1-12 als eine sinnvolle Einheit, so erreicht diese im Zitat V 11 (= Jes 45,23) einen Höhepunkt, der durch die auch sonst nicht ungewöhnliche ).Konsequenz« (V 12: 6Qa) abgeschlossen wird. Paulus setzt mit einer grundsätzlichen Entscheidung in V 1 ein (ltQOO)..~ veaik) , die er in 15,7 wieder aufuimmt. Sie wird verstärkt durch die beiden Imperative: tAT! N;ovitEvEt'tW, J.lT! XOLvttw in V 3, die sich an die heiden Gruppen richten. Fast beiläufig schildern V 2.5 die Situation, um die es geht. Man könnte die Frage aufwerfen, ob die beiden Formen der Enthaltsamkeit zusammengehören, indem man sich an bestimmten Tagen von Fleisch enthielt, oder- was wahrscheinlicher ist - ob es sich um zwei voneinander unabhängige Arten frommer Scheu handelt. Es ist auffallend, daß in V 5 und 6 die Unterscheidung der Tage und das Problem des •• Essens« nebeneinandertreten, daß aber das ).Essen« bzw . •• Nichtessencc des Fleisches offenbar das Schwergewicht bekommt. In dem folgenden Abschnitt Röm 14, 1~23 ist zunächst nur noch von der .)Speise« die Rede (V 15.17.20 f.), während in V 17.21 das neue Motiv des •• Trinkens« (des Weines) hinzutritt. Man erkennt aus dieser Argumentation, daß Paulus den Standpunkt der ••Schwachencc mehr beurteilt als darstellt. V 4.1~12 gehören enger zusammen: in ihnen wird abgewehrt, daß ein Bruder den anderen richtet oder verachtet; V 4 wird also durch V 10 aufgenommen. Die GnmdtJwe des Paulus lautet: Jeder Bruder untersteht als Sklave dem gleichen Herrn (V 4.7-9). Man könnte dabei daran denken, daß Paulus an römische Rechtsverhältnisse (ramilia) anknüpft. Dieser Grundthese ordnen sich andere Motive ein, z.B. V 6: jedes Verhalten beim •• Essen« bezieht sich auf den Herrn, denn der Lobspruch gilt Gott, oder V 11-12: wir werden in der Endzeit vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden und vor ihm Rechenschaft ablegen müssen. Daß das HmseinJesu Christi im Mittelpunkt unseres Abschnittes steht, zeigt der geschlossene Zusammenhang V 7-9. Es empfiehlt sich nicht, V 13a oder V 13 zum vorangehenden Abschnitt heranzuziehen 3 • ) Nach LAGaR 322; BAIUlETTR 322 wendet sich Paulus in V 1~12 an heide Gruppen. Man beachte die venchärfte, sich steigernde »Ducc-Anrede! P. 5. MINEAIt, der .tiliatiach sehr gmau untencheidet, legt Wert auf den Grundsatz der Verantwonung vor dem göttlichen Gericht (V 10.12 wiederholt), dem .ich das Schriftzitat V I1 zuordnet (5. 18).
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Die Starken und die Schwachen
Exegese: Mit V 1 setzt Paulus neu an und verlangt etwas ganz Konkretes in bezug auf das gemeindliche Leben. Die Beurteilung der Enthaltsamen als »schwach in bezug aufden Glauben« stammt aus dem Mund ihrer Gegner, denn niemand wird außerhalb eines Bekenntnisses seine eigene Gruppe so nennen. Die ))Schwäche« besteht in der Ablehnung des Satzes, daß jede Speise ))rein« sei (Röm 14,14.20; Tit 1,15), und in einer bestimmten Scheu und Vonicht, die in V 2b beschrieben wird 4 • Der starke Imperativ xQOOÄa~ro&e (Röm 14,1.3; 15,7; Phlm 17) klingt in unserem Zusammenhang wie eine rechdiche Maßnahme der Gemeinde; gemeint ist die Anerkennung als Bruder, die Zulassung zur Gemeinde und ihrem Mahl. Gegensatz zu diesem ))Aufnehmen« ist du ))Ausstoßen«s. Die Empfänger des Briefes sind also weithin als ))stark« (buva~o(), d.h. als Vertreter des Satzes, daß alle Speisen rein seien, gekennzeichnet. Es gehört zur rechdichen Maßnahme, daß nicht vom Anerkennen einer Gruppe, sondern vom Aufnehmen jedes Einzelnen die Rede ist6 . Schwierig ist der Zusatz: ))ohne über Venchiedenheit der Meinungen mit ihm zu streiten«. Wenn es sich wirklich um einen rechtlichen Vorgang handelt, dann ist die Auslegung Augustins zu bevorzugen: »nicht um über die Bedenken anderer zu urteilen« 7 • Der Aufnahment soll ohne Disputationen, Diskussionen und Untersuchungen der Gedanken der ))Schwachen« vor sich gehen. Die übersetzung: ))nicht, um Bedenken der Schwachen zu erregen« dürfte exegetisch unhaltbar sein (vgl. den Begriff öUIXO~)8. 4 Man kann nach semitischen Fonnulierungcn suchen, die dem Begriff: .Schwachheit im Glaubenee entsprechen (Str-B III 307) .llah:v!iv lfI x(cneL ist hellenistisch gedacht und fonnulien, doch könnte man im Semitischen ähnliche Motive herausfinden (.des Glaubens ermangelnd« oder .die klein am Glauben sinde( = >.die Kleingläubigen.. ). Es handelt sich dann um den Vorwu~ daß der Mensch nicht imstande ist, in einer bestimmten Situation den von Gon gebotenen Glauben aufzubringen. Das GlaubcnsvcntäDdnis ist also /J1tIfImIJtisch gesehen und vom Geist Gottes her als überwindung gesetzlicher Bedenken verstanden. 5 PALLlsR 145 wd.t daraufhin, daß "OOOÄ.~ro6m und XO\VWVelV auch später in Beziehung zueinander stehen Uustin); ZnR 569 Anm. 98 sicht cbtoPOk.,. und Mwitia&w. als Gegensatz zu xQ6al.'1J.l~U; und 1tQOO~EO'6aL an. LAoRR 322 betont die überlegenheit des Aufnehmenden gegenüber dem Auigenommenen (15,7): die Aufnahme hat also feierlichen und amtlichen Charakter. Anders KAsEMA.'IJNR 354: »gemeint ist die alltägliche Anerkennung der Bruderschaft ... 6 Der Sing. 00hvciJv ist glfllrisdl aufzu6wen: »jeweils der Schwache«. Der Plural ol ~ (15,1) zeigt deutlich, daß es sich um eine Gruppe handelt. Die Festigkeit, mit der diese Gruppe der .Schwachen« sich in Rom durchsetzt, zeigt, daß es um eine ,(II/Wlle GrtifJIH des Judenchristentums geht, nicht um die Judenchristen überhaupt. '7 Die negative Anfügung ist nicht ungcläu6g (z.B. IKor 1,17; Gal5,13; Mt 26,S). P.uLlsR 145 ergänzt zu "TI d~ bLaXQCou; den Imperativ lQ'X~. &lxxQt.ot.; ist wohl nicht vom Aktivum lK.aXQ(vuv abzuleiten (I Kor 12,10; Hebr 5,14: Unterscheidung, Beuncilung und Entscheidung z.B. in der GcrichlSSprache), sondern vom Medium (vgl. Röm 14,23; 4,20: Bedenken, Zweifel, Streit). Es handelt sich dabei um Untcncheidungcn, die zur Veruneilung des anderen Standpunktes führen. 614Ä.Oy\oJ.Lo( (ventärktes Ä.oyt.oJ&o() bedeutet: Erwägung, 0 berlcgung, Gedanke (Röm 1,21; I Kor 3,20) oder: Bedenken, Zweifel (PhiI2,14; I Tim 2,8; Lk 24,38). ScHLIER denkt an überzeugungen, Haltungen, Entscheidungen, auf Grund deren man diskuticn. Dabei spidt der Zweifel weniger eine RoUe. Man könnte an Apg 4,32 DECypr denken: xai. oUx "rv &aXQLOU; (E XWQLOJI6~ tv airtoi~ OOötf,lLa. Die Wendung dürfte sich einem hellenistischen Sprachgebrauch anschließen (vgl. zu 6t4XQIDLC; Polyb. 18,3). Wichtig werden die Abweichungen und Schwierigkeiten, die durch die führenden Männer herausgestellt werden (P. S. MINEARR. 28). Es kommt zu theologischen U neilen und Veruneilungen.
Röm 14,1-15,13
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Man wird unseren Abschnitt nur dann richtig verstehen, wenn man erkennt, daß Paulus hier nicht die richtige überzeugung auf Kosten der Liebe durchsetzen will. Er selbst bezieht nicht einen Standpunktjmseits ihrer Fragen und Anschauungen; aber das theologische Urteil über Recht und Unrecht in einer Einzelfrage ist nicht ohne weiteres das letzte Urteil über einen Christen. Wichtiger ist das Verpflichtetsein dem Bruder gegenüber (äy{Jn1]). Paulus kann die ••Schwachencc in der römischen Gemeinde stützen, weil sie in Wirklichkeit die Gemeinde nicht gefabrden. Also muß er ein bestimmtes Bild der römischen Verhältnisse vor Augen haben. Paulus lehnt die Verachtung und die Verurteilung des anderen ab, erkennt aber das klare Urteil über sein Verhalten an. Eine Ö..aXQ&.m; Ö&.Q).oyWtMOv (Röm 14,1), die die Gedanken klärt und die Wahrheit herausstellt, ist sicher in der Gemeinde ebenso nötig wie eine ÖI.OxQLO&.; nvE\l~'UOv (IKor 12,10), die die nvE'ÖJAG'tO aufihre Bezogenheit zu Christus prüft. Paulus will die Aufuahme der »Schwachen« ohne offIZielle Verurteilung ihres Standpunktes durchsetzen und eine Verabsolutierung des Standpunktes der ••Starkencc in der Gemeinde vermeiden, weil diese Verabsolutierung die äyQ.mJ gef'ahrden würde.
V 2 schildert die Situation: der eine glaubt, alles essen zu dürfen, während der ).Schwache« (beachte den Wechsel der Konstruktion!) •• nur« Gemüse ißt 9 • S0wohl in dem Selbstvertrauen, alles essen zu dürfen, als auch in der Selbstbeschränkung, nur Gemüse zu essen, liegt die eigentliche Auseinandersetzung in der Frage des Fleischgenusses. Nach dem Essen von Brot und Obst wird nicht gefragt. Das eigenartig betonte XLatEUEL fällt auf; es kann im allgemeinen Sinn ähnlich wie -DOQQELV verstanden werden (Th. Zahn: ..getraut sich«) 10; In der zweiten Vershälfte ist wohl tait(EL als Feststellung zu lesen; doch findet sich neben dem Indikativ auch der Imperativ ta6t.ttoo (p46 D*G lat. Ephr.). Dieser Imperativ hat den Sinn eines Zugeständnisses: ••er mag essen«. Liegt in der Formulierung von V 2 eine gewisse Ironie?l1 V 5 setzt den Entscheid von V I (xQOOA.~ vEaitE) fort: der •• Essende« soll nicht verachten; der •• Nichtessende« soll nicht richten. In der römischen Situation erscheinen die •• Schwachen« als die U nterdrückten, die aber trotz ihrer Minderzahl die ).Freiheit« der .. Starken« mit theologischen Gründen verurteilen. Daß V 3 auf V 1 zurückweist, zeigt auch der Abschluß: ••Gott hat ihn in seine Hausgemeinschaft aufgenommen« (familia Dei). Später kehrt eine ähnliche Argumentation wieder (Röm 15, 7). Daß Gott den Glaubenden zu sich nimmt, ihn in seine Gemeinschaft stellt, ist schon das Bekenntnis des Alten Testaments ('" 26,10: 6 öt XUQLoc; xQOOdcillE't6 J.lE). Eigentlich muß man das Objekt ai,.t6v auf den •• Essenden« beziehen: Gott hat sich in • Vulg.: non in disttptationibus bzw. Jat.: in disceptationes. Augultin: in dijudicationibus. AuguIrin sagt: »non dijudicemus cogitationes ejus, id est, quasi ferre audeamus sententiam de alieno corde, quod non videmus.cc Aber kann man durch diese überlegung den paulinischen Text abschwächen? bLCiXQI.OU; ist hier mehr als die Meinung eines Einzelnen. Kann man den »Starken« verbieten, ein klares Urteil über die theologische Meinung der »Schwachen« zu haben? Es soll kein amtlicher Entscheid (XQ(VELV) gefällt werden, denn in der Beurteilung der Schwachen gibt Paulus ja den Starken recht. M. LUTHER übenetzt: »und vnwirrt die Gewissen nicht!" 9 Zu AaXava vgl. in LXX Gen 9,3; Prov 15,17; Diag. Laert. 8,38: bJ6(000I. Mxava. 10 xurtElJav mit Infinitiv findet lich auch in Apg 15,11 (vgl. Apg 14,9); Hi 15,22; Plat. Crat. 426B; ähnlich ttaQQäv mit Infinitiv in 2Kor 5,8; Epict III 22,96. 11 Die Lateiner haben vidfach den Konjunktiv manducet statt manducat. Anden Ten. jejun. 15; Hier. c. Jovin. 11 17.
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seiner Gnade auch des Freien angenommen, der aus der gleichen Gnade lebt wie der Enthaltsame. Daß Paulus zunächst den »Starken« vor dem Richterspruch des »Schwachen« schützt, geht auch aus V" hervor. Die persönliche Anrede des einzelnen Hörers (V 4.10) entspricht dem lebendigen Stil der Diatribe. Paulus denkt bildhaft im Sinn des antiken Sklavenrechts, nach dem der Sklave der Jurisdiktion seines Herrn untersteht. So ist auch der Christ »Haussklave« (ol.xtn)~, nicht öoü~), der nur seinem Herrn verantwortlich ist. Kein anderer Sklave vermag in dies Sklavenrecht einzugreifen (vgl. 1Kor 4,1 ff.). Man könnte allerdings daran denken, daß det Knecht steht oder fällt, wenn er von seinem Herrn anerkannt oder verworfen wird, oder daß er während seiner Rechtfertigung vor ihm steht bzw. ihm zu Füßen fällt. Derartige Deutungen mißverstehen den Text und die Bildsprache des Paulus l2 . Suhna und Fallen sind im Urchristentum bildhafte Vorstellungen für die Bewährung und für das Versagen in der Durchführung einer Aufgabe oder im Erleiden der Anfechtung l3 • Es liegt daher nahe, V 4 in diesem Sinn zu deuten: steht oder f.lllt der Sklave, so geschieht dies zu Nutzen oder zum Schaden seines Herrn (Dat. comm.). maitftOE'taL kann dann passivisch oder medial verstanden werden: der gefallene Knecht kann »aufgerichtet« werden, oder: der von den »Schwachen« gerichtete Knecht wird stehenbleiben (Mt 12,25)14. Das »Aufgerichtetwerden« oder das »Bestandhaben« geht aufein Gehaltenwerden durch den Herrn zurück. ÖU'YatEt ytiQ ist betont l5 : der Herr hat die Macht (2Kor9,8; 13,3). Wir haben offenbar ein Wortspiel vor UDS, das einer semitischen Vorlage nachgebildet ist. 6vva'tEL klingt feierlich und ist offenbar ein Ausdruck der Gebetssprache. Vielleicht ist in dieser Verheißung gemeint, daß der Christus in seiner Vollmacht dem angefochtenen Bruder beistehen kann. V 5 stellt ähnlich wie V 2 das Gegenüber zweier Verhaltensweisen dar (a~ Jdv, ~ U SeitJ. CALVIN deutet man O't'ftxEI.V und nUnav vom Bestehen und Nichtbestehen im U neil des Herrn, aber dann wird der Dativ 't41 t6Up xuQUp zum Problem (= hebr. '~,~). BARIlErrR 259 verIteht gut den forenaiachrn Sinn (.. bd'ore hiajudgnnent..); IOnlt bleibt man beim Dativ romm .• tehen: »zum Nutzen des Herrn« oder »ihm zuliebe«. Der Dativ oomm. ist schwächer, die übersetzung .. ihm zuliebe« wird von E. KAsENANN und H. ScHLIER vorgezogen. 13 Z.B. Röm 11,11.22; I Kor 10,12; 16,13; PhilI,27. Vgl. auch IQS 11,12: .. Wenn ich aber.trauchle durch die Sünde dea Fleiachea, wird mein Recht durch Gottes Gerechtigkeit in Ewigkeit bestehenbleiben« (~~). 14 KoHLR 449 bezieht <mI~1. auf das vorangehende nUrtuv: .. Es«heint also doch, als habe der Apostel den Fall im Auge f.wen waUen, daß es bei ihm (dem Hausaklaven) einmal wirklich zu einem nUnnv kommen soUte. Dann wird er au_erlchtet werden und so wieder vor seinem Herrn auf.. recht zu stehen kommen. Will man das nicht annehmen, so bleibt nur übrig, cnatftoncu. im Sinn von Mt 12,25 zu deuten.« L TZMR 114 und DoooR 215 übersetzen medial: ..stehen wird er- (obwohl man ihn in den Kreisen der Schwachen richtet). Wir haben eine bekannte Bildsprache vor UJlI: der Herr weist seinem Sklaven einen Platz an; er kann auch den Sklaven wieder eimetzen (cna&ftonaa. pauivilch nach KAsEMANNR 394-). Wichtig ist der Hinweis auf die Macht des Herrn: er vermag es, er hat die Kraft. FA kommt daraufan, zu sehen, daß I. der Herr allein über den Dienst entscheidet: sein U rteil allein nimmt die Vorläufigkeit des Dienstes an; 2. er allein vermag den vorläufigen Dienst zu segnen, zu vervoUständigen, zur Reife zu bringen, Wal ein eigener Dienst als solcher nicht vermag (BAR. IETTR 258 mit Hinweis auf Ps 90,17). I!I Statt 6UVCI'W y6Q leaen p46 CDI:lnMn~y6Q. 6 x~ wird in OOlt durch 6 ~ abgelöet,1O daß eine Angleichung an V 3 entsteht.lnMnnv, ~ haben im NT entscheidendes Gewicht: die Kraft dea Evangeliums sowie dea Dienstes ist allein Gottea Kraft.
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öt); für den einen ist ein bestimmter Tag von besonderer Bedeutung gegenüber dem anderen (XQ(VELV = praeferre), der andere dagegen letzt jeden Tag gleich (XO(VELV = non discemere). Hier steUt Paulus gegenüber V 2 chiastisch die beiden Gruppen um: die »Enthaltsamen« stellen offenbar bestimmte Tage als besondere heraus, während die »Freien« keine Unterschiede machen 16• XO(VELV bezeichnet in heiden Fällen das theologische Urteil des Glaubenden, obwohl es ganz verschiedene Bedeutung hat; zunächst denkt man an eine Unterscheidung, dann aber an eine Gleichsetzung17 • Was gemeint ist, läßt sich schwer bestimmen. Es könnte sich um eine Einführung bestimmter Fastentage handeln, um die Weiterfiihrung des Sabbats und jüdischer Fastentage oder auch um den übergang von der jüdischen Tradition zur christlichen Sonntaglfeier1'. Es gab im Judentum und im Heidentum ein geheimes Willen um Gunst und Ungunst bestimmter Tage und Nächte; aber gegen eine derartige Angst vor dämonischer Beeinflussung wäre Paulus schärfer vorgegangen 19• Paulus gibt in V Sb die Anweisung: ••Jeder soll nach seinem eigenen Sinn zu einer festen überzeugung kommen.cc Er will mit dieser Anweisung nicht das Denken beider Gruppen bestätigen, sondern es vor der gegenseitigen Zersetzung schützen 20 ; Das X'YEÜ1A4 schafft lJ 'y6Q nach I&iv zu Beginn von V5 ist nicht lCblecht bezeugt (I AC vull.),febltaber inXJM6 BOG. ZnR 573 uneih, daß 'y6Q eine Gloue .ein kann, aber .inngemäß aei. Man muß Bedenken tragen, V 5 zu eng mit V 4 zu verbinden. BAa11lR 494 bekennt sieb auadrüc:kJich zum y60 und liebt in V 5-6 .eine lehrreiche Parallele durch du BeiapieJ einer in der Chriatmheit ab zuJiuig anerkannten Ver.ebiedenheit der Lebenafiihrungec. Ahnlieb KAlEwANNR 351 mit .einer Warnung vor Eage. 17 SClII.ATI'U, Gerechtigkeit 370 will du XQ(vav in unprünalic:ben Sinn IOWeit wie mötlieb bewahren. Wenn der eine einen Tag im U ntenchied vom andern riebtet, dann mißt er dem einen Tag einen Wen zu, den der andere Tag niebt hat. ~''VUv wird in der Gqenwan meiat acbwächer venlanden: lediglieb beatimmte Tage werden von anderen abgehoben; daher sewinnt es die Bedeutuns: »gutheißenec (sqenüber anderen Tagen) bzw.•vorziehenec (vgl. dazu Th W V 730f.; Bauer Wb 891). Die Frage iat, ob ein beatimmter X..... vora~lZt iat (wie Gal4,9 f.; KoI2,6 8'.). PauJua nimmt indieaem FaUkeine Poiemikauf(14,5), aondem überli8tdieae Frage dem UnaJdaHerm. Im Ganzen wird C. K. BAuETrrecbt behalten, der lJ'OlZder Untenchic:deeine ~ Front in den Briefen annimmt. 18 An Futentage denkt KVHLR 450, an den Sabbat undjüdiac:he Festtage ZaR 574, an die AIdinie der SonntapCeieJ' Sau.AlTEa, Gerecbn,keit 371, an und ungüna. Tage1.AoaR 324. DaS aueb duJudentum beatimmte Tage fürchten kann, zeigt du Material bei Str-B 111 308. An heidencbri.tliebe Frörnrnipeit zu denken, die an Speiaesebote und Dämonenfurcht gebunden ist, liegt fern (KAsEMANNR 352). 19 ScHLAlTU, Gerechn,keit 370 Itdlt mit Recht teil: .Wir hören einziB. daß es hier eine Verachiedenheit in der Praxia gibt, niebt aber, wie .ie entatand. Er bat hier auch niebt gesagt, daß lieb in ihr die venc:biedene Kräftigkeit dc:a Glaubena oß'enbare.ec JO.~ (Röm 4,21; Kol4,12; 2Tun 4,5.17) bezeichnet hier die .ubjektive Gewißheit der Oberzeuguns sqenüber dem Zweifd (Röm 14,23). PauJua meint, daß der Glaubende aicb nicht durch Andendenkende beirren laaaen IOD. Man denke auch an die Mahnung: .Bleibe reat bei deiner Obeneupng, und laß deine Rede immer eine und dieaelbe aeinec (Sir 5,10). PauJua nimmt dieae WeiabeilitraditiOll Siracba auf. Die o8'enbleibende Frage, ob PauJua (angesiebll Gal 4,10 [; Kol 2,16) .ich hier voraicbtig zurückhält oder ob die römiacbe Gruppe der »Schwachenec von ibm anden beuneilt wird ala andere Gruppen in anderen Gemeinden, muß auadrücklieb gestdJt werden. Die Kunal des ApoeteJa, Situationen zu dYI"~"" muß hier auadrückJich hervorgehoben werden. Sie untencbeidet .ich von der anderen Frage der bibliachen Toleranz, die auch aufieworb werden kann. Wenn der Apoatd vencbiedene Beauftragungen bei Penonen und Gruppen anerkennt, apricht er regelmäßig von der eachatologiachen Verantwonung ( I Kor 4,5) . Der beliebte Hinweia darauf; daß
man
güna.
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die Einheit der Gemeinde trotz der Unterschiede im VOÜC;; die verschiedenen »überzeugungen« brauchen die Einheit der Gemeinde noch nicht aufzuheben. Wenn Paulua Unterschiede in der Erkenntnis zugesteht, dann sieht er in ihnen als solchen noch nicht die letzte Wahrheit des EvangeliumslI. Daß Paulus Verschiedenheit in der Erkenntnis zugibt, hängt damit zusammen, daß er in den einzelnen Verhaltensweisen die gleiche Gebundenheit an den Herrn erkennt. Der Autbau von V 6 ist dreigliedrig; jedes Glied beginnt mit einem beschreibenden Partizip. Allerdings scheint das erste Panizip einer negativen Ergänzung zu bedürfen, die in unserem gewöhnlichen Text fehlt 22 • 6 cpQOVÖ1Y ~ iltAiQav heißt ursprünglich: »sich um den Tag kümmern, sich mit dem Tag beschäftigencc13 . Der »Schwache«, der sich um den Tag kümmen, tut dies nach Paulus im Hinblick auf den Herrn (xuQUp cpQOVEi). Dieser Dativ sollte ebenso wie in der Wendung von V 4 ("t(p t6«p x"QUp OTf)XEL) so vorsichtig wie möglich aufgefaßt werden. Es dient dem VentändniJ, wenn wir annehmen, daß die Venchiedenheit der heiden Gruppen während der gemeinsamen Mahlzeiten der Gemeinde bcsonden schmerzlich heraustritt. Bei der gemeinsamen Mahlzeit spielt dann auch das Dankgehet (V 6) eine entscheidende Rolle. Der Dativ V 4.6 wird wo den Kommentaren venchieden aufgefaUt: 1. Was der einzelne Christ tut, tut er seinem Herrn zugut, weil er ihm zu dienen meint (Dat. comm.). 2. Was der einzelneChrilt tut, tut er im Hinblick aufseinen Herrn (semitider Apostel den Gesichtspunkt der Erbauung der Gemeinde hervorhebt (GAUGLERR 317-371), darf allerdings die S«/ifrtll' nicht verdrängen. Das Recht der Sondenneinungen in der Kirche wird ausdrücldich zu diskutieren sein (vgl. SANDAy-HEADLAMR 386 ( mit Material). 21 ScHLATTER, Gerechtigkeit 371 wagt den Satz: »Daher erarbeitet sich jeder seine eigene überzeugung, seinen voüc;, und gehorcht dem Gesetz seiner Vernunft, 7,23.« Die überzeugung des Einzelnen, von der Röm 14,5 spricht, ist aber nicht mit dem Gesetz der Vemunft von Röm 7,23 identisch. Zur Literatur vgl. A. E. S. NABATAN, Bekenntnis und Mission in Röm 14 und 15 (Dias. Heidelberg 1963); L. NIEDER, Die Motive der religiös-sittlichen Paränese in den paulinischen Gemeindebriefen, 1956; O. Mux, Handeln aus Glaube, 1968. Du kritische Vermögen des v~ hat seine Grenzen. Auch in der erneuerten Vernunft bleiben venchiedene Uneile im kirchlichen Raum möglich, ohne daß sie letztlich aufgehoben werden können. Es gibt auch letzte und vorletzte Gcwißheiten in jeder Uneilsbildung, was Paulus sehr wohl weiß. Paulus begrenzt bewußt die Uneilsbildung, indem er hier auf das Recht, die Macht und den Segen des Herrn hinweist. BARRETIR 260 f. betont mit Kraft das letzte Recht des Schöpfers und die aUeinige Hernchaft der Gerechtigkeit aus Gnade: R«hJ und GMiU Goltu wnden /Ion beüIne GnI/JIJnI v"ÜI{.I. 22 Lxsyr. Bu. Chrys. Thdrt fügen das fehlende Glied hinzu: KalO ~ WOV
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sierend im Sinne von '~~). 3. Wu der einzelne Christ tut, du geschieht in der Verbundenheit mit seinem Herrn. Die ente oder zweite Deutung sollte gewählt werden. Paulus meint, daß du Dankgebet die Garantie dafür ist, daß die venchiedenen theologischen überzeugungen im Dienst bzw. in der Verantwortlichkeit vor dem gleichen Herrn ihren Sinn und ihre Bedeutung gewinnen.
Entscheidend ist also die Tatsache des Gebetes, das die Mahlzeit begleitet (WxQQLmEL 'tQ> itEQ». Sowohl der Lobspruch vor dem Essen als auch das Dankgebet nach Tisch überwindet die verschiedenen überzeugungen24 • V 7-9 bildet einen in sich geschlossenen Zusammenhang, der allerdings aus venchiedenanigen Gliedern besteht. Am Anfang (V 7) steht eine negative Tluse, die sich an V 6 anschließt und das Einzelverhalten in die Grundsätzlichkeit der christlichen Existenz hineinstellt. Die positive Weiterfiihrung (V 8) wirkt rhythmisch und klingt wie ein Taufbekenntnis (vgl. 2Tim 2,11-13). Neu ist die Einführung des »Wir«-Stiles, der die Gemeinsamkeit des christlichen Lebens und Sterbens stark heraushebt (V 7-8). Den Abschluß bildet eine christologischeArusage, die den Sinn des Xyrios-Bekmnmisses entfaltet (V 9). Sie ist streng objektiv und hat den Bekenntnis-Stil aufgegeben. Der Aufbau des ganzen Zusammenhangs ist als Steigerung aufzufassen. Nach der grundsätzlichen These (V 7), die jede Mißdeutung der christlichen Existenz abwehrt, folgen zweimal 2 UIVSätze, die paarweise einander zugeordnet sind (V 8). In ihnen wird das Leben und Sterben jedes Getauften in seiner Ausrichtung aufChristus beschrieben. Die so wichtigen Verhaltensweisen der beiden Gruppen (V 5.6) wirken nunmehr klein und unbedeutend gegenüber der grundsätzlichen Herrschaftjesu Christi über das Lebenjedes Einzelnen. V 9 als Abschluß wirkt wie eine »Konsequenz« der vorangehenden Verse. Sicherlich ist der Zusammenhang V 7-9 dtJs eigentliche Kernstück des ganzen Abschnittes. Vielleicht könnte man daran denken, daß der ))Freie« am ehesten dem Verdacht unterlag, für sich selbst zu leben (tavup tftv). Der antike Mensch kennt allerdings die Möglichkeit, sich selbst zum Maßstab und Ziel seines Lebens zu machen 25 , sieht aber die Gefährlichkeit einer derartigen Lösung ein. Entweder man gab sich den Staatsgeschäften hin oder man führte ein privates Leben, das dann als »sibi vivere« bezeichnet wird. Hat etwa der »Schwachece vom »Starken« behauptet, er lebe sich selbst? Auch der Jude weiß, daß Gott der Herr über die Geborenen, die Gestorbenen und über die Wiederaußebenden ist. »Denn vor ihm gibt es kein Unrecht, kein Vergessen, kein Personansehen und kein Annehmen von Bestechung. Denn alles gehört ihm« (Ab 4,22).
24 Str-B I II 309; G. HARDER, Paulus und das Gebet, 1936, 121. G. HARDER weist daraufhin, daß das Tischgebet von Paulus jedes Mal als DawaglUll beschrieben wird. "Wie wir bereits sahen, ist damit der gewöhnliche israelitische S,gnus/Jnl&h über den Mahlzeiten gemeint, der je nach An und Speise und Zusammt'nKtzung der Gänge der Mahlzeit ein anderer war.« Paulus behandelt du Tischgebet als einen Akt des Bekenntnisses zum Herrn und der Weihe der Mahlzeit für den Herrn, wie die Wendung ..dem Herrn essen« deutlich macht. G. HARDn vmnutet, daß du Tischgebet des griechisch sprechenden Juden mit EÜ~ X'UQLO~ begonnen habe. Außerdem ThW II 758. 25 Terenz, Adelphoe V 4,9: .. ille suam semper egit vitam, in otio, in conviviis ... sibi vixit, sibi sumptum fecit« Plut. vit. Cleom. 31: ~ yllQ tfJv JAbvou; tavwt~ xa1 imotvt)OXELV. Die modeme Lesung, daß jeder sein eigenes Leben leben müsse, geht auf eine antike Wendung zurück (LAGRR 326).
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Schönistdaa WonMetatrons über Moses nachdem Midr. Tanch. (5a Wiener Auag.):»Q Herr der Welt, er lebe oder sterbe, so ist er dein.« Wir dürfen annehmen, daß Paulus in V 8 alten liturgischen Stoff verarbeitet hat.
Die Zusammenstellung: Leben-Sterben dürfte nicht auffallend sein, denn sie umreißt die ganze menschliche Existenz. Im Leben und Sterben ist der Glaubende seinem Herrn verantwonlich; er lebt und stirbt im Blick auf Christus. Diese Herrschaft des Christus über Tote und Lebende ist die Folge von Karfreitagund Ostern (V 9)26. Di~Form des Verses betont stark den objektiven Zweck des Heilsgeschehens (E~ 'to\rto, tva). Der Herr der Toten und der Lebenden vermag auch Herr über die verschiedenen Gruppen in der römischen Gemeinde zu sein. V 10 nimmt die rhetorische Frage von V 4 wieder aue Aus der Verantwonlichkeit des Haussklaven vor seinem Herrn wird jetzt die eschatologische Verantwonung vor dem Richterstuhl Gottes, der niemand entgeht27 • Die Form dieser Weissagung ist besonders eindringlich; ihr Inhalt wird auch sonst bei Paulus bezeugt (2Kor 5,10). Das Schriftzitat Oes 45,23 mit Einschlag von 49,18) soll hier die U nausweichlichkeit der menschlichen Lage beschreiben, in der auch jeder Glaubende steht. Es handelt sich nicht nur um ein beliebiges Gotteswon, sondern um einen ausdrücklichen Gottesschwur ())so wahr ich le~()28. Das nachfolgende mL leitet den Inhalt des Schwurs ein. Die beiden Glieder des Zita-
J6 Wir haben in V 9 verschiedene Fonnen der christologischen Aussage vor una: I. cmt6avn XCIi ftY)<Jt'Y (K ABC);2. ~E'Vxal ävtant(G vulgo Ambr. Orig.);3. ftTJoE'Vxa1 ~xai.ävt<m) (D Iren. lat.); 4. cmtitavrv xalltvtmTJ xa1 ftTJoE'V (LP); 5. cmt&avE'V xai. fl;Y)OE'V xa1. ävt<m) (pcsch.); 6. MttavE'V xa1. ~ xa1 chtt'lOE'V (min., Method., Epbr.). Die ente (altägyptische)
TextfOnn ist wohl unprünglich; Wir haben anzunehmen, daß diese christologische Aussage ursprünglich ~WIi,Iwn, war und später au'efiillt wurde. ftTJorv ist ingressiver Aorist: er iSllebendig geworden. Die Verbfonn dürfte altertümlich sein. Zum Ganzen vgl. LTZMR 116; SANDAy-HEAJ>. LAMR 389; ZnR 575 Anm. 12 (mit Hinweis auf AplrJoh 1,18). 27 ~ ist aUi der Gerichtuprache genommen; ~L heißt: »dem Richter vorfUhrelltc (vgl. den hdlenistischen Sprachgebrauch aufInschr. und Papp.). In diesem fOreuiachen Sinn findet sich das Verbum auch SODSt bei Paulus (2Kor 4, 14). U) Pitl.&a ist der öff""ldl -Richterstuhl« (Mt 27,19;Joh 19,13; Apg 18,12.16 f.). Die besten Handachriften lesen -uP PtlI.&a'tL 'toU twü, während K im Anschluß an 2Kor 5, 10 'tfP PtlI.&aU ",06 XQLatoü liest.Origenes sagt ausdrücklich,daß PaulUi im Römerbrief und 2. Korintherbrief an dieser Stelle verschieden schreibe. 211;cö tyW ist in diesem Zusammenhang feierliche Beteuerung (»so ich lebe« Num 14,21.28; Dan 12,7 u.ö.). Auch Atya x{JQ~ ist in diesem Fall eine Verscbärfung des Zitates (»Gott selbat sagt es«). Es ist wahncheinlich. daß PaulUi mit AQ des LX X-Textes ~).oy{Jon(IL gelesen haL Zur Tradition des Zitates vgl. Phil 2, 10-11; J Ultin apol. I 52,6. Im Aüldm4lioMvjund in der Homologie (hymnischer Lobpreis) spielen das Bekenntnis zu Goues Tat in der Geschichte und die penönliche Entacheidung für eine Person der Geschichte eine wichtige Rolle. Messiuwürde, Gotteaohnschaft. KyriOlbelr.enntnis haben daher geschichdiche, lill1l'lische und kOl11Üsche Bedeutung. Vgl. dazu G. v. RAD, Theologie des AT, Bd. 1,3890:; O. MICHEL, ThW V 201 &:; E. LoHsE. Die Texte aUi Qumran. 1971, 109f.; O. BETZ. Le ministere cultuel, 1959, 1950: Von ähnlichen Vorauaetzungen geht W. KaAMEll, Christus, Kyrioa, Gottessohn, 1963,67 &: aus. Paulus bat christologisch zwischen der Messiaswürde, der Einsetzung in die Sohnschaft und dem Kyrioebekenntnis untenchieden. Dazu achtet er auf das Ereignis, in dem lich ein christologisches Geschehen abspidt. Die~, auf die sich Röm 10,12 ff. bezieht, ist mit dem Taufüt verbunden. Man ruft den Namen Gottes bzw.Jesu Christi an und beruft sich in der ParaIr.lese aufden Na-
wahr
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tes sind im Parallelismus aufgebaut, aber auf dem zweiten liegt besonderes Gewicht. Paulus denkt an die eschatologische Anerkennung Gottes als des Herrschers und des Richters; der Mensch beugt die Knie (zur Anbetung und Huldigung) und stimmt den Lobpreis Gottes an. Es ist eigenartig, daß der Schlußteil V 10 ff. ausschließlich auf Gott selbst gerichtet ist. Das Schwergewicht der Gedankenführung liegt auf dem Zitat V 11, während V 12 wie eine Folgerung aus dem vorangehenden alttestamentlichen Wort klingt29 • Inhaltlich schließt dies eng an V lOb an. Man wird diesen Nachklang der vorausgesetzten Situation entsprechend zu verstehen haben: jeder von uns wird über sich selbst, nicht über seinen Bruder, öffmtlicla Rechenschaft abzugeben haben.
b) Röm
14,1~23:
Der Verzicht um des Bruden willen
13 Darum wollen wir Dicht mehr ei-geier richten. 80IIdem haltet vJelmehr du für recht, dem Bruder Dicht AJI8to8 oder Xrpraia zu bereiteD. 14 Ich weiB UDd bin im Hem J.... übeneqt, cIa8 Dich..... UDd für 8ich lUII'eiD Ut; nur dem, der etwu für lUII'eiD hilt, dem Ut e. UDI"eiD. 15 Dema wenD deiD Bnder um eiDer Spei8e wOlen betrübt wird, daaa waaclel.. du DicIat ...... pmi8 der lJebe. Ilidde Dicbt durch deine SpeUe den mpuade, für den Cbri.au . . . . . . . Ut. 165 0 " DIIII du Gute, du ihr ......, Dicht der l.iIaenaDi preial I'Deaa eHe Hernchaft GGaee lIel&ebt Dicht ia E..a aad TriMm, ....... n ia Gererb.....t aad Friedea aad Freude im beUipa Gebt. 18Deaa wer daria CIIrUtu dieat, i.a Gau w~ UDd vor cIea MelllCben bewiIut. 19 50 ....... wir nua..eh dem, wudem FriedeD UDd der ppueitipa Erbaua. . cUem. 2OZerRÖl'e Dicht wepn eiDer Spei.ee du Wen Goaal 21 AlIea Ut zwar rem. aber e. Ut Khidlich für den MeaKbeD, der e. UDIeI' An.... iJk. 21 Ea Ut pt, Irela I1eUch zu euea aad Irelaea WeiD .. triMm, DOCh überbaupt etwa zu tuD, WanD deiD Bnader An.... Dimmt. 22}bbe du cIea GI"Ubea,deadu hat, fürclich . . . . vor Goal SeIiIi.ader,"'1ich Dicht . . . . du Urteil IJIricht bei dem, WIU er für recht hilt. 23 Wer .... .weifelt, wenD er Uk, der Ut verarteilt, weil er e. Dicht ... GlN'hn tat; .oe. 1Iber, wu DicIat _ GJeuhen kommt, du lat SiiDcIe.
AlI4lyse: Der neue Abschnitt ist rhetorisch lebendig und verwendet die verschiedensten Formen der apostolischen Mahnrede. Er ist etwa gleich lang wie der vorangehende (14, 1-12) und setzt die paränetische Erörterung der umstrittenen Freiheit fort. Es schälen sich zunächst zwei Grundthesen V 14a und V 20 rnm GoUtS bzw.Jesu Christi. Dazu illjctzt wichtilJ. A. FITZMYE.&, Der lmÜn.che Hinterp-und des ßCUttSt. Kyrioititela, FestKhrift H. Conzclmann, 1975,267-289. Die HoWIIIID,u achlic8t die ~ ein und baut sie lOpf au.. Abo iat die bekennende Auaaaae Phil 2,11; Röm 14, 11 auf die cndzcidichc Huldigung und Anbetung aller Mcnachcn zu beziehen UCI 45,23; 49,18). In urucrem Zuaammcnha.ng bedeutet diese Zukunft eine Zurechtweisung aller Widerspenstigen. Der Mcnach hat keine Richlel'llCllc sich anzumaßen (C. K. BAUETI'). 29 4Qa ilt hier ohne obv zu lesen (Riim 7,21; 10,17). Fraglich ilt auch die Beimgung von -up tr..p hinter cblo6ciml (bzw. 6ciMm). Es iat auflilllcnd, daß tcilweise dieselben Zeugen (z.B. BG) o6v und 'ai> 6eql wcgla.acn.
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aus dem Zusammenhang heraus, aber das Gewicht beider Sätze wird beeinträchtigt durch die für Paulus typischen Zusätze (V 14b: El V 15: d yclQ ... , V 20: t'tlla ... ). Der Tenor unseres Abschnittes liegt nicht in der Weitergabe der beiden von Paulus übernommenen Grundsätze, sondern in der apostolischen Anweisung, sie nur in der Liebe anzuwenden. Man hat also zwischen dem, was Paulus grundsätzlich anerkennt, und dem, was er thetisch neu formt, zu unterscheiden. Das eigentliche Schwergewicht des Abschnittes liegt auf den schwerwiegenden Verboten, die sich ständig wiederholen: V 13a. b.15b.16.20 und die den »Starken« einschärfen, keinen Anstoß zu erregen. Während im Anfang unseres Abschnittes diese Verbote den Gedankengang bestimmen, veranlaßt die wichtige Regel V 17 über die IkwLAda 'toü aeoü eine positive Weiterfiihrung der Paränese: V 1~19; 21. Der Abschluß V 22-23 geht wieder in eine grundsätzliche Betrachtung über, die in die Tiefen der paulinischen Theologie führt und in diesem Zusammenhang außerordentlich aufschlußreich ist. Er besteht aus Imperativ, Seligpreisung und grundsätzlichen Thesen. Exegese: Das Neue und überraschende an unserem Abschnitt besteht darin, daß die Freih~it der ))Starken« unter dem Gesichtspunkt des »Anstoßes« und des »Ärgernisses« gesehen wird; die »Schwachen« bedürfen gegenüber dieser Freiheit des Schutzes der Liebe. Paulus entscheidet, daß die »Schwachen« nicht zur Aufgabe ihrer überzeugung, zur Anpassung und zur Sünde verführt werden dürfen (V 13.15-16.20), bahnt aber dann Schritt für Schritt einen Weg für den apostolischen Rat der Liebe (V 1~ 19.21-22a). Aufs Ganze gesehen, wendetsich also unser Abschnitt besonders eindringlich an die Adresse der »Starken«: ihnen gelten die scharfen Verbote ausschließlich; sie haben auch die Möglichkeit, das Verhältnis zu den »Schwachen« durch die Liebe zu ordnen. Und doch finden sich auch in unserem Abschnitt Forderungen und Thesen, die an heide Gruppen zugleich gerichtet sind (V 13.17.19.221>-23). Es zeigt sich also, daß Paulus zwar grundsätzlich der Wahrheit der »Freien« zustimmt, daß er aber vom Evangelium her diese Wahrheit in das Licht der Liebe rückt. Nur die Wahrheit, die mit der Liebe geeint ist, entspricht dem Evangelium. Die Gedankenfiihrung des Paulus ist keineswegs unzusammenhängend, vielmehr ist eine vorsichtige Steigerung und Entfaltung des Ganzen unverkennbar l . Derühergangvon V 101>-12 zu V 15a ist nicht unvennittelt. Aus dem Wissen um die eschatologische Verantwortung aller ist leicht der Verzicht beider Gruppen auf die gegenseitige Verurteilung abzuleiten. Der bisherige Zustand soll ein Ende finden (J.L'1xtn), und ein echtes geistliches Urteil der »Starken« muß an seine Stelle treten ('to'Ü'to XQ(vau). Von ihnen muß also die Situation der Ge-
1'' ...,
1 Auffallend ist. daß Paulus in dem neuen Abschnitt scheinbar aufjede autoritative Entscheidung verzichtet: um 10 wichtiger encheinen dann die Zitate und Grundsätze, auf die er sich beruft und die du Ganze tragen. Daß dieser At.chnitt allerdings seinen persönlichen Einsatz verrät, zeigt die schwurartige Beteuerung: .. Ich weiß und bin im HermJesus völlig überuugt« (KAsEMANNR 359). PALUsR 150 hat starke Bedenken gegen die Echtheit von V 16-23 wegen ihres lockeren Aufbaus und der WiederholWII der Gedanken, nicht 10 sehr wegen der in ihnen vertretenen Sache oder ihres Inbaltes. Du Problem, auf das A. PALLIS aufinerbam macht, wird durch eine Auuchaltung der Verse 16-23 nicht gelöst.
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meinde verändert werden. Offenbar liegt in dem verschiedenen Verständnis von XQ(VELV eine Art WortspieP. Die beiden verwandten Begriffe KQ6cn«>JA.I.UI und axav6aA.ov werden gern miteinander verbunden (»Anstoß« und »Ärgemis«)3. Der »Schwache« wird nicht zum Ärgernis oder Anstoß für den »Starken«, wohl aber umgekehrt der »Starke« für den »Schwachen«. Die Situation ist also durchaus ungleich. Wenn der »Schwache« den Sabbat hält, dann weiß sich der »Starke« frei von dieser Verpflichtung; wenn aber der »Starke« den Sabbat bricht, sieht der »Schwache« dies als einen Verstoß gegen den Glauben an. Wenn der »Schwache« aus einer besonderen Gewissenhaftigkeit heraus kein Fleisch ißt und keinen Wein trinkt, so berührt das den »Starken« nicht, wohl aber ist es für den »Schwachen« fast unerträglich, daß der »Starke« keinerlei Bedenken empfindet. Wird für den »Schwachen« die Freiheit des »Starken« zur Gefahr, dann verstrickt er sich in eine falsche Anpassung4. Der »Starkecc vermag den »Schwaehen« zu verderben (cbtOll:UELV Röm 14,15; 1Kor 8,11). Die Warnung an die »Starken« (V 13b), dem »Schwachencc keinen Anstoß und kein Ärgernis zu g~ ben, darfallerdings nicht mißverstanden werden; deswegen gibt V 14 die grundsätzliche Stellung des Apostels in dieser Auseinandersetzung. Auffallend und ganz besonders stark klingt die Verdoppelung: »Ich weiß und ich bin überzeugt im HerrnJesus«5. Paulus stellt seine ganze Autorität hinter die These, daß nichts aus sich selbst unrein sei. Dieser Satz Jesu, der mit der ganzen jüdischen Tradition bricht, wird von ihm ausdrücklich bestätigt. Der Zusatz: tv xUQ((P 'IT)oo'Ü klingt wie eine Berufung auf die Autorität des Herrn, dem der Apostel verpflichtet ist6 • Er weiß, daß er in übereinstimmung mit dem HermJesus das folgende 1 Deutlich wird, daß der Imperativ XQ(VQ'tE (mit nachfolgendem substantivierten In6nitiv) im Wortspiel zu XQ(v~ gesagt ist. Die übersetzung dieses Imperativs will allerdings nicht recht gelingen. KASEMANNR 358: »Die Grundbedeutung 'On Urteil fällen( wird in 13a zu .verurteilenc zugespitzt, in 13b zu .kritisch bedenken. abgewandeltcc. l B ann. peseh. Ephr. lesen nur: W J&il 'tL~tvaL 't«iJ ilbd.qxp cn«av6aAov. Die heiden Begriffe XQ6oXOJ.&I&O und axlIv6a).ov finden sich auch in Röm 9,33; 1PetT 2,8. An ~ hängt das Bild des Steins oder des Hindernisses auf dem Wege; der Stein bietet die Möglichkeit zum Fall. ax~ (»Falle«) iststärker undenthältdaa Moment des Anstoßes, das den Widerlpruch und die Empörung herausfOrdert. axlIv6a).ov (eigentlich: das Krummholz in der FaHr.) findet sich schon im Ahen Testament U0l23,13; Ps 140,9; IMakk 5,4; Symm. und Theodot. zuJes8,14). ZUKQO(nLetvQL axlIvlIaA.ov vgl. Lev 19,14. Die beiden Begriffe und ihre Verbindung weisen aufdu Alte Testament und die pa1ästinische Tradition zurück (G. STAHLIN, Skandalon, Die Geschichte eines Begriffs, 1930, 171 ff.). 4 SCJU.AlTEll, Gerechtigkeit 374: »Die Schwachen sind in Gefahr; sie gleichen lieh den Freien an und verlieren dadurch die Wahrhaftigkeit. Der Verlult der Wahrhaftigkeit ist aber tödliche Gefahr.ft 5 xmELOJ.&aL tvxuQUp findet sich auch inGal5,10; Phil2,24; 2Theas3,4. An unserer Stelle wird die sonstige Ausdrucksweise verstärkt. PALLlsR 149 spricht geradezu von einer Art Eidesformel (vgl. Röm 9, I). Wir haben es mit einer nachdrücklichen Form der B,1nImt1It zu tun. Die apostolische Beteuerung ist On Schutz der angefochtenen Wahrheit. KASEMANNR 362 übersetzt sogar: Itkraft der Autorität des Herrn Jesus«. 6 Zunächst ist an eine Weitergabe des LehnatzeaJesu zu denken (Mk 7,15; Mt 15,11). Und doch zitiert Paulus nicht ausdrücklich du WortJesu, sondern spricht von seiner Verbundenheit mitJesus Christus, die nicht nur in der Aufnahme eines Wortes, sondern auch in einer übereinstimmung mit der inJesus Christus geschehenen Offenbarung Gottes besteht. Sein Weg ist in den WegJesu CbriJti hineingenommen. »Tamquam qus membrum et minister« (R. COIlNELY, M. J. LAGlANGE).
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Wort weitersagt'. Trotz dieser grundsätzlichen übereinstimmung schränkt der Apostel die Gültigkeit dieser These ein8 . An und für sich ist keine Speise unrein» wohl aber wird sie es durch den» der sie für unrein hält9 • Nach jüdischer überzeugung bestimmt das Gesetz» welche Speisen für Israel ))rein« bzw. ))unrein« sind» und durch welches Geschehen ein Mensch unrein werden kann. Durch die Jesustradition kommt ein gänzlich neues Ventändnis von ))rein« und ))unrein« auf, das sich grundsätzlich mit dem Gesetzesverständnis Israels in Spannung befindet. Paulus stellt sich bewußt auf die Seite J esu und dami t gegen das Gesetzesventändnis Israels. Er sieht aber den Gegensatz von ))rein« und ))unrein«» der zum alten Äon zu rechnen ist und deshalb keine letzte Relevanz hat» hier in der römischen Gemeinde und unter diesen Verhältnissen deshalb für weiterhin bedeutsam an» weil die christlichen ))Schwachen« durch ein liebloses Außerachtlassen ihrer ))Schwachheit« in ihrem Gewissen verletzt werden könnten. Neben der Bedeutung» die der Gegensatz: rein und unrein in der grundsätzlichen Sicht hat» gibt es auch die andere Betrachtungsweise» die sich im Gewissen des Einzelnen auswirkt und deswegen nicht übenehen werden darf. Deshalb legt Paulus auch hier auf das A.oy(tEa6at. (~~) ein besonderes Gewicht lO ; In diesem A.oy(tEo6aL vollzieht sich für ihn eine Realitä~ die Gültigkeit beansprucht und von der sich der einzelne Glaubende nicht ohne Schaden lösen darf. Dabei will Paulus keineswegssubjtktivieren oderrtlativieren, da in diesem A.oy(troitaL ein tatsächliches Gebundensein an die Wahrheit Gottes liegt. Es geht in dieser Auseinandenetzung nicht nur um Wahrheit und Wahrhaftigkeit» sondern vor allem um die WallTheit Gottes, die tltl&h die WahrluJjtigkeit des Menschen bis flMjs Lek,1l erjassen will. Der Mensch kann mit seiner Lieblosigkeit die Kraft der Wahrheit Gottes entmächtigen» obwohl sie Wahrheit bleibt. Vielleicht darf man in V 14 auf das nachgestellte txEiv~ aufinerksam machen» das dem Partizip nachgeordnet ist und offenbar Ausdruck eines bestimmten Lehntiles ist l l . V 15 schließt sich an V 13 an und zeigt» worin der Anstoß besteht und was für Folgen er hat. V 14 ist also gedanklich eine Art Parenthese, und das überleitende y6Q lenkt zu V 13 zu-
7 Die übertragung: Itvennäge meiner in der Gemeinschaft des Herrn gewonnenen Einsicht« (R.. A. LIPSIUS, H. LIETZMANN) scheint mir zu blaß zu sein. DoooR. 215 UßlIChreibt: »diese überzeugung ist untrennbar von seiner christlichen Er&.hrung«; aber auch diese Deutung bringt nicht genügend zum Ausdruck, daß du autoritative Wortjeau den Apostel unter die H'ernchaftjesu Christi stellt und den Apostel auf seinem Lebensweg bestimmt. lutdl begegnet bei Paulus in ähnlichem Sinn 1Kor 7,17; Gall,7. Vielleicht istdiea d tdI sernitisierend (hebr.•'1 ~ aram .• und entspricht einem i&UQ (BI-Debr 448,8; PALLIsR. 149). , XOt.~ ist offenbar im späteren judengriechisch mit a;\, gleichgesetzt worden (vgl. IMill 1,47.62;jOl. ant. 12,112; 13,4). Gegenaatz zu XOI.~ ist in Röm 14,2O~. Im Hellenismus ist Plut. Erot. 4 p. 751b als Parallele heranzuziehen. 6L' tavtou ist durch. B bezeugt, während eich (K' aCrwiI in AN>G behauptet.6\' aiJ'toiJ wird in der Exegese on für ursprünglich gehalten und sogar gelegentlich auf Christus bezogen (Theod., Thein). lOWichtig ist die Parallele I Kor 8,7-13; aber merkwürdigerweise fehlt hier der Begriffouvn~, der im I. Korintherbrief bedeutsam ist. Die Freiheit von den Speisegesetzen ist ein grundsätzliches Erbe der jeaultradition (Mk 7,15) und der Auseinandersetzungen der Urgemeinde (Apg 10,15; 15,29). Vgl. KAsEMANNR. 359. 11 Z.B. joh 1,18; Mk 7,20; 2Kor 10,18; vgl. auch Xenoph. Cyrop. VI 2,33.
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rück U . Durch den Genuß der Speise entsteht auf Seiten des ••schwachen« Bruders .)Betrübnis« als eine Form des »Anstoßes«, vielleicht auch Traurigkeit, Bitterkeit und Gekränktsein (2Kor 7,10)13. Wer aber den Bruder absichtlich oder unabsichtlich betrübt, wandelt nicht mehr nach der Richtschnur der Liebe 14 • Daher warnt der eindringliche Imperativ J.L" im6UvE vor der Gefahr, den Bruder »Zu verderben«. Im Anschluß an einen bestimmten jüdischen Begriffbedeutet imOll:UELV hier: .)in Sünde verstricken, das eschatologische Leben zerstören, den Glauben zunichte machen« 15. Um des geringfügigen »Essens« willen (~J.&Cl = f:'QcOO~ V 17) verdirbt der .)Starkec< den gleichen Menschen, für den Christus starb! DaßJesus Christus für die Menschen starb, ist aber das Zentrum der Verkündigung (Röm 5,6.8). Du schätzt deine Speise höher ein als Christus sein eigenes Leben U. A. Bengel)! Du schaffst Verderben, wo Christus Leben gebracht hat! Dein Handeln richtet sich nicht nur gegen den Bruder, sondern gegen Christus selbst (lKor 8,11.12)16. Die Warnung V 15b wird durch V 16 verstärkt: »Laßt euer Gutes nicht verlästen werden!« Auch dieser neue Imperativ beginnt mit einem J.L'l und hat ein folgendes bei sich 17 • Der Sinn des Imperativs wird verschieden gedeutet. Wenn Paulus sich an beide Gruppen wendet, dann wäre 1:0 eya&6v (hebr. = :li") eine Umschreibung des Heiles (= eyaita Röm 10,15). In diesem Fall denkt unser Text an Nichtchristen, die den Streit um sogeringfiigige Dinge zum Anlaß von Lästerungen machen 18• Wahrscheinlicher ist aber, daß Paulus sich an die Adresse der .)Starken« wendet und davor warnt, die Freiheit des Christen (= 1:0 eya&6v), den Vorzug der »Starken«, der Lästerung preiszugeben (vgl. 1Kor 10,30). Die Stärke des Ausdruckes J'Aaoqn'IJ.LELv muß beachtet werden. Auch der »Schwache« hat Möglichkeit und Grund, zu lästern.
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I. Eine gest~/i&1u Vonchrift des Alten Testamenta lautet: »Vor einem Blinden sollst du keinen Anstoß legen« (Lev 19,14). Im Frühjudentum wurde der F,muh dem BliNJm gleichgesetzt. Targ.jerusch. I und II deuten Dt 27,18 in diesem Sinn: »Verflucht ist, wer einen Fremden (= Blinden) auf dem Wege irreführt, denn dieser gleicht (in seiner U nkenntnis) einem Blindencc (Str-B III 31O). Wenn Paulus in Röm 14,13-23 die AnschauDie antiocheniache Rezension enetzt y~ durch 6f, ist also schwächer. Vgl. als Parallele TestBenj 6,1-3: (6 ~~) ... oo).\m€i tbv nAt)CJWv. Daß ),'6'"1 nach der An der Weh den Tod verunacht, sagt 2Kor 7,10. ).meiv ist für Paulus Gegensatz zu lryamiv. 14 xatll cr,Gmtv 1C~atEiv enthält den Hinweis auf den Maßstab, dem man sich unterordnet (vgl. Köm 8,4). Der Sache nach ist an Eph 5,2 zu erinnern (1CEQUmteiv f:y iIy(uqs). 15 Vgl. Sanh 4,5: »Jeder, der eine Seele aus Israel verdirbt, dem rechnet es die Schrift an, als wenn er eine Welt voU verdirbt.« Der Gegensatz von'TP. ist hier ~p (- »erhalten«). Vgl. DELITZSCHR 97. Das Ventändnis von ItLeben« und »Tod« bestimmt jeweilig das des ItVerderbens« und des »Zen~ renscc. 16 Vgl. die Gegenübentellung: Röm 14,15: "" tcP ~n oou beivov cbroUuE, inUQ 06 XQLat~ iaxt6avtv. I Kor 8,11: cbt6U.utaL yQQ 6 ~ f:y tf1 ati yvQxnL, 6 ~ 6L' 6v ~ 12
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cbtt&avEV. 17 Die Lesart 'ÖIAÖJV bat um des Kontextes willen den Vorzug gegenüber der westlichen Lesart ~. ZnR 581 tritt allerdings für
'il1AÖJV ein. denkt an Läaterung von nichtchristlicher Seite, denn lieblOlC U neile der »Schwachen« über die »Starken« könnten nicht Lästerungen genannt werden. Der »Schwache« empfindet die Freiheit der »Starkencc als Sünde und als Bosheit, weil sie ihn vergewaltigt, könnte also auch mit einer Lästerung antwanen. ScttuERR 415 deutet das Verbum ~ in 14,16 um6usend: Gru~ pm, Christen und Nichtchristen, machen sich der Lästerung gegen Christus schuldig. 11 ZnR 581
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ung vom Anstoß und Argernis auf das Verhältnis der »Starken« zu den )Schwachen« anwendet, dann setzt er eine gewisse Schutzbcdürftigkeit der ))Schwachen« in diesem V erhältnis voraus. Der Ton von V 13-23 ist also ganz andersartig als in V 1-12, wo Paulus auch die ))Starken« in Schutz nehmen muß. Die Anschauung vom Anstoß und Ärgemis,ja auch die verwendeten Begriffe und Fonnulierungen sind stark semitisch gefonnt (z.B. )Anstoß gebencc, »verderbencc). Die Schutzlosigkeit der »Enthaltsamencc besteht darin, daß sie dem Druck der »)Starkencc nicht widerstehen können. 2. Obwohl Paulus die theologische Wahrheit der beiden Grundsätze V 14.20 mit Entschiedenheit im SinneJesu und auch der Pneumatiker verficht, schützt er die andersartige Wahrheit Gottes, die in der Existenz der »)Schwachencc liegt, und er ist bereit, um der Liebe willen das Recht auf den Vollzug der theologischen Wahrheit preiszugeben (V 13.15.21). Der )Starke« soU an der Existenz der »)Schwachencc lernen, daß die Liebe in einem GtnuJGlI auf ein theologisch begründetes Recht verzichten kann. Auch in diesem Grenzfall ist die Liebe nicht die Preisgabe der theologischen Wahrheit, sondern ihre ausdrückliche Bestätigung. Nur wer die theologische Wahrheit anerkennt, kann auf ihren Vollzug im Dienst für den Bruder verzichten. Der )Schwachec( seinerseits lernt durch die Liebe dei »Starkenc" daß durch Jesus Christus ein Verhalten möglich ist, das innerhalb leines eigenen Denkens und Glaubens nicht mehr begreifbar ist (»extra nos«). Entscheidend ist, daß der Gehorsam gegen die eigene überzeugung zum Heilsstand notwendig ist, und daß ein Verstoß gegen ihn in falscher Anpassung an den anderen zur Sünde wird (V 23). Es gibt nur dann eine echte Anpassung an den Bruder, wenn sie durch die Liebe vollzogen ist und wenn sie selbst Ausdruck der eigenen Freiheit bleibt. Der Gehorsam gegen die eigene überzeugung hat seine Grenze an der Existenz des Bruders, der diesen Gehorsam in anderer Weise,ja gegensätzlich vollzieht, Paulus lehn also die Gemeinde, Unterschiede des überzeugueins zu ertragen. Er weiß, daß jede einzelne theologische Wahrheit umschlossen ist von der alles umfassenden Wahrheit Gottes, daß jeder Glaubende aus seiner Gnade lebt und ihr verantwortlich ist. Daß man in Rom die Aufforderung des Paulus, kein Fleisch mehr zu essen und keinen Wein mehr zu trinken, wirklich befolgt hat, kann man sich kaum vorsteUen.
V17: Zur Begründung der vorangehenden Imperative (yclQ) verweist Paulus auf die Art der Gottesherrschaft. Der Satz hat die Fonn einer lehrhaften These, die nonnative Gültigkeit beansprucht 19 . Mag auch die These wie eingesprengt erscheinen, so ist sie doch für den Aufbau und die Gedankenführung unseres Abschnittes von besonderer Wichtigkeit. Der Sinn unserer These besteht nicht darin, daß Paulus die Mahlgemeinschaft in der zulciiriftigtn Gottesherrschaft ablehnt20 j auch will er nicht sagen, wie sie erlangt werden kann und wie nicht. Er will vielmehr kategorisch erklären, unter welchen Zeichen sie in derGtgmwart erscheint, und wie nicht. Es geht also um den Offmbarungscluzrakttr der Herrschaft Gottes in der Gegenwan. Die Gottesherrschaft ist hier für Paulus Inbegriff des
.. Paulus hat gelegentlich derartige feierliche Thesen über die Art der Gotteshernchaft in seine Erörterung eingeflochten (z.B. I Kor 4,20; 15,50; Gal5,21), wobei er gern durch eine Negation rinr Abgrenzung vornimmt. Gemeinsam ist allen diesen Thesen ihr grundsätzlichrr Charakter. 20 Vgl. Der 17a (A. WUNSCHE I 39): .. In der zukünftigen Welt gibt es weder Essen noch TrinJr.rn. weder Fruchtbarkeit noch Vennehrung, nicht Handel noch Wandel, nicht Eifer, nicht Haß, nicht Streit, sondern die Gerechten sitzen mit Kronen auf ihren Häuptern und erfreuen sich am G1anze der Schechina.« Das alles ist in der Gcgrnwart schon eingetreten. weil die Herrschaft Goues gekommen ist. Die mcuianischen Grundstrukturen sind in der Gegenwan durch dir Kraft des GeistCl wirk.aarn.
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und gegenwärtiges Geschehen. Gottes Gabe hängt nicht an dem Genuß bestimmter Speisen und Getränke, sondern vollzieht sich in Gerechtigkeit, Friede und Freude im heiligen Geistli. Der Zusatz: tv nvE'6J.la'n ay((p bezieht sich aufxaoa und will diesen Begriffvor Verfälschung schützenl l. Wir haben es also mit einer Trias zu tun, in der die Gottesherrschaft sich kundtut. ).Gerechtigkeit« ist hier selbstverständlich die eschatologische Gabe, die auch das Verhältnis zum Bruder umzugestalten versteht. Sie vermag auch im Verhältnis der )Starken« zu den »Schwachen« ihren kritischen und helfenden Dienst zu verrichten; jedenfalls ist dieser Gegensatz von geringerem Belang als die eschatologische Gabe selbst. Ebenso ist der »Friede« ursprünglich eschatologisch die Versöhnung mit Gott (Röm 5,1), die auch den Unfrieden mit dem Bruder beseitigt. Auch die Freude, die sich auf das Zukünftige richtet, ist eine Gabe des heiligen Geistes, die die »Betrübnis« des Bruders unmöglich macht. War der »Starkecc in der Versuchung, durch seine Freiheit den Bruder zu verletzen, so bezeugt die Freude, daß der Geist Gottes sich anders kundtut als in Traurigkeit, Bitterkeit und Gekränktsein23 • Man darf in dieser paulinischen Trias nicht eine Zusammenstellung menschlicher Tugmdtn oder menschlicher Wirkt sehen, sondern sie ist eine Darstellung der eschatologischen Gottesherrschaft: an ihr wird sie erkannt, und wo sie auftritt, ereignet sich die Herrschaft Gottes. Die Tatsache, daß Menschen die Freiheit besitzen, Speisen zu essen, die andere ablehnen, Wein zu trinken, den andere verweigern, ist fUr Paulus im Gegensatz zu den Pneumatikern nicht die Gewähr dafUr, daß das Heil erkannt worden ist. Röm 14,17 ist als Antithese zunächst den »Starken« zugerufen worden, kann aber als Mahnwort letztlich fiirbtidt Gruppen Bedeutung gewinnen. Zum erstenmal wird neben dem »Essencc auch das »Trinken« erwähnt; dadurch wird V 21 vorbereitet, der ausdrücklich von Fleisch-Essen und Wein-Trinken spricht. Die beiden Verse 18.19 ziehen paränetisch die Konsequenz von V 17. Inhaltlich sind sie trotz der gleichen Abhängigkeit ganz verschiedenartig im Sinn und Aufbau. Der Anschluß tv ~oimp am Anfang von V 18 macht exegetisch Schwierigkeiten (= in diesem
2t Wichtig ist ab Parallele Röm 5,1-2 mit ihrer Reihenfolge von Rechtfertigung, Friede und Hoffnung (= Freude). Es ilt also anzunehmen, daß audl hinter V 17 älteres Material steht. 11 Es entsteht die exegetische Frage, ob die Apposition tv m'ro~ lryUp zum letzten Glied oder zur ganzen Trias zu ziehen ist; es handelt lich nicht um das Verhältnis zu Gott, sondern um gestaltete Lebensformen, in denen Gottes Geist erkennbar wird. Außerdem ist das Problem, wie tv verstanden werdm 10U. Die Parallele I Theu 1,6 (IJoEtQ xaQCit; m't6~ ily(ou) könnte besagen. daß die Apposition zum letzten Glied gehön. ScHLATTEIl, Gerechtigkeit 376 spricht von einer _kausalen« Bedeutung des tv. 13 Die nächsten Parallelen zur Zusammenstellung von Freude und Geist Gottes lind I Theu 1.6; Gal5.22; Apg 13,52. überall ist die Freude geradezu eine AuadrucbtOrm des Geistes Gones. Ähnlich IQS 4.6 f.: Friede und Freude. Man könnte von musiIIIfischnI Struklltml Iprechen, in denen lich die Herrschaft Gottes unter uns aUlwirkt Ues 9,6; 11.1 fI'.). Diese messianischen Strukturen lind KriUrilrt gegenüber den Entwicklungen. die PaulUi in seinen Gemeinden bekämpft (vgl. ihren antithetischen Charakter I Kor 4.20). Es ist anzunehmen, daß in diesen messianischen Strukturen die Hernchaft Gottes antizipien wird. Auch auf die Früchte des Geistes (Gal 5,22) darf man hinweisen. AuffAllend ist bei KASEMANNR 361 du Kennzeichen: »Nicht Gefühle, sondern Befindlichkeiten«. Gott richtet Zeichen auf.
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Geist, in diesem Stück, auf diesem Gebiet?)l4: Nur derjenige, derin diesem Sinn (?) zum Diener des Christus wird (KoI3,24b), ist Gott wohlgefällig (= wird von Gott anerkannt, Röm 12,1.2) und ist zugleich vor Menschen »erprobtce (6OxL~). Das Schema: Gott-Mensch schimmert in dieser Bestimmung des ))Erwählten« und ))Erprobtence durch. Vielleicht darf man daran denken, daß dies ))Erprobt-( und ))Bewährtsein« ein Schlagwort pneumatischer Kreise war25 • Unser Vers kann nur als kritisches Wort zum Selbstbewußtsein der ).Starken« verstanden werden. Ihr Handeln 'und ihr Verhältnis zum Bruder ist keineswegs von vornherein Erfiillung des Willens Gottes, Ausdruck seines •• Geistes« und berechtigte •• Offenbarung«. Auch ihr Anspruch, ••erprobt« bzw. ))bewährt« zu sein, ist keineswegs so gegründet, wie sie es selbst anzunehmen scheinen. Paulus gibt vielmehr eine neue Norm für Gottes Wohlge&.llen und für das Erprobtsein vor den Menschen: das K"echtsei" (das 'l,-Sein, das ÖOUA.EUEI.V), das sich dem Christus Y.· unterordnet. In der Situation der römischen Gemeinde bedeutet das Knechtsein für Christus ein Sicheinsetzen für den Frieden und die Erbauung der Gemeinde in ihren Gliedern (V 19). ))Wir streben daher (dQa) dem nach, was zum Frieden dient. ce Der gut bezeugte Indikativ26 will zum Ausdruck bringen, daß es die natürliche Konsequenz aus dem ))Knechtsein« ist, sich mit aller Kraft für den Frieden und den Aufbau der Gemeinde einzusetzen 27 • Die alte semitische Zielsetzung: ))dem Frieden nachjagen« scheint in unserem Vers ein wenig umgeformt und erweitert zu sein. Frieden und Erbauung sind für Paulus Begriffe, die zusammengehören; der Friede ist die Voraussetzung für die Erbauung. obwöoJ,LTt geht insofern über ~ hinaus, als ))Erbauung« sowohl Wachstum als auch Reife der Erkenntnis und der Existenz im Glauben in sich schließt. Der Begriff ))Erbauung« erinnert an die Auseinandersetzung mit den Korinthern 28 ; er fühn in den Umkreis des Gemeindegedankens. Wenn Paulus also dem allgemeinen Motiv des Friedenschaffens noch das spezielle des Aufbaues hinzufiigt, dann gibt 2A Der Ioc-iere Anschluß tv 't0'Crtq) könnte sich auftv XVn,..,atL ~ beziehen (Orig.), bleibt aber fraglich.Die LA tv ~ (X) ist zu nahe liegend,um wahncheinlich zu sein (Tm.: nam qui in istis servit). Man könnte tv w6'tcp allgemein oder auf den ganzen Satz beziehen (I Kor 4,4; 11,22; 2Kor 8, 10). »Das >hierine scheint die angegebenen Güter zusammenzufassen. Aber der folgende Ven zeigt, daß der Apostel nur an das Motiv des Friedestiftens denkt. Es ist deshalb zu fragen, ob dies nicht auch der Grund fu.. die Einzahl (wönlich: in diesem) sei« (GAUGUR R 11 351). 3S Vgl. IKor 11,19; 2Kor 10,18; 13,7. 26 Der Indikativ ~ hat textiritisch den Vorzug vor dem schwächer bezeugten Konjunktiv 6~ (CDX lat.).Gelegentlich venteht man aber denIndikativ als einen alten Schreibfehler. Vgl. ZnR 583 Anm. 34. 27 eLQfIvr1v 6uimuv (bebr. ~.,..",) ist eine alte semitiacbe Wendung, die in das Neue Testament hineinreicht. Die Mahnung, dem Frieden nachzustreben, ist im antikenjudentum und Urchristentum geläufig (Hebr 12,14; IPctr 3,11; Röm 12,18). Ab 1,I2b mahnt ..sei ein Schülf"1' Aarons, den Frieden liebend und dem Frieden nachjagend, die Geschöpfe liebend und sie zur Tora führend!« Ähnlich lautet Sanb 6b: ,.Aaron liebte den Frieden und jagte dem Frieden nach und stiftete Frieden zwischen den Leuten.ce Vgl. außerdem Su··B I 21 ~218. Dem Frieden nachzujagen ist für duJuclentum ein ",wnmiclw Werk. Ähnlich schilden JOI. bcU. 2,135 die Esscner als ,.Friedensstifterce. 28 1Kor 14,3.5.12.26; 2Kor 10,8; 12,19; 13,10. Die Erbauung )tauf einander hin gegenseitig« mnnen an 1Thcu 5, 11: »Erbauet euch, einer den anderen.« In D*G lat. wird V 19 durch den Kohortativ qnt~ ergänzt, 10 daß der ganze Satz aus zwei einander entsprechenden Hälften besteht.
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er dem Friedenschaffen sein theologisches Ziel in der Lage der römischen Gemeinde29 • V 20: Der neue Imperativ: »reiße nicht um einer Speise willen das Werk Gottes nieder!« erinnert in seiner Eindringlichkeit an V 15a. Das »Einreißencc (xata)':6ELv) ist das genaue Gegenteil des »Erbauens« (V 19). Aufkeinen Fall darf nur wegen einer Speise (betont!) das Werk Gottes, also das Heiligeschehen selbst, vernichtet werden. Das »Werk Gottes« ist, wie V 15b bekräftigt, das KreuzJesu. Es umfaßt mehr als den einzelnen Menschen oder die Gemeinde als Encheinungsform 30; In diesem Zusammenhang nimmt Paulus die große L0sung: »tÜLlS ist rein« wieder auf, die in V 14a negativ vorbereitet war. Sie klingt pneumatisch und umfassend (Lk 11,41; Tit 1,15), hat auch äußerlich einen feierlichen Klang. Und doch wagt Paulus es, dieser Jesusioaung eine neue Einschränkung hinzuzufügen: das Essen ist verwerflich (xax6v) für den, der unter Anstoß ißt. Der Anstoß des »Schwachen« muß also vermieden werden 31 • Der paulinische Zusatz klingt lehrhaft und exakt, aufjedes einzelne Wort Wert legend (vgl. 1Kor 7,1.26). Im Gedankengang fortschreitend, wagt Paulus mit V 21 eine neue entscheidende These, die sich an die Adresse des »Starken« wendet und die nun den ganzen Zusammenhang V 13-23 auf einen neuen Höhepunkt führt. Schon das vorangestellte xal.6v wirkt lehrhaft und bezeichnet die normative Gültigkeit (vgl. 1Kor 7,1.8.26; Hebr 13,9). Es steht im Gegensatz zum vorangehenden)COx6v. Der apostolische Lehrentscheid ist an seiner normativen Sprache erkennbar. Auch der lNudt hebt diesen Vers hervor: er beschreibt den einzigen Weg, den Anstoß zu vermeiden. Bisher hatten die vorangehenden Vene nur abgelehnt, dem »Schwachen« Anstoß zu geben, hatten aber noch keinen Weg gezeigt, wie dies möglich ist. Paulus stellt in 1Kor 8, 13 das eigene Beispiel in einer feierlichen Beteuerung heraus; hier in Röm 14,21 spricht er objektiver und überbietet grundsätzlich und thetisch die »Freiheitcc durch die »Liebecc. Die »Liebecc ver29GAUGLEa 1.11351 sieht in V 17 eine ältere Tradition, die die Heilipben Gottea aufZählt, und in V 19 einen anderen Bqpiff von -Frieden. im Sinn des FriedeDlChallens. -EI iIt mögtich, daß der ApClltel in V 17 eine von ihm oder einem anderen Bqrigte Formel benützt und Iie in V 19 in andmn Sinn verwertet•. EI ist zwar sicher, daß V 17 ltil- und i>l1J1FIChichtlich sqmüber V 19 sehr ~ weicht, aber du Verständnis des -Friedena- ist doch nicht ohne I&chliche Beziehung des Begriffes von V 17 auf V 19. Du -Reich Gottes. kommt in bestimmten Heillpben zur Encheinung, und du menachliche Friedenlchaft'en ist eine Form des Glaubens, die du Reich Gottes vor Augen bat. .10 Gegen ZnR. 583 und LlZmR 117. Wu Gott durchJesu Kreuz und aeine Auhtehung lChafI\, ist -sein Werk•. EI ist bezeichnend, wie PaulUl du Penönliche und Menachliche ganz tidin die Objektivität des Chris~ehena hineinheltet. VII. auch E. PETEuoN,Icrtov in der Bedeutung -Bau. bei Paum, Biblica 22, 1941. 439-441. K.uu.aANNR. 362: vidfach wird tb fcrtov tOÜ hoü als -Bau. bzw. als Hinweis &ufdie Gemeinde verstanden. Jt &li~ bezeichnet den Umstand, der die Handlung bqleitet (R.öm 2,27; 4,11; 2Kor 2,4). EI lind al80~ Folgen des Euena des »Starken. in UDleftm Abechniu belchrieben: I. Der .schwache- wird -betrübt. und lästert die Freiheit des »Starken« (V 15.16). 2. Der -Schwachewird zum Mitellen gegen sein Gewisaen verleitet (V 2O.23a). ZnR. 584 Anm. 36 weist daraufhin, daß ~ an lich weder -Anstoß geben. noch -Anstoß nehmen« bedeutet, sondern lediglich den harten Gegenstand bezeichnet, an den einer anatöBL V 20 kann lich an den Starken richten: gib dem Bruder keinen Anstoß! Oder aber an den Schwachen: du darfst dich nicht verleiten ta.en, mit Ichlechtem Gewiaen zu euen! Seide Auflauungen lind an sich möglich (SANDAy-HEADLAMR. 393).
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zichtet auf die Ausübung der »Freiheit« um des Bruders willen 32 • Der »Schwach~( kann am Genuß von Fleisch und Wein (entsprechend V 17: Speise und Trank) Anstoß nehmen; der »Stark~( sollte daher aus Liebe zum Bruder auf den Genuß von Fleisch und Wein verzichten, ebenso auf alles, woran der Bruder Anstoß nimmt (nQOCJXlmtEL), oder wodurch er verleitet wird (axavöa).(te"taL) oder seiner Schwachheit ausgeliefen wird (QahvEi) 33. Die beiden Verse 17.21 stellen die Größe und Eigenart des paulinischen Geistverständnisses heraus; sie beherrschen letztlich den ganzen Abschnitt durch ihre Verbindung von Geist und Liebe. Es ist überraschend, daß beide Verse nicht begründet werden 34 • Die beiden Schlußverse ZZ.ZS schließen sich folgernd an V 21 an 3!. V 22 wendet sich ausdrücklich an die Adresse des »Starken«, der den Glauben hat, alles essen zu dürfen (vgl. 14,2). Man könnte den Anfang des Verseskontessil1 übersetzen: »habedu den Glauben, den du hast, für dich selbst vor Gott«36. Der »Starke« soll seinen Glauben nicht in Gefahr sehen, wenn er aufdas Fleisch und den Wein verzichtet, wohl aber soll er vor Gott gewiß werden und gewiß bleiben. Er bedarf nicht der Bestätigung seiner Freiheit durch Menschen, sondern lediglich durch Gott. Aber diese Bestätigung der »Freiheit« durch Gott ist nicht ganz selbstverständlich, sondern kann von Gott in ein Gerichtswort verwandelt werden. Die nachfolgende Seligpreisung klingt wie eine Warnung und eine Bitte, sich dem Ernst des verborgenen Gottes auch zu stellen: »Selig ist, wer sich bei seinen Entscheidungen nichts vorzuwerfen hat« (H. Lietzmann). Paulus deutet an, daß der Mensch, der seinen Glauben »vor Gott« hat, sich selbst richten muß, wenn er erkennt, daß seine Entscheidungen nicht Gottes Entscheidungen sind. Das Wort verlangt, daß die »Starken« sich vor Gott prüfen, ob ihre »Freiheit« vor Gott bestehen bleiben kann. Diese Seligpreisung hat doch wohl nicht den Sinn, die Selbstsicherheit der »Freien« zu bestätigen, sondern zu gefährden. Wenn der »Starke« in :J2 ScHUnD., Gnrchligkeit 375 hebt hervor, daß ~ und oxlIv6aAov nicht dadurch entsteht, daß der .Schwache« den »Starken« Fleisch essen und Wein trinken sicht und dadurch betrübt wird, sondern 10, daß der »Schwache« genötigt wird, das zu tun, was er nach seiner überzeugung nicht tun darf. »Er ist in Gewissensnot gefallen, wenn sein Gcwiaaen das, was er getan hat, ab Sünde verdammt .•• A. ScHUTTE. fiirchtet, daß der pauliniache Verzicht aus Liebe unter Umständen unheimliche Folgen haben kann, wenn den ..Schwachen« die regierende Macht über die Gemeinschaft eingeräumt wird. Es handelt sich aber um eine Grenzsituation in der römischen Gemeinde, nicht um eine in allen Fällen zu handh~bende Regel. 13 Wir haben zwischen einer Kllrrfmn (JUlbt tv l{l6 M~ 00\1 ~n) und einer LtsnQmn (die ~ oxav6aA.(tE'tClL ~ 60tevei ergänzt) zu untencheiden. Die Langfonn ist keineswegs schlechr bezeugt (82(00), findet aber nur hier und da Anhänger. Auffiillend ist derVorschlag vonJ. CHI.. v. HOFMANN, "Y)6t Iv, 4» ... zu lesen (vgl. auch die Konjektur von MANGEY: fv, tv). Die Langform hat die autoritative Gültigkeit des Veracs gut herausgearbeitet. ~ In gewisser Weise ist SOt 14,21 § 104 als rabbinische Parallele heranzuziehen: »Heilige dich selblt bei dem, was dir er~ubt ist; wenn Dinge erlaubt sind, andere sie aber als verboten behandeln, 10 bist du nicht berechtigt, sie vor ihren Augen als erlaubt zu behandeln« (vgl. Str-B 111 313). Diejüdische überlieferung hat allerdings diesen Grundsatz, der auf die Samaritaner bezogen wurde, anders verstanden. 15 Vgl. das ähnlich~ Verhältnis von V 18.19 zu V 17. l6iJv fehlt allerdings in einer Reihe westlicher Zeugen. V gl. GAUGLEIl R 11355: ..Du hast Glauben, habe ihn für dich selbet vor Gott!«
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der überzeugung, Fleisch essen zu dürfen, Fleisch ißt, dann schadet ihm diese Freiheit nicht; wenn er aber weiß, daß er durch sein Essen den ))schwachen« Bruder in Sünde stürzt, dann ist dies Wissen für ihn selbst gefährlich: es wird für ihn zum Gericht für seine Lieblosigkeit. Eine Ausflucht für den ))Starkencc gibt es dabei nicht. Er kann nicht zusichern, daß die Situation des ))Schwachen« nicht so ernst sei. Paulus macht sie ihm so ernst wie möglich. V zSa hängt eng mit V 22 zusammen (öt). Paulus wendet sich offenbar jetzt dem Verhalten des ))Schwachen« zu, das für ihn selbst, aber auch für den ))Starken« ein G~richt ist. Der Apostel spricht geradezu im Ton der Anklage und fällt zwei grundsätzliche Entscheidungen, die in die Tiefe seines Glaubensverständnisses hineinfUhren. Nach V 23a hat der »Schwachecc die Gewißheit des Glaubens verloren (ÖLQXQ(VEa6w. wie Röm 4,20), ist daher aus der Gnade gefallen und hat sich das Uneil Gottes in bezug aufsein Verhalten zugezogen (XCl'tQxtxQt,'tQL)3'. In dem, was sich im Akt des Glaubens oder in der Verweigerung des Glaubens abspielt, ist Gott selbst als verborgen Handelnder unmittelbar beteiligt38. Gott verlangt vom Menschen den Glaubensakt; kann der Mensch ihn nicht mehr vollziehen, ersetzt er ihn durch ein dem Glauben inadäquates Handeln, dann ist dies Ersatzhandeln eine Verweigerung des Gehonams und ein Verstoß gegen Gottes Ehre. In unserem Fan handelt es sich um die unerlaubte Anpassung des »Schwachencc an den »Starken«, die nicht aus dem Glauben kommt und daher »Sündecc ist. Auch V 23b hat den Stil einer strengen Regtl, ja eines Gtst~ts. Der Satz darf nicht aus unserem Zusammenhang heraus gelöst werden 39 • Paulus verlangt, daß das Handeln des Menschen aus dem Glauben entsteht, die An des Glaubens an sich trägt und dem Glauben nicht widerspricht. Es g~ht in V 23b nicht nur um die überwindung des Zweifels und der Unsicherheit, sondern auch um die auaschließliche Verantwortlichkeit des Menschen vor Gott, um die letzte Tiefe des Gehorsams und die Freiheit von Menschen40 ; Selbstverständlich handelt es sich auch in die17 Beachte du Wortspiel: XQ('VUn', bLQXQ~~, xcnaxbcQL1:CJL in V 22.23. PaulUi denkt offenbar an beatimmte Vorkommnisse in der römischen Gemeinde. EinzelneJudenchriJten IOpaucn sich an.. , lOassimilieren sich •. PaulUi bekämpft jeden Versuch des Glaubens, sich zu aaimilieren. Der paulinische Text ist geschichtlich von großer Bedeutung. ] I Trotz aller Venchiedenheit im einzelnen ist an die jobanneische Denkform zu erinnern, nach der ebenfalls im Glaubenaaln bzw. in seiner Verwciterung du Gericht von Gott her sich ~rbirgt Uoh 3,18; 5,24 ff.). Auch im Verhalten des .. Zenpahenseins. Ud 1,6; 2,4) liegt du verwerfende Uneil Gones. In der Gegenwan verbirgt sich Gottes Handeln. 19 Ebenso wie V 23& ist auch V 23b in seiner äußeren Form als Lehnpruch erkennbar; auch sein Inhalt klingt kategoriIch. Gemeint ist, daß der Christ. der aUi dem Glauben herauaOOh, sündigt; es steht keineswegs eine lkurteilung der Helden bzw. Nicht-Glaubenden zur Diakuaion. Unser Vers spielt in der Oogrnensesc:hichte deshalb eine RoUe, weil nach Augustin im Handeln des Heiden der entscheidende Glaube fehlt. Vgl. Aug. c. Jul. IV 32. 40 Der Glaubende bleibt also an das Hören und Ventehen des Evangeliums in jeder Situation aufs Neue gebunden. Sicherlich haben sowohl die IOStarken. als auch die ..Schwachen. autoritative Wone urchriatlicher Tradition für sich gehend gemacht. Es kommt "her sowohl auf die Kritik der Tradition von den Jesusauuagm her (V 14.20) als auch auf das rechte Hören und Verstehen der Tradition an. Wichtig ist auch die VerpOichtunl des Glaubenden, trotz der RicbtigkeitlCines U neils sich und sein Werk zu prüfen (Ilöm 14,22; Gal6,4). XQ(WLV und bmuf'6tuv spielen in diesem Verfahren des Pneumatiken eine wichtige Rolle; die Härte seines Uneils wendet sich gqen ihn sdt.t. Nur so erweist sich sein Uneil als Wahrheit des Geistes Gottes. Die Selt.tbeuneilulll des Pneumati-
Die Starken und die Schwachen
sem Glauben um ein Geschehen in der Christusbe~ogmJuit, nicht um einen ))allgemeinen« Glauben (M. Luther). Anders ausgedrückt: der Umkreis der Rechtfertigungslehre ist nicht verlassen. V 23b hat den Sinn einer Norm; der Vers wendet sich offenbar gegen eine Entwertung des Glaubens, die bei den ))Schwachen« vorliegt"l. Aber erst in Kreisen der ))Starken« hat man den Glauben anders bestimmt als Paulus (vgl. den Anspruch, den ))Glauben zu haben« Röm 14,22). Für Paulus ist er nichts anderes als ein Akt des Gehorsams gegenüber dem Evangelium (Röm 1,5). Löst er sich von diesem Gehorsam, dann wird er zu einer Erkenntnis, die vor dem Urteil Gottes keinen Bestand hat (Röm 14,22 f.) oder zu einer menschlichen Tradition, die dem Evangelium als dem lebendigen Wort Gottes widerspricht. Nur als Akt des Gehorsams vermag der Glaube die Zuversicht in sich zu tragen, die vor der Zerspaltung des menschlichen Verhaltens bewahrt. Es ist aber unmöglich, den Begriff vom Menschen her zu subjektivieren42 . M. Luther stellt den unprünglichen Sinn unseres Venes fest, wenn er sagt: ))Jeder, der nicht sündigen will, kann gar nicht anden, er muß glauben. Denn der Glaube allein ist ohne Sünde. Wer also tut, was er nicht glaubt, der sündigt.« Darin hat M. Luther Paulus richtig ventanden, daß Paulus zum Glauben aufrufen will. Die negtUiDt Fassung des Pau101 wehn den Verfall des »Schwachen« ab, verbindet sich aber mit einer Kritik derer, die meinen, den Glauben zu »haben«. In diesem Zusammenhang kann M. Luther einem Einwand auch zugestehen, daß der »Schwache
Röm 14,1-15,13
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Glaube ist im tiefsten Sinne Gehonam gegen das Evangelium selbst. Die •• Rechtfertigung« wird auch hier eingeübt!
Zum AbschJr# von Riim 14
Es ist unmöglich, die Doxoklgit Röm 16,25-27 an den Schluß von Röm 14 anzufügen. Es gab allerdings schon um die Wende des 2. zum 3. Jh. lateinische Handschriften, in denen Röm 15-16 fehlten. Nach Orig. (Rufin) hat Marcion die Doxologie beseitigt und die Schluß kapitel abgeschnitten. Origenes selbst hat unter den ihm bekannten griechischen Textzeugen solche unterschieden, in denen die Doxologie am Schluß von Röm 14,23 stand, und solche, in denen sie den Abschluß des ganzen Briefes nach Röm 16,23 bildete. Aufjeden Fall gehört die Doxologie nicht an den Schluß von Röm 14. Zum Problem vgl. ZnR Exkurs IV, 621-623. c) Röm 15,1-13: Das VorbildJesu Christi und das Lob Goues
lWir, die Starken,.md verpflichtet, die Schwachheiten der UD'eI'IDÖpDdeD m wad Dicht UM 8eIbit ....nen zu wolleD. 2Jeder VOll 11118 laChe dem NichReD m pfaIleu, zum Guten, zur Erbauuaa; ldelm auch Chriatua lebR Dicht dch 8eIbR m Ge&11eu, 8ODCIem, wie pKhriebeD Meht: .Die SchmihUDpD derer, die dich Khmähea, Iiacl auf mich pfaUen(. 4 DeIm alle., wu pKhriebeD wurde, Ut m 1IIUeftI' Belehnuai pKhriebeD, damit wir durch die Geduld UDd durch die T ........ der SchrifteD die Hoffma. . habeD. 5 Der Gott lIber der Geduld UDCI dee TrwIea pbe euch, UDtereiMDder cIeD "eicheD Sbm 111 haben pmä8 Chriatua Je..., 6c:1amit ihr eiDmütia mit eiMm MUDde cIeD Gott UDd Vater u.ueft8 HanaJe.... CbrUtua preiat. 7J)uum aehmet eh.ader auf, wie auch Chriatua euch aufpJMWDmen hat ..... Ehre Goaa. lDema ich..., cIa8 Chri..... ein DieDer der BelCImeicIu.JII pwordeD iatfür Gouee WahrhaftiPeit, um die dea Vätem ppIIeDeD Verbei8uDpD m be8ddpD, 9die Heiden aber lOIIeD Gott für .m EIbanDeD preUeu, wie pKhriebeD lteht: .J)uum will ich dich preUeD UDterdeu Heiden UDd cIeiDem Namen lohajnpD(, lOUDCl wiederum heißta: .FrobIocket, ihr HeicleD, mit aeiDelD Volld( llUDCl wiederum heißt a: .Lobet, alle ihr HeicleD, cIeD HenD, UDCI a.neu Um loben alle VöIker.( 12UDd wiederum ",JaaJa: .1'.8 wird encbeiDeD die Wune! baU, aacl der .ch erbebt, m herncbeD übel' die Heideu; auf ilm werden die HeicIeD hoft'eD.( uDer Gott aber der HoIfIIuDa erfiiUe euch mit aUer Freude und aUem FriedeD clurch den Glauben, auf cIa8 ihr reich werdet iD der HoIfIIuDa durch die Kraft da heiIipD Gei-.. trapD
Analyse: Wir dürfen Röm 15,1-13 als dritten Abschnitt in der apostolischen Mahnrede über das Verhäl tnis der ))Starken« zu den ))Schwachen« ansehen. Alle drei Abschnitte hängen so eng miteinander zusammen, daß die Feststellung, hier setze ein neues Kapitel ein,jetzt geradezu stört. Doch darfman nicht verkennen, daß Paulus nicht mehr einen einzigen Streitfall vor Augen hat, sondern darüber hinaus das ganze Verhältnis der ))Starken« zu den ))Schwachencc 1. Der Einzelfall erscheint jetzt in einem größeren Zusammenhang. Unser neuer Abschnitt zerfiHIt selbst wieder in zwei Gedankengänge: V 1~ und V 7-13, die in gewisser I 10 Er redet nicht mehr bloß von dem besonderen Fall der Schwachen von Rom, IOndem allgemein von dem Verhalten der Starken zu den Schwachen. Das erklärt wohl auch den Wechael in der Aus-
Di~ Stark~n
und
di~
Schwachen
Weiae parallel laufen; beide enden mit einern Gebetswunsch (V 5-6.13). Gemeinsam ist beiden der Hinweis auf den Dienst des geschichtlichen Jesus, eine gewisse Verwendung des Alten Testaments und die Hervorhebung des Lobpreises Gottes. Vielleicht tritt der liturgische Charakter des zweiten Gedankenganges (V 7-13) noch stärker hervor als der des enten Abschnittes. Paränetische, lehrhafte und doxologische Züge sind heiden Unteneilen gemeinsam. Die dial~ giachen Fonnen von Röm 14 tretenjetzt zurück. Es sieht beinahe so aus, als wolle unser Text unter Verwendung bestimmter Stichworte eine Einführung in das rechte Verständnis des Alten Testaments geben l . Während der ente Gedankengang sich mit dem Verhältnis von ..Starken« und »Schwachencc befaßt, lautet der Gegensatz im zweiten überraschend »Judentum« und »Heidentum«. Die heiden Gedankengänge sind nur dann aufeinander zu beziehen, wenn die beiden Paare gleichgesetzt werden können: die Heidenchristen und die »Starkencc, dieJudenchristen und die »Schwachencc sind bis zu einem gewissen Grade identisch. Exegese: Gegenüber dem objektiven Lehrstil von Röm 14,22.23 klingt V 1 mit seinem übergang in den Wir-Stil wie eine Weiterführung von 14,19 f. 21. Die Paränese des vorangehenden Abschnittes wird in V 1-2 fongesetzt und in V 3-4 begründet. Paulus tritt selbst in die Reihen der »Starkencc und hilft ihnen, den schweren Weg des Verzichtes und der Liebe zu gehen (IKor 8,13). Es gibt in deranigen Schwierigkeiten nur die Möglichkeit, beispielhaft den WegJesu vorzugehen (IKor 11,1). Wir sind verpftichtet (6cpdA0tJ.EV), als die ..Starken« die Schwachheiten der» U nvennögenden« zu tragen. Paulus denkt dabei an das Gebot der Nächstenliebe (Röm 13,8-10), das Gott uns als »Verpflichtung« auferlegt hat, und das auch in Röm 15,2 nachklingt. Der Glaubende steht aber in einem noch viel tieferen Sinn in einer Verpflichtung (8,12: 6cpEiAttaL !aJ.&tv): als Befreite und mit dem Geist Beschenkte haben wir eine so große Gabe erhalten, daß wir unser ganzes Leben »schuldencc (Röm 12,1 f.). Im Verhältnis zu den »Schwachencc wird diese Verpflichtung zum Opfer besonders eindrücklich'. Der drucbwmc. Die Schwachen heißen nicht mehr »di~ Schwachen im GlaubcrH. lOIldern ganz allp mein »di~ Schwachen. im GqmaaIZ zu den Starken. Im Griechiachen ist auch ~in anderea Won gebnucht: rigendich die 'UnverJnÖlalden•• ,Machdosen. im Gqm.a1Z zu den ,Mächticenc« (GAUGLU R 11 361; P. S. MINEAa, Obediencc 8 0:). 2 Die Verwendung des Alten Testaments ist nicht ganz die gleiche. In Röm 15,3 wird Ps 69,10 zitiert, um du geschichdiche VerhaltenJesu typisch, d.h. mit den Wonen des Psalten zu beschreiben. Der Paalmven klingt feierlich und lehrhaft. In der Zitatenkollektion Rößl 15.~12 sind At.icht und Zid der Sendung Jesu nicht nur lehrmäßig, sondern doxologiach h~rvorgehoben. Schon durch di~ fei~rticM AnonInung der Zitate nach Schriftpttung und Stichwon wird der doxologische Charakt~r dieses Z\aalllmenhanp untentrieben. PalllJ ~I S';'" J'~I "';1 . " AlIIIe TISIatnII , • • ;. äu.t MscJ.ill. ;. . " • sitA -if" Slill dtr sI6III. Nur du Alt~ T estameDt kann die Tiefe des gachichdicben Ereigniael YOII Gon her beschreiben. Zur An der alUesL Zitation vgl. J. A. FrrzMv. Ea. The UaeofExplicit Old Testament Quotatioos inQumran Literatureand in th~ New Testament, NTSt 7, 1960-61,297-333. J 6epeO.av mi t Infinitiv findet lich bri PauJua sehr hiu6g, aber in ~nchiedenem Sinn (vor allem in den Korintherbriefen). Der Glaubende wird auf~in~n bestimmten Weg gewiesen, zu dem er ~r· pOichtet ist (= 6cpeO.ot&no ~~nv). Selbstventändlich ist das vorangest~llt~ 6cp~ in 15,1 lehr nachdrücklich: Gou aelbet legt una rine 6cpaMt aue Der ..Starke« soU srine Kraft dazu benutzen. den .schwachen- zu tragen. Vgl. o. MERK. Hand~ln aus Glauben, 1968. 17l.
.s,.,...
Röm 14,1-15,13
Gegensatz: ol buvato{ - ol i&b6vatOL ist ein Venuch der »Starken«, die beiden Gruppen von ihrem Standpunkt aus zu charakterisieren. In ihm meldet sich besonden eindrücklich der Begriff der ~ an. Vielleicht will dicser Gegensatz sagen, daß bestimmte Menschen über die göttliche öUv~ verfügen, andere nicht4. Die ).Schwachheiten« bestehen in unserem Fall in den Bedenken, Vorbehalten, Einwänden, die sich gegen die ))Freiheit« und Vollmacht der ).Starken« richten. Auch dies Substantiv ist vom Standpunkt der •• Starken« aus gewählt!. War die bisherige Paränese darauf bedacht, daß die »Schwachen« von den ).Starkenee nicht verführt werden, so verlangt der neue Einsatz unseres Abschnittes, daß die »Starken« die »Schwachheiten« ihrer Brüder tragen, d.h. auf sich nehmen. Es ist die bildhafte Beschreibung des Verhaltens, das den Gottesknecht charakterisien6 • Es bedeutet in unserem Fall Verzicht auf die eigene Vollmacht nach außen, Rücksicht auf »Verachtete«, deren Zustimmung sowieso nicht zu erreichen ist (Ps 69,1O!), und vor allem leidende Selbstverleugnung. Neben die positive Forderung stellt sich die ,"gGlive Ergänzung: •• und sich nicht selbst gefallenee. Dicse Wendung steht im Gegensatz zu dem paulinischen Ziel, nicht Menschen, sondern Gott zu gefallen (1 Theu 2,4). Paulus warfdem Pneumatiker vor, daß sein Bestreben sei, sich selbst zu gefallen. Ihn kennzeichnet ja die ungebrochene Haltung des SelbstlJerlrtllUftS und die UlUlbllingigkeit von jedem menschlichen U neil. Paulus legt in unserem Zusammenhang ein besonderes Gewicht auf dies Verbum 7, stellt aber das Bild des tragenden Gottesknechtes der Selbstsicherheit 4 Vgl. 2Kor 12,9-10; 13,9. Paulul selbet tritt in den Bereich der Schwachheit ein. ol666vata. klingt ebenso abwertend wie ol ~. Auch sonst stellt sich leicht im Sprachgebrauch dieses Wonca ein gerinpcbätziger Klang ein (ThW 11287). Allgemein in der Weiaheitsleh.re, aber auch in der GnOlil empf.lngt der Mensch ~ durch göttliche ErkenntniI (Corp. Herm. 127.32). • W ~ findet sich im Neuen Testament nur an dieser Stelle, ilt dagegen im sriechiachen Sprachgebrauch gut bezeugt (ANtat. hiaL an. 11,7; gcn. an. 1,18; BGU 903,15). Der AUldruck bedeutet urspriinglich etwu anderes ab das, wu hier semeint ilL Der Pneumatiker nennt bestimmte Gewiuensbedenken anderer ..Schwichen« . ScHIATIER, Gerechtigkeit 379 spricht geradezu von den »Gebrechen der Kraftlosen« und trifft damit du, was gemeint ilt. Die Sprache des Paulus ilt durch Jes 53,4 mitbestimmt. • tkacnld;uv ilt mehr als ein blo8ea .. Dulden«. Der ..Schwache- soll mit seinen Gebrechen in du Leben der Gemeinde hineingestellt werden. Aber noch mehr: der ..Starke- hat die Not, die aus der Verschiedenheit und Unrichtigkeit des Denken. und Verhaltens des Bruden entsteht, aufaich zu nehmen, den Schaden zu verhüten und zu heilen und auf den Segen zu hoffen, der aus dieser Not entspringt. Man dalf den Wortlaut von Jes 53,4 nicht übersehen, der nach Mt 8,17 mit unaerer Stelle unmittelbare Berührung hat: ~ ~ ~ illl'iW U4n xal ~ ~~. Du Verbum Paamtav scheint in den späteren übersetzungen des Alten Testaments (Aquila, Symmachus, Theodotion) eine besondere Rolle gespielt zu haben. Paulus, der nicht nur die LXX benutzt, sondern selbet innerhalb der paläatiniachen Reaktion gegen die LXX steht, hat offenbar Us BiU MI Gott.uhllc/tus hier vor Augen gehabt. Du Bild der Last. die ein anderer mir auferlegt und die ich für ihn zu tragen habe, darf nichl uowirbam gemacht werden. PaulUi will wirldich, daß dem ..starken« die Last auferlegt wird, die durch den Widerspruch der ..Schwachen« entlteht . ., Vgl. VI: l'iI tavto~ ~v, V 2: ~~, V 3: 00x ~ ftQmrv. Paulusldmt durch diese kritiache Wendung du auf sich selbet gerichtete Lebenaziel des Pneumatikera ab. Du Verbum beschreibt also nicht nur einen einzelnen Lebenaakt, sondern eine bestimmte Grundrichtung des pnewnatiachen Denkens und HandeIns. Es gebt hier wirklich um ein »Selbetverständnia«, du verfehlt ilt. Man könnte tatmi» ~'Y mit ~ tfIv (Röm 14,7) vergleichen. ta\mil4QtoXU'Y ilt aber stärker als die übernommene Fonnulieruog MUUP tqv. In beiden Wendungen geht es um die Verkehrung der menschlichen Existenz und um ein Ausweichen vor GotL
Die Starken und die Schwachen
des Pneumatiken gegenüber (1 Kor 10,33: :Jtavea näaLv 6otoxoo). Auffallend ist die Anwendung des gleichen Verbums auf den Messias als den leidmdm Gottesbucht (15,3): er nahm nicht diese selbstgefällige Haltung des Pneumatiken an. Gegenüber dem Sdbstbewußtsein des Pneumatiken, seinem Sichherausstdlen, seinem Sichselbstrühmen wendet sich Paulus dem Alten Testament und seinem Frommen, seinem Beter, seinem Bild des Leidenden zu. V 2 bestätigt die dem ))Starken« auferlegte Verpßichtung (6cpdlotAEV), dehnt sie aufjeden einzelnen aus: niemand darfsich ausschließen (bam~ iltJ.Öl'Y)8, und verweist auf das Liebesgebot (Lev 19,18). Dem ~Nächsten« gefallen heißt hier: aufden ))Schwachen« Rücksicht zu nehmen, ihn als Bruder anzuerkennen. Selbstventändlich soll man nicht wieder in irgendwelche Menschengefälligkeit geraten, sondern das ))Guteec, d.h. den konkreten Willen Gottes, und die Erbauung der Gemeinde vor Augen behalten. Wie in Röm 14,19 wird der Begriffder ))Erbauungec nachgeordnet. Es ist wie in 14,19 so, daß zunächst dem ))Starken« die Last der Verantwortung auferlegt wird, dann aber der ganzen Gemeinde9 • Was in 14,13-23, aber auch in 15,1.2 geboten und geraten wird, erhält durch V 5 seine tiefste Begründung und Erklärung. Es geht um die Einheit von Geist und Liebe, um das rechte VerständDia auch der Jesusworte und der Losungen der Pneumatiker. Paulus zeigt jetzt auf den Messias (beachte den Artikel!), der in seiner Situation so ganz anders handelte als die Pneumatiker, die sich selbst gefallen. Er lehnte diese selbstsichere und selbstgefiillige Art ab (O"Öl tatrtei> 1\QeaEV) und nahm die Haltung des wahren Knechtes Gottes an, wie er in Ps 69,10 beschrieben wird. Im Gebet vor Gott bekennt der Psalmist, daß die Schmähungen, die man gegen Gott ausstieß, aufihn selbst gefallen sind, daß er sie also aufsieh nahm 10; Es war sein Schicksal und seine Würde, in seinem Leiden den Widentand gegen Gott aufzufangen. Paulus weiß, daß er durch die Worte des Psalmisten einen ganz bestimmten historischen Sachverhalt der GeschichteJesu richtig, d.h. theologisch, beschrieben hat l t • • Die Mehnahl der Handschriften (z.B. FGP) lesen 61"iJv. Man achte aufdie Parallele Röm 14,19, in der Paulua .ich mit den .starken«, dann aber auch mit der ganzen Gemeinde zuaammenachlie8t. , M. LUTHEa hebt du .teUvertretende Leiden für den Bruder hervor: ..obwohl es hart ist, des anderen Schmach zu tragen und unachuldigerwei8e daran teilzuhaben, 10 ist es doch ein wunderachönca, verdienstliches Tun. Und es wird einem leicht fallen, wenn man nur bedenkt, daß auch Christus gern unsere Schmach getragen bat, mochte es fiir ihn auch hart sein, sie ~u tragen. Keiner lebt also sieb selber« (E. EUWEIN 530). M. LUTHEa kommt hier dem Sinn des Paulus näher als manche moderne Exegese zu Röm 15,1 f. lO·Zur Bedeutung von Pa 69: vgl. Röm II,~IO = Pa 69,23 f.; Apg 1,20" Ps 69,26;Joh 2,17 - Pa 69,10;JOO 15,25 - Pa 69,5; Lk 12,50 - Pa 69,1+-16; MIt 15,36 = Pa 69,22. Du Neue Testament hat den Psalm unter den verschiedensten Gesichtspunkten verwandt, er muß also in der Gemeinde eine baondere Bedeutung ala Leidenapsalm Jesu gehabt haben. u~v - ertragen (Mt2O,12;Apg 15,1O),aIso: aufaicb nehmen (Gal6,2). DieStarkenlOllen die Eigenarten der schwachen Brüder enragen oder auf sich nehmen. Wir dürfen nicht auf unsere eigenen Intereuen blicken, sondern auf die der anderen (Phil 2,4). Zur Exegese von Pa69,2vg1.G. v. RAD, TheologiedesATBd.I,414. WichtigiatdieBeobachtung, daß du wörtlich der LXX entnommene Zitat aus Pa 69,10 dem Christus selbet in den Mund gelegt wird. Auf keinen Fall darf man das Objekt des Zitates auf jemand anderen beziehen ala auf Gott selbet. Der Beter des Alten Bundes wird in das BildJeau Christi hineingenommen (nach dem Heilaplan Gottes), Jeaus Christus wird dann selbet wieder zum Vorbild für die Haltung der Gemeinde.
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Unprünglich war Ps 69 das klagende Billttbel eines Frommen, der in Kämpfe mit seinem eigenen Volk vesttickt war, du den Weg Gottes nicht mehr verstand. AUldrücklich betont der Beter, daß seine Kämpfe um Gottes willen von ihm getragen werden, daß abo seine tiefe Not Gott selbst unmittelbar angeht (V 10). Nur Gott kann ihn aus lCiner Not retten, denn alle Menschen haben ihn verla.uen. Der Beter ruft die Vergeltung und Rache Gottes auf seine Gegner herab: Möge ihr Tisch vor ihnen zum Fangnetz werden und ihnen, den Sicheren, zum Fallattick (V 23)! Wird Gott ihn erhören, dann will der Beter den Namen Gottes preisen und in der Danbagung rühmen. Er Itehtja nicht allein, IOndern hinter ihm die Schar der Dulder (V 33). In diesem Gebet des Paalmitten lieht Paulus eine Weissagung aufdu Wort und WerkJesu,ja eine Beschreibung seines Wegea.Jesus lteht alIo in einem geschichtlichen Zusammenhang mit bestimmten Menschen des Alten Bundes, die seI"t wieder das Biltl tUs XJIdus Gotla tragen. EI bleibt die Frage offen, ob Röm 15,3 du Paalmwort als unmittelbaresJesuswort verstanden willen will (vgl. Ps 22,23 in Hehr 2,12) oder nicht. Wir haben in Röm 15,3 eine chriltologische Aussage vor una, die an die des Hymnus Phil2,&-7 erinnert. Hier wie dort beginnt Paulus mit einer negativen Abgrenzung, mit einer Absage, der dann positiv der wahre Gehonam, ja der Leidenaweg gegenüber gestellt wird. Offenbar lind Stil und Auadrucksweise von Phil2,6 f. vorbildlich gewesen. Statt xevoüv oder ~anavoVv tavt6Y wird in Röm 15.3 ein Schriftzitat eingesetzt, du den Pusionsweg beschreibt. Wenn die Schmähungen. die lich gegen Gott seI"t richteten. aufJeIUS fielen. dann wird er ebell80 wie der Beter als Vertreter des Namena und der Ehre Gottes beschrieben. allerdings auf der eschatologischen, d.h. endgültigen Ebene. Der Psalmilt weist auf die Passion ebenso hin. wie umgekehrt die Puaion auf den Beter zurück. Wenn die .Starken« die .Schwachen« zu tragen haben, dann ltehen lie keinc:swqp ohne weiteres in der Situation des Knechtes Gottes (doch vgl. 14,18), wohl aber 1011 du Bild des leidenden Gotteaknechtes, das inJesus Christus leine eschatologische Erfiillung gefunden hat, ihr Verhalten bestätigen. Ja, von hier ilt der Weg des Verzichtes und der Liebe ausgegangen.
V 4 klingt wie ein eingesprengter Lehnatz über das rechte Ventändnis der heiligen Schrift, der durch das Schriftzitat V 3 v~t ist. Paulus fügt gelegentlich in seinen Briefen einen derartigen »Schlüssel« ein, der an allen Stellen einen ähnlichen Wortlaut hat 12• Es ist anzunehmen, daß wir in Wortlaut und Stil (immer I. Pen. Plur.!) eine feste überlieferung vor uns haben. Schon die hebräische Konstruktion, die hinter unserem Vers steht, weist auf die heiligen Schriften hin, die aus früherer Zeit (nQO-) überliefert sind 13. Gemeint ist du Alte Testament selbst, das durch Predigt und Gebet der Gemeinde zur Autorität geworden ist. Dem rabbinischen Denken gemäß, das nach Absicht und Ziel Gottes fragt, wird als Ziel des geschriebenen Gotteswones die gegenwänige Belehrung angegeben, die auf das Beispid der Geduld in der PassionJesu Christi (6Lll 'ÖJWt.&OYiiS) und auf den Zuspruch der Schriften zurückweist. 6Lll 't'i\s mJQClxA~ 'aäv U
Z.B. Röm 4,24: &' ~ I Kor 9,10: &'~, IKor 10,11: ~ voufto(av~.
u 6aa yGQ ~ (B: ~, D: ~Q6qIwJ) erinnert an die bcbr. Wendung: ~
lN~ ~. et~ Tirv flpntQcIv ~ (ähnlich I Kor 10,11) ilt ebcnfAUs die Wicdcrauf:. nah me einer entsprechenden rabbiniachen Fonnulicnmg: um dich zu lehren«) . VII. Sanb 4,5; Genr 1,1 (A. WUNSCHE S. 4). Zum Ganzen vgl. W. BACHER, Die excgetiache Terminologie der jüdiachen Traditionalilcratur I, 1899, 95; B. M. METZGER, The fonnuJas introclucing quotationa scripture in tbe NT and tbe Mishnah, JBL 70, 1951, 297-307. FA ist bezeichnend, wie stark PaulUi auch vor HeidcncluUlen du Alte Tcstament nach palütiniachcr Lcbmrm vcrwcndeL
1I'7t't7 (- ..
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Die Starken und die Schwachen
YQClCP<ÖV ist also ein selbständiges Glied neben öLlt unoJ.WViis. Das Beispiel der ••Geduld« und das zusprechende Wort der Schriften sind dazu gegeben, damit wir das volle Hoffnungsgut empfangen bzw. damit wir an der Hoffnung auch in der Anfechtung festhalten ('ri!v tA,ntÖQ qav) 14. Der Begriff der »Ho.fj'nung« bereitet den späteren Gedankengang V 12.13 vor. Der ganze Zusammenhang von V 4 will ausdrücklich sagen, daß das Psalmwort nicht nur eschatologisch erfüllt ist, sondern in der Gegenwart einen weiteren Dienst an der Gemeinde tun will, um ihren geschichtlichen Weg aufzuzeigen. Sie darfsich nicht vom Bild des leidenden Gottesknechtes entfernen, sonst entfernt sie sich von dem Inhalt der heiligen Schrift. V 5 f.: Der anschließende Gebetswunsch nimmt noch einmal das Begriffspaar •• Geduld« und •• Zuspruch« auf: Gott selbst, der so eindrücklich durch das Beispiel der Geduld und durch den Zuspruch der Schrift zu uns geredet hat, möge selbst die Einheit und Eintracht der Gemeinde wiederherstellen 15! An beiden Gruppen möge Gott sich mächtig erweisen und sie zu einer Gesinnung führen, die dem VorbildJesu Christi und der Art seines Geistes entspricht (xa'tcl XQ"O"tOv 'I1')oof,.V)! Der Gebetswunsch bezieht sich also aufbeidt Gruppen und verbindet ausdrücklich beidt (tv 6.llfJAol.S) vor Gott. Auch dieser Gebetswunsch dürfte fest geformt sein; man erinnert sich besonders an Phil2, I ff. als Parallele. Nur wenn Gott selbst so das Getrennte wieder verbunden hat, ist der gemeinsame, einheitlich gesprochene LobJn"eis möglich ( I Clem 34,7), der den Ruhm Gottes und seine Heilstaten verkündigt. Die Beobachtung ist wichtig, daß schon der Gebetswunsch selbst hymnisch-liturgische Formulierungen aufgenommen hat 16 , und daß er den Lobpreis auch in äußerer Hinsicht vorbereiten will. Die fei14 Eine Reihe von Kommentaren möchte den Genitiv uiJv yQOqI(iJv zu heiden Substantiven ziehen (z.B. »Geduld und Zuspruch, die in den Schriften enthalten sind« "" Gen. pou.), doch IOUte man trennen: die Schrift gibt Troat und erzieht ebenfalh zur Geduld (~'10~ uiJv YQClcpGemäß Christuljesulec bedeutet IOwohl: nach dem Vorbildejesu (15,3), als auch: gemäß dem Geist Chrilti. Er ist die von Gon geschenkte Möglichkeit, Einheit und Einigkeit zu geben. 16 Die Eintracht der Gemeinde ist die Vorauuetzung für den Lobpreis, den man -zusammen« und »mit einem Munde« anstimmt. ~~ begegnet bei Paulul nur hier, ist aber im Griechischen ein geläufiger Ausdruck der politischen Eintracht (ThWb V 186). Im heUeniltiachenjudentum fin-
=
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erliche Sprache von V 5-6 und die Verarbeitung der paränetischen und lehrhaften Motive in den Anliegen des Gebetswunsches zeigen, daß der Abschnitt Röm 15,1~ zu seinem Ziel gekommen ist l7 . Der neue Abschnitt V 7-15 steht zunächst unter dem Einfluß des hervorgehobenen Imperativs nQOOA.a~EaftE äll"A.o,,~. Er erinnert an 14,1, beschränkt sich aber nun nicht auf die »Starken«, sondern verlangt, daß beide Gruppen einander anerkennen und sich zu den gemeinsamen Mahlzeiten zulassen. Waren diese schon unterbrochen, dann soll jetzt die Gemeinschaft, das gemeinsame Mahl, der einheitliche Lobpreis wiederhergestellt werden. Der Imperativ klingt wie eine Aufforderung, einen neuen Anfang zu machen 18. Er wird mit dem Hinweis auf Christus begründet, der uns (bzw. heide Gruppen) 19 »angenommen« hat. Er hat uns dadurch »angenommen«, daß er für Gottlose starb (Röm 5,6; 14,15) und uns in die Gemeinde Goues aufuahm (Eph 2,11 ff.). Wir haben Hausrecht, ja Sohnesrecht erhalten und sollten nun den •.schwachen« das Hausrecht streitig machen? Er hat die »Schwachheit« beider Gruppen auf sich genommen, und wir sollten uns weigern, die »Schwachheiten« der Brüder auf uns zu nehmen? Er tat alles »zur Ehre Goues«, wie sein ganzer Weg unter diesem Ziel stand (PhiI2, II )20; sollten wir nun die Ehre Gottes verunglimpfen? V 8 beden wir 0 bei Arist 178; Philo vit. MOlI. 1,72;JOI. ant. 15,277. Darunter steht das hebr. 'ItI~, das in den Handschriften der Qumrangemeinde eine große Rolle spielt. Vor allem ist es ein Lieblingswon der Apostelgeschichte (1,14; 2,46; 4,24; 5,12 u.ö.). Sie meint diese Einmütigkeit nicht nur im geistigen, sondern auch im äußeren Sinn (gemeinsames Gebet, einmütiges Versammeltsein). &eide Gruppen müssen sich auch im äußeren Sinn nach Röm 15,5 zusammenfinden. »Mit einem Munde« (tv tvi. cn6J,I.au, klassisch: ~ ~ 0't6J,&ac~) ergänzt btwhJ.UlÖ6V. Wu gemeint ist, wird durch 1Clem 34,7 deutlich gemacht, wo die entscheidenden Wendungen wiederkehren ... Und auch wir, einmütig und andächtig versammelt, wollen nachdrücklich wie mit einem Munde zu ihm hinaufrufen, auf daß wir seiner großen und herrlichen Verheißungen teilhaftig werden.« Es geht in diesem Lobpreis tatsächlich um die Erlangung der Verheißung (IM~ Röm 15,4). Wir haben offenbar einen bestimmten liturgischen Sinn vor uns, der seine eigene Geschichte hat. n Die Gebetsbezeichnung: .. der Gott und Vater unseres HermJesu Christi« (Röm 15,6) dürfte ebenfalls eine liturgische Formulierung sein (2Kor 1,3; 11,31; Eph 1,3; I Petr 1,3). Gemeint ist, daß der im Lobpreis angerufene Gou niemand anders ist als der Vater Jesu Christi (E. KASEMANN, H. ScHLIER). In Danksagungen und Eulogien verschiedener Art findet sich diese zweigliedrige Formel. Epheserbrief und Hebräerbrief enthalten weithin Stücke der urchristlichen Homologie und können daher zur Erklärung dieser hymnisch-liturgischen Stücke herangezogen werden (z.8. Eph 1,17). In diesen doxologischen Zusammenhang gehön auch die stilistische Beobachtung, daß Paulus in V 3 mit Ö XQ&.O't~ beginnt, in V 5 den Namen hinzufügt: xatll XQcmbv '1'1OOÜ'Y und am Schluß den ganzen Abschnitt mit der vollen Würdebezeichnung 'tOÜ XU()(ou t'lfA'ÖV 'IY)CJOÜ XQunoii auaklingen läßt. Eine SUV""'" ist unverkennbar. 11 Nach ScHUlTER, Gerechtigkeit 393 war es den beiden Gruppen unmöglich, das gemeinsame Mahl zu feiern. Es ist bezeichnend, daß zur Wiederherstellung der Gemeinschaft ein 6Nür_ilign Entschluß notwendig ilt. 19 Die LA il~ ist an sich besser bezeugt (I ACGL) als die andere LA t'l1'Ü~ (80- P). Es ist also gut zu verstehen, wenn viele Kommentare übersetzen: .. wie ja auch Christus euch angenommen hat« (LAGaR 345; SANDAY-HEADUMR 397). Der Anspruch Gottes wird durch die Anrede nur noch nachdrücklicher. Die LA t'I~ klingt hier doxologisch, ist aber vielleicht ursprünglich (ScHLlERll424). 2O·d~ ~ toii troü ist eine bei Paulus beliebte liturgische Wendung und findet lich in IKor 10,31; 2Kor 4,15; Phil 1,11; 2,11. Auch im antik-jüdischen Alenu-Gebet haben wir eine entsprechende Zielsetzung (G. HAaoER, a.a.O. 59 Anm. 2). Du Heilageschehen vollzieht sich zur Ehre Got10, allO darf es, ja muß es im Lobpreis der Gemeinde entfaltet werden.
Die Starken und die Schwachen
ginnt mit einem paulinischen Lehrs~, der durch Atyoo ytaQ eingeleitet wird 21 • Ursprünglich wollte er zum Ausdruck bringen, daß das Werk des Christus sowohl die Beschnittenen als auch die Unbeschnittenen einschließt, und daß die Ehre Gottes über seinem Eintreten für beidt Gruppen steht. Dazu tritt allerdings das Bestreben, die Vorordnung der Beschni ttenen zu sichern (Röm 1,16; 2,9), die in diesem Fall deshalb besonders bedeutungsvoll ist, weil die Beschnittenen weithin mit den »Schwachen« identisch sind. VergiB auch in diesem Fall nicht den heilsgeschichtlichen Vorzug Israels! So entsteht eine Satzkonstruktion, die stilistisch und inhaltlich nicht ganz ausgeglichen ist22 • Die Sprache und die Begriffe sind feierlich und gewählt; sie sollen offenbar dem doxologischen Zusammenhang entsprechen. Paulus beschreibt den OpftrwtgJesu in seiner Bedeutung für Juden und Heiden. Es ist geschichtliche Wahrheit, daß Christus deshalb ein Diener der Beschneidung wurde, um sowohl die Verheißungen der Väter zu bestätigen, als auch, um den Lobpreis der Heiden zu ermöglichen. Aufjeden Fall verbirgt sich hinter V 8 f. ein ganz bestimmtes chtistologisclw Thema. Christus wurde zum freiwilligen »Diener« (ÖLaxov~; vgl. Mk 10,45) der »Beschnittenheite<23, um die Wahrheit Goues zu bestätigen, denn Gottes Verheißungen versprachen den Vätern Heil aus Abraham und aus David. Die Wahrheit Gottes besteht in seiner Treue und Zuverlässigkeit, die das Verheißene erfüllt (Röm 3,4.7). ~EßaLoüv heißt hier nicht nur: »bestätigen, befestigen«, sondern auch: »verwirklichen, erfüllencc 24 • Das Zeugnis Christi muß also darin bestehen, daß er den Zusammenhang zwischen seiner Sendung und den Verheißungen des Alten Testaments aufdeckt. Um diese Wahrheit herauszustellen, muß er den Opferweg des Gottesknechtes (ÖLßXOV~ = ,~') in dasjudentum hinein antreten (Mt 15,24). Aber Gottes Offenbarung besteht aus »Wahrheit« und »Barmherzigkeit«; heide Begriffe bilden ein unlösliches Ganzes 25 • Durch diesen Tiefenweg hinein in das 21 Ahnlich Uym 6t oder Uym 00v. Die Obenctzung: »Ich meine nämlich« ilt hier zu schwach und leitet eine Beteuerung ein. 22 Man kann die heiden Verben ~ und ~ gleichordnen und als Ergebnisse des Chriatusweges ansehen; heide Verben sind dann von ~~6 ... abhängig (LTZtodlI19). Schwieriger wäre es, wenn man Christua und die Heiden einander gegenüberstellt, 10 daß heide von Uym y<&Q abhängig wären. Inhaltlich ist die ente Aualegung vorzuziehen, stilistisch hat die zweite manchen Von•. 23 Du Perfekt yeyeviJa6a&. hat gegenüber dem Aorist yevto&w. (BC·O·G) einen bestimmten Vorzug. Paulua blickt auf den Abachluß des Geachehena, deaaen Folgen aufgewiesen werden IOUen. Die Wendung: »Diener der Beschneidung« umachreibt du hebr. Partizip Paulua will sagen, daß du ganze Sein Jesu unter dem Gesichtapunkt des Gottesknechtes, seiner Niedrigkeit und seines Dienstes, gesehen werden soU. Der Ausdruck erinnert an Gal 4,4: »unter du Gesetz getan«. Jesua Christus stammt aUi dem Samen Oavids; aber auch sein Wirken ist auflarael ausgerichtet und auf Israel beschränkt. Jot Zum rechtlichen Sprachgebrauch von p~ vgl. LAGaR 346; BAUER Wb S.v.; KASEMANNR 369 (ItBestätigung« und ItErfiilIung«). Zu ~ im HeUenismus: Polyb. 111 111,10; Diod. Sie. 1,5; lnachr. v. Prime 123,9. 2S cU.frOua und ~ entaprechen "90. Seide BegriHe zusammen ergeben die FüUe der Gotteaoffenbarung IOwohl nach jüdiacher als auch nach christlicher Gotteaanschauung (vgl. Job 1,14.17). Anders K.uEMANNR 369: es liegt Oberbietung vor: die Bundeatreue wird kOlmiach erwei-
n,f7I1.
nm
tert.
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Judentum werden auch die Heiden aufgerufen, die Bannherzigkeit Gottes zu preisen. Daß sie angenommen werden, ist ein Werk der Bannherzigkeit, die das Verlorene sucht. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Satzkonstruktion des Paulus doch bedeutungsvoll. Der Heide wird erst in zweiter Linie in den Heilsweg Gottes einbezogen, aber gerade er versteht jetzt, die Güte Gottes zu preisen. Beide Teile der Christenheit, sowohl Juden als auch Heiden, haben ihre Aufgabe am Lobpreis Gottes. Jeder von ihnen hat aufGrund seiner Herkunft einen bestimmten Anlaß und Anteil am liturgischen Dienst der Gemeinde26 . Es folgt im Anschluß an die paulinische These V 8.9a eine alttestamentliche ZiUJtmlcollektion, die schon äußerlich als solche kenntlich gemacht ist (~yt yQOJt"taL, xa( naALV UyEL). Diese Aneinanderreihung ist besonders kunstvoll, umfaßt sie doch alle drei Schriftgattungen (Tora, Nebiim, Kethubim). Alle Zitate enthalten auch das Stichwort ffivT) und umschreiben das Lobgebet, die » Homologie«, durch verschiedene Verben (~OIWA.oyEia6aa., ",OllELV , EUcpQQ(Vro6aL, alVELV, btaLvELv, tAA(tELV). Schwierig bleibt die Frage, inwiewei t in den nun folgenden Zitaten ein Hinweis auf Jesus Christus gegeben sein soll. Nach dem alttestamentlichen Text hat schon David die Homologie unter den Völkern anstimmen wollen (~.. = Ps 18,50; 2Sam 22,50). Er beginnt also alsjude mit dem Preisgebet. Dann wendet sich die Schrift den Heiden zu mit dem Aufruf, sich an der Homologie zu beteiligen (Dt 32,43; Ps 117,1). Zuletzt weissagt das prophetische Wort, daß ein Isaisproß auftreten und die Heiden beherrschen wird Ues 11, I 0). Die Homologie beginnt also in Israel, geht hinaus zu den Völkern, bleibt aber immer ein Zeugnis der Verbundenheit von Judentum und Heidentum. Anden wird die Auslegung, wenn man in dem ~~ von Ps 18,50 einen Hinweis auf Christus sieht. Dann ist er der Vorbeter, der die Homologie anstimmt und dessen Worte die Heiden nachzusprechen haben. Das Preisgebet ist dann Nachklang seines Wortes. Für die christologische Deutung wird geltend gemacht, daß in V 9 die Anrede XUQLE des Septuaginta-Textes fehlt (Lagr R 347). Entscheidend ist das Probtem des Zusammenha.nges zwischen V 8 und V 9. Wollte der Text sagen: der Christus war zu seinen Lebzeiten der Diener der Beschneidung und ist als der erhöhte Herr Vorbeter in seiner Gemeinde? Man wird eineneits festhalten müssen, daß das Alte Testament einen Gottesweg beschreibt, der durch das neutestamentliche Heilsgeschehen nicht aufgelöst werden kann. Paulus hat die Geschichte Israels nicht zugunsten des Christusgeschehens ausgeschaltet, wohl aber sieht er das Zeugnis des Alten Testaments in einer besonderen Weise durchJesus Christus erfüllt. Es sprechen also wirklich Zeugnisse und Männer des Alten Bundes, aber in einer eigenartigen Gebundenheit an das Christusgeschehen des Neuen Bundes.
Der Aufbau des Schriftzeugnisses läßt eine gewisse Steigerung erkennen. V 9b (= Ps 18,5O) legt Wert aufdas Vorbild des Vorbeters, der einerseits bewußt in der Heilsgeschichte Israels steht, anderseits doch inmitten der Völkerwelt (tv HvEaLV) das Preisgebet anstimmt. Er drückt damit die Bereitschaft aus, der Völker-
welt am Lob Gottes Anteil zu geben. Die Heilstaten Gottes gehen also über Israel 26 Sdbstventändlich soll eine dcranige Unterscheidung in der Heilsgeschichte nicht die Beziehung der Güte Gottes auf Israel auslöschen oder die Bedeutung der Verhci8ung den Heiden entziehen.
450
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hinaus. V 10 (= Dt 32,43) enthält (als Wort des Moses) den ausdrücklichen Aufruf an die Heiden, sich im Lobpreis mit dem Gottesvolk zu vereinigen. Gottes Hemtaten sollen alsogemtinsam bezeugt werden. V 11 (= Ps 117,1) legt Wen auf die Vollzähligkei t der Völker (xavta 'tel tDvr), xavt~ ol A.aoL): kein Volk soll im Lobpreis ausgeschlossen werden. Der Lobpreis soll immer umfassender, reicher werden. V 12 (= Jes 11,1O) spricht von der Herrschaft der ))Wurzel Isais« (= Davidide) über die Heiden. Das prophetische Won beginnt geheimnisvoll mit dem vorangestellten rotal: es beschreibt die eschatologische EpipJw.nie. Ihm entspricht im zweiten Glied das andeutende Partizip 6 chLO't{qA.Ev~ (vulg.: exurget). Der Messias kommt also aus der Heilsgeschichte Israels und erfüllt die messianische Hoflhung der Heiden17 • ))Hoffen« die Heiden auf ihn, dann erwartet man Heil.taten von ihm, das Offenbarwerden seiner Gerechtigkeit. Auch die Heiden wissen, daß nur ein Sproß Davids ihre Sache vor Gott venreten kann 18 . Das abschließende ZitatJes 11,10erinnen anJes 59,20 f. (= Röm 11,26). Wichtig ist, daß Jes 11,10 zur Haphtare der Passah-Oktave gehön. Unser Abschnitt schließt in V 15 mit einem reichen und feierlichen Gebetswunsch: ))Der Gott der Hoflhung möge euch erfüllen (XA.'lQ
451
Röm 14,1-15,13
stimmten Stil. Wichtiger ist die Auswahl der heiden Verben (xA.'1QOW, XEQI.aOE'ÖELV), die der Verheißung und dem Reichtum Gottes gemäß sind30; Aus der »Ho.fJnung« erwanet Paulus die »Füllt« der Gaben. Was man bisher besaß, ist lediglich Anfang, Anhub, Ansatz. Die Zukunft kann einen Reichtum von Freude, Frieden und Hoflhung der römischen Gemeinde schenken. Vielleicht ist diese D,eiheit zunächst herauszustellen. Aber selbst sie genügt Paulus nicht. Paulus zerlegt auch diese Trias wieder und nennt zunächst nur die heiden Glieder ))Freude« und »Friede«. Sie treten auch sonst als zwei Schwestern nebeneinander auf(Röm 14,17; GaI5,22). Paulus hebt dies Paar deshalb hervor, weil sie durch eine Zerreißung der Gemeinde am meisten gefährdet werden. Der Zusatz: ))im Glauben« sieht beinahe wie eine Auffiillung des Textes aus (tv 'tcp XI.O'tE'ÖEI.V)31. Ist er ursprünglich, dann will er darauf hinweisen, daß allein der Glaube den Weg in das Land der Freude und des Friedens öffnet. Die ))Fülle« der göttlichen Gaben bleibt also niemals eine bloße Verheißung, sondern erschließt sich uns durch den Akt des Glaubens. Ganz parallel schließt die zweite Hälfte des Gebetawunsches ab: ))auf daß ihr überreich werden möget an der Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistesc(32. Auch diese zweite Hälfte zeigt einen Weg in die Fülle der Hoffnung: der heilige Geist ist die Kraft und die Möglichkeit Gottes, die uns die himmlische Welt öffnet. biJvQJ&L; und XVE'ÜJ.&ß gehören für Paulus eng zusammen: Gottes Geist offenban sich als »Kraftcc, als Möglichkeit, die dem natürlichen Menschen verschlossen ist. Nehmen wir einmal an, daß Paulus selbst diesen Gebetswunsch so sorgfältig und kunstvoll aufgeglieden habe, dann werden wir auf diese beiden so eigenartigen Zusätze Gewicht legen müssen: im Glauben bzw. in der Kraft des heiligen Geistes ist der Weg in die Fülle der göttlichen Gaben gebahnt. Möchten die Römer nicht nur wissen, daß Paulus für sie betet, sondern auch selbst mit ihren Schwierigkeiten fertig werden! Dieser reiche liturgische Stil will also keineswegs rhetorisch verstanden werden. Wie",;', ÜlntJba: R. Gaugusch, Untersuchungen zum Römerbrief. Der Epilog JO Ne~n
JI
dem Optativ
~
licht die entsprechende Form
~~
(BG).
tv tep KunriELv fehlt in westlichen Handschriften (00 it). Man hat gelegentlich vermutet, daß
diese Wone eine GIosK seien, die vieUeichl sogar faJsch eingeordnet wurde (so PAUI.SR 1$4). J2 Die nachgeateUte Wendung: »durch die Kraft des heiligen Geiltcs« dürfte eine bestimmte überlieferung bei Paulus sein (Röm 15,19). Wir werden bei derartigen Zusätzen nicht das Empfinden haben dürfen, daß der Text ü~rladen sei. Es handelt sich um einen ganz ~timmten liturgischen Stil, der leine eigenen Gesetze hat. Zur Literatur vgl. P. S. MINE.U, Tbc Obcdience ofFaith, 1971, Appendix I (Zusammcnfaaacndea Paulusventändnil). Das Judentum ist seJbat eine missionarische Religion, vor alkm war auch der Pharisäismus eine der Mission aufaachloaaene Bewegung. Du E~ignia von Damaskus war nicht der Enatz der jüdischen Mission durch die neue Größe Jeaus Christus, IOndem eine Neugebun. Der gemuzigte Mcuias war tatsächlich ein Al)emil, und Paulus nahm Anteil an dem ArgemiaJcsu ChriIti. Entscheidend ist aber der E~ dir udtaliU,ucJwtt D~. Gou haue nicht in übereinstimmung mit dem Gesetz gehandelt, IOndcm einen andelm Ueilsweg einsnchlqm. Als Christus bei Damaskus cnchien, brach ein ganzes System zusammen. Du System der Abgrenzung wurde aufgehoben. Paulus steht jetzt an der Grenze der heiden Weltzeiten. Aar d", "jtJllTntnI Lti4Dt ,",*ltslllllll Xr4!t Sft"" Wirkmr. Entscheidend ilt also der Venuch, das Ventändnia der eschatologischen Dimension zur YorasulQDII rur die Lehre von der neuen Gerechtigkeit zu machen. Dual isl tI4s i" ,."",,'" Eu,UI ,,.
Bu-.,
"M.
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(15.14-16.27). BZ :l.... 1938-39. 164-184.252-266; P. Brunner. Die Lehre vom Gottesdienst, Leit. 1,1954;]. Knox, Rom 15,14-33 and Paul'sConception of Apostolic Mission, JBL 83, 1964, 1-11; E. Trocme. L'epitreaux Romains et Ja methode missionaire de l'Apötre Paul, NTSt 7, 1960-61, 1~153; F. Hahn, Das Ventändnis der Mission im Neuen Testament, 1963; M. Henge1, Die Unprünge der christlichen Mission, NTSt 18, 1971-72, 1!>-38; F. Stolz, Zeichen und Wunder. Die prophetische Legitimation und ihre Geschichte, ZThK. 69, 1972, 12!>-144. Zum Priestndimst des Ptudus: O. Betz, Le ministere cultuel dans Ja Seete de Qumrin et dans le Christianisme primitif, RechBibi IV, 1959, 162-202;J. Strugnell, The Angelic Liturgy, Vetus Test. Suppl. 7,1960,318-345; E. Lohse, Die Texte aus Qumran, 1971; K. Weiss, Paulus, Priester der chrisdichen Kultgemeinde, ThLZ 79, 1954, 35!>-364; K. H. SchelIde, Der Apostel als Priester, ThQ 136, 1956, 257-283; A. M. Denis, La fonction apostolique et Ja liturgie nouvelle en esprit, RevScPhTh 42, 1958,401.436.617-656; CI. Wiener, {EQOUQYEiv (Röm 15,16), Stud. Paul. Congr. 11,399-404; W. Pesch, Zu Texten des Neuen Testamentes über das Priestertum der Getauften, Verborum Veritaa, Stählin Festschrift, 1970, 303-315; H. Schlier, Die )Liturgi~ des apostolischen Evangeliums (Röm 15,4-21), Martyria, Leiturgia, Diakonia. Festschrift H. Volk, 247-259. FragesteUung: Es ist nicht ausgeschlossen, daß die im Brief erkennbare Steigerung des apostolischen Selbstbewußtseins (Röm 15,16 ff.) mit dem Aufbau des Schlußteiles zutiefst zusammenhängt. Die )Klammer« (vgl. 1,S-15) führt zum Ziel und Höhepunkt, in dem jeder Gedanke mit Entscheidung, Handlung, Absicht zusammenhängt. Spricht man im Aufbau von einem )Rechenschaftsbericht«, dann ist jedenfalls damit die Frage gegeben, wie und in welchem Obergang )Bericht« in )Briefc( übergeht. Die »Klammer« bestätigt die notwendige Konkretion. Die Tatsache, daß die bedrohliche Nähe von abweichenden Irrlehrern noch aussteht (16,17-20), läßt die Möglichkeit zu, daß der Brief gegen eine andere missionarische Konzeption gerichtet ist; daß die Führer von Einzelgruppen gemeint sind, ist schwer anzunehmen (P. S. Minear) . Auf jeden Fall entscheidet sich auch hier, daß wir es mit konkreter Lehre, nicht mit abstrakter Wiedergabe von Lehrstücken zu tun haben (vgl. 15,15: ))erinnern«). Wichtig ist weiterhin die Frage nach dem priesterlichen Dienst des Apostels (Vgl. die Zusammenstellung von Ä.EL"tO"~, [EQO"Q'YELV, nooacpoQQ). Aufkeinen Fall darf man auf den profanrechtlichen Sprachgebrauch von Röm 13,6 verweisen: hier liegt traditionsgeschichtlich eine sakrale Struktur vor, die weithin Spuren hinterlassen hat (0. Betz). Es geht in ihr nicht um hellenistische ))Vergeistigung« (H. Wenschkewitz), sondern umAufnakmtapokalyptiscktr Weissagung (Ez44). Die Frage, ob dieser Zusammenhang als Fremdkörper verstanden werden darf. muß verneint werden: Glaube und Gebet verraten ständig sakrale Elemente, die zusammengehören. Ez 43,18-44,26 beschreibt den eschatologischen KuiL Die Erwartung des neuen Tempels und des neuen Jerusalem werden in Qumran aufgenommen. Philo nimmt auch die Vontellung eines priesterlichen Volkes auf, das durch die Tora erzogen wird (spec. leg. 2,163). Man darf auch an die besondere priesterliche Kleidung denken (TestLev 8,!>-1 0). Die priesterlichen Eigenschaften werden damit auf das ganze Volk übertragen. Die »Frucht der Lippen« Ues 57,19) enetzt die früheren Opfer (I QS 9,5), die Sühne entreckt sich über das ganze Land (I QS 8,6; 9,4). Priesterliche Züge finden sich in den Berichten des Lukas (Apg 1,21 ff.: Wahl zum Apostel; 13,1-3 Aussendung der Boten). H. Schlier
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faßt in seinem Aufsatz die Ergebniue zusammen: Au~ wird im Bereich des HellenismUl dreifach gebraucht (Diener, Priester, Engel); auch das entsprechende priesterliche Handeln kann venchiedene Färbung haben: weltweit, öffentlich, amtlich, eschatologisch und univenal. Daher denkt PaulUi im Apostolatsbegriff' letztlich nicht charismatisch, wohl aber von der ihm geschenkten apostolischen Aufgabe her (6uJxovUI, ol~ tßa). Die Gerechtigkeit ist als Bundestreue inJesUi Christus enchienen, das Opfer wird jetzt durch PaulUi unter den Völkern dargebracht. Wichtig bleibt aber der Zusammenhang zwischen dem parakletischen Aufruf 15,7 und der homologieaitigen Exegese 15,10-12 (Wechael im Stil: Ich, Ihr, Verheißung). Diese homologieartige Zitation soU von der Gemeinde aufgenommen und in die Tat umgesetzt werden. PaulUispricht vor, die Gemeinde nimmt die Homologie auf, Gott selbet wird diesen Opferdienst des PaulUi segnen, wie er es immer getan hat.
V. Teil
Kap.
15,1~16,27:
Schluß des Briefes
Röm 15,14-33: Die Pläne des Apostels a} Röm 15,14-21: Die Rechtfertigung des Briefes
14 Ich bin .a.er, meiDe Brüder, auch VOD mir aUI in bezua auf euch iibefseuct, da8 ihr aen.t voll Güte leid, erfüllt von aller ErkeDDtm. UDCI im8IaDde, euch UIitereinander zu ermahnen. 15 Ich habe euch teilweile etwa kühn pechrieben. um euch wieder zu erinnern, vermöp der mir von Gott verliehenen Gnade, I . . . . PriaIft da Christul Jaul den Heiden ppnübel', der den priatertichen Dieut tut am Evanplium Gottea, damit die Darbrinpnc der Völker wohlpfill1a wAre, pheiliIl durch den heilipn Geilt. 17Tatlichlich habe ich die Möpichkeit iD ChriItuI Jaul, mich v~ Gott zu rühmen. laDenn ich werde nicht warn, etwu m reden, wu nicht CbriItuI durch mich pwirkt bat, um die Heiden zum Gebonun m brinpa, durch Wort und Tat, durch die Kraft von Zeichen und WuDCIem, durch die Kraft . . GeilteI. 19Daher habe ich vonJenuaiem aUI und riDpherum bia DaCh Wyrien du Evanplium von Chriatul zur vollen Entfaltu. . pbracht. 2°Doch 10, cIa8 ich meine Ehre darein aetze, du Evaaplium nicht dort zu verküaclipn, wo Chri.a Name achon FDaDDt wurde, damit ich nicht auf fremden Grund baue, 1110Ddern nach der Richuchaur der Schrift: .Seben werden ihn, denen nichu über ihn verIriincligt wurde; und verstehen werden ihn, die nichu über ihn Fhört habeD.<
Analyse: Mit Röm 15,14 setzt ein ausführlicher Schluß teil unseres Briefes ein, der im Stil und Gedankengang an den Eingang Röm I,~ 17 erinnert. Stärker als im eigentlichen Hauptteil des Briefes tritt die persönliche Beziehung des Brief-
schreibers zu seinen Lesern hervor (15,15.22-24). Es sieht so aus, als bildeten Röm I ,~17 und Röm 15,14-33 eine Klammer, die den Hauptteil umschließt. Daß Paulus den festen Willen hat, nach Rom zu kommen, wird sowohl im Eingang des Briefes wie auch in seinem Schlußteil gesagt (Röm 1,10; I5,22-24. 28"f. 32). Daß er als Heidenapostel eine Aufgabe an der römischen Gemeinde zu erftillen hat, sagt schon die Adresse (1,5 ff.), dann der Eingang des Briefes (1,14 f.). Der Schlußteil weist auf diese apostolische Verantwortung ausdrücklich zurück (15,15 f.). Stellt der Eingang des Briefes Paulus als den Beter dar, der auch durch seine Fürbitte mit der Gemeinde verbunden ist (1,9-IO), so geht auch der Schlußteil auf die Verbundenheit im Gebet ein (l5,3~33). Bot der Anfang des Briefes der römischen Gemeinde Anteil an der paulinischen Gnadengabe an (1,11-13), so verspricht der Abschluß, daß Paulus in der Fülle des Segens Jesu Christi kommen werde (15,29). Es kann also kein Zweifel bestehen, daß Röm 15,14-33 als Briefschluß sich an den Eingang Röm 1,~ 17 Punkt für Punkt anschließt. Vielleicht liegt in dieser Verklammerung eine bestimmte literarische Gewohnheit, die allerdings dem Römerbrief ein eigenes Gepräge gibt.
Röm 15,14-33
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Innerhalb des Schlußteiles Röm 15,14-33 sind einzelne Untertlbsc/utillt erkennbar. Zunächst stellt Paulus abschließmd das Recht seines apostoliachen Zuspruches sicher und schützt so seinen Brief vor einer falschen 8euneilung (Röm 15,14-21). Dann entwickelt er seine Reisepläne und kündigt seinen Besuch in Rom an (Röm 15,22-33). Innerhalb dieses zweiten Unterabschnittes ha~n die Schlußverse V 3~33 eine gewisse Selbständigkeit! Paulus weist in ihnen auf den ~onderen Ernst der Situation hin und ruft die Gemeinde zur Fürbitte auf. Das Kapitel endet mit einem feierlichen Schlußgruß (V 33). Exegese: V 14 setzt deutlich neu ein; die besonders herzliche Anrede ilöd.cpo( JAOU zeigt, daß er ein persönliches Wort an die Römer richten muß. Er ist ganz gewiß (xmELOIUlL), daß die römische Gemeinde auch jetzt schon im vollen Besitz jeder guten Gabe Gottes und jeder Form der Erkenntnis ist, so daß sie auch selbst imstande ist, im eigenen Kreis sich gegenseitig das Mahnwon zuzusprechen. Man kann V 14 nur dann verstehen, wenn man daran denkt, daß in den voranstehenden Abschnitten ein Fremder sein Wort zu römischen Gemeindefragen gesagt hat, daß er außerdem in seinem Gebetswunsch (V 13) aufGaben hingewiesen hat, die erst erbeten werden sollen. Paulus darf nicht den Eindruck aufkommen lassen, als nähme er die geistliche Selbständigkeit der römischen Gemeinde nicht ganz ernst. Ein echter Widerspruch zwischen V 13 und V 14 besteht deshalb nicht, weil alle Gnadengaben, die eine Gemeinde besitzt, auch er~ten werden müssen 1. Allerdings ist die DmJcjorm des Gebetswunsches eine andere als die der Anerkennung eines Gnadenstandes. V 14 ist nichts anderes als das ausdrück.. liehe Zugeständnis, daß dieg~e Fülle der Gaben Gottes schonjetzt in der römischen Gemeinde vorhanden ist (vgl. f.lEOtO( totE, XW'lQWt.&tvOl., ÖU'YCiJA.E'VOl.). Paulus möchte zum Ausdruck bringen, daß sein Vertrauen zur Gemeinde ungebrochen ist. Kai a~'t~ weist auf den Briefschreiber hin, der'»seinerseitscc die geistliche Selbständigkeit der römischen Gemeinde voll anerkennt 2 • Dem xat a~t6c; steht ganz entsprechend )((11. a'Ö'to( gegenüber: •• auch ihr selbst« (ohne mein Zutun). »Güteee und •• Erkenntniscc treten hier als zusammenfassende Geistesgaben der Gemeinde auP. Es ist möglich, daß ~ide Begriffe in der hellenistischen Liturgie eine bestimmte Rolle spielten. aya&wa6vr) ist eine Rechtschaffenheit, die der Offenbarung Gottes entspricht, wie yvtixn.c; eine Erkenntnis ist, die auf das Heilsgeschehen hinweist". Beide Begriffe dürfen nicht moralisch verstanden werden, sondern sie werden als Beschreibung des geistlichen ZuIn JM6 0eG fehlt hinler d~r Anred~ äbrNpo( das Pronomm IWv. G laI. S~lZ~n irtOml~ rur 6yaiho06vrJ~ ~in. ~in~ LA. di(" PALLISR \54 wi~er autnimml. Beid~ Varianlm habm k~in~ lachlich~ Bedrulung. 2 xal ain~ könnl~ an lich auch h~i8en: .. auch ich. (wi~ aU~ andnen). 1 Der Wonbildung nach isl ~ ~in~ späte h~Uenisti.ache Prägung, di~ lieh nur im bibliIch~n und kirchlich~n Griechisch wi~~rfindet. Gegensatz zu 6y~ kann xax(a lein. 10 daß d~r BegrifTcin~ bestimmt~ m~nschlich~ Tätigkeit wiederg~ben will (Ps 51,5; 2Chron 24,16). AUerdings ist ~ auch rin~ göttliche Eigenschaft (N~h 9,25.35; Barn 2,9). Im Neuen Testament findet sich ~ als B~ibung eines ~nschlichm Verhaltens in Röm 15,14; 0al5,22i Epb 5,9; 2Thcss 1,11. An aUen diesm Stellen ist ~ dem Begriff 6LXOWCJt'Mt verwandt. 4 '*"It; TiJt; ywOOEWt; findet sich bei Il BP Clem. Al. Oi~ Hinzufügung des AnikeJs gibt a6m1c; die Bcd~ulung von 6A"t;. ~r Anikel fehlt in P"ACOEFGX. I
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standes der Gemeinde zu deuten sein. Deshalb ist die Gemeinde auch von sich aus imstande, sich gegenseitig das Mabnwon zu sagen (vouitE'tEtV) 5. Damit wird die Mahnung des Apostels sicherlich nicht als überflüssig bezeichnet, wohl aber soll die Gemeinde auch von sich aus den Weg finden, die eigenen Schwierigkei ten zu beseitigen. V 15: Der Briefgeht seinem Abschluß entgegen (fyQCl'Pa). Man könnte Paulus nachsagen, daß er eigentlich keine Veranlassung gehabt hätte, nach Rom zu schreiben (bzw. sich in die donigen Verhältnisse einzumischen). Er gesteht daher zu, teilweise )~n wenig kühn« oder ))zu kühncc (mÄf.L1')QO'tt~)6 geschrieben zu haben. Worin lag die Kühnheit des Apostels? In dem Umstand, daß er als Fremder an die römische Gemeinde schrieb, oder in bestimmten Thesen und Formulierungen (Mb ~), die für die römische Gemeinde schwer zu enragen waren? Der Apostel rechnet offenbar mit einer Kritik an seinem Schreiben und will daher ein formales Zugeständnis machen. Er bat sich in seinem Schreiben bis an die Grenze des Möglichen gewagt. Deshalb schlägt er in dem Partizip ~ btuvUJ.l.l.flvfloxCIJY den Ton der Bescheidenheit und der Beschwichtigung an. Was er geschrieben hat, war nichts anderes als die geläufige kirchliche Belehrung, die der Gemeinde bekannt sein mußte. Die ))Erinnerungcc 7 besteht hier in der Einschärfung der katechetischen Tradition. Er lehnt es also ab, in seinem Brief etwas Neues oder der T,tuliIüm gegenüber Fremdes vorgetragen zu haben. Er will nur dargestellt haben, was das Evangelium selbst bezeugt'. Was er geschrieben hat, stammt aus der Verantwonung, die sein Amt ihm auferlegte. Dies Amt ist für ihn das konkrete Zeichen der Gnade Gottes, und er kann X~ als Umschreibung für sein Apostolat gebrauchen (Röm 1,5; 12,3). Gnade wird im tiefsten Sinn geschichtlich und personhaft9 . Sie wurde ihm von Gott her (MO 'tO'Ü iteoüpo·zuteil mit der Absicht, ihn zum Priester des ChristusJesus zu 5 Neben 6ll~ wird auch ~ bezeugt (X). xa( ilt dann als S~ aufzufaacn:»1IOpJ' andere zurechtzuweisen« (vgl. 111'1. Röm 3,1: ~ UM.MJ;au). voveneiv findet sich in diesem Sinn bei PaulUi in I Kor 4.14; Kol 1,28; 3.16; ITheu 5,12.14; 2Thcsa 3,15. • ~~ (BA) hat den Vorzug vor 't<».t&'1Q6t1!QOY (pt•• X eDG). Mb ~ wird verICbieden seeleutet: man dachte daran, daß einzelne Teile des Briefes zu kühn ~eben seien, oder daß PaulUi für einen Teil der Gemeinde zu kühn gaduieben habe. Vgl. die übersetzung SeaLiEalt 427: »zum Teil recht kühn. (- aufden pnzen Brid'bezogen). Vgl. L. GAUGVSCH, UntenuchunFl zum Römerbrief. Der Epilog (15,14-16,27), BZ 24, 1~39, 164-184.252-266. , Du DekompoUtUDl ~vftoxav bcgqnet im Neuen Testament nur hier, dagegen du Kompotitum lavcqaf.Lvftoxuv in I Kor 4, 17; 21im 1,6. Du Verbum ist typisch rür die Weitergabe einer bestimmten Halacha, einer Homologie oder einer IODltisen Tradition. PaulUi tut ja nichts anderes als zu wiederholen, was der römischen Gemeinde als christliche überlieferung bekannt war. I Es ilt"'emeiner Stil imJudentum und im HdlenilmUl, daß man an du Wiucn des Hören a~ pdliert und ihn doch an dies Willen erinnert. Der katechetilcbe Stoff muß »wiederholt. werden. PaulUi hat lOpJ' Gefähnen, die seinen katechetischen Stoft"einP~D ( I Kor 4, 17). Als hdleniatische Parallele dient Demoath. PhiI. 74,7: fxacnoy ulAÖJV xaUuQ ~ dMta ~ ~ ~. • '*'1 x~'*'I 6o&eioci I&OL klingt bei PaulUlfDnnl/h,ift (Röm 12,3.6; IKor 3,10; Ga12,9; Eph 3,2.7 f.) undfritrli<. Wahncheinlich liegt eine semitische Vorlase diesem Bekenntnis zugrunde. Der feierliche Stil dea Bekenntniues sewlich in V 16 bn. Vgl. H. SeaLIEIl, Die »Liturgie- des apoetolilchen EvaJlldiums (Röm 15,14-21), in: Manyria, Leiturgia. Dia.konia. FestlCbrift H. VOLK. 1968, 242-259. 10 Die LA fmb 'tOÜhoiJ (I*ACDGX) ist an lich nicht schlecht bezeugt,vidJeicht aber doch an unserer Stelk sekundär.
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den Heiden hin (d;) zu berufen. Das Apostolat encheint hier als eine An Priesterdienst (M:L'tO"QY(a)ll, der sich auf die Botschaft Gottes entreckt (~ yEiv) 12. Verwandt ist aufjeden Fall Röm 1,9; Phil2,17, so daß unsere Stelle keineswegs als isolien erscheinen kann. Derartigekultiseht Bilder setzen voraus, daß die Vonchriften des Alten Testaments durch das eschatologische Heilsgeschehen der Gegenwart einen neuen Sinn empfangen haben. Priester und Opfer untentehen einer festen Ordnung Gottes, darum sind heide der menschlichen Verfügung entzogen. Wenn Paulus in unserem Zusammenhang kultische Motive verwendet, dann drückt er damit sein Gebundensein und VerpOichtetsein aus, das jede menschliche Willkür ausschließt. Priester, Dienst und Opfer, Opfergesetz gehören eng miteinander zusammen. Paulus untenteht dem Evangelium als der Ordnung und dem Gtst~, nach dem die Heiden dargebracht werden. Die Heiden sind eine Opfergabe, die Gott wohlgefällig und durch den heiligen Geist geheiligt sein soU. Die •• Darbringung der Heiden« ist das Opfer, das in den Heiden besteht (vgl. Jes 66,20)13. An sich sind die Heiden unrein und profan, sie IJ Schon im Judentum findet sich eine bestimmte Vergeistigung kultilcher Bqrifre. Du Gebet heißt ebenso ~ wie der Altardienst (SDt 11,13 § 41). Der Gdehne, der duitzt und leinen Vortrag hält. gilt vor Gott dem gleich, der du Opfer auf dem Altar d&J'brinit (Ab Il Nathan 4 - Str-B 111 315). Der He1lcniamus leistet dem Verwaaticunpproze8 Vonchub. Zum priesterlichen Verständnis von Äa~ vgI. Neh 10,36; Hebr 8,2. Vgl. H. WENSCHUWITZ, Die Spiritualisienma der KuitUlbqpifFe, Angdos Beiheft 4, 1932; O. BETZ, Le miniltere cultuel danlla lCCle de Qumrln et dana le christianiamc primitif. La aecte de Qumrin et les origines du chriatianiame, 1959, 162-202; ThW IV 221-238. 12l.eQouQydv (im jüdischen Hellenilmus z.B. Philo vit. MOl. 1,87;JOI. ant. 6,102; 7,333; 4Mall 7,8 v.l.) bezeichnet den Akt des priesterlichen Dienates und findet lieh im Neuen Testament nur an dieser SteUe. AuftaUend ist der nachfolgende Akkusativ 'tb E'6ayyflwv (vgl. 4Mall 7,8:~ ~ 'tbY \'6tWV). G~. Nu.: leqouoyoüvta ttrv'ilJ.IÖJY aCnciw~. Der Kultus voUzieht sich nach fester Ordnung und nach priesterlichem Gesetz. Vgl. C. WI2ND, 'IrqcnJVtäv (Röm 15,16). Stud. paul Congr. 11 399-404; H. GEIE, Zur Biblischen Theologie 85 fI'. Höchates Ziel und VoUendung priesterlichen Handelns ist also der Zugang zur göttlichen Majettät. du Eintreten in die himmlische Versammlung der Gott dienenden Engelwesen, der Zutritt zum göttlichen Thron (5. 99). Dieser Sicht voller Gottesgemeinschaft entspricht ebenso entschieden, daß der Menac:h nur vor Gott tretm kann als der dem Tod Verfallene (S. 100). Diese alttestamentlichen Vorauuetzungen werden durch den Vergeistigungsproze8 in Qumran und im NT nicht aufgehoben, sondern auf das tägliche Leben übertragen. Die Käsemannsche Grundkonzeption muß also durch das volle Recht der kultischen Dimension ergänzt und erweitert werden. Zwischen Röm 3,24 ß:;8,3; 12,1-2 und 15,16 besteht ein sachlicher Zusammenhang. Paulus weiß wie du eschatologische Priestertum, daß der eschatologiacheBund Reinigung, Befreiung von Unkenntnis, Kräftigung, Segnung und Erbe der Welt ist. Vgl. Jub 22,14 (: »Und er reinige dich von aller Ungerechtigkeit und Unreinheit. daß du Verzeihung erlangst von allen Sünden, die du in Unltenntnia verschuldet hast, und er mache dich atark und sqnc dich, und du mögest die ganze Erde erben. Und er erneuere seinen Bund mit dir, daß du ihm zum Volke seines Erbes seiest... Diese VoraUlKtZungplliegen in Röm 11,26 f. (Israel!) vor, mÜllcn aber auchaufden Zusammenhang Röm 15,14 fI'. übertragen werden. Vgl. mrdaJ Verständnis des Paulua Od Sa1 20, I f[: -Ich bin ein Priester des Herrn und diene eben ibm priesterlich. Ihm bringe ich sein geiatiges Opfer dar; denn nicht wie die Welt und das Fleisch iat sein Geist. nicht denen gleich, die fleischlich dienen; des Herrn Opfer iat Gerechtigkeit, Reinheit des Herzens und der Lippen... Zum Problem vgl. vor aUem KAsEMANN R 375: in Wirklichkeit geht es allein um du delegiene, autorisiene und legitimierte Mandat des Heidenapostels. I l '" ~ 'UiJy NvöJy (Gen. appoe.) erinnert anJes 66,20. Don encheinen die nachJerusalern zurückgebrachten Diaspora-Juden als Opferpbe für den Ewigen. AUerdinp iat dort ~ ver-
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werden aber durch den heiligen Geist gereinigt und geheiligt, so daß si~ ein Gott wohlgefälliges Opfu dantell~n (Röm 12,1 f.)l4. Man könnte g~radezu an den Lobpreis denken, in dem sich dies Opfergeschehen abspielt. Die Füll~ der Heiden geht eschatologisch am Ende der Zeit in das Eigentum Gottes ein (Röm 11,12.25). Selbstventändlich liegt in diesem Gescheh~n ein Hinweis auf den neuen Äon, in dem alle Opfer nach dem Gesetz überholt sind.Jetzt wird auch der Anschluß an die Mahnung Röm 12, I f. gegeben 15. Das Besondere an dieser Bildsprache des Paulus besteht darin, daß der Begriff auf den eschatologischen Vollzug der Heilsgeschichte hinweist. Was der Kultw hes",e" will, ~riJJt sich in dir E"dgesc/aichu. Der Römerbrief gehört in die Missionsgcschichte (G. Schrcn.k, M. HengeI), denn er greift in eine lebendige Diskussion ein, die durch die MiJaion gegeben war. Doch darf man nicht verkennen, daß Mission nichts anderes war als ein Verhalten, das im Auftrag des Evangeliums selbst lag. Darum darfman nur mit Vorbehalt von ItMisaionsstrategie« des Apostels sprechen, wohl aber von bewußter Planung unter dem Druck ständig wachsender Bedrängnisse (Röm 15,~32). Daß Gott ein planender, vorausschauender Gott ist und daß der Apostel »Hausverwalter der Geheimnisse Gottes« bleibt (I QH 2,13; 1Kor 4,1), darfnich,t vergessen werden (G. Dautzenberg 152). Der ganze Ernst des Evangeliums ruft zum Beobachten, Prüfen, Entscheiden, Gcduldhaben auf und ist dem Scheitern ständig ausgesetzt. Wir haben verschiedene Ebenen bzw. Aspekte voneinander zu unterscheiden: die Offenheit für den lebendigen Gott und das Planen angesichts des ständigen Preisgegebcnaeins an die Bedrängnisse. Der apostolische Auftrag des Paulua fühn einerseits zur lehrhaften Meditation, andeneits in die Planung angesichts der gegebenen Situation (vorsichtig KäsemaM R 376).
Schon der Hinweis aufdas apostolische Amt mit seiner feierlichen Würde ließ erkennen, daß das Schreiben an die römische Gemeinde nicht mißverstanden werden kann. Darüber hinaus bestätigt V 17, daß die An des Paulus, sich zu rühmen, aus seiner Verbundenheit mit Christus stammt und nur im Dienst vor Gott verwandt wird. Er weiß um die Grenze, die ihm gesetzt ist 16• Schon die wandt, was Opfnpbe bedeutet und in der LXX durch 6cilQOY wicddgegebm wird. Jüdisch isl die VOI"Itdlung, daß Heiden die Diuporajuden als Opferga~ brinsen werden (Str-B 111 153). 14 AhnIich wie ~~ in Rörn 12, I r. wird hier du auch IOIlIt nicht ungewöhnliche Adjektiv rlmQ606~UJc; verwend~l. Ea finderiich auch in Röm 15,31; 2 Kor 6,2; 8,12; 1Petr 2,5. Zur AfltOUQy(a ~ vgl. Hmn lim V 3,8. ~tew 6nd~t lieh im Römerbriefnur an unserer Stelle, al· I~rdings in dem bei Paulul beliebten passivischen Sprac~brauch (vgl. IKor 1,2; 6,11; 7,14). Die Opfergabe ist deshalb geheiligt, weil die Menschen, die die Opfergabe danteIlen, geheiligr sind. Wir haben bei Paulus eine ganz bestimml~ An, vom nl'Uen PriesterdieMt und Opfer zu reden. di~ Berührungen hat mil Gedanken des Hebräerbriefes und der lukanischen TlWiitionen (Apg 13,1-3: Mt,tOUVfdv). Ein ähnlicher Ansatz hellenistisch-eschatologischen Denkens ist vorhanden. Ea handelt sich dabei k~ineswqp nur um eine ..spiritualisierung der Kuhbegriffe« im hdlenistischen Sinn, sondern um die heib- und mdgeschichtliche Verwirklichung des Kultus. Du eigentliche Zentrum alles kultisch~n Handebu liegt nach Paulus und dem Hebräerbriefjmuill des Kultus in dem endgeschichtlichen Vollzug der Heilsgeschichte; der Kuh der Gemeinde isl auf dies Zentrum bezo.. sen. Vgl. K. WEISS, Paulus - Printer der chrisdichen KultgMlf'inde (ThLZ 79, 1954, 355-364); 10. SEMANNR 375. 1If1 xa~ ist zuDächtl der Akt des Rühmens (Röm 3,27; 2Kor 11,10.17), dann der Gegenstand oder Grund des Rühmens (2Kor 1,12). Paulul rühmt sich des apoltoliJchen Amles und seines .. Pri~ lterdienltes.. POIl V 15 • •is V 21. Der Attikd tfIv vorxa'6XllcJlv fehlt in wichtigm Zeqen(P-I A'K); sein Fehlen würde bedeuten: .Ich ha~ di~ Möglichkeit. mich zu rühmen." Liest man den Artikel,
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Fonnulierung von V 17 zeigt, daß Paulus sich gegen einen Einwurfwehren will. Wenn Paulus sich als Apostel dem ganzen Heidentum zugeordnet weiß und einer ihm bisher fremden Gemeinde einen Briefmit konkreten Ennahnungen sendet, dann könnte ein Pneumatiker dies als übertriebene KaUXt1a~ auffassen. Paulus wehrt sich, indem er zugibt, daß er einen Grund zum Rühmen hat, daß er aber im Selbstruhm an eine bestimmte Nonn, nämlich an die Verantwortung vor Christus (tv XQLOtQ> 'IT}OO'Ü), gebunden ist. Ist der Artikel t'i)v vor xaUXTJaLV ursprünglich, dann bezieht er sich auf das in V 16 Gesagte (= A.EL'tOUQY~ XQL0't0'Ü). Daß Pneumatiker sich rühmen, ist nichts Ungewöhnliches; Paulus will sich nicht sagen lassen, daß seine Art, an eine fremde Gemeinde zu schreiben, aus einem maßlosen pneumatischen Selbstbewußtsein stamme (V 15: 'to).I'T}QO"ttQO>~, V 18: oü yclQ 'toAt1"aw). Er betont, daß mit seinem Selbstruhm ein kritischer Maßstab gegeben ist; er ist ein Akt, der von Christus begründet und begrenzt ist, und der im Dienst Gottes sich ereignet 17. Also fällt auch dieser Selbstruhm nicht aus seiner priesterlichen Gebundenheit heraus. Abwehrend klingt auch der Anfang von V 18: o'Ü yQQ 'tOAt1"aw 'tL ).aÄ.Eiv I8• Der Apostel wehrt sich gegen den Verdacht, als Pneumatiker die Grenze des Erlaubten überschritten zu haben. Das Verbum 'toA.t,uiv bezieht sich gelegentlich auf das unbegründete und unkritische Wagnis eines pneumatischen Selbstbewußtseins (2Kor 10,2.12; 11,21). Demgegenüber stellt der Apostel fest, daß er nur im Sinn der kirchlichen Unterweisung »erinnert« habe (V 15), und daß sein Wort nichts anderes sei als unmittelbar das Wort des Christus (V 18)19. Was er gesagt hat, hat der Christus selbst durch ihn gewirkt, damit die Völker zum Gehorsam, d.h. zum Glauben kommen (Röm 1,5; 6,17; 16,26). Um diesen »Gehorsam« des Glaubens geht es also im ganzen Römerbrief Wort und Zeichen, Wort und Ereignis, in denen Gottes Kraft sich offenbart, gehören für das Urchristentum zusammen: daS"Wort ist zeichenhaft, und das Zeichen ist worthaft20; V 19: Die Verbindung Ä6y(p KaL fQY
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und Tat seines Apostels bestätigt, dann ist es nicht verwunderlich, daß die Botschaft von Christus einen Siegeszug von Jerusalern bis Illyrien angetreten hat. Paulus spricht auch hier im Ton der xauXTI~: er hat Grund, sich zu rühmen, und er gibt an, wie weit er das Evangelium getragen hat (vgl. 2Kor 10,13). Die geographischen Angaben sollen besagen, daß der Wirkungskreis des Apostels vonjerusalern ))im weiten Bogen« (XUxA.
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Grund zu legen für die Wirksamkeit anderer, aber nicht das fortzusetzen, was ein anderer begonnen hat (I Kor 3, 10). Sein Apostolat besteht nicht in einer An Visitation (vgl. dagegen Apg 8,14 f.). chvo~ hat in unserem Zusammenhang prägnante Bedeutung: »wo der Name Christi proklamiert und angebetet wird« (2Tim 2,19;Jes 26,13). Wenn Paulus sich dort festsetzen würde, wo der Name Christi schon proklamiert und angebetet wird, würde er auf ))fremden« Grund bauen (ltlllnQLOV). olxoöo~iv beschreibt hier den Anteil des Verkündigers am Aufbau der Gemeinde Gottes (IKor 14,4). Dieser Grundsatz des Paulus liegt im Heilsplan Gottes, und der Apostel beruft sich ausdrücklich auf ein Schriftzitat Ues 52,15 LXX). Ursprünglich ist es ein Verheißungswort, das auf die Botschaft vom Gottesknecht bezogen ist, und das Paulus zur Nonn seines Amtes macht; in seiner Mission sieht er die Erfüllung dieser Verheißung. Offenbar vollzieht sich das ))Schauen« und )) Verstehen« des Christus durch den Empfang des missionarischen Wortes. Der Apostel gehört als Prediger zum Heilsvollzug hinzu (Röm 10,16 = Jes 53,1). Vielleicht hat er das Schriftwort exklusiv verstanden: wer auf fremdem Boden arbeitet, stellt sich außerhalb dieser Verheißung. Nicht ein persönlicher Ehrgeiz steht hinter seiner Mission, sondern ein ganz bestimmter eschatologischer AuftraglS.
b) Röm 15,22-33: Die Ankündigung des Besuches
12ne.t.1b bin ich auch oft verhindert worden, m euch .. kommen; 13jeataber, da ich keiDea Wirlampkreia mehr in dieeen GepncleD t.be, aber ICbon 8eit vielen Jahren Selmaucht empfiode, 24 m euch .. kommen, um nach Spanien m reUendema ich hoffe, auf der Durchrebe euch zu .eben und von euch dorthin p1eitet zu werden, nachdem ich ment mich an euch teilweUe ~ habe - 25jetzt aber reUe ich nachJenualem im Die.... der HeiIipn. 26 MuedoDien und Achaja t.ben Dimlich belchlouen, den Armen der Heilipn in Jenualem eiDe Zuwendu,. mkommen m lauen. 27 Du haben lie Dimlich belchlouen und aiDd es iImen auch IChulclig. DeDD WeDD die Heiden an deren piatlichen G.beD Anteil empfupn haben, lind sie ihreneita verpmchtet, auch in den inIiacheD Di.Dpn iImen einen Gepnclieut zu erwebeD. 18Wenn ich du mediat habe und iImen die. Frucht als Gepnpbe baddJt t.be, werde ich über euch aach Spanien reUen. 29Denn ich weil, da8 ich, wenn ich zu euch kommen werde, in der Fülle des Sepna Chrbti kommen werde. 30lch ermahne euch aber, meiDe Brüder, UDter ADnIfwII ...... rea Herrn Jem CbrUti und der Liebe cIea Geiata, da8 ihr mit mir in den Gebeten für mich vor Gou f'iDIt, 31 damit ich prettet wade vor den UnpbonuDen inJudia, und damit mein Dieaat, der mich aachJenualem führt, den HeiIipn wohlpfiIli& werde, 3lcWnit ich in Freude durch den Willen Goaea .. euch komme und 25 LTZMR 121 behaupteI, daß V 20 mit einem Seitenblick auf die seinen Schrillen stell folgende judaistische Propaganda geschrieben sei. Dann würden V 20 f. apologetischen, ja polemiachen Bezug haben. Man könnle annehmen, daß V 20 f. sieh mit dem Anfang unseres Briefes (Röm 1,15) sloße. Tallächlich will Paulus in Rom nichl missionieren, sondern auf eine konkrele Siluation einwirken. Diese konkrete Situation kann durchaus mit der judenehristliehen Mission bzw. der Gegensttömung Röm 16,17-18 zusammenhängen (M. KETTUNEN).
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...ammeD mit euch Erquic:Jmac finde. 33 Der Gott da lriedeu aber _i mit euch aI1eal Amea.
Analyse: In dem neuen Abschnitt V 22 ff. werden Ton und Stil privater und vorsichtiger, stellenweise sogar tastend und unsicher. Wiederholungen sind nicht ausgeschlossen. Die einzelnen Gedanken werden durch öt bzw. y~ aneinander gereiht, gelegentlich durch Parenthesen unterbrochen, so daß man an den unliterarischen antiken Briefstil erinnen wird. Grundgedanke bleibt die Hoffnung auf einen baldigen Besuch in Rom an läßlich der Durchreise nach dem neuen Missionsgebiet Spanien (V 23.24.28.29.32). Exkursanig schiebt sich das Motiv der Kollekte Mazedoniens und Achajas ein (V 2~28.31); es zeigt sich, daß die Angelegenheit der KoUekte dem Plan des Besuches hemmend im Wege steht und diesen geradezu gefährdet. V 3~32 haben daher eine besondere Gewichtigkeit in unserem Abschnitt. V 33 schließt als Friedensgruß das Ganze des Briefes ab. Historisclu Hinlergrii.ntJt: Die historischen Hintergründe des paulinischen Selbstverständnisses sin~ für das Verständnis von Röm 15,22-33 wichtig. Man erkennt, daß der Apostel prophetisch und apokalyptisch verstanden werden will (Gal 1,15 f. = Jer 1,5;Jes 49,5 f.). Der EingriffGottes stellt ihn aufdie Seite des apostolischen Kerygma, gibt ihm einen Sonderauftrag und begleitet ihn auf seinen persönlichen Weg in der Mission. Die theologische Aufgabe wächst ihm dabei ständig zu, apologetisch und polemisch. Verschiedene Stationen und Krisen sind auf seinem Lebensweg deutlich erkennbar; sie erschüttern ihn nicht, sondern bestätigen und steigern sein Selbstzeugnis (Gal 1-2). Der historische Bericht steht ständig in Spannung zu dem weiten eschatologischen Horizont, der sich hinter ihm auftut. Erwählung und Berufung, menschliche Entscheidung und sOl·pltige Planung stehen in keinem Gegensatz zueinander. Trennungen und Scheidungen, Widerstand und Zugeständnis sind für Paulus keine ausschließenden Gegensätze, sondern verraten einen letzten Gehorsam gegen Gottes eigenen Heilsplan (I Kor 4,1). Wichtig ist das Schweigen und Verschweigen, das genaue Berichten und das sorgmltige Verteilen der theologischen Akzente: das Historische ist für ihn theologisch, das Theologische für ihn historisch. Die von 1,11 8". an erzählte Planung, die in 15,22 wieder aufgenommen wird, bewegt sich im Rahmen einer bewußten Gedankenfiihrung. Paulus ist bewußt missionarisch, eschatologisch und historisch genau planend. Geist Gottes und Beobachtung der geschichtlichen Situation sind für ihn kein Gegensatz. Wichtig ist die Feststellung, daß die Zitate Röm 10,18 (= Ps 19,5); 10,19 (= Dt 32,21); 10,20 (= Jes6I,I); 10,21 (= Jes 65,2) nicht nur eschatologische Prophetie, sondern auch persönliche Sendung andeuten. Er bleibt Judenchrist, geht aber einen bestimmten Weg in die ökumenische Weite. Exegese: Es ist verständlich, daß Paulus bei einer so großen Aufgabe (V 19 ff.)
bisher außerstande war, nach Rom zu kommen. Er blickt in V 22 auf die vielen Hemmnisse zurück, die eine Reise nach Rom bisher verhinden haben 1. Eigent1 6&6 am Eingang von V 22 klingt verkürzt und bedarf einer näheren Erläuterung. tvExom6tA'I" erinnen an bwAU&ttv in Röm 1,13. Ohne aufdie An des lvExom6f.i'l" einzugehen, läßt Paulus doch durchblicken, daß aus der Evangelisation selbst immer wieder Schwierigkeiten entstanden, die eine Reise nach Rom verhindenen (anders IThess 2,18). tvtxOm6f.i'l" findet sich neben der LA tvEx6mJv (DGF). ~"tav begegnet noch in IThess 2,18; Gal5,7; IPetr 3,7; Apg 24,4."tCi x0U6 ist noch stärker als xo~ (vulg.: plurimum) und bedeutet: .. in all diesen Fällen, rege1mäßigec. Vielleicht war Paulus auf einer ersten Reise nach Mazedonien bis nach IIIyrien vorgedrungen; U. WILK.
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lieh erwartet man, daß Paulus erklärt, warum er nach Rom gehen will, obwohl Rom kein neues Missionsfeld im Sinn von V 20 ff. darstellt. Tatsächlich deuten V 23 f. an, warum der Apostel auf einen Besuch in Rom solchen Wert legt. Die Evangelisation des östlichen Mittelmeerraumes ist für ihn abgeschlossen, und Spanien soll zum neuen Zentrum seiner Missionsarbeit werden. Die Sprache des Paulus ist besonders bewegt, wie ein Anakoluth in V 23 offenbar macht; man müßte den Zusammenhang durch den Nachsatz ergänzen: »ich will zu euch kommen« (V 28 f.)2. Es ist zu vermuten, daß Paulus seit seiner ersten Wirksamkeit in Korinth (Aquila und Priska 1Kor 16,19) den Wunsch hegte, nach Rom zu kommen, daß er aber diesen Wunsch mit dem großen Plan verband, zu den ))Enden der Erde« (Röm 10,18), in diesem Fall nach Spanien, vorzustoßen. Eintsclultologisches Motiv liegt diesem Plan zugrunde, gleichzeitig aber auch eine nüthlmu Erwägung. In Spanien gab es eine Reihe von Synagogen, und der Osten war durch lebhafte Handelsbeziehungen mit Spanien verbunden3 . V 24: Paulus betont, daß er Rom nur auf der Durchreise besuchen will. Er wird also seinem Grundsatz V 20 f. auch diesmal nicht untreu werden, auch keine kirchenpolitischen Pläne mit diesem Besuch verbinden. Was ihm wichtig ist, faßt er in dem Wunsch zusammen, die römische Gemeinde kennenzulernen (itEäa6aL) und von ihr weiter geleitet zu werden. Er erwartet, von der römischen Gemeinde verabschiedet und ausgerüstet zu werden (Empfehlungsbriefe, materielle Mittel)". Ein so kurzer Besuch vermag nur teilweise (= in beschränktem Maße) den Gast satt zu machen (= zu befriedigen). Ganz offensichtlich verwendet Paulus hier eine bekannte Höflichkeitsform: Man begehrt eigentlich keine materiellen Güter, KENS,
über Abfassungszweck und Aufbau des Römerbriefes (Rechtfertigung als Freiheit, 1974, 127
Anm. ,54). 2 Tatsächlich ergänzt die Koine durch den Zusatz: ~L ~ u~ unieren Ven. Merkwürdigerweise sieht PALLIsR 158 in V 23 f. einen Ersatz für den Abachnitt V 25-32. Gut ScHLIEIlR 435: »Es ist eine Hoffnung, noch keine Gewißheit, wenn auch ein fester Entsch1uß, die ihn bewegen (vgl. 28 f.).« Damit wird die Grenze zwischen Gott und Mensch gewahn. 3 Reisen nach Spanien sind in der damaligen Zeit keineswegs selten. In Spanien scheint beaonden Gades, wo auch Posidonius sich längere Zeit aufhielt, ein vielbesuchtes Reiseziel gewesen zu sein (vgl. z.8. Kleon aus Magnesia bei Paus. X 4,6). Schon Cicero sagt: »Diejenigen meinen etwas erreicht zu haben, welche die Mündung des Schwarzen Meeres gesehen haben und jene Meerenge, durch welche zuent die Argo eindrang, oder diej~igen, welche jenen Sund des Ozeans gesehen haben, wo die reißende Flut Europa von Afrika scheidet« (Cic. Tuac.. 1,45). Auch Ariltidea hatte die Absicht, zwischen den Säulen des Herkules hindurchzulchiffen, doch wurde er durch seine Krankheit daran gehinden (or. 36,91). übrigens dürfte auch der weltberühmte Tempel des phönizischen Herkules, des Melkan, eine Veranlassung zur Reise nach Gades gewesen sein (L. FIUEDlANOER, Sittengeschichte Roms 1,397). Es ist wahncheinlich, daß auch in Spanien, das in Mischna und Talmud erwähnt wird, sich in der neutestamentlichen Zeit jüdische Niederlassungen befinden, wie bestimmte Inschriften nahelegen (E. ScHOllER, Geschichtedeajüdischen VoUr.es Ill, 1898,38. Vgl. CIL 11 1982 und die dreisprachige Inschrift zu Tonosa). 4 KQOXttmetv (IKor 16,6.11; 2Kor 1,16; Apg 15,3; Tit 3,13; 3Joh 6) ist ein fester Ausdruck der Missionssprache. Wer ausgerüstet wird, empfängt eine Beglaubigung und eine wirtschaftliche Untentützung. Vielleicht vollzog sich dies :n:QOXttmav in einem Gottesdienst, unter Gebet und Wünsehen. Zur plastischen Schilderung der Apostelgeschichte gehön das persönliche Geleit bis zu einem bestimmten Punkt (Apg 20,38; 21,5). Vgl. die Kommentare: DoDOR 238 f., SANDAY-HEADLAMR 411.
Die Pläne des Apostels
sondern vielmehr den Menschen selbst; ihn kennenzulernen bedeutet den höchsten Genußs. Plötzlich bricht aber diese Gedankenreihe ab. Paulus ist sich bewußt, daß er eine noch dringlichere Verpßichtung zu erfüllen hat, die seiner Romreise im Wege steht. V 25 ff. wirken gegenüber den vorangehenden Versen bestimmter, auch im Stil verändert. Ein sofortiges Kommen nach Rom ist deshalb unmöglich, weil der Apostel zuerst nachjerusalem muß, um den Heiligen zu dienen (6wxovetv 'tO~ Qyw..;). Die Wendung klingt altertümlich und semitisch 6 • Das präsentische XOQE'UOf.UlL zeigt, daß Paulus im Begriffsteht, abzureisen (wahrscheinlich zum Paasahfest). Die altertümliche Bezeichnung )>die Heiligen cc (~.;n"tl) denkt an die jerusalemische U rgemeinde 7 • Sie drückt sowohl die Erfiillung der messianischen Erwartung als auch die Abgrenzung von anderen Formen der Frömmigkeit aus. Die Einsammlung der Kollekte war der Beginn, die Ablieferung injerusalem das Ziel des Dienstes, von dem Paulus hier spricht (&axovWv) 8. Der Begriffdes )) Diens lesee deutet an, daß auch wirtschaftliche U nterstützung in den Bereich des xUQ~ gehört (I Kor 12,5). Auch die Reise nach jerusalem steht im Zeichen dieses ))Dienstescc. V 26 beschreibt diesen ))Dienstcc als Einsammlung einer Kollekte (xoLvwv(av xOLetaftaL), die die makedonischen und griechischen Gemeinden beschlossen haben 9 • Paulus betont die Freiwilligkeit des Entschlusses und die Einsicht der Gemeinden in die Notwendigkeit der Gabe. Sowohl V 26 als auch V 27 beginnen mit einem fast aufdringlichen '1"66x'10«v ytiQ. Vielleicht dürfen wir annehmen, daß Paulus damit auch auf die Freiwilligkeit und Einsicht der römischen Gemeinde einwirken will. Die Kollekte 5 5cHLATI'EI., Gerechtigkeit 390 versiehen: »Die Formel .vonjemand satt werden. entnahm er der palästinischen Sprache ... GAUGLEIl R 11 384 bemerkt dazu: )tSicher ist du nicht, denn weder er noch BU.LEUECK nennen Stellen, die dies beweilen ... Man könnte in di~m Bild auch an geistlichI Nahrung denken, die Paulu. von der römischen Gemeinde empfängt. 6 Zum Sprachgebrauch von ol4yLOuls einer Umschreibung der jerusalemischen U rgemeinde vgl. I Kor 16,1; 2Kor 8,4; 9,1.12. Die »Heiligen« sind die »Erwählten... Zum Verständnis der »Heiligkeit« IaraeJa ut .uf die entacheidenden Gotte.wone Ex 19,6; Lev 11,44 f. hinzuweuen. Der bekennende Teil des Volkes, bestimmte Gruppen des jüdischen Volkes, aber aueh Qumran, du in Spannung zur Umwelt Iteht, pOegen ein besonderes Ziel der »Heiligkeit... Zur Erwählung des Volkes gehön notwendig seine »Heiligkeit«. Weil die GemeindeJesu du eschatologische Volk Gottes ist, ist sie »heilig«. Vgl. LtzmR 121-123. Vgl. zurBezeichnungder ..Heiligcncdn Qumran IQS 11,7 f.; IQM 10,10; 18,2; IQH 3,22 f.; 4,25; 10,34 f.; 11,11 f.; Dam 20,2; TestLevi 18,11. Außerdem vgl. äthHen 38,4; 43,4; 48,1; 50,1. 7 Vgl. den Exkurs von H. LIETZMANN zu Röm 15,25; ThW I 1070: Im 2.Jh. bezeichnete sich eine besonders eifrig dem ~tzClltudium obliegende Rabbinenschule als »die heilige Gemeinde« (W. BACHE&, Die Agada der Tannaiten I I, 1890, 489 O:). ScHLAlTER, Gerechtigkeit 390 denkt allerdings an einen Dienat für die Gemeinden Makedoniens und Griechenlands, den Pauluslcistet. • Du Pan. Praes. &axovÖ)V bat durative Aktionsan. Hinter ihm steht das hebr. Man übersetzt es am besten: -im Dienst«. 'IEQOUCJOA'fI1A ist bei Paulus die üblichere semitische Namensform neben der anderen 1~uJ.Ul, die jedoch bei ihm auch auftaucht. 9 XOI.~U1 (eigentlich: das .. Mitteilen.. ) ist Umschreibung für die Sammlung. Str-B 111 316 weist darauf hin, daß im Aramäischen eine entsprechende Wendung soviel bedeuten kann wie: ..ein Kompaniegeschäft betreiben«. Zur AUleinandenctzung mit der Ableitung von Str-B 111 316vgl. H. SEESEMANN, Der Bcgriß'XOI.~U1 im Neuen Testament, 1933,23 ( und ThW III 809. XOI.VCl1VUI ist in Röm 15,261OVid wie -Kollekte«. Vgl. dazu H. W. BAIlTSCH, Die Kollekte des PauluI, Kirche in der Zeit 20. 1965, 555 f.; D. GEOIGI, Die Geschichte der Kollekte des Paulus rur Jerusalem, 1965; L. KEcK, ZNW 56, 1965, 100-129; ZNW 57, 1966,54-78.
n.,n.
Röm 15,14-33
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ist für die ))Armen« der Heiligen in Jerusalem bestimmt. Griechischen Ohren klingt dieser Genitiv partitivisch; möglich ist aber, daß hinter dieser Wendung sich eine Selbstbezeichnung der Jerusalemer Urgemeinde verbirgt (Gal 2,10). Für Paulus handelt es sich dem Wonlaut nach nicht um eine Steuer, sondern um einen freien Akt der Liebe10; Möglich ist, daß Paulus auch deshalb von der Kollekte redet, um der römischen Gemeinde zu zeigen, daß sein Missionskreis sich freiwillig der jerusalemischen Steuer unterordnet. Paulus bestätigt in V 27 die Verpflichtung seiner Gemeinden zu diesem Entschluß l l . Die heidenchrisdichen Gemeinden sind ))Schuldner« (OcpE"A.ttW.), weil sie von Jerusalem die ))geistliehen Gaben« empfangen haben. Die bezeichnende Gegenüberstellung von ))geistlichen cc und ))fleischlichen« Gaben (n'VEUJ.W't..xa-oaQX ..xa) ist in diesem Zusammenhang wichtig. Selbstverständlich hält Paulus die ersteren für wertvoller als die letzteren, ohne allerdings den ))fleischlichencc Gaben einen üblen Nebensinn zu geben. Die palästinische Urgemeinde hat zunächst der hellenistischen Missionsgemeinde die Gnadengaben des neuen Äons vermittelt; die heidenchristliche Missionsgemeinde kann nur in geringem Maße und auf anderer Ebene vergelten, was sie einst empfangen hat. Und doch sind diese ))fleischlichen« Gaben nicht nur notwendig, sondern auch rechtliche Verpflichtung. Es handelt sich bei dieser ))Zurückzahlung« nicht um ein Kompaniegeschäft, sondern um eine vor Gott gültige Verpflichtung. Auch auf dem Gebiet des Evangeliums gilt die Regel, daß man nicht einen Wert übernehmen kann, ohne einen, wenn auch andersartigen, Gegenwert dafür zu geben. Daß Wert und Gegenwert auf verschiedenem Gebiet liegen, braucht nicht zu stören; das Evangelium beIlfIT! der äußeren, wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Mittel, ohne doch von ihnen abhängig zu werden 12 • Was der Apostel selbst einst als rechtliche Verpflichtung zugestanden hat (Gal 2,10), haben die Gemeinden auch jetzt noch in einem freien Entschluß nachzuvollziehen. Aufdem Weg der Verkündigung entstehen neue Ordnungen und Verpflichtungen, für deren Geltung sich der Apostel autoritativ einsetzt. V 28: Wenn Paulus diesen Dienst beendet (bt..'tUhJ~ wie 2Kor 8,6.11) und ihnen diese Frucht ))versiegeltcc hat (ocpoayLO{qAev~), wird er auf dem Wege über Rom (6L' uJ.UÖ'Y) nach Spanien reisen. Die bildhafte Ausdrucks10·Die AUldrucbweise des Paulul ist in vencbiedener Hinsicht eigenanig. Er übergeht seinen eigenen Anteil an dem Zuatandekommen der KoUekte, der nach 2Kor 8-9 keineswegs gering gewesen ist. Denkt der römische Leser an die »Armen« der jeruaalemi.schen Gemeinde, wie der Wortlaut von V 26 nahelegt, dann tritt das Liebeagebot in diesem Fall in Kraft und unterstützt das Wiuen um die Verpflichtung der palästiniachen Gemeinde gegenüber. Es fehlen in der Au&ähJung der spendenden Gemeinden lOWObl Galatien all auch andere Gebiete KJeinaaiena. 11 XOLVClMiv bedeutet hier. ..Anteil empfängen« (uv(), wobei die Verbindung zu XOLvwvCav KOLda6aa. (V 26) nicht preisgegeben werden darf. Die »Pannenchaft« ist beideneitig anerkannt und bestätigt. Dem betonten Subatantiv ~ entspricht du nachpteUte und bestätigende Verbum öepeo.uv. Ausdrücklich weilt Aa"WUQ"fäv (wie ÄeL"tOUQ"tO( Röm 13,6) in die amtliche und verbindliche Sphäre. Der Obenctzer darfdie griechischen Feinheiten nicht übenchen oder zentören. u ll& ~ lind also die wiruchaftlichen Notwendigkeiten, die mit der Existenz des A~tolatea und des Evangeliums verbunden lind. Der Ausdruck will von vornherein eine Begrenzung und Abwertung vornehmen, weil ihm die Gaben des Evangeliums gegenüberstehen. Im Rahmen der Jn'tuIoUrt\xa Itchen die »geistlichen Prozesse« (B.uU"ITR 279: Ipiritual thinga, not spiritual gifta). Geistliche Gaben kommen unmittelbar vom Geist lelbst.
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Die Pläne des Apostels
weise stellt die Erklärung vor besondere Schwierigkeiten. Die »Versiegelung« könnte ein Akt vor der Ablieferung sein, in dem Paulus den Heidenchristen (a'Ö'to~) bestätigt, daß ihre Geldgabe eine rechte Frucht ihrer chrisdichen Liebe ist. Sie könnte aber auch eine abschließende Handlung beschreiben, in der den J udenchristen die Unversehrtheit der »Frucht(( bestätigt wird 13. Vielleicht handelt es sich um zwei verschiedene Motive, die miteinander verbunden werden: die Kollekte wird abgeschlossen und »versiegelt«, dann aber in Jerusalern abgeliefen 14 • Der prägnante Ausdruck darf nicht abgeschliffen werden, doch ist seine Bedeutung nicht völlig zu klären. Ist diese Mission abgeschlossen, dann kann der Apostel seine beabsichtigte Reise nach Spanien antreten und dabei Rom auf der Durchreise berühren. Das Futurum MEÄ.e'6OOJ1ClL deutet das endgültige Verlassen des Missionsfeldes im Osten an. Paulus vermeidet bewußt die Möglichkeit, sich in Rom festzusetzen. V 29: Die Durchführung dieser Reisepläne vollzieht sich ganz im Gehorsam, daher auch im SegenJesu Christi. Paulus ist nicht nur ein Nehmender und ein Bittender, sondern auch ein Gebender und Segnender. Wenn er nach Rom kommt, dann wird er mit dem vollen Segen Christi ausgerüstet sein. Die )Fülle des Segens((Jesu Christi setzt in den Stand, selbst wieder zu segnen und Gnadengabe wei terzugeben (Röm 1, 11 ) 15. Der Apostel ist mehr als ein Charismatiker, und sein Gehorsamsweg macht ihn erst recht fähig, als Gesegneter Menschen zu segnen. Der Ton der xa"xYla~ ist unverkennbar. Paulus verheißt seinerseits »geisdiche Gaben((, die den in Anspruch genommenen »Oeischlichen(( weit überlegen sind (KOO1tEJ.LCPtftVaL V 24). Vorausgesetzt ist, daß der Christus mit seinem Kommen nach Rom nicht nur einverstanden ist, sondern ihn auch mit Segen ausstattet. Wird man den Apostel aufuehmen, so wird man den Christus selbst aufuehmen. So wird sein Besuch Ausdruck echter xoLvwvkl sein. Die Schlußverse SO--SS sind in gewisser Weise selbständig. Sie fordern zur Fürbitte für Paulus und zur Anteilnahme an seiner Reise nachJerusalem auf. Die konkrete Gemeinschaft, die durch die übersendung des Briefes lebendig und kräftig geworden ist, kann auch während der nächsten Monate gefestigt werden. Es zeigt sich, daß die Zuversicht, mit der Paulus seinen Besuch in Rom angekündigt hat, in Wirklichkeit durch die Reise nach Jerusalem gefährdet ist. Paulus 13 A. DEISSMANN, Neue Bibe1atudien, 1897,65 f. erinnert daran, daß ein Getreidesack der Sicherheit halber versiegelt wurde. L TZMR 123 glaubt, daß uruere Stelle den Sinn habe: »nachdem ich ihnen die Kollekte sicher überbracht ha~. Man müsse die hane Prägnanz eines Ausdrucks annehmen: ein Verbum statt der eigentlich erforderlichen zwei. Er beruft sich aufL. RADEMACHEIl, ZNW 32, 1933,87 f[: Antike SchriftateUer wählen gelegendich einen Ausdruck als Teil eines Ganzen, wobei noch nicht einmal der wichtigste herausgehoben wird (vgl. Theokrit, 24. Gedicht; Paus. I 25,5). I. GAUGLU. R 11 387 urteilt: »Der Apoltel hat eben vom Abschluß der Sammlung gesprochen. So ist es immer noch wahncheinlich, daß er auch hiermit ganz schlicht sagen will: .Wenn ich mit dieser Sache völlig fertig bin.c .. Man hat mit Recht aus der Beschreibung V 25 W. geschlossen, daß Korinth als Abfiwunport des Briefes gemeint ist. LS Man sollte die Worte tv KA~tL E'ÖAoy~ XQunoü nicht ergänzen noch ersetzen. Eine Abschwächung bedeutet die Hinzufügung des Zusatzes: taU ~ taU ... , der sich bei antiochenischen und syrischenTextzeugen findet (K). Es ist aber bedeutungsvoll,wenn Ephraem paraphrasien: in jussu domini evangelii veniam. Auch in diesem Fall ist XQwtoo sicherlich ganz stark eine Würdebezeichnung (- der Messias).
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mIIjJ planen und dabei doch daraufgefaßt sein, daß Gott seine Pläne verwirft und ihn vor eine ganz neue Situation stellt. Ist es aber möglich, daß er dank der Fürbitte der römischen Gemeinde gerettet wird, dann kann auch durch diesen Dienst die Gemeinschaft zwischen dem Apostel und der römischen Gemeinde gestärkt werden. Auch das xQOxeJ&CPitfJvm (V 24) würde dann eine andere Note erhalten, wenn die Fürbitte der Gemeinde seit Monaten hinter dem Auszusendenden stand. Anderseits würde auch ))die Fülle des Segenscc (V 29) noch verständlicher werden, wenn die Sendung nachJerusalem zu einer Rettung aus bedrohlicher Lebensgefahr wird. Der Bericht der Apostelgeschichte bestätigt den Inhalt der Schlußverse. Ursprünglich bestand der Plan, von Kenchreä aus nach Syrien auf dem Seewege zu fahren, aber ein Anschlag der Juden zwingt zur Änderung der Reisepläne und zum Aufbruch über Mazedonien (Apg 20,3). Während der Reise fehlt es nicht an Warnungen und Prophezeiungen, die Bedrängnis und Gefangenschaft voraussagen (Apg 20,23). Die Schlußvene 3~33 entsprechen also genau der Schilderung der Apostelgeschichte. Aber auch abgesehen von dieser besonderen Situation war es die Sitte des Apostels, die Gemeinden zur Fürbitte für ihn und sein Werk aufzurufen l6 • In der Fürbitte und im Wissen um die Verbundenheit mit dem Gebet der Gemeinde liegt ein besonderer Ausdruck der Gemeinschaft, die für Paulus unentbehrlich ist. Noch einmal setzt (wie in Röm 12, I) ein betontes mlQClxaAm am Anfang von V SO ein und weist auf die Autorität des HerrnJesus Christus und der Liebe des Geistes (Gen. auct.) hin. Paulus beruft sich auf den, der Herr sowohl über ihn als auch über die Gemeinde ist, und aufdie Liebe, die der Geist wirkt (bw). Die Anrede MEMpo( ist in diesem Zusammenhang eindrücklich, fehlt allerdings in einigen Handschriften l7 . Im israelitischen Bild vom ))Gebetskampf« (uy
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Die Pläne des Apoetels
den Apostel mit der römischen Gemeinde eng zusammenschließt; der ente tvaSatz wird also zur Voraussetzung des zweiten, wie der zweite tva-Satz das Ziel des enten wird. Im Einzelnen wird man fragen, ob der Gebetskampf sich auf beide Anliegen entreckt oder ob dieser nur aufdie Auseinandenetzung mit der palästinischen Judenschaft zu beschränken ist!'. Der Begriff der »Ungehonamen« klingt wie ein apostolisches Scheltwort und weist eine schwere Spannung auf. So mag der Beter seine Feinde vor Gott angeklagt haben (vgl. den Psalter)! Es zeigt sich, daß auch die jerusalemische Gemeinde in starker Spannung zu Paulus lebt, und daß es nicht ausgeschlossen ist, daß es bei der 0 bergabe der Kollekte zu ernsten Schwierigkeiten kommt. Könnte man die Kollekte eines Mannes, der fiir du Judentum »verflucht« war, zurückwei.sen?20 Apg21,21 f[ deutet die Situation an, die tatsächlich später entstanden ist. Trotz der angedeuteten Spannung zwischen dem Apostel und der U rgemeinde liegt in den Wonen des Apostels der Wille zur AUSlÖhnung und die Achtung vor der palästinischen Tradition. Wenn die jerusalemische Mission beendet ist, kann er »mit Freude«, also ohne Betrübnis, nach Rom kommen. Freude ist hier ein Ausdruck der Dankbarkeit und des GesegnetJeins (Röm 14,17; 15,29)21. Wenn Gott es will, kann Paulus nach Rom kommen und sich dort ausruhen22. auvQVaxauECJ6aL (vgl.Jes 11,6) bezeichnet hier das GetlÖstetwerden und Erquicktwerden in der Gemeinschaft. In dem Verhältnis zu Rom liegen keine Spannungen; in Rom kann der Apostel nach Gefahren und Krisen der vergangenen Monate zur Ruhe kommen13 . So wie Paulus sich um die Fürbitte der Römer bemüht, 10 betet er selbst um ihren Frieden in einem kurzen Schlußsatz. Er ist knapp und ohne Zusätze gehalten, wirkt aber nicht unfeierlich. Die bekannte Wendung: »der Gott des Friedenscc gehört in den Stil des Gebetswunsches (Röm 16,20)24. Um den ··Zu ~ea8aa.cbro YRI. 2Theu 3,2; Mt 6,13. oL Mutoim~ erinnert an Röm 2,8; 10,21; 11,30 f. und bac:hräbt im polemischen Sinn die Abwehr des Judentuma legen den Meui.u-AnapruchJesu. Der BqrHraa~ kliJlIt wi~ ~in aclt.tändip Schdcwon aUli der Polemik des PaulUII. Geaensatz gqen diae 6Ka.~ ist aelt.lva'ltäncllich die WaaxofI ~. Neben 6&axoY(a &ndet lieb die westliche LA ~ (B~FG), die an eine Oberbringung eines Geschenkes. vielleicht lOpI' an eine kultUc:be Opfergabe erinnert (vgl. die tat. Obenetzungen: mnuneratio, oblatio). Neben der westlichen LA tv 1qpouoa).'fIt& (B~G) steht ~ 1qpouoa).•. ~~ erinnert an Röm 15,16 und bezeugt in diesem Fall die schwierige Situation, in der sich Paulua tidindet. -VII. dazu du Ventindnia von Riim 9,3. du durch Röm 15,30 beatitigt wird. Die Feindschaft des Judentwna gegen den Gekreuzigten hat sich in ganz besonderer Weise gerade auf den Apostel konzenttim, deaen Wirbamkeit unter den Diaaporajuden angegriffen wird (Apg21 ,21). Der Situatioaabericht des Römerbriefes wird von dem der Apoetelgachichte unterstützt. 2. B liest: [va tv xaW fAOm ~ ~ 6u\ 0e>.fJ~ X1JQCou tl')OOiJ. 22 Vgl. die Beobachtung von C. Y. TIJCHENDOIF: JtObeervatwn est Paulum conataDter 6u\ ~, tv U; Otl.fpm, __ tb et1ty.Ia wü hoü dixiue; nUlqU&m xmtt tb tfA1pI wU XQunoü velsimiliter dictum esL« Trotz aller Schwankungen wird auch an unaem- Stelle dir LA wU hoü ursprünglich Iein (YRI. LTZMR 123). uD liest: xa1 ~ Jod' 6jMiJY (YRI. vuIg.: rd'rigerer vobiacum). 201 Die Wendung: »der Gott des Friedens« bat eine lange Tradition im antikenjudentum und Urchristentum au&uweiten. Sie findet sich schon in TestDan 5,2; SNum 6,26 § 42 (don unter Berufung aufRi 6,24: Der Herr ist Friede - der Name Gottes heißt Friede). Paulua verwendet sie gern (z.B. Röm 16,20; 2Kor 13,11; Pbil4,9; ITbesa 5,23; 2Thesa 3,16); auch Hebr 13,20 setzt dicar Gebeuwendung voraus. Sie gebön in dir Gebetupracbe und in den Segmawunach.
eu.tt-
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Frieden mit den Menschen ringt Paulus im Gebet vor Gott, Frieden erbittet Paulus für die Menschen. Aber Gott selbst ist mehr als seine Heilsgaben, und er schließt in seiner Gegenwart alle Heilsgaben zur Einheit zusammen. Er umfängt auch jeden Einzelnen der Gemeinde, so daß alle Streitfragen zur Ruhe kommen 25 • Feierlich schließt sich das bestätigende ))Amen« als Abschluß des Gebetes an 26 • Zur gegenwärtigen Bedeutung von Röm 15,30-32 In der Gegenwan kommt man zu einem neuen Verständnis von Röm 15,30-32. a) Ausgebend von dem Artikel ~~ K. G. Kubna (ThW VI 727-747) bat man daraufhingewiesen. daß die judencbristlichen Gegner des Paulus in den von ibm gewonnenen Heiden lediglich ..Gottesfürchtige« sehen konnten, die nicht in die volle Zugehörigkeit zur Kirche bzw. zu Israel ab Volk treten konnten. Diese judencbristlichen Gegner waren schon in Galatien aufgetreten, waren aber jetzt im Begriff, die römische Gemeinde au&usuchen (16,17-20). Gelang es ihnen. hier Boden zu gewinnen. waren die Pläne des Apostels gefährdet: er mußte ihnen mit der Abfassung des Briefes, eines Traktates zuvorkommen. Dieser geachichtltheologiache Ansatz ist wichtig. b) Fraglich bleibt aber die Art und Weise, wie man die Dreiheit: Spanien, Rom,jeruaalem miteinander verbinden soU. Nach Röm 15,23 fr. ist die Lage im Osten (bis aufjerusalem selbtt) geklärt; offenbar hat sich Paulus auch in Galatien durchgesetzt (obwohl in 15,26 keine Gaben aus Kleinuien aufgezählt werden). Paulus verlangt kein Eingreifen der römischen Gemeinde im Konflikt mitjeruaalem (M. Kettunen). c) Man verlegt nunmehr du gesamte Interesse auf die kirchenpolitische Situation und die Auseinandersetzung mitjeruaalem (G. Bornkamm,j. jervell): Die Oberbringung der KoUekte muß ab Provokation der juden injerusalem erscheinen und den Apostel selbtt gefährden (vgl. dazu Apg 20,21 ff.). Paulus bereitet in dieser Situation seinen Rechenschaftabericht vor. E. Käaemann lehnt derartige Konstruktionen ab, nimmt dafür die Spanienreise des Apostels ernst (Röm 15,24 encbeint in apokalyptischer Perspektive). Der Apostel muß alles daran setzen, um du in der Diaspora gegen ihn verbreitete Mißttauen gegen sein Apostolat und gegen seine Lehre zu zerstreuen. Allerdings bricht er zu schnell ab, weil er nicht mit der römischen Situation nach Röm 16,17-20 ernst macht (M. Kettunen). Zur ganzen Situation vgl. U. Wilckens, Ober AbfUlungszweck und Aufbau des Römerbriefes (Rechtfertigung ab Freiheit, 1974, 110-170). U. Wilckens (a.a.O.) zeigt ansprechend, wie eine auch literarisch festatellbare Entwicklung innerhalb der pauliniachen Literatur bis bin zum theologischen Traktat aufweisbar ist. Dabei kommt er zur hermeneutischen Regel. daß christliche Theologie aus dem Leben erwächst und alle Reflexion ein elementares Mittel aktiver Teilnahme an der Geschichte der Kirche ist (unter Berufung aufF. Chr. Baur S. 140 Anm. 74). Du Emltnehmen der Geschichte ab Vollzug der Geschichte und ab Wiuen um Verantwortung im Raum der Kirche lernte man aber an dem Beispiel A. Schlauers, der sich gerade hier im Gegensatz wußte zu F. Chr. Baur. Die verschiedene Arbeit E. KäaemannJ und H. Schliers wollte gerade an diesem entscheidenden Punkt mehr. DM Uba tIIIUr tÜIft X~ tüs Hmrc.u Üt &1U Du griechiscbe I&EM nimmt du hetriiache ~ wieder aufund zeiat damit seine temitische Herkunft an. JIltli KlImov 'ÖI.IÖW gehön abo in einen bestimmten GruBatil (vgl. 2Kor 13,11; 2Theu 3,16; Ga16,18). M Vgl. Röm 1,25; 9,5; 11,36. ,... AG leim hier kein citdIv; ""lelZt dagegen den feierlichen Ab1Cb1u8 von R.öm 16.2>-27 an u~r Stelle ein.
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Empf~hJung, Grußlist~
und
Sq~nswunsch
1rülI''''I dIJ lebtNJ;,m Gotlu ist mlItr GIs dwt c/,ristliclu Rlflaion rurJ Derlatt twlnt KllÜlorin. Di~ Freiheitaparole, unter der E. K.äsemann und U. Wilckens stehen, ist mißventändlieh; sie ~ntspricht zwar der Loslösung von der jüdischen Interpretation des Gesetzes, aber si~ genügt nicht gegenüber d~m Text. Paulus ist gebunden an ein~ eschatologisch~ Tora, di~ der Christus selbst in seiner Pe non ist (Gali, 16; 2Kor 4,6). Di~ neu~ Form d~r Tora tritt an die Stelle aller Vorformen (Röm 10,4: 'tUe:>; v6f.1OU). F. Chr. Baur steht unter dem Zeichen idealistischer Geschichtsphilosophie und gefährdet die gegenwäni~ theologische Arbeit. Gottes Geist und Gottes Bindungen werd~n in der Gegenwan falsch ventand~n. Die Loslösung von Sünde, Gesetz und Tod (Röm 5,8) ist damit zu etwas Selbstv~ntändlich~m geword~n, statt etwas Ungeheuerliches, Nichtgelöstes zu bleiben. Di~ mosaisch~ Form der Tora trug den Willen Gottes in sich, war aber zu schwach~ genüber d~m Fleisch des M~nschen: nur di~ eschatologisch~ Form der Tora ist imstande, die Ford~rung Gottes zu erfiilJen. Wir stehen vor einem offenbarungsgeschichtliehen Verständnis des Gesetzes. Paulus nimmt das w~ilheitliche Denken des Rabbinates ernst, verw~nd~t es aber in einer n~u~n apokalyptischen Gestalt (vgl. H. Gese, Zur Biblischen Theologie. Das Gesetz, 55-84). Damit ist eine Auseinandersetzung über Biblische Th~ logie gegeben, die auch das Problem F. Chr. Baun erfaßt. Du GesclUchtsprohimu wtrden mcht Uichur, wohl aber anthrs.
Röm 16, 1-24:
Empf~hlung, Grußlist~
und Segenswunsch
1 Ich empfehle euch aber uuere Schwaler Phöbe, die DieaeriD der Gemeiacle iD Kenchrei iat, zda8 ihr. aufaehmt im Herrn, wie e. der Heillpa WÜI'dii iat, UDd ihr injecler5Khe beUleht, bei der Re euer bedarf; deDa auch . . . . . . iat Beiataad für viele pwon:lea, ja ~ für mich..... JGrii8et PriMa aad AqaiIa, meiDe Milalbeiter in CuUbuJema, "die für meiD LebeD ihreDeipaea Hab ......... babea, deaea Dicht ich aUeia denke, lODdea a auch alle GemeiDdea der Heidea, 5aad püJk auch ihre a.upmeiadel Grii8et meiaea p1iebtea EpiaeIaa, welcher der EntliDc A.8ieaa für Chriatu. iatl 6Grüßt Maria, die aich viel für euch pmübt hat! 'Grüßt Aadroaikua uacl JuDiu, meiDe VolbpJto •• l!a aad Mitpfaapaea, die uater dea AJtc-teia heno. . . .a, die lChoa vor mir in Chriatua . . waea aiDdl IGrüßt meiaea im Herra p1iebtea Amplialual 9Grüßt Urt.aua, UDeerea Milalbeiter in ChriaIua, uad meiaea pliebtea Smchy.1 l°Grüßt dea iD Cbriaaua bewibrtea ApeUe.1 GriiJk die Leute ... dem Hau_ . . ArUtoINIa.! llGrü8t meiaea Volbp....... Herodioal Grüßt die yoa dea Leutea . . Nuduua, die im Henu aiadl 12Grü8t Trypbiaa uad Tryp..... die im Henu .... beiteal Grüßt die pUebte Penia, die viel pubeitet hat im Henul lJGrüßt dea im Henu ...aerwihltea Rufua UDd leiDe Mutter, eHe .ch die meiDe pwonlea UtI l"Grüßt AayaDi..... PbIepa, Hermea, Patrobu, Henau UDd die Brüder bei ihaeal 15Grä8t PhiIoIopa aad JuIia, Nereua uad leiDe Schwwtel aad OIympu aad alle Heilipa bei ihaeal 16Grä8t ei...ader mit dem heillpa KuSl Ea pü8ea euch alle Gemeiadea CIuiati. l ' Ich ena-hae euch 1Iber, ihr Brüder, Kh....... auf die, welche die Eaazweiuapa uad die Lpraiue ppa die Lehre, die ihr plerat luIbt, errepa, UDd weichet ihaea auaI 'I Dean lOlche clieaea Dicht UII8eI'em Henu ChriaIua, . . . . . a ihrem eipaea Bauch, UDd durch ihr WobIrecIea UDd Schöareclea betrüpa Be eHe Herzell der ArJIoeea. 19Deaa die N.:hricht YOll eurem Gebor-.m iatja bei a1Iea bebaDt pwonlea; cIenua freue ich mich euretwepa, ich wiiDache 1Iber, da8 ihr
Röm 16,1-24
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webe eeid mm GuteD, eiDfilda ........,i...... dem ScJaIec....... -Der Gau" Friedeu . . . wird dea ..... iD Bilde uaterearea Fi8ea _ _...... Die G.de ...... Herna Jau 8ft mit euchl 21 Ea pä8ea euch meiae Mi....w_ TiIIIadIea.1UId lDeiIIe V ' " [ Da •• [ a Luc:iu UDd Juoa UDd SoeipatroL U leb, TerIiua, der ich cIea Brief pKIuiebea WIe, pü8e euch im Herm. J3 Ea pü8t euch G.ju, der' micb lUId die . . . . GemeiDde beberl»etIL r.. pä8ea euch EruIua, der Scha....... der s..da, UDd der Bnder Quartu.. J4 Die GD8de UD8eI'a Herna Jau ChrUbu - ' mit euch .ueal Amea.
Analyst: Daß eine neues Kapitel mit einer Empfehlung und einer Grußliste angefügt ist, braucht an sich nicht zu überraschen. DerGIItW Briefschloß gewöhnlich mit guten Wünschen fiir den Empfänger und besonderen Grüßen an die Freunde. Nicht ausgeschlossen waren bestimmte Angaben über Datum und Ort der Abfassung oder die Art der übermittlungi. Allerdings sind die Abschlüsse einesJHUdiniscllm Briefes sehr mannigfaltig. Manchmal fehlt ein Gruß überhaupt (z.B. am Schluß des Galater- und Epheserbriefes). Gelegentlich grüßt Paulus allgemein, ohne Namen hervorzuheben (z.B. im 2. Korintherbrief, im Philipperbrief, in den Thessalonicherbriefen), gelegentlich aber auch unter ausdrücklicher Nennung der Namen (1. Korintherbrief, PhilemonbrieO. Ausführliche GnifJlislnl finden sich in Röm 16, aber auch in Ko14,10-17 und 2Tim 4,19-22 2 • Man hat die Beobachtung gemacht, daß Paulus in Briefen an seine eigenen Gemeinden niemals einzelne Personen besonders grüßen läßt; anders dagegen steht es in Gemeinden, die ihm persönlich unbekannt sind (Th. Zahn, H. Lietzmann). Durch die Weltbedeutung der Stadt Rom war es möglich, daß vornehme Leute eine größere Dienerschaft aus dem Osten mitbrachten, die nun den östlicllm Kult auch nach Rom verpflanzten oder ihm auch dort treu blieben (vgl. die Inschrift von Tusculum}3. Trotz mancher kritischer Bedenken, die durchaus anzuerkennen sind, ist anzunehmen, daß auch dies Kapitel zum ursprünglichen Bestand des Römerbriefes gehört4 • I Wenn eine lubacriptio in einzdnen Minuskeln am Schluß von Röm 16 auftaucht (z.8. ~ 6Kb KOQ(vOou 6U& cto~ bzw.ly~ 6Ib T~lou, ~ 6l6&b ~ iarb K.vt{QJv) , dann haben wir el allerdings mit Schlußfolgerungen lpäterer Leaer zu tun.
2 Vgl. zum Stil in Ko14,10-17: ~f;nal ... (4,10-14); ~ ... (4,1>17) und 2Tun 4,19-22 (aomwa... . . 4,19; cWx6l;no.L 4,21 ). Auch eine derartige Grußliate ist offenbar nach einem festen Schema oder nach einer bestimmten Ordnung aufgebaut. Daß der Römerbrief unter Mitwirkung eines in der hellenistischen (und lateinischen) Wdt bewandenen »SekretäR« geachrieben ätt, gibt V 12 auadrücklich zu. In Röm 16,17-20 Icheint die Stimme des Paulua adblt zu Gehör zu kommen (vgl. die Semitiamen). 1 Vgl. den Exkurs von LTZMR 128 f[ überdaa Problem der Abfaaaungvon Röm 16 und seinen Exkun 4 (a.a.O. (34) über die lnachrift von Tuacuhun; außerdem F. CUWONT, Die orieotalilchcn Rdigienen im römiacheo Hridentum, 3. AuO. 1931, I98;J.l. H. McDoNALD, Wu Romana XVI aseparate letter?, NTS 16, 1969-70, 369-372; K. H. RENosrou, Paulul und die älteste römiac::be Cbriatenheit. Studia Evangelica 11. TU 87, 1964, 447~; U. WILCKENS, über Abfusunguweck und Auf: bau des Römerbriefs 124 f[ (Grußliste). • Es erheben .ieb bestimmte EittwitttU: Ist es wahnebein1ich, daß PaulualO vide Bekannte in einer ihm IOnat unbekannten Gemeinde hatte? Weilen Epänetua, der EntlingAaiena (Röm 16,5), unddaa Ehepaar Priaka und Aquila (Röm 16,3 - IKor 16,19; 2Tim 4,19; Apg 18,2.18.26) wirklich nach Rom, oder lind diese Chrilten nicht in Ephesua zu luchen? Der polemiache Ablchnitt Röm 16,17-20
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Empfehlung, GruBliste und Segemwunsch
Blickt man auf das Ganze von Röm 16,1-23 (bzw. 16.24), dann tritt zunächst die Selbständigkeit von V 1-2 heraus: Paulus empfiehlt Phöbe, die dienende ))Schwestercc aus Kenchreä, für den Dienst in einer auswärtigen Gemeinde. Es folgt in V 3-16 eine längere Grußliste, die mit dem Imperativ cUm6cJao&E (V 3) eingeleitet wird; er kehrt 15mal wieder. Im Folgenden herrschen die indikativm Grußfonnen (itmatovtaL V 16b; cUmatE'taL V 21.23a.b; itmtcitOf.&aL V 22). Schon äußerlich tritt die Besonderheit der apostolischen Verwarnung V 17-20 heraus, die statt des persönlich-verbindlichen Tones der Umgebung einen sachlich-amtlichen Charakter tdgt. Die Sprache dieses kleinen Exkurses ist leidenschaftlich und bewegt'. Allerdings sind die einzelnen Verse stilistisch keineswegs einheitlich und bedürfen einer besonderen Untersuchung. Es scheint so, als stelle sich noch einmal der jüdische Grundcharakter unseres Briefes deutlich heraus (vgl. die zahlreichen Semitismen!). Im ersten Teil der Grußliste V 3-16 findet sich mehrfach die Erwähnung einer persönlichen Beziehung zwischen dem mit Namen Genannten und Paulus als Brie&chreiber (V 2 ff.)6. Es ist anzunehmen, daß diese mit Namen Genannten in der Lage waren, sowohl über Paulus zu berichten, als auch umgekehrt Paulus über die Gemeinde zu berichten. V 16 bildet einen gewissen Abschluß des ersten Teiles, V 21-23 dagegen beziehen sich auf die Grüße der Gefährten des Paulus; auf ihre Verbundenheit mit ihm legt der Apostel in diesem Zusammenhang gesteigertes Gewicht. Auch diese Gefahrten des Paulus sind imstande, den Apostel zu legitimieren. Wieweit sie in Wirklichkeit der römischen Gemeinde bekannt waren, ist ungewiß. V 24 bringt einen Segenswunsch, der dann notwendig wird, wenn die Doxologie Röm l6,2!)'-27 wegBUlt oder an den Schluß von 14,23 rückt. Aufjeden Fall bleibt das Verhältnis von V 24 zu V 20b ganz ungeklärt. Das Problem der Doxologie meldet sich auch hier zu Wort'. macht zwar einen durchaus pauliniachen Eindruck, erweckt aber die Frage, ob er sich dem Ganzen des Briefes gut einordnet (vgl. dazu LAGRR 372 f. und DoDDR XVII ff.). Dort, wo man Röm 16 vom Briefganzen abtrennen will. denkt man an ein selbständiges Empflhlwttsscl,,,ib,,, für Phöbe, das vielleicht nach Ephesus gerichtet ist, oder an ein BriflJrfll"ll'll. du aus irgendwelchen Gründen mehr zufällig an den Abschluß des bekannten Römerbriefes angefügt wurde. Der Eingang Röm 16,1 (auvCantI'L bt) ist zwar nicht ganz ungewöhnlich für ein selbständiges antikes Schreiben (Ps. Xenoph. Reap. Atb. 1), spricht aber mehr für die Weiterfiihrung eines brieflichen Kontaktes. t Ea liegt zwar nahe, V 17-20 gegenjudaiatiache Agitatoren gerichtet sein zu lauen, doch bleibt die Aufgabe bestehen, unseren Zusammenhang mit Gal5,1 8'.; 2Kor 11,13 f.; Phil3,18 f. zu einem einheitlichen Bild zu verbinden. Der Ton und die Auadrucbweiae erinnern an Gal6,11-16; Phil3,17 8'. Man darfin den pauliniachen Sätzen keine -BudruiJJ""lf des gqrneriachen Standpunktes sehen,lODdern eine ganz bestimmte polemiache CharakterUierung des Gegners, die ihn karikiert; vgl. die Schandpunktation der Wuoreten. Paulus liebt es, seine poIemiache Abwehr in die P&räneae einzustreuen oder sie mit dem SchluBgruB zu verbinden (I Kor 16,22). Mit dem SchluBgruß verbindet sieh nicht nur der Segen, sondern auch der sdlilQNJ, FIwIt. Die Frage entsteht, ob Paulus den Kamp( um Galatien verloren hat (U. WIl.cKENS 136.144). Allerdings bedürfen die weltanschaulichen Aspekte einer Ergänzung. 6 Vgl. die penönlichen Bemerkungen und Bekenntniue V 2.4.7.8.9.10.13. Paulus hat also eine gröBere Anzahl Bekannte und Freunde in Rom, die ihm perlÖnlich nabestehen. Dieser Umstand ist auch für die Abfaaaung des Römerbriefes von Wichtigkeit. Paulus muß genaue Kenntnis der römisehen Verbältnisse gehabt haben: er will konkret aufweisen. nicht nur reflektieren. 7 JM6 • ABC haben V 24 nicht gelesen, KDG kennen den Segenswunsch von V 24, DG nicht aber
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Exegese: VIf.: Das Kapitel beginnt mit der Empfehlung der Diakonisse Phöbe, die vielleicht dazu bestimmt ist, den Römerbrief zu überbringen. Solche Schreiben waren in der damaligen Zeit durchaus üblich (2Kor 3,1: OUata'tLxat btLO'tOAa(). Der Name der Frau weist daraufhin, daß sie Heidenchristin ist; eine Jüdin wird einen derartigen Namen, der in der Mythologie eine Rolle spieltI, kaum getragen haben. Wenn Paulus sie als »unsere Schwestercc vorstellt, dann bezeichnet er sie damit als Glied der christlichen Gemeinde (Philem 2). Sie ist »auch(c als »Diakonisse« (6LQXO'V~; vgl. lTim 3,1l?) einer bestimmten Gemeinde, und zwar der Gemeinde Kenchreä, des östlichen Hafens von Korinth, zugeordnet9 • 6..aXO'V~ ist hier schon als Amtstitel anzusehen. Ein weiblicher 6..aXO'V~ ist auffallend, vielleicht sogar im Neuen Testament hier allein belegt. Es ist möglich, daß Phöbe an Prauen, Kranken und Fremden ihren »Dienst« versah, vielleicht sogar bei der Taufe von Frauen Beistand leistete 10; Ziel der Empfehlung ist, daß die Gemeinde Phöbe aufuimmt und ihr beisteht (vgl. auch Phil 2,29). Wenn Paulus schreibt: »daß ihr sie aufuehmt im Herrn«, dann beruft er sich auf die besondere Würde und Sitte der christlichen Gemeinde U. A. Bengel: Christiano more). Die Wendung tv xUQ(.qJ bzw. tv XQunti> findet sich in Röm 16 besonders häufig. Der Beziehung aufden »Herrne< entspricht die Würde der Heiligen: »wie es sich für Heilige geziemt« (d;~ 'tWv lIy(rov). Die Gemeinde soll sich bewußt sein, was sie einer Frau im Dienst um Christi willen schuldig ist (A. Pallis). "QOO'tQ'tLS (Fem. zu "QOO'tQ'tTI~) hat ähnlich wie das Maskulinum amtlichen Klang. Es entspricht eigentlich dem lat. Begriffpatrona und bezeichnet ursprünglich die Frau, die den rechtlichen Schutz Fremden und Freigelassenen gegenüber ausübt l l . Hier in unserem Zusammenhang kann "QOOtQ'tL~ nur überden von V 2Ob; in V 20b und V ~4 taucht er bei L auf, während peach. ihn an den Schluß von V 27 stellt. Ein endgültiges Urteil über diesen Textbefund ist nur im Zusammenhang mit dem Problem der Doxologie zu Sillen: V 24 ist kaum ursprünglich. 'ZumNamen~ vgl. Ditt. SyU. 3. AuO., 805,10; P. Flor 50,61; Sueton, Div. Aug. 65,2. Vgl. M. D. GIISON, Phöbe, The Expoeitory Times 23, 1912,281. Der Name deutet vielleicht darauf, daß Phöbe eine Freigelaaaene war. t xa( ist nicht sicher bezeugt - es findet sich in JM6 Be· -, ist aber sicher ursprünglich. Es so1l61llXOYOY hervorheben. Später wurde es gelegentlich weggelaasen (vgl. auch Röm 8,24). Statt lesen p46 AG "'J&ÖJY besagt in diesem Zusammenhang wohl nicht, daß Phöbe zur Umgebung des Paulus oder zur Gemeinde seines damaligen Aufenthaltes gehön, IODdem allgemein, daß sie durch Taufe und Bekenntnis allen Glaubenden ab »Schwester« zugeordnet ist (TH. ZAHN). Daß 6~ in Röm 16, I Amtsbezeichnung ist, erkennt man sowohl an dem Partizip oOOav ab auch an dem Genitiv ~ bxbt~. Zur Amtsbezeichnung 6~ für Frauen vgl. Plinius ep. X 96,8 (»miniatrae«); Const. apoet. 11 26,57; 111 7,15; Pseud. Ign. ad Antioch. 12,2. In der späteren Zeit untenc:hied man die .Witwen« von den ihnen übergeordneten .Diakonissen« (Const. apoIlllI 7). Nach einerinJeruaalem auf dem Olberg gefundenen Inschrift aus dem 6.Jahrhunden wird eine Diakoniaae Sophie '" 68\Jdoa ~ genannt (RevBibi 1904, 240). IO.ygl. GAUOLER R 11 395. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß ITim 3, II aufweibliche »Diakonegedeutet werden darf. u ~ heißt Anf'uhrer, Vorstand, Vorgesetzter und ist ab allgemeine Bezeichnung für die leitenden Behörden (besonders in der Demokratie) angewandt. All Beiname der Götter heißt KQOmlraK »Beschützer«, »Verteidiger«. In Athen bezeichnet ~~ den Bürger, der Vontand und Vet'tnter der Metöken ist. Phoebe (Heidenchriatin) hat ab Schwester, Diakoniue und als Beistand (picht rechtlich: patrona) sich bewährt, und ihre Unterstützung wird dringlich gemacht.
ö.wv.
",.wv
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Empfehlung, Grußliate und Segenswunsch
tragene Bedeutung haben: sie hat vielen Beistand geleistet, hat auch den Apostel selbst unterstützt. Zwischen dem Beistand, den die Gemeinde geben soll (xaQ
cpo.wv
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Daß Paulus als der Gerettete den beiden dankt, ist selbstverständlich; aber dies Geschehnis geht alle heidenchristlichen Gemeinden an, alle sind zum Dank verpflichtet (E'ÜXoouneLv). Der Anfang von V 5 gehört zum Abschluß von V 4. Der Gruß an das genannte Ehepaar schließt auch ihre Hausgemeinde ein 19 • Epänetus ist Erstling der Provinz Asien 20 • Der Begriff»Entling« ist feierlich und kultisch; vielleicht liegt in ihm beides, eine besondere Weihe für Christus und eine bestimmte Ehrenstellung innerhalb der Gemeinde21 • Der Name tExa(vetoc; ist vielfach auf Inschriften bezeugt und ist sicherlich ein heidnischer Name, der Träger wird also ein Heidenchrist sein22 • Vielleicht gehört Epänetus in die Nähe des Aquila und der Priska, als Arbeiter in deren Geschäft oder als ein von ihnen Ikkehrter. Paulus nennt ihn auszeichnend »meinen Geliebten« (vgl. V 8.9.12; auch sonst). Es folgt in V 6 ein Gruß an eine Frau namens Maria (hellenistisch: MOO(u, hebräisch: MUQLa" nach JM6 • 2t 00), die offenbar Jüdin ist13 . DieseMaria hat sich viel für die Gemeinde (Ei; ütw; nach JM6t6 syr) abgemüht24 • Es schließen sich in V 7 zwei Volksgenossen an, Andronikus und Junias, der eine also ein jude mit hellenistischem, der andere mit lateinischem Namen Uunias ist Abkürzung fürjunianus). An eine weibliche Form Uulia oder junia) ist nicht zu denken 25 . Wenn Paulus seine »Volksgenossen« (auyyE'VE~ V 7.11) in diesem Zusammenhang hervorhebt, dann will er offenbar das besondere Recht der judenchristen auch in der römischen Gemeinde betonen. Andronikus und Junias haben in der gleichen Gefangenschaft gelitten wie Paulus selbst (O'U'YQL~ 'toc; auch KoI4,1O; Phlm 23)26. Diese beiden Züge der persönlichen Verbundenheit werden aber noch überboten: einerseits sind sie als Sendboten (der jerusale19 In den ersten beiden Jahrhunderten verfügte die Kirche nicht über eigene Gebäude, sondern versammelte sich in Privathäusern (z.B. Apg 12,12; 1Kor 16,19; Ko14, 15; Phlm 2; aus späterer Zeit Pseud. Clem. Recogn. 10,71; ActaJustini Man. 2 f.). ZnR 607 zählt die in V ~13 genannten Pe~ nen zur Hausgemeinde des Aquila. 2O·Unrichtig ist die LA 'Axat~ nach KL syr. (vgl. IKor 16,15). A.JOLICHEa übersetzt: »Die Erstlingsgabe Asiens an Christuscc. Zum Begriff der ia:n:CJQXfJ vgl. vor allem IClern 42,4. 21 Euthym. versteht als t~lQn~ (ähnlich PALLlsR 161). 22 Der Name "EmUVEWI; findet sich in den verschiedensten Gegenden vor (Athen, Korkyra, Tarent, Ephesus, Rom), ist aber wohl altgriechisch. Vgl. CIG 2953; 3903; CIL VI 3,17171; CIL IX 734. über Epänetus vgl. ZnR 607 und LTZMR 125. 23 Allerdings ist auch eine römische Namensform (Fem. von Marius) nicht ganz ausgeschlouen; sie ist auch im Orient verbreitet. JOiephus nennt den Namen in bell. 6,201. 24 Sollte die LA u~}M' vorzuziehen sein, dann hat man an eine orientalische Jüdin zu denken, die sich um die Gemeinde bemüht hat. ~LCiV begegnet im gleichen Sinn in Röm 16,12 und wird dort eben~1s von Frauen ausgesagt. Vgl A. V. HARNACK, x6x~ (xmuäv, ol xom,6Jvte;) im frühchristlichen Sprachgebrauch, ZNW 27. 1928. 1-10. 2510\lA,tav lesen p46 bo. aeth. vulgo (vgl. Hier., Ambstr). Auch LAGaR 366 hält sich an ein Fern. »Juniacc. ),Andronikus undJunia würden dann Mann und Frau sein•. ol ~ J.IO" sind keinesfalls »Verwandte im weiteren Sinn«, sondern ein Ausdruck für du Bewußtsein der engen Verbundenheit im Judentum (~). Nach SCHulTER, Gerechtigkeit 399 sind AndronikUi und Junias »Jochgenossen« (au~UYOL), wie das Rabbinat sagt. Vgl. dazu J. JER.EMIAS, Paarweise Sendung im NT (Abba, 132-139). 26 Wann und wo dies gewesen ist, läßt sich kaum sagen (2Kor 11,23). »Wir werden für du gemeinsame Wirken des Paulus mit Andronikus undJunias an die Zeit zu denken haben, während deren er zur Gemeinde von Antiochia gehört hat. Dazu paßt, daß jene unter den Aposteln hervorragen und nach ihrem Christenstand älter als Paulus sind« (SCHUlTER, Gerechtigkeit 399).
cmam
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Empfehlung, Grußliste und Segenswunsch
mischen Gemeinde? oder als Missionare?) ausgezeichnet27 , anderseits waren sie schon Glieder der christlichen Gemeinde vor der Bekehrung des Paulus. Daß heide ••Gesandte« (cbt6atOA.OL = a'.,,~) sind, hängt sicherlich auch damit zusammen, daß ihre Hinwendung zu Christus (YEYOVtval. tv XQI.O'tq.) in die ganz frühe Zeit fällt, in der Paulus noch nicht Glied der Gemeinde war. Offenbar ist dieser frühe Beginn ihres Christseins als ein besonderer Vorzug gedacht28 • Wenn Paulus die heiden Vertreter der Urgemeinde grüßen läßt, dann war Simon Petrus sicherlich zur gleichen Zeit nicht in Rom (A. Schlatter). V 8: Ampliatus CAJUtA.a.ävKD) ist ein Sklavenname, der auf Inschriften häufig bezeugt ist; er kommt in Ephesus, vor allem aber auch in Rom, nicht selten vor. Er findet sich aufzwei Inschriften der Domitilla-Katakombe, von denen die eine aus dem 1. Jahrhundert stammt. Paulus zeichnet ihn wie den Stachys als den ••Geliebtenc( aus (vgl. V 5). V 9: Auch der römische Name Urbanus findet sich häufig auf~ mischen Inschriften. Vielleicht darf man auf den Plural des Pronomens Wert legen (~tuiJv): Urbanus war zwar nicht ein Mitarbeiter im engeren Kreis des Paulus, wohl aber im weiteren der Mission. Stachys dagegen ist ein griechischer Name, der in Sklavenkreisen nicht selten war (Athen, Thera) ; ein Sklave des kaiserlichen Haushaltes heißt ebenso (CIL 8607). Auch Stachys heißt: ))mein Geliebteree, weil er in den Augen des Apostels als bewährt und erprobt gilt. Sicherlich hängt diese Auszeichnung nicht nur mit persönlicher Bekanntschaft und Sympathie zusammen. V 10: Paulus denkt an Apelles, den er •• in Christus bewährtee nennt. Apelles ist ein griechischer Name, der ganz allgemein, auch unter Juden, bekannt ist29 • Neben der griechischen Form ist auch eine lateinische (Apella, Apellus) bekannt.•• Die Leute aus dem Hause des Aristobulee sind entweder die Sklaven oder die Freigelassenen des Aristobulos. Paulus läßt Aristobul selbst nicht grüßen - vielleicht war er selber kein Christ, oder er war zwar Christ gewesen, aber inzwischen verstorben. Aristobulos ist ein bekannter griechischer Name, der aber auch im Judentum eine große Rolle spielt (Familie der Hasmonäer, Haus des Herodes). Es liegt nahe, in dem genannten Aristobul den Bruder 21 B. WElssR 599 und ZnR 609 Anm. 61 entscheiden sich für die Möglichkeit, daß beide Männer rühmlichst bekannt sind im Kreise der Apostel. TH. ZAHN beruft sich darauf, daß Paulus sie nicht ~ brimtIWL nennt. bdcnU&Oit von Menschen begegnet Diod. Sie. 5,83; JOI. bell. 6,201; 3Makk6,1 und im Neuen Testament Mt 27,16. In derGegenwan entschließt man sich meist für die andere Auslegung, daß die beiden Männer als Missionare bzw. Evangelisten eine besondere Bedeutung hatten. Der BegrifF cm~ ist alao nicht auf die ItZwölf« eingeschränkt. Vgl. SANDAYHEADLAMR 423, der auch auf die patristische Exegese aufinerltsam machL Zum Begriff'des im6ato~ vgI. K. H. RENosroar, TbW 1406 ff.; E. LoHSE, Ursprung und Prägung des christlichen Apostolates, ThZ 9, 1953,259-275. Entweder handelt es sich um Gesandte einer Gemeinde (Phil2,25; 2Kor 8,23; in Betracht kommt Antiochien) oder um wandernde Verkündiger des Evangeliums. Von diesem weiten Begriff des cbWcno).o~ hat Paulus dann den ApostelbcgrifT verstanden, der das »Sehen« des Auferstandenen voraussetzt (ScHLluR 444). 21 Beachte du Perfekt ytyavav: Die Vergangenheit wirkt in der Gegenwan weiter. Sie sind auch jetzt noch a1a Apostel anzuerkennen. AUldrückJjch fUhrt Lk 6, 13 den Apostelbegriff aufJesua zurück. Wir haben an Judenchristen zu denken, die neben den Urapoateln Bedeutung haben. 29 EI ist der Name des berühmten Malers. Als Name einesJ uden begegnet er in Horaz aat. 1 5,100: 1tCI'edatJudaeus Apella Don qo«. Er findet lich gerade in Rom (z.B. eIL VI 9183).
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Agrippas I. zu sehen und in diesen Leuten des Aristobul in Rom lebende Hausgenossen oder Sklaven ())Aristobuliani«30). Auf christlichen Grabinschriften findet sich manchmal die Verfügung, daß das Haus einer familia die betreffende Grabstätte »sibi et suis fidentibus in dominoc( errichtet. V 11: Herodion ist eine sonst unbekannte Kurzform (Fern. ~QW6(aa.VQ BGU 11 542,4). Wenn man in Aristobul ein Glied des herodianischen Hauses findet, dann liegt es nahe, auch in Herodion einen Freigelassenen zu sehen, der zu diesem Hause gehört. Auch aus dem Haus des Narcissua kennt Paulus Christen ())Narcissiani«)31. N~ ist ein in der Kaiserzeit beliebter griechischer Name, vor allem von Freigelassenen und Sklaven. Ein Freigelassener des Claudius, den Nero nach seinem Regierungsanuitt hinrichten ließ (54 n.Chr.), ist in der Geschichte bekannt geworden 32 • Unser hier genannter Narcissus ist vermögend und verfügt selbst über ein Haus. In den späteren Petrus-Akten ist Narcissus zum Presbyter gemacht. V 12 nennt verschiedene Frauen, die sich im Dienst für die Gemeinde abgemüht haben. Alle drei tragen griechische Namen, die auflnschriftenvorkommenl l. Persis ist ein typischer Sklavinnenname, der keineswegs selten begegnet. Paulus erkennt gerade diese Frau besonders an (" ~, Kollll boK(aoEV). In V 15 werden Rufus und seine Mutter gegrüßt, wobei Paulus aufbtid, Personen besonderes Gewicht legt. Der lateinische Name Rufus (hier ohne Vorname) ist für Freigelassene und Sklaven geläufig. Wenn Paulus die Mutter des Rufus auch als »seine Mutter« bezeichnet, muß er sie schon früher gekannt haben; es ist anzunehmen, daß Mutter und Sohn aus dem Orient gekommen sind. Es ist naheliegend, daß man Mk 15,21 heranzieht und in Rufus den Sohn Simons von Kyrene hier wiederfindet. Wenn Paulus die Mutter des Rufus »seine Mutter« nennt, so liegt in dieser Aussage das Zeichen einer besonderen Ehrfurcht (anders LtzmR 127) . 6 bi.Ex't~ Billt als Zusatz zum Namen Rufus hier auf: er ist ) ) i m Herrn erwählt«, also für die Gemeinde bedeutungsvollJ4 • Von V 14 an wird die Art, wie Paulus grüßen läßt, knapper und zusammenfassender. Die persönlichen Beziehungen treten weniger stark hervor. Offenbar sind v.wi verschiedene Kreise in JO·Dieaer Bruder Agrippu I. lebte und.wb a1a Privaanann UOI. bell. 2,221; ant. 18,27~276). Vielleicht fand dicaer Tod in Rom zwiac:hen 45 und 48 D.Cbr.•lall (vgl. W. Orro, Herodea, PaulyWiIIowa, Suppl. 2, 1913). Sein Neffe Ariatobul war der Sohn dea Herodea von CbaIkia und Hancher von Klein-Armenieo, der vielleicht einen Teil leiner familia in Rom zurückließ (Tac. &On. 13,7; 14,26;JOI. bell. 2,252; ant. 20,158; 18,135.137). In der Exegeae wird aufbeide verwiesen; eine letzte Entacheidung iat achwer möglich. VII. Proaopogr. Imp. Rom. (Saec. 1-111) 1,2. AuO. 1933,206; A. H. M. JONES, Tbe Heroda of"Judaea, 1938,259 f. U -Narciuiaoi. CIL 111 3973; VI 15640. U -Aber am böc:haten unter allen Itaßdeo in der kaiaertichen Gunst NarciIIUI, aein Kabineta.ekretär, und PalIu, der Verwalter aeiner Finanzea, die aopr durch Smaubac:bluß nicht Dur mit UDgeheuren Geldbelobnuogen seehn, IOndern auch zum Ila.oge VOll Quiatoren und Pritoren erhoben wurden. (SuetOD vit. Claud. 28). Wie die lnacbriften zeicen (CIL), iat der Name Narciaau. in Rom nicht lehen. U Tryphäna war zunächat eine pontiache Königin (Din. SyU. 11, 3. AuO. 798,14.17; Acta Pauli et Theclae 27 ß':). Man hat gelegentlich angenommen, daß Tryphina und Tryphoaa Schweatern waren. Daß .ie 10 elnaatzbereit für den -Herrn_ waren, .lebt in lewiuer Spannung zur unprünglichen Bedeutung ihrer Namen. M VII. SANDAy-HEADLAMR 427; LagrR 369.
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Empfehlung, Grußliate und Segenswwuch
V 14 und V 15 voneinander zu unterscheiden. Die folgenden Namen sind durchweg hellenistisch und deuten auf Sklaven bzw. Freigelassene hin. Asynkritos ist selten bezeugt; ein Freigelassener des Augustus trug diesen Namen (CIL VI 12565). Phlegon war zur Zeit des Xenophon ein Hundenamel5 und begegnet später als Sklavenname. Ein Freigelassener der gens Claudia, ein Sklave ))ex paedagogio Caesaris« trugen diese Namen ebenso wie der Historiker Phlegon von Tralles, ein Freigelassener Hadrians 36 • Der Name ))Hermes(c war wie alle Götternamen ursprünglich nur Sklaven beigelegt worden, begegnet aber später auch unter Freien. Patrobas und Patrobius sind zwei verschiedene Formen eines Namens, der unter Freigelassenen vorkam. Ein Freigelassener Neros, der diesen Namen führte, wurde durch Galba getötet (Tac. hist.1 49; 11 95). Hennas ist nur im Dialekt von Herme. unterschieden, oft auch eine Kurzform für einen mit Hermes zusammengesetzten Namen (wie Hermagoras, Hermodorus, Hermogenes). Als Sklavenname begegnet er vor allem im Orient, in Rom in der Nebenform ))Herma« (CIL VI 8121). An den Verfasser des ))Hinen des Hermascc ist selbstverständlich nicht zu denken (gegen Orig.). Mit V 15 setzt eine neue Gruppe von. Personen ein. An ihrer Spitze steht Philologus. Der Name ist griechisch und unter Freigelassenen bezeugt. Ein Freigelassener des Qu. Cicero heißt so (Plut. Cic. 48 f.). Mit Philologus verbunden istJulia, eine Frau mit römischem Namen. Sie mag die Frau des Philologus gewesen sein. Ebenso gehören Nereus und seine Schwester zusammen. Nereus ist an sich ein mythologischer Name, der ebenfalls auflnschriften bezeugt wird. Mit diesem Namen verbindet sich eine spätere Legende, die in den Acta Nerei et Achillei einen Niederschlag gefunden hat37 • Olympas ist eine Kurzform für einen zusammengesetzten Namen (z.B. Olympiodorus) und ist auch auf Inschriften mehrfach bezeugt. Ein kaiserlicher Freigelassener heißt so (CIL 536). V 16: Die Grußliste wird abgeschlossen durch die Aufforderung zum heiligen Kuß und durch den Gruß aller Gemeinden an Rom. Der heilige Kuß gehön in den liturgischen Teil des Gottesdienstes (IThess 5,26; 1Kor 16,20; 2Kor 13,12; 1Petr 5, 14)38. Man hat vermutet, daß der Briefdes Paulus der beim Herrenmahl versammelten Gemeinde vorgelesen werden soll, und daß der Bruderkuß die Verlesung abschließen solJ3'. Der Apostel spricht im Namen ))allerGemeinden Christicc, gibt also diesem Gruß eine besonders feierliche und autoritative Wendung. Die Gemeinden sprechen durch den Apostel, wissen sich also durch das apostolische Amt zur Einheit verbunden. Tatsache ist, daß Paulus augenblicklich in ständiger Berührung mit den Gemeinden Galatiens, Asiens, Mazedoniens und Achajas ist. Offenbar haben sie erfahren, daß Paulus sein Werk im Osten abbrechen will, und sie bekunden bei dieJS Xenoph. Cyn. 7,5. HVsI. CIL VI 15202 ein libertUidergensClaudia, VI 8965 ein Sldave JOCX paedqogioCaesaria«. J1 VsI. H. Aau:w, TU XI 2, 1894. JI Die Zusammenatdluna von Kuß und Gruß dürfte niebt zuSiUig sein (vsf. IThea 5,26; IKor 16,19; 2Kor 13,12). Vgl. Justin apol. 165: cW.fJlo~ cptl.fUAau 6mmt6fl.rio. ~ 'tciJv XQOOEVXciJv . Jt Zur liturgilcben Frage: R. SEElERa, Aus Religion und Geschichte I, 1906, 1188:; H. LIETZWANN, Messe und HerrenmabI, 1926,229; K. M. HOf WANN, Philema Hagion, 1938.230:; G. BoRNUWW, Du Anathema in der urchristlichen Abendmabbliturgie. TbLZ 75, 1950,227 ff.
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ser Gelegenheit ihre innere Verbundenheit mit Paulus gegenüber der römischen Gemeinde40 ; Zur ~/isu: Paulus hat griechische, hellenistische, lateinische und jüdische Namen in bunter Reihenfolge miteinander verbunden. Ein Vergleich mit den Inschriften zeigt, daß alle diese Namen in der damaligen Zeit verbreitet waren, und daß sie vor allem unter Freigelassenen und Sklaven geläufig sind. Die Grußliste muß an eine Stadt gerichtet sein, in der sich die venchiedensten Elemente zusammenfinden konnten. Daß nur Rom in Frage kommt, läßt sich nicht behaupten, wohl aber weisen bestimmte Namen wie Ampliatus, Aristobulos, Narcissus, vor allem Rufus auf Rom hin. Man nimmt am besten an, daß die Aufhebung des Ediktes des Kaisen Claudius ein Zurückströmen der Juden und damit auch der Christen mit sich gebracht hat. Durch die Grußliste s~t Paulus eine enge Verbindung zwischen ihm selbst und der römischen Gemeinde her. Es gibt Menschen in Rom, die ihn nicht nur kennen, sondern auch an seinem Missionswerk unmittelbar beteiligt sind.
Der Anschluß an den gottesdienstlichen Akt (Verlesung, Bruderkuß, Gruß) bringt es mit sich, daß eine amtliche Vnwamung in V 17-20 angefügt wird, die ebenfalls Icultisc/u Bedeutung hat. Deshalb steht sie auch gerade an dieser Stelle, im Anschluß an die Grußliste. Die Gemeinde wird zur Vorsicht ermahnt gegenüber Parteiungen und Anstößen, die die überlieferte Lehre bedrohen. Paulus will durch diese Verwarnung, die in eine Art Anathema ausläuft (vgl. I Kor 16,22), die Gemeinde nicht nur schützen, sondern auch abwehrbereit machen. Der Ton der Verwarnung ist besonders scharf und erinnert an Gal6,11-16; ähnliche p0lemische Motive finden sich auch in Phil 3,19. Man könnte daran denken, daß der Blick auf die gesamte kirchliche Lage (V 16) diese verschärfte Tonart mit sich bringt, und daß der Apostel an eine ganz konkrete geschichtliche Situation denkt. Man hat anJudaisten, aber auch an Gnostiker gedacht. Die Polemik des Paulus will den Gegner nicht beschreiben, sondern karikieren und schelten. An die Spannung zwischen den »Starken« und »Schwachen« (Röm 14,1 ff.) darf man jedenfalls nicht denken, denn sie steht für Paulus nicht im Zeichen einer derartigen Polemik. Wohl aber wäre es möglich, daß Judaisten hinter den Gewissensbedenken der ))Schwachen« standen und ihre eigenen Pläne durch die Schwierigkeiten in Rom zu fördern hofften. Aber auch in diesem Fall geht die paulinische Verwarnung von der gesamten kirchlichen Situation aus. Sind die römischen Gemeindeverhältnisse allgemein bekannt geworden, dann kann Rom diese Auseinandersetzung (mitJudaisten?) nicht erspart bleiben (vgl. Röm 3,8; 6,1.15; 16,19). Man kann an Gegner des Paulus denken, die dem Anspruch des Apostels deshalb widersprechen, weil er eine ))falsche« Gesetzeslehre vertritt. Sie sind nicht mit den ))Führern« der Schwachen identisch (gegen P. S. Minear). Auf jeden Fall aber gehört 16,17-20 zum Briefcorpus und ist nach Rom gerichtet. Der Abschnitt Röm 16,17-20 ersetzt geradezu ein urchristliches »)Anathema« (1 Kor 16,22). Es ist an sich paulinischer Stil, einen Brief mit der persönlichen U nterschrift zu versehen 41 • Man kann also Röm 16, 17-20 durchaus als eine derartige Unterschrift des Paulus mit eigener Hand auffassen 42 . 40 Der Gruß der Gemeinden fehlt in 00, doch findet sich in D·G it. ein entsprechender Zusatz: xal at hxAT)OiaL xäcJcu 'WÜ XQtmoü im Anschluß an V 21. 41 Vgl. 2Thess 3,17; Gal6,11-18; IKor 16,21-24; Ko14,18.
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Empfehlung, Grußliste und Segenswunsch
V 17: XaQCIxaMi> am Anfang der Satzperiode betont die paulinische Autorität (vgl. 12,1; 15,30). 6t ist adversativ gemeint, bezeichnet hier also den Umschlag in Stimmung und Stoff. Der Infinitiv axwtEiv klingt besonders stark43 : Man soll Acht geben auf Menschen, die die Gemeinde derartig verwirren (Phil3, 17: axoXEL'tE ist positiv). Es gehört zum Stil der Polemik, daß keine Namen der Gegner genannt werden, sondern daß Paulus vor ihren Wirkungen warnt. Ihre Tätigkeit zen tön die Einheit der Gemeinden, ruft Ärgernisse hervor und widerspricht der übernommenen Lehre. 6LXOOtamaL (Gal5,20 neben alQtOEL~) und axavöaA.a (Handlungen, die den Glauben in der Gemeinde zerstören) treten also dort auf, wo diese Gegner als Lehrer anerkannt werden44 • Was sie lehren und tun, vollzieht sich im Widerspruch zur überlieferung, die die Gemeinde empfangen hat. Entscheidend ist die Erkenntnis, daß Paulus sich mit seinen Lesern in der Lehre einig weiß. Zum Stil gehön auch die eigenartige Verwendung des Anikels ('toU~ 't0; ... xat 't11 axlIv6aA.a). Sind damit bestimmte Zwistigkeiten und Ärgernisse gemeint, die den Lesern bekannt sein müssen? Die Gemeinde soll die Irrlehrer nicht nur nicht aufnehmen, sondern soll darüber hinausjeden Verkehr mit ihnen meiden (ebenso 2Thess 3,6; Tit 3,10; Mt 18,17)45. Es gehön offenbar zur Kirchtn~u&1u und zur Wahrung der »Heiligleeit«, in schweren Fällen den Verkehr mit den Schuldigen abzubrechen (ähnlich 1Kor 5,9). In diesem Fall greift Paulus sogar rechtlich in die Freiheit der römischen Gemeinde ein, allerdings wohl gestützt auf die Gesamtheit der übrigen Gemeinden (vgl. V 16). V 18: Ein weiterer Zug der Polemik soll den Irrlehrer bloßstellen. ol 'tOLo\rtOL (= Männer dieser An) klingt verächtlich und abwehrend. Die Gegner stehen nicht im rechten Dienst für den gemeinsamen ))Herrn« Christus. 6QuÄE'ÖELV ist hier ebenso betont wie in 14,18 (= hebr. 1;'). Sie dienen im Gegenteil ihrem eigenen »Bauche( (Phil 3,19). Der Begriff))Bauch« (xoLMa) beschreibt das Verhaftetsein an die Eigenart und Gebundenheit der menschlichen Leiblichkeit in dieser Weltzeit; er drückt also vergröbernd das aus, was Paulus sonst mit »Fleisch« bezeichnet. ))Bauchcc, ))Fleischcc und ))Irdischescc gehören eng zusammen (Phil 3,19). Das Triebhafte tritt stark hervor46. Paulus stellt gern den Gegensatz zwischen Christus und der menschli42 Beachte du beschwörende K~, du betont &In Antang von V 17 Iteht. Man könnte den unvermittelten Einbruch der Polemik mit dem übergang von Phil 3, I zu 3.2 vergleichen. Es gehön offenbar zum paulinischen Stil, an den Briefschluß eine bestimmte Polemik anzufügen (SANDAY-
HEADLAMR 429).
Es liegt zwar nahe, V 17-20 gegen judaistische Agitatoren gerichtet sein zu lassen und unseren Zusammenhang anGal5,IO; Phil3,18 ff.; 2Kor 11,13 f[ anzugliedern (vgl. U. WILCKENS, über Abfu.. IUngszweck, 118 ff.). Formal entsteht die weitere Frage, ob die Sch1ußpolemik mit den letzten Kapiteln 14,1-15,13 zusammenhängt; P. S. MINEA& denlr.t dabei an die verschärfenden Führcrder in Rom befindlichen Gruppen, die dem Zusammenwachsen zu einer einheitlichen Gemeinde enlgegenstehen. Neuerdings schlägt man vor, 16,17-20 als enthüllende Sch1ußpoIemik anzusehen, die in Wirklichkeit vemüUl im ganzen Briefgemeinl sei (M. KETruNEN). 43 DG iL Ieten den ventärkten Imperativ: ~ OXOKäu. 44 Wamuqen vor6LXocnacna.. 6nden lich auch in Henn via 1119,9; mand 2,3; sim VIII 7,5; 10,2. ... Statt bx)Jvne lesen p46 AxDG den Aorilt bxA(vau. Neben bMlvuv begegnet im gleichen Zusammenhang atf.lleo6uL und KOQCIL'täota&.. 46.Ventris, inquit, graria: hoc est quaestUi el cupiditatis« (Orig.). Streitigkeiten, Spaltungen und Irrlehren gehören nach Gal 5,19 ff. in den Bereich des .Fleisches«. Man darf an die Schell- und Ge-
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chen Triebhaftigkeit heraus (1 Kor 6,12 ff.). Wir haben es mit einem polemischen SCMma zu tun, das sowohl aufJudaisten als auch auf Gnostiker angewandt werden kann. Man kann an die bekannte Polemik gegen Gesetzeslehrer und Pharisäer (AssMos 7,4-7), aber auch an libertinistiache Gnostiker denken, die durch ihre Freiheitspredigt die Gemeinden verwirren ( 1Kor 6,12 ff.). Was in Wahrheit Leben im Geist Goues ist, zeigt Röm 12,1-15,13; gegenüber den dort aufgestellten Normen und Kriterien ist der Gegner des Paulus ein Diener seiner Triebhaftigkeit. Ein neuer Zug in dieser Polemik besteht darin, daß ihre Verkündigung als »einschmeichelnde, wohlwollende Rede« (XQTlOtoA.oy(a) und »wohlgeformte Sprache« (E6A.oyta) das Herz der »Arglosen« betön47 • Es kommt wohl nicht auf die Hervorhebung der formvollendeten Rede (im Gegensatz zum Tun) an, sondern auf die Verfiihrung der »Arglosen« durch rhetorische Möglichkeiten, die gefährlich sind48 . Die »Arglosen« (cixaxoL) sind solche Leute, die keine Erfahrung vom Umfang und den mancherlei Gestalten der Schlechtigkeit haben (A. Schlauer). Wenn die Arglosen betört werden, dann gehön das zum satanischen Werk (2Kor 11,3; Röm 16,20). Die Verbindung von V 18 mit V 19 durch yciQist nicht leicht verständlich. Aufjeden Fall will der Apostel vermeiden, daß die ~ mische Gemeinde zu den »Arglosen« (cixaXOL) gehön. Die »Arglosen« sind nicht weise, allerdings ohne Falsch; die römische Gemeinde dagegen soll ihren Glauben (uxaxoft) als Weg zur Weisheit, ja als Weisheit selbst auffassen, die positive Einfalt (= das Geschiedensein vom Bösen) aber bewahren49• Noch einmal betont Paulus die besondere SitJuation der angeredeten Leser; jeder hat von ihrem Gehonam gehön50 • Die wiederholte Beziehung auf die römische Gemeinde fällt richtsworte gegen das Wohlleben der Geaetzeslehrer erinnern (LAaaR. 374). XOIÄUI drückt die iuSerste Weltverfallenheit, besonden das Verfallensein an das Fleisch aus. Die Parallele zu Phil 3,19 springt in die Augen. Ist der Christus der Herr, dann erleichtern alle, die ihn nicht die eschatologische Tora sein lassen, in unzulänglicher Weise ihr Leben. W. ScHMITHALS, Die Irrlehrer von Röm 16,17-20, StTh XIII, 51-69, denkt an libertiniatische Neigungen. 47 ~Q findet sich im Neuen Testament nur hier. Zur Erklärung von ~ vgl. Julius Capitolinus, Pertinax 13: »XQ"1O'toA.6yov eum appellantes, qui bene loqueretur et male faeeret." wÄ.oy(a kann an sich im guten und bösen Sinn verwandt werden. Im bösen Sinn findet es sich, wie an unserer Stelle, in Aesop fab. 229. Daß rlIÄ.oy(a der Gegensatz zum Fluch, XQIIC7toAoy(a der Gegensatz zur Gerichtsrede ist, betont ScHLATTER, Gerechtigkeit 402. Die Gegner stehen im Gegensatz zur Kreuzespredigt und verhüllen das Ärgernis. Zu ~ vgl. die Bestimmung Diod. Sie. 13,76: ~ xa1 "riri ~v ~. 4xa~ bedeutet: arglos, auf das Böse nicht gefaSt (anders Hehr 7,26); das Wort gewinnt später gesteigerte Bedeutung (christlic:he Tugend; Hirt des Hermas). Es steht neben ~ (BAUU Wb 57 (). Gegensatz ilt das eindringliche ~. Für Paulus, dessen Leben äußerste Hingabe an Christus ilt, erscheinen die Gegner leicht als erleichternde Erklärer der Weisung Gottes. Der Satz ist kunstvoll nach der ZweigI"""",, aufgebaut: dem ~ entspricht ergänzend das taw, dem aocpOv uVQ&. das cbetQaLO'V u'Va&., dem äyat6v das xaxbv. üxtQa~ klingt hier .ehr wörtlich: »unvennischt mit dem Bösen... Ober seine Bedeutung gibt vor allem Phil2,15 thetisch und antithetisch Auskunft. Wir stoßen auf eine festgefiigte Tradition. 50 Paulus wiederholt also Röm 1,8. Er beschwört die Gemeinde: euer Ruf, der zu aUen gedrungen ist, steht auf dem Spiel. Allerdings ist die gegenwärtige Situation nicht unbedenklich. Der »Gehorsam.. erinnert an den »Gehonam des Glaubens.. (1,5), aber auch an 6,17; 10,16; 15,18. Du E.vangelium wird zur eschatologischen Richtschnur, zur eschatologischen Tora. Die Gegner erleichtern! Gehorsam ist beides, Ja zur Botschaft und zur Lehmnn (vgl. dazu KAsENANNR 398).
4'
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Empfehlung, Grußlilte und Sqenlwunac:h
auf: vJ.Ui)v, bp' UJlLV, '6f.&C%Sl. Otrenbar ist sie selbet noch nicht angegriffen oder verwirrt. Einerseits gibt ihre Bedeutung An1aß zur Freude, anderseits liegt in ihr auch ein Grund der Besorgnis des ApostelsS2 • Paulus selbet hat als KVEUf.IOU~ den Gegner ent1arvt, während die römische Gemeinde diesen Kampfnoch nicht ausgefochten hat. Das ))Weisesein« (CJOq)bv dvCII.) besteht hier im Erprobt- und Geübtsein, das »Geschiedensein vom Bösen« (dxtQcuov ElvaL) in der überwindungder drohenden Gefahr (vgl. Mt 10,16; Phi12,15). V 10 klingt zunächst wie eine apokalyptische Weissagung, die den baldigen Sieg Gottes über die Pläne des Satans verkündigt. Das Wort ist offenbar ein feierlicher Prophetenspruch mit deutlichem liturgischen Klang. Die mythologische Sprache weist auf den hebräischen Text von Gen 3,15 hin". Ein ähnliches Bild findet sich übrigens in TestLev 18,12, einem StofT, der offenbar aus dem gleichen Traditionsstrom stammt. Auch in TestLev 18,12 erinnert die Sprache an die Paradieserzählung (Tore des Paradieses, Schwert des Cherub, Lebensbaum). Tritt man aufdie bösen Mächte, dann liegt in diesem Akt das Zeichen des Sieges und der Unterwerfung der bösen Mächte. Der Gegner wird seiner Macht beraubt (vgl. Mk 3,27 &:)54. Der Satan selbst verbirgt sich also letzten Endes hinter dem Gegner, und Gott selbst wird in Bälde den Sieg über ihn geben. Altertümlich klingt auch die Wendung: CJW"CQ'~eLv um) wUC; K66a; '6t.uiJv (vgl. T estLev 18,12: »er wird seinen Kindern Gewalt geben, auf die bösen Geister zu treten«)Ss. Der eschatologische Sieg Gottes wird der Gemeinde Vollmacht und Hernchaft über dämonische Mächte schenken. Gemeint ist eigentlich zweierlei: Gott wird den Satan unter eure Füße niederzerschmettern), so daß ihr ihn zertreten könnt. Die zwingen (OU'VtQ'ßav Weissagung ist also verkürzt. Offenbar ist sie älter, und Paulus .titi"t sie in diesem Zusammenhang. Sie ist aber nicht nur WeissGpIfI, sondern auch GlbUsWlUlSC/a, wie der Anfang deutlich macht. Die Wendung: »Der Gott des Friedens« (Röm 15,33) klingt liturgisch und deutet hier auf die überwindung aller Spaltungen und Anstöße hin. Er schafft durch seinen kosmischen Sieg Frieden durch überwindung des Satana. der hinter den U nruhestiftem Iteht. und er macht aUi
=
1I Nach LTZWR 128 lind 61ÜV und 6taiv beIonden betoat: .An euch habe ich nichuauaUle1ZeD«. Oder dürfen wir aasen: .Gerade der Ruhm der römilc:hen Gemeinde mahnt zur Vonicht«? (vsl. ScHUTTE" Gcrecbtigkeit 402.). Ea iat wahncbeinlich, daß der Gqenaarz: ~ in die gleiche Tradition gehön wie der Gqenaarz: ~ in Mt 10,16; vielleicht apie1t Paulua
auf die Jesuatradition an. Vgl. SANDAY-HEADUMR 430; LAoaR 374; gut ScHuult 449. 5) ~v; vgl. .,. .,.,., - zerreiben, dann zendunettem, vernichteod IchlaBen. Daß diae apob1yptiac:he Weiuasunlauf den Itmiisc'- Text von Gen 3,15 zurüc:kweiat, wird in den Konuneawen gelqcndich h~ (ZnR 613, Änm. 73 und LAoaR 375); doch vgI. auch den hdlaüatiachen Spracbsebrauch (I Makk 3,22). Die Semitiamen dea Scbhaßabecbnitta biuh lieb. M TestLcv 18,12 lautet: .Beliar wird von ibm (- dem Hohenpriester der mellianitcbrn Zeit) ~ bunden werden, und er wird aeinen K.indem Gewalt geben, auf die böeen Geister zu treten« (_ _v bl ~ KVriJlG1U). Zu.mv ba vgI. U 10,19. Vgl. die verwandten cbiliMriKhen Traditionen in ~ob 20,1-6.7-10. Wlrs'" off--;' __ n.MiIJic_.,.w~ Tr~! SI Man darfnicht verkennen, daß du Futurum cnMQ€~ eachatolopchen Klang hat. AUerdinp iat dieaer Indikativ futuri durch NeberOOrmen wie oder cnMQ€.- enetzt worden, 10 daß der GebetlWUnlch ltirker herauatriu. Dazu pb die feierliche Gottesbezeidmung am ÄnfAnI des Venea Veranlaaung. Vgl. SctwEaR 450. lOpI" U
m
cnmo'w
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der angefochtenen Gemeinde überwinder, die den Satan ))in Bäldec< (= eschatologische Formel) zenreten werdenS6• Das irdische Zeitmaß ist bald abgelaufen und die Endvollendung steht bevor57 • Der Ven schließt mit dem Segenswunsch V 20b ab. Er entspricht den profanen Wünschen, die dem antiken Brief angehängt werden (fQQ
Der Lobpreis
selbstverständlich nicht identisch mit dem Gehilfen des Paulus, der den gleichen Namen trägt (Apg 19,22; 2Tim 4,20). Zuletzt ist Quartus genannt, von dem nur sein Christsein erwähnt wird (6 M~). Es ist anzunehmen, daß er der römischen Gemeinde bekannt war, vielleicht sogar wie Tertius aus Rom stammt. Selbstventändlich ist Quartus nicht Bruder des Erastus.
Röm 2S Dem
16,2~27:
Der Lobpreis
aber, der euch ... MiirbD vel'llllll1IKh meiDem EftIIPIbua und der ~
d.iit VOIIJ. . . . CIuUtu pmi8 der 0ffeIaIIuuat dea Geheimni. . ., du ewip ZeiZ6jeat .... pa&eaIIut und dardI prophed8che SdIrifteu lIKh dem AIIfInI dea ewipa Goaee ... alle ViIbr ............acht warcIea Ut, lUD GebonaI da GI......... hewirkea, 2'7 dem eIDdpn wel8ea Gott durch J.... CuUbaa, ihm . . die Ehre VOll Ewipelt ... Ewipeitl Amen. leD hiDclurch ftI'8dlwiepa war,
Die Stellung der Doxologie innerhalb des Römerbriefes und der Ahsclaluß des ganzen Briefes bilden ein Problem, das außerordentlich schwierig ist l . Marcion hat nach dem Zeugnis des Origenes den Brief mit cap. 14,23 geschlossen und damit die Doxologie, aber auch die beiden Schlußkapitel beseitigt2. Origenes selbst hat sie am Schluß nach Röm 16,23 gelesen und sie als Abschluß des ganzen Briefes betrachtet. Allerdings kannte schon Origenes eine überlieferung, die die Doxologie nach Röm 14,23 eingesetzt hatte, und wir wissen heute, daß diese Tatform sich in der Kirche auch weiterhin erhalten hat' . Es ergibt sich also das Problem, ob man die Doxologie nach Röm 16,23 oder nach Röm 14,23 einzusetzen hat4. Unsicher bleibt auch die Stellung des SegtftSWUllSclw. Neben V 20b er1 Vgl. D. OE BIlUYNE, Revue Bb16dictine 25, 1908, 75 fI'. 423 fI'.; P. CoUSEN, ZNW 10, 1909, I fI'.; 97 fI'.; A. v. HAIlNACK, SAB 1919,5270:; ZnR621 0:; LAollR 380 Ir.; LTZMR 13O;J. DuPOm-, Pour I'hiatoire de Ia doxolotPe finale. Revue Benfttictine 58. 1948. 1-22; E. KAMLAH. TraditionageachichtIiche Untenuchungen zur Schlußdoxologie des Römerbriefes, Dia. Tübingen 1965; L. M. DEWAILLY, M}'Ittte et ailenoe dana Rom 16,25, NTSt 14, 1967-68, 111-118; D. LOHIlMANN, Du OfI'enbarunpventändnia bei PaulUi und in PaulinUchen Gemeinden, 1965. 2 Marcion nach Origenes (VII 453 Lo.). Ein eigenes Problem liegt in der Frage vor, wu du Verbum »diuecuit« in der Notiz des Origenes (nach Rutin) über Marcion bedeutet. Heißt dies »diuecui t« aovid wie Itzerfetzen«, 10 daß nur wenige Stücke beibehalten werden (LAoIlR 381 ; ZnR 622), oder bedeutet es lOViel wie Itbeaeitism, at.chneiden« (- deaecuit)? Talaache lat, daß im Lateiniachen die Bedeutung dieser beiden Komposita ineinander übergehen kann. P. CoUSEN vermutet, daß dem JtCliuecuit« der Rufiruchen übersetzung ein &tt~ zugrundelag. Wahnchein1ich hat Marcion die beiden SchIußkapitd Rörn 15-16 überhaupt nichtgdesen (vgl. Tert. adv. Mare. 5,lhu Röm 14,10, wo der Begrifl'JtClaUlula« aufden Schluß des Römerbriefes zu beziehen lat). Wenn Origenes sich für die Ordnung Röm 16,23.25-27 entscheidet, dann scheint er sich für die Vorherncbaft dieser überlieferung in seiner Zeit einzusetzen (ltut nune est poaitum«). J Zu ihr gehören L, viele Minuskeln, Chr}'l., Thein. • Zur Textgachichte vgl. E. KAMLAH a.a.O.; BAUETTR 10; KAsENANNR 406. Auflilllend bleibt die Tatsache, daß die feierliche, betonte Doxologie an den venchiedenaten SteHen angeRtzt wurde (nach 14,23, nach 15,33, nach 16,23). Diese Venchiedenheit in der Anordnung hängt mit liturgischen VerkürzußIeD des Textes zusammen, wobei aUerdinp die Doxologie sich grundsätzlich durchsetzte. Der Abechluß 16,20 erwies sich alnu Ichwach (dazu noch die Wiederholung 16,24). Die Frage der Echtheit der DoxolOlie wird seit dem Anfang des vorigen Jahrhunderts diskutiert. Du
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scheint V 24 wie eine Dublette, zumal die Textzeugen sich durchweg zwischen V 20b und V 24 en tscheiden. Daß beide Segenswünsche ursprünglich gewesen sein sollen, oder daß man den Segenswunsch nach V 27 rücken darf5, ist schon nach den Textzeugen ausgeschlossen. V 24 bekommt nur dann seinen Sinn, wenn man sich nicht mehr mit V 20b begnügen will oder wenn die Doxologie V 25-27 wegfällt. Tatsache ist, daß V 24 entweder don auftaucht, wo die Dox~ logie ganz fehlte (z.B. in der Vorlage von DG), oder aber, wo sie hinter Röm 14,23 eingefügt war (L Min Chrys. Thdrt). Es ist anzunehmen, daß schon früh die Schlußkapitel ausgefallen sind6 , daß aber ein feierlicher AbsclalujJ des Ganzen notwendig wurde, der in diesem Fall nach cap. 14,23 notwendiger erscheint als nach cap. 16,23. Analyse: Die ganze Doxologie besteht aus einer tintigen Satzperiode, die kunstvoll aufgebaut ist. Die Sprache ist feierlich, fiillt also aus dem Briefstil heraus. Wir haben es mit einem Gotltshymnus zu tun, denn sowohl der Anfang als auch der Abschluß des Ganzen blickt auf Gott selbst. Zwar wird auchJesus Christus s0wohl am Anfang wie auch am Abschluß des Ganzen erwähnt, aber er wird als Mitder des Heiles eingeordnet, ohne daß eine schmückende Beifügung oder Würde~eichnung genannt wird'. Wichtig ist die StiLvergleiclamg mit anderen Doxologien (z.B. Eph 3,20 f.;Jud 24 f.; ITim 1,17; MartPoI20,2). Es zeigt sich, daß eine derartige Doxologie einen bestimmten AuJbtlll hat. Der Eingang t'i» öl Öuv
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Der Lobpreis
ungewöhnlich (vgl. 1Tim 1,17)9. Gedanklich stehtdasGwinuris des Ratschlusses Gottes im Mittelpunkt des Hymnus. Verwandt ist das Schema von Koll,26 f.; Eph 3,9 f. Vielleicht ist der Fonn nach Kol 1,26 f. in manchen Einzelzügen ursprünglicher als Eph 3,9 f. und Köm 16,2~27, aber man kann das gleiche Schema an allen drei Stellen deutlich erkennen. Röm 16,2~27 kann daher nicht aus marcionitischen Kreisen stammen, sondern muß wesentlichilttr sein. Wichtig ist aber, daß diese Doxologie von Röm 16,2~27 bestimmte Wendungen des Römerbriefes aufuimmt und in das ....UO't"tiQ..ov-Denken einarbeitet (Röm 1,2.5; 2,16)10; Der Schreiber der Doxologie hat ein festes liturgisclw Sc,""", vor Augen und arbeitet bestimmte Wendungen des Römerbriefes in dies Schema ein. Exegese: überblickt man den Aufbau, dann fällt der Begriffdes »GeMimnisses« auf, der das Ganze beherncht. Von ihm sind die heiden einander zugeordneten Partizipien OEOl.'Y'ItAtvo" und cpav2QC.OtM~ abhängig. Auf ...."at'liQ&.OV bezieht sich das gewichtige dritte Partizip YVWQa.a&tvt~ zurück, das in einem neuen Glied des Hymnus Ursprung und Ziel dieses Geheimnisses angibt. In äonenhaften Zeiten war das »Geheimnis« verborgen, in der eschatologischen Gegenwart dagegen ist eß durch prophetische Schriften geoffenbart. Das dritte Partizip nimmt das zweite wieder auf: kundgemacht wurde das Geheimnis gemäß dem Willen des ewigen Gottes mit dem Ziel des Glaubensgehorsams bei allen Völkern. Gott und Menschen treten als Ursprung und Ziel des »Geheimnisses« einander gegenüber. Die Motive des Hymnus reihen sich wie Glieder einer Kette aneinander. Diese Offenbarung des »Geheimnisses« wird durch einen Anfang, der auf die HeilslJotsch4jt hinweist, und durch einen Abschluß, der den eigentlichen Lobpreis enthält, umklammert. Das erwartete Substantiv ~a bildet in unserem Hymnus den abschließenden Höhepunkt. V 25: Feierlich beginnt der Hymnus mit dem Hinweis aufGott, der allerdings erst am Schluß ausdrücklich genannt wird. Das Partizip t
Neben ihm Iteht (nach P"BCL) die KurzfOrm ~ ~ alciMJI;, die dem At.ch1u8 von Röm
11,36 entlprechen würde. l°-Man achte aufdie autoritativen Wendungen, die der HymnUi aUi dem GcfiiKe da Römerbridea unmittelbar übernimmt: Röm 1,2: 61l& 'tCÖV ~ a(rroü t:v ~ lry~ wird durch die Wendung: 6'" u 'YQCJCIJÖ)V XQOCPITtUCÖJV aufgenommen. Köm 1,5: ~ ~ ~ t:v dDLv ~ f6vemv findet lieh ähnIieb in Köm 16,26; Köm 2,16: xcnlI tb eOOyyQ&.6v J&OU wird aufgenommen und erweitert. Der HymnUi Köm 16,2~27 will offenbar die Botlcbaft dea Briefe. unteratreicben und in eine bestimmte litUJ'liscbe Fonn bringen. II Der HymnUi beginnt sem mit einem verhüllten Hinweilaufden, dem der Lobpreia gilL Ent der At.ch1u8 gibt Kunde, wer in den voranatehenden Auuagen gemeint ilt. Du Partizip -up 6t 6uva~ bat beaondere Kraft. Gott verfügt über die ~ du Gebetaanlicgen zu erfüllen. 12 Man erinnert lieb an Röm 1,11: ~ tb ~X6frYaL iJ~. EI gebön zur Aufgabe dea Apoetolatea, die Gemeinden zu .Itärken« (U 22,32). Der Gedanke an die eac:hatolopche Draopallicgt nahe (vgl. IThea 3,2; Ap~oh 3,2).
Röm 16,25-27
487
durch konkreten Zuspruch vor dem Abfall zu bewahren (IThess 3,2.13). Eine solche »Stärkung(( erfolgt gemäß (XCl'tO) der Verkündigung des Paulus und der Botschaft von Jesus Christus 13• Das zweite Glied ist Ergänzung und Erklärung des ersten: das Evangelium des Paulus besteht in der legitimen Art, die Botschaft vonJesus Christus weiterzugeben. Offenbar soll die Autorität des Apostels, und damit auch des Römerbriefes, unterstrichen werden. Weil er in der Gegenwart die Autorität Jesu vertritt, steht sogar die Erwähnung seiner Botschaft voran führt dann in das Zentrum des Ganzen; (vgl. Röm 15,18 f. 29). Das zweite obwohl der Inhalt des »Geheimnisses(( nicht ausdrücklich genannt wird, liegt es nahe, an den Heilsplan Gottes zu denken (Kol 1,25 ff.; Eph 3,9 f.; IgnEph 18,2)14. Dieser Hei1splan Gottes steht in einem eschatologischen Rahmen: den früheren Generationen war er verborgen, jetzt aber in der Gegenwart ist er offenbar geworden. Daher ist auch der in V 25 auftauchende Begriff imoxtU."",..; ganz wörtlich zu verstehen: in der Botschaft von Jesus Christus vollzieht sich die Enthüllung, die Aufdeckung des Geheimnisses. Es war bisher von Urzeiten an verschwiegen, d.h. es war in den voreschatologischen Zeitabläufen (Plural!), die bis in die Urzeit hinabreichen, verborgen (= MoXQ'6mw&w., myäo&aa" O'Ö YV(J)Qtl;EO'6aa.)15. Das Partizip CJEOI.yrll.l.tvOU kann beides bedeuten: daß das Geheimnis nicht proklamiert wurde, wie es jetzt geschieht, oder daß es in du Schweigen Gottes eingehüllt und daher verschlossen war. Die äonenhaften Zeiten und dies Schweigen Gottes gehören aufs engste zusammen. Es ist die Zeit vor der eschatologischen Proklamation. Der Begriffder »Verkündigung« (~) muß also so streng wie möglich verstanden werden: er meint die eschatologische Botschaft 16• V 26: Das Moment der imoxOÄ.""'~ wird durch das Partizip cpa-
xato
U Die Bedeutung der heiden venchiedenen xaU& ist nicht ganz einfach zu fauen. Du erste *R4 beugt: ..in der An und Weise, wie ich du Evangelium verkündile und wie es in der Botlchaft vonJeIUI ChriltUlle8Chieht« (ähnlich SANDAy-HEADLAMR 432). 14 Du zweite xcn6. führt den Gedankengang weiter, indem eI auf den Inhalt der Botschaft hinweilt: Du Evangelium ist Enthüllung dellÖttlichen Geheimniuea. Von diesem apokalyptischen GeheimniIspricht schon 1Kor 2,7; Koll,26; Eph 3,4 ff.; 2Tim 1,9 ff.; nt 1,2 f. Wir haben hier ein alteilituJ'Siaches Sc. . . , das verschieden endialtet wird. Inhalt des Geheimniaaea ist die olXO\fOl.da toü hoiJ (Eph 3,9). oUcovo,&la ist nicht nur Heilaplan, sondern auch Heilapro&e8. Der BegrifF der ~ entfaltet sich also aowohl nach der ~ hin (- Gottes zielbewu8ter Plan Rörn 8,28; 9,11) als auch nach der oUcovo,&la hin (- die seachichtliche Durchführung seines Zieles). 15 Du apokalyptische ..Geheimnis« (" - t!\IO"t'ftQwY) ist immer mit einem bestimmten Zeitac:hema verbunden ~. Gott hat seine Weisheit vorherbestimmt ..vor den Aonen« ( . 1Wiw almwav 1Kor 2,7); ..vor äonenhaften Zeiten« ( . "IJlIYvwv aIoMorv TIt 1,2; 2nm 1,9; vgl. auch Eph 3,9). Gemeint lind die Zeiträume (Aonen) von der U neit an bis zur eachato1opchen EnthüllWlI des Geheimniaea in der Gqenwan. Zum apokalyptischen Zeitveratändnia ySl. ApkBar 81,4; 1QpHab 103, QMyat 1 13 f. (..sie erkannten nicht das zukünftige Geheimnis und die Dinse der Vorzeit verltanden lie nicht; sie wußten nicht, wu über sie kommen würde, und sie erretteten nicht ihre Seelen
vom zukünftigen Geheimnis«). 16 Zum Motiv des Schweisena Gottes ySl. 4Eara 6,38 f.; 7,30; ApkBar 3,7; Sap 18,14; außerdem Mithruliturgie p. 6,21 f. (A. DIETEaICH); Hermes beiJamblich., Oe myateriia 8,3. Man wird wohl nicht IfUlldsätzlich zwischen dem Geheimnis Gottes, du verLoap war, und dem Geheimnis, du venchwiqen war, unteracheiden können (vgl. Eph 3,5). AUlpnppunkt ist für Röm 16,26 eine aöttliehe Epoche des Scbweisena, die von der EnthüllWlI des pdichen It.allCbluaea abgelölt wird. Auch nach der Belwmtpbe des Geheimniaaea bleibt der ~ des Gebeimniuea sewahn.
488
Der Lobpreis
vEQW&tv wieder aufgenommen; ihm entspricht das stark hervorgehobene eschatologische vüv (Koll,26; Eph 3,5; 2Tim 1,10). In diesem cpavEQW&tv liegt die Aufhebung des Schweigens, das Offenbarwerden des Geheimnisses und der Vollzug des Heilsprozeaaes. Der BegrifF»cpav~« hat also in diesem Zusammenhang eine besondere Stärke. Anschließend wird, durch das unscheinbare enklitische n mit dem Vorherigen verbunden, die Kundgabe durch die prophetischen Schriften angefügt 17. Diese »Kundgabe« (~) ist eine Ventärkung des »Offenbarwerdenscc (cpav~tv), wird aber in diesem Zusammenhang viel reicher ausgeschmückt. Vielleicht kann man zwischen dem ~ und dem yYO)QLCJttv unterscheidenu. Der Hinweis auf »prophetische Schriften« lag sicherlich im Sinn des alten apokalyptischen Schemas. Wird er hier eingefügt, dann fragt sich zunächst, welche gemeint sein könnten. Prophetisch könnte soviel bedeuten wie »inspirien" oder wie »eXegetisch«, wenn man an hellenistische Anschauungen denkt; es ist aber wahncheinlich, daß unser Verfasser hier alttestamentliche und apokalyptische Schriften meint, die auf das »Geheimnis ce Gottes bezogen werden 1'. Das »prophetische Wort« wird zur te17 DE .trcicbcn du Idcioc Bindqtied U, was .icherlich als ErleichlCl'UDl placbt iat. Viel_ch helfen sich die Lateiner, indem sie dia u in der Obcneuuoa einfach unterdrüc:keo. ZnR 588 sewännt durch den Zusatz: xall'iK b~ tOU xVQWv 'latMin' 'J'1CJOÜ XQunoü (Orig.) ebcnfaUa eine .tili.tiacbc Erleichterung. Er übersetzt: .oft'enbar senw:htjctzt (d.h. zu unterer Zeit) lOWOh1 durch pn> phetiacbc Schriften aJa durch die Encbcinung unsere. Herrn JaUl Chriarua. welches nach Befehl Gotta zum Zweck da Glaubeßlldlonama zu aUm Völkern hin kundseseben wurdc« . .. ScHLA'ITU, Gcrcchtipeit 406 unteracheidct zwilchen dem cpcav~ und dem ~. Nach A. ScHLAlTE. treten drei Autoritäten innerhalb der Doxologie heraUl: die pauliniache Botschaft, du WonJesu und die prophetiachcn Sprüche. Diese Dreiheit bachreibe voUatändis den Besitz der Gemeinde. 19 Auch im H"'-MiJrau" haben wir dies alte apokalyptiac:he Schema, du zwiachcn dem p~ pbetiacben Won und dem .Kundtun« <11: bi.) der -Gcheimniaae« (~ ~ ~ 'n - -die Geheimniaae der Worte seiner Knechte, der Propheten«) untencheidct (7,1-5; 2~IO) .•Und Gott sprach zu Habakuk, er lOIIe auflc:hmben, was da kommt über du letzte GacblecbL Aber die V011cnduoa der Zeit tat er ihm nicht kund. Und wenn es heißt: »damit eilen kann der, der aliatt, seht acinc Meinung auf den Lehrer der Gcrccbtigkeit, indem ihm Gon kundaetan hat alle Geheimniue der Woneaciner.Knecbte, der Propheten« (7,1-~). Und ebenso: •... aus dem Munde da Priesters, den Gott .qeben hat in (die Mitte der Gemeinde), daß er auslege alle Wone leiner Knechte, der Propheten, (durch deren) Vermitduns Gon verkündigt hat allea, was kommen muß über sein Volk und (seine Gemeinde)« (U~IO). Vgl. dazu K. ELuoEl., Studien zum Habakuk-Kommenw vom TotenMccr, 19~3, 18~191, 168-171.~vw,,~iltsdiufiseWcndunsindcnQum rantcxten (G. KUHN, NTS 1961.336). Das 8egritTamaterial und du apoblyptiacbe Schema, du hier verwandt wird, .ind offenbar mit denen daliturgiacben Textes Röm 16,2~27 verwandt. Der ncutatamentlicheText Röm 16,2~27 ICbrcibt dem Apoecd diaelbc cbariamaciacb-achatolopchc Exqae zu wie der V crfuacr da Habakuk-Midrucha dem .Lehrer der Gerechtigkeit«. Die .prophebacbcn Schriften« lind lOWObI für den Habakuk-Midruch aJa auch für Rößl 16,26 die Schriften da Alten Tataments, auf deren Ver.tändnia mtacheidcnda Gewicht liest. LAG'" 379 wehrt sich mit Recht aqen den Vcmaeh, die .prophctiachen Schriften« im hcllcniati.ehen Sinn mit .inspirierten« oder .exegetiachen« gleichzulCuen. Auch ein Briefwie der Römerbrief des Paulua .ehöre nicht cisentlich zu den prophetischen Schriften. Es .ei methodisch nur möglich, den Hinweis auf die "prophetischen Schriften. analog den anderen Wendunsen da Kontextes aUi dem Römerbrief acJbat zu verstehen (vgl. 1,2; 3,21). Du Schweigen Gones wird in der alten Exqae
Röm 16,25-27
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sten Größe und zum heilsgeschich tlichen Zeugnis ( I Petr I, I 0; 2Petr 1, 1~21 ). Es ist zum Zweck des Gehonams auf Befehl des ewigen Gottes allen Völkern kundgetan worden. Man erkennt deutlich, daß das alte apokalyptische Schema hier in V 26 durch eine Reihe feierlicher Begriffe und Wendungen aufgefilllt worden ist U nprünglich gehörte zu ihm die Bekanntgabe an alle Völker als ein bestimmter eschatologischer Zusammenhang. Aber es ist ooeichnend, daß das apokalyptische Schema nach verschiedenen Richtungen erweitert werden konnte. Die Drei~a1zl der präpositionalen Wendungen (xa"t' btL"tUyf)V ... , d~ {,1EaxO'ilv 1E(cJ't~ und E~ 1EavtU "tQ ~ ist sicherlich nicht zufiillig, wird sie doch auch sonst im Aufbau des Ganzen bevorzUgt20; Der feierliche, autoritative Auftrag Gottes (xu't' btL'tcrtflV'tO\J &oü) erinnert an den Sprachgebrauch der Pastoralbriefe (I Tim I, I ; Tit 1,3). Der »ewige Gottcc (6 a16Jv~ it~) ist der Gott der Urzeit und der Endzeit, der Ewige, der Herr der Schöpfung und der ganzen Welt21 . Der Begriff hat eine alte Tradition und gehört in die Gebewprache sowie in den Lobpreis desjudentums. Vielleicht ist die vorherige Erwähnung der äonenhaften Zeiten der unmittelbare Anlaß, vom ewigen Gott, vom Gott der Urzeit und der Endzeit zu sprechen 22 • Die Einführung der präpositionalen Wendungen in das apokalyptische Schema macht den Zusammenhang unserer Doxologie noch feierlicher und zeigt auch, nach welcher Richtung unser Römerbrief ventanden wurde. V 27: Endlich folgt zum Abschluß und Höhepunkt der Lobpreis in seiner eigentlichen Gestalt. Daß Gott allein weise ist, erinnert an Röm 11,33 ff. und deutet damit an, daß er mehr ist als sein Heilsplan23 • Gegenüber allen menschlichen Ansprüchen, Weisheit zu haben, gebührt ihm allein die Ehre, weise zu sein. Stilistisch stehen ITim 1,17;Jud 25 (2Makk 1,25) nahe und zeigen, daß unser Lobpreis in einer breiteren Tradition steht. Das relativische 4> ist sicherlich ursprünglich, obwohl es in B pesch. fehlt. Es gehört aber zum Stil der Doxologie, als die Verhüllung gedeutet, die aufdem eschatologischen Ereignis auch im Zeitraum der Weissagung liegt. (Pseud. Primasius: Quamvis mim hoc ante prophetae praedic:arent, tamm quomodo futurum esset, nec ipei quidem prophetae sciebant.) Die gegenwänige Exegese ist in der Bestimmung der »prophetischen Schriftencc wesentlich unsicherer (KAsEMANNR 4(6). Ist die Wendung in der Vorlage enthalten, dann ist der Hinweis aufdu Alte Testament se1betventändlich. Der Zusammenhang sichert auf jeden Fall den Zusammenhang zwischen Verhüllung und Offenbarung. 20 Sicherlich ist die Dreizahl der Partizipien: Of.OL'Y'IJ&.tvou, cpav~, yY(I)()~ ursprünglich (vgl. Kol1,26 f.). Zwischen dem alten apokalyptischen Schema und den Bearbeitungen unseres Textes muß untenchieden werden. 21 Du wichtige Material zur Gotteaauuage findet sich beiJ. DUPONT, M6YoL ho( (Röm 16,27), Ephem. Tbeol. Lov. 22,1946,362-375 und G. DElJ.ING, M~~, TbLZ 77,1952,469-476. Der ~ ~ ist der ~r., tU., des antiken Judentums. Er begegnet häufig in allen Zweigen der jüdischen Literatur (z.8. Gen 21,33;Jes 26,4; 40,28; Bar 4,8 tr.; äthHen 75.3;Jub 12,29; 13,8; 25,15; SUI 42; 2Mill 1,25). Vgl. BoUSSET-GIlE8SMANN, a.a.O. 311; Bauer Wb IV. u.Unprünglicb bezeichnetdieae Näherbestimmungden KönigderAonen, meintallonicbtganz du, was wir aus dem Won heraUlhören« (GAUGLD R 11 418). U Es ist gut möglich, daß heide Adjektiva selbatändig .ind (»der einzige und weise«). aber auch, daß sie abwehrend aufeinander bezogen .ind (»der allein weise ist«). Im enteren Fall wäre die Beziehung aufStil und Bekenntnis entBcbeidend Uud 25), im letzteren die theolopcbe Verbundenheit mit Röm 11,33 ff. Die Kommentare entBcbeiden lich vencbieden. Vgl. den Sprachpraucb PhilOI: ~ VO)~~ (E. KAMLAH83 f.).
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Exegetische Grundfragen
wie ein Vergleich mit Gall,5; 2Tim 4,18; Hebr 13,211ehrt24• Man könnte es als störend empfinden, weil durch seine Einfügung der sinngemäße Bezug der Doxologie auf Gott undeutlich werden könnte. Der Lobpreis Gottes vollzieht sich durch die VennitdungJesu Christi, der durch seine Sendung diese »Ehre« erst ermöglicht hat. Auch dies Motiv ist festes Gut und gehön zum ursprünglichen Bestand der Doxologie. Das gleiche gilt von dem abschließenden Ausblick: »von Ewigkeit zu Ewigkeit« (d~ 'to,,~ aLöJv~ 't(ÖV aLciMaJv ADP vulg. pesch.), der keineswegs auffallend zu sein braucht (Gall,5; 2Tim 4,18; Hebr 13,21). Neben ihm steht eine Kurzform: »in alle Ewigkeit(( (~'toU~ aLöJv~ p46 BCL Chrys.), die mit Röm 11,36 übereinstimmt. Nach fester paläatinischer und semitischer Tradition endet die Doxologie mit der hebräischen Bekräftigung iq.Lftv. überblickt man das Ganze des doxologischen Zusammenhanges, so stellt man fest, daß ein älteres liturgisches Schema zugrunde liegt, das vom »Geheimnis Gottes« spricht. Es ist in äonenhaften Zeiten verschwiegen, jetzt aber geoffenban und allen Völkern kundgetan (IKor 2,7; Koll,26; Eph 3,4-5.9; Tit 1,2 f.). Dies Schema ist echtes apokalyptisches Gut und sicherlich alt. Der Verfasser unserer Doxologie hat aber dies Schema in seine Interpretation der paulinischen Theologie eingearbeitet und bestimmte Begriffe des Römerbriefes mit ihr verbunden. Er preiat den göttlichen Heilsplan, der sich jetzt erfiillt hat, und der in der paulinisehen Verkündigung zur Stärkung der Gemeinde niedergelegt iat. In der Doxologie redet vielleicht nicht mehr Paulus selbst, sondern ein späterer Bear~iter des paulinischen Textes. Er spricht wohl nicht polemisch und antignOitiach, wohl aber bestätigend und legitimierend. Das paulinische Won und die Autoritäten, auf die es sich beruft, sind rur die römische Gemeinde und die Gesamtkirehe verbindlich.
Die Weiterarbeit an der Exegese hat gemeinsame Ergebnisse ergeben, aber auch bestimmte Fragen offengdassen. Dazu gehört die Bestimmung der Gerechtigkeit als Macht und Gabe in der Struktur bei E. Käaemann und P. Stuhlmacher. Macht und Gabe lind für E. Käsemann keine echten Gegensätze. Gnade und Gerechtigkeit müssen als Erscheinung und Auswirkung Gottes selbst ventanden werden. Auch H. Schlier verweist darauf, daß mit dem Evangelium Gottes Macht, Gottes Möglichkeit und seine Hernchaft gegeben sei (R 42 f.). Anden versteht E. Lohse den umkämpften Zusammenhang. Er betont den forensischen Grundcha34 ZnR 586 möchte in V 27 du kleine Pronomen ., du die vorangehenden Dative wieder aufnimmt. aIa unecht Itreichen. Wir haben aber anzunehmen, daß Stil und Geruge der Doxologie schon ate Formen angenommen haben, daß aIao auch unser Zusammenhang ltark von ihnen bestimmt ist. Vgl. Ga! 1,15; 2Tun 4,18; Hehr 13,21; 4Makk 18,24 (H. ScHLIER).
Exegetische Grundfragen
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rakter der Wortgruppe und bestreitet, daß von einem Machterweis Gottes die Rede sei, daß also ein allgemeiner Sprachgebrauch von Gott als Schöpfer und Stifter vorliegei. Im Zusammenhang mit der alttestamentlichen Theologie ist aber Gottes Handeln immer ein Eingriff in seine Schöpfung.
Verschieden ist die Art, wie das Verständnis des zweiten Hauptteiles in c. 5-8 sich in den Kommentaren von E. Käsemann und H. Schlier darstellt. E. Käsemann geht von der Frage aus, ob die angebotene Gnade, die mit dem regnum Christi zugleich geschenkt wird, der Lebenswirklichkeit des Glaubenden gerecht wird. Der Jude müsse einwenden, daß erlangte Gerechtigkeit von Tod und Sünde befreit und mit dem Leben aus dem Geist zusammen1ällt (S. 120f.). Es bleibt immer noch besser, den zweiten Hauptteil c. 5-8 als Weiterfiihrung und Entfaltung des Zitates Hab 2,4 anzusehen. Die sogenannte Lebenswirklich.keit entspricht der modemen Fragestellung, nicht der Situation des Judentuma, du nach der Geltung von Exegese, Halacha und Weiaheitsliteratur fragt. Urchristlich ist aber der Zusammenhang von Glaube und Taufe, weil mit der Verkündigung der Botschaft sowohl der Glaube wie auch die Erneuerung des Menachaeina vorgegeben sind (Apg 2,38; Mk 16,16;Joh 3,3). Glaube und Erneuerung des Menachseina gehören schon in frühchristlicher Tradition vor Paulus zusammen, wachJen also nicht ent in späterer Zeit zuaammen2 • Nach H. Schlier setzt mit dem zweiten Hauptteil c. 5-8 der wichtigste Klä-
rungsprozeß des ganzen Briefes ein. Die Verkündigung der Rechtfenigung soll jetzt die Gaben entfalten, die in ihr beschlossen sind (S. 139). Die Rechtfertigung ist mit dem Taufgeschehen notwendig verbunden; es geht um das Sein, Dasein und die Existenz des Christentums, um ontologisch zu reden. Wir sind mit Glaube und Taufe in ein neues Sein, Dasein und in eine neue Existenz gestellt. Das Geheimnis des Christseins wird also nicht allein vom Glauben als Akt menschlicher Entscheidung bestimmt. Der Glaube ist wohl die rechte Disposition für die Taufe und in diesem Sinn die Bedingung, unter der getauft wird. Er ist aber nicht das, was das Geschehen der Taufe als solches erst wirksam werden läßt und ersetzt3 • Damit hön der Glaube auf, ein einheitliches ))PrinziPCC zu werden. Echte Subjektivität und falsche Subjektivierung müssen geschieden werden. Die Fragestellung spitzt sich zu im Gespräch über den Gottesdienst im Alltag'. Wichtig ist, daß nach dem Alten Testament :w,-;~ und t)'~ hebräische Entsprechungen rür den Kultus sind: Seide Begriffe betonen das Recht Gottes zu bestimmter Zeit, an bestimmtem On und in bezug auf bestimmte Personen. Ziel des Gottesdienstes ist die Begegnung mit Gott, die Gemeinschaft mit ihm unter
1 E. LoHSE, Die Gerechtiglr.eit Gottes in der paulinia.chen Theologie, in: Die Einheit des Neuen Testaments, 1973,209-227; zur Dialtuuion vgl. die aufS. 222 Anm. 27 genannte Literatur. 2 Zum vorgegebenen urchristlichen Zuaanunenbang vgl. E. LoHSE, Taufe und Rechtfertigung bei Paulus, in: Die Einheit des Neuen Testaments, 1973,228-244; vgl. die aufS. 231 Anm. 14 und 15 angegebene Literatur. 3 Zum Ventändnia von H. ScHLIER vgI. Die Tawe- Nach dem 6. Kapitel des Römerbriefes, in: Die Zeit der Kirche, 4. Aufl. 1966,47-56 (vgl. die ZuaanunenfAuung der The.en aufS. 55 f.). 4 Zum Stichwort vgl. E. KAsEMANN, Gottesdienst im Alltag der Welt, ExVen. 11 1~204; H. ScHUER, Vom Wesen der apoltolischen Ermahnung-Nach Röm 12,1-2, in: Die Zeit der Kirche, 4. Auo. 1966,74-89; G. v. RAD, Theologie des Alten Testamentes Bd. 1,4. AuS. 1957,254-285; 370 (; 409 f. (Einbruch des rationalen Denkena).
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Voraussetzung der Venöhnung, der Reinigung, der Sühne'. Man weiß auch von einer Entsprechung zwischen kultischem Dienst auf Erden und im Himmel (TestLev 3,6; Qumran; ApkJoh 8,3-5). Im Unterschied von hellenistischer Philosophie und Mystik ist urchristlicher Gottesdienst nach E. Käsemann eschatologisch; die kultische Sprechwei.~e dient dabei antikultischer Tendenz (R. Bultmann). Es geht um die Hingabe der leiblichen Existenz in dem sonst profanen Raum und im Alltag des Christen. Damit wird das allgemeine Priestenum der Gläubigen proklamien (IPetr 2,9). Der Apostel kennt nicht das Dasein als private Existenz; es hat öffentlichen, für die Welt gewichtigen, nämlich eschatologischen Charakter (Käsemann R 314). Es fragt sich, ob diese Argumentation begriftlich klar isL H. Schlier hatte fonnuliert: »Jetzt sollen sie ihr verborgenes Leben offenbaren im lebensträchtigen Opfer für Gott«6; dieser Begriff der Verborgenheit wird von Küemann R 312 in die Gegenüberstellung: privat - öffentlich umgedeutet - schwerlich mit Recht. Ausführlich nimmt H. Schlier in seinem Kommenw auf S. 385 Anm. 6 zu den entsprechenden Ausführungen E. K.ücmanns über Gottesdienst im Alltag Stellung: Röm 12,1-2 findet sich keine antikultiache oder antiamtliche Stellungnahme. Der vernünftige Gottesdienst steht im Gegensatz zu rationalen, moralischen oder mystischen Tendenzen. Auch die Aussagen Röm 12,3ff. 9ft: zielen nicht auf ein allgemeines Priestertum, sondern auf den rechten Gebrauch der Charismen und den Erweis echter Liebe.
H. Schlier hat recht Paulus denkt weder antikultisch noch im Gegensatz zum Amt. Auch ist das Amtsverständnis nicht aus dem Gegensatz zur Institution zu verstehen, wie es gewöhnlich geschieht, sondern aus der geschichtlichen bzw. soziologisch bestimmten Situation und dem Auftrag mit seiner Legitimation. Auftrag und Legitimation treten in den Vordergrund eines durch Dauer, Anerkennung und Abgrenzung gekennzeichneten Amtes, während das im hellenistischen Raum sich ausbreitende Charismatikenum im Zusammenhang mit penönlicher Begabung, Inspiration und Weisheitslehre steht'. Das amtliche Element ist von Anfang an dem Urchristentum mitgegeben: es verbindet sich mit dem Bewußtsein des Boten, der gesandt ist (bBer 5,5). Du urchristliche Amt weiß also um seine Sendung, darum ist es zunächst mit der Sendung verbunden. Es weiß um seinen Auftrag und ist bereit, sich zu legitimieren. Legitimation und Traditionsbildung sind nicht voneinander zu trennen. Gleichzeitig ist das Amt eine Spezifizierung des Geistes Gottes, der durch das Amt sein Werk an der Gemeinde tut. Apostel, Propheten und Lehrer gehören zwar in die Gliederung der Charismen, sind aber von Haus aus mehr als ein Charisma (Did 11,1-3; IKor 12,28). Verwandt ist auch die Ausbildung des alttestamentlichen Ähestenverständnisses: sie nehmen ausdrücklich am Heillgeschehen teil, tragen mit Moses zusammen die Last der Verantwortung und haben Geist vom Geist des Moses empfangen (Num 11,16 ft:). Daher können auch Apostel selbst Älteste genannt werden (Lk 10, I 8:; I Pett 5, I ff.). Amtlichen Charakter haben die hellenistischen Annenpfleger (Apg 6,1-6); vielleicht sind sie selbst »Ä1test~c und »Vonteher« im biblischen Sinn. Die soziologische Situation tri tt hier besonden heraus. Auch der Kreis der»Vonte5 G.
v. RAD, Theologie Bd. 1,255 geht von dem Kultus als Ausdrucbfonn ftirdas Recht Gottes aus. H. ScHUß, Vom Wesen der apostolischen Ermahnung, 83. Wichtig ist auch Anm. 14 (Gespräch mit der Exegese). 1 Der nun folgende Abechnitt ist eine ausdrückliche Auaeinandenetzung mit H. ScHLID., Ober du Hauptanliegen des I. Briefes an die Korinther, in: Die Zeit der Kirche, 147-159. 6
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her« (1 Thess 5,12; Köm 12,8) muß hier erwähnt werden. Paulus setzt sich in seiner Mission selbstventändlich nicht über die soziologischen Gegebenheiten hinweg. Daß diese Ansätze schweren Einbrüchen neuer Strömungen des »Geistescc und der » Weisheit« nicht gewachsen sein können, dürfte zu vennuten sein. Einbrüche des Geistes, die mit der Entfaltung der Weisheitslehre zusammenhängen und enthusiastisches Gepräge aufweisen, setzen andersartige Begabungen und Ansprüche voraus, die nicht den Grundlagen der apostolischen überlieferung entsprechen. Du Kerygma kann seine eigene Weisheit entfalten, aber diese mUt aus dem Rahmen des Kreuzesgeschehens nicht heraus. Der Abwehr nomistischer Gesetzesinterpretation des Judentums entspricht bei Paulus die Abwehr schwärmerischer Weltweisheit, setzt aber eine intensive Bindung an eine eschatologische Weisung voraus (vgl. H. Gese, Zur biblischen Theologie, 1977)1.
In seinem Aufsatz: ).Geist und Buchstabec< (Paulinische Perspektiven, 1969, 263 ff.) wirft E. Käsemann der heutigen Theologie vor, daß sie im allgemeinen vergessen habe, daß ihr eigentlicher Gegner nicht der Unglaube sei, sondern der Aberglaube. Die christliche Gemeinde sei der Kampfplatz, auf dem christliChe Verkündigung sich mit dem Aberglauben auseinanderzusetzen habe. Ein kirchliches Institutionsdenken, das sich nach außen gegen den Unglauben abgrenzt, vergiBt häufig, wieviel der Aberglaube zur Kontinuität der Kirchengeschichte, der Theologie, der Institutionen beigetragen hat. Man darfnicht den Glauben aus einem besseren historischen Verständnis, den Geist nicht als das neue Gesetz betrachten. Es geht E. Käsemann um die Abwehr der Perversion des eigentlichen Gotteswillens. Ganz entsprechend stellt S. Schulz in seinem Aufsatz ••Die Charisrnenlehre des Paulus. Bilanz der Probleme und Ergebnisse« (Festschrift E. Käsemann, 1976, 443-460) die Charismenlehre in den Gegensatz zum Amts-, Rechts- und Ordnungsdenken der Antike Uudentum, Judenchristentum, Heidentum und Früh~ katholizismus) und erklärt sie als direkte ekklesiologische Entsprechung zur Rechtfertigungslehre (S. 450). Ausdrücklich wird damit die Konzeption von E. Käsemann aufgenommen. Paulus nimmt den Begriffder XYE'UJUl'tLxß in Korinth auf und ersetzt sie durch xaQfOJ.Ul'tQ (= Konkretion und Manifestation der Gnade). Allerdings bleibt die Tatsache bestehen, daß •• Apostel, Propheten und Lehrer« (IKor 12,28; Röm 12,6 f.) amtlichen Charakter behalten (Dauer des Auftrags, Autorität und Abgrenzung gegen andere) und daß die Unterordnung der Stände (Sklaverei, politischer Gehorsam der Bürger) von Bedeutung bleibt (S. 460). Die konkrete Unterordnung im jeweiligen Stand ist charismatisches Handeln und daher eschatologische Ermöglichung des Dienstes in den Ordnungen dieser Welt (S. 460). Allerdings ist die paulinische FragesteUungjetzt nicht mehr ausreichend: erst der freigelassene Sklave, die gleichberechtigte Frau, die Mün• Ich verweise aufdie Aufsätze »Das Gesetz« (S. 55 f[) und .Die Sühne« (S. 85 ff.) in dem Aufsatz-
band H. GESES.
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Exegetische Grundfragen
digkeit des christlichen Staatsbürgers leben im Vollsinn charismatisch und in christlicher Freiheit (S. 460). Damit tritt die Frage der Veränderung und Umgestaltung der irdischen Strukturen in den Vordergrund. Röm 12,1-2 setzt bei der Preisgabe des menschlichen Ich und der Umgestaltung des Denkens ein. Diese Preisgabe und Umgestaltung müssen aus eigenen Voraussetzungen erklärt werden, stehen aber unter dem Vorzeichen des kommenden Endes und Zieles, das Lieht wirft auf die jeweilige Situation, in der das Christsein sich zu bewähren hat. Der gegenwärtige Gebrauch des Freiheitsvenländnisses entstammt venchiedenen geistigen Strömungen. Er ist geradezu die Kemidee des abendländischen Denkens und ist daher ebenfalls gefährdet. Christliche Freiheit entsteht aus dem Bereich der biblischen Transzendenz, griechische aus dem der 7E6A~. Das neue Dasein der Freiheit begegnet uns im Geist des Lebens und ist Ablösung des Gesetzes der Sünde und des Todes (Röm 8, I f.). Der Glaubende kehrt um zur Gerechtigkeit Gottes und verzichtet 10 auf die eigene Freiheit. Das gibt ihm die Freiheit der Demut (H. Schlier, Das vollkommene Gu,~ der Frei1ui19).
Die Dialektik als Beschreibung des Christseins, als Voraussetzung menschlicher Gedankenbildung und als geschichtlicher Ablauf bedarfder Hinterfragung. Damit ist der Weg frei zu einer ernsthaften Betonung der konkreten Herrschaft Jesu Christi hier und jetzt. Das Schwergewicht verlagert sich von einer falschen Subjektivierung weg auf ein objektives Geschehen, das weder durch Rationalismus noch durch Mystik sachkritisch erfaßt werden kann. Charismatische Existenz vollzieht sich im Bereith des »Leibes Christi«. Barrett R 235 entwickelt eine klare Konzeption, die aufgebaut ist auf das Mahnwort »Nüchternheit, Besonnenheit, Ernsthaftigkeitcc (12,3: ~)10. Es geht dabei unter Betonung der apostolischen Autorität (»)mir gegebene Gnadecc) um einen besonderen Einsatz (vgl. auch das »priesterliche Handelncc 15,16). In Rom gab es Heidenchristen, die sich pneumatisch gegen andere Christen absetzten. Die enge Verbindung der Gnade mit dem Glauben, der Wunder tut (Mk 9,23; Lk 17,6; I Kor 13,2), wird hervorgehoben: man soll sich aber nach Paulus nicht mit Gaben brüsten, sondern sich den Verheißungen Gottes ausliefern. Die Metapher des »Leibes«, die der Antike wohlbekannt ist (Livius), wird von Röm 12,5 aufgenommen: Sie ist eine Vorstufe für das Geheimnis des »)Leibes Christi«, das noch nicht angesprochen wird. Aus bestimmten eschatologischen Voraussetzungen entwickelt sich sowohl die Sakramentslehre wie auch das Geheimnis des »)Leibes Christi« bzw. des »Seins in Christus«. Der einzelne Christ soU sich in diese Relations- und Umgestaltungsprozesse einbeziehen lassen. Dabei darf man an eine k01llcrete Christologie denken: Es geht um den gekreuzigten und auferweckten Christus, der hier auf Erden in die messianischen Wehen gezogen wurde. Der BegriffXlxQt.OJ.LQ drängt nach zwei Richtungen: eineneits zur Zusammenfassung, zur Gabe als einer ganzen Einheit, anderseits zur Differenzierung und Unterscheidung. Wichtig bleibt die andersartige Differenzierung der verschiedenen Möglichkeiten in Käsemann R 323 ff., den O
9 H. ScHLIER a.a.O. 202: » ... indem er gehonam die dargebotene Gerechtigkeit Gottes als seine eigene annimmt und so aufdie eigene Freiheit verzichtet. Das gibt ihm dieF,tiJ&eilder DtmIIItt; " ... entdeckt der Glaubende nun die Wirklichkeit des geschöpßichen, des gefallenen und des erlösten Daseins und seiner verborgenen Zusammenhänge. Das gibt ihm die F,eiJml der UrtlJtjtllllmllli1cc. IO·Daa ganze Leben der Kirche, nicht nur ihr Dienst, darfcharismatisch werden (BAUETI'R 237).
Exegetische Grundfragen
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••Charismatischecc Lebensführung darf durchaus ernstgenommen werden. Sie ist nicht als Verweltlichung oder Angleichung an den anderen verstanden, wohl aber als Anerkennung göttlicher Kondeszendenz, die sich tiefin das Menschsein (bis zum kleinsten Dienst) herabbeugt. Sie beschreibt den Reichtum des Segens, der bis zum einzelnen Verhalten alle Bereiche des Lebens durchformt (Röm 12,13 8:). Die Ausweitung zu einem Partizip und Imperativ zeigt, daß es dem Apostel auch auf die Gesinnung, auf eine innere Haltung, auf eine letzte Wahrheit gerade im Dienst und Stand ankommt.
c) E. KistmlllUlS Ableilwlg der Seruilmg du $olmes (Rim 8,3)
Die Sendung des Sohnes in die Gestalt des sündigen Fleisches (Röm 8,3) ist eine christologische Aussage, die für den Zusammenhang des Römerbriefes von außerordentlichem Gewicht ist. Sendungs- und Berufungsaussagen hängen eng miteinander zusammen: sie gehören einerseits in didalctisclzt, andererseits in berichtendt Zustunmenh4ngt. Man achte zunächst auf den Zusammenhang: Auf den Klageruf7 ,24 und die Reflexion 7,25b folgt zunächst eine Aussage 8,1-2, die zur christologischen Begrundungdidaktischer Art hinüberführt (8,3). Diese didaktische Aussage ist anderer An als die bekenntnismäßige Formulierung 1,3--4. Der Geist, der mit dem in Jesus Christus offenbar gewordenen Leben identisch ist, hat )>dichec (parakletischer Stil) frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes (Rückbezug auf7,25b = Gesetz der Sünde und des Todes). Es gibt also {'wei Formen des Gestt{.es: 7,22: das Gesetz Gottes (das autoritative) und 7,25b; 8,2: das Gesetz der Sünde. Das Gesetz Gottes bleibt und wird ausdrücklich in seinem Anspruch bestätigt (3,31), während das Gesetz der Sünde und des Todes zur Knechtschaft führt, von der Jesus mich freispricht. Diese zwei Formen des Gesetzes stehen antithetisch einander gegenüber. Die Spannung zwischen dem durch den Geist bzw. durch die Vernunft aufgenommenen Gesetz und dem durch das Gesetz der Sünde und des Todes mir auferlegten Lebensvollzug wird durch die Sendung des Sohnes in die Welt zu einer entscheidenden Krist, die didaktisch aufgedeckt und überwunden wird. Die »Befreiungec vollzieht sich durch den Einbruch der SendungJesu durch ein historisches Ereignis. Das Gesetz ist zu schwach, weil es auf den menschlichen Bezirk des Fleisches stößt, und muß deshalb von außen aufgebrochen werden. Das Leben •• in Christus« (eschatologisches Geheimnis) versteht die Rechtsforderung des Gesetzes und erfüllt sie durch den Einbruch des Geistes Gottes. Auch der Begriff des Fleisches tritt also in einen Bereich der Spannung ein: ).Fleischec ist einerseits der Bereich der menschlichen Herkunft und des geschichtlichen Zusammenhangs (Röm 1,3--4), andererseits der Bereich des Widerstreites gegen die Rechtsforderung Gottes. Die Gefahr ist in diesem Zusammenhang, daß man den Apostelantinomistisch versteht. Paulus gibt weder denJudaisten noch den antijüdisch eingestellten Gegnern nach. Die Decke muß weggezogen werden (2Kor 3,15 f.).
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Exegetische Grundfragen
Was dem Gesetz unmöglich war, das hat Gott durch die Sendung des Sohnes erfüllt. Diese christologische Aussage ist autoritativ und lehrhaft, fällt vor allem durch den Umsch,tibungsstil auf. Die Verbindung mit älterem Traditionsgut (Gal 4,4;Joh 3,16; 8,14) zeigt, daß wir zwei Ftmntn der Smdung voneinander zu unterscheiden haben: die heilsgeschichtliclie (am Ende der Zeit: Mk 12,5; GaI4,4) und die sogenannte •• präexistentiale« Uoh 8,14; Röm 8,3). Die •• präexistentiale« rührt an den exegetischen Prozeß, nach dem die BerufungJesu vom Himmel her (Mk 1,11 par) aus Stimme und Geist als •• Herkunft von oben« gedeutet werden muß. Berufung durch die •• Stimme« ist kein imJudenturn unmittelbar ausweisendes Geschehen, sondern muß didaktisch erläutert werden. DasJohannesevangelium erläutert didaktisch, was mit dieser •• Herkunft vom Himmel her« gemeint ist. Die Sendung des Sohnes vollzieht sich nach dem antik-jüdischen Botenrecht (bBer 5,5). Gerade an diesem Punkt ist das Beweisverfahren besonders empfmdlich. Die Herleitung aus •• liturgischem Zusammenhang« (Käsemann R 208) muß daher geklärt werden. Didaktisch ist auch die Umschreibung der Gleichgestaltigkeit: es geh t hier einfach um den Abstand zwischen dem autoritativen Anspruch des Boten, der ihn aus dem Menschsein heraushebt, und diesem Menschsein selbst (vgl. GaI4,4). Dieselbe Spannung liegt in Hebr 2,17; 3,1 vor. Auch an diesem Punkt bedarf es der Auseinandersetzung mit Käsemann R 208. Dagegen ist die Genitivverbindung •• Fleisch des Frevels« (IQS 11,9; lQM 4,3; 12,12) nicht unwichtig (E. Brandenburger, E. Käsemann) . Wir haben es ja mit Auslegung vorgegebener Tradition zu tun, nicht nur mit späterer hellenistischer Lehrentwicklung. Die Verweisung aufPhil2,7 bzw. aufSap 9,10 steht auf einem anderen Blatt (E. Schweizer, E. Käsemann). Die Weisheit liefert der Apokalyptik das Schema: .. Entsende sie aus deinem Himmel und schicke sie vom Thron deiner Herrlichkeit, damit sie mir bei meiner Arbeit Beistand leiste und ich erkenne, was dir wohlgefällig ist«. Die enge Verbindung von Himmel und Erde (Analogie, Relation, Zuordnung von Himmel und Erde) ist die Voraussetzung auch der Botenlehrell. In den Zusammenhängen von Röm 8, 1-3 liegt ein Schlüssel für das Verständnis des Römerbriefes. Die Gesetzeslehre und die didaktische Interpretation der Sendung des Sohnes weisen auf eine Auseinandersetzung mit demJ udentum hin. Röm 8,3 denkt im Sinn von Röm 3,25 (o.aOt"iJQwv): gemeint ist das Sühnopfer (Lev 4,3.14; 5,6). Wenn 'IEQ\ ~(~ einfach als ••Sühnopfer« gebraucht werden kann (Lev 4,21.24; 5,12; 6,18), dann könnte auch 2Kor 5,21 in diesem Sinn verstanden werden (S. Daniel; P. Stuhlmacher). Die Sendungsformel wird bei Paulus gern final gebraucht (8,4: [va nATJQ
Exegetiache Grundfragen
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sammenhang zu Mt 5,17; Röm 3,31 gegeben. Matthäus und Paulus berühren sich in der Gesetzeslehre: die messianische Auslegung des Gesetzes entspricht der Erfüllung des Gesetzes durch den Geist. Es geht allerdings nicht um ein Ideal oder um ein Prinzip neuer Sittlichkeit (auch die Formel »Gottes Wille« genügt als solche nicht), sondern um die messianische Verbindung von Gabt undGtist:JtS 11,1; 42,1; Mk 1,10). Röm 8,1-4 will den Gegensatz zwischen mosaischer und messianischer Auslegung der Tora aufnehmen (ChristusJesus 8,2 = MessiasJesus). Von der »Liebe» als Erfüllung des Gesetzes spricht allerdings dieser Zusammenhang bewußt nicht. Gottes Forderung wird erfüllt »in uns«, d.h. in einem inneren Bereich, der eschatologische Grundlagen hat. Jede »dialektisch~< Auslegung paulinischer Theologie, die den Kampf und das Unterwegssein des Glaubens herausstellt, muß sich fragen lassen, ob die Spannung zwischen Kreuz und Ostern, zwischen dem vorgegebenen Ziel und der Durchführung im Kampf und im Leiden richtig getroffen wird (8,37; Phil3,12-15: Gabe des Geistes und »Enthusiasmus«) .
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~83 ~a.v
~
262 205
auvavam'6eoea..
468 262 124f. 440 CJVYl!(rYIiv 275f. ~ 182
cpcIVf.QOVY 488 lp8OQ6 267 f.
4pL\a6d.tp(a 383 ~460 ~ 260
cp6Qoc; 402 f. cpQOVeiv 252. 351. 375. 387 f. 426. 446 ~v ~
133 121. 352
~v CJVY~
xatQa.v 64
~v 482 ~371 ~v465
64.75.78.161.185. 189. 281. 340. 374f. 410.456 xciQIGIIG 82. 188f. 216. 358. 365. mf. XQIII&CI1Cta.v220
~
166
CJXfIpa 371
CJ$tav 271. 347.356 ~
220.254.258.262.270.369.376.494 87. 324. 331. 345. 413f. OCIICpQOVe&v 374f. 378f. CXIIqIQOO6vq 494 ~
~237
x~
280
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~339 ~34
XQIICnlmac; 351 f. 357 ~ ~
397
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&Qa
413
132
107
SACHREGISTER Abendmahl
150.152. 159. 170. 183.216.247. 256 Abend.mahlIliturgic 153. 253 Abraham 100. 119. 122. 161 r. 164. 166. 168. 170-175. 299. 301 Adam 46. 93. 149. 185-188. 190-194. 219. 226. 240. 267r. Adam - Christus 186. 198 AdamapckuJatioa 194 Akklamation 428 r. Altes Testament 36. 44. 137. 148. 180. 195. 301.306.310.323.336.364.442.449 Amt 67 r. 456. 492 f. AnkJaae 140 Anthropologic 142. 145. 234. 256 Äon 147. 185r. 190. 198.217.222.256.413. 418 Apokalyptik 28. 49. 69. 72 r. 98. I (Mt. 111. 187 r. 196.202.216.239.263.277.306.311.399.419 apobJyptisc:b 44.46. 101. 109. 144. 149. 158. 185. 190. 194. 198. 202. 219. 247. 254. 267-269. 285. 330. 345. 354. 356. 360. 364. 470. 482. 486-490 Apologie 28. 30r. 101 Apoetcl 66 r. 75. 283. 338. 430. 476. 487 Apoltolat 39.67. 70r. 75. 77.83.256.290.374. 453.455.457.469.478.494 Anikd 69. 145 Askese 420 Aufbau des Briefes 45 f. AufCl'ltehung 183. 202. 220 Auferweckung 44.70. 73f. 174C 185. 198.200. 254. 330f. Auscrwihlter 281
Bann 294 Bann§Onnel 294 Bekcnntnis 79.92.148.175.190.:91.223.239. 266. 295f. 329f. 331. 338 Bekcnntnisbmel 43. 72f. 174. 181 r. 318. 324 Bekcnntniuatz 84. 330 Bekcnn~tU 86.171.205.254.282.427 Berufung 67-69. 276 Besc:hncidung 85. 132-135. 166f. Bot~ 263. 334 Botcnrecht 70. 72.496 Brief 31f. 471 Bund 44. 132. 136. 152. 164. 170. 233. 295 Bundeagcmeinde 244
Bundestreue 150. 158 f. BundeaKhlicßung 49. 166. 169f. Bürgerrecht, römisches 65 Bußpredigt 100 Cbariama 378. 380.493f. Cbariamatiker 572-375.378.384 Chrittolocie 73f. 159. 185. 189.256.277.286. m. 328. 330r. 427f. 445. 448. 494 Chriltus 93. 148-150. 153f. 160f. 175. 177. 181-183. 185f. 188-194. 196. 2OOf. 205f. • . 212. 216f. 219. 221. 239. 245. 248-251. 253. 263. 277 f. 282. 284. 291. 29sr. 296f. 308. 321-324. 326-330. 417.421. 428. 449. 451. 486f. Cbriatuaereignil 194. 201. 203 CIuonoIope 27 r.
Danqebct
178. 370. 427
Danbapng 79. 102 David 74. 449f. Davidlohnacbaft 73 DeblOl 226 Diaaporajudcntum 468 Diatribe 32.36. 112r. 200. 231. 377. 394. 400. 424 Diktat 33r. Doxologic 296 f. 360. 441 r. 447. 472 f. 484 r. 490 Endzeit 53. 98. 190 Entbuaiumus 204. 238 I: 265. 287 Erbeündc 193 ErblOd 193 Erhöhung 70.74.78.208.238.262.282.330.
405 Erlölcr 267.356.364 -, gno.tischer 250. 348 ErIÖIun8 150. 154. l58f. • . 265.267.270 ErwihIung 88.275.283.286. 288f. 298f. 302. 307.312.317-319.324.338.340.357.362-364 Erwi.blunplebre 305. 310r. 323 eschalOlopc:h 97f. 107. 1461: 149. 158. 170. 175. 185. 193f. 202f. 237. 243. 265. 269f. 321. 326. 361. 371. 396. 41U 414. 451. 487. 492 Evangelium 43. 68-72. 94r. 111. 126. 157f. 179.209.212. 214. 239. 243. 249. 288. 311. 321. 324-326. 328.334. 364f. 419. 426. 441. 487
Sachregister Fleisch 73. 93. 145. 186. 207. 219. 221. 225. 230-232. 238-241. 243 f. 248-252. 255-260. 301. 317f. Freiheit 42. 209. 228. 237-239. 252. 255. 286. 301 f. 305f. 3OS. 322f. 367. 372.423.426.438. 470. 494 Friede 78. 117. 183 f. 390. 435-437. 468 Fürbitte 81. 32H 467
503
Gesetzeslehre 92. 135 Gesetzesstil 40 I Gewissen 124-126. 291 f. Glaube 44.76.83.89-93.117.147f.154-156. 158. 160. 162-164. 166-168. 172-175. 179. 208. 217. 225. 243. 278. 320-322. 324. 326. 328f. 331. 351. 375. 439f. 451. 491 Glosse 51 f. 340 Glossolalie 273 Gnade 48. 75. 78. 89. 100f. 149f. l56f. 159. 161-164. 169f. 117-179. 183. 186. 188-190. 192-194. 199f. 204. 210. 232. 252.260.280. 286.288.303.306.340.426.456.483 Gnadengabe l88f. 275. 286. 325. 358. 377. 379. 382 Gnadenwahl 300 Gnosis 31. 37. 52. 194. 198.204.250.258.277. 285.345.413.485 Gottesdienst 184. 491 f. Gottesknecht 281. 443-445. 461 Gottesrecht 392. 492. 495 Grieche 85. 88. 141. 234
Gebet 128. 138.249. '172. 292. 361. 385.427. 445. 467-469 Gebetsruf 237f. 260 f. '163 Gebetssitte 30. 80 Gebetssprache 105. 150. 361. 489 Gebot 119. 121 f. 125. 131. 142. 181f. 196. 243 f. 246. 392. 409-411 Gebote, noachitische 125 Gehorsam 33. 75f. 91. 128. 145. 148. 160. 162. 168. 186. 191. 198. 211. 215. 253. 256-258. 320. 326. 364. 395-398. 412. 419. 440. 459. 481 Geist 73. 82f. 93. 135. 155. 180f. 197.219.221. 225. 231. 235f. 238-240. 243. 246. 248f. lIeb~us, heb~ 355. 426 251-262. 270. 290-292. 375. 435. 438. 451. 11 eide 33. 36. 100-103. 117-119. 128f. 133. 493.496 140. 166.214.288. 3OS. 314. 316. 319f. 336. Gemeinde 79. 175. 184. '111. 215. 253. 261 f. 457 272. 283. 324. 370. 426. 446 lleidenapostel 31. 289. 336 -, palästinische 29. 74 lleidenchrist 33. 35f. 38. 4Of. 72. 122. 171. -, hellenistische 33.73.200.203. 216f. 249. 255.288. 337f. 343. 346. 442. 465 -,~sche 34-37.77-80.214.254.257.338. lleidentum 88. 104. 106. lOS. 113f. 135. 167. 346.366.317.396.403.412. 418f. 438. 455f. 200. 236. 311f. 321 463. 480 lIeil 87.109. 157. 159.206.243.276.325.332. Gerechter, gerecht 9Of. 152. 182. 189. 191. 414 244.254.312 lleiliger, heilig 180. 229. 274f. 464 Gerechtigkeit 28. 32f. 43f. 48-50. 52. 88-90. lleiligung 78. 158. 21H 316.348 92-95. 98f. 109-111. 140. 145-159. 162. lIeilsgeschehen 148. 150. 176. 217. 251. 286. 165-168. 117. 193. 199f. 211 f. 214. 229. 251. 331. 413. 449 286. 306f. 310. 312. 314f. 321 f. 32H 327f. llei1sgeschichte 42. 134. 147f. 169. 185f. 188. 332. 336.367. 396.435.490f. 192. 194f. 198.238.263.294.304.306. 3OS. Gericht 47. 5'1. 96. 98. 101. 103. l06f. 317 f. 320. 338. 364. 458 109-117. 120. 126. 139. 147. 149. 153-155. lIeiisplan 186. 274. 276. 279. 288. 290. 299. 158f. 169. 178. 183. 187.211. 215. 217. 227f. 305.310. 315f. 322. 487 234f. 238. 242. 279. 289. 293f. 311. 314. lIellenismus 179. 302. 311 317-320. 323. 335-337. 341. 361. 400. 428. hdlenistisch 101. 105. 121. 128. 137. 145. 189. 439 209. 227. 230. 239. 265. 284. 360f. 426 Gerichtspredigt 47.108. 112.114. 130. 135. lIerrlichkeit 266. 268. 278. 295 141 f. 341. 397. 399.404 lIerrlichkeit Gottes 149. 265 Geschichte 146f. 191. 193.238.247.311. 326 lIoffuung 176. 180. 266-268. 271 f. 285.446. Geschichte Israels 36. 3OOf. 340. 355 450 Gesetz 38f. 44. 46. 94. 116-118. 128-130. lIynrnnus 51.115.157.175.286.353.359.445 132f. 135. 140. 144f. 147f. 155. 157. 160-162. hymnisch 102. 184. 284. 370.421. 446f. 485 168. 186f. 191 f. 200. 210. 219-223. 2'15-243. 245. 247. 249f. 253. 255-257. 321. 324. Imperativ 218. 394. 447. 472 326-3'18. 363. 365. 408-412. 432. 439. 470. - und Indikatiy 200. 216f. 242. 387 Inkarnation 251 495f.
504
Sac:hregilter
Interpretation 227. 316 iranischer Einfluß 202 - Tradition 415 Israel 31. 36. 44. 46. 76. 102-104. 113. 131. 135. 137. 148. 152. 159. 166.235. 288f. 294f. 298f. 300. ~. 317. 322-325. 333f. 336. 338. 340.344.346.352.355-357.362-364.449 Jerusalem 29f. 460. 464f. 468f. Judaismus 38f. 59. 238 Judaist 34. 37. 472. 479 Jude 36.45.88.91. 113f. 117. 128-130. 134f. 137. 140. 166. 226f. 234. 236-238. 246. 288. 291. 314. 316. 319f. Judentum 28. 31. 35. 38. 45f. 53. 104. 106. 1I6f. 136. 144. 147. 161. 178. 187. 192.200. 204. 218. 228. 231 f. 239. 261. 275. 290. 317. 410. 467 -, apokalyptisches 92 f. 100. 239. 415 -, hdleniatisches 92. 100. 108. 119. 121. 125. 196f. 234. 256. 370.410. 447 -, qumranitisches 71. 89. 98. 142. 158. 225. 230. 243f. 251. 256. 276. 306. 314. 369.447 -,rabbinisches 36f.92. 130. 145. 157.159.197. 222f: 224. 238. 256. 283. 311. 361. 470 Judenc:hriat 43. 47. 112. 153. 167. 235. 237. 440.442.462.469 Judenchristentum 33. 35f. 38. 40. 72.158.255. 422 Katechese 129. 143.215.253. 365.410.413 Kettenschluß 176. 179 f. 276. 333 Klagelied 140-142 Klageruf 248 Kollekte 27. 464f. 466 Kosmos, koemiach 54. 185f. 194. 249f. 256. 284f: 428 Kraft Gottes 861: 100.286.424.451 Kreuz 149f. 153. 159. 174. 176. 179. 182. 185. 198.200.213.218.251. 262. 437 Kreuuspredigt 286 Kultus 105.177.251. 270. 347. 451f. 491f. LuterkataJog 106 f. 109. 195 Leben 91. 149. 200. 209. 215. 218. 228. 249 -, esdlatologisches 43. 191. 209. 214f. 217 -, ewiges 193. 211. 216 Lehrbrief 29, 31 I: Lehrgeapräch, dialogisches 51 -, jüdisches 32 f: -, rabbinisches 310 Lehnatz 43. 96. 143. 145. 156. 223. 274f. 345 Lebntil 142. 224 Leib Christi 376. 380. 494 Leiden 178. 262 f. 265. 269. 274
libertinistisch 412 Liebe 282. 293. 367. 381-383. 389. 409. 411. 423.437 - Gottes 180-182. 184. 283-286. 303. 318 Liturgie 140 f. liturgiach 51. 66. 102. 143. 428. 482. 485 Lobpreis 105. 177 f. 290. 297. 354. 446-450. 486f. 489 Lohn 163 Marcion 407. 484-486 Märtyrer 151 Maß 427 Materie 197 Menach 207. 209. 214. 218. 220-222. 225. 227-233.236-243. 245f. 283. 310.315.343. 414 -, innerer 234 f. -, neuer 189.214. 217f. 415.417 Menschcmohn 185 MenschenlOhnlehre 185. 198 Meaaiaa 49. 74. 89. 158. 168. 247. 267. 282. 293. 295. 328-330. 356. 414. 444. 450 messianisch 197. 203. 237f. 263. 286. 410. 43H 496 Meuiaawehen 269 Misaionspredigt 87. 96. 100. 129 Miaiollllprache 212 Mose, mosaisch 125. 220. 233. 236. 243. 245. 249.256.293.306.308.327.363.409.470.496
Mystik 206 -, hellenistische 202f. 254 Mysterien 203 Mysterienkult 204. 216 Mysteriensprache 206 Natur 119. 12lf. Naturrecht 119. 121. 123.406 Nomiamus 239. 363. 493 Offenbarung 98-100.104. 108f. 145. 148. 151. 153. 159. 236. 434.488 Opfer 152f. 183.208. 293f. 367. 370. 457 Opfersprache 280. 369. 457 f.
Paraklet 273. 282 Parallelismus 324 Pat.inese 36.42.365.379.395.404.412.421. 442 paränetiache Tradition 382. 418 P...&ritus 450 P. .ion 175. 445. 448 Philosophie 53.85. 125. 302. 367. 370 Pnewnatiker 34.36.209. 360f. 366. 374.388. 390.416.418.422. 436. 439. 443f. 459
Sachregister Pneumatikertum 33.39. 82f. 271. 346. 350f. Polemik 28.37.39. 134. 169.300.322.419. 479f. Prädestination 303 f. 314. 364 Predigt 334 Predigtstoff 51. 260 Priester 39. 81. 452 Prophet 68f. 71. 134. 158.294. 305f. 311. 318. 326. 336. 341. 377.488 Prophetenspruch 44. 354f. 481 Proselyt 171 Ratschluß 302f. 306. 308. 361. 486 Recht 43. 88f. 99. 139. 169. 250. 262f. 314. 392. 401. 426 Rechtfertigung 144. 156. 175-1.84. 205. 209. 218. 254f. 289. 326. 363 Rechtfertigungslehre 38.41. 44. 47-49.55.78. 89. 92f. 136. 1.44. 157f. 162f. 169-171. 185. 208.211 f. 217 f. 260. 285f. 316. 323. 330f. 340. 365. 440. 493 Rechtsdenken 169f. 191. 220 Rechtssatz 207 Restmotiv 318f. 337. 339f. Rhetorik 210. 278. 319. 359. 381 f. Richter 191 Rom 28f. 77. 82. 84 sakramental 200. 216f. 263. 371 Satan 267. 281. 400. 482f. Scheideformel 253 Schöpfer 99f. 102.105.158.174. 195.209.237. 305. 307.310-312.314.316. 322f. Schöpfung 100. 120. 147. 195. 265-268. 271. 273. 395 Schöpfungslehre 312.406 Schrift beweis 80. 298 f. 317. 390 Schriftgelehrter 135 Schriftzeugnis 31 Schriftzitat 43.137.142.174.279. 304f. 308f. 320. 333. 335. 342. 428. 442. 461 Schuld. 99. 140. 144. 290.408 Semitismus 213. 277. 304. 390. 422 Sendung 60.67.219.248-251.254.492.495f. Septuaginta 51. 72. 243. 251. 308f. 317. 323 Sohn 73.248-250.255.262.280.495 Sohnschaft 259-262. 270. 277. 301 Spanien 30. 463 Sprache 50f. 275 Staat 395. 399f. 402 Starke - Schwache 419.422-424. 430f. 433f. 437-440. 442f. 479 Stil 51. 112. 146.219. 223f. 226. 242. 248.257. 270. 281. 291. 318. 332. 353. 456. 462. 472. 479f. 485
Stoa 101. 118f. 121 f. 130. 135. 145 Sühne 42. 145. 152. 165. 175. 207. 235. Sühnopfer 49. 150f. 154. 251. 290. 293. Sünde 98. 140-143. 145. 186-188. 190. 195. 204f. 207-210. 213. 219. 227-233. 238-242. 244. 249. 254. 495 Synagoge 36f. 197. 238
505 294 496 192f. 235f.
Taufbekenntnis 427 Taufe 200-207. 209. 211. 213-216. 218-220. 238.250.254.256. 260f. 264. 286.330. 370f. 428.491 Täufer 104 Tauflehre 211. 216.218. 262f. 330f. 417 Taufliturgie 207. 277. 415f. Taufparänese 207f. 217.366.372 TauISprache 87 Taufunterweisung 413 Tempel 151. 177 Tod 152. 154. 175-177. 181-183. 186f. 190. 192f. 196. 198. 200f. 205-208. 211. 215. 217-221.227-229.237.249.252 Trieb, böser 124.207.224.227.237 -, guter 124. 224. 227 Typologie 301 übertretung 188. 190f. Urchristentum 134. 190. 202. 216. 239. 330. 386 Urgemeinde 73. 464f. Urzeit 150. 186. 189f. Vater 167. 170. 261. 295. 301 Vaterschaft 260 Verantwortlichkeit 310 Verdienst 162. 322f. Vergebung 165 Verheißung 44. 69. 137. 163. 168. 170. 172-175.217. 300f. 322 Vernunft 233.235. 245f. 426 Versöhnung 54. 152. 169. 183f. 435 Versöhnungstag 109. 153f. 165. 189 Verwerfung 299.303.307.317.324 vorpaulinisch 101. 147. 152. 158. 263. 296 Vorzug Israels 141. 288. 298 Vulgata 35. 37 Wahrheit 52f. 99. 104.432 Wein 420 Weisheitslehre 54. 60. 73. 145. 179. 194. 196. 230.238.307.351. 365f. 395f. 406. 424. 493 Werk 90.92. 115. 117f. 144. 147. 155. 158. 162-165. 303. 322. 340 Wille 162. 231-233. 240. 244f. 249. 251. 306. 372f. 388
Sac:hrepter
506 Wort GottCl
100.258
Zelot 41. 325. 397. 399
_ Ziwenkombinatioa 143. 322 Zorn 94-99. 104. 109-111. 114f. 133. 147. 169f. 183f. 195. 314f. 391. 402
Meyers Krit.-Exegetischer Kommentar über das Neue Testament (KEK) Hrsg. von Fcnlinand Hahn Dieser über die ganze Welt in vielen Auflagen verbreitete Kommentar ist eine unerläßliche wissensdtaftliche Hilfe bei der Arbeit am Nr. Hier hat der jeweilige Stand der Forschung seinen prägnanten Niederschlag gefunden. Neue Bearbeitungen vervollständigen und erneuern das Werk, übersetzungen bestätigen sein internationales Ansehen. Vorliegende Bände Ernst Lohmeyer, Das Evangelium des Manhäus / Ernst Lohmeyer. Das Evangelium des Markus / Rudolf Bulanann. Das Evangelium des Johannes / Ernst Haenchen, Die Apostelgeschichte / Orto Michel. Der Brief an die Römer / Hans Conzclmann, Der erste Brief an die Korinther / Rudolf Bultmann. Der zweite Brief an die Korinther / Heinrich Schlier, Der Brief an die Galater / Ernst Lohmeyer, Der Brief an die Philipper / Eduard Lohse, An die Kolosser und Philemon / Olto Michel, Der Brief an die Hebräer / Leonhard Goppclt, Der erste Petrusbrief / Rudolf Bultmann, Die drei Johannesbriefe / Manin Dibelius, Der erste Brief des Jakobus Vorgesehene Bände Joachim Jen:mias, Spracht. und stilist. Analyse des Lk.-Ev. / Hartwig Thyen, Ergänzungsheft zu R. Bulnnann, Joh. / Nils Alstrup Dahl, Der Brief an die Eph~ ser / Ferdinand Hahn, Das Evangelium des Markus I Peter Stuhlmacher, Der Brief an die Galater / Orto Merk. Die Thessalonichcrbriefe / Gcorg Kretschmar, Die Pastoralbriefe / Peter von der Osten-Sacken, Die Offenbarung Johannis / Weitere Bände von M. Hengel, G. Strecker, F. Hahn u. a.
Nachdrucke Wilhelm Bou5set, Die Offenbarung Johannis I Johannes Weiß, Der erste Brief an die Korinther / Ernst v. Dobschütz, Die Thessalonichcrbriefc Bei Subskription auf mindestens drei noch nicht cnchiencne Bände zehn Prozent PrciJermäßigung!
Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen und Zürich