Wirtschaft - schnell erfasst
Herbert Edling
Volkswirtschaftslehre Schnell erfasst Dritte, aktualisierte und erweiterte Auflage
~ Springer
Reihenherausgeber Dr. iur. Detlef Kröger Prof. Dr. Peter Schuster Au tor Professor Dr. Herbert Edling Fachhochschule Osnabrück Caprivistraße 30 a 490760snabrück
[email protected] Redaktion Claas Hanken Graph iken Dirk Hoffmann
ISSN 1861-7719 ISBN 978-3-642-14327-4 e-ISBN 978-3-642-14328-1 DOIIO.I007 /978-3-642-14328-1 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-VerlagBerlin Heidelberg 2006, 2008, 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigurig dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen. Handelsnamen. Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
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Vorwort In der nunmehr vorliegenden 3. Auflage wurden wiederum alle Abbildungen mit Verwendung von statistischen Daten auf den neuesten Stand gebracht. Im Fließtext wurde an den relevanten Stellen auf die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskri se und der »Euro-Krise« Bezug genommen. Ansonsten wurde die bewährte Grundstruktur des Buches beibehalten . Für wertvolle Hinwei se danke ich wieder aufmerksamen Lesern . Wesentliche Unterstützung habe ich von Frau Ina Riesen erfahren , die einzelne Abbildungen neu gestaltete und das erforderliche Datenmaterial hierzu aktualisierte.
Münster/Osnabrück, im Juni 2010
I-lerbert Edling
Vorwort der ersten Auflage In den Medien nehmen ökonomische Themen ode r Problemstellungen mit wirtschaftlichem Hintergrund einen immer größeren Raum ein . Gegebenheiten wie die Regulierung des Stromund Arbeitsmarkte s, die Entwicklung des Ölpreises, die Diskussion um die Notwendigkeit des Stabilitäts- und Wachstumspaktes innerhalb der Europäischen Union , die Ausgest altung des Steuersystems sowie die dive rsen Maßn ahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben zahlreiche Berührungspunkte zum täglichen Leben . Grundkenntnisse über die Funktionsweise einer Marktwirtschaft und die Rolle des Staates innerhalb der Wirtschaft werden daher immer wicht iger. Dieses Lehrbuch bietet eine Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Es basiert auf langjähriger Lehrerfahrung des Ver fassers an Fachhochschulen , Berufsakademien und Weiterbildungseinrichtungen. Es soll dem Leser helfen , sich auf dem Gebiet der Volkswirtschaftlehre zurechtzufinden und ihm die Möglichkeit bieten , volkswirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen und zu hinterfragen . Der Inhalt des Buches orientiert sich an den Anforderungen , die an Studierende der Wirtschaftswissenschaften im Bachelorstudienprogramm an Univ ersitäten , Fachhochschulen und Beru fsakademien zu stellen sind . Die in dem Buch behandelten T hemen können mit einer zwei- bis dreisemestrigen , vierstündigen Lehrveranstaltung pro Woche und einem Selbststudium in gleichem zeitlichen Umfang vermittelt und erfa sst werden . Das Buch wendet sich auch an Studierende mit Volkswirtschaftslehre als Teilfach. an Studierende in Weiterbildungsstudiengängen mit wirtschaftswi ssenschartlichem Bezug sowie an Abiturienten mit besonderem Interes se an Volkswirtschaftslehre . Die Gliederung des Stoffes folgt bewährten Grund sätzen und besteht aus drei Teilen. In den Grundlagen werden zentrale Begriffe der Volk swirt schaftslehre erläutert und ausführlich die Rolle des Staates innerhalb der Wirtschaft thematisiert. Im zweiten und dritten Teil werden die Mikroökonomie und Makroökonomie behandelt. Hie rbei wird neben der Vermittlung wirtschaftstheoretischer Grundlagen besonderer Wert auf wirtschaftspolitische Aspekte gelegt. Aus Platzg ründen können verteilungs- , umwelt- und sozialpolitische Themen sowie internationale Fragestellungen leider nur am Rande erwähnt werden . Bei der Vermittlung der Inhalte wurde weitestgehend auf formal-mathematische Darstellungen verzichtet. Dafür stehen verbale und grafische Erläuterungen im Vordergrund . Die Marginali en am Rande des Fließtextes sollen die Arbeit mit dem Buch zum Zwecke der Stoffwi ederholung und des Selbststudiums erleichtern . Um ein vertieftes Studium zu ermöglichen , finden sich am Ende der jeweiligen Kapitel Hinwei se auf weiterführende Literatur.
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Vorwort der ersten Auflage
Für zahlreiche Anregungen und Hinweise danke ich vielen Studierenden sowie meinem Kollegen Herrn Dauschek. Mein besonderer Dank gilt Frau Wilms , die mit großer Geduld und Sorgfalt die Abbildungen angefertigt hat. Mein e Achtung gebührt vor allem meiner Frau Sandra, die in dieser Zeit etwas Besonderes geleistet hat.
Münster /Osnabrück , im November 2005
Herb ert Edling
Inhalt Einführung in die Volkswirtschaftslehre • Wissen sch aftliche Einordnung· Wissen sch aft stheoret ische Gr undlagen · Volkswirtschaftl iche Grundbegriffe· Wirtschaft sordnungen·
Der Staat in der Wirtschaft
35
• Die I-Iauptfunktion en des Staates> Der Haushalt - Staatsquoten: Indikatoren staatlicher Aktivität? •
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 1
77
• Der Markt - Marktpre isbildung bei vollkommener Konkurrenz > Ein Blick hinter die Nachfrage- und Ang ebot skur ve •
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
135
• Das Monopol> Die Monopol isti sche Konkurrenz· Das Oligopol > Mar ktpreisbildung auf dem Arbeitsmar kt·
Angewandte Mikroökonomie
163
• Wettbewerbspolitik • Staatliche Eingriffe in die Marktp reisbildung •
Makroökonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
197
• Die Volk swirtschaftliche Gesamtrechnung • Die Zahlungsbilanz>
Makroökonomie - Theoretische Grundlagen
231
• Das Preisn iveau- Einkomm ens- Diagramm • Alt ernative Stab ilitätskon zeptionen •
Makroökonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
267
• Gru ndb egr iffe· Der Z ielkatalog • Stetiges und angem essenes Wirtsc hafts wachs tum • Hohe r Besch äftigungsstand • Stabilität des Preisni veaus· Au ßenwirtschaftliches Gleichg ewicht·
Makroökonomie - Ausgew ählte Politikbereiche
333
• Finanzpolitik als Sta bilisierungspo litik • Geldpolitik • Politik für Wachstum und Beschäftigung·
Literatur zur Vertiefung
443
Register
445
Einführung in die Volkswirtschaftslehre l.
W issenscha ftl iche Einor d nung
2
2.
W issenscha ftst heo re t ische G r und lage n
5
3.
Volkswirtsc ha ftlic he G r und begriffe
11
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7
Der Wirtschaftspro zess als Kreislauf
Allokatio n der Ressourcen
11 14 15 16 17 20 21
Das Knapp heitsproblem Die Produktio nsfaktoren Produktionsmöglic hkeitskurve und Opportunitätskosten Grenzkosten und Grenznutzen Arbeit steilung und komparative Kostenvorteile
4.
Wirtschaftsordnungen
24
4.1 4.2
Zentralverwaltungswirtschaft versus Marktwirtsc haft Die Soziale Marktwirtschaft
24 29
5.
W iederh olun gsfr agen
34
2
Einführung in die Volkswirtschaftslehre
Lernziele dieses Kapitels Die Studie renden sollen nach der Lektüre dieses Kap itels das Fach Volk swirtschaft slehre innerhalb der Geisteswissenscha ften einordnen und inhaltlich bestimmen können. volkswi rtschaftlic he Mod ellb ildun g anhand der Kreis laufanalyse und der Produkt ion sm ög lichke itskur ve nach voll zieh en kö nnen. volksw irtschaftl iche Grun dbegr iffe und -probl eme ke nne n sowie richtig anwenden und einschätze n können. d ie wese ntli che n Me rkma le e ine r Ze ntra lve rw altungsw irtsch aft und einer Markt wirtscha ft sowie d ie Besonde rhei ten einer sozialen Marktwi rtschaft kennen . die Funktionen des Preisme chani smu s verstehen.
1. Wissenschaftliche Einordnung Volkswirtschaftslehre
Bet riebswirtschaftslehre
Mikroökonomie
Makroökonomie
Die Volkswirtschaft slehre bildet zu sammen mi t de r Betrieb swi rtschafts lehre die Wirtschaftswissenschaften , die Tei l der Geisteswissenschaften sind. In der Betriebsw irtschaft sleh re liegt der Schwerpunkt der Bet rachtun g beim einzelnen Betrieb und hier z.B. auf Frag en der Besch affung, der Produ kt ion, der Finan zierung sow ie Market ing und Manageme nt. Die Vol ksw irtsch aft sle hre unte rsuc ht dage gen vorwiegend gesam twi rtsc haft liche Zu sammenhänge. Prakt isch kommen beide nicht ohne einander aus. Die grö ßten Geme insamk e iten besteh en in der sog . Mik roök onomie . Als ein Teil der Volk swirtscha ftslehre beschäft igt sie sic h mit den A nge bots- und Nachfrageentschei dunge n einze lne r Haushalt e und Unternehm en sowie dem Z usammenwi rke n d ieser Wirtscha ftseinh eiten auf den einzel ne n Mä rkten, wie z.B. dem Ölmar kt oder dem Büchermarkt. Im Gegensatz dazu steht die Makro ökonom ie, die da s Zusamme nspiel der Einze lwi rtsc hafte n m it den Konse quenzen auf ges amtw irtschaft liche Größen wie Wachstum , Beschä ftig ung und das Preisn iveau in den Vordergru nd stellt. Mikro- und Makroökono m ie sind natürlich eng mitein ander verbunden.
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Einführung in die Volkswirtschaft slehre
Wirtschaftswissenschaften
Volkswirtsc hafts lehre
Bet riebswirtschaft slehre
I Wirtschaftstheorie
I
I
MikroMakroökonomie ökono mie
Wirtschaftspolitik
I
I
I
Allgemeine Spezielle Wirtschafts- Wirtschafts politik politik
Finanzwissenschaften
I Finanztheorie
I Finanzpolitik
Abb. A.l. Wirtschaftswissenscha ftliche Disziplinen
Ne ben der Vo lkswirtschaftstheor ie beinhaltet das Studium der Vo lkswirtschaft slehre noc h die Wirtsch aftspolitik und Finanzw issen schaft. Während die Aufgabe der Wirtsc haftsth eori e dar in besteht, wirtschaftliche Zusammenhänge zu erklären, »Gese tzm äßigke iten« zu erforschen und Kausalzusammenhänge (Ursache- Wirkungs-Beziehungen) herzustellen, geht es in der Wirtschaftspolitik um de n zielgerichteten Einsatz bestimmter Mitte l, um Zielvorstellungen mit der tatsächlichen Lage in Übereinstimmung zu bringen . Da hierbei die von der Theorie entwickelt en Kausa lgeset zlichk eiten gen utzt werden , entspricht Wirtschaftspolit ik ang ewandter Wirt schaftstheorie . Die Ursache-W irkungs -Beziehunge n der Theorie werden in der Polit ikumsetzung zu Mitte l-Ziel -Beziehunge n.
Wirtscha ftstheorie
Wirtsc haftspo litik
Innerhalb der Wirt schaftstheorie und -politik wird je nach Frage ste llung noch zwischen speziellen Bereichen wie z.B. Ge ldtheorie und -politik, Wach stumstheorie und -politik usw. unter schieden. Wäh rend die Volk swirt schafts leh re im Allgemeinen eine ve rgleichsweise junge Wissenschaftsdiszip lin ist - ihre »Geburtsstunde« liegt ungefähr in der zwe iten Hälfte des 18. Jahrhundert s - ist die Finanzwissenschaft eine der ältesten Wissenschaftsdiszipl inen . Gegenstand der Finanzwissenschaft ist die Ana lyse der ökonomischen Akt ivitäten des Staates sowe it diese im Haushalt zum Ausdruck komme n (Finan ztheorie) und die Bestimmung des zielgerichteten Einsatzes staatlicher Einnahmen und Ausgab en zur Beein flussu ng des Marktprozesses und makroökonomischer Größen wie z.B. das Wach stum und die Beschä ftigung (Finanzpolitik). Die Volkswirtschaftslehre steht in enger Beziehung zu and eren Wissenschaften wie der Philosophie und der Geschichte. Die wechselseitige n Beziehungen zwischen dem ökonomischen und pol itischen Be-
Finanzwissenschaft
Beziehung zu anderen Wissenschaften
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Einführung in die Volkswirtschaftslehre
Neue Politische Ökonom ie
Institutionenökonomie
Neuroökonomie
reich stehen in der Forschungs richtung »Ne ue Politische Öko nom ie (N PÖ)« im Vordergrund. Die Ökonomische Theorie der Politik als ein wese ntliche r Bestandtei l der NP Ö zeichnet sich dab ei dur ch die instrumente lle Anwen dung des ökonomis chen Verha ltensmodells zur Analyse des politischen Prozesses aus. Die Bedeutung von Institutionen für die wirtschaftliche Entwi ck lung kommt in der jungen Forschungseinric htung » Institutionenökonom ie« zum Ausdruck. Institut ionen sind allgemein bekannte Regeln mit deren Hilfe sich wiederholende Interaktio nen struktu riert werden und die einen Mechanismus enthalten, der bei Regelverstoß eine Sanktion bzw. Sanktionsdrohung bewirkt. Vertreter dieser Forschungsr ichtung gehen davon aus, dass die Progno sen über menschliches Verh alten deutl ich verbessert werden könnten, wenn Institut ionen wie z.B. Gewo hnhe iten, Traditionen, ethische Regeln, Wahlmech anismen, Entlohnung ssysteme in einem Unternehm en oder die Ausgesta ltung der Eigentumsrechte in einer Gesellsc haft vo llständiger als bisher in Rechnun g gestellt werden. Medizi n und Wirtschaft verschm elzen in den letzten Jahren zu einer neueren Forschungseinrichtung, der Neu roökonomie. Anstoß hierfür ist - wie übrigens auch für die Institut ionenökonomie - die Unzufr iedenheit mit dem Menschenbild des »horno oeconomicus«, den die ökonomische Theor ie einfachheitshalber unter stellt (siehe Abschn itt 2). Eine enge Bezieh ung besteht auch zwischen Volkswi rtschafts lehre und Recht. Recht svorschriften mit Verfass ungsrang grenzen beispielsweise das Recht zur staatlichen Ne uve rsch uldung ein und wirken auf diese Weise indirekt au f die Höhe des Zinssatzes und die Investitionstätigkeit von Unternehme n. Rechtliche Regelungen in Form von Ge- und Verboten (z.B. das Gebot zur Zahlung von Mindestlöhnen) dom inieren imme r noch die staatlichen Eingriffna hmen in den Marktprozess . Psychologie und Soziologie beschäftigen sich mit dem Menschen und seinem Verh alte n. Auch in der Vo lkswi rtsch aft sle hre stehen der Mensch und sein Verhalten im Mittelpunkt des Interesses. Beispielswei se ist das Handeln der Akteure an den Aktienmärkten vielfach ohne Psychologie nicht zu verstehen. Mathematik und Statis tik sowie Ökonom etr ie sind für die Volkswirtschaftslehre Hilfswisse nschaften . Die Ökono metr ie vereint Ansätze aus der mathema tischen Statistik, der Mathematik und der Wirtschaftstheorie, um empirische Forschung innerhalb der Volksw irtschaft zu ermöglichen.
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Einf ührung in die Volkswirtschaft slehre
2. Wissenschaftstheoretische Grundlagen Die Art und Wei se, w ie die volkswirts cha ft liche Fors chung ihre Erken ntni sse gew innt , kann sta rk verei nfacht anhand der Abb. A.2 erläutert we rden . Ausg ehend von Beobachtungen der Realit ät we rden The orien zur Erklärung und Prog no se ökonom ischer Sachverhalte in Form von Modellen formuliert. Das Denk en in Mod ellen ist ein wesen tliches Merkmal der Volk swirtschafts lehre. Ihre Ver wendu ng ist angesichts der Kompl exität der Realität unabd ingbar. N ur so lassen sich kon krete Erge bnisse abl eiten und Gedankenexp er iment e, etw a über die Wirk ung wirtschaftspol itischer Maß nahme n, durch führen. Modelle stellen Vereinfachu ngen der Wirklichk eit dar und nicht die Realit ät. Modell und Realit ät unte rscheiden sich durch die Abstra ktion . Die Art der Abstra ktion ergibt sic h aus dem Zweck der Erk lärung . Abstrakti on bedeut et all gem ein die Vernachlässig ung von Sac hve rhalten , die für den Zweck der Erklär ung als n icht wesentlich ang enommen we rde n können. Ein Modell ist dahe r vo n Natur aus »unreal istisch« und seine »Ric htigkeit « kann nicht von seiner »Realitätsnäh e« abhängig gemach t werden . Viel mehr kom mt es darauf an, ob ma n mit Hilfe der Theorie die Zusamm enhäng e in de r Welt erkl ären und richt ig vor hersag en kann. Beispiele fü r Modelle sind das Krei slaufd iagr am m und die Produkti onsmög lichkeits kurve (siehe Absc hnitt 3 in die sem Kapitel), w ie übrige ns alle anderen in die sem Buch beh andelten The men auf modelltheoretischen Überlegungen beruhen.
Revision
Ja: Prüfung der Hypothesen
Abb. A.2. Volkswirtschaftliche Forschung
Modelle als Vereinfachungen de r Wirklichkeit
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Einführung in die Volkswirtschaftslehre
Definitonen, Annahmen und Folgerungen.
homo oeconomicus
animal spirits
Mod elle bestehen au s e inem System von Au ssag en, die in hierarchischer Folge logisch vonei nande r abgeleitet sind. Die am Au sgan gspunkt stehe nde n Au ssag en we rden als Definit ionen, Hypothesen bzw. Annahmen bezeichnet , die abgeleiteten Folgesätze als Folge ru nge n. Um überhaupt gehaltvoll e Folger unge n abl eiten zu könn en, bedarf es Annahmen bzw. Verhal ten shypo thesen. die so ei nfach wie möglich sind und dennoch den für den jeweilige n Unte rsuchungsgege nsta nd wese ntliche n Tei l der Wirklichkeit hinreich end gut wiede rgeben. Von besond erer Bede utung sind die Verhalt ensh ypothesen. die Aus sagen zu mens chl ichen Verhalten swe isen in ökonomis che n Z usamme nhä nge n machen. Mit Blick auf das menschliche Verh alte n im Allgemeinen gehen die Ökonomen von dem Men schenbild de s »homo oecono micus« aus. Ihm unterstellt die öko nomi sche Theorie, dass er stets rationa l kalkul iert , ent sche idet und eige nnutz orient iert handelt sowi e seinen Nutzen auch kurzfristig immer zu maxim ieren trachte t. Im Allgemeinen wird rationales Handeln als bewu sste, zielorientierte Wahl zwis chen Alternativen definiert. Dadurch, das s Menschen Fehler mach en, wird d ie Annahme des rational en Verhalt ens nicht in Frage ges tellt. Es wird angenommen, dass die Individu en das tun , von dem sie ann ehm en, dass es ihre Leben slage verbessert. Es w ird j edo ch nicht unterstellt, da ss ihnen dies stets ge lingt. Die Vor stellung, dass der Men sch durc hwegs ratio nal handelt, kam vor allem im Zuge der letzten Welt wirt schaftskri se in den Foku s der Kritik. Tat sächlich fällt es immer me hr Ökonomen schwer, anges ichts der Übertreibungen an den Immobilien- und Kapitalm ärkten an ein rationales Verhalten der Wirtschaft ssubjekte zu gl auben. Vielmehr spri cht vieles dafü r, dass die Markt akteure in Anlehnung an Keynes, einem der füh renden Ökon omen des letzten Jah rhunderts, von »Anima l Spirits« also gewiss erma ßen von Urinstikten - geleitet werden. Die unte rstellte Eige nnutzo rientierung wird , vor allem ausgelöst durc h die neuesten Forschungsergebni se der Neuro ökonomie, hinterfragt.
Einf ührung in die Volkswirtschaft slehre
»horno oeconomlcus« versus »horno soclolocus« In ökonomischen Entscheidungssituationen, so die Annahme in der traditionellen Ökonomie, handeln wir stets rational, eigennützig und haben immer und ausschließlich unseren eigenen Vorteil im Sinn. Einem Roboter gleich , wägt der »homo oeconomicus« bei jeder Entscheidung klar, kühl und vernünftig Vor- und Nachteile ab. Moralische Bedenken, Skrupel oder Fairne ss-Gedanken sind einem solchen Akteur vollkommen fremd - wenn er einen Vorteil auf Kosten anderer erlangen kann, dann tut er das. Mit den Aufkommen der neuroökonom ischen Forschun g wird dieses Menschenbild in den letzten Jahren zunehmend auch von den Wirtschaftswiss enschaft lern hinterfragt. Tatsächlich zeigen die Ergebnisse dieser expe rimentelle n Forschung, dass indiv iduelles Handel n stark von Fairne ss, Ethik, Gerechtigkeits empfinden und Gefühlen gele itet wird. Wir irren uns häufig, sind leicht zu beeinflussen und treffen oft objektiv falsche Entscheidungen. Wir entscheiden auf der Basis schwammiger Faustrege ln, überschätzen unsere Fähigkeiten, werden aus Verlustangst träge, häng en am Status quo und oft fehlt es uns an Selb stkontroll e. Unzwei felhaft nachw eisbar orient ieren sich die Menschen offensichtlich stärker dara n, wie sich ihre eige ne Situation im Vergleich zu den anderen entwickelt. Beispielsweise zeigen umfass ende Stud ien, dass für das Wohlb efind en der Mitarb eiter in einem Unternehme n nicht nur die Höhe des eigenen Gehalts entsche idend ist - wie das beim homo oeconom icus der Fall ist - , sondern auch die Lohnstruktur des Unternehmens. In einer anderen Studi e wurd e deutlich, dass eine Belohnung nicht nur wege n ihres Geldw erts gesc hätzt wurd e, sond ern weil sie etwas darüber aus sagt , we lche Wert schätzun g eine m entgege ngebracht wird. Dabei kommt es j edoch sehr darauf an, wie man im Vergleich zu anderen dasteht. Deshalb freut man sich über eine Belohnung besonders dann , we nn diese großzügiger ausfallt als bei anderen. Mit anderen Worten, in vielen Fällen lässt sich der Mensch als soziales Wesen auch durch Fairness motivieren. Welche Konsequenzen dieses realistischere Verständn is der menschlichen Moti vation und die bessere Progno sefähigkeit des menschlichen Handels für die Zukunft haben, ist jedoch noch völlig offen. Noch steckt die Ne uroökonomie in den Kinderschuh en, als dass es jetzt schon mögli ch wäre, beisp ielsweise ein wirk lich als ge recht empfundenes Ste uersystem zu entwickeln. Bekann t ist nur, dass im Zusammenh ang mit der Besteueru ng Refere nzgrößen - wie die Steuerlast der anderen - wichti g sind und es hier eine Rolle spielt, ob Kontrolle ausgeübt oder Vertrauen gewährt wird.
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Einf ührung in die Volkswirtschafts lehre
Ökonomisches Prinzip
Minimalprinzip
Maximalprinzip
Eine Mod ellannahme der trad itionellen ökonomischen Theorie besagt zude m, dass ein rat ional handelndes Wirtschaftssubj ekt imm er das ökonomische Prinzip befolgt. Dem ökonomischen Prinzip zufolge gebietet rationa les Handeln entweder ein vorgegebenes Ziel mit einem möglich st geringen MitteIe insatz zu erreichen (Mi nimalprinzip) oder mit den verfügbaren Mitteln das bestmögliche Ergebni s zu erzielen (Max imalp rinzip). Andernfalls wird auf ein an sich besseres Ergebnis verzichtet, oder es werden Mittel ver schwendet. Logisch nicht mögl ich ist es, mit minima lem Mittelein satz das maxima le Ergebnis anzustreben. Mit diesem Prinzip werden j edoch nicht die Zie le inhaltlic h bestimmt. Es beschr eibt led iglich , wiein der Wirtschaft eine rational e Handlung durchgeführt wird, nicht dag egen, was mit dieser Handlungsweise angestrebt werd en soll. In der An wendung des Prinzips au f die Unternehm en wi rd es j edoch meist mit Gewinnmaximierung und bei den Ha ushalte n mit N utze nmax im ie rung bei geg eb en em Einko mme n gleichgesetzt.
Definitionen
Ein weiteres mod ellbildend es Eleme nt sind Definit ionen. Sie sind das Handwe rksze ug der Geistesw issen schaftI er. Das ge me insame Verständnis über Begriffsinhalt e erleichtert die Kommun ikat ion unter den Forsche rn. All erdings lassen sich all ein dadurch keine Erke nntnisse über wirtscha ftli che Zusammenhänge gewinn en. Defin itionen können im Geg ensatz zu Hypothesen au ch nicht überprüft werd en. Sie sind weder falsch noch richt ig und besit zen keine Allgemeingült igkeit. Sie geben lediglich vor, wie best immt e Begriffe im Rahmen eines Mod ells bzw. einer Untersuchung zu verstehen sind. Wirken meh rere Variablen (z.B. Zukunftsängste) auf eine Größe (z.B. die Ersparnisbildung) bzw . wird das Verh alten von Wirtschaftssubjekten von mehreren Variablen bestimmt, lassen sich eind imen sion ale Abhängigkeiten (be ispielswei se: »die Höhe der Ersparnisbildung hängt von der Einkommens höhe ab«) nur unter der Ann ahme formulieren, dass bis auf eine Eintl ussgröße alle anderen Variablen gleich bleiben .
Ceterls-ParlbusKlausel
Um den Einfluss eines Kau salfaktors von mehr eren isolie ren zu können, postuliert man in Mod ellen die Kon stan z aller and eren Faktoren. Dies bezeichn et man als »ceteris par ibus-Klausel« (c.p.) : »unter sonst gleichen Bedingungen«). Die getroffenen Auss agen übe r die Kau salität zweier Größen (z.B. Einkommen und Ersparnis ) gelt en dan n tat sächl ich nur unter der Bedingung , dass alle anderen Einfluss faktoren auf die abh äng ige Var iable (z.B. die Ersparnis) kon stant sind . Welch er Einfl ussfaktor isoliert we rden soll , hängt letztlich von der vermu teten Relevan z und/od er vom Erkenntnisinteresse ab.
Einführung in die Volkswirtschaft slehre
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Werd en innerhalb der Wirtschaftstheorie sich widersprechende Folgerungen gemacht, so kann dies mithin grundsätzlich drei Ursachen haben: (i) die Analyse enthält einen logischen Fehler, was eher selten vorkommt, (ii) es wurden untersch iedliche Defin itionen verwandt (beispielsweise für Investitionen, N utzen oder die Geldmenge) oder (iii) man ging von unterschiedl ichen Annahmen bzw. Verhaltenshypothesen aus (z.B. der Annahme der Umsatzmaximierung statt der Gewinnmaximierung). Ist eine Theorie aufgrund emp irischer Unter suchungen abzulehnen, ist eine Überprüfung der Hypothesen (Ann ahmen) erforderlich. Dies führt dann zu einer Revi sion ode r im Extremfall zur voll ständ igen Verwerfung der Theorie . Wird eine bestimmte Theorie durch die emp iri sche Überprüfung nicht abgelehnt, so kann sie als vorläufig gültig einge stuft werden und als Grundlage von Prognosen wirtsch aftspolitischer Entscheidungen fung ieren. Eine empirische Überprüfung ist grundsätzlich nur bei positiv en Aussagen möglich, nicht jedoch bei normativen. Im Rahmen einer positiven Analy se wird versucht zu erklären, wie etwas ist und warum etwas so ist, wie es ist. Positive Aussagen sind beschreibend (z.B. 5,0 % der Erwerb sper sonen sind arbeitslos) und weitestgehend werturteilsfrei. In der normat iven Anal yse finden sich Aussagen darüber, was sein soll. Ihre Aufgabe ist die I-I erleitung bestimmter Handlungsanweisungen. um best immte Ziele zu erre ichen. Dabe i kommen Fakten und Werturteil e zusamme n (z.B. 5,0 % Arb eitslosigkeit sind zu hoch), weshalb man sie allein mit statisti schen Daten nicht überprüfen kann . Mit normat iven Aussagen wird somit immer die Gren ze zwischen Wissenschaft und Politik über schritten . Modelle können sowohl verbal als auch grafisch oder mathem atisch fo rmuliert werden . Der Vorteil der verba len Formulierungen liegt darin , dass hierzu keinerlei Kenntnisse der Mathematik erforderlich sind. Alle rding s müssen bei der Deduktion von Theo remen die Gesetze der Logik eingehalten we rden , was schwieriger sein kann , als bei der Verwendung der Mathematik. Ähnliches gilt für die grafische Darstellung , die in der Regel von vornherein auf zwei Dimensionen beschränkt bleibt. Beispi elsweise wird die Verhaltensh ypothese, wonach der Konsum (C) der privaten Hau shalte von deren verfübaren Einkommen (Yverf), der Höhe des Zinssatze s (i) sowie deren Zukunftserwartungen (E) abhängt , in formaler Schre ibwei se wie folgt erfasst: C = f(Yverr, i, E).
empirische Überprüfung
positive Analyse
normati ve Analyse
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Einführung in die Volkswirtschaftslehre
Yverf.
C = 700 + 0,75Y verf (c.p.) 700
Konsum (C) Abb. A.3. Graphische Darstellung einer Konsumfunktion in Abhängigkeit des verfügbaren Einkommens
In grafische r Darstellung wird dann die Abhängigkeit des Konsum s beispielswe ise allein vom verfüg baren Einkom men - also unte r der ceteris paribus Bedingung - wie in Abbildung A.3. darge stellt. Hierbei ist noch eine spezifischere, quant itati ve Verhaltensgleich ung, wie folgt unterstellt: C = 700 + 0,75Y verf . Dem nach steigen die Konsumau sgaben mit dem verfüg baren Einkommen an und zwar so, dass von j eder
zusätzlichen Einkomme nse inheit 75 Prozent konsumi ert sowie 25 Prozent ges part we rden. Die 700 Geld einheiten entsprechen einem Basis konsurn, der unabhängig vom verfügbaren Einkommen getätig t wird.
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Einführung in die Volkswirtschafts lehre
3. Volkswirtschaftliche Grundbegriffe 3.1 Der Wirtschaftsprozess als Kreislauf Das Kreislaufdiagramm ist eine modell hafte Darstellung des Zu samme nsp iels verschiedener Sektoren in eine r Vo lkswirtschaft und ist Grun dlage für die Vo lkswirtschaftliche Gesamtrechnung (sie he Kap. »Makroökonomie - Volkswirtschaftliches Rech nungswesen«). Die Idee, den Wir tschaftsprozess als Krei slauf zu interpretieren, geh t auf den französisc hen Arzt Franco is Quesnay ( 1694- 1774) zurück .
Kreislaufdiagramm
Ihre wesentlichen Elemente hat die moderne Kreis laufanalyse lohn Maynard Keynes (1883-1946) zu verda nken . Er wies de n Weg zu einer syste matischen, quantitativen Besc hreibung der gesamtwirtschaftlichen Kreislaufzusa mrnenh änge , die heute als Basis für die Diag nose der Konj unktur und für d ie Wahl der wirtschaftspolitischen Maßnahmen dienen . A us Vereinfachungsg ründen unterscheidet man üblic herweise in eine m ersten Sch ritt zwei Sektoren, denen die einzel nen Wirtschaftssubjekte zugeordnet sind : Haushalte und Unteernehmen.
Wirtschaftssektor en:
Haus halte sind dadu rch gekennzeic hnet , dass sie Güter nachfragen und Produktio nsfakto ren (w ie z.B. Arbeit) anbieten . Unterneh men frage n demgegenüber Produ ktionsfaktoren nach, erzeugen daraus Güter (Waren und Dienstleistunge n) und biete n diese an.
Unterneh men
Einkomm en Produktionsfakt oren ~-- -- ----------- -- ----------- ---,
I
:
Haush alte
+
I
I
+
Unternehm en
I
Güte r : ~-- -- ----------- -- ----------- --- ~ Konsumausga ben realer Strom monetär er St rom
Abb. A.4. Einfacher Kreislauf
In Abb . A.4 ist die ser einfache Krei slauf einer ge schlossenen Vo lkswirtschaft ohne Ve rmögensbildung und ohne Staat dargestellt. Die Haushalte bieten den Unternehmen Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapi-
Haushalt
12
Einführung in die Volkswirtschaftslehre
ta l oder natürliche Ressourcen ) an und bekommen im Gegenzug Einkom men (Lo hn, Z ins, Miete, Pacht), welches sie vollständig kons umieren. Damit ist sowohl der monetäre als auch der in entgegengesetzter Richtung verlaufende reale Kreislauf geschlossen . Eine erste Erwe iterung (sie he Abb . A.5) erfährt die ses einfache Kreislaufmodell - nun meh r nur unter Ber ück sichtigung der monetären Strö me - we nn man Vermögensbildung zul ässt, also unterste llt, dass die Haushalte ihr Einkommen (Y) in Konsum (C) und Sparen (S) aufteilen und die Unternehmen einen Te il ihrer Gewinne (G) einbe halten . Der nicht nachgefragte Te il der G üterp roduktion, der im Verfügungsbereich der Unte rnehmen verble ibt, wird a ls Investition (I) beze ichnet. Dabe i kann es sich sowo hl um Kapita lg üter, die der Erwe iterung der Produktionskapaz itäten diene n, als auch um Lage rbestandsveränderungen hande ln.
Ste uern (TH)
private Haushalte
... r
Einkom men (Y)
Staa t
~
Transferzahlungen (T,)
Staa t skäuf e (C,,) Einkom men (Y) Subventi onen (Z)
Unternehmen
Konsum (C)
Ste uern (T")
Ersparnis (S) Gewinn e (G)
Vermögensbildung
I
Güterimporte (M)
... Abschreibungen (D) ~
Güterexport e (X)
Ausland
Brutt oinvestiti onen (I)
Kapit alexport und -import (X - M)
t
Investitionen
Abb. A.5. Erweitertes Kreislaufmodell
Um de n Prozess des Sparens und Investierens z u vera nschaulichen, wird das Kreis laufmodell um einen fikti ven Sektor »Vermögensbildung« erweitert . Berücksichtigt man noch die Abschreibungen (D) im Unte rnehrnenssektor , fli eßen die Ersp arnisse der private n Haushalte, die einbe haltenen Unternehme rgewinne und die Ab schreibungen der Unternehmen als vermögensb ildender Strom ein und die Bruttoinvesti-
Einführung in die Volkswirtschaft slehre
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tion en der Unte rnehme n als vermögensverwendender Strom raus . Abschreibungen er fassen die Wertminderung der Produktionsanlagen durch Abnutzung. Das Modell wird noch »rea listischer«, wenn die Sektoren »Staat« und »A us land« mit einbezogen werden. Der Staat (Bund, Länder, Gemeinden und Soz ialve rsicherungsträger) unterscheidet sich von den anderen Sektoren durch seine Machtbefugnisse und Hoheitsrechte, die ihm eine besondere Stellung auf den jeweiligen Märkten erlauben.
Staat
Er fragt Konsum- und Investitionsgüter aus dem Unternehmenssektor nach (Staatskäufe Cs.), subventioniert Unternehmen (Subventionen Z) und leistet T rans fers (Tr) an die Haushalte und er investiert (1St). Z u den Transferzahlungen gehören beispielsweise das BAföG, Kindergeld und da s Arbeitslosengeld 11. Der Staat fin anz iert sich über Steuern, die bei den Unternehmen (T u) und Hau shalten (Tu) erhoben werden. Die Differenz aus Staatsau sgaben und Staat seinnahmen erg ibt den Budgetüberschuss bzw. das Budgetdefizit , der bzw. das auch al s Ersparn is des Staates interpretiert werden kann. Im vorliege nden Schaubild liegt ei ne negative staatliche Ersparnis (ein Hau shaltsdefi zit) vor. Das bedeutet, dass der Staat über die Steuern hinaus einen Teil der pri vaten Ersparnisse zur Begleichung se iner Aufgaben in Anspruch nimmt. De r Sektor Ausl and umfasst a lle Wirtschaftssubjekte außer ha lb der nationalen Volkswirtsch aft. Im Zu sammenhang mit dem Sektor »Ausland « werden als Geldströme Exporterlö se (X) und Zahlungsabflüsse für erh altene Importe (M) erfasst. Übers teigen die Erlös e aus den Exporten die abfli eßenden Geldströme für die Importe, fließt ein Strom vom Vermögensbildungskonto ins Au sland (X - M) , da ein Teil der inländischen Er sp arni s (inländischer Kon sumverz icht) fü r die Güterversorgung de s Au sland s verwendet w ird . Umgekehrt ist ein negativer Saldo (Importüberschuss) mit einem Zufluss zum Sektor »Verrnögensbildung« verbunden, da dieser die inländi sche Vermögensbildung erhöht. Die übliche Darstellung des volkswirtschaftlichen Krei slaufs ist natürlich die Kontendarstellung. Dabei werd en jedem Sektor bzw. Krei slaufpol diverse Kont en zugeordne t und die zwischen den Polen laufenden Kre islau fströme bzw . Transaktionen doppelt verbu cht und zwar als abf1ießender Geldstrom auf der Soll-Seite und als zuf1ießender Geldstro m auf der Haben-Seite .
Ausland
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Einführung in die Volkswirtschaftslehre
3 .2 Das Knappheitsproblem Bedürfnis - Bedarf Nachfrage
Güter als Mittel zur Bedürfnisbefriedig ung
freie versus knappe Güter
private versus öffentliche Güter
Die Notwendigkeit zu wirtschaften resultiert daraus, dass einerseits die Bedürfnisse der Menschheit tendenziell unbegrenzt, die Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung aber immer begrenzt, d.h. die Mittel dazu knapp sind . Ein Bedürfnis ist das Empfinden eines Mangels. Wirtsc haftlich re levant ist jedoch der Bedarf. Ein Bedarf entsteht, wenn einem Bedürfnis seitens des Betroffenen Kaufkraft - etwa Geld - ge widmet wird . Erst dann führen die abstrakten Bedürfnisse zu einer Nachfrage am Markt. Die Mittel, die dem Menschen zur Bedürfnisbe fried igung dienen - die ihm einen Nutzen stiften - heißen Güter. Güter sind Waren (z.B. il' od), Dienstleistungen (z.B . Unterrichtstätigkeit) und Rechte (z.B . Patente). Sie werden unterteilt in freie und knappe Güter. Freie Güter (z .B. Son nenlicht) sind im Verhältn is zu den Bedürfn issen in so großer Menge vorhanden, dass jeder seine Bedürfnisse nach diesen Gütern befriedigen kann . Sie habe n keinen Preis und müsse n nicht bewirtschaftet wer den . K nappe Güter sind im Ver hältnis zu den Bedürfnissen nur beschränkt verfügbar. Sie werden entweder von Unternehmen als private Güter prod uziert und vermarktet oder bei Marktversagen vom Staat als öffentliche Güter bereitgestellt (siehe Kap . »Der Staat in der Wirtschaft«). In Abb. A .6 ist das Spannungsverhältnis zwi schen Ressourcenknappheit und unbegrenzten Bedürfnissen, das die Wirtschaftssubjekte zum Wirt schaften veranlasst, dargestellt.
Wirtsch aften = nachha ltiger Umgang mit
knappen Ressourcen zur Bedürfniserfüllung
Knapphei t der Ressourcen bzw . Gü ter
Spannungsverhä ltnis als Triebfeder des Wirtschaftens
~
,
Ökonomisc hes Prinzip als Handlungsanleitung
I
I I Minima lprinzip
Unbegrenzte Bedürfnisse
~
I
I I
Maxima lprinzip
Abb . A.6. Der Ausgangspunkt des Wirtschaftens
I
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Einführung in die Volkswirtschaft slehre
Die Güt erknappheit resultiert letztlich aus der relativen Knappheit der Ressourcen (Produktionsfaktoren), die zu deren Bereitstellung erforderlich sind. Volkswirtschaftlich unterscheidet man drei Produktionsfaktoren : Arbeit (A), Kapital (K) und natürliche Ressourcen (NR).
3.3 Die Produktionsfaktoren Al s Produktionsfaktor Arbeit bezeichnet man jede men schliche Tätigkeit, mit der unmittelbar eine Einkommenserzielung angestrebt wird, wobei sowohl körpe rliche als auch gei st ige gemeint ist (al so nicht Hausfrauen arbeit, Stud ium und Hobby tätigkeit). Der Produktionsfaktor Natü rliche Ressourcen umfasst den Boden mit allen Bodenschätzen (z.B. Kohle , Eisenerz und Mineralvorkommen) sowie allen Energ iequellen (Wasser, Sonne). Dazu gehören auch das Klima, das die N utzu ng der ländl ichen Flächen ermöglicht sowie Pflan zen- und Tierbestände. Als Produktionsfaktor Kapital (Sach- oder Realkapital) bezeichnet man alle produ zierten und noch nicht in den Bereich der Haushalte überg egangenen Güter. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Produktionsfaktor en natürliche Ressourcen und Arbeit muss Kapital erst geschaffen werden. Dies geschieht durch Kombination der urspr ünglich en Produktion sfaktoren, weshalb man Kapital auch als abgeleiteten Produktionsfaktor bezeichn et.
Arbeit
Natürliche Ressourcen
Sachkapital
Geldkapital zählt nicht zum Produktionsfaktor Kapital. Geld dient als a llgemeines Tau schmittel in erster Linie der Erleichterung der Geschäftsbeziehungen. Es ermögl icht zwar die Finanzierung von Investitionen (der Kap italbildung), ist aber selbst kein Inputfaktor im Produkti onsprozess zur Herstellung weiterer Güter. Verbesserungen in der Qual ität der Produktionsfaktoren und in der Organi sation, die Ressourcen im Produktionsproze ss zu kombinieren, zählen zum technischen Fortschritt. Für die Produktionslei stung (den Output) einer Volk swirtschaft spielen sowohl die Quantit ät und Qualität der Produktionsfaktoren als auch der technisch-o rgani sato rische Fort sch ritt eine Rolle . Al s Funktionalbeziehung ausgedrückt lautet die ge samtwirt sch aftliche Produktionsfunktion :
x=
TF
f~A ,
K, NR)
DerOutput X ent spricht dabei der Summe aller Güte r einer Volk swirtschaft, die unter Einsatz der Produktionsfakto ren Arbeit (A) , Kapit al (K) und den natürlichen Re ssourcen (NR) sowi e eines gegebenen Stand s an Technologie (TF) produziert werden können. Ein Wach stum
technischer Fortschritt
gesamt wirtschaftliche Produktionsfunktion
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Einführung in die Volkswirtschaftslehre
des O utp uts setzt demzufol ge vora us, dass die Me nge so wie die Qualität der Produktion sfaktoren zuneh men und/od er tech nisch-orga nisatorisch er Fortschritt erzie lt wi rd (sieh e Kap. »Makroökonornie - A usge wä hlte Pol itikbcrci che«).
3.4 Allokation der Ressourcen effiziente Ressourcenallokation
Pareto-Effizienz
Effizienz und Gerechtigkeit
Die Begr en zth eit an Produktions faktoren und die unb egr en zten Bedürfni sse zw inge n jede Volksw irtsch a ft zur Abwägung möglich er alternati ver G üterkombina tion en. die zusamme n den ges amtw irtsc haft liche n Output bild en. Die Zuteil ung knapp er Ressourcen au f ko nk urrierende Ve rwendungsmöglichkeiten bezeichnet man als A llokation . Die All okation der Ress ource n betri fft sow ohl die Z uteil ung der Re ssource n auf den privat en und öffentliche n Sektor als auch jene inne rhalb der jeweiligen Sektoren . Die Z uteil ung auf die Sek toren wi rd im We sentlichen vom vorherrs chenden W irtsch aft ssy ste m eines Landes besti mmt. In Marktwirtsch aft en übernimmt der Markt die A llo kation der Ressourcen innerhalb de s privaten Sektors (siehe Kap . »Mikroö kono mi e - Theoretisc he G rundlag en«) , Innerhalb de s öffentlichen Se ktors ent scheid en in repräsentativen Demokratie n die Parl ame nte mit der Ve rab schi ed ung de s Hau shalt sge setzes darüber, wie vie le Re ssou rcen z.B . für Bild ung und /oder Verteid igu ng aufg ewen det werden. Eine effiziente (= opt imal e, woh lfahrtsmax ima le) Ressourcenallo kat ion liegt vor, we nn di e knappen Produkt ions faktoren dort ei ngese tzt werden, wo sie den, im Vergleic h zu ei ner alt erna tiven Verwendung, höch sten Ertrag er bringen und da s Produktion ser gebn is g le ichzei tig auc h den tatsäch liche n Bedü rfnissen und Wünschen der Nachfr age r entspricht. Ein Zu stand w ird als pa reto-effizient anges ehen, bei dem sich die Lage eines oder mehrerer W irtsch aft ssubjekte nicht verbess ern lässt, ohne die eine s an deren versc h lech tern zu m üsse n. Oder um gekehr t: Eine Situation ist no ch nicht paret o-effizient, wenn es mög lich ist, die Situatio n eine s W irt sch aft ssubjekts zu verbessern, ohne dass es dadurch anderen sc hlechter geht. Wichti g ist dab ei, dass es für diese spe zielle Form der Effi zienz ohn e j ede Bed eutung ist, w ie die vo rhandenen Gü ter au f zwei oder mehr Mensch en ve rte ilt sind. Ang enom men Jonath an und Julius beurteilen ihre n Woh lst an d all e in anhand der ihne n j ewe ils zur Ve rfügung stehend en Güterrnenge, wobe i mit zu nehme nde r Menge au ch ihr N utze n steig t. In diesem Fall ist in Abb. A .5 in Punk t B ei ne besser e A llok ation erreic ht als in Punkt A, da in Pun kt B beid e mehr Güt er zur Ve rfü-
Einführung in die Volkswirtschaft slehre
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gung haben. Ist eine Produktio n zur Realis ierung von Punkt B möglich, wä re es ineffi zient nur in Punkt A zu prod uziere n. Auc h ist der Punkt A im Vergleich zu Punkt G pareto-ineffizient. Sowohl in Punkt B als auc h in Punkt G wäre Ju lius besser gestellt, ohne da ss Jonathan schlechter gest ellt wäre. Gütermenge für Julius
G
.....
A
Gütermenge für Jonat han
eD
Abb. A.7. Effizienz und Gerecht igkeit
Wie ist aber eine Bewegung von Punkt A zu Punkt E oder 0 einzu schätzen? Möchte man hierzu eine Au ssage treffen , kommt man nicht ohne ein Werturteil über die jeweiligen Veränderungen in den Nutzenpositionen der beiden Personen aus. In beiden Fällen wird jeweils eine Person besser gestellt, bei gleichzeitiger Schlecht ersteIl ung der j eweils anderen Person . Eine Wertung dieser verände rten Positionen ist ohn e eine Vermisch ung von Effiz ienzund Gerechtigkeit sasp ekt en und einem Werturteil nicht mög lich . Pareto- effi zient gegenüber der Ausgangssituatio n A sind auf jede n Fall alle denkbaren Position en im oberen recht en Quadranten. Durch den Rückg riff auf das Pareto -Kriter ium (V. Pareto 1848- 1923) wird also der meist bei staatlichen Maßnahmen auftretende Zielkontlikt zw ischen Effizienz und Gerechtigkeit umgangen. Zum Beisp iel ist nicht auszu schl ießen , dass eine aus Gerechtigke itsgründen über das Steuersy stem vorgenommene Einkommensumverteilung die Le istung sbereitsch aft der Wirtsch aftssubjekte schwächt. Der Kuchen, der zu verteilen ist, wird dann nicht oder kleiner gebacken.
3.5 Produktionsmöglichkeitskurve und Opportunitätskosten Von besonderer Bedeutung für eine Vo lkswirt sch aft ist die Zuteilung der Ressourcen auf Investitions- und Kon sumgüter. Mit der Bestimmung des Anteil s dieser beiden Güte rgruppen wird gle ichzeitig eine
Investit ionsgüter versus Konsumgüter
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Einf ührung in die Volkswirtschaftslehre
Entsche idung darüber getro ffen, wie vie le Güt er in der Z ukunft zur Verfügung stehen . Inve stition sgüter sind Güter, die in zukünftigen Perioden als Input in den Produktionsprozess eingehen (z .B. in Untern ehm en eingesetzte Masch inen) . Die Erstellung von Inve stit ionsgütern führt also zu eine r A uswe itung de s Kapit al sto ck s, was C.p. in der Zu kunft ein höhe res Produktionsergebn is möglich macht. Konsum güter sin d Güter, die letztl ich in die Verfügung smacht der Haushalte übergehen und in der Regel unmittelb ar verbraucht werden (z.B. Nahrungsmittel). In Abb . A.8 ist au f der hori zontal en Achse (Ab szisse) die Investition sg üte rmenge und auf der vertik alen Achse (Ordinat e) d ie Kon sum güterm enge abgetragen. Die Verbindungslini e zwischen den beiden Achsen ist die Produktionsmöglich keits kur ve. Produktionsmöglichkeltskurve
Die Produktionsmöglichkeitskurve gi bt allgemein an, welche verschiedenen Mengenkombinationen von unterschiedlich en Gütern mit den vor handenen Ressourcen und der vorhandenen Technolo gie in einer Volksw irtschaft maximal produ ziert werden können . Mit ihrer Hilfe lassen sich zudem grundlegende ökono mi sche Konzepte wie Effizienz, die notwend ige Wahl zwi schen Alternativen und die damit verbundenen Opportunit ät skosten sowi e Wirtschaft swachstum darstellen. Wer den nur Konsumgüter hergestellt , erg ibt sic h d ie maximal e Güt ermenge B. Werden nur Invest itionsg üter produ ziert, so ist die Meng e A erreic hbar. In all en Pun kten au f der Produkt ion sm ögli chkeitskurve wer de n Investition s- und Kon sum güt er in eine m j eweils bestimmten Ve rhältnis hergestellt. Konsumgü ter
---B
...............
. c .... ~ .... " ....
"" F
"
" \
\ \ \ \
\
,
\
I I Investitionsgüter A
Abb. A.8. Produktionsmöglichkeitskurve
Einführung in die Volkswirtschaft slehre
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Güterkombinationen außerhalb der Produktionsmöglichkeitskurve (z.ß. Punkt C) können bei gegebenem Bestand an Produktionsfaktoren und technischem Wissen nicht erreicht werden. Güterkombinationen innerhalb der Kapazität slinie (z.B. Punkt D) deuten auf eine Unterau slastung hin. Der Faktoreinsat z ist in diesem Fall ineffi zient, da von jeder Gütergruppe mehr erzeugt werden könnte . Die Punkte E und F geben effiziente Güte rkomb inationen wieder, unter scheiden sich jedoch in der Höhe der volk swirt schaftl ichen Investitionsquote (Anteil der Invest ition am gesamten Output). In F ist die Investition squote höher als in E. Zwar steigen in beiden Fällen die Produktion smöglichkeiten in der Zukunft, in E aber wen iger als in F. Graphisch bedeutet dies eine Verschiebung der Produktionsmöglichkeitskurve nach rechts (ge strichelte Linie) . Die gleiche Entwicklung tritt ein, wenn sich der verfügbare Bestand der anderen Produktionsfaktoren erhöht oder sich technologischer Fortschritt einstellt.
Investitionsquote
Die Bewegung von Punkt E nach F auf der Produktionsmöglichkeitskurve macht deutlich, dass die Erweiterung der Produktion einer Gütergruppe nur auf Kosten der anderen Gütergruppe möglich ist. Die Erhöhung des Kapital stocks (= Investitionen) setzt demnach gegenw ärtigen Konsumve rzicht voraus. Die Entscheidung, die Investition sgüterproduktion um !'J. I Einheiten zu erhöhen, führt daher zu Opportunitätskosten in Höhe von !'J. K. Generell best immen sich die Opportunitätskosten aus dem entgangenen Nutzen der nächstbesten Alternat ive. Sie treten immer auf, da für jede Handlung immer eine Alternative besteht.
Opportunitätskosten
Alle Entscheidungen für eine Alternative werden aus ökonomischer Sicht immer zugle ich auch als Entscheidungen gegen andere , ebenfalls erwünschte Alternativen betrachtet. Ursächlich hierfür ist wiederum die relat ive Knappheit, die es den Wirtschaftssubjekten aufgrund ihrer nur begrenzt verfügbaren Mittel nicht möglich macht, all ihre angestrebten Ziele zu verw irkl ichen . Zum Beispiel »kostet« das Stud ium das entgangene Einkommen und die Opportunitätskosten des gegenwärtigen Konsums sind die entgangenen Zinsertr äge. Der konkave Verlau f weist auf das »Gesetz der zunehmenden Opportunit ätskosten« hin, das mit fortwährend er Substitution einer Gütergrupp e durch die andere zu beobachten ist. Ausgehend von Punkt E wird die Konsumg ütermenge, auf die für jede weitere Einhe it an Investition sgütern verzichtet werden muss, immer größer. Die Opportun itätskosten nehmen zu. Ursächlich hierfür ist die unterschiedl iche Eignung der Produktionsfaktoren in ihrer jeweiligen Verwendung (ein Bäcker ist mei st kein gute r Inform atiker) . Es kann aber auch dam it begründet werden, dass der Verzicht auf die Gütermengen der substitu-
»Gesetz der zunehmenden Opportunit ätskosten «
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Einführung in die Volkswirtschaftslehre
ierten Alternat ive (hier die Konsum güter) mit zunehmendem Substitutionsprozess immer höher bewertet wird.
3.6 Grenzkosten und Grenznutzen »Mehr-oder-wenigerEntscheidungen«
Die Alternativen, vor denen Wirtschaftssubjekte stehen, sind vom Typ her meist »Mehr-oder-weniger-Entsc heidungen« und nur selten »Allesoder-nichts-Entscheidungen« (wie z.B. bei der Heirat). Für die Ana lyse solcher Entsc heidungen wurde in der Volk swirtschaftslehre die Marginalanalyse entwickelt. Sie erlaubt ein Abwäg en der zusätzlichen Nutzen und zusätzlichen Kosten jeder weite ren Handlungseinheit (wie z.B. der Genuss eines weiteren Glases Rotweins). Es sind die »rnarginalen« (zusätzlic hen) Einheiten , bei denen sich die Frage nach dem Wieviel entscheidet. Die Orientierung an den marginalen Ver änderungen, die durch bestimmte Handlungen entstehen, ist daher typi sch für alle rationalen Entscheidungen. Marginale Ver ände rungen von Kosten und Nutzen motivi eren Wirtschaftss ubj ekte deshalb in der Regel auch dazu, ihr Verh alte n zu ändern. Der Staat nutzt dieses, den Wirtschaftssubjekten unter stellte rationale Verhalten . Durch bewusste Eingriffnahme in die Anreizstrukturen der Marktakteu re, bei spiel swe ise mit Steuern, steuert er deren Handlu ngen in eine bestimmte Richtung.
Grenzkosten
Grenznutzen
Die zusätzlichen Kosten - oder die Veränderung der Gesamtkosten die durch die Produktio n oder den Konsum einer weiteren Einheit entstehen, nennt man Gre nzkosten. Die zusä tzliche n Nutze n - oder die Veränderung des Gesamtnutzens - die durch die Produktion oder den Kon sum ei ner we iteren Einhe it entstehen, nennt man Grenznut zen bzw. Grenzerträge oder Grenzprodukt sowe it es den Produktionsbereich betrifft. Ein rational handelndes Wirtschaftssubjekt wird sich imme r nur dann für »Mehr« entsche iden , wenn der Grenznutzen aus weiteren Handlungseinheiten größer ist als die Grenzkosten (auch im Sinne von Opportunitätskosten) . Gewinn- oder Nutzenmaximierung unter stellt, wird es seine Aktivitäten beende n, wenn - bei belieb iger Teilb arkeit der konsumierten bzw . produz ierten Einhe iten - die Grenznutzen exakt den Grenzkosten entsprechen (siehe Kap. »Mikroö konomie - Theoretische Grundlagen«, Abschn. 2).
Einf ührung in die Volkswirtschaft slehre
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3.7 Arbeitsteilung und komparative Kostenvorteile Eine Ursa che wach senden wirtsch aftlichen Wohl stand s wird in der zunehmenden Arbeitsteilung gesehen . Durch Arbe itsteilung wird die Unterschiedlichkeit der menschlichen Begabun gen (des Humankapitals) erst richt ig genutzt. Sie bietet Menschen, Unternehmen oder Ländern erst die Möglichkeit, sich auf solche Tätigkeiten zu spezialisieren, für die sie relativ am besten qualifizie rt sind. Damit führt Arbeitsteilung im Ergebnis zur Minderung der Knapphe it.
Vorteile der Arbeitsteilung
Notwendige Konsequenz der Arbeitste ilung ist der Tausch. Das Hilfsmittel, durch das die Tauschvorgänge erheblich erleichtert we rden, ist Geld. Geld kann j edes allgemein akzeptierte Tauschmittel sein. Zur Erklärung der Vorteilh aftigkeit einer weitest gehenden Spezialisierung dient das Theo rem der komp arativen Kostenvorte ile, das von David Ricardo erstmals ausformuliert wurde (Da vid Ricardo: 1772-1823).
Theorem der komparativen Kostenvorteile
Das Theorem der komparativen Kostenvorteile besagt, dass Arbeitsteilung zwischen zwei Akteuren (Wirtschaftssubjekte oder Lände r) selbst dann für beide vorteilhaft sein kann, wenn ein Akteur bei der Herstellung sämtlicher Güter gegenüber dem anderen einen absoluten Kostenvorteil hat. Es kommt nur darauf an, dass sich der unterlegene Akteur auf die Herstellung jenes Gutes spezialisiert, bei dem er einen relativen (»komparativen«) Vorteil hat. Absolute Kostenvorteile betreffen den Fall, in dem ein Wirtschaft ssubje kt oder ein Land einen Output zu geringeren Input- Kosten herstellen kann, als ein anderes Wirtschaftssubj ekt oder Land. Kompa rative Kostenvorteile hingegen werden gemesse n als Verhältni s der Produkt ionskosten von zwei Outputs .
absolute Kostenvorteile
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Einführung in die Volkswirtschaftslehre
GutA
Gut B
Julius
8 ZE
2 ZE
Jon i
IOZE
Intern es Austa uschverhä ltnis
8 ZE
I
4
I
1,25
vor Arbeitsteil ung
nach A rbeitstei lung
Produktion G ut A • Gesamtaufwa nd • Sektorprodu ktivität
18ZE 0, 11
20 ZE 0, 1
Produktion G ut B • Gesamtaufwa nd • Sektorprod uktivität
10ZE 0,2
4ZE 0,5
Produktion G esa mt • Gesamtaufwand • Gesamtproduktivität
28 Z E 0,14 28
24 ZE 0, 166
Prod uktivi tät =
Produktionsergebnis (O ut put) Mi ttelei nsatz (In put)
Abb. A.9. Das Theore m de r kompa rativen Koste nvorteile Das vorstehende Beispiel (Abb. A.9) ze igt, dass Julius sowohl eine Einheit des Gutes A als auch eine des Gutes B mit geringe rem Arbeitsau fwand, gemesse n in Ze iteinheiten, herstellen kann , a ls Jo ni. Offenbar hat Joni bei beiden Gütern absolute Kostennachteile. Jedoch hat Jo ni ko mparative Kostenvortei le im Hinblick a uf die Produktion von Gut A. Diese komparati ven Kostenvorteile wer den gemesse n als Opportunitätskosten-Verhältnis der Güter hinsichtlich ih rer Prod uktio n: Wie viel muss Juli us oder Joni von einem Gut aufgeben, um mehr vom andern zu produ zieren? So kann Joni für jede nicht-produzierte Einhe it des Gutes B 0,8 Einheiten (8 : 10) des Gutes A herstellen, und das ist eine besse re Relation als bei Ju lius. Er kann nämlich demgegenü ber für jede Einheit von Gut B, auf deren Herstellung er verz ichtet , nur 0,25 Einhe iten (2 : 8) des Gutes A herstellen . Umgekehrt hat Julius natürl ich ko mparati ve Koste nvorteile be i der Herstellung des Gutes B. Man kan n auch sagen, dass Julius bei der Herstellung von Gut B vier mal besser ist, als Joni (8 : 2), bei Gut A hingegen nur 1,25 mal besser (10 : 8). Die Fo lgen dieses Sachverhalts zeigen sich, wen n sich be ide auf die Hers tell ung desjen igen Gutes spezia lisieren , für das sie komparative Kostenvorteile besitzen : Joni au f die Herstellung des Gutes A und Juli us auf d ie des Gutes B. Dadurch kön nen sie die g leiche Anzahl der Güter mit wen iger Zeitaufwand (Mitteleinsatz) he rste llen (statt 28 ZE
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Einf ührung in die Volkswirtschaft slehre
benöt igten sie zusamme n nur noch 24 ZE ), was der Realisierun g des Mi nimalprinzips entspri cht oder sie kö nnten bei ge ge be nen Zeitaufwand insgesam t mehr Güter herst ell en (Ma ximalprinzip), da die Ge samtproduktivitä t ges tiege n ist. Unter Produktivitätsge sicht spunkten ist fü r die beiden zu sammen eine Spezia lisierung also von Vort eil. Ob dies für jeden einzelnen gilt, hängt letztl ich vom Tauschverhältnis ab. Wie da s Austauschve rhä ltnis sei n wird, kann man nich t mit Besti mmtheit sagen, da es unter a nde rem vo n der Gesch ick lich keit und der Mac htk onstellat ion der be iden Tauschpartne r abhäng ig ist. Man denk e z.B. an den Hande l zw ischen Indu stri e- und Entw ick lungslände rn. Unter Be rücksi chtigung der internen A ustauschve rhä ltnisse kann man jedoch die Ban dbreite abl eiten, inne rhalb dessen sic h da s Tauschve rhältn is letztlich einstellen wird. Joni w ird nämli ch nicht mit einem Austauschv erhältn is von 1 : 1 zufrieden sein, da er nun mehr arbeiten muss als vor Ar bei tste ilung (20 ZE statt 18 ZE ). Zudem dür fte für ihn eine Einheit von Gu t Asoviel Wert gewesen sei n, wie 1,25 Einheiten von Gu t B. Für Joni wi rd eine Speziali sierun g mit Tausc h letztli ch also nur vortei lhaft sein, we nn er mehr als 1,25 Einheite n von Gut B für eine seiner be iden he rgestellte n Einhe iten von Gut A erw arten kann . Umg ekehrt wird Juli us nur dann bere it sein, das Gut A von Joni gegen Gut B einzutausche n, wen n er dafür weniger als 4 Einh eiten des Gutes B abgeben muss . Das Austa uschverhältnis wird de shalb innerhalb de r indiv iduellen Austauschverhältnissevor dem Tausch liegen . Weite re Vo rteile au s de r A rbe itste ilung (= Kooperat ion sgewinne) erge be n sich im Laufe der Zei t, we il an zunehm en ist, dass ma n sich m it zunehmende r Spezialisie rung in der Produktion bestimm ter Gü ter immer mehr Fac hwisse n aneig net. Solche Lerneffekte hab en zur Folge, dass die Produktivität bei der He rste llung wei ter ste igt. Um de nse lben Ou tp ut zu erzielen bedarf es we nige r Inp ut oder ei ne Verdoppel ung aller Inpu ts führt zu ei ner übe rproporti onalen Erhöh ung des Ou tp ut. Der zuletzt genannte Effek t wird mit dem Beg riff der »steigende n Skalenert räge« gleichgesetzt. Im Z uge der Spez ialisie rung ver bessert sic h zude m auch meist die Produ ktq uali tät. Nachteile der Spezia lisierung sind vo r allem in der größeren Abhän gigkeit der betroffenen Wirtschaft ssubjekte vo m j eweiligen Tausc hbzw . Handel spartner zu seh en.
weitere Vorteile aus der Arbeitsteilung
steigende Skalenert räge
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Einf ührung in die Volkswirtschaftslehre
4. Wirtschaftsordnungen 4.1 Zentralverwaltungswirtschaft versus Marktwirtschaft Um bei vielfacher Arbeit steilung das A llokationsproblem bestmöglich bew ält igen zu könne n, bedarf es der Koord inatio n der bet roffe nen Wirt sch aftssubjekte. Koo rdin ation setzt wiederum ein Informationsund Motiv ationssystem voraus. Die Wirtschaftssubj ekte müssen ohne nenn enswerte zeitliche Verzögerungen und zuve rläss ig über die relati ve Knapp heit der Güter und Produkt ionsfaktoren bzw . über die Produktionsm ögli chk eiten und Konsumw ünsc he und vor all em über deren Veränd erun gen im Ze itablauf inform iert werden. Zugleich muss aber auch sichergestellt we rden, dass sie einen Anreiz haben, rasch auf diese Veränderungen (z.B, demographische Entwicklungen, tech nisch- organisatorischen Fortschritt, Präferenzänderunge n oder exogene Schocks und wirtschaftspoliti sche Maßnahmen) zu reagieren. Je nachd em wie nunm ehr der Koord inationsmechan ismu s ausgestalt et ist, unterscheidet man idealtypisch zwei Wirts cha ftsordnun gen : die Ze ntralve rwaltungsw irtschaft und die Marktwirtschaft (sieh e Abb . A.IO). Zentralverwaltungswirtschaft
In Zent ralverwaltun gswirt schaften erfol gt die Koordinatio n über einen zent ralen für alle verbindlichen Wirt sch aftsplan, der von einer staa tlichen zentralen Planungsbehö rde aufgestellt und dur chge führt wird. Zur Sicherstellung der Planerfüllung werden den Haushalten und Unternehmen entsprechende Planaufl agen gemacht, die meh r oder weni ger mit Zw ang durchgesetzt we rde n. Das Eigentum an den Produktionsmittel n befindet sich hauptsächlich in den Händen des Staa tes. Beim Verb rauch besteht nur die Wahl zwi schen so lchen Konsumgütern , die im Rahmen der Zentralpl anung zur Verfügu ng gestellt we rden . Die Konsumentenentsche idungen werden weitestgehend dur ch staa tliche Preisfestsetzu ngen beeinflu sst. In der Realität führte die staatliche Preisfix ierun g hä ufig zu erheblichen Diskr epan zen zw ische n der nachgefragten und der angebot enen Güt erm enge. Lange Lieferzeit en oder Wart eschlan gen vo r den Geschäfte n war en die Folge. Ursächlich für die regelm äßig mangelhaft e Übereinstimmung waren die Überforderung der Planungsbehörden mit der Vielz ahl der Planun gen , Inform ationsdefizite, systemimma nente falsche Bedarfs- und Produktionsang aben sowie dem otivierende Anreizstrukturen.
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Einführung in die Volkswirtschafts lehre
Zentralverwaltungswirtschaft
Marktwirtschaft
Koordination: dezentrale Planung über den Markt freie Preisbildung durch Angebot und Nachfrage auf dem Markt Gewinnerzielung; ungeregelte Investitionen vorwiegend privates Eigenturn an Produktionsmitteln vorwiegend materiell (u.a. leistungsabhängige Entlohnung)
Planungsund Koordinationssystem
Zentrale Planung koordiniert durch Planungsbehörde
Preisbildung
Preisfestsetzung durch den Staat
Produktionsziel
onslenkung
Planerfüll ung; Investiti-
Eigentumsform
staatliches Eigentum an Produktionsmitteln
Anreizsystem
vorwiegend immateriell (Belohnung, Auszeichnung)
Abb. A.10. Zentralverwaltungswirtschaft und Marktwirtschaft
Marktwirtschaften liegt ein individualistisch geprägtes Gesellschaftsmodell zugrunde. Es gibt keinen Zentralplan. Alle Haushalte und Unternehme n stellen ihre eigenen Konsum- und Produktionspläne auf und versuchen diese durchzusetzen. Deshalb handelt es sich hierbei um eine dezentra l geplante Wirtschaft. Die Koordination der Vielzahl individueller Wirtschaftspläne erfo lgt über den Markt. Der Ausg leich von Angebot und Nachfrage am Markt erfolgt mit Hilfe der freien Preisbildung (siehe hierzu ausführlich Kap. »Mikroökonornie - Theoretische Grundlagen«). Damit kommt dem Preismechanismus die entscheidende Bedeutung in einer Marktwirtschaft zu. Wie von »unsichtbarcr Hand« geleitet (Adam Smith 1723-1790) steuert der Wettbewerb über den Preis alle ökonomischen Aktivitäten in optimaler Weise. Idealerweise spiegeln sich in den Preisen sowohl der gesellschaftliche Nutzen eines Gutes als auch die Kosten der Produktion . Da Unternehmen und Haushalte bei ihren Angebots- und Nachfrageentscheidungen auf die Preise sehen, berücksichtige n sie bei ihren Entscheidungen unbewu sst diese Nutzen und Kosten. Gleichsam sorgt der Preiswettbewerb automatisch, über das eigennutzorientierte Handeln der Wirtschaftssubjekte. für einen höchstmöglichen Wohlstand aller (siehe insbesondere Kap. »Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen«, Abschn. 1.6), obwohl keiner der Handeln den dies bezweckt. Die Maximierung des Eigennutzes maximiert also auch das gesellschaftliche Wohl. Es kommt zu einer effizienten Ressourcenallo-
Marktwirtschaft
Von »unsicht barer
Hand« geleitet führt ...
eigennutzenorientiertes Handeln zur Maximierung der gesellschaftlichen Wohlfahrt,
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Einf ührung in die Volkswirtschaftslehre
kat ion. Die vorhand enen Mittel werd en in ihrer produ kti vsten Verwendung eingesetzt, sodas s das Gesamtprodukt max imiert wird. ... a uße r in Dilemmasituationen
A llerdings gibt es auch Situationen, in dene n das individue ll rationa le Handeln zur gesa mtg ese llschaftli chen Irrationalität führt . In der Liter atur wird dieses Phänomen als Dilemmasituation diskutiert.
Dilemmasituation bei eigennutzorientiertem Handeln Für einen Einze lnen ent steht dann ein Dile mm a, wen n das von Eigen intere sse geleitete Handeln für ihn im Ergebnis in das Gegentei l de ssen umschl ägt was er erhoffte, weil sich alle Wirt schaftssubjekte in derselben Weise verh alten . Weit er ge fasst ve rste ht man unt er eine r Dilemmasituation einen Z ustand, in dem das von indi vidu ell eigennutzorientierte Hande ln all er Akt eure, für die Gesamtheit betrachtet, zu irrationalen Ergebnissen führt. Was aus e inze lwirtschaftliche r Rationalität vortei lhaft ist, erweist sich al so aus ge samtwirt schaftl icher Rationalität als nachteilig. A uch der »T rugschluss der Verall geme inerun g«, auf den häu fig in Lehrbüche rn zur Volkswirtscha ftslehre aufm erksam gemacht wird, um den Unterschied zwische n Mikro- und Makroökonom ie herausz uste lle n, ge ht letztlich au f diese Dilemmasituation zurüc k. Die typ ische Fehlerque lle, die zu d iesem T rugschluss führt , liegt nämlich im mer dar in, dass e inze lwirtschaftliche Sach verhalte kr itiklos au f die Gesamtwirtschaft übert ragen we rde n. Tatsä chlich ist die Vol kswirtschaft als Gan zes etwas and eres als nur die Summ e aller Einze lwirtschaften. Bei spiel swe ise könnte es aus Sicht einzelner Unternehmer vorteilhaft sein, die Löhne zu senken, we il sich dadurch möglicherwe ise ihre Wettbewerbssituat ion verbessern würde . Für die ge samte Volkswirtschaft kann eine gene relle Lohn senkung jedoch mit einem Au sfall an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage einhergehen, was sich wiederum nachteilig auf alle Wirtschaftssubjekte auswirken kann. Für jede n einze lnen Haushalt kann es in wirtsc haftlich unsicheren Zei te n durchaus sinnvoll sei n, mehr zu sparen. Falls j edoch all e Haushalt e mehr spare n, indem sie ihre Konsumausgab en redu zieren, könn en die Unte rnehme n ihre Produkte nicht mehr ab setzen . Dies könnte die Unternehmen vera nlasse n, ihre Produktion einzuschrä nken und Arbei tskräfte zu entl assen . Die Konsequenz wäre, dass alle Hau shalte letztlich wen iger Einkom men zur Ersparnisbildung hätten a ls vorher. Auch die Existenz öffentl icher Güter provoziert regelmäßig eine Dilem masituation.
27
Einf ührung in die Volkswirtschaft slehre
Um aus einer Dilemmasituation heraus zukommen hilft koop erati ves Ver ha lte n od er Zwang. Wäh rend koop erat ive Lös unge n nicht notwend igerweise den Staat als Akte ur ei nschließen müssen, ist d ies bei Zwang der Fall , da nur der Staat in der Regel übe r ein entsprechend es Machtmonopol verfügt. In einer reinen Marktwi rtschaft ist es letztli ch auch allein der Preismechani srnus, der dafür sorgt, dass die Anbieter diejenig en Güter herstellen, welche die Konsument en wünschen .
Der Preismechanismus erfüllt eine:
Insgesamt erfüllt der Preismechan ismus idealtypischerweise folgen de Funktionen : Preisänder unge n ze igen an , dass sich der Knapp hei tsgrad eines Gutes verändert hat. Wenn sich der Preis erhöht, wird damit signa lisiert, dass das Ang ebot im Vergleich zur Nac hfrage zu gering ist; umgekehrt zei ge n Pre isse nku ngen e inen Ang ebots überschuss an (Informations- oder Signa lfunktion). Die Märkte, auf denen aufgrun d der Knappheit von Gütern ho he Preise zu erzie len sind, signalisie re n den Unte rne hme n, ihre Produk tion in diesen Bereich zu ve rlagern bzw. auszudehnen, sodass in diesem Sektor in zunehmendem Maße Prod uktionsfaktor en zum Einsatz kom men. Der Preis der Güter lenkt d ie Produ kt ion sfaktoren also aus weniger pro fitabl en Verwe ndungen in Mä rkte, in denen Güter knapp sind (Allo kations- und Lenkungsfun ktion). Unternehme n, die da uerhaft nicht in der Lage sin d, zu den herrschenden Marktpreisen ihre Prod uktionskosten zu decken oder deren Angebot nich t den Präfe renzen der Na chfrag er ent spric ht, werden von effizi enteren Anbietern verdräng t (Selektionsfunktion). Haushalte mit den dringlichsten Bedürfnisse n werde n zuerst befriedigt, da die individue lle Zahlungsbereitschaft den Nutzen widersp iegelt, den sic h eine Wirtsc ha ftsei nheit vom Erwerb e ines Gutes oder einer Faktor leist ung vers pric ht (Zu teilun gs- und Rationierungsfunktion). Die Marktwirtschaft - wie alle anderen Wir tschaftsordn ungen auch zeichnet sic h jedoch nicht nur du rch das gewählte Koordinationsve rfahren aus, sondern auch durch die A usgestaltung der Gesamtheit aller Regelu ngen, d ie das wirtschaft liche Ges chehe n in e iner Volkswirtschaft gestalten und beeinflu ssen (Wirtscha ftsordnu ng). Hierunter fallen neben rechtl ichen Vorschrifte n auch infor melle, also recht lich nich t kodifizierte Mech an ismen, Zie lsetzungen, Verhaltensweisen und Institutionen . Wie wichtig z.B, Motivations-, Kont roll- und Sanktionsme chanismen sind, wir d an dem allgegenwärtig en Principal-Agent- Problern deutlich.
Informat ions- bzw. Signalfunktion
Allokations- und Lenkungsfunktion
Selektionsfunktion
Zuteilun gs- und Rationierungsfunktion
28
Einf ührung in die Volkswirtschafts lehre
Eigeninteressen und Principal-Agent-Problem
In der Realit ät sind die Entscheidungsträ ger (»principals«) selten identisch mit denjenigen, die die se Entscheidung en umzu setzen haben (»agent s«). Bei eigennutzorientiertem Verhalten aller Beteiligten und ind ividuell abweichenden Zielen resultiert daraus ein Intere ssengegensatz zwischen Prinzip alen und Agenten. Die Folge ist, dass der Prinzipal dann nicht mehr sicher sein kann, dass seine zielgerichteten Vorgaben auch umgesetzt werden. Beispi elhaft für solche Principal-Agent-R elat ionen sind die Beziehung en zw ischen Aktion ären und Unternehmensleitung, Wählern und Politikern sowie Politikern und Bürokraten. Auch das Verhältnis zwischen einer staatlichen Aufsichtsbehörde und einem regulierten Unternehmen (z.B. Telek om) kann derart charakterisiert sein. Die Lösung dieses Problems besteht nun darin , dass der Prinzipal mit Hilfe gee igneter Moti vations-, Kontroll- und Sanktionsmechanismen vers uchen mu ss, sein en Agenten zu vera nlassen, sein en Anwe isungen, in der von ihm gewünschten Form zu folgen . Dem Prinzipal stehen hierfür eine Reihe unterschi edlicher Mittel zur Verfügung. Eine wichtige Rolle spielen dabei materielle Anreize in Form einer ganz oder teilweise leistun gsabh ängigen Entlohnung (z.B. Akt ienoptionen für die Unternehme nsleitung oder Akkordlöhn e für die in der Produktion eingese tzten Arb eitn ehm er). Als immaterielle Anreize dienen z.B. Belob igung en oder Aus zeichnungen. Wie die Erfahrunge n in ehemalige n Ze ntralverwaltungsw irtschaften zeige n, schein en letztere aber den materiellen Anr eizen deutli ch unterlegen zu sein. Hinzu kam in diesem Fall, dass im Verhältni s zw ischen Unternehmensleitung und ihren Mitarb eitern die Sankt ion der Entlassung in der Regel unmöglich war. Die Aufgabe des Staates sehen die Vertrete r der reinen Marktwi rtschaft im Wesentlichen darin, den Ordnungsrahmen zu setzen, innerh alb dessen sich die einzelwirtschaftlichen Aktivi täten entfalten können . Der eigentliche Ablauf des Wirtschaft sproze sses soll von staatlichen Eingriffen möglich st frei bleiben. Zu den ordnungspolitischen Aufgabe n des Staates gehö ren dabei in erster Linie die Sicherung des Wettbewerb s und die des Privateigentum s an den Produkt ionsmittel n. Mögl iche Gründ e für Marktun vollkommenh eiten bzw. gänz liche m Marktversagen , die we itere staatliche Funkti onen innerha lb der Marktwi rtschaft legitimieren, werde n im folge nden Kapitel »Der Staat in der Wirtschaft« behandelt. Einige dieser Gründe haben zur Ausgestaltung der Sozialen Marktw irtschaft geführt .
Einführung in die Volkswirtschaft slehre
29
4.2 Die Soziale Marktwirtschaft In den einzelnen Ländern ist die Marktwirtschaft sehr unterschiedlich ausgestaltet. Ursächlich hierfür sind historische, soziokulturelle und machtpolitische Konstellationen eines Landes . Obgleich in Deut schland verfassungsmäßig keine bestimmte Wirtschaftsordnung festge sch rieben wurde, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass beide pola ren Ordnungen, die Zentralverwaltungswirtschaft und die reine Marktwirtschaft, mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren sind. In einer grundl egenden Entscheidung von 1954 hat das Bundesverfassungsgericht dazu bestimmt: »Das Grundgesetz garantiert weder die wirtschaft spolitische Neut ralität der Regierung s- und Gesetzgebungsgewalt noch eine nur mit marktkonformen Mitteln zu steuernde »soziale Marktwirtschaft«. Die wirtschaftspoliti sche Neutralität besteht lediglich darin, dass sich der Verfassung sgeber nicht ausdrücklich für ein bestimmtes Wirtschaft ssystem entschieden hat. Dies ermöglicht dem Geset zgeber, die ihm j eweils sachgemäß erscheinende Wirt schaftspolitik zu verfolgen, sofern er dabe i das Grundgeset z beachtet. Die gegenw ärtig e Wirtschafts- und Sozialordnung ist zwar eine nach dem Grundgesetz mögliche Ordnung, keineswegs aber die alleinrnögliche.« Zu den norm ativen Bedingungen im GG, die als Rahmenbedingungen zu betrachten sind, zählen im Allgemeinen die vorgegebenen Gestaltung s- und Strukturprinzipien wie das Recht sstaats-, Sozial staats- und Demokratieprinzip. Im Besonde ren sind es u.a. das Recht auf Private igentum und die Vertrag sfreiheit (Art. 14 und Art. 2 GG) aber auch die Soz ialpflichtigkeit des Eigentums, die Tarifautonomie, das Wettbewerb srecht, die Sozialver sicherung ssysteme , die Mitbestimmung und die Finanzverfassung, die die »Soziale Marktw irtschaft« charakter isieren. Die Wirtschaftsordnung »Soziale Marktwirtschaft«, die in den ersten Jahr zehnten nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland etabli ert wurde , basiert wesentlich auf den wissenschaftl ichen Arbeiten der sogenannten Freiburger Schule, deren wichtigster Vertreter der Nationalökonom Walter Eucken (1891-1950) war. Zur Weiterentwicklung und Verbreitung dieser Ideen haben Ludwig Erhard (1897-1977) und Alfred Müller-Armack (1901-1978) beigetragen. Die Vertreter einer soz ialen Markt wirtschaft vertrauen grund sätzlich der marktwirtschaftl iehen Kon zeption. Sie siche rt die individuelle Freiheit der Wirtschaft ssubjekte und führt bei funktionsfähigem Wettbewerb zu einer bestmöglichen Güterversorgung. Allerdings muss ihrer
Soziale Marktwirtschaft als ...
30
Einführung in die Volkswirtschaftslehre
Me inung nach das Ind ividu alprinz ip auf dem Markt mit dem Sozialprinzip verbunden we rden, da nicht al1e Wir tschaftss ubjekte den Leis tungskriter ien des Marktes ents prechen können. ... Verbindung vom Individual- zum Sozialprinzip
Nach Mül1er-Ar mack ist die Sozial e Marktw irtsch aft eine ordnungspolitische Idee , deren Ziel es ist, auf der Basis der Wettbewe rbsw irtsch aft die freie Initi ati ve mit einem gerade durch die marktwirtsch aftliche Leistun g gesichert en sozialen Fortschritt zu verbinden. Tatsäch lich übe rnimmt der Staat in der soziale n Mar ktwirt schaft neben der Sicherstel1ung ei nes funktionsfä higen Wettbewerbs und der Vertragsfr eih eit auch Funkt ionen der sozialen Siche rung (wie Kra nkheit, Un fall, Arbeitslos igkei t und A lte r) mit einer Fül1e von ei nze lne r Maßnahm en und Umve rtei lungs funkti o nen, be ispi elswe ise in Fo rm von direkt en Einko mmenshilfen fü r bestim mte Gruppen wie Kin de rge ld, Wohnge ld und Ausbildungs beihi lfen.
Sozialbudget
Die Einna hmen und Ausgaben der sozialen Sicherung - einsch ließlich jener de s private n Sektors - finden ihren Ni edersc hlag im sog . Sozialbud get. Bezie ht ma n da s Sozialb udge t auf das Bruttoin lands produkt, ergi bt sich di e Sozi al1eis tungs quote. Sie betru g im Jahr 1970 in De utschland rd. 24 % und im Jahr 2006 rd. 30,3 %. A l1erdings ist damit nic ht gesagt, dass die bunde srepublikanische Gesel1schaft über die Jah rzeh nte »sozia l gerec hter« geworden ist. Bede utsamer als die Höh e der Sozial1eistungsquote sind die Struktur der Sozialausgaben und die Verteilungswirkungen (Inzidenz) der selben. N icht immer kommen die Sozial1eistungen j enen zu gute, für die sie vom Gesetzgeber bestimmt waren . Abb. A. I I ze igt die Z usammensetzung des Sozialbudgets hinsicht lich der Leis tunge n nach Institutionen und nach Funktionen im Jahr 200 7. Innerh alb der »Allgcrne incn Systerne« dom iniert vor al1em die Rent enve rsic he rung (rd . 53 %), vor der Kranke nve rsiche rung (rd. 32 % ), der Arbei tsförde rung (rd. 18 % ) sow ie der Kranken - und Pflegeversicherung. Pen sionen bestimm en wei tes tge hen d die Höhe des Leist ungssystems des öffentlichen Dienstes. Unte r das Leis tungssystem der Arbei tge ber fal1 en d ie Entgeltfo rtzahlungen und die Betriebliche Alte rsve rsorgung. Das Förde r- und Fü rsorgesystem enthä lt u.a. die Soz ialhil fe, Kinder- und Jugendhil fe, Kind er-, Erziehungs - und Wohnge ld. Zu den indirek te n Leist unge n zählen ste uerlic he Maßnahmen und der Familienleistungs ausg leic h. Die untere Abbi ldung zei gt die Z usammenfassung de s So zial bud gets nach Funk tione n. De r größte Te il der Leis tungen fällt au f den Bereic h »A lter und Hinterbl ieb ene« vor den Be reic he n »Ges undhei t« sowie »Ehe und Fam ilie« .
Einf ührung in die Volkswirtschaft slehre
31
Sozialbudget 2007 (anteilig in Prozent)
... in Leistungen nach Institutionen _
Allgemeine Systeme
_Indirekte Leistungen insgesamt _ Leistungssysteme der Arbeitgeber •
Leistungssysteme des öff. Dienstes
D
Förder- und Fürsorgesysteme
D
Sonstiges
... in Leistungen nach Funktionen • _
Alter und Hinterbliebene Gesundheit
_
Ehe und Familie
D
Beschäftigung
D
Übrige Funkt ionen
Abb. A.ll. Zusammensetzung des Sozialbugets (2007). Quelle: Stat istisches Bundesamt (200 9), eigene Berechnungen
Finanz iert wird das Sozia lbudget zu rund 60 % aus Sozialbeiträgen der Versicherten (rd . 27 %) und der Ar beitgeber (rd . 33 %) sow ie aus Zuschüssen des Staa tes (rd . 39 %) vor allem zur Rentenversicherung und zum Haushalt der Bunde sagentur für Ar beit. Natü rlic h hab en in der ge se lleha ftspo litis che n Diskussion Unternehrner verb änd e, Arbeitn ehm er vertretungen und die Part ei en durchaus unter sch ied lich e Vorste llunge n von der gewüns cht en konkre te n Au sgestaltung einer sozi alen Marktwirtschaft. Dam it beispielswe ise der So lidargeda nke, der ein prägendes Element der sozia len Sicherungssysteme und staa tlicher Umverteilungspolitiken ist, letztl ich die individuelle Ve rantwortung nicht zu sehr zurückdrängt und nega tiv e A nreizwirkungen aus löst, bet onen vo r allem libe rale Ö konomen das Subsidia ritätsprinzip a ls weitere s Gr unde lement der sozia len Marktwirtsch aft. Das Subsidia ritätsprinzip, das aus de r kath oli sche n Sozia llehre stammt, besagt , dass de m Einzelnen nicht das, was er selbst zu leisten vermag, von de r Ge sell schaft abgenommen werden darf. Jedes Indi viduum ist fü r se in Wohl ergeh en deshalb zunä chst se lbs t ve rantw o rtlich. N ur dann , wenn der Einze lne oder se ine Familie die Aufgab e nicht bewältigen kann, tritt sub sidiäre Hilfe durch größe re sozi ale Einhei te n ein. N icht nur für die Wirtschaft, sonde rn auch zur Lös ung der soz ialen
Subsidiaritätsprinzip
32
Einführung in die Volkswirtschaftslehre
Fragen wird mithin ein Höchstmaß an Freiheit, pr ivater Initi ative oder Selbsthilfe gefordert. Andere - unter anderem auch der Begr ünd er der sozia len Marktwirtschaft Mü ller-Armack - sehen gerade in die ser spe ziellen Wirtschaft sordnung die No twendigke it e ines starken, hand lungsfähigen un d -willigen Staates. Ihrer Ansicht nach ist die Ve rstaatlichung der Hypo Rea l Estate eben so mit der sozialen Mar ktwirtschaft vere inbar, wie ein Mindestlohn, Umve rteil ung und staat liche Zu schüsse sowie eine hohe Einkommens- und Vennögensbesteuerung.
Soziale Marktwirtschaft Nach Mü ller-A rmack ist d ie Sozia le Marktwirtschaft led igl ich ein Instru ment, nicht Se lbst zweck. »Sie ist nur ein überaus zweckmäßiges Ordnungs mitte l. aber auch nicht mehr und es wäre ein verhängnisvo ller Irrtum, der A uto matik des Marktes die A ufgabe zuzumuten, eine letztgültige Ordn ung zu schaffen und die Notwendigkeit des staatlichen und ku lture llen Lebens von sich aus zu berück sichtigen .« Soziale und kulture lle Lebensauffassungen müssten vielmehr von außen aufge prägt werden. Großkonzerne und Firme nzu sammensch lüsse sind eher unerw ünscht; die Wirtschaftspoli tik mü sse sich akt iv an den Interessen der kleinen und mittleren Betriebe ausrichten. Eine konstruktive Wettbewerbspo litik habe dafü r zu sorgen, dass Mac htball ungen und risikolose Gew inne unterbunden we rden , und wo diese trot zdem anfie len, sollte sie der Staat abschöpfen . Was die Wirtschafts - und Sozialpolitik betrifft, so sind lau t MüllerArmack alle Eingriffe in die Ergebnisse des Marktmechanism us zulässig, d ie dessen eigentliches Funktionieren nicht beeinträchtigen. Damit meint er vor alle m das freie Spiel von Ange bot und Nac hfrage und die daraus res ultiere nden Preise . Gleic hwohl hatte er gege n Mindestlöhne keine Einwände: » Es ist marktwirtschaftlich durchaus unpro blematisc h eine staatliche Mindest höhe zu norm ieren, die sic h im wese ntlic hen in der Höhe des Gleichgewichts lohns hält , um willkürliche Einzellohnsenkungen zu verrneinden.« Und auch Einkommensumverteilung stört seiner Ansicht nach den Marktmechanismus als so lchen nicht, womit sich für Wirtschafts- und So zial politik große Spie lräu me e röffne n. »Selbst eine hohe Beste uerung zugunsten eines sozia l- und staatswirtschaftlichen Konsums ist bei Wahl richtiger Ste uerformen eine markt wirtschaftlic h durc haus neut ra le Tatsachc.« Und weiter: »Wenn auf dem Weg der Besteuerung die höheren Einkommen gekürzt und die ein laufende n Bet räge etwa in Form von dire kte n Kinderbeihi lfen , Mietz usch üssen, Wo hnungsbauzusc hüssen we iterge leitet wer den, liegt geradezu der Idealfa ll eines marktwirtschaftl iehen Eingr iffs vor.«
Einführung in die Volkswirtschaft slehre
Ähnliche Ansichten vertrat er auc h über die Konj unkturpolitik . Prinzipiell ist sie möglic h, oft sogar geboten , aber die Maß nahmen müssten marktkonform sein. Statt aussc hließlich auf Vollbeschäftigung zu setzen, sollte das Z iel darin bestehen, die Wirtschaft insgesamt zu fördern . Dabei gesteht er der Politik eine große Auswahl möglicher Maßnahmen zu, inklusive Preis-, Zins- und Steueranreizen. Selbst staatli che Investitio nen schloss er nicht aus. Mülle r-Armack wu sste, dass der Erfo lg der sozialen Marktwirtschaft eine wichtige Vorau ssetzu ng hat: »Es wird entsc heidend davon abhängen , ob es ge lingt , die marktwirtschaftli che Form ihrer hohen Leistungsfähigkeit wegen zu erhalten , aber sie doch gleic hzeitig einer bewusst gestalteten Gesamtordnung einz ufügen .« Quelle: Strobl, Th., »Wie der Markt wirklich sozial wird« in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. 04.2009, S. 31
33
34
Einf ührung in die Volkswirtschafts lehre
5 . Wiederholungsfragen 0
I.
Welch e einze lnen Elemente bestimm en die Mod ellbildung innerhalb der Volkswirtschaftslehr e und in welcher Beziehung stehen diese zueinander? Lösung S. 5 ff.
0
2.
Handelt ein Unternehmer, der versucht, ein gegebenes Ziel mit max imalem Ressourcenverbrauch zu erreichen gegen das »ökonornische Prinzip«? Lösung S. 8
0
3.
Warum zählt Geld nicht zu den volk swirtschaftlichen Pro duktion s faktoren? Lösung S. 15
0
4.
Was versteht man unter einer effiz ienten Ressour cenallokation? Lösung S. 16
0
5.
Wie lässt sich der konk ave Verl auf der Produktion sm öglichke itskurve begründen? Lösung S. 19
0
6.
Welche Var iante des ökonomischen Prinzi ps ist bei all j enen Punkt en realisi ert, die auf der Produktion smöglichkeitskurve liegen? Lösung S. 19
0
7.
Sie kön nen ihren Lottogewinn in Höhe von 1.000 ,- € sofort ausgeben oder ein Jahr lang entweder zu 5 % oder 3 % anlegen. Wie hoch sind die Opportunitätskosten für die sofortige Ausgabe? Lösung S. 19
0
8.
Wie sind die Gr en zkosten und Gr en znutzen defin iert ? Wasser ist lebenswichtig: Ist der Grenznutzen eines Gla ses Wasser gro ß oder klein? Lösung S. 20
0
9.
Was besagt das Theorem der komp arativen Kostenvorteile ? Lösung S. 21
0
10.
Wie ist die Produktivität defin iert und welche Möglichkeiten gibt es generell, einen Produktiv itätszuw ach s zu »nutzen«? Lösung S. 22
0
11.
Wor in liegen die ze ntralen Unte rschiede zw ische n den beiden Wirt schaftsordnungen Ze ntralve rwaltungswi rtschaft und Marktwirt schaft ? Lösung S. 24 f
0
12.
Was versteht man unter einer Dilemm asituati on? Welche Probleme treten dadurch auf und welche Lösungsansätze bieten sich zur Problembewältigung an? Lösung S. 26
0
13.
Welche Funktione n übernimmt der Preism echan ismus innerhalb einer Marktwirts chaft ? Lösung S. 27
0
14.
Worau s result iert das sog. Prin cipal -Agent-Probl em? Lösung S. 28
0
15.
Was ist das Sp ezi fisch e an ei ne r Sozial en Marktwirtschaft ? Lösung S. 29 f.
Der Staat in der Wirtschaft l.
Die Hauptfunktion en des Staa tes
1. 1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.4
Die Umverteil ungsfu nktion Die Stabilisierungsfunktion Die Allokationsfunktion Das Konzept der öffentlichen Güter Externe Effekte Meritorische und demeritor ische Güter Natürliche Monopo le Asymmetrische Information Marktversagen versus Staats versage n
37 37 43 44 45 48 49 52 52 56
59 62 64
2. 2.1 2.2
Der Hau shalt
3. 3.1 3.2
Staats q uoten: Ind ikatoren staatliche r Aktivität? Die Staatsa usgabenquote
70 71
Die Abgaben- und Steuerquote
72
4.
Wiederholun gsfragen
76
Die Staatsausgaben Die Staatseinnahmen
36
Der Staat in der Wirtschaft
Lernziele dieses Kapitels Die Stud ierenden sollen nach der Lektüre dieses Kapitels die nor mative Begründung staa t lichen HandeI ns in eine r Marktw irtsch aft nachvollziehen und argumentativ vertrete n können . ve rstande n haben, dass Marktversagen allein kein staatli ches Eingreife n in den Marktpro zess begr ündet und rechtfert igt. nach vollziehen kön nen , da ss sta atli che Eingriffna hme mit unter schiedlicher Inten sität möglich ist. die Funktionen und die Struktur des Haushalt s als Allokationsinstrum ent innerhalb des öffentlichen Sektor s kennen. die Entwi cklung von Staatsquoten im internationalen Vergle ich kennen sowie deren Aussagegeha lt einsch ätzen können. Im ve rgange ne n halb en Jahrhundert hat sich we ltwei t ein bem erk enswert er Wand el in der Einschätzung der Rolle des Staat es in der Wirtschaft vollzoge n. Nachdem übe r lange Ze it die staatl ichen Intervent ionen in die Markt wirtschaft beträchtl ich ausgeweitet wurden, domin ierte in vielen westlichen Industrieländ ern in den letzten zwei Jahrzehnt en eine Polit ik, die eine redu zierte Rolle des öffentlichen Sektors beinhaltete und wieder stärkeres Vertrauen in die Kräfte des Markt es setzte. Mit der neuerlichen Finan zmarkt- und Weltw irtschaftskr ise wend ete sich das ßlatt wieder.
Die Krit ik am Staat zielte dabe i in erster Linie auf eine zweckmäßige Grenzzieh ung zw ischen Staat und Markt. Es geht j edoch auch um die Effi zien z und Effektivi tät innerhalb des öffentliche n Sektors selbst. Notwendig ist ein modernisierter , effiz iente r und aktivieren der öffentlicher Sektor, der für die Märkte eine unterstützende Rolle übernimmt und die Akt ivitäten der Indi vidue n sowohl fördert als auch ergänzt. A llein die Forderungen nach einem A bbau staatlicher Ausga ben, Steuersenkungen, Privatisieru ng und Deregulierung greifen daher zu kurz. Vor all em im Verlau f der Globalisi erung erfahren die traditionell en Aufgab en des Staates eine neue Gewich tung, neue komm en hinzu und alte verlie ren an Bedeutung. Beispiel swe ise werden sich die Staaten im Rahmen einer Kompensation spolitik auch vermehrt darum bemühen müssen, Globalisier ung sozialverträglich zu gestalten und die Risiken für die verschiedenen Gruppen eines Lande s zu minimieren .
Der Staat in der Wirtschaft
1. Die Hauptfunktionen des Staates Noc h vor ei nem Jahrhundert wiesen die Ökono men dem Staat nur begre nzte wirtschaftspolitische A ufgaben zu. Sie vertrauten auf die »unsichtbare Hand « des Wettbewerbs und die »Selbstheilungskräfte des Marktes« , die ihres Erachtens staatliche Interventionen übe rflüssig mac hen. Die Aufgabe des Staates wurde ledig lich darin gesehen, d ie erforderlichen rechtlichen Rahmen bedingunge n für einen funktionierende n Wettbewerb zu schaffen . Ans onsten sollte sich die öffe ntliche I-la nd in wirtschaftspolitischer Hinsicht weitgehend neutral verhalten (» Nachtwächterstaat«). Se it Musgrave ( 1910-2007) we rde n de m Staat drei zentra le Funktione n zugewiesen, die in de r Praxis jedoch nic ht unabhängig neb eneinander, sondern in einer wec hselse itigen Abhängigke it stehen .
Hauptfunktionen des Staates
Umverteilungsfunk ti on
Stabilisierungs- und Wachstumsfunktion
Alloka ti onsfunk ti on
Sicherstel lung einer
Sicherste llung von Vollbeschäftigung, Preisniveaustabilität und Wachstum
Sicherste llung von Wettbe werb und Korrektur allokati ven Markt versagens
»gerechten« Einkommensverteilung
Abb. B.l. Die Hauptfunktionen des Staates
1.1 Die Umverteilungsfunktion Ein gewisses Maß an Um vertei lung von den reiche ren Mitgliedern einer Gese llschaft zu den ärmeren und die Verhi nderung existenzieller Ar mut in alle n Lebensphasen zählt ebenso wie eine staatlich organisierte Absic her ung gegen die großen Lebensrisiken ins besondere als Folge von Alter, Krank heit, Pflegebed ürftigkcit, Unfällen oder Ar beits losigkeit zu den Aufgaben der staatlichen Politik in je der modeme n Gesellschaft namentlich in einer sozialen Ma rktwirtschaft. Im Rahme n de r Umverteilung sfunktion gre ift de r Staat letzt lich in die ma rkt mäß ige Verte ilung de r Einkommen und Ve rmögen ein, mit dem Z iel, die Einkommen so um zuverteilen, dass eine Versorgung der Bürger mit Gütern möglich wir d, die den ethischen und sozia lpolitischen Z ielsetzungen einer Gesellschaft entspricht.
37
38
Der Staat in der Wirtschaft
Die durch den Markt erzielt e Einkomme nsve rte ilung auf die Indi viduen hängt im Wesentlichen von ihrem Faktorangebot und den Preisen ab, die sie am Markt für dieses Ang ebot erzie len. Das Faktorangebot wird wiede rum best immt durch die Fak to rausstattung in Menge und Qualität sow ie die Fähigkeit, Einnahme n zu erzielen. Die erzie lbaren Faktorerträge (Preise) hängen in erster Linie von der Wettb ewerbsintensit ät ab. Ohne eine staa tlich org an isierte Umverteilung wären viele Mensche n nicht in der Lage , ein »bedarfsgerechtes« eigenes Einkommen zu erzielen oder ga r ihr Existenzminimum zu sichern (z.B. Kranke , Behinderte , Alte oder Arbeits lose). Zudem muss die marktm äßige Einkom mensverteilung nicht mit dem überei nstimme n, was die Gesellschaft als »gerechte « Verteilung ansi eht.
35%
3 0"/0
25%
2 0"/0
15%
! (Y'/o
l. 2. 3. 4 5. D e zil D c zi l De zi l D ezi l D e zil
1.-5.
7.
s.
9
10 .
Dezil De zi l D ezi l D e zil Dczi l De zi l
Abb. B.2. Einkommensverteilung privater Haushalte in Deutschland (1991 und 2007), Quelle: Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2009/10, S.
316
Abb. B.2 gibt die Dezilant eile für das Haushaltsnetto einkommen für die Jahre 1991 und 2007 an. Dabei zeigt sich seit 1991 ein Aus einanderdr iften des oberen und unteren Einkommensbereichs. So verfügten im Jahre 1991 in Deuts chland die unteren 50 % der Hau shalt e noch über 32,9 % der Markteinkornmen, während es im Jahr 2007 nur noch 30,6 % waren . Demgegenüber verfügten die oberen 10 % im Jahre 200 7 über 24 % während dies im Jahre 1991 nur 20,7 % waren . Gem ess en an der Entwic klung der Gin i-Ko effizienten - ein Maß für die personelle Einkommensverteilung - auf der Basis der beiden Einkommensbeg riffe zeigt sich sowohl, dass seit 1991 die Einko mmensungleichheit zugenommen hat als auch, dass das Haushaltseinkommen wen iger ungleich vert eilt ist als die gewichteten Markteinkommen.
Der Staat in der Wirtschaft
39
Dieses Ergebnis kann so interpret iert werden, dass das staatlich e Transfer- und Steuers ystem die aus dem Marktprozess resulti erende Einkomm ensungleichheit zwar korr igieren, den Anst ieg der Ungleichheit über die Jahr zehnte aber nicht verhindern kann . Deutschland verfügt damit also nur bedingt über ein funktio nierendes Umverteilungssystem. Abb . B.3 gibt die Verte ilung des individuellen Netto-Vermögens aufgeteilt in zehn gleich große Gruppen (Dez ile) in Deutschl and für das Jahr 2002 und 2007 an. Hier zeigt sich, dass die reichsten zehn Prozent der Bevölkerun g über mehr als 60 % des gesamten Vermögens verfügten . Mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung besaß dagegen kein oder nur ein sehr geringes individuelles Netto-Vermögen. Die unter sten 70 % der nach dem Vermögen sortierten Bevölkerun g hatten einen Anteil am Gesamtvermögen von wenige r als 10 %. Der Vergle ich mit dem Jahr 2002 zeigt, dass sich der Anteil des individuellen Netto vermögen s der reichsten zehn Prozent am Gesamtvermögen erhöht hat. 70 %
60 %
50%
40 %
-I ~
30%
. 2007
20 %
10%
0%
-=1. Dezil
2. Dezil
3. Dezil
4 . Dezil
~~~CII~[Jn=[f 5. Dezil
6 . Dezil
7 . Dezil
S. Dezil
9 . Dezil
-
10. Dezil
-10%
Abb. B.3 . Anteil und Höhe der individuellen Nettovermögen nach Dezilen in Deutschland für das Jahr 2002 und 2007; Quelle: Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2009/10, S. 325
Die Bestimmung einer »gerechten« Verte ilung impliziert sozia lphilosophische Überlegungen und schließt Werturteile ein. Auf keinen Fall lässt sich Gerechtigkeit ökonom isch bestimmen oder operation alisieren. Es ist nicht möglich, objekt iv das Ausmaß des Nutzens zu vergle ichen, das verschiedene Individuen aus ihrem Einkommen erzielen. Umverteilungspolitische Maßnahmen können auch gerechtfertigt sein, weil Ungleichheit zumindest auf lange Sicht ein schlechter Nährboden für Wirtschaft swachstum sein kann. Zwar ist nicht auszuschließen, dass eine stärkere Ungleichheit in der Verteilu ng der Einkommen und
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Der Staat in der Wirtschaft
Ve rmöge n eine Wirtschaft effiz ienter und produk tiver macht, je größer die Gruppe der Ärmeren wird, desto grav ierender werde n aber auch d ie Risiken. Bei geringem Ein kom men fehlen die Mitte l, um die Koste n für die eigene Bild ung oder die der Kinde r zu bestre iten. Dadurch wird nicht nur die Ung leichhei t für die nächs te Generation fort ge sch rieben, sondern sehr wa hrsc heinlich insgesa mt wen ige r in Hum ankapit al - eine bedeutsame Wachstu msdetermi nante - inve stiert. Zudem bleiben Chancen ungenutzt, dass sich mehr Leute selbstän dig machen und damit auch für andere Ar beitsplätze schaffen. We nn die Kluft zwischen A rm und Reich zu groß wird, dro hen zude m Verte ilun gskonflikte und eine höh ere Kr im inalit ät , d ie dem Wirtschaftswachstum schaden kö nnen. Fall die Löhne wegen bill iger ausländ ischer Kon kurrenz sinke n, wächst die Gefahr ei ner Ab schottung des Lan des (Protektioni smu s), obwohl die Wirt schaft insgesamt von offenen Grenzen profiti ert. Wäh rend d ie Verlu ste an Einkommen und Verm ögen, verbunde n mit den oben ge nannte n Risiken, in Deut schland über parafiska lische Einrichtungen, die Sozial versicheru ngen, kompensiert werden, erfolgt d ie Armutsverm eidu ng und d ie Umve rtei lung von Reich zu Arm in erste r Linie übe r das Steuer- und Transfe rsyste m. Instrumente der Umverteilungspol itik
Zu den steuerpo litischen Instrumenten einer Umv erteilungspo litik zählen be ispielhaft die Vermögen- und Erbschaft steue r sowie die progre ssiv ausgesta ltete Einkomm ensteuer. Bei den Transfers (staatliche Leistun gen an private Hau shalte ohne Gegenleistung) ist zwi schen Geldund Realtran sfer s (unentgeltlich ode r nicht zu ko stendeckenden Prei sen abgegebene öffentliche Leistu ngen) zu unter scheiden. Zu den mon etären Tran sfer s zählen bei spiel swei se Kindergeld, Wohngeld oder BAföG. Zu den unentgeltlich oder nicht zu koste ndeckende n Prei sen abgegeben en öffentli chen Le istu nge n (Rea ltra nsfers) zählen be isp iel swei se Sozia lwohn ungen. Zum In strument der Umv erteilung zählt auch die Festsetzung von Höchst- und Minde stp rei sen (siehe »A ngewa ndtc Mikro ökonomie «, 2.1). Obgleich die Verteilungsfunktion nicht ge nere ll in Frage gestellt wird, ist diese staatliche Au fgab e im letzten Jahrzehn t heftiger Kritik und starke n Reformbestr ebun gen unterwor fen. Der existie rende n staatlichen Umvertei lungs politik wir d u.a. aufgrund ihrer Zie lungena uigk eit man gelnd e Wirk sam ke it und Kostsp ieli gke it vorgew orfe n. Mit der wachse nden Kluft zwischen Arm und Reich folgt Deutschland j edo ch einem weltwe iten Trend . So weist die O ECD darauf hin, dass im Verg leich zur Situation Mitte der 80er Jahre eine Zunahme der Ung leichheit in Deut schl and und in vielen anderen OECD-Ländern zu verzeich-
Der Staat in der Wirtschaft
nen ist. Diese Zunahme lässt sich sowohl für die Einkommen vor als auch nach Steuern und Transfers feststell en. Nach Berechnungen der Internation alen Arbeit sorganisation (ILO) , hat es kein Industrieland gegeben, in dem im Zeitraum von 200 I bis 2007 im Vergle ich zum Ze itraum 1995 bis 2000 die Ungleichheit so stark zugenommen hat wie in Deutschland.
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Abb. 8. 4. Veränderung der Einkommensungleichheit im Zeitraum von 2001 bis 2007 gegenüber dem Zeitraum 1995-2000; Quelle: Botinger. P. (2009), Ist der Markt noch zu retten? S. 90
Abb. B.5 gibt den Gini-Koeffizient der Einkommensverteilung vor und nach Steuern und Transfers für ausgewählte Lände r der OECD an. Mit einem Gini-Koeffizient der Einkommen vor Steuern und Tran sfer von 0,51 ist die Einkom men sungleichheit in Deut schl and größe r als im Durch schnitt aller OECD-Länder. Na ch Berück sichti gung der Umverteilungswirkungen des Steuer- und Transfe rsystem s ent spricht der Gini-Koeffizient in etwa dem OECD-Durch schnitt von 0,31. Die Unterschiede in den Gini -Koeffizienten zeigen an, dass in allen unt ersuchten Länd ern eine Korr ektur der Markteinkomm en durch staat liche Maßn ahme n mög lich ist und die Än derung der Einkommensverteilu ng in Deutschland besser gelingt als in anderen Ländern .
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Der Staat in der Wirtschaft
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0,60
Einkommen vor Steuern und Transfers
Einkommen nach Steuern undTransfers
OECD-Durchschnitt
0,45
0,60
0,45
1--------=--=--.-._.-lHH.-.-.I OECD-Durchschniu
0,30
0,30
0,15
0,15
Abb. 8.5. Gi ni-Koeffizient de r Einkommensverteilung für a usgewä hlte Länder der OECD; Quelle: Sachverst ändigenrat. Jahresgutachten 2009/10, S.321
Ein Reform an satz zielt auf eine ra dika le Erneuerun g de s gesa mten Steuer- und Transfer system s ab. Gefordert wird die Einführung ein er negativen Einkommensteuer ver bunden mit einem bed ingu ngslo sen Grundeinkommen oder einem sog. Bürgergeld. negat ive Einkommensteuer
Das Gru nd schema hierzu ist einfach. Demnach erhalten alle Personen oh ne jede Vorausse tz ung, al so vor allem ohn e Bedü rftig kei ts prüfung und ohn e Gegenle istun g, einen , da s sozi okulture lle Existenzminimum abd eck end en Geldb etrag, der u.a. das Arb eit slo sen geld 11, die Sozialhil fe und vie le wei te re ste ue rfinanz ierte Sozialleistungen wie Woh nge ld, Kind ergeld und BAföG abl öst. Jedoch ble ibt es unbenommen , diesen staatli chen Trans fer dur ch ein Markte inkommen aufzustocke n. Die Transferzahlung wi rd dan n mit der au f da s tat sächliche Einkommen zu zahlende Ste uer (Steuerschuld) ve rrec hnet, wobei in der Regel die Transfe rentz ugs rate deutlich niedr iger al s hund ert Proze nt ist, um we iterhin Anre ize zur A rbe itsaufnahme zu schaffen. Die Gesamtbela stung eines Steuerpfli chti gen ist so lange negativ, wie die Steuerzahlu ng au f das tatsäc hliche Ei nkomm en unter dem fest gelegten Existe nzminimum liegt. Gegen eine umfassende Einführung eines Bürge rgeldes sprechen vornehm lich fin anzielle aber auch polit-ökono mi sche Grü nde, d.h . die etablierten Interessen der N utzer, Polit iker und Ve rw alter der bestehenden Systeme.
Der Staat in der Wirtschaft
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1.2 Die Stabilisierungsfunktion Die Stab ilität de s Pre isniveau s, ein hoher Besch äftigungsstand und angemess enes Wirtsch aft sw ach stum gelten weltweit a ls zu rea lisierende Gemeinwohlziele . Die Erreichung dieser Z iele ist jedoch regelmäßig durch das ständige Auf und Ab in der wirtsch aftlichen Entwicklung (konjunkturelle Schwa nkungen) gefäh rdet. Späte stens seit den negativen Erfahrunge n m it der Weltwirtsch aft skri se Ende de r 20er Jah re trat deshalb neben die Verteilung s- und A llokations funkti on die Sta bilisierungsfunktion . Sie beinh altet die staatliche Verantwortu ng, gegen diese Schwan kungen mit Hilfe eine r anti zy klischen Geld- und Fiskalpol itik vorzugehen (siehe Kap. »A usgewä hltc Pol itikbereiche«). In der Praxis hat diese Pol itik im Zei tablauf j edo ch we nige r gut funktioni ert , als sic h deren Be fü rwo rte r dies e rhofften. Vor all em se it den 80 er Jahren verlor d ie stabili tätspolitisc he Funktion des öffentlichen Sektors - im Sinn e einer kur zfr istig au sgerichteten Konjunkturpolitik deshalb an Bedeutung. In gleichem Maße, wie de r Rüc khalt für eine aktive staa tliche Sta bilisi erungspolitik abnahm, stieg aber das Interesse an wach stu m spolitischen Frage stellungen und damit ve rbundenen Möglichkeiten staa tlicher Wach stum spolitik (siehe Kap. »A usg ewä hltc Politikbereiche«, A bsch n. 3) .
SIP
pp Wachst umspolitik
Abb. B.6. Stabilisierungs- und Wachstumspolitik
Stabilisierungs politik ve rsus Wachstumspolitik
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Der Staat in der Wirtschaft
Abb. B.6 macht den Unterschied zwischen der Stabilisierung s- und Wachstumsfunktion des Staates deutlich. Bei der Stabili sierun gspoli tik ge ht es darum , das im Zei tver lauf ständi g auftretend e Auf und Ab der wirtsc haftlichen Entwicklung um den Wachstums pfad (in der Abbildung B.6 durc h die Schwankun gen um die ges trichelte Linie, B1 P bei Normalauslastung, dargestell t) durch geeignete fiskal- und geldpolitische Maßnahme n zu dämp fen. Wachstumspolitik hat die Aufgab e, das Produktio nspotenzial einer Volksw irtschaft zu erhö hen bzw. Wachstumsd ynami k zu steigern (in der Abb. B.6 durch eine Niveauve rschiebung der durchgezogenen Linie, Produktionspotenzial. angedeutet).
1.3 Die Allokationsfunktion Im Rahme n der Alloka tionsfunktion kommt dem Staa t - neben der Wettbewerbspolitik - die Aufgabe zu, ineffiziente Marktergebnisse zu korrigie ren . Aufgr und von Markt unvollkommenheiten bzw. Markt versage n ist der Markt nämlich nicht immer in der Lage, die Zuteilung der Produktionsfaktoren derart zu lenken, das s mit dem gegebenen Bestand an Ressourcen ein Ma ximum an Gütern hergestellt wi rd und die Produk tion bestm öglic h an den Präferenzen der Wirtschaftssubjekte ausge richtet ist (effiziente Allokat ion). Die Eingriffsintensität und das Eingr iffsinstrumentarium reichen dabe i von vollständig em (staatlic he Produktion) und direktem öffentlic hem Einfluss (Regu lierung) bis zu einer nur schwa chen und indirekte n allokati ven Einflu ssnahme über das Setzen von Anreizen (Erhö hung der Steuerbelastung ) bzw . Verändern von Anr eizstr ukturen (Belohn ung und Strafe). In Abb. B.7 sind die zentralen Ursachen des Marktve rsage ns zu sammengefasst. Ursachen des Marktversagens
>- Öffentliche Güter >- Externe Effekte >- (Oe) Meritorische Güter
>>-
Abb. B.7. Ursachen des Marktversagens
Natürlich e Monopole Inforrnationsasymmetrie
Der Staat in der Wirtschaft
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1.3.1 Das Konzept der öffentlichen Güter Ohn e staatliches Eingre ife n würden öffe ntlic he Güte r übe rhau pt nicht oder nur in viel zu geringem Umfang angeboten . Ein Gut hat den Charakte r eines öffentlichen Gutes, we nn es durc h die Eigen schaften der Nic ht-Ausschließ barkei t und der Nic ht-Rivalität geke nnzeic hnet ist. Nicht-A usschließba rkeit lieg t vor, wenn potenzielle N utze r nicht von de r Nutzung eines G utes ausgeschl ossen wer den kön nen, auch dann nicht, wenn sie keine n Beitrag zur Finan zier ung der Produktion d ieses Gutes le isten. Die mangeln de Aussch ließbarkeit kan n instituti o nell (aufgrund unklarer Eigentumsrechte), technisch oder öko nomisch (zu hohe A usschließungskosten ) bedingt sei n. Nicht -Rivali tät liegt vor, wen n ein Gut von vie len Personen g leichze itig ko nsumiert werden kann , ohne dass der N utzen eine r Person den Konsum anderer Personen beschränkt.
Nicht-Ausschließbarkeit
Nicht-Rivalität
Liegt A usschIießbarkeit vor, kön nen pote nzie lle Nutze r über die Erhe bung eines Preises von der N utzung eines Gute s ausgeschloss en werde n. Lieg t Rivalität vor , fü hrt die gle ichze itige Nutzung eines Gutes durch me hrere N utzer zu einer gegenseitigen Einschränkung des Nut zens aus diesem Gut. Bei pr ivaten Gütern liegt AusschIießbarkeit und Rivalität vor (z .B. bei einem Brot). In Abb . B.8 sind weitere versc hiede n Kombinationen der beiden Guts eigenschaften Rivalität und Ausschluss angegeben . Güte r, die zwar A ussc hIießbarkeit aber keine Rivalität aufweisen, beze ichnet man als Ma utgüte r oder Klubgüte r. Ein Beispiel dafür ist eine Brücke, die zwar we nig befahren wird, für deren Nut zung aber eine Gebü hr entric htet werden ka nn bzw. muss. A nde re Beispiele sin d Badea nstalten und Tennisclubs. Klubgüter kö nnen und so llten pri vat be reitgestellt werde n.
Maulgüte r
Auss chIießbarkeit
Rivalität
Ja
Nein
Ja
Private Güter
Allmendegüte r
Nein
Mautgüter
Öffentliche Güter
Abb. B.8. Gütere inte il ung nach AusschIießbarkeit und Rivalität
Die Kombinatio n fehlender Aussc hIießbarkeit be i gleich zeitige r Rivalität ken nze ich net sog . A llmen degüter (z.B . die Fischgründe in de n We ltmeeren oder der tropische Regenwald) . Aufgrund der mange lnden Ausschlie ßbarkeit (z.B. wegen nicht durc hsetzbarer bzw . festlegbarer Eigentum srec hte ) nimmt in de r Regel jeder Zu griff auf diese Güte r, ohne eine n ent sp rechenden Pre is zu bezahlen. Es komm t zu einer
Allmendegüter
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Der Staat in der Wirtschaft
Übe rnu tzung, der nur durch eine freiw illige Ko operation unter den Nutzern Einhalt geboten we rden kann (z.B. Kyoto-Protokoll). Öffentliche Güter sind z.B. ein Feuerwerk, die Stra ßenbeleuchtung, ein nationale s militärisches Abweh rsys tem, aber auch ökono mis che Zustände wie eine »gerechte« Einkomm ensverteilung und Preisniveaustabilität.
global public goods
Je nachdem wie viele Nutze r die öffentliche n Güter ge mei nsam in Anspruch nehm en kö nnen, we rde n diese noch in lokal e (Parkanlagen), region ale (Land straß en) , national e (nat ional es Recht ssystem) und internationale öffe ntliche Güter (Korruption, internat ional er Te rrorismus, Ozonloch oder Spammail s) unterteilt. Insbesondere letzteren - den sog. global publ ic goods - komm en im Zuge der Globali sierun g zunehmende Bedeutung zu. Nic ht-A usschli eßbar keit in Verbindung mit rationa lem Verh alte n aller Beteiligten führt in der Regel dazu , dass sich kein privater Anbieter findet, obwohl Einzelne ode r die Gemeinsc haft insg esam t dieses Gut wünsche n. Der Markt versagt, weil individuell rational es Ver halten zu ei nem ge mein schaftlic h irrational en Erge bni s führt (Dilemmasituation) . Öffent liche Güter müssen daher in der Regel staatlich bereitgestellt we rden.
free-rider-Verhalten
Gefrag t nach seiner Zahl ungsbereitschaft in Verbindun g mit dem N utzen, den ein individuelles Wirt schaftssubjekt aus dem einmal bereitgeste llten Gut zieht, wird jede(r) rationa l Hande lnde ein sog . Trittb rettfahrer-Verhalte n (free-rider-Verhalten ) einnehmen . Das bedeutet, sie bzw. er wird jeden Nutzenempfang und jede damit verbu ndene Zahlungsauffo rderu ng leugne n bzw. ablehnen, um nic ht an den Kosten der Bere itstellu ng des Gutes beteili gt zu werden. Schließlich hat er (sie) j a die Gewissheit, dass das einm al bereitgestellte Gut auch für ihn (sie) koste nlos zur Verfügu ng stehen wird . Andererseits fehlen pri vaten An bietern je gliche Anr eize das Gut bereitzu stellen, weil sie aufgrund der fehle nde n Zahlun gsbereit schaft keinen Gewinn am Markt erz ielen können. Nic ht-Rivalität bed eut et, dass ein zusä tzliche r Nutze r kein e we iteren Kos ten ver ursacht; die Gren zko sten der Nutzung ei nes bestehend en Gutes sind folglich gleich Null. Das Problem, das hierb ei ent steht, liegt auf der Hand . Während bei Nic ht-Aussc hließbar keit eine Vermarktun g des betreffenden Gutes in der Regel nicht möglic h ist, führt Nicht-Rivalität dazu , dass eine Vermarktung nicht sin nvo ll ist. Wieso sollte ein wei tere r Nutze r dara n ge hinde rt we rden, vorhandene Einhe iten des Gutes rnitzunutzen, wenn dies ke ine Kosten ve rursacht. Der zusä tzliche N utzer würde bess er ges tellt, ohn e irge ndjemanden schlechter stellen zu müssen. Ein Aus-
Der Staat in der Wirtschaft
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sch luss kann bei vollständiger Nicht-Rivalität also nicht allokativ effi zient sei n. Aus allokativer Sicht sollte daher z.B. kei ne Maut erhoben we rden , wenn das Verkehrsaufk ommen sehr gering ist. Allerdi ngs ist zu berücksichtigen, dass die Produktion eines solc hen Gutes Koste n verursacht, die gedeckt werden müssen. Die staatliche Bereitste llung re in öffentlicher Güter lässt sich folgl ich auf zweifache We ise begr ünd en. Zum einen kommt wegen der NichtAus schl ießbarke it sehr wahrschein lich ein Ma rkt er st gar nicht zustande . Zum anderen führt der Markt aufgrund der N icht-Rivalität zu allo kativ unbefriedigenden Erge bnissen . Finan ziert werden öffentliche Gü ter über Zwangsabgaben (z.B. Steu ern ). Allerdings entspricht dann im A llge meinen der individuelle Finanzier ungsbeitrag nicht der individ uellen Nutzung. Im Falle internati onaler öffe ntlicher Güter bleibt in der Regel nur die Finanzier ung über freiw illige Beiträge, da es kei ne We ltregierung gibt, d ie kraft ihres Machtmonopols Zwangsabgaben durchsetzen kö nnte. Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Bereitstellung öffe ntlicher Güter durch den Staat betrifft die Präferenzenthü llung. Kenntnisse über die Präferenzen der Bürger für öffentlic he Güte r sind wich tig, um eine allokativ effi ziente Z ute ilung de r budgetären Mittel auf ein ze lne staatliche Aufgaben - die Allokation der Ressourcen inne rha lb des öffentlichen Sektors - vorne hmen zu können .
staatliche Bereitstellun g
Finanzierung
Präferenzenthüllung
We iterhin sind sie von Bedeutun g, um Po litiker und Bürokraten dazu zu bringen , den Bürgerpräferenzen in ihren Entsche idungen über staatliche Maßna hmen stärker Rec hnung zu tragen. Eine bessere Präferenzerfassung kann den politischen Wettbewerb zwi schen den Parteien inte nsivieren und infolgedessen davon eine stä rkere pol itische Kontrolle der Bürokratie induzieren. Eine Mög lichkeit, die Ent hüll ung der Präferenzen zu gew ährleiste n, bieten die Entscheidu ngsverfah ren (z.B. Wah len) im politischen Prozess. Z u bede nke n ist, dass d ie Bereitstellung öffe ntlicher Güter nicht m it deren Produktio n g leich zusetzen ist. Mit Bereitste llung ist der politische Entscheidungsproz ess gemeint, in dem über die Notwendigkeit de r Verso rgu ng der Bevö lkerung mit besti mmten Güte rn und dere n Fina nzierung entsc hiede n wird. Produktio n betrifft die Herste llung des gewünsch ten Gu tes . Sie kan n privat ode r öffe ntlich e rfo lgen . Beispie lsweise wir d das Gut »Landesverteidigung« öffentlich bereitgeste llt, währe nd die meisten Ausrüstungsgegenst ände , die hierfür erfo rderlich sind (u.a. Flugze uge, Panze r), von privaten Unte rneh men produ ziert we rden.
Bereitstellung versus Produktion
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Der Staat in der Wirtschaft
1.3.2 Externe Effekte Eng verwandt mit dem Kon zept der öffentliche n Güter sind die externen Effekte oder Externalitäten. Externe Effekte sind Au swirkungen auf Dritte , die in der Entscheidung und Handlung des Verursachers ke ine Berücksichtigung finden und nicht über den Markt entgolten werden. Sie können sowohl bei der Produktion als auch beim Konsum auftreten. externe Effekt e versus öffentliche Güte r
Der Unterschied zum rein öffentlichen Gut besteht darin , dass externe Effekte immer als Nebe nprodukt bei der Prod uktion oder beim Konsum privater Güter auftreten . Im Gegensatz zu öffentlichen Gütern besteht Nicht-Ausschließbarkeit und Nicht-Rivalität nur für einen Teil der Leist ungen (bzw . Nut zu ngen) . Der Unterschied zwischen dem Vorliegen eines externen Effekts und einem öffentlichen Gut liegt folglich im Gra d der Externalität. Ist Z.ß. die Nut zung eines privaten Gutes mit externen Effe kten verbunden, so bedeutet dies , dass man das Aus schlussprinzip nicht auf a lle Nutzungsarten dieses Gutes anwenden kann . Im Falle eines positiven externen Effekts erfolgt eine Nut znießung Dritter ohne eine entsprechende Gegen leistung. Ein negativer externer Effekt liegt vor, wenn ei n Dritter Nachteile in Kauf nehmen muss, ohne dass er über den Markt eine Entschädig ung dafLir erhält.
Bere ich der Entst ehung
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Betroffener Berei ch Produktion
Konsum
negativ
Reduktion des Fisch fangs durc h produktionsbedingte Wasserverschm utzung
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positiv
Grundlagenforschung ohne Patentierung
Landschaftspftege durch Landwirte
negativ
Einstellung der Fischzucht durch Abwassereinleitung private r Haushalte
Passivrauchen
positiv
Ertragssteigerung beim Imker durch zusätzliche Apfelbäume
Verschöner ung der Land schaft durch Kleingartenanlagen
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Abb. B.9. Posit ive und negat ive externe Effekte
Der Staat in der Wirtschaft
49
Abb . B.9 ord net mögl iche exte rne Effekte nach dem jeweiligen Bereich der Entstehung, der Einflussrichtung sowie dem betro ffenen Bereic h. Dabei kann ein externer Effekt auch bereichsübergreifend wirke n und sowo hl Konsu m als auch Produktion gleichzeitig betreffen. Durch die Exi ste nz externer Effekte ents teht eine Diskrepanz zwisehen privaten und gese llsc haft liche n Kosten bzw. N utze n. Der Ve rursac her negativer externer Effekte trägt nic ht die ges amten Kosten, die de r Gese llschaft durc h seine wirtschaftliche Aktiv ität entste hen , während de r Verursac her positiver externer Effe kte n icht de n vollen Gegenwert seine r Leistun g erhä lt. Das Erge bnis ist ohne staatliche Eingriffe eine ineffiziente Ressou rce nallokat ion. Negative externe Effekte in der Produktion oder im Kons um bewi rke n übe r die Marktmechanis men eine größere Güterme nge als die gesellschaftlich wünsche nswerte und damit eine Verschwe ndung der betreffen de n Resso urcen . Positive exte rne Effekte dagegen bringen d ie Märkte dazu, eine geringere als die gesellschaftlich wü nschenswerte Menge z u pro duzi eren (si ehe Kap . »A ngewandte Mikrc ökonomie«, Abschn.2). Z ur Einbez iehung der externen Effekte in das individuelle Entscheid ungskalkü l, fü r die sog . Internalisierung externe r Effekte, kom me n verschie de ne Maßnahmen in Frage. Vo n Internalisierung externer Effekte spricht ma n, wei l die Ver ursacher und/oder Betroffenen durch staatliche Verä nder ungen der Anrei zstrukture n veranlasst werde n sollen, die volkswirtschaftlich opti male Menge an zubieten bzw . nach zufragen . In Abgrenz ung staat licher Eingriffsin tensität lassen sich fo lge nde Ma ßnahmen unterscheiden : Auflage n wie Ge- und Verbote , marktw irtsc haftliche Lösungen wie Steuern (bei negativen externen Effe kten ) und Su bventionen (bei positiven externen Effekten) sowi e die Förderung private r Ve rhand lungslösungen dur ch die Zuteilu ng entsprechender Eigentums- bzw . Ve rfLigungsrechte. Auch die EinfLihrung de r Umwe ltzertifikate im Rahm en des Kyo to- Protokolls ist Teil dieser Po litik. Auf die sog. Pigou-Steuer als Instr ument zur Intern alisierung externer negativer Effekte wird in Kap. »Angewa ndte Mikro ökonomie« ausfLihrlich eingegangen.
1.3.3 Meritorische und demeritorische Güter Bei (de) meritorischen Gütern hande lt es sich um Gü ter, die über den Markt angeboten werden . Bei einem privaten Angebot entspreche nd den indivi duellen Präferenzen kommt es jedoch im Urtei l des Staates bzw . der po litischen Entsche idungsträger zu einem unerwünsch ten
Diskrepanz zwischen private n und sozialen Kosten bzw. Nutzen ...
... führt zu ineffizienter Ressourcenallokat ion
Internalisierung externe r Effekte
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Der Staat in der Wirtschaft
Ausmaß im Kon sum . Dieser kann sow oh l zu niedr ig (m eritorisches Gut) als au ch zu hoch sei n (dem eritorisches Gu t). (D e)m er itori sche Güter an sich gibt es demzufol ge nicht. Es gibt lediglich Vorstellunge n bei »w ohlinformie rten Politikern« dar über, bei we lche n Gütern verzer rte Präferenzen vorliege n. Der Unters chied zwi schen externen Effekten und meritor ischen Gütern besteht mithin darin, dass im ersten Fall staa tliches Handel n mit den Folgewirkungen der Handlun g eine s Wirtschaftssubjekts auf »unbeteiligte « Dritte begr ündet wird, währe nd im Fall der meritor ischen Güter das Interesse für das einzelne, handelnde Indiv iduum im Vordergru nd steht. In der Prax is lassen sich diese untersch iedli chen Motive natürlich nur schwerli ch a useina nder ha lten. Bei spiel swe ise lässt sich die Tabaksteuer sowo hl mit dem Argument rec htfe rtigen , der Rauc her erkenne nicht die damit verbundene Schädigung seines Körper s oder dam it, dass dadu rch Passivraucher massiv in ihrer Gesundheit gefährdet werden können.
Ursä chlich für die »fa lschen« Präferenzen seitens der Bürger können unvollkomme ne Infor matio ne n (z .B. durch irrefü hren de Werbun g) oder dere n falsche Ve rarbeitung sein. Nicht selten spielen im Rahmen dieses Konzepts auch verteilungs politisc he Zielsetzungen oder »übergeordnete Belange« für staatliche Interventi onen eine Rolle . Zur Korr ektur fehl geleiteter Präfer enzen bieten sich wie de r Gebot e oder Verbo te (z.B. Sch ulzwang oder Kon sum verbo t von hart en Droge n), Sub vent ion en (z.I3. bei der Schulmilch oder Theaterbes uche n) oder Steuern (z.B. Tabaksteuer oder eine Strafsteuer auf Alkopops) an. Als Alternative zu diesen Maßnahmen wü rde sich eine bessere Informationspolitik (»Rau chen kann tödlich sein« ) anbieten. Staatliches Handel n auf dieser Grundlage zu legiti mieren ist problematisch. Zun ächst ste llt sich die Frage, warum j eman d besser wiss en so ll, was für ein einzel nes Individuu m richt ig ist. Und warum ausg erechnet der Staa t? Darüber hinaus verstößt diese Argum entation für Staatsei ngriffe gegen die der liberalen Ök onomie zugrundeliegende Annahme, nach der die Individuen selbst am Besten wisse n, was ihre wahren Präferenzen sind. Problematisch ist auch, dass mit den Argumenten der »Feh leinschätzun g« und »übergeordneter Belange « jede Intervention gerechtfertigt werden kann.
Der Staat in der Wirtschaft
Sanfter Paternalismus Ausge löst durc h die Kritik am Menschenbild des »horno oeconomicus« postul ieren Wirtschaftsforscher eine grun dlege nd andere Wirtschaftspolitik, die auf den neueren Erkennt nissen der Verhaltensforschung aufbaut. Derzufolge entsc heiden die Menschen u.a. ehe r auf der Basis von unklaren Fausregeln und/od er sie entscheiden sich aus Verlusta ngst und Trägheit für gar ke ine Veränder ungen . Zwar lehnen sie - ähnlich wie klassische liberale Ökon ome n - eine direkte Bevor mundung des Einzelnen durc h den Staat ab. Sie sprechen sic h aber für sa nften Druck aus, mit dem der Staat die Menschen in die richtige Richtung leitet, ihnen gleichzeitig aber die Option lässt, sich anders zu entscheiden, wenn sie es wollen. Ein konkretes Beispiel liefert die Organspende. In Deutschland müssen Bürger ausdrücklic h erklären, dass sie als Organspende r zur Verfügung stehen. Nur die wen igsten aber mac hen sich diese Mühe. In Österreich dagegen geht man davon aus, dass alle Bürger zur Spende bereit sind, Widerspruch ist proble mlos möglich. Die Folge ist, dass in Öste rreich deutlich mehr Organe gespendet werden als in Deutschland. Sel bst die Steuermoral lässt sich unter Berücksichtigung dieser neueren Erken ntnisse erhöhen. Bei spielsweise verschic kte n in einem Feldversuch die Steuerbehörden im US-Bundesstaat Minnesota verschiedene Infobriefe an säumige Steuerzah ler. Einige inform ierten sie über die Verwendung der Ge lder, andere über die Strafen für Steuerhinterzieher, wiede r anderen bote n sie Hilfe beim Au sfü llen der Ste uerformu lare an. Einer vierten Gruppe teilte das Finanza mt lediglich mit, dass 90 % der Bürger ihre Steuern bereits ordnungsgemäß und vo llständig bezahlt hätten. Nu r dieses letzte Schrei ben, das indir ekt an das Fairnes s-Bedürfnis der Men schen appellierte, hatte einen messbaren Effekt auf die Zahlungsmoral. Wo abe r genau verläuft in der Wirtsc haftspolitik die Gren ze zwischen »harte rn« und »sanftem« Paternalismus? Theoretisch kann der Staat die Bürger unbegren zt an die Hand nehmen, um ihr Leben länger, gesü nder und besser zu machen. Letztlich ist es aber schwe r zu entsc heide n, wo aus einem klei nen Schubs ein Stoß wird - oder gar die totale Bevormun dung .
Aus: Holtermann, F., Storbeck, 0. , Die Stunde der Verführer , in: Handelsblatt vom 17. 05.2010
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1.3.4 Natürliche Monopole Ein weiterer Grund für Marktve rsagen besteht in der Existenz nat ürl icher Monopole . Ein natürliches Monopo l liegt vor, wenn eine gegebene Mar ktnac hfrage am kostengün stigsten von einem Alle inanbieter be fried igt we rde n kan n. Ty pische natürli che Monopol e sind alle leitungsgebundenen Vers orgungse inric htunge n wie Eisenbahn, Kanali sation , Strorn- , Ga s- und Wasserversorg ung. Hinreiche nde, wen n auc h nicht notwend ige Be di ng ung dafür sin d perman ent fallen de Durchschni ttsk osten in der Produktion (siehe Kap. »A ngewandte Mikroök onorni e«). Dies ist in der Regel dann der Fall, we nn das A ngebot durc h seh r hohe fixe Kosten und ex tre m niedrige Grenzko sten charakte risiert ist. Z um Beispie l ve rursacht es kaum zusätzliche Kosten, an ein bestehendes Kabe lnetz noch eine n zusätz lichen Hau shalt anzuschließen. Unter Kosten ge sicht spu nkten bietet es sich also an, die Bere itstellung und Produktion dieser Güter und Die nstleist unge n alle in eine m Unternehmen zu überlassen . Au s we ttbewerbspolitis che r Sicht besteht jedoch die Gefa hr, dass das Unte rnehmen dan n aber seine Monopolmacht missbrauc ht. Wie de r stehen dem Staat zur Lös ung dieses Probl ems mehrere Opt ionen zur Ve rfügung, die sich durch mehr od er we niger inte nsive Staatsei ngriffe untersch eiden. Weit verbreitet war bis in die 80er Jahr e h ine in d ie Verstaatli ch ung d ieser nat ürl ichen M onopole , um Machtmissb rauch zu verhi nde rn. Inzwis chen set zen die me isten wes tlichen Staa ten au f d ie A ußenregulie rung privater An bie te r dur ch staa tlic he Reg ulierungs be hör de n (z. B. die Bu ndes netzage ntur in De utschland) und/od er die Erzeugung potenzieller Konku rrenz (z.B. im Energie- und Te lekomm unikations bereich innerhalb Europas).
1.3.5 Asymmetrische Information Asym metrische Information en unte r den Mar kttei lnehme rn kön nen ebenfa lls zu Marktversagen führen. A symm etr ische Inform ation liegt vor, we nn ei ne Mark tsei te besser als die an de re übe r die relevanten Eigenschaften des am Markt ge hande lten Gutes informi ert ist. Je nach Markt kö nnen die Information svorteile somi t au f der Se ite der Anb ieter oder au f der Seite der Nac hfrager liegen.
Erfahrun gsgüter
Vert rauensgüter
Betroffen von die ser Form des Marktversagens sin d die Märkte fü r sog . Erfa hrungsgüte r und Gl aub ensgüter. Bei Erfa hrungsgütern erschließen sic h die Eigenschaften des Gutes ers t nach dem Kauf und im Z uge des Ko nsum s (z.B. bei einem Res taur antbesuch). Bei Ve rtra uensgütern kö nnen die Wi rtsc haftssubjek te se lbst nach dem Tausc hak t
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nicht gut beurteil en, was sie da e ige ntlich erworbe n hab en (z. ß. bei einem Arztbesuch). Ein Ar beitnehmer besitzt z.B , hinsichtlich seiner Qu alifikation und seines ArbeitswilIen s mehr Informationen als der potenzielle Arbe itgeber . A uch der Autohändler besitzt in der Regel meh r Informationen über die Qualit ät eines Gebrauchtwag ens als der Käufer. Zwi sche n der Versiche rung und den Ver sicherungsnehmern bestehen ebenfalls unterschied liche Informationen bei spiel swei se über den ges undheit lichen Zu stand de s Versicherungswill igen ode r sein Fahrve rhalten im Stra ßen verkehr. Generell lassen sich zwei Art en von asymm etrischer Informationsverteilun g unterscheiden: vor Vertragsabschluss: eine Markt seite kann die Qualit ät eine s Gutes bzw . einer Leistung ex-ante besser ein schätze n als die jeweils andere Markt seite . Da die andere Markt seite die Qualit ät nicht so gut beobachten kann, w ird auch von dem Problem »versteckter Infor mati on« ges proche n. Al s Konsequenz d ieser Form der asymm etr ischen Information kann das Phänom en einer »Negativaus lese« (ad verse selection) auftreten. nach Vertragsabschluss: e ine Mar ktseit e über die Mögli chkeit verfüg t, wesentliche Sachverhalte ex-post unbemerkt von und zu Laste n der and eren Marktse ite zu verände rn. Da eine Marktse ite die Handlungen der and eren nicht beobachten kann , wird dies auch als Problem der »versteckten Handlung« bezeichnet. Al s Kons equenz dieser Form der ungleichen Informations verteilun g besteht die Gefahr des »rnoralische n Risiko s« (moral hazard) , was in etwa mit einem Mange l an Anreizen zur Sorgfalt g leichzusetze n ist. Moral-Hazard-Verhalten steht in engem Zu sammenh ang mit dem Prinzipal-Age nt-Problem, we nn also jemand (Agent) für eine andere Person (Prinz ipal) tät ig w ird . Sofern de r Pr inz ipal das Ve rh alten de s Agenten nicht überwachen kann und diese beiden Akteure untersch iedliche Interessen habe n, neigt der Agent häufig dazu , sich weniger für die Ziele des Prinzipals einzu setzen bzw . wen iger Sorgfalt bei der Umsetzu ng de r Vorgaben de s Prinzipal s walten zu lassen (versteckte Handlun g), als es aus der Sicht des Prinzip al wün schen swert wäre . Die mögl ich en Folge n beid er Fo rmen asymm etri scher Information sin d, dass auf dem Markt entwe der nur relativ schlechte Qualitäten gehandelt we rden (ad verse selection) - ein Ergebnis, das einem funkt ioniere nden Markt gen au entgegenge setzt ist - und/ode r nur noch Verträge zu relativ hohen Prei sen abgeschloss en werden können bzw . bestimmte Vert räge gar nicht zustande komme n (mo ral hazard) .
moral hazard
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Adverse Selection im Versicherungswesen Ang eno mmen e iner Krankenversicherung ist es nicht möglich, einze lnen Personen ein e Wahrscheinlichkeit für den Eintri tt ei nes Krankheitsfalles zuzuo rdnen, sie ke nnt also vor Vertragsabschluss nicht die »Qualität«, das bedeutet in diesem Fall de n Ges undheitszusta nd, des potenziellen Versicheru ngsne hmers . Die Versicherungsnehm er kennen aber ihre n Gesundheitszusta nd. Ne hmen wir weiter an, die Versicheru ng ver langt deshalb von ihren Versicheru ngsnehmern eine einheitliche Prä mie , kalk uliert a uf der Basis der durc hsch nittlichen Schadenswahrschei nlic hkeit. Für Pe rsonen mit einer geringen Eintr ittswahrscheinlichke it - aus Sich t de r Ve rsiche rung die gute n Risiken - ist der Abschl uss eines Versicherungsve rtrags da nn aber ökonomisc h nicht meh r attraktiv, weil die Prämie höher ist, als der zu erwartende Schade n. Sie subventio niere n »sch lechte Risike n« und beko mmen im Dur chschnitt weni ge r als ihre Beitragsleistungen zurück. Wenn sich daher »gute« Risike n nicht versichern oder eine eigene Gruppe bilden, schließen nur »schlechte« Risiken und Personen mit hoher Risikoaversion Versicherungen ab . Das fü hrt zu eine r Erhöhung der d urc hschnittlichen Eintrittswahrsche inlichkeit, was wie deru m die Versicherungsprämien in d ie Höhe treibt. Let zten dlic h ist z u erwarten, dass nu r noch die Personen mit der höchsten Eintrittswahrsche inlichkeit von Krankheitsfällen als Nachfrage r übrig bleiben und die Beiträge weite r stei ge n. Die Versicherung bekom mt eine negative Auslese. Im Extremfall wird überhaupt kei ne Versicheru ng angeboten (Marktversagen).
Zum Verständn is de s »mora l hazard«- Problems und seiner Auswi rkun gen muss man sic h nur klar mac hen , dass Personen bei Handlu ngen , die einem Ver sic herungssch utz unterliegen, oft weniger sorgfä ltig sind (nac h de m Motto : »es za hlt doc h die Ve rsic herung«) als in einer Situation ohne Versicherungsschutz. Unterliegen nun viele Personen innerhalb einer Versicherung und eines Versicherungs bereichs der Versuc hung des moralischen Risikos (in gewisser Weise eine Variante des Trittbrettfahrerverhaltens), so wird sofern de r Versic herer die Versicherungsprämien nicht am Umfang der So rgfalt jedes ein zel ne n Versicherungsnehmers orientieren kann, da er d ie Hand lungsweise des Ve rsicherten vora b nicht ke nnt - die au f die durch schnittliche Eintrittswahrsc he inl ic hke it bemessene Ve rs icherungsprämie hö her se in, als ohne mo ra l hazard-Ve rhalten. Auf dem Ma rkt für Ve rsicherungen mü ssen »Preise« bezahlt werden, die viel höher sind als sie bei vollkommener Information sein müssten.
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Einmal ve rsiche rt, ist es für den einze lnen Ver sich erungsnehmer in d iesem Fall auch rational, moral hazard zu betreib en, g ibt es doch für ihn keine Möglichkeit, dieser Dilemmasituation zu entge hen. Entsche idet er sich zu sorgfält igerem Hande ln, so mu ss er d ie Kosten dafür tragen (z. B. ein bess eres und teueres Fahrradschloss zu kaufen od er durch den Verzehr von Bioko st gesünder zu leben) , se ine Versicherungsprämi e wird dadurch jedoch nicht fühlbar sin ken.
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Dilemmasituation
Auch hier, wie schon bei den öffentlichen Gütern, führt je individuell rationa les Handeln zu einem kollektiv irration alen Ergebnis . Durch den rationa len Verzicht auf meh r Sorgfalt ent stehen den anderen Ver sicherungs mitg liedern höhere Ko sten (externe Effekte) und letztlich allen höhe ren Prämien. Z u dem gleichen Erge bnis kommt es, we nn der Versichert e die Schaden sbeseiti gun g ma ximal ausführen lässt und nicht ko stenb ewusst. Auch hier wäre ein Verzicht auf mo ral hazard Verhalten nicht rational , da für den Einze lne n unt er den oben ge nannten Bed ingun gen nicht beitragsrelevan t. Be isp iel hierfür ist die übermä ßig teure A utoreparatur oder wenn im Krankheitsfall umfangre iche med izin ische Lei stungen in An spruch genommen we rden . Wenn die Individu en bei vollstä ndiger Abs ich erung zu we nig tun, um da s Au ftreten de s Schaden sfall es zu verhinde rn spricht man auch von moral hazard ex ant e. Bemü ht sich der Vers ich ert e bei einem bereits eingetretenen Schadensfall zu wen ig um die Begren zun g der Folge kosten , wenn diese vo n der Versi cherung übernommen we rde n, spricht man von moral hazard ex post. Speziell bei Krankenversicherungen bedeutet mo ral haz ard ex ante, dass die Individuen beispiel swe ise zu viel rauchen, sich unge sund ernähren ode r riskante Abenteuer unternehmen, weil sie wissen , dass die Beh andlung der darau s res ultieren den Krankheiten vo n der Gemeinschaft der Versicherten übernommen wird. Bei moral hazard ex post werd en die Versichert en beispi els weise mehr med izinische Leistunge n nachfragen, we nn sie die Kos ten auf and ere abw älzen könn en und sie nicht nur selb st dafür aufkomm en müssen. Führt die bere its bestehende Vielz ahl von marktl iehe n Lösungen für Probleme de r Inform ation sasymmetrie durch das sog. »Screening« und »Signa ling« nicht we ite r, kommen in der Praxis vor allem staatliche Regelungen zu r Anwendung . Hierzu zähle n u.a. die Einfü hrung einer Pflichtversicherung (Ge sundheitsbe reich), wodurch das Au sscheiden der guten Risiken verhinde rt wird , Mind eststandards oder Z ulassungsbeschränkungen, Verpflichtungen zur Informationsbereit stellung oder das Produ kthaftun gsrecht.
rnoral hazard ex ante moral hazard ex post
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Screening
Signaling
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Beim »Screeni ng« als marktliehe Lösung geht die Initiative von der sch lechte r informie rte n Marktseite aus. Beis pie le hierfü r sin d Eignungstests und Bewe rbungsgespräche aber auch Selbstbeteiligunge n bei Versiche rungs neh mern sowie Bonusprämien, wobei es in den zuletzt genannten Fällen quasi zu eine r Selbstselektion mit entsprec hender Eingruppierung in die jeweiligen Tarife dur ch die besser informierte Marktseite komm t. Beim »Signaling« geht die Initi ati ve von der besser informierte n Markt seite aus. Beispiele sind die Einrä umung von Garantieversprechungen (Gebrauchtwag engaran tie), die Akkreditierung von Studiengäng en oder die Überlassung von umfassenden Bewerbun gsunterl agen.
1.4 Marktversagen versus Staatsversagen
Mischgüter
Tatsächlich gibt es nur relativ wenige Güter, für die das Aussch lussprinzip grundsätzlich nicht angewand t werden kann. Andererseits sind externe Effekte allgegenwärtig. Insofern herrschen in der Realität die sog. Mischgüte r vor. Darunter sind all jene Güter zu verstehen, die in Teile n ihrer Nutzung sowohl Privatgutcharakte r als auch öffentlic hen Gutscharakter haben. Mit welchen Ante ilen Mischgüter tatsächlich vom Staat und von privaten Unterne hmen bereitgestellt und produziert werden, bleibt letztlich eine politische Frage. Im polit ischen Prozess wird entschieden, in weIchem Umfang welche exte rnen Effekte als so wichtig angesehen werden, dass staatliches Handeln notwend ig ist, bzw. wie vollständig das Ausschlussprinzip angewandt we rden soll. Die vollständige Interna lisierung von externen Effekten durch den Staat ist weder vorstellbar noch wünschenswe rt. Die Entscheidung ist von Land zu Land verschieden und hängt u.a. von ordnu ngs- und verteilungspolitischen Vor stellu ngen, den mit der Anwendung des Au sschlussprinzips verbundenen Koste n (dem technischen Fortschritt) sowie der Bevölke rungsent wickl ung (Rivalität) ab. Es überrascht dahe r nicht, dass trotz offenk undigen Markt versagens mitunter ein entspreche nder staatlicher Eingriff nicht zu beobachten ist oder der Staat dort in die A llokation eingreift , wo kein (relevan tes) Marktversagen vorliegt.
Staatsversagen
Selbst wen n Marktversagen vorliegt, ist dies noch keine hinreichende Bedingung für staatliche Eingriffe. Immerhin kann auch der Staat bzw. die staatliche Politik versagen (Staatsversagen) . Staatsv ersag en liegt dann vor, wenn die staatlichen Eingri ffe in das Marktgeschehen statt zur Problemlösung zu neuen und noch schwer wiegenderen Problemen führen , als selbst die mit Mängeln behaftete
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Marktlösung. In diesem Fall wäre das Marktergebnis als so genannte »second-best-L ösung« zu akzept ieren. Be sonders problem ati sch ist es, wenn staa tliche Eingri ffna hme zur Korrektur persönlicher Präfe renzen (z.B. das Drogenverbot) selbst zu erheblichen neg ativen externen Effekten (be ispielswe ise die Folgen der Besch affungskriminalität) beit rägt. Erst wen n zu erw arten ist, dass der Staat die Situation wirklich verbessern kann , liegt ein relev ante s, d.h. zu beseitigendes Marktversagen vor . So ist nicht grundsätzlich da von auszug ehen, dass Polit iker und Bürokrat en im Sinn e »wohlwollender Diktatoren« hand eln und d ie ges amtwirtschaftliche Wohl fahrt zu ma ximi eren versuc he n. Vielm ehr sind auch ihre Entschei dunge n von Eige ninte resse n geleitet, die all zu oft durch Machterhalt, Privileg ien aller Art (z.B. Dien stwagen) und auch d irekte Bestechungsge lde r bestimmt sind. Die ses individuell ration ale Verhalten vermögen die bestehenden politischen Entscheidungsstrukturen auch nur unzu reichend in gesellschaftlich rational es Hande ln zu kanali sieren. Ehe r noch sind d ie legit im ierten politi schen Entsche idungsträge r Interessengruppen au sgesetzt, denen es gelingt, für sie nützlich e Leistungen öffentlich bereitstell en zu lassen, obgl eich d iese privat angebot en werden könnten. In Intere ssengruppen schließen sich Wähle r zusam men, um als Gruppe ihr Ziele im politischen Proze ss besser durchsetzen zu können. Der Einfluss der Interessenverb ände beruht darauf, dass Politiker nur unvoll ständige Inform ationen über die Präferenzen der Wähle r besitzen . Interessengruppen verfü gen in der Regel auf bestimmt en Gebieten über spez ielle Informat ionen, welche die Unsicherhe it von Wähl ern , Politikern und Bürokrate n bezügli ch der Wirkun gen ve rschie de ner staatlich er Maßnahm en redu zieren könn en. Dieser Information svor sprung kann aber auch zur einsei tige n Beeinflussun g von ver sch iedenen Adressaten ge nutzt werde n oder wird eben gege n Sond er vort eile für die Grupp e eingetauscht. Tat sächlich we rden Vert reter von Interessen gruppen aufgrund ihrer großen Fachkenntnisse in der Praxi s bei der Era rbeitung von Gesetzesvorl age n von Parlament und Verwaltung regelmäßig zu Rate gezogen. Zudem sind Mitglieder von Interessengruppen im Parlament - ode r wie in Deut schl and auch im Finanz au sschu ss - vert reten und besitzen somit die Gelegenheit, direkt die Sonderinteress en ihrer Gruppen voranzutreiben . Theoretische Überlegung en und prakt ische Erfahrungen ze igen, dass die Organi sationsfäh igke it einzelner Gruppen umso größe r ist, je homogener die Interessenl age ihrer potenziellen Mitglieder ist. Das politische Gewicht einer Inte ressengruppe ist umso größer, je größe r ihr
Interessengruppen
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ökonomisches Konfliktpotenzial ist. Üblicherweise wird angenommen, dass die Interessen der Produ zentenseite (Unternehmen, Gewerkschaften) daher eine politisch wirkungsvollere Vertretung finden als die der Konsumentenseitc.
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2. Der Haushalt Eine ze ntrale Rolle im pol itischen Will ensbildungs- und Entsche idungsprozes s spi elt der j ährliche Haushalt (Budget). Er ist eines der wicht igsten Instrument e des Staates zur Planung der Höhe und der Struktur staatliche n Einnahme n und Au sgab en . Mit seine r Festlegung wird die Faktorallokation zwischen pr ivatem und öffentlichem Sektor sowie innerhalb des öffentlichen Sektors bestimmt.
leI-! BRINGE DEN HAUtl-!ALT IN ORDNUNG! In Abb . 8. 10 sind die Funktionen des Haushalts zusammengefasst. Im Budg et kommt das fundamentale Recht des Parlam ents zum Ausdru ck, übe r d ie Aus gab en- und Einnahme npolitik der Reg ierung entscheiden zu dürfen und das Reg ierungshandeln zu kontrollieren. Au s der Sicht des Parlaments kommt ihm somit eine bed eut ende parlamentarische Kontrollfunktion zu. Die Kontrolle funktioniert ex-ante durch die Einflussnahme während der verschiede nen Lesungen des Haushaltsplanes bis zur Verabschi edung und ex-post dur ch den Soll-1st-Vergl eich am Ende des Haushaltsj ahres.
Aus der Sicht der Regierung ist da s Budg et vor allem ein Planungsinstrume nt (politische Programm funkt ion). Da sic h staatliches Han deln mei st in Einnahm en und Au sgaben niederschlägt, kann der öffentliche Hau shalt als das in Zahlen und Gesetzesform gegoss ene Handlungsprogramm einer Regierung bezeichnet werden.
Funktionen des Haushalts
parlamentarische Kontrollfunktion
politische Programmfunktion
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Funktionen des Haushalts
~
Parlament arische Kontrollfunktion
~
Politische Programmfunktion
~
Administrative Lenkungsfunktion
~
Finanzwirtschaftliche Ordnungsfunktion
Abb. B.10 . Funktionen de s Ha ushalts administrative Lenkungsfunktion finanzwirtschaftliche Ordnungsfunktion
volkswirtschaftliche Lenkungsfunktion
Haushaltsgrundsätze
Die administrative Lenk ungsfun kti on be inhaltet die Ko ntroll e der Verwaltung du rch d ie Reg ierun g und das Parla ment. Die finan zwirtsc haftliche Ordnu ngsfun ktion soll eine n Überb lick übe r Ein nahmen und Ausg abe n der zukünftigen Periode geben und festste llen , ob es zu ei ne r forma len A usgeg liche nheit ko mmt. Eine materiell e A usgeglichenheit , die konkrete An forderungen an die Art und Struktur der zur De ckung der Ausgabe n benöti gt en Einnahmen fe stsc hreibt, besteht nicht. Die volksw irtsc haft liche Le nkungsfunkti on zielt au f den Einsatz des Gesamtb udgets zur Erreic hung mak roök on omischer Z iele wie z.B. Vollbeschäftigung, Preisniveaustabilität und Wir tsc haft swachst um ab (sieh e Kap . »Makro ökon ornic - Ziele der Wirtsch afts politik«). Dam it die Hau shalt sfunktione n annähernd erfüllt werden können, sind be sti mmte Hau shaltsgrund sätze e in zu ha lten . So verp flichtet de r »G rundsatz der Vollst ändi gke it« beispielswe ise das Finanzm inisterium dazu , im Hau shalt alle Ausgaben , und Einnahm en einzeln wi ed erzugeben, d.h. sie dürfe n nic ht sa ldiert wer den. Der »G rund satz der Einh eit« besagt, dass Ausgaben und Einna hme n in einem Haushalt zu sammengefasst werd en m üssen, damit das tatsächliche Hau shalt svolu me n nich t durch Ausgl iederung von sog . Nebenhaush alten verschl eiert w ird. Ziel die ser und we iterer Grunds ätze, wie z.B . die Grundsätze der »G ena uigkeit« und »Sp ezia lität« , ist die Sicherstellung der Übersichtlic hkeit und Kontr ollierbarkeit de s Hau shalt s durch das Parlament. Der Haus ha ltsgrun ds atz der » Wir tsch aftl ich ke it und Spa rsa rnkeit« beinhaltet die Ver pfli cht ung, dass die ei nzuset ze nde n Mi tte l au f den zur Erfü llung der Au fg ab en unb ed ingt notwendigen Umfang zu beschränken si nd (Sparsam ke it) und eine ve rnün ftige Rela tion zwischen dem ver folgte n Zie l und den einzusetzende n M ittel n anzustreben ist (entweder nach dem Minimalp rinzip oder Max imalprinzip).
Haushaltskreislauf
Art. 110 A bs. 2 GG bestimm t, dass der Hau shalt spl an du rch da s Hausha ltsgesetz fes tge leg t wird. Der Haus halts kreis lauf ist der gesetzlich
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vorgeschriebene Gang des Haushalts in einem parl amentarischen System. Er setzt sich aus vier verschiedenen Phase n zusammen, in denen die Entscheidungsträger wechsel n: der Aufste llung des Entwurfs durch die Exekutive, de r parlamen tarischen Beratung und Fests tellung , der Ausführung durch die Verwalt ung sowie der Haushaltskontrolle durc h den Bundesrechnungshof. Der gesamte Budget kreis lauf dauert in der Regel ca. drei Jahre.
Aufstellung
Gesetzgebung
des Haushalt sentwurfs durch
drei bzw. zwei Lesungen im
das Bundesmini sterium der Finanzen
--.. Bundestag und Bundesrat Veröffen tlichung des Haushalt sgesetzes
!
r
Ausführung
Kontrolle durch den Bundesrechnungshof Entlastung der Bundesregierung
Zuweisung der Haushalt smitt el
+--
durch das BMF an die Bundesbehörden
Abb. B.ll. Der Haushaltkreislau f
Um die Ver ha ndlungen bei der Hausha ltsa ufstellung zu erleichtern , beschließt die Bundesregierung in de r Rege l Eckdaten (z.B. die Steige rungsrate des Haushalts, Grenzen der Kredita ufna hme) um dam it den Rah me n für die Haushaltsve rhan dlunge n fest zulegen . Als Orie ntie run gsdaten hier für gelte n die Ste uerschätzu ngen des Arbeitskreises Steuerschätzung sowie die gesamtwirtschaftlichen Zielproj ektionen des Bundesministeriums für Wirtschaft. Kommt es bei den Haushaltsverhandlungen auf Ebene der Referatsleite r und Abteilungsleiter nicht zu eine r Einigung zw ischen dem Finanz ministerium und den einze lnen Sektorministerien werde n die Verhandl unge n auf die sog . Chefe bene verlagert. Kommt es auc h bei diesen medienwirksamen Chefge sprächen zu ke iner Einigung, wird das Problem auf Kabinettsebe ne ge löst. Im Kabinett kann der Finanz minister mehrheitlich nur mit Zustimmung der Kanzlerin bzw. des Kanzlers überstim mt werden (» Richtl inienkom petenz des Kanzlers«). Aufgrund der instit utionellen Gliederung lässt der Haushalt zwa r erkennen , »w ie viel« Haushaltsmittel den einze lnen Verwaltungsste llen
Chefgespräche
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zur Ve rwe ndung übert ragen we rden, nich t aber »wofür«, d.h. welc he Aufgaben und Zi ele mit Hilfe der fina nzie lle n Ress ourcen ve rfolgt we rde n sollen . Letzte res wird erst mit einer stärker ergebnisorientierten Gestaltung der Steuerung und Kontrolle des Haus ha lts mög lic h sein , wie dies vom BMF im Z uge eines gru ndlege nden Aus baus des bisher ige n Ha ush altss ys te ms z u einer mod ern en Kame ralistik (Erwe iterte Ka mera listik) ge plant ist.
2.1 Die Staatsausgaben In Abb . B. 12 sind die ge planten Gesam ta usga ben des Bun des (327,7 Mrd . €) im Jahr 20 10 nach Ministerien (Einze lplänen) geg liedert dargeste llt. Diese Unterteilung der A usgaben ist zu untersche iden von jener nach Aufgaben bereichen. Durch d ie Unterteilung nac h Aufgabenb ere ich en sind die I-I au shaltsm ittel ersichtlich , die für ei nzel ne Au fgaben - bzw . Politi kbereiche vorgesehen sind - unabhängig davon, in welchem Einze lplan bzw . Ministerium sie eta bliert sind. Bildung und Forschung
3% Wirtschaft und Techno logie
2% Allgeme ine Finanzverwaltung
3% Verkehr, Bau und Stadt ent wick lung
8%
Arbeit und Soziales
46 %
Verteidigung
10%
Abb. B.12. Gesamtausgaben des Bundes nach Einzelplänen. Quelle: BMF, Finanzplan 2009-2013
Abbil dung B. 12 macht deu tlich, dass das Ministeri um für A rbe it und Soziales übe r die weitaus meisten I-Iaushaltsmittel ve rfügt. Der Einzelplan »Hausha lt de r Bundessc huld« enthält im Wesentlichen die Ausgaben für die Ve rz insung de r Schulden des Bundes sow ie die Ausgaben fü r Bürgschaft en, Garantie n und sonstige Gewähr leistungen. Die Aus-
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gab en des Vert eid igungsministeriums entsprechen der Höhe nach jen en des Bundesmini ster iums fü r Verk ehr , Bau und Stadtentwicklung. Folgt man de r Aufteilung de r Au sgaben nach Aufgabenbereichen ist der Bereich »Soziale Sicherung« der größte Au sgabenblock im Bunde sh au sh alt (rd . 54 ,6 % der ge samten Ausg aben). Innerhalb diese s Aufgabenbere ich s dom inieren die Lei stungen de s Bundes an die gesetzliche Rentenversicherung gefolgt von den Le istungen für den Ar be itsmarkt. Der zweitgrößte Aufgabenbereich - noch vor dem Bereich »Vertcidigung« ist der Bere ich »A llgemeine Finanzwirtsch aft «. Hie runte r fallen im We sentlichen die Z insau sg aben, die rd . 12 % de r Gesamtausga ben de s Bunde s ausma chen. Unte r volk swirt schaftli ch en Gesi cht spunkten vo n Bed eutung ist die Unte rschei dung der staatliche n Ausgaben in Tra ns fer, Sub vent ionsund Realausgaben (Au sgaben fü r G üter und Dien ste). Bei den Tra nsferausgaben hand elt es sich um ei nse itige finan ziell e Le istunge n vom Staat an die Haushalte wie z.B. Kind erg eld und BAföG. Unter Subventionen we rden Fina nzhilfen und Steuervergünstigungen an Unternehmen oh ne unmittelbare Gegenleistung verstanden (z .B . im Bereich der Landwirtsch aft oder Forschung). Sowohl die Tr an sfe rs a ls auch die Sub ventionen führen nicht unmittelbar zu einer Inan spruchnahme von G ütern durch den Staat, wie das bei den Realausgaben der Fall ist. Mit Bl ick auf ihre Wirkungen auf gesamtwirtschaftlich e Abl äufe ist noch die Unterte ilung in konsumtive und investive Ausgaben von ökonomisch em Interesse. Investitionsausgaben gelt en in der Reg el als von höh erer Qualität, da sie das zukünftige Produktionspotenzial und som it di e Wachstum sau ssicht en ei ne r Volkswirtschaft bee influssen . Allerd ing s sind auch viele im haushaltsrechtl ich en Sinn e konsumtive Au sgaben als »produktive Au sgaben « an zus eh en . Bei sp ielhaft h ier für stehen die Ausgaben für Bildung und Forschung. Was als » Inv estiti onsausga ben« zählt, erh ält zudem du rch die Vo rschrift de s Art. 115 Ab s.1 GG erhebl iche Bedeutung. Demzufolge darf die Summe der Einna hmen aus neuen Krediten (die Nettokred itaufnahme) die Höhe de r im Hau shalt spl an ve ran schl agten Aus ga ben für Inve stitionen nicht übersch reiten. Au snahmen hiervon sind nur zul ässig zur Abwehr eine r Störung de s ge samtwirtsch aftlichen Gleichgewichts . Die Investit ionsausgaben des Bundes lassen sic h eine rse its in Sach investitionen und Finanz ierungshilfe n, and erers e its nach Au fgab enb er eich en gl ied ern . Die Finanzie rungs hilfe n des Bundes zugunsten von Inves titionsvorh aben Dr itter teil en sich der öffentliche Bere ich (L änd er und Gemei nden) sowi e sonstige Bereiche (z .B . Unternehmen und Sozialve rsicherunge n) . Von den Sach inve stitione n entfallen fast 80 % auf Baum aßn ahmen und hie r übe rwiegend in den Verkehrsbe reich .
Transferausgaben Subventionen
Realausgaben
Investitions-
ausgaben
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konsumti ve Ausgaben
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Der be i we item gr ößt e Ant eil der Ausgaben des Bundes ist im Jahre 2010 den kons umtive n Aus gaben zuz uordnen (rd. 85,2 %). Der größte Posten hier von entfä llt au f di e »L a ufende n Z uwei sunge n und Z uschüsse« (rd. 70 ,4 %) an and er e Ver waltungen und Bereiche (z.B. die Sozial vers ich erung), gefol gt von den »Zi nsausg abe n« (rd. 14,5 %) und »Pcrsonalausg abc n« (rd . 10,3 %) so wie den Posten »L aufen dc r Sachau fwand«.
2.2 Die Staatseinnahmen Die staatlichen Einn ahmen ergeben sich zum überwiegenden Teil aus Steuern. Sie machten beim Bund im Jahr 2006 80,2 % de r Gesa mteinnahmen aus. Unter die sog . »S onstige Einn ahm en« geh ören u.a. Einnahmen aus w irtsch aftlicher Täti gkeit und Ve rmö gen (be isp iel sweise auch ein Anteil am Gewinn de r Bunde sbank), Einnahm en aus Gebühren und Beiträgen sowie Erlös e aus Privati sie rungen . Kredite zählen im Haushalt zwar ebe nfalls zu den Einnahmen, stell en ab er letztlich nicht s and er es al s zukü nftige Ste ue rn dar (si eh e Kap. »Makro ökonornie Aus gew ählt e Pol itikb ereich e«, Ab schn . 2). Steuern
Steuern sin d Zw angsabga ben an den Staat ohne besondere Geg enleis tu ng . Neben der Einna hmenbes chaffungs fun ktion (fi sk ali sche Fun ktion) dienen Steuern auch der Ve rw irkl ichung bestimmter w irtsch aft spol itischer Ziele (nicht-fisk al ische Funktion), w ie z.B . de s Um weltschutzes oder der Einkom mm ens umv erte ilung . Das »Steuern mit Steuern« ist in zw isch en gä ng ige Pr ax is zu r Korrektur jegli chen Marktversag ens und erkl ärt zum Teil die sehr komplexen Steuersysteme. Abb. B. 13 ze igt d ie Struktur der Steue re innahmen in Deut schland im Jahre 2008. I-Iierb ei ist ers ichtlic h, da ss di e Ums atzsteue r und d ie Lohn-/Ei nkomme nsteue r zusammen ber eits rund 62,4 % des ges amten Steu eraufkommen s au smachen. Be i den spe ziellen Verbrauch steu ern domi niert die Min eral ölsteuer als au fkomm en sstärkste Steu er. Die Einnahm en au s der Lohn - und Einko mme nste uer, der Mehr wert steu er, Körp erschaftsteu er sowi e der Gewerbesteu er teilen sich Bund, Lände r und Geme ind en.
Finanzverfassung Steuerertragshoheit
Art. 20 A bs. 1 GG bestimmt, dass die Bundesrep ublik Deutschland ein dem ok rat ischer und sozialer Bundesstaat ist. Die Verteilung der Aufga ben -, Ausgaben - und Einna hm ekom peten zen fü r die jeweilige Gebiet skörperschaft sebene (Bu nd und Länder) ist im GG hauptsächli ch in Ab schnitt X, der sog . Finanzverfass ung, ger egelt . Bezüg lich der Steuere rtrags hohe it, mit der festge legt wird, we m die Steuer einnahmen zur fre ien Verwendung ganz od er zum Te il zu fließen, bestimmt die Finan zver fassun g u.a. , da ss die Einnahme n au s der Lohn- und Einkom-
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menste uer, der Mehrwe rtste uer und der Körperschafts teuer dem Bund und den Ländern gemeinsam zufließen. Ziel ist es, Bund und Lände r fina nziell in die Lage zu verset zen, die ihnen verfassungsrechtlich zukommenden Aufgaben auch durc hführen zu können. Erst dad urch können sich Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Aufgaben wahrne hmung entfalten. Tabaksteuer
Solidaritätszuschlag
0 0 2,3%
Grundsteuer Versicherungsteuer
0
0
Körperschaftsteuer
2 ,4%
G Q
n
0
1 ,6%
Stromsteuer
0
1 ,1%
um """,""
G MiO","''',"''
GG G 31,3%
Grunderwerbsteuer
0
1 ,1%
0°,9%
SonstigeSteuern
G
1 '9%
KFZ-Steuer
Kapitalertragsteuer
~
1 ,9%
Gewerbesteuer
7,3%
31,1%
Erbschaftsteuer Lohnsteuer/Einkommensteuer
Abb. 8.13. Die Einnahmestruktur in Deutschland (2008) . Quelle: BMF
In den me isten entwickelten Ländern erfolg t die Besteuerung we itestgehend nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Dem zufolge soll jeder Steuerbürger entsprechend seiner Fähigkeit, bzw . seiner Möglichkeiten, einen Beitrag zur Finan zierung der staatliche n Akti vitäten leisten, und zwar ohne Rücksicht auf die Inanspr uchnahme öffentlicher Leistu ngen . Als Indik ator der Leistu ngsfäh igkeit d ien t meistens das (Fam ilien-) Ein kommen , diffe renz iert nach persön lichen Umständen (z.B. die Anzahl der Kinder oder außergewöhnliche Belastungen). Die progressiv ausgestaltete Einkommenste uer ist ein klassisches Beispie l für eine auf de m Leistungsfähigkeitsp rinzip beru hende Ste uer. Mit Progression ist im Einkommensteuertarif die Regelun g ge meint, wonach die tariflichen Ste uersät ze mit der Höhe des steue rpflichtigen Einkommens steigen. Die Progressionszone im deu t schen Einkom men steuertar if liegt derzeit zwische n 15 % und 45 %. Ab b. B. 14 zeigt den der zeitig gü ltigen Einkommenste ue rta rif für Deutsc hland getrennt nach Grenzsteuer- und Durchschnittste uersätze n.
Leistungsfähigkeitsprinzip
66
Der Staat in der Wirtschaft
50%
46~~J---------------::;;"'T""-------30%
32 ,0%
24%1-
33 ,5%
28,0 %
,.---
20% 14%
10% 0%
"-... Durchschnittssteuers atz
+---+.--+--.----.-----r---r-+----,------r-----,
Abb. B.14. Der deutsche Einkommensteuertarif (2010)
Keine Einkomme nsteuer zahlt, we r als Singl e we nige r als 8004 € im Jahr an zu versteuernde m Einkomme n (zvE) hat. Wer den steuerfr eien Grundfre ibetra g übe rsc hreitet, zahlt Steuern . Die Belastung nimmt im Verh ältn is zum stei ge nde n Einkomme n zu . Im Eingang sbe re ich der Progre ssion szone gilt ein Gr enzsteuersatz von 14 % (= Einga ngss teuersatz) ; danach erhöht sich dieser zunäch st relativ ras ch auf rd. 24 %, um ab einem zvE von 13.470 € dann g leichmä ßig bis auf 42 % (= Spitzensteuersatz) anzus tei gen. Der Teil des Einkom me ns, de r 52882 € zvE im Jahr übe rste igt, ist dann gleichblei bend mit diesem Spitzensatz belastet , d.h. von j ede m Euro, um das sich das zvE in dieser Zo ne erhöht, wird eine Steuer vo n 0,42 € fäll ig. Ab e ine m Betrag von 250 .000 € zv E fü r Led ige (in der Abbildu ng nicht dargest ellt) erhöht sic h dieser Spi tzen steuersat z dann auf 45 % (sog. Reichensteuer). Der Durchschn ittsteuersatz beträgt beispiels weise bei e ine m zv E e ine r Einze lpe rson in Höh e von 40 .000 € j ährl ich 23,8 % . A bb. B.15 gibt die Steuerza h ler und ihre Steuerlast in Deutschl and wieder. Dem nach schultern etw a 5 % der Besser- und Spitzenv erdiener rund 41 % de s Einkom mensteuer-A ufko mmens . Oder anders formuliert, rund 50 % der Steuerzahler kommen für 91,7 % des Aufkomme ns auf. Obgleich dam it deutlich wird, dass im deutsche n Einkommensteuert arif das Le istu ng sfähigkeitsp ri nzip faktisch a uch zu r Ge lt ung kommt, lässt sich daraus nicht unmittelbar auf einen »gerechten« bzw . »fa iren« Steuertar if sch ließen. Zw ar wird bei einem progr essiven Steuertarif siche rgeste llt, dass Ind ividuen mit g leic her Leistungsfä hig keit mit der gleichen Steuerlast belegt werden (horizo ntale Gerec hti gkeit) und Ste uerpfli chti ge, deren Le ist ung sfäh igkeit untersc hiedlich a usfä llt, ste uer lich auc h unter sc hied lich belastet we rden (vertikale Gerech tigkeit). Unter Gerechtig-
Der Staat in der Wirtschaft
67
keitsgesichtspunkten entscheidend ist j edoch die Frage, wie (I) unterschiedlich die Belastung bei unterschiedlichem zvE sein soll. -
Steuerzahler (in Prozent)
I 10
Steuerlast (in Prozent) -
40,3
5
531 62,3 69,t
15 20
7 ,6 80,6 84 ,8
25 30 35
..
.
40
.
45 50 100
80
60
40
20
o
20
40
60
80
: 100
Abb. B.15 . Steuerzahler und ihre Steuerlast in Deutschland (2007) Quelle: BMF, Monatsber icht 12/2007, eigene Darstellung
Einige Ökonomen ist diese Steue rlastverteilung auch ein Beleg dafür, dass das deut sche Steue rsystem »ungerecht« ist. Andere wiederum sehen darin eher das Problem , dass »nur« zehn Prozent in der Lage sind, dieses Steueraufkommen verfügb ar zu machen . Ziel sollte demzu folge nicht sein, wenige Reiche von Steuern zu entlasten, sondern die »unteren« 90 % an ein Einkommensniveau heranzufüh ren, demzufolge auch diese in angemessenem Umfang Einkommen steuer zahlen können bzw. müssen. Umfragee rgebnisse machen nämli ch deutl ich, wer keine oder nur sehr geringe Steuern entrichtet, empfindet auch kaum noch eine Wertschätzung für den Staat an sich. Jeder, der aus der Einkommensteuer herau sfällt, verliert somit auch ein Stück Mitverantwortung für gese llschaftliche Belange. Mehr als die Mehrw ertsteuer ist die Einkommensteuer das spürbarste Band zwisc hen Bürger und Staat. Zudem ist zu vermuten, dass j ene, die keine Steuern zahlen eher staatli che Leistungen fordern . Sie können ja davon ausg ehen, dass sie zu deren Finanzierung nichts beitragen müssen. Mitunte r erfol gt die Besteue rung auch nach dem Äquivalenzprinzip. Nach diesem Prinzip ausgesta ltete Abga ben haben einen mehr oder weniger direkten Bezug zu den vom Staat bereitgestellten Leistungen. Da öffentliche Leistungen häufig durch Nicht-Rivalität und fehlende Ausschließbarkeit gekennzeichnet sind, kann dieses Prinzip nur selten als Besteue rungsgrundsatz eingese tzt werd en . Al s Beispiel hierfür könnt e die kommunal e Gewerbesteuer genannt werden, die u.a. mit der Inan spru chnahme kommunaler Infrastru ktur durch die angesiedelten Gewerbebetriebe begründ et wird.
Äquivalenzprinzip
68
Gebühren und Beiträge
Der Staat in der Wirtschaft
Auch die Rec htfertigun g für Gebühren und Be iträge gr ünd et au f dem Äquiv alen zprin zi p. Geb ühr en und Be iträge sind Zahlungen pri vater Wirtsc haftss ubjek te an den Staat , denen e ine speziell e Gegenleistun g gegenübersteht. Ab gab e und staatliche Gegenleistung sti mme n m iteinand er überein, sind also äquiva lent. Sie stelle n nicht imme r Zw angsabgaben dar. Gebühr en stehen für eine indiv iduell zurec henb are , tatsächliche Gegenleistung (z .B . fü r einen Re isep ass), Be iträge fü r eine gr up penmä ßig zu rech enb are Lei stung. Ausschlagg eben d fü r de ren Erhebung ist die pote nz ielle Nutzungsmöglichkeit. nicht die tatsächliche N utzung (z .B. Beiträge für die Erschließu ng eines Woh ngebiete s). Voraussetzung für die An wendung die ser Finanzierungsformen ist die Mö glichkeit de s indi viduellen oder gr uppe nmä ßigen Aussc hlusses. So wohl für da s Äquiv alenzprinzip al s auc h für da s Lei stung sfä hig keit sprinzip lassen sich unter Ger ech tigk e itsgesich tspu nkten Argument e finden . Beispielswe ise mag es für einige durchaus ge recht se in, we nn sie nur dann und in dem Umfang zu r Zahlung ver pfl ichtet werden, wie ihnen auch eine ent sprechende Gegenleistung zuk ommt. Unte r allok at ionspolitis che n Gesicht spunkten dom in iert da s Äquivalen zpr inzip. Es zwingt d ie Betro ffenen zu einem Ab wägen von Kosten und Nutzen für eine bestimmte Leis tung und dam it zu e iner »rationaleren« Entsc hei dung. Im Gegensat z zum Leistungsfähigke itsprinzip. wo die empfange ne staatliche Leis tung meist als »kos te nlos« - weil meist unent gelt lich bereit gestellt - wahrgenomm en wird, ist hie r also d ie Gefahr der » Übe rnutzung« ge ringer. Da zudem das Äquiva lenzprinzip eine Offenlegung der Präfe renzen für bestimmte Lei stunge n induziert, kann dadurch eine bessere Allokatio n der Ressourcen über das Budget erreic ht werden. Umfan g und Stru ktur der öffentlichen Leistun ge n be stimmen sic h faktisch durch die ind ividuelle Na chfra ge und nicht im politi schen Willensbildu ng sprozess. Im Gegensatz zu m Lei stun gsfäh igke itsprinz ip. das bis zu einem gewissen Gra d diskreti onäres steuerpolitisches Handeln erl aubt, verfügt die Regierung in die sem Fall - bei simultaner Festleg ung de r Ausgaben- und Ein nah menseite - über keinerle i Handh abe, Steuern und A usga ben eigen mächti g festzulege n.
Sozialversicherungsbeitr äge
Eine besonder e Fo rm der Be iträge sind di e So zial ver sicherun g sbeiträge. Dies sind in Deutschland lohnabhängige Soz ialabgabe n, d ie zweckgebunden fü r d ie Finan zie rung der sozialen Sich erungssystem e (Kran ken-, Renten-, Unfa ll-, Pfle ge- und A rbe its losenv ersicherung einge setzt werden . Sie fließen nic ht in die öffentli chen Haushalte de r Gebiets kör pers chaften, sondern in die Hau shalte de r Sozia lversi cherungstr äge r,
Der Staat in der Wirtschaft
Grundsät zli ch best eht ein Zwang zur So zialabgabe. Nur bestimmte Gruppen, etwa Selb ständ ige, sind da von ausgenommen. Arb eitnehm er und Arb eitg eber teilen sic h grundsätzlich die Be iträge, nur die Unfallversicherung wird dur ch Arb eitg eberb eiträge finanziert. Mit Au snahme der Kranken versicherung gilt für alle Versich ert en ders elb e Beitragssatz. Für Arb eitgeber erhöhe n ste igende Sozialabgaben direkt die Personalkos ten. Die nachfolgende Abb . B.16 vergleicht die deut sche Einnahmens truktu r mit jener de r OECD-Länder und der EU l S-L änder ohne Deutschland . Wäh rend die Steuern auf Einkommen und Gewinne in Bezug zum Blf' deutl ich unte r dem Durchschnitt de r übrigen EU 15-Länder wie auch der OECD liegen, gilt das nicht fü r die Sozia labga ben. Sie sind in Deutschland weit höhe r a ls anderswo. So betrug das Be itragsautkommen der Sozia lversicherungen im Jah r 2006 13,7 % de s BIP in Deut schl and und im OECD-Durchschn itt nur 9,2 % . 16% 14% 12% 10%
8% 6% 4% 2% 0%
Steuern auf Einkommen und
Sozialabga ben
Ve rmögenssteu ern
Umsatz steuern
Gewinne
Abb. B.16. Struktur der Staatseinnahmen (2006) in % des BIPQuelle: Botinger. P. (2009), Ist der Markt noch zu retten? S. 174
Spezifisch ist für Deutschland mith in, dass abh ängi g Beschäftigte und de r Fakt or Ar beit genere ll be sonders star k belastet werden. Die Ursa che für diese Una usgewogenheit ist laut OECD , dass die Sozia lbeltr äge nach oben lim itiert sind und die Bel astung deshalb mit zunehmendem Einkomm en sinkt. Beme rkenswe rt ist and erers eits, dass die Einnahme n aus Grund-, Verm ögen- , Schen kungs - und Erb sch aft steuer in Deutschl and ebe nfalls deutlich nied rige r liegen als in ver gleichbaren Ländern und mit rund 0,9 % des BIr dem Ni veau von Mex iko und Tschechien entsprec hen .
69
70
Der Staat in der Wirtschaft
3. Staatsquoten: Indikatoren staatlicher Aktivität? Um En tw ick lungs ten denzen und str ukt ure lle Veränderun gen de r Staa tstätig keit erfassen zu kö nnen, wird auf die Bildung sog . Staa tsquoten zurückgegriffen. A llgemei n ist eine Staa tsquote ein Anteil, den der Staat an einer bestimmten Gesam tg röße hat. Üblicherweise werden die se Gesamtg rößen (z.B. das Bruttoinland sprodukt) in der Volk swirtschaftl ichen Gesam trech nung (sie he Kap . »Makroö kon omie - Volk swirtschaft liches Rechnungswe sen «) erm ittelt und mit spezifisc hen Teilgrößen, bei spielswe ise de n gesa mten Steuereinnahmen in Beziehung gesetzt. Bei der Anal yse der Staatsquote n ist zu bedenken, dass sie in der Regel nur ein unvoll ständiges Bild über den Ein fluss des Staates au f di e Volk swirtscha ft zulassen. Zum einen we rde n in der Vol kswirt schaftlichen Gesamtrec hnung nur d ie auf öffentlichen Einn ahme n und Ausg aben beruhend en Staatstätig keiten erfasst. Zum an deren können auch we niger au sga ben intensive staatliche A ktiv itäten wie z.B . a lle Arten von Regulierungen (V orschriften, Auflagen, Ge- und Verbote) erhebliche n Einfl uss auf die Wirt sch aft ausü ben. Eine Rü ckführun g de r Staa tsquo te ist daher n icht mit eine m Rüc kgang staat licher Einflussnahme auf die private Wirtschaftstätigkeit g leic hzusetzen. Staatsquoten eignen sich nicht als Zielgrößen.
Bedeutsam ist die Struktur der Einnahmen und Ausgaben-
Die Staatsquoten eignen sich dah er auch nicht als wirtschaftspolitische Z ielgr ößen, ob wo hl in der po litischen Disku ssion häu fig au f sie zurückgegr iffen wi rd. So ist es kein sinn voll es poli tisches Z iel, eine Erhöhun g oder Verringerung der Staa tsquote per se an zustreben. Vielmeh r kommt es entschei de nd au f die Stru kt ur der A usgaben an. Eine Kü rzung der Bildungs - und Forsch ungsausg abe n füh rt z.B. zu eine r niedri geren Staats quote, ohne da ss d ies generell po sitiv zu beu rteilen wäre. Au ch eine Absenk ung der Steu erquote ist nic ht gr undsätzlic h positiv zu bewert en, da die Ak ze ptanz einer bestimmten ste uer liche n Belast ung u.a. von der Lastverte ilung und den staatl ichen Gegenleistungen abh ängt. Meh r A ufm erksam kei t als der Entw icklung de r Sta atsq uote gebüh rt daher de r Entw icklung der Ausgabenstru kt ur. Ge rade in den letzten Jahrzehnten kam es zu einem starken Rückgang staa tl icher Inve stitionen zug unste n der kon sumtiven Au sga ben . Unter wach stumspolitischen Gesichtsp unkten ist diese Entw icklung eindeutig negativ zu beurteilen (siehe Kap. »Makroökonornie - Au sgewählt e Politikbereiche«, Abschn .4).
Der Staat in der Wirtschaft
3.1 Die Staatsausgabenquote Die Staatsausgabenquote (Ant eil der Staatsausgaben am Brutto inlandsprodukt) gibt an, in we lchem Ausmaß Geld ström e über den öffentli chen Sektor laufen und von ihm kontrolliert oder verwaltet werden. Sie sagt j edoch nichts über die Beanspruchung des Bruttoinlandsprodukts durch den Staat aus . In den Staat sausgaben sind nämlich auch Transferausg aben und Subvent ion en enthalten, über deren Ver wendung letztlich die Empfänge r entscheiden. A bb. B.17 macht deutlich, dass gemess en am Durch schnitt der hier vorgestellten Lände r die USA und Japan eine unterdurchschn ittliche Staa tsa usga benquote aufweis en. Ve rgleichswei se hohe Staatsausgabenquoten verze ichnen die skandinavischen Länder und Frankreich. Deut schland liegt in etwa im Mittelfeld.
60
so
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
40 30
-
20
10
-
-
1-
-
1-
-
1-
-
1-
-
1-
-
-
-
- - - - - - - - - - - - - - - -
-
c-
-
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-
f-
-
-
-
f--
-
-
-
f-
-
-
-
-
-
-
-
-
o
Abb. 8 .1 7. Staatsaus gabenquote im internationalen Vergleich (2009). Quelle: Monatsbericht des BMF Januar 2010
Über eine längere Period e betra chtet fallen insbesondere die 70er Jahr e als eine Zei t des beschl eunigten Ausgab enansti egs auf. In nahezu allen Lände rn ist seit Mitt e der 90er Jahre ein leichtes Absinken der Staat squot e festzust ellen. Die Bemühungen einer Ausga bensen kung resultierten in den europäischen Lände rn zum großen Teil aus dem Kon solidierung sdruck, der den potenziellen Mit gliedstaaten der Euro päis chen Währun gsun ion aufer legt war, um vor allem die fiskalischen Maastricht-Kriterien zu erfüllen (siehe Kap. »Makroökonomie - Ausgewählte Politikbereiche« Abschn.2).
7/
72
Der Staat in der Wirtschaft
Einer der I-Iauptgründe für die Entwick lung in Deutschland in den letzten Jahren ist d ie restrikti ve Per sonalpolitik von Bund, Länd er und Gem einden. Ob und in welchem A usma ß sich das A usgabenwa chs tum oder die Rückführun g de r staa tlichen Ausga ben fort setzen w ird, lässt sich nicht eindeutig beantworte n. Entsc heidend dü rfte hierbei jedoch die Frage der Finanzie rbarkeit zukünft ige r staa tlicher Aufga ben sein. Offensichtlich hängt die Entwicklung daher von de n Gren zen der Ver schuldung und de r Belastbarkeit der Steuer bürger mit Steuern und Sozia labga ben ab.
internationaler Steuerwett bewerb
Vo n Bedeutung dürft e we ite rhin sei n, inwi eweit Veränd eru ngen realwirtsc ha ftlic he r Entwicklunge n (Globalisierung) sow ie gesellsc haftspol iti sch e Einfl ussfak to ren den Handlungs druck auf di e Entsche idun gstr äger ve rstärke n. Insbesondere der mit der Global isierun g einhergehend e international e Steuerwettb ewerb nach unten (»ra ce to the bottorn «), sche int erste Au swirkungen (z.B. d ie Redu zierun g von Soziallei stungen oder Schließung von Sch wim mb ädern) zu zeigen. In Folge der neue rlic hen We ltw irtsc haftskrise ist in allen betro ffenen Lände rn im Jahre 2009 die Staat squo te deutlich ang estiegen.
3.2 Die Abgaben- und Steuerquote Die im Tre nd de r letzten Jah rzehnte stark gestiegenen Staa tsa usgaben erforderten höhe re Einnahmen des Staa tes. So ist parall el zum Ans tieg der Staa tsausgabenquote in allen Ländern ein bis in die Mitte der 90er Jahre hinein kontinui erl iche s Ansteigen der Steuer- und Abgabenquote sowi e der Versch uldu ngsqu ote (siehe Kap . »Ma kroö konomi e - A usgewä hlte Pol itikberei che«, Absc hn. 2) zu beob acht en. Vergleicht man die Abga ben- und Steuerquote in De utschl and mit je nen vergleic hbarer Länder, sind diese ehe r nied rig. Abgab en- und Steuerquote ge be n an, we lche n A nte il des Brutt o inland sprodukts sic h der Sta at zwangswe ise aneign et und den Privaten som it nich t mehr unmi ttelbar zur Verfügung steh t. Im Gege nsatz zur Steuerquote enth ält die A bga ben quote neben de n Steuern noch die Sozia labga ben.
73
Der Staat in der Wirtschaft
Quote In %
55 •
Steuerquote
:
Abgabenquote
D
47,1
47.3 48;J
40
Abb. B.18. Steuer- und Abgabenquote im internationalen Vergleich (2008) Quelle: BMF, Monatsbericht 01/2010
Bei der Interpretat ion der Abgab enquote ist zu bedenken, dass die Sozialbeiträge einen potenziellen Anspruch auf staatliche Leistungen bei Vorliegen bestimmter Vorau ssetzungen verbürgen. Für die Steuern gilt dies nicht. Sozia lvers icher ungs beiträge ent sprechen qu asi einer Zwangsersparni s, die nur einen Durchlaufposten für den Staat darstellt, der verwaltet werden muss. Der Anstieg der Sozialabgaben in den siebzige r Jahr en in Deutschland ist vor allem für den Anstieg der Abgabenquote verantwort lich. Besonders deutlich wird dies in der Abb . 8. 19, in der nochmal s die Entwick lung der wichtigsten Quoten für die Bundesrepublik Deutschland dargestellt ist. Auffällig ist hierbe i, dass trotz aller Vorbeh alte bei der Interpretation der Staatsquoten sich Ni vea uumbrüche an bedeutsame n Ver ände rungen im polit ische n und ökonomischen Umfeld festmachen lassen . Besonders markant ist dabei der Anstieg der Sozia labgaben in den 70er Jahren , verbunden mit dem Ausbau des Sozialstaats durch die sozia lliberale Koalition sowie die Erhöhung der Staatsausga benquote im Zuge der Wiederve reinigung Deutschlands.
Sozialabgaben
74
Der Staat in der Wirtschaft
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Staatsquote ' -
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I 1
1990
1995
2000
2005
2009
Abb. 8.19. Entwicklung der Staatsquoten in Deutschland (1960 -2009) Quelle: BMF, Monatsbericht Februar 2010
internationaler Standortwettbe werb
Der ge bremste An stieg der A bga ben- und Ste uer quote am Ende des letzten Jahrhunderts deutet mög licherweise sch on auf erste Ausw irkun gen de s internationalen Sta ndortwettbewerbs im Zuge der Glo balisieru ng hin. Diese Entw icklung könn te au ch ursächl ich für wei te re weitrei chende Ve rän de ru nge n in den Ste uerstr ukt ure n vieler eu ro päischer Län de r sei n. Dem nac h hat sich in den letzten be iden Jahrzehnt en der An tei l der indi rek te n Steu ern gegenübe r den direkten Steuern am Gesam tste ue rau fkomm en deutlich erhöht. Und innerhalb der dire kten Ste ue rn g ing der A ntei l der Unte rne hme nssteuern (u.a. Kö rpe rschaftste uer) zurück, wä hrend der A nte il der Lohnste uern zunahm. Abb. B.20 zeigt die Entwicklung in Deutsc hland sei t Begi nn der 60er Ja hre.
indirekte versus direkte Steuern
Bei den in di rek ten Ste uern (z .B . Me hr we rt ste uer und spezie lle Ve rb rauc hsteuern) geht ma n davon aus, dass sie im Gegensatz zu den direkten Steuern (z.B, Einkomm en - und Kör persch aft steuer) auf die Prei se überwälzbar sind (siehe Kap . »Angewandte Mikro ökonomie«, A bschn. 2). Indirekte Ste uern werde n bei de n Ste uersc huldnern, j ene die die Pfli cht zur Abfü hrung der Steuer an den Staat haben (z.B, dem Her steller oder Importe ur), erh oben. Nach dem W ille n des Gesetzg ebers sind diese aber nicht identisch mit den Steuerträgern, also jenen Personen, die die ökonomische Las t einer Ste uer nac h Abs ch luss a ller Überwälzungs vorgänge (z.B. die Rauc her) letztlich tragen. Bei den direkt en Steu ern sind hingegen der Steu erschuldn er und der Steuerdesti na tar . jene Person, die die Steu er nach dem Wi lien des Gesetzgeb ers trage n soll, iden tisch.
Der Staat in der Wirtschaft
65 60
direkte Steuern
55
50 45 40
Abb. 8.20. Anteil der direkten und indirekten Steuern arn Gesarntsteueraufkornmen in Prozent. Quelle: BMF, Monatsber icht 06/2009, S. 8 2
Ne ben dem zunehmende n internationalen Steuerw ettb ewerb (Kapital ist mobil er als Arb eit) kann das Vordringen der angebot sori ent iert en Wir tschaftspol itik (sieh e Kap . »Makro ökonornie - The oretische Grundlagen«) für die oben angesproche nen Entwicklungen verantwortlich gemacht werden . Sie tritt aus wachstum s- und beschäft igun gspolitischer Sicht für das Zurückdrängen der leistungshemmenden direkten Steuern ein. Eine andere Erklärung bietet der polit-ökonom ische Ansatz, demzufolge eigen nutzorientierte politi sche Entscheidungsträger indir ekte Steuern den direkten Steuern vorziehen, da diese unmerklicher sind. Ob gleich diese Entw icklung unter wac hstums- und allo kat ionspolitische n Gesicht spun kten viele ßefürworter hat, ist diese nicht ganz unprobl ematisch. Indir ekte Steuern ge lten in der Regel als regressiv in ihren Wirkun gen. Das bed eut et, dass untere Einkomme nss chichten, aufgrund ihrer relati v hohen Kon sumn eigun g gem ess en an ihre m verfügbaren Einkomme n, stärke r belastet sind als ob ere Einkommensschic hten. Zude m lässt sich bei den indirekten Steuern das Leistungsfähigke itsprinzip nicht anwenden.
75
76
Der Staat in der Wirtschaft
4. Wiederholungsfragen
o
1.
Worin unterscheid en sich die drei zentralen Funktionen des Staates und welche Bedeutung kommt ihnen derzeit zu? Lösung S. 37 f.
o
2.
Wa s versteht man unte r einer »negativen Einkornmensteuer« und welche Vorteile erw arten sich die Befürworter diese s Konzepts? Lösung S. 42
o
3.
Was ve rh indert eine effi ziente Allokation der Ressourcen durch den Markt? Lösung S. 44 ff.
o
4.
Durch welche Eigen sch aften sind rein öffentliche Güter ch arakterisiert und wie lassen sie sich gegenüber Allmendegütern und Mautgütern abg renzen? Lösung S. 45
o
5.
Worin manifestiert sich das Marktversagen be i reinen öffentlichen Gü tern? Lösung S. 46
o
6.
Wor in liegt der Untersch ied zw ischen staatlicher Produktion und staatlicher Bereitstellung? Lösung S. 47
o
7.
Was ver steht man unter Internal isierung externer Effekte und durch welche Maßnahmen kann de r Staat die s er reichen ? Lösung S. 48
o
8.
Lassen sich meritorische Güter auch aus vert eilungspolitischen Gründen recht fertigen? Lösung S. 50
o
9.
Wor in liegt der Unte rschied zwi schen externen Effekten und demeritor ischen Gütern? Lösung S. 50
o
10.
In welche m Z usammenhang stehen moral-hazard Verhalten und eine Dilemmasituation? Lösung S. 53
o
11.
We shalb ist die parlamentari sche Kontrollfunktion de s Hau shalts in demokrati schen und marktwirtschaftlich organ isierten Staaten von so grundsätzlicher Bedeutung? Lösung S. 59
o
12.
Welche wicht ige Information w ird nicht durch d ie institutionell e Gliederung des Haushalts erfasst? Lösung S. 62
o
13.
Warum bedeutet die Rückführung de r Staat sausgabenquote nicht notwend igerwei se gleichzeitig einen Rückgang staatliche r Einfl uss nahme au f die Wirtschaftssubjekte? Lösung S. 70
o
11.
Worin zeigen sich möglicherwei se die ersten Ausw irkungen des verschärften internationalen Steuerwettbewerbs? Lösung S. 74
Mikroökonomie Theoretische Grundlagen I l.
Der Ma r kt
79
1.1
Ma rktfo rmen
79
1.2
Die Güternachfrage
81
1.3
Das Güterangebot
85
1.4
Elastizitäten und ihre Anwendu ng
88
1.4.1 Die Preiselasti zität der Nachfrage
88
1.4.2 Die Einkommenselastizität
92
1.4.3 Die Kreuzpreiselastizität
93
1.4.4 Die Preiselasti ztität des Angebots
94
2.
Ma r kt p re isbild u ng bei vollkom me ne r Kon k ur re nz
2. 1
Entste hung des Marktg leichgewichts
95
2.2
Marktgleichgewicht und Woh lfahrt
99
3.
Wiederholungsfr agen
105
4.
Ein Blick hinter di e Nac hfrage- und A nge bots k urve
106
4. 1
Die Nac hfrageentscheidungen de r Haushalte
106
4.1.1 Das Nutzen kon zept
95
106
4.1.2 Die optimale Gütermenge
108
4. 1.3 Einkommens- und Sub stitut ionseffekt
114
4.1.4 Die Marktnachfrage 4.2
Die Angebotse ntscheidunge n der Unternehme n
116 117
4.2.1 Die Produktionsfunktion
118
4.2.2 Die Kostenfun ktion
120
4.2.3 Die indivi duelle Angebots kurve
125
4.2.4 Die Markta nge botskurve
130
4.2.5 Kurz- und langfristige Ange botsreaktio nen
131
5.
Wiederholungsfr agen
134
78
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Lernziele dieses Kapitels Die Studierenden sollen nach der Lektüre dieses Kapitels die Bestimmungsgründe der Gütern achfrage und des -angebots kennen . die Bedeutung des Elastizitätsmaßes beurteil en können die Marktpreisbildung bei vollkommener Konkurrenz nachvollziehen können . nachvollziehen können, warum unter den Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz eine effizie nte Allokation der Ressourcen und dam it das Wohlfahrt smaximum gewährleistet ist.
Wie bereits in der Einführung erläutert , stellen in einer Marktwirtschaft alle Wirt schaft ssubjekte autonom und ihrem Eigeninteresse folgend ihre Wirt schaft spläne auf. Dabe i vers uchen die Anb ieter (Unte rnehmen) ihre Pläne am Ziel der Gewinnmaximierung auszuri chten . Bei gegebenen Kosten bedeutet die s in der Regel , dass sie vers ucht sind, einen möglich st hohen Prei s durchzusetzen. Die Nachfrager (Haushalte) orient ieren sich üblicherweise bei ihren Planungen am Ziel der N utzenma ximierung. Hierbei sind sie gemäß dem ökonomische n Prinzip bestrebt , mit den ihnen zur Verfü gung stehenden Mitteln (Haushaltseinkomm en) ein möglich st hohes Nutze nniveau aus dem Konsum von Gütern und Dienstleistungen zu reali sieren, also zu möglich st niedrigen Preisen zu kaufen.
der Markt
Der Ausgleich zwischen diesen gege nsätzlichen Interessen von Anb ietern und Nachfrage rn erfolgt über den Markt bzw. den Marktpreis. Der Markt ist der Ort, an dem Angebot und Nachfrage aufeinander treffen. Wie noch zu ze igen sein wird, bedeutet dieser Ausgleich nicht, dass bei dem sich herau szub ildenden »Gleichgewic hts preis« alle Marktt eilnehmer zufrieden sind. Die nachfol genden Ausführungen beschäfti gen sich mit den Na chfrag e- und Angebotsentscheidungen einzelner Haushalte und Unternehmen sowie dem Zusammenwirken dieser Wirtschaftseinh eiten au f dem Gütermarkt.
Mikro okanomie - Theoretische Grundlagen I
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1. Der Markt In eine r Volk swirtschaft g ibt es mehr er e realexi stie rende Marktfo rmen , d ie sich in ihrer Au sgestaltung mitunt er deutli ch untersch eiden . Je nach Marktfo rm erge be n sich da rau s in erster Li nie Kon sequ en zen für die Vert eilung von Marktmach t zw ische n Anbi etern und Nach frage rn und dami t für d ie Preisbildung.
1.1 Marktformen Bei der Typi sierung mög licher Marktformen sind die qu ant itative Besetzung der einzelnen Marktseiten sowie die qu alit ative Be sch affenhe it de s einze lne n Markte s zu ber ück sicht igen. Üblicherweise stru ktur iert ma n die Zahl der Anbieter und Nach frag er auf einem Markt in quantitati ve r Hinsicht in die Kate gorien »ein er«, »wcn ige« und »v iele« . Mit Bl ick auf die An bieter spricht man be i der Exis tenz von vielen Anbietern von eine m Polypol, be i we nige n von eine m Oli gopol und bei nur einem A nbie ter von einem Monopol. Be im Pol yp ol bel iefern viele Anbieter mit jeweils relativ kleinem Marktant eil den Markt, so dass die Auswirkung en der Entscheidu ng en einzelner Anbieter für die ander en nic ht erheblich sind, und diese nicht darauf reagieren . Zudem beei nflu sst die Höhe de s Ange bots an Gü tern und die Höhe de r Nachfrag e nac h Prod uktion sfakt o ren ein es Unternehm ens in keiner Weise de n Marktpreis dieser Güter bzw. Produktions fa ktoren.
Polypol
Bei m Oli gopol beeinflussen sich wege n der relativ ge ringe n Anzahl an Konkurrent en d ie Handlungen der jewei lige n Anbieter wechse lseit ig. Ein Anb iete r ha t dah er bei seinen Ak tione n imm er die Gegenreakti onen sei ne r Mi tbewerbe r zu ber ück sich tigen. Im Erge bnis muss diese wechselseitige A bhängigkeit nicht not wend igerweise auf ve rstärkten Wettbewerb unter den Betroffene n hinaus lau fen. Vielm ehr kann es auch zu einem abgestimm ten Ver ha lten ko mmen.
Oligopol
Bei m Monop ol ist der allei nige Anbieter in der Lage, den Prei s zu fixieren, bei dem er seinen Gewinn max im iert. Dabei m uss er - im Gege nsatz zu einem Oli gopo listen - nur auf das Verha lten der Nac hfrager achten , die in der Regel in A bhängigkeit von der Höhe de s Prei ses unter schiedliche Men gen nach frage n. Im Unters ch ied zum Polyp ol ist der Eintri tt ne uer Anbieter in den Markt ausgeschloss en. Ursache hie rfür sind natü rliche oder künstliche Zugangs beschränkunge n (z. B. Patente).
Monopol
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Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Zahl der Anbieter I
viele Unternehmen
homogene
heterogene
ein Unternehmen
wenige Unternehmen
... ...
Abb. C.!. Mögliche Marktformen
Bei der qualit ativen Beschaffenheit eines Markte s wird zw ischen vollkomm en en und unvollkommen en Märkten unt ersch ied en. Unvollkomm ene Märkte liegen immer dann vor, wenn einze lne oder mehr ere Krit erien ve rletzt sind, die ei nen vollkomme nen Markt charakter isieren. Beim Monopol ist das das Fehlen eines freie n Marktzutritts. Ein vollkommene r Markt ist durch fol gende Vo raussetzungen bestimmt: Freier Mar ktzutritt und -au stritt für die (pot enziell en) Mar ktteilnehm er. Homo genit ät der gehande lten Güt er; es besteh en kein erlei sachliche, zeitlic he oder persönlich e Präferenzen der Nachfrage r; die Güter dieses Markt es sind völlig gleichwe rtig . Die Wirts chaftssubj ekt e orient ieren sich bei ihren Entscheidunge n auss chli eßlich am Preis eines Gutes. Die Marktte ilnehmer verfüg en übe r voll ständi ge Informationen über alle für sie entscheidungsrele vante n Aspekte; sie können sich die fü r ihre Ent sche idungen erfo rde rlichen Informationen ohne Kosten beschaffen. All e Marktteiln ehm er reagieren ohn e Verzögerun g auf Veränd erungen (z.B. Preiserhöhungen) des Marktes (un endl ich e Anpassungsge schwindigkeit). vollkommene Konkurrenz
Liegt die Komb ination viele An bieter (Polypol) und vollkom me ner Markt vor, spr icht man vom Modell der vollkommenen Konkurr enz. In der Realit ät dürfte diesem Modell am ehe sten der Akt ienm arkt entsprechen . Trotz der geri ngen prakt ischen Rele vanz wird dennoch in den folgenden Kap iteln dieses Modell ausfü hrlich dargestellt. Nur so
Mikrookanomie - Theoretisc he Grundlagen I
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lassen sich die Folge n von Marktunvollkomme nheite n und Marktver sagen sowie wirtschaftspolitischen Eingriffen in die freie Marktpreisbildung aufzeigen. Bei der Marktform der Monopolistischen Konkur renz fehlt die Voraussetzung hom oge ner Güter. Es ex istiert eine Vielzah l von An bietern ähnlicher aber eben nicht gleicher (homog ener) Produkte .
Monopoli stische Konkurrenz
1.2 Die Güternachfrage Üblicherwei se ist die am Markt nachgefragte Menge umso kleiner, je höhe r der Preis für dieses Gut ist. Umge keh rt steigt sie, wenn der Preis für dieses Gut sinkt. Dieses Verh alt en der Nac hfrage r lässt sich au f untersch iedlic he Weise begründen. Zum einen kann da von ausgegange n we rde n, dass bei einem Preisan stieg eines bestimmten Gut es und bei Konstan z der anderen G üterpreise die Kons ume nten das relativ teur er gew o rde ne Gut, dur ch das oder die relati v billi ger gew ordenen zu ersetzen versuchen (Substitutionseffekt). Zum anderen führt die Preiss teige rung eines Gutes bei gegebenem No mi naleinkomme n zu ei ne r Senku ng des Realeinkommens (d er Kau fkraft). In der Regel wi rd dieser Einkomme nseffekt in die gleiche Richtung wirken : Mit sinkende m Realeinkomm en wir die nach gefragte Menge abnehm en. Zud em lässt sich dieses Nac hfrag everhalten auch mit einer abnehmen den Zahl ungsbereit schaft bei zusätz lichen Verb rauc hsmen gen begrü nden, weil im Normalfa ll der fortl aufende Konsum eine s bestim mten Gutes auch zunehm end weniger zusätzli chen Nutzen stiftet. Konk ret bedeutet das, dass sich hinter diesem Nachfrag everhalten das »Ges etz des abnehmen den Grenznutzens« verbirgt (siehe Abschnitt 3.1).
Substitutionseffekt Einkommenseffekt
» Gesetz des abnehmenden Grenznutzens «
Um nun ein derarti ges Nachfrageverhalten grafisc h zu veranschaulichen, bed ient man sich eines sog. Preis-Mengen-Diagram ms. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei dem Preis des Gutes um die Ursache (unabh ängige Var iable) und bei der Me nge um die Wirkung (abh ängige Variable) hand elt. Der Preis (p) wird au f der Ord inate und die nachgefragte Menge (x) auf der Abszisse abget rage n (siehe Abb. C.2). Den »Schnittpunkt« der Na chfrag ekurve mit der Ordi nate bezei chnet man als Prohibit ivpreis (Po). Hier ist der Preis des Gutes so hoch, dass die nachgefragte Menge gleich null ist. Der »Sc hnit tpunkt« der Nachfrage kurve mit der Abszisse gibt die Sättig ungs menge an (xo). Selbst bei einem Preis von null wird nicht mehr nachgefragt als die Menge Xo.
Prohibiti vpreis
Sätt igungsmenge
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Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Preis (p)
(a) Bewegung auf der Nachfragekurve (b) Verschiebung nach rech ts (c) Versch iebung nach links
Po
N'
N
N'
Menge (x)
Abb . C.2. Marktnachfrageku rve im Preis-Mengen-Diagramm
Die Nachfragekurve wird üblich erwei se einfach auch als »Na chfrage« bezeichnet. Im Gegensatz zur »nachgefragten Menge«, die einen Punkt auf der Na chfragekurve darstellt, und auf der Absziss e abgelesen werden kann, ist mit der Na chfrage also die gesamte Kurve gemeint. Formal wird diese Ursache-W irkungs-Beziehung zwischen dem Marktpreis und der nachgefragten Menge eines Gutes wie folgt beschr ieben:
NA bezeichn et hierbei die Nachfrage nach Gut A. f (... ) deut et au f die funktionale Abh ängigkeit hin und p\ ken nzeichne t den Preis für das Gut A. Um den Einfluss weite rer Faktoren auf die Nach frage nach dem Gut A auszuschließen, wird die c.p. Bedingung gesetzt.
anormale Nachfrage
Snobeffekt
Einen Nachfrageverlauf bei dem es bei steigenden Preisen zu zunehmend nac hgefra gten Mengen kommt, bezeichnet man als anormale Na chfrag e. Dieses Na chfrag everha lten kön nte beisp ielswe ise vo rliegen , weil die Nachfrager von dem Prei s direkt auf die Qualit ät eines Prod uktes schließen und bei einem höhe ren Preis aufgrund der vermutete n höheren Qu alität deshalb auch mehr von dem betreffenden Gut nachfragen. Mitunt er kaufe n die Leute auch nur deswegen ein zunehmend teuerer werdende s Gut , um sich von der Masse abzuheben oder gege nübe r Dritten ihre (vermeintlich) gute Einkomm enssituation zu signa lisieren (»Snobeffekt«) .
Mikro okanomie - Theoretisc he Grundlagen I
Gän zlich an ders ge lagert ist der Fall, we nn Le ute trotz höh erer Preise me hr von diesem Gut konsumieren müsse n, da dieses im Vergleich zu and eren , b isher ebenfalls ko nsu mierten Gü te rn, nahrhafter ist (sog. Gifte n-G ut) . Der Verzi cht auf Ko nsu m infolge der ges unkenen Kaufkraft au fg rund der Preiserh öhu ng trifft dem nach eher die hö he rwe rtige n, aber we nige r nahrhaften G üter.
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Giffen-Gut
Denkbar ist auc h der Fa ll, wo nac h Prei sänderungen überhaupt kei ne A usw irkungen auf die nac hg efragte Men ge ha ben. In die sem Fa ll verläuft die Nachfragekurv e sen krech t, d.h. parallel zur Ordinate . Ne ben dem Preis des Gu tes bestimm en in der Regel wei te re Faktoren das Nachfrageve rhalte n der Haush alte nach ei ne m bestimm ten Gut. Zu den we iteren Bes timmungsfaktoren zä hlen vor allem:
weite re Best immungsfaktoren der Nachfrage
• die Bed ürfni sintensität de s Hau shalts: d.h. wi e inten siv ei n Hau shalt ein bestimmtes Gut wü nscht oder benöt igt. • da s Eink om men : d. h. we lche r Geldbet rag für den Kauf vo n G ütern zur VerfLigung steht. • die Preise and er er G üter : da die Hau shalte in der Regel nur ei n begre nztes Einkommen hab en, da s au f me hrere G üter au fg eteilt we rden mu ss. Fo rma l stellt sic h die Nachfragefunktion na ch Gut A in A bhä ng ig keit aller ge nann ten Bestimm ungsfaktoren wi e fol gt dar:
Wobei PA wiederu m für den Prei s des Gu tes A steht, PB alternativ für den Prei s anderer G üter, Y für das Einko mmen und B für die Bed ürfnisi ntens ität. Ände rt sic h ei ne d ieser and er en Besti mm ungsfak to ren ko mmt es in ei ne m Preis-Mengen- Diagramm zu ei ner Versch iebung der Nac hfragekurve. Dieser Sach verhalt wir d hä ufig verwechse lt mit ei ner Bewegung auf der Nac hfragek urve (in A bb. C.2 mit a ge ken nzeichne t). Letzteres ist immer dann der Fall, wenn es zu Preisveränderungen des betrac hteten Gutes ko mmt, d ie du rch Mark tp rozesse od er Politikmaßnahm en ausgelö st wer de n. Verursac hen an dere Ein fl ussfaktoren bei einem geg eben en Preis eine A usweit ung der nach gefragt en Menge, so ve rsc hie bt sic h die Nach frage (= Nachfrage kurve ) nac h rechts (in A bb. C. 2 mit b gekennzeichnet) . Dies ist hier also dann der Fa ll, we nn sich d ie Bedürfnisintensität und /oder das Einkommen erhöht, de r Prei s eines Substitutionsgutes steigt, positive Einkomm enserwa rtunge n vorliegen ode r Preiserhö hungen de s bet rachteten Gu tes erwartet werden.
Verschiebung der Nachfragekurve ...
... nach rechts
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Mikrookonomie - Theoretische Grun dlagen I
Sub stitution sgüter sind Güter, die in eine m relativ enge n Austauschverhä ltnis zuei nande r stehen (z.B. Butte r und Mar garine). Wie in Abb . C.3 (a) verde utlic ht, sind die Nachfrage r bereit, bei einem gegebenen Preis (po) nunmehr mehr nach zufragen als vorher (statt xo nunm ehr x .).
P
(a)
(b)
P
po po N
N
N' X
X
Abb. C.3. Veränderung der Nachfrage durch exogene Einflussfaktoren
... nach links
die einkommensabhängige Nachfrage
Verringert sich bei gegebe ne m Preis die nach ge fragt e Menge, z.B. durch e inen Rückgan g der Bedürfnisi ntens itä t und des Einkomme ns, die Preiserh öhung e ines Komplernentärgutes, durch negat ive Einkommen serwartungen sowie erwa rtete Preissenkungen des betracht et en Gut es, versc hiebt sic h die Nachfrage nach link s (in Abb . C.2 m it c gekenn zeichnet). Kompl em ent ärgüt er sind Güt er, die sich be i der Nutzung gegensei tig bed ingen (z.B. Ben zin und Auto). Die Nac hfrage r woll en be i e ine m gegebe nen Preis po eine, wie in Abb. C.3 (b) veranschaulicht, ge ringe Menge ( XI statt xo) nachfragen. Für die anderen Bestimmungsfaktoren lassen sich ebenfall s spezielle Nachfragefun ktionen abbilden. Abb. CA verdeutl icht mögl iche funktionale Beziehun ge n zwi schen dem Einkommen (Y) und der nachgefragten Menge nach einem bestimmten Gut (NA= f (Y) c.p.) in einem Einkommens-Mengen-Diagramm. y
(a)
y
(b)
y
(e) N
N
N X
X
Abb. C.4. Nachfragekurven im Einkommens-Mengen-Diagramm
X
Mikro okanomie - Theoretisc he Grundlagen I
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Te ilabbildung (a) in Abb. C.4 ste llt den Fall e ines nor malen Gutes dar. Demnach ste igt mit ste igende m Einkom men d ie nachgefragte Menge nach diesem Gut. Im Fall (b) han de lt es sich um ein so genan ntes inferiores Gut (z. B. Hafers ch leim), da mit steigendem Einkommen wen iger von de m Gut nachgefragt wird. Im Fall (c) dü rfte es sich um ein lebensnot wend iges Gut han del n (z.B. Ins ulin ). Una bhä ngig von de r Höhe des Einkommens bleibt die nachgefragte Me nge immer gleich. A bb. C.5 gibt mög liche funktionale Beziehungen zw ische n dem Preis anderer Güter (PB) und der nachgefragten Menge nach einem Gut an. Die in Teilabbildung (a) der Abb. C.5 dargestellt e funktionale Beziehung (NA = f (PB) c.p.) besagt, da ss mit steigendem Preis des Gutes 13 die nachgefragte Menge von Gut A zurückgeht. Dies dürfte in der Regel dann der Fall sei n, wenn es sich bei dem anderen Gu t um e in zu Gut A kom pleme ntäres Gut handelt. Te ilabbildung (b) bezieht sich auf den Fall von Substit utionsgüte rn und bei (c) hand elt es sich um m iteinand er unverbu ndene Gü ter (z. l3. Rad iergummi und Theaterbesuch).
(a)
Komplementär- und Substitutionsgüter
(c)
(b) N
N
N
Abb. C.5. Nachfragekurven bei Substitutions- und Komplementärgütern
1.3 Das Güterangebot Wie die Nachfrage , lässt sic h das Güterangebot eben fall s mith ilfe des Pre is-Menge n-D iagram ms veran schaulichen . Die unabh ängige Variable ist wieder der Prei s; die abhängige Vari abl e ist die Ang ebotsmenge. Im Gegensatz zur Marktn achfrage verläuft die Marktangebotskurve von links unte n nach rechts oben. Je höher der Preis eines Gutes ist, um so größer wird normalerweise die angebotene Men ge des Gutes sein. Sinkt der Preis, so sinkt auch die angebotene Men ge und umgekehrt. Ursächlich für den hier beschr iebenen Zu sam menhang zw ischen dem Preis eines Gutes und der Ange botsme nge ist das »Gesetz der abnehmenden Grenzerträge« bzw. das »Gesetz der steigenden Gren zkoste n« (siehe Abschnitt 2.2).
» Gesetz der steigenden Grenzkosten«
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Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Preis (p)
(a) Bewegung auf der Angeb otskurve (b) Versch iebung nach recht s (c) Verschiebung nach links
A' A
A'
Menge (x) Abb. C.6 . Markt angebotsku rve im Preis-Mengen-D iagramm
Formal wird diese Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Marktpreis und der angebotenen Menge eines Gutes wie folgt beschrieben :
AA beze ichnet hierbe i das Angebot von Gut A. f ( ... ) deutet auf die funkt ionale Abh ängigkeit hin. PA kennzeichnet den Prei s für das Gut A. Um den Einfluss möglicher weite rer Faktoren auf das Angebot auszuschließen, wird die C.p. Bedingung gesetzt. weitere Bestimmungsfaktoren des Angebots
Ne ben dem Preis des Gutes bestimm en auch beim Angebot in der Rege l zusätzliche Faktoren das Angebot sverhahen der Unternehmen. Zu den weiteren wesentlich en Bestimmungs fak toren zählen unter and erem : • der Stand der Technolog ie für die Produkti on dieses Gutes, • die Preise anderer vom Unterneh men produ zierter Güter, • die Preise der Produktionsfaktoren, • die adm inistrat iv festgelegten Preise, • die Kapazitätsgrenze.
Verschiebung der Angebotskurve ...
Ändert sich eine dieser Größen komm t es im Preis-Mengen-D iagramm zu einer Versc hiebung der Angebot skur ve (= des Ange bots). Bedeutsam ist auch hier wie de r der Unte rschied zu einer Bewegun g auf der Angebotskurve, ausgelö st durch Preisänderungen des betrachteten Gutes (in Abb. C.5 mit a gekennzeichnet).
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
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Verursachen diese Einflussfaktoren eine Ausweitung des Angebots, z.B. durch technologi sehen Fortschritt, durch Preissenkungen bei den vom Unternehmen alternativ z u Gut A produzierten Gütern, durch Preissenkungen bei den Inputfaktoren sowie durch Steuer- und Importzo llsenk ungen oder durch eine Ausweitung der Produktionskapazitäten , so verschiebt sich die Angebotskurve nach rechts (in Abb . C.6 mit b gekenn zeichnet). Die Anbieter sind bereit z um seIben Preis mehr an zubieten.
... nach rechts
Verringert sich da s Angebot (z .B. durch Vernichtung von Produktivvermögen, durch Pre iserhöhungen alternativer zu Gut A produzierter Güter, durch Preiserhöhungen bei den Inputfaktoren u.a. bei Löhnen sowie durch Steuer- und Importzollerhöhungen ode r durch eine Verringerung de r Produkt ionskapaz itäten), verschiebt sich die Angebotskurve nach link s (in Abb . C.6 mit c gekennzeichnet). Die Anbieter bieten nun zum seIben Prei s wen iger an als zuvor.
... nach links
Formal stellt sich die Angebotsfunktion nach Gut A in Abhängigkeit aller genannten Bestimmungsfaktoren wie folgt dar :
AA = f (PA, T F, po, q, m, K) wobei PA fü r den Prei s des Gutes A steht, TF fü r Technologi schen Fortschritt , po fü r die Prei se anderer vom Unternehmen produzierter Güter, q für die Preise der Produktion sfaktoren, m für die administrativ festgelegten Pre ise und K für die Kapazitätsgrenze. Einfluss auf das Angebotsverhalten der Unt ernehmen dürft en des Weiteren die Preise der Konkurrenten haben, die Gewinnerwartungen sowie die Nachfragesituation. Steigen die Prei se für Substitutionsgüter, kann dieses zu Angebotsausweitungen führ en, falls das Unternehmen mit Au sweichreaktionen der Nachfrager auf dem anderen Markt rech net. Bestehen auf einem Markt positive Zukunftsaussichten. so werden die Unternehmen sehr wahrscheinlich in ihrem Bestreben nach Gewinn maxim ierung ihre vorhandene Kapazität ausweiten, um über eine höhere Angebotsmenge an steigenden Gewinnen zu partizipieren. Bei geringer N achfrage werden die Unternehmen um u.a. Lagerkosten zu vermeiden, ihr Angebot reduzieren. Ge staltet sich die N achfragesituation hingegen positiv, we rden sie durch Au sweitung der Angebotsmenge bestrebt sein, ihren Ab satz zu erhöhen. In Ab schnitt 2.2 wird ins besondere auf die Kosten der Produktion ein gegangen, da ihnen eine besondere Bedeutung zukommt.
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Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
1.4 Elastizitäten und ihre Anwendung
Elastizität
Außer der Richtung interess iert bei der An aly se vo n UrsacheWirkung s-Beziehungen a uch da s qu antitative Au sm aß de r Verände rung. Das Messkonzept, das hierfür verwendet wird , ist die Elastizität. Sie gi bt generell an, um wie viel Proze nt sich die als Wirkung betrachtete Größe ändert, wenn sich die Ursachenvariable um ein Prozent ändert: Wirkung (in %) Elastizität (E) = Ursache (in %) Je nachdem ob es sich um Verände rungen der nachgefragten oder angebotenen Menge handelt , spricht man von der Nachfrage- oder Angebotselastizität. Abhäng ig von der Ursache für die Mengenänderung lassen sich bei der Nachfragee lastiz ität - die hier in erster Linie betrachtet werden soll drei Elastizitätsbegriffe unter scheiden: die Preiselastizität der Nachfrage, die Einkommenselastizität und die Kreuzp reiselastizität.
1.4.1 Die Preiselastizität der Nachfrage Liegt die Ursache einer Mengenänderung bei eine r Preisänderung des betrachteten Gutes handelt es sich um die Preiselastizität der Nachfrage . Sie gibt an, um wie viel Prozent sich die Nachfragemenge eines Gutes ändert, wenn die dafür ursächliche Preisänderung dieses Gutes ein Prozent beträgt. Preiselastizität der Nachfrage (EN ) : Relati ve Mengenänderung
Ax : 100
relative Preisänderung
x
wobei ~ x bzw.
~p
~p '
100
P
Ax
p
~p
x
die Mengen- bzw. Preisänderung und x bzw. p die
ursprüngliche Menge und den ursprünglichen Preis angeben. Beispiel: Wenn der Eintrittspreis für ein Fußballspiel von 15,00 € auf 20,00 € steigt und die Anzahl der Zuschauer (bzw . die Nachfrage menge nach Tickets) von 6000 auf 3000 fallt, dann würde die Preiselastizität der Nachfrage wie folgt berechnet: 3000 ·100
5 ·100
3000
15
6000
15
5
6000
1,5
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
Die Änderung der nachgefragten Tickets fallt um das 1,5-fache höher aus, wie die Preisänderung. Das Vorzeichen der Preiselastizit ät der Nachfrage ist im Allgemeinen negativ, da die Nachfragekurve in Norm alfall eine negative Steigung hat. Da hier aber in erster Linie die Stärke der Veränderung interessiert, sind die nachfolgenden Zahlenangaben imme r als Absolutwerte zu verstehen. Eine Preisel astizität mit dem Absolutbetrag von 2 bedeutet, dass die relative Mengenänderung zweim al so groß ausfällt wie die relative Preisänderung. Bei den Preiselasti zitäten lassen sich folgende Fälle unterscheiden : Einheitselastizität (E N = I): Die Änderung der nachgefragten Menge verhält sich proportion al zur Preisänderung unclastische Nach frage (E N < I) : Die Änderung der Nachfragemenge fallt geringer aus als die Preisänderung elast ische Nach frage (E N > I) : Die Änderung der nachgefragten Menge fallt größer aus als die Preisänderung vollkommen unelastische Nachfrage (E N = 0): Die Prei sänderung bewirkt keine Änderung der nachgefragten Menge vollkommen elastische Nachfrage (E N= 00): Bei gle ich bleibenden Preisen kommt es zu enormen Mengen änderungen. Eine lineare Nachfragekurve durchl äuft alle Elastizitätswerte von null bis unendl ich . Da somit die Elastizität bei jedem Prei s eine andere Größe aufwe ist, sollte man immer nur von einer bestimmten Elastizität bei einem ganz bestimmten Preis sprechen (Punktel astizität) . In Abb. C.? erfolgt die grafische Bestimmung der Preiselasti zität. Nach dem Streckensatz bestimmt sich die Preiselastizität in Punkt A durch den Quotienten der Strecken AS und AI-I. Wie leicht erkennbar, ist in der Streckenmitte (A') der Wert der Elastizität gleich eins. Oberhalb der Streckenmitte ist die Elastizität größer als eins und am Punkt H ist sie gleich unendlich. Unterhalb der Streckenmitte ist die Elasti zität immer kleiner als eins und im Punkt S gleich Null.
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Mikro okonomie - Theoretische Grundlagen I
Preis (p)
E> 1l I elastischer Bereich
A'
E< II I unclastischcr
A
Bereich
E=0
I
Menge (x)
Abb. C.7. Grafische Bestimmung der Preiselastizität
T rotz dieser mathe matisc h korrekten Fests tellung klassifizieren Ökonomen Nachfragek urve n je nach ihrem Steig ungsgrad, nach ihrer Elastizität. Dabei gilt die Daumenrege l: Steigungsgrad und Elastizität
Je flacher die Nachfrag ekurve. die durch einen bestimmten Punkt läuft, umso größer ist die Preiselastiz ität der Nac hfrage und umgekehrt. Handelt es sich in der Praxi s um ein eher preiselastisches Gut, wird in der grafischen Analyse die Nachfragekurve dieses Gutes in einem PreisMengen -Diagramm daher tendenziell flach eingezeichnet. Im Extrem fall eines vollkomme n preisun elas tischen Gutes verläuft die Nachfragek urve senkrec ht. Im Falle eines vollkommen preiselastischen Gutes verläut die Nachfrage kurve waagere cht. p
p ~
(a)
~~ -------t---: p
I,
X!
p ~
P'
N
..
P
-Ä :
..
x
(b)
x
'
x' x
..
x
P ~
N
(d)
(c)
~
- -- -- -
P'
P
---- - -
P x
N
x
Abb . C.8 . Alternative Preiselastizitäten der Nachfrage
N x
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
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In den obigen Teilabbildungen wird deutlich, dass bei einer flachen (elastischen) Nachfrage (a) der Mengeneffekt bei einer gleich großen Preisänderung größer ist, als bei einer steiler (unelastisch) verlaufenden Nachfragekurve. Im Fall (a) führt ein Anstieg es Preises um x % zu einer Abnahme der Nachfrage um mehr als x % und im Fall (b) um weniger als x %. Die unteren Teilabbildungen stellen die beiden Extremfälle dar . Bei einer Erhöhung des Prei se s verändert sich bei einer vollkommen unelastischen N achfrage (c) die nachgefragte Menge nicht. Be i einer vollkommen elastischen N achfrage (d) ist bei einem Pre is obe rhalb von p die N achfragemenge gleich Null. Be i gen au p kaufen die Kon sumenten eine beliebig große Menge. Be i einem Preis unterhalb von p ist die nachgefragte Menge unendlich groß. Die Kenntn is der Preiselastizität der Nach frage ist sowohl für Unt ernehmen als auch für den Staat von grundlegender Bedeutung. Fall s ein Unternehmer mit Hilfe von Preisänderungen seinen Um satzerlös (verkaufte Menge multipli ziert mit dem Preis) erhöhen will , mu ss er bedenken, dass sich in einem Prei sbereich, in dem die Preiselastizität kleiner als eins ist (unelastischer Bereich) , sich der Umsatz durch eine Preissteigerung erhöht und durch eine Preissenkung verm indert. Wenn die Preiselastizität größer al s eins ist (elasti scher Bereich), wird der Umsatz durch eine Preissteigerung verminde rt und durch eine Preissenkung erhöht. Die nachfolgende Abb. C. 9 macht dies deutlich. p
4.(X) € p' I--
(a)
-
-----'\-
3.(X) € P
p
(b)
4.00 € p' 3.00€ P
25 30
13
30
Abb. C.9. Preiselastizität der Nachfrage und Umsatz Bei einer unel ast ischen Nachfrage (a) bewirkt eine Pre iserhöhung einen Um satzanstieg : Der prozentuale An stieg de s Prei ses übe rsteigt den prozentualen Rückgang der Nachfragemenge. Der Um satzerlö s steigt von 90 € auf 100 €. Be i einer ela sti schen Nachfrage (b) bewirkt ein Preisanstieg um denselben %-Satz einen Umsatzrückgang: Der pro zentuale Anstieg des Prei ses ist geringer als der pro zentuale Rückgang der Nach fragemenge. Der Umsatzerlös sinkt um 38 €.
Die Bedeutung der Preiselastizität für ...
... Unternehmen
92
... und den Staat
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Für den Staat ist die Kenn tnis der Preise lastiz ität der Nachfrage von Bede utung, falls er übe r Steuern oder Sub ventio nen au f die Markt preise Einfluss nehmen will. Das Ziel kann dab ei sein, ein bestimmt es Ve rhalten der Wirtschaftss ubjekte zu erreichen und/od er die Steuereinnahmen zu erhöhe n. Möchte der Staa t die Nac hfrag e nach eine m ges undheitss chädlichen Gut (z.B. Alcopops) durch eine Steuererhöhung reduz ieren, hofft er auf eine preiselastische Na chfrag e. Ist er aber lediglich daran interess iert, seine Steuereinnahmen zu erhöhen, wäre eine preisunel astische Reaktion für ihn vorteilhafter.
Bestimmungsgründe der Preiselastizität
Generell lässt sich sage n, dass die Preisela stizität im Wese ntlichen von folgenden Faktoren abhängt:
Konsumentenpräferenzen
den Konsumentenpräfe renzen : Je wichtig er den Konsum enten ein Prod ukt sche int, desto unel asti scher ist dessen Na chfrag e (Brot versus Skateboard).
Subst itutionsgrad
dem Sub stitution sgrad : Je größer der Sub stitution sgrad eines Produktes, desto prei sel astische r ist dessen Na chfrag e (Bier versus Wein).
Wettbe werbssituat ion
der Wettbewerb ssitua tion: Je mehr Wettb ewerber ein Un ternehmen hat, desto preiselastischer sind seine Produkte (Kleidun g versus Eisenbahnwagons).
Zeit horizont
dem Ze ithoriz ont: Je langfr istiger der betra cht ete Zei traum, desto elast ischer dürft e die Nac hfrage reagieren, da die Suche nach möglichen Substituten Zei t in Anspruch nimmt (Energie aus Öl vers us Solarenergie). Allerdings sind auch spontane Reaktio nen, die langfristig wieder zurückge nomme n we rde n, nicht auszuschli eßen (Zigarettenkonsu m).
1.4.2 Die Einkommenselastizität Interessiert das Ausma ß der Nachfrageän derung ausgehend von Änderungen des Einkommens, hilft die Berech nung der Einkommense lastizität der Nachfrage . Einkommenselastizität der Nachfrage
~x
y
~y
x
=
Sie gibt an, um wie viel Proze nt sich die Nac hfragem enge eines Gutes ändert, wenn das Einkommen eine Änderung um ein Prozent erfährt. Im Normalfa ll ist das Vorzeichen dieser Elastizität positiv, da das Einkommen und die Nachfrag emenge sich in gleicher Richtun g ändern, so dass Zähler und Nenner des Elastizitätsquotienten entweder beide positiv oder beide negativ sind. Bei infer ioren Gütern ist die Einkommens -
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
elasti zität negativ, da Einkommens- und Nachfrageänderungen in umgekehrter Richtung verlaufen und bei einkommensunabhängigen Gütern ist sie gleich null. Die Kenntn is über die Einkommenselastiz ität liefert z.B. eine zentrale Grundlage für Vorhersagen übe r das Konsumverhalten wenn die Volkswirtschaft wächst und die Menschen reicher werden . Angenommen, das Volkseinkommen wächst in den nächst en fünf Jahren um jährlich 3 % und die Einkommenselastizität für Tabak beträgt -ü,5 und jene für Wein 2,6. Daraus folgt, dass sich in den nächsten fünf Jahren im Zuge einer 15 %-igen Einkommenserhöhung zum einen die Tabaknachfrage um 7,5 % redu zieren und die Nach frage nach Wein um 39 % erhöhen wird. Die Wachstumsperspekt iven für diese beiden Branchen sind also völlig unterschiedl ich, was sowohl die Untern ehmensentscheidungen über weitere Investitionen als auch die staatlichen Schätzungen über die jeweiligen Steuereinnahmen beeinflussen wird . Für die Deutsche Bahn AG mag es zudem lohnenswert sein, den Anteil von Raucher- und Nichtraucherabteilen zu überdenken.
1.4.3 Die Kreuzpreiselastizität Auch das Ausmaß der Nachfragereaktion bei mite inand er verbundenen Gütern lässt sich mit der Elastizität messen . Die Elastizität der Nachfragemenge eines Gutes in Bezug auf den Preis eines anderen wird als Kreuzpreis ela stizität bezeichnet. Sie gibt also die Mengenänderung der Nachfrage nach Gut A an, wenn sich der Preis bei Gut 13 um ein Prozent ändert: Kreuzprei selasti zität
=
Die Kreuzprei sela stizität ist bei Komplementärgütern negativ, da die jeweil igen Preis- und Mengenänderungen in entgegengesetzten Richtungen erfolgen. Bei einer Preissenkung von Gut A mus s bei komplementären Gütern nicht nur Gut A verstärkt nachgefragt werden, sondern auch Gut 13, da sich beide bei der Nutzung bedingen. Bei Substitutionsgütern ist sie positiv, da sich Preise und Mengen in die gleich e Richtung bewegen. Bei Substitutionsgütern sinkt die Nachfrage nach Gut A, wenn der Preis von Gut B sinkt , da dann die Wirtschaftssubjekte mehr von dem relativ billiger gewordenen Gut B nachfragen . Menge A und Preis 13 bewegen sich in derselben Richtung, so dass infolgedessen die Kreuzpreiselastizität zwischen zwei Sub stitutionsgütern imme r positiv ist.
93
94
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Aus der Höhe des Elastizitätswertes lässt sich auf den Kompl ement ärbzw. Subst itutionsgrad zwischen zwei Gütern schließen. Ein Absolutwert der Kreuzpreiselastizität von 2,5 im Vergleich zu 1,3 bedeutet beisp ielsweise, dass im ersten Fall die Güter in einer stärkere n Komplementa ritäts- oder Substitutionsbeziehung stehen als im zwe iten Fall.
1.4.4 Die Preiselastizität des Angebots Die Preisela stizität des Angebot s misst, wie die Angebot smeng e au f eine Preisänderun g reagiert. Bew irkt eine Preisänderun g eine relat iv große Mengenänderung, so hand elt es sich um ein elastisches Angebot. Reagiert die Angebot smenge dagegen kaum merklich auf Preisänd erungen, so gilt das Angebot als unelastisch. Die Preiselastizität des Angebot s hängt im Wesentl ichen davon ab, ob und wie schnell die Unternehmen auf Preisänderungen mit Mengenänderung en reagieren können. Beispielswe ise müssen bei einer Produkt ionsausweitung zunächst ma l die notwendigen Produktionsfakto ren beschafft werden . Letztl ich hängt dies wiederum vom Ze ithorizont ab, wobei davon ausgega ngen werden kann, dass langfristig die Angebotsmenge sehr gut auf Preisände rungen zu reagieren verm ag, Normalerwe ise wird dahe r eine langfri stige Angebotskurve elastischer (flacher) verlaufen als eine kurzfristige Angebotskurve.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
95
2. Marktpreisbildung bei vollkommener Konkurrenz Wie bere its erlä utert , erfolgt über den Markt ein Ausg leich zwischen den entgegengesetzten Interessen von Anbietem und Nach fragern , wobei sich als Ergebn is des Marktge schehen s ein Preis bildet. Da sowo hl die ange bote ne als auch die nachgefragte Menge vom Preis des Gutes abhä ngen, lässt sich der Ab lauf eines solc hen Preisbildungsprozesses zum Ausg leich der unte rschiedlichen Interessen ebe nfalls in einem Preis-Mengen- Diagramm, das nun Angebot und Nachfrag e integriert , veranschaulichen. Unter der Voraussetzung norma l verlaufende r Angebots- und Nachfrageku rven ist das abge leitete Marktg leichgew icht auch stabil. Stab ilität liegt vor, wenn sich entwe der aus einem Ungleichgewi cht heraus oder nach einer Störung des Gleichgew ichts wieder ein Gleichgew icht einstellt.
Stabilität
2.1 Entstehung des Marktgleichgewichts Ausga ngspunkt der Analyse sei der Preis p'. Wie in der nachfolgenden Abbildung leicht zu erkennen ist, möchten die Unterne hmen auf diesem Markt bei diese m ange nommenen Preis p' weit mehr Güter anb ieten (x'), als die Haushalte nachzufragen bereit sind (Xo). Bei dem Preis von p' besteht ein Ange botsübersch uss bzw. ein Nac hfragedefi zit in Höhe von der Differen z von x' und Xo.
Angebots überschuss
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Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
p A
Angebotsüberschuss p'
~
t
p*
I
pU
,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,
'------~~----~/
Nachfrageüberhang
x*
N
x'
x
Abb. C.l0. Marktpreisbildung bei vollkommener Konkurrenz
Da die Anbieter j edo ch mögli chst ihre ges amte Produ ktion ve rkau fen woll en, werde n sie sich im Wettb ewerb um die knappe Nachfrage im Preis gege nseitig zu unterb ieten versuchen. Die dadur ch ausgelöste tendenzielle Preissenkun g führt zum einen zu eine m Anstieg der Nac hfra gemenge (Be wegu ng auf der Nac hfra gekurve), weil sich nun meh r Kon sumenten die ses Gut leisten können oder wollen. Zum anderen verri ngert die Preissenkung die Angebotsmenge (Bewegun g auf der Angebotsk urvc), da einzelne Unternehmen nun nicht meh r in der Lage sind, koste ndeckend an zubieten . Einige Unternehm en treten evtl. aus dem Markt aus, weil sie sich auf anderen Märkten höhere Gewinne versprechen. Der Druck au f die Unternehmen, den Preis ihres Produ ktes zu senken, hält so lange an, bis sich ein Preis eins tellt, bei dem die angebotene Menge genau der nachg efragten Menge zu diesem Preis entspricht. Der Markt befindet sich dann im Gleichg ewicht. Die zum Gleich gewichtspreis p* gehö rige Menge x* ist die Gleichgewichtsm enge. Jeder Anbieter, der bere it ist, zum Glei chgew icht spreis oder einem nied rige ren Preis seine Güter zu verkaufen, kom mt zum Zuge. Gleichzeit ig erhält jeder Nac hfrag er, der bere it wa r, dieses Gut zum Gleichgewichtspreis ode r einen höhe ren Prei s zu ka ufen, die von ihm gewünschte Gütermenge.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
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UNGLf/CI-IGfWICI-IT(f) Analoge Überlegungen, nur mit umgekehrten Vorzeichen, ergeben sich aus einer Situation, die durch einen Nachfrageüberhang bzw. ein Angebotsdefizit gekennzeichnet ist.
Nachfrageüberhang
Ausgehend vom Preis p'' werden nunmehr die Nachfrager in Konkurrenz um das knappe Angebot sich gegenseitig im Preis überbieten. Die dadurch ausgelöste Tendenz zur Preiserhöhung führt zum einen dazu , dass einzelne Nachfrager nunmehr aus dem Markt ausscheiden, weil sie sich das Gut zu höheren Preisen nicht mehr leisten wollen oder können. Zum anderen wird parallel dazu das Angebot steigen, weil einzelne Unternehmer mit der Ausweitung des Angebots sich einen höheren Gew inn ver sprechen . Möglicherwe ise kommen sog ar neue Anbieter dazu , die zu dem niedrigeren Prei s nicht in der Lage waren , kostendeckend anzubieten. Die Tendenz zur Pre iserhöhung wird so lange bestehen bleiben, bis der Nachfrageüberschuss abgebaut ist. In der Realität wird das Marktgleichgewicht nur selten erreicht bzw. bleibt es kaum über einen längeren Zeitraum erhalten. Ursächlich hierfür sind ständige Veränderungen bei den and eren ßestimmungsfaktoren, die auf das Angebot und die Nachfrage einw irken und zu Verschiebungen der jeweiligen Kurven führen . Wie in Abb . C. I I verdeutlicht, drängen auch in diesem Fall die Anpassung sreaktionen der Marktteilnehmer fortwährend hin zu einem neuen Gleichgewicht. Bevor dieses jedoch erreicht ist, gelten möglicherweise bereits wieder andere Bedingungen, die der Prei sbildung eine neue Richtung geben. Dank der generellen Tendenz zum Marktgleichgewicht lassen sich aber vor allem unter der c.p.-Annahme Vorhersagen über künftige Preis- und Mengenentwicklungen treffen .
Tendenz zum Marktgleichgewicht
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Mikrookonomie - Theoretisc he Grundlagen I
p A
A'
N
N'
X'
x*
x
Abb. C.!!. Marktpreisbildung in dynamischer Bet rachtung
Ange nomme n, der Autom obilma rkt befi ndet sich ge rade im Gleichgewicht (Punk t E), als die OP EC-Staaten eine drastisc he Verte uerung des Rohöls besch ließen. Da Minera löl ein Komplementärgut zum Auto ist, ge ht dara ufhin die Nachfrage nach Autos zurück. Die Nachfragekurve ve rschie bt sich nach links (N') und die Autohe rste ller sehen sich bei gleichbleibendem Preis p* unmittel ba r einem Angebotsübersch uss (x* - x') gegenüber. Ihre Lager bestä nde nehmen zu und über kur z oder lang ve rsuchen sie sich gegenseitig im Preis zu unterbieten, um diese abzubauen. Die Preise auf de m Auto mobilmarkt fallen, ne ue Nachfrager treten wie der auf und ein zelne An bieter schei den aus dem Markt aus. Der Markt tendie rt zu einem neuen Gleic hgewicht in Punkt E', das aber nicht erreicht wird, weil entwe der gleichzeitig mit de r Preissenkung die Unte rnehmen Koste neinsparungsprogramme umsetzen (die Angebotskur ve verschie bt sich nach rechts unten: A') oder die Gewerkschafte n höhere Löh ne durchsetzen (die Nac hfragekurve verschiebt sich wie der nach rechts oben) und de r Markt zum Gleichgewicht in E" tendiert. Die vo rhergehenden Ausfüh rungen machen somit deutlic h, dass die Aussage, wo nac h ein Nac hfragerückgang zu Preissenkungen führt, in dieser gene rellen Form nur unter der c.p.-B edi ngung Gültigke it hat. Wird diese Bedingung aufgegeben, lassen sich keine allgemei ngü ltigen Aussage n über die Wirkung von Ange bots- und Nachfrageänderungen auf den Preis treffen.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
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Mit Hilfe des Preis-Mengen-Diagramms lässt sich nun auch noch einmal verdeutlichen, wie Veränderungen auf einer Marktseite je nach der vorliegenden Preiselast izität der and eren Marktseite zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Obwohl bei beiden Teilabb ildungen in Abb. C.12 von einer gleich großen Angebots erhöhung ausgegangen wird, ist bei einer relativ unelastischen Nachfrage die Preisänderung deutlich stärker als die Mengenänderung (a) und umgekehrt (b).
(a)
p
(b)
p
A
A A'
Po
A'
--;>
Po PI
PI
E ~lll
N N X
o
XI
X
X
o
XI
Abb. C.12. Auswirkungen bei unterschiedlicher Preiselastizität
Aus der Abbildung lässt sich wiederum erkennen , dass im Fall (b) trotz Preissenkung der Umsatze rlös auf dem betrachteten Markt gestiegen ist. Offensichtlich wurde der erlösreduz ierende Effekt der Preissenkung durch die Mengen änderung , ausgelö st durch die Preissenkung, überkompen siert. Die Fläche B ist größer als die Fläche A. Dieses Ergebnis ist auch plausibel, wenn man sich nochm als vergegenwärtigt , dass die Preisänderung im Fall (b) im elastischen Bereich zur Wirkung kommt und im Fall (a) im unelasti schen Bereich , also unterhalb des Punkte s, der den Elastizitätswert eins markiert .
2.2 Marktgleichgewicht und Wohlfahrt Die Marktfo rm der vollkommenen Konkurrenz gewährle istet eine effiziente Allok ation, bzw. das Paretooptimum oder die maximale Wohlfahrt. Wie bere its erwähnt wird ein Zustand dann als paretooptimal bezeichnet, wenn es keine Möglichkeit mehr gibt, ein Wirtschaftssubjekt besser zu stellen, ohne minde stens ein andere s schlechter stellen zu müssen. Eine vereinfachte Methode zur Illustration dessen, dass bei vollkom mener Konkurrenz im Marktgleichgewicht die Wohlfahrt maximal ist, baut auf dem Konzept der Konsumenten- und Produzentenrente auf.
X
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Mikro okonomie - Theoretische Grundlagen I
Als Wohlfahrt bezeichnet man de n Gesamtn utzen. den Käu fer und Ve rkäufer aus der Produktion und dem Konsum eines Gutes ziehen. Konsumentenrente
Produzentenrente
Die Konsumentenrente ist definiert als die Differenz zw ischen dem Preis, den die Nac hfrage r bei alternativen Menge n - aufgr und ihrer Nutzen abwägungen - zu zahle n bereit gewesen wäre n und dem Marktpreis, den sie letztlich für alle Einheiten zu zahlen hab en. Die Produzenten rente ist definiert als die Differenz zw ischen dem Preis, zu dem die Unternehme n - au fgrund ihrer Kostenabwägungen - anzub ieten bereit gewesen wäre n und dem Markt preis, den sie letztlich für alle Einheiten erzie len. Konsumenten- und Produzentenre nte verdeutlic hen also die Vorteile, die sich für An bieter und Nac hfrager aus dere n Teilnahme am Marktprozess ergeben . Da sich die Zahlungsbereitschaft der Nac hfrager an der Nachfrage kur ve ablesen lässt, wird die Nachfrage kurve zu Recht häu fig auch als Zahlungsbereitschaftsk urve bezeichnet. In Abb . C. 13 (a) entspricht bei einem Gleic hgew ichts preis von p* das Dreieck p*Eß der Konsumentenr ente. Sie ist stets positiv oder gleich null, da ein rational hand elnder Haushalt nur dann ein Gut kauft, wenn er sich dadurch besser stellt. Mit Ausnahme des so genannten »Grenznachfrager s« erzie len all e Kä ufe r aufgrund der »E rsparnis« eine »Ren te« (Nut zengewinn). Übe r den gesamte n Me nge nbereic h vom Ursprung (0) bis x* ist die Zahlungsbereitschaft der Käu fer (in der Summe Ox*EI3) grö ßer als die den Nachfrage rn letztli ch entstehenden Kosten (x. ' p- = Fläc he Ox*Ep*) für de n Erwerb dieses Gutes im Umfang x*. Die Konsumentenrente gibt somit an, in welchem Maß die Wertschätzung der Kon sumenten für die abgesetzte Menge x* die für deren Erwerb aufgewendeten Mittel übersteigt.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
Ca)
p
101
p
ß
p'
p'
t
t
p*
p*
A N
o
x'~x*
x
0
x *~x'
Abb. C.13. Konsumentenrente und Produzentenrente
Angenommen, der Preis erhöht sich nunmehr von p* auf p'. In diesem Fall misst das Rechteck A den Verlust an Konsumentenrente der daraus resultiert, dass die Konsumenten jetzt mehr für alle Einhe iten zahlen müssen , die sie weite rhin kon sumieren. Nach der Preiserhöhung konsum ieren sie nur noch die Menge x', und jede Einhe it kostet nun um p'- p* mehr. Das bedeutet, dass die Konsumenten um (p' - p*) x' mehr Geld als vorher ausgeben müssen, nur um weiterhin x' Einheiten des Gutes konsumie ren zu können . Das Dreieck B misst den weiteren Ver lust an Konsumentenrente aufgrund der Preiserhöhung. Aufgrund die ser haben sich die Konsumenten nämlich entschieden, weniger davon zu konsumieren. Faktisch gibt die Fläche des Dreieckes den Wert des entgangenen Konsums des Gutes an. Der gesamte Verlust der Konsumentenrente ergibt sich aus der Summ e dieser beiden Effekte. In Abb . 13 (b) stellt das Dreieck p*EA bei dem Gleichgewichtspreis p* die Produzentenrente (PR) dar . Die Produzentenrentekann nicht negativ sein, da ein Unternehmen aus dem Markt ausscheidet, wenn die Stückkosten höher sind als der Marktpreis, den es beim Verk auf des Gute s erhält. Mit Ausnahme des »Grenzanbieters« erzielen alle Anbieter , die im Mengenbereich von 0 bis x* zum Zuge kommen eine »Rente« (Nutzengewinn), weil sie für alle Einheiten einen Preis bekommen (p"), der höher ist als jene Preise, zu denen sie bereit gewe sen wären anzubieten. Da letztere im Wesentlichen von den Kosten der Herstellung bestimmt werden (siehe Abschnitt 2.2), gibt die Produzentenrente an, in welchem Maß die Einnahmen , aus dem Verkauf der Menge x* (Fläche Ox*Ep*) , die Kosten (OAEx*) übersteigen .
x
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Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Angenommen, der Preis steig t von p* auf p'. In diesem Fall misst das Rechteck C den Gewinn an Produ zent enr ent e. der darau s res ultie rt, dass die Produ zent en j etzt mehr für all e Einheiten bekommen, die sie we ite rhin produzieren. Das bed eut et, dass die Produ zent en um (p 'p*)x* mehr Geld als vorhe r bekomm en. Das ist aber noch nicht der gesamte Gewinn an Produzentenrente. Hinzu kommt das Dreie ck D, da aufgrund der Preiserhöhu ng sich die Produzenten näm lich ent schieden haben , mehr von diesem Gut zu produzieren. Der gesamte Gewinn der Produzentenrente ergibt sich aus der Summe dieser beiden Fläche n, In Abb . C. 14 sind die Kon sum enten- und Produ zentenrente in einem Preis-M engen-Diagramm zusammengefasst dar gestellt. Im Gleich gewicht ist diese Summ e maximal , d.h. das durch das Gleichgewicht darges tellte Erge bnis ist pareto- effizient. Auch wird da s Angebo t im Gleichgewich t j enen Konsum enten zugete ilt, die es - ge messe n an der Zahlungs bereitschaft - am höchsten schä tze n und bewert en. Ebe nso wird die Nachfrage au f jene Produ zenten vert eilt, die zur Produ ktion mit den niedrigsten Kosten in der Lage sind, Wie bereit s angedeutet, wird die optima le Preis-Mengen-K ombin ation (x" , p*) bei funktio nierende n Märkten durch den Wettbewerb »von selbst«, dur ch »die unsichtbare Hand«, erreicht. Die Gesamtrent e bzw. die Wohlfahrt , welch e die Gesellscha ft insgesamt aus dem Konsum dieses Gutes in Höhe von x* bezieht, entspricht somit dem subjektive n Güterwert für die Konsum ent en, ge messe n als Zahlungs be reitschaft, minu s den Kost en der Produ zent en für die Bereitstellun g des Gut es, und ist gleic h der Summ e aus Konsum entenund Produzentenrente (A EB).
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
p B
p' .
A
p*
I IK
----~-------
E
Po.
N
o
x'
x*
x"
x
Abb. C.14. Pareto-Effizienz im Marktgleichgewicht
Zum besseren Verständnis der vorhergehenden Ausführungen ist es nach der Lektüre des nachfol genden Kapitel s 4 hilfreich, sich nochm als deutlich zu machen , dass die Fläche unterh alb der Nachfrageku rve bis zur Gleichgewichtsmenge x* (= Ox*EB) den Gesamtnutzen (= Summe der Grenznutzen) widerspiegelt und die Fläche unterhalb der Angebot skurve bis x* (= Ox*EA ) den Gesa mtkosten der Produktion (= Summe der Grenzkosten) des betreffenden Gutes im Umfang von x* allerdings ohne Fixko sten - entspricht. Diesseits der optimalen Menge x* ist die Produktion pareto- ineffizient. Für alle Einheiten z.B. zwischen der Menge x' und x* liegt die Zahlungsbereitscha ft der Konsum enten (p') noch über dem von den Anbietern ge forde rten kost end eckend en Preis (Po), so dass es sinnvoll wäre, mehr zu produ zieren. Davon könnten die Konsumenten und die Produzenten profit iere n, weil ebe n der von den Produzenten geforderte Preis kleiner ist als die Zahlungsbere itsch aft (die Wertschätzu ng für eine zusätzliche Einheit) der Na chfrag er. Eine Ausweitung der Produkt ion von x' auf x* würde die Wohl fahrt um die Fläche GE F erhöhen. Jenseits von x* zu produ zieren wäre ebenfalls abzulehnen, weil in diesem Fall die Gese llscha ft insge samt schlechter gestellt wäre. Die Ressourcenkosten bei Erstellung einer zusätzlichen Einhe it über x* hinaus wä ren in diesem Fall größer als die Wert schätzun g der Kon sumenten
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Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
für eine zusätzliche Einheit, und die zusätzliche Ausbringung würde zu einem Nettoverlust für die Gesellschaft führen. Bei den Produzenten führte dies bei einer Ausb ringungsmenge von x" zu einem Verlust an Produzentenrente in Höhe von EKL, we il die Grenzkosten jeder Einhe it höhe r sind als der Preis p" , den sie erzielen. Bei den Kon sumenten kommt es zu einem Verlust an Kon sumentenrente in Höhe von EHK , weil der Preis des Gutes höhe r ist, als es ihnen selbst wert ist. Beseitigt man die Überschussmenge, steigt sowohl die Wohlfahrt der Konsumenten als auch die der Produzenten. Freie Märkte te ilen das Güterangebot jenen Käufern zu, die es - gemes sen an der Zahlungsbereit schaft - am höch sten schätzen und bewerten. Die Güternachfrage wird jenen Verkäufern zugeteilt, die zur Produktion mit den niedrigsten Kosten in der Lage sind. Schließlich führen freie Märkte zur Produktion jener G ütermenge, die zum Max imum der Gesamtrente der Konsumenten und Produzenten führt .
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
3. Wiederholungsfragen 0
I.
Welche Voraussetzungen müssen für die Marktform der »vollkommenen Konkurren z« gegeben sein? Lösung S. 80
0
2.
Mit welchen Argumenten lässt sich der Verlauf einer normalen Nachfragekurve begründen ? Lösung S. 81 f.
0
3.
Welch e Größen bestimmen im Wesentlichen die Nachfrage eines Haushalts nach einem bestimmten Gut? Lösung S. 81.
0
4.
Wann kommt es zu einer Verschiebung der Nachfragekurve nach rechts ? Lösung S. 83
0
5.
Welche Größen bestimmen im Wesentlichen das Angebot eines Unternehmens für ein bestimmtes Gut? Lösung S. 86 f.
0
6.
Unte r welcher Vor aussetzung führt eine Pre issenkung zu eine r Reduzierung des Umsatzerlöses eines Unternehmens? Lösung S. 90
0
7.
Wie verändert sich die Nachfragekurve, wenn ein Unternehmen erfolgreich Marketing betreibt ? Lösung S. 91
0
8.
Wie verändern sich die Exporterlöse eines Landes, das Tee in ein Land ausführt, das ein starkes Wachstum des Volkseinkommens ver ze ichnet und in dem die Einko mmenselasti zität der Nachfrage nach Tee negativ ist? Lösung S. 93
0
9.
Welches Vorzeichen hat die Kreuzpreisela stiz ität bei Substitutionsgütern und was bedeutet ein hoher absoluter Wert bei der Kreuzpreiselastizität? Lösung S. 93
0
10.
Wie lässt sich der Prozess erläutern, der ein Ungle ichgewicht auf einem Markt tenden ziell wieder in ein Gleichgewicht überführt? Lösung S. 96
0
11. Sind mit dem Erreichen de s Marktgleichgewichts alle Marktteilnehmer zufrieden gestellt ? Lösung S. 98 f.
0
12.
Welchen Ver lauf muss die Nachfragekurve haben, damit der Gleichgewichtspreis ausschließlich durch die Nach frage bestimmt wird und die Gleichgewichtsmenge ausschließlich durch die Angebotskurve? Lösung S. 100 f
0
13.
Was geschieht c.p. mit der Produ zent enrente, wenn sich das Angebot erhöht? Lösung S. 101 f.
0
14.
Unte r welchen Vor au ssetzungen ist die Produzentenrente gleich Null ? Lösung S. 10 I f.
0
15.
Wie lässt sich erl äutern, dass das Marktgleichgewicht bei Abwe senhe it von externen Effekten stets wohlfahrt smax imal ist? Lösung S. 103 f.
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Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
4. Ein Blick hinter die Nachfrage- und Angebotskurve Die nachfolge nden Aus führunge n ge hen ausfü hrlicher auf das Entscheidungska lkül eines einzelnen nutzen ma ximi erenden Haush alt s sowie eines gewi nnmaximierenden Untern ehmers , der unte r den Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz agiert, ein. Auf diese Weise wird eine rseits deutlicher, warum die nachgefragte Me nge nach ei nem bestimmt en Gut im N ormalfall mit ste ige nde m Preis zurückgeht und der Unternehmer mit steige ndem Preis seine Angebots menge ausweiten möchte. Andererseits werden über die Erläu terung wei tere r gr undlegen de r ök onom ische r Begriffe die Gru ndla gen für das Verständnis der weiteren Kap itel ge legt.
4.1 Die Nachfrageentscheidungen der Haushalte Ziel: Maximierung des Gesamtnutzens
Bei der Ana lyse der Nachfrag eentsc heidung en der Haushalte geht man normalerweise davon aus, dass das angestrebte Ziel die Maximierung des Gesa mtn utzens ist, den der Haushalt sich mit Hilfe des ihm zur Verfügung stehen den Ein komm ens verschaffen kann. Da de r Verbrauch von Gütern die Quell e der Nutzenstiftung ist, geht es deshalb zum einen um die Bestimmung der Nachfrage nach einem ausgewählte n Gut. Zum ander en inte ressiert aber auch, wie unter Einbezug mehre rer Güter, bei geg eben en Marktprei sen , das vo rgege bene Einkommen auf den Kauf der einzel nen Güter so aufzuteilen ist, dass sich ein Nutzenmaximum einstellt.
4.1.1 Das Nutzenkonzept
1. Gossen's che Gesetz »Geset z vom abnehmenden Grenznutzen«
In der Regel nimmt der Ges amtnutzen zu, we nn die Verbrauchsm enge n zunehmen. Die Lebense rfahrung zeigt aber auch, dass mit zunehmendem Konsu m eines Gutes dessen Grenznu tzen abn immt (1. Go ssen'sche Geset z oder »Geset z vom abn ehmend en Gre nznutzen«). Das bedeut et, dass mit jede r wei teren Einheit, die von eine m best immt en Gut konsumiert wird, der darau s resultierende zusätzliehe Nutzen (oder der N utze nzuwac hs des Ges amtn utze ns) immer klein er wi rd. Abb. C.15 verdeutlicht diese »Ges etzrnäßigkeiten«.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
107
Grenznutzen
(ON ) Ge samtnutzen
(U)
I
Gren znutzenkurve
~ individuelle Nachfragekurve
i
GN =O
i,.t x Abb. C.15. Gesamtnutzen- und Grenznutzenverlauf
Zwar steigt der Gesamtnutzen mit zunehmender Verbrauchsmenge bis X m an, jedoch nehmen die Nut zen zuwächse mit jeder zusätzlich verbrauchten Einheit kontinuierlich ab. Je meh r der Nachfrager von einem Gut bereits hat, desto wen iger schätzt er eine zusätzliche Einheit. Den Nutzen, den die zuletzt konsumierte Einheit stiftet, nennt man Grenznutzen. Bei der Menge X m ist der Grenznutzen gleich Null und das Nutzenmaximum erreicht. Danach nimmt der Gesamt nutzen wieder ab. Formal lässt sich diese Nutzenfunktion wie folgt darstellen: U
=
U (x) mit: dU/dx < 0
wobei dU/dx gleich dem Gren znut zen als erste Ableitung der Gesamtnutzenfunktion entspricht. Ein rational agierender Hau shalt wird nur so lange weitere Einheiten eines Gute s nachfragen, so lange der Grenznutzen aus einer zusätzlichen Einheit größer ist als der Preis (= Grenzkosten) , den er dafür entrichten muss. Ist der Grenznutzen gleich dem Preis, wird ein Haushalt demzufolge nur dann eine größere Gütermenge nachfragen , wenn der Prei s sinkt. Die nachgefragte Menge steigt also mit sinkendem Preis ; die Nachfragekurve verläuft von links oben nach recht s unten. Dam it wird auch deutlich, warum reichlich vorhandene Güte r relativ billig sind. Sie sind es deswegen, weil die Hau shalte so wenig dafü r zu zahlen bereit sind. Und die Zahlungsbereit schaft ist deswegen so ge-
Nutzenfunktion
108
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
ring, weil zusätzliche Verbrauchsmengen des Gutes so wenig zusätzlichen Nut zen stiften. Nun beschränkt sich die Nachfrage eines Haush alt s nicht nur auf ein Gut. Vielmehr konsumiert er in der Regel mehrere Güter. Den Nutzen, den ein Haushalt aus verschiedenen Kombinationen von Gütern zieht, kann man anhand von Indifferenzkurven darstellen.
4.1.2 Die optimale Gütermenge Indifferenzkurve
Eine Indifferenzkurve gibt alle Güterkombinationen (hier Gut I
= XI
und Gut 2 = X2) an, bei denen ein gleiches Nutzenniveau vorliegt. Kur-
ven die näher am Nullpunkt liegen (I), haben ein niedrigeres, we iter entfernte Kurven (I' oder 1") ein höheres Nutzenniveau (siehe Abb . C.16) . Eigenschaften von Indifferenzkurven
Indifferenzkurven verlaufen immer von links oben nach rechts unten, da bei einer Nut zenerhöhung durch eine Zunahme von Gut 2 nur dann das Nutzenniveau gleich ble ibt, wenn gleichzeitig von Gut I etw as aufgegeben wird . Es gilt j a weiterhin die Annahme, dass im Normalfall ein Mehr an Gütern von den Hau shalten als Nutzenzuwachs eingeschätzt wird. Eine weitere Eigenschaft von Indifferen zkurven ist, dass sie sich nie schn eiden können. Wenn sich die Indifferenzkurven schneiden, würd e der Haushalt indifferent sein zwischen der Güt erkombination X und y au f der Indifferenzkurve I und zwischen y und z auf der Indifferen zkurve I' und infolgedessen zwischen X und z (siehe Abb. C.16). Da z aber mehr von beiden Gütern darstellt als x, ist die grundsätzliche Annahme ve rletzt, wonach die Wirtschaftssubjekte mehr Güter gegenüber weniger vorziehen.
Menge
Menge
XI
XI
I"
r Menge x2
Abb. C.16. Indifferenzkurven 1
Menge x 2
Mikro okanomie - Theoretisc he Grundlagen I
Der zum Ursp rung hi n ko nvexe Ve rlauf der Ind ifferen zkurven be sti mm t sich aus de m »Gesetz von der abne hme nde n G re nzrate der S ubs titution « . Die Grenzrate der Substit ution (GRS) gi bt die Me nge ei nes G utes an, die man hergebe n muss bzw. bereit ist her zugeb en, um ei ne zusätzliche Mengeneinheit eines anderen Gutes zu erha lte n, wobe i das Nutzenniveau gleich bleiben so ll.
109
« Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Substitution «
Da ein Hau sh alt umso weniger bere it sein wird, fü r eine zu sätz liche Einheit de s Gutes 2, auf da s Gut I zu verzichten , je wen iger er von Gut I hat, ergi bt sich die abnehm ende Gr enzrate. In A bb. C. 17 ist die s anhand der vert ika len Pfe ile ve rdeutlicht. Man ka nn auc h sage n, dass der Haush alt be i Rückgan g eines G utes um so meh r von ei ne m ande re n Gut zum Ausg leic h hab en möcht e, je wenige r von dem erstge nannten Gut noch vorha nden ist. Je kna pper ei n Gut wi rd, um so hö here Mengen m üssen j a auch von anderen G ütern zum A usg leich zur Ve rfüg ung ste he n, wen n der Nutze n konstant bleiben soll.
Gut I
Gut I
ttGRS = I~I dx, A
Gut2
Gut 2
Abb. C.17. Indifferenzku rven 11
Die GR S ist for mal ide ntisch mit der (negati ven) ersten A bleit ung der Ind iffer enzkurve in ei ne m bestimm ten Punkt (h ier: Pun kt A) . Die GR S ka nn auch als tan a ges chriebe n wer de n. allgemei n gilt:
GRS
=
[dx i/dx-]
=
tan a
Um festzu stellen , we lche der mögli ch en Gü terkombinationen aus einer Sc har von Ind ifferenzkurven für den Hau shalt erreic hbar und op timal ist, mu ss noch d ie Budge tres trik tion der Hau shalte berü cksicht igt we rden. Die Budge tge rade gi bt all e G üter ko mbinatio nen an, die der Haushalt be i gegebe ne m Einkommen (Y) und gegebe ne n G üterpreisen (PI) und (P2) kau fen kann , wobei an geno mm en wird, da ss das gesamte Ei nkomme n konsum iert und au f diese be iden G üter ve rte ilt wird.
Budgetgerade
110
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
In Punkt A (in Abb. C. IS) wird das gesamt e Einkommen für das Gut XI ausgegeben und in Punkt B für das Gut Xz. Die Ste igun g der ß udge tgeraden entspricht dabei dem negat iven und umgekehrt en Prei sve rhältnis der Güter (-PZ/Pl = tan a ). (a) Erhöhung des Einkommens (b) Veränder ung des relativen Preisver hältnisses (hier: Preisanstieg von X I)'
Y A PI
Steigung
2
=1:11 ~ S
S'
Abb. C.iS. Die Budgetgerade
Ein Ans tieg de s Einkommens führt zu einer parallelen Ver sch iebung der Bud getgeraden nach außen m it den Endpunkten A' und B'. Die Steig ung der Budget geraden ändert sich nicht, weil das relative Pre isverhä ltnis unverändert bleibt. Steigt dagegen Z.ß. der Preis von Gut XI, dreht sic h die ß udgetgerade um B nach unten und wir d flach er (gestr ichelte Linie). Z um Verständnis ist es lohnend , sich nochmal s deutlich zu mach en, dass man sich bei gegebe nem Einkomme n all ein von Gut XI, au fgrund des gestiegene n Pre ises von Gut x i, nunm ehr nur noc h eine ge ringe re Menge da von leisten kann (statt die Menge A nur noch die Menge An). Zur Bestimm ung der optima len Güterkom bination bed arf es nunm ehr nur noch der zu sammenfassende n Bet rachtung der Ind ifferenzkurvenana lyse und der Bud getger aden . N ur unte r Berücksichtigun g der Einkom mensrestri ktion lässt sic h aus der Schar mögl icher Ind ifferenz kurven jene nutzenmaxima le Güterkombination erm itteln , die auch finanzierb ar ist. Unte r der Annahme der N utze nmax imierung wi rd ein Haushalt jene Güterkombination wählen, bei der die Budge tge rade die höchstm ögl iche Indifferenzkur ve tangiert. Der Haushalt vers ucht also mit dem verfügba ren Einkomme n da s ge rade noch finanz ierbare Güte rbü nde l zu erreiche n, das den N utzen maxim iert. In A bb. C. 19a liegen die Güterkom binatio nen C, D und E auf der selben Budge tge raden. C und D repräsent ieren j edo ch ein ge ringe res Nutzen niveau als E, da sie auf einer Indi fferenzkur ve liegen, d ie näher am Ursprung liegt. E ist offensichtl ich diej enige Mengenkombination der
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
Güter, die bei gegebenem Einkommen das höchstmögliche N utzenniveau gewährleistet. Au sgehend von Punkt C kann die se Güterkombination und das damit verbundene höhere Nutzenniveau allein durch eine Umschichtung (Substitution) von XI nach X2 erre icht werden . Eine Einkommenserhöhung ist dafür nicht notwendig. Im Hau shaltsoptimum stimmen die Steigung von Budgetgerade und Indifferen zkurve überein. Der Haushalt kann durch eine Änd erung der Güt erzusammensetzung seinen Nut zen nicht weiter erhöhen.
I" I'
Abb. C.19. Die optimale Gütermenge (das Haushaltsoptimum)
Alte rnat iv könnte der Haush alt auch versuchen, ein bestimmtes Nutzenniveau bei ger ingst möglichen Au sgaben zu reali sieren (siehe Abb . C.19b). Fall (a) ent spricht dem ökonomischen Prinzip in seiner Au sprägung a ls Maxim alprinzip und im Fall (b) in jener de s Minimalprinzips. Da sowohl von der l3udgetg eraden wie von der Indifferen zkurve der Tangentialpunkt E mit dem tan a beschr ieben werd en kann , ist die optimale Gütermenge (das Hau shaltsoptimum) dann erreicht, wenn , in Ab solutwerten ausgedrückt, die GRS dem umgek ehrten Preisverhältnis entspricht: (I) Berücksicht igt man noch, dass die GRS gle ich dem umgekehrten Verhältnis der Gren znut zen ist, weil bei Substitution von Gut xi gegen X2 der Gren znutzen von Gut X 2 sinkt und der von Gut Xl steigt, mith in also gilt:
111
112
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
erhä lt man durch das Einsetze n der Gleichung (2) in die vorhe rgehende Gleichun g (I): (3) Gem äß dieser Formulierung ist das Ha ushaltsoptim um dadu rch gekenn zeichn et, da ss da s Preisverh ältni s gleich dem Verh ältn is der Grenznutzen ist. Form uliert man die Gleichung (3) um in:
2. Gossen's ehe Gesetz
ist gemä ß dieser Formulierung das Hau shaltsoptimum dadurch gekennzeichnet, dass das Gren znutzen-Preis-Verhä ltnis in allen Verwendungen gleich ist. Diese Bedingung für das Haushaltsoptimum wird als 2. Goss en'sc he Gesetz (Goss en: 1810-1858) beze ichn et. Dies bedeutet, dass ei n rational hande lnde r Haushalt bei der Verwe ndung seines Einkomm ens ein Güterbündel anstrebt, bei dem der für die vers chi edenen Güter je weil s zuletzt ausgegebene Euro in allen Verwendungen den gleichen Nutzen zuwachs erzielt. So lange dies noch nicht der Fall ist, ist es dur ch Umschi chtung der Ausga ben möglich , das Nutzenniveau zu steigern, ohne mehr Geld ausgeben zu müssen. Ein Beispiel : Angenomm en der Haushalt möchte se in Einkomme n au f Gut I (Brot) und Gut 2 (Wein) au fteilen und er hat die Güter so kombiniert, dass Brot einen Grenznut zen (GN) von 10 und Wein e inen von 5 Einheiten stifte t. Die Preise von Brot und Wein se ien PI = 3 und P2 = I. Dies bedeutet, dass der GN von Brot dopp elt so hoch ist wie der GN von Wein, obwohl Brot dreimal so viel kostet. Im Verhältn is zu ihrem Preis hat Brot also einen ge ringere n GN als Wein. Offensichtli ch kann der Haushalt seinen Nutzen erhö hen , in dem er mehr Wein und wen iger Brot kauft, denn der Wein stiftet im Verhältnis zum Preis einen höhe ren GN als Brot (5/1 = 5 im Vergle ich zu 10/3 = 3.33) . Mit der Substitution von Brot durch Wein steigt aber der GN von Brot an und j ener von Wein sinkt (I. Goss en 'sche Gesetz). Das Opti mum ist erst dann erreicht, wenn beide Güter im Vergle ich zu ihrem Preis den gleichen GN stiften. Wie bereit s erwähnt, beeinflu ssen Einkom mensän derungen und Änderungen der relativen Preise die Budget gerade und damit natürl ich auch das Haushaltsopt imum. In der nachfolgenden Abb. C.20 ist ausgehend von Haushaltsopt imum E und unter der An nahme, dass der Preis von Gut 2 schrittweise sinkt, die Nachfrage nach Gut 2 in Abhängigkeit vom Preis dieses Gutes abgeleitet.
Mikro okanomie - Theoretische Grundlagen I
Gut 1
1I3
Preissenkung von Gut X z
x"
x
Gut 2
p p p' p" plI!
N X
x'
x'' x'"
x
Abb. C.20. Die Preis-Konsum-Kurve
Wie aus der Abbildung ersichtlich, dreht sich die Budgetgerade durch eine Preissenkung des Gutes 2 um den Ordinatenschnittpu nkt nach rechts, da der Haushalt bei einem niedrigeren Preis und gleichem Einkommen nunmehr mehr von Gut 2 kaufe n kann. Damit kann der Haushalt aber auch ein höheres Nutzenniveau (I' statt I) erreichen. Unterstellt man weitere fortwährende Preissenkungen für Gut X z und verbindet die dadurch neu entstehenden Optimalpunkte, entsteht die so genannte Preis-Konsum-Kurve. Die Preis-Konsum-Kurve gibt sämtliche nutzenoptimale Güterkombinatio nen bei gegebenem Einkommen und sich veränderndem Preis von Gut 2 und konstantem Preis von Gut I an.
Preis-Konsum-Kurve
114
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Die Abhängigkeit der nachgefragten Menge von Gut 2 vom Preis dieses Gutes erhält man , indem man die Mengenei nhe iten au f die Abszisse des darun ter liegenden Preis-Mengen-Diagramms lotet und dabei auf der Ord inate die alternat iven Preise dazu setzt (bei der Menge x' ist der Preis für das Gut 2 annahm egemäß niedr iger als bei x usw.) . Die Ve rb indung der sich so ergebe nden Preis-M engen-Kombinationen stellt die Nachfragek urve der Haushalte nach einem gewöhnlichen Gut dar. Jeder Punkt auf der Nachfragekurve ist nutzenmaximal. Mit Hilfe desselbe n analytischen Instrumentariums lässt sich natürlich auch die Nac hfrage nach einem Giffen-G ut ableiten. Unterstellt man ausgehend von einem Haushalt sopti mum Einkommensä nderungen lässt sich die Na chfrage nach einem bestimmte n Gut in Abhän gigkeit des Einkommens für ein »norma les« oder auch für ein inferiore s Gut über die Ableitung der sog. Einkommen-Konsum-Kurve, darstellen . Es so ll j edoch dem Leser vorbehalten ble iben, diese Ana lysen selbst durchzuführen.
4.1.3 Einkommens- und Substitutionseffekt Bei Preisänderungen treten norma lerweis e zwei Effekte auf, die die dadurch induzierte Veränderu ng der nachgefragten Menge bestimme n: Der Substitutionseffekt und der Einkommenseffekt. Substitutionseffekt
Beim Subst itutionseffe kt hand elt es sich um Änderungen der nachgefragten Menge, au fgru nd einer Änderung des Preisverhältn isses der betrachteten Güter.
Einkommenseffekt
Beim Einkommenseffekt hand elt es sich um Änderunge n im Konsum der Güter, aufgrund dessen, dass sich mit der Preisänderung eines Gutes auch die reale Kaufkraft des Konsumenten verändert hat. Unter den Bedingungen des 2. Gossen 's chen Gesetzes ist der Substitutionseffekt immer negativ. Das bedeutet, dass der Haushalt das relativ teurer gewordene Gut durch das bill igere substituiert . Der Einkommen seffekt ist nicht eindeutig, sondern hängt von der Einkomm enselastizität der Nachfrag e ab. Bei einem norma len Gut ist er positiv und bei einem inferioren Gut negativ. Die Kenntni s über die relative Stärke dieser beiden Effekte ist von großer Bedeutung wenn es beispielsweise darum geht, die Au swirkungen von Einkomme nste uerä nde runge n auf da s An gebot sverhalten eines Haushalts auf dem Arbeitsmarkt oder die Auswirkungen einer spezie llen Verbrauchsteuer auf den Güterkorb eines Haushalts zu bestimmen. In Abb. C.2 1 ist die grafisc he Bestimmung des Substitutions- und Einkomm enseffekts bei eine m normalen Gut wiedergegeben.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
1I5
Angenommen, der Haushalt befindet sich im Haushaltsoptimum (Punkt A), wenn sich die Regierung entscheidet, eine spezielle Verbrauchsteuer auf Gut I zu erheben, die von den Herstellern auch direkt auf den Pre is des Gutes überwäl zt wird . Ziel der Besteuerung ist es, den Konsum des Gutes zurückz udrängen, da es seit ens der Regierenden als demeritorisches Gut (z.B. Alkohol) eingeschätzt wird .
Gut I
]!---~ x' I
j
EE
I'
Gut2 Abb. C.2 1. Substitutions- und Einkommenseffe kt
Bed ingt durch die Preiserhöhung de s Gute s I dreht sich die Budgetgerade E im Abz issenschnittpunkt nach unten . Damit lässt sich mit dem gegebenen nominalen Einkommen das bisherige Nutzenniveau - ausgedrückt durch die Indifferenzkurve I - nicht mehr reali sieren. Am Ende aller Anp assungsprozesse seitens des Haushalts steht deshalb die neue nutzenmaximale Güterkombination wie sie Punkt C repräsentiert. Wie leicht zu erkennen ist, führte die Verteuerung des Gutes I zu einem deutlichen Rückgang der nachgefragten Menge nach dies em Gut (von Xl auf X'I) und zu einer Zunahme des Gutes 2 (von Xz auf x'z) in dem opt ima len Warenkorb des Haushalts. Um diesen Gesamteffekt (G E) der Preisänderung von Gut 1 in den Substitutions- und Einkommenseffekt auft eilen zu können, soll zunächst angenommen werden, dass der Haushalt durch eine direkte staatliche Transferzahlung entschädigt wird, die es ihm erlaubt, das alte Nutzenniveau be izubehalten . In der Abbildung kommt dies durch die
116
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
ParalIelverschiebung der Budgetlinie E' hin zur alten Indi fferenzkur ve I bis zum Tangentialpunkt B zum Ausdruck (gestrichelte Linie). Damit lässt sich nunmehr die in Punkt B vorli egen de, im Vergleich zum Ausgangspunkt A, verä ndert e Güter kombination allein auf den Substitutionseffekt (SE ) zurückführen. Durch die Transferzahlung zum Ausgleich der Pre iserhöhung von Gut 1 hat sich j a das rea le Einkom men - die Kaufkraft - nic ht verändert. In Punkt B wird wie erw artet , weni ger von dem teue ren Gut 1 nac hgefragt und mehr von dem Gut 2. Tatsäc hlich reali siert der Haushalt jedoch Punkt C, wen n reali stischerweise unterstellt wird, dass keine Ausgleichszahlun gen für die Preiserhöhun g vorgenommen werden. Im Vergleich zu Punkt A wird in Punkt C von beiden Gütern weniger konsumi ert. Dies liegt bei normal en Gütern nahe, da rea l, also gemessen in erwerbbaren Gütern, das Einkommen nach der Preiserh öhun g niedri ger ist. Die Mengenunterschi ede zwisc hen Punkt B und Punkt C sind alIein au f den Realeinkomm ensve rlust (Einkommenseffekt: EE), den der Haushalt durch die Preiserhöhung erlitten hat, zurückz uführen. Entlang der Ord inate ist zu erke nnen, dass bezogen au f Gut 1 der Substitutions- und der Einkommenseffekt in die gleich e Richtun g wirken. Der Gesamt effek t führt zu eine m deutlichen Rückgan g des Gutes im Güterkorb des hier betrachteten Haushalt s. Auf der Abszisse ist der Gesam teffekt aufgeteilt in den Substitutionsund Einkommenseffekt für das Gut 2 dargestelIt. Hier zeigt sich, dass der Substitutions effekt, der zu einer deutl ichen Erhöhung des Gutes 2 im Warenkorb führt, teil wei se durch den Einkommenseffekt neutralisiert wird.
4.1.4 Die Marktnachfrage Bisher beschränkten sich die Ausführungen auf einen einzigen Hau shalt. Tatsäch lich fragen ein bestimmtes Gut jeweils viele Haushalte nach. Dabei ist die gesamte Markt nachfrage offenbar die Summ e alIer von den einzelnen Haushalten nachgefragten Mengen . Grafisch erg ibt sich die Marktnach frage dur ch hori zontale Aggregation der individ uellen Nachfrage kurve n. In Abb. C.22 ist als Beispiel die Abl eitung der Ma rktna chfragekur ve aus dem Nachfrageverhalten von drei Haushalten skizziert. Ist der Prei s gleich p fragen alle drei Haushalte das Gut im Umfa ng von x (= XA + XB + xc ) nach. Haushalt B wü nscht zu diesem Preis die Menge XB, Haushalt C die Menge Xc und der Haushalt A frag t zu zum Preis p gar die Menge XA nach.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
1I 7
Ist der Preis höher als p* verzichtet der Haushalt B auf das Gut. Bei einem Preis zwischen p' und p'' ist die Marktnachfrage ident isch mit der Nachfrage des Haushaltes A. Ist der Preis höher als p'' ist die nachgefragte Menge nach Gut x gleich Null. p
pU
p'
p* p
Abb. C.22. Die Marktnachfragekurve
Stellt man sich eine unbegrenzte Anz ahl von Hau shalten vor, lässt sich eine lineare, nicht mehr geknickte Nachfragekurve dar stellen .
4.2 Die Angebotsentscheidungen der Unternehmen Ag iert ein Unternehmer unte r vollkommener Konkurrenz ist der Marktpreis für ihn fest vorgegeben und kann von ihm nicht beeinflusst we rden . Einz ige r unternehmerischer Akt ionsp arameter ist die Ve rkaufsmenge. Der Unternehmer ist Mengenanpasser und hat somit nur die Verkaufsmenge zu best immen, bei der er sein Ziel der Gewinnmaximierung erreicht. Dabe i ist der Gewinn defin iert als Differenz von Erlös und Kosten . Die Gewinnentwicklung hängt davon ab, wie sich bei einer Produktionsänderung der Erlös und die Kosten entwickeln. Der Erlös (E) ist das Produkt aus dem Stückpreis p und der verkaufter Menge x. Die Erlö sfunkt ion gibt also an, wie hoch der Gesamterlös eines Untern ehm ens bei alternati v hohen Produktionsmengen ist. Es gilt daher :
E = E (x) = P . x.
Mengenanpasser Ziel: Gewinnmaximierung
118
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Die Kosten sind das Produkt aus den in der Produktion ei nge setzte n Produktions faktore n mult ipliziert m it deren Preisen . Da der Koste nver lauf e ines Unterneh mens jedoch ganz entscheidend von den zugrundeliegenden Produktionsver fahren abhängt, ist zunächst au f die Produktion sfunkt ion e inzugehen, um d ie gewinnmax imale Menge zu besti mmen.
4.2.1 Die Produktionsfunktion Eine Produktionsfunktion beschre ibt den funk tionalen Zus ammen hang zwischen der hergestellt en Gütermenge (= Output) und der Menge der in den Produktionspro zess eingehende n Produktionsfakt oren (= Input) .
wobei X den Ou tput und v r, Vl zwei Produktionsfaktoren repr äsent ieren.
substitutionals Produktionsfunktion
ertragsgesetzliche Produktionsfunktion
partielle Faktorvariation
Nach Art der mögli chen Kombinat ionen der Inpu tfaktor en wird zwische n Iimitationalen und substi tutionalen Produktionsfunktionen unterschie de n. Im Fa lle limit at ionaler Produktionsfunkt ionen sind d ie für die Herste llung eingesetzte n Produktion sfakto ren nicht au stau schbar; sie müssen vielm ehr in einem ga nz bestimm ten Verhältnis zue inander eingesetzt werd en . Bei substitutionale n Produktionsfunkti one n ka nn j eder Faktor zumindest teil weise durch and ere erset zt werden, so da ss es nicht nur eine, sondern mehrere techni sch effi ziente Faktorkom binationen gibt. Von großer prakti scher Rele vanz ist die ertrag sge setzliche Produktionsfunktion a ls eine Form der substitutiona len Produkt ion sfunktion. Sie ist dadurch gekennzeichn et, dass bei partieller Faktorvariati on (Variation eine s Fakt ors bei Kon stanz der anderen Faktoren) der Ertrag zun äch st übe rpr op orti on al (progress iv) und dann unterproportional (degressiv) steigt. Den typ ischen Ertragsverlauf dieser Produ kt ionsfun ktion ve rde utlicht die nachfolgende Abbildung C.23. Bis zum Punkt (A) steigt der Ertrag progressiv. Danach nimmt der Ertrag zwar wei ter zu, je doch degressiv, d.h. mit ab nehm end en Z uwäc hsen . Ab dem Punkt C nimmt der Gesamtertrag sogar ab.
Grenzertrag oder Grenzprodukt
Die unte re Abbildung gibt die dazu geh örige Grenzertrags funktion an . Der Gren zert rag oder auch das Grenzpro dukt ist der zu sätzli che Output, der durc h eine zusätz lich eingesetzte Input e inheit erze ugt werd en kann , während alle anderen Faktoren konstant bleiben.
Mikrookanomie - Theoretische Gr undlage n I
1I9
Gesamtertrag (X)
c
Input (VI'
v,)
Input (VI'
v,)
Gr enzertrag
A
c
Abb. C.23. Ertragsgesetzliche Produktionsfun ktion
Wie leicht erkennbar ist, führt der zunehmende Einsatz eines Faktors unte r Beibehaltung eines ko nstanten Produktio nsfaktors - ab dem Punkt A zu fallenden zusätz lichen Erträge n. Ab dem Punkt C wir d der Grenzertrag sogar negativ. Dieser ertragsgesetzliche Ver lauf ist plausibel. Beispielsweise nimm t bei gleic hmäßiger Erhöhung des Ar beitseinsatzes die Me nge des herges tellte n Gutes zunächst einmal überp roportiona l zu, weil sic h die Arbei ter sukzessive spezia lisiere n können, was die Produktivität jedes einzelnen von ihnen steige rt. Da aber der andere Faktor, be ispielsweise Kapital in For m eines Gebäudes, konsta nt ist, sind irgendwann so viele Arbeiter beschäftigt, dass sie sich gege nseitig behin dern und der durch die Einste llung we iterer Arbeiter realisierte Produ ktionszuwachs immer kleiner wird. Mit Blick auf die zuerst zunehmenden und im weiteren Ve rlauf sinken de n Gren ze rträge spricht man vo m »Gesctz der abnehmen de n
»Gesetz der abnehmenden Grenzerträge«
120
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
G renze rtr äge« . Mathe matisc h erhä lt man d ie Gr en zprod uktivität ei nes Fakto rs au s der erste n Abl e itu ng der Produktion sfunkt ion (Grenzertrag des Fakto rs
VI =
dx/d v.).
4.2.2 Die Kostenfunktion Die Untern ehmen orientier en sich bei ihre n Produktionsentscheidungen nic ht in er ster Linie an der Produktion stechnologie . Bei de m Ziel, ihre Gewinne zu max im ieren , stehen vie lmehr Er lös e und Kosten im Vordergrund . Letztere hängen allerdings we sentli ch von de r Produktion sfunkt ion ab. Im Gegen satz zur Prod uktio nsfun ktion, in der der Ou tpu t als abh ängige Vari able bet rachtet wird, sin d in der Kostenfunk tio n der mit Pre isen bewertete Input (d ie Ko sten) di e abh äng ige Variabl e und der Ou tp ut d ie unabhän gige. In d iesem Sinne unt er su ch t di e Ko st entheori e d ie Veränd erung des m it Preisen bewer tet en Inpu ts al s Funktio n des Outputs. Da rau s folgt , dass die Ko sten fun kt ion die bewertete Um kehrfunktion der Produktion sfu nkt ion ist. Die Ko stenfun kt ion gi bt al so an , wie hoch d ie Gesam tko sten eines Unterne hmens bei alt ernativ hoh en Produktion sm engen sind : K
=
K(X )
wobe i:
K
= q l VI
+ q 2 V2
und mit VI, V2 wie de r die Prod ukt ion sfaktoren und m it spre chen de n Pre ise dieser Fakt o ren ge kennzeichnet sind. Gesamtkosten
d ie ent-
Die Gesamtkos ten (K) eine s Unternehmens setzen sich aus de r Summe von fixen Kosten (Kr) und variablen Kosten (Kc) zu samm en . A llg emein gilt dahe r: K(X )
explizite und implizite Kosten
qr , q 2
=
Kr + Kv(x)
Zu bedenken ist, dass neben den so gen annten ex p liziten Kosten, w ie die Ausgaben für Löhne und G ehälter, Betrieb sstoffe und Mieten, auch die im pli ziten Kosten enth alt en sind. Darunter versteht man entg angene Erträge , die aus der Ve rwendung vo n im Unterneh men einge setzten eigenen Re ssourcen res ultieren . Be ispiele dafür sind der Unte rnehm erlohn und die Verzi ns ung des eingesetze n Eige nkapitals.
fixe Kosten
Die fixe n Ko sten hängen in ihr er Höhe grun dsätz lich nicht von de r produzierten Menge ab (beispielsweise Ve rsicherun gsp rämien oder der Kap italdien st fü r Kredite). Sie bleiben unverändert, we nn das Unternehm en seine Produkt ion erhö ht od er sen kt. Sie entste he n sel bst dann , we nn da s Unte rne hme n gar nicht prod uzi ert. Erst we nn da s Unte rne hmen aufgel öst w ird, entfä llt der g rö ßte Te il der Fixkosten . Je länger der
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen /
12/
betrachtete Zeithori zont ist, umso mehr werden ehemals fixe Kosten variabel (z.B. können Versicherungsprämien angepasst werden). Im Gegensatz zu den fixen Kosten ändert sich die Höhe der variablen Kosten mit der produzierten Menge (dazu gehören zum Beispiel die Personalausgaben sowie die Aufwendungen für Materi alein satz) . Die gesamten variablen Kosten ergeben sich aus der Multiplikation der variablen Kosten pro Stück und der hergestellten Produktionsmenge.
variable Kosten
Die Stückkosten erhält man durch die Division der Gesamtkosten durch die Menge der erstellten Güter (Stückkosten k = K/X). Sie geben an, wie hoch die Kosten pro Stück sind . Die Stückkosten werden auch als Durchschnittskosten bezeichnet.
Stückkosten
Die Grenzkosten (GK) geben im Einzelnen jeweils die Ver änderung der Gesamtko sten an, wenn sich die Ausb ringungsmenge um eine Einheit verändert. Oder ander s ausgedrückt, die Grenzkosten sind die Kosten , die sich bei der Bereitstellung einer zusätzlichen Einheit ergeben. Mathem atisch ergeben sich die Grenzkosten aus der I. Ableitung der Kosten funktion.
Grenzkosten
Die nachfolgende Abbildung C.24 zeigt die ent sprechenden Kostenverläufe auf Grundlage der ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion. Dabei ist grundsätzlich vorausgesetzt , dass die jeweils produzierte Menge mit den geringsten Kosten hergestellt wird . Da die Kostenfunktion die Umkeh rfunktion der Produktionsfunktion ist, gew innt man die Kostenfunktion durch Spiegelung der Produktionsfunktion an der 45-GradLinie . Die Gesamtkostenkurve (K) : Mit steigender Produktion von X nehmen die Gesamtkosten stetig zu. Bis zum Wendepunkt A ist der Kostenanstieg unterproportional (degressiv) und danach progressiv.
Gesamtkostenkurve
Der Grund für den degre ssiven Anstieg ist die zunächst gegebene, zunehmende Grenzproduktivität des variablen Produktionsfaktors. Jenseit s des Punktes A wirkt dann jedoch das »Gesetz der abnehmenden Grenzerträge«. Die ma rginale Faktorproduktivität sinkt und die Gesamtko sten steigen prog ressiv an. Ursächlich hierfür sind mit Annäherung an die Kapazitätsgrenze auftretende: intensitätsmäßige Anpassungen : der Ablauf der Produkti onsprozesse wird beschleunigt, wodurch es zu höherem Maschinenverschle iß sowie zu vermehrter Ausschussproduktion kommt und somit die Gesamtkosten überproportional ansteigen. zeitliche Anpassungen : die tägliche Arbeitszeit wird verlängert, was mit Überstundenzu schlägen und ebenfall s höherem Au sschu ss sowie Masch inenverschleiß durch fehlende Wartungszeiten verbunden ist. Das Ergebn is sind erneut überproportional ansteigende Kosten .
intensitätsmäßige Anpassungen
zeitliche Anpassungen
122
quantitative und qualitati ve Anpassungen
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
qua ntitati ve und quali tat ive A npassunge n: d ie Me nge und Qualität der eingesetzten Produkt ion sfaktoren erfolgt zunehmend in disproportionaler Weis e, wodurch die Produkt ivität pro gr essi v abnimmt.
Gesa mtkosten (K)
x
Produktionsmenge x
GK
x*
x
Abb. C.24. Kostenverläufe bei ertragsgesetzlicher Produktionsfunktion
Die Kostenprogression ist das Spiegel bild zum »G esetz der abnehmenden Grenzertr äge«. Die Abnahm e der Gr enzerträge bei steigende m Einsatz eines Produktion sfaktors bedeut et nicht s ande res als steige nde Gren zkosten bei zunehmender Produ ktionsmenge.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
Die Grenzkostenkur ve (GK = dK/dX) hat einen u-fö rrni gen Verlauf. Die GK fallen zunächst bis zum Wende punk t A der Gesamtkostenkurve, um dana ch stetig anzusteigen. Die Gesam tstückkostenkurve (kg = K/X) verläuft ebenfa lls u-förm ig. Die Gesam tstückkosten nehmen zunäc hst wegen der sinkenden dur chschnittlic hen Fixkos ten mit wachsender Produ ktionsmenge kont inuie rlich ab (die Fixkosten verte ilen sich auf imm er mehr Prod uktionseinheiten) , um ab dem Schn ittp unkt mit der GK-Kurv e kontinuierlich anzusteigen.
123
Grenzkostenkurve
Gesamtstückkostenkurve
Ihr Mini mum erreic ht sie immer dor t, wo sie von der G K-Kurve geschni tten wird. Gleiches gilt für die dur chschnittlichen variablen Kosten bzw. die variable Stückkostenk urve (k.}. Bei einer Produ ktionsausweitung über das Stückkostenminimum hinaus müssen diese wieder ansteigen, wei l die zusätzlichen Kosten pro Einheit (die Gre nzkoste n) dann grö ßer sind als die bisherigen Durchschnittskoste n. Für die meisten Unternehmen häng t die Unter scheidung zw ischen fixe n und variablen Kosten vom Zeithorizont der Betrach tung ab. So sind zahlreiche Produktionsm ittel langfr istig variabel einsetzbar, womit sich auc h die ku rzfristigen Kostenk urve n von den lan g fristigen unterscheiden dürften. Wenn sich der Preis änder t, hat das Unternehmen langfristig mehr Möglichkeiten der Anpassung als kurzfristig. Auf lange Sicht wird daher, auch im Gegensatz zur parti ellen Faktorv ariation, von der Mögli chkei t der total en Faktorvariation ges prochen. Als langfristig kann mithin jene Periode definiert we rde n, in der ein Unternehmen alle seine Inputs anpassen kann. Mit der totale n Faktorva riation ist der Begriff der Skalenerträg e verbunden. Die Skalenerträge geben die Rate an, mit der sich der Output bei proportion aler Erhöhung aller Input s erhöht. Folgende mögliche Outputänderungen sind hierbei denkb ar: konstant e Skalene rträge : sie liegen vor, we nn eine Verdoppelung der Input- Fakto ren genau zu einer Verdopp elung des Outputs führt. abneh men de Ska lenertr äge : sie liegen vor, wenn eine Verdoppelung aller Input- Faktoren zu einer Erhöhun g des Output s führt , die geringer als das Doppelte ist. zunehmende Skal ener träge: sie liegen vor, we nn eine Ve rdoppelung aller Input-Faktoren zu eine r Erhöhung des Output s führt, die mehr als das Doppelte ist. Zuneh mende Skalenerträge sind meist ein zentrales Argument für den Zusammenschluss von zwei Unternehmen, beeinflusst doch in diesem Fall die Unterneh mensg röße die Produktivität der Produk tio nsfaktor en. Nicht se lten entstehe n durch die Mögli chkei t der Spezialisierung von Aufgaben in dem neuen größe ren Unternehmen sog. Synergieeffe kte.
langfristige Kostenku rven
totale Fakto rvariat ion
Skalenerträge
124
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Abn ehm end e Skal enerträge treten meist au f, we nn das Unternehme n bzw. d ie ß etri ebstätt e zu gro ß wi rd und es Sch wierigk e iten be i der Organisation, Kommun ikation und Kontroll e inner halb der Unte rnehmensle itung bzw. im Produ kt ionsbereich gibt. Die nachfolgende A bb. C.25 ze igt drei kurzfristi g gültige Durchschnitts kostenkurven (k rn), die sich auf unte rsch iedliche Betriebsgrößen X " X 2, und X3 beziehen. Die in der A bbildung enth altene langfristige Durch schn ittskoste nkurve (kJfr), gibt den Verl auf w ieder, der sich aus dem Wach stum des Unternehmens ergeben haben könnte . Die Bewegung der Untern ehm ung auf der langfri stigen Kurve ent spricht somit der Anpass ung der Produktionsanlagen und der Produ ktionskapazitäte n.
a: zunehmende Skalenerträge b: konstante Skalenerträge c: abnehmende Skalenerträge
X
Abb. C.25. Kurz- und langfristige Kostenkurven
abnehmende Skalenerträge
Die kurzfristigen Kurven und die langfristige Kurve sind systematis ch mitein ander verkn üpft. Die langfristige Durch sch nittsko stenkurve bildet einen sehr viel flacheren u-förm igen Verl auf als die kurzfristige und sie verläuft unte rhalb aller kurzfristigen Kurven . Empirische Unter suche n ze igen für Indu strieunternehrnen, dass in der Regel jedoch die U-Form erhalten bleibt, da sich auch langfristig, beispielswe ise mit Erweiterung der Betrieb sgr öße, wieder abnehmende Ska lenerträg e (= progressiv ans te igende Gesamt-, Durchschn itt s- und Gren zkosten) durchsetzen.
Mikrookanomie - Theoretisc he Grundlagen I
4.2.3 Die individuelle Angebotskurve Die nachfolgen de Abb. C .26 dient der Bestim mun g der ge w innmaximalen Me nge bei a lternativen Preisen bzw. der Ange botsfunktion eines gew innmaximierenden Unternehmens. Erkennbar sind in der Abbil dung d ie bereits im vorh erigen Absc hnitt abgeleiteten Kostenfunkt ionen, wie sie sich auf der Gr undlage einer ertragsgeset zlic hen Produktionsfunktion ergeben .
K E
Totalbetrachtung
K
=
K(x)
E =p.x
x'
P
x*
X"
X
Grenzb etrac htung GK
GK GE
kg
kg
p*
!-----'''''"----------+---::;:otL--- GE
x*
X"
X
Abb. C.26. Bestimmung der gewinnma ximalen Ausbringungsmenge
125
126
Gesamterlösfunktion
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
Im oberen Te il der Abbildung, ist zudem die Gesam terlösfun ktion (E = p : x) einget rage n. Sie gibt an, wie gro ß bei alternati ven Verbrauchsmengen der dab ei erzie lte Umsatz oder Erlös (E) ist. Der linea re Verlauf au s dem Nullpunkt herau s ergibt sich au s der A nnahm e, dass bei vollkomme ner Konkurrenz der Preis für das Unterneh men gege be n ist, und dur ch da s A nge bot des Unternehme ns nicht bee influ sst wird. Wenn d ie verk aufte Menge null ist, ist auc h der Erlös null. Mit ste ige nder Verkau fsmenge nimmt der Erlös dann direkt proportional zu. Die Steigu ng entspric ht dem Preis p*. Je grö ßer der Marktpreis p ist, umso steiler ist die Gerad e. Sie dreht sich gege n den Uhrzeige rsinn und der Gewi nn ste igt. Der Gew inn ist bei die ser »Tota lbetrac htung« dort max imal, bzw . die gewinnmax imale A usbrin gungs menge ergibt bei die ser Totalbetrachtung dort, wo die Diffe renz zwi schen der Gesa mtkosten kurve und der Erlöskurve (dem Tange ntialpu nkt A) am größten ist.
Grenzerlösku rve
Im unteren Teil ist die zu der Gesa mterlösfunktion korrespondie rende Gr enzerl öskurve (G E) e ingezeichnet. Math ematisch ergi bt sich d ie Grenzerlöskur ve aus der I. Abl eitung der Gesamterlösfunktion. Bei einem vorgegebenen Marktp rei s (Menge nanpasser) kann das Unternehmen für jedes zu sätzlich produzierte Stück j eweils die sen Preis erz ielen , d.h. der Marktpreis (p *) ist gleich dem Grenzer lös. Grafisch ergibt sich als Grenzer löskurve. die j eder Aus bringungsmenge die jeweili ge Höhe des Grenzerlös es zuordnet, eine Horizontale in Höhe des vorgegebenen Marktpreises.
gewinnmaximale Ausbr ingung smenge
Gewinn
Die für das Unte rne hmen bei d ies em Marktpreis gewinnmaximal e Ausbringungsme nge liegt be i der dieser »Gre nzbetrachtung» dort , wo der Grenzerl ös gleic h den Gr enzko sten ist, a lso im Sch nittpunkt der Grenzerlös- und Grenzkostenkur ve (Punkt A). Bei die ser A usbri ng ungsm enge ist die Differenz zwi schen den Gesamtkosten (K = kg • x*) und den Gesa mterlös en (E = p* • x*) auch am grö ßten. Der Gewinn selbst errechnet sich einfach aus (p * • x*) - (k g • x*) was der schattiert en Fläche (= der Differenz der Flächen Ox*Ap* und Ox*CB) ent spricht. Punkt C gi bt hierbei die Höhe der Gesam tstückkosten (kg) an, die bei der gewinnmax imalen Ausbringungsmenge x* anfa llen. Da beim Pre is p* die Strecke AC dem Stückgewinn be i der Aus bring ungsm enge x* entspricht, kann der Gewinn auch als Produkt aus dem Stü ckg ew inn und der abges etzten Men ge x* ermittelt werden. Bei jeder Ausbringun gsmenge die klein er als x* (beispielswei se XI) ist, wäre eine Pr oduktionsausweitung für das Unternehmen lohnend, weil der dabei erzielbare Grenzer lös in Höhe de s Preises größer ist, als die dafü r aufzuwendenden Grenzkosten (siehe A bb. C.27). Das Unterneh-
127
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
men w ürde ei ne n »G renzgewin n» erziele n, der den Gesamtgewinn wei ter erhöhen wü rde.
P GK
p-f-----------__,r----,,.-
':::""--- GE
x*
x"
x
Abb. C.27. Bestimmun g des maximalen Gewinns
Übe rsteigen dem gegenüb er bei der Produktion wei tere r Einheite n die Gren zko sten den Gre nzer lös, also für alle Ausbringungsmengen rechts von x*, so lohn t sich d iese wei tere Produktionsste ige rung nicht mehr. De r Gesam tgewinn würde fortl aufen d bis zur Au sbr ingungsm enge x" ges chmäle rt we rden - was der A nnah me der Gewin nma ximierun g widersprech en wür de - und über x'' hinau s wür de das Unterneh men sogar Ve rlust machen . Die Gew inn ma x imierungs beding ung bei vollkom mener Konkurrenz lautet: GK = GE = P Form al bestim mt sich die gewinnmaxima le Men ge wie folgt: G(x)
=
dG/dx
=
E(x) - K(x)
=
p - dKldx
=
p . x - K(x) 0
und somit: p
=
dKldx
Um zur Angebotsk urv e zu komm en, braucht man nur noch zu klären, welche Aus br ingu ngsm engen die Untern ehmen bei alterna tiv en Marktpreisen anbieten (siehe A bb. C.28). Fa lls der Pre is höh er ist als p* (z.B, po) erg ibt sich weiterhin im Sch nittpunkt der Grenzerlös- und Grenzkostenkurv e die gewinnmaxima le Ausbri ngungsm enge (xn). Gleic hes gilt, wenn der für das Unter -
Gewinnmaximierungsbedingung
128
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
nehm en vorg egebene Marktpreis dieses Produktes niedriger ist als p* beispi elsweis e PI. In diesem Fall ergä be sich eine gew innmaximale Angebotsmenge in Höhe von x i . p
GK Po
P*
------
A
-------~-~~~~
x
Abb. C.28. Bestimmung der individuellen Angebotskurve
Betriebsoptimum
Allerd ings kann der Preis nicht beli ebig fallen. Ist der Preis genau so hoch wie die für die Produktion anfall end en gesamten Stückkosten (Pu'), dann arb eitet das Unterne hme n kost endeck end . Zu diesem Preis kann sich das Unternehmen bei der geg ebenen Kostenstruktur noch langfristig im Markt halt en. Der Tange ntialpunkt der Grenzerlöskurve mit der Gesamt stückkostenkurve (Punkt B) beschr eibt dah er die langfristige Preisuntergren ze bzw. das Betriebsoptimum. Da das Unternehmen bei einem Preis, der dem Min imum der gesamten Durch schnittskosten (kg) ent spricht , keinen Gew inn erzielt, ist die se Situation aus unternehmerischer Sicht nicht opt imal. Das Unternehmen wü rde sicherlich höhere Preise und einen ent sprechender Extraprofit , der über die Kompensation des eingesetzten Kapit als und der unternehmerischen Leistung hinausgeht , bevorzugen . Aus gesamtw irtschaftlicher Sicht ist jedoch eine solche Situation opt imal. Das betreffende Gut wird zu den geringsten Stückkosten produziert, was eine effiziente Fakt orallokation impliziert. Außerdem werden die Kon sumenten zum niedr igst möglichen Pre is versorgt. Dies gewährlei stet den Kon sum ent en bei gegeb en em Einkomme n die höchstmöglich e Güterversorgung. Fällt der Marktpreis unter das Betriebsoptimum muss das Unternehmen bei jeder verkauften Men geneinheit eine Stückverlust in Höhe der
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
129
Differenz vom Marktpreis und den Durc hsc hnitts kosten in Abhängigkeit der Ausbring ungsmenge hinnehm en. Das Unternehmen produziert nunmeh r mit Verlust. Solange aber der Preis nicht unterhalb von p,' fällt, ist noch ei n Tei l der Fixkosten gedeck t (po sitiver Deck ungs beitrag). Der Abstand zwis che n den Gesamtstückko sten und den variablen Stückkosten entspricht ja den durchschnittlichen Fixkosten . Tatsäc hlich lohnt es sich für das Unternehmen im Preisbereich pu Pu' seine Produ ktion kurzf ristig aufrechtzuerhal ten, da hier zusätzl ich zu den variablen Stückkosten zuminde st ein Teil der anfa llenden Fixkosten verg ütet wird. Würde das Unternehmen nichts produzieren, würden die fixen Kosten in jedem Fall in vo ller Höhe anfa llen und dam it ein noch höherer Verlust entstehen. Wie lange das Untern ehmen in der Lage ist, bis zum näch sten Pre isanstieg eine der art ige Marktsituation durchzustehe n, hängt im Wesentlichen von seiner Finanzk raft ab, da es die nicht über den Markt erstattete n Fixkosten selbst finanz ieren muss. Wenn der Preis unter die dur chschnittlichen variablen Kosten (1<,,) fällt (z.B. auf P2), ist es für das Unternehmen allerdings besser, die Produktio n insgesamt einz ustellen. In diesem Fall würd en die Erlöse aus dem Verkauf der produzierten Ein heiten nicht einm al mehr die va riablen Stückkos ten decken. Mit jeder produzierten und verkauften Mengeneinheit vergrößerte sich der Verlust des Unternehmens. Wird das Unternehmen aufgelöst, ve rliert es nur se ine Fixkosten, bei Fortset zung der Produ ktion wür de es jedoch noch mehr verlieren. Die Ausbri ngung smenge beim Preis p., bezeichnet man als Betrie bsminimum und den Sch nittp unk t der Grenzerlöskur ve mit der variablen Durchschnitt skostenk urve als kurzfristige Preisuntergre nze. Damit ste llt der aufsteigen de Ast der Grenzkostenkurve ausgehend von den minim alen Gesamtstüc kkosten in langfristig er Perspekti ve die indivi duelle Ang ebots kurve eines Unternehmens dar. Kurz fristig ist die Ange botsk urve iden tisch mit dem aufsteige nden Ast ausgehend vo m Minimum der variablen Stüc kkosten. Jed er Punkt auf der Ange botskurve ist gewinn maximal. Für das grundsätzliche Verständni s der bisher igen Ausführ ungen ist es hilfreich , sich nochmals deut lich zu machen, dass eine Erhö hung der Fixkoste n. beisp ielsweise eine Mieterh öhung. die Gr enzko stenku rve und die Kurve der durch schn ittlichen variablen Kosten unberührt lässt. Ledig lich die Gesa mtstückko stenkurve erfä hrt eine n Niveauans tieg. Hierdurch ve rlagert sich das Betrie bsopti mum entlang der Grenzkosten kurve nach oben , so dass nun eine kostendeckend e Produkti on einen höheren Preis des Gutes verlangt.
Betriebsminimum
130
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
4.2.4 Die Marktangebotskurve Das Gesamt angebot e ines bestimm ten Gutes am Mar kt ergibt sich aus dem An gebot aller Unte rnehmen , die dieses Produkt produzercn . Es erg ibt sic h somit als Summ e der bei unters chiedli chen Preis en individuell von den Unte rnehmen angebot enen Mengen . Grafi sch erhä lt man die Marktan gebotskurve dur ch hori zontal e Aggregation der indiv iduellen Angebotskurve n.
p
p*
p' p
Abb. C.29. Das Marktangebot
Abb . C.29 ze igt drei indivi duelle Angebotskurven. Wie darau s deutlich wird , kommt es be i einem Marktpreis von p nur zu einem Angebot des Unterne hme ns C, da die beiden and eren Unte rnehme n in d iesem Fall nur mit Verlust produzieren würd en. Wird hin gegen am Mar kt ein Preis höher als p'' erreicht, so bieten alle drei Unternehmen an. Steigt der Marktpreis bis zu p* so bietet z.B. das Unternehmen A die Menge X A an, das Unternehmen B die Men ge X B und das Unternehmen C die Menge Xc, sodass die insgesamt am Markt angebotene Men ge x* beträgt. Bei bel ieb ig vielen Anb iete rn lässt sich die kurzfristige Gesamtangebotskurve letztl ich a ls eine kontinuierlich ansteigende Linie darstellen.
Mikro okanomie - Theoretische Grundlagen /
13/
4.2.5 Kurz- und langfristige Angebotsreaktionen Eine lang fristige Marktangebotskurve ve rlä uft waage rec ht, weil bei vollständiger Konkur renz ein Preis oberhalb der minimal en ges amten Dur chschn ittsko sten nich t stabil ist. Die dadu rch entste hen den Gewinne werden näml ich so lange neue Unternehme n zum Markteintritt bewegen, bis dur ch das zusätzliche Ange bot der Preis sowe it gefallen ist, bis alle Gewinn e ve rschwunden sind und kein Anrei z mehr zum Markteintritt besteht.
langfristi ge Marktangebot skurve
Bei freiem Markteintritt und -austr itt kommt es zur Ang leic hung des Preises an die minim alen Gesamtstüc kkosten und der Preis entspricht auch den Grenzkosten. Zum Verständni s dieser Situation, die auch als gewin nloses langfris tiges Gleichgewicht charak terisie rt wir d (d ie Unterne hme n mach en kei ne Extrapr ofite), muss man sich nochmals bewusst machen, dass in die Gesa mtkosten alle Opport unitätskosten des Unternehmens eingehen. Das bed eut et, die Gesam tko sten schließe n in Fo rm des kalkulator ischen Unterneh mer lohns und der kalkulatorisc hen Zi nse n sowohl die Opportunitätsko sten der Arbeitszeit ein, die der Eige ntüme r des Unternehme ns aufbr ingt, als auch die Opportunitätskosten des einge brachten Kapit als der Unternehmer. Es entsteht also lediglich ke in Extra-Profit. In der nac hfo lgen den Abb. C.30 ist dargestellt, welche unterschiedliche n Wirkungen Nachfrageänderungen in kurzfri stiger und langfristiger Sicht erzeugen und wie sich langfristig ein gewinnloses Gleichge wic ht einstellt.
gewinnloses langfristiges Gleichgewicht
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
132
(a) Ausgangssituation p
Unterne hmen
GK
p
Markt
Akf ,.
kg
p*
p* 1------:::==-*-==:..---
AIr,
N
x*
x
x
(b) kurzfristige Reaktionen p
Unterne hmen
P'p *~ ~~
GK P kg
Markt
,
mf---r--' p, - T ' ' - - - - - -- p~+_----*"-;----''''''"""-
N x
x*
x'
x
(e) langfristige Reaktionen p
Unternehmen
GK P
Markt
kg
p* 1---.....:::==-7.'-==:::.....----. p~+_----*_i_~*"-
x
x* x'
x"
x
Abb. C.30. Kurz- und langfristige Angebotsreaktionen . Quelle: G. Mankiw (2008) , Volkswirtschaft slehre, S. 340 f.
Mikrookanomie - Theoretische Grundlagen I
Teilabbildung (a) gibt die Ausgangssituation für ein ein zelnes Unter nehmen und für den Markt insgesamt wieder. Da der Markt an fangs in einem langfristigen Gleichgewicht ist (Punkt E), macht kein Unternehmen Gewinn, und der Preis beläuft sich auf das Minimum der durchschnittlichen Gesamtkosten . Die Ausbringungsmenge des hier betrachteten Unternehmens ist XK. In Teil abbildung (b) sind die extrem kurzfristigen Auswirkungen eine s Nachfrageanstiegs (von N auf N') dargestellt. Vorausgesetzt das Angebot verändert sich nicht , ergibt sich auf dem Markt das neue Gleichgewicht E' mit der nunmehr nachgefragten Menge x' zu einem Pre is von p'. Bei der Veränderung von E auf E' handelt es sich um eine Bewegung auf der Angebotskurve Akfr. Au sgelöst durch den von der Nachfrageerhöhung induzierten Preisanstieg. Das gewinnmaximi erende Unternehmen erhöht seine Ausbringungsmenge von XK auf x' K, da hier die Gren zko sten gleich dem Gren zerlös gleich dem Preis (p) entsprechen. Der Preis, den das einzelne Unternehmen am Markt erz ielt, liegt über den durchschnittlichen Ges amt kosten (kg). Es macht einen Gewinn im Ausmaß der schattierten Fläche, was neue Anbieter auf den Markt lockt. Die Markteintritte verschieben wiederum - wie in der Teilabbildung (c) dargestellt - die Marktangebotskurve von A nach A' , womit im neuen langfristigen Gleichgewicht Eil der Preis wieder auf p* zurückkehrt . Um eine Ver schiebung der Angebotsku rve handelt es sich, weil der Au slö ser der Änderung der angebotenen Menge nicht der Prei s des betrachteten Gutes, sondern ein exogener Faktor (h ier : zusätzliche Markteintritte) war. Die Gewinne sind wieder null, der Preis ist wieder im Min imum der durchschn ittlichen Gesamtkosten und lediglich die nachgefragte und angebotene Menge hat sich auf x" erhöht.
133
134
Mikrookonomie - Theoretische Grundlagen I
5. Wiederholungsfragen 0
1.
Was besagt das 1. Gossen ' sche Gesetz? Lös ung S. 106
0
2.
We lche Eigenschaft der Indifferenzkurven steht im Zu sammenhang m it dem Ge setz de r abnehmenden Grenzrate de r Sub stitution ? Lösung S. 109
0
3.
Wie verände rn sic h die Lage un d die Steigung der Budgetgerade, wenn es sic h das Einkom men zum Ausgleich einer allge meinen Preiserhöhung vo n 10 % ebenfalls um 10 % erhö ht? Lösung S. 110
0
4.
Wie lautet die Hand lungsanweisung zur Bestimmung de s Haushaltsoptim ums unter der Maxime des M inima lprinz ips? Lösung S. I 11
0
5.
Ausgehend vom Haushaltsopti mu m erhö ht sic h der Preis eines Gutes. Erläutern Sie mögliche An pa ssungsprozesse, die zum neu en I-Iaushaltsopti m um führen ? Lösung S. 111 r.
0
6.
We lche Information beinhaltet die Preis -Kons um-K urve und in welchem Z usamme nhang steht diese mit der Aussage, dass jeder Punkt auf der indi vidue llen Nachfragekurve nut zenmaximal ist? Lös ung S. 113
0
7.
Wie erklärt sich der u-för mige Verlauf der Grenzkostenkurve sowie der Gesamt stückkos tenkurve un d der Kurve der du rch sch nittlichen var iab len Kosten ? Lösung S. 123
0
8.
Warum wird die Gesamtstückkostenkurve imme r in ihrem Minim um vo n der Gre nzkostenku rve geschnitten? Lös ung S. 123
0
9.
Warum ist die ind ividuelle Angebotsk urve im Bereich zwi sehen dem Betriebsoptimum und dem Betriebsmi nim um nu r kurzfrist ig für ein Unternehme n relevant? Lösung S. 126
0
10.
Wie ve rändert eine Erhöh ung der Fixkosten die Gre nzkostenkurve und die Kurve der variablen Durchschn ittskosten? Lös ung S. 129
0
11. Aus we lche m Grund könnte ein Unternehmen sich ent scheiden we iter zu produzieren an statt die Pro du ktion einzustellen? Lösung S. 129
0
12.
Warum kann davon ausgegangen we rden , dass die langfristige (M ar kt) angebotskurve flacher ve rläuft als die die kurzfristige? Lös ung S. 124
0
13.
Warum kommt es bei vollkommener Konkurrenz langfristig zu eine n sog. gewinnlosen Gleichgewicht? Lösung S. 131
Mikroökonomie Theoretische Grundlagen 11 I.
Das Monopol
137
1.1 Monopolpreisbildung
137
1.2 Monopol versus vollkommene Konkurren z
140
1.3
Monopolistische Preisdifferen zierung
142
2.
Die Monopolistisc he Konkurr enz
146
2.1
Unbegrenzter Preissetzungss pielraum
147
2.2 Begren zter Preissetzungsspielraum
149
3.
Das Oligopol
150
4.
Ma r ktpre isbildung a uf dem Ar beitsma rkt
153
4.1
Das Arbeitsangebot
153
4.2 Die Arbe itsnachfrage
157
4.3
Das Arbeitsmarktgleichgewicht
159
5.
Wieder holungsfr agen
162
136
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
Lernziele dieses Kapitels Die Stud ierenden sollen nach der Lektüre dieses Kapitels die Marktpreisbildung auf einem Monopolmarkt nachvollziehen können . die Umverteilungswirkungen und Wohlfahrtseffekte best immen können, wenn sich ein Wettbewerbsmarkt zu einem monopolistischen Markt entwickelt. die Bedeutung einer Politik der Preisdifferenzierung fllr die Unternehmen einschätzen können . verstehen, warum vor allem im Modell der monopolistischen Konkurrenz der Markenbildung eine besondere Bedeutung zukommt. wissen, wie mit grundlegenden spieltheoretischen Überlegungen Oligopole analysiert werden. die Bestimmung des Arbeitsangebots und der Arbeitsnachfrage analytisch ableiten können.
Mit dem Modell der vollkommenen Konkurrenz lassen sich die real existierenden Märkte nur sehr rudimentär erklären . Sehr viel hilfreicher sind die in den folgenden Ausführungen erläuterten Marktformen wie das Monopol, die monopolistische Konkurrenz und das Oligopol sowie das natürliche Monopol (siehe zum letzteren Modell Kap . »Angewandte Mikroökonomie«). Die vorangegangenen Darstellungen waren dennoch zwingend notwendig. Zum einen, wurde in diesem Kontext eine Reihe von Begrifflichkeiten eingeführt , die für ein Grundverständnis in Mikroökonom ie unerlässlich sind. Zum anderen ermöglicht erst das Verständnis der Marktpreisbildung bei vollkommener Konkurrenz und dessen wohlfahrtstheoretische Analyse eine kritische Auseinandersetzung mit den nachfolgenden Marktformen. Mit den bereits bekannten Begrifflichkeiten lassen sich auch das Arbeitsangebot und die Arbeitsnachfrage sowie die Marktpreisbildung auf dem Arbeitsmarkt ableiten . Er steht hier stellvertretend für eine Analyse der Faktormärkte unter anderem auch , weil ihm in der Volkswirtschaft eine besondere Bedeutung zukommt.
137
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
1. Das Monopol Besteht ein Angebotsmonopol. so gibt es auf dem betrachteten Markt nur einen Anbieter. Wie beim Modell de r vollkommenen Konkurrenz den Unternehmen wi rd hier dem Unternehmer ebenfalls als Zielsetzung die Gewi nnmax imierung unter stell t. Zudem wird davon ausgegangen, dass kein Markt zutritt möglich ist. Ursä chlich hierfür si nd künstliche oder natürliche Zugangsbeschränkungen. Kün stliche Eintrittsbarrieren werden in der Regel durch den Staat errichtet, indem er beispiel swe ise für bestimmte Berufe Lizenzen vergibt ode r einzelne Unternehmen das Recht einräumt bestimmte Güter oder Dienstleistungen (zeitlich begren zt) anzubieten. Hierzu gehört auch der Patentschutz, der dem Inhaber des Patents für begrenzte Zeit ein Eigentumsrecht an seiner Erfindung einrä umt. Natürliche Eintrittsbarrieren liegen vor, wenn ein einzelnes Unternehmen die ge samte Ma rktn achfrage kostengünstiger befrieden kann als zwei oder mehr Unternehmen. In diesem Fall liegt ein sog. natürliches Monopol vor.
1.1 Monopolpreisbildung Im Monopol steht ein Anb ieter mith in alle in der gesam ten Nachfrage gegenüber. Dies ermöglicht dem Monopoli sten , im Gegensatz zum Polypol isten , nicht nur seine Menge festzulegen, die er am Markt anbieten will, sondern auch den Preis. Liegt vollkommene Markttransparen z vor, inform iert die Mark tnach fragekurve den Monopolis ten darüber , zu welchem Prei s er wie viel ab set zen kann . Sie wi rd daher auch als Pre is-Ab satzFunktio n (PAF) bezeichnet. Je größer die Menge ist, die abge setzt werden soll, desto kleiner muss der Pre is gewä hlt werden , und je niedrige r der vom Monopolisten am Markt gefo rderte Pre is, desto höhe r ist die Na chfrage. Erzielbarer Preis und absetzbare Menge determinieren sich wechselseitig. Formal führt die Tatsache, dass der Monopo list über zwei Aktionsparameter ver fügt dazu, dass bei der Gewi nnermittl ung die wechselseitige Abhängigkeit von Menge und Preis berücksicht igt werden muss: G(x)
=
p(x) x - K(x)
Preis-AbsatzFunktion
138
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
Zur Bestimmung der gewinnmaximalen Menge muss die Gewinnfunktion maximiert werden ; die erste Ableitung der Gew innfunktion nach der Menge wird gle ich null gesetzt: dG/dx
=
dp/dx : x + p(x) - dK/dx
dp/dx x + p(x)
=
=
°
daraus folgt:
dK/dx
Da dKldx gleich den Gren zkosten entspricht und dp/dx . x + p(x) gleich dem Gren zerlös gilt: Gewinnmaxi-
rnlerungsbedlngung
Gew innmaximierungsbedingung im Monopol : GK
=
GE
Im Gegensatz zur vollständigen Konkurrenz gilt hier nicht GE = p. Währ end im Fall der vollkommenen Konkurren z der Preis nicht auf ein e Meng enänderung eines Untern ehm ens reagi ert und som it Preis und Grenzerlös identisch sind , ist dies beim Monopol der Fall. Hier führt eine Mengenänderung zu einer Preisänderung, die alle zu verkaufenden Einheiten betrifft, was bei einer Mengenerhöhung immer bedeutet, das s der GE < P ist. Der nied rige re Preis gilt ja nicht nur für den zusätzlichen Nachfrager, sondern wegen der vollkommenen Markttransparenz auch für alle anderen, die das Gut zu einem höhe ren Preis nach fragen würden . Die gesamte Erlösänderung, die durch das Angebot einer zusätzlich produzierten Einheit verursacht wird (der Gren zerlös), setzt sich demnach aus der Erlöss teigerung zusammen, weil eine zusätzliche Ei nhe it verka uft wird (was in dem Term p(x) zum Ausdruck kommt), abzüglich der Erlösminderung (der Verluste), verursacht durch die mit der Mengenänderung verbundenen Preissenkung fllr alle verkauften Einheiten (was mit dem Term dp /dx . x erfasst wird). Beispiel : Angenommen ein Monopolist wünscht, se ine Ausbringungsmenge von 100 auf 101 Einheiten zu erhöhen. Bedingt durch die fallende Preis-Absatz-Funktion kann er aber diese zusätzliche Einheit nur absetzen , wenn er für sein Produkt einen niedrigeren Preis verlangt. Angenommen, der Preis fällt von 90 ,00 € auf 89,95 € pro Stück. Der Preis für die zusät zliche, verkaufte Einheit beträgt somit 89,95 €. Der Gren zerlös entspricht aber nur 84,95 €, da von dem erlösten Preis der »Verlust» abgezogen werden muss , den der Monopolist erleidet, weil er nunm ehr alle Produkte auf dem Markt nur noch zu 89,95 € anstatt zu 90,00 € abset zen kann (0,05 € multipliziert mit 100 Einheiten).
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
139
Abb. C.3) bietet eine grafische Bestimmung der gew innm aximalen Pre is-Mengen-Kombination eines Monopoli sten nach der Gren zbetrachtung. Die PAF hat darin ihren Ursprung auf der Ordinate in Höhe des so genannten Prohibitivp reises, dem Preis, zu dem die nachgefragte Menge gle ich null ist. Der Schnittpunkt mit der Abszisse mark iert die so genannte Sättigungsmenge. Der Verlauf der Gren zkostenkurve (GK) bas iert auf der ert ragsgesetz lichen Produktion sfunktion . Die Gren zerl öskurve (G E) liegt unterh alb der PAF, we il der GE immer kleiner als der Pre is ist. Bei einer linea ren PA F ent sp richt die Steigung de r GE-Kurve dem doppelten Steigungsmaß der PAr .
P GK GE GK
PM kg A
PAF
o
x
XM
Abb. C.3 1. Gewinnmaximierung im Angebotsmonopol
Für die linea re Pre is-Ab satz-Funktion p Erlös : (a - bx) . x
=
ax - bx2
und als Gren zerlös: dE/dx
=
a - 2bx
E
=
p(x) ·x
=
=
a - bx ergibt sich als
Lotet man vom Schn ittpunkt der Gren zerlös- und Gren zko stenkurven nach unten, erhält man die gewinnmaximale Menge. Die vertikale Verb indung des Schnittpunktes mit der PAF führt zum so genannten Cournot' schen Punkt C (Cournot: 1801-1877) und dem gewinnm axim alen Preis.
Cournot'sc her Punkt
140
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
Jede andere Angebotsmenge größer als XM führt zu einem geringeren Gesamtgewinn . Würde z.B, über die Menge XM hinaus angeboten, so wären bei jeder weiteren Verkaufseinheit die Gren zerlöse kleiner als die Grenzkosten, was unmittelbar mit einer Schmälerung des Gesamtgewinns einhergeht. Wird hingegen eine kleinere Menge als XM angeboten, so ließe sich der Gesamtgewinn weiter steigern, da bis zum Cournot-Punkt die Gren zerlöse größer sind als die Grenzkosten . Monopolgewinn
Das schattierte Rechteck kenn ze ichnet den Monopolgewinn . Der Abstand zw ischen dem Cournot'schen Punkt und den gesamten Durchschnittskosten ist der St ückerl ös, den der Monopolist über seine Stückkosten hinausgehend er zie lt. Multipliziert man den Stückerlös mit der abgesetzten Menge ergibt sich der Gesamterlös (= Fläche OXMCPM), der die Gesamtkosten (= Fläche OxMBA) übersteigt. Die Differenz dieser bei den Größen bzw . Flächen ste llt den Monopolgewinn dar . Im Gegensatz zum Mengenanpasser verlangt der Anbieter im Monopol einen Preis, der die Grenzkosten übersteigt. Der Monopolist macht so im Unterschied zum Gleichgewicht bei vo llkommener Konkurrenz einen (Extra-)Gewinn . Der Aufschlag auf die Gren zkosten wird dabei umso größer sein , je kleiner die Preiselastizität der Nachfrage ist. Grundsätzlich gilt, je elastischer die Nachfrage reagiert, umso geringer wird der Unterschied zwischen dem Preis und den Grenzkosten und umso geringer wird bei gleichen Grenzkosten der Unterschied zw ischen dem Monopolopreis und dem Pre is auf einem vollkommenen Markt sein .
1.2 Monopol versus vollkommene Konkurrenz Abb. C .32 erlaubt einen Vergleich von Monopol und vollkommener Konkurrenz. Hierbei ist unterstellt, dass die Nachfrage- und Prod uktionsbedingungen in beiden Marktformen identisch sind. Da die Grenzkostenkurve bei vollkommener Konkurren z mit der Marktangebotskurve identisch ist, ergibt sich in Punkt E, dem Schnittpunkt von Marktangebots- und Marktnachfragekurve. das Konkurrenzgleichgewicht (PK,XK). Im Monopo lfall bestimmt sich die gewinnmaximale Preis -MengenKombination durch Projektion des Schnittpunktes von Gren zerlös-
141
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
und Gren zko stenkurve auf die Nachfragekurve (Punkt C). Der Mo nopolist würde also zum Prei s PM die Menge XM absetzen . p
D
x
Abb. C.3 2. Monopol und Wohlfahrt
Damit wird deutlich, dass die Versorgungslage für die Nachfrager im Falle de s Monopols ungünstiger ist als bei vo llkommener Konkur ren z. Die Polypolisten würden bei gleichen Ko sten - und Nachfrageku rven eine größere Menge (XK - XM) zu einem niedrigeren Preis (PM- PK) au f den Markt bringen als der Monopoli st. Zudem geht der Übergang von der vollkommenen Konkurrenz zum Monopol mit einer Umv erteilung der Renten einher. Während im ersten Fall die Kon sumentenrente der Fläche PKED ent spr icht , reduziert sich diese im Fa lle der Monopollösung um die Flächen A und B auf d ie Fläche PMCD . Ein Teil de s Verlusts an Kon sumentenrente geht dabei als Produzentenrente (Fläche A) an den Monopoli sten über. Dessen Rente steigt letztlich aber nur um die Fläche A minus der Fläche C.
Umverteilungder Renten
Die Fläche C geht eben so wie die Fläche B durch die Monopolisierun g verloren. Im Verg leich zur Konkurrenzsituation hat sich die gesamte Wohlfahrt in Höh e der Fläc he FE D auf die Fläche FGC D redu ziert .
Wohlfahrtsverlust
Dam it führt das Monopol ei nde utig zu eine m Wohlfahrtsverlu st. All e Outputmengen zwi schen XM und XK verursachen Grenzko sten,
142
Mikroökonomie - Theoretische Grundlage n 11
die unterhalb der Zahlungsbereitschaft der Haushalte liegen , weshalb es wohlfahrtssteigernd wäre, wenn diese Einheiten produziert werden würden . Die »unsichtbare Hand« lenkt im Falle des Monopols die am Eigennutz orientierten Interessen nicht zum gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsm aximum . Die Ressourcenallokation ist ineffizient. Obwohl auch der Monopolist selbst einen Rentenverlust in Höhe von C hinnehmen muss, wird er nicht bereit sein, über die Menge X M hinaus zu produzieren . Eine Produktion über XM hinaus bedeutete ja für ihn für jede weitere Produktionseinheit einen »Grenzverlust« (GK > GE). Natürlich könnte es für einen monopo listischen Anbieter auch reizvoll sein , we itere Teile der Konsumentenrente abzuschöpfen und damit seinen Gewinn zu steigern. Voraussetzung hierfür ist allerdings , dass es ihm möglich ist, unterschiedliche Preise von verschiedenen Käufern für dasselbe Produkt zu nehmen , also Preisdifferenzierung zu betreiben.
1.3 Monopolistische Preisdifferenzierung Der Erfolg einer Angebotsstrategie, die auf Preisdifferenzierung abstellt, hängt davon ab, inwieweit es dem Monopolisten gelingt, den Gesamtmarkt entsprec hend der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager in einzelne Teilmärkte zu untergliedern. Konkret muss ausgeschlossen werden können , dass : • diejenigen Käufer, die einen höheren Preis zahlen sollen , in den Markt überwechseln, indem ein niedrigerer Preis angeset zt wird • die Käufer, die dem niedr igeren Preis zahlen, nicht auf dem Markt tätig werden können , auf dem die Käufer der höheren Preisgruppe agieren . Arbitragegeschäfte
Falls letzteres nicht möglich ist kommt es sehr wahrscheinlich zu Arbitragegeschäften, die die Strategie der Preisdifferenzierung unterlaufen würden . Bei Arbitragegeschäften wird das Gut zu einem niedrigen Preis auf einem Markt eingekauft, um es auf einem anderen Markt zu einem höheren Preis wieder zu verkaufen . Eine Aufspaltung des Gesamtmarktes und eine damit einherge hende Preisdifferenzierung kann auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden .
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
143
Kriterien räumli che Preisdifferenzierung
Das Gut wird an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Preisen angeboten (z. B. Inland - Ausland )
zeitliche Preisdifferenzierung
Die Güter werden in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Nachfrage zu unterschiedliehen Preisen angeboten (z. B. tag süber nachts)
persönli che
Der Preis des Gutes ist abhängig von der Person des Nachfragers (z. B. Schüler Erwachsener)
Preisdifferenzierung
sachl iche Preisdifferenzierung
Die Güter werden in unterschiedlichen Ausführungen zu verschiedenen Preisen angeboten (z. B. Stand ardau sführung Luxusausführung)
Abb. C.33. Kriterien der Preisdifferenzierung. Quelle: in Anlehnung an Boiler (2002 ), Volkswirt schaftslehre, S. 205
Im Extremfa ll könnte ein Monopolist für jede zusätzlich angebotene Einheit eines Gutes einen individuellen Preis verlangen (vollständige Preisdi fferenzierung). Auf diese Weise würde er von jedem Nachfrager genau den Preis erhalten , der dessen individueller Wertschätzung und Zahlungsbereitschaft entspricht.
Wie die nachfolgende Abb. C.34 deutlich macht , würde der Monopolist dabei nicht nur die gesamte Konsumen tenren te abschöpfen, sondern durch sein Vorgehen auch noch die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt steigern. Zur Vereinfachung ist in der grafischen Darstellung angenommen, dass es sich hier um eine langfristige Betrachtung handel t. Dies erlaubt es zum einen , die Grenzkostenkurve als horizontale Gerade zu zeichnen, was auf die Existenz von konstanten Skalenerträgen in einem großen Spielraum möglicher Produkt ionsmengen hindeutet. Zum anderen lässt sich so auch rechtfertigen, die Grenzkosten mit den gesamten Durchschnitt skosten gleichzusetzen. Wie bere its bekannt, ergibt sich im Modell der vollkommenen Konkurrenz auf lange Sicht ein gewinnlo ses Gleichgewi cht, das durch die Bedingung gekennzeichnet ist, dass der Pre is gleich den Grenzkosten gleich dem Minimum der gesamten Durchschnittskosten entspricht. Die durch die Monopoli sierung bzw. Preisditferenzierung entstehende Produzentenrente entspricht in diesem Fall gleich dem Monopolgewinn.
vollständige Preisdifferenzierung
144
Mikroökonomie - Theoretische Grundlage n 11
p
(a)
p
D Konsumen tenr ente Wohlfahrtsverlust
p
PAF x
x
x
x
Abb. C.34. Monopolistische Preisdifferenzierung und Wohlfahrt
Ohn e Preisdifferenzierung (Teilabbildung a) setzt der Monopolist einen Einheitspreis (PM) oberhalb der Grenzkost en fest. Weil einige poten zielle Kunden, die da s Gut höher als mit den Gren zkosten bewerten, das Gut am Ende nicht kaufen können , verursacht der einheitl iche Monopolprei s einen Nettowohlfahrtsverlust (ABC) . Die Gesamtrente entspricht der Summe aus Produ zentenrente (Monopolgewinn) und Kon sumentenrente (PMCD) , also (pACD) . Bei vollständiger Preisdifferen zierung (Teilabbildung b) ist die Konsumentenrente null , und die Gesamtrente ent spricht dem Unternehmensgewinn . Ein Wohlfahrtsverlust entsteht nicht. Preisdifferenzierung steigert die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt. Dies zeigt sich allerdings ehe r in einer Erhöhung der Produ zenten rente . Dam it ist Prei sdifferenzierung eine ration ale Strategie fllr einen gewinnmaximierenden Monopolisten . A llerdings setzt dies eine vorgegebene oder eine machbare Marktspaltung der Käufer nach ihrer Zahlungsbereitschaft voraus . In welchem Um fang ein Monopol ist letztlich seine Marktrnacht , die aus seiner Posit ion als einziger Anbieter eine s Gute s resultiert, in der Realität ausnutzen kann , hängt im Wesentl ichen von den Markte in- und Marktaustrittsbarrieren ab. potenzielle Konkurrenz
Sind die Markteintrittsbarrieren niedrig, ist der Preissetzungs spie lraum eine s Monopolisten begren zt, da es poten ziellen Konkurrenten möglich ist, ohne großen Kostenaufwand als weiterer Anb ieter mit niedrigeren Preisen auf dem Markt aufzutreten. Entscheidend für die wohlfahrtstheoretisch e Einschätzung eines Monopols ist daher nicht die Existenz eines Mono pols als solches ,
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
sondern die Einschätzung möglichen Wettbewerbs durch potenzielle zusätzliche Anbieter, d.h. der Markteintrittsbarrieren. Allein die mögliche Gefahr potenzieller Mitbewerber dürfte das bestehende Monopol in effektiver Weise in seiner Preisgestaltung disziplinieren. Gerade die Aufrechterhaltung der Offenheit der Märkte ist deswegen eine zentrale Zielsetzung der Wettbewerbspolitik (siehe Kap . »Angewandte Mikroökonornie«). Zur Wettbewerbs- bzw. Wirtschaftspolitik gehört aber auch die Tolerierung bzw. Schaffung von zeitlich begrenzten Monopolsituationen (z .ß . durch Patente) und damit verbundenen Monopolgewinnen für innovative Unternehmen. Erst die Aussicht auf diese Gewinne reizt Unternehmen dazu an , in Forschung und Entwicklung zu investieren und Innovationen durchzusetzen. Irgendwann soll es dann aber möglich sein , dass zusätzliche Wettbewerber als Nachahmer in den Markt eintreten, es zu einem Autholprozess kommt und dadurch die Monopolgewinne wieder abgeschmolzen werden.
145
146
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
2. Die Monopolistische Konkurrenz Monopolistische Konkurrenz viele Anbieter
kein homogenes Gut
freier Marktzutritt
Die Marktform der monopolistischen Konkurrenz ist wie folgt cha rakterisiert: Es gibt v iele Anb ieter , die mit ihrem Angebot um viele Nachfrager konkurrieren. Die Unternehmen bieten ein ähnliches (unterscheidbares) aber kein g leiches Produkt an . Durch Abgrenzung des eigenen Produkts gegenüber demjenigen der Konkurrenz, z.B. durch Mar kenbildung, durch den Aufbau eines speziellen Images oder durch Farb- und Formgestaltung, betreiben sie bewusst Produktdifferenzierung, Der freie Marktzugang ermöglicht es den Unternehmen ohne Beschränkungen in den Markt ein- und aus zutreten . Die Anbieterzahl im Markt passt sich so lange an, bis die Gewinne auf null getrieben werden . Im Vergleich zur vollkommenen Konkurrenz wird demnach die Annahme homogener Güter bzw . die Annahme fehlender Präferen-
zen auf der Seite der Nachfrager aufgegeben . Durch die Produktdifferenzierung unterscheiden die Nachfrager ein ansonsten gle ichart iges Gut (z.B . Tennisball , Waschmittel oder Auto) nach Vorlieben . Beibehalten wird allerdings die Annahme vieler kleinerer Anbieter. Aufgrund der individuellen Präferenzen kann sich so jeder Anbieter in einer begrenzten Preisspanne wie ein Monopolist verhalten und einen höheren Preis als den Marktpreis durchsetzen, an dem er sich bei vollkommener Konkurrenz orientieren müsste. Begrenzt wird der Preissetzungsspielraum der Anb ieter dabei durch die weiterhin bestehende grundsätzliche Substituierbarkeit des Gutes anderer Anbieter sowie durch die Möglichkeit des Markteintritts neuer Unternehmen, wenn hohe Extragewinne. die über die kalku latorische Verzinsung und den kalkulatorischen Unternehmerlohn hinausgehen, locken . Im Gegensatz zur vollkommenen Konkurrenz verläuft die Nachfragekurve der einzelnen Anbieter bei monopolistischer Konkurrenzsituation demnach nicht horizontal, also unendlich elastisch . Viel mehr stehen diese Anbicter, wie ein Monopol , zumindest in bestimmten Preisbereichen einer fallenden Nachfragekurve gegen über .
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
2.1 Unbegrenzter Preissetzungsspielraum In A bb. C.35 ist unter stell t, dass der monopol istische Preissetzungsspielra um so groß ist, dass sich der An bieter einer Preis-Absatz-F unktion bzw. Nac hfragekurve gege nüber sie ht, wie es für einen Monopo listen typis ch ist. Der Preissetzungss pie lraum umfasst den gesamten Bereich der Preis-Absatz-Funktion des Anbieters. P
kurzfristiges Gle ichgewicht
GK
PM
PAF
GE
x
P
langfr istiges Gleichgewicht
GK
I I I I I I I I I I I
GEi XM
XE
PAF X
Abb. C.35. Monopolis tische Konkurren z bei ungegrenztern monopolist ischem Preissetzungsspielraum
14 7
148
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
Das individuelle Marktgleichgewicht bestimmt sich dann für diesen Anbieter kurzfristig wie im Falle des Monopols. Die gewinnmaximaie Preis-Mengen-Kombination ist dort erreicht, wo die Grenzerlöse gleich den Grenzkosten entsprechen. Langfristig wird diese Marktsituation aber nicht stabil sein. Aufgrund der Extragewinne - der Preis des Anbieters liegt oberhalb der Stückkosten - werden neue Anbieter auf den Markt drängen . Dies führt dazu, dass die gesamte Nachfrage auf mehr Anbieter verteilt wird und für den einzelnen Anbieter sich die Nachfragekurve tendenziell nach links verschiebt. Der Markteintritt neuer Anbieter hält so lange an, bis die Nachfragekurve aller Anbieter soweit nach links verschoben ist, bis der Preis gleich den Durchschnittskosten entspricht, die Extragewinne also auf Null abgebaut sind. Grafisch betrachtet ist das Gleichgewicht also dann erreicht, wenn die Nachfragekurve jedes Unternehmens seine Durchschnittskostenkurve bei dem Outputniveau tangiert, bei dem die Grenzkosten gleich den Grenzerlösen entsprechen. gewinnloses Gleichgewicht
Wohlfahrtsverlust
Überschusskapazitäten
Ebenso wie bei vollkommener Konkurrenz ist auch das langfristige Gleichgewicht der monopolistischen Konkurrenz ein gewinnloser Zustand. Aufgrund der besonderen Produkteigenschaft ist aber auch hier, wie im Monopol , der Preis größer als die Grenzkosten . Wie das Monopol ist auch die Marktform der monopolistischen Konkurren z nicht allokativ effizient bzw. wohlfahrtsmaximal . Letzteres bedeutet , dass die Nachfrager zusätzlichen Einheiten über hinaus bis zum Schnittpunkt der PAF mit der GK-Kurve einen größeren Wert beimessen, als die zusätzlichen Kosten hierfür sind. Eine Ausweitung der Produktion würde daher die gesamte Wohlfahrt ansteigen lassen (schattierte Fläche) . XM
Beachtenswert ist zudem , dass die einzelnen Unternehmen hier, im Gegensatz zum langfristigen Gle ichgewicht bei vollkommener Konkurrenz, nicht im Minimum ihrer langfristigen Durchschnittskosten operieren. Sie haben so genannte Überschusskapazitäten (XE-XM) und könnten durch eine Ausweitung ihrer Produktion die Durchschnittskosten weiter senken . Jedoch wäre dies für das Unternehmen nicht lohnenswert, da die Grenzerlöse bei einer Ausbringungsmenge rechts von XE niedriger sind als die Grenzkosten .
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
149
2.2 Begrenzter Preissetzungsspielraum In Abb . C.36 ist unterstellt, dass der monopolistische Preis spielraum sich nicht über die gesamte Preis- Absatz-Funktion erstreckt, sondern nur einen eingeschränkten Be reich umfasst. Grafisch betrachtet ergibt sich da raus eine doppelt geknickte Preis- Abs atzFunktion mit unter schiedlicher Preiselastizität.
Während innerhalb de s Prei sbereiche s PI - P2 aufgrund der Produktdifferen zierungsstrategie de s Unternehmens Preisänderungen nur zu ge ringen A bsatzä nderungen führen, gelten außerhalb die ser Preisspanne nahe zu die »Spielregeln« der vollkommenen Konkurrenz. p
PA
x
Abb. C.36. Doppelt-geknickte Preis-Absatz-Funktion
Bei spielswei se würde ein Unternehmen, bei dem Ve rsuch, den Pre is übe r p I hinaus zu erh öhen, fast alle Nachfrager verlieren . Dagegen kann es zu einem Prei s unterhalb von p 2 die gesamte von ihm angebotene Menge ab set zen . Der tat sächliche Prei s, den es fordert , und die Menge, d ie es anbietet, hängen natürlich auch vom Verlau f der Kosten ab.
doppelt-geknickte Preis-Absatz-Funktion
150
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
3. Das Oligopol Gibt es auf einem Markt nur wenige, relativ große Anbieter und viele Nachfrager, so spricht man von einem Oligopol. Dabei handelt es sich um eine Marktform, die in der Realität vielfach zu beobachten ist (z .B. bei den Autoreifenherstellern). Aufgrund seines großen Marktanteils besitzt der Oligopolist - im Gegensatz zum Polypolisten - die Möglichkeit, den Preis seines Gutes zu bestimmen.
gegenseitige Abhängigkeit
Im Gegensatz zu einem Monopolisten oder einem Unternehmen, das unter den Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz agiert , muss der Oligopolist allerdings - neben dem Verhalten der Nachfrager - auch mögliche Reaktionen der anderen Anbieter berücksichtigen. Ebenso wirken natürlich die Aktionen der Mitkonkurrenten auf die wirtschaftliche Situation eines Oligopolisten ein. Die Unternehmen befinden sich deshalb in einer Situation gegenseitiger Abhängigkeit. Dies kann die Betroffenen dazu verleiten, die Konkurrenten durch gezielte vorübergehende Preissenkungen aus dem Markt zu drängen . Sofern dies gelingt, geht das Oligopol in ein Monopol über. Um das Risiko eines Preiskrieges zu vermeiden, neigen die Oligopolisten häufig auch dazu , z.B. durch Bildung von Kartellen, ihr Verhalten untereinander abzusprechen oder die Preisführerschaft eines dominierenden Unternehmens anzuerkennen . Ziel hierbei ist es, sich in Gemeinschaft quasi wie ein Monopolist zu verhalten und entsprechende Monopolgewinne zu realisieren . Allerdings ist kooperatives bzw. abgestimmtes Verhalten unter den Wettbewerbern nicht leicht zu erreichen, wie die Ergebnisse der Spieltheorie zeigen .
Spieltheorie
Die Spiel theorie dient generell der Analyse des Verhaltens von Menschen und Unternehmen in strategischen Situationen, also beispielsweise einer Situation, in der der Gewinn eines jeden Oligopolisten von der eigenen Produktionsentscheidung und der Entscheidung der anderen Wettbewerber abhängt.
Gefangenendilemma
Ein Spiel mit spezieller Bedeutung trägt die Bezeichnung »Gefangenendilemrna« . Es zeigt, dass Kooperation selbst dann schwer fallen kann, wenn sie für beide Seiten Vorteile bringt. Ursprünglich handelte das Spiel von zwei Gefangenen, die eines gemeinsamen Verbrechens angeklagt, in getrennten Räumen verhört und in Abhängigkeit ihrer Kooperationsbereitschaft mit unterschiedlichen
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
151
Konsequenzen zu rechnen hatten . Im nachfolgenden Beisp iel wird die Problem atik anh and e iner unternehmerischen Fragestellung erläutert. Angenommen, die Oligopolisten A und B müssen sich ent scheiden, ob sie für ihre Produkte einen hohen ode r einen niedr igen Preis verlangen so llen. Gemäß der Abb . C.37 erzielen beide Unternehmen hohe Gewi nne (4 ;4), wenn jedes Unternehmen einen hohen Prei s verla ngt. Wenn aber ein Unternehmen e inen hohen Preis verlangt, wird es sich für das andere lohnen, sein en Preis zu senken . Es erobert damit den Markt des Konkurrenzunternehmens und erzielt einen noch höheren Gewinn : 6 Einheiten statt 4 Einheiten, wie es in den Komb inat ionen mit den Zahlenpaaren 6;1 (Oli gopolist 8 erhöht den Preis und A reduzie rt ihn) oder 1;6 (Oligopolist A erhöht den Preis und das Unternehmen 8 reduziert ihn) zum Au sdruck kommt. Fall s aber beid e Unterne hme n ihre Preise senken, erzie len sie schließlich beide niedrigere Gewinne (3;3). Unternehmen B
hoher Preis
niedriger Preis
hoher Preis
4;4
1;6
niedriger Preis
6;1
3;3
Unternehmen A
Abb. C.37. Gefangenendilemma bei oligopolistischer Preisfestsetzung
Falls nun beide Unternehmen unter Unsicherheit agieren, weil sie nicht wissen, wie letztlich die Reaktion des Konkurrenten ausfallen wird bzw. ob sie sich auf vorhergehende Abspra chen verlassen können, ist für sie beide die domin ante Strat egie, sich für den niedrigen Preis zu entscheiden. Eine dominante Strategie ist eine Entscheidung, die für ein Unternehmen in jedem Fall die beste Alternative ist, gle ichg ültig welche Strategie sein Mitbe we rber verfolgt. Unabhängig von de r Strategie von Unternehmen B ist Unternehmen A mit sei ner dom inanten Strategie imme r am besten bedient und umgekehrt. Entscheidet sich be ispie lsweise Unternehmen 8 für einen niedrigen Pre is und der Oligopol ist A setzt auf einen hohen Preis, erzielt B einen Gewi nn von 6 und wenn de r Ol igopo list eben fall s auf einen niedr igen Prei s setzt ist de r Gewi nn noch 3. Das ist für Unternehmen 8 auf jeden Fall besser, als wenn es die Strategie eines höheren Preises wählt. In diesem Fall wäre der Gewinn bei einer Hochpreisstrategie von Unternehmen A nur 4 (4 < 6) und bei einer Niedrigpreisstrat egie von A nur I (I < 3).
dominante Strategie
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Mikroökonomie - Theoretische Grundlage n 11
Wenn man davon ausgeht, dass nun beide Unternehmen rational handeln, wird das Ergebnis dieses Spiels sein , dass beide Unternehmen niedrige Gewinne erzielen (3;3) Das Ergebnis mit den höheren Gewinnen fllr beide (4;4), kommt offensichtlich unter diesen Bedingungen nicht zustande. Unsicherheit bzw . mangelndes Vertrauen unter den Akteuren und individuell rationales eigennutzorientiertes I-landein verhindern dies . Obgleich dieses quasi Monopolergebnis (weil grundsätzlich durch Kooperation bzw . Absprachen unter den beiden Unternehmen A und B mögl ich) fllr die Gruppe der Oligopolisten rational ist, ist es dies jedoch nicht für den einzelnen, sodass Anrei ze für jeden zur Vertragsverletzung bestehen . Das individuell rationale I-landein führt zu einem gemeinschaftlich irrationalen Ergebnis - aus der Sicht der Oligopolisten, natürlich nicht aus der Sicht der Konsu menten, die von den niedrigeren Preisen profitieren dürften. Nash-Glelchgewich t
Im Übrigen handelt es sich bei dem Ergebnis dieses Spiels auch um ein Nash -Gleichgewicht. Hier kann kein Unternehmen bei gegebener Strategie des anderen durch Veränderung seiner Entscheidung etwas gewinnen . Wechselt der Oligopolist B auf einen höheren Preis verschlechtert sich sein Ergebnis. Gleiches gilt auch für Unternehmen A. Die Erfahrungen zeigen jedoch auch, dass Kooperation durchaus mögl ich ist, wenn sich die Akteure durch wiederholtes »spielen« besser kennenlernen und Vertrauen aufbauen. Aus diesem Grund verlässt sich der Staat in der Regel auch nicht auf die Existenz einer derartigen Dilemmasituation , sondern verbietet dort , wo die Kooperation zum Nachteil der gesellschaftlichen Woh lfahrt führt - was nicht grundsätzlich der Fall sein muss - die Karte llbildung von Unternehmen (siehe Kap. »Angewandte Mikroökonomie«). Allgemein gilt: Ohne Kooperation bieten die Oligopolisten zusammen eine größere Menge als ein Monopolist und eine kleinere Menge als ein Polypolist auf dem Markt an . Der Marktpreis des Oligopols ist dann niedriger als der Monopolpreis , jedoch höher als der Konkurrenzpreis. Mit steigender Anbieterzahl auf dem Oligopolmarkt ähne lt er mehr und mehr ein em Markt bei vollkommener Konkurren z. Der Preis nähert sich den Gren zkosten und die Produktionsmenge bewegt sich zum effizienten Niveau hin.
153
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
4. Preisbildung auf dem Arbeitsmarkt Die Marktpreise für die Produktionsfakto ren Ar beit, Kapital und natürl iche Ressourcen bilden sich w ie die G üterpreise im freien Spiel der Mark tk räfte. Im Fo lgenden wird bei spielhaft der Arbeitsmarkt analys iert, dem in de r alltäglichen Disku ssion eine besondere Bedeutung zukommt. A uf dem Arbeitsmarkt bestimmt sich der Lohn als Prei s für den Produktion sfaktor A rbeit. Dabe i wird unter stellt , dass die Unternehmen sow ohl auf dem Arbeitsmarkt als auch auf dem Gütermarkt in vollständiger Konkurrenz stehen, also keinen Einfluss auf den Faktor preis und die G üterpreise haben . Des Weiteren wi rd angenommen, da ss die Unternehmen das Z iel de r Gew innm axim ierung ve rfolge n.
4.1 Das Arbeitsangebot A uf dem A rbeitsmar kt sind die privaten Hau shalte die Anbieter und die Unternehmer die Na chfrager. Grundsätzlich steht hinter der Ar beitsa ngebotskurv e de r Hau shalte da s Kalkül , wie viel Zeit sie von ihrem gegebenen Zeitbudget de r Arbeit oder der Freiz eit widmen wo llen. Da Arbeit in der Regel entlohn t wird, ist d ie Entscheidun g für (mehr) Fre izeit immer mit Opportun ität sko sten , dem Verlu st an Einkommen verbunden . Das Einkommen hängt bei gegebener A rbeitsz eit wiederum von de r Höhe de s Lohn satzes ab. Die Arbeitsa ngebotskurve zeigt mith in, wie die Hau shalte auf eine Veränderung de s Lohn satzes bezüglich de r A uftei lung ihre s Zeitbudgets auf Arbeit und Freizeit reagieren. Im A llgemeinen geht man davon aus, dass ein Hau shalt bzw. ein Individuum umso meh r zu arbe iten bere it ist, je mehr Lohn es für eine Ar beitss tunde bekommt. Dies liegt zum einen daran , dass mit steigendem Lohn satz die Opportunität sko sten für Freiz eit steigen. Zum anderen gilt aber auch für den Arbeitseinsa tz das »Gesetz der zu nehmenden Gr enzk ost en« im Si nne vo n zunehmendem »Arbeitsle id«, das ent sprechend höher entlohnt werden will. In Abb. C.38a ist au f de r Ordinate das Einkommen (Y) abgetragen und auf der Abszisse die Zeit, die dem Hausha lt nach Abzug der Schla fensz ei t noch zur Ver fügung ble ibt. Die Zeitbudgetgera de (ZB) gibt alle Komb ination en von Einkomme n und Freize it wie der, zwischen denen der Hau shalt bei eine m vom Ma rkt vorgegebenen Lohnsatz wähl en kann. In Pun kt Z ist das Arbeitseinkommen des Haush alts gleich N ull, weil er seine gesamt e Ze it für Freizeitakti-
Arbeitsangebot der Haushalte
154
Mikroökonomie - Theoretische Grundlage n 11
vitäten verwendet. In Punkt B ist bei gegebenem Lohnsatz das Arbeitseinkommen maximal und die Freizeit gleich Nu ll.
(a)
(b)
B(I,)
I,
B(I,)
--------------------------------------------------------------------1---------------------------------------------1
B(lo)
Frei zeit (10)
k
Arbeit szeit (I,)
Arbeitszeit
) 1(
Abb. C.38. Ableitung der Arbeitsangebotskurve
Um herauszufinden, welcher der möglichen Einkommens-FreizeitKombinationen für den Haushalt bei gegebenem Lohnsatz nutzenmaximal ist, bedar f es, wie bei der Wahl zwischen zwei Gütern, der Definition einer Nutzenfunktion und der Abbildung von Indi fferen zkurven mit unterschiedlichem Nutzenniveau. Grafisch betrachtet ist bei gegebenem Zeitbudget und Lohnsatz die nutzenmaximale Einkommens-F reize it-Kombination dort erreicht, wo die höchstmögliche Indifferenzkurve die Zeitbudgetlinie tangiert. Dies entspricht in der Teilabbi ldung (a) bei einem Lohnsatz von 10 dem Punkt C. Steigt nun der Lohnsatz, dreht sich die Ze itbudgetgerade aus dem Schnittpunkt mit der Abszisse nach oben , da bei jedem gegebenem Arbeitseinsatz nun mehr Einkommen er zielt werden kann . Die Schnittpunkte der jeweiligen Ze itbudgetlinien mit der Ordinate geben das Einkommen bei alternativen Lohnsätzen an, wenn auf Freizeit komplett verzichtet wird , wobei gilt: I 0 < I 1 < I 2. Mit der Änderung der Zeitbudgetgerade ändert sich aber auch die nut zen maximale Freizeit-Einkommens-Kombination. Die Linie zwischen Punkt C, D und E gibt sämtliche dieser Kombinationen wieder, die bei geg ebenem Zeitbudget und unterschiedlichen Lohnsätzen nut zenmaximal sind. Oder :
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
Die Einkommens- freizeit-Kurve gibt sämtliche Kombinationen von Einkommen und Freizeit wieder, die in Abhängigkeit vom Lohnsatz den Nutzen eines privaten Haushalts maximieren .
155
Einkommens-FreizeitKurve
Der Zusammenhang zwischen Lohnsatz und Arbeitszeit (= Arbeitsangebot) ist in Teilabbildung (b) eingezeichnet. Auf der Ordinate sind die alternativen Lohnsätze aus der Teilabbildung (a) übernommen und auf der Abs zisse steht nun der Umfang an angebotener Arbeitszeit. Da aus (a) zu entnehmen ist, dass mit steigendem Lohnsatz die Freizeit zurückgeht, muss in (b) mit steigendem Lohnsatz mehr Arbeitszeit kombiniert werden . Das Ergebnis ist eine Arbeitsangebotskurve die von links unten nach rechts oben verläuft. Vorausgesetzt, die Haushalte orientieren sich bei ihrem Arbe itsangebot nicht nur am Lohnsatz, sondern berücksichtigen auch die Inflationsrate, hängt das Arbeitsangebot vom Reallohn (= Nominallohn dividiert durch das Preisn iveau) ab . Für die Angebotsfunktion gilt dann formal : AA=f(l/P) Wobei AA fllr das Arbeitsangebot steht , I fllr den Nominallohn und P fllr das Preisniveau und damit l/P fllr den Reallohn. Wie auf dem Gütermarkt sind auf dem Arbeitsmarkt natürlich auch andere Reaktionsmuster auf Preisveränderungen denkbar. So ist nicht auszuschließen, dass ein Haushalt auf steigende Lohnsätze mit einer Einschränkung seiner Arbeitszeit reagiert, mit steigendem Einkommen also die Nachfrage nach Freizeit steigt. Abhängig von der relativen Stärke des Substitutionseffekts - bei steigendem Lohnsatz wird Freizeit durch Arbeitszeit substituiert oder Einkommenseffekts - ein steigender Lohnsatz führt zu einem Rückgang des Arbeitsangebots - ergibt sich somit ein unterschiedlicher Verlauf der Arbe itsangebotskurve. Wenn der Substitutionseffekt größer ist als der Einkommense ffekt, dann steigt das Arbeitsangebot mit steigendem Lohn . Wenn der Einkommense ffekt größer ist als der Substitutionseffekt, dann wird weniger Arbeit angeboten . In Abb . C. 38 domin iert durchgehend der Substitutionseffekt. Unter der Annahme, dass der Einkommenseffekt über den Substitutionseffekt dominiert, würde die Einkommens-frei zeit-Kurve ausgehend von Punkt C nach rechts geneigt sein und die Angebotskurve würde sich mit steigendem Lohnsatz nach rückwärts neigen .
Substitutionseffekt versus Einkommenseffekt
156
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
In Abb. C .39 steigt bei steigendem Lohnsatz anfangs auch das Angebot an Arbeitsstunden . Ab einer bestimmten Lohnsatzhöhe entscheiden sich ein zelne Haushalte dann aber für mehr Freize it. Der Einkommenseffekt der höheren Löhne, der zu mehr Freizeit anregt, übersteigt den Substitutionseffekt. I/p
Arbeitsmenge Abb. C.39. Rückwärts geneigteArbeitsangebotskurve
Würden die Tangentialpunkte, die die Einkommen-Freizeit-Kurve definieren, exakt vertikal übereinander liegen, wäre das daraus abgeleitete Arbeitsangebot vollkommen unelastisch bezogen auf Änderungen des Lohnsatzes. Welcher der beiden Effekte letztlich auf dem Arbeitsmarkt überwiegt, lässt sich theoretisch nicht eindeutig bestimmen und dürfte im Wesentlichen von der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsmarktsituation und den sozialen Rahmenbedingungen abh ängen . Gerade bei der Diskussion um die Auswirkungen von Änderungen der Lohnund Einkommensteuer auf das Arbeitsangebot spielt die Einschätzung dieser beiden Eff ekte eine zentrale Rolle. Verschiebung der Arbeitsangebotsku rve
Eine Verschiebung der Arbeitsangebotskurve wird grundsätzlich durch Veränderungen jener Größen ausgelöst, die nicht in der reallohnabhängigen Angebotskurve berücksichtigt sind, also in die c .p.-Bedingungen »verbannt« sind. Hierzu gehören z.ß. Änderungen in den Präferenzen des Angebotsverhaltens (mehr Frauen- oder Teilzeitarbeit) oder die Zunahme von Erwerbspersonen durch Einwanderung.
157
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
4.2 Die Arbeitsnachfrage Was die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeit betrifft, kann davon ausgegangen werden, dass diese im Normalfall m it steigendem Preis , also dem Lohnsatz, sinkt. Der fallende Verlauf der A rbeitsnachfragekurve ist - in Ana logie zur Nachfrage auf dem Gütermarkt - auf da s »Ges etz de s abnehmenden Gren zertrag s« zurück zuführen, we shalb der Verlauf der A rbeitsnachfragekurve auch identisch ist mit dem Verlauf der Grenzertragskurve (siehe Abb. CAO) .
IIp
GP
t
Arbeitsnachfrageder Unternehmen
~--
I I I
i -
J ~~~~J--
I I I I
I I
I l-_..J.i_-'-
Arbeit
-
AN
_ Arbeit
Abb. C.40. Grenzertragskurve und Arbeitsnachfrage
Ein gewinnmaxim ierender Unternehmer fragt näml ich zusätz liche Arbeitskräfte nur solange nach , wie der dami t ge sch affene zusätzliche Output (der Gren zertrag bzw. das Gren zprodukt) bewertet mit dem Prei s, das so genannte We rtgren zprodukt. gr ößer ist als der Lohnsatz. Solange wie das Wertgrenzprodukt noch größer ist als der Lohnsatz kann ein Untern ehmer, vorausgesetzt die zusätzl iche Produktion kann auch abgesetzt werden, seinen Gewinn noch ste igern. Entspr icht das Wertg ren zprodukt dem vo m Markt vorgegebenen Lohn satz (bzw. ist das Gren zprodukt gleich dem Reallohn), hat der Unternehmer seine optimale Arbeitsnachfrage erreicht. Ein gewinnmax imierender Untern ehmer dehnt den Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit also so lange aus, bis bzw . GP A
=
l/p
ent sp richt. Wobei da s Produkt aus dem Grenzprodukt de r Arbeit (GP A) und dem Preis des Gut es (p) gleich dem Wertgrenzprodukt ist und I den Nom inallohn sowie l/p den Reallohn angibt.
Wertgrenzprodukt
158
Mikroö konomie - Theoretische Grundlagen 11
Die Arbeitsnachfrage der Unternehmer ist optimal , wenn die Grenzproduktivität der Arbeit dem Reallohnsatz entspricht.
Produktivität und Koste n
Als Produktivität bezeichnet man das Verhältnis von gesamter Produktionsmenge zur Einsat zmenge eines einzigen Produktionsfaktors . Produ ziert beispielsweise ein Arbeiter mit einer Maschine 1.000 Schrauben pro Stunde, kann man die Arbeitsproduktivität und die Kapitalproduktivität berechnen. Beispielsweise gilt für die Arbeitsproduktivität: Arbe itsproduktivität
=
1.000 Schrauben / I Arbeitsstunde
Zu beachten ist allerdings, dass mit der so definierten Produkti vität nicht die Leistungsfähigkeit oder der produktive Beitrag eines ein zelnen (!) Produktionsfaktors (hier: Arbeit) angegeben werden kann, da ja die von allen (!) Produktionsfaktoren gemeinsam erstellte Ausbringungsmenge ins Verh ältnis zum Einsatz eines ein zigen Produktionsfaktors gesetzt wird . An der Produktion der 1.000 Schrauben war ja auch der Produktionsfaktor Kapital (eine Maschine) beteiligt. Lassen sich beispielsweise in derselben Zeit mit einem Arbe iter 200 Schrauben mehr herstellen, weil eine qualitativ bessere Maschine (= technologischer Fortschritt) eingesetzt wurde, ergibt sich als Arbeitsproduktivität
=
1.200 Schrauben / 1 Arbeitsstunde
Nahezu alle Produktionsfaktoren haben einen Preis . Der Preis für den Faktor Arbeit ist der Lohn. Dividiert man den Faktorpreis durch die Arbeitsproduktivität, so erhält man die Lohnstückkosten
=
Lohnsatz / Arbeitsproduktivität
Diese Stückkosten ändern sich mit der veränderten Produktivität und/oder den Faktorpreisen. Kommt es bei gleichem Lohnsatz zu fortgesetztem technologischen Fortschritt steigt die Grenzproduktivität - der Zuwachs der gesamten Arbeitsproduktivität durch den Einsatz einer weiteren Arbeitskraft - und die Lohnstückkosten nehmen ab. Eine Nachfrage nach Arbeit über den Punkt AN hinaus, erfolgt nur bei sinkendem Lohn, da mit der Einstellung weiterer Arbeitskräfte c.p. auch der Grenzertrag sinkt.
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
159
Umgekehrt wird, wie in der Abbildung verdeutlicht, mit steigendem Lohnsatz die Arbeitsnachfrage des Unternehmens sinken, da ein höheres Grenzprodukt der Arbeit c.p. nur bei einer geringeren Arbeitsmenge erreicht werden kann. Wie bei der Arbeitsangebotskurve wird auch eine Verschiebung der Arbeitsnachfragekurve durch Veränderungen exogener Größen ausgelöst. Beispielsweise verschiebt sich die Nachfragekurve nach rechts - es wird bei gleichem Lohnsatz mehr Arbeit nachgefragt wenn im Zuge des technischen Fortschritts oder durch erhöhten Kapitaleinsatz das Grenzprodukt oder die Grenzproduktivität der Arbeit steigt. Selbst wenn die Löhne steigen kann eine stetige Zunahme der Beschäftigung möglich sein, vorausgesetzt der technologische Fortschritt bzw. die Grenzproduktivität der Arbeit wächst im Zeitablauf schneller als die Löhne, was insgesamt zu einer Senkung der Lohnstückkosten führt . Genau dies ist aber im Durchschnitt der letzten Jahrzehnte in Deutschland geschehen .
4.3 Das Arbeitsmarktgleichgewicht Abbildung CA! zeigt den Arbeitsmarkt. Im Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve, beim Gleichgewichtslohnsatz I*/p, stimmen angebotene und nachgefragte Arbeitsmenge überein . Vorausgesetzt, auf dem Arbeitsmarkt herrschen keinerlei Einschrän kungen (z.B. Mindestlöhne), muss jede Arbeitslosigkeit die auf dem Arbeitsmarkt beim Gleichgewichtslohn zu beobachten ist, freiwillige Arbeitslosigkeit sein . Offensichtlich ist ein Teil der potenziellen Arbeitskräfte dann nicht bereit, zu diesem Gleichgewichtslohn ihre Arbeit anzubieten.
Verschiebung der Arbeitsnachfragekurve
160
Mikroökonomie - Theoretisc he Grundlage n 11
Up
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Arbe it
Abb. C.41. Der Arbeitsmarkt
Angenommen, es handelt sich hierbei um den Arbeitsma rkt für Mangopflücker und den Produ zenten gelingt es, durch verbesserte Erntetechniken (Pro zessinno vat ion) die Gren zproduktivität der Arbeit zu steigern. Unter den Bedin gungen der Gewinnmaximierung wä re das für die Produ zenten Anlass genug, bei gegebenem Reallohn, die Nachfrage nach Mangopflückern zu erhöhen , da nunmehr gil t: GI' > 1*/p). Die Arbe itsnachfragekurve verschiebt sich nach rechts und beim ursprüngl ichen Gleichgewichtslohnsatz entsteht ein Nachfrageüberschuss (A 0 -A *). Die Konkurrenz um das knappe Ar beitsangebot lässt den Nominallohn jedoch anste igen. Dies führt C.p. wieder zu einem Rückgang der Nachfrage nach Arbeitskrä ften (Bewegung auf der Nachfragekurve) und zu einem An stieg der angebotenen Arbeit (Bewegung entl ang der Angebotskurve), bis es zu einem neuen Gleich gewicht in E' kommt, bei dem der An stieg des Reallohns den Produktivitätszuwach s kompen siert hat und nunmehr gilt: GI' = 1'/1'. Eine steigende Na chfrage nach Arbeit verursacht also ein steigendes Wertgrenzprodukt. Dadurch wird es profitabel , mehr Arbeitskräfte ein zustellen, was Lohn ste igerungen bewirkt und führt zu einem neuen Gleichgewicht führt. Eine Verschieb ung der Arb eitsangebotskurve erzeugt c.p. einen Arb eitskräfte überschuss, eine n Druck auf die Löhne und damit fallend e Löhne, womit es wieder für die Untern ehm en profitabel wird , mehr Arb eitnehm er einzuste llen. Daraufhin fällt die Gren z-
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
produktivität der Arbeit, es kommt zu einem niedrigeren Wertgrenzprodukt und es entsteht letztlich ebenfalls ein neues Gleich gewicht. Da letztlich Produktionsfaktoren in Kombination verwendet werden, hängt das Grenzprodukt eines Faktors von der Einsatzmenge des anderen Faktors ab. Eine Veränderung im Angebot des einen Faktors wird die Einkommen aller anderen Faktoren beeinflussen. Ein vermehrter Einsatz des einen Faktors wird tendenziell das Gren zprodukt, das Wertgrenzprodukt und damit das Einkommen anderer Produkt ionsfaktoren erhöhen .
161
162
Mikroökonomie - Theoretische Grundlagen 11
5. Wiederholungsfragen
o
I.
Welche Voraussetzungen werden bei der Monopolpreisbildung unterstellt? Lösung S. 123
o
2.
Warum ist im Monopol der Grenzerlös immer kleiner als der Preis ? Lösung S. 124
o
3.
Weshalb ist für den Monopolisten eine Ausbringungsmenge, die links oder rechts von der durch den Cournot'schen Punkt bestimmten Ausbringungsmenge liegt , nicht gewinnmaximal? Lösung S. 125
o
4.
Worin unterscheidet sich die Gewinnmaximierungsbedingung im Monopol von jener im Modell der vollkommenen Konkurrenz? Lösung S. 126 f
o
5.
Unter welchen Voraussetzungen entspricht der Zuwachs an Produzentenrente beim Übergang von einem vollkommenen auf einen monopolistischen Markt gleich dem Monopolgewinn? Lösung S. 127
o
6.
Unter welchen Voraussetzungen gelingt dem Monopolisten die vollständige Abschöpfung der Konsumentenrente ? Lösung S. 128
o
7.
Wie ist es möglich, dass bei vollständiger Preisdifferenzierung kein Wohlfahrtsverlust entsteht? Lösung S. 129
o
8.
Wie ist das Modell der monopolistischen Konkurrenz charakterisiert? Lösung S. 131
o
9.
Warum ist das Marktergebnis bei monopolistischer Konkurrenz ineffizient? Lösung S. 133
o
10.
Mit was beschäftigt sich die Spieltheorie im Allgemeinen und was versteht man innerhalb dieser Theorie unter einer dominanten Strategie? Lösung S. 135 r.
o
1 I.
Was ist die zentrale Aussage des »Gefangenendilemrnas«? Lösung S. 135
o
12.
Wie lässt sich eine rückwärts geneigte Arbeitsangebotskurve begründen? Lösung S. 140 r.
o
13.
Was versteht man unter dem Wertgrenzprodukt? Lösung S.142
o
14.
Warum beobachtet man in der Realität wiederholt trotz steigender Reallöhne eine Zunahme der Arbeitsnachtrage? Lösung S. 144
Angewandte Mikroökonomie l.
Wettbewerbspolitik
1.1
Ziel der Wett bewe rbspolitik
165 165
1.2
Formen der Wett bewerbsbesc hrä nkung
167
1.3
Wettbewerbspolitik in Deutschl and und der EU
169
1.3.1 Kartellve rbot
170
1.3.2 Fusions kontrolle
172
1.3.3 Die Miss brauc hsaufsic ht
174
1.3.4 Die Kontroll e staatl icher Beihi lfen
175
2.
Staatliche Eingriffe in die Marktpreisbildung
2.1
Höchst- und Minde stp reise
176 176
2.2
Besteuerung von G ütern : Yerbrauch steuern
181
2.3
Bes teue rung von Einkomme n: Einkommensteuer
187
2.4
Besteuerung handel barer Güter : Zölle
189
2.5
Externe Effekte
191
2.6
Natürliches Monop ol
193
3.
Wiederholungsfragen
196
/64
Angewandte Mikrookonomie
Lernziele dieses Kapitels Die Stud ierenden sollen nach der Lektüre dieses Kapitels die Formen der Wettbewerbsbeschränkungen kennen die gesetzlichen Grundlagen, die Ziele und die Instrum ent e der deut schen und europäischen Wettb ewerb spolitik kenn en und begründen können. die Auswirk ungen von Minde st- und Höch stpreisregelun gen analysieren und beurteilen könne n. die Belastun gs- und Wohl fahrtseffekt e einer spez ielle n Verb rauch steuer sowie von Zö llen nachvoll ziehen können. die Au swir kun gen eine r Einkomme nsteuerse nkung au f dem Arbeitsmarkt beurt eilen können die Internali sierung ex terner Effekte begr ünden und anal ytisch dar stellen könn en. die staa tliche Eing riffnahme bei natürlichen Monopolen verstehen.
Die vo rangegange ne n Ausfü hrunge n hab en deutl ich ge mac ht, da ss unter Wettb ewerb sbedingun gen eine effiziente Allokation der Ressourcen siche rges tellt ist. Umgekehrt wurde gezeigt, dass es bei unvollständigem Wettb ewerb, wie z.B . beim Monopol, zu Wohlfahrtsverlusten kommt. Für die Unternehmen besteht in der Regel aber immer wieder der Anr eiz, den Wettb ewerb einz uschränke n, um sich au f Dauer dem Konkurrenzdruck mit all seinen negat iven Begleiters chei nunge n wie beisp ielsweise die Unsic he rheit zu entziehen und/od er höhere Gewinne zu realisieren. Deshalb ist die Sicherun g des Wettb ewerb s ei ne zentrale Aufgabe des Staates. Mit der Steuerfina nzierung staa tl icher Aufga ben sind notwen digerwei se staatliche Eingriffe in den marktliehen Preisbild ungsproze ss verbunde n. Der Staa t versucht jedoch auch gan z bewu sst aus allokations und vertei lungspo litischen Gründen die Markte rgeb nisse zu korrigieren. Mögliche Politikansätze und deren Wirkunge n auf die Verteilung der Renten und die Wohlfahrt sind ein weiterer Te il dieses Kap itels.
Angewandte Mikrookanomie
1. Wettbewerbspolitik Die Wettb ewerbspolitik umfa sst alle staatlichen Maßnahm en, die der Aufrechterhaltung des Wettbewerbs dienen. Dies gesc hieht durch eine aktive Gestaltu ng der Wettbewerbsvorau ssetzungen. indem die Märkte offen gehalten und Markts chrank en beseitigt werden, und durch eine Bekä mpfung der verschiedenen wettb ewerb sbeschränkend en Strategien. Die nachfolgenden Ausführungen zur Wettbewerbspo litik schließen auch die Regelun gen der Europäis chen Unio n mit ein. Na ch Art. 3 AEUV umfassen die Tätigkeiten der Gemeinschaft auch die Festlegung der für das Funktionieren des Binnenm arkt s erfo rderlichen Wettbewerbsregel n. Damit bildet die Wettbewerbspolit ik eine der wichtigsten ordnungs po litischen Stützen des europäischen Integratio nsprozesses mit weitreichenden Auswirkungen auf die Wettbewerbspolit ik der europäischen Mitglied staaten .
1.1 Ziel der Wettbewerbspolitik Da es keine eindeutige Definit ion dessen gibt, was Wettb ewe rb ist, fehlt es der Wettbewerbspolitik an einer klaren Zielvo rgabe . Weitgehend Einigkeit herrscht allerdings darübe r, dass es nicht Ziel der Wettbewe rbspolitik sein kann, die realen Wettbewerbsbedingungen den Bedingungen der vollkom menen Konkurrenz so weit wie möglic h anzunähern . Damit der Wettbewerb seine Steuerungs- und Anreizfunktion erfü llen kann (siehe Abb . D.l), kommt es nicht so seh r auf die Marktform an, sondern auf die Quali tät und Intensität des Wettbewe rbprozesses . Jahrzehntelange Erfahrungen in verschiedenen Ländern haben gezeig t, dass der Wettbewe rb vor allem dann intens iv war, wen n monopol istische Konkurrenz oder ein Oligopol gege ben war. Die Qualität und Intensität des Wettbewerbs hängt von den vorgegebenen Markt strukturen (z.B. Markt anteile, Marktzutrittsbarr ieren oder dem Grad der Produktdifferenzierun g) ab, welche seiners eits das Marktverhalten der Unternehmen (wie z.B. deren Preisstrategien sowie deren Forschungs- und Entwic klungsaktivitäten) und damit das Marktergebni s (z.B. die Effizienz der Produkti on oder das Eingehen auf die Konsumentenpräferenzen), bestimmen.
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Angew andte Mikro okonomie
Wettbewerbsfunktion Erläuterungen Funktionen des Wettbe werbs:
Steuerungsfunktion (stat ische Funktion)
Steue rungsfunktion
.
Der Wettbe werb sorgt dafür , dass sich einerseits die Zusammensetzun g des Güterangebots an den Präferenzen der Konsumenten orient iert und ande rerseits,
.
dass die Produktionsfaktoren über die Preise in die effiziente ste Verwendung gelenkt werden, um eine opt imale Allokat ion der Produktionsfaktoren zu erreichen.
Anreizfunktion Anreizfunktion (dynamische Funktion)
Durch die Rivalität der Anbieter unte reinande r besteht ein ständiger Anreiz für die Unternehmen, sich mittel s Innovation und Imitat ion und damit einhergehender Produktverbesserung sowie Kostensenkung einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dies t rägt insgesamt zu einer Förderung des technischen Fortschritts und damit zur Maxirnierung des Bruttoinl andsprodukts bei.
Abb. 0.1. Funktionen des Wettbewerbs
fun ktion sfähiger Wettbe werb
A llein die Zu- ode r Abnahme der Zahl der Wettbewerber wird also nicht mehr als Maßstab für die Wettbewerbsinte nsität herangezogen. Unte rnehmenszusammenschlüss e werden nicht me hr gr undsä tzlich wettbewerbsschädlic h eingestuft, da diese mitunte r erst den betroffenen Unternehm en erlauben, in Wettbe werb zu treten. Schließlich wird dem Abbau von Marktzutrittsbarr ieren bzw . dem Aufba u potenzieller Konkurrenz höchste Aufmer ksam keit geschenkt. Letztl ich besteht die Aufga be der Wettbewerbspolitik also dari n, die Marktstrukturen und das Verhalten der Unterneh men so zu beeinfl ussen, dass im Ergebnis ein funktionsfähiger Wettbewerb gewäh rleistet ist. Ein Wettbewe rb ist funktionsfähig, wenn er se ine Steueru ngs- und Anreizfun ktionen bestmöglich erfLillt. Die europäische Wettbewerbspolitik verfolgt darüb er hinaus , mit ihren wettbewerbspol itische n Instru mente n die Marktintegratio n der Mitg liedstaaten zu unte rstützen. Das bedeutet, dass alle wettb ewerbsbeschr änke nden Maßnahm en, die dazu geei gnet sind, die nation alen Märkte der Mitgliedstaaten vo neinander abzus chotten, unter sagt werden . Weder durch private noch durch staatlich e Maßnahm en soll der freie Austa usch von Personen, Gütern, Dienstleistun gen und Kapit al beeinträcht igt we rde n. In diesem Sinn e steht die europäis che Wettbewer bspolitik in einem unmittelbaren Z usamme nhang zu den vier Grundfrei heitcn, die den europäischen Binnenmarkt charakterisieren.
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Angewandte Mikrookanomie
1.2 Formen der Wettbewerbsbeschränkung Eine in der Praxi s häufi g vorzufindende Kooperati onsform unte r Unternehmen zur Einschränkung des Wettbewerbs ist das Kartell.
Kartell
Kartell e sind au f schri ftlich e od er mündli che Absprache beru hend e Vereinbarungen zweier oder mehrerer rechtlich selbstä nd ig bleibend er Unte rnehme n zum Zwecke der Beschränkung oder A ussc haltung des Wettbewe rbs. Gegens tan d de s Kartell vertrag s kann j edes Ve rh alten sein, da s im Wettbewerb erheb lich ist. A bspra chen können sich dahe r auf Pre ise, Absatzmenge und -geb iete, auf den Vertrieb oder sonstig e Konditi onen beziehen . Die Wahr scheinlichkeit, dass es zu Kartellab spra chen kommt, ist umso g rö ße r, je we niger A nbieter au f dem Markt sind , je größe r d ie Markte intrittsbarr ieren sind, je homogene r das Gut und je unel astischer die Na chfrage nach dem betroffe nen Gut ist. Eine Wettbewerb sbeschrän kun g kann au ch dur ch den Z usa mme nschluss von Unterneh me n eintreten . Je nachde m ob dabe i die einzelnen Unterne hme n nur ihre w irtschaft liche oder aber auch ihre rechtliche Selbständi gkeit verlie ren, unterscheidet man zw ischen der Konzernbildun g und einer Fusion.
Fusion
Bei der Fusion sind im Wesent lichen zwei Vari anten mög lich. Zum einen die » Fusi on durch Aufnahme«, be i der ein Unternehm en vo n einem anderen »geschluckt« wird, das aufne hmende Unternehmen aber bestehen ble ibt. Zum anderen die »Fusion durch Neu gr ündung«, indem alle beteiligten Unternehmen in einem neuen Unternehmen mit neue m Namen aufgehen. Bei beid en Kon zentration sformen kann zw ischen hor izon tal en und vertikalen Z usammenschlüssen untersch ieden werde n. Ein hori zontal er Z usamme nschluss liegt vo r, we nn die bet eili gten Unte rnehme n der gleichen Wirtschaftsstufe angehören und g leic hartige oder eng substitu ierbare Produ kte anbi eten. Bei einem vertik alen Z usamme nschluss finden sich Unternehmen zusammen, die au f vor- bzw. nachgelagerten Produ ktion s- und /od er I-Iandelsstu fen tät ig sind und in einer Käufe rVerkäufer- Beziehun g stehen. Trifft ke ine der Voraussetzungen ein, spricht man von ei ner kong lome rate n Kon zentration (beisp iel sweise der Zu sam me nschluss eine s Unternehm ens der A uto industrie mit einem der Raumfahrt indu strie).
horizontaler Zusammenschluss vertikaler Zusammenschluss
Angewandte Mikrookanomie
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120 %
100%
80 %
60 %
40%
20 %
0% CR3
CR6
CR10
CR25
CR50
CR100
-+- Kokerei, Mineralölverarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von Spalt- und Brutstoffen
____ Herstellungvon Kraftwagen und Kraftwagenteilen -.- Herstellung von chemischen Erzeugnissen ____ Textilgewerbe --iOO-
-+-
Ernährungsgewerbe Maschinenbau
Abb. 0.2. Grad der Untemehmenskonzentration (2004) , Quelle: Monopolkommission
Abb . D.2 gibt de n Kon ze ntrationsgrad in ausgewählte n Branchen in Deutschland wieder. Demnach zeigt sich, dass die Konzentration in der Mineralölindustrie am höchsten ist. Hier verein en drei Untern ehmen (Ck 3) rund 63 % des Umsatzes auf sich. Für die Kooperations- und Konzentratio nsbemühungen der Unternehmen wird eine Vie lzah l von Gründen - neben dem Ziel der Gew inn max imierung - genannt. Im Zentrum steht dabei die Reali sierung von Kosteneinsparungen z.B , in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Forschung und Entw ick lung durch die Realisierung von economies of scale. Ziel kann auch die Verwirklichung so gen annten Synergieeffekten sein, um eine dom inierende Marktpo sition zu erlangen ode r Marktzutr ittssch ranken zu errichten , die potenzielle Konkurrenten abschrecken helfen .
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Angewandte Mikrookanomie
1.3 Wettbewerbspolitik in Deutschland und der EU Wettbewerbspolitik ist weitgehend Ord nungspolitik. Die für die Erhaltung und Gesta ltung eines funktionsfä higen Wettb ew erbs erfo rderlichen Maßnahmen und Instrumente sind daher vorwiegend in Gesetzen geregelt. Zu den wicht igsten Rechtsgrundlagen in Deut schl and zählen das »G esetz gegen Wettbewerbsbe schr änkun ge n« (GWB ) sowie die auf dieser Grundlage getroffenen Verw altungsentscheidungen und Gerich tsurtei le und das »G esetz geg en unlaute ren Wettbewerb«. Die Verwaltu ngsent scheidungen werden vor allem dur ch das Bundeskartell amt in Bonn getroffen. Für die gerichtliche Überprüfung ist in letzter Instanz der Bund esge richt shof zu ständ ig. Ordnungsw idrigkeiten werden mit Geldbußen bestraft. Zur Begutachtung von Konzentrat ion, Wettb ewerb und Wettb ewerb spolitik wurde die Monopol komm ission errichtet. Sie berichtet alle zwe i Jahre übe r den Stan d der Unternehmenskonzentratio n, bewe rtet die Wettbewerbspolitik des Bunde skartellamt s und nim mt zu wichti gen Fragen des Wettbewerbs Stellung. In der Europäische n Union wird die Wettbewe rbs- und Beihil fepolit ik dur ch die EU-Kommissi on ausgeführt. Die gese tzliche n Grundlagen dazu finde n sich im EG-Ve rtrag sowie in der Kartell- und Fusionsk ontroll verordnung. Die Zuständig keit der EU ist im Allgem ein en gege ben, wen n der Hand el zwisc he n den Mit gl iedstaaten beeinträcht igt we rde n könnt e und/od er die zur Entsc heidung anst eh end en Ma ßnahmen von ge meinschaftsweite r Bede utung sind. In Zwei felsfä lle n gilt grundsä tzlich der Vorrang des EU-Wettbewe rbsrechts vor dem nationalen Recht. Zu den bedeutendsten Maßnahmen der Wettbewerbspolit ik gehö ren sow ohl im GWB als auch im EU-Recht die Kartell rec htsregelungen , die Zu sam me nschl uss- bzw . Fusionsk ont rolle sowie die Mi ssbrauch saufsicht. Das europäische Wettb ewerbsrecht enthält neben diesen Vors chr iften, die sich direkt an Unte rnehme n richten dar über hinaus Vorschri ften, die sich an die Mitgliedstaat en richten wie Vorschriften über öffentliche Unternehmen und Beihilfekontrolle. Auf diese Weise soll siche rgestellt wer de n, dass die Regierung en der Mitgliedstaaten dur ch ihre national e Sub ven tion spoli tik den heimischen Unte rne hme n ke ine Wettbewerbsvorteile auf dem Binnenmarkt verschaffen.
Gesetz gegen Wettbe werbsbeschränkungen
Bundeskartellamt
Monopolkommission
EU-Kommission
Maßnahmen der Wettbe werbspolitik
170
Angewandte Mikrookonomie
1.3.1 Kartellverbot Nach de m GWB sind Kartelle grundsätzlich verboten. § I GWB lautet: § lGWB
Kartellverbot
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmens vereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweis en, die eine Verh inderung, Einschränkung oder Verfä lschung des Wettbe werbs bezwecken oder bew irken, sind verboten. Verboten sind also nicht nur explizite Vereinbarungen, sondern auch ein aufe inande r abge stimmtes Verhalten. Ein aufeinander abge stimmtes Verhalten liegt vor, wenn Unternehmen ihr Verhalten bewu sst und gewollt voneinander abhängig machen und damit die Risiken des Wettbewerbs, ins besondere die Unsicherheiten über das wech selseitige Verhalten, beseitigen . Preiskartell
Die Kartellmitglieder verpflichten sich, beim Absatz ihrer Güter einen einheitlichen Preis zu verlangen oder einen Mindestpreis nicht zu unterschreiten .
Quotenkartell
Die Kartellmitglieder tei len unter sich das Marktangebot auf.
Gebietskartell
Die Kartellmi tglieder teilen unter sich das Absatzgebiet auf.
Submissionskartell
Die Kartellmitglieder vereinbaren, ein Unterbieten bei öffent lichen Ausschreib ungen zu verhindern und ihre Angebote so zu gesta lten, dass jedes Kartellmitg lied in einer bestimmten Abfolge den Zuschlag als prelsgünstigster Anbieter erhält.
Rabattkart e11 Importkartell
Die Kartellmi tglieder regeln Anlass, Form und Höhe von Preisnachlässen. Die Kartellmitglieder vereinbaren, ausländischen Konkurrenten den Zugang zum heimisc hen Markt zu versperren.
Exportkart ell
Die Kartellmi tglieder vereinbaren gemeinsame Strategien auf ausländi schen Märkten .
Abb. 0.3. Verbotene Absprachen. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung (200 6), Wirtschaft heute, S. 105 Ausnahmen vom Kartellverbot
Au snahmen vom grund sätz lichen Kartellverbot sind in § 2 A bs. 1 GWB gerege lt. Demzufolge sind Vere inbarungen, Beschlüsse oder abge stimmte Verhaltensweisen vom Verbot freigestellt, die unter angem essen er Beteiligung der Verbraucher an dem entst ehenden Gewinn zur Verb esser ung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen.
Angewandte Mikrookanomie
Um den größenbedingten Nachteil kleiner und mittlerer Unternehmen (KM U) im Wettbewerb mit großen Unternehmen auszugle ichen enthält das GWB (§ 3) spezielle Kooperationserleichterungen für diese Unternehmen (Mittel stand skartelle). Danach sind zum Zweck der Rationalisierung nahe zu sämtliche Formen der zw ischenbetrieblichen Zusammenarbeit erlaubt, soweit sie zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeil von KMU geeignet sind und den Wettbewerb nicht wesentlich bee inträchtigen. Das GWB ist also ausgesprochen mittelstandsfreundlich gestaltet.
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Mittelstandskartelle
Leitet die Kartellbehörde ein Kartellverfahren ein , droht den Unternehmen ein Bußgeld von maximal zehn Prozent des Jahre sum satze s. Zu sätzlich kann sie noch den sogenannten wirtschaftlichen Vorteil abschöpfen, den ein Unternehmen durch die illeg alen Absp rachen erlangt hat. Zudem drohen den Unternehmen Image sch äden beim Verbrauche r. Das allgemeine Kartellverbot des europäischen Wettbew erbsr echts ist in Art. 101 AEUV verankert. Verboten sind demnach alle horizontalen und vert ikalen vert raglichen Vereinbarungen, die geeignet sind, den Handel zwischen Mitglied staaten zu beeinträchtigen - also die nationalen Märkte gegeneinander abschotten - und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenm arkts bezwecken oder bewirken . Allerdings sieht das europäische Recht Gruppenfreistellungen für an sich verbotene Vere inba rungen vor, wenn u.a. die Maßn ahme zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beiträgt, den Verbraucher in angeme ssener Weise an den ent stehenden Gew innen bete iligt und der Wettbewerb nicht ausgeschlossen wird. Erfüllen die Vere inbarungen diese Voraussetzungen, so sind diese von vornherein ohne expli zite Freistellung zulässig. Ob dies der Fall ist, entscheiden die Unte rnehmen zunächst selbst. Der endgültige Test erfolgt erst, wenn die Wettbewerbsbehörde von Amt s wegen oder aufgrund einer Beschwerde ermitteln oder wenn Klage erhoben wird.
EU-Regelung
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Angewandte Mikrookonomie
1.3.2 Fusionskontrolle
marktbeherrschende Stellung
Zusammenschlüsse (Fusionen) sind nicht generell verboten, allerdings besteht gemäß § 39 GWB eine Anzeige- und Anmeldepflicht vor dem Vollzug beim Bundeskartellamt. Gemäß § 36 GWB muss das Kartellamt einen Zusammenschluss je doch untersagen, wenn zu erwa rten ist, dass dadurch eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird. Seit Beginn der Fusionskontrolltätigkeit des Bundeska rtellamtes im Jahre 1973 sind ca. 170 Zusam menschlüsse untersagt worden.
Monopolvermutung Ein Unternehmen ist als Anbieter oder Nachfrager ohne Wettbewerber oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt oder hat gegen über seinen Wettbewerbern eine überragende MarktsteIlung (anhand von Kriterien wie Marktanteil, Finanzkraft , Zugang zu Absatz- und Beschaffungsmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, Marktzutritt sschranken für andere Unternehmen).
Oligopolvermutung Eine Gruppe von Unternehmen ist als Anbieter oder Nachfrager keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt oder hat im Verhältnis zu Wettbewerbern eine überragende MarktsteIlung.
Vermutungkriterium beim Monopol Marktanteil von mindestens einem Drittel.
Vermutungskriterium beim Oligopol Drei oder weniger Unetrnehmen erreichen zusammeneinen Marktanteil von 50 %. Fünf oder weniger Unternehmen erreichen zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln.
Abb. 0.4. Marktbeherrschung nach § 19 GWB Quelle: bpb (2009) Wi rtschaft heute, S. 101 überragende MarktsteIl ung
Bei der inhaltlichen Ausfü llung des Begriffs »überragende MarktsteIlung« werden neben dem Kriterium des Marktanteils insbesondere die Finanzkraft eines Unternehme ns, sein Zugang zu den Beschaffungsode r Absatzmärkten und Verflechtungen mit anderen Unterne hmen berücksichtigt. Weiterhin fließen rechtl iche oder tatsächliche Marktzuga ngsschranken für andere Unternehme n sowie auch die Fähigkeit eines Unternehmen s, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbl iche Leistungen umzustellen, und die Möglichkeit der Marktgegense ite, auf andere Unternehmen auszuweichen, in die Bewertung mit ein. Ein Zusammenschlussverbot erfolgt zum einen dann nicht, wenn den beteiligten Unternehmen der Nac hweis ge lingt, dass die Nachteile der Marktbeherrschung durch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen, die aus dem Zusammenschluss resultieren, überkompensiert werden.
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Angew andte Mikrookanomie
Z um an dere n ka nn ein negativer Bes cheid des Bu nde skarte llamtes durch e ine sog . Min iste re rla ubnis (§ 42 GWB ) aufgehobe n werde n. Voraussetzung für die Erte ilung ei ne r Mi niste re rlaubnis ist ein » über ragend es Interesse der Al lgemeinheit« (wie z.B. die Arbeitsplatzsicheru ng od er d ie Siche ru ng der Ene rg ieverso rgung), wobei au ch »die Wett bewerbsfähigkeit der bete iligten Unterne hmen auf Mä rkte n außerha lb des Geltun gsber eich s« des GW B zu ber ücksichtigen ist. Eine M inis tererl aubnis muss jedoch grundsätzlic h versagt we rden, wen n du rch das »A usmaß der Wettbewerbs beschränkung die marktwirtsc haft liche O rdn ung (...) gefäh rde t wird« .
Ministererlaubni s
2500 2242
2000 1829 1667 1687 1735
1675
1568 1584
1541
1500
1687
1445_
1412 _ _ 1387
1282 1185
1254
1366
1257 1154
1000
500
o 1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
Abb. 0.5. Angemeldete Zusammenschlüsse be im Bundeskartellamt (1990 -2008) . Quelle: Bundeskartellamt
Die voranstehen de A bbil dung macht deutl ich, dass de r Höc hststand der Zusa mmenschlüsse, der zunächst m it dem Jahr hunder twech sel erreicht wurde, im Jahr 2007 no ch übertroffen wurde . Von den im Ja hre 2008 angem eld eten Zusa mmensch lüssen ha nde lte es sic h bei 80 % um hor izontale, bei 5 % um ve rtikale und bei 15 % um konglomerate. Recht sgrundl age fü r euro pawei t rele vante Zu sam men schl üsse ist die Fusi onskontrollv eror dnung der EU . A ls unvere inb ar mit dem Geme insa men Markt mü ssen demzufol ge von der EU-Kommission alle Z usammenschlüsse untersagt we rden , durch die eine beh er rsch ende Stel lung begr ündet od er verstärk t wi rd und die den Wett bewe rb auf dem Geme insamen Markt oder eines wesentlichen Teils davo n erhe blic h be hinde rn oder in Zuk unft behindern kö nnten.
EU-Regelung
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Angewandte Mikrookonomie
Bei der Prü fung des Zusammenschlusses hat die Komm ission die Indikato ren für Marktmacht sowie indus trie poli tis che Erwägungen (wie Z.ß. die Entw icklung des technische n und wirtschaftl iche n Fortschritts, sofern diese dem Verbraucher dient und den Wett bewerb nicht behi ndert) einzubeziehe n.
1.3.3 Die Missbrauchsaufsicht Die Missbrauchsaufsicht ste llt ein umfassendes Kontrollins trume nt dar und umspannt praktisch die Besti mm ungen des Kartellver bots und der Z usammenschlussko ntro lle. Sie soll sic he rstellen, dass freiges tellte oder erlau bte Kartelle sowie genehmigte Z usam mensch lüsse sich auch marktkon form ve rha lten. A uße rdem soll dadurch ve rmieden werden, dass die du rch internes Grö ßenwachstum in eine herausragen de Mark tm acht hineingewachsenen Unternehmen , die von den Kartellb estimmungen und der Zusam menschl usskont rolle ga r nic ht erfasst sind, Miss brauch betreiben. Der Sachve rha lt, eine missbräuch liche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Ste llung zu ver biete n, ist in § 19 ( I) GW B ge rege lt. Damit das Kart ellamt eins chrei te n kann muss be i dem fragli chen Unte rne hmen der Tatbestand der Mar ktbeherrschung vorliegen und das Verh alten des Unterneh mens muss missbräuc hlich sein. Missbrauch
EU-Regelung
Was unter Mark tbeherrschung zu verstehen ist, wurde bereits weiter oben ausgeführt. Miss brauch liegt nach § 19 (4) GWB zum eine n vor, we nn das marktbeherrsc hende Unternehme n die Wett bewe rbsmöglichkeit andere r ohne sachlich gerechtfertigten Gru nd beeinträchtigt und zu Bedi ngungen handelt, die sich bei wirksamem Wettbewerb sehr wahrschei nlic h nicht ergeben wü rden . Z um anderen, we nn das Unternehmen ungünstigere Beding unge n auf einem Ma rkt zugrunde legt, als es das auf vergleichbaren Mä rkte n tut und sich weigert, eine m ande ren Unternehme n gege n angemessenes Entgelt Z ugang z u den eige nen Net zen oder anderen Infrastruk tureinrichtungen zu gewähren. Im EU-Wettbewerbsrecht find et sich das Missbra uchsverbot in Art . 102 AEUV. Anders als das GW B enthä lt dieser Artikel keiner lei Vermutungen, wa nn ein Unternehmen ode r eine Gru ppe von Unternehmen als ma rktbe herrschend ge lte n. Ve rbote n ist die missbräuchl iche Ausnutzung einer »beherr sche nden Ste llung auf dem Gemei nsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben«, sowe it dies den Handel
zwisc he n den M itg liedstaaten bee inträchtigt oder bee inträc htigen
kann«.
Angewandte Mikrookanomie
1.3.4 Die Kontrolle staatlicher Beihilfen Ein Unterneh men, dem staatliche Unterstütz ung gewährt wird, erhält einen ungerechtfertigten Vorteil gege nüber sei nen Mitbewe rbern. Deshalb verbietet der AEUV generell staatliche Beihilfen, sofern sie nicht aus Gründen der allgemeinen wirtsc haftlichen Entwicklung gerechtfertigt sind (Art. 107 AEU V). Ein Unternehmen erhält Beihilfe wenn (i) eine staatliche oder aus staatliche n Mitteln gewä hrte Förder ung vorliegt (z.B. in Form von Zuschüssen, Zinsvergünstigun gen und Steuerbefreiungen, Bürgschaften , staat liche Beteili gung an einem Unternehmen oder Teile davon), (ii) die Förderun g wahrsche inlich den Handel zwischen den Mitglied staaten beeinträchtigt, (iii) die Förderung dem Empfänger einen selektiven Vort eil versc hafft und (iv) der Wettbewerb verfälscht oder droht verfälscht zu werden. Keine Beihilfen sind demnach Maßn ahmen, die nicht selektiv sind, sondern für alle Unterne hmen ungeach tet ihrer Größe, ihres Standorts oder der Branche gelten (beispielsweise allgemeine steuerliche Maßnahmen oder arbeitsrechtlich e Vorschriften). Ausnahmen vom Beihilfe verbot können von der Kommission genehmigt werden, wenn es sich um Beihilfen hande lt, zur Förderung der Entwicklung benachte iligter Regionen, zugun sten der Forschung und Entw icklung, zur Verbesseru ng des Umw eltschutzes, zur Unterstützung kleine r und mittlerer Unterne hmen, zur Förderung der Ausbildung sowie für die Scha ffung von Arbeitsplätzen zugunsten von Arbeitslosen. Zu den umstrittensten Formen staatlicher Beihilfe, die eine eingehende Prüfung durch die Kommissio n erfordern, zählen Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, Finanztransaktionen zwischen Staat und staatlichen Unternehmen, die Beihilfen beinhalt en, sow ie Beihilfen an Unternehm en in bestimmten sensiblen Wirtscha ftszweigen wie der Stahlindustrie. Zwecks Überwac hung der staatlichen Beihilfen verpflichtet Art . 108 AEUV die Mitglied staaten , die Kommission von j eder beabsichtigten Einführung oder Umgesta ltung von Beihilfen zu informieren und die beabsichtigte Maßnahme erst nach Genehmigung durch die Komm ission durchzuführen. Art. 106 AEUV verpflic htet die Mitgliedstaaten, alle öffe ntlichen Unternehmen den allgemeinen wettbewerbspolitischen Regeln zu unterwerfen.
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Angewandte Mikrookanomie
2. Staatliche Eingriffe in die Marktpreisbildung Auf die Rolle des Staates innerhalb der Wirtschaft wurde bereits ausführlich eingegangen . In diesem Kapitel wird nunmeh r anhand verschiedener ausgewählter Beispiele aufgezeigt, welche Auswirkungen staat liche Eingriffe auf die Ma rktprei sbildung und die Ve rteil ung der Renten haben und welche Wohlfahrt seffekte sich daraus ergeben .
2.1 Höchst- und Mindestpreise Höchstpreise
Höchst - und Mindestpreise sind Instrumente der Umvertei lungspolitik. Die Festlegung von Höchstpreisen bede utet, dass de r Marktpreis für ein Gut eine bestimmte Höhe nic ht übe rschreiten, wo hl aber unte rschreiten darf. Höchstp reise sollen die Nachfrager besser stellen als bei freier Marktpreisbildung . Höc hstp reise we rden des hal b vor alle m für leb ensnotwendige Güter seitens des Staates angeordnet. Damit sie ihre gewünschte Wirk ung entfalten, müssen sie unter dem Gleic hgewichtsp reis liegen . Wie aus der Abb . D.6 ersichtlich, führt ein Höchstpreis (PH), der unterhalb des Gleichgewichtsp reises p* liegt , zu einem Nachfrageübe rhang (X N XA), sodass viele Nac hfrager leer ausgehen. P
p*
PH I----.f-------+------
N
x Abb. 0.6. Höchstpreise
Vorausgesetzt, der Staat belässt es allein bei der Festsetzung eines Höchstpreises, kom mt es zu einer Reihe von negativen Wirkungen . Warteschlangen
Zum einen we rden wohl nur diej en igen Nac hfrager bedient we rden, die am sch nellsten auf de m Markt sind (Windh und ve rfahren ) ode r die
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Angewandte Mikrookanomie
größte Geduld in der Warteschlage mitbringen: ein recht ineffizienter Allokationsme chanismus. Zum anderen bild et sich in der Regel ein Schwar zma rkt heraus, auf dem sich dann der illegale Preis als Marktp reis (p*) einstellt. Die eigentliehe Zielsetzun g ist verfehlt.
Schwarzmarkt
Ist der Schwarzmarkt einmal etabliert, werden die Unternehmen mehr und mehr ihrer Güter aus dem offiziellen Markt nehmen und für den Schwar zmarkt bereithalt en, da dort höhere Preise zu erzie len sind. Gleich zeitig werden Nac hfrage r auf dem offiziellen Markt auft reten, die nur daran interessie rt sind, das erworbene Gut au f dem Schwa rzmarkt gewi nnbringe nd wieder zu verkaufen. Das Ange botsde fizit auf dem offiziellen Markt verschärft sich. Um diese negativen Auswirkungen zu verhindern, bedarf es daher weite rer staa t licher Maßnahme n, die letztlich dafür sorg en, dass der Höchstprei s gleichzeitig auch der Gleichgewichtspreis ist. Diese Maßnahmen müssen also dafür sorgen, dass entweder das Ang ebot ausgeweitet (Rechtsverschiebung der Angebotskurve: A') oder die Nachfrage reduziert (Linksverschiebung der Nachfragek urve: N') wird oder beides gleichzeitig. Als Maßnahmen zur Angebotsa usweitung kommen z.B. Subventionen und Produktionsautl agen für private Anbieter, Zollsenkungen für Importe oder die Etablie rung staatlicher Unternehmen in Betracht. Eine Reduzierung der Nachfrage bewirkt möglicherwei se eine Erhöhung der Einkommensteuer bei einkomme nselastischen Gütern , die Subvention von Substitutionsg ütern oder Maßhalteappelle . Auch eine Rationierung durch die Ausga be von Bezugsscheinen ist denkb ar. Allerdings ist deren Ausga be höc hst korruptionsanfälli g und bei einer inadäquaten Zuteilung dieser Scheine bildet sich sehr wahrscheinlich wiederum ein Schwarzmarkt heraus. Mit der Einfü hrung von Mindes tpreisen solle n die Anbie ter besser gestellt werden. Die Festlegung von Mindestpreisen bedeutet, dass der Marktpreis für ein Gut eine bestimmte Höhe nicht unterschreiten, wohl aber überschreiten darf. Eingese tzt wird er haupt sächl ich dort, wo den Anbietern ein bestimmt es Einkom men gesichert werden soll (z.B. in der Landwirt schaft). Der Mindestprei s muss dafür über dem Gleichgewichtspreis liegen . Der Mindestpreis (PM) führt immer zu einem Ang ebotsüberschuss (XA - XN) bzw. Nac hfrag edefizit, da viele Anbieter aufgrund der über dem Gleichgewicht spreis liegenden Preise angeregt werden, mehr zu produzieren (siehe Abb. 0. 7).
Mindestpreise
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x Abb. D.7. Mindestpreisregelung
Auch be i Mindestpreisregelungen sind zusätzlic he staatliche Maßnahmen erforde rlich, um unerw ünschte Ne benw irkunge n, wie die Herausbildung von Schwarzm ärkt en, zu verhinde rn. Z um Abbau des Nachfrage de fiz its beim Mindestpre is könn en zur Erhöhung der Nachfrage z.B. die Produkte durch d ie Vergabe von soge nannt en vouche r (Gutscheinen) »subve ntioniert« werd en oder der Staat tritt selbst als Käufer auf und lagert die Güter anschli eßend ein. Letzteres ist auch al s eine Maßnahme der Angebotsreduktion zu verst ehen . Hierdurch entstehen allerdings Güterb erg e oder Seen (z.B. Butterberge und Mil chseen) , die weg en der Lagerung weitere Kost en verursache n. In letzter Kon sequenz we rden die staat lich aufgekauften Angebots übe rschüsse vern ichtet, im Au sland verk auft oder unte r dem Deckmantel der Entwicklungshilfe ver schenkt werden mü sse n. Des We ite ren kann die Überproduktion du rch Prämien (z .B. Stillleg ungs- ode r Abschlachtprämien) und die Festschreibung von Produktion skontingenten gedrosselt we rden . Au f den Faktormä rkte n spielt vor all em au f dem Arbeitsmarkt der Mind estlohn eine prom inent e Roll e. Nahez u alle europäischen Lände r machen davon Gebrauch um ei nhei mi sc he Arbeitskräft e vor dem »Lohndurnping« au sländisch er Arbeitnehmer z u schützen od er um siche rzuste lle n, da ss mit dem Arb eit sent gelt bei normal er Arb eits zeit auch das Existenzminim um ges ichert ist.
Angewandte Mikrookanomie
Mindestlohn Ein Mindestlohn ist ein durch den Staat oder durch Tarifp artner verbindlich fe stgelegter Mindeststundenlohn. Mit einem Mindestlohn sollen zum einen die inl ändi schen Arbeitnehmer vor aus ländischer Bill iglohnkonkurrenz ge schützt werden (z .B. durch das Arbeitnehmerentsendege setz im Baugewerbe) , zum anderen soll die ser verhindern , dass Arbe itnehmer Löhne unterh alb der Armutsgrenze erhalten , die nicht zur Sicherung de s Ex istenzm inimums ausr eichen (sog. »working poor«). Unter den Vorau ssetzungen eines vollkommenen Arb eitsmarktes und vorau sgesetzt, der Einkommense ffekt überw iegt immer den Sub stitution seffekt , d.h. die Hau shalte regi eren auf ei nen steig end en Lohnsatz mit einem erhöhten Arb eitsangebot und nicht mit mehr Fre izeit, führt die Einführung eines Mind estlohns in eine m klassischen Ar beitsmarktmodell zu Arbe itslos igkeit.
In Abb. D.8 entspricht die s dem Umfang nach der Strecke ~ - AN, wob ei 10 j en em Lohnsatz e ntspräche, be i dem Vollbeschäftigun g herrscht und IMdem staatlich festgelegten Mindestlohn.
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N Arbeitsmenge Abb. 0.8. Mindestlohn
Ob es in der Realit ät zu erhöhter Arbeitslosigkeit kommt, hängt jedoch nicht nur davo n ab, ob tatsächl ich ein wettbewerbliehen Arbeit smarkt vorl iegt (w as beispiel swei se bei unte rschiedlicher Verhandlun gsrnacht von Arb eitslosen und pot en ziell en Arb eitgeb ern ehe r nicht anzun ehm en ist) und ob nicht auch and ere Reaktionsmu ster der betroffenen Haushalt e denkbar sind.
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Des Weit eren best imm en auch die Höhe und die Ausge staltung des Mindestlohn es das ges amtwirtschaft liche Umfe ld, das Sozialsystem und die sonstige n Arb eitsmarktreguli erungen die Auswir kungen eines Mindestlohns. Je nach den spezifischen Gegebenheiten kann soga r mit der Einführung eine s Minde stlohnes eine Verbesserun g der Arbeitsmar ktsituation eintreten . Kaum hilfreich ist daher ein Blick auf die Erfahrungen im Ausland - die keinen eindeutigen Zusammenh ang zw ischen Mindestlöhnen und Besch äfti gungsni veau aufzeigen - sowie jegliche, ohnedies meist nur ideo logisch motiv ierten Verallgemeineru nge n zu dessen Auswirkungen auf die Beschäftigung. Sinn voller ist eine differenziertere Auseinand ersetzung vor allem vor dem Hintergrund, dass »Arbei tnehmer kei ne Art ischoc ken sind« und der Arb eitsmarkt nicht wie ein Gütermarkt betrachtet werde n kann . Beispielsweise ist es nicht ungewöhnli ch, das s bei sinkend em Lohnsatz das Arb eitsangebot zunimmt, wei l das Existenzmi nimum des Haushalt s ja irgendw ie gesichert werden muss. Weite re Wirkungen einer staa tlichen Prei sfix ieru ng sind Wohl fahrt sverluste und Umv erteilung . Die Wohlfahrt sverluste und Verteilungswirkungen lassen sich wiederum mit dem Rentenko nzept darstellen .
Verteilungseffekte
In der Abb . D.9 stellt PMwieder den Mindestpreis dar. Die zu die sem Preis umgesetzte Menge ist ~t, da die Nachfrager nic ht meh r als diese Menge kaufen . Die Konsume ntenrente sinkt durch diese Mindestpreisfestsetzun g von der Fläche des Dreieck s p*BE auf die Fläche PMBC. Der Verlust an Konsumentenrente entspri cht de mnach de r Fläche
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Abb. 0.9. Wohlfahrt s- und Verteilungswirkungen eines Mindestpreises
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Ein Teil der Konsum entenrente (die hell schattie rte Fläche) geht an die Produzenten. Dies ist der Umve rteilungseffekt. Die Produzente nrente. die vor Einfü hrung des Mindestpreises der Fläche AEp* entsprac h, gleicht nunme hr der Fläche rMCGA. Der gesam te Wohlfah rtsve rlust der Mindestpreisfestsetzung wird durch die Fläche GEC (= der dunk el schattierten Fläche) wiedergegeben.
Wohlfahrtsverluste
In entsprechender Weise kommt es bei Festsetzung eines Höchstpreises ebenfalls zu einem Wohlfahrtsverlust. Die Umv erteilung findet hier nur von den Produzente n auf die Konsumenten statt. Ein wesentlicher Na chteil jeder Preisfixierung ist also der damit verbundene Woh lfahrtsverlust. Die Umverteilungswi rkungen sind letztlich gewollt.
2.2 Besteuerung von Gütern: Verbrauchsteuern Steuern erfüllen sowohl fiskalische als auch nicht-fiskalische Zwecke . Bei der fiskalischen Funktion der Steuern geht es ausschließlich um die Einnahmeerzielung zwecks Finanzierung der staatlichen Aufgaben. Bei der nicht-fiskalischen Funktion versuc ht der Staat in erster Linie mit Steuern zu steuern. Beispie lswe ise beabsi chtigt er mit Hilfe einer spezie llen Yerbrauchste uer, wie der Tabaks tcuer, das Rauchverhalten der Wirtschaftssubjekte zu lenken, weshalb man in diesem Fall auch von soge nannten Lenkungssteuern spricht. Gerad e dieses Beispiel zeigt aber, dass die beiden Funktionen der Besteuerung in der Realität kaum auseinander zu halten sind.
Lenkungssteuern
Unabhäng ig von den Motiven der Besteuerun g sind Kenntnisse über die Reakt ionen der Wirtschaftss ubjekte auf die Steuern (Anr eizwir kungen), die damit verbundenen Wirkungen auf die tatsächliche Steuerlastverteilung (lnzidenzwi rkung) sowie die Wohlfahrt (Wohlfahrtseffekte) für steuerpolitische Maßnahmen von grundsätzlicher Bedeutu ng. Abb. D. l 0 gibt eine n schematische n Überblick über möglich e Reakt ionen auf die Einführung einer neuen Steuer oder eine Ste uererhöhung. Bei der sachlic hen Steuerausweichung werden besteuerte Tatbestä nde dur ch nichtbesteuerte (z.B. Bier durch Wein; Freizeit durch Arbeit) oder hoch- durch niedrigbesteuerte (Benzin durch Diese l) substituie rt. Eine zeitliche Ausweichung liegt z.B. vor, wenn bei Ankündigung oder Erhöhung einer Yerb rauchsteuer Yorratskäufe getätigt wer den. Zur räumlichen Steuerausweich ung kommt es, wenn regional differenzierte Ste uersätze ge lten und die Sta ndortwah l danach ausgerichte t wird (Steueroasen).
Steuerausweichung
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Angew andte Mikro okonomie
Steuerankünd igung ode r Steuerrechtsänderung
Reaktion der Wirtschaftssubjekte
Abb. 0.10. Mögliche Reaktionen auf die Besteuerung
Vom Gesetzgeber kann die Steuerausweic hung beabsichtigt sein, wenn mit der Besteuerung lenkun gspolitische Ziel e, wie z.B. der Kauf von schadstoffarmen Autos , verfolgt werden. Unter fiskalpolitische n Aspekten ist die Steuera usweic hung dagegen stets negativ zu beurteilen. Von der legalen Steuera usweichung ist die illega le Steuerhinterziehung zu unterscheiden. Steuerüberwälzung
Bei der Ste uerüberwälzung versuchen die Beste uerten (die Steuerzahler) die Zahllast auf andere (die Steue rträger ) zu überwälzen, wobei es regelmäßig zu Preis- und Mengeneffekten komm t. Eine Vorwä lzung liegt vor, wenn z.B. die Prod uzenten als Steuerschuldner von den Abnehmern ihrer Produkte höhere Preise verlangen ; dagegen tritt eine Rückwälzung ein, wenn sie den Liefe ranten der Vorleistun gen oder den Faktorbesitzern für ihre Lei stun gen niedrig ere Preise gewähren. Eine sch räg e Überwä lzung ist gege ben, wenn im Rahmen einer Misc hkalku lation ein nicht besteuertes Gut im Preis angeh oben wird, weil bei dem besteue rte n Gut nur eine te ilwei se Überwälzung gelingt.
Steuereinholung
Eine sog . aktive Steuerei nholu ng ist z.B. bei höheren Lohnste uern durch erhöhten Arbeitseinsatz möglich. Unternehmen könnten versuchen dur ch vermehrten Kapital ein satz oder durch techn ischen Fortschritt ste uerinduzierte Gewinneinbußen auszugleichen. Reagieren die Haushalte auf die Einkommensminderung mit eingesc hränktem Konsum oder Spare n und die Unternehmen mit geringe ren Investition en spricht man von passiver Steuerein holung durch negative Anreizwirkungen. Oft werden dabei legale Tätigkeit en aufgeg eben und in die sog. Schattenwirtschaft ausgewichen.
Angewandte Mikrookanomie
Zentrales Interesse innerhalb der Steuerwirkungslehre genießen Fragen der Steuerüberwäl zung. In Abb . D.II sind verschiedene Wirkungen dargest ellt, die sich mit der Einführung oder Erhöhung einer speziellen Verbrauchsteuer (z.B. der Tabaksteuer) als Mengensteuer auf einem Markt mit vollkommener Konkurrenz ergeben. Mengensteuern liegen vor, wenn je Einheit der Steuerbemessungsgrundlage (z.B. eine Zigarettenschachtel) ein bestimmter, fester Steuerbetrag t (z.B. 1,- €) erhoben wird.
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A
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x Abb. 0.11. Mengensteuer bei vollständiger Konkurrenz
Ausgangspunkt der Anal yse ist das Marktgleichgewicht vor Steuer, dargestellt durch den Punkt E. Angenommen, der Staat legt nunmehr den Produzenten eine Tabaksteuer in Höhe von t pro Schachtel Zigaretten auf Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie mit Steue r den Preis P2 (= po + t) erlösen müssen , um nach Steuer wieder den Preis Po zu erhalten . Sie werden also nunmehr dieselben Mengen wie vorher nur bei einem jeweils um t höheren Preis anbieten. Sie versuchen , die Steue r auf den Preis zu überw älzen bzw. auf die Konsumenten abzuw älzen . Grafisch bedeutet dies eine Verschiebung der Angebotsku rve nach oben links (von A auf A'). Die Nachfragekurve bleibt hingegen unverändert . Bieten die Unternehmen weite r die Menge Xo, nunmehr aber zum Preis
P2, an, ergibt sich auf dem Markt ein Angebot süber schuss (B-F), der so lange zu einer Preissenkung führt , bis das neue Gle ichgewicht EI erreicht ist. Die Einführung der Steue r führt in die sem Beispiel also zu
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einer Redu ktion der Ausbri ngungsmenge vo n xo au f XI und zu ei ne r Erhöhung des Marktpreises von Po au f PI. Das ges amte Steuerau fkommen T ergi bt sich aus T = t : XI und entspr icht der Fläche P3A E IP I (= hell schattierte Fläc he). Verteilung der Steuerlast
Die Steuerlast teilen sich Kon sumente n und Produzente n, da es dem Produzenten nicht gelungen ist, die ihm auferlegte Steuer vollstän dig auf de n Prei s und dam it auf die Kon sumenten zu überwälze n. Konkret geht das Steuera ufkom men in diesem Fall in Höhe von XI(Pl-ro), der Fläche C E IP IPO, zu Lasten der Kon su me ntenrente und in Höhe von XI(Po-P3), de r Fläche AC pOP3, zu Laste n de r Produzentenrente. Die Produzenten erz iele n zw ar den Bruttopreis PI. mü ssen davon aber die Steuer in Höhe von t an den Staa t abfü hren, so dass sie nur einen N ettoprei s in Höhe vo n P3 (= p j-t) erlösen. De r höhere Preis veranlasste offensich tlich ei nige Kon sum en ten dazu, der Belastung au szuw eic hen. Diese Ste uerauswe ich ung führt übrige ns auch da zu, da ss der Sta at nich t, wie viell eicht erhofft, ein Steueraufkommen in Höhe von poEBp z, sondern nur in Höhe von P3AEIP I erzielt (= hell schattierte Fläche). Dur ch die Me nge nreduktion von Xo auf XI geht ihm der An tei l t(XO-XI), was de r Fläc he CE BD ents pric ht, verloren . De r Steuerant eil, den d ie Kon sumenten tragen, hängt letztlich von der Gestalt der Angebots - und Na chfrage kurve n ab. Dies lässt sich leich t erkennen, we nn man d ie Kurve n im ursprünglichen Gl eichgewicht spunkt (E) fix iert und steiler bzw. flache r we rden lässt. Im allg em ein en gi lt: Je steiler (unelastischer) die Nachfragekurve oder je flacher (el astischer) die An gebotskurve. umso mehr sin d die Konsumenten Träge r de r Steuerlast; je flacher (el astischer) die Nachfrag ekurve oder j e stei ler (u nel asti sche r) die Angebotskurv e, de sto mehr sind es die Produzente n.
Die Te ilabbildunge n (a) und (b) in der Abb. D.12 untersch eid en sic h in der relativen Elas tizi tät von An gebo t und N achfrage und ma ch en nochmal s d ie unterschi edliche Lastve rte ilung bei gleiche r Steuer sat zände rung deutli ch. Die hell schattie rte n Fläche n ge ben den An teil des Steueraufk ommens an, mit dem d ie Kon sum enten bela stet sind und die dunk el schattie rte n Fläc he n die Belastun g der Produzen ten. Die Summe der schatt ierten Flächen g ibt jewei ls da s tat säc hliche Steueraufkomm en wie der.
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unelastisches Angebot
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elastisches Angebot
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elastische Nachfrage
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Abb. 0.12. Mengensteuer, Elastizität und Laste nve rte ilung Im Ext re mfall vollkommen pre isuneIast ischer N achfrage wird bei spie lsweise die Steuer voll von den Nach fragem getragen. Unter Berücksichtigung beider Marktseiten gilt allge mein , dass der von einer Marktseite zu trage nde Steuerantei l umso größer ist, je unelastischer diese Marktseite und je elastischer die andere reagiert. Die Steu er last trifft also jene Se ite des Marktes stärk er, deren Elastizität geringer ist. Au s de r Abb. 0 .11 lässt sich fern er ablesen, dass das erz ielte Ste ueraufkommen (P3AE,p,) offen sic htlich nic ht ausreicht, den Verl ust de r Konsumenten (p oEE,PI) und Produzentenrente (PlAEPo) auszugleichen . Währen d jener Te il der Gesarntrente, der als Steu ereinnahmen an den Staat übergeht, als Verteilu ngseffekt interpretiert werden kann , ent -
Verteilungseffekt
spr icht die Fläche de s Dreiecks AEE, (= dunke l sch attierte Fläc he) einde utig einer Zusatzlast. welche die Marktteilnehmer in Form eines Woh lfa hrt sve rlustes, neben de r Zahll ast , zu trage n haben. Betroffen
Wohlfahrtsverlust
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sind hierb e i die Kon sum ent en mit eine m Ant eil von CEEI, wä hrend au f die Anbieter AEC entfallt. Der in dem sog. Marsh all' schen Dre ieck zum Ausdr uck ko mmende Wohlfahrt sverlu st lässt sich auch so interp ret ieren, dass in dem Bereich zw ischen XI und Xo zw ar eine Produktion noch sinnvo ll wäre - die Gr enzkosten de r Produktion liege n jeweil s unte rhalb der Gren znutzen bzw . der Zahlungsbe reitschaft der Nachfrag er - aber sie kommt infolge der Besteuerung nicht zustande . Wie die Vert eilun g der Steuerlast hängt auch die Höhe und Vert eilung der Z usatz las t von den je we iligen Angebots- und N achfragee lastiz itäten ab. In Abb . D.13 ist die Nachfrage kurve für den Fall untersch iedliche r Pre isela sti zitäten dar gest ell t. Bei Gült igk e it der Nachfr age kurve No reagie rt die Nachfrage weniger au f Preisänd erungen . d.h. sie ist weni ger elastisch als im Falle der Nachfrage kurve N I. Der Einfachhe it halb er ist in der Abbildung eine vollkomme n elastische An gebotskur ve unterstellt. p
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Abb. 0.13. Wohlfahrts verlust und Elastizität
Wie bereits bek annt, führt die Einfü hrung eine r Steuer zu einer Verschiebung der Angebotskurv e Ao nach oben auf A'. Vo rau sge setzt die N achfragekurve N I ist vo n Rel evan z, redu ziert sich durch die Besteuerung d ie Konsume ntenre nte um ECpIPo. Da das Steueraufkommen nur der Fläche DCpIP o entspricht, entsteht eine Z usatz last in Höhe von DEC von der - wegen der vollkomme n elastis che n A nge botskurve allein die Kon sum ent en betro ffen sind.
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Bei Gültigkeit der Nachfragekurve No beträgt der Verlust an Konsumente nrente EBp IPO, das Ste ueraufko mmen p.Fßp, und die Zusatzlast entspricht der Fläche FEB. Mit steiler werdender Nachfragekurve wird das Marsc hall'sche Dreieck immer kleiner. Politiker, deren Ziel die Wohlfahrts maximierung ist, sollten ange sichts dieses Ergebn isses u.a. jene Güter stärker besteuern, deren Preiselastizität der Nachfrage relativ gering ist und bei denen infolgedessen nur geringe Substitutionseffe kte ausge löst wer den . Da jedoch in diesem Fall je ne Güte r stärker mit Steuern belastet sind, die den Grundbedarf eines Haushalts abdecken und dam it einkommenssc hwache Wirt schaftssubjekte überpro port iona l treffen , ergibt sich offensichtlic h ein Zielkontlikt zwischen Verteilu ng und Effizienz. Wen n gerade preisunelastisc he Güter einer redu zie rten Beste uerung unterliegen, bedeutet dies, dass sich die Gese llschaft aus verteilungspolitischen Erwägungen entschlossen hat, rein allokati v effiziente Lösungen zu verwerfen. Hinzu kommt, dass mit Ste uern ja bewusst Anreize zu einem veränderten Verhalten geschaffen werden sollen (sog . Lenkungssteuern) und die Subst itut ion unter diesen Umständen geradez u beabsichtigt und notwe ndig ist, um die gewünsc hten Ergebn isse zu erzielen (z.B. bei der Steue r auf Alkopops) .
2.3 Besteuerung von Einkommen: Einkommensteuer Eines der Schlüsselelemente angebotso rientie rter Wirtschaftspolitik (siehe Kap. Makroökono mie - Theoretische Grun dlagen) ist die Senkung des Gren zste uersat zes für das Einkommen. Welc hen Einfluss steuerliche Maßnahmen auf das Ausmaß des Arbeitsangebots bei gegebe ner Erwerbspersonenzahl haben, ist jedoch umstritten, da unklar ist, ob letztlic h der Substitutions- oder Einko mme nseffekt einer Einkomme nsteuerä nderung dominiert. Beim Substit utionseffekt bewir kt eine Senkung des Grenzsteuersatze s eine Subst itution von Freizeit durch Arbeit, we il die Oppo rtunitätsko sten der Freizeit in Form von entgangenem Nettoeinkom men gest iegen sind . Im Gegensatz dazu kommt es beim Einkommenseffekt zu einem Rückgang des Arbeitsangebots, we il die Haushalte nun für den gleichen Lebensstandard weniger arbeiten müssen. In der nachfolgenden Abb. D.14 wird davon ausgegangen, dass durchgehend der Substitutionseffekt überwiegt. Es gibt keinen rückwärtsgeneigten Teilbereich der Arbeitsangebotskurve (AA). Die EP-Linie gibt den Umfa ng der Personen an, die bei alte rnativen Reallohnsätzen Teil der Erwerbspersonen (EP) sein möchten.
Wohlfahrtsmaximierung
Lenkungssteuern
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Die horizon ta le Di fferen z zwischen AA und EP besteh t aus dem Tei l der Erwerbspersonen, der sich freiwillig nicht in ei nem Arbeitsverhältnis befi ndet. Diese Arbeitslosen ste hen entweder kurz vor einem neuen Arbe itsverhältnis, od er sie ha be n noch keinen Arbeitsplatz zu dem Loh n gefunden, zu de m sie be reit sind ihre A rbeit auch anzubieten. Letzteres hä ngt u.a. auch von de r Höhe der Lohnersatzleistunge n (z.B . Arbeitslose nge ld) ab . Da an zunehmen ist, da ss mit steigendem Rea llohn die freiwi llige Arbeitslosigkeit zurückgeht - d.h. in diesem Fall mehr po ten ziell e A rbeitsanbieter zu tatsächlic hen A nbiete rn werden, lau fen die Kurven nach oben tende nzie ll zusammen.
A
A'
Arbeitsmenge
Abb. 0.14. Einkommensbesteue rung Unte r der we iteren Anna hme , dass der Grenzste ue rsatz der vertika len Strecke BC entspricht, liegt die Besch äftigu ng bei A. Bei die sem Beschäftigungsstand wi rd eben diese Anzah l an Ar beitskräften zum Bruttoreall ohn (I/p) von de n Unternehmen eingestellt. Ebe nfa lls akzepti ert die g leiche Anzahl an Ar beitskräften ein Arbei tsp latzangebot zum Nettolohn (I/PI ). Die hori zontale Strecke CD gibt die Zahl der Erwerbspersonen an , die nicht be reit sind, zum aktue llen Nettoreallohn Arbeit anzubieten. Angenommen, die Einkommensteuer wird nu n ko mp lett abgesch afft , so dass Bru tt o- und Netto lohn im A rbe itsmarktgleichgewic ht E zusam me nfalle n. Der Effekt wäre, dass zum ei nen die Beschäftigung steigen würde (vo n A auf A ' ) und zum andere n, dass d ie Anzahl jener Haus ha lte, die tatsächlich Ar beit anbie ten wollen, ebenfalls zunähme. Die freiwillige Arbeitslosigkeit würde zurückgehen (vo n CD auf EF),
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we il der real e Nettolohn relat iv zu den Lohnersatz leistunge n ges tiege n ist. Vo rausge setzt, der Substitutionseffekt übe rwie gt , geht eine Sen kung de s Grenzsteuersatzes als o mit einer Steigerung der Beschäft igte nzahl einher .
2.4 Besteuerung handelbarer Güter: Zölle Eines der wichtigs ten Instrum ente der Handelspolitik ist der Zoll, ei ne Steuer für grenzü be rschreitend gehande lte Güter. Durch Zö lle kann ein Land Umfang und Stru ktur sei nes A uße nhande ls beein flussen. Des Weiteren dienen Importzölle vor allem dazu, ju nge heim ische Industriezweige vor au sländi scher Konkurren z zu schü tzen . Für Entwicklungsl änder spielen Zö lle zum Zweck der staatlichen Einnahmenerzielung noch eine bedeutende Roll e. In Abb. D.15 we rden die Wirku nge n einer Zollerhöhung darge stellt. Bei ei ner Zollse nkung, eine wese ntliche Ursache für die zunehmende Globalisierung der Weltwirtschaft, ergeben sic h d ie gleichen Wirkunge n nur mit »urngekehrten Vorzeichen«. Die dargestellt en Kur ven zeigen die Marktn achfrage- und Markt angebotsku rve des betrachteten Lande s für ein bestimmtes Gut und die entsprech ende Weltangeb ot skurve für dieses Gut (Aw) . Unter der An na hme, dass es sich bei die sem Land um ein kleines Land handelt, ist letzte re vo llkomm en pre isela stisch . Das bedeutet, dass j edwe de Ver änderungen des inländischen Angebots oder der Nachfrage keinerlei Einflu ss auf den Weltm arktpr eis habe n. Zum Beispiel wird eine Erhöhun g der inländis ch en Nachfrag e durch eine ent spre chende Ang ebotserhöhung bedient, ohne dass es dazu einer Preiserh öhu ng bedarf. Bei Freihande l ist der Inland spreis gleich dem Weltmarktpreis (Pw), da d ie Konsum enten natürlich nur bereit sind, den niedr ige ren Weltmarktpreis zu bezahlen . Die hei misc he Indu strie stellt bei diesem Preis d ie Menge Xp bereit. Nachgefragt werden be i dem Weltmarktpreis xK-Ei nhe iten. Die Differenz von den im Inland produ zierten und nachgefragten Menge n wird aus dem Au sland import iert (XK- x»). Entsch ließt sic h nun da s Land einen Importzoll in Höhe von z auf Menge nbas is zu erheben, z.B. 1,- € pro T-Shirt, erhöht sich unmitte lbar beim Gr enzüb ergan g der Prei s für di eses Gut um die Höhe des Zollsatzes . Gra fisch bed eut et d ies ei ne Verschi eb ung der Weltangebotskur ve in Höhe von z nach oben .
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PW+z Zolle innahm en
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Abb. 0.15. Wirkungen einer Zolleinführung
Wirkungen einer Zollerhöhung
Insgesam t ergeben sich darau s bei den vorgege ben Verläufen der Angeb ots- und Nac hfragekurven folgende Wirkunge n: Kon sumw irkung : Die nac hgefrag te Menge reduziert sich info lge des höhe ren Preises verursacht durch die Zoll anhebun g von XK auf XL
Produ ktion swirkung : Umgekehrt ermöglicht die Zo lleinfüh rung nunme hr, die heimi sche Produktion des geschützte n Gutes von Xp auf x- auszuweiten. Handel swirkung : Der Hand el dieses Land es wird eingeschränkt. Die importierte Men ge reduziert sich von XpXK auf x-xr . Eink om me nseffekt: De r Staat erzie lt a us den Impo rtgeschäften nunmehr Zolleinnahme n in Höhe von XFXL • z; was der Fläche EFß D entspricht. Umverteilungswirkung : Es findet eine Umverteilung zugun sten der he imis ch en Produzenten und zu Lasten der inländischen Konsumenten statt. Die Kon sum entenrente sinkt um PwAßpw+z und die Produzentenrente steigt um PwCDP w+z. Wohlfahrtswirkung: Für die Gesamtheit entsteht info lge der Zolleinführung ein Woh lfahrtsverlust. Die staa tlichen Einnahmen sind um die Flächen CE D und FAß geringer a ls der Verlust an Konsumenten- und Produzentenrente.
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Insbesond ere die negati ven Wohlfahrtseffek te. die mit den I-Iandelsbeschränkunge n verbunden sind, haben in den letzten Jahrzehnte n weltweit die Forderung nach mehr I-landelsliberalisi erung begr ündet. Wenn es dennoch Staaten schwer fällt, den Zollabbau voranzutrei ben oder einze lne Lände r sogar imme r wiede r mal Zollerhe bunge n androhen und du rch führ en , stecken dah inter meist inländisc he Yerteilungskämpfe und erfolgreiche Lobbyaktivitäten.
2.5 Externe Effekte Im Kapitel » Der Staat in der Wirtschaft« wurd e bereit s erwähnt, dass externe Effekte Auswir kungen eine r Aktivität eines Wirtschaftssubj ekts auf Dritte sind, ohne dass diese über den Preismechanismus gesteuert werde n, d.h. in das Bewu sstsein des Handelnden eingehe n. Je nachdem, ob es sich um negative oder positive Effekte handelt, entsteht auf diese Weise eine Diskrepanz zwische n privaten und sozialen Kosten bzw. Nutzen. Der Yerursacher negativer exte rner Effekte trägt nicht die gesamten Kosten, die der Gesellscha ft durch seine wirtschaftl iche Aktivität entstehen, während der Yerursacher positiver exte rner Effekte nicht den vollen Gegenwert seiner Leistung erhält. Das Ergebnis ist ohne staatliche Eingriffe eine ineffiz iente Ressourcenallokation. Nega tive externe Effekte in der Produkt ion oder im Konsum bewirken übe r die Marktm echani smen eine größere Gütermenge als die gese llsc haft lich wünsc he nswe rte. Positive externe Effe kte bringen die Märkte dazu, eine geringere als die gesellschaft lich wünschenswe rte Menge zu prod uzieren. Aufgab e des Staates ist es, durch Eingri ffe dieses ineffizien te Marktergebn is zu korr igieren. Im Gegensatz zu Ge- und Verbote n, wird bei fiskalischen Maßnahmen eine Verh altensänderung der Akteure nicht erzwun gen, sondern über die Korrektur der entsche idungsrele vanten Kosten und Nutzen in die gewünschte Richtung gelenkt. Ziel hierbei ist es, die externen Effekte den Yerur sachern als Kosten oder N utzen spürbar zu machen, so dass exte rne zu internen Kosten bzw. Nutzen werd en und die Yerursacher mit den Produktionsfaktoren im eigene n Interesse effizienter umgehen . Dies gelingt mit der Besteuerung negativer extern er Effekte und der Subvention ierung positiver Externalitäten. In der nachfol genden Abb. 0 .16 wird der Fall negativer externer Effekte behandelt und als mög liche Maßnahme die sog . Pigou- Steuer vorgestellt.
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Wie üblich, gibt die Nachfragekurve N d ie Nachfrage nach dem Gut X an. Die Ange botskurve A bestimm t da s Ange bot und basiert au f den pr ivaten Grenzkosten (GK p) der Produktion von Gut X . Ohne Berücksichtig ung möglicher negat iver externer Effek te wü rde man in der Fläche AEC das Maß der maximal en Gesam trente bzw. Wohl fahrt sehen, we lche die Gesell schaft insgesam t au s dem Kon sum d ieses Gut es in Höhe von x* zieht.
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Abb. 0.16. Die Pigousche Steuerlösung bei negati ven externen Effekten
Angenommen, die Produktion des Gutes X bringt aber externe Kosten mit sic h (z. B. Umwe ltve rschm utz ung) und der Verlauf der ex te rnen Grenzk os ten ents präche bei alt ernativen Au sbr ingun gsm en gen der Kurve Gk ext. Würd en d ie An biete r sä mtliche von ihne n ve rursac hte Kos ten berü cksichti gen (GK p + G Kext), so ergä be sic h e in Marktg le ichgewicht im Sch nitt punkt der Kur ve der gesellsc ha ftl ichen Grenzkosten (G Kges = GKp + GK ext a ls vertika le Agg regation) mit der Nachfrag ekurv e N (P unkt F) bei der A usbringungsmenge x', welches auch das gesa mtg ese llschaftli che Opti m um unte r Berücksichtigun g aller Kosten darstellt. Ohne Intern alisieru ng führt die negativ e Externa lität also dazu, dass die von dem betreffende n Gut im Gleic hgewicht E umge setzte Men ge x* gesa mtgese llschaftlic h gesehen zu groß und der Preis des Gutes (p*) zu niedrig ausfä llt. Bei allen Aus bringungsm engen zwi schen x' und x*
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übersteige n die gesellschaftlichen Kosten die Zahlungsbereitschaft der Konsum enten (FG E). Jenseits von x' ist die Produ ktion pareto-ineffizie nt. Die Fläche FGE ist als Wohlfahrtsverlu st zu interpretieren.
Wohlfahrtsverlust
Um diese Fehlallokation, bedingt durch die Diskrepanz zwi sche n privaten und gesell sch aft liche n Kosten , zu korri gieren , wird nun eine proporti onale Steuer pro Mengene inhe it (P igou- Steue r) erhobe n, deren Steuersatz t den externen Grenzkosten bei der optima len Menge x' ent spricht.
Pigou-Steuer
Dur ch eine solche Steu er ve rschie bt sich die Angebotskurve nach GK ges und der Schnittpunkt mit der Nachfrage kurve (Punkt F) e ntspricht dem ges amtwirtschaftlichen Opt imum (x';p'). Der Produktionsrück gang von x* auf x' bed ingt eine Beseitigun g der Umweltschäden in Höhe der Fläche x'x*BK . Die externen Kosten , die bei der Produ ktion von x' weiterhin anfa llen, entsprechen der Fläche Ox'KM . Eine Redukt ion der negati ven Externalitäten au f Null ist gesamtgesellschaftl ich gesehe n bei den unte rstellten Kurvenverläufen nicht sinnvoll. Die Produktion dieses Gutes im Umfang von x' bringt der Gesellschaft - trotz der Berücksichti gu ng der noch bestehende n externen Effekte im Umfang von Ox'KM = ARFN - noch einen Wohlfahrtsgewinn im Umfa ng der Fläche N FC. Erst wenn diese Fläche völlig verschwinden wü rde , wäre eine komplette Einstellung der Produktion dieses Gutes angemessen.
2.6 Natürliches Monopol Ein Grund für Ma rktversagen besteht u.a. in der Existenz natürlicher Monopole. Ein natürliches Monopol liegt vor, wenn ein Unternehmen die gesamte Marktnachfrage am kost eng ünstigst en befried igen kann. Hat ein Unternehmen ein natürliches Monopol, so ist es aus Kostengesichtspunkten effizienter, ihm die Versorgun g des gesamten Markt es zu überlasse n, anstatt mehreren Unternehmen. Eine hinreichende Bedingung für die Existenz eines natürliche n Monopols ist eine permane nt fa llende Durchschnittsko stenku rve, sodass die Grenzkos ten imme r unterhalb der gesamten Durch schn ittskosten liege n. Durchgehend fallende Durchschn ittskosten sind dann zu erwarten, wenn zur Bed ienung auch nur kleinerer Einhei ten ein hoh er Fixkostenapparat notw endi g ist, der nicht beliebig geteilt, ein zusätzliche r Nachfrage r aber zu extrem niedrigen Grenzkosten bedient werden kann. Zum Beispiel verursacht es kaum zusätzliche Kosten, an ein bestehendes Kabelne tz eine n zusätz liche n Hau shalt anzusch ließ en. So lang e aber die Grenzkosten noch unterhalb der Durch schn ittskost en liegen,
/94
Angew andte Mikrookonomie
ziehen die niedrigen Grenzko sten bei einer Ausdehn ung der Produ ktion die Durchschnittskosten we iter nach unten. Typi sche Beispiele für natürliche Mon opole sind alle leitun gsgeb undenen Ve rsorgu ngseinrichtungen wie Strom-, Gas - und Wasserver sorgung sowie Eisenbahnen und Ölraffinerien. Abb . D.17 ze igt die Situat ion e ines natürl ichen Monopols. Die Grenzkosten (G K) sind aus Vereinfachun gsgr ünden als kons tant unter stellt. Die dur ch schn ittlichen Gesamtkosten (k g ) näh ern sich asymp totisch den Grenzko sten an, wei l sich die Fixko sten auf eine imme r grö ßere Produktionsmenge verteilen. Max imiert de r Mo nop oli st se inen Gewi nn gem äß de r Bedingung Grenzerlös g leich Grenzkosten (GE = GK), so verkauft er die Menge XM zu einem Prei s von PM. Die ses Marktergeb nis ist j edoch suboptimal, weil recht s vom Cournotsehen-Punkt C die Zahlungsbere itschaft der Kon sumenten sowo hl die Grenzkosten als auch die durch schnittlichen Gesam tkos ten übersteigt. Die Produktionsmen ge ist pareto- ineffizie nt. Um den damit verbundenen Wohlfahrtsverlu st (AD C) gegenüber der wettbewe rbli ehen Lösung (PK;XK) zu ve rri ngern, stehen de m Staat mehre re Optionen zur Verfügun g, die sich durc h mehr oder we niger intensive Staatse ingriffe unte rscheide n. Verstaatlichung
Regulierung
Erstens kön nte der Staat bei derartigem Marktve rsagen mit der Übe rtragun g der Versorgun gsaufgab en auf öffentliche Unternehmen reagieren. Das war lange Ze it die »k lassis che« Lösung . Eine andere Lösun g bestünde in der Regulierung pri vater Unternehmen. Eine Regulierung sbehörde sorg te dafür , dass die ent sprechenden Leistu ngen in der erwünschte n Qualität und Quant ität angeboten werden und dass das reg ulierte Untern ehmen für diese Leistun g nicht den hohen Monop olp reis fordert. Wird durch Reguli erun g die pareto- effiziente, wettbewerbliehe Lös ung PK,XKangestrebt (GK = P = kg ) , wü rde man dem privaten Unternehmen j edoc h Verluste aufd iktieren. Sta tt den Preis in Höhe der Grenzk osten dur chzuhalt en, w ürde der Unterne hme r aus dem Markt aussche iden . Um das zu verhi ndern, müsste mit der Au flage zur Produktion von XK zum Preis von PK eine Subvention in Höhe von PKDEF einher geh en. Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass die Fina nzierung die ser Subvention durch Steuern in der Regel seinerseits Wohl fahrtsverlu ste nach sich zieht.
Angewandte Mikrookanomie
/95
p
PR
k
F
PK
g
I--------'I!---------at----- GK = k,
PAP
x Abb. 0.17. Natürliches Monopol
Eine and ere Möglichke it bestünd e darin , dem pri vat en Unte rnehme r den kostend eckend en Preis ~ zu ges tatten . Mit der Abw eichu ng vo n der Regel GK = P (fir st-b est- Lösung) müsste je doch erne ut ein Wohlfahrt sverlu st, nunm ehr aber nur in Höhe von GDß hingenommen we rden . Da dies, unter wohl fahrt stheor etischen Gesicht spunkten nicht d ie beste Lös ung ist - möglich e Wohl fahrt sverluste bei der Finanzierung der Subvent ionen im Falle der Wettbewerb slösun g aus genommen spricht man hier von e iner second-best -Lös ung. Ein Problem bei beiden A lternativen ist, dass der Monop ol ist dabe i keine Anreize zur Kosten senkung hat. Wenn ein Monopolist aufgrund der Regulierung bei jeder Kosten senkun g zur Preissenkun g verpflichtet ist, hat er nic hts von Rationali sierungserfol gen . In der Prax is we rden d ie Reg ulierungsbe hö rde n im Ei nze lfa ll daher eine gewiss e Gewinnspanne einr äume n müssen.
second-best-Lösung
/96
Angewandte Mikrookonomie
3. Wiederholungsfragen o 1. Warum ge hö rt die Siche rung des
Wettbew erbs zu den ze ntralen staa tlich en A ufgabe n? Lösun g S. 164 f.
o
2.
Welche Formen der Wettbewerbsbe sch ränku ng gibt es und worin unterscheiden sie sich? Lösung S. 167
o
3.
Übe r we lche Instrument e ve rfüg t da s deutsche und euro päische Wettbew erb srecht und worin unt er sch eiden sie sich? Lösun g S. 169
o
4.
Was ve rste ht man unter eine r marktbeherrschenden Ste llung ? Lösun g S. 172
o
5.
Unte r welch en Voraussetzun gen kann ei ne M inister erlaubnis erte ilt we rde n? Lös ung S. 171
o
6.
Durch welche Maß nahmen lassen sich mög liche negati ve Kon sequenzen einer Höch stp re isregelung ver hin dern? Lö sun g S. 177
o
7.
Wel cher Umv er tei lungs effekt ist mit einer M indestp rei sregelung verbu nden? Lösung S. 178 f.
o
8.
Was ve rsteht man unter ei ner Steuerüber wäl zun g? Lös ung S. 182
o
9.
Welche Reakti on ist letztlich auss chlaggebend für die Exi stenz von Wohlfahrtseffekten in Verb indung m it ei ner Ve rbrauch steuer? Lösung S. 181 f.
o
10.
Unte r we lche n Vorausset zun gen ge ling t ei ne volls tä ndige Steu erüberwäl zun g und we lche Wohlfahrtseffekte e rge be n sich daraus? Lös ung S. 184
o
11.
Welche M arktse ite tr ägt mehr an de r Steuer last, die Konsumenten oder die Produzenten? Lösung S. 184
o
12.
Welches Z iel w ird mit der An wendung der sog . PigouSteuer zu erre iche n versucht? Lösun g S. 191 f
o
13.
Unter welche n Vor au ssetzungen ist es zu rec htfert igen , m it Hilfe eine r Pigou-Steuer die Schä dig ung de r Um welt komplett zu unterbinden? Lösung S. 193
o
14.
Welche Handel sw irkung ist mit eine r Zoll senkung verbunden ? Lösun g S. 189
o
15.
Warum bedarf die Privatisierung von Unte rne hme n in ei ne r na t ürlichen Monopol situ at ion staatlicher Re gul ie rung ? Lösung S. 194
o
16.
Was ve rsteht man unter einer second-bes t-Lös ung? Lösun g S.195
Makroökonomie Volkswirtschaftl iches Rechnungswesen Die Vo lkswirtsc ha ftlic he Gesa mt r ec hung
199
LI
Das Bruttoinlandsprodukt
200
1.1.1
Die Entste hungsrechnu ng
202
1.1.2
Die Verteilungsrechnung
208
1. 1.3
Die Verwendungsrechnung
2 10
1.2
Im Labyrinth internationaler Wohlstandsvergleiche
212
1.2.1
Rea les und nominales Bruttoinlandsprodukt
2 12
1.2.2
Pro-Kopf-Ein kommen und Verteilung
2 13
1.2.3
BIP und Umwelt
2 15
1.3
Weitere Erfassungs- und Bewertungsprobleme
215
1.4
Refo rmansätze
2 17
2.
Die Za hlu ngs bila nz
222
2.1
Die Gl iederung de r Zah lungsbilanz
222
2.1.1
Die Leistungsbilanz
224
2. 1.2
Die Bila nz de r Vermögensübertrag unge n
225
2.1.3
Die Kapitalbilan z
225
2.1.4
Devisenb ilanz
226
2. 1.5
Saldo de r statistisch nicht aufgliede rbaren Transaktione n
227
2.2
Die Zahlu ngsbilanz der Bundesrepublik Deutschland 227
3.
Wiederholungsfragen
l.
229
198
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungsw esen
Lernziele dieses Kapitels Die Stud ierenden sollen nach der Lektüre dieses Kapitels die Bedeutung sowie den Aufba u der VOR und der Zahlungsbilanz verstehen. die verschiede nen Berechnun gsmethod en des BIP kenn en und anw enden könn en. das BIP als Wohl standsindikator kritisch einschätzen können . die Reformansät ze zur Wohlstandsm essun g erlä ute rn und beurteilen könn en. die Teil bilanzen der Zahlungsbilanz inhaltl ich abgr enzen sowie der wechselseitigen Beziehunge n nachvollziehen könn en.
Die wichtigsten Inform ati onen über die Vor gänge in einer Volkswirtschaft stellt das volkswirts chaftl iche Rechnungswe sen zur Verfügung. Kern stück ist die Volksw irtsch aft liche Gesamtrechn ung. Daneben werde n folgende Ergänzungsrechnungen durchgeführt: Vermögensrechnung
die Vermögensr echnung, in der die Höhe und Zusammensetzung des Vermögens (Sach verm ögen und Fo rde runge n) der Wirtschaft ssubjekte zu einem bestimmten Stichtag ausg ewiesen wird,
Input-Output-Rechnung
die Input-Output-Rechnung, um detaill iert die produktions- und gütermä ßigen Verfl echtungen (beisp iels weise zw ische n dem primären, sek undä ren und tert iären Bereich) in der Volkswirts cha ft und mit der übr igen Welt aufzuzeigen, was u.a. da zu dient , den Strukturwand el zu erforschen und Aussagen zur Exportabhä ngigkeit der Beschäftigung in Deutschland zu gewinnen,
Finanzierungs-rechnung
die Finanzier ungs rechnung, die aufzeigt, von wem , in welchem Umfa ng, wem und in welcher Form in einer Volk swirtschaft finanzielle Mittel bereitgestellt oder beansprucht wu rde n. Sie gibt mith in Einblick in die Finanz ierungs- und Anlagegewo hnheiten der Sektoren und in die Finanzvertlechtungen der Sektoren
Zahlungsbilanz
die Zahlu ngsbilanz , in der die zwi schen In- und Ausländern stattfindenden Transakt ionen und Änderungen in den Kreditbeziehungen festgehalten werden.
Makrookonomie - Volkswirtsc haftliches Rechnungswesen
199
1. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechung Die Volk swirtschaftli che Gesam trechnung (VGR) erfasst die in einem Land durch die Wirtscha ftstätig keit während ein er Period e neu gescha ffenen Werte (die sog . Wertschöpfung) sowie dere n Verwe ndu ng und Vertei lung. Theoretische Grundlage der VGR ist die Krei slaufanalyse (siehe Kap. »Ein führung in die Volk swirtschaftslehre«). Da in der VGR alle wirtschaftlichen Transaktionen einer abgela ufenen Per iode als realis ierte Gr ößen dar gestellt we rden, hand elt es sich bei ihr um eine Ex-Post -Be trachtung. In sie ge hen nur Stromgrößen und ke ine Bestandsgr ößen ein. Die Ergebnisse der VGR informieren über die produktiven Leistungen einer Volk swirtschaft (l nfonnationsfunktion). Sie dienen als Grund lage für langfristige Pro gnosen der wirtsch aftli chen Entwic klung sowie wirtsc hafts politische Entsc heidunge n (Pro gno sefunktion). Zude m ermög licht die VGR die wirtsc haftl iche Er folgsk ontrolle, da mit der Erfass ung aller volkswirtschaft lichen Daten ei n nachträglicher Vergleich der politi sch gese tzten Zie lwerte mit den realisierten Werten möglich ist (Kontroll funktion).
Wertschöpfung
Ex-Post-Betrachtung
Informat ionsfunkt ion
Prognosefunktion
Kont rollfunktion
Die VGR ist intern ational weitestgehend standardisiert, da u.a. das über die VGR errec hnete Brutt oinl and sprodukt (BIP) einer Volksw irtschaft häufi g den Mitgliedsbe iträgen einzelner Länd er an internationale Organisationen (z.B. dem Intern ationalen Währun gsfonds und der Europäischen Unio n) zugru nde liegt. Darüber hinaus ist das BIP Grundlage internationaler Ländervergleiche von Wo hlstand und Wirt schaftsleistun g einer Volk swirtschaft. Für die Mitgliedstaaten der EU gilt seit 1995 das Europäisches System Volkswi rtsc haft liche r Ges am trech nungen (ESVG 1995) , au f dessen Grundl age alle natio nalen Date n für EU-Zwe cke ermittelt we rden müssen, um eine bessere Ve rgleichbarkeit ges amtwirtschaft liche r Daten zu er reic he n. Das ESVG selbst wurde wie de rum au f der Grundlage des »Sys tern of Nationa l Accounts« der Verei nten Nationen entwic kelt.
Europä ische s System Volkswirts chaftlicher Gesamtrechnungen
A bb. E. I gibt einen Überblick über die Sektorgliederung des ESVG. Wie in der Kreislaufanalyse finden sich hier der »Staat«, die »privaten Haushalte « und die »ü brige Welt «. Darüber hinaus gibt es den Sektor »Priva te Orga nisationen ohne Erwer bsc hara kter«. Der Unternehm enssektor ist nicht explizit genan nt. Unterneh men sind sowoh l in den Sektoren »Fi nanzie lle Kap italgesellschaften« und »Nic htfinanzicl le Kapitalgesellschaften«, als auc h im Sekt or »Private Haushalte« enthalten. Um die wir tschaftlic hen T rans aktione n zwische n den Sektor en, mit
Sektorgliederung
200
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
Hilfe der doppelten Buchführung abbi lden zu können , wird ein Kontensystem verwen det. Sektor
Bezeichnung
Enthaltene Wirtschaftsei nhe iten
S. 1 S. 11
Gesamte Volkswirtschaft Nichtfinanzielle Kapital -
AG, GmbH, OHG, KG, Öffentliche
gesellschaften
Krankenhäuser; Staatliche Eigenbetriebe
S. 12
S.13
Finanzielle Kapitalgeseli-
Banken, Versicherungen, Pensi-
schatten
onskassen, Börsen
Staat
Bund, Länder, Gemeinden, SozialVersicherungen
S. 14
Private Haushalte
Selbständige, Einzelunternehmer, Freiberufler, abhä ngig Beschäftigte, Landwirte, Handwerker
S. 15
Private Organisationen ohne Erwerbszweck
Gemeinnützige Organisationen, Kirchen, Stiftu ngen, Vereine, Gewerkschaften, Parteien
S. 2
Übrige Welt
EU-Staaten, Dritt länder , Internationale Organisationen
Abb. E.l. Die Sektorengliederung im ESVG 1995
1.1 Das Bruttoinlandsprodukt Bruttoinlandsprodukt
Das Bruttoinlandsprodukt (ßIP) misst alle für den Endverbrauch bestimmten Güter und Dienstlei stungen , die in einem Land in einem bestimmten Zeitraum hergestellt werden. Da sich ex-p ost die angebotene und die nachgefragte Menge imme r entsprechen müssen und das in eine r Periode erstellte Angebot an Gütern und Dienstle istungen stets in volle r Höhe zu Einkommen führt , kann das ß IP sowohl über die Entstehungsrechnung und die Verte ilungsrechnung als auch über die Verwendungsrechnung erm ittelt wer den.
Ent stehungsrechnung
Die Entstehungsrechnung erfasst das ß IP im Zeitpunkt der Produk tion der Güter und Dienstleistungen . Sie ermittelt, wie hoch das gesamtwirtschaftliche Angebot in einer Periode war und erlaubt In-
Makrookonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
201
formationen darüber, welche Wirtschaftsbereiche in welchem Umfang zur Entstehung des ß IP beigetragen habe n. Die Verteilungsrechnung errec hnet den Wert der produzierten Güter aus dem bei der Produktion entstand enen Einkommen, das sich auf Arbeitnehmer, Unternehmer oder Ver möge nseig entümer verteilt. Die Verwendungsrechn ung erfasst den Wert des ß IP, über die Güter und Dienstl eistungen, die ver schiedene Sektoren kon sumiert oder investiert habe n.
I. Entste hungs r echnung
11. Ve rwe nd ungs rec hnung
Produktionswert
Private Konsumausgaben
- Vorleistungen
+ Konsumausgaben des Staates
= ßruttowertschöpfung
+ Bruttoinvestitionen
(unbe rein igt)
+ Exporte von Waren und
- unterstellte ßankgebühr
= ßruttowertschöpfung (bereinigt)
Dienstleistungen -
+ Gütersteuern
Importe von Waren und Dienstle istungen
- Gütersubventio nen
= Bruttoinlan dsp r odukt (BIP) + Saldo der Primäreinkommen mit der übrigen Welt
= Br utto na tio na leinko mme n (BNE) - Absc hreibunge n
= Netto na tio na leinko mme n (Primäreinkommen) - Produktions- und Importabgaben
+ Subventionen
= Volksei nko mme n (Y) - Arbeitnehmerentgelte (In länder)
= Untemehmens- und Vermögenseinkommen III. Ve rte ilungsrechnung Abb. E.2. Entstehungs-, Verwendungs- und Verteilungsrechnung. Quelle: Statistisches Bundesamt
Verteilungsrechnung
Verwendungsrechnun g
202
Ma kroäkonomie - Volkswir tschaftliches Rechnungsw esen
Die drei Berechnungsmethoden d ienen unter schi edlichen Politikbereichen als Informations grundlage. Die Entste hungs rechnung ist mit der Betrac htung von Produktions wert en hilfreich für die Struktur- und Regi onalpolitik. Die Vert eilun g srechnung liefert Erke nntnisse fü r d ie Einkomme ns und Verm ögen spol itik. Die Ver wendungsrechnung ist Grundlage für die Konjunktu rpol itik (sieh e Kap. »Mak ro ökonornie Z iele der Wirt schaftspolitik«).
1.1.1 Die Entstehungsrechnung
Brutto wert schöpfung
Produktionswert
Vorleistungen
Au sgan gspunkt der Entstehung srechnung sind die Beiträge der einzel nen Wirt schaftsbere iche zum Produktions ergebni s der Volk swirt schaft. Generell unterteilt man dabe i in drei Bereiche : den prim ären Sektor (Land- und Forstwi rtschaft, Fischerei) , den sekundär en Sektor (P roduzierendes Gewerbe: verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe und Sonstige Produzierende Gewerbe) sowie de n tertiären Sektor (d ie Dien stleistungsbereiche: Hande l, Gastge we rbe und Verk ehr, Finan zierung, Vermi etung und Unte rnehme nsdie nstleis te r, ö ffentliche und pri vat e Die nst leister). Fü r j eden d ieser Be reiche wird zunächst die (unbereinigte) Bruttower tsc hö pfung ermittelt. Dazu werden vom Produktionswert (de r Summe aus Verkäufen von Waren und Dien stle istun ge n, dem Wert der Bestand sver änderungen an Halb- und Fertigw are n aus eige ne r Produktion und dem Wert de r selbsterstellten An lag en ) die Vorle istun gen abgezogen . Vorleistu nge n um fassen den Wert de r Güter und Die nstle istunge n (u .a. Roh stoffe, Vorprodukte, Tr an sportkosten und Mieten), die inl ändische Wirtsc hafts ein heiten von anderen Wirtsc haft ssubjekten bezo ge n und im Berichtsze itraum bei der Produktion verb raucht haben . Der Ab zug ist erforde rlic h, da die auf einer vorhe rge hende n Produktionsstufe geschaffenen Wert e be i einer erne ute n Be rücksichtigung auf der nachfolgend en Produktionsstufe zu einer Doppelzählung füh ren würd en. Die Bruttowe rtschö pfung wäre zu hoch au sgewi esen und von der An zahl der Produktionsstufen abh ängig. Ohn e Vorl eistun gen erhä lt man die rein e Wert schöp fung des Unte rne hme ns zum betre ffend en Produkt bzw . se inen Bei trag zur Bruttowert schöpfung in der Vol kswirt scha ft.
Brutto inland sprodu kt
Um das zu Marktpreisen bewertete BIP zu erhalten , wird die berei nigte Bruttowertsch öpfung um den Sa ldo aus de n »Gü ters teuern abzüg lich der Subventionen« korr igiert , da bisher alle Güter und Dien stle istungen nur zu Faktorkosten bewert et wurde n. Marktpreise hingegen enthalten indirekte Steuern und mitunter auch preism indernd e Sub ventionen.
Makrookonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
BruUowertschöpfung Die nachfolgende Darstellung ze igt in sehr vereinfachter For m unberück sichtigt bleiben u.a. mögliche Lagerbestandsveränd er ungen und Steuerzahlungen - den Produktionsprozess vom Getreid e zum Brot. Ausgangspunkt ist die Produktion von Getreide, zu deren Herstellung der Landwirt Tage löhner, sei ne eige ne Arbe itskraft sowie seinen eigenen Grund und Boden einset zt. t21 Löhne 3
I Gewinn
I Getreide
I
It5t5
V Of -
Mehl
leisturig
t5
Lö hne
5 5
Miete
4()
V Of-
40
Brot
lei stung
57 Gew inn
tO Löhne 7 Gewinn
Produktionsw ert - Vorl ei st ung en
= 15 + 40 + 57 = = 15 + 40
= Bruttowertsc höpfung
112
-55 57
Die Entlohnung der Produktionsfaktoren entspricht 12 bzw . 3 Einheiten (E). Der Gew inn von 3 E entspricht eigentlich Zahlunge n, die der Landwirt an sich selbst leistet ; aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind dies der kalkulatorische Unternehmerlohn und die kalkulatorische Miete bzw. Pacht. Der Landwirt verkauft sein Getreide zu 15 E an den Mü ller , der durch den Einsatz von Arbeit (Löhne 15 E) und einer angern ieteten Mühle (Miete 5 E) aus dem Getreide Mehl herstellt. Unter Berücksicht igung eine s Gew inns von 5 E verkauft die ser wiederum das Meh l zu einem Prei s von 40 E an den Bäcker, der seinerseits unter Einsatz weiterer Produktionsfakto ren das Mehl zu Brot verarbe itet. Ingesamt erg ibt sich so mit ei n Produktionswert von 112 E. Die eigentliche Bruttowertschöpfung über alle Produktionsstufen hinweg, entspricht aber nur 57 E (Produktio nswert minus Vorleist ungen), wob ei der Beitrag der ein ze lnen Prod uktionsstufen sic h wie folgt verteilt : Landwirt 15 E, Müller 25 E und Bäcker 17 E. Dies elb e n Überlegunge n gelten für den umg ekehrten Fall. Um vom BIP zu Marktpreisen zur Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten zu gelangen , sind die indirekten Steuern abzuziehen und die Subventionen hinzuzuzählen. Ohne diese Korrektur würde eine Erhöhung der indirekten Steuern eine vermehrte Wertschöp fung anze igen .
203
204
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
Exkurs: Eine alternative Darstellung
Um die vorangegangenen Ausführungen nochmals aus einer anderen Perspektive zu verde utlichen , genügt ein Blick auf das Produktionskonto eines Unternehmens und das nationa le Produktionskonto. Produktionskonto eines Unternehmens
Nettowertschöpfung
Das Produktionskonto eines Unternehmens enthält auf der rechten Seite alle Güter und Dienstleistungen, die Endproduktcharakter haben . Den größten Posten machen die Verkäufe an Unternehmen, private Haushalte, den Staat und da s Au sland aus . Hinzu kommen die selbsterstellten Anlagen und die Vorratsveränderungen. Die wertmäßige Summe dieser Seite des Produktionskontos entspricht dem Produktionswert. Die linke Seite des Produktionskontos enthält alle Größen , die eingesetzt werden mussten , um den auf der rechten Seite aufgeführten Output, zu erzielen . Hierzu zählen alle Einkäufe von Vorleistungen ande rer Unternehmen, aus dem Ausland oder vom Staat, die Abschreibungen, der Saldo aus indirekten Steuern und Subventionen sowie die Nettowertschöpfung. Die Nettowertschöpfung gibt die tat säch liche Wertschöpfung des Unternehmens an, die sich aus der Summe der gezahlten Faktorentgelte (Löhne, Pachten und Zinsen) zuzügl ich des Unternehmensgewinns zusammensetzt. Der Unternehmensgewinn gleicht als Restgröße die beiden Seiten des Produktionskontos immer aus.
Einkäufe von anderen
Verkäufe an
Unternehmen des Inlands oder
Unternehmen
-
Auslands oder vom Staat
:::J
Q)
(Vorleistungen)
:::J
Verkäufe an private Abschreibungen
Haushalte
Löhen und Gehälter
to
c
3
(j)
Ql ' .....
Produktions- und Importabgaben minus Subvetionen
a.
ctl
Verkäufe an den Staat
z
(1)
r+
Pachten
S"
::e (1) ;::.
Selbsterstellte Anlagen
l/I
Zinsen
o
='
0'
Vorratsveränderungen
"C
2'
Gewinne (Restgröße)
~
~
Verkäufe an das Ausland
Abb. E.3. Produkt ionskonto eines Unternehmens
Makrookonomie - Volkswirtschaft liches Rec hnungswesen
Im national en Produktionskonto sind die Produktionstätigkeiten aller Unternehmen, des Staates und der privaten Haushalte zusammengefasst. Durch die Konsolidierung werden, zur Vermeidung von Doppelund Mehrfachzählungen, die Vorleistungsbeziehungen zwischen diesen eliminiert. Auf der linken Seite stehen nur noch die Abschreibungen, der Saldo aus indirekten Steuern minus Subvention en und die Wertschöpfung der Inländer.
Abschreibungen Privater Konsum Produktions- und Importabgaben minus Subventionen
Staatlicher Konsum
Volkseinkommen
Wertschöpfung der Inländer
Brutto-investitionen (privat und staatlich)
Exporte minus Importe (Außen beitrag) Entstehung(Verteilung) des Bruttonationaleinkommens
Verwendung des Bruttonationaleinkommens
Abb. E.4. Nationales Produktionskonto
Auf der rechten Seite stehen der private und staatliche Konsum, die staatlichen und privaten Bruttoin vestitionen sowie der Außenbeitrag (Exporte minus Importe) . Insgesamt gibt die rechte Seite die Verwendung des Bruttonationaleinko mmens an, während die linke Seite Infonn ationen über die Entstehung und Verteilung des Nationaleinkommens liefert. Zieht man vom Bruttonationaleinkommen die Abschreibungen ab, so ergi bt sich das Nettonationaleinkommen. Zum Volksei nkommen gelangt man, wenn man von diesem den Saldo aus indirekten Steuern und Subventionen abzieht. ßei de gehen in die Marktpreise ein, sind aber nicht Teil der Faktorkosten. Das so ermittelte Volkseinkommen entspricht wiederum der Summe aller Einkommen (Summe der Wertschöpfungen aller Unternehmen), die den Inländern in einem Jahr zugeflossen sind.
205
nationales Produktionskonto
206
Makroäkonomie - Volkswir tschaftliches Rechnun gsw esen
Abb. E.5 zeigt den Be itrag ve rschie de ne r W irtschaftsbereiche zum BIP im Jahr 2009. Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Öffentliche und private 1% Handel, Gastgewerbe und Dienstleister Verkehr 24 % 18 %
Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister 32 %
Baugewerbe
Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe 20 %
5% Abb. E.5. Entstehung des Bruttoinlandsprodukts nach Sekto ren. Quelle: Statisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 1/2010
A bb. E.6 mac ht den Str ukturwa ndel in Deutschl and deutlich. Demnach hat die relative Bedeutung de s produzierenden Gewerbes ständig abgeno mmen. Sein Anteil an der Bruttowertschöpfung lag im Jah re 2006 nur no ch bei rund 30 % geg enüber 50 % im Jahre 1950 . Dam it hat der Stru kturwa ndel Deutschl and - w ie übrigens alle entwickelten Länder zur Dien stle istun gsge sell schaft gema cht. Bruttonationale inkommen
Au sgeh end vom BIP erhä lt man da s Bru ttonatio nalei nkomme n (= Bruttonationalprodukt: BNP) , inde m man zum B1P den Saldo der Pr imär einkommen mit der übr igen We lt add ier t. Der Saldo errechne t sich aus der Di fferen z all er Einkomme n, die Inländ er aus dem A usland bezoge n hab en (empfan gen e Primä re ink omme n au s der üb rigen We lt) und all er Einkomme n, die A uslä nde r im Inland bezogen hab en (geleistete Prim äre inkommen an die übrige Welt).
Makrookonomie - Volkswirtschaft liches Rechnungswesen
100 .,--
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
D
90
-
-
-
-
-
-
-
207
-
-
-
-
-
----,
Handel, Gastgewerbe und Verkehr, Finanz ierung ,
öffent liche und private Dienstle ister
80
•
Produz ierendes Gewe rbe und Baugewerbe
•
Land - und Forstw irtschaft, Fischerei
70 60
~ e 0..
50
40 30 20 10 19 55
1960
1965
1970
197 5
1980
1985
1990
1995
2000
2006
Abb. E.6. Anteil der Sektoren an der Bruttowertschöpfung (19 50-2006) . Quelle: Statistisches Bundesamt (2006), Fachserie 18
Das Brutt oinl and sprod ukt (BIr) misst alle fü r de n Endv erbrauch bestim mte n Güter und Dienstleistu ngen, die in einem Land (Inland skonzept) in einem be stim mten Zeitrau m her ge stellt werden, unab hängig davon, ob die Herstell er Inlände r (ständ iger Wohnsitz im Inland) oder Aus länder sind. Das Br uttonatio naleink o mme n (BN E) bezieht sic h auf die Gü ter und Dienstleistunge n, die mit Hilfe der Faktorleistunge n der Bew ohne r eines bestimmten Landes (Inl änd erkon zept) produziert we rde n, unabhängig da von, ob diese Fak torleistungen im Inland oder in der übrige n Welt erbracht wurde n.
Inlandskonzept
Inländerkonzept
Stehen konjunkt ur-, wachst ums- und beschäftigu ngspoli tische As pek te im Vorde rgrun d der Betrac htung ist das BIP der bessere Ind ikato r. Beispielsweise spie lt es bei der Schaffung von Arbeits plätze n keine Rolle, ob d ies du rch Inländer oder Au sländ er erreicht wurde. Für die Be urteilung von Entw ick lungen bei der Ein komme nsve rte ilung ist das I3NP vorzuzie he n, da hier auch Eink omme n interessieren, die Inländ er im Ausland erzie len. Vom B1P bzw. BNP zum Nett oinlandsei nkommen bzw. Nettonational einkomme n ge lang t man dur ch Abzug der Abschreib unge n. Mit Hil fe der Absch reibungen wer de n We rtmi nderungen des An lagevermöge ns ber ücksicht igt, die dur ch den Ver bra uch ode r das Vera ltern von Gütern entstehe n.
Nettonationaleinkommen
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
208
1.1.2 Die Verteilungsrechnung Volkseinkommen
Die Vertei lung des Netto natio na lei nko mmens lässt sic h über das Volkseinkommen er mitteln. Das Vo lksei nko mme n (Netto nationaleinkomm en zu Fakto rpreisen) entsp richt der Sum me alle n Inländern zugeflossenen Erwerbs- und Ver mögenseinkom men . Man erhält es, indem man vom Netto nationaleinkommen zu Marktpreisen d ie vo m Staat empfangenen Pro dukt ions- und Importabgaben wieder subtra hiert und d ie Subventionen addiert. Das Vo lkseinkommen wird unte rtei lt in das Arbeitnehmerentgelt (ein schließlich der von de n Arbeitgebern ge leisteten Beiträge zur Sozi alvers iche rung) und das Unternehmens- und Vennögenseinkommen. A ls Restgröße erm ittelt (Volkse inkommen minu s Arbe itnehmerentge lt) beinh a ltet es z.B . Z insen, Dividende n, M ieten sowie Gewinne und ste llt die Entlohn ung der Produktion sfaktoren Arbeit, Natürlic he Ressourcen und Kapital dar.
Lohnquote Gewinnquote
Den A nte il des Ar be itne hmerentgeltes am Vo lkse inko mme n beze ichnet man als gesamtwirtschaftliche Lohnquote und den A nteil des Unterne hmens- und Vermöge nseinkomme ns als Gewinnq uote .
Jahr
1970 1975 1980 1982 1985 1990 1995 2000 2002 2004 2005 2006 200 7 2008 2009
282 430 609 660 762 1.018 1.397 1.524 1.576 1.667 1.691 1.751 1.840 1.886 1.811
Abb. E.7. Verteilung des Volkseinkommens (1960-2009) Quelle: Statistisches Bundesa mt, Wirtschaft und Statistik 1/2010
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Makrookonomie - Volkswirtschaft liches Rechnungswesen
209
Wie in fast allen wes tlic hen Indu strieländ ern hat sich die Verteil ungsstruktur in den letzten Jahrzehn ten tendenziell zuungunsten der abh äng ig Beschäftigte n ve rschoben . Au f die Arbe itn ehm er sind k leine re Te ile des Volksein kommens vor Steuern vertei lt worden . Erst im Zuge der We ltw irtschaftskrise gab es im Jahr e 2009 eine - wohl nur zeitlich beg ren zte - Korr ektur dieser Entwicklung. Die Gründe hier für liegen zum einen in »nac hholende n« Tariferhöh unge n und zu m ande ren darin , da ss von dem wi rtsc haftli che n Ein bruch bi sher vor all em d ie zuvor boom end en Verm ögens- und Gewinneinkommen betroff en waren. Obwohl der Wert und die Entw icklung de r be ide n Qu ote n in de r sozial- und gese llschafts po litis chen Disku ssionen eine bede utende Rolle spielt, ist bei der Ver we ndu ng dieser Qu ote n als Maß für die Entwicklun g der Einkom mensv ert ei lung zw ischen Kap italbesitzern und Ar beitnehmern Vo rsicht geboten . Von dahe r muss die angedeutete Entwic klung auch nicht per se bedenklich sein. Z u bedenk en ist, da ss in der Lohnq uote auch die Bezüge von Vorsta nds mitg liedern en thalten sin d und immer mehr abhä ng ig Beschäftigte auch Einko mmen aus Vermögen bez iehe n. Des Weiteren sind im Unternehmens- und Verm ögen seinkornrnen, ermittelt als Differenz aus Volkseinkommen und Arbeitnehmerentg elt auch alle statistisc hen Unzul änglichkeiten enth alten. Probl emati sch wi rd es erst, we nn auch nach weisli ch d ie Gewinn- und Verm ög en sko nzentration sow ie di e Einkomme nsk on ze ntrati on der abh ängig Bes chäft igte n, also di e Ung leichhei t inne rhalb der beiden Gruppen zugenommen hat. In fast allen Ländern hat die Gew inn- und Ve rmö ge nsko nzentration zuge nomme n (zu r Entw icklung in Deutschl and siehe A bb. B.3) . Dieser Trend ist ethi sch und auch makroökonomi sch problematisch , da ausgeprägte Einkommens untersc hiede wac hstum shemmend wirken können und vo n vie len Ök on omen auch m itverantwortlich fü r die bei den Weltwirtsch aftskr isen gemacht we rde n. Die in der VG R vorge nom me ne Vert e ilung des Volksein komm en s wird als prim äre funk tional e Einkommensverte ilung bezeichn et. Um Information en über die per sonal e Einkomme nsve rteil ung zu erhalten, bedarf es zusätz licher Mod ifikation en und Ergänzungen. Z u bedenk en ist zunächst, dass die Haushalte mitunter nicht nur den Produ ktion sfaktor Arbeit zu r Ver fügun g ste lle n, sondern zusätz lich den Produktionsfakto r Boden und/od er Kapital. Da rüb er hinaus wi rd die pr imäre Ein komme nsve rtei lung vom Staat mittels um verteilungspolitischer Maßnahme n kor rig iert. Die sekundä re persönli che Einkomme nsve rte ilung (das ve rfügbare Einkomme n) berücksichtigt diese staatliche n Eingriffe, inde m ge leistete Steuern und
funktionale und personale Einkommensverteilung
primäre Einkommensve rte ilung ve rfügbares Einkommen
210
Makroäkonomie - Volkswirtschaftli ches Rechnungswesen
Sozialbeit räge ab gezo gen und empfange ne staatliche Geldl eistungen (u.a. Renten, Kindergeld) hinzugerechn et we rde n.
1.1.3 Die Verwendungsrechnung Da wie ber eits erwäh nt be i der Ex- Post -Betrachtung A nge bot und Nac hfr age über ein stimmen müssen, kann da s B1P auch über d ie Nac hfrage (di e Ver wendung) ermitte lt werd en . Dazu add iert man all e Kompo nenten der ges amtwirtsch aftlic hen N ac h frage : Pr ivat e Ko nsumausgabe n, Kon sumausgaben des Staates, Bruttoanlagein vestition en , Vorrat sänd erungen und Exporte . Um die N ach frage na ch den im Inland produziert en G ütern zu ermitte ln, werd en d ie Importe von War en und Dienstle istu ngen , d ie in den and eren Komponent en des B1P schon enthalt en sind, abgezogen. private Konsumau sgaben
Konsumquote sta atliche Konsumausgaben
Die pri vat en Kon sumausgaben (Cp, ) enthalte n die Waren- und Dien stle istun gskäu fe der inländische n privaten Haushalte für Kon sum zwecke (z.B . ein A bendess en im Re staur ant) und den Eig env erbrauch der privaten Or ganisationen ohne Erwerbscharakter. Der Anteil der Kon sumausgaben am BIP w ird a ls Konsu mquote bezeichnet. Si e ist in Deutschl and seit den 90er Jahren gestiegen . Be i den Kon sumausgaben des Staat es (GI) handelt es sich um den Wert der G üter, die von ihm se lbs t bereitgestell t we rden . Da sic h der Wert staatlic he r Leis tunge n nich t übe r Marktpreise erfasse n lässt, werden diese zu ihren Hers te llungs kos ten bew ert et. In die Kon sumausgaben des Staates ge he n au ch se ine laufend en Au sgaben , wie d ie Löhne und Geh älter an die Bediensteten ei n. N icht enthalten sind Transferleis tungen , da ihnen im Austausch kein produziert es Gut gegenübe rsteht. Die Konsumquote de s Staates gibt an , in welchem Umfang de r Staat Gü ter und Faktorleist ung en der Volk swirtsch aft in Anspruch nim mt. Sie ist na ch der Wied erve reinigung ge stiegen und seit Mitte der 90 er Jah re wieder rückläufig . Von größerem Interesse ist jedoch die sog . Staatsausga benquote (siehe Kap . »Der Staat in der Wirtschaft «).
Invest itionen
Invest itionsquote
Jede Ver wendung von Produktionsf aktoren. die der Erha ltung, Verb esse rung und Vergrößerun g des Best an ds an Realkapi tal dient , wird al s Invest ition bezeichnet. Die Bruttoanlage inves titionen (I) werd en in der VG R unter gli ed ert in A usrüst ungsi nvesti tione n (Maschinen, Ger äte, Fahrze uge ), Bauten (Wohnbauten , N ichtw ohnbaute n) und sons tige Anlagen (u .a. Urhe be rrechte, Com putc rso ftw arc, N utztie re). Vo rrat sänderun gen betreffen neu produzierte G üter , die noch nicht ihrer endgültig en Verwendu ng zugeführt sind. Die Investition squote, die Au ssagen übe r den Um fang der Investitionstät igk eit in eine r Volk swi rtschaft und dam it au ch über die Mod ern ität
Makrookonomie - Volkswirtsc haftliches Rechnungswesen
211
des Kapital sto ck s so w ie d ie z ukün ftige Wettbew erb sfäh igkeit macht, ist in Deu tschland se it den 90 er Jahren deutl ich ges unke n. De n Sa ldo a us Ex porte n und Importen (Ex-I m) bezeichnet man als A ußen be itra g . E in po siti ver Sa ld o im A uße nbeitrag bedeutet, dass diese Volkswirtschaft einen Teil ihres BIP in For m vo n G ütern und Dienstleistunge n an das A us land a bg ibt. Ein negati ve r Sa ldo bedeutet, dass sie m ehr Güter und Dien stleistu ngen im Inland ver bra ucht, als sie selbst produziert hat. Die Expo rtq uote und d ie Importquote sind Indikatoren fü r d ie außenw irts cha ft lic he Verflech tun g e ine r Volk swirtschaft. Die Summe der Ex po rte und Importe bezo gen au f da s B IP d ient al s Ma ß für den O ffenheitsgrad e ine r Volksw irtschaft. Die Verwend ung sse ite kann damit zu sammenfassend d urc h folgende G leichung be sch rieben we rde n : B1P = C pr +C st + I + (Ex -Im) Diese G leic hung ist eine ldentit ätsgleich ung , da sie imm er erfüllt sei n mu ss. D ie Gesamtsumme all er vie r Ko mpone nte n mu ss ge nau dem B1P e nts preche n, denn jeder Euro an Au sgaben , der im B1P e nthalte n ist, ka nn einer der vier Komponent en z uge o rdnet we rde n. A bb. E.8 gi bt die we rtmäßige Be de utung der einzelne n Ver we ndungsa rten im Jahr 2009 bei der Z usam mensetz ung des B IP an. Außenbeitra g
4% Bruttoin vestitionen 17 %
Konsumau sgaben Staat 20 %
Private Konsumausgaben 59 %
Abb. E.8. Zusammen setzung des BIP nach Verwendung (2009). Quelle: Statistis ches Bundesamt , Wirtschaft und Stati stik 1/2010
Außenbeitrag
Offenheitsgrad
212
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
1.2 Im Labyrinth internationaler Wohlstandsvergleiche Das BIP dient häufig als Indikator für zeitliche und internationale Vergleiche von Woh lstand und Wirtschaftsleistung eine r Volkswi rtsc haft. Im Zeitvergleich ist die Entwicklung dieser Größe ein wichtige r Maßstab für die Konjunktur- und Wach stumspolitik. Im internationalen Verg leich ist das BIP Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähi gkeit bzw . den Wohlstand verschiedener Länder. Um zu aussagekräftige n Informationen zu gelangen, bedarf es jedoch noch einiger Mod ifikationen bzw . kritischer Anmerk ungen . Im weiteste n Sinne umfasst der Begriff» Wohlstand« den materiellen bzw. wirtschaftlichen Woh lstand, also den Versorgungsgrad eines Haus halts bzw. der Gese llschaft mit Güte rn und Dienstleist ungen einschließlich der öffentlic hen Güter, sowie subjektives Woh lbefinden und allgemei ne Lebens beding unge n.
1.2.1 Reales und nominales BIP Insbesondere zeitliche Verg leiche erfordern die Berücksichtigung der Preisniveauentwicklung, da ein wertmäßiger Anstieg des BIP allein aufgrun d von Preissteigerungen keine Erhöhung der Wirtsc hafts leistung bzw. eine n Wohlstandszuwachs darstellt. Die nachfolgende Abbi ldung macht deutlich, dass eine Erhöh ung des BIP - zusammengesetzt aus eine r Me nge n- und Preiskomponente vielfältige Ursac hen haben kann. Der erhöhte Wert im Jahr e 2 gegen übe r dem Jahre 1 lässt sich u.a. zurückführen auf, (a) allein auf eine Erhöh ung der G üterrnenge, (b) einen Rückgang der Güte rme nge bei g leichze itige m Erhöhung de r Preise, (c ) eine Erhöh ung de r Gütermenge und gleichze itigem Rückgang der Preise.
Jahr 1
x : p
=
100 ' 10
Jahr 2
1.000 <
x p
=
1.200
(a)
120 . 10
(b)
100 . 12
(c)
150 . 8
Abb. E.9. Veränderung des nom inalen BIP
Makrookonomie - Volkswirtsc haftliches Rechnungswesen
Das zu aktu ell en Preisen bewertete BIP w ird als nom inales ß ruttoin land sprodukt beze ichn et. Um di e tatsächliche Güterm engenent wicklung zu erfasse n, mü ssen die pre isbed ingt en Veränd erun gen des BIP herau sgerech net we rden. Daz u we rde n, au sgeh end von einem ß asis jahr, die Güterm engen der Folgej ahre zu den Pre isen des ßasisjahres bewertet. Das zu konstanten Pre isen eine s Basisjahre s bewe rtete BIP wird als rea les Brutt oinland sprodukt bezeic hnet. Erst der Ver gle ich de s rea len BIP, in das Preisänderungen nicht eingehen, erlaubt einen Rückschlu ss über die Entwick lung der Produktionsle istu ngen eine r Wirtschaft. Das Wachstum einer Vol kswirtschaft wird dahe r immer anhand der proze ntu alen Än derung de s rea len BIP , bezoge n auf eine frühe re Periode , gemessen.
213
nominales Bruttoinlandsprodukt
rea les Bruttoinlandsprodukt
1.2.2 Pro-Kopf-Einkommen und Verteilung Um den Einfluss unte rschiedlicher Bevölkerung szahlen auszuschalten, werden bei internationalen Vergleichen Pro-Kopf-Größen verwendet. Wäch st die Bevölke rung schneller als das BIP, sinkt das BIP pro Kopf, was u.a. auf einen im Ze itabl auf geringeren Wohl stand de s Lande s hindeuten könnte . Pro-Kopf-Zahl en sind aber nur statis tische Dur ch schnittszahl en und ohn e Berü cksich tigun g der tat sächl ichen Verteilun gssituat ion für den Wohlsta nd eines Landes we nig au ssagekr äftig, wenn dieser auch von ei ner mehr od er we nige r g leic hmä ßige n Eink omme nsve rteil ung bestimmt wird. We nn sich das Einkommen der Wohlhabenden in ei ner Gesell scha ft stark erhö ht, das der Ärmere n aber leicht sinkt, steigen zw ar der Durch schn ittswert des Wohl sta ndes eines Landes und se in BIP. Viele Einwohner geht es aber schlechte r. Die nachfol gende A bb. E. I0 gibt für die zehn reichsten und zehn ärmste n Lände r das Volkseinkommen pro Kopf in Kaufkraftp aritäten zum US-Do llar für das Jahr 2005 an. Deut schland liegt dieser Informationsquelle zufolge auf dem neunzehnten Platz .
Pro-Kopf-Einkommen
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
214
Die 10 reichsten Länder der Erde
419 50
USA
Norwegen SChweiZ
Die 10 ärmst en Länder der Erde
40 420 37080
Burundi
640
Malawi
650
Guinea-Bissau
700
Dem. Rep. Kongo
720
Island
34760
Tansania
730
Irland
34720
Sierra Leone
780
Niger
800
Dänemark
33570
ÖSterreich
33 140
Rep. Kongo
810
Großbritannien
32690
Madagaskar
880
Belgien
32640
Yemen
920
Abb. E.10. Die Reichsten und die Ärmsten. Quelle: Weltba nk, Weltentwicklungsbericht 2007
A bb. E. I I. gibt einen Eindruck von der Einkommensungleich he it in ausgewählten Länd ern. Für Deutschland we ist die Abbildung aus, dass 22 % der gesamte n Einkü nfte auf das reic hste Zehntel der Bevö lker ung entfallen. % der gesamten Einkünfte eines Landes. die auf das reichste Zehntel der Bevölkerung entfallen Brasilien • • • • • • • • • • • • • • • • 46 Argentinien
40
China USA • • • • • • Indien Großbritannien • • • • • • • • • • Frankreich
schweden • • • • • • • • Deutschland Dänemark
Abb . E.11. Der Reichtum der Reichen. Quelle: UNDP; Bericht über die menschliche Entwicklung 2006
Schl ießlich ist zu berücksichtige n, da ss da s BIr in unterschied lichen Währungen gemessen w ird. Um eine n Verg leich mögli ch zu mac hen , wird das BIr pro Kop f zum Zweck internatio na ler Ve rg leiche mit Bezug auf die Kaufkraftparitäten berech net. Dabei werde n die Mengen ei nes Landes mit den Preisen von Vergleichs ländern multipli ziert. In der Praxis hat sich die Umrechung in den Dollar bewährt.
Makrookonomie - Volkswirtsc haftliches Rechnungswesen
215
1.2.3 BIP und Umwelt Bei der Be rechnung des B1P ble iben ex te rne Effek te wie Luftve rschmutz ung, Wasse rve runre inig ung, Lärmbelästigung und d ie Umwe lt n utz un g unb erück sich tigt. A ls we rts chö pfe nd und dam it wohlstandssteigernd wirkt dagegen die Bese itigung von Umweltsc häden . Läuft ein Öltanker aus, gehen die Re inigun gsarbeiten in das B1P ein. Kurioserweise führt die Wiederhe rste llung des urspr ünglich en Zustandes der Umwe lt som it zu einer Erhöh ung des Wohl stand sma ßstabs B1P. Das Wohl ergehen der Menschen steige rt sich dadurch aber nicht.
externe Effekte
In g leicher Wei se wertsch affe nd w irken nach der derz eitigen Berechnungsm etho de Krank heiten (z .B . ausg e löst dur ch Mobbing am Ar beitsplatz) und Reparaturen nach A uto unfä llen durch die zu ihrer Bese itigung erbrachte n Leistu ngen . We rtschöpfungsste igernd ist fern er der erhöhte Benz inverbrauch , ausgelöst durc h Staus auf dem Weg zum Arbeits platz oder in den Urlaub.
1.3 Weitere Erfassungs- und Bewertungsprobleme Zwei fellos wird der Wohlstand eines Landes auch von der Güterstru ktur mitbestimmt. Einsc hätzungen über den Lebensstandard sollten daher Information en übe r d ie Ve rwen d ungsstruk tur einschlie ßen. Die Produ ktion von Kriegsgütern erhöht zwar das BIP nicht aber notwend igerweise d ie Qualität des Lebens.
Güterst ruktur
Un berücksic htigt bleibt be i einem alleinigen Ver gleich der Werte des BIP, m it welchen Mühe n und Anstreng ungen (z.B. lange Arbeitszeiten oder schnelles Arbeitstempo ) dieses erzeu gt wurde. Das Ausma ß an Freize it dürfte jedoch für die mei sten von uns ein entsche idendes Kriterium für Wohl stand und Leben squ alit ät sein. Beispiel swe ise arbeitete ein abhängig Beschäftigter im Jahr 2004 mit 46,2 Wochen stunden sehr viel meh r a ls ein deut scher Ar beitnehmer, der 40 ,6 Wochen pro Jahr arbeitete.
Freizeit
Staatl iche Leis tunge n, denen keine Mar ktpr eise zugrunde liegen, we rden in der VG R zu ihren Her stellun gsko sten bewert et. Dies bedeutet jedoch, das s das BIP mit j eder Kostenerh öhun g (z.B. je de r Gehaltserhöhung der öffen tliche n Bed iensteten ) gr ößer w ird, ohn e da ss dab e i notwend igerweise ein ursächl icher Bez ug zu einer besseren Güterversorgung besteht.
Herstellungskosten
Letztlich werden in der VGR nur solche Güter erfasst, d ie am Markt gehandelt wer de n. Wichtige wi rtschaftl iche Tä tig keiten, die im B1P nicht erfasst we rde n aber den Wohlstand mehr en, sind Aktiv itäten im
Schatten wirtschaft
216
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
Rahme n der so genannten Schatte nwirtschaft, wie Hausarbeit, Do-ityo urse lf-Arbeiten, Nac hbarschaftshilfe sowie ehrenamtliche Tätigkeiten; Tätigkeiten im informellen Sektor (Straßenhändler, Kleinst ha ndwerker usw) und die Schwarzarbeit. Letzteres sind Leistungen, die von Einzelnen oder Betrie ben für andere erbracht wer den, wobei die gesetzlichen Mel de- und Anzeigepflichten gege nübe r Finan zamt und Sozia lversicherungen ungangen werden, um Steuern oder Soziala bgaben zu spa ren. Alle offiziellen Berechnunge n des ß1P weisen daher zu niedrige Werte aus. Das emp irisch erm ittelte Ausmaß der Schattenwirtschaft schwankt j e nach verwendeten Berec hnungsverfahren beträcht lich. Jedoc h wird bei allen Verfahren im Zeitraum von 1960-2004 ein Anstieg der Schatten wirtsc haft festgestell t. Schätzungen der EU- Komm ission vermuten einen durchschnittlichen Ante il der nicht angemeldeten Erwe rbstätigkeit am BIP der EU in Höhe von 7 bis 16 %. Berechnungen zufo lge liegt das »Wachst um im Verborgene n« in den OEC D-Ländem im letzten Jahrzehnt deutlich über je nem im offizie llen Sektor.
USA Schweiz Österreich Großbritannien
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Niederlande
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OECD (21) Deutschland Schweden
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Norwegen Belgien Spanien
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Osteuropa (25)· Südamerika (21)" Afrika (37)
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' Os!- und Zentraleuropa und ehemalige UdSSR -mit Millelam erika
Abb. E.12. Anteil der Schatte nwirtschaft in Prozent des BIP. Quelle: Schneider, F. (200 7) . ..Shadow Economies and Corruption all over th e world. New Estimates for 145 Countries« in: Econo mics E-Journal No. 2007-9
Makrookonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
217
1.4 Reformansätze Die oben angesprochene Kritik am BIP a ls Wohlstand sindikator hat seit geraumer Zeit imme r wieder zu Verbe sserungsvorschlägen geführt. Neuerliche Aufmerksamkeit bekam diese Problemat ik, nachdem der derzeitige französische Präsident eine Komm ission ins Leben rief, mit dem Ziel , einen neuen Wohlstand sindikato r zu entwickeln und einzufüh ren . Die Weltwirtschaftskr ise tat ein Übriges dazu . Die EU-Kommis sion kündigte an, für das Jahr 20 I0 einen Wachtumsmesser zu publizieren , der auch die Folgen für die Umwelt berücksichtigt. Die OECD will erstmals 20 ll das Wohlbefinden einzelner Länder in Zahlen fassen . Das BIP so ll durch all die se Initi ativen nicht ersetzt werden. Allerdings soll es dadurch möglich werden, Vorau ssagen darüber zu treffen , wie pol itische Maßn ahmen sich auf die Zufriedenheit der Bevölkerung auswirken. Die Alternativvorschläge gehen im Wesentlichen in drei Richtungen. Eine Richtung verbleibt innerhalb der Grundkonzeption der VGR und ver sucht lediglich durch Modifikationen des traditionellen BIP einige gravierende Mängel zu beseit igen . So pläd ieren einige Ökonomen dafür , die so gen annte. defensiven Au sgaben vom Wert de s traditionell berechneten BIP abzuziehen, den Wert unbezahlter Hau sarbeit und ehrenamtlichen Engagements hinzuzuzählen, den unw iederbringlichen Verbrauch von Rohstoffen abzuziehen sow ie die Veränderung der Einkommens- und Vermögensverteilung mit aufzunehmen. Defensive Au sgaben sind Au sgaben, die lediglich getätigt werden, um Verschlechterungen der Lebens-, Arbeits- und Produktionsbedingungen aus zugleichen, zu neutralisieren oder zu verhindern. Hierzu gehören beispielsweise Ausgaben z ur Bese itigung und Vermeidung von Umwe ltschäden und agglomerationsbed ingte Mehrausgaben (z.B . durch die Luftverunreinigung, Gesundheitssch äden . längere Arb eitswege und Kriminalität). Eine andere Richtung geht dahin , auf eine eindimensionale Kennziffer zu verzichten und stattdess en ein System sozialer Indikatoren, das einzelne für den Wohlstand wichtige Lebensbedingungen erfa sst, zu erstellen. Bisher gilt die OECD Liste der Sozialen Indikatoren aus dem Jahr 1982 zur Bestimmung der Wohlfahrt von Individuen als das umfassend ste System . Solche ge sellschaftlichen Kenn ziffern , mit denen auch nicht-ökonomische Größen und wohlfahrtsmindernde Aktivit äten erfasst werden könnten, kämen z.B. für die Bereiche Gesundheit, Bildung, Erwerbstätigkeit, Freizeit, Wohnung, Umwelt und innere Sicherheit in Frage . Ein sozi aler Indikator im Bereich Gesundheit ist z.B. die Anzahl der Krankenhausbetten pro Tausend Einwohner oder im Bereich Bildung das
defensive Ausgaben
System sozialer Indikatoren
218
Makroäkonomie - Volkswirtschaftli ches Rechnungsw esen
Lehrer/Schüler-Verhältnis. Probl eme gibt es j edo ch u.a. bei der Auswahl der zu erfasse nden Größen, ihrer Messung, Quant ifizierung und Gewichtun g.
Human Development Index
Ein sozioökonom ischer Maßstab, der neben quantit ativen auch qualitative Aspekte der Leben sverhältnisse über soziale Indikatore n zu erfassen ver sucht , ist der seit 1990 vom UN-En twic klungsprogra mm (UNDP) entwickelte Human Develop ment Index (HOl). Der HOl berück sichtigt in seiner derze itigen Version vier Indikatoren aus drei Bereichen: Die Lebense rwartung zum Zei tpunkt der Geburt: Sie zeig t an, inwieweit in den einzelnen Ländern ein langes und gesundes Leben möglich ist. Hierdurch werden indirekt die medizin ische Versorgung , der Umweltzustand und die Arbeitsbedingun gen in einem Land berücksichtigt. Die Alphabeti sierun gsquote und die Einschulungsquote : Diese Indikator en betreffen den ßildungsb ereich. Die Quot en für den primären, sekundären und tertiären Schulbereich werden getrennt erm ittelt und dann zu einer kombinierten Einschulungsquote zusamm eng efass t. Die s ermöglicht nicht nur Aussa gen über den Umga ng der Ausbildung, sondern auch über die künfti gen Lebenschancen der Mensche n in einem Land . Beide Quoten geben gleichzeitig einen Hinwe is auf die dorti ge Verte ilungsgerechtigkeit. Das in seiner Kaufkraft gemessene Pro-Kopf- Einkom men : Darin kommt zum Ausdruck, dass der Wohl stand in ein er Volk swirtschaft auch von der materiellen Versorgung abhängt. In einze lnen Fällen verändert sich die Reihenfol ge der Länder gegenüber der BIP-Rangliste deut lich . Deut schl and verliert einige Plätze beim HOl gegenüber der BIP-R angli ste, aufgrund der relativ niedrigen Studierendenquote. Anzumerken ist aber auch, dass die Unterschiede unter den ersten fünfzehn Ländern nur minimal sind. Abb. E.13 gibt die Rangfolge ausgewählter Länder im Jahre 2007 wieder.
Makrookonomie - Volkswirtschaft liches Rechnungswesen
0,4
0,5
0,6
0,7
2 19
0,8
0 ,9
0,947 0 ,86 3 0,514 0,612 0 ,686 0 ,719 0,77 0,821
Abb. E.13. Human Development Index 2007. Quelle: UNDP (200 7), Human Deve lopment Report 2009
Der dritt e An sat z fa vorisiert die Entwicklung sog. Satellitensy sterne, we lche d ie traditione lle VGR erwei te rn sollen. Satellit ensysteme sind Datens ysteme. die eng ve rknüpft mit dem Kerns ystem VGR, für besti mm te Aufgaben be reiche wie Bildung, Gesundheit swesen und Umwelt erstellt werden. Das Sta tistisc he Bunde samt hat inz w ischen das Sate llitensystem »Umw elt« zu einer »Urnweltö konomischen Gesam trechn ung« ausgebaut. In fünf Bereic hen arbeitet es Date n zur Belastu ng, zum Zu stand der natü rlichen Umw elt sowi e zu Umweltsc hutzmaßnahm en und zu den Kosten der Erreichung von Umw eltqua litätss ta ndar ds aus. Langfri stig soll als Ergebnis ein so genanntes Ökoinlandsprodukt berech net werden.
Satellitensysteme
Ökoinlandsprodukt
220
Ma kroäkonomie - Volkswir tschaftliches Rechnungsw esen
Glücksforschung: vom BIP zu subjektiven Wohlfühlindikatoren Die grö ßte Herausford erung an da s BIP als Woh standsind ikator kommt aus der Glücksfor schun g. Im Gegensatz zu den so genannten »obje ktiven« Zahlen der VGR steht im Rahm en der Glü cksfor schun g das kogn itive Wohlb efinden der Menschen, also die Lebenszufriedenheit, im Mittelpunkt. Ziel der ökonomische n Glücksfor schun g ist es, herauszufind en, was die Zufriedenhei t mit dem Leben förde rt oder hemmt. Darau s solle n dann Handlungsempfehlunge n fü r die Wirtschaftspolitiker, die Unternehme r sow ie für den Einze lnen abg eleitet werden. Na ch den Erkenntnissen der Glücksforschung kommt dabei an Mehr an materiellen Gütern - nachdem die materiellen Grundbedürfnisse gedeckt sind - eine immer ge ringere Rolle zu. Analyse n auf der Basis des Sozio- ökonomi schen Panels zeigen, dass der von der trad ition ellen ökonom ischen Theo rie gestellte (Grenz-)Nutzen des Einkom mens im Vergleich zu anderen posit iven Determinanten der Zufriedenheit (wie z.B. das Famil ienlebe n) bescheiden ist. Auch konnte die Glücksforschung nachweisen, dass es trotz Erhöhun g des BIP in vielen Ländern keine n Anstieg im Wohlbefinden der Bevölkerung gab. Wir gewöhnen uns an das, was wir erreicht haben und der Mensch ist offensichtlich mehr ein »horno relativus« als ein »homo oecono micus«, Wenn wir unser Leben einschätze n, verglei chen wir, wie es vo rher war, worauf wir gehofft haben und wie es anderen geht. Durch diesen Vergleich wird unser Wohlbefinden von unserer tatsächlich en absoluten Situation abgekoppelt. Es hängt nur noch von unserer relativen Situation ab. Auf welch em Niveau sich das alles abspielt, das ist für unser Wohlb efinden unbed eut end , solange nur unsere Grundbed ürfnisse befried igt sind.
Beziehungsgüter
Sozialkapital
Sind unsere Grundbedürfniss e befr ied igt gewinnen sozia le Kontakte und Mitmenschlichkeit, die so gen annten Bez iehungsg üter. zunehmend an Bedeutung. Ein e Fixierung auf das Wirtschaft swachstum alle in ist daher grund sätzlich in Frage zu stellen. Wozu beispielswe ise wach stum sinduzierte Umweltzerstör ung, we nn sie uns nicht einmal glücklicher macht. Gesellscha fts- bzw. wirtschaftspolitisch bedeutsam ist vielmehr auch die Bildung von Sozialkap ital. Gestützt wird diese Erkenntnis auch durch die Erg ebnisse der neuroök on om ische n Forschung . Dan ach agiert de r Me nsch nicht gr undsä tzlich als »ho rno oeco norn icu s.« Vielmehr zieht er kooperatives Verhalte n und gute Bez iehun gen zu anderen gegenüber einzelk ämpferischen Strategien vor.
Makrookonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
221
So zial kapital entsteht immer dann, wenn Personen miteinander in vertrauensvolle Beziehungen treten und miteinander kooperieren. Es umfasst moralische Verpflichtungen und Normen sowie so ziales Vertrauen. Nach einer OECD-Studie sind die zehn »gl ücklichsten« Länder durch ein relativ hohes Pro-Kopf-Einkommen, eine hohe Staatsquote, eine relativ geringe Einkommensungleichheit sowie eine rechtsstaatliche Demokratie charakterisiert. Ungeachtet der oben aufgezeigten Schwächen sind viele Ökonomen darin einig, dass das BlP dennoch - mit Blick auf die möglichen Alternativen - eine recht brauchbare Größe ist, um die wirtschaftliche Entwicklung zu beschreiben und den Wohlstand eines Landes abzubilden. Internationale Studien belegen zudem eine enge Korrelation zwischen der Höhe de s BI? und dem Lebensstandard bzw . Lebensglück der Bürger, wenngleich dieser Zu sammenhang eher indirekter Natur ist. So ist es nicht in erster Linie das BlP-Wachstum als solches, welches das Lebensglück mehrt, sondern vor allem der dadurch möglicherweise ausgelöste positive Beschäftigungseffekt bzw. die Milderung der starken Negativfaktoren der Arbeitslosigkeit auf die individuelle Wohlfahrt. Des Weiteren kann sich die Gesellschaft ein besseres Gesundheits- und Bildungssystem und mehr Kultur leisten, da mit steigendem BlP bei einem progressiv ausgestalteten Steuersystem ohne Steuersatzänderungen das Steuer- und Abgabenaufkommen steigt.
Bruttoinlandsprodukt und Lebensglück
222
Makroäkonomie - Volkswirtschaftli ches Rechnungswesen
2. Die Zahlungsbilanz Zahlungsbilanz
Ein weite res wichtiges Rechnu ngswerk neben der Volk swirtscha ftlichen Gesamtrechun g ist die Zahlungsbilanz. Sie erfasst alle ökonomische n Transaktionen, die zwis che n Inländern und Ausl änd ern während eines best immt en Zei traums getätigt werd en. Inländ er sind jene Wirtschaftss ubje kte, deren wirtschaftliche Akt ivität überwiegend im Inland kon zentr iert ist wie z.B. eine in Deut schland ansässige und produ zierend e Tochter eines ausländi sch en Unternehmens . Die Staatsang ehörigkeit ist irrelevant. In Deut schl and wird die Zahlungsbil anz von der Deut schen Bundesbank erstellt. Seit Beginn der Wirt sch afts- und Währun gsunion in Europa wird von der Europäis chen Zentralbank zusätz lich eine gemeinsame Zahlun gsbilanz der beteili gten Länder veröffentlicht.
konzeptioneller Aufbau
In der Zahlungs bilanz we rde n kei ne Bestände, sonde rn Strom größ en (Veränd erun gen) erfasst. Die Erfassung erfolgt nach dem Prin zip der doppelten Buchführung. Während die einzelnen Teilbilanzen durchaus von Null verschiedene Salden aufweisen können, muss die Zahlu ngsbilanz selbst stets ausgeglichen sein, d.h., die Salden aller Te ilbil anzen müssen sich auf Null addieren.
2.1 Die Gliederung der Zahlungsbilanz Je nach Art der T ransaktionen läss t sich die Zahlungsbilanz in vie r zentrale Te ilbilanzen untergliedern: Leistungsbilanz
Die Leistungsbilanz erfasst sämtliche Güter- und Faktorleistungen , die aus dem Ausland kommen und in das Ausland fließe n.
Bilanz der Vermögen sübertragungen
Die Bilan z der Verm ögensüb ertragun gen enthält all e einse itige n Transaktionen von Gütern, Faktorleis tungen und Forde runge n aus dem bzw. in das Ausland. Es hand elt sich hierb ei um einmalige Übertragungen.
Kapitalb ilanz
Die Kapitalbilan z ze igt, wie diese Leistungs transaktio nen und Verm ögen sübertragun gen finanziert werden. Sie erfasst die Veränderungen der Forderungen und Verbind lichkeiten des Inlands gegenüber dem Ausland.
Devisenbilanz
Die Devisenbil anz führt alle Tr ansakti onen auf, die durch die nationale Zentralb ank finanziert werde n. So könne n auf den ersten Blick Informationen über Veränd erun gen bei den von der Notenbank gehaltenen Währun gsreser ven abgelesen werde n. Die Veränderun gen der Währungsreserven sind u.a. für die Einschätzung der internationalen Zahlungsfähigkei t eines Landes von Bede utung.
Makrookonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
Die nac hfolgende Abbildung enthält die vier zentralen Teilbilanzen und we itere Untergliederungen, wie sie von der Deutsc hen Bun des ba nk durchgeführt werden.
Zahlungsbilanz Aktiva
Passiva
(Za hl ungseingänge durch
(Zah l ungsausgänge durch)
I. LEI ST UNGSBILANZ
I Warenexport
I . Handelsbil anz
Dien stle istun gsexport
2.Dienstleistungsbilan z
Warenimport Dienstlei stungsimport
Saldo = Außen beitrag zum Bruttoin landsprodukt Empfangene Emp fangene
3. Bilanz der Erwe rbs- und Vermög enseinkommen Geleistete 4 . Bilan z der laufend en Übertragungen
Gel eistete
11. BIL ANZ DER VERMÖGE NSÜBERTRAGUNGE N Geleistete
I
Empfange ne
III. KAPITALBILA NZ Kapitalimport Abnahme der Forde rungen bzw. Z unahme der Verb indlichkeiten gegenüber Ausländern
Kapit alexport Zunahme der Forderunge n bzw . Abn ahm e der Verbindlichkeiten gege nüber Au sländ ern
IV. DEVISENBILANZ Zunahme der Verbindl ichkei ten und Abn ahm e der Devisenr eserven und Goldb estände der Zentral bank
Zunahme der Forderungen und Zunahme der Devisenreserven und Goldbeständ e der Ze ntralbank
V. SALDO DER STATISTISCH NICHT AUFGLlEDERB AREN TRANSAKTIONEN
I Abb. E.14. Teilbilanzen der Zahlungsbilanz. Quelle: in Anlehnung an Bartling, H., Luzius, F. (2004), S. 281
223
224
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
2.1.1 Die Leistungsbilanz Die Leistungsbilanz setzt sich aus vier Teilbilanzen zusammen: Handelsbilanz Importe: cif-Werte
Exporte: fob-Werte
Dienstleistungsbilanz
Außenbeitrag
Erwerbs- und Vermögenseinkommensbilanz
Bilanz der laufenden Übertragungen
Die Handel sbilanz erfasst den Warenh andel (Waren ausfuhr und -einfuhr) eines Lande s. Importe werden in der Regel mit ihren cif-Werten und Export e mit ihren fob-Werten erfasst. Währe nd cif (co st, insurance , fright ) den Warenwert an der Zoll grenze des importierenden Lande s einschl ießlich Fracht- und Versicherungskosten beinhaltet , erfassen die fob-Werte (free on board) den Warenwert an der Zollgrenze des Ausfuhrlandes ohne Fracht- und Versicheru ngskosten. Deutschland we ist regelmäßig einen hohen Handel sbilanzüberschuss aus. Die Exporte übersteigen die Importe ; es liegt eine aktive Handel sbilanz vor. Die Diens tleistungsbilanz erfasst die Leistungstrans aktionen, die im Zusammenhang mit Dienstleistungen stehen. Dazu gehören Transportund Telekommunikationsleistungen , der Handel mit Patenten und Lizenze n, Finanzdien stleistungen sowie der grenzüberschreitende Reiseverkehr. Die Dienstleistungsbilanz Deutschlands ist vor allem aufgrund der Reisefreudigkeit der Deutschen tradition ellerweise negativ. Der Saldo aus Handel s- und Dienstlei stungsbilanz wird als Außenbeitrag zum BIP bezeichnet. Der Außenbeitra g ist ein Teil der gesam twirtschaftl ichen Nachfrage und mitbesti mmend für die Höhe de s Volkseinkommens. In der Erwerbs- und Vermö genseinkomme nsbilanz werden sämtliche Faktoreinkommensströme zwischen Inländern und Aus ländern erfasst. Dazu zählen Einkommen aus unselb ständiger Arbeit (z.B. von Grenzgängern ) sowie Vermögenseinkomm en von Inländer aus dem Ausland bzw. an Aus länder aus dem Inland . Der Gewinn tra nsfer eine r deutschen Tochtergesellschaft an die aus ländische Muttergesellschaft wird als geleistetes Erwerbseinkomm en auf der Passivseite verbucht. Das Einkomm en, wel ches ein Inlände r aus einer Wertpapieranlage im Ausland bezieht, wird hingegen auf der Aktivs eite als empfangenes Vermögenseinkommen ausgewiesen. In der Bilanz der lau fenden Übe rtrag unge n we rden alle grenzüberschreitenden Transaktionen erfasst, denen kei ne unmittelbaren Gege nleistungen gege nüberstehen (= unentgeltliche Leistunge n) und die keine Ver mögensü bertragunge n darstell en. Empfange ne Le istungen werden auf der Aktivseite, erbrachte Leist unge n au f der Passivseite verbucht. Die Übertrag ungsbi lanz erfasst beispiel swe ise Beiträge an internat ionale Organi sation en, wie die EU oder die UNO sowie Überweisungen von Gastarbeitern an ihre Herkunftsländer als auch Leistunge n der staatlichen Entw icklungshilfe. Die Bilanz der laufenden Übertragungen weist in Deutschland regelmäßig einen Negativsaldo auf.
Makrookonomie - Volkswirtschaft liches Rechnungswesen
Der Saldo der Le istu ngs bi lanz gilt all gem ein als Maßstab für da s außenwirtschaftliche Gl eichgew ich t. Wenn die Summe all er Expo rte di e Summe all er Impo rte übe rsteigt, spric ht man von einer akti ven Leis-
225
Saldo der Leistungsbilanz
tun gsbil an z. Im um gekehrten Fall von ei ner passiven .
2.1.2 Die Bilanz der Vermögensübertragungen D ie Vermögen süb ertragung sbilanz er fasst Übe rtrag unge n, di e al s »e inrnalige« betrachtet we rde n, wie bei sp ielsw eise Sc huld en erlasse, Erbsc ha fte n und Sch enkungen sowie best immte Le istu nge n au s EU Fo nds (z.B. Z usc hüsse zu In fra strukturmaßnahmen). Quantitativ ist d iese Bilanz vo n relat iv ge ringe r Bed eu tun g. Ist de r Sa ldo a us Lei stung sb ilanz und Vermögensübertrag ung en po sitiv, so hat das Inland an das A us land m ehr Lei stungen abg ege ben als es vom Aus lan d er ha lten hat. Die s hat eine Zu nahme der Fo rderung en, a lso eine Er hö hung der N ettopos ition geg en über dem A us lan d zur Folge . Liegt h ingegen e in negati ver Saldo vo r, kommt es zu einer Z u-
Nettoposition gegenüber dem Ausland
nahm e der Ve rbindlichke iten was zu ei ne m Rü ckgan g der Nettoposition gegen über dem Au sla nd führt.
2.1.3 Die Kapitalbilanz Die auch so ge nannte Kapita lve rke hrsbi lanz ze ichnet die Veränd erungen der Fo rde ru nge n und Verbindl ichk eiten des Inlands gegenübe r dem Au sland au f. Dabe i we rde n d ie Kapital importe (Zahlung seingänge) au f der Akti vseite ge bucht und die Kap italexporte (Za hlu ngsabfl üsse) auf der Passivseit e. Kap italimporte entsprec he n e iner Z unahme
Kapitalverkehrsbilanz
der Verbindl ich keiten gegenübe r Au sländ ern bzw. eine r Abnahm e vo n Fo rde rungen an A us lä nder. Der Kap ital export umfasst die Z unahme von For derungen sow ie d ie Ab nahme vo n Verbi ndlic hkei te n an da s A us land. A n den Teilbilanzen de r Kapitalbilanz kann man ablesen, welche auto nomen Finanztran saktionen zwi schen In- und A us län dern sta ttgefun den ha ben . D ie s sind Tr an sakt ionen, die im Ge gensatz zu den Lei stun gstr ansakti onen ni cht die Le istungsbil anz berühren, so ndern nur die Kap ital- oder De visenbilanz (z .B . Erwer b von Vermögen im A us lan d; Direktinve stiti onen oder De visen markt spekulati onen). In den Indu strieländ ern haben di e auto nom en Kapitaltransa kt io nen inzwische n di e leistungsbil anz ind uzierten Kap italbewegungen be i we item übe rtroffen. Die Kap ital verkehrsb ilan z ist in vier Unte rb ilanze n au fgeteil t: Die Bil anz der Direktinve stit ion en: A ls Di rektinvestitionen gelten Kap ital anl agen und so nstig e Beteiligu ngen durch Untern ehm en
Bilanz der Direktinvestitionen
226
Bilanz der Wertpapieranlagen
Kreditverkeh rsbilanz
Bilanz »sonstige Kapitalanlagen«
Makroäkonomie - Volkswirtschaftli ches Rechnungsw esen
oder Investoren in der Ab sicht , au f die Gesch äftspoliti k eines anderen Unte rnehmens Einfl uss zu nehm en . Die Bilanz der Wertpapi eranlagen : Dies e Bilanz umfasst all e Käufe und Verk äufe von Akt ien, festve rzi nsliche n Wertpapieren und Geldrnarktpapieren, die nicht in der Ab sicht erwor be n we rden, Bete iligungsrechte an Unte rnehmen wahrzu nehme n. Die Kredit verk ehr sb ilan z: In dieser Bilanz we rde n alle lang- und kur zfrist ige Kredite von Kreditinstitutionen. Unte rne hme n und dem Staat erfasst. Dazu gehören auch Hand elskred ite z.B. als Erge bnis von Ve reinbar unge n von Zahlungszie len. Die Bilanz »sonstige Kap italanlagen«: Hier werd en alle übrigen Anlageveränd erungen mit dem A usland au fgezeichn et, insbesondere Bete ilig unge n des Bundes an international en Organi sat ionen.
2.1.4 Devisenbilanz Die Zu sammenfassung der Sald en der Leistungsbil an z, der Bilanz der Verrn ögens übertragun ge n, de r Kap italbil anz als auc h de r Sa ldo de r statistis ch nicht aufgliederbaren Transakt ionen entsprechen ge nau dem Wert der Ve ränderung der Devisenbil anz (= der Netto-Au sland sakt iva der Bundesbank) . Die N ett o-A us landsa ktiva umfassen die Währungsreserven sowie die Kred ite und sonstigen Forderungen gegenüber dem Ausland. Währungsreserven
akti ve Zahlungsbilanz
passive Zahlungsbilanz
Währungsreserven bestehen aus Gold und fremd en kon vertibl en Währungen (D evisen) so wie aus an au sländ isch e Ze ntra lbanken gewährte Kred ite und international e Zahlungsmitte l. Letzte re bestehen aus den Sond erziehun gsrechten beim International en Währun gsfond s. Kommt es insgesamt zu einer Erhöhung der Forderungen (= der Nettovermögenspo sition) des Inlande s gegenüber dem Ausland - das Inland w ird Gläubigerlan d - dann wird die N ett ozunahme in den De visenbestä nden de r Deutsche n Bundesbank auf der Passivseite ausg ewi esen . Man spri cht dann auch von einer (po sitiven) aktiv en Zahlung sbilanz oder eine m »Za hlungs bilanzü berschuss« . Ist in der Zah lungs bilanz - ohn e Berücksi chti gun g der Devisenb estands verände runge n - die Passivseite kleiner als die Akt ivseite (Nettoerhöhung der Verbindlichkeiten gege nüber dem Au sland), hand elt es sich um eine (negati ve) passive Zahlungsbilanz. Infolge dieses so ge nannten »Z ahlungs bilanzdefiz its« w ird die Abnahm e des Devisenb estands auf der Aktivseite verbu cht.
Makrookonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
2.1.5 Saldo der statistisch nicht aufgliederbaren Transaktionen Würden alle Transaktionen vollstä ndig und fehlerfrei erfasst, müssten sich dem Prinzip der doppelten Buchführung entsprechend die Salden der Leistungs-, der Kapital - und der Vermögensübertragungsbilan z einerse its und der Saldo der Devis enbilanz andererseits entsprech en. Dies wird aus statistischen Unzulänglichkeiten jedoch nie erreicht. Ein Grund liegt u.a. darin, dass häufig aus steuerlichen und politischen Gründen Finanztransaktionen nicht gemeldet werden . Probleme gibt es auch bei der Erfassung des Dienst leistungsverkeh rs, insbesondere der Einnahmen und Ausgaben der Tourismusbranche . Deshalb wird der Saldo der statistisch nichtaufg liede rbaren Transaktionen (Restposten) zum rechne rischen Ausgleich der Gesamtbil anz eingefügt.
2.2 Die Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland Einen vereinfachten Überblick über die deutsche Zah lungsbilanz des Jahres 2008 gibt Abb . E.15. Deutlich erkennbar ist der hohe Handelsbilanzübe rschu ss (Ausfuhr minus Einfuhr) , der trotz der anderen negati ven Bilanzs aIden der Leistung sbilanz (Dien stleistungen und laufende Übertragungen) diese mit einem positiven Ergebni s abschließen lässt. Sichtbar ist zudem der sehr hohe Betrag nicht aufgliederbarer Transaktionen . Das Minus bei den Direkt invest itionen und den übrigen Kapitalanlagen (ausge nommen der Wertpapiere) weist die Bundesrepublik Deutsch land als bedeutenden Kreditgeber und als Quelle ausländ ischen Direktinvestitionen aus. Dem zusammengefassten Saldo der Leistung sbilanz und der Vermö gensb ilanzübertragungen (der Erhöhung der Netto-G1äubigerposition) in Höhe von + 164,8 Mrd. Euro steht ein Nettokapitalimport in gleicher Höhe gegenüber (Saldo von Kapitalbil anz , nicht aufg lieder ba ren Transakt ionen und den Veränderungen der Währung sreserven) .
227
228
Makroäkonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungsw esen
Teilbil anz
Betrag Mrd. €
Leistungsbilan z:
Außenhandel (Sal do)
+ 181,3
Einfuhr (fob) + 835, I Ausfuhr (fob) - 1.016,4 Dienstleistung en
- 28, I
dar unter: Reiseverkehr - 34,8 Erwerbs- und Vermögenseinkom men
+ 44,7
Laufende Übertragungen
- 33, I
Sa ldo der Leistun gsbilanz Saldo der Vermögensübertragun gen
+ 164,9 - 0,1
Kapit albil anz:
Direktinvestitionen
- 89,8
Wertpapi ere
+ 43,9
Finanzderivate
- 25,6
Kredit verkehr
- 129,9
Sa ldo der Kapitalbilanz
- 201,4
Veränderungen der Währung sreserven zu Tran saktionswerten (Zunahme : -) Saldo der nicht aufgliede rbaren Transakti onen Abb. E.15. Vereinfachte Zahlungsbilanz der BRD (2008) . Quelle: Deutsche Bundesbank (2009)
-2,0 + 38,6
Makrookonomie - Volkswirtschaftliches Rechnungswesen
3. Wiederholungsfragen 0
I.
Welche Funktionen erfüllt die VGR? Lösung S. 199
0
2.
Anhand welcher Berechungsmethoden kann das BIr ermittelt werden und welchen Politikbereichen bzw . Zeithorizont dienen diese in erster Linie als Information sgrundlage ? Lösung S. 200 f.
0
3.
Warum ist der Produktionswert nicht als Maß für die gesamte Wert schöpfung eine r Volkswi rtschaft in einer bestimmten Periode gee ignet? Lösung S. 202
0
4.
Wori n unterscheidet sich das ß1P vom BNE und wie ist ihre A ussagekraft für unterschiedliche Politikbereiche einz uschät zen? Lösung S. 207
0
5.
Warum ist die Entw icklung der Lohnquote nicht in jedem Fall ein Indiz für eine »ungerechte« Verteilung des Faktoreinkommens? Lösung S. 209
0
6.
Wie bestimmt sich de r Offenheitsgr ad einer Volksw irtschaft? Lösung S. 211
0
7.
Aus welchen Größen setzt sich die Berechung des BIP nach der Verwendungsseite zusammen ? Lösung S. 211
0
8.
Wie verändert sich die Lohnquote in folgenden Fälle n: (i) die Lohnsätze pro Stun de der beschäftigten Arbeitnehmer steigen; (ii) der Anteil der Selbständigen an den Erwerbstätigen steigt; (iii) in einer Rezession gehen die Gew inne stark zurück; (iv) die Zahl der Arb eitslosen steigt? Lösung S. 2 11
0
9.
Was untersche idet das nomin ale vom realen BIP und warum wird dem rea len BIP eine höhere Aussagekraft zugemessen? Lösung S. 2 12 f.
0
10.
Warum gibt das BIP ein unvo llständ iges Maß für die öko nomischen Akti vitäten eine s Lande s ab? Lösung S. 213
0
11.
Was versteht man unter ausländisc hen Direktinvestitionen und wo werden diese in der ZB aufgeführt? Lösung S. 225
0
12.
Welche zent ralen Argumente stützen die Zwei fel am BIP als Wohl stand sindikator generell und für intern ationale Verg leiehe im Besonde ren? Lösung S. 2 17 ff.
0
13.
Wie verä ndert sich der Wert des ß1P, wen n ein Pfarrer seine Haushälterin heiratet? Lösung S. 216
0
14.
In wie viele Teile untergliedert sich die Za hlungsbilanz und wie werden diese bezeichnet ? Lösung S. 223
0
15.
Was versteht man unter einem positiven bzw . negativen Außenbeitrag? Lösung S. 211, 224
229
Makroökonomie Theoretische Grundlagen l.
Das Preisniveau-Einkommens-Diagramm
234
1.1
Die gesamtw irtscha ftliche Na chfrage
235
1.2
Das gesamtw irtscha ftliche Angebot
238
1.3
Makro ökonom ische Gleichgew ichte
244
1.4
Anwendung des Preisniveau- EinkommensDiagramm
1.4.1
Nachfrage rückgang
1.4.2
Negativer Angebotsschock
245 245 247
2.
Alternative Stabilitätskonzeptionen
249
2.1
Die neokla ssische Stabilitätskon zept ion
2.2
Die keynesianische Stabil itätsko nzeption
249 254
3.
Wiederholungsfragen
266
232
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
Lernziele dieses Kapitels Die Stud ierenden sollen nach der Lektüre dieses Kapitels die ma kro öko nomischen Zusammenhänge vers tehen, die Steigung und Niveau der gesamtwirtschaftli che n Angebotsund Nac hfrag efunktio n im Pre isniveau- Einkommens-Di agramm begründen. die Ursachen für Schwa nkungen in der wirtsc haftlichen Entwicklu ng im gesamtwirtschaftlichen Tot alm odell vera nscha ulichen können. anha nd des Prei sn iveau- Eink ommens-Di agr amm s a bleiten können, wie der Staa t alternativ auf Na chfrag e- und Angebotsschoc ks reagieren kann. die wese ntliche n ko nze ptionelle n Unte rsc hie de zwi sche n keynesianischer und neoklassischer The orie kennen. die wirt schaftspoliti schen Schlussfo lgerungen aus den beiden Leh rme inun gen skizzieren und aktu ellen Disku ssionen zuordnen können.
Wäh rend über die wirtschafts politisc he n Zie le unter Ökonomen und Politikern weitestgehe nd Einigkeit besteht, herrscht über die anzuw endend e Strategie und den lnstrurnentenmix, der zur Zie lerreichung führen soll, Uneinigkeit. unterschiedliche theoretische Konzepte in der Makroökonomie
Im Gegensatz zur Mikroökonomie treffen in der Makroökonom ie unterschiedli che theoret ische Konzepte und Lehrm einungen aufeinander, die sich bis we it in die wirtsc haftspolitische Disku ssion hinei n verfolgen lassen. Letzteres ist nicht ungewöh nlich, da Wirtschaftspolitik als angewa ndte The orie sowi e Politikberatun g seitens der Wissenschaftlicher nie werturteilsfrei sein kann. Besonders deutl ich lassen sich die unte rschiedlichen Konzeptionen an der Frage fest mache n, ob der Staat mittels Fis kal- und Geldpol itik Konju nkturpolitik betreiben kann und soll. Die Opt ion wirtschaft spolitischer Einfl ussnahme zur Stab ilisierun g der wirtschaftliche n Entwicklung basiert au f der keynesiani schen The o rie (»K eynesian ismu s«). Jene, die mehr auf die Selbstheilun gskräfte des Marktes setzt, steht für die neoklassische Konzepti on (»Neokl assik«).
Keynesianismus
Der » Keynesianisrnus« beruht au f den theoretischen Arbeiten von John M. Keynes, dem wohl bedeut end sten Nationalökonomen des 20. Jahrhund erts (188 3 - 1946). Sein Standardwerk »Allge meine Theorie der
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
233
Beschäft igung, des Zinses und des Geldes« von 1936 war die Antwort auf die Weltwirtschaftskrise von 1929 und stellte die bis dahin vorherrschende makroökonom ische Denkw eise auf den Kop f. Bei den Verhandlungen zum Versailler Vertrag war er br itischer Delegierter und trat kurz vor dessen Ab schluss zurück, weil er die Reparat ionszahlungen für Deutschland als »ökonornisch widers innig« kritisierte. Die Ideen von Keynes erlangten vor allem nach dem Zwe iten Weltkrieg weite Verbre itung in der volk swirtschaftlichen Theorie und auch in der prakti sche n Politik vieler Lände r. Bis Anfang der 70er Jahre stellte der Keynesianismu s die vorherrschende volk swirtschaftl iche Lehrmeinu ng dar. Proble me bei der praktischen Umsetzung keyne sianischer Konzepte - vor allem nach den beiden Ölkrisen in den 70er Jahren und theoretische Kritik ließe n die Bedeutung des Keyne sianismus zunehme nd schwinden. In neue ster Ze it werden die Lehren des legendären englischen Ökonomen aber wieder aktuell. Die Theoriebildung der »Ne oklassik« hatte ihre I-Iochphase über die vorletzte Jahrhu ndertwende. A ls» Keyne sianische Gegenrevolution« prägen ihre Vorstellungen j edoch erst seit Mitte der 70er Jahre die wirtschaftspolitischen Konzeptionen in fast allen entwi ckelten Ländern der Welt und in internationalen Organisationen wie beispielsweise dem Intern ationalen Währungsfond s. Maßgebl ich beteili gt an diesem Konzept ionswec hsel war u.a. der amerikanische Nationalökonom Milton Friedman (194 6-1982), dessen Buch »Ca pitalism and Freedom« sehr große Popul arität erlangte . Sein Na me ist zudem sehr eng mit dem sogenannten »Monetaris mus« - eine der Neoklassik verwandten Schule, die ihr Augenmerk auf die Geldpo litik richtet - , ver bunden. Wesentlich e Elemente dieser Konzeption basieren auf den Vorstellungen der »Klassik«, die eben bis Ende der 20er Jahr e des letzten Jahrhunderts das Denken und Handeln in der Makro ökonom ie bestimmte. Berühmte Vertr eter der Klassi k sind neben Adam Smith (1723-1790) der Bevölkerungstheoretiker Thomas Malthu s (1766-1834), der Markttheoretiker Jean Baptist Say (1767-1832) sowie der Auß enhandelstheoretiker David Ricardo (1772-1823). Bevor die zentralen Unterschiede der beiden Theor iekonzepte »Keynesianismus« und »Neoklassik« sowie die hieraus folgende n wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen systematisch gegenübergestellt werden, wird zunächst das Preisniveau-Einkomme ns-Diagramm vorgestellt, das in der Makroökonom ie zur graph ische n Erläuterung dient. Mit Hilfe dieses Diagramms lassen sich die Ursachen für diverse Zielve rfeh lungen, wie sie bereits im vorangeg ange n Kapitel diskut iert wurden, vereinfacht und verständlich darstellen. Zudem kann man dami t konzeptionelle Unterschiede in der Wirtschaftspolitik verdeutlichen und die Konsequenzen wirtschaftspolitischer Maßnahm en nachvollziehen.
Neoklassik
Monetarismus
Klassik
234
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
1. Das Preisniveau-EinkommensDiagramm Generell werde n Höhe und Entwic klung der bedeutendsten makroö konomischen Variablen - Wachstum, Preisni veau und Beschäft igung durch das Zusa mmensp iel von gesamtwirts chaftlic her Nac hfrage (GN) und gesa mtwirtschaftl ichem Angebot (GA ) bestimmt. Abb . F. I macht diesen Zusammenhang auf verständlic he Weise deutlic h. Das verwendete Preisniveau -Einko mme ns-Diagramm zeigt hier eine Ausgangssituation, wie sie üblicherwe ise zur Untersuchung gesamtw irtschaftlic her Zusam menhänge verwendet wird .
Ic
+
+
.
G
+
(Ex - Im)
I
p
GAlfr
gesam twi rtsc haftlic he Nachfrage
...
GAkfr
Beschäft igungsstand Preisniveau Wachstu m
+ gesamtwi rtscha ftl iches Angebot
L------,!;,.,..,....-----..B1P BIP Vollb
Abb. F.l. Zusammenspiel von gesamtwirtschaftlicher Nachfrage und Angebot
Auf der senkrechten Achse ist das Preisniveau (P) abge tragen und auf der waagerechten das reale BIP ode r Volkse inkommen (Y). Die Kurve der gesam tw irtschaftl ichen Nach frage (GN ) wei st die Güte rmengen aus, die Haushalte, Unterne hmen, der Staat und das Ausland bei unterschiedlichem Preisniveau kaufen wollen. Entsprechend zeigt die Kurve des gesamtwirtschaftlichen Angebots (GA) - hier dargestellt in kurzfristiger und langfristiger Betrachtung jene G üterrnengen, die Unternehmen zu verschiedene m Preisniveau herstellen und verkaufen möchte n. Der Schn ittp unkt der Kurven entspricht dem realen B1P bei Vollbeschäftigung in langfristiger und kurzfristiger Sicht. Bere its die Bezeic hn ung der Achsen verdeutlicht, dass dieses Diagra mm nicht mit der mikroökonomischen Angebots- und Nac hfrage analyse gleichgeste llt werden darf. Die jeweiligen Funktionen können hier nicht als unm ittelbare Ursache- Wirk ungs-Beziehung interpreti ert
235
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
we rden (al so nicht: mit ste igendem Preisn iveau sinkt die ge samtwi rtschaftliche Nachfrage ). Hinte r den ges amtwi rtschaft liche n Funktionen stehen best immt e Konst ellationen au f makroökonom ischen Te ilmärkten (Gütcr-, Geld-, Kap ital- und Arb e itsmarkt). Nur unter Einbeziehung d ieser Märkt e lassen sich verständliche Au ssagen zur Lage und Steigun g der jewei ligen Funktionen und deren Verände rungen mach en.
1.1 Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage Die gesa mtwi rtsc haft liche Na chfrage (GN) lässt sich aus der Verwe ndu ng sse ite der VGR bestimmen (siehe Kap . »Vo lkswirtschaft liches Rechnungswc scn «) und setzt sich aus dem privaten Konsum (C) , den pr ivaten Investition en (I) , den staatlichen Investit ions- und Kon sumausga ben (G) sowie dem Außenbeitrag, der Differenz zw ischen den Exporten (Ex) und den Imp orten (Im) zu sammen. In mod ifizierter Form ergibt sich damit: GN
=
Komponenten der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage
C + I + G + (Ex - Im)
Für die negat ive Ste igun g der ges amtw irtschaft lichen Nachfrage werden üblich erw eise drei Begründunge n angeführt:
Die Steigerung begründet:
Keynes- Zin ssatzejJekt : Sinkt da s Preisn iveau benötigen d ie W irtschaft ssubje kte we niger Geld fü r den allt ägl ichen Kau f von Güt ern. Die Kasse nhaltung für Transaktionszwecke geht zurück . Dadurch verbleibt ihnen mehr Geld für zinstrage nde Anlagen. Durch den ve rmehrten Kau f von fes tve rzins lichen We rtpapie ren stei gen die Kurse (siehe Kap. »Makroökonornie - The oretische Gru ndla gen«, Abschn. 2), woraufhi n au f dem Kap italmarkt au fgru nd des inversen Z usammen hangs zwischen Wer tpapie rkursen und Zinssätzen tend enziell die Zinse n sinken . Unte r der Voraussetz ung zinsabhängiger Investitionen kommt es zu einem Ans tieg der Investit ionen (I), so dass c.p. auch das real e BIP steigt.
... der KeynesZinssatzeffekt
A ls Transfor mationsmec hanis mus kann der Keyn es- Effekt folg end ermaßen gesc hrieben we rden: P
t
~ MD
t
~ Kwp
t~ it
~ I (i)
t ~ GN t ~ BIP t
wo bei MD für die Geldnachfrag e nac h Tr an saktionskasse steht und Kwp für den Kauf von festverzi nslichen Wertp apieren.
Pigou- VermägensejJekt : Be i einem Rückgang des Preisniveaus fühlen sich die Kon sumenten wohlhabender. Die s erm utigt sie zu höheren Ausga ben. Dadurch erhöht sich die nachge fragte Güterm eng e (C) auf dem Güterma rkt und c.p. auch das rea le BIP.
... der PigouVermögenseffekt
236
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
Der Pigou-V ermögenseffekt kann wie folgt geschrieben werden: P!
--+
reales Ge ldvermögen
t --+ c (V) t --+
GN
t --+
BIP
t
wobei C (V) darauf hindeutet, dass hier der Konsum auch als abhängig vom Verm ögen angenommen wird.
... der MundellFleming-Wechselkurseffekt
Mundell-Fleming- Wechselkurseffe kt: Die von der Pre isni veau senkun g au sgelöste Zi nssatzsen kung führt auf dem Devisenmarkt zur Abwertung der Inland swährung. Der Grund ist die zunehmende Nachfrage nach ausländischer Währung, wei l d ie niedrige ren Zinssä tze zu einem Kapitalabzug ins Au sland führen. Mit einer Abwe rtung der heim ischen Währung nehmen die Exporte zu, da in Folge der Ab wertun g die heimisch en Güter fü r das Au sland bill iger werde n. Umgekehrt we rde n au sländ ische Güter für die hei m ische Volk swirtschaft teur er und die Importe gehe n z urück, womit der A ußenbei trag und damit c.p. auch das reale ß1P ste igt. Als Trans formationsmecha nismus schre ibt sic h der Mundell- Flem ingWechselkurseffekt folgendermaße n: P! Ex
--+
MD!
t und Im!
--+ --+
K wp t GN
--+
t --+
i ] ß1P
--+
ND t und A€
t --+
Abwertung
€ --+
t
wobe i ND für die zunehmende Na chfrag e nach Devisen (au sländi sche Zahlungsm ittel) steht und A€ für das zunehmende Angebot an € (de r heimischen Währu ng). Spezialfälle
Ein Rückga ng des Preisn iveau s führt mithin aufgru nd der ob en ge nannt en Effekte auf verschie denen Tei lmärkten zu einer höheren realen ges amtwi rtschaftlichen Nachfrage und umgekehrt. Folgende Spezia lfä lle begründe n einen senkrechten, d.h. einen vom Pre isniveau unabh äng igen Verlauf der ge samtwirtsch aftl ichen Nachfragekurve:
Investitionsfalle
Die Investitions/alle: Damit bezeichn et man eine Situation, in der die Investition sgüternach frage nicht au f Zinss atzän der ungen reagi ert. Die Investitionen sind zinsunelastisch. Diese Annahme spielt in der keynesianische n The orie eine besond ere Roll e, kommt hier doch eine ge wisse Ske psis gege nübe r der Vorh ersage der Investitionsg üternachfrage zum Au sdruck. Keyn es selbs t deut ete wied erholt an, dass d ie Investor en be i ihren Entsc heidungen von sog . »animal spirits« ge leitet werden. Es gilt: I
Liquiditätsfalle
t --+
G N konstant --+ BIPkonstant
Die Liquiditäts/ all e: In der Liqu iditätsfalle sind die Zinsen so nied rig und die Wertp apie rkur se so hoch, dass alle Wirtschaft ssubjekte einen
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
237
Kurs ver fall e rwarten und deshalb ihre Wertpapi ere zu ve rkaufen gedenk en, um stattdesse n das Geld in der Spekulationskass e zu halt en od er zusätzliches Geld, das ihnen zur Verfügung gestellt wird, komplett als Barge ld in der Spekulationskasse halten wollen, ohn e dass es einer weiteren Zinssenkung beda rf. Die Geldnach frage ist vollkommen zinselastisch (siehe Kap. »Makroökonomie - Theoretische Grundlagen«, Abschn. 2). Es gilt:
4
M~ t
---;>
i konstant ---;>
Ikonstant
---;>
BI P konstant
Sowohl bei der Investitions- als au ch bei der Liqu iditätsfall e hab en Ände runge n des Preisni veau s kein en Einfl uss au f die Investition en. Der Keynes-Zin ssatzeffekt versagt. Während in der Liqu iditätsfalle die Investitionen zwar auf Zinssenkungen reag ieren würden, es aber bei eine r Erhöhung der rea len Geldmenge erst gar nicht zu einer Zinssenkung kommt, geht man bei der Investitionsfall e zwar von einer Z insse nkung aus , j edoch ve rände rn sich dadurch die Investitionen nicht. Lage und Verschi ebungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage ergeben sich aus Änderungen der ihr zugrunde gelegten einzelnen Bestimmung sgrößen .
Verschiebung der gesamt wirtschaftlichen Nachfragekurve
Eine Vers ch iebun g nach links ergibt sich z.B., we nn sich die Wirtschaftssubje kte entscheiden, zwecks Zukunftsvorsorge mehr zu sparen. Die Meng e der nachgefra gten Güt er ist nun bei jedem Preisniveau geringer. Pessi mis tische Zukunftse rwartunge n könn en die Investition en redu zieren und ebenso zu eine r Linksve rschie bung führen, wie ein Rückgan g der Staatsaus gab en und/od er eine Redu zierun g des Auß enbeitrags (Saldo aus Exporten und Importen).
... nach links
Zu einer Ver sch iebung nach rec hts - die Menge der nac hgefrag ten Güter ist bei jedem Preisniveau höhe r - kommt es, falls die Haushalte entsparen, die Investoren aufgrund eine s verbess ert en Investitionskl imas ihre Investitionsgütern ach frage erhöhe n, der Staa t vermehrt Ausgaben tätigt und/oder der Außen beitrag ansteigen.
... nach rechts
Expansive (kontraktive) fiskal- und geldpol itisch e Maßnahmen verschieben die gesamtwirtschaftlich e Nachfrage kurve nach recht s (links). Eine Versch iebu ng nach rechts tritt z.B. ein, wenn die Einkommensteu er gese nkt wir d - vora usgesetzt, der Kon sum ist vo m laufend en verfügbaren Einkomme n abh ängig - oder we nn die Ze ntralbank die Zinssätze senkt und zinsabhängige Investitionen vorliegen.
238
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
1.2 Das gesamtwirtschaftliche Angebot Die Kurve des gesamtwirtschaftlichen Angebots (GA) informiert über die Mengen an Waren und Dienstlei stungen , die Unternehmen bei einem bestimmte n Preisniveau anbieten. Die Ste igung hängt ab von:
Die Steigun g der ges amtwirtschaftliche n Angebotskurve hängt von der Flexibilität der Löhne und Preise sowie der Ab weichung zw ische n der von den Wirt schaftssubj ekten erwarteten und der tats ächli chen Inflat ionsrat e ab. Da beide Faktoren je nach Betrachtungs zeitraum untersch iedlich zu beurt eilen sind , wird zwische n einer langfristigen (senkrecht en) und kurzfr istigen (po sitiv ansteigenden) Ang ebot skur ve unterschieden. Sind die Löhne vollkommen flex ibel ode r entspr icht die erw artete Inflationsrate der tatsäch lichen verlä uft die gesamtwirtschaftliche Angebotskurve senkrecht.
... Lohnflexibilität
Vollkommen flex ible Löhne bringen das Ang ebot und die Nachfrage auf dem Arbe itsm arkt immer zum Ausg leich. Im Gleichgewi cht herrscht Vollbesch äft igung. Zum gle ichgewichtigen Reall ohn findet jeder, der arbeiten will , auch eine Beschäft igun g. Das mit Hilfe dieser Besch äftigung und nach Maßg abe der gesamtw irtschaftlichen Produktionsfunktion herge stellte BIP ent spricht dem Vollbeschäft igun gsoutput.
I/p ...--+---i-----+-.=------l--1~ BIP
BIP
AN
111
A
=
r (A, K,TF)
IV
Abb. F.2. Voll kommener Arbeitsmarkt und gesamtwirtschaftliche Produktion
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
In Abb ildung F.2 ist im Quadranten 11I der Arbei tsmarkt in der bekannten We ise dargestellt (sieh e Kap. »Mikroökonomie - The oretische Grundlagen «). A rbe itsange bot (AA) und Arbeitsna chfrage (A N) sind abh äng ig vom Reallohn (I/p) . Bei eine m Reallohn in Höhe von lo/po ste llt sich das Besc hä ftigungs nive au A v ein, das wegen der Annahme völlig flexibl er Löhne gleichzeit ig der Vollbes chäftigung entspricht. Im Qu adr ate n 11 kennzeichnen die Kur ven unte rschiedliche No mi na llohn nive au s. Ein e N om ina llo hnsa tzkurv e, die we ite r vom Urspr ung entfernt ist, repräsenti ert einen höheren N ominallohnsatz als eine No mina llohnsa tzkurve, die näher am Ursprung liegt. Das N omina llohnniveau 10 in Verb indung mit dem Prei sniveau Po erg ibt das g leichgewichtige Reallohn niveau lo/po. Im Quadranten IV ist d ie gesamtwirtsc haft liche Produktionsfunktion abgeb ildet. Produkt ions funkt ion en ge be n ei ne rein funktionale Beziehung zwisc hen Output und Input an. Ihre Lage und For m ist übli cherweise dur ch die Inputfaktoren Kap ital (K) , Arbe it (A) sowie den Te chnischen Fortsc hri tt (T F) und de m Gesetz der abnehmenden Gr enz erträge bestimmt (siehe Kap. »Ma kroökonomie - Ausg ewäh lte Politikbereiche«, Absch n. 3). Letzteres ergibt sich aus der Annahm e, dass kurzfristig nur de r Faktor Arbeit als varia bel betrachtet w ird, wohingegen der Kap itale insatz und der Technische Forts chritt als kon stant angenom men we rden . In der darge stellten Form nimmt das BIr mit zunehme nde m Einsa tz des Fakto rs Arbeit zw ar zu, aber ebe n mit abnehmenden Zuwach sraten . Im Quadraten I ist im Preisniveau-Einkomm ens- Diagramm da s ge sa mtwi rtschaftli che Ang ebot (GA = B1Pv ) abgetragen, w ie es sich bei dem g leic hgewi chtigen Lohnsatz lo/po (Vollbeschäft igun g) au f dem A rbei tsmarkt und nach Ma ßgab e der gesamtwi rtschaft lichen Produkt ionsfunktion eins te llt. Um de n senkrechten Ve rl auf der gesamtw irts cha ft lichen A ngebots kurve in lange r Frist nac hvoll ziehen zu können , so ll zun äc hst angenomm en werden, dass de r Nomina llo hn bei gegebenem Pre isnive au von 10 auf h steigt, wom it ebenfall s der Realloh n steigt (von lo/Po auf lI/PO) und sich auf dem Arbeitsma rkt ein Angebotsüberschuss einstellt. Auf einem vollkommen wettbewerb liehe n Arbeitsmarkt bleibt dieser Ange botsü bersch uss jedoch nicht lange bestehen. In Konkurrenz um das knappe Arbeitsplatzang ebot we rden die Haushalte sic h gegenseitig unterb ieten. Der Nom ina llo hn fällt, bis wieder das alte g leichgew ichtige Beschäftigungsniveau erre icht ist. Eine Erhöhung des N omina lloh ns erh öhte zw ar kurzfristig das Ar beitsang ebot, eine Steigerun g der Produktion bzw . des BIr ging damit aber nich t einher, da die Arbeitgeber in diesem Modell grun dsätzlic h nur
239
240
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
bereits sind , bei sinkende m Reallohn mehr Arb eitskräft e ein zustelle n. Es gi lt: I
t
---,>
... Inflationserwartungen
---,>
l/p
t
---,>
A A (l/p)
t und AN(l/p) t
---,>
A A > AN ---,> I
t
---,>
l/p
t
GAkonstant
An genommen, da s Preisn iveau stei gt au f PI. In diesem Fall w ürde bei gege benem Nominallohn der Reallohn sinken , sofe rn der Nominallohn nich t exakt an die Preisn iveau entwicklun g angepa sst wird. Ist d ies aber der Fall - entspricht die bei den Lohnverhandl ungen unterstellte erwartete Inflationsrate der tat sächli chen ve rlä uft die ges amtw irtscha ftliche Angebotskurve ebenfalls senk recht. Au f den Ar beitsmarkt bezogen bedeutet die s, dass das Prei sni veau und de r N om ina llohn imme r im gleichen Ve rhält nis steigen bzw . fall en. Steig t das Pre isniveau beispiel swe ise um 3 % auf PI und das Nominallohnniveau um 35 auf h erg ibt sic h de r Reallohn l j/p, der glei ch ist dem Reallohn la/po. Dam it bleiben das Reallohnniveau und info lgedesse n die Beschäft igung kon stant und es kommt zu ke iner An gebotsänd erung. Es gilt: P
t
---,>
I
t
---,>
(l/p )konstant
---,>
ANkonstant und A\onstant ---,> Bkonstant ---,>
GA (B)konstant wobei B für Beschäft igun g steht und das gesam twirts chaft liche Angebot auch von der Höhe der Beschäft igu ng abhängt. starre Nominallohnsätze
Liegen die Nomin allöhne nach unten starr über dem Gleichg ewic htslohn - se i es au fgrund von Gewerkschaftsmach t oder staatlich vorge ge be nen Mindes tlöhnen - besteht auf dem Arb eit smarkt Arb eitslo sigkeit. Komm t es nun zu Preisniveau steigerun gen, bedeut et d ies niedrigere Reall öhn e, wodurch die Unte rneh me n zu ve rmehrte r N ac hfrage nach Arbeitskrä ften und erhöhtem Gü teran gebo t angeregt we rde n. Bei inflexiblen N omina llöhn en nach unten oder verzögert en Lohnanpassungen an ein verändertes Pre isni veau we ist die GA -Kurv e bis zum Vollbeschäftigungsgle ichgewicht eine positive Steigung auf. Da s gesa mtwi rtschaft liche An gebot ist al so po siti v abh än gi g vom Preisniveau, die An gebo tskurve verläuft ste ige nd. Allerdings gilt d ieser Z usamme nhang nur solange , w ie der Arb e itsmarkt noch nicht ge räumt ist. Im Fall von Vollbesch äftigun g lässt sich die Besc hä ftigungs me nge durch sinkende Reallohnsätze nicht mehr ste igern, so das s die ges amtwirtschaftl iche An gebotskurve im Preis-M engen-Diagramm senkrecht verlä uft. Voraussetzu ng für die ansteige nde A nge botskurve ist hierb ei j edoch, dass die Arbe itnehm er die Reallohnsenkung nicht wahrnehme n (al so der Geldillusion unterli egen) und d ie Preisn iveau erh ebun g nich t dur ch
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
eine Nominalloh nerhö hung zu komp ensieren versuche n, die Arbei tgeber ihrerseits diesen Rückgan g der Reall öhn e j edo ch erkennen . Abb. F.3 verdeutlicht diesen Sach verhalt.
P
11
::
....
·1'························
~
i ....•..
!!!,-" ,
Geldillusion
I~ GA .
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'.
241
I'
1 1i
B1P = f(A, K,TF) 111
A
IV
Abb. F.3. Unvollkommener Arbeitsmarkt und gesamt wirtschaftliche Produkt ion
Ausgangspunkt ist der vorgege bene Mindestlohn 10, der bei dem Preisniveau Po dem Reallohn lo/po entspricht. Zu diesem Reallohn fragen die Unternehmer Arb eit im Umfang Ao nach. Unter der vorgegebenen Produkt ionsfunkt ion ergibt sich ein Output in Höhe von ßI Po, der wie derum mit dem Preis niveau Po ko rrespon diert. Die Arbei tslosig keit bem isst sich an der Differenz zwischen der bei diesem Reallohn angebotenen und nachgefragten Arbeitsmenge. Steigt nun das Pre isniveau auf PI , sinkt bei gegebenem Nom inallohn der Reallohn auf 10/p I, die Na chfrag e nach Arbeitskräften steigt von Ao auf A, und das Produktionsniveau erhöht sich von BIPo auf BIP, . Dieser Output ko rrespo ndiert mit dem Prei sn iveau PI. Das gesam twirtschaftliche Angebot verä ndert sich unte r diesen Voraussetzungen mithin in Abhängigk eit vom Pre isniveau, es ist bis zum Vollbeschäftigungsg leichgewicht preiselastisch. Es gilt:
Eine posit ive Steigung der gesa mtw irts chaftlic hen Angebotskurve ergibt sich auch, wen n die tatsächli che Inflati onsrate die erw artete über-
242
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
steigt und diese Abweic hung z.B. aufgrund längerfristiger Laufzeiten der Tarifve rträge nicht sofort korr igiert werden kann. Auf den Ar beitsmarkt bezogen bedeutet dies, dass, so lange die tatsäc hliche Inflation srate die erwartete und in den Lohnverhandlun gen antizipierte Inflationsrate übersteigt, das Reallohnni veau sinkt und deshalb die Arbeitseinsatzmenge und der Output steigen. Da zu vermuten ist, dass Abweichungen zwisc hen der erwarteten und tatsächl ichen Inflationsrate zwar kurzfristig möglich und wahrsche inlich sind, langfristig abe r u.a. aufgründ der Lernfäh igkeit der Wirtscha ftssubjekte verschwinden, erklärt sich also auch hieraus der unterschiedliche Verlauf der kurzfristige n und langfristigen ges amtw irtscha ftlichen Angebot skur ve. Kurzfristig weist die Angebotsku rve eine positive Steig ung auf: langfristig hingege n verläuft sie auf der Höhe des Vollbeschäftigungseinkomm ens senkrecht. Verschiebun g der gesamtwi rtschaft lichen Angebotskurve
A lle Ereignisse , welche die Lage bzw. Verschiebung der langfr istigen gesamtwirtschaftlichen Angebotskurve dete rminieren, wirken in gleicher Weise auch auf die kurzfristige.
... nach rechts
Eine Recht verschiebung der GA tritt ein, wenn sich durch zusätzli che Investit ionen der Bestand an Realkapital erhöht oder sich z.B. durch Zuwanderu ng aus dem Ausland das Arbeitskräftepotenzia l ausweitet. A ls we itere Ursach en komme n eine Verri ngeru ng der Produktionskosten oder techni scher Fortschritt in Betracht. Des Weiteren können wirtschaftspoli tische Maßnahmen wie der Abbau von Investit ionshem mnissen, die Senkung der Lohnnebe nkosten oder die größere Flexibilisierung des Arbeitsma rktes die Produktionsbedi ngungen einer Volk swirtschaft verbessern und zu einer Rechtsverschiebung führen.
... nach links
Als mögliche Ursachen einer Linksversc hiebung der gesamtw irtschaftlichen Angebots funktion lassen sich die oben genannten Grü nde mit umgekehrten Vorzeichen au fführen. Lediglich die Inflationserwartu ngen wirken sich nur auf die Lage der kurzfristigen GA-Kurve aus. Ist die in den Lohnverhandlu ngen antizipierte , erwartete Infl ation srate höher als die tatsächl iche, vers chiebt sich die kurzfristig e GA aufgrund der damit verbundenen Erhö hung der untern ehmeri schen Kosten (die Reallö hne sind gestiegen) nac h links. Ist die tatsächliche Inflationsrate höher als die erwartete bewirkt die eine Rechtsverschiebung der kurzfristigen GA-Kurve .
243
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
Gesamtwirtschaftliche Angebotsfunktion und Konjunktur
Mitunter wird in der Literatur die gesam twirtschaftliche Angebotsfunktion (GA) im Zusammenhang mit unter schiedl ichen Konju nkturphasen gebrac ht. Dabe i wird die GA in drei Te ilabschnitte zerle gt.
p
GA
III
KlassikBereich
II I
NormalBereich
Keynes-Bereich I I I I I
BIPy Ollb . Abb. F.4. Teilabschnitte der gesamtwirtschaftli chen Angebot skurve
Im vo llkomm en elastischen Bereich I (sog. keyne sianischer Bereich) befindet sich die Wirtschaft in einer Reze ssionsphase mit Ar beits losig keit. Eine Ausweitung der Produktion ist aufgrund deutl ich unte rausgelasteter Produkti onskapazitäten auch bei konstanten Preisen möglich. Im preisela stischen Bereic h 11 (sog. Normalbe reich) befind et sich die Wirtschaft im Konjunkturaufschwung. Eine Auswei tung der Produktion geht mit ste igendem Preisni veau ei nhe r. Die Unternehmen rivalisieren verstärkt um die zu nehmend knapper wer de nde n Prod ukt ion sfaktoren. so dass deren Preise steige n. Da die Produktion aber noch nicht übera ll an der Kapazitätsgre nze angelan gt ist, kann bei ansteigendem Preisniveau das Angebot noch ausgeweitet we rden. Im Falle des vollkommen unela stischen Ange bots im Bereich 111 (sog. klass ischer Bereich) herr scht Vollb eschäftigun g. Die Wirtschaft hat ihre Kapazit ätsgrenze n erreicht und befindet sich in einer Boomph ase. Auch eine noch so star ke Zunahme des Preisniveaus bew irkt keine Zun ahme der gesam twirtsc haftlichen Produkti on.
Rezessionsphase
Konjunkturaufschwung
Vollbesch äftigung
244
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
1.3 Makroökonomische Gleichgewichte In Folge nde werden die gesamtwi rtschaftlic he Nachfrage kurve und die ges amtw irtsc haftl iche Angebotskur ve ge mei nsam im Pre isnive au-Ei nkomm ens-D iagramm dargestellt. Die gesam twirtsc haftliche Nac hfrag ekurve ist gemä ß den oben ausgeführten Effekten - hier intere ssiert insbesondere der Keynes-ZinssatzEffekt - typi scherwei se fallend . Tritt die Liquiditäts- oder Investitio nsfalle auf, verläu ft die se Kurve jedoch senkrecht (in der nachfolgenden Abbildung nicht eingezeichnet). Die ges a mtw irtsch aft liche Angebotskurve ve rläuft ge mäß der Annahm e - vor allem nach unten - starrer Lohnsätze (m ithin bei Unterbeschäft igung) oder verzöge rter Lohnanpass unge n bei Inflat ion von links unten nach recht s oben steigend. Bei völlig flexibl en Löhnen (also im Vollb eschäftigun gsfall) oder gleichge richteter Entwicklung von Inflationsrate und Nominallohn verläuft diese Kurve senkrecht. Unterbeschäftigungsgleichgewicht
Schneiden sich die ges amtwi rtschaftli che Nachfrage - und Ange bots kur ve in ihrem jewe ils preiselast ischen Bereich (siehe Abb. F.S.) liegt ein Unte rbesc häftigungsg leichgewi cht vor (BIPo), wie übrige ns auch , we nn der Schn ittpun kt im voIlkomme n elastische n Bereich der gesamtwir tschaftlichen Angebot skur ve liegt (BIP,).
P
ON
ON
B1~ Abb. F.5. Beschäft igungsgleichgewichte
B1P
245
Makrookonomie - Theoretische Grundlagen
In beiden Fällen führten ledigl ich wirtschaftspolitische Maßnahmen, die auf eine Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nac hfrage abzielten zu einem Abbau der Unterbeschäftigung. Im so genannten Nor malbereich ginge diese Politik jedoch mit einem steigenden Preisniveau (Inflation) einher. Eine Ausweit ung des gesamtwirtschaftlichen Angebots (Rechtsverschiebung der GA) wäre im vollkommen preisniveauelastischen Bereic h der gesamtwirtschaftlic hen Ange botsk urve dagegen mit keinen Beschäftigu ngswirkungen verbunden. Schneidet die gesamtw irtschaftliche Nac hfrage kurve mit ihrem pre iselastischen Bereich die gesamtwirtschaftl iche Ange botsku rve in deren pre isunelastischen Bereic h, liegt ein Vo llbeschäftigungsgleichgewicht vor (BIP v ) . Eine Erhöhung des BlP ist in diesem Fall nur über wirtsc haftspolitische Maßnahme n möglich, die an den 13estimmungsfaktoren des gesamtwirtschaftlichen Angebots ansetzen. Eine Erhöhung der gesa mtwirtschaftlichen Nac hfrage führt hier ausschließlich zu einem höheren Preisnivea u. Das B1 P und die Beschäftig ung ble iben davon unberührt.
1.4 Anwendung des PreisniveauEinkommens-Diagramm Mit Hilfe der vorangegangenen Au sfü hrungen lassen sich nun zwe i grundlegende Ursachen für Schwankungen in der wirtsc haftlichen Entwicklung im Preisniveau- Ein kommens-D iagramm ver ansc haulichen : Nach frage rückgang und Angebotssc hock . Die Darstellungsweise wurde dabei so gewählt, dass das Zusa mmenspiel zwischen kurz- und langfristigen Effekten nochma ls deutlich wird.
1.4.1 Nachfragerückgang In Abb. F.6 ist der Fall eines wirtschaft lichen Abschwungs aufgrund eines Nach frage rückgangs dargestellt. Auslöser können beispie lsweise Zukunftsängste sein, we lche die privaten Haushalte zu mehr Ersparn isbildung verleite n.
Vollbeschäftigungsgleichgewicht
246
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
P
GA
I1r
GA'kfr
P
GN GN'
HIP HIP' HIP V Abb. F.G. Nachfragerückgang
Ausgangspunkt ist das langfristige Gleichgewicht in Punkt A mit dem Vollb eschäftigungseinkommen HIPy • Au fgrund des Rückgan gs der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage (von GN auf GN') bewegt sich die Volkswirtscha ft entlang der kurzfr istigen gesamt wirtschaftl ichen Angebotskurve von Punkt A zum Punkt B. Bei der Bewegung von A nach B fällt das Produktionsniveau auf BIP'. Das rückläufige Produkt ionsniveau ist ein Indikator dafür, dass sich die Volk swirt schaft in eine r Rezession befindet. Die Unternehmen reagieren auf niedri gere Umsätze und Produktionsmengen mit einer Einschränkung der Beschäftigung . Es entsteht unfreiwillige Arbe itslosigkeit. Preisflexibilität
Vorau sgesetzt, es besteht eine hinreichende Preisflexibilität ist es möglich, dass ohn e j eden wirtschaftspolitischen Eingriff des Staat es die Rezession durch die Eige nkräfte des Markt es überwund en wird . In diesem Fall hätte das bei gegebenem Preisniveau P durch den Nachfrage rückgang entstehende Übe rangebot ein sinkendes Preisniveau zur Folge . Dies wiede rum erhöhte die Kaufkraft der Wirtschaftssubj ekte. Es würde mehr kon sumi ert, ges part und invest iert, da es infolge der zusätzlichen Ersparnisse auf dem Kapitalmarkt auch zu einer Zin ssenkung käme (siehe Kap. »Makroökonornie - Theoretische Grundlagen«, Abschn. 2). Die GN-Kurve verschiebt sich auf ihre alte Position . Die Arbeits losigkeit würde wieder abgebaut werden .
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
24 7
Fallen die Löhne aufgrund der Konkurrenz unter den Arbeitslos en hinreichend we it, könnte die Verschiebung der GN- Kurve auch durch eine entsprechende Recht svers ch iebun g der GA- Kurve kompensie rt we rden. Die Volkswi rtschaft ge länge langfristig zum Punkt C, wo das Produ ktio nsn iveau ebenfalls wiede r seine ursp rüngli che Positio n je doch bei niedr igerem Preisniveau (Po)- einnähme.
Preisflexibilität
Inflex ible Preise und Löhne (z.B. wegen unzureiche ndem Wettbewerb und Mindestlo hnvorschriften) können marktwirtschaftli ehen Anpassungsprozessen im Wege stehen. Um in diesem Fall wieder einen höheren Produktions- und Beschäftigungsstand zu erreichen , kann der Staat oder die Zentr albank mit Hilfe expansiver geld- und fiskalpolitischer Maßn ahmen (z .B . eine r kreditfinanzi erten Erhöhung der Staa tsausgaben. eine r Reduzierung der Einkomme n- und Körperschaftsteuer oder einer Zinssenk ung) die gesamtwirts chaftliche Na chfrage erhöhe n und die Volkswirtschaft wieder auf den Punkt A zurückführen.
Preis- und Lohninflexibilität
1.4.2 Negativer Angebotsschock Abb. F.7 stellt den Fall eine s Angebotsrückgangs dar, ausgelöst durch einen Angebotssc hock (z.B. durch eine unerwartete Ölpreiserhöhung). Die kurzfristige GA-Kurv e versc hiebt sich dadur ch nac h link s. Die Volk swirtschaft bewe gt sich auf der GA-Kurve von Punkt A zum Punkt B. Das Produktionsniveau fällt auf BIP', und das Preisniveau steig t von P, auf P'. Da die Volkswirt schaft sowohl eine Stagnation (falle nde s oder glei ch ble ibendes Produktionsniveau) als auch ein e Inflation (Pre isniveauanstieg) aufweist, spricht man von einer Stagflation. Eine mögliche wirtschafts politische Reaktion besteht wiederum dar in, die Auswirkungen der Verschiebung der kurz fristigen GA-Kurve durch eine Verschiebung der GN-Ku rve, mit Hilfe geld- und fiskalpolitische Maßnahmen, zu komp ensieren. In diesem Fall bewegt sich die Volkswirtschaft von A über B nach C. Der Outp ut bleibt auf dem durch Vollb eschäftigung vorgegebenen Produktion sniveau, doch das Preisniveau steigt weiter auf P" an.
Stagflation
248
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
P
OAlfr
pli
P'
Pv
, ON' ON 1-
...:---'-
+ BIP
BIP' BIPv Abb. F.7. Negativer Angebotsschock
Eine andere Möglichkeit besteht darin, sich wieder auf die Selbstheilungskräfte des Marktes zu verlassen. In diesem Fall wird das Produktionsniveau eine Zeitlang auf dem Niveau BIP' in der Rezession verharren. Mögliche rweise tritt eine Behebung der Rezession dadurch ein, dass es über Erwartun gsände rungen und flex ible Anpass ungen der Löhne und Preise im Laufe der Zeit zu einer Rückve rschiebung der kurzfristigen GA-Kurve kommt und die Volkswirtschaft wieder den Punkt A erreic ht, in dem die gesamtwirtschaftliche Nach frage die langfristige Angebotskurve schneidet.
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
249
2. Alternative Stabilitätskonzeptionen Wie bereit s im vorherigen Kapit el angemerkt , treffen in der Makroökonomie unterschiedlich e theoretische Konzepte und Lehrm einungen au feinand er. In diesem Kapitel werden die zentralen Unterschiede der zwei fundamentalen Theoriekonzepte, Neoklassik und Keynesiani smus gegen übergestellt. Des Weiteren werd en die hierau s abzuleit end en wirtschaftspolitischen Schlu ssfolgerungen präsentiert. Am Ende dieses Kapit els findet sich dann nochmals zum besseren Verständni s eine systematische Zusammenstellung zu den nachfolgenden Ausführungen.
2.1 Die neoklassische Stabilitätskonzeption Wie bereits angemerkt steht, verein facht ausgedrü ckt, die Opt ion, auf die Selbstheilungskräfte des Marktes zu vertrauen, für die neoklassische Sta bilitätskonzeption. Die Vertreter die ser Lehrmeinun g gehen davon aus, dass die Marktw irtschaft bei entsprechender Flexibil ität der Löhne und Preise und aufgrund der Gültigkeit des Say'schen Theorems prinzipiell zur Stabilität tendiert. Die Volk swirtschaft schafft es aus eigener Kraft, Konjunktursch wankungen und mithin auch Arbeits losigkeit zu bewältigen . Eine systematische Tendenz zu Wirtschaftskrisen gibt es nach dieser Theorie nicht. Störungen sind allenfa lls temp orärer Natur.
Stabilität durch die Selbstheilungskräfte des Marktes
Vorübergehende Arbeitslosigkeit, verursacht durch strukturelle Anpa ssungsprozesse oder einen Nachfrage rückgang würde relativ rasch über den Preismechani smus beseitigt werden. Die infolge der Arbeitslosigkeit einsetze nde Lohnsenkung wäre für die Unternehmen Anreiz genug, mehr Arbeit nachzufragen. Ihre Entscheidung, zusätzlich Arbeitskräfte einzustelle n orientie rt sich - nach Meinung der Vertreter der Neoklassik - nämlich nur an der Grenzproduktivität der Arbeit. Nach frageseitige Restriktionen spielen dagegen keine Rolle , da aufgrund des Say'schen Theorems davon ausgega ngen wird, dass die produzierten Güter auch verkauft werden . Gemäß dem Sayschen The orem schafft sich j edes Angebot seine eigene Nachfrage, denn bei der Produktion von Gütern entsteht wertm äßig in gle icher Höhe Einkommen, das voll wieder zu Nachfrage nach Kon sum- und Inve stit ionsgüte rn wird, wom it sicher gestellt ist, dass die Produktion auch abgesetzt wird. Damit ist allerd ings nicht geme int, dass die Struktur von Angebot und Nachfrage überein stimmen muss (da s in der Rüstungsindu strie ver-
Say'sches Theorem
250
Ma kroä konomie - Theoretisc he Grundlagen
dient e Einkommen muss nicht wiede r für Rüstun gsg üter ausgegeben werde n), sonde rn dass das gesamtw irtsc haftl iche An gebo t mit der ge sam tw irtschaftliche n N achfrage übe reinstim mt. A uch erfordert dieses Theorem nic ht zwinge nd, dass die Haushalte ihr gesamtes Einkomm en ko nsum ieren. Vorau sset zu ng ist nur , dass der nicht fü r Konsum güte r verwan dte Te il des Einkomm ens (die Ersparnisse) in anderer Form vo ll nachfrag ew irksam wird. Für die Ve rtreter der N eok lassik ges chi eht die s in Form von öffe ntl ichen oder private n Inve stit ione n. Den Ausg leic h von Ersparnissen und Investitionen erledigt dabe i der Kapit alm arkt. Kapitalmarkt
Sparfunktion
Am Kap italmarkt treffen Angebot und Nachfr age nach Ersparn is au feinande r. Die Hau shalte bieten ihre Ersparnisse au f dem Kapitalmarkt an, um ihren Kon sum verzicht dur ch Zinsen »kornpensiert« zu bekommen. Nach der neoklassischen The orie ist die Ersparnis (S) dab ei positiv vom Zinss atz (i) abh ängig (S(i)) . Mit steige ndem Zinss atz steigt der Anrei z zum Sparen u.a. wei l die Opportun itätsko sten. die sich aus dem gegenwärti gen Kon sum ergeben, ansteigen . Die Ersparnis se der Haushalte sind das Kap italan gebot, mit dem die Unte rnehmen ihre Investitio nen finan zieren. Od er : Die Unterneh me n fragen diese Ersparnisse nach und tätige n damit gew innb ringende Inves titione n.
Invest itionsfunktion
Grenzproduktivität des Kapitals
Die Inve stitionsnac hfr age ist in neokl assischer Sichtweise ebenfall s vom Zin ssatz , der als Grenzproduktivität des Kapitals defi niert wird, abhängig (10)). Jed och gilt hier, dass mit steigendem Z inssatz die Investitionsnachfrag e sinkt. Die Gren zproduktivität des Kapital s gi bt a n, we lche n z usätz lichen Output die zuletzt eingesetzte Kap ital einhe it ab wirft. Sie wird aus der Produktionsfunk tion abgele itet und ste llt ei ne rein tech nisch e Gr öße dar. Unter der A nnahme par tieller Fak torvariation nimm t das Gr en zprodukt m it steigende m Kapital einsat z ab . Investition en werden so lange durch ge führt , bis die Gren zproduktiv ität des Kap itals g leich dem Preis des Kapital s (dem Marktzins) entspricht. Steigt die Gren zproduktivität des Kap ital s durch tec hnologischen Fortschritt wird bei gegebenem Mar ktz ins meh r investiert. Ein Kap italmarkt glei chgewicht bede utet , dass das gesamte Kapitalangebot der Haushalte von den Unternehm en nachgefrag t wird. Erhöht sich be ispi elsweise d ie Sparn eigun g der Haushalte, versc hiebt sich die zinsabhäng ige Sp ar fun kt ion nach rechts, wei l d ie Haushalte nun bei jedem Zin ssatz mehr Ers parnisse anbieten als zu vor (siehe A bb. F.8) . Da beim bestehenden Zinssatz 0*) nunm ehr ein Überangebot an Ersparn issen besteht, sinkt der Prei s für Kapital, d.h. der Z inssatz, bis bei ia ein neues Gleic hgewicht (E') erreicht ist. Ge kennzei ch-
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
net ist dieses durch höhere Ersparnisse (S1 > S*), höhere zinsabhängige Investition en und niedrige rem Zinssatz (io < i*).
S'( i )
1*
=
S*
So
S, I
Abb. F.8. Neoklassischer Kapitalma rkt
Der Zin s sorgt also dafür , dass der durch die gesunkene Kon sum neigung ent standene Na chfrag ea usfa ll durch höhe re Inve stitionen kompensiert wird. Der Zinsmech anismus zum Ausgleich von Ersparn is und Inve stit ion ist letztl ich die Begründung dafür , dass sich die Unternehmer mit ihrer Arbeitsnachfrag e nicht an der Güternachfrag e, sondern nur am Reallohn orientieren brauchen. Es ist also der Reallo hn bzw. ge nerell der Arb eitsmar kt, der nach neoklass ischer Auffassung für die Höhe des gesamtwi rtschaftlichen Angebots und das BlP in der Volkswirtschaft bestimmend ist. Länger anhaltende Ar beits losigkeit und zu geringes Wachstum ist in der Neoklassi k lediglich die Folge von Unvo llkommenh eiten auf dem Arbeitsma rkt und nicht von zu geringer Nachfrag e. Die Mark tkräfte könn en sich beispielsweise nicht entfalten, we nn der Staat Mindestlöhne vorschreibt oder die Tarifparteien, gemessen an der Grenzproduktivität der Arb eit, »zu hohe« Löhne festlege n. Auch für die Keynesian ische Theorie sind starre Löhne nach unten eine mögliche Begr ündung für Arb eitslosigkeit (siehe Abb . F.3). Jeglich er Ve rsuch eine dur ch Inflexibil ität auf dem Arbeitsmarkt induzierte Arbeitslosigkeit (also Teile der strukturellen Arb eitslosigkeit) durch nach frageor ientierte expansive gc ld- und fiskalpolitische Maß-
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Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
nahmen abzubauen, zeigt - nach Ansic ht der Neoklassiker - bestenfalls kur zfristig Wirkung. Lang fristig führt d ies ausschließlich zu einem höh eren Preisniveau. Die ku rzfristige Wir kung tritt dabe i auch nur dann ein, we nn es, wie bereits im vorherigen Kapitel er läute rt, zu zeitlich ver zögerten Lohnanpass ungen an das sich verändernde Preis nivea u kommt. In A bb. F.9 gibt GAlfr das gesamtw irtschaft liche Angebot be i Vo llbeschäftigung wie der. Aufgrund eines zu hohen und nach unte n sta rren Rea llohn s hat sich in der Vol kswirtsc haft jedoch strukturelle Arbe itslosigkeit verfestig t und das gesamtwirtschaftl iche Angebot verharrt seit geraumer Zeit auf GA'lfr. GAkfrkennzeichnet die bereits bekannte kurzfristige ge samtwirtschaft liche Angebotskurve und GN die gesamtw irtschaftliche Nachfragekurve .
p
P"
t
P' P
GN B1P
?
BIP ,
BIP
Abb. F.9. Der »Strohfeuereffe kt-
Erhöht sich nunmehr d ie Nac hfrage von GN auf GN ', kommt es be i dem ursprünglichen Preisniveau P zu einem Nac hfragüberhang (AB). Die Fo lge ist ein ste igen des Preisniveau. Dieser Pre isni veauanst ieg führt zu Reallohn senkungen und zu einem Anstieg der Beschäftigung und des Produktionsniveaus auf B1P, . (Bewegu ng von A nach C). Diese r Prozess kehrt sich je doc h sofort wieder um, sobal d es den Gewerkschaften gelingt, die Reallo hnsenkung, ausge löst durch Inflation (Preisniveauanstieg von P auf P'), durch eine No minallohnsteigerung zu neutralisieren. Die Volkswirtschaft befindet sich wie der auf de m
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Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
Produktionsni veau BIP, das nun j edoch mit dem Preisni veau P" ko rrespo ndiert (Punkt D). Dieser Anpass ungs prozess lässt sich wie folgt dar stellen : GN
t~
GN > GA ~ P ... bzw . P
t ~ l/p t t
~ I
t
kfr
~ AA
t ~ 13 t ~ B1P t kfr
~ l/Pkonstant~ A\ostant ~ Bkonstant ~
131Pkonstant wobe i B wiederum flir Beschäft igung steht, A A für das Arb eitsangebo t, l/p für den Reallohn und I für den Nomin allohnsatz. Die ser sog . Strohfeuereffekt (Erhöhung und nac hfolgende Senkung des BIP auf sei n ursprü ngli che s Niv ea u) ist dabei umso kürzer, je schne ller die Wirtschaft ssubjekte ihr e Erwartung en an die veränderten Bed ingun gen anpassen (kön nen). Unte r der Voraussetzun g, da ss d ie Wirt scha ftss ubjekte übe r die Entw ick lung des Preisn iveau s vollkomme ne Voraussicht hab en (d ie Inflationsrat e korrekt ant izipieren) , find et diese r A npass ungs prozes s sofort statt.
Strohfeuereffekt
Übe rtragen auf den Arbe itsmarkt bedeut et dies, da ss die tats ächliche zukünft ige Inflat ion srate in den Lohn verha ndlu ngen kor rekt ant iz ipiert wird. Das Reallohnni veau und folglich die Beschäftigung und der Output erfahren letztlich keine Veränd erun g. Led iglich die Z usamme nse tzung des Outputs verände rt sich. Aus Sicht de r N eoklass ik ist die Arbeits los igkeit also langfristig nicht du rch geld- und fiskalp olit ische Maß nahme n zu beeinflussen (PolitikUnwi rksa mkeits-Hypothese). Hö chste ns kurzfristig biete n die se Maßna hmen bei Fehleins chätzung en hin sichtl ich der Infl ation durch die Wirtsch aft ssubjekte die Möglichkeit, auf Produktion und Beschäftigung unter Inkaufnahme vo n Infl ation einzuwirken . Vo rau ssetzung zum A bbau der Ar beits losigkeit ist vielmehr ein e seitens der Tarifpa rte ien auszu handelnde N omina llohnsenkung . Wirtschaftspolitische Konsequenzen A nhand der vorh ergehend en Au sfLihrun gen wird deutl ich, dass Maßnahm en zum Abbau von Arb e itslo sigk eit aus neok lass ischer Sicht direkt am Arbeitsmarkt und nich t am Güt ermarkt ansetzen müssen . Insbesondere ge ht es da rum sä mtliche Hemmni sse, we lche die Lohnfi ndun g »verrnachte n« und die Flexi bilität der Lö hne nach unt en einschrä nke n, zu beseitigen. Aufgr und der von der Ne oklassi k angenomme nen Sta bilität des privaten Sektors bedarf es seitens des Staates und der Notenbanken kein er akti ven Stabil isierun gspoli tik. Gefordert ist stattdessen eine lang fristig au sgerichtete Vers tetig ung der W irtscha ftspolitik . Das polit ische Handeln soll nich t von der aktu ellen Entw ick lung des B1P best immt sein,
Verstetigung der
Wirts chaftspolitik
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Trendorient ierung statt Zyklusorientierung
angebot sorientierte Wirtschaftspolit k
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
sond ern sich auf die Sicheru ng eines ve rgleichswe ise stetigen Wachstum s des volkswi rtsc haftlic hen Produ ktio nspotent ial s au srichten (Trendor ientierung statt Zyk lusorientierung). Die Wirtschaftspolitik soll sich darauf beschränke n, opti male Produktion s- und Angebots bedingung en zu schaffen (angeb ot sorie nt ierte Wirt sch aftspolitik). Hieru nte r fa llen Maßn ahmen zur Pri vatisierung, Deregulierung und Entbürokratisierung und eine aktive Wettbewerbspolitik. Gefordert wird eben so eine potentialorient ierte Geldmengenpolitik, um die Inflationsgefahr einzud ämme n (siehe Kap . »Makroö konom ie - Ausgewähl te Politikbe reiche «, A bschn . I) . Der Fiskalpolitik fa llen in diesem Konzept primär struktur- und allokations politische Aufgaben zu. Die Steuerpolitik ist innovations- und investitionsfreundlich auszugesta lten und Haushaltsdefizite sind zu verm eiden (siehe Kap. »Makroö konomie - Ausgewä hlte Politikbere iche«, Abschn. 2).
2.2 Die keynesianische Stabilitätskonzeption Instabilität als Basishypothe se
Ungült igkeit des Say' sehen Theorems
Diese Konzepti on wirtschaftspolitisc her Einfluss na hme basiert auf der keynesianischen Theo rie. Ihre Vertreter geh en bei der Erk lärun g gesamtwirtschaftli cher Schwa nkungen von der Basishypothe se aus, dass der private Sektor einer Marktw irtsch aft insta bil ist. Die in der Neo klassik viel beschw ore nen »Selbstheilungs kräfte des Markte s« sind ihrer Ansic ht nach in weiten Bereic hen der Wirt sch aft au ßer Kraft gesetzt. So kommt es nicht zu j enen Anpass ungsprozessen, die nach klassische r Auffass ung stets kurzfristige Wach stu msschwankungen ausgleich en und Vollbe schäft igun g herbeiführen. In einer Volk swirt schaft ist folg lich Unterbeschäftig ung eher die Regel und Vollbe schäft igung die Ausnahme. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass die Keynesianer die Gültigkeit des Sayschen Theore ms abl eh nen. Sie stelle n es geradez u au f den Kopf. Na ch Ansi cht der Keynesianer bestimmt nicht das gesamtw irtschaftliche Angebot die gesa mtwi rtschaftlich e Na chfrage, sondern umgeke hrt die Nac hfrag e das Ang ebot. Ge mäß dieser Argumentat ion investieren und stellen Unternehme r nur dann Arbeitskräfte ein, we nn es genügen d Nachfrage für ihre Produkte gibt. Sie werden bei ihrer Nachfrag e nach Ar beitskräften daher neben dem Reallohn auch anderen Faktoren, wie beispiel swei se die erwartete Entwicklung der Nac hfrag e und die Gewinnerwartungen berück sicht igen (mü ssen) .
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Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
Im Ze ntrum der keynesian ischen Theorie steht dah er die gesamtwirtschaftliche Nachfrage auf dem Gütermarkt und nicht, wie in der Ne oklassik, der Arbeitsmar kt. Es ist in erster Linie die gesamtwirtschaftliche Güternachfrag e, welche die Höhe des BIr und der Besch äft igung bestimmt. Ist die Nachfrage auf dem Güterma rkt niedriger als jene, welche für Vollbeschäfti gun g nöt ig ist, so ist Arbeits losigkeit die Folge (siehe Abb. F. I I). Der Arbeitsmarkt hat in der keyne sianischen The orie nur eine Indikatorfunktion.
WAt WAR Zf1ERtT DA: HENNE ODER EI? ANGEBOT ODER NACHFRAGE? Von besond erer Bede utung für die Begründung der Abl ehnung des Say' schen Theore ms und infolgedesse n für die Annahm e der Instabilität des privaten Sektors sind hierbei die von Keynes gewählten Verhaltenshypothesen zum Kon sum verhalten der Haushalte, zum Investitionsverhalten der Unternehmen und zur Geldnachfrage der Wirtschaft ssubjekte. Die keyne sian ische Kon sumfunktion geht von eine r posit iven A bhängigkeit des Konsum s vom laufenden Einkom men aus. Diese so genannte »absolute Einkommenshypo these« wird in einfachster Form wie folgt dargestellt:
Konsumfunktion
Ct =a + bYt
Der Gesa mtkons um C ist eine zunehmende Funktion des laufe nden Einkom mens im Zeitraum t, d.h. je höhe r das Einkom men (Y) , desto höhe r der Konsum . Die Größe b beze ichnet die marginale Konsum-
marginale Konsumquote
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Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
quote. Sie ist zwar grö ßer als null, aber kleiner als eins, da in der Regel - Keynes nennt es das »fundamentalpsyc hologisc he Gcsctz« - nicht das gesamte zusätzliche Einkomme n für Konsum zwecke verwendet wird, sondern nur ein Teil davon. Die marginale Konsumqu ote gibt also an, welcher Anteil eines zusätzlichen Einkommens konsumiert wird. Beispiel sweise werden bei einer marginalen Konsumneigung von 0,75 von einem zusätzl iche n Euro Einkommen 75 Cent konsumie rt und 25 Cent gespart. Die Grö ße a kennzeichnet eine vom laufenden Einkommen unabh ängige (»a utonome«) Kompo nente des Konsums. Aus der Existenz des absoluten Konsums und der Annahme einer konstanten marginalen Konsumneigung folgt, dass der Durchschnittskonsum mit steigendem Einkommen abn immt. Sparfunktion
Ein Spiegelbild der privaten Konsumpläne ist bei Keynes das Sparverhalten der Haushalte, da sich die Ersparnis aus der Differenz von Einkommen und Konsum ergibt. Damit sind die Ersparnisse im Gegensatz zur neoklassischen Sichtweise nicht vom Zi ns, sondern ebenfalls vom laufenden Einkommen abhängig. Die keynesianische Sparfunktion geht von einer positiven Abhäng igkeit der Ersparnis vom laufenden Einkommen aus. Forma l ergibt sich die Sparfunktion als »Restgrö ße« aus der Konsumfu nktion: St = -a + ( I-b)Yt •
marginale Sparquote
Der Ausdruck (I -b) wird als marginale Sparquote beze ichnet und gibt analog zu b an, welcher Anteil eines zusätzlichen Einkommens gespa rt wird. Die marg inale Sparquote und die marginale Konsumquote addieren sich zu Eins. Der einkomme nsunabhängige Tei l der Ersparnis, die autono me Ersparnis (a) ist negativ. Diese Ersparnis fä llt an, um die Ausga ben für den autonom en Konsum tätigen zu können , falls kein Einkommen bezogen wird.
Makrookonomie - Theoretische Grundlagen
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Alternative Konsumfunktion
Die Vertreter der Klassik nehmen eine negative Abhängigkeit des Konsums vom Zinssatz an . Je höher der Zinssatz ist, desto höher sind die üpportunitätskosten eines Haushalts, da er im Falle des Konsumverzichts höhere Zinserträge aus seinen Ersparnissen erzielen könnte. Deshalb ist der Kon sum umso höhe r, je niedriger der Zin ssatz ist. Auch Keynes hat u.a. mögliche Zinswi rkungen auf den Kon sum nicht ausgeschlossen, hielt a ber das laufenden Einkommen für den wichtigsten
Einflussfaktor. Die rel ative Einkommenshypothese von Duessenberry geht davon aus, dass die Höh e des Konsums von der relativen Posit ion eines Individuums in der Einkommenspy ramide abhängt: Bezieher niedriger Einkommen weisen eine höhere marginale Konsumquote aus , weil sie sich am Konsumverhalten der Bezieher höherer Einkommen orienti eren. Die Habit-Persistence- Einkommenshypothese von Brown nimmt an , dass Haushalte sich an ihrem gewohnten Konsumniveau orientieren. Ihnen fällt es schwerer, ihr Konsumniveau zu ändern a ls die Höhe ihrer Ersparnisse. Im Falle eines vorübergehend geringeren Einkommens redu zieren die Haushalte ihren Konsum nur unterproportional stark (so gen annter »Sperrklinkeneffekt« ), so dass die marginale Kon sumquote relativ hoch ist und umgekehrt. Die Leben szyklushypothese des Konsums von Modigliani hält nicht nur das gegenwärtige, sondern das erwartete Lebenseinkommen für den wichtigsten Bestimmungsgrund de s Kon sum s. Wirtsch aftssubjekte nehmen aufgrund positiver künftiger Einkommenserwartunge n in der frühen Phase ihres Lebens Kredite au f, bilden in ihrer aktiven Arbeitsphase Ersparnisse (Vermögen) und leben in ihrer späten Lebensphase von den Ersparni ssen . Dam it fließt letztlich auch das Vermögen a ls Bestimmungsgrund in die Konsumfunktion mit ein. Die monetaristische Konsumfunktion von Friedman - auch permanente Einkommenshypothese gen annt - nimmt eine positive Abh ängigkeit des Kon sums vom perm anenten Einkommen an, wobei da s permanente Einkommen das Durchschnittseinkommen ist, das über einen längeren Zeitraum von den Wirtschaftssubjekten als »norrnal« angesehen wird . Im Gegensatz zur keynesianischen Konsumfunktion beeinflussen kur zfrist ige Einkommensänderungen das Konsumverhalten dahe r nicht. Erst wenn die se so gen annten tran sitorischen Einkommen sich als dauerhaft gegeben verfestigen, haben sie eine Wirkung auf das Konsumverhalten . Im Ergebn is folgt aus der perm anenten Einkornmenshypothese, dass der priv ate Sektor einer Volkswirtsch aft we sentlich sta biler ist als von den Keynesianern angenommen . Zudem ist die se Unte rscheidung in den Verhaltenshypothesen für wirtschaftspolitische Maßn ahmen, die nur kurzfristiger Natur sind, nicht unerheblich. Quelle: modifiziert nach Richert, R. (2007), »Makroökonorntk - schnell erfasst ", S. 48 ff).
klassische Konsumfunktion
relative Einkommenshypothese
Habit-Persistence-Einkommenshypothese
Lebenszyklushypothese
permanente Einkommenshypothese
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Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
Im Gegensatz zur neoklassischen Au ffassung, nach der Sparen Voraussetzung für höhere Investitionen, höhere Produkt ion und Beschäftigung ist, bedeutet nach keynesianischer Auffassung Sparen Nachfrage ausfall.
Sparparadoxon
Investitionsfunktion
Eine erhöhte Sparneigung impliziert eine geringere Gesam tnachfrag e und löst somit einen wirtschaftlichen Abschwung aus. Dieser lässt die Produkti on, das Einkommen und die Beschäftigu ng nur weiter sinken. Zum Abb au von Arbeitslosigke it hilft deshalb nicht »mehr sparen«, sondern »weniger sparen«. Was für den Einzelnen in einer Krisensituatio n zwecks Zukunft svorsorge rational ist, ist im Ergebnis für die Volk swirtschaft insge samt irratio nal (so gena nntes Spar paradoxon). Ein Ausweg aus dieser Situation ist nur über eine expansive staatliche Na chfragepolitik mögli ch. Wie in der Neoklassik ist die von Keynes verwendete Investitionsfunktion ebenfalls eine fallende Funktion des Zinssatzes, d.h. mit sinkendem Markt zins nehmen die Investitionen zu und umgekehrt. Allerdings unterscheide n sich die beiden Lehrmeinungen in ihrer Begründung . Während sich gemäß der Neoklass ik die Investoren bei ihrer Investitionsentscheidu ng ausschließlich an der Grenzprodu ktivität des Kapitals und dem Zinssatz orienti eren, bestimm t bei Keynes der Vergleich von Z inssatz und Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals die Entsche idung für oder gege n zusätz liche Investitionen.
Grenzleistungsfäh igkeit des Kapitals
Die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals entspricht dem internen Zinsfuß, der die Verzin sung des eingesetzte n Kapitals für ein Investitionsprojekt misst. Der interne Zinssatz ist der Zinssatz, bei dem der Barwert der Netto einnahmen - die abdiskontierten erwarteten Erträg e aus einem Investition sprojekt dem Anschaffungskosten entsprechen. Liegt der interne Zinsfuß höher als der Marktzinssat z, lohnt sich die Investition, liegt er niedriger, lohnt sie sich nicht. Weil mit steigendem Marktzinssat z die Wahr scheinlichkeit steig t, dass der interne Zinsfuß niedriger ist als der Markt zinssatz. ergibt sich eine negative Abh ängigkeit der Investitionsnachfrage vom Marktzinssatz. Im Idealfall erlaubt die Bestimmung des internen Zinsfuße s eine Rangfolge der Inve stitionsprojekte wie sie in Abb. F.1O darge stellt ist. Je höher der interne Zin sfuß, desto lukrativer ist ein Investition sprojekt. Je höher der Marktzin s (i), desto weniger Investitionsprojekte erfüllen die Bedingung interner Zin sfuß (r) > Marktzin s (i), so dass die Anzahl der durchgefLihrten Investit ionsprojekte bei steigendem Marktzi ns abnimmt. Für das Unterne hme n wird es damit zunehmend lohnender, vorhande nes Geldkapital anzul egen bzw. au f die Au fnahm e von Fremdkapital zu verzichten.
Makrookonomie - Theoretische Grundlagen
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15 1
Abb. F.10 . Invest it ionsprogramme und Grenzleistungsfä higkeit des Kapita ls
Bei einem Zinssatz von i werden gemäß der Abb . F. IO die Invest itionsprojekte I bis 3 durchgefLihrt. Fällt der Markt zinssatz weiter auf i 1 wird auch das Investitionsprojekt 4, das einen niedrigeren internen Z insfuß hat als die anderen Projekte, noch real isiert . Unterstellt man beliebig viele Projekte, erg ibt sich eine Investitionsfunktion in Abhän gigkeit des Markt zinses , die von links obe n nach rechts unte n ver läuft. Da die Grenz leist ungsfäh igkeit, anders als die Grenzproduktivität des Kap itals, eine auf Erwartungen aufba uende Größe ist, sind in diesem Fall für die Investitionsent sche idung alle Fakto ren relevant, die die se beeinflussen. Dazu gehören beispiel swei se geld - und fiskalpolitische Maßnahmen, Veränderungen in der Weltwirtsch aft ode r einfach nur persönliche Launen , gep rägt durch irrationale Wellen von Optimi smu s und Pessimismu s (»an imal spirits«), So kann es nach Keyne s be i wechselnden Stimmungslagen zu einer Veränderung der Investitionsnachfrage kommen, obwohl sich an der Produktionsfunktion und damit an der Grenzproduktivität des Kapita ls und dem Marktzin s nicht s geändert hat. Dies liegt dara n, dass z.B. bei einer Verbesserung der wirtsc haftlic hen Aussichten Ver mutungen über Ein nahmeüberschüsse im Inve stitionskalkü l nach oben korrigiert werden . Somit steigt die Gren zleistungsfähigkeit an und das Investitionsvolumen wächst. Nach der neok lassischen Theorie würde sich die Investitionsgüternachfrage hingegen in der gleichen Situat ion nicht ändern.
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Investitionsfalle
Geldnachfrage
Spekulationskasse
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
Umge kehrt bed eutet dies aber auch , das s Zinsä nde runge n nicht zwinge nd die Invest ition stät igke it beeinflu ssen , sofern das gesamte » Inves titionsklima« gegen eine Verhaltensänderung spricht. Wir befinden uns in der » Investitionsfalle« . Veränd erungen des Preisni veau s, des Nominallohns und des Zinssatzes (ausgelöst durch entsprechend e geldpolitische Maßnahmen) haben kein e Auswirkungen au f die Inve stition en, der Keynes-Zinssatz- Effekt tritt nicht ein. Wie die Neoklassik begründet auch Keynes die gewünschte Bargeldhaltung der Wirt schaftssubjekte (die Geldnachfrage) mit der Höhe und Anzahl der Transakt ionen , welche die Wirt sch aftsubjekte durchzuführen wün schen . Dabe i wi rd davon ausgega ngen, dass die benötigte Kasse für Tr ansakt ionszwecke mit steig endem Einkommen zunimmt. Anders als die Neoklassik unter stellt Keyne s den Wirtschaft ssubjekten jedoch zusätzlich eine Kassenh altun g aus Spekulationsgründen. Die Spekulationskasse enthä lt nach Keyn es die Barge ldbeträge, die zum sp äter en Kau f von fest ver zinsl ich en Wertpapieren ve rwe nde t werden sollen, um daraus Einkommen aus Geldvermögen zu erz ielen . Maßstab für die Bemessung dieses Einkommens ist die Effektivverzinsung (Re ndite) dieser Wertp apiere. Der Effe ktivzi ns hän gt von dem garanti ert en N ominalzins und dem erz ielte n Kursgew inn bzw . Kursverlu st ab . Allg em e in berechn et sic h die Rendite bzw. die Effek tivverzinsung dieser Anlagefo rm nach der Forme l: Nominalzi nssatz x Nom inalwe rt Rend ite = Effek tivve rzinsung Kurswert Der Effekti vzin s ist eine Kenngröße zur Bewertung de s Wertp ap iers zum Ze itpunkt seiner Fälligke it. Beispiel: Ein festverzinsli ches Wertpapier m it einem Nominalwe rt von 100,- € hat einen Nominalzins von 5 %. Der Kurswert beträgt 103,- €. Bei e iner Laufze it von genau einem Jahr ergibt sich dann eine effektive Verzinsung (Rendite) von 4,85 %. Steigt nunm ehr aufgrund der Mar kteinschätz ung der Kurswert d ieses Wertpapiers auf 105,- €, sinkt hierdur ch der Effek tivzi ns au f 4,76 %. Sinkt die Nachfrage nach festverzinsliche n Wertpapieren, so da ss es zu einem Kursverfall auf 98,- € kommt, steigt die Effektiverzinsung auf 5, I0 %. Die Effektivv erz ins ung und der Kur s eines fe stverzin slichen Wertpapiers sind umgekehrt proportional. Die Höhe der gepl ante n Geldnachfrage zu Spekulationswecken hängt letztlich von den Erwa rtung en übe r die zukünftige Zinsentwicklung
Makrookonomie - Theoretisc he Grundlagen
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festverzinslich er Wertpap iere ab. Die Erwartunge n bilden sich dab ei aus dem Vergleich eines als »norrnal« angesehenen durch schn ittlich en Zinsniveaus und dem aktuellen Zinssatz. Liegt der aktuelle Zin ssatz über dem als »norrnal« angesehenen Zinsnivea u, erwarten die Wirtschaftssubjekte sinkende Zinsen. In diesem Fall wün schen sie dann das Bargeld, das sie nicht für Transaktionszwecke benötigen, aus spekulativen Gründen eher in der Spekulations kasse zu halten . Denn bei zukü nftigen niedrigeren Zinssätzen sind die damit negativ korrelie rten Wertp ap ierkur se hoch und die Effektivverzin sung der aktuell geka uften Wertp apiere wäre dann entsprechend ger inger . Lieg t der aktu elle Zinssatz unterhalb dem als »norrnal« angesehenen Zinsnive au, herr schen mith in niedr ige Zi nse n vor, erwarte n die Wirtschaftssubje kte steige nde Zinsen. In diesem Fall wünsche n sie weniger Spekulationskasse zu halten. Den n bei hohen Zinssä tze n sind die dam it nega tiv korr eli erten Wertpap ierkurse niedri g (= Effektivverzins ung hoch) , so dass die Wirtscha ftssubje kte jetzt schon Wertpapiere kaufen, weil sie einen zukünftigen Kur sanstieg (= niedri gere Effektiv zerzinsung) erwarten . Im Extremfall ist der Zins so niedri g und die Wertpapi erkurse so hoch , dass all e Marktteiln ehm er eine höhere Effektivverzi nsung bzw. einen Kurs ver fall , aber keine wei te re Zinsse nkunge n erw arten. Jegli cher Versuch, mitt els eine r Erhöhung der Geldm enge über eine verstä rkte Nachfrage nach Wertpapieren eine Zinssenkung zu er reichen, scheitert . Das zusätzliche Geld wi rd in der Spekulationskasse ge halten und der Geldpolitik ge lingt es nicht, über eine Zinsse nkung - als negati ves Korrelat zu dem Kursanstieg, ausgelöst durch die vermehrte Nachfrage nach Wertpapieren - die Invest itionen und dami t die ges amtwirtschaftliche Nachfrage zu stimulieren. Es liegt die Liquiditätsfalle vor.
Zusamme nfassend ka nn festges tellt werd en, da ss die Ver treter der key nesi anische n Theorie davon ausgehen, dass der Kon sum au fgrund se ine r Abh ängigkeit vom lau fend en Eink omme n relati v instab il, die Zinselastizität der Investition en relat iv ge ring (= Investitionsfall e nicht ausgeschlo ssen) und je ne der Geldna chfrage relat iv groß (= Liq uiditätsfall e nicht ausgeschlo ssen) ist. In der Kon sequ en z ist dah er nicht immer siche rgestellt, dass die Transmissi onsmec hanismen, wie sie von der Neok lassi k unterstellt werde n, auch eintreten. Im Gegensatz zur N eoklassi k ist unter diesen Annahmen, die Keynes zum Konsum- und Investition sverhalt en sowie zur Barge ldnachfrage der Wirtschaftssubj ekt e macht e, kein eswegs gesic he rt, dass die Wirtschaft tend enziell stabil ist sowie j edes Güterangebot auch abgesetzt we rde n kann und infolgedesse n vo n der Nachfragese ite au ch keine
Liquiditätsfalle
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Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
Störungen ausgehen könn en . Nur in A usnahmefällen mag die gesamtwirtschaftlich e Nachfrage gerade so groß se in, dass bei der Produktion des gesamtwirt schaftl ichen Angebots, das zur Befried igung der gesamtwirtschaftl ichen Nachfrage erfo rde rli ch ist, Vollbeschäftigung herrs cht. Unterbeschäftigungsgleichgewicht ...
trotz Reallohnsenkung
Wird Unterbeschäftigung durch eine zu geringe ge samtwirtschaftliche Nachfrage hervorge rufen, hilft zum Abb au der Ar beits losigkeit auch keine Realloh nsenkung, ausge löst durch eine No m inallohnsenkung oder Infl at ion . Die größere Produktionsmenge wü rde aufgr und der fehlenden Nachfrage keinen Absatz finden . In Abb . F.II ist im erste n Quadranten das gleichgew ichti ge BlP (BIP o) dur ch die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage bestimmt. Das Produktionsni veau bei Vollbeschäft igung BIPv kann nicht realisiert werd en, we il d ie Nac hfrage nicht au sreicht, um da s bei dies em Beschäftigungsn iveau erzeugte Angebot aufzun ehm en . Übe r d ie Produktion sfunktion im vierten Quadranten erhä lt man d ie für da s Produktion sn iveau BIP o er forderliche Besch äftigungsmen ge (1\0). Überträgt man die se auf den Arbe itsmarkt im dritten Quadranten , erhält man über die Arbeitsnachfragekurve die ma xima le Besch äftigung, die von den Unternehmen nachgefragt wird. II
P
GA
A'
BIP (A, K,TF) III
A
IV
Abb. F.ll. Konjunkturelle Arbeitslosigkeit im Totalmodell Über eine Nominalloh nsenkung, ausgedrückt durch eine Ver sch iebun g der Nom inallohnkurve im zweiten Quadranten nach recht s unten von 10 auf L, ließe sich zw ar übe r die damit verbundene Reall ohn senkung
Makrookonomie - Theoretische Grundlagen
263
(von b/po auf lv/po) zwar Vollbeschäftigung erreichen. Der mit diesem Einsatz an zu sätz lichen Arbe itskräften produzierte Output (BIPv ) könnte aber nicht abgesetzt werden. Bei gleichbleibendem Preisniveau (Po) bestünde nunmehr eine Nachfragelücke in Höhe der Strecke EB. Die Unternehmer werden daher auf keinen Fall mehr Arbeitskräfte einstellen, als sie zur Produktion von B1Po benötigen. Die Beschäftigung wird vollständig von der Nachfrageseite bestimmt und hat nichts mit der Höhe der Reallöhne zu tun . Daher kann Arbeitslosigke it in diesem Fall auch nicht durch Reallohnsenkungen bekämpft werden. Im Gegenteil, die se würden über den dam it verbunden Nachfrageausfall das Problem der Arbeit slosigkeit noch weiter verschärfen. Das eigentliche Problem liegt wieder in der Rationalitätsfalle . Zwar ist es für das einzelne Unternehmen in einer schlechten Konjunkturlage durch aus sinnvo ll, über niedrigere Löhne und geringere Kosten seine Wettbewerbsposition gegenüber seinen Konkurrenten zu verbessern. Falls aber alle Unternehmen so vorgehen, sinkt die Kaufkraft der Haushalte, wodurch die gesamtwirtschaftl iche Nachfrage nur noch weiter geschwächt wird . Wie aus der Abbildung deutlich wird, bedarf es zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit statt einer Lohnsenkung expansiver geld- und fiskalpolitischer Maßnahmen z ur Erhöh ung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage (Verschiebung der GN-Funktion nach rechts). Allerdings ist eine derartige Politik mit einem Preisn iveauanstieg verbunden. Dieser Z ielkonfli kt zw ischen »hohern Besch äftigungsstand« und »Preisniveaustabilit ät« ist für die Wirtschaftspolitik von großer Bedeutung. Daher wird dieser Sachverhalt im Z usammenhang mit der Phillipskurve später nochmals aufgegriffen.
Rationalitätsfalle
Zielkonflikt
Wirtschaftspolitische Konsequenzen
Die vorausgegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass sowohl der Staat als auch die Notenbank mit Hilfe fiskal- und geldpolitischer Maßnahmen eingreifen müssen und können, um ein Ungleichgewicht zu beseitigen. Ihnen fällt die Aufgabe zu, eine kurzfristig ausgerichtete anti zyklische Stab ilisierungs- und Beschäftigungspolitik zu betreiben . Dabei hat der Einsatz eines differenzierten Instrumentariums, je nach konjunktureller Lage, fallweise (diskret ionär) zu erfolgen. Die Ausrichtung der Stabilisierungspolitik liegt dabei auf den ge samtwirtschaftlichen Größen (Konzept der Globalsteuerung). Hin sichtlich der Eingriffe im mikroökonomischen Bereich werden dem Staat jedoch Gren zen gezogen, um den Rahmen der marktwirtschaftliehen Ordnung zu wahren. Der Staat soll nur Anrei ze für die privaten Wirtschaftssub-
antizyklische Stabilisierungs- und Beschäftigungspol iti k
Konzept der Globalsteuerung
264
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
j ekt e schaffe n, die jene zu eine m bestimmten Verhalten ve ranlassen sollen (Einsatz marktkonformer Instrum ente). Dominanz der Nachfrageseite
... und der Fiskalpolit ik gegenüber der Geldpolit ik
Die Maßnahme n der Globalsteuerung setzen vorwiegend auf der Nachfrage se ite an, da die Gültigkeit des Say'sch en Theorem s bestritten wird . Zw ar sind g ute Angebotsbeding ung en von großer Bedeutung, do ch produziere n Unternehmen nur , we nn sie eine entsprechende Na chfrage erwarten können. Warum sollt e ein Unte rnehme r bei einer stagnierend en Nachfrage und fre ien Kapazi täten mehr Beschäftigte eins tellen, nur wei l die Löhne etwas gesunken sind? Folgli ch muss die ges amtw irtschaftliche Nachfrage ein bestimmt es Niveau aufweisen, bei dem die Anb ieter au fgru nd ihrer gewi nnorientierten Absatze rwartunge n bereit sind, die Produktion auf ei ner solchen Höhe zu halt en, bei der das Arb eitskräftepot ent ial voll ausgeschöpft wird. Nac h keyne sianische r Sichtweis e liegt die Hauptl ast der Sta bilisi erungspolitik auf den Ausga ben- und Einnahmeva riationen des Staa tshau shalt s (Dom inan z der Fiskalpolitik). Sie beeinflus sen die ges amtwirtscha ftlic hen Kompo nenten direkt und hab en gut progno stizierbare mult iplikative Mengeneffekte (siehe Kap. »Makroökonornie - Au sgewählte Pol itikbereiche«, Abschn. 2). Dagegen ersche ine n die Maßnahm en bzw. Wirkun gen der Geldpolitik unsicher und setzen mit erhebl ichen Zei tverzöge rungen ein. Im Falle der Existenz der Liquiditäts- und Investitionsfall e nützt die Geldpol itik überhaupt nicht zu r Anregung von Produktion und Beschäftigung. Abb. 1'.12 enth ält eine zusamme nfassende Gegenü berstellung der hier vorgestellten stabilitätspolitischen Konzepti onen.
Makrookonomie - Theoretische Grundlagen
265
Keynesianismus Allgemeine Zuordnung
Basishypothesen
Wesentliche Annahmen I Verhaltens hypothesen
Wirtschaftspolitische Konsequenzen
·· · ··
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nachfrageorientiert kurzfristige Sichtweise dominiert interventionistische Staatsauffassung Ordnungs- und Prozesspolitik Dominanz der Fiskalpolitik gegenüberder Geldpolitik (Fiskalismus) Instabilität der Wirtschaft Ungültigkeit des sayscnen Theorems ~ Die Güternachfrage bestimmt die Höhe der Beschäftigung und des BIP diskretionäre, antizyklische Wirtschaftspolitik ist notwendig und möglich Konsum ist abhängigvom laufenden Einkommen Sparen ist einkommensabhängig Investitionen sind wenig zinselastisch Investitionsfalle ~ ~ Bedeutung des crowding-out-effect gering Zins bildet sich am Geldmarkt Geldnachfrage (Bargeldhaltung) auch zu Spekulationszwecken (Spekulattonskasse) ~ Liquiditätsfalle Arbeitsnachfrage ist nur bedingt reallohnabhängig Zielkonftiktzwischen Arbeitslosigkeitund Inftation Gefordert wird: diskretionäre, antizyklische Wirtschaftspolitik zyklischer Budgetausgleich
Neoklassik Allgemeine Zuordnung
Basishypothesen
Wesentliche Annahmen I Verhaltenshypothesen
Wirtschaftspolitische Konsequenzen
··
·· · ··
· ·· · ·· · · ··
·· ·· · ··
angebotsorientiert langfristige Sichtweise dominiert liberale Staatsauffassung mehr Ordnungs- als Prozesspolitik Dominanz der Geldpolitik gegenüberder Fiskalpolitik (Monetarismus) Stabilität der Wirtschaft (»Selbstheilungskräfte des Marktes«) Gültigkeit des say'scnen Theorems ~ Der Arbeitsmarkt bestimmt die Höhe der Beschäftigung und des BIP diskretionäre, antizyklische Wirtschaftspolitik ist nicht notwendig und nicht möglich Konsum ist abhängigvom permanenten Einkommen Sparen ist auch zinsabhängig Investitionen sind hoch zinselastisch ~ crowding-out-effect bedeutsam Ausgleich von Ersparnis und Investitionen auf dem Kapitalmarkt Zins bildet sich am Kapitalmarkt Arbeitsnachfrage hängt von Reallohn ab Langfristigkein Zielkonftiktzwischen Arbeitslosigkeit und Inftation Gefordert wird: Verstetigung der Wirtschaftspolitik Verbesserung der Angebotsbedingungen Wettbewerbspolitik potentialorientierte Geldpolitik produktivitätsorientierte Lohnpolitik Haushaltskonsolidierung und jährlicher Budgetausgleich Schaffung eines leistungsorientierten, investitionsfreundlichen und innovativen Steuersystems Deregulierung Flexibilisierung des Arbeitsmarktes
Abb. F. 12. Keynesianismus versus Neoklassik
266
Makroäkonomie - Theoretische Grundlagen
3 . Wiederholungsfragen 0
1.
Welche Effekte begründen den negati ven Ver lauf der gesamtw irtsc ha ftliche n N ac hfragek urve? Erläute rn Sie diese Effekte! Lösung S. 235
0
2.
In welchen Fällen ver schiebt sich die ge samtwirtsch aftliche Nachfrage nach rechts (links)? Lösun g S. 237 f.
0
3.
Wa s ve rste ht man unt er der Liq uidi täts- und Investition sfalle? Lösung S. 236
0
4.
W ie wirken sich die Abweichungen de r erw arteten und tatsächlichen Inflationsr ate auf die ge samtwirtsch aftl iche Angebotskurve aus? Lösun g S. 240
0
5.
Erläute rn Sie je ei n Be isp iel fü r eine Links - bzw. Rechtsverschi ebung der gesamtwirtschaftlichen A nge botskurve ! Lösung S. 242
0
6.
Welchen Einfl uss hat de r Zeithor izont auf den Verl auf der gesamtwirtschaftlichen Angebotskurve? Lösun g S. 242
0
7.
Wie unterscheiden sich die einzelnen Teilab schnitte der gesa mtwirts chaft lichen A ngebots kurve in Bezug auf unterschied liche Konjunkturphasen ? Lösung S. 243
0
8.
Warum zwe ife ln di e Keyn esianer an der Gültigkeit des Say ' schen The orems? Lösung S. 254
0
9.
Welchen Konflikt be schreibt das Spa rparadoxon? Lö sung S. 258
0
10.
Welche Funktion kommt dem Arb eitsmarkt in den beiden Lehrmeinungen zu? Lösun g S. 251, 255
0
11.
Was ist de r Unters chied zw ischen G renzproduktivi tät de s Kapitals und Grenzleis tungs fä hig keit de s Kapital s? Lö sun g S. 259
0
12.
Ein Wertpapier (Nominalwert 100,- €) wird mit 4,5 % ve rzi nst. W ie hoch ist der Kurs dies es Pap iers, we nn der Effektivzins 5 % betr ägt ? Lösun g S. 260
0
13.
Welche Gründe könnten Unterne hme n trot z deutl ich er Z insse nkunge n von zusätzliche n Investit ion en abhalten ? Lösung S. 259 f.
0
14.
Wie zin selastisch beurteilt Keynes die Inve stitionen und die Ersparnisse? Lös ung S. 261
0
15.
Was vers teht man unter di skretion äre r Wirtsch aft sp ol itik? Lösung S. 263
Makroökonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik l.
G r und beg r iffe
270
1.1
Ord nung spolitik versus Prozes spolitik
270
1.2
Träger der Wirtschaftspolitik
272
2.
Der Zie lka ta log
276
3.
Stetiges und a nge messenes W irtschaftswachstum
279
3.1
Begründ ung des Wachstu msziels
280
3.2
Operationali sierung von Wach stum und Konjunktur
281
3.3
Der idealtypisc he Konjunkturverlauf
282
3.4
Wachst um und Konjunkturentwicklung in Deutschland
289
Ursachen für Wachstumsprobleme und Konj unkturschwankungen
293
3.5
4.
Hohe r Besch äfti gun gsst and
296
4.1
Begründung des Ziels »hoher Beschäftigungsstand«
296
4.2
Operationalisierung des Beschäftigungsziels
297
4.3
Ursachen von Arbeitslosigke it
300
4.3.1
Die friktio nelle Arbeits losigkeit
301
4.3.2
Die saisonale Arbeitslosigke it
302
4.3.3
Die konj unkture lle Arbeitslosigke it
302
4.3.4
Die strukturelle Arbeitslosigkeit
304
5.
Sta bilitä t des Preisni veau s
312
5.1
Begrün dung des Z iels »Stabilität des Prcisniveau s«
312
5.2
Operationali sierung der Preisniveaustabilität
315
5.3
Ursachen von Preisniveauinstabilität
319
5.3.1
Nachfragein duzierte Inflation
319
5.3.2
Angebotsindu zierte Inflation
320
5.3.3
Gel dmengen inflatio n
321
268
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
6.
Außenwirtsc haftlic hes Gleichgewi cht
325
6.1
Begründung des Z iels
325
6.2
Operationalisierung des Zie ls
327
6.3
Ursac hen von außenwirtschaftliehe n Ungleichgewic hten
328
Wied erholungsfra gen
331
7.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
Lernziele dieses Kapitels Die Studierend en sollen nach der Lektüre dieses Kapitels den Unterschied und das Zusammenspiel von Ordnungs- und Proze sspol itik kennen und verstehen . die wichtigst en T räger der Wirtschaftspolitik kennen und hinsichtlich ihrer Bedeutung einschätzen können . die Bedeutung der wirtsch aft spolitischen Ziele und ihre möglichen wech selseitigen Beziehungen kennen . die wicht igsten Indikatoren zu den jeweilig en Zielen kenn en und kritisch einschätzen können . die Ursachen für mögliche Z ielve rfehlunge n herl eit en können.
Im deut schsprachigen Raum wird innerh alb der Wirt schaftspol itik gene rell zwi schen Ordnungspolitik und Proze sspolitik unte rschieden. Dieses Kapitel besch äftigt sich einleitend mit dem Untersch ied und dem Zusammen spiel zw ischen diesen beiden Aufg abenbereichen . Je nachdem, welcher Stellenwert diesen beiden Aufgabenb ereichen in der prakt ischen Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik zukommt, wie stark von der Prozesspolitik Gebrauch gemacht wird und welch e Instrumente dabei zum Einsatz kommen, best immt nicht zuletzt die ideologische Grundposition der T räge r der Wirtschaftspol itik. In einem Abschnitt wird daher auch kur z auf die T räger der Wirtschaftspolitik eingegangen. Das Hauptaugenmerk richtet sich innerhalb dieses Kapitels auf die Disku ssion der wirt sch aft spolitischen Ziele , die üblicherwei se im Rahmen der Proze sspolitik angestrebt werden . Die Vorgehen swei se ist dabei immer gle ich. In einem ersten Schritt wird auf die Argum ente eingegangen, die das j eweil ige wirtschaftspolitisch e Ziel begründen. Anschl ießend werden die wichtig sten Indikatoren zu den jeweiligen Zielen genannt und kritisch beleuchtet. In einem letzen Schritt werd en dann die Ursache n für mögliche Zielverfehlungen unter sucht.
269
270
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
1. Grundbegriffe 1.1. Ordnungspolitik versus Prozesspolitik Die Unter sche idung in Ordnungs- und Proze sspolitik ist vor allem im deutsc hsprac higen Raum üblich . Ordnungspolitik
Der Begriff »O rdnungspolitik« bezeic hnet alle rechtlic h-organisatorischen Maß nahmen, die auf die Beeinflussung derjenigen Faktoren abzielen, die den Rahmen, in dem sich die wirtschaftlichen Aktivitäten der Haus ha lte, Unternehmen und des Staates voll zie hen, festlege n. Diese Maß nahme n sind im Allgemeinen so angelegt, dass sie langfristig Bestan d haben . Die allgemeine Ordnungspo litik stellt dabei auf die Grund frage ab, we lche s wirtschaftliche Lenk ungssystem die Einzelpläne de r Wirtschaftssubj ekte koord inieren soll. Ergebn is der Entsc heidung kann eine Marktwirtschaft sei n, jedoch genauso eine Zentralverwaltungswirtschaft oder ein anderes Wirtschaftssystem . Die spezielle Ordnungspolitik bezieht sich auf alle Maß nahme n, die auf die Erhaltung, Verbesserung und Anpassung der einmal gewählten Wirtsc haftsord nung geric htet sind.
I Wirtschaftspolitik I I
------
Ordnungspolitik
.r>:
I
Prozesspolitik ---------------
Allgemeine Ordnungspolitik
Spezielle Ordnungspolitik
1
1
Bestimmung der Wirtschaftsordnung
1 Stabilitäts- und Wachst umspol itik
z.B. Wettbewerbspolitik
Abb. G.!. Ordnungspolitik versus Prozesspolitik
In einer Marktwirtschaft besteht spezielle Or dnungspolitik vor allem aus der Schaffung und Erhaltung eines funktionierenden Preissyste rns, der Definition von Eige ntumsrec hten und I-Iaftu ngsregeln sowie einer
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
2 71
konsequenten Wettbewerbspolitik. Sie beinhaltet zude m die Festlegung von Grundregeln für da s Verh ältni s der Wirtschaftssubjekte untereinand er (z.B. die Tarifautonomie), die Schaffung von Institutionen (beispie lsw e ise e iner unabhängigen Nationalbank oder eines Sach verst ändig enrats), die als T räger der Wirtschaftspo litik agi er en, sow ie die Ausgestaltung ihrer Kompeten zen für Eingriffe in da s Wirtschaftsgeschehen . Prozesspolitik umfasst alle diejenigen Maßn ahmen, mit denen innerhalb des ordnungspolitischen Rahmens die für ökonomische Ent scheidungen relev anten Daten beeinflusst werden.
Prozesspolitik
Es ver steht sich von selbst, da ss die Wahl de s Grundtypus der Wirt sc haftsordnung die Instrumente und Ziele der Pro zesspolitik vorformen . Handelt es sich um die Wirtschaftsordnung einer Marktwirtschaft stehen generell nur so genannte »marktkonforrne« Maßnahmen z ur Disku ssion, also Maßnahmen, die nicht den Grun dprinzipien einer Marktwirtschaft widersprechen. Beispielsweise werden dah er Mind estlöhne von Vertrete rn der reinen Marktwirtsch aft abgelehnt, da sie das freie Spiel de r Marktkräfte im Marktpreisbildungsproze ss außer Kraft setzen. Ty pische Maßnahmen der Prozesspolitik sind die Variation von Steuers ätzen, von Sub ventionsbeiträgen oder von Zinssätze n zur Bee influssung von privaten Investitionen. Generelles Ziel der Prozesspolitik ist es, die Entwicklung der Ge samtwirtschaft so zu steuern, dass be stimmte Ziele w ie die Vo llbe schäftigun g, Pre isniveaustabil ität und Wach stum er re icht werden . Die Proze sspolitik steht desha lb vor allem in der Trad ition de s Keynesiani smu s.
In diesem Sinne beschäfti gen sich die nachfolgenden Kapitel die ses Buches mit Prozesspol itik bzw . Stabilitätspolitik. weil es hierbe i letztlich darum geht, mit Hilfe verschiedener wirtschaftspolitischer Te ilgebiete (vor allem mit Geld- und Fiskalpolitik) Schwankungen in der wirtscha ftlichen Entwicklung zu glätten und die Wirtschaft auf e inem stabilen Wachstumspfad zu halten.
Stabilitätspolitik
2 72
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolit ik
1.2 Träger der Wirtschaftspolitik D ie nachfolgende Abb. G.2 gibt einen Überbli ck über die Träger der W irtschaft spolitik in Deutschland. An prom in enter Stell e stehen di e staatl ichen T räger und hier all en voran die Bund esregierung und di e -ministerien. Inn erhalb der Ministeri en kommt sich erli ch dem Fi nanzmi nisteri um und i m Einzelfall auch dem W irtschaftsmin i sterium eine größere Bedeutung zu als den anderen Sektormin i steri en (b ei spiel sw eise dem W issenschafts- und Bildungsmini sterium). A uf gr und des großen Volumen s der Länder- und Gemeindehaushalte sind in der föderal ausgestalteten Bunde srepublik Deutschl and die L andesregierungen und -mini sterien von nicht unerheblicher Bedeutung. So werden bei spiel swei se über 65 % der Ausgaben für Sachinvesti ti onen auf kommunaler Ebene getäti gt, w ährend auf den Bund kaum mehr als 15 % und auf die L änder rund 20 % entfallen . Staatliche Träger der Wirtschaftspolitik Legislative:
Bundestag, Landtage und Gemeinden
Exekutive:
Bundesregierung, Landesregierungen und Gemeinden
Judikative:
u. a. Bundesverfassungsgericht, Arbeits- und Sozialgerichte
Halbstaatliche und private Träger der Wirtschaftspolitik Bundeskarteliamt Bundesagentu r für Arbeit Bundesamt für Umwelt Bundesnetzagentur Deutscher Industrie- und Handelstag Industrie- und Handelskammer Unternehmensverbände Gewerkschaften Träger mit Beratungs- und Informationsfunktionen Sachverstandigenrat Monopolkornmission
Wissenschaftliche Beiräte Wissenschaftliche Forschungsinstitute Supranationale Träger der Wirtschaftspolitik Europäische Union (EU) Europäische Zentralbank (EZB) Internationaler Währungsfonds (IWF) Welthandelsorganisation (WfO) Abb. G.2. Trägerder Wirtschaftspolitik
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
Für die Koordination der Finanzplanungen zwischen Bund, Länder und Geme inden ist seit 20 I0 der Stab ilitätsrat zuständig. Hauptaufgabe des Rats ist die Überwachung der Haushalte von Bund und Länd ern, um eventuell drohende Hau shaltsnotlagen frühzeitig zu erkennen und durch Sani erungsverfahren gegensteuern zu könn en. Daneben koordiniert er die Finanzplanungen von Bund, Ländern und Kommunen und berät die Fortschrittsberichte »Aufb au Ost«. Das Bundesverfassung sger icht als staatliches Org an hat in den letzten Jahren dem Ge setzgeber in fin anzpolitischen Bere ichen wiede rholt klare inhaltliche und terminliehe Vorgaben zur Gesetzgebung gem acht und somit fakt isch Te ile der Steuerpolitik selbst in die Hand genommen . Das Bundesk artellamt nimmt vo rw iegend ordnungspoliti sche Aufg aben war. Gew erk schaften und Arb eitgeb erverbänden stehe n aufgrund der in Deuts chland festgeschriebenen Tarifautonomie in besond erer Verantwortung für die Lohnpolitik. Wie beispielsweise die Verbraucherverbände und die Indu strie- und Handelskammern sind sie aber auch in allgemeinen Fragen der Wirtschaftspolitik in erster Linie Vert rete r ihrer eigenen Interessen (Interessengruppen).
Interessengruppen In Interessengruppen schließen sich Wirt schaftssubjekte mit gemeinsamen Intere ssen zusammen, um als Gruppe ihre Ziele im polit ischen Proze ss besser durch setzen zu können. Sie verfügen in der Regel auf bestimmten Gebieten über spezielle Inform ationen , welche die Unsicherheit von Wählern , Politikern und Bürokraten bezüglich der Wirkungen staatli cher Maßn ahmen reduzieren können . Au s diesem Grund werden Vertreter von Intere ssengruppen in der Praxis, bei der Erarbeitung von Gesetzesvorl agen von Parlament und Verwaltung, regelmäßig zu Rate gezogen. Dieser Informations vorsprung kann freilich auch zur einseitig en Beeinflussung der Adressaten genutzt werd en. Nicht zuletzt sind Mitglieder von Interessengruppen im Parlam ent vertreten und besitzen somit die Gelegenh eit, direkt die Sond erintere ssen ihrer Gruppen voran zutreiben. Auf der Suche nach Vorteilen für ihre Mitglieder (rent- seeking-activit ies) treten sie auch an die Bürok ratie heran, und mitunter bildet sich ein besonderes Verhältni s zwischen Intere ssengruppen und Bürokrat en heraus , mit dem Ergebnis, dass die Bürokratie Programme und Regulierungsmaßnahmen speziell für die Interessen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen entwickelt und einführt.
2 73
Stabilitätsrat
Bundesverfassungsgericht
Interessengru ppen
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Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolitik
Auch ge lingt es Interessengrupp en immer wieder, Leistunge n öffe ntlich bereitstell en und finanzie ren zu lassen, obgl eich diese pri vat angebot en werden könnten. Theo retische Überlegungen und prakt ische Erfahrungen zeigen , dass die Org ani sation sfähi gkeit einzelner Gruppen umso grö ßer ist, je homogener die Intere ssenlage ihrer pote nzielle n Mitgl ieder ist. Das polit ische Gewicht eine r Intere ssengruppe ist umso größer, je größe r ihr ökono mische s Konfliktpotenzial ist. Üblicherw eise wird angenommen, dass die Interessen der Produzentenseite (Gewe rksch aften und Unternehmen) eine polit isch wirkun gsvollere Vertretung finden als die der Konsumentenseite. Schätzun gen ge he n davon aus, dass es in I3rüssel am Sitz der EUKommi ssion etwa 15 000 Lobby isten gibt. Die Spann e reicht vom Interessen vertr eter der Auto industrie bis zum Repr äsentanten von Greenpeac e, von den Verb indungsbüros der Kirch en bis zu dem der Gewerkschaften. Ne nnenswe rte Träge r mit Beratungs- und Info rmationsfunktion sind der Sach verständ igenrat zur Begutachtung der ges amtw irtschaftliche n Entwicklung (»D ie Fünf Weisen«), die Monopolkornmission. die Wisse nschaftl iche n Be iräte der Min isterien sowie ei ne g rößere An zahl wisse nsc haftlic he r Forschungs institute, die reg elm äß ig Gutachten erstellen. Welchen Einfluss diese Gutacht en, die meist von der Bundesregierung bzw. den Ministerien zur Entscheidungsfi ndung in Au ftrag gegeben we rden, auf konkr ete Politikent scheidungen haben, ist strittig.
Europäische Union
Verordnungen
Richtlinien
Im Zuge der Globalisierung der Weltw irtschaft gewinnen die supranation alen Träge r für die nationa le Wirtsch aft spolitik imme r mehr an Bedeutung. Mit Vert retern des Intern ationalen Währun gsfond s finde n regel mäßig Konsu ltationen über die wirtschaftl iche Lage und deren Entwicklung statt. Ein bedeutender Einfl uss geht natürlich von der Europäischen Unio n aus. Nac h Art. 120 AEUV sollen die Mitgliedstaa ten ihre Wirtsch aftspolitik als Angeleg enheit von gemeinsame n Intere sse bet rachten und koo rdinieren . Es gibt prakti sch auch keinen wirtschaftspolitischen Bere ich mehr, er nicht von europ äische n Gegebenhe iten mitbestimmt ist. Je nachdem, ob es sich bei den europäischen Vorgab en um Verordnunge n, Richtlin ien oder Empfehlunge n hand elt, ist die Einw irkung auf national e Akti vitäten unterschi edl ich intensi v. Verordnungen hab en allgemeine Geltun g. Sie sind in allen Te ilen verbindlich, ge lten unmittelb ar in allen Mitgliedstaaten und gleich en einem natio nalen Gesetz. Richtlinien sind hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Die Mitglieder haben allerdings die freie Wahl der Form und Mittel , um
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
dieses Ziel zu erreich en. Richtlinien müssen in national es Recht umgewandelt werden . Empfehlungen sind nicht verb indlich. Die Geldpolitik liegt gänzlich in den Händen der Europäischen Zent ralbank. Im Rahmen der Finanzpolitik »verpflichtet« der Stabilit ätsund Wach stum spakt zur Einh altung von Ver schuldungsgrenzen. Ein etablierte s Überwachungssystem soll dabei sicherstellen, dass es nicht zu übermäßigen Defiziten kommt. Mit regelmäßig verabschiedeten so genannten »Beschäftigungspolitisehe n Leitlinien« versucht die EU mitte ls der »Methode der offenen Koord inierung« gemein same Ziele für die Besch äft igungspolitik der Mitgliedstaat en zu erreichen. Die »Methode der offenen Koord inierung« ist ein Politikverfahren. mit dem die fehlende geme inschaftliche Wirtschaftspol itik durch eine intergou vernementale Abstimmung der nation alen Wirt schaftspolitiken substituiert werden soll. Diese Method e stützt sich im Wesentlich en auf eine geme insame Situationsanalyse und einen makro-ökonomischen Referenz rahmen . Beides dient dann zur Festlegung gemeinsamer Leitlinien der nationalen Wirtschaftspolitik, die wiederum in nation ale Aktionsprog ramme zur Implementierung der Leitlinien umge setzt werden (Wahrung der nation alen Sou ver änität) . Um sowohl eine Erfolgskontrolle und einen Vergle ich zwi schen den Mitgliedstaaten zu ermöglichen (benchmarking) werden Indikatoren für die Zielerreichung der einzelnen Maßnahmen definiert. Eine periodische Evaluierung und Berichterstattung durch die EU-Kommiss ion soll schließlich über einen Erfahrungsaustau sch von »best pract ice s« unte rstützt durch veröffentlichte Empfehlungen (»blaming and shaming«) zu einem wech selseitigen Lernen führen . Die Entscheidungs findung und die Umsetzung der Wirtschaftspolitik sind nicht selten von den Eigeninteressen all dieser genannten Akteure geprägt. Macht erhalt und die Durch setzung spez ifischer Grupp enint eressen zu Lasten der »Allgeme inheit« führen dazu, dass in der prakt ische n Wirt schaftspo litik die »politische Rational ität« (eins chli eßlich das Festhalt en an ideologischen Grundmustern) häufig über die »ökonomi sche Rationalität« domin iert. Hinweise darauf geben u.a. die systematische Vernachlässigung langfristiger Polit ikans ätze zugunsten kurzfristiger sow ie die systematische Verna chlässigung der Präferenze n wen iger organisierbarer und konfliktfähiger gesellschaftlicher Gruppen .
2 75
2 76
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
2. Der Zielkatalog wirtschaftspolitische Ziele im Stabilitätsund Wachstumsgesetz
Die gesam te Makr oöko nomie dreht sich im Wesentlichen um einige we nige wichtige makroökonomische Ziel gr ößen, die in den me isten Staaten der Welt als wirtschaftspoliti sche Ziele verfolgt werd en. Für die Bundes re publik Deut schland sind diese Zie le vo r all em im »Gese tz zur För de rung der Stab ilität und des Wachstum s der Wirtschaft« (dem sog. Stab ilitäts- und Wachstum sgesetz: StabWG) aus dem Jahr 1967 gese tzlich fixiert. § 1 des Gesetzes lautet: »Bund und Länder haben bei ihren wirt sch afts- und fin anzpolitischen Maß nahmen die Erfordernisse des gesamt wirtschaft lichen Gleichgewicht s zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, dass sie im Rahm en der marktwirtschaftliehen Ordn ung gleic hzeitig zur Sta bilität des Preisnive aus, zu einem hohen Beschäft igungsstand und außenwirtschaftli chem Gleichgewi cht bei stetige m und ange me ssene m Wirtschaftswac hstum beitr agen .« Ergä nzt wird der Zielkatalog des Sta bWG dur ch das Ziel »Verbe sserung der Verteilung von Einkomm en und Verrn ögen«, formuliert im Gesetz über die Bildun g des Sachverständig enrats von 1963, und durch das Ziel »Umwe ltsch utz«, das seit 1994 im Art. 20a des Grundgesetzes verankert ist.
makroökonomische Ziele der Europäischen Union
Na ch Art. 9 AEUV trägt die Union bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßn ahmen den Erfordern issen im Zusamm enhang mit der Förderung eines hoh en Beschäftigu ngsniveaus, mit der Gewä hrleistung eines angemessenen sozia len Schutzes, mit der Bekämpfun g der sozialen Ausgrenzung sow ie mit einem hohe n Niv eau der allgemeinen und beruflichen Bildun g und des Gesundheitsschutzes Rechnung.
magisches Viereck
Obgleich die im StabWG aufgeführt en Ziele gleichra ngig angestrebt wer den sollen, sind Ziel konflikte denkba r, wes halb dieses Zie lsyste m auch als »rnagisches Vie reck« beka nnt ist. In welche r Zie lbezie hung die einzel ne n Zie le zueinander stehen, ist j edoch unter den Ökonom en str ittig.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
Grundsätzlich lassen sich folgende Zielbez iehunge n untersch eiden : Zielharmonie: Politikmaßn ahmen zur Verbesserung einer Ziel größe füh ren gleichzeitig zur Verbe sserung einer anderen Zielgr öße, Dies könnte z.B. bei den Zielen Wach stum und Besch äfti gung zutreffen . In diesem Fall hätte das Ziel Wirtschaftswach stum quasi Zwi schenzielcharakter. Zielkonflikt: Maßn ahmen zur Verbe sserung eine s Ziel s führen zur Zielverletzung bei anderen makroökonom ischen Größen. Ein viel diskut ierter Fall ist hier der mögliche Konflikt zw ische n den Zielen Preisniveaustab ilität und hoher Beschäftigungsstand. Zielneutralität : Die Verbesserung eine r Zielgröße lässt andere Zielgrößen unbe rührt. Dieser Fall dürfte aufgrund der starken wech selseitigen Abh äng igkeiten eher selten auftreten.
2 77
Zielbeziehungen : • Zielharmonie
• Zielkonflikt
• Zielneutra lität
Ange sicht s dieser Gegebenheiten kommt man in der prakti schen Wirtschaftspolitik nicht umhin , je nach wirt schaftlicher Lage immer wieder neue Zie lprioritäten zu setzen. In Deut schland ge schieht dies beispie lswe ise im regelmäßig erscheinenden Jahre swirtschaftsber icht und im nationalen Stabilitätsprogramm. Innerhalb der EU erfolgt dies nach Art . 121 AEUV im Rahm en des zentralen Koordini erungsinstrum ent s »Grundzüge der Wirtschaftspolitik«. Diese »G rundzügc der Wirtsch aftspo litik« der EU enth alten gemeinsam von den Mitgl iedstaaten abgestimmte Orientierungen (Kernziele) für die EU insge samt sowie länderspezifische Empfehlungen über notwendige wirtschaftspolitische Maßn ahmen und Reform schr itte in den Bereichen Haushaltspolitik, Güter-, Arbeits- und Finanzm ärkte. Die aktuell en Schw erpunkte für den Dreijahreszeitraum 2008 bis 2010 zielen darauf ab, das in der EU vorhandene Potenzia l für Stabilität und Wirts chaft swachstum durch die Umsetzung geeign eter national er Politik zu steige rn. Um dies zu erreichen, wird u.a. im Rahmen der Makroökonomischen Politik die Sicherung wirtschaftlicher Stab ilität im Hinblick auf nachhaltiges Wachstum empfohlen. Ebe nfalls soll im Rahmen der Makropolitik die Verbess eru ng der Effizie nz der öffentlichen Finan zen durch steuerlich e Maßnahmen, die Arb eit und Invest ition en fördern , erfolgen. Im Konte xt mikroökonomischer Reform en wird im Einklang mit der ern euert en Lissabon-Strategi e die Bed eutung von Wissen und Innovation als Faktoren für Wettb ewerb sfäh igkeit, Wachs tum und nachhaltig e Entwicklung unterstrich en. Ferne r sollen die Mitgliedstaaten und die Geme inschaft eine integr ierte Klima - und Energiepolitik ve rfolge n, um die Versorgungssich erhe it und die Ver fLigbarkeit von Energie zu erschwi nglichen Preisen zu erhöh en und verst ärkt den Klimawandel zu bekämpfen . Des Weiteren sieht die Empfehlung des EU-Rates zu den Grund züg en der Wirt-
Grundzüge der Wirtschaftspolitik der EU
2 78
Makro äkonomie - Ziele der Wirtschaft spolit ik
schaftspolitik (2008-20 I0) vor, dass die EU ihre Anziehungskraft für Investoren und ausländische Arbeitskräfte stärkt. Im Folgenden werden die Ziele des StabWG näher beschrieben. Dabei werden zunächst Argumente für die jeweilige Ziel setzung gesammelt. An schließend wird auf die Operationalisierung der Ziele eingegangen bevor mögliche Ursachen der Ziel verfehlung vorge stellt werden .
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
3. Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Volkswirtsch aften zeichnen sich me isten s durch einen tendenziellen An stieg der ge samtwirtschaftlichen Produktion von Gütern und Dienstleistungen aus. Allerdings kommt es regelmä ßig zu meh r oder weniger sta rken Schwankungen der wirt sch aftlichen Akti vität um den langfri stigen Wach stum stre nd (sog . Konjunkturschw ankungen). Das Ziel »stetige s und angemess enes Wirtschaft swach stum« trägt im Prinz ip beiden Phänomenen Rechnung. Das Wort »stetig« ist Ausdruck des Ziels, ein möglichst schwankungsfre ies Wirtschaftswachstum zu erreiche n. Die Ang em essenh eit hängt eng m it den Nachte ile n z usamme n, d ie durch e in » ungez ügeltes« Wach stum entstehen könn en . In der Tat ist Wach stum mit negati ven Folgen für die Umwe lt sowie dem Abbau nicht generierbarer Ressourcen verbunden. »Angemessenes« Wach stum ist dah er als umw elt verträgliches Wach stum zu interpretieren. Abb. G.3 macht den Zusamme nhang zw ische n den konjunkturell en Schwankungen und dem langfr istigen Wachstumstrend deutlich. Stärkung der Wachstum sdyn amik
ß1P PP
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Wach stum strend Veränderung des PP Boom
,," Ab schwung
Stabilisierung der Konjunktur = Dämpfung der kurzfr istigen Schw ankungen wirtschaftlicher Aktivitäten t (Zeit) Abb. G.3. Konjunkturelle Schwankungen und Wachstumstrend
2 79
280
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
3.1 Begründung des Wachstumsziels Die Begründ ung für w irtschaftl iche s Wach stum a ls Ziel staatlicher Politik ist vielfä ltiger Natur. Wachstum wird dabei nicht immer nur als eigenständ iges Ziel betrac htet , son dern auch als Mittel zur Erreich ung anderer wirt schafts- und gesellsc haftspo litischer Ziele. materieller Wohlstand
Generell erhöh t Wach stum den materie llen Wohl stand und die materielle Unabhängigke it der Bürge r. Mit materiell em Wohlstand ist eine bessere Versor gu ng der Bevölke rung mit pri vaten und öffentliche n Gü tern ge mei nt. Erst we nn die Produ kt ion von G ütern übe r das Maß hinau sgeht, da s zur Siche rung des gesellsc haftli chen Exis tenz mi nimum s e rforde rlic h ist, besteht ein gewisse r Grad an Freihei t in der Wahl der Mitte l zur Bedürfnisbefr iedigung. N ur durch Wachs tum ist es bei zunehmende r Bevö lke rung mögli ch, den Pro-Kop f-Lebenssta ndard zu erhalten bzw. zu erhöhen.
Entschärfung von Verteilungskonflikten
Wachstum erleichtert zud em die Reali sierung des gesellsc haftspolitische n Zie ls der Verteilu ngsgerechtigk eit. Währen d bei stagnierendem Wachs tum Eink ommensve rbesse rungen für eine Gruppe nur au f Kosten ei ner anderen möglich sind, steht durch Wachstum eine zusätzlic he Ver te ilungs masse zur Ver fügun g, so da ss jede Gruppe, wenn auch in unter sch iedlichem Maß e, mehr erhalten kann. In diesem Sinne trägt Wachstum zur Entschärfung von Verteilungskonflikten bei.
Erleichterung des Strukturwandels
Finanzierung der sozialen Sicherungssyste me
Sicherung und Steigerung der Beschäftigung
Str ukturwan del - der sich stän dig verändernd e re lative Beitrag der Sektoren , Regionen oder Produktion sfakto ren zum Wach stum - und Wach stum sind unlösbar miteinander verbunden. Wach stum erle ichtert den Stru kturwandel. So könne n beispiel swei se Ar beits kräfte, die in schrumpfenden Branchen nicht me hr benötigt werden , in expandie renden Branchen einer wachsenden Wirtschaft leichter eine neue Beschäftigu ng finden . Stockt das Wach stum kommt es te nde nziell eher zu struktureller Arbeits losigkeit. Des Weiteren erleichte rt Wachstum die Finanzierung des tec hnische n Fortschritts und des Umweltsc hutzes . Z udem ist es für die Erhaltung des sozi alen Sich eru ngssystem s von grundlege nde r Bede utu ng. Oh ne ausreichendes Wirtschaftswachs tum kann der Sozialstaat an die Grenzen seiner Finanzie rbarkeit ge raten. Sch ließlich füh rt Wach stum in der Regel zur Sicherung und Steigerung der Arbeitsnac hfrag e sowi e der Beschäft igun g. Offensive Strategien zum Abba u der Arbeits losigke it zielen deshalb darauf ab, über wirtschaftli ch es Wa chstum z usätz lic he Ar be itsplätze zu schaffen. Ob Wachstum zur Scha ffung neue r und zusä tz liche r Arbei tsplätze führt, hängt u.a. von der Art des wirtschaft lichen Wachstums und der strukturellen Veränd eru ngen eine r Volkswirtschaft ab. Mit unter lässt sic h so-
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
281
gar Wachstum ohn e Entstehung zusätzlicher Arbeitsplätze (jobl ess growth) beobachten. Die Vorteile geringer konjunktureller Schw ankungen liegen auf der Hand, wenn man sich die Folgen unfre iwill iger Arbeitslosigkeit und Inflation verdeutlicht, zwei zentr ale Ersche inungen , die regelmäßig im Zusammenh ang mit dem Auf und Ab der wirt schaftlichen Entwicklung auftreten.
3.2 Operationalisierung von Wachstum und Konjunktu r In der Praxis wird als Indikator für die wirt schaftliche Entwicklung das reale Bruttoinl andsprodukt (BIP) verwendet. Mit dem realen BIP wird jedoch nur die tatsächliche Produktion geme ssen, nicht aber, was bei Voll auslastung der zur Verfügung stehenden Produktionskapazit äten und dem gegebenen technologischen Fortschritt insgesamt an Produk tion möglich gewesen wäre.
Da sich die reale wirtschaftl iche Entw icklung jedoch imme r nur innerhalb der zur Verfü gung stehenden Produktionskapazitäten vollziehen kann, ist es angebracht, als Wach stum sindikator nicht das tat sächlich erzeugte BIr zu wählen , sondern sich am Wach stum des Produktionspotenz ials (PP) zu orientieren.
Brutt oinlandsprodukt (BIP)
Indikator: reales Bruttoinlandsprod ukt
Stagni ert das Produkt ionspotenzial . so kann langfristig auch das ß1P nicht wachsen. Das Produktionspotenzial gibt dah er die langfristige Obergren ze der tatsächlichen volkswirtschaftlichen Produkt ion an. Von Wach stum im eige ntlichen Sinne sollte nur dann gesprochen werden , wenn die wirtschaftliche Entw icklung mit einem Kapazitätserweiterungseffekt verbund en ist. Das reale Bruttoinl andsprodukt (BIP) misst den Teil des Produktionspotenzials, der realisiert und damit tatsächlich produziert worden ist. Veränderungen des BIP wei sen daher allenfalls auf Schwankungen im Auslastung sgrad des Produktionspotenzials hin. Das Produktionspotenzial (PP) g ibt an, wie viel innerhalb einer Volkswirtschaft produ ziert werden könnte , wenn die vorhand enen Produkt ionsfaktoren bei gegebenem technischem Wissen voll ausgenut zt würden . Das Produktionspotenzial entspricht so gesehen der Angebot sseite einer Volk swirt schaft . Es handelt sich hierbei um einen Schät zwert, der u.a. von der Deutschen Bunde sbank errechnet wird.
Produktionspoten zial
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
282
Log . Maßstab Mrd. Euro
2600
r-------------------------------...,
2400
Bruttoinlandsproduktl -
-......~~~-2.200
2 .000
1.800
---
Produktionspotenzial
-
Kapazitätsauslaslu ng
_ ...__...__.....
,H 104
102 100 98
I
I
96 94
I 1995 I 1996 I 1997 I 1998 I 1999 I 2000 I 2001 I 2002 I 2003 I 2004 I 2005 I 2006 I 2007 I 2008 I 2009 I 2010 1) Preisbereintat, verketteteVolumenangaben
Abb. GA. Produktionspotenzial, BIP und Kapazitätsaus lastu ng, 1995 bis 20 10. Quelle: SVR, Jahresgutachten 2009/10.
Outpu tlücke
De utlich erkennbar ist die so genannte »relative O utputlücke« , die seit ei nigen Jahr en statt de m A uslastungsgrad des Produktio nspoten zia ls (PP) zur Kenn zeichnung der konj unkturelle n Entwickl ung herange zogen wird . Steigt der A us last ungsgrad des PP, so nim mt die relative Output-Lücke ab und umgekeh rt. Sie ste llt ebenfalls ein Maß für die Über- oder Unterauslastung der volkswirtschaftliche n Pro duktionskapaz itäten da r. Hochkonju nkturen werden als Perioden überd urch sc hnittliche r Inanspruchnahme des PP bzw. geringer relative r Outp utLücken und umgekehrt interpretiert. Ermittelt wir d d ie relative O utp utLücke als Diffe renz zwischen dem rea len BlP und dem Prod uktio nspotenzials in % des jeweiligen PP. Deutlich erkennbar ist die Zunahme der relativen Outputlücke in Fo lge der We ltwirtschaftskrise im Jahr 2009. Diese Outp utlücke sp iege lt sich zudem in einer deutlic hen Untera uslastu ng der Produktionsfa ktoren wider, wie in de m unteren Sch au bild zu erke nnen ist.
3.3 Der idealtypische Konjunkturverlauf Obgleich die real en Konjunkt ur sch wanku ngen in ihr er Dauer und Stärke mitunter sehr voneina nde r abweiche n, lohn t sich ein Blick au f einen idea ltypischen Konj unkturverlauf. Konjunkturzyklus
Abb. G .5 ze igt das Grundmu ste r eines ty p isc hen Konj unk tur zykl us. Die ge rade Linie gibt den Wac hstumspfad des Produktionspotenzials an . Ein Konjunkt urzyklus besteht aus einer Aufsc hw ung- und Ab -
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
283
schwungphase und reicht von einem oberen (unteren) Wendepunkt z um nächsten oberen (unteren) Wendepunkt. Die Bewegung hin z u einem Höhepunkt wird als Aufschwung bezeichnet, jene zu einem Tiefstpunkt als Abschwung. Auf- und Abschwungphasen verlaufen meist nicht symmetrisch. pp BIP
obererWendepunkt
~c
BIP
Trend
:A, ,,! ,, ,,
B
,, , ,,
unterer Wendepunkt
,
Rezession
Zeit
Abb. G.5. Muster eines idealtypischen Konjunkturzyklus In der Abschwungphase lassen die wirtschaftlichen Aktivitäten nach . Die Nachfrage der Konsumenten und Investoren nach Gütern nimmt immer weniger stark zu bzw. geht zurück. Das gesamtwirtschaftliche Angebot wächst ebenfalls mit immer geringeren Raten, da die Gewinnerwartungen der Unternehmen nach unten revidiert werden. Als Folge davon werden geplante Investitionen zurückgestellt und Arbeitskräfte freigesetzt. Es kommt zu Kurzarbeit und Entlassungen (konjunkturelle Arbeitslosigkeit) sowie zu einer Unterauslastung aller anderen Produktionsfaktoren ; Löhne, Preise und Zinsen steigen nur noch sehr moderat oder sinken.
Abschwung
Nimmt der Abschwung an Intensität und Länge zu , spricht man von einer Reze ssion . Genau genommen dann , wenn die Wachstumsrate des realen BIP über zwei Quartale hinweg zurückgeht. Verbessern sich dann z.B . w ieder die Zukunftserwartungen der Wirtschaftssubjekte geht der Abschwung in einen Aufschwung über .
Rezession
Im Aufschwung steigen Nachfrage und Produktion erst langsam, dann immer schneller an. Die Auslastung des Produktionspotenzials verbessert sich suk zessive und die Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Mit zunehmender Kapazitätsauslastung und weiter steigendem Vertrauen in die wirtschaftliche Entw ick lung wird auch die Investitionstätigkeit wieder angeregt. Steigende Löhne lassen die Nachfrage we iter steigen, was Anlass zu einer Korrektur der Gewinnerwartungen nach oben gibt.
Aufschwung
Nimmt der Aufschwung an Intensität und Länge zu, spricht man von einem Boom (Hochkonjunktur). In dieser Phase des Konjunkturver-
Boom
284
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolitik
lau fs mach en sich erste Engpässe bei der Produktion bem erkbar. Es kommt zu Preise rhöhunge n au f bre iter Fro nt mit der Te nde nz zunehmend er Inflat ion srat en. Auf dem Geld- und Kap italmarkt steig en d ie Zi nse n und am Arb eitsmarkt nimmt d ie Zahl der offen en Stellen zu. Letztlic h ist das Produ ktion spot enzial voll au sgela stet. Wird die Nachfrage au fgrund der Inflation gebr em st und die Investitionsbereits chaft infol ge der ste igenden Lohn- und Zinskoste n beeintr ächti gt, geht der Boom wieder in einen Ab schwun g über.
lange Wellen der Konjunktur
Üblicherweis e wird von einem drei bis sieben Jahre dauernden Konjunkturzyklu s ausgegangen, gemessen von einem unteren Wendepunkt (A) bis zum näch sten (B) . An dere Unters uchungen verwei sen auf Zyklen mit einer kürzeren Länge (zwischen zwei und vier Jahre n) ode r auf sog . » lang e Wellen der Konju nktu r« mit einer Periode nlänge von bis zu 50 Jahren . Diese so genannten Kondratieff- Well en, benannt nac h ihre m» Entdecker«, we rden auf das Z ustandekomme n bahnbrech end er Erfindunge n zurückgeführt wie z.B. die Einführung der Damp fmaschine, de r Eisenbahn , de s Aut omobil s oder der Informationstechnik (siehe A bb. G.6). Diese Erfindungen lösen nach Kond ratieff massive Produktivität s- und dam it Wach stum sschübe aus , so massiv, dass sie j ahrzehntel ang Wellen schlagen und alle Bereiche des wirtschaftl ichen sowie ge sell schaftlichen Leben s durchdr ingen . Für einige Öko nomen sind Gesundh e it und Sozialverhalten die nächste Knapph e itsgr enze in der Gesell schaft und sie sehen in der Übe rwindun g der dam it ve rbundenen Probl eme den möglich en Auslöser des 6. Kondrati effzyklus. Der Mar kt hier für soll u.a. auf der Basisinno vation »psy chos oz ia le Gesundhcit«, beruh en. Sie sehen insbesond ere in der Verb esserun g psychosozial er Gesundhe it sowie in einem ve rbesserten soz ialen Miteinand er erhebliche Produktiv itäts rese rven für Wirtschaft und Gesellsc haft . Z ur Begründung verweisen sie au f die großen Schäden und Verlu ste, d ie der Wirtschaft und Gesell scha ft dur ch psych ische Störungen und ihre Folge n w ie Gewalt , Krimin alit ät, Drogenm issbrauch und Erkrankunge n entstehen. Der Wohl stand der Zukunft hängt ihnen zufolge demn ach von der Kultur unseres Zu sam menlebens ab. Entscheidend ist, wie wir mitei nander umgehen. Im sechsten Kondratieff we rde n Lände r und Untern ehmen erfolgre ich sein, die effizient mit Wissen umgehen, also weniger Ressourcen durch Streitkultur und Wichtigtue rei Einzel ner verlieren.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
285
pp BIP Dampfkraft Textilindustrie Eisenindustrie
I.
1800
Mikroel ektronik Information stechnologie
Automobilind. Chemi sche Ind. Elektrizität
3.
2.
1850
1900
Eisenbahn Dampfschiffe
4.
5.
6.
1950
2000
2050
Elektronik Petrochemie
?
Abb. G.6. Die langen Wellen der Konjunktur. Quelle: modifiziert nach Nefiodo w, L., Der sechste Kondratieff, 1996, S. 254
Aus den vorangegangenen Aus führungen wird deutlich, dass ei nze lne Pha sen, zusä tzlich zur Veränd erungsrate des real en ß1P, aufgrund der damit verbundenen Veränd erungen and erer makroökonomischer Größen, durch eine Vielzahl weiterer so genannter Konjunkturind ikatoren abg ebild et we rde n könn en. Generell untersch eidet man zwischen: Frühindikato ren : sie ze igen bereit s im Vor aus Ve ränderungen an, die sich m it einer gewissen Ve rzögerung beim BIP ode r bei de r Kapazitätsau slastun g ergeben kön nen. Zu ihnen zähle n ins besonde re die Auftrag seingänge, der B örsenindex, die Zahl der offenen Stellen auf dem Arbe itsm arkt , die offenen Baukredite sowi e die Geldmenge. Ebenfalls zu den Frühindikatoren zählt der so genannte Geschäfts klima-Index . Präsen zindikatoren: als Präsen zind ikatoren beze ichn et man jene Indikatoren, die sich ohn e Ze itve rschie bung parall el zur Konjunktur entw icke ln. Beis piele hierfür sind die Veränderungen in den Konsum- und Invest ition sausgaben. die Entwicklung der Exporte und der industriellen Produktion sowie d ie Kapazitätsau slastung. Sp ätindikatoren : zu den Spätind ikatoren zäh len makroökonom ische Gr ößen, die erst mit einer ge wisse n ze itl iche n Verzögerun g au f Konjunkturänd erungen reagieren, wie beisp ielsweise die In-
Konjunkturindikatoren
Frühindikatoren
Präsenzindikatoren
Spätindikatoren
286
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
flatio nsrate, die A rbeitslosen quote, sowie die Entwicklu ng der Löhne und der Zinsen. Frühi ndikat ore n sind von bes onderer Bedeutung für die Wirtsc hafts politik. Bei rechtzeitiger Progn ose über den weitere n Verla uf der wirt sch aftlic hen Entwicklung kön nen gegebenenfalls entsprechen de Ge ge nmaßnahmen im Rahmen einer aktiven Konjunkturpolitik zur Glättung der Konju nkturschwankungen einge leitet werden.
Der Geschäftsklima-Index Ein qualitativer Indik ator ist der Gesc häftsk lima -Index des Münchener UD-Instituts. Er wurde erst ma ls 1972 erhobe n. Die Ermittlung des Indika tors ist methodisch relativ einfach . Statt das Wirtschaftswachstum anhand der Produktion vorherzusage n, erk undigen sic h die Münchener Wir tsc haftsforsche r bei Unte rnehme rn nach ihrer Einschätz ung. Die Beurteilu nge n wer de n z um sog . Gesc häftsklima zusam mengefasst, das schon lange vor den offi ziellen Zahl en des Statistischen Bundesamt es ze igen soll, ob es mit der Wirtschaft bergauf oder bergab geht. Für das Geschäftsklima befragen die Ifo-Mitarbeiter rund 7100 Unternehmen aus Industrie , Bauwirtschaft sowie Groß- und Einzelhandel. Im Mittelpunkt steht die Beurteil ung der gege nwärtige n Geschäftslage (g ut, befriedigend oder schlecht) und der Geschäftsentwickl ung der nächsten sec hs Monate (g ünstig, gleich, ungünstiger). Die Antw orte n wer den gewichtet und ergeben das Gesc häftskI ima. Der Index bez ieht sich auf ein Basisjahr, momentan 1991, in dem die Erwartungen laut Ifo-I nstitut »konjunkturel l neut ra l« waren . Es erhä lt den We rt 100. Liegt der Index beispie lsweise bei 88,7 Punkten bedeutet das , dass im Durchschn itt 11,3 % der Unte rnehmer im laufende n Ja hr schlechter gestimmt sind a ls 1991 eine Bewertung, die in ihrer Aussage ehe r schwach ist. Aussage kräftiger sind die Veränderungen des Ind ex, oft nur einige Zehntelpunkte von Monat zu Mon at. Wen n der Indikator dre i Mo nate lang in eine neue Richtung dreht, prog no stiziert dies frühzeitig eine Konj unkturverän derung und einen entschei denden Wendepunkt.
Ab bildung G.7 macht die Entwicklung des BIP-Wachstum und des ifoGeschäftsklima index für die Jahre 2003 bis 2009 deutl ich.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
Salden
in %
50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 200 4
_
2005
2006
2007
2008
2009
2010
BIP (Quart al). rea l, % zum Vorjahr
Geschäft slage gewerb liche Wirtscha ft, saisonbereinigte Salden Geschäftserwartungen gewerb liche Wirtscha ft , sa isonbere inigte Salde n ~
Geschäft sklima gewerb liche Wirtsch aft, saisonbereinigte Salden BIP (Jahres durchschnitt ). rea l, % zum Vorj ahr
Abb. G.7. SIP-Wachstum und ifo-Geschäftsklimaindex. Quelle: SMF-Mo-
natsbericht 4/2010 Neben dem Ifo-In stitut gibt es in Deutschl and eine Reihe weiterer Institutionen, die sich mit konjunktureller Berichterstattung besch äftigen. Wicht ige Hinweise zur Beurteilung de r aktuellen und erw arteten gesamtwirtschaft lichen Entwi cklung finden sich u.a. in den regelmäßig erscheinenden Gutachten des Sachverständi ge nrate s zur Begutachtung de r ge samtwirtsch aftl ichen Entwicklung (jeweils im November eine s Jahre s), im Jah resw irtschaft sbericht de r Bundesregierung (in der Regel im Februar eines Jah re s) und in den Frühjahrs- und Herbstgutachten de r Arbeitsgemeinsch aft der sechs wirtsch aft swi ssensch aftlichen Forschungsi nstitute. Vorsicht ist trot z laufender Verb ess erung der Prognosem ethoden ang ebracht, vor allem dann , wenn die »Sch ätzunge n« über ein Quartal hinausgehen . Zu viel fält ig, komp lex und unvorh ers ehbar sind die wechselse itige n Bezie hungen in einer (g lobalisiert en) Wirtschaft. Deswegen besitzt »Ieider Gottes (...) die theoretisch e Volkswirtschaftslehre nicht d ie kla ssisch e Einfachheit der Physi k oder Mathernatik« (Paul A. Samuelson).
287
288
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolit ik
R-Wort-Indikator Die renomm iert e britische Ze itschrift The Economist bestimmt seit geraumer Zei t eine n so genannten » R-word indicator« al s alternativen Konjun kturindi kator. Dieser Indikator generie rt sic h aus der Anal yse von Wirt schaftsartikeln namhafter Tageszeitungen und zeigt an, wie häu fig diese Med ien das Wort »Rezes sion« in den Artik eln verwenden. Die Idee hinter dem »Zei tungsi ndikator« ist, dass Wirtsch aft sj ourna listen in ihren Konjunkturberichten nicht nur auf die Veröffentlichung offiz ielle r statistischer Daten reagie ren (wie etwa den Zahlen zum Wirtsch aft swach stum), son dern eine Vielz ahl von Info rmationen berücksichtigen (etwa über Unternehmen und die A us landskonj unktur). Zudem wird Journal isten nach ge sagt , besonders gern über neg ative und relativ über raschende Ereigniss e zu berichten, was bedeutet, dass be i ersten Stag nationsanzeichen nach einer längeren Wachstum sphase die Medien dieses bald als The ma aufgre ifen und das R-Wort dann relati v schnell benut zen. Unters uchungen des Info-Instituts zeigen, dass dieser Frühindikato r die letzten be iden Rezessionen in Deutschl and (1991 und 200 I) relativ g ut angezeigt hat. Mögl ich ist natü rlich, dass die häufigere Nutzung die ses R-W ortes letztl ich m it A uslöser einer Reze ssion sein kann , es sich hier also um eine so gen annte »selffulfill ing-p rophecy« handelt. Bei der Interpretatio n der jeweiligen Indik atoren ist zu beachten, dass sich die se in ihrer » Konj unkturernpfind lichkeit« unterscheiden . Im Geg ensatz zu den Inve stitione n und dem BIP selbst, sind bei spiel swei se die Konsum ausgaben der privaten Haushalte und die Konsumgüterproduktion we it weni ge r konjunkturabh ängig. d.h. sie unte rlie gen wen ige r Schwa nkungen . Letztere enth alte n auch lebe nsnotwendige Güter, auf die in der Regel - unabh äng ig von der wirt sch aftlichen Entwicklung - nicht verzichtet werden kann . Investitionen und Konjunkturschwankungen
Langfristige Beobachtungen mach en deut lich , dass die Investition en sogar stä rke r schw anke n als da s B1P, weshalb sie wesentlich zu den Konjun ktursch wan kun gen beitragen. Inn erhalb des Invest ition sbereichs veränd ern sich d ie Vorratsinvestitionen wiederum stärke r als die Bau- und Au srüstun gsinvestitionen . Einze lne Bran chen und ganze Reg ionen könn en deshalb von der Konjunktur unterschi edlich betroffen sein. Branchen und Reg ionen , in denen vorwi egend Investition sgüter hergestellt werden, leiden unter einer Reze ssion erfahrungsgem äß sehr vie l stä rker als jene, die sich beispiel swei se auf das Ge sundheitswe sen spezia lisiert haben .
289
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
3.4 Wachstum und Konjunkturentwicklung in Deutschland Abb . G.8 gibt das Wach stum der deutschen Wirtschaft und die Konjunkturentwicklung in Deutschland - gemessen an der Entwicklung der Wach stum sraten des realen BIP - an. Hins ichtlich der Entwi cklung der Wach stum srat e lassen sich mind esten s drei Phas en unterscheiden . Die erste Phas e von 1950 bis zu Beginn der 60 er Jahre ist noch durch relati v hoh e Wachstumsrat en des real en BIP gek enn zeichnet , wenngl eich bereits e ine deutlich e Abnahm e zu beobachten ist. Von Mitt e der 70er Jahre bis in d ie 80 er Jahre hin ein stagniert die durchschnittliche Wachstumsrate auf einem N ive au, das j edoch noch deutlicher höh er liegt als j enes, da s seit Beginn der 90 er Jahre die wirtschaftliche Entwick lung in Deutschland charakteri siert.
Wachstumsperioden in Deutschland
Durc hsc hnitt
I
1960- 1970
- --1- _
4 ]" ~ -------::....._2~ -e 2ö -
-, I
-2 I. I I
____________ .1
1970- 1980
_
,- - - --0,9-"
-0,3 I
I_ I I
I I
-4 I- - - - - - - - - - - - I -
- - 1- -
I -6 I
I __ 1
I 1_ 1967 Rezession
1975 1. Olkrise
_
I.
1991-2001
.l
I
---
---- -~-
-
2,6
-0,4
I
__ 1_ _
_
1980-1991
I I. _
1,7
-0,8 _
I I
- - - - - -1- -
,- - - - - --0,2- :- - --5,0 ---.-: I I.
___ .I.
I I
- - - - - - - - - - - - - - -I - --
I
I
1
1
1982 2. Ölkrise
1993 Golfkrieg
_
I I --- lI
- - - - - I. I I
- ---- 1I
I
I
2003
2009
Terr oransc hläge
2 _Weltwirtsc hafts krise
des 11. September Geplatzte Intem etbl ase
Abb. G.8. Wachstum und Konjunkturentwicklung in Deutschland.
Quelle: Statistisches Bundesamt Die erste konjunkturell e Schwächephase se it Gr ündung der l3undesrepublik Deut schland ste llte sic h in den Jahren 1966/67 ein. Dam it endete nicht nur die Ära des » De utsche n Wirts cha ftswunders«, sond ern auch die Kanzlerschaft Ludw ig Erhar ds. Es begann die Zeit der Großen Ko alition von C DU/SPD, auf die nach wenigen Jahren die sozialliberale Koalition von SPD und FDP folgte .
Konjunkturzyklen in Deutschland
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Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
Eine richtige Rezession - verbunden mit einem Rückgang des realen B1P um 1,0 % - trat erstmals in Deutschland in den Jahren 1974/75 als Folge der Ölkrise von 1973/74 auf. Die im Verlauf dieser Wirtschaftskrise durchgesetzten Tariffo rderungen im öffentl ichen Dienst dürften u.a. zum Rücktritt Willy Brandts vom Amt des Bundeskanzlers geführt haben . Auch die Reze ssion von 1981/82 wurde von eine r starken Verteuerung des Roh stoffs Öl ausgelöst. Das reale BIP sank dabei um rund 0.8 %. In die sen Ze itraum fällt auch die »politische Wende«. Weil der Nachfolger von Willy Brandt im Bundeskanzleramt, Helmut Schmidt, nicht die von dem Koalitionspartner FDP eingeforderte angebotsorientierte Wirtschaftspolitik mittragen konnte oder wollte, führte ein Misstrauensvotum zum Beginn der chr istl ich-liberalen Koalition unter Helmut Kohl. Die nächste - und mit einem Rückgang von I, I % stärkste Rezession trat im Jahr 1993 ein . Ursächlich hierfür war die weltweite Konjunkturflaute , die zu Beginn der 90er Jahre einsetzte, in Deutschland aber aufgrund des »Wiedervereinigungsbooms« erst mit einer zeitlichen Verzögerung wirk sam wu rde . Die bishe r letzte Reze ssion vor der Weltwirtsch aftskrise fand im Jahre 2001 statt, ohne dass es bis dah in zu einem nennenswerten längeranhaltenden Aufschwung gekommen ist. Wie auch die Große Depression in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, hat auch die neuerliche Weltwirtschaftskrise tiefe Spuren hinterlassen . Erkennbar ist der massive Einbruch in der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland im Jahr 2009 - wie übrigens auch im Rest der Welt - ausgelöst durch die Finan zmarktkrise in den USA, die Mitte 2007 ihren An fang nahm und im September 2008 ihren Höhepunkt erreichte und in der Folge mehr und mehr die reale Wirtschaft negati v beeinflusste. Für das Jahr 20 I0 erwarten die Bundesregierung und die führenden Forschungsinstitute in Deutschland wieder eine positi ve Wachstumsrate.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
Finanzmarkt- und Weltwirtschaftskrise Auslöser der weltweiten Rezession zu Ende dieses Jahrzehnts war das Platzen eine r große n Immob ilien- und Kred itbla se in den USA. Angesic hts niedriger Zinsen und der Erwartung imme r weiter steigende r Hauspreise waren dor t die Immob ilienfinanzierer bereit, Kredite selbst an Käufer zu ve rgeben, die ga r nicht in der Lage waren, sie jemals zurückz uzahlen. Als aber dann die Zinse n stiegen, die Nachfr age nach durc h Hypotheken finanzierte Immobilien zurückging und die Hauspreise fielen, setzte sich eine Abwärtsspirale in Ga ng, die zu Zahlungsausfallen und zu g roßen Verluste n bei den kreditgebend en Banke n sowie bei Banken und Investo ren we ltwei t führte und die reale Wirtsc haft ergriff. Zukun ftsängste und Ver mögensverluste zwangen die Haushalt e ihre Ko nsumn achfrage ein zuschrä nken , Unterne hme n zögerte n mit Ne uinvestitionen auch we il die Kred itversorgun g klemmte. Der Nachfrag erückgang löste eine gefährliche Abwärtsspirale aus. Die Ums tände, die zu der Krise gefüh rt haben, sin d vie lfältiger Natur. Eine Vorbedingung für das Entstehen der Finanzma rktkrise - oder dafü r, dass die US-Bürger lange Zeit » über ihre Verhältnisse leb en konnten« wa r, dass die amerikanisc he Notenbank in den vergangene n zehn Jahr en nach dem Platzen de r dot-com Blase im Jahr 2000 sow ie den Ansch lägen vom 11. September 2001 eine Politik extrem niedriger Zinsen betrieb. Zum anderen ve rsorgte China die USA quasi mit »une inge schränkten Konsume ntenk rediten« indem es seine Überschüsse (Devisenreserven) aus den Exportgeschäften wieder in den USA anlegte. Letzt ere basieren auf einer Wechs elkurspo litik Chinas, die bewusst auf eine Unte rbewertung der chinesis chen Währung abste llte, was zu Wettbewerbsvo rteilen chinesische r Produkte auf den Weltmärkten führte.
291
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolit ik
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Schließlich sehen viele Ökonomen als Ursache der Kris e die enorme Zunahme der Einkommens ungleichheit in größeren Industrieländern, was einerseits zur Verschuldung und Insolvenz der unteren Einkommenschichten und and ererseits zur Suche alternativer hochsp eku lativer Anlagen der Vermögenden führte. All die s ging einher mit eine r schleichenden politisch gewollten Deregulierung bzw . einer unzureichenden Umsetzung bestehender Regelungen des Kredit-und Banken sektors sowie der damit verbundenen Her ausbildung eine s Schattenbankensystems, auf dem intran sparente neu artige Finanzm arktprodukte geh andelt wu rden . Ein Übriges trugen schließlich die falsche n Anreizstrukturen für Bank angestellte (hohe Bonizah lungen) und Rating-Agenturen (Interessenkonflikte) sowie die per sonellen Verflechtungen zw ischen den Finanzm arkt akteuren und den staatlichen Einrichtungen bei (Inte ressengruppen geleitete Politik) . Die Abb ildung bringt jedoch nicht nur die Reze ssion sphasen deutlich zum Ausdruck, sond ern auch das ständige Auf und Ab der wirtschaftlichen Entwicklung, das seit Jahrtausend en offensichtlich »naturgege ben« zu sein sch eint. Schon im Alten Tes tame nt findet sich der Hinweis auf den Wechsel von sieben fetten und sieben mageren Jahren. in %s
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3
Wachstum des Produktionspotentials
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BIP-Wachstum (real)
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-s Abb. G.9. Wachstumsraten des realen BIP und des pp im Vergleich Quelle: Sachverständigenrat, JG 2007/08, S. 326; Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 12/2009, S. 27
Abb . G.9 stellt die Wachstumsraten des realen BIP und des pp im Vergleich in den Jahren 1991 bis 2009 dar. Dabei zeigt sich, dass auch das Potenzial wach stum der deut schen Wirtschaft infolge der Wirt schafts-
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
293
und Finanz marktkr ise Schaden genommen ha t. Dabei mussten alle angebotsseitigen Wachstumsdeterminanten Einbußen hinnehmen : Der Faktor Arbeit durch Arbeitszeitanpassungen, der Kapitalstock durch eine ab geschwächte Investitionstätigkeit und der kapital gebundene technologische Fortschritt.
3.5 Ursachen für Wachstumsprobleme und Konjunkturschwankungen In sä kular er Perspektive werden die Ursachen für die »Grenzen de s Wachstums« auf eine begrenzte Nahrungsmittelproduktion (M althus, 1766 - 1834) oder auf die Endl ichkeit der natürlichen Re ssou rcenbestä nde auf de r Erde (Club of Rome) zurückgeführt.
Grenzen des Wachstums
Ökonom ische Erklärungsans ätze. die ehe r au f kur z- und mittelfristige Wachstum shemmnisse ab zi el en , lassen sich tend en zi ell in nachfrageund angebotso rientierte untergliedern. In nachfrageorientierten Erklärungsansätzen sind für die Wach stumsschwäche in erster Lin ie Sätt igungsg renzen be i de r Nachfrage nach G ütern verantwortl ich . Nach Auffassung der Vertreter de r ange bots orientierten Erkl ärungsan sätze d ies vi elfä lti ge Angebotshemmnisse (z .B . langwier ige Baugenehm igun gsve rfahren und Kündigungsschutz). Wirtschaftliches Wachstum se lbs t ist grundsätzlich auf e inen verm ehrten Einsatz der Produktionsfaktoren oder eine höhere Produkti vität der vorhand en en Faktorbest ände , au sgelöst durch technischen Fo rtschritt zurückz uführen (si eh e Kap . »Makroökonornie - Ausgewählte Politikbercichc«, Ab schn . 4) . Dabei haben sich in langfristiger Sicht insbe -
Wachstumsdeterminanten
sondere die sog. Basisinnovat ionen als Auslöser vo n periodischen Wachstumssch üben (sog . Kondratieff-Zyklcn) erwiesen. In der empirischen Wach stumstheorie w ird ver sucht, a uf vergleichender Ba sis von Länderstudien mit Hilfe langer Zeitreihenan alysen die verschiedenen Einflussfaktoren und ihre Intensität auf das Wach stum her au szukristallisieren. Es zeigt sich, dass Länder, d ie in der Ve rg an genheit auf Handel sliberalisierung setzten, ihr wirtsch aftliches Wach stum beträchtlich erhöhen konnten. Außerdem schei nt Humankap italbildung, be sonders die Au s- und Fortbildung der Frauen sowi e G esundheit für Wachstum und Entwicklung eine enorm wichtige Rolle zu spielen. Darüber hinaus ist diesen Länderstudien zufolge der Zustand der materiellen (z .B . Gebäude, Wasserstraßen und Ei senbahnnetze) und imm ateriellen Infrastru ktur (z .B. die Rechtsordnung, Eigentumsgarantie und Korruption sfreihe it) für die Wachstumsaussichten sehr bedeutsam.
empirische Wachstumst heorie
294
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Wachstumsrate von Lände rn vergleichbarer Entw icklungsst ufe tend enziell umso ger inger ausfallt, j e we niger ein Land in den Produkti vitätsfortschritt invest iert, d.h. in Forschung und Entw icklung, Bildung, Gesundheit sowie die Infrastruktur - auch in die »soziale lnfrastruktur «.
Produktivität
Arbeitsprodukti vität
Faktorprodukti vität
Ursachen für Konjunktursch wankungen
Produktivität ist der Schlüssel zum Wachstum - für Unternehmen und für die Wirtsc haft insgesamt. Die Produ ktivität zu steigern, bedeut et, mit derselben Menge an Input- Faktoren mehr zu produzieren. Zwei gängige Messgröß en sind die Arb eitsproduktivität und die Faktorprodukti vität. Arbeitsproduktivität bedeutet ei nfach, das s eine Person in der Lage ist, mehr zu produ zieren. Eine mögliche Erklärung hierfür ist der verbesse rte Zugang zu Masch inen. Eine zweite Mög lichke it ist der Erwe rb von Fertigk eiten oder eine Berufsa usbildung. Eine dritt e Variante ist der Zugang zu neue n Tec hnol ogie n. Als vierte Variante kommt in Frag e, dass die Person in einem besseren Umfeld arbeitet, das stär kere Anreize für effiziente Arbeit bietet. Durch Verbesseru ngen in jedem der genannten Bereiche kann die Person die Zahl und Qu alität der her ge stellten Produkte und Die nstlei stun ge n steigern - und so ihr Einkomme n verbessern . Ihre gesteigerte Produktivit ät ist ein Beit rag zum Wirtsch aft swachstum , der sich letzten Endes in der mak ro ökonom ischen Statistik nieder schlägt. Die Faktorproduktivität versu cht, die Beiträge zum Output j enseits der Zahl der Arbeitskräfte, ihres Qualifikationsgrade s und der eingesetzten Maschinen zu messen. In dem oben genann ten Beispiel würde dam it die dritte und vierte Möglichke it zur Steig erung der Arbeitsproduktivität erfasst. Studien zu makroökonomischen Fragen haben ursprüngl ich vor a llem tech nol ogi sc he Unters c hiede betont . N e uere Unte rsuchungen beziehen Unterschi ede hinsichtli ch des institutionellen Rahmen s (beispielsweise die Sicherheit der Eigentumsrechte) oder die »s oz ia le Infrast ruktur« ei n . Diese bee influsse n die Mögli chke iten und Anr eize zur An wendung neue r Technologien und zu effiz ienten Arbeitswei sen. Auch für das Phänomen der Konju nktu rschw ankungen gibt es keinen einzelnen Gru nd. Entsprechend vielfaltig sind die in der Fachliteratur vorzufindenden Erklärungen für die Entsteh ung der Konjun ktur zyklen. Einige Ansätze eigne n sich besser für die Erklärung von Au fschwungphasen, and ere geben ehe r Hinweise au f die Best immun gsgr ünde von
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
konjunkturell en Abschwungphasen . Weitere kon zentrieren sich mehr auf da s Zustandekomme n des oberen od er unteren Wendepunktes.
)JEt GIBT NOCH WACHtTfJ/l1!cc Die Erklärungen selbst reichen von Naturere igni ssen bis hin zu der schei nbar lap idaren Fe ststellung, wonach sich bei den Unternehmern Phasen de s Optimismus mit jenen de s Pessimi smu s abwechseln. Tatsache ist, dass viele Konjunkturzyklen du rch externe Faktoren wie den Ölprei sschock oder Handelskriege bestimmt wurden. Für andere Ökonomen stehen w iederum zykli sch auftr etende Innovationen im Zentrum ihres Erkl ärungsan satzes. wie bei spiel sweise fü r 1. Schumpeter (1883 1950) , einem der bedeutendsten deutsch sprachi gen N ation alökonomen. Nach dem Erklärungsansatz der Ne ue n Politischen Ökonomie ist der Staat durch den Einsatz se ines konjunkturpolitischen Instrumentariums se lbst Au slö ser von Konjunkturschwankungen bzw. verstärkt diese . Fü r einzelne St aate n oder ganze Regionen wird die konjunkturelle Entwicklung im Au sland immer mehr zum Au slöser von Schwankungen in der wirtschaftlichen Entw icklung .
295
296
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
4. Hoher Beschäftigungsstand Das wirtscha ftspo litisch e Ziel »hoh er Be sch äftigungsstand « bez ieht sich auf a lle Produktionsfaktoren. In der pol itischen Prax is geht es jedoch aussc hließlich um die Beschäftigung von Ar beitskräften.
4.1 Begründung des Ziels »hoher Beschättlgungsstand«
Arbeitslosigkeit ... ... führt zu finanziellen, psychischen und sozialen Belastungen
Warum »hohe r Beschäftig ungss tand« bzw. Vollbeschäftigun g als e ige nstä ndiges wi rtsc hafts po litisches Zie l betrachtet wird, ze igt sich, wenn man sich die Folge n unfreiwill iger Arb eitslosigkeit verdeutlicht. Aus individueller Sicht bedeutet Arbeits losigkeit für die Betroffenen eine erhebliche Bel astung finanzieller, psych ischer und sozialer Art . Schon die Sorg e um eine n mögl iche n Arbeits platzv erlust stellt eine g roße persön liche Belastung dar. Stud ien in Rahm en der Gl ücksforschun g belegen, da ss Arb eit slosi gkeit ge radezu kra nk macht - oder zumindest sehr ungl ücklich. Sie wird ähnlich fatal em pfunden wie eine Krankheit oder das Scheitern der Ehe. Eine Gesellschaft, die Arbeit nicht nur als Mitte l der Existen zerha ltun g, son dern als Mögli chkeit der persönlichen Entfa ltung bet rachtet, ist unsoz ial, wenn sie Arbeitslosig keit akzeptiert.
... bedroht die Stabilität demokrat ische r Systeme
Unte r politischem Aspekt g ilt hohe Arbe itslos igkei t als sys terngefährdend , da sie den sozialen Frie de n und di e Stab ilität demokratischer Systeme bedroh en kann.
... führt zu Einkommensund Wachstumseinbu ßen und
Natürlic h wi rft Arbeits losigkeit auch ern ste ökon omische Probleme auf. Sie ste llt gesamtwirtschaftlic h betrachtet einen unfreiwilli gen Verzicht auf die vo lle Ausn utzung de s Potenzial s an Erwerbspersonen, also Ressourcen ver schwendung. dar. Dies führt zu Einkom mens- und Wachstu mseinbußen, vor allem we nn es in Folge von Langze itarbeit slosigkeit zum Verl ust an Hum ankap ital, d.h. zu einer Minderung der Qua lifikation der Betroffenen, komm t.
... zu staa tliche n Mehrausgaben und Mindereinnahmen
Dem Staat entstehen Mehrau sgab en z. B. im Rahm en des Arbei tslose nge ldes I und 11 sowie bei den Transfe rzahlunge n an d ie Sozialversicherungsträger. Hinzu komm en Minderei nnahmen bedin gt dur ch Steuerausfälle und den Rückgang der Beitr agsei nnahme n zur Sozial versich erung. Ohne Arbeitsl osigkeit wären das staatliche Haushaltsdefi zit und die Schulden des Staates sehr wahrsch einlich deutl ich nie drig er und es gä be kaum Probl em e hin sichtlich der Finanzie rbarke it der Sozialversiche rungssys tems.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
29 7
4.2 Operationalisierung des Beschäftigungsziels Ver steht man unter dem Ziel »hoher Besch äftigungsstand« die Vollbeschäftigung aller Produktionsfaktoren, wäre der Auslastungsgrad des gesamtw irtschaftlichen Produktionspote nzials der geeignete Maßstab für den Zielerreichungsgrad. Betrachtet man nur den Produkt ionsfaktor Arbeit, wird als Maßzahl in erster Linie die von der Bundesag entur für Arbe it in Nü rnberg ermittelte Arbeitslosenquote verwendet. Hinzukommen könn en we itere Indikatoren wie beispielsweise die Zahl der offenen Stellen , die Zahl der Kurzarbeit und Schätzungen über die sog. »Stille Reserve«.
Arbeitslosenquote
Die Arbeitslosenquote wird wie folgt berechne t: bei der Arbeitsagentur registrierte Arbeitslose
Arbeitslosenquote =
---------------x 100 Gesamtzahl der Erwerbspersonen
Als Arbe itsloser gilt eine Person, die das 15., aber noch nicht das 65. Leben sjahr vollendet hat, vorübergehend nicht in einem Beschäft igung sverhältn is steht oder nur eine kurzzeit ige Beschäftigung ausübt, der Arbeitsv erm ittlung zur Verfü gung steht, nicht ar beits unfähig erkrankt ist, ein ver sicherungspflichtiges, minde sten s 15 Stunden wöchentl ich umfassende s Beschäftigungsverh ältn is mit einer Dauer von mehr als sieben Kalendertagen sucht und jederzeit ein Jobangebot annehmen könnte . Der Mangel an Verfügbarke it ist es, warum beispiel swei se allein erziehende Mütte r und Väter nicht als ar beits los gezählt werden, wenn die Kinderbetreuung nicht gesichert ist. Als Erwerbspersonen werden statistisch alle Personen erfasst, die im erwerbsfähige n Alter (zwischen 15 und 65 Jahr en) und »arbeitsfä hig« sind, d.h. in der Lage sind, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten.
Erwerbspersonen
Abb. G.10 zeigt die Entwicklung der Arbe itslosenquote in Deutschland seit 1950. Deutl ich erkennbar ist hier die bis Mitte der 60e r Jahre hinein immer stärker werdende Abn ahme der Arbeitslosigkeit als Folge des sog. »Wirtschaftswunders«. In Folge der Rezession von 1966/67 stieg die Arb eitslosenquote zum ersten Mal an, um danach wieder auf ihr Ausgangsni veau von unter einem Prozent zurückzukehren. Dieses Muster wird seit Mitte der 70er Jahre nicht mehr erreicht. Die mit jeder Rezession einhergehende Zunahme der Arbeits losenquote wird in den Phasen wirt schaftlicher Erholung nie mehr in vollem Umfang abgebaut. Vielmehr bleibt am Ende jeder Erholungsphase ein Restbestand, ein Sockel an Arbeitslosigkeit,
Sockelarbeitslosigkeit
298
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolit ik
zurück. Es entsteht eine sog . »Socke larbe itslosi gke it«, di e sich mit j edem Konjunkturzyklu s erhöht. 25 , - - - - - - - - - - - - , - - - , - - - , - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ,
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1990
1995
2000
2005 2008
" Bundesgebiet: bis 194 9 ohne Berlin (West) und Saarland, bis 1990 Bundesgebiet West (ohne das Gebiet der ehemaligen DDR)
Abb. G.10. Entwicklung der Arbeitslosenquote in Deutschland. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Analytikreport, Juli 2009
Se it dem Jahre 2005 ge ht die Arb eitslosigk e it zurück und erstmals dürft e sogar di e Soc kelarbeit slo sigk eit ge sunke n sein. Der Trend zu einer sich imm er weiter au fschauk elnd en Arb eit slos igk eit wäre gebrochen. All erd ings bew egt sich d ie Arb e itslos enquote im historischen Vergleich imme r noch auf einem hohen Niveau. Die im Zuge der neuerlichen Weltw irtscha ftskr ise erwartete Erhöhung der Arb eit slos igkeit konnte bisher (Frühjahr 2010) noch durch arbeit smarktpoliti sche Maßnahm en abg ewandt we rde n. Unte rstützt durch den erwe iterten Einsatz von Kur zarb eit, hab en di e Unte rnehme n auch vor dem Hint ergrund hoh er Entlas sungs- und Einste llungsk oste n bislang interne Anpassungsstrategie n bevorzugt. Ein Kriter ium dafü r, bei welcher Arbeits losenquote Vollbeschäftigung beginnt, exi stiert nicht. Das Ziel eine s hohen Beschäft igun gsstandes wurde nie gen au quantifiziert. Jedoch ist unstrittig, dass im Rückblick spätestens mit der Reze ssion von 1981/82 die Zeit der Vollbeschäftigung in Deut schl and endete. Im Übrige n wird das tats ächliche Ausmaß der Arb e itslos igkeit mit der offiziell en Zahl der gem eld eten Arb e itslos en ohn ed ies nur unzur e ichend erfasst. Unberücksichtigt bleiben nämli ch die ve rdeckte Arbeitslosigk eit, die Stille Reserve und die unechte Arbeitslosigkeit. verdeckte Arbeitslosigkeit
Verdeckte Arbeit slosigkeit liegt vor, wenn Arbeitskräfte von Kurzarbeit betroffen sind, Arbe itskräfte mit Unterstützung der Ar beitsagentur vorzeitig in den Ruhestand geg angen sind ode r an einer staa tli ch geförderten Weiterbildung, Ums chulung ode r Ar beits be-
299
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
schaffungsmaßnahrne teiln ehm en. Nach Berechnungen des SVR liegt der Ant eil der verdeckte n Arbeitslosi gke it an der gesamten Arb eitslosigkeit seit Mitte der 90er Jahre im Durchschnitt bei rund 32%. Die »Stille Reserve « umfasst u.a. erwerbsfähige und latent arbeitsbereite Personen, die sich nicht bei der Arbeitsagentur arbeits los melden, weil sie keine Hoffnung auf eine erfolgreiche Vermittlung ode r keinen An spruch auf Lohnersatzlei stungen haben . Im Zuge der neuen Bestimmungen durch das Arbeitslosengeld II wu rde die Stille Reserve zum inde st teilweise aufgedeckt. Des Weiteren können hierzu jene gez ählt werden, die zw ar in einem Beschäftigungsve rhältni s stehen, bei denen die ausgeübte Tätigke it aber nicht den erlernten Fähigkeiten entspricht (ausgebildete Informatiker als pr ivater Botendien st) oder die mangels Arbe it nicht ihr volles Arbe itspotenzial auss chöpfen können (sog . versteckte Arbeit slosigkeit). Andererseits enthalten die statistis chen Zahlen auch ein gewisses Au smaß an sog. unechter Arbeitslosigkeit. Hierunter fallen gemeldete Arbe itslo se, die zw ar An spruch auf Arbeitslo sengeld haben, aber weder gewillt noch fähig sind, eine regelmä ßige Beschäftigung aufzunehmen.
unechte Arbeitslosigke it
7,5
Deutschland
9,4
Frankreich
18,1
Spanien 8,3
Schweden Slowenien
6,0
Österreich
5,0 6,0
Dänemark 3,5
Niederlande I
Norwegen _
2,5
EU(27)
18,9
USA Japan
Stille Reserve
19,3
I
15,1
Abb. G.11. Standardisierte Arbeitslosenquoten im internationalen Ve rgle ich (2009) in %. Quelle: OECD (2010) Main Economic Indicators
300
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolitik
Bei länderüb ergr eifend en Vergleichen ist allerd ings Vorsicht gebot en, da trotz internationaler Bemühunge n um eine wei testgehe nde Standardisierung der Erhebungsmethode n die Unterschiede noch zu groß sind. Selbst die Mitgliedstaa ten der EU definieren Arb eitslosigkeit und Erwerb stätigkeit unterschiedlich . Solan ge sich ke ine einheitliche Stati stik durchsetzt, wi rd die unübersichtli che Vielfalt der Quoten we iterhin einen breiten Interpr etationsspielraum für das jeweilige politi sche Interesse bieten.
Ermittlung der Arbeitslosen
St ichproben methode
Registrierungsmethode
Um die Zahl der Arbeitslos en zu ermitteln, sind international zwe i Verfahren gebräuchlich: Die Stichprobenmethode und die Registrierungsmethode. Bei der Stichproben methode wird eine rep räsentative Teilmenge der Bevölkerung befragt , ob sie in einem vorgegebenen Zeit raum arbeitslos war. Mit der Reg istrierung smethode werden nur diejenigen Ar beitslosen erfasst, die sich bei den jewei lige n Arb eitsver waltungen arb eitslo s ge melde t haben. Die Stichprobenm ethod e wird von der Internat ional Labour Organi zation (ILO) verwendet. Auch die USA schätzt die Arb eitslosen au f der Basis repräsentativer Umfrage n.
4.3 Ursachen von Arbeitslosigkeit Die Ursa chen von Ar beits losig keit sind vielfä ltiger Natu r. Beim Versuch, diese zu klassifizieren , finden sich in der Fachliteratur sehr unterschiedliche Ansätze . Regel mäßig dienen die Ursa chen der Ar beits losigkeit auch als Unters cheidungskriterium der Arten von Arbeitslosig keit. Es ist zw ingend erforderli ch, sich mit den Ursachen der Unterbeschäftig ung auseinander zu setzen, da eine Bekämpfun g der Arbeits losigkeit grundsätzlich an deren Ursachen anzusetzen hat. Klassifizierungskriterien für Arbeitslosigkeit
Ein Klassifizierun gskrit erium könnte darauf abstellen, ob fü r die von der Arb eitslosigkeit Betroffe nen grundsätzlich Arbeitsplätze vorhand en sind, diese je doch aus ve rschiede nen Gründen nicht besetzt werd en, oder ob ein ge nerelles Defizit an Arb eitspl ätzen besteht. Weitere Eige nschafte n, die sich für eine Gruppierun g ve rschiede ne r Art en von Arb eitslosigkeit eignen, sind die Zeitdauer und ob es sich mehr um ein ge samtwirtsch aftliches, sektorspezifis ches oder eher um ein ar beitsmarktspez ifische s Phänomen handel t. A bb. G. 12 gibt eine mögliche Einteilung wiede r.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
301
kurz-
lang-
gesamt -
sekt or -
arbeits-
fristig
fristig
wirt-
spezi-
markt-
schart-
fisch
spezi-
lieh Friktion elle AL
X
Saisonale AL
X
Konjunkturelle AL
X
fisch
X X X
(X)
(X)
Strukture lle AL - Mismatch-AL
X
X
- Demo graph ische AL
X
X
- wachst umsde fizitäre AL
X
X
X
- Tariflohn bedin gte AL
X
(X)
(X)
- Regulierungsbedingte AL
X
- Technolo giebedingte AL
X
X X
X
Abb. G.12. Klassifikation der Arbeitslosigkeit
4.3.1 Die friktionelle Arbeitslosigkeit Die frikti onelle A rbeitslosigkeit oder Sucharbeits losigkeit entsteht bei eine m - freiwilligen oder unfreiw illigen - Arbeitsplatzwec hse l, wenn zwischen der A ufga be des bis herigen und der Annahme des neuen Arbei tsplatzes Ze it vers tre icht. Das erforderl iche Arbeits platzangebot für d ie Ar beitskräfte ist generell vorhanden, nur bedar f es eine r gewissen Ze it bis ein adäquater Arbeits platz gefunden ist. Die Ursac hen friktione ller Arbeitslosigkeit liegen in persönl ichen Entscheidung en oder im sekto ra len und regionalen Stru kturwan de l begründet. In eine r sich dynamisch entwi cke lnde n Volkswirtschaft mit hohe n Wachstum sraten ist zu erwa rten, dass die se Form der Arbeits losig keit re lativ häufig, j edoch eher sehr kurzfristiger Natur (im Schnitt bis zu maxima l drei Monaten) ist. Letztlich dü rfte die Dauer der frikti one lle n Arbeitslosigkeit von der Effizien z der staatlic hen und pr ivaten Arbeitsvermittl ung abhängen . Je besser die Ste lleni nfor mations - und -verm ittl ungssysteme si nd, desto kü rzer ist im Sc hnitt die Verweildauer der frikti one llen Arbeitslosigke it. Mitunter wi rd argumentiert, dass auch die Höhe der Lohnersatzleist ungen (z. ß. Arb eitslosengeld I) die Verweild auer in der friktione llen A rbe itslosigkeit bestimmt. Empirische Untersuchungen lassen zumindest
Lohnersatzleistungen
302
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
den Schluss zu, dass in Län dern mit großzügige r Ar beitslosenunterstüt zu ng d ie Mensc hen tendenziell länger arbeitslos bleiben, wei l sie sich mit der Suche nach e inem geeigneten A rbeitsp latz mehr Zeit lassen oder im Extremfall über ha upt kei nen neuen Ar beitsplatz mehr anstre ben . Letzteres zählt dann abe r nicht mehr zur friktio nellen Arbe itslosigkeit.
4.3.2 Die saisonale Arbeitslosigkeit Saisonale A rbeitsl osigkeit ist ebenfalls k urzfristiger Art und hat ihre Ursac he in jahreszeitlich schwanke nden Witterungsbedingungen oder in einer sais onal kon zentrierten Nac hfrage . Beson ders betroffen sind von d ieser eher sektorspezifisc he n Ar beitsl osigkeit z.B. d ie Land - und Bauwirtschaft sow ie der Touri sm us. Insgesamt wird diese Form de r Ar beitslosigkei t weder in der Wisse nschaft noch in der Pol itik als besonders problematisch eingeschätzt. Abge sehen von einigen wen igen staatlic hen Maßnahmen (z.B. Sch lechtwettergeld) nimmt sie bei der Bekämpfung der Ar beitslosigkeit keinen nennenswerte n Ste llenwert ein .
4.3.3 Die konjunkturelle Arbeitslosigkeit Die ko njunkture lle Arbeits losigkeit ste llt eine weitere For m der Unter beschäftigung da r, bei der im Prinzip Ar beitsplätze vor handen sind, vorü bergehend durch die Arbeitgeber aber nicht bzw. nicht mehr besetzt we rden. Sie entsteht in Folge eines ze itlich beg renzte n Rückgangs der gesamtwirtschaftlichen Nac hfrage (des Konsums, de r Investitionen, der staat liche n Nac hfrage und der A uslandsnachfrage) und der dam it ve rbundenen Unterauslastung der Produktionskapazit äten, wie sie info lge des konjunkturellen A uf und Ab der wirtschaftlichen Entwicklung immer wieder entstehen.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
Auslastungsgrad des Produktionspotentials (in %)
NormalI-_ _-I-
--l~------+-..:a=usl astung
konjunkturelle Arbeitslosigkeit
L----------C:::==~;:::==T--~Zeit Abschwung! Rezession Abb. G.13. Konjunkturelle Arbeitslosigkeit.
Quelle: Mussei, S., Pätzold, J., Grundlagen der Wirtschaftspolitik, 2. Aufl., München, S. 39 Idealerweise wird erw artet , dass im Falle der konjunkturellen Erholung und einer zunehmenden Au sla stung der Produktionskapaz itäten diese Arbeitslo sigke it wieder zurückgeht. Demn ach variiert die Daue r der konjunkturellen Arbe itslo sigkeit mit der Länge de s jeweiligen Konjunkturzyklus. Sie wird a ls ein ge samtwirt sch aftliches Phänomen wahrgenommen, obgleich zu beob achten ist, dass einzelne Branchen und Regionen mit unter sch iedlicher Inten sität von den Au swirkun gen der Konjunkturschw ankungen betroffen sind. Abb . G.14 zeig t die Veränd erung der Beschäftigung im Konjunkturverlauf in Deut schland in den Jahren 1998 bis 2009. Erkennbar ist hierbei d ie enge Korr elation zwischen diesen beiden Größ en.
303
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolit ik
304
in %
98
99
00
01
02
03
04
05
06
07
08
09
Veränderungsrate des realen BIP
o -I -2
Veränderungder Erwerbstätigen
-3 -4 -5
Abb. G.14. Beschäftigung im Konjunktu rverlauf in Deutschland. Quelle: Pätzold, J., Baade D., Stabilisierungspolitik (2008), S. 54; Sachverständigenrat
4.3.4 Die strukturelle Arbeitslosigkeit Verfesti gt sich Arb eitslosigk eit über e inen läng eren Zei traum - vor allem über mehr ere Konjunkturzykl en hinw eg - so liegt e in »strukturelles« Phänom en vor. In der Literatur wird in einer ersten Abgrenzung strukturelle Arb eit slosi gk eit im wei tes ten Sinne als derjen ige Te il der Arb eit slosigkeit definiert, der nicht auf friktionelle und sa isonal e Faktoren sow ie auf konjunkturelle Einbrüche in der wirtschaftliche n Entwicklung zurückz uführen ist. Im Grunde genommen ist die so defin ierte strukturelle Arbeitslosigkeit als »Restgr öße« nur ein Überbegriff für eine Reihe we iterer Arten von Ar beitslosigkeit, deren Ursa chen in erster Lin ie in langfristigen , ehe r unmerk lichen strukturellen Veränderungen und/oder Verfestigungen liegen, welche zu einer gewiss en Träghe it bei der Anpass ung an veränderte Rahmenbedingun gen geführt haben .
4.3.4.1 Mismatch-Arbeitslosigkeit Die sog. Mismatch-Arbeitslosigkeit ist e ine Form der strukturellen Arbeit slo sigk eit, bei der im Prinzip Arb eitsplätze vorhande n sind, diese jedoch aufg rund bestehender Diskrep anzen (»mi sm atch «) zw ischen dem Arbeitsa ngebot und der Arbeitsnachfrage nicht besetzt werden. Die mang elnd e Übe reinstimmung entsteht beispielsw eise, weil technologischer Fortschritt, veränd erte Nachfragestrukturen und Veränderun-
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
305
gen weltwirtschaftl icher Rahmenbedingungen die bish er igen Wirtschaftss trukturen grundlegend umformen, in der Aus- und Weiterbildung der Jugendlichen und Erwerbspersonen diesen Veränd erungen aber nicht rechtzeitig Rechnung getragen wird. So wird beispiel swei se stets darauf hingewiesen, dass Deutschland im Zuge der Glob alisierung we iter zunehmende Arbeitslosigkeit droht, falls es nicht rasch zu eine r entsprechenden Bildungsoffe nsive kommt. Abb . G.15 macht deutlich, dass ungelernte Arbeitskräfte we itaus stärker von Arbeit slosigkeit betroffen sind als ausgebildete Arbe itskräfte und Akadem iker. 19 75 bis 2005 - Männer und Frauen Früheres Bundesgebiet
30
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15
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9.7 % Lehre/ Fachschule
4.1 % Hoch-/ Fachhochschule
Abb. G.15. Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten . Quelle: Inst itut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB-Kurzbericht 18/2007)
Die str ukturellen Ver ände rungen können sich auch nur auf einzelne Branchen und/ode r Regionen beziehen, müssen sich also nicht nur gesamtwirtschaftlich auswirken. In diesem Fall ent steht strukturelle Arbeitslosigkeit , weil freigesetzte Arbe itskräfte aus schrumpfenden Sektoren nicht oder nicht rechtzeitig umgeschult werden könn en oder weil die Arbeitskräfte nicht mob il genug sind, um in andere prosp erierende Region en, umzuziehen.
4.3.4.2 Demographische Arbe itslosigkeit Unter strukturelle Arbeitslosigkeit fällt auch Arbeitslosigkeit, die durch Veränd erung en der Bevölkerungsstruktur ausgelöst wird. Vor allem in den 90er Jahr en hat trot z ste igendem Ang ebot an Arb eitsplätzen der
306
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
überproportionale Anstieg der Zahl der Erwe rbspersonen zu Arb eitslosigkei t gefü hrt. Die hierfür ausschla ggebend en demographi schen Faktoren waren der Eintritt ge burte nstarker Jahrgänge in das Erwe rbsleben, der erhe blic he Zuwande rungsü be rschuss von Au sländ ern und Deutsch en und der zuneh mende Ant eil erwe rbstätiger Frauen.
4.3.4.3 Die wachstumsdefizitäre Arbeitslosigkeit Kennzeichnend für die sog. wachstumsdefizitäre Ar beits losigkeit ist ein über einen längere n Ze itraum hinweg zu geringes Wach stum , um Vollbeschäfti gun g zu sic hern; es besteht gesa mtwirtschaftl icher Arbeitsplatz mangel. Die Ursac hen hierfür kön nen in einer dauerhaft zu geri ngen gesam twi rtsc haftlichen Nac hfra ge, in einer generellen Verschlechterung der Bed ingu ngen für Produktion und unte rneh mer ische Tätigke iten oder gar im technologischen Fortschritt gesehen werden . Wenn die privaten Investitionen an gesicht s stag nierende r Kon sumnach frage nich t au sgeweitet we rde n und der staatliche n Nachfrage durch die bereits bestehende hohe Staatsschulden ökonomisc he, rech tliche oder ga r psychol ogische Grenzen gesetzt sind, kann es durch aus sein, dass die gesamtwi rtsc haftl iche Na chfrage langfri stig nicht ausreicht , um Vollbe schäft igung wiede r herzu stellen bzw. zu erhalten . Verschle chterung der Angebotsbedingungen
Für die ge nerelle Verschlechterung der Angebot sbedin gun gen werden in erster Linie zu hohe Kosten verantwortlich gemacht. An promin enter Stelle stehen hier vor allen Dingen »z u hohe Löhne« und Lohnnebenkosten sow ie Kosten für den Umwe ltschutz. Wen iger Beachtung finden dagegen lang fristig steigende Roh sto ff- und Energie kosten. Al s weitere Gründ e für Invest ition shemmni sse we rde n »Überregulie rung« und ei n invest itions- und innovatio nsfe indliches Steuersystem sow ie ei ne all gem ein mang elnd e untern ehm er isch e Risikobereitschaft genannt.
4.3.4.4 Tariflohnbedingte Arbeitslosigkeit In der Disku ssion um tariflohnbedingte Ar beitslosig keit ist zwi sche n einem »zu hohe n« Tariflohn und einer »verfehlten« Tarifstruktu r. d.h. einer »zu geringen« Lohnspreizung zwi sche n der unte ren und oberen Lohngruppe, zu untersche iden. Es gibt verschie de ne Gr ünde, warum die Löhne läng erfristig über dem markträum end en Gleich gewichtslohn verharren könn en. Genannt werden in diesem Zusammenhang beispielsweise die Macht der Gewerkscha ften od er staatlich fixie rte Mindestlöhn e. Weit ere Erklärunge n liefern die Effiz ienzlohntheorie und die sog. Insider-Outsider- The orie (siehe unten).
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
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Abb. G.IS stellt den Arbeitsmarkt dar. Angenommen, den Gewerkschaften gelingt es, den Lohn au f dem Niveau zu fixieren, das über dem markträumenden Niveau WGG liegt. Bei einem Mindestlohn Wo fragen die Unternehmen im Umfang Ao Arbeit nach , während die Haushalte A IIH anbieten. Da die Unternehmen nicht zur Einstellung von Arbeitskräften gezwungen werden können , beträgt die tatsächliche Beschäftigung A o. Die Differenz von AJIII und A o ist das Arbeitsangebot , das vom Markt beim Lohnsatz Wo nicht nachgefragt wird und entspricht der sog . tariflohnbedingten Arbeitslosigkeit. Lohnsatz
Av
Arbeitsmenge HH
Abb. G.16. Tariflohnbedingte Arbeitslosigkeit Die Wirkung eines nach unten inflexiblen Tariflohns entspricht zwar dem eines staatlich fixierten Mindestlohns. Im Ergebnis resultiert jedoch eine noch größere Arbeitslosigkeit, sofern der Mindestlohn noch über jenem Tariflohn liegt, der von den Tarifparteien gemeinsam festgelegt wird .
Mindestlohn
Mei st werden in Theorie und Praxis Löhne bzw . Lohnabschlüsse als »zu hoch« eingestuft, wenn sie sich in ihrer Entwicklung vom Produktivitätsfortschritt abkoppeln. Steigen die Löhne stärker als die Arbeitsproduktivität , erhöhen sich die Lohn stückkosten (sieh Kap . »Mi kroökonomie - Theoretische Grundlagen«). In Folge steigender Lohnstückkosten sind drei Entwicklungen denkbar. Jeder dieser drei Fälle hat zur Folge, dass bei Lohnsteigerungen über den Produktivitätszuwachs hinaus, die Beschäftigung sinkt. Die Unternehmen versuchen, die Steigerung der Lohnstückkosten durch arbeitssparende Rationalisierungsmaßnahmen aufzufangen, was eine Verringerung der Beschäftigung zur Folge haben kann.
Folgen steigender Lohnstückkosten
308
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolitik
Die Unternehmen ve rsuche n, die erhö hten Lohn stüc kkosten bei unveränderter Gewinnspann e über die Preise an die Konsumenten we iterz ugegeben. Aus gelöst dur ch die dam it möglich erweise verbund ene (lohnkosten induzierte) Inflat ion verringe rn sich die Reallöhn e, was sich wiederum nacht eil ig au f die Konsum güternachfrage auswirken kann. Geli ngt die Überwälzurig nicht , so verringern die gestiegenen Lohn stückkosten die Gewinnspann e. Als Folge tritt eine Reduzierung der Investitionstätigke it ein. geringe Lohnflexibilit ät
Lohnersatzleistungen
Lohnnebenkosten
Zur tariflohnbedingten Arbeitslosigkeit gehört auch das Arg ument der ge ring en Lohnflexibilität. Diese ver hindert ein differenzierte s Eingehen auf unter schiedliche Entwicklungen zwi schen Sektoren, Regionen und Betriebe n sow ie auf verschiedene Qu alifikationsprofile der Arbeitnehmer. Au f den Zusamme nhang zwis che n Lohne rsatzleist unge n und friktioneIler Arb eitslosigkeit wurde bereits hingewiesen. Auch zw ische n der Höhe des Tarifl ohns und der Höhe der Loh nersatzlei stun ge n besteht eine enge Bez iehun g. Letztere wirke n für die Betroffenen bei ihre r Entscheidung zur Arbeitsa ufna hme quasi wie Minde stlöhne. Steht ein ausreichen des Sicher ungssystem zur Verfügu ng, erleichtert die s den Tarifparteien den Arbeits losen (so genannten Out side rn) we niger Beachtung zu schenken. Auch die Höhe der Lohnnebenkosten ist beschäftigun gswirksam . Obwohl sie nicht direkt an den Arb eitn ehmer ausgezahlt werd en, sind sie Bestandteil der Arb eitskosten für die Unternehmen. Nach Berechnunge n des Institut s der deut schen Wirtschaft in Köln kam en im produ zierend en Gew erb e im Jahr 2005 au f j e 100 € Arb eitsent gelt 70,40 € Lohnnebenkosten hinzu. Lohnneben kosten können staatlicher verordnet, tariflich festgele gt oder frei williger Na tur se in. Zu ihnen geh ören Son derza hlungen (z .B. Weihn achtsgeld), Ver g ütungen für arbeitsfreie Tage (z.B. die Lohnfortz ahlung im Krankheitsfall) , der Ar beitgeberanteil zur Sozialversi cherung, die Leistungen zur betrieblichen Alte rsversorgung und sonstige Personalnebenkosten (z.B. Verpflegungszuschu ss).
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
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Sonstige ~nalkosten l Vermögensbildung 1% Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 5%
Sozialversichenmgsbelträgeder Arbeitgeber 1) 39%
Betriebliche Altersvorsorge
10%
Festvereinbarte Sonderzahlungen 2) 12%
1)
unauo 18%
2)
Einschließlich Unfallversicherung wemnachtsgeld, zusätzliches Urlaubsgeld und Ähnliches
Abb. G.17. Zusammensetzung der Lohnnebenkosten. Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft (2006)
Die Effizienzlohntheorie liefert eine Erkl ärung dafür, warum Unternehmen nicht grundsätzlich an einer Lohnsenkung inter ess iert sind. Unter der Annahme, dass die Produktivität eines Be sch äft igten po sit iv vom geza hlten Lohnsatz abhä ngt, wü rde eine Lohnsenkung die Arbeit sproduktivität möglicherweise senken.
Effizienzlohntheorie
Außerd em sorgen hoh e Löhne für ei ne hoh e Z ufrie de nhei t, für e ine Ident ifikation mit der Firma und damit für eine hoh e Leistun gs inten sität. Ein Unte rnehme n, da s hoh e Löhn e zahlt, hat eine größere Au swahl an Bewerbe rn und kann som it unt er den Quali fiziert est en auswähl en. Des Weit er en muss es weni ger Künd igungen e ntge ge nne hme n und kann au f diese Weise Such- , Einste llungs- und Ausbildungskosten minimieren. Das Insider-Outsider-Modell gre ift die Arg umentation der Effizienzlohntheorie auf, betont aber zugleich da s gleichgerichtete Inte resse der Gewerkschaften, tendenziell die Erwa rtung en de r Ar beitsp latzbes itzer (»lnside r«) statt jene der Arbe itslo sen (»Outside r«) durchzusetzen. Beg ründet wird die s m it de r Struktur der Gewerkschaftsmi tglieder, die durch einen rel at iv kleinen Anteil gering qu alifizierter Ar beitnehm er gek enn zeichnet ist. Dag eg en ve rfüge n die besser qualifi ziert en und vor all em männlich en Arbeitnehm er in den Gew erkschaften üb er ei ne große Mehrh eit. Solange ab er für diese Gruppe ein deutlich ge ringe res Arb eitsplatzri siko gege be n ist, ist di es e Mehrheit mehr an Einkom-
Insider-OutsiderModell
310
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
rnenserh öhungen, als an Lohnsenk ungen zum Erhalt oder zur Schaffung von Arbeitsplätzen interessiert.
4.3.4.5 Regulierungsbedingte Arbeitslosigkeit Zu den langfristigen Verschiebunge n struktureller Rahmenbedingungen gehö rt auch die sozialpolitisc h motivierte Zu nahme der arbeitsmarktpolitischen Regulierungen . Tatsächlich geh ört der Ar beitsmarkt zu den am stär ksten regul ierte n Märkte n. Dies ist für viele Arbeitsmarktexperten ein Gr und, weshalb selbst bei verbesserter Wirtschaftslage keine neuen Arbeitskräfte eingestellt werden . Zu den Regelu ngen, die derzeit in der Diskussion stehen, weil sie sich tend enziell negat iv au f die Besch äftigun g auswirk en kö nnen, zählen Kü ndig ungsschutzb est immun gen, Ar bei tssch utzvor schri ften, mange lnde Te ilze itangebote sowie die Ladenöffnungszeiten. 4.3.4.6 Technologiebedingte Arbeitslosigkeit
technologische Arbeitslo sigkeit
Te chnisc her Fortschritt kan n ebenfalls Ursache strukt ureller Arbeits losigkeit sein. Ob es letztlich zu technologische r Arb eitslosigkeit kommt, häng t jedoc h von der relat iven Stärke zweie r gegenläufige r Effekte, dem arbeitsplatzspar enden und dem arbeitsscha ffend en Effekt ab. Einers eits kann es im Zuge tec hni sche n Fortschritts dur ch die Erh öhun g der Ar beitsproduktivität (Prozessinnovationen) zum A bbau von Ar beitsplä tzen kom men . Andererseit s kann technische r Fort schritt in Form von Produ ktinnovation , wie auch durch eine damit verbundene Reduz ierun g der Stück kosten der Produktion zu einer A bsatzerw eiterung führen . Wel che r der beiden Effekte dom iniert, hängt wieder um von der Prei selastizität der Nac hfrag e ab. Ist sie hoch, dominiert der arbeitsplatzschaffende Effekt und umgekehrt. Abb. G.I? zeigt die Ausw irkunge n tec hnisc he n Fortschritts . Au sgangspunkt ist der Punkt D auf der Produ ktionsfunktion (PF). Er gibt die bei Vollb esch äftigun g (Avoll) mögli che Produktion smenge YI an. Infolge technischen Fortschritts verschiebt sich nunmehr die Produktionsfunktion nach PF'. Es besteht nunm ehr die Möglich keit, mit unverändertem Einsatz der Arb eitskräfte das Produktion sniveau Y2 zu erz ielen. Umgeke hrt könnte das Produktionsn iveau YI nunm ehr auch mit wenige r Arbe itskräften (Ä2) realisi ert we rden. Die Differenz Avoll - Ä2 gibt den ma ximalen arb eitssparenden Effe kt an. Wir d der pot en ziell e Wach stum sspielraum nicht vollständig genutzt, steigt die Zunahme der Produktionsmen ge beispiel swei se nur auf Y3, reicht die s offens ichtlich nicht aus, diesen Freisetzungseffekt zu kompensieren . Die Beschäftigung sinkt auf A3.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
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y ~----PF'
=::;:..:----PF
:Arbeitskräfte: Einsparungs:effekt : (maximal) I
I I
I I I
AL A
Abb. G.i8. Technologische Arbeitslosigkeit. Quelle: in Anlehnung an Mussei, S., Pätzold, J., Grundlagen der Wirtschaftspolitik, 2. Auflage, München, S. 76 Ähnlich argum ent ier en die Vertreter der sog . Scherenth eori e. Ihnen zufolge entsteht Arbeitslosigkeit u.a. des wegen , wei l der j ährliche Produkti vitätsanstieg höh er ist, als der Produktionszuwach s, gemessen am B1P. Beträgt z.B. der j ährliche Produktivität sansti eg 3 %, der jährliche Ansti eg des Produktionsvolum en s hingegen nur 2 %, wird das durch den Produktivität san stieg in gleichem Umfang ges tiegene Produktionspotenzial nicht mehr voll ausgelastet, sond ern nur zu zwe i Drittel. Damit die Besch äftigung mit dem Produktivität sfortschritt mithalten kann , muss das Wachstum folglich e rhöht werden. In dies em Sinn e kann die Ursache der Arbeitslosigk eit auch in e ine m zu geringen Wachstum gesehen werden. Tatsächl ich zeigen emp irische Untersuchungen, dass in den sechziger Jahren das Produktionswach stum den Produktiv itätsfort sch ritt übert raf. Die Fre isetzung an Arbeit skräften war also geringe r a ls die Wiede rbeschäfti gung . Die Lücke wurde durch aus ländische Arbe itskräfte geschloss en. In der Folgezeit öffnete sich dann die Schere zw ischen Produkt ivitäts- und Produktion swach stum in umgekehrter Richtung. Seitdem ist der durch sch nittliche j ährl iche Zuwach s der Produktivität höher als die Wach stum srate des BIP.
Scherentheorie
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Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
5. Stabilität des Preisniveaus
Inflation und Deflation
Stabil ität des Pre isn iveau s bedeut et, da ss nicht die einzel nen Prei se, sonde rn im Durch schnitt die Preise und dam it d ie Kaufk raft des Geldes in einer Volkswirtscha ft konstan t bleiben sollen. Ist dies nicht der Fall spricht man bei anha lte nde n Preisn iveau steigerun gen »auf bre iter Front« von Inflat ion und bei länger andauernd en Preisniveausenkunge n von Deflation.
5.1 Begründung des Ziels »stabüttät des
Prelsnlveaus« Nachteile von Inflation
Wohlfahrtsmi nderung
ineffiziente Ressourcena liokation
Verlangsamun g des Wachstums und sinkende Beschäftigung
unerwünschte Umverteilungseffekte
Die Na chte ile von Inflation oder Defl ati on sind wen iger offen sichtlich, als die von Arbeits losigkeit, g leichw oh l aber von großer Bedeutung. Nich t antizipierte Inflation bedeutet eine Wohlfahrt sminde rung, da der Rea lwe rt des Gel dve rmögens sinkt. Besitzer von Bargeld erhalten für einen unveränderten nominalen Geldb etra g weniger Güter. In Marktw irtschafte n sind die relativen Preise für die Allokation knapper Re ssourcen vera ntwort lic h. Be i einer Verzerrung der re lativ en Preise dur ch Infl atio n könne n diese ihre wichti ge Signal- und Lenkun gsfunktion nicht mehr wahrneh men . Es wird nicht mehr sic htbar, wel che Güter aufgrun d einer Ange bots lücke bzw . eines Nach frag eüberschu sses tatsächli ch knapp sind. Die Entsc heidungen der Markteilnehmer werden verzerrt und eine effi ziente Allokation der Ressourcen über die Märkte ist nicht mehr möglich . Langfris tig ist Infla tio n mit Wachstum und Beschäftigung negativ korreliert. Infla tio nsbed ingte Planun gsunsich erheit führt häu fig zur Flucht in Sach wert e od er zur verstärkte n Kap italanl age im A usland. A ußerdem könn en durc h diese Ungew issheit negative Anr eize au f die Spart ätigk eit und die private Z ukun ftsvorsorge ausgehen. Die Folgen können geri nge re Invest ition en , verlangs amtes Wachst um und sinke nde Beschä ftig ung sein. Wenn Zinsen, Löhne und Transfer einkommen (z.B. BAfö G oder Kindergeld) hinte r der Prei sn ive auentwicklu ng zur ückbleiben oder die Inflat ion bei der Festsetzung der Entgelte der Produktion sfakto ren in untersch iedli chem Maße vor wegg enomm en wird , kön nen sich inflationsbed ingt unerwü nschte Umv erte ilungseffekte ergeben . Haushalte mit Lohn- und Tr ansferei nkommen sind gegenübe r denen mit Gewinn einkomm en und die Geld vermögensbesitzer gege nübe r den Sachve rmögensbesi tze rn benachte iligt. In der Gl äubi ger-SchuldnerBezie hung sind ohn e Inflat ion sind exierun g die Gl äub iger die lnflati-
Makro okonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
3 13
onsverlierer und die Schuldner d ie -gewinn er. A uf diese Weise kan n Inflati on da uer ha ft zur Eins chränkung langfristiger Ko ntrakte und stabiler Kre dit beziehunge n führen und somit ebenfalls die Entw icklung einer Volkswirtschaft nachteilig beeinflussen. Fa lls Infl at ionseffekte in de n Ste uergesetzen ignoriert werden, verändert sich die Steuer belastung auf eine vom Ges etzgeber nicht beabsichtigte Weise. Zum Bei spiel führt Inflation zu ein er effe kti ven Erhöhung der Steuerbelastung, we nn die Steuerbürger allein aufg rund einer nomina len Einkom me nserh öhung in einem pro gressiven Ste uersystem in eine höhere Steuerklasse fallen (sog. kalte Progre ssion).
höhere Steuerbelastu ng durch kalte Progression
Ist die inländis che In fla tion srate hö he r al s die ausl änd ische, ver schlechte rt sich bei feste n Wechse lkursen die Hand elsbil anz. Au/grund der inflati ons bedi ngt steigende n Produ ktionsk os te n und Ste uerbe las tun gen mind er t sich d ie internationale We ttbewerbsfähig keit. Dies kann wiederum m it negativen Kon sequ en zen fü r Beschäftigu ng und Wachstum verbunde n sei n.
Verschlechterun g der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
Des Weitere n besteh t d ie Ge fahr der Selb stver stär ku ng. Aus eine r schleichende n Inflation kann sich aufgrun d von Inflation serwartun gen im Wege eine r sog . »se lf-ful lfil ling-prophecy« sch ne ll eine Hype rinfl ation entw ickeln, die frühe r oder später bekämp ft we rde n muss. Je höhe r ab er die Infla tions rate schon ist, desto länger dauert es, d ie Inflation wiede r au f ein »norrnales« Maß zurüc kz ufüh ren. Die Kosten der Inflationsbck ämpfung, z.B. in Form von Arbeits losigkei t und sozialen Einschni tten steige n an.
Gefahr von Hyperinflation
Im Übrigen kann das Gel d nur dann seine Funktionen erfüllen, wenn sein Wert über die Ze it hinwe g sta bil ist. Eine Deflation macht die Geldh altung att raktiv . Defl at ion kann dah er be i privaten Haushalten und Unte rneh me n da zu fü hren, dass Kon sumund Investitionsent sche idungen in Erwartung we ite r fa lle nde r Preise und Zi nse n hinausgeschoben we rde n. Eine weite re Einsc hränkung der Güterna ch frage kann daher rühren, dass bei unerwart eter Defl ation sich der reale Wer t no mina l festge legte r Verbi ndlich keiten erhöht. Dies schwä cht d ie finanzie lle Position der Schuldner. Passen sich die N om ina llöhne nich t an den Rück gang des Preisniveaus an, ste igen die Reallöhne, die Gewinne sinken und es kann zur Entlassun g von Ar bei tskräften komm en. A ll dies löst dann weitere Kaufzurückha ltung aus und die Prei se sinken weiter. Es kom mt - wie bei der Inflation - über das Phänomen der »self-fullfilling-prophecy« zu einer Defl ationssp irale.
Deflation
Deflat ionsspirale
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Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
Funktionen des Geldes Geld ist, was Geld funktion en au sübt. Somit kön nen auc h all gemein ak zep tiert e Gü te r (Sal z und Ede lste ine) als Zahlungs - bzw. Tauschmittel fungie ren. In diesem Fa ll spric ht man von Warengel d. Übli che rweise wi rd bei den Geldformen jedoch nur zwische n Barge ld (M ünzen und Papie rge ld/Ban knoten ) und Buchgeld (Giralgeld) untersch ied en. Münzen we rde n mit Gen ehm igun g der Euro päische n Ze ntralbank (EZ B) von den nationale n Regieru ngen ausgegeben. Das alleinige Recht zu r Au sgab e von Euro-Banknoten hat die EZß. Beim Buchgeld hande lt es sich um Geldbetr äge, die bar geldlo s als Gu thaben au f einer Bank ge halte n we rde n, über die der Inhab er jede rzei t ve rfüge n kann und mit denen er bargeldlose Zahlungsv orgä nge (z. ß. Übe rwe isunge n) durchfüh ren kann. Dem Ge ld werden folge nde Funktionen zugeordnet: Zahlungsmittelfunktion
Zahlungsmi tte lfunktion: Mit Hil fe von Geld lässt sich der Gü te rtau sch erheblich verei nfac hen , was in einer arbeitste ilig en Wirtschaft zu enormen Einsparungen bei Su ch- und Tran sakt ionskoste n führt. Geld wird als Tauschm ittel aber nur akzeptiert, we nn sein Wert sta bil ist. Ein Verlust des Ge ldwertes w irkt sic h gera de bei dieser Funkti on besonders negativ aus, weil es dann zu die sem Zweck imme r we nige r akzepti ert wird. Ohne Geld bliebe nur der Natura ltausch, de r jedoch eine wechsel seit ige Übereinstimm ung de r Bedürfni sse vorauss etzt. Handel auf de r Basis von Na tura lta usch findet mitunter noch zwischen Ent w ick lun gsländern und Ländern in O steuropa sta tt. Der Grund sind fe hlende De vi sen , d.h. internati onal an er kan nte Zahlungsmittel.
Wertaufbewahrungsfunktion
Wer tautbew ahrungs funkt ion: Liegt ke ine Inflat ion vor, kann Geld für eine gew isse Zeit ohn e Wertverlust aufb ewah rt we rde n. Somit erhöht sich die Bere itschaft der Mensch en Ersparnisse längerfri stig bei einer Ban k an zulegen . Ersparn isse sind wie de rum eine wesentliche Voraussetzun g für Investition en und Wachs tum. Wenn Geld ohn e We rtve rlust aufbewahrt wer de n kann, lassen sich überdies die Tauschvorgä nge »ze itlich strecke n«.
Recheneinheitsfunkt ion
Recheneinheitsfunktion : Hierbei geht es um den Wertausdruck eine s Gutes in Ge ld. Dadu rch erh ält man e inen fe sten , miteinander verg leichbaren und a llgemein anerkann ten Maß stab , den Pre is. Die Preise wiederum spielen in einer Markt wirtschaft mit ihrer Signa lfunktion eine zentrale Roll e bei der A llokation der Ressourcen. Im Falle ei ner Infla tion ist es für die Ko nsum en ten j edo ch sc hwe r zu erke nnen, ob e in Gut gegen über anderen Produ kten teuerer gew orde n ist oder ob das Preisniveau insgesamt gestiegen ist.
Makro okonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
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A uch die Funktionsfähigkeit des Finan zse ktors ist durc h Defl ation gefähr det. Ba nken müssen z uneh me nd m it Kre di tausfälle n von in Schwierigkei te n geratenen Schuldnern rec hnen . Gleichzeitig sinkt der We rt ihrer Beteiligungen an anderen Unternehme n. A ufgr und der Versch lec hter ung ihrer finanzie lle n Position reag ieren die Banke n, indem sie Kredite z urückru fe n und nur wenig neu e Kre di te ve rge ben . Schlimmste nfalls kommt es zu Bankenschlie ßunge n. Wie die Infl atio n, können sc hwanke nde Defl ationsraten bei Kon sumen ten und Investoren zu Unsi cherheiten bezü gl ich rel ati ver Prei se und der wirtschaftl ichen Zukunft führen.
5.2 Operationalisierung der Preisniveaustabilität Ind ikator für das Z iel » Preisniveaustabilität« ist die Inflation srat e. Sie entspricht der pro zen tualen Verä nderung des Pre isniveau s gegenü ber dem g leichen Vorjahresm onat. Sie w ird vom Statistischen Bunde samt monatlic h erm ittelt und bekannt geg eben. Zur Erm itt lung der Ver änderun g des Pre isniveaus in einem bestimmten Zeitraum bedient man sich entspre chend zeitbezogener Preisind izes. Z ur Bestim mung eines Preisindex w ird zunächst ein sog . Warenkorb ge bildet , in dem typ ische, von einem Haushalt einge kaufte Gü te r und Diens tle istunge n ent halte n sind. Anha nd d ieses Warenk orbs wird der Ka ufpreis dieser Güter berechn et. Zum ei nen für ei n Basisj ah r, zum and eren für das letzte Jahr des betr e ffe nden Zeitraums (des Be richtsj ahres ) und anschließend we rde n beide Preise zue inander in Bezie hung gesetzt. Indem man das Ergebnis mit 100 mu ltipli ziert, norm iert man das Preisniveau des Basisjahres auf 100. Preisindex
=
Kaufpreis für den Warenkorb im ßer ichtsjahr - - - - - - - - - - - - - - - - x 100 Kaufpreis für den Warenkorb im ß asisjahr
Dam it ist es mög lich anzuzeigen, in wel chem Maße sic h die Lebenshaltung der Haushalte , infolge vo n Pre isände run gen, aber unbeeinflusst von Änderungen im Kon sumverhalten , verteuert oder verbilligt hat. Ergibt sich beispi elsweise ein Preisind ex von 121, we il der Kaufpreis des repr äsentativen Wa renk orbs im Basisj ah r (2003) € 2.36 7 betru g und im Berichtsjahr (2004) z.B. € 2.874, bedeutet d ies, dass die Preise im bet rac hteten Zeitraum um 21 % gestie gen sind. Die Infl ationsrate beträgt somit 21 % .
Indikator: Inflationsrate
Preisindex
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Liegt das Basisjahr weiter zurück, was in der Praxis meist der Fall ist, so wird die Inflationsrate , die immer nur einen Jahreszeit raum umfasst, dur ch den Verg leich der entsprec henden Indexwerte besti mmt. Angenomm en das Basisjahr sei 2000, der Indexwert für das Jah r 2003 betrage 110 und jener für das Jahr 2004 sei 123, so er rechnet sich vom Jahr 2003 auf 2004 eine Infl ationsrate von 11,8 %. Verbraucherpreisindex
Preisindex (2004) - Preisindex (2003)
Inflationsrate
--------------x 100 Preisindex (2003)
Die verwendete Maßgröße für die Inflatio n ist der sog . Preis index für die Lebe nshaltung aller privaten Haus halte, kur z auch Ver bra uche rpreisindex (V PI) genannt. Dieser stützt sich auf eine n fiktive n Haushalt mit zwei Erwachsenen und 0,3 Kinde rn. Der dazugehörige Ware nkorb - derzeit auf der Basis der Verbrauc hergewohnheite n des Ja hres 2005 ermittelt - enthält rund 700 der am hä ufigste n erworbenen Güter. Abb. G. 19 zeigt die Ante ile der vers chiede nen Güte rgruppen am derzeit gü ltigen repr äsentativen Ware nkorb alle r private n Haushalte und die Veränderu nge n gegenüber dem Ware nkorb von 1995. Die verä nderte Gewichtung der jeweiligen Gütergruppen macht deutlich, dass sic h vor alle m in de m betrachteten Zeitraum die Verbra uchsgewohnheiten in den Gütergruppen »Wohnung, Wasser, Elektrizität, Gas und andere Brennstoffe« sowie »Nahrungsmittel, alk oho lfreie Getr änke« nennenswert verändert haben.
Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke Alkoholische Getränke, Tabakwaren
Wohnung, Wasser,Bekleidung, Strom, Brenn stoffe SChuhe
!ii=~~!!~!!!!~!!!!~!!!!!! r!!.t
Einrichtungsgegenslände Gesundheitspflege Verkehr Nachrichtenübermittlung Freizeit, Unterhaltung und Kultur
)I••"•••••!:. )I••"•••"
Bildungswesen Beherbergungs- und Gaststättendienste Andere Waren und Dienstleistungen
Jiii,r+ - - - - - + - - - - f - - - --+-----+---+-----+--------l % 10
15
20
25
30
35
Abb. G.19. Anteile verschiedener Gütergruppen am repräsentativen Warenkorb 1995/ 200 5. Quelle: Statistisches Bundesamt
In den Warenkorb wurden im Basisjahr 2000 (in Abb . G. 19 nicht berück sic htigt) beisp ielswe ise Digi talkam eras, Scanner , Ambulante
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Pflege und Fitness-Studios neu aufgenommen. Herausgenommen wurden u.a. Farbbände r und Disketten, die durch Farbpatronen und CDRohlinge ersetzt wurden. Dem Bas iskorb von 2005 wurden u.a. die Espresso-Maschine, die Flat-Ratc, der DVD-Player und der MP3Player hinzugefügt. In der EU wird zur Berechung der Inflation srate der sog. Harmon isierte Verbraucherpre isindex (HVPI) verwendet. In ihm gibt es zwölf Produktgruppen mit rund 700 Artikeln, die regelmä ßig an die Einkaufsgewohnheiten angepass t we rden . Für die EZB liegt Pre isstab ilität vor, wenn der An stieg der Verbraucherprei se für den gesamten Währungsraum nicht mehr als 2 % beträgt. Mit der Einführung des Euro als auch im Zuge der j üngst en Börs enund Immobi lienblasen ist diese etablierte Inflat ionsm essung infrage gestellt word en. Nachde m die Bürg er nach der Umstellung auf neues Euro-Bargeld 2002 zunehme nd die offi ziell mod erat e Teuerungsrate an zweifelt en, wurd e seit ens des Stati stischen Bund esamtes auch ei n Index für die gefühlte Inflation entwickelt. Er basiert auf den selben Güter arten wie der traditionelle VPI. Anstatt nach Preisen, werden die Güter jedoch nach Einkaufshäufigkeit gewichtet. So wird dem psychologi schen Phänomen Rechung getragen , dass ein teurer gewordenes Brötchen, das mehrmals im Monat gekauft wird, stärker im Ged ächtn is bleibt als etw a eine einmalige Anschaffun g eine s billiger gewordenen Fern sehgerätes. Ökonomen plädi eren zudem dafür, neben Güterpreisen auch Aktienund Immobilienbewertungen in die Inflationsrate ein zubeziehen, um der gest iegenen Bedeutung von Vermögenspreisen nachzukommen. Weitere Probleme bei der Messung der Leben shaltungskosten ergeben sich, wenn die Kon sumenten relativ teuer gewordene Güter durch relativ billig gewordene Güter ersetzen. Der Index kann diese Sub stituti onseffekte nicht erfassen, weil die Güter im Warenkorb festge legt wor den sind, was zu einer Überschätzung der Infl ation srate führt . Auch reflektiert der Waren korb die Einführung neue r Güte r nicht sofort und wenn sich die Pre ise auf Grund von Qu alit ätsänderungen verändern, wird die Inflation ebenfalls überschätzt. Abb . G.20 zeigt die Entwicklung der Inflation srate in Deut sch land seit 1965. Es ist erke nnbar, dass diese ähnl ich wellenförmig verläuft wie die Entwicklung des real en BIP. Ebenso zeigt sich eine deutliche Abschwächung der Inflat ionsrate n mit Beg inn der 80er Ja hre im Vergleich zu den Jahr zehnt en zuvor. Die zwischenzeitliche Erhöhung der Inflation sraten zu Beg inn der 90er Jahre ist auf den »Wiedervereinigungsboorn« zurückzuführen.
Harmonisierter Verbraucherpreisindex
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Hauptgrund fLir die Te uerungsrate von 2,6 % im Jahr 2008 waren die stark gesti egenen Roh stoffpre ise. Die niedrige Inflat ion srate im Jahr 2009 ist Folge der Rezession, ausg elöst durch d ie Weltwirtschaftskri se und dem dam it verbundenen Rückgang der Rohsto ffpreise. Mittelfristig ist wieder ein Prei san stie g zu befürchten, sofern die Notenb anken die Menge an billigem Geld nicht rechtzeitig wieder einsamm eln (können), die sie zur Bek ämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise ausgegeben habe n. 8 --------
6 5 4
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Abb. G.20. Entwicklungder Inflationsrate (1963-2009). Quelle: Statistisches Bundesamt
Nominallohn ve rsus Reallohn
Inflation und Geldpolitik
Inflation sraten werden unte r anderem dazu verwendet, nominale Größen in rea le umzurechnen . Sofern es sich bei den umzurechne nden Grö ßen um Rate n handelt, w ird von der nominalen Rate einfach die Inflationsrate abgezogen. Bet rägt der Anstieg de s Nomina llohns - der von den Tarifp arteien ausgehandelte Lohn - z.B. 5 %, ent spricht dies bei einer Inflationsrate von 3 % einer Steigerung de s Reallohns von 2 %. Die gleiche Vorgehenswei se ist be i der Bestimmung des Realz inses ode r dem rea len BIr anzuwenden. Auß erdem geht die Höhe der Inflat ionsrate regelmäßig seitens der Gewerkschaften als Argum ent in Tarifve rhandlunge n ein. Sie spie lt be i der Bestimmung der Geldm en genpolitik der EZB ei ne bedeut end e Roll e (siehe Kapite l »Makroökonornie - Au sgewählte Politikber eiche«, Ab schn. 3) und häu fig di ent sie auch als Bezug spunkt für die Ve rä nde rung kon traktbestimmter Einko mme n wie Soziall eistun gen und Mieten.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
319
5.3 Ursachen von Preisniveauinstabilität Die vielfältigen Ursachen der Inflation werden üblicherweise in angebots- und nachfrageinduz ierte klassifiziert. In der Praxis ist dies jedoch unbedeutend, da in der Regel meh rere Ursachen gle ichze itig auf die Entwicklung des Preisniveaus einwirken .
Ursachen der Inflation
5.3.1 Nachfrageinduzierte Inflation Eine Erhöhung der Nachfr age führt immer dann zu einer Steigerung des Preisni veau s, wenn das Angebot kurzfristig nicht mehr zu unveränderten Preisen ausgedehnt werden kann, wie dies beispielswei se bei Vollbeschäftigung der Fall ist. Die Nachfrage ist größer als das Angebot, es besteht ein Nachfrageüberhang.
Nachfrageinduzierte Inflat ion durch ...
Als mögliche Inflationsursachen kommen alle Faktore n in Betracht , die die einzelnen Komp onenten der ge samtw irtsch aftlichen Nachfrage (Kon sum, Investitionen, Staatsausgaben und Exporte) erhöhen: Steigende Konsumausgaben können sich aufgrund von Lohnerhöhungen sowie Steuersenkungen einstellen. Auch Veränderungen der Konsumneigung, der Einkommens- und Verm ögensverteilung sowie die Bevölkerungsentwicklung können den Konsum beleben. Technischer Fortschritt, Konku rrenzdruck sowie verbesserte Zukunft serwartungen können zu inflationären Ausgaben schüben bei der privaten Investition sgütern achfrage führen. Zu eine r sog. importierten Inflation kommt es durch eine erhöhte ausländische Nachfrage nach Exporten der heimischen Industrie bei festen Wech selku rsen. Auslöser hierfü r können international unterschiedliche Inflationsraten sein. Eine Erhöhung der Staatsausgaben könnte aus einem stärkeren staatlichen Engagement bei der Bere itstellung öffentlicher Güter oder Soz iallei stungen herrühren. Eine besonde re Inflation sgefahr geht vom Staat vor allem dann aus, wenn er die Möglichkeit besitzt, diese zusätzlichen Staatsausgaben über die »Notenpresse«, d.h. durch das Drucken von Geld oder durch eine Schuldenaufnahme bei der Zentralbank zu finanzieren.
... steigende Konsumausgaben
... steigende Investitionsgüternachfrage ... zunehmende Exporte
... Erhöhung der Staatsausgaben
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Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
Preisniveau
{}
I 1Nachfragei nflation
-
·1
Erhöhung der Geldmenge
i
I
11 Geldmengeninflation 11 Angebotsin flation
Konsumnachfr age Investitionsgüternachfrage Staatsnachfrage Exportnachfr age
~i
I Kosten -
I
i
11 Gewinndruck 1
Lohn stückkosten Import preise Ste uern Kapita lkoste n
Abb . G.21. Inflationsursachen
5.3.2 Angebotsinduzierte Inflation Zu Preissteigerungen, die von der Angebotsseite ausgehen kommt es immer dann , wenn Kostensteigerungen auf die Preise übe rwäl zt werden (Kostendruckintlation) oder wenn die Anbieter einen höheren Gewinnzuschlag durchzusetzen vermögen (Gewinndruckintlation). Gewinndruckinflat ion
Eine Gewinndr uckintlatio n liegt vor, wen n Unterne hme n die Güterpreise weitgehend unabhängig von den Nachfrageverhält nisse n gestalten können . Voraussetzu ng für die Durc hset zbarkeit höherer Gewinnspannen ist jedoch eine entsprechend geringe Preiselastizität der Nachfrage. Diese hängt u.a. auch von der Struktur der Anbieterseite ab. Je monopolistischer die Ange botsstruktur ist, desto weniger Möglichkeiten gibt es für die Nac hfrager, Preiser höhungen aus zuweichen und desto unelastischer wird tendenzie ll die Nachfrage auf Preissteigerunge n reagieren. Zur Erklärung inflatio närer Tendenzen muss so mit ein zunehmender Konzentrationsgrad in der Wirtschaft unterste llt werden.
Ursachen einer Kostendruckinflation
Die wic htigsten Ursachen einer Kostendruckintl ation sind : Preiser höhungen für importierte Vorleist ungen wie z.l3. Rohöl. In diesem Fall spricht man ebe nfalls von importierter Inflation . Steuererh öhunge n, insbe sondere bei den indirekte n Steuern (z.B. die Mehrwertsteue r und spezielle Verbrauchssteuern). Das Wesen dieser Steuern liegt in deren Überwä lzbarkeit. eine Zunahme der Kap italkosten (Zinsen ), die über den Zuw achs der Kapitalproduktivität hinausgeht. steigende »Preise« für die Nutzung der Umwelt
Makro okonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
32 1
eine Z unahme der Lohns t ückkoste n. was der Fall ist, wenn die Lohnerhöhungen über den laufend en Produktiv itätssteigerungen liegen . Reag ieren die Gewerksc haften auf d ie dur ch die Koste nübe rwä lzung erhöhten Preise in der nächsten Ta rifr unde wie de rum mit Lohnfo rderungen, setzt sich die sog . Lohn-P reis-Spira le in Bewegung.
Lohn-Preis -Spirale
A llerding s ist es empirisch mei st nicht mög lich zu bestimmen, ob Lohnerhöhungen ursächli ch sind für Preiserhöhungen oder ob höhere Preise Lohnsteigeru ngen bewirken. Die Lohns tückk oste n sind definiert als Ve rhältnis von Lohnsatz und A rbe itsproduktivität. Beträgt der Stunde nlohn 25 € und die Ar beitspro dukti vität pro Stunde - ge messen in produ ziert en Stüc kzahlen - 5 Einhei ten, ergeben sic h Lohnstüc kkosten von 5 € . Steigen d ie Löhne um 5 % und die Ar be itsproduktivität um 2 %, ergi bt sich die pro zentuale Veränderung der Lohnstü ckk oste n aus 26,25 dividiert durc h 5,1 gleic h 5,14 €. Bezogen auf den A usgangswe rt von 5 € sind die Lohnstückk osten um 2,8 % gestiegen. Im Ergebnis identisch, je doch au f eine and ere Ursache zurückgehend al s die Ko sten in flat ion, ist die sog . Ange bots lücke n- Inflati on. In d iese m Fall führe n z.B. an da ue rnde Produkti onsausfälle au fg rund vo n Strei ks, pol itischen Unruhen oder Nat urkatas trophen zu Engpässe n in der Volkswi rtschaft, die erst durch Preisste igeru ngen ges chlosse n we rden . G leiches gi lt für struk ture lle Ä nde rungen des Angebots, z. B. du rch die Einführung einer Kriegswirtscha ft oder durch poli tisch motivierte Maß nahme n zur Exportförderung bzw. Impo rtbeschränkung.
AngebotslückenInflation
5.3.3 Geldmengeninflation Die vorg enann ten Erklärungen für Inflation gehen davon aus, dass die ste igende Na chfrag e und die Kosten ste igerun gen von einer entsprechenden Ausweitung des Ge ldang ebots alimentiert werden . Tatsächlich lassen sich Preisniveau steigerungen auf den Märkten nur durch setzen, wen n mehr Geld bereit steht, um höhere Preise bezahlen zu können. Währ end hier die Erhöhung der Geldm enge al so led igl ich eine notwendige Reaktion au f die Nachfrage - und Kostensteigeru ngen ist, wird beim Erklärungsansatz z ur Geldmengen inflat ion die Ursache -Wirkungs -Be zie hung genau gege nsätzlich interpretier t. A uslöser de r Inflation ist hier d ie Geldm enge bzw. eine Wachstumsrate der Geldm enge, die über jene des realen Güterangebots hina usge ht. Inflation ist d iesem Erklärungsansatz zufolge ein rein mon etäres Phänome n. Die Pre ise steigen, we nn zuviel Geld in Umlauf gese tzt wir d.
Inflation als rein monet äres Phänomen
322
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolit ik
Alle and eren Inflationsursachen sind nachg elagert, da sie nur bei einer entsprechenden Erhöhung der Geldm enge auftr eten könn en. Quantitätsgleichung des Geldes
Die Geldmengeninflation lässt sich am Einfach sten an der Quant itätsgleichung des Gelde s erläutern. Die Quantitätsgl eichun g stellt eine n defin itor ischen Zusa mme nhang zwische n der mon etären Nachfrage und dem zu laufend en Preisen bewerteten Güt erang ebot dar, welches auch tatsächlich abgesetzt wird. M . U
=
BIP ' P
Sie besag t, das s das Produk t aus der Geldm eng e (M) und der Umlaufgesch windigk eit des Geldes (U) stets gleich dem Produkt aus dem realem ß1P und dem Preisniveau (P) sein muss. Im Prinz ip eine Selb stverständlichkeit, wenn man bedenkt, dass in einer Wirtsch aft, in der Güter gegen Geld und Geld gegen Güter getauscht we rden , ex post der Geld strom (M . U) und der wertm äß ige Güterstrom (BIP . P) einander ent sprechen mü ssen . Die Umlaufgesch windigkeit U gibt die Häufigkei t an, mit der das Geld in einer bestimmt en Ze it den Besitzer wech selt und umgesetzt wird. Die Geldumlaufg eschwind igkeit ist also umso höher, j e schneller das Geld von der Bevö lkerung wieder für den Kauf von Gütern ausgeg eben wird. Wäch st nun die Geldm enge stärker als das reale BIP kommt es - vorausgesetzt U ist kon stant - zwangsläufig zu Inflation . Die Europ äische Zentralb ank berücksichtigt die se Zu sammenhänge in ihrer geldpolitischen Konzeption, die u.a. auf eine Form ulierung eines Geldmengenwach stum s abstellt (siehe Kap. »Makroökonomie - Ausgewählte Politikbereiche«, Abschn. 3). Die Wach stumsrate der Geldm enge hängt von vielen Faktoren innerhalb und außerhalb des Bankensys tems ab. Grundsätzlich wird j edoch davon ausgegangen, da ss die Ze ntralbank en über da s e rforde rliche Maß an Unabhä ngigkei t und über ein ausr eich end es Instrum entarium verfüge n, um die Geldm enge zu steuern. Abb. G. 21 verdeutlicht den Zusammenhang zwi schen der längerfri stigen Entwicklung der Geldmenge M3 und der Verbraucherpreisinfl ation für das Euro-Währungsg ebiet in den Jah ren 1982 bis 2007 . Hierbe i zeigt sich, dass nicht über den gesa mten Zeitraum eine gleichgerichtete Entwicklung gegeben ist. Insbe sondere nach der Wiederve reinigung Deut schl ands und der Einfüh rung des Euros zeigt sich eine wen iger ausgeprägte Korrel ation zwischen dem Geldmengenwachstum und der Inflationsrate. Dies deutet u.a. au f Veränd erung en in der Zinse lastizität der Geldnachfrage hin.
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1982
1984
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1986
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Verbraucherpreisinflalion -
1994
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2002
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2006
2008
M3-Wachstum
Abb. G.22. Geldmengenwachstum und Inflation im Euro-Währungsgebiet 198 2 -2007. Quelle: Deutsche Bundesbank
Im Zusammenhang mit Abb. G.19 wurde bereits auf die relativ geringen Inflationsraten der letzten Jahre in Deutschland aufmerksam gemacht. Ein Phänomen, das in fast allen Industrieländern zu beobachten ist (siehe Abb. G. 22). Nachdem die Ursachen für Inflation bekannt sind, lassen sich mögliche Erklärungen für diese Begebenheit finden.
Ursachen sinkender Inflationsraten
% 14 -
Europäische Union . -., Eurozone
vl-: Japan
10
. O · USA X Deutschland
4
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Abb. G.23. Inflationsraten in Industrieländern 1970-2008. Quelle: OECD,
Eurostat Eine wesentliche Ursache dafür, dass akute Inflationsgefahren seit geraumer Zeit nicht mehr bestehen, liegt wohl in der nunmehr in den meisten Ländern praktizierte n stabilitäts orientierten Geldpolitik, die auch eine entsprechende Erwartungsbildung bei den Wirtschaftssubjek-
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Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolit ik
ten auslöste. Zum einen wurd e die se Geldpolitik möglich, weil den Ze ntralbanken in zunehmendem Maß e Unabhängigkeit zugestanden wurd e (siehe Kap. »Mak ro ökonornie - Ausg ewählte Polit ikbereiche«, Abschn. 3), zum anderen wurde sie notwendig , weil die Liberalisierung der internationalen Kapitalmärkte die Zentralbanken zu mehr Disziplin zwingt. In der EU schwächte sich durch die Umsetzung der EU-Konvergenzkrite rien im Vorfeld der Einführung der Wirtschafts- und Währun gsunion zudem die importierte Inflation ab. Des Weiteren dürfte der verschärfte Wettbewerb sowie das elastischere Angebot als Folge der Globalisierung die Überwä lzung der Kosten auf die Preise erschwert haben . Schließlich dürften sich seitens der Nachfrage die eingeleiteten Proze sse zur Haushaltskonsolidierung (Abb au des Haushaltsdefizits) dämpfend auf die Pre isniveaue ntw icklung ausgewir kt habe n. Der Rückg ang der Inflation sraten im Jahre 2009 ist wiederum auf die neuerliche Weltw irtschaftskrise zurück zu führen. Ursachen einer Deflation
Die Ursachen der Deflation liegen im Allgemeinen in einem anhaltenden Nachfragedefizit ode r Angebots überschuss . Ursä chlich für den Rückg ang der N achfrage können beispielswei se pessim istische Zukunftserwartungen sein (d afü r wurde im Jahre 2004 der Begr iff »A ngs tö konornie« geprägt) , eine zu rigoro se restrikt ive staatli che Haushaltspolitik oder ein Rückgang der Auslandsna chfrage, weil sich dort das Wachstum verlangsamt. Eine Erhöhung des Güterangebots kann durch Billigangebote aus dem Ausland verursacht werden. Des Weiteren kö nnen seitens des Ang ebots Deflation simpul se von sinkenden Lohnstückkosten oder auch von sinkenden Stückgewinnen - z.B. aufgrund verschärften Wettbewerbs ausgehen.
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Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
6. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Das Z iel »A ußenwirtscha ft liches Gl eichgewicht« wird mei st nicht als gle ichrangig mit den anderen Zielen des Stabilitäts- und Wachstumsgesetze s ang esehen. Durchaus sinnvoll ist es, dieses Z iel als ei ne Vorausset zung für die Erre ichung der binnenwirtschaftlichen Z iele zu interpreti eren , da sich ein e »ungleichgewi chtige« Beziehung zum Ausland störend auf die wirtschaftliche Entw ick lung eines Landes auswirken kann .
6.1 Begründung des Ziels Zur Begründung die se s Ziels genügt ein Bl ick auf die Au swirkungen von Lei stungsbilanzüberschüssen und -defiziten auf die betroffenen Länder. Dabei bedeutet Lei stungsbil anz über schuss, dass de r Wert der Exporte eines Landes höher ist a ls de r Wert de r Importe. Be im Leistungsbilanzdefi zit herrscht das umgekehrte Verh ältnis vor. Sofern andauernde Lei stungsb ilanzüberschüsse auf Übers chüss e im Waren- und Dienstleistungsexport zurückzuführen sind, besteht der Vorteil dar in, da ss ex istierende Arbe itspl ätze ge sichert bzw. neue geschaffen we rden und zudem mit der Erzeugung von Gütern Einkommen ent steht. De s We iteren versch afft de r, mit den Überschüss en ve rbundenem Dev isenzufluss dem Land den nötigen Devisenvorrat, um unerwartet auftretenden Zahlungsproblemen begegnen zu können. Diesen Vorteil en von Leistungsbilanzüberschüsse n stehen jedoch bedeut ende Nachte ile geg enüber, d ie es rechtfertigen , e ine ausgeglich ene Leistungsbilanz, das bed eutet, der Wert der Exporte entspricht dem Wert der Importe, an zustreben. Zum e ine n nimmt mit steigend en Export en die Abh ängigkeit vom Ausland zu. Z um anderen unterliegen die Devisenres erv en dem Wechselkursris iko . Sinkt der Kur s der Währungen im Devisenbestand, so verliert das Land Vermögen. Ferner können Exportübe rschüss e zu Inflation führen , da ob wohl im Produktionsproze ss Einkomme n entstehen, dies em aufgrund der Exportü be rschüsse ke in entspreche ndes zusätz liches An gebot gegenübersteht (Angebotslücken-Inflation). Ebe nso kann Inflation entstehen, wenn die im Export verdi enten De visen in heim ische Währung umg etauscht werd en und sich somit die Geldmenge vergrößert (Geldmengeninflation). Ein Lei stungsbil anzüberschuss bedeutet, dass ein Ressourcentran sfer ins Au sland statt finde t. Ein Übe rschussland gibt mehr Güter her, als es erhält. Gemess en an der inl änd ischen Produktion , steht die he im ische Bevölkerung eine r schlechteren Güterversorgung gegenüber.
Vor- und Nachteile von Leistungsbilanzüberschüssen
Arbeitsplatz und Einkommenssicherung Aufbau von Devisenreserven
Abhängigkeit vom Ausland
Inflation
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Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftsp olitik
Lä nde r mit einem Leis tungsbi lanzü be rschuss leben unt er ihre n Verhältn issen. Das ma cht ab er nur Sinn , wenn irgen dw an n mit den ve rdient en Devisen auch wiede r mehr Importgüt er gekauft wer de n.
protektionistische Gegenmaßnahmen
Nachteile anhaltender Leistungsdef izite Wachstumshemmnisse und geringere Beschäf tigung
Abbau der Währungsreserve n
Exportü bersc hüss e ent sp rechen irgendwo auf de r Welt Imp ortübersc hüss en. Sofern das betroffene Land bzw . die bet roffenen Lände r auf Dauer die negativen Wirkun gen , die mit den Importüberschüssen verbunden sind, nic ht meh r tragen können oder woll en, müssen die Übersc huss länder mit Gegenma ßnahmen rechnen. Die Einleitung protektionistischer Maß nahmen - bei sp ielswei se die Erhöhung von Importzöllen ode r die Einfü hrung von Einfuhrquo ten - beeinflusst jedoch nicht nur die Exp orte de r Überschussländer, son dern birgt auch die Gefa hr eine s »Handel skr ieges« zu Lasten aller Beteil igten in sich. Lä nde r mit anhaltenden Leistungs bilanzdefi ziten erlei de n Wachstumseinbuße n, da die Güt er im Ausland gekauft und nicht im Inland produziert we rden . De r Importübe rschuss eines Landes hem mt somit Wachstum. Das Übe rschussland (Au sland) »ex portie rt« folglich Wachstumssc hwä che. Das Defizitland leidet unter eine r sog. »beggar-rny-neighbou r-policy«, einer Politik zu Laste n de r Handel spartner. Infolge de s Produktionsrückgang s im Defizitland ist auch mit eine r gering eren Beschäft igung zu rech nen . Lä nde r könn en ein Defizit in der Leistungsbilanz nur solange finan zieren, wie sie über eigene Währun gsreserven verfüge n, da die Bezahlung der Impo rte in der Regel in Devisen er fo lgt. Die Währungsreserven nehm en j edo ch bei anhalt end en Defiziten ab. Länder, die ein Defizit in der Leistun gsbil anz aufweisen, geben näm lich im Ausland me hr Geld aus als sie von dort an Einnahm en erzielen. Sie leben über ihre Verhältni sse.
höhere Auslandsve rschuldung
Sind d ie Dev isenreserven au fgebrau cht , so kann da s Defi zitland - vom »A nwe rbe n« au sländ ischer Direkti nvestition en abgesehen - Kred ite au f den international en Kap italm ärkten au fnehm en, was zu einer höheren Au slandsverschuldu ng führt. Da Kred ite verz inst und ge tilgt we rden müssen, wird dies auf Dauer zu massiven Rück zahlungsproblem en und Kred itun würdi gk eit füh ren. Irgend wan n wird das Land al so entwede r sei ne Exporte erhöhe n oder se ine Importe reduziere n und damit sei nen Lebe nss tandard ei nschränken müssen. Letzte res g ilt auch da nn, we nn das Land versuch t, seine Probl em e mit Finanzhilfe n des Intern ational en Wä h rungs fonds z u übe rbrücke n, da diese rege lmä ßig an strenge wirtschafts politische Au flage n ge bunde n sind.
327
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
6.2 Operationalisierung des Ziels In der Literatur gibt es keine einheitliche Operationalisierung des Begriffs »A ußenwirtschaftliches Gleichgcwicht« . Da die Zahlungsbilanz , in der sämt liche Tr ansakt ionen zwischen In- und Ausland festgeh alten werden, form al imme r ausgeglichen ist (siehe Kap. »Makroökonom ie Volkswirtsch aftl iche s Rechnungswe sen «, Ab schn . 2), kann sich das Ziel daher nur auf Teilbil anzen der Zahlung sbilanz beziehen. Am weitest en verbreitet ist dab ei das Kon zept , eine ausgegl ich ene Leistungsbilanz als Indikator für die Auß enw irtschaftsposition eines Landes heranzuziehen.
Indikator: a usgeglic hene Leistungsbilanz
Da die Leistun gsb ilanz sämtliche im portierte und exportierte Güterund Faktorleistungen erfasst, wird mit der Zielerreichung dieses Indikator s sichergestellt, dass die Inländer gen auso viel Leistungen von Au sländern empfangen haben wie Ausländer von den Inländern und sich das Vermö gen der Inländer gegenüber den Au slände rn nicht veränd ert hat. Damit stellt der Indikator auch sicher, dass die binn enw irtschaftlichen Nachteile von Überschüssen und Defiziten nicht eintreten. Abb . G. 24 zeigt die Entwicklung des Leistungsbil anz saldo s der Bundesrepublik seit 1970. Bis auf wen ige Ausnahmen - z.B. als Folge der zweiten Ölkrise - war Deut schl and in der Nachkriegsze it traditionell ein Land mit einem Überschuss in der Leistungsbil anz . Erst mit der Wiede rverein igung begann eine Phase hoher Defizite. Ursä chlich hierfür war die spr unghafte Zun ahme der Importe aufgrund der großen Nachfrage nach ausländischen Produkten aus den neuen Bundesländern , die fin anz ielle Bete iligung Deut schl and s am Golfkrieg, gestiegene Transferz ahlu ngen an die EU sowie eine Aufwertung der DM innerhalb des Europäischen Währung ssystem s. Mrd.€ 2 20 ,----
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Abb. G.24. Entwicklung der Leistungsbilanz. Quelle: Deutsche Bundesbank
328
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaft spolit ik
Seit 2001 erwirtschaftet Deutschland wieder e inen hoh en Übe rschuss in Transakt ionen mit dem Au sland . Maßg ebend für d iese Entw icklung verantwortlich sind die Übe rschüs se in der Hand elsbilanz. Al s ursächlich für di e zunehme nd verbesse rte Wettbewerb sfäh igkeit Deutschlands wir unter and erem darauf verwiese n, dass der Anst ieg der Lohnstückkosten in Deut schland dauerhaft unter dem Euroraumdurchschnitt gebl ieb en ist. Was Deutschland wiederum den Vorwurf ei nge bracht hat, dass es mit einer »ex portorientic rtcn Wach sturnsstrategie« Wachstum auf Kost en der anderen Länder erreichte. A us glob ale r Sicht kom mt darin die seit Ende der 90e r Jahre verstärkt zu beob achtenden durch die g loba len Handel s- und Kapit alströme verursachten zu hohe n Leistun gsbil anzungleichgew ichte - sowo hl internation al a ls auch inne rhalb de s Euroraum s - zum A usdruck. Während einige Lände r (vor allem China, Japan und Deutschl and) kont inuierliche Leistungsbil anzüberschü sse aufweis en, verzeichnen andere relati v dauerh afte Leistungsbilanzungleichgewichte. Infolge der Fina nzmarkt - und Weltwirtschaftskrise stehen diese Ung leichg ewi chte nunmehr - a ls eine Krisenu rsache neben der unzu reichenden Kontrolle der Finanzm ärkte und zu hoher Liqu idität - im pol itischen Fokus bei der Era rbeitung internationaler Anp assungsstr ategien . ausgeglichene Devisenbil anz
Als alternat iver Indikator bietet sich e ine ausgeglichene Devisenb ilan z an . In di esem Fall um fasst der Ind ikator all e auß en wirtschaftlieh en Transaktionen der anderen Te ilbilanzen. Der A usgle ich der Devisenb ilanz bedeutet, dass der Saldo der Leistungsbilanz dem der Kapitalb ilanz entspricht und die Währungsreserven des Landes konstant bleiben.
6.3 Ursachen von außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten Die Ursache n lang anhaltend er Leistun gsbilanzungl eichg ew icht e können in preislichen Wettb ewerbs vorteilen bzw. -nachteilen liegen. Diese könn en wie derum auf unterschi edliche Produktions kost en. Differenzen zw ischen der inl änd ischen und aus ländis chen Infl at ion srate ode r die Wechselkursentwicklung, einschließlich akti ver Beeinflussung von Wech selkursen durch Devi senm arktinterventionen . zurückgeführt werden . Ein we iterer Grund liegt in der Nichtverfügbarkeit bzw . Verfü gbarkeit von Gütern und Produktionsfaktoren. Dies kann sowohl an natürlichen Gegebenheiten (z.B. Klim a und Rohstoffvorkommen) als auch an Defiziten im Know-how liegen.
329
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
Unterschiedliche Konsumpräferenzen und der Stand der wirtschaftl ichen Entw icklung tragen ebenfalls zur Erklärung der Handelsströme bei. Weitere Best immungsfaktoren sind die staatliche Handelspolitik (z.B. durch eine e inseitige Beg ün stigung der Ex por tpolitik einer Vo lkswirtschaft durch das Steuersystem . durch Subventionen oder durch nichttarifäre Handelshemmnisse ) sow ie unt ernehmensstrategische Entsche idungen. Vor all em seit den 90er Ja hren dürften die Standortentscheidungen multinationaler Unternehmen e inen zunehmenden Einfluss auf die I-Iandelsströme haben. Gerade für kleine Länder kann d ies zu gra vierenden Auswirkungen auf ihre Leistungsbilanz führen .
Wechselkurssysteme Ein Wech selkurs gibt das Austauschverhältnis zw ischen zwe i Währungen beispie lswei se Euro und US-Dollar an. Üblicherweise wird die ses Au stau schverhältn is als Mengennotierung angegeben. Dem nach gibt die Notierung des Wechselkurses den Betrag an ausländischen Währungseinheiten an, der für ein e Einheit Inlands währung zu entrichten ist. Der Kurs I € = 1,51 $ bedeutet, dass aus der Sicht eines Deutschen im Besitz von US-Dollar, er 1,51 $ zu entrichten hat , um I € zu erhalten. Umgekehrt bekommt ein Amerikaner für ein en US-$ im Austausch 0,66 € (= Pre isnoti erung des Euro in den USA : $ 1,00 / € 1,5 1 = 0,66) . Vere infachend kann zw ischen festen und flex iblen Wechselkursen unte rsch ieden we rden . In einem System flexibler Wech selkur se w ird d ieser durch das Zu sammensp iel von Angebot und Nachfrage auf dem Devi senmarkt (Devisen = Fremdw ährun g) be stimmt. De r Wechselkurs schwankt fre i. Be i einem Sy stem fester Wechselkurse wir das Au stauschverhältnis von den Zentralbanken bilateral festgelegt. Dam it ist ein be stimmter Umta uschkurs zwi schen zwe i Währungen gar antiert. Die Zentralbanken müssen sich daher gleichzeitig dazu verpflichten, den fe stgelegten Kur s durch Interventionen am Devi senmarkt zu halten . Ein wechselkursbedingtes Leistungsbilanzung leichgewicht entsteht dann, wenn in ei nem System fester Wechselkurse das festgelegte Austauschverhältn is nicht den fundamentalen ökonomischen Gegebenh eiten der bei den Länder (z.B. den Untersch ied en in der Inflati onsrate und der Wachstumsrate) ent spr icht oder in einem flexiblen Wechselkurssystem eine Währung gegenüber der anderen ständig an Wert verliert.
Wechselkurs
flexibler Wechselkurs
fester Wechselkurs
330
Abwertung
Makroäkonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
In beiden Fällen sind bzw . we rde n die ge hande lten Güter und Dienstleistungen desjenigen La ndes , dessen Währung unter bewe rtet ist bzw. stä ndig an Wert ver liert, gegenüber de m I-1ande lspa rtner billige r. Ist die auslä ndische Nac hfrage entsprechend preiselastisch steige n die Export und sinke n die Importe , was c.p. insgesamt ein bestehend es Leistungs bi lanzüberschuss vergrößert od er ein -dc fi zit reduziert.
Än dert sich der Kurs beispielsweise vo n I € = 1,51 $ auf I € = 1,56 $, was gleichbede utend ist m it einer A ufwertung des Euro (und Abwertung des US-Dollars ), falls es sic h um ei ne abgestimmte Änderun g des A ustauschverhältnisses ha ndelt, kön nen De utsc he für den selben Euro betrag mehr us-amerikanische Güter impo rtieren (bzw . us-a mer ika nische Unternehmen exp ortieren). Für die Wirtsc haftss ubjekte in den USA we rde n dadurc h d ie deu tsc he n Güter aber teurer. Sie erha lten nunmehr im Austausc h gege n ei nen US-$ nur noc h rund 0,64 €. Ihre Impo rtnac hfrage nach deu tschen Produkten ge ht zurück.
Makrookonomie - Ziele der Wirtschaftspolitik
7. Wiederholungsfragen
o
I.
Was versteht man unter Ordnungspolitik und Prozes spolitik? In welchem Z usammenhang stehen diese be iden Politikbereiche? Lösung S. 270 f.
o
2.
Welche Einflussmögl ichkeiten ergeben sich bei spiel swe ise für die EU auf die nation al staatliche Wirt sch aft spolitik? Lösung S. 274 f.
o
3.
Warum spricht man im Z usammenhang mit den wirtschaftspolit isch en Zie len von einem »rnagische n Viereck «? Lösun g S.276
o
4.
M it welchen Ind ikato ren kann das Wirt sch aft sw ach stum gemessen werden? Lösung S. 281
o
5.
Wie lauten die vier Phas en eines idealtypischen Konjunkturverlaufs? Lösung S. 283
o
6.
Welche negativen Ausw irkungen sind mit Unterbeschäftigung verbunde n? Lösung S. 296
o
7.
Welche Ind ikato ren dienen zu r Me ssung de s Be sch äft igungsziels und wie sind sie definiert? Lösung S. 297 ff.
o
8.
Was versteht man unter »stiller Res er ve«, verdeckter und versteckter Arb eitslosigk eit? Lös ung S. 298 f.
o
9.
Wo rauf lässt sich Arbeitslo sigkeit zurückführen ? Lösun g S. 300 ff.
o
10.
Was ver steht man unt er der Insider-Outsider- Th eori e? Lösung S. 309 f.
o
11.
Wie we rden der Prei sindex und die Infl ation srate ermittelt? Lösung S. 315 f.
o
12.
Welch e Gefahren birgt ein e Deflation? Lösung S. 313 f.
o
13.
Wie werden die einzelnen Infl ationsursachen begründet? Lösung S. 319 f.
o
14.
Welche N achtei le sind mögl ich erw ei se m it e ine m Lei stungsbil anzüberschu ss verbunden? Lösung S. 325
o
15.
Welch e Ursachen für e in anhaltend es Leistungsbilanzdefi zit sind denkbar? Lösung S. 326
o
16.
Wor in liegt de r Unterschied zw ischen einem festen und einem flexiblen Wech selkurssystem ? Lösung S. 329
o
17.
Wa s bedeutet eine Abwertung und w irkt sich diese im Normalfall auf den Leistungsbil anz saldo eine s Lande s aus? Lösung S. 330
331
Makroökonomie Ausgewählte Politi kbereiche l.
F iska lpo lit ik a ls Sta bilisier u ngs po lit ik
LI
Öffe ntliche Ausgaben
1.2 1.3
Öffentliche Einnah men
1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.4
Probleme fi skalpolitischer Beeinflussung der Konjunktur Zeitliche Ve rzögerungen Verdrängung privater Nachfrage (Crowding-outEffekt) Zielkonflikt zw ischen Inflation und Beschäftigung Zu nehmende struk ture lle Staatsversc huldung Unzu reichende Koordinat ion Koordi nation der Fiskal politik in der Euro päisc hen Union
1.5
Wiede rhol ungsfrage n
2.
Geldpolitik
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.7
Die Europäische Zentralbank Zie le der euro päis chen Geldpolitik Strategie der europäischen Gel dpolitik Geldentste hung und Ge ldvernichtung Instrumente der Ge ldpo litik Offen marktgeschäfte Stän dige Fazilitäten Mindestreserve Wirksa mkeit und Wirkungen de r Gel dpolitik Geldpolitik in langfristiger Perspektive Geldpolitik in kurz- und m itte lfristiger Perspektive Probleme ge ldpo litisc her Beei nfluss ung der Konj unktur Wiederhol ung sfrage n
335 338 344 348 348 354 357 361 367 371 375 376 377 379 380 383 390 391 392 393 394 394 396 398 402
334
Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
3.
Politik für Wachstum und Beschäftigung
403
3.1
Bestimmu ngsfaktoren des Wachstum s
406
3.1.1
Neoklassisc he und neue Wachstumstheorie
406
3.1.2
Empirische Wach stum sth eor ie
410
3.2
Ansatzpunkte der Wach stumspolitik
413
3.2.1
Generelle wach stum sfördernde Polit ikmaßn ahmen
414
3.2.2
Beei nfl uss ung einze lner Wach stum sdeterm inanten
416
3.2.2.1 Bee influssung der privaten Ersparn isbildung
41 7
3.2.2.2 Öffentliche Ersparnis und Wach stum
419
3.2.2.3
420
Bee infl uss ung privater Investitionstätigkeit
3.2.2.4 Öffentliche Investitionen und Wachstum
422
3.2.2.5
Beei nfl uss ung des tech nischen Fortschritts
42 7
3.2.3
Industriepo litik und Wachstum
432
3.3
Lohnpolitik
436
3.4
Wiederholungsfragen
442
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
335
1. Fiskalpolitik als Stabilisierungspolitik Lernziele dieses Abschnitts Die Studie renden sollen nach der Lektüre dieses Kapitels die gr undlegenden Unterschi ede zwischen neo klassische r und keyne siani scher Fiskalpolitik kennen. ve rschiede ne fiska lpoli tisc he Ma ßnahm en und ihr e Wir kungsweisen im Rahmen de r Stabilisier ungspolitik verstehen. die praktis chen Probl eme in de r Umse tzung ein er antizyklischen Fiskalpolitik kenne n und im Kontext der aktue llen wirtschaftspolitischen Lage einschätzen können. die Zielsetzung und die Inhalt e des europäischen Stabilitätsund Wachst umspakts kennen.
Im Rahm en der fiskalische n Stabilisierungs politik geht es da rum, mit Hilfe anti zyklisch wirkender fiskalpolitischer Maß nahmen, die kurzfristigen wirtsc haftli che n Schwankunge n um den langfris tigen Wachstumstre nd zu dämpfen. Als fiskalpolitische Instrumente stehen genere ll die Ausgaben und Einnahmen des Staates zur Verfüg ung. In der Regel we rden beide Instrumen te komb iniert eingesetzt. Ob und inw iewei t dabei das eine oder ande re Instrument bevorzugt gen utzt wird, hängt vo n de r j eweil igen Konj unkturphase und den Chan ce n der politischen Durchsetzbarkeit ab. Der kon zeptio nelle Einsat z der Fiskalpolitik zur Stabilisieru ng der wirtsc haftliche n Entwicklung wird von de m zugrundeliegenden theoretisc hen Mode ll bestimm t. Für eine aktive Fiska lpoli tik als Stabilisierungs politik liefe rt die key nesianische Analyse das theoretische Fundamen t. Die Neok lassik, die in ihrer Konzeptio n ehe r langfristig orientiert ist und die Bede utung der Ange botsseite für die Entwicklung der Wirtschaft betont, sie ht das primäre Ziel der Fiska lpolitik ledig lich darin, günstige Rahmen bedingunge n für die Unterneh men zu schaffen. Ein ze ntra ler Ansatzpu nkt neok lassische r bzw. angebotsorientierte r Fiska lpo litik sind fo lglich Steuerkürzungen auf breiter Basis, um auf
angebotsorientierte Fiskalpolitik
336
Makrookonomie - Ausgewäh lte Politikbereiche
Steuerkürzungen
diese Weise die Leistungsbereitschaft der Wirtschaftssu bjekte anzur egen und so die wirtschaftliche Dynamik zu beschleun igen.
Subvent ionsabbau
Angebotso rientierte Fiska lpoliti k zielt we ite r auf den Abba u von (Erhaltungs-)Subventionen ab. Diese müssen - so die Argumentation letztl ich von produktiven Unternehmen finanziert werden und beeinträchtigen deren internationale Konkurrenzfähi gkeit.
Schuldenabbau
Eine Rückführun g der Staat sverschu ldung bzw. der Haushaltsdefi zite ist ebe nfalls eine zentra le Forde rung innerhalb dieser Konzeption . Haushaltsdefi zite wirken au f dem Kapitalmarkt zinssteigernd und führen zu höheren Steuerbelastungen im Rahm en des Schuld end ienstes. Beides führt zu negativen Anr eizen hinsichtlich der privaten Konsumausgaben und der privaten Investitionen.
Deregulierung
Sch ließlich werden Deregulierungs- und Privatisierung smaßn ahmen gefordert, da staatliche Monopole und Regulieru ngen zu eine r Fehlallokation von Ressourcen führen. Dadur ch wird die Wachstumsrate des Sozia lprodukts verringert und die Arbeitslosigkeit erhöht.
nachfrage orientierte Fiskalpolitik
Die keynesianische nachfrageorientierte Fiskalpolitik. die traditionell die Bedeut ung der gesamtw irtschaftl iche n Na chfrage für Beschäft igung und BIP betont, setzt dagegen auf die Beeinfl ussung der einzelnen Nachfragekomponenten wie den privaten Konsum, die privaten Investitionen, die Staatsau sga ben und die Export e. Abb. H.I verdeutlicht die Ansatzpunkte der Konjunktur- bzw. Stabilisierungspolitik.
BIP
pp
pp
(Produktionspotenzial)
++Boom ....................HIP
.x
(be i Nonnalauslastung)
./ .· · /f(~zession
Fiskalpolitik Geldpolitik
BIP = C + Ib+ Aso+ Ex - Im f1\ iM' f1\ __ .
~
l.
_
~
-
-
-
_____________________J
Abb . H.l. Ansatzpunkte der Stabili sierungspolitik. Quelle: Pätzold, J. , Baade, D., Stabilisierungspolitik (2008), S. 66, modifiziert
ant izyklische Fiskalpolitik
Im Boom sollen die Staatsa usgaben gesenkt bzw . die Steuern erhöht und in der Rezession sollen die Staatsausgaben erhöht und die Steuern gese nkt werden (ant izyklische Fiskalpolitik). Da dami t zu rechn en ist, dass in der Rezession die laufenden Einnahmen nicht ausreichen, um expansive Konju nktur- und Beschäftig ungsprogramme zu finanzieren,
337
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
soll der Staat Kredite zur Finanzierung zusätzlicher öffentlicher Ausgaben aufnehmen (d eficit spending).
deficit spending
Gelingt die beabsichtigte Ankurbelung der Wirtsc haft, so erhöhe n sich in der Folgezeit die Ste uereinnahmen wieder. Mit diesem Ste uera ufkommen können dann die Schulden aus der Rezession getilgt werden. Der Ausg leich des staatlichen Budget s erfolgt über den gesamten Konjunkturzykl us hinweg (zyklischer Budget ausgleich ) und nicht über ein Haushaltsjahr. Abb. H.2 mac ht dies e Politik und ihre Wirkungen auf den Konjunkturverlauf deutlich.
zyklischer Budgetausgleich
BIP pp
Konjunkturverlauf ohnestaatliche Stabilisierungspoiitik
--..
Konjunkturverlauf mit staatlicher Stabilisierungspolitik
i, , ,,
t (Zeit) Budget
kontraktive expansive Fiskaipoiitik Fiskaipoiitik t (Zeit)
o +
Budgetüberschuss
Budgetdefizit
+----- zyklischer------. Budgetausgieich
Abb. H.2. Antizyklische Fiskalpolitik und Budgetsaiden
338
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
1.1 Öffentliche Ausgaben Als Instrument der Ausgabenpolitik dienen Variationen des Ausgabenvolumens und der Ausgaben struktu r. Je nach Erfordernis können die Ausgaben auch zeitlich verschoben werden . Abb . H.3 enthält eine Zusammenfass ung der Bereiche, Instrumente und Wirkung szusammenhänge staatlicher Ausgabenpolitik. Instru mentenkategorien
Ausgabenbereiche
Änderung des Ausgabenvolumens. der -struktur, des -tirni ngs
+
Staatsnachfrage nach Gütern und Dienst leistungen
+
Sachausgaben
Wirkungszusammenhänge 1
Transferzahlungen an private Haushalte
I--
+
Personalausgaben
•
Verfügbares Einkomrnen der privaten Haushalte
•
1 Konsum-/Sparentscheidung
11
11
der Wirtschaftssubjekte
+
1
Subventionen an Unternehrnen
•
Gesamtangebot
•
Unternehmerische Investit itionsenscheidung
I
Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte
Gesamtnachfrage
Gewinnerwartungen der Unternehrnen
11
Investitionsgü ternach frage der Unternehmen
I I I I
I
Produktpreisgestaltung der Unternehmen
•
Gewinnkalkulat ion der Unternehmen
+ Kostenstruktur der Unternehmen
Abb. H.3 . Staatliche Ausgabenpolitik als Konjunkturpoli tik . Quelle: Friedrich, H., Stabi lisierungspolitik . 2 . Aufl, (1986), S. 117
~
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
Übliche rwe ise steh en die öffe ntlic hen Sach ausgaben (Käu fe von Güte rn und Die nstle istunge n) im Vorde rgrund der staatl ichen A usga ben politik. Im Gegensatz zu den Transfers (z.B. Kindergeld) und den Subve ntione n (z. B. Investitionshi lfe n) sind sie als Ko mpone nte der ge sa mtwi rtsc haftliche n Nachfrage dir ekt nachfragewirk sam. Übe r d ie Verwen dung der Transfers und Sub ventionen entsche iden letztlich die privaten Haushalte bzw. Unternehmen. Z um Beis piel werden Transfers nur nac h Maßgab e der margi nalen Konsumneigung der Empfänge r nachfragewirksam . Der Multiplika toreffekt der Staatsausgaben für Güte r und Die nstle istungen ist folglich höher als je ner der Transfe rs und Subven tione n. Der Multipli kator effe kt bedeutet, dass z.B, eine gewünschte Erhöhung des BIP um eine Mrd. Euro nic ht eine Erhöhung der öffentliche n Sach ausgaben um den selben Bet rag erfordert. Ein Teil de s Zu satze inkommens, das durch die zusätzli chen Staatsaug aben be i den anderen Wirtschaftss ubj ekten entsteht , wird nämlich wieder ausgeg eben . Diejenigen denen diese A usgaben als Einko mm en zu fl ießen, we rden wiederu m einen Te il davon ausge be n usw. Am Ende dieses Prozesses ist das ß1P insgesamt um ein Vielfaches der zusätzlichen Staat sausgab en ges tiege n.
Multiplikatoranalyse Der Multiplikator gibt an, um wie viel sich die Z ielgr öße, z.B. das ß1P od er Gleic hgewi chtse inkommen (YE ) ve rände rt, wenn sich eine exoge ne Größe wie z.13. die Staatsausgab en (G), die Transferausgaben (Tr) oder d ie einkommensunabhä ngigen Steuern (T) ände rt. A usgangs pu nkt der Multiplikat or analy se in ei ner ges chloss en en Volkswirtschaft ist die gesamtwirtsc haftliche Nac hfragefun ktion Y = C + I + G m it der ein kommensabhängigen Konsumfunktion C = a + bYverf - Die Größe a steht für den auton omen Konsum; die Variable b steh t für die margin ale Konsumneigung. Die marginale Konsumneigung gibt an, wie hoch der Ante il ist, der von einem zusätzlichen Einkommen für Konsumzwecke ausgegeben wird. Y verf ist das verfLig bare Einkommen: Y verf = Y + Tr - T Setzt ma n die Kon sumfunktion in die Definitionsgleichung ein folgt daraus: Y = a + b (Y + Tr - T) + I + G au fgelöst nach Y ergibt sic h das Gleichgewich tse inkomm en (YE ) : YE = (a + bTr - bT + 1+ G) / (I-b)
339
Ausgabenstruktur
Multiplikatoreffekte
340
Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikbereiche
Durch partiell e Diffe renz ieru ng nach G erhält man den Staatsau sgabenmultipli kator. Staatsausgabenmultiplikator
Der Staatsausgabenmultip likator gibt an, um das wi e vielfa che sich das Blf' oder Volk se inkomme n verä ndert, wenn sich die Staatsausgaben dauerhaft um x Einheiten verän dern.
dY/dG
=
1I(1 -b) bzw .
~Y =
1I(I -b)
~G
De r Staatsau sgabenmultiplika tor beträgt I /(I-b). Unte r der rea listisc he n Vorausse tzung, da ss 0 < b < I folgt , da ss d ieser Multiplikator imm er größe r als Eins ist. Ist z.B. b = 0.8, führt ei ne Erhö hu ng der Staatsau sgaben um 100 Ei nhei ten zu ei ne r Erhö hung des Gl e ich gewichtsei nkomme ns um 500 Einheiten. Transferausgabenmultiplikato r
Durch Di fferenzie ru ng nach Tr erhä lt man den T ransfe rausgabc nmul tiplikato r:
dY/dTr
=
b/(l-b)
und durch partielle Differenzierung nach T den Steuerm ultiplikator:
dY/dT Steuermultiplikator
=
-b/(l-b)
Der Steu ermultipli kator ist ge nauso groß wie der Transfe rm ultiplikator, j edoch m it negat ivem Vorze ich en aufgründ des Kaufk ra ften tzugs . Be ide Multiplikatoren sind imm er um Eins kleine r als der Staatsausgabenmultipli kator. Ursac he hierfür ist, das s die Staatsausg abe n für G üter und Dien stleistun gen (G) als Komponen te der ges amtw irts chaftl iche n Nach frage unmitt elbar und in volle r Höhe nac h frag ewir ksam we rde n und da s Einkomm en entspre che nd er hö he n, wä h re nd sich z.l3. be i den Transfers zwische n staatlic he r Au sgabe und N ach frage am Markt d ie Entsc he idun g der Trans ferempfä nge r sch iebt. Da annahm egem äß b < 1 ist, also ei n Te il dieses zusätzlichen Einkommens ges part wi rd, w ird da s Transfe rei nkomme n nu r e ntsp rec he nd der mar g inal en Kon sum neig ung b tatsächli ch nachfragew irksam. Vorau sge setzt eine Erhöhung de r Staatsausgaben (Il G) wi rd durch einkommen sunabh ängige Steu ern in g leiche r Höhe (IlT) finanzie rt, ist der Multiplikato r gleic h Eins, we il die einkomme nse rhö he nde Wirkung des Staatausgabenmultip likators mit der einkomme nsse nke nde n Wi rkung des Steu ermulti plikators gegen zurechnen ist.
Haavelrno-Theorern
Eine Erhöhung der Steuern und der Staatsausgaben um den g leichen Betrag füh rt zu eine r Steigerung des Gl eichgewicht sein komm ens um ebe n diesen Betrag (Haa velmo-Th eor em).
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
341
Allerdings gilt dies nur dann, wenn es sich bei den Staatsausgaben nicht um Transferausgaben handelt (der Multiplikator wäre in diesem Fall Null) und keine einkommensabhängige Steuer in das Modell aufgenommen wird . Die Einführung einer einkommensabhängigen Steuer z.B. in der Form T = t(Y) , wobei T für das Steueraufkommen und t für den Steuersatz steht , mit 0 < t < I, würde alle oben berechneten Multiplikatoren verkleinern, eben so wie die Einführung einkommensabhängiger Importe . Der Grund ist, dass einkommensabhängige Steuern und Importe die verfügbaren Einkommen bzw. die inländischen verfügbaren Einkommen der Privaten und damit deren einkommensinduzierende Nachfrage aufjeder Stufe des Multiplikatorprozesses reduzieren. Angenommen es gilt in einer offenen Volk swirtschaft Im = m Y, wobei m die marginale Importneigung ist, und die Exporte exogen sind, folgt : Y = a + b (Y + Tr - T) + 1 + G + Ex - mY und YE = (a + bTr - bT + I + G + Ex) 1 (I-b + m) Durch partielle Differenzierung z.B. nach G ergibt sich nunmehr als Staatsausgabenmultiplikator in einer offenen Volk swirtschaft:
dY /dG = 11(1- b + m) Mit 0 < m < 1 wird deutlich, dass in einer offenen Volkswirtschaft der Multiplikatoreffekt einer Staatsausgabenerhöhung kleiner einzuschätzen ist, als in einer geschlossenen Volk swirtschaft. Bei der Einschätzung der Größe des Multiplikators ist zudem zu berücksichtigen, dass die Besteuerung einen bedeu tenden Effekt auf die Investitionen haben kann, so dass die Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage durch G möglicherweise durch einen Rückgang der Investitionen (I) - zumindest teilweise - kompensiert wird. Ein der artiger Verdrängungseffekt (crowding-out Effekt) ist zudem möglich, wenn die zur Finanzierung der zusätzlichen Ausgaben aufgenommenen Kredite am Kap italmarkt ausgelöst durch eine Zin serhöhung private Invest itionen verdrängen. Vorausgesetzt, die privaten Investitionen sind neben dem Zins auch vom Einkommen bzw . der Konsumnachfrage abhängig, wird der Multiplikatoreffekt durch den Akzeleratoreffekt (die positive Rückwirkung der Nachfrage auf die Investitionen) noch verstärkt.
Akzeleratoreffekt
342
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
I
ß*.<11 --> .<1Y --> .<1C
--> ...
I
Durch Veränderungen des Konsums bzw. des Einkommens induzie rte Investitionen (ß = Akzelerator) Abb. H.4. Multiplikator-Akzelerator-Wirkung
In seh r vere infachter Form lässt sic h der Tra nsformationsmechanismus von Staatausgaben aus nachfrageorientie rter Sicht wie fo lgt zusammenfassen:
Wirkungen von Staatsausgaben aus nachfrageorientierter Sicht Erhö hung der Sac ha usga be n : -7 gesamtwi rtschaftl iche Nachfrage erhöht sich -7 Produktionsniveau erhöht sic h -7 Beschäftigung ste igt Erhö hung de r T ra ns fers : verfügbares Einkommen der privaten Haushalte steigt -7 Konsu m steigt entsprechend der marg inalen Konsumneigung -7 gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt -7 das Prod uktio nsniveau er höht sich -7 Besc häftigung steigt In Abb . 1-1.5 ist das Eingreifen des Staates durch diskretionäre Fiskal politik dargestellt, das nur Sinn mac ht, wenn sich die Volkswirtschaft in der A usgangssit uation (C) in ei nem Unterbeschäftigungsgleic hge wicht befindet. Eine Erhöh ung der staatlichen Ausgaben für Güte r und Dienstleistungen oder für finanzielle Leistungen an die Haus halte ver sc hiebt d ie gesamtwirtschaftliche Nac hfragek urve nac h links. Damit steigt das B1P aber auc h das Preisniveau. Bei entsprechendem »t irning« gelingt es , das Vo llbeschäftigungsg leichgewicht (Bll'«) zu erreiche n. Wirkt die fiskalische Maßnahme »zu stark« kann es zu ei ner Über hitzung in der Vo lkswirtschaft kommen, die sic h let zt lic h dann nur noc h in einer höheren Inflationsrate manifestiert.
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
343
P
t GN'
B II~
BIP
Abb. H.5. Fiskalpolitische Effekte
Bei der Bestimmung des erforde rlichen Ausgabenanstiegs ist natü rlich der M ultiplikat ore ffekt zu berücksichtigen. Befin det sich die Volkswirtschaft in der Investition s- oder Liqu iditätsfalle wirkt die fiskalpolitische Ma ßnahme beso nders stark. Ist die Investitionsnachfrage vollkommen zinsunelastisch (In vestitionsfalle) wer den die privaten Investitionen trotz steige ndem Zinssat z nicht zurückgehen. Liegt die Liquiditätsfalle vor, bleibt die Zinssatzerhöh ung aus. Der Zinssatz steigt, weil die Erhöhung des Preisniveaus - ausgelöst c.p. dur ch die Erhöh ung der Staa tsau sga ben - die rea le Ge ldmenge (das Ge ldangebot) sinken lässt, und g leichzeitig das gestieg ene Einkommen die Ge ldnachfrage zu Transaktionszweck en anregt. Ein Nach frageüberschu ss auf dem Geldmarkt ist gle ichbedeu tend mit einem Ange botsü berschuss auf dem Wertpapiermar kt - die Wirts chaftssubj ekte versuchen, das zusätzli che Ge ld für Transaktionszwecke dur ch den Ve rkauf von Wertpa pieren zu erlange n - der zu Kur ssenk ungen und steigende n Zinssätzen führt. Allgemei n wird zur Ausga ben politik kritisch ange me rkt, dass sie nur dann ei nen wesen tlichen Beitrag zur Nachfragesteuer ung leisten kann, wenn sie eine hinreichend große finanzie lle Dimension besitzt. Gerade die Ausg abengest altung leidet abe r an Flexibili tät. Viele Ausgabe n wie Z.ß. die Verwaltungs - und Perso nalausgabe n sind fast nur noch nach ob en beweglich. Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass über 90 % der Ausgaben im Haushalt festgeschr ieben sind und somit nicht zur konjunkturpolitischen Steuerung zur Verfügu ng stehe n.
Kritik an der Ausgabenpolitik
344
Makrookonomie - Ausgewäh lte Politikbereiche
1.2 Öffentliche Einnahmen
deficit spendlng
Ein we iteres w icht ige s Instrument der Fis kalpoli ti k sind die Einna hmen, wozu auch die Kredite zähle n. Wie bereit s we iter oben erwähnt, sollen nach keyne sianischer Auffass ung in Zeiten der Reze ssion Budgetdefizite hingeno mmen und erforderl iche zusätzliche Staatsausgaben mit Kred iten finan ziert werden (defici t spending) . Au f diese Weise erreicht man nicht nur d ie grö ßtmög liche, dur ch Multiplikatoreffekte vers tärkte expansive Nachfragewi rku ng, sonde rn auch die fü r das konju nkturpolitische Hande ln der staatliche n Instan zen erforde rliche fi nanzie lle und ze itliche Unabhä ngig kei t gege nübe r den Staatse innah men. In der Hochkonjunktur angesam me lte Budgetübersch üsse so llen nicht nur »stillgelegt« we rden , sondern zur Tilgun g der in der Rez ession aufgenom menen Schulden dienen. Dadurc h soll der Schuldensta nd des Staates auf den A usga ngs zustan d zurückgeführt we rden (sog. zykl ischer Budget ausgleich). Sieht man einmal von den Krediten ab, kann die staatliche Einnahmepol itik im We sentl ichen mit der Steuerpolitik gleichges etzt werden . A ls Instrumente der Steuerpo litik dienen Variationen der Steuersätze und Änderung en der Beme ssungsgrundlage . Je nach Erfordern is kann die Steuerschu ld auc h zeitlic h verändert werden. Abb. H.6 enthält eine Zu sam menfassun g der Berei che, Instrumente und Wirkungszu sammenh änge einer vorwiegend nachfrageorientierte n Steuerpolitik.
steuerliche Beeinflussung des Konsums
Z ur Einwi rk ung au f den Konsum eig nen sich in erster Linie Variationen der Einkommenste uer. M it Steuer satzsenkungen. einer Erhöhung der Steuer freibeträge oder Verschiebun g der Steuerzahlu ng vergrößert der Staat die verfügbaren Einkommen der privaten HaushaIte.
Wirkungen von Steuersenkungen auf Haushaltseinkommen Sen kung dir ekter Ste uern für privat e Haushalte -7 Erhöh ung des verfüg baren Einkommens -7 Erhöh ung des Konsums -7 Investitionsgü te rnac hfr age steigt -7 ges amtw irtsc haftl iche Nachfrage steigt -7 das Produkt ionsn iveau erhöht sich -7 Beschäftigu ng ste igt. Am Wirkungsvoll sten we rde n dabei steuerliche Be- und Entlastunge n bei Em pfange rn m ittl erer und niedrige r Eink ommen eingeschä tzt. Diese haben eine relat iv hoh e marginale Konsumneigung und nur geringe Möglichkeiten zum Entsparen oder zur Ver schuldung.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
I
Instru mentenkategorie
Änderung des Steueraufkommens, der Struktur der Steuereinnahmen
~
~
~
~
Direkte Steuern auf Einkommen aus unselbständiger Beschäftigung (Lohnsteuer)
Direkte Steuern auf Einkommen aus Unternehrnert ätigkeit und Vermögen (Einkommenund Kapitalsteuer
Indirekte Kostensteuern (Umsatzund Verbrauchsteuern)
Abschreibungen
~
~
~
Variation der Steuersätze Änderung der Bemessungsgrundlage Abzügeder Steuerschuld
~ 1
1
1
I I
I
•
VerfügbaresEinkommen der privaten Haushalte
11
•
~
Maßnahmen bereiche
~
Änderung der Bemessungsgrundlage
Variation der Steuersätze I
•
Gewinnerwartungen der 11 Unternehmen
•
Inst ru m ente
I I
•
•
Kostenstruktur der Unternehmen
•
Konsum-/Sparentscheidung 11 Unternehmerische : 11 Gewinnkalkulation der Wirtschaftssubjekte Investititionsenscheidung der Unternehmen
• •
345
• •
•
Wirkungszusammen hänge 1
1
Konsumgüternachfrage der I l lnvestitionsgüternach- Ilproduktpreisgestaltung 1 privaten Haushalte frage der Unternehmen der Unternehmen
Gesamtnac hfrage Gesamtangebot
t
I I
Abb. H.6. Nachfrageorientierte Steuerpolitik als Konjunkturpolitik. Que lle: Fried ric h, H. , Stabi lisierungspclitik,
2. Auf l, (1986),
S.
123
Nach Ansicht der Neoklassiker ist die steuerpolitische Wirkung auf den Konsum eher gering. Ihrer Meinung nach ist der Konsum durch das permanente Einkommen (dem normalen bzw . durchschnittlichen Einkommen) und nicht durch das laufende Einkommen determiniert. Hinzu tritt das Problem, dass höhere Einkommensteuern seitens der Gewerkschaften möglicherweise nur höhere Lohnforderungen provozieren, die letztlich wiederum nur kosten- und preistreibend wirken . Zur steuerlichen Beeinflussung der Investitionen bieten sich ebenfalls Änderungen in den Steuersätzen sow ie der Bemessungsgrundlage an. Von einer Erhö hung (Senkung) der Einkommen- und Körperschaftsteuer werden kontraktive (expansive) Wirkungen erhofft. Bei der Interpretation der Wirkungskette ist nun allerdings Vorsicht geboten. Zum einen sind mit den Investitionen sowohl kurzfristige
steuerliche Beeinflussung der Inve st it ione n
346
Einkommens- und Kapazitätseffekt der Investitionen
Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
Nachfrage- oder Einkommenseffekte als auch längerfr istige Angebot soder Kapazität seffekte verbunde n. Z um and eren kommt hier im Besond er en di e Schl üss el frage der Mak ro ökonom ie zum Trage n: Bestimmt das Angebot d ie Nachfrage oder umgekehrt ? Während die keyne siani sche n Vertreter in ihrer Argum entation ehe r den kurzfri stige n Nachfrageeffekt (d ie konjunkturpolitische Bedeutu ng) herv orheben, denken die Pol itiker m it neokl assische n Hintergrund eher an den Angebots- oder Kapazit ätseffekt (die wachstums po litische Bedeutung) wenn sie eine Sen kung der Unternehmenssteuern einfordern.
Abb. H. 7. Kurz- und langfristige Betrachtung von Investitionen. Quelle:
Cle ment, R., Terlau, W. Grundlagen de r angewandten Makroökonomie (1998) , S. 159 Ob die erwa rteten Wirkun gen auf Beschäft igung und Output eintreten, w ird bei den Keyne sianern ehe r zurückhalte nd beurteilt. Letztl ich werden die Unternehmens entsc heidungen von vielfä ltigen Faktoren und dem Inve stition sklima im A llgemeinen bestimmt. Sind die Erw artungen von Pessimi smu s gep rägt , werden die zusätzli ch zur Verfügung stehenden Mittel aufgr und einer Steuersenk ung. mög lich erweis e für eine Kap italanl age im A us land oder zur vorzeitigen Rückzahlung von Krediten, anstatt für zusätz liche Investitionen , verwendet. Im Gegen satz dazu hängt nach A nsicht der Vertreter der Ne ok lassik die Investitionstätigke it der Unternehmen vor allem von ihrer Kostens ituat ion ab und wenige r von der erwartete n effektive n Nachfrage . Die Senkung von Untern ehmenssteuern ko mmt einer Kostenreduktion g leic h und schafft günstigere Rahmenbedingunge n für priv ate Investitionen .
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
Wirkungen von Steuersenkungen auf Unternehmensebene
Nachfrageor ient ierte r Ansa tz : Senkung der Unterneh menssteuern -7 Rentabilität der privaten Inves titionen verbesse rt sich -7 Investi tionsgüternachfrage steig t -7 gesamtwi rtschaftliche Nach frage steigt -7 Produktionsniveau steigt -7 Beschä ftigung steigt. Ange bots o r ient ier te r Ansa tz: Senk ung der Unternehmenssteue rn -7 Koste n sinke n und Rentab ilität de r privaten Investiti one n verbessert sich -7 Produkti on der Investitionsgüter steigt -7 Besc häftigung nimmt zu -7 Einkommen steigen -7 ges amtwirtschaft liche Nachfrage steigt. Betr achtet man die Wirkungen eine r expansiv en Steuerpo litik im Preisniveau- Einkommens-D iagramm, lassen sich zwei Effekte feststellen. Zum einen verschieben Steuerkürzungen die GN-Kurve aufgrund der dam it ver bundenen Erhöhu ng des Konsums und der Investiti onen nach rechts . Zum anderen könn en niedrigere Steuern auch die poten zielle Produktionsleistung beeinflussen, wenn sie zu einer Ver mehrung de r Produktionsfaktoren Arbe it und/oder Kapita l führen, wodurch sich die GA-Kurve ebenfalls nach rechts verschiebe n kann . P
G.\rr GA'""
GN G
BIP
BIP'
BIP
Abb. H.8. Wirkung einer angebotsorientie rten Steuerkürzung
Empirische Studie n zeigen jedoch, dass die Stärke des potenziellen Ou tpu tzuwachses kurzfristig eher geri ng ausfällt, wes halb in der Abbildung nur eine geri ngfügige Ve rschie bung der GA -Kurve unterstellt ist. Im Ergebnis führe n massive Steuerkürzungen zu eine r bedeutenden Outpu te rhö hung (vo n BIP auf BIP '), aber diese stam mt vorw iegend vo n der Steuerwirkung auf die gesamtw irts chaftliche Nac hfrage und we niger von steuerbedingten Verä nderungen des potenziellen Outputs und des gesamtwirtschaftliche n Ange bots.
347
348
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
1.3 Probleme fiskalpolitischer Beeinflussung der Konjunktur In de n vorangegangenen Ausführunge n wurde bere its auf einige Pro blem e in den Ziel -M itte l-Bez iehungen eingegangen, we lche die Wirksamkeit der Fiskal po litik eins chrä nken können. Im Folgende n werden wei tere grundsät zlichere Problembereiche diskutiert , die ebe nfall s die Effizienz fiska lpolitischer Maßnahmen erheblich beeinträchtigen können und auf die sich im Wesentlic hen die Krit ik an einer diskretionären Fiskal politik stützt. Diese Problem fe lder betreffen unter anderem: die ze itl ichen Ver zögerungen bei m Einsatz diskretionärer Fiskal politik, die Ve rdräng ung privater Nachfrage (crowd ing-ou t-Effe kt), de n (kurzfristigen) Z ielkonflikt zw ischen Inflation und Beschäftigung , die zunehmende strukturelle Staatsverschuldung sowie die unzureic hende Koo rdination zwischen Staaten und Gebietskörperschaften
1.3.1 Zeitliche Verzögerungen lnfo lge verschiedener zeitlicher Ve rzögerungen, m it der das fiska lpolitische Instrume ntarium zum Einsat z und zur Wirkung ko mmt , kann ei ne anti zyk lische Fiskalpolitik z u ei ner Versc härfung zy k lischer Schwa nk ungen , statt zu ih rer Mi lderung führen . Die Politik wirkt prozyklisch anstatt anti zyklisch.
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
Rückkopplung bei weiterhin bestehender Zielverletzung
349
.----, I
Zielverletzung erkannt (Diagnose)
t Erkennungslag
Beschluss zur Problemlösung
• Entscheidungslag
Innenverzögerung
Fiskalpolitik
lang
Maßnahme treffen
Maßnahmewirkung
.
t
•I I
_J
t
Durchf ührungslag
Zeit
Wirkungslag
Außenverzögerung
kurz, bzw. unbestimmt
Abb. H.9. Arten der Verzögerun gen. Quelle: Clernent , R., Terlau , W., Grundlagen der angewandten Makroökonomie (1998) , S. 2 74
Gru ndsät zlich wir d zwischen folge nde n Verzögerunge n (time-lags) unterschieden (Abb . H.9): Der Erkennungslag bezeichnet die Zeitspanne, die zwischen dem Eintritt einer konjunkturellen Stör ung und deren Erkennen durc h die vera ntwortlichen Instanzen liegt. Das Ausmaß der zeitli chen Verzögerung wird im Wesentlic hen von der Qualität der Datenerfassung, der Kenntnis der ökonomischen Zusammenhänge sowie der Zu verlässigkeit der Diagnose- und Prognoseverfahren bestimmt. Der Entscheidungslag kenn zeichnet die Zeitspanne zwischen der Einsic ht in die Handlun gsnotwendigkeit und der Entsc heidung über die Sta bilisier ungsma ßnahmen und ihre Legitimation . Das Ausmaß dieser Verzöge rung hängt vor allem von der Ausge sta ltung des politischen Willens bildungs- und Entschei dungsprozes ses ab. Der Durchführungslag betrifft den Zeitraum zwischen parlamentarischer Legitim ation, geset zliche r Ausgest altung und administrativen Umsetzung der getro ffe nen Entscheidungen. Ursächlich für
Erkennungslag
Entscheidun gslag
Durchführungslag
350
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
diese zeitliche Verzöge rung sind lange Planungs- und Koordi nationspha sen innerhalb der beteiligten Bürokratien. Wirkungslag
Der Wirkun gslag bezieht sich au f den Zeitra um zwischen dem Inkra fttreten der Maßnahme und der Beseitigun g der konjunkturel1en Störung. Je nach Art der Maßnahme n und der Reaktio nsgeschwind igkeit der privaten Wirtschaftssubj ekte könn en die j eweiligen Verzögeru ngen unterschiedlich lan g sei n. Bei staatliche n Käufen von Gütern und Dienstleistungen ist die Verzögerung relativ kurz, da der Staat hier direkt die ges amtwi rtschaftliche Nachfrage beein flusst. Dagegen dür fte der Wirkun gslag bei Transfe rs und Steuersatzänd erun gen länger sein, da diese zunächst nur auf das verfügbare Einkomme n der Haushalte wirken. In Abb. H.IO sind die Wirkungsve rzögerunge n im konjunkturellen Verl auf darge stellt. In A begin nt ein Konju nktu rabschwung. In B wird die Reg ierung sich erst dessen bewu sst (AB : Erkennungsv erzög erung). In C komme n antizy klische Maßn ahmen zum Einsatz (BC: Entscheidun gs- und Durchführungsverzögerung). In D we rde n diese Maßnahmen prozyklisch wirksam (CD : Wirkungsverzögerung).
BIP Zyklus bei staatlichen Eingriffe/
Zyklus ohne staatliche Eingriffe
A B
CD
t (Zeit)
Abb. H.l0. Wirkungsverzögerungen im Konjunktu rverlauf. Quelle: St iglitz, J., Sch önfelder. B. (198 9) , Finanzwissenschaft, 2. Auflage, München, S. 73 9
Instrumente zur Verkürzung von time-tags
Gen erell exi stieren zwe i Instrumente zur Verkürzu ng von time-Iags: Automatische Stabilisatoren und halbautomatische Regelb indu ngen . Als automatische fiskali sch e Stab ilisatoren we rde n j en e staatliche n Einnahmen und Ausgaben beze ichnet , die selbständig, ohne staat liche Inte rventione n einen antizyklisch wirke nde n Verl auf aufweis en . Sie tragen zu einem Ausgleich der konjunkturel1en Schwa nkungen bei.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
I-Ialbautomatische Regelbindungen vereinen diskretionäre und automatische Elemente. Die Grundidee liegt darin, bei vorher definierten Abweichungen von einem erstrebten Soll-Zustand einen abgestimmten Maßnahmenkatalog in Gang zu setzen, der Ist- und Soll-Wert wieder in Einklang bringt.
351
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Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
Automatische Stabilisatoren Arbeitslosen versicherungsbeiträge
progressive Einkommensteuer
Ein Beisp iel für einen automatisc hen fiskalischen Sta bilisator ist die Ar beitslosenversicher ung. Im Konju nktu raufschwu ng steigen die Beitragszahlu ngen in die Ar beitslosenversic herung durch die zunehmende Beschäftigung an, während die Unterstützungszah lungen auf Grund der sinkenden Arbeits losenza hlen zurückgehen. In der A bschw ungphase hingegen reduzieren sich die Beiträge wegen der steigenden Arbeitslosigkeit automatis ch und die Unterstützungszahlungen nehmen ent sprechend zu. Im ersten Fall ent steht ein kont rakt iver, im zweiten Fall ein expansiver Effekt auf die Gesam tna chfrag e. Vo rau ssetzung ist allerdings, dass die Übersc hüsse in der Aufschwungphase stillge legt werden und in der Abschwungphase noch zur Verfügung stehen. Ein weiteres Beispiel für eine n automatischen fiskalis che n Stab ilisator ist die progressiv ausg estaltete Einkommensteuer. Hier beruht der Effe kt darau f, da ss sic h bei ko nj unk ture lle n Sch wanku ngen des Volkse inkommens das Aufkomm en der Steuer ände rt, oh ne dass es dazu einer Variation der Bemessungsgrundlage ode r der Steuersä tze bedarf. Unabdingbare Vo raussetzun g für die konjunkturstabili sierend e Wirkun g ist jedoch die konjunkturgerechte Handhabung der Steuerm ehrbzw. -mindereinnahm en auf der Au sgabenseite. Werde n die Mehr einnahm en in einem Boom nicht stillge legt , sonde rn fü r Au sgab en verwe ndet, schlägt der konj unkt urpolitische Vort eil sogar in einen Nachteil um. Theoretische Übe rlegunge n und empirische Untersuchungen zeigen, dass automati sche Stabili sator en in die richtige Richtun g wirken. Nach ei ner Untersuch ung der O ECD haben in den 90er Jahr en die automa tischen Stabi lisatoren der Fis kalpolitik die konjunkturell en Schwankunge n der untersuchten Länder dur chsch nittlich um ein Viertel gedämpft. Inso fern stellen sie eine sinnvolle Ergänzung zur diskretionären Fiskalpolitik dar. Allerdings ist zu bedenk en, dass sie nur reakt iv bei schon entstandenen Fehlentwick lunge n greife n, wodurch die konju nkturelle Abweichung nicht im Voraus verhinde rt wird. Die mit de r neuesten Weltwirtsch aft skr ise verbundene höhere Verschuldung aller betroffenen Länder erklärt sich unter anderen durch die Rolle , wel che die automatischen Stabilisatoren hier bei spielten. Da die Regierungen auf krisenbedingt ger ingere Steuereinnahm en und erhöhte Sozia lausga ben ebe n nicht mit Steuererhöhungen oder Ausga benkürzungen reag ierten, kam es notwendigerweise zu einem hö heren Haushaltsdefizit. Nahez u alle Ökonomen sind sich auch einig darüber, dass ei n derartiges ko nj unkture lles Defi zit, zumindest tempo rär, auch in Kauf zu nehmen ist.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
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Halbautomatische Regelbindungen
Bezüglich der Ausgestaltung der Vorschriften lassen sich verschiedene Konzepte bei den halbautomatischen Regelbindungen unterscheiden. Die strengste Form der Regelbindung gibt nicht nur vor, wann, sondern auch mit welchen Instrumenten wirtschaftspolitische Instanzen zu intervenie ren haben . Beispielsweise kann aufgrund von Gesetzesvorschriften bestimmt werden, dass die Steuersätze um einen bestimmten Prozent satz zu senken sind, wenn die Arbeit slosenquote einen bestimmten Prozentsatz übersteigt.
Formen halbautomatischer Regelbindungen
In einer abgeschwächten Form der Regelbindung wird die Regierung gesetzlich dazu verpflichtet, dass stabilitätspolitische Maßnahmen in definierten Situationen ergriffen werden müssen. Die Wahl der Instrumente und ihre Dosierung werden jedoch in den Ermessensspielraum der Exekutive gestellt. Die schwächst e Bindung ist dann gegeben, wenn für die Reaktion auf Indikatorveränderungen keine verpflichtenden Gesetzesvorschriften mehr vorliegen, sondern nur noch Empfehlungen ausgesprochen werden. In der Praxis hat die halbautomatische Regelbindung im StabiIitäts- und Wachstumspakt der EU Eingang gefunden. Das zentrale Problem halbautomatischer Regelbindungen liegt in der Konstruktion geeigneter Indikatoren. Da die Konjunkturzyklen individuell verschieden sind, müsste die Regelbindung so konzipiert sein, dass sie auch Anpassungen an die konjunkturellen Besonderheiten zulässt. Je flexibler die Ausgestaltung ist, desto weniger kann dieses Konzept aber seiner eigentlichen Zielsetzung gerecht werden. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Verwendung derartiger Regeln die Entscheidung skompetenzen der wirtschaftspoliti schen Entscheidungsträger beschneidet, was diese nicht immer akzeptieren werden. Befürworter stellen folgende Vorteile neben der Verkürzung der timelags heraus: Ermessensentscheidu ngen werden unterbunde n und damit auch Fehlerquellen, die in der Diagnose konjunktu reller Situationen und in der Abschätzung der Entscheidungswirkungen liegen. Die Austragung sozialer und politischer Konflikte findet nur noch zu dem Zeitpunkt statt, in dem über die anzuwendenden Regeln entschieden wird. Danach besteht für Vertreter bestimmter Interessengruppen nicht mehr die Möglichke it, Partikularinteressen durchzusetzen. Für die Wirtschafts subjekte wird das staatli che Handeln berechenbarer, was die Unsicherheit bei den privaten Haushalten und Unternehmen reduziert. Dies führt zu einer Verstetigung ihrer Verhaltensweisen und damit des Konjunkturverlaufs.
Vorteile neben der Verkürzung der time-lag
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Makroo konomie - Ausgewählte Politikbereiche
1.3.2 Verdrängung privater Nachfrage (Crowding-out-Effekt) De r C row di ng-out-Effekt betr ifft die mögl iche Verdrängun g vo n privater Nac hfr age durc h Staats nac hfrage . De r Verdrän gun gseffekt mindert den M ult ipl ikatoreffekt. In Abb. 1-1.11 si nd drei mögliche Effe kte dargestellt.
steigt durch zusätzliche Staatsausgaben
t BIP t ~ = C + I + G + Ex - Im
kann sinken durch preisbedingten crowding-out
kann sinken durch zinsbedingten cowdingout
kann sinken durch r-echselkurs-bedingten crowding-out
Abb . H.ll. Expansi ve Fiskalpoliti k und Crow ding-out -Effekte . Quelle: Cle ment, R., Terlau, W. Grundlagen der augewandten Makroökonomie (1 9 9 8),
S. 277 zinsbedingter Crowdin gout-Effekt
preisbedingter Crowd ing-out-Effekt
wec hselkursbedingt er Crowdin g-out-Effekt
Ein zinsbedingter Cr owding -out-E ffekt liegt vor, wenn zu sätzliche Staatsausgaben kreditfin anz iert werden und die erhöhte sta atliche Kapital nachfrage eine Z inserhöhung auf dem Kap italm arkt au slöst, welche die private Inve stiti on snachfrage verdrängt. Ein preisb edingt er Crow di ng-o ut-Effekt wirkt a uf den pr iva ten Kon su m. Wenn im Z uge der z usätzlichen Staatsa usgabe n nac h frageb ed ingt das Pre isniveau steigt, sin ke n fü r d ie pr ivaten Hau shalte die Kaufk ra ft des Einkommens und der Real wer t des Geld verm ögen s. Es ist vorstellba r, da ss die Haushalte in der Folge d ies en Rückgan g ihr es real en Ne ttovermögens dur ch vermehrte Spa rtätigkeit bzw. ge ringe ren Kons um ausgleichen wollen . Der wechse lkurs be dingte C row ding-o ut-Effekt bet ri fft die Ex porte. Nachtei lige Auswi rkungen auf die Exportnac hfrage treten da nn ei n, we nn bei feste n Wechselkurse n au fgrund ei nes Anstiegs des inlä ndischen Preisn iveaus die Wettbewe rbsfähigkeit gegenübe r dem Au sland leidet. Bei flexiblen Wech selkursen kan n es über Kapitalirnporte, ausgelöst durch inländ ische Z inse rhö hungen zu Aufw ert ungstendenzen komm en. Hierd urch vert euern sich die inländ ischen Prod ukte für die Aus länder, was sich negativ auf die Expo rte auswir ken kann.
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
Unter Ökono men ist strittig, wie wahrsche inlich Crow ding -out-Effe kte sind. S icherli ch spie lt der Gr ad der Unterauslastung der gesamtwi rtschaftlichen Kapazitä ten eine bedeutend e Rolle. Je größer die Unter auslastung ist, desto ge ringe r dürfte die Wahrschei nlic hkeit von derartige n Effekten sein. Ein ent scheidender Einflus s kom mt auch der Zinselastizität der Investitionen und der Geldna ch fragezu. Je schwächer die Investitionen auf Zinsänderungen reagie ren (Tendenz zur Investiti onsfalle und je zinselastischer die Ge ldnachfrage ist (Tendenz zur Liqu idit ätsfalle ), desto geringer dürfte der zinsbedi ngte Crowding-out-Effekt sein. Das Ausmaß der Crow ding -out-Effek te wird schließ lieh auch von der Geldpolitik mitbest immt. Je stärker die Zentralbank eine ex pansive Fiskalpolitik dur ch eine expansive Geldpolitik unterstützt, desto ger inge r wird die Wahrschei nlichkeit von zinsbedingten Crow ding-out-Effekten sei n. Der wechselkursbedingte Crow ding-out-Effekt wird abgeschwäc ht, we nn die Ze ntralbank dur ch Auswei tung des Gelda ngebo ts (Ank auf von Devisen) einer Wechselkursaufwertung entgege n wirkt. Nach Einschätzung der Keynesia ner stellen die Crow ding-out-Effekte folgerichtig kein gew ichtiges Argumen t gege n ei ne aktive Fiskalpolitik dar. Für sie stellt Unterbeschäft igung ehe r die Rege l dar und das Investitionsverhalt en der Unterneh men wi rd ihrer Ansicht nach mehr von »a nimal spirits« als von Zinssatzän derunge n bestimm t. Außer dem gehen sie von ei ner ehe r zinselastischen Ge ldnachfrage aus (siehe Kap. »Makroökonornie - Theoretische Grundlage n«, Abschn. 2). Dagegen sehen neokl assisch orient ierte Politiker in den Verdrängungseffekten einen entscheidenden Grund, weshalb sich der Staat mit einer aktiven kreditfinanzierten Sta bilisi er ungs politik zurückhalte n sollte. Ihrer Ans icht nach tendiert die Volk swirtschaft zur Vollbe schäft igung. Da die Investitionen sehr zinselastisch und die Ge ldnach frage als vollkom men zinsun elastisch angenommen wird, füh rt eine geldpo litisc h alimentiert e expansive Fiskalpolitik allein zu Inflation und Struktureffekten (u.a. Erhöh ung der Staatsquote), nic ht aber zu einer Erhö hung des Vol kseinkommens. Ein in der polit ischen Diskussi on häu fig vorget ragenes Arg ume nt ist, dass kredit finan zierte Staatsausgaben übe r den zinsbedingten Crow ding-out- Effekt eher wachstumss chä dlic h sind. Dieses ber ücksichtigt zum einen nicht, dass mit den Staatsausgaben auch sog. Crowding-inEffekte - zusätzliche private Investition en angeregt durc h eine verbesserte Infrastruktur - entste he n kö nnen. Zum ande ren unterstellen die Vertreter dieses Arguments, dass staatliche Investitionen gru ndsätzli ch weniger produ ktiv sind als private.
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Bedeutung und Ausmaß der Crowding-out-Effekte
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Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
Nac h dem Ricardo-Äqu ivalenzth eor em sind überhaupt keine Crowding-out- Effekte zu e rwarten. Allerdings ist nach diesem Theorem eine kred itfinan ziert e fiskalische Stabilisierungspol itik auch nicht sehr wirkungsvoll, da der expansive Effekt der Erhöhung der Staat sausgab en, durch den dam it ausgelösten kontraktiven Effekt einer Reduzierung der privaten Konsumausgaben, (teilweise) kompensie rt wird.
Das Ricardo-Äquivalenztheorem Eine Erhöhung der Staatsau sgab en wird üblicherweise als expansiver angesehen, wenn sie kredit- statt steuerfinanzie rt wird. Gemäß dem Ricardo-Äqu ival enzth eorem sind Steuer- und Kreditfinanzierungjedoch äquivalent in ihren ökonomischen Wirkungen. Ein rationales Individuum wird - so die Annahme der Vertr eter dieses Theorems - bei ei ner defi zit finan ziert en Erhö hung des Budge ts nämlich erw arten, das s die Steu ern in Zukunft erhöht we rde n müssen , um die Zin szahlu ngen für die zusätzliche Versc huldung aufzu bring en . Um den zukünftigen Zi nsendien st leisten zu können, werden sie daher bereit s in der Gegenwart ihre Erspamis bildung erhöhen. Au f dem Kreditmarkt steht som it der zusätz liche n staatliche n Kred itnachfrage ein zusätzliches Kreditangebot der Privaten gege nüber und es kommt zu kein en Zinsänderungen, die die privaten Investitionen verdränge n könnten. Sofern die zusätzli che Ersparnisbildung komplett aus dem Konsumverzicht »finan ziert« wird , bleibt sogar der exp ansive Effekt de r staat lic hen Ausgabener hö hung aus . Die Erh öhung der Staatsa usgaben wird durch die Kürzung der privaten Konsumausga ben kompensiert und die gesamtwirtsc haftli ch e Nachfrage bleibt unverändert . Die Geltung des Äquivalenztheorems. dessen Vertr eter sich auf den Klassiker Ricardo berufen, wird von der Mehrh eit der Ökonom en abg elehn t, da es auf höchst unreal istis ch en Annahmen beruh t. Zum ei nen kann kaum erwartet we rde n, dass die Wirt schaftssubj ekt e die zukü nftige n Kons equ en zen gegen wärti ger Defi zitfinanzie rung derart rational antizipieren. Für ältere und kind erlose Men sch en ist es unter diesen Umstände n ohn edi es nicht rational , zu spa ren. Zum and eren we rde n Gl äub iger und Steue rzahler nicht die selben Personen sein, zukünftige Steuergesetze und ihre Lastverteilung sind ungewi ss und der Zinsendienst kann erneut defizitfinanziert werden . Schließlich kann der Schuldendien st durch Inflation entwertet werden .
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Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
Empirische Studie n zeigen zeit- und länderbezogen sehr untersch iedliche Ergebnisse. Nac h der Mehrzah l der Studien ist die wi rtschaftli che Relevanz von Crow di ng-out-Effekten tenden ziell eher ge ring ei nzuschätzen.
1.3.3 Zielkonflikt zwischen Inflation und Beschäftigung Eine weitere wichtige Dime nsion des Stabilitätsproblems besteht darin, dass sich Inflations- und Arbeits lose nrate n im Konju nkturverlau f (also kur z- und mittelfristig) hä ufig gegen läufig entwickeln . Für die Stab ilisierungs politik erg ibt sich da rau s ei n Dilem ma, we il besch äftigungssteigernd wir kende Maßn ahme n Inflationse rwa rtunge n wecke n kön nen. Gleichgültig, ob solche Befü rchtunge n sach lich ge rechtfe rtigt sind oder nicht, können sie fiskali sche Stab ilisierungsbem ühungen politisch wie ökonomisch durchkreuzen. Die kurzfri stige Phillipskur ve in Abb. 1-1 .12 illustriert den negativen Zusammenhang von Inflationsrate und Arb eitslosenquo te. Im Punkt A ist die Inflationsrate niedri g und die Arbeits lose nquote hoch, im Punkt B gilt die umgekehrte Situation. Begründet wird diese Korrelation damit, dass niedri ge Arbe itslosig keit mit einer hohe n ges amtwi rtschaftliche n Nachfrage einhergeht und ein hoh es Nachfrage nive au ei ne Sogwirkung auf Löhne und Preise entfaltet. Du rch Ex pan sio n der gesamtw irtschaftlic he n Na chfrage (hö her e Staatsausga ben oder Steuersenkunge n) könn en nun, nach Ans icht der BefLirworter der Existenz einer derart igen Phillipskurve, die Polit iker einen Punkt auf dieser Kurve mit höherer Inflati onsrate und niedr igerer Arbeitslosen quote auswä hlen. Umgekeh rt können sie durch Kontraktio n der gesamtwirtsc haftlic hen Nachfrag e einen Punkt mit niedr igerer Inflationsrate und höherer Arbeitslosenquote erreichen. Gemä ß der Phill ips-Ku rve besteht mit hin ein trade-off zw ischen der Wahl einer niedrigen Inflationsrate und der Wahl einer niedr igen Arbeitslose nrate . Dieser Zielkonflikt führt dazu, dass sich die Wirtschaftspolitike r ei ner Vielzahl untersch iedl icher Kombinat ionen von Inflat ion und Arbe itslosig keit gege nüber sehe n und in eine r »Menüwahl« entsc heiden können bzw. müssen, we lches Zie l sie vorra ngig verfolgen wollen. Diese Philli pskur ve gründet auf keynesiani schen Vorstellungen und ist eine Modifikation der originären Phillips-Ku rve, die das Ergebnis einer Studie des englischen Ökonom Phillip s ( 1914- 1975) ist. Die originäre Phillips-Ku rve stellt einen stabilen, negativen, nicht-linearen empi risch
Phillips-Kurve
kurzfristige PhillipsKurve
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Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
begr ündeten Zusammenhang zwischen der Änd erun gsrate des Nominallohn satzes und der Arb eitslosenra te dar. langfristige Phillipskurve
adapti ve Erwartungen
Der Monetarismus - eine der Ne ok lassik ve rwandte Lehrmei nung sieht diesen Zusammenhang jedoch nur als kur zfristig gege ben. Langfristig liegt diese Wahlm öglichk eit nach Ansicht der Neoklass iker nicht vor. Ihrer Ansich t nach lernen Wirtschaftss ubjekte aus Fehl ern und passen ihre Erwartunge n entspreche nd an (adapti ve Erwartunge n). Rational hand elnd e Wirtschaftssubj ekte ori ent ieren sich mithin nicht an der Entwicklung der Nominallohnsätze, wie es die Vert reter des Keynesianismu s unterstellen, sondern an der erwarteten Entwicklung der Reallohn sätze. Mit and eren Worten, sie lehn en die Existenz einer Geldillusion ab, weil sie da von ausgehen, dass die Wirtschaftss ubjekte aus ihren Fehlern lernen . In dem Maß e wie sich die Wahrn ehmungen bezüglich der relat iven Preise und Löhn e im Laufe der Ze it den ve rände rten ökonomische n Bed ingungen anpass en, we rden die beiden makroökonomischen Größen aber vonein ander unabhäng iger, und die langfristige Phillipskurve verläuft als eine Senkrechte über dem Norm alniveau der Ar beits losenquote (der sog. natürlichen Arbeitslosigkeit).
natürli che Arbeitslosigkeit
Die natürliche Arb eitslosigkeit ist die Arb eitslosigkeit, zu der die Wirtschaft langfristig neigt. Da ihr Ausmaß hauptsächlich von den Bedingunge n des Arb eitsmarktes abhängt und sie sich im Wesentlichen aus friktioneller und strukt ure ller Arbei tslosig keit zusa mmensetzt, ist sie auß erhalb des Einflusses konjunkturpoliti sch moti viert er Geld- und Fiskalpolitik. Die senkrecht verlaufende langfr istige Phillipskurve und die senkrechte langfri stige Angebotskurve sind tatsächlich nur die zwei Seiten der selben Medaille .
asymmetrische Geldillusion
So wie die Angebot skurve nur auf kur ze Sicht eine positive Steigun g aufweist, gilt auch die in der Phill ipskur ve angelegt e Alternati ve zwischen Arb eitslo sigkeit und Inflat ion nur kur zfristig, d.h. nur so lange, wie die erwartete Inflation srat e von der tats äch lichen ab weicht bzw. Geld illusion zwar bei den Arb eitn ehm ern, nicht aber bei den Arb eitgebern besteht (asymm etri sche Geldi1lusion). Besteht asymmetrische Geldillusion, führt eine expansive Fiskalpol itik, mit der Absicht die Arbeitslosig keit zu reduzieren, in der Abb. H.12 zu einer Bewegun g entl ang der kurzfristigen Phill ips-Kurve von Punkt A nach Punkt ß. Die Arbe itslosigkeit sinkt von AL au f AL', weil mit dem gleichzei tige n Anstieg des Prei sn iveau s von Jt auf rt ' der Reallohn sinkt. Die Unternehme n nehm en diese Reallohnsenkung wahr und se-
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
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hen sich veranlasst, neue Arbeitskräfte einzustellen. Die Haushalte, die der Geldillusion unterli egen und sich nur an den Nominallohnsatzänderungen orientieren, sind bereit , auf die gest iegene Arbeitsnachfrage der Unternehmen mit einem erhöhten Arbe itsangebot zu reagieren.
Inflation srate
langfristige Philip skurve
kurzfri stige Philipskurve Arbeitslosenquote
Oll(
AL'
AL
Abb. H.12 . Phillipskurve und »Strohfeuereffekt«
Die Bewegung von Punkt B zu Punkt C zeigt jedoch, wie die Haushalte bei adaptiven Erwartungen aus ihren Fehlern lernen bzw . welche Kon sequenzen es hat, wenn sie keiner Geldillusion meh r unte rliegen. Fordern die Gewerkschaften infolge der gestiegenen Inflationsrate höhere Nominallöhne, bedeutet dies zugleich ein Ansteigen der Reallohnsätze, worauf die Unternehmen wieder mit Entl assun gen reagieren werden , bis der Punkt C erreicht ist. Dieser Punkt liegt auf einer neuen , nach recht s verlagerten kurzfr istigen Phillipskurve. Das Bestreben, mit Hilfe einer expansiven Fiskalpolitik die Arbeitslosigkeit unterhalb ihres »natürlichen« Niveaus zu drücken, führte ledig lich kurzfristig zu einer Beschäft igung serhöhung (»Strohfeuereffekt«), langfristig aber zu einem höhe ren Pre isniveau bei gleichbleibender Beschäftigung .
Strohfeuereffekt
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Wird erne ut der Versuch einer ex pansive n Besch äft igungspolitik unternommen, ist d ie Bewegun g von Punkt C zu Punkt D nur erfolgverspr ech end , wenn sich die Inflat ion srat e au f eine m höheren Niveau als in der Vorp er iode befindet, die tatsächliche Inflat ionsrate also wie der höher ist als die erwartete. Gemäß der Annahme adapti ver Erwartun gen ist in der erwarteten Inflat ion srate - die den Nominallohnforderung en zugrunde gelegt wird - j ene der Vorp eriode ja schon ant izipiert und ei ne Reallohnsen kung bei derselb en Inflat ionsrate wie in der Vorperiod e würd e nicht eintreten. Vo rausge setzt , den Haushalte n bzw . den Gewerkschaften gel ingt es mit der Zeit immer be sser, die tatsächliche Inflatio nsrate korrekt zu antizipieren - ent spricht die erw artete Inflation srate also gleich der tatsächl ichen Infl ationsrate - und können sie diese ohne größere ze itliche Verzögerungen auch in den N omina llohnforderun gen durchsetzen, verlä uft die Phill ips-Kurve senkrecht. Fiskalpolitische Maßn ahmen zum Erreichen beschäft igun gspoliti scher Ziele sind dann zumindest in langfristige r Sicht gänz lich untaugl ich. Im Extremfall genügen sie nicht mal dazu, um ein kur zes »Strohfeuer« zu entfachen. Sofern sich die Pol itiker zu r Infl atio nsbekämpfun g m ittels ein er Reduktion de r gesamtw irts chaftlic hen Nachfrage, bei sp iel swe ise übe r eine Erhöhung der Einkommensteuer, ent schli eßen, wird die Arbeits losigkeit noc h weiter steigen . Sofern sie zu r Bek ämpfung der Arbeitslosigkeit die ge samtwirtsch aftliche Nachfrage ausdehn en, werden sie die Inflationsgefahr erhöhen. Stagflation
Die tat sächlichen Wert e von Inflationsrat e und Arb eit slo senquote für die Bundes republik Deuts chland in den Jah ren 1963 bis 2008 zei ge n zunächst einmal ei ne se hr instab ile Phill ips-Kurve. Zei chnete n die Werte von Mitte der 60 er Jahre bis zu Beg inn der 70e r Jahre noch eine Phillips-Kurve, die relati v nah e am Urs prung lag, verschob sich diese in der Folge der 70er nach recht s oben. Die Vol kswirtschaft war durch ste igende Inflat ion srat en und einer stei ge nde n A rbe itslose nquote ge kenn ze ichnet. Es lag eine sogenannte »Stag fl ation« vor. Mit Beg inn der 80e r Jah re ver schob sich die Phill ips-Kurve weiter nach rec hts unten und dieser Trend ver stärkte sich ab Mitte de r 90e r Jahre . Dieses Jah rzeh nt und die letzten Jahre sind gekenn zeichnet von einer Kombination aus nied rigen Infl ation srate n und hohe n Arbe itslosenquoten . Die s lässt die Au ssage zu, dass in langer Sicht de r Infl ationsbekämpfung offensichtlich höhe re Priorität eingeräu mt wurde, als der Bek ämpfung der Ar beits losigkeit. Prei sniveaustabi lität wu rde auf Kosten der Arb eitslo sigkeit erreicht.
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Arbeits losenquote in %
Abb. H.13. Phillipskurve in Deutschland. Quelle: Pätzold, J., Baade, D., Stabilisierungspclitik, S. 68
1.3.4 Zunehmende strukturelle Staatsverschuldung Der Einsatz des fiskalpolitischen Instrumentariums bedarf in einer parlamentarischen Demokratie der Billigung durch das Parlament. Jahrzehntelange Erfahrungen mit eine r aktiven Fiskalpolitik machten deutlich, dass expansiv wirkende Maßnahmenpakete leichte r durchzusetzen waren als kont rakt ive, da sie den Politikern (zu sätzliche) Wähler stimmen versprachen . So tätigten die Polit iker in Krisenze iten zwar kred itfin anzierte Ausgaben , gleichzeitig waren sie aber nicht bereit, im darauffolgenden Aufschwung mit Hilfe der ansteigenden Steuereinnahmen die zusätzliche Kreditaufn ahme wiede r vollständig zu tilgen . Über die Jahrzehnte kumulierten sich aufgrund dieses asymmetrischen Ausga be- und Einnahmever haltens die Haushaltsdefizite. Statt einer antizyklischen Entw icklung der Staatsav erschuldung ist es in den letzten Jahrzehnten - von wen igen Ausnahmen abgesehen - zu eine r über alle Konjunkturzyklen hinweg stufenweisen Erhöhung der Verschuldung gekommen. Aus den ursprü nglich konjunkturellen, d.h. vorübergehenden Budgetdefiziten, wurde ein strukturelles Defiz it. Abb . H.14 zeigt die Entwicklung der Staatsschuldenquote (ge samten staa t lichen Schulden in Rel ation zum BIP) in Deut schl and . Deutlich zeigt sich hierin die Mitte der 60er Jahre der Staatsv erschuldung erstmals zuerk annte Sta bilisierungsfunktion.
asymmetrisches Ausgabeverhalten
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Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
Ein weite rer Einschnitt erfo lgte Mitte de r 70er Jahre durch eine erneute Rezess ion, ausgelöst durch die Ölkrise. Die damit verbundene Kreditaufnahme führte dazu, dass sich der Schuldenstand zwischen 1973 und 1977 nahezu verdoppelte. In den 80er Jah ren wurde versucht, die Staatsversch uldung zu redu ziere n. Die da mit verb undene Verlangsamung des Anstiegs der Staatsverschuldung seit 1983 wur de allerdings Anfa ng der 90er Jahre durch die Wiederverei nigung Deutsc hlands gesto ppt. Dem neuerl ichen Rückgang der Schuldenquote am Ende der 90e r Jahre des letzte n Jahrhunderts fo lgte ein erneuter Anstieg, ausgelöst durc h eine weltweit einsetzende Rezess ionsphase. Endgültig zerstört wurden die Bem ühungen eines Abbaus des Haushaltsdefizits und in der Folge davon, eine r Rückführung der Sch uldenq uote durch die einsetzende Finanzma rkt- und We ltwirtschaft skrise Mitte des Jahres 2007. Um einen völligen Zusamme nbr uch der We ltwirtscha ft zu verhinde rn, waren nahezu alle Lände r gezwungen, defizitfin anzierte Konjunkturprogram me aufzu legen . Steuerausfä lle bedi ngt durch den Rückgang wirtschaftlicher Aktivitäten tate n ein Übriges dazu. 80 :BiS
(Ir
2005 :
SPD/Grilne -Regierung
IGerhard Schröder
70
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CDU/FDP·Regierung
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IHelmut Kohl 50 Bis 1982: ~ SPD/FDP·Regierung ~ Helmut Schmidt
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Abb. H.14. Entwicklung de r Staatsschuldenquote in Deutschand. Quelle: BMF Auch in den meisten an deren westliche n Industrienation en ist die Staatsschuldenquote in den letzten Jahrzehnten erheblich angestiegen. Abb . 1-1.1 5 zeigt die Staatsschuldenquote im internationalen Vergleich im Jahre 2009 . Hierbei sollte allerdings berücksichtigt werden, dass die Quote für sich genommen noch wenig darüber aussagt, ob und in welchem Umfa ng die Staatsverschuldung »zu hoch« ist.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
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Was die Gründ e für die zunehmende Staatsverschuldung bzw. die hohe Schuldenquote betri fft, sind diese vielfält igen Naturen. Das Motiv zusätzlicher Einnahmenerzielung (die Fiskalfunktion) dürfte eine zentrale Rolle spielen. Hinzu kommen Gerechtigkeitsaspekte im Rahmen der intergenerativen Lastenverteilung (Verteilungsfunktion) und das eigennutzorientierte Verh alten der Politiker und Bürokraten (polit-ökonomische Funktion). Erst die Finanz ierung von Ausgaben für langfri stig nutzb are Infra struktureinrichtungen (u.a. Verkehrswege und Bildungseinrichtungen) mit Krediten statt Steuern erlaubt eine gleich mäß igere Belastung der Steuerzahle r über meh rere Perioden hinweg, bzw . eine gerechtere Lastenverteilung zwischen den Gene rationen . In die sem Fall kann nämlich der Schuldendienst (Zin s- und Tilgungszahlungen) ana log der zeitlichen Nutzenverteilung, von den Nutznießern durch Steuern oder Gebüh ren aufgebracht werden . Eine derartige intertemporale Äqui valenz (zeitlic he Übereinstimmung) zwischen Nutzen- und Kostenverteilung - bekannt als das sog. pay-a syou-use-Prin zip - kann jedoch auch krit isch gesehen werden . Zum ein en ist zu bedenken, dass die zukünftigen Nutzer an der Entscheidung selbst nicht beteiligt sind und möglicherweise ungewollt die einmal erst ellte Infrastruktur nutzen und finanzier en müssen . Zum anderen ist ein Abwägen zwischen den Finan zierungsalternativen implizit auch ein Urte il darüb er, wie die Woh lfahrt komm end er Generationen im Verhältnis zu jetzigen Generationen bewertet wi rd. Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass die fiskalische Belastung zukünftiger Genera tionen vor allem durch die demographi sch e Entwicklung ohn edi es stark steigen wird. in % des BIP 200 - - -
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Abb. H.15. Staatsschu ldenquote im internationalen Vergleich (2009). Quelle: BMF Monatsbericht 2010
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Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
Unte r poli t-öko nom ischen Gesic htspunkten ist die Kreditfinanzierun g von öffen tlichen Ausgab en aus Sicht der staatliche n Entsc heidungsträger, Pol itiker und Bürokraten, rational und nutzen max imierend. Im Gegensatz zu den Alternative n der Steuer finanzierun g und Ausgabenkür zung ruft sie aufgrund ihrer geri ngeren Merklich ke it und Spürbarkeit in der Regel wenige r Wide rstände bei betroffenen Gruppen hervor.
Schuldenillu sion
Da die Steuerza hler zude m die sich aus der Verzinsung ergebenden zukünftigen Belastungen durc h die Verschuldung meist nicht erkennen und somit einer Schuldeni llusion unterliegen, ergebe n sich zusätzliche Ausga benspielräume für die Politiker und Bürokraten, vergleichbar mit denen bei Steuerfinan zierung. Des Weiteren lässt sich die Verschuldung von den Entscheidungsträge rn zur Konfli ktm inderung in Koali tionsregieru ngen einsetzen. Dabei zeigen empirische Untersuchu nge n, dass die Verschuldungsneigun g umso höher ist, je häufiger es zu Koalit ionsregierungen kom mt, je grö ßer die Parteien-Polari sierun g innerhalb einer Koal ition ist, je größer die Anzahl der Koalitionspart ner ist und je wahr sche inlic her die Abwahl der amtierenden Regierun g ist.
Probleme struktureller Verschuldung
begrenzter Handlungsspielraum
Eine zunehmende strukturelle Verschuldun g ist j edo ch in vielerlei I-Iinsieht probl emati sch. Mit j eder Nettokreditaufnahme kann sich der Staat kur zfristig zwar e inen zusätzlichen Ausgabensp ielraum ve rschaffen . Länge rfristig ve rminde rt sich jedoch au fgrund der best ändi gen Erhöhung der Zi nsa usgaben der haushalt s- und konj unkturpolitisc he Hand lungsspielraum . Je länger die Ver antw ortlichen mit dem Abba u der Verschul dung warten, um so höher müssen die zur Finanzierung des Zin send ienstes letztlich doch notwendig en Steuererhöhungen oder Eins parung en öffentlicher Ausga ben an anderer Stelle ausfa llen. Steuererhö hungen wirken aber tendenziell eben so wach stum she mmend wie Eins parungen bei produktiven öffentlichen Investitionen . Zude m dürfte sich eine zu hohe Staa tsverschuldung negativ auf den Außenwert der heimischen Währung auswir ken und Inflationsgefah ren aus lösen. Wichtige Ma ßzahl en darüb er, wie viel Handlungss pielraum im öffe ntlichen Haushalt vorhanden ist, sind die Zins -Ausgaben-Quote und die Z ins-Steuer-Quote.
Zins-AusgabenQuote
Zins-Steuer-Quote
Die Zins-Ausgaben-Quote bestimmt sich aus dem Verh ältn is von Z insausgaben und staatli chen Gesamtausgaben. Sie zeigt an, welcher Anteil der Staat sausgab en für den Schuld end ienst gebunden ist. Die Zins-Steuer-Quote , das Verh ält nis von Zinsausgabe n und Steuere innahme n, bringt zum Ausdruck, wie hoch der Anteil an den Steuerein nahme n ist, der zur Begle ichun g des Zinsend ienste s verw endet werde n muss.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
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Ein Langfristvergleich zeigt eine deutliche Zunahme des Anteils der Zinsen an den Gesamtausgaben der Gebietskörperschaften. Ausgehend von 3 % im Jahr 1970 wuchs die Belastung nahe zu kontunierlich bis auf beinahe 10 % zur Mitte der achtziger Jahre. Im Gefolge der deutschen Vereinigung kam es zu einem Anstieg nahe 12 % zur Mitte der neun ziger Jahre. Im Anschluss an eine Stabilisierung setzte mit Ende des 90er Jahr zehnts ein spürbarer Rückgang ein. Mit gut 8,5 % ist der Anteil der Z insen an den Gesamtausgaben nunmehr auf dem Niveau der späten 80er Jahre . Zw ar können diese Kennziffern einen Anhaltspunkt für die Bela stungen mit Zin szahlungen liefern, doch kann man auch hier wie bei der Staatsschuldenquote auch keine Aussage darüber treffen, ab wann der absolute Wert der Zins-Steuer-Quote zu hoch ist, so dass er den Handlungsspielrum zu stark ein schränkt. Dazu müssten auch andere Ausgaben, wie beispielswei se die Personalausgaben in den Blick genommen werden , die ebenfall s den Handlungsspielraum einschränken. Zur Vermeidung weiterer Wachstumseinbußen bzw . zur Stärkung der Wachstumskräfte fordern deswegen vor allem die Vertreter angebotsorientierter Wirtschaftspolitik ein Abbau der Haushaltsdefizite bzw. der Schuldenquote und wirksamere Regeln zur Begrenzung der Staatsverschuldung. Zwar sehen sie durchaus die Möglichkeit, dass eine restriktive I-Iaushaltspolitik über die verminderte gesamtwirtschaftliche Nachfrage kur zfristig die Wachstumsaussichten reduzieren kann . Langfristig steIlen sich jedoch ihrer Ansicht nach eher zusätzliche expansive Effekte ein. Zudem werden die Finanzmärkte eine glaubhafte Politik der I-Iaushaltskonsolidierung mit geringeren Risikoprämien belohnen. Das niedrigere Zinsniveau wird dann zusätzliche Investitionen auslösen oder die Steuerzahler werden im Vertrauen au f geringere zukünftige Steuern mehr konsumieren. Gegenwärtig schreibt Art . 115 GG noch vor, dass die neu aufgenommenen Kredite (Nettokreditaufnahme) die Investitionen nicht übe rsteigen dürfen und Ausnahmen nur zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht s zulässig sind , womit bereits der Ver such , die Neuverschuldung auf ein sinnvolles Maß zu begrenzen gegeben ist. Die Nettokreditaufnahme ent spricht der in einem Jahr aufgenommen öffentlichen Schulden am Kred itmarkt abzüglich der Schuldentilgung in demselben Zeitraum. Die Erfahrungen der vergangenen Jahr zehnte haben allerdings ge zeigt, dass Art. 115 GG in der gegenwärtigen Auslegung und Haushaltspraxis
Schuldenbegrenzung nach Art. 115 GG
Nettokreditaufnahme
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Makroo konomie - Ausgewählte Politikbereiche
d ieser Au fgab e nicht ge recht wurde und in seiner ve rsch uld ungs begrenzenden Wirkung weitge he nd wi rkungs los war. Ein wesent licher Grund für die ses Ver sage n bestand dar in, dass der Inve stitionsbegriff deutl ich zu weit gefasst ist. Ein we iterer Gr und war, dass die A usna hm eklausel e iner Störung de s gesa mtwirtsc haft lichen Gleichg ewichts sich als zu unpräzise und nicht justiziabel erwie sen hat und sie viel zu häufi g in Anspr uch genomm en wurde. Letztlich konnten offe nsichtlic he Ver stöße nicht oder nur mit sehr gro ßer ze itlicher Verzö geru ng geah ndet werden.
Schuldenbremse
Art. 109 Abs. 3 GG
Mit ßl ick au f eine wirksa me Beg renz ung der Ne uverschuldung wurde dah er im Jahr 2009 in Art. 109 GG zusätzlich eine so genannte Schuldenbremse, d ie ab 2011 in Kraft tritt, einge führt. Gemäß der Schuldenbremse sind die Hau shalt e des Bundes ab 2016 und d ie Haushalte der Lände r ab 2020 grun dsätz lich oh ne Einnahme n au s Kred ite n au szugleichen, wobei dem Bund ein strukture ller Verschuldungssp ielraum von 0,35 % des B1P gewährt w ird. A usw irkunge n des Konjunkturverlau fs auf d ie öffe ntlichen Haushalte können berücksichtigt werden. Die Hau shalt e von Bund und Lände rn sind grundsä tz lich ohn e Einnahm en aus Kredite n auszug leic he n. Bund und Lände r könn en Regelungen zur im A uf- und Absc hw ung symmetrische n Ber ücksichtig ung der A uswirkungen eine r von der Norma llage abweichende n konj unkturellen Entwi ck lung sowie eine Ausn ahme rege lung für Naturkatast rophen oder auß ergewöhnlic he Notsi tuationen. die sic h der Kontrolle des Staates entz iehe n und die staatliche Finanz lage erheblich bee inträchtige n, vorsehe n. Für die A usnahmeregelung ist eine entsprec hende Til gungsregelung vorzusehen . ... Und mit Bezu g auf den Haushalt des Bunde s:
Art. 115 Abs. 2 GG
Ein nah me n und A usg abe n sind g ru ndsä tz lich oh ne Einnahmen aus Krediten aus zugle ichen. Diese m Grundsatz ist entsproche n, wenn d ie Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hunde rt im Ve rhä ltnis zum nom inalen Brutto inland sprodu kt nicht überschreite n. ... Die Vor gabe , den Haushalt ohn e Einnahmen aus Kred iten aus zug leichen und nur für den Bund in normalen Zeiten nur ein e str ukture lle Neuv erschu ldung - also von der Konjunktur unabh ängige staa tliche Neuverschuldung - von maxima l 0,35 % des BIP zuzul assen, orientiert sich am Mittelfristz iel de s stru kturell ausgeg lich enen Haushalt s aus dem Europäischen Sta bilitäts- und Wach stumspakt. Bei Ausnahm esituatio nen wie Na turkatas tro phen darf es mehr sein . Diese höheren Kredite müssen dann aber in Boomzeiten ausgeg lichen we rden . Während der Bund mithi n noch einen kleinen Spielraum hat, dürfen die Lände r künftig ke ine neuen Sc hulden mehr machen . Von
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
2020 an müssen sie in der Regel alle ihre Ausgaben ohn e Kredite finan zieren. Wie be im Bund ist aber eine be züglich konjunktureller Schwankungen anti zyklische Kreditaufnahm e zulässig. Letzteres genügt der Forderung, den korjunkturellen Einflüssen auf die Sta atsfinanzen Rechnung zu tragen, die autom ati schen Stabil isatoren also w irken zu lassen und nicht in eine prozyklische Politik beim Abbau des Hau shaltsdefizits zu verfallen. Nach Abschluss eines Zyklus sollte der Schuldenstand auch nicht ge stiegen sein, da sich Defizite in konjunkturellen Ab schwüngen und Überschüsse in gün stigen Zeiten tendenziell ausg leichen dürften .
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antizyklische Kreditaufnahme
automatische Stabilisatoren
Da die neuen Regelungen ebenfalls Gestaltungsspielräume beim Investitionsbegriff lass en, plädi eren manche Ökonomen für das Z iel eines strukturellen N ulldefizits für den ge samten öffentlichen Haushalt. Dabei orientieren sie sich an den Vorgaben des europäischen Stabilitätsund Wach stum spakts. Mit Blick auf den Bundeshaushalt 20 I0 mu ss die Bundesregierung ihr um Konjunktureinflüsse berein igtes Defizit binnen der näch sten sechs Jahre rund 60 Mrd . Euro verringern, entweder durch Kürzung der Ausgaben , Einnahmenerhöhungen oder beide s. Die Kritik an der Schuldenbremse richtet sich gegen die weiterhin bestehenden Ge staltungsspielräume bed ingt durch die unbestimmten Rechtsbegriffe - die Bestimmung des strukturellen Defizits ist nicht unstrittig -, an der Zulassung eine s stru kturellen Defizits statt eine s Nulldefizits sow ie an der ungleichen Behandlung von Bund und Ländern . Offensichtlich wurd e mit der neu en Regelung ver sucht, die grundsätzlich unterschiedlichen politischen und wissenschaftlichen Positionen wie ein grundsätzlich es Schuldenverbot oder ein grund sätzlich e Z ulassung der Neuverschuldung als staatliches Finan zierungs- und Steu erung sinstrument miteinander zu verbinden.
1.3.5 Unzureichende Koordination Beim Ergebni s erfolgreicher Stabilisierungspol itik handelt es sich um ein öffentliches Gut. Vom Nutzen einer der artigen Politik kann niemand au sge schlossen werden und es besteht keine Riv alit ät bei der Nutzung.
In föderat iven Staaten oder in regionalen Wirtschaftsräumen, wie der Europäi schen Union , besteht daher die Gefahr, dass die einzelnen Träger der Fiskalpolitik (Zentral regierung, Länder und Gemeinden) in Erwartung aktiver Stabilisierungspolitik ander er, selbst ke ine Maßnahmen ergre ifen und eine sog . Free-rider-H altung einnehmen. Die
Dilemmasituation bei unzureichender Koordination
Free-rider-Verhalten
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Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
Kon sequ enz einer dera rtigen Dilemmasituation könnte sein, dass notwe ndige stabilitäts konforme Maßnahmen üb erhaupt nicht durch gefLihrt we rden. Insbesondere für die unteren Ebenen ist die Einnahme einer derartigen Position anzunehmen, da sich eigene Ans trengungen im Rahmen einer antizyklischen Budgetpolitik wegen der räumlic hen Spillover-Effekte kaum auf das eigene Gebiet eingrenzen lassen und sie umgekehrt an den bundesweiten sta bilitäts konfor men Aktivi täten übe rgeo rdneter Körper schaften partizip ieren. Aber nicht all ein das »Free-ride r-Problern« macht ei ne Abstimmung des Haushaltsve rhaltens zwischen den einzelnen Entscheidungse benen erforde rlich. Auch au fgrund des großen Volum ens der I-Iaushalte untergeo rdneter Gebi etskörp erschaft seb enen ist eine Koord ination und Koop erat ion zwis che n den verschiede nen fiskal polit ischen Akteuren zw inge nd erforderlich. In Deut schland werden z.B. über 65 % der Ausga ben für Sachinvestitionen auf kommunaler Ebene ge tätig t, wäh rend au f den Bund kaum mehr als 15 % und die Länder ge rade rund 20 % entfalle n. Damit haben die Gemeinden Entschei dungsk ompetenz über ei nes der wichtigsten, weil unm ittelbar nachfragew irksam en konjunkturpol itisch en Instrume nte, das zudem noch die Entwi cklung des Produktionspotentials - also auch die Ang ebots seite - determ iniert. Eine wirksame Konjunktursteuerun g ist dah er nicht möglich, solange es nicht ge lingt, die Investitionstätigke it von Bund, Länd er und Gem eind en aufeinander abzus timme n. Des Weiteren leidet die Wirksamke it fiskalpolitische r Maßn ahmen in offenen Volkswi rtsch aften , fall s es nicht zu eine r Ab stimmung zwischen den wichtigsten Handel spartne rn kommt. Zum einen machen es Sickerungsv erluste im Multipl ikatorproze ss für ein Land schwieriger, Stabilisierungspo litik zu betreiben. Zum anderen kann die heimi sche Politik von intern ation alen Konjunkturübertragungen überl agert sein. Sicherungsverluste im Multiplikatorenp rozess
Von Sickerun gsverlu sten ist die Rede, we nn eine gleich große Erhö hung der Staatsausgab en das BIP und die Beschä ftig ung in einer offenen Volk swirt scha ft aufgrund der höheren Importquote wenige r stark ansteigen lassen als in einer relat iv geschlos senen Volk swirt schaft. Umgekehrt gilt, dass das Ausland um so mehr von der expansiven Fiskalpolitik eine s Lande s profitiert oder durch eine kontraktive Fiskal politik bela stet wird, je höher die Importquote des expandierenden bzw . kontrakti erend en Landes ist. Wie hoch die se Sickerungsv erluste sin d bzw . wie wirksam letztl ich fiskalpolitische Maßn ahmen sind, hängt unter anderem von der Größe
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
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der Volkswirtschaft, dem Grad der Kapitalmobilität und vom jeweiligen Wech selkurssystem ab . Ein Kont räreffekt bei einer interna ti ona len Konjunkturübertragung liegt z.B. vor, wenn konjunkturbelebende fiskalpolitische Maßn ahmen (Rückführung des Haushaltsdefizits) in den USA zu eine r konjunkture llen Ab schw ächung beim Handelspartner Euro land führen .
Konjunktur USA verbessert sich durch Abbau des Haushaltsdefizits und nachfolgender Zinssenkung
Güter
US-Import steigt EU-Export steigt
Kapital
US-Zinsen geringer als In der EU
Konjunktur EU würde sich verbessern
Kapitalimport D führt zur Aufwertung !+des Euro
Aufwertung des Euro verteuert Exporte
interna tionale Konjunkturübertragung
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Voraussetzung: Exportrückgang durch Euro-Aufwertung
ist größer als Exportanstieg durch US-Konjunktu rbe/ebung .
Abb. H.16 . Effekte der Konjunkturübertragung. Quelle: Hohenernser, P. (1995), S. 208
Abb . H. I ? macht deutlich, wie sich in einer offenen Volkswirtschaft die Entw icklung der Weltkonjunktur auf die wirtschaftliche Entwick lung eines Landes au swirken kann . Erkennbar ist hier e ine ziemlich parallele Entw icklung des realen ß1P in Deutsch land zur Entw icklung in den wichtigsten Indu strieländern (O ECD- Ländern) . Die unterschied Ii ehe Entwicklung in den Jahren 1990 bis 1993 liegt im Wesentlichen im Wieder vereinigungsprozess begrün det.
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Abb. H.17. Der Einfluss der Weltkonj unkt ur auf die deutsc he Konjunktur. Quelle: OECD, Econornic Outlook, 12/2002
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kooperativer Föderalismus
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
In Deutschland wurde zwecks Koordination der Fiskalpolitik das Konze pt des kooperative n Föde ralis mus ges chaffen. Zwar gewäh rt der durch das Grund gesetz garantierte föderati ve Aufb au Deutschland s den Lände rn bei ihrer I-1 ausha ltswirtschaft Selbständigkeit und Unabhä ngigkeit vom Bund (Ar t. 109 Abs. I und 2 GG). In Abs. 3 desselb en GG- Art ikels werden diese je doch eingesc hränkt, indem von Bund und Lände rn geforde rt wird, ge mei nsam bei ihrer I-1aushaltswirt scha ft den Erfordernissen des ges amtwi rtschaftlic hen Gl eich gewichts Rechnun g zu tragen. Auch das StabWG sieht vo r, dass im Falle ein er Gefähr dung des gesam tw irtschaftli chen Gleichgewichts die Bundesre gie rung Orie ntierungsdate n für ein g leich zeitig aufeinander abgestimm tes Verh alten (Konzertierte Aktion ) der Gebietskörperschaften, Gewerkschaften und Unternehmensverbände zur Verfügung stellt. Zu den weiteren Information s- und Koordi nationsinstrumenten gehören der Konjunkturrat und der Stabilitätsrat.
Konjunkturrat
Stab ilitätsrat
Der Konjunkturr at besteht aus den Ministern für Wirtschaft und für Finanze n, j e einem Vertrete r eines jeden Lande s und vier Vertretern der Gemeinden. Er berät über alle für die Erreic hung der Ziele des Sta bilitätsg esetzes erforderlichen konjunkt urpolitischen Maßna hmen sow ie die Mögl ichke iten, den Kreditbedarf der öffentl ichen Haushalte zu decken. Im Zusammenhang mit der Einführung der Schuldenbremse wurd e auch der Stabi litätsrat geschaffen (Art. 109a GG ). Hauptaufg abe des Rats ist die Überwachung der Haushalte von Bund und Ländern, um eventuell drohende Haushaltsnotl agen frühzeitig zu erken nen und durch San ierungverfahren gegensteuern zu könne n. Hierzu müssen Bund und Länder regelm äß ig Bericht über ihre aktuelle Haushaltslage, ihre Finanzpl anun g, die Einhaltung der verfassung smäßigen Kred itaufn ahm egrenzen und über die mittelfristige Haushaltsentwi cklun g erstatte n. Sollte dem Bund oder dem Land eine Haushaltsnotl age drohen , kann der Rat mit der betroffenen Gebietskörperscha ft ein Sanierungsprogramm vereinbaren. Während die Vorgängerin stitut ion - der Finanzplanungs rat - nur Empfehlunge n mit Einstimmigke it geben ko nnte, fast der Stabilitäts rat Beschl üsse mit der Stimm e des Bundes und der Zwei drittelmehrheit der Länder. Betroffe ne könn en dami t Beschlüsse nicht ve rh indern . Der Stabil itätsrat gibt nicht nur all gemeine Empfe hlungen zur Haushaltsdiziplin ab, Daneben führt der Sta bili tätsrat die Aufga ben des Fina nzplanungs rats fort. Er koordi niert die Finan zplanungen von Bund, Ländern und Kommu nen und berät die Fortschr ittsberichte »A ufbau Ost«.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
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1.4 Koordination der Fiskalpolitik in der Europäischen Union Im Gegensatz zur Geldpolitik liegt die Finanzpolitik in der ausschl ießlichen Z ustä nd igke it der e inz elnen EU-M itg lieds taaten. Allerding s beinhalten das Vertragswerk der EU und der 1997 unter zeichnete Stabili täts- und Wach stumspakt einen gem ein sam en finan zpoliti schen Verhaltenskodex und einer Reihe von Koordination smaßnahmen. die in allen Ländern die Haushalt sdis ziplin dauerhaft gewährl eisten sollen.
Stabilitäts- und Wachstumspakt
Bereit s der Vert rag von Maastricht hat vor der Einführung des Euro in Teilbereichen den Aufbau eine r gemeinsamen Stabilitätskultur gefördert , indem die potenziellen Mitgliedstaaten der gepl anten Wirtschaftsund Währungsunion (WW U) aufgefordert waren , auch bestimmte fiskali sche Konvergenzkriterien zu erreichen. Eine gleichgerichtete Hau shaltsdi sziplin sollte sicherstellen, dass erhöhte Schuldenquoten die Wirt sch aftsperspektiven nicht dauerhaft übe rsch atten und in Ve rbindung mit großen Hau shalt sdefiziten den Handlungsspiel raum der Finanzpolitik a ls Stabilisierungsinstrument nicht begrenzen. Zum anderen sollte damit verh indert we rden , dass fehlgerichtete finanzpoliti sche Entsche idungen einzelner Mitgliedstaaten der WW U sich nicht auf ben achb arte Volk swirtschaften auswir ken (neg ative Externalitäten) .
gleichgerichtete Haushaltsdisziplin
Zwar könnten auch die Marktkräfte eine effekt ive Abschreckung gegen eine fehlgel eitete Fiskalpolitik bewirken, indem auf den Finanzmärkte n mitt els land esspezifischer Risikoprämi en e ine übermäßige Verschuldung bestraft würde. Jedoch zeigen die Erfahrungen, da ss d iese von den Finan zm ärkten ausgeh end e Disziplini erungsfunktion nicht ausreicht , um Reg ierungen zu veranlassen, d ie langfristigen hau shaltspolitisch en Restriktionen zu berücksichtigen . Al s Au sgang spunkte aller fiskalpolitischen Vorgaben der EU für die Mitgliedstaaten ist zum einen die im AE UV festge schriebene Grundregel de r Hau shalt spol itik, die Ve rmeidung überm äßiger öffentlicher Defizite durch die Mitgliedstaaten (Art. 126), zu sehen. Zum anderen ist es die Erschließung de s Europäischen Rate s übe r den Stabi litätsund Wach stum spakt, won ach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, das mittelfristige Ziel eines annähernd ausgeglichenen (xclo se to balance «) oder gar eines positiven Haushaltssaldos anzustreben. A ls Referenzwert für die EU-Ratsentscheidung darüber, ob ein übermäß iges öffentliches Defi zit vorli egt oder nicht , wurde - neben der Begren zung der Schuldenquote auf 60 % - das sog. Drei-Prozent-Defizitkr iterium festg elegt. Demnach liegt ein überm äß iges De fizit vor,
Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite
Drei-ProzentDefizitlinie
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Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
we nn die j ährli che Ne ttokredita ufnahme mehr als 3 % des B1P entspricht. Allerdings sind bei der Entsche idung übe r das Vorli egen ei nes überm äßigen Defizits noch eine Reihe von Au snahm eregelun gen und andere Besonderheiten zu berücksicht ig en. Ausnahmeregelungen
A ls bedeutsame A usna hme regelungen gelten bei sp iel swe ise »außergewöhnliche Ereig nisse«, die sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entz iehe n und einen erheblichen Einfluss auf die Finanzl age der öffentli c hen Hau sh alte habe n (z .B . Natur katas tr ophen ) so wie schwere Reze ssionen . Al s Besonderh eit ist beisp iel sweis e im Einze lfa ll zu klären , ob di e Übers chre itung der Dre i-P roze nt-Defizitg renze dur ch eine unsol ide Politik (z. B. der man gel nd e Ausgab endi sz iplin) od er notwen ige wac hstumsfö rdern de Reformmaßnahmen (z. B. Steuerr efo rmen od er Stru ktur reformen in den Sozialsystemen) verursacht wurde . Au f j eden Fall sind bei der Einschät z ung der Zie lve rfehlung j ene »F inanzbe iträge« besonders zu beach ten, die »z ur Förd erun g der internationalen Solidarität (z.B, Entwicklungs hi lfe) ode r »zur Erreichung europäischer Politikziele« einge setzt wur den. Letzteres kann beispielswei se auch die Son der lasten der deut sche n Wiedervereinigun g einsch ließen oder die hohen Nettotransfers Deut schl and s an den EU-Haushalt. Für den Fall des Vorli egen s eines überm äß igen Defi zit s sind ge nau definiert e Verfahren zur Verm eidun g übe rmä ßige r Haus haltsdefi zite install iert , die von (veröffentl ichten) Empfehlunge n und der Übe rprüfung der e inge leiteten Maßnahmen in den betroffen en M itgl iedstaat en durch di e Kommi ssion bzw . den Min isterrat bis hin z u finan ziell en Sa nkt ionen, beschlossen durch den Mi niste rrat, reichen. M it Unte rzeic hnung des Liss abon-Vertrags ist der betroffen e Mitgli ed staat im ges amte n Defizit verfahren und von der Ab stimmu ng über d ie möglichen Sankt ionsschr itte ausgeschlo ssen.
Frühwarnsystem
Um A bweic hungen vom 3 %-Defizitkriter ium möglichst frühz eitig zu erke nnen , wurde ein »Frü hwar nsys tem« geschaffen. Hierzu erarbe itet j edes Land stan dardisierte jähr liche Sta bilitäts- bzw. Kon vergenzprogramme über seine mittelfristige Haushalt splanu ng. Die Haushaltsentw icklung wird laufend beobachtet; bei Abweichungen von den mittelfri stigen Zielen kann der EU-Ministerrat Empfehlungen für Korrekturmaßnah men aussprechen, die allerdings nicht bindend sind. Im Liss abon-Ve rtrag haben die Euroländer in Zukunft sogar die Möglichk e it, eigenstä ndige Maß nahme n zu ergreife n, um die Koo rd inie rung und Überwa chung der Hau shalt sdisziplin im Euroraum zu verstär ken und eigene Grundzüge der Wirtschaftspolitik auszuarbeiten.
Verbot der Kreditaufnahme bei der EZB
Die konkre ten Besc hränkunge n der Kred itfinan zierung für all e EUMitgli edstaaten bestehen in e ine m Verbo t der Kreditaufnahme bei der
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EZB oder den nationalen Ze ntralbanken für Einrichtungen der öffentlichen Hand. Ebenso ist es der EZ B und den nati ona len Zen tralban ken untersagt, Sch uldtitel von diesen Einrichtunge n unmittelbar zu erwe rben (Art. 123 A EUV ). Darüber hinaus legt der AEU V in Art. 125 fest, dass die Geme inschaft oder ein Mitglie dstaat nic ht für die Verbindl ichke iten der öffen tlichen Haushalte eine s anderen Mitgl ied staats ein treten dürfen (sog. »NoBailout-Klausel«). Seit der Stabilitäts- und Wachstumspakt eingefü hrt wurde , ste ht dieser in der Kritik. Von Begin n an strittig war sei ne Gla ubwürd igk eit, d.h. ob die Sank tio nen poli tisch wi rklich durchse tzbar sind od er ob hier allein auf die Wirksamkeit der Abschreckung gesetzt wird. Die Zweifel basierten unter anderen darauf, dass d ie Entscheidung, ob e in über mäßiges Defi zit vo rliegt, jeweils vom Ministerrat au f Empfe hlung der Kom mission nach »Prüfung der Gesarntlage« mit quali fizierter Mehrheit (Dreiviertelmehr heit) zu treffen ist. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist wah r gew orden , was Kritike r zum Verfah ren se lbs t sagten. Ihnen zufolge ist das Ver fahren eine m Cl ub pot entiell er Sünd er übe rlasse n worde n, die sich selbs t die Absolution erteilen kö nnen .
Weltwirtschaftskrise und »No-Bailout-Klausel« In den ersten Monaten des Jahres 201 0 brachte die Schuldensituat ion Griechenland s die EU-Staatengeme inschaft in ein großes Dilemma. Einerseit s plä dierte n vie le Ökonomen und Politiker auf die strikte Einha ltung des Verbots von Finanzhilfen für Griechen land mit Blick auf die No -Bailout-Klaus el nach Arti kel 125 des »Vertr ages über die Ar beitswe ise der Europäisch en Union« (AEUV). Danach dürfen weder die EU noch ein anderes EU-Land für Verbindl ichke iten eines Mitgliedstaates haften oder einspringen. A ndererseits sahe n vie le Fachleute die Vorausse tzungen für d ie Unte rstützung Grie chenl ands nach Artike l 122 Abs. 2 AEUV als gegeben . Demnach kann der Rat der Europäische n Union flir einen Mitgliedstaat finanzielle n Be istand beschli eßen, sofe rn dieser au fgru nd von Naturkatast rophen oder außergewöhnlichen Ereig nissen, die sich sei ne r Kon troll e entziehen, von Schwierigke iten betro ffen oder von grav ierende n Schwie rigke iten ernstlich bedroht ist. Die Za hlungs unfähigkeit eine s Mitg lied staate s kön ne - so die Befürworter einer finan ziellen Unterstützung dur ch die Euro länder - als ein solches außergewöhnliches Ereign is eingeordnet wer den .
» No-Bailout-Klausel«
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Schließl ich - so die weiterführende Argumentation der Befür worter waren es die Verschärfung der Finanzkrise sowie die Spekulationen an den Finanzmärkten. die zu einer gra vierenden Verschlechterung der Kreditkonditionen für Griechenland fLi hrten und zwar über das hinaus , was sich durch wirtschaftliche Fundamentaldaten erklären und rechtfertigen ließe.
v-
Diesem Arg ument wiederum begegneten die Gegner von Hilfsmaßnahme n, mit dem Hinwe is auf die über Jahre verfehlte Wirtschaftsund Finanzpolitik Griechlands als eigentliche Ursache der Krise dieses Landes. Das Dilemma besteht also offensichtlich darin , dass die Bestimmungen aus Artikel 122 und 125 als gleichrangig oder nicht gleichrangig angesehen we rden könn en, je nachd em welch e Ursache n für die Krise zugrunde gelegt werden. Letztlich haben sich der EU-Rat und die Mitgliedstaaten der EU für ein Hilfspaket unter Beteil igung des Internationalen Währungsfond s, und unter strengen wirtschaftspolitischen Auflagen für Griechenland , entschieden. Gleichzeitig wurde eine Reihe von Maßnahmen für eine Reform der finanz- und wirt schaftspol itischen Überwachung in der Währu ngsunion vorgeschlage n. Dazu gehört die Verschärfung der Defiz itverfahren im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstum spaktes, eine Koordinierung, die neben der Finanzp olitik auch die Wirt schaftspol itik umfasst und die Schaffung eines perm anenten Krisenmechanismu s inklu sive der Möglichkeit eine r geordneten staatlichen Insolvenz für Mitglieder der Eurozone.
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1.5 Wiederholungsfragen o
I.
Worin untersche iden sich eine ange bots- und nachfrageorientierte Fiskalpol itik? Lösung S. 335 f.
o
2.
Was ve rsteht man unter dem Staatsausgabenmultiplikator und dem Haavelmo- Theorem? Lösung S. 340 f.
o
3.
Welche Wirkungen gehen mögl icherweise von einer Senkung direkter Steuern auf den Konsum und die Investitionen aus? Lösung S. 346
o
4.
Mit welch en ze itlichen Ver zögerungen ist bei der Umsetzung einer ant izykli schen Fiskalpolitik zu rechnen und weIehe Maßnahm en zu deren Verkürzung sind denkbar? Lösung S. 336 f.
o
5.
Was sind automatische Stabilisatoren und wie funktion ieren sie? Lösung S. 351
o
6.
Was versteht man unter einem zinsbedingten Crowding-OutEffekt und welche Bedeutung kommt ihm im Rahmen des Ricardo- Äquiv alenztheorems zu? Lösung S. 354
o
7.
Warum ve rläuft die langfristige Phillipskurve senkrecht? Lösung S. 358
o
8.
Was sind die Gr ünde für die strukturelle Staatsverschuldung und welche Gefahren gehen von einem strukturellen Defiz it aus? Lösung S. 361
o
9.
Was ist unter dem »pay-as-you-use-Prinzip« zu verstehen? Lösung S. 363
o
10. Wie lässt sich die Zun ahme der strukturellen Staatsvers chuldung polit-ökonomisch erkl ären? Lösung S. 364
o
11. Welch e Probl eme sind mit einem stetig steige nde n strukturellen Haushaltsdefizit verbunden? Lösung S. 364
o
12. Was besagt die Zins-Steuer-Quote? Lösung S. 364
o
13. Warum sind die best ehend en Regelun gen zur Begrenzun g der Staat sverschuldung unwirk sam? Lösung S. 365
o
14. An welchen Problemen leidet die Wirksamkeit fiskalpolitische r Maßn ahmen in einer offenen Volksw irtsch aft ? Lösung S. 368
o
15. Was spricht für die Notwendigkeit des europä ischen Stab ilitäts- und Wachstum spakts? Lösung S. 371
o
16. Unter welchen Voraussetzun gen findet das sog. Drei-Prozent-Kriterium keine Anw endun g? Lösung S. 372
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2. Geldpolitik Lernziele dieses Abschnitts Die Stud ierenden sollen nach der Lektüre dieses Kapitel s T räge r, Ziele und Strategien der europäis che n Geldpolitik kennen und erklären könn en. vers tehen, was Geldschöpfung ist und mit welchen Grö ßen dieser Proze ss gesteuert werde n kann. geldpolitische Strategien zur Erreichung der Preisniveau stab ilität und deren Einflussgrößen beschreiben könn en. Instrumente der Geldpolitik, deren Wirkungswe isen und deren Möglichkeiten zur Beeinflussung der Konjunktur beschreiben und beurteilen können. die geldpolitischen Strategien aus keynesiani sche r und neoklassisch-monetaristischer Sicht unter scheiden können .
Geld vereinfacht in einer arbeitsteiligen Wirt schaft ent sche idend die Abwicklung der Tauschakte und damit die Arbeitsteilung. Geldpol itik umfasst die Gesamtheit j ener Maßnahmen, die au f eine optimale Geld ver so rgun g der Volk swirtschaft, die Sich erun g der Geldwertstabil ität nach innen und außen sowie au f eine Beeinfl ussung der wirtschaft liche n Entwick lung eine r Volks wirts chaft zie len. Während die Fiskalpolitik we itgehend in den Händen der j eweiligen Nationalstaat en liegt, wird die Geldpolitik der Mitgliedstaaten der Europäische n Wirtschafts- und Währun gsun ion (EWW U) auss chli eßli ch au f europäischer Ebene betr ieben. Währe nd die geldp olit ische n Entsc heidungen aussc hließlich im EZBRat getroffen we rden , liegt die Durchführung der Geldpo litik we itestgehend bei den nationalen Notenbanke n. Bei ihnen unterh alte n die Geschäftsbanken ihre Zentral bankk onten - also auch die Mindestreserve. Über sie werden die geldpolitischen Maßnahmen eben so abgewickelt wie die strukturellen Operat ionen und überwiegend auch die Feinsteuerungsmaßnahmen.
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2.1 Die Europäische Zentralbank Träger der Geldpolitik für die Mitg liedstaaten der EWWU ist die Europäische Zent ralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt/Mai n. Sie ist in das sog. Eurosys tem eingebunden, wel ches auch als Europä isches System der Zentralbanke n (ESZB) bekannt ist. Ne ben der EZB sind in diesem System die nationalen Notenbanken der an der EWWU beteiligten EULänder vertre ten. Das Entsc heidungsgremium der EZB ist der EZBRat. Er besteht aus den sechs Mitgliedern des Direkt oriums der EZB und den derzeit zwö lf Notenbank-Präsidenten der an der Währungsunion teilne hmenden EU-Notenbanken.
Europäisches System der Zentralb anken
Nac h Art. 130 AEUV genieß t die EZB eine einzigartige Unabhängigke it gegenü ber den Regier ungen der an der EWWU beteiligten Länder. Zusammen mit der gese tzlichen Verpflic htung zur Preiss tab ilität soll dies die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik sic herste llen. Erst bei entsprechender Glaubwürdigkeit kann die EZB gege benenfalls auch kon j unkturpolitische Maßnahm en durc hführen ohne Inflationserwartungen auszulösen. Art. 130 AEUV lautet:
Unabhängigkeit
Bei der Wahrnehm ung der ihnen durch die Verträge und die Satzung des ESZB und der EZB übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichte n darf weder die Europäische Zentralbank noch eine nationa le Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorg ane Weis ungen von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, Regier ungen de r Mitgliedstaate n oder anderen Stellen einholen oder entgege nnehmen. Die Organe, Einrichtungen oder so nstige n Stellen der Union sowie die Regieru nge n der Mitgliedstaaten ve rpflichten sich, diese n Grun dsatz zu beac hten und nicht zu vers uchen, die Mitglie der der Beschlussorgane der Europäisc hen Zentralbank ode r der nationalen Zentralbanken bei der Wahrne hmung ihrer Aufgabe n zu beeinflussen.
Art. 130 AEUV
Die Unabhäng igkeit der Zentralbank von Weisunge n einer Regierung bezeichnet man auch als institutionelle Unabhängigkeit. Damit die Entsche idungsorgan e nicht mit politischen Gefolgsleuten besetzt werden, bedarf es zudem besonderer Vorschr iften hinsichtlic h Ernenn ung, Entlassung und Amtszeiten der Mitg lieder dieses Organs. Die für die EZB-Direkt ionsmitg lieder vorgege bene achtjährige Amtszeit ohne die Möglichkeit einer Wiedererne nnung wird als ein Zeichen der personellen Unabhängigkeit der EZB gewertet. Die funktionale Unabhä ngigkeit der EZB kommt darin zum Ausdruck, dass sie zum einen selbst festlegen kann, wie sie die ihr vorgegebenen Ziele erre ichen will. Zum anderen, dass sie nicht dazu verp flichtet wird, Maßnahmen durc hführen zu müssen, wel che die Zielerreichung gefä hrden könnten. So sind z.B. in der EWWU die Kreditvergabe der
Glaubwürdigkeit
institutionelle ...
personelle ...
funktionale und
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finanzielle Unabhängigkeit
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EZ B an öffentliche Institutionen sowie der unmittelbare Erwe rb von öffentliche n Schuldtiteln durch die EZB völl ig verboten. Die finanzielle Unabhä ngig keit der EZB ist ebe nfalls gegeben, da sie über eige ne Einnahmen und einen eige nen Haushalt verfügt.
Die EZS in der »Eurokrlse« Im Zusammenhang mit der Unabhä ngigkeit und Glaub würdig keit der Ze ntralbank en steht die Frage, ob sie unmitt elbar an die Nationalstaaten Kredit e ve rge ben dürfen. Nach Ar t. 123 AEUV sind Übe rzie hun gs- oder and ere Kreditfazilit äten bei der EZB oder den Ze ntralbank en der Mit gli edstaat en, unter and erem an Ze ntralrcgier unge n, ebenso verboten, wie der unmittelbare Erwe rb von Schuldtiteln von diesen durch die EZB oder die nationalen Ze ntralbank en. Nachdem die EZB zunächst zu Beginn der »E urokrise« auch schlecht bew ert ete Staatsanl eihen wie die gri echis chen als Sicherh eiten akzeptierte, wenn sich Bank en bei ihr frisches Geld besorgt en, ging sie sogar im Verl auf der Krise noch einen Schr itt we iter. Die EZB bzw. die nationalen Zentralbanken beschlo ssen, direkt Staa tsa nleihen aus dem Eurora um zu kaufen . Durch die zusätzliche Nachfrage der Zentralb anken erwarteten sie ein Sinken der Zinsen die ser Staatsanleihen, wodurch sich die se Regierungen wiede r g ünstig er an den Märkten refin anzieren können . Dieser Direkt kauf von Staatsanl eih en stellt in mehrfacher Hinsicht ei n Probl em bzw. ei ne n Tabubruch da r. Wenn die Ze ntralbanke n selbst Staat sanleihen kaufen, geht auch das Kreditau sfallrisiko direkt auf sie über. Damit haftet letztlich der Steuerzahl er, da die EZB eine öffe ntliche Institution ist. Zum and eren komme n dadurch mit Blick auf ihr vorgege benes Ziel der Sicherung der Preisstabilität Zweifel an der Unabhä ngigkeit sow ie Glaubwürd igkeit der Ze ntralbank auf. So befürcht en viele Ökonom en durch die »Kreditfinanzierung über die Notenpresse« erhöhte Inflationsgefahren. Die EZB wie s diese Einwän de mit der Begründung zurück, dass sie all diese Maßn ahmen in unabh ängige r Verantwortung und fre iwillig beschlossen hat, und dass sie die Wirkungen die ser Inter ventionen sterilisieren wird, indem sie das zusätzliche Geld auf anderem Wege wiede r aus dem Geldkreis lauf der Währungsunion abziehen wird.
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2.2 Ziele der europäischen Geldpolitik Das zentrale Ziel der europäischen Geldpolitik ist in Art. 127 Ab s. I AEUV formuliert. Darin heißt es: Das vorrangige Ziel des Europ äischen Systems der Zentral banken (im Folgenden »ESZB«) ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträcht igung des Ziele s der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union,
Mit dieser Zielformulierung - vorrangig Preisstabilität zu gewährleisten - sind alle anderen wirtschaftspolitischen Ziele in Europa für die Geldpolitik klar untergeordnete Ziele, die nur bei Sicherung des Primärziels Preisstabilität verfolgt werden dürfen. Diese Zielformulierung ent spricht dem gegenwärtig vorherrschenden Theo rie- und Politikverständni s. Demnach hat eine Zentralbank in erster Linie für Preisni veau stabilität auf mittl ere und lange Sicht zu sorgen. Ein Einsatz der Geldpolitik im Rahmen einer akti ven Konjunkturpolit ik wird dageg en grundsätzlich sehr skepti sch gesehen. Dass diese Sichtwe ise nicht zwi ngend ist, zeigt das Beispiel USA. Hier stehen im Z ielkatalog der amerikan ischen Notenbank die Z iele Preisni veau stabilität, Vollb eschäftigung und moderate lang fristige Z insen gle ichberechtigt nebeneinand er. In Folge der Finzm arkt- und Weltwirtschaftskrise sehen immer mehr Ökonomen die Zentral banken in der Pflicht , Spekul ation sblasen (bzw . auf den Immobilienmärkten) frühze itig zu erkennen und sie gegebenenfalls zum Platzen zu bringen . Statt wie in der Verg angenheit vor allem auf die Inflation zu schauen, sollten sie auch die Vermögensprei se und die Kreditentwicklung ins Kalkül ziehen, we il platzende Blasen gewaltige volkswirtschaftliche Schäden anrichten können . Bisher haben es die Zentralbanken abgelehnt, nur wegen des Verdachts auf eine Blase eine straffere Geldpolitik anzuwenden. Einerseits herrschen Zwei fel darüb er, ob sich ßlasen frühzeitig erkennen lassen und nicht j ede Spekulationsbla se bring gle ich das gesamte Finanzsystem ins Wanken. And ererseits bedeuten höhere Zinse n, als möglich er instrumenteller Einsatz, stets einen Dämpfer für die Konjunktur und das Wachstum , so die Kritiker. Weite re Aufgaben der EZB sind Devisenge schäfte durchzuführen, die offi ziell en Währungsreserv en der Mitgli edstaaten zu halt en und das reibungslose Funktionieren des Zahlungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft zu fördern . Darüb er hinaus hat die EZB in Geldfragen in ander en EU-Institutionen eine beratende Funktion.
Art. 127 Abs. 1 AEUV
vorrangiges Ziel: »Prelsstabtlrt ät«
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2.3 Strategie der europäischen Geldpolitik alternat ive Strategieansätze
Die konkrete A usg esta ltung der Geldpoliti k erfo rde rt eine geldpolitische Strategie. Sie bestimmt , wie die geldpolitische n Instru mente einge setzt werden sollen, um das vorgegebene Ziel zu erre ichen . Grundsätzlich gibt es zwei- und einstufige Strategieansätze. Zwe istu fige Strateg ieans ätze stützen sich au f ge ldpolitische Zwische nziele zur Erreichung des Oberziels der Pre isn iveau stabilität. Vorau ssetzung ist hierbei, dass e in vorausse hbare r und hinr e ichend stab iler Z usamme nhang zwis che n Zwis che nz ielvariable (z.B. Geldm enge) und Oberziel besteht und dass die Zw ischenz ielvariable durch den Einsatz ge ldpolitischer Instrum ente hinreich end kontrolli erbar ist. Einstufige Strategien verzichten auf die Einbeziehung von geldpolitischen Zwi sche nz ielen und richten den Instrumentene insatz ausschließlich an der erw arteten Inflationsrate ode r einem numerischen Zielwert (dem Infl ationsziel) aus. Die ser Ziel wert wird auf der Gr undlage einer V ielzahl makroökonom ischer Indikatoren prognos tiziert. Die EZB legte sic h nach ihrer Gründung bezüglich ihres Vorgehens zur Erreichung des Stabilitätsziels auf zwei Kern punkt e fest: eine quantitative Definition der Preisstabilit ät sowie eine sog. Zwei-Säulen-Strategie. Die Veröffentlichung einer quant itativen Definition der Prei sstabil ität begründete die EZ B mit einer klaren »Orientierungshilfe für die Erwar tu ngen bez ügli ch der künft igen Prei sentwi cklung« und einer klaren »Vorgabe für die Beurteilung des Erfolges der einheitlichen Geldpo litik.«
Indikatorfür Preisstabilität
Al s Indi kator für Pre isstabilität bedi ent sich d ie EZB eines harmonisierten Verbraucherpreisind ex (HVPI) , der vom Stati stischen Amt der EU, Eurostat, ermitte lt wird. Nach ei ner Bes timm ung des EZB - Rats liegt Preisstabil ität in Euroland vor, wenn der Anstieg des Index gege nüber dem Vorjahr unter 2 % liegt. Konkret strebt d ie EZB eine Inflat ionsrat e nahe 2 % an.
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Vorrangiges Ziel: Preisniveaustabilität
Erste Säule
Zweite Säule
Analyse mit Schwerpunkt auf der Geldmenge (wie dies in der Bekannt gabe eines Referenzwerts für das M3 -Wachstum zum Ausdruck kommt )
Überprüfung
Auf eine Reihe sonst iger Wirtschafts - und FinanzIndikatoren ausgerichte te Analyse
Abb. H.18. Darstellung der geld politischen Strategie der EZB. Quelle: EZB - Monatsbericht 11/2000
Abb . H.18 verdeutlicht die sog. Zwei-Säulen-Strategie der EZB , auf die sich die Beurteilung de r Risiken für die zukünftige Prei sstab ilität stützt. Die erste Säule we ist der Geldmenge als Zwi schenzielgröße eine herau sragende Rolle zu. Damit wird dem Ums tand Rechnung getragen, dass in längerfristige r Bet rachtung ein infl at ionärer Prozess auf die Daue r nicht ohne eine übermäß ige Geldvermehrung ablaufen kann , da steig ende Pre ise fin anz iert werden mü ssen . Die Knappheit der Geldmen ge ist de shalb langfri stig betr achtet eine notwendige , we nn auch keine hinre ichende Bedingung für anha ltende Preisstabilität.
Zwei-SäulenStrategie
Theoretische r Grundlage für diese Strategi evariante ist die Quantitätsgl e ichung. N ach »quantitätsthe o retis che r« Au ffa ssung, be steht ein enge r Z usamme nhang zwischen Geldmeng enentwicklung und Pre isniveaustabil ität g ibt. Sie besa gt , da ss die Geldm enge (M) multipli ziert mit der Um laufgeschw indigke it des Geld es (V) notwend iger we ise gleich dem real en B1P multipli ziert mit seinem Preisindex( P) ist:
Quantitätsgleichung
M
V
=
BIP
P
In prozentualen Ve ränderungs- bzw . Wach stumsraten (11.) ausgedr ückt erhält die Quantitätsgleichun g die Form :
11. M + A V
=
A B1 P + A P
Geldmenge als Zwischenzielgröße
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Anfang Dezemb er 1998 hat der EZ ß -Rat den Referen zwert für das Wach stum der Geldm enge M3 erstmals festgelegt. Seitdem liegt er unver ändert auf die sem Ni veau. Auf der Basis von Schätzungen über viele Jahre geht die EZB dabei von einer Trend inflation srate von 2 % aus. Was die Wach stum srate der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, welche die Geldhaltungsgewohnheiten und Zahlungssitten vo n Unternehmen, privaten Hau shalte n und des Staa tes wider spiegelt, nimmt sie an, dass die se im langfristige n Durch schnitt j ährlich um 0,5 % bis 1,0 % abnimmt. Bei einem von der EZB angenomme nen durch schn ittl iche n Trendwach stum des rea len BIP in den Staaten der EWWU von 2 % erg ibt sich eingesetzt in die Wach stum sg leichung ei n Refe renzwert fü r die Geldmen gen entwicklung de r Geldmenge M3 ein Wert von 4,5 %. Referenzwert
des Geldme ng enwac hstums
Wac hstums prognose des
realen BlP' s
L'l M
+
Akzepti erte Preisniveauveränderung
Verä nderung der Umlaufgeschwindig keit
L'l P
t
t
4,5 %
2,0 %
+
L'lV
t 2,0 %
t -
(-0,5 %)
Abb. H.19. Referenzwert des Geldmengenwachstums (2004).
Quelle: Europäische Zentralbank, Jahresbericht Inflation Targeting
Im Rahmen der zweiten Säule der geldpolitischen Stra tegie vers ucht die EZB im Rahmen der direkten Inflationssteuerung (»Infl ation Targeting« ), die Informationen über ein breite s Spektrum wirt schaft licher und finanz ieller Variablen in einer Inflationsprogno se zu verdichten. Weicht die erwa rtete Inflationsrat e von eine m vorab festgelegten und ve röffentlichte n Infla tion sziel ab, ist ge ldpolitisches Hande ln ang ezeigt. Dab ei kann die Geldpol itik von den Erwartunge n der Wirtschaftssubjek te pro fitieren. Erwarten diese ei ne stab ilitätsorientie rte Geldpol itik, wird die Inflationspräm ie in den langfristigen Zinse n niedrig und die Tarifabschlüsse mode rat sein, so dass sich Preiserhöhu ngstende nzen nicht verfestigen. Zu der Fülle von Einze lindikatoren, mit der die EZß versucht, sich ein umfassendes Bild vom Stan d der aktuellen und zukü nfti gen Prei sentwicklu ng zu verscha ffen zähle n u.a. Variablen , die die konjunkturelle Entwicklung (Nach fragedruck), die binnenwirtschaftliche Kostensituatio n (Löhne und Lohn ve rhandlungen) und die außenwir tsc haftliche
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Lage ( Wech selkursent wicklun g, Ro hsto ff-, insbesondere Ölp reise) abb ilden. Fe rne r lie fern Finanz marktpre ise und Umfrageergebnisse Anh altspunkte übe r die Inflat ionserwartu ngen der Wirtschaft.
2.4 Geldentstehung und Geldvernichtung Die EZ B kann in der Praxi s die Gel dmenge, die in den vo lksw irtschaft lichen Krei slauf gelangt und diese n wieder verläss t, auf vers chiede ne Wei se steuern. Für die Geldm enge existieren versch iede ne A bgren zun gen . Es ist letztlich eine Frage der Zwe ck mäßi gkeit, welch e A bgr enzu ng gewähl t wird . Für die EZ B steht die weit abgegrenzte Geldme nge M3 im Vordergrun d ihrer mon etären Lageeinschätzu ng. Die Gel dmenge M3 besteh t aus dem Bargel d und den Sich teinla gen (Geld menge MI), den Termine inlagen bis zwei Jahre und den Sparein lagen bis dre i Mon ate (einschl ießli ch M I entsp richt dies der Geld me nge M2 ) sow ie den Schuldve rschrei bunge n bis zu zw ei Jah re, den Ge ldmarktfon ds und der Repogeschäfte. Um zu vers tehe n, wie die Geld ent stehung und -vern ichtung funkt ioniert ist es zweckmäßig, zunächst e inmal zwischen den Akteuren auf den monetäre n Märkte n und de n mo netären Transaktionen sowie zw ischen dem Geld , das die Zentralbank schafft und je nem, das die Geschä ftsbanken schaffen, zu unterscheiden (Abb. H.20). Zu den Ak teu ren auf de n monetären Mä rkten zählen die No ten bank, die Gesch äftsba nk en und d ie N icht bank en (priva te und öffentlich e Haushalte sowie Unternehmen ).
I Geldmarkt Zent ralbankgeldschöpfung
Notenbank (ESZB) Sicherheiten: Wertpapiere Wechsel
Zent ralbankgeld ~
..
• Leitzinsen • Mindestreserve • Refi nanzierungsgesc häfte
Interbanken-Handel • Geldmarktzins
Geschäftsbanken Kapitalmarkt-
Kapita lma rkt Giralgeldschöpfung
Einlagen Bargeld
Bankkredit e Bargeld
~
.
Nicht-Banken (private und öffentliche HH, Unternehmer) Abb. H.20. Der monetäre Sektor
zinsen: • Kreditzins • Einlagenzins
Geldmenge M3
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Geldmarkt
Kapitalmarkt
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Auf dem Geldmarkt im engeren Sinne finden die Transaktionen zwischen der Notenbank und den Geschäftsbanken statt. Der Geldmarkt dient dem kur zfristigen Ausgleich von Liquiditätsüberschüssen und -defiziten im Bankensystem. Nur durch Transaktionen auf diesem Markt entsteht Zentralbankgeld, jene Größe, die letztlich für die Höhe der gesamten umlaufenden Geldmenge in einer Volkswirtschaft entscheidend ist. Da die Zentralbank die Geldmenge in den Händen der N ichtb anken nicht direkt steuern kann, versucht sie indirekt über die Geschäftsbanken Einflu ss zu nehmen. Die Tran sakt ionen zwischen den Geschäftsbanken und den Nichtbanken finden auf dem Kapitalmarkt statt. Nur in seltenen Fällen handelt die Notenbank direkt am Kapitalmarkt. Die Geschäftsbanken untereinander operieren auf dem sog . InterbankenGeldmarkt.
Zentralbankgeld
Zentralbankgeld ist allgemein das von der Zentralbank geschaffene Geld . Es setzt sich aus dem Bargeld - dem gesamten Bestand der umlaufenden Banknoten und Münzen - und den Sichtguthaben der Geschäftsbanken und des Staates bei der Notenbank zusammen.
Banknoten
Was die Banknoten als ein Teil des Zentralbankgeldes betrifft , hat die EZB die alleinige Kompetenz, deren Ausgabe zu genehmigen (Banknotenmonopol). Die Au sgabe von Münzen ist den Regierungen der EWWU-M itgl iedstaaten vorbehalten. Sie muss jedoch von der EZB genehmigt werden .
Sichtguthaben
Zentralbankgeldschöpfung
Die Sichtguthaben der Kreditinstitute bei der Zentralbank bestehen aus freiwilligen Überschussreserven und aus Ptlichteinlagen der Kreditinstitute. Die Höhe dieser Pflichteinlagen best immt sich aus der eigenen Einlagenstruktur der Geschäftsbanken und dem von der EZB vorgegebenen Mindestreservesatz. Die Geldmengensteuerung der EZB erfolgt nunmehr so, dass die EZB den Geschäftsbanken Zentralbankgeld, das für sie die Basis weiterer Geldschöpfung im Geschäftsbankensektor (sog . Giralgeldschöpfung) ist, in einer bestimmten Menge und zu bestimmten Konditionen zur Verfügung stellt oder entzieht. Grundsätzlich geschieht dies (die Zentralbankgeldschöpfung) durch Kreditgewährung (z.B. im Rahmen von Hauptrefinanzierungsgeschäften der Banken mit der Notenbank) oder den An- und Verkauf von ausländischer Währung durch die Notenbank von den Geschäftsbanken. Die Notenbank zahlt beispielsweise beim Kauf von Wertpapieren von einer Geschäftsbank mit selbst geschaffenem Zentralbankgeld und »verbucht« den entsprechenden Betrag der betreffenden Geschäftsbank auf ihrem Notenbankkonto.
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Vereinfachte Notenbankbilanz Aktiva
Passiva
Währungsreserven und sonstige
Bargelddurchlauf (ohne Mün-
Auslandsakti vitäten (W)
zen) (B)
Kredite an inländische Kredit-
Einlage der inländischen Kre-
institute (K)
ditinstitute (E)
W
+K=
B
+ E: Summe aller
Forderungen mit Geldcharakter
gegenüber der Zentralbank Erhöhung der monetären Basis (Zentralbankgeld ) erfolgt durch Ankauf von Aktiva durch die Zentralbank Zentralbankgeld kann nur von der Zentralbank geschaffen werden Aktivgeschäft der Zentralbank ist Anknüpfungspunkt der Refinanzierungsoperationen der Geschäftsbanken
Abb. H.21. Vereinfachte Notenbankbilanz
Ze ntralbankge ld kann also nur dur ch Vorgänge neu ges chaffen bzw. vernichtet werden, an denen die Ze ntralbank selbst beteiligt ist. Sofern d ie Ze ntralbank zu entsprechenden Käufen oder Verkäufen bzw . Kreditg ew ährung nicht verpflichtet ist, kann sie au ch die ab solute Kontroll e über die Zentralbankge ldmenge aus üben. Das Potenzial zur Geldschöpfung einer Zentral bank ist som it grundsätzlich unbegrenzt, da die se mit einem Geld bez ahlt , das sie selbst schafft. A llerdings unterliegt die Zentralbank geldschöpfung ind irekten Grenzen, sofern der Umfang der Geldschöpfung nicht meh r mit Prei snive austabilität vere inb ar ist. In diesem Fall verlieren die geldpolitischen Instanzen an Glaubwürdigkeit und es kommt zu Kap italflucht sowie zu einem Kursverfall der eigenen Währun g. Allg eme in erfolgt die oben bereits erw ähnt e aktive Giral geldsch öpfung der Gesch äftsbanken. wenn sie Kredit e an Ni chtbanke n gewähren und d iese mit Forderunge n (z.B. Sichteinlagen) gegen sich selbst bezahlen . Unter das Gira lgeld falle n alle täglich fällige Guth aben bei Kreditinstituten - die Sichteinlagen -, übe r die durch Scheck, Lastsch rift oder Überweis ung verfügt werden kann. Da es sich um täglich fäll ige Guthaben handelt, kann das Gira lge ld jederzeit in Bargeld umgewandelt werden.
Grenzen der Zentralbankgeldschöpfung
Giralgeldschöpfung Giralgeld
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pu: WlJNDfRfAMf &fLDVfRMfIlRlJNG Allerdin gs sind einer einze lnen Geschäftsbank und dem Geschäft sbankensystem insgesamt Grenzen bei der Geldsch öpfung, und damit bei der Erhöhung der Geldm enge insge samt, ge setzt, da d iese im Prozess der Gi ralgeldschöpfung Ze ntralbankge ld benötigen, das sie selbst nicht herstellen können. Die Ze ntralbank gilt deshalb auch als »lender 01' last resort «, der die Zahlungsfähigkeit des Bankensystems sic hert. Grenzen der Giralgeldschöpfung
Ersten s wird jede Geschäftsbank von der Zentralbank verpflic htet,
in Abhä ng igkeit von der Höhe und Str uktur ihrer Einlagen eine bestimmte Minde streser ve in Form von Zentralb ank geld bei der Zentralbank zu hinterlegen. Gewä hrt also eine Geschäfts ban k einem Kunden einen Kred it, kann sie die s nur, wenn sie auch ausre iche nd Ze ntr alb ankgeld hat, um die erforderliche Mindestreserve leisten zu können. Zweitens muss j ede Geschäftsban k dam it rechn en, dass Kunde n ihre Sichteinlagen ganz oder teilweise bar ausbezahlt haben möchten. Für diesen Fall wir d sie wahrschei nlich auch eine fre iwillige Barr eserve anl egen bzw. zurückha lten. Auch hierfür braucht d ie Geschäftsbank Geld, das sie selbst nicht schaffe n kann. Dritten s werden die Bankkunden in der Regel einen Teil des ihnen gewährten Kred its in bar abziehen.
Überschussreserven
Der Bes tand an freiem Ze ntralbankge ld (Überschus sreserv e) au f dem Ze ntra lbankkonto und d ie Möglichkeit , sich kur zfri stig Ze ntra lbankge ld beschaffen zu könn en (evtl. auch von and eren Gesch äftsbanken),
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begr enzen som it d ie aktive Giral geld schöpfung eine r einze lne n Ge schäfts bank. Den Gesc häfts banke n sind - wie bereits erläutert - Gre nzen durch die Ver pflichtung zur Mind estreservehaltung, da s Verhalten der Nichtbanken hins ichtlic h der Bargeldhalt ung sowie der Verfüg ba rke it von freiem Ze ntralbankge ld gese tzt. Die Möglichkeit en zur Gira lgeldschö pfung de s Gesc häfts ban kensys tem s sin d somit abhängig vom Umfa ng der frei verfüg baren Über sch uss res erv en (Z en tralb ank geld) im Gesch äfts bankensystern, der Höhe des Minde streservesatze s und der Bargeld abfl ussquote. Ein Wachst um der gesamte n Geldm enge kann mithi n aus einer Verringe rung der Bargeldh altung der Ni cht ban ken, einer Verri ngerung des Mi ndes trese rvesatzes du rch die Ze ntra lbank und/od er einer Erhöh ung der Überschussrese rven durch die Ze ntralbank result ieren. Der Giralgeldschöpfungsmultiplikator
Der Gi ralge ldschöpfungsm ultiplikator gibt an, um das wiev ielfache die Geschäftsbanken aus Ze ntralbankge ld (Giral-)Geld schö pfen kö nnen. Dass dies nicht unbegrenzt möglich ist, liegt zum ei nen dara n, dass die Nicht ba nken es gew ohnt sind, einen Teil ihrer Zahlungen ba r abzuwickeln. Den Anteil der Geldrnenge, den die Nic htbanke n in Form von Bargeld im Durchsc hni tt halten, beze ich net man a ls Bargeldquote. Z um andere n müssen d ie Gesc hä ftsbanken e inen bestimm ten Proze ntsatz (Mi nd estreservesatz) der Einlage n ihrer Kunden als zinslose Reserve au f Girokonten bei der Ze ntralbank (M indestreserve) ha lten. Für beide Gegebenheiten ben ötigen die Ges chäfts banken im Zuge der Gira lgeldschöpfung also Ge ld (Ze ntr albankge ld = Bargeld pl us Sichtguthaben der Gesc häftsbanken bei der Notenban k), das sie selbst nicht schaffen können . Das Bargeld verhalten der Nic htbanken und die Verpflichtung zur Mindestreserve der Geschäfts banken sorgen dafür , dass die Ges chäfts ban ken nur so lange Kred ite verge ben kö nnen, wie sie noch über fre ies Zentralb ank geld (Ü bers chussres erve) ver fügen oder sich neues Zentralbank geld besch affen können.
Bargeldquote
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"Giralgeldschöpfungsprozessc< Bei spiel : Ein Kunde zahlt bei einer Ge sch äftsbank A 1.000,- € ein . Von die ser Einl age mu ss die Bank aufgrund de r be stehenden Mindestre servepflicht (Mindestreservesatz = 2 %) 20,- € an die Zentralb ank abführen. Mit den verbleibenden 980,- € gew ährt sie ihrem Kunden B einen Kred it, den sie die sem auf sein Konto gutschreibt. Der Kunde B verfügt also nunmehr über zusätzl iche Zahlungsm ittel (Gi ralgeld) in Höhe von 980,- €. Von diesem Betrag hebt er 245,€ bar ab (B argeldquote = 25 %) und tätigt m it dem Rest von 735,€ eine Über weis ung an die Bank C, um seine Schulden bei einem Handwerke r zu begleichen. Die Empfängerbank C geht nun ihrerseits, nachdem sie 2 % des eingegangen Bet rag s (14,70 €) an die Zentral bank als Pflichteinlage übe rw iesen hat, ein neue s Kred itgeschäft m it dem Kunden D ein , der übe r die zusätzlichen Zahlungsmittel (Giralgeld = 720,30 €) wiederum mittel s Barabhebung (25 % = 180,07 €) und ei ne Übe rweisung an einen Kund en E in Höh e von 540,23 € auf das Konto bei der Bank E verfügt.
20 € MR
1------. ß arabhebung 245 € Überweisung 735 €
Zentralbank 14,70 € MR
I Kunde 0
I------.~ ß arabhebung 180,07 €
Abb. H.22. Giralgeldschöpfung
Wie ersichtlich ist, werden die Einlagen ( Überschussreserven) , die zur Kred itvergabe verwendet werden können , jedoch immer kleiner. Der Pro zess endet, wenn diese null sind. Am Ende hat sich da nn aber die Geldmenge um e in Viel fach es der urspr ünglich fre i verfüg baren Einlangen bzw. Überschussrese rve n erhöht. Eine einfache Rech nung zeigt de n Zu sammenhang zw ischen der Ze nt-
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ralbankgeldmenge und der Geldmenge bzw . die Größenordnung des Giralgeldschöp fung smultiplikators. Wie für das hier vorliegende Beispiel w ird davon ausgegangen, dass die Geschäftsbanken nicht weniger und nicht meh r Reserven halten , a ls ihnen durch die Mindestre serveptlicht vorgesch rieben ist. Der Geldschöpfungsprozess kann a lso so lange fortge setzt we rden , bis die ursprüng liche Überschussr eserve (ÜR : hier € 1.000,00) auf den Bargeldabflu ss (BG) und die Minde streserve (MR) aufgeteilt ist. (I) ÜR = ßG + MR
Der zusätzliche Bargeld abfluss erg ibt sich aus der zusätzlichen Kreditverg abe (L'l Kr), multipliziert mit dem Bargeldabflu ssquotienten (b) : (2) BG = b · L'l Kr Die zusätz liche n mindestreservepflichtigen Einlage n (L'l ME) ergeben sich als (3)L'lME = L'lKr -b . Kr
oder (3a) L'l ME = ( l-b) ·L'lKr
Die zusätz liche n Mindestreserven (L'l MR) folg en aus der Multiplikation der zusätzlichen Einlagen (L'l ME) mit dem Minde streser vesat z (r) :
(4) L'l MR = r· L'l M E Au s diesen Gleichungen kann die Zu sammensetzung der Überschussreserve neu formuliert werden als:
(5) ÜR = b · L'l Kr + r . L'l ME Unter Verwendung von (3a) gilt:
(6) ÜR = b·L'lKr +r(l-b)·L'lKr Darau s folgt für den Gira lgeld schöpfung smultiplik ator :
(7) L'l ME =
1- b - - - - - - - · ÜR b + r ( I-b)
Der Gir alge ldschöpfung smultiplikato r bet rägt demnach in un serem Beispiel rund 2,8.
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2.5 Instrumente der Geldpolitik Wie aus den vorangega ngen en Ausfüh rungen deutl ich geworden ist, kann über die Ste uerung der Zentralb ankgeldmen ge die Geldmenge kontrolliert werden . Eine Geschäfts bank bzw. die Ges chäfts ban ken kön nen nur dann Kred ite an N icht ban ken verge ben und dam it die Geldschö pfung in Gang setzen, wenn sie über ein entsprechendes N otenbank guth aben (Z entral bankgeld) verfüg en . Die Banke n erh alten ein N otenban kg uthaben (zusätzliches Zentralbank geld ) aber nur dan n, we nn die N otenbank diesen einen Kred it (Refinanz ierungskredit) einräumt. Mischung aus Liquiditäts- und Zinspolitik
Die Steuerung des Zu- und Abflusses an Ze ntralbankgeld kann entweder über die Menge oder den » Preis« (den Zins) erfolge n. Hä ufig beste ht d ie Geldpolitik in e ine r Mi schu ng au s Liquiditätspolitik und Z inspoli tik. Dabei ist nahe liege nd, dass die Z inse n, welche die N otenbank für solche Kred ite fo rde rt, ei ne wichtige Bes timmungsgröße für die Zinsen darstellen, die die Banken wieder um von ihren Kunden verlange n. Die Kontrolle der Noten bank übe r die Gel dmenge beru ht also auf folge nden Zus ammen hä ngen : wenn die Gesc häfts banken zusätzl iche Kred ite ver geb en möc hten , ben ötige n sie zusätzliches Zentralb ank geld die Noten bank ist der einzige An bieter von Zen tralbankgeld sie stellt das Ze ntralbankgel d durc h Refin anz ier ungs kredite an die Gesch äftsbanken bereit du rch die Kond itionen (z .B. Zinssätze), zu denen sie Refinanz ierun gskredite vergibt, kann sie indi rekt die Kreditver gabe der Banken an die N ichtban ken steuern.
Refinanzierung
Refina nzierun g ist die Bescha ffung der für die Kreditvergabe notwe ndigen Finanz mitte l dur ch die Geschä ftsbanke n. Die Ges chäftsbanke n können sich sow ohl auf dem Geldmarkt oder dem Interbankenmarkt refina nz ieren. Geldpol itische Instrum ent e sind Offenrnarktgesch äfte, bei denen d ie In itiative von der Ze ntralbank ausgeht, und die ständige Faz ilitäte n, welche d ie Kreditinstitute au f eige ne Initiative in A nspruch nehm en können.
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2.5.1 Offenmarktgeschäfte Die Offenmark tgeschäfte sind die wich tigs ten Instrumente de r EZB. Sie dienen dem Zweck, die Geschäftsba nke n gegen Z inszahlungen direkt mit Zentralbankge ld (Liquidität) zur Giralgel dschö pfung zu versorge n. Dadurch soll die umlaufende Geldmenge und letztlich das Zinsniveau beeinfl usst werden. Die bedeutendste Kategorie innerhalb der Offe nmarktgeschäfte sind die sog. Hauptfinanzierungsgeschäfte. Hierbe i handelt es sich um den An- und Verkauf von Wertpapie ren gegen Zentralbankgeld durch die EZB, wobei bereits beim Ankauf eine Rückkaufvereinb arung mit den beteiligten Geschäfts banken geschlossen wird. Diese Verbindung wird auch Wertpapierpensionsges chäft gena nnt, da die EZB die Wertpapiere für eine befristete Zeitspanne quasi »in Pension« nimmt. Die Abwi cklung der Geschäfte e rfo lgt in der Rege l über ein Au sschre ibungsv erfahre n, das so genannte Tenderverfahren. Durch die kurze Laufze it (in der Regel zwei Wochen) der Geschäfte kan n die Zentralbank rasch auf Änderungen der monetären Indikatoren sowie der güterwi rtschaftlichen Entwicklung reagieren. Beim Geschäft sabschluss stellt die EZB den Geschäfts ban ken einen Zin ssatz in Rechnun g, den sie aufgrund der großen Bedeutung der Hauptrefinanzierungsgeschäfte selber als Leitzins bezeichnet.
Hauptfi nanzierungsgeschäft
Wertpapi erpensionsgeschäft
Leitzins
Da die EZB die Geschäftsbank en zu der von ihr geplanten Offenmar ktpolitik nicht zwingen kann, mu ss sie entsprechend att raktive Konditi one n bieten. Bei einer expansiven Offenmarktpo litik müsse n die verlangten Zinssätze für die Gewä hrung von Zent ralbankgeld niedriger als sonst übliche Zinsen am (Int erbanken- )Geld markt sein und umgekehrt. Erhöht die EZB den Zinssatz, signalisiert sie damit, dass sie eine »restriktive« Geldpo litik verfo lgt. Für die Geschäftsbanke n wird es teurer, sich mit Zentralbankgeld zu versorgen . In der Regel werden sie den höheren Zinssatz in Form steigender Kreditzinsen und/oder reduzi erter Kreditvergabe an ihre Kunden weit ergeben und umgekehrt. Zu einem kontraktiven Impuls kommt es auch dann, wenn die EZB nach Ablauf eines O ffenm arktgeschäftes de n Ban ken nur ei n Anschlussgeschäft mit geri ngerem Liquidi tätsvolumen anb ietet.
restrikti ve Geldpoltik
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Maßnahme Erhöhung des Zinssatzes durch die EZB im Vorgriff auf erwartete Preissteigerungen
Liquiditäts abschöpfung (z.B. durch Ausgabe von Schuldverschreibungen)
Mögliche Wirkungskette
· · · · · · · · · · ·
Zinsniveau am Geldmarkt steigt. Refinanzierungskostender Geschäftsbanken für kurzfristige Gelder steigen. Geschäftsbanken heben die Kundenzinssätze für kurzfristige Kredite/Einlagen an. Zinsanstieg springt auf Kredit- und Kapitalmärkte über (Voraussetzung: Erwartung langfristig steigender Zinssätze). Kreditaufnahme der Bankkunden sinkt, Sparneigung steigt. Geldmenge geht durch sinkende Kreditschöpfung und steigende Geldkapitalbildung zurück. Tendenziell sinkende monetäre Nachfrage. Geldmenge sinkt. Liquiditätsentzug im Bankensektor. Einengung des Kreditvergabespielraumes. Verknappung der Liquidität bewirkt tendenziell Anstiegder Zinssätzefür Refinanzierung,
Abb . H.23. Wirkungen der Offenmarktinstrumente . Quelle: Boiler, E., Schuster, D., Volkswirtschaftslehre, 2 . Auf l, 2002, S. 440
2.5.2 Ständige Fazilitäten Ständige Fazilitäten ermöglichen es den Gesch äftsbanken , ihre täglichen Liquid itätsspitzen auszugleichen, und der EZB, ziemlich genau die Entw ick lung der Zinsen am Geldm arkt (Interb ankenhandel) zu kontroll ieren . Zusammen mit den Zinsen, die sie für Refinanz ierung skredite fordert, kann sie damit indirekt auch die Kred itzinsen der Banken steuern. Im Gegen satz zu den Offenm arktge schäften geht die Initiative aber von den Geschäftsbanken selbst aus. Spitzenfinanzierungsfazilität
EinlagefaziIität
Die Spitzenrefinanzierungsfazilität ist zur Deckung von sehr kurzfristige n Liquiditätsengpäs sen bei den Geschäftsbanken gedacht. Sie wird ohne Limit geg en refinanzierungsfähige Sicherheiten bereitgestellt. Der durch die EZB festgelegte Spitzenrefinanzierungssatz legt in der Rege l die Obergrenze des Tagesgeldsatzes im Interbankenhandel fest, also je nen Zinssatz, zu dem die Ban ken untereinander Zentralbankgeld ausleihen . Die Einlagefazi lität eröffnet den Geschäftsbanken die Möglichkeit, über schü ssige Liqu idität kurzfristig über Nacht zu einem bestimmten Zinssatz bei der nationalen Notenbank anzu legen. Der von der EZB festgelegte Zin ssatz stellt dabei in der Rege l die Untergrenze für den Tagesgeldsatz dar.
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I Geldpolitische Wirkungen de r ständ igen Fazilitäten I I ~
~
Spitzenrefinanzierungsfazilität
Einlagefazilität
Durch die kurzfristi ge Liquiditätsbereitstellung erhöht sich die Geldme nge.
Durch die kurzfristi ge Liquiditätsüberlassung verri ngert sich die Geldmen ge.
Abb. H.24. Geldpolitische Wirkungen der ständigen Fazilitäten. Quelle: Boiler, E., Schuste r, D., Volkswirtschafts lehre, 2. Aufl, 2002, S. 442
2.5.3 Mindestreserve Von wenigen Ausnah men abgese hen, ist jede Gesc häftsbank verpflich tet, für besti mmte Verbin dlichkeiten (Einlagen von Bankku nden ) in Höhe eines bestimmten Prozentsat zes (Mindestreservesatz) verzinsliche Guthaben (eine Mindestrese rve) zu hinterlegen.
Mindestreservesatz
Durch eine Erhöhung der Mindestreservesätze wird die Überschussreserve der Banken reduziert, weil diese - bei gleichen Beständen ihres Zentralbankgeldes - mehr Pflic htreserven halten müssen. Damit verringert sic h der Geld schö pfungss pie lraum unmittelb ar, d.h. die Geschäfts banken können weniger Kredite vergeben. Umgeke hrt führt eine Senkung der Mindestreserves ätze zu ansteigender Überschussreserve bei den Banken, sodass sie mehr und billigere Kredite anbieten können. Maßnahme Erhöhung des Mindestreservesatz es
Senkung des Mindestreservesatzes
Wirkungen
· · · · · · ·
·
Geldmenge sinkt Liquiditätsverknappung Kreditspielraum der Geschäftspart ner verringert sich Zinserhöhungen durch Verknappung von Liquidität Geldmenge steigt Liquiditätsverbesserung Kreditspielraum der Geschäftsbanken erhöht sich Zinssenkungen durch Ausweitung der Liquidität
Abb. H.25. Angestrebte Wirkungen der Mindestreservepolitik. Quelle: Boiler, E., Schuster, D., Volkswirtschaftslehre, 2. Auf!. 2002, S. 44 5
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2.6 Wirksamkeit und Wirkungen der Geldpolitik Wirk samkeit und W irkunge n der Geldpolitik we rden unter den Öko nomen unterschiedlich einge sch ätzt, j e nachdem ob die zugr unde liegende Theorie eher keyne siani sch oder neoklassisch geprägt ist bzw . ob eher kurzfristige oder langfri st ige A spe kte im Vo rdergrund de r Überleg ung en stehen.
2.6.1 Geldpolitik in langfristiger Perspektive Ve rtreter der Ne ok lassi k sehen kei nerl e i Notwe ndigkeit, die Geldpolitik z um Z wecke der Konj unktursteu erung ei nz use tze n, we il da s mar ktwirtschaftl iche System an sich stabil sei und zur Vollbeschäfti g ung tendiert. Zudem übt die Geldm enge, se lbs t in kurz- und m ittelfristiger Sic ht, unter der Vor au ssetzu ng rationa ler Erwartunge n, nur ei ne n Einfl uss auf das Pre isnive au aus. Dass lan gfri stig die Ge ldpoliti k nur die Infl ationsr ate bestimmt , nicht aber positive Wach st umseffekte erzielen kann, dar über sind sich die me iste n Ö kon o men einig. Transmissionsmec hanismus
Keynes-Effekt
De n T rans missionsmec hanismus nach keynesi anische n Vorste llungen kan n man sich wie folgt klar ma chen: Erhöht die Zen tralba nk bei Vollbesch äftigun g - und diese ist zumi ndest au f lange Sicht au fgru nd der dann a uch besteh end en Loh nflex ib ilität gegebe n - die Geldrnen ge, fLihrt dies zunächst bei kons tante m Preis nive au zu ei ner Steigeru ng der real en Geldmen ge. Die aktu ell e Kass enhaltung der Wirtsch afts subjekte übe rsteigt die gewü nschte, wes halb diese die Nach frage nach Wertpapier en au sdehn en. Darau fh in steigen die Kur se festverz insli ch er Wertpap ier e und deren effek tive Ve rzins ung si nkt. In der Folge erhö he n sich mit der Zi nsse nkung die Investition en und die gesamtwirtschaftl iche Nac hfrage (Keyn es- Effekt) . Nach einer a lterna tiv en, de r ne okl assischen Sic htw eis e ange lehnten Argum en tation , vers uch en die Indi viduen die ges tieg ene Re alkasse dad urch abzu bau en , dass sie verstärkt G üter nachfrag en. Bei ausg elas tet en Kap az itäte n steigen dann aber nur die Prei se und nicht die Produktion.
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P
P'
t P
GN
GN'
B1P
Abb. H.26. Geldpolitik bei Vollbeschäftigung
In beiden Fällen führt dies im Einkomm ens-Preisn ivea u-Diagramm zu einer Rechtsverschieb ung der gesamtw irtschaftl iche n Nachfragekurve, weil anges ichts sinkender Zinsen bei j edem Preis niveau meh r investiert wird. Da die langfristige gesamtwirtsc haft liche Angebots kurv e wege n der Vo llaus last ung der Kapaz ität en starr ist, bewirkt dies nur e ine sta rke Preisni veaustei geru ng von P auf P'. Diese hä lt so lange an, bis die reale Ge ldmenge wie de r ihr ursprün gliche s Niveau erreic ht hat. Vollbesc häftigung und ko nstante Um laufgeschwin d igkei t unt erstell t, ergi bt sic h - der Qu antitätstheo rie des Gel des fo lgen d - im Ergebnis eine proportion ale Entwicklung von Ge ldmenge und Preisn ivea u. Die Geldmenge ist neut ra l in Bezug au f die Entwicklung der gesamtwi rt scha ftlic hen Produktion (»Neutralität des Ge ldes« ). Das Geld lieg t wie ein »Sch leier« übe r de n realen Transaktione n, beei nflusst aber nicht die relat iven Pre ise und den rea len Sektor der Wirtschaft (»kl assische Di chotornie«). Ko nsequ ente rweise komm en die Neoklassiker zu dem Schluss, dass sich die Zentralb ank ganz auf das Z iel der Prei sni veau stabilität kon zentrieren sollte. Andere Z iele an zustr eben ist nicht not wendi g. Um das Ziel der Preisniveaustabilität zu erreichen , so ll die Zentralbank eine re lativ kon stante Erhöhung der Geldm enge um den Proz ent satz des zu erwarteten realen Wac hstums des realen Prod ukt ionspotenzials (sog . poten zialo rient iert e Ge ldmenge npo liti k) pl us der unvermeidlic h ge ha ltene n Preissteigerungsrate siche rstellen. Die Vertreter der keynesian ischen Lehre setzen sich de mgeg en über für eine Ge ldpoli ti k ergänzend auch zum Zw ecke der Konjunktu rpolitik
»Neutralit ät des
Geldes«
potenzialorientierte Geldmengenpolitik
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Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
ein. So soll die Geldpolitik die antizykl ische Fiskalpolitik in Zeite n des wi rtschaftlichen Ab sch wungs durch eine Nie drigzinspolitik und in Boomphasen durch eine Hochzinspolitik unterstützen. Sieht ma n von beide n Extrempositionen ab, be steht die Kun st der Geldpolitik offe nsichtl ich darin, das langfristige Ziel der Preisniveausta bilität mit kurzfristigen Politikzielen. wie dem der Stabilisierung des Konjunkturverlaufs. optima l zu vereinen.
2.6.2 Geldpolitik in kurz- und mittelfristiger Perspektive
anti zyklische Geldpolit i k
Soweit nachfrag eorientierte keyne sianische Ökonom en überhaupt der Geldpolitik eine sta bilitätspolitisc he Rolle zuge stehen, beto nen sie vorwiegend die kurze Frist. Na ch dem Konzept der antizyklischen Geldpo litik sollen dabe i vor allem die priv aten Investitionen dur ch entsprechende zins- und liquiditätspol itische Maßnahmen seitens der Notenbank stabilisiert werden. Abbildun g H.27 gibt eine schematische Darstellung des Konzepts der antizykli schen Geldpoliti k wieder.
___c::::::::--- pp
SIP pp
(Produktionspotcuz ial)
--- -----
8 IP (bei Normalauslastung)
Expansive Geldpolitik
antizvklischcr Einsatz der Instrumente
End zicl tprimär): Preisni veausta bil it ät
Abb. H.27. Konzept der ant izyklischen Geldpolit ik. Quelle: Pätzold, J., Baade, D., Stabilisierungspolitik (20 0 8) , S. 111, modifiziert
Indem z.B. im Konju nktu rabschwun g und in der Krise das Zinsniveau gesenkt wird und sich dadurc h Kredite verbilligen, sollen Investitionen und soweit mög lich auch der Konsum stim uliert werden. Ähnliche Wirkungen können auch durch die Erh öhung der Zentralb ankgeldmenge erzielt werde n. Die nachfolgende Abb. H.28 macht den (idealtypi sche n) Transmissi onsmechanismu s monetärer Impul se und insbesondere die zentrale Bedeutung des Zinssatzes als Bindeglie d zwischen dem monetären und realen Bereich tra nsparent. Demnach kann kurzund mittelfristig die Geldpolitik durchau s Einfluss auf die Entwicklung von Beschäft igung und Wachstum nehmen.
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EZ HS
Zinspolitik (Senkung der Leitzinsen)
Liquiditätspoli tik (erhöhtes Offenmark tvo lumen, geringere Mindes treserve)
Instrumen te
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--------,------------------1r--------Kreditinstitute
Bankliquidität
rg ~ '§
-=ß
E
g},
§
Refinanzierungskosten Geldmarktzinsen
Geld-/Kredi tschöpfungsSpielraum steigt
Kreditinstitute sind wenige r auf Kundeneinlagen angewiesen
Kreditzinsen sinken
Einlagezinsen
cn
~ ,;3 NichtHanken
1-_-_-_-_-_-_-_-_-_.,.-_-_-_-_-_-_-_-_-_.. 1 (Kredit-)Nachfrage steigt: C und I steigen S sinkt
Effekte
Abb. H.28. Wirku ngskette einer expansiven Geldpolitik. Quelle: Clernent , R., Terlau ,
W. , Grundlagen der augewandten Makroökonomie (1998),
S.277
Im Preisniveau- Einkommens-Diagramm führt eine expansive Geldpolitik zu einer Verschiebung der GN-Kurve nach rechts (siehe Abb. 1-1.29). Ursächlich hierfür ist die erhöhte Nachfrage nach Investitionsgüte rn aufgrund sinkender Zinsen . Der Rückgang des Zins nivea us wiederum resultiert aus den zusätzlichen Wertpapierkäufen. mit denen die Wirtschaftssubjekte versuchten, ihre zu hohe reale Kassenhaltung aufgrund der Geldmengenausweitung durch die Zentralbank abzubauen (siehe Kap. »Makroökonornie - Theoretische Grundlagen«).
_
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Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
P
t
P
GN
GN'
B1P Abb. H.29. Geldpolitik bei Unterauslastung
Vorausg es et zt d ie GA-Kurve ist pr eis elastisch, was bei nach unt en starren No m inallöhne n im me r der Fall ist (siehe Kap . »Makro öko nomie - Volkswirtschaftl ich es Rechnungswesen «, Abschn. 2), führt di e Rechtsverschiebung der GN-Kurve nich t nur zu e iner Pre isniveau ste igerung. Die Erhöhung des Pre isn iveau s bewirkt bei starren Löh ne n annahmegem äß ei ne Verminderung der Reallöhne, d ie zu e iner Au sdehnung der Beschäft igung und der Prod uktio n führt. Es kommt al so zu Inflation , mehr Beschäft igung und einem höh er en B1P. Wie die Fiskalpolitik kann demnach auch die G eldpoliti k eine durch sta rre Nom inallöhne bedi ngte A rbeitslo sigkeit, a uf Ko sten einer Erhöhu ng de s Pre isniveau s, be se itigen, sofern die Re all öhne im Zuge de r Prei sste ige ru ng sinken. Und wie bei de r Fi skalpolitik wi rd auch hier der Zielkontlikt zwi schen Infl at ion und Be sch äfti gung, wie er in de r kurzfristigen Phillips-Kurve zum Au sdruck kommt, deutl ich .
2.6.3 Probleme geldpolitischer Beeinflussung der Konjunktur Zweifel an de r Wirk samkeit eine r ant izy klischen Geldpolitik beziehen sich vor allem auf, die unzureichenden Steueru ng smögl ichkeiten de r Geldmenge und Zi nssätze, die zeitlichen Wirkung sverzögerungen eine r diskretionär en Geldpol itik , d ie unzureich end e Z ins reag ib ilitä t der Inves titione n (In vestit ions fall e) sowie den Umgang m it rational en Erwartun gen.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
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Unzureichende Steuerungsmöglichkeiten der Geldmenge und Zinssätze
Eine voll ständige Kontrolle der Zentralbankgeldmenge und der Zin ssätze durch die Notenbanken setzt sehr restriktive Ann ahmen vorau s, die in der Realit ät nicht immer gegeben sind. Beispielswe ise besitzt der Ge sch äft sbankensektor immer meh r oder weniger fre iwillige Überschussreserv en. Dam it ist zum inde st kurzfristig nicht immer sichergeste llt, ob die Banken auf eine von der Notenbank angestrebte Reduzierung der Geldmenge in der gewünschten Wei se reagie ren und ihre Kreditgew ährun g zurücknehmen. Zudem ist nicht auszuschließen, dass den Geschäft sbanken aus anderen Quellen (z .B. durch die Sparer oder die übrige Welt) Zentralbankgeld zur Verfügun g gestellt wird.
freiwillige Überschussreserven
Ein ähnliches Probl em könnte be i einer ang estrebt en Au swe itung des Geld volumens auftreten, wenn dem Geschäftsbankens ektor auf and eren Wegen (z. ß. durch Kap italanlagen in der übrigen Welt) Ze ntralbankgeid entzoge n wird. Auch das internat ional e Umfeld kann über Preis- und Zinsunterschiede sowie Wech selkursveränd erungen auf unerw üns cht e Weise Einf1 uss auf die inländi sche Geldm enge nehm en.
Wechselkursänderungen
Eine kont rakti ve Geldpoliti k mit der Folge hohe r Zinsen lockt in der Regel aus ländis che Anleger ins Land , wodurch es zu einer erhöhten Nachfrage nach heim ischer Währung kommt. In einem System fester Wech selkurse mü sste die Notenbank in diesem Fall gegen die tendenzielle Aufwertung der heimischen Währung inter ven ieren , d.h. ausländische Währung ankaufen. Die damit verbundene Erhöhung des Zentra lbankgeldes läuft dann aber der ursprünglichen Intention der Notenbank zuw ider, das Geldmengenwach stum zu begrenzen. Des Weit eren ist zu bed enken, dass eine ge plante Verr ing erung der Wachstum srate der Geldmenge durch eine Erhöhung der Umlaufgeschwi ndigkeit des Gelde s kompensiert werden kann. Fall s sich die Volkswirtsch aft in der Liqu iditätsfalle befindet , we rden die Wirtsch aft ssubjekte trotz steigender Geldmenge ihre Nachfrage nach Wertp apie ren nicht ausdehnen und die Zinsen werden nicht - wie von der Zentralb ank gewünscht - weiter fallen . Die Zinsen sind in diesem Fall nach An sicht der Wirtschaft ssubjekte bere its so niedrig, dass sie nur noch mit Zin ssteigerungen bzw . Kur sverlusten bei festve rzin sliche n Wertpap ieren rechnen . Das ge samte zu sätzliche Geld wird als Bargeld in der Spekulationskass e geh alten (siehe Kap . »Makroökon omie - Theoretische Grundlagen «, Abschn. 2). Da es zu keiner we iteren Verm inderung der Zinsen kommt, bleiben dann auch mögli che zusätzliche Investitionen aus . Der Transmissionsmechanismus zwische n monetärem und realem Bereich ist bereits in der Anfangsphase unterbro-
Liquiditätsfalle
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Unabhängigkeit der Geschäftsbanken
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
ehe n. Eine weite re Schwachstelle , bezügl ich der Bee influs sung des all gem einen Z insniveaus durc h ge ldpolitis che Maßnahmen der Note nban k, liegt in der Unabhängigkeit der Ge schä ftsbanke n begr ünd et. Die Gesch äftsbanken sind bei ihren Z insvereinba rungen gege n übe r dem Nic htbanke nse ktor grundsä tzli ch frei. Sie orienti eren sich ledi gl ich mehr oder we nige r stark an den Vo rgab en der Noten bank, die in ers ter Linie nur den kur zfr istigen Geldmarkt direkt bee influss en . Zumindest kan n d ies zu einem verzöge rten Einfluss der Noten bankpolitik au f das allgem eine Zi nsnive au führen. Zeitliche Wirkungsverzögerungen
Verzögerungen im Transmissionsmechanismus
Wie bei der Fiskalpoliti k treten auch bei der Geldpolitik Wirkungsverzögerungen auf: die be im Einsa tz des monetäre n Instrum entariums zu berü cksicht igen sind. Schlimmstenfall s kommt es dur ch diese Verzögerung en sog ar zu ei ne r pro zykl isch en Pol itik , d ie ko njunkturell e Sch wankungen nich t dämp ft, sonde rn vers tärkt. Ursächlich hierfür sind vor allem die Verzögeru ngen im Transmissionsmechanism us. Wä hrend die Fiskalpolit ik über die Ve ränderung der Staatsa usgaben d irekt e N ac hfrageeffekte hat , wirken ge ldpo litis che Ma ßnahmen immer nur indirekt. Dies liegt u.a. dar in begründ et, dass eine Z inssenkung zunächst über die Investitionen wirken muss. Bei eine r allge mei n unsicheren Wirtsc hafts lage kann es dab ei durchaus dauern , bi s die Unte rnehm en dies zum Anlass für z usätz liche Investi tionen nehm en. Die Ro lle der Geschäftsban ken im Transm issio nsp roze ss wurde bere its angesprochen . Generell rech net man mit e inem Zeitraum von ein bis zwei Jahren, bis eine ge ldpolit ische Maßnahme ihren Effe kt au f realwirtsc haftlic he Größen voll entfaltet. BIP
Produktions potenzial
BIP bei Normalauslastung
effektive BIPEntwicklung
Abb. H.30. ProzyklischeWirkungen einer antizyklischen Geldpolitik. Quelle: Pätzold, J., Baade, D. Stab il itätspolitik (2008), S. 130
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401
Was den Zeit bedarf de r Entsche idungsfi ndung betrifft, ist die Geldpolitik der Fisk al politi k ein de utig übe rlegen . Währe nd fiskalpoli tisch e Ma ßnahmen in der Rege l eine n zeitraubenden Abstimm ungsprozess in Regierung, Parla ment, Bundes rat und Ve rmitt lungsausschüssen erfordern, gibt es in der Geldpoli tik meist nur ein Entscheid ungsgremi um (z.B. EZB-Rat). Unzureichende Zinsreagibilität der Investitionen
Währe nd es der Ge ldpoli tik bei der Liquiditätsfalle nicht gelingt, mit expansiven Maßnahm en den Zins weiter zu senken, besteht die Wirkungslosigke it der Ge ldpo litik in der Investitionsfall e darin , dass die Zinsen sich zwar verändern, die Investitionen aber nicht darauf reagieren. So ist es durcha us plausibel, dass Unterneh mer in Krisenzeiten mit unausgelasteten Kapazit äten sowie einer pessimistischen Grundeinste Ilung in der Wirtschaft nicht allein aufgrund niedrigerer Zinsen ihre Investitio nen ausw eiten. Erst wenn die gesam tw irts chaftliche Nac hfrage über fisk alpolitische Maß nahmen ange kurbe lt worden ist und sich die unterneh merischen Absatzerwartungen verbesse rt hab en, kö nnen niedr igere Zinsen diese Entwickl ung begleitend unterstützen. Umgekehrt werden sich Unternehmen im Aufsc hwung und einer sehr optim istischen Gru ndeinsteIlung nicht durch höhere Zinsbel astungen von Investitionen abha lten lassen. Dies gilt umso mehr, da es den Untern eh me n in einer Boomp hase in der Regel leicht er mög lich se in dürfte , erhö hte Zinskosten über die Verbraucherp reise auf die Konsumenten abzuwä lzen. Geldpolitik und rationale Erwartungen
Die Ge ldpolitik kan n auc h da nn ku rz- und mitte lfristig wi rkungs los sein, wenn die Wirtschaftssubjek te infolge einer expansive n Geldpolitik eine höhere Inflati on erwa rten. In diesem Fall werden sie beispielsweise ei ne höhere nom inal e Ve rzins ung und/od er höh ere Nom inallöhne einfordern, um den erwarteten Ve rlust an Kaufk raft aufgr und des steigenden Preisniveaus aus zugleichen. Die von den ge ldpolitischen Instanzen intendie rte Senkung der Zinskosten wird dadu rch kon terkariert oder dur ch entspreche nde Erhöhung der Lohnkosten komp ensiert. Die erh offte Stimuli erung der privaten Investitionen bleib t aus; es kommt nur zu Preisniveaueffekte n und die Besc häftigung bleibt konstant. Nur unerwart ete monetäre Expansion füh rt zwischenzeitlich zu Beschäftigungseffekten.
Liquiditätsfalle und Investition sfalle
402
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbere iche
2.7 Wiederholungsfragen o I. Weshalb ist die EZB unabhängig und worin mani festiert sich diese Unabhängigkeit? Lösung S. 377
o
2.
Wie unterscheiden sich die Zie le der amer ikanischen von der europäischen Geldpo litik? Lösung S. 379
o
3.
Mit wel che r Strategie versucht die EZB ihre Ziele zu verfolgen und wora uf basiert diese Strateg ie? Lösung S. 380 f.
o
4.
Auf welc hem Markt findet Ze ntralbankge ldsc höpfung statt? Lösung S. 384 f.
o
5.
Wovon ist die Höhe der Giralge ldsc höpfun g des Gesc häftsbanken system s abhängig? Lösung S. 385 f.
o
6.
War um ist ei ne unbegr enzte Geld sch öp fung durch ei ne Ze ntra lban k zwar mögl ich, ab er nicht sinnv oll? Lösu ng S.385
o
7.
Wie funkt ion iert das Instrum ent der Offenmarktge sch äfte und warum kann die EZB dam it sehr rasch au f Ände runge n der monetären Indikato ren reagieren? Lösung S. 391
o
8.
Was versteht man unte r Wertp ap ierpen sionsgeschäfte n? Lösung S. 391
o
9.
Was passiert mit der Geldrnenge, wenn der Mindestreservesatz erhöht wird? Lösung S. 393
o
10.
Warum ist aus Sicht der Neok lassi ker Geldp olitik als Instr ument de r Konjunktursteuerung weder wirksam noch notwendig? Lösung S. 394
o
11.
Wie gestalte t sic h der Tr ansmissio nsmec hanis mus eine r ge ldpolitische n Maß nahme in key nesi anische r Sichtweise? Lösung S. 394 f.
o
12.
Inw iefern können die Gesc häfts ban ken eine beabsicht igte Zinssatzsenkung der EZB konterk arieren? Lösung S. 399
o
13.
Welche Unterschiede gibt es bezüglich der zeitlichen Verzögerunge n zw isc he n Geld- und Fisk alpolitik? Lösung S. 400 f.
o
14.
Verbessert die Exis te nz rat ionale r Erwartung en die Erfol gsau ssichten ei ne r ex pansive n Geldpol it ik? Lös ung S. 40 1
o
15.
Inwiefern beeinflu ssen die Liquiditäts- und Investit ionsfalle die Geldpoli tik? Lösung S. 401
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
403
3. Politik für Wachstum und Beschäftigung Lernziele dieses Abschnitts Die Studierenden sollen nach der Lektüre dieses Kapitels die we sentlichen Best immungsfaktoren für Wach stum und wirtsch aftliche Entwicklung durch Analy se der neoklassisehen, neuen und emp irischen Wach stum stheorie erkennen. allgemeine, wachstumsfördernd e Politikmaßnahmen erläutern können . Möglichkeiten der fiskalpolitische n Beeinflussung einze lner Wachstumsdeterminanten in ihrer Wirkungsweise absch ätzen können . sowohl die Bedeutung der Industrie- als auch der Lohnpolitik als Wachstumspolitik erkl ären und im aktu ellen Konte xt beurteilen könn en.
Wach stum stheorie und -politik besch äftigen sich mit der langfr istigen Entw icklung der Wirt schaft, unabh äng ig von kurz- oder mittelfristigen Störungen der wirtschaftlichen Aktivi täten . Im Kap. »Makro ökonornie - Z iele der Wirtschaftspol itik«, Abschn. 1 wurd e bereits ausfLihrIich auf die Gründe für Wachstum als Ziel staatlieh er Wirtschaftspolitik eing egangen. Wachstum wird begrüßt, weil sich dadurch der mat eri ell e Wohlstand der Bürger ei ner Volkswirtschaft erhöht. Es trägt zur Entschärfung von Verteilungskonflikten bei, erleichtert den Strukturwand el. e rlaubt die Finanzierung des techn ische n Fortschritts und Maßnahmen des Umwe ltschutzes. Auß erdem dient Wachstum der Erhaltung der sozialen Sicherungssyst em e.
Schließlich sichert Wach stum bestehende Arbeit splätze und kann über die Steigerung der Arbe itsnach frage zu meh r Beschäft igung beitragen . Da Wach stum in der Regel mit eine r Zun ahme der Arbe itsproduktivität, also einer Zunahme der Wertschöpfung pro Arb eits stund e oder pro Erwe rbstätige m, verbunden ist, muss die Wach stumsrate des BlP all erdings diejenige der Ar beitsproduktivität über steigen, dam it es zu neuen Arbeits plätzen kommt. Auch eine Aus weitung der Freizeit ohne Einbuße beim Einkommen ist nur bei wach sender Arbeitsproduktivität möglich.
Gründe für Wachstum
404
Makrookonomie - Ausgewäh lte Politikbereiche
Wachstum, Produktivität und Beschäftigung
Okun-Gesetz
Ein Anstieg der Produkti on ist meist mit einem Anstieg der Beschäftigung verbunden. Umg ekehrt gilt, dass Arbeits losig keit häufig die Folge eines zu gering en Wach stum s ist. Diese gegenläufig e Beziehung zw ischen Produ kt ion sw achstum und A rbe its los igk ei t kommt im Okun -Gesetz zu m A usdruck . Diesem Gesetz zufolge sind Schwa nkungen de s realen BIP um seinen Tre nd m it entgegenger ich teten Schwankung en de r A rbei ts los en quote ver bunden . Folg lich steigt die Ar be its losig keit an, wenn sich das Wac hstu m verlangsamt; umgekehrt nimmt die Ar beits losenquote ab, wenn der Output schn eller wächst (siehe Abb. H.31) . Die me isten Ökono men stimmen daher dar in überein, dass Wachstum e ine notwend ige, we nn auch keine hinreichend e Bedi ngung für mehr Besc häft igung ist. Vor allem die Vertr eter der angebo tsorientierten Wirt schaftspol it ik instrumenta lisier en Wach stum für beschä ftigungs politische Ziele. Ob Wachstum zum Abbau von A rbe itslos igke it bzw. zur Schaffung neuer Arb eitsplätze ausre icht, hängt u.a. von der Z unah me der mit dem techni sch en Fortschritt ve rbunde nen Arb eitsproduktivität ab. Be i ei ner Z una hme der A rbeitsproduktivität kom mt es - bei konstante r Arb ei tsze it und gegebe ne m A rbei tskräfte po te nz ia l - nur dan n zu einem A nstieg des Arbeitsk räftebeda rfs. wenn das Produktionswachsturn höher ausfallt als der Anstieg der Arb eitsprod uktivität. Übe rsteigt über e inen länger en Zeitra um hi nweg di e Wachs tum sra te der A rbe itsproduktivität j ene des Produktionspoten zial s. entwi cke ln sic h folglich diese Wachstums rate n ause inande r (Ö ffnung der Wachstums- Produktivitätssc here ), sinkt die Arb e itsna chfrage und es entsteht die sog . technologische oder wachstumsde fizitäre Arbeitslosigkeit.
wac hstumsdefizietäre Arbeitslosigkeit Freisetzungseffekt
Kompensationseffekt
Bet rägt z.B. der j ährliche Produkti vit ätsanstieg 3 %, die Wachstu msrate des BIP hingegen nur 2 %, so werden einerseits 3 % der Arbeitsplätze »wegrational isiert« , anderers eits benötigt man für die Produktionsste igerung 2 % mehr Ar beitsp lätze. Per Sa ldo gehen 1 % der Arbeitsplätze verlor en (Frei setzu ngseffekt). A llerdings kann, selbst bei relativ hohen Produktivit ätsfortschr itten , die Be schäfti gu ng zunehmen, wenn der Fre isetz ungseffekt dur ch Impul se zur Mehrproduktion, die vo m techni schen Fortschr itt mittelbar ausg elöst werden, überko mpen siert wird (Kompensat ionseffekt).
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
405
Allerdings kann, selbst bei relativ hohen Produktivitätsfortschritten. die Beschäftigung zunehme n, wenn der Freisetzungseffekt durch Impulse zur Mehrproduktion. die vom technischen Fortschritt mittelbar ausgelöst werden , überkompensiert wird (Kompensationseffekt). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Verringerung des Faktoreinsatzes zu sinkenden Stückkosten führt und die Pre ise entsprechend dem Produktivitätsgewinn fallen und dadurch eine Absatzausweitung ausgelöst wird oder die mit der verbundenen Produktivitätssteigerung einhergehenden Lohn- bzw . Gewinnsteigerungen zu mehr Konsum oder Investitionen führen . Jene Wachstumsrate, bei der der Beschäftigungsstand gerade gehalten wird, nennt man Besch äftigungsschwelle. Die gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsschwelle wird für Deutschland der zeit auf rund 2 % geschätzt. Wachstumskritiker betonen, dass Wachstum nicht mit wachsender Wohlfahrt gleichgesetzt werden kann, da Wachstum immer mit hohen externen Kosten , z.B. Umweltschäden verbunden ist. Außerdem kann unkontrolIiertes Wachstum auf Kosten der zukünftigen Generation gehen. Im Ergebnis führt diese Kritik zu einer qualitativ veränderten Einschätzung von Wachstum. Dies kommt sowohl in der Forderung nach umweltverträglicher bzw. nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung zum Ausdruck, als auch in der Entwicklung neuer Indikatoren zur Messung der Lebensqualität und des -standards der Bevölkerung. 7 veränderun
enuber Vorfahr in % 53
Abb. H.31. Bruttoinlandsprodukt und Erwerbstätige. Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Darstellung
Im Folgenden wird kurz auf die wachstumstheoretischen Grundlagen eingegangen. Dadurch wird deutlich, welche Faktoren die langfristige Wachstumsrate einer Volkswirtschaft bestimmen. Anschließend wird untersucht, welche Rolle dabei die Wirtschaftspol itik spielen kann.
Beschäftigungsschwelle
Wachstumskritik
nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung
406
Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
3.1 Bestimmungsfaktoren des Wachstums 3.1.1 Neoklassische und neue Wachstumstheorie Produktionspotenzial
gesamtwirtschaftliche Produktionsfunktion
Ausgangspunkt wach stum stheoretischer Überleg ungen ist das Produktionspotenzial einer Volk sw irtschaft. Es umfasst den Wert aller Güter und Dien stlei stun gen, die eine Volk swirt schaft im Laufe eine s Jahre s auf der Basis der vor handenen Prod uktionsmittel und der Te chnologie produzieren könnte . Die Zu nahme des Produktion spotenzials gibt den Wachstumsspielraum wider . For mal lässt sich das Produktio nspotenz ial in eine r Produ ktion sfunktion, die den Zusammenhang zwisc hen den Menge n des in der Produktion eingesetzte n Inputs und des Outputs, dar stellen. Beze ichnet PP die produzierte Men ge, A die Menge des Produktionsfaktors Arbeit, K die Menge des Produktionsfaktors Realkapit al und N R die Men ge des Produktionsfaktors natürliche Ressour cen, kann man schreiben: PP
=
TI' f (A, K, NR)
f ( ) stellt eine Funktion dar, die angibt, wie die Input s zur Produ ktion des Outputs komb iniert we rden . TI' ist eine Variable , die den Te chnologischen Fortsc hritt repräsentiert. Mit zunehmender Verbesserun g der Technologie steigt TI' , sodass die Volkswi rtschaft meh r Output mit einem gegebenen Einsatz an Input erzeugen kann. Arbeitspotenzial Kapitalstock
natürliche Ressourcen
technischer Fortschritt
Humankapital
Das Arb e itspo tenzial bzw. das potenziell e A rbe itsvolumen bestimmt sich aus der Anz ahl der Erwe rbspe rsonen mult ipliziert mit der dur chschnittli chen A rbe itszeit. Der Kap ital sto ck umfasst den Best and an her gestellt en Produktionsm itt eln (Werk zeuge, Ma sch inen , Straßen usw.) , die für die Produktion von Gütern verwe ndet werden (Realkapital) . Natürliche Ress ourcen sind Input s, die von der Natur bereitgestellt we rden (z.B. Lan d, d ie Fischgrü nde der Meere, Bode nschätze, das Klima). Es gibt regenerierbare und nich tregener ierbare natü rlic he Ressourcen. Der tech nische Forts chritt kommt sowo hl in der Qualit ätsve rbe sseru ng der Prod uktionsfaktoren als auch in der Verbesserun g der Faktororganisation zum Ausdruck . Im weiteren Sinn e spiegelt sich in ihm a lso nicht nur das Wissen der Gesellschaft um die besten Wege zur Herstellung von Wa ren und Dienstleistun gen, sondern beispielswe ise auch der Au sbildungs- und Quali fikation sgrad sowie die prakt ischen Fertigkei ten der Beschäft igte n (also Veränderun gen im Humankapital).
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
Wirtschaftliches Wachstum kann somit sowohl durch eine mengenmäßige Vermehrung der Produktionsfaktoren (extensives Wachstum) als auch durch eine qualitative Verbesserung und damit durch eine erhöhte Produkti vität (intensives Wachstum) erreicht werden.
407
extensives und intensives Wachstum
Dabei führt allein eine mengenmäßige Erhöhung eines Produktionsfaktors, beispielsweise des Kapitalstocks, aufgrund des Gesetzes der abnehmenden Ert ragszuwächse nur zu einem zeitweiligen Wachstumsschub, nicht jedoch zu dauerhaftem Wach stum . Damit die s möglich ist, bed arf es des kontinuierlichen techn ischen Fortschritts. Unter Berücksichtigung die ses Sachverhalts lässt sich technischer Fortschritt auch al s Summe aller Neuerungen verstehen, die im Produktionsprozess zum Eins atz kommen und das Gesetz abnehmender Ertragszu wächse auße r Kraft setzen. Obgleich langfristiges Wachstum in hohem Maße von der Wachstumsrate des technischen Fortschritts bestimmt wird - Schätzungen auf der Basis des so genannte» Wachstumsbuchhaltung« gehen davon aus , dass in den Industrieländern das Wachstum der Inputfaktoren nur zu rund 40 % (Wachstum des Kapitalstocks 35 % und Wach stum der Besch äftigung 5 %) für das Outputwachstum verantwortl ich ist und der technische Fort schritt zu rund 60 % - wurden de ssen Bestimmungsgründe lange Zeit nicht weiter hinterfragt. Vielmehr wurde er in der neoklassischen Wachstumstheorie exogen vorgegeben. Er wurde als von nicht-ökonomischen Faktoren bestimmt angesehen und som it von wirt schaftspolitischen Maßnahmen nicht beeinflussbar.
Wachstumsbuchhaltung
Betrachtet man die Angebotsseite, so kann das reale Produktionswachsturn in Rahmen der üblichen Wachstumsbuchhaltung zerlegt werden in Veränderungen der Arbeitsprodukti vität je Arbeitsstunde (reales B1P/geleistete Arbeitsstunden), Veränderungen des Arbeitseinsat zes (geleistete Arbeitsstunden/Bev ölkerung) und Veränderungen in der Bevölkerung. Das Wachstum der Arbeitsproduktivität je Arbeitsstunde lässt sich wiederum aufgliedern in Ve ränderungen der totalen Faktorproduktivität (TFP) und Veränderungen bei der Kapitalintensiv ierung. Die totale Faktorproduktivität enthält z um einen faktorungebundene technologische Veränderungen, die aus neuem Wissen, Entwürfen und Net zwerkeffekten, einschließlich einem verbesserten Management und organisatorischen Änderungen, resultieren und die zu einer grundlegenden Verbesserung der Produktivität aller Produktionsfaktoren führen . Zum anderen zählen dazu auch einige faktorgebundene technologische Veränderungen, bei denen es sich um Ve rbe sserungen in der Qualität neuer Anlagen handelt. Außerdem werden auch einige nichttechnologische Faktoren, wie etwa Verbesserungen der Qualifikations-
totale Faktorproduktivität
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
408
str ukt ur des Arbeitskräftepotenzials sowie Berechnungsfehler. in der Restgröße des TFP-Wachstums erfasst. Abb . H.32 gibt einen Überblick über die Que llen des Wachstums in ausgewäh lten europäischen Ländern im Zeitraum von 1970 bis 2005 .
Die Quelle des Wachstums in EU-Ländern (1970-2005) in Prozent durchschnittliche Veränderungsraten Durchschnitt liche jährliche Veränderung der/des Staat
Durchschnitt liches jährliches Wachst um des realen BIP
Arbeitsproduktivität je Arbeitsstunde TFP
Kapitalintens ivierung
Gesamt
2,42 2,60
Arbeitsei nsatz
Bevölkerung
-0,54 -0,68
0,3 2 0,52
Frankreich
2,20 2,38
1,67 1,50
0,75 1,10
Österreich
2,68
2,06
0,90
1,96
-0,56
0,32
Niederlande
2,68
1,58
0 ,54
2, 12
-0, 10
0,64
Deutschland
Italien
2,12
1,14
0,88
2,02
-0,12
0,2 2
Finnland
2,80
2,32
0 ,60
3,10
-0,66
0,36
2,42
1,50
-- --- ---
Euro-Währungsgebiet
-- --- --
- -0,82 - -- - -2,32- - - --0,32 - -- - -0,4- 4--
Abb. H.32 . Die Quellen des Wachstums (1970-2005) in Proze nt. Quelle: EZB, Monatsbericht 4/2007; eigene Berechnungen
Die Abbildung macht deutlich , dass die Bestimmungsfakto ren des realen BIP-Wachstums in den einze lnen unters uchte n Ländern von unterschied licher Bede utung wa ren . Jedoch ist allen Lände rn gemeinsam, dass der Arbe itseinsatz (ge leistete Arbeitsstunden/Bevö lkerung) keinen Beitrag zum Wachstum ge leistet hat. Ebenfalls für alle Länder gleic hermaßen bedeutsam, ist der Beitrag des TFP- Wac hstums am Wachstum der Arbeitsproduktivität je Arbeitsst unde . In allen Ländern fällt dieser Anteil, der im Wesentlichen auf den tec hnologischen Fortsc hritt zurück zufü hre n ist, deutlicher hö her aus als je ner, der sich auf die Kapitalintensivierung bezieht. Auffällig ist hierbei, dass die beiden Ländern mit der höchsten Arbeitsproduktivität (Finnland und Österreich) auc h je Länder sind, bei denen vor allem das TFP-Wachstu m für die Verä nder ung der Arbeitsproduktivität je Arbeitsstunde verantwortlich war. endogene Wachstumstheorie
externe Effe kte
Erst die neue (endogene) Wachstumstheorie hat diesem Sachverhalt Rechnung getragen und die neoklassische Annahme der Exoge nität des technologischen Fortschritts aufgegeben . Zudem hinterfragt sie die Annahme abne hmender Ertragszuwächse bei jenen Faktoren, die im Zeitab lauf akk umu liert werden . Zur Begründung wird dabe i auf die Existenz externer Effekte (spi llover-Effekte) verw iesen , die im Zusammenhang mit Investitionen in
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
409
Sach- und Humankapital konstante oder zunehme nde soziale Skalenerträge auslösen könn en. So können z.B. Investitionen in eine m Sektor posit ive Auswirkungen auf die Produktivität des Human- und Sachkapitals in and eren Sektoren haben . Unterstellt wird dies vor allem für staatlich e Investitionen in die Infrastruktur. Spillover-Effekte durch Investitionen in Humankapit al (Wi ssen sstock) ent stehen beispiel swei se, weil die von privaten Haushalten in die Ausbildung inve stierte Zeit nicht nur ihren individuellen Wissen sstand . sondern auch das gesamtwirtschaftliche Bildungsniveau steigert. Zudem erhöht eine Zun ahme de s Wissen s (z.B, du rch »learning by do ing«) wiederum die Produktivität des einge setzten Sachkapitals, was Unte rnehmen ihrerseits dazu anreizt, fortl aufend in zusätzliches Sachkapital zu invest ieren . Auch wenn ein Unternehm en seinen eigenen Bestand an Wissen durch Invest ition en in Entwic klungs- und Forschungstätigkeit en e rhöht, nimmt das Wissen der gesamten Volk swirtschaft und damit die Verbesserung der Produktionsmöglichkeiten Dritter zu, weil davon ausgegangen werden muss, dass ein in einem bestimmten Unternehmen gebildete s Wissen nicht gänzlich gehe im gehalten werden kann. Wie das Wissen eines Einzelnen, weist der Wissensstock eines Unternehmen s Merkmale eines öffentlichen Gutes auf. Von seiner Nutzung lass en sich andere Akteure, selbst über Patent e, nur zum Te il ausschließen und er enth ält nicht-rivalisierende Elemente. Allgem ein werden Inputs als nicht-ri valisierend bezeichn et, wenn ihr Einsatz in einem Produktionspro zess ihren Einsatz in einem anderen Produktionsablauf nicht ausschließt (z.B. Computersoftware). Zunehmende Skalenerträge ergeben sich, weil für eine Verdoppelung des Outputs der nichtri valisierende Input nicht verdoppelt werden muss. Obwohl die Rate des Bevölkerung sw ach stum s üblicherwei se nur innerhalb von Grenzen variiert , kann der produktive Beitrag der Arbeit mithin prakt isch unbegrenzt durch Investitionen in Bildung, Au sbildung und Gesundheit erhöht werden . Überdies kann die Art der techno logi schen Kenntnisse, die in der neokl assischen Wach stum stheorie als nicht für ökonomische Anre ize zug änglich angesehen we rden , als Kapit al ver standen werden , das durch Investitionen in Forschung und Entwicklung verg rößert werden kann. Im Gegensatz zum neokl assischen Wach stum smodell setzte sich auf der Grundl age der endogenen Wach stum stheorie folge richtig die Ansicht durch, dass langfri stige s Wach stum durch staatliche Politik beeinflusst we rden kann.
Da der Bestand an natürlichen Ressourc en weitestgehend gegeben ist und all ein eine l3evölk erungsvermehrung zur Förde rung des Wachs-
»Iearning by doing«
Wissen als öffentliches Gut
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Makrookonomie - Ausgewählte Politikbere iche
turns ausgeschlossen we rden kann - da letztlich ja das BIP pro Kop f erhöht we rden soll - bleiben der Kapitalstock und der tech nolo gische Fortschritt als zentrale Ans atzpunkte der Wachstumspolitik ausgehend von der ges amtwi rtsc haftlichen Produ ktionsfunkt ion. Bcides, die Erhö hun g des Kapitalstocks und technologisch er Fortschritt, bewirken eine Erhöhung der Arbeits produktivität, steige rn also die durch sch nittliche Produktion pro Arb eitsstunde.
3.1.2 Empirische Wachstumstheorie Die empirische Wachstum sthe orie versucht auf der Basis verg leichbarer Länderstudien und mit Hilfe lange r Zeitreihen analysen , die verschiedenartigsten Eintlussfaktoren und ihre Intensität auf das Wachstum herauszu kristallisieren. Diese n Stud ien zufolge konnt en Lände r, die in der Vergan genh eit au f Handelsl iberali sierung setzten, ihr Wachstum beträch tlich erhö hen . Au ßerdem spielten die Hum ankapit alb ild ung, insbeso ndere die Aus und Fort bildung der Frauen, ebenso wie Investit ionen in die Gesun dheit für Wachstum und Entwicklung eine bedeutende Rolle . Darübe r hinaus ist der Zustand der materiellen Infrastrukt ur (z.B. Wasserstraßen, Flughäfen) sehr bedeut sam.
»good governance«
Korruption
Hohe Inflation sraten wi rkten sich negativ auf das Wachstum aus. Im Allgemeinen ist es die ges amtwirtschaftliche Instabilit ät, die den Ertrag von Investition en und das Produktio nswach stum ver minde rt. Was in einer Volksw irtscha ft mit Hil fe des vorhan dene n Kapitalstocks, der Te chnolog ie und der in der Produktion verwen deten Arbei tskräfte erze ugt we rden kann , hängt letztli ch auch entsche iden d vom »gesellschaft liehen Umfeld« ab. Dazu ge hören z.B. die Wirtschafts ordnung, die Sicherun g der Eigentumsrechte, institutione lle Ar rangements (Interessengruppen, Monopole, Gewerk scha ften) und sozi ale Fortsc hritte (alles Eleme nte der sog. immateriellen Infrastru ktur) sow ie die Quali tät der staatliche n Insti tutionen (»good gove rnance« ). Die meisten empirischen Studien bestätigen eine enge Korrelation zw ischen politi scher und sozialer Sta bilität sowie bürokr atischer Effizienz und Wac hstu m. Um gekehrt wir d Korrupti on als ein bedeutsamer wachstum shem mender Grund genannt. Nic ht aus zus chließen ist, dass durch eine zu weitgehende soziale Absicher ung auch leistun gshemmende Wirkungen ausgelöst werden können.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
Korruption im Bereich Öffentliche Finanzen
Korruption ist der Mi ssbr auch institutioneller Macht, um ungerechtfertigte Vorteile zu erlangen. Die drei Ebenen von Korruption sind : Korruption auf Reg ierungsebene (grand corruption), Kor ruption an der Schnittstelle zwi schen Bürger und Staat (petty cor ruption) und Korruption zur Erl angung politischer Einflussn ahmen (political corruption). Alle drei Ebenen finden sich im Bereich der Öffentlichen Finanzen wieder und die ges amtwirtschaftlichen Kosten von Korruption in diesem Bere ich sind enorm . Korruption im Steuerwesen manifestiert sich in Gesetzgebung und Steuerverwaltung. Einnahmea usfälle durch korruptionsbedingte Steuerhinterziehung und/oder Flucht in die Schattenwirtschaft müssen entweder durch Kür zungen der Leistungen im Bereich der Infrastruktur und/oder der Tran sferleistungen kompensiert oder über eine höhere Kreditaufnahme bzw . Besteuerung ausgeg lichen werden. Kor ruption im Zollwesen führt neben Einnahmeverlusten zu einer Behinderung des Kampfes gegen illegalen Handel (Schmuggel) und sie erschwert den legalen internationalen Handel. Erhöhte Transaktionskosten aufgrund von Korruption im Zollwesen beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit eines Lande s und seine Unternehmen und dämpfen das Intere sse ausländischer Investoren. Korruption im Bereich des I-Iaushaltswesens führt u.a. zu einer demokratisch nicht legitimierten Allokation der Ressourcen. Da Investitionen in Großprojekte korruptionsanfälliger sind als laufende Ausgaben für den Erhalt bestehender Infrastruktur führt hier Korruption zu einer Qualitätsverschlechterung der Infrastruktur mit allen negativen Folgen für Wachstum und Entwicklung. Korruption im Bere ich der Finanzkontrolle als Teil des Haushaltskre islaufs erschwert nicht nur die Aufdeckung von Korruption, sondern verhindert auch die präventive Wirkung von Kontrollen. Schließlich wirkt sich Korruption im Bereich Öffentlicher Finan zen besonders negati v auf klein- und mittelständische Unternehmen und die armen Bevölkerungsgruppen u.a. weil sie politisch weniger einflussreich sind. Die nachfolgende Abb . H.33 zeigt den Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) 2007 für ausgewählte Länder bzw . Ländergruppen. Dieser Index konzentriert sich auf Korruption im öffentlichen Sektor. Er Iistet Länder nach dem Grad der bei Amtsträgem. Politikern und Experten,
411
412
Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
die in den untersuchten Ländern leben, wahrgenomme nen Korr uption auf. Die Unters uchung von 180 Lände rn zeigt, dass auch 2009 eine star ke Korrel ation zw ischen Armut und Korruption existiert . Vierzig Prozent der Lände r, die we niger als drei Punkte erre icht haben - und in denen Korru ption dam it als we it verbreitet wah rgenommen wird - werden von de r We ltbank in die unte rste Einko mm ensgr uppe der Entwicklungsländer einge stuft. Stärker vo n Korruption betroffene Länder haben zudem eine grö ßere Einkommens ungleichheit, schlechtere soziale Indikatoren und niedrigere Steuereinnahm en. Dänemark I
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Finnland Niederlande Deutschland
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Osterreich Großbritannien
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Japan I
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Frankreich Spanien
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Botsuana Polen Litauen Italien Griechenland Rumänien China Somalia
-
I
10 = keine Korruption 0 = hohes Maß an Korruption
10
Abb. H.33. Korruptionswahme hmungsride x 2009. Quelle: Transparency Internat ional
Weniger einde utig ist der Zusammen hang zwischen der Gr öße des staatliche n Sektors und Wach stum (sieh e Abb . 1-1 .34) . So lassen sich sowohl Lände r bzw. Lände rgruppen finden, bei denen niedrige Staat squoten mit hohen Wachstum srat en korr eliert sind und umgekehrt. Im Übrigen gilt zu bedenken, dass die Staat squot e nur ein unvollständiges Bild über den Einfl uss des Staat es au f die Wirtschaft wiede rgibt, u.a., weil sich staatliche Aktivitäten in ihrer Ausga beni ntensität erheblich unterscheiden.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
413
Schweden Frankreich Dänemark Österreich Italien
48,1
46,3
Deutschland
46,3
Japan
46,1
Niederlande
42,3 34,3
1,45 1,72
~======~2 , 16
2,26
Großbritannien ~===========, 2 ,93 USA 2,98
Abb. H.34. Staatsausgabenquote und Wachstum. Quelle: BMF, Monatsbericht 3/2008
Bei spiel sweise schlagen sich staatli che Regulierungen (Vorschriften; Ge- und Verbote, Aufl agen) nu r in Höhe de r Per son alkosten im Hau shalt und in der VGR nieder und dennoch können diese einen weit größeren Einfl uss auf das Wach stum einer Volkswirtsch aft haben als ein zusätzlicher Autobahnabschn itt von eine m Kilom eter. In de m Maße, wie rein ge setzliche M aßnahmen trad itionelle budgetwi rksame Aktivit äten ersetzen, we rden die Einw irkungs mög lichkeiten de s Sta ate s auf den Wirtsch aft sprozess, gemess en an den Staatsquoten, fol glich systematisch unte rsch ätzt.
3.2 Ansatzpunkte der Wachstumspolitik Insb esonder e m it dem Aufkomm en der » neue n Wachstum stheori e« erfuhr die staatliche Wa chstumspolitik ei ne Ne ube we rtung . Da d ie Wa ch stumsrate se itdem als Ergeb nis e ndogene r Fakto ren und Vorgänge - und nicht nur wie in den neoklassisch en Mod ell en von ex oge nen Größ en wie Bev ölkerungs wa ch sturn und technolog isch en Fortschritt bestimmt - verstanden wird , kann und soll staatl ich e Politik nunm ehr au f d iese e inwirken. Wach stumspolitik ist vo n de r Konzeption her An gebotspolitik, da im Mittelpunkt der Angebotspolitik bek anntlich das Produktionspotenzial eine r Volkswirtsch aft steht, anha nd de ssen Veränderung srate Wach stum gemessen we rden sollte. In ei ne m Pr eisni veau-Einkomm en s-Diagramm ents pricht graphisch betrachtet di es e Politik e ine r Rechtsverschi ebung der lan gfri stigen ge samtwirtsch aftl ichen Angebots kurve (GA) .
Wachstum spoliti k ist Angebotspol iti k.
414
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
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Rechtsverschiebung durch: • Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen • direkte Einflussnahme auf einzelne Determinanten der Produktionsfunktion
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Abb. H.35. Angebotsorientierte Wac hst umspolitik Gestaltung geeigneter Rah menbed ingungen
Die Ans atzpunkte hie rzu sind vielfält iger Nat ur, wobei derze it in der politischen Praxi s konzeptione ll der Ge staltung günstiger Rahmenbedingungen für die Leistungsentfaltung des privaten Sektors eindeutig eine größere Bede utung beigeme ssen wird als der direkten Einfl ussnahme auf einze lne Determ inanten der Produktionsfunktion.
3.2.1 Generelle wachstumsfördernde Politikmaßnahmen
Öffung der nationalen Mä rkte
Deregul ierung und Ent bürokrat isierung verstet igt e und voraussehbare Wirtsc haftspoliti k
In Einklang mit den Ergebnissen der emp irischen Wachstumstheorie betont die angebotsorientierte Konzeption als globale wachstumsfördernde Maßnahme die Öffnung der nationalen Märkte, um die heimischen Unternehmen einem dauerhaften Konkurren zdruck zu unterwerfen, der Produkt- und Prozessinnovationen erzw ingt, den Strukturwande l der Wirtschaft beschleunigt , und um auslä ndisc he Direktinvestitionen anzuziehen . Vor allem letzte re bieten den importierenden Ländern Zugang zu techno logischen Neuerungen. Ferner soll durch Deregulierung und Entbürokratisierung, z.B. durch den Abb au von bürokratischen und rechtlichen Investitionshemmnissen sowie eine verstetigte und vorau ssehbare Wirtschaftspolitik, der Spielraum für eine verstärkte private Investitionsbereitschaft und -tätigkeit geschaffen werden . Unter Deregulierung ver steht ma n den we itgehenden Rückzug des Staate s aus bisher von ihm wesentlich bestimmten Bereichen und eine
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415
parall el ei nset ze nde Freise tzung privater untern eh merischer Aktivitäten. Dereg ulierung soll die Unternehmen in die Lage versetzen, beweglicher auf die Heraus forderungen des Marktes zu reag ieren. Um risiko bereiten »dyn am ischen Untem ehmern« innovative Aktivi täte n zu erleich tern , gi lt es das Wett bew er bs- und Patentrecht (den Sch utz der Eigentumsr echte) fortzuentwickeln sowie weitgehend korrupti onsfreie Instituti onen aufzu baue n. Für Länder wie Deutschland spielt bereits jetzt die Bevö lkerungspolitik eine wichtige Rolle, wenn es um wachs tums politische Strategien ge ht. Internationale Vergleiche zeigen, dass Rege lungen im sozia lpolitische n Bereich (Mutt erschu tz und Kin de rerzie hung ) und öffe ntliche Infrastrukturleist ungen, wie Kindergärten und Ga nztagss ch ulen, nicht unerhe bliche bevölkerungspoli tische Relevan z haben. Ein zukunftsorientie rtes Einwande rungsgesetz, das auch zur Erhöhung und Verbesse rung des Arbeits potenzials beiträgt, wird zu einer unabd ingba ren Voraussetzung. Da gesünde re Ar be itskräfte produktiver sind, ka nn ei ne Volkswirtschaft über die richtige n Investitionen in die Ges undhe it der Bevö lkerung zu eine r höheren Produktivität ge lange n. In armen Ländern kann ge radezu ein Teufelskrei s entstehe n: Die Lände r sind arm , wei l die Bevö lkerung eine n schlechten Gesundheitszustand aufweist. Deswegen bleibt die Produktivität niedrig und die Länder bleiben arm. Viel Aufmer ksa mkeit verdient des Weit eren eine stabilitätsorientierte Geldpo litik, die Krisen im Allg emeinen und ho he Inflati on im Besonderen verhindert. In der Krise werden Produktion smöglichke iten nicht gen utzt und häufig die für das Wachstum notwe ndigen Erweiterung sinvestitionen eingeschränkt. Bei Inflation besteht die Gefahr der Fehlsteuerung der Wirtschaftsprozesse, die Ertragsauss ichten für Neuinvestitionen wer den schlechter und schwerer kalkulierbar. Angebots orientierte Ökonomen fordern zudem im Rahmen der Fiska lpolitik die Rückführun g der Staats quote einsc hließ lich weiterer Maßnahme n im Rahm en der Privatisieru ng, den Abbau de r Staatsve rsch uldung sowie einen ge nerellen Subventionsa bbau. Ein leistu ngsorient iertes, investitio ns- und innovation sfreun dli ches Steuersystem und eine steuer liche Entlastung auf breiter Basis gehören grundsätzli ch zu den zent ralen Ford erun gen angebotsorientiert er Ökonomen. Ihrer Ansicht nach kann hierdurch die Leistun gsbereitschaft der Wirtschaftss ubje kte angeregt und die wirtschaftlic he Dynam ik besc hleunig t wer den . Wenn das ind uzie rte Produ ktionswachs tum stark gen ug ist, könne n tro tz einer Verr ingerung der Steuersätze die Steuereinnahmen des Staates sogar absolut steige n (Laffer-Theorem) und ein vorha ndenes Hausha ltsdefi zit abgebau t werden.
Wettbe werbs- und Patentrecht
Bevölkerungspoliti k
Gesundheit und Ernährung
stabiIitätsorientierte Geldpolitik
Rückführun g der Staat squote
Reformen des Steuersysterns
Laffer-Theorem
416
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
Steueraufkommen
c
Steuersatz (in %) Abb. H.36. Die Laffer-Kurve
Die in Abb . H.36 dargestellte Laffer-Kurve beschreibt den grund sätzlichen Zusammenhang zwischen unterschied lich hohen Steuersätzen und dem Steueraufkommen. Beginnend mit einem Steuer satz von 0 % (Punkt A), bei dem das Steueraufkommen Null ist, erhöht sich das Steueraufkommen zunächst mit steigendem Steuersatz bis Punkt C, von dem ab es aufgrund der Beeinträchtigung der Leistung smotivation abfällt, bis es bei einem Steuersatz von 100 % wieder Null erre icht (Punkt B). Rechts von Punkt C führen offens icht lich Senkungen der Steue rsätze zu höheren Steue raufkommen . Die Laffer-Kurve ist jedoch keine verlä ssliche Grund lage für die prakt ische Wirtschaftspolitik, da die Lage des Punktes C von vielen Variablen abhängt und keine kon stante Größe ist.
3.2.2 Beeinflussung einzelner Wachstumsdeterminanten Wie die vorau sgegangen Ausführungen deutl ich machen , sind mehrere Polit ikbereiche betro ffen, wenn es um die Gestaltung günstiger Rah menbedingungen für wirtsch aftl iche s Wachstum geht. Im Folgenden wird näher auf die Möglichkeiten der fiska lpolit ischen Einflussnahme auf den Kapita lstock und den techno logischen Fort schritteingegangen . Der Kapit alstock lässt sich durch private und öffentliche Investitionen vergrö ßern. Da für die Finanz ierung von Investitionen Sparen (= gege nwärtiger Konsum verzicht) notwendig ist, ist dies ebenfalls in den nach folgenden Ausfü hrungen zu berücksichtigen.
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
417
3.2.2.1 Beeinflussung der privaten Ersparnisbildung Empirische Stu dien bestät igen , dass selbst für sehr offene Volkswirtschaften mit einem leic hten Zugang zu internatio na len Kap italm ärkten ein sta rker Zu samm enh ang zw ische n Ersparnisbildung, Investitionen und Wac hstum besteht. Dabei zeigt sich, dass Länd er mit hohen Erspa rnisse n mehr inves tieren a ls Länder m it niedrigen Spa rquo te n (Anteil der Ersparn is am BIP) . Obgleich sic h keine einde utige Ursache-Wirkungs -Ric htung nachweisen lässt wird den noch die anhaltend ungleiche En twicklung der Wir tschaft in den einze lnen Ländern in der We lt te ilweise auf die gravie rend en Unters chiede in den Investitions- und Sparq uoten zu rückgeführt . Eine Förder ung der Sparanreize ste llt somit eine Möglichkeit für den Staat dar, Wac hstum zu fördern, und auf lange Sicht, den Lebe ns stan dard der Volkswirtschaft zu erhö hen . Übliche Ma ß nahmen zur Förde rung der Ersparnisse von Haushalten und Unterneh men sind Ste uere rlei chter unge n und -b efrciu ngcn besti mm ter Spararte n (z.B. Kapitallebensversi cher unge n) oder Ste uerminder unge n be i ein beha ltene n Unterne hmensgewinnen.
Steuererleichtungen
Mögliche Wirkungen von Steuererleichterungen auf die Ersparnisbildung Ste uererleichte rung -7 verfüg ba res Einkomme n steigt -7 Ersparnis steig t -7 auf dem Kreditm arkt steig t das Kreditangebot -7 C.p. Zins sinkt -7 Investi tionen steigen -7 E rhöhung des Güterangebots (Wachstum ) und Na chfrage nach Arbeitskräften steigt Weite rgehende Überlegunge n zielen da rauf ab, die Einko mmensbesteuerung oder zumindest Tei le davon durch eine stä rkere ko nsumorientierte Beste uer ung zu ersetze n. A uf d iese Weise wä ren alle Spa rbeiträge und die Erträge aus Ersparnisse n von der Besteuerung befreit, so lange sie nicht konsumiert wer den .
konsumorientierte Besteuerung
418
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbere iche
Konsumorientiertes Steuersystem Ein kons umorientiertes Steuersystem basiert au f der Idee einer allge meine n persönlichen Au sgab ensteuer. Diese Steuer ist ei ne au f die Kon sumausgaben , mithin auf die Einkomm ensverwendun g eines Wirt schaftssubjekts erhobene A bga be. Im Gegensatz zur Einkommensteue r zielt sie bei der Beurteil ung der ökono mischen Leistungsfähigkeit nicht au f das Einkommen ab, sonde rn auf den Konsum , d.h. au f eine konsumori entierte Leistungsfä higkeit. Sie ist an dem ausge richte t, was die Wirtsc haftss ubjekte dem Sozialprodukt entne hmen , nicht an ihrem Beitrag zum Sozia lprodukt. Anders als die Mehr wertsteuer und die spezie lle Verbrauchsste uern ist sie keine Obj ektsteuer, sonde rn eine Subje ktste uer, die die individuellen wirtschaftli chen Verhält nisse erfasst und die sich nic ht auf die Ausga ben für spezie lle Konsumgüter bez ieht , sondern auf die gesamten Konsumausgaben . Der zentrale wachstums releva nte Vorteil eines konsumori entierten Steu ersystem s besteht nach dessen Befürwortern da rin, dass ein de rar tiges System die inte rtempo ralen Konsum en tsch eidu ngen nicht verzerrt, da ges partes Einkommen zunächst von der Beste uerung ausgenom men ist, bis es mög licherweise zu einem späteren Zeitpunkt aufgelöst und für Konsumz wecke veraus gabt wird. Im Gegensa tz dazu beeinflu sst die Einkomme nsteuer die Entscheidung zwischen Konsum heute und Kon sum morgen, wei l sie einmal das heute erzielte Einkomme n und nochmals die Erträge aus den gebildeten Ersparn issen besteuert (steuerl iche Doppelbelastung von Zi nseinkü nfte n). Sie wirkt wie ei ne Konsum steuer. die den Kons um morgen mit einem höheren Satz belastet als den Kons um heute.
Die Ver meidung der Dopp elb esteu erun g führt nach Me inung der Befü rworter auß erdem zu einer Erhöhung der allokative n Effiz ienz des Steuersystem s sowie zu verstärkten Anr eizen zu höherer Ersparnis bildung, Risikobereitschaft der Investoren und einem höheren Arbeitsang ebot. Schl ießlich ist mit ei ne m solche n Syste m de n ste uer lic hen Grundsätzen der Wide rspruchlosigkeit und Systemhaftig keit sow ie der Transparenz besser Genüge getan als bei den herrschenden Steuersystemen. Bei der Einschätzung dieser Vort eile ist zu ber ücksicht igen, dass mit der Einfü hrung eines kon sum orie ntierten Steuersys tems ein grundlegender Paradigmawech sel verbunden ist, da nun nicht mehr das Einko mme n als Leistungs fä higke itsindikator he rangezoge n wird, sondern der Konsum .
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
Mitunter wird auch eine bewusste Umschichtung von direkten auf indirekte Steuern vorgeschlagen, da indirekte Steuern den Konsum belasten und die »Opportunitätskosten« des Spare ns senken . Indirekte Ste uern führen außerdem, infolge ihrer tendenziell regressi ven Wirkung, zu einer geringeren Belastung der hohen Einkommen mit höherer marginaler Sparquote. Allerdings ist zu bedenken, dass bei einer rein wachstums politisch motivierten Strukturve rlagerung von direkten auf indirekte Steuern sowohl mit verteilungspolitischen als auch stabilisierungspolitischen Zielkonflikten (Abschwächung der automatischen Stabilisierungswirkungen) zu rechnen ist.
419
Umschichtung von direkten auf indirekte Steuern
3.2.2.2 Öffentliche Ersparnis und Wachstum
Die gesamtwirtschaftliche Ersparn is als Quelle des Kredit angebot s besteht aus den privaten und öffentlichen Ersparnissen. Die öffentliche Ersparn isbildung, d.h. die Schaffung von Budgetüberschüssen trägt mithin zur gesamten Ersparn isbildung bei. Umgekehrt bedeut et ein Budgetdefizit (= negative öffentliche Ersparnisse), dass der Staat einen Teil der privaten Ersparnisse absorbiert, der dann den privaten Unternehmern nicht mehr zur Verfügung steht. Ein erster negativer Einflus s eines Haushaltsdefizits auf das Wirtschaftswachstum geht also von den mit einer Staatsverschuldung möglieherweise verbundenen crowding-out-Effekten auf die privaten Investitionen aus. Reduziert sich wegen des Defizits die Gesamtersparnis (= das Angebot an Kreditm itteln auf dem Kreditm arkt), steigt C.p. der Zinssatz und viele Unternehmen werden durch den höheren Zinssatz in ihren Investitionsentscheid ungen entmutigt. Für die zinsbedingte Verdrängung privater Investitionen kann zudem der Aufschlag einer Risikoprämie auf das allgemeine Zinsniveau verantwortlich sein, wie dies regelmäßig bei hochverschuldeten Ländern zu beobachten ist. Eine weitere Belastung für das Wirtschaftswachst um tritt ein, wenn zum Zwecke der Zinszahlungen an die Inhaber staatlicher Anleihen zusätzlich Steuern erhoben werden müssen, was in der Regel zu allokativen Verzerrungen führt. Erfolgt die Verschuldung des Staates im Ausland, gehen durch die Bedienung der ausländischen Schulden heimische Ressourcen verloren, womit sich auch eine externe Verschuldung auf das langfristige Wachstum eines Landes negativ auswirkt. Umgekehrt ist davon auszugehen, dass eine Politik der Haushaltskonsolidieru ng, d.h. eine verringerte Inanspruc hnahme der verfüg baren Kreditm ittel und der inländischen Ersparnis durch den öffentlichen Sektor, die Investitionen des privaten Bereichs langfristig auch stärker anregen kann. Hinzu kommt, dass die mit eine r kräftigen I-1aushalt skonsolidierung verknüpften Erwartungen, zukünftig geringeren Steuer-
crowding-out-Effekte
420
Makroo konomie - Ausgewählte Politikbereiche
ve rpflic htunge n nac hkomme n zu müssen, d ie Investition en we ite r anregen können.
Mögliche Wirkungen eines Abbaus von Budgetdefiziten auf das Wachstum A bba u von Budgetd efizit -7 gesa mte nati onale Ersparn is steigt -7 Kapitalangebot am Kap italmarkt steigt -7 C.p. Zins sinkt -7 Investitionen steigen -7 Er höhung des Gü teran gebots (Wac hstum) und Nachfrage nach A rbe itsk räfte n steigt
Reduzierung unproduktiver öffentlicher Ausgaben
A ller dings sch lag en sich diese wachstumsin duzierenden Effe kte nur dann voll in tatsäc hlichem Wach stu m niede r, wenn die Hau shalt skonsolidierung nicht über eine Steuererhö hung , sondern über die Reduzierun g unproduk tiver (n icht-wac hstumsinduzierender) öffentlic her Aus ga ben erfol gt. Wen n private Investitionen ledigli ch öffent liche Investitio nen subs tituie re n, wird stä rke res Wac hs tum nur da nn gefö rdert, we nn die Produktiv ität privater Investitio nen die der öffe ntliche n übertri fft.
3.2.2.3 Beeinflussung privater Investitionstätigkeit Inve stitione n weis en e inen Ein ko mm ens- und Kap az ität seffe kt auf bzw. sin d nachfrag e- und ang ebotswirksam (sieh e Kap . »Ma kro ökonomie - Theoreti sche Grund lagen« , A bschn . 1). Der Einkomm enseffekt bezi eht sic h auf den mit der Erhö hung der Investiti onen verbundenen Nachfrag eanstieg und steht vor a llem im Zu sammenhang mit konj unkturpolitisc hen Fragestellungen im Vordergru nd des Intere sses. Für da s Wac hst um ist der Kapazitäts effekt der Investition en von Bedeutung. Er br ingt zum A usdruck, dass Investit ion en die Produktionskap azität erhöhen. Je größe r der Kapitalsto ck, desto grö ßer ist auch das Produkti ons pote nzia l. Dass d ie Investition squote (Investitionen in Prozent des Bl P) für die Entwic klung des Wac hst ums von zentraler Bedeut ung ist, bestätigen em piris che Analyse n.
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
Land
Investitionsquote (1980 - 1999)
Zuwachsrate des realen BIP pro Jahr (1980 - 1999)
China
37 ,1 %
9,6 %
Malaysia
33,7 %
5,9 %
Norwegen
25 ,3 %
3,0 %
Deutschland
21,1 %
2,0 %
EU
20,8 %
2,5 %
USA + Kanada
19 ,1 %
2,6 %
Südafrika
16,8 %
1,8 %
421
Abb. H.37. Investitionsquoten und wacrstum, Quelle: Weltbank
Um eine Änder ung de s Inve stition sverhaltens priv ater Unternehmen herbeizuführen , kann sowohl auf den Finanzierungsspielraum (d ie Investitionsmögl ichkeit) als auch auf die Investiti onsbe reitschaft Einfluss genommen we rden . Der Finanzierungsspiel raum eine s Unternehmens wird wied erum dur ch se ine Selb st-, Eige n- und Fremdfi nanzierungsmögli chk eiten bestimmt.
Investitionsmögl ichke it und -bereltschaft
Die Selb stfin anzierung übe r Gewinne kann z.B. durch Senkung der Spitzengrenzsteuersätze der Einkommen- und Körperschaftsteuer (verring erte Gewinnbesteuer ung ) ode r durch gün stigere A bschrei bungs mögl ichkeiten gestärkt werden .
Selbstfinanzierung
Wirkungen von Steuererleichterungen auf Investitionen Senkun g der Gew innsteuern 7 Verbe sserun g der Ertragsa us sichten der Unternehme n 7 Investitionen steigen 7 Erhöh ung des Güterangebots (Wach stum) und Nachfrage nach Arbeits kräften steigt Die Eige nfi nanzie rung (Erhöhung des Eige nkapitals) kann z.B. durch ein e steuerliche Beg ünsti gun g de s Akt ien er werb s gefördert we rde n. Die Fremd finan zierung von Investitionen kann über Finan zierungshilfen in Form von Z inss ubv entione n, Bürgs chaften od er öffentl ich en Kreditprogrammen sowie Inve stition spr äm ien und -zul agen ermutigt werden . Die Investition sbereit schaft hängt bei gegeben en Finanzierungsmöglichk eiten von den Erwartunge n und der Risikofreudi gk eit ab . Sow eit sie von den Erwartungen bezüglich der Gewinnentwicklung bestimmt wird , ergeben sich Einflussmög lichkeiten über die Gewinnbesteuerung. Die Eins chätzu ng der zukünftigen Entwicklung und die Risikoeinschätzung hängen u.a. vom Steuersystem bzw . von dessen mögl icher
Eigenfinanzierung
422
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
Weite rentwicklung hin zu e inem innovations- und inves titionsfreundliche ren System ab. ausländische Direktinvestitionen
Investitionsklima
Steuerliche Maßn ahmen könn en auch dafür eingesetzt werden , aus län dische Direktin vestitionen zu attrahi eren. Allerdings funktioniert dies nur, wen n die heimi sche Wirtschaft als attraktiv er Stan dort für Investitionen angesehen wird. Das allgemein e Investitionskli ma häng t j edo ch nur in ge ringe m Ma ße von der Ausgestaltung einze lner Steuern bzw. dem Ste uersys te m eines Landes ab . Empirische Studien belegen, dass das I-Iauptmotiv der Unternehm en be i der Entschei dung flir ausländische Direktinves titi onen die Absatzorientier ung, d.h. die Markterwe iteru ng ist. Danach erst sind die Kosten faktor en bestimm end, wobei d ie Bede utung der Steuerbe lastung wesentlich ge ringe r eingeschätzt wird, als die der Arb eitskosten. Von Relevan z si nd ebe nfa lls da s Bürokrati everh alt en. die Verfügbarkeit von quali fizierten A rbeitskräfte n, die Arb eitsbeziehu ngen. die Infrastruktu r, da s rechtliche Sys te m sow ie die pol itische Stabil ität ei nes Lande s. Ein letzter bedeut end er Ansatzpunkt zur Beei nfluss ung von Volume n und Struktur pri vater Investitionen ist die Bereitstellung öffentliche r Infrastruktur als Vorl eistung für private Investi tionstätig keit.
3.2.2.4 Öffentliche Investitionen und Wachstum öffentliche Infrastruktur
Der Staat selbst kann Investitionen tätigen, um eine öffentliche Infrastruktur bereitzustellen, deren Qu alit ät und Qu ant ität wieder um eine we sentliche Vor aussetzung für private Inve stitionen darstell t. Staatliche Investitione n senken näm lich als Vorleistun g den privaten Kapitaleinsatz . Weltbankstud ien belegen eindeutig, dass die A usstatt ung eines Lande s mit guten und effiziente n Infr astruktureinri chtungen die ge samtwirtsc haftli che oder sektora le Produktivit ät nur dann erhöhen, wenn die Entwicklung der Quantit ät und Qualit ät der Infrastruktur mit dem allgem einen Wirtschaft sw ach stu m Sc hritt hä lt. Wird die Infrastruktur vernach läss igt, führt dies zu gravi erenden Beei ntr ächti gungen der längerfr istigen Wachstumsaussichten. Im weiteren Sinne beinhaltet der Begriff Infrastruktur:
institutionelle ...
die institutione lle Infrastruktur a ls Summe der gesellschaftlichen Norme n, Einr ichtunge n und Verfah ren sw eisen wi e: Rechtsordnung, Ver waltung, Eige ntumsordnung, Ber ufsordnung usw. Zum e inen zählen dazu die »forrnellen lnstitution en«, d ie als Ver fassungen, Gesetze und Ve rordnungen schriftlich fixiert we rden, zum an-
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
423
deren die »inforrnellen Institutionen«, die sich in den ungeschriebenen VcrhaItensnormen und Kon vent ionen einer Ge sell schaft niederschlagen. die materielle Infra struktur als Teil des Kapit alstocks einer Volk swirtschaft, der von der öffentlichen Hand bereitge stellt wird wie: Verkehrswe sen , Komrnun ikation snetze, Energieversorgung, Wasserversorgung, Bildungseinrichtungen.
... materielle und
die personelle Infrastruktur, die im Wesentlichen die Qualifikation der Menschen beinhaltet wie: Gesundheit, Ausbildungstand, Leistung smot i vation.
personelle Infrastruktur
Der Einflu ss öffentlicher Inve stit ionen auf das Wach stum ergibt sich mithin nicht nur über die Erhöhung des Kapitalstocks - zu beachten sind hier noch so gen annte crowding-in Effekte öffentlicher Investitionen - , sondern auch über die damit induzierte Produktivitätserhöhung vor allem im Bereich der institutionellen und personellen Infrastruktur. Abb . H.38 zeigt die Entw icklung der Investitionsquote in Deut schland. Obgleich unstr ittig ist, dass für das Produktionspotenzial und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Investitionen in Bereiche mit trad itionell staatlich bereitgestellten Leistungen von großer Bedeutung, insbesondere für eine funktion sfäh ige Infrastruktur, dokumentieren die vo rliegenden Datenreihen eine langfrist ig deutl ichen Rückgang der staa tlichen Inve stit ionen in Relation zum BIP . Danach sanken sie von gut 4,5 % zum Beginn der siebziger Jahre unter Schwankungen auf zuletzt 1,5 % und lagen damit auch im intern ationalen Vergle ich auf einem niedrigen Nive au. In % des BIP
4,5
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Abb. H.38. Entwicklung der Investitionsquote in Deutschland.
Quelle: Europäische Kommission (2009)
424
Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
Ursächlich für diesen Rückgan g sind in erster Linie neben einem allmählichen abnehmenden Nachholbedarf in den neuen Ländern die Anstreng ungen im Rahm en der Haushaltskonsolidie rung in vie len Geme inden. Des Weiteren erfolgte die private Investitionsförd erung in zunehmendem Maß e übe r die Verbesseru ng steuerl icher Rahm enb edingungen. In der EU wies Deutschland im Jahr 2008 - wie auch in den Vorjahren - mit 1,5 % einen sehr geringen Ante il der staatlichen Brutto investitionen am BIr aus. Außerhalb der EU wiesen auch Japan und - infolge umfangreicher Konjunktu rmaßnahmen im Zu samme nhang mit der aktuellen Wirtschaftskrise - die USA im Jahr 2008 vergleichsweise hohe Investitionsquoten von über 3 % aus.
4 3,5
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2 ,5
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Abb. H.39. Staatliche Investitionen im internat ionalen Vergleich. Quelle: Europäische Komm ission (2009)
Wahr sche inlich ist, dass mit dieser Entwicklung negative Effekte auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum verbunden sind. Allerdings ist zu berück sichtigen , dass es nicht nur auf die Höhe der Investitionen an kommt, sondern auch auf deren Struktur. Außerdem gehen von einem Teil der dem Staatskonsum zugerechneten Ausgaben ebenfalls produk tivitätssteigernde Effekte aus. Dies gilt insbesondere für die Ausga ben für Bildung und Wissenschaft, die teilwe ise als Investitionen in Humankapital zu betrachten sind. Ähnlichen Mischch arakte r haben die Ausga ben des Ges undheitswesens, die teilweise die Leistungsfähigkeit des Faktor s Arbeit erhalten und fördern.
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Private Bereitstellung von Infrastruktur Lange Zeit wurde davon ausgegan gen, dass Infrastruktu rinvestitionen nicht der privaten Unterneh mensinitiative überlasse n werden kö nnen, da es sich oft um Bereiche han de lt, in denen au fg rund ihrer Merkmale wie hoh es Ausma ß an exte rne n Effekte n (Forschung), Nichtanwendbarkeit des Ausschl ussprinzips (Rechtsordnung, Verwaltung ), hohe r Kapitalb edarf (Eisenbahnverkehr snetz) und unsichere Rentabilität bzw. großes wirtschaftliches Risik o (Wasserstraßen) keine bzw. nich t in wünschenswe rtem Umfang private Investitionen vorgenommen we rden. Inzwische n hat sich diese Einschät zu ng grund legen d geände rt. Aussc hlaggebend hierfür ware n u.a. technologische Innovationen wie elektronische Einrichtungen, die kontro llierte Mes sungen des Elektrizitätsverbrauchs. der Stra ßen nut zung sowi e der Nutzung öffentlicher Räume (»London-Ma ut«) und somit in zunehmendem Umfa ng die Anwendung des Aussch lussprinzips erlauben. Ziel der privaten Beteili g ung vo n Infrastru kturp rojekten ist es nic ht nur die Finanzierungsengpässe der öffentl iche n Hand durch private Fina nzie rung zu ersetzen , sondern die Effek tivität und Effi zienz von Infrastruk turinvestitionen zu ste igern . Dazu bedarf es aber nicht nur der Änderung der Finan zierungsform , sond ern auch der Übertrag ung von Verfügungsrechten auf Private und der Entfaltung des potentiellen und aktue llen Wettbewerbs. Bei einer Aus dehnu ng privatwirtschaftl icher Engage ments in der Bereitstellung von Infrastrukt ur wird der Staa t jedoch nicht vollständig aus der Ve rantwo rtung entlassen. Er wird weiterhin vie lfältige Genehmigungs - und Ordn ungsa ufga ben wahrzunehmen haben. Wie schne ll und in welchem Umfang die Einschaltung Privater in die Planung, Implementierung, Erric htung , Finanzier ung und den Betrie b von Infrastruktureinr ichtungen erfolgt (P ublic-Private Partn ership), hängt generell von der Stärke des privaten Sekt ors, der staatli che n Ve rwaltungsk apazität bei der Anbieterregulierung, der Leistu ngsstärke öffe ntlicher Anbie ter sowie vom gese llschaftliche n Konsens hinsichtlich der privaten Bereitste llung ab. Vorausse tzung ist des Weitere n ei ne zumindest te ilweise Eigenwirtscha ftlichkei t der vo rgese hene n Investitionsproj ekt e. beisp ielsweise dur ch Mauteinnahmen oder Benutzungsgebühre n. Die bisherigen Erfahrunge n lassen folgende gr undsätzliche Vorte ile der Pub lic-Private-P artnership ve rmuten : Erste ns, kö nne n Projekte fin anz iert und durch geführt we rden , die andern fa lls unterblieben wären .
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Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
Zweitens, zeigt die Finanzierungsbereitschaft von Investoren und Kreditgebern die techn isch e, vor all em aber ökonom ische Vorteilhaftigkeit und Machbarkeit eines Projekts auf und erhöht auf diese Weise die Akzeptan z privater Mod elle. Drittens , siche rt die permanent e Übe rwac hung durch eine private Betr eiberg esellschaft ein Höchstmaß an Kosteneffizienz für den Auftraggeber. Weiterhin kann ein Konzession smodell (Betreibermodell ode r Leasing modell) als ein Gradme sser für die Effizienz eines ähnlichen , aber öffentlich finanzierte n Projekts dienen. Letztl ich steilen die privatw irtsch aftliche Implementation und deren betrieb swirtsch aftl iche Kontrolle einen Zuw ach s an Wissen dar, der an den Auftraggeber weitergegeben werden kann. Als ein mögli cher Nachteil könnt e sich eine zu stark e Unterstützung des Privatisierun gsmod ells durch den hoh eitli chen Au ftragge ber herausstell en, falls der Betreiber desw egen kein reales Risiko mehr trägt. Das Betreibe rmode ll ist auch eine hochkompl izierte Struktur, die Ze it, Geld und Geduld erfordert. Außerdem dürften die Tran sakti onsko sten der Vertragsgestaltun g in der Regel bei diesem Modell höhe r sein, als bei den tradit ionell in öffentl icher Alleinzuständig keit durch gefLihrten Projekten.
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
3.2.2.5 Beeinflussung des technischen Fortschritts Die Bedeutung des technischen Fortschritts (e inschließlich des Wissens ) für Wachstum ist unbestritten . Die Veränder ung en im Hum ankapita l stellten im Wachstumsprozess der letzten Jahrzehnte für alle OEC D- Länder eine Schlüsselgröße dar. Auch besteht we itge hend Einigkeit darüber, dass der technologische Fortschritt u.a. von den Aufwe ndungen für F&E und dem Ausbau des Bildun gswesen s abhängt. Deutlich we rde n dera rtige Veränderunge n in der Entwicklung der gesamtw irtschaftlichen Arbeitspro duktiv ität. Abb. 1-1 .40 zeigt die Entwicklung der gesamtwirtschaftliche n Ar beitsproduktivität, die als reales BIP je Erwerbstätiger oder als Produkti onserge bnis je Arbeitsstunde definiert ist. 0 1979-1989
0 199 0-1995
0 1996 -2001
0 2002-2008
Österreich
2,0
2 ,0
1,7
1,9
Deutschland
1 ,0
2,2
1,1
1,2
4,0
5,1
Slowakei Schweden
1 ,5
2,4
1,9
2,6
USA
1 ,2
1,0
1,8
2,0
Euro-Raum
1 ,7
1 ,8
0 ,9
0,8
OECD
1 ,7
1,4
1,6
1,7
Abb. H.40. Entwicklung der Arbeitsproduktivität
Staatliche Aktivitäten zur Beeinfluss ung des tec hnischen Fortschritts kö nnen , wie sch on bei der Infrastruktur, m ittels der Besonderheiten dieser Lei stu ngserstellung (vor alle m der Existenz hoher Externalitäten) gerechtfertigt werden. A ller di ngs ist auch hier wie dort bei der Beurtei lung eines staatlichen Engagements zu klären, ob es Ursac he n für ein Ma rktve rsagen gibt und dieses schwere r wiegt als ein mögliches Politikversagen im Gefolge der Staatsinterventione n zur Korrektur des Marktversagens.
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Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
Marktversagen im Ausbildungssektor So wie die Unternehmen Sachkapital anhäufe n, akkum ulieren die Indi vidu en Huma nkapital. Indem sie in ihre A usbil dung und ihre Arbeitserfahr ung investieren , erwerben sie Fähigkeiten, die sie da nn an die Arbeitgeber »vermieten«. Obwohl zwischen technologischem Wisse n und Humankapital ein enger Zusammen hang beste ht, gibt es einen wic htige n Unterschied. Das technologische Wisse n betrifft das Verständnis der Gesellschaft, wie die WeIt funktioniert. Das Humankapital betrifft die Resso urce n, die dazu aufgewendet werden, de n Arbeitskräften dieses Verständnis zu ver mitte ln. A ußerdem ist Huma nkapital an das Individuum gebunden, das sic h auch die Erträge dara us aneignen kann , während im Gegensat z da zu Wis sen zwar vo n Individuen pro duziert wir d, aber dann für alle verfügbar ist. Sowohl das Humankapital als auch das technologische Wissen sind entschei dend für das Wirtschaftsw ach stum und die Ve rbesserung der Lebensbedingungen. Deshalb ist die Akkumulation von großer ge sellschaftlicher Bedeutung . Seide sind jedoch auf vie lfält ige Weise von Marktversage n betroffen. Zwe i Eigenschaften des Humankapitals führen dazu, dass aus gesellschaftliche r Sicht nicht genügend Humankapital akkum uliert wird : Es ist ein immaterielles Gut, und es verursacht posit ive externe Effekte. Im Pri nzip sin d d ie Menschen bereit, Kredite aufzuneh men , um ihre eige ne Ausbil dung zu finanzieren , genauso wie Unternehmen Kredite aufnehmen, um Investitionen zu finan ziere n. Im Gegensatz zu den Unternehmen können die Einzelnen aber oft keinen Sic herungsgegenstand für ihre Kredit e biete n, den n das Huma nkapital selbst ist ein immaterielles Gut. Die Arb eitgeber könnten in ihre Belegsc haft investie ren in der Hoffnung, dass sich diese A usga ben in der Z ukunft bezahlt mac hen wer den . Es ble ibt aber immer das Risiko, dass d ie Arbeitskräfte nach ihrer Ausbi ldung kündigen und flir die Konkurre nz arbeiten könnten. Da viele Mensch e n die notwendigen Finanzrn itte l nicht selbst aufbringen können, wird praktisch zu wenig in das Humankapital investiert. Zum anderen verursacht Humankapital positive externe Effekte . Besser ausgeb ildete Menschen teilen ihr Wissen mit ihren Kollegen und Kindern. Da sie nur selten für diese externen Effek te vo llkommen entschäd igt werden, haben sie nic ht genügend Anreiz, soviel Humankapital zu akkumulieren, wie gesellschaftlich wünschenswert wäre .
Quelle: Burda, M., Wyplosz, eh. (1994) , s. 561
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
Im Allgemeinen versteht man unter Humankapital das Wiss en , die Kenntnisse und Fähigkeiten e ines Men schen, die für die w irtschaftliche Entw icklung genutzt werden können.
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Humankapital
Eine gute Hum ank apitalau sstattung brin gt individuell - in Form von besseren Arbeitsm arktchancen und höheres Einkommen - w ie auch ge samtwirtsch aftlich - in Form von technologi scher Innov ationsfähigkeit - Vorteile. Durch Innovationen w ird neue s Wissen in neue Produkte und Produktionsverfahren sowi e in Org an isations- und Arbeitsformen tran sferiert. Je schneller sich neue s Wissen samme lt, ausbreitet und in Innovationen um setzt, je ras cher die Besch äft igten für die Beherr schung der neuen Ve rfah ren qualifiziert werden, umso stärker we rden die po sitiven Au sw irkungen auf Wach stum und Besch äfti gun g sein. Abb . H.41 gibt den Z usammenhang zwischen Arbeitsproduktivität und wirtschaftlichem Wach stum wied er. Land
Zuwachsrate der jährlichen Arbeitsproduktivität
Zuwachsrate des realen BIP pro Jahr (1980 1990)
(1980 - 1990) China
2,94 %
9 ,6 %
Malaysia
3,15 %
7,0 %
Norwegen
1,56 %
3,0 %
Deutschland
0,92 %
5 ,3 %
EU
1,70 %
2,5 %
USA
1,08 %
2,6 %
Südafrika
-0,32 %
2,4 %
Abb. H.4 i. Arbeitsproduktivität und wirtschaftliches Wachstum.
Quelle: Weltbank Studien z um I-lumankapitalbestand zufolge nimmt Deut schland im internationalen Vergl eich einen Plat z im hint eren Mitt elfeld e in. Zwar ist zurze it der Humankapitalbestand noch relativ hoch, d.h. die Menschen in Deut schland sind gut ausgebild et. In and eren Ländern hat sich der Humankapitalindex in den vergangenen zehn Jahren aber stärke r verb essert als in Deut schland. Staatliche Einwirkungsmög lich keite n auf di e Bi ldung von Wissen (Bildungspolitik) bieten Steuererle icht er ungen für pr ivate Investit ionen in Humankapital, Sub vent ion en für Aus- und Fortb ildungsprogramme,
Bildungspolitik
430
Makrookonomie - Ausgewählte Politikb ereiche
die Vergabe von Stipendien sowie Kredite und Kreditbürgschaften für Studierende. Abb. H.42 macht deutlich, das s in Deutschland die ge samten Bildungsausgaben im Jahr 2005 rund 5, I % des BIP ausmachten. Dam it lag Deut schland unterhalb des OECD-Durchschnitts von 5,8 %. In % des BIP
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Abb. H.42. Bildungsausgaben in Prozent des BIP. Quelle: OECD, Factbook (2009)
Die relativ schlechte Position Deutschlands bei den öffentlichen Bildungsausgaben ist unter anderem das Resultat der deut schen Sparpolitik der letzten eine inhalb Ja hrzehnte bei zugleich deutlich zunehmenden ßildungsanstrengungen fast aller anderen Länder. Während im Durc hschnitt der OECD -Ländern in der Ze it von 1995 bis 2004 es zu einer Zunahme der ßildungsinvestitionen um 42 % gekommen ist und in der EU (19) um 38 %, wurden diese Ausgaben in Deutsch land um 9 % ausgeweitet. Investition in Forschung und Entwicklung
Inve stitionen in Forschung und Entwicklung bestimmen das Wachstum über d ie Erstellung neuer Güter (Produktinnovationen) und die An wendung neuer Produktionsverfahren . Da die Möglichkeit, zeitlich begrenzte Monopolgewinne zu reali sieren, die Investitionsentsche idun gen im F&E -Bereich wesentlich prägt , spie len Patente, die das innovative Unternehmen vor potentiellen Nach ahmern schützt, eine zent rale Rolle im Rahmen der staatlichen Innov ation sförderung. Daneben kommen bei der Forschungsfö rde rung als fiska lpolitische Instrumente So nderabschreib unge n für Anlagevermögen, da s der Forschung und Entwicklung dient, gezielte Subventionen und Steuervergün stigungen für Innovationen in kleinen und mittleren Unternehmen sowie Steuerbefreiungen für Unternehmen, die Forschung und Entwick lung betreiben, in Frage .
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
Kleineren Unternehmen, denen häufig der Zugang zu den Kapitalmärkten erschwert ist, kann die Fiska lpolitik zudem durch Kreditgewährung oder Zinssubventionen helfen, ihre Innovationen umzuset zen. Als besonders innovationsförderlich zeigten sich die Maßnahmen zur Deregulierung, die in den letzten beiden Jahrzehnten, Z.B. im Bereich der Te lekommuni kation , des Finan zwesens, der Energiewirtschaft und im Luftverkehr eingeleitet wurden . Nach Art . 173 AEUV sorgen in der Europäischen Union die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten dafür, das s die notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Gemeinschaft gewährleistet sind. Zu diesem Zweck zielt ihre Tätigkeit u.a. darauf ab, eine bessere Nutzung des industriellen Potenzials in den Bereichen Innovation und F&E. Diese Bereiche erfahren deshalb in der EU eine besondere Behandlung im Rahmen der Beihilfe- bzw. Subventionspolit ik. In %dcsBIP 4
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II Abb. H.43 . F&E-Ausgaben im Verhältnis zum SIP (in %). Quelle: OECD, Fact book (2009)
Spe ziell bei der Forsch ung und Entwicklung spielt ferner die Infra str uktur , in welc he sie eingebettet ist, eine bedeutende Rolle . Der rascheren Verbreitung externer Effekte der Forschung dient beispielsweise die Etablierung von Transfer- und Beratungseinrichtungen, die Ge legenheit zu einem breit ange legten Informationsaustausch bieten (z.B. gemeinsam finanzierte Forschungseinrichtungen, Messe n, Konfe renzen und Fachpublikationen).
431
432
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
3.2.3 Industriepolitik und Wachstum Strukturwandel und Wachstum
Industriepoli tik ist gle ichbede utend m it Stru ktu rpoli tik. Strukturwande l und Wachst um sind unlösbar mitei nander verbunden. Strukturw andel der sich ständig ve rändernde relati ve Beitrag der Sek toren, Regionen od er Fak tore n zum BIP - ist ei ne notwendige Vorau ssetzun g und zug leich eine Folge und eine Beg leiterscheinung von Wachstum . Dabei ist da von aus z uge hen , da ss die la ngfristige Wac hstu ms rate eine r Volksw irtschaft um so höher ist, je reibun gslos er der Strukturwa ndel geli ngt. Welche Rolle dabei dem Staa t zuk om men so ll, ist vor allem bei der Stru kturgesta ltungs politik strittig und hängt neben der grundsätzlichen Auffassung über die Effizienz des Markte s bzw. vom Vert raue n in die Marktkräfte ab. Genere ll lassen sich drei Formen der Struk turpo litik unte rscheiden:
Strukturerhaltungspoliti k
Str uktu rerha ltungs po litik: Hierbei geht es um die Aufrechterha ltung eines Min dest maßes an inländischer Produktion (z.B. Landwi rtschaft , Energie)
Strukturanpassungspolitik
Strukturanpassungspoli tik: Im Rahme n dieser Polit ik geht es um die ze itliche Streckung struktur eller Anpassun gspro zesse zwecks Abfe derung unerwünschter sozialer Auswirk unge n
Strukturgesta Itungs-
Strukturgesta ltungs politik: Sie zielt darauf ab, den Strukturwa ndel so zu bee influ ssen , dass Produktivit ät und Wachstu m und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirt schaft gestärkt werden.
politik
Insbesond ere der letzte Politikansatz wird ökonomisch mit Marktve rsagen begr ünd et. Wenn z.B. Unte rne hme n Grundlage nfor schu ng betreiben, schaffen sie ein öffe ntliches Gut. Da keine Rivalit ät bei der N utz ung besteht, wä re es ineffi zien t, d ie ne uen Informationen nicht allen zugänglich zu mach en. Private Forschung hat zudem oft externe Effekte, d.h. sie nützt auch and eren Unterne hmen, ob wohl diese zu ihrer Finan zie rung nichts beitra gen. Mar ktversagen liegt au ch dann vor, wen n d ie Kapitalm ärkt e unvoll komm en sind. So kann es für kleine Unternehmen schwie rig sein, ge nügend Startkapital zu erha lten.
aktive Industriepolitik
Fa lls dur ch industri epoli tische Maßn ahmen Untern ehmen Erfolg versprechender Sektoren mit hohe n Wachstu ms- bzw . Produktivit ätssteigerungspotentialen befähigt werden sollen, in neue Märkte einzutreten, um insge samt die gesa mtwirtschaft liche Wachstumsdyn am ik über die erwarteten positiven externen Effekte (Ab strahleffekte oder sog. »spinoffs«) z u förd ern und ei n Mehr an Besc häftigung z u e rmögli che n, spricht man von aktiv er Industriepolitik.
industrie politische Elemente in der EUPolitik
Indu striepolit ische Elemente habe n vor allem im letzten Jahrzehnt zunehmen d Eingang in die EU-Politik gefunden. So wurde z.B. in Art. 3
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
433
Abs. I AEUV »die Stä rkung der Wettbewerbsfähigkeit der Ind ustrie der Gerneinschaft « ausdrück lich zum Vertragszie l erklärt. Auße rde m haben die Gemeinschaft sorgane und die Mitgliedstaaten durch den Einsatz alIer ihnen zu r VerfLigung ste henden interven tionsp oli tischen Instrumente dafür zu sorgen, dass die notwend igen Vorausse tzungen für die Wettbewer bsfähigkeit der Industrie der Gemeinscha ft auch gewährleistet sind. Nach Art . 173 AEU V gehör en hierzu Tätigke iten, die die Anpass ungsfähig keit der Indu strie an strukture lle Ver änderungen erleichtern und die Entw icklu ng insbe sondere klein erer und mittl erer Unternehmen, die Zu sammenarbe it zwischen den Unternehmen sowie die bessere industrielIe Nutzung von Innovationen, Forschung und technologische Entwick lung fördern. Wenn strukturpolitisc he Fördermaßnahme n ergriffen werden, gehö ren neben der Erlei chterung untern ehmer ischer Zusammenschlüsse Sub ventio nen bzw. Beihilfen zu den haupt sächlich en Instrum enten. Unter Subvention en werden über wie gend Finanzhilfen und Steuervergünstig ungen an Untern ehmen ohne unm ittelb are Geg en leistung verstanden. Im Rahme n der Indu striepoli tik kan n in der EU, als Ausnahme vom ge nerelIen Beihilfeve rbot, die Gewährung von Beihi lfen aus Gem einschaftsmi tte ln oder die Ge nehmigung von staatliche n Beihil fen u.a. dann erfolge n, we nn die Beihilfe poli tik in die umfassend e ge mein schaftliche Strategie zur Ver besserung der Wettbewe rbsfähigkeit der gemei nsc haftlichen Ind ustr ie auf dem Weltmarkt und zur Verstärk ung des inno vativen Wettbewerbs im Verg leich mit den USA und Japan einge bunden ist.
Nac h Art . 107 Abs. 3 AEU V ist bestim mt, dass die EU-Kom missi on vom Beihilfeverbot eine Ausna hme genehmigen kann, wenn es sich entweder um Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamen europäischen Intere ssen oder um Beihilfen zur Förderung gewisser Wirtschaftszweige (sektorale Beihilfen) handelt. Nach Me inung der Krit iker setzt eine erfolgreiche Industri epolit ik im Sinne eines »picking the winners« voraus, dass der Staat besser als die pri vaten Unternehme r weiß, we lche Branchen eine größe re Zukunft haben werden als andere und deshalb gefö rdert we rden solIen. Da dies aber nicht ge ne relI angen omme n wer den kann, also auch Staatsve rsage n nicht ausz uschließen ist, führt ihrer Meinung nach nicht die Subventionierung vermei ntlicher Wach stum sindu strien, sondern nu r ständig er Konkurrenzdruck zu effiz ienterer Produkt ion, zu sinnv oller internationa ler Arbeitsteilung und Wachstum .
Subventionen
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Makrookonomie - Ausgewä hlte Politikb ereiche
Nur der europäische Wettb ewerb rüste die Unternehme n für das weltweite Kräftem essen und deshalb ist Wettb ewerb spo litik die beste Industri epolitik. Der Staat solle sich led iglich bem ühen, die sich ergebend en Stru ktur veränd erungen nicht zu beh indern und innov ative n Ans ätzen durch ve rbesse rte Rahm enb ed ingun gen Raum zu schaffe n (StrukturordnungspoIitik). Subventitionskritik
Die Kritik an den Subventionen richtet sich daher vor allem gegen deren mangelnde Ziel gen auigkeit und deren negative Auswirkun gen auf die allokative Effizienz. Una bhängig davon, welchem Ziel eine Subventio nsmaßnahme dient , hat sie zudem immer die Tendenz, unter dem politi schen Druck der Empfängergruppen - Subventionen ziele n imme r darauf ab, bestimmte Gruppen zu unterstützen - länge r als nötig zu bestehen und sich sogar auszuweiten. Daher gehören die Begre nzung und der Abb au von Subventio nen zu den zentralen Aufga ben aller Reg ierungen. Ein weiteres Problem j eder Industriepolit ik besteht darin , dass bei Förderung einer Branche autom atisch alle übrigen bena chteiligt werde n. Auf die se Wettbewerbsverzerrungen verbunden mit der Überna hme unte rnehm erische r Risiken verwe ist der Sachverständigenrat in eine m seiner Gutachten. Auslöser war die Entscheidung der Bunde sregierung in Folge der aktuellen Weltw irtsch aftskri se die Rahmenbedingungen für Unternehmen am Ar beitsma rkt und bei der Unternehmensfinanzierung temporär zu ändern , aber auch Branchen (Automobil) und einzelne Unternehmen (Opel) direkt zu unter stützen . Abb . 1-1.44 gi bt die Entwi cklung der Sub vention squo ten für den Bund in Deut schland seit 1993 wiede r. Wie zu erke nnen ist, hab en die Finanzhil fen und Steuervergün stigun gen wege n der Weltwirtschaft skrise von 2008 au f 2009 kräft ig zuge nomme n. Die meisten Sub vent ionen betr effen immer noch die Zuschüsse für den Absatz deutsch er Steinkohl e, die bis zum Ende des Jahr es 2008 sozialvertr äglich auslaufen sollen. Nach dem StabWG ist der Bund zu einer Subventionsberichterstattung verpflichtet. In dem Subventionsbericht, der alle zwe i Jahre mit dem Entwurf des Bunde shaushaltspl ans von der Bunde sregie rung vor zulegen ist, hat diese auch anzugeben, wann »rnit einer Beendigung der Finanz hilfen und Steuervergünstig ungen zu rechnen ist.«
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
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----+--- Quote SUbventl.onsvergunstlgu.ngen (Bund) zu Ste ue rernnahmen (Bund) I
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Quote Finanzf alten (Bund) zu Ausgaben (Bund)
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Quote Subventionenzu Bruttoinlandsprodukt
I
Jahr
Abb. H.44. Entwicklung der Subventionsquoten in Deutschland, Quelle: 22. Subventionsbericht (2010), S. 15
Der Subventionsbericht konzentriert sich bei der Darstellung der Finanzhilfen auf diejen igen , die an private Unternehmen und Wirtschaftszweige gerichtet sind. »Unter Finanzhilfen werden dabei Geldleistungen des Bundes an Stelle n außerhalb der Bundesverwaltung verstanden«. Neben den Finanzhilfen werden hier auch die Steuervergünstigungen aufgelistet, die für die öffentliche Hand zu Mindereinnahmen führen. Steuerv ergün stigungen weis en im Vergl eich zu Finanzhilfe n e mige Nachteile au f. So sind Steuerverg ünstigung en nicht über I-Iaushaltsansätze legit imiert und auch nicht Geg enstand der jährlichen I-Iaushaltsverhandlungen. Zude m lässt sich die Höhe des Einnahme nverzichts nur schätze n. Auß erd em beg ünstigen die Steuer vorteile Mitnahmeeffekte und sie haben die Te ndenz sich zu verfestigen und sie laufe n Gefahr, das s sie schon bald nicht mehr als Subvent ion wahrg enomm en werden, Die Aufgliederung der Subventionen erfolgt u.a. danach , ob die Hilfen der Erhaltung, der Anp assung an neue Bed ingungen oder der Förderung des Produktivitätsfortschritts und des Wach stum s von Betrieben oder Wirt schaftszweigen dienen . Die subventionspolitischen Leitlinien der Bund esr egi erung aus dem Jahre 2006 sehen vor, dass neue Sub vent ionen nur gew ährt werd en, wenn sie sich gegenüber sonst igen Maßnahmen als das am besten geeignet e, auch unter Kosten-Nutzen-A spekten effiziente Instr ument darstellen. Neue Subve ntionen werden vor rangig als Finanzhilfen gew ährt und sind durch Einsparungen an anderer Stelle zu finanzie ren. Sie wer den auch nur noch befr istet und grund sätzlich degressiv ausgestaltet.
Subventionsbericht Finanzhilfen
Steuervergünstigungen
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Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
Die Zie le der Finanzh ilfen we rden in einer Form festgeh alten, die eine Erfolgskontrolle ermöglicht. Schließlich soll die Sub ventionspoli tik der Bundes regie rung sich an wac hst urns-, verteilungs -, we ttbewe rbspolitischen und um weltpolitischen Wirk ungen or ientieren. Beihilfen
Ein e ins titutione lle Be schränkung der Subv entionspoli ti k ergibt sich fü r die Mit gl ied staaten de r EU aus Art. 107-109 A EU V. Dem nach we rde n in Art. 107 »staa tliche oder aus staa tli chen Mittel n gewä hrte Beihilfen g leich wel cher Art, die durch die Begü nstigun g bestimmte r Untern ehmen oder Produktionsz we ige den Wettbewe rb verfä lschen oder zu verfälschen drohe n«, als mit dem Gem einsa men Markt unv ereinbar beze ichnet , »soweit sie de n Handel zwi schen Mitgl ied staate n beeintr ächtige n«,
3.3 Lohnpolitik Große Bedeu tung kommt schlie ßlich der Lohnpolitik zu. Höhe, Stru ktur und Entw ickl ung der Lohn st ückkosten, Löhne und Lohnnebenko sten be stimmen mit, ob und wo Unternehmer ihre Investitionen du rchführen. Sie ent scheiden also mit über die internationa le Wettbewe rb sfähigkeit einer Volk swi rt schaft. Tarifautonomie
Wegen der gr undgesetzlich ver ankerte n Tarifa utonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) sind in Deut schland die Träge r der Lohnpolitik d ie Gew erk schaften und die Ar beitgebe rve rbä nde . De m Staat ist es ver bote n, sich unmittelbar an der Lohnbildung und sonstigen Arbeit sbed ingun gen zu beteiligen, falls er nicht selbst Arbeitgeber ist. Für die Regie rung ble ibt hier also nur die Mö gli chkeit, die Tarifp arteien mit Argumenten fü r eine wac hstumsorientierte Loh npolitik zu überzeugen oder Or ientierungs daten für ein g leic hzeitig es aufei nan der abgestim mtes Ve rhalte n z.B , im Rahmen eines Bündnisses für Arbeit zur Verfügu ng zu stellen. Einen nich t zu unter schätzend en Einfluss au f die Kosten des Fak tors Arb eit hat die Regierun g übe r die Bes timmung der Lohnnebenkos ten und über den Abstand zwischen Arb eit sbsengeld 11 und den tariflichen Mind estl öhn en . Die Lohnstückkos te n kann der Staat indirekt, be ispielsweise übe r eine För de rung des tech nisch en For tschri tts e inschließlich der Verb esserun g des Humankapitals beeinfl ussen.
Lohnnebenko sten
Die Lohnnebenkosten mac hen rund 45 % der gesamten Ar beits kosten (Bruttolohn einsc hI. Ar bei tne hmerante ile zur Sozialversicherun g plu s Lohnne benk oste n) aus. Sie tei len sic h in gese tz liche (rund 45 %) sow ie tarifliche und betriebl ich e Per so nal zusat zko sten (rund 55 %). Dam it tragen für den größ ten Tei l der Lohnnebenkos ten die Tarifparteien d ie
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
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Verantwortung (siehe Kap. » Makroökonomie - Ziele der Wirtsc haftspolitik«, Abschn. 2). Den überwie genden Teil der gesetzlich bestimmt en Lohnnebenkosten machen die Beitr äge zu den Sozialversi cherung en aus, die von den Arbeitgebern mitfinanziert werd en müss en. Hier setzten auch die meisten Reformansätze an, mit dem Zie l, die Kosten der sozialen Sicherung vom Arbeitsverhältnis abzukoppeln. Genannt seien hier nur die Forderung nach Einfüh rung ein er Bürgerste uer (oder negativen Einkom mensteuer) oder j ene nach einer genere ll stärkeren Finan zierung des gesamten Sozialversicherungssystems auf der Basis von Ste uern statt Beiträgen. Eine »wachs tums fö rde rnde« Lohnpolitik zielt in erster Linie au f die Löhne als Koste nfaktor ab. Um mehr Beschäftigung, Investitionen und Wachstum zu erzielen, stehen dabei die nach folgenden drei lohnpolitischen Konzepte - Preisniveaustabilität vorausgesetzt - im Blickp unkt.
lohnnpolit ische Konzepte
Die produktivitätsorientierte Lohn po litik: Sie fordert , dass sich die Entwicklung der N omina llöhne an der Steigerungsrate der gesamtwi rtschaft lichen Arbeits produktivität orientiert. Da in diesem Fall die Lohnstückkoste n konstant bleiben, besteht kein Anlass für die Unterneh mer Investitionen in das Ausland zu verlagern. Mehrjährige Tarifabschlüsse auf der Basis dieses Konzepts gebe n den Unternehmen zudem Planungssicherheit.
produktion sorient ierte Lohnpolitik
Die kostenniveauneut rale Lohnpo litik: Nach diesem Konzept sind nicht nur die Lohnko sten, sondern die gesamten Stück kosten (z.B. auch Kapitalko sten , Ste uern und die Kosten für importierte Rohstoffe) zu berücksicht igen . Sinken die anderen St ückkosten, so können die Löhne um diese Marge über die Steig erungsrate der Arbeitspr oduktivität hinaus anwachs en, ohne dass die Stückkosten insgesamt zuneh men . Steigen die anderen St ückkosten , so dürfen die Löhne nur noch um j ene Rate zunehmen , die nach Abzug der Steige rungsrate der sonstigen Stückkosten vom Produktivitätsfortschritt verbleibt.
kostenniveauneutra le Lohnpolitik
Die Lohnabschlags politik: Vertreter dieses Konzepts gehen davon aus, dass die Arbeitnehmer einen Lohnzuwachs zu akzeptieren haben, der hinter dem Anstieg der Arb eitsprod uktivität zurückbleibt, damit den Unternehmern größe re Spielräume für Investitionen und Ne ueinste Ilungen verbleiben.
Lohnabschlagspolitik
Abb. 1-1 .45 zeigt die durchschnittlic he Zuwachs rate der Nomi nallöhne in den Jahr en 200 I bis 2008. In keinem anderen vergleichbaren Land sind die Nominallöhne in diesem Jahrzehnt so wenig gestiegen wie in
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Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
Deutsc hland . Dies gi lt größtenteils auch für d ie Entwicklung der Reallöhne. Hier ka m es über mehrere Ja hre gar zu einem Rückgang der Reallöhne in Deutschlan d in den letzten Jah ren vor der Weltwirtschaftskrise. Der Grun d hierfür waren die steigenden Arbeitslosen zahlen und die Annahme, dass sic h e in solc hes Problem nur durc h Lohnzurückhaltung zu beheben sei. Nac h Ansicht einiger Ökon omen wäre aber gerade eine Rückkehr zu einer prod uktivitätsorientierten Lohnpolitik ein wichtiger Beitrag zu einer verbesserten wirtschaftlichen Entwick lung in Deutsc hland . In %
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Abb. H.45. Durchschnittliche Zuwachstrate de r Nominallöhne in de n Jahren 2001-2008. Quelle: Botinge r. P. (2009), Ist der Markt noch zu rette n? S. 120
Um di e internatio na le Wettbewerbsfähigkeit de r W irts chaft in Deutschland zu beurtei len, bedarf es der Gegenüberste llung der Lohnstückkosten, die Lohn satz und Arbeitsproduktivität zue inande r in Beziehung setzen. Auc h hier ze igt sich , dass Deutschland im Vergleich zu den europäischen Nac hbarn (Ab b. H.46) seine Kon kurre nzfähigkeit imm er we iter ausgebaut hat. Abge sehen von einem leichten Anst ieg im Ja hr 2008 stagnieren die ge samtwirtschaftlichen Lohnstückkosten in Deutschland seit 1998.
Makrookoncmie - Ausgewä hlte Politikbereic he
439
Die Lohnstückkosten in der gesamten Wirtschaft entwickelten sich in ... 140
Spanien
130
Fran kreich
120
110
Großb ri ta nnien Deutschland
100 -t...- -
Euroraum
1998 1999 2000 2001 2002 200 3 2004 2005 2006 2007 2008 Abb. H. 46. Lohnstückkoste n im internationalen Ve rgle ich (1998-2008) .
Quelle: Böcklerimpuls 19/2009 S. 5 Kritiker sehe n dari n aber mit Blick auf die internationale Wirtschaft nicht nur Vortei le. Zum einen hat Deutsch land mit sei nen strukture llen Hande lsüberschüssen mit zu den globalen Leist ungs bilan zungleichgewichten beigetragen und sich zum anderen dam it zug le ich den Risiken der Weltwirtschaft in hohem Maße ausgesetzt. Trotz der hohen Wett bewerbsfähigkeit hat die neuerlic he Weltwirtschaftskrise Deutsc hlands Wirtschaft wegen der Exportabhängigke it besonders getroffen . Pro bleme erge ben sich in der prakt ischen Umse tzung der oben genannten lohnpolitischen Konzepte, vor allem hinsichtlich der Fäh igkeit die Entwick lung der A rbeitspro dukt iv itä t richtig zu prognostiziere n. Sch ließlic h hängt diese ihrerseits entsche idend vom Ausma ß der Lohnerhöhunge n ab. So hängt beispielsweise nicht nur die Leistun gsbereitsch aft der Beschäfti gten von der Lohnhöhe ab, sondern auc h die Bereitsc haft Ar beit durch Kapital zu substitu ieren . Zudem vernachlässigen diese lohnpolitischen Konzepte zur Förderung des Wachstums und der Stabilität das Kaufkraftargument. Löhne sind nä mlich nu r für die Unternehmer ein Kostenfaktor. Für die privaten Hausha lte ste llen sie verfLigba res Einkommen dar, das übe r den Kon sum die gesamtwirtschaftli che Nachfrage beeinfl usst. Abb. H.47 ste llt das Kosten- und Kaufkraftargument in ihre r Wirku ngsweise gegenüber. Die meisten Ökonomen sind sic h daher auch einig, dass die Rückkehr zu ein er 40- Stund en- Woche ohne Lohnausgl eich nicht notwend igerweise zu meh r Wachstum führt. Trotz der Mehrar be it blieben die Ein kom men unverändert und die Gefahr sinkender Konsumn eigung wäre
Kaufkraftargument
440
Makrookonomie - Ausgewäh lte Politikbere iche
groß . Z udem besteht das Risiko , dass längere Arbei tsze iten in einigen Bra nche n eine ko nstante Produktion mit weniger A rbei tskräften ermöglich en. Entsche idend ist vie lmehr eine grö ßere Flex ibilität bei den Arbeitszei ten, so dass Unternehmen diese nach Bedarf verlänge rn oder kürzen können, ohne dass Überstundenzuschläge an fallen oder tar ifvertraglich e Grenzen ver letzt we rden . Kostenargument (Wirkungskette) (Brutto-)Lohn erh öhun gen oberhalb des Produktivitätsfo rtschritts zusätz liche Kosten -7 ge ringe re Rentabilität der Produ ktio n -7 ggfs. Einschrä nkung der Produktion -7 ge ringe re Investition en und Beschäftigung, Verlagerun g der Produktion in das A usland, Erhöhung der Angebot spreise (entsprechend umgekehrt für Lohnsenku ngen)
=
Kaufkraftargument (Wirkungskette) (Brutto-)Lohnerhöhungen -7 Volk seinkommen steig t -7 zu sätzliche gesam twirtsc haftli che Nachfrag e durch Kon sum au sgabe n -7 bessere Kapaz itätsauslastu ng in der Kon sumgüt erindu strie -7 zusätzlic he Erwe ite run gsinve st itionen und Be sch äft igun g durch Multiplikatoreffekte (entsprechend umgekehrt für Lohn senku ngen) Abb. H.47. Kosten- und Kaufkraftargument. Quelle: Gle me nt, R., Terlau, W. Grundlagen der angewandten Makroökonomie (1998), S. 360
Flexibil isierung des Arbeitsmarktes
Lohndifferenzierung
A bb. HA8 fasst mögliche Ansatzpunkte zur Flexibili sierun g de s Ar beitsmarkte s zusamme n. Um den unterschiedlichen Qualifikatione n der Ar beitnehmer und den vers chiedenartigen Gegebenheiten in einzel nen Unternehmen , Branc hen und Reg ione n bei der Lohnfindung stä rker Rech nun g tragen zu kön nen, w ird vor allem eine stärkere Lohndifferenzierung und die Einfüh rung von Öffnun gsklauseln gefordert. Letzteres erm öglichte in noch größerem Maße vom Tarifvertrag abweichende Regelu ngen der Arbeitsentgelte. Vo r all em di e Vertreter der an gebotsor ienti ert en Wirtschaftspolitik sehen in ei ne r Senkung der ma rginal en Einkommenste ue rsätze ein adäquates Mittel zur Erhöhung des A rbe itsange bots. Welchen Einfl uss ste uerliche Maß nahm en au f Ausma ß und Form des Arbeitsan gebot s bei gegebener Erwerbsquo te haben, ist allerdings strittig , da nicht klar ist, ob der Einkomm ens- oder Substitutions effekt einer Einkomm ensteueränderung dominiert .
Makrookoncmie - Ausgewählte Politikbereiche
I
Flexibilisierung des Arbeitsmarktes
I
I
I
I
I
I
Arbeitn ehmer entgelte
Arbe itnehmerschutz
Arbeitnehmermob ilität
Arbeitszeit
Senkung der Lohnsteigerungen Abschaffung von Mindestlöhnen Verringerung der Lohnnebenkosten Differenzierung der Lohnstrukturen
. .
Modifikation von Kündigungsschutzregeln Einführung von Öffnungsklauseln in Tarifverträgen
Stärkere Differenzierung der Einkommen zwischen Branchen und Regionen Senkung der Arbeitslosenunterstützung zur Verringerung von Suchzeiten
Anpassung an Kapazitätsauslastung der Unternehmen Teilzeit flexible Arbeitszeitrnodelle
Abb. H.48. Flexibilisierung des Arbeitsmarktes . Quelle: Glement, R., Terlau, W. Grundlagen der augewandten Makroöko nomie (1998) , S. 361
Beim Substitutionseffekt führt eine Senkung des margi nalen Einko mmensteuersatzes zu einer Substitution von Freizeit durc h Arbeit, weil die Opportunitätskosten von Frei zeit (entgangenes Nettoeinkomme n) gestiege n sind. Im Gege nsatz dazu kom mt es beim Einko mmenseffekt zu einem Rückgang des Arbeitsangebots, weil die Wirtschaftssubjekte nunmehr für den gleichen Lebensstandard weniger arbeite n müsse n (sie he Kap. »Mikroökonornie - Theoretische Grun dlagen«) . Empi rische Studien be legen, dass die Auswi rkunge n des Nettoeffekts für die aktiven Erwerbspersonen sehr geri ng sind . Nen nenswerte An reize gehen nur auf jene Wirtschaftssubjekte aus, die vor der Entscheidung stehen, eine Arbei t aufzu ne hmen ode r nicht (z.B. ve rheiratete Fraue n in Familien mit Kindern). Wirk ungen auf de n Ar beitseinsatz gehe n se lbstverständlich nicht nur vo n der Ste uerseite, sondern auch vo n der Ausgabenseite aus . Von besonde rem Interesse hinsichtlich ihrer Wirkung sind eink ommensab hä ngige Transferzahlungen (z.ß. Wohnge ld). Unte r Umstän den können sich - vor alle m bei untere n Einkommensgruppen - durch den Wegfal l diese r Transfe rs bei Überschreitu ng von bestimmten Einkommensgren zen sehr hohe impli zite »G rcnzsteuers ätzc« mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Bere itschaft zum Arbeitsangebot, erge be n. Die Vermeid ung bzw. Abmilderung dieser möglic hen Auswirkungen liegt u.a. dem Vorschlag zugrunde, umfangreiche Zuverdients mög lichkeite n zuzulasse n.
441
442
Makrookonomie - Ausgewählte Politikbereiche
3.4 Wiederholungsfragen 0
I.
Was besagt das Okun -Gesetz? Welc hen Einfluss hat Wachs tum auf die Beschäftigung? Lösung S. 404
0
2.
Was besagt die Scherentheorie? Lösung S. 404
0
3.
We lche Faktoren bestimmen das Produktionspotenzial? Lösung S. 404 f.
0
4.
Worin bestehen die zentralen Untersc hiede zwischen der neoklassischen, neuen und empirischen Wachstumstheorie? Lösung S. 406 ff.
0
5.
Wie begründet die neue Wachstumstheorie die Endogenität des techno logischen Fortschritts? Lösung S. 408 f.
0
6.
Worin sieht die empirische Wachstumst heorie die zentralen Ansat zpu nkte einer Wachstumspolitik? Lösung S. 4 10
0
7.
We lche möglichen Wirkungen haben Steuererleichterungen auf die Erspamisbi ldung? Lösung S. 417
0
8.
We lche Konsequenzen ergeben sich aus der möglichen Existenz einer Laffer-Kurve für ein Land? Lösung S. 4 15 f.
0
9.
Welche negativen Einflüsse gehe n von einem Haus ha ltsdefi zit auf das Wachstum aus? Lösung S. 4 19 f.
0
10.
Was versteht man unter Infrastruktur und welche Arg umente sprechen für eine staatliche Bere itste llung dieser? Lösung S. 422 f.
0
11.
Welche Vor - und Nachteile verbin den sich mit Public -Pri vate-Partnership? Lösung S. 425 f.
0
12.
Inwi eweit sind die Investiti onen in Humankapital von Marktversagen betroffen? Lösung S. 427
0
13.
Welche drei Formen der Strukturpolitik sind zu unterscheiden und wie ist deren Bedeutung jeweils zu beurtei len? Lösung S. 432
0
14.
Sind Beih ilfen in de r Europäisc hen Union grundsätzl ich untersagt? Lösung S. 433
0
15.
Wer sind die Träger der Lohnpolitik in Deutschland und welche Rolle spielt der Staat hierbei? Lösung S. 436
0
16.
Worin unterscheidet sich die kostenniveaune utra le Lohn politik vo n einer produktivitätsorientierten Lohn politik? Lösung S. 437
0
17.
Was spricht gegen und was spric ht für eine Erhöh ung der Löhne zur Ankurbelung der Wirtschaft? Lösung S. 439 ff.
Literatur zur Vertiefung
444
Literatur zur Vertiefung
Weiterführende Literatur »Einführung
in die Volkswirtschaftslehre«
Bartling, H., Luzius, F. (2004), Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 15. Aufl., München. Begg, 0.,(2005), Economics, 8th Ed., McGraw-Hill, London. Brunner, S., Kehrle, K., (2009) Volkswirtschaftslehre, Vahlen-Verlag München.
Heuser, U.J. (2008), Humanomics, Die Entdeckung des Menschen in der Wirtschaft, Frankfurt. Mankiw, G. (2008), Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 4. Aufl., Stuttgart. »Der
Staat in der Wirtschaft«
Blankart, Ch. (2006), Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 6. Aufl., München. Brümmerhoff, O. (2007), Finanzwissenschaft, 9.Aufl., München. Edling, H. (2001), Der Staat in der Wirtschaft, München. Zimmermann, H., Henke, K.-O., Broer, M. (2009), Finanzwissenschaft, 10. Aufl. München. »Mikroökonomie«
Frantzke, A. (2004), Grundlagen der Volkswirtschaftslehre. Mikroökonomische Theorie und Aufgaben des Staates in der Marktwirtschaft, 2. Aufl., Stuttgart.
Reiß, W. (2007) Mikroökonomische Theorie. Historisch fundierte Einführung, 6. Aufl., München . »Volkswirtschaftliches Rechnungswesen«
Brümmerhoff, O. (2007), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, 8. Auflage, München. Statistisches Bundesamt (2002), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Wichtige Zusammenhänge im Überblick, Wiesbaden . »Makroökonomie«
Burda, C.M., Wyplosz, Ch. (2003), Makro ökonomie. Eine Europäische Perspektive, 2. Auf., München Mussei, G. (2000), Einführung in die Makroökonomik, 6. Aufl., München. Richert, R. (2007), Makroökonomik - Schnell erfasst, Heidelberg. »Wirtschaftspolitik«
Börsch-Supan, A., Schnabel, R. (2002), Volkswirtschaft in fünfzehn Fällen: Studien in angewandter Mikro- und Makroökonomie 2. Aufl. , Wiesbaden .
C/ement, R., Terlau, W. (2004), Grundlagen der Angewandten Makroökonomie, 3. Aufl., München. Pätzold, J., Baade, O. (2008), Stabilisierungspclitik, 5. Aufl. , München.
Register
446
Register
Betriebsoptimum q 128
A
Bevölkerungspolitik q 415 Bildungspolitik q 42 9 Bruttoinlandsprodukt q 30 , 166, 199 ff., 206
r., Abgabenquote q 72 f. Abschreibung q 12 t., 204 ff., 421 absolute Einkommenshypothese q 225
21 3, 221, 28 1, 405
Bruttonationaleinkommen q 205 ff. Budgetausgleich. zyklischer q 337, 344 Budgetgerade q 109 ff., 153 f.
Akzeleratoreffekt q 341 f. Allmendegüter q 45
c
Allokation q 16 ff., 27, 3 7, 44 , 49 , 99 , 166, 191, 31 2 angebotsorientierte Wirtschaftspolitik q 187, 254,290,365,404,414,440 antizyklische Wirtschaftspolit ik q 265
Ceteris-Paribus-Klausel q 8
Äquivalenzprinzip q 6 7 Cournot'scher Punkt q 139 f., 194 Arbeitslosenquote q 286 , 297 ff., 353, 357
ff.,404
Crowding-Out-Effekt q 265, 341, 348 , 354
r.,
419 Arbeitslosigkeit q 9, 159, 179, 188, 221,
240 ff., 262 ff. , 300 ff., 336 ff. , 352 , 357 ff. Arbeitsproduktivität q 15 8, 294 , 30 7 ff., 32 1,
40 3 ff., 427 ff., 437 ff. Arbeitspotenzial q 299 , 406, 415
{)
Arbeitsteilung q 21 ff., 314 , 3 76 , 433 Ausgaben, defensive q 217 Außenbeitrag q 205, 211 , 223 f., 235 ff.
Deflation q 312 ff., 32 4 Deficlt spending q 337, 344 Deregulierung q 254,292,336,414 f., 431
B Bedürfnis q 14 r., 27, 83 f., 220 , 280, 314 Beihilfen q 30 , 32 , 169, 175, 431 ff. Beiträge q 31, 68, 199 ff. , 352, 437 Beschäftigungsschwelle q 405 Betriebsminimum q 12 9
Devisenbilanz q 222 f. , 225 f., 328 Dilemmasituation q 26 f ., 152, 36 7 f. Direktinvestition q 225 ff. , 326, 414, 422
447
Regist er
Funktionen des Haushalts
E
q
59 f.
Fusion q 167 ff. Fusionskontrolle q 169,172 f.
Effektiwerzinsung q 260 f. Effizienz q 16 r., 187, 277, 301, 306, 309, 348,410,426,432,434 Effizienzlohntheorie Elastizität
q
q
306, 309
G
88 ff. , 99, 184 ff. Gebühren q 68 , 363
Einkommenseffekt q 81 , 155 f., 179, 187, Geldillusion q 240 f. , 358 f.
190,346,441 Einkommenselastizität q 92 f. , 177 Entstehungsrechnung q 200 ff.
Geldmarkt q 226, 343, 383 f. , 39 1 f. , 397 ff. Geldmenge q 9, 261, 285, 318, 320 ff., 343,380 ff.
Erlös q 13,91,99, 117, 120, 126 ff., 138 Geldmengenpolitik, potenzialorientierte q 254,
ff., 148, 194
395 Ersparnis q 8, 13 , 100, 245, 250 f, 256 f., 314,356, 4 17 ff. Eurokrise q 378 Europäische Zentralbank q 222 , 272, 377 ff.
Gerechtigkeit q 16 f., 280, 363 Gesamterlösfunktion q 126 Gesetzder abnehmenden Grenzerträge
q
119 f. , 157, 239 Externe Effekte q 48 f., 47, 191 ff. , 215, 405 Gesetzder steigenden Grenzkosten q 85 Gesetzdes abnehmenden Grenznutzens q 81, 157
F
Gesetzvon der abnehmenden Grenzrate der Substitution
q
109
Gewinnmaximierung q 8, 78, 127, 13 7 ff., 153, 160
Faktorvariation, partielle q 118, 250
Gewinnquote q 208
Faktorvariation, tota le q 123
Giffen-Gut q 83, 11 4
Fazilitäten q 3 78, 390 f.
Giralgeldschöpfung q 384 ff.
Finanzierungsrechnung q 198
Gleichgewicht, gewinnloses q 13 1, 143 , 148
Finanzplanungsrat q 370
Globalisierung q 189, 274, 287 , 305, 324
Fiskalpolitik, antizyklische q 263 ff. , 335 ff.,
Globalsteuerung q 263 f.
348, 396 Föderalismus
Glücksforschung q 220 f., 296 q
370
Free-rider-Verhalten q 46 , 367 f. Frühwarnsystem q 372
Gossen'sches Gesetz q 106, 112 ff. Grenzerlöskurve q 126 ff. , 139 Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals q 258 f.
448
Register
Grenzkosten c> 20, 85,103 f., 107 ,121 ff. ,
/
131 ff. , 138 ff., 148, 152 f., 186, 192 ff. Grenznutzen c> 20, 81,103,107,111 f., 186 Grenzproduktivität c> 120 f., 158 ff., 250 f., 258 f. Grenzrate der Substitution c> 109
Indifferenzkurve c> 108 ff., 115 f., 154
Güter c> 11 ff., 44 f., 52, 56, 78 ff., 92 ff.,
Industriepolitik c> 432 ff.
102 ff. , 106 ff., 143, 153 ff. , 166, 176 ff., 187, 189, 200 ff., 220, 234 ff. , 249 ff., 279
281, 284, 308, 312 ff., 348, 355 ff., 377 ff.
ff., 288, 312 ff.
398,415
Inflation c> 155, 240 ff. , 247 , 252 ff., 265,
Güter, öffentliche c> 14, 26
Inflationsrate c> 155, 240, 253, 262, 284,
Güter, (de)meritorische c> 49 f.
313 ff., 342, 359 f., 394, 410
Güter, inferiore c> 92, 114
Information, asymmetrische c> 52 f. Infrastruktur c> 174, 293 f., 355, 363, 409 ff., 422 ff.
Input-Output-Rechnung c> 198 Insider-Outsider-Modell c> 308 f. Internalisierung c> 49, 192 Investitionen c> 9, 19 , 33 , 93 , 182, 201, 205, Haavelmo-Theorern c> 340 Handelsbilanz c> 223
r.,
313, 327 f.
Hauptfinanzierungsgeschäfte c> 391 Haushalt c> 11 ff., 25 ff., 59 ff., 83, 106 ff.,
112 ff., 153 ff., 179, 199 ff., 209 ff., 250, 255 ff., 272, 315 f., 324, 336 ff., 342 ff., 359 ff., 364 ff. Haushaltsdeflzit, übermäßiges c> 275, 371 f. Haushaltskonsolidierung c> 265, 324, 424
210 f., 225 ff. , 235 ff., 242, 250 f., 258, 260f., 271, 283, 288,291, 302, 306, 310, 314,319,326 Investitionsfalle c> 236 f., 260 ff., 343, 355, 398,401 Investitionsklirna c> 346 Investitionsquote c> 19 , 210, 420 ff. Investitionsgüter c> 13, 17 ff., 236 t., 249, 259
Haushaltskreislauf c> 60 Haushaltsoptimum c> 111 ff. Höchstpreis c> 176 ff. Human Development Index c> 218 Humankapital c> 293, 296, 406, ff. , 428 ff.,
K
436 Kapazitätseffekt c> 346 Kapitalbilanz c> 222 ff.
449
Register
Kapitalmarkt q 6, 235, 246, 250 f., 284,
Leitzins q 391
324,326,336,341,354,383,384,392,
Liquiditätsfalle q 236
417
399 ff.
Kapitalstock q 18 f., 211, 293, 406
r,
410,
416,420,423 Kartell q 150, 152, 167 ff. Keynes-Zinssatzeffekt q 235 f., 260 Keynesianismus q 232 ff., 249 , 265
r.,
261, 343, 355,
Lohnersatzleistungen q 188 f., 299 ff. , 308 Lohnnebenkosten q 242, 308 r., 436 f. Lohnpolitik q 265, 273, 436 ff. Lohnquote q 208 f. Lohnstückkosten q 158,307 f., 320 f., 324,
Komplementärgut q 84 f. , 93, 98
436 ff.
Konjunkturindikatoren q 285
Lohn-Preis-Spirale q 321
Konjunkturrat q 370 Konjunkturschwankungen q 249, 279 ff., 286 ff., 293 ff. , 303 Konjunkturübertragung, internationale q 368 f. Konsumentenrente q 100 f., 141 ff., 180 ff. Konsumfunktion q 10, 255 ff., 339 Konsumgüter q 17 ff., 250, 308, 345, 418
Magisches Viereck q 276
Konvergenzkriterien q 371
marginale Konsumneigung q 256, 319,
Korruption q 177, 293, 410 ff.
339 ff.
Kosten, gesamte q 20, 103, 120 ff., 131,
Markt, (un)vollkommener q 28 , 81, 95, 117,
140, 191, 194
126 f., 136 ff., 140 ff., 179, 239 ff., 251 ,
Kosten, fixe q 103, 120, 123, 129, 193 f.
432
Kosten, variable q 121, 123, 129
Marktangebotsku rve q 86 f., 130
Kosten, durchschnittliche q 123, 129, 133,
Marktbeherrschung q 172, 174
r.. 140 f.
194
Marktformen q 79 ff. , 140, 146, 14 8, 150,
Kostenfunktion q 120 ff., 125
165
Kostenkurven q 12 3 f.
Marktnachfragekurve q 82, 116 f. , 140
Kreuzpreiselastizität q 88, 93
Marktwirtschaft, soziale q 28 ff., 33 Marktversagen q 14, 28, 44,56,193 f., 427 f., 432
L Laffer-Theorem q 415 f. Leistungsbilanz q 222 ff., 325 ff., 439 Leistungsfähigkeitsprinzip q 65 ff.
Mautgüter q 45 Maximalprinzip q 8, 14, 23, 111 Mindestreserve q 3 76, 384 ff., 393 Ministererlaubnis q 173 Mindestlohn q 32,159,178 ff., 240 f., 247, 251,306 ff., 436 Mindestpreis q 170, 176 ff .
450
Register
Minimalprinzip c> 8, 14, 23, 111
Oligopol c> 79 f. , 136, 150 ff. , 165
Makroökonom ie c> 2 t., 198 ff., 232 ff., 269
Opportunitätskosten c> 17 ff. , 131, 153, 250,
ff., 335 ff.
257,419,441
Mikroökonomie c> 2 f., 78 ff., 136 ff., 164 ff.,
277
p
Monopol c> 79 ff., 137 ff. Monopol , natürliches c> 136 f., 193 ff. monopolistische Konkurrenz c> 146 f. , 165 Monopolgewinn c> 140, 145, 150, 430 Mischgüter c> 56
Pareto-Effizienz c> 16 f., 99 ff., 193 f.
Missbrauchsaufsicht c> 174
Phillipskurve c> 357 ff.
Mundell-Fleming-Effekt c> 236
Pigou-Steuer c> 191 ff. Plgou-Verm ögenseffekt c> 235 f. Polypol c> 79 f., 137, 141, 150 Präferenzen c> 27, 47, 80, 92, 146, 156, 165 f., 329 Preis-Absatz-Funktion c> 137 ff., 147, 149 Preisdifferenzierung c> 142 ff.
Natürliche Ressourcen c> 12, 15 f., 153, 208,
Preiselastizität c> 88 ff. , 140, 149, 186, 310,
293
320
Neoklassik c> 233 t., 249 ff., 345 ff., 355,
Preismechanismus c> 25 ff., 191, 249
358
Preisindex c> 315 ff., 380 f.
Nettowertschöpfung c> 204
Preisstabilität c> 377 ff.
Nicht-Ausschließbarkeit c> 45
Preis-Konsum-Kurve c> 113
Nicht-Rivalität c> 45
Principal-Agent-Problem c> 28
No-ball-out-Klausel c> 373
Produktdifferenzierung c> 165
Nutzenfunktion c> 107, 154
Produktion c> 2, 11 ff., 47 f., 79,86,87,94 ff., 118 ff., 127 ff., 139 ff., 157 ff., 165 ff., 177 f., 186, 190 ff., 201 ff., 238 ff., 243,
o
246 ff., 262 ff., 279 ff., 284 ff., 293, 310 ff., 321, 325 ff., 346 ff., 395 ff., 404 ff., 414 f., 427 ff., 440 Produktionsfaktoren c> 11 ff. , 27 , 87, 122, 153, 157 ff. , 166, 203, 209 f., 296 ff. , 312 ,
Offenmarktgeschäfte c> 390 ff.
406 f.
Ökonomisches Prinzip c> 7
Produktionsfunktion c> 15, 118 ff., 121, 139,
Okun-Gesetz c> 404
239,250,259,262 ,406,410,414 Produktionsfunktion, limitationale c> 118
Register
Produktionsfunktion, ertragsgesetzliche q
Say'sches Theorem q 249,254 f., 264 f.
118 ff.
Schattenwirtschaft q 182, 215 f., 411
Produktinnovation q 310, 430
Scherentheorie q 311
Produktionsmöglichkeitskurve q 17 ff.
Schuldenbremse q 366
Produktionspotential q 254, 346, 368
Skalenerträge q 123 f., 143, 409
Produzentenrente q 99 ff. , 141 ff., 181,
Snobeffekt q 82
184 f., 190 Prohibitivpreis q 81, 139 Prozessinnovation q 160, 310, 414
451
Sockelarbeitslosigkeit q 298 Soziale Indikatoren q 217 ff., 412 Sparfunktion q 250, 256 Sparparadoxon q 258 Spekulationskasse q 237, 260 f., 265, 399 Spezialisierung q 23, 123 Spillover-Effekte q 368, 409 Staatsausgaben q 62 ff., 71,210,237,247,
319,336 ff., 340 ff., 354 ff. , 364, 368, 400, Quantitätstheorie q 395
413 Staatsausgabenmultiplikator q 340 f. Staatsfunktionen q 37 f.
R
Staatsausgabenquote q 71 ff., 210, 41 3 Staatsquoten q 70 ff., 413 ff. Staatsversagen q 36 Staatsverschuldung q 336, 348, 361 ff., 419
Rationalitätsfalle q 263 Recheneinheitsfunktion q 314 Refinanzierungspolitik q 390 ff.
Staatsschuldenquote q 361 ff. Stabilisatoren, automatische q 350 ff. Stabilitäts- und Wachstumspakt q 275, 353 ,
Regelbindungen q 350 ff.
366 f., 371 ff.
Rezession q 243, 246, 248, 279, 28 3, 288
Stabilitätsrat q 273, 370
ff., 297 ff., 318, 336 f., 344, 362, 372 Ricardo-Äquivalenztheorem q 356
Stagflation q 247, 360 Steuer q 7, 12 f., 17, 20, 30 ff., 42, 64 ff.,
72 ff., 87 , 92 f., 114 f., 156, 164 ff., 175 ff. , 202 ff., 216, 221, 227, 247, 273, 306, 313, 320,329,335 ff., 350 ff., 390, 411 ff., 415 ff., 433 ff, 440 f. Steuer, direkte q 74 f., 344, 419 Steuer, indirekte q 74 f., 202 ff., 320, 419 Sättigungsmenge q 81, 139
Steuerausweichung q 181 ff. Steuereinholung q 182
452
Register
Steuerquote c> 72 ff. Steuermultiplikator c> 340 Steuerüberwälzung c> 182 f. Stille Reserve c> 297 ff. Strohfeuereffekt c> 252 f., 359 f. Strukturwandel c> 198, 206, 280, 301, 403,
Verbraucherpreisindex c> 316 f., 360 Vermögensrechnung c> 198
432 Substitutionseffekt c> 81, 114 f., 155 f., 187
Verteilungsrechnung c> 201 ff., 208
ff., 440 f.
Verwendungsrechnung c> 201 t., 210 f.
Substitutionsgut c> 83 ff., 92, 177
Verzögerungen, zeitliche c> 80, 264, 285,
Subventionen c> 12 f., 63, 92, 169, 177 f.,
348 ff., 366, 400
191, 194 f., 201 ff. , 271, 329, 336 ff., 415 , 421,429 ff.
Volkseinkommen c> 93, 201, 205, 208 f.,
Synergieeffekte c> 123
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung c> 11 ,
213,224,234, 340, 342,352,355,440
199, 217 ff., 235, 413 vollkommene Konkurrenz c> 80, 95 f., 99,
T
106,117,126 f., 136 ff. , 146 ff., 165, 183
Technischer Fortschritt c> 15 f., 24, 87 , 158 f., 166, 170 f., 239 ff. , 280 f., 293, 304 ff.,
310,319,403 ff., 406 ff. , 427 , 436 Transaktionskasse c> 235
Wachstum c> 2 f., 15, 37, 43, 93, 124, 209,
Transferausgaben c> 339 f.
212 r., 216, 220 f., 234, 251, 271, 275 ff., 279 ff., 292 ff., 306, 310 ff., 321 ff., 346 ,
365 ff., 3 71 ff., 379 ff., 394 ff., 403 ff., 410
a
ff., 427 ff., 436 ff.
Währungsreserven c> 222, 226 f., 326, 328, 379,385 Wechselkurse c> 236, 291, 313, 319, 325,
328 ff., 354 f., 369, 383, 399
Überschussreserven c> 384 ff.
Weltwirtschaftskrise c> 6,209,217 ,233,282,
Umlaufgeschwindigkeit des Geldes c> 381,
290 f. , 298, 318, 324, 352 , 362 , 373, 397,
395 Unabhängigkeit der Zentralbank c> 377 Unsichtbare Hand c> 25, 142
434,439 Wertaufbewahrungsfunktion c> 314 Wertgrenzprodukt c> 157
Register
Wettbewe rbspolitik q 32, 165 ff ., 265, 271,
434 Wertpapierpensionsgeschäfte q 391 Wirtschaftskreislauf q 5, 11 ff. Wirtschaftsordnung q 24 ff. , 270 f., 410 Wirtsc haftspol itik q 3 , 29 , 32 , 145, 18 7, 202,
232 f., 253 f., 263, 269 ff. , 365, 372 ff. , 3 79, 404 f., 414 ff., 440 Wirtschaftst heorie q 3 ff. Wirtschafts- und Währungsun ion q 222, 371 ,
3 76 ff. Wissen q 19, 23 , 2 77 , 281, 4 0 6 ff. , 426 ff. Wohlfahrt sverlust q 141, 144, 148 , 16 4,
180 f., 18 5 f., 190, 193 ff.
r Zahlungsbilanz q 198 ff. , 327 Zahlungsmittelfunktion q 314 Zentralbankgeld q 384 ff. , 390 ff. Zentralverwaltun gswirtschaft q 24 f. Zielkonf likt q 17, 187, 263 f. , 276 f., 348,
357 ,348 Zoll q 87, 189 ff. , 224, 411 Zwei-Säulen-Strateg ie q 380 f.
453