springer-Lehrbuch
Bernd Woeckener
Strategischer Wettbewerb Marktokonomische Grundlagen, Produktdifferenzierung und Innovation
Mit 62 Abbildungen und 7 Tabellen
Sprin ger
Professor Dr. Bernd Woeckener Institut fiir VWL und Recht Universitat Stuttgart KeplerstraEe 17 70174 Stuttgart
[email protected]
ISBN 978-3-540-72209-0 Springer Berlin Heidelberg New York
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88/3180YL- 5 4 3 2 1 0
Gedruckt auf saurefreiem Papier
Vorwort
Das vorliegende Lehrbuch ist aus meinem Skriptum zu einer vierstundigen Hauptstudiumsvorlesung fiir Studenten der Betriebswirtschaftslehre entstanden. Diese Vorlesung baut auf eine mikrookonomische Grundausbildung auf, wie sie in alien wirtschaftswissenschaftlichen Studiengangen ublich ist. Im Buch habe ich ein einfuhrendes Kapitel zu den entscheidungstheoretischen Grundlagen des strategischen Wettbewerbs vorangestellt, so dass es sich dem Leser auch ohne diese mikrookonomischen Vorkenntnisse erschliefit. Es wendet sich nicht nur an Studenten der Wirtschaftswissenschaften, sondern auch an Praktiker, die einen analytischen und marktokonomischen Zugang zu strategischen Entscheidungsproblemen auf oligopolistischen Markten suchen. Das diesem Lehrbuch zugrundeliegende Skriptum ist iiber viele Jahre hinweg an den Universitaten Tubingen und Stuttgart entstanden. Besonders gedankt sei hier meinen derzeitigen Assistenten Herm Diplomokonomen Raphael Ettle, Herrn Diplomokonomen Marco Henseler und Herm Diplomkaufmann Bemd Riefler sowie meiner Sekretarin Frau Gisela Maurer-Widmann. Mein Dank geht auch an Frau Catharina Glos, Frau Nadiya Koshkolda und Herrn Daniel Missal fur ihre Mithilfe bei der Erstellung der Druckvorlage. SchlieBlich sei an dieser Stelle auch dem Springer-Verlag fiir die schnelle Publikation und insbesondere Frau Katharina Wetzel-Vandai fur die reibungslose Betreuung gedankt.
Stuttgart, im August 2007
Bemd Woeckener
Inhaltsiibersicht
Inhaltsverzeichnis Einfiihrung
IX 1
Teil I: Grundlagen des strategischen Wettbewerbs 1. Entscheidungstheoretische Grundlagen 1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz
5 8
1.2 Preis- vs. Mengenwettbewerb 1.3 Irreversible Investitionen 1.4 Kooperation als Alternative
18 20 34
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen 2.1 Grundlegende Regelungen des Wettbewerbsrechts 2.2 Konzentrationsberichterstattung
41 44 52
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb 3.1 Arten der Produktdifferenzierung 3.2 Preiswettbewerb bei differenzierten GUtern 3.3 Mengenwettbewerb bei differenzierten Gtitern 3.4 Qualitatsfuhrerschaft
65 68 69 78 82
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb 4.1 Entscheidungsexternalitaten 4.2 Zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung 4.3 Zur Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung
91 94 98 105
Teil II: Strategien der Produktdifferenzierung 5. Strategischer Designwettbewerb 5.1 Gewinnmaximales Produktdesign 5.2 Designfuhrerschaft 5.3 Produktvielfalt
113 116 136 139
VIII
Inhaltsubersicht
6. Strategischer Qualitatswettbewerb 6.1 Gewinnmaximale Produktqualitat: das Grundmodell 6.2 Endogene Gesamtnachfrage 6.3 QualitatsbedingteGrenzkostenunterschiede 6.4 Qualitatswettbewerb bei Mengenwettbewerb
145 148 154 159 162
Teil III: Strategischer Innovationswettbewerb 7. Produktinnovation 7.1 Eine Produktinnovation gegebenen AusmaBes 7.2 Produktinnovationen endogenen AusmaBes
169 172 177
8. Patentrennen 8.1 Marktstruktur und Innovationsanreiz 8.2 Symmetrische Patentrennen 8.3 Asymmetrische Patentrennen 8.4 Exkurs zum Patentschutz
187 190 198 206 209
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaOes 9.1 Innovationswettbewerb 9.2 Innovationswettbewerb bei Wissensspillovern 9.3 Gemeinsame Gewinnmaximierung im F&E-Kartell
221 224 231 236
Abbildungsverzeichnis Symbolverzeichnis Literaturverzeichnis Sachverzeichnis
243 247 249 253
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsiibersicht Einfilhrung
VII 1
Teil I: Grundlagen des strategischen Wettbewerbs 1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
5
1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz 1.1.1 Strategische Entscheidungen und strategischer Wettbewerb 1.1.2 Vollkommene Konkurrenz und Monopol 1.1.3 Strategischer Wettbewerb: Mengenwettbewerb als Beispiel
8 8 9 12
1.2 Preis- vs. Mengenwettbewerb
18
1.3 Irreversible Investitionen 1.3.1 Mengenftihrerschaft 1.3.2 Marktzutrittsabschreckung 1.3.3 Kostenfuhrerschaft
20 21 25 28
1.4 Kooperation als Alternative 1.4.1 Gemeinsame Gewinnmaximierung 1.4.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
34 34 35
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
41
2.1 Grundlegende Regelungen des Wettbewerbsrechts 2.1.1 Das Kartellverbot und seine Ausnahmen 2.1.2 Zusammenschlusskontrolle 2.1.3 Missbrauchsaufsicht iiber marktbeherrschende Untemehmen
44 45 47 50
2.2 Konzentrationsberichterstattung 2.2.1 Definition und Messung der Unternehmenskonzentration
52 52
X
Inhaltsverzeichnis
2.2.2 Einige Ergebnisse der Konzentrationsberichterstattung 2.2.3 Einige Ergebnisse der GroBunternehmensanalyse
56 59
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
65
3.1 Arten der Produktdifferenzierung
68
3.2. Preiswettbewerb bei differenzierten Gutern 3.2.1 Preise als strategische Komplemente 3.2.2 Ein Beispiel fur den Fall der rein horizontalen Differenzierung
69 69 76
3.3 Mengenwettbewerb bei differenzierten Gutern 3.3.1 Generelle tJberlegungen 3.3.2 Ein Beispiel fur den Fall der rein horizontalen Differenzierung 3.3.3 Heterogener Mengenwettbewerb vs. heterogener Preiswettbewerb
78 78 79 80
3.4 Qualitatsfuhrerschaft 3.4.1 Qualitatsfuhrerschaft im Mengenwettbewerb 3.4.2 Qualitatsfuhrerschaft im Preiswettbewerb
82 82 86
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
91
4.1 Entscheidungsexternalitaten 4.1.1 Horizontale Entscheidungsexternalitaten 4.1.2 Vertikale Entscheidungsexternalitaten
94 94 95
4.2 Zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung 4.2.1 Gemeinsame Gewinnmaximierung im Preiswettbewerb 4.2.2 Gemeinsame Gewinnmaximierung im Mengenwettbewerb
98 98 101
4.3 Zur Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung 4.3.1 Kartellstabilisierung durch Sanktionen 4.3.2 Kartellstabilitat bei homogenem Preiswettbewerb als Beispiel
105 105 106
Teil II: Strategien der Produktdifferenzierung 5. Strategischer Designwettbewerb
113
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign 5.1.1 Das Hotelling-Grundmodell 5.1.2 Der Einfluss der Praferenzverteilung
116 116 125
Inhaltsverzeichnis
XI
5.1.3 Endogene Gesamtnachfrage
131
5.2 Designfuhrerschaft
136
5.3 Produktvielfalt
139
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
145
6.1 Gewinnmaximale Produktqualitat: das Grundmodell 6.1.1 Marktstruktur 6.1.2 Nachfrage- und Gewinnfunktionen 6.1.3 Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung 6.1.4 Zweite Entscheidungsstufe: Produktqualitaten
148 148 150 151 153
6.2 Endogene Gesamtnachfrage 6.2.1 Nachfrage- und Gewinnfunktionen 6.2.2 Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung 6.2.3 Zweite Entscheidungsstufe: Produktqualitaten
154 154 156 157
6.3 QualitatsbedingteGrenzkostenunterschiede 6.3.1 Marktstruktur und Gewinnfunktionen 6.3.2 Preissetzung und Produktqualitaten
159 159 160
6.4 Qualitatswettbewerb bei Mengenwettbewerb 6.4.1 Marktstruktur und Gewinnfunktionen 6.4.2 Mengensetzung und Produktqualitaten
162 162 163
Teil III: Strategischer Innovationswettbewerb 7. Produktinnovation
169
7.1 Eine Produktinnovation gegebenen AusmaBes 7.1.1 Ausgangssituation 7.1.2 Innovationswettbewerb
172 172 174
7.2 Produktinnovationen endogenen AusmaBes 7.2.1 Innovationswettbewerb bei Preiswettbewerb 7.2.2 Innovationswettbewerb bei Mengenwettbewerb
177 178 182
XII
Inhaltsverzeichnis
8. Patentrennen
187
8.1 Marktstruktur und Innovationsanreiz 8.1.1 Innovationsanreiz bei homogenem Preiswettbewerb 8.1.2 Innovationsanreiz bei homogenem Mengenwettbewerb 8.1.3 Innovationsanreiz eines Etablierten und seines Herausforderers
190 190 192 194
8.2 Symmetrische Patentrennen 8.2.1 Patentrennen bei homogenem Preiswettbewerb 8.2.2 Patentrennen bei homogenem Mengenwettbewerb
198 198 204
8.3 Asymmetrische Patentrennen 8.3.1 Marktstruktur und erwartete Gewinne 8.3.2 Gewinnmaximierung 8.3.3 Nashgleichgewicht
206 206 207 208
8.4 Exkurs zum Patentschutz 8.4.1 Patentdauer und gewinnmaximales InnovationsausmaB 8.4.2 Wohlfahrtsoptimale Patentdauer 8.4.3 Patentlizenzierung
209 210 213 216
9. Frozessinnovationen endogenen Ausmafies
221
9.1 Innovationswettbewerb 9.1.1 F&E-Ausgaben als strategische Substitute 9.1.2 Bin Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
224 224 229
9.2 Innovationswettbewerb bei Wissensspillovern 9.2.1 Konsequenzen von Wissensspillovern 9.2.2 Bin Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
231 231 234
9.3 Gemeinsame Gewinnmaximierung im F&B-Kartell 9.3.1 Innovationsanreiz und F&B-Ausgaben im Kartell 9.3.2 Bin Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefimktion
236 236 239
Abbildungsverzeichnis Symbolverzeichnis Literaturverzeichnis Sachverzeichnis
243 247 249 253
Einfiihrung
Gegenstand dieses Lehrbuchs sind die gewinnmaximierenden Entscheidungen von Untemehmen auf Markten, in denen Handlungen von Konkurrenten direkt und merklich die eigenen Entscheidungen beeinflussen. Durch diese direkte Entscheidungsinterdependenz wird der Wettbewerb im spieltheoretischen Sinne strategisch: Beim Treffen der eigenen Entscheidungen muss ein Unternehmen die Entscheidungen der Konkurrenten antizipieren und dabei berucksichtigen, dass diese ihrerseits versuchen, sein Verhalten zu antizipieren. Die Losung derartiger Entscheidungsprobleme erfordert ein Denken im zukunftigen Marktgleichgewicht. Entscheidungstheorie fur marktbezogene strategische Probleme der Unternehmung ist also zunachst einmal angewandte Markt- und Wettbewerbstheorie. Das Buch ist in drei Teile untergliedert. Der Teil I behandelt in vier Kapiteln die Grundlagen des strategischen Wettbewerbs. Das erste dieser vier Kapitel ist den entscheidungstheoretischen Grundlagen gewidmet. Fur den einfachen Fall eines homogenen Gutes werden hier zunachst die grundlegende Bedeutung der Hohe der Anpassungsflexibilitat der Produktionskapazitaten und des Grades an Irreversibilitat der Investitionen fiir die Entscheidungsfmdung aufgezeigt. AnschlieBend werden die Konsequenzen der Kapazitatsfiihrerschaft und der Kostenfiihrerschaft eines Unternehmens abgeleitet. Das zweite Kapitel behandelt die im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrankungen angelegten wettbewerbsrechtlichen Grundlagen des strategischen Wettbewerbs, insbesondere die einschlagigen Regelungen zu Kartellen, Fusionen und Marktmachtmissbrauch. Diese Regelungen sind sozusagen die Spielregeln des strategischen Wettbewerbs und als solche bei der gewinnmaximalen Entscheidung zu beriicksichtigende Nebenbedingungen. Das dritte Kapitel greift die im ersten Kapitel behandelte Thematik noch einmal auf, jetzt aber fur den Fall differenzierter Produkte. Behandelt werden nun u. a. die Konsequenzen der Qualitatsfuhrerschaft eines Unternehmens. Das den ersten Teil abschliefiende vierte Kapitel analysiert die Unternehmenskooperation im Sinne einer gemeinsamen Gewinnmaximierung im Rahmen von Absprachen oder Zusammenschltissen als Alternative zur Konkurrenz. Behandelt werden die Profitabilitat und die Stabilitat solcher Kooperationen in einem wettbewerblichen Umfeld. Aufbauend auf diese Grundlegung werden im Teil II Strategien der Produktdifferenzierung analysiert. Das fiinfle Kapitel beschaftigt sich zunachst mit der Frage nach den gewinnmaximalen Produkteigenschaften - dem optimalen „Design" eines Produkts im geschmacklichen Sinne. Hier geht es auch um die Designfiihrerschaft eines Unternehmens. Anschliefiend wird im sechsten Kapitel die gewinnmaximale Entscheidung uber die Produktqualitat betrachtet. Der Teil III zum strategischen Innovationswettbewerb schlieBt daran mit dem siebten Kapitel zur Produktinnovation unmittelbar an. Das achte und neunte Kapitel behandeln schlieBlich Strategien der Prozessinnovation. Hier geht es um das Erlangen einer Kostenfiihrerschaft im
2
Einfuhrung
strategischen Forschungs- und Entwicklungswettbewerb. Analysiert werden u. a. die Wirkung von Wissensspillovern zwischen konkurrierenden Unternehmen und die Frage der Vorteilhaftigkeit einer untemehmensubergreifenden gemeinsamen Gewinnmaximierung im Rahmen einer F&E-Kooperation. Mit diesem Buch kniipfe ich inhaltlich an den oligopoltheoretischen Teil meiner im Springer Verlag erschienenen Einfiihrung in die Mikrookonomik - Woeckener (2006) - an. Die fur das Verstandnis des vorliegenden Buches notwendigen entscheidungs- und wettbewerbstheoretischen Grundlagen werden jedoch im ersten Kapitel noch einmal aufgegriffen, so dass dem Leser ein Zugang ohne Vorkenntnisse moglich sein sollte. Dieses Buch ist zu einem guten Teil aus der Auseinandersetzung mit dem zweiten Kapitel der fur die neuere Industrieokonomik bahnbrechenden Theory of Industrial Organization von Jean Tirole entstanden. Umfassendere marktokonomische Lehrbucher, die sich in Teilen auch mit den im Folgenden behandelten Aspekten des strategischen Wettbewerbs befassen und in der gleichen industrieokonomischen Tradition stehen, sind beispielsweise Bester (2004), Pfahler und Wiese (2006) und Wied-Nebbeling (2004). Als erganzende Literatur empfohlen werden konnen zudem die englischsprachigen Lehrbucher Cabral (2000), Martin (2002) und Shy (1995). Die den folgenden Ausfuhrungen zugrundeliegende Primarliteratur wird jeweils am Ende des betreffenden Kapitels genannt.
Teil I: Grundlagen des strategischen Wettbewerbs
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz 1.1.1 Strategische Entscheidungen und strategischer Wettbewerb 1.1.2 VoUkommene Konkurrenz und Monopol 1.1.3 Strategischer Wettbewerb: Mengenwettbewerb als Beispiel a) Die Outputregel im strategischen Mengenwettbewerb b) Reaktionsfunktionen c) Nashgleichgewicht d) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
1.2 Preis- vs. Mengenwettbewerb 1.3 Irreversible Investitionen 1.3.1 Mengenfuhrerschaft a) Der strategische Effekt bei sequentiellem Kapazitatsaufbau b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion 1.3.2 Marktzutrittsabschreckung a) Abschreckung durch Uberkapazitaten b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion 1.3.3 Kostenfuhrerschaft a) Kostenfuhrerschaft im Preiswettbewerb b) Kostenfuhrerschaft im Mengenwettbewerb c) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion 1.4 Kooperation als Alternative 1.4.1 Gemeinsame Gewinnmaximierung 1.4.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
Uberblick In diesem einfuhrenden Kapitel des ersten Teils wollen wir uns mit den entscheidungstheoretischen Grundlagen des strategischen Wettbewerbs befassen. In einem ersten Abschnitt wird zunachst auf die direkte Entscheidungsinterdependenz zwischen den Konkurrenten als konstitutives Charakteristikum des strategischen Wettbewerbs fokussiert. AnschlieBend stellen wir dort die Konzepte der Reaktionsfunktion und des Nashgleichgewichts als grundlegende Instrumente zur L6sung strategischer Entscheidungsprobleme vor. Der zweite Abschnitt wird sich mit der zentralen Bedeutung des Grades der Flexibilitat der Produktionskapazitaten ftir den Charakter des strategischen Wettbewerbs befassen. Sind die Produktionskapazitaten auch kurzfristig flexibel, so hat der strategische Wettbewerb den Charakter eines Preiswettbewerbs; hier folgen die Mengen bzw. Produktionskapazitaten entscheidungslogisch den Preisen. Sind die Produktionskapazitaten kurzfristig unflexibel, so hat der strategische Wettbewerb den Charakter eines Mengen- bzw. Kapazitatswettbewerbs; hier folgen die Preise entscheidungslogisch den Mengen bzw. der aufgebauten Produktionskapazitat. Im dritten Abschnitt wollen wir uns mit der entscheidenden RoUe des Grades der Irreversibilitat von Investitionen fiir den Entscheidungsprozess beschaftigen. Insbesondere werden wir dort zeigen, dass ein hoher Grad an Irreversibilitat unter Umstanden mittels einer strategischen Selbstbindung zum eigenen Vorteil genutzt werden kann. Dies wird an zwei Beispielen detailliert werden: dem Fall irreversibler Investitionen in Produktionskapazitaten als Basis der Mengen- bzw. Kapazitatsfuhrerschaft (bis hin zur Marktzutrittsabschreckung potentieller Folger) sowie dem Fall irreversibler Investitionen in grenzkostensenkende Forschungs- und Entwicklungsprojekte als Basis der Kostenfuhrerschaft. Am Beispiel der Kostenfiihrerschaft werden wir in diesem dritten Abschnitt auch deutlich machen, wie wichtig es ist, ob der strategische Wettbewerb den Charakter eines Preiswettbewerbs oder jenen eines Mengenwettbewerbs hat. In einem abschlieBenden vierten Abschnitt werden wir schlieBlich die Kooperation im Sinne einer gemeinsamen Festlegung der Entscheidungsparameter als Alternative zur Konkurrenz betrachten. Dieser letzte Abschnitt dient der Vorbereitung des vierten Kapitels zur Profitabilitat und Stabilitat einer gemeinsamen Gewinnmaximierung im Rahmen von kooperativen Absprachen und Zusammenschlussen. In alien vier Abschnitten des nun folgenden Einfuhrungskapitels werden wir den vergleichsweise einfachen Fall eines homogenen Gutes betrachten. Ab dem dritten Kapitel analysieren wir dann auch den Fall differenzierter Guter.
8
1. EntscheidungstheoretischeGrundlagen
1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz 1.1.1 Strategische Entscheidungen und strategischer Wettbewerb Eine direkte Entscheidungsinterdependenz liegt vor, wenn das Ergebnis der Entscheidung eines Wirtschaftssubjekts direkt und merklich von den Entscheidungen anderer abhangt und deren Entscheidungen wiederum auch merklich und direkt von der Entscheidung dieses Wirtschaftssubjekts abhangen. Formal zeigt sich eine solche Entscheidungsinterdependenz darin, dass die Aktionsparameter der anderen direkt in der eigenen Zielfiinktion auflreten und umgekehrt. In einer solchen direkt interdependenten Entscheidungssituation muss man die Entscheidungen der anderen beim Treffen der eigenen Entscheidung antizipieren und dabei berucksichtigen, dass diese ihrerseits versuchen, die Entscheidungen aller anderen zu antizipieren. Jeder einzelne weiB, dass auch seine Entscheidung antizipiert wird, und alle anderen wissen, dass er ihre Entscheidung antizipieren will und dass er weiB, dass sie das wissen. Bei Vorliegen einer derartigen Entscheidungsinterdependenz spricht man von strategischen Entscheidungen. Das „strategisch" ist hier also im Sinne einer gegenseitigen Beobachtung und Antizipation zu verstehen. In diesem Sinne strategische Entscheidungen werden mit Hilfe der entscheidungstheoretischen Instrumente der Reaktionsfiinktion und des Nashgleichgewichts getroffen. Eine Reaktionsfiinktion zeigt einem Wirtschaftssubjekt, welches seine optimale Entscheidung ware, wenn man die Entscheidungen der anderen vorgibt. Sie ist der logische Ort einseitig bester Antworten auf das Verhalten der anderen. Im Nashgleichgewicht passen die Entscheidungen aller derart zusammen, dass sie wechselseitig beste Antworten sind: Gegeben die Entscheidungen der anderen hat jeder seine optimale Entscheidung getroffen. Dies ist bei rationalem Verhalten die einzige konsistente Losung. Denn solange ein Beteiligter bei optimalen Entscheidungen aller anderen eine fiir sich suboptimale Entscheidung getroffen hat, wird er seine Entscheidung verandern - und diese Veranderung wird dazu fiihren, dass andere anschlieBend ihr Optimum verfehlen. Im Wettbewerb zwischen den Anbietern produzierter Outer durfte die direkte Interdependenz der Entscheidungen die Kegel sein. Meist liegt also ein im obigen Sinne strategischer Wettbewerb vor. Von dieser Kegel gibt es zwei Ausnahmen: den Wettbewerb bei Vollkommener Konkurrenz und das Vorliegen eines auch vor potentieller Konkurrenz geschtitzten Monopols. Im zweiten Fall gibt es keine direkte Entscheidungsinterdependenz, well es keinen weiteren Anbieter gibt. Im ersten Fall gibt es keine direkte Entscheidungsinterdependenz, weil es so viele andere Anbieter desselben Outes gibt, dass die gegenseitige direkte Ergebnisbeeinflussung nicht oder kaum merklich ist. Um den Kegelfall des strategischen Wettbewerbs mit direkter Entscheidungsinterdependenz besser zu verstehen, macht es Sinn, sich vorher kurz diese zwei Falle ohne direkte Interdependenz zu vergegenwartigen.
1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz
9
1.1.2 VoUkommene Konkurrenz und Monopol Der Polypolist bei Vollkommener Konkurrenz betrachtet den Marktpreis seines Gutes mangels merklicher Einflussmoglichkeit als exogenes Datum seiner Entscheidung. Insbesondere ist der Marktpreis von der sehr kleinen Angebotsmenge eines Polypolisten unabhangig und entspricht damit seinem konstanten Grenzerlos. Bei Vorliegen steigender Grenzkosten in der Produktion wird der Polypolist seine Produktion so lange ausdehnen, bis die Grenzkosten auf die Hohe des Grenzerloses - also des Marktpreises - gestiegen sind. Dieses nicht-strategische Verhalten bezeichnet man als Mengenanpassung und die damit verbundene gewinnmaximierende Entscheidungsregel „Preis gleich Grenzkosten" als polypolistische Outputregel. Formal kann man diese Entscheidungsregel aus der Zielfunktion (1)
Gj(Xj) = Ej(Xj) - Kj(Xj)
= pxj -
KjiXj)
herleiten. Hier steht G fur den Gewinn, E fur den Erlos, K fiir die Kosten, x ist die Menge, p ist der Preis und / ist ein Index fiir den /-ten Anbieter (/ = 1, ..., A^. Allgemein lautet die Maximierungsbedingung erster Ordnung (2)
M = o bzw. ^ dxj
dxj
= ^ . dxj
Beriicksichtigt man die Identitat von Grenzerlos und Preis bei Vollkommener Konkurrenz, so wird aus dieser allgemeinen Outputregel die spezielle Outputregel eines Polypolisten: (3)
_dKj_ dXj
Die Abbildung 1.1-1 illustriert diese Variante der Outputregel.
Abbildung Ll-1 Outputregel bei Vollkommener Konkurrenz
10
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
Die Abbildung macht zugleich die sich formal als Bedingung zweiter Ordnung ergebende Notwendigkeit steigender Grenzkosten deutlich: (4)
^ < o bzw. ^ > 0 . dxi dxf Nur bei steigenden Grenzkosten liegt der zusatzliche Erlos durch ein weiteres produziertes Stiick bei einer kleineren Menge als der gewinnmaximalen iiber den zusatzlichen Kosten - so dass eine Erhohung der Menge den Gewinn steigert und bei einer grSBeren Menge als der gewinnmaximalen unter den zusatzlichen Kosten - so dass eine Verringerung der Menge den Gewinn steigert. Anders als ein Polypolist steht der Monopolist der gesamten Nachfrage und damit einer im Preis fallenden Marktnachfragefunktion gegenuber. Nach dem Preis aufgelost ist dies seine Preis-Absatz-Funktion (5) p = p(x) mit dx Damit hangen seine Erlose nicht nur direkt von der Menge ab, sondern auch indirekt iiber den Preis: (6) E(x) = p(x)x . Erhoht der Monopolist seine Menge um eine Einheit, so berucksichtigt er zwei Teileffekte auf seinen Erlos: Zum einen wiirde bei konstantem Preis der Erlos um diesen Preis einer Einheit steigen. Zum anderen aber kann eine hohere Menge nur durch eine Preissenkung nach MaBgabe der Steigung der Preis-Absatz-Funktion erreicht werden, wodurch fur sich gesehen der Erlos fallen wiirde. Die Grenzerlosfimktion zeigt diese beiden Teileffekte: ^E dp (7) — = p + -^x . dx dx Wegen des zweiten und negativen Teileffekts liegen die Grenzerlose nun stets unter dem Preis. Im Regelfall werden die Grenzerlose mit zunehmender Menge fallen. Denn bei kleinen Mengen und damit hohem Preis diirfte in der Kegel der positive erste Term dominieren, bei groBen Mengen und damit kleinem Preis dagegen der negative zweite Term. Die Ableitung der Grenzerlosfunktion zeigt, dass sich theoretisch bei sehr konvexer Preis-Absatz-Funktion (stark positiver zweiter Ableitung der Preis-Absatz-Funktion) auch steigende Grenzerlose ergeben konnten: (8) ^ = 2 ^ . ^ . . ^ dx^ dx dx" Diesen recht unwahrscheinlichen Fall wollen wir fiir das Weitere ausschlieBen; es gelte also per Annahme (9)
^ < 0 . dx2
1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz
11
Alle diese Uberlegungen zum Verlauf der Grenzerlose gelten immer, sobald Anbieter merklichen Einfluss auf den Preis haben - also nicht nur im Monopol, sondern auch im strategischen Wettbewerb. Die sich mit den Grenzerlosen gemaB Gleichung (7) ergebende monopolistische Outputregel lautet (10)
p + -^x = —-, ox ox Da die Grenzerlose fallen, ist die Maximierungsbedingung zweiter Ordnung d'^K d^E d^G < 0 bzw. (11) dx dx dx auch bei konstanten Grenzkosten erfiillt. Die Abbildung 1.1-2 illustriert die monopolistische Outputregel fiir den Fall steigender Grenzkosten in einer Prinzipdarstellung mit linearen Funktionen. Beim Vergleich mit der Abbildung fiir den Fall Vollkommener Konkurrenz ist zu beachten, dass die Menge sich nun auf einer ganz anderen Skala bewegt als in der Abbildung 1.1-1, da in Abbildung 1.1-2 der gesamte Markt dargestellt ist.
Abbildung LI-2 Outputregel eines Monopolisten Da die Grenzerlose unter dem Preis liegen, kommt es jenseits des Falles Vollkommener Konkurrenz stets zu Preisen uber den Grenzkosten. Dabei steigt die Hohe des relativen Preisaufschlags auf die Grenzkosten mit betragsmaBig abnehmender Preiselastizitat der Nachfrage. Oder umgekehrt formuliert: Je bessere Substitute zum Gut des Monopolisten existieren, umso geringer ist dessen relativer Preisaufschlag auf seine Grenzkosten. Dies lasst sich leicht zeigen, wenn man die Grenzerlose schreibt als
12
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
dp (12)
dE_ p=
dx p
dx
dx
+1
1+^x,p
X
mit 8x,p als negativer Preiselastizitat der Nachfrage. Dies ist die so genannte Amoroso-Robinson-Relation. Die monopolistische Outputregel lasst sich damit formulieren als (13)
p
dK^
i.-L-
dx
Dies ftihrt zur so genannten Lerner-Formel fiir den relativen Preisaufschlag auf die Grenzkosten
dK 1 P
^x,p
1.1.3 Strategischer Wettbewerb: Mengenwettbewerb als Beispiel a) Die Outputregel im strategischen Mengenwettbewerb Wegen der guten Vergleichbarkeit mit der Mengenanpassung bei Vollkommener Konkurrenz und der oben behandelten Mengenfixierung eines Monopolisten werden wir im Folgenden die Entscheidungsfmdung im strategischen Wettbewerb zunachst anhand des Mengenwettbewerbs zwischen N identischen Anbietem bei einem homogenen Gut verdeutlichen. Dabei wollen wir den Mengenwettbewerb als Kapazitatswettbewerb interpretieren: Die Anbieter bauen simultan ihre Produktionskapazitaten auf und nutzen diese anschliefiend auch voll aus. Kurzfristig sind diese Kapazitaten nicht mehr ausdehnbar, so dass mit ihrer Festlegung zugleich der Preis - gemafi der Marktnachfragefunktion - festliegt. Da das Gut homogen ist, wird der Preis einheitlich sein. Mit Blick auf die Reaktion des eigenen Erloses auf Anderungen der eigenen Menge gilt fiir den reprasentativen Anbieter zunachst einmal Analoges wie fiir einen Monopolisten. Insbesondere gelten weiterhin die Gleichungen (6) bis (14), jetzt allerdings mit einem Index / und in Gleichung (14) mit dem Marktanteil des /-ten Anbieters anstelle der „ 1 " im Zahler. Der entscheidende Unterschied ist nun, dass der Marktpreis nicht nur von der eigenen Menge, sondern genauso (und merklich) von der Menge jedes Konkurrenten abhangt: (15) p = p(xi,...,Xi,...,XN). Wird irgendein Konkurrent eine hohere Kapazitat wahlen, so wird der gemeinsame Preis niedriger ausfallen - und dann werden auch die gewinnmaximalen Mengen gemafi der Outputregel andere sein. Die in der gemeinsamen Preis-AbsatzFunktion (15) angelegte wechselseitige Verbundenheit kommt Uber die Erloskomponente als direkte Entscheidungsinterdependenz in die Gewinnfunktion des ein-
1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz
13
zelnen Anbieters. Die Outputregel (Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung) fiir den /-ten Anbieter lautet (16)
P-^
dp dXj
dKj
Xj = — dxj
Die Gewinnmaximierungsbedingung zweiter Ordnung (17)
^-^<0
bzw.
:r->
dxf
dxf
-z-
dxf
ist bei fallenden Grenzerlosen und steigenden oder konstanten Grenzkosten erfuUt. Die Abbildung 1.1-3 illustriert diese Outputregel des strategischen Mengenwettbewerbs und die dabei bestehende Interdependenz zwischen der Mengensetzung des /-ten und desy-ten Anbieters: Antizipiert der /-te Anbieter fiir deny-ten Anbieter eine vergleichsweise hohe Kapazitat, so prognostiziert er einen vergleichsweise niedrigen Preis. Dies bedeutet im Regelfall eine Linksverschiebung der Funktion der erwarteten Grenzerlose und damit die Wahl einer vergleichsweise geringen eigenen Menge.
dKi
dxi
y
mit Xj > Xj
\^
1
J^j^
\
xr(xj)
xf(Xj)
Abbildung 1.1-3 Outputregel im Mengenwettbewerb Formal lautet die Reaktion der Grenzerlose auf eine Mengenerhohung der Konkurrenz (18)
d^Ej
dp
d'p
dxjdxj
^j dXj
dXjdxj
Hier ist das Vorzeichen des zweiten Terms auf der rechten Seite offen. Im empirischen Regelfall wird aber der direkte negative Effekt auf das Niveau des Preises dominieren. Daher ist im Weiteren unterstellt
14
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
(19)
dXjdxj
<0.
b) Reaktionsfunktionen Aus der Abbildung 1.1-3 kann man die Funktion der Abbildung 1.1-4 ableiten, die den Zusammenhang zwischen der erwarteten Konkurrentenmenge Xj und der dann jeweils gewinnmaximalen eigenen Menge jc, in der so genannten Strategienebene wiedergibt. Diese Funktion ist die eingangs schon erwahnte Reaktionsfunktion, hier speziell die Mengen-Reaktionsfunktion des /-ten Anbieters mit Blick auf die y-te Menge. Meistens wird sie nicht linear verlaufen; die Abbildung 1.1-4 ist diesbezuglich ebenso eine Prinzipdarstellung wie die anderen Abbildungen. Formal entspricht die Mengen-Reaktionsfunktion der nach der eigenen Menge aufgelosten Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung, also der Outputregel.
Xi
Xi(Xj) Xi(Xj)
Abbildung 1,1-4 Mengen-Reaktionsfunktion Im Allgemeinen hat ein Anbieter mit N-1 Konkurrenten einen 7V-dimensionalen Strategieraum. Da wir hier aber um der groBeren Klarheit willen von einem reprasentativen Anbieter ausgehen, gibt es auch einen reprasentativen Konkurrenten. D. h., jeder Anbieter kann davon ausgehen, dass sich alle Konkurrenten gleich verhalten werden. Damit reduziert sich das Problem auf ein zweidimensionales. Im Mengenwettbewerb verlaufen die Reaktionsfunktionen fallend. Antizipiert man relativ hohe Konkurrentenmengen, so wird man selbst eine relativ kleine Produktionskapazitat aufbauen. Wegen dieses negativen Zusammenhangs bezeichnet man Mengen als strategische Substitute. Dabei ist die Steigung einer MengenReaktionsfunktion stets betragsmaBig kleiner als eins. Steigt also die antizipierte
1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz
15
Konkurrentenmenge um eine Einheit, so wird die eigene Kapazitat um weniger als eine Einheit reduziert. Dies lasst sich leicht beweisen. Da die MengenReaktionsfunktion des /-ten Anbieters seine Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung ist, muss auf ihr defmitionsgemafi gelten r dGj ^^ \
\ ^1
r
f dGj d
dxj
dXj J
dXj
dXj dxj
-^
Daraus ergibt sich fiir ihre Steigung
ckj _
dxjdxj
dXj
d^Gj
dxf Da die eigenen Grenzkosten nicht von der Konkurrentenmenge abhangen, entspricht der Zahler der rechten Seite der Reaktion der eigenen Grenzerlose auf die Konkurrentenmenge gemafi Gleichung (18). Diese Ableitung ist negativ; siehe Gleichung (19). Der Nenner der rechten Seite ist bei Erfiillung der Bedingung zweiter Ordnung ebenfalls negativ; siehe Gleichung (17). Damit ist zunachst einmal mehr gezeigt, dass die Reaktionsfunktion fallend verlauft. Durch Einsetzen der Gleichung (8) fur die Entwicklung der Grenzerlose in Abhangigkeit von der eigenen Menge sowie der Gleichung (18) fur die Entwicklung der Grenzerlose in Abhangigkeit von der Konkurrentenmenge ergibt sich dp , d^P .. (20)
dx ^ dxj
=
3x. dXjdXj ^ ' ^ , • dp d^p d^Kj
dXj dxf ' dxf Dabei entsprechen sich wegen der Homogenitat des Gutes im Symmetriefall (reprasentativer Anbieter) die beiden ersten Ableitungen der gemeinsamen PreisAbsatz-Funktion. Aus demselben Grund entspricht die zweite direkte Ableitung der Preis-Absatz-Funktion wertmafiig ihrer Kreuzableitung. Damit ist der Zahler groBer als der Nenner und somit ist die Steigung der Reaktionsfunktion grower als minus eins bzw. betragsmafiig kleiner als eins:
(21)
-1<^<0. dXj
c) Nashgleichgewicht Um nun zu einer Entscheidung hinsichtlich seiner aufzubauenden Kapazitat zu kommen, muss der Anbieter die Menge seines reprasentativen Konkurrenten anti-
16
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
zipieren, die er dann im zweiten Schritt in seine Reaktionsfunktion einsetzt. Dabei kann er davon ausgehen, dass auch die Konkurrenten auf ihren Reaktionsfunktionen liegen wollen und wissen, dass er auf seiner liegen will und wissen, dass er weiB, dass sie das wissen usw. Also werden alle zur gleichen Prognose kommen: Es werden jene Mengen gesetzt werden, die im Schnittpunkt aller Reaktionsfunktionen liegen. Da wir hier mit identischen Anbietern argumentieren, ist dies einfach der Schnittpunkt der beiden Reaktionsfunktionen Ri und Rj - siehe Abbildung 1.1-5. Diesen Schnittpunkt bezeichnet man als Nashgleichgewicht. Wegen der Giiltigkeit von Gleichung (21) ist die Existenz dieses Nashgleichgewichts garantiert. Im Nashgleichgewicht sind die Mengen wechselseitig beste Antworten: Gegeben die Mengen der Konkurrenten kann keiner sich durch Anderung seiner Menge verbessern. Alle sind in ihrem Gewinnmaximum und der Markt ist im Marktgleichgewicht. Ein Nashgleichgewicht ist also immer sowohl totales Dispositionsgleichgewicht als auch Marktgleichgewicht. Fiir das Entscheidungsverhalten des einzelnen Anbieters im strategischen Wettbewerb kann man das auch so formulieren: Um seinen Gewinn zu maximieren, muss er stets das Marktverhalten und seine RoUe im Marktgleichgewicht zu antizipieren versuchen. Xj
V Nashgleichgewicht * Xi
Abbildung 1.1-5 Nashgleichgewicht des Mengenwettbewerbs Im Symmetriefall hat jeder Anbieter einen Marktanteil von einem A^-tel. Dementsprechend gilt analog zur Gleichung (14) hinsichtlich des relativen Preisaufschlags auf die Grenzkosten P(22)
dxj
N
-s
x,p
1.1 Direkte Entscheidungsinterdependenz
17
Dies zeigt uns, dass sich das Marktergebnis des strategischen Mengenwettbewerbs fur sehr hohe Anbieterzahlen jenem bei Vollkommener Konkurrenz annahert (Preis gleich Grenzkosten).
d) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Die vorangegangenen Ausflihrungen zum homogenen Mengenwettbewerb wollen wir jetzt noch einmal anhand eines einfachen funktional spezifizierten Beispiels verdeutlichen. Es gebe N Anbieter und diese sollen alle die gleichen konstanten Grenzkosten kf = k haben. Es gilt also Kj = kxj + Kf.
Es gelte auBerdem die lineare Marktnachfragefunktion X = a-bp und damit die gemeinsame Preis-Absatz-Funktion
In dieser gemeinsamen Preis-Absatz-Funktion ist schon mitgedacht, dass wegen der Homogenitat des Gutes im Anschluss an die Mengenfestlegung alle den gleichen Preis setzen werden. Dadurch ergibt sich eine sehr direkte Entscheidungsinterdependenz. Uber die Erlose kommt diese Interdependenz in die Gewinnfiinktion des reprasentativen /-ten Anbieters: a 1 2 1 ^ b b b j=\ ^ -^ Als Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung ergibt sich die Outputregel
b b""' b}jj~''' Hier sieht man nun explizit die negative Abhangigkeit der eigenen Grenzerlose von den ftir die Konkurrenten antizipierten Mengen. Durch Auflosen ergibt sich die Reaktionsfunktion Ri als
r Xj = 0,5
a-
\ N ^ Xj -bk
Die Rj lautet vollig analog. Das Nashgleichgewicht kann man nun als Schnittpunkt der Reaktionsfunktionen berechnen. Schneller aber geht es, wenn man die Tatsache nutzt, dass im Symmetriefall (Fall mit einem reprasentativen Anbieter) alle die gleiche gewinnmaximale Menge setzen werden. Damit ergibt sich direkt aus der Reaktionsfunktion
a-bk
N-\
18
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
Also lauten die Einzelmengen im Nashgleichgewicht
*
a-bk
Die Gesamtmenge ist N +l ' und damit folgt gemafi der gemeinsamen Preis-Absatz-Funktion fiir den Preis a N a N ^ \ a N ^ b N + lb 7V + 1 N + lb # +1 Bei einem Stuckgewinn von
b(N-^l) ergibt sich also der maximal mogliche Gewinn des /-ten Anbieters tiber die Multiplikation von Stuckgewinn und Einzelmenge als
* ^ i o-M b[ 7V + 1
\2
_^
V'
1.2 Preis- vs. Mengenwettbewerb Im eben behandelten Mengenwettbewerb bauen die Anbieter zunachst Produktionskapazitaten auf, produzieren dann unter Auslastung dieser Kapazitaten und verkaufen anschliefiend die Produktion vollstandig zum erzielbaren Preis. Dabei ist angenommen, dass die einmal aufgebauten Kapazitaten nicht kurzfristig ausgebaut werden konnen. Es kann also in der Verkaufsphase nicht mehr als das verkauft werden, was vorher bei VoUauslastung produziert wurde. Daher steht der Preis schon mit der Festlegung der Gesamtkapazitat fest: Es ist der Preis, zu dem sich die gesamte produzierte Menge gemafi Marktnachfragefunktion verkaufen lasst. Hat also der strategische Wettbewerb den Charakter eines Mengenwettbewerbs, so folgt der Preis entscheidungslogisch gesehen der Menge. Sind die Kapazitaten dagegen kurzfristig - also so zu sagen im laufenden Verkaufsprozess - erweiterbar, so hat der strategische Wettbewerb den Charakter eines Preiswettbewerbs. Durch Preisunterbietungen konnen dann Anbieter zusatzliche Nachfrage zu Lasten ihrer Konkurrenten auf sich Ziehen und diese mittels Kapazitatsaufbau auch befriedigen. Bei einem homogenen Gut ist dieser Preiswettbewerb denkbar hart, da die Unterbietung der Konkurrenz um einen Cent hinreicht, um die gesamte Nachfrage auf sich zu Ziehen. Dies wUrde sich auch stets rechnen, denn dem Sinken des Stuckgewinns um einen Cent steht dann eine Vermehrfachung der Absatzmenge gegeniiber. Diese Logik wtirde im Preiswettbewerb bei einem homogenen Gut zu Preisunterbietungsspiralen flihren, die erst auf der Hohe der Grenzkosten ein Ende fmden. Erst dann rechnet sich ein weiteres Unterbieten der Konkurrenten nicht mehr. Fur den speziellen Fall konstanter und fiir alle gleicher Grenzkosten lasst sich leicht uberlegen, dass hier das Nashgleich-
1.2 Preis- vs. Mengenwettbewerb
19
gewicht liegt: Gegeben dass alle anderen Anbieter einen Preis in Hohe der Grenzkosten verlangen, lohnt es offensichtlich fiir keinen Anbieter, den Preis zu senken. Das brachte ihm zwar die gesamte Nachfrage, aber bei einem negativen Stuckgewinn. Es lohnt dann aber auch fur keinen Anbieter, den Preis zu erhohen. Das brachte zwar theoretisch einen positiven Stuckgewinn vor Fixkostenabzug, aber die Nachfrage fallt auf null. Die Abbildung 1.2-1 zeigt dieses Nashgleichgewicht des Preiswettbewerbs bei einem homogenen Gut. Verhalten sich alle Anbieter rational, wird es von vornherein realisiert, da dann alle die Preisunterbietungsspirale antizipieren. Bestand haben kann es nur bei Abwesendheit von Produktionsfixkosten. Andernfalls ware dieser homogene Preiswettbewerb bei konstanten und gleichen Grenzkosten fiir alle Anbieter ruinos. Wie die Abbildung illustriert, ergibt sich die Gesamtmenge gemafi der Nachfragefunktion. Hat also der strategische Wettbewerb den Charakter eines Preiswettbewerbs, so folgt die Menge entscheidungslogisch gesehen dem Preis. Anders als im Mengenwettbewerb hangt die Hohe des Preises und der Nachfrage im Nashgleichgewicht des homogenen Preiswettbewerbs nicht von der Zahl der Anbieter ab. Schaut man zuriick auf das Nashgleichgewicht des Mengenwettbewerbs mit seinem positiven Preisaufschlag auf die Grenzkosten, so ist festzustellen, dass die kurzfristige Bindung der Anbieter an gegebene Kapazitaten fur diese letztlich von Vorteil ist, da sie den ruinosen Preiswettbewerb verhindem: Hat man seine gegebene Kapazitat ausgelastet, so wird man die Konkurrenten nicht im Preis unterbieten wollen, da dies nur den StUckgewinn senkt, man aber gar nicht mehr verkaufen kann.
p''=k
Abbildung 1.2-1 Nashgleichgewicht des Preiswettbewerbs Etwas anders konnen die Marktprozesse im Preiswettbewerb bei steigenden Grenzkosten aussehen. Haben alle Anbieter identische Kostenfunktionen, so sind allerdings auch dann Nashgleichgewichte mit einem Preis gleich den Grenzkosten bei genau befriedigter Nachfrage vorstellbar. Insbesondere bei unterschiedlichen
20
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
Grenzkostenverlaufen der Anbieter kann es jedoch auch zu sich immer wiederholenden zyklischen Preisentwicklungen kommen. Bleibt festzuhalten, dass der Charakter des strategischen Wettbewerbs ganz entscheidend vom Grad der Flexibilitat der Produktionskapazitaten abhangt. Sind die Produktionskapazitaten auch kurzfristig vollstandig flexibel, so folgen die Mengen logisch dem Preis, weshalb man den strategischen Wettbewerb dann als Preiswettbewerb bezeichnet. Sind die Kapazitaten kurzfristig iiberhaupt nicht flexibel, so folgt der Preis logisch den Mengen, weshalb man den strategischen Wettbewerb dann als Mengenwettbewerb bezeichnet. In der Realitat liegt der Flexibilitatsgrad der Produktionskapazitaten kurzfristig meist irgendwo zwischen null und unendlich, so dass ein Marktergebnis resultiert, dass ebenfalls irgendwo zwischen dem des Preiswettbewerbs und jenem des Mengenwettbewerbs liegt.
1.3 Irreversible Investitionen Bisher haben wir angenommen, dass die Entscheidungen von alien Anbietem zeitlich simultan getroffen werden. Oft ist es aber so, dass ein Anbieter den anderen z. B. beim Kapazitatsauft)au zeitlich voraus ist - also ein firstmover ist. Haben dabei die Investitionen in den Kapazitatsauft>au den Charakter von irreversiblen Kosten, so bekommt der Mengenwettbewerb einen sequentiellen Charakter: Wegen des irreversiblen Charakters der Investitionen des so genannten Mengenflihrers ist dieser glaubhaft an seine Menge gebunden, wenn die so genannten Mengenfolger spater ihre Kapazitaten aufl)auen. Diese werden daher die schon aufgebaute Kapazitat des Mengenfiihrers ihrer Entscheidung zugrunde legen und sich gewinnmaximal mit ihrer Menge anpassen. Wie wir im ersten Unterabschnitt gleich zeigen werden, kann der Mengenfiihrer dann zu Lasten der Folger eine hohere Menge und damit einen hoheren Gewinn durchsetzen als er im simultanen Wettbewerb hatte - also wenn er den Firstmovervorteil nicht zur Selbstbindung nutzen, sondern auf die anderen warten wiirde. Dies liegt daran, dass die Mengen strategische Substitute sind und die Folger daher ihre Menge umso niedriger setzen, je hoher die Menge des Mengenfiihrers ist. Dartiber hinaus kann ein Mengenfiihrer den Markteintritt potentieller Folger durch den Aufbau einer entsprechend hohen Kapazitat vollstandig verhindern. Notwendige Bedingung daflir, dass der Mengenfiihrer diese Option auch nutzt, ist das Vorliegen von Fixkosten des Marktzutritts. Im zweiten Unterabschnitt werden wir sehen, dass der firstmover zu einer derartigen Marktzutrittsabschreckung eine hohere Kapazitat setzen muss, als sie bei Zulassen des Marktzutritts gewinnmaximal ware. In diesem Sinne spricht man von einer Marktzutrittsabschreckung durch den Aufbau von Uberkapazitaten. Im dritten und letzten Unterabschnitt wollen wir uns schlieBlich mit der Kostenfiihrerschaft bei einem homogenen Gut beschaftigen: Alle Anbieter produzieren hier das gleiche Gut, aber einer hat niedrigere Grenzkosten als die anderen. Eine derartige Kostenftihrerschaft hat ihren Preis, denn Grenzkostensenkungen erfordern meist darauf abzielende F&E-Ausgaben. Diese sind beziiglich der Produkti-
1.3 Irreversible Investitionen
21
onsmenge Fixkosten und haben in der Regel den Charakter irreversibler Investitionen. Man denke beispielsweise an die Ausgaben fur einen extemen Berater, der die Betriebsablaufe analysiert und optimiert. Der Kostenfuhrer unterscheidet sich also von seinen Konkurrenten nicht durch auf alien Produktionsniveaus niedrigere Stuckkosten, sondem durch niedrigere Grenzkosten bei hoheren Fixkosten. Die dahinter stehende Prozessinnovation bewirkt eine Anderung der Kostenstruktur, keine pauschale Kostensenkung. Diese Verschiebung weg von den Grenz- und variablen Stuckkosten hin zu den Produktionsfixkosten ist der strategische Kerngedanke der Kostenfiihrerschaft durch Prozessinnovation. Derselbe Kerngedanke steht letztlich auch hinter der Mengenfuhrerschaft (weshalb beide Strategien hier zusammen behandelt werden): Zum Zeitpunkt des Kapazitatsaufbaus berechnen sich die Grenzkosten einer weiteren Outputeinheit additiv aus den zusatzlichen Kapazitatsaufbaukosten und den zusatzlichen Produktionskosten. Ist aber die Kapazitat erst einmal aufgebaut und hat irreversiblen Charakter, so sind die Grenzkosten um die zusatzlichen Kapazitatsaufbaukosten geringer und die Produktionsfixkosten entsprechend hoher. Auch Mengenfuhrerschaft bedeutet also im Kern die Anderung der Kostenstruktur weg von den variablen Kosten hin zu den Fixkosten der Produktion. Um die Asymmetric zwischen dem Mengen- bzw. Kostenfuhrer und den Folgern abzubilden, reicht es aus, wenn wir im Folgenden den Duopolfall betrachten. Hinsichtlich der hier aufzuzeigenden qualitativen Effekte entspricht dies letztlich der Annahme eines reprasentativen Folgers. Die zur Veranschaulichung gewahlten Beispiele knupfen alle an das obige Beispiel des simultanen Mengenwettbewerbs bei gleichen Kostenfunktionen als Referenzfall an.
1.3.1 Mengenfuhrerschaft a) Der strategische Effekt bei sequentiellem Kapazitatsaufbau Es sei eingangs noch einmal betont, dass der Mengenwettbewerb nur dann sequentiellen Charakter hat, wenn ein Anbieter seine Kapazitat frtiher aufbauen kann und dies infolge eines irreversiblen Charakters der Investitionen eine bindende Wirkung hat. Letzteres ist insbesondere nur dann der Fall, wenn die Kapazitat spater nicht - Oder zumindest nicht ohne grofiere Umrustungsinvestitionen - flir die Produktion eines anderen Gutes verwendet werden kann oder ohne groBere Verluste an einen Anbieter in einem geografisch anderen Markt verkauft werden konnte. Ohne Irreversibilitat gibt es keine Bindung und ohne Bindung gibt es keine sequentielle Logik. Baut man als firstmover eine vollig reversible - weil anders nutzbare oder in einen anderen Markt verauBerbare - Kapazitat auf und erklart, diese auch voll nutzen zu wollen, so ist das keine glaubhafte Bindung. Kommen spater die Konkurrenten hinzu, werden sie diese Kapazitat nicht als Datum ihrer Entscheidung betrachten, an das sie sich anzupassen haben; der Mengenwettbewerb ist dann logisch simultan. Ist die Kapazitatshohe des firstmovers aber eine glaubhafte Bindung an eine entsprechende Produktionsmenge, so wird er zum Mengenfiihrer, an dessen vorgege-
22
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
bene Menge sich der Mengenfolger gemafi seiner Reaktionsfunktion anpasst. Die Entscheidung des Folgers ist also recht einfach; er muss nichts antizipieren, sondem hat nur zu reagieren. Dagegen muss der Mengenfuhrer die Anpassung des Folgers antizipieren. Er kann sich dessen Reaktionsfunktion ausrechnen und damit die Folgermenge direkt auf seine eigene Menge zurtickfuhren. Seine Gewinne bei antizipierter Folgerreaktion hangen nur von der eigenen Menge ab. Sei Anbieter 1 der Mengenfuhrer und Anbieter 2 der Mengenfolger. Dann lautet die Gewinnfunktion des Mengenfuhrers (1) Gi{xi,X2{xi)) = p{xi,X2(xi))xi - Ki(xi) mit X2 = ^2(^1) als Reaktionsfunktion des Folgers. Die Outputregel des Mengenfuhrers lautet also
(2)
p{.„xAxOhi^^^^\r=f^.
yoxi . 0x2 oxi J oxi Neu im Vergleich mit der Outputregel bei simultanem Wettbewerb - das war die Gleichung (16) in Abschnitt 1.1 - ist hier der zweite Term in der groBen Klammer. Diesen Term bezeichnet man als den strategischen Effekt der sequentiellen Logik. Er zeigt, wie der Mengenfuhrer die Auswirkung der Mengenanpassung des Folgers an eine Erhohung der eigenen Menge auf den gemeinsamen Preis antizipiert. Da die Mengen strategische Substitute sind, ist dieser Term positiv: Erhoht der Mengenfuhrer seine Menge um eine Einheit, so senkt der Folger seine Menge gemafi seiner Reaktionsfunktion etwas - wie wir in Abschnitt 1.1 gezeigt haben, um weniger als eine Einheit. Ftir sich genommen induziert diese Folgerreaktion eine Erhohung des gemeinsamen Preises. Insgesamt - also unter Berticksichtigung des ersten Terms - sinkt der Preis, wenn der Mengenfuhrer eine Einheit mehr produziert. Aber eben um weniger als im simultanen Wettbewerb, weil sich die Gesamtmenge wegen der Folgerreaktion um weniger als eine Einheit erhoht. Damit ist der Grenzerlos eines Mengenfuhrers bei jeder Menge hoher als der eines Anbieters im simultanen Wettbewerb. Dementsprechend fallt auch seine gewinnmaximale Menge hoher aus, wahrend die Menge des Folgers geringer ist als bei simultanem Wettbewerb. Da die Mengengegenreaktion des Folgers geringer als die auslosende Anderung des Mengenfuhrers ist, ist die Gesamtmenge im Vergleich zum simultanen Wettbewerb hoher und damit ist der Preis niedriger. Der Gewinn des Folgers sinkt also. Beim Mengenfuhrer dominiert der positive Mengeneffekt. Die Abbildung 1.3-1 zeigt das Nashgleichgewicht des sequentiellen Wettbewerbs im Vergleich mit jenem des simultanen Wettbewerbs am Beispiel linearer Reaktionsfunktionen. Der Mengenfuhrer hat keine Reaktionsfunktion, sondern sucht sich auf der Reaktionsfunktion des Folgers den fiir ihn gewinnmaximalen Punkt aus. Dieser und damit das Nashgleichgewicht im sequentiellen Wettbewerb sind in der Abbildung durch einen dicken Punkt gekennzeichnet. Die gestrichelt eingezeichnete Reaktionsfunktion Rl gilt nur fiir den Fall des simultanen Wettbewerbs. Das Nashgleichgewicht im simultanen Wettbewerb ist der Schnittpunkt dieser Rl mit der Reaktionsfunktion R2.
1.3 Irreversible Investitionen
23
Nashgleichgewicht
* ^2
Abbildung 1.3-1 Nashgleichgewicht bei Mengenfuhrerschaft Es sei noch einmal betont, dass der Vorteil des Mengenfiihrers aus einer freiwilligen Selbstbindung resultiert. Er musste ja nicht als Erster seine Kapazitat aufbauen. Er konnte sich auch tiberlegen, lieber flexibel zu bleiben und auf die anderen zu warten - womoglich um erst einmal zu schauen, was diese fiir Kapazitaten aufbauen. Dies ware aber im hier behandelten Fall offensichtlich ein schwerer strategischer Fehler.
b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Wir kniipfen hier an das Beispiel fiir den simultanen Wettbewerb aus Abschnitt 1.1 an, betrachten nun aber speziell den Duopolfall. In diesem gilt bei simultanem Wettbewerb fur den reprasentativen Duopolisten die Gewinnfunktion ' b ' b ' b ' ^ ' ^ Uber die Outputregel des simultanen Mengenwettbewerbs folgen die Reaktionsfunktionen a-bk- Xj Daraus resultieren die gewinnmaximalen Mengen der Duopolisten
*
a-bk
woraus wiederum fiir den Stiickgewinn folgt * / a-bk ^ 3b Damit resultiert fiir den Gewinn eines Duopolisten im simultanen Fall
24
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
Gibt es nun einen firstmover und haben die Investitionen in den Kapazitatsaufbau irreversiblen Charakter, so gilt anstelle der simultanen eine sequentielle Entscheidungslogik. Die Gewinnfunktion des Mengenfuhrers ergibt sich dann unter Einsetzen der Reaktionsfunktion des Folgers. Es sei wieder der Anbieter 1 der Mengenfiihrer. Dann lauten seine Gewinne ^l(^l) = T^l ~ T^l ~ T^l ^ kxi-Kf. b b b 2 -^ Damit folgt die Outputregel des Mengenfuhrers als a 2 \ a-bk-x^ 1 b b ^ b 2 2b ^ Hier kann man nun explizit ersehen, dass die Grenzerlose des Mengenfuhrers iiber jenen eines Anbieters im simultanen Wettbewerb liegen. Dementsprechend ergibt sich ftir den Mengenfuhrer eine hohere gewinnmaximale Menge als bei simultaner Entscheidungslogik: * a-bk xi = . ^ 2 Eingesetzt in die Reaktionsfunktion des Folgers resultiert flir diesen * a-bk Wie schon erlautert, ist die Folgermenge nicht nur niedriger als jene des Mengenfuhrers, sondern auch niedriger als im simultanen Fall, weil die Mengen strategische Substitute sind. Da die Gegenreaktion des Folgers die hohere Menge des Mengenfuhrers nicht kompensiert, ist die Gesamtmenge bei sequentieller Logik hoher als bei simultaner: * 3(a - bk) X
=—
- .
4 Dementsprechend muss der gemeinsame Preis geringer sein: * a-\- 3bk Der Stuckgewinn lautet jetzt * , a-bk p - k= , ^ 4b und damit folgt fur den Mengenfiihrergewinn ^* I I a-bk \ 2 -Ky, ^1 2b{ 2 Ganz analog ergibt sich fur den Mengenfolgergewinn
^=J\-1^\ - - /
1.3 Irreversible Investitionen
25
Der Vergleich mit dem Gewinn bei simultanem Wettbewerb zeigt: Der Mengenfiihrer profitiert von seiner freiwilligen Selbstbindung durch den irreversiblen Kapazitatsaufbau, der Mengenfolger leidet darunter.
1.3.2 Marktzutrittsabschreckung a) Abschreckung durch Uberkapazitaten Der Mengenfiihrer als Etablierter konnte nun den Marktzutritt eines potentiellen Konkurrenten durch Setzen einer entsprechend hohen Kapazitat (die weiterhin irreversiblen Charakter haben muss) auch vollstandig abschrecken. Dazu muss er seine Produktionskapazitat so hoch ansetzen, dass der gemeinsame Preis nach Zutritt eines Folgers so niedrig ware, dass der potentielle Folger bei Zutritt Verluste machen wtirde. Diese Marktzutrittsabschreckung kann sich fiir den Etablierten aber nur rechnen, wenn es Fixkosten des Marktzutritts gibt. Derartige Fixkosten des Marktzutritts sind beispielsweise die Ausgaben fur zu erwerbende Patente und Lizenzen oder fur zu erbringende Qualifikationsnachweise. Die Notwendigkeit der Existenz solcher fixer Marktzutrittskosten fur die Profitabilitat einer Marktzutrittsabschreckung kann man sich leicht an Hand des Falles konstanter Grenzkosten und damit konstanter variabler Stuckkosten k klarmachen. Dann sind die Sttickgewinne ohne Fixkosten fiir beide gleich p - k. Existieren keine Fixkosten des Zutritts, so mtisste der Etablierte zur Abschreckung des potentiellen Konkurrenten jene Kapazitatshohe wahlen, die zusammen mit der Folgerkapazitat den Preis auf die Hohe k druckt. Dann macht aber der Etablierte unabhangig von seiner Menge selber auch keine Gewinne mehr. Existieren dagegen zu deckende Fixkosten des Zutritts, so wird der potentielle Folger auch schon bei Preisen uber den Grenzkosten knicht mehr zutreten-namlich wenn der variable Stuckgewinnp-kmultipliziert mit der Folgermenge nicht mehr zur Deckung dieser Fixkosten reicht. Dabei gilt: Je hoher die Fixkosten des Zutritts sind, desto geringer ist die zur Abschreckung notwendige Kapazitat des Etablierten, denn desto hoher ist jener Preis, bei dem der Zutritt fiir den Folger nicht mehr lohnt. Fur den Etablierten kann sich die Abschreckung nun rechnen. Denn bei Abschreckung hat er den gesamten Markt und damit eine Menge uber der Ftihrermenge, wodurch der Gesamtgewinn bei Abschreckung auch bei niedrigerem Stuckgewinn uber dem Gewinn beim Zutretenlassen liegen kann. Dieses Phanomen kennen wir an sich schon vom Vergleich der beiden Gewinnkomponenten Stuckgewinn und Menge bei der Entscheidung „Mengenfuhrer werden oder auf die anderen warten" aus dem Vorabschnitt. Formal lasst sich die Hohe der Abschreckungsmenge aus der Forderung (3)
G2(xf^X2(xf),^/)=0
mit Kf als den Fixkosten des Marktzutritts und mit ab fiir „Abschreckung" ermitteln. Diese Abschreckungsmenge ist immer groBer als die Menge bei Zutretenlassen, weil eine Erhohung der Menge des Etablierten sowohl den Preis als auch die
26
1. EntscheidungstheoretischeGrundlagen
Menge des Folgers und damit eindeutig den Folgergewinn senkt (was ja zur Abschreckung notwendig ist). Die Abschreckung lohnt fiir den Etablierten, sofern (4) Gi(^f,0)>Gi(xi,X2(xi)) gilt (mit dem „normalen" Mengenfiihrergewinn auf der rechten Seite). Grafisch gesehen fiihrt die Existenz von Fixkosten des Marktzutritts zu einem Knick in der Reaktionsfunktion des potentiellen Folgers. Sofern die Bedingung (4) erfullt ist, liegt hier das Nashgleichgewicht des sequentiellen Mengenwettbewerbs mit Zutrittsabschreckung. Ist Bedingung (4) nicht erfullt, so kommt es zum Nashgleichgewicht mit zugelassenem Zutritt; siehe Abbildung 1.3-2.
Nashgleichgewicht mit abgeschrecktem Zutritt Nashgleichgewicht mit y^ zugelassenem Zutritt
Abbildung 1.3-2 Nashgleichgewicht mit Marktzutrittsabschreckung
b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Im Folgenden fuhren wir das obige Duopolbeispiel des sequentiellen Mengenwettbewerbs fort. Dabei interessiert uns nur jener Fall, in dem der potentielle Folger auch tatsachlich zutreten wurde, wenn man ihn nicht abschreckt. Es soil also mit Blick auf die fixen Marktzutrittskosten gelten 0<^
ll
a-bk
v2
<— 6" der Gewinn eines Mengenfolgers vor FixkostenAuf der rechten Seite steht hier abzug. Sind die Fixkosten hoher, so spricht man von „blockiertem" Zutritt. In diesem Fall tritt kein zweiter Anbieter zu, sobald der Etablierte die normale Fuhrermenge gesetzt hat. Dann muss also nicht aktiv mittels Uberkapazitat abgeschreckt werden; vielmehr bliebe der Mengefuhrer in diesem Fall des „blockierten" Zutritts sozusagen „automatisch" Monopolist.
1.3 Irreversible Investitionen
27
1st der Zutritt des Folgers nicht automatisch blockiert, so ergibt sich die Hohe der Abschreckungsmenge gemafi Gleichung (3) aus
G2 = f I - ^{xf
+ X2) jx2
-kX2-Kf=0
unter Einsetzen der Reaktionsfunktion des potentiellen Folgers
a-bk-xf^ Dies fiihrt zunachst zu
a-xf-^bka-bk-xf 2b 2
^a-bk-xf 2
^ ^
Diese Gleichung kann man umformen zu
{a-bk-xxf
^^bKf,
Also lautet die zur Abschreckung des Marktzutritts des potentiellen Folgers notwendige Menge
xf
=a-bk-2.,^bKj,
Hier sieht man nun explizit, dass die zur Marktzutrittsabschreckung notwendige Menge umso kleiner ist, je hoher die Marktzutrittskosten sind. Setzt der Mengenfuhrer diese Menge, so ergibt sich mit X2 = ^ der Abschreckungspreis
Dies macht noch einmal deutlich, dass ohne fixe Marktzutrittskosten {Kf = 0) eine Abschreckung fiir den Mengenfiihrer nicht profitabel sein kann. Der Gewinn des Etablierten bei Abschreckung folgt als
Gf=2{a-bk)^^-AKf, Er ist umso hoher, je hoher die Fixkosten des Marktzutritts sind:
^
= 4i-4>0
dKf
^
fiir
\(a-bk^^ ^ b{ 4 Aus dem Gleichsetzen dieses Gewinns bei Abschreckung mit jenem bei zugelassenem Zutritt (auf der rechten Seite) lasst sich jenes Niveau der Fixkosten des Marktzutritts ermitteln, bei welchem der Etablierte gerade indifferent zwischen Zutritt zulassen und Zutritt abschrecken ist: -./
fflhrt uber
J js i^f
Aj^
r^ \ I
L/.^2 a-bk
28
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
^ ^ a-bk zur quadratischen Gleichung
^2
f
3ia-tkf
16* Deren relevante Losung lautet ^
16-Jb
_ 3(a - M)^ ^'*" 32b
ia-tk^^^ '
1024Z)^ l^a-bki^ -{a-bkf ^ 1024Z)2
bzw. {3-yls){a-bkf Mit „in" fur „indifferent". Sind die Fixkosten des Marktzutritts hoher, lohnt es fur den Etablierten, den Marktzutritt des potentiellen Folgers durch Aufbau einer hinreichend hohen Abschreckungskapazitat zu verhindern. Sind die Fixkosten des Marktzutritts niedriger, wird der Etablierte den Marktzutritt des Folgers zulassen. 1.3.3 Kostenfiihrerschaft Wie bei der Mengenfiihrerschaft ist der strategische Kerngedanke der Kostenfiihrerschaft die Umwandlung von Teilen der variablen Produktionskosten zu Produktionsfixkosten mit dem Ziel, durch einen Grenzkostenvorteil einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Dazu dient jetzt eine Prozessinnovation, die durch irreversible Investitionen in Forschung und Entwicklung hervorgebracht wird. Dabei kann es sich bei der Prozessinnovation beispielsweise um eine Optimierung der betrieblichen Ablauforganisation oder um die Verbesserung einer Produktionsmaschine handeln. Das Ausmafi der Grenzkostensenkung und die Hohe der dafur aufzuwendenden F&E-Kosten sind Gegenstand eines gewinnmaximierenden Innovationskalktils, welches wir erst im neunten Kapitel behandeln werden. Im Folgenden wollen wir lediglich die Auswirkungen einer Prozessinnovation gegebenen Ausmafies auf die Absatzmarktposition des Innovators und damit auf seinen Gewinn betrachten. Dies ist ein erster vorbereitender Schritt hin zur Analyse des Innovationswettbewerbs im dritten Teil dieses Buches. Fur das Weitere nehmen wir an, dass ausgehend von einer vollstandig symmetrischen Situation einer von zwei Anbietern seine Grenzkosten senkt. Die Auswirkungen dieser Grenzkostensenkung schauen wir uns zunachst fur den Fall des homogenen Preiswettbewerbs auf dem Absatzmarkt und anschliefiend fiir jenen des homogenen Mengenwettbewerbs an. Es ist klar, dass im ersten Fall die Auswirkungen drastischer sein werden als im zweiten, da im Preiswettbewerb die Wettbewerbsintensitat viel hoher ist.
1.3 Irreversible Investitionen
29
a) Kostenfuhrerschaft im Preiswettbewerb Wir knupfen an den Fall der Abbildung 1.2-1 mit konstanten und gleichen Grenzkosten aller (jetzt: beider) Anbieter als Ausgangssituation an. Mangels bindender Kapazitatsschranken setzen beide Anbieter einen Preis in Hohe der Grenzkosten, die Menge ergibt sich gemafi der Gesamtnachfragefunktion. Nun realisiere einer der beiden eine Grenzkostensenkung. Wir wollen zunachst annehmen, dass diese so deutlich ausfallt, dass der Innovator sich anschliefiend wie ein Monopolist ohne Konkurrenz verhalten kann: siehe Abbildung 1.3-3. GemaB der monopolistischen Outputregel ergibt sich dann seine gewinnmaximale Menge im Schnittpunkt der neuen Grenzkosten mit der Grenzerlosfunktion und der zugehorige Preis folgt gemafi der Gesamtnachfragefunktion. Wegen des AusmaBes der Grenzkostensenkung bleibt dieser Monopolpreis hier unter den Grenzkosten des Konkurrenten. Dieser ist damit automatisch vom Markt verdrangt. Man spricht in diesem Fall von einem drastischen Grenzkostenvorteil bzw. von einer drastischen Prozessinnovation. Mit Gyj sind in der Grafik die Gewinne aus der Innovation vor Fixkostenabzug bezeichnet (mit „v" fiir „variabel").
Abbildung 1.3-3 Drastischer Grenzkostenvorteil im Preiswettbewerb Die Abbildung 1.3-4 zeigt zum Vergleich den Fall eines nicht-drastischen Grenzkostenvorteils als Folge einer ebensolchen Prozessinnovation. Hier lage der Monopolpreis, der sich aus der monopolistischen Outputregel ergibt, oberhalb der Grenzkosten des Konkurrenten - der Innovator kann ihn also nicht verlangen. Stattdessen wird er nun einen Preis setzen, der einen Cent unter den Grenzkosten des Konkurrenten liegt, also diesen fast entspricht (Naherungsannahme in der Grafik). Dies bezeichnet man als limit pricing. Durch dieses limit pricing wird der Innovator ebenfalls zum Monopolisten.
30
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
Abbildung 1.3-4 Nicht-drastischer Grenzkostenvorteil im Preiswettbewerb Drastische und nicht-drastische Grenzkostenvorteile bzw. Prozessinnovationen wirken sich unterschiedlich auf das Marktgleichgewicht aus. Im Falle der nichtdrastischen Grenzkostensenkung andert sich fiir die Nachfrager mit Blick auf Preis und Menge fast nichts. Im drastischen Fall dagegen haben auch die Nachfrager etwas von der Innovation: Der Preis sinkt und damit steigen Menge und Konsumentenrente. Im drastischen Fall ist der Gewinn und damit der Innovationsanreiz natUrlich hoher als im nicht-drastischen Fall - aber die in die Produktionsfixkosten eingehenden F&E-Investitionen werden auch hoher gewesen sein. Bleibt festzuhalten, dass im Preiswettbewerb bei einem homogenen Gut und konstanten Grenzkosten eine Prozessinnovation auf jeden Fall zu einer Monopolstellung des Kostenfiihrers fiihrt. Diese deutliche Konsequenz einer Kostenfiihrerschaft ergibt sich aus der hier vorliegenden hohen Wettbewerbsintensitat. Nicht so deutlich sind die Auswirkungen der Kostenfuhrerschaft bei steigenden Grenzkosten, bei differenzierten Varianten des Gutes und bei bindenden Kapazitatsschranken. Im nachsten Unterabschnitt wird das exemplarisch fur den Fall des homogenen Mengenwettbewerbs aufgezeigt.
b) Kostenfuhrerschaft im Mengenwettbewerb GemaB der Outputregel fiir den Mengenwettbewerb fiihrt eine Senkung des Grenzkostenniveaus immer zu einer Erhohung der gewinnmaximalen Menge des Innovators. In der diese Outputregel illustrierenden Abbildung 1.1-3 bedeutet die Prozessinnovation eine Drehung der Grenzkostenfunktion im Uhrzeigersinn. Da die Mengen strategische Substitute sind, wird die Mengenerhohung des Kostenfiihrers zu einer Mengensenkung des Konkurrenten fiihren. Solange der Grenzkos-
1.3 Irreversible Investitionen
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tenvorteil des Kostenfiihrers aber nicht drastisch ist, wird auch der Anbieter mit dem Grenzkostennachteil am Markt bleiben. Dies zeigt die Abbildung 1.3-5 am Beispiel linearer Reaktionsfunktionen. Die Grenzkostensenkung schlSgt sich hier in einer Nachobenverschiebung der Reaktionsfunktion des Kostenfiihrers nieder. Gestrichelt dargestellt ist die Ausgangssituation gleicher Grenzkosten beider Anbieter. Die Inflexibilitat der Kapazitat des Kostenfiihrers verhindert im nichtdrastischen Fall bei Mengenwettbewerb ein limit pricing. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Kostenfiihrerschaft im Preiswettbewerb. Die Mengensenkung des Konkurrenten wird nun - wie wir aus Abschnitt 1.1 wissen - geringer ausfallen als die Mengenerhohung des Kostenfiihrers. Also steigt die Gesamtmenge und fallt damit der Preis. Im Mengenwettbewerb kommt es damit immer zu einer Senkung des Preises und Erhohung der Konsumentenrente - nicht nur im Falle einer drastischen Innovation. Bei Mengenwettbewerb wird der Kostenflihrer nur bei einer drastischen Grenzkostendifferenz zum Monopolisten.
Abbildung 1.3-5 Nicht-drastischer Grenzkostenvorteil im Mengenwettbewerb Ganz wie bei der Mengenfiihrerschaft fiihrt die Kostenfiihrerschaft zur Erhohung des Gewinns des Kostenfiihrers (vor Fixkostenabzug) und zu einer Gewinnsenkung beim Konkurrenten.
c) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfi-agefimktion Mit diesem Beispiel woUen wir den hinter den obigen Abbildungen stehenden Fall einer linearen Gesamtnachfi-agefiinktion a - bp und konstanter Grenzkosten auch algebraisch behandeln. Zunachst wollen wir annehmen, der strategische Wettbewerb habe den Charakter eines homogenen Preiswettbewerbs. Bei einem nichtdrastischen Grenzkostenvorteil andern sich dann Preis und Menge im Nashgleich-
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1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
gewicht im Vergleich zum Symmetriefall (fast) nicht. Der Kostenfiihrer macht nun allerdings einen Stuckgewinn in Hohe der Differenz zwischen den Grenzkosten vor der Prozessinnovation (minus einem Cent) und den Grenzkosten nach der Prozessinnovation. Das fiihrt zu einem Limit-Pricing-Gewinn in Hohe von Im Falle eines drastischen Grenzkostenvorteils lautet die monopolistische Outputregel des Kostenflihrers a 2 x = k. b b Daraus ergibt sich seine gewinnmaximale Menge als
a-bk .
X =
2 Der Preis belauft sich also in diesem Fall auf a-\-bk Dies fiihrt beim Kostenfiihrer zum Monopolgewinn von
a-bk
T\2
-^/-
b
Die Grenzkostensenkung ist defmitionsgemaB drastisch, sofern der normale Monopolpreis des Kostenflihrers unter den alten Grenzkosten liegt, also sofern gilt a + bk 7
2b bzw. k-k > b Nun wollen wir annehmen, der strategische Wettbewerb habe den Charakter eines homogenen Mengenwettbewerbs. Zunachst sei der Fall eines nicht-drastischen Grenzkostenvorteils betrachtet, in dem nun beide Anbieter - anders als bei Preiswettbewerb - im Markt bleiben. Ihre Gewinnfunktionen lauten \Jl\Xj^X
j) —
Xj
b
Xj
b
^i^ i
^i^i
b
mit kj = A: fiir den Kostenfuhrer und kj = ^ fur seinenKonkurrenten (k
^
fj
1.3 Irreversible Investitionen
Uber die Outputregel a__2_ _]_ b b ' b ^ folgen die Reaktionsfiinktionen a-bkj -Xj Xj =
33
'
.
Im Nashgleichgewicht ergeben sich daher die Mengen * a + bkj -Ibkj Xj
.
=
' 3 Sei wieder der Anbieter 1 der Kostenfuhrer. Dann ist seine gewinnmaximale Menge * a + bk- 2bk ^ 3 und jene seines Konkurrenten belauft sich auf *
a + bk-2bk
-2=
^
•
Der Kostenfuhrer hat also die hohere Menge und diese ist zudem hoher als im Symmetriefall. Die Menge seines Konkurrenten ist geringer als vor der Innovation. Ftir die Gesamtmenge gilt
^
2a-bk-bk
" = — - , — '
und dies ergibt den gemeinsamen Preis . a + bk + bk ^ 3Z) Wie oben ausgefuhrt steigt also die Gesamtmenge durch die Grenzkostensenkung und dementsprechend fallt der Preis. Anders als bei der Limit-Pricing-Losung bei Preiswettbewerb wird nun ein Teil der Grenzkostensenkung als Preissenkung an die Nachfrager weitergegeben. Aus den Sttickgewinnen vor Fixkosten p-kj=
a + bkj - 2bkj ^ -
^ ' 3b folgt der Gewinn des Kostenftihrers als
f a +. .7 .,-\^ bk- Ibk
-K /,!•
V
Der Gewinn seines Konkurrenten lautet a + bk- 2bk
•
^fa'
Letzterer kann angesichts des Fallens seiner Menge und fallenden Preises nur zurtickgehen. Beim Kostenfuhrer sieht man nun explizit die Dominanz des Mengeneffekts. Ist die oben abgeleitete Bedingung fiir den drastischen Fall
34
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
b erflillt, so wurde der Gewinn des Konkurrenten des Kostenfuhrers negativ und der Kostenfuhrer realisiert die oben (bei der Betrachtung des Preiswettbewerbs) hergeleitete Monopollosung.
1.4 Kooperation als Alternative 1.4.1 Gemeinsame Gewinnmaximierung Statt miteinander in Konkurrenz zu treten, konnten sich die Anbieter auch darauf einigen, beim Setzen des Preises im Preiswettbewerb bzw. beim Festlegen der Mengen im Mengenwettbewerb eine gemeinsame Gewinnmaximierung zu betreiben. Dann wiirden sie ihre Aktionsparameter so setzen, dass der Gesamtgewinn maximiert wird. Diese gemeinsame Maximierung des Gesamtgewinns durch eine koUektive Vereinbarung hinsichtlich der Aktionsparametersetzung stellt die entscheidungstheoretische Kooperationslosung dar. Wenn im weiteren Verlauf von Kooperation die Rede ist, so ist das immer in diesem entscheidungstheoretischen Sinne gemeint. Nicht gemeint ist damit eine weitergehende Zusammenarbeit wie beispielsweise die Zusammenlegung der Produktion zwecks Realisierung von Massenproduktionsvorteilen. Eine gemeinsame Gewinnmaximierung kann im Rahmen unterschiedlicher Formen der Zusammenarbeit durchgefuhrt werden. Zu nennen sind hier insbesondere schriftlich fixierte oder nur mundliche Absprachen (Kartelle) und Unternehmenszusammenschltisse (Fusionen). Die den Gewinn erhohende Wirkung der gemeinsamen Gewinnmaximierung ersieht man am deutlichsten am Beispiel des Preiswettbewerbs bei einem homogenen Gut und konstanten sowie gleichen Grenzkosten. Im Wettbewerb ergibt sich hier unabhangig von der Anbieterzahl ein Nashgleichgewicht ohne Gewinne vor Fixkostenabzug (Preis gleich Grenzkosten). Wiirden sich alle N Anbieter absprechen, konnten sie dieses fur sie sehr unbefriedigende Ergebnis abwenden. Sie wtirden sich darauf verstandigen, dass jeder den Monopolpreis verlangt und ein A^tel der Monopolmenge an den Markt bringt. Jeder wtirde dann ein 7V-tel des Gewinns eines Monopolisten machen. Woher der h5here Gewinn bei Kooperation kommt, sieht man leichter anhand des Mengenwettbewerbs. Vergleicht man die Outputregel des Mengenwettbewerbs mit der Outputregel der gemeinsamen Gewinnmaximierung, also der Outputregel eines Monopolisten, so wir deutlich: Wenn der einzelne Mengenwettbewerber seine Menge erhoht bis die Grenzerlose den Grenzkosten entsprechen, berucksichtigt er nicht, dass eine Erhohung seiner Menge um eine weitere Einheit nicht nur seinen Grenzgewinn mindert, sondern auch jenen aller Konkurrenten. Dieser negative externe Effekt des Wettbewerberkalkuls wird bei gemeinsamer Gewinnmaximierung internalisiert, da man dann den Einfluss auf den Grenzgewinn des gesamten Marktes im Auge hat. Damit ist auch schon klar, dass bei gemeinsamer
1.4 Kooperation als Alternative
35
Gewinnmaximierung die Menge geringer und der Preis hoher ist als bei Wettbewerb. Die Nachfrager erleiden also einen Konsumentenrentenverlust. Prinzipiell kann eine alle Anbieter umfassende gemeinsame Gewinnmaximierung den Gewinn der Anbieter insgesamt im Vergleich zur Wettbewerbssituation nur erhohen. Dennoch stehen die Unternehmen auf den Markten uberwiegend zueinander im Wettbewerb. Dies liegt zum Teil sicherlich am gesetzlichen Verbot der meisten Kartellvarianten und vieler Fusionen. Diese Verbote reflektieren den durch die gemeinsame Gewinnmaximierung oft eintretenden Wohlfahrtsverlust wie beispielsweise den oben beschriebenen Verlust an Konsumentenrente. Damit werden wir uns ausfuhrlich im gleich folgenden zweiten Kapitel beschaftigen. Wichtiger aber als diese gesetzlichen Kooperationsverbote ist vielleicht ein anderer Punkt: Zwar fiihrt eine alle umfassende gemeinsame Gewinnmaximierung flir jeden einzelnen Anbieter zu einer Verbesserung im Vergleich zur Konkurrenz aller miteinander. Aber jeder einzelne konnte oft noch besser stehen, wenn er als einziger aus der Absprache aussteigt. Dieser Punkt spricht das Problem der inneren Stabilitat der Kooperation an und ist im Preiswettbewerb bei einem homogenen Gut ganz besonders deutlich: Halten sich alle an die Vereinbarung, so macht jeder ein 7V-tel des Monopolgewinns statt gar keinen Gewinn. Aber jeder einzelne wird sich uberlegen, dass er einen noch viel hoheren Gewinn macht, wenn er die Absprache bricht und den vereinbarten Preis um einen Cent unterbietet. Dann verzichtet er auf einen Cent Stuckgewinn, hat aber den AA-fachen Absatz und damit (fast) den gesamten Monopolgewinn ftir sich (vorausgesetzt, alle anderen halten sich an die Absprache). Da dies nun jeder weiB, wird keine Absprache zustande kommen (weil sich sowieso keiner daran halten wurde). Eine derartige kooperative Absprache ist eben kein Nashgleichgewicht. Dieses Problem der Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung werden wir im vierten Kapitel sowohl ftir den Fall des Preiswettbewerbs als auch ftir jenen des Mengenwettbewerbs und sowohl ftir ein homogenes Gut als auch ftir ein differenziertes Gut analysieren.
1.4.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Wir wollen hier beispielhaft den Fall einer alle Konkurrenten umfassenden gemeinsamen Gewinnmaximierung von N Anbietern behandeln. Unabhangig davon, ob diese ursprunglich im homogenen Preis- oder im homogenen Mengenwettbewerb miteinander standen, entspricht dann die Kooperationslosung der normalen Monopollosung. Aus der monopolistischen Outputregel x=k b b folgt die Gesamtmenge a-bk x= . 2 Einsetzen der Gesamtmenge in die Preis-Absatz-Funktion ftihrt nach Abzug der konstanten Grenzkosten zum Stuckgewinn vor Fixkosten
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1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
p-k = a-bk 2b Der Gesamtgewinn belauft sich also auf
\
°-T'
a-bk
-NK f'
Jedes Mitglied der Kooperation bekommt einen Gewinnanteil in Hohe von Gi =
\2 _}_fa_ bk -K
/• Nb( 2 Zum Vergleich: Bei Wettbewerb ergibt sich im Preiswettbewerb gar kein Gewinn; hier ist die Kooperation also offensichtlich profitabel. Im symmetrischen Mengen wettbewerb ergab sich (siehe Abschnitt 1.1)
^*
If a-bkA 2
-K / • b[ N-hl Dieser Gewinn im Nashgleichgewicht ist stets kleiner als der Gewinnanteil bei gemeinsamer Gewinnmaximierung, denn fur A^ > 1 ist (N+l)^ stets groBer als 47V. Auch bei Mengenwettbewerb ware also eine alle Anbieter einbeziehende Kooperation profitabel. In beiden Fallen gibt es allerdings Stabilitatsprobleme. Darauf werden wir im vierten Kapitel ausfuhrlich zu sprechen kommen. CJ/
= —
Zur Veranschaulichung illustriert die Abbildung 1.4-1 speziell den Duopolfall bei Mengenwettbewerb. Der schon aus dem Abschnitt 1.1 bekannten Konkurrenzlosung ist dort die Monopollosung als Kooperationslosung gegenubergestellt.
a-bk a-bk a-bk 4 3 2 Abbildung 1.4-1 Konkurrenz vs. Kooperation im Mengenduopol
1A Kooperation als Alternative
37
In der Abbildung wurde unterstellt, dass die Gesamtmenge gleichmafiig auf die beiden Beteiligten aufgeteilt wird. Bei konstanten Grenzkosten ware das bei Existenz von Produktionsfixkosten nicht kostenminimal. Denn dann konnte man den Fixkostenblock durch Zusammenlegung der Produktion in einem Betrieb einmal einsparen. Das hat jedoch zwei Nachteile. Zum einen verliert dann einer der beiden Anbieter die KontroUe uber seine Markthalfte. Zum zweiten ware dies im Falle der Illegalitat der Kooperation vor den Kartellbehorden wohl kaum zu verbergen.
38
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Im spieltheoretischen Sinne strategische Entscheidungsprobleme kann man mit Hilfe der Konzepte der Reaktionsfiinktion und des Nashgleichgewichts losen. 2. Sind die Produktionskapazitaten auch kurzfristig flexibel, so hat der strategische Wettbewerb den Charakter eines Preiswettbewerbs und die Mengen folgen entscheidungslogisch den Preisen. Sind die Produktionskapazitaten dagegen kurzfristig unflexibel, so hat der strategische Wettbewerb den Charakter eines Mengenwettbewerbs und die Preise folgen entscheidungslogisch den Mengen. 3. Bei Mengenwettbewerb sind die Mengen strategische Substitute. Dabei ist das AusmaB der Reaktion auf eine (prognostizierte) Anderung einer Konkurrentenmenge stets betragsmaBig kleiner als die sie auslosende Anderung. 4. Unter den hier gemachten Annahmen ist bei einem homogenen Gut die Existenz eines Nashgleichgewichts bei Mengenwettbewerb gesichert. Im Falle des Preiswettbewerbs gilt das nur bei konstanten Grenzkosten. 5. Bei einem homogenen Gut ist ein Preiswettbewerb stets barter als ein Mengenwettbewerb. Beispielsweise sind bei konstanten und unter den Konkurrenten gleichen Grenzkosten im homogenen Preiswettbewerb keine Gewinne moglich, im Mengenwettbewerb aber schon. 6. Haben Investitionen irreversiblen Charakter, so kann man dies fiir eine glaubhafte Selbstbindung nutzen, die unter Umstanden vorteilhaft ist. 7. Irreversible Investitionen in Produktionskapazitaten konnen zu einer Mengenfuhrerschaft genutzt werden, die unter den geschilderten Umstanden den Gewinn erhoht. Bei entsprechend hohen Marktzutrittskosten ermoglichen sie eine Marktzutrittsabschreckung mit unter Umstanden noch hoheren Gewinnen. 8. Irreversible Investitionen in grenzkostensenkende Forschungs- und Entwicklungsprojekte konnen zur Kostenfuhrerschaft fiihren. 9. Bei der Kostenfuhrerschaft ist im Fall einer nicht-drastischen Grenzkostendifferenz von groBer Bedeutung, ob der strategische Wettbewerb ein Preiswettbewerb Oder eher ein Mengenwettbewerb ist. Bei Preiswettbewerb bedeutet dann (bei symmetrischer Ausgangssituation) im Falle eines homogenen Gutes jeder noch so kleine Grenzkostenvorsprung eine Monopolstellung fiir den Kostenfuhrer; bei Mengenwettbewerb resultiert ein asymmetrisches Oligopol. 10. Die Kooperation im Sinne einer gemeinsamen Festlegung des Aktionsparameters ware bei Beteiligung aller Konkurrenten stets profitabel. Diese gemeinsame Gewinnmaximierung ist dann allerdings stets instabil.
Grundlegende Literatur
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Grundlegende Literatur Die ersten formalen Uberlegungen und Losungsvorschlage zum Preiswettbewerb und zum Mengenwettbewerb finden sich in den grundlegenden Arbeiten Cournot (1838), Bertrand (1883) und Stackelberg (1934). Entsprechend der vom jeweiligen Autor favorisierten Losung bezeichnet man Gleichgewichte des simultanen Mengenwettbewerbs auch als Cournot-Gleichgewichte, jene des Preiswettbewerbs als Bertrand-Gleichgewichte und die Gleichgewichte des sequentiellen Mengenwettbewerbs als Stackelberg-Gleichgewichte. Eine rigorose Formulierung als Nashgleichgewichte fanden diese Losungen aber erst viel spater. Denn das Konzept des Nashgleichgewichts wurde erst um die Mitte des letzten Jahrhunderts entwickelt. Bahnbrechend waren hier u. a. die Arbeiten des Namensgebers Nash; siehe beispielsweise Nash (1950). Zur Interpretation des Mengenwettbewerbs als Kapazitatswettbewerb siehe Kreps und Scheinkman (1983). Dort werden die Bedingungen, die fur diese Interpretation im Einzelnen erfiillt sein miissen und deren Gtiltigkeit wir hier einfach unterstellt batten, detailliert diskutiert. Wer an Weiterfuhrendem zum Preis- und zum Mengenwettbewerb interessiert ist, kann auf das ftinfte und sechste Kapitel von Tirole (1988) verwiesen werden. Erganzend empfohlen seien insbesondere die Ausfuhrungen zur Existenz von Nashgleichgewichten im homogenen Preiswettbewerb bei mengenabhangigen Grenzkosten auf S. 211ff sowie die ausfuhrliche Diskussion des oben erwahnten Ergebnisses von Kreps und Scheinkman auf S. 228ff Stets gut lesbar und weitergehend an der Primarliteratur orientiert als Tirole (1988) ist Martin (2002), S. 1 Iff.
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
2.1 Grundlegende Regelungen des Wettbewerbsrechts 2.1.1 Das Kartellverbot und seine Ausnahmen 2.1.2 ZusammenschlusskontroUe a) Tatbestand, Meldepflicht und Untersagung b) Die marktbeherrschende Stellung und das Problem der Marktabgrenzung 2.1.3 Missbrauchsaufsicht iiber marktbeherrschende Untemehmen
2.2Koiizentrationsberichterstattung 2.2.1 Definition und Messung der Untemehmenskonzentration a) Definitionen b) Konzentrationsraten und Konzentrationskurven c) Herfmdahl-Index 2.2.2 Einige Ergebnisse der Konzentrationsberichterstattung 2.2.3 Einige Ergebnisse der GroBuntemehmensanalyse
Uberblick In diesem zweiten Kapitel des Einfuhrungsteils werden wir uns mit den wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen des strategischen Wettbewerbs beschaftigen. Diese wettbewerbsrechtlichen Regelungen sind sozusagen die Spielregeln, unter denen der strategische Wettbewerb stattfindet. Dementsprechend sind sie als Nebenbedingungen der Gewinnmaximierung zu berticksichtigen. Mit Blick auf die nationale Gesetzgebung sind die wichtigsten dieser Wettbewerbsregeln im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrankungen (GWB) verankert. Die im GWB festgelegten Regeln verfolgen letztlich zwei grundlegende okonomische Ziele: Zum einen soil durch Verhinderung von Kartellen und Zusammenschltissen eine moglichst hohe Wettbewerbsintensitat aufrechterhalten werden. Zum zweiten soil durch eine Missbrauchsaufsicht uber marktbeherrschende Unternehmen die Verzerrung von Marktergebnissen infolge von Behinderungspraktiken und Ausbeutung verhindert werden. Im ersten Abschnitt dieses Kapitels werden wir die diesbeziiglich einschlagigen Regelungen naher behandeln: das Kartellverbot, die ZusammenschlusskontroUe und die Missbrauchsaufsicht liber marktbeherrschende Unternehmen. Im Kontext der ZusammenschlusskontroUe sowie der Missbrauchsaufsicht wird zudem Uber das Konzept der Marktmacht bzw. der marktbeherrschenden Stellung und damit zusammenhangend uber die Abgrenzung des jeweils relevanten Marktes zu sprechen sein. Im zweiten Abschnitt werden wir einen Blick auf den Stand der Unternehmenskonzentration in Deutschland werfen. Dazu werden zunachst statistische Kennzahlen zur Ermittlung der Unternehmenskonzentration eingefiihrt und einige wesentliche Ergebnisse der Konzentrationsberichterstattung der Monopolkommission vorgestellt. AnschlieBend wollen wir uns mit den Ergebnissen der so genannten GroBunternehmensanalyse der Monopolkommission beschaftigen. Bei dieser GroBunternehmensanalyse werden einige wichtige Merkmale - wie beispielsweise Umsatz und Beschaftigtenzahl - der hundert nach Wertschopfung grofiten deutschen Unternehmen erhoben. AuBerdem dokumentiert die Monopolkommission mit Blick auf diese GroBuntemehmen u. a. deren wechselseitige Beteiligungen und personellen Verflechtungen sowie ihre RoUe in den zuruckliegenden Zusammenschlussverfahren.
44
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
2.1 Grundlegende Regelungen des Wettbewerbsrechts Uberlasst man die Markte sich selbst, so muss man damit rechnen, dass Marktteilnehmer versuchen, durch Bildung von Kartellen und durch Zusammenschlusse mehr Marktmacht zu erlangen. Denn mehr Marktmacht bedeutet hohere Gewinne. Mehr Marktmacht durch Verringerung der Zahl unabhangig entscheidender Wettbewerber bedeutet aber im Regelfall auch eine Verminderung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt. Dartiber hinaus kann durch Kartellbildung und Zusammenschlusse erlangte Marktmacht missbraucht werden, beispielsweise in Form von Ausbeutung oder Behinderung. Daher unterliegt das Wettbewerbsverhalten insbesondere der privaten Untemehmen einer rechtlichen Missbrauchsaufsicht und daher muss sich ihre Kooperation an Kartellgesetze und gesetzliche Bestimmungen der Zusammenschlusskontrolle halten. Staatliche Missbrauchsaufsicht, Kartellgesetzgebung und Zusammenschlusskontrolle setzen also dem strategischen Wettbewerb und der Unternehmenskooperation Grenzen, welche die Unternehmen als Nebenbedingung im strategischen Entscheidungskalkul berucksichtigen mussen. Aus diesem Grund sollen in diesem Abschnitt die wichtigsten wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen des strategischen Wettbewerbs behandelt werden. Fur in Deutschland ansassige Unternehmen fmden sich die einschlagigen wettbewerbsrechtlichen Regelungen im Wesentlichen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrankungen GWB, auf das wir uns im Weiteren konzentrieren werden. Infolge der europaischen Rechtsangleichung sind die Regelungen des GWB meist wirkungsgleich mit den einschlagigen Rechtsnormen auf europaischer Ebene, also den Artikeln 81 (Kartelle) und 82 (Marktmachtmissbrauch) des EG-Vertrages sowie der europaischen Verordnung zur Zusammenschlusskontrolle. Enge Beziehungen gibt es zwischen dem GWB und dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb UWG. Das UWG richtet sich vor allem gegen so genanntes sittenwidriges Verhalten wie den Verrat von Geschaftsgeheimnissen, irrefiihrende Werbung oder geschaftliche Verleumdung. Dafiir, dass die Regelungen des GWB auch eingehalten werden, hat in erster Linie das Bundeskartellamt zu sorgen, eine selbstandige Bundesoberbehorde mit Sitz in Bonn. Seine Entscheidungen werden von so genannten Beschlusskammern getroffen. Das Bundeskartellamt gehort zum Geschaftsbereich des Bundesministeriums fur Wirtschaft, seine Beschlusskammern sind aber nicht weisungsgebunden. Begleitet wird die Arbeit des Bundeskartellamts von der Monopolkommission, die aus fiinf unabhangigen Sachverstandigen besteht, welche auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundesprasidenten berufen werden. Die Monopolkommission erstellt alle zwei Jahre ein Gutachten zur Unternehmenskonzentration in Deutschland, in dem sie auch die Anwendung der Vorschriften zur Zusammenschlusskontrolle und die vom Bundeskartellamt praktizierte Missbrauchsaufsicht wiirdigt. Das GWB setzt sich aus sechs Teilen zusammen, von denen uns mit Blick auf die unternehmerischen Entscheidungen im strategischen Wettbewerb nur der erste Teil „Wettbewerbsbeschrankungen" interessiert. Die weiteren Telle regeln beispielsweise die Zusammensetzung und Befugnisse der Kartellbehorden und die Verwaltungs- und Gerichtsverfahren bei VerstoBen gegen das GWB. Der erste
2.1 Grundlegende Regelungen des Wettbewerbsrechts
45
Teil des GWB setzt sich seinerseits aus acht Abschnitten zusammen, von denen wir den ersten zu den Kartellen, den siebten zur Zusammenschlusskontrolle und den dritten zu Marktbeherrschung und Marktmachtmissbrauch naher betrachten wollen. Die weiteren Abschnitte behandeln z. B. die Sonderregeln fiir einige Wirtschaftszweige wie die Landwirtschaft und die Kredit- und Versicherungswirtschaft.
2.1.1 Das Kartellverbot und seine Ausnahmen GemaB § 1 GWB (im Folgenden immer in der Fassung vom 26.08.1998) sind Kartelle zunachst einmal prinzipiell verboten. Dahinter steht die Erkenntnis, dass - zumindest im Falle nicht zu ungleicher Marktanteile - eine Verringerung der Anzahl der unabhangig entscheidenden Wettbewerber fiir sich allein genommen die Wettbewerbsintensitat senkt, wodurch im Regelfall infolge hoherer Marktpreise (und damit geringerer Mengen) die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt sinkt. Die Tatbestandsdefmition fur ein Kartell ist im § 1 sehr weit gefasst: Unter einem Kartell versteht das GWB „Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, Beschlusse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschrankung oder Verfalschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken." Es werden hier also drei Arten von Kartellen unterschieden. Hier kann man „Vereinbarung" im Sinne einer schriftlichen Fixierung verstehen, wahrend die abgestimmte Verhaltensweise nicht schriftlich dokumentiert ist. Im ersten Fall spricht man auch von einem „klassischen Kartell". Dieser Fall lasst sich meist leichter nachweisen als jener des lediglich informell abgestimmten Verhaltens. Dabei erfordert das Vorliegen eines klassischen Kartells keineswegs die Existenz eines Kartellvertrags zwischen den Mitgliedern. Es reichen beispielsweise auch entsprechende Sitzungsprotokolle relevanter Fuhrungsgremien oder eine formale Kartellbuchfiihrung fiir die Erfullung dieses Tatbestands aus. Fiir ein Verbot ist schon hinreichend, dass der Wettbewerb verfalscht wird. Die negativen Wirkungen auf den Wettbewerb mussen nicht bezweckt sein, es reicht, wenn sie bewirkt wurden. Sie mussen aber auch nicht bewirkt worden sein, es reicht, wenn sie bezweckt wurden. Von der umfassenden Generalklausel des § 1 gibt es nun allerdings eine ganze Reihe von Ausnahmen. Deren Berechtigung ergibt sich aus der Tatsache, dass der Verringerung der Anzahl unabhangig entscheidender Konkurrenten Effekte der Kartellbildung gegenuberstehen konnen, die fiir sich genommen die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt erhohen. Die moglichen Ausnahmen sind in § 2 bis § 6 explizit aufgefiihrt. Danach konnen folgende Kartelltypen vom Verbot des § 1 freigestellt werden - Normen- und Typenkartelle sowie Konditionenkartelle, sofern letztere sich nicht auf Preise oder Preisbestandteile beziehen. Ein Beispiel ftir ein derartiges Konditionenkartell ist die Vereinbarung gemeinsamer Allgemeiner Geschaftsbedingungen bezuglich der Liefer-, Garantie- oder Zahlungsbedingungen (so genanntes AGB-
46
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
Kartell). Der mogliche wohlfahrtserhohende Gegeneffekt besteht bei diesen drei Kartelltypen in der Erhohung der Markttransparenz. - Spezialisierungskartelle und Rationalisierungskartelle, sofern beide nicht zur Entstehung oder Verstarkung einer marktbeherrschenden Stellung fiihren. Bin moglicher wohlfahrtserhohender Gegeneffekt besteht hier in der Realisierung von Skalenertragen beispielsweise in der Produktion. - Strukturkrisenkartelle, sofern diese die Anpassung der Gesamtkapazitat an einen strukturell schrumpfenden Bedarf zum Gegenstand haben. Bin moglicher wohlfahrtserhohender Gegeneffekt besteht hier in der Verhinderung eines ruinosen Wettbewerbs, der zu einem Uberschiefien des Kapazitatsabbaus tiber das langfristige Gleichgewicht hinaus fiihren konnte. - Mittelsstandskartelle, sofern sie auf eine Rationalisierung abzielen, der Wettbewerbsfahigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen dienen und den Wettbewerb nicht wesentlich beeintrachtigen. Bin moglicher wohlfahrtserhohender Gegeneffekt besteht hier in der Bildung eines Gegengewichts zu groBen, wohlmoglich dominanten Unternehmen mit der Folge einer erhohten Wettbewerbsintensitat. So kann beispielsweise die Wettbewerbsintensitat in einem Markt mit einem sehr groBen und vierzehn sehr kleinen unabhangigen Bntscheidem geringer sein als bei drei gleichgroBen unabhangigen Bntscheidem. Bs sei noch einmal betont, dass diese Ausnahmen vom Kartellverbot tiberwiegend im Brmessen des Kartellamts stehen. Denn hier gilt es, in jedem Binzelfall gegenlaufige Bffekte auf die Wohlfahrt abzuwagen. Bs diirfte auch offensichtlich sein, dass die generelle Wirksamkeit der jeweils angemerkten moglichen Gegeneffekte zum Teil recht umstritten ist. Mit dem § 7 gibt es tiber die explizit erwahnten moglichen Ausnahmen vom Kartellverbot hinaus noch eine sehr umfassend formulierte Auffangklausel: „Vereinbarungen und Beschltisse, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zu einer Verbesserung der Bntwicklung, Brzeugung, Verteilung, Beschaffung, Rucknahme oder Entsorgung von Waren oder Dienstleistungen beitragen, konnen vom Verbot des § 1 freigestellt werden, wenn die Verbesserung von den beteiligten Unternehmen auf andere Weise nicht erreicht werden kann, in einem angemessenen Verhaltnis zu der damit verbundenen Wettbewerbsbeschrankung steht und die Wettbewerbsbeschrankung nicht zur Entstehung oder Verstarkung einer marktbeherrschenden Stellung fiihrt." Diese Auffangklausel fiir Kartellverbotsausnahmen macht deutlich, dass das Ziel letztlich nicht eine moglichst hohe Wettbewerbsintensitat ist, sondern eine moglichst hohe gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt. SchlieBlich gilt im GWB noch prinzipiell ein Primat der Politik hinsichtlich des Kartellverbots in Form der Ministererlaubnis des § 8: Der Bundesminister fur Wirtschafl kann alle vom Bundeskartellamt gemafi GWB zu verbietenden Kartelle erlauben, wenn „die Beschrankung des Wettbewerbs aus uberwiegenden Grtinden der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls notwendig ist." Diese Ministererlaubnis tragt insbesondere dem Umstand Rechnung, dass die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt nicht nur eine Frage des Wettbewerbs im Binnenmarkt ist. Die mittlerweile jahrzehntelange Praxis zeigt, dass von § 7 und § 8 nur auBerst zu-
2.1 Grundlegende Regelungen des Wettbewerbsrechts
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ruckhaltend Gebrauch gemacht wird. So haben „hartere" Kartellvarianten wie beispielsweise Preis- oder Mengenkartelle groBer Unternehmen keine Genehmigungschancen.
2.1.2 Zusammenschlusskontrolle a) Tatbestand, Meldepflicht und Untersagung Auch der Tatbestand des Zusammenschlusses wird im GWB recht weit gefasst. So liegt ein Zusammenschluss gemaB § 37 vor - bei Erwerb des Vermogens eines anderen Unternehmens ganz oder zu wesentlichen Teilen; - bei Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen liber die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen (Dabei muss diese Kontrolle nicht durch entsprechende Rechte oder Vertrage wie Eigentumsrechte, Nutzungsrechte und Mitbestimmungsrechte begriindet sein, sondern kann auch auf „anderen Mitteln" beruhen - beispielsweise auf faktischer Personenidentitat in Aufsichtsraten oder Vorstanden.); - bei Erwerb von mindestens 25% der Anteile an einem Unternehmen; - bei Vorliegen irgendeiner sonstigen Verbindung, die einen „wettbewerblich erheblichen Einfluss" auf ein anderes Unternehmen ermoglicht. Mit der letzten Formulierung hat der Gesetzgeber eine sehr weit formulierte Auffangklausel geschaffen. Diese wird aber relativ selten genutzt; in der Regel wird der Tatbestandsnachweis mit harten Fakten geftihrt. So lag bei den im Jahr 2005 vollzogenen (und beim Bundeskartellamt zuvor angemeldeten) 1079 Zusammenschliissen in 227 Fallen ein Vermogenserwerb vor, in 535 Fallen kam es zu einer KontroUubernahme mit Anteilserwerb, in 104 Fallen zu einer Kontrollubemahme ohne Anteilserwerb und nur in 20 Fallen wurde die obige Auffangklausel bemtiht; siehe Monopolkommission (2006), S. 265. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass das GWB keine explizite Unterscheidung in vertikale und horizontal Zusammenschliisse kennt, obwohl dies materiell gesehen und mit Blick auf die Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt sehr unterschiedliche Dinge sind (wie wir im vierten Kapitel zeigen werden). Im zweiten Abschnitt des ersten Teils des GWB zu den so genannten Vertikalvereinbarungen werden lediglich die vertikale Preisbindung sowie vertikale Ausschliefilichkeitsbindungen und Lizenzvertrage behandelt. Anders als Kartelle sind Zusammenschlusse zunachst einmal grundsatzlich erlaubt. Mogliche Gegeneffekte zur fur sich gesehen wohlfahrtsmindemden Wirkung der Verringerung der Zahl der Konkurrenten sind hier u. a. die Realisierung von Skalenertragen in Beschaffung, Produktion und Vertrieb bei horizontalen Fusionen sowie die Realisierung von Transaktionskostenvorteilen bei vertikalen Fusionen. Allerdings muss gemaB § 35 ein geplanter Zusammenschluss vor der Realisierung beim Bundeskartellamt angemeldet werden.
48
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
- wenn die beteiligten Untemehmen im letzten Geschaftsjahr zusammen weltweit mehr als 511,291881 Millionen Euro (vormals eine Milliarde DM) Umsatz hatten Oder - wenn mindestens eines der beteiligten Unternehmen im Jahr davor im Inland 25,564594 Millionen Euro (vormals funfzig Millionen DM) Umsatz gemacht hat. GemaB § 36 ist bei Erfiillung dieser Umsatzkriterien der Zusammenschluss zu untersagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihn eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstarkt wird. Dies gilt allerdings nicht, wenn den Unternehmen der Nachweis gelingt, dass Verbesserungen fur den Wettbewerb eintreten, die den Nachteil der Marktbeherrschung iiberkompensieren. Eine Untersagung eines dem Bundeskartellamt angezeigten Zusammenschlusses ist vergleichsweise selten. So wurden im Jahre 2005 beim Bundeskartellamt 1699 ZusammenschlUsse angemeldet, von denen bisher nur sechs endgiiltig untersagt worden sind. Dem stehen (wie oben schon erwahnt) 1079 erlaubte und mittlerweile vollzogene ZusammenschlUsse gegenuber. Im Jahre 2004 waren 1451 ZusammenschlUsse angemeldet worden, von denen zwolf endgUltig untersagt wurden, wahrend 1128 erlaubt und mittlerweile vollzogen wurden; siehe Monopolkommission (2006), S. 264. Wird ein Zusammenschluss vom Bundeskartellamt untersagt, so kann er im Zuge einer Ministererlaubnis durch den Bundeswirtschaftsminister dennoch ermoglicht werden. Voraussetzung dafiir ist, dass die Wettbewerbsbeschrankung von „gesamtwirtschaftlichen Vorteilen aufgewogen" wird oder der Zusammenschluss „durch ein Uberragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt" ist und dabei „die marktwirtschaftliche Ordnung nicht gefahrdet" ist (§ 42). Wie schon im Kontext des Kartellverbots angemerkt, gilt auch hinsichtlich der Ministererlaubnis in der Zusammenschlusskontrolle, dass sie nur selten erteilt wird. Auch die Existenz dieser Ministererlaubnis beruht u. a. auf der Uberlegung, dass die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt nicht nur eine Frage des Wettbewerbs im Binnenmarkt ist. Will beispielsweise der Bundeswirtschaftsminister die Entstehung so genannter Nationaler Champions durch ZusammenschlUsse deutscher Unternehmen mit Blick auf die Internationale Wettbewerbsfahigkeit dulden, so wird er eine mit Blick auf den deutschen Binnenmarkt erfolgte Untersagung nicht akzeptieren.
b) Die marktbeherrschende Stellung und das Problem der Marktabgrenzung Zentraler Baustein eines Zusammenschlussverfahrens ist gemafi § 36 der Nachweis einer bestehenden oder entstehenden marktbeherrschenden Stellung. GemaB § 19 liegt eine marktbeherrschende Stellung vor, - wenn ein Untemehmen auf dem relevanten Markt ohne Wettbewerber ist oder zumindest keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist (§ 19.1) oder - wenn das Unternehmen auf dem relevanten Markt eine „Uberragende Marktstellung" hat. Indikatoren fiir eine solche „Uberragende Marktstellung" sind neben dem Marktanteil gemessen am Umsatz insbesondere die Finanzkraft des Unternehmens und seine vertikale Verflechtung in benachbarte Markte (§ 19.2). Dabei hat der Gesetzgeber dem Bundeskartellamt in § 19.3 drei so genannte Aufgreiftatbestande fur die Marktbeherrschung an die Hand gegeben. Diese Aufgreif-
2.1 Grundlegende Regelungen des Wettbewerbsrechts
49
tatbestande sind Tatbestande, welche die Vermutung nahe legen, dass eine Marktbeherrschung vorliegt bzw. entstehen konnte, die aber keinen Beweischarakter haben. Sie lauten - ein Unternehmen hat mehr als ein Drittel Marktanteil; - ein, zwei oder drei Unternehmen haben mehr als funfzig Prozent Marktanteil; - ein, zwei, drei, vier oder fiinf Unternehmen haben mehr als zwei Drittel Marktanteil. Mit dem Marktanteil scheint nur auf den ersten Blick ein relativ einfach ermittelbares Kriterium fiir die Marktmacht vorzuliegen. Denn um Marktanteile zu ermitteln, muss man erst einmal den relevanten Markt abgrenzen. Diese Abgrenzung des relevanten Marktes ist eines der Kernprobleme in Zusammenschluss- und auch in Marktmachtmissbrauchsverfahren. Da das GWB keine Kriterien der Marktabgrenzung vorgibt, hat hier die Entscheidungspraxis des Kartellamts in Verbindung mit der Urteilsbegriindung angerufener Gerichte relativ pragmatische Vorgehensweisen entwickelt. Diese waren nicht immer ubermaBig okonomisch fundiert. Zum Teil hat man sich mit einer Antwort auf die Frage zufrieden gegeben, was wohl ein „verstandiger Nachfrager" noch als Substitut und damit als zum Markt gehorig betrachten wUrde und was nicht. Durchgesetzt hat sich das Vorgehen, den relevanten Markt uber die Nachfrageseite abzugrenzen. Das ist der Kerngedanke des so genannten Bedarfsmarktkonzepts. Bei der Einschatzung der Substitutionsbeziehungen zwischen verwandten Gutern aus Nachfragersicht spielen hier zunachst einmal die Preiselastizitaten und Kreuzpreiselastizitaten der Nachfrage eine zentrale RoUe. Ein einfacher Grundgedanke ist, dass man Substitutionsketten zwischen verwandten Gutern betrachtet und die Marktgrenzen dort zieht, wo relativ groBe Substitutionslucken (betragsmaBig niedrige Elastizitaten) bestehen. In neuerer Zeit fmdet der so genannte Hypothetisches-Monopol-Test eine vermehrte Anwendung. Die hinter diesem Test stehende Uberlegung basiert auf der inversen Beziehung zwischen dem relativen Preisaufschlag auf die Grenzkosten und der Preiselastizitat der Nachfrage in der Lemer-Formel (siehe Abschnitt 1.1). Fiir einen Monopolisten lautet die Lerner-Formel _dKj_ dxj _
1
Eine betragsmaBig hohe (niedrige) Preiselastizitat der Nachfrage steht fiir wenig (viel) Marktmacht und damit fiir einen geringen (hohen) Preisaufschlag. Nach dem Konzept des Hypothetischen-Monopol-Tests umfasst der relevante Markt jene Guter(varianten), welche ein Monopolist zu einer wesentlichen Preissteigerung uber die Grenzkosten hinaus nutzen konnte, wenn er denn ein Monopolist aller dieser Guter(varianten) ware. Dabei spricht man von einer „wesentlichen" Preissteigerung ab fiinf Prozent. Das ist ein von der Praxis verwendeter Schwellenwert, der Akzeptanz fmdet. Das Vorgehen bei der Marktabgrenzung ist dann im Kern wie folgt: Man betrachtet zunachst das Gut des untersuchten Unternehmens und dessen direkte und beste Substitute. Dabei stellt man sich die Frage, welchen Preisaufschlag das Unternehmen durchsetzen konnte, wenn es der Mono-
50
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
polist auch dieser besten Substitute ware. 1st man uber fiinf Prozent, so ist man schon am Ende. Liegt man darunter, so bezieht man die nachstbesten Substitute ein und stellt sich dieselbe Frage erneut. Das macht man solange, bis der Schwellenwert erreicht wird. Alle bis dorthin einbezogenen Substitute bilden dann den relevanten Markt.
2.1.3 Missbrauchsaufsicht iiber marktbeherrschende Unternehmen Einem Unternehmen gerichtsfest den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nachzuweisen, gehort zweifellos zu den schwierigsten Aufgaben des Bundeskartellamts. Dazu muss zunachst in einem ersten Schritt der relevante Markt abgegrenzt werden und dann in einem zweiten Schritt die marktbeherrschende Stellung auf diesem Markt nachgewiesen werden. Wie eben schon erlautert, sind dies beides im Regelfall recht schwierige Unterfangen. Darauf aufbauend kommt dann als der dritte Schritt der Nachweis des Missbrauchs dieser marktbeherrschenden Stellung hinzu. Hier geht es darum, einem Unternehmen nachzuweisen, dass es einen oder mehrere seiner Aktionsparameter „missbrauchlich" einsetzt. Das GWB unterscheidet im § 19.4 vier Arten des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Diese kann man in die zwei Kategorien des Behinderungsmissbrauchs und des Ausbeutungsmissbrauchs zusammenfassen. Ein Behinderungsmissbrauch liegt vor, - wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen die Wettbewerbsmoglichkeiten anderer Unternehmen in einer fur den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise „ohne sachlich gerechtfertigten Grund" beeintrachtigt oder - sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen „angemessenes Entgelt" Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen eigenen Infrastruktureinrichtungen zu gewahren. Ein Ausbeutungsmissbrauch liegt vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen - Entgelte oder sonstige Geschaftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich „bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben wUrden" oder - ungunstigere Entgelte oder sonstige Geschaftsbedingungen fordert, als sie „das Unternehmen selbst auf vergleichbaren Markten von gleichartigen Abnehmern" fordert - es sei denn, dass der Unterschied „sachlich gerechtfertigt" ist. Hinsichtlich des dritten Punktes spricht man vom so genannten Als-ob-Konzept. Die Frage ist, woher man wissen soil, was bei „wirksamem Wettbewerb" ware. Man behilft sich hier mit dem Blick auf sachlich verwandte Markte, auf denen dann nattirlich Wettbewerb bestehen muss. Das ist das so genannte Vergleichsmarktkonzept. Im Anschluss an diese Bestimmungen des § 19.4 werden in den Paragraphen 20 bis 23 einige Falle gesondert abgehandelt. Zu nennen sind hier insbesondere das Diskriminierungsverbot und das Boykottverbot, zum Beispiel die Preisdiskriminierung und der Lieferboykott.
2.1 Grundlegende Regelungen des Wettbewerbsrechts
51
Die Kartellamtspraxis tut sich mit der Umsetzung der im GWB angelegten Missbrauchsaufsicht schwer. Dies liegt zum einen an dem oben beschriebenen Problem der Abgrenzung des relevanten Marktes. Kann der Markt nicht in gerichtsfester Weise eng genug abgegrenzt werden, so kann mangels marktbeherrschender Stellung auch kein Missbrauch einer solchen vorliegen. Zum zweiten ist aber auch der Tatbestandsnachweis an sich schwierig. Das kann man sich am Beispiel der Marktzutrittsabschreckung durch Uberkapazitaten bzw. durch den zugehorigen Abschreckungspreis aus dem Abschnitt 1.3.2 leicht uberlegen. Von der Sache her bedeutet eine derartige Abschreckung einen Marktmachtmissbrauch. Aber wie soil man ihn nachweisen? Die blofie Tatsache, dass sich der Zutritt fur einen zweiten Anbieter nicht lohnt, weil dann der Preis zu niedrig ware, reicht dazu nicht hin. Denn der Zutritt konnte auch durch entsprechend hohe Marktzutrittskosten „automatisch" blockiert sein, ohne dass der Etablierte eine hohere Menge als die „normale" setzt. Die Kartellbehorde mtisste also wissen und nachweisen konnen, dass die Kapazitat des Etablierten mit dem Ziel der Abschreckung missbrauchlich uberhoht ist. Ein weiteres Grundproblem der Missbrauchsaufsicht ist es, dass oft eine klare okonomische Fundierung dafiir fehlt, warum man uberhaupt von einem Missbrauch sprechen soil. Nehmen wir den einfachen Fall des Ausbeutungsmissbrauchs in Form einer Preisdiskriminierung als ein erstes Beispiel: Ein Unternehmen wird stets den gewinnmaximalen Preis setzen. Bietet es sein Gut auf geografisch gesehen unterschiedlichen Markten an, so werden dort in aller Kegel die Wettbewerbs- und Nachfi-agebedingungen unterschiedlich sein. Denn diese hangen letztlich von den jeweiligen Praferenzen, Technologien und Faktorausstattungen ab und diese werden von Ort zu Ort variieren. Also ergeben sich unterschiedliche gewinnmaximale Preise. Fur das GWB ist dies ein potentieller Fall der Preisdiskriminierung. Im Falle der Preisdiskriminierung kommt noch hinzu, dass diese im Endkundenbereich nachweislich die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt erhohen kann. Ein zweites Beispiel ist der Behinderungsmissbrauch in Form der Verdrangungspreissetzung. Hier besteht zum einen wiederum ein Diagnoseproblem: Wie soil man den Verdrangungspreis von einem Konkurrenzpreis unterscheiden? Zum zweiten ist auch wieder zu fragen, wo hier der Missbrauch liegt. Warum beispielsweise ist es missbrauchlich, wenn ein Untemehmen seine Ware entgegen der eigenen Planung unter Grenzkosten verkaufen muss, weil es bei der Produktion die Nachfi*age falsch eingeschatzt hat? Und schlieBlich kann man drittens zeigen, dass Verdrangungspreise unter Umstanden langfristig die Wohlfahrt erhohen konnen. Empirisch gesehen entstehen marktbeherrschende Stellungen fast nie durch internes Unternehmenswachstum, sondern fast immer durch Zusammenschltisse. Vor diesem Hintergrund kann man formulieren: Eine gute Zusammenschlusskontrolle ist die beste Missbrauchsaufsicht. Dies gilt umso mehr, als im deutschen Wettbewerbsrecht eine Zerschlagung („Entflechtung") eines marktmachtigen Unternehmens - anders als beispielsweise in den USA - nicht vorgesehen ist.
52
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
2.2 Konzentrationsberichterstattung Die Monopolkommission dokumentiert alle zwei Jahre den Stand und die Entwicklung der Untemehmenskonzentration in den verschiedenen Wirtschaftsklassen der amtlichen Statistik, insbesondere jenen des Produzierenden Gewerbes. AuBerdem erstellt sie fiir jedes Hauptgutachten eine nicht wirtschaftsklassenbezogene GroBuntemehmensanalyse, in der einschlagige okonomische Merkmale der hundert groBten deutschen Konzeme sowie die Verflechtung dieser Konzeme untereinander aufgezeigt werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse der Konzentrationsberichterstattung ist zu beriicksichtigen, dass die Wirtschaftsklassen der amtlichen Statistik keine Markte im Sinne des relevanten Marktes sind. Insofern konnen diese Daten aus den Hauptgutachten keine Relevanz fiir konkrete Falle des Bundeskartellamts haben. Sie sollen vielmehr davon losgelost ein eigenstandiges Bild der Wettbewerbsverhaltnisse in der deutschen Wirtschaft geben. Vor diesem Hintergrund sei noch einmal in Erinnerung gerufen, dass es keinen einfachen Zusammenhang zwischen Untemehmensanzahl und Wettbewerbsintensitat gibt. Wie wir aus der Markttheorie wissen, konnen beispielsweise Markte fiir differenzierte Outer und mit relativ unflexiblen Kapazitaten bei sehr vielen Anbietern eine geringere Wettbewerbsintensitat aufweisen als Markte mit wenigen Anbietern, wenn dort die Kapazitaten flexibel und die Giiter recht homogen sind. Will man also ein aussagekraftiges Bild iiber die Starke der Wettbewerbsintensitat in den verschiedenen Wirtschaftsklassen bekommen, so braucht man mehr als nur die Anbieterzahlen und Umsatzanteile.
2.2.1 Definition und Messung der Untemehmenskonzentration a) Definitionen Zunachst einmal muss man zwei grundlegende Arten der Untemehmenskonzentration unterscheiden: die absolute Untemehmenskonzentration und die relative Untemehmenskonzentration. Eine absolute Untemehmenskonzentration liegt vor, wenn der gesamte Umsatz in der betrachteten Wirtschaftsklasse auf wenige Unternehmen entfallt. Ein Beispiel fiir den Fall einer ausschlieBlich absoluten Konzentration ist das Vorliegen von nur drei Unternehmen mit Marktanteilen von jeweils einem Drittel. Eine relative Untemehmenskonzentration liegt vor, wenn der gesamte Umsatz in der betrachteten Wirtschaftsklasse ungleich auf die dort agierenden Unternehmen verteilt ist. Ein Beispiel fiir den Fall einer ausschlieBlich relativen Konzentration ist das Vorliegen von tausend Unternehmen bei einem kumulierten Marktanteil der drei groBten von diesen tausend Untemehmen von neunzig Prozent. Anders als in diesen beiden Beispielen treten beide Arten der Konzentration in der Regel zusammen auf. Es gibt beispielsweise nur vier Unternehmen, von denen zwei zusammen einen Marktanteil von neunzig Prozent haben. Eine zweite wichtige Unterscheidung ist die in Konzentration als Zustand (siehe obige Beispiele) und Konzentration als Prozess. Eine Konzentration als Prozess liegt vor, wenn die Zahl der Unternehmen in einer Wirtschaftsklasse iiber die Zeit
2.2 Konzentrationsberichterstattung
53
abnimmt und / oder die Umsatzanteile sich zu Gunsten der groBten Unternehmen verschieben. Die Monopolkommission dokumentiert alle zwei Jahre die Konzentration als Zustand und kann dadurch ruckblickend fiir die einzelnen Wirtschaftsklassen auch die Konzentration als Prozess aufzeigen. Wie in den obigen Definitionen schon beriicksichtigt, benutzt sie bei der Berechnung der statistischen KonzentrationsmaBe die Umsatzanteile. In letzter Zeit legt die Monopolkommission ihrer Konzentrationsberechnung nicht mehr einzelne Unternehmen (im juristischen Sinne) zugrunde, sondem wo immer moglich Unternehmensgruppen. Dahinter steht die Uberlegung, dass man mehrere von einer Person gefuhrte Unternehmen oder mehrere von einem Mutterkonzern gefiihrte Tochter als eine Entscheidungseinheit betrachten muss. Da mit der Konzentrationsanalyse Marktmachtbildung erkannt werden soil, ist diese Aggregation zu Unternehmensgruppen offensichtlich ein sinnvolles Konzept. Seine umfassende Umsetzung erfordert, bei alien der amtlichen Statistik gemeldeten Unternehmen nach dem so genannten ultimativen Eigner zu suchen. Dieser ultimative Eigner ist jener Eigner, hinter dem kein weiterer Eigner steht. Hat man die ultimativen Eigner ermittelt, werden alle Unternehmen mit dem gleichen ultimativen Eigner zu einer Unternehmensgruppe zusammengefasst. Wegen der dabei auftretenden nicht unerheblichen Erfassungsschwierigkeiten ist dieses Konzept noch nicht fiir alle Wirtschaftsklassen umgesetzt. Dort, wo schon die Unternehmensgruppe bzw. ihr Umsatz die kleinste Einheit der Konzentrationsberechnung ist, miisste man eigentlich von einer Unternehmensgrwppewkonzentration sprechen. Der Berechnung der im Abschnitt 2.2.2 zu fmdenden Konzentrationsziffern lagen durchweg noch einzelne Unternehmen als kleinste Einheiten zugrunde.
b) Konzentrationsraten und Konzentrationskurven Die Konzentrationsraten CRj (concentration ratios) sind das einfachste statistische KonzentrationsmaB. In der Analyse der Untemehmenskonzentration anhand des Merkmals Umsatzanteil geben die Konzentrationsraten an, wie viel Prozent des Gesamtumsatzes auf diey groBten Unternehmen entfallt. Zur Illustration des Konzepts wollen wir auf zwei fiktive Beispiele mit jeweils nur fiinf Unternehmen schauen: Unternehmen
A B C D E
Umsatzanteil [%] Beispiel I 30% 30% 20% 10% 10%
Umsatzanteil [%] Beispiel II 40% 30% 20% 5% 5%
54
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
In diesen beiden Beispielen ergeben sich folgende Konzentrationsraten: CRj
Beispiel I
Beispiel II
CRl CR2 CR3 CR4 CR5
30% 60% 80% 90% 100%
40% 70% 90% 95% 100%
Diese Konzentrationsraten kann man nun grafisch in so genannte Konzentrationskurven umsetzen; siehe Abbildung 2.2-1. Dabei entspricht die Winkelhalbierende dem Fall keiner relativen Konzentration (im Beispiel: alle ftinf Unternehmen haben jeweils zwanzig Prozent Umsatzanteil). Die relative Konzentration ist umso groBer, je weiter die tatsachliche Konzentrationskurve von der Winkelhalbierenden entfernt ist. Ein anschauliches KonzentrationsmaB stellt hier die Flache zwischen Konzentrationskurve und Winkelhalbierender dar. Damit lassen sich die relativen Konzentrationen verschiedener Wirtschaftsklassen recht anschaulich vergleichen. In der Betrachtung uber die Zeit geben die Konzentrationskurven der verschiedenen Jahre fiir eine Wirtschaftsklasse auch einen sehr anschaulichen Eindruck der Konzentration dieser Wirtschaftsklasse als Prozess. 100\ ^ 80 60 \ 40 20
3 0* 0 1 2 3 4 5 Zahl der Unternehmen (gereiht nach Grofie) Abbildung 2.2-1 Konzentrationskurven
2.2 Konzentrationsberichterstattung
55
c) Herfindahl-Index Der Herfindahl-Index HF berechnet sich als die Summe der quadrierten Umsatzanteile aller Unternehmen: N
.
HF=Zmt i=\
mit rrii als Umsatzanteil des /-ten Anbieters. Im Monopol gilt beispielsweise HF = 1, im symmetrischen Duopol HF = 0,5^ + 0,5^ = 0,5, bei drei gleich groBen Unternehmen HF=(l/3f + (1/3)^ + (1/3)^ = 1/3 usw. Also ergibt sich generell bei identischen Umsatzanteilen und TV Unternehmen ein Herfindahl-Index von HF = l/N, Je hoher die absolute Untemehmenskonzentration ist, desto groBer ist der Index. Liegt nun zusatzlich eine relative Konzentration vor, so erhoht das den Index ebenfalls. Beispielsweise gilt bei ausschlieBlich absoluter Konzentration und fiinf Unternehmen HF = 0,2, in den obigen beiden Beispielen zur Konzentrationskurve mit auch relativer Konzentration dagegen - im Beispiel I: HF = 0,3^ + 0,3^ + 0,2^ + 0,1^ + 0,1^ = 0,24 , - im Beispiel II: HF = 0,4^ + 0,3^ + 0,2^ + 0,05^ + 0,05^ = 0,295 . Der Herfindahl-Index berucksichtigt also sowohl die absolute als auch die relative Konzentration. Man kann ihn als multiplikative Verkntipfung von l/N als MaB der absoluten Konzentration und einem Term, der den einfachen Variationskoeffizienten Var als MaB der Disparitat (Ungleichverteilung) enthalt, schreiben: (1)
HF= I m f =—(l + Far^)
mit dem Variationskoeffizienten als Verhaltnis der Standardabweichung a der Umsatzanteile zum Mittelwert ji der Umsatzanteile (2)
Var = — , M Da der Mittelwert der Umsatzanteile dem Kehrwert der Anbieterzahl entspricht, ergibt sich fur den quadrierten Variationskoeffizienten 2
(3)
-'
Var^ =
mit der Varianz der Umsatzanteile definitionsgemaB als
(4)
^'=-zU,--
Ni=i N Die mit Gleichung (1) behauptete Identitat lasst sich nun leicht beweisen: Die Varianz der Umsatzanteile kann man auch schreiben als 2 _ 1 ^ 2 2m, f P ^ Nj=i ' N {N Da die Summe der Umsatzanteile gleich eins ist, bedeutet das
56
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
o- = —
SOT,-
-
—
^]r,l-'-'
Also lasst sich das Quadrat des Variationskoeffizienten gemaB Gleichung (3) auch schreiben als (5)
Var^ =N^mf
-I.
i=l
Dies in Gleichung (1) eingesetzt beweist die dort behauptete Identitat. In unseren beiden numerischen Beispielen kann man den Gesamtindex damit wie folgt zerlegen: - im Beispiel I: HF = 0,2 • 1,2 = 0,24 = 0,2 • (l + 0,45^), - im Beispiel II: HF = 0,2 • 1,475 = 0,295 = 0,2 • (l + 0,69^). Will man verschiedene Wirtschaftsklassen mit unterschiedlicher Konzentration miteinander vergleichen, so kann man dies direkt anhand der Auspragungen des Herfmdahl-Index tun. Anschaulicher ist jedoch der Vergleich mittels seiner Kehrwerte, der so genannten number equivalence (dem „Anzahlaquivalent"). Bin soldier Kehrwert des Herfmdahl-Index gibt an, wie viele Unternehmen in dem jeweiligen Wirtschaftszweig waren (gegeben seinen Herfmdahl-Index), wenn diese Unternehmen alle den gleichen Umsatzanteil hatten. In unseren obigen Beispielen lautet die number equivalence naherungsweise 4,17 bzw. 3,39. Das bedeutet, im Beispiel I hat die Konzentration ein AusmaB, das sich so auch bei ungefahr vier gleich groBen Unternehmen ergeben wurde; im Beispiel II dagegen entspricht sie der Konzentration bei etwas mehr als drei gleich groBen Unternehmen. 2.2.2 Einige Ergebnisse der Konzentrationsberichterstattung Die folgenden drei Tabellen zeigen einige wesentliche Ergebnisse der Konzentrationsberechnungen der Monopolkommission aus ihrem sechzehnten Hauptgutachten von 2006 (Berichtsperiode 2004/05) fiir das Produzierende Gewerbe mit Unternehmen als kleinsten Einheiten und Umsatz als Merkmal. Betrachtet wurden die so genannten Viersteller der Wirtschaftsklassenklassifikation des Statistischen Bundesamtes; auf diesem Aggregationsniveau gibt es 249 Wirtschaftsklassen. In der Tabelle 2.2-1 fmden sich die fiinf Wirtschaftsklassen mit der hochsten und die fiinf Wirtschaftsklassen mit der niedrigsten absoluten Konzentration l/N. Bildet man die Kehrwerte, so sieht man, dass die Anzahl der Unternehmen zwischen drei und 2042 variiert. Betrachtet man statt Unternehmen als kleinste Einheit Unternehmensgruppen, so nimmt die absolute Konzentration fast immer zu - dazu reicht defmitionsgemaB schon die Existenz einer Zweiergruppe. Oft liegt diese Zunahme in einer GroBenordnung von um die zwanzig Prozent. Insgesamt gesehen gibt es in Deutschland 3,3 Millionen Unternehmen, von denen ungefahr 1,25 Millionen Tochterunternehmen sind, und von diesen wiederum werden ungefahr 900000 mehrheitlich
2.2 Konzentrationsberichterstattung
57
von einem ultimativen Eigner kontrolliert. Die durchschnittliche GruppengroBe liegt zwischen zwei und drei Unternehmen pro Gruppe. Dabei liegt der Schwerpunkt der Gruppenbildung nicht im in den Tabellen abgebildeten Produzierenden Gewerbe, sondem im Dienstleistungsbereich (alle Angaben nach Monopolkommission (2006), S.78). Rang 1 2 3 4 5
245 246 247 248 249
Wirtschaftsklassen
\IN
Sonstige Spinnstoffaufbereitung und Spinnerei Flachsaufbereitung und -spinnerei Braunkohlebergbau und -brikettherstellung Streichgarnweberei Pragen von Munzen und Medaillen
0,33334 0,33334 0,33334 0,25000 0,25000
Herstellung von sonstigen Kunststoffwaren Druckerei (ohne Zeitungsdruckerei) Herstellung von Stahl- und Leichtmetallkonstruktionen Herstellung von Maschinen fiir bestimmte Wirt.zweige Herstellung von Backwaren (ohne Dauerbackwaren)
0,00085 0,00082 0,00077 0,00068 0,00049
Tabelle 2.2-1 Absolute Konzentration ausgewahlter Wirtschaftsklassen des Produzierenden Gewerbes 2003 (Quelle: Monopolkommission (2006), S. 133) In der Tabelle 2.2-2 sind die flinf Wirtschaftsklassen des Produzierenden Gewerbes mit den hochsten und die fiinf mit den niedrigsten Variationskoeffizienten wiedergegeben. Wie oben erlautert, kann dabei der Variationskoeffizient als ein Indikator der relativen Unternehmenskonzentration gesehen werden. Schaut man hier auf die fiinf Wirtschaftsklassen mit der geringsten relativen Konzentration, so sieht man, dass vier dieser fiinf zugleich zu den fiinf Wirtschaftsklassen mit der hochsten absoluten Konzentration (in Tabelle 2.2-1) gehoren. Umgekehrt gilt dies aber nicht fiir die fiinf Wirtschaftszweige mit der hochsten relativen Konzentration. In der Tabelle 2.2-3 sind schliefilich die flinf Wirtschaftsklassen mit den hochsten und jene fiinf mit den niedrigsten Werten des Herfmdahl-Index zusammengestellt. Hier fmdet man unter den fiinf Wirtschaftsklassen mit dem niedrigsten Herfmdahl-Index drei der fiinf Wirtschaftsklassen mit der niedrigsten absoluten Konzentration aus Tabelle 2.2-1 wieder: Bei Backwaren, Stahl- und Leichtmetallkonstruktionen sowie mit Blick auf die Wirtschaftsklasse Druckerei schlagt die sehr niedrige absolute Konzentration auf den Herfmdahl-Index durch. Dies gilt bei hoher Konzentration nicht entsprechend; einzig die Wirtschaftsklasse Zwirnen und Texturieren von Filamentgarnen ware hier erwahnenswert. In dieser Wirtschaftsklasse gibt es nur vier Unternehmen und sie hat den drittgroBten Herfmdahl-Index.
58
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
Berechnet man die number equivalence als Kehrwert des Herfmdahl-Index, so wird die groBe Bandbreite in der Konzentration anschaulicher: Der Konzentrationsgrad im Fahrzeugbau ist so hoch, dass er bei gleich verteilten Umsatzen nicht einmal der Existenz von zwei Unternehmen entspricht. In der Wirtschaftsklasse Mechanik dagegen kommt man auf fast 250 fiktive umsatzgleiche Unternehmen. Rang
Wirtschaftsklassen
Variationskoeffizient
1 2 3 4 5
Herst. von Elektrizitatsvert.- und -schalteinrichtungen Herstellung von elektronischen Bauelementen Herstellung von DV-Geraten Herst. von Teilen u.a. fur Kraftwagen und deren Motoren Herstellung von Kunststoff in Primarformen
1538,08% 717,55% 580,46 % 549,75 % 530,58 %
245 246 247 248 249
Flachsaufbereitung und -spinnerei Pragung von Miinzen und Medaillen Zurichtung und Farben von Fellen, Herst. von Pelzwaren Streichgarnweberei Sonstige Spinstoffaufbereitung und Spinnerei
46,19% 38,35 % 33,39 % 22,69 % 9,85 %
Tabelle 2.2-2 Variationskoeffizienten ausgewahlter Wirtschaftsklassen des Produzierenden Gewerbes 2003 (Quelle: Monopolkommission (2006), S. 135)
Rang 1 2 3 4 5
245 246 247 248 249
Wirtschaftsklassen
Herfmdahl- 1 Index
Fahrzeugbau a. n. g. Verlag von bespielten Tontragern Zwirnen und Texturieren von Filamentgamen Herstellung von Kalk Erzeugung und erste Bearbeitung von Edelmetallen
0,69158 0,61283 0,56417 0,55459 0,55304
Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh-, Stanzteilen Herstellung von Backwaren (ohne Dauerbackwaren) Herstellung von Stahl- und Leichtmetallkonstrukt. Druckerei (ohne Zeitungsdruckerei) Mechanik a. n. g.
0,00752 0,00649 0,00544 0,00495 0,00414
Tabelle 2.2-3 Herfmdahl-Index ausgewahlter Wirtschaftsklassen des Produzierenden Gewerbes 2003 (Quelle: Monopolkommission (2006), S. 131)
2.2 Konzentrationsberichterstattung
59
2.2.3 Einige Ergebnisse der GroBunternehmensanalyse Jedes Hauptgutachten der Monopolkommission dokumentiert einige einschlagige okonomische Erhebungsmerkmale der hundert nach inlandischer Wertschopfung groBten deutschen Konzerne (die im Regelfall jeweils mehrere Untemehmen umfassen). Neben der Wertschopfung werden die Merkmale Umsatz, Beschaftigte, Rechtsform, Sachanlagevermogen und Cashflow erhoben. Die Tabelle 2.2-4 zeigt die neun deutschen Konzerne mit der hochsten inlandischen Wertschopfung in 2004, die Tabelle 2.2-5 jene zehn mit den hochsten Beschaftigungszahlen in den inlandischen Konzernbereichen. Wie man der Tabelle 2.2-4 entnehmen kann, dominieren gemessen an der inlandischen Wertschopfung eindeutig Konzerne aus den beiden Bereichen Verkehr und Logistik (inklusive Fahrzeugbau) und Energie. Legt man dagegen die Beschaftigtenzahlen zugrunde, rucken drei Handelskonzerne in die Top Ten auf und es ist kein Energiekonzern mehr dabei. Der Vergleich der inlandischen mit der weltweiten Wertschopfung zeigt, dass der Intemationalisierungsgrad im Bereich Verkehr und Logistik sehr hoch ist (wiederholt nahe funfzig Prozent), im Energiesektor dagegen relativ niedrig. Insgesamt gesehen betrug die Wertschopfung der hundert groBten Konzerne in 2004 248,1 Milliarden Euro und damit 16,6% der gesamten deutschen Wertschopfung (siehe Monopolkommission (2006), S. 165ff). Das war der niedrigste Anteil seit Beginn der GroBunternehmensanalyse. Sie beschaftigten 3.042.430 von insgesamt 23.920.603 Arbeitnehmem (siehe Monopolkommission (2006), S. 169f).
Rang
Konzem
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Deutsche Telekom AG Siemens AG DaimlerChrysler AG Volkswagen AG Deutsche Post AG Deutsche Bahn AG Robert Bosch GmbH Bayerische Motoren Werke AG RWEAG
Summe
Inlandische Wertschopfung (Mio. EUR) 17.429 15.340 12.674 10.157 9.568 9.204 8.529 8.466 7.787 99.154
Weltweite 1 Wertschopfung (Mio. EUR) 23.404 28.301 31.565 15.682 18.289 10.752 13.952 10.901 11.698 164.544
Tabelle 2.2-4 Die neun deutschen Konzerne mit der hochsten inlandischen Wertschopfung 2004 (Quelle: Monopolkommission (2006), S. 167)
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2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Konzern Deutsche Bahn AG DaimlerChrysler AG Volkswagen AG Deutsche Telekom AG Siemens AG Deutsche Post AG REWE-Gruppe Schwarz-Gruppe Metro AG Robert Bosch GmbH
Beschaftigte 205.771 185.154 177.350 170.837 164.000 163.621 120.000 120.000 112.194 110.569
!
Tabelle 2.2-5 Die zehn deutschen Konzeme mit der hochsten Beschaftigung in den inlandischen Konzernbereichen 2004 (Quelle: Monopolkommission (2006), S. 169)
Aufierdem untersucht die Monopolkommission die Verflechtung zwischen den hundert groBten deutschen Konzemen mit Blick auf Kapitalbeteiligungen, personelle Verflechtungen in den Fuhrungsorganen und Kooperationen iiber Gemeinschaftsunternehmen. Hier sei nur kurz auf den ersten Aspekt eingegangen. Dabei ist zunachst einmal festzustellen, dass von den hundert groBten deutschen Konzernen keiner im Mehrheitsbesitz eines anderen dieser hundert groBten Konzerne ist. Bei vierundzwanzig von ihnen ist allerdings eine Kapitalmehrheit in auslandischem Einzelbesitz, bei zweiundzwanzig liegt die Mehrheit bei einer inlandischen Einzelperson, Familie oder Familienstiftung. Des Weiteren sind elf der hundert groBten Konzerne mehrheitlich im Besitz der offentlichen Hand (siehe zu diesen Angaben Monopolkommission (2006), S. 205 und zu weiteren Details S. 196ff). Die Tabelle 2.2-6 zeigt die Beteiligungsverflechtung zwischen den hundert groBten deutschen Konzernen im Vergleich der Jahre 1996 und 2004. Besonders ausgewiesen ist dabei die Verflechtung der sechs groBen Finanzdienstleister. Diesen groBten Finanzdienstleistern wurde im Rahmen der These von der „Deutschland AG" - nach welcher die deutsche Wirtschaft infolge einschlagiger Uberkreuzbeteiligungen zwischen den groBten Konzernen letztlich von sehr wenigen Ftihrungskraften dominiert wird - eine Schliisselrolle zugewiesen. Die Tabelle zeigt, dass diese Uberkreuzbeteiligungen in den acht Jahren zwischen 1996 und 2004 gemessen an der Anzahl massiv abgebaut wurden (zu Details siehe Monopolkommission (2006), S. 209ff).
2.2 Konzentrationsberichterstattung
Konzern Gesamtzahl der Beteiligungsfalle Gesamtzahl der Beteiligungsuntemehmen Gesamtzahl der Beteiligungsfalle der sechs Finanzdienstleister, davon Allianz AG Deutsche Bank AG Dresdner Bank AG Miinchner Ruck Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG Commerzbank AG
Anzahl der Falle 1996 143 51 75
Anzahl der Falle 2004 45 28 30
28 15 13 13
14 5
61
8 1 2
6
Tabelle 2.2-6 Wechselseitige Beteiligungen im Kreis der groBten deutschen Konzerne 1996 und 2004 (Quelle: Monopolkommission (2006), S. 207) SchlieBlich wird von der Monopolkommission die Beteiligung der hundert groBten deutschen Konzerne an den beim Bundeskartellamt angemeldeten Zusammenschlussen dokumentiert. Die Tabelle 2.2-7 zeigt die zehn Konzerne mit der hochsten Anzahl an Zusammenschlussbeteiligungen im Jahr 2004. Am starksten vertreten sind hier offentlich-rechtliche Banken. Dies dokumentiert die Konsolidierungswelle in diesem Bereich und war im Jahre 2002 noch deutlicher ausgepragt. Letzteres gilt auch mit Blick auf die Beteiligung der groBen Energiekonzerne an den beim Bundeskartellamt angemeldeten Zusammenschltissen. Rang
Konzern
Angezeigte Zusammenschltisse
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Bankgesellschaft Berlin AG Norddeutsche Landesbank Girozentrale Bertelsmann AG Siemens AG RWEAG E.ON AG DaimlerChrysler AG DZ Bank AG Deutsche Post AG Landesbank Baden-Wurttemberg
77 67 37 36 30 27 18 17 15 14
Tabelle 2.2-7 Die zehn deutschen Konzerne mit der hochsten Beteiligung an den dem Bundeskartellamt 2004/05 angezeigten Zusammenschlussen (Quelle: Monopolkommission (2006), S. 252ff)
62
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Kartelle sind gemafi GWB zunachst einmal prinzipiell verboten. Dieses Kartellverbot folgt der Uberlegung, dass eine Abnahme der Anzahl unabhangiger Wettbewerber im Regelfall zu einem Sinken der Wettbewerbsintensitat fiihrt, was fur sich genommen die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt verringert. Andererseits kann es aber auch positive Effekte einer Kartellbildung auf die Wohlfahrt geben, wie beispielsweise die Realisierung von Skalenertragen oder eine hohere Markttransparenz. Mit Blick auf diese denkbaren Gegeneffekte hat der Gesetzgeber eine ganze Reihe von Ausnahmen vom Kartellverbot in das GWB aufgenommen. 2. Zusammenschliisse sind gemafi GWB zunachst einmal prinzipiell erlaubt. Sie konnen aber untersagt werden, wenn bestimmte absolute Umsatzschwellen uberschritten werden und eine marktbeherrschende Stellung des fusionierten Unternehmens droht (oder gar schon vorher eine solche vorlag). Probleme bereiten in der Kartellamtspraxis oft der Nachweis einer sich abzeichnenden marktbeherrschenden Stellung und hier vor allem die Abgrenzung des relevanten Marktes. 3. Hinsichtlich des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung unterscheidet das GWB die beiden Fallgruppen der Behinderung und der Ausbeutung. Neben dem Problem der Abgrenzung des relevanten Marktes als Basis der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung ist hier der Missbrauchsnachweis an sich oft problematisch. Zudem muss festgestellt werden, dass einige Missbrauchstatbestande des GWB gar nicht zwingend wohlfahrtsschadlich sind. 4. Die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft hangt nicht ausschliefilich vom Grad der Wettbewerbsintensitat ab. Dem wird sowohl in Kartell- als auch in Zusammenschlussverfahren mit dem Institut der Ministererlaubnis Rechnung getragen. 5. Ein Blick in die Empiric zeigt, dass die Unternehmenskonzentration in den verschiedenen Wirtschaftsklassen sehr unterschiedlich ist. Auf der Ebene der Viersteller der Wirtschaftsklassenklassifikation ist die Konzentration in einigen Wirtschaftsklassen ganz erheblich. 6. Gemessen an der Wertsch5pfting und an der Zahl der Beschaftigten ist die binnenwirtschaftliche Macht der hundert groBten deutschen Konzerne nicht unerheblich. Die Verflechtung der hundert groBten deutschen Unternehmen untereinander durch Kapitalbeteiligungen und Personenidentitat ist in den letzten Jahren allerdings nachhaltig abgebaut worden.
Grundlegende Literatur
63
Grundlegende Literatur Dem naher interessierten Leser kann das Lehrbuch Schulz (2003) als eine detaillierte Behandlung des Wettbewerbsrechts aus okonomischer Sicht empfohlen werden. Hier werden beispielsweise auch Gemeinschaftsunternehmen und vertikale Vereinbarungen behandelt. Der Klassiker auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts aus okonomischer Sicht ist Schmidt (1999). Dort wird auch ausfiihrlich auf das Wettbewerbsrecht anderer europaischer Staaten und der EU eingegangen. SchlieBlich sei dem Leser empfohlen, einmal das aktuelle Hauptgutachten der Monopolkommission in die Hand zu nehmen. Der Kern jedes Hauptgutachtens besteht aus einem Teil zur Konzentrationsberichterstattung und GroBunternehmensanalyse sowie einem Teil zur Missbrauchsaufsicht und Zusammenschlusskontrolle. Daneben gibt es stets mehrere Kapitel zu aktuellen Problemen der Wettbewerbspolitik sowie zu aktuellen Kartell- und Fusionskontrollverfahren.
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
3.1 Arten der Produktdifferenzierung
3.2 Preiswettbewerb bei differenzierten Giitern 3.2.1 Preise als strategische Komplemente a) Preissetzungsregel b) Reaktionsfunktionen und Nashgleichgewicht 3.2.2 Ein Beispiel fiir den Fall der rein horizontalen Differenzierung
3.3 Mengenwettbewerb bei differenzierten Giitern 3.3.1 Generelle tJberlegungen 3.3.2 Ein Beispiel fur den Fall der rein horizontalen Differenzierung 3.3.3 Heterogener Mengenwettbewerb vs. heterogener Preiswettbewerb
3.4 Qualitatsfiihrerschaft 3.4.1 Qualitatsfiihrerschaft im Mengenwettbewerb a) Generelle Uberlegungen b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion 3.4.2 Qualitatsfiihrerschaft im Preiswettbewerb a) Generelle Uberlegungen b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
Uberblick In diesem Kapitel wollen wir uns die Gewinnmaximierung der Unternehmen und damit die Nashgleichgewichte des Preis- und des Mengenwettbewerbs fur den Fall eines sachlich differenzierten Gutes anschauen. Dazu werden wir in einem kurzen ersten Abschnitt zunachst einmal die grundlegende Unterscheidung in horizontale und vertikale Produktdifferenzierung in Erinnerung bringen. AnschlieBend wollen wir im zweiten Abschnitt den Preiswettbewerb bei einem differenzierten Gut analysieren. Anders als bei einem homogenen Gut gibt es hier nun infolge der Produktdifferenzierung im Preis stetig differenzierbare Nachfragefunktionen. Denn der Anbieter einer Variante eines differenzierten Gutes verliert nicht gleich alle Nachfrager, wenn er seinen Preis etwas hoher setzt als die Konkurrenz. Wegen dieser stetigen Differenzierbarkeit der Nachfragefunktionen erfolgt nun die Preissetzungsentscheidung - analog zum Vorgehen beim Mengenwettbewerb mittels (Preis-) Reaktionsfiinktionen und (Preis-) Nashgleichgewichten. Dies werden wir uns zunachst ganz allgemein und anschlieCend speziell fiir den Fall einer rein horizontalen Differenzierung anschauen. Im dritten Abschnitt folgt die Analyse des heterogenen Mengenwettbewerbs, ebenfalls zunachst ganz allgemein und dann speziell ftir eine rein horizontale Differenzierung. Anders als beim Preiswettbewerb umfasst das Entscheidungsmodell fur den Mengenwettbewerb den Fall des homogenen Gutes als Sonderfall. Insofern handelt es sich hier also um eine Verallgemeinerung des einschlagigen Modells aus dem ersten Kapitel. Am Ende des dritten Abschnitts ziehen wir einen Vergleich zwischen den Marktergebnissen im heterogenen Preiswettbewerb und im heterogenen Mengenwettbewerb. Der dieses Kapitel abschliefiende vierte Abschnitt wird sich mit den Konsequenzen einer Qualitatsfuhrerschaft beschaftigen. Diese Qualitatsfiihrerschaft werden wir sowohl fur den Fall des Preiswettbewerbs als auch ftir jenen des Mengenwettbewerbs analysieren. Dabei sind Existenz und AusmaB des Qualitatsvorteils hier exogen vorgegeben. Es geht also im Folgenden zunachst nur um das Aufzeigen der Konsequenzen der Existenz einer Differenzierung im Allgemeinen und eines Qualitatsvorteils im Besonderen. Darauf aufbauend werden wir in den Kapiteln funf bis sieben das AusmaB der Differenzierung im Allgemeinen und insbesondere Existenz und AusmaB eines Qualitatsvorteils endogen aus dem Gewinnmaximierungsverhalten strategischer Wettbewerber erklaren.
68
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
3.1 Arten der Produktdifferenzierung Prinzipiell werden zwei Arten der Produktdifferenzierung unterschieden: die horizontale und die vertikale. Von horizontaler Produktdifferenzierung spricht man, wenn sich die Varianten des Gutes in im weiteren Sinne geschmacklicher Hinsicht derart unterscheiden, dass bei gleichen Preisen alle Varianten Nachfrager fmden wiirden. Welche Variante man nachfragt, ist dann eben keine bloBe Frage des Preises, sondern auch eine Geschmacksfrage. Zu den Geschmacksunterschieden zahlen insbesondere auch Unterschiede im Produktdesign im weiteren Sinne, also Unterschiede in Form und Farbe, aber beispielsweise auch im Image. Von vertikaler Produktdifferenzierung spricht man, wenn es zwischen den Varianten Qualitatsunterschiede gibt, die derart durchschlagen, dass bei gleichen Preisen von alien Varianten nur eine nachgefragt wiirde. Diese ist dann eben eindeutig besser als alle anderen Varianten. Im Regelfall spielen bei den Nachfragern sowohl geschmackliche als auch qualitatsmafiige Aspekte eine Rolle. Da man diese Klassifikation in horizontal und vertikale Differenzierung an der Nachfrage festmacht, schlagen sich in dieser nicht nur objektiv messbare Produkteigenschaften nieder, sondern auch die subjektiven Praferenzen der Nachfrager. Die Abgrenzung zwischen den beiden Arten der Differenzierung kann man sich am so genannten Hotelling-Modell fur differenzierte Produkte klarmachen. In der Grundvariante dieses Modells fiir den Preiswettbewerb ist die Gesamtnachfrage nach dem Gut von den Preisen der einzelnen Varianten unabhangig. Preisanderungen bei den Varianten verschieben also die Nachfrage zwischen den Varianten, lassen aber die Gesamtnachfrage nach dem Gut unverandert. Der Wettbewerb mit alien anderen Gutern bleibt unberiicksichtigt. Der lineare Duopolansatz mit auf Marktanteile normierten Nachfragen lautet dann Xi=0,5-\-q + P2-pi, X2=0,5-q + pi- P2 mit 2q > 0 als Qualitatsvorteil der Variante 1. Wegen der Produktdifferenzierung sind nun unterschiedliche Preise moglich. Denn wenn ausgehend von gleichen Preisen ein Anbieter den Preis seiner Variante erhoht, wird er nicht gleich seine gesamte Nachfrage verlieren - wie das bei einem homogenen Gut der Fall ware. Vielmehr bleibt ein Teil seiner Nachfrager seiner Variante treu, well sie eine Praferenz fiir diese haben. Gute Beispiele sind hier die differenzierten Marken eines Nahrungs- oder Genussmittels wie beispielsweise Eissorten. Wie im obigen Ansatz unterstellt, sind solche Marken typischerweise Substitute: Erhoht sich der Preis einer Konkurrenzvariante, so steigt die Nachfrage nach meiner Variante, weil einige der Nachfrager, die der Konkurrent verliert, zu mir wechseln. Liegt nun kein Qualitatsvorteil vor, so ist der Ansatz voll symmetrisch. Bei gleichen Preisen haben beide Varianten den halben Markt. Diesen Fall bezeichnen wir im Folgenden als rein horizontal Differenzierung. Liegt dagegen ein nachhaltiger Qualitatsvorteil mit q = 0,5 oder groBer vor, so haben wir den Fall der vertikalen Differenzierung: Bei gleichen Preisen wiirde nur Variante 1 nachgefragt. Dazwischen liegt fur 0 < ^ < 0,5 der Fall der horizontalen Differenzierung mit vertikalem Bias, in dem auch bei gleichen Preisen beide Varianten nachgefragt werden.
3.2 Preiswettbewerb bei differenzierten Gutem
69
3.2 Preiswettbewerb bei differenzierten Giitern 3.2.1 Preise als strategische Komplemente a) Preissetzungsregel Bei sachlich differenzierten Produkten und Praferenzen sieht sich jeder Anbieter einer Nachfrage fiir seine Variante gegenuber, die von den Preisen aller Varianten abhangt. Sie sinkt mit sukzessive steigendem eigenen Preis, denn je hoher der eigene Preis ist, desto weniger Nachfrager mit einer Vorliebe fiir diese Variante werden trotz dieser Praferenz die dann zunehmend teuere Variante kaufen. Da die Varianten eines Gutes Substitute sind, gilt mit Blick auf eine Preiserhohung bei einer Konkurrenzvariante das Umgekehrte: Je hoher die Preise der Konkurrenzvarianten sind, desto hoher ist die Nachfrage nach der eigenen Variante. Ganz allgemein konnen wir also formulieren (1)
Xj = Xjipi, P2,..., Pi,...,
PN)
mit dpj
und dpj Da nun - anders als beim homogenen Preiswettbewerb - stetig differenzierbare Nachfragefunktionen vorliegen, fallt die Entscheidung tiber den zu setzenden Preis durch das Zusammenbringen der eigenen Preis-Reaktionsfunktion mit den PreisReaktionsfunktionen der Konkurrenten. Diese Preis-Reaktionsfunktionen entsprechen den Gewinnmaximierungsbedingungen erster Ordnung. Da das Gewinnmaximierungskalktil im Aktionsparameter Preis geflihrt werden muss, sind Erlose und Kosten entsprechend zu formulieren. Mit Blick auf die Erlose und Grenzerlose bedeutet das (2) Ej(pj) = PjXjipi, p2,..., Pi,..., PN) mit dEj dxj (3) - ^ = Xi^Pi-^. dpi dpi Diese preisbezogenen Grenzerlose geben den Mehrerlos an, der resultiert, wenn der Preis um einen Cent erhoht wird. Die beiden Terme auf der rechten Seite entsprechen den zwei hier wirkenden Teileffekten. Der erste Term zeigt, welcher Erlosanstieg sich ergabe, wenn die Menge nicht zuriickginge. Der zweite Term zeigt, welche Erlosminderung sich aus der induzierten Nachfragesenkung fiir sich genommen ergibt. Bei niedrigem Ausgangspreis (also hoher Ausgangsmenge) wird der erste Effekt dominieren; bei hohem Ausgangspreis (also niedriger Ausgangsmenge) wird dagegen im Regelfall der zweite Effekt dominieren. Man wird also in der Regel von mit steigendem Preis fallenden preisbezogenen Grenzerlosen
70
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
ausgehen konnen. Formal lasst sich das an der zweiten Ableitung der Erlosfunktion leicht ablesen; diese lautet (4)
d^Ei
^ dxj
d Xj
dpj opj
dpf dpf Man sieht, dass fallende Grenzerlose immer resultieren, so lange die Nachfragefunktion nicht zu konvex ist. Dies ist im Weiteren unterstellt: (5)
d^Ej
dpf
<0.
Die Wirkung einer Erhohung des eigenen Preises auf die Nachfrage nach der eigenen Variante hangt aber auch von der Hohe der Konkurrentenpreise ab; es ist (6)
d^Ej dpjdpj
dxf dpj
d^Xj • + Pi
dpjdpj
Hier dominiert in aller Kegel der positive Kreuzpreiseffekt der Nachfrage den zweiten Teileffekt. Denn der Einfluss des Konkurrentenpreises auf das Nachfrageniveau diirfte betragsmSBig hoher sein als sein Einfluss auf die Steigung der Nachfragefiinktion. Das ist daher auch die fiir das Weitere getroffene Annahme: (7)
^ ^ > 0 . dpjdpj
Die Abbildung 3.2-1 zeigt anhand eines linearen Beispiels den Verlauf der preisbezogenen Grenzerlose in Abhangigkeit vom eigenen Preis und in Abhangigkeit vom Preis einer Konkurrenzvariante.
mit Pj > Pj
Abbildung 3.2-1 Preisbezogene Grenzerlose
3.2 Preiswettbewerb bei differenzierten Gutem
71
Im Entscheidungsparameter Preis formuliert lautet die Kostenfunktion (8) Kj(pj) = Kj{xj(pi, p2,..., Pi,..., PN))' Da Preiserhohungen zu Mengensenkungen fiihren, sind die preisbezogenen Grenzkosten immer negativ:
(9)
ML = ^ ^ < 0 . dpj
dxj 8pj
Sie geben an, um wie viel die Produktionskosten sinken, wenn man den Verkaufspreis um einen Cent erhoht. Fur den Verlauf dieser Grenzkosten in Abhangigkeit vom eigenen Preis gilt (10)
g^^, ^ d^Kj dXj ^ dKj d \ dpf dXjdpj dpi dXj dpf
Hier ist das erste Produkt der rechten Gleichungsseite bei in der Menge steigenden mengenbezogenen Grenzkosten positiv und bei konstanten mengenbezogenen Grenzkosten gleich null. Das zweite Produkt ist bei konvexer Nachfragefunktion auch positiv, bei konkaver negativ und bei linearer gleich null. Damit ergibt sich fur den - didaktisch interessanten - Spezialfall einer in der Menge linearen Kostenfunktion in Verbindung mit einer linearen Nachfragefunktion eine zweite Ableitung (10) von null bzw. eine konstante erste Ableitung (9) bzw. eine auch im Preis lineare Kostenfunktion (8). Die Falle steigender oder konstanter mengenbezogener Grenzkosten bei einer konvexen oder linearen (zumindest nicht zu konkaven) Nachfragefunktion fiihren zu einer positiven oder verschwindenden zweiten Ableitung (10), also mit steigendem Preis absolut zunehmenden (betragsmafiig abnehmenden) preisbezogenen oder aber konstanten Grenzkosten (9). Wir unterstellen fiir das Folgende per Annahme steigende oder konstante preisbezogene Grenzkosten (11)
^ . 0 . dpf FUr die Reaktion der Grenzkosten (9) auf einen Konkurrentenpreis gilt (12)
a^/:, _ d^K, dXj ^ dK, dpjdpj
dxjdpj dpj
d\
dXj dpjdpj
Da die Erhohung eines Konkurrentenpreises die eigene Menge erhoht, erhoht sie auch die eigenen mengenbezogenen Grenzkosten; allenfalls bleiben diese konstant. Daher ist das erste Produkt nun negativ oder (bei konstanten mengenbezogenen Grenzkosten) gleich null. Das zweite Produkt ist im Vorzeichen unklar; es gibt hier auch beztiglich des Verhaltens der Nachfragefunktion keinen empirischen Regelfall. Wir konnen aber davon ausgehen, dass das erste Produkt das Vorzeichen per saldo dominiert: (13)
^ ^ < 0 . dpjdpj
Dabei muss man im Auge haben, dass die preisbezogenen Grenzkosten negativ sind. BetragsmaBig fallen sie also im Regelfall mit steigendem eigenen Preis und
72
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
steigen mit steigendem Konkurrentenpreis. Diesen Regelfall veranschaulicht die Abbildung 3.2-2. Wesentlich einfacher liegen die Dinge in dem Spezialfall einer in der Menge linearen Kostenfunktion in Verbindung mit einer linearen Nachfragefunktion. Dann sind die preisbezogenen Grenzkosten in ihrer Hohe sowohl vom eigenen Preis als auch vom Konkurrentenpreis unabhangig. Diesen Spezialfall werden wir weiter unten in unseren funktional spezifizierten Beispielen betrachten.
mit
Pj>Pj
Abbildung 3.2-2 Preisbezogene Grenzkosten
Mit den preisbezogenen Grenzerlosen gemaC Gleichung (3) und den preisbezogenen Grenzkosten gemaB Gleichung (9) lasst sich nun die Preissetzungsregel des strategischen Preiswettbewerbs bei einem differenzierten Gut formulieren als (14)
Xj-\- Pj
dxj dKj dxj - = dpj dXj dpj
Diese Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung kann man umformen zu (15)
Pi -
IL — . dXj _ dXj_ '
dpi
Damit ist deutlich, dass nun - anders als im homogenen Preiswettbewerb - die Preise uber den Grenzkosten liegen. Damit haben wir das erste zentrale Ergebnis dieses Abschnitts abgeleitet: Produktdifferenzierung ermoglicht selbst im Preiswettbewerb positive Gewinne. Die Bedingung zweiter Ordnung ist bei fallenden Grenzerlosen und steigenden oder konstanten Grenzkosten (empirischer Regelfall) erfullt. Sie lasst sich gemaB den Gleichungen (4) und (10) formulieren als (16)
dKj_ d^Xj
dp}
8pi
Pi-
dXj
dpf
d^Kj
dXj
dXjdpi dpj
<0.
3.2 Preiswettbewerb bei differenzierten Gutem
73
Die Abbildung 3.2-3 illustriert die Preissetzungsregel (14) fur den Fall steigender preisbezogener Grenzkosten. Offensichtlich ware die qualitative Logik bei konstanten Grenzkosten dieselbe. Bei Preisen oberhalb des gewinnmaximalen Wertes liegen die Grenzerlose unter den Grenzkosten, so dass sich eine Preissenkung lohnt. Bei Preisen unterhalb des gewinnmaximalen Wertes liegen die Grenzerlose aus einer Preiserhohung uber den Grenzkosten, so dass sich eine Preiserhohung lohnt. Dabei kann man hier zwei Falle unterscheiden: 1st der Ausgangspreis sehr niedrig, so fuhrt eine Erhohung um einen Cent nicht nur zu einem Riickgang der Kosten, sondem zudem zu einer Steigerung des Erloses. In der Nahe (aber noch unterhalb) des gewinnmaximalen Preises fiihrt eine weitere Preiserhohung um einen Cent dagegen zu einem Riickgang der Erlose - aber die Kosten gehen noch mehr zuriick, so dass der Gewinn steigt.
Abbildung 3.2-3 Preissetzungsregel im heterogenen Preiswettbewerb
b) Reaktionsfunktionen und Nashgleichgewicht Wie wir gesehen haben, ergibt sich nun im heterogenen Preiswettbewerb im Regelfall sowohl tiber die Erlosseite als auch uber die Kostenseite eine strategische Interdependenz: Siehe Gleichungen (6) und (7) mit Abbildung 3.2-1 und Gleichungen (12) und (13) mit Abbildung 3.2-2. Dies illustriert noch einmal zusammenfassend die Abbildung 3.2-4. Da die preisbezogenen Grenzerlose bei der Erhohung eines Konkurrentenpreises steigen und die preisbezogenen Grenzkosten fallen, liegt der eigene gewinnmaximale Preis umso hoher, je hoher die Konkurrentenpreise liegen. Dies gilt so auch bei konstanten Grenzkosten (Fall der in der Menge linearen Kosten und in den Preisen linearen Nachfrage). Die Reaktionsfunktionen des heterogenen Preiswettbewerbs verlaufen also - anders als jene des Mengenwettbewerbs - steigend; siehe Abbildung 3.2-5. Man bezeichnet die Preise
74
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
als Aktionsparameter daher auch als strategische Komplemente. Dies ist das zweite wichtige Ergebnis dieses Abschnitts.
'-^(PO
Abbildung 3.2-4 Strategische Interdependenz im heterogenen Preiswettbewerb
^>
Pj
Abbildung 3.2-5 Preis-Reaktionsfunktion
3.2 Preiswettbewerb bei differenzierten Gutem
75
Mit Blick auf das Steigungsverhalten der Preis-Reaktionsfunktionen gilt zudem, dass die Steigungswerte der Reaktionsfunktionen stets kleiner als eins sind. Antizipiert man einen um einen Cent hoheren Preis der Konkurrenz, wird man selber einen um weniger als einen Cent hoheren Preis setzen. Dies lasst sich formal leicht zeigen: Analog zum Mengenwettbewerb des Abschnitts 1.1 gilt jetzt fur die Steigung der Reaktionsfunktion d^Gi dpfipj
dPi dpj
5^G,
dp} mit dem Nenner gemaU der Gewinnmaximierungsbedingung zweiter Ordnung (16). Fur den Zahler erhalten wir aus den Gleichungen (6) und (7) fur den Verlauf der Grenzerlose in Abhangigkeit vom Konkurrentenpreis und aus den Gleichungen (12) und (13) fiir den Verlauf der Grenzkosten in Abhangigkeit vom Konkurrentenpreis (17)
^
dpjdpj
^
(
dXj
dpj
dKA d^xt
d^Kf
dXi
dpjdpj
dxjdpj
dpj
>0.
Damit folgt insgesamt dXj
(18)
^ dpj
(
—^ + = - 9Pj \
d^Xi P - — 1 - dpjdpj
Yxi
d^Kj
dXj
dXjBpj
dpj
d^Kj
dXj '
- 2 ^ + 'SPi I ' dxi dXjdpj dpj Hier diirfte in Zahler und Nenner jeweils der erste Term dominieren, denn die anderen Terme sind alle zweiter Ordnung. Dabei ist der erste Term des Nenners emdeutig hoher (meist viel hoher) als der erste Term des Zahlers. Auch hinsichtlich der zweiten Ableitungen der zweiten und dritten Terme dtirften im Regelfall die zweiten direkten Ableitungen des Nenners groBer sein. Insgesamt gilt damit
hpf
(19)
0<^<1. dpj Die Abbildung 3.2-6 zeigt das Nashgleichgewicht des heterogenen Preiswettbewerbs als Schnittpunkt der Reaktionsfunktionen des reprasentativen /-ten Anbieters und seines reprasentativen y-ten Konkurrenten. Die ErfuUung der Gleichung (19) garantiert die Existenz dieses Nashgleichgewichts.
76
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
Ri Nashgleichgewicht
Pj
Abbildung 3.2-6 Nashgleichgewicht des heterogenen Preiswettbewerbs
3.2.2 Ein Beispiel fiir den Fall der rein horizontalen Differenzierung Unsere allgemeinen Uberlegungen im Vorabschnitt haben ergeben, dass bei Vorliegen differenzierter Produkte im allseitigen Gewinnmaximum Preise resultieren, die uber den Grenzkosten liegen, und dass die Preise strategische Komplemente sind. Dies wollen wir jetzt anhand des Beispiels der rein horizontalen Differenzierung mit linearer Nachfrage- und Kostenfunktion noch einmal etwas illustrieren. Betrachtet wird ein Markt, auf dem N Anbieter je eine spezielle Variante (Marke, Sorte) eines rein horizontal differenzierten Gutes anbieten. Die in der Menge lineare Kostenfunktion sei fiir alle Varianten dieselbe: Kj = kxj +
Kf.
Die Nachfragefunktion fur den /-ten Anbieter bzw. fur seine Variante laute 1 1 ^ N
•A+-
Dies ist die voll symmetrische Verallgemeinerung unseres einfuhrenden Beispiels zum Hotelling-Modell auf N Anbieter. Bei gleichen Preisen haben alle ein A^-tel des Marktes und die direkte Ableitung der Nachfrage nach dem eigenen Preis ist auf eins normiert. Aus den beiden obigen Gleichungen resultieren die preisbezogenen Kosten als
3.2 Preiswettbewerb bei differenzierten Gutem
77
f Kj = k\
1 N
^
1 ^ N-Ij=i -^
+ Kf'
Es liegt hier also der Spezialfall sowohl bezuglich des eigenen Preises als auch beziiglich des Konkurrentenpreises konstanter preisbezogener Grenzkosten vor: dpi
' = -k.
Ftir die Erlose gilt ^i = Pi
N
-Pi
N Z Pi
+
J^i
Die Grenzerlose fallen also linear im eigenen Preis und steigen linear in den Konkurrentenpreisen: SEi ^ 1 1 ^ dpi N N-lj=i ^ fiber die Preissetzungsregel 1 1 ^ -2/?,+ — + — I N N
Pi=-k -ifj'-' J^i
folgen die linear steigenden Preis-Reaktionsfunktionen N
A =0,5 k + — + N ^^%"
J^i
Da im Symmetriefall alle Anbieter identische Preise setzen werden (pt = pj), kann man aus dieser Reaktionsfunktion des reprasentativen Anbieters direkt das Nashgleichgewicht ermitteln: / + 1— . Pi* = A:
Es resultiert also als Folge der Differenzierung ein Aufschlag auf die Grenzkosten, der umso hoher ist, je weniger konkurrierende Varianten existieren. D. h.: Durch die Differenzierung seines Produkts kann ein Anbieter die Intensitat des Preiswettbewerbs mildem. Da jeder ein N-XQI des Marktes hat, folgt fiir den Gewinn * 1 Geht die Zahl der Anbieter bzw. Varianten gegen unendlich, so erhalten wir das Ergebnis des homogenen Preiswettbewerbs als asymptotischen Grenzfall. Dies ist hier bei freiem Marktzutritt moglich, wenn keine Produktionsfixkosten existieren.
78
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
3.3 Mengenwettbewerb bei differenzierten Giitern 3.3.1 Generelle Uberlegungen Anders als im Fall eines homogenen Gutes gibt es nun keine gemeinsame PreisAbsatz-Funktion, sondern eine Preis-Absatz-Funktion fiir jeden Anbieter bzw. fiir jede Variante (1)
Pi =
Pj(Xi,X2,>..,Xj,...,Xj^)
mit dxj
Da die Varianten Substitute sind, zieht eine Kapazitatserhohung bei einer Variante nicht nur deren Preis nach unten, sondern auch die Preise aller anderen Varianten: dxj
Bei Homogenitat (bei vollkommenen Substituten) ist die Auswirkung einer Anderung einer Konkurrentenkapazitat auf den eigenen (dann gemeinsamen) Preis identisch mit der Auswirkung einer gleichgroBen Anderung der eigenen Kapazitat. Bei Vorliegen einer Produktdifferenzierung (bei unvollkommenen Substituten) ist dagegen die Auswirkung einer Anderung einer Konkurrentenkapazitat auf den eigenen Preis betragsmaBig geringer als die Auswirkung einer gleichgroBen Anderung der eigenen Kapazitat. Erhoht der Anbieter dery-ten Variante seine Menge um eine Einheit, so geht der Preis der /-ten Variante um weniger zurtick, als wenn die Menge der /-ten Variante um eine Einheit erhoht worden ware. Die direkten Ableitungen der Preis-Absatz-Funktionen sind also kleiner als die Kreuzableitungen (betragsmafiig sind sie groBer): (2)
^ < ^ . dXj
dXj
Dies ist der einzige wesentliche Unterschied zum homogenen Fall. Die Folge ist intuitiv klar: Der Mengenwettbewerb wird durch die Differenzierung entscharft, so dass die Gewinne nun hoher ausfallen als bei Homogenitat. Auf der Erlosseite gilt jetzt ganz analog zum homogenen Mengenwettbewerb des Abschnitts 1.1 (3) ^i - P/(^1J^2'—'-^r-9^7v)-^/ mit (4)
dEj
dpi = Pi +
dXj
^i dXj
und (5)
d^Ej
dxf
per Annahme sowie
^dpi
8xj
d^Pi
dxf
3.3 Mengenwettbewerb bei differenzierten Giitem
(6)
79
^!^=^^^!^,^
dxjdxj dxj dxjdxj per Annahme (die Annahme war, dass die Terme erster Ordnung das Vorzeichen dominieren). Auf der Kostenseite andert sich nichts.
3.3.2 Ein Beispiel fiir den Fall der rein horizontalen Differenzierung Wie im Vorabschnitt zum heterogenen Preiswettbewerb wollen wir wieder ein Beispiel mit einem reprasentativen Anbieter (bzw. einer reprasentativen Variante) und mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion betrachten. Anders als im Hotelling-Beispiel zum heterogenen Preiswettbewerb ist jetzt allerdings die Gesamtnachfrage nach dem Gut nicht vorgegeben. Diese Vereinfachung ist beim Mengenwettbewerb offensichtlich konzeptionell nicht moglich. Damit sind die beiden Beispiele nicht vergleichbar. Die Preis-Absatz-Funktion des reprasentativen Anbieters lautet nun a 1 ^ Pi=---Xi-gj: xj, b b j=x Der Parameter g steht hier fiir die Kreuzableitung der Preis-Absatz-Funktion. Bei vollkommenen Substituten ist g = \/b bzw. gb = \. Damit ist der homogene Mengenwettbewerb als Grenzfall mitberucksichtigt. Bei Produktdifferenzierung zwischen substitutiven (aber eben nicht vollkommen substitutiven) Varianten gilt 0 < g < — bzw. 0 < gZ>< 1. b Je kleiner g ist, desto schlechtere Substitute sind die Varianten. Die Erlose sind Ei =
1
^
Also lautet die Outputregel ---Xi-gi: b b
Xj=k. j=x
Daraus konnten wir nun die Mengen-Reaktionsfunktion des reprasentativen Anbieters ableiten. Wegen der vollstandigen Symmetric des Ansatzes wissen wir aber wieder, dass sich im Nashgleichgewicht die Mengen aller Anbieter entsprechen werden. Das konnen wir in der Outputregel des reprasentativen Anbieters nutzen und kommen so direkt zu
*_ a-bk ""' ' 2 + {N-\)gb' Mit gb = \ resultiert hier wieder das Ergebnis des homogenen Mengenwettbewerbs aus Abschnitt 1.1. Bei differenzierten Produkten mit gb < 1 sind die ge-
80
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
winnmaximalen Kapazitaten offensichtlich hoher. Einsetzen dieser Gleichgewichtsmengen in die Preis-Absatz-Funktion fiihrt nach einigen Umformungen zu einem Preis in Hohe von E^ + {l + (^N-l)gb)k 2 + (N-l)gb Damit lautet der Stuckgewinn
* , Pi
1 a-bk b2 + (N-l)gb
- * = •
und der Gewinn pro Anbieter
2 + (N-\)gb)
^
mit gb < 1 bei Differenzierung und gb = 1 bei Homogenitat. Setzt man letzteres ein, hat man wieder die Ergebnisse des Beispiels des Abschnitts 1.1. Der Gewinn ist offensichtlich bei Differenzierung hoher und umso hoher, je kleiner g ist - also je schlechtere Substitute die Varianten sind.
3.3.3 Heterogener Mengenwettbewerb vs. heterogener Preiswettbewerb Anhand der Duopolvariante des Beispiels von eben wollen wir nun noch beispielhaft zeigen, dass die Gewinne im heterogenen Preiswettbewerb geringer ausfallen als im heterogenen Mengenwettbewerb. Wie im Falle der Homogenitat ist der Grund dafur die dem Mengenwettbewerb zugrunde liegende Bindungswirkung der Kapazitaten, welche die Wettbewerbsintensitat verringert. Fur N = 2 gelten jetzt speziell die Preis-Absatz-Funktionen a 1 Daraus ergibt sich nun bei Mengenwettbewerb ftir die Menge jeder Variante
*
a-bk
' 2 + gA Ftir den Preis der reprasentativen Variante folgt Pi =
•
2 + gb Damit lautet der Gewinn des reprasentativen Anbieters -bk \2 '/• 2 + gb^
Gr=i
Ftir die Analyse des Preiswettbewerbs lassen sich die beiden Preis-AbsatzFunktionen nach den Mengen auflSsen:
3.3 Mengenwettbewerb bei differenzierten Gutem
81
{a-bpi)-gb{a-bpj) (\-gb)(\ + gb) Damit ergibt sich fiir die Kosten {\-gb)(\ + gb) ^ Es liegen also konstante preisbezogene Grenzkosten vor: dKj kb dPi ~ (l-gb){l-^gb)' Fur die Erlose gilt (a-bpj)-gb(a-bpj) '~^' {\-gb){\ + gb) Also lauten die preisbezogenen Grenzerlose dEj _a-gb(a-bpj)
2b Pi-
dPi (l-gb)(l + gb) (l-gb)(l + gb) Uber die Preissetzungsregel a-gb(a-bpj) 2b kb — -Pi = (1 - gb)(l + gb) (1 - gb)(l ^gb)-^' (1 - gb)(l + gb) ergeben sich unter Nutzung der Symmetrieeigenschaft p, = pj die Preise des Nashgleichgewichts als * ^ a(l-gb) ^ k ^' b(2-gb) 2-gb' Der Stuckgewinn lautet also * , \- gb a-bk p. -k = — . b 2-gb Mit den gewinnmaximalen Preisen in den Nachfragefunktionen folgt *_ 1 a-bk ""' ~\ + gb2-gb' Dementsprechend lauten die Gewinne * W-gb a-bk •Ky. ' bl + gb 2-gb) Zunachst einmal sieht man im Vergleich von homogenem und heterogenem Preiswettbewerb: Bei Homogenitat (gb = I) gibt es Verluste in Hohe der Fixkosten. Bei Produktdifferenzierung (gb < 1) entstehen dagegen Gewinne vor Fixkosten - und zwar umso hohere, je schlechtere Substitute die Varianten sind. Im Vergleich von heterogenem Mengen- mit heterogenem Preiswettbewerb zeigt die Gegentiberstellung der Ergebnisse (nach einigen Umformungen), dass die Preise im Preiswettbewerb niedriger und damit die Mengen hoher sind. Die Gewinne sind im Preiswettbewerb niedriger, wenn
82
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
^ 1 f
f 1 l-gb < .2 + g^. l + gb 2-gb V^ gilt. Lost man die Klammern dieser Ungleichung auf, so kommt man nach einigen Umformungen zu der Bedingung gh > 0. Diese ist bei substitutiven Varianten erflillt (fiir gb <0 waren die Varianten komplementar).
3.4 Qualitatsfuhrerschaft In diesem Abschnitt wollen wir uns die Auswirkungen einer Qualitatsfuhrerschaft auf das Nashgleichgewicht anschauen. Dabei stellen wir uns vor, ausgehend von einer symmetrischen Situation habe einer der Anbieter die Qualitat seiner Variante verbessert. Diese Qualitatsverbesserung verschiebt die Preis-Absatz-Funktion des Innovators nach oben und dementsprechend werden die Preis-Absatz-Funktionen seiner Konkurrenten nach unten verschoben. Die Auswirkungen der Qualitatsverbesserung analysieren wir zunachst im Rahmen eines heterogenen Mengenwettbewerbs und anschliefiend im Rahmen eines heterogenen Preiswettbewerbs. Mit Blick auf unsere funktional spezifizierten Beispiele von eben bedeutet eine derartige Qualitatsfuhrerschaft des /-ten Anbieters, dass nun der Anbieter mit dem Qualitatsvorteil einen hoheren Niveauparameter a hat als seine Konkurrenten. Die im Folgenden betrachtete Qualitatsflihrerschaft habe ihren Preis ausschlieBlich in Form der fur die Qualitatsverbesserung aufzubringenden Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Diese schlagen sich in hoheren Produktionsfixkosten nieder. Die Produktionsgrenzkosten sollen dagegen unverandert sein. Gedacht ist hier also an einen Qualitatsvorsprung, der auf einem durch Forschung und Entwicklung erreichten Wissensvorsprung beruht, welcher keinen Einfluss auf die variablen Produktionskosten hat. Ein Beispiel ist eine infolge einer verbesserten Herstellungsformel wirksamere Schmerztablette. Anders liegen die Dinge, wenn der Qualitatsvorsprung beispielsweise auf teureren Inputs basiert. Dann hat die Variante mit der hoheren Qualitat auch hohere Grenzkosten in der Produktion. Diesen Fall werden wir erst im sechsten Kapitel zum strategischen Qualitatswettbewerb analysieren. Dort wird dann auch das AusmaB des Qualitatsvorsprungs endogen aus der Gewinnmaximierung der Untemehmen hergeleitet werden.
3.4.1 Qualitatsfuhrerschaft im Mengenwettbewerb a) Generelle Uberlegungen Da wir eine Qualitatsverbesserung betrachten, welche die Grenzkosten in der Produktion unverandert lasst, mussen wir nur auf die Abhangigkeit der Grenzerlose vom Niveauparameter der eigenen Preis-Absatz-Funktion schauen. Wegen (1)
^=p/(«/)+|^(«i)^/ OXj
OXj
3.4 QualitatsfUhrerschaft
83
gilt diesbeztiglich offensichtlich
(2)
^^J-EL^^II^,^.
dxjdaj da I dxjdaj Der erste Teileffekt ist positiv und spiegelt die Niveauverschiebung wider. Der zweite Teileffekt kommt zum Tragen, wenn sich durch die Qualitatsverbesserung auch etwas an der Steigung der Preis-Absatz-Funktion andern wiirde. Wir konnen davon ausgehen, dass immer der Niveaueffekt dominiert: (3)
dXjdaj
>0.
Eine hoher liegende Grenzerlosfunktion bedeutet fur den Innovator gemaB der Outputregel fiir den Mengenwettbewerb eine hohere gewinnmaximale Menge. Dies illustriert die Abbildung 3.4-1 mit a als Ausgangsniveau des Niveauparameters fur alle Anbieter und diesem Niveauparameter mit doppeltem Uberstrich fur den Innovator. Eine hohere gewinnmaximale Menge flir jeweils gegebene Konkurrentenmengen bedeutet ihrerseits eine Verschiebung der Reaktionsfunktion Ri in der xrJC,-Strategieebene nach oben. Dies zeigt die Abbildung 3.4-2, in der die symmetrische Ausgangssituation gestrichelt eingezeichnet ist. Ftir den reprasentativen Konkurrenten des Innovators verschiebt sich die Grenzerlosfunktion nach unten. Dies zeigt die Abbildung 3.4-1 mit dem einmal iiberstrichenen Niveauparameter flir den Konkurrenten. Seine Reaktionsfunktion Rj verschiebt sich dementsprechend auch nach unten; siehe noch einmal Abbildung 3.4-2. Damit ergibt sich im Nashgleichgewicht eindeutig eine hohere Menge der Variante mit dem Qualitatsvorteil. Die Qualitatsfiihrerschaft fiihrt also wie die Kostenfiihrerschaft zu einer Marktanteilsverschiebung zugunsten des Innovators.
dEi. = .
L ^^""^
dKi
r\dXj
/
dXf
S£//\
1KoXj -:r^(^)\X ^ 5^/. X X KoXj yK X X 1 X XX 1 kL
1
J^l
' 1 1 \j
mit a> a > a
L-
x*(a) x*(a) x*(a) Abbildung 3.4-1 Outputregel bei Qualitatsfiihrerschaft
84
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
^^^
X,-
Abbildung 3.4-2 Qualitatsvorteil im Mengenwettbewerb
b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Wir greifen nun das Duopolbeispiel des Abschnitts 3.3.3 wieder auf, schauen jetzt aber nicht auf den Symmetriefall, sondern auf den Fall mit einem Qualitatsfiihrer. Dazu mtissen wir dem zuvor fur beide Anbieter identischen Niveauparameter a einen Index geben. Die Preis-Absatz-Funktionen lauten dann 1
'^"-V^-^^ mit
Uj =a bei a > a fur den Qualitatsfiihrer und Oj =a bei a < a fur seinen Konkurrenten. Die Gewinnfunktionen sind
Gi=\^--Xj-gxj
\xj -kXj -Kfj .
Daraus ergibt sich die Outputregel
j--x,-gxj=k mit den qualitatsabhangigen Grenzerlosen auf der linken Seite. Die Reaktionsfunktionen lauten Xj = 0,5(a, -bkgbxj). Aus diesen Reaktionsfunktionen ergeben sich durch Gleichsetzen und Auflosen die gewinnmaximalen Mengen des nun asymmetrischen Nashgleichgewichts:
3.4 Qualitatsfuhrerschaft
85
laj - gbaj
bk 2 + gb 4-gV mit 4 - g^b^ = (2 - gb) (2 + gb). Fur a, = aj = a erhalten wir wieder das symmetrische Ergebnis des Abschnitts 3.3.3. Mit einem Qualitatsvorteil ist nun die Menge des Qualitatsfiihrers hoher und die seines Konkurrenten geringer als im Symmetriefall. Es sei der Anbieter 1 der Qualitatsfuhrer; dann gilt jetzt 2a - gba bk Xi 2 + gb * _2a - gba bk 4-g^b^ 2 + gb Einsetzen der gewinntnaximalen Mengen in die Preisabsatzfunktionen fuhrt nach einigen Umformungen zu den zugehSrigen Preisen X2
^'
b 4-gV
2 + gb
Die Stuckgewinne lauten also iGj - gbaJ
4- • g b
bk 2 + gb
und damit die Gewinne G;=-
laj - gbaj
. 4-gV Das bedeutet ftir den QualitatsfUhrer 2a - gba
n
bk
2 + gb)
bk 2 + gb)
-K
f.i-
K/ 4
und fUr seinen Konkurrenten
G,-.i
2a - gba
bk -K / , 2 2 + gb^
Vergleicht man diese Ergebnisse mit dem Symmetriefall, so sieht man: Nicht nur die Menge, sondem auch der Preis und damit der Gewinn des Qualitatsfiihrers vor Produktionsfixkostenabzug steigen durch die Erhohung der Qualitat. Ob sich die Qualitatsfiihrerschafl; fiir ihn rechnet, kommt darauf an, wie sehr dadurch die Produktionsfixkosten gestiegen sind - also wie hoch der dahinter stehende F&EAufwand war. FUr den Konkurrenten hat sich die Situation in jedem Fall verschlechtert: Nicht nur seine Menge, sondem auch sein Preis sinkt - und damit eindeutig auch sein Gewinn. Hinsichtlich seines Preises dominiert also der negative Effekt der Mengenerhohung des Qualitatsfiihrers den positiven Effekt der Senkung der eigenen Menge. Dies lasst sich leicht durch den Vergleich der obigen
86
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
Ergebnisse mit jenen im Symmetriefall des Abschnitts 3.3.3 zeigen. Beispielsweise lasst sich die Behauptung, dass der Gewinn nun geringer ist, umformen zu z= 2a- gba a > —.
2-gb Dies ist fur substitutive Varianten (0 < gZ? < 1) erfuUt. 3.4.2 Qualitatsfiihrerschaft im Preiswettbewerb a) Generelle Uberlegungen Auch der Effekt einer Qualitatserhohung auf die preisbezogenen Grenzerlose des heterogenen Preiswettbewerbs (4)
^
= xMi) +
Pi-^{ai)
setzt sich aus zwei Teileffekten zusammen: (5)
_£j^= ^^^^.^!^. dpjdaj
daj
dpjdaj
Auch hier konnen wir davon ausgehen, dass der Niveaueffekt dominiert: (6)
^ ^ > 0 .
dpjdaf
Gemafi der Preissetzungsregel bedeutet dies einen hoheren gewinnmaximalen Preis des Qualitatsfuhrers. Bine Abbildung mit dem Aktionsparameter Preis ware vollig analog zur Abbildung 3.4-1 fiir den Mengenwettbewerb. Bin hoherer gewinnmaximaler Preis fiir jeden gegebenen Konkurrentenpreis bedeutet eine Verschiebung der Reaktionsfunktion Ri in derprP/-Strategieebene nach oben. Fiir den reprasentativen Konkurrenten ergibt sich eine Verschiebung der Reaktionsfunktion Rj in der prP/-Strategieebene ebenfalls nach oben (in der /?,-prStrategieebene nach unten). Die Abbildung 3.4-3 zeigt das sich bei Qualitatsfiihrerschaft des Anbieters / ergebende Nashgleichgewicht als Schnittpunkt der beiden neuen Reaktionsfunktionen. Die symmetrische Ausgangssituation ist wieder gestrichelt eingezeichnet. In jedem Fall erhoht sich der Preis des Qualitatsfuhrers. Dagegen kann der Preis der Konkurrenten sinken. Diesen Fall zeigt die Abbildung 3.4-3. Dies muss aber nicht zwingend so sein. Wie man sich an dieser Abbildung leicht iiberlegen kann, wiirden die Konkurrentenpreise steigen, wenn sich ihre Nachfragefunktionen und damit ihre Reaktionsfunktionen nur wenig verlagern wiirden. Dies ist unter anderem auch eine Frage der Anbieterzahl.
3.4 Qualitatsfuhrerschaft
87
Abbildung 3AS Qualitatsvorteil im Preiswettbewerb b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Die zu den Preis-Absatz-Funktionen unseres Duopolbeispiels von eben gehorenden beiden Nachfragefunktionen lauten _{cij-bpi)-gb{aj-bpj)
{\-gb){\ + gb) Die Kosten und Erlose belaufen sich nun auf {\-gb\\
fJ
+ gb)
und Ei = Pi
(ai-bpi)-gb(aj-bpj)
(l-gb)(l + gb) Uber die Preissetzungsregel des Preiswettbewerbs Oj-gbiaj-bpj) 2b
(\-gb){l + gb)
ergeben sich die Preis-Reaktionsfunktionen a, - gbOj + bk Pi
kb Pi = -
il-gb)(l + gb)
•+
0,5gbpj.
{\-gb){\
+ gb)
2b Aus diesen wiederum resultiert das Nashgleichgewicht des heterogenen Preiswettbewerbs als
. i2-gh^)ai-gbaj Pi = 2— L2X b(4-g'b')
k -+
2-gb
88
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb
Fur den Symmetriefall mit QJ ^ QJ = a lasst sich der Zahler als (1 - gb)(2 + gb)a schreiben. Da der Nenner b(2 - gb)(2 + gb) entspricht, flihrt Kurzen dann wieder zum Ergebnis des Abschnitts 3.3.3. Mit Anbieter 1 als Qualitatsfiihrer gilt jetzt aber fiir den Qualitatsfiihrer
*
(2-s^b^)a-sba
b(4-gh^)
k 2-gb
und ftir seinen Konkurrenten
*
(2-gV)a-gba
Pi =
y^
+•
2-gb
Der Preis des Qualitatsfiihrers steigt. Dies gilt entsprechend unseren Uberlegungen von oben generell. Dagegen kann man liber die Entwicklung des Preises seines Konkurrenten nichts Generelles aussagen. In unserem linearen Beispiel sinkt der Konkurrentenpreis. Dies zeigt der Vergleich mit dem Symmetriefall: Die Behauptung eines sinkenden Konkurrentenpreises lasst sich umformen zu
il-gb)a>
(2-gV)a-gba 2^gb
und dies ist fur substitutive Varianten stets erfiillt. Einsetzen der Gleichgewichtspreise in die Nachfragefunktionen fiihrt nach einigen Umformungen zu den Mengen 1
^ (2 - g^b^)aj - gbaj
1\-g ^2.2 b
4-gV
(i - gb)bk ^ 2-gb
Zusammen mit den Stiickgewinnen (2-g^b^)aj-gbaj Pi -k
=
(l-gb)bk^
4-gV
2-gb
^(2-g^b^)ai-gbaj
{\-gb)bk
resultieren daraus die Gewinne 1
'
1
b\-gh\
4-gV
2-gb
K /,'•
Das bedeutet fllr den Mengenfuhrer Gi =
1
\2-gH^)a-gba
bl-gV\
4-gV
1
(l-gb)bk^ -K 2-gb
/.I
und fur seinen Konkurrenten
G, =
1
1 21,2
b\-gH
^(2-gV)a-gfca
4-gV
(\-gb)bk^ -K / , 2 ' 2-gb
Insgesamt ergibt sich qualitativ das gleiche Bild wie im Mengenwettbewerb: Preis, Menge und Gewinn vor Fixkostenabzug des Qualitatsfiihrers steigen als Folge des Qualitatsvorteils.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
89
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Im heterogenen Preiswettbewerb liegen die Preise stets uber den Grenzkosten. Dies ergibt sich zwingend aus der Preissetzungsregel. Mit zunehmender Anbieterzahl nimmt dieser Preisaufschlag allerdings ab (und verschwindet ftir eine gegen unendlich gehende Anbieterzahl ganz). 2. Im heterogenen Preiswettbewerb sind die Preise strategische Komplemente. Dabei ist die Reaktion auf eine (prognostizierte) Anderung eines Konkurrentenpreises stets kleiner als die sie auslosende Anderung. 3. Unter den hier gemachten Annahmen (empirischer Regelfall) ist die Existenz eines Nashgleichgewichts im Preiswettbewerb zwischen differenzierten Varianten - anders als im homogenen Preiswettbewerb - stets garantiert. 4. Im heterogenen Mengenwettbewerb sind die Gewinne hoher als im homogenen Mengenwettbewerb, da die Produktdifferenzierung die Wettbewerbsintensitat senkt. 5. Im heterogenen Mengenwettbewerb sind die Preise und Gewinne hoher (und die Mengen geringer) als im heterogenen Preiswettbewerb, weil die Inflexibilitat der Kapazitaten die Wettbewerbsintensitat senkt. 6. Ein Qualitatsvorteil fuhrt sowohl im Preis- als auch im Mengenwettbewerb zu einem hoheren Gewinn des Qualitatsfiihrers (vor Abzug der zur Erlangung dieses Vorteils notwendigen F&E-Ausgaben).
Grundlegende Literatur Hinsichtlich der Primarliteratur sei der Leser noch einmal auf die Literaturhinweise im Anschluss an das erste Kapitel verwiesen. Hinzu kommt nun noch mit Blick auf den Preiswettbewerb bei einem differenzierten Gut Hotelling (1929). Das Hotelling-Modell haben wir in diesem dritten Kapitel nur in einer sehr einfachen Variante mit linearen Nachfragefunktionen und vor allem mit exogen gegebener Produktdifferenzierung behandelt. Die Endogenisierung der Produktdifferenzierung - auch bei nichtlinearer funktionaler Spezifikation - wird Gegenstand des funften Kapitels sein. Zur Unterscheidung zwischen strategischen Komplementen und strategischen Substituten sowie speziell auch zum Preiswettbewerb bei einem differenzierten Gut siehe auBerdem Bulow, Geanakoplos und Klemperer (1985).
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
4.1 Entscheidungsexternalitaten 4.1.1 Horizontale Entscheidungsexternalitaten 4.1.2 Vertikale Entscheidungsexternalitaten a) Generelle Uberlegungen b) Bin Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion 4.2 Zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung 4.2.1 Gemeinsame Gewinnmaximierung im Preiswettbewerb a) Der Fall eines homogenen Gutes b) Der Fall eines heterogenen Gutes 4.2.2 Gemeinsame Gewinnmaximierung im Mengenwettbewerb a) Der Fall eines homogenen Gutes b) Der Fall eines heterogenen Gutes 4.3 Zur Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung 4.3.1 Kartellstabilisierung durch Sanktionen 4.3.2 Kartellstabilitat bei homogenem Preiswettbewerb als Beispiel
Uberblick Im strategischen Wettbewerb hat der einzelne Anbieter oft die Option, mit einem Oder mehreren anderen Anbietem zu kooperieren. Im entscheidungstheoretischen Kern besteht eine solche Kooperation in der gemeinsamen Festlegung der Aktionsparameter im Rahmen einer gemeinsamen Gewinnmaximierung. Sofern dem das GWB nicht entgegensteht, kann diese gemeinsame Gewinnmaximierung beispielsweise im Rahmen eines Kartells oder im Rahmen einer Fusion umgesetzt werden. Dabei zielen insbesondere Fusionen neben dieser einheitlichen Festsetzung gewinnmaximaler Mengen, Preise und Produkteigenschaften oft auch auf die Realisierung von Skalenertragen in der Produktion, in der Beschaffung und im Vertrieb ab. Diese eher innerbetrieblichen und organisatorischen Aspekte der Kooperation sollen aber im Folgenden nicht behandelt werden. Es wird in diesem Kapitel vielmehr ausschliefilich um den entscheidungs- und wettbewerbstheoretischen Aspekt der gemeinsamen Gewinnmaximierung als Alternative zur Konkurrenz gehen. Dabei wollen wir in einem ersten Abschnitt zunachst noch einmal naher auf die horizontalen Entscheidungsexternalitaten des strategischen Wettbewerbs eingehen. Die Internalisierung dieser Entscheidungsexternalitaten im Zuge einer gemeinsamen Gewinnmaximierung kann eine Kooperation letztlich erst profitabel machen. AuBerdem wollen wir uns in diesem ersten Abschnitt vergleichend mit der Internalisierung vertikaler Entscheidungsexternalitaten durch eine Kooperation iiber verschiedene Wertschopfiingsstufen hinweg beschaftigen. Im zweiten Abschnitt werden wir dann der Kemfrage nachgehen, unter welchen Umstanden eine gemeinsame Gewinnmaximierung profitabel ist, wenn sich nicht alle an ihr beteiligen - also wenn das Kartell bzw. die fiisionierte Unternehmung weiterhin im strategischen Wettbewerb mit so genannten Outsidern steht. Dieser Frage gehen wir am Beispiel einer gemeinsamen Gewinnmaximierung von zwei aus N Anbietem (also bQi N-2 Outsidern) sowohl fiir den Fall des Mengenwettbewerbs als auch fiir den Fall des Preiswettbewerbs sowie sowohl fiir den Fall eines homogenen Gutes als auch fiir jenen eines heterogenen Gutes nach. Im dritten Abschnitt geht es schlieBlich um das zunachst beiseite gelassene Stabilitatsproblem: Wann ist die gemeinsame Gewinnmaximierung in dem Sinne stabil, dass es sich fiir keinen Beteiligten lohnt auszusteigen? Dies ist offensichtlich ein zentrales Problem. Denn die Aktionsparametersetzung im Rahmen einer gemeinsamen Gewinnmaximierung ist nun einmal defmitionsgemafi kein Nashgleichgewicht. Dementsprechend lohnt sich fiir einen einzelnen Beteiligten bei mangelnder Sanktionierbarkeit das Abweichen von der gemeinsamen Parametersetzung immer.
94
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
4.1 Entscheidungsextemalitaten 4.1.1 Horizontale Entscheidungsexternalitaten Unter einer horizontalen Entscheidungsexternalitat versteht man die Wirkung einer eigenen Aktionsparametersetzung bzw. -anderung auf den Gewinn der Konkurrenten. Diese Extemalitaten sind defmitionsgemafi mit dem strategischen Wettbewerb verbunden. Durch eine gemeinsame Gewinnmaximierung konnen sie internalisiert werden. 1st die Externalitat negativ, so wird der Aktionsparameter im Wettbewerb gemessen am gemeinsamen Gewinnmaximum zu hoch gesetzt. Bei einer positiven Entscheidungsexternalitat verhalt es sich umgekehrt. Sind alle Konkurrenten an der gemeinsamen Gewinnmaximierung beteiligt, so fuhrt sie zur Monopollosung. Dann ist der Gesamtgewinn stets hoher als im Wettbewerb. Als Beispiel sei der Duopolfall betrachtet. Im Mengenwettbewerb setzt hier jeder Anbieter seine Menge derart, dass sein Grenzgewinn gleich null ist bzw. dass die eigenen Grenzerlose den eigenen Grenzkosten entsprechen. Voraussetzung sind mit zunehmender Menge fallende Grenzgewinne (Bedingung zweiter Ordnung). Bei der gemeinsamen Gewinnmaximierung muss dagegen gelten (1)
^ ^ ^ + — ^ = 0. dxj
dxj
Die Ableitungen des Konkurrentengewinns nach der jeweils eigenen Menge sind die Extemalitaten der Wettbewerbslosung, die hier nun internalisiert werden. Dabei betrifft die Externalitat nur die Erlose des Konkurrenten (nicht seine Kosten), so dass man die Bedingung erster Ordnung der gemeinsamen Gewinnmaximierung auch schreiben kann als (2)
^ , ^ _ ^ dXj
dXj
= 0.
dXj
Aus der Diskussion des Mengenwettbewerbs wissen wir, dass diese Extemalitaten negativ sind: Der Erlos des Konkurrenten sinkt, wenn man die eigene Menge erhoht. Dementsprechend ist der Grenzgewinn des /-ten Anbieters im Maximum der gemeinsamen Gewinnmaximierung positiv - statt wie in der Wettbewerbslosung gleich null. Bei mit steigender Menge fallenden Grenzgewinnen bedeutet dies eine geringere Menge als unter Konkurrenz. Die Gesamtmenge ist daher geringer und damit der Preis hoher; Konsumentenrente und Wohlfahrt fallen im Vergleich zum Nashgleichgewicht geringer aus. Im duopolistischen Preiswettbewerb bei einem differenzierten Gut sind die qualitativen Auswirkungen der gemeinsamen Gewinnmaximierung die gleichen. Die Bedingung erster Ordnung lautet nun (3)
— ^ + — ^ = 0. dpj
dpj
Aus der Diskussion des Preiswettbewerbs bei einem differenzierten Gut wissen wir, dass die Extemalitat hier positiv ist: Eine Erhohung des eigenen Preises erhoht den Konkurrentengewinn. Dementsprechend ist der eigene preisbezogene
4.1 Entscheidungsextemalitaten
95
Grenzgewinn im gemeinsamen Gewinnmaximum negativ (statt gleich null). Bei fallenden Grenzgewinnen bedeutet dies, dass die Preise hier hoher sind als in der Wettbewerbslosung. Damit sind die Mengen und ist die Wohlfahrt nun geringer als im Nashgleichgewicht. Diese Folgerungen gelten unter der Annahme, dass alle Konkurrenten bei der gemeinsamen Gewinnmaximierung mitmachen. Gibt es dagegen Outsider, so muss der Gewinn der Insider keinesfalls hoher sein als bei Konkurrenz aller mit alien. Dies werden wir uns im zweiten Abschnitt detailliert anschauen. Vorher aber woUen wir noch eine kurze vergleichende Betrachtung mit den vertikalen Entscheidungsexternalitaten zwischen Lieferanten und Abnehmern vornehmen. Diese ist insofern wichtig, als sie zeigen wird, dass die gemeinsame Gewinnmaximierung zwischen Lieferanten und Abnehmern ganz anders einzuschatzen ist als jene zwischen Konkurrenten.
4.1.2 Vertikale Entscheidungsexternalitaten a) Generelle Uberlegungen Die vertikale Externalitat und ihre Intemalisierung durch gemeinsame Gewinnmaximierung wollen wir uns fur den Fall eines Produzenten P eines Gutes und eines Handlers H dieses Gutes verdeutlichen. Wir wollen annehmen, dass der vom Handler zu bezahlende Verkaufspreis des Produzenten die einzigen Grenzkosten des Handels sind. Dann entspricht die so genannte Handelsspanne pn - fp dem Sttickgewinn (vor Abzug der Fixkosten pro StUck) und bei getrennter Gewinnmaximierung lautet die Zielfunktion des Handlers (4)
GH = (PH - PPXPH)-
Kf^H'
Wir unterstellen auch fur den Produzenten einen mengenunabhangigen Sttickgewinn. Der Handler fragt beim Produzenten die von ihm an den Endverbraucher verkaufte Menge nach. Dementsprechend hangt die Menge des Produzenten zunachst einmal vom Preis des Handlers ab (und nicht direkt vom eigenen Preis). Damit lautet die Zielfunktion des Produzenten bei getrennter Gewinnmaximierung (5) Gp = (PP - k)x(pfj) - Kfp . Wir konnen uns vorstellen, dass beide Monopolisten ihres jeweiligen Marktes sind. Alles Folgende gilt aber fiir alle Marktformen, bei denen sich ein positiver Aufschlag auf die Grenzkosten ergibt. Bei gemeinsamer Gewinnmaximierung ist die Zielfunktion die Summe der Gleichungen (4) und (5). Dann lauten die beiden Bedingungen erster Ordnung bei Preisfixierung (6) und
^ ^ ^ ^ =0 dpp dpp
96
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
(7)
^ , ^ = 0. dpH dpH Die Kreuzableitungen sind die vertikalen Externalitaten der getrennten Gewinnmaximierung. Wie die Gleichungen (4) und (5) zeigen, sind beide vertikalen Externalitaten negativ: Der Gewinn des Handlers sinkt bei hoherem Produzentenpreis und der Gewinn des Produzenten sinkt bei hoherem Handlerpreis. Dementsprechend sind die eigenpreisbezogenen Grenzgewinne bei der gemeinsamen Gewinnmaximierung positiv statt gleich null. Im Vergleich zur getrennten Gewinnmaximierung sind also nun beide Preise niedriger (gegeben im Preis fallende Grenzgewinne - was die Bedingung zweiter Ordnung ist). Niedrigere Preise bedeuten eine hohere Menge und eine hohere Wohlfahrt. Mit Blick auf die Wohlfahrt resultiert also der umgekehrte Effekt wie bei der horizontalen gemeinsamen Gewinnmaximierung. Diese Erkenntnis ist fiir den strategischen Wettbewerb zwischen Anbietem des gleichen Marktes bei vertikaler Verkntipfung mit anderen Markten (und entsprechender Kooperationsoption) von weitreichender Bedeutung. Auch fur die Wettbewerbspolitik ist dies ein ganz entscheidender Punkt: Offensichtlich sind vertikale Kartelle und Fusionen ganz anders einzuschatzen als horizontal.
b) Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Mit der linearen Nachfragefunktion a - bpn in Gleichung (4) fuhrt Preisfixierung bei getrennter Gewinnmaximierung fiir einen monopolistischen Handler zum Monopolpreis
Die zugehorige Menge belauft sich auf a-bpp jc =
^-^
2 mit dem Produzentenpreis als Grenzkosten des Handlers. Dieser Zusammenhang zwischen Produzentenpreis und gewinnmaximaler Menge des Handlers ist fur den Produzenten eine Art reduzierte Preis-Absatz-Funktion. Mit dieser eingesetzt in Gleichung (5) fuhrt die separate Gewinnmaximierung des Produzenten zum gewinnmaximalen Produzentenpreis * a + bk PP = • ^^ 2b Setzt man diesen gewinnmaximalen Produzentenpreis in die obige Gleichung fur den Zusammenhang zwischen gewinnmaximalem Handlerpreis und Produzentenpreis ein, so ergeben sich der gewinnmaximale Handlerpreis und die zugehorige Verkaufsmenge (die zugleich die Produktionsmenge ist) als * 3a + M und
4.1 Entscheidungsextemalitaten
a-bk 4 Bei einer Handelsspanne von * *
97
a-bk
bedeutet das fur den Handler einen Gewinn in Hohe von ^a-bk^^ ^H
- T
"
^fM'
V
Der Produzent macht einen Stuckgewinn von * , a-bk sein Gewinn belSuft sich damit auf ^*
21 a-bk
'''=-b[~^
-K f,P'
Der Gesamtgewinn beider Unternehmen bei getrennter Gewinnmaximierung lautet also 3f
a-bk^
Bei gemeinsamer Gewinnmaximierung lautet die Zielfunktion gemafi den Gewinngleichungen (4) und (5) G = GP+GH=
(PH - k)x(pH)-
Kfp
- KfH .
Es ist also nur der Endverkaufspreis von Bedeutung. Aus der Preissetzungsregel folgt der iibliche Monopolpreis a + bk Damit lautet die Menge im Falle der gemeinsamen Gewinnmaximierung a-bk x= . 2 Das fuhrt zu einem maximal moglichen Gewinn von
U-bk^^ 4 I ^f,P - ^f,H • b Im Vergleich mit den Ergebnissen der getrennten Gewinnmaximierung sieht man: Die gemeinsame Gewinnmaximierung senict den Preis, erhoht die Menge und damit die Wohlfahrt - und rechnet sich trotzdem auch fur die Anbieter.
98
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
4.2 Zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung In diesem Abschnitt werden wir zeigen, unter welchen Umstanden eine gemeinsame Gewinnmaximierung zu einer Gewinnerhohung bei den beteiligten Anbietern (den Insidem) ftihrt, gegeben dass diese sich alle an die getroffene Vereinbarung halten. Wir argumentieren hier also unter der Voraussetzung gegebener Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung. Schon im ersten Kapitel haben wir gesehen, dass sich eine gemeinsame Gewinnmaximierung immer lohnt, wenn alle Anbieter einbezogen sind, so dass die Kooperationslosung der MonopoUosung entspricht. Im Folgenden wollen wir uns auf die Untersuchung der Profitabilitat einer gemeinsamen Gewinnmaximierung von zwei aus insgesamt N Anbietern konzentrieren - also bei Existenz von N-2 Outsidem. Wir werden sehen, dass die Profitabilitat wesentlich davon abhangt, ob Preis- oder Mengenwettbewerb vorliegt. Der Grund dafiir ist, dass Preise strategische Komplemente sind, Mengen dagegen strategische Substitute. Von entscheidender Bedeutung ist aber auch, ob das Gut homogen oder differenziert ist. Insgesamt wird deutlich werden, dass eine gemeinsame Gewinnmaximierung von zwei Anbietern bei Existenz von Outsidern in der groBeren Zahl der Falle nicht profitabel ist.
4.2.1 Gemeinsame Gewinnmaximierung im Preiswettbewerb a) Der Fall eines homogenen Gutes Im homogenen Preiswettbewerb bei gleichen und konstanten Grenzkosten ist das Nashgleichgewicht unabhangig von der Anbieterzahl. Stets entsprechen die Preise den Grenzkosten, egal ob nun drei oder dreihundert Anbieter konkurrieren. Daher kann auch keine gemeinsame Gewinnmaximierung zu Gewinnen fuhren, solange es einen Outsider gibt. Die gemeinsame Preissetzung ist also bei Existenz eines oder mehrerer Outsider nie profitabel. Dieses Ergebnis ist offensichtlich auch unabhangig davon, ob es zwei oder mehr Insider gibt.
b) Der Fall eines heterogenen Gutes Ist das Gut differenziert, so gilt im Preiswettbewerb das Gegenteil wie bei Homogenitat: Im heterogenen Preiswettbewerb ist die gemeinsame Gewinnmaximierung auch bei Existenz von Outsidern immer profitabel - und umso profitabler, je mehr Insider es gibt. Dies liegt daran, dass die Preise hier im Wettbewerb strategische Komplemente sind. Aus dem ersten Abschnitt wissen wir, dass die beiden kooperierenden Anbieter hohere Preise fiir ihre Varianten setzen werden als ohne Kooperation. Wurden die Outsider ihre Preise unverandert lassen, so wtirde diese Internalisierung der horizontalen Entscheidungsextemalitat den Gewinn beider Beteiligten erhohen. Die Outsider reagieren nun aber ihrerseits mit Preiserhohungen, was die Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung noch verstarkt.
4.2 Zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung
99
Um diese generelle Erkenntnis zu illustrieren, greifen wir auf das Beispiel des heterogenen Preiswettbewerbs mit einem reprasentativen Anbieter aus dem Abschnitt 3.2.2 zuruck. Hier gait fiir jede Variante bzw. jeden Anbieter die standardisierte Nachfragefunktion 1 1 ^ ^i^l^-Pi-^N ' N-
-^fj' •
Bei mengenunabhangigen Grenzkosten fiihrte dies tiber die Preissetzungsregel 1 1 ^ N N-\j^\ -^ zur Preis-Reaktionsfunktion des reprasentativen Anbieters
f Pj =0,5 A: + — +
\ X Pi
Im symmetrischen Nashgleichgewicht gilt also Pi =k-\- — . ' N
Damit lauten die Gewinne * 1 Es sei nun abweichend hierzu angenommen, dass die Anbieter 1 und 2 eine gemeinsame Gewinnmaximierung betreiben und zu diesem Zwecke fiisionieren (oder ein Preiskartell bilden). Mit Blick auf die N-2 Outsider sei vorweggenommen, dass diese fur ihre Varianten letztlich alle den gleichen Preis ps = p4 = ... = PN^ p setzen werden. Dann lautet der Gewinn des fiisionierten Unternehmens F aus seinen beiden Varianten des Gutes
Da A:i = ^2 = ^ ist und auch die Nachfragefunktionen fiir beide Varianten gleich sind, wird das fusionierte Untemehmen fiir seine beiden Varianten den gleichen Preis setzen: pi =P2=PF' Damit lasst sich die Gewinnfunktion formulieren als
Dies lasst sich umschreiben zu
Gp=2ip,-k)^j^-^(p,-p)y2Kf. Die Preissetzungsregel des fusionierten Unternehmens lautet
100
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
,7V-2 J\ i Pf + 2 — + N-\^ \N mit der Bedingung zweiter Ordnung
N-2 p N-\
N-\
-4
<0. N-\ Letztere ist fiir A^> 2 erfullt. Aus der Preissetzungsregel resultiert eine Art „Reaktionsfunktion" des fusionierten Unternehmens: Uber ^N-2 1 N-2, ,, 2 PF —+ {p + k) N N-\^ ergibt sich N-l -+p N(N-2) Diese „Reaktionsfunktion" zeigt, wie das fusionierte Unternehmen reagieren mtisste, wenn alle Outsider koordiniert ihren Preis verandern wurden (was sie aber nicht tun, da sie alle auch gegeneinander konkurrieren). Aus der oben noch einmal wiedergegebenen Reaktionsfunktion des reprasentativen Anbieters im symmetrischen Modell des Abschnitts 3.2.2 kann man fur einen Outsider folgern 1 . 2pF^(N-3)p P = OS k-\- — + N N- 1 Diese kann man nach/? auflosen: Uber A^-3 1 0,5 k + N N-l) 2(N-l) ergibt sich N-l k + — -^—^-^ P= iV + 1 N N-l Dies eingesetzt in die „Reaktionsfunktion" des fusionierten Unternehmens fiihrt uber N-lj 2pf k 2p,.k.^-' '^'^ ^-^ -+ -+ ^^ +N(N-2) N + l N(N-\-l) # +1 und 2N (N-l)(N-hl) + (N-l)(N-2) 2-PF = A^ + 1 / " # +1 N(N-2){N-\-l) zu den beiden Gleichgewichtspreisen des fusionierten Unternehmens Pf = 0,5 k +
•"AC
PF
=k +
I
1 iV^-1,57V+ 0,5
N N^-2N Der Unterschied zu den Preisen vor der Fusion ist der zweite Bruch auf der rechten Seite. Dieser ist grofier als eins, d. h., die Preise der Varianten 1 und 2 steigen durch die Fusion dieser beiden Anbieter. Einsetzen dieses Ergebnisses in die obige Gleichung ftir den Outsiderpreis fiihrt iiber
4.2 Zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung
P=
1 7V^-l,5A^ + 0,5^^ k-\- — + k+ 7V + 1 N N^ -2N N N-l
P=
2 , 7V + 1
101
N-l
und #-1, # +1
7V-1 N(N + l)
2 1 N-\-lN
(N-l)(N-0,5) N(N-2)
bzw.
p = k-^
1 N(N-l)(N-2) + (N-l)(2N-l) N N{N + \){N-2)
p=k+
1 (N-l)(N^-\) N(N + l)N(N-2)
Oder auch
zu p* = A: +
1 7V^-2Ar + l
^ N^-2N Der Unterschied im Vergleich zu den Preisen vor der Fusion ist wieder der zweite Bruch auf der rechten Seite. Dieser ist wieder groBer eins, aber kleiner als der entsprechende Bruch in der Gleichung fiir die Preise des fiisionierten Untemehmens. Es steigen also auch die Preise der Outsider, allerdings nicht so stark wie jene der Insider. Letzteres hatten wir uns im Prinzip schon im Abschnitt 3.2.2 (iberlegt: Die Steigung der Preis-Reaktionsfunktionen ist positiv, aber kleiner als eins. Die sich durch die Fusion ergebende Preisdifferenz zwischen Insider- und Outsidervarianten betragt * * 1 N-l PF - P = . ^ N2N(N-2) Einsetzen dieser Preisdifferenz sowie des Insiderpreises pf in die Gewinnfunktion ergibt 2 (N-l)(N-0,5)(]_ I Gp = -2K f N N N(N-2) 2N' und damit 2 N^ -2N^ +\25N-^,25 -2K / • N^-2N^ N' Dieser Gewinn aus der gemeinsamen Gewinnmaximierung ist groBer als der Gesamtgewinn beider Unternehmen vor der Fusion 2IN^-2Kf.
4.2.2 Gemeinsame Gewinnmaximierung im Mengenwettbewerb a) Der Fall eines homogenen Gutes Aus dem ersten Abschnitt wissen wir, dass eine gemeinsame Gewinnmaximierung bei Mengenwettbewerb zu geringeren Mengen der beteiligten Anbieter fuhrt.
102
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
Wtirden die Outsider darauf nicht mit der Menge reagieren, kame es bei einem homogenen Gut zu einem hoheren Preis und die Insider hatten hohere Gewinne. Da die Mengen aber strategische Substitute sind, werden die Outsider als Reaktion auf die Mengensenkung der Insider ihre Mengen erhohen. In Abschnitt 1.1.3 haben wir gesehen, dass diese Mengenerhohung allerdings nicht die Hohe der induzierenden Mengensenkung erreicht. Insgesamt fallt also die Menge und der Preis steigt. Damit ist klar, dass der Gewinn der Outsider als Folge einer gemeinsamen Gewinnmaximierung der Insider steigt. Offen ist, ob eine solche gemeinsame Gewinnmaximierung fur die Insider profitabel ist. Anders als im Preiswettbewerb schwacht im Mengenwettbewerb die Reaktion der Outsider die Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung und kann zum Gegenteil fiihren. Bei linearer Kosten- und Nachfragefunktion sinkt im Falle einer gemeinsamen Gewinnmaximierung von zwei aus N Anbietern der Gesamtgewinn der Insider. Dann gilt also im homogenen Mengenwettbewerb das gleiche wie im homogenen Preiswettbewerb: Eine gemeinsame Gewinnmaximierung ist nicht profitabel. Diese Erkenntnis kann man mit Hilfe des Beispiels aus Abschnitt 1.1 leicht illustrieren. Hier ergab sich im homogenen Mengenwettbewerb zwischen A^ Anbietern eine gewinnmaximale Menge von
a-bk
* Xj
=
' iV + 1 fiir den einzelnen Anbieter. Einsetzen der zugehorigen Gesamtmenge in die gemeinsame Preis-Absatz-Funktion und Abziehen der variablen StUckkosten ergibt einen Stiickgewinn (vor Fixkostenabzug) in Hohe von * , p -k-
I a-bk
.
b N +\ Also lautet der Gesamtgewinn a-bk , ""^ —b ^iV + 1 -Kf, Fallt nun durch eine Fusion zweier Anbieter die Anbieterzahl von TV auf A/^- 1, so steigen Menge, Stiickgewinn und Gewinn der Outsider. Insbesondere gilt fiir die Outsider offensichtlich G*(iV-l)>G*W. Der Gewinn der beiden fusionierenden Anbieter aber fallt. Denn fur A'^ > 2 gilt mit Blick auf die Insider ebenso offensichtlich G"{N-\)<2G*{N),
b) Der Fall eines heterogenen Gutes Hier gilt qualitativ dasselbe wie beim homogenen Mengenwettbewerb: Da die Mengen strategische Substitute sind, unterlauft die Reaktion der Outsider die
4.2 Zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung
103
Mengenverknappung der an der gemeinsamen Gewinnmaximierung Beteiligten. Dies fiihrt - zumindest bei Kosten- und NachfragefUnktionen, die nicht allzu nichtlinear sind - dazu, dass sich die gemeinsame Gewinnmaximierung fiir die Insider nicht rechnet. Damit ist auch klar, dass bei einem differenzierten Gut - anders als bei einem homogenen Gut - die Art des zugrundeliegenden Wettbewerbs fur die Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung entscheidend ist: Liegen bindende Kapazitatsschranken (Mengenwettbewerb) vor, so ist eine gemeinsame Gewinnmaximierung im Zweifel eher nicht profitabel, bei Preiswettbewerb dagegen immer. Dies ist eine fur die Wettbewerbspolitik wichtige Erkenntnis. Denn sie impliziert, dass Kartelle und Fusionen bei heterogenem Preiswettbewerb viel kritischer zu betrachten sind als bei Mengenwettbewerb. Im heterogenen Preiswettbewerb ist die Schwachung der Wettbewerbsintensitat durch die Senkung der Zahl der unabhangigen Gewinnmaximierer ein hinreichender Anreiz zur Kooperation; im Mengenwettbewerb mussen im Regelfall noch weitere Vorteile fiir die Insider hinzukommen, die unter Umstanden auch gesamtwirtschaftlich positiv zu werten sind wie beispielsweise die Realisierung von Skalenertragen. Beispielhaft sei hier wieder eine Fusion von zwei Anbietem betrachtet, jetzt auf der Basis des Beispiels fiir den heterogenen Mengenwettbewerb aus Abschnitt 3.3.2. Dort hatte sich fiir die Mengen im Symmetriefall ergeben
*_ a-bk ""' ~ 2 + {N-\)gb' Dies resultiert in einem Gewinn von a-bk
2^(N-l)gbj
" ^
mit 0 < gZ> < 1 fiir ein differenziertes Gut. Nun wollen wir wieder eine Fusion der Anbieter der Varianten 1 und 2 betrachten. Bei N-2 identischen Outsidern gilt dann fur die fusionierte Untemehmung die Gewinnfunktion
Gf =Gi+G2 =\^--xi-gX2-g(N-2)x\xi-kxi + \^--X2-gXi-
+
g(N - 2)x \x2 -kx2- 2Kf
mit X als der Menge eines Outsiders. Mit Xf ~ X\ ~ X2 konnen wir das auch formulieren als //
G^=2\ ( - - ^^-^xj,
Uber die Outputregel a 2(1+ gb)
- g(N - 2)jc W
-kxj,]-2Kf.
Xf-g(N-2)x =k b b folgt damit die „Reaktionsfiinktion" des fusionierten Untemehmens als
104
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
^a-bk-{N-2)gbx '"'"' 2(1 +gb) Die Gewinnfunktion des reprasentativen Outsiders lautet
Gj=i---x-
g{2xf +(N- 3)jc') |x
-kx-Kf
mit X' als der Menge eines reprasentativen Outsider-Konkurrenten des reprasentativen Outsiders. Die Outputregel eines Outsiders lautet also — --X- gilxp +{N -2>)x')=k , b b Unter Nutzung vonx = x* (alle Outsider setzten im Nashgleichgewicht die gleiche Menge) fuhrt dies zu
_ a-bk- Igbxjr """ 2 + (N-3)gb ' Dies eingesetzt in die „Reaktionsfunktion" des fusionierten Unternehmens fiihrt nach diversen Umformungen zu den gewinnmaximalen Mengen der Varianten 1 und 2
* (I-0,5 gb)(a-bk) ''^~ 2 + {N-\)gb-gh^ ' Diese beiden Mengen des fusionierten Unternehmens sind geringer als die Menge eines Anbieters vor der Fusion: Xp < Xj
bedeutet (l-0,5g&) 1 2+(#-l)g6-gV 2 + {N-\)gb' Das ist bei TV > 2 fur 0 < gZ> < 1 immer erfiillt. Setzt man die gewinnmaximalen Mengen des fusionierten Unternehmens in die obige Gleichung fur die Outsidermenge ein, so erhalt man (wiederum nach diversen Umformungen) X
=
{a-bk) 2 + {N-\)gb-gh^
Die Menge einer Outsidervariante ist also offensichtlich hoher als die Menge einer Variante der beiden fusionierten Untemehmen. Einsetzen dieser beiden Gleichgewichtsmengen in die Gewinnfunktion des fusionierten Unternehmens ergibt (wiederum nach diversen Umformungen)
^ {\-0,5gb){a-bk) ^ -2Kf, 2 + {N-\)gb-gh^ Der Vergleich mit dem Gewinn ohne bzw. vor Fusion entspricht offensichtlich dem Vergleich der entsprechenden Mengen (s. o.); der Gewinn der fusionierenden Unternehmen wiirde also durch die Fusion sinken.
4.3 Zur Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung
105
4.3 Zur Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung 4.3.1 Kartellstabilisierung durch Sanktionen Im Vorabschnitt haben wir die Profitabilitat einer gemeinsamen Gewinnmaximierung unter der Voraussetzung ihrer Stabilitat untersucht - d. h. unter der Pramisse, dass sich alle Insider an die vereinbarten Preis- und Mengensetzungen halten. Diese Profitabilitat berechnete sich durch den Vergleich des Gewinns im Fall „alle Insider kooperieren (tatsachlich)" mit dem Gewinn im Nashgleichgewicht des Falls ,jeder Anbieter konkurriert mit jedem anderen Anbieter". Diese Betrachtung der Profitabilitat einer Kooperation ist aber nur hinreichend, wenn sich die Insider glaubhaft an die Aktionsparametersetzung gemafi gemeinsamer Gewinnmaximierung binden konnen. Denn nur dann ist die Stabilitat der Kooperation garantiert. Solche glaubhaften Selbstbindungen sind beispielsweise im Rahmen von nicht dem Kartellverbot unterliegenden Kartellvertragen mit entsprechend hohen Sanktionsvereinbarungen sowie im Zuge von Fusionen mit entsprechend hohen irreversiblen Kosten moglich. Ist eine solche Selbstbindung aber nicht moglich, so ist eine Kooperation im Rahmen unserer bisherigen statischen bzw. einperiodischen Betrachtungsweise stets instabil. Die gemeinsame Gewinnmaximierung ist eben bei statischer bzw. einperiodischer Analyse kein Nashgleichgewicht. Es lohnt dann fiir jeden einzelnen Insider, gegeben dass alle anderen Insider sich an die Kooperationsvereinbarung halten, diese zu brechen. Bei voller Rationalitat konnen sich dies alle potentiell Beteiligten tiberlegen, so dass es gar nicht erst zu einer Kooperation kommt. Dies ist der klassische Fall des so genannten Gefangenendilemmas: Alle wurden bei Kooperation aller besser stehen als bei Konkurrenz aller mit alien, aber jeder einzelne steht noch besser da, wenn er als einziger nicht kooperiert (sondem nur ex ante so tut). Die Hohe des Anreizes, die Kooperationsvereinbarung zu brechen, kann man an der Differenz zwischen dem Gewinn bei abweichendem Verhalten und dem Gewinn bei Kooperation ablesen (jeweils gegeben alle anderen halten sich an die Vereinbarung). Diese Differenz bezeichnet man als Abweichungsgewinn. Seine Hohe hangt u. a. von der Art des Wettbewerbs (Preis- oder Mengenwettbewerb), dem Grad der Produktdifferenzierung, der Zahl der potentiell Beteiligten sowie der Zahl der Outsider ab. Nun lehrt allerdings die Alltagserfahrung, dass auch nicht vertraglich geregelte Kartelle existieren und zudem uber langere Zeitraume funktionieren konnen. Der Grund dafur ist schnell gefunden: Wer die anderen Kartellmitglieder durch abweichendes Verhalten betrtigt, kann von diesen in der Zukunft bestraft werden. Kann diese Bestrafung glaubhaft angedroht werden und ubersteigt sie den moglichen Abweichungsgewinn, so stabilisiert die Sanktionsandrohung das Kartell. In der bisherigen statischen bzw. einperiodischen Betrachtung ist die Abbildung dieses Sanktionsmechanismus mangels Zukunft nicht moglich. In der Realitat interagieren die Akteure an den Markten aber wiederholt, so dass das Brechen einer Absprache in einer Periode durch das Verweigem jeder neuen Absprache ftir alle zukunftigen Perioden sanktioniert werden kann. Damit hatte das „BetrUgen" nun seinen Preis: Der Abweichler kann sich zwar ftir eine Periode den Abweichungs-
106
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
gewinn ausrechnen, muss dafur aber fur alle Zukunft auf die Differenz zwischen seinem Anteil am Kartellgewinn und seinem Gewinn im Nashgleichgewicht verzichten. Diese Rechnung kann derart ausgehen, dass es fiir keinen lohnt, abzuweichen. Dann ware die gemeinsame Gewinnmaximierung stabil. Diese Uberlegung ist allerdings an zwei logische Voraussetzungen geknupft: - Zum einen muss der Zeithorizont des Marktes offen sein. Denn wenn es eine definitive Endperiode des Kalktils gibt, lohnt es nie, in dieser letzten Periode noch zu kooperieren. Ein Abweichen konnte dann mangels Zukunft nicht mehr sanktioniert werden. Daher wurden alle in dieser letzten Periode „betrugen". Dann lohnt es sich aber auch nicht, in der vorletzten Periode zu kooperieren, usw. usf. In zeitlich begrenzten Markten wie etwa dem Souvenirmarkt bei einer Olympiade dtirfte es also (ohne glaubhafte Selbstbindung) zu keiner Stabilitat einer gemeinsamen Gewinnmaximierung kommen. Zeitlich begrenzte Markte sind allerdings die Ausnahme, so dass diese erste Voraussetzung einer Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung bei wiederholter Interaktion meist erfullt sein durfte. - Anders sieht es mit der zweiten Voraussetzung aus: Es muss glaubwiirdig sein, dass die „Betrogenen" das Abweichen auch tatsachlich sanktionieren. Ein Betrug muss automatisch die Verweigerung der weiteren Kooperation bedeuten. Ein solches Verhalten bezeichnet man als Triggerstrategie („Ausl6serstrategie" mit dem Betrug als Ausloser); das ist eine Art Wie-du-mir-so-ich-dir-Strategie. Das Problem an dieser Triggerstrategie ist, dass sie nicht ohne Weiteres glaubhaft ist. Denn durch das Verweigern der zukunftigen Kooperation straft man auch sich selbst. Einmal betrogen (also ex post) ware es rational, zu vergeben bzw. sich zu versohnen: Die Kosten des Betrogenwerdens sind irreversibel, nicht aber die Kosten der kunftigen Kooperationsverweigerung. Dadurch ist eine bloBe Drohung mit Sanktionen ex ante unglaubwiirdig. Eine Losung dieses GlaubwUrdigkeitsproblems bei Drohungen kann im Allgemeinen beispielsweise in einer nicht riickholbaren Ex-Ante-Delegation der Bestrafung an Dritte liegen.
4.3.2 Kartellstabilitat bei homogenem Preiswettbewerb als Beispiel Ein besonders klarer Fall zur Illustration des Problems der Kartellstabilitat und seiner Losung durch Sanktionsandrohung ist der Preiswettbewerb bei einem homogenen Gut und konstanten sowie gleichen Grenzkosten. Stehen alle A^ Anbieter in Konkurrenz zueinander, so entspricht der Preis den Grenzkosten und keiner macht Gewinn. Kooperieren alle im Sinne einer gemeinsamen Gewinnmaximierung, so setzen sie den Monopolpreis und jeder produziert und verkauft ein A^-tel der Monopolmenge. Der einzelne beteiligte Anbieter bekommt also ein A^-tel des Monopolgewinns
G =-^ = - L a-bk '
N
Nb
\2 •Kf
4.3 Zur Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung
107
mit G als dem gesamten Kartellgewinn pro Periode. Jeder einzelne wird sich aber uberlegen, dass er seinen Gewinn in der aktuellen Periode noch wesentlich erhohen kann, wenn er - gegeben die anderen halten sich an die Absprache - seinen Preis einen Cent unter den Monopolpreis setzt. Dann hat er zwar einen Cent weniger Stuckgewinn, aber daftir den gesamten Absatz - also fast den gesamten Kartellgewinn der Periode. Lassen wir die notwendige marginale Preissenkung auBer Acht, so lautet sein Abweichungsgewinn ^ G N-\^ N-lfa-bk \2 N N ' Nb y 2~] ' Vorausgesetzt die Triggerstrategie fiinktioniert, muss er fiir diesen Abweichungsgewinn allerdings fur alle Zukunft auf seinen Anteil am Kartellgewinn verzichten (weil kein Kartell mehr zustande kommt). Der Barwert dieser Sanktion ist bei hinreichend langem Zeithorizont G/i (mit / als Zinssatz). Er wird also nur betriigen, wenn gilt i bzw. —G, 31. Sind dagegen weniger als 31 Anbieter am Markt, wird der einmalig erzielbare Abweichungsgewinn vom durch das Abweichen verursachten Entgang aller zukunftigen Kartellgewinne iiberkompensiert, so dass die gemeinsame Gewinnmaximierung stabil ist.
108
4. Kartelle und Fusionen im strategischen Wettbewerb
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Im Mengenwettbewerb kommt es zu negativen horizontalen Entscheidungsexternalitaten, im heterogenen Preiswettbewerb sind die horizontalen Entscheidungsextemalitaten positiv. In beiden Fallen fiihrt ihre Internalisierung durch gemeinsame Gewinnmaximierung aller Anbieter zu niedrigeren Mengen, hoheren Preisen und einer geringeren Wohlfahrt. 2. Die Internalisierung vertikaler Entscheidungsexternalitaten durch eine gemeinsame Gewinnmaximierung fiihrt dagegen zu hoheren Mengen, niedrigeren Preisen und einer hoheren Wohlfahrt. 3. Im homogenen Preiswettbewerb ist eine gemeinsame Gewinnmaximierung nur profitabel, wenn es keine(n) Outsider gibt. 4. Im heterogenen Preiswettbewerb ist jede gemeinsame Gewinnmaximierung profitabel, unabhangig von der Zahl der Beteiligten und der Zahl der Outsider (weil die Preise strategische Komplemente sind). Die gemeinsame Gewinnmaximierung ist ftir die Insider umso profitabler, je mehr sich an ihr beteiligen. 5. Im Mengenwettbewerb unterlauft die Reaktion der Outsider auf die Mengensenkung der Insider die Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung fur die Insider (weil die Mengen strategische Substitute sind). Im Falle konstanter Grenzkosten und linearer Preis-Absatz-Funktion(en) kann eine gemeinsame Gewinnmaximierung von zwei Anbietern nur profitabel sein, wenn es keine(n) Outsider gibt - unabhangig davon, ob das Gut homogen oder differenziert ist. 6. Da das Ergebnis der gemeinsamen Gewinnmaximierung kein Nashgleichgewicht ist, besteht prinzipiell ein Stabilitatsproblem. 7. Dieses Stabilitatsproblem kann man durch glaubhafte Selbstbindungen losen, beispielsweise durch Kartellvertrage mit hohen vereinbarten Sanktionen oder durch Fusionen mit hohen irreversiblen Kosten (sofern nicht verboten). Die Sanktionen fiir das Abweichen von der Vereinbarung bzw. die Kosten des Ausstiegs aus dem fusionierten Unternehmen mussen den moglichen Abweichungs- bzw. Ausstiegsgewinn iibertreffen. 8. Sind Kartellvertrage und Fusionen keine realisierbaren Optionen, so kann die stabilisierende Sanktion unter Umstanden im Rahmen einer Triggerstrategie glaubwiirdig angedroht werden. Notwendige (aber bei weitem nicht hinreichende) Bedingung fur die Stabilitat einer gemeinsamen Gewinnmaximierung ist dann ein zeitlich offener Entscheidungshorizont.
Grundlegende Literatur
109
Grundlegende Literatur Die beiden grundlegenden Arbeiten zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung bei Mengenwettbewerb sind Salant, Switzer und Reynolds (1983) sowie Farrell und Shapiro (1990). Unser Modell fiir den homogenen Mengenwettbewerb aus dem zweiten Abschnitt mit konstanten Grenzkosten, linearer PreisAbsatz-Funktion und zwei an der gemeinsamen Gewinnmaximierung beteiligten Anbietern ist ein Spezialfall des Modells von Salant, Switzer und Reynolds. Diese benutzen den gleichen linearen Ansatz, lassen aber eine beliebige Zahl von Beteiligten zu. Dadurch konnen sie u. a. zeigen, dass unter diesen Annahmen (Mengenwettbewerb, linearer Ansatz, homogenes Gut) eine gemeinsame Gewinnmaximierung bei sechs oder weniger Anbietern nur profitabel ist, wenn sich alle beteiligen. Bei sieben bis elf Anbietern ist sie nur profitabel, wenn hochstens einer davon Outsider ist. Farrell und Shapiro haben die Uberlegungen zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung bei Mengenwettbewerb u. a. durch die Beriicksichtigung moglicher Synergieeffekte wie beispielsweise Skalenertrage erweitert. Die grundlegende Arbeit zur Profitabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung bei heterogenem Preiswettbewerb ist Deneckere und Davidson (1985). Unser Modell fur den heterogenen Preiswettbewerb aus dem zweiten Abschnitt mit konstanten Grenzkosten, linearen Preis-Absatz-Funktionen und zwei an der gemeinsamen Gewinnmaximierung beteiligten Anbietern ist wiederum ein Spezialfall ihres Modells mit beliebiger Insiderzahl. Unsere tJberlegungen zur Stabilitat der gemeinsamen Gewinnmaximierung im dritten Abschnitt basieren auf den Ausfuhrungen in Martin (2002), S. 298ff und Tirole (1988), S. 245ff; siehe dazu auch d'Aspremont, Jacquemin, Gabszewicz und Weymark (1983). Bei Tirole findet sich auf S. 174ff auch eine gute Darstellung der Wirkungen der Intemalisierung der vertikalen Entscheidungsexternalitaten.
Teil II: Strategien der Produktdifferenzierung
5. Strategischer Designwettbewerb
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign 5.1.1 Das Hotelling-Grundmodell a) Marktstruktur b) Nachfrage- und Gewinnfunktion c) Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung d) Zweite Entscheidungsstufe: Produktdesigns
5.1.2 Der Einfluss der Praferenzverteilung a) Praferenzverteilungen und Nachfragefunktionen b) Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung c) Zweite Entscheidungsstufe: Produktdesigns d) Dreiecksverteilungen als Beispiel
5.1.3 Endogene Gesamtnachfrage a) Praferenzverteilung und Nachfragefunktionen b) Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung c) Zweite Entscheidungsstufe: Produktdesigns
5.2 Designfiihrerschaft 5.3 Produktvielfalt
Uberblick Im dritten Kapitel haben wir uns mit dem strategischen Preis- und Mengenwettbewerb bei exogen gegebener Produktdifferenzierung befasst. Dabei wurden zwei Arten der Produktdifferenzierung unterschieden: Bei der horizontalen Produktdifferenzierung dominieren Unterschiede im Design (Geschmack, Form, Farbe usw.) der Varianten derart, dass die betreffenden Varianten bei gleichen Preisen alle nachgefragt wurden. Bei der vertikalen Produktdifferenzierung dominieren Unterschiede in der Qualitat der Varianten derart, dass bei gleichen Preisen nur die Variante mit der hochsten Qualitat nachgefragt wtirde. In den folgenden drei Kapiteln woUen wir nun der Frage nachgehen, wie fiir einen Anbieter im strategischen Wettbewerb das gewinnmaximale Design und die gewinnmaximale Qualitat seiner Variante aussehen. Aus den Entscheidungen tiber Design und Qualitat im Nashgleichgewicht ergibt sich dann das AusmaB der Produktdifferenzierung im Markt. Im vorliegenden fiinften Kapitel analysieren wir zunachst den Fall des reinen Designwettbewerbs anhand des im dritten Kapitel schon angesprochenen Hotelling-Modells. Im sechsten und siebten Kapitel beschaftigen wir uns dann mit der Frage der gewinnmaximalen Produktqualitat. Bei der Analyse der Entscheidung liber das Produktdesign schauen wir im ersten Abschnitt auf den symmetrischen Fall und im zweiten Abschnitt auf den Fall der Designfuhrerschaft. Anschliefiend zeigen wir im dritten Abschnitt die Implikationen der gewinnmaximalen Designentscheidungen der Anbieter fur die Produktvielfalt im Markt auf. Mit Blick auf das im ersten Abschnitt zu behandelnde symmetrische Hotelling-Modell werden wir in einem ersten Unterabschnitt zunachst von einem recht einfachen Entscheidungsrahmen fiir die Unternehmen ausgehen: Es gibt in diesem Grundmodell nur einen Konkurrenten (Duopolmodell), die Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut ist vollig preisunelastisch (exogen gegeben) und die Praferenzen der Nachfrager sind im Produkteigenschaftsraum gleichverteilt. Dieses Grundmodell erlaubt es durch seine relative Einfachheit, die zentralen Funktionsmechanismen des strategischen Designwettbewerbs sehr deutlich herauszuarbeiten. AnschlieBend werden wir zunachst die strategische Designentscheidung fur sehr allgemeine Praferenzverteilungen ableiten und dann fur den Fall einer endogenen Gesamtnachfrage. Im dritten Abschnitt folgt die Endogenisierung der Anbieterzahl.
116
5. Strategischer Designwettbewerb
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign 5.1.1 Das Hotelling-Grundmodell a) Marktstruktur Betrachtet werden zwei Duopolisten 1 und 2, die zunachst simultan und unwiderruflich das Design ihrer Variante VI bzw. V2 festlegen und dann im Preiswettbewerb stehen. Die beiden Varianten unterscheiden sich nur hinsichtlich eines Produktmerkmals. Die Auspragungen dieses Merkmals kann man auf der so genannten Hotellinglinie abtragen. Wir zentrieren diesen eindimensionalen Produkteigenschaftsraum um Null und bezeichnen die Lage der Variante / mit du siehe Abbildung 5.1.1. Dies sind die beiden Produktdesigns. Dabei sei vereinbart, dass wir die linke Variante mit VI und die rechte Variante mit V2 bezeichnen, so dass gilt d2>dx.
VI di
V2 0
d2
Abbildung 5.1-1 Die Hotellinglinie Das Ausmafi der aus der gewinnmaximalen Wahl von d\ und di resultierenden Produktdifferenzierung kann man somit an der Differenz d2-dx>^ ablesen. Beispiele fur diese eindimensionale Produktdifferenzierung waren zwei Weinsorten, die sich nur im Zuckergehalt unterscheiden, zwei Biersorten, die sich nur im Alkoholgehalt unterscheiden, oder zwei Zigarettenmarken, die sich nur im Nikotingehalt unterscheiden. Die Hotellinglinie bekommt in diesen Beispielen eine entsprechende Skalierung fur den Zucker-, Alkohol- bzw. Nikotingehalt pro Mengeneinheit, und das Ziel jedes Anbieters ist es, den fiir ihn gewinnmaximalen Gehalt an Zucker, Alkohol oder Nikotin seiner Variante festzulegen. Da Designunterschiede - anders als Qualitatsunterschiede - nicht mit systematischen Kostenunterschieden verbunden sind, gehen wir von gleichen Kostenfunktionen beider Varianten aus. Dabei sollen die Grenzkosten mengenunabhangig sein: (1) Kj=kXj+Kf, Zeitlich gesehen entscheiden die beiden Anbieter zunachst simultan uber die Designs. Anschliefiend produzieren sie mit diesen (danach unver^nderbaren) Designs und setzen simultan die Preise. Entscheidungslogisch gesehen ist die Abfolge umgekehrt: Zunachst Uberlegen Sie sich fur jedes mogliche Design, welcher gewinnmaximale Preis damit erzielbar ware und wie hoch dann der zugehorige Gewinn ware. Sie antizipieren also den Preiswettbewerb vor Festlegung der Designs. Im Vergleich der im Preiswettbewerb in Abhangigkeit vom Design erzielbaren
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
117
Gewinne wahlen Sie dann jenes Design aus, das den hochsten Gewinn verspricht. Dies nennt man eine „rekursive" Losung des Entscheidungsproblems. Anschaulicher kann man das als Losung „aus der Zukunft heraus" bzw. als „antizipierende Losung" bezeichnen. Eine logische Sequenz analog zur zeitlichen Sequenz - also eine Entscheidungslogik, die nicht antizipiert - ware offensichtlich unsinnig: Man sollte nicht irgendein Design unverruckbar festlegen und anschlieBend schauen, welchen Preis man damit erzielen kann. Die Nachfrage nach einer Variante wird im Allgemeinen nicht nur vom eigenen Preis und den Preisen anderer Varianten abhangen, sondern auch von den Preisen verwandter Guter - so wie die Nachfrage nach Wein beispielsweise auch von den Preisen fiir Sekt u. a. abhangt. Diese Konkurrenz mit anderen Giitern wird im Grundmodell zunachst beiseite gelassen: Wir gehen hier von einer exogen fest vorgegebenen (preisunabhangigen) Gesamtnachfrage nach dem betrachteten differenzierten Gut aus. Analysiert wird also nur die Konkurrenz zwischen den Varianten. Es sei auBerdem angenommen, dass jeder Nachfrager nur eine Einheit nur einer Variante kauft. Die Nachfragemasse normieren wir auf eins, d. h., wir diskutieren die Nachfrageseite in Marktanteilen. Damit erganzen sich die Nachfragen zu eins: jci + JC2 = 1 bzw. ^2 = 1 - Xi. Die Praferenz eines Nachfragers wird uber die Lage j seiner so genannten Idealvariante auf der Hotellinglinie operationalisiert. Diese Idealvariante gibt an, wie eine Variante aussahe, die seinen Praferenzen bestmoglich entspricht. Nur im Ausnahmefall wird ein Nachfrager feststellen konnen, dass eine der beiden angebotenen Varianten genau seiner Idealvariante entspricht, also dass gilty = d\ oderj = di. Die Zahlungsbereitschaft fiir eine Idealvariante sei fiir beide Varianten bei alien Nachfragern die gleiche und habe die Hohe z. Die Zahlungsbereitschaft eines Nachfragers fiir eine der beiden tatsachlich existierenden Varianten wird geringer sein, wenn diese nicht seiner Idealvariante entsprechen. Das dann vorliegende Missmatch zwischen Idealvorstellung und Realitat \di - j \ wird sich in einem Abschlag von der maximal denkbaren Zahlungsbereitschaft z niederschlagen. Dabei wollen wir speziell annehmen, dass die Missmatchabschlage quadratisch mit der Hohe des Missmatchs steigen, so dass die Zahlungsbereitschaft eines Nachfragers mit Praferenzy fiir Variante / z-t{di-j)^ lautet. Dieser im Missmatch iiberlineare Ansatz bedeutet, dass der Missmatchabschlag fiir eine im Produktraum doppelt so weit entfernte Variante um mehr als das Doppelte wachst. Dabei wird im Grundmodell speziell ein quadratischer Ansatz gewahlt, weil dies zugleich das Vorzeichenproblem beim Missmatch lost. (Die betrachtete tatsachliche Variante kann ja links oder rechts von der Idealvariante des betrachteten Nachfragers liegen.) Der Niveauparameter t des Missmatchs ist ein exogenes Mafi der Praferenzspreizung. Damit lautet die Konsumentenrente eines Nachfragers mit „Adresse"7 bei Kauf der Variante / (2)
rij=z-t{di-jf-pi.
Mit Blick auf die Verteilung der Praferenzen unter den Nachfragern sei eine Gleichverteilung angenommen: Bei jeder Adressey liegen gleich viele Nachfrager - genauer gesagt: deren Idealvariante. Der Praferenzraum sei auf eine Breite von
118
5. Strategischer Designwettbewerb
eins normiert und wie der Produktraum um Null zentriert. Angesichts einer Normierung der Nachfragermasse auf eins impliziert das eine Dichte der Praferenzverteilung von eins. Die Abbildung 5.1-2 zeigt diesen Praferenzraum mit den gleichverteilten Nachfragern (bzw. deren gleichverteilten Praferenzen).
- 0,5 0 0,5 Abbildung 5.1-2 Gleichverteilte Praferenzen
b) Nachfrage- und Gewinnfunktion Jeder Nachfrager kauft jene Variante, welche ihm eine hohere Konsumentenrente verspricht. Bei gegebenen Preisen ist das eine Frage des relativen Missmatchs. Hinsichtlich der gewinnmaximalen Designs durfen wir voraussetzen, dass dx = c/2 = 0 als Losung ausgeschlossen werden kann. Denn dies wiirde bedeuten, dass ein homogenes Gut vorliegt (die Varianten sind voUkommene Substitute) und daher im Preiswettbewerb keine Gewinne moglich sind. Bei simultaner Festlegung der Designs wird eine Variante links und die andere rechts von Null liegen, so dass es zu einer Produktdifferenzierung kommt. Irgendwo zwischen beiden Varianten wird es dann eine Adresse j geben, deren Nachfrager zwischen beiden Varianten indifferent sind. Denn andernfalls hatte sich einer der beiden Duopolisten aus dem Markt gepreist. Diese „Indifferenzlage" bezeichnen wir a l s / Sie trennt die beiden Absatzgebiete voneinander: Alle Nachfrager links von ihr kaufen Variante VI und alle Nachfrager rechts von ihr kaufen Variante V2. Die Nachfragen konnen wir daher tiber ^1=7 + 0,5 und X2 = 1 - xi berechnen. Dies illustriert die Abbildung 5.1-3 speziell fiir den Fall einer zu Null symmetrischen Lage der Designs. Angesichts der um das Zentrum bei Null symmetrisch gleichverteilten Nachfrager darf man mit einer solchen Symmetrielosung mit - d\'= d2 und px = p2 rechnen. Offen bleibt dann alleine das AusmaB der Differenzierung: Wie weit vom Zentrum des Produktraums entfernt werden die Varianten liegen? Dabei ist es nicht zwingend, dass die Varianten im Praferenzraum, also im Intervall zwischen - 0,5 und 0,5, liegen. Die gewinnmaximalen Designs konnen durchaus derart sein, dass sie fiir keinen der Nachfrager ideal sind. Die Adresse der zwischen den Varianten indifferenten Nachfrager ergibt sich aus der Indifferenzbedingung rxj = r2j, also uber z-tj -tdi + 2tjd\ - pi= z-tj Dies kann man umformen zu
-tdj
+ 2tjd2 - Pi •
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
119
2^(^2 -di)j = t(d^-d^) + P2-Pi. Dabei lasst sich d2^ - d^^ auch schreiben als {dx + d2){d2 - d\). Also gilt fiir die Grenze zwischen den beiden Absatzgebieten j^di + d2 ^ P2-P1 2 2t(d2-d0' Hier steht di + d2 fur einen Designvorteil einer Variante. Denn wer mit seinem Design dem Zentrum der Nachfragerverteilung beiy = 0 naher liegt, der liegt naher am durchschnittlichen Nachfrager. Dies ist eine Implikation der Symmetrie der Nachfragerverteilung um ihr Zentrum. Im Fall symmetrischer Designs - d\= di gibt es offensichtlich keinen Designvorteil. Dann gilt d\+ d2 = 0. Fiir das Folgende wollen wir ohne Beschrankung der Allgemeinheit annehmen, dass wenn es einen Designvorteil gibt, dieser bei Variante 1 liegt. Dann wiirde d\+ d2> ^ gelten.
-0,5
j=0
0,5
Abbildung 5.1-3 Marktaufteilung im Symmetriefall Aus der Indifferenzadresse folgen uber xi=j + 0,5 und ^2 = 1 - ^1 die Nachfragefunktionen (3)
2
2t(d2-d^)
und (4)
^ 2 2t(d2-di) Gibt es keinen Designvorteil und keinen Preisvorteil, so haben beide Varianten den halben Markt. Ansonsten sorgen Design- und / oder Preisvorteil fur eine entsprechende Verschiebung der Marktanteile. Dabei sind die Nachfragen umso preiselastischer, je kleiner das AusmaB der Produktdifferenzierung t/2 - ^1 ist. Da mit betragsmaCig sinkender Preiselastizitat die Wettbewerbsintensitat sinkt, werden mit zunehmendem AusmaB der Designdifferenzierung die Preise und Gewinne im Nashgleichgewicht steigen. Mit diesen beiden Nachfragefunktionen kennen die Anbieter ihren Absatzmarkt. Zusammen mit den Kostenfunktionen (1) steht damit alles fest, was sie zur Gewinnmaximierung brauchen. Die Gewinnfunktionen lauten
120
(5)
5. Strategischer Designwettbewerb
G i = ( p i - ^ ) |'0,5 + ^ ' + ^ ^ + V
^2-A 2t{d2-d^)
-^f
und P'-P^ G2={P2-k)\' 0 ^ 5 - ^ ^ ^ ^ ^ + 2 2t(d2-dO, • ^ f Neben den Grenzkosten bestimmen also drei okonomische Determinanten uber die Nachfrageseite den Gewinn eines Anbieters: die Hohe eines eventuellen Designvor- oder -nachteils, das AusmaB der Designdifferenzierung und die Preisdifferenz. Die Duopolisten ermitteln nun in einer ersten Entscheidungsstufe jene Gewinne, die sich im Preiswettbewerb ftir alle moglichen Produktdesigns ergeben wurden: Gi(du ^2) und G2(du ^2)- In der zweiten Stufe des Kalkiils werden dann diese reduzierten Gewinnfunktionen bezuglich di bzw. d2 maximiert. (6)
c) Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung GemaB der Preissetzungsregel liegt das Gewinnmaximum dort, wo die preisbezogenen Grenzerlose den preisbezogenen Grenzkosten entsprechen. Fur den Duopolisten 1 lautet diese Preissetzungsregel (7)
£ i _ + o,5 + A ± ^ + ^ P 2 ^ k tid2-di) 2 2t(d2-dO 2tid2-d0 Angesichts konstanter Grenzkosten und hinsichtlich des Preises linear fallender GrenzerlSse ist die Bedingung zweiter Ordnung offensichtlich erfuUt. Die PreisReaktionsfiinktion Rl ergibt sich damit als (8)
Pl=
-
•
Ganz analog ergibt sich fllr den Konkurrenten die R2 als t(d2 -di)(l-(di + d2)) + k + pi Pi^ bzw. anders herum aufgelost (9) Px=2p2 -t(d2-d^i\-(di ^d2))-k. Das Nashgleichgewicht als Schnittpunkt dieser im Konkurrentenpreis steigenden Preis-Reaktionsfunktionen lautet di-hd2 (10) p^=k + t(d2-d^)\l+ ^ und (11)
p^=k^t(d2-d0\l-'
di + (^2 ^
Die additiven Aufschlage auf die Grenzkosten hangen also von der Bedeutung eines eventuellen Designvorteils sowie vom AusmaB der Designdifferenzierung ab. Das Einsetzen der resultierenden Preisdifferenz
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
121
2/(^2-^1X^1+^2)
P\-P2
^
in die Nachfragefunktionen (3) und (4) ergibt die Marktanteile (12)
x i = 0 , 51f+i - ^ L ± ^ V
3
/
d\+d2
und (13)
X2=0,5 1 -
3 Daher lauten die Gewinne im Preiswettbewerb in Abhangigkeit von den gewahlten Designs (14)
'i+^T-^/
Gi=0,5?(rf2-^i)|
und d\ + c/2
-Kf. 3 Die im Preiswettbewerb erzielbaren Gewinne hangen also bei exogen gegebener Praferenzspreizung t ebenfalls vom endogenen AusmaB der Produktdifferenzierung d2 - dx und von der endogenen GroBe eines eventuellen Designvorteils d\ + ^2 ab: Die Preise und Gewinne im Nashgleichgewicht des Preisspiels steigen mit dem AusmaB der Designdifferenzierung. Hat ein Anbieter einen Designvorteil, so hat er den hoheren Preis, den groBeren Marktanteil und damit den hoheren Gewinn.
(15)
G2=
0,5^2-dA 1-
d) Zweite Entscheidungsstufe: Produktdesigns An den obigen reduzierten Gewinnfunktionen kann man sich leicht uberlegen, dass die Wahl des Designs von zwei Uberlegungen bestimmt wird, die nicht in die gleiche Richtung weisen: - Zum einen steigt der Gewinn eines Anbieters mit zunehmendem AusmaB der Designdifferenzierung, also mit zunehmender Entfernung der eigenen Variante von der Konkurrentenvariante im Produktraum. Dies fiir sich allein gesehen legt nahe, die eigene Variante moglichst weit vom Zentrum des Produkt- und Praferenzraumes entfemt zu platzieren, weil damit zugleich die Entfernung von der Konkurrentenvariante wachst. Dies ist der so genannte Preiswettbewerbseffekt. Je groBer das Ausmaft der Produktdifferenzierung ist, desto geringer ist betragsmafiig die Preiselastizitat der Nachfrage, desto hoher ist der Gewinn. - Zum anderen steigt aber bei gegebenen Preisen der Gewinn eines Anbieters mit zunehmender Nahe der eigenen Variante zum Zentrum der Nachfragerverteilung. Denn je naher die eigene Variante diesem Zentrum ist, desto groBer wird - bei gegebener Lage der Konkurrentenvariante - ein eventueller Designvorteil bzw.
122
5. Strategischer Designwettbewerb
desto geringer ein eventueller Designnachteil. Dies ist der Sei-wo-die-Nachfragersind-Effekt, oft verkurzt als Nachfrageeffekt bezeichnet. Wenn nun die eigene Variante dem Zentrum naher liegt, kommt sie allerdings auch der Konkurrentenvariante naher. Die Losung des Gewinnmaximierungsproblems besteht also darin, den optimalen trade-off zwischen diesen beiden Effekten zu finden. Gesucht ist jene Lage der eigenen Variante im Produktraum, bei der - bei jeweils antizipierter Lage der Konkurrentenvariante - eine weitere Annaherung an das Zentrum den Gewinn infolge des Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekts um genau den gleichen Betrag steigen lasst wie er infolge des Preiswettbewerbseffekts sinkt. Dies ist die Bedingung erster Ordnung flir ein gewinnmaximales Design: ein Grenzgewinn von Null bezuglich der Lage im Produktraum. Dabei muss gelten, dass vor der weiteren Annaherung an das Zentrum der Grenzgewinn der Annaherung positiv war und er danach negativ wiirde. Dies ist die Bedingung zweiter Ordnung. Formal lautet die Bedingung erster Ordnung fiir ein gewinnmaximales Design fiir den ersten Anbieter
(16)
^
= -0,5/^±^L±^T + 0Md2 - dy^'^'^^'2)
^ 0.
ddi y 3 J 9 Dies lasst sich bei Gtiltigkeit der Bedingung zweiter Ordnung reduzieren zu -3 - 3(ii + (^2 = 0 . Die Design-Reaktionsfunktion des Anbieters 1 lautet also (17)
^,=^-1.
Ganz analog ergibt sich fur seinen Konkurrenten die Reaktionsfunktion (18)
3
bzw. di = 3^2 ~ ^
Die Abbildung 5.1-4 zeigt diese beiden Design-Reaktionsfiinktionen und das sich als Schnittpunkt ergebende Nashgleichgewicht bei (19) -d* =dl=0J5, Die Reaktionsfunktionen steigen, so dass man bei den Designs von strategischen Komplementen sprechen kann. Antizipiert man beispielsweise fur den Zuckergehalt des Weins des Konkurrenten einen relativ hohen Wert, so wahlt man selbst auch einen vergleichsweise hohen Wert. Wie bei unserem symmetrischen Ansatz zu erwarten war, ist auch das Nashgleichgewicht symmetrisch in den Designs (kein Designvorteil), so dass sich die Anbieter bei gleichen Preisen den Markt teilen werden.
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
123
Abbildung 5.1-4 Hotelling-Nashgleichgewicht im Strategieraum Bemerkenswert am Nashgleichgewicht des Grundmodells ist, dass die gewinnmaximalen Designs auUerhalb des Raums der Idealvarianten, also auBerhalb des Praferenzraums liegen; siehe Abbildung 5.1-5. Innerhalb des Praferenzraums dominiert offensichtlich durchweg der Preiswettbewerbseffekt den Sei-wo-dieNachfrager-sind-Effekt und treibt die Designs sozusagen weiter vom Zentrum weg.
Xi
X2
,*
,*
d2
•
-0J5 -0,5
0
0,5 0J5
Abbildung 5.1-5 Hotelling-Nashgleichgewicht im Produktraum Mit den gewinnmaximalen Designs stehen gemafi den Gleichungen (8) bis (15) auch die Preise, Mengen und Gewinne fest: (20) sowie
p* =k + l5t Xj = 0 , 5
124
5. Strategischer Designwettbewerb
und
(21)
GI =0J5t-Kf.
Der additive Aufschlag auf die Grenzkosten und damit der Gewinn steigen also mit dem AusmaB der Praferenzspreizung t. Denn je groBer die Praferenzspreizung ist, desto geringer ist betragsmaBig die Preiselastizitat der Nachfrage. AuBerdem ist es offensichtlich, dass die sich im Grundmodell ergebenden Designs ein nachhaltiges Marktversagen darstellen. Die sich aus der gewinnmaximierenden Festlegung der Designs ergebende Produktdifferenzierung fallt gemessen an den Praferenzen auBerst exzessiv aus. Welche Designs hier wohlfahrtsoptimal waren, lasst sich leicht bestimmen. Dabei spielt im Grundmodell mit per Annahme exogener Gesamtnachfrage Xx + X2 die Hohe der Preise fur die Wohlfahrt insgesamt keine Rolle (sie haben lediglich Umverteilungseffekte). Also sind nur die kumulierten Missmatchkosten von Bedeutung. Die Wohlfahrt ist dann maximal, wenn die Summe aller Missmatchabschlage minimal ist. Dies ist offensichtlich bei d\^^ = 0,25 und d^^ = 0,25 der Fall, also wenn jede Variante im Zentrum ihrer Nachfragerhalfte liegt. Das lasst sich auch leicht beweisen. Dazu schauen wir beispielhaft auf die Missmatchkosten bei den Nachfragern von Variante 2. Diese belaufen sich kumuliert auf 10,5
j 7=0
t{d2-jrdj=t\ ^^dlj-d2J^
— + 0,5(^1-0,25^2
Jo
.24
^
^
Wohlfahrtsmaximierung heiBt hier Missmatchminimierung. Minimieren tiber d2 ergibt uber die erste Ableitung das Ergebnis d2 = 0,25. Wohlfahrtmaximierung erfordert also eine Produktdifferenzierung in Hohe von 0,5 - im Nashgleichgewicht ist sie dreimal so hoch. Wenn dies ein realistisches Ergebnis ware, wurde es den einschlagigen Vorwurf bestatigen, die Anbieter boten in Verfolgung ihrer Gewinnmaximierung Designs an, die wenig mit den Praferenzen der Nachfrager zu tun haben. Dass hier die Nachfragerpraferenzen in der Tat so wenig zum Zuge kommen, hangt aber an der Struktur des Grundmodells: Die Annahme, jeder Nachfrager frage eine Variante nach bzw. das Ausblenden der Konkurrenz mit den anderen Giitern entledigt die Anbieter weitgehend der Rticksichtnahme auf die Vorstellungen ihrer Kunden. Sie mussen sich bei der Festlegung ihrer Preise und Designs direkt nur am Konkurrenten orientieren. Damit ist das Ergebnis einer wohlfahrtstheoretisch gesehen exzessiven Differenzierung vorbestimmt. Die Annahme einer exogenen Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut verzerrt damit das wirkliche Geschehen nachhaltig. Sie hat aber den didaktischen Vorteil der Losbarkeit des Grundmodells uber explizite Preis- und Design-Reaktionsfunktionen und tiber explizite reduzierte Gewinnfunktionen. Dadurch erlaubt sie das relativ deutliche Aufzeigen des Wirkens von Preiswettbewerbseffekt und Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekt. Im Abschnitt 5.1.3 werden wir eine Modellvariante mit endogener Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut betrachten. Mit dieser werden wir zu einem vollig anderen Ergebnis hinsichtlich der Wohlfahrt im Nashgleichgewicht kommen. Diese Modellvariante wird dann allerdings auch nicht mehr so einfach losbar sein.
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
125
5.1.2 Der Einfluss der Praferenzverteilung a) Praferenzverteilungen und Nachfragefunktionen Die im Grundmodell verwendete Gleichverteilung ermoglicht infolge ihrer konstanten Dichte eine explizite und damit recht anschauliche Losung des strategischen Designwettbewerbs. Empirisch gesehen diirfte es sich bei ihr aber eher um einen Ausnahmefall handeln. In der Kegel liegen die Nachfragerpraferenzen nicht gleichverteilt tiber dem Produktraum, sondern mit deutlicher Konzentration bei einigen zentralen bzw. dominanten Designs. Haufig anzutreffen sind normalverteilte Praferenzverteilungen. 1st die Nachfragerdichte im Zentrum hoher als an den Randern, so werden wegen des Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekts die gewinnmaximalen Produktdesigns dem Zentrum naher liegen als im Grundmodell. Im Folgenden woUen wir die Annahme einer symmetrischen Verteilung um das Zentrum beibehalten, aber nun die sehr allgemeine Klasse der logkonkaven Verteilungsfunktionen betrachten. Diese sind unimodal und symmetrisch um das Zentrum herum. Normalverteilungen sind eine spezielle Unterklassen der logkonkaven Verteilungen. Fur diese sehr weite Klasse symmetrischer Verteilungen kann man eine uberraschend einfache und einsichtige Losung fur die Lagen der gewinnmaximalen Designs im Produktraum ableiten. Die Abbildungen 5.1-6 und 5.1-7 zeigen die Dichtefunktion/(X) und die Verteilungsfunktion F(j) einer Normalverteilung als ein Beispiel einer logkonkaven Verteilung.
0 Abbildung 5.1-6 Dichtefunktion einer logkonkaven Verteilung Infolge der Symmetrie um das zentrale Design beiy = 0 gilt fur alle logkonkaven Verteilungen
(1)
fU) = f(-J)
sowie (2) und
F(0) = 0,5
(3)
^ ( 0 ) = 0.
Logkonkavitat bedeutet, dass gilt
126
5. Strategischer Designwettbewerb
gV(o) (4)
f(0?
Diese Eigenschaft garantiert Existenz, Eindeutigkeit und Stabilitat der Nashgleichgewichte. (Die Beweise sind aufwendig.)
0 Abbildung 5.1-7 Logkonkave Verteilungsfiinktion Die Lage der zwischen den beiden Varianten indifferenten Nachfrager ist von der Form der Verteilungsfiinktion unabhangig und lautet wie gehabt ;.^^i+^2^ Pi-Px 2 2t{d2 -di) Wie die Abbildung 5.1-8 illustriert, entspricht die Nachfi-age nach der Variante 1 der Flache unter der Dichtefiinktion bis zur Indifferenzadresse. Damit entspricht sie dem Wert der Verteilungsfiinktion fiir die Adresse der indifferenten Nachfrager.
Abbildung 5.1-8 Marktaufteilung bei logkonkaver Verteilung
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
127
Es gilt also
(6) X^=FO) und dementsprechend (7)
X2=l-FO).
b) Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung Zur Vereinfachung sehen wir in diesem Unterabschnitt von der Existenz von Grenzkosten ab, so dass die Preise den Stiickgewinnen entsprechen. Die Gewinnfiinktionen lauten dann (8) und (9)
G^=p^F{j)-Kf G2=P2k-FCj))-Kf,
Fur den ersten Anbieter lautet also die Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung im Preiswettbewerb
(10)
^.„),.p,^f = „.
dpx dj dpx Da die erste Ableitung der Verteilungsfunktion definitionsgemaB der Dichtefunktion entspricht und da gilt dj ^ 1 ^ dpx 2t{d2-d{)' kann man diese Bedingung erster Ordnung umformen zu 2t(d2-d0 Dies ist die implizite Preis-Reaktionsfunktion des Anbieters 1. Wir kSnnen sie auch schreiben als (11)
p^=2t(d2-d,)^. f(j) Es sei hier betont, dass dies keine explizit aufgeloste Reaktionsfunktion ist, da die Lage der zwischen den Varianten indifferenten Nachfrager gemali Gleichung (5) preisabhangig ist. Ganz analog ergibt sich ftir den zweiten Anbieter (12)
p2=2?(^2-^i)^^fij) Aus den Reaktionsfunktionen (11) und (12) zusammen mit den Nachfragen gemSB den Gleichungen (6) und (7) folgen die reduzierten Gewinnfunktionen (13)
Gi=2t(d2-d,)^f^-Ky
128
5. Strategischer Designwettbewerb
und (14)
G2=2t(d2-d,)^—^y^—Kf.
Aus diesen beiden reduzierten Gewinnfiinktionen der ersten Entscheidungsstufe konnen wir nun die Gewinnmaximierungsbedingungen fiir die Designentscheidung ableiten. Vorher sei aber noch auf eine Implikation des Preiswettbewerbs fur die Indifferenzadresse verwiesen, die wir gleich brauchen werden: GemaB Gleichungen (11) und (12) gilt fiir die gewinnmaximale Preisdifferenz P2-Pi=2t{d2-di)\ f(j) f(j). Damit lasst sich die Indifferenzadresse (5) nun unter Berucksichtigung des Ergebnisses des Preiswettbewerbs notieren als (15)
J^±^^1-2F0)
2
f(j)
c) Zweite Entscheidungsstufe: Produktdesigns Die Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung im Designwettbewerb lautet nun fur den ersten Anbieter r2 ' F' ^ (16) ^ = -2t^^2t(cl2-d0^ =0 ddx f ddi mit F = F(j),f = f(j) und/' als erster Ableitung der Dichtefunktion nach der Adresse j evaluiert an der Indifferenzadresse. Dies ist die implizite Design-Reaktionsfunktion des Anbieters 1. Sie lasst sich auch formulieren als (17)
i^d2-d,)-^
=- ^
.
Ganz analog folgt aus der Bedingung erster Ordnung fur den zweiten Anbieter die implizite Design-Reaktionsfunktion Sj _ (\-F)f id2-d,)^ = -^ ^^2 2f+f'(l-F)' Da die Ableitung der Indifferenzadresse nach dem Design fiir beide gleich ist, ergibt sich aus den beiden Design-Reaktionsfunktionen die Gleichung Ff __ (l-F)f if-fF 2f^f\\-F)' Dies ist das implizite Nashgleichgewicht, d. h., diese Gleichung impliziert den Wert der Indifferenzadresse im Nashgleichgewicht /*. Diese implizite Losung lasst sich auch formulieren als
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
h^MT)l
1
(18)
dfU. ) . a'*
(19)
(d2-d0*=^^
129
. F{j) l-FU)^ Im Regelfall lasst sie sich auch bei spezifizierter Verteilung nur uber ein numerisches Verfahren losen. Hat man die Indifferenzadresse des Nashgleichgewichtsy* ausgerechnet, so ergeben sich alle anderen Gleichgewichtswerte durch Einsetzen in die im Zuge der Herleitung von (18) verwendeten Gleichungen. Als erstes resultiert fur das AusmaB der Produktdifferenzierung gemaC Gleichung (17) Ff ~f^, ddi wobei gemaB (15) gilt 9/ _ 1
-2/-^/-/'-^(l-2F) ddi ddi
'ddl'^^
/2
'
also ddi 6f^ -2(2F-l)f' Gleichung (19) eingesetzt in die Ergebnisse des Preiswettbewerbs (11) und (12) ergibt die Preise, und mit der Preisdifferenz und den Gleichungen (18) und (19) in Gleichung (5) folgen die gewinnmaximalen Designs. Angesichts der vollstandigen Symmetric der Marktstruktur ergibt sich stets eine symmetrische Losung mit/* = 0 und spiegelbildlich liegenden Designs - di* = (^2* bei gleichen Preisen und Marktanteilen. Fur diese symmetrische Losung des Entscheidungsproblems gilt n > ) = 0,5 und dj sowie ddi 6" Dies eingesetzt in die Gleichung fUr den Grad der Designdifferenzierung (19) fllhrtzu (20)
id2-di)* = - ^ ,
und daraus wiederum ergibt sich das zentrale Ergebnis fiir die gewinnmaximalen Designs
130
(21)
5. Strategischer Designwettbewerb
-Ji
=^2=-
0,75
Die Entfernung der gewinnmaximalen Designs vom Zentrum der Nachfragerverteilung entspricht also dem Quotienten aus 0,75 und der Dichte in diesem Zentrum. Dies ist angesichts der Komplexitat logkonkaver Verteilungen ein iiberraschend einfaches Ergebnis. Es bedeutet unter anderem, dass das Aussehen der gewinnmaximalen Designs nicht von der globalen Gestalt der Dichtefunktion, sondem nur vom lokalen Wert der Dichte im Zentrum abhangt. Durch weiteres Einsetzen erhalten wir fiir die gewinnmaximalen Preise des Preiswettbewerbs bei gewinnmaximaler Wahl der Designs (22)
Pi =
-z-, (/(O))' und fur die maximal moglichen Gewinne folgt
(23)
G;=
'''''
{f(0)f '
Das Ergebnis des Grundmodells mit seiner normierten Gleichverteilung folgt hier mit/O) = 1 als Sonderfall. Steigt nun ausgehend von dieser Referenzsituation die Dichte im Zentrum an (bei gegebener Nachfragermasse von eins), so wird die Dichte an den Flanken geringer (und umso geringer, je hoher die Dichte im Zentrum ist). Mit steigender Dichte im Zentrum fallt der Abstand der Designs der beiden Varianten vom Zentrum und damit fallt zugleich das AusmaB der Designdifferenzierung. Dies ist die Folge der Starkung des Sei-wo-die-Nachfrager-sindEffekts bei einer um das Zentrum zunehmenden Dichte. Da mit zunehmender Dichte im Zentrum das Ausmafi der Produktdifferenzierung abnimmt, sinken dann die Preise und Gewinne.
d) Dreiecksverteilungen als Beispiel Am einfachsten lasst sich der Zusammenhang zwischen Praferenzkonzentration und gewinnmaximalen Designs mit Hilfe der Dreiecksverteilung illustrieren. Dabei ist im Weiteren unterstellt, dass diese Dreiecksverteilungen an ihrer Spitze derart geglattet sind, dass es zu keiner Unstetigkeitsstelle kommt. (Andernfalls gabe es kein symmetrisches, sondem ein asymmetrisches Gleichgewicht - was ein ziemlich artifizielles Ergebnis ist). Es gelten die Dreiecksverteilungen
/(y) = l + 0,25r-rM mit dem Konzentrationsparameter 0 < 7 < 4. Fiir die Dichte im Zentrum gilt also /(0) = l + 0,25r. Mit steigendem Parameterwert steigt die Konzentration der Praferenzverteilung und die gewinnmaximalen Designs liegen naher zusammen. Dazu drei Beispiele, die in der Abbildung 5.1-9 wiedergegeben sind: Fur einen Parameterwert in Hohe von y = 0 resultiert die Gleichverteilung des Grundmodells m i t / / ) = 1 und mit dem Ergebnis -
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
131
winnmaximalen Designs auBerhalb der Praferenzverteilung. Dies ist aber bei konzentrierteren Verteilungen nicht der Fall. Fur y = 1 ergibt sich beispielsweise eine Dreiecksverteilung mit/O) = 1,5 und gewinnmaximalen Designs von - (ii* = (^2* = 0,5. Hier werden die Anbieter also das Design ihrer Varianten speziell so wahlen, dass es den Idealvorstellungen der Nachfrager am Rande des Praferenzspektrums entspricht. Ist die Dreiecksverteilung noch konzentrierter, so liegen die Designs innerhalb des Praferenzraums. Der hochstmogliche Grad der Konzentration resultiert fiir 7 = 4 mit^O) = 2. Dann setzten die Anbieter die Designs -d\* = d2* = 0,375. Damit liegt das AusmaB der Designdifferenzierung bei der Dreiecksverteilung je nach dem Grad der Konzentration der Verteilung um ihr Zentrum herum zwischen 1,5 und 0,75.
• y= 0 - - - la y = 2 o y= 4
/•
\
V
~7 //
w
// / / / 1
•
1 1 0
\\ \ \ \ 1
0
ii — •
. J
-1 -0,5 0 0,5 1 Abbildung 5.1-9 Praferenzverteilungen und Produktdesigns
5.1.3 Endogene Gesamtnachfrage a) Praferenzverteilung und Nachfragefunktionen Im Hotelling-Grundmodell wird durch die Annahme, dass jeder Nachfrager stets (nur) ein Stuck (nur) einer Variante des betrachteten Gutes kauft, die Konkurrenz mit alien anderen Gtitem ausgeblendet. Die Nachfrage nach dem differenzierten Gut ist exogen bzw. als vollig preisunelastisch vorgegeben. Die beiden Anbieter des betrachteten Gutes miissen dadurch bei der Preis- und Designsetzung nur auf die Konkurrenz mit der jeweils anderen Variante schauen. In Wirklichkeit konnen die Nachfrager naturlich bei Preisen flir beide Varianten, die ihnen zu hoch sind, und / Oder bei Designs der beiden Varianten, die ihren Idealvorstellungen zu fern liegen, ihr Geld auch fiir andere Guter ausgeben - z. B. fur Sekt oder Bier statt fiir Wein, ftir Butter statt fiir Margarine usw. Im Folgenden wollen wir diese Konkur-
132
5. Strategischer Designwettbewerb
renz zwischen den Varianten des betrachteten Gutes und alien anderen Giitern in unsere Uberlegungen zur strategischen Designwahl mit einbeziehen indem wir die Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut endogenisieren. Mit Blick auf die Designentscheidung bedeutet dies eine Starkung des Sei-wo-die-Nachfrager-sindEffekts. Die gewinnmaximalen Designs werden daher naher am Zentrum der Praferenzverteilung liegen. Aufierdem werden die Anbieter der beiden Varianten des betrachteten Gutes geringere Preise und geringere Gewinne erzielen, da die Preiselastizitat der Nachfrage sowohl als direkte Folge der Konkurrenz auch mit anderen Giitern als auch als Folge der durch diese zusatzliche Konkurrenz induzierten Reduzierung des AusmaBes der Produktdifferenzierung betragsmafiig zunimmt. Im Unterschied zum Grundmodell ftihren wir zur Vereinfachung die Normierung t = 1 ein. Damit gilt fur die Konsumentenrente eines Nachfragers mit Adressej aus der Variante / (1) nj=^i-(di-jf-Pi' Die Adresse der zwischen den beiden Varianten indifferenten Nachfrager lautet im Prinzip wie gehabt (2) - dx+d2 ^ P2-P1 2 2(d2-d0' Mit Blick auf die maximal mogliche Zahlungsbereitschaft Z/ (Zahlungsbereitschaft fur eine Idealvariante) war im Grundmodell implizit unterstellt, dass sie fur alle Nachfrager gleich ist und dass sie so hoch ist, dass alle Nachfrager unabhangig von den Preisen und den Designs eine Variante kaufen. Zu einer endogenen Bestimmung der Gesamtnachfrage nach den beiden Varianten kommt man, wenn man berticksichtigt, dass diese Zahlungsbereitschaft z, in Wirklichkeit unter den Nachfragern verteilt ist und zudem fiir jeden Nachfrager gilt, dass irgendwann eine solche Preishohe und / oder eine solches Missmatch zwischen Idealvariante und tatsachlichen Varianten erreicht ist, dass man aufhort, das Gut nachzufragen. Mit Blick auf die Praferenzverteilung hinsichtlich des betrachteten Gutes und alien anderen Gutern nehmen wir fur das Folgende eine Gleichverteilung von z/ unter den potentiellen Nachfragern auf dem Einheitsintervall (also zwischen null und eins) an. Damit sind diese bzw. ihre Praferenzen nun insgesamt auf einem 1x1Quadrat tiber z und j mit einer Dichte von eins gleichverteilt. Dies illustriert die Abbildung 5.1-10. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Abbildungen zur eindimensionalen Praferenzverteilung nur ubery handelt es sich hier um einen Blick von oben auf das y-z-Quadrat, uber dem die nun zweidimensionale Verteilung definiert ist. Der Leser beachte, dass die Skalierung fur die maximale Zahlungsbereitschaft auf der Ordinate von oben nach unten verlauft. Fiir jede Adresse auf der Hotellinglinie j gibt es nun eine kritische maximale Zahlungsbereitschaft, unterhalb derer das Gut nicht mehr gekauft wird. Diese folgt aus Gleichung (2) als (3) z,(j) = (di-jf^p,. Damit gibt es nun drei fur die Abgrenzung der Nachfi-ageanteile wichtige Grenzlinien: Die Indifferenzlage / trennt die potentiellen Nachfrager der Variante 1 von denen der Variante 2. Die Indifferenzlagen gemafi Gleichung (3) trennen die tat-
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
133
sachlichen Nachfrager der Variante 1 bzw. 2 von jenen, die zwar Variante 1 bzw. 2 gegenuber Variante 2 bzw. 1 bevorzugen, aber ihr Geld lieber fiir andere Outer ausgeben. Die prinzipielle Lage dieser drei Trennlinien ist in der Abbildung 5.110 fur einen Symmetriefall gestrichelt angedeutet. Man kann sich an Gleichung (3) tiberlegen, dass die exakten Grenzen zwischen tatsachlichen und nur potentiellen Nachfragern nicht linear verlaufen und dass wir bei ihrem Verlauf in der Abbildung 5.1-10 eine Lage der Varianten auBerhalb des Praferenzraums unterstellt haben - z. B. so wie im Grundmodell. (Andernfalls batten diese beiden Grenzlinien ein Maximum dort, wo die jeweilige Variante liegt.) Neu ist der Bereich jener Nachfrager, die keine der beiden Varianten nachfragen, mit der Masse \ -xi- X2. Fur die Nachfrager mit der Variantenindifferenzlagey entsprechen sich offensichtlich diese kritischen Zahlungsbereitschaften fiir Variante 1 und Variante 2. Im Folgenden notieren wir diese spezielle kritische Zahlungsbereitschaft als
I —X ] —X 2
0,5
hO)
r
Xj
-0,5
Z2O) X2
J
0,5
Abbildung 5.1-10 Marktaufteilung bei endogener Gesamtnachfrage
Unter den neuen Annahmen zur Praferenzverteilung lauten die Nachfragefunktionen nun (4)
xx = 0,5 + j • j=-0,5 0,5
X2 = 0 , 5 - y - ] Z2U)dj. J=J Hier stehen jeweils die ersten beiden Terme auf der rechten Seite fiir die Nachfragen gemafi Grundmodell - also fiir den Fall, alle potentiellen Nachfrager wurden auch tatsachlich nachfragen. Der jeweils letzte Term steht fiir jene Haushalte, die das Gut nicht kaufen, aber wenn sie es kaufen wurden, die jeweilige Variante wahlen wurden. Dieser jeweils letzte Term zeigt also jene nur potentiellen Nachfrager einer Variante, die der Anbieter nicht an seinen direkten Konkurrenten verliert, sondern an die Anbieter anderer Guter. Erhoht beispielsweise Anbieter 1
(5)
134
5. Strategischer Designwettbewerb
seinen Preis, so wandern einige seiner Nachfrager zur anderen Variante ab und einige andere verlassen den betrachteten Markt ganz. Entsprechendes gilt fiir Designanderungen.
b) Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung Wir setzen wieder A = 0, so dass die Gewinnfunktionen piXj - Kf lauten. Die Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung des Preiswettbewerbs ist dann (6)
Pi
dxj dpi
mit
(7)
^ = f 0-.)- f ^^^-
bzw.
(8)
|^ = _Ao_,,)_Y^^,, dp2
Spi
j=j
dp2
Selbst fur die unterstellte doppelte Gleichverteilung ubery und z ist die Preissetzungsregel (6) eine kubische Gleichung, die den Gleichgewichtspreis nur in impliziter Form angibt. Wie im Vorabschnitt bekommen wir hier bei Verlassen der Annahmen des Grundmodells keine explizite Losung mehr. In den Gleichungen (7) und (8) zeigt jeweils der erste Term auf der rechten Seite jenen Teil des durch eine Preiserhohung induzierten Nachfrageriickgangs, der an den direkten Konkurrenten fallt. Der jeweils zweite Term zeigt jenen Teil, der dadurch zustande kommt, dass Nachfrager uberhaupt damit aufhoren das Gut zu kaufen. Grafisch gesehen stehen der erste Term fur die Verschiebung der Grenzlinie zwischen den Varianten und der zweite Term fiir die Verschiebung der jeweiligen Grenzlinie zwischen der Variante und den anderen Giitern. Die reduzierten Gewinnfunktionen lauten gemafi Gleichung (6)
(9)
^'=4r-^/dpj
c) Zweite Entscheidungsstufe: Produktdesigns Aus Gleichung (9) ergeben sich die Gewinnmaximierungsbedingungen erster Ordnung des Designwettbewerbs als (10)
- IXi —^—^ + xf ddj dpj
^— = 0 dpjddj
5.1 Gewinnmaximales Produktdesign
135
mit
(11)
dxi 5^1(7) dj ^5^1 = # ( 1 - 1 ) - • J dd. y=-o,5 8d,
bzw. (12)
3X2
ddo *2
(i-h)j=j
^«2
In diesen Gleichungen geben die jeweils ersten Terme jenen Teil der durch eine Designanderung in Richtung Zentrum bewirkten Nachfrageanderung an, der auf die Konkurrenz mit der anderen Variante zuruckzufuhren ist. Die jeweils zweiten Terme stehen fur jenen Teil, der auf die Konkurrenz mit den anderen Gutem zurtickzufiihren ist. Die Bedingung erster Ordnung (10) ist nicht explizit losbar. Man kann aber mit ihrer Hilfe zeigen, dass symmetrische Gleichgewichte existieren und dass fiir diese dann gilt (13) -^i*=c/2=0,25. (Der Beweis ist aufwendig; der Leser sei auf die Literaturangabe am Ende dieses Kapitels verwiesen.)
Abbildung 5.1-11 Hotelling-Nashgleichgewicht bei endogener Gesamtnachfrage Dieses Ergebnis ist bemerkenswert, denn es bedeutet, dass die Unternehmen im Designwettbewerb genau die gesamtwirtschaftlich wohlfahrtsoptimalen Designs wahlen (vergleiche Abschnitt 5.1.1). Das Ergebnis des Grundmodells einer viel zu breiten Designdifferenzierung beruht ausschliefilich auf der Ausblendung der Konkurrenz mit alien anderen Gutern. Tatsachlich lautet die Empfehlung des Hotelling-Modells mit Blick auf das Produktdesign also nicht, vor allem die Schwachung des Preiswettbewerbsdrucks durch Wahl eines abseitigen Designs im Auge zu haben (was das Grundmodell suggeriert). Ganz im Gegenteil lautet die abgeleitete Entscheidungsregel: Wahle dein Produktdesign derart, dass es den Idealvorstellungen deines durchschnittlichen Nachfragers genau entspricht. Die Abbildung 5.1-11 zeigt dieses Nashgleichgewicht im Produktraum.
136
5. Strategischer Designwettbewerb
Riickeinsetzen dieser gewinnmaximalen Designs fiihrt zu Preisen im Nashgleichgewicht in Hohe von naherungsweise (14)
A* = 0 , 3 .
Damit ergeben sich die Nachfragen (Nachfrageanteile) der Varianten als (15)
x*=0,33.
Ein Drittel der potentiellen Nachfrager kauft also keine der beiden Varianten. Die mit den gewinnmaximalen Designs und Preisen realisierbaren Gewinne belaufen sich gerundet auf (16) G* =0,l-Kf. Tatsachlich sind also bei weitem nicht die Preise und Gewinne erzielbar, die das Grundmodell verspricht. Der Vergleich mit dem Grundmodell zeigt, dass die Preise bei Endogenisierung der Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut nur ein Funftel und die Gewinne ungefahr nur ein Achtel so hoch sind. Der Bedeutungszuwachs des Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekts bei Beriicksichtigung der Endogenitat der Gesamtnachfrage ist offensichtlich sehr nachhaltig.
5.2 Designfiihrerschaft Da die Lage der eigenen Variante im Praferenzraum der Nachfrager von entscheidender Bedeutung fur die im Preiswettbewerb erzielbaren Gewinne ist, sind die Anbieter stets am Erlangen eines Designvorteils interessiert. Wie schon mehrfach angesprochen, liegt ein solcher Designvorteil vor, wenn die eigene Variante naher an den Idealvorstellungen des Durchschnittsnachfragers liegt als die Variante des Konkurrenten. Bei symmetrischer Verteilung der Idealvorstellungen entspricht dies einer Lage der Variante naher am Zentrum dieser Praferenzverteilung. Im simultanen Designwettbewerb bei symmetrischer Praferenzverteilung, gleichen Kostenfunktionen und gleichen maximalen Zahlungsbereitschaften fiir die Varianten kann sich kein Designvorteil ergeben. Wie uns der Vorabschnitt gezeigt hat, resultieren aus einer derart symmetrischen Entscheidungssituation stets auch symmetrisch zum Zentrum der Praferenzverteilung liegende Varianten. Dies andert sich aber, wenn einer der beiden Anbieter sein Design fruher entwickelt und sich auf dieses Design glaubhaft verpflichten kann. Letzteres bedeutet, dass sich eine spatere Designanderung fiir ihn offensichtlich nicht mehr rechnen wiirde. In diesem Fall wird die Zeitfuhrerschaft zur Designfiihrerschaft und der Designwettbewerb bekommt einen sequentiellen Charakter: Erst setzt der Designfiihrer die Lage seiner Variante im Produktraum glaubwiirdig unwiderruflich fest, dann entscheidet der Designfolger iiber die Lage seiner Variante und anschliefiend konkurrieren beide im Preiswettbewerb. Im nun Folgenden wollen wir diesen sequentiellen Designwettbewerb auf der Basis des Grundmodells analysieren. Das Ergebnis des Preiswettbewerbs auf der letzten Stufe werden beide Anbieter wieder antizipieren. Es entspricht dem Ergebnis im Grundmodell des Abschnitts
5.2 Designfuhrerschaft
13 7
5.1.1 und sei hier noch einmal wiedergegeben: Die gewinnmaximalen Preise lauten in Abhangigkeit von den gewahlten Designs Pl =k-\-t(d2 -di)\ 1 + und P2 = k-\-t(d2 -di)\\_dilA 'ktanteilen v< Dies fiihrt zu Marktanteilen von di + (^2 xi = 0,5 1 + und X2 = 0 , 5 ( 1 -
3 Damit lauten die im Preiswettbewerb in Abhangigkeit von den gewahlten Designs maximal moglichen Gewinne Gi= 0,5^(^2-^i)|l + und 1 - -di +(^2 -^f 3 Im Grundmodell mit simultaner Designwahl ergaben sich die symmetrischen gewinnmaximalen Designs - (ii* = J2* = 0,75, also kein Designvorteil (d. h.: d\* + ^2* = 0), und ein AusmaB der Designdifferenzierung von (^2* - ^1* = 1,5. Dies bedeutete gleiche Marktanteile ;c/* = 0,5, gleiche Preise in Hohe von/?/* = A + 1,5^ und damit gleiche Gewinne G/* = 0,75/ - Kf. Bei sequentieller Festlegung der Designs wird dies nun anders aussehen. Das Verhalten des Folgers ist klar: Er passt sich gewinnmaximal an das Design des Designfiihrers an, folgt also seiner Reaktionsfunktion. Das Verhalten des Designfiihrers ist auch nicht schwierig auszurechnen: Er wird jenes Design wahlen, das ihm den groBten moglichen Designvorteil gewahrt. Das ist das zentrale Design beiy = 0. Hier wird der Abstand zu den Nachfragerpraferenzen insgesamt minimiert. Der Beweis dieses Ergebnisses ist im Rahmen des ansonsten unveranderten Hotelling-Grundmodells einfach. Wir wollen annehmen, dass der Anbieter 2 der Folger ist. Seine DesignReaktionsfunktion war die Gleichung (18) des Abschnitts 5.1.1:
G2=0Md2-di)\
^ 2 = ^ + 1. ^ 3 Anbieter 1 als Designfiihrer antizipiert dieses Anpassungsverhalten und setzt sein Design derart, dass seinen Gewinn unter Einkalkulieren der Folgerreaktion maximiert wird. Seine Gewinnfiinktion lautet also
138
5. Strategischer Designwettbewerb
'
Gi(di) = 0,5t\-^ + l-di
3
-K,
bzw. (1)
Gi(di) =
0,5t\l-jdi
^l2 + 4di) 9
K/ •
Uber die Gewinnmaxitnierungsbedingung erster Ordnung ddi
3[
9
4 f l--d,
+ —t\
3 '
12 +Ad^
=0
9 [ folgt (3) dl = 0, Der Designfuhrer realisiert also das mit Blick auf die Praferenzen zentrale Design. Dieses Ergebnis gilt bei beliebiger um das Zentrum symmetrischer unimodaler Praferenzverteilung unabhangig von deren konkreter Gestalt. Es gilt auch bei Endogenisierung der Gesamtnachfrage. Einsetzen in die Reaktionsfunktion des Folgers ergibt im Grundmodell (4) ^2=1Der Folger liegt also mit seinem Design (im Grundmodell) noch weiter auBerhalb des Praferenzraums als ein Anbieter im simultanen Wettbewerb. Mit Blick auf die Abschnitte 5.1.2 und 5.1.3 ist aber klar, dass er sein Design unter realistischeren Bedingungen im Regelfall im Rahmen des Praferenzraums positioniert. Das Ausmafi der Produktdifferenzierung ist nun geringer als bei simultanem Designwettbewerb {d2* - di* = 1 statt d2* - di* = 1,5). Dies ist auch unter den Annahmen der Abschnitte 5.1.2 und 5.1.3 so: Weil der Designfuhrer in jedem Fall von links des Zentrums bei simultanem Wettbewerb ins Zentrum „wechselt", wird der Folger etwas nach rechts „ausweichen" - aber nicht so viel wie der Designfuhrer nach rechts gerutscht ist (wegen des Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekts). Asymmetrische Designs sorgen nun in der Folge fur ungleiche Preise, Mengen und Gewinne. Im Falle des Grundmodells mit sequentieller Wahl folgt durch RUckeinsetzen in die Gleichungen des Preiswettbewerbs fiir die Preise (5)
Pi = k-\--t 3
und 2 * = k + -t. P2 Damit lauten die Marktanteile * _2 (7) ~3 und
(6)
5.3 Produktvielfalt
(8)
139
X2 = — .
^
3
Dies ergibt fur den Designfuhrer einen Gewinn von (9)
G:=^t-K
/'
wahrend der Gewinn des Designfolgers sich lediglich auf (10)
G2=^t-Kf
belauft. Die Abbildung 5.2-1 zeigt dieses Nashgleichgewicht des HotellingModells mit Designfuhrerschaft des Anbieters 1. Der Designfuhrer hat hier einen doppelt so hohen Marktanteil und einen doppelt so hohen Stiickgewinn wie der Folger; er macht also den vierfachen Gewinn. Wegen des geringeren AusmaBes der Produktdifferenzierung ist dabei auch der Preis des Designfiihrers geringer als im Falle simultaner Designsetzung. Dies wird aber durch den hoheren Marktanteil uberkompensiert.
Xj
X2
,*
,* 1
-/
-0,5
• 1
0
1
0,5
d2 •
1^
Abbildung 5.2-1 Hotelling-Nashgleichgewicht bei Designfuhrerschaft Insgesamt bleibt aus entscheidungstheoretischer Sicht festzuhalten, dass sich die Moglichkeit zur Selbstbindung an das zentrale Design - also eine Einschrankung der eigenen zukUnftigen Handlungsmoglichkeiten - hier als vorteilhaft erweist. Die Empfehlung „flexibel bleiben" (und erst einmal abwarten, was der Konkurrent macht) ware hier ein strategischer Fehler. Dies ist vollig analog zur Logik der Kapazitatsftihrerschaft.
5.3 Produktvielfalt In diesem abschliefienden Abschnitt wollen wir aufbauend auf das Grundmodell zeigen, wie viele Anbieter mit je einer Variante in den Markt eintreten, wenn der Marktzutritt frei ist und simultan erfolgt. Dazu muss man in einem ersten Schritt das Marktergebnis fur gegebene Anbieter- bzw. Variantenzahl N ermitteln und in einem zweiten Schritt N endogenisieren. Das Ergebnis wird uns zeigen, welche Produktvielfalt sich im strategischen Designwettbewerb mit Preiswettbewerb
140
5. Strategischer Designwettbewerb
ergibt. Wie im Grundmodell wollen wir dabei mit einem reprasentativen Anbieter argumentieren. Mit der Hotellinglinie als linearem Produktraum geht dies fur mehr als zwei Anbieter aber nicht. Denn ab drei Anbietern gibt es zwei Arten von Anbietem: solche mit zwei unmittelbaren Konkurrenten (einer rechts und einer links) und die beiden „Eckanbieter" an den Enden der Hotellinglinie mit jeweils nur einem unmittelbaren Konkurrenten (rechts oder links). Dieses logische Problem konnen wir derart umgehen, dass wir einfach die Enden der Hotellinglinie miteinander verbinden, so dass sich ein Hotellingkreis ergibt. Auf einem Kreis haben alle Anbieter zwei Nachbarn. Diese Kreisform des Produktraums ist zunachst einmal als logische Vereinfachung zu verstehen, mit der wir uns des Eckanbieterproblems entledigen. Es gibt aber auch tatsachlich kreisformige Produktraume - namlich bei alien Giitern mit tageszeitlicher Produktdifferenzierung wie beispielsweise Abfahrt- und Abflugzeiten. Die A/^ Anbieter treten annahmegemaB simultan mit je einer Variante zu und setzen dann simultan ihre Preise. Die Nachfrager haben wieder die konstante Masse von eins und sind mit einer Dichte von eins Uber die Kreislinie (nur diese, nicht die Innenflache) gleichverteilt. Nach den Ausftihrungen im Abschnitt 5.1.1 ist klar, dass die Produktdesigns aquidistant auf der Kreislinie verteilt sein werden. Dies illustriert die Abbildung 5.3-1 mit Blick von oben auf den Kreis fur den Fall von vier bzw. von sechs Varianten.
N-4
N=6
Abbildung 5.3-1 Produktdesigns bei kreisformigem Produktraum Die Abbildung 5.3-2 zeigt in einem Blick von der Seite die Lage der reprasentativen /-ten Variante zwischen ihren beiden Nachbarvarianten. Zu analysieren bleibt also nur der Preiswettbewerb. Da der Preiswettbewerb mit dem linken Nachbarn identisch mit dem des rechten Nachbarn verlauft, reicht es hin, letzteren zu analysieren. In der Abbildung 5.3-2 ist mit den gestrichelt eingezeichneten Marktanteilsgrenzen schon vorweggenommen, dass sich ein symmetrisches Nashgleichgewicht ergeben wird.
5.3 Produktvielfalt
141
Abbildung 5.3-2 Die reprasentative Variante im kreisformigen Produktraum Schauen wir also stellvertretend auf den Preiswettbewerb zwischen dem /-ten und dem (/+l)-ten Anbieter. Fur einen von diesen beiden Anbietern umworbenen Nachfrager mit einer Adresse 0 <j < 1/A/^gelten die Konsumentenrenten (1) und
'hJ
(2)
^^+1.
=^-r ]_
= z-t
J\
-Pi+\'
N' Die Adresse der zwischen diesen beiden Varianten indifferenten Nachfrager/ folgt also aus t/+Pi=t\
1
U
als
-A ^PM
1 ^ A + r -N. + 2t 2N Damit gilt fur die Nachfrageftinktion des /-ten Anbieters J=
(3)
' N t Hier ist berucksichtigt, dass der Wettbewerb zur Linken zum gleichen Ergebnis fiihrt wie der Wettbewerb zur Rechten (deshalb die Verdoppelung). Der Abstand zwischen den beiden Varianten und damit das Ausmafi der Designdifferenzierung betragt nun \/N, Die Aquivalenz mit den Nachfragefunktionen des Grundmodells sieht man deutlicher, wenn man das ,J^' nach dem letzten Bruch als \/N in den Nenner stellt. Die Gewinnfunktion des reprasentativen Anbieters lautet (4)
G,< Pi
•iT
PM
- Pi Y -K /•
Damit ergibt sich die Preissetzungsregel als ^ ^ 1 ^ (5) -2pi — + — + Pi+it t N t Wegen der Symmetrie wird im Gleichgewicht p, = pi + i gelten. Dies in der Bedingung erster Ordnung genutzt fuhrt zum gewinnmaximalen Preis
142
(6)
5. Strategischer Designwettbewerb
pl=k + N
2
Mit Xi = IWfolgt fiir den Gewinn bei gegebener Anbieterzahl (7)
G;=-^-Kf.
Mit zunehmender Anbieter- und Variantenzahl A^ sinkt also nicht nur die Absatzmenge der einzelnen Variante, sondern es sinken auch die Preise der Varianten und somit die Gewinne gleich aus zwei Griinden. Denn je mehr Varianten in einem Produktraum gegebner Grofie liegen, desto geringer ist das AusmaB der Produktdifferenzierung zwischen den benachbarten Varianten. Dies fiihrt zu einer betragsmafiig hoheren Preiselastizitat der Nachfrage und damit zu einem scharferen Preiswettbewerb. Bei freiem Marktzutritt treten nun simultan so viele Anbieter in den Markt ein, bis nur der Normalgewinn (kalkulatorischer Unternehmerlohn und kalkulatorische Verzinsung des Eigenkapitals stecken in der Kostenfunktion) verbleibt; also bis G* = 0 gilt. Gemafi Gleichung (7) lautet die endogene Anbieter- und Variantenzahl daher (8)
A^* =
t
^/
Die Produktvielfalt in einem Hotelling-Markt ist also umso hoher, je geringer die Produktionsfixkosten pro Variante sind und je groBer die Spreizung der Nachfragerpraferenzen ist.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
143
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Im strategischen Designwettbewerb sind die Preiselastizitaten der Nachfrage betragsmal3ig umso hoher, je geringer das AusmaB der Designdifferenzierung ist. Mit Blick auf das Nashgleichgewicht impliziert eine betragsmaBig hohere Preiselastizitat der Nachfrage niedrigere Preise und Gewinne. Dies ist die Basis des so genannten Preiswettbewerbseffekts. Dieser Effekt wiirde fiir sich genommen zur maximal moglichen Designdifferenzierung fiihren. 2. Bei symmetrischer Praferenzverteilung hat jene Variante einen Design- und damit Gewinnvorteil, welche dem mit Blick auf die Verteilung der Idealvarianten der Nachfrager zentralen Design am ahnlichsten ist. Dies ist die Basis des so genannten Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekts. Dieser Effekt wiirde fur sich genommen zu identischen Designs (keine Designdifferenzierung) fuhren: Alle Varianten wiirden im Zentrum der Praferenzverteilung liegen. 3. Mit dem Preiswettbewerbseffekt und dem Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekt wirken bei der strategischen Designwahl zwei gegenlaufige Effekte. Dort, wo diese beiden Effekte sich die Waage halten, liegt das gewinnmaximale Design. 4. Je konzentrierter die (symmetrische) Praferenzverteilung ist, desto starker ist der Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekt, desto naher liegen die gewinnmaximalen Designs dem Zentrum dieser Verteilung. Dies impliziert ein umso kleineres AusmaB der Designdifferenzierung und damit umso niedrigere Preise und Gewinne. 5. Eine preiselastische (endogene) Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut starkt ebenfalls den Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekt und fuhrt damit zu Designs, welche den Idealpraferenzen im Durchschnitt naher sind. Dies bedeutet ein geringeres AusmaB der Designdifferenzierung und damit niedrigere Preise und Gewinne. Niedrigere Preise und Gewinne sind hier zudem auch eine direkte Folge der zusatzlichen Konkurrenz mit anderen Gutern. 6. Zumindest bei einer Gleichverteilung der Praferenzen sowohl hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft fur die Varianten des differenzierten Gutes generell als auch mit Blick auf die Idealvarianten entsprechen die gewinnmaximalen Designs den wohlfahrtsoptimalen Designs. Dies impliziert, dass der Markt das wohlfahrtsoptimale AusmaB an Produktdifferenzierung realisiert. 7. Ein Designfuhrer wird stets das zentrale Design realisieren. Dies sichert ihm den denkbar hochsten Design- und damit Gewinnvorteil. Der Designfolger wird ein gemessen am Ergebnis des simultanen Wettbewerbs relativ abseitiges Design wahlen. 8. Bei freiem Marktzutritt ist die Produktvielfalt umso hoher, je kleiner die Fixkosten pro Variante sind und je breiter die Praferenzdifferenzierung ist.
144
5. Strategischer Designwettbewerb
Grundlegende Literatur Der fur die Analyse der horizontalen Produktdifferenzierung grundlegende Modellansatz geht auf Hotellings Artikel „Stability in Competition" aus dem Jahre 1929 zuruck. Funfzig Jahre spater wurde dieser Ansatz in d'Aspremont, Gabszewics und Thisse (1979) analytisch rigoroser neu formuliert. Die dort entwickelte Version war letztlich die Grundlage unseres Grundmodells des Abschnitts 5.1.1. Aus demselben Jahr stammt die Veroffentlichung des Hotelling-Kreismodells zur Erklarung der Produktvielfalt in Salop (1979), das wir im dritten Abschnitt behandelt haben. Im Anschluss an diese bahnbrechenden Arbeiten entstand eine groBe Fulle und Vielfalt von verallgemeinemden Hotelling-Modellen. Mit Blick auf den von uns analysierten Einfluss der Praferenzverteilung auf die Designs sind hier vor allem Tabuchi und Thisse (1995) sowie Anderson, Goeree und Ramer (1997) zu nennen. Aus der letztgenannten Arbeit haben wir unsere Modellversion in Abschnitt 5.1.2 entwickelt. Das Beispiel der Dreiecksverteilung stammt von Tabuchi und Thisse. Die erste rigorose Abhandlung des Einflusses einer endogenen bzw. preiselastischen Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut auf die Produktdesigns ist Bockem (1994). Ein analytisch exakter Beweis des Design-Nashgleichgewichts bei endogener Gesamtnachfrage fmdet sich in Woeckener (2002). Aus diesem Artikel stammt die Analyse im Abschnitt 5.1.3. Einen etwas anderen Zugang zu dieser Thematik findet der Leser in Hinloopen und Marrewijk (1999).
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
6.1 Gewinnmaximale Produktqualitat: das Grundmodell 6.1.1 Marktstruktur 6.1.2 Nachfrage- und Gewinnfunktionen 6.1.3 Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung 6.1.4 Zweite Entscheidungsstufe: Produktqualitaten 6.2 Endogene Gesamtnachfrage 6.2.1 Nachfrage- und Gewinnfunktionen 6.2.2 Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung 6.2.3 Zweite Entscheidungsstufe: Produktqualitaten 6.3 Qualitatsbedingte Grenzkostenunterschiede 6.3.1 Marktstruktur und Gewinnfunktionen 6.3.2 Preissetzung und Produktqualitaten 6.4 Qualitatswettbewerb bei Mengenwettbewerb 6.4.1 Marktstruktur und Gewinnfunktionen 6.4.2 Mengensetzung und Produktqualitaten
Uberblick In diesem Kapitel wollen wir uns mit der gewinnmaximalen Qualitatswahl der Untemehmen beschaftigen. Dabei argumentieren wir jetzt - im Unterschied zum vorangegangenen Kapitel - im Kontext einer vertikalen Produktdifferenzierung. Die sich ergebenden Qualitatsunterschiede sind also annahmegemafi derart, dass bei gleichen Preisen der Varianten alle Nachfrager die gleiche Variante kaufen wurden (andernfalls waren wir wieder im Vorkapitel). Im ersten Abschnitt wollen wir zunachst ein Grundmodell des strategischen Qualitatswettbewerbs betrachten. Dieses ist soweit wie moglich analog zum Hotelling-Grundmodell angelegt: Der Qualitatswettbewerb fmdet auf der Basis eines Preiswettbewerbs statt; von der Konkurrenz mit anderen Gtitern wird abgesehen (exogene Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut); die Nachfragerpraferenzen fiir Qualitat sind gleichverteilt und es gibt nur zwei Anbieter und keine Grenzkostendifferenzen. Diesem Grundmodell des ersten Abschnitts folgt dann im zweiten Abschnitt die Modellvariante mit endogener (bzw. preiselastischer) Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut. Anders als bei rein horizontaler Differenzierung wird man bei einer vertikalen Differenzierung oft qualitatsabhangige Produktionsgrenzkosten vorfinden: Je hoher die Qualitat einer Variante ist, desto hoher wird oftmals ihre Grenzkostenfunktion liegen. Daher wollen wir im dritten Abschnitt das Modell des Qualitatswettbewerbs bei endogener Gesamtnachfrage mit qualitatsbedingt unterschiedlichen Produktionsgrenzkosten betrachten. In diesen ersten drei Abschnitten gehen wir - wie beim Hotelling-Modell der horizontalen Differenzierung - davon aus, dass der strategische Wettbewerb den Charakter eines Preiswettbewerbs hat. Im vierten Abschnitt leiten wir zum Vergleich die Ergebnisse des Qualitatswettbewerbs bei Mengenwettbewerb her. Eine Uberlegene Qualitat beruht oft auf hoheren F&E-Ausgaben. Diesen Zusammenhang wollen wir aber in diesem Kapitel noch nicht thematisieren. Erst im folgenden Kapitel zur Produktinnovation werden die Forschungs- und Entwicklungskosten endogenisiert. Dieses zweistufige Vorgehen bei der Analyse der Qualitatsentscheidung folgt der Uberlegung, dass mit der Analyse des Forschungsund Entwicklungsprozesses der Schritt von der Theorie der Produktdifferenzierung zur Innovationstheorie gemacht wird. Entscheidungspraktisch gesehen gehoren diese beiden Aspekte der Qualitatsentscheidung naturlich zusammen. Aber es ist analytisch und didaktisch sinnvoll, den Aspekt der Differenzierung von jenem der Innovation getrennt zu behandeln.
148
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
6.1 Gewinnmaximale Produktqualitat: das Grundmodell 6.1.1 Marktstruktur Prinzipiell kann man zwei zentrale Determinanten der Produktqualitat unterscheiden: Zum einen Wissen, das man im Zuge von Forschung und Entwicklung erworben hat, und zum anderen mehr oder bessere Inputs. Dementsprechend muss man zwei mogliche Quellen von Qualitatsdifferenzen auseinanderhalten: - Eine hohere Qualitat kann auf iiberlegenem Wissen uber das Produkt und seine Herstellung beruhen. Qualitatsdifferenzen basieren dann - zumindest im Erwartungswert - auf Differenzen in Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Solche Qualitatsdifferenzen miissen nicht notwendigerweise mit unterschiedlichen Grenzkosten in der Produktion einhergehen. Gute Beispiele sind digitale Produkte wie etwa Applikationssoftware und Videospiele, aber auch pharmazeutische Produkte wie Medikamente. Hier ist die Qualitat (im Erwartungswert) umso besser, je mehr F&E-Aufwand man betreibt. In der Produktion fiihrt das aber nicht zu unterschiedlichen Grenzkosten. Beispielsweise ist die Vervielfaltigung einer guten Textverarbeitungssoftware nicht kostspieliger als die einer schlechten. Diese Qualitat der ersten Art bezeichnet man auch als Qualitat im engeren Sinne. - Qualitatsdifferenzen konnen aber auch durch die Verwendung von unterschiedlich vielen oder unterschiedlich guten Inputs entstehen. Beispiele sind zwei PCVarianten, die sich ausschliefilich in der Grofie des Arbeitsspeichers unterscheiden, oder zwei Auto-Varianten, die sich ausschlieBlich in der Zahl der Airbags unterscheiden. Bei dieser Qualitat der zweiten Art sind Grenzkostenunterschiede in der Produktion entscheidend. Da es sich hier oft um rein quantitative Aspekte auf der Inputseite handelt, spricht man auch von Qualitat im weiteren Sinne. In der Realitat treten beide Qualitatsarten bei einem Produkt oft zusammen auf Im Weiteren werden wir sie wegen der damit verbundenen groBeren analytischen Klarheit getrennt behandeln. In diesem Kapitel geht es im dritten und vierten Abschnitt um Qualitat der zweiten Art. Im folgenden Grundmodell des ersten Abschnitts und seiner Erweiterung um eine endogene Gesamtnachfi-age im zweiten Abschnitt gehen wir dagegen von gleichen Produktionsgrenzkosten aus. Das kann man als einfiihrende Vereinfachung interpretieren oder alternativ als Vorliegen einer Qualitatsdifferenz der ersten Art - wobei im letzten Fall (wie im Uberblick schon angemerkt) die F&E-Ausgaben in diesem Kapitel exogen bleiben. Betrachtet wird der Markt ftir ein qualitatsmafiig differenziertes Gut, auf dem es nur zwei Anbieter gibt, die je eine Qualitat Vi bzw. V2 produzieren. Dabei gelte mit Blick auf die Notation, dass die Variante V2 die bessere sei: V2>Ui,
6.1 Gewinnmaximale Produktqualitat: das Grundmodell
149
Die Qualitat ist kardinal skaliert; man denke hier beispielsweise an die Wirkungsdauer einer Schmerztablette oder die Lebensdauer einer Batterie. Die Produktionsgrenzkosten beider Qualitaten seien konstant und fiir beide Varianten gleich: (1) Ki=hci+Kfj. Die Produktionsfixkosten sind bei der Variante mit der hoheren Qualitat hoher, wenn eine Qualitatsdifferenz der ersten Art vorliegt. Die Zahlungsbereitschaft fur eine Variante entspricht definitionsgemafi dem Produkt aus der Qualitat D, und der Zahlungsbereitschaft ftir Qualitat 6. Damit konnen wir die Konsumentenrenten aus den beiden Varianten bei vertikaler Differenzierung notieren als (2) rjQ=Vie-pj. Die Hohe der Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat ist eine Frage der Praferenzen und daher bei den Nachfi-agem unterschiedlich ausgepragt. So haben beispielsweise Nachfrager mit hoherem Einkommen oft eine hohere Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat. Fiir das Folgende nehmen wir an, dass es mit Blick auf diese Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat eine Untergrenze 6u und eine Obergrenze 9o gibt und dass die Nachfi-ager beziiglich dieser Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat speziell gleichverteilt zwischen 6^ und 9o liegen. Die Nachfragermasse normieren wir wieder auf eins. Bei einer Dichte der Verteilung in Hohe von eins entspricht das der Normierung der Spreizung der Praferenzen auf eins: Oo - 6u = 1. Die Abbildung 6.1-1 illustriert diese normierte Praferenzverteilung. Im Grundmodell gilt wieder die Annahme, dass jeder Nachfrager (nur) eine Einheit (nur) einer Variante nachfragt. Die Konkurrenz mit anderen Giitern bleibt also zunachst unberiicksichtigt.
Abbildung 6.1-1 Verteilung der Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat Interessiert sind wir nur an den DuopoUosungen, also an jenen Nashgleichgewichten, in denen beide Qualitaten nachgefragt werden. Dort ist die Lage wie in der Abbildung 6.1-2 dargestellt: Hier sind die Konsumentenrenten der beiden Varianten gemafi Gleichung (2) in Abhangigkeit von der Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat abgetragen. Die Nachfrager mit einer bestimmten Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat kaufen jeweils jene Variante, deren Konsumentenrente bei dieser Zahlungsbereitschaft (gegeben die Qualitaten und Preise) die hohere ist. Eine Duopollosung erfordert also grafisch gesehen einen Schnittpunkt zwischen den beiden Konsumentenrentenfiinktionen. Da die Steigung der tiber der Zahlungsbereitschaftslinie abgetragenen Konsumentenrentenfunktionen fiir die hohere Qualitat
150
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
definitionsgemaB groBer ist, schneidet die Funktion fur die Hochqualitatsvariante V2 jene fiir die Niedrigqualitatsvariante VI von unten. Also kaufen die Nachfrager mit hoher Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat die Variante V2 mit der hohen Qualitat und jene mit den relativ niedrigen Zahlungsbereitschaften fur Qualitat die Niedrigqualitatsvariante VI. Wie man sich an der Abbildung leicht uberlegen kann, erfordert eine DuopoUosung einen Preis der Niedrigqualitatsvariante, der unter jenem der Hochqualitatsvariante liegt. Dies muss bei vertikaler Differenzierung definitionsgemaB so sein. 1
VI
V2 ^o^2-P2
0OVJ-PJ
du^l-Pl du^2-P2
Abbildung 6.1-2 Marktaufteilung im Qualitatswettbewerb Analog zum Designwettbewerb ist die beim Qualitatswettbewerb zu losende Entscheidung bei hinreichend hoher Irreversibilitat der Qualitatswahl zweistufig: Zeitlich gesehen werden erst simultan die Qualitaten und dann die Preise festgelegt. Entscheidungslogisch gesehen verlauft dieses zweistufige Spiel anders herum: Erst ermittelt man die bei alien denkbaren Qualitaten resultierenden gewinnmaximalen Preise und Gewinne, und anschlieBend wird jene Qualitat gewahlt, die zum hochsten dieser Gewinne des Preiswettbewerbs fuhrt.
6.1.2 Nachfrage- und Gewinnfunktionen Wie die Abbildung 6.1-2 zeigt, wird der Markt bei jener Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat geteilt, bei der die Konsumentenrenten aus beiden Varianten gleich hoch sind. Diese Indifferenzadresse im Praferenzraum ergibt sich definitionsgemaB aus dem Ansatz Oi0-px=V2O-P2 als
6.1 Gewinnmaximale Produktqualitat: das Grundmodell
(3)
151
etn=^^^^ V2-VX
Da jeder Nachfrager nur ein Stiick nur einer Variante nachfragt, gilt fur die Marktanteile bzw. normierten Nachfragen (siehe noch einmal Abbildung 6.1-2) und Damit lauten die beiden Nachfragefunktionen unter der Marktstruktur des Grundmodells (4)
x,=^i^^-e, U2-01
fiir die Niedrigqualitatsvariante und (5) ^2=0^-Pi -P\ V2-VX
fur die Hochqualitatsvariante. Analog zur Situation im Designwettbewerb gilt, dass die Nachfrage umso preiselastischer ist, je geringer die Qualitatsdifferenz ist. Damit verrat uns schon der bloBe Blick auf die Nachfragefunktionen, dass im Nashgleichgewicht des Preiswettbewerbs gelten wird: Je hoher der Grad der Qualitatsdifferenzierung ist, desto hoher werden die Preise und Gewinne sein. Angesichts konstanter und gleicher Grenzkosten lauten die Gewinnfunktionen (6)
Gi=(/7i-A)| Pi-Px
•Ou
•^/,1
und (7)
G2={P2-k)\ . _ Z L Z ^ . V2-V^
^
'
6.1.3 Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung Die Preissetzungsregel lautet fiir den Niedrigqualitatsanbieter (8)
- ^ ^ , - ^ 2 _ _ , ^ _ ^ J ^ V2 -Vx
V2-
Vi
V2 - Oi
mit den im Preis linear fallenden Grenzerlosen auf der linken Gleichungsseite und den konstanten preisbezogenen Grenzkosten auf der rechten Gleichungsseite. Infolge der Linearitat der Kosten- und der Nachfragefunktionen ist die Bedingung zweiter Ordnung stets erfullt: d% 2_ -<0. dpi V2-VX Aus der Preissetzungsregel folgt die Preis-Reaktionsfunktion Rl als
152
(9)
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
_ k-{v2-ui)e„ + p2 Pi =
Ganz analog erglbt sich fur den Hochqualitatsanbieter k + iu2-Oi)0o + Pi bzw. fiir die Darstellung in der/7i-/?2-Strategieebene aufgelost (10) p^=2p2-k-(o2-oO0^. Wie im Preiswettbewerb bei differenzierten Produkten ublich, verlaufen diese Reaktionsfunktionen steigend; siehe Abbildung 6.1-3. In ihrem Schnittpunkt liegt das Preis-Nashgleichgewicht des Qualitatswettbewerbs. Anders als im symmetrischen Ansatz der rein horizontalen Differenzierung muss dieses Preis-Nashgleichgewicht der vertikalen Differenzierung asymmetrisch sein.
Abbildung 6.1-3 Preis-Nashgleichgewicht im Qualitatswettbewerb Aus den beiden Reaktionsfunktionen folgt fur die Niedrigqualitatsvariante (11)
p^=k +
(V2-0,)^^^
und fiir die Hochqualitatsvariante gilt (12)
P2
=k-\-(02-Ui) le^-e..
Wie wir schon an den Nachfragefunktionen ablesen konnten, steigen die Preise also mit dem AusmaB der Qualitatsdifferenzierung. AuBerdem steigen sie mit dem AusmaB der Nachfragerheterogenitat Oo - 2^„. In einem duopolistischen Nashgleichgewicht muss der Preis des Niedrigqualitatsanbieters niedriger sein. Damit auch dieser Preis uber den Grenzkosten liegt, muss gelten
6.1 Gewinnmaximale Produktqualitat: das Grundmodell
153
Die Existenz von mehr als nur einer Qualitat im Nashgleichgewicht erfordert also ein gewisses MindestmaB an Nachfragerheterogenitat. Diese Existenzbedingung betrachten wir im Weiteren als erfullt (denn andernfalls gibt es eine hier nicht interessierende Monopollosung ohne Qualitatsdifferenzierung). Aus den gewinnmaximalen Preisen resultiert die Preisdifferenz P2-P\={^2-^\)-^-j^' Diese eingesetzt in die Nachfragefunktionen (4) und (5) ergibt die Marktanteile des Preis-Nashgleichgewichts in Anhangigkeit von den Qualitaten: (13)
. 1 = ^ ^
fiir den Niedrigqualitatsanbieter und (14)
x , = ^ ^ ^
flir den Hochqualitatsanbieter. Also gilt fiir die Gewinne aus dem Preiswettbewerb in Abhangigkeit von den Qualitatsniveaus (15)
G^={v2-vA'6^-29u
(16)
G2=(U2-Ui)f^^Y^j
2
-K
/,!'
-i^/,2.
Im Nashgleichgewicht des Preiswettbewerbs des Grundmodells hat der Anbieter 2 mit der hoheren Qualitat also nicht nur den hoheren Preis, sondem auch den grofieren Marktanteil und damit auch den hoheren Gewinn vor Fixkostenabzug. Preise und Gewinne steigen sowohl mit dem Ausmafi der Qualitatsdifferenzierung als auch mit dem AusmaB der Spreizung der Nachfragerpraferenzen.
6.1.4 Zweite Entscheidungsstufe: Produktqualitaten Die reduzierten Gewinnfunktionen (15) und (16) zeigen, dass beide Anbieter an einer moglichst grolien Qualitatsdifferenz interessiert sind. Fiir den Hochqualitatsanbieter gilt, dass sein Grenzgewinn beziiglich der Qualitat (z. B. sein Mehrgewinn bei einer zusatzlichen Stunde Wirkungsdauer seiner Schmerztablette) stets positiv ist - also nie auf null fallt. Fur den Niedrigqualitatsanbieter gilt das Umgekehrte. Damit ist klar, dass es im Grundmodell keine endogenen okonomischen Grenzen der Qualitat gibt. Der Anbieter der hohen Qualitat wird die hochstmogliche Qualitat anbieten, sein Konkurrent die geringstmogliche Qualitat. Insbesondere ware es fur den Niedrigqualitatsanbieter stets ein Fehler, seine Qualitat zu verbessem, weil er damit dem Konkurrenten im Produktraum naher kommen wiirde. Mit Blick auf die Hochqualitatsvariante wtirden hier letztlich technische Restriktionen zum Tragen kommen. Hinsichtlich der Niedrigqualitatsvariante wtirden bei vielen Produkten gesetzliche Mindestvorschriften - z. B. im Rahmen der Medikamentenzulassung - greifen.
154
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
Das Grundmodell zeigt hier die ungehemmte Wirkung des Preiswettbewerbseffekts im Qualitatswettbewerb. Das Fehlen endogener Grenzen im Grundmodell ergibt sich daraus, dass die zum Preiswettbewerbseffekt gegenlaufigen Effekte in der Qualitatsentscheidung per Annahme auBen vor bleiben. So verursacht beispielsweise die Entwicklung einer hoheren Qualitat im engeren Sinne mehr F&EKosten, was dem Hochqualitatsanbieter okonomische Grenzen setzt. Darauf werden wir im siebten Kapitel zur Produktinnovation naher eingehen. Aber auch die bloBe Produktion einer Variante mit hoherer Qualitat verursacht oft hohere Kosten - und auch dies setzt der Qualitat nach oben eine Schranke. Dies wird im ubernachsten Abschnitt deutlich werden. Dass im Grundmodell der Niedrigqualitatsanbieter keine okonomische Grenze nach unten kennt, liegt auch an der Ausblendung des Wettbewerbs mit den anderen Gutern. Dies wollen wir im nun folgenden Abschnitt zeigen.
6.2 Endogene Gesamtnachfrage 6.2.1 Nachfrage- und Gewinnfunktionen Bei endogener Gesamtnachfrage ergibt sich eine Situation wie in Abbildung 6.2-1 dargestellt. Die Nachfrager haben nun die Wahl, ob sie eine der beiden Varianten des differenzierten Gutes kaufen oder nicht. Sind die Preise zu hoch und / oder die Qualitaten zu niedrig, so werden einige potentielle Nachfrager dem Markt fernbleiben. Die ersten, die das Gut nicht nachfragen werden, sind die potentiellen Nachfrager mit relativ geringer Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat. Dadurch steht nun der Anbieter der niedrigen Qualitat nicht nur mit dem Anbieter der hohen Qualitat in direkter Konkurrenz, sondern auch mit den Anbietern anderer Giiter. Er muss nun beriicksichtigen, dass er bei einem Absenken seiner Qualitat DI nicht nur Nachfrager an die Konkurrenzvariante verliert, sondern zudem auch stets einige Nachfrager den Markt ganz verlassen werden. Dementsprechend wird er vi nicht mehr beliebig absenken (wie im Grundmodell). Dies ist die Basis des so genannten Mindestqualitatsniveaueffekts im strategischen Gewinnmaximierungskalkiil. Im Bereich niedriger Qualitaten wirkt er dem Preiswettbewerbseffekt entgegen und bei hinreichend niedriger Qualitat wird er ihn dominieren. Durch die direkte Konkurrenz des Niedrigqualitatsanbieters mit den Anbietern ahnlicher GUter steht der Hochqualitatsanbieter in indirekter Konkurrenz zu diesen (tiber das veranderte Verhalten seines direkten Konkurrenten). Die Grenzlinie im Praferenzraum zwischen den Nachfragern der beiden Varianten berechnet sich unverandert als (A)
^iniii)-
•
U2-V1
Entscheidend fiir die Konkurrenz zwischen den Varianten ist also weiterhin das Preisdifferenz-Qualitatsdifferenz-Verhaltnis. Die Zahlungsbereitschaft ftir Qualitat jener Nachfrager, die indifferent zwischen der Nachfrage nach der Niedrigquali-
6.2 Endogene Gesamtnachfrage
155
tatsvariante und gar keiner Nachfrage am Markt des betrachteten Gutes sind, ergibt sich tiber die Indifferenzbedingung als (2)
t7/wn n - — • ^m(0,l) ^1
Entscheidend fiir die Konkurrenz zwischen der Niedrigqualitatsvariante und alien anderen Gutern ist also das Preis-Qualitats-Verhaltnis (Preis-Leistungs-Verhaltnis) dieser Variante. 1
1 keine Variante
VI
Un(0,l)
V2
Un(l2)
Abbildung 6.2-1 Endogene Gesamtnachfrage im Qualitatswettbewerb Die Marktanteile (treffender ware jetzt: „Nachfragepotentialanteile") erganzen sich bei endogener Gesamtnachfrage nicht mehr zu eins. Sie resultieren nun aus den beiden Gleichungen ^1 = ^ m ( l , 2) - ^/>2(0,1)
und Das kann man sich an der Abbildung 6.2-1 leicht klarmachen. Damit lautet jetzt die Nachfragefiinktion fur die Variante mit der niedrigen Qualitat (3)
,^ = P1ZPL.PL_ V2 - Vx
Vx
Anders als im Grundmodell des Vorabschnitts ist nun also nicht nur die Qualitatsdifferenz von Bedeutung, sondern auch das Qualitatsniveau. Dies ist die Grundla-
156
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
ge des Mindestqualitatsniveaueffekts. Die Nachfragefunktion fiir die Hochqualitatsvariante lautet nach wie vor (4)
^2-^0-
P2-P\ V2-VX
Mit Blick auf die Produktionskosten wollen wir in diesem Abschnitt von den variablen Produktionskosten absehen (Annahme: k = 0), so dass die Preise den Stuckgewinnen entsprechen. Diese Annahme wird uns eine Ableitung expliziter Reaktionsfunktionen fiir den Qualitatswettbewerb ermoglichen. In den Folgeabschnitten werden wir die variablen Produktionskosten wieder berucksichtigen (und zwar mit qualitatsabhangigen Grenzkosten). Mit k = 0 lautet die Gewinnfiinktion fur den Niedrigqualitatsanbieter (5)
Gi = Pi
Pi - Pi
Pi
-K
/,i
und jene fiir den Hochqualitatsanbieter (6)
G2 = P2 00V
Pi-Pi
-K / , 2 '
U2-U^
6.2.2 Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung Uber die Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung des Preiswettbewerbs (7)
-2pi
1
1
Pi =0 V2-VX
folgt nun die Preis-Reaktionsfunktion fur die Niedrigqualitatsvariante als (8)
Pi
=-—Pi2U2
Die Bedingung zweiter Ordnung ist angesichts einer linearen Nachfragefunktion stets erfiillt. Fiir die Hochqualitatsvariante gilt unverandert die Reaktionsfunktion
Pi=2p2-(o2-vi)0o. Damit lautet nun das Preis-Nashgleichgewicht in Abhangigkeit von den Qualitaten (9)
Pi =^1(^2-^1)
dn 4L>2 - Oi
und (10)
P2 =
202(02-Ui)-
0n
4L>2 -
Oi
Durch die Entscheidungsinterdependenz im strategischen Wettbewerb hangt also nicht nur der gewinnmaximale Preis der Niedrigqualitatsvariante von den absoluten Qualitatsniveaus ab, sondem auch jener der Hochqualitatsvariante. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass diese Abhangigkeit der Preise des Nashgleichgewichts nicht nur von der Qualitatsdifferenz, sondern auch von den Qualitatsni-
6.2 Endogene Gesamtnachfrage
157
veaus die Folge des nun wirkenden Mindestqualitatsniveaueffekts ist. Einsetzen der resultierenden Preisdifferenz p2 - p\ in die Nachfrageflinktionen (3) und (4) ergibt die Nachfragen (11)
^X=02—^^4L>2 - vx
und (12)
X 2 = 2 i ; 2 , ^'
.
Die reduzierten Gewinnfunktionen lauten also (13)
Gi
=VxV2{V2-Vx)\'
e. 4L>2 - Vx
<' •^/,1
bzw.
(14)
G2=Avl{v2-vA
^ - ^ ^ - . .
4L>2 - vx
Das Wirken des Qualitatsniveaueffekts zeigt sich also auch in den Mengen und Gewinnen. Wie im Grundmodell hat der Hochqualitatsanbieter den hoheren Absatz und den hoheren Preis und damit den hoheren Gewinn.
6.2.3 Zweite Entscheidungsstufe: Produktqualitaten Anders als im Grundmodell stellt sich jetzt im Qualitatswettbewerb infolge der Existenz des dem Preiswettbewerbseffekt entgegenwirkenden Mindestqualitatsniveaueffekts beim Niedrigqualitatsanbieter (gegeben eine bestimmte Hochqualitat) eine endogene Losung ein. Fiir ihn lautet die Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung jetzt (15)
dGx _vl{Av2-lvx)0l _^ Svx {Av2-vif Fiir ein Qualitatsniveau hinreichend nahe null ist dieser Grenzgewinn nun wegen des Mindestqualitatsniveaueffekts stets positiv - eine hohere Qualitat wUrde also den Gewinn erhohen. Je hoher die Qualitat nun steigt, desto starker wird der Preiswettbewerbseffekt. Bei jenem Qualitatsniveau, bei dem sich beide Effekte die Waage halten, liegt das Gewinnmaximum. Die Hohe dieses gewinnmaximalen Niedrigqualitatsniveaus hangt offensichtlich vom Qualitatsniveau des Hochqualitatsanbieters ab. Aus der obigen Bedingung erster Ordnung kann man diesen Zusammenhang als explizite Qualitats-Reaktionsfunktion berechnen: 4 (16)
Ox=-V2.
158
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
Die Bedingung zweiter Ordnung ist erfiillt: d^Gi _ 8ul
2u2(Sv2+7oi)0o (4^2-^1)'^
<0.
Die Qualitaten sind also strategische Komplemente: Je hoher die antizipierte Konkurrentenqualitat, desto hoher die eigene gewinnmaximale Qualitat. Das erklart sich aus der Sicht des Niedrigqualitatsanbieters wie folgt: Erhoht er ausgehend von einer Qualitat nahe dem NuUpunkt sukzessive sein Qualitatsniveau, so dominiert zunachst der Mindestqualitatsniveaueffekt. Aber der Preiswettbewerbseffekt wird dabei immer starker, da er ja der Variante des Konkurrenten immer naher kommt. Also wird irgendwann der Punkt (das Qualitatsniveau) kommen, ab dem der Preiswettbewerbseffekt dominiert. Das hatten wir uns eben schon Uberlegt. Dieser Punkt (dieses Qualitatsniveau) ist nun offensichtlich umso friiher (bei umso niedrigerem Qualitatsniveau) erreicht, je niedriger das Qualitatsniveau des Hochqualitatsanbieters ist. Also sind die Qualitaten strategische Komplemente. Die Abbildung 6.2-2 zeigt die steigende Qualitats-Reaktionsfunktion des Niedrigqualitatsanbieters.
Abhildung 6.2-2 Qualitats-Reaktionsfunktion
Fur den Hochqualitatsanbieter lautet die Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung (17)
dGi
4t>2(4t;2 -3L>it>2 +2i;f )i9^
dV2
{Av2-v^y
= 0.
6.3 QualitatsbedingteGrenzkostenunterschiede
159
Wie im Grundmodell gilt, dass diese nicht erfullbar ist. Aus dem gleichen Grund wie dort ist dieser Grenzgewinn vielmehr stets positiv. Dies lasst sich leicht zeigen: Das Vorzeichen des Grenzgewinns (17) entspricht dem Vorzeichen des Ausdrucks in Klammern in seinem Zahler. Dieser geklammerte Ausdruck ist immer positiv: 4L>2 - 3ui02 + 2ui > 0 .
Beweis: Diese Ungleichung lasst sich umformen zu -0,75^ + 2>0, und dies ist wegen
1 stets erflillt. Ftir die Hochqualitat resultiert also wieder keine okonomisch endogen erklarte Obergrenze. Fur ein exogen (z. B. technologisch) vorgegebenes Niveau der Hochqualitat resultiert nun allerdings infolge des Wirkens des Mindestqualitatsniveaueffektes ein endogen erklartes Niveau der Niedrigqualitat. Dies illustriert die Abbildung 6.2-2. Dabei fiihrt eine exogene Erhohung des Hochqualitatsniveaus um eine Qualitatseinheit gemafi der Reaktionsfunktion des Niedrigqualitatsanbieters zu einer gewinnmaximalen Erhohung der Niedrigqualitat um vier Siebtel einer Qualitatseinheit.
6.3 Qualitatsbedingte Grenzkostenunterschiede 6.3.1 Marktstruktur und Gewinnfunktionen Bei vielen Giitern resultieren Qualitatsunterschiede aus dem Einsatz unterschiedlich vieler und / oder unterschiedlich guter Inputs. Derartige Qualitatsunterschiede spiegeln sich dann in unterschiedlichen Produktionsgrenzkosten wider. Dabei wird im Regelfall der Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Grenzkosten durch Verwendung von mehr und / oder besseren Inputs und der dadurch bewirkten Erhohung der Qualitat uberlinear sein - also z. B. eine Verdoppelung der Qualitat mehr als eine Verdoppelung der Grenzkosten verlangen (zumindest ab einem bestimmten Qualitatsniveau). Fur das Folgende gelte nun (statt k = 0) speziell der quadratische Ansatz (1) ki=0,5vf. Das bedeutet, dass die Steigerung der Grenzkosten (bzw. die dahinterstehende Vermehrung oder Verbesserung der Inputs), die notig ist, um die Qualitat um eine weitere Einheit zu erhohen, linear mit dem schon erreichten Qualitatsniveau steigt:
160
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
dki 8uj
Eine hohere Qualitat hat jetzt - anders als in den beiden Vorabschnitten - fiir den Anbieter den Preis hoherer variabler Stiickkosten. Fur den Rest dieses Kapitels unterstellen wir, dass ausschlieBlich eine derartige Qualitatsdifferenzierung der zweiten Art vorliegt. Die Produktionsfixkosten beider Varianten soUen dementsprechend nun identisch sein. Es ist klar, dass durch die Qualitatsabhangigkeit der Grenzkosten nun beim Hochqualitatsanbieter dem Preiswettbewerbseffekt ein Qualitatsgrenzkosteneffekt entgegenwirkt. Dadurch resultiert nun ein okonomisch endogen erklartes Niveau der Hochqualitat. Im vorliegenden Abschnitt werden wir uns zunachst das Zusammenwirken des Qualitatsgrenzkosteneffekts mit dem Preiswettbewerbseffekt und dem Mindestqualitatsniveaueffekt fiir den Fall des Preiswettbewerbs anschauen. Im Folgeabschnitt vergleichen wir dann die sich hier ergebenden Ergebnisse mit denen bei Mengenwettbewerb. Bei gegentiber dem Vorabschnitt unveranderten Nachfragefiinktionen lautet die Gewinnfiinktion des Niedrigqualitatsanbieters nun (2)
Gi=ipi-0,5ut)\
Pi-Pi
PL
Kf
und fiir den Hochqualitatsanbieter gilt jetzt (3)
0^_P2ZPL\.Kf.
G2={p2-(iM)\
6.3.2 Preissetzung und Produktqualititen Die Preissetzungsregel fiir den NiedrigqualitStsanbieter lautet nun (4)
-2px
1
1
1
^ ^ = -0,5vl U2-L>i
t>2 - Vi
und jene fiir den Hochqualitatsanbieter ergibt sich als 1 • + ^.^ + - Px -0,5u| -2p2(5)
1
V2-V1
^2-^1
V2-VX V2-VX
1 Vx
Vergleicht man dies mit den Gewinnmaximierungsbedingungen erster Ordnung fiir den Preiswettbewerb im Vorabschnitt (also mit k = 0), so stehen jeweils auf der linken Gleichungsseite die unveranderten im Preis linear fallenden Grenzerlose.
6.3 Qualitatsbedingte Grenzkostenunterschiede
161
Neu sind die bezuglich des Preises konstanten preisbezogenen Grenzkosten auf der jeweils rechten Gleichungsseite. Da diese neuen Terme preisunabhangig sind, sind die Bedingungen zweiter Ordnung unverandert und damit wieder erfiillt. Durch Auflosen der beiden Preissetzungsregeln ergeben sich die beiden PreisReaktionsfunktionen. Jene des Niedrigqualitatsanbieters lautet
und die des Hochqualitatsanbieters ergibt sich als (7) p^=2p2-(v2-Ui)0o-OM' Diese unterscheiden sich im ersten (die Rl) bzw. im letzten (die R2) Term der rechten Gleichungsseite von den Reaktionsfunktionen des Vorabschnitts. Das Nashgleichgewicht des Preiswettbewerbs in Abhangigkeit von den Qualitaten liegt bei m
W
n - ^ n i^izi^ .„
Pi - ^0^1
4u2-Oi
U1O2+0M
+^ —
402-U1
und
(9)
p,=20^,,.E2Z}^,u,^.ftt^. AV2 - Vx
AV2 - t>i
Neu sind hier die positiven letzten Terme. Diese gewinnmaximalen Preise in die Nachfragefunktionen eingesetzt und das Ergebnis mit den Stuckgewinnen multipliziert ergibt die reduzierten Gewinnfunktionen (10)
Gi = OiU2(02 - Ui)\
-Ky
2(4^2-ui)
und N2
(11)
U2_ G2=vUo2-Oi)\f-4^o+^+2^2V
^
2(4U2-Ux)
Aus diesen reduzierten Gewinnfunktionen kann man nun die beiden Bedingungen erster Ordnung fiir den Qualitatswettbewerb ableiten. Diese stellen allerdings ein allgemein nicht mehr nach den beiden Qualitatsniveaus auflosbares Gleichungssystem dar. Man kann dieses Gleichungssystem aber z. B. fiir bestimmte numerische Werte der Obergrenze der Verteilung der Zahlungsbereitschaften fur Qualitat 60 losen. Beispielsweise resultieren fiir einen Wert von 0o = 5 die gewinnmaximalen Qualitatsniveaus
L>2 = 4,1
und damit eine Qualitatsdifferenzierung im AusmaB von
162
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
Einsetzen der gewinnmaximalen Qualitaten in das Nashgleichgewicht des Preiswettbewerbs fiihrt zu den Preisen Pi = 3,75, P*2 =11,33. Daraus ergeben sich Mengen in Hohe von
xl = 1,72, X2 = 1,4 ,
und damit schlieBlich die Gewinne
G*=3fi4-Kf, G*2=M-Kf. Von der Hochqualitatsvariante wird also weniger verkauft als von der Niedrigqualitatsvariante. Dies zeigt das Wirken des Qualitatsgrenzkosteneffekts. Der Hochqualitatsanbieter hat wesentlich hohere Grenzkosten und damit einen wesentlich hoheren Preis. Sein Stuckgewinn ist hoher als jener des Niedrigqualitatsanbieters - und zudem um so viel hoher, dass trotz geringerer Menge auch sein Gesamtgewinn hoher ausfallt.
6.4 Qualitatswettbewerb bei Mengenwettbewerb 6.4.1 Marktstruktur und Gewinnfunktionen Die Untemehmen differenzieren ihre Varianten, um dadurch den Wettbewerb am Gtitermarkt zu entscharfen. Da dieser Wettbewerb als Preiswettbewerb viel scharfer ist als bei Mengenwettbewerb, ist intuitiv klar, dass das AusmaB der Qualitatsdifferenzierung bei anschliefiendem Mengenwettbewerb geringer sein wird als bei anschlieBendem Preiswettbewerb. Beim (exogen vorgegebenen) gleichen Grad der Differenzierung wurden die Anbieter im Mengenwettbewerb hohere Preise und Gewinne erzielen als im Preiswettbewerb. Das haben wir im dritten Kapitel gesehen. Ist der Differenzierungsgrad aber endogen, so fallt er bei Preiswettbewerb grower aus als bei Mengenwettbewerb. Wir knupfen im Folgenden an das Modell des Vorabschnitts an, betrachten nun aber einen Mengenwettbewerb auf der ersten Entscheidungsstufe. Die zu den bisher verwendeten Nachfragefunktionen gehorigen Preis-Absatz-Funktionen der beiden Varianten lauten (1)
A =^0^1-^1^2-^1^1
fur den Niedrigqualitatsanbieter und (2)
P2 = 00^2 - ^1^1 - ^2^2
6.4 Qualitatswettbewerb bei Mengenwettbewerb
163
fiir den Hochqualitatsanbieter. Mit den qualitatsabhangigen Grenzkosten wie oben ergibt das die beiden Gewinnfunktionen (3)
Gx = (OQUI - t>iX2 - UiXi)Xi - 0,5Ui Xj - Ky
und (4)
G2 = (Oo^2 - ^ ^ 1 - ^2^2 )^2 - 0,5^2 X2 - Kf .
6.4.2 Mengensetzung und Produktqualitaten Die Outputregeln des Mengenwettbewerbs lauten (5)
OQUI - O1X2 - luiXi =
0,5^1
fur den Niedrigqualitatsanbieter und (6) Oo^2 - ^ ^ 1 - 2t^2^2 = ^'5^2 fiir den Hochqualitatsanbieter. Angesichts in der Menge linear fallender Grenzerlose und konstanter Grenzkosten sind die Bedingungen zweiter Ordnung stets erfullt. Es folgt die Mengen-Reaktionsfunktion fiir den Niedrigqualitatsanbieter als (7) xi = 0,56>^ - 0,25L>I - 0,5^2 sowie jene fiir den Hochqualitatsanbieter als (8)
^^=0^^.0,5^-2^x2,
Aus diesen beiden fallenden Mengen-Reaktionsfunktionen lasst sich das Nashgleichgewicht des Mengenwettbewerbs ermitteln: /Qx iy)
, xi
eoV2+0,5v^-OiU2 4^2 ~ ^i
und nm (lU)
V X2
0o(2o2-Oi)-O2-^0,5u^ . 4^2 - t^i
Dies eingesetzt in die Preis-Absatz-Funktionen, vom Ergebnis die qualitatsabhangigen Grenzkosten abgezogen und dies dann wiederum mit der entsprechenden Menge multipliziert ergibt die reduzierten Gewinnfunktionen (11)
Gi=uiu|
20o-2ui-\-U2 2(4u2-vi)
-Kf
und (12)
G2=V2
^
{A02-20^)60-v^+2vl^
•Kf.
2(4L>2-L>I)
Die beiden Gewinnmaximierungsbedingungen erster Ordnung fiir den Qualitatswettbewerb stellen nun - wie schon im Vorabschnitt - ein allgemein nicht auflosbares Gleichungssystem dar. Man kann sich aber an numerischen Beispielen da-
164
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
von uberzeugen, dass die obige Intuition hinsichtlich des geringeren Differenzierungsgrades bei Mengenwettbewerb nicht tauscht. So resultieren nun beispielsweise fiir ^^ = 5 die Qualitatsniveaus oi = 2,93, u*2 = 3,69 und damit eine Qualitatsdifferenzierung im AusmaB von (U2-Oi)*=0j6. Im Vergleich zum Preiswettbewerb ist das Niedrigqualitatsniveau nun also h5her und das Hochqualitatsniveau niedriger, so dass die Qualitatsdifferenzierung geringer ausfallt. Einsetzen der gewinnmaximalen Qualitaten in das Nashgleichgewicht des Mengenwettbewerbs fiihrt zu den Mengen Xi =1,22, xl = 1,09 . Diese sind beide geringer als bei Preiswettbewerb. Aus diesen Mengen ergeben sich Preise in Hohe von
pr=7,86, /72 =10,84. Der Preis des Niedrigqualitatsanbieters ist nun hoher als im Preiswettbewerb, jener des Hochqualitatsanbieters aber niedriger. Hier schlagen die veranderten Produktionsgrenzkosten (beim Niedrigqualitatsanbieter jetzt hoher, beim Hochqualitatsanbieter nun niedriger als bei Preiswettbewerb) durch. Die Gewinne lauten
Gl=4,37-Kf, Gl=4Al-Kf. Sie sind also trotz des geringeren AusmaBes der Produktdifferenzierung nun hoher als bei Preiswettbewerb.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
165
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Im strategischen Qualitatswettbewerb sind die Preiselastizitaten der Nachfrage betragsmafiig umso hoher, je geringer das Ausmafi der Qualitatsdifferenzierung ist. Dieser Zusammenhang ist vollig analog zu jenem im Designwettbewerb. Ein hoheres AusmaB an Qualitatsdifferenzierung bedeutet damit hohere Preise und Gewinne im Nashgleichgewicht des Preiswettbewerbs. Dies ist der uns schon bekannte Preiswettbewerbseffekt der Produktdifferenzierung. Fur sich allein genommen - also u. a. auch ohne Qualitatsabhangigkeit der Produktionsgrenzkosten - fuhrt der Preiswettbewerbseffekt zur maximal moglichen Qualitatsdifferenzierung. Hier gabe es also keine okonomischen Grenzen ftir Niedrigst- und Hochstqualitat, sondem technische und rechtliche. 2. Bei endogener bzw. preiselastischer Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut zwingt die Nichtkauf-Option der Nachfrager mit relativ niedriger Zahlungsbereitschaft ftir Qualitat den Niedrigqualitatsanbieter zum Angebot einer gewissen Mindestqualitat. Dieser Mindestqualitatsniveaueffekt ist eine spezielle Form des Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekts. Er wirkt dem Preiswettbewerbseffekt entgegen und fiihrt so zu einer okonomisch endogenen Erklarung der Qualitat des Niedrigqualitatsanbieters. 3. Die Qualitatsniveaus sind strategische Komplemente: Je hoher das antizipierte Oder beobachtete Qualitatsniveau der Konkurrenz ist, desto hoher ist das eigene gewinnmaximale Qualitatsniveau. 4. Hat eine Erhohung des Qualitatsniveaus den Preis hoherer Produktionsgrenzkosten, so wirkt neben dem Preiswettbewerbseffekt und dem Mindestqualitatsniveaueffekt noch ein Qualitatsgrenzkosteneffekt. Dieser Qualitatsgrenzkosteneffekt wirkt beim Hochqualitatsanbieter dem Preiswettbewerbseffekt entgegen, so dass nun auch eine okonomisch endogene Erklarung des Niveaus der Hochqualitat resultiert. Beim Niedrigqualitatsanbieter verstarkt der Qualitatsgrenzkosteneffekt den Preiswettbewerbseffekt. 5. Die Hohe der Qualitatsniveaus und das AusmaB der Qualitatsdifferenzierung hangen auch davon ab, ob der strategische Wettbewerb den Charakter eines Preiswettbewerbs oder eines Mengenwettbewerbs hat. Da im Mengenwettbewerb die Wettbewerbsintensitat durch die relative Inflexibilitat der Kapazitaten zusatzlich (zur Produktdifferenzierung) verringert wird, fallt das AusmaB an Produktdifferenzierung hier geringer aus. Oder anders herum formuliert: Da die Wettbewerbsintensitat im Preiswettbewerb an sich hoher ist als im Mengenwettbewerb, fallt im Preiswettbewerb der Anreiz zur Reduktion der Wettbewerbsintensitat uber weiter voneinander entfernte Qualitaten groBer aus.
166
6. Strategischer Qualitatswettbewerb
Grundlegende Literatur Unser Grundmodell mit endogener Gesamtnachfrage aus dem zweiten Abschnitt geht auf die beiden grundlegenden Arbeiten Gabszewicz und Thisse (1979) sowie Shaked und Sutton (1982) zuruck. Hinsichtlich des Modellansatzes diskutieren diese beiden Arbeiten die Verteilung der Nachfrager nicht anhand deren Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat, sondem anhand einer dahinter stehenden Verteilung der Einkommen. Dies macht aber keinen substantiellen Unterschied zu unserer etwas anderen Art der Darstellung. Gabszewicz und Thisse behandeln den Duopolfall, Shaked und Sutton den Fall endogener Anbieter- und Variantenzahl. Unser Grundmodell mit exogener Gesamtnachfrage nach dem differenzierten Gut im ersten Abschnitt ist eine in Tirole, S. 296f zu fmdende gangige Lehrbuchvariante. Die beiden Modellvarianten mit qualitatsabhangigen Produktionsgrenzkosten aus dem dritten (bei Preiswettbewerb) und dem vierten Abschnitt (bei Mengenwettbewerb) stammen inklusive des numerischen Beispiels aus Motta (1993). In diesem Artikel fmden sich im Ubrigen auch einige wohlfahrtstheoretische Uberlegungen und Ergebnisse. AuBerdem hat Motta dort auch den Fall endogener qualitatsabhangiger Forschungs- und Entwicklungskosten analysiert. Darauf werden wir im nun folgenden Kapitel zur Produktinnovation zu sprechen kommen.
Teil III: Strategischer Innovationswettbewerb
7. Produktinnovation
7.1 Eine Produktinnovation gegebenen Ausmafies 7.1.1 Ausgangssituation 7.1.2 Innovationswettbewerb 1.2 Produktinnovationen endogenen Ausmafies 7.2.1 Innovationswettbewerb bei Preiswettbewerb a) Nachfrage- und Gewinnfunktionen b) Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung c) Zweite Entscheidungsstufe: InnovationsausmaB
7.2.2 Innovationswettbewerb bei Mengenwettbewerb a) Preis-Absatz- und Gewinnfunktionen b) Erste Entscheidungsstufe: Mengensetzung c) Zweite Entscheidungsstufe: InnovationsausmaB
Uberblick Dieses einfiihrende Kapitel des dritten Teils behandelt den strategischen Produktinnovationswettbewerb am Beispiel einer Qualitatsverbesserung. Es stellt damit eine Brticke von den ersten beiden Teilen des Buches in diesen dritten Teil dar. Wir kniipfen hier insbesondere an unsere Ausfiihrungen zur Qualitatsfuhrerschaft im dritten Kapitel und zum Qualitatswettbewerb erster Art (mit Qualitat im engeren Sinne) im sechsten Kapitel an. In diesen beiden Kapiteln wurden die zur Entwicklung einer hoheren Produktqualitat notwendigen Forschungs- und Entwicklungsausgaben als exogene Produktionsfixkosten behandelt. Im Folgenden wollen wir diese F&E-Kosten endogenisieren. Dazu miissen wir in der Gewinnmaximierungsentscheidung den Zusammenhang zwischen der Hohe der F&E-Ausgaben und dem Ausmafi der damit erreichten Produktinnovation berticksichtigen. Entscheidungstheoretisch entspricht diese Beriicksichtigung der Entwicklungskostenseite dem Schritt von der reinen Qualitatsentscheidung bin zur Produktinnovationsentscheidung. Diese Entscheidung liber eine mit F&E-Kosten verbundene Qualitatsverbesserung werden wir sowohl auf der Basis einer horizontalen Differenzierung als auch im Rahmen einer vertikalen Differenzierung analysieren. Dabei beginnen wir im ersten Abschnitt zunachst mit einem sehr einfachen Entscheidungsproblem: Die Anbieter miissen sich entscheiden, ob sie eine Qualitatsverbesserung gegebener GroBe mittels eines bestimmten festen F&E-Betrags realisieren wollen oder nicht. Die Innovationsentscheidung wird hier also als eine Ja-Nein-Entscheidung dargestellt. Diese einfache Modellvariante erlaubt uns die recht klare Darstellung einiger grundlegender Eigenschaften des strategischen Produktinnovationswettbewerbs. Im zweiten Abschnitt kniipfen wir dann an unsere Analyse des Qualitatswettbewerbs mit Qualitat im engeren Sinne aus dem zweiten Abschnitt des Vorkapitels an. Anders als dort werden wir nun berucksichtigen, dass die Qualitatshohe eine steigende Funktion der F&E-Ausgaben ist. Die Gewinnmaximierung im strategischen Innovationswettbewerb fiihrt dann zur simultanen endogenen Bestimmung von F&E-Ausgabenniveaus und Qualitatsniveaus. Diese Analyse werden wir sowohl fiir den Fall des Preiswettbewerbs als auch fiir jenen des Mengenwettbewerbs durchfiihren.
172
7. Produktinnovation
7.1 Eine Produktinnovation gegebenen Ausmafies In diesem Abschnitt wollen wir uns mit der Produktinnovationsentscheidung als Ja-Nein-Entscheidung beschaftigen: Die Anbieter konnen wahlen, ob sie eine Qualitatsverbesserung exogenen AusmaBes zum Preis eines festen F&E-Ausgabenbetrags realisieren wollen oder nicht. Diese Entscheidung betrachten wir auf der Basis eines Hotelling-Grundmodells mit gegebener geschmacklicher Differenzierung.
7.1.1 Ausgangssituation Betrachtet wird ein Hotelling-Duopol, in dem die beiden Anbieter je eine geschmacklich differenzierte Variante eines Gutes anbieten. Diese Differenzierung betreffe nur eine der Produkteigenschaften, so dass sich der Produkteigenschaftsraum wieder auf die eindimensionale Hotellinglinie reduzieren lasst. Das AusmaB der Designdifferenzierung sei jetzt exogen auf eins normiert, d. h., die Adresse der Variante 1 isty = - 0,5 und jene der Variante 2 isty = 0,5. Beide Varianten werden mit den gleichen konstanten Grenzkosten k produziert. Die Nachfrager bzw. ihre Idealvarianten liegen wieder zwischen - 0,5 und 0,5 mit einer Dichte von eins gleichverteilt, so dass die Nachfragermasse den Wert eins hat. Die Abbildung 7.11 zeigt den Produkt- und Praferenzraum sowie die Lage der Idealvarianten (Dichtefunktion) und der beiden tatsachlich angebotenen Varianten. Jeder Nachfrager fragt (nur) ein Stuck (nur) einer Variante nach.
- 0,5
0
0,5
Abbildung 7.1-1 Praferenzverteilung und exogene Designs Die maximal mogliche Zahlungsbereitschaft habe zunachst wieder ftir beide Varianten den gleichen Wert z, und der durch den Missmatch zwischen Idealvariante und tatsachlicher Variante bedingte Abzug von dieser Zahlungsbereitschaft sei jetzt - etwas vereinfachend - linear. Damit lauten die Konsumentenrenten eines Nachfi-agers mit Idealvariante beiy aus Variante 1 (1) rxj=z-m5 + j)-px und aus Variante 2
7.1 Eine Produktinnovation gegebenen AusmaBes
(2)
173
r2j=z-t{0,5-j)-p2.
Angesichts der Normierung von Produkt- und Praferenzraum auf eine Lange von eins ist der Niveauparameter t das relative MaB des Grades an Praferenzspreizung. Das Vorgehen bei der Herleitung der Nachfrage- und Gewinnfunktionen ist identisch mit jenem im fiinften Kapitel. Durch die exogene und normierte Vorgabe des AusmaBes der Designdifferenzierung vereinfacht sich diese Herleitung allerdings erheblich. Uber die Indifferenzbedingung fiir die Nachfrager z-/(0,5 + 7 ) - p i = z - / ( 0 , 5 - 7 ) - p 2 bekommt man die Adresse jener Nachfrager, die zwischen Variante 1 und Variante 2 indifferent sind, als ^ It Angesichts der Normierung des Modells gilt jci = 0,5 +7 und 1 (3)
also
V = 0,5 + ^^ ~ ^' , ' i t
Die Preiselastizitat der Nachfrage steigt - bei exogen gegebener Designdifferenzierung - mit abnehmender Spreizung der Praferenzen. Wenn wir in der Ausgangssituation von Produktionsfixkosten absehen, resultieren die fur den Preiswettbewerb formulierten Gewinnfunktionen als (4)
Gt={pi-k)\ V Die Preissetzungsregeln lauten daher
(5)
2/
_A^o,5-.^ = -A
t 2t 2t mit den linear fallenden Grenzerlosen auf der linken und den konstanten Grenzkosten auf der rechten Gleichungsseite. Die Bedingung zweiter Ordnung ist offensichtlich erfiillt (die Grenzerlose schneiden die Grenzkosten von oben). Die beiden Preissetzungsregeln kann man zu expliziten Preis-Reaktionsfunktionen umformen, in deren Schnittpunkt das Preis-Nashgleichgewicht liegt. Da aber die Ausgangssituation symmetrisch angelegt ist, ist klar, dass es ein symmetrisches Nashgleichgewicht mit identischen Preisen geben wird. Nutzen dieser Tatsache in der Preissetzungsregel ergibt die gewinnmaximalen Preise (6) pl=k + t. Mit Marktanteilen von jeweils fiinfzig Prozent folgt (7) G* = 0,5/. Wegen der mit zunehmender Praferenzspreizung betragsmaBig fallenden Preiselastizitat der Nachfrage fuhren „breitere" Praferenzen zu hoheren Preisen und Gewinnen.
174
7. Produktinnovation
7.1.2 Innovationswettbewerb Nun sei angenommen, dass die beiden Anbieter in einem simultanen Innovationswettbewerb stehen: Sie konnen eine die Qualitat verbessernde Produktinnovation realisieren, durch welche das Zahlungsbereitschaftsniveau fiir ihre Variante generell (fiir alle Nachfrager) um den Wert q steigen wiirde. In den Konsumentenrentenfunktionen stande bei Innovation also fiir die jeweilige Variante statt z ein groBerer Basiswert in Hohe von z + q. Das hatte aber seinen Preis in Form von Forschungs- und Entwicklungskosten in Hohe des festen Wertes/ Bezuglich der Produktion waren dies Fixkosten. Die Produktionsgrenzkosten blieben unverandert. Wenn nun beide Anbieter diese Innovation durchfuhren, so erhohen sich die Zahlungsbereitschaften ftir beide Varianten um den gleichen Wert q. Dies lasst jedoch die Indifferenzadresse / und damit alles Ubrige unverandert: Das „^" auf beiden Seiten der Indifferenzbedingung ktirzt sich heraus. Keiner kann letztlich durch die Innovation einen Vorteil erlangen. Aber beide haben nun die Innovationskosten zu tragen. Dementsprechend sinkt der Gewinn jedes Anbieters u m / Damit ist klar, dass die Anbieter im Falle einer Kooperation diese Produktinnovation nie realisieren wtirden. Im simultanen Innovationswettbewerb sieht das aber anders aus. Hier wird die Produktinnovation realisiert, wenn ein Anbieter sich dadurch besser stellen kann gegeben dass der Konkurrent nicht innoviert. Dann ware auch die kooperative Innovationsverweigerung instabil - Kooperation ist eben kein Nashgleichgewicht. Entscheidend ist also, was sich ein Anbieter fiir einen Gewinn ausrechnet, wenn er alleine die Innovation hervorbringt bzw. wenn er eine Wir-innovieren-nicht-Absprache brechen wiirde. Ohne Beschrankung der Allgemeinheit wollen wir dieses Kalkiil fiir den ersten Anbieter betrachten. Dann gilt nun die Indifferenzbedingung z + ^-^(0,5 + 7 ) - P i = ^-^(0,5-7)-/72Daraus folgen die beiden neuen Nachfragefunktionen
fiir den Anbieter 1 und fiir seinen Konkurrenten (2)
^^J.^P1ZP^.±, ^ 2 It It Von einer einseitigen Qualitatsverbesserung sind also beide Nachfragefunktionen betroffen; das hatten wir uns schon im dritten Kapitel iiberlegt. Ftir den Innovator folgt mit Blick auf die Gewinnfunktion (3)
G,=(p,-t)[o,5 + ^ P ^ + ^ ] - / .
Seine Preissetzungsregel lautet jetzt (4)
_ £ L + o,5 + ^ ^ ^ ± ^ = - ^ t 2t 2t
7.1 Eine Produktinnovation gegebenen Ausmafies
175
Seine Grenzerlose steigen also infolge der Produktinnovation, so dass sich ein hoherer gewinnmaximaler Preis ergibt. Die Abbildung 7.1-2 zeigt diesen Einfluss der Produktinnovation auf das Gewinnmaximum des Innovators.
Abbildung 7.1-2 Preissetzungsregel und Produktinnovation Aus der Preissetzungsregel folgt seine Preis-Reaktionsfunktion als (5) /?i=0,5(/ + ^ + A: + P2)Ganz analog ergibt sich ausgehend von Gleichung (2) fur den Konkurrenten die Reaktionsfunktion / ? 2 = 0 , 5 ( / - ^ + A: + /7i)
bzw. (6) pi=q-k-t-^2p2. Auch wenn nur ein Anbieter innoviert, verandern sich beide Preis-Reaktionsfunktionen. Das hatten wir uns ebenfalls anlasslich der Analyse der Qualitatsfuhrerschaft im vierten Abschnitt des dritten Kapitels schon iiberlegt. Die dortige Abbildung 3.4-3 beschreibt die hier vorliegende Situation. Als Schnittpunkt resultiert ein asymmetrisches Preis-Nashgleichgewicht: (7)
^^
3
und (8)
*
T
Q
P2=k + t - ^ . FUr das Folgende nehmen wir an, dass die Produktinnovation nicht drastisch ist; d. h., es soil gelten q<3t. Damit ist eine Duopollosung garantiert. tJber die Preisdifferenz
176
7. Produktinnovation
P2-P\
=--^
ergeben sich die Mengen (9)
xi=-
+ -^ = —\t + ^
und
(10)
4=L.±^l.(t-l
^ 2 6t Also gilt fiir die Gewinne (11)
*
2t[
3
1
'^-fT-
^1*=:^-
2t ,
sowie
(12)
G^-Lf'-4-
Ein Innovator hatte also (wenn nur er innoviert) sowohl den hoheren Preis als auch die hohere Menge und damit den hoheren Gewinn vor Abzug der F&EKosten. Damit er innoviert, mussen die durch die Innovation geschaffenen „Mehrgewinne" (im Folgenden immer als zusatzlicher Gewinn vor Abzug der F&EKosten zu verstehen) die F&E-Kosten ubertreffen: (13)
/ < ^ +^ . 18/3
Im simultanen Innovationswettbewerb stellt nun Anbieter 2 die gleichen Uberlegungen an und innoviert ebenfalls, wenn Bedingung (13) erfullt ist. Das heiBt: Gilt die Bedingung (13) nicht, so bleibt es bei der Ausgangssituation. Gilt aber die Bedingung (13), so werden im simultanen strategischen Produktinnovationswettbewerb beide Anbieter innovieren. Dies fiihrt dann dazu, dass keiner Mehrgewinne am Giitermarkt macht, aber beide die F&E-Kosten tragen miissen. Die Anbieter schaden sich also mit der Innovation in gewisser Weise selbst. Dies resultiert zumindest, wenn man ein symmetrisches Nashgleichgewicht unterstellt. Bei sequentiellem Innovationswettbewerb sind auch asymmetrische Nashgleichgewichte moglich. Insbesondere kann es so sein, dass der (zeitlich gesehen) erste Anbieter innoviert und der zweite nicht. Eine solche asymmetrische Losung tritt ein, wenn der Gewinn des zweiten Anbieters bei Nicht-Innovation gemaB Gleichung (12) groBer ist als der Gewinn bei Innovation (gegeben dass der erste Anbieter innoviert hat) 0 , 5 / - / bzw. wenn gilt (14) / > ^ - ^ . ^ ^ •" 3 18/ Die Gewinne der Anbieter sinken im simultanen Innovationswettbewerb um 2 / Auf der anderen Seite steigt die Konsumentenrente der Nachfrager um q. Damit steigt die Wohlfahrt insgesamt im Falle von
7.2 Produktinnovationen endogenen AusmaBes
177
(15) /<0,5^. Daran kann man sich nun leicht klarmachen, dass der Produktinnovationswettbewerb nicht unbedingt wohlfahrtsoptimal ausgehen muss. Dazu haben wir in der Abbildung 7.1-3 die Bedingungen (13) und (15) mittels ihrer jeweiligen Gultigkeitsobergrenze abgetragen. Dabei wurde exemplarisch fur die Praferenzspreizung ein Wert von / = 1 unterstellt. Dann ist wegen unserer obigen Annahme einer nicht-drastischen Innovation nur der Bereich ^ < 3 relevant. Die obere Linie steht fiir die Obergrenze der Bedingung (15); unterhalb ware also die Realisierung der Produktinnovation gesamtwirtschaftlich gesehen wunschenswert. Die untere Linie steht fiir die Obergrenze der Bedingung (13); unterhalb wird die Produktinnovation bei simultanem Wettbewerb realisiert. Zwischen diesen beiden Obergrenzen liegt ein Bereich, in dem eine gesamtwirtschaftlich wunschenswerte Produktinnovation von den Anbietem nicht realisiert wird. Hier fallen also Nashgleichgewicht und Wohlfahrtsoptimum auseinander.
0
1
2
3
Abbildung 7. IS Produktinnovation und Wohlfahrt
1.2 Produktinnovationen endogenen Ausmafies Im Folgenden woUen wir an unsere Analyse des Qualitatswettbewerbs mit Qualitat im engeren Sinne im zweiten Abschnitt des sechsten Kapitels ankniipfen. Es geht hier also wie im Vorabschnitt um Outer wie beispielsweise Software, Bticher und Arzneimittel, bei denen die Entwicklungskosten einer hoheren Qualitat in der Kegel hoher sind, die variablen Produktionssttickkosten aber nicht. Die Qualitatsentwicklungskosten sind mit Blick auf die Produktion Fixkosten und zudem im Preiswettbewerb der zweiten Stufe als irreversibel zu betrachten. Wir konnen uns vorstellen, dass in der Ausgangssituation ein homogenes Out vorliegt. Anders als
178
7. Produktinnovation
im sechsten Kapitel werden wir nun berucksichtigen, dass die Qualitatsentscheidung ein Abwagen zwischen den bei besserer Qualitat hoheren Gewinnen (vor Abzug der F&E-Ausgaben) einerseits und den hoheren F&E-Kosten andererseits ist. Wir unterstellen die Gtiltigkeit einer einfachen wurzelfunktionsformigen Beziehung zwischen dem F&E-Aufwand/ und der damit erreichten Qualitat:
(1)
o,=^|2fi.
Es herrschen also per Annahme abnehmende Skalenertrage in der Qualitatsentwicklung: Eine Verdoppelung der F&E-Ausgaben fiihrt zu einer weniger als doppelt so hohen Qualitat. Umgekehrt bedeutet das fur die fiir ein Qualitatsniveau jeweils aufzubringenden F&E-Kosten
(2)
fi=0,5uf.
Diese Qualitatskostenfunktion ist derart normiert, dass fiir die Grenzkosten der Qualitatsentwicklung dVj
gilt. Die Grenzkosten der Qualitatsentwicklung sind jene Kosten, die notig sind, wenn man die Qualitat um eine Qualitatseinheit - beispielsweise um eine Stunde Wirkungsdauer oder Haltbarkeit - steigern will. Diese Grenzkosten steigen also ihrerseits mit der Hohe des erreichten Qualitatsniveaus, und zwar per Normierung mit einem konstanten Wert von eins. In der Realitat ist der Zusammenhang zwischen F&E-Ausgaben und erreichter Qualitatsverbesserung naturlich stochastisch. Solange aber die Wahrscheinlichkeitsverteilung uber den erreichten Qualitatsniveaus unimodal und symmetrisch ist, konnen wir die deterministischen Werte unseres Modells als Erwartungswerte interpretieren. Wir knupfen nun zunachst an den Fall eines Preiswettbewerbs auf dem Absatzmarkt aus dem zweiten Abschnitt des Vorkapitels an. AnschlieBend werden wir diese Ergebnisse mit denen bei Mengenwettbewerb vergleichen. Dieses Vorgehen ist analog zum Vorgehen bei der Analyse qualitatsabhangiger Produktionsgrenzkosten in den beiden letzten Abschnitten des Vorkapitels.
7.2.1 Innovationswettbewerb bei Preiswettbewerb a) Nachfrage- und Gewinnfunktionen Es gelten nun wieder die sich bei endogener Gesamtnachfrage nach dem differenzieren Gut ergebenden Nachfragefunktionen des Abschnitts 6.2. Das bedeutet fur die Variante des Niedrigqualitatsanbieters ^ und
Pl-Pi
P\
02 - Oi
Oi
7.2 Produktinnovationen endogenen Ausmafies
179
V2-VX
fiir die Variante des Hochqualitatsanbieters. Mit A: = 0 und den nun gemaB Gleichung (2) endogenen qualitatsniveauabhangigen Produktionsfixkosten lautet die Gewinnfunktion des Niedrigqualitatsanbieters (3)
G i = / 7 i Pi - P\ V2-VX
P\ Vx)
und jene des Hochqualitatsanbieters (4)
G2 = P2
U2-U1
b) Erste Entscheidungsstufe: Preissetzung Da die Qualitatsentwicklungskosten im Preiswettbewerb fix und irreversibel sind, gelten hinsichtlich der ersten Entscheidungsstufe wieder die Ergebnisse des Abschnitts 6.2: Die gewinnmaximalen Preise in Abhangigkeit von den realisierten Qualitaten lauten n 0^(02-ui)-—^—
Pi =
4^2 - t>i
und Q
P2 = 202(02 - Oi)^ 402 - Vi
Die zugehorigen Nachfragen sind ^1 - ^2
4L>2 -
Oi
fiir den Niedrigqualitatsanbieter und X2 = 2L>2 4L>2 -
t>i
fiir den Hochqualitatsanbieter. In den resultierenden reduzierten Gewinnfiinktionen sind nun allerdings die F&E-Kosten endogen. Es gilt (5)
Gi = Ui02(02 - Oi)\
4U2-L.lJ
und (6)
G2=4u|(u2-ui)f
^°
-0,5i;|.
An diesen reduzierten Gewinnfunktionen kann man sich noch einmal das Wirken des Preiswettbewerbseffekts sowie das Wirken des Mindestqualitatsniveaueffekts klarmachen. Neu hinzu kommt durch die Endogenisierung der F&E-Ausgaben ein
180
7. Produktinnovation
Qualitatsentwicklungskosteneffekt. Es ist klar, dass dieser - ahnlich wie der Qualitatsgrenzkosteneffekt in den Abschnitten 6.3 und 6.4 - beim Niedrigqualitatsanbieter die Wirkung des Preiswettbewerbseffekts verstarkt und beim Hochqualitatsanbieter die Wirkung des Preiswettbewerbseffekts abschwacht.
c) Zweite Entscheidungsstufe: InnovationsausmaB Bin Anbieter wird nun seine Qualitat solange steigern, wie die zusatzlichen F&EKosten, die zur Entwicklung einer weiteren Qualitatseinheit notwendig sind, unter den durch diese zusatzliche Einheit Qualitat induzierten Mehrgewinnen (immer verstanden vor Abzug der F&E-Kosten) liegen (Bedingung erster Ordnung). Oder anders formulieret: Das F&E-Budget wird solange erhoht, bis die Grenzkosten der Qualitatsentwicklung auf die Hohe der „Grenzerlose" der Qualitatserhohung gestiegen sind. Voraussetzung ist naturlich, dass fiir niedrige Qualitatsniveaus die Grenzkosten der Qualitatsentwicklung unter den durch eine zusatzliche Qualitatseinheit verursachten Mehrgewinnen liegen und fur hohe Qualitatsniveaus das Umgekehrte gilt (Bedingung zweiter Ordnung). Dann sorgt der Umstand, dass die Grenzkosten der Qualitatsentwicklung mit dem Qualitatsniveau steigen, fiir die Existenz eines gewinnmaximalen Qualitatsniveaus. Die Bedingung erster Ordnung konnen wir als Qualitatsentwicklungsregel bezeichnen. Sie ist eine spezielle Variante der allgemeinen Innovationsregel „Grenzkosten der Innovation gleich Mehrgewinn aus der Innovation". Formal lautet die Qualitatsentwicklungsregel fiir den Niedrigqualitatsanbieter
(4^2-^l)^ Hier stehen auf der linken Gleichungsseite die Mehrgewinne aus einer zusatzlichen Qualitatseinheit und auf der rechten Gleichungsseite die Grenzkosten der Qualitatsentwicklung. Fiir den Hochqualitatsanbieter gilt entsprechend W
^
^2 •
Die Abbildung 7.2-1 illustriert diese Qualitatsentwicklungsregel (mit Gv,, als den Gewinnen vor Abzug der beziiglich der Produktionsmenge fixen F&E-Kosten). Neu im Vergleich zu den Bedingungen erster Ordnung des Abschnitts 6.2 ist hier lediglich, dass die Qualitatsgrenzkosten auf der jeweils linken Seite nicht gleich null sind. Die Abbildung zeigt deutlich, dass bei Endogenisierung der Qualitatsentwicklungskosten endogene gewinnmaximale Qualitaten fiir beide Anbieter zu erwarten sind - also insbesondere auch fiir den Hochqualitatsanbieter. Dies ist dem Wirken des Qualitatsentwicklungskosteneffekts zuzuschreiben. In den formalen Bedingungen zweiter Ordnung sind nur die auf eins normierten Steigungen der Qualitatsgrenzkosten neu. Beide Bedingungen zweiter Ordnung sind erfiillt.
7.2 Produktinnovationen endogenen AusmaBes
181
Abbildung 7.2-1 Qualitatsentwicklungsregel Anders als im Referenzmodell des Abschnitts 6.2 kann man aus der Qualitatsregel des Niedrigqualitatsanbieters nun keine explizite Reaktionsfunktion ableiten. Das Nashgleichgewicht konnen wir aber trotzdem ermitteln. Dazu losen wir die beiden Qualitatsentwicklungsregeln bzw. impliziten Qualitats-Reaktionsfunktionen (7) und (8) nach
9]: (4t^2-^r auf und setzen dann die jeweils anderen Seiten dieser beiden Gleichungen gleich. Das ergibt mit "1 3
t^2 2
Avi - 7t>iL>2
\6ul
2 2 -12t>iL>2 + 8 ^ 1 U2
den impliziten Schnittpunkt der Reaktionsfunktionen, also das Nashgleichgewicht in impliziter Form. Kehrwertbildung, Division beider Gleichungsseiten durch vi^ und Auflosen nach Null ergibt die im Qualitatsverhaltnis kubische Gleichung -23 ' ^ 2 .
(9)
+ 1 2 ^ - 8 = 0.
Diese hat nur eine reelle positive Losung fiir das Qualitatsverhaltnis: = 5,2512. 1^1
Das Nashgleichgewicht ist also eindeutig. Diese LOsung genutzt in den Bedingungen erster Ordnung des Innovationswettbewerbs fuhrt zu den gewinnmaximalen Qualitatsniveaus L>i* = 0,04826*^
182
7. Produktinnovation
und (;2=0,25336>^. Die zugehorigen F&E-Kosten belaufen sich auf /l* =0,00116^^4 bzw. /2* =0,0321^4
7.2.2 Innovationswettbewerb bei Mengenwettbewerb a) Preis-Absatz- und Gewinnfunktionen Da bei Mengenwettbewerb kurz- und mittelfristige Kapazitatsschranken die Konkurrenz der Anbieter am Gtitermarkt entscharfen, ist nun ein vergleichsweise geringes MaB an Qualitatsdifferenzierung zu erwarten. Dies batten wir uns schon in den Abschnitten 6.3 und 6.4 uberlegt. Dort batten wir allerdings jenen Fall behandelt, in dem mehr Qualitat aus mehr und / oder besseren Inputs resultiert also die Produktionsgrenzkosten einer besseren Qualitat hoher sind. Fiir das Folgende kniipfen wir an die dort schon ermittelten Preis-Absatz-Funktionen der beiden Anbieter an: fur den Niedrigqualitatsanbieter und P2 = ^0^2 - ^1^1 - ^2^2
ftir den Hochqualitatsanbieter. Die Gewinnfunktionen lauten jetzt mit den endogenen Qualitatsentwicklungskosten (und k = 0) (1) bzw.
Gi=(0oUi-
UiA:2 - t>ixi )xi - 0,5ui
(2)
G2 = {PoVi - vxxx - t>2A:2)x2 - 0,5t;2 .
b) Erste Entscheidungsstufe: Mengensetzung Im Mengenwettbewerb spielen die Qualitatsentwicklungskosten wegen ihres Fixkostencharakters keine RoUe. Da die Produktionsgrenzkosten vernachlassigt werden, resultieren sehr einfache Outputregeln. Ftir den Anbieter der niedrigen Qualitat gilt (3)
O^ui - V1X2 - 2t;iXi = 0
und fur den Anbieter der hohen Qualitat gilt (4)
0^02 - OiXi - 2D2X2 = 0 .
Diese Bedingungen erster Ordnung des Mengenwettbewerbs kann man zu expliziten Mengen-Reaktionsfunktionen auflosen. Fur den Niedrigqualitatsanbieter ergibt sich
7.2 Produktinnovationen endogenen AusmaBes
(5)
183
x i = 0,5^0-0,5x2
und die Reaktionsfunktion fllr den Hochqualitatsanbieter (aufgelQst nach x\) lautet (6)
Xi = 0Q
2
X2 •
Das Nashgleichgewicht des Mengenwettbewerbs in Abhangigkeit von den Qualitaten ist damit (7)
^200
X,
4^2 - oi
und (8)
(2o2-ui)0o X2 —
4^2 - Ui
Dies eingesetzt in die Preis-Absatz-Funktionen und das Ergebnis dann mit der entsprechenden Menge multipliziert ergibt die reduzierten Gewinnfunktionen. Diese lauten nun mit den endogenen Qualitatsentwicklungskosten (9)
Gi=^
^2^0
4vo
•Ui
- 0,5vt
und (10)
^f(2v2-u00o
•0,5u|.
c) Zweite Entscheidungsstufe: InnovationsausmaB Aus den reduzierten Gewinnfunktionen des Mengenwettbewerbs folgen die Qualitatsentwicklungsregeln des Innovationswettbewerbs als (11)
0^402+Vl)0^ (4U2-Vi)
fur den Niedrigqualitatsanbieter und (12)
(2^;2 - Oi)(^02 - 2u^U2 + o^^^ _ ^
fiir den Hochqualitatsanbieter. Diese impliziten Reaktionsfunktionen kann man wieder nicht explizit auflosen. Ahnlich zum Vorgehen im Vorabschnitt kann man daraus aber eine Gleichung vierter Ordnung im Qualitatsverhaltnis herleiten, die das Nashgleichgewicht impliziert: (13)
02_
-15
"2
+ 12
U2
^i
Diese hat nur eine relevante L6sung:
• 4 ^ + 1 = 0.
184
7. Produktinnovation
•^
=2,79243.
Dieses Qualitatsverhaltnis im Nashgleichgewicht fiihrt zusammen mit den Qualitatsregeln zu den gewinnmaximalen Qualitaten v\ = 0,0902(9^ und U2=0,2519<9^. Die zugehorigen F&E-Kosten lauten /i*= 0,00407^^4 und /2*=0,03173^^ Der Vergleich mit dem Ergebnis aus dem Vorabschnitt zeigt, dass nun in der Tat bedingt durch die den Wettbewerb entscharfende Wirkung der Kapazitatsschranken - die Differenzierung geringer ausfallt. Der Niedrigqualitatsanbieter wahlt ein viel hoheres F&E-Niveau und erreicht damit eine nachhaltig hohere Qualitat als bei Preiswettbewerb. Der Hochqualitatsanbieter investiert etwas weniger in Forschung und Entwicklung und hat daher eine etwas niedrigere Qualitat als bei Preiswettbewerb.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
185
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Im strategischen Produktinnovationswettbewerb kann es auch zur Realisierung von Innovationen kommen, deren F&E-Kosten den durch sie ermoglichten Mehrgewinn am Gutermarkt iibersteigen. 2. Der strategische Produktinnovationswettbewerb muss nicht zwingend zu einem wohlfahrtsoptimalen Ergebnis fiihren. Es ist moglich, dass eine Produktinnovation von den Anbietern nicht realisiert wird, obwohl dies insgesamt die Wohlfahrt erhohen wtirde. Es ist aber auch moglich, dass eine Produktinnovation von den Anbietern realisiert wird, obwohl dies die Wohlfahrt insgesamt senkt. 3. Eine Erhohung der Qualitat im engeren Sinne erfordert hohere Qualitatsentwicklungskosten. Die Berticksichtigung dieser gleichgerichteten Beziehung zwischen Qualitatsniveau und F&E-Kosten schlagt sich im Gewinnmaximierungskalkul in einem Qualitatsentwicklungskosteneffekt nieder. Die Existenz dieses Qualitatsentwicklungskosteneffekts fuhrt im Vergleich zum Ergebnis ohne endogene F&E-Kosten (und ohne qualitatsabhangige Produktionsgrenzkosten) zu einer okonomisch endogen erklarten Hochqualitat. 4. Existieren Qualitatsentwicklungskosten, so liegt das gewinnmaximale Qualitatsniveau dort, wo die Entwicklungskosten einer zusatzlichen Qualitatseinheit den durch diese zusatzliche Qualitatseinheit induzierten Mehrgewinnen entsprechen. Voraussetzung ist, dass diese Entwicklungskosten bei niedrigeren Qualitatsniveaus geringer und bei hoheren Qualitatsniveaus hoher sind als der jeweils damit bewirkte Mehrgewinn. Diese Qualitatsentwicklungsregel ist eine spezielle Variante der Innovationsregel. 5. Ganz analog zu den Verhaltnissen bei qualitatsabhangigen Produktionsgrenzkosten gilt auch bei Existenz von Qualitatsentwicklungskosten: Bei Mengenwettbewerb ist der Druck zur Entscharfung der Wettbewerbsintensitat durch Qualitatsdifferenzierung wegen der relativen Inflexibilitat der Kapazitaten geringer als bei Preiswettbewerb, so dass die gewinnmaximalen Qualitaten bei Mengenwettbewerb naher beieinander liegen.
186
7. Produktinnovation
Grundlegende Literatur Unser einfiihrendes Modell mit einer Produktinnovation gegebenen AusmaBes im Kontext des Hotelling-Modells ist aus der Abwandlung eines Modells von Tirole zum Adoptionswettbewerb entstanden; siehe Tirole (1988), S. 403f und S. 417f. Das Modell mit endogenem InnovationsausmaB stammt wieder - wie schon die Modelle mit qualitatsabhangigen Produktionsgrenzkosten im sechsten Kapitel aus Motta (1993): Siehe S. 115ff fur die Version mit Preiswettbewerb und S. 118ff flir die Version mit Mengenwettbewerb. Der Leser sei insbesondere hinsichtlich der Herleitung der beiden zentralen Losungsgleichungen dritten bzw. vierten Grades in den Qualitatsverhaltnissen auf die dortigen Ausfuhrungen verwiesen. AuBerdem sei hier nicht verschwiegen, dass die Gewinnmaximierungsbedingungen zweiter Ordnung zum Nachweis der Stabilitat des Qualitats-Nashgleichgewichts nicht hinreichen. Vielmehr muss man dafur auch beweisen, dass beispielsweise fiir den Niedrigqualitatsanbieter ein „Uberspringen" („leapfrogging") der Hochqualitatsvariante nicht lohnt. Dies ist ein globales Stabilitatskriterium, welches neben das lokale Kriterium nicht lohnender geringer Abweichungen vom gewinnmaximalen Wert tritt. Letzteres ist mit den Bedingungen zweiter Ordnung abgedeckt. Der globale Stabilitatsbeweis fmdet sich im Anhang der genannten Arbeit von Motta.
8. Patentrennen
8.1 Marktstruktur und Innovationsanreiz 8.1.1 Innovationsanreiz bei homogenem Preiswettbewerb 8.1.2 Innovationsanreiz bei homogenem Mengenwettbewerb a) Fall A: Kein anderer Anbieter wurde innovieren b) Fall GN: Ein anderer Anbieter wtirde innovieren c) Fazit zum Vergleich der Innovationsanreize 8.1.3 Innovationsanreiz eines Etablierten und seines Herausforderers a) Fall A: Der Herausforderer wtirde nicht innovieren b) Fall GN: Der Herausforderer wurde innovieren c) Fazit zum Vergleich der Innovationsanreize 8.2 Symmetrische Patentrennen 8.2.1 Patentrennen bei homogenem Preiswettbewerb a) Marktstruktur und Innovationsprozess b) Der Barwert der erwarteten Gewinne c) F&E-Ausgaben als strategische Komplemente d) Nashgleichgewicht 8.2.2 Patentrennen bei homogenem Mengenwettbewerb
8.3 Asymmetrische Patentrennen 8.3.1 Marktstruktur und erwartete Gewinne 8.3.2 Gewinnmaximierung 8.3.3 Nashgleichgewicht
8.4 Exkurs zum Patentschutz 8.4.1 Patentdauer und gewinnmaximales InnovationsausmaU a) Marktstruktur und Innovationsprozess b) Gewinnmaximierung 8.4.2 Wohlfahrtsoptimale Patentdauer a) Der Einfluss der Patentdauer auf die Wohlfahrt b) Wohlfahrtsoptimale Patentdauer 8.4.3 Patentlizenzierung
Uberblick In diesem und dem folgenden Kapitel wollen wir uns mit dem strategischen Wettbewerb bei Prozessinnovationen - also bei Senkungen der Grenzkosten - beschaftigen. Analog zum Vorgehen im Falle der Produktinnovation werden wir im vorliegenden Kapitel zunachst den Fall einer Prozessinnovation gegebenen AusmaBes behandeln. Im neunten Kapitel wird dann das AusmaB der Grenzkostensenkung als Abhangige der Forschungs- und Entwicklungsausgaben endogenisiert. Dabei wollen wir beispielhaft fiir den Fall eines exogen gegebenen InnovationsausmaBes so genannte Patentrennen betrachten. Bei einem Patentrennen investieren die Konkurrenten in Forschung und Entwicklung und erkaufen sich damit jeweils eine bestimmte Wahrscheinlichkeit, in der aktuellen Periode eine Prozessinnovation gegebenen Umfangs zu realisieren. Wenn dies einem Unternehmen gelingt, hat es einen ewig gultigen Patentschutz auf diese Innovation. Alle seine Konkurrenten dagegen haben gar nichts auBer der Gewissheit, dass ihre gesamten F&E-Ausgaben der Vergangenheit umsonst waren. Entscheidungstheoretisch handelt es sich bei einem Patentrennen also um ein Der-Gewinner-bekommt-Alles-Spiel. Beispiele fmden sich im Bereich patentrechtlich schiitzbarer technischer, chemischer und biologischer Produktionstechniken. In statischer Sicht ist ein Patentrennen ein Lottospiel um einen einzigen und in seiner Hohe vorher feststehenden Preis, bei dem jeder Einzelne seine Gewinnchance durch den Kauf zusatzlicher Lose erhohen kann. Die Ausgaben fiir die Lose sind dabei die F&E-Aufwendungen, der Preis ist der bei Erfolg realisierte Mehrgewinn (vor Abzug der F&E-Kosten). Dieser Mehrgewinn wird im Folgenden auch als Innovationsanreiz bezeichnet. Er hangt in seiner Hohe von der Marktstruktur ab. Im einfuhrenden ersten Abschnitt wollen wir zunachst nur diesen Zusammenhang zwischen Innovationsanreiz und Marktstruktur analysieren. Im zentralen zweiten Abschnitt zu den symmetrischen Patentrennen geht es dann um die gewinnmaximale Entscheidung uber die Hohe der F&E-Ausgaben im Wettbewerb. Der Folgeabschnitt betrachtet erganzend den asymmetrischen Fall am Beispiel der Konkurrenz eines etablierten Monopolisten, welcher von einem potentiellen Konkurrenten - dem Herausforderer - bedrangt wird, der uber die Prozessinnovation in den Markt eintreten konnte. Das Kapitel schlieftt mit einem Exkurs zum Patentschutz. Der Patentschutz ist ein zentraler Bestandteil einer ganzen Reihe von eigentumsrechtlichen Regelungen zur Innovation, die von den Unternehmen als Rahmenbedingungen des strategischen Wettbewerbs - neben den Wettbewerbsregeln des zweiten Kapitels - zu beachten sind. Daher soil hier abschlieftend auf die okonomische Begriindung eines Patentschutzes eingegangen werden.
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8. Patentrennen
8.1 Marktstruktur und Innovationsanreiz Mit diesem einfuhrenden Abschnitt knupfen wir an unsere Ausfiihrungen des Abschnitts 1.3.3 zur Kostenfuhrerschaft an. Schon dort hatten wir den Innovationsanreiz - verstanden als Mehrgewinn vor Abzug der F&E-Kosten - fiir den Fall des symmetrischen homogenen Preiswettbewerbs und flir den Fall des symmetrischen homogenen Mengenwettbewerbs betrachtet, allerdings unter etwas anderem Aspekt. Diese Analyse woUen wir hier zunachst noch einmal aufgreifen. Dabei interessiert jetzt u. a. auch die Abhangigkeit des innovationsbedingten Mehrgewinns vom Innovationsverhalten der Konkurrenten bei eigener Nicht-Innovation: Werden sie dann auch nicht innovieren oder werden sie dann ihrerseits die Innovation durchftihren? AuBerdem werden wir nun auch den asymmetrischen Fall eines etablierten Monopolisten mit potentieller Konkurrenz behandeln.
8.1.1 Innovationsanreiz bei homogenem Preiswettbewerb Betrachtet wird ein Markt fiir ein homogenes Gut, auf dem N Untemehmen im Preiswettbewerb stehen. In der Ausgangssituation haben alle Anbieter die gleichen mengenunabhangigen Grenzkosten k, so dass im Nashgleichgewicht alle einen Preis in H5he dieser Grenzkosten setzen, ein N-td des Marktes bedienen und keine Gewinne (vor Abzug der Produktionsfixkosten) machen. Nun habe ein Anbieter die Moglichkeit, durch F&E-Ausgaben bestimmter Hohe eine die Grenzkosten senkende Innovation zu realisieren, die anschlieUend durch Patentgewahrung vor Nachahmung geschutzt ist. Wie im ersten Kapitel mussen wir zwei Falle unterscheiden: den Fall der drastischen Prozessinnovation und den Fall der nichtdrastischen Prozessinnovation.
Abbildung 8.1-1 Innovationsanreiz bei drastischer Innovation
8.1 Marktstruktur und Innovationsanreiz
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Die Abbildung 8.1-1 illustriert den Fall einer drastischen Prozessinnovation. Hier ist die Grenzkostensenkung so stark, dass der Innovator den Preis eines geschlitzten Monopolisten verlangen kann, ohne damit uber die Grenzkosten der (Ex-) Konkurrenten zu geraten. Anders als in der korrespondierenden Abbildung 1.3-3 haben wir den entstehenden Gewinn (vor Abzug der F&E-Kosten) Gy,/ hier nicht als Differenz von Erl5sen und Kosten, sondem als Summe der Grenzgewinne also als Flache zwischen Grenzerlos- und Grenzkostenfunktion - dargestellt. Diese Darstellungsweise wird uns den spater folgenden Vergleich mit dem Fall einer monopolistischen Ausgangssituation erleichtern. Im Fall der drastischen Prozessinnovation sinkt der Preis und steigen Gesamtmenge und Konsumentenrente. Im Falle einer nicht-drastischen Prozessinnovation lage der Monopolpreis iiber den alten Grenzkosten. Dies ist in der Abbildung 8.1-2 zur nicht-drastischen Prozessinnovation gepunktet angedeutet. Daher muss der Innovator die Konkurrenten uber limit pricing verdrangen. Die Gesamtmenge und der Preis bleiben hier (fast) unverSndert im Vergleich zur Ausgangssituation.
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Abbildung 8.1-2 Innovationsanreiz bei nicht-drastischer Innovation Angesichts der gewinnlosen Ausgangssituation im homogenen Preiswettbewerb sind die in den beiden Abbildungen eingezeichneten Gewinne des Innovators vor Abzug der F&E-Ausgaben Gy,/ zugleich die innovationsbedingten Mehrgewinne AGv/. Im Allgemeinen hangt die Hohe dieser Mehrgewinne davon ab, im Vergleich zu welcher Referenzsituation der Mehrgewinn durch Innovation berechnet wird. Dabei muss man zwei Arten von Vergleichen unterscheiden: - Im Fall A (mit „A" ftir „Arrow", der als erster diesen Fall rigoros analysierte) geht der betrachtete Anbieter davon aus, dass bei eigener Nicht-Innovation auch kein anderer Anbieter innoviert - dann also alles bleibt, wie es in der Ausgangssi-
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8. Patentrennen
tuation war. Hier berechnet sich der innovationsbedingte Mehrgewinn als Differenz aus dem Gewinn bei eigener Innovation und dem Gewinn in der Ausgangssituation. - Im Fall GN (mit „GN" fiir „Gilbert" und „Newbery", die diesen Fall analysierten) geht der betrachtete Anbieter davon aus, dass bei eigener Nicht-Innovation mit Sicherheit ein anderer Anbieter innovieren wird. Dann berechnet sich der innovationsbedingte Mehrgewinn als Differenz aus dem Gewinn bei eigener Innovation und dem Gewinn bei Konkurrenteninnovation. Da die innovationsbedingten Mehrgewinne dem Anbieter zeigen, wie hoch die notwendigen F&E-Ausgaben maximal sein durfen, ist es im AUgemeinen fur sein eigenes Innovationsverhalten offensichtlich von groBer Bedeutung, wie er das Innovationsverhalten der Konkurrenz einschatzt. Bei homogenem Preiswettbewerb liegt die sehr spezielle Situation vor, dass sowohl der Ausgangsgewinn als auch der eigene Gewinn bei Konkurrenteninnovation (statt eigener Innovation) gleich null ist. Damit ist hier - aber nur hier - der Mehrgewinn bei eigener Innovation von der gewahlten Referenz unabhangig.
8.1.2 Innovationsanreiz bei homogenem Mengenwettbewerb Im Unterschied zum homogenen Preiswettbewerb liegen nun in der (wieder als symmetrisch unterstellten) Ausgangssituation Gewinne vor und fuhren Grenzkostendifferenzen nur im Falle einer drastischen Innovation zu einer Monopolsituation. Bei einer nicht-drastischen Innovation resultiert dagegen ein asymmetrisches Oligopol. Mit der Abbildung 1.3-5 hatten wir illustriert, wie im nicht-drastischen Fall der Marktanteil eines Innovators auf Kosten der anderen Anbieter wachst. Anders als bei homogenem Preiswettbewerb ist nun der Innovationsanreiz im AFall ein anderer als im GN-Fall.
a) Fall A: Kein anderer Anbieter wurde innovieren Wir wollen zunachst auf den Fall A schauen, in dem bei einem Unterlassen der Innovation durch den betrachteten Anbieter auch keiner seiner Konkurrenten innovieren wtirde. Dann entspricht der Referenzgewinn zum Gewinn bei eigener Innovation dem Gewinn in der Ausgangssituation und der Innovationsanreiz errechnet sich als Differenz von Gewinn bei eigener Innovation und Gewinn in der Ausgangssituation. Bei der Analyse mtissen wir wieder die beiden Falle einer drastischen Prozessinnovation (A-D) und einer nicht-drastischen Prozessinnovation (A-ND) unterscheiden: - Fall A-D: Hier kann der Innovator den Preis eines unbedrangten Monopolisten setzen, und es resultiert nach Innovation derselbe Monopolgewinn wie bei homogenem Preiswettbewerb in der Ausgangssituation. Allerdings hat der Innovator bei Mengenwettbewerb schon in der Ausgangssituation einen positiven Gewinn. Der innovationsbedingte Mehrgewinn und damit der Innovationsanreiz sind nun also
8.1 Marktstruktur und Innovationsanreiz
193
geringer als bei Preiswettbewerb. In diesem Fall A-D gibt es daher einen Wertebereich der F&E-Ausgaben, in dem sich die Innovation unter homogenem Preiswettbewerb noch rechnet, unter homogenem Mengenwettbewerb aber schon nicht mehr. - Fall A-ND: 1st die Grenzkostensenkung nicht-drastisch, so lasst sich keine pauschal giiltige Aussage hinsichtlich des Verhaltnisses der Innovationsanreize unter Preis- und unter Mengenwettbewerb treffen. Einerseits wtirde auch in diesem Fall das Vorliegen eines Gewinns in der Ausgangssituation bei Mengenwettbewerb fiir sich allein genommen dazu ftihren, dass der Innovationsanreiz im Preiswettbewerb hoher ware. Jetzt ist aber - anders als bei drastischer Innovation - der Innovatorgewinn bei Preis- und bei Mengenwettbewerb nicht derselbe. Dabei kann der Gewinn aus dem Limit-Pricing-Monopol des Preiswettbewerbs geringer ausfallen als der Oligopolgewinn des Kostenfuhrers im Mengenwettbewerb.
b) Fall GN: Ein anderer Anbieter wurde innovieren Wir wollen nun auf den Fall GN schauen, in dem bei einem Unterlassen der Innovation durch den betrachteten Anbieter ein Konkurrent innovieren wiirde. Dann entspricht der Referenzgewinn zum Gewinn bei eigener Innovation dem Gewinn bei Konkurrenteninnovation. - Fall GN-D: Ist die Prozessinnovation drastisch, so entspricht der Gewinn bei eigener Innovation sowohl im Preis- wie auch im Mengenwettbewerb dem Gewinn eines geschiitzten Monopolisten. Innoviert dagegen ein Konkurrent, so ist man unabhangig von der Art des Wettbewerbs aus dem Markt. Folglich ist jetzt der Innovationsanreiz bei drastischer Innovation anders als im Fall A-D unabhangig von der Frage, ob Preis- oder Mengenwettbewerb vorliegt. - Fall GN-ND: Ist die Prozessinnovation nicht-drastisch, so entspricht der Innovationsanreiz bei Mengenwettbewerb der Differenz zwischen dem Kostenfiihrergewinn und dem Gewinn eines Anbieters mit Grenzkostennachteil. Damit ist klar, dass der Innovationsanreiz nun groBer ist als im entsprechenden A-Fall bei Mengenwettbewerb. Hinsichtlich des Vergleichs des Innovationsanreizes bei Preiswettbewerb mit jenem bei Mengenwettbewerb lasst sich wieder keine generell giiltige Aussage treffen. Der Innovationsanreiz bei Mengenwettbewerb wird einerseits durch den positiven Oligopolgewinn auch im Falle der Konkurrenteninnovation geschwacht. Andererseits kann der Kostenfiihrergewinn im Mengenwettbewerb tiber dem Gewinn aus limit pricing bei Preiswettbewerb liegen.
c) Fazit zum Vergleich der Innovationsanreize Die obigen Vergleiche der Innovationsanreize bei homogenem Preiswettbewerb mit jenen bei homogenem Mengenwettbewerb basieren auf der Annahme, dass im
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8. Patentrennen
Falle der eigenen Nicht-Innovation der Konkurrent entweder mit Sicherheit auch nicht innovieren wird (A-Falle; Innovationsanreiz als Differenz von Innovatorgewinn und Ausgangsgewinn) oder mit Sicherheit innovieren wird (GN-Falle; Innovationsanreiz als Differenz von Innovatorgewinn und Gewinn bei Konkurrenteninnovation). Tatsachlich ist meist beides moglich, d. h., das Konkurrentenverhalten ist im Regelfall unsicher. Ein risikoneutraler potentieller Innovator wird sich dann seinen Innovationsanreiz als Erwartungswert berechnen, in den beide Falle gewichtet mit ihren Eintrittswahrscheinlichkeiten eingehen. Will man also ein realistisches Fazit zum Vergleich der Innovationsanreize bei Preis- und bei Mengenwettbewerb ziehen, so muss man stets A- und GN-Fall zusammen sehen. Mit strikt positiven Eintrittswahrscheinlichkeiten beider Falle ergibt sich je nach AusmaB der Prozessinnovation folgendes Bild: - Drastische Innovation: Im A-Fall ist hier der Innovationsanreiz im Preiswettbewerb hoher (wegen des Ausgangsgewinns bei Mengenwettbewerb), im GN-Fall hat die Art des Wettbewerbs keinen Einfluss auf die Hohe des Innovationsanreizes. Zusammengenommen ist also der erwartete innovationsbedingte Mehrgewinn bei Preiswettbewerb hoher. - Nicht-drastische Innovation: Hier waren weder bei Preis- noch bei Mengenwettbewerb generelle Aussagen uber das Verhaltnis der Innovationsanreize moglich; dies gilt dann naturlich auch zusammengenommen. Der Referenzgewinn (also der Gewinn in der Ausgangssituation bzw. der Gewinn bei Konkurrenteninnovation) ist im Mengenwettbewerb stets hoher als im Preiswettbewerb, aber der Innovatorgewinn kann ebenfalls bei Mengenwettbewerb groBer sein als bei Preiswettbewerb.
8.1.3 Innovationsanreiz eines Etablierten und seines Herausforderers Anders als in den beiden Vorabschnitten wollen wir nun auf die Innovationsanreize bei einer einfachen asymmetrischen Ausgangssituation schauen: Betrachtet wird ein Markt flir ein homogenes Gut, auf dem in der Ausgangsituation nur ein Untemehmen - der Etablierte - tatsachlich anbietet. Dieser Monopolist steht allerdings in dem Sinne unter potentieller Konkurrenz, dass ein weiteres Untemehmen unter Umstanden iiber eine Prozessinnovation in den Markt eintreten kann. Dieser Herausforderer verfugt also nicht uber die alte Technik mit den hohen Grenzkosten zur Produktion des betrachteten Gutes, konnte aber die neue Technik entwickeln und damit in den Markt eintreten. Ist letzteres der Fall und ist die Innovation zudem nicht-drastisch, so wollen wir annehmen, dass Preiswettbewerb herrscht. Es wUrde in diesem Fall also zu einer Limit-Pricing-Losung kommen. Mit Blick auf die Innovationsanreize des Herausforderers gilt dasselbe wie fur jene eines Anbieters im symmetrischen homogenen Preiswettbewerb. Insbesondere gibt es keinen Unterschied zwischen A- und GN-Fallen, da der Herausforderer sowohl in der Ausgangssituation (Referenz im A-Fall: der Etablierte wtirde auch
8.1 Marktstruktur und Innovationsanreiz
195
nicht innovieren) als auch bei Innovation des Etablierten (Referenz im GN-Fall: der Etablierte wurde innovieren, wenn man es nicht selber tut) keine Gewinne macht. Ganz wie bei einem Anbieter im symmetrischen homogenen Preiswettbewerb gilt, dass der Herausforderer bei drastischer Innovation einen Innovationsanreiz in Hohe des iiblichen Monopolgewinns hat. Bei nicht-drastischer Innovation entspricht der Innovationsanreiz dagegen nur dem Gewinn bei limit pricing, denn er muss den alten Monopolisten mit dem limit price verdrangen. Naher zu analysieren bleiben also nur die Innovationsanreize des Etablierten. Wir betrachten zunachst den A-Fall: Wenn der Etablierte nicht innoviert, wird auch der Herausforderer nicht innovieren. Dies entspricht fiir den Etablierten einer Situation, in der gar kein Herausforderer da ist. Die Existenz des Herausforderers kommt fiir das Kalkiil des Etablierten nur in den GN-Fallen zum Tragen: Wenn der Etablierte nicht innoviert, wird der Herausforderer innovieren. Uns interessieren vor allem die Innovationsanreize der beiden Untemehmen im Vergleich. Hat ein Etablierter den hoheren Anreiz, eine Prozessinnovation durchzufuhren, oder ein Herausforderer des Etablierten?
a) Fall A: Der Herausforderer wurde nicht innovieren Ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zu den Innovationsanreizen eines Anbieters im symmetrischen Preiswettbewerb bzw. im Vergleich zu jenen seines Herausforderers ergibt sich fur den Etablierten sowohl im Falle einer drastischen Innovation als auch im Falle einer nicht-drastischen Innovation aus dem Vorliegen eines Monopolgewinns in der Ausgangssituation. - Fall A-D: Die Abbildung 8.1-3 illustriert den Innovationsanreiz des Etablierten fur den Fall einer drastischen Prozessinnovation unter der Annahme, dass der Herausforderer nicht innovieren wiirde. Der Gewinn vor Innovation entspricht der Flache zwischen der Grenzerlosfunktion und den alten Grenzkosten, der Gewinn nach Innovation entspricht der Flache zwischen der Grenzerlosfunktion und den neuen Grenzkosten. Dementsprechend resultiert aus der Innovation der in der Abbildung schattiert dargestellte Mehrgewinn. Vergleicht man diesen Innovationsanreiz des Etablierten mit jenem des Herausforderers bzw. eines Anbieters im symmetrischen Preiswettbewerb (siehe Abbildung 8.1-1), so ist er offensichtlich um den Ausgangsgewinn geringer. Der Herausforderer wiirde daher eine Innovation auch noch zu F&E-Kosten realisieren, bei denen sich das fiir den Etablierten schon nicht mehr rechnet. Das kann man auch so formulieren: Der etablierte Monopolist ersetzt sich durch eine Innovation nur selber, ein Herausforderer aber wiirde durch die Innovation erst zum Monopolisten werden. Dieser den Innovationsanreiz eines Etablierten schwachende Umstand wird als Ersetzungseffekt bezeichnet.
196
8. Patentrennen
P*a; p''(k)
Abbildung 8.1-3 Innovationsanreiz des Etablierten: drastische Innovation - Fall A-ND: Die Abbildung 8.1-4 illustriert den Innovationsanreiz des Etablierten fiir den Fall einer nicht-drastischen Prozessinnovation unter der Annahme, dass der Herausforderer nicht innovieren wtirde.
Abbildung 8.1-4 Innovationsanreiz des Etablierten: nicht-drastische Innovation Im Vergleich zum Innovationsanreiz des Herausforderers gibt es hier zwei gegenlaufige Unterschiede. Auf der einen Seite wirkt wieder der oben beschriebene Ersetzungseffekt: Der Etablierte hat einen Ausgangsgewinn, der Herausforderer nicht. Dies spricht fur sich alleine gesehen wieder fur einen hoheren Innovationsanreiz des Herausforderers. Bei einer nicht-drastischen Innovation ist nun aller-
8.1 Marktstruktur und Innovationsanreiz
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dings auch der Gewinn nach eigener Innovation beim Etablierten hoher als beim Herausforderer. Denn der Etablierte verlangert durch eine Innovation seine unbedrangte Monopolstellung und macht den ublichen Monopolgewinn, wahrend der Herausforderer bei nicht-drastischer Innovation den alten Etablierten tiber limit pricing verdrangen muss und daher nur den geringeren Limit-Pricing-Gewinn realisieren kann. Dieser dem Ersetzungseffekt entgegengesetzte Effekt spricht fiir sich alleine gesehen fur einen hoheren Innovationsanreiz des Etablierten. Wir bezeichnen ihn als Persistenz-des-Monopols-Effekt. Wie nun die Abbildung 8.1-4 im Vergleich mit der Abbildung 8.1-2 (die auch fiir den Herausforderer gilt) zeigt, dominiert im Fall A-ND eindeutig und immer der Ersetzungseffekt. Der Herausforderer hat also wiederum - wie im Falle A-D - den hoheren Innovationsanreiz.
b) Fall GN: Der Herausforderer wurde innovieren Der Etablierte muss nun beriicksichtigen, dass es einen Herausforderer gibt, der falls er ihm nicht zuvorkommt - innovieren und ihn aus dem Markt werfen wird. - Fall GN-D: Bei drastischer Innovation macht der Etablierte bei eigener Innovation den iiblichen Monopolgewinn; andernfalls wird er verdrangt und hat nichts mehr. Damit steht er genauso da wie der Herausforderer. Fur beide entspricht der Monopolgewinn dem Innovationsanreiz. - Fall GN-ND: Hier gilt fiir den Etablierten dasselbe wie im Fall einer drastischen Innovation. Der Herausforderer aber kann bei Innovation nur durch limit pricing zum Monopolisten werden. Hier wirkt also der im Falle A-ND beschriebene Persistenz-des-Monopols-Effekt. Jetzt steht ihm aber kein gegenlaufiger Ersetzungseffekt entgegen. Damit hat der Etablierte eindeutig den hoheren Innovationsanreiz.
c) Fazit zum Vergleich der Innovationsanreize Da in der Realitat beide Fallgruppen im Regelfall strikt positive Eintrittswahrscheinlichkeiten haben werden, ergibt sich in der Zusammenschau das Folgende: - Drastische Innovation: Hier haben Etablierter und Herausforderer im GN-Fall gleich hohe Innovationsanreize, im A-Fall aber ist jener des Herausforderers wegen des Ersetzungseffekts (also wegen des Ausgangsgewinns des Etablierten) eindeutig hoher. Damit ist wegen des Ersetzungseffekts der Innovationsanreiz des Herausforderers hoher. - Nicht-drastische Innovation: Hier dominiert im A-Fall der Ersetzungseffekt den Persistenz-des-Monopols-Effekt, wahrend im GN-Fall nur der letztgenannte wirkt. Damit kommt es bei gegebener GroBe dieser beiden Effekte stets auf die Gewichtungen (Wahrscheinlichkeiten) der Falle bei der Bildung des Erwartungswertes an.
198
8. Patentrennen
8.2 Symmetrische Patentrennen In diesem Abschnitt woUen wir die Kostenseite des Innovationsprozesses endogenisieren und damit eine gewinnmaximierende Entscheidungsregel uber die Hohe der F&E-Ausgaben im strategischen Innovationswettbewerb ableiten. Auf der Ertragsseite des Innovationsprozesses stehen die im Vorabschnitt hergeleiteten Gewinndifferenzen (Mehrgewinne, Innovationsanreize). Diese sind bei gegebener Marktstruktur und gegebener Art der Innovation (drastisch oder nicht) der ausgesetzte Preis fur den Gewinner des Rennens um das Patent auf diese Innovation. Fur jeden Anbieter besteht eine gleichgerichtete Beziehung zwischen der Hohe seiner F&E-Ausgaben und der Wahrscheinlichkeit, dass er das Rennen um das Patent gewinnt. Anders herum sinkt diese Wahrscheinlichkeit mit der Hohe der F&E-Ausgaben der Konkurrenten. Damit hat der strategische Innovationswettbewerb einen im doppelten Sinne stochastischen Charakter: Zum einen infolge der so genannten technologischen Unsicherheit des Innovationsprozesses an sich, durch welche die Beziehung zwischen den eigenen F&E-Aufwendungen und deren Erfolg stochastisch wird. Zum anderen infolge der Unsicherheit tiber die eventuellen Innovationserfolge der Konkurrenten, die einen Teil der so genannten Marktunsicherheit darstellt. Anknupfend an die entsprechenden Unterabschnitte des Vorabschnitts werden wir zunachst symmetrische Patentrennen bei homogenem Preiswettbewerb und anschliefiend bei homogenem Mengenwettbewerb betrachten.
8.2.1 Patentrennen bei homogenem Preiswettbewerb a) Marktstruktur und Innovationsprozess In der Ausgangssituation produzieren A^ identische Anbieter mit konstanten und gleichen Grenzkosten ein homogenes Gut und stehen miteinander im Preiswettbewerb. Alle versuchen, mittels Ausgaben fur Forschung und Entwicklung/ eine patentierbare Technologic mit niedrigeren (und wieder mengenunabhangigen) Grenzkosten zu entwickeln. Wem dies als erstes gelingt, der kommt in den Besitz eines Patents mit unbeschrankter Laufzeit; alle anderen bekommen nichts. Je hoher die momentanen F&E-Ausgaben f^t) sind, um so hoher ist die Wahrscheinlichkeit W/, dass der /-te Anbieter momentan (also: zum Zeitpunkt i) innoviert. Eine^/ -Erhohung fiihrt allerdings nur zu einer unterproportionalen Erhohung der Innovationswahrscheinlichkeit. Es herrschen sozusagen abnehmende Grenzertrage in der Innovationswahrscheinlichkeitsproduktion: (1) >v,=w,(/,(0) mit
und
8.2 Symmetrische Patentrennen
199
Ohne F&E-Ausgaben gebe es keine Chance auf das Patent: (2) w,(0) = 0. Der Grenzertrag der F&E-Ausgaben gemessen in zusatzlicher Innovationswahrscheinlichkeit sei zunachst hoch, falle dann zunehmend ab und gehe schlieBlich fur sehr hohe F&E-Niveaus gegen null: (3)
^ ( 0 ) = +^'
(4)
^ ( - ) = 0.
Im Allgemeinen ist Forschung und Entwicklung ein (Human- und Sach-) Kapitalbildungsprozess, denn mit zunehmendem uber die Zeit kumuliertem Ausgabenvolumen steigen insbesondere Wissen und Erfahrung. Dadurch hangt im Regelfall die momentane Innovationswahrscheinlichkeit nicht nur von den momentanen F&E-Ausgaben ab, sondern auch von den kumulierten F&E-Ausgaben der Vergangenheit. Diesen Aspekt wollen wir aber im Weiteren auBen vor lassen. Unter dieser das Folgende ganz nachhaltig vereinfachenden Annahme ist die F&EAusgabenentscheidung zu jedem Zeitpunkt vor der Innovation dieselbe. Es gilt also fi(t) = fi^
b) Der Barwert der erwarteten Gewinne Vorausgesetzt, dass bis zum Zeitpunkt t nicht innoviert wurde, lautet der momentane Erwartungswert des Gewinns fiir den /-ten Anbieter (5) yViifi)Gi-fi. Hier steht Gj fiir den Barwert seiner Gewinne am Gutermarkt vor Abzug der F&EKosten, wenn er zum Zeitpunkt t innoviert und damit das Patent bekommt. Dies ist sozusagen der ausgesetzte „Preis" des Patentrennens. Da stets auf Unendlich abgezinst wird, ergibt sich dieser Barwert als das l//-fache des momentanen Gewinns mit / als Zinssatz (bitte nicht mit dem Index fiir den /-ten Anbieter verwechseln). G/ ist damit eine von t unabhangige feste GroBe. Wenn wir die in der statischen Analyse des Vorabschnitts betrachteten Gewinne rtickblickend als momentane Gewinne (immer vor/-Abzug) verstehen, gilt W = — •
Zur Entlastung der Notation verzichten wir in den symmetrischen Modellvarianten bei G/ auf den Anbieterindex. Wir gehen davon aus, dass den Anbietern a priori klar ist, ob es sich bei der neuen patentierbaren Technologic um eine drastische Oder eine nicht-drastische Verbesserung handelt - also ob G/ dem Barwert des
200
8. Patentrennen
iiblichen Monopolgewinns (abgezinst auf den Zeitpunkt t) entspricht oder dem Barwert des Gewinns aus limit pricing. Da der Anbieter nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innoviert, zahlt bei hier unterstellter Risikoneutralitat in seinem Kalkiil nur der Erwartungswert dieses Gewinns als Produkt von Gewinn und Gewinnwahrscheinlichkeit (im Weiteren etwas salopp als der „erwartete Gewinn" bezeichnet). Im homogenen Preiswettbewerb entspricht der erwartete Gewinn zugleich dem erwarteten Mehrgewinn (Innovationsanreiz) und kann daher als „Innovationserl6s" betrachtet werden. Diesem stehen die momentanen F&EAusgaben als „Innovationskosten" gegenuber. Gelingt dem Anbieter die Innovation in t (wieder) nicht, so hat er mit Blick auf Forschung und Entwicklung (wieder) nur Ausgaben - denn der Gewinn mit der alten Technologic ist im homogenen Preiswettbewerb gleich null. Gelingt einem anderen die Innovation, so hat er ab dann auch keine erwarteten Gewinne, aber auch keine F&E-Ausgaben mehr. Der erwartete Gewinn gemafi Gleichung (5) kommt natUrlich nur unter der Bedingung zum Tragen, dass zuvor keiner innoviert hat. Angesichts in der Zeit konstanten Innovationswahrscheinlichkeiten folgt der Innovationsprozess einer so genannten Poisson-Verteilung. Bei Giiltigkeit dieser Verteilung lautet die Wahrscheinlichkeit dafur, dass bis zum Zeitpunkt t kein Anbieter innoviert hat, e '=1
Die Abbildung 8.2-1 gibt ein Beispiel fiir den zeitlichen Verlauf dieser Wahrscheinlichkeit. Anfangs fallt sie relativ schnell, langfristig nahert sie sich asymptotisch der Nulllinie.
Abbildung 8.2-1 Wahrscheinlichkeit der (Noch-) Nicht-Innovation
8.2 Symmetrische Patentrennen
201
AuBerdem ist im zeitkontinuierlichen Prozess die Wahrscheinlichkeit dafiir, dass zwei Anbieter zugleich innovieren, vernachlassigbar gering. Also lautet der fiir den Zeitpunkt t zu erwartende momentane Gewinn des reprasentativen Anbieters und „Forschers"
(6) (w,(/;)G,-y;>^ '^' Dementsprechend lautet der im Entscheidungszeitpunkt ? = 0 zu erwartende kumulierte abdiskontierte Gewinn des /-ten Anbieters
(7)
\h^i{fi)Gi-ft)e
' e"" dt.
t=0
Die Integration uber die Zeit ergibt Di( (8)
A^ nr = Wi(fi)+ZWj(fj)
+i
7=1 Diesen Barwert aller erwarteten zukunftigen Gewiime gilt es durch eine entsprechende Wahl der Hohe der F&E-Ausgaben zu maximieren.
c) F&E-Ausgaben als strategische Komplemente Gesucht ist die gewinnmaximale Hohe der F&E-Ausgaben, also jene / , einem erwarteten Grenzgewinn der Forschung und Entwicklung von null Ein Verlauf der Innovationswahrscheinlichkeiten gemaB den Gleichungen (4) wird die ErfuUung der Bedingungen zweiter Ordnung garantieren. Die gung erster Ordnung ergibt sich gemafi Gleichung (8) als
r
die zu fuhren. (1) bis Bedin-
\ •^{^i(ft)Gr-fi) 7=1 J*'
(9)
^ N
Mfi)+'L^jifj) V
7=1 7'='
Damit lautet die implizite Reaktionsfunktion (10)
dwj
G,-\ 7=1
+i
= 0.
202
8. Patentrennen
Der obige Grenzgewinn aus der F&E-Tatigkeit gibt an, um wie viel der Gewinn durch einen weiteren Euro F&E-Ausgaben nach Abzug dieses einen zusatzlichen Euros steigt. Man kann ihn als Differenz der durch diesen Euro induzierten Mehrgewinne vor Abzug dieses Euros einerseits und eben diesem einen Euro andererseits verstehen. Hohe und Vorzeichen des Grenzgewinns aus der F&E-Tatigkeit werden von zwei Effekten bestimmt. Der erste Effekt entspricht dem ersten Produkt im Zahler des Grenzgewinns und zeigt den Einfluss einer Erhohung der F&E-Ausgaben/ auf den momentanen Gewinn W/(^G/-^ gegeben eine konstant gehaltene Wahrscheinlichkeit dafiir, dass noch nicht innoviert wurde. Der zweite Effekt entspricht dem zweiten Produkt im Zahler (inklusive Vorzeichen) und zeigt den Einfluss einer Erhohung der F&E-Ausgaben ft auf die Wahrscheinlichkeit, dass noch nicht innoviert wurde, bei konstant gehaltenem momentanem Gewinn. Dieser zweite Effekt ist immer negativ. Also muss der erste Effekt im Gewinnmaximum und damit auf der Reaktionsfunktion positiv sein. Dort muss daher gelten (11)
d(wi{fi)G,-fi)_dWi
-1>0.
Ausgehend von sehr hohen erwarteten Mehrgewinnen (vor Abzug der F&EKosten) fiir die ersten Euros F&E-Ausgaben fallen diese erwarteten Mehrgewinne mit zunehmender Hohe der F&E-Ausgaben. Allerdings nicht bis auf den Wert eins, denn vorher ist der erwartete Grenzgesamtgewinn gleich null - also die gewinnmaximale F&E-Ausgabenhohe erreicht. Die Innovationsregel des Patentrennens konnen wir so formulieren: Die F&E-Ausgaben sind so lange zu erhohen, bis der letzte fiir Forschung und Entwicklung ausgegebene Euro nur noch zu einem (kumulierten und abdiskontierten) Mehrgewinn von einem Euro fuhrt. Die Abbildung 8.2-2 illustriert diese Entscheidungsregel.
Mehrgewinne aus einem weiteren Euro F&E
Abbildung 8.2-2 Innovationsregel des Patentrennens
8.2 Symmetrische Patentrennen
203
Anhand der impliziten Reaktionsfiinktion (10) lasst sich zeigen, dass die F&EAusgaben strategische Komplemente sind, die Reaktionsfiinktionen also steigend verlaufen: Anwendung des Implizite-Funktionen-Theorems flihrt zu dw, dWj
dfj [¥i"
(12) a^w, 5//
>0.
N 7=1
d^Wi '
^fi
^ff
Der Zahler ist hier bei Gewinnmaximierung (also auf den Reaktionsfiinktionen) gemaB Gleichung (11) eindeutig positiv, der Nenner ist offensichtlich immer negativ. Hat also der strategische Innovationswettbewerb den Charakter eines Patentrennens, so sollte man antizipierte Anderungen der F&E-Ausgaben von Konkurrenten immer mit gleichgerichteten Anderungen der eigenen F&E-Ausgaben beantworten. Diese strategische Komplementaritat der F&E-Ausgaben spiegelt wider, dass es sich bei dieser Variante des strategischen Innovationswettbewerbs eben um ein Rennen handelt, bei dem nur der Sieger einen festen Preis bekommt. Hat hier ein Konkurrent relativ hohe F&E-Ausgaben, so bedeutet dies relativ geringe Wahrscheinlichkeiten der (Noch-) Nicht-Innovation (eine friihe Innovation durch den Konkurrenten wird wahrscheinlicher), weshalb man ebenfalls relativ hohe F&E-Ausgaben wahlen wird. Diesen gleichgerichteten Zusammenhang von fi und fj bei Gewinnmaximierung kann man direkt an der Bedingung erster Ordnung nachvollziehen. Die Abbildung 8.2-3 ist eine stilisierte Prinzipdarstellung der F&E-Reaktionsfunktionen und des resultierenden F&E-Nashgleichgewichts. /,
/r Nashgleichgewicht
Abbildung 8.2-3 F&E-Nashgleichgewicht des symmetrischen Patentrennens
204
8. Patentrennen
d) Nashgleichgewicht Das Nashgleichgewicht eines symmetrischen Patentrennens ist seinerseits symmetrisch (siehe noch einmal die letzte Abbildung). Alle Anbieter werden die gleiche gewinnmaximale F&E-Ausgabenhohe haben. Dies in der impliziten Reaktionsfunktion (10) genutzt fiihrt zum impliziten Nashgleichgewicht \(N - l)w,(/,) + /•)- w,(ft) + f i ^ = 0.
(13)
Die Annahmen hinsichtlich der Innovationswahrscheinlichkeiten (1) bis (4) sichem ein eindeutiges Gleichgewicht: Die liniie Seite von Gleichung (13) ist fUrfi = 0 positiv und wird fUr sehr hohefj negativ. Dazwischen gibt es einen Wertf*, flir den die Bedingung erftlllt ist. Mittels des Implizite-Funktionen-Theorems kann man anhand des impliziten Nashgleichgewichts (13) zeigen, dass die Hohe der gewinnmaximalen F&EAusgaben sowohl mit zunehmendem „Preis" G/ als auch mit zunehmender Konkurrentenzahl N steigt. Dies ist bei einem F&E-Rennen um ein Patent unmittelbar einsichtig. Im Nashgleichwicht des symmetrischen Patentrennens haben alle Anbieter ex ante die gleichen Erfolgswahrscheinlichkeiten und den gleichen erwarteten Gewinn. Ex post - also nach der Innovation - ist das Ergebnis natiirlich asymmetrisch.
8.2.2 Patentrennen bei homogenem Mengenwettbewerb Im Unterschied zum homogenen Preiswettbewerb machen die Anbieter bei Mengenwettbewerb sowohl in der Ausgangssituation als auch im Falle einer nichtdrastischen Konkurrenteninnovation Gewinne. Die momentanen Gewinne vor Innovation bezeichnen wir mit Go, und der Barwert der erwarteten Gewinne bei Innovation eines Konkurrenten soil mit GKI notiert werden. Go ist also eine momentane StromgroBe wie ft, wahrend G/ und GKI Summen abgezinster erwarteter Zukunftsgewinne sind. Damit lasst sich nun der momentane Erwartungswert des Gewinns des /-ten Anbieters bei Mengenwettbewerb schreiben als
(1)
Go - y;+^iUi)Gi +1
wj(fj)GKi.
Die Zielfunlction bei Mengenwettbewerb lautet also Go-fi+
Wi(fi)Gj + I
Wj(fj)GKi
7=1
(2)
nf=
^^' Wi(fi)+i:wj(fj) 7=1
J*'
+i
8.2 Symmetrische Patentrennen
205
Dies kann man auch als Verallgemeinerung unseres bisherigen Ansatzes betrachten: Mit Go = GKI = 0 sind wir wieder im Vorabschnitt (wobei Gj bei Mengenwettbewerb natiirlich andere Werte annimmt als bei Preiswettbewerb). Aus der Bedingung erster Ordnung fiir die gewinnmaximale F&E-Ausgabenhohe folgt jetzt die implizite Reaktionsfunktion N
dWj
5fi (3)
J*'
Neu sind hier die letzten beiden Terme. Uber das Implizite-Funktionen-Theorem erhalten wir fur das Steigungsverhalten der Realctionsfunlctionen
50
a/y g// d^w, N 2
+ fi
^Kl
^^^Afj)GKl-
OJt 7=1
7=1
Neu sind hier der letzte Term im Zahler und die letzten beiden Terme im Nenner. Ersterer ist negativ, letztere sind beide positiv. Dennoch bleibt der Zahler insgesamt positiv und ist der Nenner wie beim Patentrennen bei Preiswettbewerb eindeutig negativ. Um das zu sehen, muss man die Steigung nur etwas umformulieren zu -^\^GJ-GKI)-1
(4)
^
= -
a^w. N . I Wj(fj)(Gj
d\, -GKI)^
" ^ ^ ^ I
>0. -Go)^fi
Hier stellt die Differenz iGj - Go den nicht-strategischen Innovationsanreiz dar (berechnet auf der Basis momentaner StromgroBen). Das ist jener Innovationsanreiz, der sich ohne Wettbewerb ergabe. Die Differenz G/ - GKI steht dementsprechend fur den strategischen Innovationsanreiz. Beide Anreize sind positiv. Dementsprechend ist der Nenner negativ. Ganz analog zur Argumentation im Falle des Preiswettbewerbs (siehe im Anschluss an Gleichung (10) dort) kann man sich dann auch klarmachen, dass der Zahler im Gewinnmaximum und damit auf den Reaktionsfunktionen positiv sein muss. Auch bei Mengenwettbewerb sind die F&E-Ausgaben eines Patentrennens also strategische Komplemente.
206
8. Patentrennen
Nutzung der Symmetrieeigenschaft in der impliziten Reaktionsfiinktion (3) ergibt das implizite Nashgleichgewicht
j ^ ^ G , -1 j((iv - iHcy;.)+/)- w,.(y;) + y ; ^ -^(^-lH(/,)G^/-^Go=0. 5// dfi Dies kann man auch schreiben als (5)
^{N-\)Wiifi)(Gi
-GKi) + ^{iGi
-Go)-
-(N-l)w,(fi)-i-w,(ft)^fi-^
= 0.
Aus dem Vergleich der Innovationsanreize bei homogenem Preis- und bei homogenem Mengenwettbewerb im Abschnitt 8.1.2 wissen wir, dass bei drastischer Innovation der Innovationsanreiz im Preiswettbewerb immer hoher ist (wahrend es bei nicht-drastischer Innovation sehr auf die naheren Marktbedingungen ankommt). Im Falle einer drastischen Innovation sind die F&E-Ausgaben im Nashgleichgewicht daher jetzt geringer als im symmetrischen Patentrennen bei Preiswettbewerb.
8.3 Asymmetrische Patentrennen In diesem Abschnitt wollen wir ein Patentrennen zwischen einem Etablierten und seinem Herausforderer betrachten. Dabei werden wir uns auf die Analyse eines Patentrennens bei homogenem Preiswettbewerb beschranken. Damit knupfen wir an die Vortiberlegungen zu den Innovationsanreizen in dieser asymmetrischen Marktstruktur im Unterabschnitt 8.1.3 an. Dort hatten wir gesehen, dass im Falle einer drastischen Prozessinnovation der Herausforderer den hoheren Innovationsanreiz hat. Ursachlich dafiir ist der Ersetzungseffekt - also letztlich der Ausgangsgewinn des Etablierten. Dagegen wirkt bei nicht-drastischer Prozessinnovation dem Ersetzungseffekt der Persistenz-des-Monopols-Effekt entgegen - also letztlich der Umstand, dass der Herausforderer den Etablierten liber limit pricing verdrangen mtisste, wahrend der Etablierte bei eigener Innovation seine unbedrangte Monopolstellung verlangert. Dadurch ist bei nicht-drastischer Innovation keine allgemeingultige Antwort auf die Frage moglich, wer den hoheren Innovationsanreiz hat. 8.3.1 Marktstruktur und erwartete Gewinne In der Ausgangssituation gibt es nun einen Etablierten E, der alleine uber die alte Technik mit den hohen Grenzkosten verfiigt, und einen Herausforderer H, der wie
8.3 Asymmetrische Patentrennen
207
der Etablierte uber F&E-Ausgaben das Patent auf eine neue Technologic mit niedrigcren Produktionsgrcnzkostcn erlangcn konntc. Im Ubrigcn gcltcn die Annahmen des Abschnitts 8.2.1 zum symmctrischen Patentrennen bei homogenem Preiswettbewcrb. Dabei sei der funktionale Zusammenhang zwischen eigenen momentanen F&E-Ausgaben und eigener momentaner Innovationswahrscheinlichkeit fur den Herausforderer derselbe wie fiir den Etablierten. Insbesondere gelten wieder die das Nashgleichgewicht des Patentrennens sichernden Eigenschaften der Innovationswahrscheinlichkeitsfunktion: Die Innovationswahrscheinlichkeiten steigen (nur) unterproportional mit steigenden F&E-Ausgaben, und zwar mit jedem weiteren F&E-Euro bei geringen F&E-Niveaus stark, bei mittleren F&E-Niveaus immer weniger und bei sehr hohen F&E-Niveaus schlieBlich (so gut wie) gar nicht mehr. Der momentane Erwartungswert des Gewinns gegeben dass bis zum Zeitpunkt t noch niemand innoviert hat ergibt sich fiir den Herausforderer analog zu jenem eines Anbieters im symmetrischen Fall; siehe Gleichung (5) in Abschnitt 8.2.1. Er lautet also (1) ^HifH)Gl,H-fH' Der Etablierte hat schon in der Ausgangssituation und damit zu jedem Zeitpunkt vor einer Innovation einen Gewinn; fiir ihn gilt also (2) G^E - / ^ + ^E(fE)Gl,E ' Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass hier die ersten beiden Terme momentane (Strom-) GroBen sind, der Gewinn bei eigener Innovation dagegen eine auf den Innovationszeitpunkt (bei unterstellter Unendlichkeit des Patentschutzes) abgezinste Summe von momentanen Gewinnen ist. Der Barwert der erwarteten Gewinne ist fiir den Herausforderer >^(A) + X^(/i/) + ^* und fiir den Etablierten
(4)
e _ ^0,E
n| =
-fE-^^E(fE)Gl^E
HfE)-^'^(fH)-^i
8.3.2 Gewinnmaximierung Die Gewinnmaximierungsbedingung erster Ordnung und damit die implizite Reaktionsfunktion des Herausforderers sind analog zu jenen im Symmetriefall:
(5)
i^^IM \5fH
- 1WCA) + 0- ^H(fH) ^fH^ )
= 0.
^/H
Wie die Reaktionsfunktion eines Anbieters im symmetrischen Fall verlauft die des Herausforderers steigend: Er investiert um so mehr in Forschung und Entwicklung, je hohere F&E-Ausgaben er vom Etablierten erwartet. Fur den Etablierten ergibt sich die implizite Reaktionsfunktion
208
8. Patentrennen
(6)
dfE ) ^/E ^/E Neu ist hier der vorletzte Term auf der linken Seite. Dieser reflektiert den Ausgangsgewinn des Etablierten bzw. den dadurch bewirkten Ersetzungseffekt. Dieser Effekt beeinflusst das Niveau der F&E-Ausgaben im Nashgleichgewicht, nicht aber das qualitative Steigungsverhalten der Reaktionsfunktion: Mit Hilfe des Implizite-Funktionen-Theorems erhalt man aus Gleichung (6) dwK SJjL dfE
dfE ^/H
d WE ^
dfi
/
'
...
A
''^
>0.
. d WE
dfi
9
WF
_
dfi
Qualitativ gesehen neu im Vergleich zum Steigungsverhalten der Reaktionsfunktion des Herausforderers (bzw. eines Anbieters im symmetrischen Preiswettbewerb: Gleichung (12) in Abschnitt 8.2.1) ist hier der letzte Term im Nenner. Ohne diesen neuen und positiven Term ware der Nenner offensichtlich negativ und damit der Steigungswert angesichts eines positiven Zahlers eindeutig positiv. Aber auch jetzt bleibt der Nenner eindeutig negativ. Das sieht man, wenn man das Steigungsverhalten formuliert als dwH "^G/.-l (7) ^ =- '^^L^ >0 '•^"
^-HifH)G,,^f,^^^{iG,.-Go,E] dfE dfE mit iGiE - Go,E als nicht-strategischem Innovationsanreiz. S/E
8.3.3 Nashgleichgewicht Hinsichtlich der Frage, wer im Nahgleichgewicht die hoheren F&E-Ausgaben tatigt und damit auch die hohere Innovationswahrscheinlichkeit hat, ist zunachst einmal das zu erwartende AusmaB der Innovation von entscheidender Bedeutung. Lauft das Patentrennen um eine Innovation, die von den Beteiligten als drastisch eingeschatzt wird, so wirkt nur der Ersetzungseffekt, nicht aber der Persistenz-desMonopols-Effekt. In diesem Fall tatigt der Herausforderer die hoheren F&EAusgaben und erkauft sich damit hohere Wahrscheinlichkeiten, das Rennen zu gewinnen. Diesen Fall illustriert die Abbildung 8.3-1. Fur den Fall, dass die Beteiligten von einer nicht-drastischen Innovation ausgehen, wirken beide Effekte gleichzeitig. Damit ist nicht allgemein zu sagen, wer die hoheren Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen unternimmt. Dies ist dann zum einen eine Frage der Erwartungen hinsichtlich des Konkurrentenverhaltens: Wie wahrscheinlich sind jeweils der A- und der GN-Fall? Zum zweiten ist das eine Frage der Starke der beiden gegenlaufigen Effekte. Mit Blick auf die relative Bedeutung des Erset-
8.4 Exkurs zum Patentschutz
209
zungseffekts ist da zunachst die Hohe des Ausgangsgewinns wichtig. 1st diese hinreichend gering, so wird der Ersetzungseffekt vom Persistenz-des-MonopolsEffekt dominiert. Dann schlagt durch, dass der Herausforderer den Etablierten mit einem limit price verdrangen musste, und der Etablierte hat die hoheren F&EAusgaben. Dies gilt auch, wenn die F&E-Technologie (die "Innovationswahrscheinlichkeitenproduktionsfunktion") fast linear ist. Denn dann werden gleich zu Beginn des Patentrennens sehr hohe F&E-Ausgaben getatigt. (Ware die Forschungstechnologie linear, so wurde man die Ausgaben uberhaupt nicht uber die Zeit verteilen.) Das fuhrt zu entsprechend hohen sofortigen Innovationswahrscheinlichkeiten und relativiert die Bedeutung des Ausgangsgewinns des Etablierten.
Abbildung 8.3-1 F&E-Nashgleichgewicht des asymmetrischen Patentrennens
8.4 Exkurs zum Patentschutz Im bisherigen Verlauf dieses Kapitels haben wir unterstellt, dass die Patentdauer unendlich ist. In Wirklichkeit ist sie aber in alien Landern zeitlich begrenzt; meist liegt die Patentschutzdauer im Bereich von funfzehn bis zwanzig Jahren. Der Grund dafiir ist, dass eine Erhohung der Patentdauer mit Blick auf die Wohlfahrt stets zwei gegenlaufige Effekte auslost. Auf der einen Seite steigen mit steigender Patentdauer tendenziell das Innovationsausmafi und damit die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt. Diesen ersten Teileffekt einer Erhohung der Patentdauer wollen wir im Folgenden als InnovationsausmaBeffekt bezeichnen. Auf der anderen Seite wird mit steigender Patentdauer der dem Patent inharente monopolistische Wohlfahrtsverlust verlangert und dadurch sinkt fur sich gesehen die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt. Diesen zweiten Teileffekt einer Erhohung der Patentdauer werden
210
8. Patentrennen
wir im Folgenden als Monopoleffekt bezeichnen. Da es mit Blick auf die Maximierung der Wohlfahrt durch Wahl der Patentdauer zwei gegenlaufige Effekte gibt, kann die wohlfahrtsmaximale Patentdauer weder null noch unendlich betragen. Die Ermittlung der wohlfahrtsmaximierenden Patentdauer wollen wir anhand eines fiinktional spezifizierten Beispiels in zwei Schritten angehen. In einem ersten Unterabschnitt werden wir an einem einfachen Beispiel zeigen, wie das Gewinnmaximierungskalkiil eines Untemehmens von der Patentdauer abhangt und wie seine Innovationstatigkeit und seine Gewinne mit der Patentdauer steigen. Im zweiten Schritt untersuchen wir dann fur dieses Beispiel, wie lang die wohlfahrtsmaximierende Patendauer ist. Dabei werden wir davon ausgehen, dass nur ein Unternehmen innovieren kann. Um die Logik der optimalen Patentdauer moglichst klar darstellen zu konnen, verlassen wir also in diesem Exkurs den strategischen Innovationswettbewerb. AuBerdem werden wir, um die Abhangigkeit des Innovationsausmafies von der Patentdauer abbilden zu konnen, schon einen Schritt in Richtung des folgenden Kapitels gehen und eine in ihrer Hohe von der Hohe der F&E-Ausgaben abhangige Grenzkostensenkung betrachten. In einem dritten Unterabschnitt werden wir abschliefiend aufzeigen, warum bzw. unter welchen Umstanden es gewinnmaximal sein kann, ein erhaltenes Patent an einen direkten Gutermarktkonkurrenten zu lizenzieren.
8.4.1 Patentdauer und gewinnmaximales InnovationsausmaB a) Marktstruktur und Innovationsprozess Betrachtet wird der Preiswettbewerb bei einem homogenen Gut. In der Ausgangssituation produzieren alle Unternehmen mit den gleichen konstanten Grenzkosten und setzen einen Preis in Hohe dieser Grenzkosten. Die Nachfragefunktion ist wieder linear x = a - bp. Nun sei eines der Unternehmen in der Lage, eine die Grenzkosten senkende Technologic zu entwickeln. Dabei sei der Zusammenhang zwischen F&E-Ausgaben und der damit erreichten Grenzkostensenkung hier vereinfacht als deterministisch modelliert. (Der Leser kann die Grenzkostensenkungen als Erwartungswerte einer symmetrischen unimodalen Wahrscheinlichkeitsverteilung betrachten.) Typischerweise steigen die F&E-Ausgaben uberlinear mit dem AusmaB der Stiickkostensenkung, d. h., eine doppelt so hohe Grenzkostensenkung erfordert mehr als den doppelten F&E-Einsatz. Im Weiteren behandeln wir ein einfaches quadratisches Beispiel: (1)
fj=0,5h(^-k^
Anders als in den Vorabschnitten ist jetzt nur das Ausgangsniveau der Grenzkosten exogen, das Niveau nach Innovation aber endogen und vom Unternehmen gewinnmaximal festzulegen. Umgekehrt gilt
mit
8.4 Exkurs zum Patentschutz
211
Hier erkennt man deutlicher, dass der Parameter h ein Mali daflir ist, wie schnell die „Grenzproduktivitat" der F&E-Ausgaben in der „Grenzkostensenkungsproduktion" sinkt. Per Annahme sei h so groB, dass die gewinnmaximale Grenzkostensenkung stets nicht-drastisch ist. Der Innovator muss also einen limit price unterhalb des Monopolpreises setzen, um die Konkurrenten aus dem Markt zu drucken. Sein momentaner Mehrgewinn am Gutermarkt durch die Grenzkostensenkung (Gewinn vor Abzug der F&E-Kosten) lautet damit
b) Gewinnmaximierung Mit / = 0 jetzt als Innovationszeitpunkt und T jetzt als vom Staat dem Unternehmen exogen vorgegebene Patentdauer lautet der Barwert der Mehrgewinne aus der Innovation r
• ~\T
j^-k)[a-bk)e-'^ dt = \^-k)[a-Mj^^^ ^=0
= ^"^ '
(l-k)(a-bk).
0
Um die Notation zu entlasten, benutzen wir im Weiteren das Kurzel
r(T) =
l-e-'^=\—^
mit dr — >0 und 0 < r < l . dT Damit und unter Berucksichtigung der F&E-Kosten gemaB Gleichung (1) lautet die zu maximierende Gewinnfunktion (2)
n,A'-^)^-'^)-o,5h^k-jf.
Man beachte, dass im Unterschied zu den Vorabschnitten hier nur einmal F&EAusgaben getatigt werden (in t = 0). Die Gewinnfunktion formulieren wir in der Grenzkostensenkung und nicht in den diese Innovation verursachenden F&EKosten, well dies die formale Analyse vereinfacht. Hat man das gewinnmaximale Grenzkostensenkungsniveau ermittelt, so folgt die Hohe der gewinnmaximalen F&E-Ausgaben uber Gleichung (1). Die Bedingung erster Ordnung lautet
(3)
lfezM) = 4l-l).
Diese Gewinnmaximierungsregel ist in der Abbildung 8.4-1 illustriert und leicht zu verstehen: Im Gewinnmaximum mussen die zur Senkung der Grenzkosten um
212
8. Patentrennen
einen weiteren Euro notwendigen F&E-Ausgaben den Mehrgewinnen am GUtermarkt infolge dieser Grenzkostensenkung um einen weiteren Euro entsprechen. Die Bedingung zweiter Ordnung ist offensichtlich erftillt. Das sieht man auch an der Abbildung: Flir kleinere Grenzkostensenkungen liegen die fur eine weitere Senkung um einen Euro notwendigen F&E-Kosten unter den dadurch erzielbaren Mehrgewinnen am Giitermarkt; bei groBeren als den gewinnmaximalen Grenzkostensenkungen verhalt es sich umgekehrt.
i^^^—(a-bk)
i^(a-bk)
(k-kf(T)
(k-kf(T)
Abbildung 8.4-1 Patentdauer und gewinnmaximales InnovationsausmaB Die Abbildung 8.4-1 zeigt zudem, wie eine hohere Patentdauer Uber das dadurch bewirkte Ansteigen der Mehrgewinne am Giitermarkt zu einer hoheren gewinnmaximalen Grenzkostensenkung und damit zu einem hoheren F&E-Niveau fiihrt. Das gewinnmaximale Ausmafi der Innovation steigt also mit steigender Patentdauer. Aus der Gewinnmaximierungsregel (3) folgt dieses Ausmafi als (4)
fe_rf=lkzM).
^ ' ih Uber Gleichung (1) ergibt sich dann fiir die gewinnmaximalen F&E-Ausgaben (
(5)
fi =
( ='^^2 T\a-bkj iyflh
Mit Mehrgewinnen am GQtermarkt in H6he von =\\^ ^T\a-bkl\
i4h resultiert fur den Gewinn nach Abzug der F&E-Kosten
8.4 Exkurs zum Patentschutz
(6)
213
n, =
Unter Beriicksichtigung der Tatsache, dass sich r und T gleichgerichtet entwickeln, kann man an diesen Ergebnissen noch einmal leicht ablesen: Steigt die staatlich festgelegte Patentdauer T, so steigen die F&E-Ausgaben und mit ihnen das InnovationsausmaB und dadurch der Gewinn auch nach Abzug dieser F&EAusgaben.
8.4.2 Wohlfahrtsoptimale Patentdauer a) Der Einfluss der Patentdauer auf die Wohlfahrt Der Gewinn aus der Grenzkostensenkung gemaB Gleichung (6) ist in unserem Beispiel zugleich die innovationsbedingte Wohlfahrtssteigerung fiir die Dauer des Patentschutzes. Denn an Preis und Menge im Marktgleichgewicht und damit an der Konsumentenrente andert sich bei nicht-drastischer Innovation - also bei limit pricing - nichts. Man beachte, dass dies bei einer drastischen Innovation anders ware: Dann steigt fur die Dauer des Patentschutzes auch die momentane Konsumentenrente. Nachdem der Patentschutz in T ausgelaufen ist, konnen die bis dahin durch limit pricing vom Markt ferngehaltenen Wettbewerber die Prozessinnovation nachahmen. Es kommt dann wieder zu einem homogenen Preiswettbewerb bei gleichen Grenzkosten. Der Preis fallt daher am Tage des Patentablaufs von der Hohe der alten Grenzkosten - das ist der limit price - auf die Hohe der neuen Grenzkosten, und die Nachfrage steigt entsprechend an. Damit fallen die momentanen Gewinne auf null. Aber dafiir steigt die momentane Konsumentenrente um die Flache unter der Nachfragefunktion zwischen den alten und den neuen Grenzkosten (dem Preis vor T und dem Preis nach 7); siehe die Abbildung 8.1-2 im ersten Abschnitt dieses Kapitels mit vertauschten Achsen. Dieser Anstieg der momentanen Konsumentenrente ist um das Dreieck des monopolistischen Wohlfahrtsverlustes bei limit pricing groBer als der momentane Gewinn des Innovators wahrend des Patentschutzes. Insgesamt belauft sich der Anstieg der momentanen Konsumentenrente nach Fallen des Patentschutzes auf r=2
\a-bkdk = [a^-0,5M^P =a\k-k]-^,5b\ k=k
-2 ^
V
Das lasst sich auch schreiben als
[a-bk)^-kyo,5b^-kf , Dieser innovationsbedingte Zuwachs an momentaner Konsumentenrente nach Fallen des Patentschutzes steigt mit der Dauer des Patentschutzes, weil mit letzterer das AusmaB der Grenzkostensenkung steigt. Insgesamt belauft sich die zusatzliche Konsumentenrente nach Fallen des Patentschutzes auf
214
8. Patentrennen
1 \[a- bk)(k - yfc)+ 0,5b[k - kf ]e-'^ dt. Mit dem gewinnmaximalen AusmaB der Grenzkostensenkung gemaB Gleichung (4) ergibt das T\a-bk] ih
=\y
T\a - bk)
+ 0,5Z)
-it\
ih
und damit
tzMl-o^/lkz*^ - + 0,5^ ih ih
.2^
Hinsichtlich der Hohe dieses Barwertes der innovationsbedingten Konsumentenrentenerhohungen nach Fallen des Patentschutzes in Abhangigkeit von der Patentdauer T wirken zwei gegenlaufige Effekte. Zum einen fallt dieser Barwert fiir gegebenes AusmaB der Grenzkostensenkung mit steigender Patentdauer. Denn je langer die Patentdauer ist, desto spater werden die Konsumentenrentenerhohungen realisiert. Zum anderen aber fuhrt eine langere Patentdauer zu einem grofieren Ausmafi der Grenzkostensenkung. Fiir hinreichend kleine T wird bei einer Verlangerung des Patentschutzes um eine weitere Zeiteinheit der zweite Effekt dominieren und der Gesamt(bar)wert der Konsumentenrentenerhohung wird steigen. Fur hinreichend hohe T wird dagegen im Regelfall bei einer Verlangerung des Patentschutzes um eine weitere Zeiteinheit der erste Effekt dominieren und der Gesamt(bar)wert der Konsumentenrentenerhohung wird fallen. Dieser Teil der innovationsbedingten Wohlfahrtssteigerung hat also - anders als der Gewinn des Innovators - beztiglich T ein Maximum. Mit den Gewinnen des Innovators vor Fallen des Patentschutzes gemaB Gleichung (6) ergibt sich insgesamt fiir die Wohlfahrtserhohung durch die Innovation in Abhangigkeit von der Patentdauer =\\2
(7)
W=
f I
=\2
/ /
=\^2^
T\a-bk] ih
i^lh
ih
wobei hier gait T(T) = l-e-'' iT = 1 -
— JT
Wahrend der erste Term mit T stets steigt, hat der zweite Term - wie eben dargelegt - beztiglich Tein Maximum. Es gibt also eine bestimmte Patentdauer, die den trade off zwischen dem Ausmafi der Innovation einerseits (steigt mit T und erhoht den Barwert der Gewinne und die momentanen Konsumentenrenten) und der Dauer des monopolistischen Wohlfahrtsverlusts (steigt auch mit T und senkt den Barwert der Konsumentenrenten) optimal lost. Die wohlfahrtsoptimale Patentdauer liegt dort, wo sich InnovationsausmaBeffekt und Monopoleffekt beztiglich ihres Einflusses auf die Wohlfahrt genau die Waage halten.
8.4 Exkurs zum Patentschutz
215
b) Wohlfahrtsoptimale Patentdauer Der Einfachheit halber maximieren wir die Wohlfahrt tiber r. Aus T^^^ folgt dann r " gemaB
Die Maximierungsbedingung erster Ordnung lautet dW
r\a-bk\
dr
i^h
l-Ay-bk]
bT\a-bk]
ih^
ih
=V^ ih
=0
ih
Hier stehen die ersten beiden Terme fiir den positiven Einfluss einer langeren Patentdauer auf die Wohlfahrt infolge der dann groBeren Grenzkostensenkung. Sie spiegeln den positiven InnovationsausmaBeffekt einer langeren Patentdauer wider. Der dritte Term steht fur den negativen Einfluss einer langeren Patentdauer auf die Wohlfahrt infolge des dann zeitlich verlangerten monopolistischen Wohlfahrtsverlustes. Er spiegelt also den negativen Monopoleffekt einer langeren Patentdauer wider. Die optimale Patentdauer ist jene, bei der sich beide Teileffekte zu null addieren. Die Bedingung erster Ordnung lasst sich umformen zu der quadratischen Gleichung 2 2f, hi] 2 hi ^ T^—
1
r
= 0.
3 b Deren Losungen sind (8)
^oJJ,_hL]Jl_U_hi
6 hi
bj
9b
3V
\9y
b)
Es ergeben sich also formal zwei LOsungen. Wir kSnnen aber tiber die Bedingung zweiter Ordnung eine dieser L6sungen ausschlieBen. Die Bedingung zweiter Ordnung lautet
d^W _ (a-btf
b\a-bkf h¥
3bT{a-bkf ^
dr' hi' hh' GemaB dieser Bedingung zweiter Ordnung erfordert ein Maximum •^o ^}_{^_hi 3^ b Dies wiederum erfordert hi < b als notwendige Bedingung fur eine positive Patentdauer. Diese Beziehung zwischen dem Niveau der Grenzproduktivitat der F&E-Ausgaben, dem Zinssatz und der Preisreagibilitat der Nachfrage durfte im
216
8. Patentrennen
Regelfall deutlich erfullt sein. Damit ist klar, dass im Ergebnis (8) nur die positive Wurzel relevant ist. Am Ergebnis unseres Beispiels (8) sehen wir, dass die optimale Patentdauer nicht nur vom gesamtwirtschaftlichen Zinssatz, sondem auch von marktspezifischen Gegebenheiten - in unserem einfachen Beispiel den Auspragungen von h und b abhangt. Besser geeignet zur Wohlfahrtsmaximierung als die tibliche pauschale Patentdauer waren also markt- bzw. guterspezifische Patentdauern oder zumindest spezielle Patentdauern fiir bestimmte Giitergruppen.
8.4.3 Patentlizenzierung Durch den Patentschutz kann ein Innovator im Rahmen der Patentdauer Monopolgewinne machen. Er hat aber auch die Option, sein Patent an einen Giitermarktkonkurrenten gegen eine Lizenzgebiihr zu lizenzieren. Damit verzichtet er auf seine Monopolstellung, hat aber dafiir zusatzliche Lizenzeinnahmen. Ob sich eine Lizenzierung fur den Innovator rechnet, ergibt sich also im Vergleich der vom Konkurrenten gezahlten Lizenzgebiihr mit dem Weniger an Gewinn aus eigenen Verkaufen am Giitermarkt infolge der Aufgabe der Monopolstellung. Das Ergebnis dieses Vergleichs hangt von vielen Faktoren ab, insbesondere der Art des Wettbewerbs (Preis- oder Mengenwettbewerb), der Art des Gutes (homogen oder differenziert) und der Anzahl der Konkurrenten. Beispielsweise rechnet sich eine Lizenzierung bei homogenem Preiswettbewerb nie. Hier macht der Innovator ohne Lizenzvergabe den ublichen Monopolgewinn Oder einen Limit-Pricing-Gewinn. Lizenziert er die Innovation, so machen weder er noch der bzw. die Lizenznehmer einen Gewinn. Der Innovator wiirde als Lizenzgeber also seinen gesamten Gewinn verlieren und der bzw. die Lizenznehmer wiirde(n) keinen Mehrgewinn aus der Lizenz schopfen, mit dem man eine Lizenzgebiihr fmanzieren konnte. Dies kann aber anders aussehen, wenn der Wettbewerb nicht so intensiv ist, also bei Preiswettbewerb mit einem differenzierten Gut oder bei Mengenwettbewerb. Immer wenn die Summe der Mehrgewinne der Lizenznehmer groBer ist als der Mindergewinn des Lizenzgebers, konnen die Lizenznehmer dem Innovator eine Lizenzgebiihr bieten, die ihn besser stellt, als er ohne Lizenzvergabe stehen wiirde. Im Folgenden wollen wir dies am Beispiel des homogenen duopolistischen Mengenwettbewerbs mit linearer Nachfrage- und Kostenfiinktion illustrieren. Wir wollen annehmen, in der Ausgangslage produziere der Anbieter 1 in Folge einer bahnbrechenden Innovation mit A:i = 0 und der Anbieter 2 mit ^2 > 0. Ohne Lizenz gelten daher die Gewinne
Gr=-("*""~'' "-^/.i fiir den Innovator und
8.4 Exkurs zum Patentschutz
217
fiir seinen Konkurrenten (vergleiche Abschnitt 1.3.3b zur Kostenflihrerschaft im Mengenwettbewerb). Anbieter 1 hat nun die Option der Lizenzvergabe. Dann wtirde k\ = ^2 = 0 gelten, und hinsichtlich der Gewinne am Gtitermarkt ergabe sich fur beide Konkurrenten -K fJ' Der Gewinn des Lizenzgebers aus Gtitermarktverkaufen wurde also fallen, jener des Lizenznehmers wiirde steigen. Entscheidend ist nun, was mit dem Gesamtgewinn passiert. Denn wenn der Gesamtgewinn durch die Lizenz steigt, dann existieren Lizenzgebiihrenzahlungen, welche die Lizenzierung fur beide Seiten lohnend machen. In unserem Beispiel gilt fiir den Gesamtgewinn ohne Lizenzierung ^ ^
^
b v3J
9
^
9 ^
•K
/,1 " ^ / , 2
und fur den Gesamtgewinn bei Lizenzierung p/wZ, _ ^mL
. y^mL
2(a_
bU
Kf,l - ^ / , 2 «
Der Vergleich zeigt, dass die Lizenzierung den Gesamtgewinn erhoht, sofern gilt 0,4a ^ b Ein fur beide profitabler Lizenzvertrag lasst sich also immer dann fmden, wenn bei gegebenem Nachfragerverhalten die Technologielucke zwischen den Anbietern k2 - ki nicht zu grol3 ist.
218
8. Patentrennen
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Im Falle drastischer Prozessinnovationen ist bei symmetrischer Ausgangssituation der Innovationsanreiz im homogenen Preiswettbewerb hoher als im homogenen Mengenwettbewerb. Dies liegt daran, dass bei Mengenwettbewerb schon in der Ausgangssituation Gewinne vorliegen. Im Falle nicht-drastischer Prozessinnovationen ist bei symmetrischer Ausgangssituation hinsichtlich des relativen Innovationsanreizes keine allgemeingultige Aussage moglich. 2. Im Falle drastischer Prozessinnovationen hat ein Herausforderer einen hoheren Innovationsanreiz als ein Etablierter. Dies liegt am so genannten Ersetzungseffekt: Der Etablierte macht schon in der Ausgangssituation Gewinne. Im Falle nichtdrastischer Prozessinnovationen wirkt dem Ersetzungseffekt ein so genannter Persistenz-des-Monopols-Effekt entgegen: Wahrend der Etablierte seine unbedrangte Monopolstellung durch die Innovation verlangem wiirde, musste der Herausforderer im Falle der Innovation den Etablierten uber limit pricing verdrangen. Im Falle nicht-drastischer Prozessinnovationen ist daher mit Blick auf die Hohe des relativen Innovationsanreizes u. a. entscheidend, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Innovation des Konkurrenten im Falle der eigenen Nicht-Innovation eingeschatzt wird. 3. Gewinnmaximierung im Rahmen eines strategischen Innovationswettbewerbs in Form eines Patentrennens bedeutet, die eigenen F&E-Ausgaben solange zu erhohen, bis der letzte fiir Forschung und Entwicklung ausgegebene Euro nur noch zu einem zusatzlichen erwarteten Mehrgewinn von ebenfalls einem Euro fiihrt (Innovationsregel des Patentrennens). 4. Hat der strategische Innovationswettbewerb den Charakter eines Patentrennens, so sind die F&E-Ausgaben strategische Komplemente: Je hoher die antizipierten F&E-Ausgaben der Konkurrenten sind, desto hoher sollten auch die eigenen F&EAusgaben sein. Dies spiegelt wieder, dass ein Patentrennen ein Wettlauf um einen Preis gegebener Hohe ist. Diese strategische Komplementaritat der F&E-Ausgaben bei Patentrennen ist unabhangig davon, ob die Patentrennen auf der Basis einer symmetrischen Ausgangssituation oder einer asymmetrischen EtabliertenHerausforderer-Situation stattfmden. Sie ist auch unabhangig davon, ob auf dem Giitermarkt Preiswettbewerb oder Mengenwettbewerb herrscht. 5. Mit steigender Patentdauer steigt der innovationsbedingte Mehrgewinn der Unternehmen, und mit diesem Anstieg des Innovationsanreizes steigt wiederum das Innovationsausmafi. 6. Mit Blick auf den Zusammenhang zwischen Patentdauer und gesamtwirtschaftlicher Wohlfahrt gibt es zwei gegenlaufige Effekte: Auf der einen Seite steigen mit zunehmender Patentdauer das AusmaB der Innovation und damit der momentane Gewinn vor Ablauf des Patentschutzes sowie die momentane zusatzliche
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
219
Konsumentenrente. Dies ist der positive InnovationsausmaBeffekt einer verlangerten Patentdauer. Auf der anderen Seite bedeutet eine Verlangerung der Patentdauer aber definitionsgemafi eine zeitliche Ausdehnung der Existenz eines momentanen monopolistischen Wohlfahrtsverlusts. Das ist der negative Monopoleffekt einer verlangerten Patentdauer. Die wohlfahrtsoptimale Patentdauer liegt dort, wo sich InnovationsausmaBeffekt und Monopoleffekt die Waage halten. 7. Eine fur beide Seiten vorteilhafte Lizenzierung eines Patents an einen direkten Konkurrenten ist immer dann moglich, wenn der Gewinnruckgang beim Lizenzgeber (berechnet vor Addition der Lizenzgebuhren) durch den Gewinnzuwachs beim Lizenznehmer (berechnet vor Abzug der Lizenzgebuhren) uberkompensiert wird - also wenn der Gesamtgewinn durch die Lizenz steigt. Mit Ausnahme des Falls des Preiswettbewerbs bei einem homogenen Gut ist dies immer denkbar.
220
8. Patentrennen
Grundlegende Literatur Die erste rigorose Abhandlung zur Abhangigkeit des Innovationsanreizes von der Marktstruktur ist Arrow (1962); dort wurden die nach ihm benannten A-Falle analysiert. Die Analyse der von uns so genannten GN-Falle geht - wie im Text schon erwahnt - auf Gilbert und Newbery (1982) zuriick. Eine Standardreferenz zu diesem breiten Themenfeld ist zudem Dasgupta und Stiglitz (1980). Zu den grundlegenden Arbeiten tiber Patentrennen zahlen Loury (1979), Lee und Wilde (1980), Reinganum (1982) und Reinganum (1983). Unsere Ausfuhrungen zu den symmetrischen Patentrennen bei Mengenwettbewerb auf dem Gutermarkt gehen auf die Analyse in Delbono und Denicolo (1990) zurtick. Dort finden sich auch umfangreiche Wohlfahrtsvergleiche flir die Falle symmetrischer Patentrennen bei Preiswettbewerb und bei Mengenwettbewerb. Unsere Analyse der Patentrennen im zweiten und dritten Abschnitt wurde wesentlich durch die Annahme vereinfacht, die Innovationswahrscheinlichkeiten hingen nur von den momentanen F&EAusgaben ab und nicht von den kumulierten F&E-Ausgaben der Vergangenheit. In der Realitat ist offensichtlich Letzteres der Fall und somit die Frage nach dem gewinnmaximalen F&E-Ausgabenniveau eine Frage der optimalen Wissenskapitalstockbildung. In Tirole (1988), S. 398f ist andiskutiert, was dies fur Konsequenzen fur die Patentrennen hat. Die formale Analyse der optimalen Patentdauer geht auf Nordhaus (1969) zurtick; siehe dazu auch Scherer (1972). Unsere Darstellung im vierten Abschnitt ist eine Verallgemeinerung einer Lehrbuchversion des Nordhaus-Modells in Shy (1995), S. 233ff Unser abschliefiendes Beispiel zur Patentlizenzierung fmdet sich in Gallini und Winter (1985). Zum Thema Marktform und Lizenzierung gibt es eine breite Literatur, in welcher u. a. auch sehr detailliert auf die Ausgestaltung des Lizenzvertrages eingegangen wird. So dreht sich beispielsweise eine ganze Reihe von Artikeln um die Frage, ob feste oder von der Produktionsmenge abhangige Lizenzgebtihren (oder eine Mischung von beiden) gewinnmaximal bzw. wohlfahrtsoptimal sind. Siehe dazu die Literaturangaben in Tirole (1988), S. 410ff In der Analyse von Gallini und Winter (1985) wird zudem auch noch der Aspekt berticksichtigt, dass durch die Lizenzierung Doppelforschung und damit F&EAusgaben vermieden werden konnen.
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaOes
9.1 Innovationswettbewerb 9.1.1 F&E-Ausgaben als strategische Substitute a) Marktstruktur und Innovationsprozess b) Innovationsregel c) Reaktionsfunktionen und Nashgleichgewicht 9.1.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
9.2 Innovationswettbewerb bei Wissensspillovern 9.2.1 Konsequenzen von Wissensspillovern 9.2.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
9.3 Gemeinsame Gewinnmaximierung im F&E-Kartell 9.3.1 Innovationsanreiz und F&E- Ausgaben im Kartell 9.3.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion
Uberblick In den eben betrachteten Patentrennen ist das AusmaB der Prozessinnovation exogen vorgegeben und die Verlierer des Rennens haben aus ihren F&E-Ausgaben keinerlei Ertrag. Weist ein Innovationswettbewerb diese Eigenschaften auf, so sind die F&E-Ausgaben strategische Komplemente. Im Folgenden betrachten wir einen Innovationswettbewerb, in dem das InnovationsausmaB von der Hohe der F&E-Ausgaben abhangt: Je hoher die eigenen F&E-Ausgaben, desto groJJer die erreichte Grenzkostensenkung. Im ersten Abschnitt werden wir anhand eines Grundmodells die gewinnmaximierende Innovationsregel fiir diese Variante des Innovationswettbewerbs herleiten. Darauf aufbauend werden wir zeigen, dass die F&E-Ausgaben jetzt strategische Substitute sind. Die strategische Logik des Innovationswettbewerbs ist nun also eine ganz andere als bei einem Innovationswettbewerb in Form eines Patentrennens. Im zweiten Abschnitt greifen wir den Umstand auf, dass Prozessinnovationen oft mit unentgeltlichen Wissensspillovern verbunden sind: Senkt ein Anbieter durch eigene Forschung und Entwicklung seine Grenzkosten, so kann er oft nicht verhindern, dass ein Teil des von ihm geschaffenen neuen Wissens den Konkurrenten auf verschiedenen Kanalen zuflieUt und auch bei diesen zu Grenzkostensenkungen fiihrt. Diese Wissensspillover sind fiir die Konkurrenten des Innovators positive exteme Effekte. Aus Sicht des Innovators bedeuten sie eine Teilsozialisierung seiner Forschungsertrage und hemmen damit seinen Innovationsanreiz. Dementsprechend ist das Niveau der F&E-Ausgaben niedriger als ohne Wissensspillover. Wie das Innovationsniveau auf die Existenz der Spillover reagiert, wird naher zu analysieren sein. AuBerdem werden wir zeigen, dass sich bei einem hohen Spillovergrad die Entscheidungslogik des strategischen Innovationswettbewerbs auch qualitativ verandert. Im dritten Abschnitt wollen wir die gemeinsame Gewinnmaximierung im Rahmen eines F&E-Kartells analysieren. Damit knupfen wir an den ersten Abschnitt des vierten Kapitels zur Intemalisierung horizontaler Entscheidungsextemalitaten im Preisund im Mengenwettbewerb an. Wie wir im zweiten Kapitel gesehen haben, konnen F&E-Kartelle vom generellen Kartellverbot ausgenommen werden. Wir werden zeigen, dass sich der dabei erhoffte Anstieg der F&E-Ausgaben und damit des Innovationsniveaus nicht immer einstellt.
224
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaBes
9.1 Innovationswettbewerb 9.1.1 F&E-Ausgaben als strategische Substitute a) Marktstruktur und Innovationsprozess Wir betrachten zwei Duopolisten, die zunachst simultan durch Forschung und Entwicklung ihre mengenunabhangigen Grenzkosten kt um das AusmaB C/ senken konnen und anschliefiend mit ihrem homogenen Gut im simultanen Mengenwettbewerb stehen. In der Ausgangssituation haben alle Anbieter die gleichen Grenzkosten k, so dass gilt (1)
ki
=k-Cj.
Der Zusammenhang zwischen den F&E-Ausgaben und den bewirkten Grenzkostensenkungen wird im Weiteren deterministisch modelliert. Die bewirkten Grenzkostensenkungen c, konnen aber wieder als Erwartungswerte einer unimodalen Wahrscheinlichkeitsverteilung interpretiert werden. Typischerweise herrschen in der Forschung und Entwicklung abnehmende Grenzertrage in dem Sinne, dass die Grenzkostensenkungen mit zunehmenden F&E-Ausgaben unterproportional wachsen. Daher soil gelten (2) c,=c,(f,) mit
und <0.
Weil es analytisch einfacher ist, formulieren wir das Kalkul des reprasentativen Duopolisten nicht im eigentlichen Aktionsparameter F&E-Ausgaben, sondern im erreichten Erfolg, also den Grenzkostensenkungen. Mit Blick auf die F&E-Kosten und F&E-Grenzkosten der Produktionsgrenzkostensenkung gilt
(3)
fi-fM)
mit
und
dcf
>0.
Die F&E-Grenzkosten sagen uns, wie viel mehr ein Euro Produktionsgrenzkostensenkung kostet. Diese F&E-Grenzkosten verlaufen gemafi Gleichung (3) steigend: Jeder Euro zusatzlicher Produktionsgrenzkostensenkung erfordert hohere zusatzliche F&E-Ausgaben.
9.1 Innovationswettbewerb
225
Die Entscheidung der Duopolisten erfolgt nun zweistufig. In der ersten Entscheidungsstufe maximieren sie ihren Gewinn im Mengenwettbewerb fiir alle moglichen Senkungen der Produktionsgrenzkosten c, (bzw. fiir alle moglichen korrespondierenden Produktionsgrenzkostenniveaus ki). In der zweiten Entscheidungsstufe ermitteln sie im Innovationswettbewerb die gewinnmaximalen Niveaus der Produktionsgrenzkostensenkung - also das gewinnmaximale InnovationsausmaB. Die reduzierten Gewinnfunktionen des Mengenwettbewerbs lauten (4) Gi=G^j(ci,C2)-fi(c^) mit den Gewinnen vor Abzug der F&E-Kosten Gyj als den im Mengenwettbewerb fiir die jeweiligen Produktionsgrenzkosten(senkungs)niveaus maximal moglichen Gewinnen.
b) Innovationsregel Die hinter diesen Gewinnen Gyj stehenden Ergebnisse des Mengenwettbewerbs kennen wir schon aus dem ersten Kapitel. Im Abschnitt 1.3.3 zur Kostenfuhrerschaft batten wir uns zudem schon tiberlegt, wie sich diese Gewinne des Mengenwettbewerbs als Folge einer Prozessinnovation verandern: Eigene Produktionsgrenzkostensenkungen ftihren zu einer hoheren gewinnmaximalen Menge und zu einem hoheren eigenen Gewinn vor Abzug der F&E-Kosten. Die Menge und der Gewinn des Konkurrenten sinken dabei. Es gilt also dcj
und ^ < 0 dcj und dadurch fiir die Gewinne (5)
'-^>o dCj
und
(6)
V^<^dcj
Hinter der positiven Wirkung einer Grenzkostensenkung auf den eigenen Gewinn gemaB Gleichung (5) stehen zwei gleichgerichtete Teileffekte: - Zum einen bedeutet die Senkung der Produktionsgrenzkosten fiir sich genommen - d. h. bei konstanter Menge - eine Kostensenkung. Dies ist der direkte Kostensenkungseffekt. Dieser direkte Effekt ist umso groBer, je groBer die Ausgangsmenge ist. (Er ist im Ubrigen unabhangig davon, ob auf der zweiten Stufe Mengenwettbewerb Oder heterogener Preiswettbewerb stattfmdet.) - Zum zweiten andem sich die Mengensetzungen als Folge einer Produktionsgrenzkostensenkung. Mit Blick auf die eigene Mengenanderung wird dies im
226
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaBes
eigenen Gewinnmaximierungskalkiil beriicksichtigt und insofern intemalisiert. Es kommt aber uber die beim Konkurrenten induzierte Mengensenkung zu einem indirekten und ebenfalls positiven Effekt: Die Konkurrentenmenge sinkt, was wiederum den eigenen Gewinn erhoht. (Dieser indirekte Effekt ware im Fall des Preiswettbewerbs bei einem heterogenen Gut negativ, da die Preise strategische Komplemente sind. Dies kann aber den direkten Preissenkungseffekt nicht tiberkompensieren.) Senkt der Konkurrent seine Produktionsgrenzkosten, so sinkt der eigene Gewinn gemafi Gleichung (6), weil die eigene Menge sinkt und der gemeinsame Preis infolge steigender Gesamtmenge ebenfalls sinkt. Die horizontale Entscheidungsexternalitat des Innovationswettbewerbs ist also negativ. GemaB der reduzierten Gewinnfunktion (4) lautet die Bedingung erster Ordnung fiir das gewinnmaximale AusmaB der Grenzkostensenkung im Innovationswettbewerb (7)
3 G ^ ^ ^ dCj
dcj
Diese Innovationsregel ist okonomisch einsichtig: Man wird die Produktionsgrenzkostensenkungen so weit vorantreiben, bis der letzte Euro Produktionsgrenzkostensenkung soviel F&E-Ausgaben erfordert wie zusatzlicher Gewinn durch diese weitere Grenzkostensenkung am GUtermarkt resultiert. Voraussetzung ist hier allerdings, dass fur geringere Grenzkostensenkungen der zusatzliche Gewinn hoher ist als die zusatzlichen F&E-Kosten und dass fur hohere Grenzkostensenkungen die zusatzlichen F&E-Ausgaben hoher sind als der zusatzliche Gewinn. Oder anders formuliert: Es muss gelten
^'^
Bcf " Bcf '
d. h., die Steigung der Grenzgewinne muss kleiner sein als jene der F&EGrenzkosten. Da letztere immer positiv ist, mtissen die Grenzgewinne nicht zwingend mit steigendem Produktionskostensenkungsniveau fallen. Sie dtirfen nur nicht so stark steigen wie die F&E-Grenzkosten. Ob diese Grenzgewinne aus der Produktionsgrenzkostensenkung mit dem Niveau dieser Senkung steigen oder fallen, hangt wesentlich von der Entwicklung des direkten Kosteneffekts und damit vom Verlauf der Produktionskostenfunktion ab. Die Abbildung 9.1-1 illustriert die Innovationsregel (7) fiir den Fall linear steigender Grenzgewinne. Dieser Verlauf resultiert bei linearer Kosten- und Nachfragefunktion; siehe das in 9.1.2 folgende Beispiel. An dieser Abbildung kann man sich auch die okonomische Logik der Bedingung zweiter Ordnung (8) leicht verdeutlichen. Ist die Bedingung erster Ordnung erfullt, aber nicht jene zweiter Ordnung, so kommt es zu einer Randlosung: Entweder werden die Produktionsgrenzkosten Uberhaupt nicht gesenkt Oder so stark wie technisch irgend moglich. Im Folgenden interessiert uns nur der Fall mit endogener okonomischer Losung.
9.1 Innovationswettbewerb
227
Abbildung 9.1-1 Innovationsregel bei endogenem InnovationsausmaiJ c) Reaktionsfunktionen und Nashgleichgewicht Auf der Basis der Abbildung 9.1-1 kann man sich leicht uberlegen, wie das Steigungsverhalten der ReaktionsfUnktionen aussieht - also ob die Grenzkostensenkungen und damit die F&E-Ausgaben strategische Substitute oder strategische Komplemente sind. Die Grenzkostensenkungen eines Konkurrenten wirken hier nur auf die Funktion der eigenen Grenzgewinne dGy/dct ein. Entscheidend fiir die strategische Beziehung zwischen den Konkurrenten ist also die Reaktion der Grenzgewinne aus der eigenen Produktionsgrenzkostensenkung auf Anderungen der Produktionsgrenzkosten des Konkurrenten. Dabei gilt, dass die eigene Menge Xj umso kleiner ist, je groBer die Produktionsgrenzkostensenkung des Konkurrenten Cj ist. Bine kleinere eigene Menge bedeutet ihrerseits, dass sowohl der direkte Kostensenkungseffekt als auch der indirekte Effekt einer eigenen Produktionsgrenzkostensenkung vergleichsweise niedrig ausfallen. Damit fallen die Grenzgewinne aus den eigenen Produktionsgrenzkostensenkungen eindeutig mit zunehmenden Produktionsgrenzkostensenkungen beim Konkurrenten: (9)
5 ^ dcjdcj
•<0.
Grafisch gesehen fuhrt also eine hohere Grenzkostensenkung beim Konkurrenten zu einer Verschiebung der eigenen Grenzgewinne nach unten und damit im Gewinnmaximum zu einer geringeren Senkung der eigenen Grenzkosten. Dies illustriert die Abbildung 9.1-2. In der hier behandelten Variante des Innovationswettbewerbs sind die Innovationsausmafie und damit die F&E-Ausgaben also strategische Substitute: Gibt der Konkurrent relativ viel fiir Forschung und Entwicklung aus, so ist es gewinnmaximal, selber relativ wenig dafiir aufzuwenden.
228
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaBes
cUcj)
cf(cj)
Abbildung 9.1-2 Grenzkostensenkungen als strategische Substitute Damit ist nun die strategische Logik des Innovationswettbewerbs eine ganzlich andere als bei Vorliegen eines Patentrennens. Dies verdeutlicht noch einmal die Abbildung 9.1-3 im Vergleich zur Abbildung 8.2-3 fur den korrespondierenden Fall des Patentrennens. Dass die F&E-Ausgaben nun strategische Substitute sind, ist im Ubrigen unabhangig davon, ob Mengenwettbewerb oder heterogener Preiswettbewerb herrscht. Auch im Falle des Preiswettbewerbs ist die Ableitung (9) negativ: Steigt Cy, so fallt Pj und steigt Xj, was ein Fallen sowohl von/?/ als auch von jc, induziert.
Nashgleichgewicht
Abbildung 9.1-3 Innovations-Reaktionsfunktionen und Nashgleichgewicht
9.1 Innovationswettbewerb
229
9.1.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Zur Illustration der eben abgeleiteten Ergebnisse sei beispielhaft wieder der einfache Fall mit linearer Gutemachfragefunktion und linearer Kostenfiinktion betrachtet. Die gemeinsame Preis-Absatz-Funktion lautet hier a I , . und die Produktionsgrenzkosten sind in der Ausgangssituation konstant und fiir beide Anbieter gleich L Dann gilt im Nashgleichgewicht des Mengenwettbewerbs unter Berucksichtigung von gemafi den Ergebnissen des Abschnitts 1.1.3 fiir die Mengen a + b(k -Cj)-
2b(k -Cj)
a-bk-
bcj + 2bCj
Es ist also dci
3
und ^ = -*<0. dcj 3 Die Gewinne vor Abzug der F&E-Kosten lauten
G .=^ =i "'•
b
b
a-bk-bcj
+2bcA 3
Infolge des direkten Kostensenkungseffekts in Verbindung mit dem ebenfalls positiven indirekten Effekt iiber die Konkurrentenmengenreaktion steigt der eigene Gewinn (vor Abzug der F&E-Kosten) bei eigener Produktionsgrenzkostensenkung: dG^j _ Axi _ 4(a-bk-bcj-\-2bCj) dCi ~~Y~ 9 ^ Im Falle einer linearen Spezifizierung verlaufen diese Grenzgewinne linear steigend:
8cf
9
Der Einfluss der Kostensenkungen des Konkurrenten auf den eigenen Gewinn ist wegen der damit induzierten Senkung der eigenen Menge und des gemeinsamen Preises negativ: dOyj 2 2(a -bk- bcj + 2bCj) Zudem fallen die eigenen Grenzgewinne in Abhangigkeit von der Produktionsgrenzkostensenkung des Konkurrenten wegen der Verminderung sowohl des di-
230
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaBes
rekten Kostensenkungseffekts als auch des indirekten Effekts tiber die Anpassung der Konkurrentenmenge: dcficj
9
Damit ist klar, dass die InnovationsausmaBe und damit die F&E-Ausgaben strategische Substitute sind. Fur die „Forschungstechnologie" gelte beispielhaft der funktionale Ansatz bzw. fi=0,5cf. Damit ergibt sich die reduzierte Gewinnfunktion des Innovationswettbewerbs als if a-bk-bcj
0,-j[
-\- IbCj \
j^
^
^J-0,5.,^
Die Innovationsregel lautet daher 4(a-bk-bCj -^IbCj) 9 = ^" und die Bedingung zweiter Ordnung ist 9 bzw. i < 1,125. Ist diese Bedingung erfiillt, so ergibt sich ein inneres Gewinnmaximum wie in der Abbildung 9.1-1. Auflosen der Innovationsregel fiir den reprasentativen Duopolisten fiihrt zur Innovations-Reaktionsfunktion
4(a-bk-bCj) Cj =
'
^— .
9-Sb
Die Abbildung 9.1-3 gibt ein Beispiel fur diese linear fallenden Reaktionsfunktionen in der Strategieebene. In F&E-Ausgaben formuliert waren die Reaktionsfunktionen nichtlinear. Im symmetrischen Nashgleichgewicht mit gleichen Grenzkostensenkungen gilt * 4(a - bk)
'
9-4b
und damit
*
(2(a-bk)^^
^' "i 9-4b
9.2 Innovationswettbewerb bei Wissensspillovem
231
9.2 Innovationswettbewerb bei Wissensspillovem 9.2.1 Konsequenzen von Wissensspillovem Betreibt ein Untemehmen Forschung und Entwicklung, so profitieren oft auch seine Gtitermarktkonkurrenten davon, ohne dafiir (angemessen) bezahlen zu mtissen. Denn selbst bei Patentschutz und ahnlichen Schutzrechten kommt es oft zu positiven Wissensspillovem - z. B. durch Personalabwerbung, Re-engineering Oder durch Wissen, das aus der Patentmeldung des Konkurrenten geschopft werden kann. Sobald solche Spillover vorliegen, ist das Wissen kein rein privates Gut mehr, sondern wird zum teilweise offentlichen Gut. Die Folge ist, dass eine Produktionsgrenzkostensenkung gegebener Hohe jetzt zu einer geringeren Erhohung der eigenen Menge im Nashgleichgewicht ftihrt als ohne Spillover. Denn durch die Spillover sinken dann auch die Produktionsgrenzkosten der Konkurrenz. Fur relativ kleine Wissensspillover bedeutet das eine geringere Senkung der Konkurrentenmenge als ohne Spillover. Ist der Anteil der Grenzkostensenkung, der auch der Konkurrenz zugute kommt, groB, so steigt die Konkurrentenmenge nun sogar. In einem symmetrischen Duopol liegt der kritische Wert des Spillovergrades, ab dem auch die Konkurrentenmenge steigt, bei flinfzig Prozent. Dies ergibt sich daraus, dass der Steigungswert der Mengen-Reaktionsfiinktionen in diesem Fall 0,5 betragt. Diese Veranderungen der Mengeneffekte einer Produktionsgrenzkostensenkung durch Wissensspillover haben nun drei wichtige Konsequenzen: 1. Unabhangig von der Hohe des Spillovergrades induziert bei Wissensspillovem eine durch eigene F&E-Ausgaben verursachte Grenzkostenanderung eine geringere Differenz zwischen eigener Menge und Konkurrenzmenge als ohne Spillover. Damit fallt die Gewinnanderung - also der Innovationsanreiz - geringer aus. Die Folge sind geringere F&E-Ausgaben und damit kleinere selbst verursachte Grenzkostensenkungen als ohne Spillover. Dies spiegelt die Teilsozialisierung der Innovationsertrage durch die Spillover wider. Damit ist aber noch nichts uber das Gesamtausmafi der Grenzkostensenkung bei einem Anbieter gesagt. Sind die Wissensspillover beispielsweise symmetrisch bzw. reziprok, so profitiert man von den F&E-Ausgaben des Konkurrenten in gleichem AusmaB wie jener von den eigenen. Zum selbst verursachten Teil der Grenzkostensenkung kommt jetzt also noch ein durch den Konkurrenten verursachter Teil hinzu. 2. Ist der Spillovergrad hoch, im symmetrischen Duopol uber ftinfzig Prozent, so steigen als Folge einer Grenzkostensenkung beide Mengen - egal wer diese durch F&E-Ausgaben hervorgebracht hat. Es gilt also insbesondere dXf
dcj
> 0 fiir ^ > 0,5 .
Damit steigen dann im Duopolfall beide Gewinne; insbesondere gilt an Stelle von Gleichung (6)
232
(10)
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaBes
aa, 5c,
>0
fur
5>0,5.
Die horizontale Entscheidungsextemalitat des Innovationswettbewerbs ist dann also positiv. Aus dem Abschnitt 4.1 wissen wir, dass das Vorzeichen der Entscheidungsextemalitat des Wettbewerbs entscheidend fur die Veranderung des Niveaus des Aktionsparameters bei Ubergang zu einer gemeinsamen Gewinnmaximierung ist. Dass sich das Vorzeichen dieser Entscheidungsextemalitat mit der Hohe des Spillovergrades andert, wird dementsprechend im Folgeabschnitt zum F&E-Kartell von zentraler Bedeutung sein. 3. Bei hohem Spillovergrad steigt jedoch nicht nur das eigene Gewinnniveau als Folge einer vom Konkurrenten verursachten Grenzkostensenkung, sondem auch der eigene Grenzgewinn hinsichtlich der selbst verursachten Grenzkostensenkungen: Statt Gleichung (9) gilt (11)
dcjdcj
> 0 fur
s>0,5.
Ohne Wissensspillover sowie bei niedrigem Spillovergrad senkt eine Erhohung von Cj die Menge Xj, Damit fallen der hinter dem Grenzgewinn dGy/dc, stehende direkte Kostensenkungseffekt sowie der indirekte Konkurrentenmengenanderungseffekt relativ gering aus; siehe noch einmal die Argumentation im Anschluss an Gleichung (5). Dann ist obige Kreuzableitung negativ. Bei hohem Spillovergrad erhoht nun aber eine Erhohung von Cj die Menge x,. Damit fallen der hinter dem Grenzgewinn dG^/dCi stehende direkte Kostensenkungseffekt sowie der indirekte Konkurrentenmengenanderungseffekt relativ hoch aus. Dann ist die obige Ableitung (11) positiv.
^^'•'(Cj)
C*(Cj)
C*(Cj)
Abbildung 9.2-1 Grenzkostensenkungen als strategische Komplemente
9.2 Innovationswettbewerb bei Wissensspillovem
233
Dieses Steigen des eigenen Grenzgewinns hinsichtlich selbst verursachter Prozessinnovationen bei Prozessinnovationen der Konkurrenz hat nun offensichtlich gravierende Konsequenzen ftir den Innovationswettbewerb. Denn dadurch werden die Grenzkostensenkungen zu strategischen Komplementen. Dies verdeutlicht die Abbildung 9.2-1 anhand der Innovationsregel. Die strategische Logik ist damit umgekehrt wie ohne und wie bei schwachen Wissensspillovem. Das illustriert der Vergleich mit der Abbildung 9.1-2. Die Reaktionsfunktionen verlaufen dementsprechend bei hohem Spillovergrad steigend statt fallend: Vergleiche die Abbildung 9.2-2 mit der Abbildung 9.1-3.
Abbildung 9.2-2 Innovations-Reaktionsfunktionen bei hohem Spillovergrad
Die Abbildung 9.2-3 zeigt abschliefiend beispielhaft fiir das nun folgende Beispiel eines symmetrischen Duopols die Hohe der F&E-Ausgaben und des jeweils selbst verursachten Teils der eigenen Grenzkostensenkung sowie der insgesamt bei einem Anbieter bewirkten Grenzkostensenkung in Abhangigkeit vom Spillovergrad 0 < 5 < 1. Bei einem symmetrischen Duopol liegt die Grenze zwischen F&EAusgaben und InnovationsausmaBen als strategischen Substituten und diesen Aktionsparametern als strategischen Komplementen - wie schon erwahnt - bei einem Spillovergrad von funfzig Prozent. Durch den mit steigendem Spillovergrad abnehmenden Innovationsanreiz fallen F&E-Ausgaben und der selbst verursachte Teil der Grenzkostensenkung C/. Dennoch steigt das AusmaB der bei einem Anbieter insgesamt induzierten Grenzkostensenkung (l+^)c/ mit dem Spillovergrad an, so lange die Grenzkostensenkungen strategische Substitute sind.
234
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaBes
Komplemente
(l+s)cj
f^^f2 0,5 10 Abbildung 9.2-3 Spillovergrad und Innovations-Nashgleichgewichte
9.2.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Abweichend zum Vorabschnitt gilt nun fiir das Grenzkostenniveau des reprasentativen Duopolisten Kj ^ K
Cj
SC j
mit 0 < 5 < 1 als Spillovergrad, c, als selbst verursachtem Teil der eigenen Grenzkostensenkung und scj als durch den Konkurrenten verursachten Teil der eigenen Grenzkostensenkung. Damit ist der Fall ohne Spillover als Grenzfall enthalten und ebenso der Grenzfall mit dem Wissen um das Wie der Grenzkostensenkung als rein offentlichem Gut (^ = 1). Fiir die Mengen im Nashgleichgewicht des Mengenwettbewerbs gilt nun a + b(k - Cj - sCj) - 2b(k - Cj - scj) a - bk - b(l - 2s)cj + b(2 - s)Cj Xi -
-
-
-
.
Mit Blick auf die Wirkung einer selbst verursachten Grenzkostensenkung auf die eigene Menge ergibt sich dXj dcj
^b(2-s)^^^ 3
Diese wird also durch die Wissensspillover geschwacht. Dagegen kann sich die Wirkungsrichtung einer vom Konkurrenten verursachten Grenzkostensenkung auf die eigene Menge nun sogar umkehren: dXj _ dc i
b(l-2s) 3
>0
fur
5>0,5.
Die Gewinne vor Abzug der F&E-Kosten lauten jetzt
9.2 Innovationswettbewerb bei Wissensspillovem
235
xf \(a-bk- b{\ - 2s)cj + b(2 - s)Ci ^^^i " "T " 7 1 b b\ 3 Wegen des geschwachten Mengeneffekts selbst verursachter Grenzkostensenkungen wird der Anreiz zu solchen durch die Spillover geschwacht: Die Grenzgewinne des Innovationswettbewerbs sind nun bei positivem Spillovergrad geringer als ohne Spillover; es gilt dG^j 2(2 - s)[a -bk- b{\ - 2s)cj + b(2 - s)Cj) dcj
9
^
mit
d^G.j dcf
^2b(2-s)\^^ 9
Fur den Charakter des Innovationswettbewerbs wichtiger ist die Tatsache, dass jetzt bei hohem Spillovergrad die eigenen Menge und der eigene Gewinn als Folge einer Grenzkostensenkung durch den Konkurrenten steigen. Die Entscheidungsexternalitat ist dann positiv: dO^j _ 2(1 -2s)[a-bk-b(\-2s)cj + b(2-5)c,) dcj
>0
9
fflr
5>0,5.
Dementsprechend wird der Grenzgewinn bezuglich einer selbst verursachten Grenzkostensenkung durch eine Grenzkostensenkung des Konkurrenten ebenfalls positiv beeinflusst: a^_2Z,(2-.)(l-2.)^^ dcjdcj
fur
.>0,5.
9
Je nach Spillovergrad liegen also negative Entscheidungsexternalitaten und strategische Substitute oder positive Entscheidungsexternalitaten und strategische Komplemente vor. Die reduzierte Gewinnfunktion des Innovationswettbewerbs unter Wissensspillovem lautet lfa-bk-b{\-
2s)cj + b{2 - s)ci
2 .2
Die Innovationsregel fur den Fall mit Spillovem ist also 2(2 - s){a -bk- b(l - 2s)cj + b^l - s)Ci) _ ^
9
' mit der Bedingung zweiter Ordnung 2b{2-sf , 9 Aus der Bedingung erster Ordnung folgt die in unserem Beispiel explizite Reaktionsfunktion als
236
9. Prozessinnovationen endogenen Ausmafies
_2{2-sXa-bk-b(\-2s)cj)
'
9-2b{2-sf
Fur einen Spillovergrad im Bereich 0 < 5 < 0,5 fallen die Reaktionsfunktionen, fur einen hoheren Spillovergrad s > 0,5 steigen sie. Unter Ausnutzung der Symmetrieeigenschaft des Nashgleichgewichts ergibt sich aus der Reaktionsfunktion der Gleichgewichtswert des selbst verursachten Teils der eigenen Grenzkostensenkung als
*^ ^' ~
2(2-s){a-bk) 9-4b-2bs(\-s)'
Dieser selbst verursachte Teil der eigenen Grenzkostensenkung ist umso geringer, je groBer der Spillovergrad ist. Da der selbst verursachte Teil der Senkung der eigenen Grenzkosten c* bei beiden Anbietern gleich ist, gilt fur die bei einem Anbieter insgesamt induzierte Grenzkostensenkung * * /I N * 2(2-{-s(l - s))(a - bk) Cj •\-SCj =(1 + s)Cj = -^^ ^^ ^-^ .
Hier lasst sich durch Differenzieren zeigen, dass diese Funktion ein Maximum bei einem Spillovergrad von funfzig Prozent hat; siehe noch einmal die Abbildung 9.2-3. Die bei einem Anbieter insgesamt induzierte Grenzkostensenkung fallt also nur mit steigendem Spillovergrad, wenn die Grenzkostensenkungen (bzw. F&EAusgaben) strategische Komplemente sind. Liegen dagegen strategische Substitute vor (s < 0,5), so ist diese Grenzkostensenkung umso hoher, je hoher der Spillovergrad ist. Fur den gesamten F&E-Aufwand gilt schlieBlich / l + / 2 =^i '
Dementsprechend fallt der gesamte FifeE-Aufwand im Wettbewerb mit steigendem Spillovergrad; siehe ein letztes Mai die Abbildung 9.2-3.
9.3 Gemeinsame Gewinnmaximierung im F&E-Kartell 9.3.1 Innovationsanreiz und F&E-Ausgaben im Kartell In diesem Abschnitt analysieren wir das Niveau der F&E-Ausgaben und damit der Grenzkostensenkungen, wenn zwei Duopolisten ihre F&E-Ausgaben bzw. Grenzkostensenkungen gemeinsam so setzen, dass der Gesamtgewinn maximiert wird. Es geht hier also um die Internalisierung der horizontalen Entscheidungsexternalitaten im Innovationswettbewerb. Diese gemeinsame Gewinnmaximierung soil nur die Forschung und Entwicklung betreffen, nicht aber die Mengen. Die Duopolisten konkurrieren also weiterhin auf dem GUtermarkt. Aufierdem wird hier von alien weiteren Anderungen abgesehen, die ein F&E-Kartell mit sich bringen kann. Insbesondere ist hier das Zusammenbringen des neu geschaffenen Wissens durch Wissensaustausch der anbietereigenen Forschungsabteilungen bis hin zur Zusammenlegung dieser Abteilungen in einem gemeinsamen F&E-Joint-Venture zu erwahnen. Dies wtirde dazu fuhren, dass der Spillovergrad im Zuge der F&E-
9.3 Gemeinsame Gewinnmaximierung im F&E-Kartell
237
Kooperation steigt - bis zu ^ = 1 in einem Joint Venture. Davon wird jedoch im Folgenden abgesehen, um den isolierten Effekt der blofien gemeinsamen Gewinnmaximierung zu demonstrieren. Jeder Anbieter betreibt also weiterhin seine eigene Forschungsabteilung. In der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von F&EKartellen muss man nattirlich beides im Auge haben: die Internalisierung der Entscheidungsexternalitaten und die Zusammenfiihrung des neu geschaffenen Wissens. Bin erster Effekt der gemeinsamen Gewinnmaximierung liegt auf der Hand: Die F&E-Ausgaben und damit sowohl der selbst verursachte Teil der Grenzkostensenkung als auch der insgesamt bei einem Anbieter verursachte Teil der Grenzkostensenkung sind umso hoher, je hoher der Spillovergrad ist. Dies ist hinsichtlich ft und Ci also genau anders herum als bei Wettbewerb. Die Abbildung 9.3-1 gibt ein Beispiel auf der Basis des im folgenden Abschnitt behandelten linear spezifizierten Falls.
0 0,5 1,0 Abbildung 9.3-1 Spillovergrad und F&E-Kartell
Was uns jedoch letztlich interessiert, ist der Vergleich der F&E-Ausgaben und Innovationsausmafie fur gegebenen Spillovergrad im Wettbewerb mit jenen bei gemeinsamer Gewinnmaximierung. Dazu mtissen wir die Bedingungen erster Ordnung vergleichen. Bei gemeinsamer Gewinnmaximierung lauten sie 8Gi dGj — - + — - = 0. dcf dcj
Der zweite Term zeigt die horizontal Entscheidungsexternalitat im Wettbewerb, die nun bei gemeinsamer Gewinnmaximierung internalisiert wird: Anders als im Innovationswettbewerb wird nun die Wirkung der Hohe der eigenen Grenzkosten-
238
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaBes
senkung auf den Gewinn des Konkurrenten berucksichtigt. Nach unseren Uberlegungen zum Vorzeichen der horizontalen Entscheidungsextemalitat im Vorabschnitt ist klar, dass man in Abhangigkeit vom Spillovergrad zwei Falle unterscheiden muss: - Ist der Spillovergrad kleiner als fiinfzig Prozent oder liegen gar keine Spillover vor, so ist die horizontale Entscheidungsextemalitat des Innovationswettbewerbs negativ. Dann muss der Grenzgewinn beziiglich der selbst bewirkten Grenzkostensenkung (erster Term) jetzt positiv sein (in der Wettbewerbslosung ist er gleich null). Dazu mussen die F&E-Ausgaben geringer sein als im Wettbewerb. - Ist der Spillovergrad groBer als fiinfzig Prozent, so ist die horizontale Entscheidungsextemalitat des Innovationswettbewerbs positiv. Dann muss der Grenzgewinn beziiglich der selbst bewirkten Grenzkostensenkung jetzt negativ sein (statt gleich null). Dazu mussen die F&E-Ausgaben hoher sein als im Wettbewerb. Sieht man also von anderen moglichen Effekten im Rahmen des Kartells ab, so bleibt festzustellen: Nur bei hohem Spillovergrad fiihrt ein Kartell zu hoheren Forschungsausgaben und zu einem hoheren Innovationsausmafi als der Wettbewerb. Dies illustriert die Abbildung 9.3-2 anhand einer numerischen Spezifikation unseres nun folgenden linearen Beispiels.
(l+s)c,
Abbildung 9.3-2 Innovationswettbewerb vs. F&E-Kartell
9.3 Gemeinsame Gewinnmaximierung im F&E-Kartell
239
9.3.2 Ein Beispiel mit linearer Kosten- und Nachfragefunktion Die Zielfunktion des Kartells lautet
lfa-bk-b(l-
^H
2s)ci + b(2 - s)c2
3
-0,5c|
Daraus ergeben sich die beiden Gewinnmaximierungsbedingungen erster Ordnung als 2(2 - s){a -bk- b{\ - 2s)Cj + b(2 - s)Ci) 9 b(\ - 2s)Ci + b(2 - s)cj ) _ ^ 9 ' Hier ist die - nun internalisierte - Entscheidungsexternalitat (zweiter Term) fiir einen Spillovergrad unter fiinfzig Prozent negativ, bei einem hoheren Spillovergrad ist sie dagegen positiv. Unter Nutzung der Symmetrieeigenschaft reduzieren sich diese beiden Bedingungen erster Ordnung auf die eine Gleichung 2(l + s){a-bk + b(l + s)Cj) 9 ' Daraus ergibt sich die Kartelll6sung ^K ^ 2(1 ^s)(a-bk) ' 9-2b(l + sf Dieser selbst verursachte Teil der Grenzkostensenkung steigt mit steigendem Spillovergrad; siehe Abbildung 9.3-1. Im F&E-Kartell wirken Anderungen im Spillovergrad auf den selbst verursachten Teil der Grenzkostensenkung also umgekehrt wie im Innovationswettbewerb. Diese durchweg gleichgerichtete Beziehung gilt auch fur die bei einem Anbieter insgesamt induzierte Grenzkostensenkung 2(1 - 2s){a -bk-
9-2b(l + sf siehe noch einmal Abbildung 9.3-1. Vergleicht man nun diese Kartelllosung mit der Wettbewerbslosung, so wird deutlich, dass das Kartell nur bei einem Spillovergrad von iiber funfzig Prozent zu einem insgesamt hoheren InnovationsausmaB fuhrt. Dies zeigt vergleichend die Abbildung 9.3-2.
240
9. Prozessinnovationen endogenen Ausmafies
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Hangt das AusmaB der Prozessinnovation (Produktionsgrenzkostensenkung) gleichgerichtet von der Hohe der F&E-Ausgaben ab, so werden gewinnmaximierende Unternehmen diese Grenzkostensenkung soweit vorantreiben, bis der letzte Euro Produktionsgrenzkostensenkung soviel F&E-Mehrausgaben erfordert, wie er am Gtitermarkt zusatzlichen Gewinn (vor Abzug der zusatzlichen F&E-Ausgaben) generiert (Innovationsregel). 2. Hangt das AusmaB der Prozessinnovation gleichgerichtet von der Hohe der F&E-Ausgaben ab und gibt es dabei keine Wissensspillover, so sind die Grenzkostensenkungen und damit die F&E-Ausgaben strategische Substitute. Anders als in Patentrennen fiihren dann relativ hohe F&E-Ausgaben bei der Konkurrenz zu relativ geringen eigenen F&E-Ausgaben. Dies impliziert, dass nun relativ groBe Konkurrenteninnovationen zu relativ kleinen eigenen Innovationen fuhren (und umgekehrt). 3. Existieren Wissensspillover, so hangt der Charakter des strategischen Innovationswettbewerbs vom Grad dieser Spillover ab. In einem symmetrischen Duopol gilt beispielsweise: Liegt der Spillovergrad unter funfzig Prozent, so sind die F&E-Ausgaben bzw. die InnovationsausmaBe strategische Substitute; ist der Spillovergrad hoher als funfzig Prozent, so werden die F&E-Ausgaben bzw. die InnovationsausmaBe zu strategischen Komplementen. 4. Im Nashgleichgewicht des strategischen Innovationswettbewerbs unter Wissensspillovern sind die F&E-Ausgaben und die selbst bewirkten Telle der Produktionsgrenzkostensenkung umso niedriger, je hoher der Spillovergrad ist. Das AusmaB der insgesamt bewirkten Produktionsgrenzkostensenkung steigt jedoch mit steigendem Spillovergrad, solange letzterer noch unter funfzig Prozent liegt. 5. Im F&E-Kartell liegen F&E-Ausgaben und InnovationsausmaB umso hoher, je hoher der Spillovergrad ist. 6. Die Auswirkungen einer gemeinsamen Gewinnmaximierung - z. B. im Rahmen eines F&E-Kartells - auf die F&E-Ausgaben und das InnovationsausmaB hangen entscheidend vom Grad der Wissensspillover ab. Im symmetrischen Duopol gilt: Bei einem Spillovergrad unter funfzig Prozent ist die horizontal Entscheidungsexternalitat des Innovationswettbewerbs negativ. Dann liegen F&E-Ausgaben und InnovationsausmaB bei einem F&E-Kartell niedriger als im Nashgleichgewicht. Bei einem Spillovergrad uber funfzig Prozent ist die horizontale Entscheidungsexternalitat des Innovationswettbewerbs positiv. Dann liegen F&E-Ausgaben und InnovationsausmaB bei einem F&E-Kartell hoher als im Nashgleichgewicht.
Grundlegende Literatur
241
Grundlegende Literatur Das hier als Beispiel benutzte funktional spezifizierte Modell mit linearen Kostenund Nachfragefunktionen und wurzelfunktionsformiger „Grenzkostensenkungsproduktionsfunktion" geht auf d'Aspremont und Jacquemin (1988) zuruck. Diese beiden Autoren untersuchen in ihrem Artikel auch den Fall, dass sich das Kartell zusatzlich auf die Mengensetzung erstreckt. AuBerdem prasentieren sie eine detaillierte Wohlfahrtsanalyse. Wie bereits deutlich gemacht, beschrankt sich die F&E-Kooperation im Grundmodell auf eine gemeinsame Gewinnmaximierung im Sinne einer gemeinsamen Festsetzung der Hohe der F&E-Ausgaben, wahrend sich an den Wissensspillovem nichts andert. Tatsachlich besteht das Wesen einer F&EKooperation aber oft gerade im Zusammenbringen des gemeinsamen Wissens also in einer Erhohung des Spillovergrades s zwischen den beteiligten Unternehmen. Diesen Aspekt haben eine ganze Reihe von Autoren aufgegriffen; hingewiesen sei hier nur auf Kamien, Muller und Zang (1992).
Abbildungsverzeichnis
Teil I: Grundlagen des strategischen Wettbewerbs 1. Entscheidungstheoretische Grundlagen 1.1-1 Ll-2 1.1-3 Ll-4 1.1-5
Outputregel bei Vollkommener Konkurrenz Outputregel eines Monopolisten Outputregel im Mengenwettbewerb Mengen-Reaktionsfunktion Nashgleichgewicht des Mengenwettbewerbs
9 11 13 14 16
1.2-1 Nashgleichgewicht des Preiswettbewerbs
19
1.3-1 1.3-2 1.3-3 1.3-4 1.3-5
23 26 29 30 31
Nashgleichgewicht bei Mengenfiihrerschaft Nashgleichgewicht mit Marktzutrittsabschreckung Drastischer Grenzkostenvorteil im Preiswettbewerb Nicht-drastischer Grenzkostenvorteil im Preiswettbewerb Nicht-drastischer Grenzkostenvorteil im Mengenwettbewerb
1.4-1 Konkurrenz vs. Kooperation im Mengenduopol
36
2. Wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen 2.2-1 Konzentrationskurven
54
3. Heterogener Preis- und Mengenwettbewerb 3.2-1 3.2-2 3.2-3 3.2-4 3.2-5 3.2-6
Preisbezogene Grenzerlose Preisbezogene Grenzkosten Preissetzungsregel im heterogenen Preiswettbewerb Strategische Interdependenz im heterogenen Preiswettbewerb Preis-Reaktionsfunktion Nashgleichgewicht des heterogenen Preiswettbewerbs
3.4-1 Outputregel bei Qualitatsfuhrerschaft 3.4-2 Qualitatsvorteil im Mengenwettbewerb 3.4-3 Qualitatsvorteil im Preiswettbewerb
70 72 73 74 74 76 83 84 87
244
Abbildungsverzeichnis
Teil II: Strategien der Produktdifferenzierung 5. Strategischer Designwettbewerb 5.1-1 Die Hotellinglinie 5.1-2 Gleichverteilte Praferenzen 5.7-5 Marktaufteilung im Symmetriefall 5.1-4 Hotelling-Nashgleichgewicht im Strategieraum 5.7-5 Hotelling-Nashgleichgewicht im Produktraum 5.1-6 Dichtefiinktion einer logkonkaven Verteilung 5.7-7 Logkonkave Verteilungsfunktion 5.1-8 Marktaufteilung bei logkonkaver Verteilung 5.7-P PraferenzverteilungenundProduktdesigns 5.1-10 Marktaufteilung bei endogener Gesamtnachfi*age 5.7-77 Hotelling-Nashgleichgewicht bei endogener Gesamtnachfrage
116 118 119 123 123 125 126 126 131 133 135
5.2-7 Hotelling-Nashgleichgewicht bei Designflihrerschaft
139
5.5-7 Produktdesigns bei kreisformigem Produktraum 5.3-2 Die reprasentative Variante im kreisformigen Produktraum
140 141
6. Strategischer Qualitatswettbewerb ^.7-7 Verteilung der Zahlungsbereitschaft fiir Qualitat 6.1-2 Marktaufteilung im Qualitatswettbewerb 5.7-5 Preis-Nashgleichgewicht bei Qualitatswettbewerb
149 150 152
6.2-1 Endogene Gesamtnachfi-age im Qualitatswettbewerb 6.2-2 Qualitats-Reaktionsfiinktion
155 158
Teil III: Strategischer Innovationswettbewerb 7. Produktinnovation 7.7-7 Praferenzverteilung und exogene Designs 7.7-2 Preissetzungsregel und Produktinnovation 7.7-5 Produktinnovation und Wohlfahrt
172 175 177
7.2-7 Qualitatsentwicklungsregel
181
Abbildungsverzeichnis
245
8. Patentrennen 8.1-1 8.1-2 8.1-3 8.1-4
Innovationsanreiz bei drastischer Innovation Innovationsanreiz bei nicht-drastischer Innovation Innovationsanreiz des Etablierten: drastische Innovation Innovationsanreiz des Etablierten: nicht-drastische Innovation
190 191 196 196
8.2-1 Wahrscheinlichkeit der (Noch-) Nicht-Innovation 8.2-2 Innovationsregel des Patentrennens 8.2-3 F&E-Nashgleichgewicht des symmetrischen Patentrennens
200 202 203
8.3-1 F&E-Nashgleichgewicht des asymmetrischen Patentrennens
209
8.4-1 Patentdauer und gewinnmaximales Innovationsausmafi
212
9. Prozessinnovationen endogenen AusmaBes 9.1-1 Innovationsregel bei endogenem InnovationsausmaB 9.1-2 Grenzkostensenkungen als strategische Substitute 9.1-3 Innovations-Reaktionsfunktionen und Nashgleichgewicht
227 228 228
9.2-1 Grenzkostensenkungen als strategische Komplemente 9.2-2 Innovations-Reaktionsfunktionen bei hohem Spillovergrad 9.2-3 Spillovergrad und Innovations-Nashgleichgewichte
232 233 234
9.3-1 Spillovergrad und F&E-Kartell 9.3-2 Innovationswettbewerb vs. F&E-Kartell
237 238
Symbolverzeichnis
Variablen und Parameter a b c d / g h / j k m p q r s t w X z
Niveauparameter der Guternachfragefiinktion Steigungsparameter der Giiternachfragefunktion Ausmali einer Stiickkostensenkung Lage (Adresse) eines Anbieters auf der Hotellinglinie Forschungs- und Entwicklungskosten Parameter der Preis-Absatz-Funktion Niveauparameter der F&E-Ausgabenfunktion Zinssatz Lage (Adresse) eines Haushalts auf der Hotellinglinie Niveauparameter der Kostenfunktion Marktanteil Guterpreis Ausmafi einer Qualitatsverbesserung Konsumentenrente Spillovergrad Niveauparameter der Zahlungsbereitschaftsfunktion Innovationswahrscheinlichkeit Gutermenge (Teil der) maximale(n) Zahlungsbereitschaft
E G K N T W
Erlose Gewinne Produktionskosten Anzahl der Anbieter Endzeitpunkt Wohlfahrt
e V
Zahlungsbereitschaft fur Qualitat Qualitat
77
Barwert der zuktinftigen Gewinne
248
Symbolverzeichnis
Indizes e
wo
erwartete GroBe fixe Grol3e Indifferenzwert Obergrenze Zeitindex Untergrenze variable Grol3e wohlfahrtsoptimaler Wert
A N
aggregierte Angebotsgrol3e aggregierte NachfragegroBe
f
in 0
t u V
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Sachverzeichnis
Abgrenzung des relevanten Marktes 49,51 Abweichungsgewinn 105, 107 Als-ob-Konzept 50 Auffangklausel 46,47 Ausbeutungsmissbrauch 50
B
Ersetzungseffekt 195,196, 197,206, 208 Etablierter25, 195, 197
F&E-Kartell 232, 236,237, 238, 239 F&E-Reaktionsfunktion 203 Fusion34,35,47,96, 103, 105
Behinderungsmissbrauch 50 Boykottverbot 50 Bundeskartellamt 44,46,47,48, 61
D Designdifferenzierung 119, 120, 129,130,131,135,137,141, 172 Designfuhrer 136, 137, 138,139 Designfuhrerschaft 136, 139 Design-Reaktionsfiinktion 122, 124, 128, 137 Designwettbewerb 128, 135,136, 138, 139, 150, 151 drastische Innovation 190, 192, 193, 194, 196, 197 drastischer Grenzkostenvorteil 29
E Entscheidungsexternalitat 94, 95, 235, 236 Entscheidungsinterdependenz 8,12, 17, 156
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrankungen 44 GroBuntemehmensanalyse 52, 59
H Herausforderer 194, 195,196, 197, 206, 207,208 Herfmdahl-Index 55, 56, 57, 58 Hotellinglinie 116, 117, 132, 140, 172
Idealvarianten 123, 172 Innovationsanreiz 30, 190, 191, 192, 193,194,195,196,197,200, 205,206,208,231,233 Innovations-Reaktionsfunktion 228, 230, 233 Innovationsregel 180, 202, 226, 227, 230,233,235
254
Sachverzeichnis
Innovationswettbewerb 174,176, 198,203,210,225,226,233, 236,237,238,239 Insider 95, 98, 101, 102,103,105 Internalisierung 95, 98,236
K Kapazitatswettbewerb 12 Kartell 34, 44, 45, 46, 47, 96, 103, 105 Kartellverbot 46, 105 Konditionenkartell 45 Kontrolliibernahme 47 Konzentrationsberichterstattung 52 Konzentrationskurven 54 Konzentrationsraten 53, 54 Kooperation 34, 35, 36, 37,44, 98, 103,105,106,174,237 Kostenfuhrer 21, 31, 32, 33, 34 Kostenfuhrerschaft 20, 28, 30, 31, 83,190,217,225
Mengen-Reaktionsfunktion 14, 79, 163,182,231 Mengenwettbewerb 12, 18,20, 30, 34,78,81,101,162,192,204, 216,224 Mindestqualitatsniveaueffekt 158, 160 Ministererlaubnis 46, 48 Missbrauchsaufsicht 44, 51 Monopolll,49,55,193 Monopoleffekt 210, 214, 215 Monopolist 10, 26, 29, 49, 194, 195 Monopolkommission 44, 47,48, 52, 53,56,57,58,59,60,61
N nicht-drastische Innovation 191, 193, 194, 197 nicht-drastischer Grenzkostenvorteil30,31
o limit pricing 29, 31,191, 193,195, 197,200,206,213 Lizenz216, 217 Lizenzgeber216 Lizenznehmer216
Outputregel 9, 11, 12, 13, 14, 17, 22, 23, 24, 29, 30, 32, 34, 35, 79, 83, 84, 103,104 Outsider 95, 98, 99, 100, 101,102, 104, 105
M Marktabgrenzung 49 Marktbeherrschung 45, 48 Marktmacht43,49 Marktzutrittsabschreckung 20, 25, 26,27,51 Mengenanpassung 9, 12, 22 Mengenfixierung 12 Mengenfiihrerschaft 21,23,28, 31
Patentdauer 209,211,212, 213, 214, 215,216 Patentrennen 198, 205, 206, 207, 208 Patentschutz 213, 216,231 Persistenz-des-Monopols-Effekt 197,206,208 Personenidentitat 47 Preisaufschlag 11, 12,19,49
Sachverzeichnis
Preisdiskriminierung 50, 51 Preis-Reaktionsfunktion 69, 74, 75, 77,87,99,101,120,127,151, 156, 161, 173, 175 Preissetzungsregel 72, 73, 77, 81, 86,87,97,99,100,120,134, 141, 151,160, 173, 174,175 Preiswettbewerb 18,28, 69, 86, 116, 173,178,190,198,225 Preiswettbewerbseffekt 121,123, 124, 154,157, 158, 160 Produktdesign 68, 116, 135 Produktdifferenzierung 68, 72, 78, 79,81,105,116,118,119,121, 124, 129, 130, 132, 138,139, 140, 142, 164 Produktinnovation 154, 174, 175, 177 Produktqualitat 148 Produktvielfalt 139, 142 Prozessinnovation 21,28,29, 30, 32, 190, 191,192, 193, 194, 195, 196,206,213,225
Qualitat 82, 85, 148, 149,150,153, 154, 155, 157, 158, 159,160, 161, 174, 177, 178, 180,182, 184 Qualitatsdifferenzierung 151,152, 153, 160, 161, 162, 164,182 Qualitatsentwicklungskosten 177, 179, 180, 182, 183 Qualitatsentwicklungskosteneffekt 180 Qualitatsentwicklungsregel 180,181 Qualitatsfiihrerschaft 82, 83, 85, 86, 175 Qualitatsgrenzkosteneffekt 160, 180 Qualitats-Reaktionsfunktion 157, 158,181 Qualitatsvorteil 68, 82, 83, 84, 87 Qualitatswettbewerb 82, 150,152, 154, 155, 156, 157, 161,163
255
Sei-wo-die-Nachfrager-sind-Effekt 122, 123, 124, 125, 130, 132, 136, 138 Selbstbindung 20,23,25,105,106, 139 Skalenertrage 178 Spillovergrad 231,232,233,234, 235, 236,237, 238, 239
u Uberkapazitaten 20, 51 Unternehmenskonzentration 44, 52, 53, 55, 57
Variationskoeffizient 57 Verflechtung 48, 52, 60 Vergleichsmarktkonzept 50
W Wettbewerbsintensitat 28, 30,45, 46,52,80,103,119 Wettbewerbsrecht 46, 51, 105 Wohlfahrt 44, 45, 46,47,48, 51, 94, 95,96,97,124,176,177,209, 214,215
Zusammenschluss 44, 47, 48, 51, 61 Zusammenschlusskontrolle 44, 45, 48,51