Springer-Lehrbuch
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Andreas Heintz
Gleichgewichtsthermodynamik Grundlagen und einfache Anwendungen
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Prof. Dr. Andreas Heintz Universität Rostock Institut für Chemie Physikalische Chemie Hermannstr. 14 18051 Rostock Deutschland
[email protected]
ISBN 978-3-642-16889-5 e-ISBN 978-3-642-16890-1 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort und Einleitung
Ich bin sehr beruhigt darüber zu hören, dass man die Welt erklären kann. Ich dachte schon, das Problem läge bei mir. Woody Allen
Die naturwissenschaftliche Betrachtungsweise der Welt ist nicht die einzig gültige, aber sie ist die bisher erfolgreichste und zugleich folgenreichste in der menschlichen Geschichte gewesen. Einen wichtigen und besonderen Aspekt trägt dazu die Thermodynamik bei. Sie liefert eine umfassende und allgemeingültige Theorie der Materie unter den Bedingungen des thermischen und materiellen Gleichgewichtes. Die Zeit als physikalischer Parameter kommt in diesem Theoriegebäude zunächst nicht vor, und man wundert sich vielleicht, dass die Gleichgewichtsthermodynamik eine so große Rolle in Naturwissenschaften und Technik spielt, wo doch alle Prozesse der Natur gerade von der Zeit abhängen. Der Grund dafür ist, dass sich sehr viele Vorgänge in unserer natürlichen und technischen Welt relativ langsam abspielen und daher den Bedingungen des thermodynamischen Gleichgewichts sehr nahe kommen. In anderen Situationen ist es genau umgekehrt: Prozesse laufen so schnell ab, dass sie fast augenblicklich ins Gleichgewicht gelangen. Kleine zeitliche Störungen bringen solche Systeme sehr rasch wieder in ein neues Gleichgewicht, so dass solche Prozesse sich praktisch immer im Gleichgewicht befinden. Die Grundlagen der Gleichgewichtsthermodynamik sind weitgehend erforscht und bekannt. Die Bedeutung der Thermodynamik liegt heute vor allem in der großen Vielfalt ihrer Anwendungsgebiete. Dazu gehören neben der Chemie und der chemischen Verfahrenstechnik in wachsendem Ausmaß die Biochemie und Biologie, Geochemie und Geophysik, die Umweltchemie, die Meteorologie, die Medizintechnik, die Energietechnik, die Materialwissenschaften und in neuester Zeit auch die planetarische Physik und die Astrophysik. Der Charakter der Thermodynamik ist daher in vieler Hinsicht auch interdisziplinär geworden. Die Lehrbücher der Vergangenheit werden dieser Entwicklung kaum gerecht, daher stehen in diesem Buch neben einer sorgfältigen Darlegung der theoretischen Grundlagen vor allem die vielfältigen Anwendungen in Form zahlreicher Beispiele aus den unterschiedlichsten Bereichen im Vordergrund. Zum didaktischen Konzept des Buches ist Folgendes zu sagen. Die meisten moderneren Lehrbücher der Thermodynamik betonen nicht allein den
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phänomenologischen Charakter der Thermodynamik, sondern entwickeln simultan einen mehr oder weniger großen Teil ihrer molekularstatistischen Grundlagen. Dies hat den Vorteil, dass der Leser gleichzeitig erfährt, wie die ungeheure Vielfalt der molekularen Bewegungen eines Systems mit über 1020 Teilchen bzw. seiner quantenmechanischen Mikrozustände mit den makroskopisch beobachtbaren, also phänomenologischen Gesetzmäßigkeiten verknüpft ist, und wie diese durch die Methode der statistischen Mechanik tiefer begründet werden können. Selbstverständlich erhält die Thermodynamik erst dadurch ihre volle Bedeutung, dass die individuellen Eigenschaften eines makroskopischen Systems aufgrund seiner molekularen Dynamik und Struktur sowie seiner atomaren bzw. molekularen Wechselwirkungen verständlich werden. Im Zeitalter der immer rascher anwachsenden Rechenkapazitäten von Großrechnern ist absehbar, dass phänomenologische Eigenschaften molekularer Systeme mit immer zuverlässiger werdender Genauigkeit berechnet, d. h. vorausgesagt werden können. Die statistische Thermodynamik ist daher zweifellos ein immer wichtiger werdender Bestandteil der universitären Ausbildung. Gerade deshalb ist es von Bedeutung, den richtigen Weg zu finden, der zu diesem Ausbildungsziel führt. Nach meiner Erfahrung sprechen gute Gründe dafür, zunächst die phänomenologische Thermodynamik zu behandeln, bevor ihre molekularstatistischen Grundlagen zur Sprache kommen. Die phänomenologische Thermodynamik ist eine in sich abgeschlossene und selbstkonsistente Theorie, die grundsätzlich nicht auf eine molekularstatistische Begründung angewiesen ist. Ihre formale Gestalt lässt sich allein aus den Hauptsätzen der Thermodynamik vollständig ableiten und der mathematische Aufwand, der dafür benötigt wird, ist gut überschaubar. Diese Einheitlichkeit, ihr formalästhetischer Reiz und ihre weitreichende Aussagekraft über das Verhalten der Materie im Gleichgewicht wird erfahrungsgemäß vom Anfänger nicht klar genug erkannt, wenn gleichzeitig Erläuterungen und Begründungen vermittelt werden, die nicht zwangsläufig zu einem Verständnis nötig sind. Das soll nicht bedeuten, dass auf einen molekularen Hintergrund vollständig verzichtet werden kann, aber es genügt, mit qualitativen Bildern der molekularen Struktur der Materie die didaktische Entwicklung der phänomenologischen Theorie zu unterstützen, um eine unnötige Abstraktheit zu vermeiden. Dieser Weg der Darstellung der Thermodynamik wird hier verfolgt. Das Buch gliedert sich in zwei Teilbände. Im ersten, hier vorliegenden Band, werden die Grundlagen der Gleichgewichtsthermodynamik behandelt und im Wesentlichen auf Reinstoffsysteme angewandt. Nach einem einführenden Kapitel zu Grundbegriffen, wie der Definition von thermodynamischen Systemen, der empirischen Temperatur und dem idealen Gasgesetz, wird im zweiten Kapitel zunächst die notwendige Mathematik zur quantitativen Formulierung der Thermodynamik bereitgestellt, bevor im dritten Kapitel das Volumen als Zustandsgröße ausführlich behandelt wird. Wegen seiner Anschaulichkeit ist das Volumen dazu am besten geeignet. Es wird hier auch (im Vorgriff auf die Mischphasenthermodynamik) bereits der Begriff der partiellen molaren Größen eingeführt. Im vierten Kapitel folgt der erste Hauptsatz, wobei hier besonderer Wert auf die begriffliche Unterscheidung von Wärme und dissipierter Arbeit gelegt wird. Innere Energie und Enthalpie liefern die
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Grundlagen der Kalorimetrie sowie der chemischen Reaktionsenthalpien. Sie stellen die energetischen Prinzipien der Thermodynamik unter Beachtung des Energieerhaltungssatzes dar, der auch äußere Energieformen wie kinetische und potentielle Energie des Systems und seiner Umgebung mit einschließen kann. Der zweite Hauptsatz bereitet bekanntlich die größeren Verständnisschwierigkeiten als der erste. Daher wird im fünften Kapitel zunächst eine sorgfältige Unterscheidung zwischen reversiblen und irreversiblen Prozessen getroffen, bevor die Entropie als Zustandsgröße auf Grundlage der reversiblen Prozesse eingeführt wird und mit ihr die absolute Temperatur. Mehrere Wege, die zu diesem Ziel führen, werden diskutiert und ihre Äquivalenz aufgezeigt. Die „Doppelnatur“ der Entropie als Zustandsgröße, die bei reversiblen Prozessen eine Erhaltungsgröße von System plus Umgebung ist, und die andererseits bei realen, d. h. teilweise oder vollständig irreversibel ablaufenden Prozessen, nur anwachsen kann, gehört zu den schwierigsten Verständnisproblemen der Thermodynamik und unterliegt den meisten Missverständnissen und Fehlinterpretationen. Ein konsequenter Weg, hier möglichst Klarheit zu schaffen, erscheint mir das Axiom des stets positiven Vorzeichens der dissipierten Arbeit bei partieller oder vollständiger Irreversibilität eines thermodynamischen Prozesses zu sein, da es hierzu eine Reihe anschaulicher Beispiele gibt, die die Allgemeingültigkeit dieses Axioms überzeugend nahelegen. Daraus folgt, dass es immer einen Anteil der Entropieänderung geben muss, der stets positiv oder Null ist, nämlich die sog. innere Entropieproduktion eines Systems. Diese Darstellungsweise des zweiten Hauptsatzes hat zudem den Vorteil, dass sie sich leicht auf offene Systeme im stationären Zustand erweitern lässt und damit gleichzeitig ein Weg zur „Thermodynamik irreversibler Prozesse“ gewiesen wird, einem eigenen Wissenschaftsgebiet, das in diesem Buch nicht weiter behandelt wird. Mit dem so erreichten Wissensstand sollte es dem Leser keine größeren Probleme bereiten, den sich anschließenden Unterabschnitten über thermodynamische Gleichgewichtsbedingungen und die Notwendigkeit der Einführung der Zustandsgrößen „Freie Energie“ und „Freie Enthalpie“ folgen zu können. Die Kriterien der thermodynamischen Stabilität werden mit Hilfe einer neuartig formulierten Methode aus den besonderen Eigenschaften der Legendre-Transformationen abgeleitet. Der Rest des fünften Kapitels ist der Gibbs’schen Fundamentalgleichung, den thermodynamischen Potentialen, der Ableitung des Phasengesetzes und seiner Anwendung auf Phasenübergänge in Reinstoffsystemen gewidmet sowie der Darstellung einiger Beispiele von offenen stationären Systemen. Den Abschluss des ersten Bandes bildet ein eigenes Kapitel über die Thermodynamik der Wärmestrahlung. Auch hier ist eine weitgehend rein phänomenologische Behandlung möglich, die alle wesentlichen Kenntnisse vermittelt und so den Zugang zu den vielfältigen Anwendungsgebieten verschafft, die durch entsprechende Aufgaben und Beispiele vorgestellt werden. Wie bereits angedeutet, spielen Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele in diesem Buch eine dominante Rolle. Sicherheit im Verständnis und im Umgang mit dem Erlernten wird bekanntlich erst durch Lösen konkreter Probleme erworben. Die Lösungen der Aufgaben werden alle ausführlich besprochen. Es bleibt der Selbstdisziplin des Lesers überlassen, eigenständige Lösungswege zu finden und
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sie zu kontrollieren. Viele Aufgaben sind nicht trivial, und sie beschäftigen sich häufig mit über den Text hinausgehenden Problemen. Das gilt noch mehr für die Abschnitte „Weiterführende Beispiele und Anwendungen“. Hier soll der Leser seine Kenntnisse erweitern können und die Vielfalt der Thematik aus allen Bereichen der Naturwissenschaft kennenlernen, wo thermodynamische Fragestellungen eine Rolle spielen bis hin zu interessanten Phänomenen des Alltagslebens. Das Buch ist daher sowohl zum Selbststudium wie auch als Begleiter zu Vorlesungen geeignet. Es werden durchgehend für physikalische Größen SI-Einheiten verwendet (s. Anhang J). Nicht alles, was in der Thermodynamik wichtig ist und Anspruch darauf hätte, in einem Lehrbuch Platz zu finden, kann tatsächlich gebührend behandelt werden. Eine gewisse Auswahl zu treffen und Schwerpunkte setzen zu müssen, geschieht nicht nur aus Platzgründen, sondern ist auch didaktisch geboten. So werden z. B. aus dem Bereich der technischen Thermodynamik nur geeignete Fallbeispiele behandelt ohne jeden Anspruch auf Systematik und Vollständigkeit. Auch finden im ersten Band, z. B., die Methode der Jacobi-Determinanten, Phasenübergänge höherer Ordnung, kritische Phänomene oder metastabile Zustände nur am Rande oder gar nicht Erwähnung. Benutzte Quellenliteratur ist an den entsprechenden Stellen des Textes angegeben. Eine Liste empfehlenswerter, das vorliegende Buch ergänzender Lehrbücher, ist in Anhang K zusammengestellt. Dem hier vorliegenden ersten Band folgt ein zweiter Band, der die Darstellung der phänomenologischen Thermodynamik zum Abschluss bringt. Dieser zweite Band „Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern“ wird die Themen Phasengleichgewichte in Mehrkomponentensystemen, homogene und heterogene Reaktionsgleichgewichte, das Nernst’sche Wärmetheorem, Elektrolytlösungen, Elektrochemie, biochemische Thermodynamik, Grenzflächenphänomene, Gleichgewichte in elektrischen und magnetischen Feldern sowie in Gravitations- und Zentrifugalfeldern behandeln. Auch hier stehen neben den Grundlagen in besonderer Weise Aufgaben und Anwendungsbeispiele aus allen naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen mit Bezug zu modernen und aktuellen Fragestellungen im Vordergrund. Ich habe einer Reihe von Personen zu danken, deren Hilfe mir beim Verfassen des Buches unentbehrlich war. Frau Sabine Kindermann hat die langwierige Schreibarbeit des Textes und seiner zahlreichen Korrekturen zuverlässig und mit viel Geduld bewältigt. Frau Margitta Prieß hat die meisten der Abbildungen angefertigt und Herr Dr. Eckard Bich hat etliche numerische Berechnungen durchgeführt sowie bei der Formatierung des Gesamttextes wichtige Unterstützung geleistet. Ich danke auch allen Kollegen und Mitarbeitern, deren Anregungen zum Inhalt sowie Hinweise auf kleinere Irrtümer im Manuskripttext sehr wertvoll für mich waren. Schließlich gilt mein Dank Frau Dr. Marion Hertel und Frau Beate Siek vom Springer-Verlag in Heidelberg für die reibungslose und verständnisvolle Zusammenarbeit bei der Herausgabe des Buches. Rostock, im Dezember 2010
Andreas Heintz
Inhaltsverzeichnis
1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Thermodynamische Systeme und Zustandsgrößen . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Maße für Stoffmengen und stoffliche Zusammensetzungen. Molare Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Thermisches Gleichgewicht und der „Nullte Hauptsatz der Thermodynamik“. Ideales Gasgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Berechnung von Molarität, Molalität, Molenbruch und Gewichtsbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Umrechnung von Molenbruch in Gewichtsbruch . . . . . . . 1.4.3 Molekülzahl im Hochvakuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.4 Airbags in Autos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.5 Zusammensetzung einer Gasmischung aus Druckund Massenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.6 Bestimmung der Molmasse von Trimethylamin . . . . . . . . 1.4.7 Kalibrierung eines Platin-Widerstandsthermometers . . . . 1.4.8 Funktionsweise eines Gasthermometers . . . . . . . . . . . . . . 1.4.9 Balance und Stabilität von Gaskolben auf einer Balkenwaage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.10 Bestimmung des Anteils von Argon in der Luft . . . . . . . . 1.4.11 Zusammenhang von Molenbruch und Molalität . . . . . . . . 1.4.12 Mittlere Dichte eines heterogenen Systems am Beispiel der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.13 Berechnung der inneren Struktur des Saturn-Mondes Titan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.14 Die Zahl verborgener Goldmünzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.15 Bergung einer im Meer versunkenen Gasdruckflasche . . . 1.4.16 Anstieg des Meeresspiegels durch Schmelzwasser des Grönlandeises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.17 Verdampfungsvolumen eines Metalls . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.18 Balance von schwimmenden Eiswürfeln . . . . . . . . . . . . . . 1.4.19 Die Masse der Erdatmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1.4.20 1.4.21 1.4.22
Szenario der Freisetzung des gesamten Kohlenstoffs der Erdoberfläche als CO2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Emission von Benzindämpfen aus Pkw’s in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Analyse des Versuches der „Magdeburger Halbkugeln“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung von thermodynamischen Zustandsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Totales Differential, Wegunabhängigkeit des Integrals . . . . . . . . . . . 2.2 Variablentransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Der Schwarz’sche Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Homogene Funktionen und Euler’sche Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Legendre-Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Die Pfaff’sche Differentialform und der integrierende Nenner . . . . . 2.7 Die Methode der Lagrange’schen Multiplikatoren . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Kombinatorik und Binominaltheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . 2.9.1 Nachweis der Homogenität einer Funktion vom Grad 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.2 Homogenität von Funktionen mit mehreren Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.3 Legendre-Transformation und Rücktransformation einer Beispielfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.4 Ermittlung des integrierenden Nenners einer Differentialform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.5 Wegunabhängigkeit der Integration einer Funktion mit 2 Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.6 Homogene Funktionen und Legendretransformation . . . . 2.9.7 Beispiel für die Anwendung von Gl. (2.1) . . . . . . . . . . . . . 2.9.8 Kürzester Abstand zum Ort der Funktion y · x = a . . . . . 2.9.9 Beispiel für die Maximierung einer Funktion mit N Variablen unter Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.10 Das letzte gemeinsame Mittagessen von 8 Freunden . . . . 2.9.11 Zahl der Gestaltungsmöglichkeiten eines Turms aus LEGO-Bausteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.12 Wie viel Fleisch ist in der Mensasuppe? . . . . . . . . . . . . . . 3 Das Volumen als Zustandsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Thermische Zustandsgleichung, Ausdehnungskoeffizient und Kompressibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Die van der Waals-Zustandsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die verallgemeinerte Zustandsgleichung durch Virialentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29 29 32 33 34 36 38 40 43 46 46 47 48 48 49 49 50 50 51 52 52 53 55 55 58 62
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3.4 3.5 3.6 3.7
Andere Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volumina von Mischungen, partielles molares Volumen . . . . . . . . . . Partielle molare Volumina in realen Gasmischungen . . . . . . . . . . . . . Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . 3.7.1 Temperaturabhängigkeit der Molarität . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2 Bestimmung des partiellen molaren Volumens in einer flüssigen Mischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.3 Thermischer Ausdehnungskoeffizient eines v. d. Waals-Gases am kritischen Punkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.4 Kompressibilität eines v. d. Waals-Gases am kritischen Punkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.5 Thermischer Druckkoeffizient eines v. d. Waals-Gases am kritischen Punkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.6 Zweiter Virialkoeffizient nach der RK-Gleichung . . . . . . 3.7.7 Beweis der Formel für die Carnahan-StarlingGleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.8 Schwebezustand eines Heißluftballons . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.9 Zusammenhang von α p und κT ∗ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.10 Berechnung von α p und κT ∗ einer Modellflüssigkeit . . . . 3.7.11 Berechnung des Gasdrucks in einer geschlossenen Stahlflasche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.12 v.d.Waals-Parameter aus Messdaten des zweiten Virialkoeffizienten von Neon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.13 Bestimmung des 2. Mischvirialkoeffizienten in einer realen Gasmischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.14 Druck- und Temperaturverlauf in der Erdkruste . . . . . . . . 3.7.15 Thermische Stabilität einer Bimetall-Münze . . . . . . . . . . . 3.7.16 Die Dieterici-Zustandsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.17 Zusammenhang zwischen Meeresspiegel und Meerwasser-Kompressibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.18 Eine photometrische Bestimmungsmethode der isothermen Kompressibilität von Flüssigkeiten . . . . . . . . 3.7.19 Thermisches Verhalten von Eisenbahnschienen . . . . . . . . 3.7.20 Thermische Ausdehnung eines stromdurchflossenen Aluminiumdrahtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.21 Formulierung der partiellen molaren Volumina in der Molalitätsskala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.22 Das Galilei-Thermometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.23 Thermische Ausdehnung von Wasser in Tee-, Weinund Sektgläsern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.24 Das Bimetallthermometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.25 Thermische Ausdehnung eines Überschall-Flugzeuges im Flug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.26 Thermische Gangkorrektur von Pendeluhren . . . . . . . . . .
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64 68 72 74 74 74 75 76 76 77 77 78 79 79 80 81 82 84 85 86 88 89 89 90 91 92 94 96 97 98
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3.7.27 3.7.28 3.7.29 3.7.30
Speicherung und Entsorgung von CO2 in der Tiefsee? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Umrechnung von Volumen- in DruckVirialkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Ein thermodynamisches Szenario des atmosphärischen Wassergehaltes in der frühen Erdgeschichte . . . . . . . . . . . 104 Das Prinzip der korrespondierenden Zustände . . . . . . . . . 106
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4.1 Der Zusammenhang von Arbeit, Wärme und innerer Energie . . . . . 109 4.2 Die Enthalpie als Zustandsgröße. Der Joule-Thomson-Prozess . . . . 118 4.3 Enthalpieberechnungen und Exzessenthalpien fluider Mischungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 4.4 Reaktionsenthalpien chemischer Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4.5 Standardbildungenthalpien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.6 Weiterführende Beispiele und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 4.6.1 Brennwert und Heizwert am Beispiel von „Wodka“ . . . . . 136 4.6.2 Der Born-Haber’sche Kreisprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4.6.3 Thermodynamik von Sprengstoffen an einem Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4.6.4 Können Steine verbrennen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4.6.5 Das Eiskalorimeter nach Bunsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 4.6.6 Thermodynamik der Akkretion und Massendifferenzierung bei der Entstehung von Planeten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4.6.7 Optimierung der CO2 -Reduktion beim Biogasreaktor . . . 151 4.7 Gelöste Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4.7.1 Einschlag eines Eisenmeteoriten auf Grönland . . . . . . . . . 153 4.7.2 Erwärmung eines Wasserteichs durch Sonnenstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 4.7.3 Beweis einer thermodynamischen Identität für die Druckabhängigkeit der Molwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 4.7.4 Molwärme von Quecksilber und von Ammoniak bei höherem Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4.7.5 Bestimmung von C V für Argon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 4.7.6 Wasserkühlung bei der Produktion von Vinylchlorid . . . . 156 4.7.7 Standardreaktionsenthalpie der Wassergasreaktion . . . . . 157 4.7.8 Standardreaktionsenthalpie für die Bildung von Fe3 O4 aus Fe2 O3 und Fe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4.7.9 Thermochemische Bestimmung der Delokalisierungsenergie der π -Elektronen in Benzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4.7.10 Standardbildungenthalpie von Ethanol . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4.7.11 Wärmehaushalt des menschlichen Körpers . . . . . . . . . . . . 160
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4.7.12 4.7.13 4.7.14 4.7.15 4.7.16 4.7.17 4.7.18 4.7.19 4.7.20 4.7.21 4.7.22 4.7.23 4.7.24 4.7.25 4.7.26 4.7.27 4.7.28 4.7.29 4.7.30 4.7.31 4.7.32 4.7.33
xiii
Molare Enthalpie von Kalium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Standardbildungsenthalpie von Glyzin aus der Verbrennungsenthalpie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Berechnung von Mischungstemperaturen . . . . . . . . . . . . . 162 Molare Exzessenthalpie einer Modellmischung . . . . . . . . 163 Standardreaktionsenthalpien von Hydrazin mit B2 H6 und N2 O4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Wärmeproduktion beim Umsatz von Schießpulver . . . . . 164 Thermodynamik beim Bleigießen an Silvester . . . . . . . . . 165 Die Reaktionsenthalpie der Zersetzung von Ozon . . . . . . 166 Temperaturänderung beim Mischen von Trimethylamin und Chloroform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Selbstwärmender Kaffee und selbstkühlende Kompresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Thermodynamik des Thermit-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . 169 Vergleich der Wärmeproduktion und CO2 -Bildung verschiedener fossiler Energieträger . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Temperaturänderung in einem Wasserstrahl . . . . . . . . . . . 171 Anwendung des Hess’schen Satzes zur Ermittlung der Umwandlungsenthalpie mineralischer Reaktionen . . . . . 172 Thermodynamik des Zusammenstoßes zweier Himmelskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Druckabhängigkeit der Enthalpie aus einem Joule-Thomson-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Umwandlung der Rotationsenergie wassergefüllter Zylinder in innere Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Aufheizung von Blei durch radioaktiven Zerfall von 32 P . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Titrationskalorimetrie und integrale Lösungsenthalpie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Thermodynamik einer Dampflokomotive . . . . . . . . . . . . . 180 Chemische Fixierung von CO2 in Polypropylencarbonat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Die Flammentemperatur von Erdgas-/LuftGemischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 5.1 Quasistatische thermodynamische Prozesse: Isothermen und Adiabaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 5.2 Die Verallgemeinerung von reversiblen (quasistatischen) Prozessführungen: polytrope Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 5.3 Der Carnot’sche Kreisprozess und die Definition der absoluten Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5.4 Die Entropie als Zustandsfunktion und die Definition der absoluten Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
xiv
Inhaltsverzeichnis
5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11
5.12 5.13 5.14
5.15
Aus der Entropie abgeleitete thermodynamische Beziehungen . . . . 208 Dissipierte Arbeit und irreversible Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Entropieproduktion und dissipierte Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Kriterien für das thermodynamische Gleichgewicht. Die Zustandsgrößen freie Energie und freie Enthalpie . . . . . . . . . . . . . . 220 Gibbs’sche Fundamentalgleichung, Thermodynamische Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Thermodynamische Stabilitätsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Thermodynamisches Gleichgewicht in heterogenen Systemen ohne chemische Reaktionen. Phasengleichgewichte und Gibbs’sches Phasengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Die Maxwell-Konstruktion und Phasenumwandlungen reiner Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Freie Standardbildungsenthalpien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen . . . . . . . . . . . . . . 255 5.14.1 Austritt eines komprimierten Gases aus einem Hochdruckbehälter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 5.14.2 Aufheizung eines Raumes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 5.14.3 Befüllung eines evakuierten Volumens unter adiabatischen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 5.14.4 Analyse des Joule-Thomson-Prozesses als stationäres offenes System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 5.14.5 Stationärer Ausströmungsprozess eines Gases durch eine Düse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 5.14.6 Strömungsverhalten inkompressibler Flüssigkeiten. Die Bernoulli-Gleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Weiterführende Beispiele und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 5.15.1 Thermodynamische Gleichgewichtsbedingungen im isolierten System: Maximierung der Entropie . . . . . . 271 5.15.2 Bestimmung des Adiabatenkoeffizienten mit der Methode der schwingenden Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 5.15.3 Thermodynamik in Planetenatmosphären . . . . . . . . . . . . . 276 5.15.4 Thermodynamik der Dehnung von Kautschukbändern und Metalldrähten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 5.15.5 Wie weit fliegt eine Kanonenkugel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 5.15.6 Der fallende Kolben als irreversibler Prozess . . . . . . . . . . 289 5.15.7 Kompressoren und Luftpumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 5.15.8 Verbrennungsmotoren als Kreisprozesse: der Otto-Motor, der Diesel-Motor, der Stirling-Motor . . . . . . 293 5.15.9 Energieeffizienz beim Raumheizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 5.15.10 Eine exotische Wärmekraftmaschine: Das Minto-Rad. . . 301 5.15.11 Berechnung des 2-Phasenbereiches Dampf-Flüssigkeit für Cyclohexan mit verschiedenen thermischen Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
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5.15.12
5.16
xv
Molwärme im 2-Phasengebiet Flüssig-Dampf bei konstantem Volumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 5.15.13 Verdampfungskühlung zur Erzeugung tiefer Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 5.15.14 Zur Wirkungsweise von Geysiren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 5.15.15 Stabilität von Proteinen als Funktion von Temperatur und Druck. Anwendungen in der Nahrungsmittelindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 5.15.16 Eis kann Felsen sprengen und Berge bewegen . . . . . . . . . 317 5.15.17 Korrespondierende Zustände: der kritische Punkt und kritische Exponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 5.15.18 Eine reale Carnot-Maschine. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 5.15.19 Der Abwehrmechanismus des Bombardierkäfers – thermodynamische Aspekte eines biologischen Phänomens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 5.15.20 Die Dampfstrahlrakete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 5.15.21 Das freie Volumen nach der Carnahan StarlingGleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 5.15.22 Wie bewegen sich Tintenfische? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 5.15.23 Überschallströmung mit Laval-Düsen . . . . . . . . . . . . . . . . 335 5.15.24 Entropieproduktion bei Wärmeleitung und viskosem Fluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Gelöste Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 5.16.1 Quasistatische Arbeit im Grenzfall adiabatisch → isotherm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 5.16.2 Berechnung von C V aus C p für Quecksilber mit Hilfe von pV T -Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 5.16.3 Zusammenhang von adiabatischer und isothermer Kompressibilität aus der Adiabatengleichung . . . . . . . . . 342 5.16.4 Berechnung der inneren Energieänderung beim adiabatischen Prozess aus der Adiabatengleichung . . . . . 343 5.16.5 Ableitung der Gibbs’schen Fundamentalgleichung U (S, V ) für zwei Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 5.16.6 Verdampfungskalorimetrische Bestimmung der inneren Energie und der Molwärme von Eisen . . . . . . . . 345 5.16.7 Bildungsenthalpie der Benzoesäure in der Gasphase aus Verbrennungsenthalpie und Dampfdruckmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 5.16.8 Temperaturänderung beim isobaren quasistatischen Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 5.16.9 Unterschied zwischen arithmetischem und geometrischem Mittelwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 5.16.10 Wärmekapazität entlang p = aV b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 5.16.11 Aufstieg einer Methan-Blase im Meerwasser . . . . . . . . . . 350
xvi
Inhaltsverzeichnis
5.16.12 5.16.13 5.16.14 5.16.15 5.16.16 5.16.17 5.16.18 5.16.19 5.16.20 5.16.21 5.16.22 5.16.23 5.16.24 5.16.25 5.16.26 5.16.27 5.16.28 5.16.29 5.16.30 5.16.31 5.16.32 5.16.33 5.16.34 5.16.35 5.16.36 5.16.37
Temperaturerhöhung von Flusswasser durch Kraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Gewinnung nutzbarer Energie aus einem geothermischen Lager endlicher Größe . . . . . . . . . . . . . . 352 Kühlleistung eines Kühlschranks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Berechnung des Wirkungsgrades eines speziellen Kreisprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Isotherme quasistatische Arbeit in Flüssigkeiten und Festkörpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Entropieänderung von Kupfer bei tiefen Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 C p − C V in Festkörpern bei tiefen Temperaturen . . . . . . 356 Entropie- und Enthalpieänderung von Quarz bei hohen Temperaturen und Drücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Bestimmung der Tiefe eines Brunnens . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Bestimmung der Molwärme von Ethanol aus Dichteund Schallgeschwindigkeitsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Gay-Lussac-Koeffizient eines v. d. Waals Gases am Beispiel von CO2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Abkühlung von N2 im Joule-Thomson-Prozess . . . . . . . . 360 Schallgeschwindigkeitsmessung als Tieftemperaturthermometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 C p − C V auf der Inversionskurve eines Fluids . . . . . . . . . 362 Beispiel für die Anwendung der Maxwell-Relation zur Berechnung von (∂C V /∂ V )T und (∂C p /∂ p)T . . . . . . . . 363 Innere Energie und Molwärme eines v. d. Waals- und eines RK-Fluids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Entropie, C p − C V und Adiabatengleichung nach der v. d. Waals-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Adiabatengleichung und Adiabatenarbeit für Wasser bei 0◦ C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Thermodynamische Bilanzen beim Mischen von Eis mit flüssigem Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Beispiel-Berechnung der inneren Energie aus einer hypothetischen thermischen Zustandsgleichung . . . . . . . 371 Verdampfungsenthalpie von Wasser aus der Antoine-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Verdampfungsprozess von CCl4 im zylindrischen Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Siedetemperaturen von Wasser als Funktion der Höhe über dem Meeresspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Schmelzpunkt von Eis unter Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Umwandlung von Graphit zu Diamant unter Berücksichtigung der Kompressibilitäten . . . . . . . . . . . . . 376 Phasenumwandlung von WF6 im festen Zustand . . . . . . . 378
Inhaltsverzeichnis
5.16.38
5.16.39
5.16.40 5.16.41 5.16.42 5.16.43 5.16.44 5.16.45 5.16.46 5.16.47 5.16.48 5.16.49 5.16.50 5.16.51 5.16.52 5.16.53 5.16.54 5.16.55
xvii
Berechnung des Dampfdruckes aus Standardbildungsgrößen am Beispiel von Br2 und UF6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 Überprüfung der Phasengleichgewichtsbedingungen von Zustandsgleichungen mit dem Carnahan-StarlingTerm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Mechanische Stabilitätsbedingung aus der Legendre-Transformation von F nach G . . . . . . . . . . . . . 382 Ableitung des Phasengesetzes aus der Gibbs-DuhemGleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Dissipierte Arbeit im geteilten Zylinder mit beweglichem Kolben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Die Methode von Clement und Desormes zur Bestimmung von Adiabatenkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . 386 Enthalpie- und Entropieänderung von flüssigem Benzol mit dem Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 Regelung der Temperatur eines Kühlraumes (Joule-Prozess) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Bestimmung des Schmelzvolumens von Bismut . . . . . . . . 392 Kräftegleichgewicht im 2-Zylindersystem mit Doppelkolben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 Entropieproduktion eines Turmspringers . . . . . . . . . . . . . . 394 Schallgeschwindigkeit in realen Gasen . . . . . . . . . . . . . . . 394 Berechnung der freien Bildungsenthalpie von NH3 bei 400 K und 1,5 bar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Ein Beispiel für die Bestimmung experimentell unzugänglicher partieller molarer Größen . . . . . . . . . . . . 397 Der Schnellkochtopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 Entropieproduktion beim Erstarren von unterkühltem Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Funktionsweise von Saugtrichtern und Wasserstrahlpumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 Berechnung der Verdampfungsenthalpie von Methanol vom Schmelzpunkt bis zum kritischen Punkt . . . . . . . . . . 405
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 6.1 Der allgemeine Zusammenhang zwischen Strahlung und Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 6.2 Strahlungsdruck und Energiedichte der Wärmestrahlung . . . . . . . . . 409 6.3 Thermodynamische Zustandsgrößen des Photonengases . . . . . . . . . 413 6.4 Thermodynamische Prozesse des Photonengases . . . . . . . . . . . . . . . . 415 6.5 Strahlungsintensität und ihre spektrale Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . 417 6.6 Strahlungsgleichgewicht und Kirchhoff’sches Strahlungsgesetz . . . 422 6.7 Stationäre Nichtgleichgewichte der Wärmestrahlung . . . . . . . . . . . . 423
xviii
Inhaltsverzeichnis
6.8 6.9
6.10
Verallgemeinerter Strahlungsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Weiterführende Beispiele und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 6.9.1 Sonnenlichtkollektoren als Wärmespeicher und Energiequellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 6.9.2 Druckerhöhung in einem Flüssiggas-Tank bei Sonneneinstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 6.9.3 Leistung, Fadentemperatur und Lichtausbeute einer Glühlampe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 6.9.4 Sonnensegel im interplanetaren Raum . . . . . . . . . . . . . . . . 437 6.9.5 Superwärmeisolation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 6.9.6 Schwarze Löcher im Kosmos – eine thermodynamische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 6.9.7 Infrarot-Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 6.10.1 Alternative Ableitung der Entropie des Photonengases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 6.10.2 Enthalpie des Photonengases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 6.10.3 Das isentrope Photonengas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 6.10.4 Adiabatenkoeffizient des Photonengases . . . . . . . . . . . . . . 452 6.10.5 Bedingung der Druckgleichheit von Photonengas und Ionenplasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 6.10.6 Irreversible Expansion des Photonengases . . . . . . . . . . . . 453 6.10.7 Thermodynamik eines Goldkorns im Gleichgewicht mit dem Photonengas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 6.10.8 Volumenkontraktion des Weltalls bei 300 K der kosmischen Hintergrundstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 6.10.9 Volumenspezifische Wärmekapazität des Photonengases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 6.10.10 Sonnenabstand eines Chondriten bei seinem Schmelzpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 6.10.11 Die Planck’sche Strahlungsformel als Funktion der Wellenlänge λ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 6.10.12 Schwarzkörperstrahlung als Thermometer . . . . . . . . . . . . 457 6.10.13 Maximal mögliche Leistung der Sonneneinstrahlung auf der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 6.10.14 Thermische Halbwertszeit eines Hg-Thermometers beim Wärmestrahlungsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 6.10.15 Strahlungsenergie- und -entropie-Transport unterschiedlich temperierter konzentrischer Rohre . . . . . 460 6.10.16 Strahlungskorrektur bei Messungen der Wärmeleitfähigkeit von Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 6.10.17 Eigenschaften der Atmosphäre des Neptun-Mondes Triton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 6.10.18 Schallgeschwindigkeit im Photonengas . . . . . . . . . . . . . . . 465
Inhaltsverzeichnis
6.10.19 6.10.20 6.10.21 6.10.22 6.10.23 6.10.24 6.10.25 6.10.26
xix
Die innere Wärmeproduktion der Planeten Jupiter und Saturn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 Thermodynamik der Paarbildung aus Photonen . . . . . . . . 467 Die Gibbs’sche Fundamentalgleichung für das Photonengas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 Carnotprozess des Photonengases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Bedingung für den Zerfall schwarzer Löcher im Weltall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 Vereinigung zweier schwarzer Löcher . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Temperaturschwankungen der Planeten auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 Unterschiedlicher Energieverlust bei Säugetieren durch Wärmestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473
7 Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 A Drei mathematische Sätze über die Existenz und Eigenschaften integrierender Nenner. Existenznachweis der Entropie als Zustandsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 B Einführung der absoluten Temperatur nach Lord Kelvin . . . . . . . . . . 480 C Berechnung der Joule-Thomson-Inversionskurve beim v. d. Waals-Fluid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 D Thermodynamische Stabilitätsbedingungen nach der Fluktuationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 E Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie . . . . . . . . . . . . 489 F Tabellen: Thermodynamische Stoffdaten (Auswahl) . . . . . . . . . . . . . 491 F.1 Siedetemperaturen und kritische Daten . . . . . . . . . . . . . . . 491 F.2 Molwärmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 F.3 Thermodynamische Standardbildungsgrößen . . . . . . . . . . 493 G Allgemeines zum Konzept des freien Volumens . . . . . . . . . . . . . . . . 502 H Schallgeschwindigkeit in fluiden Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 I Weitere thermodynamische Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 J SI-Einheiten physikalischer Größen und Fundamentalkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 K Ergänzende und weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 Klassiker der chemischen und allgemeinen Thermodynamik . . . . . . 511 Grundlagenbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 Schwerpunkte Verfahrenstechnik und technische Thermodynamik . 512 Schwerpunkt Biochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 Schwerpunkt Physik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 Schwerpunkt: kondensierter Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515
Verzeichnis der verwendeten Symbole
Die häufiger im Buchtext verwendeten Symbole für physikalische Größen und Parameter einschließlich ihrer teils mehrfachen Bedeutung sind hier aufgelistet. Wenn nicht zusätzlich gekennzeichnet, werden alle Größen in SI-Einheiten verwendet (s. Anhang J). Lateinische Buchstaben a A B b c, const ci CV Cp CV Cp csp d E E pot E kin F, F, F M G, G, G M R G 0 f G h H, H , H M , H i R H
v. d. Waals Parameter, allg. Parameter Oberfläche oder Grenzfläche, Albedo Zweiter Virialkoeffizient v. d. Waals Parameter, allg. Parameter allg. Parameter, variablenunabhänger konstanter Wert Molarität, Konzentration Wärmekapazität bei V = const Wärmekapazität bei p = const Molwärme = molare Wärmekapazität bei V = const Molwärme = molare Wärmekapazität bei p = const spezifische Wärmekapazität Durchmesser, Länge, Dicke Energie allg. potentielle Energie kinetische Energie freie Energie, molare freie Energie, molare freie Energie einer Mischung freie Enthalpie, molare freie Enthalpie, molare freie Enthalpie einer Mischung molare freie Reaktionsenthalpie molare freie Standardbildungsenthalpie Höhe Enthalpie, molare Enthalpie, Enthalpie einer Mischung, partielle molare Enthalpie molare Reaktionsenthalpie
xxi
xxii
Verzeichnis der verwendeten Symbole 0
f H H V H S I, I J JS J K L l li m M m˜ N , Ni NL n, n i p p˜ pC Q Q˙ R r S, S, S M , S i S V S S s T∗ T T˜ Tc t U, U , U M , U i V, V , V M , V i Vc V S υ υS υsp υ˜
molare Standardbildungsenthalpie molare Verdampfungsenthalpie molare Schmelzenthalpie Trägheitsmoment, elektrische Stromstärke allgemeine Strahlungsintensität Solarkonstante gerichtete Strahlungsintensität Temperatureinheit Kelvin, Kraft Leistung, Länge Länge Arbeitskoordinate Masse Masse, molare Masse Konzentration: Molalität Teilchenzahl Lohschmidt-Zahl Molzahl Druck reduzierter Druck kritischer Druck Wärme Wärme pro Zeit = Wärmeleistung allg. Gaskonstante, Radius Radius Entropie, molare Entropie, molare Entropie einer Mischung, partielle molare Entropie molare Verdampfungsentropie molare Schmelzentropie Strecke empirische Temperatur absolute Temperatur (T = T ∗ ) reduzierte Temperatur kritische Temperatur Zeit (Sekunde, Minute, Tage, Jahre) innere Energie, molare innere Energie, molare Energie einer Mischung, partielle molare innere Energie Volumen, molares Volumen, molares Volumen einer Mischung partielles molares Volumen kritisches molares Volumen molares Schmelzvolumen Geschwindigkeit, allg. Variable Schallgeschwindigkeit spezifisches Volumen reduziertes Volumen
Verzeichnis der verwendeten Symbole
υf w W W˙ xi x y yi z Z
freies Volumen Gewichtsbruch , Geschwindigkeit physikalische Arbeit Arbeitsleistung (Arbeit pro Zeit) Molenbruch in kondensierter Phase allg. Variable, Raumkoordinate (x-Richtung) allg. Variable, Raumkoordinate (y-Richtung) Molenbruch in Gas- oder Dampfphase allg. Variable, Raumkoordinate (z-Richtung) Zustandsfunktion
Griechische Buchstaben α αp α p α β γ γ K δ δJT δGL ε η ϑ ϑ◦ κT κS λ λi μi μi0 ν νi ξ π ρ ρ e σ σSB
Strahlungsabsorptionskoeffizient thermischer Ausdehnungskoeffizient (kubisch) thermische Ausdehnungskoeffizient (linear) relative Längenänderung l/l0 thermischer Druckkoeffizient (β = α p /κT ) Adiabatenkoeffizient Treibhausfaktor Differenzzeichen isodynamischer Längenausdehnungskoeffizient Differentialzeichen für unvollständiges Differential differentieller Joule-Thomson-Koeffizient differentieller Gay-Lussac-Koeffizient Polytropenkoeffizient, Strahlungsemissionskoeffizient Energiewirkungsgrad, Viskosität Winkel Temperatur in ◦ C isotherme Kompressibilität isentrope Kompressibilität Wärmeleitfähigkeit Arbeitskoeffzient, Lagrange-Parameter chemisches Potential chemisches Standardpotential Frequenz stöchiometrischer Faktor Winkel, Reaktionslaufzahl Zahl π = 3, 14159..., osmotischer Druck Massendichte spezifischer elektrischer Widerstand Summenzeichen Grenzflächenspannung, Moleküldurchmesser Stefan-Boltzmann-Konstante
xxiii
xxiv
τ ϕ χ ψ ω˙
Verzeichnis der verwendeten Symbole
Lebensdauer, Schubspannung, verallgemeinerte Temperaturfunktion (Anhang A) elektrische Spannung Winkel, potentielle Wechselwirkungsenergie zwischen zwei Molekülen Winkel Winkel, Lichtausbeute Auslauffunktion bei Düsenströmungen Kreisfrequenz = 2π · ν
Kapitel 1
Grundbegriffe
1.1 Thermodynamische Systeme und Zustandsgrößen Die Thermodynamik beschäftigt sich mit Gleichgewichtseigenschaften von materiellen Systemen. Ein System ist definiert als ein Materie enthaltender Bereich, der gegenüber seiner Umgebung abgegrenzt ist und der eine sehr große Zahl von Molekülen enthält, in der Größenordnung von 1023 . Die Abgrenzung eines Systems gegenüber der Umgebung kann verschiedener Art sein. Man unterscheidet (s. Abb. 1.1): (a) isolierte oder abgeschlossene Systeme (engl.: isolated systems): Es findet weder Materieaustausch noch irgendeine Art von Energieaustausch mit der Umgebung statt. (b) geschlossene Systeme (engl.: closed systems): Es ist Energieaustausch, aber kein Austausch von Materie mit der Umgebung möglich. (c) offene Systeme (engl.: open systems): Es ist sowohl Energieaustausch als auch Materieaustausch mit der Umgebung möglich. Weiterhin ist ein System dadurch charakterisiert, dass es sich entweder um ein homogenes oder heterogenes System handelt. Ein homogenes System ist über seinen
Abb. 1.1 Zur Definition eines homogenen thermodynamischen Systems
A. Heintz, Gleichgewichtsthermodynamik, Springer-Lehrbuch, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1_1,
1
2
1 Grundbegriffe
Abb. 1.2 Zur Definition eines heterogenen thermodynamischen Systems (Phasen α bis σ )
ganzen Bereich einheitlich in seiner materiellen Zusammensetzung und Dichte. Ein heterogenes System besteht aus verschiedenen Phasen, die durch Phasengrenzen voneinander abgetrennt sind (s. Abb. 1.2). Diese Phasen eines Systems unterscheiden sich durch Zusammensetzung und Dichte voneinander. Zwischen den Phasen eines heterogenen Systems ist in der Regel sowohl Energieaustausch wie auch materieller Austausch möglich, so dass die Phasen eines Systems i. d. R. als offene Untersysteme des Gesamtsystems angesehen werden können, unabhängig davon, ob das Gesamtsystem abgeschlossen, geschlossen oder offen ist. Die in Abb.1.2 dargestellte Anordnung ist nur schematisch zu verstehen. Die Phasenvolumina müssen keineswegs gleich groß sein und auch nicht in der Reihenfolge übereinandergeschichtet sein wie gezeigt. Im Schwerefeld der Erde ist es allerdings so, dass die spezifisch schwerste Phase (hier σ ) unten und die spezifisch leichteste (hier α) oben liegt. Ein homogenes System ist der Grenzfall eines heterogenen Systems, in dem nur eine Phase vorliegt. Auch die Oberfläche eines Systems bzw. einer Phase kann eine wichtige Rolle spielen. Damit werden wir uns allerdings in Teil I des Buches nicht beschäftigen. Ein System befindet sich in einem thermodynamischen Gleichgewichtszustand, wenn sich sein Zustand ohne äußeren Einfluss auch nach unendlich langer Zeit nicht mehr ändert. In der Realität stellt sich dieser Zustand in vielen Fällen in endlicher, teilweise kurzer Zeit ein. Ein System kann seinen Zustand ändern durch (a) innere Zustandsänderungen, das ist bei isolierten, geschlossenen und offenen Systemen möglich; (b) Zustandsänderungen, die durch Austausch von Energie und/oder Materie verursacht werden. Das ist nur bei geschlossenen und/oder offenen Systemen möglich. Ein Systemzustand im thermodynamischen Gleichgewicht hängt nicht davon ab, auf welchem Weg und wie schnell er von irgendeinem anderen Zustand aus
1.1
Thermodynamische Systeme und Zustandsgrößen
3
erreicht wurde. Die Eigenschaften eines Systems im thermodynamischen Gleichgewicht werden durch Zustandsfunktionen Z beschrieben, deren abhängige Variablen υi Zustandsvariablen heißen. Bei einem homogenen System kann man allgemein für eine Zustandsfunktion schreiben: Z = Z (υ1 , υ2 , . . . , υn ) wobei υ1 , υ2 , . . . , υn die Zustandsvariablen sind. Ein Beispiel für die Zustandsfunktion eines homogenen Systems ist das Volumen V des Systems: V = V ( p, T ∗ , n 1 , . . . , n k ) wobei hier die Zustandsvariablen der Druck p, die empirische Temperatur T ∗ und n 1 bis n k die Molzahlen der chemisch unterscheidbaren, voneinander unabhängigen Komponenten (1 bis k) bedeuten. Wir denken z. B. an eine Gasmischung mit den Molzahlen n O2 , n N2 und n CO2 der Gase O2 , N2 und CO2 . Unter der Molzahl n i versteht man die absolute Molekülzahl Ni der Komponente i dividiert durch die Avogadro-Zahl (auch Lohschmidt-Zahl genannt) NL : Ni mol NL NL = 6,022 · 1023 Moleküle pro mol ni =
Außer dem Volumen V lassen sich noch weitere Zustandsgrößen, wie z. B. die innere Energie U , die Entropie S, die Molwärme C v usw. definieren. Entscheidend ist folgendes: Bei einem offenen, homogenen System mit k Komponenten gibt es immer nur 2 + k unabhängige Zustandsvariable, wenn wir die Oberfläche des Systems vernachlässigen und wenn keine äußeren Felder existieren bzw. ihre Existenz keine Rolle spielt. Äußere Felder können Gravitationsfelder, elektrische und magnetische Felder, oder äußere Spannungen (bei elastischen, festen Materialien) sein. Die Zahl k der Komponenten kann dadurch reduziert sein, dass in dem System chemische Reaktionen stattfinden. Gibt es im Gleichgewicht des Systemzustandes r unabhängige chemische Reaktionsgleichungen, reduziert sich die Zahl der frei wählbaren Zustandsvariablen auf 2 + k − r . Man kann viele, z. B. m Zustandsgrößen eines offenen homogenen Systems definieren, nur 2+k bzw. 2+k −r davon können unabhängig gewählt werden, die restlichen m−(2+k−r ) sind dann festgelegt. Wenn z. B. in einem 1-Komponentensystem die empirische Temperatur T ∗ die Molzahl n, und das Volumen V gegeben sind, liegen nicht nur der Druck p fest, sondern auch andere Zustandsgrößen, wie z. B. die innere Energie, die Entropie oder die Molwärme. Bei einem homogenen, geschlossenen oder isolierten System mit k Komponen ten, das der Zusatzbedingung n i = const unterliegt (geschlossenes System), gibt
4
1 Grundbegriffe
es dagegen nur k + 1 bzw. k + 1 −r Variable. Das ist ein Spezialfall des Gibbs’schen Phasengesetzes mit einer Phase (σ = 1, s. Abschn. 5.11) Wichtig ist noch die Unterscheidung von extensiven und intensiven Zustandsgrößen. Eine intensive Zustandsgröße ist unabhängig von der Gesamtmenge bzw. Masse des Systems. Beispiele sind: Temperatur T ∗ , Druck p oder Teilchenzahldichte Ni /V . Extensive Zustandsgrößen dagegen sind solche, die proportional zur Gesamtmenge des Systems sind. Beispiele sind Volumen V , Teilchenzahl Ni , innere Energie U .
1.2 Maße für Stoffmengen und stoffliche Zusammensetzungen. Molare Größen Wir beziehen uns auf homogene Bereiche, also auf ein homogenes System oder auf eine homogene Phase innerhalb eines heterogenen Systems. Die Molzahlen n i wurden bereits definiert. Daraus ergibt sich unmittelbar die wichtigste Konzentrationseinheit in der chemischen Thermodynamik, der Molenbruch xi : xi =
ni k
k
mit
xi = 1
(1.1)
i=1
ni
i=1
Manchmal werden wir statt xi auch yi für den Molenbruch verwenden. Wenn man mit m i die Masse der Komponente i im System bezeichnet, ergibt sich die Definition des Massenbruches oder Gewichtsbruches wi : wi =
mi k
mit
mi
k
wi = 1
(1.2)
i=1
i=1
Ferner definieren wir die molare Konzentration ci : ci =
ni V
mol · m−3
ci wird auch Molarität genannt, wenn das Volumen V in Liter (L) gemessen wird. Häufig wird auch die Massenkonzentration ρi (auch Massendichte genannt) verwendet: ρi =
mi V
kg · m−3
(1.3)
1.3
Thermisches Gleichgewicht und der „Nullte Hauptsatz der Thermodynamik“
5
Wenn wir es mit einer Mischung, bestehend aus mehreren Komponenten n 1 , n 2 , . . . n k zu tun haben, ist die Massendichte dieser Mischung (Index M = Mischung): ρM =
k
m i /VM
i=1
VM ist das Volumen der Mischung. Eine weitere Konzentrationseinheit ist die molale Konzentration, auch Molalität genannt: m i =
ni m LM
mol · kg−1
(1.4)
wobei m LM die Masse der am häufigsten vorkommenden Komponenten der Mischung ist. Wenn ihre Konzentration erheblich höher ist als die aller anderen Komponenten, spricht man von einem Lösemittel (Index LM = Lösemittel). Zum Abschluss dieses Abschnitts erwähnen wir noch die sog. molaren Größen. Wenn z. B. das Volumen V einer Substanz n Mole enthält, so nennt man das auf 1 Mol bezogene Volumen V V = V m3 · mol−1 bzw. k n
= V M m3 · mol−1 ni
i=n
das molare Volumen V oder V M für Mischungen. Ähnliches gilt für andere extensive Größen, wie z. B. die innere Energie U oder die Entropie S u. a. U und S sind dann die entsprechenden molaren Größen. Das gilt auch für Mischungen, wobei n = n i , die Gesamtmolzahl aller Komponenten i in der Mischung bedeutet. Eine molare Größe X (Symbol: Querstrich über X ) ist sehr sorgfältig zu unterscheiden von sog. partiellen molaren Größen X i einer Komponente i (Buchstabenindex i rechts unten), von denen noch ausführlich die Rede sein wird.
1.3 Thermisches Gleichgewicht und der „Nullte Hauptsatz der Thermodynamik“. Ideales Gasgesetz Während Druck und Volumen, Masse und Molzahl durch die Mechanik bzw. durch die Chemie klar definierte Größen sind, ist die Bedeutung der Zustandsvariablen „empirische Temperatur“ T ∗ eine der Mechanik fremde Größe, deren Bedeutung zunächst etwas vage und gefühlsmäßig ist (Empfindung für Wärme: warm oder kalt). Dennoch ist T ∗ eine Zustandsvariable, denn man stellt beispielsweise leicht fest, dass bei festem Volumen einer fluiden Substanz der Druck steigt, wenn die Substanz „wärmer“ wird, also ist der Druck offensichtlich eine Funktion der „gefühlten
6
1 Grundbegriffe
Wärme“. Das Wesen dieser „gefühlten Wärme“ nennt man Temperatur und aufgrund der genannten Veränderung des Drucks (oder auch anderer Zustandsgrößen) mit der „gefühlten Wärme“ ist die Temperatur eine Zustandsgröße. Um Missverständnissen vorzubeugen: die „gefühlte Wärme“ hat nichts mit dem physikalischen Begriff der Wärme Q zu tun, der im Zusammenhang mit dem 1. Hauptsatz (s. Kap. 4) eingeführt wird. Die Wärme Q ist eine extensive Größe und hat die Dimension einer Energie, während die „gefühlte Wärme“ eine intensive Größe ist! Wir müssen nun die Temperatur als „die gefühlte Wärme“ genauer definieren und quantifizieren, d. h., „messbar“ machen. Es gilt zunächst erfahrungsgemäß: Wenn zwei Systeme miteinander durch eine thermisch leitende (diatherme) Wand in Kontakt treten, werden sie „gleich-warm“, sie befinden sich dann im thermischen Gleichgewicht, das ist gleichbedeutend mit der Aussage: sie haben dieselbe empirische Temperatur T ∗ . Daraus folgt ferner: befindet sich ein weiteres drittes System mit dem zweiten im thermischen Gleichgewicht, so herrscht auch zwischen dem ersten und dritten System thermisches Gleichgewicht (Nullter Hauptsatz der Thermodynamik, Caratheodory (1909)). Auch wenn es uns als selbstverständlich erscheint, dass Körper, die verschieden „warm“ sind, bei Kontakt miteinander diese Unterschiede ausgleichen, so ist das lediglich eine Erfahrungstatsache, die durch keine übergeordnete physikalische Gesetzmäßigkeit ableitbar ist. Der „Nullte Hauptsatz“ ist daher alles andere als trivial und stellt in unserer makroskopischen Welt ein echtes Axiom dar. Historisch gesehen wurde dieses Axiom erst nach dem 1. und 2. Hauptsatz der Thermodynamik formuliert. Wegen seiner grundlegenden Bedeutung erhielt es diese etwas merkwürdige Zahlenbezeichnung in der Reihe der Hauptsätze. Wie definiert man nun die Temperatur und wie misst man sie? Wir stellen also die Frage nach einem „Thermometer“, einem Messinstrument für die Temperatur. Formal kann man das Volumen V = V ( p, T ∗ , n i ) als Zustandsfunktion auflösen nach der Variablen T ∗ : T ∗ = T ∗ (V, p, n) Das gilt für ein beliebiges System. Wir wählen ein verdünntes Gas (z. B. He oder N2 ) mit der Molzahl n und machen mit diesem System „Expansionsversuche“ folgender Art (s. Abb. 1.3): In Kolben I mit dem Volumen VI befinden sich n Mole des Gases beim Druck pI . Die anderen Kolben II, III usw. sind evakuiert. Dann wird Kolben II geöffnet, der zuvor leer war. Man misst pII beim dazugehörigen
Abb. 1.3 Expansionsversuch mit Gasen. I, II, III,. . . N = Glaskolben mit den Volumina VI , VII , VIII bis VN . M = Manometer zur Druckmessung. HI , HII , usw.: Verbindungshähne
1.3
Thermisches Gleichgewicht und der „Nullte Hauptsatz der Thermodynamik“
7
Volumen VII + VI , dann pIII bei V = VI + VII + VIII und schließlich pN bei V = VI + VII + . . . + VN . Der ganze Versuch findet statt in einer Umgebung von „schmelzendem Eis“ (sog. Eispunkt des Wassers: Schmelzpunkt des Wasser unter 1 bar Druck). Bei jedem Expansionsschritt wird p kleiner, V nimmt zu. Man bildet folgenden Grenzwert durch Extrapolation der gemessenen Werte des Produktes ( p · V ) und erhält den Wert AE : lim ( p · V ) = AE
(Index E = Eispunkt)
p→0
Jetzt wird dieselbe Versuchsreihe bei einer anderen empirischen Temperatur, und zwar bei 1,01325 bar (= 1 atm) in siedendem Wasser als Umgebung durchgeführt. Man findet: lim ( p · V ) = AS
(Index S = Siedepunkt)
p→0
Man stellt fest, dass diese Ergebnisse, also AE und AS , unabhängig vom Gas (He, N2 , CO2 usw.) sind, und dass AS > AE ist. Man findet: AE /AS = 0,73201. Jetzt definiert man: TE∗ AE = TS∗ AS und teilt die Differenz TS∗ − TE∗ in 100 Skalenteile ein: TS∗ − TE∗ = 100 K 1 Skalenteil auf dieser Temperaturskala heißt 1 Kelvin (K). Damit folgt: 100 AS AE
−1
= TE∗
Es ergibt sich somit: TE∗ = 273,15 K Für TS∗ gilt also: TS∗ = 373,15 K Auf diese Weise ist jede andere empirische Temperatur T ∗ in der Kelvin-Skala festgelegt. Im Unterschied zu TE∗ gilt beim sog. Tripelpunkt des Wassers: ∗ = 273,16 K TTr
8
1 Grundbegriffe
∗ des Wassers ist die Schmelztemperatur des Wassers Die Tripelpunkttemperatur TTr bei Anwesenheit der 3 Phasen: fest (Eis), flüssig und Gas unter dem Sättigungsdampfdruck des Wassers. Gebräuchlich ist auch die sog. Celsius-Skala der Temperatur, die mit der KelvinSkala zusammenhängt:
ϑ = T ∗ − 273,15 (Einheit: ◦ C) Durch die so quantifizierte empirische Temperatur T ∗ ist gleichzeitig die Zustandsgröße des Volumens V als Funktion von p, T ∗ und n gefunden für das sog. ideale Gas: V =
n·R · T∗ p
oder
p · V = n · RT ∗ oder p =
ρ · RT M
(1.5)
wobei M die Molmasse des idealen Gases und ρ seine Massendichte bedeuten. Die Konstante R heißt allgemeine Gaskonstante und hat die Einheit Pa · m3 · K−1 mol−1 , wobei die Druckeinheit 1 Pa(Pascal) = 1 N · m−2 beträgt. 1 N = 1 Newton ist die Krafteinheit und 1 N· m ist die entsprechende Energieeinheit 1 Joule (J). Demnach hat R auch die Einheit J · mol−1 · K−1 . Ihr Wert ist durch AE /TE∗ = AS /TS∗ festgelegt. Durch sorgfältige Messungen findet man: R = 8,3145 J · mol−1 · K−1
(1.6)
Das sog. ideale Gasgesetz Gl. (1.5) ist ein Grenzgesetz, das nur im Grenzfall p → 0 oder V → ∞ bei T ∗ > 0 gültig ist. Es hat insofern eine universelle Bedeutung, als im Prinzip alle Materie bei T ∗ > 0 für p → 0 zum idealen Gas wird. Abbildung 1.4 zeigt graphisch den Zusammenhang von p, V und T ∗ nach dem idealen Gasgesetz (Gl. 1.5). Die Kurven p(V ) bei festem T ∗ nennt man Isothermen. Beim idealen Gas stellen diese Kurven Hyperbeln dar. Gleichung (1.5) gilt auch für ideale Gasmischungen mit k Komponenten, wobei k n i ersetzt wird. Die Molvolumina V M,id. idealer Gasmischungen und n durch i=1
die ihrer reinen Komponenten sind bei T ∗ = const und p = const identisch, denn es gilt: V M,id. = V /n = V
k
ni = R · T ∗/ p
i
Ein Gasthermometer ist ein Kolben mit festem Volumen V , in dem sich n Mole eines idealen Gases befinden. Die Messgröße ist der Druck p des Gases. Damit
1.3
Thermisches Gleichgewicht und der „Nullte Hauptsatz der Thermodynamik“
9
Abb. 1.4 Graphische Darstellung des Zusammenhangs von p, V und T ∗ beim idealen Gas. T1∗ < T2∗ < T3∗ < T4∗ . Die Linien heißen Isothermen
lässt sich die empirische Temperatur T ∗ der Umgebung messen, in der sich das Gasthermometer befindet: T ∗ = p · V /(n · R) Mit dem Gasthermometer kann man beliebige andere Thermometer kalibrieren, die zur Messung von T ∗ einfacher zu handhaben sind. Z. B. gilt für die Ausdehnung von Flüssigkeiten wie Quecksilber (Hg) bei p = 1 bar: T∗ = a + b · V + c · V2 + ..., Die Konstanten a, b, c usw. können bei verschiedenen Werten von T ∗ durch Messung der dazugehörigen Volumina V bestimmt werden (Kalibrierung). Eine Messung der Volumenänderung VT∗1 − VT∗2 = V (Fadenlänge!) gibt dann ein genaues Messinstrument für die Temperatur in diesem Temperaturbereich, das platzsparend ist und schnell auf Änderungen von T ∗ reagiert (Quecksilber-Thermometer oder allgemein Flüssigkeitsthermometer). Weitere Thermometer, die in ähnlicher Weise kalibriert werden müssen, sind Widerstandsthermometer, z. B. das Pt-Widerstandsthermometer. Der elektrische Widerstand rw ist eine Funktion von T ∗ (bei p = 1 bar) r w = a + b · T ∗ + c · T ∗ + . . . , 2
10
1 Grundbegriffe Tabelle 1.1 Temperaturfixpunkte zur Kalibrierung der Kelvin-Skala nach der ITS 90a
Fixpunkt Tripelpunkt des Wasserstoffs (H2 )c Tripelpunkt des Neons (Ne) Tripelpunkt des Sauerstoffs (O2 ) Tripelpunkt des Argons (Ar) Tripelpunkt des Quecksilbers (Hg) Tripelpunkt des Wassers (H2 O) Erstarrungspunkt des Zinns (Sn) Erstarrungspunkt des Zinks (Zn) Erstarrungspunkt des Silbers (Ag) Erstarrungspunkt des Goldes (Au) Erstarrungspunkt des Platins (Pt) Erstarrungspunkt des Wolframs (W) a b c
Temperatur/K 13,8033 24,5561 54,3584 83,8058 234,3156 273,1600 505,078 692,677 1234,93 1337,33 1768,15 3417,85
geschätzte Genauigkeit/mKb ± 0,3 ± 0,4 ± 0,2 ± 0,2 ± 0,1 Definition ± 0,5 ± 2,0 ± 10 ± 10 ± 10 ± 20
ITS-90 = International Temperature Scale 1990. mK = Milli-Kelvin = 10−3 K. Gleichgewichtsmischung von ortho- und para-Wasserstoff.
Dieses Thermometer hat einen weiten Messbereich (−100 bis +400◦ C) und reagiert sehr schnell auf Temperaturänderungen. Auf die Darstellung weiterer Thermometer verzichten wir hier, wie z. B. Thermoelemente, Dampfdruck-Thermometer von flüssigem N2 und flüssigem He für tiefe Temperaturen, Strahlungsthermometer bei hohen Temperaturen, Quarz-Thermometer, u. a. Zur genauen Kalibrierung von Thermometern sind für die Kelvin-Skala eine ganze Reihe von Fixpunkten festgelegt worden, von denen einige in Tabelle 1.1 wiedergegeben sind.
1.4 Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele 1.4.1 Berechnung von Molarität, Molalität, Molenbruch und Gewichtsbruch Eine wässrige Lösung enthält 45,02 g pro Liter an NaCl. Die Dichte dieser Lösung beträgt 1,029 g · cm−3 . Wie groß ist (a) die Molarität, (b) die Molalität, (c) der Molenbruch, (d) der Gewichtsbruch an NaCl in dieser Lösung? Lösung: (a) Molarität: Die Molmasse von NaCl beträgt 35,45 + 22,99 = 58,44 g · mol−1 , also beträgt die Molarität cNaCl : 45,02/58,44 = 0,7704 mol · L−1 . (b) Molalität m˜ NaCl : 0,7704/0,98398 = 0,7829 mol/kg. (c) (45,02/58,44)/(45,02/58,44 + 983,98/18,01) = x NaCl = 0,0139. (d) 45,02/(45,02 + 983,98) = wNaCl = 0,04375.
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
11
1.4.2 Umrechnung von Molenbruch in Gewichtsbruch Eine flüssige Mischung bestehend aus CCl4 und Heptan hat den Molenbruch x CCl4 = 0, 4. Wie groß ist der Gewichtsbruch wCCl4 ? Lösung: wCCl4 =
MCCl4
0,1538 · 0,4 MCCl4 · x CCl4 = · xCCl4 + MC7 · (1 − xCCl4 ) 0,1538 · 0,4 + 0,100(1 − 0,4) = 0,506
1.4.3 Molekülzahl im Hochvakuum Der Druck, der mit einer Vakuumpumpe im Labor erreicht wird, betrage 10−8 bar. Wie viele Moleküle befinden sich unter diesen Bedingungen bei 293 K in 100 cm3 ? Lösung: R · 293 N · 10−4 m3 NL N = 10−3 · 10−4 · 6,022 · 1023 (8,3145 · 293) = 2,472 · 1013 Moleküle p = 10−8 bar = 10−3 Pa =
1.4.4 Airbags in Autos Die zusammengefalteten Airbags in Autos werden bei Bedarf durch eine sehr schnelle Zersetzung von festem Natriumazid NaN3 aufgeblasen entsprechend der Reaktion 2NaN3 → 2Na + 3N2 Wie viel g NaN3 benötigt man, um einen Airbag von 36 Litern Inhalt auf 1,2 bar bei 298 K aufzublasen? Lösung: Wir wenden das ideale Gasgesetz an, um die Molzahl an N2 -Gas im aufgeblasenen Airbag zu berechnen: Molzahl Stickstoff =
1,2 · 105 Pa · 36 · 10−3 m3 p·V = = 1,74 mol R · T∗ 8,3145 J · K−1 · mol−1 · 298
Das entspricht einer Molzahl von 2/3 · 1,74 = 1,16 an NaN3 . Die Molmasse von NaN3 beträgt 65 g · mol−1 . Also ist die benötigte Menge an NaN3 : 65 · 1,16 = 75,4 g
12
1 Grundbegriffe
1.4.5 Zusammensetzung einer Gasmischung aus Druck- und Massenbestimmung Ein praktisch ideales Gasgemisch aus He und N2 befindet sich in einem 2-LiterKolben bei 25 ◦ C. Der gefüllte Kolben wiegt 285,63 g, der Durck im Kolben beträgt 0,951 bar. Der evakuierte Kolben wiegt 284,20 g. Welche Zusammensetzung hat die Gasmischung? Geben Sie den Molenbruch xHe von He an. Lösung: Die Gesamtmolzahl n beträgt: n = p · V /(R · T ∗ ) = 0,951 · 105 · 2 · 10−3 /(8,3145 · 298,15) = 7,6725 · 10−2 mol Die Gesamtmasse der Gasmischung m beträgt: m = (285,63 − 284,20) · 10−3 = 1,43 · 10−3 kg Der Molenbruch x He errechnet sich mit MHe = 0,004 kg · mol−1 und MN2 = 0,028 kg · mol−1 aus folgender Bilanz: m = 1,43 · 10−3 = 7,6725 · 10−2 (xHe · 0,004 + (1 − xHe ) · 0,028) Daraus folgt: xHe = 0,390
1.4.6 Bestimmung der Molmasse von Trimethylamin Berechnen Sie die Molmasse M von gasförmigem Trimethylamin aus den folgenden Messdaten bei 273,15. Extrapolieren Sie die Ergebnisse gegen den Druck p = 0. p/atma 0,20 0,5336 ρ/g · L−1 a 1 atm = 101.325 Pa
0,40 1,0790
Lösung: Die Massendichte eines idealen Gases lautet: ρ=
M·p RT ∗
Also lässt sich die Molmasse M ermitteln aus M = R · T ∗ · ρ/ p
0,60 1,6363
0,80 2,2054
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
13
Da gilt, dass 1 g · L−1 = 1 kg · m−3 , ergibt sich: M kg · mol−1 ρ kg · m−3 M kg · m−3
0,05980 0,5336 –
0,06046 1,0790 6,6 · 10−4
0,06112 1,6363 6,6 · 10−4
0,06179 2,2054 6,7 · 10−4
Aus der letzten Zeile ergibt sich eine Zunahme von 6,6 · 10−4 kg · mol−1 pro 0,2 atm. Also lautet das extrapolierte Ergebnis: M = 0,05980 − 6,6 · 10−4 = 0,05914 kg · mol−1 Zum Vergleich der tatsächliche Wert für (CH3 )3 N : (3 · (3 · 1,007 + 12) + 14, 0) · 10−3 = 0,05906 kg · mol−1 . Der Fehler beträgt also ca. 0,1%.
1.4.7 Kalibrierung eines Platin-Widerstandsthermometers Ein Pt-Widerstandsthermometer hat bei 0◦ C einen Widerstand von 9,81 Ohm, bei 100 ◦ C einen Widerstand von 13,65 Ohm und bei 300 ◦ C einen Widerstand von 21 Ohm. (a) Geben Sie die Koeffizienten α, β und γ für die Kalibrierkurve an R (Ohm) = α + β · T ∗ + γ · T ∗2 wobei T ∗ in Kelvin gemessen wird. (b) Welche Temperatur in K ist einem gemessenen Widerstand von 15,2 Ohm zuzuordnen? Lösung: (a) 9,81 = α + β(273,15) + γ (273,15)2 13,61 = α + β(373,15) + γ (373,15)2 21,00 = α + β(573,15) + γ (573,15)2 Subtraktion der ersten von der zweiten bzw. der ersten von der dritten Zeile ergibt: 13,61 − 9,81 = β(373,15 − 273,15) + γ [(373,15)2 − (273,15)2 ] 21,00 − 9,81 = β(573,15 − 273,15) + γ [(573,15)2 − (273,15)2 ]
14
1 Grundbegriffe
Also folgt: 3,8 = 100 · β + γ · 6,4620 · 104 11,19 = 300 · β + γ · 2,5389 · 105
Subtraktion des 3-fachen der ersten von der zweiten Zeile eliminiert β und ergibt für γ : γ = −3,498 · 10−6 Ohm · K−2 Daraus folgt für β: β = 0,0402604 Ohm · K−1 bzw. für α: α = −0,9261 Ohm (b) 15,2 = −0,9261 + 0,402604 · 10−1 · T ∗ − 3,498 · 10−6 · T ∗2 Das Ergebnis lautet also:
T ∗ = 416,0 K.
1.4.8 Funktionsweise eines Gasthermometers Wir konstruieren ein Gasthermometer (s. Abb. 1.5). Zwei Gefäße, eines mit dem Volumen V1 bei der Temperatur T1∗ ist mit einem zweiten Gefäß durch einen sehr dünnen Schlauch verbunden. Dieses zweite Gefäß hat das Volumen V2 und die Temperatur T2∗ und es dient als Thermometer. Das erste Gefäß bleibt immer bei der Temperatur T1∗ . Bekannt sind die Gesamtmolzahl n = n 1 + n 2 sowie die
Abb. 1.5 Gasthermometer zur Messung von T2∗
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
15
Volumina V1 und V2 (das Schlauchvolumen sei vernachlässigbar). Messgröße ist der Druck p. (a) Geben Sie die gesuchte Temperatur T2∗ an als Funktion der Messgröße p. (b) Das Gesamtsystem enthält n = 0,01226 Mole, V1 = 200 cm3 , V2 = 100 cm3 , T1∗ = 294, 15 K. Es wird ein Druck p von 1.170 mbar gemessen. Wie groß ist die gesuchte Temperatur T2∗ ? Lösung: (a) Es herrscht immer Druckgleichheit in beiden Systemen, also gilt: n1 n2 n − n1 · T1∗ = · T2∗ = · T2∗ = p/R V1 V2 V2 Daraus folgt durch Auflösung nach T2∗ : T2∗ =
V2 · T1∗ ·p n R · T1∗ − p · V1
(b) Einsetzen der angegebenen Größen ergibt: (100 · 10−6 ) · 294,15 · 1,170 · 105 0,01226 · 8,3145 · 294,15 − 1,170 · 105 (200 · 10−6 ) 3441,5 = 522,7 K = 6,584
T2∗ =
1.4.9 Balance und Stabilität von Gaskolben auf einer Balkenwaage Zwei identische Kolben der Masse m K und jeweils dem Volumen V , die durch ein dünnes Glasrohr verbunden sind, enthalten beim Druck p0 = 1 bar und der Temperatur T ∗ ein ideales Gas mit der Molmasse MG (s. Abb. 1.6). Das Verbindungsrohr liegt genau in der Mitte auf einem Stützpfeiler der Breite b auf. Gewicht und Volumen des Verbindungsrohrs seien vernachlässigbar. Der Abstand der Kolbenschwerpunkte ist L , l1 und l2 sind jeweils die Abstände des linken bzw. rechten Kolbens zum Schwerpunkt S des 2-Kolbensystems, der innerhalb von b liegen muss, wenn Stabilität herrschen soll. Jetzt wird die Temperatur T ∗ im rechten Kolben um T ∗ erhöht, der Schwerpunkt wandert von der Mitte des Stützpfeilers dadurch nach links. Geben Sie den Zusammenhang zwischen T ∗ und der Lage des Schwerpunktes am linken Rand des Stützpfeilers an. An dieser Stelle kommt das ganze System aus dem Gleichgewicht und kippt zur linken Seite nach unten. Berechnen Sie die Breite b, bei der der Schwerpunkt gerade am linken Rand liegt mit folgenden Angaben: L = 50 cm, MG = 0,083 kg · mol−1 , p0 = 1 bar, V = 100 cm3 , T ∗ = 300 K, T ∗ = 100 K, m K = 10 g bzw. m K = 1 g.
16
1 Grundbegriffe
Abb. 1.6 Stabilität von Gaskolben bei verschiedenen Temperaturen
Lösung: Anfangs, vor der Temperaturerhöhung, befinden sich in beiden Kolben dieselben Molzahlen n 1 = n 2 = n und es herrscht der Druck p0 = n · R · T ∗ /V . Der Schwerpunkt liegt genau in der Mitte des Stützpfeilers. Nach Temperaturerhöhung T ∗ erhöht sich im linken Kolben die Molzahl um n, im rechten vermindert sie sich um n. Da auch jetzt der Druck in beiden Kolben derselbe ist, gilt: T ∗ · (n + n) = (n − n)(T ∗ + T ∗ ) Aufgelöst nach n ergibt sich: n = n ·
1 p0 · V T ∗ 1 T ∗ · = · ∗ · ∗ ∗ ∗ T ∗ 2 + T R · T T 2 + T T∗ T∗
Nach dem Hebelgesetz gilt im mechanischen Gleichgewicht: m 1 · l1 = m 2 · l2
mit
l1 + l 2 = L
wobei m 1 = m K +m 1G und m 2 = m K +m 2G bedeuten. m 1G bzw. m 2G bedeuten die Masse des Gases im linken (1) bzw. rechten (2) Kolben. l1 bzw. l2 ist der Abstand des linken bzw. rechten Kolbens zum Schwerpunkt. Wenn der Schwerpunkt genau am linken Rand der Breite des Balkens b liegt, gilt: m 1 (L − b) = m 2 (L + b) Aufgelöst nach b ergibt sich: b=
m · L mit m = m 1G − m 2G m1 + m2
Da m = 2 · n · MG (MG = Molmasse des Gases), ergibt sich:
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
b=
17
2L · MG p0 · V T ∗ · · ∗ ∗ 2m K + m 1G + m 2G RT 2T + T ∗
oder mit m 1G + m 2G = n · MG = 2MG · p0 · V /RT ∗ ⎞
⎛ ⎜ b=⎝
T ∗ 2L · MG ⎟ p0 · V · ⎠· 2 p0 · V RT ∗ 2T ∗ + T ∗ 2m K + · MG ∗ RT
b ist also die Breite des Balkens, bei der für eine gegebene Temperaturerhöhung im rechten Kolben der Schwerpunkt gerade am linken Balkenrand liegt. Wir wählen als Beispiel L = 50 cm, MG = 0,083 mol · kg−1 , p0 = 1 bar, V = 100 cm3 , T ∗ = 300 K, T ∗ = 100 K, m K = 10 g. Daraus folgt: 100 0,5 · 0,083 · 2 105 · 0,1 · 10−3 · · 8,3145 · 300 2 · 300 + 100 2 · 105 · 0,1 · 10−3 2 · 0,01 + · 0,083 8,3145 · 300 2 · 0,0415 · 4 · 10−3 · 0,1428 = 2,294 · 10−3 m = 2,294 mm = 0,02 + 6,655 · 10−4
b=
Eine Balkenbreite b > 2,294 mm bringt das 2-Kolbensystem nicht aus dem Gleichgewicht, b < 2,294 mm bringt es jedoch zum Kippen. Beträgt das Leergewicht der Kolben jeweils nur 1 g, ist b = 17,8 mm. Man muss also sehr leichte Kolben verwenden, wenn man den Schwerpunkt merklich verschieben will.
1.4.10 Bestimmung des Anteils von Argon in der Luft Zur Bestimmung des Molenbruchs x Ar von Argon in der trockenen Luft wird zunächst der Sauerstoff durch folgende Reaktion aus der Luft entfernt: 4Cu + 2O2 + 8N2 + n Ar Ar → 4CuO + 8N2 + n Ar Ar Eine präzise Dichtemessung des sauerstofffreien Gemisches aus N2 und Ar ergab bei p = 1 bar und T ∗ = 300 K einen Dichtewert von ρ = 1,1285 kg · m−3 . Bestimmen Sie den Molenbruch von Ar in der trockenen Luft. Lösung: Für die Massendichte ρ gilt: ρ=
n N2 · MN2 + n Ar · MAr V
wobei n N2 und n Ar die Molzahlen von N2 bzw. Ar sind und MN2 bzw. MAr die Molmassen.
18
1 Grundbegriffe
Das ideale Gasgesetz für die N2 /Ar-Mischung lautet:
p · V = n N2 + n Ar · RT ∗ als Molenbruch von Argon in der N /Ar-Mischung: Daraus folgt mit xAr 2
ρ=
p 1 − xAr MN2 + x Ar MAr ∗ RT
ergibt sich mit p = 105 Pa und T ∗ = 300 K: Aufgelöst nach xAr x Ar
1,1285 ρ ( p/RT ∗ ) − MN2 40,0906 − 0,028 = = MAr − MN2 0,040 − 0,028 = 0,01239
Der Molenbruch x Ar in der Luft ergibt sich daraus durch Berechnung der Molzahl von n Ar bei 8 Mol N2 in der N2 /Ar-Mischung: n Ar =
·8 xAr = 0,1003 1 − x Ar
In der Luft befinden sich 8 mol N2 und 2 mol O2 , also insgesamt 10 mol N2 + O2 . Damit ergibt sich für den Molenbruch x Ar in der Luft: xAr =
n Ar = 0,01003 10
Die trockene Luft enthält also ca. 1 Molprozent Argon.
1.4.11 Zusammenhang von Molenbruch und Molalität Geben Sie eine allgemeine Formel an, wie der Molenbruch x1 eines gelösten Stoffes (Komponente 1) in einem Lösemittel (Komponente 2) mit der Molalität m 1 zusammenhängt. Welchen Molenbruch hat eine 0,2 molale Lösung in Wasser? Lösung: m 1 =
n1 n1 = m2 M2 · n 2
Es gilt: 1 n1 + n 2 n2 1 = =1+ =1+ x1 n1 n1 M2 m 1
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
19
Das ergibt: x1 =
1 M2 · m 1 + M2 m 1
Wasser hat die Molmasse M2 = 0,018 kg · mol−1 . Also ist der Molenbruch x1 : x1 =
0,018 · 0,2 = 3,587 · 10−3 1 + 0,018 · 0,2
1.4.12 Mittlere Dichte eines heterogenen Systems am Beispiel der Erde Berechnen Sie aus den in der Abb. 1.7 angegebenen Daten die mittlere Dichte der Erde ρ Erde . Lösung: Wir berechnen die Massen von Kruste, Mantel und Kern: 4 m Kruste = 3,103 · 103 · π (6,370 · 106 )3 − (6,345 · 106 )3 = 3,94 · 1022 kg 3 4 m Mantel = 4,496 · 103 · π (6,345 · 106 )3 − (3,490 · 106 )3 = 4,01 · 1024 kg 3 3 4 m Kern = 10,839 · 10 · π · (3,490 · 106 )3 = 1,93 · 1024 kg 3
Abb. 1.7 Struktur des Erdinneren (nicht genau maßstäblich)
20
1 Grundbegriffe
Die mittlere Dichte ρ Erde ist dann: ρ Erde =
3, 94 · 1022 + 4, 01 · 1024 + 1,93 · 1024 4 6 3 3 π(6, 370 · 10 )
= 5,523 · 103 kg · m−3
1.4.13 Berechnung der inneren Struktur des Saturn-Mondes Titan Der Saturn-Mond Titan hat eine Masse von 1,344 · 1023 kg und einen Durchmesser von 5.150 km. Sein äußerer Mantel besteht aus Wassereis (Dichte ca. 1,1 g · cm−3 ), sein Kern aus Silikatgestein (Dichte 3, 0 g/cm−3 ). Wie tief unter der Oberfläche verläuft die Grenze von Eis zum Gestein? Lösung: Den Radiusvektor vom Mittelpunkt des Mondes aus bezeichnen wir mit r (s. die analoge Definition für die Erde in Abb. 1.7). Dann ergibt sich aus einer Massenbilanz für den Radius r g vom Mittelpunkt bis zur Grenze vom Gestein zum Eis: m Eis + m Silikat = 1,344 · 1023 kg =
4 4 π · ρEis r03 − r g3 + πr g3 · ρSilikat 3 3
wobei r0 der Radius des Mondes ist (r0 = 5.150/2 = 2.575 km). Auflösung der Gleichung nach rg ergibt: ⎞1/3 ⎞1/3 ⎛ 4 π ρEis · r03 23 22 ⎟ ⎜ ⎜ 1,344 · 10 –7,867 · 10 ⎟ 3 =⎝ rg = ⎝ ⎠ ⎠ 4 4 π (ρSilikat − ρEis ) π (3.000–1.100) 3 3 = 1,913 · 106 m = 1.913 km ⎛
1,344 · 1023 −
Die Tiefe unter der Oberfläche, bei der die Grenze von Eis zum Gestein liegt, beträgt also: r0 − r g = 2.575–1.913 = 662 km
1.4.14 Die Zahl verborgener Goldmünzen 100 Münzen sind in einem geschlossenen Sack verpackt, der 5,704 kg wiegt. Die Münzen bestehen aus Gold oder Blei. Bekannt ist, dass eine Blei-Münze 50 g wiegt, alle Münzen im Sack sind gleich groß. Ohne den Sack öffnen zu müssen, lassen sich aus diesen Angaben die Zahl der Goldmünzen im Sack bestimmen. Man benötigt lediglich das Verhältnis der Massendichten ρGold /ρBlei , es beträgt 1,7037. Wie viele Gold-Münzen sind im Sack? (Die Lösung eines ganz ähnlichen Problems spielt eine entscheidende Rolle in einem Film aus der Krimi-Serie „Colombo“.) Hinweis: das Gewicht des leeren Sacks kann vernachlässigt werden.
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
21
Lösung: Wir bezeichnen die Gesamtmasse der Münzen mit M, die Masse einer Blei-Münze mit m Pb und die zu bestimmende Zahl der Gold-Münzen mit x. Dann gilt die Bilanz: M = m Pb · (ρGold /ρBlei ) · x + m Pb (100 − x) Daraus lässt sich sofort x bestimmen: x=
M/m Pb − 100 ∼ = 20 Goldmünzen ρGold /ρBlei − 1
1.4.15 Bergung einer im Meer versunkenen Gasdruckflasche Von einem Forschungsschiff auf See ist eine Druckflasche mit Argon (10 bar), deren Gesamtvolumen 45 L beträgt mit einer Gesamtmasse von 70 kg, über Bord gegangen und im Meer versunken. Die Meerestiefe beträgt an dieser Stelle 12 m. Ein Taucher bringt an dem Flaschenventil einen zusammengefalteten, aufblasbaren Ballon an, um die Flasche zu heben. Auf welches Volumen muss der Ballon mindestens aufgeblasen werden durch das Gas in der Flasche und wie viel Ar befindet sich dann in dem Ballon? Die Dichte des Meerwassers ist 1,025 · 103 kg · m−3 , seine Temperatur T ∗ = 291 K. Lösung: Damit das System Flasche plus Ballon Auftrieb erhält, muss gelten: ρMeer ≥ ρSystem , also : 1,025 · 103 ≥
70 kg 0,045 m3 + VBallon
Also gilt: VBallon ≥
70 − 0,045 = 0,0683 − 0,045 1,025 · 103 = 0,0233 m3 = 23,3 L
Die Molzahl n Ar im Ballon beträgt: p · VBallon , mit p = ρMeer · g · h + 105 Pa R · 291 = 1,025 · 103 · 9,81 · 12 + 105 = 220.663 Pa = 2,207 bar
n Ar =
folgt für n Ar : n Ar =
2,207 · 105 · 0,0233 = 2,125 mol = 2,125 · 40 g = 85 g Argon 8,3145 · 291
22
1 Grundbegriffe
Voraussetzung ist natürlich, dass der Druck an Argon in der Flasche deutlich größer ist als 2 bar, das ist der Fall (10 bar).
1.4.16 Anstieg des Meeresspiegels durch Schmelzwasser des Grönlandeises Die Menge des Festlandeises auf Grönland beträgt 2,5 · 106 km3 . Um wie viel Meter steigt der Meeresspiegel der Erde, wenn diese gesamte Eismenge schmelzen und ins Meer fließen würde? Angaben: Erdradius rE = 6.370 km, 72% der Erdoberfläche sind von Meerwasser bedeckt. Mittlere Dichte von Meerwasser: 1,025 g · cm−3 . Dichte des Eises: 0,916 g · cm−3 . Lösung: Die Fläche des Meeres beträgt: 0,72 · 4π rE2 = 0,72 · 4π(6,370)2 · 1012 = 3,67 · 1014 m2 Der Anstieg des Meeresspiegels h ergibt sich aus der Massenbilanz: 1025 · 3,67 · 1014 · h = 916 · 2,5 · 1015 kg Daraus folgt für den Anstieg des Meeresspiegels: h = 6,08 m
1.4.17 Verdampfungsvolumen eines Metalls Der Dampfdruck eines Metalls beträgt bei 20 ◦ C 5 · 10−8 Pa. Wie groß muss das Volumen sein, damit 1 Mol des Metalls vollständig verdampft? Geben Sie die Kantenlänge des Würfels an, dem dieses Volumen entspricht. Lösung: V = RT ∗ / p = 8,3145 · 293,15/(5 · 10−8 ) = 487,48 · 108 m3 Das entspricht einem Würfel mit der Kantenlänge von 3,65 km.
1.4.18 Balance von schwimmenden Eiswürfeln Ein Eiswürfel schwimmt auf der Grenzfläche von flüssigem Wasser, über dem (a) Luft und (b) flüssiges Heptan (C7) geschichtet ist (s. Abb. 1.8). Wie groß ist der prozentuale Anteil des Eisvolumens, der aus dem Wasser herausragt?
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
23
Abb. 1.8 Schwimmender Eiswürfel auf einer Grenzfläche
Angaben: ρH2 O = 1,00, ρEis = 0,9168, ρLuft ≈ 0, ρC7 = 0,69, alles in g · cm−3 bei 0 ◦ C. Lösung: (a) Es gilt im Kräftegleichgewicht g · (ρH2 O − ρEis )VEis · (1 − x) + g(ρLuft − ρEis ) · VEis · x = 0 Daraus folgt (ρLuft ≈ 0): ρH2 O − ρEis x 1,00–0,9168 = = = 0,0907 ρEis 1−x 0,9168 Also: x=
0,1017 = 0,083 = 8,3% 1 + 0,1017
Setzt man die Meerwasserdichte von 1,025 g·cm−3 statt der von reinem Wasser ein, ist x = 0,106 = 10,6%. (b) ρH2 O − ρEis =
1,00–0,9168 = ρEis − ρC7 = 0,3668 0,9168–0,69
Also: x=
0,4109 = 0,268 = 26,8% 1 + 0,4109
24
1 Grundbegriffe
1.4.19 Die Masse der Erdatmosphäre Der Luftdruck p nimmt mit der Höhe h über dem Erdboden ungefähr nach der sog. barometrischen Höhenformel ab: MLuft · g · h p = p0 · exp − R · T∗ wobei MLuft die mittlere Molmasse der Luft (0,029 kg · mol−1 ), g die Erdbeschleunigung (9,81 m · s−2 ), R die Gaskonstante und T ∗ die mittlere Temperatur (287 K) bedeuten. p0 =1 bar. Wie groß ist die Masse der Erdatmosphäre? Vernachlässigen Sie die Erdkrümmung und die Höhenabhängigkeit von g. Angaben: Der Erdradius rE beträgt 6.370 km. Lösung: Für die Gesamtmolzahl n t gilt mit der molaren Konzentration c(h) in der Höhe h über dem Erdboden: ∞ nt = A
∞ c(h) · dh = A · c(h = 0) ·
0
0
MLuft · h dh exp − ∗ R · TLuft
RT ∗ = A · c(h = 0) = A · p(h = 0)/ (MLuft · g) MLuft · g Masse der Erdatmosphäre m t = MLuft · n t =
105 · 4π · 40,59 · 1012 = 5,2 · 1018 kg 9,81
1.4.20 Szenario der Freisetzung des gesamten Kohlenstoffs der Erdoberfläche als CO2 Falls der gesamte Kohlenstoff, der in der Erdkruste als Sediment und Gestein in Form von CaCO3 , MgCO3 und fossilem Kohlenstoff (Kohle, Erdöl, Erdgas) fixiert ist, frei würde in Form von CO2 , würden 2 · 1023 g CO2 in die Erdatmosphäre gelangen. (a) Berechnen Sie für diesen Fall den Partialdruck pCO2 (h = 0) von CO2 am Erdboden. Gehen Sie davon aus, dass näherungsweise das ideale Gasgesetz herrscht. (b) Wie würde die Zusammensetzung der Erdatmosphäre in Mol % dann aussehen? Lösung: (a) Die gesamte Molzahl n t an CO2 in der Atmosphäre ergibt sich durch Integration über die molare Konzentration c(h) als Funktion von h nach der barometrischen Höhenformel (s. Aufgabe 1.4.19):
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
n t = A · c(h = 0) ·
25
RT ∗ MCO2 · g
wobei A = die Erdoberfläche bedeutet. Bei Annahme der Gültigkeit des idealen Gasgesetzes gilt: nt = A ·
p(h = 0) MCO2 ·g
Multiplikation mit der Molmasse MCO2 ergibt die Gesamtmasse m t an CO2 in der Atmosphäre, so dass gilt: pCO2 (h = 0) =
m t,CO2 ·g A
Mit dem Erdradius rE = 6,370 · 106 m bzw. der Erdoberfläche A = 4πrE2 ergibt sich: pCO2 (h = 0) =
2 · 1020 · 9,81 = 38,5 · 105 Pa = 38,5 bar 4π(6,37 · 106 )2
(b) Die Partialdrücke der vorhandenen Gase wären am Erdboden: pCO2 = 38,5 bar, pN2 = 0,8 bar, pO2 = 0,2 bar Es gilt: Mol % von i = xi · 100 = pi / pi · 100. Das ergibt: CO2 : 97,46%, N2 : 2,03%, O2 : 0,51%. Die Druckverhältnisse und die Zusammensetzung der Atmosphäre würden dann sehr denen der Venus ähneln, wo es wahrscheinlich nie flüssiges Wasser gab, in dem sich CO2 lösen und als Sediment fixiert werden konnte.
1.4.21 Emission von Benzindämpfen aus Pkw’s in Deutschland Der Benzintank eines Pkw enthält 50 Liter. Beim Auftanken wird jedes Mal die Luft mit dem dampfförmigen Benzin herausgedrückt und entweicht in die Atmosphäre. Wir nehmen an, dass der Partialdampfdruck des Benzins in der Tankluft dem Dampfdruck des gesättigten flüssigen Benzins entspricht, da immer kleine Flüssigkeitsreste im Tank vor dem Wiederbefüllen verbleiben. (a) Berechnen Sie die Menge an gasförmigem Benzin, die in die Atmosphäre emittiert wird, wenn der leere Tank neu befüllt wird. Der Sättigungsdampfdruck des Benzins beträgt ca. 70 mbar = 7.000 Pa bei T ∗ = 293 K. Die mittlere Molmasse ist 100 g · mol−1 .
26
1 Grundbegriffe
(b) In Deutschland fahren ca. 40 Millionen Pkw. Wenn jedes Fahrzeug im Mittel 20.000 km im Jahr zurücklegt, und der Benzinverbrauch im Mittel 8 Liter pro 100 km beträgt, wie groß ist die Gesamtmenge an Benzin, die im Jahr in die Atmosphäre gelangt? Welchem Volumen an flüssigem Benzin in m3 entspricht diese Menge (die Dichte von flüssigem Benzin beträgt ca. 0,68 g · cm−3 ). Lösung: (a) Wir berechnen die molare Benzinkonzentration c im leeren Tank: c = psat /R · T ∗ = 7.000/(8,3145 · 293) = 2,873 mol · m−3 Die Masse an Benzin ist: c · 0,05 · 100 = 14,36 g. (b) Die Gesamtzahl der Tankfüllungen pro Jahr in Deutschland beträgt: 40 · 106 · 20.000/(50 · 100/8) = 1,28 · 109 Die Menge an emittiertem Benzin ist dann pro Jahr: 1,28 · 109 · 14,36 = 18,38 · 109 g Das ergibt ein Flüssigkeitsvolumen von 109 ·
18,38 = 27 · 109 cm3 = 27 · 103 m3 0,68
Das entspricht einem würfelförmigen Flüssigkeitstank mit der Kantenlänge von 30 m!
1.4.22 Analyse des Versuches der „Magdeburger Halbkugeln“ Zur Demonstration des Luftdruckes wollen wir den berühmten Versuch von Otto v. Guericke (1.654) mit den sog. „Magdeburger Halbkugeln“ rechnerisch behandeln (s. Abb. 1.9). Zwei Halbkugeln aus einem Eisenmantel werden mit ihren Schnittflächen aufeinander gelegt und zuvor mit einem geeigneten Dichtmaterial versehen. Dann wird die gesamte Hohlkugel evakuiert und an einem Stahlträger aufgehängt. Welches Gewicht muss man unten an die Kugel hängen, damit die zwei Halbkugeln auseinander gerissen werden? Otto v. Guericke ließ je 4 Pferde an gegenüber liegende Seiten der Halbkugeln anspannen, um diese auseinander reißen zu lassen, was nicht gelang. Als er das Ventil A öffnete und die Luft einließ, konnte er die Kugeln mit seinen Händen auseinander nehmen. Lösung: Der Druck, der die beiden Halbkugeln zusammenpresst, ist der äußere Luftdruck von 1 bar, der allseitig auf die Oberfläche der gesamten Kugel wirkt. Die Gegenkraft,
1.4
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
27
Abb. 1.9 Demonstrationsversuch zur Größe des Luftdrucks mit den „Magdeburger Halbkugeln“
die erforderlich ist, um die Kugeln zu trennen, muss entgegengesetzt gleich der Projektionsfläche der Kugel in die Zugrichtung sein multipliziert mit dem Druck von einem bar. Für die Masse m des angehängten Gewichts (einschließlich der unteren Halbkugel) muss also gelten (in SI-Einheiten): Kraft = m · g = π · r 2 · 105 m2 · Pa g ist die Erdbeschleunigung (in m · s−2 ) und r der Radius der Kugel, den wir gleich 0,5 m setzen. Die erforderliche Masse m ist also m = π · (0,5)2 · 105 /9,81 = 8.006 kg (!) Man versteht, dass 2 mal 4 Pferde nicht in der Lage waren, die Halbkugeln zu trennen.
Kapitel 2
Mathematische Grundlagen zur Behandlung von thermodynamischen Zustandsfunktionen
2.1 Totales Differential, Wegunabhängigkeit des Integrals Wir haben gesehen, dass thermodynamische Gleichgewichtseigenschaften eines Systems durch Zustandsfunktionen, also Funktionen beschrieben werden, die von mehreren Variablen abhängen, wie z. B. das Volumen V = V ( p, T ∗ , n 1 . . . , n k ). Wir betrachten allgemein eine Zustandsgröße z = z(υ1 , υ2 , . . . , υk ), die von irgendwelchen Variablen υ1 , . . . , υk abhängt. Zur Vereinfachung der Darstellung sollen zwei Variablen υ1 = x und υ2 = y genügen. Verallgemeinerungen auf beliebige viele Variable (υ1 , υ2 , . . . , υk ) sind dann offensichtlich. Es gilt also: z = f (x, y) z stellt eine Oberfläche im Raum x, y, z dar (Zustandsfläche, s. Abb. 2.1 links). Für das sog. totale oder vollständige Differential von z gilt: dz =
∂z ∂x
· dx + y
∂z ∂y
· dy x
oder verallgemeinert für beliebig viele Variable υ1 , υ2 , . . . , υk : dz =
∂z · dυi ∂υi υ j =υi
(∂z/∂ x) y und (∂z/∂ y)x heißen partielle Differentialkoeffizienten, wobei partiell heißt: Ableitung von z nach x bei y = const bzw. Ableitung von z nach y bei x = const. Der Index rechts unten kennzeichnet die Variablen, die beim Differenzieren konstant gehalten werden. Die partiellen Ableitungen oder partiellen Differentialkoeffizienten sind selbst i. a. wieder Funktionen von x und y (bzw. von υ1 , υ2 , . . . , υk ).
A. Heintz, Gleichgewichtsthermodynamik, Springer-Lehrbuch, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1_2,
29
30
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
Abb. 2.1 Ein Oberflächenstück aus der z(x, y)-Fläche (links oben) und seine Projektion auf die x, y-Ebene (links unten und rechts)
Die Integration über dz ist vom Integrationsweg unabhängig, da das Integral x2
z 2 dz = z 2 − z 1 = z1
x1
∂z ∂x
y2 dx + y
y1
∂z ∂y
dy x
nur vom Anfangs- und Endzustand abhängt. Insbesondere gilt für eine geschlossene Kurve auf der Zustandsfläche in der x, y-Ebene (sog. Kreisprozess): dz = 0 Wir betrachten ein Beispiel: z = x(x + 2y) = x 2 + 2x y dz = 2(x + y)d x + 2x · dy Wir wählen 2 Integrationswege a und b zur Berechnung von z 2 − z 1 , wobei die z-Achse senkrecht auf der x, y-Ebene steht (s. Abb. 2.1): Weg a: z 2 − z 1 = 2x1 (y2 − y1 ) + (x22 − x 12 ) + 2y2 (x2 − x 1 ) = (x 22 − x12 ) + 2x 1 y2 − 2x1 y1 + 2x2 y2 − 2y2 x1 z 2 − z 1 = (x22 − x12 ) + 2(x2 y2 − x 1 y1 )
2.1
Totales Differential, Wegunabhängigkeit des Integrals
31
Weg b: z 2 − z 1 = (x22 − x12 ) + 2y1 (x2 − x 1 ) + 2x 2 (y2 − y1 ) = (x 22 − x12 ) + 2y1 x2 − 2y1 x1 + 2x2 y2 − 2x2 y1 z 2 − z 1 = (x22 − x12 ) + 2(x2 y2 − x 1 y1 ) Beide Wege ergeben wie erwartet dasselbe Ergebnis. Man kann spezielle Anforderungen an die Funktionswerte von z stellen, z. B. sucht man auf der Zustandsfläche nur solche Werte („Höhenlinien“), für die z = const ist (s. z. B. Abb. 2.2). Dann gilt: dz = 0 =
∂z ∂x
d xz + y
∂z ∂y
· dyz x
Man kann dann auflösen: ∂z ∂x y ∂y =− ∂z ∂x z
∂y x
oder:
∂z ∂x
−1 ∂z ∂y ∂x ∂z ∂y · · = · · = −1 ∂y x ∂x z ∂z y ∂y x ∂x z y
(2.1)
wobei wir von der gültigen Identität (∂z/∂ x)−1 = (∂ x/∂z) y Gebrauch gemacht y haben. Diese lässt sich leicht nachweisen:
Abb. 2.2 Schnitte für z = const und x = const durch die z(x, y)-Oberfläche
32
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
dz =
∂z ∂x
dx + y
∂z ∂y
dy x
mit dy = 0 folgt: dz y =
∂z ∂x
· d xy y
und damit: 1=
∂z ∂x
· y
∂x ∂z
oder y
∂z ∂x
−1
=
y
∂x ∂z
y
Die Beziehung Gl. (2.1) spielt in der Thermodynamik öfter eine Rolle, wie wir noch sehen werden.
2.2 Variablentransformationen Wie bereits erwähnt, hat man es in der Thermodynamik häufig mit der Tatsache zu tun, dass es noch andere Zustandsgrößen, z. B. α und β, gibt, die ebenfalls Funktionen von x und y sind. Man möchte nun z bzw. das totale Differential dz, statt als Funktion von x und y als Funktion von α(x,y) und β(x,y) darstellen. Dazu differenziert man dz partiell nach x und y bei β = const: dz β =
∂z ∂x
· d xβ + y
∂z ∂y
· dyβ x
bzw.
∂z ∂α
β
=
∂z ∂x
y
∂x ∂α
β
+
∂z ∂y
x
∂y ∂α
β
und entsprechend gilt:
∂z ∂β
α
=
∂z ∂x
y
∂x ∂β
α
+
∂z ∂y
x
∂y ∂β
α
Dann erhält man: dz =
∂z ∂α
β
· dα +
∂z ∂β
α
· dβ
(∂z/∂α)β und (∂z/∂β)α sind aber in dieser Form noch Funktionen von x und y. Auflösen von α(x, y) und β(x, y) nach x(α, β) und y(α, β) und Einsetzen in (∂z/∂α)β und (∂z/∂β)α ergibt die gewünschte Transformation im Ausdruck für dz
2.3
Der Schwarz’sche Satz
33
von den Variablen x, y zu den Variablen α, β. Wir betrachten noch den Spezialfall α = x: ∂y ∂z ∂z ∂z = ·1+ ∂x β ∂x y ∂y x ∂x β ∂z ∂x ∂y ∂y ∂z ∂z ∂z = + = ∂β x ∂ x y ∂β x ∂ y x ∂β x ∂ y x ∂β x =0
Diese Beziehung ergibt sich natürlich auch direkt durch die Anwendung der Kettenregel beim Differenzieren von z nach y und dann nach β. Eleganter als hier dargestellt kann das Problem der Variablentransformation mit Hilfe der sog. JakobiDeterminanten gelöst werden. Auf eine Darstellung verzichten wir jedoch hier.
2.3 Der Schwarz’sche Satz Wir betrachten in Abb. 2.3 die Änderung der Zustandsgröße z auf 2 verschiedenen Wegen in der x, y−Ebene vom Zustand 1 nach 3 mit kleinen Werten für x und y. Weg 1 ⇒ 2 ⇒ 3 ergibt: z(x + x, y + y) − z(x, y) = z 3 − z 1 = Q(x, y) · y + P(x, y + y) · x Dabei haben wir abgekürzt:
∂z ∂x ∂z ∂y
= P(x, y)
y
= Q(x, y) x
Abb. 2.3 Zur Ableitung des Schwartz’schen Satzes. (Die Fläche x ·y ist zur Veranschaulichung stark vergrößert dargestellt, denn es soll x x und y y gelten.)
34
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
Weg 1 ⇒ 2 ⇒ 3 ergibt: z(x + x, y + y) − z(x, y) = z 3 − z 1 = Q(x + x, y) · y + P(x, y) · x Da das Ergebnis vom Weg unabhängig sein muss, gilt:
P(x, y + y) − P(x,y) x = Q(x + x, y) − Q(x, y) y
oder P(x, y + y) − P(x, y) Q(x + x, y) − Q(x, y) x · y = y · x y x Der Grenzübergang mit x → 0 und y → 0 ergibt:
∂P ∂y
= x
∂Q ∂x
y
oder
∂ 2z ∂ y∂ x
=
∂2z ∂ x∂ y
(2.2)
Das ist der Satz von Schwarz: Wenn z eine Zustandsfunktion ist, ist bei gemischter Ableitung nach x und y die Reihenfolge der Differentiation vertauschbar und liefert dasselbe Ergebnis. Wenn z eine thermodynamische Zustandsgröße ist, insbesondere ein sog. thermodynamisches Potential (s. Abschn. 5.8), und x bzw. y die entsprechenden thermodynamischen Variablen, so bezeichnet man die Gl. (2.2) auch als MaxwellRelation.
2.4 Homogene Funktionen und Euler’sche Gleichung Homogene Funktionen vom Grade l sind eine spezielle Klasse von Zustandsfunktionen mehrerer Variabler, die folgende Eigenschaft besitzen. Wenn z = z(υ1 , υ2 . . . , υk ) die Gleichung z(αυ1 , αυ2 , . . . , αυk ) = αl · z(υ1 , υ2 , . . . , υk ) erfüllt, wobei l eine ganze Zahl ist und α > 0 ein beliebiger Parameter, so heißt eine solche Funktion homogene Funktion vom Grade l.
2.4
Homogene Funktionen und Euler’sche Gleichung
35
Diese Funktionen haben folgende Eigenschaft. Differenziert man nach dem Parameter α, so ergibt sich: dz ∂z = dα ∂(α · υi ) k
i=1
∂(α · υi ) ∂α
= l · αl−1 · z(υ1 , υ2 , . . . , υk )
Da α beliebig ist, setzen wir α = 1 und es folgt: k ∂z · υi = l · z(υ1 , υ2 , . . . , υk ) ∂υi i=1
Das ist die Euler’sche Gleichung für homogene Funktionen vom Grade l. In der Thermodynamik spielen homogene Funktionen vom Grad 1, also l = 1 eine wichtige Rolle. Hier gilt also: k ∂z · υi = z(υ1 , υ2 , . . . , υk ) ∂υi
(2.3)
i=1
Es folgt eine wichtige Beziehung aus dieser Eigenschaft. Zunächst gilt für das totale Differential einerseits: dz =
k k ∂z · dυi = Q i · dυi ∂υi i=1
i=1
andererseits muss nach der Euler’schen Gleichung (Gl. (2.3)) mit Q i = (∂z/∂υi ) gelten: dz = d
k
Q i υi
i=0
=
k
Q i dυi +
i=1
k
υi d Q i
i=1
Da beide Beziehungen für dz gültig sind, muss offensichtlich gelten: k i=1
υi d Q i = 0
mit
Qi =
∂z ∂υi
υ j=i
Diese Beziehungen spielen in der Thermodynamik eine große Rolle bei extensiven Zustandsfunktionen z, die von extensiven Variablen abhängen. Auch homogene Funktionen vom Grad l = 0 kommen in der Thermodynamik vor. Für solche Funktionen gilt:
36
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
z(αυ1 , αυ2 , . . . , αυk ) = z(υ1 , υ2 , . . . , υk ) Wir weisen später an geeigneter Stelle darauf hin.
2.5 Legendre-Transformationen Wir betrachten eine Zustandsfunktion z(x, y). Wir setzen zunächst y = y0 = const und bilden ∂z dz = d x = Q x (x, y0 )d x ∂ x y=y0 Q x (x0 , y0 ) ist die Steigung von z am Punkt x 0 . Die Differenzierbarkeit bei allen Werten x ist vorausgesetzt. Aufgabe der Legendre Transformation ist es, eine Funktion g(Q x ) zu finden, die adäquat zu z(x, y0 ) ist, d. h., z(x, y0 ) und g(Q x , y0 ) sind eindeutig einander zugeordnet. Diesen Zusammenhang gewinnt man in folgender Weise (s. Abb. 2.4). Die Tangente T ist: T (x) = z(x0 , y0 ) + Q x (x0 , y0 )(x − x0 ) Der Achsenabschnitt ist (T (x = 0, x0 )): g(x 0 , y0 ) = z(x0 , y0 ) − x0 · Q x (x0 , y0 ) Allgemein gilt für beliebige x-Werte also: g(x, y0 ) = z(x, y0 ) − x · Q x (x, y0 )
Abb. 2.4 Zur Ableitung der Legendre-Transformation
2.5
Legendre-Transformationen
37
Es lässt sich nun zeigen, dass g nur von der Steigung Q x abhängt. Dazu bilden wir das totale Differential von g: dg = dz − Q x · d x − x · d Q x Einsetzen von dz = Q x · d x ergibt: dg = −x · d Q x Wenn sich Q x (x, y0 ) = (∂z/∂ x) y0 eindeutig nach x = x(Q x ) auflösen lässt, ist g = g(Q x , y0 ). Das ist der Achsenabschnitt auf der z-Achse in Abb. 2.4. Die Eindeutigkeit ist aber nur dann gegeben, wenn es zu jedem x-Wert nur einen Q x -Wert, also einen Wert der Steigung (∂z/∂ x) = p gibt. Diese Bedingung ist gewährleistet, wenn im gesamten x-Bereich die Krümmung, also die zweite Ableitung von z(x, y0 ), für alle y0 -Parameterwerte dasselbe Vorzeichen hat und nirgendwo gleich Null wird: ∂2z = 0 bzw. ∂x2
∂ Qx ∂x
= 0
Wäre das nicht der Fall, könnte z. B. folgendes auftreten (s. Abb. 2.5). Zur selben Steigung Q x gäbe es mehrere Werte von g(Q x ), z. B. g1 (Q x ) und g2 (Q x ). Es gäbe dann sogar einen ganzen Bereich in x, wo zu verschiedenen Werten von x (z. B. x(0, 1) und x(0, 2)) dieselbe Steigung = Q x -Wert gehört und die Transformation z(x, y0 ) → g(Q x , y0 ) wäre nicht mehr eindeutig. Die Rücktransformation g(Q x , y0 ) → z(x, y0 ) ist ebenfalls nur dann eindeutig, wenn (∂ Q x /∂ x) = 0 im ganzen Bereich gilt. Dann ist auch (∂ x/∂ Q x ) = 0. Die Legendre-Transformation von z(x, y0 ) lautet also: g(Q x , y) = z(x, y) − x · Q x
mit
Qx =
∂z ∂x
y
Abb. 2.5 Beispiel für einen Funktionsverlauf mit nicht eindeutiger Legendre-Transformation
38
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
Analog kann man nun, da g = g(Q x , y) ist, auch g einer Legendre-Transformation unterziehen. Als Eindeutigkeitsbedingung gilt hier:
∂2g ∂ y2
= 0 bzw. Qx
∂ Qy ∂y
= 0 wenn
Qy =
Qx
∂g ∂y
= Qx
∂z ∂y
x
Die gesamte Legendre-Transformation bezüglich x → Q x und y → Q y lautet dann h(Q x , Q y ) = z − x · Q x − y · Q y Das lässt sich entsprechend auf Funktionen z(υ1 , υ2 , . . . , υk ) mit mehreren Variablen υ1 . . . , υk erweitern und verallgemeinern L(Q 1 , Q 2 , Q 3 , . . . , Q m , υm+1,... , υk ) = z(υ1 , . . . , υk ) −
m
υi · Q i
(2.4)
i=1
L heißt dann Legendre-Transformation von z bezüglich der Variablen υ1 , υ2 . . . , υm , wobei Q i = (∂z/∂υi )υ j=i bedeutet. Besonders wichtig ist in der Thermodynamik, dass sich für homogene Funktionen vom Grad 1 (s. Abschn. 2.4) in unmittelbarer Weise die LegendreTransformationen darstellen lassen, denn nach Gl. (2.3) gilt in diesem Fall:
L(Q 1 , Q 2 , Q 3 , . . . , Q m , υm+1,... , υk ) =
k
Q i υi −
i=1
m i=1
Q i υi =
k
Q i υi
i=m+1
(2.5)
2.6 Die Pfaff’sche Differentialform und der integrierende Nenner Die Differentialform d f = a(x, y) · d x + b(x, y) · dy heißt Pfaff’sche Differentialform. Ob d f ein totales Differential ist oder nicht, d. h., ob eine Stammfunktion f (x, y) existiert mit (∂ f /∂ x) y = a(x, y) und (∂ f /∂ y)x = b(x, y), ist keineswegs selbstverständlich und lässt sich dadurch entscheiden, dass bei einem vollständigen Differential gelten muss (s. Gl. (2.2)):
∂b(x, y) ∂x
= y
∂a(x, y) ∂y
x
2.6
Die Pfaff’sche Differentialform und der integrierende Nenner
39
Wir geben 2 Beispiele an: Beispiel A: d f = y · d x + x · dy es gilt:
∂y ∂y
=1= x
∂x ∂x
y
Also ist d f ein vollständiges Differential. Die Stammfunktion lautet f = x · y + c, wovon man sich leicht durch Differenzieren von f überzeugen kann, bzw. durch Integrieren von d f auf einem beliebigen Weg. Beispiel B: d f = y · xd x + x 2 · dy Man erhält:
∂(y · x) ∂y
=x
und
x
∂x2 ∂x
= 2x y
Also ist d f hier kein vollständiges Integral. Es gilt nun - zumindest bei 2 Variablen -, dass es immer einen integrierenden Faktor g(x, y), bzw. einen integrierenden Nenner g −1 (x, y) gibt, der die Differentialform in ein vollständiges Differential verwandelt. Dazu schreibt man für den Fall von Beispiel B: g(x, y) · d f = g(x, y) · y · x · d x + g(x, y) · x 2 dy g(x, y) wird dadurch bestimmt, dass jetzt gelten muss, wenn ein vollständiges Differential entstehen soll: ∂ ∂ [g(x, y) · x 2 ] y = [g(x, y) · x · y]x ∂x ∂y das ergibt: 2x · g(x, y) + x
2
∂g(x, y) ∂x
= x · g(x, y) + x · y y
∂g(x, y) ∂y
x
Das ist eine partielle Differentialgleichung zur Bestimmung von g(x, y), die man versuchsweise mit dem Lösungsansatz g(x, y) = g1 (x) · g2 (y)
40
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
behandelt. Einsetzen ergibt: 2x · g1 (x) · g2 (y) + x 2 g2 (y)
dg1 (x) dx
= x · g1 (x) · g2 (y) + x · y · g1 (x)
dg2 (y) dy
Division durch x · g1 (x) · g2 (y) = 0 führt zu: x 1+ · g1 (x)
dg1 (x) dx
y = · g2 (y)
dg2 (y) dy
=c
Es gelingt also durch diesen Lösungsansatz eine Separation der Variablen. Beide Seiten müssen gleich einer Konstanten c sein, da x und y unabhängige Variablen sind. Also gilt: d ln g1 (x) c−1 d ln g2 (y) c = und = dx x dy y und damit: ln g1 (x) = (c − 1) ln x und ln g2 (y) = c · ln y Das Ergebnis lautet also: g(x, y) = g1 (x) · g2 (y) = x c−1 · y c Da c willkürlich wählbar ist, wählen wir c = 0, also folgt: g(x, y) =
1 x
Daraus folgt: g(x, y) · d f = d F = y · d x + x · dy Dass dies in der Tat ein vollständiges Differential ist, haben wir bereits im Beispiel A festgestellt. Weitere wichtige Beziehungen über die Existenzbedingungen eines integrierenden Nenners sind im Anhang A zu finden. Sie spielen in der Thermodynamik für den Nachweis der Entropie als Zustandsfunktion (s. Kap. 5) eine zentrale Rolle.
2.7 Die Methode der Lagrange’schen Multiplikatoren Wir betrachten wieder eine Funktion z, die von n Variablen υ1 , . . . υn abhängt: (2.6) z = z(υ1 , υ2 , . . . υn )
2.7
Die Methode der Lagrange’schen Multiplikatoren
41
Ferner sollen noch s Gleichungen existieren, die funktionale Zusammenhänge zwischen den Variablen angeben und die allgemein formuliert lauten: ϕ1 (υ1 , υ2 , . . . υn ) = 0 ϕ2 (υ1 , υ2 , . . . υn ) = 0 .. .. . . ϕS (υ1 , υ2 , . . . υn ) = 0
(2.7)
wobei s < n gilt. Die Frage lautet jetzt: wie findet man den Extremwert der Funktion z unter Berücksichtigung der Nebenbedingungen ϕ1 = 0, ϕ2 = 0, . . . ϕn = 0? Dazu bildet man zunächst das totale Differential von z. dz =
∂z ∂υ1
υi =υ1
dυ1 +
∂z ∂υ2
υi =υ2
dυ2 + · · · +
∂z ∂υn
υi =υn
dυn
(2.8)
Ohne Nebenbedingungen findet man das Extremum durch dz = 0 mit
∂z ∂υ j
υ j=i
= 0 für alle j
da alle dυ j frei wählbar und damit verschieden von Null sein können. Wegen der Nebenbedingungen sind jedoch die Werte υ1 , υ2 , . . . υn nicht alle unabhängig voneinander, d. h. nur für n − s Variablen υn , υn−1 , . . . υn−s+1 ist dυi frei wählbar, die restlichen Differentiale dυ1 bis dυS sind dann festgelegt. Die Nebenbedingungen führt man nun folgendermaßen ein: Man bildet die totalen Differentiale der Nebenbedingungsgleichungen ϕ1 bis ϕS : dϕ1 = 0 = .. . dϕS = 0 =
∂ϕ1 ∂υ1 ∂ϕS ∂υ1
dυ1 +
dυ1 +
∂ϕ1 ∂υ2 ∂ϕS ∂υ2
dυ2 + · · · +
.. . dυ2 + · · · +
∂ϕ1 ∂υn ∂ϕS ∂υn
dυS dυS
(2.9)
Man multipliziert jetzt jedes ϕi , d. h. jede der Gleichungen, mit einer beliebigen Zahl λi und addiert Gl. (2.9) zu Gl. (2.8), so dass sich folgendes Schema ergibt.
42
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
∂z ∂ϕ1 ∂ϕS + λ1 + · · · + λS dυ1 + ∂υ1 ∂υ1 ∂υ1 ∂ϕ1 ∂ϕS ∂z + λ1 + · · · + λS dυ2 + ∂υ2 ∂υ2 ∂υ2 ∂z ∂ϕ1 ∂ϕS ··· + + λ1 + · · · + λS dυn = 0 ∂υn ∂υn ∂υn
(2.10)
Damit erreicht man folgendes. Da die differentiellen Variationen dυ1 , dυ2 , . . . dυS nicht frei wählbar sind, muss zur allgemeinen Erfüllung von Gl. (2.10) gefordert werden, dass die Parameter λ1 bis λS in den Klammern vor dυ1 , dυ2 , . . . dυS so gewählt werden müssen, dass diese Klammerausdrücke verschwinden. Damit sind die Nebenbedingungen in die Maximierungsforderung eingebracht, die Variationen dυs+1 bis dυn sind frei wählbar und die Forderung, dass die vor ihnen stehenden Klammerausdrücke gleich Null sein müssten, lässt sich automatisch erfüllen. Es muss also gelten:
∂z ∂υ1 .. . ∂z ∂υn
+ λ1
+ λ1
∂ϕ1 ∂υ1 ∂ϕ1 ∂υn
+ · · · + λS .. .
+ · · · + λS
∂ϕS ∂υ1 ∂ϕS ∂υn
=0
.. . =0
(2.11)
Die Größen υ1 , υ2 , . . . υn , λ1 , λ2 , . . . λS werden aus den Gleichungssystemen (2.11) und (2.7) berechnet. Beispiel: z = x 2 + y2 Nebenbedingung: ϕ = 3x − y − 1 = 0 Man bestimme das Extremum von z (Minimum). Es gilt:
∂z ∂x
+λ
∂z ∂y
y
x
∂ϕ ∂x
∂ϕ +λ ∂y
= 0 = 2x + λ − 3
y
= 0 = 2y − λ x
Auflösen der beiden Gleichungen plus der Bedingungsgleichung ϕ = 0 nach x, y und λ ergibt: x=
1 2 3 , y=− , λ=− 10 10 10
2.8
Kombinatorik und Binominaltheorem
43
z Extrem =
9 1 1 + = 100 100 10
Man kann dieses Ergebnis durch die konventionelle Substitutionsmethode nachprüfen, indem man als Lösungsweg die Nebenbedingung 3x − y − 1 = 0 in z einsetzt und dann das Extremum sucht, also z. B.: y+1 3 y+1 2 2 z=y + 3 dz y+1 1 = 0 = 2y + 2 · dy 3 3 x=
Also ergibt sich: y=−
x=
1 10
3 10
Die Methode der Lagrange’schen Multiplikatoren erscheint zwar in diesem Beispiel fast umständlicher als die konventionelle Substitutionsmethode, aber bei der Formulierung komplexerer Probleme ist sie von erheblichem Vorteil wegen ihrer klaren Systematik. Davon werden wir in späteren Kapiteln Gebrauch machen.
2.8 Kombinatorik und Binominaltheorem An einigen, wenigen Stellen des Buches werden Grundbegriffe der Kombinatorik benötigt. Die Grundaufgabe der Kombinatorik lässt sich folgendermaßen formulieren. Wir fragen zunächst nach der Zahl der Möglichkeiten, N verschiedene, unterscheidbare Elemente zu sortieren, also z. B. die Zahl der Möglichkeiten, nummerierte Kugeln in einer Reihe anzuordnen. Wir stellen uns dazu N freie Plätze vor, in die N Elemente (z. B. nummerierte Kugeln) eingeordnet werden. Für das erste Element gibt es N Möglichkeiten, für das zweite N − 1 Möglichkeiten, also zusammen N (N − 1) Möglichkeiten, für das dritte Element N − 2 Möglichkeiten, also insgesamt N (N − 1) · (N − 2) Möglichkeiten, um 3 Elemente auf N Plätze einzuordnen usw. Für die Zahl z der Einordnungsmöglichkeiten von N Elementen gilt also: z = N (N − 1) · (N − 2) . . . 3 · 2 · 1 = N ! Sind jedoch von den N Elementen N1 Elemente identisch, so gibt es nur N − N1 unterschiedliche Elemente einzuordnen, der Rest der freien Plätze wird mit den
44
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
nicht unterscheidbaren N1 Elementen aufgefüllt. Das kann nur in einer einzigen Weise geschehen. Dann gilt für die Gesamtzahl z der möglichen Anordnungen: z = N (N − 1) · (N − 2) . . . [N − (N − N1 − 1)] · 1 = N (N − 1) · (N − 2) . . . (N1 + 1) Wenn man diesen Ausdruck mit N1 !/N1 ! = 1 multipliziert, ändert er sich nicht, man kann also schreiben: z = N !/N1 ! Das lässt sich offensichtlich verallgemeinern für den Fall, dass von den N Elementen jeweils N1 , N2 , . . . Ns Elemente ununterscheidbar sind. Sind von den zunächst als unterscheidbar angegebenen N − N1 Elementen wiederum N2 von ihnen nicht unterscheidbar, so muss durch die Zahl der zuviel gezählten Anordnungen der N2 Elemente, also N2 ! dividiert werden. Man erhält: z=
N! N1 !N2 !
Ist nun unter den restlichen (N − N1 − N2 ) unterscheidbaren Elementen wieder eine Menge N3 nicht unterscheidbar, muss N !/(N1 !N2 !) nochmals durch N3 ! dividiert werden. Man erhält: N! N1 !N2 !N3 ! Hat man schließlich von den N Elementen insgesamt s Gruppen mit jeweils nicht unterscheidbaren Elementen N1 , N2 , . . . Ns , so ergibt sich also der allgemeine Ausdruck für die insgesamt unterscheidbaren Anordnungsmöglichkeiten z dieses Systems: z=
N! s πi=1 Ni !
(2.12)
wobei gilt: s
Ni = N
i=1
Wenn es z. B. nur 2 Sorten von Elementen gibt, die jeweils nicht unterscheidbar sind, mit den Zahlen N1 und N2 , ist also die Zahl der Anordnungen: z=
(N1 + N2 )! N! = N1 !N2 ! N1 !(N − N1 )!
(2.13)
2.8
Kombinatorik und Binominaltheorem
45
Als Beispiel berechnen wir die Zahl der unterscheidbaren Anordnungsmöglichkeiten von 2 schwarzen und 3 weißen Kugeln in einer Reihe: z=
120 (2 + 3)! = = 10 2! · 3! 2·6
Wir betrachten nun einen sehr großen Vorrat von Q schwarzen und P weißen Kugeln in einer Urne und ziehen aus der Urne n Kugeln heraus. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit Wn,m , dass wir dabei m schwarze und n − m weiße Kugeln gezogen haben, wobei es auf die Reihenfolge der gezogenen Kugeln nicht ankommt? Zunächst ist die Wahrscheinlichkeit q, eine schwarze Kugel zu ziehen: q=
Q Q+P
und die Wahrscheinlichkeit p, eine weiße Kugel zu ziehen: p=
P Q+P
Wenn wir eine bestimmte Reihenfolge der Ziehung festlegen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, m schwarze und n − m weiße Kugeln in dieser festgelegten Reihenfolge zu ziehen, nach der Produktregel der Wahrscheinlichkeitsrechnung: q m p n−m Nun soll es aber, wie bereits gesagt, auf die Reihenfolge nicht ankommen. Die Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Reihenfolgen müssen also addiert werden („entweder-oder-Gesetz“ der Wahrscheinlichkeitsrechnung). Die Zahl der möglichen Reihenfolgen ist aber gleich der Zahl der Vertauschungsmöglichkeiten von m schwarzen und n − m weißen Kugeln. Diese Zahl beträgt nach Gl. (2.12) bzw. (2.13): n! m!(n − m)! Damit ergibt sich für die gesuchte Wahrscheinlichkeit: wn,m =
n! · q m · pn−m m!(n − m)!
(Binominalverteilung)
(2.14)
Diese Wahrscheinlichkeit hängt bei vorgegebener Zahl der Ziehungen n nur von der Zahl m ab, d. h., es muss gelten:
46
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung m=n
wn,m = 1
m=0
In der Tat gilt, da q + p = 1: m=n m=0
n! · q m · pn−m = (q + p)n = 1 m!(n − m)!
(2.15)
Gleichung (2.14) heißt Binominalverteilung und Gl. (2.15) ist der sog. binomische Lehrsatz, den wir wie folgt beweisen wollen. Wir schreiben zunächst für Gl. (2.15): (q + p)n = pn (x + 1) mit x = q/ p und entwickeln (x + 1)n in eine vollständige Taylor-Reihe um den Wert x = 0: (x + 1)n = 1 + n ·
(x + 1)n−1 (x + 1)n−2 x=0 x=0 2 · x + n(n − 1) x + n(n − 1) · · · 1! 2! n−m (x + 1)x=0 (n − m + 1) · xm + 1 · xn m!
Erweitern des Vorfaktors von x m im Zähler und Nenner mit (n − m)! für alle m = 0 bis n und Summierung über alle m von m = 0 bis m = n ergibt das Resultat: (x + 1)n =
m=n m=0
n! · xm m!(n − m)!
Also gilt: (q + p)n = p n
m=n m=0
m=n n! n! · xm = · q m · pn−m = 1 m!(n − m)! m!(n − m)! m=0
womit Gl. (2.15) bewiesen ist.
2.9 Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele 2.9.1 Nachweis der Homogenität einer Funktion vom Grad 1 Wir betrachten die Funktionen (a) z = x 2 /y (b) z = (x 2 + 2y 2 )1/2
2.9
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
47
Zeigen Sie, dass es sich um homogene Funktionen handelt vom Grade 1. Zeigen Sie ferner, dass die Euler’sche Gleichung gilt. Lösung:
(a)
(b)
x2 (a · x)2 =a· =a·z a·y y ∂z 2x x2 ∂z x2 ·x+ ·y= ·x− 2 ·y = =z ∂x y ∂y x y y y 1/2 1/2 = a x 2 + 2y 2 =a·z a2 x 2 + 2 a2 y2 ∂z ∂z 1 1 2x 4y ·x+ ·y= · 2 ·x+ · 2 2 1/2 ∂x y ∂y x 2 (x + 2y ) 2 (x + 2y 2 )1/2 x 2 + 2y 2 (x 2 + 2y 2 )1/2 1/2 = x 2 + 2y 2 =z =
2.9.2 Homogenität von Funktionen mit mehreren Variablen Bestimmen Sie den Grad der Homogenität folgender Funktionen: (a) u(x, y, z) = x 2 y + x y 2 + 3x yz x 3 + x 2 y + y3 x 2 + x y + y2 2 4x x (c) u(x, y) = − 10 y − 2x y
(b) u(x, y) =
Lösung: (a) a · u = (ax)2 (ay) + (ax)(ay)2 + 3(ax) · (ay) · (az) = a 3 · u. Der Grad der Homogenität ist also 3. (ax)3 + (ax)2 (ay) + (ay)3 = a · u. (ax)2 + (ax)(ay) + (ay)2 Der Grad der Homogenität ist 1. 2 ax 4(ax) − 10 = u. (c) a · u = (ay) + 2(ax) ay Der Grad der Homogenität ist 0.
(b) a · u =
48
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
2.9.3 Legendre-Transformation und Rücktransformation einer Beispielfunktion Führen Sie die Legendre-Transformation der Funktion y = 2x 2 − x durch und zeigen Sie, dass die Rücktransformation wieder eindeutig zu y = 4x 2 − x führt. Lösung: y = 4x 2 − x
y = p = 8x − 1
Die Legendre-Transformation lautet: g = y − x · p = y − x(8x − 1) = −4x 2 Wegen x = ( p + 1) ·
1 8
ergibt das:
1 1 2 1 p + p+ g=− 16 8 16
Die Rücktransformation lautet: 1 2 1 1 1 1 1 1 2 y =g− p·g =− p + p+ p+ p − +p = 16 8 16 8 8 16 16 Mit p = y = 8x − 1 folgt daraus: y=
1 1 (8x − 1)2 − = 4x 2 − x (q.e.d.) 16 16
Wegen y = 8 und g = p-Werte eindeutig.
1 8
sind Hin- und Rücktransformation für alle x- bzw.
2.9.4 Ermittlung des integrierenden Nenners einer Differentialform Zeigen Sie, dass die Differentialform d f = x 2 · y 3 d x + 3x 3 y 2 dy
2.9
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
49
kein vollständiges Differential ist. Zeigen Sie, dass x 2 ein integrierender Nenner ist, der zu einem vollständigen Differential führt und geben Sie die Stammfunktion an. Lösung: Die gemischten 2. Ableitungen lauten: ∂(x 2 y 3 ) = 3x 2 y 2 ∂y
und
3
∂(x 3 y 2 ) = 9x 2 · y 2 ∂x
Das Differential ist also unvollständig. Division durch x 2 führt zu: d F = y 3 d x + 3x · y 2 dy Jetzt sind die beiden gemischten Ableitungen gleich 3y 2 , d F ist also ein vollständiges Differential. Die Stammfunktion erhält man durch Integration über einen beliebigen Weg von x 1 , y1 zu x, y: F = y3 x + c
mit
c = −y13 · x 1
2.9.5 Wegunabhängigkeit der Integration einer Funktion mit 2 Variablen Zeigen Sie am Beispiel der in Abschn. 2.1 angegebenen Funktion z = x 2 + 2x y mit dem totalen Differential dz = 2(x + y)d x + 2x · dy, dass Integration über dz von x = 0, y = 0 nach x, y auf dem Weg y = x 2 zur Stammfunktion z führt. Lösung: dy · d x = 2(x + x 2 )d x + 4x 2 d x dx x 1 2 2 2 2 3 4 3 2 2 dz = x + x + x = x + 2x z= x + x = x 2 + 2x y 3 3 3 3
dz = 2(x + x 2 )d x + 2x ·
0
2.9.6 Homogene Funktionen und Legendretransformation In Aufgabe 2.9.1 wurde gezeigt, dass die Funktion z = (x 2 + 2y 2 )1/2 eine homogene Funktion vom Grad 1 ist. Führen Sie die Legendretransformation bezüglich x und y durch und vergleichen Sie das Ergebnis mit der Voraussage von Gl. (2.5).
50
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
Lösung:
1/2 ∂z x −x· 2 = x 2 + 2y 2 ∂x (x + 2y 2 )1/2 1/2 ∂z ∂z L2 = z − x −y = x 2 + 2y 2 ∂x ∂y L1 = z − x
x2 2y −y 2 2 2 1/2 (x + 2y ) (x + 2y 2 )1/2 1/2 1/2 = x 2 + 2y 2 − x 2 + 2y 2 =0 −
Das entspricht genau Gl. (2.5) für k = 2 und m = 2.
2.9.7 Beispiel für die Anwendung von Gl. (2.1) Zeigen Sie am Beispiel der Funktion z = ax + bx 2 · y, dass Gl. (2.1) erfüllt ist. Lösung:
∂z ∂x
= a + 2bx y, y
∂z ∂y
= b · x2 x
0 = a + 2bx · y + bx 2 ·
∂y ∂x
z
∂y ∂x
=− z
a + 2bx y bx 2
Einsetzen in Gl. (2.1) ergibt:
∂z ∂x
−1 ∂z ∂y 1 −(a + 2bx y) · · = = −1 · bx 2 · ∂ y ∂ x a + 2bx y bx 2 x z y
2.9.8 Kürzester Abstand zum Ort der Funktion y · x = a Was ist der kürzeste Abstand r vom Ursprung des Koordinatensystems zum Ort einer Kurve x · y = a, wobei a = const gilt? (Mit x = p, y = V und a = n · RT ∗ wäre diese Kurve nach Gl. (1.5) eine Isotherme der idealen Zustandsgleichung für Gase). Verwenden Sie die Methode der Lagrange’schen Multiplikatoren. Lösung: Der Abstand r bzw. sein Quadrat ist: ∂ϕ ∂z +λ = 2x + λ · y = 0 ∂x y ∂x y ∂z ∂ϕ +λ = 2y + λ · x = 0 ∂y x ∂y x
2.9
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
51
Abb. 2.6 Der kürzeste Abstand r zur Funktion x · y = a
Multiplikation der ersten Gleichung mit y, der zweiten mit x und Subtraktion ergibt: λ(y − x) = 0
x = y, da λ = 0
Einsetzen in die Nebenbedingung ergibt: x 2 = y2 = a Also ist r im Minimum: r=
√
2a
2.9.9 Beispiel für die Maximierung einer Funktion mit N Variablen unter Nebenbedingungen Wir betrachten eine Funktion z, die von N Variablen x1 , x 2 , . . . x N abhängt: z=−
N
xi ln xi
i=1
Gesucht ist das Maximum von z unter der Nebenbedingung
N i=1
Lösung:
∂z ∂ xi
+λ
∂ϕ = − ln xi − 1 + λ = 0 ∂ xi
xi = 1.
52
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
Also folgt: xi = eλ−1
bzw.
N
xi = N eλ−1 = 1
i=1
Daraus ergibt sich: 1 xi = N
und
z max
N 1 1 ln = ln N =− N N i=1
Alle Werte von xi sind also identisch. Für N = 10 ergibt sich z. B.: xi = 0, 1
und
z max = ln 10 = 2, 3026
2.9.10 Das letzte gemeinsame Mittagessen von 8 Freunden 8 Freunde beschließen, jeden Tag solange gemeinsam zum Mittagessen zu gehen, bis alle unterschiedlichen Sitzpositionen am Mittagstisch eingenommen wurden. Wann findet das letzte gemeinsame Mittagessen statt? Lösung: Die Zahl der Tage bis zum letzten Essen ist 8! = 40.320 Tage = 110 Jahre. Das letzte Mittagessen wird wohl kaum stattfinden.
2.9.11 Zahl der Gestaltungsmöglichkeiten eines Turms aus LEGO-Bausteinen Von insgesamt 10 LEGO-Bausteinen haben 4 die Farbe gelb, 3 die Farbe rot, 2 die Farbe grün und ein Baustein ist weiß. Wie viele unterschiedliche Türme aus 10 Bausteinen kann man bauen? Lösung: Die Zahle der Türme z beträgt: z=
10! = 12.600 4! 3! 2! 1!
Wenn man zum Aufbau eines Turms jeweils 2 Minuten braucht, dauert es 17–18 Tage, bis alle möglichen Türme aufgebaut wurden.
2.9
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
53
2.9.12 Wie viel Fleisch ist in der Mensasuppe? In der Universitätsmensa werden in einem großen Vorratstopf mit dem Volumen von 1 m3 700 Liter Suppe eingefüllt und anschließend Fleischstücke mit einer Größe von jeweils 8 cm3 , bis der Topf voll ist. Sie erhalten aus diesem Topf in Ihren Suppenteller 256 cm3 abgefüllt. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich darin 5 oder 10 oder 15 Fleischstücke befinden? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich 8 bis 12 Fleischstücke darin befinden? Lösung: Wir teilen gedanklich das Volumen der fleischhaltigen Suppe in Einheiten zu 8 cm3 auf. Dann passen in den Suppenteller 32 Einheiten. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine „Einheit“ aus Fleisch besteht ist q=
300 = 0, 333 1.000
und, dass sie aus Suppenflüssigkeit besteht: p = 1 − q = 0, 667 Wir wenden Gl. (2.14) an mit n = 32 und (a) m = 5, (b) m = 10, (c) m = 15. (a) 32! · (0, 333)5 · (0, 667)27 5! · 27! = 201376 · 4, 0947 · 10−3 · 1, 784 · 10−5 = 0, 0147
w32,5 =
(b) 32! · (0, 333)10 · (0, 667)22 10! · 22! = 6, 4512 · 107 · 1, 6766 · 10−5 · 1, 351 · 10−4 = 0, 146
w32,10 =
(c) 32! · (0, 333)15 · (0, 667)17 15! · 17! = 5, 6572 · 108 · 6, 865 · 10−8 · 1, 0236 · 10−3 = 0, 040
w32,15 =
Die Wahrscheinlichkeit, 10 Fleischstücke zu erhalten, ist also 10 mal so groß wie die, nur 5 Stücke zu erhalten und 3,6 mal so groß wie die, 15 Stücke zu erhalten.
54
2 Mathematische Grundlagen zur Behandlung
(d) w = w32,8 + w32,9 + w32,10 + w32,11 + w32,12 = 0, 0956 + 0, 1273 + 0, 1461 + 0, 1459 + 0, 1275 = 0, 6424 Die Wahrscheinlichkeit, zwischen 8 und 12 Fleischstücke zu erhalten, liegt also bei 64%.
Kapitel 3
Das Volumen als Zustandsfunktion
3.1 Thermische Zustandsgleichung, Ausdehnungskoeffizient und Kompressibilität Allgemein wird als thermische Zustandsgleichung das Volumen V eines Systems als Funktion von p, T ∗ und den Molzahlen n 1 , n 2 , . . ., n k bezeichnet. Bei reinen Stoffen ist k = 1 und man schreibt mit n 1 = n: V = V (T ∗ , p, n) Bei Mischungen gilt: V = V (T ∗ , p, n 1 , . . . , n k ) Auch die Auflösung nach p = p(V, T ∗ , n 1 , n 2 , . . . , n k ) bzw. p = p(V, T ∗ , n) wird häufig als thermische Zustandsgleichung bezeichnet. Wir weisen gleich auf eine wichtige, unmittelbar einleuchtende Eigenschaft von V als extensiver Zustandsgröße hin: erhöht man bei p = const und T ∗ = const den Wert der Molzahlen n um den Faktor a (z. B. a = 2), wird auch das Volumen um den Faktor a erhöht: a · V = V (T ∗ , p, a · n) bzw. a · V = V (T ∗ , p, a · n, . . . , a · n k ) V ist also bezüglich der Molzahlen n 1 , n 2 , . . . n k eine homogene Funktion 1. Ordnung. Das totale Differential von V lautet allgemein: dV =
∂V ∂T ∗
p, n i
· dT ∗ +
∂V ∂p
T ∗ , ni
· dp +
k ∂V i=1
∂n i
A. Heintz, Gleichgewichtsthermodynamik, Springer-Lehrbuch, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1_3,
T ∗, p
· dn i
55
56
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
bzw. im Fall eines reinen Stoffes: ∂V ∂V ∂V ∗ dT + dp + dn dV = ∂ T ∗ p,n ∂ p T ∗ ,n ∂n T ∗ , p (∂ V /∂n)T ∗ , p ist also im Fall eines reinen Stoffes das Molvolumen V = V /n. Man bezeichnet αp =
1 V
∂V ∂T ∗
p,n
als thermischen (isobaren) Ausdehnungskoeffzienten und κT ∗ = −
1 V
∂V ∂p
T ∗ ,n
als isotherme Kompressibilität. Für Mischungen ist der Index n durch den Index n i zu ersetzen. Als konkretes Beispiel behandeln wir die thermische Zustandsgleichung des idealen Gases, die wir bereits in Abschn. 1.3 kennengelernt haben: V = n · R · T ∗/ p Dann ergibt sich: p n·R 1 · K−1 = n · R · T∗ p T∗ 1 n · R · T∗ −p = = · − n · R · T∗ p2 p
αp = κT ∗
Pa−1
Bei 300 K und 1 bar = 105 Pa erhält man: 1 = 3,33 · 10−3 300 = +10−5 Pa−1
K−1
αp = κT ∗
Wir definieren noch den sog. thermischen Druckkoeffizienten β, für den ganz allgemein gilt: β=
∂p ∂T ∗
∂V
= − V,n
∂ T ∗ p,n
∂V ∂p
T ∗ ,n
Hierbei wurde von Gl. (2.1) in Abschn. 2.1 Gebrauch gemacht.
3.1
Thermische Zustandsgleichung, Ausdehnungskoeffizient und Kompressibilität
57
Also kann man schreiben: β=
αp κT ∗
Pa · K−1
(3.1)
Für ideale Gase folgt damit (bei T ∗ = 300 K, p = 1 bar): βid =
p 105 = = 3,33 · 102 Pa · K−1 T∗ 300
Ganz andere Zahlen erhält man, wenn man zu „realen“ Systemen geht, z. B. flüssigem Quecksilber (Hg). Es gilt hier (experimentell gefunden): α p,Hg = 1,81 · 10−4 K−1 sowie κT ∗ ,Hg = 3,91 · 10−11 Pa−1 und damit: βHg =
1,81 · 10−4 = 0,463 · 107 Pa · K−1 3,91 · 10−11
Das heißt anschaulich: befindet sich ein System (ideales Gas bzw. flüssiges Hg) in einem starren Volumen (V = const), dann steigt bei Temperaturerhöhung um 1 K der Druck im idealen Gas um p ∼ = βid · 1 = 3,33 · 102 Pa = 3,33 · 10−3 bar = 3,33 mbar während in flüssigem Hg die Druckerhöhung p ∼ = βHg · 1 = 0,463 · 107 Pa = 46,3 bar beträgt, das ist mehr als das 10.000 fache des Wertes vom idealen Gas! Der thermische Ausdehnungskoeffizient α p ist bei allen Stoffen in ihren verschiedenen Aggregatzuständen mehr oder weniger stark von der Temperatur abhängig. Während er bei Gasen mit T ∗ abnimmt (α p = 1/T ∗ bei idealen Gasen), steigt er bei Flüssigkeiten und Feststoffen in der Regel mit der Temperatur an. Beispiele zeigt Abb. 3.1 für einige Metalle. Eine gewisse Besonderheit findet sich beim Wasser (Abb. 3.2). α p steigt dort sowohl in der Flüssigkeit wie im festen Zustand des Eises meistens mit der Temperatur an. Interessant ist allerdings, dass es bei Wasser Temperaturbereiche gibt, wo α p negativ ist, das ist bei Wasser im Bereich von 274 bis 278 K der Fall und bei Eis zwischen 0 K und ca. 80 K. Im Gegensatz zu α p ist die isotherme Kompressibilität κT ∗ weniger stark von der Temperatur abhängig, auch sind Werte von κT ∗ stets positiv, das muss sogar der Fall sein. Der Beweis dafür wird im Abschn. 5.10 (Thermodynamische Stabilitätsbedingungen) erbracht.
58
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Abb. 3.1 Der thermische Ausdehnungskoeffizient α p · 106 K−1 verschiedener Metalle von 0 K bis zu ihrem Schmelzpunkt SP bei p = 1 bar
Abb. 3.2 Thermischer Ausdehnungskoeffizient α p . ideales Gas − − − − −, Wasser ——-
3.2 Die van der Waals-Zustandsgleichung Es ist bekannt, dass jedes reale Gas in seinem Verhalten mehr oder weniger vom idealen Gasgesetz abweicht. Wenn der Druck genügend hoch und/oder die Temperatur genügend niedrig ist, wird das reale Gas flüssig und bei noch tieferen Temperaturen sogar fest. Andererseits kann man auch sagen, dass jeder reale Stoff (Flüssigkeit oder Festkörper) sich in seinem thermodynamischen Verhalten dem idealen Gaszustand nähert, wenn die Temperatur T ∗ größer als 0 K ist und p gegen 0 geht.
3.2
Die van der Waals-Zustandsgleichung
59
Gibt es eine thermische Zustandsgleichung, die das berücksichtigt und die Extremfälle „ideales Gas“ und „kondensierte Flüssigkeit“ als Grenzfälle enthält? Eine solche Gleichung kann sehr komplex sein und ist für jeden Stoff unterschiedlich. Wir wollen hier eine einfache Modellgleichung wiedergeben, die schon 1873 von J. van der Waals angegeben wurde und die man mit relativ einfachen Argumenten begründen kann, wenn man die molekulare Struktur der fluiden Materie berücksichtigt. Ausgehend vom idealen Gas, das molekular gesehen ein System von Massepunkten ist, müssen zwei wesentliche Aspekte als Korrekturen eingeführt werden: 1. Die Moleküle haben eine endliche Größe, sie nehmen Raum in dem Volumen ein, in dem sie sich befinden. 2. Die endlich großen Moleküle üben eine anziehende Wechselwirkungskraft aufeinander aus. Für dieses reale System bedeutet das: 1. Den Molekülen steht als frei zugänglicher Raum nicht mehr das Systemvolumen V wie beim idealen Gas, sondern nur noch das Volumen V − nb, das sog. freie Volumen zur Verfügung (n = Molzahl). nb ist das Eigenvolumen der Moleküle. Das freie Volumen bezeichnet man mit υf . 2. Aufgrund der zwischenmolekularen Anziehung ist bei gegebener Temperatur T ∗ der tatsächliche Druck p kleiner als der des entsprechenden idealen Gases bei derselben Teilchenzahl im freien Volumen, und zwar um den sog. Binnendruck π . Man formuliert also: ( p + π )(V − n · b) = n · RT ∗ = pideal · υf π und n · b sind also Korrekturen, die auf der rechten Seite der Gleichung wieder das ideale Gasgesetz mit Druck pideal und dem Volumen υf herstellen. Was ist der Binnendruck π ? Er muss zunehmen, wenn die molare Dichte n/V zunimmt und muss verschwinden, wenn n/V gegen Null geht, bzw. V → ∞. Man setzt daher eine Reihenentwicklung für π an: π =c·
n3 n2 n + a · 2 + d · 3 + ··· V V V
Setzt man π in die neue Zustandsgleichung ein und lässt V gegen ∞ gehen, so wird nur dann das ideale Gasgesetz erreicht, also p · V = n · RT ∗ , wenn c = 0 ist. Damit ergibt sich:
60
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Abb. 3.3 Die Isothermen T1∗ = 243,3 K, T2∗ = 273,7 K, T3∗ = Tc∗ = 304,1 K, T4∗ = 334,5 K nach der van-der-Waals’schen Zustandsgleichung Gl. (3.2). Beispiel: CO2 mit a und b aus Tabelle 2. – – – Isotherme des idealen Gases bei T2∗ zum Vergleich. - - - Abgrenzung des 2-Phasenbereichs, • = kritischer Punkt
n2 p+a· 2 V
(V − n · b) = n · RT ∗
(3.2)
wobei höhere Glieder wie d n 3 /V 3 vernachlässigt werden. Das ist die van der Waals-Gleichung. Trägt man die van der Waals-Gleichung in ein p-V -Diagramm ein, so erhält man Isothermen (T ∗ = const), wie sie in Abb. 3.3 gezeigt sind. Der Vergleich von Abb. 3.3 mit Abb. 1.4 zeigt: die Isothermen des idealen Gases werden deutlich verändert, es gibt unterhalb von T3∗ zu einem Wert von p sogar drei Werte von V . Bei T1∗ werden sogar negative Werte von p erreicht. Das deutet einen sog. Phasenübergang an. Nun muss gelten, dass (∂ p/∂ V )T ∗ < 0 bzw. κT > 0. Das sieht man gefühlsmäßig sofort ein, denn bei Volumenverkleinerung muss der Druck steigen (die genaue Begründung folgt in Abschn. 5.10). Die Isothermenwerte zwischen Minimum und Maximum sind also instabil und auf keinen Fall realisierbar. Der stabile Bereich liegt links und rechts von den Schnittpunkten der Parallele zur V -Achse, die jede Isotherme in zwei gleich große Flächen A1 = A2 teilt (die genaue Begründung folgt in Abschn. 5.12, Gl. 5.82). Auf der teilenden Gerade gibt es keine realisierbaren Zustände, es findet eine Aufspaltung in 2 Phasen statt, eine dichtere Phase, die flüssige Phase mit dem Molvolumen Vfl /n fl = V 0,fl und eine Phase mit geringerer Dichte, die Gasphase bzw. Dampfphase mit dem Molvolumen Vgas /n gas = V 0,gas . Diese teilende Gerade liegt immer im positiven Druckbereich. Auf der Isothermen T3∗ fallen beide Phasen zusammen. Sie werden identisch und
3.2
Die van der Waals-Zustandsgleichung
61
ihre Dichten sind gleich, es gibt dort eine horizontale Tangente und einen Wendepunkt. Dieser Punkt heißt der kritische Punkt mit T3∗ = Tc∗ , p = pc und V = V c . Oberhalb Tc∗ kann kein Gas durch Druckerhöhung mehr verflüssigt werden. Man kann den kritischen Punkt berechnen durch die Bedingungen:
∂p
∂V
= 0 und
Tc∗
∂2 p ∂V
2
Tc∗
=0
Wenn man die v. d. Waals-Gleichung nach p auflöst p=
RT ∗ V −b
−
a V
2
und die Differentiation durchführt, erhält man:
∂p ∂V
∂2 p ∂V
2
Tc∗
Tc∗
= =
−R · Tc∗ (V c
− b)2
2R · Tc∗ (V c − b)3
+ +
2a 3
Vc 6a
4
Vc
=0 =0
Dividiert man die erste Gleichung durch die zweite, folgt: b=
Vc 3
Einsetzen von b in die erste Gleichung ergibt für a: a=
9 R · Tc∗ · V c 8
Nach Einsetzen von a und b in die v. d. Waals-Gleichung folgt mit V = V c : pc =
3 RTc∗ 8 Vc
oder zc =
pc · V c 3 = = 0,375 RTc∗ 8
z c heißt der kritische Koeffizient. Üblicherweise bestimmt man a und b aus Tc∗ und pc , da diese Messgrößen besser bestimmbar sind als Vc . Man schreibt also für a und b:
62
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
27 R 2 · Tc∗2 R 2 · Tc∗2 = 0,421875 · 64 pc pc ∗ ∗ 1 R · Tc R · Tc b= = 0,125 · 8 pc pc
a=
z c liegt bei tatsächlichen Stoffen zwischen 0,25 bis 0,32, also deutlich niedriger als es die v. d. Waals-Gleichung voraussagt. Quantitativ gesehen ist die v. d. WaalsGleichung unzureichend, aber qualitativ erfasst sie das Wesentliche richtig.
3.3 Die verallgemeinerte Zustandsgleichung durch Virialentwicklung Es gibt eine allgemeinere Form, um reale Gaseigenschaften zu beschreiben, die unabhängig ist von einer speziellen Modellvorstellung für die thermische Zustandsgleichung V ( p, T ∗ ) bzw. p(V , T ∗ ). Man entwickelt dazu den Ausdruck p · V /RT ∗ in einer Reihe nach der Variablen 1/V , um den Punkt, wo 1/V = 0, wo also das ideale Gasgesetz gilt: B(T ∗ ) C(T ∗ ) D(T ∗ ) p·V = 1 + + + ··· + 2 3 RT ∗ V V V
(3.3)
Diese modellunabhängige Form der thermischen Zustandsgleichung heißt Virialgleichung. B, C, D, . . . , werden als der zweite Virialkoeffizient, als dritter Virialkoeffizient usw. bezeichnet. B, C, D, . . . , sind für jede reine Substanz charakteristische Koeffizienten, die nur von T ∗ abhängen. Wenn V genügend groß ist, kann man die Reihe nach dem Term mit B abbrechen und es gilt dann näherungsweise: RT ∗ p∼ = V
1+
B(T ∗ )
V
Im Allgemeinen hat der 2. Virialkoeffizient B(T ∗ ) den in Abb. 3.4 gezeigten Verlauf als Funktion von T ∗ . B(T ∗ ) wird in m3 · mol−1 , häufig auch in cm3 · mol−1 angegeben. Bei tiefen Temperaturen wird B(T ∗ ) rasch negativ, bei hohen Temperaturen ist B(T ∗ ) positiv und verläuft fast parallel zur T ∗ -Achse. Die Temperatur, bei der B = 0 wird, heißt die Boyle-Temperatur TB∗ . Wir wollen die v. d. Waals-Gleichung in eine Reihe entwickeln, um den Ausdruck für B nach der v. d. Waals-Gleichung zu erhalten. Wir schreiben die van der Waals-Gleichung etwas um: p·V 1 = ∗ RT 1−
b V
−
a RT ∗ · V
3.3
Die verallgemeinerte Zustandsgleichung durch Virialentwicklung
63
Abb. 3.4 Prinzipieller Verlauf des 2. Virialkoeffizienten
Reihenentwicklung des ersten Terms nach b/V = x und auf der rechten Seite 1 = 1 + x + · · · ergibt: Abbrechen nach dem linearen Glied 1−x b p·V ∼ a 1 a 1 + − = 1 + b − = RT ∗ RT ∗ V RT ∗ V V Durch Vergleich mit der Virialgleichung folgt:
Bv.d.W. = b −
a RT ∗
(3.4)
Mit a > 0 und b > 0 erhält man einen Kurvenverlauf, der qualitativ wie der in der Abb. 3.4 aussieht. Man sieht, dass gilt: lim Bv.d.W. = b
T ∗ →∞
Für die Boyle-Temperatur TB∗ ergibt sich im Fall der v. d. Waals-Gleichung: ∗ TB,v.d.W. =
a R·b
Es sei betont, dass Gl. (3.4) nicht den korrekten Ausdruck für den 2. Virialkoeffizienten darstellt, sondern den 2. Virialkoeffizienten, wie er sich aus der Modellvorstellung durch die v. d. Waals-Zustandsgleichung ergibt.
64
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
3.4 Andere Zustandsgleichungen Die v. d. Waals-Gleichung ist die einfachste und bekannteste thermische Zustandsgleichung für reale fluide Systeme. Die Schreibweise: p·V 1 a p·V p·V = − + = R · T∗ RT ∗ RT ∗ RT ∗ · V 1− b HS
V
attr.
macht deutlich, dass
sie aus 2 Anteilen zusammengesetzt ist. Der 1. Term p · V /RT ∗ (HS) (Index HS = Hard Spheres) rührt von den abstoßenden Wechselwirkungen der harten „Molekülkerne“ (Hard Spheres) her, der
2. Term von den anziehenden Wechselwirkungen p · V /RT ∗ attr. , die diese harten Kugeln aufeinander ausüben. Diese Aufspaltung ist etwas willkürlich. Sie bedeutet, dass der 1. Term die Zustandsgleichung von harten Kugeln ohne anziehende Wechselwirkung darstellen soll (a = 0). Nun ist es so, dass man die korrekte Entwicklung der Virialgleichung für harte Kugeln (ohne Anziehung) recht gut kennt, der 2. bis 5. Virialkoeffizient (s. Gl. (3.3)) kann sogar exakt berechnet werden, der 6. bis 10. Virialkoeffizient für harte Kugeln ist aus Computersimulationsrechnungen mit genügender Näherung bekannt. Wenn man abkürzt: y = b/4V wobei b = 23 π σ 3 · NL bedeutet (σ = Kugeldurchmesser) bzw. b/4 = 43 πr 3 · NL (r = Kugelradius = σ/2), dann gilt für die „korrekte“ Virialgleichung harter Kugeln
p·V RT ∗
= 1 + 4y + 10y 2 + 18,365y 3 + 28,22y 4 + 39,83y 5 + 56,1y 6 + (HS,exakt)
73,7y 7 + 98,3y 8 + 131,1y 9 + · · ·
(3.5)
Wenn man den p · V /RT ∗ (HS) -Term der v. d. Waals-Gleichung in eine Reihe entwickelt, ergibt sich hingegen: 1 p·V = 1+4y+16y 2 +64y 3 +256y 4 +1024y 5 +4096y 6 +· · · = RT ∗ 1 − 4y (HS,v.d.W.) (3.6) Der Vergleich von Gl. (3.5) mit Gl. (3.6) zeigt: bis zum 2. Virialkoeffizienten ist diese Reihenentwicklung des Hart-Kugel-Terms der van der Waals-Gleichung noch korrekt, bei den folgenden Koeffizienten jedoch kommt es mit wachsenden Potenzen von y zu erheblichen bzw. extremen Abweichungen. Man hat nun versucht, das Prinzip der van der Waals-Gleichung, wonach ab stoßender Anteil und anziehender Anteil des Ausdruckes p · V /RT ∗ sich additiv verhalten, beizubehalten, aber den abstoßenden Term durch verbesserte Ausdrücke
3.4
Andere Zustandsgleichungen
65
zu beschreiben, die der exakten Virialentwicklung für harte Kugeln möglichst nahe kommen. Von E. A. Guggenheim stammt z. B.der folgende Ausdruck:
p·V RT ∗
= HS,Gugg.
1 = 1 + 4y + 10y 2 + 20y 3 + 35y 4 + 56y 5 + 84y 6 + · · · (1 − y)4
Diese Gleichung stimmt bis einschließlich dem 3. Virialkoeffizienten mit der exakten Virialgleichung überein, die Abweichungen bei höheren Potenzen von y sind zwar deutlich, aber erheblich geringer als beim van der Waals Modell. Wenn man die (fast) korrekte Gleichung für harte Kugeln (Gl. (3.5)) genauer untersucht, stellt man fest, dass sie mit erstaunlich hoher Genauigkeit durch folgende Reihe beschrieben werden kann (Carnahan und Starling, 1969):
p·V RT ∗
=1+ CS
∞
(n 2 + n − 2) · y n−1 =
n=2
1 + y + y2 − y3 (1 − y)3
(3.7)
Die ersten Reihenkoeffizienten lauten: p·V = 1+4y+10y 2 +18y 3 +28y 4 +40y 5 +54y 6 ++70y 7 +88y 8 +108y 9 +· · · RT ∗ CS
Das ist eine erstaunlich gute Übereinstimmung mit dem Ausdruck für harte Kugeln nach Gl. (3.5). Gleichung (3.7) ist mit die genaueste analytische Darstellung für
p · V /RT ∗ HS , die bekannt ist. Die besprochenen Hart-Kugel Zustandsgleichungen sind in Abb. 3.5 zusammengefasst dargestellt. √ Die Werte von y können zwischen 0 (ideales Gas) und π/(3 · 2) = 0,7405 (dichteste Kugelpackung) liegen. Obwohl die Guggenheim- und die CS-Gleichung rein mathematisch Werte von y bis zu 1 zulassen, ohne dass die Ausdrücke für y < 1 divergieren, muss ihre Gültigkeit auf diesen Maximalwert y = 0,7405 beschränkt sein. Bei der v. d. Waals-Gleichung divergiert ( pV /RT )HS bereits bei y = 0,25, das steht im klaren Widerspruch zur Realität. Eine Kombination der verschiedenen Ausdrücke von ( pV /RT ∗ )HS mit ( pV /RT ∗ )attr. ergibt dann Zustandsgleichungen für reale Systeme, die in einigen Fällen deutliche Verbesserungen gegenüber der van der Waals-Gleichung darstellen, vor allem im dichten Bereich der Flüssigkeit. Für ( pV /RT ∗ )attr. wird dabei häufig der v. d. Waals-Ausdruck gewählt:
pV RT ∗
=− attr.
a RT ∗ · V
Einfache Zustandsgleichungen, die den Term ( pV /RT ∗ )HS nach van der Waals beibehalten, stattdessen aber den Term ( pV /RT ∗ )attr. verändern, führen z. B. zur RK
66
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Abb. 3.5 Hartkugelzustandsgleichungen ( pV /RT ∗ )HS als Funktion y = b/4V . Gl. (3.7) (CS-Gleichung) und Gl. (3.5) (HS, exakte Gleichung) sind praktisch ununterscheidbar
(Redlich-Kwong), zur SRK (Soave-Redlich, Kwong) oder zur PR (Peng-Robinson) Zustandsgleichung, die häufig und gerne benutzt werden wegen ihrer relativ einfachen Struktur als sog. kubische Zustandsgleichungen. Als Beispiel geben wir die Zustandsgleichung nach Redlich und Kwong an (RK-Gleichung): p=
RT ∗ V −b
−
a T ∗1/2 V (V
(3.8)
+ b)
Sie unterscheidet sich von der van der Waals-Gleichung nur im 2. Term durch die Temperaturabhängigkeit im Faktor T ∗1/2 und den Faktor V + b statt V . Diese Gleichung ist i. a. erheblich besser geeignet als die van der Waals-Gleichung. Man erhält durch eine mathematische Analyse der Bedingungen beim kritischen Punkt Tc∗ , pc , V c : zc =
pc · V c 1 = = 0,333. RTc∗ 3
Der Wert von z c liegt viel dichter an realen Werten (∼ 0,29) als der z c -Wert der van der Waals-Gleichung (0,375). Ferner erhält man für die RK-Gleichung: ∗5/2
a=
∗5/2
R 2 · Tc R 2 · Tc = 0,42748 · pc 9(21/3 − 1) pc
1
m3 · mol−2 J · K 2
3.4
Andere Zustandsgleichungen
67
und RT ∗ RTc∗ c b = 21/3 − 1 = 0,08664 · 3 · pc pc
J · mol−1 · Pa−1 = m3 · mol−1
Aus den kritischen Daten Tc∗ und pc lassen sich also, ähnlich wie bei der van der Waals-Gleichung, die Parameter a und b bestimmen. Über z c kann dann auch Vc berechnet und mit gemessenen Werten von Vc verglichen werden. Kritische Daten einer Reihe von wichtigen Fluiden sind in Anhang F.1 zu finden. Für die Gase H2 , N2 , NH3 , CO2 , Propan und Dimethylether sind als Beispiele die Werte für a und b nach der van der Waals-Gleichung und der RK-Gleichung in der Tabelle 3.1 angegeben. Sie wurden aus experimentellen Daten von Tc∗ und pc nach den oben angegebenen Formeln errechnet. Die berechneten Werte der molaren kritischen Volumina V c zeigen im Vergleich zu den experimentellen Daten die Qualitätsunterschiede der beiden Zustandsgleichungen im Bereich des kritischen Punktes. Die RK-Gleichung sagt V c deutlich besser voraus als die van der WaalsGleichung. Wir wollen zum Abschluss dieses Abschnitts noch eine Anmerkung zum Begriff des freien Volumens in einer Flüssigkeit machen. Eigentlich ist dieser Begriff nur sinnvoll für fluide Stoffe, die aus harten Kernen bestehen, wie z. B. Kugeln. Er stellt das Volumen eines Fluids dar, das den Schwerpunkten der Moleküle im Mittel für die freie Bewegung zur Verfügung steht und in dem sich die Moleküle wie ideale Gasteilchen verhalten. Nach der v. d. Waals-Theorie ist das freie Volumen einfach V − b, wobei b = (2/3)π σ 3 oder (16/3) · πr 3 , wenn r der Radius des Moleküls ist. Da σ die kürzeste Entfernung ist, auf die 2 Kugeln sich einander annähern können, wäre 4/3π σ 3 das Volumen einer Kugel, zu der die Schwerpunkte zweier Teilchen keinen Zugang haben. Da b gerade die Hälfte dieses Kugelvolumens ist, ist b auch im Mittel das Volumen, das einem Kugelteilchen nicht zugänglich ist. Das trifft korrekt zu, wenn nur 2 Teilchen gleichzeitig im Spiel sind. Sind mehrere Teilchen beteiligt, kann dieses einfache Konzept des freien Volumens pro Molekül nicht mehr stimmen. Das ist die Ursache für die fehlerhafte Beschreibung der Zustandsgleichung für harte Kugeln nach v. d. Waals. Ein allgemeines Konzept, wie man das freie Volumen experimentell bei realen Fluiden abschätzen kann, wird in Anhang G Tabelle 3.1 Die Parameter a und b nach der v. d. Waals- und der RK-Gleichung für eine Auswahl von Stoffen avdW bvdW aRK bRK V c(vdW) V c(RK) V c(exp) H2 N2 NH3 CO2 Propan (CH3 )2 O
0,0247 0,1370 0,4257 0,3661 0,9405 0,8689
2,65 ·10−5 3,87 ·10−5 3,74 ·10−5 4,29 ·10−5 8,72 ·10−5 7,74 ·10−5
0,1443 1,560 8,655 6,470 18,32 17,6
1,84 ·10−5 2,68 ·10−5 3,59 ·10−5 4,13 ·10−5 8,72 ·10−5 5,36 ·10−5
79,6 116,1 112,2 128,6 271,9 232,2
70,7 103,2 99,7 114,3 241,7 185,8
65,0 85,5 72,5 94,0 203,0 178,0
avdW in J · m3 · mol−2 , aRK in J · m3 · K1/2 · mol−2 , bvdW in m3 · mol−1 , bRK in m3 · mol−1 , alle V c in cm3 · mol−1 .
68
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
gegeben. Zum Verständnis dieses Konzeptes werden allerdings die Kenntnisse von Kap. 4 und 5 vorausgesetzt. Dennoch sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen.
3.5 Volumina von Mischungen, partielles molares Volumen Die allgemeine Zustandsgleichung für das Volumen einer gasförmigen oder flüssigen Mischung lautet: V = V ( p, T ∗ , n 1 , n 2 , . . . , n k ) und das totale Differential (bei T ∗ = const und p = const) ist demnach: dV =
∂V ∂n 1
p,T ∗ ,n j=1
dn 1 +
∂V ∂n 2
p,T ∗ ,n j=2
dn 2 + · · · +
∂V ∂n k
p,T ∗ ,n j=k
dn k
Das Volumen ist bezüglich der Molzahlen eine extensive Zustandsgröße; wenn alle Molzahlen n 1 , . . . , n k um den Faktor a erhöht werden, wird auch V um den Faktor a vergrößert. Wie wir in Abschn. 3.1 bereits festgestellt hatten, ist V eine homogene Funktion vom Grad 1 bezüglich der Variablen n 1 , . . . , n k . Es gilt somit die Euler’sche Gleichung. Daraus folgt: V =
∂V ∂n 1
· n1 +
∂V ∂n 2
· n2 + · · · +
∂V ∂n k
· nk =
k
V i · ni
i=1
und
ni d V i = 0
wobei wir mit Vi =
∂V ∂n i
T ∗ , p,n j=i
abgekürzt haben. V i heißt das partielle molare Volumen der Komponente i. Anschaulich interpretiert ist V i die Änderung des Volumens V der Mischung, wenn 1 mol der Komponente i zu einer Mischung mit sehr großen (streng genommen unendlich großen) Molzahlen n 1 , . . . , n k gegeben wird, so dass sich die Zusammensetzung der Mischung praktisch nicht ändert. Man kann V i in einer binären Mischung, also V 1 und V 2 , folgendermaßen bestimmen.
3.5
Volumina von Mischungen, partielles molares Volumen
69
Man ermittelt durch Dichtemessung ρM der Mischung das molare Volumen der Mischung V M = V /(n 1 + n 2 ). Es gilt wegen (n 1 M1 + n 2 M2 )/V = ρM : VM =
x 1 M1 + x 2 M 2 ρM
wobei M1 und M2 die Molmassen kg · mol−1 , x 1 und x2 die Molenbrüche, und ρM die gemessene Dichte der Mischung kg · m−3 bedeuten. Da V = V ( p, T ∗ , n 1 , . . . , n k ) eine homogene Funktion 1. Grades in den Molzahlen n 1 , . . . , n k ist, bedeutet Multiplikation von V mit 1/n = 1/ n i : V = V M = V ( p, T ∗ , x1 , . . . , xk ) n
mit
xi =
ni n
Das molare Volumen der Mischung V M ist eine intensive Zustandsgröße und hängt nur noch von intensiven Variablen (T ∗ , p, x1 , . . . , xk ) ab. Die Zahl der freien Variablen ist jetzt nicht mehr k + 2, sondern nur noch k + 1, da die Zusatzbedingung k
xi = 1
i=1
gilt. Für eine binäre Mischung erhält man: V M = V 1 · x 1 + V 2 · x2 = V 1 x 1 + V 2 (1 − x 1 ) = (V 1 − V 2 )x1 + V 2 und somit: dV M = V 1 d x1 + V 2 d x2 + x 1 d V 1 + x2 d V 2 = V 1 d x1 + V 2 d x2 = (V 1 − V 2 )d x 1 wegen d xi = 0 und Es folgt dann:
xi d V i = 0.
dV M = V1 − V2 d x1 Setzt man das in die Gleichung für V M ein, ergibt sich: VM =
dV M · x1 + V 2 d x1
bzw.
VM =
dV M · x2 + V 1 d x2
70
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Abb. 3.6 Der Zusammenhang zwischen molarem Volumen V M einer binären Mischung und den partiellen molaren Volumina V 1 und V 2 . „Punktlinie“: Ausgleichskurve durch Messpunkte von 0 0 V . V 1 und V 2 sind die Molvolumina der reinen Stoffe 1 und 2
Abbildung 3.6 zeigt, dass V 2 (x1 ) der Achsenabschnitt der Tangente bei x 1 = 0 ist, und V 1 (x1 ) der Achsenabschnitt der Tangente bei x1 = 1. Auf diese Weise lassen sich also V 1 und V 2 bestimmen, wenn V M (x1 ) aus Experimenten bekannt ist. 0 0 Im gezeigten Beispiel (Abb. 3.6) gilt V 2 > V 2 und V 1 > V 1 für alle x. Es gibt auch andere Fälle, z. B. ist V NaCl = 19,3 cm3 · mol−1 in einer 1-molalen Lösung in H2 O und in einer 4-molalen Lösung V Na = 22,3 cm3 · mol−1 . 0 Das Molvolumen V NaCl des festen Salzes NaCl beträgt dagegen 26,9 cm3 ·mol−1 . 0 Hier ist also V NaCl < V NaCl . Als weiteres Beispiel zeigt Abb. 3.7 das System Chloroform + Azeton. Aufgetra0 gen ist hier für beide Komponenten die Differenz V i − V i gegen den Molenbruch. Man sieht, dass V i für CHCl3 als Funktion xCHCl3 abnehmen und wieder zunehmen kann. Bei Azeton ist es umgekehrt. Allgemein gilt für Mischungen mit k Komponenten und den Molenbrüchen x1 , . . . , xk : VM = V j +
k i=1 i = j
xi
∂V M ∂ xi
(3.9)
Der Beweis für Gl. (3.9) lässt sich folgendermaßen führen. Es gilt: k 1 dV M = V i dn i = V i d xi n i=1
dV M =
k i= j
V i d xi − V j
k i= j
d xi
(wegen
k i= j
d xi = −d x j )
3.5
Volumina von Mischungen, partielles molares Volumen
71
0
Abb. 3.7 Relative partielle Molvolumina V i − V i für das System Azeton (1) + Chloroform (2) bei 20◦ C
Daraus folgt: ∂V M = V i − V j (i = j) ∂ xi Summation über alle i = j ergibt: k
xi
i= j
∂V M = xi V i − V j xi ∂ xi k
k
i= j
i= j
(3.10)
Da nun gilt: VM =
k
xi V i + x j V j =
i= j
k
xi V i + V j − V j
i= j
k
xi
i= j
oder umgeschrieben k i= j
xi V i − V j
k i= j
xi = V M − V j
(3.11)
72
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
ergibt die Substitution der linken Seite von Gl. (3.11) in die rechte Seite von Gl. (3.10):
VM = V j +
k
xi
i= j
∂V M ∂ xi
Damit ist der Beweis erbracht. Die hier diskutierten Beziehungen zwischen der extensiven Zustandsgröße V , dem molaren Volumen V M und den partiellen molaren Volumina V i gelten ganz allgemein für extensive Zustandsgrößen, z. B. für die innere Energie U , die Enthalpie H , die Entropie S, die freie Energie F oder die freie Enthalpie G. Wir kommen darauf später noch zurück.
3.6 Partielle molare Volumina in realen Gasmischungen Wie hängt in Zustandsgleichungen realer Systeme das Volumen V von n 1 , . . . , n k ab, z. B. in der v. d. Waals-Gleichung oder der Virialgleichung? Wir betrachten als Beispiel die allgemeine Virialgleichung realer Gase, entwickelt bis zum 2. Virialkoeffizienten: p=
RT ∗ VM
BM RT ∗ BM 2 1+ bzw. p = ·n n+ V V VM
mit n =
k
ni
i=1
Wenn diese Gleichung auch für Mischungen gelten soll mit V M als molarem Volumen der Mischung, dann darf BM , der Virialkoeffizient der Mischung, außer von T ∗ nur noch von den Molenbrüchen x1 , . . . , x k abhängen und nicht von n 1 , . . . , n k , da p eine intensive Größe ist. Wir geben ohne Ableitung an, wie diese Beziehung lautet:
BM =
k i=1
Bii · xi2 +
k k i=1 i = j
Bi j · xi · x j
j=1
Im Spezialfall einer binären Mischung ergibt das demnach: BM = x 12 · B11 + 2x1 · x 2 · B12 + B22 · x22 wobei B11 der 2. Virialkoeffizient der reinen Komponente 1 und B22 der 2. Virialkoeffizient der reinen Komponente 2 ist. B12 ist der 2. Virialkoeffizient einer
3.6
Partielle molare Volumina in realen Gasmischungen
73
„Pseudo-Komponente“, die sich aus Eigenschaften von 1 und 2 zusammensetzt (sog. Mischvirialkoeffizient). Wir berechnen jetzt die partiellen Molvolumina V 1 und V 2 . Zunächst schreiben wir: VM =
RT ∗ RT ∗ RT ∗ · BM ≈ + + BM p p p · VM
Dann gilt nach Gl. (3.9) mit k = 2: V2 = VM −
∂V M ∂ x1
T ∗, p
RT ∗ · x1 = + BM − p
∂ BM ∂ x1
T∗
· x1
Mit
∂ BM ∂ x1
T∗
= 2x1 B11 + 2B12 − 4x1 B12 − 2(1 − x 1 ) · B22
und BM = x12 B11 + 2x 1 (1 − x1 )B12 + (1 − x 1 )2 B22 ergibt sich: ∗ 2 V 2 = RT p + x1 (2B12 − B11 − B22 ) + B22
V1
∗ 2 = RT p + x2 (2B12 − B11 − B22 ) + B11
(3.12)
Das sind die partiellen molaren Volumina V 1 und V 2 in einer binären realen Gasmischung. Wenn p → 0 bzw. V M → ∞, erhalten wir lim V 1 = lim V 2 =
p→0
p→0
RT ∗ p
Man erhält also das ideale Gasgesetz, und es gilt allgemein V i,id.Gas = V j,id.Gas = R · bzw., wenn BM = 0, gilt allgemein:
T∗ 0 = V i,id.Gas p
74
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
V M, id.Gas =
k
0
xi V i,id.Gas
i=1
0
wobei V i,id. die Molvolumina der reinen Gase i bei gegebenem Druck p und Temperatur T ∗ alle identisch sind und ebenfalls identisch mit dem Molvolumen V M, id.Gas der idealen Gasmischung sind (s. auch Kap. 1, Abschn. 1.3). 0 V M, id.Gas bzw. V i,id.Gas sind also keine stoffspezifischen Größen mehr, die partiellen molaren Volumina in einer idealen Gasmischung sind identisch mit dem 0 Molvolumen der reinen Gase V i,id.Gas = RT ∗ / p.
3.7 Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele 3.7.1 Temperaturabhängigkeit der Molarität Eine wässrige Lösung von LiBr hat bei 298 K die Molarität 0,022 mol · L−1 . Wie groß ist die Molarität bei 348 K? Angabe: Der thermische Ausdehnungskoeffizient der Lösung α p beträgt 2,09 · 10−4 K−1 . Lösung:
0,022/(1 + 50 · 2,09 · 10−4 ) = 0,02177 mol · L
3.7.2 Bestimmung des partiellen molaren Volumens in einer flüssigen Mischung Das molare Volumen V M einer binären flüssigen Mischung ist gegeben durch: VM =
M1 · x 1 M2 · x 2 + ρ1 ρ2
(1 + a · x1 · x 2 )
wobei ρ1 = 0,94 g · cm−3 und ρ2 = 1,17 g · cm−3 die Massendichten der reinen Stoffe sind. x 1 bzw. x2 sind die Molenbrüche und M1 = 0,111 kg · mol−1 und M2 = 0,139 kg · mol−1 sind die Molmassen. Es gilt: a = 0,4. Berechnen Sie das 0 partielle molare Volumen V 1 bei x 1 = 0,31 sowie V 1 .
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
75
Lösung:
d M1 M2 dV M M1 · x2 · x2 = V M − x2 + − d x2 d x2 ρ1 ρ2 ρ1 · (1 + a · x2 (1 − x 2 )) M2 M1 − = V M − x2 (1 + a · x2 (1 − x 2 )) ρ2 ρ1 M1 M2 M1 · x2 · a · (1 − 2x2 ) − x2 + − ρ1 ρ2 ρ1 = 118,58(1 + 0,40 · 0,31 · 0,69) − 0,69(118,8 − 118,0)(1 + 0,40 · 0,31 · 0,69) − 0,69 · [118,0 + 0,8 · 0,69] · 0,40(1,0 − 1,38) M1 0 V 1 = 140,56 cm3 · mol−3 , V 1 = = 118,08 cm3 · mol−1 ρ1 V1 = V M −
3.7.3 Thermischer Ausdehnungskoeffizient eines v. d. Waals-Gases am kritischen Punkt Leiten Sie den Ausdruck für α p =
1 V
∂V ∂T ∗
p
nach der v. d. Waals-Gleichung ab.
Wie groß ist α p am kritischen Punkt Tc∗ , V c , pc ? Lösung: 2 Man geht aus von p = RT ∗ /(V − b) − a/V und differenziert bei p = const nach T ∗: 0=
R V −b
Auflösen nach α p =
1 V
−
∂V ∂T ∗
(V
T∗
− b)2
∂V ∂T ∗
+ p
2a V
3
∂V ∂T ∗
p
p
αp =
RT ∗
ergibt:
1 V V −b
−
2a RT ∗
·V
+
2ab RT ∗ V
2
α p am kritischen Punkt: man setzt V = V c = 3b und a = 98 RTc∗ · V c . Die Klammer im Nenner wird gleich Null. Also gilt: α p = +∞ am kritischen Punkt.
76
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
3.7.4 Kompressibilität eines v. d. Waals-Gases am kritischen Punkt Leiten Sie den Ausdruck für κT ∗ = − V1 ab. Wie groß ist κT ∗ am kritischen Punkt
∂V ∂ p T ∗ nach ∗ Tc , pc , Vc ?
der v. d. Waals-Gleichung
Lösung: 2 Man geht aus von p = RT ∗ /(V − b) − a/V und differenziert bei T ∗ = const nach V: RT ∗ 2a ∂p =− + 3 2 ∗ ∂V T (V − b) V Auflösen nach κT ∗ = − 1 ∂∂Vp ∗ ergibt: V
T
1
κT ∗ = p
V V −b
+
a pV (V − b)
−
2a pV
2
κT ∗ am kritischen Punkt: Man setzt V = V c = 3b, p = pc = a = folgt:
9 ∗ 8 RTc V c
∗ 3 RTc 8 Vc
sowie
und stellt fest, dass die Klammer im Nenner gleich 0 wird. Daraus
κT ∗ = −
1
V
∂V ∂p
= +∞ T∗
am kritischen Punkt. Das ist natürlich zu erwarten, da am kritischen Punkt ja ∂ p ∂V
T∗
= 0 gilt.
3.7.5 Thermischer Druckkoeffizient eines v. d. Waals-Gases am kritischen Punkt Leiten Sie den thermischen Druckkoeffizienten β = Waals-Gleichung ab. Wie groß ist β am kritischen Punkt
∂p ∂T ∗
= V
R (V − b)
Am kritischen Punkt ist V = V c = 3b und es folgt:
∂p ∂ T ∗ V nach (Tc∗ , pc , V c )?
Lösung: 2 Man geht aus von p = RT ∗ /(V − b) − a/V und erhält:
der v. d.
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
∂p ∂T ∗
=
V =Vc
77
R 2b
Alternativ lässt sich auch β = α p /κT ∗ (s. Gl. (3.1)) durch Einsetzen der Ergebnisse von Aufgabe 3.7.3 und 3.7.4 durch eine Grenzwertbetrachtung erhalten.
3.7.6 Zweiter Virialkoeffizient nach der RK-Gleichung Leiten Sie den Ausdruck für den 2. Virialkoeffizienten nach der Redlich-KwongGleichung ab. Lösung:
pV RT ∗
≈1+
= RK
b V
−
1 1−
1
b V
−
a V RT ∗3/2
a
1+ b V V 1 a b ∼ b− 1− =1+ RT ∗3/2 V V RT ∗3/2
Also gilt: a RT ∗3/2
B(T ∗ )RK = b −
3.7.7 Beweis der Formel für die Carnahan-Starling-Gleichung Beweisen Sie Gl. (3.7). Hinweis: machen Sie Gebrauch von der Darstellung geometrischer Reihen und ihren Ableitungen nach y. Lösung: Gleichung (3.7) lässt sich zunächst schreiben als: 1+
∞ ∞ ∞ (n + 2)2 y n+1 + (n + 2)y n+1 − 2 y n+1 n=0
n=0
= 1 + y3
∞
n(n − 1)y n−2 + y 2
n=0
+ 2y
∞ n=0
yn + y2
n=0 ∞
n · y n−1 + 4y 2
n=0 ∞ n=0
n · y n−1 − 2y
∞ n=0
∞ n=0
yn
n · y n−1 + 4y
∞ n=0
yn
78
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Jetzt bedenkt man, dass gilt: ∞ 1 d 1 1 n−1 y = n·y = ; = 1−y dy (1 − y) (1 + y)2 n=0 n=0 ∞ 2 d 1 n−2 = n(n − 1) · y = dy (1 − y)2 (1 − y)3 ∞
n
n=0
Damit ergibt sich für Gl. (3.7): 1+
∞ (n 2 + n − 2)y n−1 = 1 + n=2
y2 2y 3 5y 2 4y + + + 1−y (1 − y)2 (1 − y)3 (1 − y)2
1 − y 3 + y2 + y = (1 − y)3 womit der Beweis geführt ist.
3.7.8 Schwebezustand eines Heißluftballons Ein Heißluftballon hat einen Radius von 6 m. Die maximale Temperatur der heißen Luft soll 350 K nicht überschreiten. Wie groß ist die Gesamtlast (einschließlich der Ballonhülle), die den Ballon gerade in der Schwebe hält? Angaben: Außentemperatur: 288 K, Druck: 1 bar, mittlere Molmasse der Luft M : 0, 029 kg · mol−1 . Die Luft kann als ideales Gas behandelt werden. Lösung: Das Gleichgewicht der Kräfte fordert: 4 m B · g + (ρ350 − ρ288 ) · πrB3 · g = 0 3 wobei m B die gesuchte Last in kg ist, rB der Ballonradius, g die Erdbeschleunigung und ρ350 bzw. ρ288 die Massendichten der Luft bei 350 bzw. 288 K. Die Massendichte der Luft bei T ∗ Kelvin ist: ρ = ML ·
p in kg · m−3 R · T∗
Dann folgt aus obiger Gleichung: 1 1 − 288 350 5 4 10 · 0,029 1 1 = π(6)3 · − = 194,1 kg 3 8,3145 288 350
mB =
4 3 p · MLuft πr · 3 B R
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
79
3.7.9 Zusammenhang von α p und κT ∗
∂α Zeigen Sie, dass gilt ∂ pp ∗ = − ∂∂κTT∗ , wobei α p = V1 ∂∂TV∗ p und κT = T p ∂V − V1 der thermische Ausdehnungskoeffizient bzw. die Kompressibilität ∂p T ∗ bedeuten. Lösung:
∂α p ∂V ∂V 1 1 ∂2 V =− 2 · + ∂p T∗ ∂p T∗ ∂T ∗ p V ∂p ∂T ∗ V ∂V 1 1 ∂2 V ∂κT ∂V = + · − ∂T ∗ p ∂p T∗ V ∂T ∗ ∂p V 2 ∂T ∗ p
Wegen
∂2 V ∂2 V = ∂p ∂T ∗ ∂T ∗ ∂p
folgt:
∂α p ∂p
T∗
=−
∂κT ∗ ∂T ∗
p
3.7.10 Berechnung von α p und κT ∗ einer Modellflüssigkeit Für dichte Flüssigkeiten bei nicht zu tiefen Temperaturen und nicht zu hohen Drücken gilt näherungsweise folgende Zustandsgleichung: V = a1 + a2 · T ∗ − 2a3 · p wobei a1 , a2 und a3 individuelle, konstante Parameter sind. (a) Leiten Sie die Ausdrücke für den isobaren Ausdehnungskoeffizienten α p , die isotherme Kompressibilität κT ∗ und den thermischen Druckkoeffizienten β ab. (b) Zeigen Sie ferner, dass α p /κT ∗ = β ist. (c) Zeigen Sie, dass die in Aufgabe 3.7.9 abgeleitete Beziehung korrekt ist. Lösung: (a) αp =
1
V
κT ∗ = −
1 V
∂V ∂T ∗
∂V ∂p
= p
a2 a1 + a2 · T ∗ − 2a3 p
= T∗
2a3 a1 + a2 · T ∗ − 2a3 p
80
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
(b) a2 1 a1 + · T∗ − V 2a3 2a3 2a3
p= Daraus folgt:
β=
oder mit Lösung (a):
∂p ∂T ∗
a2 2a3
= V
αp a2 = =β κT ∗ 2a3
(c) und
∂α p ∂p
∂κT ∗ ∂T ∗
also gilt
=
−
T∗
= p
∂α p ∂p
2a2 · a3 (a1 + a2 · T ∗ − 2a3 · p)2 −2a3 · a2 (a1 + a2 · T ∗ − 2a3 · p)2
T∗
=
∂κT ∗ ∂T ∗
p
3.7.11 Berechnung des Gasdrucks in einer geschlossenen Stahlflasche In einer Stahlflasche mit 40 Litern Inhalt befinden sich 8,5 kg Sauerstoff (O2 ) bei 25◦ C. Die kritische Temperatur von O2 beträgt 154,6 K, der kritische Druck 50,4 bar. Berechnen Sie den Druck in der Flasche (a) nach dem idealen Gasgesetz (b) nach der van der Waals-Zustandsgleichung (c) nach der Redlich-Kwong-Zustandsgleichung. Lösung: (a) p=
8,5 · 8,3145 · 298,15 m · RT ∗ = 1,646 · 107 Pa = 164,6 bar = M·V 0,032 · 40 · 10−3 (ideale Gasgleichung)
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
81
(b) avdW = 0,421875 · bvdW = 0,125 · p=
(8,3145)2 · (154,6)2 = 0,1383 J · m3 · mol−2 50,4 · 105
8,3145 · 154,6 = 3,188 · 10−5 m3 · mol−1 50,4 · 105
RT ∗ V − bvdW
−
avdW 2
mit V =
V ·M = 40 · 10−3 m
V 32 · = 0,1506 · 10−3 m3 · mol−1 8.500
p = 2,088 · 107 − 6,12 · 106 = 1,476 · 107 Pa = 147,6 bar (v.d.Waals − Gleichung) (c) aRK = 0,42748 ·
(8,3145)2 · (154,6)5/2 = 1,7425 m3 · J · K1/2 · mol−2 50,4 · 105
bRK = 0,08664 ·
8,3145 · 154,6 = 2,21 · 10−5 m3 · mol−1 50,4 · 105
p=
RT ∗ V − bRK
−
a T ∗1/2 V (V + b)
mit V = 0,1506 · 10−3 m3 · mol−1
p = 1,929 · 107 − 3,88 · 106 = 1,541 · 107 Pa = 154,1 bar (RK − Gleichung)
3.7.12 v.d.Waals-Parameter aus Messdaten des zweiten Virialkoeffizienten von Neon Folgende Messdaten des 2. Virialkoeffizienten B(T ∗ ) von Neon sind gegeben: (a) Berechnen Sie mit Hilfe des Ausdruckes für B(T ∗ ) nach der v. d. WaalsTheorie die Konstanten a und b. Hinweis: linearisieren Sie die Werte durch Auftragen gegen 1/T ∗ . a und b sind in SI-Einheiten anzugeben. Tabelle 3.2 Daten des 2. Virialkoeffizienten von Neon 60 90 125 175 225 275 375
T ∗ /K B(T ∗ )/cm3
· mol
−1
−20
−8
0
7
9
11
12
nach: K. Huang, Introduction to Statistical Physics, Taylor and Francis (2001)
475
575
13
14
82
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
(b) Berechnen Sie aus den erhaltenen Werten von a und b die kritische Temperatur Tc∗ und den kritischen Druck von Neon nach der v. d. Waals-Theorie. Verglei∗ = 44,4 K und chen Sie Ihr Ergebnis mit den experimentellen Werten Tc,exp pc,exp = 27,2 bar. Wie groß sind die Abweichungen in %? Lösung: Bv.d.W. = b − a/RT ∗ (a) Auftragung B gegen 1/T ∗ und lineare Regression ergibt (s. Abb. 3.8) a = 2.324 cm3 · mol−1 · K, R
b = 18,7 cm3 · mol−1
Daraus folgt mit R = 8,314 J · mol−1 · K−1 : a = 1,9322 · 10−2 m3 · mol−2 · J,
b = 1,87 · 10−5 m3 · mol−1
(b) Damit ergibt sich für die kritischen Werte: Tc∗ =
8a a = 0,0204·108 Pa = 20,4 bar = 0,0368·103 = 36,8 K, pc = 27Rb 27b2
Die prozentualen Abweichungen von den experimentellen Werten betragen ∗ | |Tc∗ − Tc,exp ∗ Tc,exp
· 100 =
|36,8 − 44,4| · 100 = 17%, 44,4
| pc − pc,exp | |20,4 − 27,2| · 100 = · 100 = 25% pc,exp 27,2
3.7.13 Bestimmung des 2. Mischvirialkoeffizienten in einer realen Gasmischung Der 2. Virialkoeffizient BM einer Gasmischung bestehend zu 25 mol % aus CH4 und 75 mol % aus Hexan hat bei 323 K den Wert −951 cm3 · mol−1 . Der zweite Virialkoeffizient von reinem CH4 bei derselben Temperatur beträgt −33 cm3 ·mol−1 , der von Hexan −1.512 cm3 · mol−1 . (a) Wie groß ist der sog. Mischvirialkoeffizient B12 ? (b) Wie groß sind die partiellen molaren Volumina V CH4 und V Hexan bei 2 bar in dieser Mischung?
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
83
Abb. 3.8 Der 2. Virialkoeffizient von Neon. • = experimentelle Daten, Gerade nach der v. d. Waals-Theorie. Achsenabschnitt b = 18,70 cm3 · mol−1 . Steigung −a/R = −2323,67 cm3 · mol−1 · K. Abbildung nach: K. Huang, Introduction to Statistical Physics, Taylor and Francis (2001)
Lösung: (a) B12 = =
2 B 2 BM − x CH CH4 − (1 − x CH4 ) BHexan 4
2x CH4 (1 − x CH4 ) −951 − (0,25)2 (−33) − (0,75)2 (−1512) = −262,5 cm3 · mol−1 2 · 0,25 · 0,75
(b) Nach Gl. (3.12) gilt (1 m3 = 106 cm3 ): V CH4 =
R · 323 · 106 + (0,75)2 [2(−262,5) − (−33) − (−1.512)] − 33 2 · 105
= 1,3428 · 104 + 540 = 1,3968 · 104 cm3 · mol−1 V Hexan =
R · 323 6 10 + (0,25)2 [2(−262,5) − (−33) − (−1.512)] − 1512 2 · 105
= 1,3428 · 104 − 1448,2 = 1,1979 · 104 cm3 · mol−1
84
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
3.7.14 Druck- und Temperaturverlauf in der Erdkruste Näherungsweise nimmt mit zunehmendem Druck p von der Erdoberfläche ins Erdinnere auch die Temperatur T ∗ in Kelvin nach folgender Gleichung zu: p = a · (T ∗ − 273)2 mit a = 5,5 · 103 Pa · K−2 . Ein Gestein hat die mittlere Dichte ρ0 von 2,6 · 103 kg · m−3 bei 273 K und 1 bar. Welche Dichte hat das Gestein in einer Tiefe von 80 km? Rechnen Sie mit einem thermischen Ausdehnungskoeffizienten von 2,5 · 10−5 K−1 und einer Kompressibilität von 5,5 · 10−12 Pa−1 . Die Erdbeschleunigung g beträgt 9,81 m · s−2 . Lösung: Berechnung des Druckes p in 80 km Tiefe: p = ρ0 · g · h = 2,6 · 103 · 9,81 · 80 · 103 = 2 · 109 Pa Damit ergibt sich für die Temperatur T ∗ in 80 km Tiefe: ∗
T =
!
p + 273 = 603 + 273 = 876 K a
Für die Zustandsgleichung des Gesteins gilt entsprechend den Angaben näherungsweise: V ∼ ρ0 = 1 + α p (T ∗ − 273) − κT ∗ ( p − 105 ) = ρ V0 wobei V das molare Gesteinsvolumen bei p und T ∗ in Bezug auf das molare Volumen V 0 bei 273 K und 1 bar bedeuten. ρ und ρ0 sind die entsprechenden Werte der Gesteinsdichte. Gesucht ist ρ. ρ=
=
ρ0 1 + α p (T − 273) − κT ∗ ( p − 105 ) 2,6 · 103 1 + 2,5 · 10−5 (876 − 273) − 5,5 · 10−12 (2 · 109 − 105 )
= 2,589 · 103 kg · m−3 Die Dichte verändert sich also kaum, da thermische Ausdehnung und Kompression sich weitgehend kompensieren.
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
85
3.7.15 Thermische Stabilität einer Bimetall-Münze Eine Münze besteht aus 2 Materialien mit verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten α p . Die innere Scheibe (Radius r0 = 1 cm) ist bei Zimmertemperatur in den äußeren Ring eingepresst (s. Abb. 3.9). Wir nehmen an, für das Material des Rings ist α p = 57 · 10−6 K−1 (Messing), für das Material der Scheibe sei α p = 33 · 10−6 K−1 (Stahl). Bei – 100 ◦ C beträgt der Spalt zwischen Ringradius und Scheibenradius 10 µm, d. h., die Scheibe kann durch den Ring geschoben werden. Bei einer höheren Temperatur werden die Radien gleich groß, d. h. oberhalb dieser Temperatur sind also Scheibe und Ring haltbar ineinander gepresst. Bei welcher Temperatur geschieht das? Lösung: Wir berechnen zunächst die Ausdehnung des Radius einer Scheibe bzw. des Innenradius eines Ringes mit der Temperatur. Es gilt, wenn die Münzendicke d beträgt: 1 1 ∂(πr 2 d) 1 ∂(πr 2 d) dr ∂V = = αp = · V ∂T ∗ V ∂r dT ∗ πr 2 d ∂ T ∗ πr 2 d 2 dr = · r dT ∗ Also gilt für die Radiusänderung r (T ∗ ) − r (T0∗ ) = r : r 1 r (T ∗ ) ∗ ∗ α p · (T − T0 ) = ln = ln +1 2 r (T0∗ ) r (T0∗ ) Für r/r (T0∗ ) 1 gilt dann: r 1 α p (T ∗ − T0∗ ) ∼ = 2 r (T0∗ ) Für die Differenz der Radien des Ringes rR und der Scheibe rS gilt dann rR (T ∗ ) − rS (T ∗ ) = 0 bei der fraglichen Temperatur T ∗ und man erhält:
Abb. 3.9 Bimetall-Münze
86
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
rR − rS = rR (T0∗ ) − rS (T0∗ ) =
1 (α p,R · rR (T0∗ ) − α p,S · rS (T0∗ ) · (T ∗ − T0∗ ) 2
Gefragt ist T ∗ , wenn rM (T0∗ ) − rS (T0∗ ) = 10 µm beträgt und T0∗ = 173 K. Also gilt, wenn man in der Klammer rM (T0∗ ) ≈ rS (T0∗ ) = r (T0∗ ) setzt: rR (T0∗ ) − rS (T0∗ ) 2 10 · 10−6 · 100 ∗ ∗ · + T = T = 2 + 173 = 256,3 K 0 r (T0∗ ) α p,R − α p,S (57 − 33) · 10−6 Oberhalb 256 K (= –17◦ C) sind Scheibe und Ring fest ineinandergepresst, unterhalb dieser Temperatur „zerfällt“ die Münze in 2 Stücke!
3.7.16 Die Dieterici-Zustandsgleichung Eine empirische thermische Zustandsgleichung, die der v. d. Waals-Gleichung ähnelt, ist die Dieterici-Gleichung. Sie lautet p · (V − b) = R · T · exp − ∗
a RT ∗ · V
Berechnen Sie für diese Zustandsgleichung die Ausdrücke für das molare kritische Volumen V c , die kritische Temperatur Tc∗ , und den kritischen Druck pc . Welcher Wert ergibt sich für den kritischen Koeffizienten z c = pc · V c /R · Tc∗ ? Lösung: Die Bedingungen am kritischen Punkt lauten:
∂p ∂V
T∗
=0
und
∂2 p ∂V
2
T∗
=0
Einsetzen in die Dieterici-Gleichung ergibt:
∂p ∂V
T∗
=
RT ∗
a
V −b
· e− RT ∗ ·V
−
1 V −b
+
a RT ∗ · V
2
Daraus folgt: 2
Vc − b =
R · Tc∗ · V c a
Ferner gilt:
∂2 p ∂V
2
T∗
=
R · T∗ V −b
e
−
a R·T ∗ ·V
(d1 + d2 ) = 0
=0
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
87
mit d1 + d2 = 0, wobei gilt: d1 = −
1 Vc − b
2
a
+
=0
2
R · Tc∗ V c
und wegen d1 + d2 = 0: d2 =
1 Vc − b
2 −
2a
=0
3
R · Tc∗ · V c
Damit folgt:
Vc − b
2
3
R · Tc∗ · V c = 2a
2
Einsetzen der obigen Beziehung V c − b = R · Tc∗2 · V c /a ergibt dann: R · Tc∗ · V c =
a 2
Damit folgt für V c und Tc∗ : ∗
V c = 2b
und
Tc∗ =
a 4R · b
Einsetzen in die Dieterici-Gleichung für p = pc ergibt: pc =
R · Tc∗ Vc − b
e
−
a RTc∗ ·V c
=
a −2 a e = 2 · 0,13534 2 4b 4b
Damit ergibt sich für den kritischen Koeffizienten z c : zc =
pc · V c = 2 · 0,13534 = 0,2707 R · Tc∗
Der kritische Koeffizient der Dieterici-Gleichung stimmt also i. a. deutlich besser mit experimentellen Daten überein als der entsprechende Ausdruck für die v. d. Waals-Gleichung (s. Abschn. 3.2).
88
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
3.7.17 Zusammenhang zwischen Meeresspiegel und Meerwasser-Kompressibilität Wir stellen uns einen Modellozean vor, auf dessen Boden ein Druck von 301 bar herrscht. Das Wasser dieses Ozeans hat eine Dichte an der Oberfläche ρ0 = 1.025 kg · m−3 und eine Kompressibilität von κT ∗ = 4,64 · 10−10 Pa−1 bei 15◦ C. Wenn das Wasser inkompressibel wäre (κT ∗ = 0), um wie viel Meter würde der Meeresspiegel dieses Ozeans dann höher liegen? Hinweis: Entwickeln Sie eine Formel, die den Anstieg des Druckes mit der Tiefe h unter Berücksichtigung von κT ∗ > 0 angibt. Vergleichen Sie den erhaltenen Wert von h mit dem, den die einfache Formel für inkompressible Flüssigkeiten ( p− p0 ) = ρ0 · g · h liefert. p0 = 1 bar ist der Druck an der Oberfläche. Lösung: Man geht aus von der hydrostatischen Gleichgewichtsbedingung: dp = ρ( p) · g · dh Mit κT ∗ = − V1
∂V ∂p
T∗
=
1 ρ
∂ρ ∂p T ∗
ergibt sich für ρ( p):
ρ( p) = ρ0 + ρ0 · κT ∗ ( p − p0 ) Einsetzen in die hydrostatische Gleichgewichtsbedingung ergibt: dp = ρ0 (1 + κT ∗ [ p − p0 ]) · g · dh Integration dieser Gleichung ergibt: p p0
dp 1 · ln 1 + κT ∗ · ( p − p0 ) = ρ0 · g · h = ∗ 1 + κ [ p − p0 ] κT T∗
Einsetzen der angegebenen Zahlenwerte ergibt für h: h=
1 · ln 1,01392 = 2.963 m · 1025 · 9,81
4,64 · 10−10
Nach der einfachen Formel für inkompressibles Meerwasser gilt: h=
300 · 105 = 2983,4 m 1025 · 9,81
Wäre das Meerwasser wirklich inkompressibel, würde der Meeresspiegel um 2983,4–2963,0 = 20,4 m höher liegen.
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
89
3.7.18 Eine photometrische Bestimmungsmethode der isothermen Kompressibilität von Flüssigkeiten Ein Farbstoff ist bei 25 ◦ C und 1 bar in CCl4 gelöst. Seine molare Konzentration beträgt c1bar = 10−4 mol · L−1 . Diese Lösung befindet sich in einer optischen Küvette der Schichtdicke d. Mit einem Spektralphotometer wird im Absorptionsmaximum der Farbstofflösung eine Extinktion E 1bar = 0,925 gemessen. Für E gilt allgemein: E =ε·c·d
(Lambert − Beer’sches Gesetz)
wobei ε der sog. molare Extinktionskoeffizient ist. Die Messung wird nun mit derselben Farbstofflösung wiederholt allerdings bei 481 bar, wobei eine Extinktion E = 0,966 gemessen wird. Bestimmen Sie aus diesen Angaben die isotherme Kompressibilität κT von CCl4 . Hinweis: die Schichtdicke kann als druckunabhängig betrachtet werden. Lösung: Mit κT = − V1 ∂∂Vp ∗ lässt sich die Volumenänderung der Lösung, die sich in der T Küvette und dem gefüllten Reservoir befindet, berechnen: κT ∗ · dp = −
dV = −d ln V V
Integriert ergibt sich: exp [(481 − 1) · κT ∗ ] =
V481bar c1bar E 1bar = = V1bar c481bar E 481bar
Daraus folgt für κT ∗ : κT ∗ ,CCl4
1 = ln 480
E 1bar E 481bar
= 90,4 · 10−4 bar−1 = 9,04 · 10−8 Pa−1
Die Konzentration c481bar beträgt c1bar ·
E 481bar = 1,0443 · 10−4 mol · L. E 1bar
3.7.19 Thermisches Verhalten von Eisenbahnschienen Häufig will man wissen, wie sich ein festes Material in seiner Länge bei Temperaturänderung ausdehnt bzw. zusammenzieht. Zwischen dem isobaren Volumenaus dehnungskoeffizienten α p = V1 ∂∂TV∗ p und dem linearen α p = 1l ∂∂l T ∗ p besteht
folgender Zusammenhang. Wir setzen V = const · l 3 . Es gilt dann:
90
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
1 αp = 3 l =
3l 2 l3
∂l 3 1 dl 3 ∂l = 3 ∂T ∗ p l dl ∂T ∗ p ∂l ∂l 1 = 3 · = 3 · α p ∂T ∗ p l ∂T ∗ p
α p ist also das Dreifache von α p . Früher musste bei Eisenbahnschienen zwischen den Schienenstücken eine Lücke gelassen werden, damit die temperaturbedingten Längenausdehnungen nicht zum Verbiegen der Schienen führten. Wie groß muss dieser Lückenabstand l sein, wenn es im Sommer 40◦ C und im Winter –20◦ C werden kann? Die Länge der Schienenstücke l beträgt 50 m, der Volumenausdehnungskoeffizient α p von Schieneneisen beträgt 2,7 · 10−5 K−1 . Es gilt: α p = 1/3 · α p = 0,9 · 10−5 K−1 . Die Temperaturdifferenz ist 40 − (−20) = 60 K. Für den gesuchten Lückenabstand l gilt dann: l = α p · l · T ∗ = 0,9 · 10−5 · 50 · 60 = 2,7 · 10−2 m = 2,7 cm
3.7.20 Thermische Ausdehnung eines stromdurchflossenen Aluminiumdrahtes An einem Aluminiumdraht der Länge l0 hängt ein kleines Cu-Gewicht, das in eine Schale von flüssigem Hg nur so weit eintaucht, dass es nicht schwimmt. Der Draht ist also gespannt (s. Abb. 3.10). Das obere Ende des Aluminiumdrahtes sowie das flüssige Hg sind mit den Polen einer elektrischen Stromquelle verbunden. Jetzt wird
Abb. 3.10 Ausdehnung eines Aluminiumdrahtes bei elektrischem Stromdurchfluss
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
91
die elektrische Spannung eingeschaltet und es fließt ein elektrischer Strom durch den Draht, der diesen erhitzt. Mit einem Kathetometer K beobachtet man an der Markierung M eine Längenänderung des Drahtes um den Wert l. Wenn der Draht die Länge l0 = 2 m hat und l = 0,41 cm beträgt, welche Temperatur T ∗ hat der stromdurchflossene Draht? Für den thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Aluminium gilt α p = 7,0 · 10−5 K−1 . Die Temperatur des Drahtes ohne Stromfluss ist gleich der Umgebungstemperatur T0∗ = 293 K. Lösung: Der lineare isobare Ausdehnungskoeffizient α p Längenänderung l. Es gilt also:
= 1/3 · α p bestimmt die
1 l 1 1 dl ≈ = αp · ∗ ∗ l dT l0 T 3 Aufgelöst nach T ∗ : T ∗ =
3 l 3 0,41 · 10−2 = · 105 = 87,9 K l0 α p 2 7
Die Drahttemperatur beträgt also 380,9 K.
3.7.21 Formulierung der partiellen molaren Volumina in der Molalitätsskala Partielle molare Volumina V i in Mischungen oder Lösungen sind oft einfacher zu ermitteln, wenn das Volumen V als Funktion der Molalität des gelösten Stoffes m˜ 2 angegeben ist. V ist also das Volumen, das n 2 Mole des gelösten Stoffes 2 auf 1 kg des Lösemittels 1 (n 1 = 1 kg/M1 = const) enthält. V sei gegeben durch: 3/2
V = a + b · m˜ 2 + c · m˜ 2
+ d · m˜ 22 =
1 + n 2 · M2 ρM
wobei M2 die Molmasse vom gelösten Stoff 2 in kg · mol−1 und ρM die Dichte der Lösung in kg · m−3 bedeuten. ∞ Geben Sie die Ausdrücke für die partiellen molaren Volumina V 2 , V 2 und V 1 an. Lösung: V2 =
∂V ∂n 2
∞
n1
V 2 = lim = b m˜ 2 →0
3 1/2 = b + c · m˜ 2 + 2d · m˜ 2 2
92
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Zur Berechnung von V 1 bedenken wir, dass bei T = const und p = const gilt: n1d V 1 + n2d V 2 = 0 Also:
V1 −
0 V1
V 2 =− ∞ V2
n2 d V 2 = −M1 n1
m˜ 2 m˜ 2 0
∂V 2 ∂ m˜ 2
d m˜ 2
wobei M1 die Molmasse des Lösemittels in mol · kg−1 ist. Dann ergibt sich:
V1 −
3 −1/2 + 2d d m˜ 2 c · m˜ 2 4 0 1 3/2 2 = −M1 c m˜ 2 + m˜ 2 · d 2 c 0 −1/2 · m˜ 2 V 1 = V 1 − M1 · m˜ 22 +d 2 0 V1
m˜ 2
= −M1
m˜ 2
Als Beispiel geben wir die Parameter für eine wässrige NaCl-Lösung an: a = 1.003 cm3 , b = 16,6 kg · mol−1 · cm3 , c = 1,77 kg3/2 · mol−3/2 · cm3 , d = 0,199 · kg2 · mol−2 · cm3 und berechnen V NaCl und V H2 O bei m˜ NaCl = 0; 0,5; 1,0; 5,0 mol · 0 kg−1 . Man erhält mit V H2 O = 18 cm3 · mol−1 und MH2 O = 0,018 kg · mol−1 , die in Tabelle 3.3 angegebenen Werte: Tabelle 3.3 Partielle molare Volumina in wässrigen NaCl-Lösungen m˜ NaCl /mol · kg−1 V H2 O /cm3 · mol−1 V NaCl /cm3 · mol−1
0 18,0 16,6
0,5 17,99 18,48
1,0 17,98 19,49
5,0 17,84 23,73
3.7.22 Das Galilei-Thermometer Ein Galilei-Thermometer besteht aus einem geschlossenen zylindrischen Rohr, das zu ca. 90% mit einer Flüssigkeit (meist Wasser) gefüllt ist, in dem sich geschlossene Glaskugeln mit etwa halb gefüllten (gefärbten) Flüssigkeiten befinden (s. Abb. 3.11). Steigt die Temperatur, erniedrigt sich die Dichte der Zylinderflüssigkeit, die Kugel sinkt; fällt die Temperatur, steigt die Kugel zur Oberfläche; ist die mittlere Dichte einer Kugel gleich der der Zylinderflüssigkeit, schwebt die Kugel. Gleichgroße Kugeln mit unterschiedlichen Massen werden bei verschiedenen Temperaturen gerade
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
93
Abb. 3.11 Galilei-Thermometer
in der Schwebe gehalten, das kann man zur Temperaturmessung verwenden. Wir wollen berechnen, wie groß die Massenänderung der gefärbten Flüssigkeit in einer Kugel sein muss, um 1 Grad Temperaturänderung anzuzeigen, wenn die Glaskörper der Kugeln dasselbe Leergewicht und dasselbe feste Volumen haben. Die Dichte der Zylinderflüssigkeit sei ρ. Dann gilt für den thermischen Ausdehnungskoeffizienten αp: 1 αp = V
∂V ∂T ∗
p
1 =− ρ
∂ρ ∂T ∗
p
m wegen V = ρ
und die Änderung der Dichte der Zylinderflüssigkeit mit T ∗ lautet: ∂ρ ∗ ρ(T ) + (T ∗ − T0∗ ) = ρ(T0∗ ) − ρ(T0∗ ) · α p · (T ∗ − T0∗ ) ρ(T ∗ ) ∼ = 0 ∂ T ∗ p,T ∗ =T ∗ 0
T0∗
ist eine Referenztemperatur, von der T ∗ nicht allzu weit abweichen sollte. Die Kugel ist in der Schwebe, wenn ihre mittlere Dichte gleich der der Zylinderflüssigkeit ist bei gegebener Temperatur T ∗ :
m K + m Fl ρ = ρ(T0∗ ) 1 − α p [T ∗ − T0∗ ] = π 3 6 ·d wobei m K die Masse der leeren Kugel, m Fl die der darin enthaltenen (gefärbten) Flüssigkeit, und d den Kugeldurchmesser bedeuten. Wir wollen jetzt berechnen, um welchen Wert man die Masse der Flüssigkeit in der Kugel verändern muss, um den Schwebezustand bei einer Temperaturänderung von 1 Grad gegenüber T ∗ zu erhalten. Dazu differenzieren wir die obige Gleichung: dm Fl π = − d 3 · ρ(T0∗ ) · α p dT ∗ 6
94
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Die gesuchte Massenänderung ist (T ∗ = 1 K): π m Fl ∼ = − d 3 · ρ(T0∗ ) · α p · 1 6 Wir wählen als Zahlenbeispiel d = 3 cm, ρ(T0∗ ) = 1 g · cm−3 und α p = 10−3 K−1 . In SI-Einheiten ergibt sich dann: m Fl = −
π (0,03)3 · 1000 · 10−3 = −1,41 · 10−5 kg = −14 mg 6
Die Massenänderung beträgt also 14 mg. Stellt man identische Kugeln mit jeweils um 14 mg unterschiedlichen Massen an eingefüllter Flüssigkeit her, fallen die Kugeln nacheinander bei jeweiliger Temperaturerhöhung um 1 Grad von der Oberfläche zum Boden der Zylinderflüssigkeit und man kann an der Zahl der Kugeln, die an der Oberfläche bzw. am Boden sind, die Temperatur der Zylinderflüssigkeit bzw. ihrer Umgebung ablesen.
3.7.23 Thermische Ausdehnung von Wasser in Tee-, Wein- und Sektgläsern Wir betrachten ein Teeglas, ein Weinglas und ein Sektglas mit derselben Füllhöhe h (s. Abb. 3.12). Die Frage, die sich stellt, lautet: wenn der Wasserinhalt in den drei Gläsern von 20 auf 80◦ C erwärmt wird, um wie viel Prozent steigt dann die Füllhöhe h in den Gläsern an? Dabei wird angenommen, dass die Gläser selbst sich nicht ausdehnen und dass das Teeglas geometrisch als Zylinder, das Weinglas als Paraboloid und das Sektglas als Kegel behandelt werden können. Der mittlere thermische Ausdehnungskoeffizient von Wasser ist α p,H2 O = 5,5 · 10−4 · K−1 . Wir berechnen die Höhenänderung im Teeglas. Das Volumen des Wassers ist V = π · r 2 · h, wenn r der Radius bedeutet. Also gilt: αp =
1 V
∂V ∂T ∗
= p
1 πr 2 h
∂V ∂h
dh dT ∗
=
dh 1 1 dh · πr 2 ∗ = πr 2 h dT h dT ∗
Abb. 3.12 Flüssigkeitsausdehnung in Tee-, Wein- und Sektgläsern
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
95
Daraus folgt: h = α p · h · T ∗ = 5,5 · 10−4 · h · 60 = h · 3,3 · 10−2 Also gilt: h = 3,3 · 10−2 = 3,3% h Wir berechnen die Höhenänderung im Weinglas. Das Volumen des Wassers ist hier h V =
πr 2 dh mit h = a · r 2 (Parabel) 0
Also gilt: h V =
π π h dh = · h2 a 2a
0
Daraus folgt: αp =
1 V
∂V ∂T ∗
= p
2a π h2
∂V ∂h
·
2a π · h dh 2 dh dh = · = dT ∗ π h2 a dT ∗ h dT ∗
Also ergibt sich: h =
1 α p · h · T ∗ = 0,5 · 5,5 · 10−4 · 60 · h 2
h = 1,65 · 10−2 = 1,65% h
Schließlich betrachten wir noch das Sektglas. Hier gilt mit h = r · tgϕ bzw. dh = tgϕ·dr , wobei 2ϕ der Öffnungswinkel des Kegels ist, für das Wasservolumen: h V =
r πr dh = π · tgϕ 2
0
1 r 2 dr = π · tgϕ · r 3 3
0
und für α p : 1 αp = V
∂V ∂r
p
dr 3π tgϕ · r 2 dr 3 = = dT ∗ r π · tgϕ · r 3 dT ∗
dr dT ∗
3 = h
dh dT ∗
96
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Also erhalten wir beim Sektglas: h =
1 1 α p · h · T ∗ = · 5,5 · 10−4 · 60 · h 3 3
bzw. h = 1,10 · 10−2 = 1,1% h Die relative Höhenänderung ist also beim Teeglas doppelt so hoch wie beim Weinglas und 3mal so hoch wie beim Sektglas!
3.7.24 Das Bimetallthermometer Ein Bimetallthermometer besteht aus einem Streifen, der aus 2 parallelen Streifen zusammengesetzt ist, die jeweils aus einem Metall A und B mit unterschiedlichem thermischen Ausdehnungskoeffizienten α p bestehen (s. Abb. 3.13). Bei der Temperatur T0∗ sind beide Streifen gleich lang (l0 ), bei Temperaturerhöhung um T ∗ krümmt sich der gesamte Streifen, da Metall A sich stärker als Metall B ausdehnt. Der Krümmungsradius r bzw. der Winkel ϕ ist ein Maß für die Temperaturänderung. Wir wollen ϕ als Funktion von T ∗ berechnen. Die Differenz der Kreisumfänge, deren Linien durch die Streifenmitten von A bzw. B gehen, ist 2π(r + d) − 2π r = 2π d. Es gilt das Verhältnis: d lA − l B 2π d = = 2πr l0 r Ferner gilt: 2πr 360◦ = l0 ϕ
Abb. 3.13 Bimetallthermometer
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
97
· T ∗ und (l − l )/l = α · T ∗ (α und α sind die Mit (lA − l0 )/l0 = αA B 0 0 B B A linearen Ausdehnungskoeffizienten) folgt:
d = (αA − αB )T ∗ r von oben setzen wir für r ein r=
360◦ l0 · ϕ 2π
und erhalten aufgelöst nach ϕ: ϕ=
360 · l0 (αA − αB ) · T ∗ 2π d
Als Beispiel wählen wir einen Bimetallstreifen aus Messing (αMessing = 1/3 · 57 · −6 −1 −6 −1 −6 −1 10 K = 19·10 K ) und Stahl (αStahl = 1/3·33·10 K = 11·10−6 K−1 ). Die Streifenlänge sei 10 cm, die Streifendicke d = 0,2 mm und T ∗ = 60 K. Dann ergibt sich für ϕ:
ϕ=
360 · 0,1 (19 − 11) · 10−6 · 60 = 13,7◦ 2π · 2 · 10−4
3.7.25 Thermische Ausdehnung eines Überschall-Flugzeuges im Flug Flugzeuge, die sich mit Geschwindigkeiten nahe der Schallgeschwindigkeit durch die Luft bewegen, erfahren einen hohen Reibungsverlust, der sich in einer Temperaturerhöhung am Rumpf des Flugzeuges bemerkbar macht. Bei der ehemaligen „Concorde“ wurden im Flug an der Spitze des Flugzeuges 126◦ C und am Heck 90◦ C gemessen. Das Flugzeug hat am Boden bei 20◦ C eine Länge von 80 m. Um welche Länge dehnt sich das Flugzeug aus bei seiner Reisegeschwindigkeit, wenn man annimmt, dass der thermische Volumenausdehnungskoffizient des Rumpfmaterials α p gleich dem von Aluminium 6,9 · 10−5 K−1 beträgt? Lösung: Die mittlere Temperatur des Flugzeugrumpfes beträgt (126 + 90 + 2 · 273)/2 = 381 K Der lineare Ausdehnungskoeffizient α ist: α p =
1 α p = 2,3 · 10−5 K 3
98
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Damit folgt für die Länge l des Flugzeugs bei 381 K: l = 80(1 + α(381 − 293)) = 80,162 m Die Längenänderung beträgt also 16,2 cm.
3.7.26 Thermische Gangkorrektur von Pendeluhren Normale Pendeluhren haben den Nachteil, dass ihr Gang, d. h. die Pendelperiode nicht immer konstant bleibt, da die Pendellänge von der Temperatur abhängt. Wir beschreiben zunächst die Funktionsweise eines Uhrenpendels durch die aus der Mechanik bekannte ideale Pendelgleichung für die Schwingungsdauer τ mit einer effektiven Pendellänge l. " τ = 2π
l g
g = 9,807 m · s−2 ist die Erdbeschleunigung. Das Pendelmaterial besteht aus einem Metall mit dem Ausdehnungskoeffizienten α p = 3 · 10−5 K−1 . Das tatsächliche Pendel kann man sich durch ein idealisiertes Pendel vorstellen, bei dem ein punktförmiges Gewicht an einem dünnen Metallfaden der Länge l hängt, dessen Masse vernachlässigbar ist. Wie groß ist die Schwingungsdauer bei 20◦ C, wenn bei dieser Temperatur die effektive Pendellänge 1 m beträgt? Wie groß ist die Schwingungsdauer bei −5◦ C? Um wieviel Sekunden geht dann die Pendeluhr im Monat falsch? Bei 20◦ C beträgt die Schwingungsdauer: " τ20 = 2π
1 = 2,00637 s 9,807
Bei –5◦ C beträgt die Schwingungsdauer: " τ−5 = 2π " = 2π
1 + l = 2π 9,807
"
1(1 + α · T ∗ ) 9,807
1 + 10−5 · (−25) = 2,00612 s 9,807
wobei α p = 1/3α p gesetzt wurde.
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
99
Abb. 3.14 Ein temperaturunabhängiges Uhrenpendel, - - - - - - - - - - - - Pendelbewegung
Ein Monat hat 3600 · 24 · 30 = 2,592 · 106 s. Da das Pendel in 2 s um 2,5 · 10−5 s vorgeht, geht es im Monat um 2,592 · 106 · 12 · 2,5 · 10−5 s = 33,6 s vor. Wir wollen nun ein Pendel konstruieren, dessen Schwingungsdauer nicht von der Temperatur abhängt. Dazu betrachten wir wieder einen praktisch masselosen Metallfaden der Länge l, an dem statt einer Punktmasse ein zylinderförmiger Becher hängt, der bis zu einer Höhe h mit Quecksilber gefüllt ist. Der Metallfaden läuft durch ein kleines Loch im Becherdeckel und ist am Boden des Bechers in der Mitte befestigt (s. Abb. 3.14). Der Trick dieser Konstruktion besteht darin, dass eine Längenänderung des Metallfadens durch eine entsprechende Längenänderung der Quecksilberhöhe h in entgegengesetzte Richtung kompensiert wird, und die Frage ist, welchen Wert h haben muss, damit das geschieht und dadurch die Schwingungsdauer des Pendels temperaturunabhängig wird. Die Masse des Bechers soll gegenüber dem Quecksilber vernachlässigbar sein. Es soll gelten: α p,Quecksilber = 18·10−5 K−1 , α p,Metall = 3·10−5 K−1 , l = 1 m, h =? Zur Lösung dieses Problems ist zu bedenken, dass der Schwerpunkt des schwingenden Pendels identisch mit dem des zylinderförmigen Stückes Quecksilber ist, und dass es sich hier um ein sog. physikalisches Pendel handelt, dessen Schwingungsdauer τ gegeben ist durch: " τ = 2π
I m·g·d
wobei I das Trägheitsmoment des Pendels ist um die Achse, die senkrecht zur Zeichenebene durch den Aufhängepunkt A verläuft (s. Abb. 3.14). Es gilt (Steiner’scher Satz): I = I + m · d2 d ist der Abstand von A zum Schwerpunkt des Pendels, also d = l − h/2. I ist das Trägheitsmoment des Pendels durch seinen Schwerpunkt senkrecht zur
100
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
Zeichenebene, also in unserem Fall das Trägheitsmoment der zylinderförmigen Quecksilbermasse senkrecht zur Zeichenebene durch den Schwerpunkt der Quecksilbermasse. Für einen Zylinder der Höhe h gilt für das Trägheitsmoment durch den Schwerpunkt senkrecht zu h (r ist der Zylinderradius, ρ die Massendichte des Quecksilbers): #h/2 h/2 h/2 # 2 3 2 2 2 2# h dh = h · ρ · πr # I = 2 h dm = 2ρ · πr 3 0
0
0
1 1 = (ρ · πr 2 · h) · h 2 = m · h2 12 12 Wenn wir annehmen, dass I deutlich kleiner ist als m · d 2 , kann man I gegen m · d 2 vernachlässigen und erhält dann: "
" d l − h/2 τ∼ = 2π = 2π g g $ % % l 1 + 1 α p,Me · T ∗ − & 3 = 2π g
h 2
1 + 13 α p,Hg · T ∗
Die Bedingung dafür, dass τ unabhängig von T ∗ ist, lautet demnach: l · α p,Me =
h α p,Hg 2
Wir setzen die angegebenen Werte ein und erhalten: h = 2l ·
α p,Me 3 ∼ =2·1· = 0,3 m = 30 cm α p,Hg 18
Die Höhe des Quecksilberspiegels h ist also fast 1/3 der Länge des Metallfadens. Wir überprüfen, ob unsere Näherung gerechtfertigt war: 0,3 2 1 2 = 0,7225 h = 7,5 · 10−3 m2 und d 2 = 1 − 12 2 7,5 · 10−3 = 1,03 · 10−2 ≈ 1% 0,7225 Die Näherung ist also gerechtfertigt. Statt eines Metallfadens wird in der Praxis ein starres Metallpendel verwendet und die „Quecksilbersäule“ hat man sich durch feste Metallstäbe ersetzt vorzustellen, die auf einem Querbalken nach oben ausgerichtet angebracht sind, an dem auch das Ende der Pendelstange befestigt ist. solche Konstruktionen findet man häufig bei alten Stand- oder Wanduhren.
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
101
3.7.27 Speicherung und Entsorgung von CO2 in der Tiefsee? Es ist vorgeschlagen worden, das klimarelevante Gas CO2 , das bei der Energieerzeugung mit fossilen Brennstoffen entsteht, aus den Abgasen abzutrennen, zu komprimieren und in der Tiefsee zu versenken. Ungeachtet der technischen Möglichkeit sowie des ökonomischen und ökologischen Sinns einer solchen Maßnahme ist das prinzipiell möglich, denn bei genügend hohem Druck, wie er in der Tiefsee herrscht, wird ab einer bestimmten Tiefe die Dichte des komprimierten Gases höher als die des Meerwassers. Die Meerestiefe, die mindestens dazu erforderlich ist, lässt sich ermitteln durch die Bedingung, dass Druck und Dichte des Meerwassers und des komprimierten CO2 -Gases dort gleich sein müssen. Unterhalb dieser Tiefe ist CO2 schwerer als Meerwasser. Wir wollen diese Tiefe zunächst für den Fall berechnen, dass CO2 wie ein ideales Gas behandelt werden kann. Die Dichte des Meerwassers sei unabhängig von der Tiefe 1,025 · 103 kg · m−3 und die mittlere Temperatur 288 K. Dann gilt für den Druck von CO2 :
p=
n V
· R · T ∗ = ρCO2 ·
1 MCO2
· R · T∗
wobei die Massendichte ρCO2 gleich der des Meerwassers ρMeer = 1,025 · 103 kg · m−3 zu setzen ist. Die Molmasse von CO2 ist 0,044 kg · mol−1 . Einsetzen ergibt:
p = 1,025 · 103 ·
1 · 8,3145 · 288 = 5,578 · 107 Pa 0,044
= 557,8 bar Dieser Druck entspricht einer Meerestiefe h von
h=
p ρMeer · g
=
5,578 · 107 = 5.549 m 1,025 · 9,807 · 103
Nun ist CO2 aber bei solchen Druckverhältnissen und 288 K, also unterhalb der kritischen Temperatur Tc∗ = 304,2 K (s. Tabelle F.1), sicher kein ideales Gas, sondern eine Flüssigkeit, und man muss statt des idealen Gasgesetzes eine möglichst präzise thermische Zustandsgleichung verwenden. Die v. d. Waals-Gleichung oder die Redlich-Kwong-Gleichung sind dazu nicht genau genug, wir verwenden die sog. Benedikt-Webb-Rubin (BWR)-Gleichung, die sehr genau ist und die für CO2 folgendermaßen lautet:
102
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
p A0 D0 a 2 · CCO2 + b − · CCO2 = 1 + B − − 0 ∗ ∗ ∗3 CCO2 · RT RT R·T RT ∗ +
2 f (1 + γ ) · CCO 2 a·α −γ ·CCO 5 2 2 2 · C + · CCO ·e CO2 2 ∗ ∗3 RT R·T
Hier ist CCO2 die molare Konzentration von CO2 in kmol · m−3 . Der für CO2 einzusetzende Wert ist also CCO2 =
ρMeer 1,025 · 103 kmol = = 23,2954 44 44 m3
Man beachte, dass R = 8,3145 · 103 J · kmol−1 einzusetzen ist und die Molmasse von CO2 in kg · kmol−1 , also 44 kg · kmol−1 . Für die charakteristischen Parameter der BWR-Gleichung gelten im Fall von CO2 folgende Daten: A0 (m3 /kmol)2 · Pa B0 m3 /kmol D0 (m3 /kmol)2 3K2 Pa a (m3 /kmol)2 Pa b (m3 /kmol)2 f (m3 /kmol)3 K2 Pa α (m3 /kmol)3 γ (m3 /kmol)2
= 277379,8 = 0,4991091 · 10−1 = 0,140408 · 1011 = 13863,44 = 0,4124070 · 10−2 = 0,1511650 · 1010 = 0,8466750 · 10−4 = 0,539379 · 10−2
Einsetzen in die BWR-Gleichung ergibt mit T ∗ = 288 K: p = 1 + (4,991091 · 10−2 − 0,115836 − 0,0706933) · 23,2954 CCO2 · RT ∗ + (0,412407 · 10−2 − 0,00578952) · (23,2954)2 + 4,90184 · 10−7 (23,2954)5 + 2,9888 · 10−2 · (23,2954)2 · exp [−2,92708] = 1 − 3,18259 − 0,9038 + 3,3629 + 0,8686 = 1,1451 Damit ergibt sich für den Druck p: p = 1,1451 · 23,2954 · 8,3145 · 103 · 288 = 6,387 · 107 Pa = 638,7 bar Der Druck ist also nicht wesentlich höher als bei Anwendung des idealen Gasgesetzes. Das liegt an einer weitgehenden Kompensation von positiven und negativen Termen in der BWR-Gleichung. Der Wert von 638,7 bar liegt um fast das 10 fache über dem kritischen Druck von CO2 , so dass unter diesen Bedingungen sicher nur
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
103
1 Phase existiert, auch wenn T ∗ = 288 K unterhalb der kritischen Temperatur von 304,2 K liegt. Die Meerestiefe, unterhalb der man CO2 einbringen müsste, ist dann: h=
6,387 · 107 = 6.354 m 1,025 · 103 · 9,807
Solche Meerestiefen stehen nur an wenigen Stellen auf der Erde zur Verfügung.
3.7.28 Umrechnung von Volumen- in Druck-Virialkoeffizienten Die Virialgleichung als thermische Zustandsgleichung findet man in der Literatur in zwei verschiedenen Versionen. Zum einen in der Schreibweise von Gl. (3.3): p·V 1 1 1 = 1 + B(T ∗ ) · + C(T ∗ ) · 2 + D(T ∗ ) · 3 + · · · ∗ RT V V V oder in der Schreibweise: p·V ˜ ∗ ) · p + C(T ˜ ∗ ) · p 2 + D(T ˜ ∗ ) · p3 + · · · = 1 + B(T RT ∗ ˜ C, ˜ D, ˜ . . . sind verschieden, aber nicht Die Virialkoeffizienten B, C, D, . . . und B, unabhängig voneinander. Wie die eine Form in die andere umgerechnet werden kann, soll hier gezeigt werden. Dazu setzen wir beide Gleichungen ineinander ein. Man erhält so: RT ∗ RT ∗ RT ∗ RT ∗ RT ∗ RT ∗ ˜ p= +B· + B · 2 + C · 3 + D · 4 + ··· V V V V V V 2 ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ RT RT RT RT RT + C˜ · + B · 2 + C · 3 + D · 4 + ··· V V V V V 3 ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ RT RT RT RT RT + B · 2 + C · 3 + D · 4 + ··· + D˜ · V V V V V + ··· Vergleichen wir diesen Ausdruck mit der ersten Gleichung p=
RT ∗ V
+ B · RT ∗ ·
1 V
2
+ C · RT ∗ ·
1 V
3
+ D · RT ∗ ·
1 V
4
,
so erlaubt ein Koeffizientenvergleich den Zusammenhang anzugeben, indem wir Terme mit identischen Potenzen von 1/V vergleichen. Dann gilt: B · RT ∗ ·
1
1 = B˜ · (RT ∗ )2 · 2 V V 2
104
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
also: B = B˜ RT ∗ 3
Die Gleichsetzung der Koeffizienten vor 1/V ergibt: C · RT ∗ ·
1
1 1 = B˜ · B · (RT ∗ )2 · 3 + C˜ · (RT ∗ )3 · 3 V V V 3
und somit: C − B2 = C˜ (RT ∗ )2 4
Der Vergleich der Koeffizienten vor 1/V ergibt: D − 3BC + 2B 3 D˜ = (RT ∗ )3 So kann man weiter fortfahren. In der Praxis jedoch genügt es, den Zusammenhang bis zum 4. Virialkoeffizienten zu kennen. Als Beispiel wollen wir P V T -Messdaten von CH4 auswerten und daraus zunächst B(T ∗ ) und C(T ∗ ) ermitteln sowie dann ˜ ∗ ) und C(T ˜ ∗ ). In Abb. 3.15 ist für CH4 die grafische Darstellung von gemesseB(T nen Werten der Größe ( p · V /(RT ∗ ) − 1)V gegen 1/V aufgetragen. Es ist klar, dass der Achsenabschnitt den Wert für B(T ∗ ) ergibt und die Steigung den für C(T ∗ ). Tabelle 3.4 zeigt die erhaltenen Ergebnisse.
Temperatur (K) 423 323 273
Tabelle 3.4 Virialkoeffizienten von Methan ˜ ∗) B(T ∗ ) B(T C(T ∗ ) cm3 · mol−1 –11,5 –34,0 –52,8
cm6 · mol−2 1.520 2.060 2.580
cm3 · mol−1 · J−1 −3,27 · 10−3
−1,266 · 10−2 −2,24 · 10−2
˜ ∗) C(T cm6 · mol−2 · J−2 1,12 · 10−4 1,25 · 10−4 −4,03 · 10−5
3.7.29 Ein thermodynamisches Szenario des atmosphärischen Wassergehaltes in der frühen Erdgeschichte Das gesamte Oberflächenwasser der Erde, also das Wasser der Meere, Seen, Flüsse, Gletscher und das Grundwasser war möglicherweise in einer frühen Phase der
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
105
Abb. 3.15 Experimentelle Daten für p und V bei 3 verschiedenen Temperaturen als Plot ( p · V /(RT ∗ ) − 1) · V gegen 1/V aufgetragen für Methan. Die gestrichelte Gerade bestimmt die Steigung bei 1/V = 0 und somit den Wert von C(T ∗ ). Abbildung nach: J. Prausnitz, R. N. Lichtenthaler, E. G. Azevedo, Molecular Thermodynamics of Fluid Phase Equilibria, Prentice Hall (1986)
Atmosphärenentwicklung der Erde als Wasserdampf in der Atmosphäre enthalten, bevor das Wasser langsam auskondensierte. Wenn man die heutige Menge an Oberflächenwasser zugrunde legt, lassen sich Temperatur- und Druckverhältnisse dieser Wasserdampf-Atmosphäre abschätzen. Dazu benötigt man zunächst die gesamte Wassermenge. In den Meeren sind derzeit 1348 · 106 km3 Wasser enthalten, in den Süßwasserreservoirs (Seen, Flüsse, Eis) 36 · 106 km3 . Wenn man die Dichte des Wassers mit ca. 103 kg · m−3 ansetzt, ergibt sich für die Gesamtmolzahl n H2 O des Wassers auf der Erde: n H2 O = m H2 O /MH2 O = 1,384 · 1021 /0,018 = 7,69 · 1022 mol 0 der Wasserdampfatmosphäre am Erdboden ergibt sich aus dem Der Druck pH 2O Kräftegleichgewicht 0 m H2 O · g = pH · AE 2O
wobei AE die Erdoberfläche bedeutet (AE = 5,093 · 1014 m2 ). Es folgt: p0 =
MH2 O · n H2 O · g 0,018 · 7,69 · 1022 · 9,81 = = 2,67 · 107 Pa = 267 bar AE 5,093 · 1014
Dieser Druck liegt oberhalb des kritischen Druckes von Wasser (221,3 bar), so dass die Temperatur oberhalb der kritischen Temperatur von 647 K liegen muss, wenn alles Wasser in einer (überkritischen) Phase vorliegen soll. Das ist durchaus denkbar,
106
3 Das Volumen als Zustandsfunktion
da der sehr hohe Gehalt an Wasser in der Atmosphäre zu einem enormen Treibhauseffekt führt, der solch hohe Temperatur als möglich erscheinen lässt. Man denke an das Beispiel der Venusatmosphäre, die im wesentlichen aus dichtem CO2 besteht und wo am Boden Temperaturen von ca. 735 K und ein Druck von 93 bar herrschen. Dieses thermodynamische Szenario hat keinen wirklichen Realitätsanspruch, da sich in der frühen Erdgeschichte auch weniger Wasser in der Atmosphäre befunden haben kann, aber es gibt eine Vorstellung von den lebensfeindlichen Bedingungen dieser Epoche, in der die Erdatmosphäre neben H2 O wahrscheinlich nur CO2 und N2 enthielt (siehe auch Aufgabe 1.4.18 und Aufgabe 1.4.19 von Kap. 1).
3.7.30 Das Prinzip der korrespondierenden Zustände Wir setzen in der v. d. Waals-Gleichung Gl. (3.2) V = n · V ein und dividieren die Gleichung durch pc sowie durch V c . Damit erhalten wir:
9 RTc∗ · V c p + pc 8 V 2 · pc
V Vc
−
1 3
=
8 T∗ 3 Tc∗
wobei wir entsprechend den Ausführungen in Abschn. 3.2 a = 9 · R · Tc∗ · V c /8, b = V c /3 und T ∗ = pc · V c · 8/(3R) eingesetzt haben. Wir bezeichnen nun p/ pc mit p, ˜ V /V c und υ. ˜ Damit ergibt sich:
3 p˜ + 2 υ˜
1 υ˜ − 3
=
8 ˜∗ ·T 3
(3.13)
wobei T˜ ∗ = T ∗ /Tc∗ ist. Das Interessante an dieser Beziehung ist, dass sie nur die dimensionslosen Größen p, ˜ υ˜ und T˜ ∗ enthält. Gl. (3.13) ist also unabhängig von einem spezifischen Stoff, d. h., sie ist universell. Natürlich ist die v. d. Waals-Gleichung, wie wir wissen, keine besonders gute Zustandsgleichung, aber sie legt nahe, dass ganz allgemein bei einer thermischen Zustandsgleichung p = p(V , T ∗ ) eine Division von p durch pc , von V durch V c sowie T ∗ durch Tc∗ zu einem universalen Verhalten aller fluiden Stoffe führen könnte. Bei den Stoffen, wo das näherungsweise erfüllt ist, spricht man vom Prinzip der korrespondierenden Zustände. Als Beispiel für dieses Prinzip lässt sich die Virialentwicklung nach Gl. (3.3) anführen. Erweitert man in Zähler und Nenner 2 im 2. Koeffizienten mit V c im dritten mit V c usw., erhält man: p˜ υ˜ pV = =1+ ∗ RT T˜ · R
B(T ∗ ) Vc
1 · + υ˜
C(T ∗ ) 2 Vc
·
1 + ··· υ˜ 2
Wenn das Prinzip der korrespondierenden Zustände gültig ist, erwartet man, dass experimentelle Daten des 2. Virialkoeffizienten B(T ∗ ) für verschiedene Stoffe dividiert durch das kritische Molvolumen V c alle ungefähr auf einer Kurve liegen
3.7
Gelöste Übungsaufgaben und Anwendungsbeispiele
107
Abb. 3.16 Test des Prinzips der korrespondierenden Zustände am Beispiel des 2. Virialkoeffizienten. Aufgetragen sind experimentelle Daten von B(T ∗ )/V c gegen T ∗ /Tc∗ . ◦• Argon, Krypton, ♦ Xenon, Methan. Abbildung nach E. A. Guggenheim, Thermodynamics, North-Holland Publ. Company Amsterdam (1967)
sollten, wenn man B(T ∗ )/V c gegen T ∗ /Tc∗ aufträgt. Abbildung 3.16 zeigt, dass das für einfache Moleküle in der Tat der Fall ist, für komplexere Moleküle gibt es allerdings mehr oder weniger deutliche Abweichungen vom Prinzip der korrespondierenden Zustände.
Kapitel 4
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
4.1 Der Zusammenhang von Arbeit, Wärme und innerer Energie An einem System, in dem der Druck pSystem herrscht, kann eine Arbeit W geleistet werden mit W > 0, z. B. durch Kompression des Systems mit einem Stempel (W = Kraft (K ) mal Weg (l)). Das System kann aber auch selbst eine Arbeit W leisten mit W < 0, z. B. durch Ausdehnung des Systems gegen eine Kraft K . W ist also positiv, wenn das System Energie aufnimmt, W ist negativ, wenn das System Energie nach außen abgibt. Abbildung 4.1 illustriert diese Vorgänge. Diese Arbeitsform nennt man Volumenarbeit und für ihr Differential gilt: δW = −K · dl oder besser: δW = − pa d V bzw. δW = − pSystem · d V pa ist dann der äußere Druck (Index a) bzw. pSystem der Druck im System. Wenn Kräftegleichheit bzw. Druckgleichheit innen und außen herrscht ( pa = pSystem ), spricht man von quasistatischer Arbeit δWqs (Index qs. = quasistatisch). Eigentlich kann ein solcher Prozess nur unendlich langsam ablaufen, denn wenn er in endlicher Zeit ablaufen soll, muss Ungleichheit der Kräfte herrschen ( pa = pSystem ).
Abb. 4.1 Kompression bzw. Ausdehnung eines Systems (z. B. eines Gases)
A. Heintz, Gleichgewichtsthermodynamik, Springer-Lehrbuch, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1_4,
109
110
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Beim quasistatischen Prozess ist der Druck p = pSystem eine Zustandsgröße des Systems. Quasistatische Prozesse gehören zu den sog. reversiblen Prozessen und wir übernehmen ab hier diese Bezeichnungsweise: δWqs = δWrev = − pd V Wird am System Arbeit geleistet (d V < 0), so ist δWrev positiv, wenn das System selbst Arbeit leistet (d V > 0), negativ. Wir zeigen nun, dass pd V kein vollständiges Differential ist: Wir schreiben für das totale Differential von V : dV =
∂V ∂T ∗
dT ∗ + p
∂V ∂p
T∗
dp
Damit folgt:
−δWrev
∂V = p · dV = p ∂T ∗
∂V dT + p ∂p p ∗
T∗
dp
Wir berechnen: ∂ ∂p
' ( ∂V p ∂T ∗ p
= T∗
∂V ∂T ∗
+p p
∂2V ∂p · ∂T ∗
und ∂ ∂T ∗
∂V ∂2V p =p ∗ ∂p T∗ p ∂T · ∂p
Da auf jeden Fall gilt ∂ 2 V /∂ T ∗ ∂ p = ∂ 2 V /∂ p∂ T ∗ (Schwarz’scher Satz), ist pd V nur dann ein vollständiges Differential, wenn immer gelten würde: (∂ V /∂ T ∗ ) p = 0, Das ist das ist aber nicht der Fall, also ist δWqs ein unvollständiges ) Differential. ) nochmals in Abb. 4.2 illustriert, wo deutlich wird, dass − δWqs = pd V vom Weg abhängt. Es gibt noch andere Arten von Arbeit, die das System mit der Umgebung austauschen kann, von denen wir die wichtigsten anführen:
4.1
Der Zusammenhang von Arbeit, Wärme und innerer Energie
Abb. 4.2 Zur Wegabhängigkeit des Integrals einen kleineren Wert als über Weg b
Die Oberflächenarbeit W1,qs : δW1,rev = σ · d A
)
111
p d V . Das Integral von A nach B über Weg a hat
σ = Oberflächenspannung (bzw. Grenzflächenspannung) A = Oberfläche(bzw. Grenzfläche)
Die elektrische Arbeit W2,qs : P · V ) δW2,rev = + Ed(
E = elektrische Feldstärke, P = elektrischeVolumenpolarisation V = Volumen
Die magnetische Arbeit W3,qs : M · V) δW3,rev = + Bd(
B = magnetische Feldstärke, = magnetischeVolumenpolarisation M V = Volumen
Die Spannungarbeit W4,qs : δW4,rev = + K · d l Die elektrochemische Arbeit W5,qs : δW5,rev = + · dq
K = Zugkraft l = Länge = elektromotorische Kraft = elektrischeSpannungeines galvanischen Elements, q = elektrische Ladung
Allgemein kann man schreiben: δWrev =
i
δWi,rev =
λi dli
i
Man nennt λi den Arbeitskoeffizienten der Arbeitsart i (intensive Größe) und li die Arbeitskoordinate der Arbeitsart i (extensive Größe). Wenn man irreversibel arbeitet (λi,außen = λi,innen ), lässt sich bei der Prozessumkehr – selbst wenn man dabei wieder reversibel arbeitet – nicht mehr die am System geleistete bzw. vom System geleistete Arbeit zurückgewinnen. Dieser verlorene Teil
112
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 4.3 Quasistatischer Prozess auf einer pV T -Oberfläche: ——– Nicht-quasistatischer (irreversibler) Prozess: - - - - -
der Arbeit heißt dissipierte Arbeit Wdiss , differentiell δWdiss . Wir kommen darauf noch ausführlich in Abschn. 5.6 zu sprechen. Reversible Prozesse laufen als quasi-Gleichgewichtsprozesse auf der Oberfläche der Zustandsgleichung von Punkt A nach B ab, während irreversible Prozesse in undefinierter Weise von A nach B ablaufen. Das verdeutlicht Abb. 4.3 am Beispiel der pV T -Oberfläche eines beliebigen Systems (nicht notwendigerweise ein ideales Gas). )B Im Fall der pV T -Oberfläche stellt die reversible Volumenarbeit − pd V das A
Integral der Projektion des Weges von A nach B auf die pV -Ebene dar. Umgekehrt gilt: wenn die Funktion p = p(V ) auf der pV -Ebene vorgegeben ist, dann ist durch ihre Projektion auf die pV T -Zustandsfläche eindeutig der Weg auf der Oberfläche von A nach B definiert. Dabei wird deutlich, dass verschiedene Wege auf der Oberfläche von A nach B möglich sind, die i. a. zu unterschiedlichen Wer)B ten von − pd V führen. Das illustriert nochmals, dass − pd V kein vollständiges A
Differential ist. Die vom System oder am System geleistete (differentielle) Arbeit δW lässt sich formal in einen reversiblen (Index: rev) δWrev - und nicht-irreversiblen Wdiss -Anteil aufspalten, der die dissipierte Arbeit bezeichnet. δW = δWrev + δWdiss =
λi dli + δWdiss
i
bzw. δW =
(λi,außen − λi,system )dl + δWrev
(4.1)
Der Prozess des Arbeitsaustausches des Systems mit der Umgebung, kann auf verschiedenen Wegen ablaufen. Ein Prozess heißt adiabatisch, wenn die Arbeit W die einzige energetische Austauschform des Systems mit der Umgebung ist (thermische Isolierung).
4.1
Der Zusammenhang von Arbeit, Wärme und innerer Energie
113
Dann ändert sich die innere Energie des Systems auf dem Weg von Zustand I nach Zustand II um U : U = U I I − U I =
δW = W (adiabatisch)
Gibt man die Bedingung „adiabatisch“ auf, und damit die thermische Isolierung, gilt allgemein: U = W Wegen des fundamentalen Gesetzes der Energieerhaltung muss es daher eine weitere Energieform Q geben, die mit der Umgebung ausgetauscht werden kann und für die gilt: Q = U − W oder differentiell ausgedrückt: dU = δ Q + δW Q nennt man die Wärme. Manchmal werden Q und W auch als Prozessgrößen bezeichnet. Da die innere Energie U eine Zustandsgröße ist, dU also ein totales Differential darstellt, ferner δW ein unvollständiges Differential ist, kann δ Q auch nur ein unvollständiges Differential sein. Die Summe δ Q + δW dagegen ist immer ein vollständiges Differential. Q kann nur mit der Umgebung ausgetauscht werden, wenn die Systemwände „diatherm“ sind, d. h., wenn Temperaturausgleich mit der Umgebung möglich ist. Haben System und Umgebung dieselbe Temperatur, ist ein Austausch von Q in endlicher Zeit nicht möglich, bei quasistatischen Prozessen mit konstanter Temperatur kann also ein Austausch von Wärme nur idealisiert, d. h. unendlich langsam erfolgen. Rechnen wir noch die potentielle Energie E pot und die kinetische Energie E kin des gesamten Systems hinzu, so erhält man: E = E kin + E pot + U = E kin + E pot + Q + W
(4.2)
E ist die Energieänderung des gesamten Systems bestehend aus drei Anteilen: E kin ist die Änderung der gesamten (makroskopischen) kinetischen Energie des Systems, E pot die Änderung der potentiellen Energie des Systems und U die Änderung der inneren Energie des Systems. Gleichung (4.2) ist der 1. Hauptsatz der Thermodynamik in seiner allgemeinen Form. Setzt man für W die integrierte Form von Gl. (4.1) ein, erhält man:
114
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
E = E kin + E pot + Q +
(λi,außen − λi,System )dl + Wrev
i
Wenn die kinetischen sowie die potentiellen Energien des Systems unverändert bleiben – das ist meistens der Fall bei Problemen der chemischen Thermodynamik –, dann gilt mit E pot = 0 sowie E kin = 0: U = Q + W
(4.3)
Das ist der 1. Hauptsatz der Thermodynamik, wie er in der chemischen Thermodynamik in der Regel benötigt wird. Er ist in Gl. (4.2) mit enthalten. Im Gegensatz zu Q und W ist die innere Energie U eine Systemzustandsgröße. In einem abgeschlossenen System (δ Q = 0, δW = 0) ist U = const bzw. dU = 0. Am naheliegendsten ist es, U als Funktion der Zustandsvariablen V, T ∗ , n 1 , . . . , n k darzustellen: dU =
∂U ∂T ∗
dT ∗ +
V,n i
∂U ∂V
T ∗ ,n i
dV +
k ∂U i=1
∂n i
T ∗ ,V,n j=i
dn i
In dieser Schreibweise wird der Begriff der inneren Energie gleich für offene Systeme erweitert, d. h., wir wählen neben T ∗ und V auch die Molzahlen n i als freie, unabhängige Variable. Man sieht sofort, dass U bezüglich V, n 1 , . . . , n k eine homogene Funktion vom Grad 1 ist. Es gilt also nach der Euler’schen Gleichung: U= oder mit V =
∂U ∂V
n i ,T ∗
·V +
k
U i · ni
i=1
V i · ni ' ( k ∂U U= · V i + U i · ni ∂ V ni ,T ∗ i=1
Die Gültigkeit dieser Beziehung wird später an einem Beispiel überprüft werden (Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern). U i = (∂Ui /∂n i )T ∗ ,ni= j ,V ist die partielle molare innere Energie der Komponente i. Für die molare Energie einer Mischung U M gilt nun: UM = U M = U M (V , T ∗ , x1 , . . . , xk ) ni
4.1
Der Zusammenhang von Arbeit, Wärme und innerer Energie
115
wobei wieder ähnlich wie beim Übergang von V zum molaren Volumen der Mischung V M durch die Bedingung x = 1 die Größe U M nur 2 + k − 1 unabi hängige Variable hat, da xi = 1 als zusätzliche Bedingung vorliegt. ( n i )−1 ist der Faktor, mit dem alle extensiven Variablen (V, n 1 , . . . , n k ), von denen U abhängt, multipliziert werden müssen, wenn U selbst mit ( n i )−1 multipliziert wird. Im Spezialfall des reinen Stoffes gilt: U = U = U (V , T ∗ ) n Ein wesentlicher Unterschied zu V (T ∗ , p, n 1 , . . . , n k ) ist, dass für U kein absoluter Wert angegeben werden kann. Man nennt U (V, T ∗ , n 1 , . . . , n k ) eine kalorische Zustandsgröße, während man V (T ∗ , p, n 1 , . . . , n k ) als thermische Zustandsgröße bezeichnet. Die physikalische Einheit für U ist das Joule (J) und für U (J · mol−1). Wir betrachten jetzt den Differentialquotienten (∂U/∂ T ∗ )V bzw. ∂U /∂ T ∗ V und seine physikalische Bedeutung genauer. 1. Führt man dem geschlossenen System mit n Molen unter adiabatischen Bedingungen (δ Q = 0) – z. B. in einem idealen „Dewar“-Gefäß – durch einen elektrischen Widerstand die dissipierte Arbeit δWdiss = R · I 2 · dt zu (s. Abb. 4.4a) (R = elektrischer Widerstand in (Ohm), I = elektrische Stromstärke in A (Ampere) = C ·s −1 (Coulomb pro Sekunde), gilt: δWdiss =
∂U ∂T ∗
· dT ∗ V,n
wobei V = const gehalten wird und alle n i konstant bleiben (adiabatischisochorer Prozess: es wird keine Wärme δ Q mit der Umgebung ausgetauscht!) Die Größe CV
1 = n
∂U ∂T ∗
= V,n
∂U ∂T ∗
= R · I2 · V
dt 1 t · ≈ R · I2 · dT ∗ n T ∗
(4.4)
wird als molare Wärmekapazität oder Molwärme bei konstantem Volumen bezeichnet. Die elektrische Leistung R · I 2 lässt sich leicht bestimmen, t wird gestoppt und T ∗ mit einem Thermometer gemessen. Damit lässt sich C V experimentell ermitteln. Eine andere Möglichkeit ist das Herabsinken eines Gewichtes, das über zwei Rollen ein Schaufelrad S in dem fluiden System antreibt (Abb. 4.4b). Über das Schaufelrad wird die dissipierte Arbeit δWdiss = m ·g·dh dem System zugeführt. Hier gilt: CV
1 δWdiss 1 = = ∗ n dT n
∂U ∂T ∗
= V
1 δWdiss dh m · g dh ∼ m · g h · ∗ = · · = n dh dT n dT ∗ n T ∗
116
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 4.4 Schematische Versuchsanordnung zur Messung von C V . (a) elektrische Methode: ϕ = elektrische Spannung, Th = Thermometer, R = elektrischer Widerstand. (b) mechanische Methode: m = Masse, S = Schaufelrad, h = Höhenunterschied, Th = Thermometer
Hier können h und T ∗ bei bekannter Masse m gemessen werden. Diese Methode ist zur Messung von C V allerdings weit weniger gut geeignet. Sie hat aber historische Bedeutung, da auf ähnliche Weise im 19. Jahrhundert durch J.P. Joule zum ersten Mal die Äquivalenz von mechanischer Energie und „Wärme“ gezeigt wurde, obwohl gar keine Wärme übertragen, sondern dissipierte Arbeit erzeugt wird. 2. n 1 Mole einer Substanz bei T1∗ werden mit n 2 Molen einer zweiten Substanz bei T2∗ (T1∗ > T2∗ ) in thermischen Kontakt gebracht. Das Gesamtsystem, bestehend aus Substanz 1 und Substanz 2, ist thermisch isoliert, d. h., es herrschen für das Gesamtsystem adiabatische Bedingungen. Es wird keine Arbeit δW geleistet. Dennoch finden in beiden Teilsystemen Temperatur-Änderungen statt, denn U1 = −Q und U2 = +Q mit T1∗ > TM∗ > T2∗ . Ein Beispiel ist die Zugabe eines unlöslichen Metallstücks (System 1, T1∗ ) zu einer Flüssigkeit (System 2, T2∗ ). Es stellt sich in beiden Systemen die mittlere Temperatur TM∗ ein entsprechend dem „Nullten Hauptsatz“, d. h., es wird thermisches Gleichgewicht erreicht. Also gilt: U1 = C V1 · n 1 (TM∗ − T1∗ ) = −Q < 0 U2 = C V2 · n 2 (TM∗ − T2∗ ) = +Q > 0 Da U1 + U2 = 0, folgt: C V1 · n 1 (TM∗ − T1∗ ) = C V2 · n 2 (TM∗ − T2∗ ) und somit:
4.1
Der Zusammenhang von Arbeit, Wärme und innerer Energie
C V2 = C V1
117
n 1 T1∗ − TM∗ n 2 TM∗ − T2∗
Bei bekanntem C V1 kann also C V2 bestimmt werden. Wir fassen zusammen: Methode Nr. 1 (Abb. 4.4a und b) arbeitet mit δWdiss = dU , Methode Nr. 2 mit δ Q = dU . Die Molwärme C V wird in J · K −1 mol−1 angegeben. Es stellt sich nun die Frage, wie man den anderen Differentialquotienten (∂U/∂ V )T ∗ bestimmen kann. Es gibt dafür eine elegante Methode, die wir erst nach Kenntnis des 2. Hauptsatzes anwenden können Gl. (5.17). Hier beschränken wir uns auf ein direktes Experiment, wie man es bei Gasen durchführen kann: der Versuch nach Gay-Lussac bzw. nach Joule (s. Abb. 4.5). Zwei Kolben sind durch einen Hahn, der verschlossen ist, miteinander verbunden. Der linke Kolben ist mit einem Gas (z. B. He oder N2 ) gefüllt und enthält n Mole bei einem Druck p, der rechte Kolben ist evakuiert. Das ganze 2-Kolben-System ist adiabatisch isoliert und befindet sich vor Versuchsbeginn bei der Temperatur T1∗ . Das Gas wird durch Öffnen des Hahns ins Vakuum des rechten Kolbens expandiert und die Endtemperatur T2∗ gemessen. Dabei gilt: 1. Das System leistet keine Arbeit, da der Prozess ohne Gegendruck erfolgt, d. h. δW = 0 (δWqs = −δWdiss ) 2. Wegen der adiabatischen Bedingung ist auch δ Q = 0. Also gilt: ∂U ∗ dU = δ Q + δW = 0 = n · C V dTU + · d VU ∂V T∗ Der Index U bedeutet: bei konstantem Wert von U . Man schreibt um: ∗
− ∂U T ∗ − T2∗ T2∗ − T1∗ dT T ∗ ∂V T ∗ ∼ δGL = =− =+ 1 = =− dV V2 + V1 − V1 V2 V2 n · CV U
δGL heißt der Gay-Lussac-Koeffizient, manchmal auch Joule-Koeffizient genannt.
Abb. 4.5 Der Versuch nach Gay-Lussac bzw. Joule. Th1, Th2 = Thermometer, H = Verbindungshahn, V1 , V2 = Volumina (s. Text)
118
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Das Experiment wird mehrfach wiederholt mit jeweils kleinerem Anfangsdruck p bzw. Molzahl n und die Ergebnisse gegen p = 0 für den erreichten Enddruck extrapoliert. Das Ergebnis ist für alle Gase dasselbe: T ∗ =0 V2
lim
p→0
Da C V > 0, folgt somit: lim
p→0
∂U ∂V
T∗
=0
Die Schlussfolgerung ist: Bei idealen Gasen ist (∂U/∂ V )T ∗ = −C V δGL = 0 und damit auch δGL = 0. Hinweis: Bei realen Gasen oder Flüssigkeiten ist das keineswegs der Fall, wie wir noch sehen werden.
4.2 Die Enthalpie als Zustandsgröße. Der Joule-ThomsonProzess Da V und p Zustandsgrößen sind, ist es auch das Produkt p · V . Addiert man zu U das Produkt p · V , erhält man eine neue Zustandsgröße H , die Enthalpie H =U + p·V
bzw.
H =U + p·V
mit H =
H n
(4.5)
Der tiefere Grund, warum H gerade so definiert ist, wird später nach Kenntnis des 2. Hauptsatzes einleuchtend werden. Es gibt aber auch einen praktischen Grund, der unmittelbar einsichtig ist. Das totale Differential von H lautet: d H = dU + p · d V + V · dp Im Fall, dass δWrev = − p · d V , folgt mit dU = δ Q − p · d V d H = δ Q + V dp Man wählt nun die Enthalpie H = H ( p, T, n 1 , . . . , n k ) bzw. die molare Enthalpie H = H ( p, T, x1 , . . . , xk ), als Funktion von p, T und den Molzahlen bzw. den Molenbrüchen, so dass bei p = const gilt: d H = δQ
( p = const)
Bei konstantem Druck ist also d H gleich der differentiellen Wärme δ Q, die im reversiblen Fall mit der Umgebung ausgetauscht wird, daher der Name Enthalpie
4.2
Die Enthalpie als Zustandsgröße. Der Joule-Thomson-Prozess
119
(ενϑαλπoς (griechisch) = Wärme). Da Wärmemengen bei p = const im Allgemeinen gut messbar sind und damit auch Enthalpieänderungen, liegt hier der praktische Sinn der Definition der Enthalpie als Funktion von T, p und den Molzahlen n i . Im irreversiblen, adiabatischen Fall mit δ Q = 0 und δW = 0 bzw. δWdiss = pd V gilt hingegen: ( p = const)
d H = δWdiss
H bzw. H wird ähnlich wie U bzw. U als kalorische Zustandsgröße bezeichnet. Für das totale Differential gilt dann für offene Systeme: dH =
∂H ∂T ∗
∗
dT + p,n
∂H ∂p
k ∂H dp + dn i ∂n i T ∗ , p,n j=i T ∗ ,n i=1
H ist offensichtlich eine homogene Funktion vom Grad 1 in den Variablen n 1 bis n k . Dabei gilt: H=
H i · ni
H=
bzw.
H i · xi
wobei H i = (∂ Hi /∂n i )T ∗ , p als partielle molare Enthalpie der Komponente i bezeichnet wird. Bei einer Systemänderung mit δWdiss = 0, d. h. bei reversibler Arbeitsweise und p = const sowie alle n i = const, folgt dann: d H = δQ =
∂H ∂T ∗
· dT ∗ p,n
Es ist jedoch auch möglich, dass sich das System unter den folgenden Bedingungen verändert: δ Q = 0 und δWdiss = 0 bei p = const, d. h., dp = 0. Wegen dU = δWdiss − p · d V = δW gilt in diesem nicht-quasistatischen (irreversiblen) Fall: d H = δWdiss =
1 n
∂H ∂T ∗
∂H ∂T ∗
= p,n
∂H ∂T ∗
· dT ∗ p,n
= Cp p
C p heißt die Molwärme bei konstantem Druck und ist nach ähnlichen Methoden messbar wie C V , nur dass jetzt bei den entsprechenden Messvorgängen p konstant gehalten werden muss statt V . Das ist experimentell in der Regel viel einfacher.
120
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Es lässt sich nun ein Zusammenhang zwischen C p und C V herstellen. Es gilt definitionsgemäß: C p − CV =
∂H ∂T ∗
− p
∂U ∂T ∗
' = V
=
∂(U + p · V ) ∂T ∗
(
∂U ∂T ∗
+p p
− p
∂U ∂T ∗
∂V ∂T ∗
− p
V
∂U ∂T ∗
V
Jetzt betrachten wir nach Abschn. 2.2 den Spezialfall der Transformation z(x, y) → z(α, β) mit α = x, also:
∂z ∂x
=
β
∂z ∂x
·1+ y
∂z ∂y
x
∂y ∂x
β
Mit U = z, V = y, x = T ∗ und β = p folgt dann:
∂U ∂T ∗
= p
∂U ∂T ∗
+ V
∂U ∂V
T∗
∂V ∂T ∗
p
Damit ergibt sich: C p − CV = p
∂V ∂T ∗
+ p
∂U ∂V
· T∗
∂V ∂T ∗
= p
∂V ∂T ∗
'
p+
p
∂U ∂V
( T∗
Wir wenden diese allgemein gültige Gleichung auf ideale
Gase an, wo ja experimentell gefunden wurde, dass ∂U /∂ V T ∗ = 0. Es gilt ∂ V /∂ T ∗ p = R/ p (wegen V = R · T ∗ / p). Damit erhalten wir:
C p − CV = R
(ideales Gas)
(4.6)
Bei realen Gasen oder Flüssigkeiten bzw. Festkörpern ist der Unterschied geringer. Der Ausdruck C p − C V kann durch eine allgemein gültige Formel angegeben werden, die wir noch kennenlernen werden, wenn wir die Ergebnisse und Konsequenzen des 2. Hauptsatzes anwenden. Ähnlich wie beim Gay-Lussac-Versuch kann man mit Gasen Expansionsversuche unter Bedingungen machen, bei denen H = const bleibt (statt U = const). Dazu betrachten wir Abb. 4.6. Ein Gas wird so langsam durch eine poröse Scheibe (Drossel) gedrückt, dass jeweils links und rechts von der Drossel einheitliche und messbare Drücke und Temperaturen herrschen. Links von der Drossel herrscht der Druck p1 und das Gas bewegt sich mit der Volumengeschwindigkeit V˙1 . Rechts von der Drossel strömt das Gas unter dem Druck p2 mit der Volumengeschwindigkeit
4.2
Die Enthalpie als Zustandsgröße. Der Joule-Thomson-Prozess
121
Abb. 4.6 Der Joule-Thomson-Prozess
V˙2 . Es ist p1 > p2 . Das ganze, im zylindrischen Rohr langsam strömende Gas, ist adiabatisch nach außen isoliert (δ Q = 0). Das ist der sog. Joule-Thomson-Versuch. Links von der Drossel wird in der Zeit t an dem Gas die Arbeit t W1 = −
p1 · V˙1 · dt = − p1
0 ·d V1 = + p1 V1
0
V1
t
V2
geleistet. Rechts gilt:
W2 = −
p2 · V˙2 · dt = − p2
0
·d V2 = − p2 V2 0
Hier leistet das Gas Arbeit gegen den Kolben. Daraus folgt: W1 + W2 = p1 V1 − p2 V2 = W Die Änderung der inneren Energie U der Gasmenge, die durch die poröse Scheibe gedrückt wurde, ist U2 − U1 = W , da Q = 0. Damit ergibt sich: p1 V1 + U1 = p2 V2 + U2 = H1 = H2
(4.7)
Es bleibt also die Enthalpie H bei diesem Versuch konstant, d. h., es handelt sich um einen isenthalpen Prozess. Dabei merken wir noch Folgendes an: Der JouleThomson-Prozess ist kein quasistatischer Prozess, er ist irreversibel, ähnlich wie der Gay-Lussac-Versuch. Die nicht-quasistatischen bzw. irreversiblen Anteile des Joule-Thomson-Prozesses finden im Wesentlichen beim Druckabfall in der Drossel statt. Man sieht das leicht ein, indem man bedenkt, dass bei quasistatischer (unendlich langsamer) Prozessführung ja überhaupt kein Druckgefälle über die Drossel aufrecht zu erhalten wäre. In den Gasräumen links bzw. rechts von der porösen Scheibe laufen streng genommen die Strömungsprozesse auch nicht vollständig quasistatisch ab, aber wegen der niedrigen Volumengeschwindigkeiten herrschen hier nahezu quasistatische (also reversible) Verhältnisse. In Abschn. 5.14.4
122
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
werden wir den Joule-Thomson-Prozess nochmals von einem anderen Standpunkt aus betrachten, der die Irreversibilität deutlich zum Ausdruck bringt. Beim Joule-Thomson-Versuch gilt also: dH = 0 =
nC p · dTH∗
+
∂H ∂p
T∗
· dp H
Der Index H bedeutet hier, dass H = const gilt. Es folgt damit:
∂T ∗ ∂p
=− H
∂H ∂p
−1
C p = δJT
(4.8)
T∗
δJT heißt der differentielle Joule-Thomson-Koeffizient. Er ist messbar als Steigung einer Kurve, die durch eine Versuchsreihe nach Abb. 4.7 erhalten wird, bei der ausgehend von p1 , T1∗ , im Joule-Thomson-Versuch nach p2 , T2∗ , dann nach p3 , T3∗ usw. durch die Drossel entspannt wird. Die Punkte dieser Kurve (s. Abb. 4.7) stellen eine Isenthalpe dar, d. h., für alle Punkte auf einer solche Kurve gilt H = const. Es gibt also auf der pV T ∗ Zustandsfläche eines Fluids Bereiche mit unterschiedlichem Vorzeichen für δJT . Projiziert man die Zustandsfläche auf die T ∗ - p-Ebene, so ist im schraffierten Bereich in Abb. 4.7 δJT = (∂ T ∗ /∂ p) H > 0, außerhalb ist δJT < 0. Beim Entspannen kommt es daher bei δJT > 0 zur Abkühlung (dT ∗ < 0), bei δJT < 0 zur Erwärmung (dT ∗ > 0) hinter der Drossel. Die sog. Inversionskurve (- - - - -) verbindet die Kurven-Maxima. Der Prozess ist wichtig zur GasVerflüssigung nach dem sog. Linde-Verfahren. Dabei muss ein Gas unter seine Inversionstemperatur vorgekühlt sein, um es im Joule-Thomson-Prozess weiter
Abb. 4.7 Isenthalpen (H = const ——-) und Inversionskurve - - - - - eines realen Fluids. (T1∗ , p1 ), (T2∗ , p2 ), (T3∗ , p3 ) = Messpunkte bei gegebener Temperatur und gegebenem Druck auf der Hochdruckseite des JT-Experiments für die Entspannungsseite entsprechend einer Isenthalpen
4.2
Die Enthalpie als Zustandsgröße. Der Joule-Thomson-Prozess
123
abkühlen zu können. Das Vorkühlen lässt sich durch adiabatisch-quasistatische Entspannung des Gases erreichen (s. Abschn. 5.1). Der Joule-Thomson-Versuch liefert außerdem eine Möglichkeit (∂ H/∂ p)T ∗ mit Hilfe von Gl. (4.8) zu messen, wenn C p bekannt ist. Bei idealen Gasen gilt, dass δJT = 0, d. h., dort ist (∂ H/∂ p)T ∗ = 0 ähnlich wie (∂U/∂ V )T ∗ = 0. Es lässt sich zeigen, dass (∂ H/∂ p)T ∗ = 0, wenn (∂U/∂ V )T ∗ = 0. Wenn wir den zweiten Hauptsatz und die Entropie kennengelernt haben, lassen sich diese Zusammenhänge in besonders einfacher Weise herleiten (s. Abschn. 5.5). Wir wollen zum Abschluss dieses Abschnittes noch einen kurzen Überblick geben, in welchen Bereichen Werte der Molwärme C p für verschiedene Stoffe und Stoffklassen liegen. Werte für C p verschiedener Stoffe können sehr unterschiedlich sein und sowohl von T ∗ wie von p abhängen. Der Verlauf der Molwärmen C p als Funktion der Temperatur ist für einige Stoffe in Abb. 4.8 dargestellt. Man sieht, dass die Molwärmen C p für Gase i. a. deutlich kleiner sind als die von Flüssigkeiten (Beispiel: H2 O). Im festen Zustand wird C p bei tiefen Temperaturen zunehmend kleiner und verschwindet bei T ∗ = 0. Allgemein gilt: Je mehr Atome ein Molekül hat, desto größer ist in der Regel C p . Die kleinsten Werte für die Molwärme im gasförmigen Zustand haben Edelgase. Dort gilt bei niedrigen Drücken C p,Edelgas = 5/2R bzw. C V,Edelgas = 3/2R (s. Gl. (4.6)). Im Allgemeinen sind C V und C p Funktionen von T ∗ und p. Lediglich im Grenzfall idealer Gase kann C V und C p nur eine Funktion von T ∗ sein, da Uid.Gas nicht von V und Hid.Gas nicht von p abhängen. In Tabelle F.2 von Anhang F sind Molwärmen C p von verschiedenen Gasen (extrapoliert auf den idealen Gaszustand) als Funktion der Temperatur angegeben. Für einige Festkörper zeigt Abb. 4.9 C p (bei p = 1 bar) bzw. C V etwas genauer den Verlauf in Abhängigkeit von der Temperatur. Charakteristisch ist, dass C p bzw.
Abb. 4.8 Molwärmen C p einiger Gase und kondensierter Stoffe (bei p = 1 bar)
124
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 4.9 Molwärmen C V und C p von einigen Festkörpern (bei p = 1 bar). C p wurde gemessen, C V aus Gl. (5.22) ermittelt. Abbildung nach: G. Kortüm u. H. Lachmann, Einführung in die Chemische Thermodynamik, Verlag Chemie (1981)
C V bei T ∗ = 0 gleich Null wird, relativ steil ansteigt und dann wieder abflacht bis ein Sättigungswert erreicht ist, der bei einatomigen Festkörpern 3 R = 24,92 J · mol−1 · K−1 beträgt (Doulong-Petit’sches Gesetz). Diese Gesetzmäßigkeit gilt auch für viele salzartige Verbindungen mit mehreren Atomen pro Mol, wenn man sich im Mittel auf 1 Atom bezieht. Das zeigt in Abb. 4.9 das Beispiel CaF2 . Da die Molwärme C p eine in der chemischen Thermodynamik sehr wichtige Größe ist, wollen wir auch zu ihrer Abhängigkeit vom Druck an dieser Stelle etwas sagen. Allgemein gilt für die Druckabhängigkeit der Molwärme C p :
∂C p ∂p
= −T ∗ · V
T∗
∂α p ∂T ∗
+ α 2p
= −T ∗
p
∂2V ∂ T ∗2
(4.9) p
Die Gültigkeit dieser Gleichung werden wir später nachweisen (Abschn. 5.5). Da bei idealen Gasen α p = 1/T ∗ ist, wird (∂C p /∂ p)T ∗ in diesem Fall gleich Null, was wir bereits festgestellt hatten. Bei realen Systemen, z. B. realen Gasen, ist das nicht mehr der Fall. Setzt man z. B. die Virialgleichung (Gl. (3.3)) in Gl. (4.9) ein, so ergibt sich, wenn man nur den 2. Virialkoeffizienten B(T ∗ ) berücksichtigt:
∂C p ∂p
= −T T∗
∗
d 2 B(T ∗ ) dT ∗2
Da B(T ∗ ) unabhängig von p ist, ergibt die Integration:
4.2
Die Enthalpie als Zustandsgröße. Der Joule-Thomson-Prozess
C p,real = C p,id. Gas − T
∗
d 2 B(T ∗ ) dT ∗2
125
·p
Die Molwärme C p eines realen Gases nimmt also mit dem Druck zu, da die zweite Ableitung von B(T ∗ ) nach der Temperatur praktisch im ganzen Temperaturbereich negativ ist. Setzen wir für B(T ∗ ) z. B. das Ergebnis der van der Waals-Gleichung nach Gl. (3.4) ein, erhält man: C p,real = C p,id. Gas +
2a ·p RT ∗2
Erwartungsgemäß nimmt C p linear mit dem Druck zu und bei gegebenem Druck mit der Temperatur ab, und zwar proportional zu T ∗−2 . Das wird im Wesentlichen durch das Experiment bestätigt, wie das Beispiel für NH3 in Abb. 4.10 zeigt. Bei Flüssigkeiten und Festkörpern ist α p erheblich kleiner als bei Gasen, so dass α 2p gegen (∂α p /∂ T ∗ ) vernachlässigt werden kann:
C p,Fl ≈ C p,Fl( p=1 bar) − T
∗
p V p=1
∂α p ∂T ∗
· dp p
Da sowohl V wie auch (∂α p /∂ T ∗ ) p bei Flüssigkeiten und Festkörpern in der Regel wenig von p abhängig sind, ist das auch bei C p,Fl der Fall. In der Regel ist
Abb. 4.10 Molwärme C p von NH3 als Funktion von p und ϑ. - - - - - - - Sättigungslinie für den Dampfdruck von NH3 , links von dieser Linie kondensiert flüssiger Ammoniak aus, rechts davon existiert nur gasförmiger NH3 . Abbildung nach: G. Kortüm u. H. Lachmann, Einführung in die Chemische Thermodynamik, Verlag Chemie (1981)
126
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
(∂α p /∂ T ∗ ) p bei Flüssigkeiten und Festkörpern positiv (s. z. B. Abb. 3.1 und 3.2), in diesem Fall nimmt C p mit dem Druck meistens ab.
4.3 Enthalpieberechnungen und Exzessenthalpien fluider Mischungen Ähnlich wie bei der inneren Energie U können auch von H keine absoluten Werte bestimmt werden, sondern nur Differenzen: ∗
p2
T2 H2 − H1 =
C p dT + T1∗
p1
∂H ∂p
T∗
dp
(4.10)
Da H eine Zustandsgröße ist, hat der Integrationsweg, auf dem man von H1 nach H2 kommt bzw. von p1 , T1∗ nach p2 , T2∗ , keinen Einfluss auf das Ergebnis. Sind Werte der Wärmekapazität bei konstantem Druck C p = n · C p als Funktion von T ∗ und p sowie (∂ H/∂ p)T ∗ ebenfalls als Funktion von T ∗ und p bekannt, kann die Integration durchgeführt werden, z. B. erst über T ∗ von T1∗ → T2∗ bei p1 = const, und dann bei T2∗ = const über p von p1 nach p2 . Betrachtet man Mischungen, so ist auch hier nur die Differenz der Enthalpie vor dem Mischen und nach dem Mischen messbar durch Messung der freiwerdenden oder verbrauchten Wärme Q bei p = const, also: Q = H E = HMisch −
k i=1
0
ni H i =
k
0
n i (H i − H i )
i=1
wobei HMisch = n i H i ist. 0 H E heißt die Exzessenthalpie, wobei H i die molaren Enthalpien der reinen Stoffe (z. B. Gase und Flüssigkeiten) und H i die partiellen molaren Enthalpien in der Mischung bedeuten. Wenn H E > 0, spricht man von einem endothermen, bei H E < 0 von einem exothermen Mischprozess. Messbar ist auch ∂H E 0 = H i − H i = H i ∂n i T ∗ , p,n j=i die partielle molare Exzessenthalpie von Komponente i, das ist der Enthalpieunterschied, der sich ergibt, wenn 1 Mol der reinen Komponente i zu einer großen Menge Mischung gegeben wird, so dass sich beim Zumischen die Zusammensetzung der Gesamtmischung praktisch nicht ändert. Der Zusammenhang zwischen H E und H i lässt sich folgendermaßen ableiten.
4.3
Enthalpieberechnungen und Exzessenthalpien fluider Mischungen
127
Es gilt zunächst analog wie beim molaren Volumen V (s. Gl. (3.9)) für die molare Enthalpie der Mischung (Index M): HM = H j +
k
xi
i=1 i = j
∂ HM ∂ xi
(4.11)
und entsprechend für die molare Enthalpie der noch ungemischten Komponenten: 0 HM
=
0 Hj
+
k
xi
i=1 i = j
0
∂ HM ∂ xi
(4.12)
0
wobei H M die molare Enthalpie der Mischung und H M =
0
H i · xi die Summe
i
der Enthalpien der reinen Mischungspartner bezogen auf 1 Mol bedeutet. Da gilt: 0
HM − HM = H
E
=
0
(H i − H i )xi
ergibt sich sofort durch Substraktion der Gl. (4.12) von Gl. (4.11) für die molare E Exzessenthalpie H :
H
E
0
= (H j − H j ) +
i= j
E
xi
∂H ∂ xi
(4.13)
Im Falle einer binären Mischung gilt also: E
H
E
= H 1 + x 2
E
∂H ∂H = H 1 + x2 ∂ x2 ∂ x2
E
Liegen experimentelle Daten von H vor, können nach der bekannten Tangenten0 0 methode H 2 = H 2 − H 2 und H 1 = H 1 − H 1 ermittelt werden (s. Abb. 4.11 als Beispiel). E Molare Exzessenthalpien H lassen sich quasi-isotherm auf grundsätzlich zwei Arten messen. Wir betrachten in Abb. 4.12 zwei Strömungsrohre, in dem einen strömt die Komponente A (molarer Fluss dn A /dt), in dem anderen Komponente B (molarer Fluss dn B /dt). Beim Zusammenfluss von A mit B entsteht im Mischungsrohr die Mischung A + B kontinuierlich. Im ersten Fall ist das Strömungsrohr adiabatisch isoliert ( Q˙ = 0), und in der strömenden Mischung A + B wird die Temperatur konstant gehalten, indem ein Heiz- oder Kühlaggregat im Mischungsrohr die Dissipationsleistung dWdiss /dt aufbringt.
128
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 4.11 Molare Exzessenthalpie H und H 2 −
0 H2
E
0
und partielle molare Exzessenthalpien H 1 − H 1 = H 1
= H 2 . Die Punkte deuten experimentelle Messpunkte an
Abb. 4.12 Strömungskalorimetrische Messprinzipien zur Messung von Mischungsenthalpien Q˙ = d Q/dt, W˙ diss = d Wdiss /dt (siehe Text)
Bei diesem Strömungsprozess gilt für die Bilanz nach dem 1. Hauptsatz (dU = δW = δWdiss − pd V ) bei p = const: E
U ·
dWdiss d(n A + n B ) E d(n A + n B ) = − pV dt dt dt
oder: E
U + pV
E
=H
E
=
dWdiss L = d(n A + n B ) n˙
L = dWdiss /dt ist die Heiz- oder Kühlleistung (elektrischer Heizwiderstand oder Peltier-Element) in Watt, und n˙ = d(n A + n B )/dt ist der gesamte molare Strom durch das Rohr in mol · s −1 . Die Enthalpieänderung ist also gleich der dissipierten Arbeit. Im zweiten Fall (s. Abb. 4.12) sind die Rohrwände diatherm und Wärme wird in die Umgebung abgegeben. Hier ist also dWdiss /dt = 0, wenn wir von Reibungseffekten an der Rohrwand im strömenden Medium absehen. Das ist das Prinzip eines Wärmeflusskalorimeters.
4.4
Reaktionsenthalpien chemischer Reaktionen
129
Es gilt bei p = const: E
U ·
d(n A + n B ) dQ E d(n A + n B ) = − pV · dt dt dt
bzw. H
E
˙ n˙ = Q/
wobei Q˙ jetzt die Wärmeflussleistung d Q/dt in Watt bedeutet. E 0 E V = V Misch − xi V i ist das molare Exzessvolumen, p · V ist bei NorE maldruck in der Regel gegenüber U vernachlässigbar gering, das gilt aber nur für kondensierte Flüssigkeiten. Im Fall von komprimierten (realen) Gasgemischen darf p · V E nicht ohne weiteres vernachlässigt werden.
4.4 Reaktionsenthalpien chemischer Reaktionen Wir betrachten eine chemische Reaktion, die in einer homogenen Phase abläuft, z. B. die sog. Knallgasreaktion in der Gasphase: 2H2 + O2 → 2H2 O Wie kann man solche chemischen Reaktionen in den Formalismus der Thermodynamik einbauen? Die folgende Überlegung gilt für alle extensiven Zustandsgrößen, wie U, V, H usw. Im Fall der Enthalpie H gilt für offene Systeme: dH =
m
H i dn i
( p, T ∗ = const)
i=1
Bei chemischen Reaktionen ändern sich die Werte für n i im Laufe der Reaktion, allerdings nicht unabhängig voneinander. So gilt z. B. für die Knallgasreaktion: −dn O2 = −2dn H2 = +2dn H2 O Obwohl sich 3 Teilchenmengen ändern, lässt sich diese Änderung durch eine Variable, die Reaktionslaufzahl ξ darstellen: dn i = νi dξ wobei νi der sog. stöchiometrische Koeffizient von i ist: νO2 = −1, νH2 = −2, νH2 O = +2,
130
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Wir haben dabei ein geschlossenes System vorliegen, d. h., es wird keine Materie mit der Umgebung ausgetauscht. Also gilt: dH =
m
νi H i
· dξ T ∗, p
i=1
Die stöchiometrischen Koeffizienten νi sind für die Produkte (rechte Seite in der Reaktionsgleichung) positiv zu rechnen, für die Edukte (linke Seite der Reaktionsgleichung) negativ. Bei geschlossenen Systemen ist im Rahmen des 1. Hauptsatzes ξ eine Zustandsgröße. Wir bezeichnen: m ∂H νi H i = ∂ξ T ∗ , p ∗ T ,p
i=1
als differentielle Reaktionsenthalpie. Man kann auch schreiben: m m 0 0 dH = νi H i dξ + νi (H i − H i )dξ i
i
bzw. integriert R H =
m
ξ
0 νi H i
· ξ +
i
m i
0
νi (H i − H i )dξ
(4.14)
0
R H ist die integrale Reaktionsenthalpie, ξ ist gleich ξE − ξA (A = Anfang, E = Ende der Reaktion). Ähnlich wie bei Mischprozessen (s. Abschn. 4.3) spricht man bei chemischen Reaktionen von endothermen Reaktionen, wenn R H in Gl. (4.14) positiv ist und von exothermen Reaktionen, wenn R H negativ ist. Der erste Term in Gl. (4.14) ist die Differenz der Enthalpien der Produkte minus der der Edukte im reinen Zustand, bezogen auf p und T ∗ , bei der die Reaktion abläuft. Der zweite Term ist ein reiner Mischungseffekt, der keine Anteile der eigentlichen chemischen Reaktion enthält. Wenn Gl. (4.14) sich auf einen molaren Umsatz mit ξ= 1 bezieht, wird R H in Gl. (4.14) zu R H , der molaren Reak 0 νi H i ∗ heißt molare Standardreaktionsenthalpie: tionsenthalpie. T ,p
0
R H =
m i
0
νi H i T ∗ , p
(4.15)
4.4
Reaktionsenthalpien chemischer Reaktionen
131
0
R H hängt nur von Eigenschaften der reinen Stoffe ab ( p, T ∗ = const). Z. B. gilt für die Knallgasreaktion: 0
0
0
0
R H = 2H H2 O − 2H H2 − 1H O2 Direkt messbar ist allerdings nur die integrale Reaktionsenthalpie R H bzw. 0 R H R , die sich um den 2. Term in Gl. (4.14) von R H unterscheidet. Bei idealen Gasen verschwindet dieser Term und es gilt: R H/ξ = R H = R H
0
(ideale Gasreaktion)
Wir haben soweit vorausgesetzt, dass die Reaktion vollständig abläuft. Das ist keineswegs immer so, bei den meisten Reaktionen von organischen Substanzen mit O2 im Überschuss (Verbrennungsreaktionen) ist das jedoch praktisch immer der Fall. Direkt messbar sind solche Verbrennungsenthalpien in einem sog. Bombenkalorimeter, allerdings bei V = const, nicht bei p = const. Das Prinzip ist in Abb. 4.13 gezeigt. Es wird in einem inneren Gefäß (V = const) eine Substanz mit O2 verbrannt. Dabei kommt es zu einer Temperatur-Erhöhung, und durch thermischen Kontakt mit einem Wasserbad bekannter Wassermenge wird nach Temperaturausgleich zwischen Reaktionsgefäß und umgebendem Wasserbad die Temperaturänderung gemessen . Man beachte, dass das Wasserbad und das Reaktionsgefäß adiabatisch isoliert sind. Wir wollen jetzt den Verbrennungsprozess untersuchen. Bei Überschuss an Sauerstoff, also bei erhöhtem O2 -Druck, wird die Substanz durch Zündung im Reaktionsgefäß des Kalorimeters bei konstantem Volumen verbrannt. Gemessen wird also die integrale Reaktionsenergie RU , die als Wärme Q im System Wasserbad plus Reaktionsgefäß frei wird.
Abb. 4.13 Verbrennungskalorimeter
132
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik 0
Wenn es sich um ideale Gase handelt, wird R U = RU und der Zusammen0 hang zur gesuchten Reaktionsenthalpie R H bzw. R H lautet: 0
0
R U = R H − pR V
0
mit 0
R V = ξ
νi V i0 =
RT ∗ νi · ξ p
Daraus folgt für ideale Gase: R H = R U + RT ∗ 0
0
νi
Die Definition von Standardreaktionsgrößen R H 0 , R U 0 , R V 0 hat auch dann eine eindeutige Bedeutung, wenn heterogene Reaktionen stattfinden, z. B., wenn feste Substanzen verbrannt werden: C(s) + O2 (g) → CO2 (g) oder auch bei Reaktionen, wo jedes der Edukte und Produkte eine eigene Phase bildet, z. B.: PbCl2 + 2Ag → 2AgCl + Pb Wir berechnen als Beispiel, wie hoch die Temperaturerhöhung ohne umgebendes Wasserbad bei adiabatischer Verbrennung und V = const von 1 Mol C (Gra0 phit) (= 12 g) ist. Bei 300 K gilt für C + O2 → CO2 der Wert R H = 0 νi = −393,5 + 0 (das Volumen −393,5 kJ/mol−1 , also R U = −393,5 − RT von festem Kohlenstoff wird vernachlässigt). Beim adiabatischen Verbrennungsprozess im Reaktionsgefäß ohne Wasserbad ist δ Q = 0 und δW = 0 Also ergibt sich: 0
dU = 0 = C V dT ∗ + R U · dξ wenn wir die Gasphase als ideal ansehen. Das heißt, es gilt: 0
T ∗ = −R U ·
ξ = −R U 0 /C V CV
Wir nehmen an, dass O2 vollständig verbraucht wurde, so dass
4.4
Reaktionsenthalpien chemischer Reaktionen
133
C V = C V,CO2 37 J · mol−1 · K−1 . Das ergibt: T ∗ = +
393,5 · 103 = 10.635 K 37
Dieser Wert ist völlig unrealistisch. Man verbrennt daher ca. 1 g C = 1/12 mol in ca. 20 molarem Überschuss an O2 (C V,O2 ≈ 25 J·mol−1 ·K−1 ). Das Reaktionsgefäß befindet sich in einem Wasserbad von ca. 1 kg H2 O mit einer Wärmekapazität von C V,H2 O · 55,6 = 75 · 55,6 J · K−1 = 4,17 kJ · K−1 . Dann ist ξ =
1 ∼ = 0,083 mol 12
und CV =
3,7 −2 −3 · 10 + 20 · 25 · 10 + 4,17 kJ · K−1 = 4,68 kJ · K−1 12
und man erhält: T ∗ =
393,5 · 0,083 = 6,98 K 4,68
Das ist eine kalorimetrisch gut messbare Temperaturerhöhung. Wir haben hier den verbrennungskalorimetrischen Prozess nur in groben Zügen geschildert. Um genaue Messergebnisse zu erhalten, muss zunächst das Bombenkalorimeter mit einer Substanz genau bekannter Verbrennungsenthalpie (z. B. Benzoesäure) kalibriert werden. Ferner sind eine Reihe von Messkorrekturen zu beachten (elektrische Zündleistung, Verbrennungswärme des Zünddrahtes, Kondensationswärme bei der Bildung von flüssigem Wasser, Enthalpieeffekte von entstandenem CO2 , das sich im flüssigen Wasser löst u. a.). Auf Details von solchen Korrekturen gehen wir hier nicht näher ein. Der 1. Hauptsatz und die daraus folgende Wegunabhängigkeit von Zustandsänderungen für Zustandsgrößen wie H , U oder V gilt selbstverständlich auch, wenn in geschlossenen Systemen nun als neue Zustandsvariable die Reaktionslaufzahl 0 ξ auftaucht. Das kann man sich zu Nutze machen, um R H von Reaktionen zu bestimmen, die nicht direkt messbar sind. Wir geben ein Beispiel: C + 2H2 → CH4 0
(Methan)
Wie groß ist R H für diese Reaktion? Dazu betrachten wir die beiden bereits bekannten Reaktionen
134
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
C + O2 → CO2
mit
R H I = −393,5 kJ/mol−1 0
0
2H2 + O2 → 2H2 O mit R H II = −483,66 kJ/mol−1 und ferner: CH4 + 2O2 → CO2 + 2H2 O mit
R H III = −798,3 kJ/mol−1 0
Addiert man die ersten beiden Gleichungen und subtrahiert davon die dritte, erhält man: C + 2H2 → CH4 mit 0
0
0
0
R H = R H I + R H II − R H III Daraus ergibt sich für die Hydrierung von Kohlenstoff zu Methan die gesuchte Standardreaktionsenthalpie: R H = −393,5 − 483,66 + 798,3 = −78,86 kJ/mol−1 0
Diese Anwendung des 1. Hauptsatzes auf chemische Reaktionen ist auch bekannt als der Hess’sche Satz. An dem angeführten Beispiel wurde gezeigt, wie Reaktionsenthalpien, die nicht direkt messbar sind, indirekt, durch geeignete Kombinationen von Verbrennungsreaktionen ermittelt werden können.
4.5 Standardbildungenthalpien Die Reaktionsenthalpie, die unter Standardbedingungen (1 bar, 298,15 K) bei der Bildung einer molekularen Substanz i aus ihren Elementen beobachtet wird, heißt 0 Standardbildungsenthalpie f H i (Index f = formation). Wir geben 2 Beispiele: 6C + 3H2 → C6 H6 (Benzol) mit 0
0
0
0
f H Benzol = H Benzol(flüssig) − 3H C(fest) − 3H H2 (gas) oder H2 + S + 2O2 → H2 SO4
4.5
Standardbildungenthalpien
135
mit 0
0
0
0
0
f H H2 SO4 = H H2 SO4 (flüssig) − H H2 (gas) − H S(fest) − 2H O2 (gas) 0
Da absolute Werte der Enthalpien H i nicht angegeben werden können, hat man sich international darauf geeignet, die Enthalpien der Elemente in ihrem stabilen Aggregatzustand bei 1 bar und 298,15 K gleich Null zu setzen. Das bedeutet, dass die Enthalpie einer beliebigen molekularen Verbindung gleich der Standardreaktionsenthalpie ist, die bei der Bildungsreaktion dieser Verbindungen aus ihren chemischen Elementen auftritt. Diese Standardreaktionsenthalpie heißt daher Standardbildungsenthalpie und ist definitionsgemäß identisch mit der Enthalpie der Verbindung unter Standardbedingungen. In den obigen Beispielen gilt also: 0
0
0
0
f H Benzol = H Benzol (flüssig) f H H2 SO4 = H H2 SO4 (flüssig) und allgemein für irgendeine Verbindung i: 0
0
f H i = H i
(4.16)
Sucht man die Standardenthalpien bei p = 1 bar und T = 298,15 K , kann man sie nach Gl. (4.10) berechnen. Es lassen sich allgemein Standardreaktionsenthalpien mit Hilfe von Standardbil0 dungsenthalpien f H i also folgendermaßen darstellen: 0
R H =
0
νi H i =
i
0
ν f H i
(4.17)
i
Wir geben Beispiele der Anwendung von Gl. (4.17). Die Standardreaktionsenthalpie für die Reaktion von Schwefelsäure und Benzol zu Benzolsulfonsäure (BZS) und Wasser H2 SO4 + C6 H6 → HSO3 C6 H5 + H2 O lautet z. B.: 0
0
0
0
0
R H = f H BZS + f H H2 O − f H H2 SO4 − f H C6 H6 0
0
0
0
Misst man R H und kennt man bereits f H H2 O , f H H2 SO4 und f H C6 H6 , so 0
lässt sich die Standardbildungsenthalpie f H BZS daraus bestimmen. Durch entspre-
136
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
chende Kombinationen lassen sich also aus Messungen von Standardreaktionsenthalpien die Standardbildungsenthalpien von Verbindungen ermitteln. Umgekehrt gilt natürlich: sind alle Standardbildungsenthalpien der Produkte und Edukte einer beliebigen chemischen Reaktion bekannt, lässt sich mit Hilfe von Gl. (4.17) sofort die Standardreaktionsenthalpie dieser Reaktion angeben. Wir wählen als Beispiel: SO2 (gas) +
1 O2 (gas) → SO3 (gas) 2
0
0
Wir wollen den Wert von R H dieser Reaktion bestimmen. Werte für f H i der Reaktionspartner lassen sich in Tabellenwerken nachschlagen, eine Auswahl enthält Tabelle F.3 im Anhang F, wo auch die Werte für SO2 , O2 und SO3 zu finden sind. Mit 0
0
0
R H (298) = f H SO3 (298) − f H SO2 (298) −
1 f 0 H O2 (298) 2
ergibt sich 0
R H (298) = −395,76 − (−296,84) = −98,92 kJ · mol−1 0
wobei definitionsgemäß f H O2 (298) = 0 ist. Zum Gebrauch der Tabelle F.3 ist noch Folgendes wichtig zu wissen: Werte von 0 f H i im Gaszustand (Kennzeichnung: (g)) beziehen sich immer auf den idealen Gaszustand bei 1 bar und 298,15 K, auch wenn das entsprechende Gas eigentlich real ist oder bei 1 bar gar nicht existieren kann, wie das z. B. bei H2 O oder SO3 der 0 Fall ist, die bei 1 bar und 298,15 K Flüssigkeiten sind. Wie man f H i im realen Gaszustand bestimmen kann, wird in einer Übungsaufgabe behandelt.
4.6 Weiterführende Beispiele und Anwendungen 4.6.1 Brennwert und Heizwert am Beispiel von „Wodka“ Bei der Verbrennung von brennbaren Stoffen unterscheidet man zwischen dem Brennwert und dem Heizwert des Stoffes. Der Brennwert ist die Verbrennungsenthalpie des reinen Stoffes bei 298,15 K, wobei als Verbrennungsprodukte die Gase CO2 , N2 und H2 O in flüssiger Form entstehen. Unter dem Heizwert versteht man die tatsächlich freiwerdende Enthalpie, wenn im Ausgangsstoff vorhandenes Wasser und das Wasser, das durch die Reaktion entsteht, in gasförmiges Wasser überführt werden, d. h., die Verdampfungsenthalpien des bereits vorhandenen und des zusätzlich entstehenden Wassers müssen aus der Verbrennungsenthalpie des Stoffes noch aufgebracht werden.
4.6
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
137
Am Beispiel von Ethanol-Wasser-Gemischen wollen wir die jeweiligen Brennund Heizwerte berechnen. Wir betrachten dazu Ethanol + Wasser-Gemische mit folgendem Volumenprozent an Ethanol: 95, 70, 50, 30, 20, 15 und 10%. Es soll jeweils 1 Mol der flüssigen Mischung verbrannt werden. Zunächst rechnen wir die Volumenprozente in Molenbrüche um. Es gilt, wenn ϕEtOH der Volumenbruch von Ethanol ist:
x EtOH = V H2 O V EtOH ϕEtOH − V EtOH + V H2 O In der Tabelle sind die erhaltenen Werte angegeben. ϕEtOH
0,95
0,70
0,50
0,30
0,20
0,15
xEtOH
0,854
0,419
0,236
0,117
0,071
0,052
0,10 0,033
Dabei wurde mit V EtOH = 0,0583 m3 ·mol−1 und V H2 O = 0,018 m3 ·mol−1 gerechnet. Die molare Verbrennungsenthalpie HC ergibt sich aus der Bilanzgleichung: C2 H5 OH (fl) + 3O2 → 2CO2 + 3H2 O (fl) Mit den Standardbildungsenthalpien (s. Anhang F): 0
f H EtOH (fl) = −277,65 kJ · mol−1 f H CO2 (fl) = −393,52 kJ · mol−1 0
f H H2 O (fl) = −285,84 kJ · mol−1 0
Daraus folgt für C H : 0
0
0
C H = 2 f H CO2 + 3 f H H2 O (fl) − f H EtOH (fl) = −2 · 393,52 − 3 · 285,83 + 277,65 = −1366,88 kJ · mol−1 Das ist gleichzeitig der Brennwert von reinem Ethanol. Den Heizwert für die verschiedenen Mischungen erhält man aus:
HHeiz = xEt H C + 3 · H V,H2 O + (1 − xEt ) · H V,H2 O Dabei ist H V,H2 O = 44,01 kJ/mol die Verdampfungsenthalpie von Wasser bei 298,15 K. Nach dieser Formel erhält man die in Tabelle 4.1 angegebenen Heizwerte der verschiedenen Ethanol+Wasser-Mischungen Man sieht, dass |HHeiz | mit dem Wassergehalt abnimmt und bei ca. 11 Vol. % das Vorzeichen wechselt. Solche Mischungen sind grundsätzlich nicht mehr verbrenn-
138
Vol. % xEtOH HHeiz kJ · mol−1
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik Tabelle 4.1 Heizwerte von Ethanol+Wasser-Mischungen 95 70 50 30 20 15
10
0,854
0,419
0,236
0,117
0,071
0,052
0,033
–1048,1
–491,8
–257,8
–105,6
–46,8
–22,5
+1,8
bar, da die Verdampfungsenthalpie des Wassergehaltes größer als der Brennwert von Ethanol ist. In analoger Weise werden die Heizwerte anderer wasserhaltiger Stoffe berechnet (Kohle, Holz, Papier, Pflanzenreste), wenn ihre spezifische Verbrennungsenthalpie und der Wassergehalt bekannt sind.
4.6.2 Der Born-Haber’sche Kreisprozess Dieser Kreisprozess beruht auf der allgemeinen Tatsache, dass die innere Energie bzw. die Enthalpie Zustandsfunktionen sind, für die gilt:
dU = 0 bzw.
dH = 0
Wenn der Kreisprozess mit einer endlichen Zahl k von Zustandsänderungen durchlaufen wird, gilt: k i=1
Ui = 0 bzw.
k
Hi = 0
i=1
Das Ziel des Born-Haber’schen Kreisprozesses ist es, die Gitterenergie UG bei T = 0 zu ermitteln, die bei der Bildung eines festen Ionenkristalls M X aus den gasförmigen Ionen M + und X − frei wird: M + (g) + X − (g) → M X (s) Da dieser Prozess nicht direkt messbar ist, führt man ihn auf einem Umweg in mehreren Teilschritten durch. Wir beschränken uns hier auf monovalente Ionen wie die Alkaliionen und Halogenid-Ionen. • Der erste Teilschritt ist die Rekombination des Metallions mit einem Elektron zum neutralen gasförmigen Metallatom: M + (g) + e− (g) → M(g) mit H1 = −I − RT ∗ I ist die Ionierungsenergie von M, von der sich die Ionisierungsenthalpie um den Wert +RT ∗ unterscheidet.
4.6
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
139
• Der zweite Teilschritt ist die Bildung des Halogens durch Elektronenabgabe des Halogenid-Ions: X − (g) → X (g) + e− (g) mit H2 = −E A + RT ∗ E A ist die Elektronenaffinität des Halogenatoms, also der Energie, die bei der Bildung von X − aus X + e− frei wird. Wieder ist hier ein Betrag von RT ∗ bei der Berechnung der Enthalpie zu berücksichtigen. • Der dritte Teilschritt ist die Molekülbildung X 2 aus 2X in der Gasphase: X→
1 X2 2
1 1 H3 = − Ddiss − RT ∗ 2 2
Ddiss ist die Dissoziationsenergie des Halogenmoleküls. • Der vierte Teilschritt ist die Kondensation von M(g) in den festen Zustand: M(g) → M(s)
H4 = −HV,M
wobei HV,M die Verdampfungs- bzw. Sublimationsenthalpie des festen Metalls ist. • Der fünfte Teilschritt ist die Kondensation des Halogen-Moleküls X 2 : 1 1 X 2 (g) → X 2 (s) 2 2
H5 = −
HV,X 2 2
wobei HV,X 2 die Verdampfungsenthalpie des Halogens X 2 bedeutet. Ist X 2 bei den äußeren Bedingungen im thermodynamischen Gleichgewichtszustand gasförmig, entfällt dieser Enthalpiebetrag. • Der sechste und letzte Teilschritt ist die Reaktion des festen Metalls M(s) mit dem flüssigen oder gasförmigen Halogen (X 2 ) zum Ionenkristall: M(s) +
1 X 2 (s, lq) → M X (s) mit H6 = R H = f HM X 2
wobei f H die molare Bildungsenthalpie des Ionenkristalls bedeutet. Diese Werte kann man Tabellenwerken entnehmen. Alle Teilschritte 1 bis 6 beruhen auf experimentell zugänglichen Enthalpieänderungen. Der Kreisprozess ist geschlossen, wenn M X (s) verdampft wird zu M + und X − , das ist gerade der umgekehrte Prozess der Ionenkristallbildung aus den gasförmigen Ionen. Es gilt also:
140
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik Tabelle 4.2 energetische Daten zum Born-Haber’schen Kreisprozess in kJ · mol−1
kJ · mol−1
Li
Na
K
F2
Cl2
J2
I HV EA Ddiss
513 159 – –
497 109 – –
419 89 – –
– – – 328 155,5
– – – 349 240,5
– 31 – 295 210,4
HG =
1 1 Hi = −I − RT ∗ − E A + RT ∗ − Ddiss − RT ∗ − HV,M 2 2 i=1 HV,X 2 − + f HM X 2
6
Wir berechnen nach dieser Gleichung die Gitterenthalpie HG unter Standardbedingungen (1 bar, T ∗ = 298,15 K). Dazu entnehmen wir der Tabelle 4.2 die Werte für die Berechnung von HG (298 K, 1 bar). Die Gitterenthalpie HG hängt mit der gesuchten Gitterenergie UG (T ) zusammen: UG (T ) = HG (T ) − 2RT ∗ Dabei ist angenommen, dass das Volumen des Ionenkristalls vernachlässigbar ist gegenüber den Molvolumina der gasförmigen Ionen, die jeweils RT ∗ / p betragen. Wir berechnen jetzt für Standardbedingungen als Beispiel die Gitterenergien für NaCl, KJ und LiF. Die Standardbildungsenthalpien dieser Salze kann man Anhang G entnehmen: f H NaCl = −411,12 kJ · mol−1 0
f H KJ = −327,90 kJ · mol−1 0
f H LiF = −616,93 kJ · mol−1 0
Wir berechnen zunächst HG,NaCl für NaCl bei T ∗ = 298,15: HG,NaCl
1 1 = −497 − RT ∗ + 329,0 + R · 298,15 − 240,5 − R · 298,15 2 2 1 −109,0 − · 0 − 411,12 2 = −789,6 kJ · mol−1
Für UG,NaCl (298) ergibt sich dann
4.6
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
141
UG,NaCl (298) = −789,6 − 2R · 298 = −794,96 kJ · mol−1 Die Berechnung für KJ bei 298,15 K ergibt: 5 1 UG,KJ (298) = −419 + 295 − 210,4 − 89 − 327,9 − R · 298 2 2 = −652,3 kJ · mol−1 und die Berechnung für LiF bei 298,15 ergibt: 1 5 UG,LiF (298) = −513 + 328 − 155,5 − 159 − 616,93 − R · 298 2 2 = −1044,8 kJ · mol−1 wie nach der Größe der Ionen und den Coulombwechselwirkungen zu erwarten war, ist LiF am besten stabilisiert, gefolgt von NaCl und dann KJ. Um U G (T ∗ = 0 K) zu berechnen, muss der innere Energieinhalt von U G (298)− U G (0) von UG subtrahiert werden. Wir berechnen diese Differenz nach der Einstein’schen Theorie einfacher Festkörper (s. auch Aufgabe 5.16.6): 298 3 3RE C V dT ∗ = R · E + /298 UG (298) − UG (0) = E 2 e −1 0
wobei E die sog. Einstein’schen Temperaturen bedeuten. Das sind für jeden Kristall charakteristische Werte mit der Dimension einer Temperatur. Es gilt für unsere Beispiele: E,NaCl = 428 K, E,KJ = 175 K, E,LiF = 973 K. Die Ergebnisse für UG (298) − UG (0) lauten: für NaCl: 8,67 kJ · mol−1 , für KJ: 7,65 kJ · mol−1 , für LiF: 13,10 kJ · mol−1 . Damit erhält man als Endergebnis für die Gitterenergien UG (T ∗ = 0 K): UG (T ∗ = 0 K),NaCl = −803,63 kJ · mol−1 UG (T ∗ = 0 K),KJ = −659,95 kJ · mol−1 UG (T ∗ = 0 K),LiF = −1057,9 kJ · mol−1
4.6.3 Thermodynamik von Sprengstoffen an einem Beispiel Sprengstoffe aller Art werden nicht nur zu militärischen Zwecken eingesetzt, sondern spielen auch in der zivilen Nutzung im Bergbau, beim Straßen- und Tunnelbau, beim Gebäudeabriss u. a. eine Rolle. Der Markt für solche Substanzen ist groß. Zu den bekanntesten Sprengstoffen gehört das Trinitrotoluol (TNT), das auch als
142
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 4.14 Chemische Strukturformel eines modernen Sprengstoffs
Standard für die Wirksamkeit von Sprengstoffen im Allgemeinen verwendet wird. Moderne Sprengstoffe müssen neben ihrer Wirksamkeit auch gewissen Sicherheitsanforderungen genügen, wie Schlagfestigkeit, thermische Stabilität, Lagerbeständigkeit sowie möglichst geringe Toxizität und einen niedrigen Dampfdruck. Für eine effiziente Sprengwirkung ist entscheidend, dass möglichst viele gasförmige Produkte bei der Explosion frei werden und die exotherme Reaktionsenthalpie möglichst hoch ist. Zu den neueren Produkten, die der Erfindungsreichtum der Experten hervorgebracht hat, gehört die in Abb. 4.14 gezeigte Verbindung. Sie liefert sich den Sauerstoff für die Verbrennung sozusagen selbst durch den hohen Anteil an O-Atomen in den Nitrogruppen. Die explosive Zerfallsreaktion lautet: H6 C6 N6 O14 → 3H2 O + 5CO2 + CO + 3N2 Es entstehen also pro Mol Sprengstoff 12 Mole an Gasen. Die Reaktionsenthalpie beträgt ca. −26.000 kJ · kg−1 , die Molmasse 0,386 kg · mol−1 , also ist die molare Reaktionsenthalpie R H (bei p = 1 bar) ∼ = −107 J · −1 −1 mol = −10.000 kJ · mol . Wir wollen 2 thermodynamische Berechnungen durchführen bezüglich dieses Sprengstoffes (Index x). Zunächst soll die molare Bildungsenthalpie f H x ermittelt werden. Sie lautet (s. Gl. (4.17)): f H x −3 f H H2 O −5 f f H CO2 − f H CO −3 f H N2 = −R H = 107 J·mol−1 Setzt man die Werte nach Tabelle F.3 im Anhang F ein, ergibt sich ( f H N2 = 0): f H x = 107 + 3(−241,83 · 103 ) + 5(−393,5 · 103 ) + (−110,53 · 103 ) = 7,1964 · 106 J · mol−1 = 7196,4 kJ · mol−1 Jetzt wollen wir uns die Sprengwirkung des Stoffes verdeutlichen, indem wir annehmen, dass sich bei T0 = 293 K 1.000 g in einem geschlossenen Behälter von 1 Liter befinden und so durch Zündung zur Explosion kommen. Welche Temperatur und welcher Druck herrscht in dem Behälter nach der Explosion, vorausgesetzt der Behälter kommt nicht zum Bersten? Da die entstehenden Temperaturen sicher sehr hoch sein werden, können wir für die Molwärmen der entstehenden Gase annehmen, dass gilt (volle Anregung der Freiheitsgrade):
4.6
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
CV =
143
3 NA · R 2
wenn NA die Zahl der Atome des betreffenden Gases bedeuten. Bei den linearen Molekülen ist jeweils R/2 zu subtrahieren. Da der Behälter geschlossen bleibt (V = const), muss statt der Reaktionsenthalpie die Reaktionsenergie R U eingesetzt werden. Die Bilanz zur Berechnung der Endtemperatur T ergibt, da zunächst weder Wärme noch Arbeit mit der Umgebung ausgetauscht werden:
3C V,H2 O + 5C V,CO2 + C V,CO + 3C V,N2 (T − T0 ) + U R = 0 mit R U = +R H − RT (3 + 5 + 1 + 3) + p0 V 0 wobei V 0 das Molvolumen des Sprengstoffs ist und p0 = 1 bar. Wir setzen V 0 ≈ 0,386 Liter ein und erhalten dann für R U mit p0 V0 = 105 Pa· 0,386 · 10−3 m3 : −R U = +107 + 12RT + p0 · V0 ∼ = +107 + 12RT Damit gilt nach der Reaktion: 107 + 12RT T ∼ = νi C V,i mit
νi C V,i =
96 R = 399 J · mol−1 · K−1 2
ergibt sich: T ≈ 2,6 · 104 K Die Molzahl der Gase im Behälter ist nach der Reaktion: 1.000 · 12 = 31,08 386 Damit ergibt sich ein Druck p: p = 31,08 ·
2,6 · 104 − 8,3145 = 6,72 · 109 Pa = 67,2 kbar 10−3
Die errechnete Temperatur ist natürlich recht hypothetisch, da bei einer Explosion keine Gleichgewichtsbedingungen im thermodynamischen Sinn herrschen und
144
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
bei solch hohen Temperaturen alle Moleküle dissoziiert sind, aber der errechnete Druck ist sicher in der richtigen Größenordnung und zeigt, wie stark die Druckwelle sein wird, denn der Behälter wird (und soll!) einem plötzlichen Druckstoß von ca. 100 kbar nicht widerstehen.
4.6.4 Können Steine verbrennen? Hartes Gestein, wie z. B. die sogenannten Feldspäte, sind vollständig oxidierte Verbindungen bestehend aus Aluminium und Silizium, die noch Metalle wie Na, K, Mg oder Ca enthalten können. Sie werden auch als „Aluminosilikate“ bezeichnet. Aus diesen Mineralien besteht über 60% der Erdkruste, sie sind äußerst inert und schmelzen erst bei sehr hohen Temperaturen. Wie man sie dennoch chemisch umsetzen kann zu weitgehend gasförmigen Produkten, also „verbrennen“ kann, wollen wir hier erörtern. Ein Element, das dazu in der Lage ist, ist das gasförmige Fluor F2 . Betrachten wir dazu ein typisches Gesteinsmaterial wie Andalusit: Al2 O3 · SiO2 . Der Umsatz mit F2 lautet: 5 Al2 O3 · SiO2 + 5F2 → 2AlF3 + SiF4 + O2 2 SiF4 und O2 sind bei 298 K und 1 bar gasförmig. Es bleibt als „Asche“ nur AlF3 übrig. Wir können davon ausgehen, dass diese Reaktion vollständig von links nach rechts abläuft, ähnlich wie bei den Verbrennungsreaktionen mit Sauerstoff. Die 0 Standardreaktionsenthalpie R H ist: 5 0 0 0 0 0 0 R H = 2 f H AlF3 + f H SiF4 + f H O2 − 5 f H F2 − f H Al2 O3 ·SiO2 2 Einsetzen der Werte aus Anhang F.3 ergibt: 0
R H = −2 · 1510,42 − 1614,94 + 0 · 1 − 5 · 0 + 2592,07 = −2043,71 kJ · mol−1 0
Die Reaktion ist also stark exotherm. R H würde ausreichen, um 10 Liter flüssiges Wasser von 0◦ C auf 50◦ C zu erwärmen. Wir betrachten weitere Reaktionen, die man nutzen kann, um entsprechend dem Prinzip der Wegunabhängigkeit der Enthalpie (Hess’scher Satz) Reaktionsenthalpien mineralischer Reaktionen zu bestimmen, die nicht direkt messbar sind. Wir wählen als Beispiel CaO · Al2 O3 · Si2 O4 (Anorthit) + 8F2 → CaF2 + 2AlF3 + 2SiF4 + 4O2
4.6
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
145
Die in einer platinierten kalorimetrischen Bombe (s. Abschn. 4.4) gemessene Re0 aktionsenthalpie R H I beträgt −2498,7 kJ · mol−1 . Jetzt verbrennen wir jeweils CaO, Al2 O3 und SiO2 in F2 : 0
CaO + F2 → CaF2 + 12 O2 R H II = −590,4 kJ · mol−1 0 Al2 O3 + 3F2 → 2AlF3 + 32 O2 R H III = −1345,6 kJ · mol−1 0 SiO2 + 2F2 → SiF4 + O2 R H IV = −704,1 kJ · mol−1 Rechts neben den Gleichungen stehen die durch Verbrennung mit F2 ermittelten Reaktionsenthalpien R HII , R HIII und R HIV . Mit diesen Daten sind wir in der Lage, die Standardreaktionsenthalpie R H V für folgende Reaktion der festen Mineralien zu bestimmen: CaO + Al2 O3 + 2SiO2 → CaOAl2 O3 Si2 O4 Es gilt nämlich: 0
0
0
0
0
H V = R H II + R H III + 2R H IV − R H I
= −590,4 − 1345,6 − 2 · 704,1 + 2498,7 = −845,5 kJ · mol−1 Die Bildungsreaktion von Anorthit aus seinen Metalloxiden CaO, Al2 O3 und SiO2 ist also eine exotherme Reaktion mit −845,5 kJ pro Formelumsatz.
4.6.5 Das Eiskalorimeter nach Bunsen Das Prinzip dieses Kalorimeters beruht darauf, die bei dem zu untersuchenden Prozess freiwerdende oder verbrauchte Wärmemenge Q aus der äquivalenten Menge an geschmolzenem Eis bzw. gefrorenem Wasser zu bestimmen. Das lässt sich durch die in Abb. 4.15 dargestellte experimentelle Anordnung realisieren. Ein Probenrohr aus Glas ragt in einen Behälter hinein, der vollständig und luftfrei mit hochreinem Wasser gefüllt ist. An der äußeren Oberfläche des Probenrohrs befindet sich eine gewisse Menge Eis. Der Behälter ist unten mit flüssigem Quecksilber gefüllt, das in einer Kapillare aus dem Gefäß herausragt. Das ganze System befindet sich in einem Dewar-Gefäß, das mit schmelzendem Eis gefüllt ist. Wird nun eine Probe in das Probenrohr gegeben und entwickelt diese eine bestimmte Wärmemenge Q, so schmilzt die entsprechende Menge an Eis. Dadurch ändert sich das Flüssigkeitsvolumen innerhalb des Behälters. Da Eis eine geringere Dichte als flüssiges Wasser hat (ρEis < ρH2 O,fl ), wird das Volumen kleiner. Die Änderung lässt sich am Quecksilberfaden ablesen. Wir formulieren diesen Vorgang quantitativ. Es gilt die Bilanz: Q = h S · m Eis
146
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 4.15 Das Eiskalorimeter nach Bunsen. Abbildung nach: W. Hemminger, G. Höhne, „Grundlagen der Kalorimetrie“, Verlag Chemie, Weinheim (1979)
wobei h S die spezifische Schmelzenthalpie von Wassereis ist (h S = 333,7 J · g−1 ) und m Eis die Menge an geschmolzenem Eis bedeutet. Die durch den Schmelzvorgang verursachte Volumenänderung V im Behälter beträgt: V = m Eis
1 ρH2 O,fl
−
1 ρEis
Also ergibt sich: Q = h S · V ·
ρH2 O,fl · ρEis ρEis − ρH2 O,fl
Setzt man die Werte ρH2 O,fl = 0,99984 g · cm−3 und ρEis = 0,91674 g · cm−3 ein, ergibt sich: Q = −V · 3680,7 J Ist z. B. Q = 10 J, ergibt sich bei einem Kapillardurchmesser von 0,1 cm unter Beachtung der Dichte von Quecksilber bei Zimmertemperatur (ρHg = 13,595 g · cm−3 ) eine Änderung der Fadenlänge des Quecksilbers l: l = −
Q = −0,345 cm 3680,7 · π · r 2
Da sich Änderungen des Quecksilberfadens mit einer Genauigkeit von ±0,03 cm ablesen lassen, ist die Genauigkeit, mit der man Q = 10 J bestimmen kann, ca ±10%. Bei Q = 100 J ist der Fehler nur noch ±1%.
4.6
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
147
4.6.6 Thermodynamik der Akkretion und Massendifferenzierung bei der Entstehung von Planeten Mit der Geburt unserer Sonne vor ca. 4,6 Milliarden Jahren entstanden auch die Planeten des Sonnensystems durch gravitative Akkretion (Zusammenballung) von größeren, festen Materiestücken des „Urnebels“ zu Protoplaneten, die durch weitere Massenzunahme aufgrund der Gravitationsanziehung relativ rasch zur Größe der uns heute bekannten Planeten anwuchsen. Dabei wurden gewaltige Energien in Form von innerer Energie frei, so dass die inneren Planeten, wie die Erde, in dieser Frühzeit durchweg aus glühendem, geschmolzenem Gestein und Metall bestanden und dabei durch Wärmeabstrahlung erkalteten. Der Erdkern besitzt noch heute eine Temperatur von 5.000 bis 7.000 K und der Erdmantel eine Temperatur von 1.500 bis 5.000 K. Man schätzt, dass heute ca. 25% des jetzigen Energieinhaltes von der bei der gravitativen Akkretion freigewordenen Energie stammen, die restlichen 75% rühren vom Zerfall radioaktiver Elemente her. Wir wollen die Energie berechnen, die als Abnahme der potentiellen Energie bei der Bildung eines Planeten von der Größe der Erde frei wird und in innere Energie umgewandelt wird. Wir betrachten dazu eine kugelförmige Masse M mit der mittleren Dichte ρ und dem Radius r (s. Abb. 4.16) und berechnen die Änderung der potentiellen Energie d E p , wenn die differentielle Masse d M = ρ · 4πr 2 dr als Kugelschalenelement aus unendlicher Entfernung zu der bestehenden Masse M hinzugefügt wird. d E p ist negativ, und nach dem Newton’schen Gravitationsgesetz gilt: d E p = −G
M ρ 4πr 2 dr r
wobei G die Gravitationskonstante mit dem Wert 6,6733 · 10−11 N · m2 · kg−2 bedeutet. Setzen wir für die Masse M = ρ · 43 πr 3 ein und integrieren von r = 0 bis r = R ergibt sich für den potentiellen Energieverlust bei Bildung eines Planeten vom Radius R:
Abb. 4.16 Massenakkretion bei der Bildung eines planetaren Körpers
148
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
16π 2 2 E p = −G ·ρ 3
r=R
r 4 dr = −G r =0
16π 2 · R5 · ρ2 15
Dabei wurde angenommen, dass der Planet homogen ist mit der mittleren Dichte ρ, die unabhängig von r sein soll. Setzen wir die Daten der Erde ein mit ρ = 5.523 kg· m−3 und R = 6.370 km = 6,370 · 106 m, ergibt sich: E p = −6,673 · 10−11 ·
16 π 2 · (6,370 · 106 )5 (5.523)2 = −2,247 · 1032 J 15
Wir wollen nun berechnen, wie hoch die Temperatur des Erdkörpers bei der Umwandlung von potentieller in innere Energie nach Gl. (4.2) wäre mit Q = 0 (keine Wärmeabgabe nach außen), W = 0 (keine Arbeitsleistung) und E kin = 0 (die kinetische Energie vor und nach Prozessende soll Null sein). Es gilt dann: −E p = U = MErde · C V,sp · T ∗ wobei C V,sp die mittlere spezifische Wärmekapazität des Erdkörpers ist, die näherungsweise 1.000 J · kg−1 · K−1 beträgt. Dann folgt: ∗
T = 2,247 · 10
32
4 3 1.000 · π ρ · R = 3,76 · 104 K 3
Sicher wurden in Wirklichkeit höchstens Temperaturen um 5.000 K erreicht, da bereits während des Akkretionsprozesses mit anwachsender Temperatur die Wärmeabstrahlung in die Umgebung deutlich zunahm (Q < 0). Natürlich hängt die maximale Temperatur von der Geschwindigkeit der Akkretion ab. Bei rascher Akkretion werden höhere Temperaturen erreicht als bei langsamer Akkretion, bei der mehr Zeit für die Wärmeabstrahlung zur Verfügung steht. Nur im Grenzfall einer extrem kurzen Akkretionszeit können also Temperaturen von über 30.000 K erreicht werden. Das ist aber unwahrscheinlich, da dann große Mengen an Gestein wieder verdampft wären. Wenn wir annehmen, dass die entstehende Erde bereits rotiert und ˙ = d ω/dt am Ende der Akkretion die Winkelgeschwindigkeit ω besitzt, erhält man ein etwas anderes Ergebnis. Für den Drehimpuls J eines starr rotierenden Körpers gilt: ˙ J = I · ω und für seine Rotationsenergie: E rot =
1 ˙ 2 = 1 J · ω ˙ I · |ω| 2 2
In unserem Fall ist I das Trägheitsmoment der (homogenen) Kugel der Masse M:
4.6
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
M I =
R r · dm =
r 2 · 4π r 2 ρ · dr = ρ
2
0
149
4π 5 R 5
0
Da der Drehimpuls J eine Erhaltungsgröße des Systems ist, muss J bei unendlicher Entfernung der Massenbestandteile des Planeten denselben Wert haben wie nach Abschluss der Akkretion. Zu Beginn des Akkretionsprozesses ist I sehr groß und daher ω˙ ∼ = 0. Am Ende des Prozesses ist ω˙ > 0, da I erheblich kleiner geworden ist, und es muss demnach E rot > 0 gelten, während zu Beginn E rot ∼ = 0 ist. Bei J = 0 wird also ein Teil der potentiellen Energie in Rotationsenergie umgewandelt und steht dem inneren Energiezuwachs nicht zur Verfügung. Es gilt dann: U = −E p − E rot Kennt man J, lässt sich E rot berechnen. Nehmen wir an, dass gilt: ω˙ = 1/24 h = 1,1574 · 10−5 s−1 , erhält man: 2π 5 2π ˙ 2 = (5.523) R · (ω) (6,370)5 · 1030 · (1,1574)2 · 10−10 5 5 = 9,75 · 1027 J
E rot = ρ
Daraus folgt: U = 2,247 · 1032 − 9,75 · 1027 ∼ = 2,247 · 1032 J D. h., der Unterschied zum rotationsfreien Fall ist vernachlässigbar. Der Akkretionsprozess, wie wir ihn bisher geschildert haben, beruht auf einem einfachen Modell, dass wir um zwei wichtige Prozesse erweitern müssen, die wir bisher vernachlässigt haben. Bei der Erwärmung des wachsenden Planeten wird bei einer bestimmten Temperatur der Schmelzpunkt des Gesteins bzw. die Metallanteile erreicht. Dazu muss zusätzlich die Schmelzenthalpie aufgebracht werden. Andererseits wird es mit der Verflüssigung des Materials zu einem Absinken der schwereren Metallanteile in den Kern und zum gleichzeitigen Aufsteigen von leichterem Gesteinsmaterial (Silikate) in die oberen Schichten des Planeteninneren kommen. Das setzt voraus, dass es beim Aufschmelzen zu einer makroskopischen Phasentrennung von Silikaten und Metallen (bzw. Metallsulfiden) kommt. Diesen Prozess nennt man Massendifferenzierung. Dabei wird die potentielle Energie noch weiter abgesenkt und die innere Energie nochmals erhöht. wir wollen nur den Prozess der Massendifferenzierung näher untersuchen. Dazu nehmen wir wieder die Erde als Beispiel, wobei wir annehmen, dass die zunächst homogene Verteilung sich bei der Differenzierung in 3 Phasen auftrennt, nämlich die des Erdkerns mit der höchsten Dichte ρK und dem Radius rK , die des Erdmantels mit der nächsthöheren Dichte ρM , der beim Radius rM in die Erdkruste übergeht mit der Dichte ρKr , die von rM bis zum Erdradius R reicht. Die Werte der Dichten und der Radien entnehmen wir der Abb. 1.7.
150
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Es gilt also: ρK = 10,839 · 103 kg · m−3 , ρM = 4,496 · 103 kg · m−3 , ρKr = 3,103 · 103 kg · m−3 , rK = 3.490 km, rM = 6.345 km, rKr = R = 6.370 km. Wir berechnen jetzt E p unter Berücksichtigung der Massendifferenzierung. Dazu wollen wir die potentielle Energieänderung d E p für jede der 3 Schichten getrennt beachten, danach addieren und dann zur gesamten potentiellen Energie E p aufintegrieren. Es gilt: M(r ) S 4π r 2 dr r mit ρ = ρK < r ≤ rK ≤ r ≤ rM mit ρ = ρM
d E p = −G 0 rK rM Damit folgt:
16π 2 2 4 1 4 4 3 3 3 ρ · r dr − G π r ρK + π ρM r − rK · ρM 4π r 2 dr d E p = −G 3 K r 3 K 3 1 4 4 4 3 3 3 3 3 π r ρK + π rM − rK ρM + π r − rM ρKr ρKr 4π r 2 dr −G r 3 K 3 3 Integration ergibt: 16π 2 2 5 4 2 − rK2 ρK rK − G π rK3 (ρK − ρM ) 2π rM 15 3 4 4π 2 5 − G π ρM · − rK5 rM 3 5 4 3 3 2 − G π rK (ρK − ρM ) − rM (ρM − ρKr ) ρKr · 2π R 2 − rM 3 4π 5 4 2 5 · − G π ρKr R − rM 3 5
E p = −G
Einsetzen der bekannten Werte für R, rM , rK , ρKr , ρM und ρK ergibt: E p = −4,273 · 1031 − 5,978 · 1031 − 1,3868 · 1032 + 1,49 · 1029 − 1,381 · 1030 = −2,424 · 1032 J Der zusätzliche Gewinn an innerer Energie durch die Differenzierung beträgt also: UDiff = −E Diff = −(−2,424 + 2,247) · 1032 = 0,177 · 1032 J Der Prozess ist also irreversibel, es wird weder Wärme Q noch Arbeit W mit der Umgebung ausgetauscht. Das führt zu einer zusätzlichen Temperaturerhöhung ∗ : TDiff
4.6
Weiterführende Beispiele und Anwendungen ∗ TDiff = 0,177 · 1032
151
4 1.000 · πρ R 3 = 2.962 K 3
Wir wollen noch eine Frage beantworten: Wenn nach der Akkretion der Planet die Winkelgeschwindigkeit ω˙ besitzt, wie verändert sich dann ω˙ nach der Massendifferenzierung? Dazu müssen wir zunächst das Trägheitsmoment I nach der Akkretion, aber vor der Differenzierung berechnen: R ρ4π r 2 · r 2 dr = ρ ·
I =
4π 5 R = 1,4558 · 1038 kg · m2 5
0
Nach der Differenzierung beträgt das Trägheitsmoment I : I =
4π 5 (ρK − ρM ) rK5 + rM (ρM − ρKr ) + ρKr R 5 = 5,019 · 1037 kg · m2 5
Wegen der Drehimpulserhaltung gilt für die Frequenz ω˙ vor der Differenzierung: ω˙ = ω˙ ·
0,5019 I = 0,04167 · = 0,01437 h−1 I 1,4558
Ein Tag dauerte also vor der Massendifferenzierung 69,6 h. Natürlich sind alle Zahlenwerte, die wir berechnet haben, nur das Ergebnis eines stark vereinfachten Modells. Schmelzprozesse, Temperaturgradienten im Inneren eines Planeten, die Abhängigkeit der Dichten von p und T sowie endliche Akkretionszeiten und Strahlungsverlust wurden nicht berücksichtigt. Außerdem ist es im Fall der Erde wahrscheinlich, dass diese nach einem ganz anderen Mechanismus zusammen mit dem Mond durch einen nichtzentralen Zusammenstoß mit einem marsähnlichen Himmelskörper in der Frühzeit ihrer Akkretion entstanden ist.
4.6.7 Optimierung der CO2 -Reduktion beim Biogasreaktor Regenerative Energiequellen gelten als CO2 -neutral, da ihre Erzeugung der Atmosphäre ebenso viel CO2 entzieht, wie bei ihrem Verbrennungsprozess wieder an die Atmosphäre abgegeben wird. Von diesen Möglichkeiten hat sich insbesondere die Biogaserzeugung etabliert. Hier werden landwirtschaftliche Abfallprodukte pflanzlicher und tierischer Herkunft unter Luftausschluss durch anaerobe Bakterien weitgehend zu CO2 und CH4 umgesetzt entsprechend: C6 H12 O6 → 3CO2 + 3CH4 C6 H12 O6 steht hier stellvertretend für das organische Material.
152
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Die Verbrennung von Methan wird zur Energieerzeugung genutzt: Die Gesamtbilanz lautet: C6 O6 H12 3CH4 + 6O2 C6 H12 O6 + 6O2
→ → →
3CO2 + 3CH4 3CO2 + 6H2 O 6CO2 + 6H2 O
Das ist genau die Umkehrreaktion der Erzeugung des organischen Materials durch Photosynthese oder andere natürliche Prozesse, so dass der Gesamtprozess CO2 -neutral ist. Die eigentliche Energiequelle ist letztlich das Sonnenlicht. In der Realität ist dieser Gesamtprozess jedoch keineswegs wirklich CO2 -neutral, da der pflanzliche bzw. tierische Brennstoff mit üblichen fossilen treibstoffverbrauchenden Fahrzeugen zum Bioreaktor transportiert werden muss. Wir wollen nun zeigen, dass bei der Biogasherstellung eine zentrale gegenüber einer dezentralen Versorgungstechnik weniger CO2 emittiert. Dazu stellen wir uns eine landwirtschaftliche Nutzfläche der Größe A vor, deren pflanzliche und/oder tierische Abfallprodukte zum Bioreaktor in der Kreismitte transportiert werden. Einmal soll diese Fläche durch einen Kreis mit dem Radius R symbolisiert werden (zentrale Methode), zum anderen durch n kleinere Kreise mit den Radien r , aber mit derselben Gesamtfläche (dezentrale Methode). Es gilt zunächst die Bilanz: A = π R 2 = n · πr 2 oder R/r =
√
n
Die mittlere Entfernung < R > bzw. < r >, aus der das organische Material zum Bioreaktor transportiert werden muss, berechnet sich durch: R < R >=
R · 2π R d R /π R 2 =
2 2 √ R= r n 3 3
0
bzw.: 2 < r >= r 3 Bei der dezentralen Methode muss n-mal die Strecke in derselben Zeit zurückgelegt werden. Das Verhältnis der Gesamtstrecken ist also: n· < r > √ = n
Die zentrale Methode ist ganz offensichtlich günstiger. Setzen wir z. B. n = 10, so gilt für das Verhältnis des Treibstoffverbrauchs und damit der emittierten CO2 -Menge:
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
153
Menge CO2 dezentral √ = 10 = 3,16 Menge CO2 zentral Es wird also in diesem Beispiel bei der zentralen Methode nur 1/3 der Menge an fossilem Treibstoff verbraucht und damit auch nur 1/3 der Menge an CO2 emittiert wie bei der dezentralen Methode. Auch die geringeren Investitionskosten für einen großen gegenüber n kleinen Bioreaktoren sprechen noch zusätzlich für die zentrale Methode.
4.7 Gelöste Übungsaufgaben 4.7.1 Einschlag eines Eisenmeteoriten auf Grönland Ein Eisenmeteorit mit einem Volumen von 1 m3 stürzt auf die Erde. Seine Einschlagsgeschwindigkeit beträgt 500 m · s−1 . Seine Temperatur beträgt 900 K. Wir nehmen an, der Meteorit schlägt im Festlandeis auf Grönland auf. Wie viel Liter flüssiges Wasser entsteht nach diesem Aufschlag, wenn die gesamte Energie an das Eis abgegeben wird? Angaben: Die Temperatur des Eises betrage 0◦ C, die molare Schmelzenthalpie H S,H2 O von Eis beträgt 6,01 kJ · mol−1 , die Dichte von flüssigem Wasser ist 1 g · cm−3 , die Dichte von Fe ist 7,87 g · cm−3 . Die Molwärme C V von Fe beträgt 3 R. MFe = 0,05585 kg · mol−1 und MH2 O = 0,018 kg · mol−1 . Betrachten Sie Meteorit + Eis als ein System. Lösung: Wir gehen aus von Gl. (4.2), Zustand 1 ist vor dem Aufschlag, Zustand 2 danach, es gilt dann:
E kin,2 − E kin,1 + (U2 − U1 ) = 0
bzw.:
1 − ρFe · VFe · υ 2 + C V,Fe (273 − 900) · ρFe · VFe /MFe + n H2 O U H2 O,fl. − U Eis = 0 2
Mit n H2 O · U 2,flH2 O − U 1,Eis ≈ +n H2 O · H S,H2 O folgt daraus: n H2 O =
υ 2 /2 + C V,Fe (900 − 273)/MFe H S,H2 O
· ρFe · VFe
(500)2 /2 + 3 · 8,3145(900 − 273)/0,05585 · 7870 · 1 6.010 = 5,3038 · 105 mol
=
154
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Das Volumen an flüssigem Wasser VH2 O beträgt dann: VH2 O =
n H2 O · MH2 O 5,3038 · 105 · 0,018 = 9,547 m3 = 9.547 L = ρH2 O 1.000
4.7.2 Erwärmung eines Wasserteichs durch Sonnenstrahlung Sonnenstrahlung fällt mit einer Strahlungsleistung von 5 J · cm−2 · min−1 auf eine 1 m2 große Wasserfläche von 2 cm Tiefe. Um welchen Betrag T ∗ steigt die Temperatur des Wassers nach 1 Stunde, wenn man annimmt, dass die gesamte Strahlungsleistung durch das Wasser absorbiert wird? Angaben: Die Dichte von H2 O ist 0,995 g · cm−3 , die Molwärme C p beträgt 75,29 J · mol−1 · K−1 . Lösung: Die Enthalpieänderung beträgt: H = 5 · J · cm−2 · min−1 · 104 cm2 · 60 min = 3 · 106 J Die Menge an Wasser beträgt: n H2 O =
ρ·V 0,995 · 2 · 104 = = 1,10 · 103 mol M 18,02
Unter der Annahme, dass C p,H2 O konstant ist, ergibt sich: T ∗ =
H C p · n H2 O
=
3 · 106 = 36,2 K 75,29 · 1,1 · 103
4.7.3 Beweis einer thermodynamischen Identität für die Druckabhängigkeit der Molwärme Beweisen Sie, dass ausgehend von Gl. (4.9) die Identität gilt:
∂C p ∂p
= −T T∗
∗
∂2V ∂ T ∗2
p
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
155
Lösung: ' V
α 2p
+
∂α p ∂T ∗
(
=
p
=
∂V ∂T ∗
· αp + V p
∂α p ∂T ∗
= p
∂ V · αp ∗ ∂T
∂2V ∂ T ∗2
p
Daraus folgt unmittelbar der Beweis.
4.7.4 Molwärme von Quecksilber und von Ammoniak bei höherem Druck (a) Das molare Volumen V Hg von Quecksilber wird im Bereich zwischen 273 und 373 K durch V Hg = a + b · T ∗ + c · T ∗2 beschrieben mit a = 1,4031 · 10−5 m3 · mol−1 , b = 2,6193 m3 · mol−1 · K−1 und c = 1,15 · 10−13 m3 · mol−1 · K−2 . Berechnen Sie mit Hilfe von Gl. (4.9) den Wert der Molwärme C p für Quecksilber bei 105 bar und 298,15 K. Angabe: C p ist 27,983 J · mol−1 · K−1 bei 1 bar. Lösung: Wir stellen zunächst fest, dass gilt: ' V Hg ·
∂α p ∂T ∗
(
+ α 2p p
=
∂ 2 V Hg ∂ T ∗2
˙ −13 m3 · mol−1 · K−2 = 2 · c = 2 · 1,1510 p
Also ergibt sich (1 bar = 105 Pa): C p (105 bar) = C p (1 bar) − 2T ∗ · c · 105 · 105 = 27,983 − 2 · 298,15 · 1,15 · 10−13 · 1010 = 27,983 − 0,686 = 27,297 J · mol−3 · K−1 Die Molwärme ist also bei 105 bar um ca. 0,7 J · mol−1 · K−1 niedriger als bei 1 bar. (b) Berechnen Sie die Molwärme C p von NH3 bei 298 K und 24 bar unter Verwendung des 2. Virialkoeffizienten nach der v. d. Waals-Zustandsgleichung mit den Daten aus Tabelle 3.1.
156
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Angaben: C p von NH3 im idealen Gas beträgt 35,06 J · mol−1 · K−1 . Lösung: 0
C p ( p bar) = C p (id. Gas) +
2a ·p RT ∗2
Mit a = 0,4257 · J · m3 · mol−2 ergibt sich: C p (24 bar) = 35,06 +
2 · 0,4257 24 · 105 = 35,06 + 2,767 8,3145 · (298)2 = 37,82 J · mol−1 · K−1
4.7.5 Bestimmung von C V für Argon 2 g Argon (M = 40 g · mol−1 ) sind in einem dünnen Stahlgefäß von 50 g und der spezifischen Wärmekapazität C Stahl = 0,5 J · K−1 · g−1 eingeschlossen. Dieser Behälter ist von der Außenwelt thermisch isoliert, indem er sich z. B. in einem evakuierten Raum befindet. Durch Leistung einer elektrischen Arbeit von 51,24 J am Gesamtsystem (Gas + Stahlbehälter) wird dessen Temperatur um T ∗ = 2 K erhöht. Dabei kann für das Gas wie für den Stahl des Gefäßes konstantes Volumen und konstante Wärmekapazität angenommen werden. Wie groß ist für das Argongas die molare Wärmekapazität? Lösung: Wdiss = 51,24 J =
2 g · C V,Mol,Ar 40 g · mol−1
−1
+ 50 g · 0,5 J · K
·g
−1
T ∗
Mit T ∗ = 2,0 K ergibt die Auflösung: C V,Ar = 12,4 J · K−1 · mol−1 Das ist ca. 3/2 R.
4.7.6 Wasserkühlung bei der Produktion von Vinylchlorid 1 Vinylchlorid wird durch folgende Reaktion hergestellt. CH ≡ CH + HCl → CH2 = CHCl 1
R H = −98,8 kJ mol−1
Nach: P. Atkins, J. de Paula „Physical Chemistry“, W. H. Freeman and Company (2002).
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
157
(a) Wie viel Wasser braucht man zur Kühlung der Reaktion bei 1 Mol Umsatz, wenn das Wasser maximal von 25 auf 35◦ C erwärmt werden darf? (b) Wie viel Wasser braucht man zur Kühlung pro Tag bei einer Tagesproduktion von 500 kg Vinylchlorid? Angabe: C p,H2 O = 75,3 J · K−1 · mol−1 . Lösung: (a) m H2 O · 75,3 J · K−1 · mol−1 · (35 − 25) K = 98,8 · 103 J M H2 O m H2 O = Menge Wasser in kg; MH2 O = Molmasse Wasser = 0,018 kg · mol−1 . Daraus folgt: m H2 O =
0,018 · 98,8 · 103 kg = 2,362 kg 75,3 · 10
(b) 1 Mol Vinylchlorid = 62,5 g, 500 kg = 8.000 Mol Vinylchlorid m H2 O = 18.896 kg Wasser
4.7.7 Standardreaktionsenthalpie der Wassergasreaktion Die molare Verbrennungsenthalpie von Kohlenstoff (Graphit) ist C H = −393,5 kJ · mol−1 . Für die Verbrennung von 1 Mol CO ist C H = −283,1 kJ · mol−1 , für die Verbrennung von 1 Mol H2 ist C H = −285,8 kJ · mol−1 . Berechnen Sie daraus die Standardreaktionsenthalpie für die „Wassergasreaktion“ C + H2 O → CO + H2 . Lösung: C + O2 CO2 H2 O Bilanz : C + H2 O
→ CO2 → CO + 12 O2 → H2 + 12 O2 → CO + H2
0
R H Wassergas = C H (Graphit) − C H (CO) − C H (H2 ) 0
R H Wassergas = (−393,5 − (−283,1) − (−285,8)) kJ · mol−1 = 175,4 kJ · mol−1 )
158
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
4.7.8 Standardreaktionsenthalpie für die Bildung von Fe3 O4 aus Fe2 O3 und Fe Für die folgenden geochemisch bedeutsamen Reaktionen wurden die angegebenen Standardreaktionsenthalpien bestimmt: 0
2Fe(s) + 32 O2 (g) → Fe2 O3 , R H I = −206 kJ/mol 0 3Fe(s) + 2O2 (g) → Fe3 O4 , R H II = −136 kJ/mol 0
Benutzen Sie diese Daten, um R H für die folgende Reaktion zu berechnen: 4 Fe2 O3 (s) + Fe(s) → 3Fe3 O4 (s) Lösung: 9Fe + 6O2 → 3Fe3 O4 −8Fe − 6O2 → −4Fe2 O3 Summe : Fe + 4Fe2 O3 → 3Fe3 O4 0 R H = −3 · 136 + 4 · 206 = 416 kJ · mol−1
0
+3 · R H II 0 −4 · R H I +3R HII0 − 4R HI0
4.7.9 Thermochemische Bestimmung der Delokalisierungsenergie der π-Elektronen in Benzen Bestimmen Sie die Stabilisierungsenergie pro Doppelbindung in Benzen aus den folgenden Daten der molaren Verbrennungsenthalpien C H i im gasförmigen Zustand: Benzen : C H = −3169,3 kJ · mol−1 Cyclohexen : C H = −3565,7 kJ · mol−1 Cyclohexan : C H = −3688,66 kJ · mol−1 Ferner liegen die Verbrennungsenthalpien folgender Reaktionen vor: C + O2 → CO2 H2 + 12 O2 → H2 O
C H = −393,5 kJ · mol−1 C H = −241,8 kJ · mol−1
Lösung: Wir bestimmen zunächst die Standardbildungsenthalpien der 3 Kohlenwasserstoffe aus geeigneten Kombinationen von Verbrennungsenthalpien:
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
Benzen :
6C + 6O2 → 3H2 + 32 O2 → 6CO2 + 3H2 O → 6C + 3H2 →
159
6CO2 3H2 O C6 H6 + 15 2 O2 C 6 H6
− 6 · 393,5 kJ − 3 · 241,8 kJ + 3169,3 kJ + 82,9 kJ · mol−1
Cyclohexen :
6C + 6O2 → 6CO2 5H2 + 52 O2 → 5H2 O 6CO2 + 5H2 O → C6 H10 + 17 2 O2 6C + 5H2 → C6 H10
− 6 · 393,5 kJ − 5 · 241,8 kJ + 3565,68 kJ − 4,32 kJ · mol−1
Cyclohexan :
6C + 6O2 → 6CO2 − 6 · 393,5 kJ 6H2 + 3O2 → 6H2 O − 6 · 241,8 kJ 6CO2 + 6H2 O → C6 H12 +6O2 + 3688,66 kJ 6C + 6H2 → C6 H12 − 123,14 kJ · mol−1
Wir berechnen die Stabilisierungsenergie einer „Doppelbindung“ in Benzen gegenüber einer isolierten Doppelbindung in Cylcohexen aus der Differenz der folgenden Reaktionsenthalpien R H C6 H10 1 3 C6 H6
+ H2 → C6 H12 , R H (I ) = −123,14 + 4,32 = −118,82 kJ + H2 → 13 C6 H12 , R H (I I ) = −123,14/3 − 82,9/3 = −68,7 kJ
Die Differenz −118,82 + 68,7 = −50,12 kJ kann als Stabilisierungsenergie einer Doppelbindung durch die π -Elektronendelokalisation in Benzen bezeichnet werden. Man beachte, dass es sich tatsächlich um eine Energie handelt, die identisch mit der Enthalpie ist, denn es gilt R H (I ) − R H (I I ) = R U (I ) − R U (I I ) wegen identischer p · V -Terme für beide Gleichungen.
4.7.10 Standardbildungenthalpie von Ethanol Gegeben sind die Verbrennungsenthalpien C H unter Standardbedingungen für folgende Reaktionen: C H kJ · mol−1 (I) C(s) + O2 (g) → CO2 (g) −393,5 −285,8 (II) H2 (g) + 12 O2 (g) → H2 O(fl) (III) C2 H5 OH(fl) + 3 O2 (g) → 2 CO2 (g) + 3 H2 O(fl) −1366,8 Berechnen Sie hieraus die Standardbildungsenthalpie des Ethanols C2 H5 OH(fl). Lösung: Der Bildungsprozess von C2 H5 OH aus den Elementen lautet: 1 2C + 3H2 + O2 → C2 H5 OH 2
160
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Er kann durch folgende Bilanz dargestellt werden: 2C + 2O2 3H2 + 32 O2 3H2 O + 2CO2 Bilanz : 2C + 3H2 + 12 O2
→ 2CO2 (I) → 3H2 O (II) → C2 H5 OH + 3O2 (III) → C2 H5 OH
f H 0,EtOH = 2C H (I) + 3C H (II) − C H (III) = (−787 − 857,4 + 1366,8) kJ · mol−1 = −277,6 kJ · mol−1 in Übereinstimmung mit dem Wert in Tabelle F.4 in Anhang F.
4.7.11 Wärmehaushalt des menschlichen Körpers Der menschliche Körper ist, thermodynamisch betrachtet, ein System, das kontinuierlich Arbeit leistet mit einem Anteil an dissipierter Arbeitsleistung von a. 120 W. (a) Wie groß wäre der Temperaturanstieg des menschlichen Körpers pro Tag, wenn er ein abgeschlossenes System wäre (keine Energie und Materieaustausch mit der Umgebung)? Angaben: Körpermasse = 70 kg, spezifische Wärmekapazität: 4,2 J · g−1 · K−1 . (b) Als „offenes System“ kompensiert der menschliche Körper bei ca. 25◦ C durchschnittlich 50% der dissipierten Arbeit durch Verdampfung von H2 O über die Haut und die Lunge. (Bei tieferen Temperaturen ist der Prozentsatz niedriger.) Der Rest wird im Wesentlichen durch Wärmestrahlung abgegeben. Welche Masse an H2 O muss pro Tag verdampft werden, damit die Körpertemperatur konstant bleibt? Angabe: Die Verdampfungsenthalpie von Wasser beträgt 2.410 J/g bei 37◦ C. Lösung: (a) Wärmekapazität des Körpers = 4,2 · 70 · 103 = 294 kJ/K Energieabgabe pro Tag = 0,120 · 3600 · 24 = 10.368 kJ Temperaturerhöhung T ∗ : 10.368/294 = 35,2 K pro Tag. (b) Masse an verdampftem Wasser pro Tag: 0,5 · 10.368/2,41 = 2.151 g = 2,15 kg H2 O. Wenn die Außentemperatur gleich der Körpertemperatur ist (37◦ C), kann keine Wärme mehr als Wärmestrahlung abgegeben werden (s. Kap. 6), und es müssen 4,3 kg pro Tag als Wasser verdampft werden. Man schwitzt also ständig. Auch das hat nur dann eine abkühlende Wirkung, wenn der Wasserdampfdruck der Luft bei 37◦ C nicht gesättigt ist.
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
161
4.7.12 Molare Enthalpie von Kalium Man berechne die molare Enthalpie von H von Kalium bei 300◦ C und 1 bar. Für festes Kalium gilt: Schmelzpunkt: 63,7◦ C, molare Schmelzenthalpie H S = 2.334 J/mol, C p,fest(T ) = 9,9013 + 0,0660 · T ∗ J · mol−1 · K−1 Für flüssiges Kalium gilt: C p,flüss(T ) = 37,627 − 0,02085 · T ∗ + 1,395 · 10−5 · T ∗2 J · mol−1 · K−1 Hinweis: 0 T ∗ ist die Temperatur in Kelvin, die Standardbildungsenthalpie H 298 von Kalium ist definitionsgemäß gleich null. Lösung: 336,7
C p,fest dT ∗ = 9,9013 (336,7 − 298)
H Fest = 298
0,066 (336,7)2 − (298)2 2 = 383,2 + 810,5 +
= 1193,7 J · mol−1 H Schmelz = 2.334 J · mol−1 573 H flüss =
C p,flüss dT ∗ = 37,627(573 − 336,7)
336,7
0,02085 (573)2 − (336,7)2 2 1 + 1,395 · · 10−5 (573)3 − (336,7)3 3 = 8.891 − 2.241 + 0,6973 · 103 = 7.347 J · mol−1 −
H = H Fest + H Schmelz + H flüss = 1.193 + 2.334 + 7.347 = 10.874 J · mol−1
4.7.13 Standardbildungsenthalpie von Glyzin aus der Verbrennungsenthalpie Die Aminosäure Glyzin (NH2 CH2 COOH) wird in einem Bombenkalorimeter verbrannt entsprechend der Gleichung: 9 5 1 NH2 CH2 COOH(s) + O2 → 2CO2 (g) + H2 O(fl) + N2 4 2 2
162
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Die ermittelte Verbrennungsenthalpie bei 298,15 K beträgt −973,49 kJ · mol−1 . Berechnen Sie daraus und mit Hilfe der Enthalpiedaten in Tabelle F.3 im Anhang 0 die molare Standardbildungsenthalpie f H 298 von Glyzin. Lösung: Die Enthalpiebilanz der Verbrennungsreaktion beträgt: 5 1 0 0 0 2f H CO2 ,298 + f H H2 O,298 + f H N2 ,298 2 2 9 0 0 − f H Glyzin,298 + f H O2 ,298 = −973,49 kJ · mol−1 4
Aus Tabelle F.3 (Anhang) entnimmt man: 1 5 0 2(−393,52) + (−285,84) + (0) − f H Glyzin,298 2 2 9 −1 − (0) = −973,49 kJ · mol 4
Daraus folgt: f H Glyzin,298 = −528,15 kJ · mol−1 0
4.7.14 Berechnung von Mischungstemperaturen 180 g Gold (Au) mit einer Temperatur von 100◦ C wird zu 40 g H2 O von 12◦ C gegeben. Welchen Wert hat die Endtemperatur des gesamten Systems? Angaben: C p,Au = 25,79 J · mol−1 · K−1 , C p,H2 O (fl) = 75,3 J · mol−1 · K−1 . Das gesamte System ist nach außen thermisch isoliert. Der Druck bleibt konstant. Lösung: UAu + UH2 O = U = 0 = C p,Au · n Au (T ∗ − 373,15) n Au
+ C p,H2 O · n H2 O (T ∗ − 285,15) = 180/196,97 = 0,9138 mol
n H2 O = 40/18 = 2,222 mol T∗ =
n Au · C p,Au · 373,15 + n H2 O · C p,H2 O · 285,15 n Au · C p,Au + n H2 O · C p,H2 O
= 296,0 K = 22,85◦ C
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
163
4.7.15 Molare Exzessenthalpie einer Modellmischung E
Die molare Exzessenthalpie H einer binären flüssigen Mischung mit den Komponenten A und B ist durch folgenden Ausdruck gegeben: H
E
= 3.200 · x A · x B (1 − 0,14 · xA ) J · mol−1
(a) Welche Wärmemenge Q tauscht das System mit der Umgebung aus, wenn 1 mol A mit 2 mol B gemischt werden? Temperatur und Druck sollen konstant bleiben. E (b) Bei welchem Molenbruch x A hat H einen maximalen Wert und wie groß ist dieser? 0 (c) Wie groß ist die partielle molare Mischungsenthalpie H B = H B − H B bei einem Molenbruch, der sich beim Mischen von 1 mol A mit 2 mol B ergibt? Lösung: (a) Die Molenbrüche xA und xB betragen: xA = 1/3 = 0,333 und x B = 2/3 = 0,667. Es gilt: H
E
2 1 1 = 3.200 · · 1 − 0,14 · = 677,9 J · mol−1 3 3 3
Q = +3 · H
E
= 2,033 kJ
Es handelt sich also um einen endothermen Prozess: die Wärme Q wird vom System aufgenommen. E (b) Das Maximum ergibt sich aus d H /d x A = 0. Also: 1 − 2x A − 0,14(2xA − 3x A2 ) = 0 Daraus folgt die quadratische Gleichung: 0,42 · x A2 − 2,28 · xA + 1 = 0 mit der Lösung: " 2,28 xA = − 2 · 0,42 E
2,28 2 · 0,42
2 −
1 = 0,481 0,42
H bei xA = 0,481 ist 3200·0,481(1−0,481)(1−0,14·0,481) = 745 J·mol−1 .
164
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
(c) E
H B = H − xA
E
∂H ∂ xA
= −2 · 3200 · 0,14 · x A3 + 3.200(1 + 0,14)x A2
Mit xA = 1/3 ergibt das: H B = 372,15 J · mol−1
4.7.16 Standardreaktionsenthalpien von Hydrazin mit B2 H6 und N2 O4 0
Berechnen Sie die molare Standardreaktionsenthalpie R H folgender chemischer Reaktionen mit Hilfe der Zahlenangaben in Tabelle F.3 im Anhang F. (a) N2 H4 (fl) + B2 H6 (g) → 2BN(f) + 5H2 (g) (b) 2N2 H4 (fl) + N2 O4 (g) → 3N2 (g) + 4H2 O(g) Diese Reaktion wurde zum Antrieb der Mondfahrzeuge der Apollo-Missionen benutzt. N2 O4 diente als Sauerstoffträger für die Verbrennung von Hydrazin. Lösung: 0
(a) R H = −2 · 250,91 − 50,6 − 41,0 = −593,42 kJ · mol−1 0 (b) R H = −4 · 241,83 − 2 · 50,6 − 9,08 = −1077,6 kJ · mol−1
4.7.17 Wärmeproduktion beim Umsatz von Schießpulver Schießpulver besteht aus einer Mischung von Kaliumnitrat, Kohle und Schwefel. Es fand bis ca. 1870 Verwendung als Sprengstoff und für alle Arten von Feuerwaffen, bevor A. Nobel das Nitroglyzerin bzw. Dynamit erfand und weitere organische Nitroverbindungen folgten. Das Kaliumnitrat liefert den Sauerstoff für die Verbrennung von Kohle und Schwefel. Heute wird Schießpulver nur noch in Feuerwerkskörpern und Zündschnüren verwendet. Stellen Sie die Stöchiometrie der Selbstverbrennungsreaktion von Schießpulver auf und berechnen Sie, welche Wärmemenge bei Abbrennen von 500 g Schießpulver frei wird. Lösung: Die Reaktion lautet: 4KNO3 + 3C + 2S → 2K2 CO3 + CO2 + 2SO2 + 2N2 Aus Tabelle F.3 im Anhang entnimmt man aus der Differenz der Bildungsenthalpien 0 die molare Reaktionsenthalpie R H (bezogen auf CO2 ) für obige Reaktion:
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
165
Enthalpie (Produkte) −
Enthalpie (Edukte)
= +[−2 · 1151,0 − 393,52 − 2 · 296,84 − 0] − [4 · (−492,71) − 0 − 0] = −1318,36 kJ · mol−1 Die Menge an Schießpulver, die der Stöchiometrie der Gleichung entspricht, beträgt: 4(39,1 + 14 + 3 · 16) + 3 · 12 + 2 · 32 = 504,4 g Das ist praktisch genau die angegebene Menge an Schießpulver. Da bei p = constR H = Q gilt, ist die Wärmemenge Q = −1.307 kJ/500 g.
4.7.18 Thermodynamik beim Bleigießen an Silvester Beim Bleigießen auf einer Silvesterparty werden 40 g flüssiges Pb bei 700 K in 100 ml Wasser von 291 K gegossen. Welche Temperatur T ∗ haben das Wasser und das Blei nach dem Temperaturausgleich? Angaben: Molwärme C p (Pb, fest) = 20,5 + 0,02 · T ∗ J · mol−1 · K−1 (gültig zwischen 280 bis 600,55 K), Molwärme C p (Pb, flüssig) = 32,51 − 0,00301 · T ∗ J · mol−1 · K−1 (gültig zwischen 600,55 bis 750 K), Molwärme (C p (H2 O, fl) = 75,02 J · mol−1 · K−1 , Molmasse von Pb = 207,2 g · mol−1 , Molmasse von H2 O = 18 g · mol−1 , Schmelztemperatur von Pb = 600,55 K, Schmelzenthalpie von Pb = 4.770 J·mol−1 . Lösung: Es muss die Enthalpieänderung von Pb, also HPb zwischen 700 K und der fraglichen Temperatur T ∗ unter Berücksichtigung der Schmelzenthalpie berechnet werden sowie die von Wasser HH2 O zwischen 291 K und T ∗ . Zur Bestimmung von T ∗ muss gelten: HPb (T ∗ ) + HH2 O (T ∗ ) = 0. ∗
600,55
(32,51 − 0,00301 · T ∗ )dT ∗ − 4.770 · n Pb
HPb (T ) = n Pb 700
T ∗ + n Pb
(20,5 + 0,02 · T ∗ )dT ∗
600,55
HH2 O (T ∗ ) = n H2 O
T ∗
291
Es gilt:
75,02 dT ∗ = n H2 O · 75,02(T ∗ − 291)
166
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
n Pb =
40 = 0,193 mol und n H2 O = 100 · 1/18 = 5,583 mol 207,2
Integration und Addition HPb +HH2 O = 0 ergibt (wir setzen ρH2 O ≈ 1 g·cm−3 ): 0,193[32,51(600,55 − 700) − 4.770 + 20,5(T ∗ − 600,55)] 0,0301 0,02 ∗2 2 2 2 (T − (600,55) ) − (600,55) − (700) + 2 2 + 5,583 · 75,02 · T ∗ − 291 · 5,583 · 75,02 = 1,93 · 10−3 · T ∗2 + 427,78 · T ∗ − 1,26406 · 105 = 0 Lösen dieser quadratischen Gleichung ergibt T ∗ = 298,7 K = 25,6◦ C Die Temperatur des Wassers erhöht sich also um 7,6 K, vorausgesetzt, keine Wärme wird nach außen abgeleitet und kein Wasser verdampft.
4.7.19 Die Reaktionsenthalpie der Zersetzung von Ozon2 Gasförmiges Ozon wird beim Durchleiten durch eine Mischung aus Wasser und 178,2 g Eis zersetzt nach der Gleichung: 2O3 → 3O2 . Nach Umwandlung von 9,46 L gasförmigem Ozon bei 1 bar und 273,15 K ist alles Eis geschmolzen. Wie groß ist die molare Reaktionsenthalpie R H 273 für 2O3 → 3O2 ? Angabe: die molare Schmelzenthalpie von Eis beträgt 6,01 kJ · mol−1 . Vergleichen Sie das Resultat mit den im Anhang F.3 angegebenen thermodynamischen Daten für O3 . Lösung: Die Molzahl n O3 von umgesetztem O3 beträgt: n O3 =
p·V 105 · 9,46 · 10−3 = = 0,4165 mol R · T∗ R · 273,15
Die zum Schmelzen des Eises benötigte Wärmemenge Q beträgt: Q=
178,2 · 6,01 = 59,5 kJ 18
Also wird beim Umsatz von 2 Mol Ozon eine Wärmemenge frei, die gleich der Reaktionsenthalpie für obige Gleichung ist: R H 273 = −2 ·
2
59,5 = −285,7 kJ · mol−1 0,4165
Nach: P. Atkins, J. de Paula „Physical Chemistry“, W. H. Freeman and Company (2002).
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
167
Wir überprüfen dieses Resultat durch Vergleich mit der in Anhang F.3 angegebenen Bildungsenthalpien von O3 : 0
f H 298 = 142,67 kJ · mol Daraus berechnet sich die Bildungsenthalpie bei 273 K mit C p,O3 = 39,2 J · mol−1 · K−1 und C p,O2 = 29,6 J · mol−1 · K−1 : H 273 f
3 = 142,67 − C p,O3 − C p,O2 (298 − 273) = 142,80 kJ · mol−1 2
Es gilt dann mit R H = −2B H 273 : R H 273 = −2 · 142,8 = −285,6 kJ · mol−1 Die Übereinstimmung ist also sehr gut.
4.7.20 Temperaturänderung beim Mischen von Trimethylamin und Chloroform Wenn die Flüssigkeiten Triethylamin und Chloroform gemischt werden, ergibt sich eine starke exotherme Mischungsenthalpie. Bei 283 K und dem Molenbruch E x = 0,5 beträgt die molare Mischungsenthalpie H = −4.570 J · mol−1 . Wenn dieser Mischprozess in einem wärmeisolierenden Dewar-Gefäß durchgeführt wird, welche Temperatur hat dann das System nach dem Zusammenmischen äquimolarer Mengen? Angaben: Die Molwärme von Chloroform beträgt 114,2 J · mol−1 · K−1 , die von Triethylamin 219,9 J · mol−1 · K−1 . Lösung: Es gilt mit δQ = 0: dU = − pd V oder bei p = const : d(U + pV ) p = d H p = 0 Daraus folgt: H p = 0 = H E + C p (T ∗ − T0∗ ) und somit: (n 1 + n 2 )
H 1 − H 10 x1 + H 2 − H 20 x2
= (n 1 + n 2 )H
E
= −(n 1 + n 2 )(C p,1 · x1 + C p,2 · x2 )(T ∗ − T0∗ )
168
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Also ergibt sich: 4570 = 0,5(T ∗ − 283) · 114,2 + 0,5(T ∗ − 283) · 219,9 Auflösen nach T ∗ ergibt: T ∗ = 310,4 K Die Temperatur beim Mischprozess nimmt also um 27,4 K zu.
4.7.21 Selbstwärmender Kaffee und selbstkühlende Kompresse (a) Lebensmittelläden in Großbritannien boten eine Zeit lang Dosen mit „Selbsterwärmung“ von kaltem Kaffee an. Das funktioniert folgendermaßen: Der obere Teil der Dose ist verschlossen und mit kaltem Kaffee gefüllt. Dieser Teil der Dose ist gut wärmeleitend gegen den unteren, kleineren Teil völlig abgedichtet, der aus zwei Kammern besteht. In der einen befindet sich Wasser, in der anderen festes CaO. Die Trennwand zwischen diesen beiden Kammern kann durch Knopfdruck über einen Mechanismus durchstoßen werden, so dass Wasser und CaO sich vermischen und durch ihre stark exotherme Reaktionsenthalpie die ganze Dose einschließlich des Kaffees aufwärmen. Man öffnet die Dose oben und kann warmen Kaffee entnehmen. Um wie viel Grad werden 180 ml Kaffee erwärmt, wenn 2 g CaO mit 20 ml Wasser vermischt werden? Welche Reaktion läuft ab und welche Reaktionsenthalpie ist damit verbunden (s. Anhang F.3)? Die Molwärme von Wasser bzw. Kaffee-Lösung beträgt 4,184 J · mol−1 · K−1 . Lösung: Für die Reaktion CaO + H2 O → Ca(OH)2 erhält man aus Anhang F.3 Bildungenthalpien für H2 O(−285,84 kJ · mol−1 ), für CaO(−635,5 kJ · mol−1 und für Ca(OH)2 (−986,6 kJ · mol−1 ). Daraus folgt für die entwickelte Wärme Q bei einem molaren Umsatz: Q = R H = −986,6 + 285,84 + 635,5 = −65,26 kJ · mol−1 Es ist MCa = 40,8 g · mol−1 und M0 = 16,0 g · mol−1 . Die Reaktion ist also exotherm. Daraus folgt für die Erwärmung der ganzen Dose (20 ml wässrige Ca(OH)2 -Suspension plus 180 ml Kaffee-Lösung) mit der Gesamtmolzahl an Wasser von (20 + 180)/18 = 11,1 mol und der Reaktionsenthalpie −R H = [2/(40,08 + 16)] · (65,26 · 103 ) = 2327 J: T = 2327/(4,184 · 11,1) = 50◦ C
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
169
Wenn die Kaffeetemperatur anfangs 20◦ C beträgt, wird der Kaffee also auf 70◦ C erwärmt. Das ist das idealisierte Resultat, bedingt durch Wärmeverluste wird die Temperatur des Kaffee nur 60–65◦ C betragen. (b) In ähnlicher Weise, nur mit umgekehrtem Vorzeichen der Reaktionsenthalpie funktionieren selbstkühlende Kompressen, wie sie vor allem bei akuten Sportverletzungen eingesetzt werden („Instant Cold“ oder „Frigid Aid“). Hier sind in einem flexiblen Beutel festes Ammoniumnitrat und Wasser durch eine Innenversiegelung zunächst voneinander getrennt, die beim Kneten des Beutels aufgebrochen wird, so dass folgender Lösungsprozess stattfindet: − NH4 NO3 (s) + H2 O(fl) → NH+ 4 + NO3 + H2 O(fl) − Hier sind die NH+ 4 - und die NO3 -Ionen in Wasser gelöst. Bestimmen Sie die Temperaturänderung aufgrund der Bildungsenthalpien der Reaktionspartner (s. Anhang F.3), wenn 5 g NH4 NO3 in 250 ml H2 O gelöst werden. Die molare Wärmekapazität von H2 O wie die der Lösung sei näherungsweise 4,184 J · mol−1 · K−1 .
Lösung: Es gelten für die molaren Bildungsenthalpien f H NH4 NO3 = −365,6 kJ · mol−1 f H NH+ (aq) = −132,8 kJ · mol−1 , f H NO− (aq) = −206,56 kJ · mol−1 4
3
Das ergibt für die molare Reaktionsenthalpie der Auflösung von NH4 NO3 ) in einem deutlichen Überschuss an Wasser einen endothermen Enthalpiebetrag: R H = −132,8 − 206,56 + 365,6 = +26,24 kJ · mol−1 Die Molzahl an umgesetzten NH4 NO3 ist 5/80 = 0,0625. Die Wärmemenge, die dem System entzogen wird, beträgt also 26,24·0,0625 = 1,64 kJ. Die Gesamtmenge an Wasser beträgt 250/18 = 13,89 mol. Damit gilt für die Temperaturänderung: T = −1640/(4,184 · 13,89) = −28,2 K Von einer Anfangstemperatur von 20◦ C ausgehend beträgt die Endtemperatur also −8,2◦ C.
4.7.22 Thermodynamik des Thermit-Verfahrens Das sog. Thermit-Verfahren zur Herstellung von Metallen beruht auf der stark exothermen Reaktion von Aluminium mit Metalloxiden, z. B.: Fe2 O3 + 2Al → Al2 O3 + 2Fe
170
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
(a) Benutzen Sie die Daten von Tabelle Anhang F.3 und berechnen Sie die Standardreaktionsenthalpie R H dieser Reaktion. (b) Wenn die Reaktion in einem Keramik-Tiegel aus Al2 O3 abläuft mit den Einsatzmengen von 1 Mol Fe2 O3 und 2 Mol Al bei 293 K, welches Gewicht darf der Tiegel nicht überschreiten, damit das entstehende Eisen noch im flüssigen Zustand ist? Das Reaktionsgemisch und der Tiegel sollen ein isoliertes System darstellen. Angaben: C p,Al2 O3 = 79,0 J · mol−1 · K−1 , C p,Fe = 25,1 J · mol−1 · K−1 , molare Schmelzenthalpie von Eisen H S,Fe = 13,81 kJ · mol−1 , Schmelztemperatur des Eisens TS,Fe = 1.811 K. Lösung: (a) Die Standardbildungsenthalpien von Al und Fe sind Null. Also gilt: 0
0
R H = f H Al2 O3 − f H Fe2 O3 = −1675,2 − (−825,5) = −849,7 kJ · mol−1 (b) Die Bilanz der Enthalpien lautet in Joule: 849,7 · 103 = [(1 + x)79,0 + 2 · 25,1] [1.811 − 293] + 2 · 13,81 · 103 Hierbei ist x die molare Menge Al2 O3 des Tiegels. Auflösen nach x ergibt: x = 5,22 mol Al2 O3 = 102 · 5,22 = 532 g Al2 O3 Unter diesen Bedingungen wäre also die Temperatur des Tiegels mit dem Reaktionsgemisch nach der Reaktion 1.811 K. Höhere Temperaturen erhält man, wenn der Tiegel weniger wiegt.
4.7.23 Vergleich der Wärmeproduktion und CO2 -Bildung verschiedener fossiler Energieträger Es wird gesagt, dass die Verbrennung von Erdgas weniger CO2 produziert als die von Benzin oder Öl und die von Kohle bezogen auf dieselbe Wärmemenge, die bei der Verbrennung dieser Energieträger entsteht. Überprüfen Sie diese Aussage, indem Sie CH4 als repräsentatives Gas im Erdgas ansehen, Oktan (C8 H18 ) für Benzin (oder Erdöl) und Kohlenstoff (Graphit) für die Kohle. Benutzen Sie die Angaben in Tabelle F.3 im Anhang.
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
171
Lösung: Die Verbrennungsreaktionen lauten bei 1 bar: → CO2 (g) + 2H2 O(g) (1) CH4 (g) + 2O2 (g) C8 H18 (fl) + 25 O (g) → 8CO2 (g) + 9H2 O(g) (2) 2 2 → CO2 (g) (3) C(fest) + O2 (g) Wir berechnen H C für Reaktion (1), (2) und (3): 0
0
0
C H (1) = f H CO2 (298) + f H H2 O (298) − f H CH4 (298) = −393,52 − 2 · 241,83 + 78,87 = −798,31 kJ · mol−1 0
0
0
C H (2) = 8f H CO2 (298) + 9f H H2 O (298) − f H Oktan = −8 · 393,52 − 9 · 241,83 + 249,95 = −5074,68 kJ · mol−1 0
0
C H (3) = f H CO2 − f H Graphit = −393,52 kJ · mol−1 Um 1 kJ Wärme zu erzeugen, entstehen bei der Verbrennung von 1 −3 mol CO /kJ 2 798,31 = 1,25 · 10 8 −3 Oktan : 5074,68 = 1,58 · 10 mol CO2 /kJ 1 Kohlenstoff : 393,52 = 2,54 · 10−3 mol CO2 /kJ
(a) CH4 : (b) (c)
Das gilt, wenn H2 O als gasförmiges Verbrennungsprodukt angesehen wird. Betrachtet man H2 O als flüssiges Verbrennungsprodukt (die Kondensationswärme wird dann mitgerechnet), ergeben sich kaum andere Zahlen. Erdgas ist der günstigste Energieträger, gefolgt von Benzin und dann Kohle. Auch bei höheren Temperaturen als 298 K ergeben sich keine wesentlichen Veränderungen der Ergebnisse.
4.7.24 Temperaturänderung in einem Wasserstrahl Durch die Düse eines Feuerwehrschlauches tritt ein Wasserstrahl aus, der 25 m senkrecht in die Höhe reicht. Das Wasser im Schlauch hat eine Temperatur von 288,15 K. Wie groß ist die Temperatur im Wasserstrahl? Nehmen Sie an, die Fließgeschwindigkeit im Schlauch ist gering gegenüber der Strahlgeschwindigkeit. Lösung: Man geht aus von Gl. (4.2). Vor und nach dem Austritt aus der Düse ist die Gesamtenergieänderung stets gleich Null:
172
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
U + E pot + E kin = 0 = C p,H2 O (T ∗ − 288,15) + MH2 O · g · h + E kin E kin = 0 bei h = h max : MH2 O · g · h max 0,018 · 9,81 · 25 = 288,15 − T ∗ = 288,15 − 75 C p,H2 O T ∗ = 288,15 − 0,059 = 288,09 K Die Temperatur des Wassers im Strahl erniedrigt sich also um ca. 0,06 K.
4.7.25 Anwendung des Hess’schen Satzes zur Ermittlung der Umwandlungsenthalpie mineralischer Reaktionen3 Der Hess’sche Satz kann auch auf heterogene Reaktionen von Mineralien angewandt werden, deren Reaktionsenthalpie nicht direkt messbar ist. Ein Beispiel ist die geochemisch interessante Reaktion: 2MgO(Periklas) + SiO2 (Quarz) → Mg2 SiO4 (Forsterit) Man löst jeweils MgO, SiO2 und Mg2 SiO4 in einem geeigneten Lösemittel auf, z. B. PbOB2 O3 , einer Salzschmelze. Dabei entsteht: MgO (fest) → MgO (Lösung)(I ) → SiO2 (Lösung)(I I ) SiO2 (fest) Mg2 SiO4 (fest) → 2MgO (Lösung) + SiO2 (Lösung)(III) Diese Lösungsprozesse können mit einem Kalorimeter gemessen werden und liefern die Lösungsenthalpien H Loes (I ), H Loes (I I ), H Loes (III) mit der Bedeutung: ∞ H Loes (I ) = H MgO − H MgO (fest) ∞
H Loes (I I ) = H SiO2 − H SiO2 (fest) ∞
∞
H Loes (III) = 2H MgO + H SiO2 − H MgSiO4 (fest) ∞
H i bedeutet hier die partielle molare Enthalpie von i in unendlicher Verdünnung des „Lösemittels“ PbOB2 O3 . Folgende Werte wurden bei 1 bar und 1.170 K gemessen: H Loes (I ) = 8.660 J · mol−1 H Loes (I I ) = 3.770 J · mol−1 H Loes (III) = 80.500 J · mol−1 3
Nach: N. D. Chatterjee, Applied Mineralogical Thermodynamics, Springer-Verlag (1991).
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
173
Bestimmen Sie aus diesen Angaben die molare Reaktionsenthalpie R H (fest) für die Bildung von Forsterit aus Periklas und Quarz. Lösung: Es gilt: R H (fest) = H MgSiO2 (fest) − H SiO2 (fest) − 2H MgO (fest) = −H Loes (III) + H Loes (I I ) + 2H Loes (I ) = −80.500 + 3.770 + 2 · 8660 = −59.410 J · mol−1 = −59,41 kJ · mol−1 Die Bildung von Forsterit aus Periklas und Quarz ist also eine exotherme Reaktion.
4.7.26 Thermodynamik des Zusammenstoßes zweier Himmelskörper Wir betrachten den colinearen Zusammenstoß zweier massiver Körper im Weltraum mit den Massen m 1 = 3 · 1012 kg und m 2 = 9,49 · 1010 kg unter der Annahme, dass dieser Stoß vollständig inelastisch erfolgt. In diesem Fall muss für die Energieerhaltung folgende Bilanz gelten, wobei wir Unterschiede der potentiellen Gravitationsenergie wegen der Kleinheit der Massen vernachlässigen (E pot ≈ 0, s. Gl. (4.2)): 1 1 1 m 1 υ12 + m 2 υ22 + U = 0 E = (m 1 + m 2 )υ 2 − 2 2 2 υ1 und υ2 sind die Geschwindigkeiten von m 1 bzw. m 2 vor dem Stoß, υ ist die Geschwindigkeit des Gesamtkörpers nach dem Zusammenstoß und U ist die Änderung der inneren Energie des Gesamtsystems. Ferner muss der Satz von der Erhaltung des Gesamtimpulses für einen inelastischen Stoß gelten: m 1 · υ1 + m 2 · υ2 = (m 1 + m 2 )υ Welche Temperatur hat der Gesamtkörper nach dem Zusammenstoß, wenn die Temperatur beider Körper vor dem Stoß 150 K und die spezifische Wärmekapazität des Materials csp = 1,5 J · K−1 · g−1 betragen? Die Differenz der Geschwindigkeiten υ1 − υ2 sei 10 km · s−1 (Relativgeschwindigkeit der zusammenstoßenden Körper). Lösung: Wir eliminieren υ aus den beiden Gleichungen für die Energie- und Impulserhaltung mit dem Resultat: 1 μ12 (υ1 − υ2 )2 = U 2
174
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
wobei μ12 = m 1 · m 2 /(m 1 + m 2 ) die sog. reduzierte Masse bedeutet. Man erhält somit:
U =
1 3 · 1012 · 9,49 · 1010 4 2 10 = 4,598 · 1018 J · 2 3 · 1012 + 9,49 · 1010
Dann ergibt sich für die Temperaturänderung.
(T ∗ − 150) =
4,598 · 1018 1 · = 1,485 · 106 /1.500 m1 + m2 csp
= 990 K Also beträgt die Temperatur des Gesamtkörpers nach dem Stoß T ∗ = 1.140 K. Man muss hinzufügen, dass Teile des Systems nach dem Stoß auch auseinanderfliegen könnten, ohne Energie- und Impulserhaltungssatz zu verletzen, die Temperatur der Trümmerteile wäre dann geringer.
4.7.27 Druckabhängigkeit der Enthalpie aus einem Joule-Thomson-Experiment In einem Joule-Thomson-Experiment wird für Ethan bei T ∗ = 298 K vor der Drossel und einem Druckabfall von 5 bar auf 1 bar über die Drossel eine Temperatur von 295 K hinter der Drossel gemessen. Welchen Wert hat ∂ H /∂ p)T ∗ ? Entnehmen Sie Tabelle F.2 in Anhang F den Wert von C p für Ethan. Lösung: Es gilt für den differentiellen Joule-Thomsen-Koeffizienten:
δJT
∼ =
T ∗ p
= H
295 − 298 = 0,75 · 10−5 K · Pa−1 (1 − 5) · 105
Nach Gl. (4.8) folgt mit C p = 52,6 J · mol−1 · K−1 :
∂H ∂p
= −δJT · C p = −0,75 · 10−5 · 52,6 = −39,45 · 10−5 J · mol−1 · Pa−1 T∗
= −39,45 J · mol−1 · bar−1
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
175
4.7.28 Umwandlung der Rotationsenergie wassergefüllter Zylinder in innere Energie4 Wir betrachten zwei vollständig mit Wasser gefüllte, rasch rotierende Zylinder mit den Radien r1 und r2 , sowie den Höhen h 1 und h 2 (Abb. 4.17). Wird die Zylinderwand in kurzer Zeit zum Stillstand gebracht, so wird die im Wasser steckende Rotationsenergie in innere Energie umgewandelt. Entsprechend Gl. (4.2) gilt: E rot + U = 0 denn bei dem Prozess soll keine Energie, also weder Wärme noch Arbeit mit der Umgebung (einschließlich der festen Zylinderwand) ausgetauscht werden (E = 0). (a) Berechnen Sie die Temperaturerhöhung des Wassers, wenn h 1 = 20 cm, r1 = 10 cm und die Frequenz ν zu Beginn 104 Umdrehungen pro Minute betragen. (b) Berechnen Sie die Temperaturerhöhung bei demselben Wert von ν und derselben Menge an Wasser, wobei aber der Radius r2 = 20 cm beträgt. Angaben: Die spezifische Wärmekapazität csp,W von Wasser beträgt 4,184 J · g−1 · K−1 . Lösung: Wir berechnen zunächst die kinetische Rotationsenergie des Wassers in einem geschlossenen Zylinder der Höhe h und dem Radius r . Die Rotationsenergie des Wassers der Masse m mit dem Volumen V beträgt:
Abb. 4.17 Wassergefüllte rotierende Zylinder (Winkelgeschwindigkeit ω˙ = 2π ν)
4
Nach:I. Müller, Grundzüge der Thermodynamik, Springer (1994), erweitert.
176
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
υ2 dm = 2
E rot = m
ρW ·
υ2 dV 2
V
wobei υ = 2π νr die tangentiale Geschwindigkeit im Abstand r vom Zentrum bedeutet. Mit d V = 2πr · dr · dh ergibt die Integration über das ganze Volumen: h 3
Erot = 4π · ρW · ν
2
r r 3 dr = π 3 · ν 2 · h · r 4 · ρW
dh 0
0
Die Änderung der Rotationsenergie nach Prozessende beträgt: E rot = E rot,Ende − E rot,Anfang = −E rot,Anfang = −E rot Also gilt: U = m W · csp,W · T ∗ = π 3 · ν 2 · h · r 4 · ρW bzw. T ∗ =
π 3 · ν 2 · h · r 4 · ρW = r 2 · π 2 · ν 2 /csp,W ρW · πr 2 · h · csp,W
Das Ergebnis ist also von der Zylinderhöhe h und der Dichte ρW unabhängig. Im Fall (a) gilt: T1∗ = π 2 · [104 /60]2 · (0,1)2 /(1000 · 4,184) = 0,655 K Im Fall (b) gilt: T2∗
=
T1∗
·
0,2 0,1
2
= T1∗ · 4 = 2,62 K
Dieselbe Menge Wasser erfährt also bei derselben Frequenz einen um den Faktor (r2 /r1 )2 unterschiedlichen Temperaturanstieg. Ist r2 > r1 , wie im vorliegenden Beispiel, gilt auch T2∗ > T1∗ .
4.7.29 Aufheizung von Blei durch radioaktiven Zerfall von 32 P 1 mg Phosphor, das 0,1% des radioaktiven Isotops 32 P enthält, sei im Zentrum eines Würfels aus Blei von 10 cm3 eingeschlossen. Das ganze System befindet sich in einem streng adiabatisch abgeschirmten Kalorimeter.
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
177
ist ein β-Strahler mit 1,7 MeV pro zerfallendem 23 P-Atom. Die Halbwertszeit von 23 P beträgt 14,3 Tage. Die β-Strahlen (Elektronen) werden vom Blei absorbiert. Nach welcher Zeit t erreicht das Blei seine Schmelztemperatur von 600,65 K, wenn zu Beginn die Temperatur 293 K beträgt? 23 P
Angaben: die Molwärme von Pb ist 3 R, die Dichte 11,34 g·cm−3 und die Molmasse 207,2 g · mol−1 . 1 eV = 1,6022 · 10−19 J. Lösung: Wir berechnen zunächst die Gesamtenergie, die beim vollständigen Zerfall des 32 P frei wird. Die Molzahl von 32 P beträgt: 10−6 g/32 g · mol−1 = 3,125 · 10−8 mol 32 P Die freiwerdende Energie beträgt (NL = 6,022 · 1023 mol−1 ): 1,7 · 106 · 1,6022 · 10−19 · 3,125 · 10−8 · NL = 5,1257 · 103 J Nach dem radioaktiven Zerfallsgesetz 1. Ordnung gilt für die Zahl N (t) der Atome, die nach der Zeit t noch vorhanden sind:
32 P-
N (t) = N (t = 0) · exp [−k · t] mit der Zerfallskonstanten k = ln 2/τ1/2 = 0,04847 Tage−1 . Die nach der Zeit t freigewordene und vom Blei absorbierte Energiemenge E(t) beträgt: E(t) = 5,125 · 103 [1 − exp(−0,04847 · t)] J 10 cm3 Pb enthalten 10 · 11,34/207,2 = 0,5473 mol. Dann gilt entsprechend der Energiebilanz in Joule: 0,5473 · 3 · R(600,65 − 293) = (1 − exp[−0,04847 · t]) · 5,1257 · 103 J Daraus berechnet sich: t = 35,3 Tage Nach dieser Zeit ist die Temperatur des Bleis auf seine Schmelztemperatur angestiegen, vorausgesetzt, es geht keine Energie durch Wärmeleitung oder Wärmestrahlung verloren.
4.7.30 Titrationskalorimetrie und integrale Lösungsenthalpie Bei der Titrationskalorimetrie wird in einem geeigneten Gefäß die Molzahl n 2 der flüssigen Komponente 2 vorgegeben und dazu schrittweise, d. h. tropfenweise,
178
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
jeweils die molare Menge n 1 hinzutitriert, wobei nach jedem Schritt (bzw. Tropfen) i die dazugehörige Wärmemenge Q i nach dem Dissipationsverfahren oder dem Wärmeflussverfahren (s. Abb. 4.12) kompensativ gemessen wird, so dass der gesamte Titrationsprozess quasi-isotherm verläuft (s. Abb. 4.18a). Die integrale Lösungsenthalpie HL ist dann nach i = k Schritten: HL =
k
n 1 =k·n 1
Qi ≈
i=1
δQ n 1 =0
HL ist aber gerade die Exzessenthalpie H E , die sich ergibt, wenn n 1 Mole von Komponente 1 und n 2 Mole von Komponente 2 gemischt werden. Nach Gl. (4.13) gilt: 0 0 HL = H E = n 1 H 1 − H 1 + n 2 H 2 − H 2 = n 1 · H 1 + n 2 H 2 und mit den partiellen molaren Mischungsenthalpien H 1 und H 2 lässt sich schreiben bei n 2 = const: HL 1 = n2 n2
n1 δQ = 0
n1 H 1 + H 2 n2
Trägt man HL /n 2 gegen n 1 /n 2 = y auf, erhält man Kurven der in Abb. 4.18b gezeigten Art. Man entnimmt der Abbildung, dass Steigung und Achsenabschnitt bei einem vorgegebenen Wert von y jeweils gerade H 1 (y) und H 2 (y) ergeben. (a) Welche Werte haben H 1 und H 2 bei y → ∞?
Abb. 4.18 a Titrationskalorimetrische Wärmepeaks Q i als Funktion der Pulsfolge i. b Integrale Lösungsenthalpie pro Molzahl n 2 als Funktion von y = nn 12
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
179
(b) Wir nehmen an, eine Messreihe, die in Form von Abb. 4.18b aufgetragen wird, soll sich durch die Funktion HL y =a· n2 1+y
(a = const) E
gut beschreiben lassen. Geben Sie für diesen Fall H , H 1 und H 2 als Funktion des Molenbruchs x 1 an. Lösung: (a) Wenn lim (n 1 /n 2 ) konstant wird, muss in diesem Grenzfall gelten: H 1 (x1 = y→∞
1) = 0 und H 2 (x1 = 1) = a. (b) Es gilt: HL = H E =
n1 ·a 1+y
E
Für die molare Exzessenthalpie H gilt dann: H
E
= H E /(n 1 + n 2 ) = a
n1 · n2 n1 =a = ax1 (1 − x 1 ) (1 + y)(n 1 + n 2 ) (n 1 + n 2 )2
H 1 ist die Steigung der Kurve in Abb. 4.18b. Also gilt: d H 1 = a dy
y 1+y
=
n 22 a = a = a(1 − x 1 )2 (1 + y)2 (n 1 + n 2 )2
H 2 ist der Achsenabschnitt. Also gilt: H 2 =
HL d(HL /n 2 ) −y· = ay n2 dy
H 2 = a
1 1 − 1+y (1 + y)2
a · n 21 y = = ax12 2 (1 + y) (n 1 + n 2 )2 E
Die Bestimmung von H , H 1 und H 2 aus HL ist natürlich nicht an die angegebene, spezielle Form für HL gebunden. Es gilt ganz allgemein mit (HL /n 2 ) = f (y): H 1 = d(HL /n 2 )/dy und H 2 = (HL /n 2 ) − yd(HL /n 2 )/dy und mit x1 = (1 − x2 ) = y/(1 + y) bzw. y = x 1 /(1 − x1 ): H
E
= x 1 H 1 + x2 H 2
180
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
4.7.31 Thermodynamik einer Dampflokomotive Die Kolben einer Dampflokomotive (einer davon und das dazugehörige Rad der Dampflok sind in Abb. 4.19 gezeigt) bewegen sich jeweils in einem Zylinder mit der Lauflänge l und der Querschnittsfläche A periodisch hin und her. Sie werden durch den Dampfdruck psat von heißem Wasserdampf bei einer Temperatur Tsat angetrieben. Der Dampf strömt durch ein Ventil aus dem Wasservorratskessel der Lokomotive ein, gleichzeitig wird bereits entspannter Dampf vor dem Kolben durch ein zweites Ventil nach außen bei einem, Gegendruck von 1 bar ausgestoßen. Bei Richtungsumkehr der Kolben tauschen die Ventile durch eine selbstregulierende Vorrichtung (hier nicht gezeigt) ihre Funktionen aus, so dass ein Kolben zweimal die Strecke l zurücklegt, bis ein Zyklus beendet ist. Das entspricht genau einer vollen Umdrehung der Pleuelstange bzw. des Lok-Rades auf der Schiene. Der Abstand r des Endes der Pleuelstange vom Radzentrum beträgt 0,3 · RL (RL = der Radius des Lokrades). Die Gesamtmenge an Wasser im Vorratskessel sei m H2 O . Folgende Aufgabe ist zu lösen: (a) bei vorgebenen Werten von psat , Tsat und m H2 O ist die gesamte geleistete Arbeit W und die zugeführte Wärmemenge Q des Systems „Lokomotive“ zu berechnen sowie der Wirkungsgrad η = W/Q. (b) Bei Angabe des Hubvolumens VZ eines Zylinders sowie des Raddurchmessers 2RL ist die maximale Fahrtstrecke L der Lokomotive zu berechnen. (c) Bei Vorgabe einer Geschwindigkeit υL ist die Fahrzeit τ sowie der Reibungskoeffizient f zu berechnen, der durch die Reibungskraft K R = f · υL (Rollreibung und Luftwiderstand der Lokomotive) definiert ist.
Abb. 4.19 Arbeitsschema einer Dampflokomotive (s. Text)
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
181
Angaben: Tsat = 455 K, psat = 11 · 105 Pa, m H2 O = 2 · 104 kg, RL = 0,75 m, r = 0,3 · RL , A = 500 cm2 , υL = 90 km · h −1 . Die spezifische Verdampfungsenthalpie von Wasser h sp,H2 O beträgt 2020 kJ · kg−1 bei 455 K. Lösung: (a) Die gesamte geleistete isotherme und isobare Arbeit W ist gleich psat · Vtotal , wobei Vtotal das gesamte Dampfvolumen des verbrauchten Wasserdampfes ist. Also gilt, wenn wir den Wasserdampf als ideales Gas ansehen: W =
R · 455 R · Tsat · m H2 O = · 2 · 104 = 4,2 · 106 kJ MH 2 O 0,018
Für die Wärmemenge Q gilt: V Q = m H2 O · h sp,H = 2 · 104 · 2.020 = 4,04 · 107 kJ 2O
Daraus folgt: η = W/Q = 0,104 ≈ 10% (b) Für die maximale Fahrtstrecke L gilt: L = 2π RL · NZ mit der Zahl der vollen Radumdrehungen NZ . Diese berechnet sich beim Einsatz von 2 Kolben aus NZ =
m H2 O R · Tsat = m H2 O · m D psat · 2 · 2VZ · MH2 O
wobei m D die Masse des Dampfes ist, die bei einem vollen Kolbenzyklus in den beiden Zylindern verbraucht wird. Für das Zylindervolumen VZ gilt: VZ = A · l = A · 2r = A · 2 · 0,3 · RL = 0,0225 m3 Mit RL = 0,75 m und A = 500 · 10−4 m2 . Also ergibt sich: NZ = 2 · 104 ·
R · 455 = 42.460 11 · 105 · 4 · 0,0225 · 0,018
Die zurückgelegte Wegstrecke für eine Wasserfüllung der Masse m H2 O = 2 · 104 kg beträgt dann:
182
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
L = 2π · 0,75 · 42460 = 2 · 105 m = 200 km (c) Bei Kräftegleichheit zwischen erzeugter Kraft der Dampfmaschine und der Reibungskraft f · υL gilt. f · υL =
W˙ dW dt · = dt d L υL
mit υL = L/τ
τ ist hier die Fahrzeit für die Strecke L, wenn alles Wasser verbraucht ist. Mit υL = 90 km · h −1 = 25 m · s−1 ergibt sich für die Fahrzeit τ = L/υL = 2 · 105 /25 = 8.000 s = 2 h 13 min Der Reibungskoeffizient beträgt: f =
W 1 4,2 · 109 J 1 W˙ = = s2 · m−2 · · 2 2 τ υL 8.000 s (25)2 υL
= 840 J · s · m−2
4.7.32 Chemische Fixierung von CO2 in Polypropylencarbonat Die intensiven Bemühungen, CO2 -Emissionen in der Erdatmosphäre zu reduzieren, konzentrieren sich neben der Entwicklung alternativer, CO2 -freier Energiequellen, auch auf Techniken der chemischen Fixierung (Sequestrierung) von entstandenem CO2 . Eine Möglichkeit, CO2 chemisch zu binden, besteht in der katalysierten Reaktion von CO2 mit Propylenoxid (PO) zu Polypropylencarbonat (PPC), einem Kunststoff von praktischer Bedeutung (Abb. 4.20).
Abb. 4.20 Reaktion von CO2 + Propylenoxid zu PPC 0
Berechnen Sie die Reaktionsenthalpie R H für die Reaktion PO + CO2 → PPC aus folgenden Daten der molaren Verbrennungsenthalpie von Propylenoxid und PPC (Polymereinheit nach Abb. 4.20) unter Standardbedingungen (1 bar, 298 K): C H PO = −1885,0 kJ · mol−1 und
C H PPC = −1825,7 kJ · mol−1
Lösung: Die Stöchiometrien der Verbrennungsreaktionen für PO und PPC lauten:
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
183
PO : C3 OH6 (l) + 92 O2 (g) → 3 CO2 (g) + 3 H2 O (l) PPC : C4 O3 H6 (cr) + 4 O2 (g) → 4 CO2 (g) + 3 H2 O (l) Mit den angegebenen Werten für C H PO und C H PPC sowie den Werten für 0 0 f H CO2 (g) und f H H2 O (l) aus Tabelle F.2 im Anhang ergibt sich für die Bildungsenthalpien: 0
0
0
0
f H PO (l) = 3 f H CO2 + 3 f H H2 O (l) − C H PO − 4,5 f H O2 (g) = −3 · 393,52 − 3 · 285,84 + 1885,0 = −153,08 kJ · mol−1 und 0
0
0
0
f H PPC (cr) = 4 f H CO2 + 3 f H H2 O (l) − C H PPC − 4 f H O2 (g) = −4 · 393,52 − 3 · 285,84 + 1825,7 = −605,9 kJ · mol−1 Damit ergibt sich für die Reaktionsenthalpie der Bildung von PPC aus CO2 und PO: 0
R H = −605,9 + 153,08 = −452,8 kJ · mol−1 Die deutlich exotherme Reaktionsenthalpie weist darauf hin, dass die Reaktion wahrscheinlich spontan und vollständig abläuft und somit geeignet ist zur CO2 Fixierung. Um eine ökologische CO2 -Bilanz ziehen zu können, müsste allerdings noch die benötigte Energie und die damit verbundene Menge an CO2 berücksichtigt werden, die bei der Herstellung von Propylenoxid entsteht.
4.7.33 Die Flammentemperatur von Erdgas-/Luft-Gemischen Unter Flammentemperatur versteht man die beim Verbrennen eines Brennstoff/Luft-Gemisches unter adiabatischen Bedingungen erreichbare Temperatur. In welchem molaren Verhältnis muss man CH4 mit Luft mischen, um beim Verbrennungsprozess dieses Gemisches bei 1 bar gerade eine Flammentemperatur von 1.000 K zu erreichen? Machen Sie Gebrauch von Tabelle F.4 im Anhang. Es werden auch die temperaturabhängigen Molwärmen der beteiligten Gase in Tabelle F.2 im Anhang benötigt. Lösung: Der stöchiometrische Umsatz von n · 10 Molen Luft mit 1 Mol Methan lautet: CH4 + n(2O2 + 8N2 ) → CO2 + (n − 2)O2 + n · 8N2 + 2H2 O 0
Die molare Reaktionsenthalpie R H ist gleich der Differenz der Bildungsenthalpien der Produkte minus der der Edukte. Es gilt bei 25◦ C:
184
4 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik 0
0
0
0
R H = f H CO2 + 2 f H H2 O − f H CH4 = −393,52 − 2 · 241,83 − (−78,87) = −1281,97 kJ · mol 0
0
(Man beachte: f H O2 = f H N2 = 0) Das Gemisch der Produkte muss diesen Enthalpiewert aufnehmen. Dazu werden die Molwärmen C p von N2 , O2 , CO2 und Wasserdampf als Funktion der Temperatur benötigt. Nach Tabelle F.2 gilt: C p,N2 = 27,296 + 5,230 · 10−3 · T − 0,004 · 10−6 · T 2 J · mol−1 · K−1 C p,O2 = 25,723 + 12,979 · 10−3 · T − 3,862 · 10−6 · T 2 J · mol−1 · K−1 C p,CO2 = 21,556 + 63,697 · 10−3 · T − 40,505 · 10−6 · T 2 + 9,678 · 10−6 ·T 3 J · mol−1 · K−1 C p,H2 O = 30,359 + 9,615 · 10−3 · T + 1,184 · 10−6 · T 2 J · mol−1 · K−1 Für die Wärmekapazität der Produktmischung gilt bei p = const: C p,Prod
= C p,CO2 (T ) + (n − 2)C p,O2 (T ) + n · 8 · C p,N2 + 2C p,H2 O = [21,556 + (n − 2)25,723 + n · 8 · 27,296 + 2 · 30,359] +10−3 · T [63,697 + 12,979(n − 2) + 8n · 5,230 + 2 · 9,615] +10−6 · T 2 [−40,505 − 3,862(n − 2) − 8n · 0,004 + 1,184] +10−9 · T 3 · 9,678
1000
1000
C p,Prod dT = 298
[30,828 + 244,091 · n]dT 298
+10
−3
1000
[56,969 + 54,819 · n] · T dT 298
−6
1000
+10
[−31,597 − 3,894 · n]T 2 dT 298
+10
−9
1000
9,678 · T 3 dT 298
= [30,828 + 244,091 · n](1.000 − 298) +10−3 [28,485 + 27,41 · n](1.0002 − 2982 ) −10−6 [10,532 + 1,298 · n](1.0003 − 2983 ) +10−9 · 2,4195(1.0004 − 2984 ) = 39743,7 + n · 197.591 J · mol−1
4.7
Gelöste Übungsaufgaben
185
Wir setzen jetzt das Ergebnis des Integrals gleich der negativen Reaktionsenthalpie −R H = 1.281.970 J · mol−1 : 1.281.970 = 39743,7 + 197.591 · n Daraus ergibt sich für n: n = 6,29 Da n · 10 mol Luft eingesetzt werden, beträgt die Molzahl an Luft, die man braucht, um bei einer Flammentemperatur von 1.000 K ein Mol CH4 adiabatisch zu verbrennen, 62,9 mol Luft.
Kapitel 5
Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik kann durch zwei fundamentale Aussagen formuliert werden: 1. Es gibt eine Zustandsgröße S, die man die Entropie nennt, und die folgendermaßen definiert ist: S=
δQ dT + const T
bzw.
dS =
δQ dT = 0 T
wobei T die absolute Temperatur ist, die (bis auf einen frei wählbaren, konstanten Faktor) identisch ist mit der empirischen, gasthermometrischen Temperatur T ∗. Das Integral ist über reversible Zustandsänderungen zu erstrecken. 2. In geschlossenen Systemen, die nicht im thermodynamischen Gleichgewichtszustand sind, laufen nicht-quasistatische (irreversible) Prozesse spontan ab. Dabei gilt immer: dS >
δQ T
(irreversibler Prozess)
oder: dS =
δQ + δi S T
(mit δi S > 0)
δi S heißt die differentielle Entropieproduktion innerhalb (Index i) des Systems. δi S ist ein unvollständiges Differential. Wir wollen in den folgenden Abschnitten die Zusammenhänge schrittweise entwickeln, die zu diesen Aussagen des 2. Hauptsatzes führen und ihre Konsequenzen kennenlernen.
A. Heintz, Gleichgewichtsthermodynamik, Springer-Lehrbuch, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1_5,
187
188
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.1 Quasistatische thermodynamische Prozesse: Isothermen und Adiabaten Wir müssen zunächst die Gesetzmäßigkeiten des Austausches von Arbeit und Wärme eines Systems mit seiner Umgebung noch etwas näher untersuchen. Dabei denken wir z. B. an die Volumenarbeit. Wenn vom oder am System Arbeit geleistet werden soll, muss sie in der Umgebung irgendwie gespeichert werden oder einem Speicher entnommen werden. Das kann z. B. geschehen durch Hebung oder Senkung eines Gewichts im Schwerefeld, durch Spannung oder Entspannung einer Feder, durch Aufladen einer Batterie et cet. Wir wiederholen zunächst, was bereits in Abschn. 4.1 gesagt wurde: wenn der äußere Arbeitskoeffizient λa gleich dem des Systems λSys ist, also im Fall der Volumenarbeit pa = pSys , verläuft der Prozess quasistatisch, d. h. es gilt: δWqs = − pd V . Quasistatische Prozesse gehören zu den allgemein als reversibel bezeichneten Prozessen, d. h., nicht alle reversiblen Prozesse müssen quasistatische Prozesse sein. Wenn nur die innere Energie als veränderliche Zustandsgröße zu betrachten ist, d. h., wenn E pot und E kin des Systems selbst während eines Prozesses unverändert konstant bleiben, sind reversible Prozesse immer quasistatische Prozesse. Solche reversiblen Prozesse kann man unter verschiedenen Randbedingungen durchführen. Es gilt allgemein im Fall der Volumenarbeit für die Änderung der inneren Energie:
∗
dU = C V dT +
∂U ∂V
T∗
d V = δ Q + δWrev = δ Q − pd V
Wir betrachten zunächst isotherme Prozesse, bei denen also T ∗ konstant bleibt. Mit dT ∗ = 0 folgt: V2 V1
wobei −
)V2
∂U ∂V
T∗
+ p d V = Q = U2 − U1 − Wrev
pd V = Wrev ist.
V1
Wir betrachten den Sonderfall des idealen Gases (s. auch Abb. 5.1) mit p = n · RT ∗ /V und (∂U/∂ V )T ∗ = 0: V2 pd V = −n RT
− V1
∗
V2 V1
dV V2 = Wrev = −n RT ∗ ln V V1
also ist U2 − U1 = 0 und (Wrev = −Q). Wenn V2 < V1 , ist Wrev > 0 und Q < 0. Es erfolgt eine Kompression des Gases. Wenn V2 > V1 , ist Wrev < 0 und Q > 0. Es erfolgt eine Expansion des Gases.
5.1
Quasistatische thermodynamische Prozesse: Isothermen und Adiabaten
189
Abb. 5.1 Isothermer, quasistatischer Arbeitsprozess beim idealen Gas
Als nächstes betrachten wir einen adiabatisch-reversiblen Prozess. Hier ist nach Definition δ Q = 0 und δWrev = − pd V. Damit folgt:
∂U ∂V
T∗
d V + C V dT ∗ = − pd V
Auch hier wollen wir den Sonderfall des idealen Gases behandeln mit (∂U/∂ V )T ∗ = 0: −
p dT ∗ d V = CV ∗ T T∗
bzw. V2 −
∗
p d V = CV T∗
V1
T2 T1∗
dT ∗ T∗
Die Integration liefert mit p = n · RT ∗ /V : −n R ln
V2 V1
= nC V ln
T2∗ T1∗
Hier ist anzumerken, dass C V auch beim idealen Gas von T ∗ abhängen kann, also ist C V eigentlich ein Mittelwert, der von T1∗ und T2∗ abhängt. Da bei idealen Gasen C p − C V = R ist, folgt: −
Cp − C V CV
V2 ln V1
T∗ = ln 2∗ T1
= ln
p2 V2 p1 V1
190
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Mit der Abkürzung C p /C V = γ folgt dann:
V2 V1
γ −1
=
T1∗ T2∗
bzw.
V2 V1
γ
=
p1 p2
das heißt also: V γ −1 · T ∗ = const
(5.1)
p · V γ = const
(5.2)
bzw.:
Gleichungen (5.1) und (5.2) sind zwei Formen der sog. Adiabatengleichung für ideale Gase. γ heißt der Adiabatenkoeffizient. Die Werte von const in den Gln. (5.1) und (5.2) werden durch die freie Wahl eines Punktes auf der pV T ∗ -Oberfläche des idealen Gases festgelegt. Der isotherme Fall wird wieder erhalten, wenn γ → 1 geht. γ hängt ebenfalls wie C V von T ∗ ab, wenn auch nur geringfügig. Wir wollen als Beispiel berechnen, welche Werte der Temperatur T ∗ und des Druckes p bei einer adiabatisch-quasistatischen Expansion erreicht werden, wenn von V1 nach V2 = 2V1 expandiert wird und die Startwerte T1∗ und p1 sind. Wir wählen γ = 5/3, dieser Wert gilt für einatomige Gase wie z. B. Argon. Man erhält dann: T2∗ = T1∗ ·
5 2 1 3 1 3 = T1∗ · 0,630 und p2 = p1 = p0 · 0,315 2 2
Ist also z. B. T1∗ = 300 K und p1 = 1 bar, betragen die Werte von Temperatur und Druck nach der Expansion T2∗ = 189 K bzw. p2 = 0,315 bar. Durch adiabatischreversible Expansion können also Gase abgekühlt werden. Man sieht ferner, dass im adiabatisch-reversiblen Fall des idealen Gases für die Änderung der inneren Energie gilt: V2 U2 − U1 = − V1
pd V = Wrev = n · C V (T2∗ − T1∗ ) = n
R (T ∗ − T1∗ ) γ −1 2
R =n· T∗ γ −1 1
'
V1 V2
γ −1 ( −1 (5.3)
Hierbei wurde von Gln. (4.6) und (5.1) Gebrauch gemacht. Für unser Zahlenbeispiel mit T2∗ = 189 K, T1∗ = 300 K ergibt sich für die adiabatische quasistatische Arbeit bei einem Mol (n = 1):
5.1
Quasistatische thermodynamische Prozesse: Isothermen und Adiabaten
191
Abb. 5.2 Adiabatischer Arbeitsprozess (A1 = Wrev,ad. ) im Vergleich zum isothermen Prozess bei T1∗ (Wrev,isoth. = −Q = A1 + A2 )
Wrev,ad. =
R 8,3145 (T2∗ − T1∗ ) = · (189 − 300) = −1.384 J γ −1 5/3 − 1
Das entspricht dem Flächenbetrag A1 (ACDEA) in Abb. 5.2. Die entsprechende isotherme Arbeit wäre dagegen: Wrev,isoth. = −R · T1∗ · ln(V2 /V1 ) = −8,3145 · 300 ln 2 = −1.729 J Das entspricht dem Flächenbetrag A1 + A2 (ABCDEA) in Abb. 5.2, d. h. A2 entspricht −345 J. Gleichung (5.3) geht für γ → 1 in den isothermen Prozess über (s. Aufgabe 5.16.1). Es bedeuten also die Flächen A1 + A2 die isotherme Arbeit und die Fläche A1 die adiabatische Arbeit. Als weiteren quasistatisch-reversiblen Prozess betrachten wir einen isobaren Prozess (dp = 0). Hier gilt: V2 Wrev = −
pd V = p(V1 − V2 ) V1
Der Betrag von Wrev stellt eine rechteckige Fläche im p − V -Diagramm dar (s. Abb. 5.3). Ferner gilt für den isobaren Fall ganz allgemein: ∗
T2 U2 − U1 = Q − p(V2 − V1 ) =
∗
V2
C V dT + T1∗
V1
∂U ∂V
T∗
dV
192
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.3 Isobarer quasistatischer Arbeitsprozess
also folgt: U2 − U1 + p(V2 − V1 ) = H2 − H1 = Q
(isobarer Prozess)
Durch p und V1 bzw. p und V2 ist auch T1∗ und T2∗ aus der Zustandsgleichung eindeutig gegeben und U2 − U1 kann berechnet werden und ebenso wie Q = (H2 − H1 ) = nC p (T2∗ − T1∗ ). Auch hier stellt C p einen Mittelwert dar, falls C p von T ∗ abhängt. Wir behandeln den isobaren reversiblen Prozess für den Sonderfall des idealen Gases. Wegen (∂U/∂ V )T ∗ = 0 folgt: U2 − U1 = n · C V (T2∗ − T1∗ ) = Q − p(V2 − V1 ) bzw. mit C p = C V + R Q = H2 − H1 = n · C p (T2∗ − T1∗ ) Dabei gilt entsprechend dem idealen Gasgesetz: T1∗ = p · V1 /n · R T2∗ = p · V2 /n · R Also: Q = H2 − H1 =
Cp γ · p · (V2 − V1 ) = · p · (V2 − V1 ) R γ −1
( p = const)
5.2 Die Verallgemeinerung von reversiblen (quasistatischen) Prozessführungen: polytrope Prozesse Die isotherme Prozessführung (dT ∗ = 0) und adiabatische Prozessführung (δ Q = 0) sind Grenzfälle. In einem pV -Projektionsdiagramm der pV T ∗ -Oberfläche sind
5.2
Die Verallgemeinerung von reversiblen (quasistatischen) Prozessführungen
193
Abb. 5.4 Polytropen mit verschiedenen Exponenten ε
diese Grenzfälle für ein ideales Gas zusammen mit der isobaren und isochoren Prozessführung nochmals in Abb. 5.4 zusammengestellt. Gemeinsamer Ausgangspunkt ist dabei der Punkt p0 , V0 . Wenn man das ideale Gasgesetz zugrunde legt, kommt man zum sog. polytropen Prozess, indem man schreibt: p · V ε = const Es gilt dann:
ε=1 ε = γ = C p /C V 1≤ε≤γ ε=0 ε=∞
→ isothermer Prozess → adiabatischer Prozess → polytroper Prozess → isobarer Prozess → isochorer Prozess
Man nennt ε den Polytropenkoeffizienten. Der isochore Prozess bedarf einer gesonderten Bemerkung. Schreibt man lim p · V ε = const
ε→∞
ist der Grenzwert nicht ohne weiteres zu bestimmen. Man schreibt daher besser mit V = const :
194
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
lim
ε→∞
1 1 p ε · V = V · lim p ε = V = const ε→∞
(isochorer Prozess)
Wir diskutieren nun als Beispiel den allgemeinen polytropen Prozess im idealen Gas bei quasistatischer Prozessführung. Dort gilt also: V2 Wrev,12 = −
V2 pd V = −
V1
const dV Vε
V1
( ' ε−1 R const 1−ε V 1 − V21−ε = n −1 = T∗ V 1−ε 1 ε−1 1 V2
(5.4)
Mit ε = γ , ergibt sich der adiabatische Prozess (s. Gl. (5.3)). Beim isothermen Prozess ist ε = 1, also T2∗ = T1∗ . Dann erhält man einen unbestimmten Ausdruck nach Gl. (5.4) (0 dividiert durch 0), der aber endlich ist und identisch sein muss mit Wrev für den isothermen Fall (siehe Aufgabe 5.16.1). Polytrope Prozesse spielen in der Atmosphäre von Planeten und im Inneren von Sternen sowie bei (irdischen) technischen Prozessen eine Rolle, da die meisten Prozesse die Grenzfälle „streng isotherm“ und „streng adiabatisch“ nicht erfüllen. Für den Wärmeaustausch Q 12 mit der Umgebung ist beim polytropen Prozess des idealen Gases bei reversibler Prozessführung wegen δWrev + δ Q = n · C V · dT ∗ nach Gl. (5.4) zu schreiben: Q 12 = n · C V (T2∗ − T1∗ ) −
ε−γ ∗ n·R ∗ (T2 − T1∗ ) = n · C V (T − T1∗ ) ε−1 ε−1 2
(5.5)
Man sieht auch hier: • wenn ε = γ , ist Q 12 = 0 (adiabatischer Prozess) • wenn in Gl. (5.5) ε = 1, wird T2∗ = T1∗ , da Q 12 = −W12,rev endlich bleibt (isothermer Prozess). Man bezeichnet in Gl. (5.5) Cε = CV
ε−γ ε−1
(5.6)
als molare Wärmekapazität der Polytropen. Im adiabatischen Prozess (ε = γ ) wird C ε = C γ = 0, wie es sein muss.
5.3
Der Carnot’sche Kreisprozess und die Definition der absoluten Temperatur
195
Abb. 5.5 Isochorer Prozess
Der isochore Prozess (d V = 0) wird mit ε = ∞ erhalten und pd V = 0:
dU = δ Q = lim C ε · dT ∗ = C V · dT ∗ ε→∞
Beim isochoren Prozess wird also keine Volumenarbeit geleistet (s. Abb. 5.5). Beim isobaren Prozess ist ε = 0 und man erhält aus Gl. (5.6) wegen γ = C p /C V : C ε = Cp
5.3 Der Carnot’sche Kreisprozess und die Definition der absoluten Temperatur Wir betrachten jetzt Kreisprozesse, die aus den oben besprochenen Prozessen zusammengesetzt werden können. Dabei nehmen wir zunächst immer quasistatische, also reversible Prozessführung an. Es gibt viele Möglichkeiten, wie man das tun kann. Wir betrachten den wichtigsten Kreisprozess, den sog. Carnot-Prozess einer beliebigen Substanz (es muss keineswegs ein ideales Gas sein). In Abb. 5.6 durchlaufen wir das pV -Diagramm des Systems im Uhrzeigersinn auf dem*Weg 1 → 2 → 3 → 4* → 1. Das ist ein Kreisprozess, die schraffierte Fläche ist δWrev = WCarnot = − pd V . 1 → 2 ist ein isothermer Schritt bei T ∗ = T1∗ : V2
V2 −
pd V = −Q 12 + V1
V1
∂U ∂V
T∗
dV
(5.7)
2 → 3 ist ein adiabatischer Schritt: ∗
V3
T3 pd V = +
− V2
T2∗
∗
V3
C V dT + V2
∂U ∂V
T∗
dV
(5.8)
196
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.6 Der Carnot’sche Kreisprozess
3 → 4 ist ein isothermer Schritt bei T ∗ = T3∗ : V4
V4 pd V = −Q 34 +
− V3
V3
∂U ∂V
T∗
dV
(5.9)
5.3
Der Carnot’sche Kreisprozess und die Definition der absoluten Temperatur
197
4 → 1 ist ein adiabatischer Schritt: ∗
V1 −
T1 pd V = +
∗
C V dT +
T4∗
V4
V1 V4
∂U ∂V
T∗
dV
(5.10)
Wir schreiben: ⎤ ⎡ V2 V3 V4 V1 ⎥ ⎢ − ⎣ pd V + pd V + pd V + pd V ⎦ = − pd V = WCarnot V1
V2
V3
V4
und für die Gesamtbilanz, also die Summe von Gln. (5.7) bis (5.10), gilt: −
pd V = −Q 12 − Q 34 +
Für die Zustandsgröße U gilt
*
dU
dU = 0, also ergibt sich:
−
pd V = WCarnot = −Q 12 − Q 34
oder: Q 34 −WCarnot =1+ Q 12 Q 12 Das gilt für jedes System, unabhängig von der individuellen Zustandsgleichung. Nun bedenken wir, dass vom System aus betrachtet gilt: WCarnot < 0, Q 12 > 0 und Q 34 < 0, wenn der Kreisprozess im Uhrzeigersinn läuft. Es wird also vom System Arbeit geleistet, man spricht von einer Carnot-Wärmekraftmaschine, kurz Carnot-Maschine. Es# ist daher die Beträge von WCarnot , Q 12 und Q 34 , # #besser # und #übersichtlicher, # also #WCarnot #, # Q 12 # und # Q 34 # einzuführen, die alle positive Größen sind. Dann erhält man mit −WCarnot = |WCarnot | und +Q 34 = −|Q 34 |: # # #WCarnot # # =1− ηC = # # Q 12 #
# # # Q 34 # # # # Q 12 #
(für ein beliebiges System)
(5.11)
ηC bezeichnet man als thermodynamischen Wirkungsgrad der Carnot’schen Maschine. Diese universelle Gleichung besagt, dass der thermodynamische Wirkungsgrad ηC , also das Verhältnis von Arbeitsleistung des Systems (WCarnot ) zur eingebrachten Wärme Q 12 immer kleiner als 1 ist. Es kann also nur der Bruchteil ηC von der Wärme Q 12 in Arbeit verwandelt werden, der Rest (Q 34 ) wird in das kältere
198
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.7 Energiebilanz einer Carnot-Maschine bzw. einer Carnot-Wärmepumpe mit T1∗ > T3∗
Wärmebad (T ∗ = T3∗ ) abgegeben (s. Abb. 5.7). Man kann auch Gl. (5.11) vom Standpunkt des warmen Bades aus betrachten: das warme Bad gibt an das System den Wärmebetrag |Q 12 | ab. Dieser wird aufgespalten in einen Anteil |WCarnot |, der die Nutzarbeit darstellt, und in einen Anteil |Q 34 |, der als Wärme ins kältere Bad abgegeben wird. Man kann den Carnot-Prozess in Abb. (5.6) auch gegen den Uhrzeigersinn laufen lassen. Das ist das Prinzip einer Wärmepumpe oder einer Kühlmaschine (s. Abb. 5.7). Eine Carnot-Wärmepumpe und eine Carnot-Kühlmaschine haben das gemeinsame Ziel, durch Arbeitsaufwand (WCarnot > 0) am System von außen (Elektromotor, Verbrennungsmotor) sowie Wärmezufuhr (Q 34 > 0) zum System aus dem kalten Bad (Temperatur T3∗ ) eine Wärmemenge (Q 12 < 0) an das warme Bad (Temperatur T1∗ ) abzugeben. Der Unterschied ist: die Wärmepumpe wird zum Heizen des warmen Bades (Hausinnenräume, Schwimmbad, Warmwasserbereitung) eingesetzt (das kalte Bad ist die Umgebung), während eine Kühlmaschine zum Kühlen des kalten Bades (Kühlschrank, Klimaanlage) vorgesehen ist, wobei das warme Bad die Umgebung ist. Bei der Wärmepumpe wie bei der Kühlmaschine definiert man als sogenannte Leistungsziffer εC im umgekehrten Carnot-Zyklus: εC =
Q 34 WCarnot
Mit der stets gültigen Bilanz für Kreisprozesse W + Q 12 + Q 34 = 0 ergibt sich für den Carnotprozess gegen den Uhrzeigersinn: # # # # # Q 34 # # Q 34 # Q 34 # # # # # # = εC = = # Q 12 # − # Q 34 # #W # −Q 12 − Q 34
(für ein beliebiges System) (5.12)
5.3
Der Carnot’sche Kreisprozess und die Definition der absoluten Temperatur
199
da hier gilt, dass Q 12 = −|Q 12 | < 0, Q 34 = |Q 23 | > 0 und |W | = W > 0. εC gibt an, um wie viel die dem kalten Bad entnommene Wärme höher ist als die eingesetzte Arbeit. Die Beziehungen Gln. (5.11) und (5.12) können auch für andere Kreisprozesse zur Angabe von Wirkungsgrad und Leistungsziffer verwendet werden. Der Zusammenhang zwischen Wirkungsgrad ηC und Leistungsziffer εC lautet, wie man leicht nachrechnet : εC =
1 − ηC ηC
Wir betrachten jetzt als Sonderfall für eine Carnot-Maschine das ideale Gas. Nach Gln. (5.7) und (5.9) gilt für die isothermen Schritte unter Beachtung des idealen Gasgesetzes für p sowie (∂U/∂ V )T ∗ = 0 : Q 34 = n ·
RT3∗ ln
Q 12 = n ·
RT1∗ ln
V4 V3
<0
und
V2 V1
>0
Zwischen V2 und V3 bzw. V1 und V4 bestehen wegen der adiabatischen Prozessführungen folgende Zusammenhänge (siehe Gl. (5.1)):
V3 V2
=
T2∗ T3∗
1 γ −1
und
V4 V1
=
T1∗ T4∗
1 γ −1
Da T1∗ = T2∗ und T3∗ = T4∗ folgt: V3 V2 = V1 V4 oder: ln
V4 V3
/ ln
V2 V1
= −1
Wir erinnern daran, dass die γ -Werte eigentlich über T ∗ gemittelte Werte sind, also γ23 und γ14 , da i. a. C V bzw. C p von T ∗ abhängen. γ23 und γ34 sind jedoch identisch. Es gilt nämlich, da T3∗ = T4∗ und T1∗ = T2∗ :
200
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik ∗
T3 γ23 =
∗
γ (T ∗ )dT ∗ /(T3∗ − T2∗ ) = γ14 =
T2∗
T4
γ (T ∗ )dT ∗ /(T1∗ − T4∗ )
T1∗
und somit folgt, da T3∗ < T1∗ : T∗ |WCarnot | = 1 − 3∗ < 1 |Q 12 | T1 Die linke Seite dieser Gleichung ist der allgemeine Carnot’sche Wirkungsgrad nach Gl. (5.11). Die rechte Seite gilt für das ideale Gas, und es folgt durch Vergleich mit Gl. (5.11): T∗ |Q 34 | = 3∗ |Q 12 | T1
T∗ |Q 34 | = − 3∗ |Q 12 | T1
bzw.
(5.13)
Wir machen also die wichtige Feststellung, dass das Verhältnis (|Q 34 |/|Q 12 | im Carnot-Prozess eines beliebigen Systems identisch ist mit dem Temperaturverhältnis des kälteren Bades zum wärmeren Bad T3∗ /T1∗ , das man mit einem (idealen) Gasthermometer misst. Da Voraussetzung für die Gültigkeit von Gl. (5.13) ist, dass thermisches Gleichgewicht zwischen Gasthermometer (Gl. (5.13), rechts) und dem beliebigen System (Gl. (5.13), links) herrscht (Nullter Hauptsatz!), dann muss das Temperaturverhältnis des beliebigen Systems gleich dem des Gasthermometers ∗ ∗ . Den Faktor b können wir frei wählen und setzen sein, d. h., es gilt TSystem = b · TGas ∗ definiert, die ihn gleich 1. Damit haben wir eine absolute Temperatur T = TSystem für jedes System gilt und unabhängig vom idealen Gas ist. Wir werden im nächsten Abschnitt sehen, dass die Einführung der Entropie zu demselben Resultat führt. Aus Gl. (5.13) ergibt sich eine weitere Konsequenz von großer praktischer Bedeutung für den Wirkungsgrad ηC einer Carnot-Maschine bzw. für die Leistungsziffer εC einer Carnot-Wärmepumpe (bzw. Carnot-Kühlmaschine) mit einem beliebigen System als Arbeitsmedium. Ausgehend von Gl. (5.13) gilt nämlich für Gl. (5.11) bzw. (5.12): ηC = 1 −
T3 T1
εC =
T3 T1 − T3
(5.14)
wobei T3 die absolute Temperatur des kalten Bades und T1 die absolute Temperatur des warmen Bades bedeuten. Der Carnot-Prozess zeichnet sich gegenüber allen anderen möglichen Kreisprozessen dadurch aus, dass er bei gegebenen Temperaturen T3 und T1 den höchsten Wirkungsgrad ηC bzw. die niedrigste Leistungsziffer εC besitzt, wie wir im nächsten Abschnitt noch sehen werden.
5.4
Die Entropie als Zustandsfunktion und die Definition der absoluten Temperatur
201
5.4 Die Entropie als Zustandsfunktion und die Definition der absoluten Temperatur Wir haben festgestellt, dass δ Q ein unvollständiges Differential ist. Unter reversiblen Bedingungen gilt für geschlossene Systeme: δ Q = dU + pd V −
λi dli
oder, wenn wir nur Volumenarbeit berücksichtigen: δ Q = dU + pd V Da es bei 2 unabhängigen Variablen ( p, T ∗ oder V, T ∗ ) immer einen integrierenden Nenner für ein unvollständiges Differential gibt, muss dieser δ Q zum Differential einer Zustandsfunktion machen. Wenn es mehrere unabhängige Variable gibt ( p, T ∗ , {n i }, {λi }), ist das nicht selbstverständlich, im Fall von thermodynamischen Zustandsgrößen lässt sich jedoch zeigen, dass es für δ Q auch im Fall beliebig vieler Variabler einen integrierenden Nenner geben muss. Der Beweis dafür wird in Anhang A erbracht. Es gibt also in jedem Fall einen integrierenden Nenner T für δ Q, der zu einer neuen Zustandsfunktion S führt: dS =
δQ dU p 1 = + dV − λi dli T T T T
(5.15)
S heißt die Entropie. Gleichung (5.15) ist also ein totales Differential, d. h., S ist eine Zustandsgröße. Ferner lässt sich beweisen (s. Anhang A): der integrierende Nenner T ist eine universelle Funktion der empirischen (ideal-gasthermometrischen) Temperatur T ∗ und hängt von keinen weiteren Variablen ab. Außerdem gilt, dass die Entropie eine extensive Zustandsgröße ist, d. h. für zwei Systeme, die sich im thermischen Gleichgewicht befinden, gilt: d S1+2 = d S1 + d S2 bzw. S1+2 = S1 + S2 Auch die Gültigkeit dieser Gleichung wird in Anhang A nachgewiesen. Daraus folgt die Verallgemeinerung: Stotal =
α
Sα
202
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
wenn α beliebig viele Systeme (α = 1, . . . , , n) im thermischen Gleichgewicht bezeichnet. Aus Gl. (5.15) kann man eine wichtige Aussage ableiten. Setzt man δ Q = 0, muss auch d S = 0 sein, und wir stellen fest, adiabatisch-reversible Prozesse sind gleichzeitig isentrope Prozesse (S = const). Was der integrierende Nenner T bedeutet und dass er nur von T ∗ abhängen kann, erkennt man auch durch Vergleich von Gl. (5.15) mit Gl. (5.13), für die man schreiben kann: Q 34 Q 12 − ∗ = 0 = S12 + S34 T1∗ T3 Da S12 + S34 im Carnot’schen Kreisprozess in der Tat Null sein muss (die beiden anderen Kreisprozessschritte sind ja isentrop), wenn S eine Zustandsgröße ist, muss bis auf einen konstanten Faktor T1∗ identisch mit T1 sein und ebenso T3∗ mit T3 . Wir wollen nun auf einem dritten Weg den Zusammenhang zwischen dem integrierenden Nenner T und der gasthermotrischen Temperatur T ∗ herstellen. Dazu setzen wir dU = (∂U/∂ T ∗ )V dT ∗ + (∂U/∂ V )T ∗ d V ein in Gl. (5.15): dS =
1 T
∂U ∂T ∗
dT ∗ + V
1 T
∂U ∂V
T∗
+ p dV
wobei wir zur Vereinfachung alle dli = 0 gesetzt haben. Da S eine Zustandsfunktion ist, können wir identifizieren: ∂S 1 ∂U = ∂T ∗ V T ∂T ∗ V und
∂S ∂V
T∗
1 = T
∂U ∂V
T∗
+p
Ferner muss gelten (Maxwell-Relation bzw. Schwartz’scher Satz): ∂2S ∂2S = ∂ V dT ∗ ∂ T ∗∂ V und es folgt somit: ∂ ∂V bzw.:
1 T
∂U ∂T ∗
V T∗
∂ = ∂T ∗
1 T
∂U ∂V
T∗
+p V
5.4
Die Entropie als Zustandsfunktion und die Definition der absoluten Temperatur
1 T
∂ 2U ∂V · ∂T ∗
203
∂T ∂U · +p ∂T ∗ V ∂V T∗ ∂ 2U 1 1 ∂p + · + ∗ ∗ T ∂T V ∂T · ∂V T
1 =− 2 T
Dabei haben wir Gebrauch gemacht von der Tatsache, dass T , der integrierende Nenner, nur eine Funktion von T ∗ und nicht von V ist (s. o. bzw. Anhang A). Da nun
∂ 2U ∂ T ∗∂ V
=
∂ 2U ∂V ∂T ∗
ergibt sich somit:
∂T ∂T ∗
∂U ∂p · +p =T· ∂V T∗ ∂T ∗ V
(5.16)
Wir betrachten jetzt den Spezialfall des idealen Gases, durch den ja T ∗ definiert ist und für den gilt, dass p = n · RT ∗ /V und (∂U/∂ V )T ∗ = 0. Damit erhält man:
∂T ∂T ∗
·n·
RT ∗ RT =n· V V
oder: d ln T =1 d ln T ∗ also: ln T = ln T ∗ + const bzw.: T = econst · T ∗ oder T = b · T ∗ Wir haben also auf drei verschiedene Weisen in Abschn. 5.3 und 5.4 nachgewiesen (s. auch Gln.(5.13) und (5.16)): Die gasthermometrische Temperatur T ∗ ist bis auf einen beliebigen Skalierungsfaktor b identisch mit T . T heißt die absolute Temperatur. Wählt man b = 1, ergibt sich T in K = T ∗ in K
204
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Gleichzeitig wird δ Q/T zum totalen Differential. Damit ist die Existenz von S als Zustandsgröße erwiesen. Die Definition der absoluten Temperatur wurde 1848 von W. Thomson (dem späteren Lord Kelvin) gegeben. Lord Kelvin hat die absolute Temperatur T auf eine nochmals andere, äquivalente Weise eingeführt und ihre Identität mit der gasthermometrischen Temperatur T ∗ nachgewiesen. Dies ist in Anhang B dargestellt. Von hier ab werden wir T statt T ∗ für die absolute Temperatur schreiben. Mit T = T ∗ folgt aus Gl. (5.16) sofort eine wichtige, ganz allgemein gültige Beziehung:
∂U ∂V
=T T
∂p ∂T
−p
(5.17)
V
Die Entropie S kann man jetzt als Funktion von 2 Variablen (1-Komponentensystem mit p als einzigem Arbeitskoeffizienten) in verschiedener Weise als totales Differential schreiben: Für S = S(U, V ) gilt (s. Gl. (5.15)):
∂S ∂U
= V
1 T
und
∂S ∂V
= U
p T
Für S = S(T, V ) gilt: 1 1 d S = C V dT + T T
∂U ∂V
+ p dV T
wobei CV ∂S = und ∂T V T ∂p 1 ∂S ∂U = +p = ∂V T T ∂V T ∂T V
Für S = S(T, p) gilt: T d S = dU + pd V = d H − pd V − V dp + pd V = d H − V dp Also kann man schreiben: Cp 1 dT + dS = T T
∂H ∂p
− V dp T
5.4
Die Entropie als Zustandsfunktion und die Definition der absoluten Temperatur
205
Die zwei gekreuzten 2. Ableitungen müssen wieder gleich sein: 2 2 ∂ Cp ∂ S ∂ S 1 ∂H ∂ = −V = = ∂p T T ∂ p∂ T ∂T ∂p ∂T T ∂p T p oder: 1 T
∂2 H ∂ p∂ T
1 =− 2 T
∂H ∂p
1 + T
−V T
∂2 H ∂T ∂p
1 − T
∂V ∂T
p
Daraus folgt die wichtige Beziehung:
∂H ∂p
=V −T T
∂V ∂T
(5.18) p
und es gilt:
sowie
∂S ∂p
∂S ∂T
= p
Cp T
=− T
∂V ∂T
p
Für das allgemeine Integral der Entropie gilt also: T S − S0 =
CV dT + T
T0
V V0
T p Cp ∂p ∂V d V oder : S − S0 = dp dT − ∂T V T ∂T p p0 T0 (5.19)
Als Beispiel berechnen wir S für den Sonderfall des idealen Gases bei T = const: VI I
I I S =
dS = I
VI
∂p ∂T
VI I dV = n · R V
VI I dV = n · R ln V VI
VI
oder: p I I S = − pI
∂V ∂T
p I I dp = −n · R p
pI
dp = −n · R ln p
pI I pI
VI = −n · R ln VI I
VI I = +n · R ln VI
206
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Beide Resultate sind identisch, wie es auch sein muss. Nimmt man zur Auswertung von Gl. (5.19) das einatomige ideale Gas mit C V = (3/2)R, dann ergibt sich für n Mole: 3 Sideales Gas = nS 0 + n R · ln T + n · R ln(V · n) 2 Zunächst einmal ist festzustellen, dass in dieser Form die Entropie keine homogene Funktion 1. Ordnung zu sein scheint, d. h., α · Sid. Gas = α · nS 0 + α · n R ln T + α · n R ln(V · α · n) Das liegt am Term mit ln(V · α · n). Dieses Problem ist nur lösbar, wenn man annimmt, dass die noch nicht näher spezifizierte Integrationskonstante n · S 0 einen additiven Term −n R ln n enthält. Dann ergibt sich:
Sid. Gas = nS 0 +
3 n R ln T + n R ln V 2
und Sid. Gas ist jetzt eine homogene Funktion 1. Ordnung, wenn S 0 nur noch konstante Größen enthält, also T0 und V 0 . Es ist interessant, dass die statistische Thermodynamik für ideale Gase automatisch den Term −n R ln n liefert. Man erhält die sog. Sackur-Tetrode-Gleichung (s. Lehrbücher „Statistische Thermodynamik“). Wir kehren zurück zum Carnot-Kreisprozess. Die allgemeine Formulierung für die Entropiedifferenz zwischen zwei Zuständen I und II lautet also nach Gl. (5.14): I I S =
δQ T
(reversibler Prozess)
(5.20)
I
Man kann den Carnot-Prozess, wie andere Kreisprozesse auch, statt in einer p, V -Projektion in einer T, S-Projektion darstellen. Es entsteht als Fläche ein Rechteck, denn auf den Adiabaten ist S = const, bzw. d S = 0 (Abb. 5.8). Für die Fläche A gilt: (S2 − S1 ) · T1 − (S3 − S4 ) · T3 = Q 12 + Q 34 Wegen UCarnot = 0 = Q 12 + Q 34 + WCarnot ist die rechteckige Fläche A gleich −WCarnot . Das Vorzeichen von WCarnot hängt von der Umlaufrichtung ab. Bei Umlaufrichtung im Uhrzeigersinn wird Wärme Q 12 vom warmen Bad (T1 ) ins kältere Bad (T3 ) überführt und das System leistet Arbeit: WCarnot < 0. Bei Umlaufrichtung gegen den
5.4
Die Entropie als Zustandsfunktion und die Definition der absoluten Temperatur
207
Abb. 5.8 Der Carnot’sche Kreisprozess im T, S-Diagramm. Die schraffierte rechteckige Fläche ist gleich −WCarnot
Uhrzeigersinn wird Wärme Q 12 vom kalten Bad (T3 ) zum warmen Bad (T1 ) transportiert und am System muss Arbeit von außen geleistet werden: WCarnot > 0. Das ist, wie bereits diskutiert, das Prinzip der Wärmepumpe. Wir erhalten also dieselben Aussagen wie zuvor. Wir zeigen nun: Für einen beliebigen Kreisprozess K zwischen S1 und S6 , der als höchste Temperatur Tmax und als niedrigste Tmin erreicht, ist der Wirkungsgrad η immer kleiner als der des entsprechenden Carnot’schen Kreisprozesses mit den)selben Temperaturen Tmax und Tmin . Dazu betrachten wir Abb. 5.9. Das Integral T d S von S1 bis S2 über die oberen Kurve 1 → 2 → 3 → 4 → 6 ist gerade der gesamte, vom System K aufgenommene Wärmebetrag |Q + |K . Das entsprechende Integral 1 → 2 → 5 → 4 → 6 ist der gesamte, vom System K abgegebene Wärmebetrag |Q − |K . Betrachten wir dagegen einen Carnot’schen Kreisprozess, so ist bei denselben Temperaturgrenzen Tmax und Tmin das Flächenintegral 1 → 2 → 2 → 3 → 3 → 4 → 6 gleich dem Betrag |Q + |Carnot und man sieht, dass |Q + |Carnot > |Q + |K . Die Fläche 1 → 1 → 5 → 4 → 6 ist der Betrag |Q − |Carnot und man erkennt sofort, dass gelten muss: |Q − |Carnot < |Q − |K . Da der Wirkungsgrad η allgemein definiert ist durch: η =1−
|Q − | |Q + |
folgt unmittelbar, dass ηCarnot > ηK für jeden beliebigen Kreisprozess K, was zu beweisen war. In Aufgabe 5.16.15 kann man diese Aussage an einem speziellen Beispiel überprüfen. Kreisprozesse von technischer Bedeutung (z. B. Otto-Zyklus, Diesel-Zyklus) und ihre Beziehung zum Carnot-Prozess werden im Anwendungsbeispiel 5.15.8 diskutiert.
208
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.9 Zum Wirkungsgrad beliebiger Kreisprozesse K im Vergleich zum Carnot’schen Kreisprozess (s. Text)
5.5 Aus der Entropie abgeleitete thermodynamische Beziehungen Mit der Einführung der Entropie als Zustandsgröße lassen sich nun einige wichtige thermodynamische Zusammenhänge ableiten, die häufiger benötigt werden, und von denen wir in vorausgehenden Kapiteln teilweise schon Gebrauch gemacht haben. • Die Druckabhängigkeit der Molwärme C p Zunächst wollen wir die durch Gl. (4.9) angegebene Druckabhängigkeit der Molwärme C p = (∂ H /∂ T ) p ableiten. Wir gehen also aus von:
∂C p ∂p
T
⎡ ∂ ⎣ ∂H = ∂p ∂T
⎤ p
⎦ = ∂ ∂T
'
T
∂H ∂p
( T
p
wobei wir vom Schwarz’schen Satz (Maxwell-Relation) über die Vertauschbarkeit gemischter zweiter Ableitungen von Zustandsgrößen Gebrauch gemacht haben. Jetzt setzen wir Gl. (5.18) für (∂ H /∂ p)T ein und beachten gleichzeitig die Definition des thermischen Ausdehnungskoeffizienten α p (s. Kapitel 3.1): ∂ ∂T
'
∂H ∂p
( T
p
⎡ ∂ ⎣ ∂V = V −T ∂T ∂T
⎤
⎦ = ∂ V − T · V · αp ∂T p ∂α p ∂V = V · αp − V · αp − T · αp − T · V · ∂T ∂T p p
5.5
Aus der Entropie abgeleitete thermodynamische Beziehungen
209
Daraus folgt die zu beweisende Gl. (4.9):
∂C p ∂p
'
α 2p
= −T · V
+
T
∂α p ∂T
( p
• Die Differenz C p − C V Aus den Beziehungen Gln. (5.17) und (5.18), die aus der Definition der Entropie folgen, lässt sich sofort ein allgemeiner Ausdruck für C p − C V angeben, der leicht messbare Größen enthält. Das vorläufige Ergebnis aus Abschn. 4.2 lautete: Cp − C V =
'
∂V ∂T
p+
p
(
∂U ∂V
T
Daraus ergibt sich nun mit Gl. (5.17): Cp − C V = T ·
∂V ∂T
∂p ∂T
· p
V
und mit (∂ p/∂ T )V = α p /κT (s. Abschn. 3.1) folgt: Cp − C V = T · V ·
α 2p
(5.21)
κT
Damit wird C p − C V auf einfach messbare Daten der thermischen Zustandsfunktion V = V ( p, T ) bzw. des thermischen Ausdehnungskoeffizienten α p und des isothermen Kompressibilitätskoeffizienten κT zurückgeführt. Man sieht sofort, dass für ideale Gase C p − C V = R gilt, da α p = 1/T und κT = 1/ p (vgl. Gl. (4.6)). Bei realen Systemen wie Flüssigkeiten und Festkörpern ist C p − C V oft sehr gering und zwar umso geringer, je tiefer die Temperatur ist. In Abb. 4.9 kann man die Unterschiede zwischen C p und C V bei Festkörpern deutlich erkennen. C p wurde gemessen und C V nach Gl. (5.21) bei Kenntnis von V , α p und κT berechnet. • Der Gay-Lussac-Koeffizient Mit Gl. (5.17) folgt für den in Kapitel 4.1 definierten Gay-Lussac Koeffizienten δG L (manchmal auch Joule-Koeffizient genannt): δG L = −
dT dV
= U
Also ergibt sich (s. Abschn. 3.1):
−
∂U ∂V
CV
T
=
p−T
CV
∂p ∂T
V
210
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
δG L =
p−T
αp κT
CV
Es folgt sofort, dass bei idealen Gasen wegen α p = 1/T und κT = 1/ p gilt: δG L =
p−T ·
p T
CV
=0
(ideales Gas)
Der Gay-Lussac-Koeffizient δG L bei idealen Gasen muss also gleich Null sein, das experimentelle Ergebnis des Versuches nach Gay-Lussac (s. Abschn. 4.1) folgt also direkt aus der idealen Zustandsgleichung für Gase. Das ist allerdings keine neue Erkenntnis, da ja in Abschn. 5.4 bei der Herleitung von Gl. (5.17) von (∂U/∂ V )T = 0 bei idealen Gasen Gebrauch gemacht wurde. • Der differentielle Joule-Thomson-Koeffizient δ J T Auch der differentielle Joule-Thomson-Koeffizient (s. Gl. (4.8)) kann jetzt auf einfach messbare Größen zurückgeführt werden, wie V , α und C p . Dazu verwendet man Gl. (5.18):
dT dp
= δJT = − H
∂H ∂p
T
Cp
∂V T = ∂T Cp 1
V αp · T − 1 −V = Cp p (5.22)
Man sieht sofort, dass für ideale Gase δJT = 0 gilt, da α p = 1/T . Als Beispiel für Berechnungen mit realen Gasen wenden wir die allgemeine Virialgleichung bis zum 2. Virialkoeffizienten an in der Form p·V ∼ = R·T +B· p und setzen für B als Beispiel den Ausdruck nach der v. d. Waals-Gleichung (Gl. (3.4))ein: B(T ) = b −
a R·T
Damit ergibt sich nach Einsetzen dieser Beziehungen in Gl. (5.22): δJT =
1 Cp
T
dB 1 2a −B = −b dT C p RT
Daraus lässt sich (bei kleinen Drücken) die Inversionstemperatur Ti , bei der δJT = 0 ist, nach v. d. Waals bestimmen:
5.5
Aus der Entropie abgeleitete thermodynamische Beziehungen
Ti =
211
2a R·b
Ti ist nach der v. d. Waals-Gleichung also gerade doppelt so hoch wie die BoyleTemperatur (s. Gl. (3.4)) Die zweite Inversionstemperatur (s. Abb. 4.7) bei tiefen Temperaturen wird hier nicht erhalten, da bei tiefen Temperaturen die Virialgleichung bis zum 2. Virialkoeffizienten nicht ausreicht zur Zustandsbeschreibung. Die Berechnung der gesamten Inversionskurve für die v. d. Waals-Gleichung ist in Anhang C wiedergegeben. • Isentrope Kompressibilität und Schallgeschwindigkeit Wir leiten noch einen Ausdruck für C p /C V ab, der nur aus der Definition der Entropie folgt. Aus CV ∂p dV dT + dS = T ∂T V ergibt sich bei V = const : d SV =
CV dTV T
Also ist
∂S ∂p
= V
CV T
∂T ∂p
V
und aus Cp dS = dT − T
∂V ∂T
dp p
ergibt sich dSp =
Cp dT p T
und damit
∂S ∂V
= p
Cp T
∂T ∂V
Daraus folgt d S mit S als Funktion von V und p:
p
212
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
dS =
∂S ∂V
· dV + p
∂S ∂p
Cp T
dp = V
∂T ∂V
dV + p
CV T
∂T ∂p
dp V
Wir betrachten jetzt den Fall, dass d S = 0 und erhalten unter Beachtung von Gl. (2.1):
∂V ∂p
=− S
CV Cp
·
∂T ∂p ∂T ∂V
=+ V
CV
Cp
∂V ∂p
p
T
wobei wir noch von Gl. (3.1) Gebrauch gemacht haben. Man bezeichnet mit κS = −
1
V
∂V ∂p
S
die sog. isentrope Kompressibilität. Somit ergibt sich: κS =
CV Cp
· κT
(5.23)
Aus Gln. (5.21) und (5.23) kann man ohne kalorimetrische Messungen C p und C V bestimmen (2 Gleichungen, 2 Unbekannte!). κS ist aus Schallgeschwindigkeitsmessungen erhältlich. Es gilt: " υS =
V κS · M
(5.24)
wobei υS die Schallgeschwindigkeit ist und M die Molmasse. Eine Ableitung von Gl. (5.24) findet sich in Anhang H.
5.6 Dissipierte Arbeit und irreversible Prozesse Soweit haben wir reversible Prozesse als quasistatische Prozesse kennengelernt, die „unendlich langsam“ ablaufen, da sie ein statisches Kräftegleichgewicht erfordern. Um jedoch Prozesse überhaupt beobachten zu können, müssen sie in endlicher Zeit ablaufen, sonst sind es eigentlich gar keine Prozesse, sondern reine „Gedankenexperimente“. Das erfordert notwendigerweise ein Ungleichgewicht innerer und äußerer Kräfte, genauer gesagt, es muss gelten: λsyst = λa .
5.6
Dissipierte Arbeit und irreversible Prozesse
213
Die tatsächlich am oder vom System geleistete differentielle Arbeit δW ist: δW = λa · dl = λsyst dl − (λsyst − λa )dl = δWrev + δWdiss mit δWrev = λsyst dl und δWdiss = −(λsyst − λa )dl Die tatsächlich geleistete Arbeit δW lässt sich also formal aus zwei Anteilen zusammensetzen: δWrev ist die reversible Arbeit, die im quasistatischen Prozess geleistet worden wäre, und δWdiss ist die dissipierte Arbeit, die beim tatsächlichen Prozess verloren geht. Es lässt sich nun folgendes Postulat formulieren: δWdiss ≥ 0,
(5.25)
d. h., wenn (λsyst − λa ) < 0, gilt dl > 0 und wenn (λsyst − λa ) > 0, gilt dl < 0. Das bedeutet: unabhängig davon, ob am System oder vom System Arbeit geleistet wird, gilt immer: δWdiss ≥ 0. Diese Gesetzmäßigkeit ist für alle möglichen Anteile an Irreversibilität des betrachteten Prozesses gültig. Die Extremfälle sind: 1. λa = λsyst , dann ist δW = δWrev . 2. λa = 0, dann ist δW = 0, d. h. δWrev = −δWdiss . Wir wollen Gl. (5.25) zunächst im Fall der adiabatischen Expansion eines idealen Gases mit n Molen vom Volumen V1 nach V2 überprüfen. Bei einer reversiblen Prozessführung der Expansion gilt nach Gl.(5.3):
δW =
δWrev = n ·
R · T1 (V1 /V2 )γ −1 − 1 < 0 γ −1
Läuft der Expansionsversuch jedoch völlig irreversibel ab (λa = 0), z.B. durch Öffnen des Hahnes eines Kolbens vom Volumen V1 in einen evakuierten Kolben vom Volumen V1 , so dass V2 = V1 + V1 > V1 gilt (s. Abb. 4.5), dann wird keinerlei Arbeit geleistet: δW = 0 bzw. δW = 0 Somit folgt wegen δW = δWrev + δWdiss : δWdiss = −n ·
R · T1 (V1 /V2 )γ −1 − 1 > 0 γ −1
Gleichung (5.25) ist also tatsächlich erfüllt. Jetzt wollen wir einen weiteren Fall untersuchen. Ein Fluid soll sich in einem zylinderförmigen Kolben befinden, der oben durch eine beweglichen Kolbenscheibe der Masse m abgeschlossen ist (s. Abb. 5.10). Auf das ganze System wirkt das
214
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.10 Ein Gas wird durch eine bewegliche Kolbenscheibe abgeschlossen (s. Text)
Schwerkraftfeld der Erde ein mit der vertikal nach unten gerichteten Erdbeschleunigung. Die Kolbenscheibe wird zunächst durch eine Arretierung in Position gehalten. Wird diese gelöst, bleibt das System nur dann unverändert, wenn λsyst = λa , also pGas = m · g/A = pa gilt, wobei g die Erdbeschleunigung, A die Kolbenfläche und m = Kolbenmasse bedeuten. Ist jedoch pgas = pa , ändert sich die Position des Kolbens, Kolben plus Gewicht werden nach unten bewegt ( pgas < pa ) bzw. nach oben pgas > pa ), bis ein neues statisches Kräftegleichgewicht ( pgas = pa ) erreicht ist. Das kann nur geschehen, wenn die Beschleunigung des Kolbens gebremst wird, d. h., die Differenz pgas − pa wird immer geringer, bis letztlich die Geschwindigkeit zum Erliegen kommt, was nur durch Reibungskräfte verursacht werden kann. Es wird also „Reibungswärme“ erzeugt, genauer ausgedrückt: kinetische Energie wird in dissipierte Arbeit umgewandelt. Treten dagegen keine Reibungskräfte auf, bleibt die Summe von kinetischer und potentieller Energie des Kolbens konstant und es kommt zu Kolbenschwingungen, d. h., ( psyst − pa ) wechselt periodisch sein Vorzeichen. Solche idealisierten Prozesse sind zwar nicht-quasistatisch aber sehr wohl reversibel, es wird keine Energie dissipiert. Da in der Realität jedoch Reibung nicht ausgeschlossen werden kann, kommen solche Schwingungen mehr oder weniger schnell zum Erliegen, es wird das neue statische Gleichgewicht erreicht und dabei dissipierte Arbeit erzeugt. Jeder reale Prozess, der spontan abläuft (wie der nach der Entriegelung des Kolbens) und letztlich in einem statischen Gleichgewicht endet, ist ein irreversibler Prozess, bei dem von der Gesamtenergie ein maximaler Anteil in dissipierte Arbeit umgewandelt wird. Abbildung 5.11 zeigt die Verhältnisse in einem pV -Diagramm. Es kann sich dabei um eine Isotherme oder Adiabate oder Polytrope handeln. Das System muss auch kein ideales Gas sein. p ist dabei jedenfalls der Gleichgewichtsdruck. Die pa -Kurve (Parallele zur V-Achse) ist der vom Kolben ausgeübte Gegendruck. Bei V1 ist pSystem > pa , und es kommt zur Expansion, wenn der Kolben entriegelt wird, bis V = V2 und pgas = pa und das neue Gleichgewicht erreicht ist. Die vom System geleistete Arbeit ist W = −m · g(h 2 −h 1 ) = −m ·g(V2 − V1 )/A. Das ist weniger als )V2 die quasistatische Arbeit − pd V , und zwar um den Betrag Wdiss weniger (graue V1
Fläche links oben).
5.6
Dissipierte Arbeit und irreversible Prozesse
215
Abb. 5.11 Dissipierte Arbeitsbeträge Wdiss bei pa = pSystem für das System „Gas“ mit Kolbenscheibe der Masse m und Fläche A im Schwerefeld der Erde
Wegen V2 W = Wrev + Wdiss = −
pd V + Wdiss = −
m·g (V2 − V1 ) A
V1
ist dieser Anteil gerade die dissipierte Arbeit: V2 Wdiss = +
pd V −
m·g (V2 − V1 ) > 0 A
V1
Wir haben V2 so gewählt, dass gerade dort wieder Gleichgewicht herrscht ( pa = m · g/A = p). Wenn man nach Abb. 5.11 umgekehrt verfährt, also von V3 statt von V1 ausgeht, wird das Gas komprimiert, die am System tatsächlich geleistete Arbeit ist größer als Wqs . Für Wdiss (graue Fläche rechts unten) gilt in diesem Fall: V2 Wdiss = +
pd V −
m·g (V2 − V3 ) > 0 A
V3
da V3 > V2 . Die Ursache für die Entstehung von Wdiss bleibt dieselbe. Wdiss ist also in beiden Fällen, d. h. beim Expandieren wie beim Komprimieren des Gases, positiv, so wie in Gl.(5.25) behauptet. Die beschriebenen Vorgänge sind, wie gesagt, ganz allgemeiner Natur, sie sind am Beispiel der Volumenarbeit besonders anschaulich und unmittelbar einsichtig, sie gelten aber prinzipiell für alle Paare von Arbeitskoeffizienten λi und Arbeitskoordinaten li . Bei der Oberflächenarbeit σ · d A, kann man z. B. die analoge Argumentation ebenfalls leicht nachvollziehen (s. Abb. 5.12). Wir betrachten dazu eine
216
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.12 Oberflächenarbeit an einer Flüssigkeitslamelle im Gleichgewicht (σ = K a /2b) oder im Ungleichgewicht (σ = K a /2b)
Flüssigkeitslamelle in einem Rahmen mit beweglichem Bügel. Wenn der Drahtbügel sich bewegen soll und die Fläche A = 2b · l sich damit verändert, muss 2σ b = K a sein, wenn K a die Zugkraft am Bügel b ist. Der Faktor 2 berücksichtigt, dass die Lamelle eine Oberfläche und eine gleich große Unterfläche hat. Bei Vergrößerung der Oberfläche A = 2b · l wird am System Arbeit geleistet mit K a > 2σ b und dl > 0: δWdiss = δW − δWrev = K a · dl − 2σ b · dl > 0 Bei Verkleinerung der Oberfläche ist K a < 2σ b, und das System leistet Arbeit. Dann gilt mit dl < 0: δWdiss = (K a − 2σ b)dl = δW − δWrev > 0 In beiden Fällen ist also wieder δWdiss > 0, entsprechend Gl. (5.25). Es wird also allgemein immer gelten: W = Wdiss + Wrev > Wrev Weitere Beispiele für diese fundamentale Aussage werden uns in Band II „Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern“ begegnen. Beispiele sind: „Die Osmose als irreversibler Prozess“, „Lade- und Entladevorgang einer Batterie“ und „Steighöhe einer dielektrischen Flüssigkeit“. Wir kehren nochmals zum Carnot’schen Kreisprozess zurück. Wenn man solche nicht quasistatischen, d. h. irreversiblen Prozesse auch den einzelnen Prozessschritten des Carnot’schen Kreisprozesses zugrunde legt, muss gelten: T∗ −W −Wrev,Carnot ≤ = 1 − 3∗ Q 12 Q 12 T1
(T1∗ > T3∗ )
Das Gleichheitszeichen gilt, wenn W = Wrev ist, also bei quasistatischer bzw. reversibler Arbeitsweise.
5.7
Entropieproduktion und dissipierte Arbeit
217
Da sowohl W wie auch Wrev,Carnot negativ sind und Q 12 positiv ist, bedeutet das, dass bei realen, nicht-quasistatischen (irreversiblen) Kreisprozessführungen die tatsächlich vom System geleistete Arbeit W immer kleiner ist, als die maximal mögliche Arbeit Wrev , die im quasistatischen Fall geleistet wird. Es gilt also auch hier: Wdiss > 0. Im Anwendungsbeispiel 5.15.18 wird eine solche reale Carnot-Maschine quantitativ behandelt.
5.7 Entropieproduktion und dissipierte Arbeit Wir haben die Entropie als neue Zustandsgröße eingeführt und quasistatische bzw. dissipationsfreie Prozesse untersucht, die wir unter dem Begriff „reversible Prozesse“ zusammenfassen. Dabei wurden äußerst wichtige und weiterführende Ergebnisse erhalten. Der eigentliche, axiomatische Teil des 2. Hauptsatzes beinhaltet jedoch vor allem eine Aussage über die Richtung von irreversiblen Prozessen, also solchen Vorgängen, die in endlicher Zeit ablaufen, dabei einen neuen Gleichgewichtszustand erreichen und auf dem Weg dorthin dissipierte Arbeit Wdiss produzieren. Im Abschn. 5.6 haben wir gesehen, dass die spontane Prozessrichtung durch δWdiss > 0 vorgegeben wird (Gl. (5.25)). Wie diese Gesetzmäßigkeit in die thermodynamischen Zustandsgrößen eingebaut wird, soll nun gezeigt werden. Wir betrachten für geschlossene Systeme dazu nochmals den 1. Hauptsatz: dU = δ Q + δW Dieselbe differentielle Änderung dU soll dabei sowohl auf reversiblem wie auch auf irreversiblem Weg ablaufen: dUrev = T d S + δWrev
bzw.
dUirr = δ Q + δWrev + δWdiss
(5.26)
Da nun aber U eine Zustandsgröße des Systems ist, muss gelten: dU = dUrev = dUirr und man erhält somit aus Gl. (5.26): T d S = δ Q + δWdiss
T dS ≥ δQ
oder
(5.27)
Integriert man Gl. (5.27) über einen geschlossenen Weg, so gelangt man zu der Beziehung
δQ ≤0 T
wegen
dS = 0
218
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
denn S ist eine Zustandsgröße. Diese Beziehung wurde bereits 1855 von R. Clausius angegeben und heißt das Theorem von Clausius. Da δ Q den Wärmeaustausch mit der Umgebung darstellt, lässt sich T d S nach Gl. (5.27) immer in zwei Anteile aufspalten: T d S = T δe S + T δi S mit T δe S = δ Q
und
T δi S = δWdiss
(5.28)
wobei δe S der Entropieaustausch des Systems mit der Umgebung bedeutet und man δi S als innere Entropieänderung bezeichnet. Während T δe S positiv, Null oder negativ sein kann, gilt stets: δWdiss = T δi S ≥ 0
(5.29)
Damit lässt sich für dU schreiben: dU = T d S − T δi S + δWrev + δWdiss = T d S + δWrev
(5.30)
Die entsprechend Gl. (4.2) erweiterte differentielle Form lautet dann: d E = d E kin + d E pot + dU bzw. d E = d E kin + d E pot + T d S + δWrev
(5.31)
Unabhängig von der Prozessführung (reversibel mit T δi S = 0 oder irreversibel mit T δi S > 0) bleiben dU (Gl. (5.30)) und auch d E (Gl. (5.31)) unverändert, da U eine Zustandsgröße ist. Wir stellen ferner fest: die Entropieänderung d S eines Systems besteht bei einem irreversiblen Prozess i. a. aus zwei Anteilen. Der Anteil δe S = δ Q/T ist die Entropieänderung des Systems durch externen Wärmeaustausch (Index e), der Anteil δi S = δWdiss /T ist dagegen die Entropieänderung des Systems in seinem Inneren (Index i). δi S ist dabei stets positiv und wird im reversiblen Fall gleich Null. Man beachte dabei: δe S und δi S sind keine totalen Differentiale im Gegensatz zu d S. Da nur irreversible Prozesse in endlicher Zeit ablaufen, erscheint auch nur bei solchen Prozessen die Zeit t als Parameter und man bezeichnet die Größe δi S δ(Wdiss /T ) = dt dt als Entropieproduktion.
5.7
Entropieproduktion und dissipierte Arbeit
219
Bisher haben wir nur irreversible Prozesse betrachtet, die das System selbst betreffen. Die Umgebung diente als Arbeitsspeicher oder Wärmebad für die vom System aufgenommene oder abgegebene Arbeit δW bzw. Wärme δ Q. Wenn Temperatur von System und Umgebung gleich sind und thermischer Kontakt zwischen ihnen herrscht, kann Wärme δ Q nur in „unendlich“ langer Zeit ausgetauscht werden (δ Q = δ Q rev ). Das haben wir bisher stillschweigend angenommen und damit auch T = TSys = TUmg . Eine weitere Quelle der Entropieproduktion entsteht jedoch dann, wenn System und Umgebung verschiedene Temperaturen haben, also wenn gilt: TUmg = T . Um die gesamte Entropieerzeugung zu erfassen, muss auch noch die Entropieänderung der Umgebung d SUmg mitberücksichtigt werden. Es gilt: d SUmg = −
δQ TUmg
(T = TUmg )
In diesem Fall wird δ Q in endlicher Zeit ausgetauscht, d.h. es handelt sich um einen irreversiblen Prozess (δ Q = δ Q irr ). Das negative Vorzeichen rührt daher, dass δ Q bezogen auf die Umgebung genau das umgekehrte Vorzeichen wie für das System hat. Die gesamte Entropieänderung von System und Umgebung ist also: d S + d SUmg = δi S + δe S + d SUmg
δWdiss = + δQ T
1 1 − T TUmg
≥ 0 (5.32)
Neben δWdiss /T ist auch δ Q(1/T − 1/TUmg ) stets positiv. Wenn dem System Wärme spontan zugeführt wird, gilt δ Q > 0 und TUmg > T . Wird Wärme spontan vom System abgegeben, dann gilt δ Q < 0 und T > TUmg . In beiden Fällen gilt: δ Q(1/T − 1/TUmg ) > 0. Es gibt also im Allgemeinen zwei Quellen für die Entropieerzeugung, eine betrifft das System, die andere die Umgebung:
δWdiss ≥ 0 und δ Q T
1 1 − T TUmg
≥0
mit
δWdiss =
λai − λsysi dli − pa − psys d V
i
(5.33) Die Formulierung nach Gl. (5.32) besagt, dass in dem abgeschlossenen Gesamtsystem „System und Umgebung“ die Entropie nur zunehmen kann (irreversibler Prozess) oder unverändert bleibt (reversibler Prozess). Beide Entropiequellen in Gl. (5.33) können als unabhängig voneinander betrachtet werden. Eine der beiden Quellen kann Null sein, die andere größer als Null oder beide können einzeln größer als Null sein. Nur wenn beide gleich Null sind, ist der Prozess reversibel , und es herrscht thermodynamisches Gleichgewicht. Man beachte: i. G. zu Gl. (5.32) gilt immer: dU + dUUmg = 0 ( Energieerhaltungssatz).
220
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Gleichungen (5.32) und (5.33) stellen die zentrale Aussage des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik für geschlossene Systeme dar.
5.8 Kriterien für das thermodynamische Gleichgewicht. Die Zustandsgrößen freie Energie und freie Enthalpie Wir betrachten jetzt ein abgeschlossenes (isoliertes) System. Dort gilt bekanntlich: dU = 0, alle dli = 0, insbesondere d V = 0 Damit ist auch δ Q = 0 und somit auch T δe S = 0 und es gilt: δi S = d SU,li ,V ≥ 0
(5.34)
D. h., in einem abgeschlossenen System (U = const, V = const, li = const) strebt im Nichtgleichgewicht S als Funktion von irgendwelchen „inneren Parametern“ einem Maximum zu. Dabei können sich im Inneren des Systems nur Zustandsänderungen vollziehen, die mit der Bedingung des abgeschlossenen (isolierten) Systems vereinbar sind (T δi S = dWdiss ≥ 0). Im inneren Gleichgewicht ist d SU,li ,V = δi S = 0. Daraus kann man eine weitreichende Konsequenz ziehen. Wenn man das Weltall als endlich und abgeschlossen (isoliert) ansieht (das Weltall hat keine „Umgebung“ mehr!), dann ergibt sich die universelle Folgerung:
d SWelt dt
dt ≥ 0
d. h., die Entropie des Weltalls kann mit der Zeit t nur zunehmen und erreicht letztendlich ein Maximum (d SWelt /dt = 0). Dieser Zustand wird auch „Wärmetod des Weltalls“ genannt. Er wurde ebenfalls von Clausius im Jahr 1865 postuliert, ist aber heute nicht unumstritten, da in der Kosmologie der Begriff der Endlichkeit des Weltalls im thermodynamischen Sinn nicht eindeutig geklärt ist. Selbst wenn die Aussage zutrifft, ist zu bedenken, dass Bereiche im Weltall an Entropie verlieren können, die woanders überkompensiert wird. Beispiel: die Sonne nimmt an Entropie ständig zu, dafür hat sich mit der Entwicklung des Lebens auf der Erde ein Zustand niedriger Entropie gebildet (s. Kap. 6), wobei die Gesamtentropie des Systems Sonne + Erde zunimmt. Es kann also bei mehreren Systemen zusammen betrachtet in einigen davon die Entropie abnehmen, dafür muss sie in den anderen so zunehmen, dass insgesamt die Entropie anwächst. Voraussetzung dafür ist ein gewisser thermischer Kontakt zwischen den Systemen. Wir haben damit nicht nur ein Kriterium für Gleichgewichtszustände gefunden, sondern auch eine Aussage darüber gemacht, in welche Richtung sich ein
5.8
Kriterien für das thermodynamische Gleichgewicht
221
Nichtgleichgewichtszustand bei vorgegebenen Randbedingungen zum Gleichgewicht hin verändern wird. Die Entropie als Größe für Gleichgewichtsbedingungen und die Richtung irreversibler Prozesse zu formulieren ist aber keineswegs die einzige Möglichkeit. Wir zeigen nun, unter welchen Bedingungen die innere Energie demselben Zweck dienen kann. Dazu betrachten wir das System unter isentroper Bedingung, d. h., d S = 0, ferner sollen als weitere Bedingungen gelten, dass auch alle Arbeitskoordinaten konstant bleiben, also dli = 0 und d V = 0, so dass δW = δWrev +dWdiss = 0 gilt. Wir können ja für geschlossene Systeme ganz allgemein schreiben: dU = δ Q + δW = T δe S + δW Diese Gleichung lässt sich nach dem oben Gesagten auch formulieren: dU = T d S + δW − T δi S und, da voraussetzungsgemäß d S = 0 und δW = 0, folgt nach Gl. (5.30): dU S,li ,V = −T δi S ≤ 0
(5.35)
Diese Gleichung besagt, dass die innere Energie U bei S = const, alle li = const, V = const im Nichtgleichgewicht als Funktion irgendwelcher „innerer Parameter“ einem Minimum zustrebt. Im thermodynamischen Gleichgewicht ist dU S,li ,V = 0. Abbildung 5.13 illustriert die Gleichgewichtsbedingungen nach Gln. (5.34) und (5.35) auf einer S, U, V -Zustandsfläche. Im rechten Teil (Ziffer 2) hat bei U = const im Punkt A die Entropie S ein Maximum. Im linken Teil (Ziffer 1) stellt derselbe Punkt ein Minimum für U dar, wenn S = const gilt.
Abb. 5.13 S, U, V -Zustandsfläche eines fluiden Systems mit maximaler Entropie in Punkt A (2) bei U = const (rechts, 2) bzw. mit minimaler innerer Energie U bei S = const (links, 1). Abbildung nach: H. B. Callen, „Thermodynamics and an Introduction to Thermostatics“, John Wiley + Sons (1985)
222
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Entsprechende Gleichgewichtsbedingungen erhält man mit anderen Randbedingungen, wenn man die Enthalpie H benutzt. Die Definition H = U + p · V (s. Gl. (4.5)) liefert für das totale Differential: d H = dU + pd V + V dp Einsetzen von dU = δ Q − pd V +
λdli
ergibt d H = δ Q + V dp +
λi dli
Wir betrachten wieder einen irreversiblen Prozess mit δ Q = T δe S und T δi S ≥ 0 und formulieren als Bedingungen d S = 0, dp = 0 sowie alle dli = 0. Dann ergibt sich: d H = T δe S = T d S − T δi S = −T δi S Also gilt: d HS, p,li = −T δi S ≤ 0
(5.36)
Die Enthalpie H strebt also bei S = const, p = const, und allen li = const im Nichtgleichgewicht als Funktion irgendwelcher „innerer Parameter“ einem Minimum zu. Diese Gleichgewichtsbedingung hat gegenüber Gl. (5.35) den Vorteil, dass p = const einfacher zu realisieren ist als V = const. Wir wollen nun zwei weitere Zustandsgrößen einführen, die freie Energie F (engl. Helmholtz energy) und die freie Enthalpie G (engl. Gibbs energy): F =U −TS
(5.37)
d F = dU − T d S − SdT
(5.38)
G = H −TS
(5.39)
mit dem totalen Differential:
und
mit dem totalen Differential
5.8
Kriterien für das thermodynamische Gleichgewicht
223
dG = d H − T d S − SdT
(5.40)
Die Nützlichkeit dieser setzen Zustandsgrößen erweist sich folgendermaßen. Wir λi dli in Gl. (5.38) ein und d H = δ Q + V dp + λi dli dU = δ Q − pd V + i
in Gl. (5.40). Dann erhält man mit δ Q = T d S und
i
λi dli = δWrev :
i
d F = −SdT − pd V + δWrev
(5.41)
dG = −SdT + V dp + δWrev
(5.42)
Wir wissen, dass δWrev kein totales Differential ist. Unter den Bedingungen dT = 0 und d V = 0 bzw. dT = 0 und dp = 0 wird es aber zu einem totalen Differential, denn es gilt dann: d FT,V = δWrev
(5.43)
dG T, p = δWrev
(5.44)
d FT,V bzw. dG T, p stellen also die differentiellen reversiblen Arbeitsterme ohne die Volumenarbeit bei konstanter Temperatur dar. Die Funktionen F und G erlauben es nun, auch weitere Gleichgewichtsbedingungen zu formulieren. Dazu schreiben wir Gln. (5.43) und (5.44) um unter Berücksichtigung von δW = δWrev + δWdiss : (d FT,V − δW ) = −δWdiss = −T δi S ≤ 0 (dG T, p − δW ) = −δWdiss = −T δi S ≤ 0 Wenn nun δW = 0 gilt (vollständig irreversibler Prozess), dann folgt: d FT,V = −T δi S ≤ 0
(5.45)
dG T, p = −T δi S ≤ 0
(5.46)
In Worten: die freie Energie F strebt bei T = const und V = const im Nichtgleichgewicht als Funktion irgendwelcher „innerer Parameter“ einem Minimum zu. Entsprechend gilt: die freie Enthalpie G strebt bei T = const und p = const als Funktion irgendwelcher „innerer Parameter“ einem Minimum zu. Damit ist die Natur und die Richtung irreversibler Prozesse thermodynamisch klar definiert. Eine wichtige Frage lautet nun: welche Prozesse im Inneren eines Systems können bei den jeweils gegebenen Randbedingungen für d S, dU, d H, d F, dG
224
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
eigentlich spontan ablaufen, so dass T δi S = δWdiss > 0 gilt, bis der Gleichgewichtszustand T δi S = δWdiss = 0 erreicht ist? Welches sind die „inneren Parameter“, die sich dabei ändern? Im Inneren eines Systems können Nichtgleichgewichte verschiedener Art vorliegen. Wir geben einige Beispiele: 1. Verschiedene Bereiche des Systems können unterschiedliche Temperaturen haben. Beispielsweise trennt innerhalb des Systems eine wärmeisolierende Wand 2 Metallstücke gleicher Menge und gleichen Materials das System in 2 gleiche Hälften. Das ganze System sei nach außen adiabatisch isoliert. Dann werden die wärmeisolierenden Wände zwischen den Metallstücken (gedanklich) entfernt. Anfangs ist T2 > T1 . Es findet Temperaturausgleich statt. Der innere Parameter ist hier die Temperaturdifferenz T = T1 − T2 . Wir wählen als Gleichgewichtskriterium: d SU,V,li ≥ 0 Wir bestimmen das Maximum von Sgesamt . Nach Gl. (5.19) gilt allgemein bei V = const: S1 − S2 = C V ln(T1 /T2 ) wobei C V ein geeigneter Mittelwert der Wärmekapazität über das Temperaturintervall T = T1 − T2 ist. Vor dem Temperaturausgleich gilt: Sgesamt = S0 Danach gilt: Sgesamt = S Also folgt: S − S0 = C V · ln
T1 + T T2 − T + C V · ln T1 T2
Das Maximum von S − S0 erhält man durch Ableiten nach T und Nullsetzen bei festen Werten von T1 und T2 : d(S − S0 ) =0 dT das ergibt
5.8
Kriterien für das thermodynamische Gleichgewicht
Tmax =
225
T2 − T1 2
und damit T1 + T2 (S − S0 )max = C V · 2 · ln √ 2 T1 T2 Da das√arithmetische Mittel (T1 + T2 )/2 immer größer ist als das geometrische Mittel T1 T2 (s. Übungsaufgabe 5.16.9), ist S − S0 > 0 wie es sein muss, d. h., S hat bei T = (T2 + T1 )/2 seinen Maximalwert erreicht. Es herrscht in beiden Teilen des Systems die Temperatur T und T , der innere Parameter, ist gleich (T2 − T1 )/2 im thermodynamischen Gleichgewicht. 2. Ist das System ein 1-Phasen-System mit verschiedenen Komponenten, können z. B. lokal im Inneren des Systems unterschiedliche Konzentrationen herrschen, die sich ausgleichen werden. Wir stellen uns als Beispiel 2 ideale Gase A und B gleicher Molzahl n A = n B im System in zwei gleiche Hälften getrennt vor, es soll gelten: T = TA = TB und VA = VB . Nach Entfernen der Trennwand vermischen sich die beiden Gase durch Diffusion vollständig und nehmen dasselbe Volumen 2VA = 2VB = 2V ein. Wir wählen das Kriterium d SU,l,V ≥ 0. Am Anfang, vor Entfernung der Trennwand, gilt für die Gesamtentropie SAnfang : SAnfang = SA0 + SB0 + n A · R ln VA + n B · R ln VB Am Ende des Prozesses gilt: SEnde = SA0 + SB0 + n A · R ln(VA + VB ) + n B · R ln(VA + VB ) Die Differenz SEnde − SAnfang = S ergibt mit VA = VB = V und n A = n B = n S = n A R ln(2V ) + n B R ln(2V ) − n A R ln V − n B R ln V S = 2n · R ln 2 > 0 U bleibt bei diesem Prozess konstant, da T = const und das Gesamtvolumen 2V ebenfalls als konstant vorgegeben ist. Der errechnete Wert S stellt das gesuchte Maximum der Entropieerhöhung im System dar bei dU = 0, d V = 0, dl i = 0. Der innere Parameter, der sich bei dem Vermischungsprozess ändert, ist die Teilchenkonzentration CA mit n A /VA ≥ CA ≥ n A /(VA + VB ) bzw. CB mit n B /VB ≥ CB ≥ n B /(VA +VB ). Wir hätten für das geschilderte Beispiel natürlich auch Gl. (5.45) als Kriterium nehmen können, denn es gilt für ideale Gase: F = −T S < 0
(d V = 0, dT = 0)
Das entspricht dem geforderten Minimum für die freie Energie F.
226
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
3. Es können im System Komponenten vorliegen, die chemisch miteinander reagieren können. Auch hier kann ein Nichtgleichgewicht der Art vorliegen, dass die Reaktionspartner gehemmt sind und z. B. erst ein Katalysator die chemische Reaktion ermöglicht, so dass sich durch die Reaktion die Zusammensetzung des Systems ändert, bis das System im thermodynamischen Gleichgewicht, also im Reaktionsgleichgewicht ist. Der innere Parameter ist in diesem Fall die Reaktionslaufzahl ξ . Beispiele für diese, in der chemischen Thrmodynamik so wichtigen Fälle geben wir später (Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern). Hier wählt man d FT,V,l ≤ 0 oder dG T, p,l ≤ 0. 4. Im Systeminneren können mechanisch instabile Verhältnisse herrschen, die z. B. durch das Schwerefeld der Erde hervorgerufen werden. Durch einen spontanen Prozess stellen sich stabile Verhältnisse ein. Beispiel: ein System, das aus Wasser mit einem am Boden haftenden Öltropfen besteht, ist instabil. Wir betrachten einen adiabatisch-irreversiblen Prozess (δ Q = 0, δW = 0). Der Öltropfen vom Volumen VÖl steigt auf bis zur Decke des Gefäßes um die Höhe h (s. Abb. 5.14). Der innere Parameter ist hier also die Entfernung x über dem Gefäßboden (0 < x < h). Nach Ende des Prozesses ist die dissipierte Arbeit Wdiss > 0 erzeugt worden (s. Abschn. 5.6): δWdiss = −δWrev = (ρH2 O − ρÖl )VÖl · g · d x g ist die Erdbeschleunigung und ρH2 O und ρÖl die Dichten von Wasser und Öl. Nach Gl. (4.2) erfordert der Energieerhaltungssatz (E = 0 und E kin = 0) für diesen Fall −E pot,System = U wobei −E pot,System = (ρWasser − ρÖl )VÖl · g · h und U = C V,fl · n fl (T − T0 ) sind. Wegen δ Q = 0 muss de S = 0 gelten. Damit erhöht sich die Temperatur im System um:
T − T0 = (ρH2 O − ρÖl ) · VÖl g · h/ C V,H2 O · n H2 O + C V,Öl · n Öl
Abb. 5.14 Ein Öltropfen (Volumen V , Dichte ρÖl ) steigt in Wasser (Dichte ρH2 O ) auf
5.9
Gibbs’sche Fundamentalgleichung, Thermodynamische Potentiale
227
Die Entropieerhöhung beträgt für T − T0 T0 : T T
dT δWdiss n H2 O · C V,H2 O + n Öl · C V,Öl · = i S = T T T0
T0
V ·g·h ∼ = (ρH2 O − ρÖl ) · Öl T0 Sie wird maximal, wenn sich der Öltropfen an der Gefäßdecke in der Höhe h befindet. Die Erniedrigung der potentiellen Energie wird dabei durch die Temperaturerhöhung und die dadurch verbundene Erhöhung der inneren Energie gerade kompensiert. In allen Beispielen – Nr. 1 bis Nr. 4 – ist das Kriterium für solche spontanen Nichtgleichgewichtsverhältnisse immer δSi > 0. Die Fälle 1 und 2 werden in dem weiterführenden Beispiel 5.15.1 in allgemeiner Form diskutiert. Gleichung (5.30) stellt die fundamentale Beziehung dar, die zur Entwicklung der „Thermodynamik irreversibler Prozesse“ führt, einem eigenständigen und sehr umfangreichen Wissenschaftsgebiet, auf das wir hier nicht näher eingehen können.
5.9 Gibbs’sche Fundamentalgleichung, Thermodynamische Potentiale Die im letzten Abschnitt neu eingeführten Zustandsgrößen F und G haben noch eine tiefere Bedeutung. Das soll jetzt näher erläutert werden. Wir gehen erneut aus vom totalen Differential von U , wobei wir jetzt die Darstellung auf offene Systeme erweitern, d. h. die Molzahlen ni als Variable zulassen: dU = T d S − pd V +
λi dli +
μi dni
(5.47)
Dabei wird die Bezeichnung μi eingeführt: ∂U = μi ∂n i S,V,li ,n j=i μi heißt das chemische Potential der Komponente i . Die Gl. (5.47) für dU heißt Gibbs’sche Fundamentalgleichung. Ihre wichtigste Eigenschaft ist, dass alle Variablen, von denen U abhängt, extensive Zustandsgrößen sind, d. h., es gilt die Euler’sche Gleichung. T, − p, λi und μi stellen partielle Differentialkoeffizienten von U dar, die alle intensive Größen sind, und es ergibt sich somit: U = T S − pV +
λi li +
n i μi
Gl. (5.48) heißt die integrierte Gibbs’sche Fundamentalgleichung.
(5.48)
228
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Dies ist die zentrale Gleichung der chemischen Thermodynamik, denn aus ihr lassen sich alle anderen Größen ableiten. Bildet man das totale Differential dieser Gleichung, also dU , und vergleicht das Ergebnis mit der Ausgangsgleichung Gl. (5.47), so folgt sofort: SdT − V dp +
li dλi +
n i dμi = 0
(5.49)
Dies ist die verallgemeinerte Gibbs-Duhem-Gleichung. Formal bedeutet Gl. (5.49), dass eine Zustandsgröße z, die von allen intensiven Variablen T, p, λi und μi abhängt, nicht existieren kann, da sie gleich Null oder gleich einer Konstante sein muss (dz = 0). Aus der integrierten Gibbs’schen Fundamentalgleichung (Gl. (5.48)) lassen sich jetzt die zuvor definierten Größen H, F und G in folgender Form angeben: H = U + pV = T · S +
F = U − T S = − pV +
G = F + pV =
λi li +
λi l i +
λi li +
n i μi
n i μi
n i μi
Bildet man nun die totalen Differentiale von H, F und G und berücksichtigt die verallgemeinerte Gibbs-Duhem’sche Gleichung (5.49), so folgt:
λi dli + μi dn i μi dn i d F = −SdT − pd V + λi dli + μi dn i dG = −SdT + V dp + λi dli + dU = T d S − pd V + λi dli + μi dn i
d H = T d S + V dp +
(5.50) (5.51) (5.52) (5.53)
wobei Gl. (5.53) identisch mit Gl. (5.47) ist und nur der Vollständigkeit halber nochmals hinzugefügt wurde. Alle partiellen Differentialquotionen der Zustandsgrößen U, H, F und G lassen sich durch Koeffizientenvergleich mit den Gln. (5.50) bis (5.53) bestimmen. Es gilt für dU :
∂U ∂U ∂U ∂U = T; = − p; = λi ; = μi ∂ S V,li ,n i ∂ V S,li ,n i ∂li S,V,l j=i n i ∂n i V,S,li ,n j=i (5.54)
5.9
Gibbs’sche Fundamentalgleichung, Thermodynamische Potentiale
229
Für d H :
∂H ∂H ∂H ∂H = T; = V; = λi ; = μi ∂ S p,li ,n i ∂ p S,li ,n i ∂li S, p,l j=i n i ∂n i S, p,li ,n j=i (5.55)
Für d F:
∂F ∂F ∂F ∂F = −S; = − p; = λi ; = μi ∂ T V,li ,n i ∂ V T,li ,n i ∂li T,V,l j=i ni ∂n i T,V,li ,n j=i (5.56)
Für dG:
∂G ∂G ∂G ∂G = −S; = V; = λi ; = μi ∂ T p,li ,n i ∂ p T,li ,n i ∂li T, p,l j=i n i ∂n i T, p,li ,n j=i (5.57)
Bemerkenswert ist, dass das chemische Potential μi jeder Komponente i durch 4 verschiedene, völlig äquivalente partielle molare Größen ausgedrückt werden kann: μi =
∂U ∂n i
V,S,li ,n j=i
=
∂H ∂n i
=
p,S,li ,n j=i
∂F ∂n i
T,V,li ,n j=i
=
∂G ∂n i
p,T,li ,n j=i
Mit Hilfe der abgeleiteten Zusammenhänge lässt sich sofort auch folgende Schreibweise für H, F und G angeben:
∂U ∂ V S,li ,n i ∂U F =U −TS =U − S ∂ S V,li ,n i ∂U ∂U G = U − T S + pV = U − S −V ∂ S V,li ,n i ∂ V S,li ,n i
H = U + pV = U − V
Man sieht nun, dass die Definitionen von H, F und G nicht willkürlich erfolgten, denn H, F und G sind Legendretransformationen von U . Jedem Wert von U ist eindeutig ein Wert von H, F und G zugeordnet. Auch die Rückumwandlungen sind eindeutig, denn es gilt entsprechend den obigen Ableitungen:
∂H U=H−p ∂p
S,n i ,li
= H − p·V
(5.58)
= F +TS
(5.59)
und: U = F−T
∂F ∂T
V,n i ,li
230
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Gleichung (5.59) wird in der Literatur als Helmholtz’sche Gleichung bezeichnet. Ferner gilt: U = G + T S − pV = G − T
∂G ∂T
p,li ,n i
∂G −p ∂p
(5.60) T,li ,n i
Für Gl. (5.59) lässt sich auch schreiben: U + pV = G + T S = H also: H =G−T
∂G ∂T
p,li ,ni
=G+T ·S
(5.61)
Gleichung (5.61) wird in der Literatur als Gibbs-Helmholtz-Gleichung bezeichnet. Es ergeben sich also Hin- und Rücktransformationen, die in beide Richtungen eindeutig sein müssen, da sie identische Beziehungen von U, H, F und G zueinander herstellen. Damit ist die Existenz der entsprechenden Legendretransformationen gesichert. Aus diesem Grunde heißen U (S, V, li , n i ), H (S, p, li , n i ), F(T, V, li , n i ) G(T, p, li , n i ) thermodynamische Potentiale. Aus ihnen können alle Zustandsgrößen durch Differentiation abgeleitet werden. Die Namensgebung kommt aus der Mechanik, wo durch Ableitung der potentiellen Energie (Potential) nach den Ortskoordinaten eine konservative Kraft erhalten wird. Die Integration ist unabhängig vom Weg und ergibt wieder dasselbe Potential, das aber nur bis auf eine Konstante festliegt. Beim Differenzieren eines Potentials geht also Information verloren, denn beim Rückweg, also beim Integrieren, ist die dann auftretende Integrationskonstante grundsätzlich unbekannt, es sei denn, man kennt sie aus anderen Quellen her. Formal genau dasselbe gilt bei den thermodynamischen Potentialen. U, H, F und G sind keineswegs alle thermodynamischen Potentiale, die sich ableiten lassen, aber es sind die in der chemischen Thermodynamik wichtigsten. Für interessierte Leser sind weitere thermodynamische Potentiale und ihre Ableitung in Anhang I wiedergegeben. Thermische und kalorische Zustandsgleichungen werden durch Differentiation thermodynamischer Potentiale erhalten. Man erhält die thermische Zustandsgleichung (s. Gl. (5.57)): V ( p, T, li , n i ) = oder (s. Gl. (5.56)):
∂G ∂p
(5.62) T,li ,n i
5.9
Gibbs’sche Fundamentalgleichung, Thermodynamische Potentiale
p(V,T,li ,n i ) = −
∂F ∂V
231
(5.63) T,li ,n i
und die kalorische Zustandsgleichung (s. Gln. (5.56) und (5.59):
∂F ∂T
U (T,V,li ,n i ) = F − T
= −T
V,li ,n i
∂(F/T ) ∂T
2
(5.64) V,li ,n i
oder (s. Gln. (5.57)) und (5.61): H (T, p,li ,n i ) = G − T
∂G ∂T
p,li ,n i
= −T 2
∂(G/T ) ∂T
(5.65)
Die thermischen Zustandsgleichungen V ( p,T,li ,n i bzw. p(V,T,li ,n i )) und die kalorischen Zustandsgleichungen U (T,V,li ,n i bzw. H (T, p,li ,n i )) enthalten nicht mehr die vollständige Information der thermodynamischen Potentiale, aus denen sie durch Differenzieren erhalten wurden. Thermische und kalorische Zustandsgleichung sind außerdem nicht unabhängig voneinander. Wir können das sofort feststellen, indem wir z. B. Gleichung (5.64) nach V differenzieren (die Bezeichnung für die konstanten Werte für n i und li lassen wir weg):
∂U ∂V
= T
∂F ∂V
T
∂ −T ∂V
∂F ∂T
=
V
∂F ∂V
T
∂ −T ∂T
∂F ∂V
T
Hier haben wir von der Vertauschbarkeit der Reihenfolge der Differenziation nach dem Schwarz’schen Satz Gebrauch gemacht, und man erhält mit (∂ F/∂ V )T = − p sofort: ∂p ∂U =T −p (5.66) ∂V T ∂T V Ähnliches gilt, wenn man Gl. (5.65) nach p differenziert:
∂H ∂p
= T
∂G ∂p
T
∂ −T ∂p
∂G ∂T
p
Verwendung des Schwarz’schen Satzes und der Identität (∂G/∂ p)T = V ergibt:
∂H ∂p
=V −T T
∂V ∂T
(5.67) p
Die Beziehungen (Gln. (5.66) und (5.67)) wurden bereits nach der Einführung der Entropie abgeleitet (Gln. (5.17) und (5.18)). Ihre Gültigkeit und damit die ganze
232
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Konsistenz der thermodynamischen Zusammenhänge wird also hier nochmals bestätigt. Auf der linken Seite von Gl. (5.66) bzw. Gl. (5.67) stehen jeweils Ableitungen der kalorischen Größen U und H , auf der rechten Seite Ableitungen der Größen, die die thermische Zustandsgleichung bestimmen, also p bzw. V .
5.10 Thermodynamische Stabilitätsbedingungen Die Frage lautet: unter welchen Bedingungen ist ein System thermodynamisch stabil, d. h., wann kehrt ein System bei spontanen Schwankungen einer Zustandsgröße immer wieder in seinen Ausgangszustand zurück? Mathematisch betrachtet bedeutet das: wenn d SU,V = 0 oder dU S,V = 0 oder d FV,T = 0 oder dG p,T = 0, ist noch nicht gesagt, ob es sich um ein Maximum oder ein Minimum handelt. Man muss sich also vergewissern, ob die 2. Ableitung der thermodynamischen Zustandsgrößen negativ oder positiv ist. Eine Analyse der Stabilität, die diese Kriterien verwendet, wird in Anhang D entwickelt. Wir verwenden in diesem Abschnitt jedoch eine andere Methode. Um die Schreibweise zu vereinfachen, lassen wir die Arbeitskoordinaten li und die Molzahlen n i zunächst weg und schreiben nach Gl. (5.58) U=H−
∂H ∂p
·p S
Wir haben festgestellt, dass es sich hier um um eine Legendre-Transformation von H nach U handelt. Wegen der Eindeutigkeit solcher Transformationen für thermodynamische Potentiale muss also gelten (s. Abschn. 2.5):
∂2 H ∂ p2
= 0 S
wobei die zweite Ableitung im gesamten denkbaren Zustandsbereich eines Systems niemals ihr Vorzeichen wechseln darf. Da (∂ H/∂ p) S = V ist, gilt somit (auf ein Mol bezogen):
∂2 H ∂ p2
= S
∂V ∂p
= 0
(5.68)
S
Wir führen jetzt folgendes Argument an, um das korrekte Ungleichzeichen (> oder <) in Gl. (5.68)zu erhalten. Alle Materie geht, wenn p → 0 bzw. V → ∞ bei T > 0 in das ideale Gas über, für das gilt: 1 V
∂V ∂p
= −κ S = − S,ideales Gas
CV Cp
· κT = −
CV 1 1 =− γ·p Cp p
5.10
Thermodynamische Stabilitätsbedingungen
233
Dabei haben wir von Gl. (5.23) sowie der Tatsache Gebrauch gemacht, dass κT = 1/ p für ideale Gase ist (s. Abschn. 3.1). Da in allen Fällen bei idealen Gasen p > 0 und γ = (C V + R)/C V > 1 ist, und da das negative Vorzeichen erhalten bleiben muss, wenn wir auf der Zustandsfläche wieder in den realen Bereich zurückkehren, muss für jeden Zustand einer realen Substanz immer gelten, wenn thermodynamische Stabilität herrschen soll:
−
1
V
∂V ∂p
= κS > 0
(5.69)
S
Gleichung (5.69) nennt man eine mechanische Stabilitätsbedingung. Im thermodynamischen Gleichgewicht der Materie muss κ S , die isentrope Kompressibilität, immer positiv sein. Auch die Legendre-Transformation von F nach U (Gl. (5.59)) liefert eine neue Stabilitätsbedingung: U = F−T
∂F ∂T
V
Es muss also in diesem Fall überall im Zustandsbereich der Materie gelten:
∂2 F ∂T 2
= 0 V
wobei wieder das Vorzeichen dieser Ungleichung im gesamten Zustandsbereich, in dem die Substanz existiert, also auch im Grenzfall des idealen Gases, immer gleich bleiben muss. Zunächst kann man schreiben:
∂2 F ∂T 2
=− V
∂S ∂T
= −n · V
CV = 0 T
Es gilt aber beim idealen Gas immer C V,id. Gas > 0 und damit auch für irgendeinen realen Zustandsbereich: CV > 0
(5.70)
Gleichung (5.70) nennt man eine thermische Stabilitätsbedingung. Als nächstes gehen wir von der Legendre-Transformation Gl. (5.61) aus: H =G−T wobei jetzt gelten muss:
∂G ∂T
p
234
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
∂ 2G ∂T 2
p
∂S =− ∂T
= −n · p
Cp = 0 T
Wenn C V bei idealen Gasen größer als 0 ist, muss das wegen C p − C V = R für C p ebenfalls gelten, und man erhält mit der oben dargelegten Argumentation auch für alle realen Zustände Cp > 0
(5.71)
als weitere thermische Stabilitätsbedingung. Man liest nun aus den Gln. (5.68), (5.69), (5.70) und (5.24) ohne weiteres ab, dass für die isotherme Kompressibilität immer gelten muss: κT > 0
(5.72)
Denn es gilt ja κ S > 0 und ebenfalls C V /C p > 0. Gleichung (5.72) ist ebenfalls eine mechanische Stabilitätsbedingung. Sie kann auch direkt durch die Forderung der Gültigkeit einer Legendre-Transformation von F nach G erhalten werden (s. Übungsaufgabe 5.16.40). Ferner gilt, dass mit den abgeleiteten Stabilitätsbedingungen für alle Materie im thermodynamischen Gleichgewicht: Cp > C V
(5.73)
κT > κ S
(5.74)
sowie
Das sieht man sofort ein, da nach Gl. (5.21) und wegen κT > 0 sowie α 2p > 0 gilt: Cp − C V = T · V
α 2p κT
>0
(5.75)
und damit die Ungleichung in Gl. (5.73) korrekt ist. Ebenso ist Gl. (5.74) eine Konsequenz der Stabilitätsbedingungen, denn es gilt mit C p > C V : κT =
Cp CV
· κS > κS
(5.76)
Interessanterweise sagt keine der Stabilitätsbedingungen etwas über das Vorzeichen des thermischen Ausdehnungskoeffizienten α p aus. In Gl. (5.75) erscheint α p nur im Quadrat, das natürlich immer positiv ist. Meistens ist α p zwar größer als Null, es
5.10
Thermodynamische Stabilitätsbedingungen
235
gibt aber bekannte Ausnahmen, wie z. B. H2 O zwischen 0 und 4◦ C, wo α p < 0 ist (s. Abb. 3.2). Wir wollen uns jetzt noch Gedanken über die thermodynamische Stabilität von Mischungen machen. Dabei erhebt sich z. B. die Frage: ist eine fluide Mischung stabil in Bezug auf ihre Zusammensetzung, oder gibt es Molenbruchbereiche, wo eine fluide Mischung instabil ist und spontan in 2 Phasen zerfällt? Wir wollen diese Frage hier nur bei binären Mischungen untersuchen, wenn T = const und p = const gilt. Dabei gehen wir aus von der molaren freien Enthalpie G(= G M ): G = x1 μ1 + x 2 μ2
(T, p = const)
(5.77)
Schon bei der Behandlung der partiellen molaren Volumina hatten wir ja festgestellt, dass gilt (Gl. (3.9)): V =Vj+
k
xi
i= j
∂V ∂ xi
(T, p = const)
Dasselbe trifft natürlich für alle extensiven Zustandsgrößen zu bezüglich des Zusammenhangs von molarer Größe und den partiellen molaren Größen. Im Fall von G einer binären Mischung kann man also schreiben: G − x2
∂G ∂ x2
= μ1
(5.78)
p,T
Das können wir so interpretieren: in einem binären System ist μ1 eine LegendreTransformation von G nach Gl. (5.77) (thermodynamisches Potential) bezüglich der Variablen x2 . Die entsprechende Gleichung (3.9) für k = 2: V − x2
∂V ∂ x2
= V1 p,T
ist dagegen keine Legendre-Transformation, da V (T, p) kein thermodynamisches 2 Potential ist. Man kann leicht Beispiele anführen, die belegen, dass ∂ V2 durchaus ∂ x2
das Vorzeichen wechseln kann (s. z. B. Abb. 3.7). Bei p = const und T = const gilt also wegen der Legendre-Transformation Gl. (5.78):
∂2G ∂ x22
= 0 T, p
236
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Diese Gleichung darf im Stabilitätsbereich von x 2 ihr Vorzeichen nicht ändern. Das Vorzeichen von ∂ 2 G/∂ x 22 T, p für thermodynamischen Stabilität entscheiden wir, indem wir uns das ganze Gemisch unter quasistatischen Bedingungen verdampft vorstellen und mit p → 0 zur idealen Gasmischung übergehen. Bei diesem gedank
lichen Prozess darf sich das Vorzeichen von ∂ 2 G/∂ x22 T, p nicht ändern, wenn die reale Mischung stabil gegen Entmischung sein soll. Im idealen Gaszustand herrscht ja für alle x2 - bzw. x 1 -Werte vollständige Mischbarkeit. Dort gilt mit Gl. (5.77) und μ1 bzw. μ2 nach Gl. (5.57): G = x 2 (μ02 (T ) + RT ln x2 ) + (1 − x2 )(μ01 (T ) + RT ln(1 − x2 )) und es ergibt sich: 1 · RT
∂2G ∂ x22
= T, p
1 1 1 + = >0 x1 x2 x1 · x2
Es muss also unter allen möglichen Zustandsbedingungen von p und T für thermodynamisch stabile reale Mischungen ebenfalls gelten:
∂ 2G ∂ x 22
>0 T, p
oder
∂2G ∂ x12
>0
(5.79)
T, p
Die zweite Beziehung in Gl. (5.79) ergibt sich aus Symmetriegründen, wenn man x2 gegen x1 tauscht. Dort, wo Gl. (5.79) nicht erfüllt ist, kann keine homogene Mischung existieren. Wir werden davon später Gebrauch machen, wenn die Stabilität von flüssigen Mischungen bezüglich einer (partiellen) Entmischung eingehender behandelt wird (s. Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern).
5.11 Thermodynamisches Gleichgewicht in heterogenen Systemen ohne chemische Reaktionen. Phasengleichgewichte und Gibbs’sches Phasengesetz Besteht ein Mischungssystem aus verschiedenen Phasen (abgegrenzte Bereiche verschiedener Zusammensetzung und Dichte, eventuell auch Druck und Temperatur) spricht man von heterogenen Systemen. Schematisch ist das in Abb. (1.2) dargestellt. Die Phasen werden mit 1, 2, . . . , σ bezeichnet. Wir nehmen an, dass das System k Komponenten mit den Molzahlen n 1 , n 2 , . . . , n k enthält, die sich alle auf die σ Phasen verteilen können.
5.11
Thermodynamisches Gleichgewicht in heterogenen Systemen
237
In einem solchen System herrscht inneres Gleichgewicht, wenn die in Abschn. 5.8 angegebenen Gleichgewichtsbedingungen herrschen, z. B. dU S,li ,n i ,V = 0 (Gl. (5.35)). Wir setzen jetzt alle li = const bzw. 0. Das gesamte System mit σ Phasen sei also geschlossen, die einzelnen Phasen dagegen sind offene Systeme. Für jede Phase, die in sich homogen ist, gilt die Gibbs’sche Fundamentalgleichung (alle dli = 0, aber dn i = 0): dU1 = T1 d S1 − p1 d V1 + ik μi1 · dn i1 .. .. .. .. . . . . k dUσ = Tσ d Sσ − pσ d Vσ + i μiσ · dn iσ
(5.80)
Die Gleichgewichtsbedingung für das Gesamtsystem lautet (α ist der Summationsindex für die Phasen): dU S,V,n i =
dUα = 0
α
Es müssen also folgende Nebenbedingungen beachtet werden: dS =
d Sα = 0
α
dV =
d Vα = 0
α
dn i =
dn iα = 0 (für alle Komponenten i)
α
dUα = 0 stellt ein Extremalproblem mit Nebenbedingungen dar. dU S,n i ,V = Dieses Problem löst man mit Hilfe der Methode der Lagrange-Multiplikatoren (s. Abschn. 2.7). Die Nebenbedingungen werden jeweils mit den frei wählbaren Faktoren λ1 , λ2 und λ3i multipliziert und von dU = dUα = 0 subtrahiert. Man α
erhält dann: α
dUα =
σ
(Tα − λ1 )d Sα +
α=1
σ
( pα − λ2 )d Vα +
α=1
k σ
(μiα − λ3i )dn αi = 0
i=1 α=1
λ1 , λ2 und λ3i (i = 1 bis k) werden nun so gewählt, dass jeweils eine der Klammern (für ein bestimmtes α) unter den α-Summen verschwindet. Damit sind alle anderen (σ -1) Variationen für d Sα , d Vα , dn iα (i = 1 bis k) frei, und rechts kann nur dann 0 stehen, wenn alle Klammern verschwinden. Daraus folgt:
238
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Tα = λ1 p α = λ2 μiα = λ3i für alle i Da diese Identitäten für alle Werte von α = 1 bis α = σ gelten, folgt unmittelbar: T1 p1 μi1 .. .
μk1
= T2 = · · · = p2 = · · · = μi2 = · · · .. .. . . = μk2 = · · ·
= Tσ (thermisches Gleichgewicht) = pσ (mechanisches Gleichgewicht) = μiσ (materielles Gleichgewicht) .. .
(5.81)
= μkσ (materielles Gleichgewicht)
Gleichung (5.81) besagt: Im inneren Gleichgewicht des Systems muss in allen Phasen jeweils die Temperatur, der Druck und das chemische Potential jeder Komponente denselben Wert haben. Es herrscht thermisches, mechanisches und materielles Gleichgewicht. Dieselbe Aussage lässt sich auch statt über die innere Energie U über die freie Enthalpie G gewinnen: Es gilt in diesem Fall: dG α = −Sα dTα + Vα dpα + .. . dG σ = −Sσ dTσ + Vσ dpσ +
k i
k i
μiα dn iα .. . μiσ dn iσ
Nach Gl. (5.46) muss im Gleichgewicht bei T = const und p = const für das gesamte System, bestehend aus σ Phasen, gelten: dG =
σ
dG α =
α=1
k σ
μiα dn iα = 0
α=1 i=1
Da das gesamte System geschlossen ist, gilt: σ
dn iα = 0 für alle i bis k
α=1
Diese Nebenbedingung führt man nach der Methode der Lagrange’schen Parameter analog wie oben ein: k σ
μiα − λi dn iα = 0 α=1 i=1
5.11
Thermodynamisches Gleichgewicht in heterogenen Systemen
239
und wählt die Werte von λi so, dass wieder jeweils eine der Klammern (für ein bestimmtes α) verschwindet. Daraus folgt: μiα = λi Es ergibt sich also, wie in Gl. (5.81), dass μi in allen Phasen α = 1 bis α = σ gleich ist. Das gilt für jede Komponente i. Die Ableitung über dG = 0 ist allerdings nicht so umfassend wie die über dU = 0. Bei dG = 0 muss vorausgesetzt werden, dass T und p überall konstant sind, das ist bei der Ableitung über dU = 0 nicht der Fall. Dort ergibt sich die Bedingung p = const und T = const für alle Phasen aus der Ableitung selbst heraus. Da μiα in allen Phasen α = 1 bis α = σ denselben Wert im thermodynamischen Gleichgewicht hat, kann man die Indizierung der Phase auch weglassen und erhält: k σ α=1 i=1
μiα dn iα =
k i=1
μi
σ α=1
dn iα =
k
μi dn i = 0
i=1
In einem geschlossenen System gilt diese Beziehung immer unabhängig von der Zahl der Phasen, da alle dn i = 0 sind, wenn chemische Reaktionen ausgeschlossen sind. Sie gilt aber auch bei Anwesenheit chemischer Reaktionsgleichgewichte, wenn nicht alle dn i einzeln Null sind (s. Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern). Aus dem Gleichungssystem (5.81) lässt sich nun das sog. Gibbs’sche Phasengesetz ableiten. Wir hatten für den Fall, dass in einem offenen 1-Phasensystem k Komponenten und r unabhängige chemische Reaktionen vorliegen, bereits festgestellt, dass es k + 2 − r unabhängige Variable gibt. Ohne chemische Reaktionen sind es k + 2 unabhängige Variable (s. Abschn. 1.1). Wie groß ist die Zahl der unabhängigen Variablen in einem k-Komponentensystem mit σ Phasen ohne chemische Reaktionen? k ni = Wir erinnern uns (s. Ende Abschn. 1.1), dass es unter der Bedingung i=1
const in einem 1-Phasensystem nur (k − 1) + 2 Variable gibt und somit nur noch (k − 1)-Konzentrationen frei wählbar sind (z. B. die Molenbrüche). In einem entsprechenden Mehrphasensystem (k Komponenten, σ Phasen) gibt es also zunächst [(k − 1) + 2] · σ Variable. Diese Zahl von Variablen muss jedoch noch vermindert werden um die Zahl der Gleichgewichtsbedingungen, die gleich der Zahl der Gleichheitszeichen im Schema nach Gl. (5.81) ist, also (k + 2) · (σ − 1). Damit ist die Zahl der frei wählbaren Variablen f: f = (k + 1)σ − (k + 2)(σ − 1) also
240
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
f =k+2−σ
(ohne chemische Reaktionen)
(5.82)
Das ist das sog. Gibbs’sche Phasengesetz für heterogene Systeme mit freiem Komponentenaustausch in allen Phasen ohne chemische Reaktionen. Alle freien Variablen f sind intensive Zustandsgrößen. Falls r unabhängige chemische Reaktionsgleichgewichte zwischen den Komponenten vorliegen, erniedrigt sich die Zahl der frei wählbaren Variablen um r und man erhält: f = k +2−r −σ
(mit chemischen Reaktionen)
(Alternative Ableitung des Gibbs’schen Phasengesetzes: s. Aufgabe 5.16.41). Einige Beispiele sind: 1. Dampfdruck einer reinen Flüssigkeit k = 1, σ = 2 Damit folgt: f = 1 Es ist nur eine Variable frei wählbar, also p oder T . 2. Gleichgewicht fest-flüssig-gasförmig: k = 1, σ = 3 Damit folgt: f = 0 Das System hat also keine freien Variablen. Es liegt ein Tripelpunkt vor. 3. Binäres Flüssiggemisch im Gleichgewicht mit seinem Dampf: k = 2, σ = 2 Damit folgt: f = 2 Die zwei freien Variablen sind: x und T , dann liegen p und y fest oder x und p, dann liegen T und y fest oder T und p, dann liegen x und y fest. Hierbei ist x der Molenbruch in Flüssigphase und y der in der Gasphase. 4. Sättigungsgleichgewicht eines festen Stoffes in einem Lösemittel: k = 2 (Stoff u. Lösemittel), σ = 2 (fest und flüssig) Also gilt: f = 2. Es können z. B. T und p frei gewählt werden, dann ist die Stoffkonzentration im Lösemittel festgelegt. 5. Binäre flüssige Mischung mit Dampf-flüssig-Gleichgewicht und gleichzeitiger flüssig-flüssig Mischungslücke: k = 2, σ = 3
5.12
Die Maxwell-Konstruktion und Phasenumwandlungen reiner Stoffe
241
Demnach ist f = 1. Die Temperatur ist z. B. frei wählbar, dann stehen die Zusammensetzung x in der einen und x in der anderen flüssigen Phase sowie die Zusammensetzung y der Dampfphase und der Druck p fest. 6. Wir betrachten das chemische Gleichgewicht N2 O4 2NO2 , das sich sowohl in der flüssigen wie der gasförmigen Phase des 2-Phasensystems einstellt. Die Zahl der freien Variablen f ist in diesem Fall: f = k +2−r −σ = 2+2−1−2 = 1 Wenn also die Temperatur vorgegeben ist, so ist auch der Druck und die Zusammensetzung an N2 O4 und NO2 in beiden Phasen festgelegt. 7. Es ist nützlich, im Zusammenhang mit dem Phasengesetz den Begriff der freien Komponente einzuführen. Eine freie Komponente ist im Sinn der Thermodynamik ein chemischer Bestandteil einer Mischung, dessen Molzahl unabhängig von anderen Bestandteilen frei wählbar ist. Wenn es stöchiometrische Beziehungen zwischen den Bestandteilen gibt, reduziert sich die Zahl der freien Komponenten um die Zahl dieser Beziehungen. Ein Beispiel ist die Existenz von chemischen Reaktionsgleichgewichten in der Mischung, die wir bereits erwähnt hatten. Die Zahl der freien Komponenten ist dann die Zahl der unterscheidbaren chemischen Bestandteile, allgemein Komponentenzahl k genannt, minus der Zahl der unabhängigen Reaktionsgleichgewichte r . Zusätzliche Besonderheiten treten bei Elektrolytlösungen auf, z. B. bei in Wasser gelösten Salzen wie NaCl, die in Ionen dissoziieren. Damit ist die Zahl der Komponenten gleich 3: H2 O, Na+ und Cl− , genau genommen sogar gleich 5, da wegen der Autoprotolyse des Wassers H2 O OH− + H+ (s. Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern) zwei weitere Spezies, nämlich die Ionen OH− und H+ zu berücksichtigen sind, auch wenn diese in unserem Beispiel nur in sehr geringer Konzentration vorhanden sind. Im Fall von Ionen kommt neben der Bedingung xi = 1 noch als weitere Beziehung zwischen den Ionen die Elektroneutralitätsbedingung hinzu, d. h., die elektrische Ladungszahl aller Anionen muss gleich der der Kationen sein, in unserem Beispiel muss also gelten: cH+ + cNa+ = cCl− + cOH− . Die Zahl der freien Komponenten beträgt also in einer wässrigen Lösung von NaCl: k−r −2 = 5−1−2 = 2.
5.12 Die Maxwell-Konstruktion und Phasenumwandlungen reiner Stoffe Wir haben gesehen, dass bei konstantem p und T in heterogenen Systemen das chemische Potential in allen möglichen Phasen für jede Komponente denselben Wert haben muss. Betrachten wir in einem 1-Komponenten-System (reiner Stoff) ein Phasengleichgewicht, so bedeutet das ganz allgemein:
242
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
μ1 = μ1 „Strich“ und „Doppelstrich“ kennzeichnen dabei die beiden Phasen. Wir hatten bei der Diskussion der v. d. Waals-Gleichung (s. Gl. (3.2)) behauptet, dass in Abb. 3.3 die Gleichheit der beiden Flächen A1 und A2 die Konstruktionsvorschrift zur Bestimmung des Phasengleichgewichtes Dampf-Flüssigkeit darstellt. Diese Vorschrift heißt Maxwell-Konstruktion. Wir wollen sie jetzt beweisen. Zunächst ist klar, dass nach Gl. (5.81) gelten muss: Tfl = Tgas und pfl = pgas . Ferner gilt: μfl = μDampf . Da bei reinen Stoffen μ = (∂G/∂n)T, p = G, also gleich der molaren freien Enthalpie ist, gilt: G fl = G gas oder F fl + pV fl = F gas + pV gas bzw.: F fl − F gas = p · (V gas − V fl ) Andererseits gilt (s. Gl. (5.56)):
∂F ∂V
= −p T
Daraus folgt sofort: V gas
F gas − F fl = −
p(V )dV V fl
also gilt: V gas
p(V gas − V fl ) = +
p(V ) · d V V fl
(5.83)
5.12
Die Maxwell-Konstruktion und Phasenumwandlungen reiner Stoffe
243
Abb. 5.15 Molzahlen und Volumina im 2-Phasengleichgewicht Flüssig-Gas
Das ist der Beweis der Flächengleichheit. Zur Konstruktion des Phasengleichgewichtes ist es also erforderlich, dass A1 = A2 , wie es am Beispiel der v. d. WaalsGleichung in Abb. 3.3 gezeigt ist. Befindet sich das Volumen eines Fluids (n fl + n gas ) · V = V innerhalb des 2Phasenbereichs, dann spaltet sich das Volumen in 2 Volumenanteile Vfl und Vgas auf. (s. Abb. 5.15). Es gilt:
n · V = (n fl + n gas ) · V = n fl · V fl + n gas · V gas oder V = xfl · V fl + x gas · V gas n fl mit x fl = 1 − xgas = (n fl + n gas ) Gibt man also im 2 Phasengebiet das molare Volumen V = V /n vor, so lässt sich bei bekannten V fl und V gas berechnen, wie groß die Anteile in der Gasphase (x Gas ) bzw. der flüssigen Phase (x fl ) sind. Es gilt: V − V gas V fl − V gas
= xfl = 1 − xgas
Das ist eine spezielle Anwendung des sog. Hebelgesetzes (s. Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern). Bei gegebener Temperatur und gegebenem Druck sind V fl und V gas durch die Maxwellkonstruktion festgelegt. In Abb. 5.16 ist das 3-dimensionale sog. pV T Diagramm eines 1-Komponenten-Systems dargestellt. Auch der Phasenübergang flüssig-fest ist gezeigt, den z. B. die v. d. Waals-Gleichung nicht erfassen kann. Die Temperatur, wo alle 3 Phasen koexistieren ( A , A , A ), heißt Tripelpunkt. Hier ist nach dem Phasengesetz f = 0 (s. Gl. (5.82)).
244
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.16 pV T -Oberfläche einer realen Flüssigkeit mit den Phasenbereichen Dampf-Flüssig, Dampf-Fest und Flüssig-Fest. Auf der pT -Projektionsebene bedeuten: A = Tripelpunkt, C = kritischer Punkt, AC = Dampfdruckkurve (Flüssig-Dampf), AD = Schmelzdruckkurve, BA = Sublimationsdruckkurve (Fest-Dampf). W. B. Streett, Cornell University, persönliche Mitteilung
Die Projektion der pV T -Oberfläche auf die p − T -Ebene zeigt die Sublimationsdruckkurve BA, die Schmelzdruckkurve AD und die Dampf-Flüssigkeits-Kurve AC (Dampfdruckkurve) mit dem kritischen Punkt C. Abbildung 5.17 zeigt schematisch die Mengenverhältnisse der Volumina von Flüssigkeit und Dampf im 2-Phasenbereich.
Abb. 5.17 Volumen (Kastengrößen) und Anteile von Flüssigkeit und Dampf auf einer Isotherme im 2-Phasenbereich Flüssig-Dampf
5.12
Die Maxwell-Konstruktion und Phasenumwandlungen reiner Stoffe
245
Abb. 5.18 Verlauf der chemischen Potentiale μα und μβ bei der Phasenumwandlung eines reinen Stoffes α ↔ β
Man kann die Phasenübergänge flüssig-gas, flüssig-fest, gas-fest auch am Verlauf von μ = (∂G/∂n)T, p auf einer Isobaren betrachten. Auch für Umwandlungen im festen Zustand, die bei vielen kristallinen Stoffen zu beobachten sind, also fest-fest Übergänge, gelten diese Überlegungen. Wir betrachten dazu Abb. 5.18. TU ist die Umwandlungstemperatur (z. B. Siedetemperatur) bei gegebenem Druck p. α bezeichnet die bei tieferer Temperatur stabile Phase (fest oder flüssig), β die oberhalb TU stabile Phase (fest, flüssig oder gasförmig). Oberhalb TU folgt μ der Kurve μβ , unterhalb TU der Kurve μα . Der Grund ist klar: bei p = const nimmt μ bei jeder Temperatur den möglichen Minimalwert an, wie es die Gleichgewichtsbedingung verlangt. Es handelt sich hierbei um sog. Phasenübergänge 1. Ordnung. Wir fassen diese Phasenübergänge nochmals mit jeweils einem Beispiel versehen in Tabelle 5.1 zusammen. Mit einem Phasenübergang 1. Ordnung ändern sich neben V auch H und S sprungartig. Das kann man ebenfalls aus Abb. (5.18) erkennen, denn der „Knick“ in der Gleichgewichtskurve für μ(T ) bedeutet einen Sprung in der Temperaturableitung
Phase α
Tabelle 5.1 Typen von Phasenumwandlungen 1. Ordnung bei p = const (1 bar) Phase β TU Beispiel
flüssig
gas
fest
flüssig
fest
gas
fest
fest
Siedetemperatur (z. B. H2 O bei TU = 373,15 K) Schmelztemperatur (z. B. H2 O bei 273,15 K) Sublimationstemperatur (z. B. CO2 bei 1 bar und TU = 195,1 K) Umwandlungstemperatur (z. B. Schwefel: rhombisch zu monoklin bei 386 K)
Sieden von Flüssigkeiten Schmelzen kristalliner Stoffe Sublimieren fester Stoffe
Kristalline Umwandlung fester Stoffe
246
∂μ ∂T
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
p
bei TU , und da S = −
∂μ(T ) ∂T
p
und H = μ − T
∂μ ∂T
p
, müssen sich auch
S(T ) und H (T ) bei T = TU sprungartig ändern. H V = H gas − H fl heißt die molare Verdampfungsenthalpie, H sub = H gas − H fest die molare Sublimationsenthalpie und H s = H fl − H fest die molare Schmelzenthalpie oder allgemein HU = H α − H β die molare Umwandlungsenthalpie. Entsprechendes gilt für die Entropie. Allgemein spricht man von Umwandlungsenthalpien, Umwandlungsentropien usw. Im Phasengleichgewicht gilt bei jeder Temperatur G α = G β , also: G U = μα − μβ = H U − T S U = 0 also ist S U =
H U T
d. h., es gilt entlang der Phasen-Koexistenzlinie (s. z. B. die pT -Projektionen in Abb. 5.16): d G α = dμα = dμβ = dG β und aufgrund von Gl. (5.41) (dli = 0, dn i = 0): −S α dT + V α dp = −S β dT + V β dp Daraus folgt die sog. Clapeyron’sche Gleichung: Sα − Sβ dp S U H U = = = dT Vα − Vβ V U T · V U
(5.84)
Das ist die Differentialgleichung für die 2-Phasen-Koexistenzlinie eines reinen Stoffes (1- Komponentensystem) auf der pT -Projektionsfläche und gilt für die Dampfdruckkurve (Linie AC), die Sublimationsdruckkurve (Linie BA), oder die Schmelzdruckkurve (Linie AD) in Abb. 5.16. Bei den Übergängen „Flüssigkeit-Gas“ und „Feststoff-Gas“ kann bei niedrigen Temperaturen angenommen werden, dass V gas V fl bzw. V gas V fest . Wenn für V gas das ideale Gasgesetz näherungsweise gültig ist, erhält man also: RT V gas − V fl = V V ∼ = V gas ∼ = p
5.12
Die Maxwell-Konstruktion und Phasenumwandlungen reiner Stoffe
247
Eingesetzt in Gl. (5.84) wird daraus die sog. Clausius-Clapeyron’sche Gleichung: dp H V H V = p· = dT RT 2 T · V gas
(5.85)
Integration ergibt unter Voraussetzung, dass H V ≈ const: p(T ) = p(T0 ) · e
−
HV R
1 T
− T1
0
Diese Gleichung gibt den Verlauf der Dampfdruckkurve bzw. der Sublimationsdruckkurve näherungsweise wieder. p(T0 ) und T0 sind irgend ein Punkt auf der Dampfdruckkurve, der vorgegeben ist. Bei Annäherung an den kritischen Punkt wird diese Gleichung allerdings ungültig. Sie gilt näherungsweise nur bei kleinen Werten von p in einem beschränkten T -Bereich. Eine verbesserte Dampfdruckgleichung wird in Anhang E abgeleitet. Bei Phasenübergängen im kondensierten Bereich, also „Flüssigkeit-Feststoff“ oder auch „Feststoff-Feststoff“, muss die allgemein gültige Gl. (5.84) verwendet werden. H U und V U hängen im Allgemeinen sowohl von T wie auch von p ab. VU kann oft in erster Näherung als T - und p-unabhängig angesehen werden, ebenso H U . Meistens ist neben H U auch V U positiv, aber nicht unbedingt, es gibt Fälle, wo V = V fl − V fest negativ sein kann. Das bekannteste Beispiel ist H2 O: die sog. Schmelzdruckkurve hat eine negative Steigung, d. h., Eis I schmilzt unter Druck. In Abb. 5.19 sind die Projektionen der Phasendiagramme von H2 O und CO2 im Bereich ihres Tripelpunktes T bis zum Druck und Temperatur ihres kritischen Punktes C dargestellt. Man sieht deutlich den negativen Anstieg der Schmelzdruckkurve bei H2 O, die die feste von der flüssigen Phase trennt. Beim CO2 liegen kritische Temperatur und Druck deutlich niedriger als bei H2 O, aber der
Abb. 5.19 Phasendiagramme von H2 O und CO2 im Bereich des Flüssig-Dampfgleichgewichtes T = Tripelpunkt, C = kritischer Punkt, S = Siedepunkt. Die Skalierung der Druck- und Temperaturachsen ist nicht linear-maßstäblich
248
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Tripelpunkt von CO2 liegt bei über 5 bar, d. h., CO2 ist bei 1 bar fest und verdampft als „Trockeneis“. Bei 1 bar und Temperaturen oberhalb −78,5◦ C ist CO2 gasförmig. Das ganze Hochdruckphasendiagramm von H2 O ist in Abb. 5.20 wiedergegeben als dreidimensionale Darstellung der Oberfläche im Koordinatensystem Druck ( p), spezifisches Volumen (υsp ), Temperatur (◦ C). Alle auf die pV -Ebene projizierten Kurvenverläufe gehorchen der Gl. (5.84) und gehen aus ihr durch Integration hervor. Sie kennzeichnen die Phasengrenzen zwischen verschiedenen festen Phasen oder der flüssigen Phase und einer festen Phase. Man sieht in Abb. 5.20 sehr anschaulich, warum die verschiedenen Phasengrenzlinien unterschiedliche Vorzeichen ihrer Steigung (dp/dT ) haben: z. B ist das spedp < 0, dasselbe zifische Volumen von H2 O (fl) kleiner als Eis (I), daher ist dT gilt für den Übergang von Eis (V) nach Eis (II), während dagegen υsp von H2 O (fl) größer ist als υsp von Eis (VI) oder von Eis (V). Folglich gilt in diesen beiden Fällen dp dT > 0. HU ist in allen Fällen positiv.
Abb. 5.20 Hochdruckphasendiagramm des kondensierten Wassers. I, II, III, V, VI feste Phasen von Eis. Die Fest-Flüssig-Existenzkurve (Schmelzdruckkurve) Wasser – Eis I hat eine negative Steigung, da υsp,EisI > υsp,fl.H2 O . Dasselbe ist der Fall bei der Eis II–Eis V – Existenzkurve (υsp,EisII > υsp,EisV ). Die Dampf-Flüssig-Phasengrenzlinie (Dampfdruckkurve) ist nicht gezeigt, da sie in dieser Skalierung sich kaum sichtbar von der Nulllinie abhebt. Abbildung nach: S. M. Walas, „Phase Equilibria in Chemical Engineering“, Butterworth Publishers (1985)
5.12
Die Maxwell-Konstruktion und Phasenumwandlungen reiner Stoffe
249
Abb. 5.21 Die Phasendiagramme von Kohlenstoff (a) und von Bornitrid (b). CDiamant → ◦ ◦ ◦ CGraphit : G n = −2,87 kJ · mol−1 , BNcub. → BNhex. : G n = 13,9 kJ · mol−1 (G n ist die freie Umwandlungsenthalpie bei 298,15 K und 1 bar)
Wir betrachten noch 2 weitere Beispiele. In Abb. 5.21 ist das Phasendiagramm von Kohlenstoff (C) dargestellt, d. h. die Projektion der 3-dimensionalen pV T Oberfläche auf die pT -Fläche. Auf den Phasengrenzlinien gilt G = 0. Ist G = G II − G I also als Funktion von T und p bekannt, so ergibt G = G II − G I = 0 die Phasengrenzlinie ( p(T ) ), die die benachbarte Phasen voneinander trennt. Abbildung 5.21 zeigt z. B., dass Graphit bei Raumtemperatur stabiler als Diamant ist, erst bei hohen Drücken ist es umgekehrt. Der Besitz von Brillanten ist eigentlich eine unsichere Angelegenheit, sie müssten sich unter normalen Bedingungen in schwarzen Graphit umwandeln. Dass das nicht geschieht, liegt daran, dass die Umwandlung Diamant → Graphit kinetisch sehr stark gehemmt ist. Interessant ist die Änderung der Steigung in der Schmelzdruckkurve des Kohlenstoffs bei ca. 4.200 K und ca. 4,5 Gbar. Hier wechselt offenbar das Schmelzvolumen sein Vorzeichen. Bei Bornitrid (s. Abb. 5.21), ein ebenfalls äußerst hartes Material, ist unterhalb ca. 1.200 K die kubische Form (c-BN) stabil bis zu höchsten Drücken. Oberhalb ca. 1.200 K ist bei Normaldruck die hexagonale Form (h-BN) stabil und wandelt sich erst bei höheren Drücken in die kubische Form um. Die Phasendiagramme von Kohlenstoff und Bornitrid stellen Projektionen der pV T -Zustandsfläche auf die pT -Ebene dar. Allerdings ändert sich bei Phasenumwandlungen im kondensierten Zustand das Molvolumen V in viel geringerem Ausmaß als im Fall des Flüssig-Dampf- oder Fest-Dampf-Phasengleichgewichtes, aber auch bei den Phasendiagrammen im kondensierten Zustand kommt es auf den Phasengrenzflächen zu Sprüngen des Wertes von Volumen V (wie in Abb. 5.20 gezeigt), Enthalpie H und Entropie S. Sowohl Kohlenstoff wie auch Bornitrid zeigen jeweils Tripelpunkte, bei denen sich zwei feste und eine flüssige Phase im Gleichgewicht befinden. Alle hier diskutierten Phasenübergänge gehören zur Klasse der sog. Phasenübergänge 1. Ordnung. Es gibt auch Phasenübergänge 2. Ordnung, bei denen es nur zu einem „Knick“ und keinem Sprung der Größen V , H und S kommt, darauf gehen wir hier jedoch hier nicht näher ein.
250
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.22 Abhängigkeit der molaren Verdampfungsenthalpie H V von der Temperatur. Beispiele: Wasser, Ethanol, n-Butan. Abbildung nach: J. Gmehling, B. Kolbe, „Thermodynamik“, VCH Verlagsgesellschaft (1992)
Häufig ist es auch von Interesse zu wissen, wie sich entlang der Phasengrenze bei Phasenumwandlungen 1. Ordnung die Umwandlungswerte der Zustandsgrößen verändern, z. B. stellt sich die Frage, wie sich die Verdampfungsenthalpie H V entlang der Dampfdruckkurve ändert (s. Abb. 5.22). Am kritischen Punkt muss H V verschwinden, da die beiden Phasen ja mit Annäherung an den kritischen Punkt immer ähnlicher und dort schließlich identisch werden. Man sieht z. B. in Abb. 5.22, dass H V bei Annäherung an den kritischen Punkt rasch kleiner wird und dort verschwindet. Abbildung 5.22 legt ferner die Vermutung nahe, dass H V bei der kritischen Temperatur Tc mit einer Steigung lim
T →Tc
dH V dT
= −∞
einmündet. Das lässt sich in der Tat leicht nachweisen, indem man von der Clapeyron’schen Gleichung (Gl. (5.84)) ausgeht und diese nach T entlang der Phasenkoexistenzlinie differenziert: d dHV = dT dT
dp · T · V V dT
5.13
Freie Standardbildungsenthalpien
251
wobei V V = V Dampf − V Flüssig das molare Verdampfungsvolumen bedeutet. Es gilt also: d2 p dV V dH V dp dp = · V V + ·T · · T · V V + 2 dT dT dT dT dT Ein Blick auf Abb. 5.16 zeigt, dass sowohl (dp/dT ) wie auch (d 2 p/dT 2 ) am kritischen Punkt c auf der Dampfdruckkurve (Kurve AC) endlich bleiben, während V V im 2-Phasengebiet (weiße Fläche) bei T → Tc verschwindet. Man entnimmt Abb. (5.16) ferner, dass bezüglich der Änderung von V Dampf bzw. V Flüssig mit T gilt: lim
T →Tc
d V Dampf dT
= −∞
und
lim
T →Tc
d V Flüssig dT
= +∞
denn die Projektion der pV T -Oberfläche auf die T V -Ebene zeigt, dass (dT /d V ) T =Tc = 0 gilt. p= pc
Also ergibt sich wie vermutet mit V V = V Dampf − V Fluessig : lim
T →Tc
dH V dT
=
dp dT
T =Tc
· Tc · lim
T →Tc
dV V dT
= −∞
Die Richtigkeit dieser Aussage wird durch die Beispiele in Abb. 5.22 bestätigt (siehe auch Übungsaufgabe 5.16.55).
5.13 Freie Standardbildungsenthalpien 0
In Abschn. 4.5 wurden Standardbildungsenthalpien f H 298 für chemische Verbindungen definiert. In ähnlicher Weise lässt sich auch die freie Standardbildungsent0 halpie f G 298 definieren. Sie ist die Differenz der freien Enthalpie der Verbindung minus der stöchiometrischen Summe der freien Enthalpien der reinen Elemente, aus denen die Verbindung besteht. Dabei werden die freien Enthalpien der Elemente bei 1 bar und 298,15 K in ihrem thermodynamisch stabilsten Zustand definitionsgemäß gleich Null gesetzt. Es gilt also für die Verbindung n: 0
0
f G 298,n = G 298,n −
0
0
νi G 298,i = G 298,n (bei p = 1 bar)
i
wobei νi die stöchiometrischen Koeffizienten der Elemente i für die chemische Bil0 dung der Verbindung n bedeuten mit ihrer freien Enthalpie G 298,i .
252
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Wir wählen als Beispiel die Schwefelsäure: H2 (g) + S (s) + 2O2 (g) → H2 SO4 (l) (g = gasförmig, l = flüssig (liquid), s = fest (solid)) Also gilt (bei 1 bar): 0
0
0
0
0
f G 298,H2 SO4 = G 298,H2 SO4 − G 298,H2 − G 298,S − 2G 298,O2 0
= G 298,H2 SO4 Es ist also ν1 = νH2 = 1, ν2 = νS = 1, ν3 = νO2 = 2. 0
Die freie Standardbildungsenthalpie f G 298 ist somit gleich der freien Reaktionsenthalpie der Verbindung aus ihren Elementen unter Standardbedingungen, d. h. bei 0 298,15 K und 1 bar. Wie ermittelt man Werte von f G n,298 ? Nach der Gibbs-Helmholtz-Gleichung (Gl. (5.61)) gilt:
f
0 G n,298
=
f
0 H n,298
−T
S n,298 −
νi S i,298
i 0
0
f H n,298 ist die Standardbildungsenthalpie der Verbindungen, S n,298 ihre absolu0
te Entropie und S i,298 die der konstituierenden, reinen Elemente. Bei der Entropie wählt man nun - anders als bei Enthalpie und freier Enthalpie - für die Elemente 0 nicht S i,298 = 0, sondern man gibt absolute Entropiewerte an. Das gilt für die chemische Verbindung ebenso wie für die Elemente. Die molare Entropie S(T ) lautet (bei p = const) für kondensierte Stoffe: T S(T ) =
Cp dT + S(T = 0) T
0
Nun besagt das Nernst’sche Wärmetheorem (s. Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern), dass im thermodynamischen Gleichgewicht für alle Stoffe S(T = 0) = 0 gesetzt werden kann. Damit können für Entropien, anders als für Enthalpien und freie Enthalpien, absolute Werte ermittelt werden, wenn die Molwärme C p bzw. C V im Bereich von T = 0 bis T als Funktion von T bekannt 0
0
0
ist. Werte von f G 298 , f H 298 und S 298 sind in Anhang F.3 für viele anorganische und organische Stoffe angegeben. Will man die freie Bildungsenthalpie bei anderen Werten von T und p kennen als im Standardzustand, so geht man von der allgemeinen Beziehung für das totale
5.13
Freie Standardbildungsenthalpien
253
Differential von G aus (s. Gl. (5.52) mit dλi = 0 und dn i = 0: dG = −SdT + V dp 0
Integration dieser Gleichung unter Berücksichtigung der Definition von f G (T , p) ergibt für den Stoff n, der aus den Elementen i gebildet wird: 0 f G n (T , p)
=
T
0 f G n (298
p +
K ,1 bar) −
S n (T , p) −
V n (298, p ) −
dT
dp
(5.86)
i
298
νi S i (T , p)
νi V i (298, p )
i
1 bar
wobei νi hier wieder die stöchiometrischen Koeffizienten der Elemente bezüglich der Verbindung n bedeuten. In Gl. (5.86) ist Integrationsweg so gewählt, dass zunächst bei T = 298 K über p integriert wird und dann bei p = const über T von 298 K bis T . Es gilt nun (s. Gl. (5.19)): T
T S(T, p) dT =
298
T dT
298
C p (T , p) dT T
(bei p = const)
0
Der erste Term unter dem Integral ) auf der rechten Seite ) dieser Gleichung lässt sich durch partielle Integration nach u · dυ = u · υ − υ · du mit dυ = dT, u = ) (C p /T )dT bzw. du = (C p /T )dT umschreiben: T
T dT
298
C p (T , p) dT = T T
0
T
C p (T , p) dT − T
298
T
C p (T , p)dT
298
Damit erhält man nach Einsetzen in Gl. (5.86):
f
0 G n (T,
f
p) =
0 G n (298K, 1bar) +
T
C p (T , p)dT
298
T −T 298
C p (T , p) dT + T
(5.87)
p V (298)dp 1
mit C p = C p,n −
i
νi C p,i und V = V n −
νi V i
254
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Der zweite bzw. dritte Term auf der rechten Seite von Gl. (5.87) stellen wieder nichts anderes dar als die Enthalpieänderung bzw. die Entropieänderung multipliziert mit T entsprechend der Gibbs-Helmholtz-Gleichung. 0 0 Die Berechnung von f G n (T, p) bei Kenntnis von f G n (298, 1bar) lässt sich also immer durchführen, wenn die Molwärmen C p,n bzw. C p,i und die Molvolumina V n bzw. V i als Funktionen von T und p bekannt sind. 0 Bei reinen Stoffen entspricht f G n (T, p) dem chemischen Potential μn (T, p) dieses Stoffes. Wenn ein Stoff in verschiedenen Phasen existieren kann, herrscht ja Phasengleichgewicht zwischen 2 Phasen („Strich“ und „Doppelstrich“), wenn gilt (s. Gl. 5.81): μn = μn bzw. 0 0 f G (T, p)n = f G (T, p)n Außerhalb des Phasengleichgewichtes ist immer diejenige Phase thermodynamisch stabil, die den niedrigeren Wert von f G 0 (T, p)n bzw. μn hat (s. Abb. 5.18). 0 Für einige Stoffe sind im Anhang F.3 auch Standardwerte f G (298, 1 bar) für verschiedene Phasen angegeben. So wird z. B. beim Kohlenstoff der Wert von 0 f G (298, 1 bar) für Graphit mit 0 kJ · mol−1 angegeben, für Diamant mit 2,88 kJ · mol−1 und für gasförmigen Kohlenstoff mit 669,58 kJ · mol−1 . Die stabile Modifikation ist also bei 298 K und 1 bar Graphit, Diamant ist nicht stabil, sondern nur metastabil (s. auch Abb. 5.21). Gasförmiger Kohlenstoff ist unter Standardbedingungen nicht existent, so dass dieser hypothetische Zustand nur indirekt, d.h., rechnerisch ermittelt werden kann. Es gilt generell für den gasförmigen Standardzustand - unabhängig davon, ob er thermodynamisch stabil ist oder nicht -, dass er für das ideale Gas definiert ist. Dieser Zustand ist deshalb hypothetisch, d. h. nicht realisierbar, weil kein Gas bei 1 bar und 298,15 K als ideales Gas vorliegt. Es müssen daher beim realen Gas bei 1 bar und 298,15 K Korrekturen vorgenommen werden, um den hypothetischen Zustand des idealen Gases bei Standardbedingungen angeben zu können (Näheres s. „Das Nernst’sche Wärmetheorem“ in Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern). So sind die Zahlenwerte 0 0 0 für f G (298), f H (298) und S (298) für gasförmige Verbindungen (Index g) in Anhang F.3 zu verstehen. 0 Wir wollen als Beispiel berechnen, bei welchem Druck f G (298, p) für Graphit und Diamant gleich werden, also Phasengleichgewicht herrscht. Es muss dort bei 298,15 K gelten: p
0
G (298 K, 1bar)Graphit + f
0
V Graphit dp
1 bar 0
p
= G (298 K, 1bar)Diamant + f
1 bar
0
V Diamant dp
5.14
Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen
255
Mit den tabellarischen Daten folgt zunächst:
2,88 kJ · mol
−1
p =
0
0
(V Graphit − V Diamant ) dp 1 bar
Um den fraglichen Druck p berechnen zu können, benötigen wir Werte der Mol0 volumina V von Graphit und Diamant. Wir nehmen vereinfachend an, dass die Molvolumina in erster Näherung druckunabhängig sind, eine Annahme, die für die Differenz der Molvolumina sicher noch zutreffender ist. Die Dichte von Graphit beträgt 2,25 · 103 kg · m−3 , diejenige von Diamant 3,52 · 103 kg · m−3 . Die Molmasse Mc von Kohlenstoff ist 0,01201 kg · mol−1 . Damit ergibt sich: 2,88 · 1000 J · mol
−1
= Mc ·
1 ρGraphit
−
1 ρDiamant
( p − 1)
Aufgelöst nach dem fraglichen Druck p folgt: p=
2,88 · 1000 + 1 = 1,495 · 109 Pa = 14.950 bar 1 1 −3 0,01201 · 2,25 − 3,52 · 10
Das ist der Druck im Phasengleichgewicht. Eine genauere Rechnung, die die Druck0 0 abhängigkeit von V Graphit und V Diamant berücksichtigt, ergibt für den Umwandlungsdruck 16 kbar (s. Übungsaufgabe 5.16.36). Oberhalb dieses Druckes ist also Diamant die stabile Phase des Kohlenstoffs, unterhalb dieses Druckes ist es Graphit (s. auch Abb. 5.21).
5.14 Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen Wir hatten mit der Einführung und Diskussion der Gibbs’schen Fundamentalgleichung (Gl. (5.47)) bereits die Molzahlen n k als freie Variablen verwendet und waren dadurch zum Begriff des chemischen Potentials μk gelangt, das eine so fundamentale Bedeutung bei der Berechnung von Phasengleichgewichten hat. Die aus der Gibbs’schen Fundamentalgleichung abgeleiteten Gleichgewichtsbedingungen (Gl. (5.81)) sind die Grundlage der quantitativen Beschreibung dieser Phasengleichgewichte, mit denen wir uns seit Beginn des Absch. 5.7 beschäftigt hatten. Dabei waren wir stets davon ausgegangen, dass die verschiedenen Phasen eines Systems an den Phasengrenzen durchlässig sind für die verschiedenen Komponenten, also die Phasen miteinander als offene Untersysteme zu betrachten sind. Das Gesamtsystem jedoch, das alle Phasen enthält, war entweder als geschlossenes System betrachtet worden, bei dem es zwar Energieaustausch aber keinen Materieaustausch mit der
256
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Umgebung gibt, oder als abgeschlossenes (isoliertes) System, bei dem weder Materie noch Energie mit der Umgebung austauschbar sind. Wir wollen diese Einschränkungen jetzt fallen lassen und untersuchen, welche Konsequenzen und neuen Erkenntnisse sich ergeben, wenn der Austausch von Energie und Materie mit der Umgebung möglich ist. Dazu betrachten wir ein 1Phasensystem mit k Komponenten. Zunächst sei daran erinnert, dass bei der Entropie S bereits in Abschn. 5.7 die Aufspaltung in einen inneren Anteil δi S und einen äußeren Anteil δe S für die differentielle Gesamtänderung der Entropie d S vorgenommen wurde: d S = δe S + δi S Ähnlich verfahren wir jetzt bei einem offenen System mit den Komponenten n k : dn k = δe n k + δi n k δe n k und δi n k sind also i. a. keine vollständigen Differentiale. Der nach links gestellte Index bezeichnet also auch hier mit e (= extern) den Austausch mit der Umgebung, während der Index i (= intern) Änderungen der Molzahlen im Inneren des Gesamtsystems bezeichnet. Eine Änderung δe S kann in einem offenen System durch Wärmeaustausch δ Q sowie materiegebundenem Austausch mit der Umgebung zustande kommen: T · δe S = δ Q + T
S k δe n k
k
Dabei ist S k die partielle molare Entropie der Komponente k. Wenn wir auf beiden Seiten dieser Gleichung T · δi S dazu addieren und beachten, dass T · δi S = δWdiss , also die differentielle dissipierte Arbeit bedeutet (s. Gl. (5.29)), so ergibt sich: S k δe n k + δWdiss (5.88) T (δe S + δi S) = T · d S = δ Q + T k
Allgemein gilt also T dS ≥ δQ + T
S k δe n k
(5.89)
k
Das Gleichheitszeichen in Gl. (5.89) gilt im reversiblen Fall, wenn δWdiss = 0 ist. Wir setzen nun Gl. (5.88) in die Gibbs’sche Fundamentalgleichung (5.47) ein und erhalten mit T δi S = δWdiss : dU = δ Q + T
k
S k δe n k + T δi S − p · d V +
k
μk δi n k +
k
μk δe n k (5.90)
5.14
Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen
257
Dabei haben wir den Term i λi dl der Einfachheit halber weggelassen, wir benötigen ihn im Moment auch nicht, da außer der Volumenarbeit andere Arbeitsformen nicht vorkommen sollen. Das chemische Potential μk hängt mit den partiellen molaren Größen H k und S k folgendermaßen zusammen (man hat lediglich Gl. (5.61) partiell nach der Molzahl n k zu differenzieren): μk = H k − T · S k Eingesetzt in Gl. (5.90) ergibt das: dU = δ Q + T δi S − pd V +
μk δi n k +
k
H k δe n k
(5.91)
k
Wenn im Inneren des Systems keine materiellen Änderungen, wie z. B. chemische Reaktionen, auftreten, sind alle δi n k = 0. Dann gilt δe n k = de n k und man erhält: dU = δ Q + T δi S − pd V +
H k de n k
(5.92)
k
Falls sich die potentielle und die äußere kinetische Energie des Systems ändern können, gilt: d E = d Epot + d E kin + dU und damit: d E = d E pot + d E kin + dU = δ Q − pd V + T δi S +
H k de n k
(5.93)
k
Gleichungen (5.92) und (5.93) repräsentieren den 1. Hauptsatz für offene Systeme. Er reduziert sich für alle de n k = 0 auf die bekannte Form für geschlossene Systeme (Gleichungen (5.30) und (5.31)). Die Behandlung offener Systeme spielt vor allem in der technischen Thermodynamik eine Rolle. Wir wollen in den folgenden Unterabschnitten 6 Beispiele angeben, bei denen man den 1. Hauptsatz in der Formulierung für offene Systeme benötigt.
258
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.14.1 Austritt eines komprimierten Gases aus einem Hochdruckbehälter Beim Druck p1 befinden sich in einem Stahlzylinder m 1 kg eines idealen Gases bei Umgebungstemperatur T1 . Durch ein undichtes Ventil entweicht das Gas rasch, bis sich Umgebungsdruck einstellt. Welche Gasmenge m 2 verbleibt im Zylinder und wie groß ist die Endtemperatur T2 im Zylinder? Wir nehmen an, dass der Prozess adiabatisch und vollständig irreversibel abläuft, d. h., δ Q = 0 und δW = − pd V + δWdiss = 0, also pd V = T δi S = δWdiss . Mit Gl. (5.92) erhält man dann für einen reinen Stoff: dU = H de n Es gilt: dU = d(U · n) = ndU + U · de n und H =U + p·V Damit ergibt sich ndU = p · V · de n
(5.94)
Es gilt p · V = RT und, wenn V0 das Zylindervolumen ist: n · V = V0 bzw., da V0 eine Konstante ist V de n + ndV = 0 Mit ndU = nC V · dT folgt aus Gl. (5.94): C V dT de n dV = =− RT n V Integration ergibt: T2 = T1
V1 V2
γ −1
(5.95)
5.14
Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen
259
wobei γ der Adiabatenkoeffizient C p /C V ist (s. Abschn. 5.1). Gleichung (5.95) ist also nichts anderes als die bekannte Adiabaten-Gleichung. Sie lässt sich mit V = V0 /n = V0 · M/m schreiben: V2
m1 = = m V1 2
p1 p2
1/γ (5.96)
Dabei ist p2 der Umgebungsdruck. Es lässt sich also bei bekannter Masse m 1 und Druck p1 sowie dem Wert von γ = C p /C V die im Zylinder verbleibende Gasmenge m 2 und nach Gl. (5.95) auch die Endtemperatur T2 im Stahlzylinder berechnen. Man beachte das interessante Ergebnis, dass bei einem offenen System im adiabatisch-irre-versiblen Fall nach Gln. (5.95) dasselbe herauskommt wie bei einem geschlossenen System im adiabatisch-quasistatischen (reversiblen) Fall nach Gln. (5.1) bzw. (5.2).
5.14.2 Aufheizung eines Raumes Wir wollen jetzt die Aufheizung eines Raumes berechnen (s. Abb. 5.23). Ein elektrischer Heizer, der die Arbeit δWdiss dissipiert, erwärmt die Raumluft, die am Anfang die Temperatur T0 und den Druck p0 hat. Das Raumvolumen ist V0 . Beim Aufheizen bleiben p0 und natürlich auch V0 unverändert, da beim Erwärmen der Luft immer soviel Luft (durch Ritzen und Schlüssellöcher etc.) aus dem Raum austritt, dass p0 konstant bleibt. Es handelt sich also auch hier um ein offenes System (Luftverlust des Systems „Raum“). Zu berechnen ist die Temperatur und die Menge an Luft im Raum als Funktion der Zeit t, wenn der Heizer mit der konstanten Heizleistung δWdiss /dt = W˙ diss arbeitet.
Abb. 5.23 Aufheizung eines Raumes
260
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Wir starten wieder mit Gl. (5.92) und schreiben mit δ Q = 0 und W˙ diss · dt = T · δi S · dt: dU = W˙ diss dt − p0 d V + H · dn Wir setzen wieder dU = ndU + U · dn und d V = V dn + ndV sowie H dn = U dn + p0 · V dn ein und erhalten: n · dU = W˙ diss dt − n · p0 d V = n · C V dT Nun gilt das ideale Gasgesetz: p0 · V0 = n · RT allerdings mit p0 · V0 = const, so dass Differenzieren ergibt: p0 · V0 dn =− dT RT 2 Es gilt für das molare Volumen V = V0 /n = RT / p0 .
Wenn wir jetzt dV = d V /dT dT setzen, erhält man: dV R = dT p0 und mit n = p0 · V0 /RT : dT p0 · V0 p0 · V0 W˙ diss · dt = CV + dT R T T Diese Gleichung lässt sich sofort integrieren von 0 bis t und von T0 bis T : W˙ diss · t =
CV T + 1 · p0 · V0 · ln R T0
Wenn wir noch berücksichtigen, dass C p = C V + R ist, und die Gleichung nach T auflösen, ergibt sich: ⎤ ˙ Wdiss · t ⎦ T = T0 · exp ⎣ Cp R · p0 · V0 ⎡
Man erhält also ein exponentielles Wachstum der Temperatur und kein lineares, wie man zunächst vermuten könnte. Das liegt daran, dass im Lauf der Zeit mit
5.14
Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen
261
steigender Temperatur die Zahl der Luftmoleküle im Raum ständig abnimmt und daher bei konstanter Heizleistung die Temperatur schneller als linear ansteigt. Wir können auch die Molzahl der Luftmoleküle im Raum als Funktion der Zeit berechnen. Es gilt mit T˙ = dT /dt und n˙ = dn/dt: n˙ = −T˙
p0 · V0 RT 2
Wegen T˙ /T = W˙ diss · R/(C p · p0 V0 ) folgt daraus in integrierter Form n − n0 = −
W˙ diss Cp T
=−
t W˙ diss C p · T0
' exp −
0
(
W˙ diss · t C p · p0 V0
·R
dt
wobei n 0 die Molzahl der Luftmoleküle zu Beginn bei T0 ist. Ausführung der einfachen Integration ergibt: p0 · V0 n0 − n = R · T0
'
1 − exp −
Wdiss · R C p p0 · V0
( ·t
(5.97)
wobei p0 V0 /RT0 = n 0 ist. Bei t → ∞ wird also n = 0! Das ist natürlich unrealistisch und ein rein theoretisches Ergebnis, da gleichzeitig auch T → ∞ gehen müsste. In der Realität wird mit wachsender Temperatur Wärmeleitung durch Wände und Fenster verstärkt einsetzen, bis die Wärmeerzeugung W˙ diss die abgeführte Wärme gerade kompensiert und sich eine stationäre Temperatur einstellt.
5.14.3 Befüllung eines evakuierten Volumens unter adiabatischen Bedingungen Wir betrachten einen evakuierten Tank mit dem Volumen VTank = 1 m3 , der an das Versorgungsnetz einer Luftleitung angeschlossen ist. Dort herrscht immer ein Druck pL von 1,5 bar bei TL = 300 K (s. Abb. 5.24). Jetzt wird das Ventil zwischen Luftdruckleitung und evakuiertem Tank geöffnet und Druckausgleich hergestellt ( pTank = pL ). Dann wird das Ventil wieder geschlossen. Welche Temperatur TTank herrscht im Tank, vorausgesetzt, es wird keine Wärme mit der Tankwand bzw. der Umgebung ausgetauscht? Wie groß ist die Molzahl n im Tank? Um das Problem zu lösen, gehen wir aus von Gl. (5.92). Es ist δ Q = 0, und da keine Arbeit geleistet wird (δW = 0), gilt T di S − pd V = 0. Wenn wir die molare Enthalpie der Luft in der Luftdruckleitung mit H¯ L bezeichnen, gilt somit nach Gl. (5.92): dUTank = d(nU¯ Tank ) = H¯ L · dn
262
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.24 Evakuierbarer Gastank mit Anschluss an das Luftdrucknetz
Integration von n = 0 bis n ergibt: n · U¯ Tank = H¯ L · n Da nun bei idealen Gasen H¯ L = U¯ L + pL · V¯L = U¯ L + R · TL gilt, ergibt sich: U¯ Tank − U¯ L − RTL = 0 Da U¯ Tank bzw. U¯ L beim idealen Gas nur von T abhängen, ferner C¯ p − C¯ V = R gilt, folgt mit dU = C V dT : C¯ V (TTank − TL ) = (C¯ p − C¯ V ) · TL oder: TTank =
C¯ p · TL = γ · TL C¯ V
Da γ > 1, ist TTank > TL . Auch hängt TTank weder von pL noch von n ab. Für n gilt ( pL = pTank ): n=
pL · VTank R · TTank
Mit γ = 1,4 für Luft und MLuft = 0,029 kg · mol−1 erhalten wir folgende Ergebnisse: TTank = 1,4·300 = 420 K und n = 1,5·105 /(8,3145·420) = 42,95 mol = 1,245 kg
5.14
Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen
263
5.14.4 Analyse des Joule-Thomson-Prozesses als stationäres offenes System Der Joule-Thomson-Prozess (s. Abschn. 4.2) lässt sich als Prozess im offenen System ausgehend von Gl. (5.92) formulieren (s. Abb. 4.6). Wir betrachten zunächst den Prozess innerhalb der Drossel. Es gilt allgemein nach Gl. (5.92): dU = d(n · U ) = δ Q + T δi S − pd V + H de n Der Joule-Thomson-Prozess ist innerhalb der Drossel irreversibel (δW = 0, also T di S = pd V ) und adiabatisch (δ Q = 0). Daraus folgt mit der Molzahl dn 1 = de n beim Eintritt in die Drossel und dn 2 = −de n beim Austritt aus der Drossel im stationären Zustand: dU1 = H 1 · dn 1 dU2 = H 2 · dn 2 Die innere Energie U kann sich innerhalb der Drossel nicht ändern (δ Q = 0, δ W = 0). Es gilt also: dU1 + dU2 = 0 und ferner aus Bilanzgründen (s. o.): dn 1 + dn 2 = 0 also ergibt sich: 0 = (H 1 − H 2 )dn 1 = (H 2 − H 1 )dn 2 Daraus folgt: H1 = H2 Die Ableitung zeigt, dass die Irreversibilität Voraussetzung für die Isenthalpie des Joule-Thomson-Prozesses innerhalb der Drossel ist. Wir betrachten nun die Prozesse vor (Index 1) und hinter (Index 2) der Drossel. Da die Strömung in diesen Bereichen langsam ist, herrschen dort praktische quasistatische, d. h. reversible Bedingungen, und es gilt mit Gl. (5.92): dU1 = − p1 d V1 + H 1 dn 1 dU2 = − p2 d V2 + H 2 dn 2
264
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Nun gilt aus energetischen Bilanzgründen im adiabatischen Fall (δ Q 1 = 0, δ Q 2 = 0): d(U1 + U2 ) = − p1 d V1 − p2 d V2 und da dn 1 = −dn 2 , folgt unmittelbar für die molaren Enthalpien vor und hinter der Drossel: H1 = H2 Das ist genau dasselbe Resultat wie Gl. (4.7). Im gesamten System, vor, in und hinter der Drossel, ist also H bzw. H konstant, obwohl vor und hinter der Drossel der Prozess adiabatisch-reversibel und in der Drossel adiabatisch-irreversibel abläuft.
5.14.5 Stationärer Ausströmungsprozess eines Gases durch eine Düse Als fünftes Beispiel für einen thermodynamischen Prozess im offenen System wollen wir die kontinuierliche Aussströmung eines Gases, z. B. eines oxidierten, gasförmigen Verbrennungsgases, durch eine Düse untersuchen. Abbildung 5.25 zeigt diesen Vorgang. Ein Gas bei erhöhtem Druck p0 und erhöhter Temperatur T0 strömt durch eine düsenförmige Öffnung ins Vakuum. p0 und T0 könnten z. B. die Zustandsgrößen in der Brennkammer einer Rakete sein. Das Gas wird in dem Bereich der Düse beschleunigt und tritt am Ende der Düse mit der Geschwindigkeit υ aus, während die Geschwindigkeit in der Brennkammer υ0 ≈ 0 ist. Das ist dann der Fall, wenn das Volumen der Brennkammer groß ist gegenüber dem Volumen, dass
Abb. 5.25 Strömung eines Gases durch eine Düse als offenes thermodynamisches System
5.14
Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen
265
zur Düse gehört. Die Geschwindigkeit υ in der Austrittsöffnung der Düse soll berechnet werden, ebenso wie der Massenfluss dm/dt = m˙ des austretenden Gases. Der ganze Ausströmprozess soll adiabatisch-reversibel, also isentrop verlaufen und sich im stationären Fließzustand befinden. Zur Lösung dieses Problems müssen wir Gl. (5.93) heranziehen, also die erweiterte Form von Gl. (5.92). Die Problemstellung erfordert: d E pot = 0, δ Q = 0, T δi S = 0 sowie H de n = d H . Also gilt: d E Syst = d E kin,Syst + dU = − pd V + d H oder mit H = U + p · V : d
m 2
υ 2 + dU = − pd V + dU + d( p · V )
Integration liefert mit n˙ = m/M ˙ unter adiabatisch-reversiblen bzw. isentropen Bedingungen im stationären Zustand (n˙ = dn/dt, m˙ = dm/dt): m˙ m˙ 2 υ = 2 M
V dp = −
m˙ M
1 dV κS
∂V die isentrope Kompressibilität ist. Da V = (∂ H /∂ p) S V ∂p S (s. Gl. (5.55)), gilt somit auch
wobei κ S = −
1
mυ ˙ 2 /2 = −m˙ H − H 0 /M
(5.98)
Die kinetische Energie des Düsenstrahls ist also gleich dem Enthalpieverlust des Gases. Mit Gl. (5.23) sowie mit κT = 1/ p, γ = C p /C V für ideale Gase und dem Ergebnis von Gl. (5.3) erhält man:
+
m˙ 2 m˙ C p υ =− 2 M CV
⎡
V 0 pd V = + V
⎡ m˙ V = C p · T0 ⎣1 − M V0
Cp m˙ R · T0 ⎣1 − M Cp − C V ⎤ 1−γ
⎦
Jetzt setzen wir Gl. (5.2) ein: ' (1−γ )/γ ( m˙ m˙ 2 p0 υ = C p · T0 1 − 2 M p
V V0
1−γ
⎤ ⎦
266
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Aufgelöst nach υ erhalten wir das Ergebnis: $ ' % (γ −1)/γ ( %2 p & C p · T0 1 − υ= M p0
(5.99)
Die Geschwindigkeit υ und ebenso der Druck p des ausströmenden Gases sind abhängig vom Düsenquerschnitt A an der Stelle x innerhalb des Bereiches der sich verjüngenden Düse. Diejenige Größe, die überall, also bei jedem Querschnitt, konstant bleiben muss, ist der Massenstrom m˙ = dm/dt des Gases (Kontinuitätsgleichung). Es gilt: m˙ =
dn · υ · M · A(x) = ρ · υ(x) · A(x) = const dV
(5.100)
wobei υ(x) Gasgeschwindigkeit und A(x) der Querschnitt in der Düse an der Stelle x bedeuten. Das sieht man folgendermaßen ein: Abb. 5.26 zeigt, dass im Bereich des differentiellen Volumenelementes d V = A · υ · dt jedes Molekül in der Zeit dt durch die vordere Fläche A hindurchtritt. Ebenso viele Moleküle treten durch die linke Fläche A innerhalb der Zeit dt in das Volumenelement ein. Setzt man d V in obige Gleichung ein, erhält man die Identität: m˙ =
M dN = const NL dt
Abb. 5.26 Teilchenstrom im Volumenelement d V = A · υ · dt
und damit Gl. (5.100). Für die Massendichte ρ ergibt sich nach Gl. (5.2): V0 ρ = = ρ0 V
p p0
1/γ
5.14
Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen
267
Also gilt: m˙ = ρ0 ·
p p0
1/γ · υ(x) · A(x)
(5.101)
Da m˙ überall konstant ist, muss auch die rechte Seite von Gl. (5.100) unabhängig vom Ort x innerhalb der Düse sein. Man erhält also als Endgleichung: m˙ = ρ0 ·
$ ' 1/γ % (γ −1)/γ ( %2 γ p(x) p(x) ·& · · p0 · V 0 1 − · A(x) p0 M γ −1 p0 (5.102)
Hier wurde R · T0 = p0 · V 0 gesetzt, wobei V 0 das Molvolumen des Gases vor der Düse beim Druck p0 bedeutet. Ferner wurde von R = C p − C V Gebrauch gemacht. ( p(x)/ p0 ) ist eine Funktion von x, die durch die Funktion A(x) bestimmt wird, wobei A(x) die vorgegebene Düsenform beschreibt. Man kann nun für Gl. (5.101) auch schreiben: 1 (5.103) m˙ = A(x) · ( p(x)/ p0 ) · 2ρ0 · p0 mit der sogenannten Ausflussfunktion ( p(x)/ p0 ): " γ p(x) 1/γ p(x) (γ −1)/γ ( p(x)/ p0 ) = · 1− p0 1−γ p0
(5.104)
Die Ausflussfunktion ist in Abb. 5.27 dargestellt für γ = 1,4 und γ = 1,33. Man sieht, dass ( p(x)/ p0 ) ein Maximum durchläuft, dessen Koordinaten sich leicht aus der Bedingung d( p(x)/ p0 ) =0 d( p(x)/ p0 ) ermitteln lassen. Man erhält: 1 γ γ −1 γ −1 2 2 γ p(x) · = max = und γ +1 γ +1 p0 max γ +1
(5.105)
Wo dieses Maximum auf der x-Achse liegt, hängt wieder von A(x) ab. Es liegt dort, wo A(x) ein Minimum hat. Für γ = 1,4 ist max = 0,369 und ( p(x)/ p0 )max = 0,528. Abb. 5.27 zeigt also, dass unabhängig von der Form der Düse und ihrem Endquerschnitt ein bestimmter Wert für ( p(x)/ p0 ) nicht unterschritten werden kann (die x-Richtung in der Düse ist zur ( p(x)/ p0 )-Richtung in Abb. 5.27 entgegengesetzt, d. h., bei x = 0 ist ( p(x)/ p0 ) = 1). Der Grund dafür wird verständlich, wenn man die Geschwindig-
268
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.27 Ausflussfunktion als Funktion ( p(x)/ p0 )
keit υ im Maximum von berechnet. Dieser Wert ergibt sich durch Einsetzen von ( p(x)/ p0 )max in Gl. (5.99): " υmax =
2 γ −1 C p · T0 M γ +1
Wir ersetzen nun T0 durch den Wert von T bei ( p(x)/ p0 )max , also Tmax . Es gilt (s. Gln. (5.2) und (5.105)): T0 p0 · V 0 p0 = = · Tmax p pmax · V max max
pmax p0
1/γ
=
p0 pmax
γ −1 γ
=
γ +1 2
Also erhält man: " υmax =
γ +1 γ −1 2 C p · Tmax · · = M 2 γ +1
! γ
R · Tmax M
(5.106)
Das ist aber gerade die Schallgeschwindigkeit υS eines idealen Gases bei T = Tmax nach Gl. (5.24), denn es gilt mit κT = 1/ pmax : "
" υS =
V max = κS · M
( p · V )max γ· = M
! γ·
R · Tmax M
5.14
Thermodynamische Prozesse in offenen Systemen
269
Da sich Druckänderungen in einem thermodynamischen System mit Schallgeschwindigkeit räumlich fortpflanzen, können solche Änderungen auf ein Gas, das mit Schallgeschwindigkeit strömt, keinen Einfluss mehr haben. Daher lässt sich der Druck am Austritt der Düse auch dann nicht weiter erniedrigen, wenn man den Außendruck des Mediums, in das das Gas hineinströmt, gegen Null gehen lässt, also dort ein Vakuum herrscht. Bei vorgegebenen Werten von p0 und T0 lässt sich somit der Massenfluss m˙ bei einer sich verjüngenden Düse (sog. konvergente Düse) nur bis zu einem Maximalwert steigern, der dem Maximum der Ausflussfunktion entspricht bzw. dem Minimum von A(x)(d A(x)d x = 0) und der nur vom Adiabatenkoeffizienten γ abhängt. Der dabei erreichte Druck pmax heißt Lavaldruck (nach dem schwedischen Physiker und Ingenieur Carl Gustaf P. d. Laval). Durch eine bestimmte Form von Düsen (Laval-Düsen) lässt sich die Geschwindigkeit noch weiter steigern, wobei Überschallgeschwindigkeit erreicht wird (s. Anwendungsbeispiel 15.5.23). Dadurch kann die Schubkraft des Gases weiter erhöht werden, was von Wichtigkeit für Raketenantriebe ist. Wir wollen ein Beispiel durchrechnen. Helium strömt durch eine konvergente Düse mit einem Austrittsfläche von 75 · 10−6 m2 ins Vakuum. Der Druck p0 vor der Düse beträgt 20 bar und die Temperatur T0 = 410◦ C. Gefragt ist nach der Geschwindigkeit υ, dem Druck p und der Temperatur T am Austritt der Düse sowie nach dem Massenstrom m. ˙ Es ergibt sich nach Gl. (5.105) mit γ = 5/3 für Helium: max =
2 2,667
1 0,667
·
1,667 = 0,40599 2,667
und ferner pmax = p = 20 ·
2 2,667
1,667 0,667
= 9,742 bar
sowie: Tmax = T = 683 ·
2 2 = 683 = 512,19 K = 239,0◦ C γ +1 2,667
Damit ergibt sich für den Massenstrom m˙ mit ρ0 = p0 · MHe /(R · T0 ) = 20 · 105 · 0,004/(R · 683) = 1,4087 kg · m−3 nach Gl. (5.103): m˙ = 75 · 10−6 · 0,4059
1
1,4087 · 20 · 105 = 5,110 · 10−2 kg · s−1
270
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Für υmax gilt nach Gl. (5.106): " υmax = υS =
R · Tmax γ = MHe
"
m 5 R · 512,19 · = 1332,07 3 0,004 s
Man kann noch überprüfen, ob der kinetische Energiegewinn gleich dem Enthalpieverlust des Gases ist. Dazu berechnen wir: m˙ m˙ 5 H − H0 = R(T − T0 ) = −45,34 kg · s−1 M M 2 Andererseits gilt: 1 2 υ = 45,34 kJ · s−1 2 S Die Bilanz ist also korrekt und das Verfahren konsistent.
5.14.6 Strömungsverhalten inkompressibler Flüssigkeiten. Die Bernoulli-Gleichung. Als letztes Beispiel für die Anwendung der Thermodynamik offener Systeme lässt sich die bekannte Bernoulli-Gleichung für die reibungsfreie Strömung quasiinkompressibler Flüssigkeiten ableiten. Dazu betrachten wir eine stationäre Rohrströmung mit allgemein variablem Rohrdurchmesser und variabler Höhenlage z (s. Abb. 5.28). Das zu untersuchende System bestehe aus dem Rohrabschnitt zwischen x und x0 , die Richtung der Strömung ist durch die Pfeile angezeigt. Wie verhalten sich der Druck p und die Strömungsgeschwindigkeit u entlang der Strömungsrichtung in dem Rohrabschnitt? Wir gehen zur Lösung des Problems von Gl. (5.93) aus.
Abb. 5.28 Zur Ableitung der Bernoulli-Gleichung (s. Text)
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
271
Gleichung (5.93) lautet mit δ Q = 0, T di S = 0 (reibungsfreie Strömung), pd V = 0 (inkompressible Flüssigkeit): d E pot + d E kin + dU = H · dn = d H Integration unter stationären Bedingungen ergibt (υ = Strömungsgeschwindigkeit = d x/dt): m˙ · g(z − z 0 ) +
m˙ 2 υ − υ02 + U˙ 0 − U˙ = H˙ 0 − H˙ 2
Man beachte, dass U˙ und H˙ beim Eintritt an der Stelle x 0 , z 0 positiv sind und bei x, z, wo die )Flüssigkeit aus dem System ausströmt, negativ. Wegen H˙ = U˙ + p · V˙ und U˙ = − pd V˙ = 0 erhält man nach Division durch den Volumenstrom V˙ (ρ = Massendichte): ρ · g(z − z 0 ) +
ρ 2 (υ − υ02 ) = p0 − p 2
oder: ρ 2
(υ 2 − υ02 ) = ( p0 + ρ · g · z 0 ) − ( p + ρ · g · z)
(5.107)
Das ist die Bernoulli-Gleichung für (quasi-)inkompressible Flüssigkeiten. Man sieht: je kleiner υ ist, desto größer ist p und umgekehrt: je größer υ, desto kleiner p. An engen Rohrstellen ist υ größer als an weiten Rohrstellen, d. h., der Druck p ist an engen Stellen kleiner als an den weiten.
5.15 Weiterführende Beispiele und Anwendungen 5.15.1 Thermodynamische Gleichgewichtsbedingungen im isolierten System: Maximierung der Entropie Wir betrachten ein abgeschlossenes (isoliertes) System, in dem nichthomogene Verhältnisse in Temperatur und Konzentration herrschen, der Druck soll überall konstant sein. Dazu denken wir uns das System (eine multinäre Gasmischung oder flüssige Mischung) in zwei Kammern eingeteilt, die durch ein Rohr miteinander verbunden sind, das einen Wärmefluss und einen Teilchenfluss zwischen den Kammern ermöglicht (s. Abb. 5.29). Jede Kammer für sich hat eine homogene Mischungszusammensetzung und Temperatur, die aber in beiden Kammern jeweils unterschiedlich sind. Es gilt zu Anfang im Nichtgleichgewicht Nil = Nir für alle i = 1, . . . k sowie l T = T r .
272
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.29 Inhomogenitäten von Konzentration und Temperatur einer Mischung. Linke Kammer: Teilchenzahl N1l + N2l + . . . Nkl mit Temperatur T l (Index l = links). Rechte Kammer: Teilchenzahl N1r + N2r + . . . Nkr mit Temperatur T r (Index r = rechts)
Für die innere Entropieänderung gilt bei V = const: k k 1 1 1 l 1 r l r l μi d Ni − r μi d Nir > 0 δi S = l dU + r dU − l T T T T i=1
i=1
wobei U l bzw. U r die inneren Energien und μli (i = 1, . . . k) bzw. μri (i = 1, . . . k) die chemischen Potentiale in der linken bzw. in der rechten Kammer bedeuten. Nun gilt in einem insgesamt isolierten System: dU l = −dU r und d Nil = −d Nir
(i = 1, . . . k)
Einsetzen in obige Gleichung ergibt: δi S =
1 1 − r l T T
k μli μri dU − − Tl Tr l
d Nil > 0
i=1
Das bedeutet: da im Nichtgleichgewicht S nur zunehmen kann (δi S > 0), muss ein positiver Wert für dU l mit T l < T r verbunden sein (Energie fließt von rechts nach links, wenn T l < T r ) oder umgekehrt: dU l < 0, wenn T l > T r . Ebenso gilt: d Nil > 0, wenn μli < μri bzw. d Nil < 0, wenn μli > μri . Der Teilchenfluss von i geht in die linke Kammer, wenn das chemische Potential dort kleiner als in der rechten Kammer ist und umgekehrt. (T l − T r ) bzw. (μli − μri ) sind die „inneren Parameter“, von denen in Abschnitt 5.8 die Rede ist.
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
273
Im thermodynamischen Gleichgewicht des isolierten Gesamtsystems gilt S = Smax bzw. δi S = 0. Da dU l und alle d N l freie Variable sind, müssen aller Klammerausdrücke gleich Null sein. Es gilt dann: Tl = Tr
bzw.
μli = μri (i = 1, . . . k)
Das sind die thermodynamischen Gleichgewichtsbedingungen: die Temperatur und die chemischen Potentiale jeder Komponente haben überall denselben Wert.
5.15.2 Bestimmung des Adiabatenkoeffizienten mit der Methode der schwingenden Kugel Die Methode der „schwingenden Kugel“ erlaubt es, den Adiabatenkoeffizienten von idealen Gasen zu bestimmen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Die Funktionsweise der Methode ist in Abb. 5.30 skizziert. Am oberen Ende eines mit Gas befüllten Gefäßes ist ein Präzisionsglasrohr mit exakt konstantem Innendurchmesser d bzw. Querschnittsfläche A = π d 2 /4 angebracht. In dem Glasrohr befindet sich eine Metallkugel mit demselben Durchmesser, die auf dem „Gaspolster“ des Gases mit dem Volumen V0 und dem Druck p0 in der Ruhelage x0 sitzt und dieses Gas nach außen dicht abschließt, auch wenn die Kugel sich in dem Glasrohr bewegt. Wir nehmen an, dass eine solche Bewegung reibungsfrei vor sich geht. Nach oben ist das Glasrohr offen und mit der Luftatmosphäre vom Druck patm verbunden. Die Kugel wird jetzt in schwingungsartige Bewegung gesetzt. Um eine genaue thermodynamische Analyse durchzuführen, wie das zustande kommt, nehmen wir an, dass der Prozess adiabatisch-reversibel (also isentrop) abläuft. Nach Gln. (4.2) bzw. (5.31) gilt dann mit E = 0: dUGas = −d E kin (Kugel) − d E pot (Kugel)
Abb. 5.30 Schwingende Kugel der Masse m K auf einem Gaspolster (s. Text)
274
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Hier sind E kin (Kugel) bzw. E pot (Kugel) bezogen auf ihren Wert bei x = x0 und UGas ist die Änderung der inneren Energie des idealen Gases. Dann lässt sich in differentieller Form schreiben (x˙ = d x/dt): d
1 m K · x˙ 2 + m K · g · d x + C V dT = 0 2
m K ist hier die Masse der Kugel, g die Erdbeschleunigung und C V die Wärmekapazität des Gases. Wenn wir nun mit A die innere Querschnittsfläche des Rohres bezeichnen und mit x¨ = d 2 x/dt 2 die Beschleunigung der Kugel, erhält man nach Division durch dt: m K · x¨ · x˙ + m K · g · x˙ + C V · A · x˙ ·
dT =0 dV
T ist eine Funktion von V , und zwar gilt unter adiabatisch-reversiblen, also isentropen Bedingungen nach Gl. (5.1): T = T0 ·
V0 V
γ −1 bzw.
dT T0 = dV V0
V0 V
γ
· (1 − γ )
γ Bei kleiner Auslenkung der Kugel aus ihrer Ruhelage lässt sich VV0 in eine Reihe um den Wert V = V0 entwickeln und wir erhalten, wenn wir uns auf das lineare Glied beschränken:
V0 V
γ
≈1−γ
1 (V − V0 ) V0
Somit lässt sich schreiben: T0 m K · x˙ · x¨ + m K · g · x˙ + (1 − γ ) V0
V − V0 · C V · g · x˙ = 0 1−γ V0
Wir dividieren durch x, ˙ schreiben für T0 /V0 = p0 /R und beachten, dass gilt: C V (1 − γ ) = −R. Somit ergibt sich: m K · x¨ + m K · g − p0 · A + p0
γ 2 A (x − x 0 ) = 0 V0
Wir identifizieren p0 als den Druck des gasförmigen Systems unter der Metallkugel minus dem Außendruck der Atmosphäre patm . Dann gilt im Kräftegleichgewicht bei ruhender Metallkugel: p0 =
mK · g A
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
275
Diese Beziehung ist unabhängig vom Bewegungszustand der Kugel. Also erhält man schließlich: m K · x¨ +
A2 · p0 · γ (x − x 0 ) = m K · x¨ + k(x − x 0 ) = 0 V0
Das ist die Differentialgleichung einer harmonischen Schwingung mit der Kraftkonstante k = A2 · p0 · γ /V0 . Für die Frequenz ν einer harmonischen Schwingung gilt bekanntlich: " k 1 = ·A mK 2π
1 ν= 2π
!
p0 · γ V0 · m K
Aufgelöst nach γ : γ =
Cp CV
=
4π 2 ν 2 · m K · V0 A2 · p0
Wenn die Masse m K , das Volumen V0 und die Rohrquerschnittsfläche A bekannt sind, kann aus einer Messung von ν der Wert von γ bestimmt werden. Der Druck p0 ergibt sich aus der Druckgleichheit: p0 = patm +
mK · g A
Wir wollen ein Beispiel durchrechnen mit d = 0,5 cm und V0 = 100 cm3 . Es ist patm = 1 bar. Die schwingende Kugel soll aus Edelstahl bestehen mit der Dichte ρK = 7,751 g · cm−3 . Die mit einer Lichtschrankentechnik gemessene Frequenz ν beträgt für He 5,68 s−1 und für CH4 4,89 s−1 . Zunächst berechnen wir p0 und m K : π 2 p0 = 1 + 4,058 · 10−3 · 9,81 d 4 = 1 + 5,068 · 10−3 = 4,005 bar, m K = ρK ·
π 3 d = 0,5073 g 6
Dann ergibt sich im Fall von He-Gas für γ : γHe = 1,668
(theoretisch: 5/3 = 1,667)
und für Methangas: γCH4 = 1,236
(theoretisch: 1,235)
276
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Die Kugelmasse m K , die Querschnittsfläche A und das Volumen V0 müssen bei der Versuchsdurchführung so gewählt sein, dass die Frequenz nicht zu hoch ist, damit sie noch messbar bleibt, andererseits nicht zu niedrig, damit die adiabatischen Bedingungen auch gültig bleiben. Natürlich kommt nach einigen Schwingungen die Kugel wieder zur Ruhe, da Reibungskräfte auftreten, die wir hier nicht berücksichtigt haben, so dass der ganze Prozess sich am Ende doch als irreversibel erweist, wie es letztlich bei allen Prozessen in der Natur der Fall ist, die sich zeitlich ändern. Es sei aber betont, dass die ermittelte Schwingungszeit nur geringfügig, d. h. in vernachlässigbarer Weise von den Reibungskräften abhängt, solange diese klein genug sind.
5.15.3 Thermodynamik in Planetenatmosphären Die Atmosphäre von Planeten mit fester Oberfläche wie Erde, Mars, Venus oder auch der Saturnmond Titan bestehen aus Gasen bzw. Gasgemischen, deren thermodynamisches Verhalten wesentlich durch das Gravitationsfeld des Planeten bestimmt wird. Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist eine allgemein gültige Beziehung aus der Hydrostatik, die einen Zusammenhang zwischen Druck p und der Höhe h über der Oberfläche im Gravitationsfeld herstellt: dp = −ρ · g · dh Diese Gleichung gilt im Fall des mechanischen Gleichgewichtes und stellt nichts anderes als die auf die Flächeneinheit bezogene Gleichsetzung von „Kraft = Masse mal Beschleunigung“ in differentieller Form dar. Die Schwerebeschleunigung g ist von Masse und Radius des Planeten abhängig: g=
m Planet (rPlanet + h)2
m Planet ·G ∼ ·G = 2 rPlanet
wobei G die Gravitationskonstante (6,673 · 10−11 N · m2 · kg−2 ) ist. Für die Dichte ρ ist die thermische Zustandsgleichung der Flüssigkeit oder des Gases einzusetzen. Im Fall von Planetenatmosphären kann man in guter Näherung das ideale Gasgesetz verwenden: dp = − p ·
< M > ·g · dh RT
wobei < M > die mittlere Molmasse der Gasmischung bedeutet. Die Gleichung beschreibt die Änderung von Gleichgewichtszuständen auf der Zustandsoberfläche des idealen Gases und es erhebt sich jetzt die Frage, welchen Weg auf der Zustandsfläche man zu wählen hat, wie also p von T abhängt, erst dann kann die Gleichung integriert werden. Die Sonneneinstrahlung wie auch der Energievorrat
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
277
aus dem Inneren eines Planeten stellt eine Wärmequelle auf der Planetenoberfläche dar (wir vernachlässigen Lichtabsorption der Sonnenstrahlung direkt in der Atmosphäre), aber Gase leiten die Wärme schlecht, man kann daher für die Atmosphäre δ Q ≈ 0 setzen. Wenn die Atmosphäre im thermodynamischen Gleichgewicht überhaupt Energie austauscht, muss ein näherungsweise reversibler (quasistatischer) Austausch von Arbeit stattfinden, das kann nur durch Aufsteigen von Gasmassen gegen die Gravitation unter Expansion erfolgen (−Wrev ) und gleichzeitiges Absinken von Gasmassen (+Wrev ) unter Kompression. Es handelt sich also um eine sehr langsame (reibungsfreie), geschlossene Konvektionsbewegung. Damit ist der Weg auf der Zustandsfläche des Gases vorgegeben: wir haben es mit einem quasistatischadiabatischen, d. h. isentropen Weg auf der Zustandsfläche zu tun. Für diesen Fall gilt (s. Abschn. 5.1) mit dem Adiabatenkoeffizienten γ = C p /C V : dT γ − 1 dp = T γ p Um eine gewisse Flexibilität zuzulassen, wählen wir allgemein den Weg einer polytropen Zustandsänderung (s. Abschn. 5.2 ) mit 1 ≤ ε ≤ γ : ε − 1 dp dT = T ε p der auch den möglichen isothermen Grenzfall (ε = 1) mit einschließt, bei dem gar keine Konvektion stattfindet. Einsetzen in die hydrostatische Grundgleichung für das ideale Gas liefert sofort: dT = −
ε−1 M ·g · · dh ε R
bzw. T − T0 = −
1−ε M ·g · ·h ε R
(T0 = T bei h = 0)
Damit lässt sich die Integration der hydrostatischen Grundgleichung durchführen. p p0
dp M·g =− p R
h · h=0
T0 −
dh M·g R
ε−1 ε
·h
Das ergibt: ε M · g ε − 1 h ε−1 p(h) = p0 1 − · R ε T0
278
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
bzw.: M ·g ε−1 h T (h) = T0 1 − · R ε T0 Man sieht durch eine Grenzwertbetrachtung ε und a = M g h/RT0 , dass gilt: ε−1
a n = e−a mit n = 1− n→∞ n lim
M ·g·h lim p(h) = p0 · exp − ε→1 R · T0 bzw. lim T (h) = T0 ,
ε→1
so dass für ε = 1 der isotherme Fall vorliegt, d. h., man erhält die sog. barometrische Höhenformel. Für die Erde lässt sich mit folgenden Daten p(h) und T (h) berechnen: T0 = 288 K, p0 = 1 bar, MLuft = 0,029 kg · mol−1 , g = 9,81 m · s−2 und ε = 1,24 (statt γ = 1,4). Gleichzeitig lässt sich die Frage beantworten, wo im Mittel die Wolkenbildungsgrenze liegt, das ist die Höhe h, wo der Partialdampfdruck des Wassers in der Atmosphäre den Sättigungsdampfdruck des Wassers erreicht. Als Partialdampfdruck von H2 O rechnen wir mit den Beispielen a) einer 40%igen Sättigung von H2 O, b) einer 70%igen Sättigung von H2 O bei jeweils 288 K für T0 . Die Dampfdruckkurve von sat H2 O, pH , wurde nach der Formel in Aufgabe 5.16.32 berechnet. Wir vernach2O lässigen die Löslichkeit von Luft in kondensierten Wassertropfen. Abbildung 5.31 sat jeweils gleich pH2 O (40%) bzw. pH2 O (70%) zeigt die Ergebnisse. Dort, wo pH 2O wird, liegt die Wolkengrenze. Das ist bei 40% Sättigung in 2.000 m Höhe und 274,7 K der Fall, bei 70% Sättigung in 900 m Höhe und 282,5 K.
5.15.4 Thermodynamik der Dehnung von Kautschukbändern und Metalldrähten In Abb. 5.32 sind die molekularen Strukturen von zwei verschiedenen elastischen Materialien gezeigt: Kautschuk und Metall. Kautschuk besteht aus einem Polymernetzwerk, das durch Vernetzungspunkte von Polymerketten eine hochelastische dreidimensionale Stabilität erfährt. Metalle (z. B. Stahl) bestehen aus Metallatomen, die wohlgeordnet in einem Kristallgitter sitzen und durch die metallische Bindung zusammengehalten werden.
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
279
Abb. 5.31 Temperatur und Druckverhältnisse in der Erdatmosphäre (s. Text)
Abb. 5.32 a Kautschukmaterial mit vernetzten Polymerketten (−) und Vernetzungspunkten (•); b Metallgitter bestehend aus kristallin geordneten Metallatomen
Wir stellen uns ein kräftefreies Kautschukband der Länge l x,0 mit dem Querschnitt l y,0 · l z,0 vor, an dem nun in die x-Richtung eine Kraft K wirkt, wodurch das Band auf die Länge l x > l x,0 gedehnt wird. Die differentielle Arbeit, die dabei geleistet wird, ist K · d lx . K ist im Sinn von Abschnitt 4.1 der Arbeitskoeffizient λ und lx die Arbeitskoordinate l. Wir können also für die Gibbs’sche Fundamentalgleichung (Gl. 5.47) in einem geschlossenen System schreiben, wobei wir die Vektorpfeile weglassen, da K und lx immer in dieselbe Richtung weisen: dU = T d S − pd V + K · dl x
280
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Da S, V und l x extensive Größen sind, lässt sich nach der Euler’schen Gleichung schreiben: U = T · S − p · V + K · lx Die freie Energie F ist eine Legendre-Transformation von U (S, V, l x ) und lautet bekanntlich F = U − T S, so dass für das totale Differential d F gilt: d F = dU − T d S − SdT = −SdT − pd V + K · dl x Bei der Dehnung von Kautschukbändern ändert sich das Volumen im Idealfall nicht, es gilt also: V = x 0 · x0 · z 0 ∼ = l x · l x · l z = const Damit ist d V = 0 und wir erhalten: d F = −SdT + K · dl x Es gilt die Maxwell-Relation: −
∂S ∂l x
= T
∂K ∂T
lx
Ferner erhält man für die thermische Zustandsgleichung :
∂F ∂l x
= K (l x , T ) T
Die Funktion K (l x , T ) ist zunächst unbekannt, aber im Fall eines idealelastischen Kautschuks gilt:
∂U ∂l x
=0 T
da die Kettensegmente der Polymerketten in erster Näherung
nichts voneinander „spüren“. Das steht in Analogie zum idealen Gas mit ∂U ∂ V T = 0. Wenn wir nun F = U − T S partiell nach l x bei T = const differenzieren, erhält man für den idealen Kautschuk: ∂F ∂S = −T = K (l x , T ) ∂l x T ∂l x T Die äußere Kraft K wird also allein durch die Änderung der Entropie bei der Dehnung kompensiert, sie wirkt als Gegenkraft. Mit der obigen Maxwell-Relation ergibt sich:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
+T
∂K ∂T
281
=K lx
Nach Integration erhält man: ln K = ln T + ln f bzw. K = T · f (l x ) f kann als Integrationskonstante nur von l x abhängen. Wir können die Konsistenz der Berechnung nochmals überprüfen. Es gilt, in Analogie zu Gl. (5.17), wenn wir +K statt − p bei l x = const statt V = const schreiben:
∂U ∂l x
= K −T T
∂K ∂T
= T · f (l x ) − T · f (l x ) = 0 lx
Die thermische Zustandsgleichung K (T, l x ) für den idealen Kautschuk lässt sich mit Hilfe der statistischen Thermodynamik ableiten. Sie lautet (bei nicht zu großer Dehnung): 1 lx N · kB K =c·T α− 2 mit α= und c = α l x,0 l x,0 in Übereinstimmung mit K = T · f (l x ). α ist also die relative Längenänderung mit α = l x /l x,0 ≥ 1. Die Materialkonstante c ist proportional zur Zahl der Vernetzungspunkte N im Kautschukmaterial . Im Gegensatz zum idealen Kautschuk gilt bei idealen Kristallen für Metalldrähte der Länge l x das Hooke’sche Gesetz mit der Kraftkonstanten h, die mit steigender Temperatur kleiner wird: K = h(T )(l x − l x,0 ) = h(T0 ) [1 − a · (T − T0 )] (l x − l x,0 ) (a > 0) Mit
∂U ∂l x
= K −T T
∂K ∂T
lx
folgt für Metalldrähte:
∂U ∂l x
= h(T0 ) [1 + a · T0 ] (l x − l x,0 ) T
282
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Wir wollen drei reversible Prozesse diskutieren: • Isotherme, reversible Dehnung. Hier gilt allgemein: lx
lx Wrev =
K dl x = l x,0
l x,0
∂U ∂l x
dl x − Q
Das ergibt für Kautschukbänder wegen (∂U/∂l x )T = 0:
Wrev
N · kB = −Q = T · l x,0 l x,0 = kB ·
N V
α 1 α − 2 d α α 1
α2 1 3 + − (l x,0 · l y,0 · lz,0 ) · T 2 α 2
Die eckige Klammer ist immer positiv für α > 1. Wir stellen also fest, dass Q negativ ist, während Wrev positiv ist. Für Metalldrähte gilt: Wrev
1 = h(T0 ) [1 − a(T − T0 )] (l x − l x,0 )2 = 2
l x l x,0
∂U ∂l x
dl x − Q T
mit lx l x,0
∂U ∂l x
dl x = T
1 h(T0 ) [1 + aT0 ] (l x − l x,0 )2 2
Daraus folgt für Q: Q=
1 h(T0 ) · a · T (l x − l x,0 )2 2
Q ist also ebenso wie Wrev positiv, solange T nicht zu groß wird. Für a = 0 (T -unabhängige Hook’sche Kraftkonstante) gilt: Q=0
und
Wrev =
1 h(l x − l x,0 )2 2
• Adiabatische reversible Dehnung (isentroper Prozess): Hier gilt mit δ Q = 0 allgemein: dU = K dl x = C V dT +
∂U ∂l x
dl x T
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
283
Für Kautschuk-Bänder erhält man hier wegen (∂U/∂l x )T = 0: C V dT = K dl x Variablentrennung und Integration ergibt: T CV
dT = T
T0
T = C V ln T0
N V N V
kB l x,0 · l y,0 · l z,0
α 1 α − 2 d α α 1
2
α 1 3 kB l x,0 · l y,0 · l z,0 + − 2 α 2
Die rechte Seite dieser Gleichung ist bei Dehnung des Kautschukbandes ( α > 1) positiv, die Temperatur des Kautschukmaterials nimmt bei adiabatischer Dehnung also zu. Für Metalldrähte gilt: K dl x = C V dT +
∂U ∂l x
dl x = C V dT + h(T0 )(1 + a · T0 ) · (l x − l x,0 )dl x T
Mit K = h(T0 )(1 − a(T − T0 )(l x − l x,0 ) lässt sich schreiben: −h(T0 )a · T (l x − l x,0 )dl x = C V dT Variablentrennung und Integration ergibt: T 1 −h(T0 )a (l x − l x,0 )2 = C V ln 2 T0 Bei adiabatischer Dehnung (l x > l x,0 ) des Metalldrahtes nimmt dessen Temperatur ab (T < T0 ). • Isodynamische Prozesse (K = const) in eindimensionalen Systemen wie Dehnung von Drähten und Bändern entsprechen den isobaren Prozessen in Fluiden. Ein isodynamischer Prozess lässt sich einfach durchführen, indem man an den Draht bzw. an das Kautschukband ein Gewicht hängt, das eine konstante Kraft auf das System ausübt. Die thermodynamische Variable, die sich leicht ändern lässt, ist die Temperatur, mit der dann bei K = const eine Längenänderung verbunden ist. 1 ∂l x 1 ∂ α = K = lx ∂ T K α ∂T K K ist der isodynamische Längenausdehnungskoeffizient, dem bei einem Fluid der isobare Ausdehnungskoeffizient α p entspricht. Wir wollen K für das Kautschukband und den Metalldraht ableiten. Aus der thermischen Zustandsgleichung für Kautschuk
284
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
1 K =C·T α− 2 α lässt sich für K = const bereits erkennen, dass α mit steigender Temperatur T kleiner wird. Differentiation nach T ergibt, wie erwartet, einen negativen Wert für K : 1 K = α
∂ α ∂T
=− K
K C·
T 2 ( α + 2/ α2)
< 0 (Kautschuk − Band)
Aus der entsprechenden Zustandsgleichung für Metalldrähte K = h(T0 ) (1 − a(T − T0 )) (l x − l x,0 ) ist für K = const abzulesen, dass mit zunehmender Temperatur T der Wert von α ebenfalls zunimmt. Differentiation ergibt hier einen positiven Wert für K : K =
1 α
∂ α ∂T
=− K
a(1 − 1/ α) > 0 (Metalldraht) 1 − a(T − T0 )
Wir wollen 2 Rechenbeispiele geben. Zunächst betrachten wir das KautschukBand. Für den Kautschuk muss der Parameter C bekannt sein: C = N · kB /l x,0 =
N V
· kB · A0
wobei A0 die Querschnittsfläche des Kautschukbandes bei K = 0 bedeutet. Wir setzen A0 = 5 · 10−6 m2 und (N /V ) = 2,5 · 1026 m−3 . (Wenn wir die Vernetzungszahldichte N /V gleich der Teilchenzahldichte eines idealen Gases bei 300 K setzen, hätte dieses Gas einen Druck von ca. 10 bar). Dann ergibt sich C = 1,726 · 10−2 J · K−1 · m−1 . Wenn man 1 kg Gewicht an das Kautschuk-Band hängt (K = 1 · 9,81 N), ergibt sich bei 300 K der Wert α = 2,15. Das Band wird also durch 1 kg Gewicht auf etwas mehr als das Doppelte seiner ursprünglichen Länge gedehnt. Wählen wir jetzt T = 350 K, ergibt sich α = 1,93. Das heißt: ein Kautschuk-Band von 50 cm Länge wird bei 300 K durch 1 kg Gewicht auf 107,5 cm gedehnt. Bringt man das Band durch Erwärmung der es umgebenden Luft auf 350 K, beträgt seine Länge bei angehängtem Gewicht von 1 kg nur noch 96,5 cm. Das Gewicht wird also um 11 cm angehoben, das Kautschukband zieht sich zusammen (s. Abb. 5.33a). Der Mittelwert für K beim Kautschuk beträgt: K =
α 1 2,15 − 1,93 1 =− · = −2,12 · 10−3 K−1 < α > T 2,07 50
oder bei Nutzung der Differentialform für Kautschuk:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
K = −
285
K 9,81 =− −2 C < T > (< α > +2/ < α >) 1,762 · 10 · (325)2 (2,07 + 2/2,07) = −2,12 · 10−3 K−1
Die Arbeit Wrev , die der Kautschuk dabei leistet, ist K · lx = −9,81 · 0,11 = −1,079 J. Jetzt führen wir die entsprechende Rechnung für einen Metalldraht durch. Wir bedenken dabei, dass l x,0 proportional zur Gesamtzahl der Metallatome N ist, so dass man mit der Proportionalitätskonstante b schreiben kann: K = h(T0 )(1 − a(T − T0 )) · b
N V0
· A0 ( α − 1)
A0 und V0 sind Querschnittsfläche und Volumen des unbelasteten Metalldrahtes. Wir fassen zusammen: K = h (T0 )(1 − a(T − T0 ) · A0 ( α − 1) Wir setzen h (T0 ) = 2 · 109 J, A0 = 10−6 m2 und a = 5 · 10−3 K−1 . Für K wird α wieder 1 kg · 9,81 m · s −2 gesetzt. Bei T = T0 = 300 K ergibt sich für α = 1,005
(T0 = 300 K) bzw. l x = 50,24 cm
Setzt man T = 350K mit T0 = 300 K, erhält man für (s. Abb. 5.33b) α = 1,0065
(T = 300K) bzw. l x = 50,33 cm
Der Draht dehnt sich also aus bei Temperaturerhöhung von 300 auf 350 K um 0,9 mm aus. K berechnet sich aus: 1 1 α 0,0015 = = 2,98 · 10−5 K−1 < α > T 1,00575 50 oder direkt aus der Differentialform für Metalldrähte: K =
1 − 1/ α · a = 3,16 · 10−5 K−1 1 − a(T − T0 )
Die Arbeit, die dabei am Metalldraht geleistet wird, beträgt K · l x = m · g · l x,0 · α = 9,81 · 9 · 10−4 = 8,83 · 10−3 J
286
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.33 Isodynamische Längenänderung bei Belastung und zusätzlicher Temperarurerhöhung für a ein Kautschukband und b einen Metalldraht
5.15.5 Wie weit fliegt eine Kanonenkugel? Beim Abschuss einer Kanonenkugel oder eines vergleichbaren Geschosses wird in einem kleinen Volumenbereich am Fuß der Kanone innerhalb des Rohres eine Sprengladung gezündet (s. Abb. 5.34). Bei Explosionen von solchen Sprengstoffen kann es zu erheblichen Druck- und Temperaturwerten kommen, da nicht nur die Reaktionsenergie bei der Zündung frei wird, sondern auch der feste Sprengstoff in Gase, vor allem N2 , H2 O und CO2 , umgewandelt wird, was erheblich zur Druckerzeugung beiträgt (s. Abschn. 4.6, Beispiel 4.6.3). Wir gehen davon aus, dass praktisch schlagartig ein hoher Druck entsteht. Durch den Druck wird die Kugel beschleunigt und schießt aus dem Rohr. Diesen Vorgang wollen wir quantitativ erfassen. Wegen der raschen Ausdehnung der Verbrennungsgase während des Abschusses können wir von einem adiabati-
Abb. 5.34 Schema eines Kanonengeschützes ohne Rückstoßdämpfung
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
287
schen Prozess ausgehen. Nach Gl. (5.31) gilt unter der Anname eines adiabatischreversiblen Prozesses mit d S = 0: d E = d E kin + d E pot + δWrev Für Wrev setzen wir Gl. (5.3) ein: Wrev
R =n ·T γ −1
'
V VE
γ −1
( −1
mit dem Volumen VE am Ende (Index E) des Prozesses. Da sich bei der Expansion nur die Länge im Rohr ändert und nicht der Rohrquerschnitt A, kann man schreiben: p·V γ −1
'
V A · lK
γ −1
( − 1 = Wrev
wobei wir die Molzahl des Verbrennungsgases n = p · V /R · T gesetzt haben. Da d E = 0, gilt nach Gl. (5.31) δWrev + d E pot,Kugel + d E kin,Kugel = 0 oder integriert: p·V − γ −1
'
V lK · A
γ −1
(
d mK 2 − 1 = m K · g lK − υ · sin α + 2 2
wobei m K die Masse der Kugel und υ ihre Geschwindigkeit beim Austritt aus dem Rohr bedeutet. lK ist die Kanonenrohrlänge. Wir wollen jetzt die Ausgangsgrößen p und V berechnen. Der Durchmesser d der Kugel sei 20 cm und damit der Rohrquerschnitt A = π · d 2 /4 = 314,16 cm2 , lK sei 2,5 m. Vor der Zündung ruht die Kugel am Boden des Rohres (s. Abb. 5.35). Den Raum V unterhalb der Kugel berechnen wir als Zylindervolumen der Höhe d/2 minus dem Volumen der Halbkugel. Also: V =
π 3 1 π 3 π 2 d d · − d = d = 1.047 cm3 4 2 2 6 24
Diesen Raum füllen wir mit 504 g Schwarzpulver. Beim Verbrennen werden 1.318 kJ frei (s. Aufgabe 4.7.17, Kap. 4) und es entstehen dabei 1 Mol CO2 , 2 Mol N2 , 2 Mol SO2 und 2 Mol K2 CO3 als Verbrennungsprodukte. Wir schätzen, dass das Volumen des festen K2 CO3 ca. 100 cm3 einnimmt, so dass das Volumen des Gasraumes V ca. 950 cm3 beträgt. Durch die explosionsartige Verbrennung entspricht das bei 1 bar und T0 einem inneren Energiezuwachs bei V = const: U = R H − n · R · T0
288
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.35 Lage der Kanonenkugel im Rohr vor dem Abschuss
Die bei der Reaktion entstehende Molzahl der Gase ist n = 5 und die Wärmekapazität der Gasmischung einschließlich der zusätzlichen durch Dissoziation von K2 CO3 entstehenden 2 Mol CO2 ist C V,Misch = (3 · 6,5 + 2 · 3,5 + 2 · 6) · R, da wegen der hohen Temperatur alle Freiheitsgrade von CO2 , SO2 und N2 angeregt sind. Somit ergibt sich für U : U = R H − 5 · RT0 = 38,5 · (T − T0 ) · R Daraus erhält man mit R H = 1,318 · 106 Joule und T0 = 293 K: T =
R H − 41,57 · 293 + 293 = 4372 K 38,5 · R
Bei dieser Temperatur nehmen wir an, dass 2K2 CO3 in 2K2 O + 2CO2 übergeht. Daraus berechnet sich p mit der Gesamtmolzahl 5 + 2 = 7 und V0 = 0,950 · 10−3 m3 : p = (7 · R/V0 ) · 4372 = 2,68 · 108 Pa = 2,68 kbar Wenn die Kanonenkugel aus Stahl ist mit einer Dichte von 7,5 g · cm3 , erhält man für die Kugelmasse m K : m K = ρK · π d 3 /6 = 31416 g = 31,416 kg Mit den berechneten Werten von p, m K sowie A = 314,16 cm2 und lK = 250 cm sowie sin α = sin 45◦ = 0,7071 lässt sich durch Auflösen nach der Endgeschwindigkeit diese berechnen:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
289
$ % % pV · 1 − (V /A · lk )γ −1 /(γ − 1) − m K · g lk − d · sin α & 2 υ= m K /2 " 3180 · 105 · 0,950 · 10−3 · −(950)/(314,16 · 250)0,4 + 1 /0,4 − 31,416 · 9,81 · 2,4 · 0,7071 = 31,416/2 = 183,2 m · s−1
Wir wollen nun die Schussweite und Flugzeit der Kugel ermitteln. Für eine parabelförmige Flugbahn mit α = 45◦ gilt (s. Lehrbuch der Physik) für die Schussweite s: υ 2 · sin 2α (183,3)2 · 1 = = 3.420 m g 9,81
s= und für die Flugzeit ts :
ts =
2 · υ · sin α = 26,4 s g
Wir wollen noch die Temperatur TE und den Druck pE im Kanonenrohr berechnen, wenn die Kugel das Rohr verlässt. Hier gilt nach Gl. (5.1):
V VE
γ −1
0,4 · T = TE = 950/(A · lK ) · 4372 = 748 K
und nach Gl. (5.2): pE =
V VE
γ
1,4 · p = 950/(A · lK ) · 3,18 · 103 = 5,54 bar
Diese Ergebnisse sind in dreierlei Hinsicht idealisiert. Zum einen kommt es durch Reibungsverlust zwischen Kugel und Rohr beim Abschuss zu einer unvollständigen Übertragung der adiabatischen Arbeit auf die kinetische Energie des Geschosses. Der Prozess ist also sicher partiell irreversibel . Ferner erfährt das Geschoss selbst in der Luft einen Reibungswiderstand. Letztlich wäre zu berücksichtigen, dass jedes Geschütz eine Rückstoßdämpfung erfährt, wodurch ein Teil der kinetischen Energie des Geschosses verloren geht. Dies alles führt zu einer geringeren Schussweite als berechnet.
5.15.6 Der fallende Kolben als irreversibler Prozess Wir wollen den Vorgang des Fallens eines Kolbens der Masse m in einem Zylinder genauer diskutieren (s. Abb. 5.10). In dem Zylinder soll sich ein zweiatomiges Gas (N2 ) befinden, das vor dem Loslassen des Zylinders beim Druck p1 , der gleich
290
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
dem äußeren Druck sein soll, bei der Temepratur T1 und dem Volumen V1 vorliegt. Die Höhe über dem Zylinderboden bezeichnen wir mit h 1 = V1 /A, wobei A die Querschnittsfläche des Zylinders bzw. des Kolbens ist. Der Fallprozess des Kolbens aus dieser Ausgangsposition soll adiabatisch-irreversibel ablaufen. Das Gleichgewicht, das sich nach Prozessende eingestellt hat, ist gekennzeichnet durch T2 , p2 und V2 = h 2 · A. Diese Größen sollen berechnet werden. Wir gehen aus von der Energiebilanz nach Gl. (5.30) bzw. (5.31) mit d E = 0: E = E pot,Kolben + E kin,Kolben + UGas = 0 Die Prozessführung verlangt, dass E kin,Kolben = 0 ist, also gilt: E pot,Kolben + UGas = 0 = m · g(h 2 − h 1 ) + n g · C V (T2 − T1 ) Aus dieser Beziehung sind die Gleichgewichtswerte für T2 und h 2 zu berechnen. Zunächst stellen wir fest, dass für die dritte Unbekannte, den Druck p2 , gilt: m · g = p2 · A bzw. p2 = m · g
h2 m·g = · h1 V2 V1
Für die Molzahl n g berechnen wir: ng =
p1 · V1 p2 · V2 = R · T1 R · T2
h 2 kann man durch h 1 ausdrücken: V2 p1 T2 h2 p1 T2 V1 · p1 T2 · = = · bzw. h 2 = h 1 · = V1 h1 p2 T1 p2 T1 m · g T1 Setzt man das in die Energiebilanz-Gleichung ein und löst nach T2 auf, erhält man: T2 =
m · g · h 1 + n g · V V · T1 V1 · p1 /T1 + n g · C V
Wir berechnen ein Beispiel: m = 1.000 kg, V1 = 0,002 m3 , h 1 = 0,2 m, T1 = 300 K. Dann ergibt sich für n g : ng =
105 · 0,002 = 0,08018 mol R · 300
und mit g = 9,81 m · s−2 sowie C V = 52 R (Stickstoff): T2 = 1055,2 K
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
291
ferner für h 2 : h2 =
0,002 1055 · 105 · = 0,0717 m 1000 · 9,81 300
wobei mit p2 =
1000 · 0,2 · 9,81 = 9,81 · 105 Pa = 9,81 bar 0,002
gerechnet wurde. Man sieht also, dass in diesem Beispiel nach dem Herabfallen des 1.000 kg schweren Kolbens die Temperatur von 300 auf 1.055 K steigt, der Druck sich fast verzehnfacht von 1 bar auf 9,8 bar, während das Volumen auf fast ein Drittel reduziert wird, d. h., die Fallhöhe des Kolbens beträgt fast 2/3 der ursprünglichen Höhe. Schließlich stellt sich noch die Frage, welche Werte das Volumen V2 und der Druck p2 annehmen, wenn nach Fall des Kolbens die Temperatur sich wieder an die Umgebungstemperatur T1 = 300 K angeglichen hat. Das ist leicht zu beantworten. Der Druck p2 bleibt derselbe: p2 = p2 = m · g · h 1 /V1 . Für V2 erhält man aus der Beziehung (n g bleibt immer konstant): ng =
p2 · V2 R · 300 RT1 bzw. V2 = n g = 0,08018 = 2,039 · 10−4 m3 R · T1 p2 9,81 · 105
Das Volumen V2 , das bei 1.055 K den Wert V2 = h 2 · V1 / h 1 = 7,17 · 10−4 m3 hatte, wird bei 300 K nochmals auf ca. 2/7 = 28,5% dieses Wertes zusammengedrückt. Insgesamt sind das nur noch ca. 10% des ursprünglichen Volumens V1 = 20 · 10−4 m3 , bevor der Kolben herabfiel.
5.15.7 Kompressoren und Luftpumpen Abbildung 5.36 zeigt die Arbeitsweise eines Kompressors, nach der im Prinzip z. B. auch Fahrradpumpen funktionieren. Es handelt sich dabei um einen Kolben, der durch ein Einweg-Saugventil (unten) aus der Atmosphäre (1 bar) Luft ansaugt, indem der Kolben zurückfährt und anschließend diese Luft komprimiert, wobei das untere Ventil schließt und das obere Einweg-Druck-Ventil sich öffnet. Durch ständige Wiederholung dieses Prozesses wird die Luft im Behälter, an den das obere Rohr angeschlossen ist, komprimiert. Das Kreisprozess-Diagramm ist in Abb. 5.37 gezeigt. Der Schritt 1 → 2 ist der Ansaugprozess der isobar (bei 1 bar) verläuft. Der Schritt 2 → 3 ist ein adiabatischer oder isothermer oder allgemein ein polytroper Kompressionsschritt im Zylinder, wobei beide Ventile geschlossen sind. Erst wenn der Druck im Zylinder den Druck in der oberen Druckleitung zum komprimierten System erreicht, wird die komprimierte Luft im Zylinder in Schritt 3 → 4 in das
292
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.36 Funktionsweise eines Kompressors
Abb. 5.37 pV -Kreisprozess eines (idealisierten) Kompressors
komprimierte System hineingeschoben. Das geschieht im Wesentlichen auf isobare Weise, wenn das Systemvolumen genügend groß ist. Im Schritt 4 → 1 schließt das obere Ventil, wenn der Kolben sich nur wenig zurückzieht. Wegen des geringen Zylindervolumens in dieser Phase sinkt der Druck dabei sofort auf Atmosphärendruck, so dass das untere Ventil sich öffnen kann. Damit ist der Kreisprozess geschlossen. Die einzelnen Arbeitsschritte lauten ( p0 = p1 = p2 , p = p3 = p4 ): W12 = − p0 · V2 W23 = − W34 = + p · V3
V)3 , p
pd V
V2 , p0
W41 ∼ =0
Das Integral in W23 lösen wir in möglichst allgemeiner Form unter der Annahme einer polytropen Zustandsänderung mit dem Polytropenkoeffizient ε (s. Gl. 5.4): W23
R T2 =n ε−1
'
V2 V3
ε−1
( −1
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
293
Der Arbeitsaufwand für den gesamten Kompressionszyklus lautet: ( ' p0 V2 V2 ε−1 WKompr = p · V3 − p0 · V2 + −1 ε−1 V3 wobei wir n · R · T2 durch p0 · V2 ersetzt haben. Als Beispiel wollen wir den Arbeitsaufwand berechnen, um mit einer Fahrradpumpe gegen p = 2,5 bar bei 1 bar äußeren Atmosphärendruck p0 zu pumpen. Das Volumen der Pumpe sei 500 ml. εLuft ≈ 1,25. Wir ersetzen zunächst mit Hilfe der Polytropenzustandsgleichung p0 · V2ε = p · V3ε (V2 /V3 )ε−1 durch ( p/ p0 )(ε−1)/ε und erhalten: WKompr
⎡ ⎤ ε − 1 1/ε p0 p0 · V2 ⎢ p ε − 1⎥ = V2 p − p0 + ⎣ ⎦ p ε−1 p0
Wir vernachlässigen den Ansaugeschritt − p0 V2 , da bei einer Fahrradpumpe praktisch kein Druckunterschied vor und hinter dem Kolben herrscht. Mit den Zahlenwerten erhält man: 1 1/ε 5 −6 WKompr = 2,5 · 10 · 500 · 10 · 2,5 5 −6 10 · 500 · 10 + (2,5)(ε−1)/ε − 1 100 Joule ε−1
5.15.8 Verbrennungsmotoren als Kreisprozesse: der Otto-Motor, der Diesel-Motor, der Stirling-Motor Der Otto-Kreisprozess ist ein idealisierter Kreisprozess, der im Wesentlichen den Prozessschritten eines Otto-Verbrennungsmotors entspricht. Er ist in Abb. 5.38 skizziert und man sieht, dass er aus 2 adiabatischen Schritten, 1 → 2 und 3 → 4 sowie 2 isochoren Schritten, 2 → 3 und 4 → 1 zusammengesetzt ist. Die Analogie zum realen Otto-Verbrennungsmotor ergibt sich folgendermaßen. Im Zustand 1 liegt ein gasförmiges Luft+Benzingemisch vor. Das Ansaugen dieses Gemisches entspricht der gestrichelten, isobaren Linie 0 → 1. Von 1 nach 2 wird das Luft+Benzingemisch adiabatisch komprimiert, der Kolben hat seine tiefste Position im Zylinder erreicht. Bei konstantem Volumen V2 = V3 wird das Luft+Benzingemisch gezündet, der damit verbundenen Erhöhung der inneren Energie entspricht formal eine Wärmezufuhr Q 23 , obwohl eigentlich keine Wärme zugeführt wird. Von 3 nach 4 erfolgt ein adiabatischer Expansionsschritt, der Kolben hat bei 4 seine höchste Position erreicht, im Schritt 4 nach 1 gibt er Wärme Q 41 bei V4 = V1 an die Umgebung
294
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.38 Der idealisierte Otto-Kreisprozess (die graue Fläche ist die gewonnene Arbeit)
ab (Motorkühlung) und erreicht wieder Position 1. Im Schritt nach 0 wird das verbrannte Gasgemisch ausgestoßen (Auspuff). Da die Schritte 0 → 1 und 1 → 0 sich ungefähr kompensieren, tragen sie praktisch nichts zum idealisierten Gesamtzyklus bei, den wir als Kreisprozess wie ein ideales Gas behandeln: Schritt 1 → 2 adiabatische Kompressionsarbeit = −
)V2
pd V =
V1
)T2
C V dT
T1
= W12 = +|W12 | Schritt 2 → 3 isochore Wärmezufuhr
= Q 23 = +|Q 23 |
Schritt 3 → 4 adiabatische Expansionsarbeit
=−
)V4
pd V =
V3
)T4
C V dT
T3
= W34 = −|W34 | = Q 41 = −|Q 41 |
Schritt 4 → 1 isochore Wärmeabgabe Die energetische Bilanz des 1. Hauptsatzes lautet:
W12 + W34 + Q 23 + Q 41 = 0 = |W12 | − |W34 | + |Q 23 | − |Q 41 | Damit ist der Wirkungsgrad ηOtto : |W34 | − |W12 | |Q 41 | T4 − T1 =1− =1− |Q 23 | |Q 23 | T3 − T2 T1 1 − T4 /T1 =1− · T2 1 − T3 /T2
ηOtto =
Für die adiabatischen Schritte gilt (s. Gl. 5.1): T2 = T1
V1 V2
γ −1 und
T3 = T4
V4 V3
γ −1
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
295
Da V1 = V4 und V2 = V3 , ist demnach T4 /T1 = T3 /T2 , und es folgt:
ηOtto = 1 −
T1 =1− T2
V2 V1
γ −1
Je größer also das sog. Verdichtungsverhältnis (V1 /V2 ), ist, desto wirksamer ist der Otto-Kreisprozess bzw. der Otto-Motor. V2 heißt das Kompressionsvolumen (kleinstmögliches Volumen im Zylinder) und (V1 − V2 ) das Hubvolumen. Mit V1 /V2 = 5 und γ ≈ 1,4 erhält man: ηOtto = 0,47 In realen Otto-Prozessen, also im Otto-Motor kann das Kompressionsvolumen V2 nicht beliebig klein werden, da sonst Selbstzündung eintritt. Heutige Otto-Motoren erreichen Werte für ηOtto ≈ 0,25 bis 0,3. Ein weiterer wichtiger Kreisprozess ist der Diesel-Prozess. Auch diesen Prozess wollen wir als idealisierten Ersatzprozess für den tatsächlichen Prozess des Diesel-Motors behandeln (s. Abb. 5.39). Dieser nutzt die Erkenntnis aus, dass ein kleines Kompressionsvolumen VK den Wirkungsgrad steigern kann. Um vorzeitige Selbstzündung zu vermeiden, wird die Luft im ersten Schritt 1–2 möglichst weit adiabatisch komprimiert und zwar ohne Brennstoff, der erst während des Schrittes 2 → 3 eingespritzt wird. Dieser Schritt ist quasi-isobar, da bei der Selbstzündung des Gemisches der Kolben bereits im Rückgang ist. Formal wird also im isobaren Schritt 2 → 3 Wärme zugeführt. Es folgt ein adiabatischer Expansionsschritt 3 → 4 gefolgt von einem isochoren Schritt 4 → 1, bei dem – ähnlich wie beim Otto-Motor - Wärme zur Motorkühlung an die Umgebung abgegeben wird. Die Schrittfolge lautet also wieder unter Annahme der Gültigkeit idealen Gasverhaltens:
Abb. 5.39 Der idealisierte Diesel-Kreisprozess (die graue Fläche ist die gewonnene Arbeit)
296
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Schritt 1 → 2 adiabatische Kompressionsarbeit C V (T2 − T1 ) = |W12 | Schritt 2 → 3 isobare Wärmezufuhr plus isobareArbeit
(C V + n · R)(T3 − T2 ) = |Q 23 | + p2 (V3 − V2 ) + |W23 |
Schritt 3 → 4 adiabatische Expansionsarbeit
C V (T4 − T3 ) = −|W34 |
Schritt 4 → 1 isochore Wärmeabgabe
C V (T1 − T4 ) = −|Q 41 |
Der Wirkungsgrad ηDiesel ist dann: C V (T3 − T4 ) + R(T3 − T2 ) − C V (T2 − T1 ) |W34 | + |W23 | − |W12 | = |Q 23 | (C V + R)(T3 − T2 ) R CV C V T2 − T1 T3 − T4 = − + T3 − T2 CV + R Cp C p T3 − T2 1 T1 − T4 1 1 · + =1− − γ T2 − T3 γ γ 1 T1 − T4 (T4 /T1 ) − 1 1 T1 =1− · =1− γ T2 − T3 γ T2 (T3 /T2 ) − 1
ηDiesel =
Jetzt machen wir wieder Gebrauch von den adiabatischen Zusammenhängen nach Gln. (5.1) und (5.2): T1 = T2
V2 V1
γ −1 und
p4 = p3
V3 V1
γ
wegen V4 = V1
Ferner gilt für den isobaren Schritt 2 → 3: T3 T2 = V2 V3 und für den isochoren Schritt von 4 → 1: T4 T1 = p1 p4 Kombination der letzten 3 Beziehungen ergibt mit p2 = p3 : T4 p4 p3 = = · T1 p1 p1
V3 V1
γ
=
p2 p1
γ γ γ γ V3 V1 V3 V3 · = · = V1 V2 V1 V2
Damit erhält man für den Wirkungsgrad:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
ηDiesel
297
(V3 /V2 )γ − 1 =1− (V3 /V2 ) − 1
V1 V2
1−γ ·
1 γ
Mit der Definition des Verdichtungsverhältnisses εV = V1 /V2 und dem sog. Einspritzverhältnis ϕ = V3 /V2 ergibt sich schließlich: 1−γ
ηDiesel = 1 −
εV γ
·
ϕγ − 1 ϕ−1
Mit εV = 20, ϕ = 2,5 und γ ≈ 1,4 erhält man z. B.: ηDiesel = 0,63 In der Realität erreicht der Dieselmotor ηDiesel ∼ = 0,33. Bei einem Verdichtungsverhältnis εV = 5, wie beim Otto-Motor, wäre allerdings ηDiesel ∼ = 0,35. Das ist niedriger als ηOtto = 0,47. Es liegt also am erheblich größeren Wert von εV , der beim Diesel-Motor möglich ist, dass ηDiesel > ηOtto . Ein Diesel-Auto fährt also treibstoffsparender als ein Benzin-Auto (ηOtto,real ≈ 0,28). Der Stirling-Motor ist kein Verbrennungsmotor, der Brennstoff aufnimmt,ihn verbrennt und die Abgase wieder ausstößt, sondern er arbeitet nur mit einer äußeren Wärmequelle in einem tatsächlich geschlossenen Kreislauf. Diese Wärmequelle kann irgendein Verbrennungsprozess sein, der außerhalb des Kreisprozesses stattfindet. Auf technische Einzelheiten wollen wir hier nicht eingehen, es geht um das Prinzip, das dem idealisierten Stirling-Kreisprozess zugrunde liegt. Wir betrachten dazu Abb. 5.40. Es handelt sich um 2 isotherme Schritte 1 → 2 und 3 → 4, zwischen die 2 isochore Schritte geschaltet sind und auf diese Weise den Kreislauf schließen. In Schritt 1 → 2 wird das Arbeitsgas isotherm komprimiert, wobei Wärme −|Q 12 | abgegeben wird und gleichzeitig die Arbeit |W12 | an dem Gas geleistet wird. Es folgt der erste isochore Schritt 2 → 3 mit der Wärmezufuhr +|Q 23 |. Dann wird das Gas im Schritt 3 → 4 expandiert und leistet die Arbeit |W34 |, wobei ihm gleichzeitig der
Abb. 5.40 Der idealisierte Stirling-Kreisprozess (die graue Fläche ist die gewonnene Arbeit), links im P V -Diagramm, rechts im T S-Diagramm ( — Stirling-Prozess, - - - - - Carnot-Prozess, A1 = A2 )
298
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Wärmebetrag |Q 34 | zugeführt wird. Der abschließende Schritt 4 → 1 wird wieder isochor durchgeführt unter Wärmeabgabe −|Q 41 |. Der Wirkungsgrad ηSt ergibt sich bei Berücksichtigung der Gesamtenergieerhaltung: −|Q 12 |+|W12 |+|Q 23 |−|W34 |+ |Q 34 | − |Q 41 | = 0 = −|Q 12 | + |W12 | − |W34 | + |Q 34 |. Man sieht, dass die Wärmezufuhr |Q 23 | und die Wärmeabgabe −|Q 41 | sich genau kompensieren müssen, da sie sich bei isochoren Bedingungen auf dieselbe Temperaturdifferenz (T3 − T2 = T4 − T1 ) beziehen, bei der Erwärmung bzw. Abkühlung des Gases stattfindet. Die positive Wärmezufuhr ist |Q 34 |. Also gilt: ηSt = −
|W12 | − |W34 | |Q 34 |
Da es sich bei den Schritten 3 → 4 und 1 → 2 um isotherme Schritte handelt, muss gelten: |Q 34 | − |W34 | = 0 bzw. |W12 | = +|Q 12 | Das bedeutet: +|Q 34 | = +|W34 | = n · RT3 ln(V4 /V3 ) = n R · T4 ln(V4 /V3 ) und −|Q 12 | = −|W12 | = n · RT1 ln(V2 /V1 ) = n R · T2 ln(V2 /V1 ) Da V3 = V2 und V4 = V1 gilt, erhält man für ηSt : ηSt = 1 −
T1 T2 =1− T4 T3
Der Stirlingprozess hat also denselben Wirkungsgrad wie der Carnot-Prozess (vergl. Gl. (5.14)), man kann ihn als eine realisierbare Carnot-Maschine bezeichnen. Der Stirling-Prozess lässt sich umkehren und als Kühlprozess nutzen, d. h., er kann nach Abb. 5.40 gegen den Uhrzeigersinn laufen bei umgekehrten Vorzeichen für die Wärmebeträge und Arbeitsbeträge mit der Leistungsziffer εK =
T12 T34 − T12
was ebenfalls identisch mit der Leistungsziffer eines Carnot-Kühlprozesses ist (s. Gl. 5.14). Dass der Stirling-Prozess denselben Wirkungsgrad wie der Carnotprozess hat, lässt sich verstehen: die beiden isothermen Prozesse sind dieselben, und statt der beiden adiabatischen Prozesse hat der Stirling-Prozess zwei isochore Schritte, die sich ergeben für den Grenzfall γ → ∞ (s. Abschn. 5.2). Da γ im Ergebnis gar
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
299
nicht auftaucht, können die Wirkungsgrade nach Carnot und nach Stirling sich nicht unterscheiden. Das T, S-Diagramm des Stirling-Prozesses in Abb. 5.40 umschließt eine rautenförmige Fläche mit derselben Größe wie beim Carnot-Prozess (s. Abb. 5.8).
5.15.9 Energieeffizienz beim Raumheizen Wir wollen ermitteln, welche Methode, die Räume einer Wohnung bzw. eines Hauses zu heizen, die brenstoffsparendste ist bei vorgegebener Heizleistung. 4 Möglichkeiten sollen untersucht werden: • • • •
Heizen mit elektrischem Strom aus der Steckdose; Öl- oder Gasheizung (das ist das gängige Verfahren); eine mit elektrischem Strom aus der Steckdose betriebene Wärmepumpe; eine mit einem bereitstehenden Diesel- oder Stirling-Motor betriebene Wärmepumpe.
˙ die in den Primärenergieerzeuger hineingeDie erforderliche Heizleistung sei Q, ˙ steckte Leistung sei HW (Heizwert des Brennmaterials). Die Art des Brennmaterials soll keine Rolle spielen. Weitere Vorgaben sind: die Wärmepumpe soll mit einer Leistungsziffer εK (s. Gl. (5.12)) von 2,25 arbeiten, das Heizkraftwerk, das den elektrischen Strom ins Haus liefert mit einem Wirkungsgrad ηKW = 0,42 und der Diesel- bzw. Stirling-Motor mit einem Wirkungsgrad ηD bzw. ηS von 0,38 bzw. 0,30. 1. Heizen mit elektrischem Strom Die Stromleistung des Kraftwerkes ist ηKW · H˙ W und damit die Wärmeleis˙ tung Q: Q˙ = ηKW · H˙ W Das Verhältnis von eingebrachter Leistung H˙ W zur erzeugten Heizleistung ist: 1 H˙ W 1 = 2,38 = = ˙ ηKW 0,42 Q 2. Heizen mit Öl oder Gas im Haus Die Heizleistung ist gleich der eingebrachten Leistung des Öl- oder Gasbrenners multipliziert mit einem Verlustfaktor f V (Schornstein!) von ca. 0,8: Q˙ = 0,8 · H˙ W
300
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Damit folgt: H˙ W = 1,25 Q˙ Das ist schon deutlich günstiger als direktes elektrisches Heizen. 3. Heizen mit elektrisch betriebener Wärmepumpe Die elektrische Leistung für die Wärmepumpe W˙ el kommt aus dem Stromnetz: W˙ el = H˙ W · ηKW Die Wärmepumpe gibt ins Haus die Wärmeleistung Q˙ WP ab. Es gilt: 1 1 Q˙ WP = · W˙ el = · ηKW · H˙ W = (εK + 1) · ηKW · H˙ W ηK ηK Also gilt hier: H˙ W 1 1 = = = 0,732 (εK + 1) · ηKW 3,25 · 0,42 Q˙ WP Das ist deutlich günstiger als das Heizen mit Öl oder Gas. 4. Die elektrische Leistung für die Wärmepumpe kommt hier vom Dieselmotor im Haus: W˙ el = ηD · H˙ W Also ist die Wärmeabgabe der Pumpe Q˙ WP Q˙ WP = (εK + 1) · W˙ el = (εK + 1) · ηD · H˙ W Dazu kommt noch die vom Dieselmotor produzierte Wärmeleistung, die nutzbar ist: Q˙ D = H˙ W (1 − ηD ) Damit ergibt sich für die Gesamtwärmeleistung Q˙ WP + Q˙ D = ((εK + 1) · ηD + 1 − ηD ) · H˙ W = Q˙ gesamt und somit erhält man: H˙ W Q˙ gesamt
= ((εK + 1) · ηD + 1 − ηD )−1 = (3,25 · 0,39 + 1 − 0,39)−1 = 0,672
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
301
Da Dieselmotoren laut sind, lässt sich z. B. stattdessen der leiser arbeitende Stirling-Motor verwenden: H˙ W = (3,25 · 0,30 + 1 − 0,30)−1 = 0,597 ˙ Q gesamt Die Tatsache, dass bei den Heizmethoden mit der Wärmepumpe gilt, dass Q˙ WP > H˙ W bzw. Q gesamt > H˙ W , widerspricht nicht dem Energieerhaltungssatz, da die Wärmeleistung Q˙ WP − H˙ W bzw. Q gesamt − H˙ W aus dem Energievorrat der Außenluft herrührt. Die vierte Methode ist also mit Abstand die günstigste. Natürlich hängen die Ergebnisse von den verwendeten Zahlen ab, die nur Schätzwerte sind. Qualitativ aber bleibt auch bei etwas anderen Werten die Reihenfolge der Sparsamkeit erhalten. Über die Kosten (Investkosten, Betriebskosten) sagt die Rechnung nichts aus.
5.15.10 Eine exotische Wärmekraftmaschine: Das Minto-Rad. Das Minto-Rad kann zur einfachen Erzeugung mechanischer Energie mit geringer Leistung eingesetzt werden, wo billige bzw. kostenfreie Wärmeerzeugungsquellen zur Verfügung stehen, z. B. die Strahlungsenergie der Sonne [nach: J. Fricke, W. L. Borst „Energie“, Verlag Oldenbourg (1984)]. Die Funktionsweise des Minto-Rades ist in Abb. 5.41 dargestellt.
Abb. 5.41 Zur Funktionsweise des Minto-Rades
302
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Das Minto-Rad besteht aus 2 senkrecht zueinander in Kreuzform angeordneten Röhren. Jede der Röhren ist an ihren beiden Enden mit einem kugelförmigen Behälter verbunden, der mit einem sog. Flüssiggas gefüllt ist (z. B. Butan). Die Röhren sind an ihren Enden offen und ragen fast bis an den Rand des jeweiligen Behälters. Das Rad soll sich um die Achse im Schnittpunkt des Kreuzes senkrecht zur Zeichenebene drehen. Das geschieht folgendermaßen: Der untere, tiefste Behälter ist in das Wasserbad eingetaucht, das mit Wasser durch Zu- und Abfluss zu einem Sonnenlichtabsorber mit Wärme versorgt wird. Im warmen Wasser steigt im unteren Kolben der Dampfdruck des Flüssiggases und schiebt die flüssige Phase in den senkrecht darüber stehenden, oberen Behälter. Dadurch verschiebt sich der Schwerpunkt über die Mitte des Kreuzes und der obere Behälter, der in der Luft wieder abkühlt, sinkt nach unten. Die potentielle Energie, die durch den erhöhten Dampfdruck gewonnen wurde, wird in kinetische Energie der Rotation umgewandelt. Um 90◦ phasenverschoben geschieht dasselbe mit der anderen Röhre. Die Drehung erfolgt gegen den Uhrzeigersinn, rechts steigen die fast leeren Kolben auf, links sinken sie herab. Wir wollen den thermodynamischen Wirkungsgrad des Minto-Rades berechnen. Wenn die Masse m Fl durch das Rohr senkrecht nach oben geschoben wird, leistet das System die Arbeit W = m Fl · 2r · g mit dem Radradius r und der Erdbeschleunigung g. Im selben Prozesschritt muss im unteren Kolben das System Wärme aufgenommen haben, und zwar
Q = H V /M · m D wobei m D die Masse des Dampfes ist, HV die molare Verdampfungsenthalpie und M die molare Masse des Flüssiggases. Da das Volumen der entstehenden Dampfphase gleich dem flüssigen Volumen ist, das in den oberen Behälter gelangt, gilt: m D = m Fl ·
ρD ρFl
wobei ρFl und ρD die Massendichten von flüssiger Phase und Dampfphase bedeuten. Der thermodynamische Wirkungsgrad ist ja definiert als die vom System erzeugte Arbeit dividiert durch die insgesamt absorbierte Wärme Q. (Die Wärmemengen, die zur jeweiligen Erwärmung bzw. Abkühlung des Behälterinhaltes aufgenommen bzw. abgegeben werden, gehen in die Bilanz nicht ein.) η=
2r M · g · ρFl m Fl · 2r · g W = = Q m Fl · g · (HV /M) · (ρD /ρFl ) HV · ρD
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
303
Nun ist 2r · g · ρFl gerade die Druckdifferenz p zwischen den senkrecht übereinander stehenden Behältern, für die sich schreiben lässt, wenn die Temperatur unten (Tu ) nicht allzu weit über der Temperatur oben (To ) liegt: HV 1 1 p = po − pu = po 1 − exp − − R Tu To Also gilt: η=
m · p HV · ρD
Als Beispiel verwenden wir typische Zahlenwerte H V /M = 1,5 · 105 J · kg−1 , p = 0,7 bar, ρFl = 1.000 kg · m−3 , ρFl /ρD = 50. Das ergibt: η = 0,7 · 105 /(1,5 · 105 · 1.000/50) = 0,023. Der Wirkungsgrad ist also gering, die Leistung dW = W˙ = η · Q˙ dt hängt von der Geschwindigkeit ab, mit der der eintauchende Behälter Wärme aus dem Wärmebad aufnimmt und an die Luft wieder abgibt. Dazu kommen Verluste durch Reibung auf der Achse und durch Reibung des unteren Kolbens bei der Bewegung durch das Wasser.
5.15.11 Berechnung des 2-Phasenbereiches Dampf-Flüssigkeit für Cyclohexan mit verschiedenen thermischen Zustandsgleichungen Die Maxwellkonstruktion ist die Grundlage der Berechnung des Phasengleichgewichts Flüssigkeit-Dampf (Gl. 5.83) für eine beliebige thermische Zustandsgleichung. Bisher haben wir die v. d. Waals- und die Redlich-KwongZustandsgleichungen kennengelernt (Gln. (3.2) und (3.8)), auf die die Maxwellkonstruktion anwendbar ist. Wegen der Unzulänglichkeit des Hartkugelterms pHS dieser Zustandsgleichungen (vergl. Abb. 3.5) sollte seine Ersetzung durch den pHS Term der Carnahan-Starling-Gleichung nach Gl. (3.7) zu verbesserten Zustandsgleichungen führen. Diese lautet für die erweiterte v. d. Waals-Gleichung: CS − v.d.W. : mit y = b/4V .
p=
RT V
1 + y + y2 − y3 (1 − y)3
−
a V
2
304
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Für die originale v. d. Waals-Gleichung gilt in dieser Schreibweise: p=
RT V
·
1 a − 2 1 − 4y V
Die Parameter a und b der beiden Zustandsgleichungen lassen sich jeweils, wie in Abschn. 3.2, Kap. 3 beschrieben, aus den Bedingungen am kritischen Punkt berechnen: 2 ∂p ∂ p = 0 und =0 2 ∂ V Tc ∂ V Tc Die Zusammenhänge von a und b mit Tc , pc bzw. V c sind in Tabelle 5.2 angegeben. Unser Ziel ist es, die Phasengleichgewichtsberechnungen für die beiden Zustandsgleichungen durchzuführen und mit experimentellen Daten für Cyclohexan zu vergleichen. Die kritischen Daten für Cyclohexan sind: Tc = 553,6 K, pc = 40,78 · 105 Pa und V c = 3,0825 · 10−4 m3 · mol−1 (s. auch Anhang F, Tabelle F.1). Es ergeben sich folgende Werte für a und b, wenn experimentelle Daten von Tc und pc verwendet werden: pc ist in Pascal Pa und V c in m3 · mol−1 einzusetzen. Wir benutzen jetzt die Vorschrift der Maxwell-Konstruktion, die nichts anderes als die Gleichheit der chemischen Potentiale in beiden Phasen bei p = const und T = const beinhaltet. Einsetzen der v. d. Waals-Gleichung (Gl. (3.5)) in Gl. (5.83) ergibt: p(V g − V l ) = RT · ln
Vg −b
+a·
Vl − b
1 Vg
−
1 Vl
(v. d. Waals)
Der entsprechende Ausdruck für die CS-v.d.W.-Gleichung ist etwas umständlicher abzuleiten. Das liegt an dem Hartkugel-Term der CS-Gleichung (s. Gl. (3.7)), den wir zunächst gesondert betrachten wollen. Wir haben zu berechnen: V g
V g pHS,CS d V = RT
Vl
1 + y + y2 − y3 1 dV (1 − y)3 V
Vl
mit y = b/4V . Um das Integral zu lösen, ist es bequemer, von der Summendarstellung des Integranden nach Gl. (3.7) auszugehen, d. h., wir schreiben: Tabelle 5.2 Zusammenhang der Parameter a und b mit kritischen Größen vdW CS-vdW a/(RTc · V c ) = a · pc /(R 2 Tc2 · Z c ) 9/4 1/3 b/V c = b · pc /(R · Tc · Z c ) 3/8 Zc
1,3824 0,5216 0,359
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
V g
V g pHS,CS d V = RT
Vl
305
∞ 1 (n 2 + n − 2) d V + RT V
Vg
n=2
Vl
y n−1 V
dV
Vl
Nun gilt d V /V = −dy/y, so dass dieses Integral einfach zu lösen ist. Man erhält: V g pHS,CS d V = RT ln
Vg Vl
− RT
∞ n2 + n − 2
n−1
n=2
Vl
y
# yg # #
n−1 #
yl
Wir wechseln jetzt den Index der Summe und wählen n = m + 1, womit man erhält: ∞ ∞ ∞ m 2 + 2m + 1 + m + 1 − 2 m m · ym + 3 ym y = m
m=1
m=1
m=1
Das lässt sich durch die geometrische Reihe und ihre Ableitung ausdrücken:
y
∞
m · y m−1 + 3
m=1
∞
ym = y
m=1
d
1 1−y
+
dy
3 3 − 2y = 1−y (1 − y)2
Damit ergibt sich:
pHS,CS V g − V l = RT ln
Vg Vl
+ RT
3 − 2yg 3 − 2yl − 2 (1 − yl ) (1 − yg )2
Somit lässt sich für das Dampf-Flüssig-Phasengleichgewicht nach der MaxwellKonstruktion für die CS-v.d.W.-Gleichung schreiben: ' p(V g − V l ) = RT ln +a
Vg
(
Vl 1 Vg
−
3 − 2yg 3 − 2yl + RT − 2 (1 − yl ) (1 − yg )2 1
(CS − v.d.W.)
Vl
mit yg = b/(4 · V g ) und xl = b/(4 · V l ). Um bei vorgegebener Temperatur den Druck p und die Molvolumina V l und V g (bzw. die Massendichten ρl = M/V l und ρg = M/V g ) in Phasengleichgewicht zu bestimmen, müssen die thermische Zustandsgleichung und die Phasengleichgewichtsbeziehung nach der Maxwell-Konstruktion simultan gelöst werden. Das kann nur numerisch geschehen. Zunächst berechnet man für eine Isotherme bei einem bestimmten Druck p die Werte V l und V g aus der thermischen Zustandsgleichung.
306
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.42 Dampf-Flüssigkeits-Phasengleichgewicht für Cyclohexan. Oben: p − ρ-Projektion, • Experimente, - - - - - v. d. Waals-Gleichung, ——– CS-v. d. Waals-Gleichung. Unten: p − T Projektion (Dampfdruckkurve), • Experimente, - - - - - v. d. Waals-Gleichung, ——– CS-v. d. Waals-Gleichung (Parameter aus Tabelle 5.3).
Der Druck p und die zugehörigen Werte V l und V g werden so lange variiert, bis die Phasengleichgewichtsbedingung erfüllt ist. Abbildung 5.42 zeigt die im Phasengleichgewicht erhaltenen Dichten ρl und ρg als Funktion des Druckes für die beiden Zustandsgleichungen. Es wurden dabei die Parameter a und b aus Tabelle 5.3 verwendet. Tabelle 5.3 Parameter a und b für Cyclohexan aus Tc und pc vdW CS-vdW a/J · m3 · mol−2 b/m3 · mol−1
2,192 1,41 · 10−4
2,597 2,11 · 10−4
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
307
Diese Darstellung entspricht der Projektion der pV T -Oberfläche im 2-Phasengebiet auf die pV -Ebene (bzw. pρ-Ebene) (s. Abb. 5.16). Zu jedem Druck gehören 2 Dichten und eine bestimmte Temperatur (s. Abb. 5.42 oben). Projiziert man dieses 2-Phasengebiet auf die pT -Ebene, erhält man (s. Abb. 5.16) die Dampfdruckkurve, die am kritischen Punkt endet (Abb. 5.42 unten). Abbildung 5.42 (oben) zeigt, dass die einfache v. d. Waals-Gleichung die Dichten der Flüssigkeit schlecht beschreibt, das gilt insbesondere bei niedrigen Drücken. Die CS-v.d.W.-Gleichung macht bessere Voraussagen, insbesondere bei niedrigen Drücken und höheren Dichten. Auch bei den Dampfdruckkurven (Abb. 5.42 unten) liegt die CS-v.d.WaalsGleichung deutlich näher bei den experimentellen Daten als die einfache v. d. WaalsGleichung. Das ist ein Hinweis darauf, dass der Hartkugelanteil nach Carnahan und Starling insbesondere bei höheren Dichten dem entsprechenden Hartkugelanteil der einfachen v. d. Waals-Gleichung überlegen ist.
5.15.12 Molwärme im 2-Phasengebiet Flüssig-Dampf bei konstantem Volumen Wir betrachten Abb. 5.15 und stellen uns die Frage, wie groß die Wärmekapazität CV des 2-Phasensys-tems ist bei V = VG + VL = const, also CVLE = δdTQ . V (Index VLE = vapor liquid equilibrium.) Die Antwort ist nicht trivial, denn sowohl die flüssige wie auch die gasförmige Phase erfahren bei Wärmezufuhr δ Q eine Temperaturerhöhung dT , gleichzeitig wird jedoch auch eine bestimmte Menge der flüssigen Phase (−dn L ) verdampft und gelangt in die gasförmige Phase (+dn G ), wobei sich der Gesamtdruck des Systems um dp erhöht. Da die Molzahl n = n L + n G ebenso wie V konstant bleibt, lässt sich folgende Bilanz aufstellen: n L · V L + n G · V G = V = (n L − dn L ) · V L (1 + αL,sat · dT ) + (n G + dn L ) V G (1 + αG,sat · dT ) Hierbei bedeuten V L und V G die molaren Volumina der flüssigen bzw. gasförmigen Phase im Phasengleichgewicht und es gilt ferner für die thermischen Ausdehnungskoeffizienten: αL,sat =
1 VL
dV L dT
bzw. αG,sat = sat
1 VG
dV G dT
sat
wobei (d V L /∂ T )sat und (d V G /dT )sat die Änderung der Molvolumina V G und V G mit der Temperatur entlang der Phasengleichgewichtskurve (Index: sat) bedeuten (also nicht bei p = const). Daher benutzen wir das Differentialzeichen „d“ und nicht „∂“, denn V L und V G sind eindeutige Funktionen von T , da im Phasengleichgewicht die Beziehung p = p(T ) besteht (Dampfdruckkurve). Ausmultiplizieren
308
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
der Bilanzgleichung und Vernachlässigung von Gliedern, die dn L · dT enthalten, ergibt: dn G n L · V L · αL,sat + n G · V G · αG,sat dn L =− = dT dT VG − VL Die gesamte Wärmekapazität CVLE des 2-Phasensystems setzt sich aus 3 Anteilen zusammen: den Wärmekapazitäten C L,sat ·n L und C G,sat ·n G entlang der Sättigungskurve p(T ) und ferner der Wärme δ Q, die zur Verdampfung von dn L aufzubringen ist: δ Q = −dn L · H V = dn G · H V mit der molaren VerdampfungsenthalpieH V . Also ergibt sich: CVLE = n L · C L,sat + n G · C G,sat −
n L · V L · αL,sat + n G · V G · αG,sat VG − VL
· H V
Setzen wir nun die Clapeyron’sche Gleichung (Gl. (5.84)) ein, erhalten wir: CVLE = n L · C L,sat + n G · C G,sat − T
dp dT
n L · V L · αL,sat + n G · V G · αG,sat
sat
Die Größen C L,sat , C g,sat , αL,sat und αG,sat sind nicht direkt messbar und müssen durch messbare Größen ausgedrückt werden. Das geschieht folgendermaßen. Es gilt allgemein für ein Einkomponentensystem: dV =
∂V ∂T
dT + p
∂V ∂p
dp = V · α p · dT − V · κT · dp T
und somit:
dV dT
= V · α p − V · κT · sat
dp dT
= V · αsat sat
ferner gilt allgemein (s. Gl. 5.19): T · d S = C V · dT + T
∂p ∂T
· dV V
und somit: T
dS dT
= C sat = C V + T sat
∂p ∂T
· V
dV dT
sat
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
309
Mit (∂ p/∂ T )V = α p /κT (Gl. (3.1)) folgt: C sat
αp = CV + T κT
V α p − V αT
dp dT
sat
Setzt man das in den obigen Ausdruck für CVLE ein, erhält man: C VLE = n L C V,L + T
α 2p,L
V L − n L · T · V L · α p,L
dp dT
κT,L sat α p,G dp + n G C V,G + T V G − n G · T · V G · α p,G · κT,G dT sat dp dp n L V L α p,L − κT,L −T dT sat dT sat dp + n G V G α p,G − κT,G dT sat
Nun gilt zunächst nach Gl. (5.21): CV + T
α 2p κT
· V = Cp
sowie
V = V L · n + V G − V L · nG Damit lässt sich für CVLE schreiben: CVLE =
n VG − V
V − n VL · C p,L + · C p,G VG − VL VG − VL dp −T · 2 · VL · α p,L + (V − VL ) · α p,G dT sat dp 2 · VL · κT,L + (V − VL ) · κT,G +T dT sat
Diese Formel enthält bekannte und beobachtbare Größen. Es müssen bekannt sein: n, C p,L ; C p,G ; V L ; V G , Gesamtvolumen V, Dampfdruckkurve psat (T ). Es müssen beobachtet werden: VL (Volumen der gesamten flüssigen Phase in V ). Es müssen separat gemessen werden: α p,L , κT,L sowie α p,G und κT,G . Bei genügend niedrigen Dampfdrücken kann α p,G ∼ = 1/T und κT,G ∼ = 1/ psat gesetzt werden (s. Abschn. 3.1). Bei genügend niedrigem Dampfdruck kann VL auch berechnet werden, wenn n bekannt ist:
310
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
VL = V − VG ≈ V − n G ·
RT V − V L · n RT =V− · RT psat psat −V psat
L
Wir rechnen ein Beispiel durch. In einem Gefäß mit 50 ml Inhalt befinden sich 1 Mol (18 g) Wasser bei 372,76 K. Die Molwärme C p,L beträgt 75,3 J · mol−1 · K−1 , die Molwärme C p,G beträgt 33,6 J · mol−1 · K−1 . Es gilt ferner α p,L = 6,915 · 10−4 · K−1 und κT,L = 4,56 · 10−10 Pa−1 . Wir nehmen an, dass in der Gasphase näherungsweise das ideale Gasgesetz gilt. Als Dampfdruckgleichung wählen wir die Antoine-Gleichung (s. Aufgabe 5.16.32): ln( psat /torr) = A −
B B dpsat und = psat · T +C dT (T + C)2
mit A = 18,3036, B = 3816,44 K und C = −46,13 K. Mit T = 372,76 K ergibt sich psat = 0,99914 · 105 Pa und (dpsat /dT ) = 3574,0 Pa · K−1 . Wir berechnen die Molwärme CVLE mit V L = 1,877 · 10−5 m3 · mol−1 , V G = R · 372,76/ psat = 0,0310 m3 · mol−1 und n = 1 mol (CVLE = C VLE ): C VLE = 0,990 · 75,3 + 1,008 · 10−3 · 33,6 − 2 · 372,76 · 3574 · [1,8 · 10−5 · 6,915 · 10−4 + 3,2 · 10−5 /372,76] + 372,76 (3574)3 [1,8 · 10−5 · 4,56 · 10−10 + 3,2 · 10−5 /105 ] = 75,9 J · mol−1 · K−1 C VLE ist also geringfügig größer (0,8%) als C p,L
5.15.13 Verdampfungskühlung zur Erzeugung tiefer Temperaturen Um tiefe Temperaturen zu erreichen, bedient man sich häufig der sog. Verdampfungskühlung. Dazu werden Flüssigkeiten mit sehr niedrigem Siedepunkt wie He, H2 oder Ne teilweise verdampft. Die benötigte Verdampfungsenthalpie kühlt die Flüssigkeit ab, wobei allerdings auch der Dampfdruck sinkt. Weiteres Verdampfen und Abkühlen wird also umso schwieriger, je tiefer die Temperatur ist. Wir stellen uns dieses Kühlprinzip folgendermaßen vor. Die Flüssigkeit nimmt ein bestimmtes Volumen VL ein mit einem vernachlässigbar kleinen Dampfvolumen. Dann wird ein Hahn mit einem evakuierten Vorratsvolumen VG geöffnet, in das der Dampf einströmt, wobei aus der Flüssigkeit eine gewisse Menge von Molekülen verdampft werden muss, bis der neue (niedrigere) Dampfdruck erreicht ist. Das ganze System soll dabei adiabatisch isoliert sein. Dann gilt, da der Verdampfungsprozess völlig irreversibel abläuft:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
311
dU = δ Q + δW = 0 mit δ Q = 0 und δW = 0 Die innere Energie bleibt also beim Verdampfungsprozess unverändert. Zu Anfang gilt: U = n · UL wobei n die Gesamtmolzahl der Flüssigkeit (Index L) bedeutet. Nach dem Verdampfen in das Gasvolumen VG gilt: U = n L U L + n G U G mit n = n L + n G wobei n L die Molzahl in der flüssigen Phase und n G die in der Dampfphase bedeuten. Da dU = 0 ist, folgt: 0 = U L dn L + n L · dU L + U G dn G + n G · dU G oder mit dn G = −dn L :
U G − U L dn G = (n G − n)dU L − n G dU G = −n G · d(U G − U L ) − n dU L bzw. unter Einführung der molaren Verdampfungsenergie U V = U G − U L :
U V · dn G + n G · dU V = −n · dU L = d U V · n G Integration ergibt:
U V · n G T − U V · n G T = −n U L,T2 − U L,T1 2
1
Jetzt schreiben wir mit der molaren Verdampfungsenthalpie H V ∼ = U V + RT sowie U L,T2 − U L,T1 = C V,L (T2 − T1 ):
(H V − RT2 ) · n G,2 − H V − R · T1 n G,1 = −nC V,L (T2 − T1 ) wobei C V,L die mittlere molare Wärmekapazität der Flüssigkeit ist, die wir näherungsweise als temperaturunabhängig angenommen haben. Die Molzahl n G,1 in der Gasphase ist vor dem Evakuierungsschritt gleich Null, und n G,2 ergibt sich aus dem Dampfdruck der Flüssigkeit bei T2 (Integration von Gl. 5.85): p2,sat
' ( n G,2 · RT2 ∼ H V 1 1 = − = p1,sat exp − VG R T2 T1
Damit lässt sich schreiben mit n G,2 = 0:
312
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
T2 /K
4,22
Tabelle 5.4 Kühltemperatur T2 von He 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0
105 · VG /m3
0
2,25
8,64
10−5 · p2,sat /Pa
1
0,875
0,607
0,373
0
0,059
0,180
0,286
n G,2 =
p2,sat · VG R · T2
19,1
41,2
1,5
1,0
111
529
11935
0,188
0,068
0,012
4 · 10−4
0,373
0,454
0,509
0,574
' ( H V 1 1 H V n · C V,L − 1 · exp − − (T1 − T2 ) = RT2 R T2 T1 p1,sat · VG
Mit dieser Gleichung lässt sich die zu erreichende Temperatur T2 ausrechnen bei vorgegebener Ausgangstemperatur T1 . Bekannt sein müssen H V , C V,L , der Sättigungsdampfdruck p1,sat bei T1 , die Gesamtmolzahl n des Systems sowie das vorgegebene Verdampfungsvolumen der Gasphase VG . Als Rechenbeispiel betrachten wir Helium. Hier gilt p1,sat = 1 bar = 105 Pa bei 4,22 K. Wir setzen als Mittelwert für H V = 85 J · mol−1 . Die Gesamtmolzahl n soll 1 betragen. Dann lässt sich das gasförmige Expansionsvolumen als Funktion der Kühltemperatur berechnen, indem wir obige Gleichung nach VG auflösen: n · C V,L VG = (T1 − T2 ) · p1,sat
'
2 3(−1 H V H V 1 1 − 1 · exp − − R · T2 n T2 T1
VG wächst also mit sinkender Temperatur stark an, während n G,2 zwischen 6% (bei 4 K) und 57% (bei 1 K) der Gesamtmolzahl beträgt. Ungefähr die Hälfte des Heliums muss also verdampft werden, um von 4,22 K auf 1,0 K zu kommen. Der Enddruck beträgt dabei 0,4 mbar, das ist mit einer einfachen Vakuumpumpe im realen Abkühlungsprozess leicht zu erreichen. Die Rechnung ergibt keine ganz korrekten Werte für Helium, da wir die erhebliche Temperaturabhängigkeit von C V,L unterhalb 2 K vernachlässigt haben, aber das Prinzip wird aus dem Rechenbeispiel deutlich.
5.15.14 Zur Wirkungsweise von Geysiren Geysire sind warme Wasserfontänen natürlichen Ursprungs, die bis zu 30 Meter in die Höhe steigen können. Sie sind auf geologisch aktiven, d. h. vulkanischen Böden zu finden, wie z. B. in Island oder im Yellowstone Nationalpark in den USA. Ihre Entstehung setzt voraus, dass ein Boden mit starken Temperaturgradienten vorliegt und in der Tiefe unter dem Boden Wasservorräte als Wasserdampf in Kontakt mit flüssigem Wasser bei hohen Temperaturen und entsprechend hohen Drücken
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
313
Abb. 5.43 Ein Modell zur Funktionsweise von Geysiren (s. Text)
vorkommen. Nun gibt es kanalartige Verbindungen zur Erdoberfläche, die mit flüssigem Wasser bis in eine bestimmte Tiefe l hinunter angefüllt sind (s. Abb. 5.43) und oben manchmal in einem stehenden Gewässer enden. Wir wollen die Stabilität einer solchen Wassersäule berechnen, die durch den Dampfdruck von heißem Wasserdampf in benachbarten Hohlräumen in ihrer Position gehalten wird. Dazu nehmen wir an, dass die Temperatur an der Oberfläche TC = 300 K beträgt, die mittlere Dichte des Wassers ρH2 O in der Wassersäule 1.000 kg · m−3 und die Tiefe l bis zum Wasserspiegel des heißen Wassers 40 m. Die Frage lautet: Welche Temperatur TH muss das heiße Wasser haben, damit die Wassersäule gerade 40 m beträgt? Die weitere Frage lautet, um wie viel Grad muss TH durch eine Erwärmung aus dem Erdinneren ansteigen, damit die Wassersäule als Fontaine 30 m über dem Erdboden aufsteigt? Wir gehen aus von folgender Formel für den Sättigungsdampfdruck pH2 O des Wassers: 3816,44 in Pa pH2 O = 1,1859 · 1010 · exp − T − 46,13 Wenn der Luftdruck der Atmosphäre 1 bar = 105 Pa beträgt und der luftgefüllte Gasdruck im Hohlraum ohne pH2 O ebenfalls, muss bei Druckgleichheit gelten: pH2 O + 105 = 105 + ρH2 O · g · l = 1.000 · 9,81 · 40 + 105
314
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Aufgelöst nach T = TH ergibt sich: 1,1859 · 107 TH = 46,13 + 3.816,44 ln = 416,1 K = 143,1◦ C 9,81 · 40 Zur Berechnung der Erhitzung des Wassers auf die Temperatur TH = TH + T nehmen wir an, dass der flüssige Wasservorrat in den Hohlräumen groß gegenüber der Menge der Wassersäule ist. Wir setzen nun l = l + 30 = 70 m und erhalten für T : 1,1859 · 107 T = −TH + 46,13 + 3816,44 ln = 21,2 K 9,81 · 70 Also ist TH = 416,1 + 21,2 = 437,3 K = 164,3◦ C.
5.15.15 Stabilität von Proteinen als Funktion von Temperatur und Druck. Anwendungen in der Nahrungsmittelindustrie Viele Proteine (sehr lange, zusammengefaltete Ketten von Polyaminosäuren) können in wässriger Lösung in 2 unterschiedlichen Phasen existieren, der natürlichen, naturierten Phase N (definierte Sekundär- und Tertiärstruktur) und in einer denaturierten Phase D (undefinierte, zerstörte Tertiärstruktur, teilweise auch Sekundärstruktur). In vielen Fällen können diese Phasen in reversibler Weise ineinander übergehen. Es gibt aber auch genügend Fälle, wo der denaturierte Zustand nicht wieder in den naturierten zurückgeführt werden kann, das kann kinetische Gründe haben, kann aber auch daran liegen, dass der naturierte Zustand schon kein Gleichgewichtszustand war, sondern nur ein metastabiler Zustand. Wir betrachten hier nur Systeme, die sich in beiden Phasen im thermodynamischen Gleichgewichtszustand befinden. In einem Phasendiagramm ergibt sich die Phasengrenzlinie als Funktion p(T ) und ähnelt häufig der in Abb. 5.44 gezeigten Form eines Ellipsenausschnitts.
Abb. 5.44 Phasengrenzlinie eines Proteins zwischen naturiertem Zustand (N) und denaturiertem Zustand (D)
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
315
Im Bereich N existiert die naturierte Form, im Bereich D die denaturierte. Das führt zu dem interessanten Ergebnis, dass das Protein nicht nur oberhalb einer Temperatur Th , sondern auch unterhalb einer Temperatur Tc in den denaturierten Zustand übergeht. T0 ist eine Bezugstemperatur (z. B. 298 K). Ferner erkennt man aus Abb. 5.44, dass bei Ausübung eines genügend hohen Druckes bei allen Temperaturen zwischen Th und Tc das Protein ebenfalls in den denaturierten Zustand übergeht. Dieses Verhalten hat zu interessanten Anwendungen in der Lebensmittelindustrie geführt: Das Garkochen eines Hühnereis, z. B., entspricht dem Übergang D → N bei T = Th , dieser Prozess kann auch bei Raumtemperatur (etwa T0 ) durch Druckanwendung erreicht werden. Auf diese Weise können Nahrungsmittelprodukte für Fertiggerichte in schonender Weise „vorgekocht“ werden. Solche Verfahren sind z. B. in Japan verbreitet. Um das Zustandekommen der Phasengrenzlinie zu verstehen, gehen wir von der in den Abschnitten 5.11 und 5.12 ausführlich hergeleiteten Bedingungen für das Phasengleichgewicht aus. Es muss gelten: μ N = μD
sowie
dμN = dμD
Ganz allgemein lässt sich die Differenz (μN − μD ) = μ, um einen bestimmten Punkt T0 , p0 in der Nähe der Phasengrenzlinie in eine Taylorreihe nach den Variablen T und p entwickeln, ∂μ ∂μ μ = μT0 , p0 + (T − T0 ) + ( p − p0 ) ∂ T p0 ,T0 , p ∂ p p0 ,T0 , p 1 ∂ 2 μ 1 ∂ 2 μ 2 + (T − T ) + ( p − p0 ) 2 0 2 ∂ T 2 T0 , p0 , p 2 ∂ p 2 T0 , p0 ,T 2 ∂ μ + (T − T0 )( p − p0 ) + . . . ∂ T ∂ p T0 , p0 die wir nach dem quadratischen Glied abbrechen. Das stellt in vielen Fällen eine ausreichende Näherung dar. Für die verschiedenen Ableitungen von μ lässt sich nun schreiben (s. Abschn. 5.10 mit G = μ und alle dn i = 0): ∂μ ∂μ = −S 0 , und = V 0 ∂ T T0 , p0 , p ∂ p T0 , p0 ,T 2 C p ∂ μ ∂S 0 =− =− 2 ∂T ∂T T T0 , p0 , p p 2
∂V 0 ∂ μ = = −κT,N · V 0,N + κT,D · V 0,D = κ˜ 2 ∂p ∂p T0 , p0 ,T T 2 ∂S 0 ∂V 0 ∂ μ =− = ∂ T ∂ p T0 , p0 ∂p ∂T T p
= − α p,N · V 0,N − α p,D · V 0,D = α˜
316
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
wobei S 0 und V 0 die Differenzen (S 0,N − S 0,D ) und (V 0,N − V 0,D ) bei T = T0 und p = p0 bedeuten und κ˜ und α˜ die angegebenen Bedeutungen haben mit der isothermen Kompressibilität κT,i und dem isobaren Volumenausdehnungskoeffizienten α p,i (i = N, D). Damit lässt sich für μ schreiben: μ = μ0 − S 0 (T − T0 ) + V 0 ( p − p0 ) − +
C p (T − T0 )2 2T0
κ˜ ˜ − T0 )( p − p0 ) + . . . ( p − p0 )2 + α(T 2
oder: μ = μ0 − S(T − T0 ) + V ( p − p0 ) mit C p α˜ (T − T0 ) + ( p − p0 ) 2T0 2 κ˜ α˜ V = V 0 + ( p − p0 ) + (T − T0 ) 2 2 S = S 0 +
S und V sind hier die Differenzen von S und V der naturierten und denaturierten Phase bei T = T0 und p = p0 . Abbildung 5.45 zeigt μ als Funktion von T und p. Dort, wo μ = 0 ist, stellt die Schnittlinie durch die Oberfläche die Phasengrenzlinie dar, die man auf die p − T −Ebene projizieren kann (Abb. 5.45 unten). Das entspricht Abb. 5.44. Es ergibt sich nur dann eine Ellipse in der ebenen p − T -Darstellung, wenn gilt, dass α˜ 2 > C p ·κ/T ˜ 0 ist. Das folgt aus der Theorie der Kegelschnitte (s. Lehrbücher der Mathematik). Entlang der Phasenlinie herrscht immer thermodynamisches Gleichgewicht, da dμN = dμD gilt, also erhält man mit μD − μN = μ: dμ = 0 = oder:
dT dp
=−
∂μ ∂T
dT + p
∂μ ∂p
dp T
(∂μ/∂ p)T ˜ p − p0 ) + α(T ˜ − T0 ) V V0 + κ( = = C p (∂μ/∂ T ) p S S0 − α( ˜ p − p0 ) + T0 (T − T0 )
Diese Gleichung ist nichts anderes als die Clapeyron’sche Gleichung (Gl. (5.84)). Abbildung 5.44 zeigt, in welchen Bereichen auf der Phasengleichgewichtskurve welche Vorzeichen für S und V gelten müssen. Die Vorzeichenwechsel
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
317
Abb. 5.45 μ(T, p) mit der Gleichgewichtsbedingung μ = 0 und der Projektion dieser Schnittlinie auf die p − T -Ebene. Abbildung nach: L. Smeller, Biochimica et Biophysica Acta, 1595, 11–29 (2002)
finden immer dort statt, wo (dT /dp) = 0 bzw. (dp/T ) = 0 wird. Ermittelt man aus dem experimentellen Phasendiagramm die Punkte, wo diese Bedingungen herrschen, und ferner die Temperaturen Th und Tc , so lassen sich daraus Zahlenwerte ˜ α, ˜ V 0 und C p ermitteln, wenn man T0 und p0 festlegt, z. für S 0 , μ0 , κ, B. T0 = 298 K und p0 = 1 bar setzt. (S 0 , μ0 und V 0 sind dann die Phasenübergangswerte im Standardzustand.)
5.15.16 Eis kann Felsen sprengen und Berge bewegen Eis im Winter kann bekanntlich Fahrbahndecken zerstören und sogar Felsen sprengen. Das beruht auf der Tatsache, dass das feste Wassereis ein größeres Molvolumen einnimmt als flüssiges Wasser. Um einen Eindruck von den enormen Kräften gefrierenden Wassers zu gewinnen, betrachten wir folgendes Beispiel (s. Abb. 5.46). In einer Bodenvertiefung befindet sich flüssiges Wasser bei T > 273,15 K mit dem Volumen Vfl , das von einem großen Felsblock eingeschlossen ist. Bei T < 273,15 K gefriert das Wasser und nimmt ein größeres Volumen ein. Dadurch ist es in der Lage, den Felsblock um die Strecke h anzuheben, wenn der Druck einen Maximaldruck pmax nicht überschreitet. Oberhalb pmax bleibt das Wasser flüssig (s. Phasendiagramm in Abb. 5.46 rechts). Die molare Volumenänderung V beim
318
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.46 Links: gefrierendes Wasser bewegt schwere Lasten; rechts: Phasendiagramm von H2 O in der Umgebung des Tripelpunktes T r
Gefrieren ist bei 1 bar gegeben durch: V = V fest − V fl = (1,963 − 1,80) · 10−5 = 0,163 · 10−5 m3 · mol−1 und die molare Enthalpieänderung H : H = H fest − H fl = −6,01 · 103 J · mol−1 (−V = V fest und −H = H fest sind das molare Schmelzvolumen bzw. die molare Schmelzenthalpie). Wir betrachten jetzt die Schmelzdruckkurve in Abb. 5.46 rechts. Es gilt nach der Clypeyron’schen Gleichung (Gl. (5.84)): dp 1 H fest S fest = = dT T V fest V fest Integriert ergibt sich, wenn man H /V in erster Näherung als temperatur- und druckunabhängig ansieht: p − p0 =
H fest V fest
· ln
T T0
wobei T0 = 273,15 K die Gefriertemperatur von Wasser ist bei p0 = 1 bar. Wählen wir beispielsweise T = 270 K oder T = 266 K, so ergibt sich mit den angegebenen Daten: pmax = −
6,01 T · 108 · ln + 105 Pa 0,163 273,15
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
319
Also ist pmax (270 K) = 4,276 · 107 + 105 = 4,286 · 107 Pa = 428,6 bar pmax (266 K) = 9,780 · 107 + 105 = 9,799 · 107 Pa = 979,0 bar Die Maximalwerte von pmax entsprechen im Kräftegleichgewicht einer Masse des Felsblocks m F , bei der gerade das Eis noch fest bleibt: g·
mF = pmax A
Damit ergibt sich für m F bei 270 K und A = 1 m2 : mF =
A · pmax = 4,37 · 106 kg g
und bei 266 K und A = 1 m2 : m F = 1,0 · 107 kg Wir wollen nun die Höhe h max der Felsensäule berechnen (s. Abb. 5.46 links) mit der Felsgesteinsdichte ρF : h max =
1 mF pmax 1 = A ρF g ρF
Setzt man ρF ≈ 2.500 kg · m−3 , ergibt sich bei 270 K bzw. 266 K: h max (270 K) = 1,748 · 103 m = 1,748 km h max (266 K) = 4,001 · 103 m = 3,995 km Man sieht, dass h max unabhängig von der Auflagefläche A ist und erstaunlich hohe Werte erhalten werden. Gefrierendes Wasser könnte also im Extremfall ganze Berge anheben, wenn die äußeren Voraussetzungen dazu gegeben sind. Um welche Strecke h das Wasser beim Gefrieren den Felsblock anheben kann, wollen wir jetzt noch abschätzen. Dabei soll die Kompressibilität des Eises vernachlässigt werden, das reicht für eine Abschätzung. Es gilt für die Volumenänderung V des Eises (Molzahl n H2 O ) beim Gefrieren (s. Abb. 5.46): V = V · n H2 O = V ·
Vfl V fl
= V
hW · A V fl
= h · A
h W ist hier die Tiefe des Wasservolumens. Daraus ergibt sich:
320
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
h = V · h W /V fl = 0,163 · 10−5 · h W /(MH2 O /ρfl,H2 O ) = 0,0906 · h W wenn man die Dichte des flüssigen Wassers ρfl,H2 O gleich 1.000 kg · m−3 und MH2 O = 0,018 kg · mol−1 setzt. Wählt man beispielsweise V = 1 m3 und A = 1 m2 , ist h W = 1 m und h = 9,06 cm. Ist jedoch V = 1 m3 und A = 100 m2 , ist h W nur 1 cm und demnach h = 0,0906 cm ≈ 1 mm. Es hängt also bei gegebener Wassermenge von der Auflagefläche A ab, um welche Strecke der Felsblock angehoben wird. Die Arbeit Wmax , die das gefrierende Eis dabei leistet, ist: Wmax = m F · g · h = A · pmax · h = Vfl · pmax
h hW
mit Vfl = 1 m3 ergibt sich bei 270 K: Wmax (270) = 1 · 4,286 · 107 · 0,0906 = 4,115 · 106 J und bei 266 K: Wmax (266) = 9,407 · 106 J Damit könnte man (theoretisch) eine 60-Watt-Glühlampe 1,5678 · 105 s = 43,5 Stunden lang brennen lassen.
5.15.17 Korrespondierende Zustände: der kritische Punkt und kritische Exponenten Die Umgebung des kritischen Punktes einer Flüssigkeit zeigt im Zusammenhang mit dem Prinzip der korrespondierenden Zustände besondere Eigenschaften. Wir haben im Fall der v. d. Waals-Gleichung, aber auch ganz allgemein, z. B. anhand der 2. Virialkoeffizienten (s. Abb. 3.15) gesehen, dass der Darstellung der thermischen Zustandsgleichung p(V, T ) in sog. reduzierten Einheiten zumindest bei einfachen Fluiden eine universelle, d. h. vom einzelnen Stoff unabhängige Bedeutung zukommt. Diese universelle Form der thermischen Zustandsgleichung lautet in allgemeiner Form: p˜ = p( ˜ T˜ , υ) ˜ mit p˜ = p/ pc , T˜ = T /Tc und υ˜ = V /V c , wobei pc , Tc und V C die Größen für Druck, Temperatur und Volumen am kritischen Punkt (Index c) bedeuten. Wir entwickeln jetzt diese reduzierte Zustandsgleichung um den kritischen Punkt in eine Taylorreihe nach T˜ und V˜ , wobei wir bedenken, dass υ˜ c = 1, T˜c = 1 und p˜ c = 1 gilt:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
p( ˜ T˜ , υ) ˜ = 1+(T˜ −1)
∂ p˜ ∂ T˜
321
+(T˜ −1)(υ−1) ˜ c
∂ 2 p˜ ∂ υ∂ ˜ T˜
1 3 + (υ−1) ˜ c 6
∂ 3 p˜ ∂ υ˜ 3
+. . . c
Wir beschränken uns also bei T˜ auf lineare Glieder, bei υ˜ gehen wir bis zum kubischen Glied, denn die Terme mit (∂ p/∂ ˜ υ) ˜ c und (∂ 2 p/∂ ˜ υ˜ 2 )c entfallen, da sie am kritischen Punkt gleich Null sind. Wir betrachten zunächst den Fall T˜ > 1 bei υ˜ = 1 durch Reihenentwicklung von (∂ p/∂ ˜ υ) ˜ T˜ ,υ=1 ˜ :
∂ p˜ ∂ υ˜
T˜ ,υ=1 ˜
=
∂ 2 p˜ ∂ υ∂ ˜ T˜
(T˜ − 1) + · · ·
c
Für genügend kleine Werte von (T˜ − 1) > 0 gilt also in ausreichender Annäherung bei υ˜ = 1: κT = −
1 V
∂V ∂p
= − pc−1 ·
T,V =V c
∂ υ˜ ∂ p˜
T˜
= − pc−1 ·
1 (T˜ − 1)(∂ 2 p/∂ ˜ υ∂ ˜ T˜ )c
Da κT > 0 sein muss, ist (∂ 2 p/∂ ˜ υ∂ ˜ T˜ )c < 0, und es gilt: κT = const · (T˜ − 1)γ = const · (T˜ − 1)−1
(υ˜ = 1)
κT divergiert am kritischen Punkt. Der Exponent γ sollte den stoffunabhängigen, universellen Wert -1 haben. Das ist jedoch nicht ganz der Fall, denn man findet experimentell für verschiedene Stoffe γ ∼ = −1,24 statt -1. Wir wollen jetzt die Situation für T < Tc bzw. T˜ < 1 untersuchen. Hier kommt es zur Aufspaltung in zwei Phasen mit den reduzierten Volumina υ˜ g und υ˜ l (g = gas, l = liquid). Zur Berechnung des Phasengleichgewichtes müssen wir die MaxwellKonstruktion verwenden (s. Gl. (5.83)):
p˜ D υ˜ g − υ˜ l =
υ˜ g pd ˜ υ˜ υ˜ l
Setzen wir in die rechte Seite die Reihenentwicklung für p( ˜ υ, ˜ T˜ ) ein und kürzen ab:
∂ p˜ ∂ T˜
= a, ˜ c
so erhält man nach Integration:
∂ 2 p˜ ∂ υ∂ ˜ T˜
c
˜ 1 = b, 6
∂ 3 p˜ ∂ υ˜ 3
= c˜ c
322
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
2
1 p˜ D υ˜ g − υ˜ l = υ˜ g − υ˜ l [1 + a( ˜ T˜ − 1)] + b˜ · (T˜ − 1) υ˜ g − 1 − (υ˜ l − 1)2 2 4 1 4 υ˜ g − 1 − (υ˜ l − 1) + c˜ · 4 ihn näherungsweise, inp˜ D ist der reduzierte Gleichgewichtsdruck.
Wir berechnen dem wir υ˜ g + υ˜ l ∼ = 2 setzen, also V c ∼ = V g + V l /2. Damit erhält man: 2
υ˜ g − 1 ≈ (1 − υ˜ l )2 = (υ˜ l − 1)2 und
4 υ˜ g − 1 ≈ (1 − υ˜ l )4 = (υ˜ l − 1)4 Das ergibt: p˜ D ≈ 1 + (T˜ − 1) · a˜ Setzen wir das in die Ausgangsgleichung ein, erhält man: p( ˜ T˜ , υ) ˜ = p˜ D = 1 + (T˜ − 1) · a˜ = 1 + (T˜ − 1) · a˜ + b˜ · (T˜ − 1)(υ˜ − 1) + c˜ · (υ˜ − 1)3 Daraus erhält man eine Bestimmungsgleichung für υ˜ mit den 2 Lösungen: " υ˜ = 1 ±
b˜ (1 − T˜ )1/2 c˜
Wir merken an: da b˜ < 0 (siehe Ableitung für κT ), muss auch c˜ < 0 gelten, da sonst keine realen Lösungen für υ˜ erhalten werden. Mit υ˜ g > υ˜ l gilt also: " υ˜ g − υ˜ l = 2
b˜ (1 − T˜ )α c˜
(T˜ < 1)
mit α = 1/2. In Wirklichkeit findet man experimentell: α ≈ 1/3. Auch hier lässt sich keine Übereinstimmung zwischen der hier dargestellten Theorie und der praktischen Erfahrung erreichen, obwohl das Prinzip der korrespondierenden Zustände gut erfüllt ist, wie man in Abb. 5.47 sehen kann. Kritische Exponenten wie γ und α sind offensichtlich mit analytischen Zustandsgleichungen nicht korrekt beschreibbar. Im Bereich des kritischen Punktes gelten besondere Gesetzmäßigkeiten, die mit den starken Korrelationen und Dichteschwankungen der molekularen Materie zu tun haben. Wir wollen am Beispiel der v. d. Waals-Gleichung die abgeleiteten Beziehungen überprüfen. Die in reduzierter Form dargestellte v. d. Waals-Gleichung (s. Gl. (3.13) Abschn. 3.7.30) lässt sich umschreiben:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
323
Abb. 5.47 2-Phasengebiet verschiedener Fluide in reduzierten Einheiten (ρ˜ = ρ/ρc = V /V c gegen T˜ = T /Tc ). nach: E. A. Guggenheim, Thermodynamics, North Holland Publishing Company (1967)
8T˜ 3 − 3υ˜ − 1 υ˜ 2
p( ˜ υ, ˜ T˜ ) = Für die relevanten Ableitungen gilt:
∂ p˜ ∂ T˜
crit
8 = lim · 3υ˜ − 1 υ→1 ˜
=4
∂ 2 p˜ −24 = lim · = −6 (3υ˜ − 1)2 ˜ ∂ υ∂ ˜ T˜ crit υ→1 ' ( 3 1296 · T˜ 72 ∂ p˜ = lim · − + 5 = −81 + 72 = −9 ∂ υ˜ 3 crit υ→1, (3υ˜ − 1)4 υ˜ ˜ T˜ →1
Also gilt c˜v.d.W. = − 32 und b˜v.d.W. = −6. Das ergibt: ! υ˜ g − υ˜ l = 2 ·
6 2(1 − T˜ )1/2 = 4(1 − T˜ )1/2 3
Für κT gilt (T˜ > 1, υ˜ = 1): κT = − pc−1 ·
1 (T˜ − 1) · (−6)
=
1 (T˜ − 1)−1 6 pc
324
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.15.18 Eine reale Carnot-Maschine.5 Ein realer Carnot-Kreisprozess unterscheidet sich von einem idealen Kreisprozess, wie wir ihn in Abschn. 5.3 kennengelernt haben, im Wesentlichen durch zwei der Realität angepasste Modifikationen (s. Abb. 5.6): 1. Während der Kolbenbewegung in den Zylindern treten Reibungskräfte auf. Das gilt für die beiden adiabatischen wie auch für die beiden isothermen Schrittfolgen. Die Reibungskraft ist der Kraft des Kolbens entgegengesetzt, d. h., es gilt für die effektive Kraft K des Kolbens: K = p · A − r · x˙ Hier ist p wie üblich der Druck, A die Kolbenfläche, x˙ die Geschwindigkeit des Kolbens und r ein systemspezifischer Reibungskoeffizient. Die Reibungskraft ist also in erster Näherung proportional zur Kolbengeschwindigkeit. x˙ ist positiv, wenn der Zylinder komprimiert wird, x˙ ist negativ, wenn er expandiert. 2. In den beiden isothermen Schrittfolgen kann die Wärme nicht unendlich schnell zwischen dem System (Kolben + Zylinder) und der Umgebung ausgetauscht werden, wie es die isothermen Bedingungen im idealen Fall erfordern. Beim expandierenden Kolben, (Schritt 1 → 2 in Abb. 5.6) ist daher die Temperatur im Kolben um einen bestimmten Betrag T12 geringer als T12 : T12,real = T12 − T12 wobei T12,real die tatsächliche Temperatur im Kolben ist. Beim Schritt 3 → 4 ist es umgekehrt: T34,real = T34 + T34 d. h., wenn der Zylinder komprimiert wird, kann die Wärme dabei nicht ausreichend schnell an die Umgebung abgegeben werden. Die Temperatur ist um T34 höher als im Idealfall. Es stellt sich heraus, dass für den Wirkungsgrad ηc gilt:6 ηc = 1 −
T12,real + T12 T34,real − T34
1/2
ηc ist also kleiner als der ideale Carnot’sche Wirkungsgrad ηc,id . Wir wollen hier nur den Carnot-Prozess mit Reibung (Punkt 1), aber bei sehr schnellem Wärmeaustausch mit der Umgebung behandeln. Die Schritte 1 → 2 und 3 → 4 sollen also isotherm ablaufen (T12 = 0, T34 = 0). Wir berechnen
5
nach: E. Rebhan, Theoretische Physik II, Spektrum-Verlag (2004)
6
H. B. Callen, „Thermodynamics and Introduction to Thermostatics“, John Wiley, 1985
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
325
zunächst die tatsächlich am System bzw. vom System geleistete differentielle Arbeit: δW = −( p · A − r · x)d ˙ x = − pd V + r · (x) ˙ 2 · dt Während also pd V sein Vorzeichen wechselt, d.h., wenn statt Kompression eine Dilatation (oder umgekehrt) erfolgt, behält (x) ˙ 2 dt immer sein Vorzeichen bei, da x˙ im Quadrat auftaucht. Mit δW = δWrev + δWdiss folgt für δWdiss (Gl. 5.29): ˙ 2 dt δWdiss = T δi S = r · (x) Die Entropieproduktion beträgt also: δi S r · (x) ˙ 2 = >0 dt T Sie ist positiv, wie es sein muss. Wir integrieren jetzt über den gesamten Kreisprozess: W =−
(x) ˙ 2 · dt = −
pd V + r
pd V − r (x) ˙ 2 · t
˙ 2 . Andererseits gilt: (x) ˙ 2 ist ein über die Zeit gemittelter Wert von (x)
dU = 0 =
δQ −
pd V
also:
pd V =
δ Q = |Q 12 | − |Q 34 |
Die vom Kolben über einen ganzen Zyklus (1 → 2 → 3 → 4 in Abb. 5.6) zurückgelegte Strecke l beträgt: l=
|x|dt ˙ =< x˙ > t
< x˙ > ist der entsprechende Mittelwert der Geschwindigkeit über die Zeit. Damit lässt sich schreiben: |W | = |Q 12 | − |Q 34 | − r
< x˙ 2 > l 2 · < x˙ >2 t
Für den Wirkungsgrad einer solchen realen Carnot-Maschine erhält man dann (s. Gl. 5.11):
326
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
ηc =
|W | r < x˙ 2 > l 2 |Q 12 | − |Q 34 | r < x˙ 2 > l 2 · − · = − = η c,ideal |Q 12 | |Q 12 | |Q 12 | < x˙ >2 t |Q 12 | < x˙ >2 t
Der Wirkungsgrad ηc ist demnach umso geringer, je höher der Reibungskoeffizient r ist und je kleiner t ist. Bei t → ∞ und/oder r → 0 erhält man den reversiblen Fall (unendlicher langsamer bzw. reibungsfreier Kreisprozess), also ηc = ηc,ideal . Bei thermodynamischen Maschinen kommt es aber auf die optimale Leistung an und nicht auf einen möglichst hohen Energiewirkungsgrad, denn wenn ηc = ηc,ideal gilt, ist die Leistung (Energie pro Zeit) wegen t → ∞ gleich Null (quasistatischer Prozess!). Bei kleinem t wird jedoch ηc gleich Null, d. h., es wird überhaupt keine Energie gewonnen. Dort ist die Leistung auch gleich Null. Dazwischen muss es also ein Maximum der Leistung geben, das wir nun berechnen wollen. Für die Leistung W˙ gilt: |Q 12 | − |Q 34 | < x˙ 2 > d|W | l2 = −r |W˙ | = · dt t < x˙ >2 (t)2 Das Maximum der Leistung erhalten wir aus: < x˙ 2 > l2 |Q 12 | − |Q 34 | d|W˙ | + 2 · ·r =0=− d(t) (t)2 < x˙ >2 (t)3 Daraus ergibt sich tmax =
2r · l 2 < (x) ˙ 2> · |Q 12 | − |Q 34 | < x˙ >2
Die maximale Leistung ist dann: (|Q 12 | − |Q 34 |)2 < x˙ 2 > · |W˙ max | = 4r · l 2 < x˙ >2 Wenn wir nun den Wert t = tmax in die Gleichung für ηc einsetzen, ergibt sich: ηc = ηc,id −
1 |Q 12 | − |Q 34 | 1 · = ηc,id 2 |Q 12 | 2
Das Ergebnis besagt, dass ein Carnot’scher Kreisprozess mit Reibungsverlusten bei optimierter Leistung (|W˙ | = |W˙ max |) gerade die Hälfte des Wirkungsgrades eines idealen Carnot’schen Kreisprozesses erreicht. Interessanterweise gehen keine spezifischen Parameter des realen Prozesses wie l, r und < x˙ 2 > / < x˙ >2 in dieses Ergebnis ein. In welcher Weise der reale Wirkungsgrad einer solchen CarnotMaschine nicht nur bei maximaler Leistung, sondern allgemein als Funktion der Leistung W˙ aussieht, lässt sich ebenfalls berechnen, indem man W˙ (t) nach t auflöst. Man erhält als Lösung einer quadratischen Gleichung:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
327
⎛ ⎞ " |Q 12 | − |Q 34 | ⎝ 4r |W˙ | · l 2 < x˙ >2 ⎠ 1± 1− t = · (|Q 12 | − |Q 34 |)2 < x˙ 2 > 2|W˙ | ⎛ ⎞ " ˙| | W |Q 12 | ⎠ = · ηc,id ⎝1 ± 1 − 2|W˙ | |W˙ max | Da gilt: |W˙ | · t = |Q 12 | − |Q 34 | − r ·
< x˙ 2 > l 2 = ηc · |Q 12 | · < x˙ >2 t
folgt somit: ⎛ ⎞ " ηc,id ⎝ |W˙ | ⎠ ηc = 1± 1− 2 |W˙ max | oder L L max
2 ηc |W˙ | =1− 2 = −1 ηc,id |W˙ max |
W˙ wird gleich Null, wenn ηc = ηc,id . Das ist der quasistatische Fall mit t = ∞. W˙ wird ebenfalls gleich Null, wenn ηc /ηc,id = 0, das wäre der hypothetische Fall einer so schnell laufenden Carnot-Maschine, dass die erzeugte Arbeit durch die Reibungsarbeit aufgebraucht wird. Der Zusammenhang W˙ /W˙ max (ηc /ηc,id ist graphisch in Abb. 5.48 dargestellt. Berücksichtigt man neben den Reibungsverlusten gleichzeitig auch den unvollständigen Wärmeaustausch bei den beiden quasiisothermen Schritten, ist W˙ max natürlich noch kleiner, als im Fall mit Reibung allein. Die Kurve W˙ /W˙ max gegen ηc /ηc,id wird unsymmetrisch mit ηc /ηc,id (W˙ /W˙ max = 1) = 0,68. Wir verzichten auf eine rechnerische Darstellung.
5.15.19 Der Abwehrmechanismus des Bombardierkäfers – thermodynamische Aspekte eines biologischen Phänomens Der sog. Bombardierkäfer besitzt einen wirksamen Mechanismus, um bei Gefahr seine Feinde mit einer giftigen Flüssigkeit zu beschießen. Dieser Mechanismus ist in Abb. 5.49 dargestellt. In einer Drüse wird eine wässrige Lösung von Hydrochinon und Wasserstoffperoxid produziert, mit der die Sammelblase des Käfers aufgefüllt wird. Hier findet noch kein chemischer Umsatz der Reaktanden statt, die Kinetik ist stark gehemmt.
328
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.48 ———L/L max aufgetragen gegen ηc /ηc,id für den Carnot’schen Kreisprozess mit Reibung
Abb. 5.49 Schematische Skizze zur Funktionsweise des Abwehrmechanismus des Bombardierkäfers. nach W. Schreiter, Chemische Thermodynamik, de Gryuter (2010)
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
329
Erst wenn sich der Verschluss zur sog. Explosionskammer öffnet und die reaktive Lösung mit Hilfe des Öffnungsmuskels in diese Kammer hineingedrückt wird, kommt es dort durch die gleichzeitige Einspritzung einer katalytisch wirksamen Enzymlösung (Wasserstoffperoxidase) zu folgender Reaktion: Hydrochinon + H2 O2 → Chinon + 2H2 O mit der Reaktionsenthalpie 0
0
0
R H = f H (Chinon) + 2 f H H2 O − f H O (Hydrochinon) − f H H2 O2 = −186,3 − 2 · 285,84 + 344,6 + 187,78 = −225,6 kJ · mol−1 Wir wollen berechnen, um wie viel Grad sich die Temperatur einer wässrigen, 1 molaren Lösung aus Hydrochinon und H2 O2 erhöht, wenn die Reaktion vollständig zum Chinon abläuft, und welcher Überdruck dabei in der „Explosionskammer“ des Bombardierkäfers entsteht. Dazu benötigen wir noch folgende Angaben. Der 0 Dampfdruck von Wasser pH lässt sich berechnen durch 2O 0 pH 2O
−3
= 1,333 · 10
· exp 18,3036 −
3816,4 T − 46,13
in bar
Die Molwärme von flüssigem Wasser C p,H2 O (fl) beträgt 75,3 J · mol−1 · K−1 . In einer molaren Lösung werden in einem Liter Wasser = 55,6 mol 225,6 · 103 J frei. Die Energiebilanz lautet daher: C p,H2 O · (T − 293) · 55,6 = 225,6 · 103 Aufgelöst nach T ergibt das: T =
225,6 · 103 + 293 = 347 K = 73,8 ◦ C 75,3 · 55,6
0 · (1 − xChinon ) Der Dampfdruck einer solchen wässrigen Lösung beträgt pH 2O (Raoult’sches Gesetz, s. Kapitel 6.5, Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern):
pH2 O = 1 −
1 56,6
0 · pH 2O
= 0,982 · 1,333 · 10−3 · exp 18,3036 −
3816,4 = 0,360 bar 347 − 46,13
Die wässrige Lösung wird also mit einem Überdruck von ca. 0,360 bar ausgestoßen.
330
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.15.20 Die Dampfstrahlrakete Wir betrachten eine Rakete, die im schwerelosen Raum Gas durch eine Düse ausstößt und dadurch beschleunigt wird. Der Gasraum innerhalb der Rakete enthält ein Gas unter erhöhtem Druck und ist in seiner räumlichen Dimension viel größer als der Düsendurchmesser. Wir gehen davon aus, dass der Gasstrahl durch die Düse in Bezug auf die fliegende Rakete mit stets gleichbleibendem Massenfluss m˙ R = dm R /dt austritt. Für ein solches System erfordert der Impulserhaltungssatz, der sich auf das ruhende Koordinatensystem des Raumes bezieht, in dem die Rakete vor Beginn der Beschleunigung einen bestimmten Impuls m R (t = 0) · υR (t = 0) hatte: ⎡ ⎤ t d ⎣ m R · υR + m˙ R (w − υR )dt ⎦ = 0 dt 0
Hier bedeutet der erste Term in der Klammer den momentanen Impuls der Rakete zur Zeit t mit der Masse m R und der Geschwindigkeit υR . Der zweite Term mit dem Integral ist der gesamte, von der Masse des austretenden Gases herrührende Impuls bis zum Zeitpunkt t. w ist die konstante Geschwindigkeit des Gases beim Austritt aus der Düse bezogen auf die Rakete, daher muss für diese Geschwindigkeit in Bezug auf den ruhenden Raum w − υR und nicht etwa w eingesetzt werden. Ausführung der Differentiation nach t ergibt dann: m˙ R υR + m R ·
dυR − m˙ R (υR − w) = 0 dt
Diese Gleichung lässt sich sofort umstellen und integrieren: t − 0
m˙R · wdt = −w mR
t
d ln m R dt = dt
0
υR dυR 0
Also lautet das Ergebnis:
m R (t) υR (t) − υR (t = 0) = −w · ln m R (t = 0)
Dies ist die sog. „Raketengleichung“. Beim Austritt des Gases ins Vakuum durch eine Düse der in Abb. 5.25 gezeigten Art erreicht das Gas nach Gl. (5.106) seine eigene Schallgeschwindigkeit bei T = Taus , der Temperatur am Düsenausgang, wo A(x) am kleinsten ist: ! w = υS =
R · Taus γ = M
"
2γ R · TR · M γ +1
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
331
wobei TR = Taus · (γ + 1)/2 die Temperatur des Gases in der Rakete bedeutet. Für die Momentangeschwindigkeit υR der Rakete ergibt sich dann: " υR (t) =
m R (t = 0) 2γ R · TR · · ln M γ +1 m R (t)
wobei wir υR (t = 0) = 0 gesetzt haben. Mit Gln. (5.103) und (5.105) und p0 = pR ergibt sich für m R (t): γ m R (t) = A · γ +1
2 γ +1
1/(γ −1) " 2M · · pR · t R · TR
wobei A die engste Querschnittsfläche am Ende der Düse ist und pR der Gasdruck im Raketeninneren. Wir wollen den (hypothetischen) Fall betrachten, dass pR und TR durch den Dampfdruck eines flüssigen Wasservorrates in der Rakete erzeugt wird. pR hängt mit TR über die Dampfdruckgleichung zusammen, die man für Wasser angeben kann: 3.816,44 pR = 1,1859 · 1010 · exp − Pa TR − 46,13 Setzt man nun z. B. TR = 450 K, so ergibt sich für pR = 9,335·105 Pa = 9,335 bar. Nehmen wir an, dass die anfängliche Wassermenge 10 kg beträgt, der Querschnitt am Düsenende A = 5 mm2 = 5 · 10−6 m2 und dass gilt: m R (t = 0) = 30 kg, so ist am Ende der Beschleunigungsphase zum Zeitpunkt tE alles Wasser verdampft. Dann gilt: m R (t = tE ) = 2/3 · m(t = 0) = 20 kg. Für Wasserdampf ist γ = 1,31 und M = 0,018 kg · mol−1 . Damit lässt sich tE berechnen: tE = m R (tE )
A·
2 γ +1
" 1/(γ −1) γ 2M · · pR · γ +1 RTR
= 20/(5 · 10−6 · 0,3563 · 9,335 · 105 · (2 · 0,018/R · 450)1/2 ) = 3.877 s ≈ 1 h In dieser Zeit wird die Endgeschwindigkeit υR (t = tE ) =
R · 450 2 · 1,31 · 0,018 2,31
1/2
3 · ln 2
= 196,9 m · s−1 = 708,7 km · h−1 erreicht. Das ist beachtlich, allerdings ist zu bedenken, dass eine solche hypothetische Rakete niemals vom Erdboden abheben könnte, da ihre Schubkraft viel zu
332
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
gering ist. Wir wollen noch eine thermodynamische Energiebilanz für diesen Prozess aufstellen. Die erreichte kinetische Energie der Rakete beträgt: E kin =
1 20 · m R (t = tE ) · υR2 (t = tE ) = · (196,9)2 = 387,7 kJ 2 2
Die dissipierte Arbeit, die durch ein Heizelement aufgebracht werden muss, um 10 kg Wasser zu verdampfen, beträgt bei einer spezifischen Verdampfungswärme des Wassers von 2.024 kJ/kg bei 450 K: Wdiss = 2.024 kJ · kg−1 · 10 kg = 2,024 · 104 kJ Der Wirkungsgrad η ist gering: η=
E kin 387,7 = · 10−4 = 0,019 = 1,9% Wdiss 2.024
5.15.21 Das freie Volumen nach der Carnahan Starling-Gleichung In Anhang G wird der Begriff des freien Volumens υ f definiert als der für die Schwerpunkte von NL Molekülen zugängliche freie Raum in einem vorgegebenen Molvolumen V . Es wird dort abgeleitet: p = RT
∂ ln υ f
+
∂V
T
dϕ dV
mit der attraktiven Wechselwirkungsenergie ϕ der Moleküle des Systems. Im Fall von harten Kugeln ohne anziehende Wechselwirkung ist ϕ = 0 und es gilt: V pd V = RT ln
υf υ f,0
V0
Das Integral wurde in Beispielrechnung 5.15.11 für die Carnahan-StarlingGleichung bereits berechnet: V pd V = RT ln
V V0
+ RT
3 − 2y0 3 − 2y − 2 (1 − y0 ) (1 − y)2
V0
mit y = b/4V bzw. y0 = b0 /4V 0 . Die Bezugswerte V 0 bzw. y0 müssen zunächst festgelegt werden. Wir setzen b0 = 0 und υ f,0 = V 0 , das ist das System eines idealen Gases, bei dem b0 = 0 gilt, und das freie Volumen gleich dem Gesamtvolumen wird. Damit erhält man:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
333
Tabelle 5.5 Freies Volumen υ f in % des molaren Gesamtvolumens V nach der CSZustandsgleichung y = b/4V
0,1
0,2
0,3
0,35
0,4
0,5
0,6
0,7405
(υ f /V ) · 100 in %
63
34
15
8,7
4,4
0,7
0,026
3,2 · 10−7
3 − 2y 3y 2 − 4y = 3 − = ln (1 − y)2 (1 − y)2 V υf
bzw.: υf V
= exp
3y 2 − 4y (1 − y)2
Tabelle 5.5 zeigt Ergebnisse für verschiedene Werte von y mit wachsender Moleküldichte bzw. kleiner werdendem Molvolumen V . Man sieht, dass das freie Volumen mit wachsender Dichte rasch abnimmt und bei flüssigkeitsähnlichen Dichten sehr klein wird, wie es auch zu erwarten ist. y = 0,7405 ist der Wert für die dichteste Kugelpackung (s. Abb. 3.5), hier sollte υ f = 0 gelten, was in guter Näherung erfüllt ist.
5.15.22 Wie bewegen sich Tintenfische?7 Die Bernoulli-Gleichung erlaubt es auch, biomechanische Fragestellungen zu beantworten. Wir untersuchen den Bewegungsvorgang von Tintenfischen in Wasser (s. Abb. 5.50). Diese Tiere bewegen sich durch den Ausstoß von Wasser, das durch eine Öffnung vom Radius r mit der Geschwindigkeit υ0 strömt. Für die Geschwindigkeitsverhältnisse vor und in der Öffnung lässt sich nach Gl. (5.107) für Wasser als praktisch inkompressible Flüssigkeit schreiben: 1 1 p0 + ρW · υ02 = pi + ρW · υi2 2 2 wobei pi der Druck im Inneren des Tintenfischs bedeutet und p0 der Außendruck. ρW ist die Massendichte des Wassers. Für den Überdruck p = pi − p0 ergibt sich also: p =
7
1 ρW υ02 − υi2 2
erweitert nach: C. Rolfs, Physik i. u. Zeit 2, S. 298 (2010)
334
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.50 Bewegungsmechanismus eines Tintenfisches
Wir können wegen der Größe des Wasservolumens im Inneren des Tintenfisches υi gegen υ0 vernachlässigen und erhalten dann " |υ0 | ≈
2p ρW
Die Summe der folgenden Kräfte wirkt am Tintenfisch: mT
dυT dm T + υ0 + KR = 0 dt dt
wobei m T die Masse und υT die Geschwindigkeit des Tintenfisches bedeuten und K R die Reibungskraft. Für die Verlustrate der Masse des Tintenfisches durch Wasserausstoß gilt: dm T = −ρW · πr 2 · υ0 dt r ist der Öffnungsradius (s. Abb. 5.50) und ρW die Dichte des Wassers. Für die Reibungskraft K R gilt bei Bewegung von angeströmten Körpern unter turbulenten Bedingungen:
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
KR =
335
1 · A · C · ρW · υT2 2
wobei A die Projektionsfläche des Körpers (hier des Tintenfisches) bedeutet. C ist ein Reibungskoeffizient der i. d. R. Werte zwischen 0,5 und 1 besitzt. Es gilt also mit A ≈ π · RT2 im stationären Zustand (dυT /dt = 0): 1 π RT2 · C · ρW · υT2 = ρW · πr 2 · υ02 2 Das lässt sich nach υT auflösen:
!
r υ T = υ0 · RT
" r 2 = C RT
4p C · ρW
Man beobachtet bei Tintenfischen eine Endgeschwindigkeit υT , die den maximalen Wert von ca. 1 m · s−1 erreicht. Es ergibt sich also für den Überdruck p, den der Tintenfisch durch Muskelkontraktion im Inneren erzeugen muss, um diese Geschwindigkeit zu erreichen: p =
υT2
·
RT r
2 ·
C · ρW 4
Wir setzen (RT /r ) ∼ = 10, ρW = 1.000 kg · m−3 und erhalten mit C ∼ = 1: p = 25.000 Pa = 0,25 bar bzw. mit C ∼ = 0,5: p = 0,125 bar
5.15.23 Überschallströmung mit Laval-Düsen In Abschn. 5.14.5 haben wir gesehen, dass der Gasstrahl, der durch eine sich im Querschnitt verjüngende Düse strömt (s. Abb 5.25) höchstens Schallgeschwindigkeit erreichen kann. Es ist jedoch möglich, ein aus der Düse austretendes Gas auf Geschwindigkeiten zu bringen, die höher als die Schallgeschwindigkeit sind, wenn die Düse sich nach Erreichen ihres kleinsten Querschnittes in die x-Richtung wieder aufweitet (s. Abb 5.51) Solche Düsen heißen Laval-Düsen. Durch sie wird eine
336
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.51 Form einer Lavaldüse
maximale Schubkraft des Gasstroms erreicht, daher wird diese Düsenform vor allem bei Raketenantrieben verwendet. Warum es möglich ist, durch eine Laval-Düse Überschallgeschwindigkeit des Gasstroms zu erreichen, soll jetzt gezeigt werden. Wir gehen aus von der Massen-Kontinuitätsgleichung (Gl. (5.100)), logarithmieren erst und differenzieren dann diesen Ausdruck. Es ergibt sich wegen d m˙ = 0: d ln A(x) + d ln υ + d ln ρ = 0 Wegen ρ = M/V gilt: d ln ρ = −d ln V und man erhält d ln V d ln A(x) = +1 d ln υ d ln υ Im nächsten Schritt benutzen wir Gl. (5.98), die nach υ differenziert lautet: d H = −υ · M · dυ = −υ 2 · M · d ln υ bzw. dH d ln V
=V·
dH dV
= −Mυ 2 ·
d ln υ d ln V
Eliminieren von (d ln υ/d ln V ) ergibt dann: V υ =− M 2
dH dV
d ln A(x) +1 d ln υ
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
337
Jetzt nehmen wir an, dass die Düsenströmung adiabatisch-reversibel erfolgt, also isentrop. Dann gilt: dH dV
=
∂H ∂V
=V S
∂p ∂V
=− S
1 κS
Einsetzen in die Gleichung für υ 2 ergibt: υ2 = +
V Mκ S
d ln A(x) +1 d ln υ
bzw. d ln A(x) υ2 = +1 2 d ln υ υS wobei υ S nach Gl. (5.24) die Schallgeschwindigkeit ist. Da stets d ln υ > 0, bedeutet dieses Ergebnis: • υ < υ S , wenn (d ln A/d ln υ) < 0 • υ = υ S , wenn (d ln A/d ln υ) = 0 • υ > υ S , wenn (d ln A/d ln υ) > 0 Betrachtet man nun in Abb. 5.51 eine Laval-Düse, so wird sofort klar, dass bei Strömung in Richtung der x-Achse vor dem Minimum von A(x) υ < υ S , beim Minimum υ = υ S und hinter dem Minimum υ > υ S gelten muss. Diese Ergebnisse sind unabhängig von der genauen Funktion A(x) und erlauben es, den Gültigkeitsbereich der Gleichungen (5.99), (5.103) und (5.104) zu erweitern. Die Ausflussfunktion ( p/ p0 ) in Abb. 5.27 ist also auch links vom Maximum, bei p < pmax anwendbar, im theoretischen Extremfall sogar bei p = 0, wo ( p/ p0 ) = 0 gilt. Da m˙ immer konstant bleibt, würde dieser Extremfall nach Gl. (5.103) bedeuten, dass A(x) im aufgeweiteten Teil der Laval-Düse gegen unendlich geht. Für die dabei theoretisch erreichbare Geschwindigkeit des austretenden Gasstrahlers würde dann nach Gl. (5.99) gelten: " υextrem =
2
Cp T0 M
Das bedeutet wegen υmax = υ S : υextrem = υS
4 4 1 2C p · T0 /M 2C p · T0 /M (γ + 1)/(γ − 1) =
"
γ +1 γ −1
338
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Um diesen Faktor ist υextrem größer als die Schallgeschwindigkeit an der Stelle T = Tmax , wo A(x) ein Minimum hat. Schreibt man die Formel für υextrem um, so erhält man: 1 2 = C p · T0 Mυextrem 2 Diese Gleichung ist physikalisch durchaus sinnvoll. Sie bedeutet: der gesamte Enthalpieinhalt des (idealen) Gases vor der Düse bei T = T0 wird in kinetische Energie umgewandel, vorausgesetzt, C p ist const. Eine höhere Geschwindigkeit ist theoretisch nicht erreichbar. Wir wählen das Beispiel für He aus Abschn. 5.14.5, und erhalten mit γ = 5/3 für He: " υextrem,He = υ S
γ +1 = 2υ S,He γ −1
Solche Geschwindigkeiten sind allerdings nicht zu realisieren. Die Temperatur des Gasstrahls wäre Textrem = 0, was allein schon wegen der Nichtgültigkeit des idealen Gasgesetzes bei T → 0 nicht möglich ist. Auch verläufert der Prozess nicht wirklich isentrop. Man kann jedoch für die erreichbare Geschwindigkeit υL (Index L = Laval) erwarten: υ S < υL < υextrem
5.15.24 Entropieproduktion bei Wärmeleitung und viskosem Fluss8 Die Erzeugung dissipierter Arbeit bzw. die damit verbundene Entropieproduktion lässt sich am Beispiel der irreversiblen Prozesse von Wärmeleitung und viskosem Fluss einer Flüssigkeit mit den Abschn. 5.7 entwickelten Beziehungen quantitativ beschreiben. Wir betrachten stationäre Prozesse, also solche, bei denen keine Größe von der Zeit t abhängt. Wir gehen aus von Gl. 5.26 mit δWrev = − pd V : dU = δ Q − pd V + δWdiss Wenn wir ein System betrachten, in dem ein Temperaturgradient dT /d x nur in xRichtung herrscht, so gilt bei stationären Bedingungen dU = 0 und pd V = 0 und somit an der Stelle zwischen x und x + d x (s. Abb. 5.52a)):
8
erweitert nach: K. Stephan, F. Mayinger, Thermodynamik, Band I, Springer (1988)
5.15
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
339
δWdiss = −δ Q oder:
δQ δQ dT δWdiss = δi S = − − = −δ Q 2 T T + dT T T
Nun betrachten wir die Wärmetransportgleichung, durch die die Wärmeleitfähigkeit λ definiert ist: dT dQ = −λ ·A dt dx Hier fließt Wärme in die x-Richtung durch die Fläche A = (z · y). Kombination der beiden Gleichungen ergibt: λ δi S = 2 dt T
dT dx
2
x bzw. 0
δi S dt
x dx = 0
λ T 2 (x)
dT dx
2 dx
Das Integral bedeutet die Gesamtentropieproduktion des Systems. Da überall δi S ≥ 0 gilt, muss auch überall gelten: λ ≥ 0. Etwas komplizierter ist die Situation beim viskosen Fließen. In Abb. 5.52b) ist das infinitesimal flache Volumenelement x · y · dz einer in x-Richtung stationär strömenden Flüssigkeit gezeigt (dz x, y), x · y · dz ist das Systemvolumen, und die Flüssigkeit soll inkompressibel sein. Es herrscht ein Geschwindigkeitsgefälle (dυ/dz) in z-Richtung. Die Flüssigkeit strömt mit der von x unabhängigen Geschwindigkeit υ(z) = ddtx = x t in x-Richtung. τ bzw. τ + (dτ/dz) · dz sind Schubspannungen (Kraft pro Fläche), die auf die Fläche x · y in x-Richtung an der Unterfläche bzw. der Oberfläche in entgegengesetzter Richtung wirken. Die Arbeit, die dabei geleistet wird, ist: δWτ,unten = τ · (x · y) · x = τ · x · y · υ · t
Abb. 5.52 a Wärmeleitung, b viskoser Fluss
340
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
und
δWτ,oben
dτ dz = τ+ dz
dυ υ+ dz · x · y · t dz
Die Arbeit δWτ,oben an der oberen Fläche wird am System mit dem Volumenelement x · y · dz durch die darüberliegende Flüssigkeitsschicht geleistet, ist also positiv. Die Arbeit δWτ,unten an der unteren Fläche wird vom System an der darunterliegenden Flüssigkeitsschicht geleistet, ist also negativ. Die gesamte Systemarbeit δWτ , die geleistet wird, ist daher: δWτ = δWτ,oben − δWτ,unten dυ dτ dτ dυ = τ+ ·υ + · · dz · x · y · dz · t dz dz dz dz Da der zweite Term in der runden Klammer infinitesimal klein ist, gilt: δWτ =
d(τ · υ) · x · y · dz · t dz
Ferner wird eine Druckarbeit δW p geleistet. Aufgrund des Druckgefälles p gegen die x-Richtung gilt: δW p = − px · y · dz + ( p + p)x · y · dz = p · x · y · dz Die gesamte geleistete Arbeit δW ist also: δW = δWτ + δW p =
dτ dυ · υ · t + τ · t + p x · y · dz dz dz
Eine Bedingung für den vorausgesetzten stationären Zustand ist, dass die Summe der äußeren, am System angreifenden Kräfte, gleich Null ist. Das bedeutet: dτ · x · y = −p · y · dz bzw. p dτ =− dz x Setzen wir diese Bedingung in die Gleichung für δW ein unter Beachtung, dass gilt: υ = x/t = d x/dt, so erhält man: δW = τ ·
dυ · x · y · dz · t dz
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
341
Da die Flüssigkeit inkompressibel ist, kann keine Volumenarbeit geleistet werden ( pd V = 0), ferner existieren keine Temperaturgradienten, es ist also δ Q = 0. Damit gilt: dU = δWdiss = δW Nun lautet die Definitionsgleichung für die Viskosität η: τ =η·
dυ dz
2
Also folgt: δWdiss 1 δi S · =T· =η· dV t dt
dυ dz
mit d V = x · y · dz
Da δi S ≥ 0, muss auch immer gelten: η ≥ 0.
5.16 Gelöste Übungsaufgaben 5.16.1 Quasistatische Arbeit im Grenzfall adiabatisch → isotherm Zeigen Sie, dass bei idealen Gasen im Grenzfall der quasistatischen adiabatischen Arbeit (s. Gl. 5.3) V1 γ −1 R Wqs = n −1 · T1 γ −1 V2 für γ → 1 die isotherme Arbeit Wqs = −n · R · T1 ln
V1 V2
erhalten wird. Hinweis: Wenden Sie die Regel von De L’Hospital bei der Grenzwertbetrachtung an (γ = C p /C V . Lösung:
⎡ ⎢ lim Wqs = n · R · T1 · lim ⎣
γ →1
Allgemein gilt:
γ →1
V1 V2
γ −1 γ −1
−1
⎤ ⎥ ⎦
342
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
lim
x→1
a x−1 − 1 x −1
d x−1 − 1) d x (a d x→1 d x (x − 1)
= lim
x−1 x−1 d ln a = lim = lim a · x→1 x→1 dx d(x − 1) = lim a x−1 · ln a · = ln a x→1 dx
Daraus folgt mit a = V1 /V2 : lim Wqs
γ →1
d x−1 a dx
V1 = n · R · T1 · ln V2
V2 = −n · R · T1 ln V1
5.16.2 Berechnung von C V aus C p für Quecksilber mit Hilfe von pV T -Daten Für flüssiges Quecksilber (Hg) beträgt C p bei 298,15 K 27,983 J · K−1 · mol−1 . Der thermische Ausdehnungskoeffizient ist α p = 1,81 · 10−4 K−1 , die Kompressibilität κT = 3,4 · 10−11 Pa−1 und die Dichte ρ = 13,59 g · cm−3 . Die Atommasse von Hg beträgt 200,59 g · mol−1 . Berechnen Sie C V . Lösung: C V = Cp − T · V ·
α2 κT
Mit V Hg =
0,20059 = 1,476 · 10−5 m3 · mol−1 13,59 · 103
ergibt sich (1,81)2 · 10−8 3,4 · 10−11 = 27,983 − 4,238 = 23,745 J · mol−1 · K−1
C V = 27,983 − 298 · 1,476 · 10−5 ·
5.16.3 Zusammenhang von adiabatischer und isothermer Kompressibilität aus der Adiabatengleichung Leiten Sie aus der Beziehung nach Gl. (5.23) κS =
CV Cp
κT
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
343
die Adiabatengleichung für ein ideales Gas (Gl.(5.2)) ab. Lösung: Mit γ = C p /C V lässt sich für Gl. (5.23) schreiben: γ
∂V ∂p
= S
∂V ∂p
=− T
V RT =− 2 p p
Die Integration dieser Gleichung bei S = const (adiabatischer quasistatischer Prozess) ergibt: V 2 γ
p2
∂V
=−
V
S
V1
∂p p
dp S = γ ln S
p1
V2 V1
p2 p1
= − ln
Daraus folgt: γ
γ
V 1 · p1 = V 2 · p2 = const Das ist Gl. (5.2).
5.16.4 Berechnung der inneren Energieänderung beim adiabatischen Prozess aus der Adiabatengleichung Leiten Sie Gl. (5.3) aus der Adiabatengleichung γ
p1 V1 = p · V γ ab. Lösung: V2 pd V =
− V1
p1 V1 =− 1−γ Das ist Gl. (5.3).
γ − p1 V1
'
V2 V1
V1 V2
γ −1
dV 1 γ = − p1 V1 Vγ 1−γ (
R · T1 −1 =n· γ −1
'
'
V1 V2
1 γ −1
V2
γ −1
−
1 γ −1
V1 (
−1
(
344
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.16.5 Ableitung der Gibbs’schen Fundamentalgleichung U(S, V ) für zwei Beispiele a) Geben Sie S als Funktion von U und V für das ideale Gas an. Gehen sie von der Gibbs’schen Fundamentalgleichung, vom idealen Gasgesetz und der Beziehung U = n f · RT aus ( f ist z. B. 3/2 für einatomige Gase). Lösung: Wir schreiben Gl. (5.47) in der Form (dli = 0, dn i = 0): dS =
p dU + dV T T
Mit U = n · f · RT und p/T = n · R/V folgt: dS = n
dU dV f · R+n R U V
Integration ergibt: S − S0 = n · f · R · ln
U V + n · R · ln U0 V0
oder: U = U0
V0 V
1/ f · exp
S − S0 f ·n· R
(b) Leiten Sie aus folgenden Beziehungen für die kalorische und die thermische Zustandsgleichung die Gibbs’sche Fundamentalglecihung S(U, V ) ab: U = p · V und p = B · T 2 Lösung: 1/2 U p ∂U 1 U = B −1/2 · = bzw. : B B V ∂S V V V 1/2 ∂S U p p = = B 1/2 · = 1/2 ∂V U T ( p/B) V
∂U ∂S
2
= T2 =
Integration ergibt:
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
U S − S0 = U0
345
V
∂S ∂U
dU + V
V0
U = (B · V0 )
1/2
U
−1/2
∂S ∂V
=
dV U
V dU + (BU )
U0
=
1/2
V −1/2 d V
V0
1/2 − U0 ) + 2(BU )1/2 (V 1/2 2(BV0 ) · (U 2B [(U V )1/2 − (U0 V0 )1/2 ] 1/2
1/2
1/2
− V0 )
Als Konsistenztest für dieses Ergebnis kehren wir die Reihenfolge der Integration um: 1/2
1/2
S − S0 = 2(BU0 )1/2 [V 1/2 − V0 ] + 2B · V (U 1/2 − U0 ) = 2(BU0 V )1/2 − 2(BU0 V0 )1/2 + 2(BV U )1/2 − 2(BV U0 )1/2 = 2B[(U V )1/2 − (U0 V0 )1/2 ] Beide Ergebnisse sind identisch, wie es für eine Zustandsfunktion zu erwarten ist, bei der Unabhängigkeit des Ergebnisses vom Integrationsweg vorliegen muss.
5.16.6 Verdampfungskalorimetrische Bestimmung der inneren Energie und der Molwärme von Eisen In einem Dewar-Gefäß, das mit flüssigem Stickstoff gefüllt ist, wird 1 Mol Eisen bei 295 K langsam vollständig eingetaucht. Dabei verdampft N2 . Das Gasvolumen VN2 des verdampften N2 beträgt bei 295 K und 1 bar 19,75 Liter. (a) Geben Sie die Differenz der inneren Energie von Fe zwischen 295 K und 77,4 K (Siedetemperatur von N2 ) an. Die molare Verdampfungsenthalpie H V von N2 beträgt bei der Siedetemperatur 5.577 J · mol−1 . (b) Eine von A. Einstein im Jahr 1907 abgeleitete Formel für die innere molare Energie einatomiger Festkörper lautet: U − U0 =
3 3R E R · E + /T 2 e E −1
U 0 ist eine Integrationskonstante mit der Bedeutung der inneren Energie bei T = 0 K. Bestimmen Sie den charakteristischen Parameter E für Eisen, der die Dimension einer Temperatur hat. (c) Berechnen Sie aus den Ergebnissen der Aufgabenteile (a) und (b) den Energieinhalt U (295 K) − U 0 ) für 1 Mol Eisen und geben Sie den Wert für die Molwärme C V von Eisen bei 50 K und bei 295 K an.
346
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Lösung: (a) Die Differenz des Energieinhaltes von Fe zwischen 295 K und 77,4 K entspricht der Molzahl an verdampftem N2 multipliziert mit der molaren Verdampfungsenergie U V = H V − RT . Es ergibt sich also (1 bar = 105 Pa): U Fe (295 K) − U Fe (77,4 K) = n N2 · U V,N2 = VN2 · 105 /(R · 295) · U V,N2 = [1975/(R · 295)] · (H V − R · 77,4) = 3973 J · mol−1 (b) U Fe (295 K) − U Fe (77,4 K) = 3973 = 3R E ·
1 eE /295 − 1
−
1
eE /77,4 − 1
Durch Ausprobieren findet man: E = 315 K. (c) U (295) − U 0 =
3 3R · 315 = 8.044,5 J · mol−1 R · 315 + 315/295 2 e −1
Für C V erhält man: CV =
∂U (T ) ∂T
3R · eE /T · = /T (e E − 1)2
E T
2
und daraus mit E = 315 K und T = 50 K bzw. T = 295 K: C V,Fe (50 K) = 1,82 J · mol−1 · K−1 sowie C V (295 K) = 22,7 J · mol−1 Man beachte den großen Unterschied von C V bei verschiedenen Temperaturen (s. auch Abb. 4.9).
5.16.7 Bildungsenthalpie der Benzoesäure in der Gasphase aus Verbrennungsenthalpie und Dampfdruckmessungen Ziel dieser Aufgabe ist es, die Bildungsenthalpie von Benzoesäure in der idealen Gasphase bei 298 K zu bestimmen aus Messungen der molaren Verbrennungsenthalpie H c und der molaren Sublimationsenthalpie H V . Es liegen Messungen des Dampfdrucks der Benzoesäure als Funktion der Temperatur vor. Hier gilt in einem beschränkten Temperaturbereich zwischen 290 und 315 K:
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
347
ln( p/Pa) = a − b/T mit a = 33,601 und b = 1,0669 · 104 K Ferner liegt die Verbrennungsenthalpie pro Gramm der festen Benzoesäure vor: h c = −26.434 J · g−1 Lösung: Die molare Bildungsenthalpie in der Gasphase f H gas setzt sich zusammen aus der molaren Bildungsenthalpie der festen Benzoesäure und ihrer molaren Sublimationsenthalpie H V : 0
f H gas = f H fest + H V f H fest hängt mit der molaren Verbrennungsenthalpie H c über die Verbrennungsreaktion zusammen: C7 H6 O2 +
15 O2 → 7CO2 + 3H2 O 2
Es gilt: 0
0
0
f H fest = 7 f H CO2 + 3 · f H H2 O − H C 0
0
f H CO2 = −393,52 kJ · mol−1 und f H H2 O = −241,83 kJ · mol−1 wird in Tabelle F.3 für die gasförmigen Produkte gefunden. Damit ergibt sich mit MBenzoes. = 122,12 g · mol−1 : f H fest = −7 · 393,52 − 3 · 241,83 + 26,434 · 122,12 = −252,01 kJ · mol−1 0
Die Sublimationsenthalpie folgt aus: H V d ln p b = = 2 2 dT RT T bzw. H V = R · b = 88,70 kJ · mol−1 Damit folgt das Endergebnis: 0
f H gas (Benzoesäure) = −252,01 + 88,70 = −163,31 kJ · mol−1
348
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.16.8 Temperaturänderung beim isobaren quasistatischen Prozess Berechnen Sie für ein ideales Gas die Temperaturänderung T2 − T1 , die bei einem isobaren quasistatischen Prozess auftritt. Angaben: T1 = 300 K, V2 = 1,5 · V1 Lösung: Im isobaren Fall gilt: Wqs = p(V1 − V2 ) mit p =
RT1 RT2 = V1 V2
Also ergibt sich: V2 T2 = T1 V1 und damit T2 = T1 · 1,5 = 300 · 1,5 = 450 K, T2 − T1 = 150 K
5.16.9 Unterschied zwischen arithmetischem und geometrischem Mittelwert Zeigen Sie, dass √ das arithmetische Mittel (T1 + T2 )/2 immer größer als das geometrische Mittel T1 · T2 ist. Lösung: Wir quadrieren (T1 + T2 )/2 und erhalten: 1 1 2 (T1 + T2 )2 = T1 + 2T1 · T2 + T22 = (T1 − T2 )2 + T1 · T2 4 4 4 Das lässt sich schreiben: 1 T1 + T2 = T1 · T2 · 2
" 1+
(T1 − T2 )2 4T1 · T2
Also muss gelten: 1 T1 + T2 > T1 · T2 2
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
349
5.16.10 Wärmekapazität entlang p = aV b Ein ideales Gas erfährt auf seiner Zustandsfläche eine quasistatische (reversible) Zustandsänderung, die, auf die pV -Ebene projiziert, der Gleichung p = a · V b gehorcht. a und b sind Konstanten mit a > 0. Geben Sie die Wärmekapazität C entlang dieses Weges auf der Zustandsfläche an. Lösung: dQ = Bei idealen Gasen ist
mit ∂U ∂ T V = CV :
∂U
∂V T
∂U ∂V
T
∂U + p dV + dT ∂T V
= 0. Einsetzen von p = a · V b und Integration ergibt
1 a V b+1 + C V dT = · p · V + C V dT b+1 b+1 1 = n · RT + C V dT (n = Molzahl des Gases) b+1
Q=
Differentiation nach T ergibt das gesuchte Ergebnis: dQ nR =C = + CV dT b+1 Wir betrachten den Spezialfall, dass b = 0 gilt, also p = const. Dann ergibt sich: dQ = C = n · R + CV = C p dT in Übereinstimmung mit Gl. (4.6). Ein weiterer Spezialfall wäre b = −1. In diesem Fall ist T = const, ( p · V = a = const) und man erhält: dQ = C = ∞ (das entspricht ε = 1beim polytropen Prozess, dT siehe Abschnitt 5.2) Noch ein weiterer Spezialfall ist b = ∞. Dann gilt: dQ = C = C V (das entspricht ε = 0 beim polytropen Prozess, also einem dT isochoren Prozess)
350
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.16.11 Aufstieg einer Methan-Blase im Meerwasser In den küstennahen Meeresgebieten, im Abfallbereich der Kontinente in die Tiefsee, gibt es Vorkommen von Methan in Form sogenannter Gashydrate, in denen Methan in fester Form gebunden ist. Wir nehmen an, dass sich in 150 m Tiefe eine Methan-Gasblase vom Durchmesser d1 = 1 m ablöst und im Meerwasser in die Höhe steigt. Nehmen Sie an, die Temperatur der Methanblase beträgt in 150 m Tiefe 11◦ C. Welche Temperatur, welchen Durchmesser und welchen Druck hat die Gasblase, wenn sie an die Meeresoberfläche gelangt? Nehmen Sie an, dass es sich um einen adiabatisch reversiblen Prozess handelt, es soll also kein Wärmeaustausch zwischen der Gasblase und dem Meerwasser stattfinden können. Angaben: Die mittlere Dichte des Meerwasser ist 1,027 g · cm−3 , die Molwärme C p von Methan beträgt 35,1 J · mol−1 · K−1 . Wir nehmen näherungsweise an, dass Methan sich wie ein ideales Gas verhält. Lösung: Der Druck p1 in 150 m Tiefe beträgt: p1 = ρ · g · h = 1.027 kg · m−3 · 9,81 m · s−2 · 150 = 0,151 · 107 Pa = 15,1 bar
Das Volumen der Blase ist V1 = 43 π
3 d1 2
= 4,1888 m3 . Der Adiabatenkoef-
fizient von CH4 ist γ = C p /C V = 35,1/(35,1 − 8,3145) = 1,31. Wir berechnen nach der Adiabatengleichung zunächst das Volumen V2 der Methanblase mit γ γ p2 = 1 bar = 105 Pa. Es gilt: p1 V1 = p2 V2 , also V2 = ( p1 / p2 )1/γ · V1 = (15,1)1/1,31 · 4,1888 = 33,27 m3 , d. h., der Durchmesser d2 an der Oberfläche beträgt (3V2 /4π )1/3 · 2 = 3,99 m. Die Temperatur T2 der Methanblase an der Oberfläche beträgt nach Gl. (5.1): T2 = T1 ·
V1 V2
γ −1
= 284,15 ·
4,1888 33,27
0,31 = 149,5 K
Da aber der Wärmeaustausch der Gasblase mit dem Meerwasser sicher nicht vollständig unterbunden ist, wird eine so tiefe Temperatur nicht erreicht. Wenn man beispielsweise statt mit γ = 1,31 mit einem Polytropenkoeffizienten von ε = 1,20 (s. Abschn. 5.2) rechnet, ergibt sich für V2 = 40,2 m3 , d2 = 4,25 m und T2 = 180,8 K. Die Methanblase an der Oberfläche wird größer aber auch ihre Temperatur. Im isothermen Fall (ε = 1) würde V2 = 63,3 m3 , d2 = 4,94 m mit T2 = T1 = 284,15 K.
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
351
5.16.12 Temperaturerhöhung von Flusswasser durch Kraftwerke Ein Kraftwerk erzeugt eine Leistung von 10 MW bei einer Reaktortemperatur von 589 K. Die Abwärme des Kraftwerkes gelangt in das Flusswasser, das mit 294 K zur Kühlung, d. h. als unteres Temperaturniveau dient. Der Fluss transportiert 170 m3 · s−1 an Wasser. Das Kraftwerk arbeitet mit 60% des idealen (Carnot’schen) Wirkungsgrades. Um wie viel Grad erhöht sich die Temperatur des Flusswassers? Angaben: Die Molwärme von H2 O beträgt 75 J · mol−1 · K−1 . Lösung: Die Arbeitsleistung im Idealfall bezeichnen wir mit W˙ und die Wärmezufuhrrate mit Q˙ KW . Dann gilt: TFluss 294 W˙ Q˙ Fluss =1− =1− =1− TKraftwerk 589 Q˙ KW Q˙ KW mit 10 MW = 0,6 · W˙ . Damit folgt für Q˙ KW bzw. Q˙ Fluss : 107 1 · Q˙ KW = = 3,327 · 107 Watt bzw. 0,6 1 − 294 589 Q˙ Fluss = Q˙ KW − 0,6 · W˙ = 33,27 − 10 = 23,27 MW Die Wärmeabgabe pro m3 Flusswasser beträgt: Q˙ Fluss 2,327 · 107 = = 1,367 · 105 J · m−3 170 170 Damit ist die Wärmeabgabe pro Mol Wasser: 1,367 · 105 ·
M H2 O 0,018 = 1,367 · 105 · = 2,461 J · mol−1 ρH2 O 1.000
wobei MH2 O die Molmasse und ρH2 O die Massendichte von H2 O bedeuten. Für die gesuchte Temperaturerhöhung ergibt sich dann: T =
2,461 C p,H2 O
=
2,461 ∼ = 3,28 · 10−2 K 75
Die Temperaturerhöhung des Flusswassers ist also vernachlässigbar gering. Wenn derselbe Fluss allerdings ein 500 MW-Kraftwerk kühlen soll, wäre die Flusswassererwärmung schon ca. 1,6 K.
352
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.16.13 Gewinnung nutzbarer Energie aus einem geothermischen Lager endlicher Größe In einem geothermischen Lager unter dem Erdboden befinden sich 30 km3 poröses Gestein, das 600◦ C heiß ist. Die spezifische Wärmekapazität des Gesteins csp. ist 1 J · g−1 · K−1 , die Masse m des Gesteins beträgt 1014 kg. Es wird Wasser als Arbeitsmedium für eine Dampfturbine benutzt. Das Wasser wird mit 20◦ C in das Gestein gepumpt, dort aufgeheizt und der entnommene Wasserdampf zum Betrieb der Turbine genutzt. Wie groß ist die Arbeit Wrev in kWh, die durch diesen Prozess maximal gewonnen werden kann, wenn die Turbine 20% des Wirkungsgrades einer idealen Carnot-Wärmekraftmaschine erreicht? Dabei gilt das geothermische Lager als erschöpft, wenn das Gestein sich auf 110◦ C abgekühlt hat. Lösung: Das heiße Wärmebad endlicher Größe ist das heiße Gestein, das kalte Bad die Umgebungsluft (293 K). Der Wirkungsgrad muss hier differentiell formuliert werden, da sich die Temperatur des Wärmereservoirs ständig ändert: η=
T0 dWCarnot =1− mit T0 = 293,15 K dQ T
Die Arbeit Wrev der idealen Carnot-Maschine ergibt sich durch Integration dieser Gleichung mit d Q = m · csp. · dT : T2 Wrev =
dWrev T1
T2 T0 T2 1− = m · csp. · dT = m · csp. (T2 − T1 ) − T0 ln T T1 T1
Mit T1 = 873,15 K, T2 = 383,15 K und T0 = 293,15 K ergibt sich: Wrev = 10
14
383,15 · 10 (383,15 − 873,15) − 293,15 · ln 873,15 3
= −2,485 · 1019 J = −6,9 · 1012 kWh In der Realität sind davon nur ca. 20 % als elektrische Energie nutzbar, d. h. ca. 1,38 · 1012 kWh. Die dem Gestein entnommene Wärme Q beträgt Q = m·csp. (T2 −T1 ) = 1014 ·103 [873,15−383,15] = 4,9 · 1019 J = 13,6 · 1012 kWh
5.16.14 Kühlleistung eines Kühlschranks Welche elektrische Kühlleistung W˙ el muss ein Kühlschrank mindestens aufbringen, dessen Effizienz 50 % einer Carnot-Kältemaschine beträgt und in dem eine
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
353
Glühlampe mit 100 W brennt, um im Kühlschrank 275 K zu halten bei einer Außentemperatur von 293 K? Lösung: Der ideale Kühlprozess entspricht der Umkehrung des Carnot-Prozesses. Dem Kühlschrank wird die Wärmeleistung Q˙ = +100 W zugeführt, und es muss von außen (elektrische) Arbeit (W˙ > 0) geleistet werden. Die Gesamtleistung − Q˙ − W˙ wird als Wärme an die Umgebung abgegeben. Es gilt nach Gln. (5.14) bzw. (5.12) für die Leistungsziffer εc : εc =
TKühlschr. Q˙ = TUmg. − TKühlschr. W˙
Wenn die Effizienz 50% beträgt, und Q˙ = 100 W sein soll, ergibt sich für die benötigte elektrische Leistung W˙ el : 100 TUmg. − TKühlschr. 100 293 − 275 = W˙ el = = 13,1 W 0,5 TKühlschr. 0,5 275
5.16.15 Berechnung des Wirkungsgrades eines speziellen Kreisprozesses Ein ideales Gas unterliegt einem reversiblen Kreisprozess a → b → c → a entsprechend Abb. 5.53. (a) Berechnen Sie die insgesamt ausgetauschte Arbeit und Wärme sowie den thermodynamischen Wirkungsgrad η K . (b) Vergleichen Sie den Wirkungsgrad mit dem eines Carnot-Prozesses ηCarnot , der zwischen der höchsten und niedrigsten Temperatur des in Abb. 5.53 dargestellten Prozesses arbeitet.
Abb. 5.53 Ein Kreisprozess zusammengesetzt aus einer Isobare, einer Isochore und einer Isotherme
354
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Lösung: (a) – ab ist ein isobarer Schritt: Wab = − p(Vb − Va ) = − p · Va und Q ab = C p (Tb − Ta ). Da gilt: pa = pb = R · Ta /Va = R · Tb /Vb , ist Tb = 2Ta und es gilt Q ab = C p · Ta . – bc ist ein isochorer Schritt: Wbc = 0, Q bc = C V (Tc − Tb ) und da Tc = Ta ist, folgt: Q bc = C V (Ta − 2Ta ) = −C V · Ta . – ca ist ein isothermer Schritt: Wca = −n RTa ln(Va /Vc ) = +n RTa ln 2. Für Q ca gilt: Q ca = −Wca = −n RTa ln 2. Für den Kreisprozess gilt: Q = Q ab + Q bc + Q ca = C p ·Ta −C V ·Ta −n RTa ln 2 und W = − pVa + n · RTa ln 2. Daraus ergibt sich unmittelbar wegen pVa = n R · Ta und C p − C V = n R : W/Q = −1, also W + Q = U = 0, wie es beim reversiblen Kreisprozess sein muss. (b) Der Wirkungsgrad beträgt mit γ = C p /C V : ηK = −
W 1 − ln 2 γ −1 0,30685 =R = Q ab γ Cp
Da γ > 1 ist der Wirkungsgrad ηK < 0,30685. Der Carnotwirkungsgrad dagegen wäre ηCarnot = 1 − gilt also: ηCarnot > ηK .
Tb Tc
= 1 − 0,5 = 0,5. Es
5.16.16 Isotherme quasistatische Arbeit in Flüssigkeiten und Festkörpern Bei Flüssigkeiten und Festkörpern kann die isotherme Kompressibilität κT als nahezu konstant angesehen werden. (a) Zeigen Sie, dass in diesem Fall die Zustandsgleichung bei T = const lautet: V = V0 e−κT ( p− p0 ) Wie groß ist V bei 1.000 bar, wenn V0 = 100 cm3 · mol−1 ist und κT = 6 · 10−11 Pa−1 ? (b) Leiten Sie den Ausdruck für die reversible (quasistatische) isotherme Arbeit )V Wrev = − pd V ab, die man aufbringen muss, um eine Flüssigkeit von V0 auf V0
V zu komprimieren. Wie groß ist Wrev mit p0 = 1 bar und den Zahlenangaben in Aufgabenteil a)? Lösung: (a) 1 κT = − V
∂V ∂p
= const T
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
355
Daraus folgt: p
V dp = −
κT p0
d ln V κT ( p − p0 ) = − ln V0
V V0
V = V0 · e−κT ( p− p0 ) = 100 · exp [−6 · 10−11 · 999 · 105 ] = 99,4 cm3 (b) V Wrev = −
V
1 p0 d V − κT
pd V = − V0
V0
V ln
V0 · dV V
V0
ln V0 1 · (V0 − V ) + = p0 (V0 − V ) + κT κT Mit
)
V ln V d V V0
ln V d V = V ln V − V folgt: W rev = p0 · (V0 − V ) +
V 1 V · (V0 − V ) + ln κT κT V0
Einsetzen von V0 = 10−4 m3 und V = 0,994 · 10−4 m3 ergibt: Wrev = 30 J
5.16.17 Entropieänderung von Kupfer bei tiefen Temperaturen Die Molwärme C V von kristallinen, atomaren Stoffen wie Kupfer kann bei tiefen Temperaturen durch folgende Beziehung beschrieben werden: CV
12 4 = π ·R 5
T D
3
D ist die sog. Debye-Temperatur, eine Stoffgröße, die für Kupfer 310 K beträgt. Berechnen Sie den molaren Entropiezuwachs S von Cu zwischen 2 und 24 K. Lösung: Es gilt allgemein: T2 S = T1
CV dT T
356
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
also im vorliegenden Fall: 24 2 T 24 3 2 3 12 4 12 4 dT = − S = π ·R π ·R 5 15 310 310 3D
= 0,3005 J·mol−1 ·K−1
2
5.16.18 C p − C V in Festkörpern bei tiefen Temperaturen Es sei C V = a(V ) · T n . Zeigen Sie, dass in diesem Fall C p − C V = const · T 2n+1 ist. Hinweis: Machen Sie von Gln. (5.21) und (5.19) Gebrauch. Lösung: Cp − C V = T · V ·
Wegen S = S 0 +
∂S ∂V
T
1 = n
)
CV T
α 2p κT
=T
∂V ∂T
· p
∂p ∂T
= −T V
∂S ∂V
· T
∂S ∂p
T
dT = S 0 + n1 a(V ) · T n gilt:
∂a(V ) ∂V
·T
n
und
T
∂S ∂p
T
1 = n
∂a(V )
·
∂V
T
∂V ∂p
· Tn T
Daraus folgt: C p − C V = const · T 2n+1 ' (2 ' ∂a(V ) ∂V ∂a(V ) 1 1 mit const = − 2 = 2 n ∂V ∂p n ∂V T
T
Wenn a(V ) nicht von T abhängt, hängt auch damit auch nicht const.
∂V ∂p
T
(2 · V · κT > 0 T
= −V κT nicht von T ab und
5.16.19 Entropie- und Enthalpieänderung von Quarz bei hohen Temperaturen und Drücken Die Molwärme C p von α-Quarz (SiO2 ) ist gegeben durch C p = 46,94 + 34,31 · 10−3 · T − 11,31 · 10−5 · T 2 J · mol−1 · K−1 Der thermische Ausdehnungskoeffizient α p ist 0,353 · 10−4 K−1 . Die Dichte ρ von α-Quarz beträgt 2,659 g · cm−3 bei 25◦ C und 1 bar. Die isotherme Kompressiblität κT ist 2,57 · 10−6 bar−1 = 2,57 · 10−11 Pa−1 .
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
357
Berechnen Sie: (a) die molare Entropieänderung S von 1 mol α-Quarz vom Ausgangszustand bei 1 bar und 25◦ C zum Endzustand von 125◦ C und 1.000 bar; (b) die entsprechende molare Enthalpieänderung H . Lösung: Wir verwenden Gl. (5.19) unter der Annahme, dass α p und κT temperatur- und druckunabhängig sind. (a) 423,15
S =
1000 bar
(C p /T )dT − 298,15
V · α p dp 1 bar
Der Lösung von Aufgabe 5.16.16 (a) entnehmen wir: V ( p bar) = V (1 bar) · exp[−κT ( p − p0 )]
p0 = 1 bar
mit
Dann gilt: 423,15
S =
46,94 + 34,31 · 10−3 − 11,31 · 10−5 · T dT T
298,15 1000 bar
− V (1 bar) · α p ·
exp[−κT ( p − p0 )]dp 1 bar
Mit dem Molvolumen V (1 bar) = MSiO2 /ρSiO2 = 60,09/2,659 = 22,6 cm3 · mol−1 = 22,6 · 10−6 m3 ergibt sich dann nach Integration: 423,15 11,3 S = 46,94 · ln + 34,31 · 10−3 (423,15 − 298,15) − · 10−5 298,15 2 (423,15)2 − (298,15)2 + 22,6 · 10−6 ·
0,353 · 10−4 [0,997436 − 1] = 15,55 J · mol−1 · K−1 2,57 · 10−11
(b) Wir verwenden Gl. (5.18): 423,15
H =
1000 bar
C p · dT + 298,15
1000 bar
V dp − T 1 bar
V α p dp 1 bar
358
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Da H wegunabhängig ist, integrieren wir erst über T und dann bei T = 423,15 über p. Man erhält: 423,15
(46,94 + 34,31 · 10−3 · T − 11,3 · 10−5 · T 2 )dT
H = 298,15
22,6 · 10−6 (1 − 423 · 0,353 · 10−4 ) − 2,57 · 10−11 = 7779,6 J · mol
1000 bar
exp[−2,57 · 10−11 999]dp
1 bar
−1
5.16.20 Bestimmung der Tiefe eines Brunnens Sie befinden sich auf einem Familienspaziergang durch den Wald und kommen an einem tiefen Brunnen vorbei. Ihr Kind fragt: „Papa, Mama, wie tief ist der Brunnen?“. Sie nehmen einen (nicht zu kleinen) Stein, lassen ihn in den Brunnen fallen und stoppen die Zeit, zu der Sie den Steinaufschlag hören. Sie messen für diese Zeit als Mittelwert von mehreren Versuchen 4,8 s. Beantworten Sie die Frage Ihres Kindes möglichst präzise. Die Umgebungstemperatur beträgt 294 K. Die Erdbeschleunigung g beträgt 9,81 m · s−2 . Lösung: Die Tiefe sei h. Dann gilt unter Berücksichtigung der Zeit, die der Schall braucht, um vom Grund des Brunnens zum Ohr zu gelangen: " t = 4,8 s =
h 2h + g υS
Die Schallgeschwindigkeit υS für Luft mit γ = 1,4 beträgt bei 294 K: " υS = " =
" V = κS · MLuft
RT γ 1 · = · P κT MLuft
"
RT · γ MLuft
R · 294 · 1,4 = 343,5 m · s−1 0,029
Wir √ lösen die obige Gleichung für t (h) nach h auf (quadratische Gleichung für h). Es ergibt sich für die Tiefe des Brunnens h = 99,8 m. Hätten wir die Schallgeschwindigkeit vernachlässigt, wäre der falsche, um 13% zu hohe Wert von 113 m herausgekommen.
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
359
5.16.21 Bestimmung der Molwärme von Ethanol aus Dichte- und Schallgeschwindigkeitsmessung Für flüssiges Ethanol wurden bei 298,15 K folgende Daten gemessen: molares Volumen V = 58,66 cm3 · mol−1 κT = 11,69 · 10−10 Pa−1 , α p = 11,2 · 10−4 K−1 Schallgeschwindigkeit υS = 1.142 m · s−1 Berechnen Sie aus diesen Angaben die Molwärmen C p und C V von Ethanol. Vergleichen Sie den erhaltenen Wert von C p mit der kalorimetrisch bestimmten Molwärme C p = 113,23 J · mol−1 · K−1 . Wie groß ist die prozentuale Abweichung? Angabe: die Molmasse von Ethanol beträgt 0,04607 kg · mol−1 . Lösung: Aus den Beziehungen C p − C V = T · V α 2p /κT (Gl. (5.21)), κS = κT · C V /C p 4 (Gl. (5.23)) sowie υS = V /κS · M (Gl. (5.24)) lässt sich nach C p auflösen in Abhängigkeit der angegebenen gut messbaren Größen V , α p , κT und υS : Cp =
T ·V 1 − V /(M
α 2p κT υS2
· κT )
= 113,86 J · mol−1 · K−1
Für C V ergibt sich dann: C V = Cp − T · V
α 2p κT
= 95,09 J · mol−1 · K−1
Die Abweichung des ermittelten Wertes von C p = 113,86 J · mol−1 · K−1 vom kalorimetrisch gemessenen Wert von 113,23 J · mol−1 · K−1 beträgt 0,5 %. Beide Ergebnisse, die aus ganz unterschiedlichen thermodynamischen Messgrößen gewonnen wurden, stimmen also sehr gut überein. Es handelt sich in diesem Beispiel um einen überzeugenden thermodynamischen Konsistenztest.
5.16.22 Gay-Lussac-Koeffizient eines v. d. Waals Gases am Beispiel von CO2 (a) Geben Sie den Gay-Lussac-Koeffizienten δGL für ein v. d. Waals-Fluid an. Leiten Sie durch entsprechende Integration die Formel für die Temperaturänderung T = T2 − T1 ab, wobei T1 die Temperatur im Kolben 1 mit dem Volumen V1 vor der Expansion bedeutet und T2 die Temperatur ist, die sich nach Expansion des Gases in den Kolben 2 mit dem Volumen V2 ergibt. Das Endvolumen ist
360
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
also V1 + V2 . Die Molzahl des Gases sei n und seine Molwärme C V . Welches Vorzeichen hat T ? (b) Berechnen Sie T für CO2 mit T1 = 280 K, p1 = 10 bar und V2 = 4 · V1 . Verwenden Sie Tabelle 3.1 sowie Tabelle F.2 im Anhang. Lösung: Es gilt:
δGL
∂T =− ∂V
= U
∂U
∂V T
n · CV
Nach der v. d. Waals-Theorie gilt:
∂U ∂V
= T
a V
2
=
n2 · a V2
Nach Expansion von V1 auf V1 + V2 ergibt sich durch Integration: −(T2 − T1 ) =
n·a CV
V 1 +V2
V1
T2 − T1 = T = −
1 n·a dV = 2 V CV
n·a
1 1 − V1 V1 + V2
CV
V2 <0 (V1 + V2 ) · V1
(c) T = −
n V1
·
aCO2 C V,CO2
·
4 5
Mit (n/V1 ) = p1 /(R · T1 ) = 10 · 105 /(8,3145 · 280) = 4,294 · 102 mol · m−3 sowie aCO2 = 0,3661 J · m3 · mol−2 und C V,CO2 = 21,556 + 63,697 · 10−3 · T1 − 40,505 · 10−6 · T12 + 9,678 · 10−9 · T13 − R = 36,428 − 8,3145 = 28,114 J · mol−1 · K−1 ergibt sich: T = −4,294 · 102 · 0,3661 · 0,8/28,114 = −4,47 K
5.16.23 Abkühlung von N2 im Joule-Thomson-Prozess Die v. d. Waals-Konstanten von N2 betragen a = 0,137 J · m3 · mol−2 und b = 3,87 · 10−5 m3 · mol−1 . a) Berechnen Sie die Inversionstemperatur Ti von N2 nach der v. d. WaalsGleichung.
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
361
(b) Welchen Vordruck p2 benötigt man, um N2 -Gas im Joule-Thomson-Prozess von 273 auf 253 K abzukühlen, wenn der Druck p1 hinter der Drossel 1 bar beträgt? Angabe: C p,N2 = 52 R. Lösung: (a) Ti,N2 = 2a/(R · b) =
2 · 0,137 · 105 = 851,5 K 8,3145 · 3,87
(b) Ausgehend von (∂ T /∂ p) H = δJT = grierte Form: T2 p2 − p1 = C p T1
2a RT
−b
C p ergibt sich für die inte-
Cp dT = 2a/RT − b b
T2 T1
T · dT Ti − T
Ausführung der Integration (Substitution y = T − Ti ) ergibt:
T2 − Ti T2 − T1 + Ti ln T1 − Ti 5 598,5 5 10 253 − 273 + 851,5 · ln = R 2 3,87 578,5
Cp p2 − p1 = b
= 47,8 · 105 Pa = 47,8 bar Der Druck vor der Drossel beträgt also 47,8 bar. Die Rechnung setzt allerdings voraus, dass bei 47,8 bar die Näherung mit dem 2. Virialkoeffizienten noch anwendbar ist.
5.16.24 Schallgeschwindigkeitsmessung als Tieftemperaturthermometer (a) Leiten Sie den Ausdruck für die Schallgeschwindigkeit υS eines idealen Gases ab. (b) Benutzen Sie das Ergebnis von a), um folgendes Problem zu lösen. In einer Gasmischung, bestehend aus den Edelgasen Ne und Kr, wird bei 300 K eine Schallgeschwindigkeit υS = 292,14 [m · s−1 ] gemessen. Welchen Molenbruch hat die Gasmischung? (c) Schallgeschwindigkeitsmessungen in kleinen Volumina an gasförmigem He werden als Tieftemperaturthermometer benutzt. In flüssigem Deuterium (D2 ), das einen Dampfdruck von genau 1 bar hat, wird mit einer Sonde für He die
362
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Schallgeschwindigkeit von 286,45 [m · s−1 ] gemessen. Welche Temperatur hat das flüssige Deuterium? Lösung: (a) Nach Gl. (5.24) gilt mit V = R · T / p sowie mit κS = C p /C V :
1 γ κT
= (γ · p)−1 mit γ =
!
γ RT M b) Für Edelgase ist γ = 32 R + R / 32 R = 5/3 und für die mittlere Molmasse einer idealen Gasmischung gilt < M >= x1 M1 + (1 − x1 )M2 . Eingesetzt in υS lässt sich nach x1 auflösen: υS =
x1 =
< M > −M2 mit M 1 − M2
< M >=
5 RT /υs2 3
Wir setzen M1 = MNe = 0,0218 kg · mol−1 und M2 = MKr = 0,0838 kg · mol−1 und erhalten somit 8,3145 · 300/[(292,14)2 · 3/5] − 0,0838 −0,03509 = 0,0218 − 0,0838 −0,062 = 0,566 bzw. xKr = 0,434
xNe = xNe (c)
T =
υs2 · MHe (286,45)2 3 = · · 0,0040026 = 23,7 K γHe · R 8,3145 5
Das ist die Siedetemperatur von D2 .
5.16.25 C p − C V auf der Inversionskurve eines Fluids (a) Beweisen Sie, dass auf der Inversionskurve eines Fluids, also dort, wo der differentielle Joule-Thomson-Koeffizient δJT gleich Null ist, gilt: Cp − Cp = V
∂p ∂T
V
(b) Zeigen Sie, dass im Fall eines realen Gases nach v. d. Waals mit dem 2. Virialkoeffizienten nach Gl. (3.4) die in a) zu beweisende Beziehung zutrifft.
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
363
Lösung:
(a) Nach Gl. (5.18) bzw. (5.67) gilt: T ∂∂ VT = V − ∂∂Hp . Wenn δJT = 0, dann p T = 0, und man erhält unmittelbar: T ∂∂ VT = gilt wegen Gl. (5.22) auch ∂∂Hp T
V . Daraus folgt mit Gl. (5.22): Cp − C V = T · V
α 2p κT
=T
∂V ∂T
· p
∂p ∂T
=V V
∂p ∂T
, V
was zu beweisen war. (b) Wir gehen aus von p · V = RT + B · p und erhalten daraus: RT RT dB ∂V V = = + B bzw. T +T p ∂T p dT p
Wir müssen für ein v. d. Waals-Gas also nur zeigen, dass bei der Inversionstemperatur Ti gilt: dB B(Ti ) = Ti dT T =Ti Für die obere Inversionstemperatur des v. d. Waals-Gases gilt (s. Abschn. 5.5): Ti = Also ergibt sich mit Bv.d.W. (T ) = b −
2a R·b a RT
Bv.d.W. (Ti ) = b −
(Gl. (3.4): ab R b = 2a R 2
und Ti
dB dT
T =Ti
=
2a a R 2 b2 b = · Rb R 4a 2 2
Die Bedingung ist also erfüllt.
5.16.26 Beispiel für die Anwendung der Maxwell-Relation zur Berechnung von (∂ C V /∂ V )T und (∂ C p /∂ p)T Beweisen Sie, ausgehend von Gln. (5.17) und (5.18), dass gilt:
∂C V ∂V
=T T
∂C p ∂p
= −T V
∂2V ∂T 2
bzw. p
∂C p ∂p
= −T T
∂2V ∂T 2
p
364
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Lösung: Differentiation von Gl. (5.17) und Anwendung des Schwartz’schen Satzes (Maxwell-Relation) ergibt: ∂ ∂T
'
(
∂U
=
∂V
T
V
∂
'
(
∂U ∂T
=
∂C V
∂V ∂V T V T 2 2 ∂p ∂ p ∂p ∂ p = +T − = T 2 ∂T V ∂T V ∂T V ∂T 2 V
Entsprechende Behandlung von Gl. (5.18) ergibt: ∂ ∂T
'
∂H ∂p
( T
p
⎡ ⎤ ∂C p ∂ ⎣ ∂H ⎦ = = ∂p ∂T ∂p p T T ∂V ∂2V ∂V =− −T + ∂T ∂T ∂T 2 p
= −T
p
p
∂2V ∂T 2
p
Dieses Ergebnis hatten wir bereits in Aufgabe 4.7.3 auf anderem Weg abgeleitet.
5.16.27 Innere Energie und Molwärme eines v. d. Waals- und eines RK-Fluids Wenden Sie Gl. (5.17) an, um a) die innere Energie U und die Molwärme C V des v. d. Waals Fluides und b) die innere Energie U und die Molwärme C V eines Fluides nach der Redlich-Kwong-Gleichung zu berechnen. Lösung: (a) v.d. Waals Fluid: p = R · T /(V − b) − a/V
∂U ∂V
=T T
∂p ∂T
−p=T V
2
∂( p/T ) ∂T
2
= −T V
2
a V
2
∂1/T ∂T
Integration ergibt: U v.d.W. = U 0 (T ) − a/V . Damit folgt: C V,v.d.W. =
∂U v.d.W. ∂T
= V
∂U 0 (T ) = C V,id. Gas ∂T
= V
a V
2
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
365
(b) RK-Fluid: p = R · T /(V − b) − a/ T 1/2 · V (V + b)
∂U ∂V
∂( p/T ) 3 = a/ V (V + b) · T 1/2 ∂T 2 V 3 a 1 1 1 = − 2 b T 1/2 V V +b = T2
T
Integration ergibt in den Grenzen von ∞ bis V : U RK = U 0 (T ) − 32 a/(T 1/2 ·
b) · ln (V + b)/V . Damit folgt: C V,RK =
∂U RK ∂T
V
3 a 1 = C(T )id. Gas + · ln 3/2 4 T b
V +b V
5.16.28 Entropie, C p − C V und Adiabatengleichung nach der v. d. Waals-Theorie (a) Leiten Sie die Ausdrücke für die molare Entropie S und die molare freie Energie F für ein v. d. Waals-Fluid ab und zeigen Sie, dass −(∂ F/∂ V )T = + p wieder die Zustandsgleichung nach v. d. Waals ergibt. Beachten Sie, dass nach Aufgabe 5.16.27 (a) gilt: C V, v.d.W. = C V, id.Gas . (b) Leiten Sie den Ausdruck für C p − C V nach der v. d. Waals-Theorie ab. Gehen Sie aus von Gl. (5.21) und den Ergebnissen von Aufgabe 3.7.3 und 3.7.5. Welche Werte haben C V und C p nach der v. d. Waals-Theorie am kritischen Punkt? (c) Geben Sie die Adiabatengleichung für ein v. d. Waals-Fluid an. Lösung: (a) Wir gehen aus von Gl. (5.17) und integrieren unter der Annahme, dass C V = const) gilt: V U = U (T0 , V0 ) + C V (T − T0 ) +
V
RT V −b
V0
= U (T0 , V0 ) + C V (T − T0 ) − a
1 V
−
dT − 1
RT V −b
−
V0
V0
Jetzt gehen wir von Gl. (5.19) aus, integrieren und erhalten für S:
a V
2
dV
366
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
T S = S(T0 , V 0 ) + C V · ln T0
V +
R V −b
dV
V0
V −b
= S(T0 , V 0 ) + C V ln(T /T0 ) + R · ln
V0 − b
Damit folgt: F = U − T S = U (T0 , V 0 ) − T · S(T0 , V0 ) + C V (T − T0 ) − a
1 V
−
1
V0
V −b T − T · C V ln − RT ln T0 V0 − b ∂F RT a p=− = − 2 ∂V T V −b V (Das ist wieder die v. d. Waals-Zustandsgleichung.) (b) Cp − C V = T · V ·
α 2p κT
= T · V β · αp = T · V =R
R V −b
T
2
1 − 2a
V − 2bV + b2 RT · V
3
V
V −b
=R
−
1 − 2a
2a RT V
+
2ab RT V
2
(V − b)2 RT V
3
Am kritischen Punkt gilt: V = V c = 3b. Dann ergibt sich mit a = 9/8R·Tc ·V c : Cp − C V = R
9 1 − 2 RTc V c 8
2 Vc 3
2 RTc Vc3
= R/(1 − 1) = ∞
Während beim kritischen Punkt C V = C V,id.Gas gilt, wird C p dort unendlich groß. (c) Die Adiabatengleichung ergibt sich am einfachsten durch die Bedingung, dass auf der Adiabate d S = 0 bzw. S = const gilt. Das wenden wir auf das Ergebnis für die Lösung von Aufgabenteil a) an: C V · ln(T /T0 ) + R ln (V − b)/(V 0 − b) = 0
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
367
Also:
T T0
C V V −b · V0 − b
R
=1=
T T0
V −b · V0 − b
γ −1
wenn γ = C p /C V bedeutet mit C V = C V,id. Gas und C p = C p,id. Gas . Man sieht: für b = 0 geht diese Gleichung in Gl. (5.1) für das ideale Gas über. Setzt man T · (V − b)γ −1 = const in die v. d. Waals-Gleichung ein, erhält man: p+
a V
2
(V − b) = const(V − b)1−γ · R
also p+
a V
2
(V − b)γ = const
mit γ = C p,id. Gas C V,id. Gas
Die Gleichung geht für a = 0, b = 0 oder V → ∞ in Gl. (5.2) für das ideale Gas über.
5.16.29 Adiabatengleichung und Adiabatenarbeit für Wasser bei 0◦ C Wir betrachten die quasistatisch-adiabatische Kompression einer Flüssigkeit mit der thermischen Zustandsgleichung: V = V 0 [1 + α p (T − T0 ) − ( p − p0 )κT ] α p und κT sollen T - und p-unabhängig sein. (a) Geben Sie die Adiabatengleichung in Form von T (V ), p(V ) und p(T ) an. )V (b) Geben Sie den Ausdruck für die quasistatisch-adiabatische Arbeit − pd V V0 0
1. näherungsweise an, d. h., für V −V V0 (c) Berechnen Sie den Druck p und die Temperatur T , wenn flüssiges Wasser von T0 = 273,15 und p0 = 1 bar auf 98% seines Volumens adiabatisch komprimiert wird. Geben Sie für diesen Fall auch die quasistatisch-adiabatische Arbeit an, die dabei aufgebracht wird.
Angaben: V 0,H2 O = 18,019 cm3 · mol−1 , C V,H2 O = 75,9 J · K−1 · mol−1 α p = −6,85 · 10−5 K−1 , κT = 0,509 · 10−4 bar−1 . Rechnen Sie in SI-Einheiten und beachten Sie den Sonderfall von Wasser bei 273,15 K mit α p < 0.
368
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Lösung: (a) Die Zustandsgleichung lautet nach p aufgelöst: p=
αp V0 − V (T − T0 ) + p0 + κT κT · V 0
Die Adiabatengleichungen ergeben sich entweder aus der Bedingung der Isentropie: dS = 0 =
CV dT + T
∂p ∂T
dV
oder in äquivalenter Weise aus der Gültigkeit reversibler adiabatischer Prozesse: dQ = 0
bzw.
dU = − pd V = C V dT +
∂U ∂V
dV
Mit d S = 0 bzw. mit Gl. (5.17) folgt damit aus der Zustandsgleichung: C V dT = −T
∂p ∂T
d V = −T V
αp κT
dV
Integration ergibt die Adiabatengleichung T (V ): αp 1 (V − V 0 ) T = T0 · exp − κT C V Da V < V 0 , wenn p > p0 , ergibt sich offensichtlich, dass T > T0 , wenn α p > 0, aber T < T0 , wenn α p < 0. Im Fall von Wasser bei 273,15 K erwarten wir bei adiabatischer Kompression also eine Abkühlung! (s. Aufgabenteil c) Einsetzen von T in die Zustandsgleichung ergibt die Adiabatengleichung p(V ) bzw. p(T ): αp 1 αp V0 − V · T0 exp − (V − V 0 ) − 1 + + p0 κT κT C V κT V 0 αp CV T p(T ) = p0 + (T − T0 ) + ln κT T V 0 · αp 0
p(V ) =
(b) Wir entwickeln den Exponentialterm im Ausdruck für p(V ) in eine Reihe bis zum linearen Glied und erhalten näherungsweise:
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
369
p ≈ (V 0 − V )
V −
pd V ∼ =
'
αp κT
2
T0 CV
αp κT
+
2
T0
+
CV
1 κT V 0
(
1 κT · V 0
+ p0
1 (V − V0 )2 − p0 (V − V 0 ) 2
V0
(c) Wenn das molare Volumen V um 2 % kleiner als V 0 sein soll, ergibt sich: V = 18,019 · 0,98 = 17,728 cm3 · mol−1 Damit erhält man aus den Adiabatengleichungen für T und p: 10−6 (−6,85) · 10−5 · (17,728 − 18,019) = 273,0 K T = 273,15 · exp − 0,509 · 10−4 · 10−5 75,9 p = 105 + 1,898 · 104 + 3,175 · 107 = 3,187 · 107 Pa = 318,7 bar Ferner ergibt sich für die geleistete Arbeit (siehe b)): V −
pd V = 4,645 J
V0
Zum Vergleich: wäre α p = +6,85 · 10−5 K−1 , dann hätte sich ergeben: V 0 pd V = +4,645 J
T = 273,30 K, p = 318,4 bar, − V
Lediglich T wäre höher (T > 273,15), p und die Arbeit bleiben gleich, zumindest in dieser Näherung (Entwicklung des Exponentialterms bis zum linearen Glied), da α p nur in Form von α 2p erscheint.
5.16.30 Thermodynamische Bilanzen beim Mischen von Eis mit flüssigem Wasser In 5 l Wasser bei 20◦ C werden 500 g schmelzendes Eis (T = 273,15 K) gegeben. Das Gesamtsystem ist abgeschlossen, d. h. thermisch isoliert. (a) Wie hoch ist die Endtemperatur TE des gesamten Wassers?
370
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
(b) Wie groß ist die Entropieänderung S = SEnde − SAnfang des gesamten Systems? Angaben: Die Molwärme C p,fl von flüssigem Wasser beträgt 75 J · mol−1 · K−1 , C p,fest von Eis 37 J · mol−1 · K−1 . Die molare Schmelzenthalpie H S von Eis ist 6,01 kJ · mol−1 . (c) Wie groß ist die dissipierte Arbeit Wdiss bei diesem Prozess? Lösung: (a) Die Wärmemenge, die den 5 l Wasser entzogen wird, muss gleich der Schmelzwärme des Eises plus der zur Erwärmung des geschmolzenen Eises bis zur gesuchten Temperatur TE benötigten Wärmemenge sein. 5 l H2 O sind ca. 278 mol und 500 g Eis ca. 27,8 mol. Bilanz: C p,fl · 278 · (293,15 − TE ) + 27,8 · C p,fl (273,15 − TE ) = H S · 27,8 Daraus ergibt sich durch Auflösen nach TE : TE = 284,05 K, ϑE = 11◦ C (b) Es gilt allgemein bei p = const mit der Molzahl n (C p = const): S(T ) = n C p · ln T + const Damit ergibt sich: S = (278 + 27,8)C p,fl ln TE + SSchmelz − 278 · C p,fl ln 293,15 − 27,8 · C p,fest ln 273,15 Mit SSchmelz =
27,8 · H S 27,8 · 6010 = = 611,6 J · K−1 273,15 273,15
folgt: S = 305,8 · 75,0 · (ln 284,05) + 611,6 − 278 · 37,0 · ln 293,15 − 27,8 · ln 273,15 = 5.962 J · K−1 (c) Da es sich um ein abgeschlossenes System handelt und der Prozess vollständig irreversibel abläuft, gilt:
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
371
S = i S, also ist Wdiss ∼ = TE ·
δi S = TE · S
= 284,09 · 5962 = 1693 kJ · K−1
5.16.31 Beispiel-Berechnung der inneren Energie aus einer hypothetischen thermischen Zustandsgleichung Wir haben gesehen, dass die thermische und die kalorische Zustandsgleichung eines Systems miteinander verknüpft sind. Für eine thermische Zustandsgleichung soll gelten: p=a·
T3 V
(a = const)
und für die kalorische Zustandsgleichung (innere Energie): U = b · T n · ln
V + f (T ) V0
Bestimmen Sie die Konstanten b und n, a sei bekannt. Lösung: Wir wenden Gl. (5.17) an:
∂U ∂V
=T T
∂p ∂T
−p= V
T2 T3 b · Tn = T · 3a −a V V V
Daraus folgt: b · T n = 2a T 3 Also ist n = 3 und b = 2a.
5.16.32 Verdampfungsenthalpie von Wasser aus der Antoine-Gleichung Die Dampfdruckgleichung von flüssigem Wasser kann durch folgende empirische Gleichung dargestellt werden (sog. Antoine-Gleichung). ln[P/torr] = A −
B T +C
mit A = 18,3036, B = 3816,44 K und C = −46,13 K.
372
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
(a) Berechnen Sie den Dampfdruck von H2 O bei 60◦ C in bar und bestimmen Sie bei dieser Temperatur die molare Verdampfungsenthalpie H V nach der Clausius-Clapeyron’schen Gleichung. Angaben: 1 bar = 750,062 torr. (b) Berücksichtigen Sie bei der Berechnung von H V die Realität der Gasphase durch den 2. Virialkoeffizienten von Wasser (BH2 O (60◦ C) = −730 cm3 · mol−1 und wenden Sie die korrekte Form der Clapeyron’schen Gleichung an (Gl. (5.84)). Es gilt V H2 O (fl) = 18,32 cm3 · mol−1 . Lösung: (a) pH2 O bei 60◦ C = 149,4 Torr = 0,1992 bar B d ln p d ln p = H V mit = folgt : dT dT (T + C)2 3816,44 · 8,3145 H V (60◦ C) = · (333,15)2 = 42748 J · mol−1 (333,15 − 46,13)2 RT 2
(b) B dp B = · exp = p· 2 dT (T + C) (T + C)2
A−
B T +C
= 6,9225 torr · K−1 = 9,2294 · 10−3 bar · K−1 = 922,94 Pa · K−1 Nach der Clapeyron’schen Gleichung (Gl. (5.84)) ergibt sich: H V = T · V V ·
dp = 333,15 · VV · 922,94 dT
Mit V V = V gas,real − V fl = =
RT + BH2 O (T ) − 18,32 · 10−6 p
8,3145 · 333,15 − 730 · 10−6 − 18,32 · 10−6 = 0,1383 m3 · mol−1 0,1992 · 105
ergibt sich: H V = 42524 J · mol−1 Das ist um 223,8 J · mol−1 (≈ 0,5%) weniger als nach der vereinfachten Berechnung in Aufgabenteil a).
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
373
5.16.33 Verdampfungsprozess von CCl4 im zylindrischen Rohr In einem geschlossenen zylindrischen Rohr mit dem Innendurchmesser d = 5 cm und der Höhe s = 2 m befinden sich 32 g CCl4 . Welche Füllhöhe (Flüssigkeitsspiegel) hat das Rohr bei 293 K und bei 363 K? Vergleichen Sie die Resultate mit der Füllhöhe, die sich ergibt, wenn gar kein CCl4 verdampfen könnte. Die Aufgabenstellung ist in Abb. 5.54 illustriert. Angaben: Die Siedetemperatur von CCl4 ist 349,7 K, die Verdampfungsenthalpie beträgt 30,01 kJ mol−1 , die Flüssigkeitsdichte ρ bei 293 K beträgt 1,631 g · cm−3 und der thermische Ausdehnungskoeffizient α p ist 12,4 · 10−4 K−1 . Anmerkung: in der Dampfphase soll das ideale Gasgesetz gültig sein. Lösung: Die eingefüllte Masse an CCl4 setzt sich aus einem Anteil an Flüssigkeit (Molzahl n fl ) und einem dampfförmigen Anteil (Molzahl n D ) zusammen. Für die Volumenbilanz gilt: VRohr = π ·
2 d · s = 3927 cm3 = V fl · n fl + V D · n D 2
mit den Molvolumina V fl und V D von CCl4 in der flüssigen bzw. in der dampfförmigen Phase. Bei 293 K beträgt V fl,293 = M/ρ = 153,81/1,631 = 94,304 cm3 · mol−1
Abb. 5.54 Verschiedene Füllhöhen h 1 (T1 ), h 2 (T2 ) und h 3 (T3 ) einer Flüssigkeit im Gleichgewicht mit ihrem Dampf bei verschiedenen Temperaturen T1 < T2 < T3 . Gesamtmolzahl und Zylindervolumen sind konstant
374
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Dann gilt bei 363 K: V fl,363 = V fl,293 (1+α p ·T ) = 94,304(1+12,4 · 10−4 ·70) = 102,49 cm3 ·mol−1 . Die entsprechenden Werte V D,293 und V D,363 sind: V D,293 =
R · 293,15 R · 363,15 bzw. V D,363 = Psat (293) Psat (363)
Wir berechnen psat (293) und psat (363) mit der integrierten Clausius-Clapeyron’schen Gleichung (H V = 30.010 J · mol−1 ): ( 1 1 H V − = 0,1366 bar psat (293) = 1 bar · exp − R 293 349,7 ' ( H V 1 1 psat (363) = 1 bar · exp − − = 1,4656 bar R 363 349,7 '
Damit ergibt sich ( psat ist in Pa einzusetzen!): 8,3145 · 293,15 = 0,17843 m3 · mol−1 = 1,7843 · 105 cm3 · mol−1 0,1366 · 105 8,3145 · 363,15 = = 0,0206 m3 · mol−1 = 2,060 · 104 cm3 · mol−1 1,4656 · 105
V D,293 = V D,363
32 Nun beträgt die Gesamtmolzahl an CCl4 : n fl + n D = n = 153,81 = 0,208 mol. Damit lässt sich für die Volumenbilanz bei 293 K schreiben:
3.927 = 94,304 · n fl + 1,7843 · 105 (0,208 − n fl ) und bei 363,15 K: 3.927 = 102,49 · n fl + 2,06 · 104 (0,208 − n fl ) Damit ergibt sich für n fl bei 293,15 K: n fl (293) =
1,7843 · 105 · 0,208 − 3927 = 0,186 mol 1,7843 · 105 − 94,304
und entsprechend für n fl bei 363,15 K: n fl (363) =
2,06 · 104 · 0,208 − 3927 = 0,0175 mol 2,06 · 104 − 102,49
Daraus berechnet sich die Füllhöhe h(T ):
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
375
h(T ) = V fl (T ) · n fl (T )/ π ·
2 d 2
Die gesuchten Resultate lauten also: h(293) = 94,304 · 0,186/19,635 = 0,893 cm h(363) = 102,49 · 0,0175/19,635 = 0,091 cm Bei einer geringfügig höheren Temperatur als 363,15 K wäre bereits die gesamte Menge an CCl4 verdampft. Wenn gar kein CCl4 verdampfen würde, wären die Füllhöhen: h(293) = 94,304 · 0,208/19,635 = 0,998 cm h(363) = 102,49 · 0,208/19,635 = 1,085 cm
5.16.34 Siedetemperaturen von Wasser als Funktion der Höhe über dem Meeresspiegel Die Siedetemperatur einer Flüssigkeit ist definiert als die Temperatur, bei der der Sättigungsdampfdruck der Flüssigkeit identisch mit dem äußeren Luftdruck ist. Verwenden Sie die barometrische Höhenformel und die integrierte ClausiusClapeyron’sche Gleichung, um eine Beziehung zwischen Siedetemperatur TS und der Höhe h über dem Erdboden abzuleiten. Geben Sie TS für Wasser in 1.000 m Höhe, auf dem Kilimandscharo (6.000 m) und dem Mount Everest (8.848 m) an. Angaben: Die molare Verdampfungsenthalpie von Wasser beträgt 40,656 kJ·mol−1 . Die Temperatur der Luft beträgt 288 K. Lösung: Wenn der Druck am Erdboden 1 bar ist und dort die Siedetemperatur TS0 beträgt, so gilt: ' p = 1 bar · exp
H V − R
1 1 − TS TS0
(
MLuft · g · h = 1 bar · exp − R · 288
Das lässt sich nach TS auflösen: 1 MLuft · g · h 1 = + TS TS0 H V · 288 Wir setzen h = 1.000 m, 6.000 m, 8.848 m und erhalten mit TS0 = 373,15 K für Wasser sowie g = 9,81 m · s−2 und MLuft = 0,029 kg · mol−1 :
376
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
TS (h = 1.000 m) = 369,79 K = 96,6◦ C TS (h = 6.000 m) = 353,90 K = 80,8◦ C TS (h = 8.848 m) = 345,44 K = 72,3◦ C
5.16.35 Schmelzpunkt von Eis unter Druck Der Schmelzpunkt von H2 O bei 1 bar beträgt 273,15 K. Die Dichte von flüssigem Wasser bei diesen Bedingungen ist 0,9998 g · cm−3 , die von Eis 0,9168 g · cm−3 . Bei welcher Temperatur schmilzt Eis unter einem Druck von 2 kbar? Angaben: Die Molmasse von H2 O ist 0,018 kg·mol−1 , die molare Schmelzenthalpie von Eis beträgt 6,01 kJ · mol−1 . Hinweis: Nehmen Sie an, dass die angegebenen Dichtewerte in erster Näherung temperatur- und druckunabhängig sind. Lösung: fl = 0,018/999,8 = 1,80 · 10−5 m3 · mol−1 Vmol fest Vmol = 0,018/916,8 = 1,963 · 10−5 m3 · mol−1
dp 1 3,687 · 109 HSchmelz 6.010 = = · 105 = − dT T · VSchmelz T 1,80 − 1,963 T Integration ergibt: p − p0 = −3,687 · 109 ln T = T0 · exp
T = 2 · 108 Pa = 2 kbar T0
p − p0 2 −1 = 273,15 · exp − · 10 −3,687 · 109 3,687 = 258,73 K = −14,4◦ C
Eis schmilzt also unter 2 kbar Druck bei ca. - 14,4◦ C = 258,75 K.
5.16.36 Umwandlung von Graphit zu Diamant unter Berücksichtigung der Kompressibilitäten In dieser Aufgabe wollen wir uns nochmals genauer mit der Umwandlung von Graphit in Diamant beschäftigen.
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
377 0
(a) Berechnen Sie die freie Standardbildungsenthalpie f G (T ) der Diamantbildung aus Graphit mit Hilfe der in Anhang F, Tabelle F.3 angegebenen Daten 0 0 0 für f G (298), f H (298), S (298) und C p bei 1 bar und T = 298,15 (s. Gl. (5.87)). (b) Berechnen Sie den Umwandlungsdruck p bei 298,15 K und bei 600 K unter Berücksichtigung der isothermen Kompressibilität κT von Graphit und Diamant. Angaben: ρGr = 2,25 · 103 kg · m−3 , ρDia = 3,52 · 103 kg · m−3 bei jeweils 1 bar und κT,Gr = 25 · 10−12 Pa−1 und κT,Dia = 1,8 · 10−12 Pa−1 Lösung: (a) Wir überprüfen zunächst den in Tabelle F.3 angegebenen Wert für 0 f G (298) = 2,88 kJ · mol−1 . Es muss nämlich gelten: 0
0
0
0
f G (298) = f H (298) − 298 · (S Dia − S Gr ) = 1900 − 298,15 (2,45 − 5,69) = 2867 J · mol−1 = 2,87 kJ · mol−1 Die Übereinstimmung ist gut. Nach Gl. (5.87) berechnet sich jetzt:
0
T
C p,Dia − C p,Gr · dT − T
T
C p,Dia − C p,Gr · dT T 298 298 T = 2870 + (T − 298,15)(6,1 − 8,5) − T (6,1 − 8,5) ln 298,15 0
G (T ) = G (298) + f
f
0
f G (T ) = 3586 − 16,07 · T + 2,4 · T · ln T
(bei 1 bar)
(b) MC 0,01201 = = 5,338 · 10−6 m3 · mol−1 ρGr 2,25 · 103 MC 0,01201 V Dia (1 bar) = = = 3,412 · 10−6 m3 · mol−1 ρDia 3,52 · 103 V Gr (1 bar) =
Unter Berücksichtigung von κT wird V druckabhängig (s. Aufgabe 5.16.16 (a)): V ( p) = V ( p0 ) · exp [−κT ( p − p0 )] Berechnung des Umwandlungsdruckes p bei 298,15 K:
378
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
p G (298) = 2.870 J = − f
0
p0 ≈0
V Dia (1 bar) −κT,Dia · p V Dia − V Gr dp = −1 e κT,Dia
V Gr (1 bar) −κT,Gr · p −1 e κT,Gr 3,412 6 10 exp (−1,8 · 10−12 · p) − 1 = 1,8 5,338 6 10 · exp (−25 · 10−12 · p) − 1 J − 25 −
Die Auflösung der Gleichung nach p ergibt: p = 16,0 kbar. Bei T = 600 K ergibt sich mit der letzten Gleichung in Aufgabenteil (a): f G (600) = 3156 J · mol−1 0
Eingesetzt in dieselbe Beziehung wie oben ergibt sich ein Druck von 17,6 kbar.
5.16.37 Phasenumwandlung von WF6 im festen Zustand Die Flüssigkeit WF6 (Wolframhexafluorid) zeigt unterhalb ihres Schmelzpunktes, also im festen Zustand, eine Phasenumwandlung fest → fest. Man stellt das am „Knick“ der Sublimationsdruckkurve (Dampfdruckkurve des festen WF6 ) fest. Unterhalb der Umwandlungstemperatur TU in der Festphase II, wird der gemessene Sublimationsdruck durch die Formel p = 133,2 · exp
AII +
BII T
in Pa
und oberhalb von TU in der Festphase I durch p = 133,2 · exp
AI +
BI T
in Pa
beschrieben. Berechnen Sie: (a) die Umwandlungstemperatur TU , (b) den Druck pU bei TU , (c) die Umwandlungsenthalpie HU von II → I, (d) die Umwandlungsentropie SU von II → I. Angaben: AI = 19,356, BI = −3664,9 K,
AII = 23,259, BII = −4703,4 K
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
379
Lösung: Bei T = TU sind die Drücke aus den angegebenen Formeln gleich und es gilt: AI +
BI BII = AII + TU TU
(a) Es folgt mit den angegebenen Zahlenwerten: TU = 266,0 K. (b) Aus einer der beiden Formeln für den Druck p ergibt sich bei Einsetzen von T = TU : pTU = 35.263 Pa = 0,3526 bar (c) Mit der Clausius-Clapeyron’schen Gleichung (d ln p/dT ) = H V /RT 2 und H V (molare Sublimationsenthalpie) folgt für die Phasen I und II bei TU : d ln p d ln p BI BII = − 2 bzw. =− 2 dT dT TU TU Daraus folgt H V (I) = −BI R = 30,47 kJ · mol−1 und H V (II) = −BII R = 39,10 kJ · mol−1 Nach dem Hess’schen Satz gilt für die Umwandlungsenthalpie: H U = H V (II) − H V (I) = 8,63 kJ · mol−1 (d) S U =
H U 8630 = = 32,44 J · mol−1 · K−1 TU 266
5.16.38 Berechnung des Dampfdruckes aus Standardbildungsgrößen am Beispiel von Br2 und UF6 0
0
Verwenden Sie die Daten für f G (298) und f H (298) bei 1 bar in Tabelle F.3 im Anhang F und berechnen Sie den Sättigungsdampfdruck psat a) von flüssigem Brom (Br2 ) und b) von festem UF6 bei jeweils 298,15 K und 318,15 K. Behandeln
380
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Sie den Dampf als ideales Gas und machen Sie von der Clausius-Clapeyron’schen Gleichung Gebrauch. Lösung: 0 Die Differenz von f G (298) bei 1 bar für die flüssige (bzw. feste) und die gasförmige Phase muss gleich dem Entropieunterschied mal T des Dampfes bei 1 bar und 298,15 K zu seinem Dampfdruck psat bei derselben Temperatur sein. Der molare Entropieunterschied S bei psat und 1 bar ist S = R · ln( psat /1 bar) (s. Gl. (5.19) für den idealen Gasfall). Da der molare Enthalpieunterschied H zwischen diesen Drücken beim idealen Gas gleich Null ist, gilt: f G fl (298) − f G gas (298) = −T · S = −RT ln( psat /1 bar) Damit ergibt sich: (a) für Br2 : (3.130 − 0) J · mol−1 = −8,3145 · 298,15 · ln psat J · mol−1 also: psat (298) = 0,283 bar (b) für UF6 : 103 [−2029,2 − (−2033,4)] J · mol−1 = −8,3145 · 298,15 · ln psat J · mol−1 also: psat (298) = 0,184 bar Der Unterschied der molaren Bildungsenthalpien von Gasphase und flüssiger Phase ist die molare Verdampfungsenthalpie H V : H V = f H (298)(gas) − f H (298)(fl) Anwendung der Clausius-Clapeyron’schen Gleichung ergibt für die Dampfdrücke bei 318 K: ' ( 1 1 H V − psat (318) = psat (298) · exp − R 318 298 Damit ergibt sich:
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
381
(a) für Br2 : H V = 30,91 kJ · mol−1 und somit: 30.910 1 1 psat (318) = 0,283 · exp − − = 0,620 bar 8,3145 318 298 (b) für UF6 : H V = −2112,9 − (−2163,1) = 50,2 kJ · mol−1 und somit: 50.200 1 1 − = 0,657 bar psat (318) = 0,184 · exp − 8,3145 318 298
5.16.39 Überprüfung der Phasengleichgewichtsbedingungen von Zustandsgleichungen mit dem Carnahan-Starling-Term Im Anwendungsbeispiel 5.15.11 wurden mit Hilfe der Maxwell-Konstruktion die Gleichheit der chemischen Potentiale zur Berechnung des Phasengleichgewichtes Dampf-Flüssig mit verschiedenen Zustandsgleichungen abgeleitet. Dabei wurde folgende Beziehung für den durch die Carnahan-Starling-Gleichung bestimmten Hartkugelanteil erhalten: pHS,CS d V = RT ln V − RT
3 − 2y (1 − y)2
wobei V das Molvolumen bedeutet. Zeigen Sie, dass durch Differenzieren dieses Ausdruckes nach V = b/(4y) wieder die Hartkugel-Zustandsgleichung nach Carnahan-Starling (Gl. (3.7) erhalten wird. Lösung: Es muss gelten: dy d ln y d 3 − 2y d pHS,CS · d V = pHS,CS = −RT + 2 dy dy (1 − y) dV dV Differenzieren nach y mit dy/dV = −y/V ergibt:
382
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
pHS,CS · V = RT · y = RT = RT
1 −2(1 − y) + 2(3 − 2y) + y (1 − y)3
(1 − y)3 − 2(1 − y) · y + 2(3 − 2y) · y 1 + y + y2 − y3 (1 − y)3
Das ist genau Gl. (3.7).
5.16.40 Mechanische Stabilitätsbedingung aus der Legendre-Transformation von F nach G Zeigen Sie, dass aus der Forderung für die Gültigkeit der Legendre-Transformation von der freien Energie F zur freien Enthalpie G die Stabilitätsbedingung κT > 0 folgt. Lösung:
G = F + pV = F −
∂F ∂V
·V T
Es gilt nun nach Gl. (5.56):
∂2 F ∂V 2
=− T
∂p ∂V
= 0 T
Das Vorzeichen für diesen Ausdruck muss in allen realen Zuständen sowie im Spezialfall des idealen Gases für ein gegebenes System dasselbe Vorzeichen haben. Für ideale Gase gilt bekanntlich: −
1 V
∂V ∂p
= κT =
1 > 0 bzw. − p
∂p ∂V
= T
1 >0 κT V
für alle realen Zustände. Da V > 0, gilt immer κT > 0.
5.16.41 Ableitung des Phasengesetzes aus der Gibbs-DuhemGleichung Leiten Sie aus der Gültigkeit der Gibbs-Duhem-Gleichung (Gl. (5.49)) für ein Mehrkomponenten- und Mehrphasensystem das Gibbs’sche Phasengesetz ab (Gl. (5.82)).
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
383
Lösung: Es gilt für jede Phase die Gibbs-Duhem Gleichung:
Sα dTα + Vα dpα + .. .
.. .
Sσ dTσ + Vσ dpσ +
k
n iα · dμiα = 0
i=1 k
.. . n iσ · dμiσ = 0
i=1
Die Gleichgewichtsbedingungen nach Gl. (5.81) erfordern: dTα = · · · = dTσ = dT dpα = · · · = dpσ = dp dμ1α = · · · = dμ1σ = dμ1 .. . dμkα = · · · = dμkσ = dμk
Also erhält man:
Sα dT + Vα dp + .. .
.. .
Sσ dT + Vσ dp +
k
n iα · dμi = 0
i=1
.. . k
n iσ · dμi = 0
i=1
Da es k + 2 Variable in einem offenen System gibt, deren Zahl durch diese σ Gleichungen eingeschränkt wird, ergibt sich für die Zahl der frei wählbaren Variablen f : f =k+2−σ Das ist das Gibbs’sche Phasengesetz (Gl. (5.82)). Existieren ferner noch r unabhängige chemische Reaktionsgleichgewichte, so gilt:
384
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik k i
.. . k
νir · μi = 0 .. . νir · μi = 0
i=1
Das sind r weitere Bedingungsgleichungen, so dass in diesem Fall gilt: f = k +2−σ −r
5.16.42 Dissipierte Arbeit im geteilten Zylinder mit beweglichem Kolben Ein Zylinder wird durch einen masselosen, reibungsfrei beweglichen Kolben in 2 gleich große Volumina V A und V B geteilt (s. Abb. 5.55). Jedes Volumen enthält 1.000 mol eines idealen Gases. Der Druck auf beiden Seiten beträgt 1 bar, die Temperatur 298 K. Der gesamte Zylinder ist nach außen thermisch isoliert. In V A wird nun über den elektrischen Widerstand Rel eines Heizelements langsam die dissipierte Arbeit Wdiss abgegeben, so dass die Temperatur in V A von 298 K auf 455 K steigt. Der Kolben ist nicht wärmeleitend, so dass von V A nach VB kein Wärmefluss stattfinden kann, es findet aber durch Verschieben des Kolbens ein adiabatischer Prozess in VB statt. Wie groß ist Wdiss , wie groß ist die Temperaturerhöhung TB in VB und um welchen prozentualen Anteil von l wird der Kolben aus der Mitte nach rechts verschoben? Welche Ergebnisse erhält man für Ar (C p = 5/2 · R), welche für CH4 (C p = 35,31 J · mol−1 · K−1 )? Lösung: Nach dem 1. Hauptsatz gilt für die Änderung der inneren Energie UZyl des ganzen Zylinders (Q = 0, Wrev = 0): UZyl = Wdiss = n A · U A + n B · U B
Abb. 5.55 Zylinder der Länge l mit beweglichem Kolben und Heizelement (s. Text)
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
385
wobei UA und UB die Änderungen der molaren inneren Energien in V A bzw. VB bedeuten. Mit n A = n B = 1.000 ergibt sich: Wdiss = 1.000 (C V T A + C V · TB ) mit T A = 455 − 298 = 157 K. Durch die Zufuhr von Wdiss dehnt sich V A aus und es wird entsprechend VB adiabatisch und quasistatisch (reversibel) komprimiert, denn es gilt VZyl = V A + V B = const. Für die Temperaturänderung TB gilt nach Gln. (5.1) und (5.2): p (γ −1)/γ 298 + TB = 298 105 Pa p ist der Druck in bar in V A und VB nach dem Prozessende. Mit γ = C p /CV und C p − CV = R für ideale Gase ergeben sich für Argon bzw. Methan: γAr =
5 = 1,667 3
und
γCH4 =
35,31 = 1,308 27,0
Nach dem idealen Gasgesetz gilt für das Zylindervolumen VZyl vor Prozessbeginn (1 bar = 105 Pa): VZyl = 2 · 1000 · R ·
298 = 49,55 m3 105
und nach Prozessende: VZyl = [1.000 · R · (298 + TA ) + 1.000 · R(298 + TB )] / p Da VZyl konstant bleibt, ergibt sich aus den beiden Gleichungen für VZyl : 2p =
298 + TB 298 + T A + 298 298
Nun gilt ja p (γ −1)/γ 298 + TB = 298 105 Pa Mit T A = 157 K folgt daraus: 2p =
455 5 10 + p (γ −1)/γ 298
Damit ergibt sich für Argon bzw. Methan:
· 105
386
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
2 pAr =
455 5 455 5 0,4 0,235 , bzw. 2 pCH4 = 10 + pAr 10 + pCH 4 298 298
Die numerische Lösung ergibt pAr = 1,322 · 105 Pa und pCH4 = 1,294 105 · Pa. Jetzt lässt sich TB bestimmen: TB = 298 ·
(γ −1)/γ
p 105
Pa
− 298
Daraus ergibt sich TB (Argon) = 35,2 K und TB (CH4 ) = 18,6 K. Somit kann der Wert von Wdiss berechnet werden: 5 Wdiss (Ar) = 1.000(157 + 35,2) · R − 1 = 2397 kJ 2 Wdiss (CH4 ) = 1.000(157 + 18,6) (35,31 − R) = 4740 kJ Vor Prozessbeginn ist die Kolbenposition l/2 = 0,5 · l, nach Prozessende gilt: l·
VA 298 + T A l = · l = + l VZyl 455 + 298 + TB 2
Das ergibt mit T A = 157 K und TB = 35,2 K für Argon: l l + l = l · 0,577, also · 100 = (0,577 − 0,5) · 100 = 7,7% 2 l und für CH4 mit T A = 157 K und TB = 18,6 K: l l + l = l · 0,590, also · 100 = (0,590 − 0,5) · 100 = 9% 2 l
5.16.43 Die Methode von Clement und Desormes zur Bestimmung von Adiabatenkoeffizienten Eine Methode, den Adiabatenkoeffizienten γ = C p /C V von Gasen zu bestimmen, ist die von Clement und Desormes. Sie ist in Abb. 5.56 schematisch dargestellt. Ein Gas (z. B. Ar, N2 oder CO2 ) wird aus der Gasvorratsflasche G in den evakuierten Behälter von ca. 15 L Volumen eingefüllt bis zu einem Druck p1 , der über dem äußeren Luftdruck p2 liegt (z. B.: p1 = 1,4 bar, p2 = 1,0 bar). Hahn H2 ist geschlossen. Dann wird H1 geschlossen und H2 geöffnet, aber nur kurzzeitig, so dass Gas aus B ausströmt und sich in B der Druck p2 einstellt. Dann wird H2 gleich wieder geschlossen und man beobachtet am Manometer in B einen Druckanstieg auf p3 . Während des gesamten Vorgangs bleibt die Temperatur des zirkulierenden Wasserbades konstant auf dem Wert T . Aus den gemessenen Werten von p1 , p2 (= Luftdruck) und p3 lässt sich γ bestimmen. Wie lautet der Zusammenhang
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
387
H2
H1
Abb. 5.56 Apparaturskizze zur Bestimmung von γ = C p /C V nach der Methode von Clement und Desormes
γ = γ ( p1 , p2 , p3 )? Benutzen Sie dazu Gl. (5.95). Welchen Wert für γ erhält man für Argon, wenn p1 = 1,40 bar, p2 = 1,0 bar und p3 = 1,144 bar gilt? Lösung: Es handelt sich um einen adiabatisch-irreversiblen Prozess, wenn H2 geöffnet wird und sich durch spontanes Ausströmen des Gases aus B der Druck p1 auf p2 (Außendruck) erniedrigt. Das rasche Verschließen von H2 nach Druckausgleich verhindert einen Wärmeaustausch des Gases in B mit dem Wasserbad. Erst nach Schließen von H2 findet dieser Wärmeaustausch statt und das Gas in B hat wieder dieselbe Temperatur T wie vor dem Ausströmvorgang. Dabei erhöht sich der Druck von p2 auf p3 . Der Prozess im Gas ist also ein irreversibler thermodynamischer Prozess in einem offenen System (Gasverlust in B!) und es können direkt die Ergebnisse in Abschn. 5.14.1 angewandt werden. Dort entspricht dem Gasverlust aus der Druckflasche durch ein Leck dem Öffnen des Hahns H2 und man erhält (s. Gl. 5.95): T2 = T1
V1
γ −1
oder
V2
V2 V1
=
T2 T1
1 γ −1
wobei T1 = T im vorliegenden Fall die Temperatur des Wasserbades und des Gases vor dem Ausströmvorgang bedeuten, während T2 die Temperatur des Gases unmittelbar danach ist. V 1 und V 2 sind die entsprechenden molaren Volumina des Gases. Wenn nach dem Druckausgleich und Schließen des Hahns H2 die Temperatur von T2 wieder auf T1 = T steigt und p2 auf p3 , gilt für die entsprechende Druckänderung bei konstantem Volumen (!): T2 = T1
p2 p3
oder
V2 V1
=
p2 p3
Dieses Ergebnis setzt man in Gl. (5.96) ein und erhält:
1 γ −1
388
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
p2 p3
1 γ −1
=
p1 p2
1
γ
oder
p3 p2
γ
=
p1 p2
γ −1
Das ergibt:
p3 p1
γ
=
p2 p1
aufgelöst nach γ erhält man die gesuchte Funktion γ ( p1 , p2 , p3 ): γ =
ln( p2 / p1 ) ln( p3 / p1 )
Wählt man beispielsweise p2 = 1 bar und p1 = 1,4 bar und füllt Argon ein, so misst man p3 = 1,144 bar. Das ergibt: γ =
5 ln(1/1,4) = 1,66 ≈ ln(1/1,144) 3
Das ist das erwartete Ergebnis für C p /C V für einatomige ideale Gase. Die Methode von Clement und Desormes wird in manchen Büchern fälschlicherweise als adiabatisch-reversibler Prozess im geschlossenen System behandelt. Das führt zwar zu demselben Ergebnis, aber eine korrekte Begründung kann nur die thermodynamische Behandlung in offenen Systemen liefern, wo das richtige Ergebnis eben auf einem irreversiblen Vorgang beruht.
5.16.44 Enthalpie- und Entropieänderung von flüssigem Benzol mit dem Druck Flüssiges Benzol wird von 1 bar auf 101 bar komprimiert. Um welchen Betrag ändert sich die molare Enthalpie und die molare Entropie von Benzol a) für ∂ V /∂ p ∼ = 0 und b) für ∂ V /∂ p < 0? Angaben: T = 298 K, α p,Benzol = 1,237 · 10−3 K−1 und ρBenzol = 0,879 g · cm−3 , κT,Benzol = 9,4 · 10−10 Pa−1 . Lösung: (a) Nach Gln. (5.18) bzw. (5.19) gilt:
∂H ∂p
T
∂V = V −T ∂T
= V (1−αT ) bzw. p
∂S ∂p
=− T
∂V ∂T
= −V · α p p
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
389
Daraus folgt: M H ∼ (1 − αT ) · p = ρ 0,07811 = (1 − 1,237 · 10−3 · 298) · 107 = 561 J · mol−1 879 M 0,07811 ∼ S = − 1,237 · 10−3 · 107 = −1,10 J · mol−1 · α p · p = − ρ 879 (b) Hier gilt: κT = −
1 ∂V >0 V ∂p
Also: H =
M ρ
100 M 1 − eκT p −κT p (1 − α p · T ) · (1 − α p · T ) · e dp = ρ κT 0
und entsprechend S = −
M ρ
αp 1 − eκT p κT
Einsetzen ergibt: H = 558 J · mol−1 und S = −1,09 J · mol−1 · K−1 Die Berücksichtigung der Kompressibilität hat also nur geringen Einfluss. Wir wollen uns noch überzeugen, dass gilt: lim
κT →0
1 − e−κT p κT
= lim
κT →0
p · e−κT ·p = p
wobei wir von der Regel nach d’Hospital Gebrauch gemacht haben.
5.16.45 Regelung der Temperatur eines Kühlraumes (Joule-Prozess)9 Die Luft eines Kühlraums zur Lagerung von tiefgekühlten Lebensmitteln soll ständig auf 258 K gehalten werden (s. Abb. 5.57). Trotz guter Isolierung dringt von 9
nach: E. Hahne, „Technische Thermodynamik“, Addison-Wesley (1992), erweitert.
390
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.57 Kühlprozess eines Kühlraumes durch vorgekühlte Luft. Links: Prozess-Skizze, rechts: p V˙ -Diagramm mit Leistungsaufwand von 8,33 kW. V˙ = Volumengeschwindigkeit der Luft. Prozessstufen 1 – 4: siehe Text
außen immer etwas Wärme ein mit 12 kW Leistung. Der Kühlprozess muss diesen Wärmezustrom kompensieren, um die Temperatur auf 258 K zu halten. Dazu wird ständig 5.000 kg Luft pro Stunde an der Stelle 1 aus dem Kühlraum mit T1 = 258 K abgepumpt und auf dem Weg von 1 nach 2 adiabatisch-reversibel von 1 bar auf den Druck p2 verdichtet. Von 2 nach 3 wird die Luft der Temperatur T2 isobar, also bei p2 durch Wärmeabgabe auf Umgebungstemperatur T3 = 300 K gebracht und anschließend auf dem Weg von 3 nach 4 adiabatisch-reversibel auf die Temperatur T4 und den Druck von 1 bar entspannt, so dass kältere Luft mit T4 < T1 = 258 K in den Kühlraum einströmt. Welche Werte haben die Temperaturen T2 und T4 ? Wie groß ist p2 und welche Arbeit muss von außen geleistet werden, um die Kühlleistung zu erbringen? Lösung: Die Wärmeaustauschbilanz im Kühlraum lautet bei p0 = 1 bar (isobarer Schritt: 4 → 1) H = Q = n˙ L C p,L (T4 − T1 ) + 12kW = 0 Die molare Wärmekapazität der Luft, C p,L , beträgt 52 R + R = 29,1 J · mol−1 · K−1 . Der Molenstrom der Luft n˙ L = 5.000/MLuft · 3600) = 5.000/(0,029 · 3600) = 47,78 mol · s−1 . Daraus errechnet sich der Wert von T4 : ˙ p,L · 258)/n˙ L · C p,L = 249,3 K T4 = (−12kW + nC Der Schritt 1 → 2 ist ein isentroper Prozessschritt, für den gilt: p0 / p2 = (T1 /T2 )γ /(γ −1) Ebenso ist der Expansionsschritt 3 → 4 isentrop:
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
391
p2 = p0
T3 T4
γ /(γ −1)
Die letzten beiden Gleichungen ergeben: T1 /T2 = T4 /T3 Damit lässt sich T2 berechnen: T2 = T1 ·
T3 300 = 258 · = 310,5 K T4 249,3
Jetzt lässt sich auch p2 berechnen mit γ = p2 = 1 bar · (T2 /T1 )γ /(γ −1) =
C p,L C V,L
=
310,5 258
7 5
= 1,4:
1,4/0,4 = 1,91 bar
Wir berechnen jetzt die Leistung W˙ 1→2 (s. Gl. (5.3): R R (T2 − T1 ) = 47,78 (310,5 − 258) γ −1 0,4 = 52,1 kW
W˙ 1→2 = n˙ L ·
und die isobare Arbeitsleistung W˙ 2→3 :
W˙ 2→3 = − p2 V˙3 − V˙1 = n˙ L · R(310,5 − 300) = 4,2 kW ferner die Leistung W˙ 3→4 : W˙ 3→4 = n˙ L ·
R (249,3 − 300) = −50,3 kW γ −1
Die Wärmeleistung Q˙ 4→1 beträgt: Q˙ 4→1 = +12 kW und: Q˙ 2→3 = n˙ L · C p,L (T3 − T2 ) = −14,6 kW Damit ist ein Arbeitsanteil verbunden:
W˙ 4→1 = − p0 V˙1 − V˙4 = −n˙ L R(258 − 249,3) = −3,4 kW
392
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Die Summe aller Wärme- und Arbeitsleistungen ergibt Null, wie es bei einem reversiblen Kreisprozess sein muss: Q 4→1 + W4→1 + W1→2 + Q 2→3 + W2→3 + W3→4 = 12 − 3,4 + 52,1 + 4,2 − 14,6 − 50,3 = 0 kW Die Umkehrung dieses Kühlprozesses, also 4 → 3 → 2 → 1 → 4 heißt Joule-Prozess und kann als Heißluftmaschine betrieben werden, sie leistet Arbeit, indem Wärme zur Lufterhitzung in der Prozessstufe 3 → 2 aufgenommen wird und bei tieferer Temperatur in der Stufe 1 → 4 abgegeben wird.
5.16.46 Bestimmung des Schmelzvolumens von Bismut Bismut (Bi) schmilzt bei 271◦ C. Die molare Schmelzenthalpie H sl = 10,99 kJ · mol−1 wurde kalorimetrisch gemessen. Bei 100 bar sinkt die Schmelztemperatur um 0,354 K. Wie groß sind die molare Schmelzentropie S sl und das molare Schmelzvolumen V sl ? Lösung: Nach der Clapeyron’schen Gleichung (5.84) gilt: S sl dp ∼ 100 · 105 = = dT −0,354 V sl Ferner gilt: S sl = H sl /Tsl =
10,99 · 103 = 20,2 J · mol−1 · K−1 271 + 273
Damit ergibt sich: V sl =
−0,354 · S sl = −7,149 · 10−7 m3 · mol−1 = −0,7149 cm3 · mol−1 100 · 105
Ähnlich wie bei Wasser ist V sl also negativ.
5.16.47 Kräftegleichgewicht im 2-Zylindersystem mit Doppelkolben Zwei Gefäße mit den Volumina V1 und V2 (s. Abb. 5.58) sind durch einen gut beweglichen Doppelkolben mit verschiedenen Querschnittsflächen A1 und A2 miteinander verbunden. Die Zylindervolumina sind V1 und V2 . Die Gefäße sind abgeschlossen und in ihnen befindet sich ein ideales Gas bei demselben Druck p0 , der gleich dem äußeren Druck ist. Wenn der Innenraum des Doppelkolbens jetzt
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
393
Abb. 5.58 2-Volumensystem mit Doppelkolben
evakuiert wird, bewegt sich dieser um eine Strecke x und erhöht in dem Gefäß 1 den Druck auf p1 , im Gefäß 2 erniedrigt sich der Druck auf p2 . Der Doppelkolben kommt zum Stillstand, wenn Kräftegleichgewicht herrscht. Es handelt sich also um einen irreversiblen Prozess. Berechnen Sie die Strecke x, wenn anfangs gilt: V1 = 3.000 cm3 , V2 = 1.500 cm3 , ferner A1 = 20 cm2 und A2 = 60 cm2 . Der Prozess soll isotherm ablaufen. Wie groß sind die Drücke p1 und p2 im Gleichgewicht, wenn anfangs in beiden Gefäßen p0 = 1 bar ist? Lösung: Gleichgewicht der Kräfte herrscht, wenn gilt: p1 · A1 = p2 · A2 Für die Drücke p1 und p2 muss gelten: p1 = n 1 · RT /(V1 − A1 · x) und p2 = n 2 · RT /(V2 + A2 · x) Also: p1 = p2
n 1 ·RT V1 n 2 ·RT V2
(1 − A1 · x/V1 )
(1 + A2 · x/V2 )
Da n 1 RT /V1 = n 2 RT /V2 = p0 ist, folgt: 1 + A2 · x/V2 A2 p1 = = p2 1 − A1 · x/V1 A1 Daraus ergibt sich für x: x=
60 − 20 A2 − A 1 = +33,3 cm = ˙ A1 · A2 (1/V1 + 1/V2 ) 2.060(1/3.000 + 1/1.500)
394
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
und für die Drücke p1 und p2 : p1 = p0 /(1 − A1 · x/V1 ) = 1,2856 bar p2 = p0 /(1 + A2 · x/V2 ) = 0,4286 bar
5.16.48 Entropieproduktion eines Turmspringers Ein Wassersportler mit 70 kg Körpergewicht springt vom 10-Meter-Turm in ein Sprungbecken, taucht auf und besteigt erneut den Turm. Welche Entropie wird bei diesem geschlossenen Vorgang produziert, wenn man Springer, Wasserbecken und Turm als abgeschlossenes System betrachtet. Außentemperatur und Wassertemperatur seien 23 ◦ C. Lösung: Nach Gl. (4.1) ist hier E (Kreisprozess) = 0 und ebenso Q = 0 sowie U = 0. Es gilt also E kin + E pot + U = Wdiss = T i S Mit E kin = E pot = m · g · h folgt: T i S = 2m · g · h 2 · 70 · 9,81 · 10 2m · g · h = = 46,4 J · K−1 i S = T 273 + 23
5.16.49 Schallgeschwindigkeit in realen Gasen (a) Leiten Sie einen Ausdruck für die Schallgeschwindigkeit nach Gl. (5.24) für ein reales Gas ab, indem Sie den 2. Virialkoeffizienten nach der v. d. WaalsGleichung mit berücksichtigen. (b) Wie groß ist der Unterschied für die berechnete Schallgeschwindigkeit von gasförmigem Propan bei 273 K und 5 bar, wenn Sie Propan als ideales bzw. reales Gas behandeln. Hinweis: Verwenden Sie die Daten aus Tabelle F.2 im Anhang und das Ergebnis der Übungsaufgabe 4.7.4 (Kap. 4). Lösung: (a) Die reale Gasgleichung lautet V =
RT RT a + B(T ) = + b− p p RT
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
395
Daraus ergibt sich für die Kompressibilität κT : κT = −
1
V
∂V ∂p
= T
RT / p RT / p = RT + p · B RT + p(b − a/RT )
und für: p · B(T ) 2 p a 2 V = RT 1 + = RT 1 + b− κT RT RT RT Ferner ergibt sich aus dem Ergebnis von Aufgabe 4.7.4 (Kapitel 4): C p,v.d.W. =
2a p + C V,id + R RT 2
Wegen CV,v.d.W. = C v,id folgt damit:
Cp C p,v.d.W.
=
C V,id + R + C V,id
2a RT 2
·p
=
Cp CV
+ id
2a · p C V,id · RT 2
Einsetzen in Gl. (5.24) für die Schallgeschwindigkeit VS ergibt: $' ( % % Cp RT V 1 2a · p p a 2 & = · · + 1+ b− = 2 M RT RT C V κT M C V id C V,id · RT $' ( % Cp a % RT p 2a · p b− ·& = 1+ + RT RT C V id C V,id · RT 2 M "
υS
υS
Cp
(b) Wir setzen jetzt bei T = 273 K die Daten für Propan ein: a = 0,9405 J · m3 · mol−2 und b = 8,72·10−5 m3 ·mol−1 = 0,0441 kg·mol−1 und C p,id (Propan) = 67,78 J · mol−1 · K−1 . Für die Schallgeschwindigkeit ergibt sich: υS,Propan = 225,5 m · s−1 Im Fall des idealen Gases ergibt sich (b = 0, a = 0): υS,Propan (id. Gas) = 242,22 m · s−1 υS im realen Gas ist also um ca. 16,7 m · s−1 kleiner.
396
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.16.50 Berechnung der freien Bildungsenthalpie von NH3 bei 400 K und 1,5 bar In Abschn. 5.13 wurde gezeigt, wie freie Bildungsenthalpien bei anderen Temperaturen und Drücken zu berechnen sind ausgehend von dem Wert unter Standardbedingungen (1 bar und 298,15 K). Berechnen Sie f G für NH3 bei 400 K und 0 1,5 bar ausgehend von f G . Benutzen Sie die in Anhang F angegebenen Daten. Nehmen Sie ideale Gasverhältnisse an. Lösung: Die Bildungsreaktion lautet: 12 N2 + 32 H2 → NH3 . Wir gehen aus von Gl. (5.87):
f
0 G n (400
K, 1,5 bar) =
f
0 G n (298
400 K, 1 bar) + C p dT
400
1,5
298
−T
C p dT + T
298
V (298)dp p=1
3 1 mit C p = C p,NH3 (T ) − C p,H2 − C p,N2 2 2 R · 298 3 1 R · 298 sowie V = 1− − =− p 2 2 p Wir berechnen mit (s. Anhang F.2): C p,NH3 = 25,895 + 32,581 · 10−3 · T − 3,046 · T 2 · 10−6 J · mol−1 · K−1 für: 400 C p,NH3 dT = 25,895(400 − 298,15) +
32,581 · 10−3 (4002 − 298,152 ) 2
298
−
3,046 (4003 − 298,153 ) · 10−6 = 3757,95 J · mol−1 3
und für: 400 400 ·
C p,NH3 400 dT = 400 · 25,895 · ln + 400 · 32,58 · 10−3 (400 − 298,15) T 298,15
298
−
3,046 · 10−6 (4002 − 298,152 ) = 4371,1 J · mol−1 3
Ähnlich erhält man für H2 :
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
400
397
C p,H2 dT = 2960,4 − 29,76 + 25,14 = 2955,76 J · mol−1
298
400 400 ·
C p,H2 dT = 3416,6 − 34,1 + 28,61 = 3411,1 J · mol−1 T
298
und für N2 : 400
C p,N2 dT = 2780,1 + 650,85 − 0,12 = 3430,8 J · mol−1
298
400 400 ·
C p,N2 dT = 3208,6 + 213,0 − 0 = 3421,7 J · mol−1 T
298
Damit folgt: 400 400 C p 3 C p dT − 400 · dT = (3757,95 − 4371,1) − (2955,76 − 3411,1) T 2 298
298
−
1 (3430,8 − 3421,7) = 65,31 J · mol−1 2
Ferner berechnen wir: 1,5 bar
1,5
V (298) dp = −R ·298,15 1 bar
dp 1,5 = −R ·298,15 ln = −1,005 kJ·mol−1 p 1
1 0
Damit ergibt sich als Endresultat für f G 0 (400 K, 1,5 bar) mit f G NH3 (298,1 bar) = 16,38 kJ · mol−1 : f G NH3 (400 K, 1,5 bar) = 16,38 + 0,0653 − 1,005 = 15,44 kJ · mol−1 0
5.16.51 Ein Beispiel für die Bestimmung experimentell unzugänglicher partieller molarer Größen Es besteht manchmal ein praktisches Interesse daran, eine experimentell nicht direkt messbare Größe aus experimentell gut zugänglichen anderen Größen zu
398
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
bestimmen. Als Beispiel hatten wir die Bestimmung von C V aus C p , ρ, α p und κT kennengelernt. (a) Leiten Sie einen allgemeinen Ausdruck für die Größe (∂U /∂ p)V ab, der bei vorgegebenen Werten für Temperatur und Druck nur die Kenntnis von C p , ρ, α p und κT erfordert. (b) Berechnen Sie aus dem Ergebnis von a) den Wert für (∂U /∂ p)V eines idealen Gases bei 400 K und 0,5 bar mit C p = 52 R. (c) Wie groß ist (∂U /∂ p)V für flüssiges Ethanol bei 298 K und 1 bar? Angaben: C p = 113,86 J · mol−1 · K−1 , α p = 11,2 · 10−4 · K−1 , κT = 11,69 · 10−10 Pa−1 , ρ = 785,33 kg · m−3 . Lösung:
∂U (a) Man geht aus von dU = ∂U ∂ T V dT + ∂ V T d V und erhält für V = const mit Hilfe von Gl. (5.21): α 2p ∂T ∂U κT ∂U κT = · = CV · = Cp − V · T · ∂p ∂ p α κ α ∂V p T p V V
T
κT M = Cp · − · T · αp αp ρ
(b) Beim idealen Gas folgt mit M/ρ = RT / p sowie α p = T −1 und κT = p −1 :
∂U ∂p
= V
T 400 3 · R = 0,012 J · Pa−1 = 1.200 J · bar−1 (C p − R) = p 0,5 · 105 2
(c) Einsetzen der angegebenen Größen in das Ergebnis von a) ergibt für Ethanol (M = 0,046068 kg · mol−1 ):
∂U ∂p
= V
11,69 · 10−10 113,86 − 58,66 · 10−6 · 298 · 11,2 · 10−4 11,2 · 10−4
= 99,26 · 10−6 J · Pa−1 = 9,926 J · bar−1
5.16.52 Der Schnellkochtopf10 Beim Kochen in der Küche ist man in der Regel auf maximal 100◦ C beschränkt, da Wasser bei dieser Temperatur unter 1 bar siedet. Dichtet man je10
nach I. Müller, Grundzüge der Thermodynamik, Springer (1994), erweitert
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
399
Abb. 5.59 Prinzip eines Schnellkochtopfes
doch den Kochtopf ab und regelt den Dampfdruck des Wassers über ein geeignetes Ventil, kann man höhere Drücke und damit höhere Temperaturen erreichen, so dass der Kochvorgang, also das Garwerden, beschleunigt wird. Die Funktionsweise eines solchen Schnellkochers mit Regelventil zeigt schematisch Abb. 5.59. Das Dampfregelventil besteht aus einem an eine elastische Feder angebrachten Stempel. Bei 1 bar ( p0 , links) siedet das Wasser (Luft im Gasraum ist bereits verdrängt). Weitere Wärmezufuhr durch die Heizplatte erhöht den Druck im Topf, die Feder mit dem Stempel wird zusammengedrückt, da p > p0 . Damit steigt auch die Temperatur. Ist eine bestimmte Höhe des Stempels bei x − x 0 = h erreicht, kann der Dampf entweichen, der Druck fällt und das Ventil schließt wieder, bis erneut der erforderliche Druck zur Öffnung des Ventils erreicht ist. Die Feder mit dem Stempel übt eine Gegenkraft K gegen den Dampfdruck aus, die proportional zur Strecke x − x 0 ist. Bei Kräftegleichheit gilt also: p0 < p(T ) = K = b(x − x0 )/π r 2 Der erreichte Druck p(T ) hängt von der Höhe h = x − x0 der Ventilöffnung der Federkonstante b und dem Durchmesser des Stempels d = 2r ab. wir nehmen für eine Beispielrechnung an, dass h = 2 cm, r = 0,4 cm und b = 816 N · m−1 gelten. Berechnen Sie mit diesen Daten Temperatur und Druck im Kochtopf.
400
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Lösung: Es ergibt sich bei einfacher Anwendung der Clausius-Clapeyron’schen Gleichung (Gl. (5.85)) und Kenntnis der molaren Verdampfungsenthalpie des Wassers (42.524 J · mol−1 ) aus dem Kräftegleichgewicht: b·h HV 1 1 = p0 exp − − R T T0 π r2 die gesuchte Kochtemperatur, wobei p0 = 105 Pa = 1 bar zu setzen ist. Auflösen der Gleichung nach T ergibt: T =
3−1 2 1 b·h R − · ln T0 HV π r 2 · p0
Einsetzen der angegebenen Werte ergibt mit T0 = 373 K: T = 408 K = 135◦ C Der Druck im Kochtopf beträgt dann 3,42 bar.
5.16.53 Entropieproduktion beim Erstarren von unterkühltem Wasser Wasser lässt sich relativ leicht unter dem eigentlichen Schmelzpunkt bei 273,15 K als Flüssigkeit unterkühlen. Wir betrachten flüssiges Wasser, das von 0◦ C auf - 10◦ C unterkühlt wird und erst dann bei dieser Temperatur erstarrt (Prozessweg I). Der Erstarrungsprozess ist ein spontaner Prozess aus einem thermodynamischen Nichtgleichgewichtszustand (metastabiler Zustand) in einen Gleichgewichtszustand. Auf anderem Weg kann dieser Zustand erreicht werden, wenn Wasser bei 273,15 K zu Eis erstarrt und das Eis dann auf −10◦ C abgekühlt wird (Prozessweg II). Wie groß ist die Entropieproduktion i S? Bedenken Sie, dass beide Prozesse denselben Endzustand des Systems erreichen. Betrachten sie 1 mol Wasser mit folgenden Angaben: Schmelzenthalpie bei 273,15 K H fest = 6.026 J · mol−1 , C p,fl = 75 J · mol−1 · K−1 (flüssiges Wasser), C p,fest = 38 J · mol−1 · K−1 (festes Eis). Lösung: Wir berechnen zunächst die Enthalpieänderung der beiden Prozesswege I und II: H (I ) = −H fest (263) + C p,fl (263 − 273) H (I I ) = −H fest (273) + C p,fest (263 − 273) Da H (I ) = H (I I ) sein muss (H ist eine Zustandsgröße), gilt −Hfest (263) = −Hfest (273) + (C p,fest − C p,fl )(263 − 273).
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
401
Nun betrachten wir den Prozess der Abkühlung des flüssigen Wassers auf −10◦ C bezüglich der Entropieänderung als Gleichgewichtsprozess. Das ist gerechtfertigt, wenn man sehr langsam abkühlt und die Umgebung während der Abkühlung praktisch immer dieselbe Temperatur hat wie die Umgebung. Der spontane, irreversible Prozess ist der nachfolgende Übergang zu festem Eis bei −10◦ C. Dann gilt für diesen gesamten Prozessweg I: 263 H fest (263) 263 − = C p,fl ln 273 263 273 H fest (273) − (C p,fest − C p,fl )(263 − 273) − 263 5.656 = −2,80 − = −24,31 J · mol−1 · K−1 263
S(I ) = C p,fl ln
Jetzt berechnen wir S(I I ) für Prozess (I I ): Erstarrung bei 273 K und quasiisotherme Abkühlung von Eis auf −10◦ C: S(I I ) = −
H fest (273) 263 + C p,fest ln = −22,07 − 1,42 273 273 = −23,49 J · mol−1 · K−1
Dieser Prozess ist insgesamt als reversibel zu betrachten, da er nur über Gleichgewichtszustände abläuft. Da derselbe Endzustand bei beiden Prozessführungen erreicht wird, muss gelten: S(I ) + i S = S(I ) +
δWdiss = S(I I ) T
und somit: i S =
δWdiss = S(I I ) − S(I ) = −23,49 + 24,31 = 0,82 J · K−1 · mol−1 T
Man kann es auch so formulieren: SUmg (I ) + S(I ) > 0 SUmg (I I ) + S(I I ) = 0 Da S(I ) = S(I I ) sein muss, gilt: SUmg (I ) − SUmg (I I ) = −23,49 + 24,31 = 0,82 J · K−1 · mol−1
402
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
5.16.54 Funktionsweise von Saugtrichtern und Wasserstrahlpumpen Wir wollen zwei Beispiele aus dem Alltag des chemischen Labors vom Standpunkt der Thermodynamik aus untersuchen, die Anwendungen der Bernoulli-Gleichung darstellen (s. Gl. (5.107)). Zunächst betrachten wir Abb. 5.60. Durch einen kegelförmigen Trichter strömt unten durch ein Rohr Flüssigkeit. Die engste Stelle im Rohr hat den Radius r am unteren Ende des Trichters. Die Geschwindigkeit υ und der Druck p0 ist als Funktion der Höhe h, des Massenflusses m˙ und des Endradius r0 anzugeben. Im oberen Teil des Ausflussrohres, den Trichter abschließend, ist ein poröser Stopfen angebracht, der einen Fließwiderstand darstellt. Der Raum unterhalb des Stopfens und des Auslaufrohres kann partiell oder ganz evakuiert werden und dient als Flussregelung. Wir nehmen an, dass im stationären Zustand durch Zulauf in den Trichter der Flüssigkeitsspiegel immer die Höhe h hat, so dass υ 2 = 0 bei x = h. Der Druck bei h ist gleich dem Luftdruck pLuft . Dann lässt sich nach Gl. (5.107) schreiben: p0 = pLuft −
ρ 2 υ +ρ·g·h 2 0
Im stationären Zustand ist der Massenfluss überall konstant. Er hängt mit υ zusammen über die Kontinuitätsgleichung: ρ · υ = m/A ˙
Abb. 5.60 Ausströmen einer Flüssigkeit aus einem Trichter der Füllhöhe h. α ist der Öffnungswinkel. d = 2r0 ist der unterste, engste Trichterdurchmesser
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
403
wobei A = π · r 2 ist mit dem Radius r des Trichters auf der Höhe x. Damit erhält man für p0 (x = 0): p0 = pLuft −
1 m˙ 2 · 2 4 +ρ·g·h 2ρ π r0
Berechnen Sie p0 und υ0 mit den vorgegebenen Daten pLuft = 105 Pa, m˙ = 0,05 kg · s−1 , ρ = 1.000 kg · m−3 , r0 = 0,25 cm und h = 60 cm. Lösung: p0 = 105 −
1 (0,05)2 + 1000 · 9,81 · 0,6 2 2.000 π (0,0025)4
= 105 − 3.442 + 5.886 Pa p0 − pLuft = 2.444 Pa p0 − pLuft ist also nur ca. halb so groß wie der hydrostatische Druck an derselben Stelle. Die Geschwindigkeit υ0 berechnet sich. υ0 = m/(π ˙ r02 · ρ) = 0,05/(π · (0,0025)2 · 1000) = 2,55 m · s−1 In Abb. 5.61 ist eine Wasserstrahlpumpe dargestellt. Ihre Wirkung beruht auf dem dünnen Wasserstrahl mit dem Durchmesser dH2 O , der eine hohe Geschwindigkeit besitzt, zu der nach der Bernoulli-Gleichung ein niedriger Druck p gehört, der zum Evakuieren eines mit Luft befüllten Volumens dient. Der Wasserstrahl, der frei aus der Düse tritt, hat einen Durchmesser von dH2 O = 2 mm. Der Durchmesser dRohr beträgt 2 cm. Wie groß muss der Massenstrom m˙ H2 O sein, wenn der Wasserdruck in der Leitung pL = 2 bar beträgt, damit der Druck p = 10 mbar wird? Lösung: Es gilt nach der Bernoulli-Gleichung bei Vernachlässigung der hydrostatischen Druckdifferenzen: pL +
ρ ρ · υL2 = p + υH2 2 O 2 2
Wir setzen die angegebenen Daten ein und berechnen m˙ H2 O durch Einsetzen von m˙ = ρ · υ · A mit A = π · (d/2)2 . (AH2 O = 3,1416 · 10−6 m2 , AL = 3,1416 · 10−4 ). Man erhält: m˙ 2 pL − p = 2ρ
'
1 A2H2 O
1 − 2 AL
(
404
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Abb. 5.61 Wasserstrahlpumpe
Aufgelöst nach m: ˙ " m˙ = =
1
2ρ · ( pL − p) = 1/A2H2 O − 1/A2L
" 2000
2 · 105 − 10 · 102 1,0132(1011 − 107 )
3,7505 · 10−4 = 1,937 · 10−2 kg · s−1 ≈ 1,2 kg · min−1
Das ergibt für υL = 0,0617 m · s−1 und υH2 O = 6,17 m · s−1 Der niedrigste erreichbare Druck p ist durch den Dampfdruck des Wassers pH2 O beschränkt: p ≥ pH2 O .
5.16
Gelöste Übungsaufgaben
405
5.16.55 Berechnung der Verdampfungsenthalpie von Methanol vom Schmelzpunkt bis zum kritischen Punkt Die folgende Formel beschreibt die Dampfdruckkurve von flüssigem Methanol mit hoher Genauigkeit von der Schmelzpunkttemperatur (175,2 K) bis zur kritischen Temperatur (Tc = 512,6 K). 10,752849 + 16,758207 − 3,603425 · x psat /10 Pa = exp − x 5
+4,373232 · x 2 − 2,381377 · x 3 + 4,572199(1 − x)1,70
mit x = T /Tc = T /512,6. Ferner lassen sich die Dichten von Methanol im Phasengleichgewicht der Flüssigkeit (Fl.) mit dem Dampf (D) durch folgende Formeln beschreiben: ρFl = 1 + 2,51709(1 − x)0,350 + 2,466694(1 − x) − 3,066818(1 − x 2 ) ρc + 1,325077(1 − x 3 ) ρD 1−x − 2,556682 (1 − x)−0,35 = exp −10,619689 ρc x +3,881454 (1 − x) + 4,795568 (1 − x)2 ρc ist die kritische Dichte (269,14 kg · m−3 ). Berechnen Sie die molare Verdampfungsenthalpie H V bei 200, 273, 373 und 473 K und tragen Sie H V als Funktion von x im Bereich von 180 K bis zur kritischen Temperatur graphisch auf. Lösung: Grundlage ist die Clapeyron’sche Gleichung (5.84)
dp dT
= sat
H V T · V
' bzw. H V = x·V c ·
ρD ρc
−1
−
ρFl ρc
−1 (
· psat ·
d ln psat dx
Wir berechnen zunächst: d ln psat 10,752849 − 3,603425 + 8,746464 · x = dx x2 − 7,144131 · x 2 − 7,772738 (1 − x)0,7 Für das molare kritische Volumen V c gilt: V c = MMeOH /ρc = 0,03204/269,14 = 1,19046 · 10−4 m3 · mol−1
406
5 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
Einsetzen von psat , ρD /ρc , ρFl /ρc , V c und d ln psat /d x in die Formel für H V ergibt: H V /kJ · mol−1 39,95 37,29 32,12 19,20 T /K
200
273
373
473
H V ist als Funktion von x in Abb. 5.62 dargestellt. Man vergleiche den Verlauf der Funktion mit Abb. 5.22 und deren Diskussion am Ende von Abschnitt 5.12.
Abb. 5.62 Berechnete Verdampfungsenthalpie von Methanol H V als Funktion von x = T /Tc
Kapitel 6
Thermodynamik der Wärmestrahlung
6.1 Der allgemeine Zusammenhang zwischen Strahlung und Materie Jedes materielle System, das sich bei T > 0 im thermodynamischen Gleichgewicht befindet, steht auch mit einem elektromagnetischen Strahlungsfeld im Gleichgewicht. Dieses Strahlungsfeld kann man sich als Lichtwellen oder alternativ als quantisiertes Partikelfeld vorstellen. Diese „Partikel“ nennt man Photonen. Sie bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit im Raum und besitzen den Energieinhalt hν, wobei h das Planck’sche Wirkungsquantum (h = 6,62607 · 10−34 J · s) und ν die entsprechende Lichtfrequenz in s−1 bedeuten. Das Photonenbild des elektromagnetischen Strahlungsfeldes hat den Vorteil, dass das thermodynamische Gleichgewicht zwischen Materie und Strahlungsfeld als ein quasi-chemisches Gleichgewicht aufgefasst werden kann, das man als „Gleichgewichtsreaktionen“ von Photonen mit Molekülen A des materiellen Systems formulieren kann: A + hν A∗ A∗ + hν A + 2hν
(6.1) (6.2)
Die Photonen können also als Reaktionspartner für Moleküle aufgefasst werden. Das Molekül A reagiert in Gl. (6.1) mit einem Photon hν zu einem angeregten Molekül A∗ , das einen um den Wert hν höheren Energieinhalt besitzt als das Molekül A im sog. Grundzustand. Photonen können auch durch Zerfall von A∗ zu A nach Gl. (6.1) wieder zurückgebildet werden, diesen Prozess nennt man spontane Emission. Gleichung (6.2) zeigt, dass der Zerfall von A ∗ aber auch durch ein Photon induziert werden kann, hier spricht man von induzierter Emission. Bei relativ niedrigen Temperaturen (T < 1.000 K) kann man diese Photonen nicht sehen, ihre zugehörigen Frequenzen liegen im Infrarot- bzw. im Mikrowellenbereich, man kann sie aber spüren, z. B. durch die Wärmestrahlung eines Kachelofens. Bei höheren Temperaturen wird die Strahlung jedoch sichtbar, da ihr Frequenzspektrum dann mehr oder weniger im sichtbaren Abschnitt des Lichtspektrums liegt, man denke an ein glühendes Stück Eisen, den heißen Draht einer Glühbirne oder die Sonne. Um die Natur der Wärmestrahlung näher zu verstehen, stellen wir uns folgendes System
A. Heintz, Gleichgewichtsthermodynamik, Springer-Lehrbuch, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1_6,
407
408
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Abb. 6.1 Strahlungsgleichgewicht von Photonen (Pfeile) mit einem Stück schwarzer Kohle. Links: geschlossener Innenbehälter mit spiegelnden Wänden. Rechts: geöffneter Innenbehälter, die Photonenstrahlung erfüllt Innen- und Außenraum. Der Außenraum besitzt ebenfalls nur spiegelnde Wände
vor (s. Abb. 6.1). Ein glühendes Stück Kohle befinde sich in einem geschlossenen, völlig evakuierten Behälter, dessen Innenwände aus perfekten Spiegeln bestehen, das heißt, die Photonen, die mit dem Stück Kohle im thermodynamischen Gleichgewicht stehen, werden an der Innenwand des Behälters reflektiert, sie können also den Behälter nicht verlassen, da sie die spiegelnde Wand weder durchdringen noch von ihr absorbiert werden können. In einer solchen Situation befindet sich die Materie (das Kohlestück) im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Lichtstrahlung bzw. dem „Photonengas“, das den Raum außerhalb des Kohlestückes im Behälter ausfüllt. Dieses „Photonengas“ hat dieselbe Temperatur wie das materielle Kohlestück und enthält also eine bestimmte Menge von Photonen unterschiedlicher Frequenzen ν und somit unterschiedlicher Energieinhalte. Wenn wir uns nun ein Loch in dem Behälter vorstellen, durch das das Photonengas bzw. die Strahlung austreten kann, so wird die Strahlung nach außen sichtbar. Gleichzeitig bedeutet das aber einen ständigen Energieverlust des Systems, da die Photonen Träger von Energie sind und die Temperatur des Kohlestückes wie die des Photonengases wird sinken. Will man also den Strahlungsverlust ausgleichen, müsste man dem Kohlestück ständig Energie in Form von Wärme δ Q von außen oder in Form von dissipierter Energie dWdiss = T · δi S zuführen (z. B. durch einen elektrischen Heizdraht in dem Kohlestück). Im stationären Gleichgewicht (nicht im thermodynamischen Gleichgewicht) ist der Energieverlust durch Strahlung gleich δ Q/dt bzw. dWdiss /dt. Wenn wir uns nun den Raum außerhalb der Öffnung durch einen noch größeren leeren Behälter mit spiegelnden Innenwänden abgeschlossen vorstellen, so wird das Photonengas jetzt den gesamten Raum des inneren und äußeren Behälters ausfüllen. Wir erreichen wieder ein thermodynamisches Gleichgewicht des Kohlestückes mit dem Photonengas, das jetzt den inneren und den äußeren Behälter ausfüllt. Wenn die Temperatur überall wieder identisch ist mit ihrem Wert vor der Öffnung zum äußeren Behälter, muss auch die Energiedichte des Photonengases wieder überall denselben Wert haben, ebenso wie die Energiedichte des Kohlestückes. Die Energiedichte des Photonengases ist aber bei T = const proportional der Teilchenzahldichte der Photonen, da ein Photon ja die Energie hν besitzt.
6.2
Strahlungsdruck und Energiedichte der Wärmestrahlung
409
Wir stellen also fest, dass die innere Energiedichte u Ph des Photonengases nur von T und nicht vom Volumen V abhängt: UPh = u Ph (T ) V
oder
∂UPh ∂V
= u Ph (T )
(6.3)
T
Das bedeutet aber, dass die Zahl der Photonen bei unserem Expansionsversuch nicht konstant geblieben sein kann, sie muss zugenommen haben. Photonen können also „aus dem Nichts“ entstehen und auch wieder verschwinden. Es gibt also für Photonen kein Gesetz der Teilchenzahlerhaltung, wie wir es von einem materiellen Gas gewohnt sind. Allerdings bleibt der Energieerhaltungssatz bestehen, denn mit der Zunahme der inneren Energie des Photonengases war ja eine äquivalente Zufuhr von Energie in Form von Wärme oder dissipierter Arbeit am Kohlestück verbunden, das ja zu dem Gesamtsystem Kohlestück + Photonengas gehört. Gleichung (6.3) macht den Unterschied zu einem materiellen idealen Gas deutlich. Bei einem idealen Gas ist die innere Energie U nur von T abhängig, die Energiedichte U/V ist daher von T und V abhängig und es gilt ferner beim idealen (materiellen) Gas (∂U/∂ V )T = 0. Obwohl es sich beim Photonengas wie beim materiellen idealen Gas um wechselwirkungsfreie „Teilchen“ handelt, sind die thermodynamischen Grundbeziehungen fundamental verschieden.
6.2 Strahlungsdruck und Energiedichte der Wärmestrahlung Wir wollen nun eine thermische Zustandsgleichung, d. h. den Druck p eines Photonengases ableiten. Dazu benötigen wir eine Beziehung zwischen der Energiedichte u und dem Druck, die sich ganz allgemein aus einer molekularkinetischen Überlegung ableiten lässt. Wir wollen das zunächst für ein materielles ideales Gas tun. In Abb. 6.2 betrachten wir eine Fläche A, die in der x,y-Ebene liegt und auf der senkrecht dazu die z-Achse ausgerichtet ist. Moleküle mit der Geschwindigkeit υ, die sich innerhalb des schiefen Zylinders der Länge υ · dt befinden, erreichen die Oberfläche A. Das Volumen dieses Zylinders beträgt (A · cos ϑ) · υ · dt. Dann gilt für die Zahl der Moleküle innerhalb des Zylinders: d4 N =
N V
(A · υ · dt) cos ϑ · f υ dυ
sin ϑdϑdϕ 4π
(6.4)
wobei (N /V ) die Teilchenzahldichte ist, f υ dυ der Bruchteil der Moleküle, die einen Geschwindigkeitsbetrag zwischen υ und υ + dυ besitzen. Davon ist sin ϑ dϑ dϕ/4π nochmals der Bruchteil der Moleküle, die aus der durch die Winkel ϑ und ϕ festgelegten Richtung heranfliegen. f (υ) ist die Geschwindigkeitsverteilungsfunktion, die wir hier nicht näher zu kennen brauchen, sie gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass ein Molekül einen Geschwindigkeitsbetrag zwischen υ und υ + dυ
410
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Abb. 6.2 Moleküle bzw. Photonen fliegen unter dem Winkel ϑ auf die Fläche A (s. Text)
besitzt. f (υ) hat also die Eigenschaft
)∞
f (υ)dυ = 1. Die Zahl aller Moleküle, die
0
unabhängig von Richtung und Geschwindigkeitsbetrag in der Zeit dt auf die Fläche A auftreffen, ist somit 1 dN = A dt
N V
1 · 4π
∞
ϑ υ · f (υ)dυ ·
0
2π cos ϑ · sin ϑ dϑ
0
dϕ 0
Die Integrationsgrenze für den Winkel ϑ hängt davon ab, ob wir Teilchen betrachten, die von beiden Seiten der Fläche diese durchfliegen oder nur von einer Seite. Im ersten Fall ist d N /dt = 0, da das Integral über ϑ von 0 bis π geht und gleich Null ist. Im zweiten Fall erstreckt sich die Integration über ϑ nur von 0 bis π/2 und das fragliche Integral ist 1/2, so dass sich ergibt: 1 dN = A dt
N V
1 · ·<υ> 4
(6.5)
wobei < υ > die mittlere Geschwindigkeit der Teilchen ist, die definitionsgemäß )∞ υ f (υ)dυ ist. Gleichung (6.5) gibt die Zahl der Moleküle an, die insgesamt von 0
oben pro Zeiteinheit auf die Einheitsfläche der Behälterwand auftreffen. Jetzt lässt sich auch leicht der Druck p berechnen, der im idealen Gas herrscht. Druck ist Kraft pro Fläche und Kraft ist bekanntlich Impuls pro Zeit, also lässt sich schreiben: d 3 p = m · υz ·
1 d4 N 1 d4 N = m · υ · cos ϑ · · A dt A dt
6.2
Strahlungsdruck und Energiedichte der Wärmestrahlung
411
Wenn wir hier Gl. (6.4) einsetzen und über υ, ϑ und ϕ integrieren, ergibt sich: p=
N V
1 ·m 4π
∞
π υ 2 f (υ)dυ ·
0
2π cos2 ϑ · sin ϑ · dϑ
0
dϕ
(6.6)
0
Das Integral über ϑ von ϑ = 0 bis ϑ = π ist 2/3, und man erhält somit: 1 p= 3
N V
· m· < υ 2 >
mit dem Mittelwert des Geschwindigkeitsquadrates < υ 2 >=
(6.7) )∞
υ 2 f (υ)dυ.
0
Gleichung (6.7) wurde erhalten durch Integration über ϑ von 0 bis π , also über beide Seiten der Fläche A. Der Druck wird also nicht gleich Null, wie es beim Gesamtteilchenfluss durch beide Seiten der Fläche der Fall war. Man kann aber Gl. (6.7) auch dadurch erhalten, dass man sich wieder die Fläche A als zur Behälterwand gehörig vorstellt. Dann darf über ϑ nur von 0 bis π/2 integriert werden, das ergibt 1/3. Nun wird aber beim Stoß auf die Wand wegen der Reflexion des Teilchens der doppelte Impuls, also 2m · υ · cos ϑ übertragen, so dass als Endergebnis ebenfalls Gl. (6.7) herauskommt. Wir können nun Gl. (6.7) noch etwas umschreiben: 2 p= · 3
N V
2 N 1 2 m<υ > = · · εkin 2 3 V
(6.8)
wobei εkin den Mittelwert der kinetischen Energie eines Moleküls für die Translation im Raum darstellt. Vergleicht man diese Beziehung mit dem idealen Gasgesetz, so ergibt sich N L · εkin = U kin =
3 RT 2
(6.9)
U kin ist der Anteil der molaren inneren Energie, der von der kinetischen Translationsenergie herrührt. Diese Beziehung lässt sich auf rein thermodynamischem Weg, d. h. ohne zusätzliche experimentell zu erhaltene Daten wie z. B. den Adiabatenkoeffizienten γ nicht ableiten, das gelingt erst mit den hier dargestellten molekularkinetischen Argumenten oder mit Hilfe der statistischen Thermodynamik. Nach derselben Methode können wir nun eine entsprechende Beziehung zwischen Energieinhalt und Druck eines Photonengases ableiten. Dazu ist allerdings zu bedenken, dass alle Photonen sich im Vakuum mit derselben Geschwindigkeit c = 2,9979·108 m·s−1 , der Lichtgeschwindigkeit bewegen und dass Photonen keine Ruhemasse besitzen. Die Beziehung zwischen ihrem Energieinhalt, ihrer Masse und Geschwindigkeit lautet nach der Relativitätstheorie:
412
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
h · ν = m · c2
(6.10)
Damit gilt für den Impuls eines Photons: m·c =
hν c
(6.11)
Statt der Geschwindigkeit ist es die Frequenz ν, die Energie und Impuls eines Photons bestimmt. Anstelle von Gl. (6.4) müssen wir jetzt ausgehen von 4
d N = (A · c · dt) · cos ϑ ·
N V
f (ν)dν ·
sin ϑ dϑ dϕ 4π
(6.12)
wobei hier f (ν) der Bruchteil der Gesamtzahl N der Photonen mit einer Energie zwischen hν und h(ν + dν) bedeutet. f (ν) ist die Frequenzverteilungsfunktion, die wir hier noch nicht näher zu kennen brauchen. Multiplikation von Gl. (6.12) mit (hν/c) · cos ϑ ergibt: d p= 3
hν 1 d4 N N sin ϑ · cos2 ϑ · dϑ · dϕ cos ϑ · = hν · f (ν)dν · c A dt V 4π
und es folgt für die integrierte Form: ∞ p= 0
hν · N f (ν) · dν · V
π
2π sin ϑ · cos2 ϑ · dϑ ·
0
dϕ/4π
(6.13)
0
Das erste Integral auf der rechten Seite von Gl. (6.13) ist nichts anderes als die mittlere Energiedichte des Photonengases u(T ), das zweite ergibt den Wert 2/3 und das dritte den Wert 1/2, so dass das Ergebnis lautet:
p=
1 · u(T ) 3
(6.14)
Der Druck eines Photonengases ist also u(T )/3 während er beim idealen materiellen Gas nach Gl. (6.8) 2 · u(T )/3 beträgt, wenn man mit (N /V ) · εkin die kinetische Energiedichte des idealen materiellen Gases bezeichnet. Die wesentliche Ursache für diesen Unterschied besteht darin, dass bei einem klassischen Gas mit der Ruhemasse m und υ c die kinetische Energie m · υ 2 /2 beträgt, während die kinetische Energie der Photonen gleich m · c2 beträgt.
6.3
Thermodynamische Zustandsgrößen des Photonengases
413
6.3 Thermodynamische Zustandsgrößen des Photonengases Wir sind jetzt in der Lage, mit Hilfe der allgemeingültigen Beziehungen der Thermodynamik die thermodynamischen Zustandsgrößen U, p, S, F und G für das Photonengas anzugeben. Ausgehend von Gl. (6.14) und der Tatsache, dass für die innere Energie U des Photonengases nach Gl. (6.3) gilt: U = u(T ) · V
(6.15)
wenden wir die allgemeine thermodynamische Beziehung nach Gl. (5.17) an und berücksichtigen Gl. (6.14): u(T ) =
U = V
∂U ∂V
=T T
∂p ∂T
−p=T· V
1 du(T ) u(T ) · − 3 dT 3
Daraus folgt: 4u(T ) = T ·
du(T ) dT
oder: du(T ) dT =4 = d ln(u(T )) = d ln(T 4 ) u(T ) T Integration ergibt: u(T ) = a · T 4
bzw.
U = a · V · T4
(6.16)
Gleichung (6.16) heißt das Stefan-Boltzmann’sche Strahlungsgesetz. Der Faktor a ist eine Konstante und hat den universellen Wert 7,5 · 10−16 J · m−3 · K−4 für einen sogenannten „schwarzen Strahler“, d. h. Materie, die Strahlung aller Frequenzen vollständig absorbieren und auch emittieren kann (z. B. ein Stück Kohle!). Ist das nicht der Fall, dann ist der effektive Wert aeff kleiner als a für den schwarzen Körper, und man spricht von einem „grauen Strahler“. Die Energiedichte eines Photonengases, das sich im thermodynamischen Gleichgewicht mit Materie befindet, ist also auch im Fall des „grauen Strahlers“ proportional zu T 4 . Nun können wir mit Gln. (6.14) und (6.16) sofort die Zustandsgleichung für ein Photonengas angeben: p=
a · T4 3
Der Druck hängt also nur von der Temperatur und nicht vom Volumen ab.
(6.17)
414
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Die Entropie berechnen wir aus der allgemeinen Beziehung: ∂U 1 dU + pd V 1 ∂U = dS = + p dV + · dT T T ∂V T T ∂T V und verwenden Gl. (6.15) bis (6.17), so dass man erhält: 4 3 aT · d V + (4a · V · T 2 ) · dT dS = 3 Die Integration auf dem Weg von V = 0 und T = 0 oder von T = 0 und V = 0 zum Punkt V, T ergibt: S=
4 a · VT3 3
(6.18)
wobei wir S(T = 0, V = 0) = S(T = 0, V = 0) = 0 gesetzt haben, da bei T = 0 bzw. V = 0 überhaupt keine Photonen existieren. Eine alternative Herleitung findet sich in Aufgabe 6.10.1. Für die freie Energie F ergibt sich dann: F = U − T · S = a · V · T4 −
4 aV · T 4 3
Mit Gl. (6.17) folgt daraus: 1 F = − p · V = − aV · T 4 3
(6.19)
Anwendung von Gl. (5.56) auf Gl. (6.19) ergibt wieder Gl. (6.17). Schließlich lässt sich noch die freie Enthalpie G angeben: G = F + pV = 0
(6.20)
Dieses interessante Ergebnis bedeutet, dass n Ph ·μPh = 0 gilt, wobei n Ph die Molzahl der Photonen ist. Da n Ph > 0, folgt: μPh = 0
(6.21)
Das chemische Potential μPh des Photonengases ist also gleich Null. Hier drückt sich thermodynamisch gesehen die Tatsache aus, dass Photonen „aus dem Nichts“ entstehen und „im Nichts“ wieder verschwinden können. Die „Molzahl“ der Photonen lässt sich nicht unabhängig von T und p (oder T und V ) festlegen, und ist daher keine unabhängige Variable. Für die chemische Thermodynamik ergibt sich aus Gl. (6.21) eine wichtige Schlussfolgerung, wenn wir „chemische Reaktionen“ wie Gln. (6.1) und (6.2) betrachten.
6.4
Thermodynamische Prozesse des Photonengases
415
Die Gleichgewichtsbedingungen lauten: μ A∗ = μ A + μPh und μ A∗ + μPh = μ A + 2μPh Da μPh = 0 ist, folgt aber in beiden Fällen: μ A∗ = μ A für das chemische Gleichgewicht zwischen angeregten Molekülen und Molekülen im Grundzustand. Die Existenz der Photonen im thermodynamischen Gleichgewicht mit materiellen Teilchen hat also keinerlei Einfluss auf die Gleichgewichtslage chemischer Reaktionen. Dennoch spielt die Wärmestrahlung auch in der chemischen Thermodynamik eine große Rolle. In der Natur ist die Solarenergie die Quelle für das Pflanzenwachstum auf der Erde durch den biochemischen Prozess der Photosynthese. Die Wärmestrahlung kann auch zum Energieaustausch zwischen einem (chemischen) System und seiner Umgebung erheblich beitragen, insbesondere bei hohen Temperaturen. Bei sehr hohen Temperaturen (> 106 K), wie sie im Inneren von Sternen herrschen, spielt auch der Strahlungsdruck (Gl. (6.17)) neben dem Druck der Gasteilchen (Protonen und Elektronen) eine erhebliche Rolle und muss bei der Formulierung einer thermischen Zustandsgleichung für das Gesamtsystem berücksichtigt werden (s. Übungsaufgabe 6.10.5). Ferner wird die Koppelung von Wärmestrahlung , insbesondere der solaren Wärmestrahlung, mit chemischen Reaktionen in wachsendem Ausmaß zur Speicherung und Umwandlung in nutzbare Energie eingesetzt (s. Band II: Thermodynamik in Mischphasen und äußeren Feldern). Weitere Anwendungen werden in Abschn. 6.9 vorgestellt.
6.4 Thermodynamische Prozesse des Photonengases Nachdem wir thermodynamische Zustandsgrößen für das Photonengas abgeleitet haben, lassen sich nun, ähnlich wie bei materiellen chemischen Systemen, auch thermodynamische Prozesse formulieren, die unter verschiedenen Randbedingungen ablaufen. Wir betrachten zunächst einen adiabatisch-quasistatischen (reversiblen) Prozess. Er hat durchaus etwas mit der Realität zu tun, denn man nimmt an, dass sich die Expansion des Weltalls in einem solchen Prozess vollzieht und man weiß, dass die zahlenmäßig absolut dominante Art von Teilchen im Weltall die Photonen der sog. kosmischen Hintergrundstrahlung sind und nicht etwa die Atomkerne und Elektronen, aus denen Gasnebel, Galaxien mit ihren Sternen und deren Planeten bestehen.
416
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Der adiabatische, quasistatische Prozess ist gekennzeichnet durch δ Q = 0 und es gilt daher (s. Abschn. 5.1): dU =
∂U ∂T
dT + V
∂U ∂V
d V = − pd V T
Setzen wir Gln. (6.16) und (6.17) in diese Beziehung ein, ergibt sich: a 4a · V · T 3 dT + a · T 4 d V = − T 4 · d V 3 und daraus: 1 dV dT =− T 3 V Integration ergibt:
T T0
3 =
V0 V
T = T0
oder
V0 V
1/3 (6.22)
Sind T0 und V0 die Werte der Temperatur und des Volumens zu Beginn des Prozesses und nehmen wir als Beispiel an, das Volumen hat sich am Ende des Prozesses verdoppelt (V = 2V0 ), dann ergibt sich für die Endtemperatur T : T = T0 · 0,794 Die Temperatur hat also um ca. 20% abgenommen, wenn sich das Volumen verdoppelt. Ein Beispiel: die Temperatur der Photonen im Weltall (kosmische Hintergrundstrahlung) beträgt derzeit 2,73 K. Wenn sich das Volumen des Weltalls verdoppelt haben wird, beträgt diese Temperatur nur noch 2.17 K. Wir wollen jetzt die reversible (quasistatische) Arbeit Wqs im adiabatischen Prozess des Photonengases berechnen: V Wrev = −
a pd V = − 3
V0
T
4 a T d V = − T04 V03 · 3
V
4
T0
V −3 · dV 4
V0
Im letzten Schritt wurde dabei von Gl. (6.22) Gebrauch gemacht. Nach Integration ergibt sich: ' Wrev = −a ·
T04
· V0 1 −
V V0
−1/3 ( (6.23)
6.5
Strahlungsintensität und ihre spektrale Verteilung
417
Die Klammer ist positiv, da bei der Expansion V > V0 ist. Wrev ist also negativ, das System des Photonengases leistet Arbeit. Für den Fall des expandierenden „Photonen-Weltalls“ wird diese Arbeit gegen die Gravitationsenergie der Materie im Weltall geleistet. Schließlich betrachten wir noch den reversiblen isothermen Prozess. Hier gilt mit dT = 0: ∂U dV dU = − pd V + δ Q = ∂V T Einsetzen von Gln. (6.16) und (6.17) ergibt: 4 · a · T 4 · dV 3 a = − pd V = − T 4 d V 3
δQ = δWrev
Also gilt für die ausgetauschte Wärme Q und Arbeit Wqs : 4 · a · T 4 (V − V0 ) 3 a = − T 4 (V − V0 ) 3
Q= Wrev
Wenn V > V0 (Expansion) ist Q > 0 und Wrev < 0, für V < V0 (Kompression) ist Q < 0 und Wrev > 0, wie es zu erwarten war. Das Verhältnis von ausgetauschter Wärme zur Arbeit Q/Wrev ist also immer gleich - 4 im isothermen Prozess. Irreversible adiabatische Prozesse des Photonengases behandeln wir in der Übungsaufgabe 6.10.6.
6.5 Strahlungsintensität und ihre spektrale Verteilung Bisher haben wir thermodynamische Zustandsgrößen des Photonengases wie die Energiedichte u(T ), den Druck p oder die Entropie S hergeleitet. Wir interessieren uns jetzt für den Zusammenhang der Strahlungsintensität J mit den Zustandsgrößen. Unter Strahlungsintensität versteht man die Lichtenergie, die pro Zeiteinheit durch die Flächeneinheit hindurch tritt. Da in einem „reinen“, d. h. materiefreien Photonengas (sog. „Hohlraumstrahlung“), wie wir es bisher betrachtet haben, keine Absorption der Photonen stattfindet, kann man den Zusammenhang zwischen Intensität und Energiedichte folgendermaßen herstellen. Wir betrachten dazu vorerst Photonen, deren Energie zwischen hν und h(ν + dν) liegt, und deren Strahlungsintensität wir mit Jν bezeichnen. In Abb. 6.3 fällt die Strahlung mit der Intensität Jν aus einer bestimmten Richtung, die durch die Winkel ϑ und ϕ festgelegt ist,auf eine gedachte Fläche A im Photonengas und durchdringt (absorptionsfrei) das
418
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Abb. 6.3 Lichtintensität Jν und Energieinhalt Eν im festen (konstanten) Volumenelement A · x
Volumenelement A · x. Das trägt zum Strahlungsenergieinhalt E ν dieses Volumenelementes folgendermaßen bei: Energie in A · x = E ν = t · Jν · cos ϑ · A wobei t die „Flugzeit“ der Photonen innerhalb des Volumenelements bedeutet. Diese ist: t =
l x 1 = · c cos ϑ c
Damit ergibt sich, dass E ν unabhängig von ϑ ist: E ν = Jν ·
1 · x · A c
Nun müssen wir über alle Richtungen, aus denen die Photonen mit dem Betrag der Intensität Jν auf die Fläche A fallen können und diese durchdringen, integrieren, um den Gesamtenergieinhalt u ν · A · x zu erhalten. Dabei sind alle Richtungen von unten und oben zu berücksichtigen, d. h., 0 ≤ ϑ ≤ π und 0 ≤ ϕ ≤ 2π : π 2π uν = 0
0
J E ν · sin ϑ · dϑ · dϕ = ν A · x c
+1
2π d cos ϑ
−1
dϕ 0
Unter dem Integral muss dϑ mit sin ϑ multipliziert werden, um die relative Häufigkeit der Strahlungsintensität aus verschiedenen Richtungen ϑ korrekt zu gewichten. (Die „Zahl“ der Richtungen ϑ ist dem Kreisring 2π sin ϑ proportional.)
6.5
Strahlungsintensität und ihre spektrale Verteilung
419
u ν ist die Energiedichte der Photonen mit Energien zwischen hν und h(ν + dν) pro Photon, für die somit gilt: uν =
4π J c ν
(6.24)
Jν in Gl. (6.24) ist die Strahlungsintensität in einer bestimmten Richtung. Da die Strahlung isotrop ist, hat Jν für alle Richtungen (ϑ, ϕ) denselben Wert. Die Gesamtenergiedichte u(T ) ergibt sich durch Integration über alle Frequenzen ν: ∞ u(T ) = ν=0
4π u ν dν = c
∞
Jν (ν)dν =
ν=0
4π · J (T ) c
(6.25)
Um diese Integration durchführen zu können, müssen wir die Funktion Jν (ν) kennen. Das Integral J (T ) ist dann die gesuchte Gesamtlichtintensität, sie hängt von T ab, da ja u(T ) nach Gl. (6.16) auch von T abhängt, und zwar gilt (s. Gl. (6.16)): c · a · T4 = J (T ) = 4π
∞ ν=0
Jν (ν, T )dν
c = 4π
∞ u ν (ν, T )dν
(6.26)
ν=0
u ν (ν, T ) ist die Energiedichteverteilung des Photonengases. Sie lautet (Max Planck, 1900): u ν (ν, T ) =
8π h · ν 3 1 · hν/k T 3 B e −1 c
(6.27)
Gleichung (6.27) kann auch als Funktion der Lichtwellenlänge λ statt der Frequenz ν geschrieben werden (Beweis: s. Übungsaufgabe 6.10.11): u λ (T, λ) =
8π h · c 1 · hc/λk T 5 B −1 e λ
(6.28)
Für die spektrale Strahlungsintensität Jν gilt demnach mit Hilfe von Gl. (6.24): Jν =
2hc2 1 · λ5 ehc/λkB T − 1
(6.29)
Für T = 5.700 K entspricht Gl. (6.29) ziemlich genau der spektralen Verteilungsfunktion der Sonnenlichtintensität, deren maximaler Anteil gerade im sichtbaren Teil des Spektrums liegt (s. Abb. 6.4).
420
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Abb. 6.4 Strahlungsintensitäts-Verteilungsfunktion in Abhängigkeit der Wellenlänge λ für einen „schwarzen Strahler“ nach Gl. (6.28) bei 6.000, 5.000, 4.000 und 3.000 K. Ferner: Die gezeigte Strahlungsintensität des Sonnenlichts ist die gemessene Kurve außerhalb der Erdatmosphäre
Die Entdeckung von Gl. (6.27) bzw. (6.28) durch Max Planck war der Beginn der Entwicklung der Quantenphysik. Sie gilt allerdings nur für Photonengas im Gleichgewicht mit einem „schwarzen Strahler“, wie er in guter Näherung z. B. durch ein Kohlestück (s. Abschn. 6.1) repräsentiert wird. Auch für dichte Materie bei sehr hohen Temperaturen, z. B. H+ -Ionen und Elektronen in Sternen wie der Sonne, ist Gl. (6.27) bzw. (6.28) näherungsweise gültig. Bei vielen Materialien gilt jedoch für das im Gleichgewicht befindliche Photonengas: u ν,i = ai (ν, T ) · u ν (ν, T ) wobei der Index i das Material i kennzeichnet und ai (ν, T ) ein frequenz- und temperaturabhängiger Faktor ist: 0 ≤ ai (ν, T ) ≤ 1 Wenn ai < 1 nicht von T und ν abhängt, spricht man von grauen Strahlern (ai = aeff , s. Text nach Gl. (6.16)), wenn ai = 1 handelt es sich um den (idealen) schwarzen Strahler. Bei einem „farbigen Strahler“ gilt dagegen:
6.5
Strahlungsintensität und ihre spektrale Verteilung
∞ ai (ν, T )dν = aeff (T ) = 0
421
u ν,i (ν, T ) dν < 1 u ν (ν, T )
Die Integration von Gl. (6.27) ergibt den Wert von a für den schwarzen Strahler: a=T
−4
∞ ·
u ν dν = T
−4
0
8π h · 3 c
∞ 0
ν3 ehν/kB T − 1
dν
Das Ergebnis der Integration ist: a=
8π 5 · kB4 = 7,565 · 10−16 J · m−3 · K−4 15h 3 · c3
Dieser Zahlenwert wurde bereits im Zusammenhang mit der Ableitung von Gl. (6.16) angegeben. Der abgeleitete Zusammenhang zwischen u(T ) und der Intensität J (T ) (Gl. (6.25)) bezieht sich auf die isotrope, gerichtete Lichtintensität J (T ) innerhalb des Photonengases. Man muss diese Intensität J aber unterscheiden von der Intensität J , die wir z. B. beobachten, wenn die Hohlraumstrahlung eines schwarzen Körpers durch eine Fläche A nach außen tritt, also emittiert wird. J berechnet sich in Analogie zu Gl. (6.5) folgendermaßen (s. Gl. (6.26)): π/2 J = u(T ) · c
2π cos ϑ · sin ϑdϑ
0
dϕ = u(T ) · c ·
1 = π · J (T ) 4
(6.30)
0
J ist die gesamte Lichtintensität (Lichtenergie pro Fläche und Zeit), die als Emission eines schwarzen Strahlers von der Einheitsfläche in alle Richtungen nach außen abgestrahlt wird. Es gilt also: c · T 4 = σSB · T 4 4
(6.31)
2π 5 · kB4 = 5,67 · 10−8 J · m−2 · s−1 · K−4 15h 3 · c2
(6.32)
J =a· Mit Gl. (6.30) ergibt sich σSB =
σSB heißt die Stefan-Boltzmann-Konstante. Jetzt sind wir in der Lage, das Strahlungsgleichgewicht, das sich durch Austausch zwischen verschiedenen thermisch strahlenden Körpern einstellt, näher zu untersuchen.
422
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
6.6 Strahlungsgleichgewicht und Kirchhoff’sches Strahlungsgesetz In Abschn. 6.3 haben wir das Stefan-Boltzmann’sche Strahlungsgesetz für die Energiedichte eines Photonengases abgeleitet (Gl. (6.16)) und in Abschn. 6.5 (Gl. (6.25)) den Zusammenhang zwischen der Energiedichte u und der isotropen Strahlungsintensität J des Photonengases im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Materie hergestellt. Ist die Materie ein sog. „schwarzer Strahler“ (z. B. ein Stück Kohle) bzw. ein „grauer Strahler“, so gilt, wenn wir Gln. (6.16), (6.25) und (6.30) zusammenfassen (Index S bedeutet „Schwarz“, Index G bedeutet „Grau“): JS (T ) = a
c · T4 4π
JG (T ) = aeff
bzw.
c 4 T 4π
(aeff ≤ a)
oder: JG (T ) =
aeff · JS = ε JS a
mit
aeff =ε≤1 a
aeff bzw. ε sind temperaturunabhängig. Handelt es sich um einen sog. „farbigen Strahler“, hängen aeff bzw. ε auch noch von der Temperatur ab. Entsprechend Gl. (6.31) gilt dann für die nach außen in alle Richtungen von einem grauen materiellen Körper abgestrahlte Lichtintensität JG (Lichtenergie pro Sekunde und m2 ): JG = ε JS ε heißt der Emissionskoeffizient des grauen Strahlers, da der graue Strahler nur den Bruchteil ε an Strahlungsenergie des „schwarzen Strahlers“ bei derselben Temperatur emittiert. Wir betrachten nun einen „schwarzen Strahler“ und einen „grauen Strahler“ im thermodynamischen Strahlungsgleichgewicht. Dazu stellen wir uns beide Strahler in einem Hohlraum mit spiegelnden Wänden eingeschlossen vor (s. Abb. 6.5). Ist aS die absorbierte Strahlungsenergie pro s und m2 des schwarzen Körpers und aG die des grauen Körpers, so muss gelten: aS = JS
bzw.
JG = aG
oder a G = ε aS
(6.33)
Wir definieren jetzt den Absorptionskoeffizienten α des grauen Strahlers durch aG = α · aS
(6.34)
6.7
Stationäre Nichtgleichgewichte der Wärmestrahlung
423
Abb. 6.5 Zum Strahlungsgleichgewicht und Kirchhoff’schen Satz. S = schwarzer Strahler, G = grauer Strahler, H = Hohlraumwand mit total reflektierenden Innenwänden. Die Dreiecke symbolisieren Photonen. Wenn Strahlungsgleichgewicht herrscht, sind auch die Temperaturen der beiden Strahler gleich und jeder von beiden muss pro Zeiteinheit genauso viel Lichtenergie emittieren wie absorbieren Tabelle 6.1 Emissionskoeffizienten ε einiger Materialien Gold / Silber Nickel Eisen Eisen Kupfer (poliert) (poliert) (vorpoliert) (verrostet) (oxidiert) Porzellan Holz Dachpappe ε 0,025
0,055
0,17
0,65
0,82
0,90
0,92
0,95
Der Bruchteil α der Lichtenergie des schwarzen Strahlers wird also vom grauen Strahler absorbiert bei derselben Temperatur. Der Vergleich von Gln. (6.33) und (6.34) zeigt, dass gilt: ε=α
(Kirchhoff’sches Strahlungsgesetz)
(6.35)
Das Emissionsvermögen (= Emissionskoeffizient ε) und das Absorptionsvermögen (= Absorptionskoeffizient α) eines beliebigen Strahlers ist also gleich groß. Das ist das Kirchhoff’sche Strahlungsgesetz. ε = α = 1 gilt für den schwarzen Körper, ε = α = 0 gilt für einen total reflektierenden Körper (idealer Spiegel). Im allgemeinen gilt: 0≤ε=α≤1 Diese Beziehung schließt auch den „farbigen Strahler“ mit ein, bei dem ε bzw. α noch von T abhängig ist. Emissionskoeffizienten ε einiger Materialien sind in Tabelle 6.1 angegeben. Die Werte gelten für 20–60◦ C.
6.7 Stationäre Nichtgleichgewichte der Wärmestrahlung In einem stationären Zustand befinden sich solche Systeme, die nicht im thermodynamischen Gleichgewicht sind, deren Zustand aber auch nicht von der Zeit abhängt. Das bekannteste Beispiel in der Wärmestrahlung ist die Sonnenstrahlung und ihre Wechselwirkung mit der Erde und anderen Planeten. Die Sonne strahlt
424
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Abb. 6.6 Einfallende Strahlungsintensität JSonne,rSE auf die Erdkugel. RE = Erdradius = 6,3·106 m
Lichtenergie mit einer Rate von 3,8 · 1026 W ab (1 W = 1 J s−1 ). Der Sonnenradius RS beträgt 0,7 · 109 m. Die abgestrahlte Lichtintensität auf der Sonnenoberfläche beträgt also: JSonne,rSE =
3,8 · 1026 = 6,171 · 107 W · m−2 4π · (0,7)2 · 1018
Aus Gl. (6.31) ergibt sich daraus für die Oberflächentemperatur TSonne , wenn man die Sonne als „schwarzen Strahler“ ansieht: TSonne =
JSonne,rSE σSB
1 4
= 5.743 K
In der Entfernung rSE = 1,5 · 1011 m, dem Abstand der Erde von der Sonne, beträgt die Intensität der Sonnenstrahlung hingegen (sog. Solarkonstante): JSonne,rSE = 6,171 · 107 ·
(0,7)2 · 1018 = 1,344 · 103 W · m−2 2 rSE
(6.36)
Abbildung 6.6 zeigt die Einstrahlung des Sonnenlichtes auf die Erde. Licht fällt nur auf die „Tagseite“ der Erde. RE = 6,3 · 106 m ist der Radius der Erde. Welche Gesamtenergie des Sonnenlichtes trifft nun auf die Erdoberfläche? Auf den Kreisring mit der differentiellen Oberfläche 2π · RE · sin ϕ · RE · dϕ fällt die Sonnenlichtintensität JSonne,rE ·cos ϕ, so dass die gesamte Lichtenergie pro Sekunde, die auf die Tagseite der Erde auftrifft,
6.7
Stationäre Nichtgleichgewichte der Wärmestrahlung
JSonne,rSE ·
RE2
425
90◦ · 2π sin ϕ · cos ϕ · dϕ 0
beträgt. Da d(sin ϕ) = cos ϕ · dϕ gilt, lässt sich dafür schreiben: 1 JSonne,rSE ·
RE2
· 2π
1 sin ϕ · d(sin ϕ) = JSonne,rSE ·
RE2
· 2π
0
xd x 0
= JSonne,rSE · RE2 · π = 1,344 · 103 · (6,3 · 106 )2 · π = 1,676 · 1017 W Es ist also die planare Projektionsfläche π · RE2 der Erdkugel, auf die dazu senkrecht das Sonnenlicht mit der Intensität JSonne,rSE auftrifft. Im stationären Zustand muss die Erde diese Leistung als Wärmestrahlung wieder in den Weltraum abstrahlen. Da die Erde ständig rotiert, strahlt sie diese Leistung über ihre gesamte Oberfläche verteilt ab. Im stationären Zustand muss also gelten, wenn wir die Erde näherungsweise als schwarzen Strahler behandeln: JSonne,rSE · RE2 · π = 4π RE2 · σSB TE4
(6.37)
wobei σSB die Stefan-Boltzmann-Konstante Gl. (6.32) und TE die durchschnittliche Temperatur der Erdoberfläche bedeuten. Für TE ergibt sich daraus: TE =
JSonne,rSE 4σSB
1/4
=
1,344 · 103 4 · 5,67 · 10−8
1/4 = 278 K
Dieser Wert liegt recht nahe bei dem tatsächlichen Wert von 288 K. Man muss jedoch berücksichtigen, dass immer ein gewisser Anteil des Sonnenlichts von der Planetenoberfläche reflektiert wird. Diesen Bruchteil nennt man Albedo und bezeichnet ihn mit A. Ferner sorgt der Treibhauseffekt dafür, dass die abgestrahlte Leistung um einen Faktor γ ≤ 1 geringer ist. Dann gilt allgemein für die Strahlungsbilanz: γ JSonne,rSP · R 2p (1 − A) = 4π R 2p · σSB · T p4 · Die allgemeine Formel zur Berechnung der stationären Temperaturen TP von Planeten im Abstand rSP von der Sonne lautet demnach: TP =
JSonne,rSP (1 − A) 4σSB γ
1/4
−1/2
= 5743 · 1,87 · 104 · rSP
= TSonne ·
(1 − A) γ
RS2 (1 − A) 2 γ 4rSP
1/4
1/4
(6.38)
426
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung Tabelle 6.2 Stationäre Oberflächentemperaturen TP einiger Planeten Erde Mars Jupiter
rSP /m TP (Gl. 6.38)/K TP (Experiment)/K Albedo A γ
1,5 · 1011 288 288 0,36 0,74
2,3 · 1011 224 220 ∼0 ∼1
7,7 · 1011 106 131 0,42 ∼1
Saturn 14,3 · 1011 72 96 0,60 ∼1
wobei für JSonne,rSP eingesetzt wurde: 4 · JSonne,rSP = σSB · TSonne
RS2 2 rSP
Mit Gl. (6.38) lassen sich die stationären Oberflächentemperaturen TP berechnen. Tabelle 6.2 zeigt einige Resultate. Übereinstimmung von Experimente und Theorie bei Erde und Mars nach Gl. (6.38) wird erreicht, wenn man die angegebenen Werte für A und γ einsetzt, die man unabhängig abschätzen kann. Im Fall des Jupiters und des Saturns sind die Unterschiede so groß, dass sie nur durch zusätzliche Wärmequellen im Inneren dieser Planeten erklärbar sind, wahrscheinlich verursacht durch eine noch nicht abgeschlossene Massendifferenzierung (s. Kap. 4, Beispiel 4.6.7).
6.8 Verallgemeinerter Strahlungsaustausch Bisher haben wir thermodynamische Eigenschaften der Wärmestrahlung selbst oder stationäre Strahlungsgleichgewichte zwischen 2 Körpern, wie das zwischen der Sonne und ihren Planeten behandelt. In diesem Abschnitt soll der Energieaustausch zwischen strahlenden Körpern etwas allgemeiner behandelt werde, wobei wir auch die Zeitabhängigkeit des Energiestrahlungsflusses J1→2 zwischen zwei Körpern 1 und 2 mit einbeziehen wollen. Dazu stellen wir uns zunächst einen strahlenden Körper der Temperatur T1 allseitig von einem anderen strahlenden Körper der Temperatur T2 umgeben vor, so dass der Energieaustausch durch Strahlung ausschließlich zwischen den beiden Körpern stattfindet (s. Abb. 6.7). Die Form der Oberflächen kann beliebig sein. Auf diese Art von Strahlungsaustausch wollen wir uns hier beschränken. Eine andere Energietransportform sei ausgeschlossen, wie z. B. Wärmeleitung. Der Raum zwischen den Körpern ist also leer bzw. evakuiert. Auch soll der Körper 2 nach außen durch eine total reflektierende Wand abgeschlossen sein, so dass keine Strahlung nach außen dringt. Aus der Bilanz der Strahlungsenergien lässt sich eine Beziehung entwickeln für den Energietransport von dem Körper mit der höheren Temperatur zu dem mit der niedrigeren. Die Strahlungsintensität, die von 2 ausgeht, sei H2 und die von 1 ausgeht, H1 . Vom Körper 1 mit der kleineren Oberfläche A1 geht die Gesamtstrahlung A1 · H1 aus, vom Körper 2 die Gesamtstrahlung A2 · H2 , jedoch kann nur der Bruchteil ϕ dieser Strahlungsleistung auf der Fläche A1 auftreffen, dieser Bruchteil ist
6.8
Verallgemeinerter Strahlungsaustausch
427
Abb. 6.7 Strahlungsaustausch zwischen 2 sich umschließenden Körpern 1 und 2
A1 /A2 . Der ergänzende Bruchteil 1 − A1 /A2 = 1 − ϕ fällt auf A2 zurück. Es gilt also: ϕ · A2 H2 = A1 H2 für die von 2 auf 1 treffende Strahlungsleistung. Die von 1 nach 2 übertragene NettoWärmestrah-lungsleistung ist: Q˙ 1→2 = A1 (H1 − H2 )
(6.39)
Jetzt müssen wir H1 und H2 einzeln berechnen. H1 wird vollständig auf den Körper 2 übertragen und setzt sich aus 2 Anteilen zusammen: H1 = J1 + (1 − a1 ) · H2 = J1 + (1 − ε1 ) · H2
(6.40)
Der erste Term (J1 ) ist die direkt von 1 ausgehende Wärmestrahlungsenergie pro Zeit und Fläche, als ob dieser Strahler allein vorhanden wäre. Im zweiten Term ist H2 die von 2 auf 1 auftreffende Strahlungsleistung pro Fläche, von der der Anteil (1 − a1 ) nicht absorbiert, sondern reflektiert und zu 2 zurückgesendet wird. Man bedenke, dass ja a1 < 1 der Bruchteil der Strahlung eines schwarzen Körpers bedeutet, der von dem Körper absorbiert wird, also ist 1 − a1 der reflektierte Anteil. Nach dem Kirchhoff’schen Strahlungsgesetz gilt a1 = ε1 bzw. a2 = ε2 . Wir betrachten jetzt die vom Körper 2 ausgehende Strahlungsenergie pro Zeit und Fläche. Hier gilt: H2 = J2 + (1 − ε2 )
A1 A1 · H2 · H1 + (1 − ε2 ) 1 − A2 A2
(6.41)
J2 hat dieselbe Bedeutung für Körper 2 wie J1 für Körper 1. Der durch Reflexion zustande kommende Anteil steckt im 2. und 3. Term von Gl. (6.41): (1 − ε2 ) AA12 H1 ist die am Körper 2 reflektierte Strahlungsleistung pro Fläche, die vom Körper 1 herrührt, und (1 − ε2 ) AA12 H2 diejenige, die direkt von 2 kommend dort auch wieder reflektiert wird. Jetzt kann man aus den Gln. (6.40) und (6.41) nach H1 und H2 auflösen und in Gl. (6.39) einsetzen mit dem Resultat:
428
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Q˙ 1→2 = H1 − H2 = A1
1 ε1
+
σSB
A1 A2
1 ε2
T14 − T24 −1
(6.42)
Gleichung (6.42) ist der gesuchte Wärmestrom pro Flächeneinheit. Denken wir bei Abb. 6.7 an zwei konzentrische Zylinder oder Kugeln, deren Durchmesser sehr groß ist gegenüber dem Abstand der Flächen A1 und A2 , so gilt A1 ∼ = A2 , das entspricht dem Strahlungswärmeaustausch zweier paralleler, sehr großer Platten, die nur in Richtung der jeweils anderen Platte strahlen können. Wir wollen 2 Beispiele angeben, die sich mit Gl. (6.42) behandeln lassen. Wie rasch stellt sich ein Hg-Thermometer der Temperatur T auf eine neue Umgebung mit T2 ein, wenn der Wärmeaustausch nur durch Strahlung erfolgt? Hier ist A1 A2 , auch sollen T und T2 sich nicht sehr unterscheiden. Also lässt sich schreiben: Q˙ 1→2 ∼ = A1 · ε1 · σSB (T 4 − T24 ) = A1 · ε1 · σSB · T24
T T2
4 −1
Wir setzen (T /T2 ) = x. Der Ausdruck x 4 − 1 lässt sich durch Reihenentwicklung um x = 1 darstellen: x4 − 1 =
∂(x 4 − 1) ∂x
· (x − 1) + . . . = 4 · (x − 1) + . . . x=1
Damit ergibt sich:
Q˙ 1→2 ∼ = A1 · ε1 · σSB · T24 · 4
T − 1 = 4A1 · ε1 · σSB · T23 (T − T2 ) T2
Mit dQ dT d Q dT = · = m Th · csp,Th · Q˙ 1→2 = dt dT dt dt folgt: 4A1 · ε1 · σSB · T23 dT = · dt = csp,Th · dt T − T2 m Th · csp,Th
6.8
Verallgemeinerter Strahlungsaustausch
429
wobei csp,Th die spezifische Wärme und m Th die Masse des Quecksilberthermometers bedeuten. Integration ergibt: ln
T1 − T2 =c·t T − T2
Wir berechnen die Halbwertszeit τ , wo T = τ=
T1 +T2 2
ist:
1 ln(2) c
(6.43)
Ein konkretes Rechenbeispiel dazu findet sich in Übungsaufgabe 6.10.14. Das zweite Anwendungsbeispiel von Gl. (6.42) kommt aus der Astrophysik (s. Abb. 6.8). Ein Stern mit der Oberflächentemperatur TS ist von einem kugelschalförmigem Gasnebel umgeben. Welche stationäre Temperatur TG hat dieser Gasnebel, wenn εS = εG gilt? Wir wissen, dass die Strahlung des Sterns vom Gasnebel vollständig absorbiert wird und im Mittel die Kugelschale des Gasnebels im Abstand rS /2 von der Sternoberfläche entfernt ist. Dann ist AS /AG = (2/3)2 = 4/9. Der Gasnebel strahlt nun seinerseits nicht nur in Richtung zum Stern, sondern auch in Gegenrichtung ins Weltall, so dass gilt: AS Q˙ S→G = AG · εG · σSB · TG4 Einsetzen in Gl. (6.42) erlaubt es, die stationäre Temperatur TG zu berechnen. AS
2 3 · εG · σSB · TG4 = 2
1 εS
σSB · AS TS4 − TG4 + 49 ε1G − 1
Abb. 6.8 Ein heißer Stern, der von einem schalenförmigen Gasnebel umgeben ist
430
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Wir setzen εG = εS = 0,95 und erhalten: TG4 = 0,3348 · TS4
bzw.
TG = 0,761 · TS
Wenn TS = 6.000 K, dann gilt TG = 4.565 K.
6.9 Weiterführende Beispiele und Anwendungen 6.9.1 Sonnenlichtkollektoren als Wärmespeicher und Energiequellen Wir wollen 2 Fälle behandeln, bei denen in der Praxis die energetische Nutzung der solaren Wärmestrahlung eine Rolle spielt. 1. Wir betrachten einen sog. Flachkollektor, das ist nichts anderes als eine schwarze Fläche, die der Sonne zugewandt ist und über deren Rückseite ein Wasserstrom mit der Massengeschwindigkeit m˙ vorbei strömt, der mit der Temperatur T1 eintritt und mit der Temperatur T2 (T2 > T1 ) wieder austritt. Wir wollen die Temperatur des Kollektors TK berechnen, wenn das Wasser um 25 K aufgeheizt werden soll. Der Flachkollektor hat die Fläche A und sei zur Sonneneinstrahlungsrichtung um den Winkel ϕ geneigt (s. Abb. 6.9). Sein Emissionskoeffizient ε sei gleich 1 (schwarzer Strahler). Dann ist die Energiebilanz des Kollektors mit der durch die Sonne eingebrachten Wärmeleistung Q˙ ein und der vom Verbraucher entnommenen Wärmeleistung Q˙ aus im stationären Betrieb:
Abb. 6.9 Flachkollektor zur Wassererwärmung durch Sonnenstrahlung
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
431
Q˙ ein − Q˙ aus = A · JS · cos ϕ − A · σSB · TK4 − csp,H2 O · m(T ˙ 2 − T1 ) = 0 wobei JS die Solarkonstante bedeutet (s. Gl. (6.36)), csp,H2 O ist die spezifische Wärmekapazität von Wasser (4.184 J·kg−1 ·K−1 ). Wir lösen die Gleichung nach TK auf: TK =
A · JS · cos ϕ − csp,H2 O · m(T ˙ 2 − T1 ) A · σSB
1/4
Wir nehmen an: A = 9 m2 , T2 − T1 = 25 K, ϕ = 20◦ und verschiedene Werte von m˙ (kg · h −1 ). Die Resultate sind in Tabelle 6.3 wiedergegeben: Tabelle 6.3 Massenflüsse und Temperaturen eines flachen Solarkollektors m/kg ˙ · h −1
0
50
100
200
TK /K
386
373
359
323
Das sind natürlich idealisierte Werte, da durch Wärmelecks und unvollständige Übertragung der Wärme auf das Thermofluid Wasser geringere Temperaturen erreicht werden. 2. Jetzt betrachten wir einen fokussierenden Kollektor der in Abb. 6.10 gezeigten Art: ein sogenanntes „Parabolrinnenkraftwerk“. Ein parabelförmig gebogenes, ideal spiegelndes Blech der Länge l (senkrecht zur Zeichenebene) ist genau der Strahlung der Sonne zugewandt. Das gesamte, auf die Fläche d · l fallende Sonnenlicht wird wird im Brennpunkt P fokussiert, wo sich ein konzentrisches Rohr mit dem Außendurchmesser dK = 2rK befindet. Wir wollen aus der Energiebilanz Q˙ = 0 der Wärmestrahlung die stationäre Temperatur TK des Rohrkollektors berechnen. Der Emissionskoeffizient ε des Rohres sei 1 (schwarzer Strahler). Es muss gelten: Q˙ = JS · d · l − JS · d · l ·
TK4 TS4
− b2πrK · l · σSB TK4 = 0
wobei b der Bruchteil des ausgeschnittenen Kollektorkreisumfanges im Winkelbereich ϕ ist, dessen von P abgestrahlte Energie nicht in Gegenrichtung des einfallenden Sonnenlichtes zurückgestrahlt wird. Man sieht sofort: wäre b = 0, so würde das gesamte eingestrahlte Sonnenlicht wieder zurückgestrahlt, und es würde gelten: TK = TS ≈ 5.800 K. Aus der allgemeinen Bilanz ergibt sich für TK : TK =
JS · d JS · d/TS4 + 2πrK · σSB · b
1/4
432
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Abb. 6.10 Schnitt durch einen fokussierenden Röhrenkollektor (Parabel) für Sonnenstrahlung. Dunkelgrauer Bereich: einfallender und reflektierter Strahlengang
Aus der Theorie der Kegelschnitte ist bekannt, dass für die Brennweite f einer Parabel gilt: y = f 2 · x 2 , also a = f 2 · x 2 − f = f 2 · (d/2)2 − f Man entnimmt ferner der Abb. 6.10: d = tan(ϕ/2) 2a
a = cot(ϕ/2) ·
bzw.
d 2
Einsetzen in den ersten Ausdruck für a ergibt: cot(ϕ/2) = f 2 ·
d 2 − f 2 d
Um für ein Beispiel den Winkel ϕ zu berechnen, wählen wir f = 1 m und d = 6 m und erhalten cot(ϕ/2) = 3 −
2 = 2,67 6
bzw.
ϕ∼ = 41◦
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
433
Jetzt lässt sich sofort die Temperatur TK des Kollektorrohres angeben für r K = 0,1 m und b = ϕ/360 = 41/360 = 0,1139: TK =
1344 · 6 4 1344 · 6/(5.800) + 2π · 0,1 · 5,67 · 10−8 · 0,1139
1/4 = 1.186 K
Wählt man d = 4 m, ergibt sich ϕ = 67,4◦ , b = 0,1872 und TK = 954 K. Als Thermofluid wird man in diesen Fällen ein geschmolzenes Salz nehmen mit niedrigem Schmelzpunkt und vernachlässigbarem Dampfdruck, das seinen Energieinhalt über einen Wärmetauscher an Wasserdampf abgibt, der eine Turbine antreibt, die elektrischen Strom produziert. Wir nehmen an, dass die Dampfturbine 50% eines Carnot’schen Wirkungsgrades hat, dann ist die Arbeitsleistung W˙ : T0 W˙ = 0,5 · Q˙ K 1 − TK wobei T0 die Temperatur hinter der Turbine ist. Q˙ K ist die Wärmeleistung, die dem Kollektor entnommen wird. Berücksichtigung von Q˙ K ergibt für die Kollektortemperatur TK : TK =
1/4 1344 · 6 − Q˙ K /l 4064,9 · 10−12
(mit d = 6 m)
˙ Wir setzen T0 = 400 K und berechnen TK sowie W˙ /l als Funktion von Q/l. Die Ergebnisse zeigt Tabelle 6.4. Die Arbeitsleistung durchläuft also ein Maximum bei ca. 840 K. Wir merken noch an, dass die durchschnittliche solare Strahlungsleistung im Realfall auf der Erde nur ca. 70% der Solarkonstanten (1.344 W · m−2 ), also ca. 940 W·m−2 beträgt. Dadurch reduzieren sich die Werte für TK und W˙ in Tabelle 6.4 entsprechend.
Tabelle 6.4 Wärme- und Arbeitsleistung eines Solarkraftwerkes mit fokussierendem Kollektor Q˙ K /l Watt · m−1 TK /K W˙ /l Watt · m−1 1.000 2.000 4.000 5.000 6.000 7.000 7.500 7.750
1.148 1.105 990 931 844 715 610 527
326 638 1.190 1.426 1.578 1.541 1.290 943
434
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
6.9.2 Druckerhöhung in einem Flüssiggas-Tank bei Sonneneinstrahlung Wir betrachten einen zylindrischen Tank, der Flüssiggas enthält (s. Abb. 6.11). Seine Länge sei l, sein Durchmesser d. Der Dampfdruck dieses Flüssiggases sei durch die Formel ln( p/ p0 ) = −
H V R
1 1 − T T0
gegeben mit p0 = 1 bar und T0 = 276 K. Die Verdampfungsenthalpie sei 32 kJ · mol−1 . Die Umgebungstemperatur TU sei 298 K. Wenn keine Sonne scheint, beträgt der Druck im Tank also 2,8 bar. Bei Sonneneinstrahlung (am Äquator) zur Mittagszeit fällt die Strahlung genau senkrecht zur Ausrichtung des Tankes auf dessen Oberfläche. Wir wollen zunächst die Formel für die Temperatur des Tankes ableiten. Für die Energiebilanz im stationären Zustand gilt Q˙ = 0, und wir haben Gl. (6.42) zu verwenden unter Beachtung, dass die Fläche der Umgebung sehr viel größer ist als die des Tanks: π Q˙ = 0 = JS · d · l − σSB · εT 2π dl + 2 · · d 2 TT4 − TU4 4
Abb. 6.11 Sonneneinstrahlung auf einen zylinderförmigen Tank. M = Manometer zur Druckmessung des Flüssiggases
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
435
Der zweite Term berücksichtigt die Wärmeaustauschstrahlung von Tank und Umgebung. Dabei ist 2π dl die Zylinderoberfläche und 2 · π · d 2 /4 die Flächensumme der beiden Stirnflächen des Tanks. Wir setzten εT = 0,8 und d/l = 0,2. Man erhält mit JS = 1,344·103 W·m−2 und σSB = 5,67·10−8 J·m−2 ·s−1 ·K−4 : ⎛ TT = ⎝
⎞1/4 JS
εT · 2π σSB 1 +
1d 4 l
+ TU4 ⎠
1/4 = 4,716 · 109 + 7,886 · 109 = 335,0 K
Damit steigt der Druck p im Tank:
32.000 p = exp − R
1 1 − 335,0 276
= 11,6 bar
Einem Überdruck von 11,6 − 1 = 10,6 bar muss der Tank mindestens standhalten. Setzt man für JS den realen Wert von 940 W · m−2 ein, ist T = 325,2 K. Damit ergibt sich für p = 8,2 bar, d. h., der Überdruck ist 7,2 bar. Bei schrägem Strahlungseinfall muss JS · cos ϕ statt JS eingesetzt werden. Die Tanktemperatur TT und der Druck p sind dann entsprechend niedriger.
6.9.3 Leistung, Fadentemperatur und Lichtausbeute einer Glühlampe Die Glühlampe ist nach wie vor der wichtigste Beleuchtungskörper im Alltag. Ihre Funktionsweise und thermodynamische Effizienz wird hier näher untersucht. Die Länge des Glühfadens einer Glühlampe betrage l = 10 cm, der Fadendurchmesser d = 0,05 mm, das Material des Glühfadens ist Wolfram, das einen spezifischen elektrischen Widerstand ρe von ≈ 10−5 m hat. Wenn dieser Metallfaden bzw. Draht an seinen Enden einer elektrischen Spannung von 220 V ausgesetzt ist, fließt ein elektrischer Strom der Stromstärke I (Einheit: C · s−1 = Ampere) mit der Leistung · I (Einheit: J · s−1 = Watt). Diese elektrische Leistung wird vollständig dissipiert, d. h., die Arbeit, die das System pro Zeit leistet, ist Null: W˙ = I · + W˙ diss = 0 I · ist positiv und wird am System „Glühfaden“ geleistet und W˙ diss ist negativ mit demselben Betrag, wird also vom System abgegeben und zwar zu einem wesentlichen Teil als Wärmestrahlung: der Metallfaden glüht. Zunächst gilt für die elektrische Leistung: · I =
2 A π d2 = 2 · = 2 · RW ρe · l 4ρe · l
436
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
wenn A die Querschnittsfläche des Drahtes bedeutet, die bei zylindrischer Geometrie π · d 2 /4 beträgt. RW ist der Gesamtwiderstand des Drahtes. Wenn der Bruchteil f der elektrischen Leistung in Strahlungsleistung umgewandelt wird, gilt also folgende Bilanz: (π · d · l) · σSB · T 4 = f · 2
π d2 4ρe l
bzw.
T4 = f
d 2 l 2 4ρe · σ
(π ·d ·l) ist die Drahtoberfläche. Der Bruchteil (1− f ) der elektrischen Leistung wird durch Wärmeleitung über die Fassung und die Inertgasfüllung der Lampe abgegeben. Auflösen nach T gibt dann für diesen stationären Zustand mit den angegebenen Daten und σSB , der Stefan-Boltzmann-Konstante: T = (f)
1/4
220 0,1
1/2
5 · 10−5 4 · 10−5 · 5,67 · 10−8
1/4 = ( f )1/4 · 3.214 K
Im Idealfall ( f = 1) ist die Fadentemperatur also 3.214 K, diese Temperatur liegt nur 400 K unter dem Schmelzpunkt von Wolfram. Bevor man nicht in der Lage war, solch dünne Metallfäden aus Wolfram zu ziehen, stellte der Einsatz von Glühbirnen noch keine ausgereifte Beleuchtungstechnik dar (Kohlefadenlampen). Wenn f < 1, also z. B. f = 0,8, ergibt sich für die Temperatur T = (0,8)1/4 · 3214 = 0,9457 · 3212 = 3.039 K Die Temperatur ist also nicht wesentlich gesunken. Die elektrische Leistung beträgt in jedem Fall: L = (220)2
π(5 · 10−5 )2 = 95 W 4 · 10−5 · 0,1
Je höher die Temperatur ist, desto mehr von der abgestrahlten Lichtenergie liegt im sichtbaren Bereich (s. Abb. 6.12).
Abb. 6.12 Sichtbare Anteile der spektralen Strahlungsintensität: graue Fläche
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
437
Die Lichtausbeute ψ kann man also folgendermaßen definieren und berechnen: Fläche II ψ= f · = Flächen I + II + III
x2 x1
x 3d x ex − 1
∞ 0
x 3d x 15 = 4· x e −1 π
x2 x1
x 3d x ex − 1
Dabei ist x = hν/kB T = hc/λkB T · Für die beiden Wellenlängen, die den sichtbaren Bereich abgrenzen, gilt: λ1 = 750 nm
und
λ2 = 400 nm
Die Tabelle 6.5 gibt die Lichtausbeute ψ einer Glühlampe für verschiedene Verlustfaktoren f wieder:
f 1 0,8 0,6 0,5 0,4
L/Watt 95 95 95 95 95
Tabelle 6.5 Daten zur Lichtausbeute von Glühlampen T /K I I /(I I + I I I + I ) x2 x1 3.214 3.039 2.828 2.700 2.556
0,1386 0,1136 0,0855 0,0700 0,0540
11,19 11,84 12,72 13,32 14,07
5,967 6,311 6,782 7,103 7,504
ψ in % 13,86 9,09 5,13 3,50 2,16
Man sieht, dass mit kleiner werdendem Wert von f die Temperatur sinkt und damit auch der Anteil der im sichtbaren Bereich liegenden Lichtenergie. Die Lichtausbeute von Glühlampen ist also gering. Erheblich bessere Ausbeuten erhält man heute mit sog. LED-Leuchten (Light Emitting Diodes) mit Ausbeuten deutlich über 20%.
6.9.4 Sonnensegel im interplanetaren Raum Sogenannte Sonnensegel stellen eine mögliche Fortbewegungsart im interplanetaren Raum unseres Sonnensystems in Aussicht, die ohne Treibstoff auskommt, da das Sonnensegel durch die Kraft, die der Lichtdruck der solaren Photonen auf die Segeloberfläche ausübt, beschleunigt wird. Ein Sonnensegel stellt also eine Fläche dar, bestehend aus einer möglichst dünnen Metallfolie, auf die (möglichst) senkrecht dazu die Sonnenstrahlung trifft. Der Rahmen der Folie könnte aus leichtem CarbonMaterial gefertigt werden. Um sich einen quantitativen Eindruck zu verschaffen, wie schnell sich ein solches Sonnensegel bewegen kann, welche Zeit es z. B. von der Erde außerhalb ihrer Atmosphäre und ihrer Gravitationswirkung startend bis zur Umlaufbahn des Jupiters benötigt, müssen wir die Bilanz der auftretenden Kräfte formulieren, die auf das Sonnensegel einwirken. Die Intensität J (r ) der Sonnenstrahlung in einem bestimmten Abstand r von der Sonne beträgt: 4 · J (r ) = σSB TSonne
2 RSonne r2
(6.44)
438
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Der Lichtdruck, der an diesem Ort auf das Sonnensegel ausgeübt wird, beträgt: p(r ) =
2J (R) c
(6.45)
Dazu bedenke man, dass der Druck als Kraft pro Fläche auch durch Impuls aller Photonen pro Zeit und Fläche ausgedrückt werden kann. Da der Impuls eines Photons hν/c beträgt, ist der Gesamtimpuls pro Fläche und Zeit aller Photonen der verschiedenen Wellenlängen gleich der Energie pro Fläche und Zeit (also J (r )) dividiert durch die Lichtgeschwindigkeit c. Der Faktor 2 in Gl. (6.45) rührt von der Annahme her, dass die Metallfolie des Sonnensegels ideal reflektierend für Photonen ist (Absorptionskoeffizient = 0), so dass der doppelte Impuls übertragen wird, genau wie bei einem idealelastischen Stoß gegen eine glatte Wand. Einsetzen von Gl. (6.44) in Gl. (6.45) mit TSonne = 5.743 K und RSonne = 7,00 · 108 m ergibt für den Lichtdruck p im Abstand r von der Sonne p(r ) = 2,017 · 1017 ·
1 Pa r2
Wenn A die Fläche des senkrecht zur Sonnenstrahlung stehenden Sonnensegels und m A seine Masse bedeuten, ergibt sich aus dem Kräftegleichgewicht: Kraft = p(r ) · A − m A · G MS /r 2 = m A ·
d2 r dt 2
wobei die anziehende Kraft der Gravitation durch die Sonne mit der Masse MS = 1,99 · 1030 kg und G = 6,67 · 10−11 m3 · kg−1 · s−2 (Gravitationskonstante) zu berücksichtigen ist. Wenn wir r = s + s0 setzen mit s0 , der Startentfernung des Sonnensegels zum Zeitpunkt t = 0, zu dem auch für die Anfangsgeschwindigkeit (ds/dt)t=0 = 0 gilt, so lässt sich schreiben: d 2s = b/(s + s0 )2 dt 2
mit
b = (2,017 · 1017 · A/m A − 13,27 · 1019 ) m3 · s−2
Nun kann man reduzierte Einheiten s˜ = s/s0 einführen und erhält: d 2 s˜ 1 b = · 3 2 2 dt (˜s + 1) s0
(6.46)
Diese Differentialgleichung muss nun gelöst werden. Das geschieht am besten mit folgendem mathematischen Trick. Es gilt nämlich: 1 2
d s˜ dt
2
=
d 2 s˜ · d s˜ dt 2
(6.47)
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
439
Die Gültigkeit von Gl. (6.47) überprüft man leicht, indem man sie nach s˜ differenziert. Einsetzen von Gl. (6.46) unter das Integral in Gl. (6.47) ergibt: 1 2
d s˜ dt
2 =
b s03
s˜ s˜ =1
d s˜ b = 3 (˜s + 1)2 s0
1 1 1 s˜ − 1 b − · = 1 + 1 s˜ + 1 2 s˜ + 1 s03
oder: d s˜ = dt
"
s˜ − 1 · s˜ + 1
"
b
(6.48)
s03
Nach Variablentrennung kann nun integriert werden mit t0 = 0 und s˜0 = 1 "
b s03
s˜ ·t = s˜ =1
"
s˜ + 1 · d s˜ s˜ − 1
Das Integral ist nicht ganz einfach zu lösen. Obwohl der Integrand bei s˜ = 1 divergiert, hat das Integral einen endlichen Wert. Das Resultat lautet: "
1 1 1 b 2 − 1 + 2 · ln · t = s ˜ s ˜ − 1 + s ˜ + 1 − ln 2 s03
(6.49)
Man überzeugt sich von der Gültigkeit dieser Gleichung durch Bildung ihrer Ableitung, was wieder zu Gl. (6.48) führt. Wenn wir für s0 = 1,5 · 1011 m den Abstand der Erde von der Sonne einsetzen, dann ist s˜ in sog. astronomischen Einheiten (AU) angegeben. Für Jupiter gilt s = 7,7 · 1011 m, also s˜ = 5,13, und man erhält mit einer Flächenbelegung m A /A = 1 g/m2 (das ist der kleinste Wert, der technisch erreichbar wäre) aus Gl. (6.49): t=
s03 b
1/2
(1,5)3 · 1033 · 10−19 · 7,350 = (20,17 − 13,27)
1/2 · 7,350 = 5,140 · 107 s
= 594 Tage Das Sonnensegel wäre also über 1 1/2 Jahre unterwegs zum Jupiter. In Abb. 6.13 ist der Plot für s˜ (t) mit der Erde als Startpunkt (s0 = 1,5 · 1011 m) dargestellt. Man sieht, dass die Geschwindigkeit d s˜ /dt entsprechend Gl. (6.48) bei t = 0 gleich 0 ist und anfangs am stärksten zunimmt, sich aber bei höheren Werten von s˜ kaum noch ändert. Der Planet Saturn ließe sich in 2 Jahren und 9 Monaten erreichen. Das
440
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Abb. 6.13 Relative Entfernung s˜ des Sonnensegels von der Erde (linke Skala) bzw. Entfernung von der Sonne in astronomischen Einheiten AU (rechte Skala, 1AU = Entfernung Sonne – Erde) als Funktion der Zeit in 107 s bzw. in Jahren nach Gl. (6.49)
ist eine deutlich geringere Zeit, als sie die Cassini-Mission zum Saturn benötigte (6 Jahre und 10 Monate). Die Endgeschwindigkeit erhält man aus Gl. (6.48) für s˜ → ∞:
d s˜ dt
"
= lim
s03
s˜ →∞
Ende
"
=
b s03
" b
[s
−1
]
s˜ − 1 s˜ + 1
bzw.
ds dt
"
= Ende
b = 2,14 · 104 m · s−1 s0
= 77.040 km/h Man muss bei diesen erstaunlich schnellen Reisezeiten im Raum allerdings bedenken, dass Sonnensegel nur minimale Lasten mit sich führen können.
6.9.5 Superwärmeisolation Der Bau von hochwärmeisolierenden Behältern ist in der Tieftemperaturphysik von erheblicher Bedeutung (s. Abb. 6.14). Dazu genügt es nicht, den Raum zwischen den Wänden des Probebehälters und der Außenwand zu evakuieren. Denn es wird
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
441
durch die Wärmestrahlung der Wände noch Wärme übertragen, die sich minimieren lässt, wenn man die Wände versilbert, da in diesem Fall der Emissionskoeffzient ε (s. Gl. (6.35)) sehr klein und dadurch der Wärmestrom J (in Watt ·m−2 ) ebenfalls herabgesetzt wird entsprechend: J = ε · σSB Th4 − Tc4 Hier ist Th die Temperatur der wärmeren Außenwand und Tc die der eigentlichen Behälterwand. Der Idealfall ε = 0 ist jedoch nicht erreichbar. Man kann aber den Wärmestrom weiter erniedrigen, indem man zwischen Behälterwand und Außenwand n weitere dünne, an beiden Seiten versilberte Wände einfügt, die parallel zur Behälter- bzw. Außenwand positioniert sind. Diese Verfahrensweise nennt man Super-Wärmeisolation, sie wird häufig eingesetzt, wenn z. B. im inneren Probebehälter flüssiges Helium bei seiner Siedetemperatur von 4,2 K oder darunter für längere Zeit aufbewahrt werden soll, so dass über einen gewissen Zeitraum nur eine möglichst geringe Menge an He verdampft. Wir wollen nun zeigen, dass durch das Einbringen von n versilberten, parallelen Zwischenwänden der Wärmefluss nochmals um den Faktor 1/(n + 1) reduziert werden kann.
Abb. 6.14 Tieftemperaturbehälter mit Super-Wärmeisolation (Querschnitt)
442
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Wir behandeln der Einfachheit halber die Behälterwand (Temperatur Tc ), die Außenwand (Temperatur Th ) und die Zwischenwände als parallele Flächen A, d. h., die Zwischenräume zwischen den Platten sollen so klein wie möglich sein. Dann gilt im stationären Fall für den Wärmefluss Q˙ (in Watt) mit n doppeltverspiegelten Flächen: Q˙ = A · εσSB Th4 − T14 = A · σSB ε T14 − T24 = · · · = A · σSB ε Tn4 − Tc4 Addieren wir alle Terme zusammen, erhält man (n + 1) · Q˙ = A · εσSB Th4 − Tc4 also A · ε · σSB 4 Q˙ = Th − Tc4 n+1 Wir wählen als Beispiel für das Volumen des Probebehälters V = 10 L, ε = 0,02, Th = 288 K, Tc = 4,2 K. Wir nehmen an, das Volumen sei zylinderförmig und zur Hälfte mit flüssigem Helium gefüllt. Wir wollen die minimale Oberfläche berechnen und wählen für die Zahl der Zwischenwände n = 12. Wir vernachlässigen die Krümmung dieser Wände an den Kanten des Zylinders. Die Frage lautet, in welcher Zeit das Helium verdampft, wenn das Probegefäß über den Deckel eine kleine Öffnung nach außen hat, so dass immer Druckgleichheit mit der Atmosphäre (1 bar) herrscht. Für das Volumen V und die Oberfläche A gelten: V = πr 2 · h
und
A = 2πr · h + 2πr 2 =
2V + 2πr 2 r
Mit d A/dr = 0 ergibt sich r = r = (V /2π )1/3 = (2 · 10−2 /4π )1/3 = 0,1167 m. Also ist h = 10−2 /π · (0,1167)2 = 0,233 m und A = 0,257 m2 . Damit ergibt sich für den Wärmefluss ins Probegefäß ohne Zwischenwände: Q˙ = 0,257 · 0,02 · 5,67 · 10−8 (2884 − (4,2)2 ) = 2,01 W und mit 12 Zwischenwänden Q˙ = 0,1546 W Das Volumen an flüssigem Helium sei anfangs V /2 = 0,005 m3 . Mit dem Molvolumen von 32 cm3 · mol−1 befinden sich anfangs also 0,005 · 106 /32 = 156,26 mol im Probebehälter. Die molare Verdampfungsenthalpie von 4 He beträgt 0,082 kJ · mol−1 bei 4,2 K. Damit ist ohne Zwischenwände das Helium nach
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
tn=0 =
443
156,25 · 82 = 6.374 s = 1 h 46 min 2,01
und mit Zwischenwänden nach tn=12 = 6374 · 13 = 82.862 s = 23 h verdampft. Das sind natürlich nur Richtwerte. Die Krümmung der Flächen, weitere Wärmequellen, wie Wärmeleitung über die Glaswände, verkürzen die Verdampfungszeit, niedrigere Werte für ε erhöhen sie andererseits. Auch ein größeres Volumen, und damit ein kleineres Verhältnis von Oberfläche zu Volumen, erhöhen die Verdampfungszeit.
6.9.6 Schwarze Löcher im Kosmos – eine thermodynamische Analyse Schwarze Löcher gehören zu den spektakulärsten Phänomenen im Kosmos. Ihre Existenz gilt als gesichert, obwohl man sie nicht sehen kann, denn ihre Gravitationswirkung ist so groß, dass selbst Licht aus ihrem Anziehungsbereich nicht entkommen kann. Das kann man folgendermaßen plausibel machen. Um von der Oberfläche eines Himmelskörpers mit dem Radius r und der Masse M entweichen zu können, benötigt ein Probekörper der Masse m eine Mindestgeschwindigkeit υ senkrecht zur Oberfläche, die aus der Nullbilanz von potentieller und kinetischer Energie folgt: −
m·M·G m + υ2 = 0 r 2
Nach υ aufgelöst ergibt sich: ! υ=
2M G r
G ist die Gravitationskonstante (6,673 · 10−11 m3 · s−2 · kg−1 ) und r der Radius des Himmelskörpers. υ heißt auch Fluchtgeschwindigkeit, sie hängt nicht von der Masse m des entfliehenden Probekörpers ab. Für ein Photon der Energie hν ist (unabhängig von der Frequenz ν) die Fluchtgeschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit c und man erhält nach r aufgelöst: rS =
2MS · G c2
(6.50)
Gleichung (6.50) ist zwar korrekt, aber wir haben sie nicht korrekt abgeleitet, denn das Newton’sche Gravitationsgesetz ist in der Nähe von schwarzen Löchern nicht
444
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
mehr gültig, da die starke Raum-Zeit-Krümmung nach der allgemeinen Relativitätstheorie berücksichtigt werden muss. Die dennoch korrekte Formel Gl. (6.50) ergibt sich durch Kompensation von Fehlern, wodurch mehr zufällig das richtige Resultat herauskommt. Hat nach Gl. (6.50) ein Himmelskörper der Masse M diesen Radius, wird er zum schwarzen Loch. rS heißt auch Ereignishorizont. Die Sonne wäre ein schwarzes Loch, wenn ihre Masse M = 1,998 · 1030 kg auf eine Kugel vom Radius rS ∼ = 3 km zusammengepresst wäre! Ein solcher Gravitationskollaps ist nur bei besonderen Ereignissen wie z. B. einer Supernova-Explosion möglich. Es gibt viele Hinweise auf die Existenz schwarzer Löcher im Kosmos mit Massen zwischen dem 3- bis 4-fachen der Sonnenmasse bis zum Millionenfachen der Sonnenmasse! Bis zum Jahr 1975 war nicht klar, ob die Thermodynamik, insbesondere der 2. Hauptsatz, bei Systemen wie schwarzen Löchern seine Gültigkeit behält oder nicht, bis Stephen Hawking nachwies, dass schwarze Löcher eine Wärmestrahlung mit der Temperatur TS =
16π 2
h · c3 = 1,227 · 1023 · MS−1 · k B · G · MS
(6.51)
besitzen müssen.11 Setzen wir nun Gl. 6.51 in das Stefan-Boltzmann-Gesetz nach Gl. (6.31) bzw. (6.32) ein, so erhält man für die Wärmestrahlungsintensität JS eines schwarzen Loches: JS = σSB ·
h · c3 16π 2 kB · MS
4
= 1,2854 · 1085 · MS−4 W · m−2
(6.52)
Gleichung (6.52) ist der Ausdruck für die Intensität der „Hawking-Strahlung“. In der folgenden Tabelle 6.6 sind für einige Massen Strahlungstemperatur TS , Strahlungsintensität JS , der Kugelradius, der Radius des Ereignishorizontes rS und die Massendichte ρS angegeben: Tabelle 6.6 Daten hypothetischer schwarzer Löcher Masse/kg
TS /K
JS /W · m−2
rS /m
ρS /kg · m−3
1,998 · 1030 (Sonne) 5,974 · 1024 (Erde) 7,348 · 1022 (Mond) 2,5 · 109 (ein Felsen von einem Kubikkilometer)
6,14 · 10−8 0,0205 1,67 4,9 · 1013
4,67 · 10−36 1,01 · 10−14 4,41 · 10−7 3,29 · 1047
2,95 · 103 8,87 · 10−3 1,09 · 10−4 3,71 · 10−18
1,85 · 1019 20,4 · 1030 1,35 · 1034 1,17 · 1061
Tabelle 6.6 zeigt, dass schwarze Löcher extrem kleine Radien und extrem hohe Massendichten ρS besitzen. Die Temperatur eines schwarzen Loches mit der Masse
11
s. z. B.: St. Hawking, Das Universum in der Nußschale, Büchergilde Gutenberg (2001)
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
445
der Sonne liegt tiefer, als sie die heutige Tieftemperaturphysik erzeugen kann. Hier handelt es sich im wahrsten Sinne des Wortes um schwarze Löcher. Die Massendichte ρS von schwarzen Löchern ist umso größer, je kleiner das schwarze Loch ist. Massen von 1 km3 Gestein würden als schwarzes Loch auf einem Durchmesser unterhalb dem eines Atomkerns zusammenschrumpfen, während ihre Temperatur einen Wert wie der des Universums unmittelbar nach dem Urknall hätte. Von einem „schwarzen“ Loch kann hier kaum noch die Rede sein. Solch hohe Temperaturen gibt es heute nirgendwo im Weltall. Schwarze Löcher, die auf natürliche Weise durch den völligen Gravitationskollaps von Sternen entstehen, haben Massen deutlich größer als die der Sonne. Das dabei entstehende schwarze Loch hat also eine extrem niedrige Temperatur ganz nahe am absoluten Nullpunkt und eine extrem geringe Strahlungsintensität. Das führt, wie wir gleich sehen werden, zu einer sehr langen Lebensdauer des schwarzen Loches, die um viele Größenordnungen das Alter des Universums übertrifft. Um hier quantitative Berechnungen durchführen zu können, müssen wir uns zunächst mit thermodynamischen Eigenschaften von schwarzen Löchern beschäftigen. Dazu ist zu sagen, dass schwarze Löcher thermodynamisch nicht stabil sind. Da sich aber ihre Eigenschaften wie Größe und Temperatur nur sehr langsam ändern, wenn ihre Masse groß genug ist, können wir ihren Zustand als einen quasi-thermodynamischen Gleichgewichtszustand betrachten zumindest bis auf die letzten Momente ihrer Lebenszeit. Wir wollen zunächst die innere Energie US und die Entropie SS eines schwarzen Loches berechnen. Da wir von einem schwarzen Loch nicht mehr als seine Masse M kennen, gilt für US die relativistische Formel: US = c 2 · M S
(6.53)
Über die thermodynamische Definition der Temperatur erhält man nach Gl. (6.51): dUS h · c3 = TS = d SS 16π 2 kB · G · MS Also gilt mit Gl. (6.53): d SS =
c2 d MS 16π 2 kB · G · MS · d MS = TS h·c
Daraus folgt durch Integration von MS = 0 bis MS : SS =
8π 2 · kB · G · MS2 h·c
(6.54)
Die Entropie SS eines schwarzen Lochs hat eine merkwürdige Eigenschaft: sie wird unendlich groß, wenn die Temperatur des schwarzen Loches TS gleich Null
446
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
wird, denn dann geht MS in Gl. (6.51) gegen unendlich und damit auch S nach Gl. (6.54). Das steht im krassen Widerspruch zum Nernst’schen Wärmetheorem, es steht aber auch im Widerspruch zu einem wichtigen Stabilitätskriterium der Thermodynamik, nämlich, dass die Wärmekapazität CS immer positiv sein muss (s. Gl. (5.70))! Diesen Widerspruch erkennt man sofort, denn CS ist definiert als CS = T ·d SS /dTS : CS = TS ·
d SS 8π 2 · kB · G d MS = TS · · 2MS · dTS h·c dTS
Nach Gl. (6.51) gilt aber für d MS /dTS : d MS h · c3 1 =− · 2 2 dTS 16π kB · G TS und somit ergibt sich:
CS = −
MS · c 2 16π 2 · kB · G · MS2 < 0 =− TS h·c
(6.55)
CS ist also negativ, was der Gleichgewichtsthermodynamik widerspricht. Diese Fakten zeigen klar, dass schwarze Löcher keinen Gleichgewichtszustand der Materie repräsentieren, sie sind instabil und es erhebt sich die Frage, in welchen endgültigen Gleichgewichtszustand sie letztlich übergeben und in welchem Zeitraum dieser Prozess abläuft. Der Strahlungsverlust des schwarzen Loches bestimmt seine zeitliche Entwicklung. Für die Strahlungsintensität lässt sich auch schreiben: JS = −
d MS dUS c 2 d MS 1 c6 = − · = − 2 2 2 dt 4π rS 16π(G · MS ) dt 4π rS dt
wobei wir Gebrauch von Gln. (6.53) und (6.50) gemacht haben. Einsetzen von JS aus Gl. (6.52) und Auflösen nach d MS /dt ergibt: −
h4 c6 16π d MS · · = σSB · dt (16π 2 )4 G 2 MS2 kB4
Einsetzen von σSB = 2π 2 kB4 /(15h 3 · c2 ) führt zu: −
d MS 2 h · c4 1 1 = · · = 3,9647 · 1015 · 2 kg · s−1 3 5 2 2 dt 15 (16) · π G MS MS
(6.56)
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
447
Tabelle 6.7 Lebensdauer von schwarzen Löchern M0,S /kg 1,989 · 1030 5,974 · 1024 7,348 · 1022 2,5 · 109 τS /Jahre 6,50 · 1068
1,76 · 1052
3,28 · 1046
1,29 · 106
Integration von M0,S (Masse bei t = 0) bis MS (Masse bei t) ergibt dann:
2 t h · c4 3 M0,S − MS3 = · 3 2 · 2 = 1,1894 · 1016 · t 5 16 · π G
(6.57)
Für die Lebensdauer τS des schwarzen Loches folgt demnach: τS =
5 π 2 · G2 3 · 163 = 8,4075 · 10−17 · M0,S · 2 h · c4
(6.58)
In Gln. (6.57) und (6.58) ergibt sich t bzw. τS in s, MS bzw. M0,S in kg. Mit den Massen aus Tabelle 6.6 erhält man dann nach Gl. (6.58) Werte für die entsprechenden Lebensdauern τS . Schwarze Löcher mit Massen zwischen Mond und Sonne haben eine Lebensdauer, gegenüber der die Zeit, seit der das Universum besteht (1,5 · 1010 Jahre), völlig vernachlässigbar ist. Selbst bei kleinen Objekten, wie der Felsblock von 1 km3 Größe, liegt die Lebensdauer noch bei über 40.000 Jahren, wobei sie bei extremen Temperaturen von TS > 1013 K strahlen würden (s. Gl. (6.51)). In Abb. 6.15 ist diese zeitliche Entwicklung eines schwarzen Loches in reduzierten Einheiten M/M0 und t˜ = t/τS nach Gl. (6.57) aufgetragen.
Abb. 6.15 a Relative Masse MS /M0,S eines schwarzen Loches als Funktion der Zeit. M0,S = Masse bei t˜ = 0. t˜ = t/τS mit τS nach Gl. (6.57). b Relative Temperatur T /T0 als Funktion von t˜(T /T0 = (1/(1 − t˜)1/3 ))
448
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Man sieht, dass in der ersten Lebenshälfte die Masse des schwarzen Loches nur um ca. 20% abnimmt. Fast 80% des Massenverlustes findet in der zweiten Lebenshälfte statt, wobei die letzten 25% innerhalb von nur 2% der Lebenszeit zerstrahlt werden. Die Temperatur wächst zunächst nur langsam an, um am Ende der Lebenszeit des schwarzen Loches steil anzusteigen mit dem singulären Punkt T → ∞ bei t˜ = 1 bzw. t = τS . Der Zerfallsprozess eines schwarzen Loches beschleunigt sich also rasant gegen Ende seiner Lebenszeit. Das „Zerfallsprodukt“ ist reine Wärmestrahlung. Es ist thermodynamisch gesehen ein irreversibler Prozess, bei dem die Entropie insgesamt zunehmen muss. Das gilt für isolierte Systeme. Ein schwarzes Loch ist aber kein isoliertes System, da es ja durch Wärmestrahlung ständig Energie verliert, daher nimmt auch seine Entropie mit der Zeit ab. Das ist unmittelbar aus Gl. (6.59) ersichtlich, da MS mit der Zeit abnimmt. Differenzieren von Gl. (6.54) nach t unter Berücksichtigung von Gl. (6.56) ergibt: 16π 2 · kB · G 1 kB · c3 1 d SS d MS =− · MS =− · dt h·c dt 1.920 G MS 1 = −9,36 · 107 · J · K−1 · s−1 MS
(6.59)
Jetzt berechnen wir die Entropieproduktion durch die Abstrahlung nach Gl. (6.18) mit a = 4 · σSB /c: 16 d SPh dV = · σSB · TS3 · dt 3·c dt Für die differentielle Volumenzunahme d V des von der Oberfläche des Ereignishorizontes abgestrahlten Lichtes in der Zeit dt gilt: d V = 4πrS2 · dr = 4πrS2 · c · dt Also erhält man unter Berücksichtigung von Gln. (6.54) und (6.56): 2 1 d SPh = · dt 15 162
16kB · c3 G
·
1 MS
(6.60)
Die innere Entropieproduktion des Gesamtsystems ist demnach: δi S d SS d SPh 2 1 kB · c3 1 = + = · (16 − 1) 2 dt dt dt 15 16 G MS Die Entropieproduktion durch die entstehende Wärmestrahlung ist also 16 mal größer als der Entropieverlust des schwarzen Loches.
6.9
Weiterführende Beispiele und Anwendungen
449
Somit gilt: δi S 1 1 kB · c3 1 = 4,355 · 1010 · J · K−1 · s−1 > 0 = · dt 128 G MS MS
(6.61)
Die zeitliche Entropieänderung des isolierten Systems „schwarzes Loch + Strahlung“ ist positiv und entspricht damit der substantiellen Forderung des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik entsprechend Gl. (5.29).
6.9.7 Infrarot-Fotografie Die Temperaturverteilung auf der Oberfläche eines Gegenstandes kann heutzutage sehr genau mit Hilfe einer Infrarotkamera gemessen werden. Eine solche Kamera erlaubt es mit Hilfe von hochempfindlichen Bolometern eine Fotografie des Gegenstandes mit guter Ortsauflösung zu erhalten, auch wenn völlige Dunkelheit herrscht. Grundlage dafür ist das Stefan-Boltzmann’sche Strahlungsgesetz. In dem interessierenden Temperaturintervall bis ca. 500 K liegt das entsprechende Wärmestrahlungsspektrum im nicht sichtbaren IR-Bereich. Die Gesamtintensität dieser Strahlung ist allerdings sehr gering, viel geringer als die sichtbare Strahlung des Sonnenlichtes. Es kommt daher darauf an, eine möglichst hohe Empfindlichkeit der Kamera für infrarotes Licht zu erreichen. Diese Empfindlichkeit ist proportional zum Wärmestrom des strahlenden Gegenstandes minus der Eigenstrahlungsleistung der Kamera, genauer, ihres Detektors. Abbildung 6.16 zeigt die Funktionsweise einer IR-Kamera. Wir betrachten als einfaches Beispiel eine kreisförmige Fläche mit konzentrischer Temperaturverteilung in der x,y-Ebene. Die z-Achse weist genau in die Öffnung der Kamera. Für die Temperaturverteilung wählen wir:
Abb. 6.16 Infrarotkamera zur Fotografie einer unterschiedlich temperierten Fläche (stärkere Grautönung = tiefere Temperatur)
450
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
T (x, y) = T (r ) = T0 · exp[−a r 2 ] mit x 2 + y 2 = r 2 Dann gilt für den Nettowärmestrom JD auf dem Detektor: JD = cos ϕ · σSB T04 exp[−4a r 2 ] − TD4 wobei TD die Temperatur des Detektors bedeutet. √ cos ϕ = d/ d 2 + R 2 ist gewöhnlich ∼ 1, da d (Abstand der Kamera vom Objekt) gegenüber R (Radius des Objektes) in der Regel groß ist. Wir nehmen ein Beispiel: d = 8 m, R = 0,5 m, dann ist cos ϕ = 0,998. Mit diesem Wert für R sowie T0 = 380 K und a = 1,15 m−2 berechnen wir mit der abgeleiteten Formel JD als Funktion von r (0 ≤ r ≤ R) bei verschiedenen Werten der Detektortemperatur TK . Die Ergebnisse sind in Abb. 6.17 dargestellt. Man sieht, dass die Empfindlichkeit, die proportional zu JD ist, mit wachsender Detektortemperatur TK deutlich absinkt und für TK = 293 sogar gleich Null wird bei r ≈ 0,48 m. Infrarotkameras müssen also gekühlt werden. Ein Wert für TK < 80 K lohnt sich allerdings nicht mehr zur Empfindlichkeitssteigerung, da die JD -Kurven in diesem Temperaturbereich für TK praktisch ununterscheidbar von TK = 80 K sind. Das erkennt man an Abb. 6.17 (gestrichelte Kurve), wo JD gegen
Abb. 6.17 ———- JD als Funktion von r bei verschiedenen Werten von TK . - - - - - - JD als Funktion von TK bei r = 0 (T (r = 0) = 380 K)
6.10
Übungsaufgaben
451
TK bei r = 0 aufgetragen ist. Erwartungsgemäß sinkt die Empfindlichkeit für alle Temperaturen TK mit r ab, da ja die Temperatur auf der Platte ebenfalls mit r nach der vorgegebenen Formel für T (r ) abnimmt. Infrarotkameras werden heute eingesetzt als Nachtsichtgeräte, zur Registrierung der Oberflächentemperatur der Erde von Satelliten aus und zur Beobachtung der IR-Strahlung aus dem Weltraum von Raumstationen aus.
6.10 Übungsaufgaben 6.10.1 Alternative Ableitung der Entropie des Photonengases Leiten Sie Gl. (6.18) aus der allgemeinen Beziehung ∂U/∂ S)V = T ab. Lösung: d SV = T −1 · dUV = T −1 ·
dU (T ) dT = V · T −1 · 4a · T 3 dT dT
Daraus folgt durch Integration: T S = V · 4a
4 T 2 dT = V · a · T 3 3
0
Das ist Gl. (6.18).
6.10.2 Enthalpie des Photonengases Zeigen Sie, dass für die Enthalpie H des Photonengases gilt: H =4· p·V Lösung: H = U + pV = V · a · T 4 + V ·
a 4 · T4 = a · T4 · V = 4 · p · V 3 3
6.10.3 Das isentrope Photonengas Zeigen Sie, dass beim quasistatisch-adiabatischen Prozess im Photonengas die Entropie konstant bleibt. Lösung: In Gl. (6.22) wurde gezeigt, dass für quasistatisch-adiabatische Prozesse gilt: T 3 · V = T03 · V0
452
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Für die Entropie gilt nach Gl. (6.18): S=
4 a · V · T3 3
Damit ist sofort klar, dass ein quasistatisch-adiabatischer Prozess des Photonengases zugleich ein isentroper Prozess (S = S0 = const) ist.
6.10.4 Adiabatenkoeffizient des Photonengases Zeigen Sie, dass für ein Photonengas der Adiabatenkoeffizient γ = 4/3 beträgt. Lösung: Wir gehen aus von Gl. (6.22) und ersetzen dort die Temperatur durch den Druck nach Gl. (6.17): 3/4 3 T = · p3/4 a 3
Damit folgt aus Gl. (6.22): 3/4
· V0
4/3
= const
p3/4 · V = p0 bzw. p · V 4/3 = p0 · V0
Das ist die Adiabate des Photonengases mit dem Adiabatenkoeffizienten γ = 4/3.
6.10.5 Bedingung der Druckgleichheit von Photonengas und Ionenplasma Ein Plasma bei hohen Temperaturen, bestehend aus H+ -Ionen und Elektronen, hat eine Dichte von 1 g · cm−3 . Das ist z. B. im Inneren von großen Sternen der Fall. Bei welcher Temperatur ist der Druck der (idealen) Gasteilchen (H+ , e− ) gleich dem Druck der Photonen? Wie groß ist der Gesamtdruck? Lösung: Es gilt für den Gesamtdruck: p=
a n · RT + · T 4 V 3
6.10
Übungsaufgaben
453
mit a = 7,5·10−16 J·m−3 ·K−4 . 1 g·cm−3 entspricht gerade 2 mol Gasteilchen (H+ und e− ) pro cm3 , also 2 · 106 mol · m−3 . Gleicher Druck von Teilchen und Photonen herrscht, wenn gilt: n a · R · T = T4 V 3
mit
n = 2 · 106 mol · m−3 V
Also ergibt sich für die gesuchte Temperatur: T = (6 · 106 · R/a)1/3 = 4,05 · 107 K Für den Gesamtdruck gilt: p = 2 · (2 · 106 · R · 4,05 · 107 ) = 1,347 · 1015 Pa = 13,47 Gbar. (1 Gbar = 109 bar)
6.10.6 Irreversible Expansion des Photonengases Die Problemstellung zu dieser Aufgabe ist einem Textabschnitt des Buches „Einführung in die Theorie der Wärme“ (1930) von Max Planck entnommen: „Betrachten wir schließlich noch einen einfachen Fall eines irreversibeln Prozesses. Der allseitig von total reflektierenden Wänden umschlossene Hohlraum vom Volumen V sei gleichmäßig von schwarzer Strahlung erfüllt. Nun stelle man, etwa durch Drehen eines Hahnes, an irgendeiner Stellung der Wandung eine Öffnung her, durch welche die Strahlung in einen größeren ebenfalls von total reflektierenden festen Wänden umgebenen evakuierten Raum austreten kann. Dann wird die Strahlung nach einiger Zeit wieder allseitig gleichgerichtet sein und beide kommunizierenden Räume, deren Gesamtvolumen V sei, gleichmäßig erfüllen. Durch die Anwesenheit eines Kohlestäubchens sei dafür gesorgt, daß auch im neuen Zustand alle Bedingungen der schwarzen Strahlung erfüllt sind.“ (a) Welche Temperatur T hat das Photonengas nach der irreversiblen Expansion von V nach V , wenn die Anfangstemperatur T ist? (b) Wie ändert sich die Entropie S zum Endwert S ? Hinweis: mit „Kohlestäubchen“ ist gemeint, dass das Stück Kohle so winzig sein soll, dass sein innerer Energieinhalt gegenüber dem des Photonengases vernachlässigbar ist. Dennoch kann das „Kohlestäubchen“ Strahlungsenergie aufnehmen und abgeben, es wirkt wie ein Katalysator für die Gleichgewichtseinstellung des Strahlungsgleichgewichtes. Lösung: (a) Es handelt sich um einen adiabatisch-irreversiblen (nicht-quasistatischen) Prozess. Da keine Arbeit geleistet und keine Wärme ausgetauscht wird (spiegelnde Wände!), gilt:
454
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung also UPh = UPh
dUPh = 0, oder nach Gl. (6.16): T
4
·V =T ·V 4
bzw.
T =T
(b) Nach Gl. (6.18) gilt:
T 3 T4 S T T 3 · V = 3 · 4 = = = 3 S T ·V T T T
V V
1/4
V V
1/4
Da V > V , ist T < T und S > S. Die Entropie wächst an, wie es sein muss bei adiabatisch-irreversiblen Prozessen. Als Zahlenbeispiel setzen wir V = 2V . Daraus folgt. T = T · 0,84,
S = 1,19 · S
Dieses Ergebnis ist interessant, denn bei einem materiellen, idealen Gas gilt im adiabatisch-irreversiblen Fall T = T (s. Abb. 4.5, Gay-Lussac-Versuch). Vergleicht man das Ergebnis mit dem eines adiabatisch-reversiblen (quasistatischen) Prozesses nach Gl. (6.22), so erhält man T = T · 0,794 für V = 2V , wie das dort durchgeführte Rechenbeispiel zeigt. Das Photonengas kühlt also im quasistatischen Fall stärker ab, da es ja noch Arbeit leistet, die es aus dem eigenen inneren Energievorrat aufbringen muss.
6.10.7 Thermodynamik eines Goldkorns im Gleichgewicht mit dem Photonengas Ein kleines Stück Gold (0,5 g) befindet sich bei 1.250 K in einem Hohlraum mit ideal spiegelnden Wänden. Die Hohlraumgröße sei 2 m3 . (a) Wie groß ist die innere Energie des Photonengases in dem Hohlraum? (b) Durch eine Öffnung wird der spiegelnde Hohlraum auf 1.000 m3 erweitert. Welche Temperatur nimmt das Gesamtsystem Hohlraum + Goldstück jetzt an? Nehmen Sie an, dass bei der Hohlraumerweiterung das Photonengas keine Arbeit leistet (irreversibler Prozess). Angaben: C p von Gold = 3 R, Molmasse von Gold MAu = 0,19697 kg·mol−1 . (c) Wie groß ist die Entropieänderung S des Gesamtsystems nach der Hohlraumerweiterung? Lösung: (a) UPh = 7,5 · 10−16 · (1.250)4 · 2 = 3,662 · 10−3 J 0,5 = 2,53 · 10−3 mol Au. Die innere Energiebilanz (b) 0,5 g Gold entspricht 196,97 beträgt: UPh + UAu = 0, d. h.:
6.10
Übungsaufgaben
455
3,662 · 10−3 − 7,5 · 10−16 · 1.000 · T 4 + 3 · R · 2,53 · 10−3 (1.250 − T ) = 0 Die numerische Lösung dieser Gleichung liefert T = 1223,5 K. Das Gesamtsystem Gold + Photonengas erfährt also bei einer Volumenvergrößerung von 2 m3 auf 1.000 m3 eine Temperaturerniedrigung von 26,5 K. Wenn die Goldmenge vernachlässigbar klein ist, wäre UAu ∼ = 0 und nach dem Ergebnis von Aufgabe 5 wäre dann die Temperatur nach der Expansion T = 1.250
2 1.000
1/4 = 264 K
(c) Nach Gl. (6.18) ergibt sich: S =
4 · 7,5 · 10−16 1.000 · (1223,5)3 − 2 · (1.250)3 3 1223,5 −3 + 3R · 2,53 · 10 ln 1.250
= 1,83 · 10−3 − 1,35 · 10−3 = +0,48 · 10−3 J · K−1 Da der Prozess irreversibel ist, muss gelten S > 0.
6.10.8 Volumenkontraktion des Weltalls bei 300 K der kosmischen Hintergrundstrahlung Die derzeitige Temperatur des Photonengases im Weltall (die sog. „kosmische Hintergrundstrahlung“) beträgt 2,73 K. Wie viel % des heutigen Volumens hat das Weltall eingenommen, als die Temperatur der kosmischen Hintergrundstrahlung 300 K betrug? Beachten Sie, dass das Photonengas der Hintergrundstrahlung in quasistatisch-adiabatischer Weise sein Volumen ändert (s. Abschn. 6.4). Lösung: Wir gehen aus von Gl. (6.22) mit T0 = 2,73 K und T = 300 K und erhalten: V (300 K) = V (2,7 K)
2,73 300
3
= 7,53 · 10−7 = 7,53 · 10−5 %
Das Volumen des Weltalls betrug also den 75 millionsten Teil vom derzeitigen Volumen. Auch ohne Sonne wäre es auf der Erde unter diesen Bedingungen angenehm warm, aber stockfinster.
456
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
6.10.9 Volumenspezifische Wärmekapazität des Photonengases Wie groß ist die volumenspezifische Wärmekapazität cV,Ph eines Photonengases in J · m−3 · K−1 bei 10.000 K? Lösung: cV,Ph =
du(T ) = 4 · a · T 3 = 4 · 7,5 · 10−16 (1.000)3 = 3 · 10−3 J · m−3 · K−1 dT
6.10.10 Sonnenabstand eines Chondriten bei seinem Schmelzpunkt Chondrite sind kleine, Silikat, Kohlenstoff und Eisen enthaltende Gesteinspartikel im interplanetaren Raum des Sonnensystems. In welcher Entfernung dC zur Sonne muss ein Chondrit sich befinden, um seinen Schmelzpunkt von 1.600 K zu erreichen? Betrachten Sie den Chondriten als „schwarzen“ Körper. Lösung: Die gesamte Strahlungsleistung JS beträgt JS = σSB TS4 · 4π RS2 . Der Bruchteil π RC2 /4π dC2 davon fällt auf den Chondriten mit dem Radius RC . Dieser Bruchteil wird im stationären Zustand auch abgestrahlt von der Gesamtoberfläche 4π RC2 des Chondriten. Es gilt also: σSB · TS4 · 4π · RS2 ·
π RC2 4π dC2
= σSB · TC4 · 4π · RC2
Aufgelöst nach dC ergibt sich: dC =
1 RS · 2
TS TC
2 =
1 · 7 · 108 2
5.743 1.600
2
= 4,50 · 109 m = 4,50 · 106 km Zum Vergleich: der sonnennächste Planet Merkur umkreist die Sonne in einem Abstand von ca. 58 · 106 km.
6.10.11 Die Planck’sche Strahlungsformel als Funktion der Wellenlänge λ Leiten Sie aus Gl. (6.27) die Gl. (6.28) ab. Lösung: Sowohl für Gl. (6.27) wie für Gl. (6.28) muss gelten, dass Integration über die Frequenz ν bzw. die Wellenlänge λ Gl. (6.16) ergibt:
6.10
Übungsaufgaben
457
ν=∞
λ=0
u ν (ν,T )dν = a · T =
u λ (λ,T ) · dλ
4
λ=∞
ν=0
Daher muss auch gelten bei Vertauschen der Integrationgsgrenzen für λ: u ν (ν,T ) · dν = −u λ (λ,T )dλ Also folgt mit ν · λ = c: u λ = −u ν (ν,T )
1 dν c 8π · c = u ν (ν = c/λ,T ) 2 = dλ λ λ5 ehc/λ·kB T − 1
Das ist Gl. (6.28).
6.10.12 Schwarzkörperstrahlung als Thermometer Wenn der Schmelzpunkt eines Materials genügend hoch liegt, wird bei der Schmelztemperatur TS das Material glühen, d. h., die Wärmestrahlung wird sichtbar und intensiv genug, um gut messbar zu sein. Misst man die spektrale Verteilung der Strahlungsintensität, so lässt sich aus ihrem Maximum die Temperatur des Materials bestimmen (sog. Bolometer). Beim Schmelzpunkt eines Metalls wird das Maximum der spektralen Strahlungsintensität bei λ = 1.290 nm gemessen. Welche Schmelztemperatur TS hat das Metall? Lösung: Das Maximum der Funktion in Gl. (6.29) wird erhalten durch d dλ
hc λ5 exp −1 =0 λkB T
Das führt zu: 5(e x − 1) = x e x
mit
x=
hc = 4,965 λmax · kB T
Also gilt: TS = h · c/(λmax · kB · 4,965) =
6,626 · 10−34 · 2,998 · 108 = 2.246 K 1,290 · 10−6 · 1,3807 · 10−23 · 4,965
458
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
6.10.13 Maximal mögliche Leistung der Sonneneinstrahlung auf der Erde Berechnen Sie die maximale Arbeitsleistung, die durch den Prozess der Einstrahlung und Abstrahlung des Sonnenlichtes auf der Erde gewonnen werden kann. Lösung: Durch die Sonnenlichteinstrahlung mit der Strahlungstemperatur TS wird auf der Erdoberfläche die Strahlungsleistung L E = (1 − A) · 1.344 · π · RE2 erzeugt. 1.344 J · s−1 · m−2 ist die sog. Solarkonstante (Gl. (6.36)). A ist die sog. Albedo (s. Tabelle (6.2)). Dieselbe Leistung wird im stationären Zustand von der Erde auch wieder abgestrahlt, allerdings bei der Strahlungstemperatur TE (s. Gl. (6.38)). Wenn keine Arbeit geleistet wird, ist die Entropieproduktion des Systems „Wärmestrahlung“ gleich der Summe von Entropieabgabe an die Erde und der Entropiezufuhr von der Erde: ˙S = d S = − 4 L E /TS + 4 L E /TE = 4 L E 1 − 1 dt 3 3 3 TE TS Dabei wurde der Zusammenhang zwischen Energieinhalt und Entropieinhalt der Wärmestrahlung nach Gln. (6.16) und (6.18) beachtet. Von der so erzeugten Entropie multipliziert mit TE ist ein Teil als reversible Arbeit nutzbar, der andere Anteil geht auch im reversiblen Fall als dissipierte Arbeit verloren, da wir ja nicht in einem thermodynamischen Gleichgewichtsprozess sind, sondern in einem stationären Fließgleichgewicht. Diese Anteile können wir folgendermaßen bestimmen. Die einfallende Strahlungsleistung kann unmittelbar keine Arbeit leisten, aber sie stellt ein System mit einer definierten Temperatur dar, nämlich TS . Auf der Erde ist T = TE und man kann nach dem 2. Hauptsatz durch Entnahme der Wärmemenge Q bzw. Wärmeleistung Q˙ aus dem „Wärmebad“ der einfallenden Strahlungsleistung mit T = TS die maximale Arbeitsleistung W˙ max gewinnen, TE ˙ ˙ Wmax = Q 1 − TS wenn das „kalte Wärmebad“, die Erde, die Temperatur T = TE hat. Da die einfallende Strahlungsleistung L E keine Arbeit leistet, gilt: L E = Q˙ und somit TE W˙ max = L E 1 − TS
6.10
Übungsaufgaben
459
Man kann nun die Entropieproduktion im irreversiblen Fall formal aufspalten: 4 1 1 ˙S = W˙ max /TE + 1 L E 1 − TE TE = L − 3 TS 3 TE TS Der kleinstmögliche Anteil an dissipierter Arbeit ist also: TE 1 min ˙ Wdiss = L E 1 − 3 TS Falls gar keine Nutzarbeit aus der Sonnenenergie gewonnen wird, ist Wmax = 0 und der dissipierte Anteil an Arbeit ist damit maximal: 4 TE max = LE 1 − W˙ diss = TE · S˙ max 3 TS Wir stellen also fest, dass von Strahlungsleistung der Sonne maximal der Bruchteil 1−
288 TE = 0,9499 ∼ =1− = 95% TS 5.743
als Nutzarbeit geleistet werden könnte (maximaler Wirkungsgrad). Bisher beträgt dieser Anteil, der sich vor allem aus der natürlichen Produktion von Biomasse und zu einem sehr kleinen Unteranteil aus Erzeugung von elektrischem Solarstrom, Windenergie, Wasserenergie zusammensetzt, nur ca. 0,1%. Der Weltenergieverbrauch beträgt ca. 15 · 1012 W, dann wäre die benötigte Fläche Aphoto , um diesen Bedarf bei 15% des maximalen solaren Wirkungsgrades zu decken: Aphoto = 1,5·1013 /(1.344(1−A)0,15·(1−TE /TS )) ≈ 10,7·1010 m2 = 10,7·104 km2 Das sind ca. 28% der Fläche der BRD. Es sei hinzugefügt, dass der als nutzbare Arbeitsleistung gewonnene Energieanteil letztlich ja wieder in dissipierte Arbeit verwandelt wird bei seiner Nutzung zur Stromerzeugung durch Solarkraftwerke, Photovoltaik-Anlagen, Windenergie oder Wasserenergie, so dass das stationäre Energie-Fließgleichgewicht der solaren Strahlung von diesem „Umwegprozess“ in der Bilanz unbeeinflusst bleibt.
6.10.14 Thermische Halbwertszeit eines Hg-Thermometers beim Wärmestrahlungsaustausch Verwenden Sie Gl. (6.43), um die Halbwertszeit τ eines Hg-Thermometers zu berechnen, die es benötigt um sich von 20◦ C allein durch Strahlungswärmeaustausch
460
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
auf 37◦ C anzupassen (Fieberthermometer!). Wärmeleitung sei vernachlässigbar. Rechnen Sie mit folgenden Daten: Spezifische Wärme csp,Hg = 0,1396 J · g−1 · K−1 , m Hg = 0,5 g, AHg = 0,5 cm2 , εHg = 0,6. Lösung: τ=
1 ln 2 c
mit c=
3 4 · AHg · εHg · TUmg
m Hg · csp,Hg
· σSB =
4 · 0,5 · 10−4 · 0,6(293)3 5,67 · 10−8 0,5 · 10−3 · 0,1396 · 103
= 2,45 · 109 · 10−4 · 10−8 = 2,45 · 10−3 s−1 dann folgt für τ : τ=
103 ln 2 = 283 s = 4,7 min 2,45
Man sieht, dass der Endwert der Temperatur, also 37◦ C = 310 K keinen Einfluss auf das Ergebnis hat, zumindest nicht in der linearisierten Näherung für den Temperaturgradienten.
6.10.15 Strahlungsenergie- und -entropie-Transport unterschiedlich temperierter konzentrischer Rohre Zwei konzentrische Rohre vom Durchmesser d1 (Innenrohr) und d2 (Außenrohr) und der Länge l befinden sich auf verschiedenen Temperaturen T1 und T2 . Der Zwischenraum ist evakuiert. Das Außenrohr ist nach außen verspiegelt. Es soll gelten T1 = 700 K, T2 = 500 K, d1 = 1 cm, d2 = 3 cm, l = 3 m, ε1 = 0,35, ε2 = 0,75. Berechnen Sie den Wärmestrom der Strahlung von 1 nach 2 in Watt und die Entropieerzeugung in Watt · K−1 . Lösung: Q˙ 1−2 =
1 ε1
A1 · σSB T14 − T24 = 319,7 W + AA12 ε12 − 1
(s. Gl. (6.42))
dabei wurde A1 = d1 · π · l = 0,01 · π · 3 = 0,09425 m2 und A2 = d2 πl = 0,03π · 3 = 0,827 m2 gesetzt. 4 S˙ = Q˙ · 3
1 1 − T2 T1
= 0,244 W · K−1
6.10
Übungsaufgaben
461
6.10.16 Strahlungskorrektur bei Messungen der Wärmeleitfähigkeit von Gasen Die Wärmeleitfähigkeit von Gasen, eine wichtige thermophysikalische Größe, wird in der Regel durch eine Anordnung von zwei konzentrischen Rohren gemessen, zwischen denen sich das zu untersuchende Gas befindet. Das innere Rohr mit dem Außenradius r1 wird durch eine elektrische Widerstandsheizung auf der Temperatur T1 gehalten. Das äußere Rohr mit dem Innenradius r2 wird auf der Temperatur T2 gehalten. Gemessen wird die elektrische Leistung L des inneren Rohres und seine Wandtemperatur T1 . Dann gilt definitionsgemäß für den Wärmestrom Q˙ vom inneren Rohr zum äußeren Rohr: dT Q˙ = −2π r · l · λ · + Q˙ S dr
W
wobei l die gemeinsame Länge der beiden konzentrischen Rohre bedeutet. λ ist die sog. Wärmeleitfähigkeit, die bestimmt werden soll. Q˙ S ist der Anteil des Wärmetransportes der von der Wärmestrahlung herrührt. Dieser Beitrag muss berücksich˙ T1 und T2 bei vorgegebener Geometrie der tigt werden, wenn aus Messung von Q, Messanordnung genaue Werte für λ ermittelt werden sollen. (a) Leiten Sie die den Ausdruck für den Gesamtwärmefluss Q˙ als Funktion von T1 , T2 , r1 und r2 sowie l ab. (b) In Tabelle 6.8 sind folgende Wärmeleitfähigkeiten der Gase H2 , N2 und Xe vorgegeben bei 300 K und 1 bar: Berechnen Sie den Messfehler λ für λ in %, der sich ergeben würde, wenn die Strahlungskorrektur unberücksichtigt bliebe und zwar für folgende Emissionskoeffzienten des Rohrmaterials: ε = 1 (schwarzer Körper), ε = 0,3 ε = 0,03 (fast spiegelndes Material). Die Geometriedaten sind: r 1 = 20 mm, r2 = 21 mm, T1 = 302 K, T2 = 298 K, l = 10 cm. Lösung: (a) Die Strahlungsleistung beträgt nach Gl. (6.42): ⎡ Q˙ S = 2πr1 · l · ⎣
1 ε
+
σSB
A1 A2
1 ε
⎤ · T14 − T24 ⎦ −1
Tabelle 6.8 Wärmeleitfähigkeiten von Gasen λ/J · K−1 · m−1 · s−1
0,1763
0,0252
0,0055
Molekül
H2
N2
Xe
462
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Eine Linearisierung für T1 − T2 (T1 + T2 )/2 ergibt (TaylorReihenentwicklung): T1 4 T1 4 4 4 4 − 1 ≈ T2 · 4 · − 1 + · · · = 4T23 (T1 − T2 ) + · · · T1 − T2 = T2 T2 T2 und nach Integration des Wärmeleitungsterms folgt für den stationären Fall: ⎡ ⎤ 4σSB · T23 λ ⎦ (T1 − T2 ) Q˙ = 2πl ⎣ + r1 1 ln(r2 /r1 ) + r1 1 − 1 ε
r2
ε
(b) Wasserstoff H2 : λ = 0,1763 J · K−1 · m−1 · s−1 ' ( −8 · (298)3 0,1763 4 · 5,67 · 10 ε = 1 : Q˙ = 2π · 0,1 + 0,02 ·4 1 ln 21 20 = 2,27 + 0,075 = 2,345 21 2,345 ln = 0,182, λ ≈ 3% λ(unkorrigiert) = 2π · 0,1 20 ε = 0,3 : Q˙ = 2,27 + 0,013 = 2,283 λ(unkorrigiert) = 0,1773, λ ≈ 0,6% ε = 0,03 : Q˙ = 2,27 + 1,1 · 10−3 = 2,271 λ(unkorrigiert) ∼ = λ, λ ≈ 0,02% Stickstoff N2 : λ = 0,0252 J · K−1 · m−1 · s−1 ε = 1 : Q˙ = 0,3245 + 0,075 = 0,3995 λ(unkorrigiert) = 0,0310, λ ≈ 23% ε = 0,3 : Q˙ = 0,3245 + 0,013 = 0,3375 λ(unkorrigiert) = 0,0262, λ ≈ 4% ε = 0,03 : Q˙ = 0,3245 + 1,1 · 10−3 = 0,3256 λ(unkorrigiert) = 0,0253, λ ≈ 0,33% Xenon Xe: λ = 0,0055 J · K−1 · m−1 · s−1 ε = 1 : Q˙ = 0,0708 + 0,075 = 0,1458 λ(unkorrigiert) = 0,0113, λ ≈ 100% ε = 0,3 : Q˙ = 0,0708 + 0,013 = 0,0838 λ(unkorrigiert) = 0,0065, λ ≈ 18% ε = 0,03 : Q˙ = 0,0708 + 1,1 · 10−3 = 0,0719 λ(unkorrigiert) = 0,00558, λ ≈ 1,5%
6.10
Übungsaufgaben
463
Man sieht also: je größer ε und je geringer λ ist, desto größer ist der Fehler λ! Werte von ε ≈ 0,03 bis 0,02 erhält man z. B. mit Silber als Rohrmaterial.
6.10.17 Eigenschaften der Atmosphäre des Neptun-Mondes Triton Der Planet Neptun besitzt mehrere Monde, von denen Triton der größte ist. Sein Durchmesser beträgt 2.705 km, seine Masse 2,14 · 1022 kg und demzufolge seine Dichte 2,07 g · cm−3 . Der Abstand des Triton von der Sonne ist praktisch identisch mit dem des Planeten Neptun, der 30,21 AE beträgt (AE = astronomische Einheit = mittlerer Abstand der Erde von der Sonne = 149,6 · 106 km). Die Oberfläche des Triton besteht im Wesentlichen aus festem molekularen Stickstoff mit geringen Anteilen an CH4 und H2 O. Die sog. Albedo des Mondes – das ist der Bruchteil des Sonnenlichtes, das direkt reflektiert und nicht absorbiert wird – ist eine Funktion der geographischen Breite, also dem Winkel ϕ (s. Abb. 6.18), die lautet:
Abb. 6.18 Geometrie der Kugelgestalt des Mondes Triton
A = 0,56 + 0,34 · sin ϕ (a) Berechnen Sie die mittlere Albedo < A > und die mittlere Oberflächentemperatur TTriton . (b) Welcher Druck herrscht in der Atmosphäre an der Oberfläche des Triton? Angaben: Stickstoff schmilzt an seinem Tripelpunkt TTp,N2 = 63,15 K. Dort ist der Dampfdruck pTp,N2 = 0,1253 bar. Die molare Sublimationsenthalpie des N2 kann als temperaturunabhängig angesehen werden und beträgt H¯ Sub,N2 = 6.775 J · mol−1 . Hinweis: Anteile des Drucks von CH4 und H2 O sind vernachlässigbar.
464
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
(c) Schätzen Sie die Gesamtmasse der Atmosphäre ab. Welchem Flüssigkeitsvolumen von N2 entspricht das? (Dichte von flüssigem N2 beim Siedepunkt: 808 kg · m−3 ). Lösung: (a) Die mittlere Albedo lässt sich nach Abb. 6.16 berechnen: 2πr 2
π/2 )
(0,56 + sin ϕ · 0,34) sin ϕ · cos ϕ · dϕ
0
< A >=
2πr 2
π/2 )
sin ϕ · cos ϕ · dϕ
0
Mit d sin ϕ = cos ϕ · dϕ = d x folgt: )1 < A >=
(0,56 + 0,78 · x)x d x
0
)1
=
0,56 ·
1 2
+ 0,34 ·
1 3
1 2
x dx
= 0,666
0
Zur Berechnung der mittleren Oberflächentemperatur muss nun die Albedo berücksichtigt werden. Die von Triton absorbierte Leistung beträgt: L+ Triton =
σSB · TS4 · 4π rS2 2 4π rST
· πrT2 (1− < A >)
− 4 2 L+ Triton ist gleich der abgestrahlten Leistung L Triton = σSB · TTriton · 4πrT (TS = Temperatur der Sonne, rT = Radius von Triton, rST = Abstand Triton zur Sonne). Also ergibt sich mit rST = 30,21·149,6·109 = 4,5194·1012 m, rS = 0,696· 9 10 m, und TS = 5.800 K:
TTriton =
TS4 · rS2 2 4rST
1/4
(1− < A >)
= 38,7 K = −234,5 ◦ C
gemessen wurde von Voyager II eine mittlere Oberflächentemperatur von ca. 37,5 K, in guter Übereinstimmung mit dem errechneten Resultat. (b) Den Dampfdruck von festem N2 berechnen wir mit der integrierten ClausiusClapeyron’schen Gleichung (s. Gl. (5.85)): '
p = pTp,N2
H Sub · exp − R
1 1 − T TTp
(
6.10
Übungsaufgaben
465
Es ergibt sich für den Druck p an der Oberfläche von Triton: 6.775 1 1 p = 0,1253 · exp − − = 3,61 · 10−5 bar = 3,61 Pa R 38,7 63,15 (c) Wir gehen aus von der barometrischen Höhenformel (s. Aufgabe 1.4.19), wobei wir die Teilchenzahldichte C N2 = p/(kB · T ) verwenden und über die Höhe h vom Triton-Boden integrieren: ∞
∞ CN2 (h)dh = CN2 (h = 0)
0
0
mN · g · h kB T exp − 2 dh = C N2 (h = 0) kB T m N 2 · gT
2 Multiplizieren wir diesen Ausdruck mit der Oberfläche von Triton (4πrTriton ) und ersetzen C N2 (h = 0) durch p(h = 0)/kB T ergibt sich für die Zahl der N2 -Moleküle NN2 in der Tritonatmosphäre:
N N2 =
p(h = 0) 2 · 4πrTriton m N 2 · gT
Die Schwerebeschleunigung gT von Triton ist (G = Gravitationskonstante = 6,673 Nm2 · kg−2 ): gT =
G · MTriton 6,673 · 10−11 · 2,14 · 1022 = = 0,781 m · s2 2 2 rTriton 1 3 2 · 2705 · 10
Damit ergibt sich für die Gesamtmasse der Tritonatmosphäre: m = N N2 · m N2 =
3,61 · 4π · 0,781
2.705 2
2 = 1,063 · 108 kg
Diese Menge an Stickstoff würde in flüssiger Form bei 77,35 K ein Volumen von 10,63 · 108 = 1,315 · 106 m3 808 einnehmen. Das entspräche einem Tankvolumen von ca. 110 x 110 x 110 m3 .
6.10.18 Schallgeschwindigkeit im Photonengas Nach Gl. (5.24) ist die Schallgeschwindigkeit υS in einem materiellen Medium durch υS = (ρ · κS )−1/2 gegeben. Hier ist ρ die Massendichte und κS die isentrope
466
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Kompressibilität. Wie groß ist die Schallgeschwindigkeit in einem Photonengas? Hinweis: Beachten Sie die Äquivalenz von Masse und Energie. Lösung: Für κS lässt sich schreiben: κS =
∂ρ ∂p
· S
1 ρ
Die äquivalente Massendichte des Photonengases ist wegen E = m · c2 : ρPh = u Ph /c2 wobei u Ph = a · T 4 nach Gl. (6.16) die Energiedichte der Photonen bedeutet. Der Druck des Photonengases ist pPh = 13 · a · T 4 = 13 u Ph (s. Gl. (6.17)). Es ist also (∂ pPh /∂u Ph ) = pPh /u Ph = 1/3, das gilt für isentrope Bedingungen (d S = 0) wie auch für isotherme Bedingungen (dT = 0) und isochore Bedingungen (d V = 0). Man erhält somit für υS,Ph : " υS,Ph =
c2 c = √ = c · 0,57735 = 1,7314 · 108 m · s 3 3
Dies Ergebnis ist keineswegs rein akademischer Natur, es spielt in der Theorie der Entstehung von Galaxien im früheren Universum eine Schlüsselrolle.
6.10.19 Die innere Wärmeproduktion der Planeten Jupiter und Saturn Ein Blick auf Tabelle 6.2 zeigt, dass die gemessenen Strahlungstemperaturen von Jupiter und Saturn deutlich höher sind als die berechneten. Diese Differenzen – bei Jupiter sind es 25 K und bei Saturn sogar 24 K – können im Wesentlichen darauf zurückgeführt werden, dass beide Planeten, gespeist aus einer inneren Wärmequelle, zusätzliche Wärmestrahlung nach außen abgeben. Berechnen Sie mit Hilfe der Daten in Tabelle 6.2 diese zusätzliche Strahlungsenergie in Watt pro m2 . Lösung: Die vom Planeten durch die Sonne empfangene Strahlungsleistung muss gleich der insgesamt abgestrahlten Strahlungsleistung minus der zusätzlichen Leistung Q˙ sein, die aus den inneren Wärmequellen stammt. Es gilt also: JS,P · RP2 · π = 4π RP2 · σ · TP4 − Q˙
6.10
Übungsaufgaben
467
wobei JS,P die Strahlungsleistung der Sonne pro m2 im Abstand RP des Planeten zur Sonne bedeutet. Für die theoretische Strahlungsleistung ohne zusätzliche Beiträge gilt: 4 JS,P · RP2 · π = σ · RP2 · T0,P
Daraus folgt für q: ˙ Q˙ = 4π RP2 · σ
4 TP4 − T0,P
Es gilt demnach für Jupiter: Q˙ J = 4π RJ2 · σ (1314 − 1064 ) = 4π RJ2 · 5,67 · 10−8 · 1,683 · 108 Das ergibt: Q˙ J /4π RJ2 = 9,4 W · m−2
(Jupiter)
Für Saturn gilt: Q˙ S = 4π RS2 · σ (964 − 724 ) = 4π RS2 · 5,67 · 10−8 · 5,806 · 107 Das ergibt: Q˙ S /4π RS2 = 3,2 W · m−2
(Saturn)
Die Ursachen für die zusätzliche Leistung Q˙ sind wahrscheinlich noch nicht abgeschlossene Massendifferenzierungen im Inneren der beiden Planeten.
6.10.20 Thermodynamik der Paarbildung aus Photonen Photonen mit genügender Energie können spontan ein Elementarteilchen und sein Antiteilchen bilden, umgekehrt können sich zwei solche Teilchen selbst vernichten und in ein Photon verwandeln. Das Gleichgewicht lässt sich beschreiben durch hν e+ + e− e− und e+ bedeuten hier z. B. ein Elektron und ein Positron. (a) Welche Frequenz muss das Photon haben, damit ein solches Gleichgewicht möglich ist? Welcher Temperatur TS entspricht diese Frequenz im Maximum der Planck’schen Strahlungskurve?
468
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
(b) Wie lauten die Werte für die chemischen Potentiale für e− und e+ ? Lösung: (a) Aus der Äquivalenz von Energie und Masse folgt: ν=
2m e c2 h
Die Masse von e+ bzw. e− beträgt 9,10938 · 10−31 kg. Also folgt für ν mit c = 2,998 · 108 m · s−1 ν=
2 · 9,10938 · 10−31 · (2,998)2 · 1016 = 2,45 · 1020 s−1 6,626 · 10−34
ν liegt im Bereich der sog. γ -Strahlen. Nach dem Resultat von Aufgabe 6.10.12 gilt: TS = hν/(kB · 4,965) =
6,626 · 10−34 · 2,45 · 1020 = 1,176 · 1010 K 1,3807 · 10−23 · 4,965
Solche Temperaturen herrschten kurz nach dem „Urknall“ im Universum. (b) Im thermodynamischen Gleichgewicht gilt: μPh = μe+ + μe− Da μPh = 0 ist, folgt: μe+ = −μe− Aus Symmetriegründen muss μe− = μe+ gelten. Das ist aber nur möglich, wenn μe+ = μe− = 0 gilt. Man beachte, dass z. B. für ein Elektron ohne Antiteilchen sehr wohl μe− = 0 gilt, das gilt auch für andere Elementarteilchen, aus denen die Materie besteht (ohne gleichzeitige Anwesenheit von Antimaterie).
6.10.21 Die Gibbs’sche Fundamentalgleichung für das Photonengas Die Gibbs’sche Fundamentalgleichung in integrierter Form ist der funktionale Zusammenhang zwischen Entropie S, innerer Energie U und dem Volumen V (s. Gl. (5.48)). Leiten Sie diese Gleichung für das Photonengas ab. Gehen Sie dazu aus von Gln. (6.16) und (6.17). Hinweis: beim Photonengas fallen alle Summenterme in Gl. (5.48) weg.
6.10
Übungsaufgaben
469
Lösung: Mit U = a · V · T4
und
p=
a 4 T 3
lässt sich schreiben:
U 1 4 p= · T V 3
und
3
T =
U 1 · V a
3/4
Einsetzen in die Fundamentalgleichung ergibt unter Berücksichtigung von Gl. (6.18): p 4 U 4 + · V = a V · T3 = V S= T T 3 3
U V
3/4 3/4 1 · ·a a
also: S=
4 (a · V )1/4 · U 3/4 3
6.10.22 Carnotprozess des Photonengases Berechnen Sie die Wärme- und Arbeitsbilanzen für den hypothetischen CarnotProzess eines Photonengases und bestimmen Sie den thermodynamischen Wirkungsgrad ηC,Ph . Ist der 2. Hauptsatz erfüllt? Lösung: Wir gehen aus vom T, S-Diagramm des Carnot-Prozesses Abb. (5.8). Für die beiden isothermen Prozesse gilt: (S2 − S1 )TH = Q 12
und
− (S3 − S4 ) · TK = Q 34
(Indices H = heiß, K = kalt). Nach Gl. (6.18) gilt: (S2 − S1 ) · TH =
4 a(V2 − V1 ) · TH4 3
und
− (S3 − S4 ) · TK =
4 a(V3 − V4 ) · TK4 3
Wir erhalten somit 4 4 a(V2 − V1 )TH4 − a(V3 − V4 )TK4 = Q 12 + Q 34 = −WCarnot , 3 3 * da wegen U = dU = 0 gilt, dass Q 12 + Q 34 + WCarnot = 0.
470
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Für die beiden adiabatisch-reversiblen Prozesse gilt S3 = S2 und S1 = S4 . Daraus folgt mit Gl. (6.18): T3 V1 V2 = K3 = V3 V4 TH und für ηPh,Carnot folgt somit gemäß der Definition nach Gl. (5.11): ηPh,Carnot =
|WCarnot | |Q 34 | V3 − V4 TK4 · =1− =1− |Q 12 | |Q 12 | V2 − V1 TH4
Wegen der isentropen Prozesse 2 → 3 und 4 → 1 bzw. wegen der Existenz von S als Zustandsgröße folgt: (S2 − S1 ) = (S3 − S4 )
bzw.
(V2 − V1 )TH3 = (V3 − V4 )TK3
Somit gilt also: ηPh,Carnot = 1 −
TK TH
Das ist der universell gültige Carnot-Wirkungsgrad nach Gl. (5.14). Somit ist automatisch auch der 2. Hauptsatz erfüllt.
6.10.23 Bedingung für den Zerfall schwarzer Löcher im Weltall Im Anwendungsbeispiel 6.9.6 wurden Formeln für die Intensität der HawkingStrahlung und ihrem Zusammenhang mit Temperatur, Größe und Masse eines schwarzen Loches abgeleitet. Die kosmische Hintergrundstrahlung des Weltalls hat eine Strahlungstemperatur von 2,7 K. Solange die Intensität der Hintergrundstrahlung größer als die Intensität ist, die das schwarze Loch abstrahlt, kann dieses nicht kleiner, sondern nur größer werden, da es in der Bilanz Energie aufnimmt und damit auch Masse. Welchen Radius rS bzw. Masse MS darf ein schwarzes Loch höchstens haben, damit es tatsächlich durch Strahlungsverlust beginnt zu zerfallen? Lösung: Durch Gleichsetzen der Intensität der Hintergrundstrahlung und der eines schwarzen Loches erhält man mit Gl. (6.52) die Masse des schwarzen Loches: 4 h · c3 4 σSB · (2,7) = σSB · 16π 2 · kB · G · MS Aufgelöst nach MS ergibt sich: MS =
h · c3 16π 2 · kB · G · 2,7
= 4,54 · 1022 kg
6.10
Übungsaufgaben
471
Das entspricht ungefähr der halben Masse des Mondes. Für rS ergibt sich nach Gl. (6.50) rS = 2 · MS · G/c2 = 6,75 · 10−5 m = 67,5 µm Schwarze Löcher, die größer sind, können derzeit im Kosmos nur weiter wachsen und nicht zerfallen. Das gilt für alle schwarzen Löcher, da bei der natürlichen Entstehung ihre Masse mindestens ca. das Dreifache der Sonnenmasse M betragen muss.
6.10.24 Vereinigung zweier schwarzer Löcher Berechnen Sie die Energieänderung U = U1+2 − U1 − U2 und die Entropieänderung S = S1+2 − S1 − S2 bei der Vereinigung zweier schwarzer Löcher mit den Massen M1 und M2 . Lösung: Es gilt offensichtlich: )
U = (M1 + M2 c2 − M1 c2 − M2 c2 = 0 sowie nach Gl. (6.54): S =
16π 2 k · G 8π 2 kB · G B · M 1 · M2 > 0 (M1 + M2 )2 − M12 − M22 = h·c h·c
Die Entropie nimmt also bei der Bildung des vereinigten schwarzen Loches zu, die innere Energie ändert sich nicht. Falls es jedoch bei diesem Prozess zur Abstrahlung von Energie E durch γ -Photonen oder Gravitationswellen kommt, ist die Masse des vereinten schwarzen Loches um den Betrag m = E/c2 kleiner als M1 + M2 , dann wäre U = −m · c2 . Die Vereinigung zweier schwarzer Löcher ist keineswegs ein exotisches und unwahrscheinliches Ereignis. Man geht davon aus, dass in fast jeder Galaxie des Weltalls mindestens ein superschweres schwarzes Loch (MS = 103 · M bis 106M ) und zahlreiche kleine schwarze Löcher existieren, die in Doppelsternsystemen (ein sichtbarer Stern und ein schwarzes Loch) auftreten. Es gibt ca. 2 · 109 Galaxien im Weltall. Im Durchschnitt vereinen sich alle 5 Millionen Jahre in einer Galaxie zwei schwarze Löcher, d. h., es kommt im Weltall ungefähr 2 · 109 /(5 · 106 · 365) mal, also ungefähr täglich, zu einem solchen Ereignis.12
12
H. Lesch am 25.08.2010 im Fernsehkanal Bayern Alpha
472
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
6.10.25 Temperaturschwankungen der Planeten auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne Die Planeten unseres Sonnensystems laufen bekanntlich auf ellipsenförmigen Bahnen um die Sonne als Brennpunkt. Die Halbachsen dieser Ellipsen bezeichnen wir mit a (große Halbachse) und b (kleine Halbachse). Sie sind für die Planeten des Sonnensystems zusammen mit ihrer mittleren Oberflächentemperatur in Tabelle 6.9 angegeben. Der minimale Abstand rmin (Perihel) und der maximale Abstand rmax (Aphel) von der Sonne sind durch die folgenden Formeln gegeben, die sich aus der analytischen Geometrie der Kegelschnitte ergeben: rmin =
b2 √ a + a 2 − b2
rmax =
b2 √ a − a 2 − b2
Berechnen Sie die Oberflächentemperaturen der Planeten bei rmax und rmin mit den Daten aus Tabelle 6.9. Der mittlere Abstand der Planeten r von der Sonne ist in sehr guter Näherung r = (rmax + rmin )/2. Lösung: Die Anwendung des Stefan-Boltzmann-Gesetzes ergibt nach Gln. (6.36) und (6.37) mit r = r , rmin oder rmax : JSonne R 2p · π = 4π R 2p · ε · σSB · T p4
mit
JSonne = 3,024 · 1025 · r −2 W · m−2
Hier ist R p der Planetenradius. Es folgt daraus: 2 rmin
r2
=
TP4 4 TPerihel
bzw.
2 rmax
r2
=
TP4 4 TAphel
also gilt: " TPerihel = TP
" r rmin
bzw.
TAphel = TP
r rmax
Tabelle 6.9 Halbachsen a und b und mittlere Oberflächentemperaturen TP der solaren Planeten Planet
a/109 m
b/109 m
TP /K
Merkur Venus Erde Mars Jupiter Saturn Uranus Neptun
58 108 150 228 778 1.427 2.870 4.497
57 108 150 227 777 1.425 2.866 4.496
440 733 288 220 131 95 59 58
nach: H. Zimmermann, A. Weigert, Lexikon der Astronomie, Spektrum Akademischer Verlag, 1999
6.10
Übungsaufgaben
473
Mit Hilfe der Daten aus Tabelle 6.9 und den Formeln für rmax und rmin erhält man die folgenden Ergebnisse in Tabelle 6.10: Tabelle 6.10 Oberflächentemperaturen der Planeten im Aphel und Perihel Planet
rmax /109 m
rmin /109 m
TPerihel /K
TAphel /K
Merkur Venus Erde Mars Jupiter Saturn Uranus Neptun
47 108 150 249 817 1.502 3.021 4.591
69 108 150 207 739 1.351 2.718 4.402
488 733 288 231 134 96,5 59,8 58,6
403 733 288 210 128 91,5 58,3 54,4
Man sieht, dass die Temperaturunterschiede beim Merkur am größten sind (85 K), gefolgt vom Mars (21 K). Bei den großen Planeten liegen die Unterschiede zwischen 6 und 1 K. Für Erde und Venus sind sie sehr gering, da beide Planeten nahezu auf Kreisbahnen laufen.
6.10.26 Unterschiedlicher Energieverlust bei Säugetieren durch Wärmestrahlung Stellvertretend für 2 Säugetiere betrachten wir 2 Kugeln, die aus einem Material der Dichte ρ = 1.100 kg · m−3 bestehen. Die Radien der Kugeln seien r1 = 0,1 m und r2 = 1 m. Beide Kugeln sollen durch eine innere Wärmequelle auf 310 K (37◦ C) gehalten werden. Die Wärmeabgabe an die Umgebung mit der Temperatur von 293 K soll allein durch Wärmeabstrahlung erfolgen. Wie groß sind jeweils die spezifischen Wärmeleistungen in Watt pro kg in Kugel 1 und Kugel 2? Der Emissions- bzw. Absorptionskoeffizient von Kugeln und Umgebung sei 0,5. Lösung: q˙1 /W · kg−1 = 4πr12 · σSB · 0,5 [(310)4 − (293)4 ] =
4 ρ · πr13 3
1,5 σSB /ρ = 1,44 W · kg−1 r1
Für q˙2 gilt: q˙2 = q˙1 ·
r1 = q˙1 · r2
m1 m2
1/3
= 0,144 W · kg−1
wobei m 1 und m 2 die Massen der Kugeln sind. Die spezifische Wärmeproduktion ist also umso geringer, je größer die Kugel ist. Das Ergebnis weist darauf hin, dass kleinere Säugetiere eine höhere spezifische Wärmeproduktion q˙ aus ihren
474
6 Thermodynamik der Wärmestrahlung
Stoffwechselvorgängen benötigen, um dieselbe Körpertemperatur aufrecht zu halten wie größere Tiere. Als Beispiel wählen wir den Menschen. Ein Erwachsener mit 70 kg Körpergewicht muss gegenüber einem neugeborenen Baby von 4 kg Körpergewicht nur ca. den Bruchteil ! 3 4 = 0,385 = 38,5% 70 der spezifischen Wärmeproduktion des Babys aufbringen. Für ein Kaninchen mit einem Gewicht von 2,6 kg gilt ungefähr derselbe Bruchteil trotz des niedrigeren Gewichtes, da das Kaninchen durch sein Fell zusätzlich vor Wärmeverlust geschützt wird. Diese Überlegungen gelten nur näherungsweise bei nicht zu hohen Außentemperaturen (T < 293), da anderenfalls die Wärmeabstrahlung immer geringer wird und diese teilweise durch Verdampfung von Wasser kompensiert werden muss (Menschen schwitzen, Hunde hecheln mit der Zunge).
Kapitel 7
Anhänge
A Drei mathematische Sätze über die Existenz und Eigenschaften integrierender Nenner. Existenznachweis der Entropie als Zustandsgröße13 Wir wollen drei Sätze über die Existenz und Eigenschaften integrierender Nenner für die Pfaff’sche Differentialform beweisen, um die Aussagen über die Entropie in Kap. 5, Abschn. 1 zu begründen. Satz 1: Die Pfaff’sche Differentialform δQ =
n
Z i dυi
(A.1)
i=1
besitzt dann und nur dann einen integrierenden Nenner τ , wenn für die sog. Pfaff’sche Differentialgleichung n
Z i dυi = 0
(A.2)
i=1
eine Lösung der Form σ (υ1 , υ2 , . . . , υn ) = σ = const
(A.3)
existiert. Beweis: Abbildung A.1 zeigt einen geometrischen Beweis, der der Anschaulichkeit halber für 2 unabhängige Variable υ1 und υ2 geführt wird. Um den Beweis zu erbringen, 13 Die Darstellung orientiert sich an: A. Münster „Chemische Thermodynamik“, Verlag Chemie (1968).
A. Heintz, Gleichgewichtsthermodynamik, Springer-Lehrbuch, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1_7,
475
476
7 Anhänge
Abb. A.1 Integrationswege für δ Q auf den Wegen A B1 C und AB1 B2 C
wird die Existenz von σ vorausgesetzt. In Abb. A.1 sind zwei sehr dicht (infinitesimal dicht) beieinander liegende Kurven in der Ebene von υ1 und υ2 dargestellt mit σ = const, also υ1 = υ1 (υ2 ) und σ + dσ = const. Wir gehen von Punkt A nach C, einmal über B1 und einmal über B2 (gestrichelte Verläufe). Auf jeder der beiden Kurven σ und σ + dσ ist definitionsgemäß δ Q = 0 und dσ = 0 (Gln. (A.2) und (A.3)). Da aber die differentielle Wärme δ Q kein vollständiges Differential und damit vom Weg abhängig ist, muss auf dem Wegstück dσ senkrecht zu σ bzw. σ + dσ der Wert für δ Q vom Punkt B auf der Kurve σ abhängig sein, d. h., δ Q hat bei B1 und B2 i. a. verschiedene Werte. B1 und B2 werden durch die zugehörigen Wertepaare (υ1 , υ2 ) B1 und (υ1 , υ2 ) B2 festgelegt, es gilt also: δ Q = τ (B) · dσ = τ (υ1 , υ2 ) · dσ
(A.4)
Bei 3 Variablen υ1 , υ2 , υ3 werden die Kurven σ bzw. σ + dσ zu Flächen im Raum, bei beliebiger Zahl von Variablen (υ1 , υ2 , . . . , υn ) zu Hyperflächen. Die Argumentation bleibt davon unberührt. Nun ist σ eine Zustandsfunktion von υ1 , υ2 , . . . , υn , und dσ ein totales Differential: dσ =
n ∂σ i=1
∂υi
υ j =υi
dυi
also gilt, dass δ Q/τ (υ1 , υ2 , . . . , υn ) ebenfalls ein totales Differential sein muss, da dieser Ausdruck ja gleich dσ ist nach Gl. (A.4). Damit ist bewiesen, dass τ (υ1 , υ2 , . . . , υn ) genau dann ein integrierender Nenner ist, wenn die Pfaff’sche Differentialgleichung lösbar ist, also wenn σ eine Zustandsfunktion ist. Für den uns interessierenden Fall lautet die Pfaff’sche Differentialgleichung: δ Q = dU + pd V −
λi dli = 0
A
Drei mathematische Sätze über die Existenz und Eigenschaften integrierender Nenner
477
oder dU = − pd V +
λi dli
(A.5)
Gleichung (A.5) hat auf jeden Fall eine Lösung, da dU ein totales Differential ist. Daher existiert auf jeden Fall ein integrierender Nenner τ und die Existenz der Entropie als Zustandsfunktion ist bewiesen. Sie folgt also bereits aus dem 1. Hauptsatz und damit aus der Tatsache, dass U eine Zustandsfunktion ist. Die Einführung der Entropie als Zustandsgröße benötigt kein zusätzliches Axiom. Satz 2: Wenn der „Nullte“ Hauptsatz gilt, ist der integrierende Nenner T , der die Entropie definiert, allein eine Funktion der gasthermometrischen Temperatur T ∗ und hängt nicht von irgendwelchen anderen thermodynamischen Variablen, wie z. B. dem Volumen V , ab. Beweis: Wir betrachten zwei unabhängige, i. a. verschiedene Systeme 1 und 2, die sich im thermischen Gleichgewicht befinden und durch eine „diathermische“ Wand voneinander getrennt sind. Dann gilt: d Q 1 = τ1 (V1 , T ∗ ) · dσ1 (V1 , T ∗ ) d Q 2 = τ2 (V2 , T ∗ ) · dσ2 (V2 , T ∗ )
(A.6)
Nun gilt nach dem „Nullten“ Hauptsatz: d Q = d Q 1 + d Q 2 = τ (V1 , V2 , T ∗ ) · dσ (V1 , V2 , T ∗ ) Daraus folgt: τ · dσ = τ1 · dσ1 + τ2 · dσ2
(A.7)
Als unabhängige Variable wählen wir jetzt statt V1 und V2 die Variablen σ1 und σ2 (V1 = V1 (σ1 , T ∗ ), V2 = V2 (σ2 , T ∗ )), d. h., τ1 = τ1 (T ∗ , σ1 ), τ2 = τ2 (T ∗ , σ2 ), τ = τ (T ∗ , σ1 , σ2 ). Da dσ ein totales Differential ist, folgt aus Gl. (A.7): ∂σ τ1 = ; ∂σ1 τ
τ2 ∂σ = ; ∂σ2 τ
∂σ =0 ∂T ∗
Die Funktion σ hängt also nicht von T ∗ ab, und man kann schreiben: σ = σ (σ1 , σ2 ) Nach Gl. (A.7) muss demnach auch gelten:
(A.8)
478
7 Anhänge
∂ τ1 = 0; ∂T ∗ τ
∂ τ2 =0 ∂T ∗ τ
(A.9)
Die Ausführung der Differentiation von Gl. (A.9) nach der Quotientenregel ergibt: 1 ∂τ2 1 ∂τ 1 ∂τ1 = = ∗ ∗ τ1 ∂ T τ2 ∂ T τ ∂T ∗
(A.10)
Da τ1 nur von σ1 und T ∗ , τ2 nur von σ2 und T ∗ abhängen, kann das linke Gleichheitszeichen in Gl. (A.10) nur gelten, wenn die linke und rechte Seite weder von σ1 (links) noch von σ2 (rechts) abhängen, sondern nur von T ∗ . Anderenfalls wäre nämlich eine beliebige Wahl σ1 = σ2 , die auf jeden Fall immer möglich ist, mit dem Gleichheitszeichen nicht vereinbar! Aus denselben Gründen kann in Gl. (A.10) (∂τ/∂ T ∗ ) · τ −1 weder von σ1 noch σ2 abhängen. Somit gilt: ∂ ln τ1 ∂ ln τ2 ∂ ln τ = = = f (T ∗ ) ∗ ∗ ∂T ∂T ∂T ∗
(A.11)
Bei der Integration von Gl. (A.11) können die Variablen σ1 und σ2 nur in den Integrationskonstanten auftauchen. ln τ = ln τ1 =
ln τ2 =
f (T ∗ )dT ∗ + ln C(σ1 , σ2 ) f (T ∗ )dT ∗ + ln C1 (σ1 ) f (T ∗ )dT ∗ + ln C2 (σ2 )
(A.12)
oder man schreibt:
f (T ∗ )dT ∗ · C(σ1 , σ2 ) f (T ∗ )dT ∗ · C1 (σ1 ) τ1 = exp f (T ∗ )dT ∗ · C2 (σ2 ) τ2 = exp τ = exp
(A.13)
Wir definieren jetzt T : T = A · exp
∗
f (T )dT
∗
wobei A eine frei wählbare Konstante ist. Dann ergibt sich:
(A.14)
A
Drei mathematische Sätze über die Existenz und Eigenschaften integrierender Nenner
C1 dσ1 A C2 d Q 2 = τ2 dσ2 = T dσ2 A
479
d Q 1 = τ1 dσ1 = T
Wir definieren jetzt die Funktionen S1 und S2 : 1 C1 (σ1 )dσ1 + const1 S1 = A 1 S2 = C2 (σ2 )dσ2 + const2 A
(A.15)
(A.16)
Die beiden Konstanten const1 und const2 sind unbestimmte Größen. Also ergibt sich mit Gln. (A.14) und (A.15): δ Q 1 = T · d S1 δ Q 2 = T · d S2
(A.17)
Das entspricht genau der Definition der Entropien von System 1 und 2, d. h., S1 = Entropie von System 1,
S2 = Entropie von System 2
und T ist der integrierende Nenner für δ Q 1 bzw. δ Q 2 . T ist nach Gl. (A.14) allein eine Funktion von T ∗ . Der Vergleich von Gl. (A.17) mit Gl. (A.16) zeigt übrigens auch, dass es nicht nur einen bestimmten integrierenden Nenner τ1 bzw. τ2 gibt, sondern beliebig viele integrierende Nenner, abhängig von der Art der Funktionen C1 (σ1 ) und C2 (σ2 ), die beliebig definiert sein können. Die abgeleiteten Gln. (A.14), (A.16) und (A.17) besagen: 1. T ist eine Funktion, die nur von T ∗ abhängt. 2. S1 und S2 sind die Entropien der beiden Systeme im thermischen Gleichgewicht. Wie die Funktion f (T ∗ ) in den Gln. (A.12)–(A.14) bestimmt werden kann, ergibt sich aus Abschn. 5.4. Das dort auf Basis der Zustandsgleichung für ideale Gase abgeleitete Ergebnis T = const · T ∗ , legt f (T ∗ ) = 1/T ∗ fest (s. Gl. (A.14)). Satz 3: Für die in Satz 2 definierten Entropien S1 , S2 und S gilt: S = S1 + S2
(A.18)
d. h., die Entropie ist eine extensive Zustandsgröße. Um Gl. (A.18) zu beweisen, gehen wir aus von Gl. (A.17). Für das Gesamtsystem 1 + 2 muss gelten: δ Q 1 + δ Q 2 = δ Q = T (d S1 + d S2 )
480
7 Anhänge
oder: δ Q = T (d(S1 + S2 )) = T d S
(A.19)
S = S1 + S2
(A.20)
Daraus folgt sofort:
Die Behauptung ist damit schon bewiesen. Wir wollen noch zeigen, dass die Abhängigkeit von σ1 und σ2 durch die Abhängigkeit von nur einer Variablen σ ausgedrückt werden kann. Es gilt ja nach Gln. (A.16) und (A.18): C · dσ = C1 dσ1 + C2 dσ2 bzw. dσ =
C1 C2 1 dσ1 + dσ2 = (d S1 + d S2 ) C C C
Da d S1 + d S2 = d S, folgt: Cdσ + const = S C hängt also nur von einer Variablen ab: C = C(σ )
B Einführung der absoluten Temperatur nach Lord Kelvin Ausgangspunkt ist das Ergebnis des Carnot-Kreisprozesses, der nach Abschn. 5.3 in allgemeiner Form lautet: |Q 34 | −WCarnot =1− Q 12 |Q 12 | Dieses Ergebnis sieht man in ganz allgemeiner und einfacher Weise folgendermaßen ein. Im ganzen Kreisprozess wird dem System bei T1∗ die Wärme Q 12 zugeführt, und bei T3∗ wird Q 34 entzogen. Also gilt für den ganzen Kreisprozess: Q = |Q 12 | − |Q 34 | Im Kreisprozess ist U = 0, also gilt U = 0 = W + Q
B
Einführung der absoluten Temperatur nach Lord Kelvin
481
und damit ergibt sich für den Carnot’schen Wirkungsgrad ηC : ηc = −
|Q 34 | W =1− |Q 12 | |Q 12 |
mit W = WCarnot . W ist negativ, wenn das System Arbeit leistet, und damit gilt: 1 > ηC > 0. Unabhängig vom Arbeitsmedium, mit dem dieser Kreisprozess durchgeführt wird, ist offensichtlich, dass Q 34 /Q 12 nur eine Funktion der beiden empirischen Temperaturen T1∗ (warmes Bad) und T3∗ (kaltes Bad) sein kann. Daher lässt sich ganz allgemein schreiben: |Q 34 | = f (T1∗ , T3∗ ) |Q 12 |
(B.1)
Gesucht ist der funktionale Zusammenhang f (T1∗ , T3∗ ). Dazu betrachten wir Abb. B.1. Zwei Carnot-Kreisprozesse I und II sind so miteinander verbunden, dass die Temperatur T3∗ des kälteren Bades von Kreisprozess I gleichzeitig die Temperatur des wärmeren Bades für den Kreisprozess II ist. Für den Kreisprozess II gilt also: |Q 56 | = f (T3∗ , T5∗ ) |Q 34 |
(B.2)
Andererseits gilt für den zusammengesetzten Kreisprozess I + II (1 → 2 → 5 → 6 → 1): |Q 56 | = f (T1∗ , T5∗ ) |Q 12 |
(B.3)
Abb. B.1 Koppelung von zwei Carnot’schen Kreisprozessen zur Definition der absoluten Temperatur
482
7 Anhänge
Multipliziert man Gln. (B.1) mit (B.2) und vergleicht das Ergebnis mit Gl. (B.3), so findet man: f (T1∗ , T3∗ ) · f (T3∗ , T5∗ ) = f (T1∗ , T5∗ ) Offensichtlich hängt die rechte Seite der Gleichung nicht von T3∗ ab. Das ist aber nur möglich, wenn f (T1∗ , T3∗ ) und f (T3∗ , T5∗ ) die Strukturen f (T1∗ , T3∗ ) =
T (T3∗ ) T (T5∗ ) ∗ ∗ und f (T , T ) = 3 5 T (T1∗ ) T (T3∗ )
haben. Die Funktion T (T ∗ ) heißt definitionsgemäß die absolute Temperatur. Der Vergleich mit dem Carnot-Prozess eines idealen Gases ergibt bekanntlich (s. Abschn. 5.3): f id.Gas (T1∗ , T3∗ ) =
T3∗ T1∗
Damit ist der gesuchte Zusammenhang von absoluter Temperatur T und empirischer (gasthermometrischer) Temperatur gefunden: T∗ T3 = 3∗ T1 T1 Die absolute Temperatur T ist also bis auf einen konstanten Faktor identisch mit der empirischen (gasthermometrischen) Temperatur T ∗ : T = b · T∗ b wird gleich 1 gesetzt. Dieses Ergebnis ist in der Tat mit dem in Abschn. 5.4 nach der Methode des integrierenden Nenners abgeleiteten Resultat identisch.
C Berechnung der Joule-Thomson-Inversionskurve beim v. d. Waals-Fluid Aus der v. d. Waals-Gleichung p=
a · n2 n · RT − V −n·b V2
wird zunächst (∂ T /∂ V ) p berechnet. Bei p = const gilt:
∂p ∂V
p
n·R =0= V −n·b
∂T ∂V
− p
n · RT 2an 2 + (V − nb)2 V3
C
Berechnung der Joule-Thomson-Inversionskurve beim v. d. Waals-Fluid
483
Daraus folgt: 1 T
∂T ∂V
= p
2an 2 (V − nb) 1 − (V − nb) V 3 n · RT
Auf der Inversionskurve gilt (s. Gl. (4.7)): 0=
∂H ∂p
=T T
∂V ∂T
−V
1 T
bzw.
p
∂T ∂V
= p
1 V
somit ergibt sich: 1 2an 2 (V − nb) 1 − = (V − nb) V 3 n · RT V
2a RT
bzw.
V − nb V
2an 2 (V − nb)2 =n·b V2 n · RT
2 −b =0
Aus dieser Gleichung berechnet sich die Inversionskurve folgendermaßen. Zunächst ergibt die Auflösung nach V : V =
1−
n·b 4
1 b 2 a RT
4 Einsetzen von V in die v. d. Waals-Gleichung ergibt Abkürzung: x = 12
b a
RT :
an 2 n · RT an 2 2 (1 − x) = (1 − x)2 − n·b 2 b2 2 b2 1 n n n · b 1−x − 1 1−x − nb RT b 1 − x 1 a p = 2 · 2a − 2 (1 − x)2 b a 2 x b
p=
n · RT
−
p=
2a a x · (1 − x) − 2 (1 − x)2 2 b b
4 Das ist die Joule-Thomson-Inversionskurve p(x) mit x = 12 ab RT (bzw. p(T )) nach der v. d. Waals Zustandsgleichung. Damit lassen sich beide Inversionstemperaturen nach der v. d. Waals-Gleichung berechnen, dort gilt p = 0:
484
7 Anhänge
p=0=
2a a x · (1 − x) − 2 (1 − x)2 2 b b
Auflösen nach x ergibt: 2x(1 − x) = (1 − x)2 Eine Lösung ist offensichtlich x1 = 1. Damit ergibt sich für die obere Inversionstemperatur Ti,1 =
2a Rb
Die zweite Lösung ergibt sich aus 2x = 1 − x: x2 =
1 3
Damit ergibt sich für die untere Inversionstemperatur Ti,2 =
1 2a 9 Rb
Das Maximum der Inversionskurve ( pmax ) lässt sich ebenfalls berechnen: 2a dp a = 0 = 2 (1 − 2x) − 2 2(1 − x) · (−1) dx b b 1 − 2x = −2(1 − x) ! 1 b 3 · RTmax xmax = = 4 2 a Damit ergibt sich für Tmax : Tmax =
9 a 8 R·b
und für pmax : pmax
2a 3 3 a 3 2 = 2 1− − 2 1− 4 4 b 4 b
pmax =
a 5 · b2 16
D
Thermodynamische Stabilitätsbedingungen nach der Fluktuationstheorie
485
Abb. C.1 Inversionskurve für N2 - - - - - v. d. Waals-Theorie, − • − • − Experiment
Abbildung C.1 zeigt die Inversionskurve von N2 mit a = 0,1370 J · m3 · mol−2 und b = 3,87 · 10−5 m3 · mol−1 nach der van der Waals-Theorie im Vergleich zu den experimentellen Daten. Die quantitative Übereinstimmung ist nicht befriedigend.
D Thermodynamische Stabilitätsbedingungen nach der Fluktuationstheorie Wir betrachten ein System unter den Randbedingungen, dass das Gesamtvolumen V konstant ist und die Gesamtentropie S ebenfalls. Unter diesen Voraussetzungen gilt nach den Ausführungen in Abschn. 5.8. (Gl. (5.35)): dU S,V ≤ 0 Die innere Energie muss also bei konstantem Volumen und konstanter Entropie in irgendwelchen Ungleichgewichtssituationen im Inneren des Systems immer einem Minimum zustreben. Umgekehrt gilt: wenn das System bei S = const und V = const - verursacht durch irgendwelche Prozesse im Inneren - dieses Gleichgewicht verlässt, kann damit nur eine Zunahme von U verbunden sein, und das System wird bestrebt sein, wieder zum Minimum von U zurückzukehren. Wir hatten in Abschn. 5.7 spontane Prozesse im Inneren eines Systems durch interne Parameter charakterisiert, die im Gleichgewicht einen bestimmten Wert einnehmen. Solche Prozesse, die das System kurzzeitig aus dem Gleichgewicht bringen, in das es spontan wieder zurückkehrt, können Schwankungen, sog. Fluktuationen, eines inneren Parameters der folgen-
486
7 Anhänge
Abb. D.1 Ein System mit (n + n ) Teilchen bestehend aus einem äußeren Untersystem (n · V ) und einem inneren Untersystem (n · V )
den Art sein. Wir denken uns das System in zwei Untersysteme aufgeteilt, deren jeweilige Teilchenzahl n und n festliegt, deren Volumina und deren Entropien jedoch unabhängig voneinander etwas hin und her schwanken können. Die masselose Trennwand zwischen den Untersystemen (man denke etwa an eine sehr dünne Kunststofffolie) soll sich also etwas hin und her bewegen können und auch ein gewisser Entropieaustausch soll durch die Trennwand hindurch aufgrund der möglichen Fluktuationen stattfinden können (s. Abb. D.1). Ein Teilchenaustausch zwischen den Untersystemen ist jedoch nicht möglich. Da das Gesamtvolumen konstant bleiben muss, gilt:
V = nV + n V = 0
(D.1)
wobei V die Änderung des Molvolumens im inneren Untersystem und V die im äußeren Untersystem bedeuten. Der innere Parameter ist also V = (−n /n) V . Ähnlich gilt dann für den Entropieaustausch:
S = nS + n S = 0
(D.2)
mit dem inneren Parameter S = −n /n S . Wir entwickeln jetzt die innere Energie des inneren Untersystems in eine Taylorreihe bis zu quadratischen Gliedern nach den Abweichungen von V und S um den Gleichgewichtswert (Index „eq“): U = U = n ⎡ ∂ 2U 1 + ⎣ 2 2 ∂S
∂U ∂S
S + eq 2
(S ) + 2 eq
∂U ∂V
V eq
∂ 2U ∂ S · ∂V
S · V + eq
⎤
∂ 2U ∂V
(V )2 ⎦ + · · ·
2 eq
(D.3)
D
Thermodynamische Stabilitätsbedingungen nach der Fluktuationstheorie
487
Dasselbe tun wir auch für das äußere Untersystem, wobei die Bedingungen von Gln. (D.1) und (D.2) bereits berücksichtigt werden, also: n · V n n S = − · S n
V = −
Dann erhält man für das äußere Untersystem: ⎡ ⎤ ∂U U n ∂U = U = − ⎣ S + V ⎦ n n ∂ V eq ∂ V eq ⎡ 1 n 2 ⎣ ∂ 2 U ∂ 2U 2 + (S) + 2 2 2 n ∂ S∂ V ∂ S eq ⎤ ∂ 2U (V )2 ⎦ + · · · + 2 ∂ V eq
· S · V eq
(D.4)
Für die Abweichungen UGesamt des Gesamtsystems aus dem Minimum von U gilt nun bei stabilen Systemen, dass die Abweichungen nur positiv sein dürfen:
UGesamt = nU + n · U > 0
(D.5)
Einsetzen von Gln. (D.3) und (D.4) in Gl. (D.5) ergibt: UGesamt
⎡ (n + n ) · n ⎣ ∂ 2 U ∂ 2U 2 = (S) + 2 2 2n ∂ S∂ V ∂ S eq ⎤ ∂ 2U (V )2 ⎦ + · · · > 0 + 2 ∂ V eq
· S · V eq
(D.6)
Da S und V unabhängig voneinander entweder positiv oder negativ sein können, sind jetzt für die eckige Klammer Bedingungen zu finden, die garantieren, dass UGesamt > 0 immer gültig bleibt. Dazu schreiben wir mit (S) = y und (V ) = x sowie für die zweiten Ableitungen in Gl. (D.6) jeweils a, b und c: a · y 2 + 2b · x · y + c · x 2 > 0 Diese quadratische Form lässt sich auch folgendermaßen schreiben, wie man durch Ausmultiplizieren leicht nachprüft:
488
7 Anhänge
' a
b y+ ·x a
2
( ac − b2 2 + ·x >0 a2
(D.7)
Damit Gl. (D.7) immer größer als Null ist, muss ganz offensichtlich gelten: a>0 c>0 ac − b2 > 0 oder, bezogen auf Gl. (D.6):
∂ 2U ∂S
2
∂V
eq
−
2
∂S
eq
∂ 2U
>0
2
(D.8)
eq 2
∂ 2U ∂ S∂ V
eq
>0
2
∂V
∂ 2U
∂ 2U
>0 eq
Gl. (D.8) stellt die Stabilitätsbedingungen des Gesamtsystems dar. Die Ausdrücke in Gl. (D.8) lassen sich umformen. Es gilt ausgehend von Gl. (5.46):
∂ 2U ∂S
=
2 V
∂T
T
=
∂S
CV
V
>0
(D.9)
Ferner gilt ebenfalls ausgehend von Gl. (5.46) unter Beachtung der Definition von κ S (s. Abschn. 5.5):
∂ 2U ∂V
=−
2 S
∂p
=
∂V
S
1 κS V
>0
(D.10)
sowie
∂ 2U
∂ S∂ V
=
∂ ∂V
' ∂U ∂S
( = V S
∂T ∂V
=− S
∂T
∂S
∂V
T
Mit Gln. (D.9), (D.10) und (D.11) ergibt sich dann:
∂S
= −β V
T CV
=−
αp · T κT · C V (D.11)
E Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie
∂ 2U ∂S
·
2 V
∂ 2U ∂V
−
2 S
∂ 2U ∂S · ∂V
489
2
=
T κT V · C V
>0
(D.12)
wobei von C p − α 2 · V · T /κT = C V (s. Gl. (5.21)) sowie κ S = C V · κT /C p (s. Gl. (5.23)) Gebrauch gemacht wurde. Da T und V immer größer als Null sind, folgt aus Gl. (D.9) die thermische Stabilitätsbedingung: CV > 0
(D.13)
Aus Gl. (D.10) folgt als mechanische Stabilitätsbedingung: κS > 0
(D.14)
κT > 0
(D.15)
und aus Gl. (D.12):
als weitere mechanische Stabilitätsbedingung. Damit ist klar, dass nach Gl. (5.22) C p > C V sein muss, und es folgt als weitere thermische Stabilitätsbedingung: Cp > 0
(D.16)
Wegen κ S = C V · κT /C p (s. Gl. (5.22)) folgt ferner: κT > κ S
(D.17)
Die Stabilitätsbedingungen Gln. (D.13) bis (D.17) sind damit identisch mit den in Abschn. 5.9 hergeleiteten. Sie wurden hier allerdings ohne die Annahme erhalten, dass das ideale Gasgesetz für p → 0 und T > 0 für alle Materie gilt. Umgekehrt kann aus Gln. (D.13) bis (D.17) natürlich geschlossen werden, dass die Legendre-Transformationen für thermodynamische Potentiale wirklich existieren. Man kann übrigens dieselben Stabilitätsbedingungen auch erhalten, wenn man statt von dU S,V ≤ 0 von d SU,V ≥ 0 oder d HS, p ≤ 0, d FT,V ≤ 0 oder dG p,T ≤ 0 ausgeht (s. Gln. (5.33), (5.35), (5.37), (5.39)). Wir verzichten auf eine Ableitung, da sie zu denselben Resultaten führt.
E Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie Eine genaue Betrachtung der Integration der Clapeyron’schen Gleichung (Gl. (5.84)) ergibt folgendes. Entlang der Koexistenzkurve existiert ja ein funktionaler Zusammenhang zwischen p und T , der gerade durch die Clapeyron’sche
490
7 Anhänge
Gleichung zum Ausdruck kommt. Für das totale Differential einer Zustandsgröße X (z. B. H, S oder V ) gilt ja allgemein: dX =
∂X ∂T
dT + p
∂X ∂p
dp T
entlang der Koexistenzkurve gilt dann aber
dX dT
= koex
∂X ∂T
+ p
∂X ∂p
T
dp dT
koex
Mit X = H gas bzw. H fl und H V = H g − H fl folgt dann:
dH V dT
= koex
∂H V ∂T
+ p
∂H V ∂p
H V
·
T · V V
T
Wegen ∂ H /∂ T p = C p und wegen ∂ H /∂ p T = V − T ∂ V /∂ T p (s. Gl. 5.66) ergibt sich dann mit C p = C p,g − C p,fl :
⎛ dH V dT
= C p + ⎝V V − T koex
⎞ ∂V V ∂T
⎠ · H V T · VV p
Wenn nun bei niedrigen Drücken gilt: V V = V g − V fl ≈ V g ≈
RT p
folgt damit
dH V dT
∼ = C p + koex
RT RT − p p
H V T · V V
= C p
Damit gilt näherungsweise: H V (T ) ∼ = H V (T0 ) + C p (T − T0 ) Wenn eine T -Abhängigkeit von C p vernachlässigt wird. Das ist nur bei kleinen Drücken in einem beschränkten Temperaturintervall T − T0 zulässig. Da C p < 0 und T > T0 , nimmt die Verdampfungsenthalpie H V (T ) mit der Temperatur ab.
F Tabellen: Thermodynamische Stoffdaten (Auswahl)
491
Damit ergibt die Integration der Clausius-Clapeyron’schen Gleichung (s. Gl. (5.85)): p = R ln p0
T
H V (T0 ) + C p (T − T0 ) dT T2
T0
1 1 = H V (T0 ) − T0 T
1 1 = −H V (T0 ) − T T0
T +
C p dT − T0 T
T0
T
C p dT T2
T0
T + C p ln − T0 · C p T0
1 1 − T T0
Umstellen und Integration ergibt: '
H V (T0 ) + C p · T0 p = p0 · exp − R
1 1 − T T0
( C p /R T · T0
Das ist die verbesserte Dampfdruckformel. Auch sie gilt nur in einem beschränkten Temperaturbereich um T0 herum bei niedrigen Dampfdichten.
F Tabellen: Thermodynamische Stoffdaten (Auswahl)14 F.1 Siedetemperaturen und kritische Daten Tabelle F.1 Siedetemperaturen TB (in K), kritische Temperaturen Tc (in K), kritischer Druck pc (in bar) und kritisches Volumen Vc (in cm3 · mol−1 ) H2 D2 N2 O2 NO CO2 CO N2 O HCl
TB /K
Tc /K
pc /bar
20,4 23,7 77,4 90,2 121,4 194,7 81,7 184,7 188,1
33,2 38,4 126,2 154,6 180,0 304,2 132,9 309,6 324,6
13,0 16,6 33,9 50,4 64,8 73,5 35,1 72,4 85,1
Vc /cm3 · mol−1 65,0 60,3 89,5 73,4 58,0 94,0 93,1 97,4 81,0
14 Daten entnommen aus: JANAF, Thermochemical Tables, 2nd Ed. (1971). TRC Thermodynamic Tables, Texas A & M University, College Station (1969) and (1976). R. C. Reid, J. M. Prausnitz, T. K. Sherwood: The Properties of Gases and Liquids, McGraw Hill, New York (1977).
492
7 Anhänge Tabelle F.1 (Fortsetzung)
NH3 SO2 SO3 H2 O He Ar Kr Xe Methan (CH4 ) Ethan (C2 H6 ) Ethylen (C2 H4 ) Azetylen (C2 H2 ) Cyclopropan (C3 H6 ) Propan (C3 H8 ) Propen (C3 H6 ) n-Butan (C4 H10 ) iso-Butan (C4 H10 ) 1-Buten (C4 H8 ) n-Pentan (C5 H12 ) n-Hexan (C6 H14 ) n-Oktan (C8 H18 ) n-Decan (C10 H22 ) Methanol (CH3 OH) Ethanol (C2 H5 OH) Azeton (C2 H6 O) Dimethylether (C2 H6 O) Tetrahydrofuran (C4 H8 O) Dioxan (C4 H8 O2 ) Azetonitril (CH3 CN) HCN H2 S HBr CF4 CHCl3 CH3 Cl Benzol Cyclohexan (C6 H12 ) Toulol (C7 H8 )
TB /K
Tc /K
pc /bar
Vc /cm3 · mol−1
239,7 263,0 318,0 373,2 27,0 87,3 119,8 165,0 111,7 184,5 169,4 189,2 240,4 231,1 255,4 272,7 261,3 266,9 309,2 341,6 398,8 447,3 337,8 351,5 329,4 250,2 339,1 374,5 354,8 298,9 212,8 206,4 145,2 334,3 248,9 353,3 353,9 383,8
405,6 430,8 491,0 647,3 44,4 150,8 209,4 289,7 190,6 305,4 282,4 308,3 397,8 369,8 365,0 425,2 408,1 419,6 469,6 507,4 568,8 617,6 512,6 516,2 508,1 400,0 540,2 587,0 548,0 456,8 373,2 363,2 227,6 536,4 416,3 562,1 553,4 591,7
112,7 78,8 82,1 220,5 27,6 48,4 55,0 58,4 46,0 48,8 50,3 61,0 54,9 42,4 46,2 38,0 36,5 40,2 33,7 29,7 24,8 21,1 80,9 63,8 47,0 53,7 51,8 52,1 48,3 53,9 89,4 85,5 37,4 54,7 66,8 48,9 40,8 41,2
72,5 122,0 130,0 56,0 41,7 74,9 91,2 118,0 99,0 148,0 129,0 113,0 170,0 203,0 181,0 255,0 263,0 240,0 304,0 370,0 492,0 603,0 118,0 167,0 209,0 178,0 224,0 238,0 173,0 139,0 98,5 100,0 140,0 239,0 139,0 259,0 308,0 316,0
F.2 Molwärmen Tabelle F.2 Empirische Molwärmen C p0 von Gasen (korrigiert auf den idealen Gaszustand) zwischen 300 und 1.500 K in J K−1 mol−1 . Die Werte von C p0 bei 298,15 K sind gesondert angegeben. C p0 = a + bT + cT 2 + dT 3 Gas
Formel
a
b · 103
c · 106
Wasserstoff Deuterium
H2 D2
29,066 28,577
−0,837 0,879
2,012 1,958
d · 109
0
C p (298) 28,824
F Tabellen: Thermodynamische Stoffdaten (Auswahl)
493
Tabelle F.2 (Fortsetzung) b · 103
Gas
Formel
a
Sauerstoff Stickstoff Chlor Brom Chlorwasserstoff Bromwasserstoff Wasserdampf Kohlenstoffmonoxid Kohlendioxid Distickstoffmonoxid Schwefeldioxid Schwefeltrioxid
O2 N2 Cl2 Br2 HCl HBr H2 O CO CO2 N2 O SO2 SO3
Schwefelwasserstoff Cyanwasserstoff Ammoniak Methan Ethan Propan n-Butan n-Pentan n-Hexan n-Heptan n-Octan Ethylen Benzol Toluol o-Xylol m-Xylol p-Xylol Mesitylen
H2 S HCN NH3 CH4 C2 H6 C3 H8 C4 H10 C5 H12 C6 H14 C7 H16 C8 H18 C2 H4 C6 H6 C7 H8 C8 H10 C8 H10 C8 H10 C9 H12
Pyridin Methanol Ethanol Azeton
C5 H5 N −12,619 368,539 18,401 101,562 CH3 OH C2 H5 OH 14,970 208,560 (CH3 )2 CO 8,468 269,454
25,723 12,979 27,296 5,230 31,698 10,142 35,242 4,075 28,167 1,810 27,522 3,996 30,359 9,615 26,861 6,966 21,556 63,697 27,317 43,995 25,719 57,923 15,075 151,921 28,719 24,995 25,895 17,451 5,351 −5,058 −0,050 0,414 1,790 3,125 4,452 11,322 −39,656 −37,363 −16,276 −31,941 −29,501 −25,154
16,117 42,710 32,581 60,459 177,669 308,503 387,045 480,298 570,497 661,013 751,492 122,005 501,787 573,346 599,442 639,943 624,395 692,084
c · 106 −3,862 −0,004 −4,038 −1,487 1,547 0,662 1,184 −0,820 −40,505 −14,941 −38,087 −120,616 3,284 −18,062 −3,046 1,117 −68,701 −161,779 −200,824 −255,002 −306,009 −357,435 −408,768 −37,903 −337,657 −362,669 −350,933 −386,321 −367,569 −390,451 −161,774 −28,681 −71,090 −143,448
d · 109
9,678
36,187 (bis 1.200 K) −2,653 −7,205 8,514 33,309 40,610 52,815 63,994 75,324 86,605 85,462 87,056 78,948 89,144 82,705 84,157 (bis 1.000 K)
0
C p (298) 29,355 29,125 33,907 36,02 29,12 29,142 33,577 29,166 37,11 38,45 39,87 50,67 34,23 35,06 35,309 52,63 73,51 97,45 143,09 188,87 43,56 81,67 103,64
43,89 65,44 29,631
F.3 Thermodynamische Standardbildungsgrößen 0
Bildungsenthalpien f H (298) in kJ · mol−1 und Freie Bildungsenthalpien 0 f G (298) in kJ · mol−1 aus den Elementen unter Standardbedingungen p = 1 atm = 1,01325 bar) bei 298,15 K in kJ mol−1 sowie konventionelle molare Entro0 pien S (298). Standardbedingungen p = 1 atm = 1,01325 bar) bei 298,15 K in −1 −1 J mol K (g = gasförmig; fl = flüssig; f = fest; aq = in idealisierter wässriger 0 Lösung; m = 1 mol/1 kg Wasser)1 ). C p (298) ist die Molwärme bei konstantem Druck von 1 atm = 1,01325 bar bei T = 298, 15 in J ·mol−1 · K−1 .
494
7 Anhänge Tabelle F.3 Anorganische Stoffe 0
0
0
0
Stoff
Aggregatzustand
f H (298)
S (298)
f G (298)
C p (298)
Aluminium Al Al+++ αAl2 O3 (Korund) AlCl3
f aq f f
0 −524,7 −1675,27 −705,64
28,32 −313,4 50,94 109,29
0 −481,2 −1581,88 −630,06
24,4 79,0 91,8
Argon Ar
g
0
154,72
0
20,8
Arsen As As2 O5 AsCl3 AsCl3
f f fl. g
0 −914,6 −335,6 −261,5
35,2 105,4 233,5 327,2
0 −772,4 −295,0 −248,9
24,6
Barium Ba Ba++ BaSO4
f aq f
0 −538,36 −1465,2
64,9 12,6 132,2
0 −561,28 −1353,73
Bismut Bi BiCl3 BiCl3
f f g
0 −379,11 −270,70
56,9 189,5 356,9
0 −318,95 −260,2
25,5 105,0
Blei Pb Pb++ PbO PbO2 PbCl2 PbS PbSO4
f aq f f f f f
0 1,63 −219,27 −270,06 −360,66 −94,31 −918,39
64,79 21,34 65,24 76,47 135,98 91,2 147,3
0 −24,31 −188,84 −212,42 −315,42 −92,68 −811,24
26,4
Bor B B2 H6 BF3 BF− 4 BCl3 BCl3 BN
f g g aq g fl. f
0 41,00 −1135,62 −1527,2 −402,96 −427,2 −250,91
5,87 233,09 254,24 167,4 290,07 206,3 14,79
0 91,80 −1119,30 −1435,1 −387,98 −387,4 −225,03
Brom Br2 Br2 Br Br− HBr BrCl BrF
fl g g aq g g g
0 30,91 111,88 −120,92 −36,44 −14,64 −93,8
152,08 245,38 174,91 80,71 198,59 239,90 229,0
0 3,13 82,42 −102,93 −53,49 −0,95 −109,2
Cadmium Cd Cd++ CdSO4 CdSO4 · H2 O
f aq f f
0 −72,38 −926,17 −1231,64
51,76 −61,09 137,2 172,0
0 −77,66 −819,94 −1066,17
Cäsium Cs Cs+ CsH CsF CsBr CsI
f aq g f f f
0 −247,7 121,3 −553,5 −394,6 −336,8
85,15 133,1 214,43 92,8 121,3 129,7
0 −281,58 −102,1 −525,5 −382,8 −333,0
75,7 28,1 101,8
64,5 49,5
106,7 19,7 36,01 20,8 29,142 33,0 26,0 99,6
51,1
F Tabellen: Thermodynamische Stoffdaten (Auswahl)
495
Tabelle F.3 (Fortsetzung) 0
0
f G (298)
C p (298)
0 −542,96 −188,7 −1225,91 −795,4 −1432,6 −2021,3 −62,8 −1207,1 −1207,13 −635,5 −1579,0
41,56 −55,2 41,8 68,57 108,4 106,7 193,97 70,3 92,9 88,7 39,7 87,4
0 −553,04 −149,8 −1173,53 −748,8 −1320,5 −1795,8 −67,8 −1128,8 1127,75 −604,2 −1495,4
25,9
g g aq aq g g g g
0 121,01 −167,46 −131,42 87,86 −92,31 −50,79 −158,87
222,96 165,08 55,10 182,0 267,86 186,79 217,84 281,50
0 105,03 −131,17 −10,75 105,04 −95,30 −52,29 −118,90
33,907 21,8
Chrom Cr Cr2 O3 CrO−− 4 HCrO−− 4 Cr2 O−− 7
f f aq aq aq
0 −1128,4 −863,2 −890,4 −1460,6
23,85 81,17 38,5 69,0 213,8
0 −1046,8 −706,3 −742,7 −1257,3
23,4 118,7
Eisen Fe Fe++ Fe+++ Fe3 C FeO FeS Fe2 O3 Fe3 O4 FeS2 , Pyrit FeSO4
f aq aq f f f f f f f
0 −87,9 −47,7 25,1 −272,04 −95,06 −825,5 −1120,9 −177,9 −928,4
27,32 −113,4 −293,3 104,6 60,75 67,40 87,40 145,3 53,1 107,5
0 −84,94 −10,54 20,1 −251,45 −97,57 −743,58 −1017,51 −166,69 −820,8
25,1
Fluor F2 F F− HF
g g aq g
0 78,91 −329,11 −272,55
202,70 158,64 −9,6 173,67
0 61,83 −276,5 −274,64
Gold Au Au Cl− 4 Au (CN)2
f aq aq
0 −325,5 244,3
47,36 255,2 414,2
0 −235,1 215,5
Helium He
g
0
126,05
0
Iod I2 I I2 I− I− 3
f g g aq aq
0 106,85 62,44 −55,94 −51,9
116,14 180,68 260,58 109,37 173,6
0 70,29 19,38 −51,67 −51,51
Stoff
Aggregatzustand
f H (298)
Calcium Ca Ca++ Ca H2 CaF2 CaCl2 CaSO4 , Anhydrid CaSO4 · H2 O CaC2 CaCO3 , Calcit CaCO3 , Aragonit CaO CaSiO3 , α
f aq f f f f f f f f f f
Chlor Cl2 Cl Cl− ClO− 4 Cl2 O HCl ClF ClF3
S (298)
0
0
41,0 67,0 72,9 99,7 62,7 83,5 82,3 42,0
29,12 32,1
105,9 50,5 103,9 143,4 62,2 100,6 31,3 22,7
20,8 20,8
496
7 Anhänge Tabelle F.3 (Fortsetzung) 0
0
0
0
f H (298)
S (298)
f G (298)
aq g g g
−230,1 26,36 17,51 40,88
115,9 206,48 247,46 258,84
−135,6 1,57 −5,72 −22,43
Kalium K K K+ KH KHF2 KF KCl KBr KI K2 CO3 KMnO4 KNO3
f g aq g f f f f f f f f
0 89,16 −251,21 125,5 −927,7 −562,58 −436,68 −393,80 −327,90 −1151,0 −813,4 −492,71
64,67 160,23 102,5 197,9 104,3 66,57 82,55 95,94 106,39 155,5 171,71 132,93
0 60,67 −282,04 105,23 −859,7 −532,87 −408,78 −380,43 −323,03 −1063,5 −713,58 −392,88
Kohlenstoff, Graphit Kohlenstoff, Diamant C C2 CO CO2 CO−− 3 HCO− 3 CF4 CCl4 CCl4 CS2 CS2 COS CN− HCN HCN C2 N2 (Dicyan)
f f g g g g aq aq g fl g fl g g aq fl g g
0 1,90 714,99 831,9 −110,53 −393,52 −676,26 −691,11 −933,20 −139,3 −95,98 87,9 117,07 −138,41 151,0 105,44 135,14 309,07
5,69 2,45 157,99 199,4 197,54 213,69 −53,1 95,0 261,31 214,43 309,70 151,04 237,79 231,47 118,0 112,84 201,72 241,46
0 2,88 669,58 775,9 −137,16 −394,40 −528,10 −587,06 −888,54 −68,6 −53,67 63,6 66,91 −165,64 165,7 121,34 124,71 297,55
8,5 6,1 20,8 43,2 29,166 37,11
Krypton Kr
g
0
163,97
0
20,8
Kupfer Cu Cu++ Cu+ CuO CuCO3 Cu2 S CuSO4 CuSO4 · 5H2 O CuS [Cu(NH3 )4 ]++
f aq aq f f f f f f aq
0 64,39 51,9 −155,85 −595,0 −79,5 −769,9 −2277,98 −48,5 −334,3
33,11 −98,7 −26,4 42,61 87,9 120,9 113,4 305,4 66,5 806,7
0 64,98 50,2 −128,12 −518,0 −86,2 −661,9 −1879,9 −49,0 −256,1
24,4
Lithium Li Li+ LiH LiF
f aq f f
0 −278,45 −90,63 −616,93
29,10 14,2 20,04 35,66
0 −293,76 −68,46 −588,67
Stoff
Aggregatzustand
IO− 3 HI ICl IBr
C p (298)
29,6 20,8
76,9 49,0 51,3 52,3 52,9 114,4 117,6
76,4
76,3
24,8 27,9
F Tabellen: Thermodynamische Stoffdaten (Auswahl)
497
Tabelle F.3 (Fortsetzung) 0
0
S (298)
0
f G (298)
0
Stoff
Aggregatzustand
f H (298)
C p (298)
LiCl ·H2 O Li2 CO3
f f
−712,58 −1215,62
103,8 90,37
−632,6 −1132,36
Magnesium Mg Mg++ MgO Mg(OH)2 MgCl2 MgCl2 · 6H2 O MgCO3 MgSiO3 MgH2
f aq f f f f f f f
0 −461,96 −601,24 −924,66 −641,62 −2499,61 −1112,9 −1548,92 −75,3
32,69 −118,0 26,94 63,14 89,63 366,1 65,7 67,77 31,1
0 −455,97 −568,96 −833,7 −592,12 −2115,60 −1029,3 −1462,07 −35,9
Mangan, α Mn MnO Mn++ MnO− 4
f f aq aq
0 −384,9 −218,8 −518,4
32,01 60ß, 2 −83,7 190,0
0 −363,2 −223,4 425,1
26,3
Natrium Na Na Na+ NaH NaH NaOH ·H2 O NaF NaCl NaBr Na I NaHF2 Na2 CO3 NaHCO3 NaBH4
f g aq g f f f f f f f f f f
0 107,76 −239,66 125,02 −56,3 −732,91 −575,38 −411,12 −361,1 −287,8 −920,3 −1130,77 −947,7 −191,84
51,47 153,61 60,2 187,99 40,0 84,5 51,21 72,12 86,8 98,5 90,9 138,80 102,1 101,39
0 77,30 −261,88 103,68 −33,5 −623,42 −545,09 −384,04 −349,0 −286,1 −852,2 −1048,08 −851,9 −127,11
28,2 20,8
Neon Ne
g
0
146,22
0
20,8
Nickel Ni NiO Ni++ NiSO4 NiSO4 · 6H2 O, blau
f f aq f f
0 −244,3 64,0 −872,9 −2688,2
−29,9 38,58 −159,4 92,0 305,9
0 −216,3 −46,4 −759,7 −2221,7
26,1
Palladium Pd
f
0
37,2
0
Phosphor, rot P P P2 P4 PH3 PCl3 PCl5 POCl3
f g g g g g g g
0 333,86 178,57 128,75 22,89 −271,12 −342,72 −542,38
22,80 163,09 218,03 279,88 210,20 311,57 364,19 325,35
0 292,03 127,16 72,50 25,41 −257,50 −278,32 −502,31
Platin Pt PtCl−− 4 PtCl−− 6
f aq aq
0 −516,3 −700,4
41,8 175,7 220,1
0 −384,5 −515,1
24,9 37,2
75,5 35,4
36,4 46,9 50,5 51,4 52,1 75,0 112,3
138,0
21,2
37,1
498
7 Anhänge Tabelle F.3 (Fortsetzung) f H (298)
0
S (298)
f G (298)
fl g f f
0 61,30 −90,71 −264,93
76,03 174,87 71,96 192,54
0 31,84 −58,91 −210,52
Rubidium Rb Rb+ RbBr RbI
f aq f f
0 −246,4 −389,1 −328,4
76,23 124,3 108,28 118,03
0 −280,3 −376,35 −323,4
Sauerstoff O2 O O3 OH OH− H2 O H2 O H2 O2 HO2
g g g g aq fl g fl g
0 249,19 142,67 39,46 −229,95 −285,84 −241,83 −187,78 10,5
205,03 160,95 238,82 183,59 −10,54 69,94 188,72 109,6 229,0
0 231,77 163,16 34,76 −157,32 −237,19 −228,60 120,35 22,6
Schwefel, rhomb. S S, monoklin S S2 SO2 SO3 H2 SO4 SO−− 3 SO−− 4 S2 O−− 3 H2 S − HS HSO− 3 HSO− 4 SF6
f f g g g g fl aq aq aq g aq aq aq g
0 0,30 278,99 129,03 −296,84 −395,76 −814,0 −624,3 −907,5 −644,3 −2042 −17,66 −627,98 −885,75 −1220,85
31,93 32,55 167,72 228,07 248,10 256,66 156,9 43,5 17,2 121,3 205,65 61,1 132,38 126,86 291,68
0 0,10 238,50 80,07 −300,16 −371,07 −690,0 −497,1 −741,99 −532,2 −33,28 12,59 −527,31 −752,87 −1116,99
Silber Ag Ag+ Ag2 O AgF AgCl AgBr AgI AgNO3 AgCN Ag(CN)− 2
f aq f f f f f f f aq
0 105,90 −30,57 202,9 −127,04 −995,0 −62,38 −123,14 146,19 269,9
42,70 73,93 121,71 83,7 96,11 107,11 114,2 140,92 83,7 205,0
0 77,11 −10,82 −184,9 −109,72 −96,11 −66,32 −32,17 164,01 301,46
Silicium Si SiO2 , Quarz SiO2 , Kristobalit, β SiO2 , Tridymit SiH4 SiF4
f f f f g g
0 −910,86 −905,49 −856,88 +32,64 −1614,94
18,82 44,59 50,05 43,35 204,13 282,14
0 −856,48 −853,67 −802,91 +55,16 −1572,58
Stoff
Aggregatzustand
Quecksilber Hg Hg HgO, rot Hg2 Cl2
0
0
0
C p (298) 20,8 44,1
29,355 21,9 39,2 29,9 75,3 33,577 89,1 34,9 22,6 20,8 32,5 39,87 50,67 138,9
34,23
97,0 25,4
50,8 52,4
44,4
42,8
F Tabellen: Thermodynamische Stoffdaten (Auswahl)
499
Tabelle F.3 (Fortsetzung) f H (298)
0
S (298)
f G (298)
fl g fl f
−687,0 −657,31 −264,0 −71,55
239,32 330,83 277,3 16,48
−619,8 −617,38 −100,1 −69,15
145,3
Stickstoff N2 N N2 O NO NO2 N2 O4 NO− 3 NH3 NH+ 4 NH4 Cl N2 H4 (Hydrazin) NOCl NOBr HNO3 (NH4 )2 SO4 (NH4 )NO3
g g g g g g aq g aq f fl g g fl f f
0 472,65 82,05 90,29 33,10 9,08 −206,56 −45,90 −132,8 −315,39 50,6 51,76 82,13 −174,1 −1179,30 −365,6
191,50 153,19 219,85 210,65 239,92 304,28 146,4 192,60 112,84 94,6 121,2 261,61 273,41 155,6 220,29 151,1
0 455,51 104,16 86,60 51,24 97,72 −110,50 16,38 −79,50 −203,89 149,3 66,11 82,42 −80,7 −900,35 −183,9
29,125 20,8 38,45 29,84 37,2 77,28
Titan, α Ti TiO2 , Rutil TiCl4 FeTiO3
f f fl f
0 −944,75 −804,16 −1207,08
30,65 50,34 252,40 105,86
0 −889,49 −737,33 −1125,08
Uran U UO2 UO+ 2 UO++ 2 UO3 UF6 UF6 UO2 (NO3 )2
f f aq aq f f g f
0 −1129,7 −1035,1 −1047,7 −1263,6 −2163,1 −2112,9 −1377,4
50,33 77,80 50,2 −71,1 98,62 227,82 379,74 276,1
0 −1075,3 −994,2 −989,1 −1184,1 −2033,4 −2029,2 −1142,7
Wasserstoff H2 H H+ D2 D HD OH OH− H2 O H2 O D2 O D2 O HDO HDO
g g aq g g g g aq fl g fl g fl g
0 217,99 0 0 221,68 0,16 39,46 −229,95 −285,84 −241,83 −294,61 −249,21 −290,34 −245,75
130,57 114,61 0 144,78 123,24 143,68 183,59 −10,54 69,94 188,72 75,99 198,23 79,29 199,41
0 203,28 0 0 206,51 −1,64 34,76 −157,32 −237,19 −228,60 −243,53 −234,58 −242,36 −233,58
Wolfram W
f
0
32,66
0
Xenon Xe
g
0
169,58
0
Stoff
Aggregatzustand
SiCl4 SiCl4 Si(CH3 )4 SiC (hexag.) α
0
0
0
C p (298)
26,9
35,06 84,1 98,9
109,9 187,5 139,3
63,6
166,8
28,824 20,8
20,8
75,3 33,577
20,8
500
7 Anhänge Tabelle F.3 (Fortsetzung) f H (298)
0
S (298)
f G (298)
f g aq f f
0 130,50 −152,42 −348,28 −202,9
41,63 160,87 −106,48 43,64 57,7
0 94,93 −147,28 −318,30 −198,3
25,4 20,8
f f f fl f
0 2,5 −286,2 −545,2 −580,7
51,42 44,8 56,5 258,6 52,3
0 4,6 −257,3 −474,0 −519,7
27,0 25,8
Stoff
Aggregatzustand
Zink Zn Zn Zn++ ZnO ZnS Zinn, weiß Sn Sn, grau SnO SnCl4 SnO2
0
0
0
C p (298)
Tabelle F.4 Organische Stoffe 0
0
0
0
Stoff
Aggregatzustand f H (298) S (298) f G (298) C p (298)
Methan CH4 Methyl CH3 Methylen CH2 Ethan C2 H6 Propan C3 H8 n-Butan C4 H10 2-Methylpropan C4 H10 n-Pentan C5 H12 n-Pentan C5 H12 2-Methylbutan C5 H12 2-Methylbutan C5 H12 n-Hexan C6 H14 n-Hexan C6 H14 n-Heptan C7 H16 n-Heptan C7 H16 n-Octan C8 H18 n-Octan C8 H18 2,2,3-Trimethylpentan C8 H18 n-Dekan C10 H22 n-Eicosan C20 H42 Cyclopentan C5 H10 Cyclohexan C6 H12 Ethylen C2 H4 Propylen C3 H6 1-Buten C4 H8 cis 2-Buten C4 H8 trans-2-Buten C4 H8 2-Methyl-2-Propen C4 H8 (Isobuten) 1,3-Butadien C4 H6 Acetylen C2 H2 Methylacetylen C3 H4 Dimethylacetylen C4 H6 Benzol C6 H6 Benzol C6 H6
g g g g g g g g fl g fl g fl g fl g fl g g g g g g g g g g g
−78,87 145,7 390,4 −84,68 −103,85 −124,73 −131,59 −146,44 −173,05 −154,47 −179,28 −167,19 −198,82 −187,82 −224,39 −208,45 −249,95 −220,12 −249,66 −455,76 −77,24 −123,14 52,3 20,42 −0,13 −6,99 −11,17 −16,90
186,15 194,2 194,9 229,49 269,91 310,03 294,64 348,40 262,71 343,00 261,00 386,81 294,30 425,26 326,02 463,67 357,73 425,18 540,53 924,75 292,88 298,24 219,45 266,94 305,60 300,83 296,48 293,59
−50,81 147,9 372,9 −32,89 −23,47 −15,69 −17,99 −8,20 −9,25 −14,64 −15,02 0,21 −381 8,74 1,76 17,32 7,41 17,11 34,43 120,12 38,62 31,76 68,12 62,72 71,50 65,86 62,97 58,07
g g g g g fl
111,92 226,73 185,43 147,99 82,93 49,04
278,74 200,83 248,11 283,30 269,20 172,80
152,42 209,20 193,76 187,15 129,66 124,52
35,31 38,8 33,8 52,63 73,51 97,45
143,09
188,87 254,6
43,56
43,9
81,67 136,3
F Tabellen: Thermodynamische Stoffdaten (Auswahl)
501
Tabelle F.4 (Fortsetzung) 0
0
0
0
Stoff
Aggregatzustand f H (298) S (298) f G (298) C p (298)
Toluol C7 H8 Toluol C7 H8 Ethylbenzol C8 H10 Ethylbenzol C8 H10 o-Xylol C8 H10 o-Xylol C8 H10 m-Xylol C8 H10 m-Xylol C8 H10 p-Xylol C8 H10 p-Xylol C8 H10 Mesitylen C9 H12 Mesitylen C9 H12 Styrol C8 H8 Naphtalin C10 H8 Biphenyl C12 H10 Methanol CH3 OH Methanol CH3 OH Ethanol C2 H5 OH Ethanol C2 H5 OH Glykol (CH2 OH)2 Ethylenoxid C2 H4 O Formaldehyd CH2 O Acetaldehyd C2 H4 O Ameisensäure HCOOH Ameisensäure, dimer (HCOOH)2 Ameisensäure HCOOH Formiat-Ion HCOO− Essigsäure CH3 COOH Essigsäure CH3 COOH Oxalsäure (COOH)2 Oxalat-Ion C2 O−− 4 Hydrogenoxalat HC2 O− 4 Hydrogenoxalat-Ion HC2 O− 4 Dimethylether (CH2 )2 O Aceton (C3 H6 O) Phenol C6 H6 O Tetrafluormethan CF4 Chlormethan CH3 Cl Trichlormethan CHCl3 Trichlormethan CHCl3 Tetrachlormethan CCl4 Tetrachlormethan CCl4 Chlorethan C2 H5 Cl 1,2-Dichlorethan C2 H4 Cl2 Chlordifluormethan CHClF2 Tetrachlorethylen C2 Cl4 1,1,1,2-Tetrachloro-2,2difluoromethan, C2 Cl4 F2 Cyanwasserstoff HCN Cyanwasserstoff HCN
g fl g fl g fl g fl g fl g fl g f f g fl g fl fl g g g g g fl aq fl g fl aq aq aq g fl f g g g fl g fl g fl g fl
50,00 12,01 29,79 −12,47 19,00 −24,43 17,24 −25,44 17,95 −24,43 16,07 −63,51 147,78 77,9 99,4 −201,17 −238,57 −235,31 −277,65 −454,30 −51,00 −115,90 −166,36 −362,63 −785,34 −409,20 −410,03 −487,02 −432,8 −826,76 −824,25 −817,97 −817,97 −185,35 −248,1 −165,1 −933,20 −86,44 −103,18 −131,80 −95,98 −139,33 −105,02 −166,10 −482,6 −50,6
319,74 219,58 360,45 255,18 372,75 246,48 357,69 252,17 352,42 247,36 385,56 273,42 345,10 167,4 209,4 237,65 126,78 282,00 160,67 166,94 243,09 218,66 265,68 251,04 347,69 128,95 91,63 159,83 282,50 120,08 51,04 153,55 153,55 266,60 200,4 144,0 261,31 234,25 295,51 202,92 309,70 214,43 275,73 208,53 280,9 266,9
g g fl
−489,9 135,14 105,44
382,9 201,72 112,84
122,30 114,14 130,58 119,70 122,09 110,33 118,67 107,65 121,13 110,08 117,86 103,89 213,80 −161,88 −166,23 −168,62 −174,77 −322,67 −11,67 −110,04 −133,72 −335,72 −685,34 −346,02 −334,72 −392,46 −374,5 −697,89 −674,88 −699,15 −699,15 −114,22 −155,4 −888,54 −62,95 −70,41 −71,55 53,67 −68,62 −53,14 −80,33
103,64 157,3
165,7 198,4 43,89 81,1 65,44 112,3
123,3 66,5 91,0
64,4 124,7 127,4 40,8 114,2
3,0
143,4
−407,0 124,71 121,34
123,4 70,6
502
7 Anhänge Tabelle F.4 (Fortsetzung) 0
0
0
Stoff
Aggregatzustand
f H (298)
S (298)
f G (298)
Cyanid-Ion CN− Methylamin CH3 NH2 Dimethylamin HN(CH3 )2 Trimethylamin N(CH3 )3 Nitromethan CH3 NO2 Harnstoff CO(NH2 )2 Azetonitril C2 H3 N Azetonitril C2 H3 N
aq g g g fl f g fl
151,04 −28,03 −18,5 −46,02 −89,04 −333,17 87,86 53,14
117,99 241,63 273,17 288,78 171,96 104,60 243,43 144,35
165,69 27,61 68,5 76,73 9,46 −197,15 105,44 100,42
0
C p (298)
70,7
91,4
G Allgemeines zum Konzept des freien Volumens Das freie Volumen eines Fluids ist der freie Raum, der den Molekülen verbleibt, um sich darin wie quasiideale Gasteilchen zu bewegen. Nach der v. d. Waals-Gleichung gilt z. B. für das auf ein Mol bezogene freie Volumen υf ∼ = V −b (b = Eigenvolumen pro Mol). Wir wollen zeigen, wie man υf unabhängig von einem Modell definieren und experimentell zugänglich machen kann. Für die freie Energie F gilt: F =U −T ·S und für ideale Gase mit Bezug auf T0 und V0 : V
F(V, T ) − F(V 0 , T0 ) = U (T ) − U (T0 ) − RT ln
V0
Für reale Fluide führt man statt V jetzt υF ein und addiert eine attraktive Wechselwirkungsenergie ϕ, die nur von V abhängt (z. B. ϕ(V ) = a/V wie bei v. d. Waals). Für die molare freie Energie F des realen Fluids gilt dann formal: F = [F(V 0 , T0 ) − U (T0 ) + U (T )]id.Gas − RT ln
υf V0
− ϕ(V )
Die thermische Zustandsgleichung P(T, V ) ergibt sich dann aus: −
∂F ∂V
= p = RT T
∂ ln υ f ∂V
+ T
dϕ dV
Wir verwenden jetzt unter der Annahme, dass (dϕ/dV ) unabhängig von T ist:
H
Schallgeschwindigkeit in fluiden Medien
503
Tabelle G.1 Daten für Flüssigkeiten (298,15 K) Glyzerin Brom Br2 Hg CCl4 Heptan Cyclohexan Methanol Ethanol Hexanol Benzol
α p · 105
κT · 1011
V · 106
υf · 106
υf V
50 111 20 114 126 115 149 112 86 115
20 60 3,8 105 144 113 124 115 84 96
73 51 15 97 147 109 41 59 125 90
3,3 4,5 15 7,7 9,5 8,2 6,9 8,5 8,1 7,0
4,5 8,8 10,7 7,9 6,5 7,5 16,8 14,4 6,5 7,8
αp = κT
∂p ∂T
= V
∂S ∂V
=− T
∂2 F
=R
∂T ∂V
· 100
1 dυf υ f dV
Um υf aus experimentellen α p - und κT -Daten abzuschätzen, setzen wir als Beispiel dυf /d V = 1 (nach v. d. Waals gilt das korrekt wegen υ F = V − b) und erhalten: αp ∼ R bzw. υf ∼ = =R κT υf
κT αp
(G.1)
υf ist hier das auf 1 Mol bezogene freie Volumen. Tabelle G.1 zeigt einige Daten für Flüssigkeiten bei 298,15 K. α p in K−1 , κT in Pa−1 , V und υf in m3 · mol−1 Man sieht, dass das freie Volumen von verschiedenen Flüssigkeiten zwischen 5% und 15 des Gesamtvolumens liegt. Das ist natürlich nur eine grobe Abschätzung, trifft aber die richtige Größenordnung und zeigt, dass in Flüssigkeiten die Moleküle dicht gepackt sind. Für Wasser funktioniert die Methode übrigens nicht, da die Wassermoleküle im flüssigen Zustand durch H-Brückenbildung hoch strukturiert sind und die einfachen Voraussetzungen, die der Ableitung von Gl. (G.1) zu Grunde liegen, beim Wasser nicht erfüllt sind. Auch die Werte für Glyzerin, Methanol und Ethanol fallen etwas heraus, da hier H-Brückenbindungen ebenfalls eine gewisse Rolle spielen. Das gilt eigentlich auch für Hexanol, aber der Einfluss ist hier nur noch sehr gering.
H Schallgeschwindigkeit in fluiden Medien Die Ausbreitung von Schall beruht auf lokalen und zeitlichen Schwankungen des Druckes p und der Massendichte ρ in einem fluiden oder festen Medium. Zwei grundsätzliche Gleichungen werden zur Beschreibung dieses Vorgangs benötigt. Wir wählen die x-Achse als Ausbreitungsrichtung für den Schall und betrachten
504
7 Anhänge
Abb. H.1 Zur Schallausbreitung in fluiden Systemen (s. Text)
dazu Abb. H.1. Die Kraft (pro Einheitsvolumen) in x-Richtung, die auf ein Volumenelement A · d x wirkt, ist in ihrer Richtung entgegengesetzt dem Gradienten des Drucks.Die Summe der an d V angreifenden Kräfte muss Null sein, denn d V als Ganzes bleibt ja in Ruhe. Wendet man das Newton’sche Kraftgesetz (Kraft = Masse mal Beschleunigung) hier bezogen auf ein Volumenelement des betrachteten Mediums an, so ergibt sich:
∂p ∂x
+ρ t
∂υ ∂t
=0
(H.1)
x
wobei υ die Geschwindigkeit des lokalen Massenelementes im Volumenelement ist. Andere Kräfte, wie Reibungskräfte, werden vernachlässigt. Eine zweite Gleichung sorgt dafür, dass die Masse im Volumenelement erhalten bleibt (Massenbilanzgleichung):
∂ρ ∂t
+ x
∂ [ρ · υ]t = 0 ∂x
(H.2)
d. h., die zeitliche Änderung der lokalen Dichte im Volumenelement A · d x muss durch die Bilanz des Massenflusses ρ · υx+d x − (ρ · υ)x gerade kompensiert werden. Für Änderungen der lokalen Werte von p und ρ gegenüber dem kräftefreien Zustand p0 und ρ0 gilt: p = p0 + p(x, t) ρ = ρ0 + ρ(x, t) Einsetzen in Gln. (H.1) und (H.2) ergibt:
und
∂p ∂x
+ (ρ0 + ρ) t
∂υ ∂t
≈ x
∂p ∂x
+ ρ0 t
∂υ ∂t
=0 x
(H.3)
H
Schallgeschwindigkeit in fluiden Medien
∂ρ ∂t
+ x
505
∂ρ ∂υ ∂ + ρ0 =0 (ρ0 + ρ) · υ ≈ ∂x ∂t x ∂x t
(H.4)
wobei wegen ρ ρ0 der Wert von ρ neben ρ0 in guter Näherung vernachlässigt werden darf. Mit den Gln. (H.3) und (H.4) liegen zwei gekoppelte Differentialgleichungen für die 3 Unbekannten p, ρ und υ vor. Eine weitere Beziehung erhält man aus einem funktionalen Zusammenhang zwischen p und ρ bzw. p und ρ. Um diesen zu erhalten, nehmen wir an, dass Kompression und Dilatation, also ρ( p) unter adiabaten und quasistatischen Bedingungen stattfinden. Das wird umso besser erfüllt sein, je geringer die Störungen p und ρ sind. Das System, das kleinen und kurzzeitigen Schwankungen um die Ruhewerte p0 und ρ0 unterworfen ist, hat keine Zeit, Wärme δ Q mit der Umgebung auszutauschen. Wenn Kräftegleichheit herrscht (Gl. (H.1)) und alle Prozesse nahezu reibungsfrei ablaufen, ist δWdiss = 0 (quasistatischer Prozess). Diese Voraussetzung ist schon in Gl. (H.1) enthalten, wo ja Reibungskräfte in der Kräftebilanz vernachlässigt wurden. Mit anderen Worten: die Schallausbreitung findet in der betrachteten Näherung unter isentropen Bedingungen statt (S = const, d S = 0). Differenziert man Gl. (H.3) partiell nach x und Gl. (H.4) partiell nach t und subtrahiert diese Ausdrücke voneinander, erhält man:
∂ 2 p ∂x2
−
t
∂ 2 ρ ∂t 2
=0
(H.5)
x
Jetzt berücksichtigen wir den isentropen Zusammenhang zwischen p und ρ. Es gilt ja (s. Abschnitt 5.5):
1 κS = − V
∂V ∂p
(H.6) S
wobei κS die isentrope Kompressibilität ist. Für Gl. (H.6) kann man auch schreiben:
∂p ∂ρ
1 κS · ρ
= S
oder wegen der Kleinheit von p und ρ: p ∼ =
1 · ρ κS · ρS
Eingesetzt in Gl. (H.5) ergibt das: 1 κS ρ0
∂ 2ρ ∂x2
= t
∂ 2ρ ∂t 2
x
506
7 Anhänge
wobei wir p = p0 + p und ρ = ρ0 + ρ statt p und ρ schreiben können, da ja p0 und ρ0 konstante Größen sind. Diese partielle Differentialgleichung 2. Ordnung heißt Wellengleichung. Ihre allgemeine Lösung lautet: ρ(x, t) = f 1 (x + cS · t) + f 2 (x − cS · t) wobei f 1 (z) und f 2 ( z) beliebige, mindestens zweimal differenzierbare Funktionen von z = x + cS · t bzw. z = x − cS · t sind. Die Lösung überprüft man durch Einsetzen: 2 2 ∂ 2 f2 ∂ 2 f2 ∂ f1 1 2 ∂ f1 + + = υS κS ρ0 ∂z 2 ∂ z2 ∂z 2 ∂ z2 f 1 und f 2 sind also Schallwellen, denn unter Beibehaltung ihrer funktionalen Abhängigkeit von x verschieben sie sich mit der Geschwindigkeit υS in positiver bzw. negativer x-Richtung. Es gilt also für die Schallgeschwindigkeit υS : υS = (κS · ρ0 )−1/2 in Übereinstimmung mit Gl. (5.25), da M/V identisch mit ρ0 ist.
I Weitere thermodynamische Potentiale Die Gibbs’sche Fundamentalgleichung in integrierter Form lautet entsprechend Gl. (5.48): U (V, S, l j , n i ) = T S − pV +
λjl j +
j
μi n i
i
Davon ausgehend ergeben sich durch Legendre-Transformationen die anderen thermodynamischen Potentiale, die wir bereits kennengelernt hatten: H ( p, S, l j , n i ) = U + pV = U − p F(V, T, l j , n i ) = U − T S = U + T
∂H ∂p ∂F ∂T
S,n i ,l j
V,n i ,l j
+
= F + pV = F − V
∂F ∂V
+
T,n i ,l j
λjl j +
j
G( p, T, l j , n i ) = U + pV −T S = H −T S = H +T
+
∂G ∂T
λjl j +
j
μi n i
i
j
p,n i ,l j
μi n i
i
+ λ j l j+ μi n i
λjl j +
j
i
i
μi n i
I Weitere thermodynamische Potentiale
507
Dieses Verfahren der Legendre-Transformationen lässt sich ohne weiteres fortsetzen. So lassen sich z. B. weitere thermodynamische Potentiale definieren: I (V, S, μi , l j ) = U −
μi n i = T S − pV +
i
K ( p, S, μi , l j ) = H −
i
J (T, V, μi , l j ) = F −
λjl j
j
μi n i = − pV +
i
L(T, p, μi , l j ) = G −
λjl j
j
μi n i = T S +
μi n i =
i
λjl j
j
λjl j
j
Mit dU = T d S − pd V +
μi dn i +
i
λ j dli
i
folgt für die totalen Differentiale: d I = dU −
μi dn i −
i
n i dμi = T d S − pd V −
i
n i dμi +
i
λ j dl j
j
und entsprechend dem bekannten Verfahren: d K = T d S + V dp −
i
d J = −SdT − pd V −
n i dμi +
j
n i dμi +
i
d L = −SdT + V dp −
λ j dl j
λ j dl j
j
n i dμi +
i
λ j dl j
j
für die partiellen Differentialquotienten gilt dann z. B.: ∂J = −S, ∂ T V,μi ,l j ∂J = λj ∂l j T,μi lk= j
∂J ∂V
T,μi ,l j
= − p,
∂J ∂μi
T,μk=i ,l j
= −n i
Das thermodynamische Potential J (T, V, μi , l j ) heißt das große Potential, es spielt in der statistischen Thermodynamik bei der Definition der sog. großkanonischen Gesamtheit (grand canonical ensemble) eine zentrale Rolle.
508
7 Anhänge
Man sieht dieser Verallgemeinerung des Verfahrens der Legendre-Transformation an, dass es noch viele Möglichkeiten gibt, andere thermodynamische Potentiale zu definieren. Nur wenige haben jedoch Bedeutung und praktische Anwendung gefunden. Wir erwähnen noch zwei weitere thermodynamische Potentiale, die sich aus der Entropiedarstellung der integrierten Gibbs’schen Fundamentalgleichung ergeben: S=
μi U p λj +V + lj + · ni T T T T j
U 1 F , V, n i , l j = S − =− T T T U 1 p pV G , , ni , l j = S − − =− T T T T T
i
(Massieu − Funktion) (Planck − Funktion)
Die Funktion wurde schon im Jahr 1869 als erstes thermodynamisches Potential von Massieu eingeführt, von Planck um das Jahr 1885. Beide Funktionen sind Legendre-Transformationen der Entropie. Die Massieu-Funktion spielt in der Theorie der „Thermodynamik der irreversiblen Prozesse“ eine wichtige Rolle. Die totalen Differentiale von und erhält man durch Einsetzen der Gibbs’schen Fundamentalgleichung in der differentiellen Entropie-Form: dS =
λi μi p dU + dV − dn i − dli T T T T i
j
in d = d S − und in dU d = d S − − Ud T
dU − Ud T
1 T
p 1 p − dV − V d T T T
mit dem Ergebnis: μi λi p 1 dn i − dl j + dV − T T T T i j p μ λi 1 i d = −U · d dn i − dl j − Vd − T T T T d = −U · d
i
j
Daraus lassen sich wieder durch Koeffizientenvergleich die partiellen Differentiale von nach 1/T, V, n i und l j bzw. von nach 1/T, p/T, n i , l j sofort angeben, also z. B.
J SI-Einheiten physikalischer Größen und Fundamentalkonstanten
∂ ∂V
1 T
,n i ,l j
=
509
p T
oder
∂ ∂ T1
= −U p T ,n i ,l j
Wir verzichten auf eine vollständige Darstellung, da sie offensichtlich ist. Alle hier erwähnten thermodynamischen Potentiale (I, K , J, L , , ) sind U, S, F und G völlig äquivalent. Sie enthalten alle thermodynamischen Informationen eines gegebenen Systems und aus ihren Ableitungen nach den entsprechenden Variablen können kalorische und thermische Zustandsgleichungen erhalten werden. Alle thermodynamischen Potentiale sind in adäquater Weise geeignet, thermodynamische Gleichgewichtsbedingungen und Stabilitätsbedingungen abzuleiten. So lässt sich, z. B., die Planck-Funktion genauso wie G zur Formulierung der chemischen Reaktionsgleichgewichtsbedingungen verwenden. Sind alle dl j = 0, so ergibt sich: p μ 1 i dn i − Vd − d = −U d T T T i
Wenn jetzt dn i = νi dξ gesetzt wird, folgt bei T = const und p = const: d = −
i
νi 1 ∂G 1 μi · dξ dξ = − νi μi dξ = − T T T ∂ξ p,T
Da (∂G/∂ξ )T, p = 0 im chemischen Gleichgewicht ist, gilt auch d1/T, p/T = 0 bzw. (∂/∂ξ )1/T, p/T = 0.
J SI-Einheiten physikalischer Größen und Fundamentalkonstanten SI-Einheiten für physikalische Größen und Fundamentalkonstanten sind nach internationaler Übereinkunft verbindlich für die wissenschaftliche Literatur und Lehrbücher. Dennoch finden sich, vor allem in der älteren Literatur, auch nicht mehr zulässige Einheiten. Neben den SI-Einheiten sind daher nachfolgend auch Umrechnungsfaktoren für nicht mehr gebräuchliche Einheiten angegeben. Temperatureinheit 1 Kelvin (K), statt der Kelvinskala ist auch die Celsius-Skala zulässig: T (K) = ϑ(◦ C) − 273, 15.
510
7 Anhänge
Zeiteinheit Eine Sekunde (s) Längeneinheit Ein Meter (m). Entsprechend sind Flächen in m2 und Volumen in m3 anzugeben. Zulässig sind auch: 1 Zentimeter (cm) = 10−2 m, 1 Millimeter (mm) = 10−3 m, 1 Micrometer (µm) = 10−6 m, 1 Nanometer (nm) = 10−9 m, 1 Kilometer (km) = 103 m. Masseeinheiten Das Kilogramm (kg). Zulässig sind auch: 1g = 10−3 kg, 1 mg = 10−6 kg, 1 µg = 10−9 kg, 1 ng = 10−12 kg, 1 Tonne = 103 kg. Mengeneinheiten Die Einheit ist das Mol (mol). 1 mol enthält NL (Lohschmidt-Zahl, auch AvogadroZahl genannt) = 6, 022 · 1023 Teilchen (Atome, Moleküle, Ionen). Elektrische und magnetische Einheiten Elektrische Ladung: 1 Coulomb (C) elektrische Spannung: 1 Volt (V) = 1 C · kg · m · s−2 elektrische Feldstärke: 1V · m−1 elektrische Stromstärke: 1 Ampere (A) = C · s−1 elektrische Stromdichte: 1 C · s−1 · m−2 = 1 A · m−2 elektrischer Widerstand: 1 Ohm () = 1 V · s · C−1 magnetische Feldstärke: 1 Tesla (T) = 1 kg · C−1 · s−1 Kraft und Druck Krafteinheit: 1 Newton (N) = 1 kg · m · s−2 Druckeinheit: 1 Pascal (Pa) = 1 N · m−2 , zulässig ist auch: 1 bar = 105 Pa Energie 1 Joule (J) = 1 kg · m2 · s−2 = 1 Pa · m3 = 1 A · V · s. Zulässig sind auch: 1 Kilojoule (kJ) = 103 J, 1 Microjoule (µJ) = 10−6 J. Leistung Watt (W) = 1 J · s−1 = 1 · A · V. Zulässig ist auch: 1 Kilowatt (kW) = 103 W. Umrechnungsfaktoren 1Å
1 atm
1 torr
1 cal
1 kWh
1 eV
10−10 m 1,01325· 133,32 Pa 4,184 J 3600 kJ 1,60218· 10−19 J 105 Pa
1 Liter (L)
1 Stunde (h)
10−3 m3 3600 s
K
Ergänzende und weiterführende Literatur
511
Wichtige Fundamentalkonstanten Größe
Symbol
Lichtgeschwindigkeit c Elementarladung e Faraday-Konstante F = NL · e Boltzmann-Konstante kB Gaskonstante R = NL · k B Planck’sches Wirkungsquantum h Lohschmidt-Zahl NL Stefan-Boltzmann-Konstante σSB Gravitations-Konstante G
Zahlenwert
Einheit
2,99792 · 108 1,602176 · 10−19 96485 1,30807 · 10−23 8,3145 6,62608 · 10−34 6,02214 · 1023 5,6705 · 10−8 6,673 · 10−11
m · s−1 C C · mol−1 J · K−1 J · mol−1 · K−1 J·s mol−1 W · m−2 · K−4 N · m2 · kg−2
K Ergänzende und weiterführende Literatur Die folgende Liste enthält eine Auswahl von Büchern, die die allgemeine Thermodynamik behandeln mit Betonung der phänomenologischen Grundlagen. Bücher, die ausschließlich oder ganz überwiegend statistische Thermodynamik oder irreversible Thermodynamik zum Thema haben, sind hier nicht aufgeführt.
Klassiker der chemischen und allgemeinen Thermodynamik • Prigogine I, Defay R (1954) Chemical thermodynamics. Longmans Ein exzellent geschriebenes Standardwerk, das das Wissen seiner Zeit umfasst und bereits den Begriff der Entropieproduktion mit einbezieht. Manche der „Topics“ sind allerdings veraltet und nicht mehr aktuell. • Guggenheim EA (1967) Thermodynamics. North-Holland Publishing Company Sehr klare Diskussion der Grundlagen. Enthält auch gleichzeitig grundlegende Aspekte der statistischen Thermodynamik und knappe Kapitel über Wärmestrahlung und Thermodynamik in äußeren Feldern sowie eine kurze Einführung in die irreversible Thermodynamik • Callen HB (1985) Thermodynamics and introduction to thermostatics. John Wiley + Sons Sorgfältige und kompetente Darlegung der Grundlagen mit Übungsaufgaben. Betont die Bedeutung der Gibbs’schen Fundamentalgleichung. Enthält auch Kapitel zur statistischen und irreversiblen Thermodynamik. • Haase R (1956) Thermodynamik der Mischphasen. Springer Eine umfassende Darstellung der Mischphasenthermodynamik, die alles enthält, was Grundlegendes zu diesem Thema zu sagen ist. Auch heute noch eine wichtige Quelle der Information. • Münster A (1968) Chemische Thermodynamik. Verlag Chemie Ein kurzgefasstes Lehrbuch, aber auf hohem Niveau. Enthält vor allem eine sehr gründliche Entwicklung der phänomenologisch-theoretischen Grundlagen.
512
7 Anhänge
Grundlagenbücher • Levine IN (2003) Physical chemistry, 5th edn. McGraw-Hill Allein die Hälfte des Buches ist der phänomenologischen Thermodynamik gewidmet. Die Darstellung ist klar, korrekt und gut verständlich, ergänzt durch viele nützliche Übungsaufgaben. Empfehlenswert für Anfänger. • Kortüm G, Lachmann H (1981) Einführung in die chemische Thermodynamik, Verlag Chemie Ein Lehrbuch mit Einführungscharakter, aber dennoch einer recht detaillierten Behandlung. Gut zum ernsthaften Studium der Grundlagen geeignet. Enthält auch einen kurzen, separaten Abschnitt über statistische Thermodynamik. • Kondepudi D, Prigogine I (1998) Modern thermodynamics. John Wiley + Sons Ein didaktisch gut aufbereitetes Lehrbuch für Anfänger, das sich auf die wesentlichen Aspekte konzentriert und auch eine Einführung in die lineare irreversible Thermodynamik bietet sowie neuere Ergebnisse zu nichtlinearen Systemen vorstellt. • Weingärtner H (2003) Chemische Thermodynamik. Teubner Behandelt in klarer, aber recht knapper Form die Grundlagen der chemischen Thermodynamik. Gut geeignet als Begleiter für Vorlesungen. Kombiniert phänomenologische und molekularstatistische Grundlagen. • Schreiter W (2010) Chemische Thermodynamik. de Gruyter Ein Buch mit Schwerpunkt auf Übungen und Aufgaben für Anfänger, die einen recht weiten Anwendungsbereich abdecken. Tiefergehende und systematische Grundlagen der Thermodynamik werden nicht vermittelt.
Schwerpunkte Verfahrenstechnik und technische Thermodynamik • Prausnitz JM, Lichtenthaler RN, de Azevedo EG (1998) Molecular Thermodynamics of Fluid Phase Equilibria. Prentice Hall PTR Gut lesbares und didaktisch wertvolles Buch. Konzentriert sich im Wesentlichen auf Phasengleichgewichte und deren Anwendung. Geschickte Kombination von phänomenologischer und molekularer Interpretation. Enthält gute Übungsaufgaben. • Hahne E (1992) Technische Thermodynamik. Addison-Wesley Ausführliche Darstellung der verfahrenstechnischen Grundlagen der Thermodynamik mit vielen Beispielen und Übungsaufgaben aus dem Bereich der technischen Thermodynamik. • Stephan K, Mayinger F (1988) Thermodynamik. Springer, 2 Bände: I. Einstoffsysteme, II. Mehrstoffsysteme und chemische Reaktionen. Standardwerk der Thermodynamik für Verfahrensingenieure. Enthält zahlreiche Aufgaben mit Lösungen aus dem Bereich der Verfahrenstechnik. • Gmehling J, Kolbe B (1992) Thermodynamik. Verlag Chemie Klar strukturiertes Buch, das sich vor allem der Berechnung von Phasengleichgewichten mit Gruppenbeitragsmodellen widmet. Enthält auch Beispielrechnungen.
K
Ergänzende und weiterführende Literatur
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• Pfennig A (2004) Thermodynamik der Gemische. Springer Ein informatives Buch mit Betonung auf thermischen Zustandsgleichungen und sog. G E -Modellen, wie sie vor allem Chemieingenieure benötigen. Enthält Übungsaufgaben zum Thema und nützliche zusammenfassende Tabellen.
Schwerpunkt Biochemie • Klotz IM, Rosenberg RM (2000) Chemical thermodynamics. Wiley + Sons Vermittelt recht ausführlich allgemeine Grundlagen mit Betonung auf wässrigen Lösungen und biochemischen Aspekten. Es wird bevorzugt von der Planck’schen Funktion Gebrauch gemacht. • Alberty RA (2003) Thermodynamics of biochemical reactions. Wiley Grundlagen in Kurzform werden vorangestellt. Der Inhalt konzentriert sich auf wässrige Systeme mit biochemischen Reaktionen, die teilweise sehr ausführlich behandelt werden. Enthält auch reichhaltiges Datenmaterial und Rechenprogramme zur biochemischen Thermodynamik. • Haynie DT (2008) Biological thermodynamics. Cambridge University Press Ein elementares Buch, das einen Überblick über biochemische Systeme gibt. Gut geeignet zum Nachschlagen, weniger zum quantitativen Verständnis der biochemischen Thermodynamik.
Schwerpunkt Physik • Kluge G, Neugebauer G (1994) Grundlagen der Thermodynamik. SpektrumVerlag Gutes Lehrbuch in konzentrierter Darstellung. Betont den Standpunkt der Physik. Bringt Aufgaben und Beispiele aus diesem Bereich. Enthält auch ein relativ langes Kapitel zur irreversiblen Thermodynamik. Phänomenologische und statistische Thermodynamik wird teilweise simultan vermittelt. • Müller I (1994) Grundzüge der Thermodynamik. Springer Eine sehr individuelle und originelle Behandlung des Themas mit interessanten Beispielen aus verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen. Betont die physikalischen und verfahrenstechnischen Grundlagen. Enthält auch Kapitel zur statistischen Thermodynamik.
Schwerpunkt: kondensierter Zustand • Rowlinson JS, Swinton FL (1982) Liquids and liquid mixtures. Butterworths Hervorragende Behandlung der phänomenologischen Thermodynamik des flüssigen Zustands einschließlich einer recht ausführlichen Diskussion von Phasengleichgewichten in Mischungen. Enthält auch einen Abschnitt über Flüssigkeits-
514
7 Anhänge
struktur und statistische Mechanik des flüssigen Zustands, der allerdings etwas veraltet ist. • Stolen S, Grande T (2003) Chemical thermodynamics of materials. John Wiley + Sons Informatives, aber recht spezifisches Lehrbuch zur Thermodynamik von flüssigen und vor allem festen Systemen mit Hinblick auf die Materialwissenschaften. Enthält auch Diskussionen vom Standpunkt der Molekularstatistik aus. Sporadisch werden auch Grenzflächenphänomene mitbehandelt.
Sachverzeichnis
A Absorptionskoeffizient, 422–423, 438, 473 Adiabaten, 188, 206 Adiabatengleichung, 190, 342–343, 350, 365–369 Adiabatenkoeffizient, 269, 273, 277, 386, 411, 452 Adiabatisch-reversibel, 264–265, 273, 337, 390 Aggregatzustand stabil, 135 Airbag, 11 Akkretion, 147–148 Albedo, xxi, 425–426, 463–464 Aluminiumdraht, 89–90 Ammoniak, 125, 155 Antiteilchen, 467–468 Antoine-Gleichung, 310, 371 Arbeit, xxiii, 109–112, 116–117, 121, 143, 150, 160, 175, 180, 188, 197, 199, 206–207, 213–217, 219, 259, 261, 277, 285, 294–295, 297, 302, 320, 327, 339–340, 352–353, 369, 390, 392, 417, 435, 453–454, 458–459, 481 dissipiert, 112, 115–116, 212–215, 217, 226, 256, 332, 370, 384, 458–459 quasistatisch, 190, 214, 341, 354, 416 Arbeitskoeffizient, 111, 188, 204, 215 Arbeitskoordinate, xxii, 111, 215, 221, 232, 279 Arbeitsprozess isobar quasistatisch, 191 Argon, 18 Bestimmung, 156 Argon in der Luft, 17 Aufheizung Raum, 259 Ausdehnungskoeffizient linear, 97
thermisch, xxiii, 57, 74–75, 79, 84, 91, 93–96, 208–209, 234, 307, 342, 356, 373 Ausflussfunktion, 267, 269, 337 Ausströmungsprozess, 264–265 Azeton, 70, 492–493 B Benedikt-Webb-Rubin-Gleichung, 101–102 Benzen, 158–159 Benzindämpfe, 25 Benzoesäure, 133, 346–347 Bernoulli-Gleichung, 270–271, 333, 402–403 Bildungsenthalpie, 139, 142, 164, 167, 169, 183, 252, 346–347, 380, 396, 493 Bimetall-Münze, 85 Bimetallthermometer, 96 Binnendruck, 59 Binominaltheorem, 43 Binominalverteilung, 45–46 Biogasreaktor, 151 Blei, 20–21, 165, 176–177, 494 Bleigießen, 165 Bombardierkäfer, 327, 329 Bombenkalorimeter, 131, 133, 161 Born-Haber’scher Kreisprozess, 138, 140 Bornitrid, 249 Brennwert, 136–138 C Carnahan-Starling-Gleichung, 77, 303, 332, 381 Carnot’scher Kreisprozess, 195, 326 Carnot-Kühlmaschine, 198, 200 Carnot-Maschine, 197–200, 217, 298, 324–327, 352 Carnot-Prozess, 198, 200, 206–207, 298, 324, 353, 469, 482 Carnot-Wärmepumpe, 198, 200
A. Heintz, Gleichgewichtsthermodynamik, Springer-Lehrbuch, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011 DOI 10.1007/978-3-642-16890-1,
515
516 Chloroform, 70, 167 Chondrit, 456 Clapeyron’sche Gleichung, 246, 250, 308, 316, 372, 405, 490 Clausius-Clapeyron’sche Gleichung, 247, 372, 374–375, 379–380, 392, 400, 464, 491 Clement und Desormes, 386, 388 CO2 , 3, 24–25, 60, 67, 101–102, 106, 132–133, 136, 151–153, 159, 162, 164, 170–171, 182–184, 247–248, 286, 288, 347, 359–360, 386, 491, 493 Cyclohexan, 158–159, 303–304, 306, 492, 500, 503 Cyclohexen, 158–159 D Dampfdruck, 10, 22, 25, 125, 142, 180, 240, 302, 309–311, 313, 329, 331, 346, 361, 372, 379–380, 399, 433–434, 463–464, 491 Dampfdruckkurve, 243–244, 246–248, 250–251, 278, 306–307, 309, 378, 405 Dampflokomotive, 180 Dampfphase, 60, 241, 302, 311, 373 Dampfstrahlrakete, 330 Daten kritisch, 67, 304, 491 Dewar-Gefäß, 145, 167 Diamant, 249, 254–255, 376–377, 496 Diatherm, 113, 128 Dichte mittlere, 19–20, 22, 84, 92–93, 313, 350 Dichteschwankungen, 322 Diesel-Motor, 293, 295, 297 Dieterici-Gleichung, 86–87 Differential total, 32, 35, 37, 41, 55, 68, 110, 113, 118–119, 222, 228, 253, 280, 490 vollständig, 39–40, 49, 110, 112–113, 476 Differentialkoeffizient partiell, 29, 227 Dissoziationsenergie, 139 Druck konstant, 118–119, 126 Druck-Virialkoeffizient Volumen, 103 Druckabhängigkeit, 124, 154, 174, 208, 255 Druckkoeffizient thermisch, xxiii, 56, 76, 79 Düsenstrahl, 265 E Edukt, 130, 132, 136, 165, 183 Eisen, 26, 153, 170, 345, 407, 423, 456, 495
Sachverzeichnis Eisenbahnschienen, 89–90 Eisenmeteorit, 153 Eiskalorimeter, 145–146 Elektrolytlösung, viii, 241 π -Elektronen Delokalisierungsenergie, 158–159 Elektronenaffinität, 139 Emission, 25, 182, 407, 421 Emissionskoeffizient, 422–423, 430–431, 473 Endotherm, 126, 163, 169 Energie freie, xxi, 72, 220, 222–223, 225, 280, 365, 414, 502 innere, xxii, 3–5, 72, 109, 113–114, 121, 126, 138, 147–150, 173, 175, 188, 190, 221–222, 227, 238, 263, 272, 274, 293, 311, 345, 364, 371, 384–385, 409, 411, 413, 445, 454, 468, 471, 485–486 Energieänderung innere, 343 Energiedichte, 408–409, 412–413, 417, 419, 422, 466 Energieeffizienz, 299 Energieerhaltung, 113, 173 Energieträger fossil, 170 Enthalpie, 118–119, 121, 126–127, 129–130, 135–136, 138–139, 144, 159, 161, 165, 170, 174 freie, xxi, 72, 220, 222–223, 238, 252, 414 partiell molar, 119, 126, 172 Enthalpieänderung, 119, 128, 139, 154, 165, 254, 318, 356–357, 388, 400 Entropie, 3, 5, 40, 123, 200–201, 204–206, 208–209, 211, 217, 219–222, 231, 246, 249, 252, 256, 280, 365, 388, 394, 414, 417, 445, 448, 451–454, 468, 471, 475, 477, 479, 485–486, 493, 508 Maximierung, 271 Entropieänderung, vii, 218–219, 254, 272, 355, 357, 370, 388, 401, 449, 454, 471 Entropieerzeugung, 219, 460 Entropieproduktion, 217–219, 325, 338–339, 394, 400, 448, 458–459, 511 differentielle, 187 innere, vii Entsorgung CO2 , 101 Erdatmosphäre, 24, 106, 182, 278, 419 Erdbeschleunigung, 24, 27, 78, 84, 98, 214, 226, 274, 302, 358
Sachverzeichnis Erde, 2, 19–20, 22, 103–105, 147–149, 151, 153, 214, 220, 226, 276, 278, 415, 423–426, 433, 437, 439–440, 444, 451, 455, 458, 463, 472–473 Erdgas, 24, 170–171, 183 Erdgeschichte thermodynamisches Szenario, 104, 106 Erdkruste, 24, 84, 144, 149 Erdoberfläche, 22, 24–25, 84, 105, 313, 424–425, 458 Ethanol, 137–138, 159, 250, 503 Euler’sche Gleichung, 34–35, 47, 68, 114, 227, 280 Exotherm, 126, 142, 144–145, 167–169, 173, 183 Experiment Joule-Thomson, 174 Exponenten kritisch, 320, 322 Exzessenthalpie, 126–127, 163, 178 molar, 127, 163, 179 partiell molar, 126–127 F Faktor integrierender, 39 Feld elektrisch, viii, 3 magnetisch, viii, 3 Feldspat, 144 Feldstärke elektrisch, 510 magnetisch, 510 Festkörper, 58, 120, 123–126, 141, 209, 345, 354, 356 Fixierung chemisch, 182 Flachkollektor, 430 Flammentemperatur, 183, 185 Flugbahn parabelförmig, 289 Fluktuationstheorie, 485 Fluss viskoser, 338 Flüssiggas, 302, 434 Flüssigkeit inkompressibel, 88, 270–271, 333 Flüssigkeitsausdehnung, 92, 94 Flüssigkeitsthermometer, 9 Flusswasser, 351 Freiheitsgrad, 142 Fundamentalkonstante, 509, 511
517 Funktion homogen, 34–35, 38, 47, 49, 55, 68–69, 114, 119, 206 Funktion 1. Ordnung, 55, 206 G Galilei-Thermometer, 91–92 Gangkorrektur thermisch, 98 Gas ideal, 8, 57, 120, 132, 190, 199–200, 206, 225, 232–233, 254, 265, 277, 344, 367, 382, 385, 388, 479, 502 Gasgesetz ideales, 5 Gaskonstante allgemeine, 8 Gasmischung, 8 real, 72–73, 82 Gasnebel, 415, 429 Gasphase, 60, 129, 132, 139, 240, 243, 310–312, 346–347, 372, 380 Gasthermometer, 8–9, 14, 200 Gay-Lussac, xxiii, 117, 120–121, 209–210, 359, 454 Gemische Ethanol+Wasser, 137–138 Gesamtsystem, 2, 255–256, 273, 369, 409, 415, 448, 454–455, 479, 487–488 Gestein, 144, 147–149 Gewichtsbruch, xxiii, 4, 10–11 Geysir, 312–313 Gibbs’sche Fundamentalgleichung, 227, 237, 256, 279, 468, 506 Gibbs’sches Phasengesetz, 4, 236, 239–240, 382–383 Gibbs-Duhem-Gleichung, 228, 382–383 Gibss-Helmholtz-Gleichung, 230, 252, 254 Glühlampe, 320, 353, 435, 437 Gleichgewicht materiell, 238 mechanisch, 238 thermisch, 5–6, 116, 200, 238 Gleichgewichtsbedingung hydrostatisch, 88 Glyzin, 161–162 Graphit, 132, 157, 170–171, 249, 254–255, 376–377, 496 Gravitationsenergie, 173 Gravitationsfeld, viii, 3, 276 Grenzflächenphänomen, viii
518 Größe extensiv, 5–6, 280 intensiv, 6, 72, 111, 227 molare, 4–5 molare partielle, 229 Grönland, 153 Grundgleichung hydrostatisch, 277 Guggenheim, 65, 107, 323 H Halbwertszeit, 177, 429, 459 Hauptsatz erster, vi, 6, 130, 133–134, 217, 257, 294, 384, 477 nullter, 6, 200, 477 zweiter, vii, 187, 217, 220, 444, 449, 458, 469–470 Hauptsatz der Thermodynamik erster, 6, 108, 113–114 nullter, 5–6 zweiter, 6, 186–187 Hawking-Strahlung, 444, 470 Hebelgesetz, 16, 243 Heißluftballon, 78 Heißluftmaschine, 392 Heizung Gas, 299–300 Öl, 299–300 Strom, 299–300 Heizwert, 136–138 Helium, 269, 312, 441–442, 495 Helmholtz’sche Gleichung, 230 Hess’scher Satz, 134, 144 Hexan, 82–83, 503 Hintergrundstrahlung kosmisch, 415–416, 455, 470 Hochvakuum, 11 Höhenformel barometrisch, 24, 465 Hydrazin, 164 I Impulserhaltungssatz, 174, 330 Infrarot Fotografie, 449 Kamera, 449–451 Integrationsweg, 30, 126, 345, 476 Inversionskurve, 122, 211, 362, 482–485 Ionenkristall, 138–140 Ionenplasma, 452 Ionierungsenergie, 138 Isenthalpe, 122
Sachverzeichnis Isentrop, xxiii, 202, 211–212, 221, 233, 265, 273–274, 277, 282, 337–338, 390, 451–452, 466, 470, 505 Isochor, 115, 193–195, 293–298, 349, 354, 466 Isolierung thermisch, 112 Isothermen, 8, 60, 188 J Joule-Prozess, 389, 392 Joule-Thomson-Prozess, 263, 360–361 Jupiter, 426, 437, 439, 466–467, 472–473 K Kaffee selbstwärmend, 168–169 Kalium, 161 Kanonenkugel, 286–288 Kautschuk, 278–285 Kelvin-Skala, 7–8, 10 Kirchhoff’sches Strahlungsgesetz, 422–423 Koeffizient Gay-Lussac, xxiii, 117, 209–210, 359 Joule, 117 Joule-Thomson, 122 kritisch, 61, 86–87 Kollektor fokussierend, 431, 433 Kombinatorik, 43 Komponente freie, 241 Kompresse selbstkühlend, 168–169 Kompressibilität, 376 adiabatisch, 342 isentrop, xxiii, 211–212, 233, 265, 466, 505 isotherm, xxiii, 56–57, 79, 89, 234, 316, 342, 354, 377 Kompressionsvolumen, 295 Kompressor, 291 Kontinuitätsgleichung, 266, 336, 402 Konvektionsbewegung, 277 Konzentration molale, 5 molare, 4, 24, 89, 102 Korrespondierende Zustände Prinzip, 106–107, 320, 322 Kräftegleichgewicht, 23, 105, 274, 319, 392–393, 400, 438 statisch, 212, 214 Kraft elektromotorisch, 111 Kraftwerk, 299, 351
Sachverzeichnis Kreisprozess, 30, 138–139, 195, 197–200, 202, 206–207, 291–294, 297, 324–326, 353–354, 394, 480–481 Carnot, 206–207, 216, 324, 480–481 Diesel, 295 Otto, 293–295 reversibel, 353–354 Stirling, 297 Kristall ideal, 281 Kugel schwingend, 273 Kühlmaschine, 198 Kühlschrank, 198, 352–353 Kühltemperatur, 312 Kupfer, 355, 423, 496 L Ladung elektrisch, 111 Lager geothermisch, 352 Lagrange’scher Multiplikator, 40, 43, 50 Lambert-Beer’sches Gesetz, 89 Laval-Düse, 269, 335–337 Legendre-Transformation, vii, 36–38, 48, 232–233, 235, 280, 382, 489, 506–508 Leistungsziffer, 198 Lichtausbeute, xxiv, 435, 437 Lichtintensität, 418, 421–422, 424 Lohschmidt-Zahl, xxii, 3, 510–511 Lord Kelvin, 204, 480 Lösungsenthalpie, 172, 177–178 Luftpumpe, 291 M Masse reduziert, 174 Massenbilanzgleichung, 504 Massenbruch, 4 Massendifferenzierung, 147, 149–151 Massenfluss, 265, 269, 330, 402, 504 Massieu-Funktion, 508 Maxwell-Konstruktion, 241–242, 304–305, 321, 381 Maxwell-Relation, 34 Meeresspiegel, 22, 88, 375 Meerwasser, 22, 88, 101, 350 Dichte, 21, 23, 101 Meerwasser-Kompressibilität, 88 Metalldraht, 278, 281–285 Metallfaden, 99–100 Metastabil, viii, 254, 314, 400 Methan-Blase, 350
519 Methanol, 405–406, 492–493, 501, 503 Minto-Rad, 301–302 Mischung molare Energie, 114 Mischungstemperatur, 162 Mischvirialkoeffizient, 73, 82 Molalität, xxii, 5, 10, 18, 91 Molalitätsskala, 90 Molarität, xxi, 4, 10, 74 Molenbruch, 4, 10, 18 Molwärme, xxi, 3, 115, 117, 119, 123–125, 142, 153–155, 165, 167–168, 177, 183–184, 252, 254, 288, 307, 310, 329, 345, 350–351, 355–356, 359–360, 364, 370, 492–493 N Nachtsichtgerät, 451 Nahrungsmittelindustrie, 314 Natriumazid, 11 n-Butan, 250, 492–493, 500 Nenner integrierende, 38–40, 48, 201–203, 477, 479 Neon, 10, 81–82, 497 Newton’sches Gravitationsgesetz, 147 Nichtgleichgewicht, 220–224, 226, 271–272, 423 O Oberfläche pV T , 111–112, 190, 192, 243–244, 249, 251, 307 Oberflächenarbeit, 215–216 Oberflächentemperatur, 424, 426, 429, 451, 463–464, 472–473 Otto-Motor, 293, 295, 297 Ozon Zersetzung, 166 P Paarbildung, 467 Parameter innerer, 221–223 Peltier-Element, 128 Pendelgleichung, 98 Pendeluhr, 98 Pfaff’sche Differentialform, 38, 475 Phase denaturiert, 314, 316 flüssige, 60, 241, 243, 247–249, 302, 307, 309, 311 naturiert, 314, 316 2-Phasenbereich, 60, 243–244, 303
520 2-Phasengebiet, 251, 307, 322 Phasenübergang, 60, 243, 245 Phasendiagramm, 247, 249 Bornitrid, 249 H2 O, 247, 317 Hochdruck, 248 Kohlenstoff, 249 Phasengesetz, vii, 241, 382 Phasengleichgewicht, viii, 236, 241–243, 246, 249, 254–255, 303, 305–307, 315, 321, 381, 405, 512–513 Dampf-Flüssig, 305 Phasengrenze, 2, 248, 250, 255 Phasenumwandlung, 241, 245, 249, 378 Phasenumwandlung 1. Ordnung, 245, 250 Photonen, 407–412, 414–419, 422, 437–438, 452–453, 466–467, 471 Photonengas, 408–409, 412–417, 419–422, 451–456, 465–466, 468–469 Druck, 409, 411–412 Expansion, 453, 455 Planck’sche Strahlungsformel, 456 Planck’sches Wirkungsquantum, 511 Planck-Funktion, 508–509 Planet, 147–149, 151 Planetenatmosphäre, 276 Polypropylen, 182 Polytropenkoeffizient, 193, 350 Potential chemisch, xxiii, 227, 229, 238, 241, 245, 254–255, 257, 272–273, 304, 381, 414, 468 großes, 507 thermodynamisch, 227, 230, 232, 489, 506–508 Produkt, 118, 130, 132, 136, 142, 144, 165, 183–184 Propylenoxid, 182–183 Protein, 314–315 Prozess adiabatisch, 194, 199, 287, 298, 343, 416, 451 adiabatisch-reversibel, 287 Carnot, 298 irreversibel, vii, 112, 187, 212, 214, 216, 218–219, 221, 223, 227, 289, 448, 454 isenthalp, 121 isentrop, 202 isobar, 191, 195, 283 isobar quasistatisch, 348 isochor, 195 isodynamisch, 283 isotherm, 298
Sachverzeichnis Joule-Thomson, 118, 121–122 polytrop, 192, 194 quasistatisch, 110, 113, 121, 213, 326, 343, 348, 505 reversibel, vii, 188, 191–192, 202, 212, 217, 219, 282, 350, 388, 470 Stirling, 298 Punkt kritisch, 60–61, 66–67, 75–76, 86, 243–244, 247, 250–251, 304, 307, 320–322, 365–366, 405 Q Quarz, 10, 172–173, 356–357, 498 Quasistatisch, 188, 192, 216–217, 236, 454, 505 Quecksilber, 9–10, 57, 99–100, 145–146, 155, 342, 498 Quecksilberthermometer, 428–429 R Raketengleichung, 330 Raumheizen, 299 Reaktion endotherm, 130 exotherm, 130 Reaktionen mineralisch, 144, 172 Reaktionsenthalpie, 129, 132, 134, 142–145, 159, 166, 168–169, 172, 182–183, 185 differentiell, 130 exotherm, 142, 168, 183 freie, 252 integral, 130–131 molar, 130, 142, 164, 166, 169, 173, 183 Reaktionsgleichgewicht, viii, 226, 239–241, 383 Reaktionslaufzahl, 129, 133 Redlich-Kwong, 80 Redlich-Kwong-Gleichung, 66–67, 77, 81, 101, 303, 364 Reduktion CO2 , 151 Reibungskoeffizient, 180, 182 Reibungskraft, 180, 182, 214, 324, 334 Reibungsverlust, 97, 289, 326–327 Reibungswiderstand, 289 Reversibel, 111, 188, 214, 219, 385, 401 Rotationsenergie, 148–149, 175–176 S Saturn, 20, 426, 439–440, 466–467, 472–473 Saturn-Mond Titan, 20 Saugtrichter, 402
Sachverzeichnis Sättigungsdampfdruck, 8, 25, 278, 312–313, 375, 379 Säugetier, 473 Schallgeschwindigkeit, xxii, 97, 211–212, 268–269, 330, 335, 337–338, 358–359, 361–362, 394–395, 465–466, 503, 506 Schießpulver, 164–165 Schmelzdruckkurve, 243–244, 246–249, 318 Schmelzpunkt, 7, 57, 149, 161, 376, 378, 400, 405, 433, 436, 456–457 Schmelzvolumen, xxii, 249, 318, 392 Schnellkochtopf, 398–399 Schwarz’scher Satz, 33 Schwarzes Loch, 444–446, 448–449, 470–471 Schwarzpulver, 287 Schwingung harmonisch, 275 Schwingungsdauer, 98–99 SI-Einheit, viii, xxi, 27, 81, 94, 367, 509 Siedetemperatur, 245, 345, 362, 373, 375, 441, 491 Solarkraftwerk, 433, 459 Sonnenlichtkollektor, 430 Sonnensegel, 437–440 Spannung elektrisch, xxiv, 91, 111, 115, 510 Sprengstoff, 141–143, 164, 286 Stabilität, vii, 15, 85, 142, 232–233, 235–236, 278, 313–314 Stabilitätsbedingung, 57, 233–234, 382, 485, 488–489, 509 mechanisch, 233–234, 382, 489 thermisch, 232–234, 489 Standardbedingung, 134–135, 140, 159, 182 Standardbildungsenthalpie, 134–137, 140, 158–159, 161, 170, 251–252, 377 freie, xxi, 251 molare, xxii, 162 Standardbildungsgröße, 379, 493 Standardreaktionsenthalpie, 134–136, 144–145, 157–158, 164, 170 molar, 130 Standuhren, 100 Stefan-Boltzmann-Konstante, xxiii, 421, 425, 436, 511 Stefan-Boltzmann’sches Strahlungsgesetz, 413, 422, 449 Stern, 194, 415, 420, 429, 445, 452, 471 Stirling-Motor, 293, 297, 299, 301 Strahler farbig, 420, 422–423 grau, 413, 420, 422–423
521 schwarz, 413, 419–425, 430–431 Strahlungsaustausch, 426 Strahlungsdruck, 409, 415 Strahlungsgleichgewicht, 408, 421–422, 426, 453 Strahlungsintensität, xxii, 417–419, 422, 424, 426, 436, 444–446, 457 Sublimationsdruckkurve, 243–244, 246–247, 378 Superwärmeisolation, 440 System geschlossenes, 1–3, 115, 130, 133, 187, 201, 217, 220–221, 238–239, 255, 257, 259, 279, 388 heterogenes, 1–2, 4, 19, 236, 240–241 homogenes, 1–4 isoliertes, 1, 3, 220, 256, 271–272, 448–449 offenes, vii, 1–3, 114, 119, 129, 160, 227, 237, 255–257, 259, 263–264, 270, 383, 387–388 real, 65, 72 thermodynamisches, vi, 1, 264, 269 T Tank Flüssiggas, 434 Teilchenzahlerhaltung, 409 Temperatur absolut, 195, 200–201, 204, 480–481 empirische, vi, xxii, 3, 5–9 gasthermometrisch, 187, 203–204, 477 Temperaturabhängigkeit, 66, 74, 312, 489 Theorem Clausius, 218 Theorie van der Waals, 67, 81–82, 360, 365, 485 Thermodynamik biochemische, viii irreversible, 511–513 phänomenologische, vi, 512 statistische, vi, 206, 281, 411, 507, 511–513 Thermometer, 6, 9–10, 14, 91, 94, 96, 115, 117, 200, 361, 429, 457, 459–460 Tiefsee, 101, 350 Tintenfisch, 333–335 Titan, 20, 276, 499 Titrationskalorimetrie, 177 Trimethylamin, 12, 167, 502 Tripelpunkt, 7, 10, 240, 243, 247–249, 317, 463 Triton, 463–465 Turbine, 352, 433
522 U Überschall-Flugzeug, 97 Überschallströmung, 335 Umgebung, vii, 1, 7, 9, 94, 110, 112–113, 115, 118, 128, 143, 148, 150, 160, 163, 175, 188, 194, 198, 218–220, 256, 261, 294–295, 318, 320, 324, 401, 415, 428, 434–435, 473, 505 Umwandlungsenthalpie, 172 Umwandlungstemperatur, 245, 378 Untersystem, 2, 255, 486–487
V van der Waals-Gleichung, 58, 60–67, 72, 75–76, 80–81, 86–87, 101, 106, 125, 155, 210–211, 242–243, 303–304, 306–307, 320, 322, 360, 366–367, 394, 482 Variable intensive, 69, 228 Variablentransformation, 32–33 Verbrennungsenthalpie, 131, 133, 136–138, 157–159, 161–162, 182 Verbrennungsmotor, 198, 293, 297 Otto, 293 Verdampfungsenthalpie, xxii, 136–139, 160, 181, 246, 250, 302, 308, 310–311, 345, 371–373, 375, 380, 400, 405–406, 434, 442, 489–490 Verdampfungskühlung, 310 Verdampfungsvolumen, 22, 251, 312 Verdichtungsverhältnis, 295, 297 Verfahren Thermit, 169 Versuch Gay-Lussac, 117, 120–121 Joule-Thomson, 121–123 Vinylchlorid, 156–157 Virialentwicklung, 62, 65, 106 Virialgleichung, 62–65, 72, 103, 124, 210–211 Virialkoeffizient, xxii, 62–65, 72, 77, 81–82, 103–104, 106–107, 124, 155, 210–211, 320, 361–362, 372, 394 Volumen, 115, 127, 132, 140, 145, 153–155, 175–176 frei, 59, 67, 332–333, 502–503 konstant, 115, 131, 156 partiell molar, xxii, 68, 74 Volumenarbeit, 109, 112, 188, 195, 201, 215, 223, 257, 341
Sachverzeichnis Volumenkontraktion, 455 Volumenpolarisation elektrische, 111 magnetische, 111 W Wand diatherme, 6 Wanduhren, 100 Wärme, vi, xxii, 5–6, 109, 113, 115–116, 118–119, 126, 128, 131, 143, 150, 160, 163, 166, 168, 171, 175, 188, 197–199, 206–207, 219, 261, 277, 293, 295, 297, 302–303, 308, 324, 339, 352–353, 390, 392, 408–409, 417, 429, 431, 441, 453, 460, 476, 480, 505 Wärmehaushalt, 160 Wärmekapazität, xxi, 126, 133, 148, 156, 160, 173, 175, 184, 194, 224, 274, 307–308, 349, 352, 390, 431, 446, 456 molar, 115, 156, 169, 311 Wärmekraftmaschine, 197, 301, 352 Wärmeleitfähigkeit, xxiii, 339, 461 Wärmeleitung, 177, 261, 338–339, 426, 436, 443, 460 Wärmepumpe, 198, 207, 299–300 Wärmespeicher, 430 Wärmestrahlung, vii, 160, 177, 407, 409, 415, 423, 425–426, 430–431, 435, 441, 444, 448, 457–458, 461, 466, 473, 511 stationär, 423 Wärmetheorem Nernst’sches, viii, 252, 254, 446 Wasser, 7–8, 10, 18–19, 22–23, 25, 57, 88, 92, 94–95, 104–106, 133, 135–137, 144–145, 153–154, 157, 160, 165–166, 168–169, 171–172, 175–176, 180–182, 226, 241, 248, 250, 278, 302–303, 310, 312–314, 317–320, 329, 331–334, 351–352, 367–372, 375–376, 392, 398–400, 431, 474, 493, 503 Wassergasreaktion, 157 Wasserkühlung, 156 Wasserstoffperoxidase, 329 Wasserstrahlpumpe, 402–403 Wegabhängigkeit, 110 Wegunabhängigkeit, 29, 49, 133, 144 Wellengleichung, 506 Weltall, 220, 415–417, 429, 445, 455, 470–471 Wendepunkt, 61 Widerstandsthermometer, 9, 13
Sachverzeichnis Wirkungsgrad, 180, 197, 199–200, 207, 294–296, 298–299, 303, 324–326, 332, 351–354, 433, 470, 481 thermodynamisch, 197, 302, 353, 469 Wolkenbildungsgrenze, 278 Y Yellowstone Nationalpark, 312 Z Zentrifugalfeld, viii Zerfall radioaktiv, 176–177 Zugkraft, 111, 216 Zustandsfunktion, xxiii, 3, 6, 28–29, 34–36, 40, 55, 138, 201–202, 209, 345, 476–477
523 Zustandsgleichung, 50, 59, 62, 64–68, 72, 79–80, 84, 86, 106, 112, 192, 197, 210, 381, 413, 479 kalorisch, 230–231, 371 thermische, 55–56, 59, 62, 64, 86, 101, 103, 106, 230, 232, 276, 280–281, 303, 305, 344, 371, 409, 415, 502, 509, 513 van der Waals, 483 Zustandsgröße extensive, 4, 68, 72, 227, 479 intensive, 4, 240 kalorisch, 115, 119 thermisch, 115 Zustandsvariable, 3, 5, 114, 133