Steuerrecht Prüfungswissen, Multiple-Choice-Tests und Klausuraufgaben
Prof. Dr. Joachim S. Tanski 7. Auflage
2 Inhalt 4
Vorwort
5 5 7 8
1. Grundlagen des Steuerrechts
9 9 24 44 46 47 53 54
2. Einkommensteuer
55 57 64 68
73 73 76 82 84 85 89
3. Körperschaftsteuer
94 94 96 105 108 109
4. Gewerbesteuer
1.1 Begriffsabgrenzungen 1.2 Systematisierung der Steuern 1.3 Steuergerechtigkeit
2.1 Steuerpflicht 2.2 Ermittlung der einzelnen Einkünfte 2.3 Ermittlung der Summe der Einkünfte 2.4 Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte 2.5 Ermittlung des Einkommens 2.6 Ermittlung des zu versteuernden Einkommens 2.7 Gesamtberechnung des zu versteuernden Einkommens 2.8 Veranlagung 2.9 Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer 2.10 Quellenabzugsverfahren MultipleChoiceTest zur Einkommensteuer
3.1 Steuerpflicht 3.2 Bemessungsgrundlage 3.3 Organschaft 3.4 Besteuerungsverfahren 3.5 Besteuerung der Ausschüttung an Anteilseigner MultipleChoiceTest zur Körperschaftsteuer
4.1 Grundlagen der Gewerbesteuer 4.2 Ermittlung der Gewerbesteuer 4.3 Berücksichtigung der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer 4.4 Gesamtschema der Gewerbesteuer MultipleChoiceTest zur Gewerbesteuer
3 5. Umsatzsteuer
114 114 117 126
127
131 134 136 138 139 143
6. Abgabenordnung
149 149 150 158 159 164 164 165 166 169
5.1 Historie und Wesen der Umsatzsteuer 5.2 Steuerbare Umsätze 5.3 Steuerbefreiung bei Lieferungen und sonstigen Leistungen 5.4 Ermittlung der Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen 5.5 Rechnungserstellung 5.6 Besteuerungszeitraum und Besteuerungsverfahren 5.7 Aufzeichnungspflichten 5.8 Kleinunternehmer 5.9 Vorsteuerabzug MultipleChoiceTest zur Umsatzsteuer
6.1 Grundlagen der Abgabenordnung 6.2 Veranlagungsverfahren 6.3 Festsetzungs und Bekanntgabeverfahren 6.4 Erhebungsverfahren 6.5 Außenprüfung 6.6 Korrektur von Steuerverwaltungsakten 6.7 Rechtsbehelfe 6.8 Steuerstraf und Bußgeldverfahren MultipleChoiceTest zur Abgabenordnung
Klausuraufgaben Lösungen zu den Aufgaben
175 175 176 177 178 179 181 182 183
Stichwortverzeichnis
194
Aufgabe 1 zur Umsatzsteuer Aufgabe 2 zur Gewerbesteuer Aufgabe 3 zur Umsatzsteuer Aufgabe 4 zur Körperschaftsteuer Aufgabe 5 zur Einkommensteuer Aufgabe 6 zur Umsatzsteuer Aufgabe 7 zur Einkommensteuer
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Vorwort Das Steuerrecht ist einem extrem schnellen Wandel unterworfen mit mehrfachen Änderungen einer einzigen Steuerart in nur einem Jahr. Das Bedürfnis nach einer einfachen, leicht verständlichen Einfüh rung wächst deshalb gerade in diesem Rechtsgebiet rapide. Diesem Bedürfnis soll der vorliegende Taschenguide entsprechen und dem Leser einen sicheren Einstieg in die komplexe Materie der Besteue rung, einschließlich der Änderungen durch das Wachstumsbe schleunigungsgesetz erlauben. Die wichtigsten Steuerarten werden hier vorgestellt und mit Bei spielen und Graphiken erläutert. Der Fokus richtet sich dabei nicht auf die Diskussion von Ausnahmen und seltenen Gestaltungsfällen, sondern auf die zentralen Regeln, welche in Ausbildung und Praxis die Basis für das Verständnis des Steuerrechts bilden. Zu jedem Hauptkapitel gibt es einen Multiple Choice Test, mit dem der Leser sein Wissen überprüfen kann. Sieben ausführliche Klausuraufgaben am Ende des Buches dienen der Vertiefung des Wissens. Die Lö sungen sind jeweils im Anschluss an die Aufgaben abgedruckt. Besonderer Wert wurde bei der Konzeption dieses Bandes auf die Übersichtlichkeit und leichte Lesbarkeit gelegt, da dies die Auf nahme und Verständlichkeit des Stoffes fördert. Aus diesem Grund waren an der Erstellung dieses Buches mehrere Studentinnen und Studenten der FH Brandenburg intensiv beteiligt, um die Darstel lung für die Zielgruppen der Studenten an Universitäten und Fach hochschulen, Auszubildenden und Praktiker zu optimieren. Beson ders möchte ich Frau Daniela Scheffel danken, die sich intensiv um Änderungen, Korrekturen und Ergänzungen der 7. Auflage des Taschenguide Steuerrecht gekümmert hat. Berlin, im Juni 2010
Joachim S. Tanski
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1. Grundlagen des Steuerrechts 1.1 Begriffsabgrenzungen Steuern sind gemäß § 3 Abgabenordnung (AO) dem Bürger aufer legte Zwangsabgaben ohne Anspruch auf eine Gegenleistung. Sie dienen dem Fiskalzweck, also der Beschaffung des nötigen Geldes für die gemeinschaftlichen Aufgaben. Die Steuern dürfen aber auch Lenkungsaufgaben erfüllen (z. B. Vermeidung von Umweltbelas tungen durch sog. Ökosteuern), wodurch die Einnahmenerzielung zum Nebenzweck werden kann. Auch Gebühren und Beiträge sind wie Steuern öffentlich rechtliche Abgaben an den Staat, aber mit dem Unterschied, dass sie das Entgelt für eine Gegenleistung (z. B. Zulassungsgebühr beim Kfz) darstellen. Beiträge werden im Gegensatz zu Gebühren auch dann erhoben, wenn der zum Beitrag Verpflichtete die Leistung nicht in Anspruch nimmt. Steuerrecht ist die Gesamtheit der Rechtsnormen (Gesetze), die sich auf Steuern beziehen. Steuern werden in einem Rechtsstaat aufgrund von Steuergesetzen erhoben. Die Steuergesetzgebung hat ihre Grundlage in Art. 105 ff. GG. Sie umfasst Gesetze (AO, Be wertungsgesetz, div. Einzelsteuergesetze wie z. B. das EStG) und Rechtsverordnungen i. S. des Art. 80 GG (z. B. EStDV). Rechts verordnungen haben Gesetzeskraft und unterscheiden sich von Gesetzen nur dadurch, dass sie nicht von der Legislative, sondern von der Exekutive (hier insbes. Finanzminister) aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen werden, häufig jedoch der Zustimmung durch den Bundesrat unterliegen. Das Steuerrecht ist innerhalb der Rechtswissenschaften Teil des Verwaltungsrechts, jenes wiederum Teil des öffentlichen Rechts. Parallel dazu gibt es die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre als Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaften, die sich mit der steuer lichen Optimierung der Entscheidungen von privaten Personen und in Unternehmen befasst.
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1. Grundlagen des Steuerrechts
Die Grundlagen des Steuerrechts finden sich nur in Gesetzen. Man kann zwischen Einzelsteuergesetzen und allgemeinen Steuergeset zen unterscheiden: Einzelsteuergesetze gelten immer für eine bestimmte Steuerart und beinhalten die Vorschriften über Steuersubjekt, Steuerob jekt, Bemessungsgrundlage und Tarif (z. B. GewStG, EStG, KStG, UStG). Allgemeine Steuergesetze (z. B. AO, BewG) beinhalten Vor schriften, die für alle oder mehrere Steuerarten gelten: – Die AO beinhaltet die Regelung von Rechten und Pflichten für Steuerpflichtige und allgemeine Verfahrensvorschriften. – Das Bewertungsgesetz beinhaltet Vorschriften zur Einheits bewertung und ist neben der AO ein wichtiges Steuergrund gesetz. Weitere Arbeitsgrundlagen finden sich in: Verwaltungsanweisungen (z. B. Richtlinien, Verfügungen, Erlas se) sind dagegen verwaltungsinterne Anweisungen, welche keine Grundlage des Steuerrechts darstellen. Sie dienen der einheitli chen Steueranwendung durch die Finanzverwaltung und der unverbindlichen Information des Steuerbürgers. Die besonders wichtigen BMF-Schreiben finden sich im Internet unter: www.bundesfinanzministerium.de/nn_82/DE/BMF__Startseite/ Aktuelles/BMF__Schreiben/node.html. Urteile der Steuergerichte (Finanzgericht (FG) und Bundesfi nanzhof (BFH) sowie ggf. Bundesverfassungsgericht) sind eben falls bedeutsam für die Rechtsentwicklung. Veröffentlichte BFH Urteile können abgerufen werden unter: www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen/entscheidungen online
Gesetze Rechts verordnungen Richtlinien Urteile der Steuergerichte
erlassen von: Legislative (Bundes /Landtage) Exekutive (Regierung) Exekutive (Bundes /Landesregierung) Judikative (Finanzgerichte, Bundesfinanzhof)
bindend für: alle alle nur Finanzverwaltung nur Beteiligte am Gerichtsverfahren
1.2 Systemat isierungen der Steuern
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1.2 Systematisierungen der Steuern Man kann Steuern nach bestimmten Gesichtspunkten unterteilen: nach der Ertragshoheit gem. Art. 106 GG – Bundessteuern (z. B. Mineralölsteuer, Schaumweinsteuer). – Landessteuern (z. B. Kraftfahrzeugsteuer, Biersteuer). – Gemeindesteuern (z. B. GewSt, Grundsteuer, Hundesteuer). – Gemeinschaftssteuern (z. B. ESt, KSt, USt). nach dem Verhältnis von Steuerschuldner und Steuerträger – Direkte Steuern bei Identität von Steuerschuldner und (re gelmäßig) Steuerträger (z. B. ESt, KSt, Hundesteuer). – Sind Steuerschuldner und Steuerträger nicht dieselbe Person, handelt es sich um eine indirekte Steuer (z. B. USt, Vergnü gungssteuer). – Die Unterteilung in direkte und indirekte Steuern ist zwar sehr geläufig, gleichwohl jedoch häufig fragwürdig, da die Frage nach dem Steuerträger letztlich immer eine Frage der Steuerüberwälzbarkeit und damit der Marktmacht ist. nach dem Steuergegenstand – Zölle und Verbrauchsteuern werden von den Hauptzolläm tern verwaltet. – Die Verwaltung der Besitz- und Verkehrsteuern obliegt dem Finanzamt. Besitzsteuern können wiederum unterteilt werden in Personensteuern (z. B. ESt, KSt) und Realsteuern (z. B. GewSt). Die Umsatzsteuer ist eine Verkehrsteuer. nach dem Erhebungsverfahren – Die ESt, die KSt und die GewSt zählen zu den Veranlagungssteuern. – Abzugssteuern werden auch als Quellensteuern bezeichnet, da sie bereits an der „Quelle“ erhoben werden. Beispiele da für sind die Lohnsteuer, die der Arbeitgeber als Abzug vom Arbeitslohn einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen hat und die Kapitalertragsteuer (Zinsabschlagsteuer); beide Abzugssteuern sind Teil der Einkommensteuer. nach der Bemessungsgrundlage – Ertragsteuern knüpfen an Einkünfte (Vermögenszuflüsse) an (ESt, KSt, GewSt).
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1. Grundlagen des Steuerrechts
– Substanzsteuern belasten Vermögen (z. B. Grundsteuer), und zwar auch dann, wenn aus dem Vermögen kein Ertrag generiert wird, was zu einem Substanzverzehr führt. – Verkehrs- und Verbrauchssteuern werden bei der Verwen dung von Vermögen erhoben (z. B. USt, VersSt).
1.3 Steuergerechtigkeit Die Besteuerung wird immer mit der Forderung nach Steuergerech tigkeit verbunden. Als eine gerechte Besteuerung wird dabei die Einhaltung des Leistungsfähigkeitsprinzips angesehen. Die steuerli che Belastung eines Steuersubjektes soll sich nach dessen wirtschaftli cher Leistungsfähigkeit richten, also der Fähigkeit Steuern zu zahlen. Der Grundsatz der horizontalen Gerechtigkeit besagt, dass bei gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Steuerpflichtige auch gleich hoch besteuert werden müssen (vgl. Gleichheitssatz des Art. 3 GG). Beispiel: Zwei Personen verdienen z. B. je 30.000 € im Jahr. Das bedeutet, dass beide auch gleich hoch besteuert werden müssen. In einem Sozialstaat werden zur Feststellung der steuerlichen Leistungsfähigkeit jedoch auch bestimmte persönliche Merkmale (Ehe, Kinder, usw.) berücksichtigt.
Nach dem Grundsatz der vertikalen Gerechtigkeit müssen besser verdienende Personen eine höhere bzw. weniger gut verdienende Personen eine niedrigere Steuerlast haben. Dieser Grundsatz sagt nichts über den Steuersatz bzw. den Steuertarif aus; auch ein konstan ter Steuersatz (sog. flat rate) verstößt nicht gegen diesen Grundsatz. Beispiel: Person A verdient 30.000 € und Person B 50.000 €. Bei einem linear konstanten Steuersatz von 30 % würde A 9.000 € und B 15.000 € Steuern zahlen.
Ein Teilaspekt der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist die Freistellung eines Existenzminimums von der Besteuerung, welche für jede Person in einer Ehe bzw. Familie zu erfolgen hat (Art. 6 GG; BverfG vom 10.11.1998, BStBl II 1999, S. 174). Dieser im Einkommensteuerrecht als Grundfreibetrag bekannte Betrag kann mit jeder Form eines Steuertarifs kombiniert werden.
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2. Die Einkommensteuer Als sog. Personensteuer kommt der Einkommensteuer mit einem Anteil von etwa einem Drittel am Gesamtsteueraufkommen eine hohe Bedeutung in Deutschland zu. Der weitaus größte Teil entfällt dabei auf die Lohnsteuer. Das Einkommensteuergesetz (EStG), die Einkommensteuerdurch führungsverordnung (EStDV) und Lohnsteuerdurchführungsver ordnung (LStDV) bilden die Rechtsgrundlage der Einkommensteu er. Dazu sind ergänzend die Einkommensteuerrichtlinien (EStR) und Lohnsteuerrichtlinien (LStR) erlassen.
2.1 Steuerpflicht 2.1.1 Persönliche Steuerpflicht Die Steuerpflicht ist geregelt in § 1 EStG. Demnach ist jede natür liche Person im Sinne des § 1 BGB einkommensteuerpflichtig, wenn sie im Inland lebt. Sie wird auch als Steuersubjekt bezeich net. Grundsätzlich beginnt die Einkommensteuerpflicht mit der Geburt, dem Zuzug ins Inland im weiteren Sinn und endet mit dem Tod oder mit dem Wegzug aus dem Inland. Personengesellschaften, im allgemeinen GbR, OHG und KG, sind weder einkommen noch körperschaftsteuerpflichtig. Ihre Gesell schafter werden mit ihren durch die Gesellschaft erzielten Einkünf ten der Einkommensteuer unterworfen. Eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht entsprechend § 1 Abs. 1 EStG, wenn die Person den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Auf enthalt in Deutschland hat.
Wohnsitz: hat eine Person, wo sie eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO), eine Wohnung ist i. d. R. auf eine dauerhafte Nutzung ausgelegt. Gewöhnlicher Aufenthalt: hat eine Person, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt, als nicht nur vorübergehend ist ein zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten anzusehen (§ 9 AO).
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2. Die Einkommensteuer
Im Falle der unbeschränkten Steuerpflicht werden alle erzielten Einkünfte (die inländischen und die ausländischen) nach dem sog. „Welteinkommensprinzip“ der Besteuerung unterworfen. Hierbei kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen. Zum einen werden die ausländischen Einkünfte im entsprechenden Ausland (Quellen staat) der dortigen Einkommensteuer unterzogen, zum anderen in Deutschland noch einmal besteuert. Hierzu wurden die bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit vielen Staaten abgeschlossen. Sie sollen die gänzliche Vermeidung oder auch nur die Milderung einer solchen Doppelbe steuerung regeln, z. B. durch Verzicht der Besteuerung von auslän dischen Einkünften. Zu den unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen zählen auch deutsche Staatsangehörige, die Lohn aus einer deutschen öffentlichen Kasse beziehen, auch wenn der Wohnsitz oder ge wöhnliche Aufenthalt nicht im Inland liegt (§ 1 Abs. 2 EStG). Auf Antrag ist es für eine nicht in Deutschland den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt habende Person möglich, unbeschränkt steuerpflichtig zu sein. § 1 Abs. 3 EStG führt zwei Bedingungen, für diese Möglichkeit an: Werden vom Gesamteinkommen einer Person mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterworfen, so kann ein An trag eingereicht werden. Ein Antrag kann auch dann eingereicht werden, wenn das aus ländische Einkommen, welches nicht der deutschen Einkom mensteuer unterliegt, maximal 6.136 € beträgt. Neben dem Antrag muss dem zuständigen Finanzamt auch eine Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde vorgelegt werden, in der die entsprechenden ausländischen Einkünfte bestätigt sind. Beim § 1a EStG handelt es sich um eine Ergänzungsvorschrift für § 1 Abs. 1 3 EStG. Er ist nur anwendbar bei EU Bürgern und EWR Bürgern.
EWR-Bürger: Laut EWR-Vertrag zählen Norwegen, Liechtenstein und Island zum EW-Raum.
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2.1 Steuerpflicht
nein
Natürliche Person ja Wohnsitz im Inland? (§ 8 AO)
ja
nein Gewöhnlicher Aufenthalt im Inland? (§ 9 AO)
ja
nein
Inländische Einkünfte i. S. v. § 49 EStG? nein keine Steuerpflicht
Ausnahme § 1 Abs. 2 + 3 EStG
ja beschränkte Steuerpflicht
unbeschränkte Steuerpflicht
§ 1a EStG bezieht sich auf beschränkt steuerpflichtige Ehegatten und Kinder und deutsche Diplomaten ohne unbeschränkte Steuerpflicht. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so regelt § 1a EStG die Be steuerung bei Unterhaltsleistungen und die Zusammenveranlagung bzw. den Splittingtarif. Bei der beschränkten Steuerpflicht hat die natürliche Person im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, sie bezieht aber in Deutschland Einkünfte gemäß § 49 EStG. Beispiel (Steuerpflicht): Die ledige Monika Rosen, die in Salzburg (Österreich) ihren Wohnsitz hat und dort hauptberuflich beschäftigt ist, arbeitet xx01 in einer Pension in Bad Reichenhall (Deutschland) zum Zwecke des Nebenerwerbs. In Ihrer Wohnung in Salzburg ist auch ihre 12 jährige Tochter gemeldet.
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2. Die Einkommensteuer
Monika Rosen hat weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (Deutschland), so dass sie nicht nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Da auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 nicht erfüllt sind, ist sie beschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 EStG). Auf Antrag ist sie für xx01 als unbeschränkt Steuerpflichtige zu behandeln (§ 1 Abs. 3 EStG). Da sie EUStaatsbürgerin ist, kann sie die Vergünstigung nach § 1 a Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen. Zu prüfen sind jedoch noch die Bestimmungen des DBA DeutschlandÖsterreich.
2.1.2 Sachliche Steuerpflicht Die sachliche Steuerpflicht bezieht sich auf die Einkünfte als Steuerobjekt. Das aus den Einkünften abgeleitete Einkommen einer Person in einem bestimmten Zeitraum dient als Bemessungs grundlage für die Besteuerung. § 2 Abs. 4 EStG erläutert den Einkommensbegriff. Danach ist Einkommen der „[...] Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen [...]“. Voraussetzung für die Besteuerung des Einkommens ist das Vor handensein von Einkünften. § 2 Abs. 1 EStG nennt sieben Einkunftsarten, in den §§ 13 24 EStG werden diese dann näher erläutert. Einnahmen bleiben steuerfrei, wenn und soweit diese unter eine der Vorschriften zur Steuerbefreiung in den §§ 3 und 3b EStG fallen. Im Zusammenhang mit steuerbefreiten Einnahmen stehende Auf wendungen dürfen nicht bzw. nur nach Maßgabe des § 3c EStG abgezogen werden. Die sieben Einkunftsarten (§§ 13-24 EStG) Mit diesen sieben Einkunftsarten hat der Gesetzgeber alle am Markt erzielbaren Einkünfte berücksichtigt und genauer charakterisiert. Zu den nicht am Markt erzielbaren Einkünften zählen beispielsweise Gewinne aus einer Lotterie, auf der Straße gefundenes Bargeld oder ein Erbe (hierauf wird aber die Erbschaftsteuer fällig).
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4. Einkünfte aus nichtselbst ständiger Arbeit (§ 19 EStG) 5. Einkünfte aus Kapitalver mögen (§ 20 EStG) 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) 7. Sonstige Einkünfte (§ 22 EStG)
Überschusseinkünfte
3. Einkünfte aus selbstständi ger Arbeit (§ 18 EStG)
Nebeneinkünfte
2. Einkünfte aus Gewerbe betrieb (§ 15 EStG)
Haupteinkunftsarten
1. Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft (§13 EStG)
Gewinneinkünfte
2.1 Steuerpflicht
Die einzelnen Einkunftsarten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13 – 14a EStG) Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft sind gem. § 13 Abs. 1 und Abs. 2 EStG Einkünfte, die aus der planmäßigen Nutzung der Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und zur Haltung von Tieren entstehen. Gleichzeitig wird von einer Verwertung der dadurch gewon nenen Erzeugnisse ausgegangen oder von einem eigenen Verbrauch. Die Erzeugung von Pflanzen bezieht sich nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf dem Weinbau, Gartenbau, Obst , Gemüseanbau und Baumschulen. Tierzucht und Tierhaltung sollte grundsätzlich nur mit den selbst produzierten Produkten aus der eigenen Landwirtschaft erfolgen.
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2. Die Einkommensteuer
So wird in § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgeschrieben, wie viel Viehein heiten auf der bewirtschafteten Fläche zu halten sind. Werden mehr Vieheinheiten gehalten, wird davon ausgegangen, dass Fremdproduk te zur Tierzucht und Tierhaltung dazu gekauft werden. Das führt zu einer Tätigkeit mit gewerblichen Einkünften, der Land bzw. Forst wirt hat dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15-17 EStG) Ein Gewerbebetrieb wird in § 15 Abs. 2 EStG zwar nicht definiert, jedoch aber die Art der Tätigkeit, die diesen ausmacht: Es muss sich um eine selbstständige Betätigung handeln. Das bedeutet, dass die Person Geschäfte auf eigenes Risiko und auch auf eigene Verantwortung betreibt (H 134 EStH). Beispiel: Inhaber einer Baufirma führt Geschäfte auf eigene Rechnung und Risiko – im Gegensatz zum angestellten Facharbeiter in einer Baufirma
Die Tätigkeit soll nachhaltig, also auf längerfristige Sicht (Wie derholungsabsicht), angelegt sein (H 134a EStR). Beispiel: Inhaber einer Baufirma hat die Absicht mit der Firma seinen Le bensunterhalt zu sichern – im Gegensatz zur einmaligen Veräußerung von Erbstücken durch Zeitungsannoncen
Ein Gewerbebetrieb setzt eine Gewinnerzielungsabsicht voraus (H 134b EStH), es darf sich nicht um eine Liebhaberei handeln (vgl. unten). Beispiel: in einem Unternehmen wird ein Gewinn angestrebt – im Gegensatz zum gemeinnützigen Verein ohne Gewinnerzielungsabsicht
Der Gewerbebetrieb nimmt am wirtschaftlichen Verkehr teil (H 134c EStH). Beispiel: Inhaber einer Baufirma bietet erkennbar entgeltliche Leistungen an (z. B. durch Werbung, durch Ladengeschäft)
Eine Zuordnung der Einkünfte des Gewerbebetriebes zu den ande ren Einkunftsarten darf nicht erfolgen. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören: Einkünfte aus einer gewerblichen Unternehmung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG), wie zum Beispiel Handwerksbetriebe und Einzel handelsbetriebe.
2.1 Steuerpflicht
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Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft, d. h. die Gewinne oder Verluste, die aus der Beteiligung an einer Personengesell schaft (GbR, OHG, KG u. a.) erzielt werden. Hierzu zählen auch Tätigkeitsvergütungen an die Gesellschafter (Mitunternehmer). Diese Einkünfte werden nicht der Personengesellschaft an sich zugerechnet, sondern den einzelnen Gesellschaftern. Diese ha ben ihre Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb zu versteuern (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Gewinnanteile des Komplementärs (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Beispiel (Gewerbebetrieb): Die Tätigkeit der Kochmann & Hof OHG bezieht sich auf die Renovierung von Häuserfassaden. Herr Kochmann und Herr Hof arbeiten i. d. R. persönlich bei einer Renovierung mit. Sie betreiben ihr Unter nehmen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und nehmen mit der OHG ein deutig auch am wirtschaftlichen Verkehr teil. Nach § 15 Abs. 2 und Abs. 3 EStG handelt es sich um ein Gewerbebetrieb und die erzielten Einkünfte von Herrn Kochmann und Herrn Hof sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ergeben sich meist aus dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb. Aber auch der erzielte Gewinn aus der Veräußerung des Betriebes oder Betriebsteilen (§ 16 EStG), zählt zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Hält eine Person innerhalb der letzten fünf Jahre Anteile zu mindes tens 1 % einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) und veräußert diese, wird auch hier der Gewinn den Einkünften aus Gewerbebe trieb zugeordnet (§ 17 Abs. 1 EStG). Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden auch in den beiden folgenden Abgrenzungsfällen angenommen: Sind Steuerpflichtige einer Personengesellschaft teils freiberuf lich teils gewerblich tätig, so gilt die Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als gewerbliche Tätigkeit. Nicht gewerbliche Tätigkeiten werden in gewerbliche Tätigkeiten um qualifiziert. Die gewerblichen Einkünfte haben sozusagen eine Abfärbewirkung und die Gewerbesteuer wird fällig (BFH v. 19.09.2001, Haufe Index, 662202). Bei einem Anteil gewerbli cher Tätigkeit von 1,25 % kommt es allerdings nicht zu einer Umqualifizierung. Ebenso führt die Beteiligung an einer gewerb
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2. Die Einkommensteuer
lich geprägten Untergesellschaft auf der Ebene der Obergesell schaft immer in vollem Umfang zur Gewerblichkeit. Die Geprägetheorie (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) besagt, dass eine Gesellschaft, auch wenn sie selbst nicht gewerblich tätig ist, als Gewerbebetrieb gilt (gewerblich geprägte Personengesellschaft), wenn persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführungs berechtigte Kapitalgesellschaften sind (BFH v. 08.06.2000, BFH/NV 2001, S. 230). Fehlt bei Tätigkeiten die Gewinnerzielungsabsicht, handelt es sich um steuerlich irrelevante Liebhaberei. Dabei sind Verluste nicht ausgleichsfähig mit anderen positiven Einkünften des gleichen Veranlagungszeitraums. Auf die möglicherweise doch erzielten Gewinne bzw. Überschüsse braucht keine Einkommensteuer ge zahlt zu werden (BFH v. 15.05.2002, BFH/NV 2002, S. 1428). Durch die Annahme einer Liebhaberei soll verhindert werden, dass der Steuerpflichtige Verluste aus seinem Hobby steuermindernd geltend machen kann. Folgende Bereiche prüfen die Finanzämter besonders kritisch, da hier häufig die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse und nicht die Erzielung von Gewinn im Vordergrund steht: Pferdezucht (BFH v. 30.12.2002, BFH/NV 2003, S. 896) Vermietung von Wohnmobilen Vermietung von Ferienwohnungen Sofern mit privaten Gegenständen gehandelt wird, fällt dieser Han del regelmäßig in die nicht steuerbare Privatsphäre, da es sich nicht um eine Erzielung von Markteinkünften mit Wiederholungs absicht handelt.
Im Einzelfall kann die Abgrenzung zwischen einer privaten Veräußerung und einem gewerblichen (und damit steuerbaren) Handel jedoch schwierig sein. So wird durch die Finanzverwaltung gerne geprüft, ob aus einer gelegentlichen privaten Veräußerung z. B. über Ebay bereits ein gewerblicher Handel (beispielsweise durch Verkauf der von Freunden überlassenen Gegenstände oder durch Hinzukauf weiterer Gegenstände) entstanden ist.
2.1 Steuerpflicht
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Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) Bei einer selbstständigen Arbeit gelten hinsichtlich der Tätigkeit, die gleichen Merkmale wie bei einem Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 2 EStG). Die Arbeit einer selbstständigen Person zeichnet sich zusätz lich dadurch aus, dass sie die Tätigkeit ganz persönlich sowie unabhängig und mit ihrem Wissen oder ihrer schöpferischen Begabung und eigenverantwortlich handelnd ausführt. Eine große Bedeutung in dieser Einkunftsart haben die Freiberufler. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählt die sog. Katalogberufe auf, die zu einer freiberuflichen Tätigkeit gehören. Freiberufler sind zum Bei spiel: Ärzte, Tierärzte, Zahnärzte Architekten, Ingenieure Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer Neben den Einkünften der Freiberufler, gelten die Einkünfte der Lotterieeinnehmer (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und die Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit. § 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG impliziert aber, dass die Tätigkeit der Lotte rieeinnehmer nur selbstständige Arbeit ist, wenn sie nicht ein Ge werbebetrieb ist. In der Praxis zählt aber der Großteil der staatlichen Lotterieeinnehmer zum Gewerbebetrieb. Beispiel (freiberufliche Tätigkeit): Architektin Rita Bertz hat ein Architektenbüro. Außerdem ist sie Mitunternehmerin in einem Baugeschäft ihres Bruders. Aus ihrem Architektenbüro ergeben sich freiberufliche Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 1EStG. Für die Mitunternehmerschaft fallen Einkünfte aus Gewerbebetrieb an (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Werden im Unternehmen eines Freiberuflers in überwiegendem Maß Leistungen durch Mitarbeiter selbstständig erbracht, so kann von einem Gewerbe ausgegangen werden (BFH v. 19.10.1995, BFH/NV 1996, S. 463). Eine sog. gemischte Tätigkeit besteht, wenn freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit eng aneinander gebunden sind und eine Trennung nicht möglich ist. Freiberuflich ist die Tätigkeit dennoch,
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2. Die Einkommensteuer
wenn aus der gewerblichen Tätigkeit nur ein geringer Gewinn fließt, andernfalls werden alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewer bebetrieb behandelt. Beispiel (gemischte Tätigkeit): Der Arzt Heinrich Sommer betreibt ein Pflegeheim. Die Patienten werden von ihm mit Naturheilmethoden behandelt. Ein Gewinn wird durch die Beherbergung der Patienten nicht erzielt. Es liegen hier zwei eng aneinander gebundene Tätigkeiten vor. Die als freiberuf lich anzusehende ärztliche Tätigkeit und die als gewerblich zu sehende Betrei bung des Pflegeheims. Eine Trennung ist jedoch nicht möglich. Das Pflegeheim ist ein erforderliches Hilfsmittel für Herrn Sommer, um die ärztliche Tätigkeit ausführen zu können. Herr Heinrich Sommer erzielt somit nur Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
Schließen sich mehrere Personen zu einer freiberuflichen Personengesellschaft (z. B. BGB Gesellschaft) zusammen, so müssen sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines Freiberuflers erfüllen (BFH vom 4.7.2007, VIII R 77/05, BFH/NV 2008, S. 53); andern falls erzielt die Gesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Denk bar ist jedoch eine Personengesellschaft mit Angehörigen verschie dener Berufe, wenn die Personen nur in ihrem Fach tätig werden; eine gemeinsame Bearbeitung von Aufträgen (z. B. Erstellung eines Gutachtens) wird dadurch nicht ausgeschlossen. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) Diese Einkunftsart, die erste der Überschusseinkunftsarten, ist bedeutungsvoll, weil etwa 82 % der Erwerbstätigen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehen. Im sog. Quellenabzugsverfahren (siehe Kap. 2.10) wird die Lohnsteuer, die der Arbeitgeber vom Arbeitslohn einbehält, an das Finanzamt abgeführt (§§ 38 ff EStG). Die Lohnsteuer ist als Vor auszahlung auf die Jahreseinkommensteuer zu sehen. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehen Arbeitnehmer. Zu den typischen Arbeitnehmern gehören Arbeiter, Angestellte und auch Beamte. Die Definition des steuerlichen Arbeitnehmerbegriffes ist im § 1 Abs. 1 LStDV gegeben, welche nicht grundsätzlich, wenn auch meistens, mit der Definition im Arbeitsrecht identisch ist: Ein Arbeitnehmer befindet sich in einem Dienstverhältnis.
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2.1 Steuerpflicht
Er ist an Weisungen seines Arbeitgebers gebunden. Er hat einen Anspruch auf Urlaub. Er bezieht Arbeitslohn (in Form von z. B. Gehältern, Löhnen, Tantiemen, Ruhegeldern und Witwengeldern). Es ist in vielen Fällen strittig, ob ein Erwerbstätiger als lohnsteuer pflichtiger Arbeitnehmer (Einbehalt der Steuer durch den Arbeitge ber) oder als Selbstständiger nach § 18 EStG (Steuerabführung durch den Steuerpflichtigen selbst) anzusehen ist. So hat der BFH beispielsweise entschieden, dass die Mitglieder des allgemeinen Studentenausschusses (AStA) als Arbeitnehmer zu behandeln sind (BFH vom 22.7.2008 VI R 51/05); auch gezahlte Aufwands entschädigungen unterliegen somit der Lohnsteuer. Auch Sachbezüge, wie Waren oder Benzingutscheine, die ein Arbeitnehmer zusätzlich erhalten kann, fallen unter die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 8 EStG). Beispiel (nichtselbstständige Tätigkeit): Herr Dr. Andreas Wolf ist als Arzt ange stellt in einem Krankenhaus und nebenbei schreibt er in einer Ärztefachzeitschrift. Als angestellter Arzt im Krankenhaus hat er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 EStG). Das Schreiben in der Ärztefachzeitschrift wird dagegen als freiberufliche Tätigkeit angesehen. Herr Dr. Wolf führt diese Tätigkeit mit seiner eigenen Fachkenntnis aus. Er ist auch nicht an eine Weisung vom Arbeit geber gebunden und befindet sich daher in keinem Dienstverhältnis. Die Tätigkeit wird:
selbstständig ausgeübt und persönlich, leitend und mit eigenem Fachwissen und eigenverantwortlich ausgeübt trifft nicht zu Χ trifft zu
nichtselbstständige gewerbliche Tätigkeit Tätigkeit § 19 EStG § 15 EStG Χ
freiberufliche Tätigkeit § 18 EStG Χ Χ Χ Χ
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2. Die Einkommensteuer
Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) Der Unterschied dieser Einkunftsart zu den bisher genannten Arten besteht darin, dass es sich bei den hier erzielten Einkünften nicht um Erwerbseinkünfte, sondern um Vermögenseinkünfte handelt. Sie entstehen bei der Überlassung von Kapitalvermögen, der daraus entstehende Gewinn ist der sog. Kapitalertrag. Bedeutsame Kapitalerträge sind z. B.: Gewinnanteile an Kapitalgesellschaften (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) Zinserträge aus Hypotheken, Schulden oder anderen Kapitalfor derungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 7 EStG), hierzu zählen auch Zinsen aus Sparbüchern etc. Einkünfte aus einer typisch stillen Beteiligung an einem Han delsgewerbe (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) § 20 EStG führt noch weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen auf. Bei der Ermittlung der zu versteuernden Einkünfte dürfen Freibe träge nach § 20 Abs. 9 EStG (Sparer Pauschbeträge) berücksichtigt werden. Die Spekulation mit Wertpapieren und der sich daraus eventuell ergebende Ertrag, werden nicht den Einkünften aus Kapitalvermö gen zugerechnet und damit hier auch nicht besteuert. Es ist jedoch zu prüfen, ob in diesem Fall eine Besteuerung nach § 22 Nr. 2 EStG (Spekulationsgeschäft) in Betracht kommt.
Steuerliche Spekulation: Veräußerung von beweglichen Wirtschaftsgütern, z. B. Kauf und Verkauf bei Wertpapieren, innerhalb eines Jahres
Ab 2009 änderte sich aufgrund der Unternehmenssteuerreform 2008 die Besteuerung der meisten Einkünfte aus Kapitalvermögen dahin gehend, dass diese Einkünfte einer Zinsabschlagssteuer von 25 % unterliegen, die als Abgeltungssteuer konzipiert ist (siehe ergän zend Kap. 2.2.2 → Besonderheiten bei Einkünften aus Kapitalver mögen). Dies bedeutet, dass mit dem Abzug dieser Zinsab schlagsteuer die Besteuerung endgültig ist. Für Personen mit einem individuellen Spitzensteuersatz über 25 % führt dies in vielen Fällen zu einer steuerlichen Entlastung. Liegt der individuelle Spitzensteu ersatz unter 25 %, so kann auf Antrag des Steuerpflichtigen die
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2.1 Steuerpflicht
Zinsabschlagssteuer im Rahmen einer Veranlagung als Vorauszah lung auf die individuelle Steuerschuld berücksichtigt werden; der Charakter einer Abgeltungssteuer entfällt dann. Beispiel (Zinseinnahmen): Zwei Personen haben jeweils Zinseinnahmen von 100.000 €. Person A hat einen Spitzensteuersatz von 45 %, Person B einen solchen von 20 %. Person A Zinseinnahmen Indiv. Spitzensteuersatz 45 % Abgeltungssteuer 25 % Korrektur durch Veranlagung NachSteuerEinnahme Verbesserung
bis 2008 100.000 – 45.000 –
Person B Zinseinnahmen Indiv. Spitzensteuersatz 20 % Abgeltungssteuer 25 % Korrektur durch Veranlagung NachSteuerEinnahme Verbesserung
bis 2008 100.000 – 20.000 –
55.000
80.000
ab 2009 100.000 – – 25.000 unsinnig 75.000 20.000 ab 2009 100.000 – – 25.000 + 5.000 80.000 0
Annahme eines individuellen Spitzensteuersatzes, der auf weiteren positiven oder negativen Einkünften beruht. Keine Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer.
Die Ausschüttung von Gewinnen einer Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner, führt zu einem Doppelbesteuerungsproblem. Die Gewinne werden gem. dem KStG bei der Kapitalgesellschaft be steuert und gem. dem EStG bei den Anteilseignern. Durch das Halbeinkünfteverfahren nach den §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG werden Erträge aus Beteiligungen bis 2008 nur zur Hälfte steuer pflichtig. Werbungskosten, die damit in Verbindung stehen sind ebenfalls nur zur Hälfte abziehbar (siehe Kap. 3.5). Bei Dividendeneinkünften ist seit 2009 (mit Einführung der Abgel tungssteuer) das Halbeinkünfteverfahren abgeschafft, was zunächst zu einer geringen Mehrbelastung führt. Allerdings gibt es für ab 2009 angeschaffte Wertpapiere keine Steuerfreiheit für Kursgewin
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2. Die Einkommensteuer
ne nach einer Haltedauer von einem Jahr, so dass dann auch alle Kursgewinne der Abgeltungssteuer unterworfen werden, was insbe sondere bei Dividendeneinkünften zu einer deutlichen Steuermehr belastung führen kann. Beispiel (Dividendeneinnahmen): Wie im obigen Beispiel wird von einer Einnahme von 100.000 € ausgegangen. Person A Dividendeneinnahmen davon steuerpflichtig Indiv. Spitzensteuersatz 45 % Abgeltungssteuer 25 % Korrektur durch Veranlagung NachSteuerEinnahme Belastung
bis 2008 100.000 50.000 – 22.500 – – 77.500 22,5 %
ab 2009 100.000 alles – – 25.000 unsinnig 75.000 25,0 %
Person B Dividendeneinnahmen davon steuerpflichtig Indiv. Spitzensteuersatz 20 % Abgeltungssteuer 25 % Korrektur durch Veranlagung NachSteuerEinnahme Belastung
bis 2008 100.000 50.000 – 10.000 –
ab 2009 100.000 alles – – 25.000 + 5.000 80.000 20 %
90.000 10 %
Können Einkünfte aus Kapitalvermögen auch Einkünften aus Land und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieben, aus selbstständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung angehören, so werden sie entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip (§ 20 Abs. 3 EStG, ab 1.1.2009: § 20 Abs. 8 EStG) den entsprechenden Einkünften zuge zählt. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entstehen durch das Vermieten und Verpachten von Grundstücken, Gebäuden und ande ren Wirtschaftsgütern, welche dem Privatvermögen zugerechnet werden (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Im weiteren wird unterschieden,
2.1 Steuerpflicht
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ob das Grundstück im vollen Umfang vermietet oder verpachtet, im vollen Umfang selbst bewohnt oder gemischt genutzt wird. Auch Einkünfte von der Vermietung und Verpachtung von Sachin begriffen und die befristete Überlassung an Rechten an Dritte sind Einkünfte nach § 21 EStG.
Sachinbegriff: Mehrheit beweglicher Sachen, welche durch den gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck zu einer Einheit verbunden wird, Beispiele: Wohnungseinrichtung, landwirtschaftliches Inventar, Praxiseinrichtung eines Freiberuflers
Nach § 21 Abs. 2 EStG ist die Nutzungsüberlassung aufzuteilen in einen entgeltlichen Teil und unentgeltlichen Teil, wenn die Miete weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Werden von einer Person einzelne bewegliche Gegenstände vermie tet, zählt dies nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Ver pachtung, sondern zu sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 3 EStG). Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den anderen Einkunftsarten zuzuord nen, wenn sie zu diesen gehören (§ 21 Abs. 3 EStG). Sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) Im § 22 EStG wird eine Reihe von sonstigen Einkünften aufgezählt, die nicht in § 2 Abs. 1 Nr. 1 6 EStG eingeordnet werden können. Es muss auch hier das Prinzip der Subsidiarität eingehalten werden. Es wird unterschieden zwischen: wiederkehrenden Einkünften (§ 22 Nr. 1 EStG); dazu zählen Altersrente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, Berufs und Erwerbsunfähigkeitsrente. Unterhaltsleistungen (§ 22 Nr. 1a EStG) Einkünfte aus Versorgungsleistungen (§ 22 Nr. 1b EStG) und aus schuldrechtlichem Versorgungsausgleich (§ 22 Nr. 1c EStG), soweit diese beim Leistenden als Sonderausgaben abgezogen werden. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG (§ 22 Nr. 2 EStG), sog. Spekulationsgeschäfte. Dies ist insbesondere die Veräußerung von beweglichen Wirtschafts gütern (z. B. PKW) innerhalb eines Jahres oder die Veräußerung
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2. Die Einkommensteuer
von unbeweglichen Wirtschaftsgütern (z. B. Grundstücke) in nerhalb von 10 Jahren. gelegentliche Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG), zum Beispiel gele gentliche Vermittlungen aus der Vermietung einzelner bewegli cher Gegenstände oder gewerbsmäßige Unzucht (wobei letzteres nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes auch zu den Ein künften aus Gewerbe gerechnet wird). Weiterhin können hier Fernseh Preisgelder erfasst werden, wenn der Auftritt des Kan didaten und das gewonnene Preisgeld in einem gegenseitigen Leistungsverhältnis stehen (BMF vom 30.5.2008, IV C 3 S 2257/08/10001). Bestimmte Entschädigungen etc. (§ 22 Nr. 4 EStG). Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensi onskassen und Direktversicherungen (§ 22. Nr. 5 EStG).
2.2 Ermittlung der einzelnen Einkünfte Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Arbeit werden den Gewinneinkünften zugeord net. Die anderen vier Einkunftsarten (nichtselbstständige Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, sonstige Einkünf te) sind die Überschusseinkünfte.
2.2.1 Gewinneinkünfte In den Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1 3 EStG werden die Einkünfte als Gewinn bezeichnet. Die Ermittlung dieses Gewinnes ist in den §§ 4 7k EStG geregelt. Der Gewinn wird gem. § 4 Abs. 1 EStG als Differenz des Betriebs vermögens am Ende eines Wirtschaftsjahres und des Betriebsver mögens am Ende des vorhergehenden Wirtschaftsjahres erklärt und stellt damit den Betrag der Vermögensvermehrung da. Diesem Unterschiedsbetrag müssen die getätigten Entnahmen hinzugerech net und die Einlagen abgerechnet werden, damit durch erfolgsneut rale Kapitalbewegungen keine Gewinnverzerrung eintritt.
Einlagen: Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb (als Kapitalerhöhung) zugeführt werden, § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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Entnahmen: Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb für private oder andere betriebsfremde Zwecke entnommen werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG
Anstelle eines positiven Differenzbetrages (Gewinn), kann sich auch ein negativer Betrag (Verlust), ergeben. Im Einkommensteuerrecht wird zwischen folgenden Gewinnermittlungsarten unterschieden: Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und § 5 EStG, Gewinnermittlung durch Einnahme Überschuss Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG (vgl. auch R 4.5 EStR) und den Sonderfällen, Gewinnermittlung über Durchschnittsätze (für bestimmte Land und Forstwirte) nach § 13a EStG, Gewinnermittlung durch Schätzung im Sinne des § 162 AO. Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BVV) BVV nach § 4 Abs. 1 EStG Bei Land und Forstwirten und Selbstständigen, die freiwillig Bü cher führen oder nach § 141 AO zur Buchführung verpflichtet sind, ermittelt sich der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG (entspricht einer rechnerischen Umsetzung der Gewinndefinition): Betriebsvermögen am Ende des Wirtschaftsjahres Betriebsvermögen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres + Entnahmen Einlagen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG
Das Betriebsvermögen umfasst alle Wirtschaftsgüter, welche der Betrieb zu seinem Zweck benötigt und nutzt.
Wirtschaftsgüter: auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesene positive Güter (Anlage-, Umlaufvermögen) und auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesene negative Güter (Schulden)
Da bei einer Betriebsvermögensrechnung die positiven und negati ven Wirtschaftsgüter saldiert werden, wird das Ergebnis häufig auch als ettobetriebsvermögen oder Reinvermögen bezeichnet und
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2. Die Einkommensteuer
entspricht dem in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapital. Das Betriebsvermögen wird wie folgt gegliedert: notwendiges Betriebsvermögen Es handelt sich um Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb unmittelbar dienen und erkennbar zum Einsatz kommen, z. B. Roh und Be triebsstoffe, Maschinen. Bei einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 %, gehören bewegliche Wirtschaftsgüter zum notwendigen Betriebsvermögen. Sie müssen in die Bilanz aufgenommen werden. Beispiel: Nutzung eines PKWs zu 60 % betrieblich und 40 % privat. Der PKW gehört zum notwendigen Betriebsvermögen
gewillkürtes Betriebsvermögen Wirtschaftsgüter, die bestimmt und geeignet sind, dem Betrieb zu fördern und auch erkennbar eingesetzt werden (betriebliche Nutzung von 10 % bis 50 %); können aber auch Teil des Privatvermögens sein. Sie können in die Bilanz aufgenommen werden. Beispiel: Nutzung eines PKWs zu 30 % betrieblich und 70 % privat. Der PKW darf zum gewillkürten Betriebsvermögen gezählt werden.
notwendiges Privatvermögen Wirtschaftsgüter, die ganz oder zu mehr als 90 % privat genutzt werden. Sie dürfen nicht in die Bilanz aufgenommen werden. Beispiel: Nutzung eines PKWs zu mehr als 90 % im privaten Bereich und nur gelegentliche (<10 %) Nutzung zu betrieblichen Zwecken
In der Anwendung des § 4 Abs. 1 EStG sind die steuerlichen Bilan zierungs und Bewertungsvorschriften vorrangig zu beachten, die handelsrechtlichen Vorschriften zur Bilanz nur sinngemäß. Beispiel (Betriebsvermögensvergleich § 4 Abs. 1 EStG): Die Bilanz vom 31.12.xx01 des Ingenieurs Adelbert Zahn, weist ein Betriebsvermögen von 125.000 € aus. Das Betriebsvermögen in der Bilanz vom 31.12.xx02 beläuft sich auf 210.000 €. Im Jahr xx02 sind Entnahmen in Höhe von 30.000 € und Einla gen in Höhe von 5.000 € festzustellen. Betriebsvermögen 31.12.xx02 Betriebsvermögen 31.12.xx01 + Entnahmen xx02 Einlagen xx02 Gewinn xx02 (nach § 4 Abs. 1 EStG)
210.000,00 € 125.000,00 € 30.000,00 € 5.000,00 € 110.000,00 €
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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Der Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG des Ingenieurs Zahn, beläuft sich für das Kalenderjahr xx02 auf 110.000 €.
BVV nach § 5 EStG Die Gewinnermittlung nach § 5 EStG ist mit der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG weitgehend identisch. Kaufleute, die gesetzlich verpflichtet sind (§ 238 HGB) regelmäßig einen Jahresabschluss aufzustellen, ermitteln den Gewinn nach § 5 EStG. Entsprechend dem Maßgeblichkeitsprinzip (§ 140 AO, § 5 EStG) gelten handelsrechtliche Vorschriften (§§ 238 ff. HGB) hier auch für die steuerrechtliche Gewinnermittlung. Die Maßgeblich keit trifft nicht bei Bilanzierungshilfen und Sondervorschriften zu. Bezüglich der Bewertung und Abschreibung geben die §§ 6, 7 EStG abweichende Vorschriften für das Steuerrecht. Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung Für steuerpflichtige Personen, die zu keiner Buchführung verpflich tet sind und diese auch nicht freiwillig machen, wird der Gewinn mithilfe der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Dabei wird als Gewinn (in der Definition des § 4 Abs. 1 EStG) der Überschuss der (liquiden) Betriebseinnahmen über die (liquiden) Betriebsausgaben entsprechend der Grundformel „Zuflüsse Abflüsse = Gewinn“ errechnet. Der Zeitpunkt der Ge winnentstehung ist hier deshalb vom Zeitpunkt der entsprechenden Geldflüsse abhängig.
Betriebseinnahmen: alle Wirtschaftsgüter in Geld oder Geldeswert, die im Rahmen des Betriebes zufließen Betriebsausgaben: Aufwendungen, die im Rahmen des Betriebes anfallen (§ 4 Abs. 4 EStG)
Für die Aufstellung der Einnahme Überschuss Rechnung ist gem. § 60 Abs. 4 EStDV ein Formblatt anzuwenden. Das Formular zur Einnahme Überschuss Rechnung finden Sie auf der Service Seite des Bundesfinanzministeriums: www.bundesfinanzministerium.de.
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2. Die Einkommensteuer
Diese Gewinnermittlungsart findet vor allem bei selbstständig Tätigen Anwendung, da § 141 AO für eine freiberufliche Tätigkeit keine Buchführungspflicht vorsieht. Sie ist nicht zu verwechseln mit dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Beispiel: Schulze handelt nebenberuflich mit Waschmaschinen. Er kauft eine Maschine für 300 € gegen Barzahlung in 01. In 02 verkauft er diese Maschine an einen Kunden für 400 € auf Ziel (gegen Kaufpreisstundung). In 03 bezahlt der Kunde den Kaufpreis. Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG) Jahr 01 Maschinenkauf ist als Aktivtausch erfolgsunwirksam Gewinn: 0 Jahr 02 Umsatzerlöse (+ 400 €) und Wareneinsatz (– 300 €) Gewinn: 100 Jahr 03 Die Bezahlung ist als Aktivtausch erfolgsunwirksam Gewinn: 0 Gesamtgewinn: 100 Gewinnermittlung durch EinnahmenÜberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG): Jahr 01 Liquiditätswirksame Zahlung der gekauften Maschine Verlust: –300 Jahr 02 Verkauf, jedoch kein Geldfluss Gewinn: 0 Jahr 03 Geldeingang vom Kunden (liquiditätswirksam) Gewinn: 400 Gesamtgewinn: 100
Gewinnermittlung über Durchschnittsätze Besteht keine Buchführungspflicht für einen Land und Forstwirt schaftsbetrieb, so kann gemäß § 13a Abs. 1 EStG, der Gewinn über Durchschnittsätze ermittelt werden. Es ist dabei zu beachten, dass das Ergebnis nicht dem tatsächlich erzielten Gewinn entspricht. + + + +
Grundbetrag § 13a Abs. 4 EStG Zuschläge für Sondernutzungen § 13a Abs. 5 EStG gesondert ermittelte Gewinne § 13a Abs. 6 EStG Miet- und Pachterträge Kapitalerträge § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG Gewinn nach § 13a Abs. 1 EStG
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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Vom Gewinn sind Pachtaufwendungen, Schuldzinsen und dauernde Betriebsausgaben abzuziehen. Der Land und Forstwirt hat also das Wahlrecht, seinen Gewinn mit fiktiven Erträgen aus Durchschnittswerten zu errechnen, oder die Gewinnermittlung im Rahmen des § 4 Abs. 1 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG zu vollziehen. Die Voraussetzungen für die entsprechenden Ermittlungen müssen natürlich erfüllt sein. Gewinnermittlung durch Schätzung Die Schätzung des Gewinns durch die Finanzverwaltung gemäß § 162 AO wird zum Beispiel bei Nichterfüllung der Buchführungs pflicht oder nicht ordnungsgemäßer Buchführung eingesetzt.
trifft nicht zu möglich durch Finanzverwaltung bei mangelhafter Gewinnermittlung
trifft nicht zu möglich durch Finanzverwaltung bei mangelhafter Gewinnermittlung
Anwendung ist möglich
möglich durch Finanzverwaltung bei mangelhafter Gewinnermittlung
Schätzung - § 162 AO
wenn keine Buchführung wird häufig angewendet
Durchschnittsätze - § 13a EStG
wenn keine Buchführung (beachte § 140 f AO)
wenn keine Buchführung Anwendung möglich
trifft nicht zu
bei Buchführungspflicht nach § 238 HGB
trifft nicht zu
- § 5 EStG
EinnahmeÜberschussRechnung - § 4 Abs. 3 EStG
bei freiwilliger Buchführung
trifft nicht zu (jedoch indirekt über § 5 EStG)
selbstständige Tätigkeit
Gewerbebetrieb
bei freiwilliger Buchführung
Land- und Forstwirtschaftsbetrieb
Betriebsvermögensvergleich - § 4 Abs. 1 EStG
Gewinnermittlungsarten
Einkunftsarten
30 2. Die Einkommensteuer
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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2.2.2 Überschusseinkünfte Bei den in § 2 Abs. 1 Nr. 4 7 EStG genannten Einkunftsarten, wird zur Ermittlung der Einkünfte eine Einnahmen-ÜberschussRechnung aufgestellt, eine Errechnung des Saldos aus Einnahmen und Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG).
Einnahmen: nach § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen, dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkunftsarten § 2 Abs. 1 Nr. 4-7 EStG zufließen Werbungskosten: Aufwendungen, die zur Erwerbung oder der Sicherung und Erhaltung von Einnahmen dienen, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG
Das Kalenderjahr dient als maßgeblicher Zeitraum auch bei der Überschussermittlung, wobei nur die tatsächlich zugeflossenen und abgeflossenen Beträge (§ 11 EStG) zu erfassen sind. Zur Errechnung der Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung gibt es ein allgemeines Rechenschema: Einnahmen Werbungskosten § 9 EStG oder Werbungskosten- Pauschbetrag § 9a Abs. 1 Nr. 1 EStG Einkünfte
Zusätzliche Abzüge sind Versorgungs Freibeträge und Sparer Pauschbeträge, diese werden im Folgenden näher erläutert. Aus Vereinfachungsgründen sieht das Gesetz für jede Einkunftsart einen pauschalen Abzug von Werbungskosten vor, wenn kein höherer Betrag nachgewiesen wird.
Werbungskosten werden im Wesentlichen in § 9 EStG festgelegt. Wegen der weit reichenden „Verwandtschaft“ der Werbungskosten mit den Betriebsausgaben, werden durch § 9 Abs. 5 EStG allerdings viele Regelungen zu den Betriebsausgaben (z. B. Bewirtung, Verpflegungsmehraufwendungen, Arbeitszimmer, Geldbußen) für die Werbungskosten übernommen. Diese Regelungen sind deshalb in diesem Buch entsprechend bei den Betriebsausgaben erläutert.
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2. Die Einkommensteuer
Besonderheiten bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Regelmäßig wird ein Arbeitnehmer seine Einkünfte als Barlohn beziehen; bei Fremdwährungen sind diese mit dem Geldkurs in Euro umzurechnen. Erhält der Arbeitnehmer Güter oder Dienstleis tungen als Sachbezug, so sind diese mit ortsüblichen Marktpreisen zu bewerten (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG). Dies gilt auch, wenn der Ar beitgeber Gutscheine o. Ä. zum Bezug von Gütern (z. B. Benzin gutscheine) ausgibt, sofern auf diesen Gutscheinen nur Gütermen gen und keine Eurobeträge (dann wäre es ein Barlohnäquivalent) vermerkt sind. Für diese Sachbezüge existiert eine Freigrenze von 44 € monatlich (§ 8 Abs. 2 S. 9 EStG).
Steuerfrei sind Vorteile aus der privaten Nutzung von betrieblichen PCs und Telekommunikationsgeräten (§ 3 Nr. 45 EStG).
Erhält der Arbeitnehmer als Sachbezüge Güter oder Dienstleistun gen, die der Arbeitgeber für den normalen Vertrieb an Dritte her stellt bzw. erbringt, werden diese mit ortsüblichen Endverbraucher preisen abzüglich 4 % bewertet. Hierfür gilt ein Freibetrag von 1080 € pro Jahr (§ 8 Abs. 3 EStG). Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag für Werbungskosten beträgt 920 € pro Kalenderjahr (§ 9a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Er wird von den Einnahmen auch dann abgezogen, wenn die tatsächlichen Aufwen dungen kleiner als 920 € sind. Beispiel (Einnahmen über die Werbungskosten): Der ledige Stephan Wurm hat im Veranlagungszeitraum xx01 einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 16.000 € bezogen. Der Nettolohn wurde durch die Bank überwiesen. Fall 1: Er machte im Einzelnen keine Werbungskosten geltend. Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit werden für xx01, wie folgt ermittelt: Steuerpflichtiger Bruttoarbeitslohn Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Nr. 1 EStG) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
16.000,00 € 920,00 € 15.080,00 €
Fall 2: Er machte im Einzelnen Werbungskosten geltend. xx01 fuhr er an 215 Tagen mit seinem eigenen PKW von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte, welche in 21 km Entfernung liegt.
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2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
Werbungskosten: 21 km x 0,30 € = 6,30 €; 6,30 € x 215 Tage = 1.354,50 € Weiterhin hat Stephan Wurm für Fachliteratur 980 € ausgegeben. Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit werden für xx01 wie folgt ermittelt: Steuerpflichtiger Bruttoarbeitslohn Werbungskosten für Fahrtkosten Werbungskosten für Arbeitsmittel weitere Werbungskosten, Kontoführungsgebühr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
16.000,00 € 1.354,50 € 980,00 € 30,00 € 13.635,50 €
Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit können beispielsweise sein: Aufwendung des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnstät te und Arbeitsstätte in Höhe der Entfernungspauschale von 0,30 €/km. Als Entfernung gilt nicht die kürzeste, sondern die of fensichtlich verkehrsgünstigere Straßenverbindung (§°9 Abs. 1 Nr. 4 S. 4 EStG). Aufwendungen für Arbeitsmittel (BFH v. 09.06.1988, BFH/NV 1988, S. 708) Bewerbungskosten, Reisekosten (BFH v. 27.08.2002, BFH/NV 2003, S. 239) Kontoführungsgebühren, ohne weiteren Nachweis kann jeder Steuerpflichtige eine Kontoführungspauschale in Höhe von 16°€ als Werbungskosten ansetzen Beispiel (Entfernungspauschale): Charlie B. fährt an 230 Tagen im Jahr 55 km mit dem PKW zur SBahnHaltestelle (parkandride), um dann noch 40 Bahnki lometer zu seiner Arbeitsstätte zu fahren. Die kürzeste Straßenverbindung beträgt 90 km. Die Entfernungspauschale wird wie folgt berechnet: Es ist für die Berechnung die verkehrsgünstigere Entfernung in Höhe von 95 km zu Grunde zu legen. (§°9 Abs.1 Nr.4 S.4 EStG) BahnKm (40 x 230 x 0,30) 2.760 € PKWKm (55 x 230 x 0,30) 3.795 € Entfernungspauschale 6.555 € Der Höchstbetrag von 4.500 € greift bei dieser Berechnung nicht, da die Entfer nungspauschale für die Bahn niedriger als dieser Höchstbetrag ist und für die PKWNutzung dieser Höchstbetrag nicht gilt.
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2. Die Einkommensteuer
Für Studenten, bei denen das Studium im Rahmen der Werbungskosten abzugsfähig ist (siehe Kapitel 2.2.3 → Abzugsverbot für Kosten der privaten Lebensführung), gelten die Fahrten zur Bildungseinrichtung als Dienstreisen. Dies bedeutet, dass sowohl die Hin- als auch die Rückfahrt als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Steuerberatungskosten sind als Betriebsausgaben oder Werbungs kosten abzuziehen, wenn und soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte anfallen oder im Zusammenhang mit Betriebssteuern (z. B. Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Grundsteuer für Betriebs grundstücke) oder Investitionszulagen für Investitionen im einkünf terelevanten Bereich stehen. Die auf die private Lebensführung entfallenden Kosten sowie Aufwendungen, die die Beratung in Tarif oder Veranlagungsfragen betreffen oder im Zusammenhang mit der Ermittlung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen stehen, sind als Kosten der privaten Lebensführung gemäß § 12 Nr. 1 EStG steuerlich nicht zu berücksichtigen. Aus Vereinfachungsgründen wird der Zuordnung des Steuerpflichtigen bei Aufwendungen für gemischte Steuerberatungskosten bis zu einem Betrag von 100 € im Veranlagungszeitraum gefolgt. Beispiel: Der Steuerpflichtige zahlt in 01 einen Beitrag an einen Lohnsteuerhil feverein i. H. v. 120 €. Davon ordnet er 100 € den Werbungskosten zu. Diese Zuordnung ist nicht zu beanstanden.
Im Einzelfall ist stets zu prüfen, ob es sich bei bestimmten Ausga ben um nicht abziehbare (steuerlich irrelevante) Kosten der privaten Lebensführung oder um abziehbare Werbungskosten handelt. So werden Computerkurse in Textverarbeitung oder Tabellenkalkulati on als Ergänzung der Allgemeinbildung der privaten Lebensführung zugerechnet, während ein Office Kurs als Werbungskosten berück sichtigungsfähig sein kann.
Werbungskosten liegen dann vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht und eine private Veranlassung weitestgehend auszuschließen ist.
Häufig ist deshalb der Werbungskostencharakter von Aufwendun gen von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Aufwendungen für Fachkongresse (und andere Bildungsaufwendungen) können
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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beispielsweise als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit abziehbar sein, wenn ein konkreter Zusam menhang mit der Berufstätigkeit besteht (BFH v. 11.01.2007 VI R 8/05, BFH/NV 2007, S. 827). Ebenso können Bewirtungskosten als Werbungskosten eines Ar beitnehmers entstehen. Der beruflichen Veranlassung steht jeden falls nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer keine erfolgsabhängi gen Einnahmen erzielt (BFH v. 6.3.2008 VI R 78/04, BFH/NV 2008, S. 1316). Teilweise ist der Ansatz von Werbungskosten aufgrund gesetzlicher Ausschlüsse nicht möglich. So ist beispielsweise der Abzug von Aufwendungen für Arbeitszimmer aufgrund von § 4 Abs. 5 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG nur noch möglich, wenn dieses Ar beitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruf lichen Betätigung bildet. Bei einem Arbeitnehmer kann dies bei spielsweise bei einem ausschließlichen Heimarbeitsplatz der Fall sein. Jedoch kann der Abzug durch eine Gestaltung erreicht werden, bei der das Arbeitszimmer an den Arbeitgeber vermietet wird. Der Arbeitnehmer hat dann Einkünfte aus Vermietung (§ 21 EStG) und kann die Aufwendungen für das vermietete Zimmer als Wer bungskosten bei den Einkünften aus Vermietung uneingeschränkt absetzen.
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das ab VZ 2007 geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG mit dem GG vereinbar ist (BFH, Beschluss v. 25.8.2009 -VI B 69/09). Bei Ablehnung eines Werbungskostenabzugs im Einkommensteuerbescheid sollte deshalb Einspruch eingelegt werden und Ruhen des Verfahrens bis zur abschließenden Entscheidung beantragt werden.
Beispiel: Keine Werbungskosten sind beispielsweise die Ausgaben für allgemeine Zeitungen und Zeitschriften, da hier der Bezug zur Privatsphäre überwiegt.
Bei Personen, welche einen Arbeitslohn aus früheren Dienstverhält nissen beziehen, können zusätzliche Versorgungs-Freibeträge abgezogen werden. Zu Versorgungsbezügen gehören Witwen und Waisengelder, Ruhegehälter und Unterhaltsbeiträge.
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2. Die Einkommensteuer
Es bleibt ein Versorgungs Freibetrag in Höhe von bis zu 32 % der Bezüge, höchstens aber 2.400 € im Jahr steuerfrei (§ 19 Abs. 2 EStG). Besonderheiten bei Einkünften aus Kapitalvermögen Die Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen hat sich im Jahr 2009 grundlegend geändert (siehe auch Kap. 2.1.2 → Ein künfte aus Kapitalvermögen). Dies ist insbesondere auf die Ein führung einer veränderten Quellenbesteuerung zurückzuführen, die regelmäßig zu einer endgültigen Steuerbelastung führt, wes halb diese Besteuerung als Abgeltungssteuer bezeichnet wird. Dazu behält bereits die auszahlende Stelle von den meisten Kapi taleinkünften 25 % Einkommensteuer ein (§ 32d Abs. 1 i.V.m. § 43 EStG). Die Abgeltungssteuer erhöht sich um den Solidari tätszuschlag, so dass sich eine Belastung von 26,375 % ergibt. Damit ist die Steuerpflicht erfüllt, auch (und gerade) wenn der persönliche Spitzensteuersatz höher liegt. Ziel dieser Abgeltungs steuer ist neben einer Steuervereinfachung die Schaffung eines Anreizes zur Versteuerung von Kapitaleinkünften im Inland und zur Attraktivitätssteigerung des Finanzplatzes Deutschland. Allerdings dürfen nebenher keine Werbungskosten abgezogen werden. Lediglich ein Sparer Pauschbetrag von 801 €, verdoppelt sich bei zusammen veranlagten Ehegatten, wird gewährt (§ 20 Abs. 9 EStG). Bei besonders hohen Werbungskosten kann eine Einlage der Wertpapiere in ein Betriebsvermögen, wo die Wer bungskosten als Betriebsausgaben abziehbar sind, erwogen werden, jedoch werden die Kapitalerträge dann im Rahmen einer Gewinn einkunftsart dem Regelsteuersatz unterworfen. Jedoch verschlechtert sich die Situation gegenüber der Situation vor 2009 insoweit, als auch Veräußerungsgewinne zukünftig nicht mehr als Spekulationsgewinn steuerfrei bleiben können, sondern grund sätzlich Teil der Einkünfte aus Kapitalvermögen sind (§ 20 Abs. 2 EStG).
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2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns stellt § 20 Abs. 4 S. 1 EStG die folgende Grundregel auf: Einnahmen aus der Veräußerung Aufwendungen im direkten Zusammenhang mit der Veräußerung ursprüngliche Anschaffungskosten = Veräußerungsgewinn Beispiel (Einnahmen aus Zinspapieren): Herr Meier kauft anfangs 2009 Anlei hen für nominal 100.000 zu 97 %. Der Zins von 5 % ist jeweils zum Jahresende fällig. Ende 2010 wird die gesamte Anleihe zu pari zurückgezahlt (evtl. Stückzin sen sind nicht zu berücksichtigen). 2009 Zinseinnahmen Veräußerungsgewinn Abgeltungssteuer
2010 50.000 – 12.500
50.000 30.000 20.000
Wurden derartige Zinspapiere bis Ende 2008 erworben, so verbleibt es aber auch zukünftig bei der günstigeren Besteuerung von Veräu ßerungsgewinnen nach § 22 Nr. 2 EStG, so dass die Veräußerungs gewinne dauerhaft steuerfrei bleiben, wenn sie erst nach über einem Jahr Haltedauer des Wertpapiers entstehen. Beispiel (Variante zu vorstehenden Beispiel): Herr Meier (persönlicher Durch schnittsspitzensteuersatz 40 %) kauft anfangs 2008 Anleihen für nominal 100.000 zu 97 %. Der Zins von 5 % ist jeweils zum Jahresende fällig. Ende 2015 wird die gesamte Anleihe zu pari zurückgezahlt (evtl. Stückzinsen sind nicht zu berücksichtigen). Zinseinnahmen Steuerfreier Veräuße rungsgewinn Abgeltungssteuer persönlicher Steuer satz
2008 50.000
20092014 50.000
2015 50.000 (30.000)
20.000
12.500
12.500
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2. Die Einkommensteuer
Im Regelfall müssen die der Abgeltungssteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte nicht mehr in der Einkommensteuererklärung angegeben werden, da mit der Abführung der Abgeltungssteuer die steuerliche Pflicht erfüllt ist. Sie sind dennoch anzugeben, wenn steuerliche Vergünstigungen (z. B. Spendenabzug) zu bemessen sind oder sonstige Einkommensgrenzwerte (z. B. zumutbare Eigenbelastung gem. § 33 EStG) zu ermitteln sind.
Auf Antrag können die der Abgeltungssteuer unterliegenden Kapi taleinkünfte in die reguläre Einkommensteuererklärung einbezogen werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der persönliche Spitzensteuersatz unter 25 % liegt. Eine Berücksichtigung der vol len Werbungskosten bleibt jedoch auch dann ausgeschlossen. icht der Abgeltungssteuer unterliegen u. a. Riester Verträge (werden wie Renten besteuert), Rürup Verträge (dito), betriebliche Altersversorgung (dito), Immobilien, bestimmte geschlossene Fonds.
Die Erläuterungen zur alten Rechtslage bis 2008 können in den vorherigen Auflagen nachgelesen werden.
Besonderheiten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Die auf die Vermietung und Verpachtung entfallenen Grund stücksaufwendungen können als Werbungskosten abgezogen werden: Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung § 21 EStG Werbungskosten § 9 EStG = Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Beispiele für Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: Schuldzinsen Erhaltungsaufwand (BFH v. 19.12.1995, BStBl II 1996, S. 134) sonstige Werbungskosten Sonderabschreibungen
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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In Fällen, in denen die Miete für die Überlassung der Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete be trägt (§ 21 Abs. 2 EStG), sind die berücksichtigungsfähigen Wer bungskosten entsprechend anzupassen. Beispiel (EinnahmenÜberschussrechnung, Vermietung und Verpachtung): Der steuerpflichtige Markus Degen hat eine Wohnung, die er an seine Cousine Jessi ca Große vermietet. Die ortsübliche Marktmiete beträgt 400 € pro Monat. Die Grundstücksaufwen dungen, die auf die Wohnung des Cousins entfallen, haben im Veranlagungszeit raum xx01, 2.500 € betragen. Fall 1: Die monatliche Mieteinnahme des Markus Degen beträgt 150 € (37,5 % der ortsüblichen Marktmiete). Einnahmen (150 € x 12) anteilige Werbungskosten (37,5 % von 2500 €) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
1.800,00 € 937,50 € 862,50 €
Markus Degen kann von den Grundstücksaufwendungen (2.500 €) nur 937,50 € als Werbungskosten abziehen, da die Miete weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Fall 2: Die monatliche Mieteinnahme des Markus Degen beträgt 224 € (56 % der ortsüblichen Marktmiete). Einnahmen (224 € x 12) anteilige Werbungskosten (100 % von 2.500 €) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
2.688,00 € 2.500,00 € 188,00 €
Markus Degen kann die Grundstücksaufwendungen in voller Höhe als Werbungs kosten abziehen, weil die Miete nicht weniger als 56 % beträgt.
Besonderheiten bei sonstigen Einkünften Ein Hauptanwendungsfall der sonstigen Einkünfte ist die Rentenbe steuerung. Bis 2004 wurden Renten im Rahmen der sog. vorgela gerten Besteuerung nur mit ihrem Ertragsanteil besteuert. Nach Abschluss der Übergangsphase werden Renten aufgrund des Alterseinkünftegesetzes ab 2040 voll besteuert (§ 22 Abs. 1 EStG), wäh rend Einzahlungen in die Rentenkasse als Sonderausgaben abziehbar
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2. Die Einkommensteuer
sind. Sofern eine Rentenzahlung nicht als Sonderausgabe abziehbar ist (z. B. bei ab 2005 abgeschlossenen Neuverträgen zur Lebensversi cherung), verbleibt es bei der Besteuerung nur des Ertragsanteils.
2.2.3 Nicht abzugsfähige Ausgaben Nicht abziehbare Betriebsausgaben/Werbungskosten Eine Reihe von Ausgaben, die dem Grunde nach Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, darf den Gewinn nicht mindern. Für die Gewinneinkunftsarten sind diese Verbote in § 4 Abs. 4a bis 5a EStG festgelegt. Für die Überschusseinkunftsarten gelten über den Verweis in § 9 Abs. 5 EStG weitgehend dieselben Abzugsverbote. Eine Besonderheit ist der eingeschränkte Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen. Hintergrund ist die Feststellung, dass Un ternehmen innerhalb eines internationalen Konzerns Gewinnanteile durch entsprechende Gestaltung von Zinszahlungen in niedrig besteuerte Länder verlagern können. Um dieses zu verhindern oder zumindest einzuschränken, dürfen Zinsaufwendungen, welche die Zinsschranke überschreiten, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 4h EStG). Die Zinsschranke wird nicht wirksam, wenn eine der folgenden Einschränkungen zutrifft (§ 4h Abs. 1 und 2 EStG): Zinsaufwand des Unternehmens ist kleiner als sein Zinsertrag. Der Nettozinsaufwand (Zinsaufwendungen minus Zinserträge) übersteigt nicht 3.000.000 € (Freigrenze gem. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a). Das Unternehmen ist nicht Teil eines Konzerns (Stand alone Klausel gem. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG); bei Kapitalge sellschaften ist zusätzlich § 8a Abs. 2 KStG zu berücksichtigen. Die Eigenkapital Quote des Unternehmens ist größer als die Eigenkapital Quote des Konzerns (Escape Klausel gem. § 4h Abs. 2 S. Buchst. c EStG), wobei diese Quoten auf der Basis der International Financial Reporting Standards (IFRS) zu ermitteln sind, wenn diese Standards in mindestens einem der letzten fünf Jahre angewandt wurden. Bei Kapitalgesellschaften ist zusätzlich § 8a Abs. 3 KStG zu berücksichtigen.
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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Ist bei einem Unternehmen die Zinsschranke wirksam, weil keine der genannten Einschränkungen zutrifft, so dürfen nur bis zu 30 % des modifizierten Steuergewinns als Betriebsausgabe (Zinsauf wand) abgezogen werden. Der nicht abziehbare Teil wird in die Folgeperioden vorgetragen und findet dort unter entsprechenden Voraussetzungen als Zinsaufwand Berücksichtigung (§ 4h Abs. 1 EStG). Der modifizierte Steuergewinn errechnet sich Gewinn gem. §§ 4ff. EStG + Zinsaufwand + Abschreibungen (AfA) Zinserträge = modifizierter steuerlicher Gewinn Beispiel: Ein Unternehmen hat einen Steuerbilanzgewinn von 1.500.000 €, darin enthalten sind Zinsaufwenden von 1.400.000 €, Zinserträge von 300.000 € sowie AfA von 700.000 €. Weder die StandaloneKlausel noch die Escape Klausel greifen. Da dieses Unternehmen einen Zinsaufwandsüberschuss von mehr als 1 Mio. € hat, kommt die Zinsschranke zur Anwendung. Die folgenden Rechnungen werden notwendig: 1.500.000 Gewinn + 1.400.000 Zinsaufwand + 700.000 Abschreibungen – 300.000 Zinserträge = 3.300.000 modifizierter Gewinn
– =
1.100.000 Zinsaufwandssaldo 990.000 30 % des mod. Gewinns 110.000 nicht abziehbare Zinsen
+ =
1.500.000 Gewinn lt. Steuerbilanz 110.000 nicht abziehbare Zinsen 1.610.000 zu versteuerndes Einkommen
Der nicht abziehbare Zinsaufwand wird in die nächste Periode vorgetragen und erhöht dort den Zinsaufwand dieser Periode, beeinflusst jedoch den Periodenge winn.
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2. Die Einkommensteuer
Auch wenn die Zinsschranke letztlich eher wenige Unternehmen betreffen wird, so stellt sie doch eine weitere Verkomplizierung des Steuerrechts dar.
Weitere Einzelheiten zur Zinsschranke finden sich im BMF Schreiben vom 4.7.2008, IV C 7 S 2742 a/07/10001. Abzugsverbot für Kosten der privaten Lebensführung Zu beachten ist auch das Abzugsverbot nach § 12 EStG. Der Ge setzgeber verbietet unter anderem den Abzug von Aufwendungen, „die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen [...]“ (§ 12 Satz 1 EStG) entstanden sind. Wenn geltend gemachte Werbungskosten gleichzeitig den privaten Lebensbereich berühren, werden diese regelmäßig nicht als Wer bungskosten angesehen und sind damit steuerlich irrelevant. Es besteht ein Aufteilungs und Abzugsverbot für solche Werbungs kosten. Entsprechend § 12 EStG dürfen als Kosten der privaten Lebensführung nicht abgezogen werden: Aufwendungen für die private Lebensführung freiwillige Zuwendungen, z. B. an unterhaltsberechtigte Personen Steuern vom Einkommen und bestimmte sonstige Steuern Geldstrafen erstmalige Berufsausbildung und Erststudium (jedoch be schränkter Abzug als Sonderausgaben)
Die Kosten für ein Erststudium können jedoch Werbungskosten sein, wenn vorher eine abgeschlossene Berufsausbildung absolviert wurde. BFH Urteil vom 18.6.2009, VI R 14/07, BFH/NV 11/2009, S. 1875.
Hinsichtlich der neu eingeführten Bachelor und Masterstudiengän ge gilt, dass nur die Kosten für das Bachelorstudium zu den nicht abzugsfähigen Kosten zählen, da es sich um ein Erststudium han delt. Ein darauf aufbauendes Masterstudium ist kein Erststudium sondern ein weiteres Studium, weshalb die daraus resultierenden Kosten (vorweggenommene) Werbungskosten oder Betriebsausga ben darstellen (BMF vom 4.11.2005, Tz. 24).
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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Es besteht jedoch kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot, so dass bei gemischten Aufwendungen (z. B. sowohl beruflich als auch privat veranlasster Reise) eine zweckmäßige Aufteilung der Reisekosten (z. B. nach Zeitanteilen) vorgenommen werden kann, wenn die beruflichen Teile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. BFH Beschluss vom 21.9.2009 – GrS 1/06, BFH/NV 2010, S. 285.
Beispiel: Aufwendungen eines Arztes für die Teilnahme an einem Fortbildungs kurs, der mit bestimmten Stundenzahlen auf die Zusatzbezeichnung „Sportmedi zin“ angerechnet werden kann, stellen teilweise Werbungskosten dar, auch wenn der Lehrgang gute Gelegenheit zur Ausübung verbreiteter Sportarten bietet (BFH, Urteil v. 21.4.2010 VI R 66/04).
Ein typisches Beispiel für nicht abziehbare Kosten der privaten Lebensführung sind Kinderbetreuungskosten. Allerdings gelten für Kinderbetreuungskosten auch Ausnahmen. So dürfen diese in bestimmten Fällen als Sonderausgaben nach den Regelungen des § 9c Abs. 2 EStG (max. 4.000 €) abgesetzt werden. Entstehen diese Kinderbetreuungskosten durch eine Erwerbstätigkeit der Eltern, so kommt eine Berücksichtigung als Betriebsausgaben bzw. Wer bungskosten (§ 9c Abs. 1 EStG, bei Werbungskosten i.V.m. § 9 Abs. 1 EStG) in Betracht. Erstattet ein Arbeitgeber die Kinder betreuungskosten neben dem geschuldeten Lohn, so mindert dies als Betriebsausgaben (freiwillige Sozialleistung) den Gewinn des Arbeitgebers, ist jedoch andererseits nicht zu den Einnahmen des Arbeitnehmers hinzuzurechnen. Eine weitere Ausnahme von der Nichtabziehbarkeit der Kosten der privaten Lebensführung sind die haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen. Hierbei mindert sich die zu zahlende Einkommensteuer (nicht die Bemessungsgrundlage) bei haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen i. S. des § 8a SGB VI (geringfügige Beschäftigung) um 20 % bis zu 2.550°€ der Aufwendungen und maximal 510 € (§ 35a Abs. 1 EStG; BMF Schreiben vom 15.2.2010, IV C 4 S 2296 b/07/0003), bei sonstigen haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen (Steu erpflichtiger ist Arbeitgeber) und Dienstleistungen (Steuerpflich tiger ist Auftraggeber), z. B. für Wohnungsreinigung, nicht je
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2. Die Einkommensteuer
doch bei Handwerkerleistungen, um 20 % bis zu 20.000°€ der Aufwendungen und maximal 4.000 € pro Jahr (§ 35a Abs. 2 EStG; BMF Schreiben vom 15.2.2010, IV C 4 S 2296 b/07/0003) und von externen Handwerkerleistungen (nicht jedoch die bei Materialkosten) um 20 % der Aufwendungen und maximal 1.200 € (§ 35a Abs. 3 EStG). Die vorgenannten Leistungen müssen in einem im Inland oder in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen (oder der zu pflegenden Person) erbracht werden (§ 35a Abs. 4 EStG).
2.3 Ermittlung der Summe der Einkünfte 2.3.1 Grundprinzip der Summenermittlung Nachdem die Einkünfte der sieben Einkunftsarten getrennt ermittelt wurden, ergibt sich durch Kumulieren die Summe der Einkünfte: + + + + + +
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft § 13 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 EStG Einkünfte aus selbstständiger Arbeit § 18 EStG Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit § 19 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen § 20 EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung § 21 EStG sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG Summe der Einkünfte § 2 Abs. 3 Satz 2 EStG
2.3.2 Verlustausgleich Horizontaler Verlustausgleich Die innerhalb derselben Einkunftsart entstandenen positiven und negativen Ergebnisse im selben Ermittlungszeitraum, werden mit einander verrechnet. Überschreiten die positiven Ergebnisse die Verluste innerhalb der Einkunftsart, so entstehen positive Einkünfte (Gewinne) der betreffenden Einkunftsart; wenn die negativen Ergebnisse die Positiven überschreiten, entstehen negative Einkünfte (Verluste).
45
2.3 Ermit tlung der Summe der Einkünft e
Beispiel (Horizontaler Verlustausgleich): Der Steuerpflichtige Hans Klein hat im Veranlagungszeitraum xx01 folgende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG: Wohnhaus 1 Wohnhaus 2 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
20.000,00 € + 25.000,00 € 5.000,00 €
Es entstehen positive Einkünfte in Höhe von 5.000 € in dieser Einkunftsart.
Vertikaler Verlustausgleich Unter vertikalem Verlustausgleich wird verstanden, dass positive und negative Ergebnisse verschiedener Einkunftsarten bei der Er mittlung der Summe der Einkünfte miteinander verrechnet werden. Der vertikale Verlustausgleich ist innerhalb eines Jahres (Veranla gungszeitraumes) in unbegrenzter Höhe möglich (§ 2 Abs. 3 EStG). Beispiel (Vertikaler Verlustausgleich): Der steuerpflichtige Hans Groß hat im Veranlagungszeitraum xx01 folgende Einkünfte: + + + =
Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) selbstständige Arbeit (§ 18 EStG) nichtselbstständige Arbeit (§ 19 EStG) Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) Summe der Einkünfte
+ + + =
– 30.000,00 € 10.000,00 € 5.000,00 € 5.000,00 € – 10.000,00 €
Die Summe der Einkünfte nach vertikalem Verlustausgleich, ist bei Hans Groß negativ (– 10.000 €) und die weitere Verrechnung des Verlustes erfolgt nach § 10d EStG (siehe 2.5.3 Verlustabzug).
Nicht ausgleichbare Verluste Der Steuerpflichtige kann aufgrund gesetzlicher Einschränkungen nicht alle negativen Einkünfte mit positiven Einkünften ausglei chen. Vom Verlustausgleich sind zum Beispiel ausgeschlossen: Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhal tung (§ 15 Abs. 4 Satz 1 EStG) Verluste aus bestimmten Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG)
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2. Die Einkommensteuer
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, soweit sie Ge winne, die der Steuerpflichtige im selben Kalenderjahr erzielt hat, übersteigen (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG) Verluste aus einer Beteiligung als beschränkt haftender Gesell schafter bei negativem Kapitalkonto (§ 15a EStG) Diese Verluste werden aber mit zukünftigen Gewinnen aus dersel ben Einkunftsquelle verrechnet (siehe 2.5.3: Verlustabzug).
2.4 Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte Den Gesamtbetrag der Einkünfte gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 EStG erhält man, in dem die Summe der Einkünfte um bestimmte Beträge gemindert wird: Summe der Einkünfte Altersentlastungsbetrag § 24a EStG Entlastungsbetrag für Alleinerziehende § 24b EStG Freibetrag für Land- und Forstwirte § 13 Abs. 3 EStG Gesamtbetrag der Einkünfte
2.4.1 Altersentlastungsbetrag Der Altersentlastungsbetrag wird gewährt, wenn Arbeitslohn bzw. andere positive Einkünfte vorliegen. Der Entlastungsbetrag soll die steuerliche Belastung der älteren Personen mindern. Die Gewährung der Entlastung hat zwei Bedingungen: 1. persönliche Voraussetzungen: unbeschränkt steuerpflichtig, Vollendung des 64. Lebensjahres vor Beginn des Veranlagungszeitraums (§ 24a Satz 3 EStG) 2. sachliche Voraussetzungen: steuerpflichtiger Arbeitslohn und positive Summe der Einkünfte, die nicht aus nichtselbstständiger Arbeit sind (§ 24a Satz 1 EStG), ergeben die Grundlage zur Ermittlung des Bemessungs grundlage des Altersentlastungsbetrages
2.5 Ermit tlung des Einkommens
47
2.4.2 Freibetrag für Land- und Forstwirte Um den Freibetrag geltend zu machen, müssen die Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft über 670 € liegen und dürfen nicht 30.700 € überschreiten. Ansonsten entfällt der Freibetrag (§ 13 Abs. 3 Satz 2 EStG). Bei Eheleuten, die zusammen veranlagt (§§ 26, 26b EStG) werden, wird der Freibetrag verdoppelt (1.340 €). Allerdings dürfen die Einkünfte 61.400 € nicht überschreiten. Beispiel (Freibetrag für Land und Forstwirte, Gesamtbetrag der Einkünfte): Der ledige 30jährige Gerd Schultz erzielt im Veranlagungszeitraum xx01 Einkünf te aus Land und Forstwirtschaft in Höhe von 1.800 € und Einkünfte aus Vermie tung und Verpachtung in Höhe von 10.000 €. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft + Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Summe der Einkünfte Freibetrag für Land- und Forstwirte Gesamtbetrag der Einkünfte
1.800,00 € 10.000,00 € 11.800,00 € 670,00 € 11.130,00 €
Es wird der Freibetrag für Land und Forstwirte (670 €) abgezogen, da die Ein künfte aus Land und Forstwirtschaft über 670 € liegen, jedoch 30.700 € nicht überschreiten. Der Altersentlastungsbetrag wird nicht abgezogen, da der steuer pflichtige Gerd Schultz 30 Jahre jung ist.
2.5 Ermittlung des Einkommens Das Einkommen ist nach § 2 Abs. 4 EStG „der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außerge wöhnlichen Belastungen“: Gesamtbetrag der Einkünfte § 2 Abs. 3 EStG Verlustabzug § 10d EStG Sonderausgaben §§ 10, 10a, 10b, 10c EStG außergewöhnliche Belastungen §§ 33 bis 33b EStG Einkommen nach § 2 Abs. 4 EStG
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2. Die Einkommensteuer
2.5.1 Sonderausgaben Sonderausgaben sind Lebensführungskosten, die in den §§ 10, 10a, 10b EStG aufgezählt werden und ausdrücklich als abzugsfähig deklariert sind. Können Aufwendungen auch Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein, so hat der Betriebsausgaben bzw. Wer bungskostenabzug Vorrang (§ 10 Abs. 1 S. 1 EStG). Das Einkommensteuerrecht nimmt eine Einteilung vor: unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben – dauernde Lasten und Renten § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG, – Kirchensteuer § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG, beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben – Unterhaltsleistungen an Ehegatten § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG, – Versicherungsbeiträge § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG, – Berufsausbildungskosten § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, – Spenden und Beiträge § 10b EStG Durch das Alterseinkünftegesetz begann 2005 eine bis 2025 dau ernde Übergangsphase, in der Renten von der vorgelagerten zur nachgelagerten Besteuerung wechseln. Bei der nachgelagerten Besteuerung können Beitragszahlungen an eine Rentenkasse als Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 Abs. 2 und 3 EStG), während die spätere Rentenzahlung in vollem Umfang steuerpflich tig ist. Für das Jahr 2015 bleiben beispielsweise 80 % der Arbeit nehmeranteile und Arbeitgeberanteile steuerfrei. Dieser Wert erhöht sich jährlich um 2 Prozentpunkte, so dass 100 % ab 2025 bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 € steuerfrei bleiben. Bis 2019 wird durch das Finanzamt automatisch eine sog. Günstigerprüfung vorgenommen (§ 10 Abs. 4a EStG), nach der es bei der alten vorge lagerten Besteuerung bleibt, falls diese zu einer niedrigeren Besteu erung führt. Werden vom Steuerpflichtigen keine Sonderausgaben nachgewiesen, so wird der Sonderausgaben-Pauschbetrag gem. § 10c EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen. Er beträgt 36 €, bei Zusam menveranlagung von Ehegatten 72 € (§ 10c Abs. 4 Nr. 1 EStG).
2.5 Ermit tlung des Einkommens
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Mit dem Veranlagungsjahr 2010 ist die Vorsorgepauschale nach §°10c Abs.°2 EStG weggefallen. Erläuterungen können in den Vorauflagen nachgelesen werden. Im Lohnsteuerabzugsverfahren lebt die Vorsorgepauschale für Arbeitnehmer noch weiter, um monatlich eine anteilige Berücksichtigung von Sonderausgaben beim Lohnsteuerabzug sicherzustellen.
Beispiel (Sonderausgaben): Der geschiedene steuerpflichtige Peter Gut hat für die Zeit vom 01.02.xx01 bis 31.12.xx01 an seine geschiedene Ehefrau Unter haltsleistungen in Höhe von 15.000 € gezahlt. Peter Gut kann auf Antrag, mit Zustimmung seiner geschiedenen Frau für den Veranlagungszeitraum xx03 13.805 € als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehen.
Durch das „Bürgerentlastungsgesetz“ von 2009 wird sichergestellt, dass nunmehr (fast) alle Aufwendungen zur Kranken- und Pflegepflichtversicherung steuerlich berücksichtigt werden. Die vom Steuerpflichtigen tatsächlich geleisteten Beiträge zur privaten und gesetzlichen Kranken und Pflege Pflichtversicherung auf sozialhil ferechtlich gewährleistetem Leistungsniveau können danach ab dem 1. Januar 2010 in vollem Umfang steuerlich berücksichtigt werden. Für sonstige Vorsorgeaufwendungen gilt ein Abzugsvolumen von 1.900/2.800 €. Die Beiträge sind bis zu dieser Höhe in jedem Fall voll abziehbar. Das beinhaltet nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG fol gende Beiträge: Kranken und Pflegeversicherungen, soweit diese generell nicht berücksichtigt werden (Mehrleistungen/Wahltarife/Krankengeld) Arbeitslosenversicherung Erwerbs und Berufsunfähigkeitsversicherungen Unfall und Haftpflichtversicherungen Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen Lebensversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen worden sind Darüber hinaus sind ab dem 1.1.2010 alle Beiträge für die Kranken und Pflegeversicherung abzusetzen, soweit damit eine Absicherung auf Basis der gesetzlichen Kranken und der sozialen Pflege Pflichtversicherung erreicht wird. Alle gesetzlich und privat Kran
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2. Die Einkommensteuer
ken und Pflege Pflichtversicherten werden dann steuerlich gleich behandelt. Beispiel (Sonderausgaben für Unfallversicherung): Frau Nolte zahlt jährlich 90 € für eine Unfallversicherung, die sowohl berufliche als auch private Unfälle ab deckt. Dann sind 45 € (50%) Werbungskosten und 45 € gehen in die weitere Berechnung der Sonderausgaben ein (BMFSchreiben v. 28.10.2009, IV C 5 S 2332/09/10004). Beispiel (Sonderausgaben für Kranken und Pflegeversicherung): Herr Meier ist privat krankenversichert. Er zahlt im Jahr einen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 2.400 €, wovon 10% der Finanzierung von Komfortleistungen dienen. Auf die Basiskrankenversicherung entfällt somit ein Beitragsanteil von 2.160 €. Für eine Pflegepflichtversicherung hat er 200 € gezahlt und andere sonstige Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 200 € getätigt. Beiträge zur Krankenversicherung Beiträge zur Pflegepflichtversicherung weitere sonstige Vorsorgeaufwendungen Summe höchstens mindestens jedoch Basiskrankenversicherung (2.160 €) + Pflegepflichtversicherung (200 €) anzusetzen sind
2.400 € 200 € 200 € 2.800 € 2.800 € 2.360 € 2.800 €
Angenommen, Herr Meier gibt deutlich mehr als 2.800 € für seine Basiskranken versicherung aus, nämlich 4.000 €. 10% fallen wieder auf Komfortleistungen. Die Basiskrankenversicherung kostet Herrn Meier also 3.600 €. Das heißt für Herrn Meier: Beiträge zur Krankenversicherung Beiträge zur Pflegepflichtversicherung weitere sonstige Vorsorgeaufwendungen Summe höchstens mindestens jedoch Basiskrankenversicherung (3.600 €) + Pflegepflichtvers. (200 €) anzusetzen sind
4.000 € 200 € 200 € 4.400 € 2.800 € 3.800 € 3.800 €
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2.5.2 Außergewöhnliche Belastungen Wie der Begriff schon erahnen lässt, sind außergewöhnliche Belas tungen für die Steuerpflichtigen nicht der Regelfall. Durch die §§ 33 bis 33b EStG soll dem einzelnen Steuerpflichtigen, in Fällen von höheren Belastungen als es bei der Mehrheit der Steuerpflichti gen der Fall ist (außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33 Abs. 1 EStG), eine Minderung der Einkommensteuer gewährt werden. Eine außergewöhnliche Belastung ist gegeben, wenn weiterhin Aufwendungen anfallen, die weder Betriebsausgaben, Wer bungskosten noch Sonderausgaben sind, (§°33 Abs.°2 S.°2 EStG) der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§°33 Abs.°2 S.°1 EStG) eine zumutbare Belastung gem. § 33 Abs. 3 EStG des Steuer pflichtigen überschreiten und der Steuerpflichtige einen Antrag stellt. Im Falle einer solchen Belastung, wird der Teil, der die zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen (§ 33 Abs. 1 EStG). Beispiel (außergewöhnliche Belastungen): Die ledige steuerpflichtige Eva Zobel hat im Veranlagungszeitraum xx01 nur Einnahmen aus Vermietung und Verpach tung in Höhe von 17.500 €. Damit entspricht dieser Betrag gleichzeitig dem Gesamtbetrag der Einkünfte. Im Veranlagungszeitraum xx01 sind für Eva Zobel Arztkosten von 4.000 € entstanden. Von ihrer Krankenversicherung wurden ihr 2.500 € erstattet. Die abziehbare außergewöhnliche Belastung wird wie folgt errechnet: Krankheitskosten Erstattung der Krankenversicherung außergewöhnliche Belastung zumutbare Belastung (6 % von 17.500 €, nach § 33 Abs. 3 EStG) abziehbare außergewöhnliche Belastung
4.000,00 € 2.500,00 € 1.500,00 € 1.050,00 € 450,00 €
Vom Gesamtbetrag der Einkünfte, wird eine zumutbare Belastung von 1.050 € errechnet. Dies bedeutet, dass die abziehbare außergewöhnliche Belastung von
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2. Die Einkommensteuer
450 € den Gesamtbetrag der Einkünfte auf 17.050 € vermindert (ähnliches Beispiel BFH v. 01.02.2001 – III R 22/00).
2.5.3 Verlustabzug Ein Verlustabzug nach § 10d EStG kann erst nach dem Verlust ausgleich (siehe 2.3.2) vorgenommen werden. Ist es nicht möglich, die negativen Einkünfte über den horizontalen/vertikalen Verlust ausgleich mit positiven Einkünften innerhalb eines Jahres zu ver rechnen, können sie auf einen anderen Veranlagungszeitraum über tragen werden. Über den Verlustrücktrag können negative Einkünfte bis 511.500 € (doppelter Betrag bei Zusammenveranlagung) vom Ge samtbetrag der Einkünfte des vorhergehenden Veranlagungszeitrau mes abgezogen werden (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG). Der Verlust wird noch vor den anderen Abzugsbeträgen (z. B. Sonderausgaben) ver rechnet. Werden nicht ausgeglichene negative Einkünfte nicht durch Ver lustrücktrag berücksichtigt, dann erfolgt ein Verlustvortrag in die folgenden Veranlagungszeiträume bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Mio. € pro Jahr (§ 10d Abs. 2 EStG). Für den Betrag von 1 Mio. Euro übersteigenden Verlust wird ein weiterer Verlustabzug von 60 % des verbleibenden Verlustes pro Folgejahr gewährt. Beispiel (Verlustabzug): Die ledige steuerpflichtige Renate Troll hat folgende Einnahmen: Einnahmen aus Gewerbebetrieb Einnahmen aus Kapitalvermögen
VZ xx01 60.000 € 100.000 €
VZ xx02 250.000 € 0€
Es wird ein Verlustrücktrag in Höhe von 160.000 € vorgenommen. Verlustrücktrag: Einnahmen VZ xx01 Einnahmen VZ xx02 nach Verlustrücktrag verbleibender Verlust vorzutragen nach VZ xx03
160.000 € 250.000 € 0€ 90.000 €
2.6 Ermit tlung des zu versteuernden Einkommens
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2.6 Ermittlung des zu versteuernden Einkommens Das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG ergibt sich aus dem Einkommen gemäß § 2 Abs. 4 EStG abzüglich des Kinder freibetrages (§ 32 Abs. 6 EStG) und sonstiger Beträge. Beim zu versteuernden Einkommen handelt es sich um die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer. Einkommen § 2 Abs. 4 EStG Kinderfreibetrag § 32 Abs. 6 EStG sonstige Beträge zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG
Der Einkommensbetrag eines Kindes soll nach § 31 EStG, in Höhe des Existenzminimums steuerfrei bleiben. Durch den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kindergeld (§§ 62 bis 78 EStG) soll dies erfüllt werden. Der Freibetrag wird vom Ein kommen der Eltern im entsprechenden Veranlagungszeitraum abge zogen. § 32 Abs. 1 bis 5 EStG gibt Aufschluss darüber, für welche Kinder des Steuerpflichtigen der Kinderfreibetrag berücksichtigt wird. So sind es zum Beispiel „im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder“ (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und/oder Kinder, die sich ein einer Berufsausbildung befinden und das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG). Der Freibetrag für jedes Kind des Steuerpflichtigen beträgt 2.184 €. Weiterhin besteht ein Freibetrag von 1.320 € für den Betreuungs und Erziehungsbedarf des Kindes (§ 32 Abs. 6 EStG).
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2. Die Einkommensteuer
2.7 Gesamtberechnung des zu versteuernden Einkommens Die Berechnung des zu versteuernden Einkommens erfolgt also über mehrere Schritte. In der Zusammenfassung (eine vollständige Darstellung findet sich im R 2 EStR) wird es folgendermaßen ermittelt: Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft § 13 EStG + Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 EStG + Einkünfte aus selbstständiger Arbeit § 18 EStG + Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit § 19 EStG Versorgungsfreibetrag § 19 Abs. 2 EStG Werbungskosten oder Arbeitnehmer-Pauschbetrag § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG + Einkünfte aus Kapitalvermögen § 20 EStG Werbungskosten oder Werbungskosten-Pauschbetrag § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG Sparer-Freibetrag § 20 Abs. 4 EStG + Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung § 21 EStG + sonstige Einkünfte § 22 EStG Summe der Einkünfte § 2 Abs. 1 EStG Altersentlastungsbetrag § 24a EStG Entlastungsbetrag für Alleinerziehende § 24b EStG Freibetrag für Land- und Forstwirte § 13 Abs. 3 EStG Gesamtbetrag der Einkünfte § 2 Abs. 3 EStG Verlustabzug § 10d EStG Sonderausgaben §§ 10, 10b, 10c EStG außergewöhnliche Belastungen §§°33 bis 33b EStG Einkommen § 2 Abs. 4 EStG Kinderfreibeträge § 32 Abs. 6 EStG sonstige Beträge zu versteuerndes Einkommen § 2 Abs. 5 EStG
2.8 Veranlagung
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2.8 Veranlagung Die Festsetzung der Einkommensteuer erfolgt in einem sog. Veranlagungsverfahren. Mit der Einreichung der Steuererklärung beim Finanzamt, wird das Veranlagungsverfahren ausgelöst. Per Ein kommensteuerbescheid wird die Einkommensteuer festgelegt und dem Steuerpflichtigen übermittelt. Der Veranlagungszeitraum umfasst das Kalenderjahr (§ 2 Abs. 7 EStG). Für die Ermittlung der Einkünfte, ist jedoch zu beachten, dass bei den Land und Forstwirten, sowie bei Gewerbetreibenden der Ge winn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln ist (§ 4a Abs. 1 EStG). So läuft das Wirtschaftsjahr der Land und Forstwirte vom 01.07. bis 30.06. Das Wirtschaftsjahr der Gewerbetreibenden, ist der Zeit raum, in dem sie regelmäßig Abschlüsse machen. Die Einkommensteuer ist für jede steuerpflichtige Person, die ledig, verwitwet, geschieden, verheiratet ist, grundsätzlich einzeln zu veranlagen. Bei der Einzelveranlagung werden die Einkünfte ermittelt und in der Steuererklärung angegeben. In der Anwendung des Grundta rifs nach § 32a Abs. 1 EStG (siehe 2.8.1) ergibt sich dann die Ein kommensteuer für den Steuerpflichtigen. Bei verheirateten Personen kann jedoch auch eine Ausnahme der Veranlagung im Sinne des § 26 Abs. 1 EStG stattfinden. Die Ehe gatten haben die Wahl zwischen Zusammenveranlagung § 26b EStG und getrennter Veranlagung § 26a EStG.
2.8.1 Zusammenveranlagung bei Ehegatten Die Zusammenveranlagung tritt in der Praxis häufiger auf, als die getrennte Veranlagung. Sie ist geregelt in § 26b EStG. Die Zusam menveranlagung wird von Amts wegen durchgeführt (§ 26 Abs. 3 EStG), d. h. es ist kein Antrag o.ä. der Steuerpflichtigen nötig. Die erzielten Einkünfte der Ehegatten werden zunächst getrennt ermittelt und dann zusammengerechnet. Es ergibt sich also nur ein zu versteuerndes Einkommen, dies bedeutet auch eine gemeinsame Einkommensteuerzahlung. Die Eheleute werden gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt (§ 26b EStG) und das Ehepaar tritt als
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2. Die Einkommensteuer
Gesamtschuldner der Steuer auf. Im Falle einer Steuererstattung erhält diese aber nur der Ehegatte, der die Steuer gezahlt hat, d. h. auf dessen Rechnung die Steuerzahlung erfolgte (§ 36 Abs. 4 Satz 3 EStG). Die zustehenden Freibeträge und Pauschbeträge für Werbungskos ten nach § 9a EStG, können bei jedem Ehegatten von seinen Ein nahmen abgezogen werden. Bei der Zusammenrechnung ergibt sich dadurch i. d. R. der doppelte Betrag gegenüber der Einzelveranla gung. Hat ein Ehegatte, z. B. keine Werbungskosten, so bleibt es dennoch bei dem doppelten Pauschbetrag, der von den zusammen gerechneten Einnahmen abgezogen wird. Verluste, die bei einem Ehegatten nicht gemäß § 2 Abs. 3 EStG ausgeglichen werden, können beim anderen Ehegatten berücksich tigt werden. Im Rahmen der Zusammenveranlagung bei Ehegatten kommt bei der Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer das SplittingVerfahren nach § 32a Abs. 5 und 6 EStG (siehe 2.9.2) zur Anwen dung. Bei diesem Splitting Verfahren wird das zu versteuernde Einkommen der Ehegatten halbiert und der Grundtarif wird doppelt auf das halbierte zu versteuernde Einkommen angewendet.
2.8.2 Getrennte Veranlagung bei Ehegatten Die getrennte Veranlagung muss gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 EStG von mindestens einem der Ehegatten ausdrücklich gewählt werden. Jedem Ehegatten sind die von ihm erzielten Einkünfte zuzurechnen (§ 26a Abs. 1 Satz 1 EStG), d. h. für jeden Ehegatten ist eine selbst ständige Veranlagung durchzuführen. Es ergibt sich auch für jeden eine eigene Einkommensteuerschuld. Nicht zu verwechseln ist die getrennte Veranlagung, mit der Einzelveranlagung. Der Unterschied besteht in der Berücksichtigung der doch vorhandenen Ehe. So werden in der getrennten Veranla gung der Ehegatten, die Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen im gleichen Maße angesetzt, wie bei der Zusammen veranlagung. Jedem Ehegatten werden demnach die Beträge zur Hälfte angerechnet.
2.9 Ermit tlung der tar iflichen Einkommenst euer
Verwitwete Geschiedene
Einzelveranlagung
Splittingtarif § 32a Abs. 6 EStG „Witwensplitting“
Ledige
Getrennte Veranlagung
Grundtarif § 32a Abs. 1 EstG
57
Ehegatten
Zusammen veranlagung
Splittingtarif § 32a Abs. 5 EStG
2.9 Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer Für die tarifliche Einkommensteuer bildet das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) die gesetzliche Bemessungsgrundla ge (§ 32a Abs. 1 EStG). Die Einkommensteuer bemisst sich nach dem Grundtarif (§ 32a Abs. 1 EStG) und kann gegebenenfalls durch das Splitting Verfahren (§ 32a Abs. 5 EStG) und dem Progressions vorbehalt (§ 32b EStG) beeinflusst werden. Im Einkommensteuergesetz werden bestimmte Einkünfte im Tarif bereich begünstigt. Zur Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer bei außerordentlichen Einkünften (§§ 34 bis 34b EStG) wird ein ermäßigter Steuersatz vorgeschrieben. Dabei kommt § 34a EStG für die Begünstigung nicht entnommener Gewinne besondere Bedeu tung zu (vgl. Kap. 2.9.4 zur Gewinnthesaurierung). Weitere Steuerermäßigungen ergeben sich aus den §§ 34c bis 35a EStG. Dabei weist z. B. § 34c EStG auf eine Begünstigung für Steuerpflichtige hin, die im Ausland Einkünfte erzielen. Mit diesem Staat darf kein Doppelbesteuerungsabkommen bestehen. Ist dies der Fall, so darf der Steuerpflichtige die im Ausland angefallene Ein kommensteuer im Inland anrechnen. § 35a EStG begünstigt Auf wendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen (vgl. Kap. 2.2.3). § 35 EStG behandelt die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb (siehe Kap. 4.3).
58
2. Die Einkommensteuer
2.9.1 Grundtarif Der Grundtarif wird angewendet bei: ledigen Steuerpflichtigen (§ 32a Abs. 1 EStG) verwitweten und geschiedenen Steuerpflichtigen (§ 32a Abs. 6 EStG) Ehegatten, die getrennt veranlagt werden (§ 32a Abs. 1 EStG) Ehegatten, die die besondere Veranlagung für den Veranla gungszeitraum der Eheschließung wählen (§ 26c EStG) Einkommensteuertarif – 2007 und 2008 Zone 1. 2. 3. 4. 5.
Grundfreibetrag Untere Progressionszone Obere Progressionszone Proportionalzone Erhöhte Proportionalzone („Reichenzone“)
Zu versteuerndes Einkommen bis 7.664 € 7.665 € bis 12.739 € 12.740 € bis 52.151 € ab 52.152 € bis 250.000 € ab 250.001 €
Tarifliche Einkommensteuer 2008 0€ linear ansteigender Grenzsteuersatz von 15 % auf 24 % linear ansteigender Grenzsteuersatz von 24 % auf 42 % konstanter Spitzensteuersatz 42 % konstanter Spitzensteuersatz 45 %
Durch das im Februar 2009 von der Regierung beschlossene Konjunkturpaket II wird die Einkommensteuerbelastung durch eine Erhöhung der Tarifeckpunkte und eine Absenkung des Eingangssteuersatzes gemindert.
Einkommensteuertarif – 2009 Zone 1. 2. 3. 4. 5.
Grundfreibetrag Untere Progressionszone Obere Progressionszone Proportionalzone Erhöhte Proportionalzone („Reichenzone“)
Zu versteuerndes Einkommen bis 7834 € 7.835 € bis 13.139 € 13.140 € bis 52.551 € ab 52.552 € bis 250.400 € ab 250.401 €
Tarifliche Einkommensteuer 2009 0€ linear ansteigender Grenzsteuersatz von 14 % auf 24 % linear ansteigender Grenzsteuersatz von 24 % auf 42 % konstanter Spitzensteuersatz 42 % konstanter Spitzensteuersatz 45 %
2.9 Ermit tlung der tar iflichen Einkommenst euer
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Einkommensteuertarif – ab 2010 Zone 1. 2. 3. 4. 5.
Grundfreibetrag Untere Progressionszone Obere Progressionszone Proportionalzone Erhöhte Proportionalzone („Reichenzone“)
Zu versteuerndes Einkommen bis 8.004 € 8.005 € bis 13.469 € 13.470 € bis 52.881 € ab 52.882 € bis 250.400 € ab 250.731 €
Tarifliche Einkommensteuer 2010 0€ linear ansteigender Grenzsteuersatz von 14 % auf 24 % linear ansteigender Grenzsteuersatz von 24 % auf 42 % konstanter Spitzensteuersatz 42 % konstanter Spitzensteuersatz 45 %
Das zu versteuernde Einkommen ist im Rahmen des Grundtarifs auf einen vollen Euro Betrag abzurunden (§ 32a Abs. 1 EStG). Beispiel (Grundtarif): Die ledige steuerpflichtige Fiona Sommer hat in 2008 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 120.356,74 € erzielt. Die tarifliche Einkommensteuer für Frau Fiona Sommer wird wie folgt errechnet: Zu versteuerndes Einkommen abgerundeter Betrag (§ 32a Abs. 2 EStG) 42 % x 120.356 € 7.914 € (§ 32a Abs. 1 Nr. 4 EStG) Einkommensteuer-Schuld (§ 32a Abs. 1 EStG)
120.356,74 € 120.356,00 € 42.635,52 € 42.635,00 €
Die sich ergebende Einkommensteuer ist regelmäßig Bemessungs grundlage für den Solidaritätszuschlag von (derzeit) 5,5 % (§ 4 SolZG).
2.9.2 Splitting-Verfahren Das Splitting-Verfahren wird angewendet bei: Ehegatten, die zusammen veranlagt werden (§ 32a Abs. 5 EStG), und im Ausnahmefall bei: verwitweten Steuerpflichtigen innerhalb eines Jahres nach dem Tod des Ehegatten (§ 32a Abs. 6 Nr. 1 EStG) geschiedenen Steuerpflichtigen (§ 32a Abs. 6 Nr. 2 EStG) (BFH v. 20.09.2002 III B 40/02)
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2. Die Einkommensteuer
Der Steuerbetrag beim Splitting Tarif ergibt sich aus der Hälfte des abgerundeten zu versteuernden Einkommen bei Anwendung des Grundtarifs (§ 32a Abs. 5 Satz 1 EStG). Dieser Betrag wird verdop pelt und stellt somit die tarifliche Einkommensteuer dar. Grund für den Einsatz dieses Verfahrens ist eine einerseits nicht gerechtfertigte steuerliche Mehrbelastung, die durch das Zusam menrechnen der beiden Einkommen der Eheleute und dem progres siven Steuertarif entstehen würde. Andererseits wird hierdurch ein Belastungsausgleich zwischen einem Ehepartner mit hohem und einem Ehepartner mit niedrigem Einkommen erreicht. Beispiel (SplittingVerfahren): Der steuerpflichtige Daniel Stolz und seine Ehefrau werden im Veranlagungszeitraum xx01 zusammen veranlagt. Das gemeinsam zu versteuernde Einkommen beträgt 250.001 €. Zu versteuerndes Einkommen halbierter Betrag (§ 32a Abs. 5 EStG) abgerundeter Betrag (§ 32a Abs. 2 EStG) 42 % x 125.000 € 7.914 (§ 32a Abs. 1 Nr. 4 EStG) Einkommensteuer-Schuld verdoppelter Betrag (§ 32a Abs. 5 EStG)
250.001,00 € 125.000,50 € 125.000,00 € 44.586,00 € 44.586,00 € 89.172,00 €
Die EinkommensteuerSchuld beläuft sich bei den Ehegatten Stolz auf 89.172 €.
Faktorverfahren Mit dem Jahressteuerverfahren 2009 wurde das Faktorverfahren als eine neue Wahl der Steuerklassen eingeführt (§°39f Abs.°1 EStG). Das Faktorverfahren gilt für Ehegatten, die unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§°1 Abs. °1 EStG), nicht dauernd ge trennt leben und beide Arbeitslohn beziehen. Es soll damit eine familiengerechtere Lohnsteuerverteilung erreicht sowie hohe Ein kommensteuernachzahlungen ggf. auch ESt Vorauszahlungen vermieden werden. Allerdings entfallen auch hohe Erstattungsbei träge bei der Jahressteuererklärung, wie unten stehendes Beispiel aufzeigt. Das Faktorverfahren ist freiwillig und kann formlos beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. Der Faktor wird vom Finanzamt berechnet und auf der miteinzureichenden Lohnsteuer
2.9 Ermit tlung der tar iflichen Einkommenst euer
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karte neben der Steuerklasse vermerkt. Bei Anwendung des Verfah rens erhalten die Ehepartner die Steuerklasse IV/IV (mit Faktor). Einmal jährlich, spätestens zum 30. November kann eine Änderung des Faktors erfolgen. Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung bleibt davon unberührt.
Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Finanzen (unter www.abgabenrechner.de/fb2010/?) können Interessierte die Faktorberechnung selbst durchführen.
Beispiel (Faktorverfahren): Das Ehepaar Schmidt, keine Kinder, haben im Veran lagungsjahr xx01 einen Bruttoarbeitslohn von 40.000°€, dabei entfallen 30.000°€ auf Herrn Schmidt (Steuerklasse III) und 10.000°€ auf Frau Schmidt (Steuerklasse V). Die tarifliche Einkommensteuer, im Splittingverfahren, beträgt 4.000°€. Steuerklasse III/V
Hr. Schmidt 1.630°€
Fr. Schmidt 1.360°€
Summe 2.990°€
IV/IV (ohne Faktor) IV/IV (mit Faktor)
4.800°€
0°€
4.800°€
3.998,40°€
0°€
3.998,40°€
Differenz Nachzahlung 1.010°€ Erstattung 800°€ Nachzahlung 0,60 €
Der Faktor berechnet sich aus dem Quotienten der voraussichtlichen Einkom mensteuer (4.000°€) und dem Steueraufkommen der Steuerklasse IV (4.800°€) und beträgt 0,833.
Das Ergebnis der Faktorrechnung zeigt, dass weder mit einer Erstat tung noch mit einer erheblichen Nachzahlung zu rechnen ist. Der Nachzahlungsbetrag in Höhe von 60 Cent gilt als Rundungsdiffe renz.
2.9.3 Progressionsvorbehalt Durch den Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) versucht man die Steuerpflichtigen, die bestimmte steuerfreie Einnahmen haben, gleichzustellen mit den Steuerpflichtigen, die ausschließlich steuer pflichtige Einnahmen erzielen.
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2. Die Einkommensteuer
Der Progressionsvorbehalt wird entsprechend § 32b EStG z. B. bei Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld und Übergangs geld angewendet. Auf das in § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen wird ein besonderer Steuersatz angewendet, d. h. der Steuerpflichtige wird dazu verpflichtet eine höhere Einkommens teuer zu zahlen.
2.9.4 Gewinnthesaurierung Durch die Unternehmensteuerreform 2008 wurde für einkommens teuerpflichtige Personen der drei ersten Einkunftsarten (Land und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständige Tätigkeit) eine Begünstigung für nicht entnommene Gewinne (thesaurierte Ge winne) eingeführt. In diesem Fall wird der einbehaltene Gewinn gem. § 34a EStG auf Antrag nur mit einem Steuersatz von 28,25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) besteuert. Ziel ist es, die Gewinnthesaurierung in der Einkommensteuer nicht schlechter zu stellen als in der Körperschaftsteuer. Die Besteuerung des nicht entnommenen Gewinns erfolgt gem. § 34a Abs. 1 und 2 EStG wie in dieser Beispielrechnung (unterstell ter ESt Satz von 45 %, ohne SolZ): Jahr 01 (keine thesaurierten Gewinn aus Vorjahren) Gewinn lfd. Jahr Einlagen Entnahmen Kapitalsaldo gem. § 34a Abs. 2 Nicht entnommener Gewinn Darauf entfallende Einkommensteuer (28,25 %) Regel-Einkommensteuer (45 %) auf (Netto-)Entnahme
300.000 50.000 80.000 30.000
30.000 270.000 76.275 13.500
Wird der Gewinn später entnommen, so findet allerdings eine achversteuerung (Entnahmebesteuerung) mit einem festen Steu ersatz von 25 % (zuzüglich SolZ) statt (§ 34a Abs. 4 EStG). Damit unterliegt der später entnommene Gewinn immer einer Gesamtbe lastung von 46,19 % (ohne Gewerbesteuer, SolZ und KiSt), was
63
2.9 Ermit tlung der tar iflichen Einkommenst euer
über dem Spitzensteuersatz von 45 % liegt. Wird GewSt, SolZ berücksichtigt, ergibt sich über § 34a EStG eine Gesamtbelastung von 48,3 %, während die Regelbesteuerung bei 47,44 % liegt. Gewinn (nicht entnommen) Einkommensteuer (begünstigt) Gewinn nach Steuern Belastung bisher Entnahme in einem Folgejahr Nachversteuerung auf Entnahme (25 %) Entnommener Gewinn nach Steuern Gesamtbelastung
100,00 28,25 71,75 28,25 % 71,75 17,94 53,81 46,19 %
Die Nachversteuerung findet immer mit einem Steuersatz von 25 % statt, auch wenn der persönliche Spitzensteuersatz zwischenzeitlich auf unter 25 % gefallen sein sollte, und immer vorrangig (wegen der in § 34a Abs. 4 S. 1 EStG festge legten Entnahmereihenfolge) vor der Entnahme bereits voll ver steuerter Gewinne statt, wodurch sich ein sog. „Lock in Effekt“ (Einsperreffekt) voll versteuerter Gewinne ergibt, die erst ent nommen werden dürfen, wenn keine begünstigten Gewinne mehr vorhanden sind.
Die Beantragung des ermäßigten Thesaurierungssteuersatzes lohnt sich deshalb nur, wenn sich der Steuerpflichtige dauerhaft auf einer sehr hohen Progressionsstufe befindet und er den Gewinn für längere Zeit im Unternehmen belassen will, da sich ein Vorteil nur durch den Zinsgewinn aufgrund der späten Nachversteuerung ergibt.
Die Ermittlung des entnommenen Gewinns erfolgt mittels folgen der, fortgeführter Beispielrechnung: Jahr 02 (thesaurierter Gewinn von 270.000 aus Jahr 01 vorhanden) Gewinn lfd. Jahr Einlagen Entnahmen Kapitalsaldo
100.000 + 40.000 250.000 210.000
210.000
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2. Die Einkommensteuer
Überentnahme ( Nachversteuerungsbetrag) 25 % auf 78.925 (110.000 0,2825 x 110.000), damit sind die 110.000 insgesamt mit 46,19 % belastet Regulär zu versteuernder Gewinn mit individuellem Steuersatz 45 %
110.000 19.731
100.000 45.000
Damit ergibt sich letztlich die folgende Verwendungsreihenfolge für Entnahmen: zuerst der steuerfreie Gewinn des laufenden Jahres steuerpflichtiger Gewinn des laufenden Jahres begünstigte Gewinne aus Vorjahren zuletzt regelbesteuerte Gewinne aus Vorjahren
Die Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns führt zu einer weit reichenden Annäherung der Thesaurierungsbesteuerung mit Einkommensteuer und mit Körperschaftsteuer, gleichzeitig aber auch zu einer weiteren Verkomplizierung des deutschen Steuerrechts.
2.10 Quellenabzugsverfahren Das Quellenabzugsverfahren ist eine Steuerhebungsform, bei der der Steuerabzug direkt an der Quelle der Einkunftserzielung erfolgt, um das Steueraufkommen zu sichern. Hierbei ist der Unternehmer oder Schuldner der Steuerzahler und nicht der Steuerpflichtige oder Gläubiger. Die einbehaltene Steuer wird an das Finanzamt abgeführt. Bei den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit und bei Ein nahmen aus Kapitalvermögen wird dieses Verfahren angewandt und die Einkommensteuer in Form einer Lohnsteuer (§§ 38 42f EStG) bzw. Kapitalertragsteuer (§§ 43 45d EStG) einbehalten. Eine weitere Erhebungsform der Einkommensteuer ist die Bauab zugsteuer, geregelt in den §§ 48 48d EStG. Hierauf soll aber nicht weiter eingegangen werden.
2.10 Quellenabzugsverfahren
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2.10.1 Erhebung der Lohnsteuer Die Lohnsteuer, als Quellenbesteuerung der Arbeitnehmer (Erhe bungsform der Einkommensteuer), wird gemäß § 38 Abs. 1 EStG vom Lohn abgezogen. Dies sind Einkünfte, die einem Steuerpflich tigen (Arbeitnehmer) aus einem Beschäftigungsverhältnis zufließen (§ 2 LStDV). Unbeschränkt Steuerpflichtige und auch beschränkt Steuerpflichtige unterliegen mit ihren Einkünften aus nichtselbst ständiger Arbeit (§ 19 EStG) der Lohnsteuer. Bei der laufenden Lohnzahlung behält der Arbeitgeber die Lohnsteuer ein (§ 38 Abs. 3 EStG) und führt sie an das Finanzamt ab. Die entsprechenden Vor schriften sind in den §§ 38 42f EStG zu finden. Dem Steuerpflichtigen wird eine sog. Lohnsteuerklasse zugeord net. Die Steuerklassen haben im Wesentlichen folgende Merkmale. Steuerklasse I II
III
IV V VI
Merkmale nach § 38b EStG für Ledige, Geschiedene, Verwitwete, die nicht in die Klassen III oder IV fallen für Ledige, Geschiedene, Verwitwete, die nicht in die Klassen III oder IV fallen und die Voraussetzungen des §°24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) erfüllen Verheiratete, wenn der Ehegatte kein Arbeitsentgelt bezieht oder der Ehegatte in der Steuerklasse V ist Verwitwete, wenn der verstorbene Ehegatte im selben oder vorhergehenden Jahr gestorben ist Geschiedene, die im Jahr der Scheidung erneut heiraten Verheiratete, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind und beide Arbeitsentgelt beziehen Verheiratete, nach Klasse IV, wenn nach Antrag, der Ehegatte in die Klasse III gereiht wird Steuerpflichtige, die in mehreren Dienstverhältnissen stehen und dort auch Arbeitsentgelt beziehen
Eine unbeschränkt steuerpflichtige Person erhält jährlich von ihrer Gemeinde die Lohnsteuerkarte, diese verbleibt beim Arbeitgeber und wird nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses herausgege ben. Auf ihr sind Familienstand, Steuerklasse und evtl. Kinderfrei
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2. Die Einkommensteuer
beträge des Steuerpflichtigen schon vorab vermerkt. Bei Beschäfti gungsende und Kalenderjahresende wird eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer erstellt. Diese wird parallel dem zuständigen Finanzamt des Arbeitgebers in elektroni scher Form übermittelt. Neben dem Bruttoarbeitslohn vermerkt der Arbeitgeber eine Reihe einbehaltener Beträge, zum Beispiel Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Außerdem noch steuerfreie Beträge, darunter Leistungen des Arbeitgebers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und Beiträge des Arbeitgebers an eine Pensionskasse. Die Ermittlung der Lohnsteuerbelastung richtet sich also nach der Höhe seines Lohnes und nach der Steuerklasse gem. § 38b EStG.
Mit dem 1.1.2010 wurde das ELENA-Verfahren eingeführt. Der Arbeitgeber ist nun verpflichtet, monatlich in elektronischer Form das Entgelt des Arbeitnehmers in eine zentrale Datenspeicherstelle zu übermitteln, auf die sämtliche Behörden (zum Beispiel das Arbeitsamt) zugreifen können. Dabei soll das Ausstellen von Formularen vermieden werden. Das ELENA-Verfahren ist jedoch zurzeit sehr umstritten, da neben dem Entgelt auch Informationen zu Kündigungsgründen, Teilnahme an Streiks u.Ä. erfasst und gespeichert werden. Dementsprechende Klagen liegen bereits beim Bundesverfassungsgericht. Nähere Information zum ELENAVerfahren sind auf der Internetseite www.das-elena-verfahren.de zu finden.
2.10.2 Erhebung der Kapitalertragsteuer Die Kapitalertragsteuer wird auf Kapitalerträge erhoben und ist geregelt in den §§ 43 bis 45c EStG; auch hierbei handelt es sich um eine einkommensteuerliche Quellenbesteuerung. Sie soll Steueraus fälle durch die „Vergesslichkeit“ der Steuerpflichtigen bei der Steu ererklärung vermeiden helfen. Kapitalerträge sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG.
2.10 Quellenabzugsverfahren
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Die Steuer wird auf die Erträge gemäß §§ 43 ff. EStG erhoben, zum Beispiel bei: Gewinnanteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, Erträge aus einer stillen Gesellschaft § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, Zinsen aus Kapitalforderungen § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Kapitalertragssteuer wird vom Schuldner der Kapitalerträge bzw. von der Zahlstelle einbehalten und abgeführt. In diesem Fall beträgt die abzuführende Steuer 25 % der Einnahmen (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Über einen Freistellungsauftrag gem. § 44a EStG kann der Steuerpflichtige bei Bezug der Kapitalerträge die Einbe haltung der Kapitalertragsteuer bis zur Höhe des Sparer Freibetrages nach § 20 Abs. 4 EStG und des Werbungskosten pauschbetrags nach § 9a S. 1 Nr. 2 EStG vermeiden. Auch die Kapitalertragsteuer stellt eine Vorauszahlung auf die Jahreseinkommensteuer dar. Wegen der Einführung der Abgeltungssteuer ergeben sich Verände rungen ab 2009 (siehe Einkünfte aus Kapitalvermögen in Kap. 2.1.2).
68 Multiple-Choice-Test zur Einkommensteuer
1 □ □ □
□ 2 □ □ □ □
Ein als Werbegraphiker tätiger Künstler, der seine Geschäfte in einem öffentlich zugänglichen Ladenlokal betreibt und regelmäßig durch Werbung auf seine Leistungen aufmerksam macht, ... a) hat Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit, da er eine selbstständige nachhaltige Betätigung mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, ausübt, und sich diese als Beteili gung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. b) kann sowohl Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit als auch Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit haben, weshalb er sich mit einer für fünf Jahre bindenden Erklä rung gegenüber dem Finanzamt für eine dieser beiden Einkunftsarten entscheiden muss. c) kann sowohl Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit als auch Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit haben, weshalb zur Feststellung der zutreffenden Einkunftsart u. a. untersucht werden muss, ob er durch seine persönli che Tätigkeit seiner Arbeit ein individuelles Gepräge ver leiht. d) hat Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit, da er eine selbstständig ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als Künst ler hat. Einkommen wird definiert als ... a) Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um Sonderab gaben und außergewöhnliche Belastungen. b) Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlas tungsbetrag und Freibetrag für Land und Forstwirte. c) Summe der Einkünfte der sieben Einkunftsarten. d) Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um Sonderab gaben, außergewöhnliche Belastungen, Kinderfreibetrag und sonstige Beträge.
Multiple-C hoice-Test zur Einkommensteuer
3 □ □ □ □ 4 □ □ □ □
5
□ □ □ □
Der vertikale Verlustausgleich ist ... a) der Ausgleich von negativen Ergebnissen eines Ermitt lungszeitraumes mit den negativen Ergebnissen eines anderen Ermittlungszeitraums. b) die Verrechnung der positiven und negativen Ergebnisse verschiedener Einkunftsarten aus verschiedenen Ermitt lungszeiträumen. c) die Verrechnung der positiven und negativen Ergebnisse verschiedener Einkunftsarten im selben Ermittlungszeit raum bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte. d) der Ausgleich von positiven und negativen Ergebnissen der gleichen Einkunftsart im selben Ermittlungszeitraum. Worauf bezieht sich die sachliche Steuerpflicht? a) Einkünfte b) Einnahmen c) Einzahlungen d) Einkommen Der folgende Sachverhalt bezieht sich auf die zwei anschließenden Fragen: Die selbstständige Sandra Büchner betreibt ihr eigenes Steuerberatungsbüro und führt ordentlich Bücher. BV xx02 100.370 € BV xx03 112.400 € Entnahmen 1.365 € Einlagen 1.870 € Nach welcher Ermittlungsart errechnet sich der Gewinn? a) Schätzung nach §162 AO b) Betriebsvermögensvergleich (BVV) nach § 4 Abs.1 EStG c) Betriebsvermögensvergleich (BVV) nach § 5 EStG d) Durchschnittsätze nach § 13a EStG n
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Multiple-C hoice-Test zur Einkommensteuer
6 □ □ □ □ 7 □ □ □ □ 8 □ □ □ □ 9 □ □ □ □
Es gelten die in Frage 5 aufgeführten Daten. Wie hoch ist der Gewinn? a) –12.535 € b) 12.535 € c) 111.895 € d) 11.525 € Der verheiratete Angestellte Moritz Engel fährt an 202 Tagen 34 km zur Arbeit und wieder 34 km zu seiner Wohnung zurück. Für seinen Beruf benötigte er Arbeitskleidung im Wert von 130 €. Als Werbungskosten machte er für diesen Veranlagungszeit (VZ) geltend: a) 978,40 € b) 920,00 € c) 2.190,40 € d) 4.120,80 € Die Kapitalertragsteuer wird fällig ... a) bei Verkaufsgewinnen von OHGAnteilen. b) auf das gesamte Kapitalvermögen des Steuerpflichtigen. c) bei Gewinnen einer Kapitalgesellschaft. d) bei bestimmten Einkünften aus Kapitalvermögen. Karl-Eduard arbeitet als Angestellter bei einem Unternehmen. Dieses Unternehmen zahlt die Löhne für August in voller Höhe des Nettobetrages (2.000 €) aus und meldet dann Insolvenz an. Die Lohnsteuer (400 €) ist von dem Unternehmen nicht an das Finanzamt abgeführt. a) KarlEduard schuldet dem Finanzamt keine Steuer. b) KarlEduard schuldet dem Finanzamt die Steuer in Höhe von 400 €. c) KarlEduard schuldet dem Finanzamt eine neu zu be rechnende Steuer unterhalb von 400 €. d) KarlEduard muss sich die Steuer mit dem Unternehmen teilen.
71 Lösungen Frage 1 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: zwar Begründung für ein Gewerbe, jedoch ist die freiberufliche Tätigkeit stets als Abgrenzung gegen zu prüfen, da die Gewerbedefinition als Auffangtatbestand definiert ist b) ist falsch: Ein Werbegraphiker kann Einnahmen in einer der beiden Einkunftsarten haben, jedoch gibt es keine fünfjährige Bindung. c) ist richtig: Hätte dieser Graphiker z. B. technische Angestellte, die die Werbung vervielfältigen, so könnte eine gewerbliche Prägung der gesamten Tätigkeit gegeben sein. d) ist falsch: allein aus der Künstlereigenschaft kann nicht auf eine freiberufliche Tätigkeit geschlossen werden, auch wenn diese ein Indiz dafür ist. Frage 2 Antwort a) ist richtig: § 2 Abs. 4 EStG b) ist falsch: ist Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 Satz 1 EStG) c) ist falsch: § 2 Abs. 1 EStG d) ist falsch: Kinderfreibetrag und sonstige Beträge werden vom (hier gesuchten) Einkommen abgezogen. Frage 3 Antwort c) ist richtig. a) falsch: ist der horizontale Verlustrücktrag b) falsch: ist der vertikale Verlustrücktrag c) ist richtig: entspricht der Definition (§ 10 d Abs. 1 EStG) d) falsch: ist der horizontale Verlustausgleich (H 3 EStH 2003) Frage 4 Antwort a) ist richtig: § 2 Abs. 1 EStG b) ist falsch: Einnahmen sind nur die positive Komponente von Einkünften c) ist falsch: Einzahlungen sind nur der tatsächliche Geldzufluss d) ist falsch: Einkommen ist eine Folgegröße nach Addition aller Einkünfte abzüglich Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen (§ 2 Abs. 4 EStG).
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Lösungen
Frage 5 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: trifft nicht zu, da regelmäßig nur im Rahmen einer Betriebsprüfung; die Schätzung ist Aufgabe der Finanzbehörde (§ 162 Abs.1 AO). b) ist richtig: freiwillige Buchführung, da Sandra Büchner als Freiberuflerin (siehe die sog. Katalogberufe in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) nicht zur Buchführung verpflichtet ist. c) ist falsch: nur bei zur Buchführung verpflichteten Gewerbetreibenden, Sandra Büchner ist jedoch Freiberuflerin. d) ist falsch: nur bei Land- und Forstwirten möglich Frage 6 Antwort d) ist richtig. a) BV xx02 BV xx03 + Entnahmen Einlagen b) BV xx03 BV xx02 Entnahmen + Einlagen c) BV xx03 + Entnahmen Einlagen d) ist richtig:: BV xx03 BV xx02 + Entnahmen EStG)
Einlagen (§ 4 Abs. 1
Frage 7 Antwort a) ist richtig: (14km x 0,30 € x 202 Tage) + 130 € b) ist falsch: Arbeitnehmer-Pauschbetrag gem. § 9a Nr. 1 EStG (ist jedoch niedriger als a) c) ist falsch: (34km x 0,30€ x 202 Tage) + 130 € d) ist falsch: 68km x 0,30€ x 202Tage Frage 8 Antwort d) ist richtig. a) ist falsch: Besteuerung ggf. gem. § 16 Abs. 1 EStG b) ist falsch: eine Vermögensbesteuerung findet derzeit in Deutschland nicht statt c) ist falsch: diese werden der Körperschaftsteuer unterworfen d) ist korrekt: § 43 Abs. 1 EStG Frage 9 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: Karl-Eduard ist Schuldner der Lohnsteuer (§ 38 Abs. 2 EStG). b) ist falsch: 400 € bezieht sich auf einen ursprünglichen, jedoch nie gezahlten Bruttolohn. c) ist richtig: Die 2.000 € stellen den neuen Bruttolohn dar, von diesem ist die Steuer neu zu berechnen. d) ist falsch: Die Steuerlast wird (im Gegensatz zu vielen Sozialabgaben) nie geteilt.
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3. Körperschaftsteuer Die Körperschaftsteuer zählt zu den Ertragsteuern und belastet Kör perschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (im Nachfolgenden als juristische Personen bezeichnet). Sie wird deshalb auch als Einkommensteuer der juristischen Person apostrophiert. Mit Wirkung vom 01.01.1977 wurde für Gewinnausschüttungen das Vollanrechnungssystem für die Körperschaftsteuer eingeführt, um die bis dahin herrschende zweifache steuerliche Belastung durch Einkommensteuer und Körperschaftsteuer zu verhindern. Ab dem Veranlagungszeitraum 2001 wurde (aufgrund des Steuersenkungs gesetzes vom 23.10.2000) zum Halbeinkünfteverfahren übergegan gen, welches die Doppelbelastung nur näherungsweise ausgleicht. Ab 2009 wird nunmehr das Halbeinkünfteverfahren durch das Teileinkünfteverfahren und die Abgeltungssteuer ersetzt.
3.1 Steuerpflicht Die Körperschaftsteuer unterscheidet drei Arten der Steuerpflicht: Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse? (§ 1 Abs. 1 KStG) ja
nein
Befindet sich der Sitz bzw. die Geschäfts leitung im Inland? ja
nein Liegen inländische Einkünfte vor? (§ 2 KStG) ja
Unbeschränkte Steuerpflicht
nein Beschränkte Steuerpflicht
Keine Steuerpflicht
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3. Körperschaftsteuer
3.1.1 Unbeschränkte Steuerpflicht Steuersubjekt sind juristische Personen mit Sitz bzw. Geschäftslei tung im Inland und unterliegen als solche der unbeschränkten Kör perschaftsteuerpflicht nach § 1 KStG. Dazu zählen: Kapitalgesellschaften z. B.: AG, KGaA, GmbH Erwerbs und Wirtschaftsgenossenschaften z. B.: Volks und Raiffeisenbanken, Molkerei und Keltergenos senschaften, Berufs und Fischereigenossenschaften Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit z. B.: Schadens und Gefahrengemeinschaften sonstige juristische Personen des privaten Rechts z. B.: Pensionssicherungsvereine, Rundfunkanstalten nicht rechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts z. B.: Gewerkschaften, politische Parteien, Universitätsstiftungen Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffent lichen Rechts gem. § 4 KStG Dazu zählen alle Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die ei nerseits hoheitliche Aufgaben ausüben, sich aber andererseits auch am wirtschaftlichen Verkehr beteiligen, um Einnahmen au ßerhalb der Land und Forstwirtschaft zu erzielen (z. B. Erho lungsheim, Strandkorbvermietung, Parkhaus). Auf eine Gewin nerzielungsabsicht kommt es dabei nicht an. Aus einem Betrieb gewerblicher Art erzielte Einnahmen sind steuerpflichtig und von den steuerfreien Einnahmen aus der hoheitlichen Aufgaben erfüllung abzugrenzen.
3.1.2 Beschränkte Steuerpflicht § 2 KStG regelt zwei Fälle der beschränkten Steuerpflicht. Der erste Fall bezieht sich auf jede juristische Person, die weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung im Inland hat; bezogene inländische Einkünfte sind jedoch beschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 2 Nr. 1 KStG), was der beschränkten Steuerpflicht des Einkommens teuerrechts entspricht.
3.1 Steuerpflicht
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Beispiel: Die XY AG mit Sitz in Frankreich bezieht Einkünfte durch die Verpach tung eines Betriebsgrundstückes in Berlin. Diese Einkünfte unterliegen der KSt im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht.
Im zweiten Fall geht es um sonstige Körperschaften, Personenver einigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt steuer pflichtig (gem. § 1 Abs. 1 KStG) sind (z. B. eine Gemeinde), aber von deren inländischen Einkünften ein Steuerabzug (z. B. Kapitaler tragsteuer gem. §§ 43 ff. EStG) vorgenommen wird (§ 2 Nr. 2 KStG).
3.1.3 Steuerbefreiungen und partielle Steuerpflicht Entsprechend der Aufzählung im § 5 Abs. 1 Nr. 1 22 KStG sind beispielsweise folgende Organisationen von der Körperschaftsteuer befreit: staatliche Lotterieunternehmen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG) Kreditanstalt für Wiederaufbau (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG) Berufsverbände (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG) Juristische Personen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) Bei den an 3. und 4. Stelle genannten Einrichtungen ist eine Steuer befreiung jedoch insoweit ausgeschlossen, als diese einen wirt schaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten (z. B. Verkauf von Gütern), wofür dann eine partielle Steuerpflicht besteht. Weitere Ausnahmen von den Befreiungen gelten nach § 5 Abs. 2 KStG vor allem für: inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1 KStG
3.1.4 Beginn und Ende der Körperschaftsteuerpflicht Das Gesetz knüpft die Körperschaftsteuerpflicht an die Rechtsform, also sind alle juristischen Personen des privaten Rechts steuerpflich tig. Beginn der Körperschaftsteuerpflicht ist die Aufnahme der Tätigkeit einer juristischen Person bzw. ihrer Eintragung ins jewei lige Register.
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3. Körperschaftsteuer
Doch der Rechtsform Anknüpfungspunkt wirft Probleme auf, so bald die entstehende Unternehmung noch vor Registereintrag wirt schaftlich tätig wird. So ist die Vorgründungsgesellschaft, in der Phase bis zur Errichtung, noch kein selbstständiges Steuersubjekt und wie eine BGB Gesellschaft zu behandeln. Das bedeutet, dass die Gesellschafter vollhaftbar und einkommensteuerpflichtig sind. Dagegen wird die Vorgesellschaft, zwischen Errichtung und Han delsregistereintrag stehend, steuerrechtlich schon als juristische Person behandelt. Sie gilt demnach als Steuersubjekt und die ent sprechenden körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften werden schon auf die Vorgesellschaft angewandt. Das Ende der Körperschaftsteuerpflicht ist der Zeitpunkt der tat sächlichen Beendigung der Liquidation. Die endgültige Löschung aus dem entsprechenden Register hat dabei nur eine deklaratorische Bedeutung.
Die Körperschaftsteuerpflicht beginnt regelmäßig mit Tätigkeitsaufnahme bzw. Registereintrag einer juristischen Person und endet mit ihrer Liquidation.
3.2 Bemessungsgrundlage 3.2.1 Einkommen Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer ist das zu ver steuernde Einkommen juristischer Personen (§ 7 Abs. 1 KStG). Unter dem Einkommen wird die Summe der Einkünfte nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes gefasst, wobei alle Einkünfte der buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen als Ein künfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind (§ 8 Abs. 1 und 2 KStG). Das für die Körperschaftsteuer relevante Einkommen berechnet sich nach dem in R 29 KStR erläuterten Schema.
3.2 Bemessungsgrundlage
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3.2.2 Abziehbare Aufwendungen Ergänzend zu den einkommensteuerrechtlichen Betriebsausgaben vervollständigt der § 9 KStG wie folgt die körperschaftsteuerrecht lich abziehbaren Aufwendungen. Dazu zählen: Vergütungen an persönlich haftende Gesellschafter von KGaA Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG sind Vergütungen für die Ge schäftsführung oder zusätzliche Gewinnanteile auf durch den persönlich haftenden Gesellschafter gemachte Einlagen neben dem Grundkapital abzugsfähig. Die der Körperschaftsteuer pflicht entzogenen Vergütungen unterliegen beim Gesellschafter der Steuerpflicht gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG; alle anderen Ver gütungen sind körperschaftsteuerpflichtig und führen beim Ge sellschafter zu Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG). Spenden Spenden gehören bis zu einem gewissen Umfang zu den abzieh baren Aufwendungen und sind vergleichbar mit den abzugsfähi gen Sonderausgaben im Einkommensteuerrecht (vgl. § 10b EStG). Die Höhe der abzugsfähigen Spenden richtet sich nach ihrem Verwendungszweck (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG) bis zu 20 % des Einkommens oder 4 ‰ der Summe aus Umsatz und Löhnen der juristischen Person. Ein Abzug als Spende ist ausgeschlos sen, sofern eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) anzu nehmen ist (z. B. eine durch einen geschäftsführenden Gesell schafter veranlasste Spende an einen gemeinnützigen Verein aus rein persönlichen Motiven des Gesellschafters).
3.2.3 Nichtabziehbare Aufwendungen Bestimmte Aufwendungen sind körperschaftsteuerrechtlich nicht abzieh bar. Vergleichbar sind sie mit den nicht abzugsfähigen Kosten für die private Lebensführung (§ 12 EStG) und werden im § 10 KStG geregelt: Aufwendungen zur Erfüllung von Satzungspflichten Aufwendungen für die Erfüllung von Zwecken des Steuerpflich tigen, die durch das Stiftungsgeschäft, die Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschrieben sind, sind gemäß § 10 Nr. 1 KStG nicht abzugsfähig.
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3. Körperschaftsteuer
Beispiel: Ein vermögensverwaltender Verein überweist Geld an eine Schule. Die Überweisung fällt unter dieses Abzugsverbot soweit es sich nicht um eine Spende gem. § 9 Nr. 2 KStG handelt.
Steueraufwendungen: Steuern vom Einkommen (Körper schaftsteuer), andere Personensteuern und bestimmte Umsatz steuer sind gemäß § 10 Nr. 2 KStG nicht abziehbar. Zudem sind auch die auf diese eben genannten Steuern entfallenden Neben leistungen, wie Säumniszuschläge und Hinterziehungszinsen e benfalls nicht abzugsfähig. Geldstrafen: Als grundsätzlich nicht abzugsfähig gemäß § 10 Nr. 3 KStG gelten die in einem Strafverfahren festgesetzten Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Er füllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch Tat verursachten Schadens dienen. Bußgelder etc. sind bereits über § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG vom Abzug ausgeschlossen. Dagegen sind Verfahrens und Gerichtskosten abziehbar. Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen: Ebenfalls nicht abzieh bar gemäß § 10 Nr. 4 KStG ist die Hälfte der Vergütungen jeder Art, die an Mitglieder des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Gru benvorstands oder andere mit der Überwachung der Geschäfts führung beauftragte Personen gewährt werden.
3.2.4 Steuerfreie Erträge Zu den steuerfreien Erträgen zählen gem. § 8b KStG alle Gewinne, die einer juristischen Person aufgrund von Beteiligungen an anderen Körperschaften zufließen (mit Ausnahme der Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne von Lebens und Krankenversicherun gen, § 8b Abs. 8 KStG), was eine Doppelbesteuerung verhindern soll (BMF Schreiben vom 28.04.2003, IVA2 S270a 7/03). Zu beachten ist, dass aufgrund dieser Vorschrift nicht nur Gewinne, sondern auch Verluste aus der Veräußerung einer Beteiligung nicht in die steuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen werden (§ 8b Abs. 3 und 6 KStG).
3.2 Bemessungsgrundlage
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Ziel dieser Steuerfreistellung ist die nur einmalige Besteuerung eines Gewinnes mit 25 % (bzw. dem jeweils geltenden Steuersatz) solange dieser im Bereich von juristischen Personen verbleibt. Bei Gewinnausschüttungen in einer Kette von Kapitalgesellschaften erfolgt die Besteuerung somit nur bei der ersten Gesellschaft in dieser Kette. Schüttet die letzte in dieser Kette stehende Kapitalge sellschaft den Gewinn an eine natürliche Person aus, so erfolgt dann eine weitgehende Vermeidung einer Doppelbesteuerung durch das Halbeinkünfteverfahren (s. Kap. 3.5). Beispiel: Die Tochtergesellschaft T schüttet ihr gesamtes Einkommen der Mutter gesellschaft M aus. Eine Doppelbesteuerung würde entstehen, wenn sowohl bei T als auch bei M Körperschaftsteuer in Höhe von 25 % fällig wären. Deshalb ist der Ertrag aus dem Zufluss der Ausschüttung bei M steuerfrei.
Es ist allerdings zu beachten, dass bei steuerfreien Einnahmen i. S. des § 8b KStG die damit im Zusammenhang stehenden Be triebsausgaben ebenfalls nicht berücksichtigungsfähig sind. Da sich die zugehörigen Betriebsausgaben in der Praxis kaum ermitteln lassen, sieht § 8b Abs. 3 und 5 KStG vor, dass pauschal 5 % der Einnahmen als nicht abziehbare Betriebsausgaben anzusetzen sind. Des weiteren sind auch sonstige gewinnbezogene Bezüge und die aus einer Kapitalherabsetzung oder Liquidation stammenden Bezü ge von der Körperschaftsteuer befreit. Neben den Steuerbefreiungen gibt es auch noch Steuervergünsti gungen, wie diverse Freibeträge zum einen für kleinere juristische Personen in Höhe von 3.835 € (§ 24 KStG) und zum anderen für Erwerbs und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine der Land und Forstwirtschaft in Höhe von 13.498 € (§ 25 KStG).
3.2.5 Verdeckte Gewinnausschüttung Gewinne zu erzielen ist der Sinn eines jeden Unternehmens. Bei Kapitalgesellschaften besteht die Möglichkeit der Thesaurierung oder Ausschüttung der erwirtschafteten Gewinne an die Gesell schafter, i. d. R. geschieht dies offen durch einen Gewinnausschüt tungsbeschluss der Gesellschafter. Passiert dies nicht offen, handelt es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA).
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3. Körperschaftsteuer
Gewinn
Thesaurierung
Ausschüttung
offen
verdeckt
Gesellschafterbeschluss
Gem. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG mindern verdeckte Gewinnausschüttun gen das Einkommen nicht. Im Gesetzestext gibt es keine konkrete Definition, was unter einer vGA zu verstehen ist, doch eine Beg riffsbestimmung kann aufgrund der Rechtsprechung des BFH (Ur teil vom 22.02.1989, BStBl II S. 475) dennoch gegeben werden. So ist unter einer vGA eine Vermögensminderung beispielsweise in Form von überhöhten Entgeltzahlungen an einen Gesellschafter durch die Gesellschaft oder eine verhinderte Vermögensmehrung z. B. durch zu niedrige Zahlungen vom Gesellschafter an die Ge sellschaft zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veran lasst ist und in diesem Umfang bei unternehmensfremden Personen nicht vorkommen würde. Fälle der vGA können sich hinter den unterschiedlichsten Vereinba rungen verstecken, Beispiele hierfür sind: Kaufverträge Verhinderte Vermögensmehrung: Die Gesellschaft verkauft ein Wirtschaftsgut, z. B. Betriebs PC, an den Gesellschafter zu ei nem marktunüblichen, besonders niedrigen Preis, in Höhe der Differenz zum marktüblichen Preis ist eine vGA gegeben (BFH vom 14.10.1992, BFH/NV 1993, S. 269).
3.2 Bemessungsgrundlage
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Dienstverträge Vermögensminderung durch überhöhten Geldabfluss: Da ein Gesellschafter auch gleichzeitig Geschäftsführer einer Gesell schaft sein kann, werden Dienstverträge geschlossen. Zu seinen daraus resultierenden Vergütungen gehört nicht nur das Gehalt, sondern auch Tantieme, Pensionszusagen etc. Wenn diese Ge samtbezüge unangemessen hoch sind, handelt es sich um eine vGA (BFH vom 27.04.2000, BFH/NV 2001, S. 342). Darlehensverträge Darlehensverträge kommen in der Praxis relativ häufig vor; da mit es sich um keine vGA handelt, sollten die Vereinbarungen marktüblich sein. Ist die Gesellschaft allerdings bereit, dem Ge sellschafter ein Darlehen, zu sehr geringen Zinsvereinbarungen zu bewilligen, ist das ebenfalls eine Form der verhinderten Ver mögensmehrung und somit eine vGA. Gesellschafter Fremdfinanzierung
Beispiel: Die Muttergesellschaft gewährt der Tochtergesellschaft ein Darle hen, das eigenkapitalersetzenden Charakter hat, zu einem marktunüblich niedrigen Zinssatz. Da ein ähnliches Darlehen einem außenstehendem Dritten nicht gewährt werden würde, handelt es sich hier um eine vGA (vgl. hierzu auch § 8a KStG, EuGH vom 12.12.2002, BFH/NV Beilage 2003, S. 98).
Erfolgt eine Gewinnausschüttung nicht durch einen Gesellschafterbeschluss, handelt es sich um eine vGA. Sie kann sich in Form einer verhinderten Vermögensmehrung oder durch überhöhten Geldabfluss bemerkbar machen. Eine (entdeckte) vGA ist in jedem Fall steuerpflichtig.
Ein in der Praxis besonders strittiger Fall sind die Vergütungen der Gesellschafter Geschäftsführer, die von den Finanzbehörden beson ders überprüft werden. Nach dem BMF Schreiben vom 14.10.2002, IVA2 S2742 62/02 wird die Überprüfung dieser Vergütungen in drei Schritten durchgeführt:
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3. Körperschaftsteuer
1 Die Vereinbarungen werden zunächst danach beurteilt, ob sie rechtsformkonform sind. So passen Überstundenvergütungen für Geschäftsführer nicht in das Aufgabenbild des Geschäftsführers und sind somit eine Form der vGA. 2 Danach erfolgt eine Bewertung der Vergütungen aufgrund ihrer Höhe, wobei hier der Vergleich zu anderen Unternehmen eine Rolle spielt. 3 Zuletzt wird überprüft, ob die Höhe der Vergütungen die Ange messenheit überschreitet. Hierbei wird nach folgenden Kriterien beurteilt: Art und Umfang der Tätigkeit des Gesellschafters, zu künftige Ertragsaussichten und Art und Höhe der Vergütungen ebenfalls im Vergleich zu anderen Unternehmen. Wird eine vGA festgestellt, hat dies steuerliche Auswirkungen auf die Gesellschaft und den Gesellschafter. Die vGA ist dem Einkommen der Gesellschaft zuzurechnen und unterliegt der Körperschaftsteuer. Beim Gesellschafter indes wird diese Summe der Einkunftsart „Ein künften aus Kapitalvermögen“ zugerechnet (§ 20 EStG).
3.3 Organschaft Überträgt eine Organgesellschaft (Tochtergesellschaft), als ein selbst ständiges Steuer Rechtssubjekt einem Organträger (Muttergesell schaft), ebenfalls ein selbstständiges Steuer Rechtssubjekt, durch einen Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG sein gesam tes zu versteuerndes Einkommen, so handelt es sich um eine Organ schaft (BMF Schreiben vom 26.8.2003, IVA2 S 2770 18/03). Organschaft Organträger (Muttergesellschaft) Gewinnabführungsvertrag: Übertragung des gesamten steuerpflichtigen Einkommens Organgesellschaft (Tochtergesellschaft)
3.3 Organschaft
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Dies hat zur Folge, dass der abgeführte Erfolg (Gewinn oder Ver lust) dem Gesamteinkommen des Organträgers zugerechnet wird und beim Organträger eine Verrechnung von Gewinnen und Verlus ten bewirkt werden kann. Die Organgesellschaft bleibt ohne jegli ches Einkommen, mit Ausnahme der Ausgleichszahlungen an Min derheitsgesellschafter und Mehr oder Minderabführungen. Daher erfolgt lediglich eine Körperschaftsteuerbelastung bei der Mutterge sellschaft, nicht aber bei der Tochtergesellschaft (§ 14 Abs. 1 KStG) und eine Doppelbesteuerung wird, ähnlich wie schon im § 8b KStG, unterbunden. Da eine Organschaft eine wirtschaftliche Einheit darstellt, erfolgt die Besteuerung dieses Gebildes konsequenterwei se auch als steuerliche Einheit, d. h., dass Beziehungen zwischen den Organteilen keine steuerliche Relevanz haben. Während sowohl durch § 8b KStG (Beteiligungsentlastung) als auch durch § 14 KStG (Organschaft) eine Doppelbesteuerung ver mieden wird, ergeben sich jedoch die folgenden wesentlichen Un terschiede zwischen diesen beiden Normen: Während durch § 8b KStG nur tatsächliche Ausschüttungszah lungen entlastet werden, reicht bei § 14 KStG ein bestehender und umgesetzter Gewinnabführungsvertrag aus. Nur bei der Organschaft kann als Mutterunternehmen auch eine natürliche Person oder eine Mitunternehmerschaft (Personenge sellschaft) an der Spitze stehen. Nur bei der Organschaft kann in eingeschränktem Umfang auch die Rücklagenbildung bei einem Tochterunternehmen ein bezogen werden. In einer Kette von Beteiligungen erfolgt die Besteuerung bei § 8b KStG beim ersten Unternehmen in dieser Kette, im Fall der Organschaft wird der Gewinn jeweils beim letzten Unternehmen, also dem höchsten Mutterunternehmen, in der Kette besteuert. Um solch ein Organschaftsverhältnis aufzubauen, müssen nachfol gende Bedingungen gleichzeitig und ununterbrochen erfüllt sein: Mehrheitsbeteiligung (finanzielle Eingliederung durch Mehr heit der Stimmrechte) des Organträgers an der Organgesellschaft von Beginn des Wirtschaftsjahres an (§ 14 Nr. 1 KStG);
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3. Körperschaftsteuer
der Organträger muss eine unbeschränkt steuerpflichtige natür liche Person oder eine nicht steuerbefreite juristische Person mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sein (§ 14 Nr. 2 KStG); der Gewinnabführungsvertrag (§ 291 Abs. 1 AktG) wird für mindestens 5 Jahre geschlossen (§ 14 Nr. 3 KStG); Beträge aus dem Jahresüberschuss darf die Organgesellschaft nur in solcher Höhe in die Gewinnrücklagen einstellen, wie dies durch „vernünftige kaufmännische Beurteilung“ gerechtfer tigt werden kann. Ausnahme bilden hierbei die gesetzlichen Rücklagen (§ 14 Nr. 4 KStG).
3.4 Besteuerungsverfahren 3.4.1 Veranlagungszeitraum Die Körperschaftsteuer ist eine Jahressteuer und gem. § 7 Abs. 3 KStG ist der Veranlagungszeitraum das vorangegangene Kalender jahr, in welchem vorher festgesetzte, quartalsweise Vorauszahlun gen geleistet werden müssen. Für den Fall, dass die unbeschränkte bzw. beschränkte Steuerpflicht nur während eines Teils des Kalenderjahres bestand, so tritt dieser Teil an Stelle des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 S. 2 KStG).
3.4.2 Körperschaftsteuererklärung Der Körperschaftsteueranspruch entsteht mit der Verwirklichung eines steuerpflichtigen Tatbestandes (§ 38 AO), während sich die Entstehung der Körperschaftsteuer nach § 30 KStG richtet. Für die Durchführung der Besteuerung wird auf die einkommensteuerlichen Regelungen zurückgegriffen (§ 31 KStG). Körperschaftsteuerpflich tige Einnahmen müssen in der Steuererklärung angezeigt werden. Die KSt ist vierteljährlich zum 10.03., 10.06., 10.09. und 10.12. vorauszubezahlen. Der zu zahlende Restbetrag, ergibt sich aus der gesamten Steuerverpflichtung abzüglich der Vorausleistungen und wird letztendlich durch den Körperschaftsteuerbescheid festgesetzt.
3.5 Besteuerung der Ausschüttung an A nteilseigner
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3.4.3 Körperschaftsteuertarif Gem. § 23 Abs. 1 KStG beträgt seit 2008 der Einheitssteuersatz 15 % (sog. Flatrate) des zu versteuernden Einkommens. Allerdings kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates den Steuersatz herab bzw. heraufsetzen. Ein Beispiel ist hierfür die Erhöhung des Körperschaftsteuersatzes für den Veranlagungszeit raum 2003 um 1,5 Prozentpunkte von (damals) 25 % auf 26,5 % (§ 34 Abs. 11a KStG), um die Schäden der Hochwasserkatastrophe zu finanzieren. Die sich ergebende Körperschaftsteuer ist Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag von (derzeit) 5,5 %.
3.5 Besteuerung der Ausschüttung an Anteilseigner 3.5.1 Halbeinkünfteverfahren bis einschließlich 2008 Das Halbeinkünfteverfahren stellt eine Verbindung zwischen Ein kommensteuerrecht und Körperschaftsteuerrecht her und reduziert, günstigstenfalls beseitigt, die nochmalige Besteuerung des an eine natürliche Person ausgeschütteten Gewinns einer Körperschaft in der Einkommensteuer. Diese setzt die erhaltenen Ausschüttungen nur zur Hälfte als Einkommen in seiner Einkommensteuererklärung an. Diese Regelung ist vergleichbar mit dem § 8b KStG, durch den Anteilseigner als juristische Person von einer Doppelbelastung der erhaltenen Ausschüttung befreit werden. Allerdings führt das Halbeinkünfteverfahren nur zu einer nähe rungsweisen Freistellung von einer Doppelbesteuerung. Je niedriger das zu versteuernde Einkommen einer natürlichen Person ist, desto geringer fällt die Entlastungswirkung aus. Bei sehr hohen Spit zensteuersätzen ist sogar eine zusätzliche Entlastung zu ver zeichnen. Der durch juristische Personen erwirtschaftete Gewinn ist (sofern keine Organschaft gegeben ist) in Höhe von 25 % mit Körper schaftsteuer belastet.
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3. Körperschaftsteuer
Beispiel: Herr Z und die B GmbH sind zu gleichen Teilen an der XY AG beteiligt. In diesem Jahr sieht die Ausschüttung, mit Berücksichtigung der Kapitalertragsteu er, wie folgt aus: BruttoDividende 25 % KSt Ausschüttung
1.000 € 250 € 750 €
Jeweils 375 € entfallen auf die B GmbH und Herrn Z.
Ist eine Körperschaft Anteilseigner, so bleiben gem. § 8b KStG die an sie ausgeschütteten Dividenden von der Steuer befreit. Dadurch wird vermieden, dass bei nacheinander geschalteten Unternehmen eine Mehrfachbelastung erfolgt, d. h. der in einem Beteiligungsver hältnis erwirtschaftete Gewinn wird also nur einmal mit Körper schaftsteuer belastet. Fortsetzung Beispiel: Die Hälfte der Ausschüttung entfällt auf die B GmbH und beträgt 375 €. Eine – nochmalige – Besteuerung dieser Einkünfte mit Körper schaftsteuer findet bei der B GmbH nicht statt. Bei einer Belastungsrechnung ist die (in diesem Beispiel nicht einbezogene) Gewerbesteuer zu berücksichtigen, die von XY AG ebenfalls zu entrichten ist.
Wird der Gewinn hingegen an einen Anteilseigner als natürliche Person ausgeschüttet, wird er zuvor mit Kapitalertragsteuer belegt. In seiner persönlichen Steuererklärung setzt der Anteilseigner seine Dividende (ohne Abzug der gezahlten Kapitalertragsteuer) zur Hälfte als Einnahmen aus Kapitalvermögen an (§ 20 EStG, § 3 Nr. 40 d i EStG). Fortsetzung Beispiel: Die andere Hälfte der Ausschüttung entfällt auf Herrn Z und beträgt ebenfalls 375 €. Jedoch wird mit ihr anders verfahren: Dividende Kapitalertragsteuer 20 % NettoDividende
375 € 75 € 300€
= Auszahlungsbetrag
Bei der Einkommensteuererklärung wird wie folgt weitergerechnet (zum Vergleich wird die Belastungswirkung bei vier verschieden EStTarifen a) 45 %, b) 40 %, c) 30 %, d) 15 % gezeigt):
3.5 Besteuerung der Ausschüttung an A nteilseigner
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Erhaltene Zahlung Zzgl. Kapitalertragsteuer Einkünfte nach § 20 EStG
300,00 € 75.00 € 375,00 €
Einkünfte nach § 20 EStG Davon die Hälfte steuerfrei § 3 Nr. 40 EStG Zu versteuerndes Einkommen
375,00 € 187,50 € 187,50 €
Darauf Belastung mit ESt
a) b) c) d)
45 % = 84,38 € 40 % = 75,00 € 30 % = 56,25 € 15 % = 28,13 €
Nach Anrechnung der 75 € KapErtSt verbleibende ESt, + = Guthaben, – = Zahlung – 9,38 € + 0,00 € + 18,75 € + 46,87 €
Verbleibende Dividende nach Steuern
290,62 € 300,00 € 318,75 € 346,87 €
Gesamte Steuerlast auf 500 € Brutto Dividende 41,88 % 40,00 % 36,25 % 30,63 %
Das vorstehende Beispiel zeigt, dass die relative Steuerlast bei niedrigerem Gesamteinkommen (und daraus resultierendem niedri gerem Einkommensteuersatz) unterproportional abnimmt. Wäre Herr Z ein einkommensloser Student, der nur diese Beteiligungser träge hat, so verbliebe eine Steuerlast von 25 % (nämlich die ur sprüngliche, nicht verrechenbare Körperschaftsteuer). Der erwirtschaftete Gewinn kann einem Anteilseigner aber nicht nur durch Gewinnausschüttungen, sondern auch durch andere For men, wie zum Beispiel durch den Verkaufspreis von Beteiligungen zufließen. Daher ist es nach § 3 Nr. 40 Buchst. j EStG vorgeschrie ben, dass die Erlöse aus dem Verkauf von Beteiligungen an Körper schaften für natürliche Personen ebenfalls nur zur Hälfte steuer pflichtig sind. Für Körperschaften, die ihre Beteiligungen verkau fen, sind die Veräußerungserlöse steuerbefreit (§ 8b Abs. 2 KStG). Zu beachten ist ebenfalls, dass nicht nur die Gewinne zur Hälfte angerechnet werden, sondern auch die Aufwendungen. So sind die Werbungskosten, wie z. B. Fahrt zur Gesellschafterversammlung gem. § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte absetzbar. Bei Veräußerungen
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3. Körperschaftsteuer
sind die mindernd zu berücksichtigenden Anschaffungskosten ebenfalls nur hälftig zu berücksichtigen. Beispiel: Egon kauft am 01.02. Aktien für 100.000 € und verkauft sie noch im selben Jahr zu einem Preis von 140.000 €. Einnahme 140.000 € anzusetzen ist die Hälfte gem. § 3 Nr. 40j EStG abzüglich der Anschaffungskosten i. H. v. 100.000 anzusetzen ist die Hälfte gem. § 3c Abs. 2 EStG zu versteuern
70.000 € – 50.000 € 20.000 €
3.5.2 Besteuerung beim Anteilseigner ab 2009 Schüttet eine Kapitalgesellschaft keinen Gewinn aus, so bleibt dies beim Anteilseigner regelmäßig ohne steuerliche Folgen, da der Gewinn in der Kapitalgesellschaft thesauriert wird und nicht in den Verfügungsbereich der Anteilseigner (Gesellschafter) gelangt; eine Ausnahme hierzu besteht insbesondere bei der Organschaft. Wird ein Gewinn von einer Kapitalgesellschaft ausgeschüttet, so richtet sich die Steuerfolge nach der Person des Anteilseigners: Wird der Anteil im Privatvermögen gehalten, so bezieht der Anteilseigner Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), die mit der Abgeltungssteuer besteuert werden (siehe Kap. 2.1.2 → Einkünfte aus Kapitalvermögen, Kap. 2.2.2 → Besonderheiten bei Einkünften aus Kapitalvermögen). Liegt der Anteil dagegen in einem Betriebsvermögen einer Nicht Kapitalgesellschaft (z. B. Einzelkaufmann), werden die Erträge ab 2009 nach dem Teileinkünfteverfahren erfasst. Das Teileinkünfteverfahren ist eine Modifikation des Halbeinkünfte verfahrens (siehe Kap. 3.5.1) durch Anhebung des steuerpflich tigen Teils von 50 % auf 60 %. Entsprechend können mit den Einkünften im Zusammenhang stehende Betriebsausgaben dann bis zu 60 % abgezogen werden. Ist der Anteilseigner selbst eine Kapitalgesellschaft, so richtet sich die Besteuerung der Erträge nach den oben dargestellten Vorschriften des KStG.
89 Multiple-Choice-Test zur Körperschaftsteuer
1 □ □ □ □ 2 □ □ □ □ 3 □ □ □ □
Zu den besonderen abziehbaren Aufwendungen des Körperschaftsteuerrechts gehören: a) Aufwendungen für Lohnnebenkosten. b) Zahlung einer Strafe, die sich aus einem Strafverfahren ergibt. c) Aufwendungen für Verzinsung der zusätzlichen Einlagen der haftenden Gesellschafter. d) Zahlung eines Säumniszuschlags für die verspätete Abgabe der Gewerbesteuererklärung. Eine Organschaft setzt voraus, dass ... a) ein Organträger sein gesamtes zu versteuerndes Ein kommen auf eine Organgesellschaft überträgt. b) die Organgesellschaft keine Rückstellungen bilden darf. c) keine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft stattfindet. d) zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft ein Gewinnabführungsvertrag für 5 Jahre geschlossen wird. Eine entdeckte vGA hat folgende Auswirkung: a) Die vGA wird dem Einkommen der Gesellschaft nicht zugerechnet. b) Die vGA wird dem Einkommen der Gesellschaft sowie dem Gesellschafter zugerechnet. c) Die vGA wird dem Einkommen der Gesellschaft zuge rechnet, unterliegt aber nicht der Einkommensteuer. d) Beim Gesellschafter wird die vGA den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zugerechnet.
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Multiple-C hoice-Test zur Körperschaftsteuer
4 □ □ □ □ 5 □ □ □ □
6 □ □ □ □
Die Wiener XY GmbH bezieht aus der Vermietung eines Betriebsgebäudes in Dresden Einkünfte in Höhe von 1000 € und unterliegt somit ... a) der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht. b) der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. c) der Einkommensteuerpflicht. d) keiner Steuerpflicht. Die XY AG schüttet an seinen Anteilseigner Herrn Z eine Dividende in Höhe von 1.570 € aus. Wie wird diese Ausschüttung im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens steuerrechtlich behandelt? a) Die Ausschüttung wird mit der Hälfte von 15 % KSt belastet. b) Die Ausschüttung unterliegt nicht der Körperschafts teuer, sondern der Einkommensteuer. c) Die Ausschüttung wird bei der Körperschaft mit 15 % KSt belastet und beim Anteilseigner wird die Hälfte der Dividende mit ESt belastet. d) Der Anteilseigner wird nicht mit KSt, aber mit Kapitaler tragsteuer belastet. Das zu besteuernde Einkommen der XY AG beträgt für den Veranlagungszeitraum 2010 15.600 €. Für das Jahr 2010 beträgt die Körperschaftsteuerbelastung der XY AG ... a) 3.900 €. b) 7.020 €. c) 3.120 €. d) 2.340 €.
Multiple-C hoice-Test zur Körperschaftsteuer
7 □ □ □ □
Der Begriff Vorgesellschaft ist körperschaftsteuerlich wie folgt definiert: Eine Vorgesellschaft ... a) ist eine BGBGesellschaft. b) ist eine juristische Person, die aber nicht den körper schaftsteuerrechtlichen Vorschriften unterliegt. c) wird wie eine juristische Person behandelt, die zwischen Errichtung und Registereintrag steht. d) eine natürliche Person, die wirtschaftlich tätig ist.
8 □ □ □ □
Der Veranlagungszeitraum für die Körperschaftsteuer ...
9 □
Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) setzt voraus, dass ...
□ □ □
a) beträgt ein Quartal. b) ist frei wählbar. c) beträgt ein Kalenderjahr. d) beträgt ein Wirtschaftsjahr.
a) in Höhe der vGA eine stille (verdeckte) Reserve (z. B. durch Unterbewertung von Aktiva) besteht, welcher für die vGA verdeckt aufgelöst wird. b) die Zuwendung einer Spende an einen gemeinnützigen Sportverein auf persönlichen Motiven des geschäfts führenden Gesellschafters einer GmbH beruht. c) zumindest in gleicher Höhe auch eine offene Gewinn ausschüttung erfolgt, da definitionsgemäß die vGA das Einkommen nicht mindert. d) ein Mitglied der Gesellschafter aufgrund seines Gesell schaftsverhältnisses durch eine nicht auf Gesellschaf terbeschluss beruhenden Gewinnverteilung persönlich bereichert ist.
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92 Lösungen Frage 1 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: Hier handelt es sich um monatliche Aufwendungen, die sich aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens ergeben. b) ist falsch: Verbot gemäß § 10 Nr. 3 KStG. c) ist richtig: Aufwendungen zur Vergütung der Einlagen der haftenden Gesellschafter sind gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG abzugsfähig. d) ist falsch: Verbot gemäß § 10 Nr. 2 KStG, da es sich um eine steuerliche Nebenleistung handelt. Frage 2 Antwort d) ist richtig. a) ist falsch: Dies ist kein Definitionsbestandteil der Organschaft. b) ist falsch: Die Bildung von Rückstellungen ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 249) HGB. c) ist falsch: Bedingung für ein Organschaftsverhältnis ist die finanzielle Eingliederung gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG. d) ist richtig: Ein Gewinnabführungsvertrag muss gem. § 291 Abs. 1 AktG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG für mindestens 5 Jahre geschlossen werden. Frage 3 Antwort b) ist richtig: Wird eine vGA festgestellt, so hat das sowohl Auswirkungen auf die Gesellschaft (Zurechnung zum körperschaftsteuerpflichtigen Einkommen) wie auf den Gesellschafter (Zurechnung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen). Frage 4 Antwort a) ist richtig: Die GmbH gehört zu den Kapitalgesellschaften mit inländischen Einkünften, allerdings befindet sich der Sitz der Geschäftsleitung in Wien, daher unterliegt sie der beschränkten Steuerpflicht (§ 2 Nr. 1 KStG). b) ist falsch: Die Firma hat weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland. c) ist falsch: Der Einkommensteuer unterliegen nur natürliche Personen, eine GmbH ist aber eine juristische Person. d) ist falsch: Wenn Markteinkommen bezogen werden, sind diese steuerpflichtig sofern nicht konkrete Ausnahmen vorliegen. Frage 5 Antwort c) ist richtig: Die Dividende wird vor Ausschüttung mit 15 % KSt belastet und der Anteilseigner setzt die Hälfte der Dividende als Einkünfte aus Kapitalvermögen in seiner persönlichen ESt-Erklärung an (§ 23 KStG, § 3 Nr. 40 EStG).
Lösungen
Frage 6 Antwort d) ist richtig: Für den Veranlagungszeitraum 2010 gilt eine Körperschaftssteuerbelastung von 15°%. (15.600°€ x 15°% 2.340°€) Frage 7 Antwort c) ist richtig: Die Vorgesellschaft ist eine juristische Person, die zwischen Errichtung und Registereintrag steht und auf die schon alle körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften angewendet werden. a), b) und d) sind falsch: Die Vorgesellschaft ist zwar zivilrechtlich eine BGB-Gesellschaft, wird jedoch in der Körperschaftsteuer bereits wie eine juristische Person behandelt. Frage 8 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: Nur die Vorauszahlungen sind pro Quartal zu leisten. b) ist falsch: Der Veranlagungszeitraum ist gesetzlich geregelt. c) ist richtig: Es sind körperschaftsteuerrechtliche Vorschriften anzuwenden, demnach ist die KSt für das Kalenderjahr zu veranlagen (§ 31 KStG). d) ist falsch: Die Veranlagung erfolgt nach Kalenderjahren, nicht nach Wirtschaftsjahren. Frage 9 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: Die vGA steht in keinem Zusammenhang mit einer stillen Reserve. b) ist richtig: Eine vGA beruht auf persönlichen Motiven des Gesellschafters und würde einem unternehmensfremden Dritten in dieser Form nicht gewährt werden. c) ist falsch: Die Höhe der vGA ist grundsätzlich unabhängig von der Höhe offen ausgeschütteter Gewinne. d) ist falsch: Die Gewinnverteilung durch eine vGA beruht zwar nicht auf Gesellschafterbeschluss, aber die persönliche Bereicherung des Gesellschafters ist nicht Voraussetzung für eine solche.
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4. Gewerbesteuer 4.1 Grundlagen der Gewerbesteuer 4.1.1 Charakter der Gewerbesteuer Im Jahre 1936 wurde das „Gesetz zum Ausgleich der Lasten durch die Ansiedlung und Unterhaltung von Gewerbebetrieben“ eingeführt, kurz „Gewerbesteuergesetz“ (GewStG) genannt. Seitdem bildet dieses Gesetz die Grundlage für ständige Diskussio nen über dessen Auswirkungen. Zum einen belastet die Gewerbe steuer die Unternehmen zusätzlich zur Einkommen bzw. Körper schaftsteuer, wodurch Doppelbesteuerungseffekte entstehen und zum anderen würde den Gemeinden durch die Abschaffung der Gewerbesteuer deren bedeutendste Einnahmequelle genommen werden. Da hierfür bisher keine ersetzende Einnahmemöglichkeit geschaffen werden konnte, die auf einem ähnlich engen Zusam menhang zwischen Gewerbebetrieb und Gemeinde basiert, ist die Gewerbesteuer bis heute erhalten geblieben. Nach § 1 GewStG und Art. 106 Abs. 6 GG gilt die Gewerbesteuer als Gemeindesteuer. Weiterhin stellt diese nach § 3 Abs. 2 AO eine Realsteuer dar. Da die Gewerbesteuer an den Gewerbebetrieb und dessen gesamte Ertragskraft anknüpft, wird sie zusätzlich als Realsteuer im weiteren Sinne eingestuft, welche auch als Objektsteuer bezeichnet wird.
4.1.2 Steuergegenstand Den Gegenstand der Besteuerung bildet nach § 2 GewStG der Gewerbebetrieb, wenn dieser im Inland betrieben wird. Nach dem GewStG gibt es zwei Arten des Gewerbebetriebes. Zum einen den stehenden Gewerbebetrieb, welcher in den §§ 2 bis 27 des GewStG seine Regelungen findet und zum anderen den Reisegewerbebetrieb dessen Besteuerung im § 35a des GewStG geregelt ist. Die Negativformulierung des § 1 GewStDV grenzt die beiden Begriffe im Wesentlichen voneinander ab. Eine nähere Definition
4.1 Grundlagen der Gewerbesteuer
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des Gewerbebetriebes findet man im § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG. Demnach ist der Gewerbebetrieb von 4 positiven und 3 negativen Voraussetzungen gekennzeichnet: Positive Voraussetzungen: 1 Selbstständigkeit 2 Nachhaltigkeit der Betätigung 3 Gewinnerzielungsabsicht 4 Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr Negative Voraussetzungen: 1 Keine Land und Forstwirtschaft 2 Keine selbstständige Arbeit 3 Keine Vermögensverwaltung Nähere Erläuterungen sind im Abschn. 11 GewStR zu finden.
Der im GewStG maßgebliche Begriff „Gewerbebetrieb“ ist ein rein steuerlicher Begriff, der nicht mit ähnlichen Begriffen des Rechts deckungsgleich ist.
4.1.3 Steuerbefreiungen Die einzelnen Unternehmen, die einen Gewerbebetrieb bilden, jedoch von der Gewerbesteuer befreit sind, sind im § 3 des GewStG definiert. Hier einige Beispiele von der Gewerbesteuer befreiter Unternehmen: § 3 Nr. 2: die Deutsche Bundesbank § 3 Nr. 7: Kleine Betriebe der Hochsee und Küstenfischerei § 3 Nr. 13: Private Schulen sofern umsatzsteuerbefreit § 3 Nr. 20: bestimmte Krankenhäuser, Altenheime
4.1.4 Beginn und Ende der Steuerpflicht Die Steuerpflicht zur Gewerbesteuer beginnt bei Einzelgewerbe treibenden sowie bei Personengesellschaften mit der Erfüllung aller Voraussetzungen zur Annahme eines Gewerbebetriebes (Abschn. 18 Abs.°1 GewStR, BFH v. 20.12.2000 XI R 8/00, BStBl II 2002, S. 478). Bloße Vorbereitungen auf die Gründung eines sol chen begründen keine Steuerpflicht (Abschn. 18 Abs. 1 GewStR).
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4. Gewerbesteuer
Bei Kapitalgesellschaften beginnt die Steuerpflicht grundsätzlich mit der Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister (Abschn. 18 Abs. 2 GewStR), bei sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts sowie nichtrechtsfähigen Vereinen mit der Aufnahme des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (Abschn. 18 Abs. 3 GewStR). Mit der tatsächlichen Einstellung des Gewerbebetriebes sowie der völligen Aufgabe jeder werbenden Tätigkeit erlischt bei Einzelun ternehmungen bzw. Personengesellschaften die Steuerpflicht zur Gewerbesteuer. Bei Kapitalgesellschaften ist hierbei der Zeitpunkt in dem das Vermögen des Gewerbebetriebes an die Gesellschafter verteilt worden ist maßgeblich (Abschn. 19 GewStR).
4.1.5 Steuerschuldner Steuerschuldner der Gewerbesteuer ist gem. § 5 GewStG bei Einzelunternehmungen der Unternehmer selbst, für dessen Rech nung das Gewerbe betrieben wird. Bei Personengesellschaften und juristischen Personen ist die Gesellschaft Steuerschuldner. Beson dere Regelungen zum Steuerschuldner finden sich in Abschn. 35 und 36 GewStR.
4.1.6 Steuerberechtigte Nach §§ 1 i.V.m. 16 Abs. 1 GewStG erheben die Gemeinden mithilfe von individuellen, gesetzlich begrenzten Hebesätzen eine Gewerbesteuer. Der durchschnittliche Hebesatz liegt derzeit bei 400 %. Nachdem an die Öffentlichkeit kam, dass drei deutsche Gemeinden ihren ansässigen Firmen einen Hebesatz von 0 % ge währten, handelte die Regierung. Seit 01.01.2004 gilt ein Mindest hebesatz von 200 % nach § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG.
4.2 Ermittlung der Gewerbesteuer 4.2.1 Ermittlung des Gewerbeertrages Der Ausgangswert Gemäß § 6 des Gewerbesteuergesetzes bildet der Gewerbeertrag die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer. Der Gewerbe ertrag ist gem. § 7 GewStG der nach den §§ 4 bis 7 EStG ermittelte
4.2 Ermittlung der Gewerbesteuer
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Gewinn des Gewerbebetriebes, welcher um die Hinzurechnungen nach § 8 GewStG vermehrt und um die Kürzungen des § 9 GewStG vermindert wird. Es erfolgt demnach für Zwecke der GewSt keine eigene Gewinnermittlung. Hinzurechnungen Da der ermittelte Gewinn nach § 7 des GewStG nur einen Teil des gesamten Ertrages des Gewerbebetriebes darstellt, muss dieser Ausgangswert wieder um bestimmte Positionen erhöhend korrigiert werden. Der Gewinn nach dem EStG stellt den Überschuss dar, der den Unternehmenseigentümern als Vermögensmehrung zur Verfü gung steht. Der Gewerbesteuergewinn hingegen soll den Gesamterfolg des Unternehmens widerspiegeln. Daher knüpft die Gewerbe steuer gedanklich an die Gesamtkapital Rentabilität des Unterneh mens an, welche die gesamte Leistung des Unternehmens verkörpert. Die Einkommensteuer hingegen knüpft nur an die Eigenkapital Rentabilität an, wodurch die eigentliche Leistung des Unternehmens in den Hintergrund gerät. Da natürlich auch die Betriebe den Ge meinden Kosten verursachen, die sich hauptsächlich durch Fremd kapital finanzieren, muss hier eine Korrektur vorgenommen wer den. Bestimmte Beträge, die bei der Gewinnermittlung nach dem Einkommen bzw. Körperschaftsteuergesetzes abgezogen wurden, müssen bei der Ermittlung des Gewerbeertrages wieder hinzuge rechnet werden (§ 8 GewStG). Folgende Beträge werden gem. § 8 GewStG u. a. hinzugerechnet: 25 % der Summe aus: – Entgelte (Zinsen) für Schulden, Renten und dauernde Lasten – Gewinnanteile des typischen stillen Gesellschafters – 20 % (fiktiver Zinsanteil) von Mieten, Pachten, Leasingraten für bewegliche Wirtschaftsgüter – 50 % (fiktiver Zinsanteil) von Mieten, Pachten, Leasingraten für unbewegliche Wirtschaftsgüter – 25 % der Aufwendungen für zeitlich befristete Überlassung von Rechten (z. B. Konzessionen, Lizenzen). Für diese Hinzurechnung spielt seit 2008 der Begriff der Dauer schulden keine Rolle. Es wird aber ein Freibetrag von 100.000 € berücksichtigt, der von den gesamten Hinzurechungen abgezo
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4. Gewerbesteuer
gen wird, jedoch höchstens auf 0°€. Erst danach werden vom ggf. bestehenden Restbetrag die 25°% berechnet (BMF Anwendungsschreiben vom 4.7.2008, BStBl I, 2008, S. 730). Beispiel: Der Großhändler Gierig hat einen festen Kredit von 100.000 € erhal ten. Auf diesen Betrag hat er jährlich 7 % Zinsen zu zahlen. Außerdem zahlt er für ein geleastes Fahrzeug jährlich 12.000 € Der Zinsbetrag ergibt sich aus 100.000 € x 7 % = 7.000 €. Dazu kommen für die Leasingraten 2.400 € (12.000 x 0,2, das Fahrzeug ist ein bewegliches Wirtschaftsgut). Der gesamte Hinzurechnungsbetrag beläuft sich auf 9.400 €, abzüglich des Freibetrags von hier 9.400°€ und der Berücksichtigung der 25°% entfällt eine Hinzure chung. (0,25 x [(7.000+2.400 ) – 9.400)].
Gewinnanteile bei KGaA Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien auf ihre nicht auf das Grund kapital gemachten Einlagen oder als Vergütung für die Ge schäftsführung (Tantieme) verteilt worden sind, sind ebenfalls hinzurechnen (§ 8 Nr. 4 GewStG). Bestimmte Gewinnanteile Unter bestimmten Voraussetzungen sind die nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 5 und 10 KStG nicht berücksichtigten Ge winnanteile (Dividenden) für die Gewerbesteuer wieder hinzuzu rechnen (§°8 Nr. 5 GewStG). Anteile an Verlusten Hierunter fallen die Anteile an Verlusten einer in oder ausländi schen OHG, KG oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Ge sellschafter als (Mit ) Unternehmer des Gewerbebetriebes anzu sehen sind (§ 8 Nr. 8 GewStG). Ausschlaggebend für die Hinzu rechnung ist der nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ermittelte Verlustanteil (Abschn. 54 GewStR). Ausgaben nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG Dies sind Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, reli giöser und wissenschaftlicher Zwecke, sowie die besonders för derungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke, die bei der Gewerbeertragsermittlung mit bestimmten Höchstbeträgen hin
4.2 Ermittlung der Gewerbesteuer
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zuzurechnen sind. Die Hinzurechnung erfolgt genau um den Be trag, der bei der Ermittlung des körperschaftlichen Gewinns ab gezogen wurde (Abschn. 55 GewStR). Allerdings bestehen gem. § 9 Nr. 5 GewStG eingeschränkte Kürzungsmöglichkeiten. Gewinnminderungen Nach § 8 Nr. 10 GewStG sind Gewinnminderungen dem Gewer beertrag hinzuzurechnen, die durch Teilwertabschreibungen an Anteilen einer Körperschaft entstanden sind oder die aus der Veräußerung bzw. Ausschüttung eines Anteils an einer Körper schaft resultieren. Ausländische Steuern Es werden nach § 8 Nr. 12 GewStG diejenigen ausländischen Steuern hinzugerechnet, die nach § 34c EStG bei der Gewinner mittlung abgezogen wurden, wenn diese auf Gewinne entfallen, die bei der Ermittlung des Gewerbeertrages nicht angesetzt oder nach § 9 GewStG gekürzt worden sind. Kürzungen Der Gewinn nach dem EStG bzw. KStG, der bereits um die Hinzurech nungen korrigiert wurde, muss zusätzlich durch bestimmte Kürzungen nach § 9 GewStG berichtigt werden. Dies geschieht, weil im Gewinn Beträge enthalten sind, die nicht vom Gewerbebetrieb erwirtschaftet wurden und demnach nicht zum Gewerbeertrag zählen, insbesondere: Kürzungen für den Grundbesitz Der Betrag aus dem Gewinn des Gewerbebetriebes und den Hin zurechnungen wird nach § 9 Nr. 1 GewStG um 1,2 % des Ein heitswertes des zum Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesit zes gekürzt. Diese Kürzung soll eine Doppelbesteuerung durch Grundsteuer und Gewerbesteuer vermeiden. Der Umfang des Betriebsvermögens ist in § 8 EStDV und R 4.2 EStR geregelt. Kürzungen um Gewinne, Gewinnanteile und Teile des Gewerbe ertrages (§°9 Nr. 2 GewStG) Es sind folgende Gewinne oder Gewinnanteile zu kürzen: – Gewinnanteile von Personengesellschaften – Gewinnanteile an Kapitalgesellschaften
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4. Gewerbesteuer
Teile des Gewerbeertrages aus einer ausländischen Betriebsstätte (§°9 Nr.3 GewStG) Ausgaben zur Förderung wissenschaftlicher u. ä. Zwecke Gemäß § 9 Nr. 5 GewStG sind Ausgaben zur Förderung mildtä tiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und gemeinnüt ziger Zwecke in einer bestimmten Höhe zu kürzen, um auch in der Gewerbesteuer eine Förderung dieser Bereiche zu erzielen. Die jeweilig geltenden Höchstbeträge sind in den gesetzlichen Regelungen zu finden. Beteiligungen an aktiv tätigen, ausländischen Tochtergesell schaften Der § 9 Nr. 7 GewStG befreit die Gewinne aus Anteilen einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereiches des GewStG. Die hier geltenden Beteiligun gen müssen mindestens 10 % betragen und seit Beginn des Er hebungszeitraumes der GewSt ohne Unterbrechung bestanden haben. Ausländische Gewinne bei Doppelbesteuerungsabkommen Diese Regelung des § 9 Nr. 8 GewStG ist als Ergänzung zum § 9 Nr. 7 GewStG zu werten. Gewerbeverlust Des Weiteren können Gewerbeverluste (Fehlbeträge) aus früheren Erhebungszeiträumen bis zu 1 Mio. € uneingeschränkt mit positi vem Gewerbeertrag verrechnet werden. Höhere Fehlbeträge sind bis zu 60 % verrechenbar (§ 10a Satz 1 und 2 GewStG); darüber hi nausgehende Fehlbeträge werden in die Folgeperiode vorgetragen.
4.2.2 Ermittlung des Steuermessbetrages Nach § 11 Abs. 1 GewStG ist bei der Berechnung der GewSt von einem Steuermessbetrag auszugehen. Dieser bildet für die Ge meinden einen einheitlichen Ausgangspunkt nach dem die GewSt bemessen wird. Zunächst ist der ermittelte Gewerbeertrag (= Gewinn + Hinzu rechnungen Kürzungen) auf volle 100 € abzurunden. Dazu gibt es bestimmte Freibeträge, die wie folgt anzusetzen sind:
4.2 Ermittlung der Gewerbesteuer
101
bei natürlichen Personen und Personengesellschaften 24.500 € §°11 Abs.°1 Nr. 1 GewStG bei bestimmten unter § 11 Abs. 1 Nr. 2 GewStG erläuterten Unternehmen 3.900 € Diese Freibeträge dürfen den Gewerbeertrag jedoch höchstens auf 0 € kürzen. Zur Ermittlung des maßgeblichen Steuermessbetrages ist auf den ermittelten Gewerbeertrag eine Steuermesszahl anzuwenden, die von § 11 Abs. 2 GewStG vorgeschrieben und einheitlich mit 3,5 % festgesetzt ist. Eine Ausnahme bilden nach § 11 Abs. 3 GewStG die Hausgewerbetreibenden, bei denen sich die Steuermesszahl um 44 % (also auf 56 %) verkürzt. Gleiches gilt für bestimmte, ihnen gleichgestellte Personen, wenn deren Entgelte aus ihrer Tätigkeit 25.000 € im Erhebungszeitraum nicht übersteigen. Am Besteuerungsverfahren sind sowohl die Gemeinden als auch das Finanzamt beteiligt. Der Steuerpflichtige selbst gibt lediglich seinen Gewerbeertrag in der Erklärung für das Finanzamt ab (Vor druck der GewSt Erklärung). Der vom Finanzamt festgestellte Gewerbesteuermessbetrag wird dann den Gemeinden mitgeteilt und diese sendet den Bescheid zusammen mit dem von ihnen erstellten Gewerbesteuerbescheid an den Steuerschuldner (§ 184 AO, Abschn. 5 GewStR).
4.2.3 Ermittlung des Gewerbesteueraufwandes und der Gewerbesteuerzahllast Laut § 16 Abs. 1 GewStG wird die GewSt aufgrund des Steuer messbetrages mit einem individuellen Hebesatz der Gemeinden erhoben. Der jeweilige Hebesatz gilt für ein oder mehrere Kalender jahre und muss für alle Unternehmen einer Gemeinde gleich hoch sein (§ 16 Abs. 2 und 4). Die Multiplikation des Steuermess betrags mit dem Hebesatz ergibt die Gewerbesteuer, die als Gewer besteueraufwand in die Berechnung der Gewerbesteuer Rückstel lung eingeht.
102
4. Gewerbesteuer
Der Hebesatz beträgt mindestens 200 %. Die hebesatzberechtigte Gemeinde darf jedoch einen höheren Hebesatz festlegen (§ 16 Abs. 4 GewStG).
Die Höhe des Hebesatzes stellt für eine Gemeinde ein wichtiges Politikinstrument dar. So können über niedrigere Hebesätze Gewerbebetriebe angelockt werden, während hohe Hebesätze zu einer geringeren Gewerbeansiedlung (gewollt z. B. in Wohngebieten) aber auch zu höheren Steuereinnahmen von bestehenden Unternehmen führen.
Zur Sicherung der Zahllast verlangen die Gemeinden Gewerbesteuer-Vorauszahlungen. Diese Vorauszahlungen betragen ein Viertel der Steuer, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Sie sind alle Vierteljahre zum 15. des zweiten Monats eines Quar tals zu zahlen (§ 19 GewStG). Nach § 19 Abs. 3 GewStG sowie Abschn. 74 GewStR können die Gemeinden und das Finanzamt die Vorauszahlungen den aktuellen Veranlagungsbeträgen anpassen.
4.2.4 Schema zur Berechnung des Steueraufwandes Nachfolgend wird die Berechnung der GewSt an einem Zahlenbei spiel erläutert: Beispiel: Der Fahrradhersteller „Dynamo GmbH“ hat einen Gewinn im laufenden Geschäftsjahr von 500.000 € erzielt. Für eine große Maschine zur Herstellung der Speichenteile musste die GmbH einen Kredit über 6.000.000 € mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einem Zinssatz von 7 % aufnehmen. Die Zinsaufwendungen betrugen demzufolge 420.000 € im Jahr. Das Grundstück der Dynamo GmbH hat einen Einheitswert von 40.000 €. Der Maschinengroßhändler Heinz Hochofen hat einen Gewinn von 50.000 € erwirtschaftet. Er wollte in diesem Geschäftsjahr einem Kunden eine sehr große Anlage vermitteln, die dieser aber finanziell nicht begleichen konnte und auch keinen Kredit gewährt bekam. Aus diesem Grund kaufte Heinz Hochofen selbst die Anlage bei seinem Lieferanten und nahm dafür einen Kredit von 200.000 € über 8 Jahre auf. Der Zinssatz liegt bei 7 %. Die gekaufte Anlage vermietet er nun für 10 Jahre an seinen Kunden, der die Anlage erwerben wollte. Beide Gemeinden der Gewerbetreibenden verlangen einen Hebesatz von 300 %.
4.2 Ermittlung der Gewerbesteuer
103
Ermittlung des Steueraufwandes Dynamo GmbH Heinz Hochofen Ermittlung des Gewerbesteuerertrages Gewinn aus Gewerbebetrieb 500.000 € 50.000 € 0€ + Hinzurechnungen (0,25 x (14.000 Zinsen Kredit + 6.240 Vermie80.000 € (0,25 x (420.000 minus tung Maschine minus 100.000 Freibetrag)) 20.240 Freibetrag)) Kürzungen 480 € (1,2 % von 40.000 €) 0€ Gewerbeertrag vor Verlustabzug 579.520 € 50.000 € Gewerbeverlust aus Vorjahren 0€ 0€ Gewerbeertrag (auf 100 € 579.500 € 50.000 € abrunden) Freibetrag 0€ 24.500 € Restbetrag 579.500 € 25.500 € x Steuermesszahl 3,5 % 3,5 % Steuermessbetrag 20.282,50 € 892,50 € x Hebesatz 300 % 300 % Steueraufwand 60847,50 € 2.677,50 €
4.2.5 Gewerbesteuerrückstellung In die Schlussbilanz sind die rückständigen Vorauszahlungen zur Gewerbesteuer als Verbindlichkeit sowie eine sich ergebene Ab schlusszahlung als Rückstellung aufzunehmen (vgl. §§ 19, 20, 21 GewStG). Ergeben sich Veränderungen am Gewinn der Schlussbi lanz, so ist auch der Gewerbesteuer Rückstellungsbetrag zu korri gieren (H 4.9 EStR).
104
4. Gewerbesteuer
4.2.6 Zerlegung der Gewerbesteuer auf mehrere Betriebsstätten Hat ein Gewerbebetrieb Betriebsstätten in mehreren Gemeinden in denen das Gewerbe ausgeübt wird, so ist der Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenen Anteile zu zerlegen (§ 28 Abs. 1 GewStG). Die Regelung gilt auch für eine Betriebsstät te in mehreren Gemeinden oder bei Wechsel der Betriebsstätte von einer Gemeinde zu einer anderen (§ 28 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Ausnahmen zu diesem Paragraphen enthält § 28 Abs. 2 GewStG. Die Zerlegungsanteile werden anhand des Zerlegungsmaßstabes berechnet. Im Vordergrund steht hierbei das Verhältnis der Arbeits löhne (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Im Einzelnen vergleicht man die Summe der an allen Betriebsstätten gezahlten Arbeitslöhne mit den Arbeitslöhnen der Betriebsstätten in den einzelnen Gemeinden. Eine Definition des Begriffes Arbeitslöhne im Gewerbesteuerrecht enthält der § 31 GewStG. Bei solchen Betriebsstätten, die sich über mehrere Gemeinden erstrecken, gibt es keinen festen Zerlegungsmaßstab. Hier ist nach § 30 GewStG die Zerlegung nach der Lage der örtlichen Verhältnis se vorzunehmen, unter Einbeziehung der Lasten, die der Gemeinde durch das Vorhandensein der Betriebsstätte entstehen.
Speziell für Windenergieanlagenbetreiber wurde ein besonderer Zerlegungsmaßstab eingeführt, der auch jene Gemeinden begünstigt, in denen die fast arbeitslohnfreien Windräder aufgestellt sind. Nach § 29 Abs. 1 GewStG erfolgt die Zerlegung zu 70 % nach den Sachanlagen und zu 30 % nach den Arbeitslöhnen. Dieser Maßstab ist zwar nachvollziehbar, führt aber zu einer weiteren Verkomplizierung des Steuerrechts und möglicherweise zu Wünschen nach weiteren Sonderregelungen.
Zur Erleichterung besagt § 34 GewStG, dass eine Zerlegung bei einem Steuermessbetrag unter 10 € nicht stattfindet.
4.3 Berücksichtigung der Gewerbesteuer
105
4.3 Berücksichtigung der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer Die Gewerbesteuer darf wegen § 4 Abs. 5b EStG nicht als Be triebsausgabe bei der Gewinnermittlung berücksichtigt werden.
Bis 2007 war die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe berücksichtigungsfähig. Für die bis dahin durchzuführenden Berechnungen siehe die 4. Auflage dieses Taschenguides.
Nach § 35 Abs. 1 EStG vermindert sich jedoch die tarifliche Einkommensteuer soweit sie auf anteilig enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt, um die Doppelbelastung des unternehmerischen Erfolgs mit Gewerbesteuer und Einkommensteuer weitestgehend zu eliminieren.
Bei der (niedrigeren) Körperschaftssteuer gibt es keine Anrechnung der Gewerbesteuer, so dass sich dort die Steuerbelastung aus den beiden Steuerarten zusammensetzt.
Die Anrechnung geschieht folgendermaßen: Die ESt verringert sich um das 3,8fache des festgesetzten Ge werbesteuermessbetrages bei Einkünften aus gewerblichen Un ternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die ESt verringert sich um das 3,8fache des festgesetzten Ge werbesteuermessbetrages bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG. Der Steuermessbetrag für die Mitunternehmer aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG ist gesondert und einheitlich festzustel len (§ 35 Abs. 2 und 3 EStG). Bei einem Hebesatz von bis zu 380 % (bei einem ESt Spitzensatz von 42 %) oder von bis zu 400 % (bei einem ESt Spitzensatz von 45 %) erfolgt eine vollständige Entlastung, bei höheren Hebesätzen verbleibt eine gewerbesteuerliche Restbelastung. Bei niedrigeren Hebesätzen entsteht kein „Gewerbesteuergewinn“ wegen der Ent lastungsbegrenzung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer (§ 35 Abs. 2 S. 5 EStG).
106
4. Gewerbesteuer
Beispiel: Wir greifen auf Heinz Hochofen aus obiger Rechnung zurück und ver steuern direkt nach der Grundtabelle ohne Berücksichtigung weiterer Beträge: = Einkünfte aus Gewerbebetrieb – tarifliche Einkommensteuer (26 %, gerundet) + Steuerermäßigung nach § 35 EStG (3,8 x Steuermessbetrag = 3.392), begrenzt auf tatsächliche Zahlung = – = =
Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach ESt Gewerbesteuer Ergebnis nach Steuern Steuerbelastung in Prozent
50.000 € 13.000 € 2.678 € 39.678 € 2.678 € 37.000 € 13.000 € 26 %
Wird zwar Gewerbesteuer gezahlt, jedoch keine – ausreichende – Einkommensteuer, so verfällt ein Anrechnungsbetrag (Anrechnungsüberschuss), da die zu zahlende Einkommensteuer als Höchstbetrag für die Anrechnung gilt.
Bei Kapitalgesellschaften findet keine Berücksichtigung der Ge werbesteuer statt, so dass eine Kapitalgesellschaft sowohl die Kör perschaftsteuer als auch die Gewerbesteuer unvermindert tragen muss. Aufgrund des niedrigen Körperschaftsteuersatzes führt dies dennoch zu einer vergleichbar starken Belastung gegenüber einem Einzelkaufmann oder einer Personengesellschaft. Beispiel: Wir betrachten einen Einzelkaufmann und eine GmbH (deren Anteile sich im Privatvermögen des Einzelkaufmanns befinden) jeweils mit einem Gewinn vor Steuern von 100 €. Der Einkommensteuersatz sei 45 % und der Hebesatz 400 % (ohne SolZ und ohne KiSt): In beiden Fällen wird der Gewinn (2010 oder später) entnommen.
Gewinn GewSt ESt GewSt Berücksichtigung
Einzelkaufmann 100,00 – 14,00 – 45,00 + 13,30
GmbH 100,00 – 14,00 – 15,00
Gewinn GewSt KSt
71,00
Gewinn nach KSt
4.3 Berücksichtigung der Gewerbesteuer
17,75
Gewinn nach Steuer Belastung
54,30
53,25
45,7 %
46,75 %
107
Entnahmebesteu erung (Abgel tungssteuer) Gewinn nach Steuern Belastung
Beispiel: Wir betrachten wieder einen Einzelkaufmann und eine GmbH (deren Anteile sich im Privatvermögen des Einzelkaufmanns befinden) jeweils mit einem Gewinn vor Steuern von 100 €. Der Gewinn wird in beiden Fällen zunächst nicht ausgeschüttet, wobei der Einzelkaufmann die begünstigte Thesaurierungsbesteu erung in Anspruch nimmt. Die Ausschüttung erfolgt in einem späteren Jahr. Einzelkaufmann
GmbH
Gewinn Gewerbesteuer Einkommensteuer Gewerbesteuer anrechnung Thesaurierter Gewinn Belastung des thesaurierten Gewinns Rechnerische Entnahme Nachversteuerung Entnommener Gewinn nach Steuern
100,00 – 14,00 – 28,25 13,30
100,00 – 14,00 15,00
Gewinn Gewerbesteuer Körperschaftsteuer entfällt
71,05
71,00
28,95 %
29 %
Thesaurierter Gewinn Belastung des the saurierten Gewinns
71,05
71,00
17,76
17,75
53,29
53,25
Gesamtbelastung
46,71 %
46,75 %
Rechnerische Ent nahme Abgeltungssteuer Entnommener Ge winn nach Steuern Gesamtbelastung
Weitere Details finden sich im BMF-Schreiben vom 24.2.2009, IV C 6 - S 2296-a/08/10002.
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4. Gewerbesteuer
4.4 Gesamtschema der Gewerbesteuer Das abschließende Schema gibt einen Gesamtüberblick zu den Grundlagen der Gewerbesteuer:
109
Multiple-Choice-Test zur Gewerbesteuer
1 □ □ □ □
Die Gewerbesteuer wird erhoben durch ...
2 □
Die Gewerbesteuerpflicht beginnt bei Einzelgewerbetreibenden ...
□ □ □
3 □ □ □ □
a) das Finanzamt. b) das Gewerbeamt. c) die Gemeinden. d) das Arbeitsamt.
a) mit der Vorbereitung auf die Gründung eines Gewerbe betriebes. b) mit der Erfüllung aller Voraussetzungen zur Annahme eines Gewerbebetriebes. c) mit der Eintragung des Gewerbetreibenden in die zuständige Kammer. d) mit Bekanntgabe des Eröffnungstermins des Geschäfts. Bei Kapitalgesellschaften beginnt die Gewerbesteuerpflicht ... a) mit der Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister. b) mit der Festlegung des Geschäftsführers. c) mit der vollständigen Einzahlung aller Kapitalanteile der Gesellschafter. d) mit der Erfüllung aller Voraussetzungen zur Annahme eines Gewerbebetriebes.
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Multiple-C hoice-Test zur Gewerbesteuer
4 □ □ □ □ 5 □ □ □ □ 6 □ □ □ □
Als Grundlage für die Ermittlung einer Gesamtleistung, welche den A des Unternehmens widerspiegeln soll, dient der B. a) A = Gewinn, B = Steuermessbetrag b) A = Gesamterfolg, B = Gewerbeertrag c) A = Gewerbeertrag, B = Gewinn d) A = Gesamterfolg, B = Steuermessbetrag Zu den Hinzurechnungen nach § 8 GewStG gehören ... a) 25 % eines Fünftels der Miet und Pachtzinsen. b) Privatausgaben der Gesellschafter. c) Umsatzsteuerzahlungen des vorangegangenen Jahres bei umsatzsteuerlicher Regelbesteuerung. d) Arbeitsamtzuschüsse für Lohnkosten. Der Gewerbesteuermessbetrag, als einheitlicher Ausgangswert für die Gemeinden, wird festgelegt von ... a) den Gemeinden selbst, in Absprache mit den Gemeinden eines Landkreises. b) den Kreistagsabgeordneten. c) dem Finanzamt. d) den Bürgermeistern aller umliegenden Gemeinden.
Multiple-C hoice-Test zur Gewerbesteuer
7 □ □ □ □ 8 □ □ □ □ 9 □ □ □ □
Der Einzelunternehmer Franz Fresie hat einen Gewerbesteuerertrag von 58.694 € erwirtschaftet. Bei einem Hebesatz von 300 % beträgt der Steueraufwand dann: a) 1.825 € b) 3.580,50 € c) 35 € d) 2.100,75 € Steht die Hebeberechtigung desselben Gewerbebetriebes mehreren Gemeinden zu, so ist der Gewerbesteuermessbetrag zu zerlegen, wenn folgender Fall gegeben ist: a) Ein Gesellschafter hat mehrere Gewerbebetriebe in unterschiedlichen Gemeinden. b) Ein Gewerbebetrieb hat mehrere Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden. c) Der Gesellschafter eines Gewerbebetriebes hat in einer anderen Gemeinde seinen Wohnsitz, als die in der die Gesellschaft eine Betriebsstätte hat. d) Eine Gemeinde tritt ihre Hebeberechtigung an eine andere Gemeinde ab. Die Brenngas GmbH in Kiel hat einen Gewerbeertrag von 66.785 € erzielt. Der Steuermessbetrag beträgt demnach: a) 3.333,33 €. b) 3.200,00 €. c) 379,85 €. d) 2.334,50 €.
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112 Lösungen Frage 1 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: Das Finanzamt setzt die GewSt lediglich fest. b) ist falsch: Das Gewerbeamt hat mit der GewSt nichts zu tun. c) ist richtig: Nach § 1 GewStG erheben die Gemeinden die GewSt. d) ist falsch: Das Arbeitsamt hat mit der GewSt nichts zu tun. Frage 2 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: Nach Abschn. 18 Abs. 1 GewStR begründen bloße Vorbereitungen keine Gewerbesteuerpflicht. b) ist richtig: Mit der Erfüllung aller Voraussetzungen zur Annahme eines Gewerbebetriebes (z. B. Beginn einer werbenden Tätigkeit oder erste Kundenkontakte) beginnt die Steuerpflicht (Abschn. 18 Abs. 1 GewStR). c) ist falsch: Die Eintragung bei der zuständigen Kammer hat keinerlei Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb. d) ist falsch: Die Geschäftseröffnung ist unabhängig von der Steuerpflicht. Frage 3 Antwort a) ist richtig. Nach Abschn. 18 Abs. 2 GewStR beginnt die Steuerpflicht bei Kapitalgesellschaften mit der Eintragung ins Handelsregister. b) ist falsch: Die Festlegung des Geschäftsführers ist unabhängig von der Gründung der Gesellschaft. c) ist falsch: Die Kapitalanteile sind nicht zu 100 % einzuzahlen zur Geschäftsbegründung. d) ist falsch: Diese Begründung gilt für Einzelgewerbetreibende. Frage 4 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: Der Gewinn stellt einen Überschuss im Sinne der Werterhöhung und nicht der Gesamtleistung dar; der Steuermessbetrag ergibt sich aus der Anwendung der Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag. b) ist richtig: Die Gesamtkapital-Rentabilität soll den Gesamterfolg des Unternehmens widerspiegeln; der Gewerbeertrag dient als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der GewSt. c) ist falsch: Der Gewerbeertrag spiegelt nicht den Gewinn des Unternehmens wider; der Gewerbeertrag ist der Gewinn plus Hinzurechnungen minus Kürzungen. d) ist falsch: Der Steuermessbetrag ist lediglich eine rechnerische Zwischengröße.
Lösungen
Frage 5 Antwort a) ist richtig: Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG gehören anteilige Hälfte der Miet- und Pachtzinsen dazu. b) ist falsch: Privatausgaben der Gesellschafter wirken sich auch in der GewSt nicht aus. c) ist falsch: Umsatzsteuerzahlungen werden in der GewSt nicht berücksichtigt. d) ist falsch: Diese Zuschüsse werden bereits in der Bilanz verrechnet. Frage 6 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: Die Gemeinden bestimmen nur ihre individuellen Hebesätze. b) ist falsch: Die Kreistagsabgeordneten haben über die GewSt nicht zu bestimmen. c) ist richtig: Das Finanzamt ermittelt den Gewerbesteuermessbetrag und setzt diesen fest. d) ist falsch: Die Bürgermeister bestimmen nicht über den Steuermessbetrag. Frage 7 Antwort b) ist richtig: Gewerbeertrag 58.696 € Gewerbeertrag Freibetrag Restbetrag x Steuermesszahl Steuermessbetrag x Hebesatz Steueraufwand
58.600 € (nach Abrundung) 24.500 € 34.100 € 3,5 % 1.193,50 € 300 % 3.580,50 €
Frage 8 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: Jeder Gewerbebetrieb wird einzeln veranlagt. b) ist richtig: Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 GewStG gilt die Zerlegungsregelung für Betriebsstätten in mehreren Gemeinden. c) ist falsch: Der Wohnsitz des Gesellschafters ist unabhängig von der GewSt. d) ist falsch: Eine Gemeinde kann und wird ihre Hebeberechtigung nicht abtreten. Frage 9 Antwort d) ist richtig: Gewerbeertrag x Steuermesszahl Steuermessbetrag
66.700 € (nach Abrundung) 3,5 % 2.334,50 €
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5. Umsatzsteuer 5.1 Historie und Wesen der Umsatzsteuer 5.1.1 Historie der Umsatzsteuer Die Umsatzsteuer wurde erstmals 1916 zur Finanzierung des ersten Weltkrieges durch das Gesetz über den Warenumsatzstempel auf gewerbliche Lieferungen und Werklieferungen erhoben. 1918 ka men als steuerpflichtige Umsätze die Umsätze der selbstständig Tätigen und der freien Berufe hinzu. Damit stand das Grundkonzept der Umsatzsteuer und bis zum Jahr 1968 änderte sich dann im Wesentlichen nur der Umsatzsteuersatz. Die 1916 eingeführte Umsatzsteuer war eine Allphasen Brutto umsatzsteuer. Sie wurde auf jeder einzelnen Wirtschaftsstufe die ein Gut auf seinem Weg zum Endverbraucher durchlief, erhoben. Das hatte zur Folge, dass die Umsatzsteuerbelastung von einer Wirt schaftsstufe zur Nächsten weitergereicht wurde. Dadurch kumulier ten sich beim Endverbraucher die Umsatzsteuerbelastungen der einzelnen Wirtschaftsstufen zu einer Gesamtumsatzsteuerlast. Die wurde umso größer, je mehr Wirtschaftsstufen das Gut durchlief. Dieses Umsatzsteuersystem war nicht wettbewerbsneutral, was eine vertikale Konzentrationsbewegung in der deutschen Wirtschaft zur Folge hatte, da so die Zahl der umsatzsteuerpflichtigen Wirtschafts stufen verringert werden konnte. Um die oben beschriebene kumulative Wirkung der Umsatzsteuer aufzuheben, wurde auf Grundlage der 1. EG Richtlinie am 01.01.1968 die Allphasen Bruttoumsatzsteuer durch die bis heute geltende Allphasen Nettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug ersetzt. Grundlage war jetzt der jeweilige Nettoumsatz, so dass nur der auf jeder Wirtschaftsstufe geschaffene Mehrwert (daher auch der Beg riff „Mehrwertsteuer“) zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer führte. Die nächste Reform erlebte das Umsatzsteuergesetz am 01.01.1980 mit der Umsetzung der 6. EG-Richtlinie in deutsches Steuerrecht. In der 6. EG Richtlinie ging es um eine Harmonisierung der Um
5.1 H istorie und Wesen der Umsatzsteuer
115
satzsteuer innerhalb der EG. Ziele waren die Vermeidung von Nicht bzw. Doppelbesteuerung und die Verbesserung der Wettbe werbssituation der in der EG ansässigen Unternehmen. Eine weitere Harmonisierung der Umsatzsteuersysteme innerhalb der EG bewirkte die Umsetzung des EG Binnenmarktes zum 31.12.1992. Folge war die Einführung des Umsatzsteuer Binnen marktgesetzes zum 01.01.1993 mit Regelungen zur Besteuerung von Lieferungen und Leistungen zwischen den Mitgliedsstaaten.
5.1.2 Wesen der Umsatzsteuer Die Umsatzsteuer ist eine allgemeine Verbrauchssteuer mit dem Ziel, die Konsumausgaben und damit die Einkommensverwendung des Endverbrauchers zu besteuern. Rechtlich ist die Umsatzsteuer eine Verkehrssteuer, da sie immer an Sachverhalte des Rechtsver kehrs (z. B. Kauf eines Autos) gebunden ist. Es ist jedoch wenig sinnvoll, die Umsatzsteuer direkt beim Endverbraucher zu erheben. Deshalb zieht der Unternehmer die Umsatzsteuer vom Endverbrau cher als Bestandteil eines Bruttopreises ein und leitet sie nach Ab zug seiner Vorsteuer an das Finanzamt weiter. Die heutige Umsatzsteuer ist eine Nettoumsatzsteuer mit Vorsteuerab zug, die auf jeder Wirtschaftsstufe erhoben wird. Als Ausgangsbasis dient immer der Nettoumsatz. Die an die vorherige Wirtschaftsstufe gezahlte Umsatzsteuer kann beim Weiterverkauf des Gutes als Vor steuer geltend gemacht werden. Damit ist der Unterschiedsbetrag zwischen erhaltener und gezahlter Umsatzsteuer die Umsatzsteuerzahl last. Das folgende Beispiel soll den Ablauf der Umsatzbesteuerung bei einem Umsatzsteuersatz von 19 % verdeutlichen. Wirtschaftsstu fe Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4
ettoettoVorsteuer UmsatzZahleinkaufs- verkaufssteuer last preis preis 0€ 400 € 0€ 76 € 76 € 400 € 700 € 76 € 133 € 57 € 700 € 800 € 133 € 152 € 19 € 800 € 900 € 152 € 171 € 19 € 171 € Endverbraucher zahlt 900 € + 171 € USt. 1.071 €
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5. Umsatzsteuer
Die Tabelle zeigt, dass für die Unternehmer die Umsatzsteuer ein durchlaufender Posten ist. Sie sind zwar Schuldner der Umsatzsteu er, aber die wirtschaftliche Last trägt allein der Endverbraucher. Folgendes Schema zeigt den in den folgenden Abschnitten erläuter ten Ablauf für die Ermittlung der Umsatzsteuer:
5.2 Steuerbare U msätze
117
5.2 Steuerbare Umsätze Das deutsche Umsatzsteuergesetz unterscheidet drei steuerpflichtige Umsatzarten: die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens aus führt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, FG Düsseldorf 20.03.2002 EFG 2002 S. 1332), die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG, BFH 09.07.1996 BFH/NV 1997 S. 87), und den innergemeinschaftlichen Erwerb im Inland gegen Ent gelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG).
5.2.1 Unternehmer Steuerbare Lieferungen und Leistungen können nur durch Unter nehmer erbracht werden. Er ist nicht identisch mit dem Unterneh mer in der BWL und anderen Rechtsgebieten. Unternehmer im Sinne des UStG sind alle natürlichen und juristischen Personen sowie Personenvereinigungen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben (§ 2 Abs. 1 UStG, R 16 Abs. 1 UStR, BFH v. 16.07.1987 BStBl. II S. 752) Die Wahl der Rechts form ist unerheblich.
Als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Dabei ist die Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich.
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5. Umsatzsteuer
Folgende Darstellung zeigt den Unternehmer im UStG: natürliche Personen juristische Personen Personenvereinigungen
Selbstständig Auf eigene Rechung
+
Eigenverantwortlich
Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
+
Dauerhafte Ausübung der Tätigkeit
+
Erbringung von Leistungen gegen Entgelt
Unternehmer § 2 UStG
5.2.2 Lieferung und sonstige Leistungen Durch Lieferungen gegen Entgelt überträgt der Unternehmer die Verfügungsmacht über einen Gegenstand auf den Abnehmer. Ent scheidend ist dabei die Übertragung der Verfügungsmacht und nicht die Übertragung des Eigentums (UStG § 3 Abs. 1, R 24 UStR, BFH v. 12.05.1993 BStBl II S. 847). Unter Entgelt, versteht das UStG alles, was der Abnehmer aufwenden muss, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (§ 10 Abs. 1 UStG). Die Umsatzsteuer selbst, ist nicht Bestandteil des Entgelts. Beispiel: Der Großhändler Geier liefert an den Einzelhändler Engel Fernseher unter Eigentumsvorbehalt. Das heißt, Geier ist bis zur vollständigen Bezahlung Eigentümer der Fernseher, aber die Verfügungsmacht wurde auf Engel übertra gen (die Fernseher stehen bei ihm im Lager). Damit liegt eine steuerbare Liefe rung nach § 3 UStG vor.
5.2 Steuerbare U msätze
119
Gegenstände im Sinne des UStG können körperliche Gegenstände (Sachen u. Tiere nach §§ 90, 90 a BGB), Sachgesamtheiten (z. B. Warenlager) oder Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie Sachen behandelt werden (z. B. elektrischer Strom) sein (R 24 UStR).
Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG). Das heißt, hier werden nicht Gegenstän de, sondern andere Werte gegen Entgelt durch den Unternehmer übertragen. Das können Nutzungsüberlassungen oder Dienstleistun gen sein, wie bspw. die Vermietung, die Übertragung von Patent rechten oder die Steuerberatung (BFH v. 04.07.2002 BFH/NV 2002 S. 1622). Das Entgelt für eine erhaltene Lieferung oder sonstige Leistung kann auch durch eine Gegenlieferung oder sonstige Gegenleistung erfolgen. In diesen Fällen liegt ein Tausch (Entgelt für eine Liefe rung besteht aus einer Lieferung) beziehungsweise ein tauschähnli cher Umsatz (Entgelt für eine sonstige Leistung besteht aus einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung) nach § 3 Abs. 12 UStG vor. Da in der Praxis in der Regel beim Tausch beziehungsweise beim tauschähnlichen Umsatz erbrachte Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig sind, erfolgt meist ein Ausgleich in bar. Hier wird unterschieden in Tausch mit Baraufgabe und tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe (R 153 Abs. 4 UStR). Beispiel: Der Nutzfahrzeughändler Otte verkauft an den Spediteur Wagner einen neuen LKW. Wagner gibt dazu einen gebrauchten LKW bei Otte in Zahlung und begleicht den Rest in bar. Bei diesem Geschäft handelt es sich um einen Tausch mit Baraufgabe. Otte (Verkauf des neuen LKW) und Wagner (Verkauf des ge brauchten LKW) erbringen eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung. Die Differenz zwischen Lieferung und Gegenlieferung wird bar beglichen.
Ein Spezialfall der Lieferungen und sonstigen Leistungen sind die unentgeltlichen Wertabgaben. Das sind Lieferungen und Leistun gen, die unentgeltlich erbracht werden, aber umsatzsteuerrechtlich den Lieferungen und Leistungen gegen Entgelt gleichgestellt sind. Zu den unentgeltlichen Wertabgaben zählen:
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5. Umsatzsteuer
Die Entnahme von Gegenständen oder Leistungen durch den Unternehmer für private Zwecke (§ 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 1;§°3 Abs.°9a UStG, BFH v. 03.11.1983 BStBl 1984 II S. 169) Beispiel: Herr Anders betreibt einen Sanitärinstallationsbetrieb. Zur Renovie rung seines privaten Bades entnimmt er aus seinem Lager eine Badewanne und lässt sie durch seine Mitarbeiter installieren. Sowohl die Entnahme als auch die Leistung der Mitarbeiter ist umsatzsteuerpflichtig.
Unentgeltliche Sachzuwendungen an das Personal, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen (§ 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 2 UStG; §3°Abs.°9a UStG) Beispiel: Die Bäckereiverkäuferin Schmitt nimmt sich mit Erlaubnis des Bä ckermeisters Bauer jeden Abend eine nicht verkaufte Torte zum Verzehr mit nach Hause. Diese Torte stellt für Frau Schmitt einen geltwerten Vorteil dar. Damit ist die Torte umsatzsteuerpflichtig, da diese Zuwendung über die Aus nahme einer Aufmerksamkeit hinausgeht.
Nach R 12 Abs. 3 UStR sind Aufmerksamkeiten Zuwendungen des Arbeitgebers, die nach Art und nach ihrem Wert Geschenken entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen. Das sind beispielsweise gelegentliche Sachzuwendungen bis zu einem Wert von 40 € (Blumen, ein Buch), die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund eines persönlichen Ereignisses zukommen lässt.
Andere unentgeltliche Zuwendungen (§ 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 3 UStG) Beispiel: Der Einzelhändler Engel veranstaltet zu Werbezwecken ein Preisaus schreiben. Als Preis erhalten die ersten zehn Einsender einen neuen Fernse her. Diese Zuwendungen an die Gewinner gelten als andere unentgeltliche Zuwendungen und sind umsatzsteuerpflichtig.
5.2 Steuerbare U msätze
121
5.2.3 Ausfuhrlieferung und innergemeinschaftliche Lieferung Die Ausfuhr und die innergemeinschaftliche Lieferung stellen einen Exportfall der Lieferungen dar. Beiden gemeinsam ist die Umsatzsteuerbefreiung (§ 4 Nr. 1 a u. 1 b UStG) und der zulässige Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG). Es müssen jedoch einige Bedingungen erfüllt sein, dass eine Ausfuhr oder eine innerge meinschaftliche Lieferung vorliegt. Eine Ausfuhrlieferung liegt vor, wenn: der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlands gebiet ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG liefert (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG, BFH v. 07.04.2000 BFH/NV 2000 S. 1370). Liefert der Unternehmer in das Drittlandsgebiet, muss der Ab nehmer kein ausländischer Abnehmer sein. Ein ausländischer Abnehmer ist nach § 6 Abs. 2 UStG eine Person mit Wohnort oder Sitz im Ausland oder eine Zweigniederlassung eines inlän dischen Unternehmers im Ausland. Zu beachten ist, dass die Begriffe Wohnort oder Sitz nicht mit den Begriffen des Wohn sitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes in der AO identisch sind (vgl. §§ 8, 9 AO). der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlands gebiet ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG befördert (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG). Verbringt der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet (Abholung), muss dieser ein ausländischer Ab nehmer sein (§ 6 Abs. 1 Nr. 2). der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Liefe rung in die Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG befördert (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 UStG). Befördert der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, muss eins der beiden folgenden Kriterien erfüllt sein. Entweder erwirbt der Abnehmer den Gegenstand für sein Unternehmen. Oder er ist kein Unternehmer, aber ausländischer Abnehmer und befördert den Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet weiter.
122
5. Umsatzsteuer
Seit dem 1.7.2009 besteht die Pflicht zur Teilnahme am elektronischen Ausfuhrverfahren (ATLAS). Dabei werden vorher schriftliche Ausfuhranmeldungen durch das elektronische Verfahren ersetzt und an den Zoll übermittelt (BMFSchreiben vom 17.7.2009 IV D 3 - S 7134/07/10003).
Für die innergemeinschaftliche Lieferung müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein. Als erstes muss der Gegenstand der Lieferung durch den Unter nehmer oder den Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert werden (§ 6 a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Zweitens muss der Abnehmer Unternehmer oder eine nichtunter nehmerische juristische Person sein (§ 6 a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Ist der Abnehmer Unternehmer, muss er den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erwerben. Erwirbt er den Gegenstand für private Zwecke, liegt keine innergemeinschaftliche Lieferung vor. Ist der Abnehmer eine juristische Person, darf der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben werden. Eine Ausnahme bildet die Lieferung von neuen Fahrzeugen in das übrige Gemeinschaftsgebiet (§ 6a Abs. 1 Nr. 2c UStG). Hier kann jeder Abnehmer sein. Damit ist eine Lieferung von neuen Fahrzeu gen in das übrige Gemeinschaftsgebiet immer eine innergemein schaftliche Lieferung. Als letzte Voraussetzung muss der Gegenstand der Lieferung beim Abnehmer den Vorschriften der Umsatzbesteuerung eines anderen Mitgliedsstaates unterliegen (§ 6 a Abs. 1 Nr. 3 UStG).
5.2.4 Einfuhr aus Drittländern und innergemeinschaftlicher Erwerb Die Einfuhr aus Drittländern und der innergemeinschaftliche Er werb sind Importfälle der Lieferungen. Sie stellen also Sachverhal te dar, bei denen Gegenstände aus dem Ausland in das Inland einge führt werden. Bei der Einfuhr aus Drittländern gegen Entgelt erfolgt der Import aus Ländern, die nicht zum Gemeinschaftsgebiet gehören. Die mit diesen Geschäftsfällen entstehende Steuer wird Einfuhrumsatzsteuer genannt. Die Einfuhrumsatzsteuer ist ebenfalls eine allge meine Verbrauchssteuer (§ 21 Abs. 1 UStG).
5.2 Steuerbare U msätze
123
Die folgende Grafik zeigt den Unterschied zwischen Inland und Ausland:
Zu beachten ist, dass auch Privatpersonen aus Drittländern einführen können. Sie sind damit auch regelmäßig zur Zahlung von Einfuhrumsatzsteuer verpflichtet, wenn der Wert der Einfuhr die jeweils gültige touristische Freigrenze übersteigt.
Die Belastung der Lieferungen aus Drittländern mit Umsatzsteuer erfolgt erst im Inland. Dazu befreit das Ausland die Lieferung von seiner Umsatzsteuer (Bestimmungslandprinzip). Das hat den Zweck, Auslands und Inlandslieferungen gleich zu stellen und die Lieferung dort zu besteuern, wo sie verbraucht wird, nämlich im Inland (BFH v. 13.11.2001 BFH/NV 2002 S. 301). Bei der Einfuhr aus Drittländern ist im Regelfall die Privatperson dem Unternehmer gleichgestellt, jedoch mit der Bedingung, dass sich die Privatperson die im Drittlandsgebiet gezahlte Umsatzsteuer erstatten lässt.
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5. Umsatzsteuer
Bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb gegen Entgelt verbringt ein Unternehmer einen Gegenstand aus dem übrigen Gemein schaftsgebiet in das Inland (§ 1 a Abs. 2 UStG). Nach § 1 a Abs. 1 UStG müssen folgende Voraussetzungen für einen innergemein schaftlichen Erwerb gegeben sein: Ein Gegenstand gelangt bei einer Lieferung an den Erwerber von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedsstaat, egal ob Lieferer oder Erwerber einführen (§ 1 a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Der Erwerber ist ein Unternehmer der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt oder eine juristische Person, die nicht Un ternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt (§ 1 a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Die Lieferung wird durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens durchgeführt und sie ist nicht auf Grund von Sonderregelungen für Kleinunternehmer steuerfrei (§ 1 a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Das UStG kennt jedoch auch negative Voraussetzungen. So liegt nach § 1 a Abs. 3 UStG keine innergemeinschaftliche Lieferung vor, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Der Erwerber ist: Ein Unternehmer, der nur steuerfreie Umsätze ausführt, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen (z. B. Zahnarzt). Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG Ein Unternehmer, der den Gegenstand zu Ausführung von Um sätzen verwendet, für die die Steuer nach Durchschnittssätzen des § 24 UStG festgesetzt ist (z. B. Land u. Forstwirt). Eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt (z. B. Stiftungen). Der Gesamtbetrag der Entgelte des innergemeinschaftlichen Erwerbes haben 12.500 € im Vorjahr nicht überschritten und werden dies im laufenden Jahr voraussichtlich auch nicht tun. Die Besteuerung einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfolgt im Inland (§°3d UStG). Das heißt, auch hier stellt der Mitgliedsstaat aus dem die Lieferung erfolgt, diese steuerfrei (Bestimmungsland prinzip).
5.2 Steuerbare U msätze
125
Beispiel: Der Großhändler Geier erwirbt vom irischen Hersteller Smith Stereoanla gen für 20.000 €. Auf diese Lieferung muss Geier Umsatzsteuer von 3.800 € (20.000 € x 19 %) bezahlen. Die 3.800 € sind voll als Vorsteuer geltend zu machen. Der irische Hersteller braucht keine Umsatzsteuer zu zahlen. Damit ist die Lieferung nicht mit irischer Umsatzsteuer belastet.
Das Bestimmungslandprinzip gilt nicht für Privatpersonen. Sie bezahlen beim Erwerb eines Gegenstandes sofort die Umsatzsteuer des anderen Mitgliedstaates. Das Verbringen des Gegenstandes in das Inland hingegen ist steuerfrei, da für den innergemeinschaftli chen Erwerb keine Einfuhrumsatzsteuer mehr erhoben wird. Damit ist in diesem Fall das Ursprungslandprinzip verwirklicht. Zur Sicherstellung der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs sind im UStG folgende Kontrollinstrumente verankert: Die USt. Identifikationsnummer (§ 27 a UStG) Die zusammenfassende Meldung (§ 18 a UStG) Der Abgleich der USt. Voranmeldung mit der zusammenfassen den Meldung (§ 18 b UStG) Das Bestätigungsverfahren (§ 18 e UStG).
5.2.5 Ort der Lieferung und sonstigen Leistungen Eine entgeltliche und unentgeltliche Lieferung gilt als dort ausge führt, wo die Lieferung beginnt (§ 3 Abs. 6 u. § 3 f UStG). Damit ist im Normalfall der Ort der Lieferung der Sitz des liefernden Unternehmers. Dabei ist es egal, ob der Unternehmer mit eigenem Fahrzeug liefert, oder ob der Erwerber den Gegenstand selbst ab holt. Auch bei einer Beauftragung eines Dritten (z. B. Spediteur) durch den Unternehmer oder den Erwerber, bleibt der Ort der Liefe rung der Sitz des liefernden Unternehmers. Für den Ort der sonstigen Leistungen gilt die folgende Grundregel (BMF Schreiben vom 24.2.2009, IV B 9 S 7117/08/10001; BMF Schreiben vom 16.11.2009, IV B 9 S 7117/08/10001): Der Leistungsempfänger ist eine Privatperson bzw. ein Nichtun ternehmer (business to customer Geschäft, B2C), dann ist der Sitzort des leistenden Unternehmens bzw. der Betriebsstättenort der Ort der sonstigen Leistung (Unternehmensortprinzip, § 3a Abs. 1 UStG).
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5. Umsatzsteuer
Der Leistungsempfänger ist ein Unternehmer (business to business Geschäft, B2B), dann ist der Sitzort des Leistungsemp fängers der Ort der sonstigen Leistung (Empfängerortprinzip, § 3a Abs. 2 UStG). Neben dieser Grundregel finden sich Sonderfälle in den §§ 3a Abs. 3 7, 3b, 3e und 3f UStG. Beispiel: Das Reiseunternehmen Portuteam in Berlin vermittelt Ferienhäuser an der Algarve sowohl an private Reisende als auch an ein Unternehmen in Lissabon. Ort der sonstigen Leistungen für die privaten Vermittlungen ist Berlin (Deutsch land) und für die Vermittlungen an das Unternehmen ist Lissabon (Portugal).
5.3 Steuerbefreiung bei Lieferungen und sonstigen Leistungen Das UStG stellt bestimmte Lieferungen und Leistungen, die norma lerweise nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerpflichtig wären, steuerfrei (§ 4 UStG). Die Steuerbefreiungen können in zwei Grup pen unterteilt werden: Ausfuhrumsätze (§ 4 Nr. 1 7 UStG) Inlandsumsätze (vgl. § 4 Nr. 8 28 UStG). Für Ausfuhrumsätze (Ausfuhrlieferung und innergemeinschaftli che Lieferung) ist momentan das Bestimmungslandprinzip verwirk licht. Das heißt, diese Umsätze werden im Inland steuerfrei gestellt und im Ausland mit der dort gültigen Umsatzsteuer belastet. Damit verhindert die Steuerbefreiung der Ausfuhrumsätze eine Doppelbe steuerung mit deutscher und ausländischer Umsatzsteuer. Der Vor steuerabzug bleibt bei Ausfuhrumsätzen erhalten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG). Beispiel: Der Großhändler Geier aus Potsdam kauft vom Hersteller Hausen aus Berlin Fernseher. Diese Fernseher verkauft er an den Einzelhändler Miller in Dublin. Geier kann die an Hausen gezahlte Vorsteuer vollständig geltend machen. Der Weiterverkauf an Miller ist jedoch nicht umsatzsteuerpflichtig. Das heißt, Miller zahlt an Geier nur den Nettopreis ohne Umsatzsteuer.
Um die Steuerbefreiung für Ausfuhrumsätze geltend machen zu können, müssen die Voraussetzungen für eine Ausfuhr oder eine
5.4 Ermit tlung der Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen
127
innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6 und § 6 a UStG erfüllt sein (siehe auch Abschn. 5.2). Die steuerbefreiten Inlandsumsätze (z. B. die Leistungen der Ärzte) beruhen zum größten Teil auf gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. Sie sollen insbesondere sozial und gesundheitspoliti sche Aspekte berücksichtigen und den Endverbraucher entlasten. Ob in der Praxis eine Entlastung des Endverbrauchers wirklich erreicht wird, ist jedoch fraglich. Dies liegt daran, dass die steuer freien Inlandsumsätze vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Als Folge daraus wird der Unternehmer versuchen, die für seine Vorleistungen gezahlte Vorsteuer auf den Endverbraucher abzuwälzen. Beispiel: Der Zahnarzt Dr. Zahn kauft für die Behandlung seiner Patienten neue Bohrer. Da die Behandlung seiner Patienten nach § 4 Nr. 14 UStG Umsatzsteuer frei ist, darf er für die eingekauften Bohrer keine Vorsteuer geltend machen. Die an den Lieferanten gezahlte Umsatzsteuer gehört zu seinen Anschaffungskosten. Er wird jedoch versuchen, die gezahlte Vorsteuer auf die Patienten abzuwälzen (BFH v. 18.05 2000 BFH/NV 2000 S.1297).
Spezielle Steuerbefreiungen für die Einfuhr aus Drittländern und den innergemeinschaftlichen Erwerb sind den §§ 4 b u. 5 UStG zu entnehmen.
5.4 Ermittlung der Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen 5.4.1 Bemessungsgrundlage Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen ist das Entgelt. Entgelt ist alles, was der Abnehmer aufwenden muss, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 UStG, BFH v. 10.11.1983 BStBl 1984 II S. 120). Wird das Entgelt vermindert (z. B. durch Skonti oder Rabatte) oder erhöht (z. B. durch Preisauf schläge oder Trinkgelder an Unternehmer) ändert sich entsprechend die Bemessungsgrundlage.
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5. Umsatzsteuer
Der im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe erhobene Bedienungszuschlag ist Teil des vom Unternehmer vereinnahmten Entgelts, auch wenn das Bedienungspersonal diesen Aufschlag als Entlohnung zurückbehält. Freiwillig gezahlte Trinkgelder an das Personal gehören jedoch nicht zum Entgelt für die Leistungen des Unternehmers (R 149 Abs. 5 UStR).
Auch eine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage ist möglich. Grund dafür können bspw. Wandlung, Minderung, nach träglich gewährte Boni oder uneinbringliche Forderungen sein. In diesem Fall muss der liefernde Unternehmer den geschuldeten Steuerbetrag und der abnehmende Unternehmer den Vorsteuerab zug entsprechend korrigieren (§ 17 UStG). Schwieriger wird die Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei unentgeltlich erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen nach § 3 Abs. 1 b und Abs. 9 a UStG (z. B. bei der Entnahme eines Gegenstandes durch den Unternehmer). Denn hier wird für die erhaltene Leistung kein Entgelt gezahlt. Um dieses Problem zu lösen, verwendet das UStG Ersatzwerte. Das sind der Einkaufswert zuzüglich Nebenkosten, oder wenn dieser nicht ermittelbar ist, die Selbstkosten der Lieferung oder Leistung zum Zeitpunkt des Um satzes. Hier darf die Umsatzsteuer nicht herausgerechnet werden, da der Einkaufspreis bzw. die Selbstkosten bereits die Bemessungs grundlage darstellen (R 155 Abs. 1 UStR). Beispiel: Der Unternehmer Zimmer entnimmt aus seinem Unternehmen einen Personalcomputer. Die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Personalcompu ters würde Zimmer 600 € kosten. Als Einkaufswert und damit als Bemessungs grundlage sind diese 600 € anzusetzen. Damit muss Zimmer 114 € Umsatzsteu er (600 € x 19 %) für diese Entnahme abführen. Beispiel: Der Einzelhändler Engel bezieht vom Großhändler Geier 10 DVDPlayer im Wert von 400 €. Er erhält 10 % Rabatt, 2 % Skonto und er muss die Versand kosten in Höhe von 150 € tragen. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und der Umsatzsteuer läuft folgendermaßen ab:
5.4 Ermit tlung der Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen
Preis Rabatt Skonto + Versandkosten Entgelt Bemessungsgrundlage + Umsatzsteuer E zahlt an G
10 x 400 € 4.000 € x 10 % 3.600 € x 2 % 150 € 3.678 € x 19 %
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4.000,00 € 400,00 € 72,00 € + 150,00 € 3.678,00 € + 698,82 € 4.376,82 €
Die oben dargestellte Ermittlung der Umsatzsteuer gilt gleicherma ßen für den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 10 Abs. 1 UStG). Eine abweichende Vorschrift für die Ermittlung der Bemessungs grundlage gilt, mit Ausnahme von Edelsteinen und Edelmetallen, für Gebrauchtgegenstände (§ 25 a UStG). Hier wird eine Differenzbesteuerung durchgeführt. Das bedeutet, die Bemessungs grundlage ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Einkaufspreis und dem Verkaufspreis (§ 25 a Abs. 3 UStG). Vorausgesetzt wird, dass der Unternehmer ein Wiederverkäufer ist. Ein Wiederverkäu fer erwirbt im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit Gebrauchtge genstände und veräußert sie anschließend weiter (R 276a UStR). Zu beachten ist bei der Differenzbesteuerung, dass immer der Re gelsteuersatz von 19 % Anwendung findet (§ 25 a Abs. 5 UStG). Das gilt auch bei einem Gegenstand für den im ungebrauchten Zustand der ermäßigte Steuersatz in Frage käme (z. B. Kunstwer ke). Weiterhin darf die Umsatzsteuer in einer Rechnung nicht ge sondert ausgewiesen werden, auch wenn die Lieferung an einen anderen Unternehmer erfolgt (§ 25 a Abs. 6 UStG). Beispiel: Herr Bayer ist Inhaber eines An und Verkaufsgeschäftes. Er kauft von Frau Lehmann eine gebrauchte Jeanshose für 15 € und veräußert diese an Frau Schneider für 35 €. Die Bemessungsgrundlage ist die Differenz zwischen Ein kaufs und Verkaufspreis, also 35 € – 15 € = 20 €. Damit ergibt sich die Um satzsteuer aus: 20 € x 19 % = 3,80 €.
Bei der oben beschriebenen Differenzbesteuerung wird nur die Vermittlungsleistung mit Umsatzsteuer belastet. Damit wird der Handel mit Gebrauchtgegenständen dem Verkauf von Privat an Privat prinzipiell gleichgestellt. BFH v. 13.11.1996 BStBl II 1997 S. 585.
130
5. Umsatzsteuer
Die Bemessungsgrundlage für die Einfuhr aus Drittländern (Ein fuhrumsatzsteuer) wird über den Zollwert ermittelt (§ 11 Abs. 1 UStG). Der Zollwert stellt dabei die Bezugskosten bis zur deutschen Grenze dar. Zu diesem Zollwert müssen dann gegebenenfalls die in § 11 Abs. 3 Nr. 1 4 UStG genannten Punkte addiert werden, um die Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer zu erhalten. Der Steuersatz richtet sich nach § 12 UStG. Die hier eventuell notwendige Umrechnung der Werte in fremder Währung regelt § 16 Abs. 6 UStG. So ist eine Umrechnung zum Tageskurs (Nachweis durch Bankmitteilung oder Kurszettel) oder nach den vom Bundesministerium der Finanzen monatlich veröf fentlichten Durchschnittskursen möglich. Beispiel: Der Großhändler Kluge kauft in den USA Gartengeräte ein. Der amerika nische Hersteller stellt Kluge $ 10.000 in Rechnung. Zur Umrechnung kann Kluge zwischen dem Tageskurs bei Eingang der Lieferung und dem Durchschnittskurs des Bundesministeriums der Finanzen wählen.
Für die Ausfuhr und die innergemeinschaftliche Lieferung braucht keine Bemessungsgrundlage ermittelt werden, da sie im Inland von der Umsatzsteuer befreit sind.
5.4.2 Steuersatz Ist die Bemessungsgrundlage für eine Lieferung oder sonstige Leis tung bestimmt, kann die Umsatzsteuer durch Multiplikation mit dem Steuersatz ermittelt werden. Das UStG kennt zwei Steuersätze (§ 12 UStG). Das sind der allgemeine Steuersatz mit 19 % und der ermäßigte Steuersatz mit 7 %. Im Regelfall ist der allgemeine Steuersatz anzuwenden. Der ermäßigte Steuersatz gilt nur für die in der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG aufgeführten Lieferun gen und Leistungen. Hier wird insbesondere die soziale und kultu relle Grundversorgung des Endverbrauchers steuerlich begünstigt.
Die Voraussetzungen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes werden streng ausgelegt. So ist z. B. das Abspielen von Tonträgern bei einer Disco-Party kein Konzert i. S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.
Ein ewiger Streitpunkt ist die Frage, ob es sich bei der Abgabe von Speisen um eine mit 7 % begünstigte Lieferung oder um eine mit
5.5 Rechnungserstellung
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19 % regelbesteuerte sonstige Leistung (wenn die Dienstleistungs elemente wie Servieren, Abräumen oder Geschirrwaschen qualitativ überwiegen) handelt. Seit 2008 sind hierzu die allgemeinen Ab grenzungsgrundsätze von Lieferungen und sonstigen Leistungen heranzuziehen, so dass imbiss ähnliche Speisenabgaben unter die begünstigte Besteuerung fallen, wenn die Lieferung einer Speise im Vordergrund steht. Ein qualitatives Überwiegen der Dienstleistungen setzt über die Aufbereitung von Lebensmitteln hinaus wenigstens ein weiteres Dienstleistungselement wie z. B. das Zurverfügungstellen von Verzehrmöglichkeiten voraus, so dass auch der Verkauf von erwärmtem Popcorn und Nachos im Kino nicht dem Regelsteuer satz unterliegt (BFH Urteil v. 18.2.2009 V R 90/07).
5.4.3 Steuerschuldner Im Regelfall ist der leistende Unternehmer der Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). In bestimmten Fällen ist jedoch der Leistungsempfänger der Steuerschuldner (Reverse-ChargeVerfahren, § 13b UStG). Bei der Einfuhrumsatzsteuer hat der Einführende die Steuer zu entrichten (§ 21 UStG).
5.5 Rechnungserstellung Als Rechnung gilt jede Urkunde, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung gegenüber dem Leistungsempfän ger abrechnet (§ 14 Abs. 1 UStG). Dabei ist es unerheblich, wie die Urkunde von den Beteiligten bezeichnet wird. Auch eine Gutschrift kann eine Rechnung sein. Das ist dann der Fall, wenn der Leis tungsempfänger über eine erhaltene Lieferung oder Leistung mit dem Leistenden abrechnet (§ 14 Abs. 2 S. 3 UStG). Beispiel: Die Software GmbH hat mit dem Großhändler Schön eine Lizenzverein barung über den Vertrieb ihrer Produkte. Für jedes Produkt das Schön verkauft, erhält die Software GmbH eine Lizenzgebühr von 5 €, die monatlich abgerechnet wird. Da die Software GmbH nicht selbst feststellen kann wie viel Produkte Schön im Monat verkauft, muss hier Schön eine Gutschrift erstellen.
Zur Rechnungserstellung ist jeder Unternehmer in den meisten Fällen verpflichtet (§ 14 Abs. 2 UStG); in einigen Fällen ist er
132
5. Umsatzsteuer
lediglich zur Rechnungsstellung berechtigt (z. B. bei vielen Geschäf ten mit Privatpersonen). In einer Rechnung müssen die folgenden neun Angaben zwingend vorhanden sein (§ 14 Abs. 4 UStG): 1 der Name und die Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers 2 Steuernummer oder Umsatzsteuer Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers 3 Rechnungsdatum 4 eine einmalige, fortlaufende Rechnungsnummer 5 die Menge und die Bezeichnung des Gegenstandes der Lieferung oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung 6 der Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung 7 das Entgelt (Bemessungsgrundlage) für die Lieferung oder sons tige Leistung (ggf. aufgeteilt nach Steuersätzen) sowie im voraus vereinbarte Entgeltsminderungen 8 den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag (gesondert ausge wiesen) oder einen Hinweis auf eine Steuerbefreiung (vgl. § 4 UStG). 9 in den Fällen des § 14 b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers. Eine Erleichterung der Formvorschriften gibt es für Rechnungen über Kleinbeträge, die den Betrag von 150 € nicht übersteigen (§ 33 UStDV). In ihnen kann im Vergleich zu den oben genannten Punkten u. a. auf den Namen und die Anschrift des Leistungsempfängers und den Zeitpunkt der Leistung (nicht aber auf das Rechnungsdatum) verzichtet werden. Weiterhin kann das Entgelt und der Steuerbetrag in einer Summe ausgewiesen werden. Es muss jedoch der zu Grunde gelegte Steuersatz angegeben sein. Ein Beispiel für eine solche Rechnung sind die Quittungen der Tankstellen. Weitere Erleichterungen hinsichtlich der Angabepflichten bestehen für Fahrausweise als Rechnungen (§ 34 UStDV).
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5.5 Rechnungserstellung
Die folgende Abbildung zeigt mögliche Fehler bei der Rechnungs erstellung: Mögliche Fehler bei der Rechnungserstellung Unrichtiger Steuerausweis Zu hoher Steuer ausweis § 14 c Abs. 1 UStG
Zu niedriger Steuer ausweis R 190c Abs. 8 UStR
Unberechtigter Steuerausweis Ausweis der Umsatz steuer ohne Berechtigung § 14 c Abs. 2 UStG
Eine Leistung wird nicht erbracht oder falsch bezeichnet § 14c Abs. 2 UStG
Ein falscher Steuerausweis in Rechnungen hat Auswirkungen auf den Verkäufer und den Käufer.
Zu hoher Steuerausweis Dieser Tatbestand kann bei einem Rechenfehler oder bei der Verwendung eines falschen Steuersatzes (19 % statt 7 %) auftre ten. Findet keine Steuerberichtigung statt, wird der zu hoch aus gewiesene Steuersatz vom leistenden Unternehmer geschuldet. Der Leistungsempfänger kann nur den gesetzlich vorgeschriebe nen und nicht den zu hohen Steuerbetrag als Vorsteuer geltend machen (R 190c Abs. 1 4 UStR). Zu niedriger Steuerausweis Dieser Fall ist möglich, wenn in einer Rechnung statt 19 % USt nur 7 % USt ausgewiesen werden, oder wenn ein steuerpflichti ger Umsatz steuerfrei gestellt wird. Ist der Steuerbetrag in einer Rechnung zu niedrig ausgewiesen, schuldet der leistende Unternehmer den gesetzlich vorgeschrie benen Betrag. Der Leistungsempfänger darf nur den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer geltend machen. Auch hier kann durch den leistenden Unternehmer eine
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5. Umsatzsteuer
Berichtigung des Steuerbetrages erfolgen. Anschließend ist wie der eine Korrektur der Vorsteuer beim Leistungsempfänger not wendig (§ 17 Abs. 1 UStG). Ausweis der Umsatzsteuer ohne Berechtigung Ein unberechtigter Ausweis der Umsatzsteuer kann beispielswei se beim Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG) oder beim An und Verkäufer (§ 25 a UStG) auftreten. Diese Unternehmer sind nicht zum gesonderten Steuerausweis berechtigt (§ 19 Abs. 1 S. 4 und § 25 a Abs. 6 UStG). Weisen diese Unternehmer dennoch die Umsatzsteuer gesondert aus, schulden sie diesen Betrag (§ 14c Abs. 2 UStG, R 190d UStR). BFH v. 30.01.2003 VR 98/01 (V) Eine Leistung wird nicht erbracht oder falsch bezeichnet Hierunter fallen Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis für Leistungen, die nie erbracht wurden, oder Rechnungen in denen unrichtige Bezeichnungen für die Leistung angegeben wurden. Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen können Schein und Gefälligkeitsrechnungen oder bestimmte Fälle des Schadenersat zes sein. Als Rechtsfolge schuldet der leistende Unternehmer den ausgewiesenen Steuerbetrag (§ 14c Abs. 2 UStG). Rechnun gen mit unrichtigen Bezeichnungen für eine Leistung sind da durch gekennzeichnet, dass die erbrachte und die abgerechnete Leistung nicht identisch sind (R 190d UStR). Beispiel: Der Großhändler Geier rechnet an den Einzelhändler Engel 5 Fern seher ab, obwohl er 5 Videorecorder geliefert hat. Als Rechtsfolge schuldet der leistende Unternehmer den gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag (§ 14c Abs. 2 UStG) und zusätzlich den Steuerbetrag für die tatsächlich er brachte Leistung.
5.6 Besteuerungszeitraum und Besteuerungsverfahren Der Besteuerungszeitraum für die Umsatzsteuer ist im Allgemeinen das Kalenderjahr (§ 16 Abs. 1 S. 2 UStG). Ausnahmen von dieser Regelung sind gegeben, wenn der Unter nehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem
5.6 Besteuerungszeitraum und Besteuerungsverfahren
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Teil des Kalenderjahres ausübt. Dann tritt dieser Teil an die Stelle des Kalenderjahres (§ 16 Abs. 3 UStG). Oder das Finanzamt selber verkürzt den Besteuerungszeitraum. Das kann zur Sicherung der Steuereinnahmen geschehen oder wenn der Unternehmer damit einverstanden ist (§ 16 Abs. 4 UStG). Ebenfalls zur Sicherung der Steuereinnahmen verlangt der Gesetz geber vom Unternehmer Vorauszahlungen für einen bestimmten Voranmeldungszeitraum. Dieser Voranmeldungszeitraum umfasst grundsätzlich das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 S. 1 UStG). Der Zeitraum verkürzt sich auf den Kalendermonat, wenn die USt für das vorangegangene Jahr größer als 7.500 € war (§ 18 Abs. 2 S. 1 UStG,) und ist somit der Regelfall in der Praxis. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Jahr unter 1.000°€, so ist keine Umsatz steuervoranmeldung notwendig (§°18 Abs.°2 S.2 UStG). Existenz gründer müssen in den ersten zwei Jahren (unverständlicherweise) die Voranmeldung stets monatlich abgeben (§ 18 Abs. 2 S. 3 UStG). Der Betrag der Vorauszahlung wird vom Unternehmer selbst berechnet. Die Berechnung der Vorauszahlung ergibt sich aus § 16 Abs. 1 S. 3 4 UStG. Die Voranmeldung und die Vorauszahlung ist am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes abzugeben bzw. zu zahlen (§ 18 Abs. 1 UStG). Beispiel: Der Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Die erste Voranmeldung und die erste Vorauszahlung des Kalenderjahres müssen spätes tens am 10. April abgegeben bzw. bezahlt sein. Beispiel: Der Voranmeldungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Voranmeldung und die Vorauszahlung für den Monat Januar sind spätestens zum 10. Februar fällig.
Durch eine Dauerfristverlängerung kann die Abgabe der Voranmeldungen um einen Monat verzögert werden, jedoch ist eine Sondervorauszahlung in Höhe von einem Elftel der Summe der Vorauszahlungen des vorangegangenen Kalenderjahres zu bezahlen (§ 18 Abs. 6 UStG, §§ 46 – 48 UStDV).
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5. Umsatzsteuer
Die Berechnung der Umsatzsteuer hat nach vereinbarten Entgelten zu erfolgen, d.h. dass auch die Umsatzsteuer für Zielverkäufe (Verkäufer hat die Gegenleistung noch nicht erhalten) einzuberech nen ist (Soll-Versteuerung). Dies kann dazu führen, dass der Ver käufer bereits eine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss, die ihm vom Käufer noch nicht zugeflossen ist. Zur Liquiditätsent lastung kann der Unternehmer auf Antrag die Berechnung nach vereinnahmten Entgelten durchführen (§ 20 UStG), wenn die jährli chen Umsätze nicht über 500.000 € liegen. (Diese Regelung gilt vorerst bis zum 31.12.2011, danach liegt die Grenze voraussichtlich bei 250.000 €.) Anders als bei der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten muss die Steuer bei dieser Ist-Versteuerung erst dann an das Finanzamt abgeführt werden, wenn der Kunde tatsächlich be zahlt hat. Zusätzlich hat der Unternehmer zu den vier bzw. 12 Umsatzsteuer voranmeldungen für das gesamte Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben (§ 18 Abs. 3 UStG). In dieser berechnet der Unternehmer den Steuerbetrag für das gesamte Kalenderjahr. Die Be rechnung erfolgt wieder nach § 16 Abs. 1 S. 3 4 UStG. Sollte die Jahressteuererklärung von der Summe der Voranmeldun gen abweichen, kann sich entweder ein Unterschiedsbetrag zu Gunsten des Unternehmers oder des Finanzamtes ergeben (§ 18 Abs. 3 u. 4 UStG). Ergibt sich ein Betrag zu Gunsten des Finanzamtes, ist dieser einen Monat nach Eingang der Steuererklärung fällig (§ 18 Abs. 4 UStG). Ist der Unterschiedsbetrag eine Forderung, muss das Finanzamt dieser zustimmen. Diese Zustimmung unterliegt keinen Formvor schriften. In der Regel wird die Zustimmung durch Auszahlung des Unterschiedsbetrages erteilt.
5.7 Aufzeichnungspflichten Jeder Unternehmer ist verpflichtet, Aufzeichnungen zur Feststel lung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung zu führen (§ 22 Abs. 1 S. 1 UStG). Dabei ist es dem Unternehmer selbst über lassen in welcher Form er die Aufzeichnungen führt. So ist es mög lich nach statistischen Methoden (Aufzeichnung nach Durch
5.7 Aufzeichnungspflichten
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schnittssätzen §§ 66 ff. UStDV) oder im Rahmen der Buchführung aufzuzeichnen. Nach § 22 Abs. 2 UStG müssen aus den Aufzeich nungen folgende Punkte ersichtlich sein: 1 Die vereinbarten Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen 2 Es müssen die Entgelte aus steuerpflichtigen und aus steuerfrei en Umsätzen getrennt werden. Zusätzlich sind die Entgelte aus steuerpflichtigen Umsätzen nach Steuersätzen zu unterteilen (Regelsteuersatz 19 % u. ermäßigter Steuersatz 7 %). 3 Die vereinnahmten Entgelte (z. B. Vorauszahlungen) und Teil entgelte (z. B. Anzahlungen) für noch nicht ausgeführte Liefe rungen und sonstige Leistungen 4 Auch hier müssen die Entgelte in steuerpflichtige Umsätze (ge trennt nach Steuersätzen) und in steuerfreie Umsätze geteilt wer den. 5 Die Bemessungsgrundlage für unentgeltlich erbrachte Lieferun gen und sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 1 b u. § 3 Abs. 9 a UStG (z. B. für die Entnahme eines Gegenstandes durch den Un ternehmer) 6 Die wegen unberechtigten Steuerausweis nach § 14 Abs. 2 u. 3 UStG geschuldeten Steuerbeträge (vgl. Abschnitt 5.5) 7 Entgelte für erhaltene steuerpflichtige Lieferungen und Leistun gen und die vor Ausführung dieser Umsätze gezahlten Entgelte (Vorauszahlung) oder Teilentgelte (Anzahlung), sowie die dar auf entfallenden Steuerbeträge (Vorsteuer) 8 Die Bemessungsgrundlage für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11 UStG) sowie die dafür gezahlte oder noch zu zahlende Ein fuhrumsatzsteuer (§ 16 Abs. 2 S. 4 UStG) 9 Die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie die darauf entfallenden Steuerbeträge. Ist der Vorsteuerabzug für eine Lieferung oder Leistung ausge schlossen (§ 15 Abs. 2 u. 3 UStG), entfallen die Aufzeichnungs pflichten der oben angeführten Nummern 5 und 6 (§ 22 Abs. 3 UStG).
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5. Umsatzsteuer
5.8 Kleinunternehmer Der Kleinunternehmer (§ 19 UStG) ist ein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG (vgl. Abschn. 5.2). Er ist zusätzlich dadurch gekenn zeichnet, dass seine Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (Liefe rungen u. Leistungen) im vorherigen Kalenderjahr 17.500 € nicht übersteigen und voraussichtlich 50.000 € im laufenden Kalenderjahr nicht übersteigen werden ( § 19 Abs. 1 S. 1 UStG in der Fassung des Kleinunternehmerförderungsgesetzes). Sind diese beiden Krite rien erfüllt, ist er von der Umsatzsteuer befreit. Wird jedoch eine Grenze überschritten ist der Unternehmer wieder voll umsatzsteuer pflichtig.
Der Kleinunternehmer ist nur für Lieferungen und Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, also für Lieferungen und Leistungen im Inland von der Umsatzsteuer befreit.
Die Umsatzsteuer für die Einfuhr von Gegenständen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) und für den innergemeinschaflichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG) wird vom Kleinunternehmer geschuldet (R 246 UStR). Mit der Steuerbefreiung für Lieferungen und Leistungen wird der Kleinunternehmer mit Privatpersonen gleichgestellt. Als Konse quenz ist er nicht berechtigt, Vorsteuer abzuziehen und in seinen eigenen Rechnungen Umsatzsteuer auszuweisen. Folglich kann auch ein abnehmender Unternehmer für die Lieferung oder Leistung eines Kleinunternehmers keine Vorsteuer geltend machen. Für die Berechnung der Grenzen (Vorjahr: 17.500 €; laufendes Jahr: 50.000 €) ist der gesamte steuerpflichtige Bruttoumsatz (mit Um satzsteuer) heranzuziehen. Nicht einbezogen werden die steuerbe freiten Inlandsumsätze (vgl. § 4 Nr. 8 28 UStG, vgl. Abschn. 5.3) und die Umsätze für den Verkauf oder die Entnahme von Wirt schaftsgütern des Anlagevermögens (vgl. § 19 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 3 UStG). Dem Unternehmer steht die Entscheidung offen, freiwillig auf die Umsatzsteuerbefreiung des Kleinunternehmers zu verzichten. Das ist sinnvoll, wenn Lieferungen und Leistungen überwiegend für umsatzsteuerabzugsberechtigte Kunden ausgeführt werden. Dazu
5.9 Vorsteuerabzug
139
genügt eine formlose Mitteilung an das Finanzamt. Diese Entschei dung ist jedoch für den Zeitraum von 5 Jahren bindend (§ 19 Abs. 2 UStG, FG Hamburg 17.05.2002 EFG 2002 S. 1336).
5.9 Vorsteuerabzug Zum Vorsteuerabzug berechtigt sind nur Unternehmer nach § 2 UStG (vgl. Abschn. 5.2), die keine Kleinunternehmer sind. Als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist der Nachweis einer ord nungsgemäßen Rechnung (§ 14 UStG) zwingend erforderlich. Nach § 15 UStG kann der Unternehmer die folgenden Steuerbeträge als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 UStG, BFH 12.12.2001 BFH/NV 2002 S. 301): die in Rechnungen für erhaltene Lieferungen und Leistungen gesondert ausgewiesene Steuer Beispiel: Der Großhändler Geier erhält vom Hersteller Hausen eine Rechnung für gelieferte DVDPlayer über 10.000 € + 1.600 € USt. Geier kann die ge sondert ausgewiesene USt von 1.600 € in seiner nächsten Umsatzsteuervor anmeldung geltend machen.
Liegt keine Rechnung mit den in § 14 UStG geforderten Merkmalen vor oder ist die Rechnung fehlerhaft, ist kein Vorsteuerabzug möglich.
die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände die für sein Unternehmen in das Inland eingeführt wurden Beispiel: Der Großhändler Geier kauft Fernseher aus Japan für 20.000 €. Zu sätzlich muss er die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 3.200 € zahlen. Geier kann die Einfuhrumsatzsteuer (3.200 €) als Vorsteuer geltend machen. Vor aussetzung ist, dass Geier die Verfügungsmacht über den eingeführten Ge genstand und einen zollamtlichen Beleg über die Einfuhr besitzt.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegens tänden für sein Unternehmen Beispiel: Der Großhändler Geier bezieht aus Italien Videorecorder für 50.000 €. Auf diese Lieferung muss Geier USt. von 8.000 € zahlen. Er kann die 8.000 € in seiner nächsten Umsatzsteuervoranmeldung voll als Vorsteuer geltend machen.
140
5. Umsatzsteuer
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 UStG, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind (z. B. Werkliefe rungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers) Beispiel: Der Druckmaschinenhersteller Power aus New York liefert an den Ber liner Verlag Sänger eine Anlage zum Drucken von Zeitschriften. Diese Anlage wird von Power aus angelieferten Teilen in Berlin zusammengebaut und nach einer Testphase an den Verlag Sänger übergeben. Power stellt eine Rechnung über 500.000 €. Zusätzlich hat Sänger USt in Höhe von 80.000 € zu tragen. Da hier eine Lieferung im Sinne des § 13 b Abs. 1 UStG vorliegt (Werklieferung ei nes im Ausland ansässigen Unternehmers), kann Sänger die 80.000 € als Vor steuer in seiner nächsten Umsatzsteuervoranmeldung geltend machen.
Der Anspruch auf Vorsteuerabzug ergibt sich aus den Eingangsum sätzen des Unternehmers (z. B. Einkauf von Rohstoffen für die Produktion). Ob der Anspruch berechtigt ist, kann jedoch nur mit hilfe des dazugehörigen Ausgangsumsatzes geklärt werden. Denn der Anspruch auf Vorsteuer entfällt, wenn der Unternehmer mit einem normalerweise vorsteuerabzugsberechtigten Eingangsumsatz folgende Ausgangsumsätze ausführt (§ 15 Abs. 2 UStG): Steuerfreie Umsätze
Beispiel: Der Orthopäde Dr. Müller kauft für seinen Behandlungsraum eine neue Liege. Er kann für diese Liege keine Vorsteuer geltend machen, da er nach § 4 Nr. 14 UStG nur steuerfreie Umsätze ausführt.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden Beispiel: Der Arzt Dr. Meyer liefert menschliche Organe nach Österreich. Da diese Lieferung nach § 4 Nr. 17 a UStG im Inland steuerbefreit wäre, kann Meyer für seine Vorleistungen keine Vorsteuer geltend machen.
Unentgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen, die steuer frei wären, wenn sie gegen Entgelt ausgeführt würden. Beispiel: Der Internist Dr. Herz verzichtet für die Behandlung eines Patienten auf sein Honorar. Auch hier kann er keine anteilige Vorsteuer geltend ma chen, da nach § 4 Nr. 14 UStG seine Umsätze steuerfrei sind.
Der oben beschriebene Ausschluss vom Vorsteuerabzug wird nicht wirksam, wenn es sich bei den Ausgangsumsätzen um im § 15 Abs. 3 UStG genannte Umsätze handelt. Das sind insbesondere
5.9 Vorsteuerabzug
141
Ausfuhrumsätze nach § 4 Nrn. 1 7 UStG. So sind bspw. die Aus fuhrlieferung und die innergemeinschaftliche Lieferung zwar steu erfreie Ausgangsumsätze, aber trotzdem kann Vorsteuer geltend gemacht werden (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 1 a UStG; Abschn. 5.2). Die folgende Grafik zeigt ein Prüfungsschema zur Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs:
142
5. Umsatzsteuer
Sofern ein Vorsteuerabzug zulässiger Weise vorgenommen wurde, ist dieser Abzug regelmäßig endgültig. Sollten sich die Vorausset zungen für den Vorsteuerabzug bei einem konkreten Wirtschaftsgut jedoch im Zeitablauf ändern, so ist nach § 15a UStG eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen (BMF Schreiben vom 6.12.2005, IV A5 S 7316 25/05).
143 Multiple-Choice-Test zur Umsatzsteuer
1 □ □ □ □
2 □ □ □ □ 3 □ □ □ □
Der Einzelhändler Müller bekommt von seinem Großhändler Schulze eine Rechnung über 25 Fernseher zu 350 €. Er erhält auf diese Lieferung einen Rabatt von 10 % und bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen 2 % Skonto. Wie hoch ist der Umsatzsteuerbetrag den Müller bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen an Schulze abführen muss? a)
1400,00 €
b) 1372,00 € c)
1466,33 €
d) 1260,00 € Herr Meier betreibt einen An- und Verkaufsgeschäft. Im Rahmen seiner Tätigkeit kaufte er von Frau Schneider einen gebrauchten Kinderwagen für 120 €. Diesen Kinderwagen verkaufte er wenige Tage später an Herrn Mahler für 159,99 € (ohne Umsatzsteuer) weiter. Wie hoch ist der Umsatzsteuerbetrag den Herr Mahler an Herrn Meier zahlen muss? a)
30,40 €
b) 7,60 € c)
22,80 €
d) 2,80 € Die italienische Modefirma Chic liefert an den Berliner Einzelhändler Baumann die neuste Winterkollektion. Wo und durch wen ist die fällige Umsatzsteuer zu zahlen? a) Von Chic in Italien b) Von Baumann in Italien c) Von Chic in Deutschland d) Von Baumann in Deutschland
144
Multiple-C hoice-Test zur Umsatzsteuer
4 □ □ □ □ 5 □ □ □ □ 6 □ □ □ □
Die Kunststoff GmbH liefert ihre Produkte ins Ausland. Welche Bemessungsgrundlage muss von der GmbH als Basis für die Ermittlung der Umsatzsteuer ermittelt werden? a) Der Zollwert b) Der Nettoumsatz c) Es braucht keine Bemessungsgrundlage ermittelt werden d) Der Bruttoumsatz Das UStG definiert als einen steuerpflichtigen Umsatz die Lieferungen und Leistungen gegen Entgelt im Inland. Ab welchem Zeitpunkt gilt eine Lieferung als ausgeführt? a) Nach Übertragung der Verfügungsmacht auf den Empfänger b) Nach Übertragung des Eigentums auf den Empfänger c) Nach Rechnungseingang beim Empfänger d) Nach Bezahlung der Rechnung Der Buchhändler Buk liefert an die Blumen GmbH das Fachbuch „Blumen im Garten“. Irrtümlicherweise weist Buk in seiner Rechnung einen Steuersatz von 19 % aus. Welche Konsequenzen ergeben sich für den Buchhändler und die Blumen GmbH? a) Der Buchhändler schuldet die zu hoch ausgewiesene Steuer und die Blumen GmbH kann nur 7 % Vorsteuer ziehen. b) Der Buchhändler schuldet die zu hoch ausgewiesene Steuer und die Blumen GmbH kann 19 % Vorsteuer ziehen. c) Der Buchhändler schuldet 7 % USt. und die Blumen GmbH kann 19 % Vorsteuer ziehen. d) Der Buchhändler schuldet 7 % USt. und die Blumen GmbH kann nur 7 % Vorsteuer ziehen.
Multiple-C hoice-Test zur Umsatzsteuer
7 □ □ □ □ 8 □ □ □ □
9 □ □ □ □
Der Unternehmer Meier ist zu einer monatlichen Voranmeldung und Vorauszahlung der Umsatzsteuer verpflichtet. Im Moment bereitet er die Voranmeldung für den Monat Mai vor. An welchem Stichtag ist die Vorauszahlung für Mai spätestens zu zahlen? a)
15. Juli
b)
10. August
c)
31. Juli
d)
10. Juni
Der Einzelhändler Müller aus Aachen ist Kleinunternehmer nach § 19 UStG. Für seinen Einzelhandel bezieht er Waren aus den Niederlanden. Wie werden diese (Einfuhr-)Lieferungen umsatzsteuerlich in Deutschland behandelt? a) Weder der Lieferant noch Müller (da Kleinunternehmer) müssen Umsatzsteuer abführen. b) Müller muss die durch diese Lieferungen entstandene Umsatzsteuer abführen. c) Der Lieferant muss die entstandene Umsatzsteuer abführen. d) Beide müssen in ihrem Heimatland Umsatzsteuer abführen. Der Holzgroßhändler Wurm kauft von einem Forstbetrieb Eichenholz für 40.000 € netto. Anschließend verkauft er die komplette Lieferung an einen Möbelhersteller für 65.000 € netto weiter. Wie viel Vorsteuer kann Wurm aus diesem Vorgang geltend machen? a)
10.400 €
b) 4.000 € c)
7.600 €
d) 2.800 €
145
146 Lösungen Frage 1 Antwort c) ist richtig: Die Umsatzsteuer berechnet sich wie folgt: 25 Fernseher zu 350 € 10 % Rabatt 2 % Skonto x 19 % Umsatzsteuer
8.750 € 875 € 7.875 € 157,50 € 7.717,50 € 1.466,33 €
Frage 2 Antwort b) ist richtig: Herr Meier unterliegt als An- und Verkäufer der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG. Dadurch berechnet sich die Umsatzsteuer folgendermaßen: Verkaufspreis Kinderwagen Ankaufspreis Kinderwagen x 19 % Umsatzsteuer
159,99 € 120,00 € 39,99 € 7,60 €
Frage 3 Antwort d) ist richtig. a) ist falsch: Das Ursprungslandprinzip wird nur bei privaten Geschäften angewandt b) ist falsch: Baumann unterliegt keiner italienischen Umsatzsteuer, da er als deutscher Unternehmer nicht im Geltungsbereich des italienischen Rechts operiert. c) ist falsch: Chic unterliegt keiner deutschen Umsatzsteuer d) ist richtig: Es handelt sich hierbei um eine innergemeinschaftliche Lieferung und Leistung nach § 1 a Abs. 2 UStG. Damit zahlt Baumann die Umsatzsteuer in Deutschland (Bestimmungslandprinzip §°3d UStG). Italien verzichtet auf die Umsatzsteuer, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Frage 4 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: Der Zollwert ist nur bei der Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet von Bedeutung. b) und d) sind falsch: Da hier keine Bemessungsgrundlage ermittelt werden muss, kommen Netto- und Bruttoumsatz als Basis nicht in Frage c) ist richtig: Es braucht keine Bemessungsgrundlage ermittelt werden, da die Lieferungen ins Ausland von der deutschen Umsatzsteuer befreit sind (§°4 Abs.°1 Nr.°1 UStG). Umsatzsteuer wird in diesem Fall nur vom Empfänger der Lieferung im jeweiligen Land bezahlt.
Lösungen
Frage 5 Antwort a) ist richtig: Nach § 3 Abs. 1 UStG liegt eine Lieferung nach Übertragung der Verfügungsmacht vor. Die Übertragung des Eigentums spielt keine Rolle. b) ist falsch: Nach § 3 Abs. 1 UStG ist nur die Übertragung der Verfügungsmacht entscheidend. So gilt beispielsweise auch eine Lieferung als ausgeführt, wenn der Empfänger noch nicht Eigentümer ist aber bereits über die Lieferung verfügen kann (z. B. Lieferung mit Eigentumsvorbehalt). c) ist falsch: Der Rechnungseingang beim Empfänger ist nach § 3 Abs. 1 UStG keine Voraussetzung für das vorliegen einer Lieferung. d) ist falsch: Auch die Bezahlung der Rechnung ist keine Voraussetzung für das Vorliegen einer Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG. Frage 6 Antwort a) ist richtig: Der Buchhändler schuldet nach § 14c UStG die zu hoch ausgewiesene Steuer. Die Blumen GmbH kann jedoch nur die gesetzlich vorgeschriebene Steuer (7 % für Bücher, Anlage 2 Nr.° 49 UStG) als Vorsteuer geltend machen. Eine Berichtigung des Steuerbetrages ist mit gleichzeitiger Anpassung der Vorsteuer (§ 17 Abs. 1 UStG) möglich. b) ist falsch: Der Buchhändler schuldet zwar die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer, aber die Blumen GmbH kann nur die gesetzlich vorgeschriebene Umsatzsteuer von 7 % geltend machen. c) ist falsch: Der Buchhändler schuldet die in seiner Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer (also 19 %). Die Blumen GmbH kann wieder nur die gesetzlich vorgeschriebene Umsatzsteuer von 7 % als Vorsteuer geltend machen. d) ist falsch: In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug bei der Blumen GmbH korrekt (7 % USt für Zeitschriften). Der Buchhändler schuldet jedoch 19 % Umsatzsteuer, da er diesen Prozentsatz in seiner Rechnung ausgewiesen hat. Frage 7 Antwort d) ist richtig. a), b) und c) sind falsch: Die hier genannten Zeitpunkte entsprechen nicht der in § 18 Abs. 1 UStG genannten Frist. d) ist richtig: Nach § 18 Abs. 1 UStG ist die Vorauszahlung der Umsatzsteuer spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums zu zahlen.
147
148
Lösungen
Frage 8 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: Hier liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch den Kleinunternehmer Müller vor (§ 1a UStG). Also ist hier Müller umsatzsteuerpflichtig und der niederländische Einzelhändler stellt seine Lieferung umsatzsteuerfrei (Bestimmungslandprinzip). b) ist richtig: Die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer gilt nur für Lieferungen und Leistungen des § 1 Nr. 1 UStG. Da hier ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegt, schuldet Müller die entstandene Umsatzsteuer (vgl. R 246 Abs. 1 UStR). c) ist falsch: Für innergemeinschaftliche Lieferungen gilt das Bestimmungslandprinzip. Damit ist der niederländische Lieferant nicht umsatzsteuerpflichtig. d) ist falsch: Wieder gilt das Bestimmungslandprinzip. Damit wird hier eine Doppelbesteuerung in Deutschland und den Niederlanden vermieden. Frage 9 Die Antwort c) ist richtig: Die Vorsteuer errechnet sich aus dem Nettoeinkaufspreis (40.000), multipliziert mit dem Steuersatz (19 %).
149
6. Abgabenordnung 6.1 Grundlagen der Abgabenordnung Am 01.07.1977 trat die Abgabenordnung (AO) als Nachfolge der Reichsabgabenordnung in Kraft. Sie regelt das formelle Steuerrecht, also die Durchsetzung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhält nis und sonstiger Rechte der Finanzbehörden. Dem formellen Steu errecht steht das materielle Steuerrecht gegenüber. Im materiellen Steuerrecht werden dagegen die einzelnen Steuerarten und Steuer gesetze, sowie deren Anwendung geregelt. Die Abgabenordnung wird als Steuergrund bzw. Mantelgesetz bezeichnet, da sie die Grundsätze der Besteuerung für nahezu alle Steuerarten regelt. So gilt die AO laut § 1 Abs. 1 AO uneinge schränkt für Steuern, die von Bundes , oder Landesbehörden ver waltet werden. Eingeschränkt (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 7 AO) findet sie jedoch nur Wirkung für Realsteuern, die von den Gemeinden ver waltet werden (z. B. Grund und Gewerbesteuer). Die AO ist wei terhin gültig, sofern andere Vorschriften dies anordnen (z. B. Fest setzung der Investitionszulage gem. § 6 InvZulG). Wenn eine un mittelbare Besteuerung nicht vorliegt, die Finanzbehörde jedoch aufgrund ihrer Verwaltungskompetenzen für die Steuer zuständig ist (z. B. Erteilung von steuerlichen Unbedenklichkeitsbeschei nigungen), ist die AO ebenfalls anzuwenden. Die Verwaltungsanweisung zur AO ist der Anwendungserlass zur AO (AEAO). Er ist für die Finanzbehörde bindend, für Gerichte und Steuerpflichtige jedoch nicht. Dennoch ist er für den Steuer pflichtigen von Interesse, da er zahlreiche Beispiele enthält und eine Prognose über die Entscheidung der Finanzbehörde ermöglicht. Ziel der AO ist die Entlastung der Einzelsteuergesetze von allgemeinen Regelungen, die Systematisierung und Vereinheitlichung des deutschen Steu errechts in formeller Sicht, sowie der Vermeidung einer formellen Verselbstständigung der einzelnen Steuergesetze.
150
6. Abgabenordnung
Den wesentlichen Regelungsinhalt der AO stellt das Besteuerungsverfahren dar. Besteuerungsverfahren
Veranlagungsverfahren
Festsetzungs- und Bekanntgabeverfahren
Erhebungsverfahren
Im Veranlagungsverfahren wird die tatsächliche Besteuerungs grundlage ermittelt. Aufgrund dieser wird die Steuer festgesetzt und dem Steuerpflichtigen im Festsetzungs und Bekanntgabeverfahren, mittels des Steuerbescheides, mitgeteilt. Die festgesetzte Steuer ist ein Anspruch des Fiskus, der im Erhebungsverfahren durchgesetzt wird. Im Zuge eines Besteuerungsverfahrens muss der Steuerpflichtige viele persönliche Informationen offenbaren. Deshalb ist in § 30 AO ausdrücklich bestimmt, dass die Amtsträger das Steuergeheimnis zu wahren haben. Allerdings wird dieses Steuergeheimnis vielfältig gebrochen, da Finanzämter insbesondere anderen Behörden gegen über Mitteilungspflichten haben (§§ 31 bis 31b AO). So ist es u. a. generell zulässig, dass das Finanzamt Informationen über Einkünfte eines Bürgers an eine Arbeitsagentur, von der dieser Arbeitslosen geld erhalten hat, gibt.
6.2 Veranlagungsverfahren Die nachfolgende Graphik gibt einen Überblick über das gesamte steuerliche Veranlagungsverfahren:
6.2 Veranlagungsverfahren
151
Veranlagungsverfahren Abgabe der Steuererklärung
Ermittlung der Besteuerungsgrundlage Mithilfe von Beweismitteln Möglichkeit der Verweigerungsrechte
Zur Sicherstellung der Besteuerung erhält jeder Steuerpflichtige eine eindeutige, elfstellige Steueridentifikationsnummer, die über sein Leben unveränderlich ist und bis zu 20 Jahre nach seinem Tod beim Bundeszentralamt für Steuern (http://www.bzst.de) gespei chert werden kann (§§ 139a bis 139d AO). Diese Identifikations nummer enthält die folgenden Angaben Identifikationsnummer (bei natürlichen Personen) Wirtschafts Identifikationsnummern (bei OHG, GmbH usw.) Familienname frühere Namen Vornamen Doktortitel Ordensnamen/Künstlernamen Tag und Ort der Geburt Geschlecht gegenwärtige oder letzte bekannte Anschrift zuständige Finanzbehörden Sterbetag. Es ist vorgesehen, dass nur die Finanzämter Daten beim BZSt abru fen dürfen, während andere Behörden nur in Ausnahmesituationen darauf zugreifen können. Die missbräuchliche Verwendung dieser Identifikationsnummer ist nach § 383a AO als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bewehrt; dies gilt allerdings nur für „nicht öf fentliche Stellen“, also beispielsweise nicht für Mitarbeiter der Finanzverwaltung.
152
6. Abgabenordnung
Den Beteiligten am Besteuerungsverfahren steht ein umfassendes Auskunftsrecht über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu. Einzelheiten zu diesem Recht und den durch die Finanzverwaltung vorgenommenen Einschränkungen finden sich im BMF Schreiben vom 17.12.2008, IV A 3 S 0030/08/10001, Dok. 2008/0725482.
6.2.1 Die Steuererklärung Die Steuererklärung muss von jedem, der als steuerpflichtig gilt, abgegeben werden. Die Steuerpflicht ergibt sich aus den speziellen Steuergesetzen (z. B. EStG, UStG) sowie aus § 33 Abs. 1 AO. Ebenfalls verpflichtet ist, wer von der Finanzbehörde zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert wird (§ 149 Abs. 1 S. 2 AO) oder in Vertretung eines Steuerpflichtigen handelt (§ 34 AO). Beispiel: Tinko ist Student und benötigt seine gesamte Freizeit zum Lernen. Da es ihm nicht möglich ist neben dem Studium Geld zu verdienen, finanzieren ihm seine Eltern das Studium. Er erhält vom Finanzamt die Aufforderung, eine Steuer erklärung abzugeben. Obwohl er kein Einkommen bezieht, ist er nach § 149 Abs. 1 S. 2 AO verpflichtet, diese abzugeben.
Die Basis des Veranlagungsverfahrens wird durch die Steuererklä rung geschaffen. Der wichtigste Grundsatz ist, dass der Erklärende seine Angaben wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Ge wissen (§ 150 Abs. 2 S. 1 AO) zu machen hat. In der Steuererklä rung wird die gesamte Besteuerungsgrundlage des Steuerpflichtigen erfasst. Bei Steuerpflichtigen (§ 33 AO), die der Buchhaltungs pflicht nach § 140 ff AO unterliegen, bilden die Aufzeichnungen aus der Buchhaltung (§ 158 AO) die Grundlage für die Besteue rung. Die Steuererklärung muss der vorgegebenen Form (amtlich vorge schriebene Vordrucke, § 150 Abs. 1 AO) genügen und innerhalb einer bestimmten Frist abgegeben werden. Im Allgemeinen hat die Abgabe spätestens fünf Monate nach Ende des Kalenderjahres, also am 31.05. eines jeden folgenden Jahres, zu erfolgen (§ 149 Abs. 2 S. 1 AO). Fristverlängerung bis zum 30.9. wird generell gewährt; weitergehende Anträge auf Fristverlängerung müssen ausreichend begründet werden. Für Steuerpflichtige die ihren Gewinn aus Land
6.2 Veranlagungsverfahren
153
und Forstwirtschaft nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln gilt eine andere Frist (§ 149 Abs. 2 S. 2 AO). Eine steuerliche Beratung vor Abgabe der Steuererklärung durch das Finanzamt kann nur in den engen Grenzen des § 89 AO erfol gen und war nicht laufend zu beobachtende Praxis der Finanzver waltung. Eine verbindliche Auskunft über die steuerliche Beurtei lung von genau bestimmten Sachverhalten kann erteilt werden, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswir kungen ein besonderes Interesse besteht (§ 89 Abs. 2 AO), aller dings werden dafür gem. § 89 Abs. 3 5 AO Gebühren von der Finanzverwaltung erhoben. Gebühren für eine verbindliche Auskunft werden nach dem Gegens tandswert (Mindestgebühr 121 € für einen Gegenstandswert von 5.000 € gem. § 34 GKG) oder nach Zeitaufwand (Mindestgebühr 100 € bei 50 € pro angefangener halber Stunde) berechnet. Diese Gebühren entstehen auch dann, wenn der Antrag auf Auskunft zurückgenommen wird oder das Finanzamt die Auskunft verwei gert, da bereits Antragsbearbeitung gebührenpflichtig ist; allerdings kann hier eine Ermäßigung in Betracht kommen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass diese Gebühren (Kosten) als steuerliche ebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) aufgrund der §§ 12 Nr. 2 EStG und 10 Nr. 2 KStG nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskos ten abziehbar sind. Keine Gebühren für Auskünfte durch das Finanzamt fallen dagegen an bei verbindlichen Zusagen aufgrund einer Außenprüfung (§§ 204 207 AO), einer Anrufungsauskunft zu Lohnsteuerfragen (§ 42e EStG), allen Anfragen ohne Wunsch nach Verbindlichkeit.
Beim Steuerberater beträgt die Zeitgebühr pro angefangener halber Stunde höchstens 46 € (gleichzeitig Mindestgebühr). Allerdings kann ein Steuerberater keine Verbindlichkeit zusichern. Dafür sind diese Kosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.
154
6. Abgabenordnung
6.2.2 Ermittlung der Besteuerungsgrundlage Mit der Abgabe der Steuerklärung beginnt das Veranlagungsverfah ren in der Finanzbehörde. Zunächst ermittelt die Behörde die Be steuerungsgrundlage. Dies geschieht nach § 85 AO unter dem Ge sichtspunkt der Gleichmäßigkeit. Dieser Grundsatz basiert auf Art. 3 GG. Weiterhin muss die Tatbestandsmäßigkeit nach § 38 AO gegeben sein, um die tatsächliche Besteuerungsgrundlage zu finden. Im Veranlagungsverfahren hat die Finanzbehörde den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (Untersuchungsgrundsatz des § 88 AO) und den Beteiligten (Steuerpflichtige) Gelegenheit zur Stel lungnahme vor nachteiligen Entscheidungen zu geben (Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 91 AO). Um die Besteuerungsgrundla ge zu bestimmen, stützt sich die Finanzbehörde auf die Beweismittel nach § 92 AO. Sie werden herangezogen, wenn: Zweifel an der Richtigkeit des erklärten Sachverhaltes bestehen, Bedenken der Finanzbehörde aufkommen Lücken vorliegen. Beweismittel Buchführung, § 158 AO Die Aufzeichnungen der Buchhaltung (§ 158 AO) bilden das wichtigste Beweismittel. Dieses wird bei einer Überprüfung zu erst herangezogen. Auskunftserteilung und Mitteilungspflicht, §§ 93, 93a, 93b AO Nach § 93 Abs. 1 S. 1 2 AO liegt eine Pflicht zur Auskunftser teilung vor. Durch sie ist geregelt, dass alle Beteiligten die Pflicht haben, bei der Klärung von steuerlichen Sachverhalten mitzuwirken, sobald sie von der Finanzbehörde dazu aufgefor dert werden. Wird mit der Aussage, die wahrheitsgemäß sein muss (§ 93 Abs. 3 S. 1 AO), das verfolgte Ziel nicht erreicht, wendet sich die Finanzbehörde an Dritte (§ 93 Abs. 1 S. 3 AO). Auch sie sollten Auskünfte gegenüber der Finanzbehörde ertei len. Angehörige von Beteiligten können ihre Aussage durchaus verweigern (z. B. § 101 Abs. 1 AO), jedoch wird dies dem Steu erpflichtigen oftmals negativ angerechnet (BFH 15.02.1989 BStBl II 1989, S. 462).
6.2 Veranlagungsverfahren
155
Weiterhin besteht eine weitreichende Mitteilungspflicht von Behörden und anderen öffentlichen Stellen (93a AO). Zur Sicherung der Besteuerung wird somit auch das Wissen von Gerichten und anderen Organen der Rechtspflege mit einbezogen.
Eine weitere Möglichkeit der Finanzverwaltung zur Informati onserlangung ist das Recht zum Kontenabruf. Nach § 93 Abs. 7 AO dürfen Kontoinformationen (z. B. von Banken, bei denen ein Konto unterhalten wird, Kontonummern) automatisiert abgeru fen werden, ohne dass der Steuerpflichtige davon erfährt. Der Schutz des Bankkunden (§ 30a AO) besteht insoweit nicht mehr, allerdings sollen weitergehende Informationen (insbes. Kontostän de und bewegungen) erst dann angefordert werden, wenn der Steuerpflichtige hierzu keine befriedigenden Auskünfte er teilt. Über § 24c Kreditwesengesetz (KWG) sind auch andere Behör den (Sozialämter, Bafög Ämter etc.) in der Lage, Kontenabrufe durchzuführen. Eidliche Vernehmung, § 94 AO Sie dient der Sicherung der Wahrheit und wird nur in Ausnah mefällen durchgeführt. Nur Dritte werden zur Eidlichen Ver nehmung vorgeladen. Bei einer Falschaussage begehen sie Meineid, welcher strafrechtliche Folgen nach sich zieht. Versicherung des Eides Statt, § 95 AO Dieser Eid wird von am Steuerverfahren Beteiligten (§ 78 AO) abgelegt. Auch er wird erst gefordert, wenn andere Beweise nicht zum gewünschten Erfolg führen. Die Versicherung des Ei des Statt hat ebenfalls wahrheitsgemäß zu erfolgen. Sie dient der Aufklärung von Sachverhalten, und soll eine bereits getätigte Aussage nochmals bekräftigen. Sachverständige, § 96 AO Sachverständige sind hinzuzuziehen, wenn bei der Besteue rungsgrundlage besondere Sachverhalte eine Klärung benötigen. Die Finanzbehörde nutzt die spezielle Sachkunde dieses Perso nenkreises. Der Beteiligte kann den Sachverständigen ablehnen, wenn Gründe der Befangenheit vorliegen.
156
6. Abgabenordnung
Vorlage von Urkunden, § 97 AO Urkunden, insbesondere Bücher (§ 140 AO), Aufzeichnungen, Geschäftspapiere etc., dienen als klassisches Beweismittel. Sie werden entweder bei einer Außenprüfung eingesehen oder direkt bei der Finanzbehörde vorgelegt. Einnahme des Augenscheins, § 98 AO Hiermit ist das Begutachten vor Ort oder die Begutachtung von Sachgütern (Wertsachen) gemeint. Die Ergebnisse werden in ei ner Niederschrift bzw. Aktenvermerk festgehalten. Für das Be treten von Grundstücken und Räumen ist § 99 AO zu beachten. Für die Vorlage von Wertsachen bildet § 100 AO die Grundlage. Beispiel: Tinko studiert nun schon seit 25 Semestern. Der Finanzbehörde er scheint dies suspekt. Eltern finanzieren i. d. R. ein solch langes Studium nicht. Die von ihm abgegebene Steuererklärung, die keine eigenen Einkünfte angibt, lässt bei der Finanzbehörde Bedenken aufkommen. Sie greifen auf andere Beweismittel zurück. Sie verpflichtet Tinko (nach § 93 Abs. 1 S. 12) und sei ne Eltern (nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO) zur Auskunftserteilung.
Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte Die Vorlage von Beweismitteln und Auskunft anderer Art ist nicht in jedem Fall eine zwingende Vorschrift. Dritte können von dem Recht der Auskunftsverweigerung und Vorlageverweigerung Gebrauch machen. Für sie gelten im Steuerverfahrensrecht die § 101 106 AO. Der Steuerpflichtige hingegen hat stets Auskunft zu erteilen. Für ihn gelten diese Vorschriften nicht. Banken, § 30a AO Nach § 30a AO besteht ein Auskunftsverweigerungsrecht für Banken, um Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Kre ditinstituten und deren Kunden zu gewährleisten. Angehörige, § 101 AO Wenn Angehörige nach § 15 AO nicht selbst Beteiligte am Steu erverfahren sind, können sie die Auskunft verweigern. Des Wei teren können sie eine Aussage tätigen, eine Vereidigung jedoch ablehnen.
6.2 Veranlagungsverfahren
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Schutz bestimmter Berufsgeheimnisse, § 102 AO Die unter § 102 Abs. 1 Nr. 1 4 AO genannten Personen unter liegen diesem Auskunftsverweigerungsrecht, sobald die Aus kunft das Berufsgeheimnis verletzen würde. Gehilfen (§ 102 Abs. 2 AO), die den oben genannten Personengruppen bei der Berufsausübung behilflich sind, stehen ihnen gleich. Gefahr der Verfolgung, § 103 AO Wenn die Gefahr der eigenen Verfolgung aufgrund einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit vorliegt, können Dritte ebenfalls vom Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen. Die Ge fahr muss sich jedoch auf die Person selbst (Selbstbelastung) o der Angehörige beziehen. Verweigerung von Erstattung eines Gutachtens und Vorlage von Urkunden, § 104 AO Wenn Dritte die Auskunft verweigern dürfen, ist es ihnen auch möglich die Erstattung eines Gutachtens zu verweigern. Des Weiteren können sie auch die Vorlage von Urkunden und Wert sachen unterlassen. Werden jedoch Urkunden oder Wertsachen für den Steuerpflichtigen aufbewahrt, ist eine Vorlage dieser Pflicht (§ 104 Abs. 2 AO). Durchbrechung der Schweigepflicht, § 105 AO Die Auskunfts und Vorlageverweigerungspflicht von Behörden, oder sonstige öffentliche Stellen gilt nicht gegenüber den Fi nanzbehörden. Besteht allerdings eine gesetzliche Verpflichtung zur Schweigepflicht, so ist diese aufrecht zu erhalten. Beschränkung der Schweigepflicht, § 106 AO Wenn die oberste Bundes bzw. Landesbehörde erklärt, dass die Herausgabe der Auskunft gegen das Wohl des Bundes, oder Lan des verstoßen würde, darf die Auskunft nicht gefordert werden. Schätzung der Besteuerungsgrundlage, § 162 AO Ist es der Finanzbehörde nicht möglich, die Besteuerungsgrund lage zu ermitteln bzw. zu berechnen, so wird eine Schätzung der Besteuerungsgrundlage durchgeführt (§ 162 AO).
158
6. Abgabenordnung
6.2.3 Gesonderte Feststellung d. Besteuerungsgrundlage In den Fällen des § 180 Abs. 1 AO sowie in verschiedenen Fällen der Einzelsteuergesetze bedarf es einer gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlage. Die Finanzbehörde hat sich bei dieser an die Verfahrensvorschriften des § 181 AO zu halten. Ziel der gesonderten Feststellung ist es, einen Feststellungsbescheid (§ 179 AO) mit der Wirkung des § 182 AO zu erlassen. Beispiel: Einkünfte aus einer OHG, die den Gesellschaftern zuzurechnen sind, werden nach § 180 Abs. 1a AO gesondert festgestellt. Da jeder Gesellschafter der OHG einkommensteuerpflichtig ist, ist es notwendig eine einheitliche Ermitt lung dieser Einkünfte durchzuführen, um den Anteil eines jeden Gesellschafters am Gewinn nach einheitlichen Maßstäben zu ermitteln. Die Grundlage der Be steuerung für die Gesellschafter der OHG bildet die Steuerbilanz der OHG.
Zweck der gesonderten Besteuerung ist zum einen eine Verwal tungsvereinfachung, da die Feststellung nur einmal vorgenommen und nicht durch jedes Veranlagungsfinanzamt nochmals, und zum anderen eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Diese wird durch die einmalige Feststellung der Besteuerungsgrundlage gewährleis tet. Ergeben sich Lücken bzw. unterbleiben notwendige Feststellun gen zum Feststellungsbescheid, ist es nach § 179 Abs. 3 AO mög lich, einen Ergänzungsbescheid zu erlassen. Ist die Feststellungsfrist für einen Grundlagenbescheid abgelaufen, so kann eine bestehende Lücke nicht durch einen Ergänzungsbescheid gefüllt werden (BFH 18.03.1998 BStBl 1998, S. 426).
6.3 Festsetzungs- und Bekanntgabeverfahren Sobald die Besteuerungsgrundlage klar ist, setzt das Finanzamt die Steuer fest. Das Veranlagungsverfahren kommt damit zum Ende. Mit der Festsetzung (§ 155 AO) entsteht ein Anspruch der Finanz behörde gegenüber dem Steuerpflichtigen. Der Umfang des An spruchs wird dem Steuerpflichtigen im Steuerbescheid (§ 157 AO) bekannt gegeben. Mit der Bekanntgabe des Steuerbescheides (§§ 122 123 AO) entsteht ein wirksamer Verwaltungsakt gem. § 124 AO. Es besteht die Möglichkeit, gegen diesen Verwaltungsakt Einspruch zu erheben (siehe 6.7. Rechtsbehelfe). Dabei ist jedoch die Fristig
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6.4 Erhebungsverfahren
keit zu beachten. Wenn keine andere Frist angegeben ist, ist der Verwaltungsakt einen Monat nach Zustellung bestandskräftig und ein Einspruch ist nicht mehr möglich (§ 355 Abs.1 S. 1 AO). Eine unbefristete Einspruchsfrist nach § 355 Abs. 2, stellt die Ausnahme dar und ist im Fall des Untätigkeitseinspruchs (§ 347 Abs. 1 S. 2 AO) gegeben.
6.4 Erhebungsverfahren Das Erhebungsverfahren ist der dritte Teil des Besteuerungsverfah rens und widmet sich der konkreten Erhebung jener Steuern, für die die Fälligkeit (§ 220 AO) eingetreten ist. Die nachfolgende Graphik gibt einen Überblick über das gesamte steuerliche Erhe bungsverfahren: Erhebungsverfahren
Anspruch erlischt sofort
Anspruch bleibt vorerst bestehen
Zahlung
Erlassung
Aufschieben
Aufrechnung
Verjährung
Stunden
Vollstrecken ( 6.4.3)
6.4.1 Anspruch sofort begleichen (§ 47 AO) Begleichen ist hier nicht nur gleichzusetzen mit der einfachen Zah lung, vielmehr gilt es, den Anspruch erlöschen zu lassen. Dies erfolgt insbesondere durch: Zahlung, §§ 224, 224a, 225 AO Sehr oft wird der Anspruch durch die schlichte Zahlung (Hinga be von Zahlungsmitteln i. S. des § 224 AO) beglichen. Liegen mehrere Ansprüche vor, so kann der Steuerpflichtige die Reihen folge der Tilgung bestimmen (§ 225 Abs. 1 AO), andernfalls tritt die gesetzliche Tilgungsreihenfolge ein (§ 225 Abs. 2 AO). Als besondere Form der Zahlung wird die Hingabe von Kunstge genständen gesehen (§ 224 a AO).
160
6. Abgabenordnung
Aufrechnung, § 226 AO Eine weitere Möglichkeit besteht in der Aufrechnung. Hier wird eine Forderung mit einer Gegenforderung verrechnet. Als Be dingung für die Aufrechnung ist allerdings zu beachten, dass die Forderungen gleichartig (d. h. sie müssen sich auf eine Geldleis tung in derselben Währung beziehen) und gegenseitig (d. h. Schuldner der Forderung muss Gläubiger der Gegenforderung sein) sein müssen. Um eine Aufrechnung zu bewirken, müssen die zur Verrechnung herangezogenen Gegenansprüche unbestrit ten und rechtskräftig sein. Erlass, § 227 AO Die Voraussetzungen für einen Erlass von Steuerforderungen sind sehr streng. Die Finanzbehörde verzichtet nur in Ausnahme fällen auf den Anspruch. Zu beachten ist dabei, dass sowohl eine Erlassbedürftigkeit und als auch eine Erlasswürdigkeit vorliegen muss. Die Entscheidung über einen Steuererlass ist jedoch auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Ermessensentscheidung (§ 5 AO) der Finanzbehörde. So wird die Lohnsteuer kaum er lassen, da sie von Unternehmen nicht aus einem Gewinn zu be zahlen ist, sondern Teil der allgemeinen Personalkosten. Analog gilt dies für die Grunderwerbssteuer, denn auch hier wird vor ausgesetzt, dass die Beteiligten diese im Voraus berücksichtigen (BFH 10.05.1972 BStBl II 1972, S. 649). Die Umsatzsteuer wird fast nie erlassen, da diese dem Unternehmer regelmäßig vorher zugeflossen ist. Verjährung des Anspruchs, §§ 228 229 AO Die Zahlungsverjährung gibt an, wie lange ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bestehen bleibt. Der Beginn und die Frist sind in §§ 228 229 AO geregelt. Zu beachten ist, dass nicht nur der Steueranspruch der Finanzbehörde verjährt, sondern ein eventueller Steuererstattungsanspruch des Steuerpflichtigen mit Eintritt der Verjährung ebenfalls verloren geht. Eine Verjährung wird unterbunden durch die Hemmung (§ 230 AO) oder die Unterbrechung (§ 231 AO).
6.4 Erhebungsverfahren
161
Wenn aufgrund höherer Gewalt der Anspruch innerhalb der letzten 6 Monate der Verjährungsfrist nicht verfolgt werden konnte, gilt die Verjährung als gehemmt. Weiterhin wird die Verjährung durch die in § 231 Abs. 1 AO genannten Tatbestände unterbrochen. Zu beachten ist, dass die Unterbrechung mit Ablauf des Kalenderjahres endet und eine neue Verjährungsfrist einsetzt (§ 231 Abs. 3).
6.4.2 Anspruch vorerst bestehen lassen Zahlungsaufschub, § 223 AO Um Zahlungsaufschub gewährt zu bekommen, müssen die ein zelnen Steuergesetze dies bestimmen und Sicherheitsleistung haben vorzuliegen. Dieser Aufschub findet Anwendung für Ein fuhr und Ausfuhrabgaben sowie für Verbrauchsteuern. Stundung, § 222 AO Grundsätzlich ist die Stundung für alle Steuerarten außer den Abzugssteuern (z. B. Lohnsteuer, Versicherungssteuer) möglich. Ihre Durchführung ist eine Ermessensentscheidung der Finanz behörde. Die Stundung einer Forderung wird nur gewährt, wenn eine Stundungsbedürftigkeit (Vermeidung einer erheblichen Härte i. S. des § 222 S. 1 AO), eine Stundungswürdigkeit (wenn der Steuerpflichtige stets seinen Steuerzahlungen nachgekommen ist) und Sicherheitsleistungen (§ 222 S. 2 AO) vorliegen. Die Stundungssumme wird mit einem Stundungszins von 0,5 % je Monat verzinst.
6.4.3 Vollstreckung des Anspruchs Wird der bestehende Anspruch nicht beglichen, so hat die Finanz behörde die Möglichkeit, hoheitliche Maßnahmen (§ 249 AO) als Zwangsmittel einzusetzen, um den Anspruch zu befriedigen. Die Art der Vollstreckung ist abhängig von der Art des Anspruchs und wird in der folgenden Abbildung gezeigt.
162
6. Abgabenordnung
Vollstreckung wegen Geldforderungen
wegen anderer Leistungen als Geldforderungen
im beweglichen
im unbeweglichen
Vermögen
Vermögen
Im Gesamtvermögen
Liegt ein Anspruch wegen einer Geldforderung vor, gelten die Vorschriften der §§ 259 ff AO. Vollstreckt die Finanzbehörde hin gegen aufgrund einer anderen Leistung, als eine Geldforderung (z. B. Duldung, Unterlassung, Erzwingung von Sicherheiten), so sind die Vorschriften der §§ 328 ff AO anzuwenden. Die grundle genden Voraussetzungen der Vollstreckung regeln §§ 249 267 AO. Vollstreckung wegen Geldforderungen im beweglichen Vermögen Vollstreckung von beweglichen Sachen und Wertpapieren, §§ 281 308, 312 AO Es werden Wertpapiere und alle körperlichen Gegenstände, die nicht Grundstück sind gepfändet. Eine Einschränkung der Pfändbarkeit ist in § 295 AO geregelt. Vollstreckung von Forderungen und sonstigen Vermögensrechten, §§ 309-321 AO Besitzt der Vollstreckungsschuldner einen Anspruch gegenüber einem Dritten, so wird dieser direkt an die Finanzbehörde abge treten. Auch hier gibt es Einschränkungen. So gibt es Forderun gen die teilweise, oder sogar ganz unpfändbar sind. Geregelt wird dies in § 319 AO, der auf die ZPO verweist. Beispiel: Wie erwartet hat die Finanzbehörde Tinkos heimliche Einnahmequel le entdeckt. Ihm wurde ein Steuerbescheid zugestellt, der eine Zahlungsan weisung über 1000 € erhält. Tinko geht sehr gern auf Reisen und gibt daher sein verdientes Geld immer sofort aus. Um die Forderung der Finanzbehörde zu begleichen hat er leider kein Geld mehr. Er bittet daher um einen Erlass
6.4 Erhebungsverfahren
163
der Steuer nach § 227 AO. Die Finanzbehörde lehnt ab und beginnt mit der Vollstreckung. Vollstreckt werden die Wertpapiere, die Tinko zum 18. Ge burtstag von seiner Oma geschenkt bekommen hat.
Die Vollstreckung wegen Geldforderungen im unbeweglichen Vermögen (§§ 322 f AO i.V.m. §§ 864 ff ZPO) Zwangshypothek Dies ist eine Sicherheitshypothek die in das Grundbuch einge tragen wird. Die Finanzbehörde erhält durch sie ein dingliches Recht am Grundstück. Wenn es später zu einer Zwangsversteige rung, oder Zwangsverwaltung kommt, wird der Finanzbehörde ein Vorrang gewährt. Zwangsversteigerung Die Zwangsversteigerung bildet einen weiteren Schritt zur Zwangshypothek. Die gepfändeten Gegenstände werden verstei gert, um mit dem Erlös den bestehenden Anspruch zu befriedigen. Zwangsverwaltung Auch sie ist eine weiterführende Maßnahme der Zwangshypo thek. Die Verwaltung von (z. B. Gebäuden) wird von der Fi nanzbehörde durchgeführt und die Erträge die durch dieses Ge bäude entstehen (z. B. Mieteinnahmen), werden von der Behörde gepfändet. Vollstreckung im gesamten Vermögen Die Besonderheit dieser Vollstreckung liegt in der Befriedigung aller Gläubiger. Die Bedingung für ein solches Insolvenzverfah ren liegt vor, wenn die Insolvenzfähigkeit des Schuldners vor liegt, ein Eröffnungsantrag des Gläubigers, oder Schuldners ab gegeben wurde und Insolvenzgründe vorliegen (z. B. Zahlungs unfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung). Vollstreckung wegen anderer Leistungen als Geldforderungen Zu anderen vollstreckbaren Leistungen zählen nach §§ 328 ff AO Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen. Die Finanz behörde wendet Zwangsmittel nach § 328 AO (Zwangsgeld, Er satzvornahme) an, um eine bestimmte Handlung vom Steuer pflichtigen zu erzwingen.
164
6. Abgabenordnung
6.5 Außenprüfung Die Außenprüfung (§§ 193 207 AO) ist die Einsichtnahme von Büchern (§§ 140, 141 AO) und Belegen direkt beim Steuerpflichti gen. Sie dient der abschließenden Prüfung des Steuerfalls und ist ohne Angabe von Gründen bei gewerblichen Betrieben (§ 15 EStG), bei land und forstwirtschaftlichen Betrieben (§ 13 EStG) und frei beruflichen Steuerpflichtigen (§ 18 EStG) durchführbar. Die Finanz behörde hat die tatsächlichen steuerlichen Verhältnisse des Steuer pflichtigen zu ermitteln (194 AO) und sich dabei, an die Prüfgrund sätze des § 199 AO zu halten. Der Steuerpflichtige hat bei diesem Verfahren besondere Mitwirkungspflichten (§ 200 AO), die über die Mitwirkungspflichten der Beteiligen nach § 90 AO hinausgehen. Die Zulässigkeit der Außenprüfung richtet sich nach der Art des Steuerpflichtigen (§ 193 AO). Sie kann sich auf eine, oder mehrere Steuerarten erstrecken (§ 194 Abs. 1 Satz 1). Die Abgekürzte Au ßenprüfung hingegen erstreckt sich nach § 203 Abs. 1 S. 2 AO, nur auf wesentliche Besteuerungsgrundlagen.
6.6 Korrektur von Steuerverwaltungsakten Es gibt mehrere Möglichkeiten der Korrektur von Steuerverwal tungsakten, die je nach den vorliegenden Voraussetzungen ange wendet werden können. Zu den wichtigsten allgemeinen Korrekturvorschriften zählen: Offenbare Unrichtigkeiten, § 129 AO Liegen offenbare Unrichtigkeiten wie z. B. Schreibfehler, Re chenfehler, Fehler beim Ablesen der Steuertabelle (BFH 04.11.1992 BFH/NV 1993, S. 509) im erlassenen Verwaltungs akt vor, so kann die Finanzbehörde nach § 129 AO diese Fehler jederzeit berichtigen. Vorbehalt der achprüfung, § 164 AO Daneben gibt es einige spezielle Korrekturvorschriften. Die in der Praxis wichtigsten Fälle sind: Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden, § 172 Diese Vorschrift betrifft die Änderung eines endgültigen Steuer bescheides und ist nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig.
6.7 Rechtsbehelfe
165
Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen und Beweismittel, § 173 AO Änderung wegen widerstreitender Steuerfestsetzungen, § 174 AO Berichtigung von materiellen Fehlern, § 177 AO Vorläufige Steuerfestsetzung, § 165 AO Änderung bei Verlustrücktrag, § 10d EStG Ergänzend ist zu beachten: Aufhebung und Veränderung von Verwaltungsakten, § 132 AO Die Aufhebung sowie die Veränderung von Verwaltungsakten gelten auch während eines Einspruchverfahrens oder finanzge richtlichen Verfahrens.
6.7 Rechtsbehelfe 6.7.1 Das außergerichtliche Rechtsbehelfverfahren Jedem, der sich durch einen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt fühlt, steht der Rechtsweg offen, sich diese Rechte einzu fordern. Dazu muss man zunächst in einen außergerichtlichen Ver fahren die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes überprüfen lassen (§ 358 AO). Das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren im Steuerrecht ist ein besonderes Steuerverwaltungsverfahren, das Einspruchsverfahren. Um ein solches Verfahren zu führen, muss die Einspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des belas tenden Verwaltungsaktes (z. B. Steuerbescheid) gem. § 355 AO gewahrt und die Schriftform des § 357 AO beachtet werden. Zu den Beteiligten des Einspruchsverfahrens zählen der Einspruchsführer und die zum Verfahren hinzugezogene Person (§ 359 AO). Ziel des Verfahrens ist die Steuerschlichtung. Der Steuerpflichtige bekommt die Möglichkeit, die Finanzbehörde von seiner Auffassung zu die sem Sachverhalt zu überzeugen. Für die Finanzbehörde besteht jedoch kein Anlass zur Überprüfung des Rechtsbehelfs, wenn das vom Steuerpflichtigen angestrebte Ziel ohne Einspruch billiger bzw. einfacher zu erreichen wäre (BFH 10.11.1993 BStBl II 1994, S. 119).
166
6. Abgabenordnung
6.7.2 Das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren Kommt es zu keiner Einigung im außergerichtlichen Rechtsbehelfs verfahren, kann der Konflikt zwischen Finanzbehörde und Steuer pflichtigen in einem Finanzgerichtsverfahren vor dem Finanzge richt geklärt werden. Dieses Verfahren basiert auf der Finanzge richtsordnung (FGO).
6.8 Steuerstraf- und Bußgeldverfahren 6.8.1 Steuerordnungswidrigkeit § 377 AO Zu den Steuerordnungswidrigkeiten zählen alle Zuwiderhandlungen die nach den Steuergesetzen mit einer Geldbuße geahndet werden können. Dies sind minderschwere Handlungen wie die: leichtfertige Steuerverkürzung, § 378 AO Steuergefährdung, § 379 AO Gefährdung der Abzugssteuern, § 380 AO Verbrauchsteuergefährdung, § 381 AO Gefährdung der Ein und Ausfuhrabgaben, § 382 AO Unzulässiger Erwerb von Steuererstattungen & Vergütungsan sprüche, § 383 AO Zweckwidrige Verwendung der Steueridentifikationsnummer oder der Wirtschaftsidentifikationsnummer, § 383a AO. Liegen eine oder mehrere dieser Handlungen vor, obliegt es der Finanzbehörde, die geeigneten Maßnahmen zu treffen. Wenn die Steuergesetze nichts anderes bestimmen, richtet sie sich dabei nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. Das Einstellen des Verfahrens wegen einer Ordnungswidrigkeit ist nur möglich wenn: Tatnachweise nicht ausreichen, Geringfügigkeit vorliegt, oder die Zahlung einer Geldauflage vorgenommen wird. Die Steuerordnungswidrigkeiten der §§°378 380 AO verjähren nach fünf Jahren (§°304 AO).
6.8 Steuerstraf- und Bußge ldverfahren
167
6.8.2 Steuerstraftat § 369 AO Eine Straftat ist eine kriminelle Tat i. S. des Strafgesetzbuches. Zu den Steuerstraftaten zählen: Steuerhinterziehung, § 370 AO Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerhinterziehung, § 370a AO (siehe auch § 261 StGB) Bannbruch, § 372 AO Gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel, 373 AO Steuerhehlerei, § 374 AO (Steuer )Wertzeichenfälschung und deren Vorbereitung, § 369 Abs. 1 Nr. 3 AO Steuerstraftaten werden zu einem Verfahren am Gericht führen. Die Regelungen eines solchen Verfahrens finden sich im Strafgesetz buch (StGB) und in der Strafprozessordnung (StPO). Beispiel: Da Tinko sein Einkommen in der Steuererklärung nicht angegeben hat, ist zu entscheiden, ob es sich um eine Steuerstraftat, oder Steuerordnungswidrig keit handelt. Tinko kommt noch mal mit einem blauen Auge davon. Ihm kann nur eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) nachgewiesen werden. Er hat ein geringfügiges Bußgeld zu zahlen.
Die Aufdeckung und Verfolgung von Steuerstraftaten obliegt re gelmäßig der Finanzbehörde; eine Anzeigepflicht für Unbeteiligte besteht regelmäßig nicht. Allerdings haben Gerichte und die Behör den von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung, die nicht Finanzbehörden sind, Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) mitzuteilen (§ 116 Abs. 1 AO (siehe: http://www.bzst.de/003_menue_links/017a_Steuerstraftaten /index.html). Beispiel: Tinkos Schwester arbeitet gelegentlich als Prostituierte. Bei einer Razzia wird sie von der Kripo aufgegriffen. Da Prostituierte häufig keine Steuern zahlen und sie mit ihrer Tätigkeit nirgends gemeldet war, besteht die Möglichkeit einer Steuerhinterziehung. Die Kripo wird diesen Fall deshalb dem BZSt melden.
168
6. Abgabenordnung
6.8.3 Selbstanzeige Wer eine Steuerordnungswidrigkeit oder eine Steuerstraftat (nicht jedoch eine Steuerstraftat die den Verbrechenstatbestand erfüllt) begangen hat, kann durch eine Selbstanzeige bei der Finanzbehörde nach § 378 Abs. 3 AO bei einer Ordnungswidrigkeit oder § 371 bei einer Straftat Straffreiheit erlangen. Dazu ist es notwendig, dass diese Selbstan zeige erstattet wird, bevor die Finanzbehörde mit Ermittlungen begonnen haben, dem Täter die Einleitung eines Verfahrens bekannt gegeben wurde oder die Tat bereits entdeckt war.
169 Multiple-Choice-Test zur Abgabenordnung
1 □ □ □ □
Welches Steuerrecht regelt die AO? a) Materielles Steuerrecht b) Formelles Steuerrecht c) Weder formelles noch materielles Steuerrecht d) Beide (formelles und materielles) Steuerrechte
2 □ □ □ □
Aufgrund welchen Verfahrens wird der Steueranspruch festgelegt?
3 □
Wer ist nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet?
□ □ □ 4 □ □ □ □
a) Korrekturverfahren b) Festsetzungsverfahren c) Veranlagungsverfahren d) Erhebungsverfahren
a) Steuerpflichtige, bei denen die Besteuerungsgrund lage bereits von der Finanzbehörde geschätzt wurde. b) Personen, die weder ihren Wohnsitz noch ihren ge wöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. c) Personen, die von der Finanzbehörde dazu aufgefor dert wurden. d) Wer nach den Einzelsteuergesetzen dazu verpflichtet ist. Ist jeder zur Auskunft, um die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage zu finden, verpflichtet? a) Nein, nur der Steuerpflichtige selbst. b) Ja, wenn das Finanzamt dazu auffordert. c) Nein, nur der Steuerpflichtige und am Steuerverfahren Beteiligte. d) Nein, bestimmte Personengruppen nicht.
170
Multiple-C hoice-Test zur Abgabenordnung
5 □ □ □ □
Wie lang ist die Einspruchsfrist bei Steuerbescheiden?
6 □ □ □
Ein Steueranspruch erlischt nur durch Zahlung des Anspruchs.
□ 7 □ □ □ □
a) einen Monat bzw. unbefristet b) vier Wochen c) drei Monate d) unbefristet bzw. eine Woche
a) Nein, eine Zahlung stellt keine Löschung dar. b) In einigen Fällen (Spezialfälle). c) Natürlich. Nur mit Zahlung kann man Ansprüche begleichen. d) Nein, es gibt auch weitere Möglichkeiten. Erstreckt sich die Vollstreckung im beweglichen Vermögen und der Wertpapiere ohne Einschränkung bis maximal zur Höhe des Anspruchs? a) Ja, der gesamte Anspruch soll befriedigt werden und wird daher uneingeschränkt vollstreckt. b) Eine Einschränkung in den Sachen der Vollstreckung existiert nicht. Die Vollstreckungssumme kann zudem über die Höhe des Anspruchs hinausgehen, um entstan dene Kosten zu decken. c) Die Vollstreckungssumme kann um die bei der Vollstre ckung entstehenden Kosten erhöht werden. Eine Voll streckung ist jedoch mit Einschränkung durchzuführen. d) Eine Vollstreckung bis maximal zur Höhe des Anspruchs, unter Berücksichtigung von Einschränkungen ist mög lich.
Multiple-C hoice-Test zur Abgabenordnung
8 □ □ □ □ 9 □ □ □ □
Wird die Außenprüfung nur bei bestimmten Steuerpflichtigen vorgenommen? a) Nein, die Außenprüfung ist bei jedem Steuerpflichtigen vorzunehmen. b) Ja, sie wird nur bei gewerblich Tätigen, im land und forstwirtschaftlichen Bereich Tätigen, sowie Freiberuf lern durchgeführt. c) Ja, sie ist zwar für jeden Steuerpflichtigen zulässig, wird jedoch nicht zwingend bei jedem durchgeführt. d) Ja, nur bei Steuerpflichtigen, denen man eine Steuer hinterziehung vorwirft. Ein Anspruch ist gehemmt wenn ... a) man einen Einspruch einlegt. b) die Zahlung in der Verjährungsfrist nicht erfolgte. c) der Anspruch in den letzten 6 Monaten der Verjäh rungsfrist nicht verfolgt werden konnte. d) der Anspruch aufgrund höherer Gewalt in den letzten 6 Monaten der Verjährungsfrist nicht verfolgt werden konnte.
171
172 Lösungen Frage 1 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: weil im materiellen Steuerrecht die einzelnen Steuergesetze geregelt werden. b) ist richtig: da im formellen Steuerrecht die Durchsetzung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis und sonstige Rechte der Finanzbehörden geregelt werden. Da die AO die Grundsätze für nahezu alle Steuerarten regelt, ist daher dem formellen Steuerrecht zuzuordnen. c) ist falsch: da die AO nur das formelle Steuerrecht regelt (siehe b) d) ist falsch: Die AO regelt das formelle Steuerrecht (siehe b). Frage 2 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: weil das Korrekturverfahren dem Erhebungsverfahren unterzuordnen ist. Das Erhebungsverfahren regelt die Durchsetzung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis und legt die Besteuerungsgrundlage nicht fest. b) ist richtig: da im Festsetzungsverfahren der Steueranspruch festgesetzt wird. Im Veranlagungsverfahren wird die Besteuerungsgrundlage ermittelt. Die Steuererklärung wird vom Steuerpflichtigen abgegeben und bildet die Grundlage für die Grundlage der Besteuerung. c) ist falsch: da im Festsetzungsverfahren der Steueranspruch festgesetzt wird. d) ist falsch: denn das Erhebungsverfahren ist das Begleichen des Steueranspruchs. Frage 3 Antwort b) ist richtig. a) ist falsch: Trotz der Schätzung der Besteuerungsgrundlage ist man nach § 149 Abs. 1 S. 3 AO weiterhin verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. b) ist richtig: Hat man seinen Wohnsitz (§ 8 AO) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) nicht in Deutschland, unterliegt man auch nicht der deutschen Steuerpflicht. Eine Steuererklärung ist in diesem Fall auch nicht abzugeben. c) ist falsch: Nach § 149 Abs.1 S.2. AO ist man zur Abgabe verpflichtet, wenn man von der Finanzbehörde dazu aufgefordert wird. d) ist falsch: Die Einzelsteuergesetze enthalten bindende Normen. Sie regeln ebenfalls wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist.
Lösungen
Frage 4 Antwort d) ist richtig. a) ist falsch: Der Steuerpflichtige selbst (§ 33 AO) hat zwar eine Mitwirkungspflicht, aber auch andere Personen haben diese. b) ist falsch: Es gibt Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte, die für bestimmte Personengruppen (§§ 101-106 AO) anwendbar sind. Diese hat die Finanzbehörde ebenfalls zu beachten und kann nicht von jedem eine Auskunft bzw. Vorlage verlangen. c) ist falsch: Neben dem Steuerpflichtigen haben die Mitwirkenden (§ 90 AO) eine Pflicht zur Auskunft und Vorlage (§§ 93, 93a AO). Jedoch gibt es Personengruppen (§§ 101-106 AO) die eine Auskunft oder eine Vorlage verweigern können. d) ist richtig: Der Steuerpflichtige (§ 33 AO), Mitwirkende am Steuerverfahren (§ 90) und Dritte haben bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlage Auskunft zu erteilen (§§ 93, 93 a AO). Für Personengruppen des § 101-106 AO gelten Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte. Frage 5 Antwort a) ist richtig: Die Einspruchsfrist bei Steuerbescheiden beträgt im Regelfall einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (§ 355 AO). Liegt jedoch ein Fall des § 347 Abs. 1. S. 2 AO vor, ist ein unbefristeter Einspruch nach § 355 Abs. 2 zulässig. b) ist falsch: Eine Frist von vier Wochen gibt es nach den Steuergesetzen nicht. c) ist falsch: Eine Frist von drei Monaten gibt es nach den Steuergesetzen nicht. d) ist falsch: Eine Frist von einer Woche gibt es nach den Steuergesetzen nicht. Nach § 347 Abs. 1 S. 1 AO ist ein unbefristeter Einspruch jedoch möglich. Frage 6 Antwort d) ist richtig. a) ist falsch: Eine Zahlung stellt nach §§ 224, 224a, 225 AO sehr wohl ein Erlöschen eines Anspruchs dar. b) ist falsch: Es gibt keine Sonderfälle zum Erlöschen eines Steueranspruchs durch eine Zahlung. Eine Zahlung stellt nach §§ 224, 224a, 225 AO stets ein Erlöschen des Anspruchs dar. c) ist falsch: Mit der Zahlung erlischt der Anspruch zwar, allerdings ist die Zahlung nicht die einzige Möglichkeit einen Steueranspruch zu begleichen. d) ist richtig: Um einen Steueranspruch zum Erlöschen zu bringen, ist es nötig ihn zu begleichen. Dies ist nicht nur mit einer Zahlung möglich. Vielmehr ist es auch möglich, einen Erlass (§ 277 AO), eine Aufrechnung (§ 266 AO), einen Aufschub (§ 223 AO) u. a. durchzuführen.
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Lösungen
Frage 7 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: da zwar der Anspruch befriedigt werden soll, aber die Ausnahmen des § 295 AO sind zu beachten. b) ist falsch: Es können nach § 281 AO die durch die Vollstreckung anfallenden Kosten zur Vollstreckungssumme addiert werden, aber die Vollstreckungseinschränkungen des § 295 AO sind zu beachten. c) ist richtig: Vollstreckt werden kann alles, bis auf die Ausnahmen des § 295 AO. Des Weiteren ist es zulässig, dass die Vollstreckungssumme um die bei der Vollstreckung anfallenden Kosten erhöht wird (§ 281 AO). d) ist falsch: Es ist nach § 281 AO möglich über die Vollstreckungssumme hinaus zu vollstrecken. Die Einschränkungen des § 295 AO sind zu beachten. Frage 8 Antwort c) ist richtig. a) ist falsch: Die Außenprüfung wird nicht generell bei jedem durchgeführt, obwohl sie bei jedem zulässig ist. b) ist falsch: Sie wird zwar vorwiegend bei gewerblich Tätigen, im landund forstwirtschaftlichen Bereich Tätigen, sowie Freiberuflern durchgeführt (§ 193 AO), ist jedoch für alle Steuerpflichtigen zulässig. c) ist richtig: Sie ist für alle Steuerpflichtigen zulässig, wird aber nicht zwingend immer durchgeführt. d) ist falsch: Die Außenprüfung ist bei allen Steuerpflichtigen zulässig. Frage 9 Antwort d) ist richtig. a) ist falsch: Ein Einspruch bedeutet keine Hemmung des Steueranspruchs. Der § 230 AO ist nicht erfüllt. b) ist falsch: Eine Zahlung verjährt zwar nach einer Frist von 6 Monaten, es muss jedoch höhere Gewalt für das Nichtzahlen vorliegen, um einen Anspruch verjähren zu lassen (§ 230 AO). c) ist falsch: Die Frist ist zwar richtig, aber höhere Gewalt nach § 230 liegt nicht vor. d) ist richtig: Die Tatbestände nach § 230 sind erfüllt.
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Klausuraufgaben Aufgabe 1 (Umsatzsteuer) Zeit: 24 Min. Ein Versandhandelsunternehmen (Unternehmer i. S. des § 2 UStG) wirbt um neue Kunden. Dazu wird einem Werber eine Armbanduhr versprochen. Tatsächlich vermittelt Herr V. diesem Unternehmen Frau N. als neue Kun din. Das Unternehmen erwirbt daraufhin die Uhr für 60 € bei einem Uhren händler. Außerdem wird in einem nahen Postamt ein Postwertzeichen von 5 € erworben, dieses Postwertzeichen dient zum Freimachen des Päck chens an Herrn V. In beiden Fällen erhält das Unternehmen vollständige Rechnungen bzw. Quittungen. Alle Werte sind netto. Ggf. zuzüglich 10 % USt (Regelsteuersatz dieser Aufgabe). Aufgabenstellung: a) Wie ist der Einkauf der Uhr, des Postwertzeichens umsatzsteuerrechtlich zu beurteilen? b) Wie ist die Abgabe des Geschenks an Herrn V. umsatzsteuerrechtlich zu beurteilen? c) Geben Sie für a) und b) die vollständigen Buchungssätze des Versand handelsunternehmens an. d) Wie hoch ist der Aufwand des Versandhandelsunternehmens? Die Lösung zu dieser Aufgabe finden Sie ab Seite 183.
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Klausuraufgaben
Aufgabe 2 (Gewerbesteuer) Zeit: 40 Min.
Herr Huber betreibt als Einzelkaufmann einen Großhandel für zyprischen Wein und erzielt im Jahr 02 gemäß seiner vorläufigen Steuerbilanz einen Gewinn von 300.000 €. Es ist jetzt die GewerbesteuerRückstellung für das Jahr 02 zu bilden. Dafür liegen die folgenden Angaben vor: 1. Am 1.4.01 hat er einen Kredit in Höhe von 100.000 € aufgenommen, für welchen 6 % Zinsen zu zahlen sind. Am 1.12.02 tilgt er davon 60.000 €. 2. Herr Vino ist typischer stiller Gesellschafter im Unternehmen von Herrn Huber. Für Herrn Vino ist ein Gewinnanteil von 80.000 € ermittelt und bereits entsprechend gebucht worden. 3. Herr Huber hat eine WeinAbfüllanlage geleast. Die monatlichen Raten dafür betragen 7.000 €. Gewerbesteuervorauszahlungen wurden nicht geleistet. Der Hebesatz der Gemeinde beträgt 400. Aufgabenstellung: a) Berechnen Sie die Gewerbesteuer für 02. b) Wie hoch ist der Gewerbesteueraufwand in Handels und Steuerbilanz? Die Lösung zu dieser Aufgabe finden Sie ab Seite 184.
Klausuraufgaben
Aufgabe 3 (Umsatzsteuer) 24 Min.
Ein umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen U verkauft Haushaltsgeräte (Kühlschränke etc.) an seine privaten Kunden. Dazu sind hier die beiden folgenden Sachverhalte jeweils mit Nettowerten (ohne USt) relevant: 1. Jenen Kunden, die nicht über die notwendigen Geldmittel verfügen, bietet U eine Finanzierung über die Bank B an. Kauft beispielsweise ein Kunde K ein Gerät für 1.000 €, so gewährt B einen zinslosen Kredit an K in Höhe von 1.000 € aufgrund eines zwischen B und K vereinbarten Kredit und Tilgungsplanes. Dafür überweist B 900 € an U, dies ist der Kaufpreis minus einer Provision von 10 %. 2. Die sofort zahlungsbereiten Kunden erhalten von U einen Rabattgut schein im Wert von 5 % der Kaufsumme, bei einem Kaufpreis von 1.000 € also im Wert von 50 €. Dieser Gutschein kann bei zukünftigen Käufen des Kunden bei U eingelöst werden. Eine vorherige Einlösung ist ausgeschlossen. Aufgabenstellung: Ermitteln Sie (getrennt für die Sachverhalte 1 und 2) die umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlagen. Die Lösung zu dieser Aufgabe finden Sie ab Seite 185.
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Klausuraufgaben
Aufgabe 4 (Körperschaftsteuer) Zeit: 36 Min. Herr A (Anteilseigner) ist mit 30 % an der MGmbH (Muttergesellschaft) beteiligt. Die MGmbH wiederum hält 100 % an der TGmbH (Tochterge sellschaft), ein Gewinnabführungsvertrag besteht nicht. Im Jahr 01 erzielt die TGmbH einen NachSteuerGewinn von 510.000 €. Sie schüttet den gesamten ausschüttungsfähigen Gewinn in 02 aus. Die MGmbH zeigt in 02 einen Handelsbilanzgewinn (handelsrechtli cher Jahresüberschuss) von 850.000 €, dieser resultiert sowohl aus der Beteiligung an der TGmbH als auch aus eigener Geschäftstätig keit. Der daraus resultierende ausschüttungsfähige Gewinn wird in 03 an die Anteilseigner ausgezahlt. Herr A erhält seinen Anteil nach dem Gewinnverwendungsbeschluss in 03. Er hat einen persönlichen Steuersatz von 35 %. Es sind (aus Vereinfachungsgründen) nicht zu berücksichtigen die Gewer besteuer, der Solidaritätszuschlag, die Kapitalertragsteuer und der 5 prozentige Betriebsausgabenabzug nach § 8b KStG. Aufgabenstellung: a) Wie hoch ist der VorSteuerGewinn der TGmbH? b) Wie hoch ist der Steueraufwand bei der TGmbH? c) Wie hoch ist der steuerpflichtige Gewinn der MGmbH? d) Wie hoch ist der KStAufwand bei der MGmbH? e) Wie hoch ist die Ausschüttung der MGmbH bei Vollausschüttung? f) Wie hoch ist die auf die Ausschüttung bei A anfallende Einkommens teuer? g) Wie hoch sind die absolute und die prozentuale Steuerlast der bei A zufließenden Ausschüttung? Die Lösung zu dieser Aufgabe finden Sie ab Seite 186.
Klausuraufgaben
Aufgabe 5 (Einkommensteuer) Zeit: 40 Min. Herr Geiz hat wieder privat eine schöne Summe gespart und legt diese in einer festverzinslichen Industrieanleihe (Rentenpapier) an. Er kauft am 1.10.01 für nominal 200.000 € die Anleihe der XAG, welche einen 6 % Zinscoupon per 1.9. hat. Am Kauftag wird diese Anleihe mit 110 % an der Börse gehandelt; insgesamt zahlt Herr Geiz für diesen Kauf 221.000 € an seine Bank. Da der Kurs dieser Anleihe im kommenden Jahr fällt, entschließt sich Herr Geiz zunächst die Hälfte der Anleihen am 1.7.02 bei einem Kurs von 107 % zu verkaufen. Er erhält dafür von seiner Bank 112.000 € gutgeschrieben. Am 1.11.02 verkauft Herr Geiz dann die andere Hälfte zu einem Kurs von 101 %. Dies bringt im eine Bankgutschrift von 102.600 €. Herr Geiz hat in beiden Jahren ohne Berücksichtigung des o. g. Sachver halts jeweils Einkünfte aus Kapitalvermögen von 80.000 €. Spesen etc. sind aus Vereinfachungsgründen nicht zu berücksichtigen. Ebenso sind steuerliche Freibeträge, Zinsabschläge etc. nicht zu berück sichtigen. Weiterhin sind keine Zinseszinseffekte aus Laufzeiten (bei den Fragen h und i) zu berücksichtigen (statische Betrachtung).
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Klausuraufgaben
Aufgabenstellung: a) Wie sind diese Vorgänge einkommensteuerlich einzuordnen? b) Welche einkommensteuerlichen Auswirkungen hat der Kauf in 01? c) Wie hoch ist das zu versteuernde Einkommen in 01? d) Welche einkommensteuerlichen Auswirkungen hat der Verkauf am 1.7.02? e) Was passiert steuerlich am 1.9.02? f) Welche einkommensteuerlichen Auswirkungen hat der Verkauf am 1.11.02? g) Wie hoch ist das zu versteuernde Einkommen in 02? h) Welchen betriebswirtschaftlichen Gewinn vor Steuern zieht Herr Geiz aus seiner Anlage? i) Wie hoch ist der betriebswirtschaftliche Gewinn nach Steuern aus dieser Anlage bei einem durchschnittlichen Steuersatz von 40 %?
Die Lösung zu dieser Aufgabe finden Sie ab Seite 187.
Klausuraufgaben
Aufgabe 6 (Umsatzsteuer) Zeit: 30 Min. Das Beratungsunternehmen Hilflos GmbH (HG) erbringt zu 70 % Leistun gen der Wirtschaftsberatung und zu 30 % Leistungen der Kreditvermitt lung, es handelt sich ausschließlich um Dienstleistungen gegen Entgelt. Am 2.1.01 erwirbt die HG ein Computernetzwerk für 90.000 € zuzüglich 10 % MWSt (Regelsteuersatz in dieser Aufgabe), welches für die beiden genannten Leistungen im gleichen Verhältnis genutzt wird. Anfang 03 verändert die HG ihr Leistungsspektrum und erbringt nunmehr zu 40 % Leistungen der Wirtschaftsberatung und entsprechend zu 60 % Leistungen der Kreditvermittlung. Anfang 04 verändert die HG ihr Leistungsspektrum erneut und erbringt nunmehr zu 80 % Leistungen der Wirtschaftsberatung und entsprechend zu 20 % Leistungen der Kreditvermittlung. Die generellen Voraussetzungen für einen Abzug der Vorsteuer (Rechnung etc.) sind gegeben. Aufgabenstellung: a) Wie ist der Erwerb des Computernetzwerkes in 01 umsatzsteuerlich zu beurteilen und zu buchen? b) Welche Auswirkungen hat die Veränderung des Leistungsspektrums in 03? c) Welche Auswirkungen hat die Veränderung des Leistungsspektrums in 04? Die Lösung zu dieser Aufgabe finden Sie ab Seite 190.
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Klausuraufgaben
Aufgabe 7 (Einkommensteuer) Zeit: 30 Min. Herr S. hat häufiger beruflich als Arbeitnehmer in Chicago zu tun. Da er jeweils auch einige Tage in Illinois oder Wisconsin privat verbringt, be schließt er, sich für seine Privatausgaben USDollar auf Vorrat zu kaufen, da er ein Sinken des Euro befürchtet. Am 20 2. kauft er deshalb 100.000 US$ zum Kurs von 1,25 €/1 US$. Im Laufe des Jahres nehmen jedoch seine Reisen in die USA ab, Herr S. kauft deshalb am 23.10. desselben Jahres für 60.000 $ Aktien der Disney Corporation, die restlichen 40.000 $ verkauft er zeitgleich zu dem amtlich festgestellten Kurs von 1,20 €/ 1 US$. Hinweis: Aus Vereinfachungsgründen wird für Käufe und Verkäufe nur mit einem DevisenMittelkurs gerechnet. Aufgabenstellung: a) Wie wirkt sich der Kauf der Aktien einkommensteuerrechtlich aus? b) Wie wirkt sich der Verkauf der restlichen USDollar einkommensteuer rechtlich aus? c) Wie hoch ist die gesamte Bemessungsgrundlage aus den hier beschrie benen Geschäften? Die Lösung zu dieser Aufgabe finden Sie ab Seite 192.
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Lösungen zu den Aufgaben 1-7 28 Punkte Aufgabe 1 a) 6 Punkte Der Einkauf der Uhr ist mit Vorsteuer belastet, da dies für den Verkäufer ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist. Der Verkauf von Postwertzeichen ist zwar ein umsatzsteuerbarer Vorgang, der aber gem. § 4 Nr. 11b UStG umsatzsteuerbefreit ist. b) 10 Punkte Die Sachprämie des Versandhändlers ist ein Entgelt für die Vermittlungsleistung des Herrn V. Da kein Geld für den Leistungsausgleich fließt, handelt es sich um einen Tausch i. S. des § 3 Abs. 12 UStG. Die Sachprämie wird nicht unentgeltlich abgegeben, da eine Gegenleistung (Vermittlung) gewährt wird. Es handelt sich deshalb nicht um einen Fall einer unentgeltlichen Wertabgabe i. S. des § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG, sondern um einen Fall einer entgeltlichen Lieferung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (vgl. BMF vom 10.07.2000 S 7109 (BStBl 2000 I 1185). Die Beförderungsleistung (Postwertzeichen) stellt eine unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung dar und ist deshalb zusammen mit dieser steuerpflichtig (vgl. EuGH vom 3.7.2001 C-380/99, Bertelsmann Fall, BFH/NV 11/2001, S. 192). Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 2 UStG. c) 8 Punkte Vorräte VSt
60,00 6,00 an Kasse
Postwertzeichen (Bestand)
66,00 5,00
an Kasse
5,00
Werbeaufwand an Erträgen aus Vermittlung USt
71,50
Werbeeinsatz
65,00 an Postwertzeichen Vorräte
65,00 6,50
5,00 60,00
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Lösungen zu den Aufgaben 1-7
d) 4 Punkte Das Versandhandelsunternehmen hat den folgenden Aufwand: Uhr Postwertzeichen Umsatzsteuer Gesamtaufwand
60,00 5,00 6,50 71,50
40 Punkte Aufgabe 2 a) Gewerbesteuerbetrag (30 Punkte) Da die gesamte Leistung eines Unternehmens von der Gewerbesteuer erfasst werden soll, sind insbesondere die Leistungen für Fremdkapital (Zinsen etc.) dem Gewinn (dem Eigenkapital zuzurechnende Leistung) hinzuzurechnen (§ 8 Nr. 1 GewStG). 1. Es sind in 02 als Zinsen zu berücksichtigen (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG): 2.400 € 3.300 € 5.700 €
40.000 x 6 / 100 (Zinsanteil für 12 Monate) 60.000 x 6 / 100 / 12 x 11 (Zinsanteil für 11 Monate)
2. Die Gewinnanteile stiller Gesellschafter sind für Zwecke der Gewerbesteuer wieder dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG). Es handelt sich um einen Betrag von 80.000 €. 3. Bei dieser Abfüllanlage handelt es sich um ein bewegliches Wirtschaftsgut. Der in den dafür gezahlten Leasingraten enthalte Zinsanteil ist hinzuzurechnen; typisierend wird der Zinsanteil mit 20 % der Leasingrate angesetzt (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG). Es ergibt sich der folgende Betrag 84.000 € 16.800 €
Jährliche Leasingrate hinzuzurechnender Zinsanteil (20 %)
Die folgenden Beträge unterliegen damit dem Hinzurechnungsgebot: 5.700 80.000 16.800 102.500 zu berücksichtigender Betrag 100.000 abzgl. Freibetrag max. 100.000°€ (§°8 Nr. 1 letzter Halbsatz GewStG)) 2.500 davon 25% (§°8 Nr. 1 erster Halbsatz) 625 Hinzurechnungsbetrag gem. § 8 GewStG
Lösungen zu den Aufgaben 1-7
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Der Gewerbesteueraufwand ist damit wie folgt zu ermitteln: 300.000 625 300.600 24.500 276.100 9.664 38.654
Gewinn Hinzurechnungsbetrag Gewerbeertrag (abgerundet auf 100°€, §°11 Abs.°1 Nr. 1 GewstG Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG) berücksichtigungsfähiger Gewerbeertrag Gewerbesteuer-Messbetrag (276.100 x 0,035) Gewerbesteuer (9.663,5 x 400/100)
Die Gewerbesteuerrückstellung ist in Höhe von 38.654 € zu bilden, da keine GewSt-Vorauszahlungen geleistet wurden. b) Gewerbesteueraufwand (10 Punkte) In der Handelsbilanz ist die Gewerbesteuer mit 38.654 € als Steueraufwand zu berücksichtigen. Da die Gewerbesteuer jedoch einkommensteuerlich nicht als Betriebsausgabe erfasst werden darf (§ 4 Abs. 5b EStG), ist die Gewerbesteuer in der Steuerbilanz nicht zu erfassen (bzw. falls sie erfasst wurde, ist sie z. B. mittels einer Mehr-Weniger-Rechnung nach § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV zu korrigieren). 24 Punkte Aufgabe 3 Vorbemerkung: U ist gem. Aufgabenstellung Unternehmer i. S. des § 2 UStG. U erbringt Umsätze gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Lösung zu Sachverhalt 1 (12 Punkte) Die Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 1 UStG bei U ist der volle Kaufpreis von 1.000 € (netto exkl. USt), da der Kunde den vollen Betrag aufwenden muss (R 149 Abs. 4 S. 3 UStR 2008). Eine (spätere) Minderung der Bemessungsgrundlage um die 100 € Provision ist ebenfalls nicht möglich (R 149 Abs. 6 UStR 2008), da es sich hierbei um Kosten (Betriebsausgaben) des Verkäufers U handelt (vgl. ergänzend: EuGH vom 15.5.2001, Rs. C-34/99, Primback Ltd. UR 2001 S. 308). Die Bank B erbringt ein umatzsteuerbefreites Kreditgeschäft (§ 4 Nr. 8 UStG). Lösung zu Sachverhalt 2 (12 Punkte) Die Bemessungsgrundlage bei U ist gem. § 10 Abs. 1 UStG der volle Kaufpreis von 1.000 € für eine Leistung bestehend aus einer konkreten Ware (Kühlschrank) und einem Rabattgutschein. Der volle Kaufpreis ist geschuldet und wird auch bezahlt. Die Einlösung des Rabatts hängt von
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Lösungen zu den Aufgaben 1-7
einem zukünftigen Ereignis (späterer Einkauf) ab (vgl. ergänzend: EuGH vom 29.5.2001, Rs. C-86/99, Freemann plc. UR 2001 S. 349). Erst bei späterer Einlösung des Gutscheins vermindert sich die Bemessungsgrundlage um den Wert des eingelösten Gutscheins. 45 Punkte Aufgabe 4 Vorbemerkung: Da aufgabegemäß kein Gewinnabführungsvertrag existiert, ist keine Organschaft gegeben (§ 14 KStG). a) 7 Punkte Der Nachsteuergewinn von 510.000 € ist gleich 85 % (bei einem Steuersatz von 15 % gem. § 23 Abs. 1 KStG) des Vorsteuergewinns; der Vorsteuergewinn beträgt somit: 600.000 € (510.000/0,85). Die T-GmbH kann ihren gesamten Nachsteuergewinn von 510.000 € ausschütten. b) 2 Punkte Damit ergibt sich ein KSt-Aufwand von 90.000 € (600.000 510.000) bei der T-GmbH. c) 9 Punkte Der Handelsbilanzgewinn der M-GmbH errechnet sich (in diesem Fall) allgemein: Gewinn aus eigenen Aktivitäten (steuerpflichtig) KSt-Aufwand (Rückstellungsbildung) + Gewinn aus Beteiligung an T-GmbH (steuerbefreit, § 8b Abs. 1 KStG) Handelsbilanzgewinn Damit ergibt sich die folgende (Rück-)Rechnung: 850.000 Handelsbilanzgewinn (Nachsteuer-Gewinn) 510.000 steuerfreier Beteiligungsertrag (von T-GmbH) 340.000 eigener Nachsteuer-Gewinn (85 %) + 60.000 KSt-Rückstellung ((340.000 / 0,85) x 0,15) 400.000 steuerpflichtiger Gewinn (eigener Aktivität) Probe: 400.000 60.000 + 510.000 850.000
eigenes Vor-Steuer-Ergebnis KSt (0,15 von 400.000) steuerfreier Beteiligungsertrag Handelsbilanzgewinn
Lösungen zu den Aufgaben 1-7
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d) 2 Punkte Der KSt-Aufwand beträgt 60.000 € (0,15 x 400.000). e) 2 Punkte Die Ausschüttung ist identisch mit dem Handelsbilanzgewinn (850.000 €). f) 7 Punkte A erhält aufgrund seiner 30%-igen Beteiligung eine (tatsächliche) anteilige Ausschüttung von 255.000 € (0,3 x 850.000). Davon wird eine Abgeltungsteuer von 63.750 (255.000 x 25/100) einbehalten. Da der persönliche Spitzensteuersatz über 25 % liegt, wird keine Veranlagung dieser Ausschüttung beantragt. Die absolute Einkommensteuerlast liegt deshalb bei 44.625 € (112.500 x 0,35). g) 7 Punkte Die (rechnerische) Brutto-Ausschüttung vor KSt an A entspricht 300.000 € (255.000 / 0,85)1. Die Gesamtbelastung errechnet sich: KSt-Last auf Ausschüttung 45.000 (300.000 x 0,15) ESt-Last auf Ausschüttung 63.750 Gesamte Steuerlast 108.750 Rechnerische Steuerlast: 36,25 %
108.750 300.000
x 100
40 Punkte Aufgabe 5 a) 3 Punkte Herr Geiz hat die Anlage privat getätigt; hinsichtlich der Anleihen hat er deshalb Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 EStG). b) 7 Punkte
1
Entspricht 180.000 € (30 % von 600.000 bei T-GmbH) plus 120.000 € (30 % von 400.000 bei M-GmbH).
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Lösungen zu den Aufgaben 1-7
Herr Geiz zahlt am 1.10.01 den folgenden Betrag: 220.000 € + 1.000 € 221.000 €
(200.000 x 1,1) Stückzinsen (200.000 x 0,06 / 12 x 1) Zahlbetrag
Die Stückzinsen sind negative Einnahmen aus Kapitalvermögen. c) 3 Punkte In der Einkommensteuererklärung 01 sind Erträge aus Kapitalvermögen von 1.000 € (den gezahlten Stückzinsen) zu deklarieren: 80.000 € 1.000 € 79.000 €
div. Einkünfte aus Kapitalvermögen gezahlte Stückzinsen zu versteuern
Es gilt (bei den Überschuss-Einkunftsarten i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 4 7) das Flussprinzip (§§ 8 Abs. 1 i.V.m. 11 Abs. 1 EStG), weshalb keine zeitliche Abgrenzung der Zinsen vorgenommen wird. d) 7 Punkte Am 1.07.02 erhält Herr Geiz 107.000 € + 5.000 € 112.000 €
(0,5 x 200.000) x 1,07 (0,5 x 200.000) x 0,06 / 12 x 10
In der Einkommensteuererklärung sind Erträge aus Kapitalvermögen von + 4.500 € (den erhaltenen Stückzinsen) zu deklarieren. Außerdem hat Herr Geiz innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr einen Kursverlust von 3.000 € (110.000 107.000) erlitten. Der Ertrag bzw. Verlust aus diesem Veräußerungsgeschäft ist als „sonstige Einkünfte“ steuerpflichtig (§ 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG). e) 3 Punkte Am 1.9.02 erhält Herr Geiz die jährliche Zinszahlung durch den Anleihenschuldner in Höhe von 6.000 € (100.000 x 0,06). Es handelt sich dabei ebenfalls um Zinsen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG. f) 3 Punkte Am 1.11.02 erhält Herr Geiz
Lösungen zu den Aufgaben 1-7
102.000 € + 1.000 € 103.000 €
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(0,5 x 200.000) x 1,02 (0,5 x 200.000) x 0,06 / 12 x 2
Die Stückzinsen (1.000 €) sind wieder Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der neue Verlust liegt außerhalb der einjährigen „Spekulationsfrist“ (§ 23 Abs. 1 Nr. 2EStG) und ist deshalb steuerlich irrelevant. g) 4 Punkte Für 02 sind in der Einkommensteuererklärung die folgenden Einkünfte aus Kapitalvermögen anzugeben: 80.000 € + 5.000 € 3.000 € + 6.000 € vom 1.9. + 1.000 € 89.000,00 € h) 5 Punkte 221.000 € + 5.000 € + 6.000 € + 1.000 € + 107.0000 € + 101.000 € 1.000 €
div. Einkünfte Stückzinsen vom 1.7. Kursverlust vom 1.7. Zinsen 1.10. (100.000 x 0,06) Stückzinsen vom 1.11. Summe der zu versteuernden Einkünfte
Investition Zinsen 1.7. Zinsen 1.10. Zinsen 1.11. Verkaufserlös 1.7. Verkaufserlös 1.11. Investitionsverlust vor Steuern
i) 5 Punkte 1.000 € + 400 € 4.880 € + 1.200 € 4.280 €
Verlust vor Steuern Steuerersparnis auf Stückzinsen am 1.10.01 (1.000 x 0,4) Steuern auf Zinsen in 02 (12.000 x 0,4) Steuerersparnis auf Kursverlust (3.000 x 0,4) Gesamtverlust nach Steuern
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Lösungen zu den Aufgaben 1-7
30 Punkte Aufgabe 6 a) 12 Punkte Die HG ist Unternehmer i. S. des § 2 UStG und erbringt umsatzsteuerbare Leistungen gem. § 1 Abs. 1 UStG. Diese Leistungen sind hinsichtlich des Anteils der auf die Kreditvermittlung entfällt gem. § 4 Nr. 8 a) UStG steuerbefreit. Der auf die Wirtschaftsberatung entfallende Anteil ist mangels einer Befreiungsvorschrift steuerpflichtig. Die Vorsteuern für Aufwendungen für steuerbefreite Umsätze dürfen nicht abgezogen werden (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Da die Vorsteuer für das Computernetzwerk sowohl umsatzsteuerbefreite als auch umsatzsteuerpflichtige Umsätze betrifft, muss eine entsprechende Aufteilung vorgenommen werden (§ 15 Abs. 4 UStG). Die auf das Computernetzwerk entfallende Vorsteuer von 9.000 € (90.000 x 0,1) ist deshalb in einen abziehbaren (70 %) und einen nicht abziehbaren (30 %) Teil im Verhältnis der steuerpflichtigen und nicht steuerpflichtigen Umsätze aufzuteilen, da dies gem. Aufgabenstellung eine wirtschaftliche Zuordnung ist (§ 15 Abs. 4 UStG). Die Vorsteuer ist deshalb aufzuteilen: 2.700 € 6.300 € 9.000 €
nicht abziehbare Vorsteuer (9.000 x 0,3) abziehbare Vorsteuer (9.000 x 0,7) gezahlte Vorsteuer
Die Buchung lautet: Computer Vorsteuer
92.700 6.300 an Verbindlichkeiten
99.000
b) 12 Punkte In 03 ändern sich die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs, deshalb ist dieser gem. § 15a Abs. 1 UStG zu berichtigen. Die Berichtigung muss längstens für fünf Jahre nach der Beschaffung (§ 15a Abs. 1 UStG) jeweils pro Jahr mit einem entsprechenden Anteil (§ 15a Abs. 5 UStG) erfolgen. Die Vereinfachungsregeln des § 44 UStDV greifen hier wegen Überschreitung der Grenzwerte nicht. Die Vorsteuer ist deshalb neu aufzuteilen: 5.400 € 3.600 € 9.000 €
nicht abziehbare Vorsteuer (9.000 x 0,6) abziehbare Vorsteuer (9.000 x 0,4) gezahlte Vorsteuer
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Lösungen zu den Aufgaben 1-7
In 03 ist deshalb zu berichtigen:
Abziehbar
Anteil alt/gesamt 6 300
Anteil alt/Jahr 1 260
Anteil neu/gesamt 3 600
Anteil neu/Jahr 720
Berichtigung – 540
Nicht abziehbar Summe
2 700
540
5 400
1 080
+ 540
9.000
1.800
9.000
1.800
0
Die laufende Vorsteuer(forderung) in 03 ist deshalb um 540 € aufwandswirksam zu vermindern (§ 9b Abs. 2 EStG), was zu folgender Buchung führt: Betriebsausgaben
540 an Vorsteuer
540
Die Berichtigung hat da sich Verhältnisse bereits zu Beginn des Jahres geändert haben im ersten erreichbaren Voranmeldungszeitraum zu erfolgen (R 218 Abs. 6 UStR 2008). c) 6 Punkte Die Vorsteuer ist deshalb wieder neu aufzuteilen: 1.800 € 7.200 € 9.000 €
nicht abziehbare Vorsteuer (9.000 x 0,2) abziehbare Vorsteuer (9.000 x 0,8) gezahlte Vorsteuer
In 04 ist deshalb zu berichtigen: Anteil alt/gesamt 6 300
Anteil alt/Jahr 1 260
Anteil neu/gesamt 7 200
Anteil neu/Jahr 1 440
Berichtigung + 180
Nicht abziehbar
2 700
540
1 800
360
– 180
Summe
9.000
1.800
9.000
1.800
0
Abziehbar
Die laufende Vorsteuer(forderung) in 05 ist deshalb um 180 € ertragswirksam zu erhöhen (§ 9b Abs. 2 EStG), was zu folgender Buchung führt: Vorsteuer
180 an Betriebseinnahmen
180
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Lösungen zu den Aufgaben 1-7
30 Punkte Aufgabe 7 a) 14 Punkte Der Erwerb der Wertpapiere wird gleichzeitig als Veräußerung des Fremdwährungsguthabens aufgefasst, da es sich bei der Fremdwährung und bei den Wertpapieren jeweils um eigenständige, bewegliche Wirtschaftsgüter handelt. Da die Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr erfolgt, handelt es sich um eine private Veräußerung i. S. des § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Der entstehende Gewinn ist zu versteuern. H 169 EStH (2004). Vgl. BMF 25.10.2004, IV C 3 S 2256 238/04, BStBl. I 2004, 1034. Herr S. hatte für die 60.000 US-$ 48.000 € (60.000/1,25) aufgewandt. Im Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere notiert der Dollar mit 1,20 €/ 1 US-$. Herr S. veräußert also US-Dollar in einem Gegenwert von 50.000 € (60.000 / 1,20). Es entsteht damit ein Veräußerungsgewinn von 2.000 € (50.000 48.000). b) 14 Punkte Der Verkauf der US-Dollar erfolgt innerhalb eines Jahres. Ein Spekulationsgeschäft (§ 22 Nr. 2 EStG) ist gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, insbesondere von Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen. Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines Spekulationsgeschäfts sein können, zählen auch Valuten in fremder Währung. H 169 EStH (2004). Vgl. BFH vom 2.5.2000, IX R 73/98, BFH/NV 2000, S. 1528. Herr S hatte für die 40.000 $ einmal 32.000 € (40.000/1,25) bezahlt. Nunmehr erhält er 33.333 € (40.000/1,20) zurück. Damit beträgt sein Spekulationsgewinn 1.333 € (33.333 32.000), der der Einkommensteuer zu unterwerfen ist. c) 2 Punkte Insgesamt muss Herr S 3.333 € (2.000 + 1,333) versteuern.
193 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-648-00961-1 Bestell-Nr. 00778-0007
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Lektorat und DesktopPublishing: Peter Böke, Ulrich Leinz Umschlagentwurf: Agentur Buttgereit & Heidenreich, 45721 Haltern am See Umschlaggestaltung: Kienle gestaltet, 70182 Stuttgart Druck: freiburger graphische betriebe, 79108 Freiburg Zur Herstellung dieses Buches wurde nur alterungsbeständiges Papier verwendet.
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Stichwortverzeichnis A Abfärbewirkung 15 Abgabenordnung 149 Abgeltungssteuer 20, 36, 88, 107 Abschlusszahlung 103 Abzugsverbot 42 Altersentlastungsbetrag 46 Angehörige 156 Anzeigepflicht 167 Arbeitnehmer 18 Arbeitszimmer 35 Aufrechnung 160 Aufzeichnungen 136 Ausfuhrlieferung 121 Ausfuhrumsätze 126 Auskunft – verbindliche 153 Auskunftserteilung 154 Auskunftsverweigerung 156 Außenprüfung 164 außergewöhnliche Belastung 51 B Bemessungsgrundlage – für Gewerbesteuer 96 – für Körperschaftsteuer 76
Berufsausbildung 42 Beschäftigungsverhältnisse – haushaltsnahe 43 Besteuerung – Gegenstand 94 Besteuerungsgrundlage 158 Besteuerungsverfahren 101 Besteuerungszeitraum 134 Beteiligte 152 Betriebsvermögensvergleich 25 Beweismittel 154 Bewirtungskosten 35 Bildungsaufwendungen 34 BMF-Schreiben 6 Bundesfinanzhof 6 Bundeszentralamt für Steuern 151, 167 Bürgerentlastungsgesetz 49 D Differenzbesteuerung 129 Doppelbesteuerung 85 Doppelbesteuerungsabkommen 10 E EG-Richtlinie 114 Einfuhr
Stichwortverzeichnis
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– aus Drittländern 122, 130 Freibeträge 79, 100 Einfuhrumsatzsteuer 122, 131 Fristverlängerung 152 Eingliederung G – finanzielle 83 Gebrauchtgegenstände 129 Einkommen 47, 76 Gemeinden 96 Einkommensbegriff 12 Gemeindesteuer 94 Einkommenssteuer 105 Geprägetheorie 16 Einkommensteuertarif 58 Gewerbebetrieb 14, 94 Einkunftsarten 12 – stehend 94 Einnahmen-Überschuss– Voraussetzungen 95 Rechnung 27, 31 Gewerbeertrag 96, 100 Einspruchsverfahren 165 Gewerbesteuer Einzelveranlagung 55 – Befreiungen 95 ELENA-Verfahren 66 – Vorauszahlung 102 Entfernungspauschale 33 Gewerbesteuergesetz 94 Entgelt 127 Gewerbesteuergewinn 97 Erhebungsverfahren 159 Gewerbeverlust 100 Erlass 160 Gewinn 24 Erwerb Gewinnabführungsvertrag 84 – innergemeinschaftlicher Gewinnausschüttungen 124 – verdeckte 79 Existenzminimum 8 Gewinne 78 Exportfall 121 Gewinnermittlungsarten 25 F Gewinnrücklagen 84 Fachkongress 34 Gewinnthesaurierung 62 Faktorverfahren 60 Grundtarif 58 Fehler H – bei Rechnungserstellung Halbeinkünfteverfahren 21, 85 133 Hausgewerbetreibende 101 Festsetzung 158 haushaltsnahe Flatrate 85 Dienstleistungen 43 Freiberufler 17
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Stichwortverzeichnis
Hebesatz 101 Hinzurechnungen 97 I Identifikationsnummer 151 Importfälle 122 Inlandsumsätze – steuerbefreite 127 Ist-Versteuerung 136 K Kapitalertrag 20 Kapitalerträge 66 Kapitalertragsteuer 66, 86 Kinderbetreuungskosten 43 Kleinbeträge – Rechnungen über 132 Kleinunternehmer 138 Kontenabruf 155 Körperschaftsteuer 73 Körperschaftsteuerpflicht – Beginn 75 – Ende 76 Körperschaftsteuersatz 85 Kosten der privaten Lebensführung 42 Kranken- und Pflegepflichtversicherung 49 Kürzungen 97 L Leistungen – sonstige 119
Leistungsfähigkeitsprinzip 8 Liebhaberei 16 Lieferung – innergemeinschaftliche 122 Lieferungen 118 Lohnsteuer 18, 65 M Maßgeblichkeitsprinzip 27 Mehrheitsbeteiligung 83 Mitteilungspflicht 155 N Nachprüfung 164 Nachversteuerung 62, 107 Nebenleistung – steuerliche 153 nicht entnommene Gewinne – Begünstigung 62 O Objektsteuer 94 Organschaft 82 Organschaftsverhältnis – Bedingungen 83 Organträger 84 Ort – der Lieferung 125 – der sonstigen Leistungen 125 P Privatsphäre 16 Progressionsvorbehalt 61
Stichwortverzeichnis
Q Quellenabzugsverfahren 64 Quellensteuern 7
Steueridentifikationsnummer 151, 166 Steuerlehre 5 Steuermessbetrag 100, 104 R Steuern 5 Realsteuer 94 Steuerobjekt 12 Rechnung 131 Steuerordnungswidrigkeiten Rechtsbehelfsverfahren 165 166 Reisegewerbebetrieb 94 Steuerpflicht 9 Reisekosten 43 – Beginn 95 Reverse-Charge-Verfahren – Ende 96 131 Steuerrecht 5 Rückstellung 103 Steuersatz S – allgemeiner 130 Sachbezug 32 – ermäßigter 130 Schätzung 29 – Umsatzsteuer 130 Schweigepflicht 157 Steuerschuldner 96, 131 Selbstanzeige 168 Steuerstraftat 167 Solidaritätszuschlag 59, 85 Steuersubjekt 9 Soll-Versteuerung 136 Steuerverkürzung 166 Sonderausgaben 48 Studium 42 Speisen Stundung 161 – Abgabe 130 Subsidiaritätsprinzip 22 Spekulationsgeschäfte 23 T Splitting 56, 59 Teileinkünfteverfahren 88 Splitting-Tarif 60 Steuerbefreiung 12 U Steuerberatungskosten 34 Umsatzsteuer Steuererklärung 152 – Ermittlung 127 – KSt 84 Umsatzsteuergesetz 117 steuerfreien Erträge 78 Unfallversicherung 50 Steuergeheimnis 150 Unrichtigkeiten 164
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Stichwortverzeichnis
Untersuchungsgrundsatz 154 Vollstreckung 161 Urkunden 156 Vorauszahlungen – rückständige 103 V Vorsteuerabzug 139 Veranlagungsverfahren 150 Veranlagungszeitraum 55, 84 W Veräußerung 15 Werbungskosten 33, 36 Verbrauchssteuer – vorweggenommene 42 – allgemeine 115 Wertabgaben vereinbarte Entgelte 136 – unentgeltliche 119 Verjährung 160 Wiederverkäufer 129 Verkehrssteuer 115 Wohnsitz 9 Verlustausgleich 44 Z Verluste 78 Zahllast 102 Verlustrücktrag 52 Zahlung 159 Verlustvortrag 52 Zahlungsaufschub 161 Vermietung und Verpachtung Zahlungsverjährung 160 38 Zerlegungsanteile 104 Vermögenseinkünfte 20 Zerlegungsmaßstab 104 Vermögensmehrung Zinsaufwand 40 – verhinderte 80 Zinsschranke 40 Vermögensminderung 80 Zusammenveranlagung 55 Verwaltungsanweisungen 6
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