Recyclingtechnik
Hans Martens
Recyclingtechnik Fachbuch für Lehre und Praxis
Prof. (em.) Dr.-Ing. Hans Martens Westsächsische Hochschule Zwickau (FH) E-Mail:
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© Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011 Spektrum Akademischer Verlag ist ein Imprint von Springer 11
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Planung und Lektorat: Dr. Ulrich G. Moltmann, Sabine Bartels Redaktion: Regine Zimmerschied Herstellung und Satz: Crest Premedia Solutions (P) Ltd, Pune, Maharashtra, India Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm Titelbild: Fotos: © shocky, Fotolia.com, Grafik: © Spieß ISBN 978-3-8274-2640-6
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Vorwort Unter Recycling verstehen wir heute alle gesellschaftlichen Aktivitäten, die folgenden Zielen dienen: 5 Wiederverwendung oder Weiterverwendung bereits benutzter Produkte oder Materialien nach Ablauf ihrer Nutzungszeit (Produktrecycling), 5 Verwertung von Materialien/Stoffen/Produktionsabfällen (Stoffrecycling). Die Verwendung des Wortes »Recycling« ist relativ neu, aber das Prinzip der Wiederverwendung und Verwertung von bereits genutzten Produkten oder Stoffen (Abfällen) ist eine Jahrtausende alte Handlungsweise der Menschen. Das wird in der Menschheitsgeschichte besonders deutlich seit der Nutzung von Metallen. Die Metalle und Metalllegierungen erleiden in ihrer Nutzungszeit einen oft sehr geringen Wertverlust, d. h., die Aufwendungen an Rohstoffen, Arbeitskraft, Kapital, Energie und Hilfsstoffen für den Bergbau und die Metallherstellung bleiben weitgehend erhalten. Die Verwertung ist mit geringem zusätzlichen Aufwand durch Umformen oder Umschmelzen möglich. Das gilt in besonderem Maß für die Edelmetalle (Gold, Silber), aber auch für Eisen und die Nichteisenmetalle (Kupfer, Blei, Zinn) sowie deren Legierungen (Bronze, Messing). Diese Wertbeständigkeit der Metalle begründete letztlich ihre Verwendbarkeit als Tauschwert (Bronzestücke, Edelmetallmünzen). Aber auch ganz andere Materialien wie Flüssigkeiten (Öle, Beizen usw.) sind nach Aufarbeitung weiter verwendbar. Beschriebene Pergamente wurden im Mittelalter z. B. als Bucheinband erneut genutzt und stellen heute wertvolle historische Dokumente dar. Schließlich ist auch die Nutzung von Altpapier seit Erfindung des Papiers üblich. Eine lange Tradition hat auch die Verwertung von Altglas durch Umschmelzen. Die Mehrfachnutzung von Holz, Textilien und Wasser in Haushalten und Industrie ist ebenfalls weit verbreitet. In Zeiten der Rohstoffknappheit oder wirtschaftlicher Krisen wurde Recycling oft als bedeutende gesellschaftspolitische Maßnahme installiert. Das betraf das Sammeln von Edelmetallschmuck im Ersten Weltkrieg oder das Einschmelzen von Bronzedenkmälern und Glocken im Zweiten Weltkrieg. Im Rahmen der weltweiten Umweltdiskussion der vergangenen Jahrzehnte hat das Recycling aber eine deutlich erweiterte Bedeutung als Umweltschutzmaßnahme gewonnen. Durch diese »Verwertung von Abfällen« wird z. B. die Deponierung von Müll reduziert und der Schadstoffeintrag von festen Stoffen, Flüssigkeiten und Gasen in den Boden, in Flüsse und Grundwasser sowie in die Atmosphäre verringert. Außerdem entsteht durch das Recycling häufig eine erhebliche Einsparung von Energie gegenüber der Primärproduktion und es liefert damit einen äußerst wünschenswerten Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen und damit der globalen Erwärmung. Dieser dreifachen Bedeutung des Recyclings (Ressourcenschonung durch Verwertung, Reduzierung des Schadstoffeintrages, Einsparung von Energie) wurde durch das Kreislaufwirtschafts-Abfallgesetz 1994 eine rechtliche Grundlage gegeben [1] und durch die novellierte »Abfallrahmenrichtlinie« der EU 2008 gestärkt [2]. Die Umsetzung dieser Richtlinie in ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz befindet sich in Bearbeitung (geplante Verabschiedung 2010) [232]. Parallel dazu entwickelte sich in der Bevölkerung der meisten Industrieländer ein bemerkenswertes Umweltbewusstsein mit deutlichem Schwerpunkt zur Abfallsammlung, Abfallsortierung und Abfallverwertung. Der Abfallverwertung sind allerdings wesentliche wirtschaftliche, ökologische und auch technische Grenzen gesetzt.
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Vorwort
Zu den Recyclingproblemen ist ein umfangreiches Schrifttum entstanden, von Zeitungen über technische, ökologische und wirtschaftliche Fachzeitschriften bis zu ergänzungsfähigen Loseblattsammlungen und Fachbüchern. Darin sind aber vorwiegend nur spezielle Stoffgebiete und Verfahren behandelt und die Fachbücher sind häufig als eine wenig homogene Zusammenstellung von Spezialkapiteln verschiedener Autoren herausgebracht. Bei meiner Lehrtätigkeit an der Westsächsischen Hochschule Zwickau (FH) in den Jahren 1994 bis 2000 machte sich aber besonders bei einem auf Selbststudium orientierten Aufbaustudium das Fehlen einer Monografie zu den Grundlagen des Werkstoffrecyclings bemerkbar. Deshalb habe ich für diese Aufbaustudenten entsprechendes Studienmaterial erarbeitet, das in ergänzter Form mit diesem Buch vorgelegt wird. Das Fachbuch Recyclingtechnik behandelt das Stoffrecycling mit dem Schwerpunkt Werkstoffrecycling. Es konzentriert sich auf die Recyclingtechnologien mit ihren verfahrenstechnischen Grundlagen und ergänzt diese im erforderlichen Maße durch wirtschaftliche, ökologische und abfallrechtliche Anmerkungen. Dadurch wird die Komplexität der Aufgaben erkennbar und eine relative Bewertung spezieller alter und neuer Recyclingforderungen ermöglicht. Dabei wird von den verschiedenen Werkstoffen ausgegangen. Die entscheidenden Unterschiede der Recyclingfähigkeit von Metallen, Kunststoffen, Keramik, Papier und Glas werden erarbeitet, die typischen Recyclingverfahren für diese Stoffe beschrieben und damit der Zugang zum Recycling von hochkomplexen Altprodukten (Altauto, Elektronikschrott) eröffnet. Ergänzend dazu werden auch die Recyclingmöglichkeiten von anderen wichtigen Materialien und Stoffen (Metallsalze, Salzlösungen, Oxide, Farben, Lacke, Lösemittel, Öle, Gase) kurz behandelt. Die Kenntnis der Grundlagen soll auch die Fähigkeit zur Bearbeitung neuer Recyclingaufgaben ermöglichen, die sich durch Einführung neuer Werkstoffe, Werkstoffverbunde und Produkte sowie den Anfall neuartiger Produktionsabfälle ständig ergeben (z. B. LCD-Display, Solarmodul). Die Verwertung und Beseitigung von gemischten Siedlungsabfällen und biogenen Abfällen wurden in das Buch nicht aufgenommen, weil dazu bereits ein sehr umfangreiches Schrifttum existiert und vor allem grundsätzliche Unterschiede zu dem Hauptziel des Stoffrecyclings (Stoffkreisläufe, Ressourcenschonung) bestehen. Schwerpunkte bei diesen Abfällen sind die Beseitigung nach Vorbehandlung und/ oder die energetische Verwertung. Aus diesem Grund wurde auch die Beseitigung von Abwässern nicht besprochen, da sich daraus nur geringe Stoffkreisläufe ergeben. Auf die energetische Verwertung von Werkstoffen und speziellen Materialien konnte allerdings nicht verzichtet werden, weil diese Verfahren in einigen Fällen eine wichtige Alternative zum stofflichen Recycling darstellen. Die Aufbereitung und die Verwertung getrennt gesammelter Siedlungsabfälle (Altglas, Altpapier, DSD-Material, Schrott) werden selbstverständlich besprochen. Die Recyclingeigenschaften und -verfahren sind heute zunehmend auch von Konstrukteuren und Fertigungsingenieuren der Unternehmen zu berücksichtigen, um die Forderungen nach einer recyclinggerechten Konstruktion und Fertigung von Produkten zu gewährleisten. Schließlich besteht außerhalb der westlichen Industriestaaten in den Schwellenländern und in Osteuropa bezüglich der Recyclingsysteme noch ein großer Nachholbedarf und eröffnet beträchtliche Exportchancen für die Recyclingtechnik. Das Buch ist als einführende Literatur für Studenten an Hochschulen und Universitäten mit technischen, naturwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Studiengängen sowie für Ingenieure, Techniker und Betriebswirte in der Praxis und in den Umweltbehörden geschrie-
Vorwort
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ben. Vielleicht findet es aber auch das Interesse einer weiteren Leserschaft und trägt damit zu einem besseren Verständnis der komplexen Zusammenhänge der Recyclingproblematik und den schwierigen wirtschaftlichen und ökologischen Bewertungen bei. Eine weniger umfangreiche Beschreibung von Recyclingtechniken konnte ich bereits in das Handbuch Konstruktionswerkstoffe (Hanser Verlag, 2008) [7] einbringen. Mit freundlicher Zustimmung des Hanser Verlags war es möglich, aus diesem Handbuch einige meiner Tabellen und Abbildungen in das vorliegende umfassendere Buch zu übernehmen. Bei den betreffenden Tabellen und Abbildungen steht immer die Quellenangabe [7] und zusätzlich ist häufig eine zweite Literaturstelle vermerkt, die auf die Ursprungsliteratur oder evtl. neuere Literaturstellen hinweist. Prof. Daniel Goldmann (TU Clausthal) hat mit Hinweisen auf den Arbeitsentwurf eines neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes [232] und die neueren Entwicklungen bei der Altfahrzeugverwertung sowie dem Recycling von Li-Ionen-Batterien und Solarmodulen zur Aktualität des Buches beigetragen. Dafür und für die Übernahme des Geleitwortes bin ich ihm zu besonderem Dank verpflichtet. Dem Spektrum Akademischer Verlag danke ich für die Realisierung dieses Buches. Mein besonderer Dank gilt dem Lektorat von Dr. Ulrich Moltmann und der sehr konstruktiven Zusammenarbeit mit Sabine Bartels – beide trugen zu der guten Qualität des Buches erheblich bei. Hans Martens
Augsburg 2010
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Geleitwort Vor rund 40 Jahren begann in Deutschland das Zeitalter der modernen Abfallwirtschaft. Mitte der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts erfolgte dann der Wandel von der Abfall- zur Kreislaufwirtschaft, der sich im Rechtssystem durch die Einführung des Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetzes manifestierte. Seit Beginn des neuen Jahrtausends setzte eine weitere Stufe ein, die nun zur Sekundärrohstoff- bzw. Ressourcenwirtschaft führt. Diese Entwicklung strahlte und strahlt von Deutschland und Europa in viele Regionen der Welt aus. Mit dem gerade in Vorbereitung befindlichen neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz wird dem auch politisch und rechtlich Rechnung getragen. Einer der wesentlichen Treiber für diese Entwicklung, der uns trotz vorübergehender Schwankungen infolge größerer Wirtschaftskrisen noch lange begleiten wird, ist die stetige Zunahme des weltweiten Rohstoffverbrauchs, bedingt durch den Aufstieg großer Schwellenländer wie China und Indien. Gerade für ein Land wie Deutschland, das kaum noch über nennenswerte Mengen an primären Ressourcen technologisch besonders relevanter Rohstoffe verfügt, gleichzeitig aber große Industrie- und Exportnation ist, ist die Entwicklung effizienter Recyclingstrukturen und -technologien das Gebot der Stunde. Mit der zunehmenden Ausbeutung natürlicher Ressourcen verschiebt sich aber auch weltweit die Bedeutung der globalen Rohstofflager von geogenen zu anthropogenen Reserven. Vor diesem Hintergrund wandelt sich der Fokus beim Umgang mit Abfällen mehr und mehr von der klassischen Entsorgungssicht zu einer Sichtweise, bei der Abfälle maßgeblich zur Ressourcensicherung beitragen können und müssen. Welche Rohstoffe in welchen Produkten und Anlagen eingesetzt werden, wann und wo diese nach Nutzungsende anfallen und wie diese in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden können, wird zunehmend systematischer zu klären und technologieintensiver zu lösen sein. Hierbei kommt der Recyclingtechnik eine zentrale Rolle zu. Technisch, ökonomisch und ökologisch intelligente Lösungen können die Wirtschaft ein Stück weit unabhängiger von primären Ressourcen machen, natürlich nie ganz, aber Recycling kann maßgeblich zu einer Verbreiterung der Versorgungsbasis beitragen. Zudem lässt sich für viele Materialien die Gewinnung aus Abfällen energieeffizienter und damit ökonomisch und ökologisch effektiver gestalten als aus primären Rohstoffen, vorausgesetzt die erforderlichen Technologien und Strukturen hierfür sind vorhanden. Viel ist bereits erreicht worden, gerade vor dem Hintergrund der stetig zunehmenden Komplexität der Produkte und damit auch der Abfälle bleibt aber auch noch viel zu tun. Neben der Weiterentwicklung von Recyclingprozessen, die der Weiterentwicklung am Markt befindlicher Produkte folgt, stellen neue ressourcenintensive Produkte oder solche, die erstmals in nennenswerten Mengen als Abfall auftreten, Herausforderungen für die Entwicklung neuer Recyclingtechnologien dar. Folgerichtig haben in den letzten Jahren ein Zusammenführen und Zusammenwachsen verschiedener Disziplinen eingesetzt. Eine zunehmend rohstofforientierte Abfallwirtschaft, eine intensive Weiterentwicklung der Aufbereitungstechnik aus dem Primärrohstoffbereich in den Sekundärrohstoffbereich hinein, eine Grundstoffindustrie, die sich mehr und mehr auf Sekundärrohstoffe einstellt, und Produkthersteller, die Recycling in ihre Prozesse einplanen, sind tragende Säulen dieses Prozesses.
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Geleitwort
Um die Potentiale zu heben, muss sich der Blick aber auch auf die hierfür wichtigste Ressource richten: gut ausgebildete Ingenieure und Techniker für diesen wachsenden Bereich. Neben dem, was unmittelbar in der Lehre vermittelt werden kann, ist ein umfassendes und gut zugängliches Schrifttum hierfür von herausragender Bedeutung. Noch ist das Fachgebiet der Recyclingtechnik im Vergleich zu anderen Disziplinen ein relativ junges. Viele Veröffentlichungen zu speziellen Themen, einige gute Publikationen und Kapitel in renommierten Fachbüchern der Ingenieurwissenschaften, die eine Übersicht über das entstandene Wissen geben, sind in den letzten Jahren entstanden. Was bis heute aber fehlt, ist ein Werk, das als Lehrbuch eine breite Grundlage für den Einstieg in das Fachgebiet bietet und als Handbuch für den Praktiker einen übersichtlichen Zugang zu Themenfeldern gibt, mit denen er sich bisher nicht befasst hat. Mit dem vorliegenden Werk hat Prof. Hans Martens die Herausforderung angenommen, diese Lücke zu schließen. Basierend auf der langjährigen Tätigkeit in der chemisch-metallurgisch Industrieforschung und einer Lehrerfahrung an der Westsächsischen Hochschule Zwickau ist das vorliegende Buch entstanden. Systematisch werden die heute relevantesten Bereiche der Aufbereitung von Abfällen zu Sekundärrohstoffen und die wichtigsten Verwertungsprozesse für solche Stoffströme dargestellt. Studenten, Lehrenden und Ingenieuren in der industriellen Praxis der Abfallwirtschaft, der Recyclingtechnik in Demontage und Aufbereitung, der Sekundärstoffverwertung in Metallurgie, Kunststoff-, Glas- sowie Papierproduktion und anderer Verwertungszweige wird das Buch eine wertvolle Hilfe sein. Ebenso ist es denjenigen zu empfehlen, die sich im Rahmen der Produktverantwortung bei der Herstellung und der End-of-Life-Phase von Produkten um Aspekte des Recyclings kümmern. Prof. Dr.-Ing. Daniel Goldmann
Clausthal-Zellerfeld, Mai 2010
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Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.4
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Motivation und Zielstellung des Recyclings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertbare Produkte und Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsanforderungen an Recyclingstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische, wirtschaftliche und ökologische Anforderungen an Recyclingund Verwertungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Technische Grundlagen des Werkstoffrecyclings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen und zur Sortierung von Feststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.5
Demontage und Rückbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufschlusszerkleinerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sortierung von Feststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dichtesortierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sortieren im Magnetfeld (Magnetsortieren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sortieren im elektrischen Feld (Elektrosortieren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Flotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sortieren nach verschiedenen mechanischen Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sensorgestützte Sortierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kompaktieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5
Vorbehandlungsverfahren für Werkstoffabfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Verfahren der Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemische und elektrochemische Vorbehandlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pyrolyse und thermische Oxidation als Vorbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung von Dioxinen und Furanen bei thermischen Prozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . Löseprozesse für feste Abfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufarbeitung von wässrigen Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von organischen Flüssigkeiten durch Destillation und Sorption . . . . . . . . . . . . . . . . Nutzbarmachung von Abgasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Energetische Verwertung von Gasen, Flüssigkeiten und Schlämmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.2
Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen . . . . . .
5.2.1 5.2.2
Allgemeine Verfahrenstechniken für das Recycling von Metallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmelzmetallurgische Recyclingtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertung von metallhaltigen Abfällen und Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metallpreise und Schrottpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung der häufigsten Eisenwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren der Stahlerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 16 17 21 24 24 27 30 31 31 32 33
37 38 38 40 42 44 45 45 46 59 61 64 67 71 71 77 78 78 78 81
XII
Inhaltsverzeichnis
5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.3
Verfahren zur Herstellung von Eisenguss und Stahlguss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrottsorten und Schrottaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertung eisenhaltiger Abfälle (Eisenverbindungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen sowie von Magnesiumwerkstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung von Aluminiumwerkstoffen, Schrotten und aluminiumhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlegende Eigenschaften von Aluminiumschmelzen und Möglichkeiten ihrer Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbereitungsverfahren für Aluminiumschrotte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmelzverfahren und Schmelzapparate für Aluminiumschrotte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung von aluminiumhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Magnesiumwerkstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen und kupferhaltigen bzw. nickelhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung von Kupferwerkstoffen, Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbereitung von Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen mit abschließender Raffinationselektrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . Nassmetallurgische Verarbeitung von kupferhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung von Nickelwerkstoffen, Nickelverbindungen, Nickelschrotten und nickelhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Nickelschrotten und nickelhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nasschemische Recyclingverfahren für nickelhaltige Abfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Bleiwerkstoffen, Bleiverbindungen und bleihaltigen Abfällen . . . . . . . . . Zusammensetzung von Bleiwerkstoffen, Bleiverbindungen, Bleischrotten und bleihaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbereitung und schmelzmetallurgische Verarbeitung von Bleiakkumulatoren . . . . . . . . . . Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Bleischrotten und bleihaltigen Abfällen . . . . . . . . Recycling von Zinkwerkstoffen und zinkhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung von Zinkwerkstoffen, Zinkschrotten und zinkhaltigen Abfällen . . . . . . . Mechanische Aufbereitung von Zinkschrotten und zinkhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . Umschmelzen von Zinkschrotten und Raffination durch Destillation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinkrecycling aus Stahlwerks- und Kupolofenstäuben sowie anderen zinkhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertung zinkhaltiger Abfälle als Zinkverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Edelmetallmaterialien, -schrotte und -abfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von reichen Edelmetallschrotten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von verunreinigten und armen Edelmetallabfällen und Edelmetalllösungen . . . . Edelmetallgewinnung aus Anodenschlämmen von Kupferelektrolysen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.3.6 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5 5.4.6 5.4.7 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.6 5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4 5.6.5 5.7 5.7.1 5.7.2 5.7.3 5.7.4 5.8
85 89 91 94 94 97 101 104 110 112 113 114 117 119 125 128 129 131 135 135 136 139 139 139 141 141 141 145 146 147 149 150 156
Recycling von Titan- und Tantalwerkstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Inhaltsverzeichnis
XIII
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Recycling von Kunststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
6.1 6.2 6.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5
Kunststoffgruppen und Kunststoffsorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzstoffe, Füllstoffe und Verstärkungsmittel für Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatzgebiete der Kunststoffe und Preise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffrecycling von Kunststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffrecycling von Thermoplasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffrecycling von Elastomeren (Altgummi und PUR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Partikelrecycling von Duroplasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alkoholyse, Hydrolyse und katalytische Depolymerisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hydrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pyrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergasung zu Brenngas oder Synthesegas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reduktionsmittel im Hochofenprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7 7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.5 7.2 7.2.1 7.2.2
Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Recycling von Glas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glasschmelzprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatz von Altglasscherben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbereitung von Behälterglas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Flachglasaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbereitung von Spezialgläsern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Keramik und mineralischen Baustoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausbau, Zerkleinerung und Aufbereitung von Keramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbereitung von mineralischen Baustoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
162 164 168 168 171 184 187 188 189 191 192 194 196
202 204 205 208 209 211 212 214 215
8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5
Recycling von Papier und Pappe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
9 9.1 9.1.1 9.1.2 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4
Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
9.2.5 9.3 9.3.1 9.3.2
Altpapiersorten und Sammlung von Altpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trockensortierung von gesammeltem Altpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nassaufbereitung der Altpapiersorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Verbundverpackungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzen und Chancen des Altpapierrecyclings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Recycling von organischen Lösemitteln und lösemittelhaltigen Abfällen . . . . . . . . . . . . Destillation von Lösemitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Lacken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Mineralölen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Rekonditionierung gering verunreinigter Altöle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalisch-chemische Verfahren zur Regeneration von Altölen zu Grundölen . . . . . . . . . . Aufarbeitung von Altöl zu Heizöl und Fluxöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umarbeitung von Altöl in Synthesegas oder Einsatz als Reduktionsmittel im Hochofen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auftrennung von Mineralöl-Wasser-Mischungen und Emulsionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 223 224 226 227
230 231 233 236 237 238 240 241 241
Lösemittelrückgewinnung aus Dämpfen und Abluft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Rückgewinnung durch Kondensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Rückgewinnung durch Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
XIV
Inhaltsverzeichnis
9.3.3 9.3.4 9.4
Rückgewinnung durch Adsorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Rückgewinnung durch Gaspermeation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Recycling von Abfallsäuren und Beizlösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.5.1 10.5.2 10.5.3 10.6
Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
11 11.1 11.2 11.2.1 11.2.2 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.4 11.4.1 11.4.2 11.4.3 11.4.4 11.4.5
EU-Altfahrzeug-Richtline und deutsche Altfahrzeugverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demontage von Altfahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Shredderanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbereitung und Verwertung der Shredderschwerfraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertung und Beseitigung der Shredderleichtfraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VW-SiCon-Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technologievorschläge für mechanische Verfahren zur SLF-Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermische Verfahren für die SLF-Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metallurgisches Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
253 254 261 263 266 266 268 270 272
Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 EU-Richtlinie und deutsches Elektrogesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Aufbereitung der Elektro(nik)-Altgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorsortierung nach Verwertungsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrenstechnik der mechanischen Aufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Elektro(nik)-Altgeräten durch Schmelztechnik, Pyrolyse und Löseprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmelztechnische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pyrolyseverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Löseverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)Altgerätegruppen und -Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kühlgeräterecycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lampenrecycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling von Gerätebatterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Flüssigkristallbildschirme (LCD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Solarmodule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
276 281 281 282 286 286 286 287 288 288 288 291 298 299
12
Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
12.1 12.1.1 12.1.2 12.1.3 12.2 12.3 12.4 12.5 12.5.1 12.5.2 12.6
Monoverbrennung von festen Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rostverbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirbelschichtverbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbrennungsöfen für Biomasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgasreinigung nach Verbrennungsprozessen von Abfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermische Abfallbehandlung durch Pyrolyse oder Vergasung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Aufbereitung fester Abfälle zu Ersatzbrennstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitverbrennung von Abfällen und Ersatzbrennstoffen in Feuerungsanlagen . . . . . . . . . Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitverbrennung in Kraftwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
308 308 310 312 312 315 316 318 320 323
Altöle als Ersatzbrennstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
Inhaltsverzeichnis
13
XV
Recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung von Produkten mit der Zielstellung eines Werkstoffrecyclings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Literaturnachweise und weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
1
Einführung 1.1
Motivation und Zielstellung des Recyclings – 2
1.2
Verwertbare Produkte und Stoffe – 3
1.3
Qualitätsanforderungen an Recyclingstoffe – 6
1.4
Technische, wirtschaftliche und ökologische Anforderungen an Recycling- und Verwertungsverfahren – 6
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_1, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
1
1
2
Kapitel 1 • Einführung
1.1
Motivation und Zielstellung des Recyclings
Bei der Produktion wirtschaftlicher Güter und bei deren Konsumtion sowie am Ende ihrer Nutzungszeit entstehen Abfälle (Altstoffe, Altprodukte).
»Abfälle im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder deren geordnete Entsorgung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere des Schutzes der Umwelt, geboten ist« (Deutsches Abfallgesetz 1986).
Diese Abfälle/Altprodukte sind überwiegend fester Natur, aber es fallen auch Abfalllösungen, Flüssigkeiten und Gase an. Die festen Abfälle wurden lange Zeit in sehr verschiedenen Formen deponiert, die Flüssigkeiten in Flüsse eingeleitet und die Gase in die Luft abgeführt. Die Abfälle/Altprodukte enthalten aber häufig Stoffe oder Bauteile, deren weitere oder erneute Nutzung möglich ist. Sie besitzen also einen Restwert wie z. B. Eisenschrott, Elektroaltgeräte und Altpapier. Ein solcher Restwert ist ein erstes Motiv für ein Recycling. Die Erzeugung wirtschaftlicher Güter erfordert den Einsatz von Rohstoffen, Energie, Arbeitskraft und Kapital. Durch die Wiederverwendung/Verwertung von Abfällen können ein großer Anteil der eingesetzten Rohstoffe und der aufgewendeten Energie erneut genutzt und damit die begrenzt verfügbaren Ressourcen geschont werden (zweites Motiv ist die Ressourcenschonung). Andererseits können Abfälle auch Schadstoffe (Bleiverbindungen, chlorierte organische Stoffe u. a.) enthalten oder aus anderen Gründen nicht deponiefähig bzw. in Flüsse einzuleiten sein. Ein Recycling solcher Abfallarten vermindert also den Schadstoffeintrag in die Natur (drittes Motiv). Schließlich verursacht die Deponierung von Abfällen/Altprodukten Kosten und zusätzlich einen Landschaftsverbrauch, d. h., eine Reduzierung des Abfallvolumens schützt unsere Landschaft (viertes Motiv) und vermeidet Deponiekosten und Einleitgebühren (fünftes Motiv). Diese fünf Motivationen werden von verschiedenen Teilen der Gesellschaft getragen. Für die In-
. Tab. 1.1 Energieeinsparung bei der Verwendung von Sekundärmetallen nach Maczek und Massion 1991 [4] Metall
Energiebedarf (GJ/t) Primärproduktion aus Erzen
Energiebedarf (GJ/t) Recycling aus Schrott
Aluminium
285
15
Kupfer
112
20
Zink
65
10 95*
Blei
25
8
Stahl
32
15
*
Zinkrecycling aus Stahlwerksstäuben
dividuen und Unternehmen sind die Motive »Realisierung des Restwertes« und »Einsparung von Deponiekosten und Einleitgebühren« entscheidend. Die anderen drei Motive sind von der Gesellschaft als Ganzes zu verantworten. Wesentliche Anstöße kamen dabei vom Club of Rome (1972, »Grenzen des Wachstums«), der insbesondere die Endlichkeit der Rohstoffressourcen bei ständiger Zunahme der Weltbevölkerung und Steigerung der Industrieproduktion sowie des Energieverbrauchs herausstellte. Die z. B. durch Metallrecycling erzielbare Energieeinsparung ist in . Tab. 1.1 demonstriert. Weitere Warnungen und Initiativen gingen von der weltweiten Bewegung der »Grünen« und der UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1992 aus (»sustainable development«) sowie von dem Faktor-vier-Konzept (doppelter Wohlstand – halbierter Naturverbrauch; Wuppertal Institut 1995) [3]. Durch die EU und die BRD-Regierung wurden diese Motive in Richtlinien, gesetzliche Zielstellungen und Forderungen für das Recycling umgewandelt. Das deutsche Gesetz zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (KrW/AbfG) von 1994 legt grundlegende Forderungen für die Abfallverwertung fest [1].
3
1.2 • Verwertbare Produkte und Stoffe
§4 Grundsätze der Kreislaufwirtschaft (1) Abfälle sind stofflich zu verwerten oder zur Gewinnung von Energie zu nutzen (energetische Verwertung). (3) Rohstoffe sind nach Möglichkeit durch sekundäre Rohstoffe aus Abfällen zu substituieren. §5 Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft (4) Die Pflicht zur Verwertung ist einzuhalten, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für einen gewonnenen Stoff oder eine gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. §22 Produktverantwortung (1) Zur Erfüllung der Produktverantwortung sind Erzeugnisse möglichst so herzustellen, dass … die umweltverträgliche Verwertung … der nach dem Gebrauch entstandenen Abfälle sichergestellt ist. (2) Die Produktverantwortung umfasst insbesondere folgende Maßnahmen: 4 die Entwicklung und Herstellung recyclingfähiger Erzeugnisse 4 die Kennzeichnung von Schadstoffgehalten 4 die Kennzeichnung der Erzeugnisse 4 den Hinweis auf Rückgabe- und Verwertungsmöglichkeiten 4 die Rücknahme der Erzeugnisse oder der daraus entstandenen Abfälle
in nationales Recht hat die Bundesregierung den Arbeitsentwurf für ein Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) [232] vorgelegt, der eine Reihe Änderungen gegenüber dem KrW/AbfG [1] beinhaltet. Die für dieses Buch zutreffenden Veränderungen im KrWG [232] sind für eine erste Information nachfolgend in kurzer Form angegeben. 5 Verstärkung des Recyclings u. a. durch Verpflichtung zur Getrenntsammlung von Papier, Metall, Kunststoff und Glas ab Januar 2015. 5 Definition des Recyclingbegriffs. Recycling ist jedes Verwertungsverfahren durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen für die ursprünglichen oder andere Zwecke aufbereitet werden. Es schließt die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind, nicht ein. 5 Einführung einer fünfstufigen Abfallhierarchie (Vermeidung – Vorbereitung zur Wiederverwendung – Recycling – sonstige Verwertung einschließlich energetischer Verwertung – Beseitigung). 5 Erweiterung des bisherigen Abfallbegriffs (»bewegliche Sachen«) auf »alle Stoffe und Gegenstände« (§2(1)). Eine der Ausnahmen sind »dauerhaft mit dem Boden verbundene Gebäude« (§2(2)). 5 Unterscheidung von Abfällen und Nebenprodukten.
1.2
Durch eine neue Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) hat die EU im November 2008 (2008/98/EG) [2] die Grundlage für eine zukunftsfähige nachhaltige Abfallpolitik geschaffen. Darin sind die Regelungen des deutschen KrW/AbfG eingegangen und die Produktverantwortung und das Recycling verstärkt. Das Getrennthalten von Abfällen wird gefordert und erstmalig sind für das Jahr 2020 Recyclingquoten benannt (50 % für Papier, Glas, Metall, Kunststoffe; 70 % für Bauabfälle). Die energetische Verwertung wird aufgewertet und Müllverbrennungsanlagen werden als energetische Verwertungsanlagen anerkannt, wenn eine hohe Energieeffizienz von 65 % vorliegt. Zur Umsetzung der AbfRRL [2]
1
z
Verwertbare Produkte und Stoffe Produktrecycling
Für nicht mehr gebrauchsfähige Produkte besteht primär die Möglichkeit einer Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit durch Aufarbeitung (Regenerierung). Eine zweite Art der Nutzung ist die Weiterverwendung von Bau- und Funktionsgruppen nach erfolgtem Ausbau (Demontage). Man unterscheidet deshalb zwischen 5 Wiederverwendung (Verwendung von Bauteilen für den gleichen Einsatzzweck nach einer Aufarbeitung) und 5 Weiterverwendung (Umarbeitung von Bauteilen für einen anderen Verwendungszweck).
4
Kapitel 1 • Einführung
. Tab. 1.2 Recyclingkriterien
1
Kriterium
Charakterisierung
Einordnung
Grundoperationen
Wiederverwendung
Erneute Nutzung in gleichen Produkten oder gleicher Funktion
Produktrecycling
Weiterverwendung
Nutzung in anderen Produkten oder anderer Funktion
Identifizierung, Funktionsprüfung, Demontage, Reinigung, Nachbearbeitung, Wiedereinsatz
Wiederverwertung
Auflösung der Produktgestalt, Materialrückgewinnung für das gleiche Produkt
Werkstoff-/ Materialrecycling
Weiterverwertung
Auflösung der Produktgestalt, Materialrückgewinnung für andere Produkte
Zerstörende Demontage, Aufschlusszerkleinerung, Sortierung, Homogenisierung, Abtrennung von Verunreinigungen, Rückführung in die Produktion als Sekundärstoffe
Wenn die Wieder- oder Weiterverwendung technisch und wirtschaftlich möglich sind, dann wird dieses Produktrecycling durch Hersteller oder Dienstleistungsunternehmen des Maschinenbaus, der Elektrotechnik u. a. Industrien oder Gewerken durchgeführt. Das Produktrecycling ist nicht Gegenstand dieses Buches, da es sich von den Methoden und Verfahren des Materialrecyclings ganz grundsätzlich unterscheidet. z
Stoffrecycling, Werkstoffrecycling
Wenn das Recycling auf die Verwertung der Werkstoffe und anderer Materialien (Flüssigkeiten, Lösungen, Gase, Stäube, Salze) ausgerichtet ist, dann spricht man von Werkstoffrecycling oder Stoffrecycling. Für das Materialrecycling müssen Prozesse der mechanischen Aufbereitung und der metallurgischen und chemischen Verfahrenstechnik angewandt werden. In diesem Buch wird unter dem Begriff Recycling praktisch immer das Materialrecycling oder Werkstoffrecycling verstanden. Am Beispiel von Altautos wird allerdings sehr deutlich, dass je nach Marktlage oder technischem Zustand diese entweder für das Produktrecycling (Aufarbeitung oder Bauteilnutzung) in Betracht kommen oder komplett als Abfall dem Werkstoffrecycling zugeführt werden. Diese Situation ist bei einer Reihe von Altprodukten zu beachten. Ein Spezialfall der Regenerierung ist die Aufarbeitung von Prozesslösungen, die eindeutig dem Materialrecycling zuzurechnen ist und deshalb für einige Anwendungsfälle in diesem Buch mit be-
trachtet wird. In . Tab. 1.2 sind die verschiedenen Recyclingbegriffe nochmals übersichtlich zusammengestellt. Nicht mehr genutzte Produkte, die als Abfälle zu verwerten sind, bestehen in der Regel aus einer Verbindung verschiedener Werkstoffe bzw. Werkstücke und können Hilfsstoffe und Verunreinigungen enthalten. Ein ausgesonderter Kühlschrank besteht z. B. aus Stahlblechgehäuse, Kunststoffeinbauten, Isoliermaterial, Kompressor, Elektromotor, Temperaturregelung, Kühlmittel und Schmierstoffen. Es ist leicht einschätzbar, dass für die stoffliche Verwertung vor allem die Stahlteile, die Kupferdrähte und der Kunststoff in Betracht kommen. Dagegen bereiten das Kühlmittel und evtl. das Isoliermaterial Schwierigkeiten. Die Massenanteile der einzelnen Stoffe sind dabei extrem unterschiedlich und die Verbindungstechniken (Fügeverfahren) zwischen den Werkstoffen und Werkstücken vielfältig (Verbindungen durch Schrauben, Schweißen, Kleben usw.). Außerdem variieren die Bestandteile von Altkühlschränken je nach Hersteller und Alter erheblich. Das Produktlebensalter spielt für das Recycling also häufig eine wichtige Rolle, da neben den Werkstoffen und den Hilfsstoffen auch die Herstellungsverfahren sich ständig weiterentwickelt haben. In . Tab. 1.3 ist die durchschnittliche Lebensdauer für einige ausgewählte Produkte angegeben. Besonders günstige Voraussetzungen für das Recycling sind bei Produktionsabfällen gegeben. Produktionsabfälle werden zeitnah erfasst, sie
1
5
1.2 • Verwertbare Produkte und Stoffe
. Tab. 1.3 Übersicht zur Lebensdauer von Produkten nach Abfallgruppen Abfallgruppen – Produkte
Lebensdauer Jahre
Klassifikation L, M, K
Abfallgruppen – Produkte
Lebensdauer Jahre
Kühlschrank
Stahlerzeugnisse
Klassifikation L, M, K
12
L
Maschinen
20
L
Waschmaschine
8
M
Behälter, Kessel
20
L
Computer
6
M
Container
8
M
Kraftfahrzeuge
Stahlbau
30
L
PKW
10
M
Waggons
30
L
PKW-Akkumulator
3…5
K
Schiffe
25
L
PKW-Reifen
4
K
5…10
M
LKW, Landmaschinen
12…15
M
3
K
Kunststoffe
30…50
L
Behälter
5
K
1…2
K
Rohrleitungen, Armaturen Blechverpackungen Bauwerke
Elektrische Ausrüstungen
Verpackungen
Transformatoren
30…40
L
Chemische Erzeugnisse
Elektromotoren
7
M
Öle
2
K
Kupferkabel
40
L
Farben, Lacke
4
K
Aluminiumkabel
40
L
Glaserzeugnisse Glasflaschen
0,5…2
K
Technische Glasgeräte
5…10
M
Elektrogeräte Radio, Fernseher
11
M
Telekommunikationsgeräte
15
L
Lebensdauerklassifikation: L = langlebige Produkte; M = Produkte mittlerer Nutzungsdauer; K = kurzlebige Produkte
sind sauber und häufig ohne Verunreinigungen. Bei Werkstoffabfällen ist außerdem der Werkstofftyp genau bekannt. Ihr Restwert ist deshalb meist hoch. Metallische Produktionsabfälle werden als Neuschrott bezeichnet. Ein wesentlich minderwertigeres Material sind die Konsumtionsabfälle (bei Metallen sog. Sammelschrotte) wegen des oft unbekannten Stofftyps sowie der häufig starken Vermischung mit Fremdmaterialien und Verunreinigungen. Neben den festen Produktionsabfällen entstehen in den Produktionsprozessen auch Schlämme (Schleifschlämme,
Neutralisationsschlämme) und verschiedenartige Flüssigkeiten (Beizlösungen, Galvaniklösungen, Öle, organische Lösemittel) sowie Gase und Dämpfe (Lösemitteldämpfe), die z. T. wirtschaftlich recycelbar sind. Aber vor allem müssen diese Abfälle wegen ihrer Schadwirkung abgeschieden werden. Für einige dieser Prozesslösungen (Beizen, Galvaniklösungen) ist auch eine effektive Regenerierung möglich. Die große Vielfalt der zur Verwertung anfallenden festen Altprodukte und verschiedenartigen Altstoffe/Flüssigkeiten/Gase und die oft geringen
6
1
Kapitel 1 • Einführung
Einzelmengen stellen eine erhebliche Schwierigkeit für die Recyclingtechnologien dar. In . Tab. 1.3 ist eine Auswahl aus der Vielfalt der Abfallgruppen angegeben. Eine gesetzlich verbindliche Einteilung in Abfallgruppen ist im untergesetzlichen Regelwerk zum KrW-/AbfG in der Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (EAKV) in Form von Abfallbezeichnungen mit einem Abfallschlüssel ausgeführt.
1.3
Qualitätsanforderungen an Recyclingstoffe
Die Forderung nach dem Ersatz von primär erzeugten Stoffen durch Sekundärstoffe aus Recyclingverfahren ist nur dann ohne Probleme möglich, wenn diese Sekundärstoffe identische Eigenschaften und Qualitäten wie die Primärstoffe aufweisen. Diese Forderung bezieht sich bei Werkstoffen vor allem auf den technisch eingeführten Werkstofftyp und dessen Qualität. Das ist bei Recyclingmetallen häufig ohne technische Schwierigkeiten oder hohe Kosten zu erreichen, da Verunreinigungen sehr gut abzutrennen sind. Eine Ausnahme ist aber das Recyclingaluminium, das z. B. gewisse Eisengehalte aufweisen kann, so dass in diesem Fall die Entwicklung eines neuen Al-Legierungstyps mit geringen Fe-Gehalten angezeigt ist. Für das Recycling von Prozesslösungen und anderen Flüssigkeiten stehen wirksame Verfahren zur Verfügung, die eine sehr gute Qualität der Sekundärstoffe gewährleisten. Wesentlich ungünstiger sind die Verhältnisse bei Recyclingkunststoffen, da der Recyclingprozess die Qualität der Kunststoffe stark verändern kann und Verunreinigungen schwierig abzutrennen sind. Beim Papierrecycling ist ebenfalls aus technologischen Gründen keine Primärqualität zu erreichen. Diese grundsätzlichen Unterschiede in der Recyclingfähigkeit der metallischen Werkstoffe, der Kunststoffe, der Gläser usw. werden im Folgenden detailliert behandelt, da sie für die Einschätzung neuer Recyclingaufgaben von entscheidender Bedeutung sind. Wenn aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nur eine spezielle Sekundärstoffqualität erreichbar ist, dann ist für diese Sekundärprodukte eine zusätzliche Markterschließung mit entsprechend zusätzlichen
Kosten notwendig. Wenn eine verwendungsfähige Qualität der Sekundärstoffe durch das werkstoffliche Recycling nicht erreicht werden kann, dann eröffnen sich bei den organischen Stoffen (Kunststoffen, Papier, Ölen, Lösemitteln, Textilien) noch als weitere Möglichkeiten das rohstoffliche Recycling oder die energetische Verwertung. Diese beiden letzten Varianten sind zunächst als zweitrangig zu bewerten, da beide Verfahren zu einer teilweisen oder vollständigen Zerstörung der Stoffe führen und damit die zu ihrer Herstellung eingesetzten Produktionsaufwendungen verloren gehen. Da beim rohstofflichen Recycling auch ein marktfähiger Sekundärrohstoff erzeugt werden muss, ist der Qualitätsaspekt von vergleichbarer Bedeutung wie beim werkstofflichen Recycling. Eine weitere Variante des Recyclings ist bei metallischen Werkstoffen die Umwandlung der Metallinhalte in eine marktfähige Metallverbindung z. B. in Metallsalze für die Galvanik (Edelmetallsalze, Nickelsalze, Kupfersalze usw.) oder für die Wasserreinigung (Eisensulfat, Eisenchlorid, Aluminiumsulfat) sowie in Pigmente (Eisenoxide) und Baustoffe (Schlacken). Dieser Weg ist dann die optimale Lösung, wenn metallhaltige Abfälle bereits teilweise oder vollständig in chemische Verbindungen des Metalls umgewandelt sind oder als Lösungen vorliegen und in dieser Form dem Recycling zugeführt werden. Das Recycling eines Metalls aus solchen chemischen Verbindungen durch Reduktion ist nur bei Metallen mit relativ edlem Charakter wirtschaftlich sinnvoll. Diese Bewertung der Eigenschaften einzelner Metalle bzw. Metallverbindungen wird in 7 Abschn. 5.1 (. Abb. 5.1 und . Abb. 5.2) näher erläutert.
1.4
Technische, wirtschaftliche und ökologische Anforderungen an Recycling- und Verwertungsverfahren
Die Zielstellung zum umfassenden Einsatz des Recyclings ist nur dann realistisch, wenn die technischen Möglichkeiten, die aufzuwendenden Kosten, die Marktsituation und die ökologischen Auswirkungen umfassend berücksichtigt werden. Diese Bedingungen sind ständigen Veränderungen
1.4 • Technische, wirtschaftliche und ökologische Anforderungen
unterworfen, so dass spezielle Recycling-/Verwertungsmaßnahmen immer wieder neu durchgerechnet und bewertet werden müssen. Konkret ergeben sich folgende wesentliche Anforderungen zunächst an die Verfahren des werkstofflichen Recyclings: 1. Das Recyclingprodukt sollte die Qualität von Primärprodukten haben. 2. Der Energiebedarf des Werkstoffrecyclings sollte geringer als der für die Primärproduktion sein. 3. Der Einsatz von Hilfsmaterial ist zu beschränken. 4. Eine wirtschaftlich ausreichende Durchsatzmenge ist erforderlich. 5. Der Recyclingprozess sollte ab einer bestimmten Recyclingstufe mit der Primärproduktion verknüpft werden (Kosten- und Qualitätsvorteile) bzw. in bereits vorhandene Stoffkreisläufe eingebunden werden. 6. Der Anfall von sekundären Abfällen/Abgasen/ Abwasser sollte gering sein. 7. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten des Recyclingprozesses sollten unter denen der Primärproduktion liegen. 8. Die ökologische Belastung des Recyclings ist zu ermitteln (Ökobilanz). Das Vorlaufmaterial (Altprodukte/Altstoffe) für die Werkstoff-Recyclingprozesse ist kostenseitig sehr unterschiedlich zu bewerten. Stahl- oder Kupferschrott erzielt z. B. einen dem internationalen Metallmarkt angepassten Preis, da deren relativ geringe Recyclingkosten einen gewinnbringenden oder kostendeckenden Erlös für die gewonnenen Sekundärmetalle garantieren. Am internationalen Schrottmarkt herrscht sogar häufig eine Mangelsituation (z. B. von 2003 bis 2007 bei Kupferschrott), so dass hohe Schrottpreise realisierbar sind. Andere Altprodukte (Altautos, elektrische und elektronische Geräte, Kunststoffe, metallhaltige Schlämme, Stäube, Öle) erfordern dagegen hohe Aufwendungen für die Verwertung, so dass die Recyclingindustrie für diese Vorlaufmaterialien einen Kostenbeitrag einfordern muss, d. h., die Erzeuger dieser Altprodukte oder Altstoffe müssen Entsorgungskosten entrichten. In den Industriestaaten sind mehrere Stoffkreisläufe für Altstoffe vorhanden. Das gilt vor allem für den Stoffkreis-
7
1
lauf Eisenwerkstoffe (Stahlwerke, Gießereien), aber auch für die Stoffkreisläufe Kupfer (Sekundärkupferhütten), Aluminium, Edelmetalle, Glas und z. T. Kunststoffe. Die Einbindung von Altstoffen und Altprodukten in diese Stoffkreisläufe bringt immer Kosten- und Qualitätsvorteile, erfordert aber eine genaue Beurteilung evtl. qualitätsmindernder Auswirkungen. An das rohstoffliche Recycling müssen ganz ähnliche Anforderungen gestellt werden. 5 Es muss ein qualitativ hochwertiger Sekundärrohstoff erzeugt werden. 5 Der Einsatz an Energie und Hilfsstoffen ist zu beschränken. 5 Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten (abzüglich evtl. alternativer Deponiekosten) sollten nahe bei den Kosten der Primärrohstoffe liegen. 5 Die ökologischen Auswirkungen und die Einsparung der natürlichen Ressourcen sind zu bewerten. Für die energetische Verwertung sind vergleichbare Voraussetzungen zu erfüllen (Gesamtkosten im Vergleich zur Primärenergieproduktion, Ressourcenschonung, ökologische Aspekte). Auf Grund der häufig sich verändernden Bedingungen an den Märkten für Altstoffe, Werkstoffe, Energie und Rohstoffe und bei anderen Kostenfaktoren (Arbeitslöhne, Investitionskosten) sowie bei den umweltrechtlichen Vorschriften und den technologischen Entwicklungen müssen die drei alternativen Verwertungsverfahren (werkstofflich, rohstofflich, energetisch) immer wieder neu bewertet und verglichen werden und führen zu anderen Entscheidungen hinsichtlich des optimalen Verfahrens. Bei den Umweltgesetzen sind z. B. in der BRD die Veränderungen der Deponievorschriften von großem Einfluss, d. h., die Bewertungskriterien sind auch stark staatenspezifisch. In den folgenden Ausführungen wird zunächst schwerpunktmäßig das werkstoffliche Recycling behandelt. Am Ende des Buches werden die notwendigen Angaben zur energetischen Verwertung gemacht und das rohstoffliche Recycling ist beim Kunststoffrecycling eingeordnet.
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Technische Grundlagen des Werkstoffrecyclings
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_2, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
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10
2
Kapitel 2 • Technische Grundlagen des Werkstoffrecyclings
Die bei weitem umfangreichste Abfallgruppe sind die Werkstoffe, für die allgemeine technische Grundlagen des Recyclings vorausgeschickt werden können. Die enorme Vielfalt dieser festen Abfälle muss nach Werkstoffgruppen geordnet werden, um daraus technisch und wirtschaftlich sinnvolle Zielprodukte recyceln zu können. Diese Einteilung in recyclingverträgliche Werkstoffgruppen ist nur möglich auf Basis guter Kenntnisse der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Stoffe und vor allem der grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der möglichen Verfahren zur Stoffverarbeitung sowie deren ökonomischen und ökologischen Auswirkungen. Die für das Recycling entscheidenden physikalischen und chemischen Eigenschaften werden sehr stark von den chemischen Bindungsverhältnissen in den Stoffen bestimmt. In . Abb. 2.1 sind die vier Bindungsformen und die daraus resultierenden Stoffarten und Werkstoffgruppen dargestellt. Die schwächsten Bindungskräfte liegen bei den Polymerwerkstoffen vor, so dass bereits mechanische Prozesse und Erwärmung eine teilweise Zerstörung der Polymere hervorrufen können. Dadurch wird deren Recyclingfähigkeit vermindert. Dagegen sind kovalente Bindungen und Ionenbindungen sehr starke Bindungen, die durch mechanische Prozesse nicht geknackt werden, d. h., Stoffe wie z. B. Oxide oder Silikate bleiben vollständig erhalten. Die Metalle sind chemische Elemente und deshalb durch mechanische und physikalische Prozesse unzerstörbar (Einschränkung Kernspaltung). Die Metalle besitzen auch deshalb eine günstige Recycelbarkeit. Die Werkstoffabfälle fallen überwiegend in kompakter Form als Rohre, Bleche, Profile, Gussstücke, Platten, Verbindungselemente, Federn, Drähte usw. an. Aber auch leicht verformbare und sehr feinteilige Abfälle wie Gummi, Folien, Litzen, Papier, Faserstoffe, Leder, Späne und Schleifschlämme sind zu berücksichtigen. Eine große Gruppe sind außerdem die Altprodukte/Altgeräte (Autos, Maschinen, elektrische Geräte usw.), die aus sehr verschiedenen Bauteilen und Werkstoffen aufgebaut sind. Die in den vorangehenden Abschnitten genannten Zielstellungen, Bedingungen und Anforderungen an Recyclingprozesse bedingen ihrerseits eine bestimmte Aufgabenstellung für die logistischen und technischen Prozesse und die notwendigen Verfahrensstufen. Dieser allgemeine
Ablaufplan wird zweckmäßigerweise in sechs allgemeine Stufen gegliedert. z
Stufe 1: Sammlung der Altstoffe nach Abfallgruppen
Die getrennte Sammlung nach Abfallgruppen in den Unternehmen und Kommunen trägt als erste Sortierstufe prinzipiell zur Kostensenkung des Recyclings bei. Und diese Kostensenkung kann direkt an die Bevölkerung weitergegeben werden. Bei Unternehmen kann die konsequente Trennung der Altstoffe häufig zu direkten Erlösen bei z. B. Abgabe an den Schrotthandel führen. Aus diesen sachlichen und wirtschaftlichen Gründen sind einige Kenntnisse zu Werkstoffen und zum Recycling in der Bevölkerung und in den Unternehmen unverzichtbar. z
Stufe 2: Identifizierung des Werkstofftyps
Eine erste Identifizierung erfolgt bereits beim Sammeln nach Abfallgruppen. Die weiteren Prozesse erfordern aber oft eine sehr detaillierte Unterscheidung verschiedener Werkstoffe. Bei Eisen und Aluminium ist z. B. die Unterscheidung nach verschiedenen Legierungen oder nach Guss- und Knetwerkstoffen notwendig. Die Kunststoffsorten sind ebenfalls zu identifizieren. In einer ersten Stufe kann der Altstoffhandel die Identifizierung noch visuell durchführen. Es stehen dort aber auch manuell handhabbare Analysegeräte (NIR-Messung, Röntgengeräte) zur Verfügung. Bei den komplexen Altprodukten/Altgeräten ist die Identifizierung von Werkstoffen oft erst nach ersten Demontage- oder Trennoperationen möglich oder sinnvoll (Kühlschrank, PKW usw.). z
Stufe 3: Separierung der Werkstoffsorten in recyclingverträgliche Werkstoffgruppen durch Zerlegung und Sortierung
Die Altprodukte (Kühlschränke, PKWs usw.) bestehen aus verschiedenen Werkstoffen und Werkstücken, die durch vielfältige Verbindungstechniken (Schraub-, Niet-, Schweiß-, Klebverbindungen u. a.) miteinander verbunden sind (. Abb. 2.2). Dazu kommen oft Beschichtungen der Werkstoffe (Lackierungen, Metallschichten, Kunststoffschichten) und z. T. Verbundwerkstoffe. Unter Verbundwerkstoffen (. Abb. 2.2) versteht man Werkstoffe, die
Metallische Bindung
Metalle
Ionenbindung
Kovalente Bindung
NEwerkstoffe
Zwischenmolekulare Kräfte
Anorganisch-nichtmetallische Stoffe
Halbleiter (Si, Ge)
Eisenwerkstoffe
2
11
Technische Grundlagen des Werkstoffrecyclings
Organische Stoffe
Naturstoffe (Sand, Kies, Holz, Fasern)
Polymerwerkstoffe (PE, PVC, PET, PUR, Gummi)
Keramische Werkstoffe (Ziegel, Klinker, Beton, Porzellan, Glas, Oxide, Karbide, Nitride)
Edelmetallwerkstoffe
Verbundwerkstoffe . Abb. 2.1 Einteilung der Feststoffe nach chemischen Bindungsverhältnissen und Zuordnung der Stoffgruppen und Werkstoffgruppen (NE = Nichteisenmetalle).
aus mehreren Einzelstoffen bestehen, die zu einem neuen Werkstoff verbunden sind (z. B. Schleifscheiben, Bremsbeläge, glasfaserverstärkte Kunststoffe, Hartmetalle). Man unterscheidet faserverstärkte und partikelverstärkte Verbundwerkstoffe sowie Schichtverbundwerkstoffe (z. B. Sicherheitsglas). Für die spätere Sortierung der Werkstoffe müssen die Werkstoffverbindungen bzw. -verbunde gelöst (aufgeschlossen) werden. Die Auftrennung (Zerlegung) der vorliegenden Werkstoffverbindungen kann durch Demontage, Zerschneiden, Breschen, Mahlen oder Trennschweißen erfolgen. Beschichtungen können, falls erforderlich, chemisch abgelöst, verdampft, abgeschmolzen oder abgebrannt werden. Die Auftrennung von Verbundwerkstoffen ist allerdings sehr kompliziert oder z. T. unmöglich. Erst
Werkstoffverbindungen
Werkstoff A
Werkstoff B
Verbundwerkstoffe
Werkstoff C
Werkstoff D
Aufschluss von Verbindungen durch Zerkleinerung oder Demontage Ausgangszustand
Teilaufschluss
Aufschlussgrad 100 %
. Abb. 2.2 Werkstoffverbindungen, Verbundwerkstoffe und Aufschlussgrad von Werkstoffverbindungen [7].
12
Kapitel 2 • Technische Grundlagen des Werkstoffrecyclings
Altstoffe (Metalle, Kunststoffe, Glas, Papier)
2
Altprodukte (Elektrogeräte, Autos, Maschinen)
Produktionsabfälle
. Abb. 2.3 Allgemeines Verfahrensschema des Werkstoffrecyclings [7].
Demontage
Sammlung, Vorsortierung Trennung der Werkstoffverbunde (Brechen, Shreddern, Abschmelzen, Lösen)
Schadstoffentfrachtung
Klassierung (Sieben, Sichten)
Identifizierung (spektroskopisch, optisch) Sortierung (Dichte-, Magnet-, Elektrosortierung) Homogenisierung (Schmelzen, Lösen, Suspendieren) Reinigung (Filtration, Verdampfung, chemische Reaktionen)
Sekundärabfälle
Formgebung Schadstoffe Sekundärprodukte (Blöcke, Pulver, Granulate, Salze)
nach dieser Verbindungsauftrennung (Aufschluss) ist eine Sortierung der Werkstoffe möglich. Eine unvollständige Auftrennung der Verbindungen bewirkt deshalb zwangsläufig eine entsprechend unvollständige Sortierung. Deshalb ist es erforderlich, den Zerlegungserfolg zu definieren und messtechnisch zu erfassen. Dafür verwendet man den sog. Aufschlussgrad [6]. Aufschlussgrad =
aufgeschlossene Werkstoffmasse Gesamtwerkstofffmasse
Bauteile zur Regenerierung
Zerlegung und Aufschlussgrad sind in . Abb. 2.2 nochmals bildlich dargestellt. Sortierung der Stoffe nach Stoffgruppen Die Sor-
tierung erfolgt unter Ausnutzung der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften der Stoffe. Die wesentlichen Sortierverfahren auf physikalischer Basis sind Dichtesortieren, Magnetscheiden, Elektrosortieren und Wirbelstromsortieren. Diese Sortierverfahren setzen nicht nur voneinander getrennte Stoffe voraus, sondern vor allem auch bestimmte geringe Stückgrößen und auch Stückformen. Um das zu erreichen, sind die Zerlege- und Zerkleinerungsprozesse für die Verbindungstren-
13
Technische Grundlagen des Werkstoffrecyclings
nung entsprechend auszuwählen und durch Klassierprozesse (Sieben) geeignet zu ergänzen. In der Sortierstufe besteht auch häufig die Aufgabe, bestimmte Schadstoffe (Bleiverbindungen, chlorierte organische Verbindungen, Öle, Lösemittel u. a.) abzutrennen und so aus dem weiteren Verarbeitungsprozess herauszuhalten. Prinzipiell sind Schadstoffe so früh wie möglich aus den Altprodukten oder Altstoffen zu entfernen, und dies kann schon in der Sammel- oder Identifizierungsstufe vorteilhaft sein. Für diese spezielle Aufgabe der Heraushaltung von Schadstoffen aus weiteren Verarbeitungsstufen hat man den Begriff der Schadstoffentfrachtung geprägt. Das Sortieren lässt sich bei wenigen speziellen Materialkombinationen auch durch Verdampfen oder Ablösen (physikalische, chemische oder elektrochemische Löseverfahren) erreichen. z
Stufe 4: Homogenisierung der Sortierprodukte und Massenvergrößerung
Die weitere getrennte Verarbeitung der Stoffgruppen kann wirtschaftlich nur mit größeren homogenen Massen erfolgen. Auch im Hinblick auf die endgültigen Zielprodukte sind immer bestimmte Losgrößen mit gleichmäßiger Qualität anzustreben. Die Homogenisierung ist am günstigsten durch Mischprozesse im fluidisierten Zustand zu erreichen. Dieser fluidisierte Zustand kann bei Gläsern, Metallen und Thermoplasten durch Aufschmelzen erreicht werden. Er ist aber auch durch Auflösen (Metalle, Kunststoffe) oder durch Suspendieren in Wasser (Papier) realisierbar. z
Stufe 5: Abtrennung von Verunreinigungen und Erzeugung der Endqualität
Bei den vorliegenden Verunreinigungen muss man zwei Gruppen unterscheiden. Eine erste Grup-
2
pe hat eine negative Auswirkung auf die Qualität des Zielproduktes und ist deshalb aus Qualitätsgründen abzutrennen (z. B. die Druckfarben beim Papierrecycling). Kritischer ist eine zweite Gruppe der speziellen Schadstoffe, die auf Grund ihrer Giftwirkung in der Natur und in Recyclingprodukten zu entfernen sind und einer Sondermüllablagerung oder Inertisierung zugeführt werden müssen. Die Abtrennung von Verunreinigungen kann in dem bereits in Stufe 4 erläuterten fluidisierten Zustand z. B. durch Filtration, Verdampfung, Ausfällung, chemische oder elektrochemische Reaktionen sehr effektiv durchgeführt werden. z
Stufe 6: Herstellung marktfähiger Formen
Übliche vermarktungsfähige Formen von Recyclingprodukten sind Metallblöcke, Metallpulver, Kunststoffgranulat, Salze, Oxide, Flüssigkeiten und Pulver. Das allgemeine Verfahrensschema des Werkstoffrecyclings ist in . Abb. 2.3 nochmals dargestellt. Dabei spielen offensichtlich bewährte Verfahren der mechanischen Aufbereitung von Erzen, Kohlen, Steinen und Erden die überragende Rolle. Das sind vor allem die grundlegenden Verfahren (Unit Operations) der Zerkleinerung, Klassierung und Stoffsortierung. Häufig können erst nach dieser erfolgreichen Aufbereitung die Prozesse zum Schmelzen, Lösen oder Reinigen effektiv angewandt werden.
15
3
Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen und zur Sortierung von Feststoffen 3.1
Demontage und Rückbau – 16
3.2
Aufschlusszerkleinerung – 17
3.3
Klassierung – 21
3.4
Sortierung von Feststoffen – 24
3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6
Dichtesortierung – 24 Sortieren im Magnetfeld (Magnetsortieren) – 27 Sortieren im elektrischen Feld (Elektrosortieren) – 30 Flotation – 31 Sortieren nach verschiedenen mechanischen Eigenschaften – 31 Sensorgestützte Sortierung – 32
3.5
Kompaktieren – 33
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_3, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
16
3
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
In diesem Kapitel werden die Grundlagen der eingesetzten Aufbereitungsprozesse und der physikalischen Sortierprozesse von Feststoffen sowie deren Besonderheiten oder Sonderentwicklungen für die Recyclingprozesse behandelt. Eine weitere Vertiefung und Beantwortung spezieller Probleme findet sich in der umfangreichen Spezialliteratur zur Aufbereitungstechnik sowie zur Mechanischen Verfahrenstechnik [8] [9] [10] [11] [12].
3.1
Demontage und Rückbau
Unter Demontage versteht man die manuelle oder mechanische Zerlegung eines Altproduktes in Bauteile und/oder Werkstoffgruppen. Dabei werden vier Aufgabenstellungen verfolgt: 1. Gewinnung von Funktionsbauteilen (Getriebe, Motoren, elektrische oder elektronische Bauteile usw.), 2. Schadstoffentfrachtung (Batterien, Kühlmittel, Öle, Gase usw.), 3. Gewinnung von recyclingfähigen Werkstoffen (Stahl, NE-Metalle, Kunststoffe) und anderen verwendungsfähigen Stoffen (Öle, Lösemittel, Gase usw.), 4. Minimierung des Restabfalls. Die Demontagefähigkeit der gefügten Teile und das Demontageergebnis werden dabei durch drei Einflussfaktoren wesentlich bestimmt: 1. die Art der Verbindungstechnik (Fügeverfahren), 2. die räumliche Anordnung und Zugänglichkeit der Verbindungselemente, 3. die Kennzeichnung der Werkstoffe bei großvolumigen Bauteilen (evtl. RFID-Tags). Bei den Verbindungstechniken sind in der Regel lösbare Verbindungen (Schrauben, Stifte, Welle-Nabe-Verbindungen, Pressverbindungen oder Schnappverbindungen) erforderlich. Bei nicht lösbaren Verbindungen (Kleben, Löten, Schweißen, Nieten) müssen zerstörende Zerlegemethoden (Schneiden, Brechen, Trennschweißen u. a.) zur Anwendung kommen, die bei den Verfahren der Aufschlusszerkleinerung (7 Abschn. 3.2) erläutert sind. Für Klebe- und Lötverbindungen können
aber auch thermische Verfahren zur Trennung eingesetzt werden (Aufschmelzen des Lots; thermische Zersetzung des organischen Klebers). Auf Grund der genannten Bedingungen ist es offensichtlich, dass die allgemeine Demontagefähigkeit und das Demontageergebnis wesentlich von einer demontagegerechten Konstruktion und Fertigung des Ausgangsproduktes abhängen. Zu dieser demontagegerechten Herstellung sind die Produzenten durch die Festlegung der »Rücknahmepflicht« und der »Recyclingfähigkeit« im KrW/AbfG nachdrücklich aufgefordert. Die Hersteller liefern deshalb heute zu den Produkten Demontagerichtlinien und Werkstofflisten und kennzeichnen die Werkstoffe. Bei der Demontage werden die verschiedenen Arbeitsschritte (z. B. Trockenlegen, Reinigung, Zerlegestufen, Schadstoffentfernung, Sortierung) in Demontagelinien zweckmäßig angeordnet. Die einzelnen Arbeitsschritte sind nach Möglichkeit mechanisiert oder automatisiert, aber es verbleibt bei der Demontage immer ein erheblicher Anteil an Handarbeit, weil eine Vielzahl unterschiedlicher Altprodukte auf einer Linie zu verarbeiten ist. Die Demontagelinien sind vorwiegend mit stationären Arbeitsplätzen und bewegten Objekten konzipiert. Es können aber auch stationäre Objekte und bewegte Arbeitsplätze sinnvoll sein. Der Grad der Zerlegung des Altproduktes wird als Demontagetiefe bezeichnet. Diese ist bei der Gewinnung von wiederverwendungsfähigen Funktionsteilen am geringsten. Mit zunehmender Demontagetiefe zur Gewinnung von getrennten Werkstoffen steigen natürlich die Demontagekosten, aber dann häufig auch die Erlöse für einwandfrei getrennte Stoffe (marktabhängiges Optimierungsproblem). Die Demontage hat auf Grund der genannten vier Aufgabenstellungen und der wechselnden marktabhängigen Bedingungen eine Sonderstellung innerhalb der Aufbereitungsprozesse und wird deshalb oft getrennt von anderen Verfahrensstufen in speziellen Demontagebetrieben durchgeführt. Der Begriff Rückbau wird für den kontrollierten Abbruch von Gebäuden aus mineralischen Baustoffen verwendet. Den Abriss von Gebäuden aus Stahlträgern bezeichnet man aber auch als Demontage, weil dabei die typischen Demontagetechnologien (Abschrauben, Trennschweißen, Schneiden) zur Anwendung kommen. Für den Rückbau von
17
3.2 • Aufschlusszerkleinerung
Gebäuden aus mineralischen Baustoffen kommen zwei Technologiekonzepte zur Anwendung: 1. Konzept Ausbau: 5 Ausbau verwertbarer Bauteile/Werkstoffe (Stahltüren, Fenster, Lampen, Heizkörper, Metallrohre, Lüftungskanäle, Kabel, Holzbauteile, Kunststofffolien und -rohre usw.) sowie Ausbau evtl. Schadstoffe 5 Abbruch des Gebäudes (Abrissbirne, Abrissbagger, Sprengung) 2. Konzept Komplettzerstörung: 5 Zerstörung des Gebäudes (Abrissbirne, Abrissbagger, Sprengung) 5 Gewinnung verwertbarer Werkstoffe aus der Abbruchmasse (7 Abschn. 7.2.2).
3.2
Aufschlusszerkleinerung
Die Zerkleinerungsverfahren haben im Recyclingprozess wichtige Aufgaben zu erfüllen: 5 Aufschluss der vorliegenden Werkstoffverbindungen durch eine Zerstörung dieser Verbindungen mit Hilfe einer mechanischen Beanspruchung (sog. Aufschlusszerkleinerung), 5 Herstellung von bestimmtem Stückgrößen (Stückgrößenverteilungen) oder auch Stückformen, die für die nachfolgende Sortierung erforderlich und optimal sind, 5 Erzeugung optimaler Stückgrößen für den Eintrag (Beschickung) in Schmelzöfen und anderen Apparaten sowie die technologisch erforderlichen Stückgrößen für den Ablauf der Reaktionen in den Apparaten. Der Aufschluss ist dann optimal (100 % Aufschlussgrad), wenn ein Bruch bzw. eine Trennung der Bauteile an den Verbindungsstellen der einzelnen Werkstoffe (Werkstücke) erfolgt. Diese Voraussetzungen sind bei den lösbaren Verbindungstechniken (Gewinde, Schrauben, Stifte, Welle-NabeVerbindungen, Pressverbindungen, Schnappverbindungen) überwiegend gegeben, da bei diesen der Bruch (oder die Auftrennung) an den Verbindungsstellen mit Formschluss oder Kraftschluss stattfindet. Dagegen sind die Verbindungsstellen mit Stoffschluss (geklebte, gelötete oder geschweiß-
3
te nichtlösbare Verbindungen) oft von höherer Festigkeit als die Werkstoffe, so dass ein Bruch außerhalb der Verbindungsstelle eintritt und damit der Aufschlussgrad <100 % bleibt. Der Bruch (bzw. die Zerkleinerung) der Verbindungselemente oder der Werkstoffe wird durch mechanische Beanspruchung (Druck, Schlag, Prall, Scheren, Schneiden, Zug, Biegen) derselben bis zur Überwindung der atomaren bzw. molekularen Bindungskräfte erreicht. Erfolgt dieser Bruch makroskopisch verformungslos oder verformungsarm, bezeichnet man das als Sprödbruch. Wenn dem Bruchereignis eine plastische Verformung vorausgeht, spricht man von Zähbruch und entsprechend von sprödem und zähem Stoffverhalten. Der Sprödbruch ist im Hinblick auf den verfahrenstechnischen Aufwand, den Aufschlussgrad und das Zerkleinerungsprodukt erwünscht und kann durch äußere Bedingungen begünstigt werden. Diese günstigen Bedingungen sind niedrige Temperatur (Stoffversprödung durch Tiefkühlen) und hohe Beanspruchungsgeschwindigkeiten (die Zeit für die plastische Verformung reicht dann nicht aus). Schubert [13] hat zum Verformungsverhalten von Altstoffen eine geeignete Tabelle entwickelt (. Tab. 3.1). Danach ist die Mehrzahl der Altstoffe als nichtspröde Stoffe zu bewerten. Die Zerkleinerungsprozesse werden nach der Stückgröße des Aufgabegutes wie folgt eingeteilt: 5 Grobzerkleinerung (Grobbrechen): d >100 mm, 5 Mittelzerkleinerung (Feinbrechen): d = 100…5 mm, 5 Feinzerkleinerung (Mahlen): d = 5…0,1 mm, 5 Feinstzerkleinerung: d < 0,1 mm. z
Grob- und Mittelzerkleinerung
Für Recyclingverfahren werden häufig die Grobund Mittelzerkleinerung für die Aufgabenstellung der Aufschlusszerkleinerung benötigt. Für spröde Stoffe kommen dabei die Beanspruchungsarten Druck (Backenbrecher, Walzenbrecher) oder Schlag/Prall (Hammerbrecher) zur Anwendung. Typische spröde Stoffe sind mineralische Baustoffe (Beton, Ziegel, Naturstein). Für die überwiegend vorliegenden nichtspröden Altstoffe sind die Beanspruchungsarten Scheren, Schneiden, Zug, Biegen, Torsion erforderlich. Für die komplexe Zug-Biege-
18
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
. Tab. 3.1 Verformungsverhalten von Altstoffen nach Schubert [13] Verformungsverhalten
Festigkeit gering (weich)
Spröd-elastisch
3
Gummi-elastisch
Elastomere
Elastisch-plastisch
Thermomere
Elastisch-viskos
Papier, Pappe, Textilfasern, Leder
Druck
Scheren
Schlag
Prall A
Schneiden
Prall B
Festigkeit mittel (mittelhart)
Festigkeit hoch (hart)
Duromere
Glas, Gusseisen
Stahl, NE-Metall-Knetlegierungen Holz
. Abb. 3.1 Beanspruchungsarten bei der Zerkleinerung. Schwarze Teile = Funktionsorgane der Maschinen (Brechplatten, Prallplatten, Brechhämmer, Mahlbahnen, Schneidmesser, Schersysteme). Graue Teile = Aufgabematerial.
Schub
Zug/Biegung /Torsion (Reißen)
Torsionsbeanspruchung ist von Schubert [13] der Begriff »Reißbeanspruchung« eingeführt worden (. Abb. 3.1). Die verwendeten Maschinen sollten deshalb als »Reißer« bezeichnet werden. In Abhängigkeit von der hauptsächlichen Aufgabenstellung (Aufschlusszerkleinerung und Stückgrößenreduzierung) sind entsprechende Beanspruchungsarten und geeignete Maschinen für die Grob- und Mittelzerkleinerung zu wählen, wie sie in . Tab. 3.2 zusammengefasst sind. Der prinzipielle Aufbau der wichtigsten Maschinen für die Grob- und Mittelzerkleinerung und ihre Wirkungsweise ist in . Abb. 3.2 dargestellt. Als Besonderheit ist bei den Hammerreißern mit horizontaler Achse (. Abb. 3.2, Nr. 2) auf die beweglich befestigten Schlagleisten (Hämmer) hinzuweisen, die ein Einklemmen des Aufgabegutes in der Maschine verhindern. Diese Hammerreißer (Shredder) sind in erheblichen Größen und mit hohen Leistungen verfügbar. Die Bauform der vertikalen Shredder (Schlagelemente und Mahlelemente an einer vertikalen Achse in einem stehen-
den Mahlbehälter) kombiniert die Reißbeanspruchung im oberen Aufgaberaum mit einer darunter angebrachten Mahlbeanspruchung. Die Schneidmühlen (. Abb. 3.2, Nr. 3) mit ihrer sehr geringen Spaltbreite und hoher Drehzahl sind besonders für leicht verformbare Teile (Drähte, Litzen, Späne, Folien) im Einsatz. Rotorscheren und Rotorreißer (. Abb. 3.2, Nr. 4) werden in sehr verschiedenen Bauformen und Größen hergestellt (Einwellen-, Zweiwellen- und Vierwellenschneidsysteme). Spezielle Reißgeometrien der Rotorreißer (Hakenform und Gegenkämme) ermöglichen eine optimale Anpassung an verschiedene Produkte und Zerkleinerungsaufgaben (Einziehen, Brechen, Zerreißen, Schneiden). Die oben genannte Erzeugung optimaler Stückgrößen für den Eintrag in Schmelzöfen und anderen Apparaten wird ebenfalls durch die angeführten Apparate der Grobzerkleinerung realisiert. So werden Eisenbahnschienen und Stahlträger durch Guillotinescheren auf die erforderliche Eintragsabmessungen geschnitten. Die Zerkleinerung von
3
19
3.2 • Aufschlusszerkleinerung
. Tab. 3.2 Aufgabenstellung, Beanspruchungsarten und Maschinen der Grob- und Mittelzerkleinerung nach Schubert [13] Aufgabenstellung
Geeignete Beanspruchungsart
Zerkleinerungsmaschine
Stückgrößenreduzierung
Scher- und Schneidbeanspruchung
Guillotinescheren, Rotorscheren, Rotorschneider, Schneidmühlen
Zugbeanspruchung inkl. Biegung, Torsion (Reißbeanspruchung)
Rotorreißer (langsam laufend), Hammerreißer (Shredder), Nockenreißer
Biegebeanspruchung
Schienenbrecher
Auflösen der Verbindungen von Bauelementen und Werkstoffen
Zugbeanspruchung inkl. Biegung, Torsion (Reißbeanspruchung)
Hammerreißer (Shredder)
Zerlegung von Elektrogeräten
Prallbeanspruchung
Querstromzerspaner
Aufschlusszerkleinerung
. Abb. 3.2 Maschinen der Grob-, Mittel- und Feinzerkleinerung [7].
1. Backenbrecher
2. Hammerreißer (Shredder)
3. Schneidmühle
Schwarz: Schlagelemente Schwarz: Schneidplatten beweglich und Grau: Austragsrost Amboss Grau: Austragsrost Aufgabe Aufgabe
Aufgabe
Austrag
Austrag
Austrag
4. Rotorschere/Rotorreißer
Aufgabe
Ansicht von der Aufgabeseite
Hydraulikmotoren
Austrag Schneidplatten (schwarz)
Reinigungskämme
20
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
. Tab. 3.3 Aufgabenstellung, Beanspruchungsarten und Maschinen der Feinzerkleinerung nach Schubert [13] Aufgabenstellung
Beanspruchungsarten
Zerkleinerungsmaschinen
Stückgrößenreduzierung
Schneidbeanspruchung
Schneidmühlen
Schlagbeanspruchung
Kugelmühlen, Schwingmühlen
Prallbeanspruchung (Biegung, Torsion)
Prallmühlen, Strahlmühlen
Schneidbeanspruchung
Schneidmühlen
Prall-Druck-Schub-Beanspruchung
Prallmühlen, Hammermühlen
Zugbeanspruchung, Reißbeanspruchung
Stiftreißer
Scherströmung
Stofflöser (Pulper)
3 Aufschlusszerkleinerung
spröden gusseisernen Maschinenteilen erfolgt bevorzugt durch Fallwerke oder große Backenbrecher. Auch Fässer, Wannen, Hohlkörper und andere voluminöse oder sperrige Gegenstände erfordern eine Zerkleinerung, die je nach Werkstoff (Metalle, Kunststoffe, Gläser), Festigkeit und Sprödigkeit durch Pressen, Schlag oder Schneiden erfolgt. Häufig verwendet man bei großen Metallteilen auch das Trennschweißen. Speziell für Elektroaltgeräte ist eine schonende Zerlegemaschine entwickelt worden, die durch Beschleunigung der Geräte mit einer Kette eine gegenseitige Prallbeanspruchung bewirkt (autogene Zerlegetechnik). Dadurch zerlegt dieser Querstromzerspaner QZ die Geräte in die Bauteile, ohne diese selbst zu zerstören. Eine Skizze des Querstromzerspaners ist in . Abb. 11.3 zu finden. z
Feinzerkleinerung
Bei sehr kleinen Abmessungen der Werkstoffbestandteile (Elektronikschrott, Litzen) sowie bei Verbundwerkstoffen und Beschichtungen müssen Stückgrößen von 1…2 mm und darunter für den Aufschluss erreicht werden, d. h., es ist eine Feinzerkleinerung zwingend. Als Beanspruchungsarten kommen die Prallbeanspruchung, die DruckSchub-Beanspruchung, die Reißbeanspruchung und die Schneidbeanspruchung zur Anwendung (. Tab. 3.3). Wegen des häufig größeren Anteils einer plastischen Verformung ist dabei eine kryotechnische Vorbehandlung zur Versprödung des
Materials besonders effektiv. In einigen Fällen ist aber die plastische Verformung des Zerkleinerungsproduktes in der Maschine (z. B. eine Verkugelung von Feindraht) erwünscht, weil damit die Sortiereffekte verbessert werden können. Die Maschinen der Feinzerkleinerung (Mahlen) werden entsprechend dem Vorgang als Mühlen bezeichnet. Beispiele solcher Mühlen sind in . Tab. 3.3 und . Abb. 3.2 aufgeführt. Eine nasse Feinzerkleinerung wird nur für die Papier-Pappe-Aufbereitung in Pulperührwerken angewandt. Es wurde aber vorgeschlagen, für das Recycling von Altteppichböden eine Zerkleinerung mit einem Hochdruckwasserstrahl zu nutzen. Dabei soll die Strahlgeschwindigkeit so dosierbar sein, dass die Kautschukschicht feinstteilig zerstört wird und die freigesetzten Fasern als Recyclingfasern verwendbar bleiben. z
Kryogene Vorbehandlung
Die kryogene Vorbehandlung von Altstoffen nutzt den Versprödungseffekt (Abnahme der Elastizität und Kerbschlagzähigkeit bei niedrigen Temperaturen) von insbesondere Thermoplasten und Elastomeren. Bei einer nachfolgenden Prallbeanspruchung erreicht man den Sprödbruch dieser Plaste und damit z. B. einen sehr effektiven Aufschluss von Kabelschrott durch Abplatzen des Isoliermaterials vom Kupferdraht. Auch für Verbundwerkstoffe aus diesen Kunststoffen mit Faser-oder Partikelverstärkung wird der Aufschlussgrad deutlich verbessert. Außerdem wird durch den Sprödbruch der Kunst-
stoffe ein relativ gleichmäßiges Kornspektrum erzeugbar. Das Verfahren der Kryomahlung gestattet die Erzeugung von Altkunststoffpulvern mit einer Feinheit von 0,25…0,30 mm. Kunststoffe und Metalle besitzen außerdem einen sehr unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, so dass bei der Tiefkühlung von solchen Werkstoffverbunden erhebliche Schubspannungen an den Grenzflächen Kunststoff/Metall auftreten und damit die Verbindungen gelockert oder gelöst werden (z. B. bei metallbeschichteten Kunststoffteilen, die in der Autoindustrie häufig in Anwendung sind). Gummierte Metallteile von Chemieanlagen können nur durch Tiefkühlung und mechanische Beanspruchung entgummiert werden. Als Kühlmedium für die Kryobehandlung wird ausschließlich flüssiger Stickstoff eingesetzt. Als Apparate sind Wirbelschneckenkühler, Wirbelrohrkühler oder Kühltunnel in Anwendung (. Abb. 3.3). z
Stückgrößenverteilung
Eine Zielstellung der Zerkleinerung ist die Erzeugung bestimmter Stückgrößen. Bei den im Zerkleinerungsapparat stattfindenden Bruchvorgängen entstehen aber immer Bruchstücke unterschiedlicher Stückgröße, so dass ein polydisperses Produkt vorliegt. Für die Charakterisierung derartiger Körnerkollektive verfügt die Aufbereitungstechnik über geeignete Methoden. In der Aufbereitungstechnik und Verfahrenstechnik verwendet man für die Abmessungen der Teile den Begriff »Korngröße«, der in der Recyclingtechnik wegen der vielfältigen und häufig nicht körnigen Formen nicht zweckmäßig erscheint. In manchen Ausnahmefällen ist aber wegen in der Verfahrenstechnik eingeführter Begriffe die Bezeichnung »Korn« nicht zu umgehen. Da bei der Feinzerkleinerung eher körnige Mahlprodukte entstehen, ist dort der Begriff Korn vorherrschend. Die Definition einer Stückgröße ist allerdings bei Altstoffen und deren Zerkleinerungsprodukten durch die große Vielgestaltigkeit der Formen (Drähte, Bleche, Fasern, Späne, Folien usw.) außerordentlich schwierig. Als Stückgröße definiert man eine gemittelte Abmessung »d« oder nutzt folgende physikalische Merkmale: 5 die Kantenlänge L quadratischer Öffnungen (Prüfsiebe), durch die die Stücke noch hindurchfallen,
3
21
3.3 • Klassierung
Vorzerkleinertes Aufgabegut
Flüssiger Stickstoff
Kühlprodukt zur Mahlung
. Abb. 3.3 Wirbelschneckenkühler (Messer Griesheim GmbH) [14].
5 die Oberfläche A oder die Projektionsfläche B der Stücke, 5 die Masse M oder das Volumen V der Stücke, 5 die Sinkgeschwindigkeit v der Stücke in einem Fluid unter Wirkung eines Kraftfeldes. Für die Beurteilung des Zerkleinerungsproduktes und seine weitere Verwertung/Bearbeitung sind Aussagen über den Anteil der verschiedenen Stückgrößen (Stückgrößenklassen) im Produkt entscheidend. Diese Aussagen liefert die Stückgrößenverteilung. In . Abb. 3.4 sind für ein Materialbeispiel die Stückgrößenverteilungsfunktion F (. Abb. 3.4a) und die zugehörige Stückgrößenverteilungsdichte D (. Abb. 3.4b) grafisch dargestellt. Besonders aus der Verteilungsdichte D sind die z. B. aus einer Siebanalyse gewonnenen Stückgrößenklassen deutlich erkennbar. Neben der in . Abb. 3.4 vorliegenden Hauptstückgrößen von 4…8 mm ist auch ein feineres Produkt (Feingut) entstanden und ein weiterer Produktanteil noch ungenügend zerkleinert (Grobgut). In . Tab. 3.4 sind für die sehr unterschiedlichen Altprodukte und Altstoffe nochmals die eingesetzten Zerkleinerungsmaschinen als Übersicht zusammengestellt.
3.3
Klassierung
Unter Klassierung versteht man die Aufteilung eines Körnerkollektivs in dessen verschiedene Korngrößenklassen (Stückgrößenklassen). Auf Grund der z. T. unvollständigen Zerkleinerung (Grobgut) und der anteiligen Entstehung von Feingut ist ein für nachfolgende Prozesse oft notwendiges enges
22
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
100
60 40 20 0 0
4
8 12 Stückgröße (mm)
16
20
0
4
8 12 Stückgröße (mm)
16
20
a 20 16 Dichte (%/mm)
3
Stückmasse (%)
80
12 8 4 0
b
. Abb. 3.4 a) Stückgrößenverteilungsfunktion F; b) Stückgrößenverteilungsdichte D.
Kornspektrum (Stückgrößenspektrum) nicht direkt in einer Zerkleinerungsstufe zu erzielen. Vor einer zweiten Zerkleinerungsstufe ist die Abtrennung des Feingutes aus dem Haufwerk zweckmäßig, um eine unerwünschte weitere Zerkleinerung (Übermahlung) zu vermeiden. Und andererseits muss das unvollständig zerkleinerte Material ebenfalls abgetrennt und der primären Zerkleinerung erneut vorgelaufen werden. Diese zwangsläufige Verknüpfung von mehreren Zerkleinerungsstufen mit zwischengeschalteter Klassierung führt zu einer typischen Kreislaufschaltung des technologischen Ablaufs (ein sog. Mahlkreislauf). z
Siebklassierung
Die Klassierung mittels Siebung ist das Hauptverfahren für große und mittlere Stückgrößen aber auch bis zu einer Trennkorngröße >1 mm einsetzbar. Die Trennung erfolgt durch Bewegung des Materials (Siebgut) auf einer perforierten Trennfläche (Siebboden). Die Lochabmessungen des Siebbodens
entsprechen der Trennkorngröße und man gewinnt im Siebdurchlauf das Feingut und im Siebüberlauf das Grobgut. Feingut und Grobgut fallen ebenfalls in einer bestimmten Stückgrößenverteilung an. Die Siebung erfordert eine freie Beweglichkeit der Einzelstücke, eine ständige Durchmischung des Siebgutes und eine Relativbewegung zwischen Siebgut und Siebboden. Die Siebung kann trocken oder nass erfolgen. Bei der Trockensiebung ist eine gewisse Anhaftung von Feingut am Grobgut unvermeidlich und außerdem die Staubentwicklung ein relativer Nachteil. Die Nasssiebung verbessert im Feinkornbereich die Beweglichkeit der Partikel erheblich und vermindert deutlich die Anhaftung von Feingut am Grobgut, so dass sogar ein Entschlämmen oder Waschen erreichbar ist. Dagegen führt feuchtes Siebgut zur Agglomeratbildung und ist bei der Siebtrennung zu vermeiden. Die Gestaltung der Siebböden ist vielfältig: Spaltroste, gelochte Platten, Drahtgewebe, Siebmatten. Die erforderliche Relativbewegung des Siebgutes zum Siebboden erreicht man mit verschiedenen Methoden: 5 Abrollen des Siebgutes auf einem geneigten Siebboden (ca. 40°) durch die Schwerkraft (Grobkornklassierung auf geneigten festen Rosten oder Sieben, 5 Wälzen des Siebgutes in einer drehenden Siebtrommel (Wälzsiebe, Trommelsiebe), 5 Schwingungen des Siebbodens (Wurfsiebe, Schwingsiebe), 5 Ausblasen des Feingutes mit einem Luftstrahl durch ein Siebelement (Luftstrahlsieb). Bei der Siebung von Altstoffgemischen treten häufig auch Sortiereffekte (Auftrennung nach Materialarten) auf, wenn z. B. im Feingut eine bestimmte Stoffart vorliegt oder bei der Zerkleinerung eine bestimmte Stoffart infolge Sprödbruch bevorzugt zerkleinert wurde. Andererseits entziehen sich elastische Stoffe häufig der Zerkleinerung und werden überwiegend im Grobgut ausgetragen. Diese Sortiereffekte bei der Siebung kann man gezielt anwenden. Beispiele für Siebmaschinen, die in der Abfallaufbereitung häufig im Einsatz sind, zeigt . Abb. 3.5.
23
3.3 • Klassierung
3
. Tab. 3.4 Übersicht zu den Zerkleinerungsmaschinen für die Aufschlusszerkleinerung und Stückgrößenreduzierung von Altprodukten und Altstoffen nach Schubert [13] Altprodukt/Altstoff
Zerkleinerungsmaschine
Grob- und Mittelzerkleinerung 1. Stahl- und NE-Metallschrotte (Schienen, Profile, Bleche, …)
Guillotinescheren, Alligatorscheren
2. Großflächige Fußbodenbeläge 3. Gusseisen-, Aluminiumgussschrott
Backenbrecher (Fallwerke)
4. Beton, Bauschutt 5. Sperrmüll (Möbel, Teppiche, Fahrräder, Fässer, Altreifen, Bretter, Balken, Akten)
Rotorscheren
6. Blechbehälter, kleine E-Motoren 7. Kunststoffabfälle, Kunststoffbehälter, Folien, Schaumstoffe, Holzabfälle
Schneidmühlen
8. PKW- und Aluminiumschrotte, Metallspäne, Sperrmüll, Holzabfälle, Papier, Pappe, Haushaltsabfälle
Rotorreißer
9. Ballen und Säcke 10. Asphalt, Bauschutt 11. PKW, Blechpakete, Haushaltsgeräte, Elektrogeräte, Verbrennungsschrott, Bleiakkuschrott, E-Motoren, Blechschrott, Metallspäne, Hausmüll, Pappe
Hammerreißer (Shredder), verschiedene Ausführungsformen
Feinzerkleinerung
z
1. Kabel, Steckverbinder, Elektrokleinschrott
Schneidmühlen, Hammermühlen (evtl. Kryovorbehandlung)
2. Faser- und Schichtverbunde
Prallmühlen (evtl. Kryovorbehandlung)
3. Beschichtungen
Strahlmühlen
4. Elastomere, Kunststoffe
Prallmühlen (evtl. Kryovorbehandlung), Druckwalzen (Kollergänge), Matrizenpressen
5. Alttextilien
Stiftreißer
6. Altpapier, Altpappe
Stofflöser (Pulper)
Stromklassierung
Die Stromklassierung nutzt zur Trennung unterschiedlicher Korngrößen die Sinkgeschwindigkeit der Körner in einem Fluid aus. Als Fluid werden Flüssigkeiten oder Luft eingesetzt. Für den einfachsten Fall der Bewegung eines kugelförmigen Einzelkorns in einem Fluid gilt folgende Gleichung: 4 · d · ρ · g w= 3 · ξ · ρF
Dabei gilt: w : Absetzgeschwindigkeit (m/s), d : Korngröße (m), g: Fallbeschleunigung (9,81 m/s), ξ : Widerstandszahl (dimensionslos), Δρ: Dichtedifferenz zwischen den Feststoffteilchen ρT und dem Fluid ρF (kg/m3), ρF : Dichte des Fluids (kg/m3). Die Widerstandszahl ξ ist von der Art der Umströmung der Körner, d. h. von der Reynolds-Zahl Re abhängig. Bei vorliegender laminarer Umströmung (Re <0,5) geht obige Gleichung in das Gesetz von Stokes über:
24
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
1. Festes Sieb oder Rost Siebgutaufgabe
2. Schwingsieb mit 3 Siebdecks (progressive Siebneigung) Siebgutaufgabe
Antrieb
3
Feingut
Grobgut
Feingut Mittelgut Grobgut
3. Trommelsieb Siebgutaufgabe
hen sog. Gleichfälligkeitsklassen. Insbesondere bei Dichteunterschieden der Teilchen entstehen dann neben der Klassierung zusätzliche Sortiereffekte nach der Dichte, d. h. nach der Stoffart. Im Unterschied zu Klassierprozessen bei Kohlen, Gesteinen und auch Erzen bestehen die Vorlaufmaterialien für Recyclingprozesse fast immer aus Stoffmischungen unterschiedlicher Feststoffdichte und zusätzlich sehr unterschiedlicher Kornformen (Stücke, Bleche, Folien), so dass die Stromklassierung nur selten einsetzbar ist. Die wichtigsten technischen Apparate für die Stromklassierung sind Schwerkraftklassierer (Spitzkästen, Rechenklassierer), Zentrifugalkraftklassierer (Hydrozyklone) und Windsichter, die auch bei der Dichtesortierung im Einsatz sind und deshalb dort näher erläutert werden.
3.4
Siebgut
Feingut
Grobgut
. Abb. 3.5 Siebmaschinen.
w=
d 2 · ρ · g 18 · η
Dabei gilt: η : dynamische Viskosität (kg/ms). Durch Anwendung der Ähnlichkeitstheorie sind auch die Absetzgeschwindigkeiten bei turbulenter Umströmung berechenbar. Als weitere Einflussfaktoren sind die großen Abweichungen von der Kugelform (Einführung eines Formfaktors) und die gegenseitige Behinderung der Körner bei höherer Feststoffkonzentration (Konzentrationsbeiwert) zu berücksichtigen. Die wesentlichen Einflussgrößen auf die Absetzgeschwindigkeit w sind also die Korngröße der Teilchen, die Dichte der Teilchen und die Kornform sowie das gewählte Fluid (Dichte, dynamische Viskosität). Daraus ergibt sich für die Stromklassierung die Schlussfolgerung, dass Korngrößenklassen nur hergestellt werden können, wenn Körner gleicher Dichte (d. h. gleicher Stoffart) und ähnlicher Kornform vorliegen. Ist das nicht der Fall, dann entste-
Sortierung von Feststoffen
Die Sortierung der aufgeschlossenen und wenn erforderlich zerkleinerten und klassierten festen Abfälle in recyclingverträgliche Werkstoffgruppen oder sortenreine Werkstofftypen ist die entscheidende Prozessstufe für die meisten Verfahren des Werkstoffrecyclings. Die Sortierung wird außerordentlich entlastet, wenn die primären Sammelprozesse und Zwischenlagerungen bereits werkstoffspezifisch erfolgen. Die Sortierprozesse leisten häufig bereits auch eine notwendige Abtrennung von Verunreinigungen. Unter Sortierung im engeren Sinne versteht man in der Verfahrenstechnik das Sortieren makroskopischer Feststoffteilchen unter Ausnutzung der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften der Stoffe [9]. Ein grundlegendes Fachbuch der Feststoffsortierprozesse hat Schubert [9] vorgelegt. Die folgenden Ausführungen verwenden die dort benutzte Einteilung.
3.4.1
Dichtesortierung
Eine reine Dichtesortierung beruht auf der Ausnutzung der Dichteunterschiede zwischen verschiedenen Feststoffen (. Tab. 3.5) und einer Flüssigkeit ausgewählter Dichte, so dass eine Trennung in ein
3
25
3.4 • Sortierung von Feststoffen
. Tab. 3.5 Dichte von Werkstoffen [7] [5] Dichte kg/dm3
Werkstoff
Dichte kg/dm3
Platin
21,5
Quarzglas
2,2
Gold
19,3
Polytetrafluorethylen (PTFE)
2,1…2,3
Tantal
16,6
Magnesiumlegierungen
1,4…1,8
Wolframkarbid
15,8
Graphit
1,8
Blei
11,3
Magnesium
1,7
Silber
10,5
Kunststoff, glasfaserverstärkt
1,3…1,7
Nickel
8,9
Kunststoff, kohlefaserverstärkt
1,5…1,6
Polyvinylchlorid (PVC)
1,2…1,7
Werkstoff
Nickellegierungen Kupfer
7,2…8,9 8,9
Harnstoffharz
1,5
Messing
8,3…8,7
Melaminharz
1,5
Stahl
7,8…7,9
Polyethylenterephthalat (PET)
1,4
Gusseisen
7,1…7,4
Polyesterharz
1,1…1,4
Zinn
7,3
Phenolharz
1,3
Zink
7,1
Epoxidharz
1,2…1,3
Zinklegierungen
5,0…7,2
Silikonkautschuk
1,25
Glas
2,2…6,3
Polyurethan
1,25
Titanlegierungen
4,4…5,1
Polykarbonat
1,20
Titan
4,5
Polyamid
Aluminiumoxid
3,9
Polystyrol
Aluminiumlegierungen Aluminium Kalkstein
2,6…2,9 2,7
Styrol-Butadien-Kautschuk
1,05 0,91…0,97 0,93
Polypropylen (PP)
0,89…0,91
2,6
Sperrholz
0,80…0,90
Porzellan
2,2…2,5
Laubholz
0,70
Beton
2,0…2,8
Nadelholz
0,5…0,6
Kohlefasern
1,7…2,2
Siliziumdioxid
2,6…2,7
Polyethylen (PE)
1,0…1,14
Schwimmgut und ein Sinkgut möglich wird. Wenn diese Flüssigkeit (oder Luft) aber in den Apparaten strömt, dann gewinnen damit auch die Stückgröße und Stückform einen Einfluss. Unter solchen Bedingungen eines strömenden Fluids gelten dann
die in 7 Abschn. 3.3 für die Stromklassierung angegebenen Gleichungen. Eine Dichtesortierung im strömenden Fluid ist also nur bei vorausgehender Klassierung des vorlaufenden Materials in enge Kornklassen möglich. Das kann wegen der wir-
26
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
1. Schwimm-Sink-Scheider
2. Schwertrübe-Schwimm-Sink-Scheider Aufgabe
Aufgabe
Schwertrübekreislauf
3
Trennflüssigkeit
Sinkgut
Schwimmgut
Schwertrübesieb
Schwimmgut
3. Sortierzentrifuge (Humboldt) Aufgabe
Zentrifugentrommel
Austragsschnecken
Sinkgut
4. Sortierzyklon Trennflüssigkeit
Schwimmgut
Körner geringer Dichte
Sinkgut
Aufgabe
Körner hoher Dichte
. Abb. 3.6 Schwimm-Sink-Sortieren mit Schwerkraftscheidern und Zentrifugalkraftscheidern [7].
kenden Gesetzmäßigkeiten nur durch Siebklassierung und nicht durch Stromklassierung erfolgen. Durch Dichtesortierprozesse können vorwiegend Stückgrößen von 1…20 mm, in Sonderfällen auch 0,1 mm und bis 100 mm verarbeitet werden.
z
Schwimm-Sink-Sortierung
Beim Verfahren der Schwimm-Sink-Sortierung werden die Feststoffe in eine ruhende oder nur schwach strömende Flüssigkeit eingebracht, deren Dichte zwischen den Dichten der zu trennenden
27
3.4 • Sortierung von Feststoffen
Feststoffe liegt. Der Feststoff mit der geringeren Dichte als der Flüssigkeitsdichte schwimmt (Schwimmgut), der schwere Feststoffanteil sinkt im Trennmedium ab (Sinkgut). Die Trennflüssigkeit ist überwiegend Wasser. Andere Dichten des Trennmediums erreicht man mit Salzlösungen, Wasser-Alkohol-Gemischen oder Schwertrüben. Generell muss für eine vollständige Benetzung der Feststoffe und die Vermeidung von Luftblasen Sorge getragen werden. Schwertrüben sind quasistabile Suspensionen, die durch Aufschwemmung feinster Schwerstoffteilchen <100 μm in Wasser hergestellt werden und wie eine homogene Flüssigkeit hoher Dichte wirken. Als Schwerstoffe werden z. B. Baryt, Ferrosilizium und Magnetit eingesetzt, mit denen Trübedichten von 2000 bis 3800 kg/m3 erreichbar sind. Die Stabilität der Schwertrübe erfordert eine gewisse Strömung dieses Trennmediums und kann damit einen geringen Stückgrößeneinfluss bewirken. Bei der Schwertrübesortierung müssen die Stückgrößen mit >5 mm deutlich größer als die Schwerstoffkorngrößen sein, um die anschließende Abtrennung der Schwertrübe auf einem Sieb zu ermöglichen (. Abb. 3.6). Die einfachsten Apparate sind Schwerkraftscheider in Kasten- und Konusform oder Trommelscheider. Durch die Anwendung von Zentrifugalkraft (Sortierzyklone, Sortierzentrifuge) lassen sich die Trenneffekte verbessern und kleinere Stückgrößen sortieren. In . Abb. 3.6 sind einige Apparateprinzipien dargestellt und erläutert. z
Setzprozess, Herdsortierung
Ein weiteres Dichtesortierverfahren ist der Setzprozess. Dabei nutzt man die Auflockerung einer Kornschicht durch einen aufwärtsgerichteten pulsierenden Wasser- oder Luftstrom, wobei sich eine Schichtung der Körner nach ihrer Dichte einstellt. Korngrößen und Kornformen sind unter diesen Bedingungen ebenfalls von Einfluss. Für die Dichtesortierung hat sich auch die Anwendung einer Filmströmung auf einer geneigten Platte bewährt (Herdsortierung). Diese Herde haben eine gerillte Oberfläche und werden meist mit einer Schwingung beaufschlagt (Stoßherd, Rütteltisch). Unter der Wirkung von Strömungs- und Masseträgheitskräften wandern Körner unterschiedlicher Dichten auf der geneigten Platte zu unterschiedlichen
Aufgabegut
Schwingerantrieb
3
Wasserzuführung
Körner geringer Dichte
Zwischenprodukt
Körner hoher Dichte
. Abb. 3.7 Stoßherd.
Plattenenden (. Abb. 3.7). Nach einem ähnlichen Trennprinzip arbeiten die Lufttrennherde, die eine Filmströmung auf einem schrägen Lochblech mit Unterluft verwenden. z
Stromsortierung
Das Wirkprinzip der Stromsortierung beruht auf den Gesetzmäßigkeiten für die Sinkgeschwindigkeit von Teilchen in einem Fluid, wie diese in 7 Abschn. 3.3 bereits für die Stromklassierung dargestellt sind. Man unterscheidet Aerostromsortierer (Sichter) und Hydrostromsortierer. In der Recyclingtechnik kommen überwiegend Sichter zur Anwendung, die sehr gut zur Abtrennung von Feingut oder Material geringer Dichte aus Metallen, Glas und anderem Stückgut geeignet sind. Die Apparate arbeiten mit Luftgegenstrom oder Luftquerstrom. Es ist aber auch die Sichtung mit einem zusätzlichen Zentrifugalfeld technisch realisiert. Prinzipielle Arbeitsweisen sind in . Abb. 3.8 dargestellt.
3.4.2
Sortieren im Magnetfeld (Magnetsortieren)
Bei der Magnetscheidung werden aus einem Gemengestrom die magnetisierbaren Stücke herausgezogen. Die Magnetscheidung besitzt in der Recyclingtechnik eine weite Anwendung für die Abtrennung oder Reinigung ferromagnetischer Metalle und Legierungen (Eisenwerkstoffe, Nickelwerkstoffe). Die magnetischen Eigenschaften wich-
28
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
1. Zick-Zack-Sichter Körner geringer Dichte bzw. Feinkorn Aufgabe
2. Querstromsichter
. Abb. 3.8 Windsichter.
Luftstrom Aufgabe
3
Körner höherer Dichte bzw. Grobkorn Luftstrom
Körner geringer Dichte bzw. Feinkorn
Körner höherer Dichte bzw. Grobkorn
. Tab. 3.6 Magnetische Eigenschaften metallischer Werkstoffe nach Schubert [9] [7] Starkmagnetische Werkstoffe
Eisenwerkstoffe: Kohlenstoffstahl, niedrig- und mittellegierte Stähle Cr-hochlegierte Stähle Hitze- und zunderbeständige Cr-Al- sowie Cr-Si-Stähle Eisengusswerkstoffe Nickel, Ni-Cu-Legierungen >65 % Ni
Schwachmagnetische Werkstoffe
Cu-Mehrstoff-Gusslegierungen (Bronzen)
Nichtmagnetische Werkstoffe
Hochlegierte Stähle: Manganstähle (11…21 % Mn) Rost- und säurebeständige Stähle (7…18 % Ni, 15…23 % Cr) Hitze- und zunderbeständige Stähle (11…21 % Ni, 22…27 % Cr) Hochwarmfeste Stähle NE-Metalle: Aluminium, Magnesium, Kupfer, Zink und deren Legierungen Edelmetalle
tiger Metalle und Legierungen sind in . Tab. 3.6 zusammengestellt. Günstige Stückgrößen für die Magnetscheidung sind 1…10 mm, in Ausnahmefällen bis 100 mm. Die Magnetscheider arbeiten mit Elektromagneten oder Permanentmagneten. In der Recycling-
technik sind Trockenmagnetscheider in Anwendung, die ein trockenes, nicht klumpendes Gut und frei bewegliche Teilchen erfordern. Der Stoffstrom wird mit Schurren auf eine bewegte Transportfläche (Trommel oder Band) aufgegeben und durch über oder unter dieser Fläche angeordnete Magnet-
. Abb. 3.9 Magnetschneider.
3
29
3.4 • Sortierung von Feststoffen
1. Trommelmagnetscheider
Aufgabe
2. Überbandmagnetscheider Oberes Förderband
Aushebemagnet
Magnet
Magnetisches Material
Unteres Förderband mit Aufgabegut
Magnetisches Material Unmagnetisches Material
segmente das magnetisierbare Material ausgehoben oder abgelenkt. Die zwei häufigsten Apparatetypen sind in . Abb. 3.9 dargestellt.
. Tab. 3.7 Trenneffekt der Wirbelstromsortierung (Verhältnis Leitfähigkeit/Dichte) [7] Werkstoff
z
Wirbelstromsortierung
Eine Spezialentwicklung für die Recyclingtechnik ist die Wirbelstromsortierung. Durch ein rotierendes Magnetfeld werden in elektrisch leitenden Teilchen (Metallteilen) Wirbelströme induziert, deren Magnetfeld dem induzierenden entgegengerichtet ist. Daraus resultiert eine abstoßende Kraftwirkung auf die Metallteilchen. Dieser Abstoßungseffekt wird dabei durch das Verhältnis Leitfähigkeit/ Dichte der Teilchen bestimmt. Das Verhältnis ist in . Tab. 3.7 für wichtige Metalle angegeben. Man erkennt, dass die Wirbelstromsortierung offenbar für Al-Werkstoffe vorteilhaft einsetzbar ist. Der Sortiereffekt wird aber auch von der Stückform und Stückgröße beeinflusst. In kleinen Teilchen <5 mm und sehr langgestreckten Drahtstücken kann sich kein hinreichend großes Wirbelstromfeld ausbilden. Optimale Stückgrößen sind 10…20 mm. Das Aufgabegut sollte möglichst keine ferromagnetischen Teilchen mehr enthalten. Den prinzipiellen Aufbau eines Wirbelstromscheiders zeigt . Abb. 3.10. Die Drehzahl der Fördertrommel muss dabei höher als die Drehzahl der Poltrommel (Magnetsystem) sein. Die Poltrommel ist exzentrisch zur Fördertrommel
Leitfähigkeit/Dichte (m2 103/Ω kg)
Aluminium
13
Magnesium
12
Kupfer
7
Al-Legierungen
5…12
Zink
2,4
Gold
2,3
Messing
1,8
Nickel
1,3
Zinn
1,2
Blei
1,0
Eisen, Stahl, legierte Stähle
1,0…1,3
angeordnet. Durch stufenlose Verstellung der Poltrommel zur Achse der Fördertrommel können erhebliche Vorteile bei der Separation von feineren Teilen <10 mm erreicht werden.
30
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
Aufgabegut
. Tab. 3.8 Triboelektrische Aufladungsreihe von Kunststoffen nach Brück [8] [16]
Poltrommel (Magnetsystem)
3
Kunststoff
Kurzzeichen
+++
Polyethylenimin
PEI
++
Polyethylenoxid
PEO
+
Polyurethan
PUR
Polymethylmethacrylat
PMMA
Polykarbonat
PC
Zelluloseazetat
CA
Polyamid
PA
Polyacrylnitril
PAN
Polystyrol
PS
Polyethylen
PE
Polypropylen
PP
Polyethylenterephthalat
PET
Chlorkautschuk
RUC
–
Polyvinylidenchlorid
PVDC
– –
Polyvinylchlorid
PVC
– – –
Polytetrafluorethylen
PTFE
▶
Trommel
Ladungstendenz
Fraktion A Fraktion B . Abb. 3.10 Wirbelstromscheider (A = geringer Wert von Leitfähigkeit/Dichte; B = hoher Wert von Leitfähigkeit/Dichte) [7].
3.4.3
Die erste Verfahrensstufe der Elektrosortierung besteht in der Erzeugung elektrischer Ladungen verschiedener Größe und Polarität auf den Stücken des Aufgabegutes. Danach oder unmittelbar gekoppelt wird im elektrischen Feld eine Sortierung durch Ablenkung der Teilchen erreicht. Die elektrische Ladung kann nach drei Verfahren erzeugt werden (durch Polarisation im elektrischen Feld, durch Triboaufladung (Reibungselektrizität) oder durch Aufladung im Koronafeld). Für den Trenneffekt sind die verschiedene elektrische Leitfähigkeit, die Dielektrizitätskonstante der Teilchen und besonders deren Oberfläche verantwortlich. Bei der Ablenkung im elektrischen Feld wirkt eine aus Coulomb-Kraft, Schwerkraft und evtl. Zentrifugalkraft resultierende Ablenkkraft. Die Triboaufladung wird durch intensive Reibung zwischen Teilchen (Nichtleiter oder schlechte Leiter) und dadurch hervorgerufene Ladungstrennung erreicht. Die Reibung erzeugt man technisch in Mischtrommeln oder in Wirbelschichten. Da die Kunststoffe Nichtleiter sind und außerdem unterschiedliche triboelektrische Eigenschaften besitzen, ist deren Trennung von Metallen (Leiter) und auch untereinander besonders effektiv. Eine triboelektrische
▶
Sortieren im elektrischen Feld (Elektrosortieren)
Aufladungsreihe ist in . Tab. 3.8 angegeben. Der prinzipielle Aufbau eines Koronawalzenscheiders und eines elektrostatischen Kammerscheiders mit vorgeschalteter Triboaufladung ist in . Abb. 3.11 skizziert. Die technischen Anwendungsgebiete der Elektrosortierung sind die Kunststoff-Kunststoff-Sortierung, die Metall-Kunststoff-Sortierung und die Elektronikschrottaufbereitung. Anwendungsbeispiele: 5 Kunststoff-Kunststoff: Separierung der Mischungen HDPE/PP, PET/PVC, PVC/Gummi, PP/PS, ABS/PMMA, PVC/PE; 5 Metall-Kunststoff: Abtrennung feinster Metallpartikel (0…10 mm) aus Kunststoffen und Kunststoffe aus Metallen z. B. in feinkörnigen
. Abb. 3.11 Apparateprinzipien der Elektrosortierung.
3
31
3.4 • Sortierung von Feststoffen
1. Elektrostatischer Scheider mit Triboaufladung
Wirbelbett
2. Koronawalzenscheider
Pressluft Aufgabegut Aufgabegut
Koronaelektrode
Plattenelektrode
Bürste Walzenelektrode
Shredderfraktionen. Damit ergänzt die Elektrosortierung die Wirbelstromsortierung mit den optimalen Stückgrößen von 10…20 mm im Feinkornbereich; 5 Elektronikschrott: Elektronikbauelemente, bestückte und unbestückte Leiterplatten.
3.4.4
Flotation
Die Flotation ist eine Sortiermethode für sehr kleinen Teilchen (etwa 50…300 μm) unter Ausnutzung der Grenzflächeneigenschaften dieser Teilchen. In wässrigen Suspensionen können sich solche Partikel nach Hydrophobierung durch grenzflächenaktive Stoffe und Einblasen von Luft an die Luftblasen anlagern und in einem Dreiphasenschaum fest/flüssig/gasförmig aufschwimmen. Dieser Flotationsschaum wird abgezogen, und die Feststoffpartikel werden daraus gewonnen. In der Recyclingtechnik wurde dieses Verfahren für die Entfernung feiner Farbpartikel aus Altpapierpulpen (Deinking) eingeführt (7 Kap. 8). Prinzipiell ist auch die Anwendung für die Sortierung verschiedener Kunststoffe größerer Teilchenabmessungen denkbar. Der Flotationsprozess wird in sog. Flotationszellen durchgeführt (. Abb. 8.3).
3.4.5
Nicht- Halbleiter leiter
Leiter
Sortieren nach verschiedenen mechanischen Eigenschaften
Bei Altstoffen sind extreme Unterschiede in der Teilchenform (Körner, Drähte, Blechstücke, Folien) charakteristisch, die für Sortierverfahren ausnutzbar sind. Gerade auch die Aussortierung von Folien ist eine häufige Aufgabe. Dafür ist ein Siebbandscheider geeignet, der unterstützt durch einen Saugluftstrom eine spezielle Folienabtrennung aus einem Gemenge gestattet (. Abb. 3.12). Auch die unterschiedlichen elastischen Eigenschaften der Stoffe sind zur Sortierung verwendbar, indem man z. B. die unterschiedlichen Rückpralleigenschaften von einer Prallfläche ausnutzt. Die ballistische Sortiertechnik [17] nutzt das unterschiedliche Bewegungsverhalten von Stoffen auf einem geneigten und bewegten Siebkasten, wobei die Stoffeigenschaften Gewicht, Form, Größe und Elastizität von Einfluss sind. Der Siebkasten (z. B. 4 m × 2,4 m) hat eine Neigung von 5…10 Grad, wird über Exzenter mit einer Rüttelbewegung beaufschlagt und in der Mitte mit dem Stoffgemisch beschickt. Das Stoffgemisch muss in Form frei beweglicher Einzelstücke vorliegen, was evtl. durch Vorbehandlung (Trocknen, Klassieren) zu realisieren ist. Durch die Rüttelbewegung und die Neigung
32
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
Folien
Aufgabegut
3 Folien
Saugluft
Saugkasten Siebband
Rollfähiges Material
. Abb. 3.12 Siebbandscheider.
wandern leichte, flächige und elastische Einzelteilchen (Papier, Kunststoffe, Textilien) in Bewegungsrichtung aufwärts, die schweren, harten und runden Teilchen (Steine, Metalle, Glas, Gummi, Holz) dagegen abwärts. Durch die Lochung des Siebkastens erfolgt zusätzliche eine Abtrennung von Feinkorn.
3.4.6
Sensorgestützte Sortierung
Diese Methode ist die Weiterentwicklung der Handauslese (Klauben) von Einzelstücken aus einem Gutstrom nach visuellen Erkennungsmerkmalen (Farbe, Form, Helligkeit, Fluoreszenz). Die visuelle Erkennung wurde durch optoelektronische, spektroskopische, elektromagnetische und andere Analyseverfahren (Identifikation) gekoppelt mit präziser Ortsbestimmung der Stücke und Auswertung mit schneller Prozessortechnik substituiert. Die identifizierten Teile werden anschließend mittels Blasdüsen oder mechanischen Vorrichtungen spezifisch ausgestoßen. Alle diese Messverfahren und die Auswurfvorrichtungen müssen mit extrem hoher Geschwindigkeit arbeiten, um die wirtschaftlich erforderlichen Durchsatzleistungen zu erreichen. Bei den meisten Identifikationsmethoden werden nur die Partikeloberflächen analysiert, d. h., dass beschichtete Werkstoffe Fehlanzeigen liefern bzw. dass evtl. eine Säuberung der Ober-
flächen vorzuschalten ist. Die Stückgröße ist nach unten beschränkt. Je nach Verfahren werden Minimalpartikelgrößen von 2…10 mm angegeben. Die Verfahrenstechnik erfordert sechs Arbeitsstufen: 1. evtl. Säuberung der Oberflächen durch Entstauben oder Waschen, 2. Vereinzelung der Stücke oder Erzeugung einer Monoschicht auf einem Band, einer Förderrinne oder durch freien Fall, 3. präzise Erfassung der Einzelstückpositionen, 4. analytische Identifizierung der Einzelstücke, 5. Signalauswertung und Ansteuerung der Auswurfvorrichtungen, 6. materialspezifischer Austrag von Einzelstücken durch genaue Druckluftimpulse, mechanische Stößel oder Klappen. Im technischen Einsatz sind folgende Identifikationsverfahren [18] [19] [20]: 5 Nahinfrarotanalyse (NIR, 800…2500 nm) (Reflexions- oder Transmissionsmessung) für die Unterscheidung verschiedener Kunststoffarten; 5 optoelektronische Identifikation nach optischen Merkmalen (Farben, Helligkeit, Transparenz, Fluoreszenz, Stückgröße, Stückform) mit Farbzeilenkamera, visueller Spektrometrie (VIS) und Fluoreszenzmessung (UV VIS); diese Methode ist besonders für die Altglassortierung und Kunststoffsortierung geeignet und kommt auch für farbige Metalle (Kupfer, Messing, Graumetalle), Papier u. a. zum Einsatz; 5 elektromagnetische Induktion (Bestimmung der Leitfähigkeit der Partikel und dadurch die Identifikation von Metallen); eine spezielle Ausführung ist die Magnetinduktionstomographie (PMIT). Für diese Sensoren werden verschiedene Bezeichnungen verwendet (Metalldetektoren, elektromagnetische Sensoren, Induktionssensoren); 5 Röntgentransmissionsmessung mit spektraler Auflösung (RSA) (Trennkriterium ist die spezifische Materialdichte); Anwendung für die Trennung des Aluminiums von den Schwermetallen (Kupfer, Messing, Zink) und die Trennung der Al-Guss- und Knetlegierungen, Entfernung von PVC, Gewinnung einer gereinigten Holzfraktion (Ersatzbrennstoff );
33
3.5 • Kompaktieren
5 Röntgenfluoreszenz (XRF) (Bestimmung der Stoffart, z. B. Pb-Gehalt in Glas, hitzebeständige Gläser, Keramik) [20]. Weitere wissenschaftlich geprüfte Identifikationsverfahren sind die Atomemissionsspektroskopie mit Pulslaser für NE-Metalle und legierte Stähle, die Infrarotspektroskopie im mittleren Bereich (MIR, 2500…5000 nm) für schwarze bzw. gefärbte Kunststoffe, die Infrarot-Laserimpuls-Thermographie mit Hilfe einer Wärmebildkamera für dunkle Kunststoffe inkl. Erkennung der Füllstoffe und Verstärkungsstoffe, die Pyrolyse-Gaschromatographie für Kunststofferkennung und die Laserimpuls-Pyrolyse-Gaschromatographie für Kunststoffunterscheidung. Die im technischen Einsatz befindlichen Verfahren verwenden Förderbänder, Sensoren und Ausblaseinheiten mit Arbeitsbreiten von 800…1600 mm (für Papier bis 2400 mm), erreichen hohe Selektivität und vor allem beeindruckende Durchsatzleistungen von 1…5 t/h,m (m = Arbeitsbreite) sowie höchste Auflösungen von z. B. 4 × 4 mm bei 160 000 Scanpunkten/Sekunde. Beispiele: NIR-Identifikation (bis 4 t/h; 20…40 Stück/s; 10…50 m/s); optoelektronische Verfahren (2 bis 10 t/h, Stückgröße 3…250 mm). Für die Röntgensortiermaschinen wird Folgendes angegeben: Durchsatz 5…20 m3/h, Stückgröße 10…40 mm oder 30…100 mm. Die besten Sortierergebnisse (Selektivität) erreicht man bei Verwendung enger Stückgrößenbereiche z. B. durch eine vorgeschaltete Klassierung in die Kornklassen 10…30 mm, 30…50 mm und 50…100 mm. Der prinzipielle Apparateaufbau ist für einige Varianten in . Abb. 3.13 dargestellt. Eine spezielle Entwicklung zur Erkennung der vier Grundfarben auf bedrucktem Altpapier mit CMYK-Sensor (Cyan, Magenta, Yellow, Black) dient der effektiven Gewinnung der sog. DeinkingAltpapiersorte und kann auch verschiedene PETEinfärbungen (farblos, grün, blau) unterscheiden. Eine wesentliche Verbesserung des Sortierverfahrens erzielte man durch die Verwendung mehrerer Sensoren in einem Sortierapparat (Multisensorik). Es kommen z. B. folgende Sensorkombinationen zur Anwendung [18]: 5 Farbzeilenkamera + elektromagnetischer Sensor: Sortierung von Mischmetallen in
3
Einzelfraktionen (Kupfer, Messing, graue Metalle, Rückgewinnung von legiertem Stahl); Sortierung von Elektroschrott (Leiterplatten, Kupfer); 5 elektromagnetischer Sensor + NIR-Sensor: Kunststoffsortierung, Metallabtrennung, Gewinnung isolierter Cu-Kabel; 5 NIR-Sensor + VIS-Sensor: Getränkekartons, Kunststoffsorten (PE, PP, PS, PET, ABS), Entfernung von Papier, Papiersortierung, Entfernung von Metallen, Holzreinigung. Die behandelten Sortierverfahren für Altstoffe und deren bevorzugte Einsatzgebiete sind in . Tab. 3.9 nochmals in einer Übersicht zusammengefasst.
3.5
Kompaktieren
Das Kompaktieren wird den Aufbereitungsverfahren von Stoffen zugerechnet und soll deshalb in dieses »Aufbereitungskapitel« eingefügt werden, obwohl es nicht der Zielstellung Werkstofftrennung und Sortierung dient. Die Aufgabenstellung des Kompaktierens von Abfällen ergibt sich aus den Anforderungen verschiedener Verarbeitungsstufen an die Stückgröße des Vorlaufmaterials. Das sind vor allem die Verfahren des Schmelzens, des Auflösens und des Vergasens. An die Stückgröße von Vorlaufmaterialien sind allgemein folgende Anforderungen gestellt: 5 geeignete Stückgrößen für Lagern, Fördern, Dosieren und Mischen der Altstoffe sowie für die Beschickung der Apparate, 5 Anpassung der Stückgröße an die Verfahrensund Reaktionstechnik innerhalb der Apparate. Die Kompaktierung ist z. B. für sperrige, verhakende und voluminöse Metallabfälle erforderlich. Das sind Stanzabfälle, wollige Metallspäne, Blechabschnitte, Altbleche und auch Autokarosserien. Für diese Materialien werden verschiedene Ausführungsformen und Größen von hydraulischen Pressen eingesetzt. Die Pressprodukte sind dann z. B. Blechpakete, Spänepakete und gepresste Autokarosserien (die anschließend noch geschnitten werden). Feinteilige Metallspäne (entölt) und Schleifpulver (aus entölten Schleifschlämmen) sind
34
Kapitel 3 • Mechanische Verfahren zur Auftrennung von Werkstoffverbindungen
1. NIR-Identifikationsmethode mit Kastenband (Seitenansicht, Draufsicht) Aufgabe
NIRMesskopf
Steuereinheit
2. Optoelektronische Identifikation im freien Fall (Zweiseitenansicht)
Pressluftdüsen
Aufgabe
Aufgabe
Förderrinne
3
Aufgabe
NIRPS Messkopf
PE
PET
PVC
Pressluftdüsen
Kastenband
3. Multisensoriksystem (NIR, Induktion, Optoelektronik) Ausblasdüsen
Gereinigtes Material
Fehlfarben
Kamerasystem
Metalle/ Fremdstoffe
. Abb. 3.13 Sensorgestützte Sortierung [7].
NIR-Sensor
Metalldetektion
Aufgabe
Hochgeschwindigkeitsband
Optiksystem
35
3.5 • Kompaktieren
3
. Tab. 3.9 Anwendungsgebiete der Verfahren der Feststoffsortierung nach Schubert [13] [7] Sortierverfahren
Apparate
Anwendungsgebiet, Sortieraufgabe
1.1. Schwerkraft
Schwimm-Sink-Scheider, Schwertrübescheider
Kunststoffe verschiedener Dichte, Kunststoffe von Metallen, Metalle, Legierungen verschiedener Dichte
1.2. Zentrifugalkraft
Sortierzentrifuge, Sortierzyklon
Kunststoffe von Metallen, Kunststoffe verschiedener Dichte
Dichtesortieren 1. Schwimm-SinkVerfahren
NE-Metall-Schrott
2. Setzprozesse 3. Herdsortierung
Stoßherd
Kunststoffe von Metallen, Kunststoff, Papier
4. Windsichten
Zick-Zack-Sichter, Querstromsichter
Kabelisolierung von Kupferdraht
Magnetsortieren
Trommelmagnetscheider, Überbandmagnetscheider
Ferromagnetische Metalle, Legierungen (Eisenwerkstoffe, Nickelwerkstoffe) von Metallen, Kunststoff, Papier u. a.
Wirbelstromsortieren
Wirbelstromscheider
Aluminium, Magnesium von Papier, Folien, Kunststoffen, Glas, nichtmagnetischen Metallen
Elektrosortieren
Elektrostatische Scheider, Koronawalzenscheider
Kunststoffarten
Sortieren nach mechanischen Eigenschaften
Siebbandscheider, ballistischer Separator
Folien von Kompaktmaterial, Verpackungen, Bau- und Gewerbeabfälle, Sperrmüll
Flotation
Flotationszelle
Deinking von Papierpulpen
Sensorgestützte Sortierung
Förderband mit NIR-Sensor, optoelektronischer Sensor, Metalldetektor, Röntgensensor, Multisensorik
Kunststoffarten, Glassorten, Kunststoffe von Metallen, Metallmonofraktionen, Leiterplatten, PVC, Papier, Papiersorten, Holz, Baumischabfälle
durch eine sehr große Metalloberfläche charakterisiert. Beim Eintrag dieses Materials in einen heißen Schmelzofen (oder beim Hochheizen eines Ofens) würde eine schlagartige Oxidation der feinteiligen Metalle erfolgen. Diese würden praktisch vollständig in Oxide umgewandelt und wären damit für das Metallrecycling meist verloren. Außerdem wird bei der raschen Oxidation in kürzester Zeit die hohe Oxidationswärme freigesetzt, was zu erheblichen Störungen und Gefahren im Prozess führt (Verpuffungen, Gasaustritt, Schmelzauswurf). Diese explosionsartigen Oxidationsreaktionen kann man wirksam verhindern durch Verminderung der reagierenden Oberflächen, indem man aus dem feinteiligen Material Presslinge herstellt.
Eine ausreichende Haltbarkeit der Presslinge wird dabei durch eine geeignete Mischung von Spänen und Schleifpulver sowie hohe Pressdrücke erreicht. Die Presslinge verhalten sich dann in den Öfen wie kompakter Schrott. Einige Reaktionsapparate wie Schachtöfen oder Vergasungsreaktoren erfordern eine gut gasdurchlässige Schüttschicht, die eine relativ gleichmäßige Stückgröße und Festigkeit der beschickten Stücke sowie Staubfreiheit als Voraussetzung hat. Deshalb werden z. B. Kunststoffabfälle aus der Sortierung (Stückgröße ca. 5…30 mm) vor dem Eintrag in einen Vergasungsreaktor auf Strangpressen zu Presslingen von etwa 100 mm Durchmesser kompaktiert.
37
4
Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren 4.1
Vorbehandlungsverfahren für Werkstoffabfälle – 38
4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4
Physikalische Verfahren der Vorbehandlung – 38 Chemische und elektrochemische Vorbehandlungsverfahren – 40 Pyrolyse und thermische Oxidation als Vorbehandlung – 42 Entstehung von Dioxinen und Furanen bei thermischen Prozessen – 44
4.2
Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden – 45
4.2.1 4.2.2 4.2.3
Löseprozesse für feste Abfälle – 45 Aufarbeitung von wässrigen Lösungen – 46 Recycling von organischen Flüssigkeiten durch Destillation und Sorption – 59 Nutzbarmachung von Abgasen – 61 Energetische Verwertung von Gasen, Flüssigkeiten und Schlämmen – 64
4.2.4 4.2.5
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_4, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
38
4
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
Parallel zu den in 7 Kap. 3 vorgestellten mechanischen Verfahren für den Aufschluss und die Sortierung von Werkstoffen stehen noch zahlreiche physikalische und chemische Methoden zur Trennung und Reinigung von Werkstoffen und anderen festen und flüssigen Materialien zur Verfügung. Diese werden teilweise zur Abtrennung geringerer Massenanteile von der Hauptmasse fester Abfälle eingesetzt und haben in einem solchen Fall den Charakter von Vorbehandlungsprozessen für die mechanischen Verfahren. Die physikalischen und chemischen Verfahren sind aber vor allem als wesentliche Verarbeitungsstufen im Anschluss an die mechanischen Verfahrensstufen erforderlich. Dazu gehört an erster Stelle der Schmelzprozess beim Recycling von metallischen Werkstoffen und Glaswerkstoffen. Weiterhin sind verschiedene physikalische, chemische und elektrochemische Löseprozesse für metallische Werkstoffe, Kunststoffe und feste Abfälle im Einsatz. Besondere Bedeutung haben physikalische und chemische Prozesse aber für die erforderliche Stofftrennung und Stoffreinigung in Schmelzen und Lösungen sowie für die Abscheidung der reinen festen Stoffe aus Lösungen. Für die weniger häufigen flüssigen und gasförmigen Abfälle sind praktisch nur physikalische und chemische Recyclingmethoden einsetzbar. Im Unterschied zu den mechanischen Verfahren des Aufschlusses und der Feststoffsortierung, die die physikalischen Eigenschaften makroskopischer Feststoffteilchen ausnutzen, basieren die in 7 Kap. 4 zu besprechenden Verfahren auf den Eigenschaften molekularer Teilchen, wofür in der Verfahrenstechnik die Bezeichnung Stofftrennung üblich ist. Die Stofftrennung kann dabei auf physikalischem Weg z. B. durch Lösen, Schmelzen, Verdampfen oder Kristallisieren erfolgen. Häufig erfolgt die Stofftrennung aber durch chemische, elektrochemische oder Hochtemperaturprozesse, wobei dann ein Teil der Stoffe eine Stoffumwandlung erfährt. Wegen der überragenden Bedeutung und Spezifik der Schmelzverfahren beim Metallrecycling werden diese in 7 Kap. 5 und besonders 7 Abschn. 5.1 besprochen. 7 Kap. 4 behandelt in allgemeiner Form in zwei Abschnitten die physikalischen und chemischen Verfahren als prinzipielle Methodik, auf die dann in den stoffspezifischen Abschnitten zurückgegriffen wird.
4.1
Vorbehandlungsverfahren für Werkstoffabfälle
4.1.1
Physikalische Verfahren der Vorbehandlung
In der Verfahrenstechnik werden diese Verfahren als thermische Verfahren der Stofftrennung bezeichnet, da sie auf thermodynamischen und kinetischen Gesetzmäßigkeiten von Mehrstoffsystemen basieren. An dieser Stelle werden nur die für die vorbereitende Behandlung der Altstoffe eingesetzten Verfahren (selektives Ablösen bzw. Abschmelzen und Verdampfen) beschrieben. Die Methoden, die vorwiegend der Trennung, Reinigung, Abscheidung oder Aufkonzentrierung von Stoffen dienen (Kristallisation, Fällung, Membranverfahren usw.) werden in 7 Abschn. 4.2 erläutert. Durch selektives Lösen (Extrahieren) eines Stoffanteils in Wasser oder organischen Lösemitteln lassen sich wasserlösliche Salze bzw. Fette, Öle und andere Verunreinigungen von unlöslichen Stoffen trennen und damit die Recyclingmöglichkeit der gereinigten, ungelösten Hauptmasse der Altstoffe wesentlich verbessern. Bei kleinen Stückgrößen der Altstoffe muss zur Realisierung der angestrebten Stofftrennung die selektive Auflösung immer durch einen mechanischen Prozess der Fest-Flüssig-Trennung und einen Waschprozess komplettiert werden. Eine besondere Bedeutung kann aber künftig auch das selektive Extrahieren von Kunststoffen mittels organischer Lösemittel erlangen. Dabei erreicht man die Auflösung eines oder mehrerer Störstoffe oder Wertstoffe (PVC, PET usw.) und die Abtrennung von unlöslichen Störstoffen (Metalle, unlösliche Kunststoffarten, Flammschutzmittel) und kann zusätzlich durch spezifische Fällungen die gelösten Kunststoffsorten voneinander trennen. Das selektive Lösen kann also ein Vorbehandlungsverfahren oder ein Hauptprozess sein. Über den Hauptprozess wird ausführlich in 7 Kap. 6 berichtet. Die wirtschaftliche Anwendung dieses Verfahrens steht allerdings noch aus. Die Apparatetechnik für solche Löseprozesse muss für die Realisierung des Stoffüberganges in das Lösemittel eine intensive Relativbewegung zwischen Feststoff und Lösemittel garantieren. Dafür sind technisch ausgereifte Verfahren verfügbar. Man kann grobstückige Feststoffe
39
4.1 • Vorbehandlungsverfahren für Werkstoffabfälle
1. Sickerlaugung
Altstoffe
Lösemittel
2. Selektivlaugung mit gelochten Tauchkörben
Lösemittel
4
3. Rührlaugung
Altstoffe
Altstoffe in Tauchkörben
Lösemittel
Waschlösung
Heizmantel
Pulpe Pumpe
Schütt- Lösung bett
Lösung
Lösemittel/ Lösung
Filterapparat
Lösung Feststoff
. Abb. 4.1 Apparatetechnik für selektive Löse- und Laugeprozesse.
(ca. 10…100 mm) in Schüttungen mit Lösemitteln berieseln oder in Lösemittel tauchen und feinstückiges Material (ca. 0,1…30 mm) in Rührwerksbehältern mit dem Lösemittel mischen. Die Löslichkeit kann häufig durch höhere Temperaturen verbessert oder erst ermöglicht werden. Bei Temperaturen oberhalb des Siedepunktes des Lösemittels sind dann geschlossene Druckgefäße (Autoklaven) notwendig. Diese Autoklaventechnik ist bei Einsatz organischer Lösemittel wegen der höheren Dampfdrücke auch bei Raumtemperatur günstig (Minimierung der Lösemittelverluste, Explosionsgefahr, Arbeitsschutz). Die Apparatetechnik entspricht derjenigen von chemischen Löseprozessen und ist gemeinsam in . Abb. 4.1 dargestellt. Bei Anwendung organischer Lösemittel ist ein solcher Prozess nur dann wirtschaftlich und ökologisch vertretbar,
wenn das organische Lösemittel praktisch vollständig regeneriert werden kann und nur Spuren zerstört werden müssen. Ein besonderes Lösemittel hat man im verflüssigten CO2 zur Verfügung, das z. B. seit Jahren erfolgreich für die Koffeinextraktion aus Kaffee und in der Pharmaindustrie eingesetzt wird. Mit verflüssigtem CO2 kann man bei 200…400 bar und ca. 50 °C Metallschleifschlämme sehr effektiv entölen und erhält nach Entspannung ein recyceltes Schleiföl. Das CO2 wird verlustarm im Kreislauf geführt und ist im Unterschied zu organischen Lösemitteln nur gering umweltschädlich. Eine weitere Methode der physikalischen Stofftrennung als Vorbehandlungsverfahren ist das Abschmelzen oder Schmelzen eines Gemischanteils. Voraussetzung dafür ist, dass sich bei der Erhitzung auf die erforderliche Schmelztemperatur
40
4
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
die Bestandteile des Altstoffgemisches nicht zersetzen, oxidieren, verbrennen oder legieren. Das Abschmelzen ist für niedrigschmelzende Metalle (Zinn, Blei, Aluminium) und Metalllegierungen (Lote) industriell realisiert. Apparatetechnisch wird dabei eine mit Gas oder Öl beheizte Kammer mit geneigtem Boden eingesetzt. Die niedrigschmelzende Legierung bildet eine Schmelze, die vom hochschmelzenden Material abtropft, über die geneigte Bodenplatte in einen Sammeltiegel abläuft und sich so vom ungeschmolzenen Material trennt. Bei schmelzbaren Kunststoffen (Thermoplasten) sind solche Schmelzphasen auch zu erhalten, die aber hochviskos sind und nur durch eine Druckfiltration von z. B. unschmelzbaren Duroplasten oder Metallfolien separiert werden können. Die erforderliche Apparatetechnik für das Abschmelzen, das Schmelzen und die Druckfiltration wird in den materialspezifischen Abschnitten zum Aluminium und zu den Kunststoffen beschrieben. Von sehr geringer Bedeutung ist die Möglichkeit einer Stofftrennung über die Gasphase durch Verdampfen einer Komponente des Altstoffgemenges. Dazu gehören allerdings im strengen Sinn auch die Trocknungsverfahren (Abtrennung von Wasser/Feuchtigkeit), die vielfach vor Sortieroder Einschmelzprozessen erforderlich sind. Auf die Behandlung der Trocknungsmethoden wird hier verzichtet und auf die entsprechende Literatur verwiesen. Eine effektive Stofftrennung durch Verdampfen ist z. B. für Amalgamabfälle der Dentaltechnik gegeben. Aus diesen Legierungen lässt sich das Quecksilber in hoher Reinheit und selektiv verdampfen; somit lassen sich das Quecksilber und auch die nichtflüchtigen Edelmetalle recyceln. Als Stofftrennung durch Verdampfen besitzt die Abtrennung von Ölen aus verölten Metallspänen oder Schleifschlämmen eine Bedeutung, die bei Anwendung von Unterdruck günstig verläuft. Durch den Einsatz von Unterdruck ist eine niedrige Prozesstemperatur ausreichend, so dass keine thermischen Zersetzungserscheinungen (Qualitätsminderungen) an der Ölkomponente auftreten und das abgetrennte Öl marktfähig bleibt. Metallspäne oder Schleifschlämme müssen vor dem Recycling der Metalle durch Einschmelzen unbedingt effektiv entölt werden, da Ölreste eine erhebliche Explosionsgefahr darstellen. Durch Verdampfung
lassen sich auch alle an Altstoffen evtl. anhaftenden organischen Lösemittel vollständig abtrennen und durch geeignete Kondensationstechnik zurückgewinnen.
4.1.2
Chemische und elektrochemische Vorbehandlungsverfahren
Die chemischen und elektrochemischen Verfahren der Altstofftrennung erfordern meist chemische Reagenzien und evtl. Elektroenergie, bewirken immer eine Stoffumwandlung und liefern häufig sekundäre flüssige, gasförmige oder feste Abfälle. Sie werden deshalb für die Vorbehandlung von Altstoffen meist als Verfahren zweiter Wahl betrachtet. Diese Verfahren ermöglichen aber oft sehr hohe Stofftrenneffekte, gute Selektivität und sind in einigen Fällen unverzichtbar. Die selektiven chemischen und elektrochemischen Löseverfahren verwenden als Aufschlussmittel häufig Säuren oder Basen, aber auch Komplexbildner, Redoxreaktionen und Elektrolysen. Die Prozesse des selektiven Auflösens mit chemischen Reagenzien werden meist als Laugung bezeichnet. Beim Recycling besitzt diese Methode große Bedeutung für die selektive Ablösung der Beschichtungen von Grundwerkstoffen. Die Metalle, besonders auch die Edelmetalle, können selektiv von nichtmetallischen Grundwerkstoffen (Kunststoff, Keramik, Glas) und auch von einigen im gewählten chemischen Reaktionssystem unlöslichen metallischen Grundwerkstoffen abgelöst werden. Im Falle der Ablösung der hochwertigen Edelmetallschichten handelt es sich nicht mehr um einen Vorbehandlungsprozess, sondern um den Hauptprozess des Recyclings, der deshalb in 7 Abschn. 5.7 (Edelmetallrecycling) besprochen wird. Zu den Vorbehandlungsverfahren werden nachfolgend einige technisch realisierte bzw. forschungsseitig entwickelte Reaktionssysteme beispielhaft vorgestellt. Sie dienen zur Demonstration von möglichen technischen Lösungen. Solche technischen Möglichkeiten müssen unter den heutigen Bedingungen einer sehr schnellen Veränderung der Werkstoffbeschichtungen immer wieder vom Verfahrensingenieur mit bedacht werden.
z
Beispiel 1: Entzinnung von Weißblech
Die technisch-ökonomische Zielstellung besteht erstens in der Rückgewinnung des teuren Zinnmetalls und zweitens in der Vermeidung eines Zinneintrages in das Stahlrecycling. Das Ablösen der Zinnschicht vom Stahlblech durch Elektrolyse war lange Zeit ein wirtschaftlich betriebener Industrieprozess, solange die Zinnauflagen relativ dick waren. Mit der wesentlichen Reduzierung der Zinnauflagestärken auf heute 4 kgSn/t Stahlblech war auch bei erheblicher Zunahme der Weißblechmengen für Getränkedosen kein wirtschaftlicher Betrieb mehr möglich [22]. Schwierigkeiten bereiten auch die auf das Weißblech aufgebrachten Lackschichten wegen ihrer elektrisch isolierenden Wirkung. Deshalb muss vor der Elektrolyse eine effektive Entlackung erfolgen. Die Wirtschaftlichkeitsgrenze wird heute bei einer Verarbeitungskapazität von etwa 30 000 t/a Neuschrott gesehen. Die Grundlagen von Elektrolyseprozessen sind in 7 Abschn. 4.2.2 (»Elektrochemische Prozesse«) näher erläutert. Die elektrolytische Ablösung des Zinns erfolgt mit einem NaOH-Elektrolyt bei ca. 85 °C. Der Weißblechschrott wird vorher zu Bündeln gepresst, die als Anoden in die Elektrolysezelle eingehängt werden. Als Kathode dient ein Stahlblech. Durch Anlegen einer Gleichspannung erfolgt an der Anode eine selektive Oxidation des Zinns zu Zinn(IV), das als Hydroxostannation in den Elektrolyt übergeht. Kathodisch wird dieser Komplex dann reduziert und das Zinn als Metallschwamm auf dem Stahlblech abgeschieden. Der Grundwerkstoff Stahl ist in dem NaOH-Elektrolyt anodisch nicht löslich. Für diesen Elektrolyseprozess mit löslichen Anoden kann man folgende Hauptreaktionen annehmen.
Kathode (-)
2− Sn – 4e + 6(OH)− → Sn(OH)6
Elektrolysewanne
Anode (+) Weißblech, gepresst (Anoden)
NaOHElektrolyt
Stahlkathoden mit abgeschiedenem Zinnschwamm
. Abb. 4.2 Elektrolysezelle mit löslichen Anoden zur Entzinnung von Weißblech.
nach einem Waschprozess noch einen Rest von unter 0,02 % Sn. Der NaOH-Elektrolyt wird theoretisch nicht verbraucht, aber durch CO2-Absorption aus der Umgebungsluft langsam karbonisiert. Im Weißblechschrott dürfen keine Aluminiumdosen oder -deckel enthalten sein, da Aluminiumblech mit dem NaOH des Elektrolyten chemisch reagiert. Dabei entstehen lösliches Na-hydroxoaluminat und Wasserstoff (Explosionsgefahr!). Die erforderliche Badspannung ist relativ gering, da keine Zersetzungsspannung aufgewendet werden muss (Elektrolyse mit löslichen Anoden). Die Apparatetechnik einer solchen Elektrolysezelle zeigt . Abb. 4.2. z
Anodenreaktion:
4
41
4.1 • Vorbehandlungsverfahren für Werkstoffabfälle
Beispiel 2: Ablösen der Aluminiumbeschichtung von Kunststofffolien
Ein solches Verfahren wäre technisch einfach zu realisieren durch Auflösen des Aluminium in NaOH-Lösung nach der Reaktion
Kathodenreaktion: 2− Sn(OH)6 + 4e → Sn0 + 6(OH)−
Al + NaOH + 3H2 O → Na Al(OH)4 + 3/2 H2 .
Der Metallschwamm wird von der Kathode abgenommen, zu Pillen verpresst und zu Zinnmetall umgeschmolzen. Das entzinnte Stahlblech enthält
Allerdings darf die Al-Schicht nicht durch Lackierung geschützt sein. Die Kunststofffolien könnten nach dem Waschen dem Kunststoffrecycling zuge-
42
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
führt werden. Wegen der nur geringen Erlöse für das Kunststoffmaterial und die Aluminatlösung ist ein solcher Prozess sehr kritisch zu bewerten. Das gilt vor allem auch deshalb, weil eine alternative Entsorgung durch energetische Verwertung (7 Abschn. 8.4) ohne Probleme möglich ist.
Nach mehreren Kreisläufen muss die Lösung zur Ausscheidung von Zn- und Sn-Sulfat aufgearbeitet werden. Nähere Ausführungen zu den Grundlagen von Elektrolyseprozessen sind in 7 Abschn. 4.2.2 (»Elektrochemische Prozesse«) zu finden. z
4
z
Beispiel 3: Ablösen des Grundwerkstoffes bei Dickvergoldung
Bei vorliegenden Dickvergoldungen von üblichen Kupferbasiswerkstoffen kann die schnelle Rückgewinnung des Goldes in metallischer Form aus Fehlchargen in einem Galvanikbetrieb erhebliche Vorteile bringen (Vermeidung der Goldverluste der metallurgischen Rückgewinnung, schnelle Verfügbarkeit des Goldes nach Umschmelzen der Goldbeschichtung). Als Kupferbasiswerkstoffe sind CuSn- und CuZn-Legierungen in Anwendung. Die Auflösung dieser Werkstoffe gelingt mittels Fe(III)-sulfat-Lösung recht elegant ohne Bildung von Reaktionsgasen oder problematischen Abwässern und das Lösemittel ist einfach elektrolytisch zu regenerieren. Für den Selektivlöseprozess wird der Neuschrott in Kunststoffkörbe gefüllt und in der schwefelsauren Fe(III)-sulfat-Lösung bewegt. Dabei wirken die Fe3+-Ionen als Oxidationsmittel nach folgenden Reaktionen (Redoxsysteme):
Beispiel 4: Ablösen von Kupfer oder Messingplattierungen von Stahlblech
Die selektive Auflösung gelingt mit ammoniakalischer Ammoniumkarbonatlösung unter Zusatz von Luft oder anderer Oxidationsmittel. Es bildet sich der charakteristische dunkelblaue Kupfertetramminkomplex, der durch Erhitzen zu spalten ist. Dabei gewinnt man ein verwertbares Kupferoxid sowie NH3 und CO2 für die erneute Verwendung. Das Verfahren eignet sich besonders für saubere Produktionsabfälle.
4.1.3
Pyrolyse und thermische Oxidation als Vorbehandlung
Cu + 2Fe3+ → Cu2+ + 2Fe2+
Die thermische Zersetzung unter Luftausschluss (Pyrolyse) und die Verbrennung mit Luft bzw. Sauerstoff stehen als Hochtemperaturprozesse zur Verfügung. Beide Verfahren dienen der Zerstörung der organischen Stoffe in den Abfällen (Kunststoffe, Textilien, Lösemittel, Öle, Holz) durch eine Stoffumwandlung (Spaltung oder Oxidation).
Sn + 2Fe3+ → Sn2+ + 2Fe2+
z
Zn + 2Fe3+ → Zn2+ + 2Fe2+
Die Goldschicht bleibt ungelöst im Korb zurück und kann nach Umschmelzen sofort wieder genutzt werden. Als Lösung entsteht eine Mischung aus Fe-, Cu-, Sn- und Zn-Sulfat, die in einer Diaphragmazelle elektrolysiert wird. Dort wird im Anodenraum das Fe2+ zu Fe3+ regeneriert und im Kathodenraum das Cu2+ selektiv reduziert und als metallischer Kathodenniederschlag ausgebracht. Regenerationselektrolyse: Anodenraum: 2Fe2+ − 2e → 2Fe3+ Kathodenraum: Cu2+ + 2e → Cu0
Pyrolyseverfahren
Die thermische Zersetzung unter Luftausschluss bezeichnet man als Pyrolyse oder Schwelen. Sie beruht auf der Instabilität organischer Stoffe beim Erhitzen (Depolymerisation, Aufbrechen der Bindungen, Cracken). Die Zersetzung beginnt bei 250 °C mit der Abspaltung von Konstitutionswasser und setzt sich mit dem Bindungsaufbruch aliphatischer Bindungen ab 350 °C fort. Zwischen 400 und 600 °C erreicht man meist die vollständige Zersetzung in Kohlenstoff (Koks), Öle und Gase. Durch noch höhere Temperaturen kann man die Mengenverhältnisse zwischen den genannten Pyrolyseprodukten stark verändern. Der relativ niedrige Temperaturbereich der Pyrolyse von 450…550 °C liegt unterhalb der Schmelztemperatur vieler Metalle bzw. Legierungen (Magnesium, Aluminium, Silber, Kupfer, Messing, Bronzen, Eisen/Stahl, Nickel) und
ermöglicht damit eine Zerstörung und Abtrennung organischer Stoffe aus Schrotten ohne Aufschmelzen und damit Vermischung dieser Metalle. Störende organische Stoffe in Schrotten sind vor allem Lack- und Kunststoffbeschichtungen, Drahtisolierungen, Epoxidharz-Leiterplatten, Isoliermaterial, Gummi sowie evtl. Textilfasern und Holz. Solche Stoffmischungen liegen vorwiegend bei Elektrikund Elektronikschrotten vor. Die technische Pyrolyse wird vorwiegend in Drehrohrreaktoren mit einem äußeren Heizmantel (. Abb. 4.3) durchgeführt. Der Schrotteintrag in die Trommel und der Feststoffaustrag müssen über gasdichte Schleusen erfolgen. Für die Trommelbeheizung verwendet man häufig die eigenen Pyrolysegase. An die Pyrolysestufe schließt sich eine mechanische Aufbereitung zur Abtrennung des Kokses von den Metallen an. Das erreicht man meist durch einen Zerkleinerungsprozess, wobei der spröde Koks zu Pulver zerfällt und dadurch mittels Windsichtung von den Metallen trennbar ist. Das Pyrolysegas besteht nach Abtrennung von Wasserdampf und Pyrolyseöl überwiegend aus CH4, CxHy, H2, CO, CO2, N2 und kann Heizwerte (Hu) bis 30 000 kJ/m3 i.N. erreichen. z
Thermische Oxidation
Durch Abbrennen (thermische Oxidation mit Luftsauerstoff ) können die bereits oben aufgeführten organischen Begleitstoffe ebenfalls entfernt werden. Dabei werden diese Stoffe vollständig zu CO2 und H2O oxidiert und damit in das Abgas überführt. Es bleiben meist nur geringe Mengen einer festen Asche und die Metalle zurück. Bei der Verbrennung sind Temperaturen über 700 °C (optimal 800…1000 °C) erforderlich. Nur in gut gesteuerten Wirbelschichtreaktoren kann eine so gleichmäßige Temperaturverteilung im Wirbelbett eingehalten werden, dass eine Verbrennung im Bereich um 600 °C möglich ist. Bei der Verbrennung besteht aber immer die Gefahr der anteiligen Oxidation der Metallinhalte der Abfälle. Der Oxidationsgrad der Metallinhalte hängt dabei vor allem von der Korngröße der Metalle und erst in zweiter Linie von deren Sauerstoffaffinität ab. Die Entölung von Stahlspänen kann z. B. auch durch Abbrennen des Öls erfolgen. Dieses Abbrennen ist aber z. B. für Stahlschleifschlämme nicht möglich, da durch
4
43
4.1 • Vorbehandlungsverfahren für Werkstoffabfälle
Pyrolysegas, Pyrolyseöl
Schrott, Lacke, Kunststoffe Heizmantel
Abgas
Heizgas Metalle, Pyrolysekoks
Pyrolysetrommel Metalle Koks
Mechanische Aufbereitung
. Abb. 4.3 Apparateschema eines Drehrohrreaktors für die Pyrolyse.
die starke Erhitzung auch die feinen Metallpartikel durch Oxidation vollständig zu Oxid verglühen und damit ein Metallrecycling nicht mehr erfolgen kann. Wegen der hohen Sauerstoffaffinität des Al sind aber z. B. Al-Späne durch Abbrennen nicht zu entölen. Dagegen ist ein Abschwelen (siehe oben) sehr gut möglich. Das Abbrennverfahren wird heute noch in weniger entwickelten Ländern beim Recycling von Kupferkabeln (Abbrennen der Gummi/Textil- oder Kunststoff/Textil-Isolation von den Metallseelen) eingesetzt. Dabei entstehen aber als Folge unvollständiger und nicht steuerbarer Zersetzungs- und Verbrennungsvorgänge der Kunststoffe sehr giftige Prozessgase (Ruß, Kohlenwasserstoffe, Dioxine, Chlorwasserstoff ). In den Industrieländern ist dieses Verfahren für das Kabelrecycling deshalb nicht mehr zugelassen. z
Abgasprobleme
Bei der Mehrzahl der Hochtemperaturprozesse entstehen verunreinigte Abgase, die eine Abgasreinigung erfordern. Das trifft auch im eingeschränkten Umfang für die Pyrolyse und thermische Oxidation als Vorbehandlungsprozess zu. Die Verunreinigungen bestehen erstens aus Schadgasen der Verbrennung (CO, NOx) und evtl. Reaktionen oder Ausdampfungen des Eintragsmaterials (HCl, SO2, Dioxine usw.) sowie zweitens aus Flugstäuben. Die Abgasreinigungsverfahren beinhalten deshalb Entstaubungsprozesse und Prozesse zur
44
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
2,3,7,8-TCDD (9)
4
O
(1)
(8)Cl
Cl(2)
(7)Cl
Cl(3) (6)
O
(4)
Dibenzodioxine bzw. Dibenzofurane, abgekürzt: PCDD bzw. PCDF). Je nach Art der Chlorierung ist die Toxizität sehr unterschiedlich und wird deshalb in Toxizitätsäquivalenten (TE) angegeben. Das in . Abb. 4.4 dargestellte 2,3,7,8-TetraCDD besitzt die höchste Toxizität (TE 1). Dioxine und Furane sind sehr stabil und deshalb in der Umwelt und durch Organismen schwer abbaubar (Persistenz, hohe Halbwertszeit). z
2,3,4,7,8-PCDF (9)
(1)
(8)Cl
Cl(2)
(7)Cl
Cl(3) (6)
O
(4)Cl
. Abb. 4.4 Molekülstruktur von Dioxinen und Furanen.
Schadgasentfernung. Zu diesen Prozessen sind ausführlicher Angaben in 7 Abschn. 12.2 zu finden. Die Bildungsmechanismen von Schadgasen und der primären und sekundären Flugstäube werden in 7 Abschn. 5.1.1 (»Abgase und Flugstäube«) besprochen. Wegen der Bedeutung der Dioxine für viele stoffspezifische Recyclingverfahren (Metalle, Kunststoffe, Altautos) erscheint es aber angezeigt, die Dioxinproblematik bereits in 7 Abschn. 4.1.4 zu diskutieren.
4.1.4
Entstehung von Dioxinen und Furanen bei thermischen Prozessen
Dioxine und Furane sind eine Stoffgruppe sehr giftiger Gase, die bei thermischen Prozessen entstehen können. Die in . Abb. 4.4 angegebene molekulare Struktur zeigt, dass es sich um chlorierte aromatische Kohlenwasserstoffe handelt (polychlorierte
Bildungsmechanismen
Bei der Verbrennung von organischen Stoffen in Gegenwart organischer und/oder anorganischer Chlorverbindungen bilden sich in geringen Mengen PCDD und PCDF (in den weiteren Erörterungen wird auf PCDF verzichtet und nur noch von PCDD gesprochen). Das ist dadurch begründet, dass die Dioxine kinetisch stabile Zwischenprodukte der Oxidation organischer Verbindungen zu den thermodynamisch stabilen Endprodukten CO2, H2O und HCl sind. Es sind mehrere Bildungsmechanismen zu berücksichtigen. 1. Bildungsreaktion in Gasphasen bei 800… 1200 °C (Verbrennungsgase): Dabei reagieren aliphatische Kohlenwasserstoffe mit Chlorlieferanten und Restsauerstoff zu aromatischen Organochlorverbindungen und Dioxinen. 2. Bildung auf der Oberfläche von Stäuben in abkühlenden Rauchgasen: 5 De-novo-Synthese im Bereich 250…350 °C aus Rußkohlenstoff, Metallchloriden (Cu-, Fe-, Al-chloriden) und Restsauerstoff, wobei die Metallchloride auch als Katalysator wirken; 5 Oberflächenkatalyse aus Chloraromaten mit Cu-Verbindungen als Katalysatoren. Die Chloraromaten bilden sich vorwiegend in Elektrofiltern um 300 °C. Dioxine bilden sich nicht nur an den Stäuben, sondern werden von diesen auch sehr stark adsorbiert. Aus diesen skizzierten Bildungsmechanismen sind die Bildungsmöglichkeiten für Dioxine bei thermischen Recyclingprozessen leicht abzuleiten. In erster Linie sind Verbrennungsprozesse von Kunst-
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
stoffen, Anstrichen, Beschichtungen und Ölen zu nennen, wobei der Kunststoff PVC und Chlorkautschukanstriche als organische Chlorträger eine besonders negative Rolle spielen. Bei Schmelzverfahren von Metallen entstehen immer staubhaltige Abgase, die bei Abkühlung eine De-novo-Synthese ermöglichen. Die in den Abgasreinigungen von Verbrennungs- und Schmelzprozessen abgeschiedenen Flugstäube können gefährliche Konzentrationen von PCDD infolge Adsorption enthalten. z
Maßnahmen zur Dioxinverringerung bei thermischen Prozessen
1. Einschränkung der PCDD-Bildung: 5 vollständige Oxidation der organischen Stoffe und des Rußkohlenstoffs in den Reaktoren durch hohe Temperaturen (>1200 °C), O2-Anreicherung der Verbrennungsluft oder durch eine zusätzliche Nachverbrennungsstufe (Luft, 1200 °C, Verweilzeit 2 s), 5 geringe Staubbildung in den Reaktoren, 5 Entstaubung oberhalb 400 °C, d. h. vor der Abkühlung in den De-novo-Synthese-Bereich (Heißgasentstaubung mit Zyklonen), 5 Vermeidung einer längeren Verweilzeit im De-novo-Synthese-Bereich von 250…350 °C durch Verzicht auf Elektrofilter und Schnellabkühlung des Abgasstromes mittels Wassereindüsen (Quenchen), 5 Einblasen von Inhibitoren (Kalk, Amine), 5 Durchführung thermischer Verfahren in reduzierender Gasphase (CO, H2, SO2), 5 thermische Nachbehandlung dioxinhaltiger Flugstäube und Aschen; 2. PCDD-Entfernung aus Rauchgasen: 5 Adsorption an Aktivkohle/Aktivkoks z. B. durch Filsorption (Eindüsen von Kalkhydrat-Aktivkohle-Mischungen in den Abgasstrom, Filtration mittels Gewebefilter, Verbrennung des abgeschiedenen Staubes), 5 katalytische Oxidation an SCR-Katalysatoren auf der Gasaustrittsseite, 5 katalytische Oxidation an Edelmetallkatalysatoren (Zusatz von Wasserstoffperoxid). Eine Nassabscheidung von Dioxinen ist wegen der geringen Wasserlöslichkeit prinzipiell nicht möglich.
4.2
45
4
Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
Neben den Werkstoffabfällen entstehen bei der Produktion und Weiterverarbeitung von Werkstoffen und anderen Stoffen in geringeren Mengen weitere verschiedenartige Abfälle. Dazu gehören feste Abfälle wie Flugstäube, Metallsalze, Oxide und Schlämme sowie flüssige Abfälle (Metallsalzlösungen, Beizlösungen, organische Lösemittel, Farben, Öle). Schließlich bilden sich z. T. auch gasförmige Stoffe (Lösemitteldämpfe, Reaktionsgase), die eine Behandlung erforderlich machen. Für das Recycling der festen und flüssigen Abfälle und der Gase steht eine Reihe von Verfahren zur Verfügung, die an dieser Stelle in allgemeiner Form oder mit charakteristischen Stoffbeispielen vorgestellt werden. Auf diese Besprechungen wird dann in den stoffspezifischen Kapiteln entsprechend zurückgegriffen. Die Hochtemperaturverfahren (Schmelzen, Glühen, Verflüchtigen) für feste Abfälle (Stäube, Oxide) sind häufig mit dem Metallrecycling kombinierbar und werden deshalb in 7 Kap. 5 besprochen.
4.2.1
Löseprozesse für feste Abfälle
Die für das Recycling der oben genannten festen Abfälle erforderliche Stofftrennung und Reinigung ist im Zustand eines Feststoffes (Pulver, Salz, Schlamm) nur ausnahmsweise möglich (z. B. bei Anwendung von Verflüchtigungsverfahren). In den meisten Fällen ist eine Auflösung dieser festen Abfälle in Wasser oder in einer Schmelze notwendig. Die Schmelzprozesse sind die Hauptverfahren für das Recycling von Metallen und werden deshalb ausführlich in 7 Kap. 5 beschrieben. An dieser Stelle ist somit eine Beschränkung auf wässrige Lösungen möglich. In Ausnahmefällen ist auch das Auflösen von Werkstoffabfällen die optimale Recyclingmethode (z. B. Edelmetallwerkstoffe). Dabei ist die Herstellung der wässrigen Lösung in allen Fällen nur eine erste Stufe des Recyclingverfahrens, die immer durch die Methoden der Lösungsaufarbeitung (7 Abschn. 4.2.2) komplettiert werden muss. Bei der Auflösung fester Stoffe in Wasser
46
4
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
(auch als Laugung bezeichnet) sind meist Zusätze von Säuren, Basen oder Oxidationsmitteln erforderlich. Diese Zusätze bilden durch chemische Reaktionen wasserlösliche Verbindungen oder verhindern hydrolytische Prozesse. Den Zusatz von Komplexbildnern sollte man möglichst vermeiden, da diese bei der Aufarbeitung der Lösungen immer Schwierigkeiten oder Entsorgungsprobleme bereiten können. Die Anwendung erhöhter Temperaturen verbessert dagegen häufig die Löslichkeit oder die Auflösungsgeschwindigkeit der festen Abfälle. Durch den Einsatz von Druckgefäßen kann man die Laugungstemperatur über den Siedepunkt der Lösung steigern. Man spricht dann von Drucklaugung. Als Apparatetechnik ist in den meisten Fällen die Rührlaugung geeignet (. Abb. 4.1), die fast immer durch eine Filtration zur Abtrennung ungelöster Anteile zu ergänzen ist. Durch spezielle Auswahl der Zusätze an Säuren oder Basen bzw. Einstellung bestimmter pH-Werte oder Temperaturen kann die Laugungsstufe bereits eine Stofftrennung in lösliche und unlösliche Komponenten erreichen, d. h., man führt eine selektive Auflösung durch (siehe dazu die Erläuterungen und Beispiele in 7 Abschn. 4.1.1 und 7 Abschn. 4.1.2). Ein spezielles Löseverfahren ist die anodische Auflösung in einer Elektrolysezelle. Diese Methode ist nur auf metallische Abfälle anwendbar, da eine elektrische Leitfähigkeit des Abfalls vorhanden sein muss. Das Prinzip wurde bereits in 7 Abschn. 4.1.2 und . Abb. 4.2 am Beispiel der selektiven Ablösung von Zinnschichten erläutert.
stehen wieder Abfälle oder recycelbare Stoffe. Die Regenerierungsverfahren sind aber nicht Thema dieses Buches und werden deshalb nur kurz skizziert. Wenn eine Regenerierung aber nicht zweckmäßig ist, dann müssen die hier zu beschreibenden Aufarbeitungsverfahren zum Einsatz kommen.
Kristallisation
Aufarbeitung von wässrigen Lösungen
Aus wässrigen Lösungen kann man durch Einstellung einer Übersättigung kristalline Feststoffe abscheiden und durch Zentrifugieren oder Filtrieren von der sog. Mutterlauge abtrennen. Die erforderliche Übersättigung erreicht man durch Kühlung der Lösung infolge temperaturabhängiger Löslichkeit oder durch Verdampfung des Lösungsmittels Wasser sowie durch gleichionige Zusätze. Die quantitativen Zusammenhänge der temperaturabhängigen Löslichkeit sind für die meisten Salze als Lösungsgleichgewichte verfügbar [12]. Das Kristallisationsverfahren ist für die Regenerierung oder Aufarbeitung von Beizen besonders geeignet, da diese überwiegend aus Säuren (z. B. Schwefelsäure) mit zunehmenden Gehalten eines Metallsalzes (z. B. Eisensulfat) bestehen. Die Löslichkeit dieser Metallsalze nimmt sehr häufig mit sinkender Temperatur ab, d. h., eine Kühlungskristallisation ist möglich. Da der Säureverbrauch beim Beizen ergänzt werden muss, ergibt sich durch Nachsetzen von Säure (z. B. Schwefelsäure) der zusätzliche löslichkeitsmindernde Effekt des gleichionigen Zusatzes (SO2− 4 ). Der Kristallisationsprozess besteht aus zwei Stufen: 1. Erzeugung einer Übersättigung (Kühlung oder Wasserverdampfung), 2. Abbau der Übersättigung durch Kristallkeimbildung und anschließendes Kristallwachstum.
Die wässrigen Lösungen entstehen entweder direkt als flüssige Abfälle oder sie sind das Ergebnis der in 7 Abschn. 4.2.1 beschriebenen Löseprozesse fester Abfälle (bzw. Werkstoffe). Wässrige Lösungen haben außerdem als Prozesslösungen eine vielfältige Anwendung für Verfahren der Oberflächenbehandlung (Beizen, Beschichten). Wenn diese Prozesslösungen durch Verbrauch der aktiven Inhaltsstoffe oder Anreicherung von Reaktionsprodukten unbrauchbar werden, dann ist zuerst eine Regenerierung angezeigt. Bei dieser Regenerierung ent-
Die technische Zielstellung ist überwiegend die Erzeugung gröberer Kristalle, da diese einfacher von der Mutterlauge zu separieren sind und reiner anfallen als feinkörnige Kristallisate. Sehr feinkörnige Kristallisate entstehen bei starker Keimbildung. Deshalb strebt man eine kontrollierte Kristallisation mit geringer Keimbildung und optimalem Kristallwachstum an. Die Keimbildung kann man sogar durch Impfen mit Kristallen weitgehend unterdrücken. Die erzeugten gröberen Kristalle bestehen aus dem reinen Metallsalz (z. B. Eisen-
4.2.2
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
sulfat), enthalten nach dem Zentrifugieren nur geringe Anhaftungen der Mutterlauge und sind als Handelsprodukt verkäuflich. Die verwendeten Verfahrenstechniken sind die Kühlungskristallisation und die Verdampfungskristallisation (auch als Vakuumverdampfung betrieben). Eine kontrollierte Kristallisation erreicht man durch geeignete Strömungsbedingungen im Kristallisator (geringe Konzentrationsunterschiede, Schwebezustand der Kristallite, günstige Stoffübergangsbedingungen), erhöhte Temperatur (Verbesserung des Kristallwachstums) und Vermeidung zu hoher Übersättigung, die die Keimbildung stark begünstigt. Geeignete Kristallisationsapparate für die kontrollierte Kristallisation (Fließbett- oder Umlaufkristallisatoren) bietet der chemische Apparatebau an. Beim Vorliegen von mehreren Salzen in einer Lösung ist entsprechend den unterschiedlichen Löslichkeiten der Salze eine fraktionierte Kristallisation möglich. In jedem Fall erzeugt aber der Kristallisationsprozess einen erwünschten Reinigungseffekt.
Chemische Fällung Unter chemischer Fällung versteht man die Bildung schwer löslicher Stoffe in einer Lösung durch eine chemische Reaktion. Das erreicht man durch Zugabe eines geeigneten Fällreagenz. Aber erst nach dem Überschreiten der Löslichkeit des schwer löslichen Stoffes (Übersättigung) kommt es zur Ausscheidung der festen Phase (Fällprodukt). Als zweite Verfahrensstufe muss sich immer die mechanische Abtrennung des Fällproduktes (auch Niederschlag oder Präzipitat) von der Restlösung durch Fest-Flüssig-Trennung (Sedimentation, Filtration, Zentrifugieren, Auswaschen des Niederschlages) anschließen. Bei den Recyclingprozessen handelt es sich meist um die chemische Ausfällung von Metallionen durch Bildung schwer löslicher Hydroxide, basischer Salze, Karbonate oder Sulfide. Aber auch die Fällung von Anionen kann eine Zielstellung der Lösungsverarbeitung sein. Die entscheidende Eigenschaft für die Anwendung von chemischen Fällverfahren ist das Maß der Schwerlöslichkeit der auszufällenden Verbindung. Dieses Maß ist das Löslichkeitsprodukt L. Wenn man für die Konzentration eines Stoffes in der Lösung den Klammerausdruck […] verwendet, ist L für
47
4
ein schwer lösliches Metallhydroxid wie folgt definiert: z LH = KD × Me(OH)z = Mez+ × OH− Dabei ist KD die Dissoziationskonstante für die Dissoziation der gelösten Anteile eines Metallhydroxids (Me(OH)z ↔ Mez+ + zOH–). Für nichtideale konzentrierte Lösungen muss die Konzentration der Komponenten durch die Aktivität ersetzt werden. Je kleiner der Wert des Löslichkeitsproduktes L ist, umso geringer ist die Löslichkeit der Verbindung [21]. Die Fällung von schwer löslichen Metallhydroxiden erfolgt nach der Reaktion Mez+ + zOH− → Me(OH)z .
Diese Reaktion erfordert ganz offensichtlich eine bestimmte OH–-Konzentration zur Bildung des Metallhydroxids, d. h. also einen bestimmten pHWert. Einige Metallhydroxide (z. B. Al(OH)3) bilden aber beim Überschuss von OH– lösliche Hydroxokomplexe, die zu einer Rücklösung des Hydroxidniederschlages führen. Auch die Fällung von basischen Salzen, Metallkarbonaten oder Metallsulfiden ist nur in bestimmten pH-Bereichen möglich, da diese Verbindungen in Säuren löslich sind. In . Tab. 4.1 sind Fällungs-pH-Werte und Löslichkeitsprodukte wichtiger schwer löslicher Verbindungen zusammengestellt. Neben der Schwerlöslichkeit der Verbindung ist die erreichbare Struktur (Morphologie) des Niederschlages von Bedeutung. Die Struktur kann kolloidal, amorph, feinkristallin oder grobkristallin sein. Die erreichbare Struktur ist bestimmend für die Selektivität der Fällung und die Reinheit des Niederschlages sowie die wichtige Eigenschaft der Fest-Flüssig-Trennung. Optimale Trenneffekte sind nur mit kristallinen Niederschlägen zu erhalten. Bei amorphen Niederschlägen treten erhebliche Effekte der Mitfällung und der Adsorption auf, die bei Recyclingprozessen überwiegend nicht erwünscht sind. Die Gewinnung kristalliner Niederschläge schwer löslicher Verbindungen gelingt nur bei Anwendung einer kontrollierten Fälltechnik, die man als Fällungskristallisation oder Reaktionskristallisation bezeichnet [24] [25]. Zum tieferen Verständnis muss man die einzelnen Prozessstu-
48
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
. Tab. 4.1 Fällungs-pH-Werte und Löslichkeitsprodukte von Metallhydroxiden, Metallkarbonaten und Metallsulfiden [21] [23] Hydroxidfällung
4
Sulfidfällung
Karbonat
Sulfid
Löslichkeitsprodukt LS
SnS
ca. 10–20
Hydroxid
pH-Bereich der Fällung
Wiederauflösung pH
Löslichkeitsprodukt LH
Fe(OH)3
2,8…4.0
–
8,7 × 10–38
Al(OH)3
4,3…5,0
>8,7
2,0 × 10–32
Sn(OH)2
3,8…4,3
>9,2
6,0 × 10–25
Cu(OH)2
5,8…8,0
–
2,0 × 10–19
CuCO3
2,5 × 10–10
CuS
8,0 × 10–37
Zn(OH)2
7,6…8,3
>10,8
4,0 × 10–17
ZnCO3
1,6 × 10–11
ZnS
1,6 × 10–24
Co(OH)2
7,0…9,0
–
2,0 × 10–16
CoCO3
1,6 × 10–13
CoS
2,0 × 10–25
Fe(OH)2
7,0…8,9
–
2,0 × 10–15
FeCO3
2,5 × 10–11
FeS
3,7 × 10–19
Ni(OH)2
7,8…9,3
–
5,8 × 10–15
NiCO3
1,3 × 10–7
NiS
2,0 × 10–26
Cd(OH)2
9,1…10
–
1,3 × 10–14
CdCO3
5,0 × 10–12
CdS
1,6 × 10–28
fen der Fällungskristallisation und die Einflüsse der Übersättigung (S), der Temperatur (T) und der Fälltechnik betrachten. z
Karbonatfällung
Modellvorstellungen zur Fällungskristallisation [24] [25]
1. Erzeugung einer Übersättigung S in der Salzlösung durch eine chemische Reaktion mit den wichtigen Einflussfaktoren Löslichkeit cS der schwer löslichen Verbindung, Zugabegeschwindigkeit des Fällreagenz vZ und Übersättigungskonzentration c (Übersättigung S = ln c/cS), 2. Abbau der Übersättigung S durch die Prozessschritte Keimbildung oder Keimzusätze und Kristallwachstum (Kristallwachstumsgeschwindigkeit vw = f(T2,S)), 3. Reifung und/oder Agglomeration der Kristallite. Die geringe Löslichkeit cS (kleines Löslichkeitsprodukt L) der zu fällenden Verbindungen verursacht bei Zugabe des Fällreagenz sehr schnell eine hohe Übersättigung S, die eine starke Keimbildung bewirkt (Keimbildungsgeschwindigkeit vk = f(S,T)). Infolge häufig unzureichend intensiver Vermi-
Löslichkeitsprodukt LK
schung des Fällreagenz mit der Lösung kann es außerdem zu erheblichen lokalen Übersättigungen kommen, die örtliche Keimbildungslawinen auslösen. Das Wachstum der Kristallite auf Basis der Keime wird durch eine erhöhte Temperatur und optimale Stoffübergangsbedingungen (Konzentrationsausgleich, Strömungsbedingungen) gefördert. Die Gewinnung kristalliner Niederschläge ist also offenbar an folgende Bedingungen geknüpft [24] [25]: 1. geringe und kontrollierte Keimbildung durch 5 Auswahl schwer löslicher Verbindungen mit nicht extrem geringer Löslichkeit (z. B. Karbonate oder basische Salze anstelle von Hydroxiden oder Sulfiden; siehe dazu . Tab. 4.1), 5 effektive apparative Maßnahmen zur intensiven Vermischung des Fällreagenz mit der Lösung (Vermeidung lokaler Übersättigungen) und 5 Anpassung der Zugabegeschwindigkeit vZ des Fällreagenz (Dosierung) an die Kristallwachstumsgeschwindigkeit vW; 2. Förderung des Kristallwachstums durch erhöhte Temperatur und intensive Rührung.
Die apparativen Maßnahmen zur Vermeidung lokaler Übersättigungen durch Dosierung und effektive Vermischung des Fällreagenz sind in . Abb. 4.5 skizziert. Das Problem der lokalen Übersättigungen ist vollständig ausschaltbar, wenn man eine Substanz findet, die das Fällreagenz erst in der Lösung durch Erhöhung der Temperatur freisetzt. Eine solche Substanz ist z. B. Harnstoff, den man der Lösung zumischt und dann durch Erhöhung der Temperatur der Lösung dessen Hydrolyse bewirkt, wodurch das Fällreagenz NH3 freigesetzt wird.
Verteilersystem für Fällreagenz
Strombrecher zur Erzeugung lokaler Turbulenzen an den Dosierstellen
Strombrecher des Rührwerks
CO(NH2 )2 + H2 O → 2NH3 + CO2
z
Metallkomplexverbindungen
In der Oberflächentechnik kommen häufig Prozesslösungen zum Einsatz, in denen die Metallionen komplex gebunden sind, so dass nur sehr geringe Konzentrationen an nicht komplexierten Metallionen in den Lösungen vorliegen. Geringe Probleme bereiten die Hydroxo- und Amminkomplexe, die durch Zugabe von Säure leicht zu zerstören sind. Weitere häufig angewandte Komplexbildner sind aber Cyanid und Phosphat sowie vielfältige organische Komplexbildner (Triethanolamin-TEA, Ethylendiamintetraessigsäure-EDTA, Weinsäure u. a.), die eine Ausfällung sehr erschweren. Die Ausfällung gelingt grundsätzlich nur dann, wenn die Dissoziation des Metallkomplexes eine Konzentration freier Metallionen zulässt, die größer ist als die Metallionenkonzentration der Dissoziation der zu fällenden schwer löslichen Verbindung, d. h., es müssen schwer lösliche Verbindungen mit besonders geringem Löslichkeitsprodukt ausgewählt werden. Solche Verbindungen sind besonders die Sulfide (. Tab. 4.1) und noch günstiger die Organosulfide (z. B. Dimethyldithiocarbamat, DMDTC). Ein zweiter Weg ist die Zerstörung der Komplexbildner durch Oxidation (z. B. auch bei Cyanidkomplexen einsetzbar) und ein dritter Weg die elektrochemische Reduktion der Metallionen, die im folgenden Abschnitt besprochen wird.
Fällreagenzbehälter
Dosierpumpe
Harnstoffhydrolyse:
Diese Methodik bezeichnet man als Fällung aus homogener Lösung.
4
49
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
Heizmantel Fällpulpe . Abb. 4.5 Rührwerksbehälter für die Fällungskristallisation (Vermeidung lokaler Übersättigungen durch apparative Maßnahmen zur effektiven Vermischung des Fällreagenz).
Elektrochemische Prozesse Die theoretische Grundlage der elektrochemischen Abscheidung von Metallen aus Lösungen bilden die Normalpotentiale der Metalle gegenüber der Normalwasserstoffelektrode (Normalpotential = E0 (V). Die Auflistung der Normalpotentiale nach ihren Werten ergibt dann die elektrochemische Spannungsreihe der Metalle (. Tab. 4.2). z
Zementation unedler Metallionen
Metallionen mit positiverem Normalpotential (. Tab. 4.2) können durch Metalle mit negativerem Normalpotential in der Lösung reduziert und als Metallpulver ausgeschieden werden. Diese elektrochemische Reduktion bezeichnet man als Zementation. Der häufigste Anwendungsfall ist die Cu2+Zementation aus Lösungen mit Eisenschrott nach der folgenden Reaktion: Cu2+ + Fe0 → Cu0 + Fe2+
In analoger Weise ist z. B. die Zementation von Ag+ mit Kupferblech durchführbar. Die Zementate enthalten aber immer Restmengen des Zementations-
50
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
. Tab. 4.2 Elektrochemische Spannungsreihe der Metalle [21]
4
Reaktion
Normalpotential E° (V)
Na ↔ Na+ + e
–2,71
Mg ↔ Mg2+ + 2 e
–2,38
Al ↔ Al3+ + 3 e
–1,66
Zn ↔ Zn2+ + 2 e
–0,76
Fe ↔
Fe2+ + 2
–0,44
Cd ↔
Cd2+ + 2
e e
–0,40
Ni ↔ Ni2+ + 2 e
–0,23
Sn ↔ Sn2+ + 2 e
–0,14
Pb ↔
e
–0,13
Fe ↔ Fe3+ + 3 e
–0,04
H2 ↔ 2 H + + 2 e
0,00
Cu ↔ Cu2+ + 2 e
+0,34
Cu ↔ Cu+ + e
+0,52
Ag ↔ Ag+ + e
+0,80
Pb ↔ Pb4+ + 4 e
+0,80
Pt ↔ Pt2+ + 2 e
+1,20
Au ↔ Au3+ + 3 e
+1.42
Au ↔
+1,70
Pb2+ + 2
Au+
+e
mittels. Die Potentiale der Metallionen sind allerdings von der Konzentration und der Temperatur abhängig und erreichen z. B. mit abnehmender Konzentration immer negativere Werte. Diese Einflüsse sind aber durch die Nernst’sche Gleichung zu berechnen: 0 EMe = EMe + 0,058 log cMe /z
Dabei gilt: E0Me = Normalpotential (V), c = Konzentration (Mol/l), z = Wertigkeit des Metallions
z
Elektrolyseverfahren mit unlöslichen Anoden
Beim Elektrolyseverfahren erreicht man die Ausfällung der Metallionen aus der Lösung durch deren elektrochemische Reduktion an einer Kathode. Zu diesem Zweck muss man in der Lösung zwei Elektroden installieren (Kathode und Anode), an die eine Gleichspannung angelegt ist. Parallel zur Reduktionsreaktion an der einen Elektrode (Kathode) erfolgt eine äquivalente Oxidationsreaktion an der anderen Elektrode (Anode). Diese Reaktionen demonstrieren die folgenden Beispiele: Kathodische Reduktionen: Cu2+ + 2e → Cu0 Ag+ + e → Ag0
2H+ + 2e → H2
Anodische Oxidationen: 2Cl− → Cl2 + 2e 2H2 O → 4H+ + O2 + 4e 2SO2− 4 + 2H2 O → 2H2 SO4 + O2 + 4e
Die gebräuchlichste Form der Elektroden sind senkrecht angeordnete Plattenelektroden (. Abb. 4.6). Bei dieser Form scheidet sich das reduzierte Metall als Blech oder Pulver auf der Kathode ab und ist von dieser abnehmbar. In einer Grenzschicht an der Kathodenoberfläche kommt es aber dabei zu einer Verarmung an Metallionen, die so stark sein kann, dass schließlich H+-Ionen entladen werden und damit Wasserstoff entsteht. Diesen Bereich der Wasserstoffbildung, der parallel auch zum starken Absinken der Stromausbeute für die Metallabscheidung führt, sollte man aber weitgehend vermeiden. Von entscheidendem Einfluss auf diesen Verarmungseffekt sind hohe Stromdichten (A/m2) an der Plattenoberfläche, geringe Metallionenkonzentrationen in der Lösung und ungenügender Konzentrationsausgleich an der Plattenoberfläche (Grenzschicht). So wurde bei der Elektrolyse einer schwefelsauren Abfalllösung (40 g H2SO4/l; 6,8 g Cu/l) mit Plattenelektroden eine eindeutige
4
51
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
a
Lösung Elektrolysewanne Anoden
Kathoden
b
Unlösliche Anode
Lösung
Gereinigte Lösung
Wirbelbett der Partikel Gereinigte Lösung
Granalienaustrag
Lösungszulauf (stark)
Anolyt
Siebboden
Membran
Wirbelbett-Elektrolysezelle mit leitenden Partikeln und starker Elektrolytströmung im Kathodenraum
Partikelkathode Antrieb für die Rotation der Zelle Rotierende Elektrolysezelle mit Schüttgutkathode aus leitenden Partikeln
. Abb. 4.6 Apparative Gestaltung von Elektrolysezellen für die Reduktion von Metallionen. a) Elektrolysezelle mit Plattenelektroden für konzentrierte Lösungen. b) Bauarten von Elektrolysezellen für verdünnte Lösungen mit Partikelkathoden und effektivem Konzentrationsausgleich [21] [26].
Abhängigkeit der Grenzstromdichte IGr von der Cu2+-Konzentration gefunden [26] (. Tab. 4.3).
Für das Recycling von Metallen aus häufig sehr gering konzentrierten Lösungen durch Elektrolyse muss man deshalb den Konzentrationsausgleich
52
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
. Tab. 4.3 Grenzstromdichte in Kupfersulfatlösungen [26]
4
Konzentration Cu2+ (g/l)
Grenzstromdichte IGr (A/m2)
8
180
4
95
1
22
0,5
15
0,15
<10
verbessern und die Stromdichte verringern. Das gelingt durch eine hohe Relativgeschwindigkeit zwischen Lösung und Kathodenoberfläche und eine starke Vergrößerung der Kathodenoberfläche. Einige apparative Varianten dazu sind in . Abb. 4.6 zusammengestellt. In den Apparaten erreicht man große Kathodenoberflächen durch Verwendung von Metallgranalien bzw. Graphitkörnern (Partikelkathoden) oder Wickelmodulen aus Kathodenund Anodenfolien mit einem Textilgewebe als Abstandshalter. Einen effektiven Konzentrationsausgleich erzielt man mit einem Wirbelbett der Granalien bei intensiver Elektrolytströmung oder einer Rollbewegung der Granalien [26]. Die kathodische Reduktion von Metallionen aus Lösungen erfolgt nach den Gesetzmäßigkeiten der elektrochemischen Spannungsreihe (. Tab. 4.2) und der Nernst’schen Gleichung, d. h., es werden immer zuerst die Metallionen mit dem positiveren Potential reduziert. Dadurch entsteht eine selektive Abscheidung der verschiedenen Metallionen einer aufzuarbeitenden Lösung. Als Beispiel kann man so aus einer Lösungsmischung von Cu-Ni-Salzen das relativ edlere Cu2+ in reiner Form reduzieren und Ni2+ bleibt quantitativ in Lösung. Mit Hilfe der Nernst’schen Gleichung (siehe oben »Zementation«) ist zu berechnen, bei welcher geringen Cu2+Konzentration dann das Cu-Potential den Potentialwert des Ni2+ erreicht. Außerdem ergibt sich in diesem Beispielfall noch ein Trenneffekt durch den Einfluss des pH-Wertes, denn Ni2+ kann im Unterschied zu Cu2+ nur aus schwach saurer Lösung abgeschieden werden. Die Betriebsfähigkeit der Elektrolysezellen muss außerdem durch geeignete
Anodenwerkstoffe abgesichert sein, die die erforderliche Unlöslichkeit der Anoden gewährleisten. Da an den Anoden ein erhebliches Oxidationspotential vorliegt, müssen die Anodenwerkstoffe chemisch und elektrochemisch unlöslich und beständig gegenüber gebildeten Gasen (O2, Cl2 u. a.) sein. Es kommen deshalb Platten- oder Gitteranoden aus Graphit, Blei-Silber-Legierungen oder platinbeschichtetem Titan zum Einsatz. Neben diesem Elektrolyseverfahren mit unlöslichen Anoden zur Reduktion von Metallionen (Reduktionselektrolyse) ist ein Elektrolyseverfahren mit löslichen Anoden in Anwendung. z
Elektrolyseverfahren mit löslichen Anoden
Dieses Verfahren ist für die elektrolytische Feinreinigung (Raffination) von relativ edlen Metallen als sog. Raffinationselektrolyse geeignet. Vom Rohmetall (z. B. Rohkupfer) stellt man Anodenplatten her und verwendet einen Elektrolyt aus einem Salz des Anodenmetalls (z. B. CuSO4-Lösung). Als Kathode kann ein Blech aus Reinmetall (z. B. Cu) oder häufiger aus säurefestem Stahl dienen. Beim Elektrolyseprozess findet dann eine elektrochemische Auflösung (Oxidation) der Rohmetallanode (z. B. Cu0 → Cu2+ + 2 e) und gleichzeitig die Reduktion der äquivalenten Menge Metallionen (z. B. Cu2+) aus dem Elektrolyt an der Kathode statt. Der Raffinationseffekt entsteht durch die Gesetzmäßigkeiten der elektrochemischen Spannungsreihe der Metalle (. Tab. 4.2): 5 Anodisch lösen sich, solange vorhanden, nur das Hauptmetall (z. B. Cu) und die gegenüber dem Hauptmetall unedleren Metalle auf. Die gegenüber dem Hauptmetall edleren Metalle bleiben ungelöst als Anodenschlamm zurück. 5 Kathodisch scheidet sich nur das edelste Metallion aus der Lösung ab (im Beispiel das Cu). 5 Die Zusammensetzung des Elektrolyten bleibt theoretisch unverändert bis auf eine Anreicherung der im Rohmetall enthaltenen unedleren Metalle. Die Raffinationselektrolyse besitzt bei der Kupfergewinnung eine überragende Bedeutung und ist deshalb dort näher beschrieben (7 Abschn. 5.4.3) und in . Abb. 5.22 dargestellt. Eine spezielle Anwendung des Elektrolyseverfahrens mit löslichen
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
Anoden ist die selektive anodische Ablösung der Zinnschicht von Sn-beschichteten Stahlschrotten. Dieses Verfahren ist als Beispiel für eine elektrochemische Vorbehandlung von Abfall bereits oben in 7 Abschn. 4.1.2 mit . Abb. 4.2 angeführt.
Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren Die unmittelbare Verarbeitung von verdünnten Lösungen durch die oben beschriebenen Verfahren der Kristallisation, der chemischen Ausfällung von schwer löslichen Verbindungen, der Zementation oder der Reduktionselektrolyse hat häufig erhebliche Nachteile. Es sind z. B. große Lösungsmengen zu behandeln (Chemikalienbedarf, Apparatevolumina, Energiebedarf für Erhitzung, Rührung, Pumpen usw.) und spezielle Elektrolysemethoden (Partikelkathoden) mit geringerer Stromausbeute anzuwenden. Außerdem entstehen unreine Produkte mit ungünstigen Produktstrukturen (amorphe Abscheidungen). Deshalb ist es oft günstig, die anfallenden verdünnten Lösungen aufzukonzentrieren und dabei gleichzeitig zu reinigen. Für solche Konzentrierungs- und Reinigungsprozesse haben sich die Verfahren des Ionenaustausches und der Solventextraktion von Lösungen außerordentlich bewährt. Durch die Entwicklung leistungsfähiger Membranen kommen auch Membranverfahren immer mehr zum Einsatz. Eine Konzentrierung von Lösungen erreicht man auch durch das Verdampfen von Wasser oder flüchtiger Bestandteile. Betreibt man diese Verdampfung mit einer effektiven Kondensation der Dämpfe als Destillation, so können als Kondensat z. B. organische Lösemittel oder Salzsäure recycelt werden. z
Ionenaustausch mit Kunstharz-Ionenaustauschern (Austauscherharze)
Der Ionenaustausch ist das technisch weniger komplizierte Verfahren und sehr vorteilhaft für die Behandlung verdünnter Lösungen (<0,5 g/l), da sehr hohe Konzentrierungseffekte erzielbar sind. Die Austauscherharze sind Festelektrolyte, die aus einem unlöslichen, quellfähigen Kunstharzgerüst bestehen, in dem austauschaktive Gruppen verankert sind. Diese austauschaktiven Gruppen können
53
4
Ionen dieser Gruppen gegen gleichsinnig geladene Ionen einer in Kontakt gebrachten Elektrolytlösung austauschen. Die Kationenaustauscherharze können z. B. H+ oder Na+ an der Gruppe gegen z. B. Cu2+ oder Ni2+ aus der Lösung austauschen (Beladung des Harzes). Dabei werden bestimmte Ionensorten bevorzugt aufgenommen, d. h., es besteht eine Selektivität des Harzes. Das adsorbierte Cu2+ oder Ni2+ ist anschließend z. B. durch geringe Volumen Schwefelsäure vom Harz wieder abzulösen (Elution des Harzes), wobei die angestrebte konzentriertere Cu- oder Ni-Sulfatlösung entsteht. Gleichzeitig erfolgt die Regenerierung des Austauschers mit H+. Für den Ablauf der Beladung und der Elution sind jeweils konzentrationsabhängige Austauschgleichgewichte verantwortlich, d. h., die Cu2+- oder Ni2+-Konzentration bzw. die H+-Konzentration sind von entscheidender Bedeutung. Wenn Metalle in Form von Anionenkomplexen in Lösungen vorliegen, dann sind auch Anionenaustauscherharze zur Metallkonzentrierung geeignet. Ein weiterer Austauschertyp sind die Chelatharze. Die Austauscherharze liegen meist als Kugeln von ca. 1 mm Durchmesser vor. Die Technik des Ionenaustausches verwendet Schüttbetten dieser Kugeln, über die die Lösungen für Beladung, Elution und evtl. Regenerierung geleitet werden. Zwischen diesen Verfahrensstufen der Beladung, der Elution usw. sind zusätzliche Waschstufen des Ionenaustauscherbettes zur Verdrängung der Zwischenkornflüssigkeit erforderlich, was zum Anfall verschiedener verdünnter Lösungen führt. In . Abb. 4.7 ist ein Beispiel für die Konzentrierung einer verdünnten Kupferlösung am Kationenaustauscher und das Verfahrensprinzip des Festbettionenaustauschs dargestellt. Ein spezielles Verfahren der Säureregenerierung von Beizlösungen gelingt mittels Anionenaustauscherharzen (sog. Retardationsverfahren). Dabei nutzt man die Adsorptionswirkung für freie undissoziierte Säuren am Harz aus, während die Metallkationen und Säureanionen den Austauscher passieren. Nach Sättigung der Adsorptionskapazität des Harzes eluiert man die adsorbierte Säure mit Wasser und erhält damit eine regenerierte, metallarme Beizsäure. Bei der anfänglichen Beladung gewinnt man eine säurearme Metallsalzlösung, die dem Metallrecycling zugeführt wird [21]. Ausführliche Informationen zum Ein-
54
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
. Abb. 4.7 Verfahrensprinzip des Festbettionenaustauschs mit Kationenaustauscherharz.
Festbettionenaustausch einer verdünnten Cu-Lösung mit Kationenaustauscherharz 1. Kolonne Beladung mit Cu-Lösung
Cu-Lösung ca. 0,5 g/l Cu
2. Kolonne Elution mit H2SO4
3. Kolonne Regenerierung mit NaOH Waschwasser
4
Harzschüttbett Konditionierung der Cu-Lösung Austauscherkolonne Abwasser, Cu-frei
Abwasser Cu-Sulfat-Lösung, 30…60 g/l Cu
Waschlösungen
Cu-Elektrolyse
satz des Ionenaustausches für Abfalllösungen enthält das »Handbuch der Abwasser- und Recyclingtechnik« von Hartinger [21]. z
Solventextraktion [59]
Bei der Solventextraktion (auch Flüssig-FlüssigExtraktion) wird die Me-Salzlösung (Me = Metall) mit einem wasserunlöslichen organischen Lösemittel in Kontakt gebracht und dadurch ein Übergang des Mez+ in die organische Phase angestrebt. Anschließend separiert man diese Me-beladene wasserunlösliche organische Phase (Extrakt) von der weitgehend von Mez+ befreiten Lösung (Raffinat). In einer dritten Stufe bringt man die beladene organische Phase mit einer reinen wässrigen Lösung in Kontakt, die z. B. auf Grund eines geringen pH-Wertes die Mez+ wieder aus der organischen Phase herauslöst (Rückextraktion). Das organische Lösemittel ist meist ein Kohlenwasserstoff, in dem ein wirksames Extraktionsmittel gelöst ist. Der Extraktionsprozess ist selektiv und gewährleistet damit einen guten Trenneffekt. Der wichtige Konzentrationseffekt entsteht durch Anwendung unterschiedlicher Volumenverhältnisse der beteiligten Phasen (Ausgangslösung, organische Phase,
Rückextraktionslösung). Der Prozess soll am Beispiel einer ammoniakalischen Cu-Lösung verdeutlicht werden. Für ammoniakalische Cu-Lösungen ist das Extraktionsmittel z. B. ein Hydroxyoxim. Die Bindung des Cu2+ im Oxim ist reversibel. Wenn man das mit Cu beladene Oxim mit einer verdünnten Schwefelsäure vermischt, geht das Cu2+ in die wässrige Phase über (Rückextraktion) und die organische Phase mit dem Extraktionsmittel ist regeneriert und steht nach Trennung der Phasen erneut für die Extraktion zur Verfügung. Extraktion:
Cu(NH3 )4
2+ (w)
+ 2RH(o) →
CuR2(o) + 2NH3(w) + 2NH4 + (w)
Dabei gilt: RH = Hydroxyoxim, Index w = wässrige Phase, Index o = organische Phase. Rückextraktion: CuR2(o) + H2 SO4(w) → CuSO4(w) + 2RH(o)
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
Die Verteilung des Cu2+ zwischen der Cu-Salzlösung und der organischen Phase wird durch ein Verteilungsgleichgewicht bestimmt. Eine vollständige Extraktion erreicht man durch mehrmalige Einstellung dieses Gleichgewichts, d. h. durch mehrere Extraktionsstufen. Der Konzentrationseffekt entsteht wie folgt: Wenn man z. B. 1 m3 verdünnte CuSalzlösung mit 0,2 m3 organischer Phase vermischt (Extraktionsstufe) und anschließend mit 0,1 m3 wässriger Lösung rückextrahiert, dann erreicht man eine Konzentrierung des Cu2+ um den Faktor 10. Die Extraktion ist außerdem Cu-spezifisch und damit entsteht ein erheblicher Reinigungseffekt. Die so erzeugten aufkonzentrierten und gereinigten Cu-Salzlösungen sind hervorragend zur Kupferabscheidung durch Reduktionselektrolyse geeignet. Die verfahrenstechnischen Verhältnisse der Stoffverteilung und Konzentrierung bei vier Extraktionsstufen und einer Rückextraktionsstufe sind in . Abb. 4.8 für eine angenommene Me-Lösung bei einem Verteilungskoeffizienten N = 5 und einem Trägerstoffverhältnis von K = 0,5 prinzipiell behandelt (Berechnung der Stufen bzw. grafische Lösung mit dem Beladungsdiagramm). Für die technische Solventextraktion sind die einstufig arbeitenden Mixer-Settler und Extraktionskolonnen im Einsatz. Diese Extraktionskolonnen realisieren mehrere Trennstufen. Den prinzipiellen Apparateaufbau und die Wirkungsweise zeigt . Abb. 4.9. z
Membrantrennverfahren
Unter Membranen versteht man flächige, teildurchlässige selektiv wirkende Strukturen, die die Trennung von fluiden Mehrstoffgemischen ermöglichen. Membranen sind mechanisch zur Abtrennung feinster Partikel (Ultrafiltration), aber auch zur Trennung von Molekülen und Ionen (z. B. Umkehrosmose und Dialyse) einsetzbar. Die zu trennenden Mehrstoffgemische können demzufolge Suspensionen, Emulsionen, Kolloide, Lösungen oder auch Gasgemische sein. Den durch die Membran hindurchtretenden Stoffstrom bezeichnet man als Permeat und den zurückgehaltenen aufkonzentrierten Stoffstrom als Konzentrat oder Retentat. Für die verschiedenen Membranprozesse sind unterschiedliche Triebkräfte verantwortlich: 5 Ultrafiltration: hydrostatische Druckdifferenz,
55
4
5 Umkehrosmose: hydrostatische Druckdifferenz, 5 Dialyse: Konzentrationsdifferenz, 5 Elektrodialyse: elektrisches Feld. Membranwerkstoffe sind überwiegend Kunststoffe (Zelluloseazetat, Polyamid, PTFE usw.) Eine spezielle Art von Membranen sind die Ionenaustauschermembranen, bei denen durch chemische Modifikation eine Ionenaustauschfähigkeit vorhanden ist. Die Verfahrenstechnik der Membranverfahren ist so konzipiert, das ein Stoffstrom parallel zur Membran auf der Retentatseite eingestellt ist, um einer Konzentrationspolarisation an der Membranoberfläche auf der Retentatseite entgegenzuwirken. Die grundlegende Verfahrenstechnik und einige Anwendungsbeispiele mit Ionenaustauschermembranen sind in . Abb. 4.10 dargestellt [12] [21] [27]. Für das Recycling von Metallsalz- und Beizlösungen mit ihren hohen Elektrolytkonzentrationen eignen sich die Membranverfahren Dialyse, Elektrodialyse und Membranelektrolyse. Die Umkehrosmose ist nur zur Aufkonzentrierung verdünnter Spülwässer geeignet, weil höhere Elektrolytkonzentrationen eine hohe Druckdifferenz erfordern und geringe Konzentrierungseffekte ergeben [21]. Als Beispiel für die Umkehrosmose ist deshalb nur die Entwässerung fotografischer Spülwässer zur AgRückgewinnung beschrieben [27]. Säurerückgewinnung durch Säuredialyse Für dieses Verfahren verwendet man Anionenaustauschermembranen. Ausgangslösungen sind meist verbrauchte Beizlösungen, die höhere Metallsalzgehalte und Restsäuren enthalten. Als aufnehmende Phase verwendet man Wasser, so dass eine hohe Konzentrationsdifferenz als Triebkraft für die Diffusion durch die Membran vorliegt. Die Anionenaustauschermembran lässt aber nur Anionen permeieren. Die Säureanionen schleppen jedoch die kleinen H+-Ionen mit, so dass die Elektroneutralität erhalten bleibt. Im Retentat verbleiben die Metallionen und die entsprechende Menge Anionen [27]. Man erhält also im Permeat eine metallsalzfreie Säure zur Wiederverwendung und als Retentat eine säurearme Metallsalzlösung, die für das Metallsalzrecycling gut geeignet ist (. Abb. 4.10).
56
4
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
Berechnungsbeispiel für eine Gegenstrom-Solventextraktion 1. Ausgangswerte der mehrstufigen Extraktion Verteilungskoeffizient N1 = 5 Masse Me-Lösung = Masse Raffinat: mR (kg) Masse organisches Lösemittel: mO (kg) Trägerstoffverhältnis K = mO/mR = 0,5; 1/K = 2 = tgα der Arbeitslinie Me-Endkonzentration im Raffinat: XRE = 0,1 g/kg Me-Anfangskonzentration im organischen Lösemittel: YOA = 0 g/kg 2. Bedingungen der einstufigen Rückextraktion Trägerstoffverhältnis mO/mW = 2 Verteilungskoeffizient N2 = 125
3. Berechnungsergebnis der Extraktionsstufen (Me-Konzentration) Organisches Lösemittel
Me-beladenes Lösemittel 98 % Me
6,44 g/kg
Me-Lösung
12,7 g/kg
4,9 g/kg
1,75 g/kg
0,5 g/kg
2,54 g/kg
0,98 g/kg
0,35 g/kg
0,1 g/kg
1. Stufe
Me-Konzentration im Lösemittel
2. Stufe
N1 = 5
3. Stufe
0 g/kg
Raffinat 2 % Me
4. Stufe
1/K = 2
16 YO
5. Einstufige Rückextraktion
12 1. Stufe g/kg
Wässrige Me-Lösung
25 g/kg
Wässrige Lösung 0 g/kg
8
12,7 g/kg
0,2 g/kg
4
0 0
4
XRA
8
Me-beladenes organisches Lösemittel
Organisches Lösemittel
Me-Konzentration im Raffinat XR g/kg 4. Beladungsdiagramm der vierstufigen Extraktion . Abb. 4.8 Metallverteilung und Konzentrierung bei mehrstufiger Gegenstrom-Solventextraktion einer Metalllösung (Me = Metall).
. Abb. 4.9 Apparate der Solventextraktion.
4
57
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
Mixer-Settler-Apparat
Rührscheibenkolonne Wässrige Lösung
Wässrige Lösung
Organisches Lösemittel
Organisches Lösemittel
Mischkammer Absetzkammer
Wässrige Lösung Organisches Lösemittel Wässrige Lösung
Elektrodialyse Das Funktionsprinzip der Elektrodialyse zeigt . Abb. 4.10. In einer Metallsalzlösung
erreicht man durch ein elektrisches Feld eine Wanderung der Kationen und Anionen zu den jeweiligen Elektroden. Zwischen diesen Elektroden sind aber abwechselnd Anionen- und Kationenaustauschermembranen angeordnet, so dass immer nur eine Ionenart diffundieren kann. Im Ergebnis kommt es zwischen den Membranen in abwechselnder Folge einmal zu einer Salzkonzentrierung und in der Nachbarkammer zu einer Entsalzung der Lösung. Die Elektrodialyse ist deshalb für die Konzentrierung salzhaltiger Spülwässer und verdünnter Säuren sowie die Entsalzung von Mutterlaugen geeignet. Membranelektrolyse Dieses Verfahren ist eine Kombination einer Reduktionselektrolyse zur Metallabscheidung mit einer Elektrodialyse. In einer Elektrolysezelle mit Plattenelektroden trennt man Kathoden- und Anodenbereich durch eine Kationenaustauschermembran und erhält damit einen separaten Kationenraum bzw. Anionenraum. Durch diese Trennung, die für Anionen nicht durchlässig ist, gelingt es, unerwünschte Anodenreaktionen wie z. B. die Entladung von Cl–-Ionen
Organisches Lösemittel
mit Bildung von Chlorgas zu verhindern. Als Beispiel soll das Recycling einer NiCl2-Lösung dienen. In den Kathodenraum leitet man die NiCl2-Lösung, im Anodenraum dient eine 8 %ige NaOH-Lösung als Anolyt. Bei der Elektrolyse erhält man kathodisch eine Nickelabscheidung und an der Anode eine Sauerstoffentwicklung. Die Na+-Ionen wandern durch die Kationenaustauschermembran in den Kathodenraum, so dass Elektroneutralität gewährleistet ist und der Katolyt sich mit NaCl anreichert. Der Anolyt verarmt dabei an NaOH. Kathode: 2Ni2+ + 4Cl− + 4e → 2Ni0 + 4Cl−
Anode: 4Na+ + 4OH− → 2H2 O + O2 + 4e + 4Na+
Stoffbilanz: 2NiCl2 + 4NaOH = 2Ni + O2 + 2H2 O + 4NaCl
58
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
Lösung (Feed)
1. Funktionsprinzip der Membrantrennverfahren
Konzentrat (Retentat)
Membran Modul
4 2. Säuredialyse
Permeat M+: Kation; X–: Anion +++ +++ +++
M+ M+
+++ +++ +++ +++ +++ +
H+ X–
+++ +++ +++ +++
M+ H+ X– X–
++ +++
H+ X–
Anionenaustausch membran
Modul
H+ X–
Salzlösung
Wasser
Salzlösung
MX MX HX
HX
MX
HX
MX HX HX MX
HX HX HX HX
MX HX MX HX HX MX
Säure + Salzlösung
Säure
Säure + Salzlösung
Funktionsprinzip der Membran
Säuredialysemodul
3. Elektrodialyse
4. Membranelektrolyse (NiCl2)
Anode Konzentrat Kathode Diluat Diluat
M+
MX MX
X– MX
AAM
Salzlösung
O2
OH– Na+
X–
OH– Na+ OH– Na+
M+ MX
Anode
MX
KAM
Kathode
Ni2+ Cl– Cl– Ni2+ – Cl Cl –
KAM
. Abb. 4.10 Funktionsprinzip der Membranverfahren und seine technische Anwendung bei der Säuredialyse, Elektrodialyse und Membranelektrolyse (AAM = Anionenaustauschermembran; KAM = Kationenaustauschermembran).
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
Da im Katolyten die H+-Ionenkonzentration nicht ansteigt, ist eine Reduktion der Ni+-Ionen bis auf sehr geringe Gehalte ohne Wasserstoffentwicklung möglich [28].
4.2.3
Recycling von organischen Flüssigkeiten durch Destillation und Sorption
In der chemischen Industrie sind organische Flüssigkeiten häufig Produkte oder Hilfsstoffe der Produktion. Die Hilfsstoffe werden durch interne Kreisläufe der Betriebe wieder verwendet. Diese Kreisläufe rechnet man nicht zum Recycling. Die nachfolgenden Betrachtungen beziehen sich auf den Anfall und das Recycling organischer Flüssigkeiten bei anderen technischen Verfahren und im Konsumtionsbereich. Dabei handelt es sich z. B. um Motorentreibstoffe (Benzin, Dieselöl), Mineralöle, Lösemittel für Fette, Harze, Wachse, Klebstoffe, Extraktionsmittel, Lacke, Farben, Frostschutzmittel (Alkohole) usw. Bei diesen Flüssigkeiten stand zunächst die Vermeidung des Eintrages in Gewässer, Boden und Luft im Vordergrund. Erst allmählich gewann der Recyclingaspekt an Bedeutung. Die genannten organischen Flüssigkeiten werden bei ihrer Verwendung durch verschiedene Einflüsse zu Abfällen: 5 Verschmutzung mit festen Stoffen (Metallspäne) und gelösten Stoffen (Fette, Wachse), 5 Vermischung mit Wasser und Tensiden (Emulsionen), 5 Vermischung mit anderen organischen Flüssigkeiten, 5 Veränderung der Mischungszusammensetzung durch Verdunstung, 5 Zersetzung oder chemische Reaktionen der organischen Flüssigkeit bzw. der Mischungskomponenten (Farben, Lacke, Kleber), 5 Anfall von unbrauchbaren und nicht mehr verwendbaren Kleinmengen (Reste von Benzin, Öl und Frostschutzmittel in Altautos, Reste von Lacken). Die Recyclingmöglichkeiten für organische Flüssigkeiten ergeben sich aus deren allgemeinen Stoffeigenschaften. Das sind vor allem die spezifischen
59
4
charakteristischen Siedepunkte der Flüssigkeiten, die eine destillative Trennung ermöglichen. Weiterhin besteht meist keine Mischbarkeit mit Wasser (Ausnahme Alkohole) und kaum Löslichkeit für feste anorganische Stoffe. Erschwerend für das Recycling sind andererseits die chemische Reaktionsfähigkeit (Oxidation, Zersetzung), die Brennbarkeit, die Bildung explosibler Gemische mit Luft und die Löslichkeit für organische Stoffe. Aus den oben angeführten Verschmutzungsmöglichkeiten und aus den Stoffeigenschaften ergeben sich die technischen Recyclingmöglichkeiten: 5 Abtrennung von Feststoffen durch Filtration, 5 Ultrafiltration für Emulsionen und Farben, 5 Emulsionsspaltung, 5 Destillation und Rektifikation zur Abtrennung gelöster organischer Stoffe und zur Trennung und Reinigung organischer Flüssigkeiten, 5 Sorption an Sorptionsmitteln. Eine grundlegende Voraussetzung bei allen Verfahren ist allerdings die getrennte Sammlung der anfallenden organischen Flüssigkeiten. z
Filtration und Ultrafiltration
Die Filtration gehört zu den mechanischen Verfahren. Sie wird aber wegen der Bedeutung für die Reinigung von Flüssigkeiten hier mit aufgeführt. Die Filtration spielt vor allem für Öle und Kühlschmiermittel zur Abtrennung von Schmutz, Abrieb und Metallspänen eine Rolle. Die Filtration findet sehr häufig direkt in den Maschinen mit kleinen Filterelementen statt und gewährleistet deren Funktionserhalt. Bei externer Filtration kommen unterschiedliche Filterapparate und auch Zentrifugen zum Einsatz, deren Funktionsweise in der chemischen Apparatetechnik nachzulesen ist. Die Qualität der filtrierten Öle entspricht wegen gelöster Restverunreinigungen und Teilzersetzung häufig nicht der Primärqualität. Es ist deshalb oft eine physikalisch-chemische Raffination von Altölen erforderlich (7 Abschn. 9.2). Die Ultrafiltration ist ein Membranverfahren, deren Funktionsprinzip in . Abb. 4.10 und 7 Abschn. 4.2.2 (»Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«) bereits beschrieben ist. Die zu trennenden Flüssigkeiten, Emulsionen oder Suspensionen
60
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
120 Taulinie 110 Temp. °C Siedlinie
100
4
90
80
70
0
0,2
0,4 0,6 Y, X mol/mol
0,8
1
1 Y mol/mol 0,8
0,6
Y=X
0,4
Gleichgewichtskurve
0,2
0
0
0,2
0,4 0,6 X mol/mol
0,8
1
. Abb. 4.11 Siedediagramm (oben) und Gleichgewichtsdiagramm (unten) eines idealen Zweistoffgemisches (Y = Molanteil der leichter siedenden Komponente im Dampf; X = Molanteil der leichter siedenden Komponente in der Flüssigkeit).
strömen parallel zur Filtermembran, die die festen Partikel, Öle, Fette, Emulsionströpfchen zurückhält und Wasser sowie ionogene und molekulardisperse Teilchen passieren lässt. Die Emulsionsspaltung wird in 7 Abschn. 9.2 behandelt. z
Grundlagen der Destillation
Unter Destillation versteht man die Trennung eines Flüssigkeitsgemisches durch Teilverdampfung und nachfolgende Kondensation des Dampfes (Destillat). Die Destillation ist das effektivste Trenn- und Reinigungsverfahren für Mischungen organischer
Flüssigkeiten und Gemischen von organischen Flüssigkeiten mit Wasser. In wenigen Fällen ist die Destillation auch ein wichtiges Verfahren zur Aufkonzentrierung von wässrigen Lösungen, z. B. von verdünnten Abfallsäuren (z. B. Salzsäure). Das Funktionsprinzip der Destillation kann am Verhalten eines idealen Zweistoffgemisches erläutert werden. Dazu sind das Siedediagramm (t,x-Diagramm) und das Gleichgewichtsdiagramm (y,xDiagramm) erforderlich (. Abb. 4.11). Das Siedediagramm gibt auf der Siedelinie den Siedepunkt einer bestimmten Flüssigkeitszusammensetzung an und auf der Taulinie die Zusammensetzung des dazugehörigen Dampfes. Der Dampf enthält einen höheren Molanteil der leichter siedenden Komponente, was zu einer Verminderung dieser Komponente in der Flüssigkeit führt und damit zu einer Erhöhung des Siedepunktes. Bei diesem höheren Siedepunkt entsteht dann ein anders zusammengesetzter Dampf. Diese Verhältnisse zwischen der Zusammensetzung von Flüssigkeit und Dampf sind im Gleichgewichtsdiagramm dargestellt. Eine Besonderheit sind Flüssigkeitsgemische, deren Gleichgewichtskurve die 45°-Linie schneidet. Am Schnittpunkt besitzen Flüssigkeit und Dampf die gleiche Zusammensetzung. Solche Gemische bezeichnet man als azeotrope Gemische. Im Siedediagramm ist der Azeotroppunkt häufig ein Minimum (seltener ein Maximum) der hier zusammenfallenden Siede- und Taulinie (d. h., ein konstanter Siedepunkt liegt vor). Der Azeotroppunkt zerlegt das Siedediagramm in zwei Teilgebiete, die jedes für sich ein eigenes Siedediagramm für Azeotrop und Überschusskomponente bilden [12]. Bekanntestes Beispiel eines azeotropen Gemisches ist Ethanol/Wasser mit einem Siedepunktsminimum für das Azeotrop (96 % Ethanol, 4 % Wasser). Bei der destillativen Trennung eines unterazeotropen Ethanol-Wasser-Gemisches entsteht ein ethanolreicher Dampf bis zur maximalen Konzentration von 96 % Ethanol. Als Flüssigkeit bleibt reines Wasser zurück. Unter Recyclingaspekten ist das Gemisch HCl-Wasser von Interesse, das ein Siedepunktsmaximum bei 110 °C mit einem Azeotrop von 20,2 % HCl und 79,8 % H2O besitzt, d. h., aus einer verbrauchten verdünnten Salzsäure (unterazeotrop) kann man Wasser abdestillieren
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
und bis zur azeotropen Konzentration von 20,2 % HCl aufkonzentrieren. z
Destillationsverfahren
Beim Verfahren der einfachen Destillation für vorwiegend Zweistoffgemische verdampft man aus einer Destillationsblase, kondensiert den Dampf in einem Kühler und erhält ein Destillatgemisch. Bei einem Mehrkomponentensystem mit einem größeren Siedebereich ist eine effektivere Trennung möglich, wenn das Destillat nach anfallenden Fraktionen getrennt wird (Verfahren der fraktionierten Destillation). Eine deutlich günstigere apparative Lösung für die Fraktionierung erreicht man durch Verwendung einer Fraktionierkolonne. Diese Fraktionierkolonne ist oberhalb des Verdampferteils angeordnet und mit Glockenböden ausgestattet. Auf den Glockenböden sammeln sich einzelne Siedefraktionen an, die als Seitenströme abgezogen werden. Außerdem gewinnt man ein Kopfprodukt der Kolonne und ein Sumpfprodukt. Dieses Verfahren ist typisch für die Rohöldestillation (mit den Siedefraktionen Benzin, Diesel, Schweröl) und für entsprechende Abfallkohlenwasserstoffe wie Altöl modifiziert verwendbar (7 Abschn. 9.2). Eine andersartige Verbesserung der Trennung gewährleistet ein Rückflusskühler oberhalb der Destillierblase, in dem die schwerer siedende Komponente im Dampf kondensiert und zurückläuft (. Abb. 4.12). Weitere Verfahrensvarianten sind die Vakuumdestillation für hochsiedende oder zersetzungsgefährdete Stoffe sowie die Trägerdampfdestillation [12]. z
Rektifikation
Sehr hohe Trennleistungen gestattet schließlich die Anordnung einer Gegenstromkolonne oberhalb der Blase. In dieser Kolonne erfolgt zwischen aufsteigendem Dampfstrom und einem definierten Kondensatrücklauf ein ständiger Wärme- und Stoffaustausch durch in die Kolonne eingebrachte Austauschflächen (Füllkörper oder Glockenböden) (. Abb. 4.12) [12]. Für Mehrstoffgemische sind mehrere hintereinander geschaltete Rektifkationskolonnen erforderlich. z
Adsorptionsverfahren
Gemische organischer Flüssigkeiten bzw. Lösungen oder Dispersionen organischer Stoffe in Wasser
61
4
sind durch Adsorption an porigen Feststoffen mit großer spezifischer Oberfläche zu trennen. Solche Adsorptionsmittel (Adsorbentien) sind Aktivkohle, Kieselgel oder Tonerdegel. Das Adsorptionsverfahren in flüssiger Phase findet z. B. für die Entfärbung von wässrigen Lösungen Anwendung. Diese Methode ist aber auch zur Abtrennung und Gewinnung von Phenol aus Gaswaschwasser oder zur Trennung eines Aromaten-Aliphaten-Gemisches in der Erdölindustrie einsetzbar. Die Adsorptionswirkung beruht auf dem Zusammenwirken der physikalischen Oberflächenkräfte des Adsorbens und der molekularen Anziehungskräfte der adsorbierten Moleküle (Adsorptiv). Zwischen der Adsorptivkonzentration in der flüssigen Phase und den an der Adsorbensoberfläche adsorbierten Molekülen stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein. Nach Filtration der beladenen Adsorbentien erfolgt die Gewinnung des Adsorptivs durch Erwärmen (thermische Desorption) oder Behandlung mit einem Verdrängungsstoff, z. B. Wasserdampf (Verdrängungsdesorption). Die Verfahrenstechnik verwendet z. B. das Einrührverfahren der Adsorbentien in die flüssige Phase oder Festbettadsorber.
4.2.4
Nutzbarmachung von Abgasen
Für eine Nutzbarmachung kommen praktisch nur Abgase technischer Prozesse in Betracht, da nur diese in größeren Volumina und verwertbaren Konzentrationen anfallen. Bei der Behandlung von Abgasen stand Jahrzehnte fast ausschließlich deren Beseitigung (Vermeidung der Schadwirkungen) im Vordergrund. Ausnahmen bilden das SO2-Abgas der NE-Metall-Hütten, das bereits vor über hundert Jahren zur Erzeugung von Schwefelsäure genutzt wurde, und die Verwertung der Hochofengichtgase (CO) als Brennstoff. Am Beispiel der Erzeugung und dem Absatz von Schwefelsäure aus SO2-Abgasen wird aber auch sehr deutlich, dass für das erzeugte Produkt ein ausreichender Markt in geringen Entfernungen vorhanden sein muss. Das ist bei Schwefelsäure (vor allem für verdünnte Abfallschwefelsäuren) oft nicht gegeben. Die Nutzung der in vielen Unternehmen anfallenden verschiedenen Abgase bleibt aber fast immer mit der Minimierung der Schadwirkung (Einhaltung
62
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
2. Destillationsanlage mit Rückflusskühler
1. Fraktionierte Destillation Destillationsblase Zulauf
Kühler
4
Rückflusskühler Kondensator
Zulauf
Heizung Rückstand
Destillatfraktionen Rückstand (Sumpf)
Blase
3. Rektifikationsanlage
Dampf (Kopfprodukt) Verstärkungssäule
Rücklaufkondensator
Produktkühler Böden Zulauf
Rücklaufteiler
Abtriebssäule
Verdampfer
Produkt (Destillat)
Sumpfprodukt
. Abb. 4.12 Verfahren und Anlagen der Destillation und Rektifikation.
Destillat
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
der Emissionsgrenzwerte) eng verbunden und die erzeugten verwertbaren Produkte erbringen auch überwiegend nur einen Deckungsbeitrag zu den Kosten der aus Emissionsgründen erforderlichen Abgasbehandlung. Deshalb verwendet man für diese Verfahren auch nicht den Begriff Recycling, sondern spricht von Abgasbehandlung mit Wertstoffrückgewinnung (z. B. Behandlung von Lösemitteldämpfen mit Lösemittelrückgewinnung). Für die Nutzbarmachung von Abgasen technischer Prozesse kommen vier Verfahren zur Anwendung: 1. Absorption in flüssigen Absorptionsmitteln und Exsorption, 2. Adsorption an festen Adsorptionsmitteln und Desorption, 3. Kondensation, 4. direkte Nutzung (CO-Gichtgas).
z
Absorptionsverfahren für Abgase
Unter Gasabsorption versteht man die Aufnahme eines Gases oder Dampfes in einer Flüssigkeit (Waschmittel) durch physikalische Auflösung (physikalische Gaswäsche) oder Auflösung mit chemischer Reaktion (chemische Gaswäsche). Im Fall der physikalischen Gaswäsche sind höhere Gasdrücke und niedrige Temperaturen günstig für die Absorption (Henry-Verteilungsgesetz) und erhöhen die Aufnahmekapazität des Waschmittels. Deshalb erreicht man eine Regenerierung des Waschmittels und eine Gewinnung des absorbierten Stoffes sehr einfach durch Erwärmen des beladenen Waschmittels (Exsorption) oder häufig durch »Strippen« mit Wasserdampf als Trägergas (mit nachfolgender Kondensation des Wasserdampfes und Phasentrennung). In seltenen Fällen ist auch das beladene Waschmittel das marktfähige Produkt (Ammoniakwasser, Salzsäure). Bei der chemischen Gaswäsche ist eine Exsorption unmöglich und das beladene Waschmittel muss direkt verwendet werden. Entscheidend für die Wirksamkeit der Absorptionsstufe ist der Stoffübergang Gas–Waschmittel. Die Absorptionsapparate müssen deshalb große, sich ständig erneuernde Grenzflächen für Absorptionsmittel und Gas schaffen. Das realisiert man z. B. durch Versprühen des Absorptionsmittels in den Gasstrom oder das Gas perlt durch die Flüssigkeit. Gasstrom und Flüssigkeitsstrom werden da-
63
4
bei im Gegenstrom geführt. Apparatebeispiele sind Sprühtürme oder Rieseltürme, Füllkörperkolonnen und Rotationswäscher. Stoffbeispiele für die Rückgewinnung von Gaskomponenten aus Abgasen durch Absorption sind das Auswaschen von NH3, SO2 oder HCl mit Wasser, die CO2-Absorption mit Methanol (Rektisolverfahren) oder die Absorption von Dämpfen organischer Lösemittel mit Mineralölen. z
Adsorptionsverfahren für Abgase
Unter Adsorption versteht man die Anlagerung (Anreicherung) von Gasen oder Dämpfen an der Oberfläche poriger Feststoffe. Dieser Effekt entsteht vorwiegend durch die Wirkung der physikalischen Oberflächenkräfte von Feststoffen mit extrem großen spezifischen Oberflächen auf die Gasmoleküle (physikalische Adsorption), wobei eine monomolekulare Bedeckung der Feststoffoberfläche entsteht. Daneben besteht zusätzlich die Möglichkeit der chemischen Bindung (Chemisorption). Eine weitere Erscheinung ist die Kondensation der Gase in den Poren (Kapillarkondensation). Die Adsorptionswirkung ist selektiv, d. h. auch für die Trennung von Gasgemischen und vor allem zur spezifischen Abtrennung eines schwererflüchtigen Gases aus einem Trägergas geeignet. Aus Gasgemischen werden die leichter kondensierbaren Gaskomponenten (höhere Siedetemperatur) bevorzugt adsorbiert. Zwischen der Adsorptivkonzentration in der Gasphase und der Gaskonzentration an der Oberfläche der Adsorbentien stellt sich ein Gleichgewicht ein bis zum Erreichen der Sättigungskonzentration des Feststoffes (Adsorptionsisotherme). Die Adsorption führt zur Freisetzung einer Adsorptionswärme. Die Desorption gelingt durch Zuführung von Wärme und Druckerniedrigung oder durch Verdrängungsdesorption mit einem anderen Gas. Als Adsorptionsmittel kommen vor allem Aktivkohle (100…1500 m2/g spezifische Oberfläche), Kieselgel, Tonerdegel und Molekularsiebe (synthetische Na-Al-Silikate) zum Einsatz. Ein verbreitetes Einsatzgebiet der Aktivkohle ist die Lösemittelrückgewinnung aus Abgasen. Bei den Bauarten der Apparate unterscheidet man ruhende Adsorbensschichten (Festbettadsorber und Festbettwanderschichten) und bewegte Adsorbensschichten (Wir-
64
Kapitel 4 • Physikalische und chemische Recyclingverfahren und Vorbehandlungsverfahren
Heißdampf
Gereinigte Abluft
Festbettadsorber (Aktivkohle)
4
Abluft, belastet mit Lösemitteldämpfen
Kondensator Abscheider mit Phasentrennung Recyceltes Lösemittel
Wasser . Abb. 4.13 Festbett-Adsorptions-Desorptions-Anlage zur Lösemittelrückgewinnung mit Heißdampf als Desorptionsmittel.
belschichtkolonnen). Die Funktionsweise einer Adsorptionsanlage einschließlich Desorption zur Rückgewinnung von Lösemitteln aus Abluft geht aus . Abb. 4.13 hervor.
4.2.5
Energetische Verwertung von Gasen, Flüssigkeiten und Schlämmen
In den bisherigen Abschnitten haben wir ausschließlich die stoffliche Verwertung von Abfällen betrachtet. Das KrW-AbfG lässt aber auch die energetische Verwertung von Abfällen (feste Abfälle, Schlämme, Flüssigkeiten) in §4 ausdrücklich zu, wobei nach §6(1) »die besser umweltverträgliche Verwertungsart Vorrang hat«. Allerdings legt §6(2)
fest, dass eine energetische Verwertung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist: 5 Der Heizwert des einzelnen Abfalls, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, muss mindestens 11 000 kJ/kg betragen. 5 Der Feuerungswirkungsgrad muss mindestens 75 % erreichen. 5 Die entstehende Wärme muss selbst oder von Dritten genutzt werden. 5 Die im Rahmen der Verwertung anfallenden weiteren Abfälle sollen möglichst ohne weitere Behandlung ablagerfähig sein. Bei Nichterfüllung dieser Kriterien ist eine thermische Abfallbehandlung eine Abfallbeseitigung und keine energetische Verwertung. Deshalb sind auch die in 7 Abschn. 4.1.3 vorgestellten thermischen Verfahren der Vorbehandlung von Werkstoffabfällen (Pyrolyse, Oxidation) in keinem Fall einer energetischen Verwertung zuzurechnen. Im vorliegenden Abschnitt erfolgt zunächst eine Beschränkung auf die energetische Verwertung von Gasen, Flüssigkeiten und Schlämmen, da die Verfahren für diese fluiden Stoffe sich wesentlich von der energetischen Verwertung von festen Abfällen unterscheiden. Die fluiden Stoffe muss man direkt ohne Vorbehandlung einer Verbrennung (selten einer Pyrolyse oder Vergasung) zuführen und setzt dafür spezielle Brennkammern oder Drehrohröfen ein. Die festen Abfälle dagegen erfahren fast immer vor dem thermischen Prozess eine mechanische oder mechanisch-biologische Aufbereitung nach Verfahren, die in 7 Kap. 3 beschrieben sind. Außerdem fallen eine Vielzahl fester Abfälle zur energetischen Verwertung erst im Verlauf umfangreicher Aufbereitungsprozesse von komplexen Altprodukten wie Altautos und Elektro- und Elektronikschrott bzw. beim Recycling von Kunststoffen und Altpapier an. Die besonderen Eigenschaften dieser festen Abfälle sind deshalb erst nach einer Beschreibung der Behandlungsprozesse für diese komplexen Altprodukte und Altstoffe verständlich und für diese wurde aufgrund ihrer Bedeutung die Bezeichnung Sekundärbrennstoffe (SBS) bzw. Ersatzbrennstoffe (EBS) eingeführt. Deshalb werden die Herstellung von SBS bzw. EBS aus festen Abfällen und deren energetische Verwertung sowie die
. Abb. 4.14 Brennkammer für die energetische Verwertung von Gasen, Flüssigkeiten und pumpfähigen Schlämmen.
4
65
4.2 • Recyclingverfahren mit physikalischen und chemischen Methoden
Feuerfeste Ausmauerung
Pumpfähige Schlämme Pressluft
Dampfkessel und Abgasreinigung
Primärluft Abfallgase, Erdgaszusatz Flüssige Brenn- SekundärAbfälle kammer luft . Abb. 4.15 Drehrohrofen für die energetische Verwertung von fluiden und festen Abfällen.
Fässer mit Schlamm
Stahlmantel
Ausmauerung
Laufrolle
Nachbrennkammer Heiße Abgase (Dampfkessel, Abgasreinigung)
Abfallgas, Zusatzgas Luft Flüssige Abfälle Abfall, fest
Vergasung von festen Abfällen erst am Ende des Buches (7 Kap. 12) erläutert. Die für Gase, Flüssigkeiten und Schlämme vorwiegend eingesetzten Verbrennungsapparate sind Brennkammern und Drehrohröfen (. Abb. 4.14 und . Abb. 4.15). Dabei sind in Brennkammern nur solche fluiden Abfälle zu verarbeiten, die keine größeren Mengen fester oder geschmolzener Rückstände erzeugen und kleinere Mengen fester Rückstände als Flugasche ausbilden, die mit dem Abgasstrom aus dem Apparat abgeführt wird. Stoffbeispiele sind dafür Altöle, Kleber und organische Lösemittel (auch halogenierte Lösemittel). Dagegen sind die Drehrohröfen »Allesfresser« für fluide, pastöse und feste Abfälle. Pastöse und feinkörnige Abfälle kann man z. B. in PE-Fässern verpackt eintragen (z. B. Lackschlämme). Auf Grund dieser multivalenten Eigenschaft der Drehrohröfen ist ihr Haupteinsatzgebiet auch die thermische Behandlung von
Verbrennungsasche oder flüssige Schlacke
Schlacke- und Ascheaustrag
Sonderabfällen. Die energetische Verwertung der erzeugten heißen Verbrennungsgase findet in den unmittelbar nachgeschalteten Dampfkesseln statt. Dampfkessel sind in einem Gehäuse untergebrachte Rohranordnungen, in denen Heißwasser oder Wasserdampf für Heizzwecke oder zur Verstromung erzeugt wird. Durch die verschiedenartigen Abfälle und die gebildete Flugasche oder Ruß sind die Dampfkessel mit unterschiedlichen Abreinigungssystemen für die Wärmetauscherflächen versehen (Rüttelvorrichtungen, Abblasdüsen, Kugelregensysteme). Hinter den Dampfkesseln ist dann eine umfangreiche Abgasreinigung installiert. Nähere Ausführungen zu Abgasreinigungssystemen finden sich in 7 Abschn. 12.2. Die spezifische Problematik der Bildung und Entfernung von Dioxinen bei Verbrennungsprozessen wurde bereits in 7 Abschn. 4.1.4 ausführlich behandelt.
67
5
Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen 5.1
Allgemeine Verfahrenstechniken für das Recycling von Metallen – 71
5.1.1 5.1.2 5.1.3
Schmelzmetallurgische Recyclingtechnik – 71 Verwertung von metallhaltigen Abfällen und Lösungen – 77 Metallpreise und Schrottpreise – 78
5.2
Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen – 78
5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5
Zusammensetzung der häufigsten Eisenwerkstoffe – 78 Verfahren der Stahlerzeugung – 81 Verfahren zur Herstellung von Eisenguss und Stahlguss – 85 Schrottsorten und Schrottaufbereitung – 89 Verwertung eisenhaltiger Abfälle (Eisenverbindungen) – 91
5.3
Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen sowie von Magnesiumwerkstoffen – 94
5.3.1
Zusammensetzung von Aluminiumwerkstoffen, Schrotten und aluminiumhaltigen Abfällen – 94 Grundlegende Eigenschaften von Aluminiumschmelzen und Möglichkeiten ihrer Behandlung – 97 Aufbereitungsverfahren für Aluminiumschrotte – 101 Schmelzverfahren und Schmelzapparate für Aluminiumschrotte – 104 Verarbeitung von aluminiumhaltigen Abfällen – 110 Recycling von Magnesiumwerkstoffen – 112
5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.3.6
5.4
Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen und kupferhaltigen bzw. nickelhaltigen Abfällen – 113
5.4.1
Zusammensetzung von Kupferwerkstoffen, Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen – 114 Aufbereitung von Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen – 117 Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen mit abschließender Raffinationselektrolyse – 119
5.4.2 5.4.3
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_ 5, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
5.4.4 5.4.5 5.4.6 5.4.7
Nassmetallurgische Verarbeitung von kupferhaltigen Abfällen – 125 Zusammensetzung von Nickelwerkstoffen, Nickelverbindungen, Nickelschrotten und nickelhaltigen Abfällen – 128 Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Nickelschrotten und nickelhaltigen Abfällen – 129 Nasschemische Recyclingverfahren für nickelhaltige Abfälle – 131
5.5
Recycling von Bleiwerkstoffen, Bleiverbindungen und bleihaltigen Abfällen – 135
5.5.1
Zusammensetzung von Bleiwerkstoffen, Bleiverbindungen, Bleischrotten und bleihaltigen Abfällen – 135 Aufbereitung und schmelzmetallurgische Verarbeitung von Bleiakkumulatoren – 136 Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Bleischrotten und bleihaltigen Abfällen – 139
5.5.2 5.5.3
5.6
Recycling von Zinkwerkstoffen und zinkhaltigen Abfällen – 139
5.6.1
5.6.5
Zusammensetzung von Zinkwerkstoffen, Zinkschrotten und zinkhaltigen Abfällen – 139 Mechanische Aufbereitung von Zinkschrotten und zinkhaltigen Abfällen – 141 Umschmelzen von Zinkschrotten und Raffination durch Destillation – 141 Zinkrecycling aus Stahlwerks- und Kupolofenstäuben sowie anderen zinkhaltigen Abfällen – 141 Verwertung zinkhaltiger Abfälle als Zinkverbindungen – 145
5.7
Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen – 146
5.7.1 5.7.2 5.7.3
Edelmetallmaterialien, -schrotte und -abfälle – 147 Recycling von reichen Edelmetallschrotten – 149 Recycling von verunreinigten und armen Edelmetallabfällen und Edelmetalllösungen – 150 Edelmetallgewinnung aus Anodenschlämmen von Kupferelektrolysen – 156
5.6.2 5.6.3 5.6.4
5.7.4
5.8
Recycling von Titan- und Tantalwerkstoffen – 158
Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Die metallischen Werkstoffe sind auf Grund ihrer herausragenden technischen Eigenschaften (mechanische Festigkeit und Elastizität bei hohen und niedrigen Temperaturen, elektrische und thermische Leitfähigkeit usw.) nach Qualitäten und Masse die größte Werkstoffgruppe. Dementsprechend ist der Anfall an nicht mehr verwendungsfähigen metallischen Werkstoffen in Form von Neuschrotten sowie Alt- oder Sammelschrotten und metallhaltigen Altprodukten außerordentlich umfangreich. Bereits im Vorwort wurde auf die jahrtausendalte Tradition des Recyclings von Altmetallen verwiesen, die aus ihrem geringen Wertverlust am Ende der Nutzungszeit und den relativ unkomplizierten Recyclingverfahren resultieren. Deshalb kann heute ein bedeutender Anteil des Metallbedarfs weltweit durch Recycling abgedeckt werden. In Deutschland konnten nach Angaben von 2004 folgende Anteile von recyceltem Metall am Gesamtbedarf erreicht werden: 5 über 50 %: Pb, 5 30…50 %: Al, Cu, Stahl, W, Au, Ag, Pt, Pd, 5 10…30 %: Zn, Cr, Co, Mn, Mo, Ni, 5 5…10 %: Sn, Ti, Ta. Die große Anzahl der technisch verwendeten Metalle (die sog. Gebrauchsmetalle) und die Vielfalt ihrer Gemische machen es erforderlich, dass für die Ausarbeitung von Recyclingtechnologien grundlegende Kenntnisse über die verschiedenen Werkstoffarten und Werkstoffqualitäten vorhanden sein müssen. Deshalb wird den metallspezifischen Abschnitten immer eine Werkstoffübersicht vorangestellt. Auf Grund sehr verwandter Eigenschaften teilt man die Metalle zweckmäßig in einige charakteristische Metallgruppen ein, die auch für das Recycling und sogar das evtl. gemeinsame Recycling von Bedeutung sind [29]. 5 Eisen (Fe) und die Eisenlegierungsmetalle (Mn, Si, Cr, Ni, W, Mo, V), 5 Nichteisenmetalle (NE-Metalle) (Cu, Ni, Zn, Pb, Sn), 5 Leichtmetalle (Al, Mg, Ti), 5 Edelmetalle (Ag, Au, Pt, Pd und andere PtMetalle), 5 hochschmelzende Metalle (Mo, W, Ta, Re).
69
5
Die verwandtschaftlichen Eigenschaften in den Metallgruppen sind deutlich aus dem Periodensystem der Elemente abzulesen (. Abb. 5.1). Die besonderen physikalischen Eigenschaften der festen Metalle resultieren aus der metallischen Bindung im Kristallgitter. Besonders charakteristisch ist die Schmelzbarkeit der Metalle, die für ihre Herstellung aus den Erzen und ebenso für das Recycling von außerordentlicher Bedeutung ist. Nur wenige hochschmelzende Metalle (Mo, W, Re etc.) werden nicht schmelzmetallurgisch hergestellt und verarbeitet, sondern durch das Verfahren der Pulvermetallurgie. Für diese Metalle können auch bei den Recyclingprozessen keine Schmelzverfahren eingesetzt werden [29]. Sehr wertvoll ist die Eigenschaft der flüssigen Metalle zur Bildung homogener Mischungen (Lösungen) verschiedener Metallarten in beliebigen nichtstöchiometrischen Mischungsverhältnissen. Diese homogenen Mischungen werden im festen Zustand als Legierungen bezeichnet und sind die Grundlage für die große Vielfalt der Werkstofftypen [29]. Die Löslichkeit der geschmolzenen Metalle ineinander führt aber auch dazu, dass sich viele nicht erwünschte Verunreinigungen in den Metallen auflösen und z. B. auch beim Recycling besonders entfernt werden müssen. Die chemischen Eigenschaften der Metalle werden durch die positive Ladung der Metallionen (Kationen) charakterisiert, die durch chemische oder elektrochemische Oxidation gebildet werden. Charakteristisch ist die chemische Reaktion mit anorganischen Säuren unter Bildung von meist wasserlöslichen Salzen und Wasserstoff. Für die Recyclingprozesse ist von großer Bedeutung, dass es sich bei den Metallen um chemische Elemente handelt, die bei üblichen physikalisch-technischen Verfahren bei hohen Temperaturen, unter Druck oder Vakuum sowie bei elektrischen Potentialen (Schmelzen, Verdampfen, Elektrothermie) vollkommen beständig sind. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu organisch-chemischen Verbindungen (Kunststoffe, Papier, Öle, Lösemittel), die z. T. schon bei mechanischer Beanspruchung aber immer bei höheren Temperaturen Zersetzungserscheinungen aufweisen. Bei einigen Werkstoffen und Werkstoffverbindungen ist die schmelzmetallurgische Technik nicht möglich oder nicht optimal. Das ist der Fall,
IIIb
IIa
Ia
Metalle, bevorzugt MeO-Bildung
89-103 Actin. IVb
104
Vb
105
76 Os
VIIIb
77 Ir
45 Rh
Hochschmelzende Schwermetalle
VIIb
Leichtmetalle
VIb
75 Re
44 Ru
Ib
79 Au
IIb
80 Hg
Metalle, bevorzugt MeS-Bildung
78 Pt
48 Cd
88 Ra
74 W
43 Tc 47 Ag
87 Fr
73 Ta
42 Mo 46 Pd
7
72 Hf
41 Nb
57-71 Lanth.
40 Zr
IVa
82 Pb
50 Sn
32 Ge
14 Si
6 C
Va
83 Bi
51 Sb
33 As
15 P
7 N
Halbmetalle
Niedrigschmelzende Schwermetalle
IIIa
81 Tl
49 In
31 Ga
56 Ba
30 Zn
55 Cs
29 Cu
6
28 Ni
39 Y
27 Co
38 Sr
26 Fe
37 Rb
25 Mn
5
24 Cr
21 Sc
20 Ca
19 K
4 23 V
13 Al
12 Mg
11 Na
3
22 Ti
5 B
4 Be
3 Li
2
Metallsulfidbildung
1 H
Sauerstoffaffinität ansteigend, MeO-Bildung
5
1
VIa
84 Po
52 Te
34 Se
16 S
8 O
VIIa
85 At
53 J
35 Br
17 Cl
9 F
Nichtmetalle
VIIIa
86 Rn
54 X
36 Kr
18 Ar
10 Ne
2 He
70 Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Abb. 5.1 Periodensystem der Elemente mit Angaben zu charakteristischen Metallgruppen und deren Eigenschaften [29].
5.1 • Allgemeine Verfahrenstechniken für das Recycling von Metallen
wenn beim Schmelzen und Erstarren unbrauchbare Metallstrukturen entstehen (z. B. bei W-, Mo-, Re-Werkstoffen) oder eine ungünstige Vermischung von Werkstoffen stattfindet (z. B. Auflösung von Edelmetall- oder Kupferschichten in der Schmelzphase der Basiswerkstoffe) oder auch bei verlustreichen und zeitlich langen Schmelzprozessen (wichtig bei teuren Edelmetallen). Schließlich kann auch das gewünschte Zielprodukt eine Metallverbindung sein (z. B. ein Edelmetallsalz oder ein Nickelsalz für die Galvanik). Unter solchen Bedingungen verwendet man deshalb verschiedene chemische Verfahren wie die chemische Auflösung der Metalle oder die thermische Oxidation und die Umwandlung in verkaufsfähige Metallverbindungen. Diese Verfahren sind bereits in 7 Kap. 4. beschrieben. Weitere Anwendungsfälle sind in den stoffspezifischen Abschnitten aufgeführt. An dieser Stelle sollte vor allem vermerkt sein, dass alternative Verfahren zur Schmelzmetallurgie verfügbar sind und gegebenenfalls Vorteile bieten können.
5.1
Allgemeine Verfahrenstechniken für das Recycling von Metallen
5.1.1
Schmelzmetallurgische Recyclingtechnik
Nach qualitätsgerechter Sortierung ist der optimale Weg des Metallrecyclings ein Schmelzprozess. Dieser Schmelzprozess ermöglicht primär die intensive Vermischung und Homogenisierung der verschiedenen verträglichen Altmetalllose. Eine einfache Umschmelztechnik ist beim Einsatz sauberer und sortenreiner Schrotte möglich und wird häufig für die eigenen Neuschrotte in Verarbeitungsbetrieben eingesetzt. Das trifft vor allem für Gussabfälle in Gießereien zu (Gusseisen, Messing, Bronze, Aluminiumguss, Zinkguss etc.). Beim Umschmelzen entstehen neben der homogenen flüssigen Metallphase nur geringe Mengen auf dem Metallbad schwimmender ungeschmolzener Oxide (sog. Krätzen). Für unreinere und Sammelschrotte ist ein Schmelzprozess mit einer anschließenden Reinigung der Schmelze (Raffination) erforderlich. Dieses Schmelzen kann unter besonders günstigen
71
5
Voraussetzungen bereits mit einer Verfahrensstufe der Metallgewinnung aus Erzen kombiniert werden. Das trifft z. B. für das Stahlrecycling zu, bei dem die Raffination des Roheisens mit dem Einschmelzen von Schrott eine optimale Kombination ergeben kann. Ähnliches gilt für das Recycling von Altblei, bei dem der Schrott mit dem Rohmetall aus Erzen vor der Raffination vermischt werden kann. Auch in die primäre Kupfergewinnung ist Kupferschrott günstig einzuschleusen. Relativ sauberer, unlegierter Cu-Schrott wird dabei direkt in die Raffinationsöfen eingetragen, während unreinere und Legierungsschrotte zunächst einem separaten Aufschmelzen in besonderen Altmetallschmelzapparaten unterworfen werden müssen. Eine solche Kombination von Recyclingprozess mit der Primärmetallgewinnung hat erhebliche wirtschaftliche Vorteile und erzeugt eine einheitliche Metallqualität. Für die separaten Recyclingprozesse und ebenso für die oben beschriebenen Kombinationsprozesse muss die Zusammenstellung der einzuschmelzenden Schrotte derart erfolgen, dass aus den Schmelzen anschließend mit dem geringsten Aufwand qualitätsgerechte Werkstoffzusammensetzungen (Legierungen) gewonnen werden können. Das heißt, man vermeidet nach Möglichkeit den Aufwand für eine Abtrennung von beigemengten Legierungsmetallen, wenn die Hauptkomponente mit diesen einen marktfähigen Werkstoff ergibt. Ist das nicht möglich, dann muss die Schmelze einem Trennprozess zur Abtrennung unerwünschter Legierungsmetalle unterzogen werden. In jedem Fall ist die Schmelze aber von den verschiedensten Verunreinigungen zu reinigen. Beim Schmelzprozess findet aber an der Badoberfläche durch die erhöhte Temperatur immer eine Reaktion mit der Gasatmosphäre des Schmelzofens statt. Dabei entstehen Metalloxide, die als schwer schmelzbare Krätzen auf der Badoberfläche schwimmen oder sich im Metall lösen. Solche Krätzen bilden sich auch aus den verschiedensten ungeschmolzenen Verunreinigungen der Schrotte (Schutt, Keramik) und aus den Oxidhäuten, die auf allen festen Metallen vorzufinden sind. Unter Krätzen versteht man also ganz allgemein ungeschmolzene Massen, die auf Grund geringerer Dichte auf einer Metallschmelze schwimmen. Sie werden mechanisch mittels Kratzen aus Holz oder Stahl von der Schmelze abgezogen. Die krümeligen
72
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Tab. 5.1 Schmelztemperaturen von metallischen Werkstoffen und wichtige Siedepunkte [5] [7] Werkstoff
5
Schmelztemperatur ° C
Wolfram
3 380*
Tantal
2 996**
Molybdän
2 620*
Niob
2 470
Platin
1 770
Titan
1 668
Stahl
1 300…1 520
Kobalt
1 492
Nickel
1 458
Nickellegierungen
1 260…1 440
Gusseisen
1 100…1 360
Kupfer
1 083
Gold
1 063
Bronze (Cu-SnLegierungen)
880…1 040
Messing (Cu-ZnLegierungen)
880…1 020
Silber
961
Aluminium
660
Magnesium
650
Al-Si-Gusslegierungen Zink Zinklegierungen
Siedepunkt ° C
z 1 090
570…580 420
907
380…420
Blei
327
1 750
Kadmium
321
765
Zinn
232
Quecksilber
–39
* **
bis pulverförmigen Krätzen enthalten nach dem Abziehen fast immer erhebliche Anteile an erstarrter Metallschmelze und müssen durch besondere Prozesse verarbeitet werden. Die Metallschmelze kann beim Schmelzprozess neben Sauerstoff andere Gase aus den Verbrennungsgasen aufnehmen. Die Teiloxidation von Metallschmelzen und die Gaslöslichkeit sind starke Motivationen für ein Schmelzen unter kontrollierter Gasatmosphäre durch Anwendung einer indirekten Beheizung (Induktionsöfen), einer Schutzgasatmosphäre oder eines Vakuums. Als Endreinigung muss häufig eine Entgasung ausgeführt werden. Die Konstruktion und Arbeitsweise der Schmelzöfen müssen den notwendigen Schmelztemperaturen und Arbeitstemperaturen sowie den erforderlichen oxidierenden oder reduzierenden Reaktionsbedingungen angepasst sein. Einen Überblick über die Schmelztemperaturen der wichtigen Metalle und Legierungen gibt . Tab. 5.1. Die für den Schmelzprozess erforderlichen höheren Temperaturen werden heute durch direkte Beheizung mit Koks, Brenngasen, Heizöl oder elektrothermisch realisiert. Auch indirekte Beheizungen durch elektrische Widerstandsbeheizung, induktive Erhitzung oder nach dem Muffelprinzip sind in Anwendung. Es existiert eine vielfältige Schmelzofentechnik, die sehr stoffspezifisch konstruiert und angewendet werden muss und deshalb zweckmäßig in den einzelnen Metallabschnitten vorgestellt wird.
357
Pulvermetallurgische Verarbeitung Schmelzmetallurgische und pulvermetallurgische Verarbeitung
Verunreinigungen der Schrotte durch Öle, Fette, brennbare Stoffe, Sprengstoffe, Wasser, Feuchtigkeit und allgemeine Gefahrstoffe
Bei allen Schmelzoperationen oder anderen Erwärmungsprozessen (Schrottvorwärmung) gehen von den in der Überschrift genannten Stoffen erhebliche Gefährdungen aus, da diese zu schlagartiger Verdampfung, Verbrennung, Explosion, Bildung explosiver Gasgemische und Verpuffung führen oder als Gefahrstoffe in die Abgase übergehen können. Öle und Fette in gefährlichen Mengen befinden sich auf den großen Oberflächen von Metallspänen und besonders von Schleifschlämmen. Schleifschlämme sind deshalb ohne vollständige Entölung nicht verwendbar. Auch nach der Entölung sind die dann trockenen Schleifpulver aufgrund der hohen spezifischen Oberfläche als ge-
5.1 • Allgemeine Verfahrenstechniken für das Recycling von Metallen
fährliche Stoffe (pyrophores Pulver) einzuordnen, da diese bei Erhitzung explosionsartig abbrennen (oxidieren). Sie können erst nach einer Kompaktierung eingeschmolzen werden. Ähnliches Verhalten ist von wolligen Metallspänen zu befürchten (7 Abschn. 3.5). Wasser (besonders verstecktes Wasser in Hohlräumen) und Feuchtigkeit führen vor allem bei schneller Erhitzung und insbesondere beim Nachsetzen von Schrotten in bereits vorhandene Schmelzen zur explosionsartigen Freisetzung von Wasserdampf und zum Auswurf von Schmelze oder auch zur Wasserzersetzung (Bildung von Wasserstoff!). Besondere Gefährdung geht von diesen Stoffen aus, wenn diese sich in Hohlkörpern oder in geschlossenen Gefäßen befinden. Deshalb sind Metallflaschen, auch solche mit Luftfüllung, nicht einsatzfähig und müssen vor dem Einsetzen zerkleinert werden. Von Schuttanteilen (Bauschutt, Beton etc.) geht in den Schmelzöfen im Prinzip keine Gefahr aus, aber sie verringern den Metallgehalt und vor allem erhöhen sie die Mengen an Schlacken und Krätzen und damit die Metallverluste und den Energiebedarf. z
Physikalische Anforderungen an die Einsatzschrotte
Die Schmelzverfahren zur Stahlerzeugung und für die Herstellung von Gusslegierungen stellen nicht nur an die Verunreinigungen, Beimengungen und Gefahrstoffe bestimmte Forderungen, sondern auch Anforderungen an die Größe und Struktur der Schrottteile. Diese Schrottteile müssen problemlos in die Schmelzöfen einbringbar sein (Chargierfähigkeit), d. h., es wird eine dem Schmelzofen, der Eintragsöffnung und dem Chargierapparat (Korb mit Bodenöffnung, Löffel, Rutsche etc.) angepasste Größe (Abmessungen) gefordert. Durch eine notwendige Zerkleinerung werden außerdem Hohlkörper, Flaschen u. Ä. zerstört und Inhaltsstoffe freigesetzt. Ebenso ist ein höheres Schüttgewicht erwünscht (Kompaktierung, Blechpakete). Die genannten Anforderungen an die Schrotte sind von den Schmelzbetrieben in Schrottsortenlisten festgehalten (z. B. Europäische Stahlschrottsortenliste).
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5
Reinigung von Metallschmelzen Eine Reinigung der Schmelzen (Raffination) ist bei hohen Verunreinigungsgehalten der Schrotte oder bei der Notwendigkeit einer Abtrennung von enthaltenen Legierungskomponenten erforderlich. z
Physikalische Raffinationsverfahren für Metallschmelzen
Es stehen Verfahren der Verdampfung und der Destillation zur Verfügung. Dafür eignen sich auf den ersten Blick nur die Metalle mit beherrschbaren Siedetemperaturen. Das sind nach . Tab. 5.1 die Metalle Kadmium und Zink. Der entscheidende Parameter ist aber der Dampfdruck der abzutrennenden Komponente im Verhältnis zum möglichst geringen Dampfdruck des Hauptmetalls. Die Dampfdrücke aller Stoffe können zunächst durch Steigerung der Arbeitstemperatur erheblich erhöht werden. Aber auch bei hohen Temperaturen erreichen die Dampfdrücke selten Atmosphärendruck. Deshalb setzt man die Vakuumtechnik ein, um bei wesentlich niedrigeren Temperaturen im Vakkumapparat einen Druck zu erzeugen, der dem Dampfdruck der abzutrennenden Komponente entspricht und so deren Verdampfung aus der Legierung gestattet. Das Zink kann z. B. durch Vakuumentzinkung aus Bleischmelzen abgetrennt und gewonnen werden. Die Trennung von Blei, Zink und Kadmium kann durch Rektifikation (d. h. mehrfache fraktionierte Destillation und Kondensation) erreicht werden, was sich gerade auch für verunreinigte Zn-Schrotte bewährt hat. Die theoretischen Grundlagen der Destillation sind in 7 Abschn. 4.2.3 näher erläutert. Neben der direkten Verdampfung unter Normaldruck oder im Vakuum sowie der Destillation verfügt man über ein weiteres Verfahren der Verdampfung von Komponenten durch Anwendung eines durchgeleiteten oder übergeleiteten Gasstromes (Trägergasverdampfung). Die theoretische Grundlage dieses sog. Verflüchtigungsverfahrens ist folgende [29]: In einer ruhenden Gasphase über einer Legierung (oder allgemeiner einer kondensierten Mischphase) stellen sich die Dampfdrücke der Komponenten der Mischphase ein. Der Dampfdruck (pk) einer Komponente in der Gasphase entspricht bei einem bestimmten Volumen Vm der ruhenden Gasphase einer bestimmtem Stoffmenge (Molzahl nk) der ausgedampften Komponente in
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5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
der Gasphase nach der allgemeinen Gasgleichung (pk × Vm = nk × RT). Dabei existiert ein temperaturabhängiger Gleichgewichtszustand zwischen dem Dampfdruck (pk) der Komponente und der Konzentration (Aktivität) dieser Komponente in der kondensierten Mischphase. Die Gasphase ist in diesem Gleichgewichtszustand an Dampf der Komponente gesättigt. Wenn nun durch die Verfahrenstechnik die ruhende, dampfgesättigte Gasphase ständig durch neue Gasphase ersetzt wird, dann muss immer wieder aus der Mischphase die Komponente ausdampfen. Auf diese Weise wird durch einen überströmenden oder durchgeleiteten Gasstrom bei einem höheren Dampfdruck einer Komponente (aber bei Temperaturen weit unter dem Siedepunkt der Komponente) diese Komponente mit diesem Trägergasstrom (Vgas) abgeführt (verflüchtigt). Dafür gilt dann wieder auf Grund der allgemeinen Gasgleichung für ein Zweikomponentensystem die folgende Beziehung für die verflüchtigte Stoffmenge:
Die Werte in . Abb. 5.2 gelten für reine Metalle. Unter praktischen Bedingungen beträgt aber die Konzentration der im Hauptmetall gelösten Verunreinigungen meist nur einige Prozent und nur die Aktivität des Hauptmetalls ist etwa 1. Dadurch verschieben sich die Verhältnisse gegenüber dem angegebenen Diagramm. Außerdem erfolgt wegen des großen Überschusses des Hauptmetalls parallel auch eine gewisse Oxidation desselben. Dieses Hauptmetalloxid wirkt dann ebenfalls als Oxidationsmittel auf die metallischen Verunreinigungen. Beim Beispiel der selektiven Oxidation von Verunreinigungen in Cu-Schmelzen wird also auch das Cu2O gebildet (4 Cu + O2 → 2 Cu2O). Durch eine Austauschreaktion oxidiert das im Cu-Metall z. T. lösliche Cu2O die gelöste Verunreinigung Fe zu FeO, das in die Schlackenphase übergeht (Cu2O + Fe → FeO + 2 Cu). Dabei wird das metallische Cu wieder zurückgebildet. Aus dem Diagramm kann man für die technische Anwendung der selektiven Oxidation grundlegende Zusammenhänge ableiten.
nk = pk (nk+ ngas)/p Beispiel 1 Selektive Oxidation von Verunreinigun-
Dabei gilt: ngas = Molzahl des Gasstromes, p = Gasgesamtdruck.
z
Chemische Raffinationsverfahren für Metallschmelzen
Für die Mehrzahl der Schrottschmelzen sind chemische Reinigungsprozesse unverzichtbar [29]. Dabei wird vorwiegend die selektive Oxidation der Verunreinigungen und die Überführung der erzeugten Verunreinigungsoxide in eine Schlackenphase oder eine Krätze oder das Abgas angewendet. Die selektive Oxidation erfolgt durch das Einblasen oder Aufblasen von Luft oder Sauerstoff in oder auf die Schrottschmelze. Die thermodynamische Grundlage der selektiven Oxidation ist eine höhere Sauerstoffaffinität der Verunreinigungsmetalle (ausgedrückt durch einen stärker negativen Wert der freien Bildungsenthalpie ΔG0) gegenüber derjenigen des Hauptmetalls. In . Abb. 5.2 sind die freien Bildungsenthalpien von Oxidationsreaktionen wichtiger Metalle in ihrer Temperaturabhängigkeit angeführt.
gen in Cu-Schmelzen. Das Cu hat im Vergleich zu anderen Metallen einen hohen ΔG0-Wert (d. h. eine geringe Sauerstoffaffinität) und deshalb können die im Cu gelösten Verunreinigungsmetalle Fe, Pb, Zn und Al mit niedrigerem ΔG0-Wert selektiv oxidiert und verschlackt werden. Dagegen liegt der Wert für Ni sehr nahe bei Cu und ist deshalb nur parallel mit gleichzeitig hoher anteiliger Cu-Oxidbildung zu oxidieren, was technisch und wirtschaftlich offensichtlich nicht zweckmäßig ist. Beispiel 2 Selektive Oxidation von Eisenschmel-
zen. Die Sauerstoffaffinität des Fe ist offensichtlich höher als die von Cu, Ni und Sn, d. h., diese Verunreinigungen sind bei der Raffination von Stahlschmelzen durch selektive Oxidation nicht zu entfernen. Das ist gerade für das Stahlrecycling von außerordentlicher Bedeutung, da nur über FeSchrotte Cu-, Ni- und Sn-haltige Werkstoffe in die Stahlgewinnung eingeschleppt werden. Die primären Eisenrohstoffe (Eisenerze) enthalten kein Cu, Ni oder Sn. Mit Hilfe von . Abb. 5.2 erhält man die Möglichkeit einer ersten Einschätzung der selektiven
. Abb. 5.2 Richardson-Diagramm. Freie Bildungsenthalpie (ΔG0 in kJ/mol O2) für die Oxidationsreaktionen von Metallen nach Werten von Barin (vereinfacht) [88] [7].
0
2 Ag2O 2 PdO
5
75
5.1 • Allgemeine Verfahrenstechniken für das Recycling von Metallen
2 Cu2O 2 PbO
2 NiO 2 ZnO
2/3 MoO3
2 SnO
–250
2 FeO
2/3 Cr2O3 2 MnO
Δ G0 kJ/mol O2
–500
SiO2 TiO2 2/3 Al2O3
2 ZnO
2 MgO
–750
2 CaO 2 Li2O –1000
–1250 298
500
Oxidation gerade für die häufig wechselnden Verunreinigungen in Schrotten. Die oben angesprochene parallele Teiloxidation der Hauptmetalle zwingt nach Abschluss der Oxidationsperiode zu der zusätzlichen Prozessstufe der Desoxidation, um den erforderlichen niedrigen Oxidgehalt (ausgedrückt als Sauerstoffgehalt) im raffinierten Metall zu garantieren. Die Desoxidation der Metallschmelze muss mit geeigneten Reduktionsmitteln erfolgen. Das sind bei Cu-Schmelzen Holzkohle und bei Stahlschmelzen sauerstoffaffinere Metalle (Al, Mn, Si), die gleichzeitig auch als Legierungskomponenten dienen. Die anfallenden Oxide bilden eine Schlacke.
Bildung und Funktion von Schlacken [29] Schlacken sind ein typisches Abfallmaterial von Hochtemperaturprozessen (Schmelzen und Verbrennen), das einer näheren Betrachtung bedarf.
1000 1500 Temperatur in K
2000
Man sollte dabei zwischen der flüssigen (geschmolzenen) Schlacke und der festen Schlacke unterscheiden. Die flüssige Schlacke ist eine weitgehend homogene Schmelze von freien und gebundenen Oxiden, die in der Metallschmelze unlöslich ist und deshalb eine getrennte Schmelzphase ausbildet. Infolge der geringeren Dichte der flüssigen Schlacken (2,5…4,0 g/cm3) gegenüber den Dichten von Metallschmelzen sammeln sich die flüssigen Schlacken auf der Oberfläche eines Metallbades an und werden vorwiegend im flüssigen Zustand von der Metallschmelze separiert. Als wesentliche schlackenbildende Oxide sind SiO2, CaO, FeO und Al2O3 zu nennen. Diese Oxide bilden sich aus den stark sauerstoffaffinen Elementen Si, Ca und Al durch die oben beschriebene selektive Oxidation, wenn diese in der Schrottschmelze vorliegen oder als Desoxidationsmittel zugegeben werden. Außerdem setzt man dem Schmelzprozess Sand (SiO2) und Kalk (CaO) oder sog. Rückschlacke als Zuschläge zu,
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5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
um immer eine Schlackenphase für die Auflösung der gebildeten Oxide zu gewährleisten. Die Struktur der flüssigen Schlacke wird heute ausschließlich auf Basis der Ionentheorie diskutiert. Diese Theorie betrachtet die flüssige Schlacke als eine Lösung, die vorwiegend aus Ionen (Fe2+, Ca2+, SiO44−, AlO33−) besteht. Daneben wird die Existenz von Oxiden und deren Verbindungen angenommen. Die schlackenbildenden Oxide teilt man nach ihren chemischen Eigenschaften bei hohen Temperaturen in basische (CaO, MgO, FeO), saure (SiO2, P2O5) und amphotere (Al2O3) Komponenten ein und unterscheidet entsprechend ihren Mengenanteilen zwischen basischen und sauren Schlacken. Die Schmelzpunkte der Schlacken sind infolge der Bildung binärer und ternärer Eutektika wesentlich niedriger als die Schmelztemperaturen der genannten reinen Oxide. Aus technischen und ökonomischen Gründen sind möglichst niedrige Schlackenschmelzpunkte erwünscht (1100…1400 °C), die durch geeignete Zusammensetzungen erreicht werden. Dazu ist die Kenntnis der zwei wichtigsten ternären Phasendiagramme CaO-FeO-SiO2 und CaO-Al2O3-SiO2 erforderlich. Eine wesentliche Eigenschaft der Schlacken ist deren Lösevermögen für andere Oxide. Daraus resultiert die metallurgische Funktion der Schlacke als Sammelbecken für die oxidierten Verunreinigungen (ZnO, SnO, PbO, FeO etc.). Da bei dem selektiven Oxidationsprozess auch Teile des Hauptmetalls oxidiert werden, ist die Auflösung auch dieser Hauptmetalloxide (Cu2O, NiO, PbO, SnO) in der Schlacke in geringem Umfang (und FeO in stärkerem Maße) nicht vermeidbar, was zu einigen Verlusten führt. In manchen Fällen muss eine zusätzliche Schlackenbehandlung zur Rückgewinnung dieser Wertmetalloxide durchgeführt werden. Auch die Oxide bzw. Silikate der keramischen Ausmauerung der Schmelzöfen sind der Lösewirkung der Schlacke unterworfen. Deshalb ist die Art der Ausmauerung (basisch oder sauer) dem eingesetzten Schlackentyp unbedingt anzupassen. Typische Schlackenzusammensetzungen lassen sich für einige Prozesse angeben: Beim Stahlschmelzen aus Eisenschrotten werden Kalziumsilikatschlacken mit z. B. 48 % CaO, 15…20 % SiO2, 10…14 % FeO, 5…10 % MnO verwendet. Beim Schmelzen von NE-Metallen kann mit den niedriger schmelzenden Eisensilikatschlacken mit
z. B. 30…50 % SiO2, 35…50 % FeO, 4…15 % CaO, 4…15 % Al2O3 gearbeitet werden. Wie man erkennt, wird die Zusammensetzung von Schlacken auf Grund ihres oben erläuterten Aufbaus immer als Mischung von Oxiden angegeben. Aus den flüssigen Schlacken erhält man beim Abkühlen die festen Schlacken, die beim sauren Schlackentyp glasige Struktur aufweisen. Dagegen erfolgt bei der Erstarrung basischer Schlacken eine partielle Kristallisation (Verstärkung durch Tempern) zu bekannten Mineralien (Kalziumsilikat, Eisensilikat, Spinelle). Darin sind auch die gefürchteten Schwermetalloxide (ZnO, Cu2O, PbO, NiO) vollständig als unlösliche Silikate gebunden, wenn die Separierung von der Metallschmelze sorgfältig durchgeführt wurde. Die kristallinen Schlacken sind deshalb häufig wie natürliche Gesteine als Baustoffe einsetzbar. Die Eignung als Baustoff wird immer durch spezielle Prüfmethoden (Elutionstest, hydrolytische Klasse etc.) getestet und erst dann freigegeben. Um das unbegründet schlechte ökologische Image von Schlacken aus Produktionsprozessen zu vermeiden, bezeichnet eine Kupferhütte seine Endschlacken z. B. als Eisensilikatgestein. Aus den Beschreibungen geht eindeutig hervor, dass die bei verschiedenen Hochtemperaturprozessen anfallenden Oxidgemische nur dann als Schlacken bezeichnet werden sollten, wenn sie durch ein Aufschmelzen zu einer homogenen Masse mit evtl. Reaktion der Komponenten erhalten wurden. Leider wird der Begriff Schlacken aber auch immer wieder für ungeschmolzene oder nur gesinterte oder teilgeschmolzene und dadurch inhomogene Oxidgemische verwendet, die bei den verschiedenen Verbrennungsprozessen entstehen. Solche Verbrennungsrückstände sollten als Aschen bezeichnet und damit ihr unvollständig geschmolzener und inhomogener Zustand charakterisiert werden. Das ist keine Wortklauberei, sondern vor allem für die Deponieklasse oder Nachnutzung der Aschen entscheidend, weil diese Aschen immer erhebliche Anteile ungebundener, leichter löslicher Stoffe enthalten, damit ökologisch bedenklich sind und sich dadurch gravierend von den homogenen Schlacken unterscheiden. Neben den hier beschriebenen oxidischen Schlacken verwendet man bei einigen Schmelzprozessen auch Salzschlacken, die aus geschmolzenem NaOH oder NaCl/KCl-Gemischen gebildet werden. Diese Salzschlacken be-
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5.1 • Allgemeine Verfahrenstechniken für das Recycling von Metallen
sitzen nur ganz spezifische Bedeutung und werden bei den jeweiligen Prozessen näher erläutert.
Abgase und Flugstäube Bei allen schmelzmetallurgischen Prozessen entstehen zwangsläufig Abgase und Flugstäube, die aus Gründen des Umweltschutzes, des Energieinhaltes und evtl. der Wertstoffinhalte eine Abgasbehandlung bzw. Staubabscheidung erfordern. Deshalb sind im Rahmen dieses Abschnittes einige Ausführungen dazu notwendig. Analoge Abgas- und Staubprobleme treten bei weiteren Hochtemperaturprozessen auf (Vergasung, Verbrennung, Pyrolyse). Die folgenden Erläuterungen schließen deshalb die Problematik bei diesen in 7 Abschn. 4.1.3 behandelten Prozessen mit ein. Für die Entstehung der Abgase und Stäube bei Hochtemperaturprozessen sind eine Reihe von Ursachen verantwortlich: 5 Die Erhitzung der Altstoffe bewirkt eine Verdampfung von Komponenten mit höherem Dampfdruck (Feuchtigkeit, Lösungsmittel, Säuren, …) und eine thermische Zersetzung von instabilen Beimengungen (Kunststoffe, Holz, organische Stoffe, Chloride). 5 Bei Luftzutritt erfolgt eine vollständige oder unvollständige Verbrennung (Oxidation) brennbarer Stoffe (Kunststoffe, Holz, Fette etc.) und anderer Beschickungskomponenten zu einem Abgasgemisch (CO2, H2O, CO, SO2). 5 Die für die Erhitzung eingesetzten Brennstoffe (Erdgas, Öl, Koks) und Reaktionsgase (Luft, Sauerstoff ) bilden ebenfalls einen Abgasbestandteil aus CO2, H2O, N2 und teiloxidierten Gasen (CO, CnHm). 5 Auch Komponenten der Beschickung mit höherem Dampfdruck (Metalle, Oxide, Sulfide, Chloride) verdampfen teilweise oder vollständig und werden im heißen Abgasstrom durch Restsauerstoff überwiegend oxidiert. Für diese Verdampfung ist vor allem auch die Trägergasverdampfung infolge der herrschenden Abgasströmung verantwortlich (7 Abschn. 5.1.1, »Reinigung von Metallschmelzen«). Durch Abkühlung des Abgasstromes oder Oxidbildung bilden sich daraus sehr feine Feststoffe (Sekundärflugstäube). 5 Die teilweise erheblichen Gasströmungen führen zu einer starken Aufwirbelung und
5
Mitführung von feinteiligen Beschickungsbestandteilen (Primärflugstäube). Für die Behandlung dieser staubbeladenen Abgase werden eine Reihe von Standardverfahren und Standardapparaten in geeigneten Kombinationen verwendet: 5 Abscheidung des Grobstaubes (Primärflugstaub) in Zyklonen, 5 Feinentstaubung mit elektrischer Gasreinigung (EGR), Gewebefilter oder Nasswäscher, 5 Auswaschen löslicher Gasbestandteile mit Wasser, Kalksteinsuspension oder Alkalien, 5 Abscheidung spezieller Schadgase durch Adsorptionsverfahren (Aktivkohle). Falls erforderlich werden einige dieser Verfahren in den stoffspezifischen Abschnitten näher beschrieben. Das trifft besonders für die Abgasreinigung bei der energetischen Verwertung von Abfällen zu. Dort findet man dann auch in 7 Abschn. 12.2 ausführliche Angaben zu kompletten Abgasreinigungssystemen.
5.1.2
Verwertung von metallhaltigen Abfällen und Lösungen
Die bisher abgehandelten Recyclingverfahren in 7 Abschn. 5.1.1 bezogen sich ausschließlich auf Altmetalle, die praktisch 100%ig in metallischer Form vorliegen und ganz überwiegend wieder in metallischer Form ausgebracht werden. In wesentlich geringerem Umfang fallen aber auch verschiedene Metallverbindungen von Gebrauchsmetallen als feste Abfälle in der Produktion und Konsumtion an. Solche Metallverbindungen von Gebrauchsmetallen in konzentrierter oder verdünnter Form werden als metallhaltige Abfälle bezeichnet. Diese können nun ebenfalls durch Recyclingverfahren verwertet werden, wenn der Gehalt und der Preis des Metalls und die erforderlichen Verfahrensaufwendungen eine Aufarbeitung erlauben oder diese aus Gründen der Vermeidung von Umweltbelastungen (Beseitigung) angezeigt ist. Im Falle von Edelmetallsalzen können solche Abfälle sehr hochwertig sein, während Abfälle mit Gehalten an Eisen- oder Aluminiumverbindungen nur sehr sel-
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5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
ten ein kostendeckendes Verwertungsverfahren erlauben. Infolge der sehr unterschiedlichen chemischen Eigenschaften der Metallverbindungen und der verschiedenen Abfallarten (Krätzen, Schlacken, Flugstäube, Oxidpulver, Salze, Schlämme etc.) sind keine allgemeingültigen Aufarbeitungsmethoden anzugeben. In einigen Fällen können diese Metallverbindungen ohne Probleme gemeinsam mit den Altmetallen verarbeitet werden (z. B. beim Kupfer- und Bleirecycling), während andere metallhaltige Abfälle eine spezielle Technologie erfordern (z. B. das Zinkrecycling aus Stahlwerksstäuben). Bei den metallhaltigen Abfällen mit Gehalten an Edelmetallen und NE-Metallen ist das Verwertungsprodukt häufig das entsprechende Metall und selten eine Metallverbindung. Dagegen sind Abfälle aus Eisen- und Aluminiumverbindungen fast ausschließlich in Form von Metallverbindungen verwertbar. Neben den festen (oder schlammförmigen) metallhaltigen Abfällen entstehen bei den Produktionsprozessen und vor allem auch bei den Weiterverarbeitungsprozessen eine Vielzahl metallhaltiger Lösungen. Diese resultieren überwiegend aus Verfahren der Oberflächenbehandlung von Metallen (Beizprozesse und Beschichtungsprozesse). Die Behandlung solcher Lösungen ist aus Umweltschutzgründen unbedingt erforderlich, aber oft sind auch die Restwerte erheblich (z. B. Edelmetall- oder Kupferlösungen) und gestatten ein gewinnbringendes Recycling. Die allgemeinen Verwertungsverfahren für metallhaltige Abfälle und Lösungen sind in 7 Abschn. 4.2 bereits als Prinzip vorgestellt. Die konkrete Behandlung erfolgt in den stoffspezifischen Abschnitten.
5.1.3
Metallpreise und Schrottpreise
Die Wirtschaftlichkeit des Metallrecyclings wird selbstverständlich primär von den Aufwendungen für das Recyclingverfahren, von der Qualität des erzeugten Produktes und den beim Recycling auftretenden Metallverlusten bestimmt. Daneben sind aber die aktuellen und häufig sehr stark schwankenden Metallpreise auf den internationalen Metallmärkten (Notierungen an der London Metal Exchange, LME) und die davon weitgehend abhängigen Schrottpreise von großer Bedeutung.
Die Schrotte werden infolge ihres hohen Materialwertes wie Produkte am Markt gehandelt und nicht wie Abfälle aus der Produktion oder Konsumtion bewertet. Entsprechend existieren auch ganz konkrete marktübliche Schrottqualitäten wie z. B. Aluminiumgussschrott, Kupferdraht und Stahlschrottsorten. Eine Auswahl von Metallpreisen und Schrottpreisen sowie deren Schwankungen sind in (. Tab. 5.2) zusammengestellt. Damit soll dem Leser ein grob orientierendes Zahlenmaterial für die Einschätzung der unterschiedlichen Metallwerte, die möglichen Recyclingaufwendungen, die Bedeutung von Metallverlusten im Recyclingprozess, die Zinsaufwendungen sowie die möglichen Erlöse zur Verfügung gestellt werden. Die genaue Kenntnis der sehr unterschiedlichen Metallpreise ermöglicht den Unternehmen der Schrottaufbereitung und den Schmelzhütten die Auswahl von Prozessvarianten unter dem Gesichtspunkt eines optimalen Ausbringens der hochwertigen Metalle (z. B. Ni, Sn, Cu, Edelmetalle). . Tab. 5.2 zeigt sehr deutlich den erheblichen Preisanstieg im 21. Jahrhundert und den Verfall der Metallpreise in der Wirtschaftskrise 2008/2009. Dadurch entstand für die meist mittelständigen Unternehmen der Schrottaufbereitung eine außerordentlich schwierige betriebswirtschaftliche Lage.
5.2
Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
5.2.1
Zusammensetzung der häufigsten Eisenwerkstoffe [31] [32]
Die Zusammensetzung der in den verschiedenen Schrotten vorlaufenden Eisenwerkstoffe mit ihren unterschiedlichen Legierungselementen ist sowohl für das zu wählende Recyclingverfahren als auch für das optimale Recyclingprodukt von großer Bedeutung. Einige Legierungselemente wie Ni und Cr erhöhen außerdem wesentlich den Schrottpreis, während andere wegen ihrer Schädlichkeit im Prozess (Sn, Cu) limitiert werden müssen. Deshalb müssen einleitend zunächst die häufigsten Eisenwerkstoffe aufgeführt werden [31]. Man muss bei
11 800
9 200
3 700
1 150
470
250
Cu
Zn
Pb
Ni
Mg
Sn
180
Pt
190
2 200
330
770
1 400
8 700
11 500
18 500
39 400
1 330
% **
30…50
30…50
8…12
k. A.
k. A.
50…80
25
50…56
41…46
44
k. A. = keine Angaben * Preise von Stahlgrobblechen, umgerechnet aus €/t ** In der BRD
2 550
Au
in t
24 400
in 103 t
850
in 106 t *
430
270
1 100
*
1 300
700
15 000
2 800
36 100
2 500
3 200
7 100
2 600
2007
in USD/Troy Ounce
4 500
k. A.
5 800
480
900
1 600
1 400
430
in USD/t
2001
aus Schrott
2001
2008
Metallpreise
Weltproduktion
Al
Rohstahl
Metall
*
3 400
2 800
9 000
3 300
1 500
1 900
1 000
25 500
5 400
33 000
max.
2008…2009
1 400
900
*
850
820
10 000
2 800
8 800
880
1 000
2 800
min.
500
1 700
1 000
140
in USD/t
2001
Schrottpreise
350
2 500
7 800
1 300
max.
2008…2009
500
120
360
800
1 000
min.
. Tab. 5.2 Metallproduktion, Metallpreise und Schrottpreise ausgewählter Metalle; stark gerundete Werte nach verschiedenen Quellen (Metal Statistics, Frankfurt; Euwid – Recycling, Gernsbach; Statistisches Jahrbuch Stahlindustrie, Düsseldorf )
5.2 • Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
79
5
80
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
den Eisenwerkstoffen die zwei Hauptgruppen Stahl und Gusseisen unterscheiden: 5 Stahl ist ein Werkstoff aus überwiegend Eisen mit im Allgemeinen <2 % C und Legierungselementen. 5 Gusseisen ist ein Eisenwerkstoff mit >2 % C und Legierungselementen.
5
Neben dem Gusseisen sind noch als weitere Eisengusslegierungen Stahlguss und Temperguss in Anwendung. Der Kohlenstoffgehalt ist entscheidend für die Schmelztemperatur der Eisenwerkstoffe, die bei 3 % C etwa 1300 °C und bei 0,2 % C etwa 1550 °C beträgt (siehe dazu evtl. das Zustandsdiagramm Eisen-Kohlenstoff in der Fachliteratur [31] [5]. Von entscheidender wirtschaftlicher und verfahrenstechnischer Bedeutung für das Recycling sind die Hauptlegierungselemente. Die Hauptlegierungselemente für Stahl sind Mn, Si, Cr, Ni, Mo, W, V, Ti, Nb und für Gusseisen Si, Cr, Ni. z
leitungen. Diesen Symbolen wird der Wert der Streckgrenze in N/mm2 nachgestellt (z. B. S 355). Besonders die legierten Stähle werden auch nach der chemischen Zusammensetzung gekennzeichnet. Dabei existieren drei Gruppen: 1. Unlegierte Stähle: z. B. C45 (d. h. 0,45 % C). 2. Niedrig legierte Stähle mit Legierungselementen <5 %: Dabei werden für die Legierungsgehalte Umrechnungsfaktoren verwendet: Faktor 4 für Cr, Mn, Ni, Si, W, Co; Faktor 10 für Al, Cu, Mo, Ti, Nb; Faktor 100 für C, N. Beispiel: 32CrMo12-4 enthält 0,32 % C, 3 % Cr, 0,4 % Mo. 3. Hochlegierte Stähle mit >5 % Legierungselementen: Das Kurzzeichen setzt sich dafür zusammen aus dem Kennbuchstaben X, dem 100fachen Wert des C-Gehaltes, den chemischen Symbolen der Legierungselemente und den Zahlen ihrer tatsächlichen Gehalte. Beispiel: X2CrNiMo18-14-3 (d. h. 0,02 % C, 18 % Cr, 14 % Ni, 3 % Mo).
Einteilung der Stähle nach der europäischen Norm (DIN EN 10020)
Man definiert drei Stahlklassen: unlegierte, nichtrostende und andere legierte Stähle: 1. Unlegierte Qualitäts- und Edelstähle: Der Masseanteil der folgenden Elemente darf die angegebenen Werte nicht überschreiten. Mn <1,65…1,8 %; Si <0,6 %; Cu, Pb <0,4 %; Al, Co, Cr, Ni, W <0,3 %; Bi, Lanthanide, Se, Te, V <0,1 %; Mo <0,08 %; Nb <0,06 % … 2. Nichtrostende Stähle (rostfreie Stähle): Stahlsorten mit >10,5 % Cr und häufig Ni-Gehalten. 3. Andere legierte Stähle: Die Gehalte der Legierungselemente können bis 30 % betragen (Cr) Die Kennzeichnung der Stähle erfolgt mittels Werkstoffnummern oder Kurzzeichen. Beispiel 1 Werkstoffnummer 1.7380 bedeutet Folgendes. 1. = Stahl, Gusseisen; 73 = warmfester, legierter Edelstahl; 80 = chem. Zusammensetzung (10CrMo9-10). Beispiel 2 Kurzzeichen bei unlegierten Baustählen
durch Verwendungssymbole. P = Stahl für Druckbehälter, S = Stahlbaustähle, L = Stähle für Rohr-
z
Einteilung von Eisengusslegierungen
Gusseisen und Gusslegierungen werden vorwiegend mit Kurzzeichen, seltener mit Werkstoffnummern bezeichnet. Das Kurzzeichen beginnt immer mit dem Kennbuchstaben G. Dazu sollen ebenfalls einige Beispiele angegeben werden: 5 Unlegierter Stahlguss (DIN 1681): z. B. GS-38 (Zugfestigkeit 38 × 9,81 = 372,8 MPa). 5 Nichtrostender Stahlguss (DIN 10213): z. B. GX5CrNi19-10. 5 Gusseisen (DIN EN 1561): z. B. EN-GJL-350 (d. h. Gusseisen mit Lamellengraphit, Zugfestigkeit 350 MPa). Die chemische Zusammensetzung eines solchen Gusseisens ist ca. 2,7…3,8 % C; 0,8…3 % Si; 0,4…0,8 % Mn; 0,1…1 % P; 0,05…0,12 % S. z
Preisrelationen für legierte Stähle
Auf Grund der erheblich über dem Rohstahl liegenden Preise einiger Legierungsmetalle (besonders Ni) ergeben sich wesentliche Preisfaktoren für legierte Stähle. Bei einer relativen Preisbasis 1 für den Stahl S355 ergeben sich für legierte Stähle folgende mittlere Preisfaktoren: X12Cr13 Faktor 3,5; X10CrNi18-8 Faktor 5; X2CrNiMo17-12-3 Faktor
81
5.2 • Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
5
. Tab. 5.3 Beschichtungen auf Stahl Beschichtungsverfahren
Schichtwerkstoff
Walzplattieren
Nichtrostende Stähle, Nickel, Messing, Tantal, Blei
Schmelztauchen
Zink Zinn
200…400 g/m2 20…40 g/m2
Galvanisieren
Zinn, Zink Chrom, Nickel, Kupfer, Kadmium
6…20 g/m2 100…2 000 g/m2
Bedampfen
Aluminium
Emaillieren
Na-K-Silikate (SnO2, NiO)
Kunststoffbeschichten
PE, PP, PVC, PUR
Gummieren
Hartgummi, Weichgummi
Lackieren
Alkydharz, Epoxidharz, Chlorkautschuk, Öllack (ZnO, Fe-Oxide, Pb3O4)
Wachsen, Fetten
Wachse, Rostschutzfette
9. Diese Preisfaktoren sind auf Basis der mittleren Metallpreise in . Tab. 5.2 (z. B. für Ni) gut nachvollziehbar. z
Beschichtung von Stahl
Neben den Legierungselementen ist für das Recycling der Eisenwerkstoffe auch die vorhandene Beschichtung der Eisenwerkstoffe von Bedeutung. Die Beschichtungen können im Recyclingprozess evtl. zusätzliche Kosten verursachen, die Qualität des Schrottes mindern oder auch ohne Auswirkungen sein. Die üblichen Beschichtungswerkstoffe und die Schichtdicken sind in . Tab. 5.3 zusammengestellt.
5.2.2
Verfahren der Stahlerzeugung
Das Recycling von Eisenwerkstoffen ist mit den primären Herstellungsverfahren von Stahl und Gusslegierungen außerordentlich eng verflochten und verwendet auch keine eigene Verfahrenstechnik. Deshalb ist die Kenntnis der Verfahrenstechnik der Stahlerzeugung und der Erzeugung der Gusslegierungen eine notwendige Voraussetzung für die weitere Erörterung des Recyclings von Eisenwerkstoffen. Insbesondere sind grundlegende Kenntnis-
Masseanteil oder Dicke der Schicht 1…3 mm
5…30 g/m2 200…1 000 μm 20…400 μm bis 10 mm 100…300 μm bis 10 μm
se über das Verhalten von Legierungselementen, Beschichtungswerkstoffen und vielfältigen Beimengungen im Stahlgewinnungsprozess bzw. bei der Herstellung von Gusslegierungen erforderlich, um die notwendigen Aufbereitungs- und Sortieraufwendungen für den Schrott und die geforderten Schrottqualitäten verständlich zu machen. Zunächst wird die Stahlerzeugung behandelt und nachfolgend in 7 Abschn. 5.2.3 die Herstellung der Gusslegierungen.
Entfernung von Verunreinigungen/ Beimengungen und deren zulässige Gehalte bei der Stahlherstellung und im Einsatzschrott [32] Die Ausgangsstoffe der Stahlherstellung sind Roheisen, Eisenschwamm, Eisenschrotte, nichtmetallische Zuschläge und evtl. Legierungsmittel. In die Schmelzöfen trägt man zuerst die festen Materialien ein (Schrott, Eisenschwamm) und danach das flüssige Roheisen und Zuschläge. Bei reinen Schrottverfahren entfällt das flüssige Roheisen. Durch Aufblasen von Sauerstoff oder Luft auf die Schmelze oxidiert man die Verunreinigungen, die mit den Zuschlägen aus Kalk (CaO) und Flussspat (CaF2) eine flüssige Schlacke entstehen lassen. Die selektive Oxidation der Verunreinigungen mit Sauer-
82
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
stoff und die Auflösung der Verunreinigungsoxide in einer Schlacke bzw. die Verdampfung von Verunreinigungen und deren Abführung im Abgasstrom ist der metallurgische Hauptprozess der Stahlerzeugung. Man bezeichnet diesen Prozess auch als »Frischen«. Die Prozesstemperaturen beim Frischen müssen über dem Schmelzpunkt der Stähle bei etwa 1600 °C liegen. Die thermodynamischen Grundlagen der selektiven Oxidation wurden bereits für alle schmelzmetallurgischen Prozesse anhand von . Abb. 5.2 erläutert. Zur Beurteilung des Verhaltens der einzelnen Verunreinigung in den Stahlerzeugungsprozessen muss man in . Abb. 5.2 den Verlauf der Eisenoxidationskurve 2 Fe + O2 → 2 FeO bei ungefähr 1600 °C aufsuchen und mit den Oxidationskurven der Beimengungen in diesem Temperaturbereich vergleichen. Daraus lassen sich zwei Gruppen von Beimengungen ableiten [29] [30] [32]: 5 1. Gruppe: Die Metalle Cu, (Pb), Ni, Co, Sn (Reihenfolge zunehmender Sauerstoffaffinität) besitzen eine geringere Sauerstoffaffinität als Fe und lassen sich deshalb unter oxidierenden Bedingungen nicht aus Eisenschmelzen entfernen. Zusätzlich ist Mo zu nennen, das eine dem Fe analoge Sauerstoffaffinität besitzt. Auch die Oxidation von S ist theoretisch nicht realisierbar, doch ergibt sich die Möglichkeit, durch zusätzlichen Kalkeinsatz den S als CaS zu verschlacken. 5 2. Gruppe: Die Beimengungen C, W, P, Cr, Mn, V, Si, Ti, Al, Mg, Ca haben in dieser Reihenfolge eine zunehmende und höhere Sauerstoffaffinität als Fe und können nach ihrer Oxidation verschlackt bzw. verflüchtigt (CO) werden. Wegen der hohen Dampfdrücke von Zn und Cd (Siedepunkte 907 bzw. 765 °C) werden diese als Metalldampf ebenfalls verflüchtigt. Für Cr und Mn kann man durch Anwendung reduzierender Bedingungen in der Gasphase oder der Schlacke die Verschlackung einschränken oder eine Rückführung in die Stahlschmelze bewirken. Die Elemente Al, Mg, Ca bereiten keinerlei Probleme, da diese unter allen Bedingungen vollständig oxidiert und verschlackt werden.
Außerdem sind noch folgende spezielle Erläuterungen zu einzelnen Beimengungen erforderlich [32]: Schwefel hat im festen Stahl eine sehr schädliche Wirkung und ist auf <0,025 % zu begrenzen. Über den Schrott kann Schwefel durch Gummi, Autoreifen oder Öle eingetragen werden und beim Schmelzprozess auch durch den Kalkzuschlag. Kupfer- und Zinngehalte im Stahl verschlechtern die Verformungseigenschaften merklich. Beide Metalle können über die Schrotte (Elektrogeräte, Messing, Bronze, Weißblech, Zinnlote) in größeren Mengen vorlaufen, so dass die Gefahr eines Anstiegs des Kupfer- und Zinnspiegels besteht. Dem kann im Stahlwerk nur durch gezielte Verdünnung mit Roheisen gegengesteuert werden. Blei ist im Stahl praktisch unlöslich, sammelt sich aber wegen der höheren Dichte gegenüber Stahl als getrennte Schmelzphase am Boden des Schmelzgefäßes an und schädigt die Ausmauerung. Wegen des hohen Dampfdruckes (Siedepunkt von Pb 1750 °C) wird ein großer Teil des Bleis auch verflüchtigt. Die Eisenschrotte bringen Blei über Mennigeanstriche (Pb3O4-Pigment), Dichtungen und Zinklegierungen ein. Zink wird zunehmend durch verzinktes Stahlblech (Altautos) und verzinkten Baustahl eingetragen. Nickel, Chrom, Mangan, Molybdän sind wertvolle Legierungsmetalle für bestimmte Stahlqualitäten, d. h., solche Beimengungen in Schrotten sind für legierte Stähle einzusetzen, während sie in unlegierten Stählen limitiert werden müssen. Diese Metalle finden sich im Schrott in Form legierter Stähle. Wegen der gemeinsamen Verarbeitung von Schrott und Roheisen bei der Stahlerzeugung sind die Beimengungen des Roheisens für den Prozess ebenfalls von großer Bedeutung. Roheisen weist etwa folgende Analyse bei P-armen Erzen auf [32]: C 4,0…4,5 %; P 0,07…0,08 %; S 0,012…0,020 %; Si 0,45…0,50 %; Mn 0,27…0,30 %; Cr ca. 0,03 %; Cu ca. 0,01 %; Ni, Mo 0 %. Die zulässigen Gehalte an Beimengungen/Verunreinigungen in den Stahlqualitäten sind maßgebend für die Beurteilung der im Schrott vorhandenen Verunreinigungen und die Möglichkeiten/Notwendigkeiten ihrer Entfernung. Deshalb wird zunächst in . Tab. 5.4 eine Zusam-
. Tab. 5.4 Maximal zulässige Begleitelemente in unlegierten Stählen (gekürzt nach [32] [7]) Element
Maximaler Gehalt %
C
0,02…0,40
Si
0,02…0,30
Mn
0,15…1,5
P
0,01…0,025
S
0,012…0,030
Al
0,02…0,045
Cu
0,04…0,25
Cr
0,04…0,20
Ni
0,04…0,25
Mo
0,01…0,10
Cu, Cr, Ni, Mo
ca. 0,13
menstellung der maximalen Begleitelementgehalte für unlegierten Stahl angegeben. Beim Recycling von legiertem Stahlschrott wird ein Schmelzprozess praktisch ohne Roheisenzusatz durchgeführt, um die wertvollen Legierungsmetalle nicht zu verdünnen, d. h. aber, der Verdünnungseffekt für Verunreinigungen im Schrott entfällt ebenfalls und deshalb ist es möglich, bereits für solchen legierten Schrott zulässige bzw. erwünschte Gehalte anzugeben. In . Tab. 5.5 sind für zwei hochlegierte Stähle die zulässigen und geforderten Beimengungen angeführt. Aus den Angaben in . Tab. 5.5 ist zu erkennen, dass auch relativ selten auftretende Beimengungen wie As, B, Nb, Sb, Bi, Se, Zr zu beachten sind. Diese Elemente können über spezielle Bleilegierungen (As, Sb, Bi), elektronische Werkstoffe (Se, As), Speziallegierungen (Nb, Zr) u. a. in den Schrott gelangen. z
Stückgröße und physikalischer Zustand der Einsatzschrotte
Neben der primären Bedeutung der stofflichen Zusammensetzung der Schrotte sind für das Handling, die Beschickung und die Prozesssicherheit
5
83
5.2 • Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
. Tab. 5.5 Zulässige und geforderte Beimengungen (%) im Schrott für das Erschmelzen von zwei Qualitäten hochlegierten Stahls nach [32] [7] Element
CrNi18-8
CrNiMo18-10-2
Cr Ni Mo
16…16,5 8…9,5 max. 0,5
15…17 9…12 1,7…2,2
Cu P S Mn W Co As B Nb Pb Sb Bi Se Sn V Zr
max. 0,40 max. 0,035 max. 0,035 max. 1,20 max. 0,10 max. 0,30 max. 0,05 max. 0,001 max. 0,05 max. 0,0005 max. 0,003 max. 0,0001 max. 0,003 max. 0,05 max. 0,20 max. 0,05
zusätzliche Forderungen an die Stückgröße und den physikalischen Zustand zu stellen. Die Stückgrößenforderungen ergeben sich unmittelbar u. a. aus den Abmessungen der Chargierkörbe sowie den Chargieröffnungen der Schmelzöfen. Weiterhin sind Hohlkörper sehr gefährlich wegen der explosionsartigen Ausdehnung der enthaltenen Gase und Flüssigkeiten. Genauso ist auch eine extreme Feinkörnigkeit des Eisens (Schleifschlämme) wegen der Verpuffungsgefahr auszuschließen. Der Gehalt an Ölen, Fetten und anderen brennbaren Stoffen ist ebenfalls stark zu begrenzen. Weitere ausführliche Erläuterungen zu Stahlschrottsorten und Qualitäten sind in 7 Abschn. 5.2.4 eingefügt. Insbesondere findet sich dort in . Tab. 5.6 die Europäische Stahlschrottsortenliste.
Sauerstoffblasverfahren [32] Als Schmelztechnik werden heute überwiegend die Methoden Sauerstoffblasstahlverfahren und Elektrostahlverfahren eingesetzt. Das ältere SM-Verfahren findet nur noch in einigen Entwicklungsländern und Osteuropa geringe Anwendung. Das Sauerstoffblasverfahren (LD-Verfahren) (. Abb. 5.3)
84
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Tragring, Kippvorrichtung
Abstichloch Sauerstofflanze
5
Metall
Schlacke
Keramische Ausmauerung
Stahlmantel
. Abb. 5.3 Sauerstoffblaskonverter.
wurde für das Frischen von großen Mengen flüssigen Roheisens bei geringem Schrotteinsatz und hoher Prozesskinetik entwickelt. In die kippbaren Konvertoren (100…400 t Fassungsvermögen) wird zunächst bis 20 % fester Schrott eingesetzt und dann flüssiges Roheisen zugegeben. Danach wird über eine Lanze von oben ein Sauerstoffstrahl auf das Metallbad geblasen und Kalk zugeschlagen. Dabei kommt es zu einer heftigen Oxidationsreaktion unter Bildung von CO und FeO. Am Brennfleck herrschen Temperaturen von 2500…3000 °C. Durch die hohe örtliche Reaktionswärme und das gebildete CO-Gas kommt es zu einer starken Badbewegung und Durchmischung. Dabei oxidiert das gebildete FeO sofort die oxidierbaren Beimengungen (C, P, Mn, Si) und geht wieder in Fe über. Die Oxide bilden mit dem Kalk und geringen Teilen der feuerfesten Ausmauerung eine Konverterschlacke (etwa 50 % CaO, 15 % SiO2, 3 % Al2O3, 15 % FeO). Die Blaszeit liegt zwischen zehn und 20 min. Die
Reaktionswärme der Oxidationsreaktionen (vor allem die C-Oxidation des Roheisens, die teilweise Fe-Oxidation usw.), die in der sehr kurzen Blaszeit entsteht, ermöglicht die erforderliche Aufheizung des flüssigen Roheisens von etwa 1300 °C auf die Stahlschmelztemperatur von etwa 1600 °C und zusätzlich das Aufschmelzen des Schrottes, so dass dieser Prozess autotherm (ohne zusätzliche Wärmezufuhr oder Brennstoffe) abläuft. Im Prozessverlauf wird zur Temperaturregulierung häufig sogar gut dosierfähiger Shredderschrott als Kühlschrott nachgesetzt. Eine verfahrenstechnische Variante ist das Einblasen von Sauerstoff über den Konverterboden (kombiniert mit der Aufblastechnik oder als reines Bodenblasen). Wenn man zusätzliche Energieträger in den Konverter einbläst (Kohle, Leichtöle, Erdgas), kann man den Einsatz von festem, kaltem (evtl. vorgewärmtem) Schrott auf 65 % und auch bis 100 % steigern (KVA-Verfahren). Damit kann das Konverterverfahren zur Konkurrenz für das Elektroofenverfahren entwickelt werden. Durch die starke Reaktion, die örtliche Überhitzung, die intensive Badbewegung und die CO-Gasbildung werden Zn, Cd und Pb intensiv verdampft und größere Mengen FeO-Rauch sowie Schmelzauswurf gebildet. Die Zn-Cd-Pb-Dämpfe werden in der Gasphase zu den festen Oxiden oxidiert und so entsteht ein stark staubhaltiges Abgas (10…50 g Staub/m3). Dieses Abgas wird trocken oder nass entstaubt. Dabei entstehen als Abfälle die Stahlwerkstäube oder -schlämme. Der trockene Feinstaub enthält etwa 20 % Femetallisch, 50 % Feoxidisch, 1…5 % ZnO (zur Verwertung von Stahlwerkstäuben siehe 7 Abschn. 5.2.5 und 7 Abschn. 5.6.4). Das entstaubte Abgas enthält bis 70 % CO und wird energetisch genutzt. Die Eisenverluste im Staub und in der Schlacke betragen etwa 6…8 %.
Elektrostahlverfahren [32] Bei diesen Verfahren wird mit festen Einsätzen gearbeitet und die Wärmeenergie aus Elektroenergie gewonnen. Die überragende Bedeutung hat dabei der Elektrolichtbogenofen (bis 200 t Schmelzgewicht). Das Schmelzen im Induktionsofen und das Umschmelzverfahren (abschmelzende Stahlelektroden) werden nur begrenzt verwendet. Der Elektrolichtbogenofen (Electric Arc Furnace, EAF) ist das ideale Aggregat für das Recycling, da mit
100 % Schrotteinsatz gearbeitet werden kann und kein flüssiges Roheisen am Standort verfügbar sein muss. Diese Standortunabhängigkeit macht dieses Verfahren auch für Entwicklungsländer interessant. Der Drehstromlichtbogenofen (. Abb. 5.4) ist mit drei Graphitelektroden ausgestattet, die durch ein Gewölbe in das kippbare Ofengefäß eingeführt sind. Das Ofengefäß ist kreisrund, keramisch ausgemauert und der Deckel abhebbar. Die Beschickung erfolgt von oben bei geöffnetem Deckel. Nach dem Einschmelzen des Schrottes werden Zuschläge (Kalk, Flussspat) chargiert. Dann erfolgt der Frischprozess (Verschlackung oxidierbarer Verunreinigungen) mit Sauerstoff und nachfolgend eine Reduktionsphase zum Sauerstoff- und Schwefelabbau sowie evtl. der Zusatz der Legierungselemente in Form von Ferrolegierungen. Im EAF kann durch reduzierende Arbeitsweise eine Verschlackung wertvoller Legierungsmetalle stark eingeschränkt werden. Deshalb ist dieser das bevorzugte Aggregat zum Schmelzen von legierten Schrotten und überhaupt zur Erzeugung legierter Stähle. Außerdem sind die Abgasmengen und die Gasströmungsgeschwindigkeiten deutlich geringer; damit wird die Staubzusammensetzung gegenüber dem Blasstahlverfahren deutlich eisenärmer. Beim Schmelzen von Schrotten mit Grundstahlerzeugung enthält der abgeschiedene Feinstaub 20…40 % ZnZnO, 1,5…4 % Pb, 20…35 % Fegesamt. Dieser zinkreiche Stahlwerkstaub aus dem E-Ofen wird international als EAF-Dust bezeichnet. Das Zink stammt vor allem aus verzinkten Schrotten, und bei Gehalten >25 % Zn ist dieser Staub für das Zn-Recycling gut geeignet (7 Abschn. 5.6.4). Bei der Erzeugung hochlegierter Stähle können Staubzusammensetzungen von z. B. 25…50 % Fe, 1 % Cr, 4 % Ni und 1 % Zn entstehen.
Sekundärmetallurgie [32] Unter Sekundärmetallurgie versteht man alle Nachbehandlungsprozesse für die im Konverter oder Elektrolichtbogenofen erzeugten Stahlschmelzen. In erster Linie ist das die notwendige Reduktion des im Stahl gelösten FeO, die sog. Desoxidation. Diese Behandlung erfolgt in den für den Transport zum Gießprozess verwendeten großen Pfannen. Seit mehreren Jahren werden im Konverter nur noch das Frischen und im Lichtbogenofen praktisch nur
5
85
5.2 • Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
Abgas
Rohstahlausguss
Elektroden Gewölbe Tür
Stahlbad
Feuerfeste Ausmauerung
Schlacke Schlackenabzug
. Abb. 5.4 Elektrolichtbogenofen (Drehstrom).
noch das Schmelzen durchgeführt und alle anderen metallurgischen Prozesse in die Pfanne verlegt. Dadurch erreicht man eine Entlastung/Produktionssteigerung der Frisch- und Schmelzaggregate und eine Verbesserung der Stahlqualität (genauere Einstellung der Legierung sowie der Gießtemperatur etc.). Diese Pfannenbehandlung umfasst folgende Prozessstufen: 5 Legierungseinstellung (Zugabe von Ferrolegierungen), 5 Mischen und Homogenisieren (Einblasen von Ar, N2), 5 Entfernung von S, P, Spurenelementen, 5 Desoxidation (Reduktionsmittel SiMn, Al), 5 Entgasung mit inerten Spülgasen und Vakuumbehandlung, 5 Tiefentkohlung. Für diese vielfältigen Maßnahmen sind die Gießpfannen zu speziellen Pfannenöfen mit elektrothermischer Heizung aufgerüstet worden oder auch spezielle AOD- (Argon-Oxygen-Decarburization-)Konverter im Einsatz. Einen Überblick der Gesamttechnologie des Schrotteinsatzes bei der Stahlherstellung gibt . Abb. 5.5.
5.2.3
Verfahren zur Herstellung von Eisenguss und Stahlguss
Die Ausgangsstoffe für Gusslegierungen sind heute vor allem Guss- und Stahlschrotte, eigenes Kreis-
86
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Abb. 5.5 Schrotteinsatzmöglichkeiten bei der Stahlerzeugung (Stammbaum).
Stahl- und Gussschrott O2
Roheisen flüssig
unlegiert
legiert
Kalk
E-Energie
80 % 20 % Sauerstoffblaskonverter
Legierungsmetalle (Cr, Ni, Mo ...)
Elektrolichtbogenofen
5 Schlacke I: SiO2, CaO, FeO, Cr, Mn
Abgas
Unlegierter Stahl flüssig Entstaubung
Brenngas (CO)
Legierter Stahl flüssig
Pfanne, Pfannenofen (Sekundärmetallurgie)
Desoxidationsmittel (Al, SiMn) Gießeinrichtung Spülgas
Stahlwerksstaub Fe-oxide, Fe, ZnO Stahlformate
laufmaterial und nur noch etwa 20 % Roheisen. Die Qualitätsanforderungen an die Gusslegierungen nehmen ständig zu, so dass gerade der abnehmende Massenanteil des sehr homogenen Roheisens mit bekannter Zusammensetzung gegen die verschiedenen inhomogenen Schrotte ein hohes metallurgisches Können erfordert. Die mögliche und zulässige Zusammensetzung der Schrotte wird sehr stark vom verwendeten Schmelzapparat und den darin möglichen Prozessen (Schmelzverfahren) bestimmt. z
Kalk
Kupolofentechnologie
Dieser Ofen ist der Standardapparat für die Verarbeitung von Gussbruch, Maschinengussbruch und Gießereistahlschrott in Gießereien (. Abb. 5.6). Der Kupolofen ist ein Schachtofen, der aus einem Stahlblechzylinder (0,5…3 m Durchmesser, sechsfache Höhe des Durchmessers) besteht. Im unteren Schmelzbereich ist der Stahlzylinder feuerfest ausgemauert und im oberen Teil wassergekühlt.
Schlacke II
Die Beschickung erfolgt von oben und besteht aus Schrottstücken, Blechpaketen, Gussbruch, Roheisenmasseln und evtl. Legierungselementen sowie dem Brennstoff Koks und Kalkstein zur Schlackenbildung. Alle Materialien müssen grobstückig sein, um die Bildung einer gasdurchlässigen Schüttschicht zu gewährleisten (und auch die Verstäubung zu minimieren). Durch die Winddüsen wird im unteren Teil die Verbrennungsluft eingeblasen. Vor den Düsen entsteht durch die Koksverbrennung die höchste Temperatur, die zum Schmelzen des Eisens und zu dessen Vermischung (Homogenisierung) führen sowie zur Bildung der flüssigen Schlacke. Die heißen Verbrennungsgase steigen durch die Schüttschicht nach oben, wärmen die Beschickung vor und werden durch das Abgassystem abgesaugt. Die spezifisch leichtere Schlacke sammelt sich über der Eisenschmelze an und wird durch den Schlackenstich entnommen. Die Gusseisenschmelze (ca. 1500 °C) fließt in einen Vorherd (feuerfest zugestellter Sammelbehälter) und wird von dort in die
5
87
5.2 • Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
a
b Abgasbehandlung (Entstaubung, Rekuperator)
Beschickung (Schrott, Koks, Kalk) Absaugung Deckel, schwenkbar
Krätze Wassergekühlter Mantel Induktions spule
Winddüsen
Metallbad mit Badbewegung
Keramische Ausmauerung
Schlacke Gusseisen . Abb. 5.6 Heißwindkupolofen (a) und Induktionstiegelofen (b) [32].
Gießpfannen übernommen. Das Abgas (Gichtgas) enthält hohe CO-Gehalte, die in einer Brennkammer nachverbrannt werden (Nutzung der Wärme zur Luftvorwärmung im Rekuperator und/oder zur Dampferzeugung). Außerdem muss das Abgas intensiv entstaubt werden. Die abgeschiedenen Stäube werden gelegentlich über die Winddüsen wieder in den Ofen eingeblasen. Eine Intensivierung der Schmelzleistung (im Mittel 10 t/h) erreicht man durch die erwähnte Luftvorwärmung (600 °C) und/oder Sauerstoffanreicherung des Windes (sog. Heißwindkupolofen; . Abb. 5.6a). Im Kupolofen herrschen stark reduzierende Bedingungen (COGehalt der Abgase), so dass eine Entfernung von Legierungselementen oder metallischen Verunreinigungen durch oxidierende Verschlackung nicht stattfindet. Eine Ausnahme bildet Zink (aus verzinkten Stahlblechen), das unter den reduzierenden Bedingungen zunächst als Metall verdampft und danach im Abgasstrom zu ZnO oxidiert und feinkörnigen ZnO-Staub bildet. Erforderliche
Legierungselemente können also im Prinzip der Beschickung zugegeben werden. Die notwendige Aufkohlung des Stahlschrottes auf 2…4 % C erfolgt durch den Koks. Auf Grund der dargestellten Bedingungen im Kupolofen ist dieser häufig nur als Umschmelzaggregat zu betrachten. Man erzeugt in diesem deshalb vorzugsweise ein Basiseisen, das im Induktionsofen auf genaue Legierungszusammensetzung eingestellt wird. Diese Kombination von zwei Schmelzverfahren wird als Duplexverfahren bezeichnet. z
Schmelztechnologie im Induktionstiegelöfen
Dieser Prozess wird in den Eisengießereien heute vermehrt eingesetzt und ist auch in NE-Metall-Gießereien verbreitet. Der Induktionstiegelofen (. Abb. 5.6b) besteht aus einem Stahltiegel mit feuerfester Ausmauerung. Der Tiegel ist von einer Induktionsspule (wassergekühltes Kupferrohr) umgeben, die mit Wechselstrom (Netz- oder Mittelfrequenz) betrieben wird. Im metallischen
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5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Tiegelinhalt werden Wirbelströme induziert, deren elektrische Energie sofort in die erforderliche Schmelzwärme umgewandelt wird. Ein besonderer Vorteil des Induktionsofens ist die durch das Magnetfeld hervorgerufene starke Badbewegung. Dadurch ist eine sehr schnelle Homogenisierung der Schmelze garantiert, und durch Zugabe von Ferrolegierungen oder unlegiertem Schrott ist eine sehr exakte Einstellung der gewünschten Legierungszusammensetzung zu erreichen. Der Induktionsofen ermöglicht wie der Kupolofen keine Entfernung von unerwünschten Beimengungen und arbeitet deshalb auch im Prinzip als Umschmelzaggregat. Es existiert aber wegen des ungehinderten Luftzutritts zur Badoberfläche eine geringe Oxidationswirkung, so dass aus einem geringen Metallabbrand und nichtmetallischen Verunreinigungen eine geringe oxidische Krätzeschicht auf der Badoberfläche entsteht, die vor dem Gießvorgang abgehoben wird. Netzfrequenzöfen gestatten Tiegelinhalte bis 100 t Eisen, Mittelfrequenzöfen zwischen 0,25 und 8 t. z
Schmelztechnologie im Lichtbogenofen
Der Ofen in kleinerer Ausführung (30 t) als bei der Stahlherstellung (. Abb. 5.4) wird ausschließlich für die Herstellung von Stahlguss eingesetzt. Durch entsprechende Schlackenarbeit mit oxidierender oder reduzierender Arbeitsweise lassen sich die Begleit- und Legierungselemente sehr gut einstellen. Als Einsatzmaterial kommen hier nur Stahlschrotte zum Einsatz. Ein besonderer Vorteil des Lichtbogenofens ist die genannte Möglichkeit der Schlackenarbeit (evtl. selektive Oxidation von Verunreinigungen/Beimengungen oder Reduktion von Legierungselementen aus der Schlacke). Dadurch wird die Verarbeitung stark verunreinigter, preisgünstigerer Schrotte möglich, die Verschlackungsverluste teurer Legierungselemente werden minimiert und die Einstellung der Legierungsgehalte wird garantiert. Weniger häufig verwendete Schmelzapparate sind der kokslose Kupolofen mit Gas- oder Ölfeuerung [32] sowie öl- oder gasbeheizte Drehtrommelöfen [32] (7 Abschn. 5.3, Al-Recycling).
z
Zusammenfassende Erläuterung zum Verhalten der Beimengungen/Verunreinigungen und zur Einstellung der Legierungsgehalte
Wegen der stark reduzierenden Arbeitsweise im Kupolofen und den extrem geringen Oxidationsbedingungen im Induktionsofen ist die Verschlackung oder Verflüchtigung von Beimengungen/Legierungselementen mit Ausnahme von Zink in diesen Schmelzöfen praktisch nicht möglich. Für diese Schmelzöfen müssen deshalb durch sehr sorgfältige Zusammensetzung der Beschickung (Gattierung) die gewünschten Gehalte in den Gusslegierungen eingestellt werden. Kohlenstoff und Silizium sind die wesentlichen Begleitelemente bei unlegierten Gusswerkstoffen. Ihre Zielgehalte (2,2…3,8 % C, bis 3 % Si) werden im Schmelzprozess direkt erreicht oder können durch Aufkohlungsmittel bzw. Ferrosilizium oder Zusatz reiner Eisenschrotte vom Gießer entsprechend nachreguliert werden. Die Mangangehalte von 0,3…0,8 % sind meist unproblematisch einzustellen. Chrom und Molybdän sind die wichtigsten Legierungselemente für legierte Gusswerkstoffe. Dagegen ist bei der Herstellung von Temperguss der Cr-Gehalt auf <0,2 % begrenzt, so dass eine sorgfältige Schrottauswahl bei der Gattierung erforderlich ist. Kupfer und Zinn werden in Gehalten von 0,1…0,3 % als Legierungselemente verwendet, doch nur in Form von Reinzinn und E-Kupfer, da evtl. Gehalte dieser Metalle im Schrott niemals mit der erforderlichen Genauigkeit beprobt werden können und diese häufig mit sehr schädlichen Metallen (Pb, Cd, Zn) gemeinsam auftreten. Blei bereitet trotz seiner extrem geringen Löslichkeit in Gusslegierungen bereits ab 0,005 % erhebliche Schwierigkeiten bei Kugelgraphit- und Lamellengraphitwerkstoffen und ist unbedingt zu vermeiden. Kadmium hat die gleiche negative Wirkung wie Blei. Blei und Kadmium können in Form von Beschichtungen (Farben, galvanische Überzüge) eingetragen werden. Zink ist im Induktionsofen sehr gefürchtet, da die feuerfeste Auskleidung stark angegriffen wird. Der Zinkeintrag kann über Zink-Druckgussteile oder verzinkten Stahlschrott erfolgen. Phosphor und Schwefel sind in der Regel ebenfalls unerwünschte Begleiter (Schwefeleintrag z. B. über den Koks), so dass evtl. eine spezielle Entschwefelung erfolgen muss. Im Lichtbogenofen lassen sich durch Verschlackung oder Verflüchtigung
89
5.2 • Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
die Elemente C, Si, S, P, Mn, Cr, Zn, Pb, Cd abtrennen, aber nicht Cu, Ni, Mo und Sn (siehe dazu die Erläuterungen in 7 Abschn. 5.2.2, »Entfernung von Verunreinigungen …«).
5.2.4
Schrottsorten und Schrottaufbereitung
Schrottsorten Die Erläuterungen zu den drei Schmelzverfahren für die Gusswerkstoffe und zum Verhalten von Beimengungen lassen klar erkennen, dass eine sehr genaue Definition der Schrotte nach Sorten hinsichtlich ihrer stofflichen Zusammensetzung, ihrer Stückgröße und weiterer Eigenschaften erforderlich ist. Darauf wurde ebenfalls bereits bei den Stahlschmelzverfahren nachdrücklich hingewiesen. Deshalb können an dieser Stelle gemeinsam für die Gusswerkstoffe und die Stahlerzeugung die Anforderungen an die Schrotte und die daraus abgeleiteten Schrottsorten nochmals zusammengefasst werden. Dabei sind zunächst folgende allgemeine Forderungen zu erheben: 5 Homogenität der Sorten: Trennung in Gusseisen unlegiert, Stahl unlegiert, legierter Stahl bzw. Gusseisen (Legierungsart), Beschichtungen, Stückgröße, Aufbereitungsprodukt, 5 begrenzte Gehalte der schädlichen Beimengungen Cu, Sn und Pb, 5 Öl- und Fettfreiheit, 5 Vermeidung von stark verrostetem Schrott (Sauerstoffaufnahme im Eisen), 5 Ausschluss von Hohlkörpern (Explosionsgefahr, Verunreinigungen), 5 Abwesenheit von Feuchtigkeit (Verspritzen, Explosionen), 5 Ausschluss von Verunreinigungen in gepressten Blechpaketen und Spänen, 5 Ausschluss von feinkörnigen Metallpulvern (Verpuffungsgefahr) 5 Vermeidung von radioaktiven Bestandteilen und Dioxinverunreinigungen. Die Anforderungen an die stoffliche Zusammensetzung ergeben sich eindeutig aus den obigen Erläuterungen zum Verhalten der Beimengungen und sind vor allem auf die Einhaltung sehr geringer
5
Restgehalte an NE-Metallen konzentriert. Weitere Angaben zu den Schrottsorten bei Stahl mit den angestrebten Analysenwerten sowie zu den Stückgrößen findet man in der Europäischen Stahlschrottsortenliste (. Tab. 5.6 und . Tab. 5.7). Die Stückgröße muss den Schmelzaggregaten angepasst sein. Hohlkörper sind zu zerkleinern. Feinteiliges und sperriges Material ist nicht verwendbar. Bleche, Späne und Schleifpulver werden deshalb zu Paketen oder Presslingen verdichtet. Schleifschlämme müssen in einer Vorstufe entölt sein. Aus Gründen der stofflichen Zusammensetzung und der erforderlichen Stückgrößen unterscheidet man deshalb die zwei Schrottsorten Gussbruch und Gießereistahlschrott: 1. Gussbruch: Gussbruch besteht aus zerkleinerten gusseisernen Maschinen, Apparaten und anderen Bauteilen. Dazu gehören Maschinengussbruch, Kokillenbruch, Motorblöcke, Kesselbruch, starkwandige Röhren, Gussspäne usw. 2. Gießereistahlschrott: Dazu zählen vor allem geschnittene Stücke (Schrottscheren) von Baustahl und Eisenbahnschienen, Schmiedeabfälle, Stanzabfälle und auch Stahlspäne. Eine besondere Bedeutung besitzt außerdem der eigene Kreislaufschrott der Gießereien, da seine stoffliche Zusammensetzung genau bekannt ist und keine unbekannten Verunreinigungen vorliegen.
Schrottaufbereitung Aus den Anforderungen an Schrottsorten und der daraus resultierenden Einteilung (Europäische Stahlschrottsortenliste; . Tab. 5.6 und . Tab. 5.7) ergeben sich für die Schrotte der Eisenwerkstoffe folgende spezifische Aufbereitungserfordernisse: 5 getrennte Sammlung der Schrotte nach unlegierten und legierten Sorten sowie nach Stückgrößen (Kompaktschrott, dünne Bleche, Späne) und evtl. nach Guss- oder Stahlschrott, 5 Einstellung der erforderlichen Stückgrößen für das Chargieren durch Zerkleinerung bzw. durch Kompaktieren von Spänen und Blechabschnitten, 5 Aufschlusszerkleinerung (Shreddern) als vorbereitender Schritt für evtl. erforderliche Aus-
90
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Tab. 5.6 Europäische Stahlschrottsortenliste (stark gekürzt) Kategorie
Sorten-Nr.
Sortenbeschreibung
Maße
Schüttgewicht t/m3
Anteil Schutt %
Altschrott
E3
Schwerer Stahlaltschrott, frei von sichtbaren Cu, Sn, Pb, kein Karosserieschrott
Stärke: >6 mm <0,5 × 5 m
>0,6
<1
Altschrott
E1
Leichter Stahlaltschrott, frei von sichtbaren Cu, Sn, Pb, kein Haushaltsgeräteschrott
Stärke: <6 mm <0,5 × 1,5m
>0,5
<1,5
Neuschrott
E2
Schwerer Stahlneuschrott, frei von Beschichtungen und sichtbarem Cu, Sn, Pb
Stärke: >3 mm <0,5 × 5m
>0,6
<0,3
Neuschrott
E8
Leichter Stahlneuschrott, frei von Beschichtungen, Cu, Sn, Pb, losen Bändern
Stärke: <3 mm <0,5 × 5m
>0,4
<0,3
Neuschrott
E6
Leichter Stahlneuschrott unter 3 mm Stärke, verdichtet oder Pakete, frei von Beschichtungen an Cu, Sn, Pb
>1
<0,3
Shredderschrott
E4
Stahlaltschrott in Stücke zerkleinert (<200 mm), frei von Nässe, Guss, Weißblech, Cu, Sn, Pb
>0,9
<0,4
Stahlspäne
E5H
Homogene Lose von C-Stahlspänen, frei von Verunreinigungen, NE-Metallen, Zunder, Schleifstaub
Stahlspäne
E5M
Gemischte Lose von C-Stahlspänen, frei von Verunreinigungen, NE-Metallen, Zunder, Schleifstaub
Leicht legierter Schrott
EHRB
Alter u. neuer Stahlschrott, vor allem Betonschrott und Stabstahl, frei von höheren Anteilen Schutt, frei von Cu, Sn, Pb
max. 1,5 × 0,5 × 0,5 m
>0,5
<1,5
Schrott mit hohem Reststoffanteil
EHRM
Alte und neue Maschinenteile, kein Guss, frei von Cu, Sn, Pb, Bronze
max. 1,5 × 0,5 × 0,5 m
>0 6
<0,7
Schrott aus Müllverbrennung, geshreddert
E46
Geshredderter Schrott (<200 mm) aus Müllverbrennung, magnetisch sortiert, z. T. Weißblechdosen, frei von Nässe, Rost, Cu, Sn, Pb
>0,8
Fe-Gehalt >92 %
5
5
91
5.2 • Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
. Tab. 5.7 Angestrebte Analysenwerte zur Stahlschrottsortenliste Kategorie
Sorten-Nr.
Cr+Ni+Mo %
Cu %
Sn %
Altschrott
E3
<0,25
<0,25
<0,01
E1
<0,30
<0,40
<0,02
Neuschrott mit niedrigem Gehalt an Begleitelementen, frei von Beschichtung
E2
<0,30
E8
<0,30
E6
<0,30
Shredderschrott
E40
Stahlspäne
E5H
<0,25
<0,02
E5M
<1,0
<0,40
<0,03
Leicht legierter Schrott
EHRB
<0,35
<0,45
<0,03
Schrott mit hohem Reststoffanteil
EHRM
<1,0
<0,40
<0,03
Geshredderter Schrott aus Müllverbrennung
E46
<0,50
<0,07
sortierung von schädlichen Beimengungen (Cu), 5 Abtrennung organischer Stoffe (Kunststoffe, Textilien), Glas und mineralischer Stoffe durch Windsichten (Anfall einer Shredderleichtfraktion, SLF), 5 Gewinnung der Eisenwerkstoffe durch Magnetsortierung und evtl. zusätzliche Abtrennung von Störstoffen (Cu, Messing, Pb) durch manuelle oder sensorgestützte Sortierung.
5.2.5
Verwertung eisenhaltiger Abfälle (Eisenverbindungen)
Bei der Stahlproduktion aus Schrotten und Roheisen fallen die oben beschriebenen Stahlwerkstäube bzw. -schlämme an, die erhebliche Gehalte an metallischem und oxidischem Eisen enthalten. Den zinkreichen EAF-Dust führt man auf Grund des hohen Zn-Gehaltes dem Zinkrecycling zu (7 Abschn. 5.6.4).
z
S %
<0,10
Zinkarme Stahlwerkstäube
Die zinkarmen Stahlwerkstäube und -schlämme des Konverterprozesses, die z. T. als Sonderabfall zu deponieren waren, werden seit 2004 bei ThyssenKrupp Stahl, Duisburg, erstmals zu Roheisen für die eigene Stahlerzeugung recycelt [33]. Das konnte durch die Entwicklung eines besonderen Agglomerationsverfahrens für das feindisperse Material realisiert werden. Die Kompaktierung der Stäube zu sog. Agglomeratsteinen ist unerlässlich, da der angewandte Reduktionsprozess im Schachtofen eine gasdurchlässige Feststoffschüttung, eine gewisse Druckfestigkeit dieser Schüttung von 10 m Höhe und geringe Verstäubung des Materials beim Gasdurchgang erfordert. Dabei muss aber auch eine bestimmte Restporosität der Agglomeratsteine für die Gas-Feststoff-Reaktionen gewährleistet sein. Zusammen mit den Stahlwerkstäuben sind auch andere Eisenabfälle (Hochofengichtstaub, Walzzunder, Schlacken) einsetzbar. Diese Abfälle mit hohem Eisengehalt werden mit dem Reduktionsmittel Koksgrus, mineralischen Bindemitteln und Wasser intensiv gemischt, auf einer Rüttelpresse verdichtet, zu Steinen geformt und dann durch Auslagerung verfestigt. Die Schachtofen-
92
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Eisenhaltige Abfälle
Koksgrus
Kalk
. Abb. 5.7 DK-Verfahren der Verarbeitung eisenhaltiger Abfälle [34].
Koks Abgas Wärmetauscher
Luft
Entstaubung
5 Sinterband
Hochofen
Heißwind
Legierungszusätze
Schlacke Induktionsofen Spezialroheisen
beschickung besteht aus 70 % Agglomeratsteinen und 30 % eisenoxidhaltiger Schlacke. Die erforderlichen Reduktions- und Schmelztemperaturen erreicht man durch Teilverbrennung des Kokses mit sauerstoffangereichertem Heißwind. In den Steinen verläuft neben der Koksverbrennung die Eisenoxidreduktion durch den beigemischten Koks und CO zunächst zu Eisenschwamm, das nachfolgend zu Roheisen aufschmilzt. Weitere verwertbare Produkte sind ein zinkreicher Schachtofenstaub, eine Schlacke, die für den Wasserbau zertifiziert ist, und ein CO-haltiges Gichtgas. z
Eisenoxide
Eine langjährig bewährte Technologie zur Verarbeitung eisenoxidhaltiger Abfälle ist das DKVerfahren (DK Recycling und Roheisen GmbH, Duisburg) [34]. Es besteht aus fünf Prozessstufen (. Abb. 5.7):
Gichtgasschlamm (ca. 50 % Zn, 5 % Pb)
1. Mischen der eisenhaltigen Abfälle mit Koksgrus zur Sintermischung, 2. Agglomerieren der Mischung auf dem Sinterband, 3. Reduktionsschmelzen des Sinters mit Kalk und Koks im Hochofen zu Roheisen, 4. Legierungseinstellung des Roheisens im Induktionsofen, 5. Gichtgasentstaubung und Nutzung des COGehaltes zur Heißwinderzeugung. Nach diesem Verfahren sind sehr unterschiedliche eisenhaltige Abfälle zu verarbeiten (Walzzunder, Filterstäube, grober und feiner Konverterstaub, Abbrände der Eisenkiesröstung, Fällschlämme etc.), die auch Gehalte an Zn und Pb aufweisen können. Alkalianteile sind limitiert. Der Eisengehalt soll möglichst hoch sein (30…100 %), um die Entsorgungskosten zu minimieren. Hohe Verarbei-
5.2 • Recycling von Eisenwerkstoffen und eisenhaltigen Abfällen
tungskosten entstehen durch die aufwendige Vorbereitung der Abfälle (Bemusterung, Mischung, Sintern) und die Verwendung von teurem Hochofenkoks sowie dem zusätzlichen Induktionsofen. Dieser Induktionsofen gestattet es aber, bei den stark schwankenden Einsatzstoffen nach genauer Schnellanalytik des primären flüssigen Roheisens durch Legierungszusätze und Sekundärbehandlung ein Qualitätsprodukt nach Kundenwunsch zu erzeugen. Das Spezialroheisen wird zu Masseln vergossen und vorwiegend zur Verwendung als Gusseisen vermarktet. Für Elektroofenstäube vom Erschmelzen hochlegierter Stähle mit wertvollen Gehalten an z. B. 4 % Ni und 10 % Cr steht ebenfalls ein Schachtofenverfahren zur Verfügung, bei dem eine Mischung der Elektroofenstäube mit dem Brenngas über einen Plasmagenerator in den Schachtofen eingedüst werden (Plasmadustverfahren) [34]. z
Verschiedene Eisenverbindungen
In unterschiedlichen Produktionsprozessen fallen Eisenverbindungen an, z. B. als Fe2O3-Rückstände der Schwefelsäuregewinnung und der Al2O3-Erzeugung (Rotschlamm beim Bayer-Prozess), als Eisenchlorid oder Eisensulfat aus Beizprozessen und der Titanoxidherstellung oder als FeO-Schlacken und in anderer Form. Die Verwertung dieser eisenhaltigen Abfälle (Eisenverbindungen) zu Eisenwerkstoffen ist sehr problematisch und wie oben beim DK-Verfahren beschrieben mit hohen Aufwendungen verbunden. Insbesondere sind hohe Gehalte an Halogenen und Schwefel bei den Salzen sowie die beträchtlichen Restalkalien im Rotschlamm und immer auch höhere NE-Metall-Gehalte technologisch auch im DK-Hochofen schwer oder nicht zu beherrschen. Die als Abfälle auftretenden FeO-Schlacken haben nicht die erforderlich hohen Eisenoxidgehalte. Als Verwertungsmöglichkeit verbleibt deshalb der Einsatz dieser Abfälle als Eisenverbindungen (z. B. Eisenoxidzusatz bei der Zementherstellung, Verarbeitung zu Eisenoxidpigmenten) oder die Verwendung als Baustoff. Im Rahmen dieses Buches soll zu diesen Verwertungsvarianten als Eisenverbindungen nur ein kurzer Einblick gegeben werden.
93
5
Eisenoxidzuschläge bei der Zementherstellung Die verschiedenen Zementsorten enthalten neben den Hauptbestandteilen CaO und SiO2 sowie Al2O3 auch Gehalte von 1…6 % Fe2O3, die durch Eisenoxidzuschläge bei der Rohstoffvermahlung genau eingestellt werden. Eisenoxidschlacken als Baustoffe Bei der Verarbeitung von Kupferkonzentraten und Kupferschrotten entstehen FeO-Silikatschlacken, die als künstliches Gestein im Wasserbau Verwendung finden. Andere FeO-Schlacken sind im Straßenbau einsetzbar. Verarbeitung von Eisensalzen zu Eisenoxidpigmenten Pigmente aus Eisenoxiden bzw. Eisenhydro-
xiden ermöglichen eine breite Farbskala von Gelb über Braun bis Rot und Schwarz. Sie sind nicht toxisch und in großer Tonnage in Anwendung. Solche Pigmente lassen sich z. B. aus FeCl3-Lösungen durch Alkalihydroxide ausfällen (gelbes α-FeOOH) und auch durch Glühen weiter in rotes Fe2O3 oder schwarzes Fe3O4 umwandeln. Die Grundlagen chemischer Fällverfahren sind in 7 Abschn. 4.2.2 (»Kristallisation«) ausführlich beschrieben. FeCl3Lösungen erhält man durch Oxidation von salzsauren Stahlbeizen (FeCl2). Eisensulfatabfälle (Titanoxidherstellung, schwefelsaure Beizlösungen) kann man direkt durch Kalzinieren zu Eisenoxidpigmenten verarbeiten. Das Eisenoxid Fe2O3 erhält man auch unmittelbar bei der Regenerierung salzsaurer Stahlbeizen durch thermische Spaltung nach verschiedenen technischen Verfahren (Sprühröstverfahren nach Ruthner; Wirbelschichtverfahren der Lurgi). Beim Sprühröstverfahren (. Abb. 5.8) wird die verbrauchte Beize (Mischung aus HCl und FeCl2) in einem Waschrekuperator durch die Reaktorabgase vorgewärmt und danach im Reaktor im Gegenstrom zu den Heizgasen versprüht. Bei Temperaturen von ca. 800 °C erfolgt die Pyrohydrolyse nach folgender Reaktion: 4 FeCl2 + 4 H2 O + O2 → 2 Fe2 O3 + 8 HCl
Im Absorber erhält man aus dem gebildeten HClGas und dem aus dem Vorlauf verdampften HCl durch Wasserabsorption zusätzlich eine wertvolle
94
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Sprühröstreaktor
Zyklon
Waschrekuperator
Absorber Wasser
5
. Abb. 5.8 Regenerierung salzsaurer Stahlbeizen nach dem Sprühröstverfahren von Ruthner.
Heizgas
Fe2O3
Verbrauchte Beizsäure
regenerierte Säure mit einer HCl-Konzentration von ca. 20 %. Verarbeitung schwefelsaurer Eisenbeizen zu Wasserreinigungsreagenzien Die verbrauchten Beizen
(Mischung aus FeSO4 und H2SO4) regeneriert man durch Auskristallisation von Eisensulfaten mittels Verdampfung und Kühlung. Dabei erhält man je nach Kristallisationstemperatur das Heptahydrat (FeSO4 · 7 H2O) oder das Monohydrat (FeSO4 · H2O). Beide Salze sind in der Frischwasser- und Abwasserreinigung als Flockungsmittel im Einsatz. Die Grundlagen von Kristallisationsverfahren sind in 7 Abschn. 4.2.2 (»Kristallisation«) beschrieben.
5.3
Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen sowie von Magnesiumwerkstoffen
Die Al-Werkstoffe sind nach dem Stahl zu den zweitwichtigsten Werkstoffen aufgestiegen und bereits heute wird in der BRD etwa die Hälfte des Aluminiums aus Schrotten produziert. Dabei gestaltet sich das Recycling von Al-Schrotten durchaus kompliziert, da das Aluminium zu den unedleren Metallen (z. B. hohe Sauerstoffaffinität) gehört und deshalb eine Raffination durch selektive Oxidation von den überwiegend edleren Verunrei-
Regenerierte Säure
nigungen bzw. eine Abtrennung von Legierungselementen nicht möglich ist. Es bestehen deshalb nur beschränkte Reinigungsmöglichkeiten von AlSchmelzen durch physikalische und chemisch-reaktive Verfahren. Aus diesen Gründen sind Kenntnisse über die Legierungszusammensetzungen der Schrotte sowie deren Verunreinigungen für den Verarbeitungsprozess wichtig und der Schrottaufbereitung zur Abtrennung von Verunreinigungen kommt eine große Bedeutung zu. Al-haltige Abfälle stammen ausschließlich aus der Herstellung der Werkstoffe und Halbzeuge sowie aus der Schrottverarbeitung. Dabei kann nur der Inhalt an metallischem Aluminium recycelt werden. Die Al-Gehalte in oxidischer Bindungsform sind prinzipiell nicht als Metall regenerierbar. Zum Aluminiumrecycling liegt eine umfangreiche Monographie vor [35]. Die Recyclingeigenschaften der Mg-Werkstoffe entsprechen weitgehend denen von Al-Werkstoffen und werden deshalb hier mit behandelt.
5.3.1
Zusammensetzung von Aluminiumwerkstoffen, Schrotten und aluminiumhaltigen Abfällen
Aluminiumwerkstoffe [31] [35] Unlegiertes Aluminium wird in Hüttenaluminiumqualität (99,0…99,9 %) in der Elektrotechnik und
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
für Folien eingesetzt. Für Spezialzwecke ist die Qualität Reinstaluminium (99,98 %) verfügbar. Die Aluminiumlegierungen unterteilt man in die Gusslegierungen, die höhere Gehalte an Si, Cu, Mg und Zn aufweisen, und die Knetlegierungen mit den geringeren Gehalten an Mn, Mg, Si, Li, Cu und Zn. Nach der Europäischen Norm (EN) kann die Legierungsbezeichnung sowohl durch eine Werkstoffnummer als auch wie bisher üblich durch chemische Symbole erfolgen. Außerdem wird ein Zahlencode für Aluminium (A), für Blockmetall (B), für Gussstücke (C), für Vorlegierungen (M) und für Knetlegierungen/Halbzeug (W) verwendet. Beispiel einer Knetlegierung: EN AW-3104 entspricht EN AW-AlMn1Mg1Cu. Bei Gusslegierungen verwendet man die noch nicht umgestellten bisherigen Bezeichnungen wie G-AlSi10 Mg (G steht für Guss) [31]. Gerade für den Schrotthandel und die Schrottverarbeitung müssen alle Bezeichnungsformen bekannt sein. z
Gusslegierungen
AlMg-Gusslegierungen enthalten bis 10,5 % Mg und ca. 1 % Si (Haushaltsgeräte, Bauwesen). Al-SiGusslegierungen sind mit bis zu 13,5 % Si legiert. Als ternäre Legierungen betragen die Si-Gehalte 7…10 % sowie zusätzlich 1…4 % Cu, ca. 0,5 % Mg und bis 1,3 % Fe. Sie finden vor allem für Motorblöcke, Getriebegehäuse und Pumpengehäuse Anwendung und sind in dieser Form ein hochwertiger Kompaktschrott. Als Kolbenlegierung sind Legierungen mit etwa 11…23 % Si, 1…3 % Cu, 1…2 % Ni und 1 % Mg in Verwendung. AlZn-Legierungen enthalten z. B. 4,5…6 % Zn bei 0,4…0,7 % Mg. Partikel- oder faserverstärkte Werkstoffe (Metal Matrix Composite, MMC) sind eine Spezialität vor allem bei Gusslegierungen. Dabei werden zur Festigkeitserhöhung 15…25 % an Partikeln (SiC, Al2O3, …) oder Fasern (C, Al2O3, …) zugegeben, was zu erheblichen Problemen beim Recycling führt. z
Knetlegierungen
Man verwendet die Legierungsgruppe AlCuMg (z. B. EN AW-AlCu4Mg1), die auch mit Mn, Li oder Ni legiert sein kann (z. B. EN AW-AlCu2 Li2Mg1,5), sowie die Legierungsgruppe AlMg (z. B. EN AW-AlMg3), die Legierungsgruppe Al-
95
5
SiMg (z. B. EN AW-AlSi1Mg0,5Mn) und die Gruppe AlZnMgCu (z. B. EN AW-AlZn6MgCu). Die Legierungsgruppe AlLi (z. B. AlLi4Cu4; AlLi4Mg8; AlLi2,5Mg4) verdient eine Hervorhebung, da das Legierungsmetall Li beim Recycling besondere Beachtung erfordert wegen des hohen Li-Wertes und der relativen Unverträglichkeit in anderen Al-Legierungen [44]. Die Knetlegierungen sind vor allem als Halbzeuge (Bleche, Profile, Rohre im Fahrzeug-, Flugzeug- und Maschinenbau sowie in der Bauindustrie), aber auch als Schmiedestücke in Anwendung.Neben den angegebenen Legierungsgehalten sind für die Schrottverarbeitung die weiteren zulässigen metallischen Beimengungen von entscheidender Bedeutung, da das Einbringen solcher Beimengungen wie Cu, Fe, Zn, Mg, Pb etc. durch die verschieden legierten Werkstoffe und durch beigemengte Verunreinigungen (Fe-, Cuoder Zn-Schrotte) nicht zu vermeiden ist. Beispielhaft werden einige zulässige Beimengungen für AlGusslegierungen genannt: 5 G-AlSi7Mg: 0,55 % Fe; 0,20 % Cu; 0,15 % Zn; 0,15 % Ni; 0,35 % Mn; 0,15 % Pb; 5 G-AlSi11: 0,19 % Fe; 0,05 % Cu; 0,45 % Mg; 0,10 % Mn; 0,07 % Zn.
Aluminiumschrotte Produktionsabfälle in Gießereien und Halbzeugbetrieben fallen sehr rein und als definierte Legierungen an. Diese Neuschrotte verarbeiten die eigenen Unternehmen ohne Vorbehandlung in ihren Einschmelzöfen, und dieser betriebsinterne Kreislaufschrott erscheint nicht in den Schrottbilanzen. Die Neuschrotte der Metallverarbeitung (Stanzabfälle, Schnittreste) dagegen werden speziellen Umschmelzwerken zugeführt. Die in dieser Verarbeitungsstufe anfallenden Späne sind im Prinzip ebenfalls Neuschrotte, aber mit Kühlschmierstoffen (Öl-Wasser-Emulsion) stark verunreinigt. Bei mangelhafter Spänesammlung können auch andere Metallspäne (Fe-Späne) untergemischt sein. Die große Oberfläche der Späne verursacht oft auch einen geringen Oxidgehalt, der besonders beim Einschmelzprozess zunimmt. Die Späne müssen zunächst entölt werden und sind danach meist wie verunreinigte Altschrotte zu verarbeiten. Der Massenanfall hochwertiger Späne hat in der Flugzeugindustrie durch Einführung der »Integralbauweise«
96
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
enorm zugenommen. Bei dieser Technologie können vom Rohbauteil 97,6…99 % als Späne anfallen (nach EADS Deutschland GmbH, 2006). Die Altschrotte sind an den Sammelstellen häufig vorsortiert in Gussschrott und Knetlegierungen, wobei auch Verunreinigungen (Eisenwerkstoffe, Kupfer) abgetrennt sind. Eine spezielle Sorte ist Shredderschrott, der nach der Zerkleinerung bereits einen Sortierprozess durchlaufen hat. Der Altschrott aus Hausmüll enthält Al-Verpackungen (Dosen, Deckel, Tuben, Assietten) und Al-Werkstoffverbunde. Neben den beigemengten Verunreinigungen spielen festhaftende Beschichtungen (Lackierung, Aufdruck, Pigmente, Kunststoffe) eine Rolle. Schließlich sind die Abmessungen der Schrotte von Bedeutung, die einerseits die Ofenbeschickung gewährleisten müssen und andererseits nicht zu feinteilig sein sollten. Die Feinteiligkeit und damit die große Oberfläche der Stücke spielt beim Aluminium eine besondere Rolle. Solche feinteilige Materialien (Späne, Folien) erfahren beim Einschmelzen an der gesamten Oberfläche eine Oxidation und diese Oxidhaut blockiert das Zusammenfließen der Schmelztröpfchen. Dadurch entstehen geringe Schmelzausbeuten. Wegen der Schwierigkeiten bei der Reinigung von Al-Schmelzen und der Unmöglichkeit der Reduktion des oxidierten Al-Anteils kommt den Schrottqualitäten eine große Bedeutung zu. Es haben sich deshalb zwischen dem Schrotthandel und den Schmelzhütten spezielle Übereinkünfte (Handelsusancen) und eine Schrottklassifizierung herausgebildet. Die Schrottklassifizierung umfasst gegenwärtig 22 Al-Schrottsorten besonders nach Stückgrößen und Verunreinigungen. In der Monographie »Aluminium-Recycling« [35] sind dazu Beispiele angeführt. Bei den einzelnen Sorten werden Vorgaben zur Legierung, zu den Abmessungen, zum Feinanteil, zum Fe-Gehalt, zum Ölgehalt, zur Lackierung usw. gemacht. Außerdem liegt ein Entwurf einer Europäischen Aluminiumschrottnorm vor. Darin werden auch Vorgaben für die Bewertung und Bemusterung von Schrottlosen gemacht. Die Bemusterung besteht zunächst aus der Probenahme, d. h. der Gewinnung einer repräsentativen Teilmenge. Die übliche Teilmenge (Muster) ist 20 kg, die bei erkennbaren starken Inhomogenitäten bis auf 100 kg erhöht werden muss. In diesem Muster werden die
Feuchtigkeit und der Ölgehalt durch Trocknung bei 110 bzw. 360 °C bestimmt sowie das magnetische Eisen und evtl. auch unmagnetische Stähle (Wirbelstromverfahren) abgetrennt. Danach erfolgt ein Probeschmelzen des vorbereiteten Schrottmusters unter praxisnahen Bedingungen (Temperatur 800 °C; Zugabe von Schmelzsalz). Man ermittelt die Schmelzausbeute an Metall und führt eine chemische Analyse des Metalls durch. Die Ergebnisse des Probeschmelzens und der Metallanalyse dienen zunächst der Überprüfung bzw. Korrektur des Einkaufvertrages (Ausbeute, Qualität, Abzüge, Preis) und sind weiterhin die Basis für die betriebliche Berechnung der Gattierung.
Aluminiumhaltige Abfälle Für das Recycling von Al-Metall sind nur Abfälle nutzbar, die Aluminium in metallischer Form enthalten. Solche Abfälle entstehen beim Schmelzen und Erstarren von Aluminium und Al-Legierungen infolge der erhöhten Sauerstoffaffinität des flüssigen Metalls in Form von Krätzen (Skimmings). Auch alle festen Al-Metalloberflächen sind bereits mit einer sehr dünnen, dichten, durchsichtigen Oxidschicht bedeckt, die für die Korrosionsbeständigkeit des Al-Metalls verantwortlich ist. Diese Oxidschicht kann durch anodische Oxidation (Eloxieren) verstärkt werden (und ist zusätzlich einzufärben). Diese gezielt erzeugten Oxidschichten bilden auch einen geringen Teil der Krätzen. Die Hauptmenge der Krätzen entsteht an der Oberfläche des Metallbades und besteht aus einem inhomogenen Gemisch von Aluminiumoxid mit etwa 40…80 % Al-Metalltröpfchen (sowie geringe Gehalte an Aluminaten, Al-nitrid, Spinellen und evtl. Chloriden/Fluoriden). Die Anfallstellen sind z. B. Vergießen von Primäraluminium, Stranggießen in Halbzeugwerken, Legieren, Reinigen der Schmelzen, Umschmelzen, Formgießereien und vor allem Einschmelzen von Schrotten. Die Krätzen schwimmen auf der Al-Schmelze und werden von der Oberfläche abgezogen oder mit kleinen Wehren zurückgehalten. Wichtig ist eine schnelle Abkühlung der Krätzen, um die fortschreitende Oxidation der Al-Tröpfchen zu stoppen. Krätzen reagieren auch nach dem Abkühlen mit Feuchtigkeit unter weiterer Oxidbildung und z. T. unter Bildung von gefährlichen Gasen (Wasserstoff, Ammoniak). Die
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
Lagerung von Krätzen muss deshalb in geschlossenen, trockenen Räumen mit ausreichend Belüftung erfolgen. Eine zweite Abfallsorte des Schrottschmelzens sind die verbrauchten Schmelzsalze, die nur geringe Gehalte an Al-Metall aufweisen, und die Filterstäube aus der Abgasbehandlung der Schmelzöfen. Eine vollständig andere Art von Abfällen sind Al-Salzlösungen, die insbesondere beim Ätzen und Eloxieren von Al-Halbzeug und Fertigwaren anfallen (siehe dazu die Ausführungen in 7 Abschn. 5.3.5).
5.3.2
Grundlegende Eigenschaften von Aluminiumschmelzen und Möglichkeiten ihrer Behandlung
Das Recycling von Al-Schrotten erfolgt ausschließlich schmelzmetallurgisch. Die Beschreibung der eingesetzten Technologien und der entwickelten Apparatetechnik sowie die Notwendigkeit spezieller Schrottaufbereitung setzen grundlegende Kenntnisse über das Verhalten von Al-Schmelzen voraus.
Verhalten von Al-Schmelzen gegen Feststoffe Reines Aluminium hat eine Schmelztemperatur von 660 °C und dabei eine Dichte von 2,9 kg/dm3. Die Erzeugung von Al-Schmelzen und deren Behandlung und Legierung erfolgen technisch im Temperaturbereich zwischen 700 und 900 °C. Im geschmolzenen Aluminium sind bei diesen Temperaturen die meisten Metalle mit höheren Konzentrationen löslich. Sehr viele Metalle bilden mit Al-Schmelzen intermetallische Verbindungen wie Al2Cu (siehe die Legierungssysteme in der Fachliteratur). Es besteht also die erhebliche Gefahr, dass sich metallische Verunreinigungen von Schrotten im aufgeschmolzenen Aluminium bzw. der AlLegierung auflösen. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer dem Schmelzen vorgeschalteten weitgehenden Abtrennung metallischer Verunreinigungen durch Sortierprozesse (7 Abschn. 5.3.3, »Aufbereitungsverfahren für Aluminiumschrotte«). Die nach den Sortierprozessen verbleibenden Restinhalte an Fremdmetallen (z. B. Fe, Cu) liegen dann beim Schmelzen als getrennte Partikel oder
97
5
mechanisch verbundene Teile am Al oder der AlLegierung vor und sie besitzen meist eine höhere Dichte und höhere Schmelztemperatur als das Al oder die Legierung. Das heißt, die verunreinigenden Fremdmetalle werden nicht gemeinsam mit dem Al schmelzen und sich nicht sofort in einer Al-Schmelze lösen. Entscheidend dafür ist die Auflösekinetik, die von der Temperatur im Schmelzapparat und der spezifischen Oberfläche der festen Fremdmetallpartikel wesentlich bestimmt wird. Auf Grund der wesentlich höheren Schmelztemperatur von Eisenwerkstoffen gegenüber Aluminium und der Auflösekinetik des Fe ist es technisch möglich, aus kompakten Al-Fe-Mischschrotten (z. B. Motorenschrott) die Al-Legierung auszuschmelzen und einen festen Eisenschrottrückstand abzutrennen. Diese Abschmelzmethode wurde in der Vergangenheit häufig angewandt, aber heute durch effektive Sortierprozesse verdrängt. Neben diesem Verhalten zu Fremdmetallen sind die Reaktionen mit anderen festen Verunreinigungen (organische Stoffe und Kunststoffe, keramische Materialien, Pigmente) von Bedeutung. Kunststoffe und organische Stoffe verbrennen nur teilweise beim Aufschmelzen des Schrottes. Es kommt in großem Umfang zum Verschwelen (Pyrolyse), wobei der entstehende Kohlenstoff eine Bildung von Al-Karbid bewirken kann. Restgehalte an feinkörnigen keramischen Materialien können von Al-Schmelzen reduziert werden unter Bildung von Al-oxid und Auflösung des reduzierten Metalls/Halbmetalls in der Al-Schmelze. Reaktionsbeispiel: 3 SiO2 + 4 Al → 3 Si + 2 Al2 O3
Aus dem Richardson-Diagramm (. Abb. 5.2) kann man die thermochemischen Reduktionsmöglichkeiten des Aluminiums ablesen. Danach sind nur die Oxide CaO und MgO gegenüber Al-Schmelzen bei etwa 750 °C beständig. Kompakte keramische Werkstoffe sind aber für die feuerfesten Ausmauerungen der Schmelzöfen unverzichtbar. Zu deren Oxidzusammensetzung und Korrosionsbeständigkeit sind die erforderlichen Angaben bei den Schmelzapparaten zu finden. Die Pigmente (TiO2, ZnO, Pb3O4, Fe2O3, Cr2O3 u. a.) in den Lackschichten von Schrotten können ebenfalls die Al-Schmel-
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5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
ze verunreinigen und bei mehrfachem Kreislauf die geringen zulässigen Grenzgehalte in Knetlegierungen gefährden. Das setzt aber eine mögliche Reduktion der oxidischen Pigmente voraus. Diese Reduktion ist nach den thermochemischen Daten in . Abb. 5.2 realistisch. Experimentelle Untersuchungen zeigten aber, dass auch nach einer Reduktion dieser Oxide praktisch nur die niedrig schmelzenden Metalle Pb, Zn und Sb in die Al-Schmelze übergehen, während die hochschmelzenden Metalle als feste Partikel in der Krätze oder in der Salzschmelze aufgenommen werden [36].
Verhalten von Aluminiumschmelzen gegen Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff [35] Sauerstoff und Stickstoff sind im flüssigen Aluminium praktisch unlöslich. Infolge einer hohen Affinität des Al zu Sauerstoff und einer geringen Affinität zu Stickstoff bilden sich aber auf flüssigen wie auf festen Al-Oberflächen-Schichten aus vorwiegend Al-oxid und z. T. Al-nitrid aus. Diese Schichten sind dicht und schützen das Metall vor weiterer Reaktion mit diesen Gasen. Die Oxidation von flüssigen Al-Oberflächen kann auch durch H2O, CO2 und Fremdoxide erfolgen, d. h. durch feuchte Luft, Verbrennungsgase und z. B. Eisenoxid. Die Oxidationsgeschwindigkeit von flüssigem Aluminium nimmt mit steigender Temperatur zu (ab 780 °C stark). Die Legierungselemente beeinflussen die Oxidation und die Zusammensetzung der Oxidschicht erheblich. Für das Schrottschmelzen ist der Hinweis wichtig, dass Mg-Gehalte selektiv bevorzugt oxidieren (Mg-Verluste) und die Al-Oxidation verstärken, während hohe Si-Gehalte die Al-Oxidation bremsen. Die Oxidbildung aus Al-Metall ist ein unwiederbringlicher Metallverlust beim Recycling und überhaupt bei allen Al-Verarbeitungsprozessen (Schmelzen, Gießen), da das Al-oxid bei den Schmelzverfahren und aus den verschiedenen Abfällen nicht wieder reduziert werden kann. Die Reduktion von Al-oxid ist wirtschaftlich nur durch Schmelzflusselektrolyse von reinem Al2O3 zu realisieren. Wasserstoff ist in Al-Schmelzen merklich löslich, aber er reagiert nicht mit Aluminium. Die Löslichkeit steigt mit der Temperatur und dem Wasserstoffpartialdruck (Gehalt bei 660 °C und 1 bar H2
ist 0,43 cm3 H2/100g Al). Wegen der sprunghaft geringeren Wasserstofflöslichkeit im festen Zustand wird Wasserstoff beim Erstarren von Aluminium frei und ist verantwortlich für die Blasen- und Porenbildung in Al-Werkstoffen (Materialdefekte). Bei den hohen Erstarrungsgeschwindigkeiten des Stranggusses kann die Ausscheidung des Wasserstoffs beim Erstarren zunächst unterdrückt sein. Der Wasserstoff wird aber dann in den nachfolgenden Bearbeitungsstufen (Glühen) unter Bildung von Glühblasen und Korngrenzenporosität freigesetzt. Die Hauptursache für die Wasserstoffaufnahme ist die Anwesenheit von Wasserdampf, der mit Al-Schmelzen atomaren Wasserstoff bildet, welcher rasch in der Al-Schmelze aufgelöst wird. Das Reduktionsmittel Aluminium wird dabei zu Oxid umgewandelt. Wasserdampfreaktion: 2 Al + 3 H2 O → Al2 O3 + 3 H2
Quellen für Feuchtigkeit und Wasserdampf beim Schmelzen sind die Umgebungsluft, die Ofenatmosphäre, Verbrennungsgase, feuchte und oxidierte Schrotte, feuchte Schmelzsalze, neue Ofenausmauerungen, unzureichend getrocknete Gießrinnen, Pfannen und Werkzeuge. Dabei ist besonders auf den Feuchtigkeitsgehalt der porösen Oxidschichten auf den Schrotten hinzuweisen, der bei kleinstückigem Material (Späne) wegen des ungünstigen Verhältnisses Volumen/Oberfläche erheblich sein kann. Unzureichend getrocknete Gießrinnen, Werkzeuge usw. sind auch aus Arbeitsschutzgründen unbedingt zu vermeiden, da durch Wasserdampfblasen flüssiges Metall gefährlich verspritzt.
Anwendung von Schmelzsalzen Die gravierenden negativen Auswirkungen der hohen Sauerstoffaffinität der Al-Schmelzen und der bereits vorhandenen Oxidschichten der Schrotte auf den Schmelzprozess und die Schmelzausbeute haben zur Anwendung von Schmelzsalzen geführt. Diese Salzgemische entfalten im geschmolzenen Zustand mehrere positive Wirkungen: 5 Aufbrechen und Ablösen der vorliegenden Oxidschicht und deren Auflösung im Schmelzsalz,
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
5 Koagulation von Metalltröpfchen infolge Ablösung der Oxidschicht, 5 Abdeckung der Al-Metallschmelze mit der Salzschmelze und damit Realisierung einer Schutzschicht gegen oxidierende Gase, 5 Auflösung oder Suspendieren von verschiedenen Verunreinigungen. Der Ablösemechanismus der Oxidschicht von den Metalltröpfchen ist dabei wesentlich durch die Oberflächenspannungen von Aluminium und Salzgemisch und die Benetzungseigenschaften des Salzgemisches gegeben. Um die genannten Wirkungen zu erfüllen, muss eine Salzschmelze offensichtlich folgende Eigenschaften aufweisen: 5 Schmelzbereich von 660 …700 °C (AlSchmelzpunkt!), 5 Gewährleistung einer schwimmenden Deckschicht, d. h. eine Salzdichte <1,8 g/cm3 (deutlich geringer als flüssiges Aluminium), 5 geringe Viskosität, 5 optimale Grenzflächenspannung gegen AlOxid und Al-Schmelze, 5 keine chemische Reaktion mit der Al-Schmelze und der Ofenausmauerung, 5 thermische Stabilität und geringer Dampfdruck, 5 hohes Lösevermögen für Al-Oxid, Al-Nitrid u. a. Verunreinigungen. Diese vielseitigen Anforderungen können Salzgemische aus NaCl und KCl mit geringen Gehalten an Fluoriden erfüllen (65…75 % NaCl, 25…30 % KCl, 2…5 % CaF2 oder bis 5 % Kryolith (Na3AlF6) bzw. Alkalifluorid). Für das Umschmelzen von AlLiKnetlegierungen sind diese Salzmischungen aber nicht optimal, da das wertvolle Li vollständig chloriert wird und als LiCl in die Salzschlacke übergeht. Deshalb schlagen Arnold et al. [44] als Schmelzsalz reines LiCl vor, das nach Lösen und Umkristallisation verlustarm im Kreislauf geführt werden kann. Das heißt, die wertvollen Neuschrotte von AlLi-Knetlegierungen erfordern eine getrennte Verarbeitung und übrigens auch eine getrennte Lagerung wegen der möglichen Wasserstoffbildung bei Kontakt mit Feuchtigkeit. Wegen der hohen Konzentration an Chloriden und daneben gewissen Mengen organischer Stoffe in verunreinigten
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5
Al-Schrotten besteht die Gefahr der Bildung von Dioxinen.
Spülgasbehandlung mit inerten und reaktiven Gasen Unter Spülgasbehandlung versteht man das Einblasen von Gasen in die Al-Schmelze. Das Einblasen der inerten Gase Argon und Stickstoff verwendet man zur Entfernung des gelösten Wasserstoffs. Dabei diffundiert der gelöste Wasserstoff aus der Schmelze in die Gasblase und wird mit dieser ausgetragen. Diese Blasenentgasung erfolgt nur dann mit ausreichender Geschwindigkeit, wenn durch den Rühreffekt der Gasblasen oder eines Rührers der konvektive Stofftransport des Wasserstoffs zur Phasengrenze Schmelze-Blase und eine optimale Blasengröße gewährleistet sind. Als reaktives Gas wird Chlor verwendet und zwar als Chlor-ArgonGemisch mit bis zu 15 % Chlor. Damit können auf Grund der negativeren freien Reaktionsenthalpien gegenüber Aluminium bei 700…800 °C die gelösten Metalle Sr, Na, Ca, Li und Mg in Chloride umgewandelt und in die Krätze überführt werden. In den Abgasen sind Reste an Chlor und HCl enthalten. Fluorhaltige Spülgase könnten noch effektiver reinigen. Sie werden aber aus Gründen der Korrosion und Toxizität nicht eingesetzt. Durch die Spülgasbehandlung erfolgt parallel auch eine Verminderung des Gehaltes an feindispergierten Feststoffen durch die Flotationswirkung der Gasblasen. An die Spülgasbehandlung schließt sich als wichtiger Reinigungsschritt immer eine definierte Abstehzeit an, die für das vollständige Aufsteigen der Gasblasen und das Aufschwimmen der Krätzepartikel unverzichtbar ist. Erst danach erfolgt das Abkrätzen der Schmelze. Eine Entfernung feiner Feststoffteilchen erfolgt bei Knetlegierungen z. T. auch durch Filtration der Al-Schmelzen über keramische Filter in Kombination mit der Spülgasbehandlung.
Alternative Raffinationsverfahren für Al-Schmelzen Für die Raffination von Al-Schmelzen kommen prinzipiell auch weitere physikalische und elektrochemische Verfahren in Betracht (Seigern, Destillation, Schmelzflusselektrolyse). Der industrielle Einsatz dieser Verfahren ist aber zurzeit technisch nicht zwingend, weil die zulässigen Fremdmetall-
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5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
gehalte noch durch Verschneiden mit Reinaluminium (Primäraluminium oder reine Schrotte) zu garantieren sind. Diese Bedingungen können sich aber mit zunehmendem Anteil von Recyclingaluminium an der Gesamtproduktion oder durch neuartige Legierungen (z. B. AlLi) ändern [35]. Deshalb werden auch weitere Überlegungen zur Beherrschung der Legierungs- und Verunreinigungsmetalle angestellt. Das ist erstens die Entwicklung von Legierungen mit höheren Fe-Gehalten, denn Fe ist eine typische Schrottverunreinigung. Zweitens wäre aber auch eine Beschränkung auf deutlich weniger Legierungselemente ohne Verlust von Anwendungseigenschaften möglich. Die oben genannten Verfahren Seigern, Destillation und Schmelzflusselektrolyse wurden unter den besonderen wirtschaftlichen Bedingungen des Zweiten Weltkrieges für Flugzeugschrott technisch genutzt [37]. z
Seigerprozess
Er ermöglicht eine selektive Kristallisation von Verunreinigungen aus der Al-Schmelze. Durch dieses Verfahren lässt sich aus geschmolzenen AlMg-Legierungen beim definierten Abkühlen das Fe als festes FeAl3 abscheiden und Si in Form von festem Mg2Si [37]. Die Effektivität des Verfahrens wird dabei auch wesentlich durch die nachfolgend notwendige Trennung der festen Phase von der AlSchmelze durch Filtration oder Zentrifugieren bestimmt. z
Vakuumdestillation
Sie ist ein verfahrenstechnisch und apparativ erprobtes und einige Jahre für die Abtrennung von Mg und Zn angewandtes Verfahren (Beck-Prozess). Gegenüber dem Basismetall Al sind bei Temperaturen von 700…1200 °C die Dampfdrücke von Zn, Cd, Mg, Li, Pb z. T. deutlich höher. Die Dampfdrücke erreichen bei 1000 °C und einer Konzentration von 2 % des Legierungsmetalls etwa folgende Werte: Zn 30 hPa, Mg 5 hPa, Li 3 hPa [35]. Der Vorteil der Vakuumdestillation ist die Gewinnung dieser Legierungsmetalle in reiner metallischer Form, d. h., sie sind unmittelbar als Legierungsmetalle wieder verwendbar.
z
Dreischichten-Schmelzflusselektrolyse
Als weiteres technisch erprobtes Verfahren wäre die Schmelzflusselektrolyse von Aluminium in Form der Dreischichten-Elektrolyse einsetzbar, die aber hohe Kosten verursacht. Das Prinzip beruht auf der Anwendung eines geschmolzenen Elektrolyten mit einer höheren Dichte (Kryolith + Bariumfluorid) als das geschmolzene reine Al sowie einer unreinen Al-Legierung, der ebenfalls zur Erhöhung der Dichte 30 % Cu zulegiert sind. Dadurch kann man in einer Elektrolysewanne (Kohlenstoffmasse) als unterste Schicht die unreine Al-Schmelze mit 30 % Cu als Anode, darüber die Elektrolytschmelze und als oberste Schicht die abgeschiedene reine AlSchmelze (Kathode) realisieren [37]. z
Zusammenfassung der Eigenschaften und Möglichkeiten der Behandlung von Aluminiumschmelzen
Die vorhandene Löslichkeit fast aller Metalle in Al-Schmelzen und die Reduktionswirkung des geschmolzenen Aluminiums auf Oxide kann zu erheblicher Auflösung von Fremdmetallen führen. Die große Affinität des Al zu reaktiven Gasen (Sauerstoff, Chlor etc.) begrenzen die Möglichkeit einer selektiven Reaktion dieser Gase mit Verunreinigungen auf wenige Metalle (Sr, Na, Ca, Li, Mg). Die Vakuumdestillation könnte die Abtrennung von Zn, Mg, Li und Pb ermöglichen. Die fest haftenden Oxidhäute auf den Schrottoberflächen stellen besonders bei feinteiligem Material hohe Anforderungen an die Schmelztechnik, erzeugen eine große Krätzemenge, zwingen zur Verwendung von Schmelzsalzen und verringern die Schmelzausbeute. Infolge dieser Stoffeigenschaften sind die Raffinationsmöglichkeiten von Al-Schmelzen außerordentlich beschränkt und es ergibt sich die Forderung nach einer weitgehenden Abtrennung der Verunreinigungen des Schrottes vor dem Einschmelzen durch Schrottaufbereitung. Diese Schrottaufbereitung durch Reinigung und Kompaktierung kann gleichzeitig auch eine verbesserte Schmelzausbeute gewährleisten.
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
5.3.3
Aufbereitungsverfahren für Aluminiumschrotte
Die wichtigste Aufgabenstellung der Aufbereitung der Al-Schrotte sind auf Grund der oben erläuterten geringen Raffinationsmöglichkeiten die Aushaltung und Abtrennung von Verunreinigungen. Deshalb muss in der ersten Aufbereitungsstufe der Aufschlusszerkleinerung die allergrößte Beachtung geschenkt werden, da diese die Trennung der Werkstoffverbindungen bewirken muss, die die grundlegende Voraussetzung für die nachfolgende Werkstoffsortierung ist. Auch ist bei den Anwendungsfeldern der Al-Werkstoffe eine Kombination mit anderen Werkstoffen (Motorblöcke, Fahrzeugkarosserien, Kleingeräte) bzw. eine Beschichtung (Lacke, Kunststoffe) sehr häufig anzutreffen. Aber auch sehr dünnwandige Al-Werkstoffe wie Folien und Dosen sind in Verwendung und erfordern besonders wegen der starken Oxidationsgefahr beim Schmelzen geeignete Kompaktierungsverfahren. Aus Gründen der großen Legierungsunterschiede zwischen den Si-haltigen Gusslegierungen und den MgCu-haltigen Knetlegierungen ist die Getrennthaltung dieser beiden Schrotte von großer Bedeutung. Die früher übliche Praxis des Recyclings aller Al-Schrotte zu den höherlegierten Gusslegierungen ist durch verbesserte Sammel- und Sortiersysteme nicht mehr Stand der Technik. Reine Knetlegierungsschrotte werden heute wieder zu qualitätsgerechten Knetlegierungen recycelt. Die Aushaltung von Verunreinigungen und die Vorsortierung nach Legierungstypen beginnen mit entsprechend strukturierten Sammelsystemen für z. B. Motorenschrott, Al-Bauprofilen, Al-Getränkedosen (sog. UBC-Schrott), Al-Blechschrott, Menüschalen etc. Dabei kommt heute immer mehr das sehr effektive »Leasing« in Gebrauch, bei dem z. B. die Menüschalen bei Großverbrauchern (Krankenhäuser, Kantinen usw.) von dem Lieferanten wieder eingesammelt werden und so als saubere und definierte Knetlegierung direkt umgeschmolzen werden können. Die Sammelsysteme sind durch entsprechend definierte Transport- und Lagersysteme beim Schrotthandel und beim Schrottverarbeiter zu komplettieren. Feinteilige Schrotte sind ausnahmslos unter Dach zu lagern (Vermeidung der Oxidation durch Feuchtigkeit und Gefahr der
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5
Selbstentzündung durch Wasserstoffbildung und Reaktionswärme), stückige Schrotte auch bevorzugt unter Dach. z
Aufschlusszerkleinerung
Man verwendet vorzugsweise folgende Apparate und Verfahren: 5 Hammerbrecher und Backenbrecher für den Sprödbruch von Gussschrotten, 5 Hammerreißer (Shredder) für die elastischplastischen Knetlegierungen, aber z. T. auch für Gussschrotte (. Abb. 3.2 und . Abb. 5.9), 5 Rotorscheren für dünnwandige Knetlegierungen und Späne, 5 kryotechnische Vorbehandlung für Drähte mit Kunststoffisolierungen (Kunststoffversprödung), 5 selektive Versprödung bei erhöhter Temperatur (Hot Crush). Diese Apparate und Verfahren sind in 7 Abschn. 3.2 näher beschrieben. Sie gewährleisten einzeln oder in Kombination einen weitgehenden Aufschluss. z
Sortierverfahren
Die Sortierverfahren teilt man zweckmäßig nach bestimmten Zielstellungen ein [35]: 5 Nichtmetallabtrennung von Metallen, 5 Schwermetall- und Eisenabtrennung von den Leichtmetallen, 5 Abtrennung der Mg-Werkstoffe von Aluminium, 5 Sortierung der Al-Legierungen nach Legierungstyp. Die eingesetzten Verfahren und Apparate sowie die Grundlagen der Trenneffekte wurden in 7 Abschn. 3.4 bereits vorgestellt. An dieser Stelle wird der spezifische Einsatz bei Al-Schrotten ergänzt. z
Abtrennung der Nichtmetalle von den Metallen
Diese Aufgabe ist relativ unproblematisch zu lösen, da ausreichende Unterschiede in der Dichte und den magnetischen und elektrischen Eigenschaften existieren. Bereits durch Siebklassierung ist die häufig feinteilige Fraktion von Kunststoffisolationen, Lacken etc. nach dem Shreddern auszusortieren. Die Dichtesortierung in ihren verschiedenen Va-
102
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Al-Stückschrott
Leichtfraktion
Abluft
Filter Leichtfraktion
5
fast immer Reste an Kühlschmierstoffen, sog. KSS (Öl-Wasser-Emulsionen). Meist erfolgt bereits am Anfallort eine KSS-Rückgewinnung durch Zentrifugieren. In den Recyclinghütten muss dann eine vollständige Entölung nachgeschaltet werden. Dafür stehen nach einer notwendigen Nachzerkleinerung folgende Verfahren zur Verfügung: 5 Waschen mit alkalischen Lösungen in Waschtrommeln und Trocknen, 5 Magnetscheidung zur Abtrennung von FeSpänen.
Sichterluft
Shredder Magnettrommel Eisen Al-Shredderschrott . Abb. 5.9 Aufschlusszerkleinerung von Al-Stückschrott mit integrierter Windsichtung und Eisenabtrennung durch Magnetscheidung.
rianten ist vielfältig anwendbar. Ein wichtiges Verfahren ist die Windsichtung (Zick-Zack-Sichter) für die Abtrennung der leichten Stoffe (Kunststoffe, Gummi, Holz, Glas, Fasern) von den Metallen. Die Stromsortierung wirkt aber nicht nur auf Grund von Dichteunterschieden, sondern sie beruht auf den Gesetzmäßigkeiten der Sinkgeschwindigkeit von Teilchen im Fluid, d. h., dass auch Feinkorn und flächige Partikel (Al-Folie) höherer Dichte mit ausgetragen werden. Der Stromsortierung ist also ein Material mit möglichst ähnlicher Stückgröße zuzuführen, eine Siebklassierung sollte also vorgeschaltet werden. Die Windsichtung wird allerdings häufig mit dem Shredder kombiniert und das Leichtgut direkt aus dem Shredderraum ausgeblasen (Al-Verluste). Die Schwimm-Sink-Scheider haben für die Nichtmetallabtrennung geringere Bedeutung. Die Elektrosortierung ist für die Abtrennung von Kunststoffen besonders effektiv, da diese triboelektrisch gut aufzuladen sind. Die bei der spanenden Bearbeitung von vorwiegend Gussteilen in großen Mengen anfallenden Al-Späne enthalten
Alternativ wird eine Brikettierung der Al-Späne empfohlen, wodurch der KSS-Gehalt auf <3,5 % verringert wird. Solche Spänebriketts erreichen eine Dichte von 2000 kg/m3 und zeigen ein gutes Einschmelzverhalten. Als weitere Alternative kann eine thermische Behandlung (Abschwelen, Pyrolyse) zur Anwendung kommen, wie sie besonders für lackierte Schrotte üblich ist. Diese thermische Behandlung lackierter Schrotte und die Restentölung können in speziellen Schweltrommeln bei ca. 500…600 °C unter Sauerstoffabschluss oder Sauerstoffmangel erfolgen. Dabei werden die organischen Stoffe thermisch zersetzt und es entsteht ein brennbares Schwelgas und/oder Pyrolysekoks. Für lackierte Schrotte ist aber auch die Abschwelung in der ersten Kammer eines Mehrkammerschmelzofens entwickelt worden (7 Abschn. 5.3.4; . Abb. 5.12). z
Abtrennung des Eisens und der Schwermetalle von Aluminiumwerkstoffen
Diese Aufgabe hat eine besondere Bedeutung wegen der Legierbarkeit des Fe mit Al-Schmelzen. Als erste Stufe verwendet man immer die Magnetsortierung zur Abtrennung der ferromagnetischen Feund Ni-Werkstoffe (. Tab. 3.6) mit Trommelmagnetscheidern oder anderen Bauarten (. Abb. 5.9). Da aber hochlegierte Stähle unmagnetisch sind, verbleiben sie bei dieser Sortierung bei den Leichtmetallen. Die Abtrennung dieser hochlegierten Stähle gelingt zusammen mit Cu-, Zn- und PbWerkstoffen durch Dichtesortierung in Form der Schwimm-Sink-Scheider sehr effektiv, da ein großer Dichteunterschied vorliegt (. Tab. 3.5). Dabei muss
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
man aber als Trennmedium Schwertrüben aus sehr feinem FeSi (<100 μm) einsetzen, die eine Trübedichte von etwa 3000 kg/m3 erreichen und damit die Leichtmetallwerkstoffe aufschwimmen lassen. Ein weiteres besonders spezifisches Verfahren für die Sortierung der Metalle ist die Wirbelstromsortierung. Die erreichbaren Trenneffekte sind in . Tab. 3.7 aufgeführt. Dabei erreicht man eine sehr gute Sortierung des niedrig legierten Aluminium und Magnesiums von den hochlegierten Stählen, Nickel, Messing, Zink und Kupfer. Einige Al-Legierungen sind aber nicht vom Kupfer zu trennen. Ebenso erreichen Teilchen <5 mm und sehr langgestreckte Drahtstücke kein ausreichendes Wirbelstromfeld. Optimale Stückgrößen sind 5…10 mm. Das Verfahren eignet sich besonders für Al-Folienstücke. Eine kaum noch angewandte Methode ist die Abschmelztechnik der Al-Legierungen auf geneigten Ofensohlen. Dabei läuft die Al-Schmelze durch die Schwerkraft in einen Vorherd ab und es bleiben die wesentlich höher schmelzenden Fe-Werkstoffe in fester Form zurück. Eine geringe Eisenauflösung in der Schmelze ist dabei nicht vermeidbar. Beim Schrotthandel findet bei grobstückigem Material auch noch eine direkte Handsortierung (Klauben) statt. Halbmechanisiert erfolgt das Klauben auf Lesebändern. Nach erfolgter Zerkleinerung (>10 mm) sind heute Sortierbänder mit sensorgestützter Sortiertechnik verfügbar (Röntgenfluoreszenz, Induktion etc.). z
Die Sortierung der Mg-Werkstoffe von den AlWerkstoffen und der Al-Legierungsgruppen untereinander
Einsetzbare Apparate sind die Schwimm-SinkScheider. Die vorhandenen Dichteunterschiede zwischen Mg-Legierungen (1,7…1,9 kg/m3) und Al-Legierungen (2,6…2,9 kg/m3) lassen eine wirksame Sortierung zu. Allerdings sind intensive Waschstufen zur Abtrennung der FeSi-Partikel der Schwertrübe erforderlich (. Abb. 5.10). Von Alker [38] liegen Ergebnisse der Sortierung einer nichtmagnetischen Metallfraktion nach diesem Verfahren vor. Diese Fraktion hatte eine Zusammensetzung von 45 % Al, 5 % Mg, 5 % Cu/Messing, 16 % Pb/Zn, 10 % Stahl/Eisen, 4 % hochlegierter Stahl,
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5
15 % Nichtmetalle (Kunststoffe, Gummi, Glas, Holz). Als bestes Ergebnis wurde eine Al-Fraktion mit 1,7 % Cu; 0,4 % Zn; 5,6 % Si; 0,7 % Fe; 0,16 % Mn; 0,03 % Mg; 0,01 % Cr erhalten. Das zugehörige Verfahrensfließbild ist in . Abb. 5.10 angegeben. Im Leichtgut sammeln sich Holz, Kunststoffe, Gummi, Glas und Mg-Legierungen an. z
Spezielle Aufbereitung von Verpackungsmitteln
Die Al-Verpackungsmittel sind sehr dünne Al-Bleche oder Folien mit Lackierungen oder anderen Kunststoffbeschichtungen und Verbunde (Folien, Getränkedosen, Flaschenverschlüsse, Verbundverpackungen). Bei diesen Sammelschrotten besteht beim Einschmelzen die Gefahr einer starken Oxidation (große Krätzemenge, geringe Schmelzausbeute), der Bildung von Schwelgasen und toxischen Gaskomponenten (Dioxine). Sie bedürfen deshalb einer besonderen Behandlung zur Entfernung der organischen Stoffe und evtl. zur Kompaktierung. Die Folien werden als Ballen angeliefert. Bei einer ersten mechanischen Verfahrensvariante erfolgt nach einer Ballenauflösung häufig eine Handsortierung oder optische Sortierung zur Abtrennung von hochwertigem Geschirraluminium (Assietten) und Verbundverpackungen. Darauf folgen Zerkleinerung, Magnetscheidung, Windsichtung und evtl. weitere Sortierprozesse, die als Produkte einen verwendbaren Al-Gries und eine Al-arme Fraktion für die Pyrolyse liefern. Ein zweites thermisches Verfahren verwendet nach einer Zerkleinerung und Magnetscheidung die Pyrolyse (600 °C), die alle organischen Bestandteile in Koks und Pyrolysegas umwandelt. Das Gas wird verbrannt und gereinigt. Die Abtrennung des Kokses erfolgt durch mechanische Beanspruchung in einer Mühle und Windsichtung. Man erhält ebenfalls einen Al-Gries. Die Getränkedosen (UBC) können ebenfalls in getrennten Prozessen entlackt werden. Dabei ist gleichzeitig die Trennung der Deckel vom Dosenkörper möglich, weil bei ca. 580 °C die Deckellegierungen AlMg5 Warmbrüchigkeit aufweist, während der Dosenkörper (AlMg1) noch stabil bleibt. Durch Erwärmung der Dosen auf diese Temperatur und mechanische Beanspruchung kann man die AlMg5-
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Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Shredderschrott Al-reich
Feinzerkleinern < 60 mm
Magnetscheiden
5
Sieben
Leichtgut
Mittelgut Al-Fraktion
Schwergut
Trocknen
Trocknen
Trocknen
Waschen
Waschen
Waschen
Eisen Schmutz
Sieben
Schwimmstufe I
1. Trübe 2,5 g/cm3
Trübeaufbereitung
Sieben
Schwimmstufe II
Trübeaufbereitung
2. Trübe 2,9 g/cm3
Sieben
Waschtrübe
. Abb. 5.10 Schwimm-Sink-Sortierung der nichtmagnetischen, Al-reichen Fraktion eines Automobilshredders nach Alker [38].
Legierung als Feingut absieben. Die so vorbehandelten noch heißen Schrotte trägt man oft direkt in die Schmelzöfen ein oder verwendet wie bereits erwähnt Mehrkammeröfen mit Schwelkammer. Bei Verbundverpackungen (Karton, PE-Folie, Al-Folie) wird wegen des geringen Al-Anteils (6 %) und der geringen Stärke der Al-Folie (ca. 6 μm) häufig auf ein Recycling von metallischem Aluminium verzichtet. Die Besprechung erfolgt deshalb unter Alhaltigen Abfällen (7 Abschn. 5.3.5).
5.3.4
Schmelzverfahren und Schmelzapparate für Aluminiumschrotte
Bis nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alle Schrotte in Umschmelzwerken verarbeitet und das Sekundäraluminium als Umschmelzaluminium (U-Aluminium) bezeichnet (z. B. UG AlSi). Das U-Aluminium wurde ausschließlich für die höher legierten Gusslegierungen und nicht für Knetlegierungen (geringe Legierungsgehalte in engen Toleranzen) eingesetzt. Heute unterscheidet man zwischen der Verarbeitung von sauberen Knetlegierungsschrotten in Umschmelzwerken (sog. Remelter) zu neuwertigen
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
Knetlegierungen (Walz- und Pressbarren) einerseits und der Verarbeitung von Gussschrotten und stärker verunreinigten Schrotten zu Gusslegierungen in Schmelzhütten (sog. Refiner) andererseits. Die grundlegende Aufgabe des Schmelzprozesses ist die Herstellung einer marktfähigen Al-Legierung. Dabei steht zur Korrektur der Legierungszusammensetzung bzw. der zulässigen Verunreinigungsmetalle neben dem Zulegieren von Metallen auch die Verdünnung mit reinem Primäraluminium zur Verfügung. An die Schmelzverfahren sind eine Reihe technisch-ökonomische Anforderungen zu stellen: 5 Erzielung einer hohen Schmelzausbeute an Metall, d. h. geringe Krätzebildung und wenige sonstige Abfälle, 5 Vermeidung erhöhter Al-Oxidation, d. h. geringer Abbrand, 5 eingeschränkte Emissionen (Abgase, Stäube), 5 geringer Energieverbrauch. Für die Minimierung des Abbrandes durch Oxidbildung sind folgende Maßnahmen geeignet: 5 Einsatz getrockneter Schrotte (Vermeidung von zusätzlichem Wasserdampf), 5 Eintränken des trockenen, festen Schrottes in vorgelegte Schmelze (keine Berührung mit den Verbrennungsgasen und der Falschluft), 5 Verwendung von Abdecksalzen, 5 evtl. reduzierende Ofenatmosphäre in der Einschmelzperiode (Verschwelsektion), 5 Wärmeübertragung auf den Einsatz vorwiegend durch heiße Ofenwände und Schmelze, weniger durch heiße Verbrennungsgase (Wasserdampfgehalt), 5 laminare Strömungsbedingungen der Verbrennungsgase, 5 geringes Verhältnis Schmelzbadoberfläche zu Badvolumen, 5 geringe Einschmelzdauer bei allerdings nicht zu hohen Temperaturen, 5 Einsatz von Induktionsöfen (keine Verbrennungsgase mit H2O und O2-Überschuss). Die eingesetzten Schmelzverfahren und Apparate werden wesentlich von der Art der vorlaufenden Schrotte und den daraus erzeugten Produkten be-
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5
stimmt. Und diese werden in drei getrennten Betriebsformen durchgeführt: 1. Gießereien und Halbzeugwerke, 2. Umschmelzwerke (Remelter), 3. Schmelzwerke (Refiner). Es ist günstig, die weiteren Erläuterungen nach diesen drei Betriebsformen einzuteilen. z
Gießereien und Halbzeugwerke
Diese Unternehmen sind keine Recyclingwerke. Sie erzeugen ihre Produkte grundsätzlich aus Primäraluminium (Elektrolysemetall). Die Produkte sind in den Gießereibereichen der Elektrolysen die üblichen Gusslegierungen (Masseln, Blöcke, Flüssigmetall) und bei sonstigen Gießereien die vielfältigen Gussstücke (Motorblöcke, Gehäuse, Kleinteile usw.). Die Halbzeugwerke vergießen Knetlegierungen zu Walzbarren und Pressbarren und produzieren daraus Profile, Bleche, Drähte und Folien. In diesen Werken entstehen blanke, sehr saubere, legierungsmäßig eindeutig definierte Abfälle (Steiger und andere Abschnitte an Gussstücken, Verschnitte von Blechen, Draht, Späne), die sog. Produktionsschrotte. Diese firmeneigenen Produktionsschrotte können meist ohne Vorbehandlung direkt wieder in die eigenen Schmelzöfen zurückgeführt werden. Diese internen Kreislaufschrotte erscheinen auch in keinen volkswirtschaftlichen Schrottbilanzen und werden ausschließlich von den jeweiligen Firmen gesteuert. Die Schmelzöfen in diesen Werken sind meist kippbare oder stationäre Herdöfen (Fassungsvermögen bis 130 t). Man findet aber auch gerade für das Einschmelzen blanker, kleinstückiger Produktionsschrotte häufig Induktionsöfen in der Ausführung als Induktionstiegelofen mit Netzfrequenz (Fassungsvermögen bis 25 t). Der prinzipielle Aufbau dieser Ofenart ist bereits in . Abb. 5.6 dargestellt und in 7 Abschn. 5.2.3 beschrieben. Für das Al-Schmelzen sind die feuerfesten Auskleidungen aus keramischen Stampfmassen hergestellt oder in kleineren Öfen finden auch vorgefertigte Tiegel Anwendung. Die mineralische Zusammensetzung der keramischen Massen muss berücksichtigen, dass die Al-Schmelzen außer MgO und Al2O3 alle Oxide chemisch angreifen (Reduktion). Andererseits müssen diese Massen aber auch
106
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Gasbrenner
Rauchabzug
Beschickungstür
Ausgussöffnung
. Abb. 5.11 Einkammerherdofen für das Schmelzen sauberer AlSchrotte.
5 Al-Schmelzbad
Keramische Ausmauerung
eine keramische Bindung und Abdichtung gegen Infiltration gewährleisten. Die Temperaturbeständigkeit bereitet keine Probleme. Die Stampfmassen für Tiegelinduktionsöfen bestehen deshalb üblicherweise aus eisenarmen hochtonerdehaltigen Massen (z. B. 68 % Al2O3) auf Mullitbasis [35]. Der Einsatz von Induktionstiegelöfen bietet ganz offensichtliche technische Vorteile durch Abwesenheit von Verbrennungsgasen (damit geringer Abbrand und verminderte Gasaufnahme) sowie eine intensive Badbewegung durch das magnetische Wechselfeld, was zu einer schnellen Einrührung von z. B. Spänen in die Schmelze und gleichmäßiger Temperaturverteilung führt. Allerdings ist die Elektroenergie eine teure und ökologisch bedenkliche Form der Wärmeerzeugung. z
Umschmelzwerke (Remelter)
Diese Werke verarbeiten ausschließlich sehr saubere und sortenreine Schrotte aus Knetwerkstoffen (Produktionsschrotte der ersten und zweiten Verarbeitungsstufe), die häufig feinteilig (Blech- und Folienabfälle, Späne usw.) und mit organischen Stoffen (Lacke) belastet sind. Das Einschmelzen sehr gering verunreinigter Schrotte mit geringem Oxidanteil kann praktisch ohne Schmelzsalz erfolgen und es entsteht nur eine geringe Krätzemenge. Durch Verzicht auf Schmelzsalz wird auch die Verschlackung von Magnesium verhindert, d. h., dieses wichtige Legierungsmetall verbleibt in der Metallschmelze. Als Öfen kommen Einkammerherdöfen und Induktionsöfen in Betracht. Der prinzipielle Aufbau eines Herdofens (Wannenschmelzofen)
mit Öl- oder Gasfeuerung ist in . Abb. 5.11 angegeben. Bei den Herdöfen kann der Einschmelzprozess durch Rührvorrichtungen oder Umpumpen beschleunigt werden. Die seitliche Beschickungstür ist wegen der aufwendigeren Beschickungsmethodik, erheblichem Falschlufteinzug und Energieverlusten häufig durch Beschickung über die Ofendecke ersetzt. Die Beheizung erfolgt mit Öl- oder Gasbrennern auf etwa 950 °C im Ofenraum, neuerdings unter Anwendung von Sauerstoffbrennern. Die Abgase müssen einer Abgasbehandlung unterzogen werden (Regenerator zur Vorwärmung der Verbrennungsluft, Entstaubung, Reinigung). Die Entnahme der Al-Schmelze kann durch Kippen des Ofens, einen seitlichen Abstich oder auch mittels Metallpumpe erfolgen. Für stärker verunreinigte Schrotte mit vorzugsweise organischen Anhaftungen/Beschichtungen (Folien, Dosenschrott) wurden Mehrkammerschmelzöfen entwickelt. Diese Öfen bestehen aus drei Funktionsbereichen: 5 Vorwärm- und Abschwelbereich, 5 Einschmelz- und Eintränkkammer (sog. Vorherd), 5 Heizkammer (Hauptherd). Durch diese apparative Aufteilung der verfahrenstechnischen Aufgaben ist deren optimale Durchführung möglich. Im Abschwelbereich findet mittels heißer Abgase aus der Heizkammer (Hauptherd) ein Abschwelen der organischen Verunreinigungen statt. Dabei entsteht eine reduzierende Gasatmosphäre, die die Al-Oxidation weitgehend
107
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
. Abb. 5.12 Zweikammerschmelzofen für Al-Schrott mit organischen Anhaftungen [35] [7].
Schwelgasabzug
Beschickungstür
Al-Bad
Trenn- Gaswand Brenner
5 Abkrätztür
Schnitt A-B Schrotteintrag
Al-Abstich Schwelgasabführung
Schwelgasbrenner
Gasbrenner
Grundriss
Schrotteintrag A
Vorwärmen, Abschwelen
B
Eintränken, Schmelzen
verhindert. Gleichzeitig erwärmen die heißen Gase den chargierten Schrott. Der vorgewärmte und abgeschwelte Schrott gelangt anschließend mittels einer Chargiervorrichtung in den Vorherd und schmilzt dort in dem vorhandenen Al-Schmelzbad auf. Im Hauptherd wird die erforderliche Wärmemenge durch Gasbrenner erzeugt, denen auch die im Schwelbereich erzeugten Schwelgase zur Verbrennung (energetischen Nutzung) zugeführt werden. Die Al-Schmelzen im Haupt- und im Vorherd sind unterhalb des Badspiegels miteinander verbunden. Mittels einer Metallpumpe wird die Vermischung der Schmelzen verstärkt, so dass ständig überhitztes flüssiges Aluminium aus
Metallpumpe
Rauchgasabzug
Hauptherd
Abkrätzbrücke
dem Hauptherd in den Vorherd gelangt und die durch das Aufschmelzen von Schrott abkühlende Vorherdschmelze in den Hauptherd zurückfließt. In . Abb. 5.12 ist der grundsätzliche Aufbau eines solchen Mehrkammerofens skizziert. Auf Grund geringer Oxidanteile ist nur ein verminderter Zusatz an Schmelzsalz (1…3 %) erforderlich, so dass eine krümelige, salzhaltige Krätze anfällt. Die Nachbehandlung der erzeugten Metallschmelzen erfolgt in getrennten Warmhalte- oder Vergießöfen. Zur erforderlichen Spülgasbehandlung mit Argon-Chlor-Gasgemischen sind die Warmhalteöfen (kippbare Herdöfen) mit Begasungsvorrichtungen ausgerüstet (z. B. Spülsteine).
108
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Abgashaube Ofenmantel
Gas/Öl
Luft/ Sauerstoff
Beschickungsvorrichtung
Abgas
. Abb. 5.13 Drehtrommelofen für das Salzbadschmelzen von vermischten, verunreinigten Al-Schrotten.
5 Laufrolle
Antriebsrollen
Al-Schmelzbad
Keramische Brenner Ausmauerung
Eine weitere Nachbehandlung sind evtl. die Korrektur der Legierungszusammensetzung und die Filtration. Anschließend kann das Vergießen zu den Produkten Walz- und Pressbarren sowie Pressbolzen stattfinden. z
Schmelzwerke (Refiner)
Die Verarbeitung von Gussschrotten, vermischten Schrotten und verunreinigten Knetlegierungsschrotten (Altschrotte) sowie Krätzegröbe (d. h. Al-Metall aus der Krätzeaufbereitung) übernehmen die Schmelzwerke. Sie erzeugen daraus ausschließlich Gusslegierungen in Form von Masseln, Blöcken oder Flüssigmetall sowie Al-Granalien (Desoxidationsmittel in der Stahlerzeugung). Der Standardapparat zum Einschmelzen von diesen unreinen Schrotten ist der Drehtrommelofen (. Abb. 5.13) unter Zusatz von bis zu 500 kg Schmelzsalz pro Tonne Aluminium. Dabei fällt eine flüssige Salzschlacke an. Die Beheizung erfolgt über Öl- oder Gasbrenner. Eine besonders effektive Arbeitsweise erreicht man durch den Einsatz von Sauerstoffbrennern und zusätzlichen Sauerstofflanzen (WASTOXR-Prozess). Damit können die beim Aufheizen abschwelenden organischen Stoffe vollständig verbrannt und so als Wärmequelle genutzt werden. Weiterhin erreicht man eine Steigerung der Einschmelzleistung, die Senkung des Energieverbrauchs, die vollständige Oxidation der Abgase sowie ein geringeres Abgasvolumen und dadurch kleinere Staubmengen und eine kleinere Abgasbehandlungsanlage. Die Sauerstoffmenge
muss allerdings durch eine kontinuierliche Abgasanalyse online gesteuert werden [39]. Sauerstoffbrenner werden auch in Herdöfen eingesetzt. Mit dem Drehtrommelofen erreicht man gegenüber dem stationären Herdofen verfahrenstechnische Vorteile: 5 Durch die Drehbewegung entsteht ein Mischund Rühreffekt zwischen Salzschmelze, bereits vorhandener Al-Schmelze und zugeführtem Schrott. Dadurch kommt es zum raschen Eintränken des Schrottes (Abschluss gegen Ofengase, Verringerung der Oxidbildung und der Gasaufnahme), verbessertem Wärmeübergang und damit schnellerem Aufschmelzen sowie einer Verbesserung der Koagulation der AlTropfen. 5 Die von dem Brenner hoch erhitzte Ofenwand gelangt durch die Drehbewegung unter die Schmelze und bewirkt dort einen zusätzlichen Wärmeübergang auf die Schmelze, der außerdem unter Abschluss von Gasen stattfindet. Eine Variante der Beheizungstechnik ist die Umkehrflamme, d. h., Brenner und Abgasabführung sind auf einer Seite des Ofens angebracht. Die andere Ofenseite ist geschlossen. Damit erreicht man eine Flammenumkehr im Ofen, die zu einer günstigeren Nachverbrennung führt und außerdem sind bessere Abdichtungsbedingungen gegeben (Senkung der Abgasmenge und des Energieverbrauchs).
. Abb. 5.14 Kipptrommelofen zum salzarmen Schmelzen von Al-Schrotten [35] [39] [41].
Abgashaube
5
109
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
Brenner Abgas
Gas/ Öl
Luft/ Sauerstoff
Laufrolle
Beschickungsvorrichtung
Lagerbock/Antrieb
Eine Weiterentwicklung des Salzbadschmelzens im Drehtrommelofen erreichte man mit dem Kipptrommelofen (URTF, Universal Rotary Tiltable Furnace; . Abb. 5.14). Das Apparateprinzip entspricht dem in der Kupferschrottverarbeitung eingesetzten drehbaren Konverter (TBRC) (7 Abschn. 5.4.3). Durch die Kippeinrichtung ist die Arbeitsweise mit geringen Salzmengen unter Erzeugung eines krümeligen Salzkuchens möglich. Beim Entleeren durch geringes Kippen fließt zunächst die Al-Schmelze ab. Danach wird durch weiteres Kippen unter Rotation der krümelige Salzkuchen ausgetragen. Der Kipptrommelofen arbeitet mit Umkehrflamme (Gas, Öl, Sauerstoff ) und evtl. Sauerstofflanzen wie oben beim Drehtrommelofen beschrieben. Die für den Drehtrommelofen angeführten verfahrenstechnischen Vorteile gelten auch für den Kipptrommelofen. Die Behandlung der Abgase erfordert bei den Einschmelzverfahren mit Salzen besondere Maßnahmen. Die Abgase enthalten nicht nur die Komponenten von Verbrennungsgasen (CO2, H2O und Reste an Kohlenwasserstoffen, CO und evtl. SO2 und C), sondern als wesentliche Schadstoffe auch Schwelprodukte, Dioxine, verdampftes Salz (NaCl, KCl), mitgerissene Metallpartikel (meist oxidiert), verdampftes MgCl2, AlCl3 und AlF3 (woraus durch Pyrohydrolyse MgO, Al2O3 und HCl sowie H2F2 entstehen). Durch Zu-
Ofenmantel
Lagerrolle
sammenführen mit Abgasen der Warmhalteöfen können auch Chlorgasgehalte auftreten. Die Abgase werden zur Neutralisation mit Kalkhydratpulver vermischt, und danach wird in Gewebefiltern der Gesamtstaub abfiltriert. Dabei entsteht ein Filterstaub als Abfall, der zu entsorgen ist. An den Einschmelzprozess in den Trommelöfen schließt sich die bereits bekannte Nachbehandlung der Metallschmelze in den Warmhalte- und Vergießöfen an. Dazu gehören die Legierungseinstellung der Gusslegierungen (mit reinen Legierungsmetallen oder Vorlegierungen) und die Spülgasbehandlung mit Argon-Chlor-Gemischen sowie weitere Maßnahmen zur Kornfeinung und Veredlung. Ein spezielles Handelsprodukt der Gusslegierungen ist das Flüssigmetall. Dafür verwendet man kippbare Flüssigtransportbehälter aus Stahlblech mit Schamotteausmauerung, die ein Fassungsvermögen von ca. 5 t Al-Schmelze besitzen. Die Behälter werden vor dem Befüllen auf ca. 850 °C vorgeheizt und unter Schutzgasatmosphäre befüllt. Der Vorteil dieses Handelsproduktes ist die Einsparung des Vergießens zu Masseln und des erneuten Aufschmelzens. z
Aufbereitung von Krätzen
Auf die Entstehung und den Anfall von Krätzen beim Schmelzen und Vergießen von Aluminium
110
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Al-Krätze
Sieb I (370 mm)
Fladen, 90% Al
Brecher I
Sieb III (1 mm)
Sieb II (50 mm)
Gröbe I, 50...70 % Al
Brecher II
Gröbe II, 50...70 % Al
5 Sieb IV (1 mm)
Abluftfilter
Krätzerückstand <1 mm, 50...20 % Al
Krätzestaub 5...20 % Al
. Abb. 5.15 Standardverfahren zur Aufbereitung von erkalteten Al-Krätzen [35].
und Al-Legierungen infolge der Bildung von AlOxid-Häutchen und auf deren Zusammensetzung aus Al-Oxid mit bis 80 % Al-Metalltröpfchen wurde bereits in 7 Abschn. 5.3.1 (»Aluminiumhaltige Abfälle«) hingewiesen. Zur Rückgewinnung des hohen Gehaltes an metallischem Aluminium ist eine Aufbereitung der Krätzen erforderlich. Wegen der fortschreitenden Oxidation der anfallenden Krätzen ist aber die sofortige Behandlung der heißen Krätzen von großem Vorteil. Das kann sehr effektiv durch Auspressen des noch flüssigen Aluminiums erfolgen und/oder durch schnelle Abkühlung in wassergekühlten Drehtrommeln (evtl. unter Schutzgas). Die verpresste Krätze ist ein veredeltes Produkt, bei dessen Verarbeitung eine 5…12 % höhere Metallausbeute erreicht wird [41]. Die kalten Krätzen kann man durch Brechen/Mahlen und mehrere Siebstufen in deren Bestandteile sortieren. In . Abb. 5.15 sind die üblichen Aufbereitungsschritte für kalte Krätzen und die Aufbereitungsprodukte dargestellt. Die Aufbereitungsprodukte mit hohen Al-Metall-Gehalten (Krätzegröbe) kann man durch Salzbadschmelzen in Trommelöfen verarbeiten, wobei Schmelzausbeuten von 80 % erreichbar sind. Die Krätzerückstände sind in der Stahlindustrie als Gießpulver verwendbar. Der Krätzestaub aber ist direkt nicht nutzbar. Er kann der Salzschlackenaufbereitung zugesetzt werden. Alternativ ist auch eine direkte schmelzmetallurgische Verarbeitung von Krätzen möglich.
In . Abb. 5.16 ist das traditionelle Standardverfahren der Verarbeitung verunreinigter Al-Schrotte und Krätzegröbe zu Gusslegierungen nochmals zusammenfassend dargestellt.
5.3.5
z
Verarbeitung von aluminiumhaltigen Abfällen
Filterstäube der Schmelzöfen
Die Filterstäube bestehen aus dem primären Staubaustrag infolge der vorhandenen Abgasströmung und den sekundären Stäuben, die sich durch Kondensation von Dämpfen bilden, sowie den Reaktionsprodukten der Abgasbehandlung mit Kalkhydrat. Hauptbestandteile der Filterstäube sind 4…9 % Al-Metall, 14…24 % Ca(OH)2, 15…18 % NaCl, 9…13 % Al2O3, 9…10 % KCl, 8…10 % CaSO4, 5…10 % CaCl2, 5 % CaF2, 5000…40 000 ng TE/kg Dioxin [35]. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, den Inhalt an Alkalichloriden durch Laugung und Kristallisation wieder als Schmelzsalz zurückzugewinnen. Der Gehalt an Dioxinen erfordert aber möglichst vorher deren oxidative Zerstörung. Auch eine Kalziumfällung ist erforderlich. Außerdem entsteht bei der Laugung durch das feindisperse metallische Aluminium gefährlicher Wasserstoff. Verschiedene Verfahren sind ausgearbeitet. Wahrscheinlich ist
. Abb. 5.16 Traditionelles Standardverfahren der Verarbeitung verunreinigter Al-Schrotte zu Gusslegierungen durch Salzbadschmelzen.
Neuschrott, Krätzegröbe
Al-Späne
Waschen oder Abschwelen
5
111
5.3 • Recycling von Aluminiumwerkstoffen und aluminiumhaltigen Abfällen
Altschrott, verunreinigt, vermischt
Aufschlusszerkleinerung (Shredder; Windsichter)
Leichtfraktion
Magnetsortierung
Eisen
Dichtesortierung
Zink, legierter Stahl
Trocknung Gas/Öl/ Sauerstoff
Einschmelzprozess (Trommelofen)
Abgasbehandlung
Schmelzsalz
Salzschlacke
Filterstaub
Schmelzebehandlung
Spülgas
Gießanlage
Al-Blockmetall
aber nur die Untertagedeponie in alten Salzbergwerken wirtschaftlich vertretbar. z
Salzschlacke
Die Salzschlacke fällt in großen Mengen beim Salzbadschmelzen in Trommelöfen an. Sie enthält hohe Gehalte an Schmelzsalz und es besteht Deponieverbot, so dass Motivation und Zwang zur Aufarbeitung vorliegen. Als Hauptbestandteile der Salzschlacke sind zu berücksichtigen 60 % NaCl, KCl, ca. 7 % Al-Metall, 2 % CaF2, 25 % Oxide von Al, Mg, Si, und 20 ng TE/kg Dioxin. Die Aufarbeitung erfolgt durch Wasserlaugung und anschließende Kristallisation der Salze. Dabei entstehen durch die Gehalte an feindispersem Al-Metall sowie Nitriden und Phosphiden gefährliche Gasgemische aus H2, CH4, NH3 und PH3, so dass geschlossene Laugegefäße und eine Abgasbehandlung vorzusehen sind. Verfahrensstufen der Salzschlackebehandlung:
Al-Flüssigmetall
5 trockenes Brechen, Mahlen und Sieben zur Gewinnung des grobkörnigen Al-Metall (sog. Schlackengröbe, die in die Trommelöfen zurückgeführt wird), 5 Wasserlaugung zur Auflösung der Alkalichloride (Abgasbehandlung!), 5 Fest-Flüssig-Trennung mit Ausschleusung eines Oxidrückstandes, 5 Eindampfen der Lauge und Kristallisation der Alkalichloride (Recyclingsalz). Der Oxidrückstand (ca. 30 % der Schlackenmenge) findet als Al-Oxid-Träger in der Zementherstellung Verwendung. z
Verbundverpackungen
Die Verbundverpackungen (z. B. Getränkekartons) bestehen aus einem Verbund von Karton und PEFolie sowie einem sehr geringen Anteil (ca. 6 %) Al-Folie (ca. 6 μm Stärke). Die deutschen Recyc-
112
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
lingunternehmen orientieren deshalb auf das Recycling der Zellulosefasern und vernachlässigen die Al-Folie. Die Gewinnung der Papierfasern erfolgt nach der für Altpapier erprobten Technologie. Zunächst werden in einem Shredder die Getränkekartons zerkleinert und durch die Vielzahl von entstehenden Schnittkanten das Papier für die Einwirkung von Wasser aufgeschlossen. In der folgenden Arbeitsstufe vermischt man das Material mit Wasser und erzeugt in einem Trommelpulper intensive Scherkräfte, die zu einer Auftrennung des Verbundes und zur Auflösung des Papiers führen. Das Papier bildet einen Faserbrei, der durch die Wandlöcher der Trommel herausgeschwemmt wird. Die Schnitzel aus PE- und Al-Folie verbleiben in der Trommel, werden durch deren Umdrehung zum Trommelende befördert und dort ausgetragen. Damit ist ein verwertbarer Zellulosefaserbrei abgetrennt, der auf übliche Weise zu Recyclingpapier verarbeitet wird (7 Kap. 8), und als Abfall ein PE-Al-Gemisch. Dieses PE-Al-Gemisch (mit Zelluloseresten) setzt man als Ersatzbrennstoff in der Zementindustrie ein, wobei der Al-Anteil in Oxid umgewandelt wird und in dieser Form einen Zementrohstoff ergibt. In einer finnischen Papierfabrik trennt man das PE-Al-Gemisch durch Vergasung des PE bei 400 °C und erhält ein energetisch nutzbares Brenngas sowie die separierte Al-Folie, die als Al-Schrott nutzbar ist [40]. z
Lösungen von Al-Salzen
Prozesslösungen mit höheren Gehalten an AlSalzen entstehen beim Ätzen und Eloxieren von Al-Halbzeugen und Fertigwaren. Die anfallenden Lösungen enthalten neben den Al-Salzen hohe Konzentrationen an Salzsäure oder Schwefelsäure. Die Aufarbeitung zielt primär auf die Regenerierung der Säuren und als Nebenprodukt erhält man Al-Salzlösungen mit geringen Restkonzentrationen an Säure. Ein geeignetes Aufarbeitungsverfahren ist aus diesen Gründen die Säuredialyse mit Anionenaustauschermembranen, deren Funktionsprinzip in 7 Abschn. 4.2.2 und . Abb. 4.10 ausführlich erläutert ist. An dieser Stelle werden nur zwei Anwendungsfälle vorgestellt: 1. Aufarbeitung eines Eloxalbades: Die Abfalllösung enthält z. B. 150 g/l H2SO4 sowie 18 g/l Al
in Form von Al2(SO4)3 und ist mit dieser Zusammensetzung nicht weiter verwendbar. In einer Säuredialyseanlage erzeugt man daraus mit Wasser als Aufnahmeflüssigkeit eine regenerierte Säure mit 127 g/l H2SO4 und nur 1 g/l Al. Das Retentat enthält noch 36 g/l H2SO4 und 16,3 g/l Al. Diese Al-Salzlösung ist z. B. als Flockungsmittel (Bildung von Al(OH)3) in der Wasseraufbereitung vorteilhaft verwendbar. 2. Aufarbeitung einer Ätzlösung von Al-Folie: Nach dem Ätzprozess mit Salzsäure entsteht eine Abfalllösung mit z. B. 148 g/l HCl und 203 g/l AlCl3 (= 32 g/l Al). Die Säuredialyse liefert daraus eine regenerierte Säure mit 214 g/l HCl und 0,7 g/l Al. Im Retentat verbleiben 5 g/l HCl und 23,5 g/l Al. Auch diese AlCl3-Lösung ist als Flockungsmittel in der Wasseraufbereitung begehrt.
5.3.6
Recycling von Magnesiumwerkstoffen [42]
Im Verhältnis zur weltweiten Al-Produktion von ca. 39 Mio. t/a beträgt die Mg-Produktion nur ca. 790 000 t/a, von denen lediglich ca. 40 % in Form von Mg-Werkstoffen zum Einsatz kommen (. Tab. 5.2). Weitere ca. 45 % dienen als Legierungsmetall für Al-Werkstoffe und ca. 10 % finden zur Stahlentschwefelung Verwendung. Das heißt, das hier zu betrachtende Magnesiumrecycling findet zur Hälfte als Recycling von Al-Mg-Legierungen statt und ist bereits oben beschrieben. Die Mg-Werkstoffe setzt man aber zunehmend als Druckgusswerkstoff ein, wobei die Gewichtseinsparung (Mg-Dichte 1,74 g/ cm3) für den Fahrzeugbau von Bedeutung ist (Getriebegehäuse, Motorblöcke, Felgen, Lenkräder, Sitzschalen etc.). Dabei werden für Motorblöcke auch Verbundkonstruktionen aus einer AlSi-Legierung, die mit einer Mg-Legierung umgossen ist, entwickelt [45]. Die wichtigste Druckgusslegierung ist AZ91 (d. h. 9 % Al, 1 % Zn), wobei aus Gründen der korrosionsverstärkenden Wirkung von elektrochemisch edleren Verunreinigungen die zulässigen Gehalte an Fe, Cu und Ni sehr niedrig sein müssen. Weitere Mg-Gusswerkstoffe sind mit Al und Mn (Bezeichnung AM), mit Al und Seltenen Erden
113
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
(Bezeichnung AE) sowie mit Al und Si (Bezeichnung AS) legiert. Knetlegierungen sind wegen der schwierigen Kaltverformungseigenschaften noch wenig im Einsatz, aber für Front- und Heckklappen von PKWs in Erprobung (Legierungstyp AZ; 2…8 % Al, 1 % Zn). Für beide Werkstoffsorten gewinnen Beschichtungen mit Polymeren und Lacken an Bedeutung. z
Recyclingverfahren für Magnesiumwerkstoffe
Die Technologie wird wesentlich durch die sehr hohe Sauerstoffaffinität des Mg bestimmt. In . Abb. 5.2 ist die freie Bildungsenthalpie ΔG0 von MgO im Vergleich zu anderen Metalloxiden angegeben. Man erkennt, dass die Neigung zur Oxidation noch größer als die von Al ist und nur von Ca übertroffen wird. Ähnliche thermodynamische Verhältnisse haben für die Reaktionen Metall + Chlor → Metallchlorid Gültigkeit. Als Reinigungsmöglichkeit bietet sich fast nur die Behandlung der Schmelze mit MgCl2 an, was zur Entfernung von Li, Na, K, Ca und Ba als Chloride führt. Einige Verunreinigungen könnten durch intermetallische Fällung abgetrennt werden, d. h., dass beim Umschmelzen von Mg-Schrotten erhebliche Schwierigkeiten auftreten: 5 starke Oxidationsneigung des Mg (geringe Schmelzausbeute), 5 sehr beschränkte Raffinationsmöglichkeiten durch chemische Reaktionen (Oxidation oder Chlorierung), 5 Probleme mit den Tiegelwerkstoffen [41] (beim Schmelzpunkt 650 °C ca. 0,03 % Fe löslich).
reitungstechniken erfordern die oben erwähnten Verbundmotorblöcke, die mehrstufiges Shreddern, Magnetsortierung und Schwertrübesortierung notwendig machen [45]. Auf Grund der beschriebenen starken Oxidationsneigung des Mg und der sehr beschränkten Reinigungsmöglichkeiten ergeben sich einige grundsätzliche Anforderungen an ein erfolgreiches Magnesiumrecycling: 5 Sorgfältige Sortierung und Sammlung der Mg-Schrotte nach Legierungsart, Reinheit und Kompaktheit (Verhältnis oxidierbarer Oberfläche zu Volumen der Teile). Nach diesen Kriterien unterscheidet man neun Schrottsorten, von denen nur die beiden hochwertigen Sorten (Neuschrott in Gießereien, Kompaktschrott) zu Sekundärmetall verarbeitbar sind. Die anderen Schrottsorten können als Legierungsmetall für Aluminium und zur Stahlentschwefelung Verwendung finden [43]; 5 Anwendung verschiedener Aufbereitungsverfahren zur Vorabtrennung von Verunreinigungen wie oben für Al-Schrotte in 7 Abschn. 5.3.3 bereits beschrieben (darunter auch die Pyrolyse zur Entfernung von Lacken und Polymeren); 5 Einschmelzen in Elektroöfen in Eisentiegeln unter Schmelzsalz (10 % MgCl2, 40 % CaCl2, 30 % NaCl, 20 % KCl) oder/und Schutzgas (CO2, 2 % SO2, 0,5 % SF6) [41]; 5 Entgasen und Abstehen der Schmelze wie bei Al beschrieben und Vergießen unter CO2Schutzgas [41].
5.4
Eine sehr vorteilhafte Eigenschaft des Mg ist aber der hohe Dampfdruck von Mg-Schmelzen (Siedepunkt 1090 °C), so dass prinzipiell eine Aufarbeitung von verunreinigten Mg-Schrotten durch Vakuumdestillation möglich ist. Dazu liegen technische Erfahrungen eines Recyclingprozesses nach Beck durch Vakuumdestillation für Al-Mg-Legierungen mit ca. 25 % Mg vor (7 Abschn. 5.3.2, »Alternative Raffinationsverfahren für Al-Schmelzen«). Allerdings besitzen Zn und Cd noch höhere Dampfdrücke und sind deshalb durch ein solches Verfahren nicht vom Magnesium abzutrennen. Besondere Aufbe-
5
Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen und kupferhaltigen bzw. nickelhaltigen Abfällen
Beim Kupferrecycling ist eine Reihe von Besonderheiten zu erwähnen. Neben den Neuschrotten und kompakten Gussschrotten fallen große Mengen kleinteilige und stark vermischte Altschrotte (Litzen, Drähte, Bänder, Kontakte) an. Eine wesentliche Vermischung stellen dabei die Isolationsmaterialien an Kupferdrähten dar sowie die extremen Werkstoffkombinationen im Elektrik- und Elektronikschrott (Metalle, Legierungen, Kunststoffe,
114
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Keramik). Besondere Berücksichtigung erfordern auch die verbreiteten Cu-Legierungen (Messing, Bronze) mit ihren hohen Gehalten an wertvollen Metallen (Zn, Sn, Al und Ni). Die günstigen chemischen Eigenschaften des Kupfers (geringe Sauerstoffaffinität; . Abb. 5.2) und die verfügbaren Recyclingverfahren sowie der hohe Metallpreis des Kupfers ermöglichen auch die Kupferreduktion aus Cu-Verbindungen und die wirtschaftliche Nutzung von Abfällen mit geringem Kupfergehalt. Die metallischen Cu-Schrotte und die Cu-haltigen Abfälle können sehr häufig gemeinsam verarbeitet werden und dies erfolgt in den Hauptverarbeitungsstufen fast ausschließlich schmelzmetallurgisch, wobei aber Cu-Schmelzen eine hohe Löslichkeit für alle anderen Metalle besitzen. Die geringe Sauerstoffaffinität des Cu ergibt andererseits aber die Möglichkeit einer effektiven Abtrennung von Verunreinigungen (Fe, Al) bzw. die Rückgewinnung von Legierungsmetallen (Zn, Pb, Sn) aus einer Cu-Schmelze durch selektive Oxidation oder Verdampfung (Zn, PbO, SnO). Schließlich ist auf Grund des positiven Normalpotentials Cu/Cu2+ von + 0,345 V noch eine finale elektrolytische Raffination des festen Kupfers mit Abtrennung von Ni, Se und den Edelmetallen realisierbar. Diese vollständige Abtrennung der Edelmetalle bei der Cu-Elektrolyse und deren Konzentrierung in einem Anodenschlamm in Verbindung mit der oben angeführten sehr guten Löslichkeit von Metallen, d. h. auch den Edelmetallen, in CuSchmelzen eröffnet eine hervorragende technologische Möglichkeit für das Recycling unreiner und armer Edelmetallschrotte und -abfälle durch Eintränken in Cu-Schmelzen. Cu-Schmelzen sind auf Grund dieser Eigenschaften sehr effektiv als Edelmetallsammler nutzbar. Viele dieser allgemeinen Aussagen zum Kupferrecycling gelten gleichermaßen für das Nickelrecycling (schmelzmetallurgische Aufarbeitung, geringe Sauerstoffaffinität des Ni, Nickelreduktion aus NiVerbindungen, Abtrennung von Beimengungen durch selektive Oxidation). Das trifft allerdings nur auf Reinnickel und die Ni-Legierungen (ca. 12 % der Ni-Verwendung) und Ni-Salze bzw. Ni-Oxide zu, die aus der Galvanik (8 % des Ni-Einsatzes), den Batterien (<5 % des Ni-Einsatzes) und den Ni-Katalysatoren stammen. Die Hauptverwendung von
Nickel erfolgt als Legierungsmetall in Stählen und Stahlguss (75 % der Ni-Verwendung) und wird als Eisenlegierung recycelt (7 Abschn. 5.2.1). Die insgesamt sehr verwandten chemischen, elektrochemischen und metallurgischen Eigenschaften von Cu und Ni und auch das vermischte Auftreten bei der jeweiligen Primärerzeugung bzw. in Schrotten und Abfällen sind deshalb Veranlassung für die gemeinsame Abhandlung des Kupfer- und Nickelrecyclings in dem vorliegenden 7 Abschn. 5.4.
5.4.1
Zusammensetzung von Kupferwerkstoffen, Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen
Kupferwerkstoffe [31] In der Elektrotechnik (ca. 50 % der Kupferanwendungen in Form von Kabeln, Drähten, Kontakten, Stromschienen) sowie für Wärmetauscher und Kollektoren der Solarthermik werden in großem Umfang reines Kupfer (99,98…99,99 % Cu) oder niedriglegierte Cu-Knetlegierungen eingesetzt. Die geringen Legierungszusätze an Ag (0,1 %), P (0,03 %), Be (0,2…2 %), Co (2 %), Cr (0,3…1,2 %), Fe (2 %), Mg (0,3…0,8 %), Ni (1…4 %), Pb (1 %), Te (0,4…0,7 %), Zn (1 %), Zr (0,3 %), S (0,4 %) oder Si (1 %) liegen im Bereich üblicher Verunreinigungen von Altkupfer oder sind beim Kupferschmelzprozess grundsätzlich keine Störelemente bzw. gewinnbar (siehe dazu unten die Ausführungen zum Verhalten von Beimengungen). Dieses niedriglegierte Kupfer kann deshalb zusammen mit dem reinen Kupfer gesammelt und verarbeitet werden. Die hochlegierten Cu-Legierungen (besonders Legierungen mit Zn, Ni, Al und Sn) haben auch eine umfangreiche technische Anwendung. Dabei sind für die Recyclingverfahren die Gehalte dieser Legierungselemente von erheblicher Bedeutung, da sie einerseits die Prozesse technologisch aufwendiger machen und andererseits evtl. zusätzliche Erlöse aus den Legierungskomponenten ermöglichen. CuZn-Legierungen (Messing) Knetlegierungen für
Bänder, Bleche und Rohre enthalten 10…40 % Zn (z. B. CuZn15, CuZn33) und in wenigen Fällen zusätzlich 1…2 % an Al, Mn, Ni oder Sn. Die Guss-
115
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
legierungen (Armaturen) sind häufig zusätzlich mit Pb oder Mn legiert (z. B. G-CuZn39Pb2, GCuZn37Mn3Al1Fe1). Zwei- und Mehrstoffbronzen Die
Legierungselemente der Bronzen sind Sn, Al, Mn, Pb, Si, Ag oder Be. Die Sn-Bronzen enthalten bis 11 % Sn, die Al-Bronzen bis 11 % Al (häufig zusätzlich 3…5 % Fe, Ni oder Mn). Häufige Mehrstoffbronzen (vorwiegend Lagerwerkstoffe) sind G-CuPb10Sn10, G-CuMn10Zn9Al6Fe und G-CuSi3Zn5 sowie GCuSn5Zn5Pb5 (Rotguss).
CuNi-Legierungen In Wärmetauschern finden die Legierungen CuNi10Fe1Mn oder CuNi30Mn1Fe Verwendung. Als Kontaktwerkstoff ist CuNi9Sn2 zu erwähnen. Für Widerstandsdraht ist eine Legierung mit hohem Ni-Gehalt (CuNi44) im Einsatz. Für Münzen werden auch CuNi-Legierungen (CuNi25) verwendet. CuNiZn-Legierungen (Neusilber) Als Tafelgerät und auch Federwerkstoff sind Legierungen mit 44…66 % Cu, 6…19 % Ni und 18…40 % Zn üblich. Ergänzend zu den Legierungen kommt die Beschichtung von Kupfer-Knetlegierungen mit Zinn vor allem für den Anwendungsbereich Steckverbinder. Der Massenanteil der Knetwerkstoffe (Kupferund Messinghalbzeug) ist absolut überwiegend gegenüber den Gusswerkstoffen. Bei den Legierungen stellt sich natürlich die Frage, ob sie in den Recyclingweg des Kupfers oder denjenigen der Legierungskomponenten einzuschleusen sind. Die Antwort ergibt sich unter Berücksichtigung der bereits in . Tab. 5.2 angeführten sehr unterschiedlichen Metallpreise (d. h. dem Wertanteil der Legierungskomponente) sowie der technologisch günstigen Verfahrenswege für das Recycling der Legierungskomponenten. Auf Grund der Kenntnis der Metallpreise (der Ni-Preis beträgt etwa das Vier- bis Fünffache des Cu-Preises) ist bereits an dieser Stelle die Aussage möglich, dass hochnickelhaltige Cu-Legierungen in das Nickelrecycling einzubringen sind, während der niedrige Zinkpreis (ca. 25 % des Cu-Preises) die Messinglegierungen eindeutig dem Kupferrecyc-
5
ling zuordnet. Die jeweiligen Entscheidungen zum günstigsten Verfahrensweg werden aber erst nach der ausführlichen Erläuterung der Kupfer- und Nickelrecyclingtechnologien inklusive der Reaktionen der Elemente Cu und Ni verständlich.
Kupferschrotte Die Produktionsabfälle (Neuschrotte) der verschiedenen Verarbeitungsstufen (Gießen, Walzen, Drahtziehen, Stanzen, spanende Bearbeitung) fallen bei sorgfältiger Arbeitsweise sortenrein und ohne Verunreinigungen in Form von Gießereiabfällen, Blechabschnitten, Stanzabfällen, Drahtresten und verölten Spänen an. Die Altschrotte aus dem Rücklauf verbrauchter Wirtschaftsgüter sind bei Kupfer von außerordentlich unterschiedlicher Qualität in Bezug auf den Kupfergehalt (bzw. Legierungsgehalt), den Grad der Beimengungen und der Materialabmessungen. Auch in der Nutzungsdauer bestehen erhebliche Zeitunterschiede. Eine Zusammenstellung wurde in . Tab. 5.8 versucht, wobei ein Teil dieser Altschrotte Produkte einer mechanischen Aufbereitung darstellen. Der Verein Deutscher Metallhändler e. V. (VDM) unterscheidet in der »Klassifizierung für NE-Metall-Schrott« (Fassung 1988) [46] für Kupfer und Cu-Legierungen (Messing, Bronze) 30 verschiedene Schrottsorten. Ein spezieller Schrotthändler gibt in seiner »Sortenliste NE-Metalle« (Stand 2006) [47] 13 Cu-Schrottsorten, sieben Messingsorten, vier Rotgusssorten und drei Sorten Walzbronze an. Bei den Beimengungen muss zwischen Wert- und Störstoffen unterschieden werden. Diese Unterscheidung kann aber erst bei der Beschreibung der Verarbeitungsverfahren näher erklärt werden. Aus der Art der aufgeführten Altschrotte ist erkennbar, dass eine genaue Ermittlung (»Bemusterung«) der Gehalte an Cu und Wertstoffen sowie an Störstoffen wegen der häufig uneinheitlichen physikalischen Struktur der Stoffe außerordentlich schwierig ist. Aber diese Gehalte sind für die Preisbildung der Schrotte unerlässlich. Sehr zuverlässige Probenahmen und Gehaltsbestimmungen sind dagegen bei Shreddermaterial und Cu-Granulat zu erhalten.
116
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Tab. 5.8 Zusammenstellung typischer Kupferrecyclingmaterialien und Aufbereitungsprodukte (Neuschrotte, Altschrotte, Cu-haltige Abfälle) [6] [48] [49] [50] [51] Cu-Gehalt %
Sonstige Wertstoffe
Störstoffe
Quelle des Recyclingmaterials
Lebensdauer der Produkte (Jahre)
Kupfer, z. T. legiert
98…99
–
–
Gießereien, Halbzeugwerke
0,1
Messing/Bronze/ Neusilber
45…0
Zn, Sn, Ni
–
Gießereien, Halbzeugwerke
0,1
CuNi-Legierungen
55…90
Ni
–
Halbzeugwerke
0,1
Cu-Schwerschrotte
90…95
–
–
Stromschienen, Rohre
30…45
Cu-Leichtschrotte
88…92
Sn
–
Bleche, Rohre, Wärmetauscher
25…40
Cu-Granulate
95
–
–
Kabelaufbereitung
10…45
Cu-Spulen/Draht Cu-Kabel
80
–
Fe Iso.
Transformatoren Bausektor
40…50 30…40
Cu-Fe-Material
20 5 5 4
– – – –
Fe Fe Fe Fe, Sch.
Motor, Generator Kühlschränke Haushaltsgeräte Gebäudeabbruch
10…40 15 10 40…50
50 40…50 60…80 90
Sn, Pb Sn, Pb Sn, Au, Ag Sn
Iso., Fe Iso., Fe
Kommunikationstechnik (Telefon, PC, TV, Radio)
6…15
Fe, Iso.
Altauto
8…10
30…80
Zn, Sn, Pb, Ni
Fe
Armaturen, Kühler, Lagerschalen, Maschinenteile
10…45
Krätzen, Aschen, Schlacken
20…50
Zn, Sn, Pb
Sch.
Gießereien, Halbzeugwerke
0,5
Fällschlämme
2…10
Zn, Ni, Pb
Fe, S
Galvanik, Ätzverfahren
0,5
Cu-Salze
20
–
S, Cl
Diverse Industrien
–
Zementkupfer
80
–
Fe
Cu-Fällung mit Fe-Schrott aus diversen Lösungen
–
Lösungen von Cu-Salzen
1…50 g/l
Fe, Ni, Zn, NH3 u. a.
Cl, S
Ätzverfahren, Laugeverfahren
–
Recyclingmaterial (Neuschrott, Altschrott, Cu-haltige Abfälle)
Neuschrotte
5
Altschrotte
Shreddermaterial – Relaisschrott – Elektronik – Kontakte – Altautos Messing/BronzeAltschrott Cu-haltige Abfälle
Iso. = Isolationsmaterialien (verschiedene Kunststoffe, z. B. PVC, PTFE); Sch. = Bauschutt (Sand, keramisches Material, Holz, Kunststoffe)
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
Kupferhaltige Abfälle Wie bereits oben erläutert können solche Abfälle häufig zusammen mit den Schrotten verarbeitet werden. Sie entstehen beim Schmelzen von Kupfer und dessen Legierungen infolge Oxidation an der Schmelzbadoberfläche in Form von Krätzen (Metall-Metalloxid-Gemische), bei Ätz- und Galvanikverfahren als Abfalllösungen, Salzabfälle, Neutralisationsschlämme und Zementkupfer sowie in anderen Industriezweigen. Die Probenahmen und Gehaltsbestimmungen sind meist unkompliziert.
5.4.2
Aufbereitung von Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen
Die Notwendigkeit der Aufbereitung ergibt sich aus dem z. T. geringen Cu-Gehalt der Altprodukte (Elektrogeräte, Maschinen, Altautos) und der Verbindung mit Störstoffen. Die Aufbereitung verfolgt dabei folgenden Zielstellungen: 5 Anreicherung des Cu-Inhaltes und des Gehaltes evtl. Wertstoffe (Edelmetalle, Ni etc.), 5 Abtrennung von metallischem Eisen (Stahl, Gusseisen), 5 Abtrennung von Schadstoffen (z. B.PVC) und Inertstoffen, 5 Zerkleinerung auf erforderliche Stückgrößen oder Kompaktierung von Feingut. Durch diese Aufbereitung kann eine Optimierung des anschließenden Schmelzprozesses erreicht werden. Dafür ist eine Reihe von günstigen Effekten verantwortlich: 5 Verringerung der Schlackenmenge, der Verstäubung, der Flugstaubmenge und der Umweltbelastung (Dioxinbildung etc.), 5 Erhöhung des Cu-Ausbringens und Gewinnung der anderen Wertstoffe, 5 Senkung der Schmelzkosten (Energieverbrauch, Massenreduzierung). Diese positiven Auswirkungen müssen natürlich gegen die erforderlichen Kosten der Aufbereitungsverfahren und auch die unvermeidlichen Cu-Verluste bei der Aufbereitung aufgerechnet werden. Die erwähnte Dioxinbildung bei den nachfolgen-
117
5
den Schmelzverfahren verursachen vor allem Gehalte an organischen Cl-Verbindungen. Und dies sind im Falle der Cu-Materialien überwiegend die PVC-Isolierschläuche von Kabeln und Litzen, aber auch die für die Leiterplatten (Elektronik) verwendeten Flammenschutzmittel. Die Dioxinbildung ist in 7 Abschn. 4.1.4 näher erläutert. Andererseits sind bei den Schmelzprozessen Gehalte an Kunststoffen im Prinzip energetisch nutzbar. Da aber stets die Gefahr von PVC- und PTFE-Beimengungen vorhanden ist und in den Abgasen die 100 %ige Oxidation zu CO2 Probleme bereitet (Restgehalte an Kohlenwasserstoffen), wird meist ein sehr geringer Kunststoffanteil gefordert.
Demontage, Aufschlusszerkleinerung und Sortierung Wegen der geringen Kupfergehalte und der komplizierten Werkstoffverbunde der Cu-Materialien mit anderen Werkstoffen (Kunststoffisolationen, Leiterplatten, Trafobleche, Stahlgehäuse, Wärmedämmstoffe, Kunststoffgehäuse, Eisengussgehäuse etc.) kommt der Aufschlusszerkleinerung eine überragende Rolle zu. Kabel mit großen Abmessungen müssen in einem entsprechenden Kabelschneider (Aufgabetrichter bis 2,3 m Breite) auf 50…20 mm vorzerkleinert werden. Für Kabel mit mittleren Abmessungen sowie Litzen und für die Nachzerkleinerung sind Schneidmühlen mit integrierter Windsichtung (Zick-Zack-Sichter) (. Abb. 3.2 und . Abb. 3.8) geeignete Apparate. Der Aufschluss wird durch eine Kryovorbehandlung (Versprödung der Kunststoffe) verbessert. Häufig ist eine Spezialschlägermühle zur Verkugelung der feinen Litzendrähte nachgeschaltet. Die Isolationsmaterialien werden weitgehend abgetrennt und als Produkt ein Cu-Granulat (95 % Cu) gewonnen (. Abb. 5.17). Für besonders feinteilige isolierte Kupferdrähte steht eine kombinierte Sensortechnik zur Verfügung. Sie arbeitet mit einem hochsensiblen elektromagnetischen Sensor in Kombination mit einem NIR-Sensor für die Kunststoffummantelung. Durch die zeitgleiche Auswertung beider Signale lassen sich Reste isolierter Kupferkabel eindeutig identifizieren und für das Ausblassen orten [89]. Für Kompaktschrott und teildemontierte oder vollständige Altgeräte (Kühlschränke, Waschmaschinen, Altautos etc.) kommen Shredder unterschiedlicher Baugrößen zum
118
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Abluft
Staubfilter
Magnetscheider
Isolierte Cu-Kabel, Cu-Litzen
Schlägermühle
. Abb. 5.17 Aufbereitung von Cu-Kabelschrott.
Zyklone
Staub Sichter
Pressluft
5 Shredder
1. Schneidmühle
Eisen
Pressluft
Cu-Kabelstücke
2. Schneidmühle Cu-Litze, verkugelt
Einsatz. Diese sind ebenfalls bereits mit Windsichtung ausgestattet, um z. B. Textilien, Gummi und Dämmstoffe als Shredderleichtfraktion (SLF) abzutrennen. Die Schwerfraktion enthält überwiegend Stahl, der über Magnetscheider abgetrennt wird. Für die verbleibenden NE-Metalle eignen sich dann die Sortierverfahren Schwimm-Sink-Prozess und Wirbelstromprozess sowie sensorgestützte Verfahren. Elektrokleingeräte, Kommunikationstechnik, Computer, TV, Radios usw. werden zunächst demontiert, die Bauteile getrennt geshreddert und nachfolgend sortiert. Für elektrische Großgeräte (Transformatoren, Generatoren, Motoren) ist häufig nur eine Demontage erforderlich. Aus technologischen und vor allem wirtschaftlichen Gründen ist die Getrennthaltung der verschiedenen Schrottsorten, Aufbereitungsprodukte und Abfälle unbedingt erforderlich. Dadurch erhält man z. B. beim Schmelzen von reinen Cu-reichen Schrotten die Möglichkeit, mehrere Verarbeitungsstufen einzusparen und das Ausbringen von Legierungsmetallen wesentlich zu verbessern. Eine getrennte Verarbeitung von folgenden fünf Hauptschrottsorten und Abfällen (Sorten 1…7) ist deshalb unbedingt zu empfehlen: 1. Neuschrotte (Verarbeitungsabfälle bekannter stofflicher Zusammensetzung, getrennt nach Legierungen),
Lufttrennsieb PVC u. a. Isolation
2. niedriglegierter Cu-Altschrott >75 % Cu (Legierungsmetalle Ag, Cd, Si, Mn, Ni, Be, …) inkl. aufbereiteter Elektroschrott, Kabelschrott (95 % Cu), 3. hochlegierte Cu-Altschrotte von Messing, Bronze oder Neusilber, getrennt nach Cu-Znund Cu-Sn-Legierungen, gering verunreinigt, 4. Cu-armer Metallschrott <30 % Cu (Cu-FeSchrott), 5. Cu-armer Elektro-/Elektronikschrott (3…20 % Cu), evtl. edelmetallhaltig, 6. oxidische Cu-haltige Abfälle (Krätzen, Aschen, Fällschlämme, Cu-Oxide), 7. Cu-Salze (Sulfate, Chloride, Karbonate, Azetate). Die Aufbereitung und das gesamte Recycling von Elektro(nik)-Altgeräten werden ausführlich in 7 Kap. 11 besprochen.
Aufbereitung nichtmetallischer Abfälle Oxidische Abfälle (Krätzen, Aschen) sind häufig feinkörnig oder pulverförmig und müssen zur Einschränkung von Verstäubungen brikettiert oder anderweitig agglomeriert werden. Fällschlämme sind vorher zu trocknen. Aus dieser Gruppe sind die Salze einer speziellen Behandlung zu unterziehen. Es handelt sich vor allem um Sulfate und Chloride (z. T. mit Eisensalzen vermischt). Nach Auflösung
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
dieser Salze in Wasser können mit Eisenschrott die Cu-Ionen reduziert und als feinkörniges Zementkupfer gewonnen werden. Das Zementkupfer ist der Schrottsorte 2 oder 4 zuzuordnen. Andere Cu-Salze oder Salzlösungen mit flüchtigen Säuren (Karbonat, Azetat) und Ammoniak können einfach thermisch gespalten und dadurch Pulver von Cu-Oxiden erzeugt werden. Die Cu-Oxide bilden zusammen mit Cu-Krätzen, Aschen und anderen oxidischen Abfällen eine eigene Abfallsorte (6). Weitere Verfahren sind in 7 Abschn. 5.4.4 beschrieben.
5.4.3
Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Kupferschrotten und kupferhaltigen Abfällen mit abschließender Raffinationselektrolyse
Schmelzprozesse Die sehr reinen Neuschrotte und vor allem auch die Legierungsneuschrotte können mit geringem Aufwand an den Anfallstellen (Halbzeugwerke, Gießereien) durch einfaches Umschmelzen recycelt werden. Dafür verwendet man vorwiegend Induktionstiegelöfen (. Abb. 5.6), die eine weitgehende Erhaltung der Legierungszusammensetzung gewährleisten und nur geringe Mengen Krätze entstehen lassen. Im Unterschied dazu müssen die Cu-armen und verunreinigten Schrotte und das Zementkupfer einer schmelzmetallurgischen Konzentrierung und Reinigung unterzogen werden. Diese Primärschmelzprozesse erfüllen dabei folgende technologische Aufgaben: 5 Homogenisierung des sehr inhomogenen Recyclingmaterials durch die Bildung einer Metallschmelze, 5 Konzentrierung und Sammlung aller eingesetzten Metalle in der Metallschmelze, 5 Bildung einer Schlackenphase (FeO-Silikat) aus oxidischen und silikatischen Beimengungen und Zuschlägen (Kalk, Sand, Rückschlacke), 5 Entstehung eines Flugstaubes aus flüchtigen Stoffen (ZnO, PbO),
119
5
5 Bildung eines Abgases aus Zersetzungs- und Verbrennungsprodukten von Kunststoffen, Lacken und Salzen (CO2, CmHn, SO2, HCl). Auch die oxidischen Abfälle (Cu-Oxide, Krätzen, Aschen, Hydroxidschlämme) bringt man in diese Primärschmelzprozesse ein, da bei den hohen Temperaturen die Cu-Oxide und evtl. Wertstoffoxide (NiO, ZnO, SnO2, PbO) durch Reduktionsmittel (Koks, Kohle, Öl) leicht zu den Metallen zu reduzieren sind, wie aus den thermodynamischen Eigenschaften dieser Oxide (. Abb. 5.2) abzuleiten ist. Die Mehrzahl der reduzierten Metalle und auch eingebrachtes metallisches Eisen lösen sich in der Metallschmelze auf. Daraus resultiert die Forderung nach vorheriger Abtrennung von metallischem Eisen. Dagegen wird das Fe-Oxid bei den eingestellten Reaktionsbedingungen und Temperaturen im Ofen nicht reduziert und vollständig verschlackt. Infolge hoher Dampfdrücke von Zn, SnO und PbO bei den Temperaturen des Schmelzprozesses verdampfen diese Komponenten zum Teil. Im Abgasstrom erfolgen eine Reoxidation dieser Stoffe und schließlich die Bildung eines Flugstaubes aus ZnO, PbO und SnO2. Sowohl bei den Schrotten als auch bei den oxidischen Abfällen muss man die Sn-haltigen und die Zn-haltigen Materialien in getrennten Chargen oder Apparaten verarbeiten, um eine Trennung in zwei Flugstaubqualitäten (überwiegend SnO2-reiche und überwiegend ZnO-reiche Flugstäube) zu garantieren und damit deren getrennte Aufarbeitung wesentlich effektiver zu gestalten. Das Primärschmelzen erfolgt klassisch im Schachtofen mit Koks als Brennstoff und Reduktionsmittel (. Abb. 5.18). Dabei entstehen Cu-arme Schlacken (1…2 % Cu), Rohkupfer (75…80 % Cu mit 97…98 % Cu-Ausbringen) und die erwähnten Flugstäube. Das Rohkupfer (Schwarzkupfer) hat z. B. eine Zusammensetzung von 75 % Cu, 6 % Sn, 5 % Fe, 3 % Ni, 5 % Zn, 4 % Pb. Auf Grund der unterschiedlichen Dichte der zwei Schmelzphasen (Rohkupfer und arme Schlacke) erfolgt eine Separierung direkt im Unterteil des Ofens oder in einem getrennten Vorherd. Wegen der vorliegenden Reduktionsbedingungen im Schachtofen ist dieser auch besonders zur Rückgewinnung des Kupfers aus den Cu-reichen
120
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Schachtofen
Koks, Kalk, Sand
ISASMELT-Reaktor
Lanze für Öl/Gas und Sauerstoff
Arme Cu-Schrotte, oxidische Cu-Abfälle (Krätzen, Aschen, Stäube), Cu-reiche Schlacke
. Abb. 5.18 Primärschmelzöfen für das Kupferrecycling – Schachtofen und ISASMELT-Reaktor [49] [51] [52] [56] [7].
Abgas, Stäube
Abgas, Stäube
5 Feuerfeste Auskleidung
Schmelzbad
Kühlkästen Winddüsen
Rohkupfer (80 % Cu), Cu-arme Schlacke
Konverterkupfer (95 % Cu), Schlacken
Schlacken der nachfolgenden Technologiestufen (Konverterschlacken, Raffinationsschlacken) geeignet (sog. Schlackenverarmung). Beim Schachtofenschmelzen sammeln sich von den begleitenden Wertmetallen das Ni vollständig, das Pb und Sn zu 80 % und das Zn nur zu 15 % im Rohkupfer. Auf den Flugstaub verteilen sich ca. 15 % des Pb und Sn und 42 % des Zn. Weitere 42 % des Zn befinden sich in der armen Schlacke [48]. Seit mehreren Jahren wird auch der leistungsintensive ISASMELT-Reaktor erfolgreich für das Primärschmelzen eingesetzt, der mit Brennerlanzen und ohne Koks arbeitet (. Abb. 5.18) [51] [52] [56]. Schließlich ist auch der TBRC (Top Blown Rotary Converter) in Anwendung, der ebenfalls Brennerlanzen (Sauerstoff-Erdgas-Brenner) benutzt. Der TBRC ist ein drehbarer und kippbarer Reaktor, dessen Aufbau in . Abb. 5.30 (Einsatzgebiet Edelmetallschrotte) dargestellt wird und dessen Kons-
truktionsprinzip auch dem Kipptrommelofen für Al-Schrotte (. Abb. 5.14) entspricht. Speziell für das Schlackenverarmen, aber auch für das Schmelzen armer Cu-Abfälle sind die Elektroreduktionsöfen (Submerged Arc Furnace, SAF) geeignet, bei denen die Elektroden in das Schlackenbad eintauchen und dadurch über Widerstandserwärmung den Schmelzprozess realisieren (ElektroSchlacken-Widerstandsofen) (. Abb. 5.19). Damit kann man in den verarmten Schlacken Cu-Gehalte bis herab auf 0,6…0,9 % Cu erschmelzen [53]. Das erzeugte flüssige Rohkupfer muss anschließend durch selektive Oxidation in einem Konverterprozess (Einblasen von Luft) weiter konzentriert und gereinigt werden. Der Chemismus dieses Verfahrens wurde bereits in 7 Abschn. 5.1.1 am Beispiel von Cu-Schmelzen ausführlich beschrieben. Dort wurde festgestellt, dass die typischen Legierungskomponenten bzw. Verunreinigungen Fe, Pb, Zn, Al selektiv vor dem Kupfer oxidierbar sind. Glei-
. Abb. 5.19 Elektroreduktionsofen (Submerged Arc Furnace, SAF) für das reduzierende Schmelzen von Cu-Sekundärmaterial und zur Schlackenverarmung [53].
Oxidisches Cu-Material
5
121
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
Kohle
Cu-reiche Schlacke
Elektroden Abgas
Keramische Ausmauerung bzw. Kühlung
Schlackenbad
Rohkupfer
ches gilt für die weiteren Legierungskomponenten Sn, Mn und Si. Zur Bindung dieser Oxide in einer flüssigen Silikatschlacke muss bei diesem Prozess Sand (SiO2) zugesetzt werden. Die hohen Dampfdrücke von Zn und Pb bzw. der Oxide SnO und PbO führen in dieser Stufe parallel zur starken Verflüchtigung dieser Stoffe aus der Schmelze und zum Übergang in getrennte Sn-reiche und Zn-reiche Flugstäube. Während des Verblaseprozesses findet sehr schnell die Verschlackung des Fe statt und parallel die Verflüchtigung und Verschlackung von Zn. Erst nach längerer Blaszeit (60…80 min) und gestiegener Temperatur (1200…1400 °C) gelingen auch die Sn-Verflüchtigung und Sn-Verschlackung. Das Ni hat besonders bei höheren Temperaturen eine gegenüber dem Cu nur geringfügig stärkere Oxidationsneigung und ist deshalb durch selektive Oxidation nur bei starker paralleler Cu-Oxid-Bildung zu verschlacken. Das ist aber technisch und wirtschaftlich nicht effektiv. Die Abtrennung des Ni erfolgt deshalb nur z. T. in der Schlacke und endgültig erst in der Elektrolysestufe. Die Edelmetalle verbleiben vollständig beim Kupfer (günstige Sammlereigenschaft des Kupfers!). Der Konverterprozess erfolgt im Trommelkonverter (. Abb. 5.20) mit Einsatz des flüssigen Rohkupfers, wobei man reinen, reichen Cu-Schrott
Metallbad
Cu-arme Schlacke
direkt mit zusetzen kann. Die Konverterprodukte sind das Konverterkupfer mit 95…98 % Cu-Gehalt und eine reiche Schlacke (z. B. 20…30 % Cu, 18 % Fe, 9 % Sn, 5 % Ni, 5 % Pb, 2 % Zn [54]), die in den Schacht- oder Elektroofen zurückgeführt und dort verarmt wird. Im ISASMELT-Reaktor wird nach dem Primärschmelzen unmittelbar der Konverterprozess durchgeführt und damit ein Apparat eingespart (Kayser Recycling System, KRS) [51]. Eine spezielle Variante des Konverterprozesses ist der direkte Einsatz von reichen Messingschrotten in einem besonderen Altmetallkonverter, der durch Koksverbrennung vorgeheizt wurde. Dabei entstehen ein besonders reiner ZnO-Flugstaub und das normale Konverterkupfer. Analog ist ein gesonderter Konverterprozess für reine Bronzeschrotte mit Erzeugung eines Sn-reichen Flugstaubes von Vorteil. Die bereits bis zu dieser zweiten Verarbeitungsstufe relativ komplizierten technologischen Abläufe sind im Verfahrensfließbild . Abb. 5.21 nochmals dargestellt. Der abschließende Elektrolyseprozess erfordert eine noch weitergehende Raffination des Konverterkupfers auf ca. 99…99,5 % Cu-Gehalt (0,1 % Ni, Edelmetalle) ebenfalls durch selektive Oxidation
122
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Abb. 5.20 Trommelkonverter zur Verarbeitung von flüssigem Rohkupfer sowie reichen Kupfer-, Messingund Bronzeschrotten.
Konverterkupfer (95 % Cu) Rohkupfer, flüssig, reicher Cu-Schrott, Messing- und Bronzeschrott, Koks
Cu-reiche Schlacke (20 % Cu)
Abgaskanal
Pressluft
5
Abgas, Flugstaub
Kippbarer Trommelkonverter
Schmelzbad
Luftdüsen
in einem Flammofen (z. B. kippbarer Trommelofen ähnlich wie in . Abb. 5.13). Die raffinierte CuSchmelze vergießt man zu Cu-Plattenanoden für die Elektrolyse. Auch in diesem Anodenofen kann man noch reine Cu-Schrotte direkt zusetzen. Die reiche Schlacke des Anodenofens kann bis 35 % Cu und nochmals 7 % Fe, 5 % Pb, 3 % Sn und 2 % Ni bei 20 % SiO2 enthalten [54]. Andere Recyclinghütten [55] erreichen im kippbaren Anodenofen Schlackenzusammensetzungen von z. B. 14 % Cu, 13 % Sn, 8 % Pb, 5 % Zn, 3 % Ni und 29 % SiO2, 10 % FeO, 11 % CaO. Diese reichen Schlacken werden in das Primärschmelzen zurückgeführt.
Raffinationselektrolyse Als Verfahrensstufe der Hochreinigung kommt die elektrolytische Raffination in einem Schwefelsäure-Kupfersulfat-Elektrolyt zum Einsatz. Sie gestattet es, aus den Kupferanoden von ca. 99 % Cu ein hochreines Kathodenkupfer mit 99,98 % Cu in der Qualität des Primärkupfers aus Cu-Konzentraten zu erzeugen. Das Kathodenkupfer fällt in Form von dünnen Cu-Blechen an. Diese Bleche schmilzt man um (z. B. gasbeheizter Schachtofen) und erzeugt z. B. Gießdraht und Bolzen. Das Funktionsprinzip der Elektrolyse mit löslichen Rohkupferanoden und die für das Verständnis des Raffinationseffekts zutreffenden Normalpotentiale der Metalle sind in . Abb. 5.22 aufgeführt.
Nach diesem vereinfachten theoretischen Ansatz sind die Edelmetalle unlöslich und sammeln sich vollständig in einem Anodenschlamm, während das Cu und alle anderen Metalle und die Halbmetalle Sb und As in Lösung gehen und sich im Elektrolyt anreichern (siehe auch 7 Abschn. 4.2.2, »Elektrochemische Prozesse«, . Abb. 4.6). Aus dem Elektrolyt scheidet man kathodisch das hochreine Kupfer ab. Tatsächlich sind die Verhältnisse aber wesentlich komplizierter [57] [58], da die Elemente in den Anoden z. T. als einfache oder komplexe Oxide (NiO, Cu2O, Pb-Cu-As-Oxid) oder Selenide (CuAg-Selenid) vorliegen und bei der anodischen Auflösung z. T. weitere schwer lösliche Verbindungen (PbSO4, SbAsO4, SnO2, Ni-Arsenat-Antimonat, Cu-Pb-As-Sb-Oxide etc.) bilden. Daraus folgt, dass bei der Elektrolyse erhebliche anodische Passivierungsschichten (vor allem durch NiO bedingt) auftreten, treibende Schlämme durch Sb-Verbindungen entstehen und der Elektrolyt schnell an CuIonen verarmt. Im Anodenschlamm findet man deshalb neben den Edelmetallen die genannten schwer löslichen Verbindungen; Anodenschlamm enthält bis 15 % Ni, bis 40 % Pb, bis 14 % Sn und bis 9 % Sb. Das dargestellte Verhalten der restlichen Beimengungen der Anoden und deren nachteilige Auswirkung auf den Elektrolyseprozess unterstreichen nachdrücklich die Notwendigkeit der mehr-
5
123
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
Kupfer (Zn, Sn, Ni, Pb, Edelmetalle, Fe, Al)
Koks
Cu-armer Metallschrott (30 % Cu)
Cu-reicher Metallschrott (>75 % Cu)
Elektro-/ Elektronikschrott
Krätzen, Aschen, oxidisches Kupfer
Bronze Zn-reiches Material
Messing
Konzentrationsschmelzen (Schachtofen)
Öl, Gas
Sn-reiches Material
Konzentrationsschmelzen, selektive Oxidation (ISASMELT-Reaktor)
Rohkupfer (80 % Cu)
Luft, O2
Selektive Oxidation (Kupferkonverter) Cu-arme Eisensilikatschlacke (1 % Cu)
Messing/Bronzekonverter
Konverterkupfer (95 % Cu)
Cu-reiche Schlacke (20 % Cu)
Raffination (Anodenofen) Sn-Pb-(Zn)Flugstaub
Zn-Flugstaub Cu-Anoden (99 % Cu)
Raffinationselektrolyse
Anodenschlamm (Ag, Au, Pt, …)
Cu-Kathoden (99,9 % Cu)
Elektrolyt (NiSO4, …)
. Abb. 5.21 Kupferrecycling mit Recycling der Legierungsmetalle und Edelmetalle [7].
124
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Abb. 5.22 Funktionsprinzip der Kupferraffinationselektrolyse [7].
1. Elektrolysezelle
Kupferanoden (+), verunreinigt
Stahlkathoden (–) mit reinem Kupfer
Elektrolysewanne
5 Elektrolyt (CuSO4, H2SO4)
Anodenschlamm 2. Elektrochemischer Raffinationseffekt (Normalpotentiale, V)
Pt +1,6
Au +1,4
Ag +0,81
Elektrochemisch unlöslich
Anodenschlamm
Cu +0,35
H 0
Pb –0,13
Sn –0,14
Ni –0,25
Fe –0,44
Zn –0,76
Elektrochemisch löslich, keine Abscheidung vor dem Cu
Anreicherung im Elektrolyt
stufigen thermischen Raffination des Rohkupfers. Die Anodenschlämme des Recyclingprozesses (Sekundäranodenschlämme) unterscheiden sich erheblich von den Anodenschlämmen der Primärkupfergewinnung aus Cu-Konzentraten (Primäranodenschlämme) und erfordern besondere Verfahrensvarianten zur Edelmetallgewinnung, die in 7 Abschn. 5.7 (Edelmetallrecycling) vorgestellt werden. Im Elektrolyt reichern sich vorwiegend Ni2+ und einige andere Restverunreinigungen (As3+) an und machen seine Aufarbeitung notwendig. Nach einer elektrolytischen Entkupferung gewinnt man aus dem Elektrolyt durch Verdampfungskristallisation ein Rohnickelsulfat.
Eine Gesamtübersicht zum Kupferrecycling gibt . Abb. 5.21. Dieses Verfahrensfließbild entspricht ab der Verfahrensstufe »Selektive Oxidation im Kupferkonverter« im Prinzip auch weitgehend den Verfahrensstufen der primären Kupfergewinnung aus Konzentraten. Nur das Konzentrationsschmelzen erfolgt bei der Primärgewinnung über die Bildung einer Cu-Fe-Sulfidphase (sog. Kupferstein). Deshalb kann man relativ reines Kupfer-Recyclingmaterial auch in den Primärhütten ab den Prozessstufen Konvertierung und Raffination sehr effektiv mit verarbeiten. Für die Verwertung der anfallenden Flugstäube existieren mehrere Verfahren. Die ZnO-reichen Stäube sind zu Farboxiden (ZnO) oder Zn-Sulfat zu
125
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
verarbeiten. Aus dem Sn-reichen Flugstaub gewinnt man nach Reduktion ein Mischzinn (Sn-Pb-Lotlegierungen). Daraus folgt, dass die Kupferrecyclingtechnologie neben der weitgehenden Cu-Rückgewinnung in Primärqualität auch die vollständige Rückgewinnung von Edelmetallen vorbereitet und die Legierungsmetalle Zn, Sn und Pb in gut verwertbaren Zwischenprodukten konzentriert.
5.4.4
Nassmetallurgische Verarbeitung von kupferhaltigen Abfällen
Die nassmetallurgische Rückgewinnung arbeitet nach dem Prinzip der selektiven Auflösung des Cu (selektive Laugung) unter Verbleib eines unlöslichen Rückstandes und der nachfolgenden Gewinnung des Cu in metallischer Form (Elektrolytkupfer) oder als handelsfähiges reines Cu-Salz. Diese Verfahrensweise wurde allgemein und mit einigen Materialbeispielen bereits in 7 Abschn. 4.1.2 vorgestellt. Das nassmetallurgische Verfahren ist aber nur wirtschaftlich einzusetzen, wenn die selektive Abtrennung geringer Cu-Mengen von einer großen Masse an Fremdmaterial erfolgen muss, und besonders dann, wenn der Werkstoffverbund KupferFremdmaterial durch die Aufschlusszerkleinerung oder thermische Verfahren (Pyrolyse, Oxidation) nicht aufzutrennen ist. Das trifft vor allem für Cuund Messingbeschichtungen auf verschiedenen Basiswerkstoffen zu und evtl. für andere elektrische oder elektronische Bauteile mit geringem Cu-Anteil bei z. B. gleichzeitig hohen Fe-Gehalten. Die Aufarbeitung der Cu-Lösungen kann man sinnvoll mit der Behandlung von Cu-Salzen kombinieren, die bereits in 7 Abschn. 5.4.2 skizziert wurde.
Selektive Laugung von metallischem Kupfer [59] z
Laugung mit ammoniakalischer Ammoniumkarbonatlösung und Luft
Cu + 0,5 O2 + 2 NH3 + (NH4 )2 CO3 → [Cu(NH3 )4 ]CO3 + H2 O Zusammen mit dem Cu geht auch Ni als Amminkomplex in Lösung. Dagegen sind Fe und die
5
meisten anderen Metalle und die Kunststoffe sowie keramische Massen unlöslich. Das Lösemittel NH3 ist regenerierbar. z
Laugung mit Fe(III)-sulfat-Lösung
Cu + Fe2 (SO4 )3 → CuSO4 + 2 FeSO4
Mit Fe(III)-sulfat werden viele andere Metalle auch aufgelöst (z. B. Zn, Sn). Allerdings darf Fe-Metall nicht anwesend sein, denn es würde das Fe3+ zu Fe2+ reduzieren und damit für den Löseprozess unwirksam machen. Dagegen bleiben die Edelmetalle ungelöst und sind aus dem Löserückstand zu gewinnen. Ebenfalls unlöslich sind die Kunststoffe und keramischen Massen. Das Lösemittel Fe(III)sulfat ist ebenfalls regenerierbar. z
Laugung mit Schwefelsäure und Luft
Cu + H2 SO4 + 0,5 O2 → CuSO4 + H2 O
Die Selektivität dieser Reaktion ist allerdings gering, da dabei außer den Edelmetallen alle Metalle mit in Lösung gehen und nur Kunststoffe und Keramik unlöslich bleiben. z
Elektrolytische Auflösung
Dazu liegen Vorschläge mit Cyanidelektrolyt und ammoniakalischem Elektrolyt vor. Das Verfahren wäre für Cu- oder messingbeschichteten Stahl einsetzbar. Diese Abfälle müssten in unlöslichen Körben anodisch polarisiert werden analog der elektrolytischen Weißblechentzinnung (7 Abschn. 4.1.2 und . Abb. 4.2). Bei dieser Elektrolyse würde das Cu kathodisch abgeschieden und so in einem Verfahrensschritt gewinnbar (siehe auch 7 Abschn. 4.2.2, »Elektrochemische Prozesse«). Die chemischen Laugungen führt man in Rührwerksbehältern, in Berieselungstürmen und ähnlichen Apparaten durch. Alle Laugeverfahren erfordern als weitere Prozessstufen eine Fest-Flüssig-Trennung und einen Waschprozess des Rückstandes zur vollständigen Gewinnung der Cu-Lösungen.
126
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Rückgewinnung von Kupfer aus Lösungen
5
Es sind folgende häufige Sorten von Cu-Lösungen zu betrachten: 5 Cu-Lösungen der Selektivlaugung (Cu-Sulfat, Cu-Tetramminkomplex, Cu-Sulfat/Fe-Sulfat), 5 Cu-Lösungen von der Auflösung von Abfallsalzen in Wasser (Cu-Sulfat, Cu-Chlorid etc.), 5 Ätzlösungen und Galvanikbäder sowie zugehörige Waschwässer (Cu-Sulfat/Fe-Sulfat, CuSulfat/Schwefelsäure, Cu-Chlorid/Salzsäure, Cu-Tetramminkomplex/NH4Cl etc.). z
Es sollte also ein effektiver Kreislauf der teilentkupferten Lösung eingerichtet werden. In den Elektrolysezellen verwendet man unlösliche Hartblei- oder Titananoden und Stahlblechkathoden, auf denen sich ein Kupferblech abscheidet. Die Hartbleianoden sind aber gegen anodisch gebildetes Chlor nicht beständig, weshalb Cl−-Ionen im Elektrolyt unbedingt zu vermeiden sind. Der Energieverbrauch der Reduktionselektrolyse (2000…2500 kWh/t Cu) ist relativ hoch, da im Unterschied zur Raffinationselektrolyse (200…300 kWh/t Cu) die Zersetzungsspannung aufgebracht werden muss.
Elektrolytische Kupferabscheidung
Die effektivste Methode der Verarbeitung der Lösungen ist die Reduktionselektrolyse mit unlöslichen Anoden, da damit verkaufsfähiges reines Elektrolytkupfer zu gewinnen ist. Die Grundlagen der Elektrolyseverfahren wurden bereits in 7 Abschn. 4.2.2 beschrieben und mit . Abb. 4.6 erläutert. Dort ist die Plattenelektrolyse mit relativ konzentrierten und reinen Lösungen als günstigste Methode begründet. Für das Kupferrecycling sind reine Cu-Sulfat-Lösungen als Elektrolyt mit Cu-Konzentrationen von möglichst größer 15 g/l besonders geeignet. Insbesondere die Konzentration an Fe3+-Ionen muss sehr gering sein, da dieses Ion wie oben erläutert Cu-Metall wieder auflöst und seine Reduktionsreaktion an der Kathode (Fe3+ + e → Fe2+) einen zusätzlichen Energieverbrauch veranlasst. Als Ausweg kann man in einer Vorstufe das Fe3+ zu Fe2+ reduzieren oder durch Anwendung von Diaphragmen mit getrennten Anoden- und Kathodenräumen arbeiten (7 Abschn. 4.2.2, Membranverfahren). Zur evtl. notwendigen Aufkonzentrierung und Vorreinigung von Cu-Lösungen sind der Ionenaustausch oder die Solventextraktion in Anwendung (7 Abschn. 4.2.2, Ionenaustausch, Solventextraktion). Bei der Reduktionselektrolyse von CuSO4-Lösungen entsteht anodisch Sauerstoff und Schwefelsäure wird frei, so dass eine vollständige Entkupferung wegen der zunehmenden Schwefelsäurekonzentration und dann eintretender kathodischer Wasserstoffabscheidung mit Bildung schwammiger Cu-Abscheidungen nicht möglich ist. CuSO4 + H2 O → Cu + H2 SO4 + 0,5 O2
z
Zementation mit metallischem Eisen
Durch das unedlere Metall Fe können Cu-Ionen reduziert und als Metallpulver ausgefällt (zementiert) werden. Cu2+ + Fe0 → Cu0 + Fe2+
Die elektrochemischen Grundlagen sind in 7 Abschn. 4.2.2 (»Elektrochemische Prozesse«) und . Tab. 4.2 erläutert. Das gebildete Cu-Pulver bezeichnet man als Zementkupfer. Die Zementation ist aus allen Arten Cu-Salz-Lösungen (auch aus Chloridlösungen) möglich. Neben den Cu-Ionen werden auch vorhandene Edelmetalle und ebenfalls As-Verbindungen reduziert und abgeschieden. Das Zementkupfer enthält erhebliche Fe-Restmengen, ist relativ unrein (60…90 % Cu, 10…30 % Fe) und muss wie Rohkupfer schmelztechnisch raffiniert werden (7 Abschn. 5.4.3). Das Fe-Metall verwendet man häufig in Form von Blechschrott und man führt den Prozess z. B. in Drehtrommeln durch. z
Thermische Zersetzung des Cu-Tetramminkomplexes
Durch Erhitzen der [Cu(NH3)4]CO3-Lösung zerstört man diese Verbindung und fällt das Cu als Mischung von Cu(OH)2 und CuO aus. Dabei destilliert NH3 ab und wird als Laugungsmittel regeneriert. Das abfiltrierte und getrocknete Fällprodukt eignet sich sehr gut als Oxidationszuschlag im CuRaffinierofen.
127
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
z
Kupferfällung als Hydroxid oder Sulfid
Beide Methoden sind wegen erheblicher Nachteile wenig in Anwendung. Das Hydroxid fällt man z. B. mit Kalkmilch und erhält einen schwierig filtrierbaren Niederschlag, der bei Sulfatlösungen viel Gips enthält. Das Sulfid (CuS) ist ebenfalls schwer filtrierbar und ist nach einer Trocknung nur zusammen mit sulfidischen Kupferkonzentraten zu verarbeiten. Wegen der extremen Schwerlöslichkeit des CuS hat die Sulfidfällung aber eine Bedeutung zur Entfernung letzter Cu-Spuren aus Abwasser. Grundlegende Ausführungen zu chemischen Fällungsverfahren (Fällungs-pH-Wert, Löslichkeitsprodukt, Struktur der Niederschläge, Fällungstechnik) finden sich in 7 Abschn. 4.2.2 (»Chemische Fällung«). z
Konzentrierung und Reinigung von verdünnten Cu-Lösungen durch Ionenaustausch oder Solventextraktion
Da die vorteilhafte elektrolytische Abscheidung von verkaufsfähigem Kupfer aus Lösungen höhere Cu-Konzentrationen und eine gewisse Reinheit der Lösungen erfordert, besitzen die genannten Verfahren der Konzentrierung für das Kupferrecycling (oder die Regenerierung von Lösungen) eine erhebliche Bedeutung. Der Ionenaustausch mit Kunstharz-Ionenaustauschern (Austauscherharze) wurde in 7 Abschn. 4.2.2 (»Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«) ausführlich erläutert. Für Cu-Lösungen kommen ausschließlich Kationenaustauscherharze zur Anwendung und die Elution erfolgt mit Schwefelsäure. Dadurch erzielt man eine aufkonzentrierte CuSO4-Lösung, die sehr gut mit der Reduktionselektrolyse zu verarbeiten ist. In . Abb. 4.7 ist der Verfahrensablauf der Konzentrierung einer verdünnten Cu-Lösung mit einem Ionenaustauscher bereits dargestellt. Die Solventextraktion oder Flüssig-Flüssig-Extraktion [59] wurde in 7 Abschn. 4.2.2 (»Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«) bereits allgemein erläutert und in . Abb. 4.8 sind die theoretischen Verteilungsverhältnisse
5
dargestellt. Als stoffliches Beispiel wurde dort die Cu-Extraktion aus ammoniakalischer Lösung behandelt. An dieser Stelle müssen deshalb nur die wesentlichen Kennziffern nochmals angeführt werden: 5 Extraktionsmittel Hydroxyoxim, 5 Rückextraktion mit verdünnter Schwefelsäure, 5 Konzentrierungsgrad durch die Phasenverhältnisse in der Extraktionsstufe und in der Rückextraktionsstufe einstellbar, 5 hoher Reinigungseffekt durch die Cu-spezifische Wirkung des Extraktionsmittels. Die so erzeugte aufkonzentrierte und gereinigte CuSO4-Lösung ist hervorragend zur Kupferabscheidung durch Reduktionselektrolyse geeignet. Die Apparatetechnik für die Solventextraktion ist in . Abb. 4.9 dargestellt. z
Kupferrecycling aus Ätzlösungen der Leiterplattenherstellung [16] [59]
Die häufig verwendete Ätzlösung auf Basis NH3/ NH4Cl enthält das aufgelöste Cu in Form des Komplexes [Cu(NH3)4]2+. Diese Lösung kann man über die oben beschriebene Solventextraktion mit Oxim entkupfern und regeneriert gleichzeitig die Ätzchemikalien. Für die Rückextraktion verwendet man Schwefelsäure und gewinnt damit eine schwach saure, konzentrierte CuSO4-Lösung, aus der durch Reduktionselektrolyse reines Kathodenkupfer abzuscheiden ist. Ätzlösungen auf Basis Na-Persulfat/Schwefelsäure lassen sich direkt elektrolytisch entkupfern, wobei zur Erzielung eines geringen Restkupfergehaltes mit einer Rollschichtkathoden-Zelle gearbeitet wird. In der Zelle erfolgt aber auch eine Reduktion des Persulfats zum Sulfat, das anschließend wieder aufoxidiert werden muss. Weniger häufig finden HCl-Ätzlösungen (mit verschiedenen Oxidationsmitteln) Verwendung. Die verbrauchten Lösungen muss man durch Zementation oder Fällung von Cu-Oxid bzw. CuOxychlorid (Pflanzenschutzmittel) aufarbeiten.
5
128
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
5.4.5
Zusammensetzung von Nickelwerkstoffen, Nickelverbindungen, Nickelschrotten und nickelhaltigen Abfällen
Ni-Werkstoffe kommen vorwiegend als Ni-Legierung für korrosionsbeständige und hitzebeständige Konstruktionen und z. T. als Funktionswerkstoffe zum Einsatz. Dabei überwiegen die Knetwerkstoffe deutlich. Die meist hohen Legierungsgehalte komplizieren naturgemäß das Recycling erheblich und genauere Angaben zur Art der Legierungsmetalle und zu deren chemisch-metallurgischem Eigenschaften sind deshalb unbedingt erforderlich. Der hohe Wert des Ni-Metalls aber ist eine starke Motivation für eine weitgehend vollständige Ni-Rückgewinnung in hoher Qualität. Neben den Ni-Werkstoffen sind mehrere NiVerbindungen von erheblicher technischer Bedeutung und stellen deshalb auch einen größeren Anteil in den Ni-haltigen Recyclingmaterialien. Zusammen mit dem Recycling von Nickel kann man sehr vorteilhaft auch Co-haltige Abfälle mit anreichern und verarbeiten, weil die chemischen Eigenschaften von Co denen des Ni sehr ähnlich sind. Es sind deshalb einige Angaben zu Co-haltigen Abfällen beigefügt. z
Nickelwerkstoffe [31]
Unlegiertes Nickel (Reinnickel) und niedriglegiertes Nickel kommt mit Ni-Gehalten von 99,99 % Ni bis 99,2 % (Mn, Mg) für Galvanikanoden, Werkstoffe der Hochvakuumtechnik und Elektrotechnik sowie als alkalibeständiger Konstruktionswerkstoff zum Einsatz. Nickellegierungen mit hohen Gehalten an Cu, Mo, Cr, Fe finden als Konstruktionswerkstoffe unter Bedingungen der Nasskorrosion Anwendung. Legierungsbeispiele: 5 NiCu30Fe, NiCu30Al, Ni67Cu (Monel), 5 NiMo28, NiMo29Cr, NiCr22Mo7Cu, NiCr22Mo9Nb, 5 NiCr15Fe, NiCr29Fe. In dieser Gruppe sind weitere Handelsnamen (Inconel, Hastelloy, Nicrofer etc.) gebräuchlich. Bei korrosiver Beanspruchung durch heiße Gase ver-
wendet man u. a. die Legierungen NiCr70/30 und NiCr20Ti. Für hochwarmfeste Legierungen sind u. a. folgende Zusammensetzungen bekannt: NiCr23Fe, NiCr26MoW und NiCr23Co12Mo. Diese Legierungen erfüllen Anforderungen für höchste Korrosions- und Temperaturbeständigkeit (Gasturbinen, Flugzeugturbinen, Brennkammern). Zu den hochlegierten Ni-Werkstoffen gehören auch die magnetischen Ni-Legierungen wie Permalloy (75,5 % Ni, 20,7 % Fe, 3,8 % Cr), Nifemax (ca. 50 % Ni, 50 % Fe) sowie die Ausdehnungs- und Einschmelzlegierungen (z. B. FeNi36, FeNi28Co18, NiFe45). An dieser Stelle sollen auch nochmals die Münzlegierungen CuNi25 und das Neusilber, eine CuNiZnLegierung (siehe Cu-Legierungen), erwähnt werden. Noch geringe Anwendung haben die FormGedächtnis-Legierungen auf der Basis NiTi. z
Nickelverbindungen [59]
Wegen des relativ großen Anteils von Ni-Verbindungen in den Rücklaufmaterialien und auch bei den möglichen Endprodukten des Recyclings ist eine Berücksichtigung der Ni-Verbindungen unerlässlich. Schätzungsweise 25 % des primär erzeugten Nickel kommen als Ni-Verbindungen in den Handel. Ni-Hydroxid dient zur Herstellung von Sinteranoden für NiCd-Akkumulatoren. Für die NiMH-Akkumulatoren geht man von Ni-Nitrat und Ni-Hydroxid aus. Die Ni-Katalysatoren stellt man auf Basis von Ni-Nitrat, Ni-Sulfat oder Ni-Formiat her. Dabei erzeugt man aus diesen Verbindungen auf keramischen Trägern durch Reduktion ein fein verteiltes Ni-Metall. Daneben besitzen Katalysatoren auf Basis NiMo, NiW und NiV eine technische Bedeutung. In der Galvanotechnik verwendet man z. B. Ni-Chlorid, Ni-Sulfat und NiCyanid als Elektrolyten. z
Nickelschrotte
Die Ni-Schrotte umfassen alle oben angeführten Ni-Werkstoffe in den üblichen Formen als Kompaktschrott, Blech und Späne sowie in den Qualitäten Neuschrott und Altschrott. Der erhebliche Restwert des Ni und die hohen Gehalte der meist auch wertvollen Legierungsmetalle sowie die schwierige metallurgische Trennung des Ni vom Cu machen eine weitgehend getrennte Erfassung und Verarbei-
129
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
5
tung der Ni-Werkstoffe notwendig. Dabei verfolgt man nach Möglichkeit das Ziel, den vorliegenden Legierungstyp genau zu bestimmen, um nur durch Umschmelzen das Recycling zu realisieren. Der Verein Deutscher Metallhändler e.V. (VDM) hat deshalb 13 Sorten Ni-Schrott festgelegt [46], wobei er vor allem folgende Qualitäten unterscheidet: 5 unlegierter Ni-Schrott einschließlich Ni-Anoden- und Ni-Kathodenreste mit 98…99 % Ni + Co, max. 1 % Co, max. 0,5 % Cu, 5 NiCu-Schrott mit 10…30 % Cu und zugehörige Späne, 5 Neusilberschrott mit mindestens 70 % Cu + Ni (Rest Zn).
z
Der VDM hat die Schrotte der wichtigen NiCr- und NiMo-Konstruktionswerkstoffe sowie die Ni-Magnetwerkstoffe in seine Sortenliste nicht aufgenommen, die hier unbedingt zu berücksichtigen sind und in folgenden weiteren Gruppen getrennt erfasst werden sollten: 5 NiCrFe-Schrotte, 5 NiCrMo-Schrotte, 5 NiMo-Schrotte, 5 NiCo-Schrotte.
Das Umschmelzen reiner Schrottsorten ist von erheblicher Bedeutung, da dieses Verfahren die weitgehende Erhaltung der Legierung und damit die erneute Nutzung auch der Legierungsmetalle gewährleistet. Dieses Recycling von Legierungen setzt natürlich die sehr sorgfältige getrennte Erfassung der Schrotte und deren Sortierung nach Legierungsgruppen (physikalische Analysentechnik für Schrottproben) sowie die Aushaltung erkennbarer Beimengungen (z. B. Stahl) unbedingt voraus. Die häufigen Legierungsmetalle Cr, Mo und Fe haben allerdings eine höhere Sauerstoffaffinität als Ni (. Abb. 5.2), so dass beim Umschmelzen durch Zutritt von Sauerstoff eine geringe selektive Oxidation stattfindet (Abbrandverluste). Cu hat dagegen eine ähnliche Sauerstoffaffinität wie Ni und Co und verhält sich praktisch analog dem Ni. Das Ni selbst kann durch Aufnahme von Schwefel z. B. aus Feuerungsgasen verunreinigt werden. Wegen der hohen Schmelztemperatur des Ni (Schmelzpunkt 1455 °C) und der Notwendigkeit einer Vermeidung der Berührung mit Luft und Feuerungsgasen kommen als Umschmelzöfen nur Elektroöfen in Betracht (Induktions- und Lichtbogenöfen). Zur Entfernung von geringen Verunreinigungen aus unlegierten Ni-Schmelzen bzw. zur Korrektur der Legierungszusammensetzung bezüglich Cr und Fe kann man die selektive Oxidation anwenden und z. T. auch mit einer Abdeckung des Metalls mit einer künstlichen Schlackenschicht arbeiten. Zur anschließend erforderlichen Desoxidation verwendet man Mg, das auch eine Entschwefelung bewirkt. Die Raffination der Me-
z
Nickelhaltige Abfälle [60] [62] [64]
Eine erste Gruppe sind metallische Abfälle, die auf Grund der Feinteiligkeit, der starken Verunreinigung und auch undefinierter Zusammensetzung eine mehrstufige metallurgische Verarbeitung notwendig machen. Dazu zählen stark verunreinigte, feinteilige Schrotte und Späne sowie Schleifschlämme und Altkatalysatoren der Typen Ni (mit ca. 5…10 % Ni, 3 % Cu) und NiMo, NiW, NiV. Als Trägermaterial der Katalysatoren sind Al-Oxid, Kieselgur oder Mg-Oxid in Anwendung. Die Altkatalysatoren sind mit Fetten und anderen organischen Stoffen belastet. Die zweite Gruppe umfasst Ni-haltige Industrieabfälle, in denen Ni in Form von häufig schwer löslichen Ni-Verbindungen vorliegt, besonders Hydroxid- und Sulfidfällschlämme, Zunder (NiO), Flugstäube (NiO), Schlacken (Silikate). Eine dritte Gruppe umfasst die wasserlöslichen Abfallsalze (Sulfat, Chlorid, Nitrat) aus Galvanikverfahren und das Rohnickelsulfat aus der Kupferraffinationselektrolyse.
Kobalthaltige Abfälle
Für die gemeinsame Verarbeitung mit den Ni-Abfällen kommen Co-haltige Abfälle mit geringen Co-Gehalten in Betracht. Das sind Co-haltige Altkatalysatoren, Cu-Ni-Fe-Schrotte (bis 5 % Co), Fällschlämme und Salze.
5.4.6
Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Nickelschrotten und nickelhaltigen Abfällen
Umschmelzen und Raffination reiner Schrotte
130
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
tallschmelzen kann aber wesentlich effektiver in einem nachgeschalteten Vakuuminduktionsofen ausgeführt werden. Durch das Vakuum kommt es zu einer ausreichenden Entgasung (O, N) und zur Verdampfung solcher Verunreinigungen wie Zn, Pb, Sb, As und Bi. Außerdem ist unter Vakuum eine sehr genaue Einstellung der besonders oxidationsempfindlichen Legierungsmetalle Al, Nb, Ti etc. gewährleistet. Die Raffination führt man alternativ auch mit dem Elektroschlacke-Umschmelzverfahren durch. Auf Grund der ähnlichen Sauerstoffaffinitäten von Ni und Cu und der geringen Dampfdrücke ist eine Veränderung des Verhältnisses von Ni/Cu beim Umschmelzen nicht möglich. Als Recyclingalternative für die NiCr-Schrotte bietet sich auch die Verwendung als Legierungszusatz für die Herstellung von CrNi-Stählen an. Dabei sind aber Cu-Gehalte nicht erlaubt und Mo-Gehalte nur bedingt zulässig (7 Abschn. 5.2.2 und . Tab. 5.4 bzw. . Tab. 5.5). Dieser Recyclingweg in die Stahlherstellung wird auch für minderwertige Abfälle aus dem Maschinenbau (NiCr-haltige Späne, Zunder, Stäube) angeboten. Man schmilzt diese Abfälle im Elektroofen unter Zusatz von Reduktionsmitteln und evtl. Eisen und erzeugt Legierungsblöcke mit etwa 18 % Ni und 8 % Cr, die an Stahlwerke abgegeben werden. Aus den angeführten Gründen ergibt sich die Notwendigkeit zur strikten Trennung der NiCr-Schrotte von den NiCu- bzw. CuNiSchrotten.
Konzentrationsschmelzen verunreinigter Schrotte und oxidischer oder sulfidischer Abfälle [61] [62] Die Nutzbarmachung feinteiliger, stark verunreinigter Schrotte, Späne und Schleifschlämme sowie Industrieabfälle und Fällschlämme mit Ni-Verbindungen und Cu-Gehalten erfordert ein robustes Verfahren zur Gewinnung eines einheitlichen Zwischenproduktes, in dem viele Wertmetalle konzentriert sind. Ein solches Verfahren ist das Reaktionsschmelzen mit Erzeugung einer NiCuFe-Sulfid-Schmelzphase als Wertmetallsammler und die Abtrennung der Verunreinigungen in einer silikatischen Schlackenphase. Diese zwei Schmelzphasen sind ineinander unlöslich, haben ausreichend unterschiedliche Dichte und sind somit nach dem Erstarren mechanisch voneinander zu separieren.
Die Sulfidphase bezeichnet man in der Metallurgie als »Stein«. Die thermochemische Grundlage dieses Verfahrens sind die unterschiedlichen Affinitäten von Ni, Cu und Fe zu Schwefel und Sauerstoff, d. h. zur Bildung von Sulfiden oder Oxiden dieser Metalle. Die Sauerstoffaffinitätsreihe ist bereits in 7 Abschn. 5.1.1 und . Abb. 5.2 vorgestellt. Für diese Affinitäten sind bei Schmelztemperaturen folgende qualitative Reihungen gültig: 5 Die Sauerstoffaffinität nimmt in der Reihenfolge Fe, Ni, Cu ab. 5 Die Schwefelaffinität nimmt umgekehrt vom Fe über Ni zum Cu zu. Damit ergibt sich die Möglichkeit, durch berechnete Zusätze an Schwefel das Ni und Cu vollständig und Fe z. T. zu deren Sulfiden umzusetzen und den Hauptteil des Fe als Oxid (FeO) mit Sand (SiO2) als FeO-Silikat zu verschlacken. Da ein großer Anteil der Abfälle das Ni als Oxid (NiO), Hydroxid (Ni(OH)2) oder Salz (NiSO4) enthält, muss dem Einsatzmaterial auch ein Reduktionsmittel (Koksgrus) zugesetzt werden. Zum Erreichen einer geeigneten Schlacke sind neben Sand noch Kalkstein und Soda als Zuschläge üblich sowie eigene Retourschlacke. Diese Zuschläge sind besonders wichtig, wenn größere Mengen an Altkatalysatoren mit ihrem schwer schmelzbaren Trägermaterial aus Al2O3 und MgO vorliegen. Der Schwefelzusatz kann als Gips (Kalziumsulfat) oder Pyrit (Eisensulfid) erfolgen. Der Koksgrus reduziert den Gips zu CaS. Evtl. zugesetzte Co-haltige Abfälle verhalten sich sehr ähnlich dem Ni bzw. den Ni-Verbindungen und Co sammelt sich deshalb überwiegend auch im Stein. Das Reaktionsschmelzen verlangt relativ hohe Temperaturen (im Ofenraum 1600 °C, Temperatur der Schmelze 1300 °C) und Reaktionszeiten von mehreren Stunden. Als Schmelzapparate sind Drehflammöfen mit Öl-Sauerstoff-Brenner und Elektroreduktionsöfen in Anwendung. Der Drehflammofen entspricht im Prinzip der Bauweise des in . Abb. 5.13 vorgestellten Drehtrommelofens. Der Elektroreduktionsofen mit eintauchenden Elektroden ist in . Abb. 5.19 erläutert. Die in einer Recyclinghütte [62] erzeugten Schmelzprodukte und die erreichte Metallverteilung sind in . Tab. 5.9 wiedergegeben. Die Co-Ge-
5
131
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
. Tab. 5.9 Konzentrationsschmelzen von NiCu-haltigen Abfällen im Drehflammofen nach Stenzel und Carluss [62]; Einsatzmaterial und Produkte des Schmelzprozesses Einsatzmaterial
Menge pro Charge
10 t
Produkte des Schmelzprozesses Stein
Schlacke
Flugstaub
Retourschlacke
0,40 t
2,80 t
0,160 t
0,60 t
Gehalt der Hauptmetalle (%) Fe %
5…15
15
10
1,6
10
Cu %
0,1…6
5…15
0,1…1
1
1
Ni %
0,1…10
20…40
0,5…1,5
2
1,5
Masseverteilung der Hauptmetalle (% vom Einsatz) Fe % v.E.
100
30
70
Cu % v.E.
100
90
10
Ni % v.E.
100
93
7
halte des Einsatzes findet man zu ca. 75 % im Stein. Die Einstellung eines ausreichenden Eisensulfidgehalts im NiCu-Stein ist dabei entscheidend, da dieser FeS-Gehalt das Ni3S2 und Cu2S vor der Oxidation und damit der Verschlackung schützt. Der Ni-Gehalt der Schlacke und damit die Ni-Verluste sind direkt abhängig vom Ni-Gehalt des Steins. Der beim Konzentrationsschmelzen gewonnene NiCuRohstein kann durch selektive Oxidation des FeS im Konverter zu einem Feinstein mit nur noch 1 % Fe, Rest NiCu-Sulfid aufkonzentriert werden. Dabei entsteht eine sehr NiCu-reiche Schlacke, die in das Konzentrationsschmelzen rückzuführen ist. Eine Trennung Ni/Cu durch Verblasen im Konverter ist aber wegen der sehr ähnlichen Sauerstoffaffinität nicht möglich (weitere Informationen zum Verblaseprozess im Konverter siehe 7 Abschn. 5.4.3). Im Ni-Recyclingweg fallen aber im Allgemeinen nicht so große Rohsteinmengen an, dass eine schmelzmetallurgische Weiterverarbeitung zum Feinstein und nachfolgende Ni-Cu-Trennung wirtschaftlich sind. Den NiCu-Stein verkauft man deshalb an primäre Ni-Hütten. Eine nassmetallurgische Weiterverarbeitung des Rohsteins ist aber auch in Recyclinghütten wirtschaftlich durchführbar und vor allem recht günstig mit anderen nasschemischen Recyclingprozessen zu kombinieren.
Für Altkatalysatoren vom Typ NiV, NiMo und NiW ist ein getrenntes Konzentrationsschmelzen auf Ni-Stein zu empfehlen. Dabei verwendet man eine alkalische Schlacke, die V, Mo und W als Vanadat, Molybdat bzw. Wolframat bindet und zur Rückgewinnung dieser Metalle geeignet ist [64].
5.4.7
Nasschemische Recyclingverfahren für nickelhaltige Abfälle
Das nasschemische Recycling bietet sich vor allem für solche Abfälle an, die wasser- oder säurelösliche Ni-Verbindungen enthalten. Das sind zunächst alle Ni-Salze (Rohnickelsulfat und Abfallsalze), Ni-Hydroxide in Fällschlämmen und Ni-Oxid. Aber auch der NiCu-Rohstein, abgeröstete Ni-Katalysatoren der Fetthydrierung und metallische Abfälle (kleinteiliger Schrott, Schleifschlämme) sowie Schlacken können nasschemisch verarbeitet werden (. Abb. 5.23). z
Sauerstoffdruckaufschluss von Nickelkupferstein [61]
Der nasschemische Aufschluss des NiCu-Rohsteines (möglichst <10 % Fe-Gehalt) gelingt mit
132
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
NiCuSchrott
Rohnickelsulfat, Ni-Schlämme
Ni-Galvanikschlamm, Ni-Schleifschlamm, Neutralisationsschlamm, Ni-haltig Ni-Schrott, verunreinigt, Stäube, Ni-haltig
Katalysatoren
Rückstände von Aufschlüssen und Laugenreinigungen
. Abb. 5.23 Recycling von nickelhaltigen Abfällen und verunreinigten Nickelschrotten durch sulfidierendes Konzentrationsschmelzen und ausgewählte nasschemische Verfahren.
Schmelzen Koksgrus
Sand, Kalkstein
Konzentrationsschmelzen, sulfidierend
5
NiCuFe-Sulfid (NiCu-Stein)
Pyrit, Gips Abgas
Schlacke
Abgasreinigung Mahlen < 0,1 mm Flugstaub
Gips
Sauerstoffdruckaufschluss, 130 °C; 0,8 MPa O2 Löseprozess
Rösten
Rückstand
Filtration
Filtration Rohlauge, Ni-Cu-Fe-Sulfat NiCuAnoden
Rohlaugen
Entkupferungselektrolyse
Elektrolytkupfer
Laugenreinigung Nickelelektrolyse
NiCuStein
Rückstand
Elektrolytnickel
Kristallisation
Nickelsulfatlösung
Fällschlämme
NickelsulfatHexahydrat
verdünnter Schwefelsäure bei Temperaturen von 100…130 °C und 0,5…1 MPa Sauerstoffpartialdruck, wenn man den Stein vorher auf eine Korngröße <0,1 mm zerkleinert. Dabei wird parallel der Sulfidschwefel zu Sulfat und Schwefelsäure oxidiert und das FeS überwiegend in unlösliches Fe2O3 umgewandelt.
Co-Produkte
Man kann also folgende chemische Reaktionen annehmen: Ni3 S2 + 4,5 O2 + H2 SO4 → 3 NiSO4 + H2 O CuS + 2 O2 → CuSO4
2 FeS + 4,5 O2 + 2 H2 O → Fe2 O3 + 2 H2 SO4
2 FeS + 4,5 O2 + H2 SO4 → Fe2 (SO4 )3 + H2 O
Für die Realisierung dieser Aufschlussbedingungen sind säurefeste Druckbehälter (Autoklaven) in Anwendung, die die Zufuhr und feine Verteilung des Sauerstoffs über ein Impellerrührwerk (Begasungsrührer) gewährleisten (. Abb. 5.24). Der Aufschluss gelingt zu ca. 95 %. Den festen Aufschlussrückstand setzt man nochmals dem Reaktionsschmelzen zu. Die Aufschlusslösung besteht aus den gelösten Sulfaten (50…80 g/l Ni, 15 g/l Cu, 2…5 g/l Fe, 2 g/l Co) und restlicher Schwefelsäure (20…30 g/l). z
5
133
5.4 • Recycling von Kupfer- und Nickelwerkstoffen
NiCu-Stein, gemahlen < 0,1 mm
Sauerstoff Wasser + Schwefelsäure
Motor Sauerstoffansaugung Stahlmantel, verbleit Graphitauskleidung
Elektrolytische Ni-Cu-Trennung
Die Möglichkeit der elektrolytischen Trennung von Ni und Cu in schwefelsaurer Lösung ergibt sich aus dem positiven Normalpotential des Cu (+ 0,35 V) gegenüber einem negativen Normalpotential des Ni (–0,25 V) (. Tab. 4.2 und 7 Abschn. 4.2.2, »Elektrochemische Prozesse«). Die oben angeführte Aufschlusslösung ist direkt für den Einsatz in die elektrolytische Entkupferung geeignet. Die Elektrolysebäder der Entkupferung bestehen aus unlöslichen Hartbleianoden (oder Titananoden) und Stahlblechkathoden, auf denen sich das Elektrolytkupfer abscheidet. An der Anode entsteht Sauerstoff und im Elektrolyt Schwefelsäure. Die Entkupferung kann man bis zur beginnenden Wasserstoffabscheidung an der Kathode durchführen (Cu-Endkonzentration 0,4 g/l). Kathode: Cu2+ + 2e → Cu0
Heiz-/ Kühlmantel Strombrecher Begasungsrührer Gasaustritt . Abb. 5.24 Rührwerksautoklav für den Sauerstoffdruckaufschluss von NiCu-Rohstein.
se zu Plattenanoden. Als Ausgangsmaterial eignet sich auch Neusilberschrott (CuNiZn), der in einem speziellen Konverter durch selektive Oxidation weitgehend entzinkt wurde. Anodisch wird dabei die Bildung von O2 durch die elektrochemische Auflösung von Ni und Cu ersetzt. Anodenreaktion:
Anode: SO4
CuNi − 4e → Cu2+ + Ni2+ 2−
+ H2 O − 2e → H2 SO4 + 1/2 O2
Ni-, Co- und Fe-Ionen scheiden sich kathodisch nicht ab und verbleiben im Elektrolyt. Eine sehr vorteilhafte Variante der elektrolytischen NiCuTrennung ist die Verwendung von löslichen Anoden aus NiCu-Legierung, die aus NiCu-Schrotten erschmolzen werden. Zu diesem Zweck schmilzt man relativ reine NiCu-, NiCuFe- oder CuNiSchrotte im Lichtbogenofen ein und vergießt die-
Da äquivalente Mengen Kationen kathodisch entladen werden müssen, ist ein entsprechender Zusatz von CuSO4-haltigen Lösungen (z. B. die oben angegebene Aufschlusslösung des NiCu-Steines) zum Elektrolyten optimal. Es ergibt sich dann folgende Summenreaktion:
NiCu + Cu2+ + SO4 2− → 2 Cu0 + Ni2+ + SO4 2−
134
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Bei unzureichendem Zusatz von CuSO4 zum Elektrolyt bilden sich kathodisch äquivalente Mengen Wasserstoff (Explosionsgefahr!) durch elektrolytische Zersetzung der Schwefelsäure. Das Zwischenprodukt der Entkupferung und Auflösung der NiCuAnoden ist eine Ni-Sulfat-Rohlauge mit z. B. 0,5 g/l Cu, 5 g/l Fe, 2 g/l Co und freier Schwefelsäure. z
5
Anode:
SO4 2− + H2 O − 2e → 2H+ + SO4 2− + 1/2 O2 Elektrolytaufbereitung:
2 H2 SO4 + NiCO3 · Ni(OH)2 → 2 NiSO4 + CO2 + 3 H2 O
Verarbeitung von Nickelsulfat-Rohlaugen zu Verkaufsprodukten
Bei größeren Konzentrationen an Schwefelsäure muss man die Rohlaugen eindampfen und ein NiRohsulfat auskristallisieren. Das Rohsulfat löst man wieder in Wasser auf und trennt die Fremdmetalle Fe, Cu, Zn durch chemische Fällprozesse als Hydroxide, Sulfide oder Phosphate ab. Die Fällschlämme enthalten dabei immer auch erhebliche Konzentrationen an Ni, so dass diese in das Konzentrationsschmelzen zurückgeführt werden. In einer abschließenden Reinigungsstufe trennt man Co ab. Das erfolgt vorwiegend durch Solventextraktion. Aber auch eine Ausfällung als Co(III)-hydroxid ist möglich. Aus den Co-Lösungen oder Co-Fällschlämmen lassen sich verkaufsfähige Co-Verbindungen herstellen. Aus der reinen Ni-Sulfatlösung erzeugt man durch Kristallisationsverfahren reines Nickelsulfat (NiSO4 · 6 H2O) für die Verwendung in der Galvanik. Alternativ ist als Endprodukt auch Elektrolytnickel herstellbar. Dafür setzt man die Reduktionselektrolyse von Ni-Sulfatlösung mit unlöslichen Bleianoden ein (zu den Grundlagen siehe 7 Abschn. 4.2.2, »Elektrochemische Prozesse«, und . Tab. 4.2). Dieser Prozess ist wegen des negativen Normalpotentials des Ni (– 0,25 V) nur in fast neutralem Elektrolyt (1…4 g/l H2SO4) möglich. Da aber durch die kathodische Ni-Abscheidung im Elektrolyt ständig der Ni2+-Gehalt abnimmt und andererseits H2SO4 entsteht, müssen durch Zusatz von basischem Ni-Karbonat die Ni2+-Kationen ständig ersetzt und die Säure neutralisiert werden. Bei Anwendung der Ni-Sulfat-Elektrolyse muss man also aus der reinen Ni-Sulfatlösung durch Fällung mit Soda zunächst basisches Ni-Karbonat (NiCO3 · Ni(OH)2) herstellen. Kathode: Ni2+ + 2e → Ni0
z
Membranelektrolyse von Nickelchloridlösungen
Die einfache Plattenelektrolyse würde zu einer sehr problematischen Bildung von Chlorgas an der Anode führen und die »unlösliche« Anode angreifen. Durch den verfahrenstechnischen Trick der Trennung des Elektrolysebades in einen Anodenraum und einen Kathodenraum mit Hilfe einer Kationenaustauschermembran ist die Chlorbildung vermeidbar. In 7 Abschn. 4.2.2 (Membranverfahren) ist das Funktionsprinzip der Membranelektrolyse bereits am Beispiel NiCl2 erläutert, und in . Abb. 4.10 ist der Aufbau der Elektrolysezelle skizziert. In den Kathodenraum füllt man die NiCl2-Lösung und in den Anodenraum eine 8%ige NaOH-Lösung, so dass anodisch die OH−-Ionen entladen werden und dabei Sauerstoff entsteht. An der Kathode erhält man gut verwertbares Ni-Metall. Die Kathodenund Anodenreaktion sowie die Stoffbilanz wurden ebenfalls bereits in 7 Abschn. 4.2.2 (Membranverfahren) angegeben. z
Weitere nasschemische Recyclingverfahren [63]
Für unterschiedliche Abfälle ist eine Vielzahl weiterer Recyclingverfahren im Einsatz, die nur kurz angedeutet werden können: 5 Altkatalysatoren der Fetthydrierung muss man zunächst durch Oxidation (Abrösten oder mittels Salpetersäure) bzw. mit organischen Lösemitteln entfetten. Daran schließt sich z. B. ein Aufschluss mit Schwefelsäure an. 5 Metallische Abfälle sind ebenfalls mit Schwefelsäure und einem Oxidationsmittel auflösbar. 5 Schlacken muss man einem alkalischen Aufschluss unterziehen und fällt dann zweckmäßig Ni-Karbonat als Zwischenprodukt aus.
5.5 • Recycling von Bleiwerkstoffen, Bleiverbindungen und bleihaltigen Abfällen
5 Die Reinigung der Lösungen erfolgt nach einer Fe-Fällung überwiegend durch Solventextraktion von Cu, Zn und Co. Beim Nickelrecycling werden also überwiegend die folgenden Produkte erzeugt: 5 Nickelmetall und Nickellegierungen (durch Umschmelzen reiner Schrotte), 5 Nickelsulfatlösung und Nickelsulfat-Hexahydrat (für den Galvanikeinsatz), 5 Elektrolytnickel, 5 NiCu-Stein (als Zwischenprodukt), 5 Kobaltkonzentrat (als Zwischenprodukt), 5 Elektrolytkupfer.
5.5
Recycling von Bleiwerkstoffen, Bleiverbindungen und bleihaltigen Abfällen
Pb-Werkstoffe und Pb-Verbindungen sind ökologisch umstritten, aber sie besitzen eine erhebliche technische Bedeutung und der Weltverbrauch an Blei nimmt weiterhin zu. Dafür ist in erster Linie das Haupteinsatzgebiet des Bleis im Bleiakkumulator verantwortlich. Die Pb-Verwendung verteilt sich etwa zu 60…70 % auf die Akkumulatoren, zu 20…25 % auf Pb-Verbindungen und zu 10…15 % auf Halbzeug und Legierungen [16] [59]. Das Bleirecycling ist deshalb überwiegend auf das Akkumulatorenrecycling ausgerichtet, wobei die Mehrzahl der anderen Pb-Schrotte, die Pb-Verbindungen und auch Pb-haltige Abfälle in dieser Recyclinglinie mit verarbeitet werden können. Die Konzentrierung der Pb-Verwendung auf die Akkumulatoren und die einfache Identifikation von PbSchrotten führen zu der sehr hohen Recyclingquote von 70…90 % (bei Akkumulatoren ca. 95 %). Bei den Recyclingprozessen ist die hohe Toxizität des Bleis zu berücksichtigen, indem alle Gefahren der Pb-Aufnahme durch den menschlichen Körper genauestens zu beachten sind. Diese Aufnahme kann vor allem durch Inhalation von Stäuben und Dämpfen sowie oral und auch über die Haut erfolgen. Dabei sind die löslichen Pb-Verbindungen (vor allem die organischen) naturgemäß besonders gefährlich.
5.5.1
z
135
5
Zusammensetzung von Bleiwerkstoffen, Bleiverbindungen, Bleischrotten und bleihaltigen Abfällen
Bleiwerkstoffe [31]
Unlegiertes Blei (99,9 % Pb), sog. Weichblei, findet nur geringen Einsatz (Dichtungen, Strahlenabsorption, Auskleidungen, Dacheindeckungen). PbSb-Legierungen (Hartblei) sind dagegen die Hauptlegierungen für Akkumulatorengitter (PbSb5As) und Hartbleianoden (PbSb10). PbSb2 und PbSb4 verwendet man für Behälterauskleidungen und Rohrleitungen. PbSn-Legierungen mit 20…60 % Sn sind die klassischen Weichlote. Wegen des hohen Wertanteils des Sn sind diese Legierungen aber als Sn-Sekundärrohstoffe einzuordnen. Das trifft natürlich vor allem für die in der Elektronik/Elektrotechnik zunehmend eingesetzten Pb-freien Lote auf SnAgbzw. SnCu-Basis zu. PbSnSb-Legierungen kommen für Lagermetalle (z. T. mit Cu, Cd) und z. T. noch für Schriftmetalle (z. B. PbSb12Sn5) zum Einsatz. Für Akkumulatorengitter kommen zunehmend PbCa-Legierungen mit 0,2 % Ca oder PbSnCaLegierungen mit 0,2 % Ca, 0,5…1,5 % Sn und Spurenzusätzen von Al, Sr, Cu, Ag zur Anwendung [65]. Für Bleianoden von elektrochemischen Verfahren verwendet man neben PbSb-Legierungen (4…11 % Sb) auch Legierungen vom Typ PbSnCa (2 % Sn, 0,5 % Ca), PbAg (bis 2,5 % Ag und z. T. bis 10 % In bzw. bis 9 % Tl) [66]. z
Bleiverbindungen
PbO wird in großen Mengen zur Herstellung der Paste für Akkumulatorengitter benötigt. Außerdem ist das Oxid Ausgangsmaterial für die Produktion anderer Pb-Verbindungen bzw. Anwendungen. Das sind Pb-Stearate (PVC-Stabilisatoren) und Pb-Gläser (Bildschirmröhren, Bleikristall). Die Verwendung der Pb-Pigmente Mennige (Pb3O4, Rostschutzmittel), Bleiweiß (2 PbCO3 · Pb(OH)2) und Bleichromat (PbCrO4) ist dagegen in den Industrieländern durch Umweltschutzauflagen stark rückläufig. Das Antiklopfmittel Pb-Tetraethyl wird nicht mehr hergestellt [59].
136
z
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Bleischrotte und bleihaltige Abfälle
Neuschrotte aus der Akkumulatorengitterfertigung und der Herstellung und Verarbeitung von Anoden, Rohren und Blechen werden direkt bei den Herstellern legierungsspezifisch gesammelt. Bei Altbleischrotten unterscheidet der VDM [46] nach 5 Weichbleischrott (Bleche, Rohre, Kabelmäntel), frei von Anhaftungen, 5 Altbleischrott verschiedener Herkunft einschließlich Hartblei (PbSb-Legierung), verunreinigt (<2 % Fe); z. B. Schriftmetall, Apparateteile, Rohre, Rinnen, Dachverkleidungen, 5 Bleiaschen (oxidisches Material als Abzüge von Schmelzprozessen), 5 Bleiakkumulatorenschrott als ausgebaute Platten (>72 % Pb+Sb), 5 Bleiakkumulatoren, komplett ohne Säure (max. 32 % Kastenanteil). Diese Sorten des VDM sind durch weitere Sekundärmaterialien zu ergänzen [16]: 5 Pb-Krätzen (metallisch-oxidische Abzüge aller Schmelz- und Gießprozesse mit bis 80 % Pb), 5 Bleiglasscherben (Silikate mit ca. 24 % PbO und 14 % K2O), 5 Pb-haltige Flugstäube verschiedener Industrien und Abfälle der Pigmentherstellung (PbInhalt als Oxide, bis 60 % Pb), 5 Pb-haltige Filterkuchen von Abwasserbehandlungen (Pb-Inhalt als Pb-Karbonat bzw. Pb-Hydroxid, bis 10 % Pb, Hauptbestandteil Kalziumsulfat und Kalziumhydroxid).
5.5.2
z
Aufbereitung und schmelzmetallurgische Verarbeitung von Bleiakkumulatoren
Zusammensetzung der Bleiakkumulatoren
Der Aufbau der Akkumulatoren unterscheidet sich nach Bauart, Herkunft und Alter. Man kann folgende mittlere Zusammensetzung annehmen [16] [67] [68] [69]: 5 Bleimetall (Sb- oder Ca/Sn-Legierung): 25…34 %, 5 Paste (PbO-PbSO4-Gemisch): 35…40 %, 5 Separatoren (PE): 3…7 %,
5 Gehäusematerial (PP): 5…9 %, 5 Schwefelsäure (10…30 %ig): 10…25 %. Bei älteren Akkumulatoren bestehen die Separatoren noch aus PVC, Glasfasergewebe oder Cellulose. Die Gehäuse älterer oder spezieller Akkumulatoren sind aus Hartgummi (Ebonit) und z. T. aus Glas hergestellt.
Mechanische Aufbereitung der Bleiakkumulatoren Eine erste Stufe der Aufbereitung ist die Entleerung der Säure. Diese wird mit NaOH neutralisiert und aus der erhaltenen Lösung verkaufsfähiges Natriumsulfat (Waschmittelherstellung) kristallisiert. Die entleerten Akkumulatoren wurden früher häufig komplett in Schachtöfen eingeschmolzen. Dabei konnten die Kunststoffe als Brennstoffe und Reduktionsmittel für die Pb-Oxide genutzt werden. Erhebliche Probleme entstanden aber durch die Schwefelgehalte im PbSO4 und im Ebonit, die zu SO2-haltigen Abgasen und zur Bildung einer PbFeS-Schmelzphase (sog. Bleistein) führten. Auch die früher vorwiegend eingesetzten PVC-Separatoren führten infolge der Bildung von flüchtigem PbCl2 und Dioxin zu erheblichen Abgas- und Flugstaubproblemen. Eine besondere Variante ist das Schmelzen kompletter Akkumulatoren im Kurztrommelofen unter Zusatz von Soda (Na2CO3), das den Sulfatschwefel als Na2SO4-Schlacke bindet. Diese Schlacke deponiert man untertägig. In den Ländern mit hohem Umweltstandard ist aber heute vor dem Schmelzprozess eine Trennung der verschiedenen Akkumulatorenbauteile durch Aufbereitung eingeführt. Diese Aufbereitung besteht aus sechs Prozessstufen (. Abb. 5.25) [68]: 1. Zerkleinern im Shredder (. Abb. 3.2) mit Abtrennung des Säurerestes, 2. Abtrennung von Eisenmetall durch Überbandmagnete, 3. Nasssiebung zur Abtrennung der Paste, 4. Schwimm-Sink-Sortierung in die Fraktionen Bleimetall, PP, Separatoren und Ebonit (. Abb. 3.6), 5. Entschwefelung der Paste, 6. Verwertung der Kunststofffraktionen.
. Abb. 5.25 Aufbereitungsverfahren für Bleiakkumulatoren und Verwertung der Kunststoffe [67] [69].
5
137
5.5 • Recycling von Bleiwerkstoffen, Bleiverbindungen und bleihaltigen Abfällen
Bleiakkumulatoren Kreislaufwasser
Lagerbunker mit Säuretasse
H2SO4
Förderband mit Überbandmagnet Shredder
Eisen Nasssieb Pastepulpe
NaOH
Bleimetall, PP, Ebonit, PVC
Schwimm-SinkSortierer
Laugungsbehälter Filterapparat Na2SO4Lösung Verdampfungskristallisator
Entschwefelte Paste
Natriumsulfat
Die Entschwefelung der Paste hat die Aufgabe, den Schwefel des PbSO4 abzutrennen und damit aus dem Pb-Schmelzprozess herauszuhalten. Das erreicht man durch eine Behandlung der Paste mit Natronlauge oder Soda, wobei folgende Reaktion abläuft: PbSO4 + 2 NaOH → PbO + Na2 SO4 + H2 O
Nach der chemischen Umsetzung wird filtriert und das unlösliche PbO von der Na2SO4-Lösung abgetrennt. Aus der Lösung erhält man nach Eindampfen und Kristallisieren als Verkaufsprodukt Natriumsulfat (<10 ppm Pb). Einige Sekundärbleihütten verzichten auf die Entschwefelung der Paste und verkaufen die sulfathaltige Paste an Primär-
Polypropylen
Hydroseparator
Bleimetall
Separatoren, PVC, Ebonit
bleihütten zur kombinierten Verarbeitung zusammen mit Bleisulfidkonzentrat [69]. Das PP aus den Akkumulatorenkästen fällt sehr rein in Form von PP-Chips an und ist ein hochwertiger Recyclingkunststoff. Die anderen Kunststofffraktionen verwertet man energetisch in einer Abfallverbrennungsanlage, deren z. T. Pb-haltigen Flugstäube in den Pb-Schmelzprozess rückführbar sind.
Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Akkumulatorenblei und Paste Durch Anwendung von schmelzmetallurgischen Verfahren erreicht man die Homogenisierung der verschiedenen Altbleilose, die Reduktion der Pb-Oxide zu Bleimetall, die Verschlackung von Verunreinigungen und nachfolgend durch selek-
138
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Bleischrott
Akkublei, aufbereitet
Akkupaste, entschwefelt
Bleihaltige Abfälle Koksgrus
. Abb. 5.26 Verfahrensfließbild der Verarbeitung von Akkumulatorenblei, Akkumulatorenpaste, Bleischrotten und bleihaltigen Abfällen [68].
Retourschlacke, Schlackenbildner
Chargenvorbereitung Schmelzen (Kurztrommelofen)
Flugstaub
5
Rohblei
Schlacke
Raffination (selektive Oxidation)
Krätzen
Legierungsmetalle
Cu-Puder Sn-Sb-Abstrich
Raffinadeblei
Schwefel, Luft
Legieren
Bleilegierungen
tive Oxidation die erforderliche Reinigung der Pb-Schmelze. Zielprodukte sind Pb-Legierungen oder Weichblei. Das aus der Akkumulatorenaufbereitung stammende Altblei (Gitter, Pole, Brücken) ist meist eine PbSb-Legierung, die man möglichst erhalten sollte. Diese Pb-Fraktion schmilzt man deshalb getrennt mit wenigen Schlackenbildnern ein und erhält ein Sb-haltiges Rohblei und eine Schlacke als Abfall [67] [68]. Die entschwefelte Paste enthält keine Legierungsmetalle und sollte deshalb getrennt zu einem unlegierten Rohblei verschmolzen werden. Da es sich bei der Paste um PbO handelt, muss der Schmelzcharge ein Reduktionsmittel (Koks) zugesetzt werden. Deshalb ist es sinnvoll, in den Pastechargen andere oxidische Abfälle (Bleiaschen, Filterkuchen, Bleiglasscherben, Flugstäube) mit zu verarbeiten. Die Schlacken sind in beiden Schmelzchargen FeO/CaO-Silikate (PbGehalt ca. 1 %). Als Schmelzapparate sind Kurztrommelöfen [67] und für die Schmelzbadtechnik auch ISASMELT-Reaktoren [66] (. Abb. 5.18) im Einsatz. Die Kurztrommelöfen arbeiten im Prinzip wie die in . Abb. 5.13 skizzierten Drehtrommelöfen, sind aber nur kippbar und nicht vollständig drehbar. Das Akkumulatorenblei und die Paste können alternativ auch in Primärbleihütten ohne Probleme mit verarbeitet werden.
Das Sb-haltige und das unlegierte Rohblei enthalten noch als gelöste Verunreinigungen Cu, Sn, (Sb) und As, die durch einen Raffinationsprozess zu entfernen sind. Eisen ist im geschmolzenen Blei nicht löslich und deshalb als Verunreinigung auch nicht vorhanden. Die erste Reinigungsstufe ist die Entkupferung, die man zunächst durch Abkühlen der Pb-Schmelze auf ca. 360 °C und Bildung eines Cu-Schlickers erreicht. Die vollständige Entkupferung erfordert in einer weiteren Stufe das Einrühren von Schwefel, was zur Bildung eines Pb-haltigen Kupferpuders führt. In der zweiten Raffinationsstufe entfernt man die Verunreinigungen Sn, As und Sb durch selektive Oxidation in dieser Reihenfolge. Das Verfahren der selektiven Oxidation ist in 7 Abschn. 5.1.1 (»Reinigung von Metallschmelzen«) und . Abb. 5.2 ausführlich erläutert. Die Entzinnung erreicht man bei ca. 600 °C durch Einrühren von Luft in die Pb-Schmelze. Es entsteht ein Bleistannatpuder, aus dem man durch Reduktion eine PbSn-Legierung gewinnen kann. Die selektive Entzinnung ist durch die zunehmende Verwendung von Sn-legierten Akkumulatorengittern von Bedeutung [70]. Bei Fortsetzung der Oxidation der Pb-Schmelze entstehen nacheinander der sog. Arsenabstrich und als letzter der Antimonabstrich. Es besteht also die Möglichkeit, die
139
5.6 • Recycling von Zinkwerkstoffen und zinkhaltigen Abfällen
Oxidation nach der Entarsenierung abzubrechen und eine PbSb-Legierung direkt zu erzeugen. Das Verfahrensfließbild der Schmelztechnologie ist in . Abb. 5.26 angegeben. Alternativ zur selektiven Oxidation mit Luft sind Raffinationsverfahren von Rohbleischmelzen unter Verwendung von NH4Cl bzw. NaOH + NaNO3 im Einsatz.
5.5.3
Schmelzmetallurgische Verarbeitung von Bleischrotten und bleihaltigen Abfällen
Alte Bleianoden elektrochemischer Verfahren und die Neuschrottabfälle von ihrer Herstellung enthalten neben den üblichen Legierungsmetallen (Sb, Sn, Ca) weitere sehr spezielle Legierungsmetalle (Ag, In, Tl). Deshalb sollte das Recycling dieser Materialien vollkommen getrennt durch Umschmelzen, Abkrätzen, evtl. Nachlegieren und erneutem Vergießen zu Anoden erfolgen. Alle anderen PbSchrotte (Rohre, Bleche, Armaturen, Schriftmetall u. a.) liefert der Schrotthandel infolge der einfachen Identifizierung durch die hohe Dichte des Bleis (11,3 g/cm3) und der geringen Verwendung in Werkstoffverbunden sehr sortenrein an die Hüttenwerke. Deshalb können Pb-Schrotte ohne vorgeschaltete Aufbereitung direkt in einen Schmelzprozess eingebracht werden. Für den Eintrag von solchen Pb-Schrotten sind die Raffinationsstufen der Rohbleischmelzen sowohl in Primärhütten als auch beim Akkumulatorenschrottrecycling gut geeignet. Auch alle Pb-haltigen Abfälle werden in den Primärbleihütten oder beim Akkumulatorenrecycling mit verarbeitet. Die überwiegend oxidischen Materialien (Aschen, Pigmente, Bleiglas, Flugstäube, Filterkuchen) müssen mit Reduktionskoks vermischt dem Rohbleischmelzen zugesetzt werden. Die Krätzen mit hohem Gehalt an metallischem Blei sind bei der Rohbleiraffination einzusetzen. In den Primärbleihütten kommen eine Reihe verschiedener Schmelzverfahren und Raffinationstechnologien zum Einsatz, von denen an dieser Stelle die wichtigsten zu nennen sind: Schachtofenverfahren, Kivcet-Prozess, Kaldo-Prozess, Isasmelt-Prozess, QSL-Verfahren, Raffinationselektrolyse.
5
Recycling von Zinkwerkstoffen und zinkhaltigen Abfällen
5.6
Zink legiert sich mit vielen Metallen im schmelzflüssigen Zustand (Schmelzpunkt 419 °C). Von werkstofftechnischer Bedeutung sind meist niedrige Legierungszusätze von Al, Cu, Mg, Pb, Ti und Sn. Als Abfall beim Feuerverzinken entsteht eine Zn-Fe-Legierung. Zink gehört aber zu den Metallen mit einer hohen Sauerstoffaffinität. Das bedeutet für das Recycling, dass durch Schmelzprozesse und nachgeschaltete selektive Oxidation keine Abtrennung von Legierungskomponenten oder Verunreinigungen möglich ist. Zink besitzt allerdings einen niedrigen Siedepunkt von 906 °C, der eine destillative Abtrennung von sehr reinem Zink aus Legierungen technisch ermöglicht. Dabei muss man aber die Oxidation des Zn-Dampfes durch eine stark reduzierende Atmosphäre vollständig verhindern. In oxidierender Gasatmosphäre erfolgt eine Oxidation des Zn-Dampfes zu reinem ZnO. Deshalb kann im Recyclingprozess von metallischem Zink und Zn-Legierungen dieses häufig in Form von ZnO-Filterstäuben anfallen. ZnO kann bereits ein hochwertiges Recyclingprodukt sein bzw. ein geeignetes Zwischenprodukt zur Herstellung von Zn-Metall durch thermische Reduktion oder durch Elektrolyse von daraus hergestelltem ZnSO4. Diese genannten spezifischen Eigenschaften des Zinks bestimmen die Verfahren des Recyclings. Daneben spielt das Recycling von Zn-Verbindungen (z. B. ZnCl2, ZnSO4) eine sehr geringe Rolle.
5.6.1
z
Zusammensetzung von Zinkwerkstoffen, Zinkschrotten und zinkhaltigen Abfällen
Zinkwerkstoffe, Zinklegierungen und Zinkqualitäten [31]
Zinkdruckgusslegierungen mit 4 % Al, 1…3 % Cu und wenig Mg (0,04…0,06 %) finden umfangreiche Verwendung für Armaturen und Kleinteile hoher Maßbeständigkeit wie Vergasergehäuse, Beschläge (ca. 16 % der Zn-Produktion) u. a. Titanzink mit 0,5 % Cu und 0,15 % Ti (Knetlegierung) wird im Bauwesen als Dachblech und Rohr eingesetzt (7 % der Zn-Produktion). Die genannten Legierungen
140
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
werden unter Verwendung von hochwertigem Feinzink (99,995 % Zn) hergestellt. Gehandelt wird daneben ein unreineres Hüttenzink für den Einsatz in der Feuerverzinkung (Stückverzinken von Stahl) mit Gehalten von mindestens 98,5 % Zn (Pb 1,4 %). Für die kontinuierliche Bandverzinkung von Stahlblech bzw. Stahldraht kommen dagegen spezielle Legierungen zum Einsatz, z. B. mit 0,05…0,3 % Pb und 0,15…0,35 % Al sowie »Galfan« (5 % Al; 0,1 % SE) oder »Galvalum« (55 % Al; 1 % Si). Außerdem erfolgt die Verzinkung auch elektrolytisch unter Verwendung von Zinksulfat-Elektrolyt und Zinkanoden. Von geringerer Bedeutung sind ZnBeschichtungen durch thermisches Spritzen, Plattieren oder zinkstaubhaltige Lacke. Der Zn-Einsatz für Beschichtungen beträgt ca. 47 % der Zn-Erzeugung und ist deshalb für das Zinkrecycling von großer Bedeutung. Zum Feuerverzinken (Schmelztauchverfahren) müssen deshalb noch zusätzliche Informationen ergänzt werden. Das Schmelztauchen erfolgt nach intensiver Vorreinigung der Stahlteile (Entfetten, Beizen) durch Eintauchen der Teile in eine Zn-Schmelze von 440…460 °C. Dabei kommt es an der Stahloberfläche durch Diffusion zur Bildung verschiedener Zn-Fe-Legierungen, die durch eine Reinzinkschicht abgedeckt sind. Die Zn-Schmelzen sättigen sich bei dieser Badtemperatur mit Fe auf ca. 0,03 % Fe. Außerdem kommen zur Endreinigung der Stahloberfläche und zur Abdeckung der Zn-Schmelze noch Flussmittel zum Einsatz (Mischungen von ZnCl2 und NH4Cl). Die Zinkdruckgusserzeugnisse und die Zn-Beschichtungen können eine geringe zusätzliche weitere Oberflächenbeschichtung aufweisen (Kunstharzlack- oder Kunstharzpulverbeschichtung, Chromate, Phosphate), die aber auf die Recyclingeigenschaften nur geringen Einfluss haben. Große Anteile der Zn-Erzeugung finden außerdem Verwendung für die Legierungen mit Kupfer. Messing enthält neben Cu 10…40 % Zn, Neusilber 18…40 % Zn und zusätzlich Ni. Diese CuZnNi-Legierungen werden aus technologischen Gründen des Recyclings und dem deutlich höheren Metallwert der Cu- und Ni-Komponenten dem Kupferrecycling (7 Abschn. 5.4) zugeführt. Wegen der überwiegenden Verwendung von Zink in metallischer Form (47 % Verzinkung von Stahl, 19 % Messing, 16 % Zinkdruckgusslegierun-
gen, 7 % Zinkhalbzeug, Zinkstaub) und nur 11 % für Zn-Verbindungen (ZnO, ZnSO4, ZnCl2) muss sich das Zinkrecycling auf die Gewinnung von Zinkmetall konzentrieren. Nur für spezielle Abfälle wie ZnCl2, ZnSO4 und andere Zn-Salze sowie deren Lösungen kann die Aufarbeitung in der vorliegenden Art der chemischen Zn-Verbindung technisch und ökonomisch die günstigere Variante sein. z
Zinkschrotte
Der Schrotthandel (VDM [46]) unterscheidet bis zu sieben Sorten Zn-Schrotte. Neben den Neuschrotten der Blech- und Druckgussproduktion sind die Sorten Altzink (Bleche, Rohre, 2 % Fremdstoffe mit max. 1 % anhaftendem Fe, keine Zn-Legierungen), Zn-Legierungsschrott und Hartzink aufgeführt. Hartzink entsteht in Verzinkereien durch die Bildung schwer schmelzbarer Zn-Fe-Verbindungen (Fe5Zn21 etc.) und enthält ca. 6 % Fe, etwas Pb und >92 % Zn. z
Zinkhaltige Abfälle
Es sind sehr unterschiedliche industrielle Abfälle zu berücksichtigen: Zn-Legierungskrätzen (ca. 88 % Zn-Metall mit ZnO); Zn-Schlacken aus den Bandverzinkereien mit 92…95 % Zn-Metall; Zinkaschen und -krätzen (bis 80 % Zn-Metall, Rest ZnO); Salmiakschlacken (20 % Zn-Metall, 35 % Chloride, ZnO) vom Schmelztauchen und Feinzinkumschmelzen; ZnO-Filterstäube aus dem Kupfer- und Messingrecycling (40 % Zn, 20 % Pb, 5 % Cl; 7 Abschn. 5.4.3 und . Abb. 5.21); ZnO-haltige Stahlwerks- und Kupolofenstäube (20…40 % Zn, Pb, Chloride, Fluoride); Zn-Fraktion des Shredderschrotts; Fällschlämme (Galvanikschlamm, Phosphatschlamm) aus der Aufarbeitung Zn-haltiger Lösungen (Zn-Hydroxid oder Karbonat); flüssige Abfälle der Verzinkereien (Zn-haltige Beizen, Altfluxe mit ZnCl2 und NH4Cl). Einige spezielle Zn-haltige Mischungen (ZnOhaltige FeO-Silikatschlacken (5…12 % Zn)) aus der Pb-Gewinnung und Zinkferrit-Laugungsrückstände der Zn-Gewinnung aus Erzen (18 % Zn, 33 % FeO, 7 % Pb) [73] sind keine Abfälle aus Konsumtion oder Halbzeugherstellung, sondern metallurgische Zwischenprodukte der Primärgewinnung, deren Verwertung direkt in der metallurgischen Industrie erfolgt.
141
5.6 • Recycling von Zinkwerkstoffen und zinkhaltigen Abfällen
5.6.2
Mechanische Aufbereitung von Zinkschrotten und zinkhaltigen Abfällen
Für Zn-Schrotte wie Rohr- und Blechabfälle besteht meist nur die Notwendigkeit einer Grobzerkleinerung auf die erforderliche Eintragsabmessung in die Schmelzöfen. Allerdings sollten die Identifizierung und Aushaltung von visuell ähnlichen Metallen wie Aluminium und Blei sowie anderen Fremdmetallen (Stahl, Messing, Kupfer, Bronzen usw.) durch Sortierprozesse sichergestellt sein. Das wird in vielen Fällen bei größeren Blechen und Rohren eine händische Sortierung sein. Für zerkleinerte Zn-Schrotte (Druckgussschrotte) sind aber viele der in 7 Abschn. 3.4 beschriebenen mechanisierten Sortierverfahren (z. B. Dichtesortierung oder sensorgestützte Sortierung) einsetzbar und von Vorteil. Unbedingt erforderlich sind diese Sortierverfahren für die NE-Metall-Fraktion von Shredderprozessen der Altautoverwertung. Eine mechanische Aufbereitung ist außerdem für Krätzen, Aschen und Salmiakschlacke sehr vorteilhaft, da diese Abfälle erhebliche Anteile an Zn-Metall (Metallgröbe) enthalten, das direkt ausbringbar ist. Das erfolgt durch Mahlen in einer Siebkugelmühle, wobei das ZnO und bei der Salmiakschlacke auch die Chloride als feine Pulver abgetrennt werden. Die Zn-Metallgröbe (kugelige Metallteilchen) wird in die Zn-Schmelzen zurückgegeben oder wie ZnSchrott verarbeitet. Die nichtmetallischen Zn-haltigen Abfälle (Stahlwerksstäube und andere Filterstäube, Fällschlämme, Zn-haltige Lösungen) sind mechanisch nicht aufbereitbar und müssen den metallurgischen oder chemischen Verfahren direkt zugeführt werden.
zen vermindert die oberflächliche Oxidation der Zn-Schmelze und reduziert damit die Bildung oxidischer Krätzen. Die verschiedenen Altzinksorten schmilzt man getrennt nach Legierungen in Schmelzkesseln oder Induktionsöfen ein und kann bei niedrigen Temperaturen eine befriedigende Abtrennung von Fe und evtl. Pb durch Ausscheidung des schwer schmelzbaren Hartzinks (Zn-Fe-Legierung, siehe oben unter Zn-Schrotte) erreichen. Die durch Umschmelzen von Altzink erzielbare ZnQualität entspricht aber maximal dem Hüttenzink (98 % Zn) und ist deshalb nur für das Feuerverzinken nutzbar. Für andere Einsatzzwecke muss eine Feinreinigung durch Destillation erfolgen. z
Zinkdestillation
Hüttenzinkqualitäten aus den Umschmelzprozessen von Schrotten, Krätzen und aus dem IS-Prozess (7 Abschn. 5.6.4) sowie Hartzink können durch Rektifikation (7 Abschn. 4.2.3, . Abb. 4.12) zu Feinzinkqualität raffiniert werden. Die Rektifikation erfolgt in Destillationssäulen aus Siliziumkarbidelementen, die von oben mit der verunreinigten Zn-Schmelze beschickt werden. Dabei verdampfen ca. 60 % des Zn und 40 % des Zn fließen mit den Verunreinigungselementen am Boden der Säule ab (sog. Waschzink). Durch Kondensation des ZnDampfes in einer Stickstoffatmosphäre kann man im Kondensator flüssiges Zink oder Zinkstaub gewinnen (. Abb. 5.27) [74]. Eine Variante des Verfahrens ist die Verbrennung des Zn-Dampfes in einer Brennkammer und Gewinnung eines sehr reinen ZnO (Zinkweiß) [74]. Zinkstaub und reines Zinkoxid sind in vielen Industriezweigen im Einsatz und deshalb begehrte Produkte.
5.6.4 5.6.3
z
Umschmelzen von Zinkschrotten und Raffination durch Destillation
Umschmelzprozesse
Saubere Neuschrotte führt man in die Schmelzöfen der Gießereien oder Halbzeugwerke zurück und erreicht nach Abzug einer Krätze oder Salmiakschlacke die erforderliche Qualität der Schmelze. Die Zugabe von Salmiak (NH4Cl) beim Schmel-
5
Zinkrecycling aus Stahlwerksund Kupolofenstäuben sowie anderen Zn-haltigen Abfällen
Die Entstehung dieser Zn-haltigen Stäube beim Recycling verzinkter Eisenschrotte ist in 7 Abschn. 5.2.2 (»Sauerstoffblasverfahren« und »Elektrostahlverfahren«) sowie 7 Abschn. 5.2.3 beschrieben. Dabei ist zwischen Zn-armen Stäuben aus den Blasstahlverfahren oder den Kupolöfen mit 1…5 % Zn (als ZnO) und den Zn-reichen Stäuben
142
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Brennkammer
Zn-Dampf Filter
. Abb. 5.27 Raffination von Zinkschrotten oder Hüttenzink durch Destillation mit Erzeugung von reinem Zinkstaub oder alternativ von reinem Zinkoxid [74].
Zn-Schrott, Zn-Krätzen, Hartzink, Hüttenzink Induktionsofen
Kühler Erdgas
Zyklon
Zulaufrinne Destillationssäule
5
Ofen Abgas
Kondensator ZnO
Waschzink (Pb, Zn)
Zn-Staub
. Tab. 5.10 Zusammensetzung von Stahlwerks- und Kupolofenstäuben [71] [7] Komponente
Zn %
Fe %
Pb %
Cl %
F %
ΣSi, Ca, Mg %
ΣNa, K %
Elektrolichtbogenöfen (EAF)
20…40
20…35
1,5…4
1…4
0,1…0,5
4,5…14,5
1…3,5
*
15…20
40…50
1,5…4
1
8
1…2,3
30
20
0,1
0,5
Ofen/Verfahren
Blasstahlwerk Kupolofen* *
Zusammensetzungen nach mehrfacher Rückführung in den Ofen
. Tab. 5.11 Zusammensetzung eines speziellen Elektrolichtbogenofenstaubes nach Umrechnung auf Oxidkomponenten [71] Komponente
ZnO
Fe2O3
PbO
Cl
F
ΣNa2O, K2 O
SiO2
ΣCaO, MgO
SO3
Gehalt (%)
46,3
24,5
5,8
5,5
0,8
5,9
2,3
3,3
1,6
aus dem Elektrostahlverfahren zu unterscheiden. Die Zn-armen Stäube können durch Rückführung in die jeweiligen Öfen oder spezielle Eisenhochöfen (Agglomerationsverfahren von ThyssenKrupp oder DK-Verfahren; 7 Abschn. 5.2.5) erheblich angereichert werden und dadurch die Zn-Konzentrationen der primär Zn-reichen Stäube erreichen. 7 Abschn. 5.6.4 behandelt das Recycling der Zn-reichen Stäube verschiedener Herkunft. Eine vollständige Zusammensetzung von Stahlwerksstäuben ist
in . Tab. 5.10 angegeben. Die dort genannten Gehalte an Zn liegen als ZnO vor und die Gehalte an Fe, Si und Erdalkalien sind ebenfalls als Oxide vorhanden. Als Chloride wurden Alkalichloride, Pbund Zn-Chlorid nachgewiesen. Die Umrechnung auf Oxide für einen speziellen Elektrolichtbogenofenstaub ist in . Tab. 5.11 angeführt. Die Gehalte an Pb stammen aus Pb-Pigmenten und aus den Pb-Gehalten des Zinkmetalls der Feuerverzinkung, während Cl und F aus Kunststoff-
. Abb. 5.28 Apparatefließbild des Wälzprozesses für das Zinkrecycling aus Stahlwerksstäuben [72].
Stahlwerksstäube
5
143
5.6 • Recycling von Zinkwerkstoffen und zinkhaltigen Abfällen
Koksgrus Pelletierapparat Gasstrom
Drehrohrofen
Materialstrom
Prozessluft
Schlacke Abgas
Kühler Mischkammer
resten des Stahlschrotts resultieren. Eine chemischreaktive Vorbehandlung von Stahlwerks- und Kupolofenstäuben zur Vorabtrennung von Cl und F ist immer wieder versucht worden. Eine Möglichkeit ist die Pyrohydrolyse, die bei 1050 °C die Stäube mit Wasserdampf behandelt und dadurch Chlorid zu 100 % und Fluorid zu 80 % in Form von HCl bzw. H2F2 abtrennt. Auch eine Vorlaugung mit Wasser wurde geprüft [71]. z
Wälzverfahren
Das Standardverfahren für das Zinkrecycling aus den Zn-reichen Stahlwerksstäuben ist der Wälzprozess. Mit dem Wälzprozess erreicht man eine vollständige Konzentrierung der Zn-Gehalte in einem Zinkoxid und die vollständige Abtrennung des Fe. Dieser Prozess ist ein thermisches Reduktionsverfahren, bei dem das ZnO und Teile des Fe2O3 reduziert werden, das erzeugte metallische Zn aus dem Material verdampft und im Abgasstrom zu ZnO reoxidiert wird. Der Name »Wälzprozess« leitet sich von dem verwendeten Drehrohrofen ab (. Abb. 5.28), bei dem das Aufgabegut durch Neigung des Ofens und die Drehbewegung durch den Apparat »gewälzt« wird. In einer Aufbereitungsstufe vermischt man die Stäube zunächst
Wälzoxid
Gewebefilter
Abgasreinigung (Filsorption)
mit dem festen Reduktionsmittel (Koksgruß) und Schlackenbildnern und pelletiert diese Mischung. Die autoreaktiven Pellets trägt man in den ca. 40 m langen, mit Erdgas vorgeheizten Drehrohrofen ein. Bei etwa 1100 °C findet im Pellet die ZnO-Reduktion durch C und CO statt und das entstehende Zn verdampft (zusammen mit PbO, PbS, ZnCl2, ZnF2 und Na-K-Chloriden). Parallel erfolgt eine weitgehende Reduktion der Fe-Oxide zu Fe, das in der teigigen alkalischen Schlacke (CaO-MgO-SiO2, ca. 0,1 % Zn) verbleibt. Hauptreaktionen:
ZnO + C → ZnG + CO; ZnO + CO → ZnG + CO2 Fe2 O3 + 3 C → 2 Fe + 3 CO; CO2 + C → 2 CO Am Ofenende wird auf die 1200 °C heiße Schlacke Luft aufgeblasen und dadurch der größte Teil des metallischen Fe reoxidiert. Die dabei entstehende Oxidationswärme des Fe zu FeO wird für die Aufheizung der Beschickung genutzt und auf diese Weise beim laufenden Prozess die Zusatzheizung
144
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Tab. 5.12 Zusammensetzung einer Charge Wälzoxid und des daraus erzeugten gelaugten Zinkoxids Komponente
Zn %
Pb %
Fe %
Na %
K %
Cl %
F %
Wälzoxid, Filteroxid
62
7,5
0,2
1,8
3,1
5,8
0,3
Wälzoxid, gelaugt, gewaschen
65
8,5
0,2
0,15
0,05
0,1
0,1
Material
5 Stahlwerksstäube
Fein- Gesinterte kohle Abfälle
Brikettierte Abfälle
Stückkoks
Gichtgas zur Windvorwärmung
. Abb. 5.29 IS-Schachtofen zur Verarbeitung von Zn- und Pbhaltigen Rohstoffen [73].
Kondenser Mischer Chargierglocke IS-Ofen Rohzink
Heißwind
Kühlrinne und Separator Heißwindleitung Vorherd
Rohblei
mit Erdgas vollständig eingespart (SDHL-Verfahren, Senkung der CO2-Emission um 44 % [72]). Der im Abgasstrom reoxidierende Zn-Dampf wird als ZnO-Pulver im Abgaskühler und im Gewebefilter als Wälzoxid (Zusammensetzung siehe . Tab. 5.12) ausgebracht. Das Zn-Ausbringen im Wälzoxid erreicht hervorragende 93 %. Die Feinreinigung des Abgases von Schadstoffen (Dioxin, Hg) erfolgt durch Aktivkohleadsorption. Die Schlacke kühlt man in einem Wasserbad ab. Sie kann für den Straßenbau Verwendung finden. Für die Rückgewinnung des angestrebten Zinkmetalls aus dem Wälzoxid stehen im Wesentlichen zwei Prozesse zur Verfügung:
Schlacke
1. Laugung mit Schwefelsäure und Reduktionselektrolyse der Zn-Sulfatlösung, wobei ein sehr reines Feinzink (99,995 % Zn) anfällt; 2. thermische Reduktion im IS-Schachtofen (Imperial Smelting Furnace) mit Gewinnung einer Hüttenzinkqualität (98,5 % Zn). Die Zinkelektrolyse hat sich nach 2000 in Europa durchgesetzt. Die Zinkelektrolyse erfordert aber ein praktisch Cl- und F-freies Oxid, weil diese Komponenten die Pb-Anoden zerstören (Cl) bzw. das Zn-Abziehen von den Al-Kathodenblechen behindern (F). Andere Beimengungen im Wälzoxid stören nicht, da das Pb beim Laugen als Sulfat und Fe und andere Spuren durch die Feinreinigung der Zn-Sulfatlösung abtrennbar sind. Die Wälzanlagen
145
5.6 • Recycling von Zinkwerkstoffen und zinkhaltigen Abfällen
haben deshalb den Prozess durch eine Sodawasserlaugung des Wälzoxids komplettiert und erreichen damit die erforderliche Abtrennung von Chlorid und Fluorid in Form von NaCl und KCl. Das ZnCl2 des Wälzoxids reagiert dabei mit Soda zu unlöslichem ZnCO3 und NaCl. In . Tab. 5.12 sind die Zusammensetzungen einer Charge von primärem Wälzoxid und des daraus erzeugten gelaugten Zinkoxids angegeben. z
Imperial-Smelting-Verfahren im IS-Schachtofen [73] Der IS-Schachtofenbetrieb ist in . Abb. 5.29 dar-
gestellt. Dieses Verfahren erlaubt die thermische Verarbeitung von gemischten Zn- und Pb-haltigen Abfällen bei gleichzeitig hohen Fe-Oxid-Gehalten und verträgt auch Chloride. Entsprechend der Arbeitsweise eines Schachtofens (senkrechter Reaktionsschacht mit einem gasdurchlässigen Aufgabematerial und Stückkoks als Reduktions- und Heizmaterial) muss die Hauptmenge der Rohstoffe kompaktiert werden, was durch Heißbrikettierung oder Sinterung erfolgt. Ein Teil der Rohstoffe kann als Pulver über die Winddüsen eingeblasen werden. Im Schachtofen erfolgt eine Reduktion der Zn- und Pb-Oxide zu Metall. Pb sammelt sich als Schmelze im Ofentiegel, während Zn als Dampf mit den Ofengasen abzieht und im Kondensator als flüssiges Zn-Metall (Hüttenzinkqualität) anfällt. Die FeOxide bilden mit CaO, MgO und Al2O3 eine flüssige Silikatschlacke. Das Hüttenzink reinigt man anschließend durch Destillation zu einer Feinzinkqualität (7 Abschn. 5.6.4, »Zinkdestillation«). Das IS-Verfahren ist sehr unempfindlich gegenüber einer Vielzahl von Begleitstoffen und Verunreinigungen und deshalb für das Zn-Pb-Recycling aus sehr unterschiedlichen Abfallstoffen gut geeignet. Man kann folgende Abfälle verarbeiten [73]: 5 Stäube vom Messing- und Kupferrecycling, 5 Kupolofenstaub und Stahlwerksstaub, 5 Bleistaub, 5 Zn-Pb-Oxid, 5 Zinkferrit-Laugungsrückstand. Die stoffliche Zusammensetzung dieser Abfälle ist in 7 Abschn. 5.6.1 (»Zn-haltige Abfälle«) angegeben.
z
5
Schmelzreaktorprozess
Dieser Prozess ist ein weiteres erprobtes Verfahren für das Zinkrecycling aus Industrieabfällen mit geringem Zn-Gehalt [75]. Als Einsatzstoffe kommen Stahlwerks- und Kupolofenstäube, Galvanikschlämme, Schleifschlamm und Zn-haltige Filterstäube in Betracht, die zusammen mit Sand und Kohle als trockene, feinkörnige Vorstoffmischung dem Reaktor zudosiert werden. Der Schmelzreaktor ist ein vertikaler Zyklon mit Erdgas-SauerstoffBrenner. Im Zyklon verbrennt die Kohle zu CO und CO2. Das CO reduziert ZnO zu Zn-Dampf und es bildet sich eine Schlackenschmelze (FeO-CaO-Silikate). Die erzeugte Schlacke gelangt unmittelbar in einen Absetzherd und der Zn-Dampf wird in einer Brennkammer zu einem angereicherten ZnO verbrannt. Dieses Reaktoroxid enthält bis 58 % Zn, 5 % Pb sowie 4 % Fe und entspricht damit etwa der Qualität eines Wälzoxids.
5.6.5
Verwertung zinkhaltiger Abfälle als Zinkverbindungen
Als wichtigste industriell eingesetzte Zn-Verbindungen sind die folgenden zu nennen: 5 ZnO, »Zinkweiß« (Zusatzstoff in Gummi, Kunststoffen, Farben, Emaille, Salben), 5 Zn-Pigmente (ZnS-BaSO4-Mischung »Lithopone«), 5 ZnSO4 (Elektrolyt für galvanische Verzinkung, Ausgangsstoff für Lithopone und andere ZnVerbindungen, Spurenzusatz in Futtermitteln), 5 ZnCl2 (Katalysator und Hilfsstoff in der chemischen Industrie, NH4Cl-ZnCl2-Gemische für das Feuerverzinken). An diese Zn-Verbindungen werden hohe Reinheitsanforderungen (besonders bezüglich sehr geringer Gehalte an Pb und Cd) gestellt. Das Recycling von Abfällen erfordert deshalb Pb- und Cd-freie Einsatzstoffe oder effektive Reinigungsmethoden. Für das Recycling kommen ausschließlich nasschemische Prozesse in Betracht. z
Abfälle von Zinkoxid und Zinksulfat
ZnO muss mit H2SO4 gelöst werden und kann dann gemeinsam mit ZnSO4-Abfällen der Rei-
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5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
nigung unterworfen werden. Beim Auflösen verbleibt PbSO4 als Rückstand. Für die ZnSO4-Lösung stehen erprobte Reinigungsverfahren zur Verfügung (Hydroxidfällung von Fe(III)-Ionen, Zementation von Cu2+ und Cd2+ mit Zn-Staub), so dass eine hochreine ZnSO4-Lösung entsteht. Die reine ZnSO4-Lösung ist direkt marktfähig oder dient als Ausgangsstoff für Lithopone (Reaktion mit BaS zu ZnS und BaSO4) bzw. ZnO (Fällung von basischem Karbonat und Kalzination zu Oxid). z
Abfälle aus der Feuerverzinkung [76]
Die ZnCl2-haltigen Abfälle (Salmiakschlacke, ZnCl2-NH4Cl-haltige Altfluxe der Feuerverzinkung, evtl. Filterstäube und Aschen aus der Feuerverzinkung) sind effektiv nur in Form von ZnCl2 zu recyceln. Die Zumischung zu allen anderen Zn-haltigen Abfällen ist unbedingt zu vermeiden, da die Chloridionen mit allen anderen Recyclingverfahren nicht verträglich sind. Für diese Abfälle werden folgende Recyclingverfahren eingesetzt: 5 Die unbrauchbar gewordenen Fluxbäder enthalten neben den Wirkstoffen ZnCl2 und NH4Cl vor allem FeCl2. Die Regenerierung erfolgt durch Oxidation des Fe2+ zu Fe3+ mit H2O2 und Fällung des Fe-Hydroxids mit NH3. Organische Inhaltsstoffe oxidiert man zusätzlich mit KMnO4 und trennt das Fe-Hydroxid und das MnO2 durch Filtration ab. Durch Zusatz von ZnCl2 stellt man abschließend das gewünschte ZnCl2/NH4Cl wieder ein. 5 Die Salmiakschlacke und Filterstäube laugt man mit Wasser und löst damit den Inhalt an ZnCl2 und NH4Cl sowie die Chloride anderer Metalle heraus. Nach Filtration vom unlöslichen Rückstand erfolgen eine Oxidation der Lösung und die Ausfällung von Fe-Hydroxid mit ZnO. Eine weitere Reinigung der Lösung von Schwermetallen ist durch Zementation mit Zn-Staub möglich. Danach setzt man die erforderlichen Mengen an ZnCl2 und NH4Cl zu, dampft ein und kristallisiert die Salzmischung ZnCl2/NH4Cl (Neuflux). 5 Die Laugerückstände (ZnO, Zn) der Salmiakschlacke aus Anstrich 2 zusammen mit ZnAschen (ZnO, Zn) und anderen Zn-haltigen Schlämmen der Behandlung von Abwässern löst man mit Salzsäure zu einer ZnCl2-Lösung,
oxidiert und neutralisiert mit ZnO, zementiert mit Zn-Platten und erhält eine verkaufsfähige ZnCl2-Lösung.
5.7
Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen
Zu den Edelmetallen gehören Gold, Silber und die Platinmetalle (Ru, Rh, Pd, Os, Ir, Pt). Letztere bezeichnet man auch als Platingruppenmetalle (PGM). Von diesen Metallen finden Gold und Silber wegen ihrer Oxidationsbeständigkeit, der Korrosionsbeständigkeit, des dekorativen Metallglanzes und der Seltenheit seit Jahrtausenden als Schmuckmetalle, für repräsentative Gegenstände (Becher, Schnallen, Kultgegenstände) und als Münzmetalle Anwendung. In neuerer Zeit hat auch Platin als Schmuckmetall Bedeutung erlangt. Der technische Einsatz aller Edelmetalle beruht neben der sehr guten Oxidations- und Korrosionsbeständigkeit außerdem auf der hohen elektrischen Leitfähigkeit, dem hohen Schmelzpunkt und den häufig hervorragenden katalytischen und mechanischen Eigenschaften (Duktilität, Herstellung dünner Bleche und Drähte). Deshalb finden diese Metalle vorwiegend für elektrische und elektronische Bauteile, für spezielle Schmelzwannen (Glasschmelzen) für Dentallegierungen und als Katalysatormaterial Anwendung. Auf Grund des hohen Restwertes von Münzen, Schmuck und Abfällen aus Edelmetallen in Verbindung mit der ausgezeichneten Materialbeständigkeit ist deren Wiederverwertung seit ihrer erstmaligen Herstellung in Anwendung – lange bevor in jüngster Zeit der Begriff des Recyclings eingeführt wurde. Dementsprechend existieren neben dem historischen Umschmelzen von unbrauchbaren Gefäßen und Geräten bzw. geraubten Kultgegenständen (z. B. sog. Hacksilber) bemerkenswerte alte Gewinnungs- und Recyclingverfahren wie das Auflösen und Sammeln von Edelmetallen in Quecksilber (Amalgamation) bzw. in Bleischmelzen (Pb als Kollektormetall) und die Au-Ag-Scheidung mit Schwefelsäure oder Salpetersäure. Die Edelmetallsalze und andere Edelmetallverbindungen benötigt man in der Galvanotechnik (Edelmetallbeschichtungen), in der Fotoindustrie, für Batterien sowie für die Herstellung von Katalysatoren. Die Edelme-
147
5.7 • Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen
tallsalze sind außerdem häufige Zwischenprodukte von Gewinnungs- und Recyclingverfahren.
5.7.1
Edelmetallmaterialien, -schrotte und -abfälle
Unter dem Gesichtspunkt des Recyclings ist eine Einteilung der Edelmetallmaterialien nach den Anwendungsgebieten günstiger als nach Werkstofftypen, weil neben den Werkstoffen eine Anzahl anderer Materialsorten Bedeutung besitzt. In diesem Abschnitt sind auch Einsatzgebiete und Werkstoffe aufgenommen, die heute weniger Anwendung finden, die aber in Schrotten und Abfällen auftreten. z
Schmuck- und Münzlegierungen [31] [59]
Goldmünzen besitzen hohe Au-Gehalte von 90 % mit Ag-Cu-Zusätzen, während Silbermünzen oft nur Ag-Gehalte von 50 % aufweisen (Legierungsmetall ist Cu). Als Schmuck sind folgende AuLegierungen in Anwendung: 83…33 % Au mit 17…34 % Ag und 17…55 % Cu sowie z. T. 10 % Zn und 10 % Ni. Die Angabe des Au-Gehaltes (Feingehalt) erfolgt in Tausendstel bzw. Karat. Für AgSchmuck sind Ag-Cu-Legierungen mit 80…92,5 % Ag üblich. Platinschmuck enthält 90…95 % Pt mit Zusätzen an Cu, Pd oder Ir. Für Zwecke des Hartlötens sind vielfältige Edelmetalllegierungen erforderlich.
dienen auch AuAg80/20, AuNi95/5 etc. Für Schaltkontakte bei höheren Stromstärken haben sich Ag-Verbundwerkstoffe und Ag-Dispersionswerkstoffe bewährt. Das sind Ag-Ni-SinterverbundKontaktstücke (z. B. AgNi83/17) und Ag-CdODispersionswerkstoffe (z. B.Ag-CdO90/10). Für Hochleistungsschalter setzt man Ag-haltige Tränkwerkstoffe ein (z. B. WAg90/10, AgWCo45/47/8). Drähte von Schmelzsicherungen bestehen aus einer Ag-Cu-Legierung (50 % Cu). Drähte aus PtLegierungen dienen als Heizelemente von Widerstandsöfen (PtRh70/30) und als Thermoelemente (PtRh90/10 mit Pt). Reine Pt-Drähte und Bleche sind bevorzugte Messelektroden. Legierungen der Platinmetalle dienen in der Schwachstromtechnik ebenfalls als Kontaktwerkstoffe (z. B. PtIr, PtRu, PdAg). Außerdem finden für die Herstellung von Elektronikkomponenten Edelmetallpasten Verwendung (Dickschichttechnik), die auf einem Keramikkörper aufgetragen sind. z
Dentallegierungen [59]
Die Standardlegierungen bestehen zu 65…85 % aus Au mit Zusätzen an Pt, Pd, Ag, Cu. Legierungen mit vermindertem Au-Gehalt besitzen höhere Ag-Gehalte bis 35 %. Silberbasislegierungen verwenden bis 70 % Ag und 25 % Pd. Für Keramikverblendungen verwendet man ebenfalls verschiedene Au-Pd-Pt-Ag-Legierungen oder Palladiumbasislegierungen mit 28…38 % Ag. z
Elektronik- und Elektrowerkstoffe [31] [59]
Sehr dünne Drähte (25 μm) aus reinem Gold besitzen eine große Bedeutung als Kontaktdrähte (Bonddraht) für Halbleiterbauelemente. Au- und Ag-Beschichtungen werden für Kontakte (Steckverbindungen, Messerleisten, Schaltkontakte, Leiterplatten usw.) eingesetzt. Als Kontaktwerkstoffe
Konstruktionswerkstoffe
Als Konstruktionswerkstoffe haben nur Bleche und Gefäße aus Pt und Pt-Legierungen (vorwiegend mit 10…30 % Rh oder Ir) Bedeutung. Das Haupteinsatzgebiet sind Wannen zum Schmelzen von Spezialgläsern und Düsenwannen für die Herstellung von Glasfasern. Geringere Mengen benötigt man für chemische Apparate und Laborgeräte. z
z
5
Katalysatormaterialien [59]
Häufig eingesetzte Chemiekatalysatoren der Heterogenkatalyse sind Metallnetze aus PtRh-Legierungen und eine Vielzahl von Trägerkatalysatoren. Trägerkatalysatoren sind Formkörper aus Al2O3, Zeolithen, Aktivkohle oder Kieselsäure, die z. B. mit Pt, Pd, PtPd, PtIr, PtRe, Ag, PdAu oder PdCd beschichtet sind [80]. Die Herstellung der Katalysatorschicht erfolgt dabei häufig durch Tränken mit löslichen Edelmetallverbindungen (AgNO3, H2PtCl6) und nachfolgende Kalzination und Reduktion. Folgende Trägerkatalysatoren sind von Bedeutung: Pt/γ-Al2O3, Pd/Al2O3, Ag/α-Al2O3, PtRe/Al2O3, Pt/Zeolith, Pd/Zeolith, NiPd/Zeolith. Die größte Verbreitung erfuhr der Autoabgaskatalysator. Das ist ein Trägerkatalysator auf PtPdRhBasis auf einem keramischen Wabenkörperträger (Cordierit = MgAl-Silikat) oder seltener auf einer
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5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
metallischen Trägerfolie (FeCrAl-Legierung). Als Zwischenschicht ist noch ein »wash coat« aus γAl2O3 (mit CeO2, ZrO2) erforderlich, der die Katalysatormetalle aufnimmt. Der Katalysator ist in einem Stahlgehäuse (Mantel) untergebracht. Die Katalysatoren für Dieselfahrzeuge bestehen aus einem Oxidationskatalysator und einem Dieselpartikelfilter. Die Dieselpartikelfilter besitzen vorwiegend einen Siliziumkarbidträger mit einer PtBeschichtung [83]. Für die Autoabgaskatalysatoren kommen 31 % der Weltplatinproduktion, 57 % der Pd-Produktion und 84 % der Rh-Produktion zum Einsatz [79]. Im Jahr 2004 wurden aber erst Recyclingquoten von 20 % bei Pt, 14 % bei Pd und 19 % bei Rh erreicht [83]. Für die Homogenkatalyse (Katalysator und Substrat sind in einer flüssigen Phase gelöst) bei organisch-chemischen Reaktionen (Hydrierung, Hydroformylierung etc.) sind z. B. lösliche Rh-Komplexverbindungen (Rh(P Ph3)3Cl; Ph = Phenylrest), H2PtCl6 und PdCl2/CuCl2 im Einsatz. z
Edelmetallverbindungen [77]
Technisch bedeutende Ag-Verbindungen sind AgNO3 (Fotoindustrie), Ag2O (Ag2O-Zn-Knopfzellen) und K[Ag(CN)2] (Galvanotechnik). Für die galvanische Vergoldung wird bevorzugt K[Au(CN)2] eingesetzt. Von den PGM ist die galvanische Rh-Beschichtung von Bedeutung, wofür man Rh2(SO4)3 einsetzt. Die erforderlichen löslichen Rh-Komplexverbindungen für die Homogenkatalyse sind bereits oben erwähnt. Die Chloride und Nitrate der Platinmetalle (H2[PtCl6], RhCl3, PdCl2, RuCl3, IrCl3, H3[IrCl6] sowie Rh(NO3)3, Pd(NO3)2) werden zur Beschichtung von Trägerkatalysatoren benötigt. z
Edelmetallschrotte und -abfälle
Entsprechend den oben aufgeführten Edelmetallmaterialien und Verwendungsgebieten sowie den eingesetzten Recyclingverfahren entstehen zwei zu unterscheidende Abfallgruppen [77]. Der wertvollste Abfall ist metallisches Material (Schrott), das man als Scheidegut bezeichnet und das man unkompliziert recyceln kann. Dazu gehören folgende Materialien: 5 Neuschrotte aus der Verarbeitung von Edelmetallen wie Blech-, Draht- und Gussreste,
5 Rückläufe von Dentallegierungen (Au, Pd, Ag), 5 verbrauchte inaktive Katalysatornetze (Pt, Pd), 5 Altschmuck und Altmünzen (Au, Ag, Pt, Cu, Ni, Zn) 5 unbrauchbare Pt-Schmelzwannen und PtDüsenwannen der Glasindustrie (verunreinigt durch Aufnahme von Al, Pb, Cu, Zn, Sb, P und anderen Pt-Schädlingen), 5 unbrauchbare Tiegel, Bleche, Rohre, Netze, Drähte und Elektroden von chemischen Apparaturen und aus Labors. Eine zweite Gruppe bilden die nichtmetallischen Abfälle bzw. Mischungen metallisch/nichtmetallisch und die mit Fremdstoffen stark verdünnten Abfälle sowie Lösungen und Salze, die komplizierte Verarbeitungsverfahren erforderlich machen. Zu dieser Gruppe zählen folgende Materialien: 5 elektronische und elektrische Bauteile (z. B. edelmetallbeschichtete Kontakte, Leiterplatten usw.), 5 Trägerkatalysatoren der Heterogenkatalyse inkl. Autoabgaskatalysatoren, 5 Gekrätze, Aschen, Stäube, Schlämme, Pasten, 5 Fotopapiere, Röntgenfilme, Fixierlösungen, 5 galvanische Bäder, Salze, Homogenkatalysatoren, 5 verbrauchte Ofenbausteine (Ofenbruch). z
Anodenschlämme der Kupferraffinationselektrolysen In 7 Abschn. 5.4 (»Kupferrecycling«) ist das sehr
effektive Verfahren der Einschleusung von armen Edelmetallabfällen in die Prozesse des Kupferrecyclings, aber auch ein Zusatz bei der primären Kupfergewinnung aus Kupferkonzentraten angeführt. In beiden Fällen sammeln sich die Edelmetalle in den Anodenschlämmen der Kupferraffinationselektrolyse. Beim Rohstoff Kupferkonzentrat sind im Anodenschlamm die Edelmetalle aus den Recyclingmaterialien mit den wesentlich höheren Gehalten an Edelmetallen aus dem Kupferkonzentrat (vorwiegend Ag) verdünnt. Bei der Einschleusung in separate Kupferrecyclingprozesse dagegen resultieren die Edelmetalle im Anodenschlamm sehr weitgehend aus den Edelmetallabfällen, die Edelmetallgehalte im Schlamm sind deutlich niedriger
(wenig Ag, aber Au und PGM), aber die Konzentration an Störelementen (Ni, Pb, Sn) hoch.
5.7.2
Recycling von reichen Edelmetallschrotten
Edelmetallschrotte besitzen sehr hohe Gehalte an Edelmetallen von ca. 50…99 % und damit einen erheblichen Wert. Das Recycling muss deshalb mit geringen Durchlaufzeiten erfolgen, um Zinsaufwendungen zu minimieren bzw. die Edelmetallkurse richtig einzuschätzen. Üblich ist auch eine Lohnumarbeitung, wobei das Edelmetall im Besitz des Lieferanten bleibt und die Recyclinghütte die Umarbeitungskosten und einen Umarbeitungsverlust berechnet. Für die sehr gering verunreinigten Schmelz- und Düsenwannen der Glasindustrie aus Pt- und PtRh-Legierungen sowie eine Reihe von Neuschrotten ist eine reine Umschmelztechnologie möglich. Die oben angegebenen typischen Verunreinigungen der Glasschmelzwannen ergeben als Summe oft <400 ppm und können durch das Vakuum in den Umschmelzöfen und eine selektive Oxidation mit Sauerstoff ausreichend entfernt werden [78]. Für den Fall, dass eine Rücklieferung dieser Pt-Legierung nicht vereinbart ist oder zurzeit kein Markt für diese Legierungen existiert, muss man diese Legierungen einem Scheideprozess zuführen, um die PGM in getrennter Form auszubringen. Dieser Scheideprozess wird auch für verbrauchte PGM-Katalysatornetze angewandt. Für die Scheidung ist als erster Verfahrensschritt ein Aufschluss des Metalls zur Erzeugung einer PGM-Lösung erforderlich. Dieser Aufschluss kann für Pd und Pt (mit Anteilen <10 % Rh, Ir) mit Königswasser oder HCl/Cl2-Gas erfolgen. Für Pd und Pt mit höheren Gehalten an Rh und Ir sowie reines Rh und Ir gelingt ein Aufschluss nur mit Salzschmelzen (z. B. NaCl-Schmelze mit Chlorgas). In beiden Fällen muss das Vorlaufmaterial vor dem Aufschluss sehr fein zerkleinert oder pulverisiert werden. (Die Herstellung eines PGM-Pulvers gelingt durch Legieren des Schrottes mit Cu, Pb oder Ni und nachfolgendes Herauslösen der Legierungsmetalle mit Säuren.) Als Aufschlussprodukte erhält man direkt oder nach Auflösen der Schmelze in HCl lösliche Chlorokomplexe oder Chloride der
5
149
5.7 • Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen
Sauerstoff-Erdgas-Brenner Sauerstoffanze
Schwenkbarer Deckel Reaktorgefäß
Abgasableitung
Keramische Ausmauerung
Kippachse Metallschmelze
Drehachse des Reaktors
. Abb. 5.30 Drehbarer und kippbarer Konverter (TBRC) zum Einschmelzen von Edelmetallschrotten und zur selektiven Oxidation von edelmetallhaltigen Kupfer- oder Bleischmelzen [77].
PGM. Die Weiterverarbeitung dieser Lösungen und die Metallscheidung werden in 7 Abschn. 5.7.3 (»Hydrometallurgische Verfahren des Edelmetallrecyclings«) beschrieben. Scheidegut (Altschmuck, Dentalmaterial, Altmünzen) mit höheren Gehalten an Legierungsmetallen (Cu, Zn, Ni) oder geringen Verunreinigungen schmilzt man häufig in einem TBRC (Top Blown Rotary Converter) ein und führt eine Teiloxidation des Cu und Ni sowie anderer Verunreinigungen mittels einer Sauerstofflanze zu einer Cu/Ni-Oxidschmelze (Glätte) durch (. Abb. 5.30). Die Glätte enthält auch gewisse Edelmetallgehalte und muss über den Schmelzprozess für edelmetallarme Abfälle aufgearbeitet werden (7 Abschn. 5.7.3, »Auflösung von Edelmetallen in Blei- oder Kupferschmelzen«). Das Zn und evtl. Pb- und Cd-Gehalte werden vollständig verflüchtigt und als Flugstaub abgeschieden. Das Zielprodukt ist eine Metallschmelze aus Cu-Ag-Au und PGM, die zu Anoden vergossen wird, um eine elektrolytische Weiterverarbeitung anzuschließen. Alternativ zu dem Oxidationsprozess kann die Schmelze des Scheidegutes auch zu Pulver verdüst werden, das dann einer Laugung (Auflösung) mit Schwefelsäure zugänglich ist [77].
150
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Die Aufarbeitung der Anoden bzw. einer alternativen schwefelsauren Lösung wird in 7 Abschn. 5.7.3 (»Hydrometallurgische Verfahren des Edelmetallrecyclings«) erläutert. Scheidegut aus Goldlegierungen mit >30 % Au kann sehr ökonomisch mit dem Miller-Prozess recycelt werden. Nach diesem Verfahren wird die AuLegierung in einem Induktionsofen eingeschmolzen und in die Schmelze Chlorgas mittels Quarzrohren eingeleitet. Dabei erfolgt zuerst eine selektive Chlorierung von Fe, Zn und Ni, die als Chloride verdampfen. Nachfolgend bilden sich auch die Chloride von Ag und Cu, die auf der Au-Schmelze eine Schlacke bilden. Die Schlacke separiert man von der Au-Schmelze und erhält unmittelbar eine verkaufsfähige Au-Qualität. Aus der Schlacke trennt man kleinere Au-Körnchen ab und gewinnt danach den Ag-Inhalt. Die PGM verbleiben allerdings beim Au [59]. Für AgCu-Legierungsschrott besteht auch die Möglichkeit einer anodischen Auflösung mit Gewinnung eines Ag-Zementats und eines Kathodenkupfers (Dietzel-Elektrolyse).
5.7.3
Recycling von verunreinigten und armen Edelmetallabfällen und Edelmetalllösungen
Die Gehalte an Edelmetallen in festen Abfällen sind meist sehr gering (z. B. Chemiekatalysatoren 0,2…0,6 % Pt oder 0,2…0,8 % Pd; Autoabgaskatalysatoren 0,1…0,2 % Pt; Steckverbinder 1…3 % Ag, 0,4 % Au). Für diese Abfallgruppe ist deshalb als erste Verfahrensstufe eine Anreicherung der Edelmetalle bzw. weitgehende Abtrennung der Begleitstoffe notwendig. Dabei besteht immer die Gefahr von erheblichen Edelmetallverlusten in den Abgängen. Es muss deshalb immer das Optimierungsproblem zwischen Anreicherungsverfahren mit Verlusten einerseits und andererseits der aufwendigen Verarbeitung größerer Massen, die ebenfalls durch Abgänge verlustbehaftet sind, gelöst werden. z
der Materialverbindungen durch Aufschlusszerkleinerung (7 Abschn. 3.2) z. B. mit einem Shredder erreichen und eine Dichtesortierung, Magnetsortierung oder optoelektronische Sortierung (7 Abschn. 3.4.6) anschließen. Man erhält dann ein Metallkonzentrat und Kunststoff-/Keramikabfälle. Eine mechanische Aufbereitung wird auch für Ptund Pd-Katalysatoren auf Al2O3-Trägern beschrieben. Durch autogene reibende Behandlung der kugeligen Katalysatoren in einem Betonmischer wird die Pt- bzw. Pd-haltige Oberfläche abgerieben und man erhält durch Absiebung ein Edelmetallkonzentrat, das durch Auslaugung auf Gehalte bis zu 13 % Pt und 29 % Pd angereichert werden kann. Das Trägermaterial kann wieder neu beschichtet werden [84]. Bei dünnen und fest haftenden Edelmetallbeschichtungen auf Kunststoff oder flächiger Keramik gelingt aber diese Materialtrennung nicht. Auch bei den sehr verbreiteten Edelmetallbeschichtungen auf Metallunterlagen ist ein mechanischer Aufschluss nicht möglich. In beiden Fällen können aber selektive chemische oder elektrochemische Laugeverfahren angewandt werden. Ein spezielles Sortierverfahren zur Gewinnung von Edelmetallfraktionen wird für die Metallfraktion von geshreddertem Elektro(nik)-Schrott beschrieben. Diese Metallfraktion besteht aus Metallkörnern verschiedener Metalle und edelmetallbeschichteter Metalle. Durch Anwendung der optoelektronischen Sortiertechnik (7 Abschn. 3.4.6) sind die vier Fraktionen »silberfarbene Klasse«, »kupferfarbene Klasse«, »goldfarbene Klasse« und »undefinierte Klasse« herzustellen. Das Recycling von Elektro(nik)-Altgeräten wird ausführlich in 7 Kap. 11 behandelt. Eine spezielle Aufbereitung ist für die verbrauchten Autoabgaskatalysatoren erforderlich. Diese besteht in der Abtrennung des Stahlmantels. Das erfolgt bei Keramikträgern durch Zerschneiden der Gehäuse und Gewinnung der gebrochenen Keramik. Die Metallträgerkatalysatoren müssen geshreddert werden, wobei der PGM-haltige Washcoat vom Metall abplatzt und durch Siebung und Sichtung zu gewinnen ist [83].
Mechanische Aufbereitung
Eine mechanische Aufbereitung ist meist nur dann möglich, wenn Edelmetalle mit Kunststoffen oder keramischem Material verbunden sind. Unter diesen Voraussetzungen kann man eine Trennung
z
Thermische Aufbereitung
Eine thermische Aufbereitung ist bei allen edelmetallhaltigen Abfällen notwendig, die hohe Gehalte an organischen Stoffen enthalten. Dazu zählen die
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5.7 • Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen
Fotopapiere und Röntgenfilme sowie Kunststoffträger. Solche Abfälle werden in Verbrennungskammern verascht oder in Pyrolysekammern zersetzt. Die edelmetallreichen Aschen oder Pyrolyserückstände sind dann für den Einsatz in Schmelzprozesse gut geeignet. Katalysatoren mit Kohlenstoffträger werden ebenfalls durch Verbrennung aufbereitet. Außerdem müssen praktisch alle verbrauchten Katalysatoren der Chemieindustrie vor einer hydrometallurgischen Behandlung durch oxidierendes Glühen von kohlenstoffhaltigen Ablagerungen befreit werden.
Auflösung von Edelmetallen in Bleioder Kupferschmelzen Alle Edelmetalle legieren sich hervorragend mit Pb- oder Cu-Schmelzen, die deshalb als Sammlermetalle für Edelmetalle zum Einsatz kommen. Parallel zur Auflösung der Edelmetalle in den Pb- oder Cu-Schmelzen bildet man bei diesen Schmelzprozessen eine Schlacke, die Begleitstoffe und Verunreinigungen auflöst. Die Funktion und Bildung von Schlacken bei metallurgischen Schmelzprozessen ist in 7 Abschn. 5.1.1 (»Bildung und Funktion von Schlacken«) ausführlich erläutert. Das Pb-Verfahren gestattet niedrige Arbeitstemperaturen und ein schnelleres Ausbringen der Edelmetalle. Es ist aber für PGM nicht geeignet. Beim Eintrag von Abfällen mit hohen Gehalten an Al2O3 (häufiges Trägermaterial bei Katalysatoren) erreicht man aber keine ausreichend geringe Viskosität der Schlacken, die für die Dichteseparierung der Metallschmelze von der Schlacke unerlässlich ist. Bei gleichzeitiger Anwesenheit von Cu, Ni, S und As in den edelmetallhaltigen Abfällen sammeln sich aber die Edelmetalle nicht nur in der Bleischmelze, sondern z. T. auch in einer Kupfersulfidphase (sog. Kupferstein) und selten auch in einer Arsenidphase (sog. Speise). Das Cu-Verfahren kann bei deutlich höheren Temperaturen durch Anwendung von Sauerstoffbrennern oder Elektrowiderstandsöfen arbeiten und damit eine Verringerung der Schlackenviskosität erreichen. Die Verarbeitung des edelmetallhaltigen Kupfers ist allerdings aufwendiger. Die Sammlerwirkung von Kupfer für Edelmetalle beim Kupferrecycling und deren günstiges Ausbringen im Anodenschlamm der Kupferraffinationselektrolyse sind bereits in 7 Abschn. 5.4 ausführlich
5
beschrieben. Im vorliegenden Abschnitt wird zusätzlich der gezielte Einsatz von Kupferschmelzen für das spezielle Edelmetallrecycling behandelt. Die Entscheidung zwischen der Anwendung eines speziellen Edelmetallrecyclings oder dem Zusatz der Edelmetallabfälle beim Kupferrecycling wird durch vielfältige Faktoren bestimmt. Dabei sind die vorhandene Verfahrens- und Apparatetechnik, die Vermischung mit Cu- und Ni-Schrotten, die Zeitdauer der Edelmetallrückgewinnung, die Edelmetallverluste der Verfahren, die Verfahrenskosten, die Marktsituation etc. zu berücksichtigen. Optimale Sammlerbedingungen für alle Edelmetalle und das Ausbringen weiterer Nebenmetalle aus den Abfällen erreicht man durch Anwendung eines Kombinationsverfahrens von Cu- und Pb-Schmelzen, das für Elektronikschrott entwickelt wurde (. Abb. 5.31). z
Bleiverfahren zur Edelmetallsammlung
Das Pb-Verfahren findet vor allem für silberreiche, goldhaltige Edelmetallabfälle Verwendung, da wegen der relativ niedrigen Temperaturen im Bleischachtofen und beim anschließenden Treibeprozess die Ag-Verdampfung geringer ist. Dagegen vermeidet man den Eintrag von PGM, weil deren Legierbarkeit mit Ag begrenzt ist und Verluste an Rh und Ir in der Schlacke auftreten [59]. Die Eintragsmaterialien in den Bleischachtofen sind die genannten edelmetallhaltigen Abfälle, Bleiglätte (PbO) aus dem nachfolgenden Treibeprozess, Koks, Kreislaufschlacke und Schlackenbildner (Sand, Kalk). In dem Reaktionsschacht erfolgen die Reduktion des PbO zu Blei und die Auflösung der Edelmetalle im Blei. Oxidierte Verunreinigungen lösen sich in der Schlacke. Der Koks dient als Brennstoff und als Reduktionsmittel für PbO. Die Kunststoffe verbrennen. Aufbau und Funktionsweise eines Schachtofens sind in . Abb. 5.18 und 7 Abschn. 5.4.3 für das Erschmelzen von Rohkupfer erläutert und auf das Pb-Schmelzen weitgehend übertragbar. Die Hauptprodukte des Schmelzprozesses im Bleischachtofen sind folgende: 5 edelmetallhaltiges Werkblei mit ca. 20 % Ag, 1 % Au (evtl. mit Gehalten an Cu, Sn, As, Sb), 5 Schlacke (Eisensilikat) und 5 Flugstaub.
152
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Bleiverfahren EM-Legierungsschrott, reich, Ag, Cu, Au, (PGM) Koks Zuschläge Schlacke
5
Kupferverfahren
EM-Abfälle, arm, Ag, Au, (PGM)
EM-Legierungsschrott, reich, Au, Ag, Pt, Cu, Ni, Zn
EM-Abfälle, arm, PGM, Au, Ag, Keramik Kupfer Zuschläge Schlacke
Bleischachtofen Werkblei (Ag, Au, PGM)
Erdgas-O2 O2
. Abb. 5.31 Technologieübersicht zu den schmelzmetallurgischen Verfahren des Edelmetallrecyclings (EM = Edelmetalle; PGM = Metalle der Platingruppe; TBRC = drehbarer Konverter).
Elektro-SchlackeWiderstandsofen Schlacke Werkkupfer (PGM, Au, Ag)
TBRC
Ag-Legierung Bleiglätte (Au, PGM) (PbO) TBRC II
Anoden (Ag-Legierung)
Erdgas-O2 O2
TBRC I
Ag-Elektrolyse Cu-PGM-Au-Ag-Legierung Silber
Anodenschlamm (Au, PGM)
Kupferglätte H2SO4, verd. Luft
Verdüsen
Cu-EM-Anoden
Cu-EM-Pulver
Cu-Elektrolyse
Laugung CuSO4– Lösung Cu-Elektrolyse Kupfer
Löserückstand (Au, PGM, Ag)
Daneben entsteht bei höheren Kupfergehalten im Eintrag und vorhandenen Schwefelverbindungen eine Kupfersulfidphase (sog. Kupferstein), die auch etwas Edelmetalle (3 % Ag) aufnimmt. Diesen Kupferstein verkauft man zur Verarbeitung an Kupferhütten, die den geringen Edelmetallinhalt mit ausbringen. Die Weiterverarbeitung des edelmetallhaltigen Werkbleis erfolgt durch den sog. Treibeprozess. Darunter versteht man die selektive Oxidation der Pb-Schmelze durch Überleiten von Luft oder Sauerstoff. Als Apparat verwendet man heute den TBRC, wie bereits in 7 Abschn. 5.7.2 (. Abb. 5.30) bei der selektiven Oxidation von edelmetallhaltigen Cu-Schmelzen beschrieben. Es bildet sich eine sehr dünnflüssige Pb-Glätte (PbO, ca. 4 % Ag) auf der
Kupfer Anodenschlamm (Au, PGM, Ag)
Oberfläche der Werkbleischmelze, die man abzieht und direkt in den Schachtofen zurückführt. Die Bildung eines Flugstaubs (ZnO, PbO) mit geringen Ag-Gehalten ist nicht zu vermeiden. In den Treibekonverter trägt man zusätzlich noch Edelmetallschrott ein. Das Hauptprodukt des Treibeprozesses ist eine Ag-Legierung (1…15 % Au, 1 % Cu, Rest Ag). Die weitere Verarbeitung dieser Ag-Legierung erfolgt elektrolytisch. Dieses Elektrolyseverfahren entspricht vollständig dem Verfahren, das bei der Verarbeitung von Anodenschlämmen der Cu-Raffinationselektrolyse in Anwendung ist und wird deshalb in dem entsprechenden 7 Abschn. 5.7.4 abgehandelt.
5.7 • Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen
z
Kupferverfahren zur Edelmetallsammlung
Das Cu-Verfahren ist wegen der guten PGM-Löslichkeit im Kupfer besonders für diese Edelmetalle geeignet. Für die Anwendung von Cu-Schmelzen als Edelmetallkollektor können drei sehr verschiedene Schmelzapparate zum Einsatz kommen. Das älteste Verfahren bedient sich des Schachtofens, wobei durch Sauerstoffanreicherung der Verbrennungsluft höhere Temperaturen für die Schmelzbedingungen erzielbar sind. Die Konstruktion und Arbeitsweise eines Kupferschachtofens sind in 7 Abschn. 5.4.3 und . Abb. 5.18 beschrieben. Hohe Schmelzleistungen erreicht man mit dem Schmelzbadverfahren im ISASMELT-Reaktor, das bereits in 7 Abschn. 5.4.3 und . Abb. 5.18 erläutert wurde. Für besonders hochschmelzende Einsatzmaterialien wie Trägerkatalysatoren (z. B. entmantelte Autoabgaskatalysatoren) mit hohen Al2O3-Gehalten bedient man sich des Elektro-Schlacken-Widerstandsofens (Submerged Arc Furnace, SAF), der in . Abb. 5.19 und 7 Abschn. 5.4.3 vorgestellt wurde. Eine besondere Variante dieses Apparates arbeitet mit Gleichstrom und ist dann mit einer Bodenelektrode ausgestattet [83]. Bei allen drei Schmelzverfahren erzeugt man ein edelmetallhaltiges Rohkupfer mit bis 20 % PGM. Dieses edelmetallhaltige Rohkupfer wird wie oben im 7 Abschn. 5.7.2 für eingeschmolzenes Scheidegut (mit hohen Cu/NiLegierungsgehalten) ausgeführt im TBRC einer Teiloxidation unterzogen, wobei Cu-Glätte und eine Cu-Ag-Au-PGM-Legierung erzeugt werden. Da die PGM unterschiedliche Verschlackungsneigung aufweisen, werden oft verschiedene Fraktionen der Glätte gewonnen. Die Kupfer-EdelmetallLegierung vergießt man zu Anoden und verarbeitet diese in einer Kupfer-Raffinationselektrolyse. Dabei erhält man kathodisch Elektrolytkupfer und einen Anodenschlamm, in dem Ag, Au und PGM vollständig enthalten sind. Dieses Elektrolyseverfahren ist in 7 Abschn. 5.4.3 und . Abb. 5.22 ausführlich erläutert. Alternativ zur elektrolytischen Verarbeitung der Kupfer-Edelmetall-Legierung wird diese auch als Schmelze verdüst, um mit dem feinkörnigen Material eine schwefelsaure Laugung zu ermöglichen, wobei Au und die PGM im Löserückstand verbleiben. Die Weiterverarbeitung der Löserückstände ist im folgenden Unterabschnitt »Hydrometallurgische Verfahren des Edelmetallre-
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5
cyclings« beschrieben, die Verarbeitung der Anodenschlämme im 7 Abschn. 5.7.4 erläutert.
Hydrometallurgische Verfahren des Edelmetallrecyclings Für die Durchführung hydrometallurgischer Verfahren sind eine Reihe chemischer Eigenschaften der Edelmetalle in wässrigen Lösungen und vor allem ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber chemischen Lösemitteln von entscheidender Bedeutung. Die erste Arbeitsstufe der hydrometallurgischen Verfahren ist naturgemäß immer der Löseprozess (in Ausnahmefällen nach einem vorangehenden Abbrennen von kohlenstoffhaltigen Ablagerungen oder Kohlenstoffträgermaterial). In den verunreinigten und armen Edelmetallabfällen sowie in den Löserückständen des Cu-Anreicherungsverfahrens (7 Abschn. 5.7.3, »Auflösung von Edelmetallen in Blei- oder Kupferschmelzen«) liegen die Edelmetalle fast ausschließlich als Metalle vor (Ausnahme: Abfälle von Edelmetallsalzen), so dass die Löslichkeit der Metalle in geeigneten Lösemitteln bekannt sein muss. Dazu werden einige Angaben geliefert: 5 Salzsäure und Flusssäure lösen die Edelmetalle nicht. 5 Salzsäure plus Cl2-Gas löst die PGM und Au. 5 Schwefelsäure konz. löst in der Hitze Ag und Pd (geringer Angriff von Pt). 5 Salpetersäure konz. löst Ag und Pd. 5 Königswasser löst Ag, Pd, Pt und Au, während Rh, Ir und Ru nur gering angegriffen werden. 5 Alkalische Schmelzen (NaOH), vor allem Na2O2, greifen fast alle Edelmetalle an. 5 NaCl-Schmelzen plus Cl2-Gas lösen die PGM und Au. Diese Zusammenstellung unterstreicht, dass stark oxidierende Substanzen eine Voraussetzung für die Auflösung sind. Daneben spielen für die Löslichkeit und die Lösekinetik eine hohe Säurekonzentration sowie erhöhte Temperatur und insbesondere die Bildung von Komplexen (vor allem der Chlorokomplexe) eine entscheidende Rolle. Unter den PGM ist das Ir das am schwersten lösliche Metall. Die Löslichkeit aller Edelmetalle wird außerdem sehr stark von der spezifischen Oberfläche (Pulver oder Kompaktmaterial), der Reinheit und der Vorbehandlung (Glühen) bestimmt. Feinste Pulver,
154
5
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
Zementate oder Löserückstände sowie mit Unedelmetallen legierte Edelmetalle sind deutlich besser löslich. Der unterschiedlich edle Charakter der Edelmetalle kommt auch in der Spannungsreihe zum Ausdruck und spielt vor allem für die elektrochemischen Verfahren der Edelmetallverarbeitung die entscheidende Rolle. Wegen der verschiedenen Wertigkeitsstufen und der Komplexbildung bei höheren Wertigkeiten ist die Angabe der Normalpotentiale allerdings kompliziert [37]: 5 Ag+: + 0,808 V 5 Pd2+: + 0,82 V 5 Pt2+: + 0,95 V 5 Au3+: + 1,30 V
5 selektive Reduktion oder Oxidation einzelner Spezies, 5 Solventextraktion (7 Abschn. 4.2.2, »Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«, . Abb. 4.8 und . Abb. 4.9), 5 Ionenaustauschverfahren (7 Abschn. 4.2.2, »Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«, . Abb. 4.7), 5 Destillation (7 Abschn. 4.2.3, . Abb. 4.11 und . Abb. 4.12), 5 Elektrolyse (7 Abschn. 4.2.2, »Elektrochemische Prozesse«, . Abb. 4.6).
Für die anderen PGM gilt, dass deren Potentiale zwischen Ag und Au liegen und Au in jedem Fall das edelste Metall darstellt. Zum Verständnis der angewandten Verfahren werden noch einige wichtige Edelmetallverbindungen und deren Eigenschaften genannt: 5 AgNO3: wichtigstes Silbersalz mit hoher Löslichkeit; 5 AgSO4: löslich in heißer konz. Schwefelsäure, schwer löslich in Wasser; 5 H2PtCl6: wichtige gut lösliche Platinverbindung; 5 (NH4)2PtCl6, K2PtCl6, K2[PdCl6]: schwer lösliche Platin- bzw. Palladiumverbindungen; 5 K2PtCl4: gut lösliche Platinverbindung; 5 PdCl2, Pd(NO3)2: leicht lösliche Palladiumverbindungen; 5 AuCl3 und HAuCl4: wichtige gut lösliche Goldverbindungen; 5 OsO4 und RuO4: niedriger Siedepunkt, durch Destillation abzutrennen.
Die prinzipielle Arbeitsweise dieser genannten Verfahren wurde bereits in 7 Abschn. 4.2 beschrieben und an Hand von Bildern erläutert (siehe die obigen Verweise auf Abschnitte und Abbildungen). Die Verarbeitung der Edelmetalllösungen aus aufgelösten festen Abfällen erfolgt im Allgemeinen mit folgenden Verfahrensstufen [77] [83]: 5 Abtrennung von Ru und Os durch Oxidation der Chlorokomplexe mit H2O2 oder Cl2 zu RuO4 bzw. OsO4 und Destillation der Tetroxide aus salzsaurer Lösung. 5 Abtrennung von Ag, Unedelmetallen und Au: Beim Aufschluss wird neben dem unlöslichen AgCl eine geringe Menge des löslichen [AgCl2]−-Komplexes gebildet. Den Komplex zerstört man durch Absenkung der HCl-Konzentration auf 1 molar und filtriert das ausgeschiedene AgCl ab. Die Unedelmetalle Fe, Cu und Ni können durch Kationenaustausch abgetrennt werden. Das gelöste Au fällt man mit selektiv wirkenden Reduktionsmitteln aus und erhält ein Rohgold. Bei geringen Au-Gehalten unter 0,1 g/l verwendet man häufig die Au-Abtrennung mit Ionenaustauschern. Da deren Regeneration nicht möglich ist, muss man diese veraschen und gewinnt das Au aus der Asche. 5 Abscheidung der Salze von Pt, Pd, Ir und Rh: Mittels Cl2 oxidiert man alle PGM zu den Hexachlorosäuren (Oxidationsstufe IV) und schließt eine selektive Reduktion zu Pd(II) und Ir(III) an. Durch Zugabe von KCl oder (NH4)Cl fällt das schwer lösliche Platin-
Die leicht löslichen komplexen Zyanide werden bei den Recyclingverfahren selten eingesetzt. z
Verarbeitung von Edelmetalllösungen, die alle Edelmetalle enthalten
Aus erzeugten Edelmetalllösungen, die ein Gemisch fast aller Edelmetalle enthalten, trennt man die einzelnen Edelmetalle oder Edelmetallgruppen mit Hilfe sehr unterschiedlicher Verfahren ab: 5 Ausfällung schwer löslicher Verbindungen (z. B. auch Hydrolyse) (7 Abschn. 4.2.2, »Chemische Fällung«, . Abb. 4.5),
155
5.7 • Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen
salz aus (K2 [PtCl6] oder (NH4)2[PtCl6]). Nach Reoxidation des Ir fällt man analog ein (NH4)2[IrCl6]. Durch weitere Oxidation bildet man Pd(IV) und kann ebenfalls (NH4)2[PdCl6] ausfällen. Das Rhodiumsalz erhält man danach durch Eindampfen der Restlösung. Dieser Salzfällung schließt sich noch eine Feinreinigung der Salze (z. B. durch Umfällung) an. Neben dieser klassischen PGM-Trennung durch Ausfällung von Salzen nach selektiver Reduktion bzw. Oxidation kommt immer häufiger die Solventextraktion für die PGM-Trennung zum Einsatz (z. B. Extraktion von Pt und Ir mit Tributylphosphat als Extraktionsmittel oder Pd mit Alkylsulfid). 5 Darstellung der Metalle: Metallisches Pt erzeugt man durch thermische Zersetzung von (NH4)2[PtCl6] oder durch Elektrolyse einer wässrigen Lösung von H2[PtCl6] und erhält dabei Platinschwamm [80], der abschließend zu Metall umgeschmolzen wird. z
Verarbeitung von speziellen Abfällen mit nur einer Edelmetallkomponente
Die oben beschrieben Arbeitsstufen und die Verarbeitungskosten verringern sich naturgemäß erheblich, wenn der häufige Fall vorliegt, dass nur ein Edelmetall in den Abfällen enthalten ist. z
Aufarbeitung von verbrauchten Katalysatoren
Ag-haltige Katalysatoren aus der Ethenoxidproduktion (Alumosilikatträger mit bis 13 % Ag) sind sehr einfach mit Salpetersäure zu behandeln. Aus der entstehenden AgNO3-Lösung ist das schwer lösliche AgCl mit Chloriden fällbar. AgCl schmilzt man mit Soda und erhält das Ag-Metall [85]. Ein analoges Verfahren ist für Pd-Trägerkatalysatoren (Al2O3- oder Alumosilkatträger) einsetzbar. Nach dem Abbrennen von kohlenstoffhaltigen Ablagerungen muss aber das gebildete PdO zunächst zum Pd reduziert werden. Dann schließt sich die HNO3Laugung an, wobei nur geringe Mengen der Träger in Lösung gehen. Durch Abdampfen von Wasser erhöht man die Pd-Konzentration und führt dann eine Fällung als K2[PdCl6] durch (Fällmittel sind KCl und NaOCl) [85]. In der Erdölindustrie fallen verbrauchte Pt/Re-Katalysatoren an, die als Träger Körner aus γ-Aluminiumoxid verwenden. Da Pt
5
und Re sehr fest am Träger gebunden sind, ist ein hohes Ausbringen nur durch Auflösung des Trägers zu erreichen. Das erfolgt sehr effektiv durch oxidierende alkalische Drucklaugung (Bildung von löslichem Na-Aluminat und NaReO4). Pt verbleibt als Löserückstand, während das ebenfalls wertvolle Re als NaReO4 in Lösung geht und daraus gewinnbar ist. Den Pt-Rückstand löst man in HCl+Cl2 und fällt danach aus dieser Lösung K2[PtCl6] [80]. z
Edelmetallplattierte Schrotte
Dabei verfolgt man das Ziel, die Edelmetallschicht selektiv abzulösen oder in einem Sonderfall auch die Unedelmetallunterlage selektiv aufzulösen. Von Au-platierten FeNiCo-Werkstoffen ist mit NaCN das Au selektiv ablösbar.
4 Au + 8 NaCN + O2 + 2 H2 O → 4 Na[Au(CN)2 ] + 4 NaOH Die FeNiCo-Werkstoffe sind praktisch unlöslich. Dagegen werden Cu-Werkstoffe und Cu-reiche Legierungen angegriffen [59]. Das Recycling von Au-, Ag- oder Pd-Schichten von Bauelementen der Elektrotechnik, Elektronik (Kontaktteile, Trägerstreifen, Transistorsockel usw.) sowie von Uhren, Bestecken etc. erfolgt durch selektives anodisches Ablösen der Edelmetalle in Galvanisiertrommeln unter Verwendung einer alkalischen Jodlösung als Elektrolyt und gleichzeitiger kathodischer Abscheidung der Edelmetalle. Es bilden sich z. B. mehrere lösliche Komplexe: [AuJ2]−, [PdJ4]2−, [AgJ2]−. Die metallischen Trägerkörper aus Cu-Werkstoffen, FeNi- oder FeNiCo-Legierungen, Stahl, Ni, Sn, Pb, Ti oder Ta unterliegen keinem Angriff. Ein besonderer Vorteil des Verfahrens ist, dass bis 50 % der Trägerkörper auch aus nichtleitenden Keramiken oder Kunststoffen bestehen können, wenn man in die Galvanisiertrommel zusätzlich metallische Stanzoder Drahtabfälle als Stromüberträger zusetzt. Der Kathodenniederschlag fällt als Schlamm auf den Zellenboden, wird umgeschmolzen und raffiniert. Die Trägerkörper sind für eine neue Beschichtung einsetzbar [85]. Recycling von Dickvergoldungen kann durch selektives Auflösen des Trägers aus Cu-Werkstoffen (Legierungskomponenten Sn, Zn) unter Verwen-
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Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
dung von Fe(III)-sulfat-Lösung als Oxidationsmittel erreicht werden.
2 Fe3+ + 3 SO4 2− + Cu → 2 Fe2+ + Cu2+ + 3 SO4 2−
5
Das Gold fällt als gut verwertbarer Löserückstand an. Die Cu-Sn-Zn-Lösung entkupfert man elektrolytisch mit gleichzeitiger anodischer Rückoxidation des Fe2+ zu Fe3+.
Recycling von Edelmetall-Abfalllösungen (Fotografie, Galvanik)
Die Bauart solcher spezieller Elektrolysezellen ist in 7 Abschn. 4.2.2 (»Elektrochemische Prozesse«) und . Abb. 4.6 erläutert. Als Partikel verwendet man z. B. chemisch verkupferte Kunststoffkugeln, auf denen sich Au als dicke Schicht abscheidet. Kathodisch abgeschiedenes Ag fällt partikelförmig an und muss von der Elektrode abgestreift werden. In cyanidischen Edelmetalllösungen verschieben sich die Normalpotentiale von Ag, Au und Cu, so dass eine Abscheidung in der Reihenfolge Ag–Au–Cu stattfindet [21]. Bei stark verdünnten Edelmetalllösungen verwendet man auch die Abtrennung mit Ionenaustauschern.
Fotografie Die lichtempfindlichen Substanzen der
Schwarzweiß- und Farbfotografie sind Silberhalogenide (z. B. AgBr). Nach der Bearbeitungsstufe »Entwicklung« muss das unentwickelt gebliebene Silberhalogenid aus der Emulsionsschicht mit dem Fixierbad (Natriumthiosulfat, Na2S2O3) herausgelöst werden. Die Fixierbäder enthalten danach das Ag als lösliches Salz (Natriumthiosulfatoargentat) mit ca. 3…15 g/l Ag. Die Rückgewinnung des Ag aus diesen Lösungen erfolgt häufig durch Elektrolyse (Abscheidung von metallischem Ag), aber auch durch chemische Fällung als Silbersulfid bzw. durch Zementation mit Stahlwolle. Reaktionsgleichung der Zementation: 2 Ag+ + Fe0 → 2 Ag0 + Fe2+
Die Grundlagen von Elektrolyse und Zementation sind in 7 Abschn. 4.2.2 (»Elektrochemische Prozesse«) erläutert. Galvanik Unter Galvanisieren versteht man die elektrolytische Abscheidung von Metallschichten auf Basismetallen oder auch Nichtmetallen. Die dabei eingesetzten Ag- und Au-Elektrolyte sind häufig Cyanidkomplexe. Die Rückgewinnung von Ag und Au aus cyanidischen Elektrolyten oder häufiger aus den entsprechenden Spüllösungen erfolgt wohl ausschließlich elektrolytisch. Bei Verwendung von Plattenelektroden erreicht man allerdings nicht die notwendigen geringsten AuEndkonzentrationen (z. B. 0,5 mg/l Au). Das ist aber mit den Partikelelektroden (große Kathodenoberfläche, hohe Relativgeschwindigkeit zwischen Elektrolyt und Kathodenoberfläche) realisierbar.
5.7.4
Edelmetallgewinnung aus Anodenschlämmen von Kupferelektrolysen
In 7 Abschn. 5.4 wurde ausführlich erläutert, dass beim Recycling von Cu-Schrotten recht vorteilhaft auch arme Edelmetallschrotte mit eingeschleust werden können und diese Edelmetalle sich dann mit hohem Ausbringen im Anodenschlamm der Kupferraffinationselektrolyse sammeln. Ähnliche Anodenschlämme sind aus der Kupferelektrolyse des »Cu-Verfahrens zur Edelmetallsammlung« (7 Abschn. 5.7.3, »Auflösung von Edelmetallen in Blei- und Kupferschmelzen«) zu erwarten. Bei der Primärerzeugung von Cu aus Konzentraten entstehen dagegen Anodenschlämme mit anderen Komponenten, deren Verarbeitung und Edelmetallgewinnung nach langjährig erprobten Verfahren stattfinden. Für die Anodenschlämme aus Recyclingprozessen müssen diese Verfahren aber zweckmäßig modifiziert werden. In . Tab. 5.13 sind charakteristische Zusammensetzungen von Anodenschlämmen der Primärgewinnung (Primärschlämme) und des Kupferrecyclings (Sekundärschlämme) aufgeführt. Man erkennt, dass in den Sekundärschlämmen wesentlich höhere Gehalte an Ni, Pb und Sn aus den Schrotten sowie geringe Gehalte an Edelmetallen vorliegen. Zum Vergleich werden zunächst kurz die überwiegend pyrometallurgische und elektrolytische Verarbeitung von Primärschlämmen skizziert [82]:
1. Entkupferung durch Laugen mit Schwefelsäure; 2. Schmelzen mit Sand, Soda und Koks im TBRC zu einer Metallschmelze unter Abtrennung einer Schlacke; 3. Oxidation des Se und Verdampfung als SeO2, Abscheidung im Wäscher (eine günstigere Variante der Se-Abtrennung ist nach der Entkupferung die Sauerstoffdrucklaugung bei 180 °C und 0,6 MPa O2 mit 70 g/l NaOH); 4. Nachraffination der Metallschmelze aus Position 2 zu Rohsilber (98 % EM); 5. elektrolytische Raffination von Rohsilberanoden (HNO3-Elektrolyt) mit kathodischer Abscheidung von reinen Ag-Kristallen und Bildung eines Anodenschlammes aus Au + PGM; 6. Laugung des Au/PGM-Schlammes mit HNO3 zur Auflösung von Ag-Resten und Teilen von Pt, Pd und Rh; der Rückstand ist ein Goldsand; 7. Schmelzen des Goldsandes zu Anoden; 8. Elektrolyse der Au-Anoden (HCl-Elektrolyt), kathodische Abscheidung von reinem Au und Auflösung der PGM im HCl-Elektrolyt als Chlorokomplexe; 9. Aufarbeitung der PGM-Lösungen aus Position 6 und 8.
. Tab. 5.13 Gehalte an Edelmetallen und Begleitelementen in Anodenschlämmen der Kupferraffinationselektrolysen bei unterschiedlichen Einsatzstoffen (Primärschlämme aus der Verarbeitung von CuKonzentraten; Sekundärschlämme aus dem Kupferrecycling) [81] [7] Element
Primärschlämme %
Sekundärschlämme %
As
3…9
0,5…3
Sb
5…8
2…9
Se
4…8
0,1…0,8
Te
1…2
<0,7
Ni
0,4…0,9
1…15
Pb
2…17
20…40
Sn
–
7…14
Cu
13…43
1…4
Ag
9…22
4…8
Au, PGM
4. Im Unterschied dazu entwickelte man für die Anodenschlämme aus dem Kupferrecycling (Sekundärschlämme) eine durchgehend hydrometallurgische Verarbeitung mit mehreren Arbeitsstufen (. Abb. 5.32) [81]: 1. Entkupferung des Anodenschlammes durch Laugen mit Schwefelsäure und Luft (Auflösung von Cu, Cu2O und NiO unter Bildung der Sulfate). 2. Bei Pb-reichen Schlämmen zusätzliches Herauslösen des Pb mit NaOH. 3. Auflösung des Laugerückstandes aus Position 1 bzw. 2 (Ag, Ag2Se, Au, Pt, Pd) mit Cl2 + HCl unter Bildung der löslichen Au-Pt-Pd-Chlorokomplexe, Selenit und unlöslichem AgCl und PbCl2: Ag2Se + 3 Cl2 + 3 H2O → 2 AgCl + H2SeO3 + 4 HCl 2 Au + 2 HCl + 3 Cl2 → 2 H[AuCl4]
5
157
5.7 • Recycling von Edelmetallen und Edelmetallsalzen
5.
6.
7.
Pt + 2 HCl + 2 Cl2 → H2[PtCl6] Pd +2 HCl + Cl2 → H2[PdCl4] PbSO4 + 2 HCl → PbCl2 + H2SO4 Auflösung des AgCl-Rückstandes aus Position 3, Zementation des Ag und Umschmelzen zu Silbergranalien. In der Au-Pt-Pd-Selenit-Lösung aus Position 3 muss man das Selenit zu Selenat (SeO42−) oxidieren, um nachfolgend ein Se-freies Zementat der Edelmetalle abzuscheiden. Das Au-Pt-Pd-Zementat aus Position 5 wird erneut gelöst, neutralisiert und selektiv ein Rohgold gefällt. Aus der Selenatlösung von Position 5 gewinnt man durch zweistufige Reduktion ein Rohselen (z. T. mit Te).
Die Vorteile dieses hydrometallurgischen Verfahrens sind das schnelle Ausbringen der Edelmetalle und die bessere Anpassung an erhöhte Gehalte von Ni, Pb und Sn bei geringen Ag-Gehalten (. Tab. 5.13).
158
Kapitel 5 • Recycling von metallischen Werkstoffen und metallhaltigen Abfällen
. Abb. 5.32 Hydrometallurgisches Verfahren der Edelmetallgewinnung aus Anodenschlämmen von Kupferrecyclinghütten [81].
Anodenschlamm H2SO4 CuSO4Lösung
Entkupferung
Luft
Löserückstand (Ag, Ag2Se, Au, Pt, Pd)
5
HCl Cl2-Gas
Laugung
AgCl / PbCl2Rückstand
Au-Pt-Pd-SeLösung
Ag-Gewinnung
Selenitoxidation
Au-Pt-PdZementation
Au-Pt-PdZementat
Se-Lösung
Reduktion Auflösung
Selektive Zementation
Ag-Granalien
5.8
z
Rohgold
Pt-PdZementat
Rohselen
Recycling von Titanund Tantalwerkstoffen Titan und Tantalwerkstoffe und -abfälle
Reintitan und Ti-Legierungen zeichnen sich durch ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit, Biokompatibilität und geringe Dichte (4,5 g/cm3) aus und kommen als übliche Halbzeuge (Bleche, Drähte, Profile) und Schmiedestücke zum Einsatz. Bei der
Verarbeitung entstehen die entsprechenden Abfälle an Neuschrott. Neben dem Reintitan sind eine Reihe von Legierungen von Bedeutung, z. B. TiAl6V6Sn2, TiAl6Sn2Zr4Mo2 und TiPd2 [7]. Altschrotte können aus dem Verschrotten von Flugzeugkomponenten anfallen. Tantal wird fast ausschließlich als unlegiertes Metall hoher Reinheit eingesetzt, wobei die vorzügliche Korrosionsbeständigkeit in Verbindung
5.8 • Recycling von Titan- und Tantalwerkstoffen
mit einer ausgezeichneten Wärmeleitfähigkeit die Einsatzgebiete bestimmt (z. B. Wärmetauscher im chemischen Apparatebau). Tantallegierungen werden nur mit Wolfram (Ta2,5W; Ta10W) und Niob (Ta40Nb) hergestellt [7]. Aus Ta-Pulver (mit Ta2O5-Schicht) fertigt man qualitativ hochwertige Kleinkondensatoren der Elektronik. Eine weitere Anwendung ist Tantalkarbid als Hartmetall. Entsprechend diesen Einsatzgebieten fallen folgende Verarbeitungsabfälle an: Neuschrotte (Blech-, Rohr- und Drahtabfälle, Drehspäne), Kondensatorenschrott und Hartmetallschrott. Altschrotte entstehen durch den Abbau von Apparateteilen der chemischen Industrie. z
Recyclingeigenschaften von Titan und Tantal
Bei der Primärerzeugung der Metalle Ti und Ta entstehen als Zwischenprodukte zunächst Metallpulver oder Metallschwamm. In einem nachfolgenden Arbeitsschritt stellt man daraus Presslinge her, die in Elektroöfen eingeschmolzen werden. Die Schmelzen erstarren dann außerhalb des Elektroofens zu kompakten Metallen. Beim Vorliegen reiner Ti- und Ta-Schrotte können diese nach geeigneter Kompaktierung ebenfalls in Elektroöfen getrennt oder z. T. gemeinsam mit Primärmetall eingeschmolzen werden. Wegen der hohen Schmelzpunkte dieser Metalle (Ti 1670 °C, Ta 2996 °C) und der bei hohen Temperaturen intensiven Reaktionen mit Sauerstoff und Stickstoff muss die Schmelzwärme durch Elektroenergie erzeugt werden und im Ofenraum muss durch Vakuum oder Argonschutzgas die Abwesenheit von Sauerstoff bzw. Stickstoff gewährleistet sein. Als Schmelzaggregate kommen deshalb Vakuumlichtbogenöfen oder Elektronenstrahlöfen zum Einsatz. Durch die Anwendung von Vakuum im Schmelzraum erreicht man zusätzlich die Verdampfung einiger Verunreinigungen aus den Schmelzen. Dieser Reinigungseffekt betrifft aber nicht alle Verunreinigungselemente und ermöglicht insbesondere nicht die Abtrennung aller Legierungsmetalle. Auf Grund dieser Bedingungen kann man generell nur sehr reine Schrotte und einheitliche Legierungstypen durch das Schmelzverfahren recyceln. Ti-Schrotte [86] müssen konsequent getrennt nach Sorten (Reintitan und Legierungen) und Reinheit gesammelt und eingeschmolzen werden.
159
5
Reine Schrotte können als Mischung mit bis zu 50 % Ti-Schwamm zu Elektroden gepresst und im Vakuumlichtbogenofen abgeschmolzen werden. Zur vollständigen Homogenisierung des Metalls ist ein zweiter Schmelzprozess erforderlich. Im Elektronenstrahlofen ist die Ti-Schmelze über längere Zeit flüssig zu halten, so dass man eine weitgehende Verdampfung von N und O erreicht. An den Herdwänden sich ausscheidende Ti-Legierungen (Cold Hearth Melting) ergeben einen zusätzlichen Raffinationseffekt. Zur Raffination von Ti-Schrotten wird auch das Elektroschlacke-Umschmelzverfahren mit einem aktiven Schlackensystem aus CaF2-Ca-(CaO) empfohlen [87]. Für verunreinigte Schrotte stehen weitere Recyclingvarianten zur Auswahl [7]: 5 Einsatz als Legierungselemente geringer Konzentration in Stahl, Zink und Aluminium, 5 Herstellung von Ferrotitan, 5 Verwendung für Titangussteile, 5 chemische Umsetzung zu Titantetrachlorid (TiCl4), das durch magnesiothermische Reduktion wieder zur Erzeugung von TiSchwamm dient. Ta-Schrotte aus Reintantal verpresst man zu Stäben und schmilzt diese anschließend im Elektronenstrahlofen. Durch die Arbeitsbedingungen im Ofen (hohe Temperatur und Vakuum) erreicht man durch Verdampfung von Verunreinigungen gute Raffinationseffekte. Häufig verbessert man diese Reinigung noch durch Wiederholung des Schmelzprozesses. Für stärker verunreinigte Ta-Schrotte besteht außerdem die Möglichkeit der thermischen Oxidation zu Ta-Oxid (Ta2O5) mit einer weiteren Verarbeitung zu Ta-Karbid. Prinzipiell ist auch die Auflösung in Flusssäure/Schwefelsäure-Mischungen und die Herstellung des Ta-Salzes K2TaF7 (Ausgangsverbindung für die Erzeugung von Ta-Metall) möglich.
161
Recycling von Kunststoffen 6.1
Kunststoffgruppen und Kunststoffsorten – 162
6.2
Zusatzstoffe, Füllstoffe und Verstärkungsmittel für Kunststoffe – 164
6.3
Einsatzgebiete der Kunststoffe und Preise – 168
6.4
Werkstoffrecycling von Kunststoffen – 168
6.4.1 6.4.2 6.4.3
Werkstoffrecycling von Thermoplasten – 171 Werkstoffrecycling von Elastomeren (Altgummi und PUR) – 184 Partikelrecycling von Duroplasten – 187
6.5
Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen – 188
6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5
Alkoholyse, Hydrolyse und katalytische Depolymerisation – 189 Hydrierung – 191 Pyrolyse – 192 Vergasung zu Brenngas oder Synthesegas – 194 Reduktionsmittel im Hochofenprozess – 196
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_6, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
6
162
6
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
Die Bezeichnung »Kunststoffe« wird oft parallel mit der Bezeichnung »Polymere« verwendet. In diesem Buch soll der Begriff »Polymere« für alle Stoffe aus hochmolekularen organischen Verbindungen (Makromolekülen) Verwendung finden. Kunststoffe sind dann die Polymere, die chemisch synthetisiert wurden und als Werkstoffe genutzt werden. Die Kunststoffwerkstoffe erhält man erst durch Einmischung verschiedener Zusatzstoffe (Stabilisatoren, Füllstoffe, Farbstoffe etc.) in die Polymere. Die Polymere stellt man mit verschiedenen Verfahren aus niedermolekularen Grundbausteinen (Monomere) über chemische Reaktionen her. Die Polymere bestehen aus den Hauptelementen C, H und O sowie weiteren Nichtmetallen (N, Cl, F, S) oder dem Halbmetall Si (Silikone). Zwischen den Atomen existiert als chemische Hauptvalenzbindung die kovalente Atombindung (Elektronenpaarbindung), die durch zwischenmolekulare Kräfte (ZMK) ergänzt wird. Aus der Vielfalt der herstellbaren Grundbausteine einerseits und den Varianten ihrer chemischen Reaktionen und Vernetzungen andererseits sowie der Vermischung verschiedener Monomere (Copolymere) resultiert die Vielzahl an existierenden Kunststoffsorten. Die atomare und strukturelle Zusammensetzung, die ZMK sowie der Grad der Vernetzung der Makromoleküle und die verschiedenen Zusatzstoffe bestimmen die Werkstoff- und Recyclingeigenschaften (thermische und mechanische Belastbarkeit, Löslichkeit, Dichte) der Kunststoffe [90] [91]. Neben den Kunststoffen aus synthetischen Polymeren erzeugt man in wesentlich geringerem Umfang auch Kunststoffe durch Modifizierung hochmolekularer Naturstoffe (Eiweiße, Kohlehydrate). Der stoffliche Aufbau der Kunststoffe aus organischen Makromolekülen ist von entscheidender Auswirkung auf das primär geforderte stoffliche Recycling. Die organischen Makromoleküle unterliegen aber besonders bei Thermoplasten und Elastomeren durch Einwirkung von Wärme, Licht, Verformungen und Alterung einem bemerkbaren Abbau. Außerdem sind die Möglichkeiten zur Abtrennung von Verunreinigungen oder Zusätzen aus Altkunststoffen sehr eingeschränkt. Auch die Trennung/Sortierung der Vielzahl von Kunststoffsorten voneinander ist problematisch. Das Recycling von Altkunststoffen zu qualitätsgerechten Sekundärwerkstoffen
(Werkstoffrecycling) ist aus diesen Gründen schon technisch nicht immer möglich. Deshalb spielt der gezielte Abbau der Makromoleküle zu den Monomeren oder zu organischen Zwischenprodukten bzw. Rohstoffen (chemisches Recycling bzw. Rohstoffrecycling) eine größere Rolle. Wegen des hohen Heizwertpotentials der Kunststoffe ist aber auch deren energetische Verwertung eine wirtschaftlich und ökologisch sehr sinnvolle Lösung (. Abb. 6.1). Die energetische Verwertung wird aber zusammen mit der energetischen Verwertung von Papier, Holz und anderen organischen Stoffen und mit der Herstellung von Sekundärbrennstoffen erst in 7 Kap. 12 besprochen.
6.1
Kunststoffgruppen und Kunststoffsorten [90] [91]
Ohne einige grundlegende Kenntnisse über die Kunststoffsorten und deren Eigenschaften ist eine Besprechung des Kunststoffrecyclings nicht möglich. Zur Unterscheidung der einzelnen Kunststoffsorten verwendet man internationale Kurzzeichen (z. B. PE = Polyethylen). Auf Grund der unterschiedlichen Vernetzungsverhältnisse und den daraus resultierenden thermischen und mechanischen Eigenschaften unterscheidet man die drei Kunststoffgruppen Thermoplaste, Elastomere und Duroplaste. Diese Unterscheidung nach den thermischen und mechanischen Eigenschaften ist für die Verfahrenstechniken des Recyclings besonders wichtig (Zerkleinerungsverfahren, Schmelzverfahren, Löseverfahren). Thermoplaste sind nichtvernetzte Kunststoffe, die aus linearen oder verzweigten Kettenmolekülen bestehen. Die Ketten können sich bei Belastungen und besonders bei höheren Temperaturen gegeneinander verschieben, so dass eine Erweichung oder ein Schmelzen erreichbar ist. Das Erweichen und Schmelzen sind beliebig oft wiederholbar. Die Thermoplaste sind außerdem in organischen Lösemitteln quellfähig oder auch löslich. Die Schmelztemperaturen liegen bei 130…260 °C. Die viskosen Schmelzen sind filtrierbar, was als Reinigungsmethode beim Recycling von Abfällen von Bedeutung ist. Der Werkstoff besitzt mittlere Zugfestigkeit und Steifigkeit, bei tiefen Temperaturen tritt eine Ver-
6
163
6.1 • Kunststoffgruppen und Kunststoffsorten
Werkstoffliche Verwertung
Rohstoffliche Verwertung
Energetische Verwertung
Werkstoffe bzw. Makromoleküle bleiben erhalten
Werkstoffe werden zerstört, Makromoleküle werden abgebaut
Werkstoffe bzw. Makromoleküle werden oxidiert
Mechanische Aufbereitung Sortenreine Kunststoffe
Hydrierung, Pyrolyse/ Thermolyse, Vergasung
Mechanische Aufbereitung Gemischte Kunststoffe
Regranulat, sortenrein
Regranulat/ Agglomerat von Mischkunstoffen
Verbrennung
Solvolyse, Hydrolyse
Selektive Auflösung, Reinigung
Regranulat, sortenrein
Spaltprodukte
E-Energie, Dampf
Öle, Wachse, Kohlenwasserstoffe, Synthesegas
. Abb. 6.1 Verfahrenswege des Kunststoffrecyclings [7].
sprödung ein. Durch mehrphasige Polymere mit gummieelastischen und thermoplastischen Bereichen erhält man thermoplastische Elastomere (TPE), die thermoplastisch verformbar sind [90]. Elastomere sind weitmaschig chemisch vernetzte Kunststoffe, die in einem großen Temperaturbereich gummielastisch sind. Eine engmaschigere Vernetzung führt zum Hartgummi (Ebonit). Die chemische Vernetzung erfolgt während der Formgebung durch Vulkanisation (Vernetzungsmittel: Schwefel, Peroxide, Amine) und schließt eine weitere Verformbarkeit aus. Elastomere sind nicht schmelzbar und nicht löslich, aber in orga-
nischen Lösemitteln quellfähig. Durch Erwärmung (200 °C), oxidativen Abbau und mechanische Beanspruchung erfolgt eine gewisse Teilzerstörung der Vernetzung, was für das Recycling nutzbar ist. Der Werkstoff hat geringe Steifigkeit und Zugfestigkeit. Duroplaste sind chemisch engmaschig vernetzt. Sie sind nicht schmelzbar, unlöslich, nicht quellfähig und besitzen hohe Steifigkeit und Zugfestigkeit. Sie sind spröde und stärker wärmebeständig (bis 180 °C). Die Vernetzung erfolgt nach der Formgebung der Ausgangsmassen durch Wärmezufuhr (Warmaushärten) oder durch chemische Zusätze
164
6
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
(Härter) bzw. katalytische Zusätze (Kaltaushärten). Sie kommen fast immer mit höheren Gehalten an Füllstoffen und Verstärkungsstoffen zur Anwendung. Ein anderes Einteilungsprinzip unterscheidet die Kunststoffe nach den drei chemischen Herstellungsverfahren Polymerisation, Polykondensation, Polyaddition. Die mit diesen Verfahren erzeugten Makromoleküle bilden die Kunststoffgruppen der Polymerisate (PE, PP, PS, PVC etc.), der Polykondensate (PC, PET, PF etc.) und der Polyaddukte (PUR etc.). Wegen der außerordentlich großen Zahl an Kunststoffsorten ist in der folgenden Zusammenstellung und im gesamten vorliegenden Kapitel immer die Beschränkung auf die wichtigsten Sorten notwendig, die für das Recycling besondere Bedeutung besitzen. Weitergehende Informationen zu den Kunststoffgruppen und Sorten, zur Zusammensetzung und Struktur, zu spezifischen Eigenschaften usw. sind der Spezialliteratur für Kunststoffe [90] [91] zu entnehmen. Die ausgewählten wichtigsten Sorten sind in . Tab. 6.1, . Tab. 6.2 und . Tab. 6.3 zusammengestellt. Neben den in diesen Tabellen zusammengestellten Sorten synthetischer Kunststoffe erzeugt man außerdem in geringem Umfang Kunststoffe aus modifizierten Naturstoffen (Zellulose, Stärke, Kasein), z. B. Zelluloseazetat (CA). z
Formmassen, Blends, Verbunde
Für die Mehrzahl der Kunststoffe erfolgt die Kunststoffsynthese in der chemischen Industrie zu einem Kunststoffrohstoff, der nachfolgend in dem vollkommen getrennten Industriezweig der »Kunststoffverarbeiter« zu Kunststoffformmassen aufbereitet wird. Eine wichtige Ausnahme bilden die PUR-Kunststoffe, die beim »Verarbeiter« aus flüssigen Vorstoffen (Isocyanat und Polyol) direkt synthetisiert werden. Die Formmassen stellt man im Aufbereitungsprozess durch Vermischung der Polymere mit den erforderlichen Zusatzstoffen (Weichmacher, Haftvermittler, Gleitmittel, Verstärkungsstoffe etc.) her und erzeugt daraus geeignete Formen für die Weiterverarbeitung (Granulate, Pulver, Pasten, Lösungen, Dispersionen). Aus diesen Formen kann man schließlich durch Urformen Kunststoffteile direkt herstellen oder
entsprechende Halbzeuge (Blöcke, Profile, Rohre, Bahnen, Folien, Prepregs) produzieren. Eine weitere Kunststoffmodifizierung erfolgt durch die Verwendung von Polymermischungen (Polymerblends, Polymerlegierungen), die häufig heterogene Blends aus einer Matrix und einer dispergierten Phase bilden. Eine weitere wichtige Werkstoffgruppe sind die Kunststoffverbunde. Dazu gehören die Mehrschicht- und die Mischwerkstoffverbunde. Mehrschichtverbunde bestehen aus geometrisch abgrenzbaren, stofflich verschiedenen Werkstoffschichten. Mischwerkstoffverbunde entstehen durch Einbau verstärkender Partikel oder Fasern in eine Polymermatrix (glasmattenverstärkte Thermoplaste, verstärkte Duroplaste). Solche Kunststoffmischungen und Werkstoffverbunde bereiten naturgemäß bei Recyclingverfahren erhebliche Schwierigkeiten, da der Aufschluss der Komponenten schwierig, häufig unvollständig oder unmöglich ist. Neben den festen Kunstoffwerkstoffen erzeugt man im großen Umfang aus thermoplastischen oder vernetzten Kunstharzen Klebstoffe und Lacke (z. B. Alkydharzlacke und Einbrennlacke). Für das Recycling besitzen die in dünnen Schichten verwendeten und ausgehärteten Klebstoffe und Lacke keine Bedeutung. Sie können aber das Recycling der damit beschichteten Altstoffe (besonders Altmetalle und Altkunststoffe) oder Produktionsabfälle erheblich behindern und evtl. durch Pigmente verschlechtern (7 Abschn. 5.3.2.1, »Verhalten von Al-Schmelzen gegen Feststoffe«). Ein Recycling von Klebstoffen und Lacken ist allerdings für die Materialreste bei Klebe- und Lackierverfahren (Overspray) und für größere Massen ungebrauchter Altklebstoffe und Altlacke erforderlich.
6.2
Zusatzstoffe, Füllstoffe und Verstärkungsmittel für Kunststoffe
Neben den oben aufgeführten Kunststoffsorten und Polymermischungen sind außerdem die notwendigen Zusatzstoffe, Füllstoffe, Verstärkungsmittel etc. für die Recyclingeigenschaften von großer Bedeutung und müssen deshalb an dieser Stelle relativ ausführlich aufgelistet werden. Die Zusatzstoffe setzt man für die Verbesserung der verarbeitungs-
165
6.2 • Zusatzstoffe, Füllstoffe und Verstärkungsmittel für Kunststoffe
6
. Tab. 6.1 Thermoplaste mit breitem Einsatzspektrum – Eigenschaften und Verwendungsgebiete Thermoplaste
Dichte g/cm3
Schmelztemperatur °C
Farbe/Festigkeit
Verwendungsgebiete
PE, Polyethylen
0,92…0,96
110…140
Milchig-trüb, transparent; halb-steif
Verpackungsfolien, Behälter, Kanister, Rohre, Maschinenteile
PP, Polypropylen
0,90…0,92
160
Weiß, opak; steif
Folien, Haushaltsgeräte, PKW-Teile, Behälter
PVC, Polyvinylchlorid (56,7 % Cl)
1,2…1,4
120…160
PVC-U: opak; steif, hart PVC-P: transparent; weich, flexibel, elastisch
PVC-U: Rohre, Tafeln, Profile
PTFE, Polytetrafluorethylen
2,1…2,2
330
Weiß, opak
Elektrische Isolation, Kolben, Dichtungen, Faltenbälge, Gleitlager, Schläuche
PS, Polystyrol, PS-E (EPS)
1,05
150
Glasklar; hart, spröde, geschäumt-weich
Spritzgussteile, Gehäuse, Dämm-, Isolier-, Verpackungsmaterial
PMMA, Polymethylmethacrylat
1,2
200…230
Glasklar; hart, spröde
Acrylglas: Verglasungen, Brillengläser, Gehäuse, Sanitärartikel, Leuchten
POM, Polyoxymethylen
1,4
175
Weiß, opak; steif, zäh
Armaturen, Präzisionsteile der Feinwerktechnik
Milchig, opak; steif, hart
Zahnräder, Laufrollen, Pumpen, Gehäuse, Dübel, Fasern, Gewebe
PA, Polyamide
PVC-P: Bahnen, Folien, Kabelisolation, Schläuche, Dichtungen
PA 6
1,13
220
PA 6.6
1,14
260
PC, Polykarbonat
1,2
300
Glasklar; hart, formsteif
Apparateteile, Verglasungen, Gehäuse, CD, DVD
PET, Polyethylenterephthalat
1,35…1,4
250…260
Weiß, transparent bis glasklar; steif, zäh
Getränkeflaschen, Fasern, Folien, technische Funktionsteile
PPS, Polyphenylensulfid
1,4…1,9
290…300
Dunkelbraun; steif
Warmfeste Teile, Mikrospritzguss, Verbundwerkstoffe
PI, Polyimide
1,4
330
Dunkel bis gelb; hart, nicht zäh
Warmfeste Teile, Gleitelemente, Laufräder
PVC-U = unplasticized (hart); PVC-P = plasticized (weich); PS-E = expanded (geschäumt)
technischen Eigenschaften der Formmassen (Gleitfähigkeit, Trennverhalten usw.) und die Erzielung gewünschter applikationsgerechter Eigenschaften
der Endprodukte (Farbe, Festigkeit, Flammschutz usw.) ein.
166
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
. Tab. 6.2 Häufig verwendete Elastomere – Eigenschaften und Verwendungsgebiete Elastomere
Gebrauchstemperatur ° C
Verwendungsgebiete
SBR, Styrol-Butadien-Kautschuk
–40…+100
Allzweckkautschuk, PKW-Reifen, Schläuche, Profile, Schaumgummi
NR, Naturkautschuk
–50…+80
Gummifedern
CR, Chloroprenkautschuk
–30…+100
Kabelmäntel, Dachbelag
NBR, Nitril-Butadien-Kautschuk
–30…+100
Dichtungen, Schläuche
Q-Kautschuke (Silikon)
–100…+200
Dichtungen, Schläuche, Elektroisolierungen
Thermoplastische Polyurethan-Elastomere, TPE-U
–40…+100
Dichtungen, Schläuche, Faltenbälge, Membranen, Kabelmäntel, Schuhsohlen
R-Kautschuke
6
. Tab. 6.3 Ausgewählte Duroplaste – Eigenschaften und Einsatzgebiete Duroplaste
Dichte g/cm3
Maximale Gebrauchstemperatur
Festigkeit; Farbe
Verwendungsgebiete
PF, PhenolFormaldehyd (Phenoplast)
1,3…1,8
110…150 °C
Hart, spröde; dunkel
Steckdosen, Isolierplatten, Brems-/ Kupplungsbeläge, Bindemittel (Spanplatten, Hartpapier)
UF, HarnstoffFormaldehyd (Aminoplast)
1,5
80…160 °C
Hart, spröde; hellfarbig
Elektroinstallationsmaterial, Schraubkappen (Kosmetik), Haushaltsgeräte
MF, MelaminFormaldehyd
1,5…2,0
110 °C
Hart, kochfest; hellfarbig
Elektrische/elektronische Bauteile, Lampensockel, Geschirr, Haushaltsgeräte, Ionenaustauscherharze
UP, ungesättigte Polyesterharze
1,2
140 °C
Steif bis elastisch
Gehäuse, Spulen
UP-GF, SMC (glasfaserverstärkt)
1,8
150 °C
EP, Epoxidharze
Steif, schlagfest
Gießharze, Laminierharze
PUR-Gießharze
Steif
Vergussmasse, Kleber
PUR-Schaumstoffe (weich/hart)
Elastisch, dämmend
Fahrzeugsitze, Polster, Dämmplatten
PUR, Polyurethane
80…200 °C
Harzmatten, Sitzschalen, Heckklappen, Bootskörper
0,4
80 °C
167
6.2 • Zusatzstoffe, Füllstoffe und Verstärkungsmittel für Kunststoffe
z
Gleitmittel, Antiblockmittel, Trennmittel
Diese Gruppe garantiert die Verarbeitbarkeit durch Verbesserung des Gleit- und Haftverhaltens zu den Formwerkzeugen und zwischen den Kunststoffoberflächen. Die »inneren Gleitmittel« erniedrigen auch die Viskosität der Schmelzen. Es kommen Fettsäureester (Butylstearat), Metallseifen (Kalziumstearat), Fettsäureamide etc. zur Anwendung. Die Antiblockmittel (Talkum) verhindern das Verkleben von Folien [91]. z
Stabilisatoren
Diese Stoffe bremsen den oxidativen Abbau von Kunststoffen. Dieser entsteht bei Einwirkung von Wärme, UV-Strahlung und mechanischer Verformung auf die Kunststoffe durch Bildung von freien Radikalen, die nachfolgend einen Abbau des Polymers hervorrufen. Angewandte Antioxidantien (bis 0,3 % Zusatz) sind z. B. aromatische Amine, organische Phosphite und Lactone. Als UV-Absorber (bis 2 % Zusatz) kommen z. B. Benzophenone und Triazine zum Einsatz [91]. Wärmestabilisatoren (Schutz vor thermischem Abbau) sind vor allem für PVC erforderlich. Dafür verwendet man organische Verbindungen von Pb, Cd, Ba, Sn und Zn (Maleinate, Carboxylate. Mercaptide). Auf Grund der Toxizität von Cd und Pb kommen Ba-Cd-Stabilisatoren nur noch für Hart-PVC in Außenanwendung in Betracht [90]. z
Antistatika
In die Formmassen arbeitet man organische Antistatika direkt ein (Fettsäureester, Amine, Sulfonate) oder vermischt mit leitfähigen Zusatzstoffen (Spezialruß, Karbonfasern, Metallfasern). Die Kunststoffoberflächen werden auch entsprechend beschichtet (Al-Bedampfung, Leitlacke) [91]. z
Flammschutzmittel
Organische Flammschutzmittel sind Cl- oder BrVerbindungen, die zunehmend durch halogenfreie und anorganische Verbindungen (Hydroxide, Borate, Phosphate) substituiert werden. Häufig eingesetzte Stoffe sind Al-Hydroxid, Mg-Hydroxid und Zn-Borat.
z
6
Farbmittel
Zur Einfärbung dienen vor allem anorganische oder organische Pulverpigmente, die im Kunststoff unlöslich sind, sowie in geringem Umfang lösliche Farbstoffe(Azo-Farbstoffe). Das wichtigste Pigment ist Titandioxid (Weißpigment). z
Weichmacher
An erster Stelle im Verbrauch stehen die Phtalsäureester (z. B. Dioctylphtalat). Für PVC kommen auch noch Phosphorsäureester zum Einsatz, die gleichzeitig als Flammschutzmittel wirken, aber für einen Lebensmittelgebrauch unzulässig sind. z
Haftvermittler
Diese Stoffe (modifiziertes PE etc.) verbessern die Benetzung zwischen schwer verträglichen Kunststoffkomponenten bei Kunststoffmischungen (z. B. Bedeutung beim Recycling) oder Verbundfolien und die Haftung bei Verbundwerkstoffen zwischen Kunststoff und Fasern. z
Treibmittel
Zum Schäumen von Kunststoffen setzt man NaHCO3 oder Azodikarbonsäurediamid (Zersetzung zu N2 und CO2) ein. z
Füllstoffe und Verstärkungsmittel
Diese Stoffe dienen als Streckmittel (Einsparung von Kunststoffmasse) und zur Verbesserung der Steifigkeit, Festigkeit, Wärmebeständigkeit und Maßhaltigkeit. Als Füllstoffe verwendet man vorwiegend anorganische Pulver (Kreide, Kaolin, Talk). Durch Einarbeitung von Verstärkungsfasern (Länge wenige Millimeter) aus Glas, Baumwolle etc. in Thermoplaste oder härtbare Formmassen steigert man die Festigkeit. Die Faserverstärkung kommt als Kurzfaser, Stapelfaser oder Matte zur Anwendung. An erster Stelle stehen die Glasfasern (GF), gefolgt von Kohlenstofffasern (CF), Hochtemperatur-Kunststofffasern und verstärkt Naturfasern (Hanf, Kokos, Sisal usw.).
6
168
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
6.3
Einsatzgebiete der Kunststoffe und Preise
Für das Recycling von Kunststoffen sind ausführlichere Kenntnisse über die Anfallstellen der Altkunststoffe erforderlich. Mit anderen Worten, die Einsatzgebiete der Kunststoffe sollten gut bekannt sein. Bestimmend für die Einsatzgebiete sind die spezifischen Werkstoffeigenschaften der Kunststoffe, die deshalb kurz aufgelistet sind. Aus dem Molekülaufbau der Polymere leiten sich einige allgemeine Eigenschaften der Kunststoffe direkt ab: 5 geringe Dichte (0,8…2.2 g/cm3), 5 Festigkeit, Steifigkeit, Schlagzähigkeit, Lichtdurchlässigkeit (Verwendung als Bauelemente und Kleinteile), 5 vorteilhafte Formgebungseigenschaften (Extrudieren, Spritzgießen, Kalandrieren, Schäumen, Pressen, Fräsen, Bohren, Beschichten) und Fügemöglichkeiten (Schweißen, Kleben), 5 niedrige elektrische Leitfähigkeit (Verwendung als elektrische Isolatoren), 5 niedrige Wärmeleitfähigkeit (Verwendung zur Wärmedämmung, besonders als Kunststoffschäume), 5 Elastizität (Verwendung für Schläuche, Reifen, elastische Teile, Polster), 5 Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse, Chemikalien, Säuren, Alkalien und organische Lösemittel (Verwendung für Behälter, Rohre, Schläuche, Dachbahnen, Beschichtungen, Lacke). Dabei sind aber folgende einschränkende Eigenschaften für die Anwendung zu berücksichtigen: 5 begrenzte thermische Beständigkeit, da die thermische Aufspaltung der Elektronenpaarbindung irreversibel ist (Einsatzbereiche unter 70 bis unter 300 °C), 5 Löse- bzw. Quellverhalten gegenüber bestimmten organischen Lösemitteln, 5 begrenzte Beständigkeit gegen verschiedene Umwelteinwirkungen (UV-Strahlung, Oxidation, Hydrolyse, Mikroorganismen). Die Haupteinsatzgebiete von Kunststoffen und damit die Anfallstellen der Altkunststoffe sind in . Tab. 6.4 zusammengestellt.
z
Preisspannen für Kunststoffe
Für die wirtschaftliche Bewertung des Kunststoffrecyclings sind die sehr verschiedenen Preise für einzelne Kunststoffsorten von erheblicher Bedeutung. Für das Jahr 2003 liegen Angaben für Neuware vor, die in . Tab. 6.5 zusammen mit Vergleichspreisen für metallische Werkstoffe aus 2003 angegeben sind. Man erkennt, dass wirtschaftliche Anreize für ein Recycling vor allem für die häufigen Kunststoffsorten PC, PBT und PET vorliegen. Die Massenkunststoffe PVC, PE und PP sind dagegen für das Recycling auf Grund des Anfalls großer Massen und der daraus resultierenden Kostendegression von Bedeutung.
6.4
Werkstoffrecycling von Kunststoffen
Von den Kunststoffen sind besonders die Thermoplaste mit den geringsten Schwierigkeiten als Werkstoffe zu recyceln. Eine ganze Reihe von spezifischen Stoffeigenschaften erschwert allerdings das werkstoffliche Recycling aller Kunststoffe. z
Stoffeigenschaften von Kunststoffen, die das Recycling erschweren
1. Oxidativer Abbau: Bei der Verarbeitung, Lagerung und beim Gebrauch erfolgt ein oxidativer Abbau der Polymere durch die Einwirkung von Luftsauerstoff in Verbindung mit Wärme (z. B. Schmelzen und Umschmelzen), UVStrahlung und die Scherbeanspruchung bei plastischer Verformung. Metallische Verunreinigungen begünstigen diesen Prozess. Durch diesen Abbau verschlechtern sich die Werkstoffkennwerte. Bei wiederholter Extrusion von PE sind z. B. die Absenkung der Festigkeit (Zeitstand-Innendruckversuch), die Verschlechterung der Verarbeitungseigenschaften (Schmelztemperatur, Viskosität der Schmelze) und der optischen Eigenschaften (Transparenz, Glanz der Oberfläche) dokumentiert. Auch verunreinigende Partikel (Papier, Al) in Thermoplasten können die Reißdehnung erheblich absenken.
6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
169
. Tab. 6.4 Haupteinsatzgebiete von Kunststoffen bzw. Anfallstellen von Altkunststoffen [91] Formteile, Halbzeuge, Formmassen
Einsatzgebiet
Kunststoff
Rohre, Rohrleitungen
Trinkwasser-, Gasleitungen
PVC, PE, PP
Fußbodenheizung, Heißwasser
PP, ABS
Abwasserleitungen (Haus, Kanal, Dränage, Dachrinnen)
PVC, PE
Kabelschutz-, Elektroisolierrohre
PVC, PE, PP
Kraftstoffleitungen
PA
Industrieleitungen
PVC, GFK, PVDF, PP
Wasser, Getränke, Medizin, Verpackung
PVC
Druckschläuche (Öl, Bremsflüssigkeit)
PA
Fenster/Türen
PVC, ASA, ABS
Transparentteile
PMMA, PC
Faser-Kunststoff-Verbund
Thermoplaste
Apparate, Behälter
PP, PVC, PE
Verglasungen
PMMA, PET, UP-GF, PC
Karosserieteile
ABS, ASA, PMMA/ ABS
Bauabdichtung, Fußbodenbeläge
PE, PVC
Dachbahnen
PVC, PIB, EVAC
Sichtverpackungen (Textilien, Backwaren, Zigaretten)
PP, PS, PVC
Vakuumverpackungen
PA
Gewächshausfolien
PE, EVAC, PVC
Regenkleidung
PTFE
Getränke
PET, PC
Kosmetik
PE
Kraftstoffe, Öle
PA, PE+EVAL
Medizintechnik
PSU, SBS
Isolierschläuche, Litzen
PVC
Diverse Anlagen
PE, EPM, PTFE
Schläuche
Profile
Platten, Tafeln
Bahnen
Folien, Verbundfolien
Behälter
Kabel
6
170
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
. Tab. 6.4 Fortsetzung Formteile, Halbzeuge, Formmassen
Einsatzgebiet
Kunststoff
Schaumstoffe
Polster, Fahrzeugausstattung
PUR
Verpackungen, Polster, Stoßfänger
PE, PP
Wärmedämmung (Eier-/Menüschalen)
PS
Netze, Filtertücher
PE, PVC, PTFE, PVF
Teppiche, Planen, Gurte, Textilien
PAN, PA, PMPI, PET
Gelenke
PE
Venen, Arterien
PTFE
Linsen
PMMA
Ampullen, Flaschen, Handschuhe
PVC
Spritzen
PE, PP, PS, PA
Katheter
PE, PA, PUR, PTFE
Härtbare Formmassen
Stecker, Gehäuse, Sockel, Bremsbeläge
PF + Füllstoff
Haus-/Küchengeräte
MF, UF
Prepregs
Heckklappen, Fahrerhäuser, Sitzschalen
UP-SMC
Elastische Bauteile
Reifen, Schläuche, Dichtungen, Profile
(vgl. . Tab. 6.2)
Fasern, Fäden, Gewebe
6
Medizinische Ausrüstungen
2. Eingeschränkte Verträglichkeit der Kunststoffsorten untereinander: Unverträglichkeit bedeutet keine Mischbarkeit und keine Verarbeitbarkeit der Gemenge. In . Tab. 6.6 ist eine Verträglichkeitsmatrix aus [90], S. 428, übernommen. Zur Verbesserung der Verträglichkeit sind Zusatzstoffe (Verträglichkeitsmacher) entwickelt worden. 3. Geringe stoffliche Möglichkeiten zur Reinigung: Am häufigsten finden einfache Waschprozesse auf Wasserbasis Anwendung und nur in Ausnahmefällen kommen organische Lösemittel oder Chemikalien zum Einsatz. Bei Thermoplasten können durch Druckfiltration der Schmelze gröbere Partikel wie Verstärkungsfasern oder Verunreinigungen (Al-Folie, Papier usw.) abgetrennt werden. Eine weitere Reinigungsmöglichkeit ist die Vakuumentgasung der Thermoplastschmelzen. Elastomere
werden nach der Aufschlusszerkleinerung durch Sortierverfahren von den Verstärkungsstoffen (Cord, Stahl) befreit. Gelöste oder feindispergierte Stoffe (Additive, Farbstoffe) sind aber nicht zu eliminieren. Eine sehr effektive, aber kostenintensive technische Möglichkeit ist das selektive Auflösen der Kunststoffgemische mit organischen Lösemitteln. Reinigungsverfahren mit Hilfe chemischer Reaktionen oder erhöhter Temperatur führen immer zur Werkstoffzerstörung und sind deshalb für das Werkstoffrecycling nicht einsetzbar. Zusätzliche Probleme des Kunststoffrecyclings sind folgende: 5 die große Vielfalt der angewandten Sorten, Blends, Verstärkungsstoffe, Farbstoffe und Additive,
171
6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
5 die technisch komplizierte Identifizierung der Sorten und Zusatzstoffe, 5 die Vielfalt der Produkte und Formen (kompakte Teile, Hohlkörper, Folien) mit unterschiedlichsten Verunreinigungen und Restinhalten, 5 die häufig geminderte Qualität der Sekundärwerkstoffe (Rezyklate) als Folge der geringen Reinigungsmöglichkeiten, woraus ein besonderer Markt für Sekundärstoffe und geringere Erlöse resultieren. z
Schlussfolgerungen für das Werkstoffrecycling
Aus den angeführten Stoffeigenschaften und den weiteren Problemen ergeben sich wichtige Schlussfolgerungen für das Recycling von Kunststoffen: 1. Einsatz effektiver mechanischer Aufschlussund Sortierverfahren (Shredder, Schneidmühlen, Dichtesortierung, elektrostatische Sortierung, sensorgestützte Sortierung), 2. Entwicklung kostengünstiger Löseverfahren mit nachfolgenden Trennprozessen, 3. Konzentration des Werkstoffrecyclings auf sortenreine, kompakte Altkunststoffe (Rohre, Platten, Profile, Bahnen, Schläuche, Kanister, Fässer) und auf die Kunststoffabfälle aus den Verarbeitungswerken, 4. sortenspezifische Sammellogistik (PVC-Fensterprofile, Autokarosserieteile, Dachbahnen, Getränkeflaschen, Altreifen), 5. Kennzeichnung der Sorten mit den Kurzzeichen, 6. Beschränkung der Anzahl der eingesetzten Sorten in einem Produkt, 7. spezielle technische Maßnahmen bei der Verarbeitung von Rezyklaten. Diese Schlussfolgerungen sind in den meisten Industrieländern für die Punkte 1, 3, 4 und 5 in der Sammellogistik und der Industrie weitgehend umgesetzt. Die Löseverfahren (Punkt 2) sind aber zurzeit noch nicht wirtschaftlich und der Sortenbeschränkung (Punkt 6) steht die optimale Eigenschaftskombination in den Produkten entgegen.
6
. Tab. 6.5 Preisspannen von 2003 für Kunststoffgranulate (Neuware) und für einige metallische Werkstoffe [90] Kunststoff
€/kg
PE
0,50…1,75
PP
0,50…2,50
PS
0,85…1,30
PVC
0,55…1,40
PC
6,00…9,50
PMMA
2,25…6,25
PA
2,50…6,50
PBT
3,30…10,50
PET
3,00…10,00
PTFE
ca. 12,50
TPU
3,75…6,25
EP
4,00…10,00
Metall
€/kg
Stahl
0,30…0,50
Al
0,70…1,00
Cu
ca. 2,70
6.4.1
Werkstoffrecycling von Thermoplasten
Die bei der Thermoplastverarbeitung durch Spritzgießen, Extrudieren, Blasen oder Schäumen anfallenden Produktionsabfälle (Angüsse, Kantenbeschnitt usw.) sind sortenrein und sauber, so dass sie direkt im Verarbeitungsbetrieb wieder zur Formmassenaufbereitung in Kneter oder Schneidgranulatoren zurückgeführt werden. Diese direkte Rückführung von Produktionsabfällen ist allerdings nicht möglich, wenn Verstärkungsmatten eingearbeitet sind (Prepregs), Beschichtungen aufgebracht wurden (CD mit Al-Schicht) oder Schichtverbunde vorliegen. Die Recyclingbetriebe verarbeiten überwiegend Altkunststoffe, die in folgende Gruppen eingeteilt werden können:
172
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
. Tab. 6.6 Verträglichkeitsmatrix für Polymere [90], S. 428 Hauptwerkstoff
6
ZumischWerkstoffe
PE
PP
PS
PVC
PET
PC
PA
PBT
PE
1
3…4
4
4
4
4
2…4
4
PP
2…4
1
4
4
4
4
2…4
4
PS
4
4
1
4
3
2…4
3…4
3…4
PVC
4
4
2…4
1
4
3…4
4
4
PET
4
4
4
4
1
1
3…4
4
PC
4
4
2…4
4
1
1
3…4
1
PA
4
4
3…4
4
3
4
1
3
PBT
4
4
2…4
4
4, 3
1
3…4
1
1 = gut verträglich; 2 = mischbar bis ca. 20 %; 3 = mischbar bis ca. 5 %; 4 = unverträglich
5 Gruppe A: Sortenreine, gekennzeichnete Kunststoffe, die z. T. mit anderen Werkstoffen (Glas, Metall, Textilien, Beschichtungen) durch Fügeverfahren verbunden sind und denen verschiedene Verunreinigungen aus dem Gebrauch anhaften (Fette, Kraftstoffe, Schmutz usw.). 5 Gruppe B: Mischkunststoffe (Kleinbehälter, Folien, Beutel etc.) mit entsprechenden Gebrauchsverunreinigungen. 5 Gruppe C: Werkstoffverbunde und Verbundwerkstoffe mit Gebrauchsverunreinigungen. Innerhalb dieser Gruppen sind evtl. dann noch unterschiedliche Einfärbungen und Zusatzstoffe zu berücksichtigen. Dazu kommen als Vorlaufmaterial die oben genannten modifizierten Produktionsabfälle, die sich durch Abwesenheit von Gebrauchsverunreinigungen auszeichnen. Die Gebrauchsverunreinigungen und der oxidative Abbau während der Nutzungszeit sind bei dünnwandigen Artikeln (Folien) mit großer Oberfläche besonders hoch. Kompakte Altkunststoffe besitzen dagegen günstigere Recyclingeigenschaften.
Sammellogistik, Aufschlusszerkleinerung, Waschprozesse, Sortier- und Löseverfahren Es wurde bereits oben darauf hingewiesen, dass »die geringen stofflichen Möglichkeiten der Reinigung« und die »Unverträglichkeit der Sorten« zur Anwendung einer sortenspezifischen Sammellogistik und effektiver mechanischer Verfahren der Aufschlusszerkleinerung und Sortierung zwingen. Eine ausführliche Beschreibung der Grundlagen, Wirkprinzipien und der Apparate der Zerkleinerung und Sortierung findet man in 7 Kap. 3. Im vorliegenden Abschnitt sind die für das Thermoplastrecycling vorwiegend eingesetzten Verfahren und Apparate nochmals aufgeführt. z
Sortenspezifische Sammellogistik
In den Industrieländern sind sortenspezifische Sammelsysteme für PET-Getränkeflaschen, komplette Fenster mit PVC Profilen, PVC-Dachbahnen, Verbundverpackungen und Altreifen eingerichtet. Damit werden die anschließenden Aufschluss- und Sortierverfahren stark entlastet, eine bessere Qualität der Sekundärstoffe gesichert und die Erlöse erhöht.
173
6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
z
Manuelle und mechanische Vorsortierung
6
durch Stromklassierung (Hydrozyklon, Windsichter) erfolgen (7 Abschn. 3.3).
Die manuelle Sortierung an Lesebändern hat als erste Sortierstufe weiterhin Bedeutung. Sie wird vor allem zur Auslese von Fehlwürfen aus Sammelsystemen eingesetzt und erfolgt grundsätzlich an unzerkleinertem Material, bei dem die auszulesenden Objekte gut erkennbar sind. Zur mechanischen Vorsortierung kommen vor allem Trennsiebe, Folienabscheider und ballistische Sortierer zum Einsatz. Die Folienabscheider arbeiten mit einem perforierten Förderband oder einer perforierten Rutsche, die auf der Rückseite mit Unterdruck beaufschlagt sind und die Folien (und evtl. Papier) ansaugen (. Abb. 3.12). Die ballistischen Sortierer nutzen die unterschiedlichen Rückpralleigenschaften von Kompaktmaterial, Hohlkörpern und Folien.
Waschprozesse dienen der Entfernung von Gebrauchsverunreinigungen (Öle, Fette, Lebensmittel, Kosmetika, Farben, Kraftstoffe, Schmutzpartikel) und verwenden überwiegend Waschwässer, die mit Waschmitteln versetzt sind. Für wasserunlösliche Verunreinigungen kommen vereinzelt auch organische Lösemittel zur Anwendung, die danach aber einer Aufarbeitung (meist durch Destillation) bedürfen. Im Spezialfall des PET-Recyclings erreicht man durch einen Waschprozess mit NaOH-Lösung zusätzlich einen geringen Materialabtrag von der PET-Oberfläche und dadurch ein besonders reines Vormaterial [90].
z
z
Aufschlusszerkleinerung
Mit dieser Arbeitsstufe sollen zwei Ziele erreicht werden: 1. die Zerkleinerung der Abfälle auf die Stückgrößen, die für die nachfolgenden mechanisierten Sortierverfahren erforderlich sind, 2. das Auftrennen der mechanischen Verbindungen zwischen verschiedenen Werkstoffen oder auch der stofflichen Verbunde (der sog. Aufschluss). Die Zerkleinerungseigenschaften der Thermoplaste sind durch das elastisch-plastische Verformungsverhalten und die geringe Festigkeit (weiches Material) definiert. Deshalb kommen für die Grob- und Mittelzerkleinerung auf Endfeinheiten um 10 mm vorwiegend Shredder und Schneidmühlen zum Einsatz (. Abb. 3.2). Ein Sonderverfahren ist die kryogene Vorbehandlung von weichem Material mit flüssigem Stickstoff, womit man eine starke Versprödung erzielt und in Prallmühlen dann einen sehr effektiven Aufschluss erreicht (7 Abschn. 3.23, . Abb. 3.3). Die kryogene Vorbehandlung ist besonders für Verbundwerkstoffe geeignet. Die Zerkleinerung muss häufig durch einen Klassierprozess ergänzt werden, um ein notwendiges engeres Stückgrößenspektrum zu garantieren und evtl. Stäube bzw. Feinkorn auszuhalten. Die Klassierung kann als Trockensiebung oder Nasssiebung sowie
z
Waschprozesse
Sortierverfahren
Nach dem Klassierprozess und der Waschstufe liegt ein kleinstückiges Haufwerk mit relativ engem Stückgrößenspektrum vor. Feine Stäube und Anhaftungen sind weitgehend abgetrennt. Die Sortierverfahren müssen beim Recycling von Thermoplasten zwei Aufgaben erfüllen, und zwar erstens die Abtrennung von fremden Werkstoffen (Metalle, Glas, Keramik, Textilien, Holz, Steine) und zweitens die Sortierung der Kunststoffe nach verträglichen Werkstoffgruppen oder nach sortenreinen Fraktionen. Die Sortiermethoden arbeiten mit physikalischen oder optischen Wirkprinzipien. Dichtesortierung Dieses Verfahren spielt für Ther-
moplaste eine große Rolle, da einerseits erhebliche Dichteunterschiede zu Verunreinigungen (Metalle, Gläser, Steine) vorliegen und andererseits auch zwischen den Kunststoffen häufig ausreichende Dichtedifferenzen bestehen. Die Dichtewerte sind in . Tab. 3.5, . Tab. 6.1 und . Tab. 6.3 zusammengestellt. Zur Schwimm-Sink-Sortierung wird eine praktisch ruhende Trennflüssigkeit (Wasser, Salzlösung, Wasser-Alkohol-Gemisch) verwendet, deren Dichte zwischen den Dichten der zu trennenden Stoffe liegen muss. Als besondere Möglichkeit existiert noch der Einsatz von Schwertrüben (Bariumsulfatpulver). Die zu trennenden Stücke sollten Stückgrößen zwischen 5 und 10 mm besitzen und müssen benetzbar sein (keine Luftblasen-
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6
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
anhaftung). Durch Wirkung der Schwerkraft trennt die Flüssigkeit die aufgegebene Stoffmischung in ein Sinkgut und ein Schwimmgut. Der Apparat ist der Schwimm-Sink-Scheider (. Abb. 3.6). Die Trennwirkung kann durch Anwendung von Zentrifugalkraft verbessert werden (Sortierzentrifuge; . Abb. 3.6). Durch Verwendung einer strömenden Trennflüssigkeit erreicht man ebenfalls gute Sortiereffekte (sog. Stromsortierung mit Windsichter, Hydrostromsortierer oder Hydrozyklon; . Abb. 3.6 und . Abb. 3.8). Für die Stromsortierung ist allerdings die Voraussetzung, dass gleiche Stückgrößen vorliegen, weil bei unterschiedlichen Stückgrößen ein paralleler Klassiereffekt eintritt (7 Abschn. 3.4.1 und 7 Abschn. 3.3.2). Ein weiteres Verfahren für Kunststoffe ist die Herdsortierung (7 Abschn. 3.4.1 und . Abb. 3.7). Die Dichtesortierung wird bei den Kunststoffen vor allem für die Reinigung oder Abtrennung von PVC (Dichte 1,35…1,42 kg/dm3) von den häufigen Sorten PP (Dichte 0,90 kg/dm3) und PE (Dichte 0,95 kg/dm3) eingesetzt. Außerdem besteht eine ausgezeichnete Möglichkeit der Abtrennung von Verunreinigungen mit Dichten größer 2 kg/dm3 (Metalle, Glas, Keramik, Steine) von fast allen Kunststoffsorten. Elektrostatische Sortierung Dieses Verfahren ist
speziell für die Trennung der Kunststoffsorten geeignet, weil diese als Nichtleiter relativ einfach durch Reibung mit elektrischen Oberflächenladungen verschiedener Stärke und Polarität versehen werden können (triboelektrische Aufladung). Nachfolgend kann in einem elektrischen Feld eine Trennung realisiert werden. Die Triboaufladung erreicht man technisch in Mischtrommeln oder Wirbelschichten. Die unterschiedlichen triboelektrischen Eigenschaften der Kunststoffe sind in . Tab. 3.8 angegeben und die Apparateprinzipien in . Abb. 3.11 skizziert. Wichtigstes Einsatzgebiet ist die Trennung PET/PVC (z. B. bei PET-Getränkeflaschen) sowie die Trennung PVC/Gummi (z. B. bei PVC-Fenstern). Auch die Trennungen HDPE/ PP, PS/ABS und PVC/PE sind möglich [92]. Sensorgestützte Sortierung Diese Methode beruht auf der vollautomatischen Identifizierung von Einzelstücken mit hoher Geschwindigkeit (bis 3000 Stücke/s) und dem Ausblasen oder Ausstoßen der Ein-
zelstücke in die stoffspezifischen Aufnahmebehälter. Voraussetzungen für das Verfahren sind optimale Stückgrößen (10…100 mm), Vereinzelung der Stücke auf einem Förderband oder im freien Fall und meist saubere Oberflächen der Stücke (7 Abschn. 3.4.6 und . Abb. 3.13). Es werden auch mögliche Stückgrößen von 3…250 mm genannt. Die sensorgestützte Sortierung hat besonders für die Kunststoffsortierung einen hohen Entwicklungsstand erreicht unter Nutzung mehrerer Identifikationsmethoden und einer ausgereiften Apparate- und Prozessortechnik. Zur Sortierung von Kunststoffen sind drei Verfahren technisch im Einsatz: 1. Nahinfrarotspektroskopie (NIR 800…2500 nm, Reflexions- und Transmissionsmessung); erkennbare Kunststoffsorten sind PE, PP, PS, PA, PET, PVC, PC, ABS, PMMA, PUR. 2. optoelektronische Sensoren, die nach vielfältigen optischen Merkmalen eingestellt und kombiniert werden können; solche Merkmale sind Stückgröße, Stückform, Farbe, Helligkeit (Reflexionsverhalten der Oberfläche), Graustufen [92], Transparenz; 3. Röntgenfluoreszenzsensoren zur Erkennung Cl-haltiger Polymere (PVC) und damit von besonderer Bedeutung für die Abtrennung von PVC aus PET [93]. Eine Reihe weiterer Identifikationsmethoden für Kunststoffe sind bisher untersucht worden: 5 MIR-Spektroskopie (mittleres Infrarot) zur Identifizierung schwarz gefärbter Kunststoffe (z. B. ABS, PA, PBT, PE, PP), die häufig im Automobilbau und in der Elektronik in Anwendung sind; 5 thermographische Detektion eines Wärmeimpulses mit Laser (Unterschiede in Abkühlverhalten, Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit der Kunststoffe) [94]; 5 Laser-Pyrolyse-Massenspektrometrie bzw. Pyrolyse-Gaschromatographie; diese Methoden ermöglichen die Detektion der häufigsten Kunststoffe sowie halogenierter Zusatzstoffe (Flammhemmer) [95]. Im Zusammenhang mit der Kunststoffsortierung sind häufig auch verschiedene Verunreinigungen
6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
zu identifizieren und gezielt auszuhalten. Das betrifft vor allem metallische Verunreinigungen (z. B. Al-Folie oder metallbeschichtete Kunststoffe). Diese Aufgabe kann im Rahmen einer Multisensorik mit gelöst werden. Dazu sind neben der Röntgensensorik (Detektion von Schwer- und Leichtmetallen) vor allem die Induktionssensoren (sog. Metalldetektoren) geeignet [96]. Wirbelstromsortieren und Magnetscheidung Diese Methoden haben im Rahmen des Kunststoffrecyclings die Aufgabe der Abtrennung und Gewinnung von größeren Anteilen metallischer Beimengungen (Al-Folie) oder der Aushaltung von metallischen Verunreinigungen (7 Abschn. 3.4.2 und 7 Abschn. 3.4.3). z
Selektive Löseverfahren
Verschiedene organische Lösemittel (Tetrahydrofuran (THF), Xylol, Methylethylketon (MEK) oder Dichlormethan) besitzen die Fähigkeit zur Auflösung einiger Kunststoffsorten. Dabei ist die Löslichkeit sortenspezifisch und stark temperaturabhängig. Beispielsweise ist PS schon bei Raumtemperatur in Xylol löslich, aber PP erst bei 120 °C. Auf Basis dieser Eigenschaften kann ein Prozess zur selektiven Auflösung von Kunststoffen aus Gemischen konzipiert werden. Nach Abtrennung der Lösung vom Löserückstand (ungelöste Kunststoffsorte, Füllstoffe, Verstärkungsstoffe und Verunreinigungen) verdampft man aus der Lösung das Lösemittel und erhält ein reines Kunststoffpulver. Eine andere Methodik ist die »Ausfällung« des Kunststoffes aus der Lösung. Die Pulver gelangen in einen Extruder zum Verdichten und vollständigen Entgasen und liefern ein reines Rezyklat. Das verdampfte Lösemittel wird kondensiert und wieder eingesetzt. Die Nachteile dieses effektiven Verfahrens sind der hohe Dampfdruck sowie die Brennbarkeit und die Toxizität der Lösemittel, die hohen Kosten für die Apparatetechnik (Druckbehälter, Druckpumpen, Sicherheitstechnik) und Lösemittelverluste. Die Auflösegeschwindigkeit wird vor allem von der anwendbaren Temperatur bestimmt, aber über die erforderliche Lösedauer entscheidet auch die Stückgröße der Kunststoffteile. Für die Löseverfahren ist deshalb immer eine weitgehende
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6
Zerkleinerung der Altkunststoffe (ca. 10 mm) mit Shreddern oder Schneidmühlen zu empfehlen. Angaben zur Zerkleinerung von Kunststoffen und zu geeigneten Apparaten finden sich in 7 Abschn. 3.2. Folgende Angaben zu selektiven Löslichkeiten sind bekannt [90] [93]: 5 PVC löst sich in THF und MEK bei 25 °C und in Xylol bei 138 °C. 5 PS löst sich in Xylol bei 25 °C. 5 LDPE löst sich in Xylol bei 75 °C, HDPE in Xylol bei 105 °C. 5 PP löst sich in Xylol bei 120 °C. 5 PET ist in Xylol und THF unlöslich. Auf Basis der PVC-Löslichkeit in MEK arbeitet der Vinyloop-Prozess, der industriell eingeführt ist (7 Abschn. 6.4.1, »Industrielle Verfahren des Werkstoffrecyclings von Thermoplasten«). Technisch erprobt ist auch ein Löseverfahren für ABS-Altprodukte (Autorückleuchten, Kühlergrill, Sanitärteile), das zunächst ein ABS-Pulver und nachfolgend ein ABS-Regranulat liefert. Das Verfahren ist auch für PMMA oder ABS/PMMA-Gemische einsetzbar. Die Lösemittel sind nicht benannt. Eine weitere technische Entwicklung ist das CreaSolv-Verfahren [98] [99], das mit unproblematischen organischen Lösemitteln (hoher Flammpunkt, biologisch abbaubar) arbeitet, die bisher nicht bekannt gegeben wurden. Die publizierten Anwendungen und Ergebnisse sind bemerkenswert. Die speziellen Lösemittel lösen folgende Kunststoffe: PS, EPS (expandiertes PS), HIPS (hochschlagzähes PS), ABS, PC, PVC, PET, PMMA, PVB. Für die Auflösung setzt man spezielle Mischungen organischer Lösemittel ein, die eine hohe Selektivität für den Hauptkunststoff besitzen und beigemengte andere Polymersorten nicht lösen. Dabei gehen auch bromierte Flammschutzmittel in die Lösung über. Nach erfolgter Auflösung wird zur Abtrennung des Unlöslichen filtriert. Zur Ausfällung des reinen Kunststoffes benutzt man nicht die Erwärmung und Abdampfung der Lösemittel (Schädigung des Polymers, Energiekosten), sondern den Zusatz bestimmter Lösemittel, die die Löslichkeit herabsetzen und ein kristallines Fällprodukt garantieren. Die Flammschutzmittel verbleiben in der Lösung, werden aus dieser abgetrennt und entsorgt (. Abb. 6.2). Für die
176
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
Kunststoffabfälle
Organische Lösemittel (Gemische)
Zerkleinerung, Waschen
Selektive Auflösung
6
Die Entwicklung von Löseverfahren wird auch für PA 6.6 beschrieben (PA-Teile und GF-verstärkte Behälter aus Altfahrzeugen). Das gemahlene Material wird in einem Reaktor bei erhöhtem Druck und erhöhter Temperatur gelöst, die ungelösten Bestandteile abgetrennt und danach reines PA aus der Lösung ausgefällt. Bei der nachfolgenden Trocknung erfolgt eine Festphasenpolymerisation, die PA in Neuwarequalität liefert.
Löserückstand
Reinigung der Lösung
Ausfällung des Kunststoffes
5 Recycling von Mobiltelefonen: Das Gehäuse besteht aus den Kunststoffen ABS und PC. Durch das selektive Auflösen der Kunststoffe gelingt eine gute Trennung der Kunststoffe von den anderen Bauteilen ohne Demontage und vereinfacht dadurch das Recycling der Metallbauteile erheblich. 5 Recycling von Sicherheitsglasfolien aus PVB. 5 Aufbereitung von PET-Mischabfällen.
Recycling der Lösemittel
Pressen, Trocknen, Compoundieren
Kunststoffrezyklat . Abb. 6.2 Kunststoffrecycling nach dem CreaSolv-Prozess [98]
Anwendung des CreaSolv-Prozesses liegen bereits einige Verfahrensvorschläge vor [98] [99]: 5 Recycling von EPS-Abfall zu reexpandierbarem PS: EPS kann bereits am Sammelort im Lösemittel CreaSolv PS gelöst werden (Einsparung von Transportvolumen) und gelangt dann zur Verarbeitung (Reinigung, Fällung, Nachbehandlung). 5 Recycling von Elektronikschrott: Der Kunststoffanteil besteht überwiegend aus HIPS und ABS unter Zusatz von bromierten Flammschutzmitteln. Der Prozess ermöglicht die Gewinnung der reinen Kunststoffe und die Ausschleusung der Flammschutzmittel.
Verarbeitung der Rezyklate zu Regranulaten, Formteilen und Halbzeugen Die Produkte der Recyclingverfahren (Rezyklate) sind vorwiegend körnige Schüttgüter (Mahlgut, Flakes), mit Ausnahme von Pulvern aus Löseverfahren. Zur Herstellung hochwertiger Regranulate oder Produkte ist es unbedingt erforderlich, die Rezyklate zu homogenisieren, zu verdichten und Additive einzumischen (Verträglichmacher, Stabilisatoren, evtl. Füll- und Farbstoffe). Dieser Prozessschritt erfolgt durch das Mischen, Plastifizieren und Aufschmelzen in verschiedenen Mischapparaten (Schneckenmischer, Schneckenkneter, Extruder). Bei der Verdichtung und Erwärmung ist für eine effektive Entgasung der Zwischenräume und das Absaugen gebildeter Gase (Monomere, Lösemittel) zu sorgen. Der Extruder besteht aus einer Förderschnecke, die das Rezyklat einzieht und dann durch den Druckaufbau verdichtet und plastifiziert. Reibungswärme und Zusatzheizung bewirken das Aufschmelzen. Am Austoß- oder Pumpenende des Extruders befindet sich das Formwerkzeug, das einen kontinuierlichen Produktstrang formt. Durch die Bildung der Schmelze und den Druckaufbau durch die Schnecke ergibt sich zusätzlich die verfahrenstechnische Möglichkeit zur Abtrennung fester Verunreinigungen (Al-Folienreste, Me-
. Abb. 6.3 Extruder mit Filtersegment zur Aufbereitung oder Verarbeitung von reinen Kunststoffabfällen und Rezyklaten [91].
6
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6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
Filtersegment
Rezyklat, Additive reine Abfälle
Entgasung
Schneckenantrieb
tallteilchen, Sand, Fasern, Papier) durch Druckfiltration. Das Filtersegment (Platte, Filterkerzen) ist zwischen Schnecke und Formwerkzeug angeordnet (. Abb. 6.3). Die Filterelemente sind während des Betriebes auswechselbar. Der Extruder arbeitet kontinuierlich und erzeugt als Zwischenprodukt ein homogenes Regranulat (Abschlagen dünner Stränge). Er kann aber auch die kontinuierliche Direktextrusion von Halbzeugen (Profile, Rohre, Platten) übernehmen. Die Mischwirkung des Extruders ist auch für die Zumischung von Rezyklat oder Regranulat zu Neuware nutzbar (Compoundieren). Neuwertgleiche Oberflächen erreicht man durch Mehrschichtextrusion (Coextrusion), wobei ein Rezyklatkern mit einem Neuwaremantel umhüllt wird (Anwendung bei Rohren und Fensterprofilen). Zur Herstellung von Formteilen dient das Spritzgießverfahren, das von homogenen Regranulaten ausgeht und in diskontinuierlicher Arbeitsweise die Herstellung vielfältigster Formteile ermöglicht [91].
Industrielle Verfahren des Werkstoffrecyclings von Thermoplasten Für das Recycling spezieller Abfälle stellt man aus den verfügbaren Sortiermethoden einschließlich Aufschlusszerkleinerung und evtl. Waschstufen oder Löseprozessen sowie Homogenisierung ein optimales Recyclingverfahren zusammen. Nach-
Schnecke
Heiz-/ Kühlelemente
Kunststoff-Kompaktabfälle (sauber, sortiert) Vorzerkleinern sauber, sortiert) Metallabtrennen (magnetisch, induktiv) Feinzerkleinern (Schneidmühle)
Formwerkzeug
Regranulat bzw. Halbzeug
Additive
Homogenisieren, Plastifizieren, Schmelzfiltrieren, (Schneckenextruder) Strang (oder Profil) Stranggranulieren
Windsichten bzw. Hydrozyklonieren
Regranulat
Mahlgut Abfälle (Metalle, Papier, Folien, Fremdkunststoffe) . Abb. 6.4 Recycling- und Compoundierverfahren für saubere und sortierte Kunststoff-Kompaktabfälle.
folgend sind einige Fallbeispiele für industriell genutzte Recyclingverfahren beschrieben. z
Recycling- und Compoundierverfahren für saubere und sortierte Kompaktabfälle
Saubere und sortenreine Kompaktabfälle gestatten eine einfache Recyclingtechnologie, die häufig zur Anwendung kommt. Sie ist in . Abb. 6.4 beispielhaft skizziert und besteht aus Vorzerkleinerung,
178
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
. Abb. 6.4 kommt vor allem für PE, PP, PVC und
Mischkunststoffe (Ballen aus Sortieranlagen)
PS zur Anwendung. z
Vorzerkleinern (Schneidwellenapparat) Nachzerkleinern Sieben, Magnetscheiden, Windsichten
6
Schmutz, Eisen, Papier
a
PVC
Dichtesortieren (Hydrozyklon oder Schwimm-Sink-Prozess)
Sintern
Agglomerieren
Platten aus Mischkunststoff
Agglomerate aus Mischkunststoffen
Plattensinterturm Gereinigtes Mahlgut
Matritzenagglomerator Gereinigtes Mahlgut Walzen Behälter
Formkasten Heizung
b
Gesinterte Platte
Kühlluft
Lochplatte Agglomerate
. Abb. 6.5 Verarbeitung von Mischkunststoffen durch Matrizenagglomeration zu Agglomerat oder mittels Sintertechnik zu Platten.
Metallabscheidung (magnetisch und induktiv), Feinzerkleinerung und Windsichtung bzw. Hydrozyklon sowie Homogenisierung und Plastifizierung im Extruder. Diese prinzipielle Recyclingtechnologie wird entsprechend der Reinheit der Abfälle modifiziert und besteht im einfachsten Fall nur aus den Zerkleinerungsstufen und der Extrusion mit Zusatz von Additiven (z. B. bei der Aufarbeitung von PP-Batteriekästen). Die Technologie nach
Verarbeitung von Mischkunststoffen
Die Sammelsysteme für Leichtverpackungen (Grüner-Punkt-Material) liefern eine Materialmischung, die in Sortieranlagen zunächst in die Fraktionen Verbundkartons, Metall und Kunststoffe getrennt werden. Aus der Kunststofffraktion trennt man meist noch die Anteile von Flaschen, Bechern, Folien und EPS ab. Etwa 2/3 der Kunststofffraktion verbleiben dann als Mischkunststoffe (10 % Störstoffe). Dieses Material kann nach Zerkleinerung, Abtrennung von Störstoffen, Mischung und Verdichtung z. T. als minderwertiger Sekundärwerkstoff Verwendung finden. Überwiegend kommt es aber bei der rohstofflichen Verwertung (Reduktionsmittel im Hochofen, Synthesegas, Öl) zum Einsatz (7 Abschn. 6.5.4 und 7 Abschn. 6.5.5). Für diese Einsatzzwecke benötigt man ein rieselfähiges Material, das gute Transport- und Dosiereigenschaften aufweist. Das ist durch Verwendung einer Kompaktiermethode mit dem Topfagglomerator, dem Matrizenagglomerator oder dem Trommelagglomerator möglich. In diesen Apparaten wird durch rotierende Einbauten (Messer, Walzen) Reibungswärme erzeugt und damit eine Agglomeration bewirkt. Der Matrizenagglomerator (. Abb. 6.5) verwendet in einem Behälter rotierende Walzen und drückt das plastifizierte Material durch den gelochten Boden des Behälters. Dabei entstehen Agglomerate (oder Pellets) mit einer Korngröße bis zu 10 mm. Für die rohstoffliche Verwertung sind z. B. Agglomeratqualitäten mit <4,5 % Aschegehalt, <2 % Chlorgehalt und einer Schüttdichte >300 kg/m3 erwünscht. Zur Sicherung dieser Qualität muss der Agglomeration eine Entfernung von Störstoffen vorausgehen. Es ergibt sich deshalb häufig folgender Verfahrensablauf: 1. Zerkleinerung der Mischkunststoffballen aus den Sortieranlagen in Schneidwellenapparaten auf ca. 50 mm; 2. Nachzerkleinerung auf ca. 10 mm; 3. trockene Störstoffabtrennung durch Siebung, Magnetscheidung (Eisen) und Windsichtung (Papier, Schmutz); damit ist allerdings keine Abtrennung von PVC möglich;
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6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
4. nasse Dichtesortierung (Hydrozyklon, Schwimm-Sink-Verfahren), die eine gute Abtrennung von PVC garantiert (Einhaltung geforderter Chlorgehalte); damit erzielt man zusätzlich einen Wascheffekt; 5. Agglomeration im Matrizenagglomerator. Für die Verwendung als Sekundärwerkstoff hat sich die Umformung des zerkleinerten, gewaschenen und störstofffreien Mischkunststoffmahlgutes (Verfahrensstufen 1 bis 4) zu Platten bewährt. Für diese Umformung setzt man den Sinterprozess ein. Das Mahlgut wird in offene Formkästen eingefüllt, in einem »Platten-Sinterturm« im kontinuierlichen Durchlauf in den Formkästen gesintert und nach Kühlung als Platten (ca. 1,2 × 1,2 m, Dicke 10…60 mm) ausgetragen (. Abb. 6.5). Diese Platten sind nicht homogen und häufig bunt, aber als Halbzeuge wie Neukunststoffe bearbeitbar (Sägen, Bohren) oder direkt als Platten verwendbar (Schalungsplatten im Bau, Platten für Müllbehälter, Trennwände usw.). z
Vorsortierung von Kunststoffflaschen
Kunststoffflaschen oder Hohlkörper fallen in Sammelsystemen oft als gepresste Ballen an. Nach Auflösung der Ballen können die gequetschten Flaschen ohne Zerkleinerung direkt dem Vereinzelungsmechanismus zugeführt werden. Danach führt ein Förderband die einzelnen Objekte an mehreren Sensoren (Röntgensensor, NIR-Sensor, Farbsensor, Formerkennungssensor) vorbei zur Austragsstation. Durch gesteuerte Luftstöße gelangen die identifizierten Plastikobjekte in die sortenspezifischen Auffangbehälter. Mit diesem Sensorsortiersystem können Flaschen nach den Sorten PVC, PET und HDPE verschiedener Einfärbung getrennt werden (Leistung ca. 20…80 Teile/s). Diese effektive Vorsortierung unzerkleinerter Flaschen muss nachfolgend durch eine Feinsortierung ergänzt werden, um z. B. Schraubverschlüsse aus anderen Kunststoffsorten oder Metall sowie Restfüllungen abzutrennen. Die Feinsortierung würde dann aus einer Aufschlusszerkleinerung, einer Waschstufe und einem geeigneten Sensorsortiersystem bestehen. Durch sortenspezifische Sammelsysteme (z. B. für PET-Flaschen) können Aufwand und Kosten der Vorsortierung weitgehend eingespart werden.
z
6
Recycling von PVC-Fenstern
Vorlaufmaterialien sind PVC-Profile, Profilabschnitte und zerkleinerte Altfenster. Für den Wiedereinsatz des Rezyklats ist unabdingbar, dass sämtliche Stoffe, die nicht aus Hart-PVC bestehen, abgetrennt sind. Neben Glasresten, Metall und Holz sind das vor allem die Dichtlippen aus Gummi und eingefärbtem Weich-PVC. Der Gummi mischt sich im Extruder nicht mit dem PVC und führt zu einem inhomogenen Regranulat. Das Weich-PVC ist mit dem Hart-PVC gut verträglich, bewirkt aber unerwünschte Farbänderungen des Regranulats. Bei Verarbeitung kompletter Altfenster erfolgt zunächst eine Vorzerkleinerung im Shredder auf ca. 20 mm Stückgröße. Aus diesem Shreddergut trennt man alle Metallteile (magnetisch oder induktiv) und das Glas (Dichtesortierung) ab. Nach weiterer Aufmahlung ist eine Farbsortierung zur Abtrennung von Gummi und Glasresten möglich. Durch abschließende Extrusion mit Schmelzfiltration erhält man ein verwendungsfähiges Regranulat [101]. Eine sehr hochwertige Qualität des Regranulats erreicht man durch ein weiterentwickeltes Recyclingverfahren mit elektrostatischer Sortierung. Es setzt sich aus einer Aufschlusszerkleinerung im Shredder, einer Abtrennung von Stahl, NE-Metallen und Glas durch Dichtesortierung, der elektrostatischen Sortierung (Abtrennung von Gummi und WeichPVC) und einer optoelektronischen Farbsortierung (Abtrennung restlicher Farbverunreinigungen) zusammen. Das Verfahren liefert nach der elektrostatischen Sortierung eine Reinheit von 99,5 % HartPVC und nach der Farbsortierung schließlich ein Mahlgut mit einer Reinheit von 99,99 %, was einer hochwertigen Weißqualität entspricht [100]. z
Recycling von PVC-Bodenbelägen und PVCDachbahnen
An eine händische Aussortierung von Nicht-PVCMaterial schließen eine Grobzerkleinerung auf ca. 30 mm Stückgröße (Chips) und eine Abtrennung von Eisenteilen über Magnete an. Die nachgeschaltete Hammermühle befreit die Chips von anhaftenden Estrich- und Klebstoffresten (Abtrennung durch Siebung oder Windsichtung). In einer Endstufe erreicht man durch Kryomahlung bei –40 °C (flüssiger Stickstoff ) die erforderliche Feinheit von <0,4 mm (. Abb. 6.6). Aus diesem Pulver sind
180
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
PVC-Bodenbeläge oder PVC-Dachbahnen Sortierband (manuell)
Flüssiger Stickstoff Wirbelschneckenkühler
Fremdstoffe
Schneidmühle (< 30 mm) Magnetscheider
6
. Abb. 6.6 Recyclinganlage für PVC-Bodenbeläge und PVC-Dachbahnen [101].
Universalmühle (–40 °C) Eisenteile
Klassierapparat Überkorn (> 0,4 mm)
Hammermühle (trockene Waschmaschine)
Fasern Siebmaschine
Estrichreste, Klebstoffe
nochmals Faserbällchen abtrennbar. Das Rezyklatpulver verarbeitet man in Mischung mit Neu-PVC zu neuen hochwertigen Bodenbelägen oder Dachbahnen [101]. z
PVC-Recycling mit (Löseverfahren)
dem
Vinyloop-Prozess
Als Lösemittel kommt Methylethylketon (MEK) zum Einsatz. Die vorzerkleinerten PVC-Kabelabfälle lösen sich unter Druck im MEK auf. Die unlöslichen Verunreinigungen (Metalle, Fasern, Schmutz) trennt man durch Zentrifugieren ab und fällt aus der reinen Lösung das PVC durch Einleiten von Dampf aus. Dabei verbleiben feinteilige Zuschlagstoffe im Größenbereich 10 μm (Farbstoffe, Füllstoffe) beim PVC. Die PVC-Partikel (ca. 0,4 mm) ergeben nach der Trocknung ein schwarzes Rezyklat. Aus dem Gemisch Wasserdampf/Lösemitteldampf ist das MEK weitgehend verlustfrei regenerierbar (. Abb. 6.7) [90]. z
Recycling von PET-Getränkeflaschen
Der ständig zunehmende Einsatz von PET-Getränkeflaschen und der gegenüber PP, PE und PVC deutlich höhere Preis von PET-Granulat-Neuware (. Tab. 6.5) machen das PET-Recycling wirtschaftlich sehr interessant. Für die Qualität des PET-Rezyklats ist dabei die Abtrennung von PVC-Bei-
Rezyklatpulver < 0,4 mm
mengungen von entscheidender Bedeutung (Schädigung des PET durch Freisetzung von HCl bei der Extrusion). Als weitere Verunreinigungen sind PP, PS, Silikon, Holz, Metalle, gefärbtes oder opakes PET zu berücksichtigen. Die meisten Recyclingverfahren verwenden folgende Verarbeitungsstufen: Zerkleinerung in Schneidmühlen zu sog. Flakes (10…30 mm), Schwimm-Sink-Sortierung, Waschstufe, Trocknung und Extrusion mit Schmelzfiltration zu Regranulaten. Diese Regranulate befinden sich im amorphen Zustand und enthalten infolge Zersetzung Anteile von Acetaldehyd. Eine Verbesserung der Materialeigenschaften erreicht man durch Einsatz einer Vakuumentgasung der Schmelzen sowie nachfolgende Kristallisation und Nachkondensation. Mit diesen Verfahren erhält man allerdings meist nur eine Non-Food-Qualität, die vorwiegend für Fasern, Spinnvliese, Folien und PET-Paletten einsetzbar ist. Auch als Kernmaterial für Multilayerflaschen (Außen- und Innenschicht aus Neuware) ist es verwendbar. Für höhere PETRegranulat-Qualitäten, die eine Wiederverwendung als Getränkeflaschen zulassen, sind zusätzliche effektive Sortiermethoden erforderlich. Die Dichtesortierung garantiert zwar eine weitgehende Abtrennung von PP und PE, aber weniger von PVC (. Tab. 3.5) und hat auch immer einen Mitschleppeffekt. Außerdem erfolgt eine Migration von Ver-
. Abb. 6.7 Vinyloop-Löseprozess für das Recycling von PVC-Abfällen [90].
6
181
6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
PVC-Abfälle
Methylethylketon (MEK) Additive Wasserdampf
Shreddern
PVC-Auflösen (Druckgefäß)
PVC-Fällen
Zentrifugieren
Zentrifugieren PVC-Partikel (feucht)
Ungelöste PVCStoffe Lösung
MEKRegenerierung
Heißluft Trocknen
Wasser PVC-Pulver (Rezyklat)
unreinigungen in die PET-Oberfläche. Den letztgenannten Nachteil und die Entfernung restlicher Verunreinigungen von der Oberfläche beseitigt das URRC-Verfahren durch das Ablösen einer dünnen PET-Schicht von den Oberflächen mittels Natronlauge (Benetzung, Trocknung, Erwärmung mit 5 % PET-Verlust). Durch eine abschließende optische Sortierstufe mit einer Farbzeilenkamera (Abtrennung von Störstoffen und Fehlfarben) ist eine PET-Qualität für Getränkeflaschen erreichbar [90]. Die Farbzeilenkamera funktioniert auch noch für Stückgrößen von 2…12 mm (. Abb. 6.8) [102]. Als zusätzliche Sortiermethoden kommen auch NIR, Induktionssensorik (Metallteilchen >0,5 mm) und für PVC-Abtrennung Röntgensensoren zum Einsatz. Das URRC-Verfahren ermöglicht auch die Verarbeitung der PET-Fraktion (95 % PET) der DSD-Sortierung (Sortechnology, NIR-Sensorik). Zur Verbesserung der Dichtesortierung wird auch eine Kombination mit einer Flotation empfohlen (erreichte Sortenreinheit 99,995 %). Sehr gute Qualitäten der Regranulate garantiert die »Flasche-zuFlasche-Methode«, d. h. Getrenntsammlung der Getränkeflaschen beim Händler, separate Zerkleinerung der dicken Flaschenmündungen und des dünnen Wandmaterials sowie Waschstufen. Die so erhaltenen Flakes haben ohne Umschmelzen FoodQualität [103].
PET-Flakes (0…12 mm, 5 % Fehlfarbe, Metallteile) Siebapparat, dreistufig
0…2 mm 2…4 mm
1. Sortierstufe
4…12 mm
1. Sortierstufe
2. Sortierstufe Abweisfraktion 3. Sortiestufe PET-Flakes, rein, <100 ppm Fehlfarbe . Abb. 6.8 Beispiel einer PET-Flake-Sortierung mit Farbzeilenkamera und Induktionssensor nach Klassierung in drei Stückgrößenklassen in einem dreistufigen Siebapparat mit progressiver Neigung der Siebdecks [102].
z
Recycling von EPS
Expandiertes PS (EPS, Styropor®) spielt als Schaumstoff für Verpackungen und als Dämmplatte im Bauwesen eine große Rolle. Die Verpa-
182
6
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
ckungen fallen praktisch 100 % als verwertbarer Abfall an und im Bauwesen entstehen etwa 7 % als sauberer Verschnitt. Durch sortenreine Sammlung würde sich eine erhebliche Menge ungewöhnlich reiner Abfall ergeben. Es wird aber in der BRD nur eine Sammelquote von 50 % ermittelt. 50 % befinden sich im Restmüll. EPS ist ein Thermoplast, der durch Erwärmen unterhalb des Schmelzpunktes unter Druck bereits vorverdichtet werden kann. Durch Aufschmelzen erhält man kompaktes PS. Für Alt-EPS bestehen nach einer Zerkleinerung mehrere Verwertungsmöglichkeiten [97]: 5 Zusatz von sauberen Abfällen zu Neuware bei der Herstellung von Block- und Formteilen, 5 Zusatz zu Baustoffen (Leichtsteine, Leichtbeton, Dämmputz), 5 Bodenhilfsstoff (Pflanzerdesubstrat, Dränage), 5 Aufschmelzen im Extruder zu kompaktem PS mit Schmelzfiltration (Qualitätsverlust durch Erwärmung und mechanische Beanspruchung) und Verarbeitung zu Spritzgussartikeln oder Extrusionsprodukten. Eine Reinigungsmöglichkeit besteht für die zerkleinerten Abfälle praktisch nicht. Die wesentliche Verbesserung der Recyclingqualität sollte durch Einsatz eines Löseverfahrens erreichbar sein [99]. z
Kunststoffrecycling aus Leichtverpackungen
Am Beispiel der Sortechnology [104] ist das Recycling von Leichtstoffverpackungen in . Abb. 6.9 demonstriert. Neben den in Sortieranlagen üblichen Verfahrensstufen Sieben, Windsichten und Magnetscheiden sind weitere effektive Sortierverfahren (NIR-Sensorik zur PET-Erkennung, Wirbelstromscheider für die Al-Abtrennung, Pulper zur Aufspaltung von Verbundverpackungen und Dichtesortierung mit Sortierzentrifugen) installiert. Auf eine spezielle PVC-Abtrennung wurde verzichtet, da PVC für Leichtverpackungen praktisch nicht mehr im Einsatz ist. z
Halbtechnisch und technisch erprobte Verfahren des Werkstoffrecyclings von Thermoplasten
Auf Grund intensiver ökologischer Bemühungen (Ressourcenschonung und Schadstoffminimierung) sowie der Festlegungen des KrW/AbfG, der Altfahrzeugverordnung und des Elektrogerätege-
setzes hat eine Vielzahl technologischer Untersuchungen zum Werkstoffrecycling von Kunststoffen stattgefunden und ist weiterhin in Bearbeitung. Die erzeugten Qualitäten der Sekundärwerkstoffe erreichen aber nur bei sehr wenigen Verfahren die Qualität der Neuware und vor allem die ökonomischen und ökologischen Bewertungen erlauben meist noch keine industrielle Einführung. Die noch zu hohen Recyclingkosten ergeben sich vorwiegend aus den geringen Tonnagen der gesammelten Altkunststoffe. Nachfolgend sollen aber einige bereits technisch erprobte Verfahren vorgestellt werden, um weitere Wege zum Werkstoffrecycling aufzuzeigen. Recycling von CDs und DVDs Die Datenträgerroh-
linge bestehen zu 100 % aus reinem PC, auf die eine dünne Al-Schicht aufgedampft ist, und einer anschließenden Lackierung. Für das Recycling können die Al-Schicht und die Lackschicht mit NaOH abgelöst werden. Der so gewonnene PC-Rohling wird gewaschen und zerkleinert. Das erzeugte Regranulat ist wegen geringer Restverunreinigungen nicht für CDs, aber sehr gut für Gehäuse und für Autoteile verwendbar. Eine zweite Recyclingmethode besteht im mechanischen Abschälen der Alund Lackschicht. Eine Recyclingtechnologie liegt auch bereits für verpackte CDs und DVDs vor. Eine automatische Demontagelinie übernimmt dabei die Trennung in die Fraktionen PS-Gehäuse, PCDatenträger und Papier, die anschließend getrennt recycelfähig sind. Recycling von Polyamid Hauptabfallmengen sind
Altteppichböden (PA-Fasern). Außerdem fallen technische Altteile (Ansaugrohre, Behälter) an. Die Recyclingtechnologie zur Extrusion sauberer Fasern bzw. sauberen Mahlguts aus Kompaktabfall verwendet folgende Maschinenkette: Förderband mit Metallabscheider, Faserverdichter, Extruder mit Entgasung und Schmelzfiltration, Stranggranulator. Bei der Realisierung der Technologie sind bereits mehrere Unternehmen gescheitert, weil die Sammellogistik und der Mengenanfall nicht ausreichten und auch technische Schwierigkeiten auftraten. Eine ähnliche Problematik besteht für das rohstoffliche Recycling, obwohl PA im Prinzip sehr
6
183
6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
Leichtverpackungen »Gelber Sack« Pulper A
Pulper B
Gebindeöffnung Parallele Wasch- und Aufschlussstufen Trommelsieb Papierfasern
Wirbelstromscheider Windsichter Al Zerkleinerung, Schwerguttrennung
Leichtfraktion
Schwerfraktion
Magnetscheider Zentrifuge
Zentrifuge
NIR-Sortierung Zentrifuge Eisen (Weißblech, Dosen, Deckel)
Getränkekartons
Agglomerator
Extruder
PO Agglomerat
PS Granulat
Extruder
PET-Flaschen PE Granulat
. Abb. 6.9 Kunststoffrecycling von Leichtverpackungen aus dem »Gelben Sack« (Sortechnology) [104].
gut für eine chemische Depolymerisation geeignet ist (7 Abschn. 6.5.1). Große Kunststoffteile von Altautos [16] Durch das
Demontageverfahren für Altautos ist die getrennte Erfassung größerer Kunststoffteile möglich und nachfolgend deren getrenntes werkstoffspezifisches Recycling durchführbar. Dafür sollen einige Untersuchungsbeispiele genannt werden. 5 Kühlerschutzgitter aus ABS: Nach Reinigung, Zerkleinerung und Zumischung von ABSNeuware konnten qualitätsgerechte Kühlergitter erneut hergestellt werden. 5 Kühlerwasserkästen aus PA: Das PA 66 ist mit 30 % Glasfasern (200 μm) verstärkt. Die Alt-
kästen sind durch mechanische, thermische und chemische Einflüsse (Ethylenglykol) belastet und gering verunreinigt. Nach einer Zerkleinerung sind eine Abtrennung von Metallteilen und Elastomeren sowie eine Intensivwäsche notwendig. Das gereinigte und getrocknete Mahlgut ist als PA-Sekundärwerkstoff sehr gut einsetzbar. 5 Stoßfänger aus PP: Durch Grobzerkleinerung, nasse Feinmahlung und Regranulation erhält man ein Granulat, das durch Vermischung mit PP aus Batteriekästen für die Verarbeitung zu Radkastenauskleidungen geeignet ist. 5 Armaturentafel und Formhimmel: Diese Teile besitzen einen vielschichtigen Aufbau aus
184
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
. Tab. 6.7 Durchschnittliche stoffliche Zusammensetzung von Altreifen verschiedener Einsatzgebiete [105] [7]
6
Reifenbestandteil
PKW Gew.-%
LKW Gew.-%
Naturkautschuk
22
30
Synthesekautschuk
23
15
Aktive Füllstoffe
28
20
Reyon
4
–
Nylon
1
1
13
25
Zinkoxid
1
1
Öle, Fettsäuren, Wachs, Additive
9
9
Stahldraht
6.4.2
Zu den Elastomeren gehören die verschiedenen Kautschuksorten sowie die Silikonkautschuke. Auch die PUR-Elastomere sollen an dieser Stelle mit eingeordnet werden (. Tab. 6.3). Die Elastomere sind weitmaschig vernetzt, nicht schmelzbar und nicht löslich. Das Werkstoffrecycling unter Erhaltung des Polymers ist deshalb ebenso wie bei den Duroplasten überwiegend nur durch Herstellung eines Mahlgutes möglich, das dann als Zusatzstoff für Neuware oder durch Zumischung von besonderen Bindestoffen (Teer, Thermoplaste) zur Herstellung von Sonderprodukten dienen kann. z
. Tab. 6.8 Zusammensetzung von Altreifen in den USA (ohne Berücksichtigung des Stahl- und Textilanteils) [115] Reifenbestandteil (USA)
Gew.-%
Gummi (Naturgummi, NR; Styrol-BudatienGummi, SBR)
55…60
Rußfüller
25…30
Öle
5…7
Zinkoxid
1…2
Schwefel
1…2
Sonstige (Fettsäuren, Phenolharz, Wachse)
4…8
PUR-Schaumstoff, glasfaserverstärktem SMA (Styrol-Maleinsäureanhydrid) und verschiedenen Folien. Das Recycling gelingt durch selektive Auflösung des SMA mit Ketonen und nachfolgende Ausfällung des SMA aus der Lösung durch Zugabe von Wasser. Die wirtschaftliche Realisierung dieser Anwendungen ist in erster Linie an die Verfügbarkeit ausreichender Mengen dieser speziellen Teile gebunden.
Werkstoffrecycling von Elastomeren (Altgummi und PUR)
Recycling von Altgummi und Altreifen
Die Altreifen stellen den Hauptanteil an Altgummi. Sie sind ein Verbundwerkstoff aus Gummimaterial, Stahldraht, Textilfasern und Füllstoffen (. Tab. 6.7 und . Tab. 6.8). Das Werkstoffrecyclingverfahren muss also eine effektive Abtrennung von Stahldraht und Fasern gestatten. Das Zielprodukt sollte ein verwendungsfähiges Mahlgut (Gummigranulat 1…10 mm, Gummimehl <1 mm) sein. Die Zerkleinerung muss deshalb sowohl die ausreichende Aufmahlung als auch den vollständigen Aufschluss des Verbundmaterials gewährleisten, um die nachfolgende Abtrennung von Stahldraht und Fasern durch Sortierung zu ermöglichen. Da je nach Verwendungszweck (PKW, LKW, Sommeroder Winterreifen) und Hersteller unterschiedliche Kautschukmischungen Verwendung finden, ist das erzeugte Mahlgut aus gesammelten Altreifen immer ein unbekanntes Gemisch verschiedener Kautschuksorten. Das wirkt sich nachteilig auf eine Verwertung aus. Für die Zerkleinerung stehen zwei Verfahren zur Verfügung: die Warmmahlung oder die Kaltmahlung. Die Warmmahlung erfolgt bei Umgebungstemperatur. Die Kaltmahlung arbeitet als Kryomahlung unter Verwendung von flüssigem Stickstoff bei ca. –100 °C und nutzt damit den Effekt der Gummiversprödung (. Abb. 3.3). Der höhere Aufwand der Kryomahlung ist offenbar nur bei der Herstellung von Gummimehl vertretbar (Verbrauch von 1,5…3 kg Stickstoff pro kg Gummi-
185
6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
6
. Tab. 6.9 Beispiel einer vierstufige Aufschlusszerkleinerung von Altreifen [106] Altreifenzerkleinerungsstufe
Zerkleinerungsmaschine
Input Stückgröße mm
Input Stahlanteil %
Output Stückgröße mm
1
Rotorschere
1 500
100
0…50
2
Messerschneidmühle
<50
100
0…25
3
Granulator*
<25
5…10
0…12
4
Granulator*
<12
1…2
0…2
*
Granulatoren sind modifizierte Schneidmühlen, die durch Verwendung stumpfer Messer eine überwiegende Reißbeanspruchung realisieren [105].
mehl). Dabei schützt aber die Stickstoffatmosphäre zusätzlich vor Bränden und Staubexplosionen des Gummimehls. Die Kaltmahlung erfordert eine Vorzerkleinerung mit Rotorscheren, der die eigentliche Kryomahlung in Hammermühlen nachfolgt. Dabei entsteht ein ausreichender Aufschluss des Werkstoffverbundes. Durch den glasartigen Bruch des Gummis bei der Kaltmahlung haben Granulat oder Mehl eine geringe spezifische Oberfläche und sind damit für eine erneute Gummibindung weniger aktiv. Die Warmmahlung benötigt meist vier Zerkleinerungsstufen für den Aufschluss und die Zerkleinerung und hat damit einen hohen Energieaufwand und erhebliche Verschleißkosten. Allerdings entstehen dabei raue Granulatoberflächen mit günstigen Bindungseigenschaften. In . Tab. 6.9 ist ein Beispiel für die vierstufige Zerkleinerung mit Angaben zu den Apparaten, den Stückgrößen und dem Aufschlussgrad (Stahlreste) angegeben [106]. Zwischen den Zerkleinerungsstufen trennt man den jeweils aufgeschlossenen Stahlanteil durch Magnetscheidung ab und bläst während der Zerkleinerung durch einen Luftstrom auch einen Anteil der Textilfasern aus. Die endgültige Freilegung der Textil- und Stahlanteile findet in der vierten Stufe statt. In dieser Stufe kommen zur Gewinnung von Gummimehl auch Stiftmühlen und Zweiwalzenmühlen [115] zum Einsatz. Durch Einsatz von Flachmatrizenpressen ist die Warmmahlung auf zwei Stufen zu beschränken. In einer Vorzerkleinerung mit Rotorscheren erhält man Stückgrößen von 50…100 mm. Die nachfolgende Flachmatrizenpresse arbeitet nach dem
Kollergangprinzip. Beim Rollen der Walzen auf der kreisförmigen, gelochten Matrize finden der Aufschluss und die Zerkleinerung durch die Scherkräfte und den Pressdruck (120 bar) der Walzen statt. Für die Aufbereitung der Mahlgüter verwendet man die Magnetscheidung, eine Zwischenklassierung mit Sieben (Abtrennung von Unterkorn und Überkorn), die Windsichtung (Textilfasern) und den Rütteltisch bzw. die Kombination im Luftherd [107] [115]. Ein typisches Trennergebnis mit Flachmatrizenpresse und anschließender Sortierung ist folgendes: 15…20 % Stahl; 60 % Gummigranulat (4…6 mm 15 %, 2…4 mm 15 %, 0…2 mm 30 %); 15…20 % Textil-Gummi-Gemisch [107]. Auf dem USA-Markt sind mehrere Fraktionen von AltreifenProdukten eingeführt [115]: 5 Shreds: 300…50 mm, 5 Chips (mit Draht): 50…10 mm; Chips (95 % drahtfrei): 50…10 mm, 5 Granules: 10…1 mm, 5 Crumb Rubber Material (CRM) Coarse: 2…0,42 mm, 5 Crumb Rubber Material (CRM) Fine: 0,42…0,18 mm, 5 CRM Powder: 0,18…0,075 mm; Super Fine CRM: <0,075 mm. Einige erforderliche Zerkleinerungsfraktionen für die Einsatzgebiete von Gummigranulat und Gummimehl sind in . Tab. 6.10 zusammengestellt [105]. . Tab. 6.10 informiert auch über die wesentlichen Einsatzgebiete von Gummigranulat und Gummimehl. Von entscheidender Bedeutung
186
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
. Tab. 6.10 Zerkleinerungsfraktionen und Zerkleinerungsverfahren für die Einsatzgebiete von Gummigranulat und Gummimehl [105]
6
Einsatzgebiet Gummigranulat/-mehl
Stückgröße mm
Zerkleinerungsverfahren
Laufbahnen, Sportplätze, Spielplätze
2…7
Warm
Automatten, Teppiche
0…2
Warm
Asphaltzusatz
0…0,8
Warm/kryogen
Bautenschutzmatten
0,8…2,5
Warm
Kautschukmischungen für Reifen, Schuhsohlen, Gummimatten
0,2…0,8
Warm/kryogen
Ölbindemittel
0,8…3
Warm
für die Verarbeitung der Granulate und Mehle zu Formteilen sowie für die Qualität der neuen Produkte ist die Gewährleistung einer ausreichenden neuen Bindung der Gummiteilchen untereinander oder mittels zugesetzter Bindestoffe. Diese Bindungsaktivität der Gummiteilchen wird in erster Linie durch den Mahlprozess (Warmmahlung oder Kryomahlung) beeinflusst. Durch verschiedene Nachbehandlungsmethoden der Granulate, die zum Bruch der chemischen Vernetzungen (Devulkanisation) an den Partikeloberflächen führen, kann die Bindungsfähigkeit (Möglichkeit der Neuvernetzung) wesentlich verbessert werden. Ein erstes Verfahren dafür ist eine starke Erhitzung. Durch Erwärmung auf ca. 300 °C (Hochdruckdampf) und unter Zusatz von Chemikalien (organische Sulfide, aromatische Amine) entstehen sog. regenerierte Kautschuke. Ein solches Verfahren kommt vor allem für sortenreine Produktionsabfälle zur Anwendung. Eine andere Methode ist die mechanische Aktivierung in einer Mühle bei etwa 30 °C. Ein weiterer Prozess ist die Behandlung der Granulate mit Chemikalien (aliphatische und aromatische Amine, Alkohole, organische Sulfide, flüssige Poly-
mere) über wenige Minuten bei 105…135 °C. Auch die Beschichtung der Granulate mit einem Polymer unter Zusatz von Paraffinöl bei Temperaturen von 80…100 °C ist beschrieben [115]. Die behandelten Granulate können als Zumischungen zu Neugummi Verwendung finden. Je nach Qualitätsansprüchen liegen die Altgummianteile zwischen 5 und 70 %. Dabei ist auf gleiche Gummiarten (NR, SBR, EPDM) zu achten und die Qualität der Granulate sehr entscheidend (Mahlprozess, Korngröße, Reinheit, Nachbehandlung). Für Sportplätze und Spielplätze verwendet man ausschließlich Altgummigranulate (<8 mm) mit einigen Prozent PUR- oder Latexbinder. Unbehandeltes Granulat kommt als Füller in Straßendecken zum Einsatz. Ein wichtiges Recyclingverfahren ist die Herstellung von Blends aus Kunststoffen und Altgummigranulaten. Die Kunststoffanteile liegen bei etwa 20…50 %. Als Kunststoffe kommen PE, PP und PVC zur Anwendung [115]. Aus solchen Mischungen lassen sich Elastomer-Compounds extrudieren [107]. Eine typische Blendzusammensetzung ist folgende [115]: Altgummimehl 51 %, PE 16 %, PP 8 %, SBS 12 %, EVA (Ethylenvinylazetat) 11 %, Antioxidantien 1 %. Diese Blends verwendet man z. B. für Schuhsohlen und Dachmembranen. Die überwiegende Masse der Altreifen (45 %) wird aber einer energetischen Verwertung zugeführt. Die energetische Verwertung organischer Materialien (Kunststoffe, Papier, Textilien, Altholz) wird gebündelt in 7 Kap. 12 behandelt. Im vorliegenden Abschnitt sind aber einige Angaben zu den erforderlichen Aufbereitungsmethoden (Zerkleinerung, Sortierung) der Altreifen für den Einsatz als Ersatzbrennstoff zweckmäßig, da diese Verfahren mit den Verfahren für das Werkstoffrecycling weitgehend identisch sind. Eine wesentliche Ausnahme ist die Verwendung als Ersatzbrennstoff in Zementdrehrohröfen. Wegen der extrem großen Dimensionen dieser Öfen ist der Einsatz unzerkleinerter kompletter Altreifen technisch möglich und wird überwiegend angewendet. Auch die anorganischen Bestandteile der Altreifen (Stahldraht, ZnO) bereiten keine Schwierigkeiten, da das aus dem Eisen gebildete Eisenoxid immer Bestandteil von Zementen ist. Für andere Verbrennungsöfen (Rostöfen, Wirbelschichtöfen) mit kleineren Brennräumen, spezifischen Chargierverfahren und geringeren
Verweilzeiten sind nur stark zerkleinerte Altreifen und häufig auch vom Stahldraht befreite Qualitäten verwendbar. In den USA unterscheidet man z. B. zwei Sorten [115]: 1. Chips mit 100 mm Stückgröße, bei denen kein Stahldraht abgetrennt ist (Tire Derived Chips, TDC). 2. Tire Derived Fuel (TDF) mit ca. 50 mm Stückgröße, bei denen ca. 90 % des Stahlanteils abgetrennt ist. Mit abnehmender Stückgröße der Chips und abnehmendem Gehalt an Draht verbessern sich die notwendigen Fördereigenschaften und die Dosierfähigkeit. Die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten eines Rohstoffrecyclings von Altreifen werden noch in Pilotanlagen getestet. Dabei verwendet man die pyrolytische Spaltung des Gummis bei ca. 500 °C und gewinnt die Komponenten Öl, Gas, Ruß und Stahldraht in vermarktungsfähiger Qualität [118]. Neben Werkstoffrecycling und energetischer Verwertung sowie Erprobung der Pyrolyse muss auch auf weitere Nutzungsvarianten von kompletten Altreifen hingewiesen werden: Regenerierung durch Vulkanisation, Nachnutzung in der Landwirtschaft und für Crashbarrieren. In . Tab. 6.11 sind Angaben zum Anteil der energetischen Verwertung und zum gesamten Verwertungsspektrum der Altreifen in den USA im Jahr 2003 zu finden. z
Recycling von PUR
PUR-Abfälle können mechanisch durch Zerkleinerung granuliert werden und das Mahlgut dann als Zusatz für Neuprodukte Verwendung finden. Dazu muss das Mahlgut in die Polyolkomponente eingemischt werden. Bei hohem Druck und erhöhter Temperatur verhält sich PUR wie ein Thermoplast. Diese Eigenschaft ist für einen Recyclingprozess nutzbar. Das Fließpressverfahren setzt granuliertes PUR-Altmaterial ein und kann durch Erhitzen auf 190 °C und bei 750 bar Druck eine Umformung zu PUR-Recyclingprodukten erreichen. Ein weiteres Verfahren ist das Klebepressen, das vorwiegend für Weichschaumflocken Anwendung findet. Duroplastisches PUR verarbeitet man zu feinem Mahlgut, das als Zusatz für neue Formteile verwendet wird (Partikelrecycling). Für PUR-
6
187
6.4 • Werkstoffrecycling von Kunststoffen
. Tab. 6.11 US-Markt für Altreifen im Jahr 2003 [115] Verwendung Altreifen (USA)
Menge Mio. Reifen
Anteil %
Energetische Verwertung
129,7
44,7
– Zementöfen
53
18,3
– Papierindustrie
26
9
– Industriekessel
17
5,9
– Sonstige
33,7
11,6
Formprodukte
34,7
12
Straßenbau
56,4
19,4
Sonstige
3,5
1,2
Export
9
3,1
Gesamtverwendung
233,3
80,4
Gesamtproduktion
290,2
100
Abfälle liefern aber die Alkoholyseverfahren eine deutlich bessere Qualität des Recyclingwerkstoffes (7 Abschn. 6.5.1).
6.4.3
Partikelrecycling von Duroplasten
Die Werkstoffeigenschaften der Duroplaste (engmaschige Vernetzung, nicht schmelzbar, Unlöslichkeit, Sprödigkeit; 7 Abschn. 6.1) machen ein Werkstoffrecycling durch Umformen, Umschmelzen oder Lösen unmöglich. Es verbleibt nur das Verfahren der Zerkleinerung und Zumischung als Füllstoff zu Neuware. Da bei der Primärherstellung von Duroplasten immer große Mengen an Füllund Verstärkungsstoffen (bis 80 % Anteil) zugesetzt werden, ergibt sich ein größerer Einsatzbereich. Für die Zumischung als Füllstoff ist dabei eine Feinvermahlung erforderlich. Diese Recyclingmethode bezeichnet man deshalb als Partikelrecycling. Der Mengenanteil der Altduroplaste in Neuware kann bis 30 % betragen. Eine Besonderheit ist das Recycling von Verbundwerkstoffen auf Duroplastbasis. Dazu gehören die glasfaserverstärkten Polyester-
188
6
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
harze (SMC, BMC). Bauteile aus SMC können in einer Hammermühle schonend zerkleinert werden, wobei der Harzanteil als Pulver anfällt und die Glasfasern wenig geschädigt werden. Durch Absiebung trennt man Harzpulver und Glasfaserschnitzel, die beide als Füll- und Verstärkungsstoffe wieder einsetzbar sind, nachdem sie einer regenerativen Behandlung unterworfen wurden (Verbesserung der Benetzbarkeit). Größere Probleme bereitet das Recycling von kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK) durch deren zunehmenden Einsatz im Flugzeugbau und im Autobau. Dabei entstehen Neuverschnitte und künftig CFK-Abfälle bei der Verschrottung von Flugzeugen und Autos. Zunächst verwendete man die Verbrennung dieser Abfälle, die hohe Temperaturen erfordert. Bei Anwendung einer Vermahlung erhält man ein einsatzfähiges Harzpulver, aber die wertvollen C-Fasern werden zerstört und sind damit verloren. Deshalb laufen international intensive Untersuchungen zu einem optimalen Pyrolyseverfahren, das die Gewinnung von C-Fasern bis 50 mm Länge garantiert [117]. Das Recycling des wertvollen Kohle-Faser-Prepreg-Verschnitts ist problematisch.
6.5
Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen
Die beschriebenen Probleme des Werkstoffrecyclings, insbesondere die meist geringere Qualität der gewonnenen Sekundärwerkstoffe sind Veranlassung für die gesteuerte Zerlegung der Polymere in Zwischenprodukte oder die Monomere bzw. bis zur Überführung in Kohlenwasserstoffe und Synthesegas. Damit erhält man flüssige oder gasförmige Zwischenprodukte bzw. Rohstoffe, die effektiv zu reinigen sind und für vielfältige organische Synthesen einsetzbar werden. Für die gewählte Zielstellung der Depolymerisation bzw. Überführung in Kohlenwasserstoffe oder Synthesegas stehen vier chemische Verfahren zur Verfügung: 1. Polymerzerlegung durch Hydrolyse, Alkoholyse oder katalytische Depolymerisation zu organischen Verbindungen, 2. Hydrierung zu vorwiegend flüssigen Kohlenwasserstoffen,
3. thermische Zersetzung unter Sauerstoffausschluss zu Ölen und Gasen (Pyrolyseverfahren, Crackprozess), 4. Vergasung im Hochofen oder zu Synthesegas (Gemisch aus CO und H2). Die entsprechenden technischen Prozesse sind allerdings nur als Massenproduktion ökonomisch zu betreiben, so dass für das chemische- bzw. Rohstoffrecycling sehr große Mengen an Kunststoffabfällen am Recyclingstandort zur Verfügung stehen müssen. Eine Ausnahme ist das Einblasen in Hochöfen, das auch mit geringeren Mengen technisch durchführbar ist. Der entscheidende technische Vorteil des chemischen oder Rohstoffrecyclings ist die sehr gute Reinigungsmöglichkeit der Reaktionsprodukte durch Filtration, Destillation, Gaswäsche oder Umkristallisation, die bei den nachfolgenden Stufen der erneuten Polymerherstellung oder verschiedener organischer Synthesen eine hohe Produktqualität garantiert. Bei den Verfahren der Hydrolyse und Alkoholyse handelt es sich um heterogene Reaktionen zwischen Feststoffen und Flüssigkeiten. Diese Reaktionen laufen an der Oberfläche der Feststoffe ab. Deshalb bestimmen die spezifische Oberfläche bzw. die Stückgröße der Kunststoffteile die Reaktionsgeschwindigkeit und die notwendige Reaktionsdauer. Geringe und gleichmäßige Stückgrößen sind also für die technische Reaktionsführung gefordert. Man muss deshalb einen entsprechenden Aufbereitungsschritt vorschalten, der aus einer Grobund Mittelzerkleinerung auf ca. 10 mm und einer Homogenisierung besteht. Entsprechende Angaben zur Zerkleinerung von Kunststoffen und den geeigneten Apparaten finden sich in 7 Abschn. 3.2. Die Homogenisierung des Eintragmaterials sichert eine gleichmäßige Reaktion in den Reaktoren und gewährleistet damit eine sichere Prozessführung und die Erzeugung eines gleichmäßigen Produktspektrums. Die Vergasung verlangt für die speziellen Reaktionsbedingungen Feststoff/Gas ebenfalls ein aufbereitetes und homogenisiertes Material. Bei der Variante der Flugstromvergasung muss das Material sehr feinkörnig sein (ca. 0,2 mm), während bei der Festbettvergasung das homogenisierte Material nochmals auf Stückgrößen von 15…80 mm kompaktiert werden muss (Brikettieren, Pelletie-
ren), um die Gasdurchströmung des Feststoffbettes zu realisieren. Ähnliche Zusammenhänge sind auch für die Prozessführung in Pyrolysereaktoren von Bedeutung. Von den oben angeführten vier Verfahren sind vor allem die Vergasung in Kombination mit einer Methanolsynthese, das Einblasen in Hochöfen und die Alkoholyse von PUR und PET industriell eingeführt. Im Folgenden sollen aber alle vier Verfahren in ihren Grundprinzipien vorgestellt werden.
6
189
6.5 • Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen
PA-6-Teppichböden
Zerkleinerung
Abtrennung der Begleitstoffe
Trägermaterial, Kleber u. a.
PA 6 Katalysator
6.5.1
Alkoholyse, Hydrolyse und katalytische Depolymerisation
Depolymerisation
Eine chemische Abbaureaktion gelingt bei der kleineren Gruppe von Kunststoffen, die in den Polymerketten nicht nur Kohlenstoffgruppen, sondern auch Ester-, Amid-, Urethan- Karbonat- oder Acetalstrukturen enthalten. Dazu gehören vor allem PUR, PA und PET. Als Spaltungsreagenzien kommen überwiegend Alkohole (Alkoholyse) oder Wasser (Hydrolyse) unter Zusatz von Katalysatoren zur Anwendung. z
Rohcaprolactam
Raffination, Filtration
Additive
Destillation
Reincaprolactam
Recycling von PA
Das Hydrolyseverfahren ist für PA-Abfälle gut geeignet. Man erhält das entsprechende Monomer. Die zerkleinerten PA-Abfälle werden in Anwesenheit von Wasser, Katalysatoren, Säuren oder Basen bei erhöhter Temperatur und erhöhtem Druck gespalten. Durch Filtration und Destillation erreicht man eine Reinigung und kann anschließend das Monomer erneut polymerisieren. Für PUR-Abfälle spielt das Hydrolyseverfahren dagegen keine Rolle, da neben dem Polyol ein nicht direkt verwertbares Reaktionsprodukt entsteht (Amine). Ein chemisches Recycling von PA 6 ist auch durch eine katalytische Depolymerisation zu Caprolactam realisierbar [108]. Dieses Verfahren ist an PA 6-Teppichböden erprobt. Die Altteppichböden oder Produktionsabfälle werden durch Shreddern und Sichten zerkleinert und von Verunreinigungen (Kleber, Bodenrückstände) befreit. Die erhaltenen Fasern gelangen über einen Extruder in den Spaltreaktor. Das erzeugte Spaltprodukt Caprolactam wird in weiteren Verfahrensstufen (Oxidation, Filtration,
Dampf
. Abb. 6.10 PA 6-Recycling von Teppichböden zu Caprolactam [108].
Destillation) zu Reincaprolactam umgearbeitet, aus dem erneut PA 6 herstellbar ist (. Abb. 6.10). z
Alkoholyse von PUR
PUR erzeugt man durch die Reaktion von Polyol mit Isocyanat. Bei der Alkoholyse von PUR erhält man wieder das ursprüngliche Polyol und kann es erneut für eine PUR-Herstellung einsetzen. Verwendet man für die Umesterung Glykole, dann entstehen neben dem Polyol niedermolekulare Urethane und als unerwünschte Nebenprodukte auch aromatische Amine. Das Verfahren erfordert zunächst die Zerkleinerung der PUR-Produktionsabfälle in einer Schneidmühle auf ca. 5 mm Stückgröße. Der PUR-Abbau findet in einem Reaktionsgefäß bei ca. 200 °C unter Zusatz von Katalysatoren und Deaminierungsmitteln zu dem flüssigen Reaktionsprodukt statt. Nach Abkühlung auf 80 °C ist es
190
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
PUR-Produktionsabfälle (Seitenverschnitt u. a.)
. Abb. 6.11 Kreislauf von PURProduktionsabfällen [109].
Neupolyol
Isocyanat
Reagenz zur Entaminierung
Zusätze
Granulator
Glykol
Granulat (5…10 mm)
6 Mischkopf
Reaktor (200 °C) PUR-Bahnen Kühler (80 °C)
Spaltfilter
Recyclingpolyol
… R-NH-CO-O-R’-O-CO-NH-R-NH-CO-O-R’… + HO-R’’-OH + HO-R’’-OH + HO-R’’-OH
gebrauchte Matratzen und auch glasfaserverstärkte Autoteile (Instrumententafel) recycelt werden. Man erhält aus glasfaserverstärktem Material ein hochwertiges Glykolysepolyol mit <0,5 % Glasgehalt (. Abb. 6.12) [109] [110].
R-NH-CO + HO-R’-OH + CO-NH-R-NH-CO + HO-R’ HO-R’’-O
O-R’’-OH
O-R’’-OH
. Abb. 6.12 Reaktionsschema der Glykolyse von PUR [110].
möglich, evtl. vorhandene feste Verunreinigungen durch Filtration abzutrennen. Aus dem gewonnenen Recyclingpolyol ist allein oder unter Zusatz von Neupolyol die erneute Herstellung von PUR möglich (. Abb. 6.11). Das Verfahren kam zunächst für reine Produktionsabfälle aus PUR-Hartschaum und PUR-Weichschaum zur Anwendung und wurde anschließend für die Verarbeitung von PostConsumer-Abfällen weiterentwickelt. Beispielsweise können bei bestimmten Reinheitskriterien
z
Alkoholyse von PET
Sortenreine PET-Getränkeflaschen und PET-Produktionsabfälle werden industriell zu hochwertigem PET-Material recycelt. Das Altmaterial wird zerkleinert (Flocken) und dann dem chemischen Prozess zugeführt. Bei einstufiger Glykolyse fällt das Diglykolterephtalat (DGT) an, das durch Filtration von unlöslichen Verunreinigungen befreit wird. Durch erneute Polykondensation entsteht aus dem DGT wieder PET. Dieses PET ist für den Kontakt mit Lebensmitteln nicht zugelassen, sondern findet z. B. Verwendung für Fasern. Für den Einsatz von Rezyklat in der Lebensmittelverpackung ist ein PET höchster Reinheit erforderlich. Das ist durch ein zweistufiges Verfahren möglich. In der ersten
Stufe erfolgt die Glykolyse zu DGT und in einer zweiten Stufe eine Methanolyse zu Dimethylterephtalat (DMT). Das DMT reinigt man durch Destillation und Umkristallisation und führt dann eine erneute Umesterung und die Polykondensation durch (. Abb. 6.13). Für beide Recyclingverfahren müssen hohe Anforderungen an die Sortenreinheit des Altmaterials gestellt werden. Besonders limitiert ist der PVC-Gehalt (2…10 ppm) wegen einer HCl-Abspaltung und Versprödung des PET. Aber auch Gehalte an PE (10 ppm) und Etikettenkleber sind stark eingeschränkt (Verwendung ungeklebter Etiketten!). Diese Qualitätsanforderungen sind zunächst durch sensorgestützte Aussonderung von PVC- und PE-Flaschen und nach der Zerkleinerung durch Windsichten (Etiketten), Dichtesortieren (PE) und Waschprozesse realisierbar. Das Alkoholyseverfahren konkurriert auf dem Markt für PET-Altflaschen mit dem oben beschriebenen Verfahren des PET-Werkstoffrecyclings [16]. z
Glykolyse von PET zu Polyolen
Verpackungen aus eingefärbtem PET, die zusätzlich Füllreste (Öle, Seifen, Haushaltsreiniger usw.) aufweisen oder wenige fehlsortierte PVC-Flaschen enthalten, sowie Röntgenfilme sind werkstofflich schwierig zu recyceln und führen zu minderen Qualitäten der Sekundärwerkstoffe. Diese PETFraktionen sind günstiger durch chemisches Recycling verwertbar. Durch ein spezielles Glykolyseverfahren kann man aus dem PET-Abfall ein Polyol erzeugen, das mit Diisocyanaten zu PUR umgesetzt werden kann. An der technischen Realisierung dieses Verfahrens wird gearbeitet. z
Katalytische Spaltung von Polyolefinen zu Kraftstoffen oder Ölen
Die direkte Verarbeitung von Abfällen aus Polyolefinen (PE, PP) zu Kraftstoffen hätte erhebliche Vorteile (weniger Verfahrensstufen) gegenüber den später zu beschreibenden Verfahren der Pyrolyse oder Hydrierung. Dieser Verarbeitungsweg wird deshalb intensiv erprobt. Es ist eine Pilotanlage für 400 kg Abfälle beschrieben, die in einem Reaktor bei 370…400 °C (Normaldruck, Stickstoffatmosphäre) in Anwesenheit eines Katalysators die Spaltung realisiert. Zur Aufarbeitung der Spaltprodukte dient eine Rektifikationskolonne (. Abb. 6.14)
6
191
6.5 • Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen
[-CO-
-CO-O-CH2-CH2-O-] n
(A)
+ HO-CH2-CH2-OH
HO-CH2-CH2-O-CO- 2 HO-CH2-CH2-OH
CH3-O-CO-
(PET)
-CO-O-CH2-CH2-OH (DGT)
(B)
+ 2 CH3-OH
-CO-O-CH3 (DMT)
. Abb. 6.13 Reaktionsschema der Glykolyse von PET (A) mit nachfolgender Methanolyse (B) [16] (PET = Polyethylenterephtalat; DGT = Diglykolterephtalat; DMT = Dimethylterephtalat).
[111]. Die Kraftstoffausbeute an Diesel und Benzin erreicht 95 %. In einer Variante des Verfahrens ist alternativ auch die Erzeugung von Paraffin möglich. Die Anforderungen an die Sortenreinheit und Sauberkeit der Abfälle ist gering. Neben den Polyolefinen können geringe Gehalte an PET und PS toleriert werden. Dagegen sollte PVC weitgehend abgetrennt sein (Anlagenkorrosion). Mit einem speziellen ionenaustauschenden Katalysator sollen auch geringe PVC-Verunreinigungen nicht stören. Anorganische Feststoffe sind ebenfalls tolerierbar, da die Spaltprodukte durch Destillation abgetrennt werden. Das Verfahren ist besonders für Landwirtschaftsfolien und ölverschmutzte Kunststoffbehälter geeignet. Ein weiteres industriereifes Verfahren ist für die Verarbeitung einer Polyolefinfraktionen aus einer Müllsortieranlage in den Niederlanden entwickelt worden [116]. Durch katalytische Depolymerisation bei 450 °C entstehen mit 75 % Ausbeute leicht- und mittelschwere Öle (synthetisches Rohöl) und zusätzlich ein gasförmiges Produkt. Das Rohöl eignet sich für die Herstellung von Kraftstoffen und Heizöl in Raffinerien. Das Gas wird für die Energieversorgung der Depolymerisationsanlage eingesetzt.
6.5.2
Hydrierung
Durch das Erhitzen von Altkunststoffen in inerter Atmosphäre auf ca. 400 °C findet eine Depolymeri-
192
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
Kühler
PP/PE-Abfälle
Gas /Ölabscheider
. Abb. 6.14 Katalytische Spaltung und Destillation von PP/PE-Abfällen [111].
Shredder
Mahlgutbunker
Öl Stickstoff
6
Dieseltank
Benzintank
Spaltprodukte
Reaktor (400 °C)
Destillationskolonne Rückstände
sation zu einem flüssigen Produkt statt (erste Verfahrensstufe). Dieses Material kann anschließend in einer zweiten Verfahrensstufe unter hohem Druck (200…250 bar) bei ca. 450 °C mit Wasserstoff hydriert werden. Bei der Hydrierung finden eine weitere Spaltung der Kohlenstoffketten und die Anlagerung von Wasserstoff statt. Aus den Kunststoffen entstehen dadurch Öle mit einer Ausbeute von 90 %. Die gebildeten Öle (Syncrude) sind in Ölraffinerien ohne Probleme einsetzbar. In der ersten Verfahrensstufe der Depolymerisation spaltet eventuell enthaltenes PVC das Chlor unter Bildung von HCl ab (Dehydrochlorierung). Das HCl ist aus den Abgasen auswaschbar und als Salzsäure gewinnbar. Aus den einzusetzenden Mischkunststoffen muss also das PVC nicht abgetrennt werden. Ein geringer Teil des Einsatzmaterials wird zu gasförmigem Produkt umgesetzt und ein kleiner Teil als Hydrierbitumen ausgebracht. Eine großtechnische Anlage zur Hydrierung von Mischkunststoffen in Deutschland, die ursprünglich für die Kohlehydrierung vorgesehen war, musste allerdings aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden. Die großtechnisch erprobte Technologie ist in . Abb. 6.15 dargestellt.
6.5.3
Pyrolyse
Die Erhitzung von Kunststoffen bei 600…800 °C unter Ausschluss von Sauerstoff führt zu einer vollständigen thermischen Zersetzung langkettiger oder vernetzter Kohlenwasserstoffverbindungen in einerseits wasserstoffreiche flüchtige Produkte (Gas, Öl) und andererseits in einen wasserstoffarmen festen Rückstand (Koks, Ruß). Diesen Prozess nennt man Pyrolyse oder Schwelen. Die Mengenverhältnisse der entstehenden Produkte hängen stark vom Einsatzkunststoff ab. Charakteristisch ist aber die Entstehung großer Anteile von Gas (30…55 %) und 40…50 % Öl (vorwiegend Aromaten). Das aromatenreiche Pyrolyseöl ist für die Herstellung petrochemischer Produkte geeignet. Hohe Koksanteile entstehen beim Vorlaufen von Gummi, PC und PF. Die Produkte der Pyrolyse (Öle, Koks) sind aber vor allem als homogenes Einsatzmaterial in einen Vergasungsprozess hervorragend geeignet. Durch den Ausschluss von Sauerstoff entstehen reduzierende Reaktionsbedingungen, die eine Bildung von Dioxinen weitgehend verhindern. Zusätzlich werden die austretenden Pyrolysegase durch Eindüsen von Wasser schockartig abgekühlt (sog. Quenchen) und damit die Neubildung unerwünschter Verbindungen ausgeschlossen (7 Abschn. 4.1.4). Die Anwesenheit von PVC im Eintrag ist aber zu ver-
. Abb. 6.15 VCC-Verfahren (Veba Combi Cracking) zur Verarbeitung von Altkunststoffen zu Öl (Syncrude) durch Degradation im Rührreaktor und Hydrierung (Sumpfphasenund Gasphasenreaktor) [16].
Mischkunststoffabfälle
6
193
6.5 • Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen
Rückstände der Erdölverarbeitung Kühler
Rührreaktor
Abgas Wasser
HClWäscher
Heizgas Öl Separator Wärmetauscher
Vorheizer
Salzsäure
Separator Gasphasenreaktor Kreisgas
Additiv Gaswäscher Wasserstoff Abgas
Abscheider Sumpfphasenreaktor
Vakuumdestillation
meiden, da die Abtrennung des entstehenden HCl problematisch ist. In 7 Abschn. 4.1.3 wurde das Pyrolyseverfahren bereits als Vorbehandlungsverfahren für das Recycling von kunsttoffbeschichteten Metallen oder ähnlichen Mischwerkstoffen vorgestellt und dabei der Drehrohrofen als bevorzugter Pyrolysereaktor genannt (. Abb. 4.3). Der Pyrolysedrehrohrofen ist ein außenbeheiztes Stahlrohr (Abschottung der Verbrennungsluft und der Verbrennungsgase). Durch die Drehung des Rohres und eine geringe Neigung entsteht eine Transportwirkung des Einsatzmaterials in Richtung Austrag. Beim Materialeintrag und Austrag der Feststoffe (Koks) sichern Schleusensysteme den Luftabschluss. Dieser Reaktor ist auch für reine Kunststoffabfälle geeignet. Das zeigen sehr klar die Betriebsergebnisse mit der Drehrohr-Pyrolyseanlage in Salzgitter [112]. Beim
Hydrierbitumen
Syncrude
Eintrag von Kunststoffabfällen in diesen Reaktor (650 °C) entstand folgende Massenbilanz [112]: 5 Eintrag Kunstoffabfälle: 1000 kg, 5 Pyrolyserückstand: 207 kg (Grobkoks 75 kg, Feinkoks 132 kg), 5 Dekanteraustrag: 13 kg, 5 Pyrolyseöl: 436 kg (Quencheröl 29 kg, Kühleröl 407 kg), 5 BTX-Öl: 29 kg, 5 Pyrolysereingas: 313 kg. An das Eintragsmaterial sind zwei Anforderungen zu stellen: dosierfähige Stückgröße, Vermeidung von Feinstkorn (Verstäubungsgefahr). Das erreicht man durch eine vorgeschaltete Aufbereitungsstufe (Zerkleinerung, Siebung, Homogenisierung) und gewährleistet damit einheitliche Zersetzungseigenschaften des Einsatzmaterials mit dem angestreb-
194
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
Wasser
Altkunststoffe
Pyrolysegas
. Abb. 6.16 Pyrolyseanlage mit Drehrohrreaktor [112].
Quencher Aufbereitung (Zerkleinern, Sieben)
6
Pyrolysegas Erdgas Luft
Drehrohrreaktor Abgas
Kühler
Austrag
Heizmantel Aufbereitung
Abwasser Koks
ten Ergebnis eines vollständig pyrolysierten Austrags (. Abb. 6.16). Umfangreiche halbtechnische Untersuchungen liegen auch für die Anwendung des Wirbelschichtreaktors als Pyrolysereaktor vor [16]. Man muss dabei mit einer Fremdbettwirbelschicht aus inertem Material (Sand) arbeiten, in das der zerkleinerte und homogenisierte Kunststoff eingetragen wird. Die Fluidisierung des Sandbettes erreicht man durch Einblasen von vorgeheiztem Pyrolysegas. Zur indirekten Beheizung des Wirbelbettes auf 600…900 °C dienen Strahlheizrohre, in denen Pyrolyse- und Zusatzgas verbrannt werden. Die gebildeten Spaltgase und Pyrolyseöle trennt man in einem Ölabscheider. Im Sandbett verbleiben Koks, Metallteile (z. B. Stahlcord von Reifen) und anorganische Materialien, so dass Teile des Sandbettes ausgetauscht und aufbereitet werden müssen. Die besonderen Vorteile des Wirbelschichtreaktors sind hohe Geschwindigkeiten des Wärme- und Stoffaustausches. Dadurch entstehen im gesamten Wirbelbett eine sehr konstante und genau einstellbare Temperatur sowie konstante Reaktionsbedingungen und damit ein konstantes Produktspektrum. Das Prinzip einer Pyrolyseanlage mit Wirbelschichtreaktor ist in . Abb. 6.17 skizziert. Bei einer vergleichenden Einschätzung der Pyrolyse mit dem Hydrierverfahren ergibt sich, dass die Hydrierung zu einer wesentlich höheren Ölausbeute und einem geringen Anfall an Rückständen
Dekanter Pyrolyseöl
(Koks, Bitumen) führt, aber einen deutlich größeren verfahrenstechnischen Aufwand erfordert (zwei Verfahrensstufen, hoher Wasserstoffdruck). Die Pyrolyse findet aber häufig auch nur Verwendung als Vorstufe für einen Vergasungsprozess, wie beim Noell-Konversionsverfahren (Behandlung von Siedlungsabfall).
6.5.4
Vergasung zu Brenngas oder Synthesegas
Unter Vergasung versteht man die Reaktion von festem Kohlenstoff mit den Vergasungsmitteln Sauerstoff, Wasserdampf oder Kohlendioxid (selten Wasserstoff ) zu Gasgemischen aus CO, H2 und z. T. CH4. Der feste Kohlenstoff kann als Kohle oder Koks vorlaufen oder durch Pyrolyseprozesse im Vergasungsreaktor aus Holz, Kunststoffen, Klärschlamm, Ölen und anderen organischem Material gebildet werden. Das Vergasungsmittel CO2 entsteht ebenfalls im Vergasungsreaktor durch die Reaktion von C mit O2 (Verbrennung) und diese Verbrennungsreaktion liefert außerdem die erforderliche Wärme für den Vergasungsprozess. Die Vergasung ist also immer mit einer anteiligen Verbrennung kombiniert. Das gebildete Gasgemisch ist nach Quenchen und Reinigung als Brenngas (Wärmeund Elektroenergieerzeugung, Gasmotor) oder als Synthesegas (Herstellung von Methanol) nutzbar.
. Abb. 6.17 Pyrolyseanlage für Altkunststoffe mit Wirbelschichtreaktor (Sandfremdbett) [16].
6
195
6.5 • Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen
Zyklon Ölabscheider Gaswäsche
Altkunststoffe
Abgas
Sand
Destillationskolonnen
Wirbelschichtreaktor
Koks, Sand, Metalle
Sandbett
Es ist also wahlweise oder kombiniert eine energetische oder rohstoffliche Verwertung möglich. Die Festbettvergasung ist eine über Jahrzehnte bewährte Verfahrenstechnik (Kleinvergaser, städtische Gaswerke, Großgaswerke), die für die Verwertung von Kunststoffabfällen (u. a. organischen Abfällen) entsprechend verfahrenstechnisch angepasst wurde. Die wichtigsten chemischen Reaktionen bei der Festbettdruckvergasung, die Temperaturen und die existierenden Reaktionszonen sind in . Abb. 6.18 angegeben. Die Vergasung im Festbettdruckreaktor findet bei einer Temperatur von ca. 1200 °C und einem Druck von 25 bar statt. Die Mengenverhältnisse an CO, H2 und CH4 sind durch Temperatur und Druck beeinflussbar (höhere Temperaturen verschieben das Gleichgewicht zu höheren Gehalten an CO und H2; höherer Druck begünstigt die CH4-Bildung). Die Vergasungsrückstände sind bei 1200 °C noch nicht geschmolzen und fallen als Asche an. Der Reaktor der Festbettvergasung arbeitet nach dem Gegenstromprinzip der Stoffe (Feststoffeintrag von oben, Vergasungsmitteleinleitung von unten, Ascheaustrag unten, Rohgasaustrag oben). Das verwendete Schüttbett des Festbettreaktors (. Abb. 6.19) erfordert einen gleichmäßig verteilten Porenraum, der die Durchströmung der Vergasungsmittel und Reaktionsgase über den gesamten Querschnitt gewährleistet und einen begrenzten Strömungswiderstand erzeugt. Diese Bedingungen sind nur durch größere und gleichmäßige Stückgrößen der
Propan, Sauerstoff
Pyrolysegaskreislauf Wärmetauscher
Siedefraktionen des Pyrolyseöls
eingetragenen Feststoffe zu garantieren. Der Feststoffeintrag muss deshalb vorher durch Brikettieren oder Extrudieren entsprechend aufbereitet werden. Das Schüttbett ruht unten auf einem Drehrost für den Ascheaustrag. Für den Eintrag und Austrag der festen Stoffe sind gasdichte Schleusen erforderlich. Eine Weiterentwicklung des Festbettvergasers ist der Schlackeschmelzbadvergaser. Für den Einsatz von Altkunststoffgemischen in der Vergasung sind Verunreinigungsgrenzen einzuhalten: max. 10 % Störstoffe (Metalle, Glas, keramische Materialien, Textilien), Kunststoffe mit max. 10 % PVC [113]. Für sehr feinkörnige Materialien (Stäube, Schlämme) und Flüssigkeiten (Öle, Teer) steht die Variante der Flugstromvergasung zur Verfügung (. Abb. 6.19). Über ein Brennersystem gelangt das Gemisch aus Öl, Teer und Staub fein zerstäubt in die Vergasungskammer. Bei einer Temperatur von ca. 1800 °C und 25 bar Druck fallen die Rückstände als flüssige Schlacke an [113]. Die nach beiden Verfahren anfallenden Gase (Rohgas, Spaltgas) werden gewaschen und gekühlt und das Spaltgas zusätzlich einer CO-Konvertierung unterworfen (Einstellung des notwendigen Verhältnisses CO zu H2 im Synthesegas). In der weiteren Gasaufbereitung erfolgt die Abtrennung von H2S und CO2 mittels Methanol (Gewinnung des Schwefels) [113]. Die Methanolherstellung aus Synthesegas (CO/H2-Gasgemisch) ist auf Grund des einfachen Stoffumsatzes CO + 2 H2 → CH3OH günstig zu realisieren.
196
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
Kohlebriketts + Altkunststoffe (30 %)
Vergasungsrohgas + Pyrolysegas
Temperaturen
250 °C
. Abb. 6.18 Temperaturen, chemische Reaktionen und Reaktionszonen im Festbettvergaser.
Chemische Reaktionen
Vorwärm- und Trockenzone
700 °C Pyrolysezone
6
H2O-Austreibung Thermische Zersetzung: Koks, CO, CO2, H2, CH4, CnHm, H2O, Teer CO + H2O → CO2 + H2
Vergasungszone
C + 2 H2 → CH4 C + CO2 → 2 CO
1000 °C
C + H2O → CO + H2
Aschezone
150 °C
Asche
6.5.5
C + O2 → CO2
Verbrennungszone
1300 °C
Vergasungsmittel O2 + H2O -Dampf
Reduktionsmittel im Hochofenprozess
Im Hochofen erfolgt die Reduktion des Eisenerzes (Fe2O3) durch CO-Gas, das aus dem eingesetzten Koks und dem eingeblasenen Heißwind (Luft) erzeugt wird. Seit Jahren wird ein Teil des erforderlichen teuren Kokses durch eingeblasenen Kohlenstaub, Erdgas oder Schweröl substituiert. Beim Eintritt in den bis 2100 °C heißen unteren Ofenteil vergasen diese Zusatzstoffe mit dem Sauerstoff der Heißluft schlagartig unter Bildung eines CO-Gases bzw. CO/H2-Gasgemisches und werden als Reduktionsmittel für das Eisenoxid wirksam. Im Gichtgas verbleiben dann CO2, H2O und größere Anteile von CO. Altkunststoffe bestehen ebenso wie Schweröle im Wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen (CnHm) und können deshalb die Schweröle z. T. ersetzen.
Die Verfahrenstechnik und die chemischen Hauptreaktionen im Hochofen sind in . Abb. 6.20 dargestellt. Vor der Einführung des Kunststoffeinblasens wurden die evtl. Auswirkungen auf den Prozess durch Vergleich der stofflichen Zusammensetzung der Zusatzstoffe eingehend geprüft. Dieser stoffliche Vergleich ist in . Tab. 6.12 aufgeführt. Man erkennt, dass mit dem Cl-Gehalt (PVC-Anteile) ein neues Problem auftaucht, obwohl auch der Kohlenstaub bereits einen geringen Cl-Gehalt aufweist. Dagegen ist der S-Eintrag deutlich geringer. Aus dieser Erkenntnis leitet sich die Forderung nach weitgehender Vorabtrennung des PVC und Begrenzung des PVC-Anteiles auf ca. 2 % ab. Parallel dazu wurde die mögliche Bildung von Dioxinen und Furanen geprüft und im späteren Betrieb umfangreich gemessen. Auf Grund der hohen Temperaturen von
6
197
6.5 • Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen
1. Festbettvergaser
2. Flugstromvergaser
Kohlebriketts + Altkunststoffbriketts
Öl, Teer-Öl-Feststoffgemisch, Stäube Waschwasser
Eintragsschleuse
Erdgas O2 + H2O
Vorwärmzone
Brenner R
Pyrolysezone
o h
Vergasungszone
g Spaltgas
a Verbrennungszone
s Quencher
Aschezone Schleuse Drehrost
Schleuse Asche
Gaswasser, Teer, Staub
Quenchwasser
Schlackengranulat
. Abb. 6.19 Reaktoren der Festbett- und Flugstromvergasung [113].
2000 °C spalten sich evtl. chlororganische Verbindungen vollständig auf und die stark reduzierende Atmosphäre im Ofen und im Gichtgas verhindert die erneute Bildung von Dioxinen (7 Abschn. 4.1.4). Allerdings bildet sich aus dem Cl-Inhalt HCl-Gas, das dann in den Gaswäschern als Salzsäure verstärkte Apparatekorrosion verursacht und zusätzliche Korrosionsschutzmaßnahmen notwendig macht. Ein zweites Problem des Kunststoffeinsatzes sind die Förderfähigkeit und Dosierfähigkeit der Kunststoffe durch die Einblasdüsen. Eine Aufmahlung auf die Feinheit des Kohlenstaubes ist kaum möglich. Die Verwendung von Kunststoffagglomeraten von ca. 5 mm Korngröße hat sich dagegen bewährt. Diese Agglomerate stellt man aus Mischkunststoffen her. Dabei trennt man zunächst durch nasse Dichtesortierung die Hauptmenge des PVC
(und evtl. Metalle) ab und agglomeriert danach im Topf- oder Trommelagglomerator durch partielles Aufschmelzen (7 Abschn. 6.4.1, »Industrielle Verfahren der Wertstoffrecyclings von Thermoplasten«, und . Abb. 6.5). Der Einsatz der Altkunststoffe im Hochofen hat heftige Diskussionen mit den Genehmigungsbehörden über die Einordnung dieses Verfahrens als energetische oder stoffliche Verwertung hervorgerufen. Die Metallurgen konnten zwingend nachweisen, dass ein stofflicher Verwertungsgrad von 50 % vorliegt und zusätzlich 30 % energetisch genutzt werden. Dieser Gesamtwirkungsgrad des Kunststoffeinsatzes ergibt sich aus der Aufstellung in . Tab. 6.13. Mit diesem Gesamtwirkungsgrad von 80 % liegt man deutlich über dem Wirkungsgrad von Müllverbrennungsanlagen, wobei aber der energetische Aufwand für die Aufbereitung und Reinigung der Kunststoffe
198
Kapitel 6 • Recycling von Kunststoffen
Eisenoxid Fe2O3
Koks C Gichtgas, CO2, CO, H2O, H2
300 °C Eisenoxidreduktion durch CO und H2 Fe2O3+3CO → 2Fe+3CO2 Fe2O3+3H2 → 2Fe+3H2O
6
. Abb. 6.20 Verfahrenstechnik und chemische Hauptreaktionen im Hochofen.
Vorwärmzone
600 °C Reduktionszone, 900 °C
H2
Cracken + Vergasen (CH2)n → nC+nH2 2C+O2 → 2CO
CO Fe, C 1200 °C
Heißwind, O2 Kunststoff, (CH2)n
Schmelzzone 2100 °C 1500 °C
Schweröl Schlacke
Roheisen
. Tab. 6.12 Vergleich der stofflichen Zusammensetzung von Altkunststoff mit Schweröl und Kohlenstaub Bestandteil
Altkunststoff
Schweröl
Kohlenstaub
C
83,74
85,90
79,60
H
12,38
10,50
4,32
S
0,05
2,23
0,97
Asche
3,08
0,05
9,03
Cl
0,75
0,04
0,20
Na
0,02
0,001
0,082
Cu
0,001
0,0001
0,002
Pb
0,0002
–
0,005
. Tab. 6.13 Nutzungsgrad des Kunststoffeinsatzes im Hochofen Stoffliche Verwertung
%
Energetische Verwertung
%
Verluste
%
Reduktion von Eisenoxid
50
Reaktionswärme + Gichtgasrückführung + Gichtgasverstromung
30
Verstromungsverluste + Wärmeverluste
20
6.5 • Chemisches Recycling und Rohstoffrecycling von Altkunststoffen
zu Agglomerat und die Einblastechnik der Agglomerate noch nicht berücksichtigt ist. Auch aus einem Vergleich mit dem verfahrenstechnischen Aufwand für die Vergasung in speziellen Festbettdruckreaktoren (7 Abschn. 6.5.4) erkennt man den erheblichen Vorteil der Kunststoffverwertung im Hochofenprozess. Auf Grund der guten Erfahrungen mit dem Einblasen von Kunststoffagglomeraten in Hoch-
199
6
öfen wurde die Abfallpalette auf andere organische Materialien mit hohem Heizwert ausgeweitet. Aus 50 % gesichtetem Gewerbemüll, 30 % sortiertem MBA-Material (mechanisch-biologische Abfallbehandlung) und 20 % Kunststoffverpackungen der gelben Tonne wurden Pellets von max. 9 × 6 mm hergestellt, die ein optimales Einblasen in den Hochofen erlauben. Der Heizwert dieser Pellets lag bei 25 MJ/kg [114].
201
Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen 7.1
Recycling von Glas – 202
7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.5
Glasschmelzprozess – 204 Einsatz von Altglasscherben – 205 Aufbereitung von Behälterglas – 208 Flachglasaufbereitung – 209 Aufbereitung von Spezialgläsern – 211
7.2
Recycling von Keramik und mineralischen Baustoffen – 212
7.2.1 7.2.2
Ausbau, Zerkleinerung und Aufbereitung von Keramik – 214 Aufbereitung von mineralischen Baustoffen – 215
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_7, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
7
202
7
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
Die Werkstoffe dieser Gruppe bestehen überwiegend aus Silikaten und in geringerem Umfang aus Oxiden (Al2O3, MgO, ZrO2) oder Karbiden bzw. Nitriden (SiC, BN, AlN, Si3N4) und sind anorganisch. Diese chemischen Verbindungen zeichnen sich durch eine große thermische und meist auch chemische Stabilität aus. Diese Eigenschaften resultieren bei den Silikaten vor allem aus der großen Stabilität der Si-O-Bindung, die als SiO4-Baugruppe (SiO4-Tetraeder) in kristallinen und glasigen Silikaten die Grundstruktur bildet. Als Bindungspartner der silikatischen Anionenkomplexe sind hauptsächlich die Oxide des Al und Mg sowie Alkalimetall- und Erdalkalimetallionen zu nennen. Zur Herstellung dieser Werkstoffe verwendet man relativ billige silikatische Rohstoffe (Ton, Kaolin), die in der Grundsubstanz aus Alumosilikaten bestehen, sowie Quarzsand (SiO2). Dazu kommen die ebenfalls preiswerten oxidischen Rohstoffe Kalkstein (CaCO3) und Dolomit (CaCO3 ⋅ MgCO3) sowie bei Gläsern die Soda (Na2CO3). Durch Erhitzen (Brennen) der vorgeformten Alumosilikate bis zum Sintern entstehen die festen Formteile (Ziegel, Feuerfeststeine, Tonwaren, Porzellan, technische Keramik). Erhitzt man Quarz, Silikate und Oxide in geeigneten Massenverhältnissen bis zum Schmelzen, dann läuft in den Rohstoffmischungen eine vollständige Stoffumwandlung zu den Silikaten ab. Es entstehen die Gläser. Die Glasschmelzen und auch die Schmelzphasen der Sinterprozesse besitzen ein großes Lösevermögen für eine Vielzahl anderer Oxide. Eine weitere Gruppe von mineralischen Baustoffen sind die Bindebaustoffe, die durch hydraulische oder hydrothermale Erhärtungsvorgänge silikatische Materialien (Zement, Kalkstein, Sand, Kies, Schlackengranalien) zu Formteilen oder ganzen Baugruppen verfestigen. Für das Recycling ist die außerordentliche Stabilität der Silikate und Oxide von grundsätzlicher Bedeutung, weil dadurch eine Auftrennung in die Ausgangsrohstoffe technisch nicht mehr möglich ist und auch wirtschaftlich keinen Sinn ergäbe. Das Rohstoffrecycling wie bei Kunststoffen ist also nicht realisierbar. Es kommt somit nur ein Recycling unter Beibehaltung des vorliegenden Werkstoffes in Betracht (Werkstoffrecycling). Das erfolgt fast ausschließlich durch Zumischung der Altstoffe zu fri-
schen Rohstoffen. Bei gesinterten oder hydraulisch erhärteten Erzeugnissen werden die gemahlenen Altstoffe zugemischt (Partikelrecycling), bei Gläsern schmilzt man das Altglas zusammen mit den neuen Rohstoffen ein. Die Stabilität der Glassilikate erlaubt sogar das wiederholte Einschmelzen und damit ein theoretisch unbegrenztes Recycling. Das Werkstoffrecycling für die betrachteten Materialien muss also offensichtlich aus den folgenden Verfahrensstufen bestehen: 5 Zerstörung der im Altmaterial vorliegenden Gebrauchsform (z. B. Glasbehälter, Flachgläser, Feuerfeststeine, Ziegel, Beton), 5 Abtrennung von Fremdstoffen (Metalle, Kunststoffe etc.) und Gebrauchsverunreinigungen, 5 Herstellung der neuen Formteile und Sintern (Brennen) bzw. hydraulische Erhärtung oder beim Altglas Aufschmelzen mit nachgeschalteter Formgebung. Die erste Verarbeitungsstufe ist technisch relativ unkompliziert durch geeignete Zerkleinerungsprozesse (7 Abschn. 3.2) zu realisieren. Für die Abtrennung der Fremdstoffe und Gebrauchsverunreinigungen in der zweiten Stufe stehen mehrere Sortierverfahren für beigemischte Feststoffe (7 Abschn. 3.4) und als Ausnahme auch chemische Vorbehandlungsmethoden zur Verfügung. Die dafür notwendige Voraussetzung des mechanischen Aufschlusses (Trennung der Bindungen zwischen den verschiedenen Materialien) muss durch die primäre Zerkleinerungsstufe mit abgedeckt sein. Bei der abschließenden neuen Formgebung + Sintern (bzw. hydraulischer Bindung) oder beim Schmelzen ist eine Abtrennung von Verunreinigungen nicht mehr möglich. Im Gegenteil, die Verunreinigungen werden bei diesen Verfahrensstufen in die Werkstoffe fest eingebunden. Damit erhalten die in der zweiten Verfahrensstufe vorgeschalteten Sortierverfahren eine entscheidende Bedeutung.
7.1
Recycling von Glas
Gläser haben keine definierte Zusammensetzung. Ihre Gemeinsamkeit besteht in dem speziellen physikalischen Zustand eines amorphen Festkörpers.
7
203
7.1 • Recycling von Glas
. Tab. 7.1 Einsatzgebiete und Zusammensetzung wichtiger Glasarten [119] [120] Glasart
SiO2 %
Na2O %
K 2O %
CaO %
MgO %
Flachglas
72
14
1
8
4
1,3
Behälterglas
72
15
0,4
8,5
2
1,4
Beleuchtungsglas
67,5
13,6
1,8
9,1
Geräteglas
80,4
3,8
0,6
Apparatebauglas
52
Bildschirmfrontglas
68
8
7
0,3
Bildschirmtrichterglas
58
7
9
1
Bleikristallglas
60
1
15
…
Gläser erhält man durch Schmelzen eines Rohstoffgemenges aus z. B. Quarzsand, Soda und Kalkstein bis zum Erreichen einer homogenen Schmelze und nachfolgende Erstarrung unter Vermeidung einer Kristallisation. Die unerwünschte Kristallisation kann in Gegenwart von Verunreinigungen und bei sehr langsamem Abkühlen auftreten. Dem Rohstoffgemenge können erhebliche Anteile von Produktionsabfällen (Eigenscherben) und auch Altglasscherben zugesetzt werden, deren Einsatz neben der Rohstoffeinsparung zusätzlich verfahrenstechnische und energetische Vorteile bringt. Glasbildende Stoffsysteme sind insbesondere die Silikate und Siliziumdioxid. Die Glasschmelzen besitzen ein hohes Lösevermögen für andere Metalloxide, die dann oft eine Glasfärbung bewirken (Fe2O3, Cr2O3, CuO, MnO u. a), die z. T. bewusst angestrebt ist (Braunglas, Grünglas). Die Silikatgläser unterteilt man in folgende Glastypen [119]: 5 Kieselglas: (SiO2), 5 Alkali-Erdalkali-Silikatgläser: (SiO2, Na2O, CaO, Al2O3), 5 Borosilikatgläser: (SiO2, B2O3, Na2O, Al2O3), 5 Alumosilikatgläser: (SiO2, Al2O3, CaO, MgO), 5 Bleisilikatgläser: (SiO2, PbO, K2O, Al2O3). Durch diese unterschiedlichen Zusammensetzungen erzielt man bestimmte Eigenschaften der Gläser, z. B. hohe chemische Beständigkeit durch Al2O3-Gehalte, große Temperaturwechselbestän-
BaO %
Al2O3 %
B 2O3 %
PbO %
5 2,3
12,9
22
…
11
3
2
2
3
…
1
22 24
digkeit mit B2O3-Gehalten sowie durch PbO-Gehalte starke Absorption radioaktiver Strahlung bzw. eine große Lichtbrechung. Die Zumischung von B2O3 und PbO verursacht allerdings höhere Kosten. Die genauere Zusammensetzung wichtiger Glassorten ist in . Tab. 7.1 angegeben. Für den Anfall von Altglas und die Recyclingmöglichkeiten sind die Einsatzgebiete der verschiedenen Glassorten von Bedeutung. Einen Überblick dazu gibt ebenfalls . Tab. 7.1 mit den Einsatzgebieten und den zugehörigen stofflichen Zusammensetzungen. Entscheidende Größen für die wirtschaftliche Durchführung des Altglasrecyclings sind der Massenanteil der Glassorten und die Einsatzgebiete. Dazu liefert die Produktion der deutschen Glasindustrie 2006 einen Überblick [121]: Behälterglas 3,01 Mio. t; Flachglas 1,69 Mio. t; Spezialglas 0,36 Mio. t. Damit ergibt sich für das Recycling die überwiegende Ausrichtung auf Behälterglas und Flachglas. Diese Massengläser weisen außerdem eine weitgehend identische Zusammensetzung (AlkaliErdalkali-Silikatglas) auf, was das Recycling deutlich vereinfacht. Dagegen besitzen die Spezialgläser sehr unterschiedliche Zusammensetzungen je nach Einsatzgebiet und Hersteller und sind deshalb für die Wiederverwertung auf hohem Qualitätsniveau wenig geeignet. Für das Recycling der Massengläser sind neben der Zusammensetzung auch die Einsatzgebiete, die Sammelwahrscheinlichkeit und evtl. Veredelungen bzw. Verunreinigungen von Be-
204
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
. Tab. 7.2 Typische Zusammensetzung von Quarzsand [120]
7
Bestandteil
Typ A %
Typ B %
SiO2
99,65
ca. 95
Fe2O3
0,025
max. 0,004
Al2O3
0,20
1,5
TiO2
0,05
k. A.
CaO + MgO
0,01
max. 1,5
Na2O + K2O
0,02
k. A.
Glühverlust
0,10
max. 1,5
k. A. = keine Angaben
deutung. Für Behälterglas sind Getränkeflaschen die Hauptanwendung (70,6 %), die eine hohe Rücklaufquote aufweisen. Der Rest sind sonstige Verpackungsgläser. Bei Flachglas sind die Hauptanwendungsgebiete Fensterglas, Gebäudeverglasung und Sicherheitsglas der Fahrzeugindustrie mit großen Unterschieden bezüglich Rücklaufquote und Verunreinigungen.
7.1.1
Glasschmelzprozess
Die primäre Glaserzeugung verwendet als Oxidkomponenten überwiegend natürliche Rohstoffe: SiO2 (Quarzsand), CaO/MgO (Kalkstein, Dolomit), Al2O3 (Feldspat). Dazu mischt man größere Mengen an Glasscherben des eigenen Betriebes (Eigenscherben), die in einer Menge von etwa 10…20 % in den Betrieben anfallen. Für die weiteren Oxidkomponenten kommen synthetische Rohstoffe zum Einsatz: 5 Na2O: Natriumkarbonat, Natriumsulfat, 5 K2O: Kaliumkarbonat, 5 Al2O3: Tonerdehydrat, Aluminiumoxid, 5 B2O3: Borsäure, 5 BaO: Bariumkarbonat. Die natürlichen Rohstoffe enthalten immer eine gewisse Konzentration an Fremdoxiden, die sich in der Glasschmelze auflösen und im Glasgegen-
stand dann eine Farbwirkung hervorrufen können. Die Hauptverunreinigungen sind Eisenoxide und in geringerem Umfang kommen Oxide von Ni, V, Cu, Mn und Cr vor. Der zulässige Fe2O3-Gehalt in Flachglas beträgt z. B. 0,1 %. Die natürlichen Rohstoffe werden deshalb sorgfältig nach den Verunreinigungskonzentrationen ausgewählt. Das betrifft vor allem den Quarzsand, da dieser den überwiegenden Masseanteil im Gemenge ausmacht. Typische Verunreinigungsgehalte von Quarzsand sind in . Tab. 7.2 angeführt, an denen sich auch die zulässigen Verunreinigungen für Altglas orientieren müssen. Technische Möglichkeiten zur Beeinflussung der Farbwirkung sind in der folgenden Beschreibung des Schmelzprozesses erläutert. Die Eigenscherben haben eine bekannte Oxidzusammensetzung und keine zusätzlichen Verunreinigungen. Die synthetischen Rohstoffe sind sehr rein und enthalten praktisch keine wirksamen Beimengungen. Der Schmelzprozess erfordert eine Vorbereitung, Dosierung und Vermischung der Rohstoffe zum sog. Gemenge. Die Vorbereitung besteht vor allem in der Einstellung einer geringen Korngröße. Die Vermischung der dosierten Rohstoffe erfolgt in Zwangsmischern evtl. mit zusätzlicher Anfeuchtung. Die Eigenscherben zerkleinert man auf ca. 20 mm, vermischt sie mit dem Gemenge oder legt sie getrennt in das Schmelzaggregat ein. Der Scherbenanteil kann 20…90 % betragen. Der gesamte Schmelzprozess verläuft kontinuierlich in gasbeheizten Schmelzwannen und besteht aus den Stufen Schmelzen, Homogenisieren und Läutern sowie Abstehen (. Abb. 7.1). Das Gemenge trägt man auf die vorhandene Schmelze auf und durch das Aufheizen laufen nacheinander verschiedene Prozesse ab. Zunächst kommt es zur Silikatbildung und danach zum Aufschmelzen der Scherben und der Silikate und schließlich zur Auflösung des Restquarzes in der Erstschmelze. In diesem Prozessabschnitt befördert die primär entstehende Scherbenschmelze die Auflösung der anderen Rohstoffe erheblich [119]. Damit bewirkt der Scherbenanteil eine Verkürzung der Schmelzzeit und eine Einsparung von Heizenergie (pro Prozentpunkt Scherbenzugabe Senkung des Energiebedarfs um 0,25…0,3 %). In dieser Phase ist die Schmelze noch inhomogen (Schlieren). Durch Zersetzung von Ge-
7
205
7.1 • Recycling von Glas
. Abb. 7.1 Glasschmelzprozess und Glasschmelzwanne [119] [122] [7]
Gewölbe
Brenner
Glasschmelze
Gemengeeintrag Gemenge Wanne
Schmelzen (1100...1500 °C)
mengebestandteilen (Hydrate, Karbonate, Sulfate) entstehen Gasblasen, die beim Aufsteigen zu einer sehr erwünschten Durchmischung und Homogenisierung der Schmelze beitragen. In einem besonderen Abschnitt der Schmelzwanne erfolgen die vollständige Homogenisierung der Schmelze und die Läuterung. Die Homogenisierung wird durch Einbauten, durch Einblasen von Luft oder Wasserdampf oder Rühren bewirkt. Unter Läuterung versteht man die Resorption oder das Aufschwimmen der in der Glasschmelze verbliebenen Gasblasen durch verschiedene Läutermaßnahmen. Dafür setzt man vor allem chemische Läutermittel ein. Für Massengläser verwendet man im Gemenge einen Zusatz von Natriumsulfat, das bei Temperaturen über 1200 °C die Gase SO2 und O2 abspaltet, die andere kleine Gasblasen zur Oberfläche mitreißen. Ein weiteres Läutermittel ist Arsentrioxid, dessen Wirkung auf der Bildung und dem Zerfall von Arsenpentoxid beruht. Im Abstehbereich der Glaswanne findet die Abkühlung der Schmelze auf Verarbeitungstemperatur statt. Die Glasschmelzwannen sind mit feuerfesten Steinen ausgekleidet. Diese Wannensteine unterliegen selbstverständlich auch einer geringen Auflösung und beeinflussen mit ihren Oxiden die Zusammensetzung der Schmelze. Die Entfernung von Fremdoxiden aus der Glasschmelze ist unmöglich. Es bestehen aber Möglichkeiten zur Entfärbung. Die chemische Entfärbung verwendet Oxidationsmittel (z. B. KNO3), die geringe Eisenoxidgehalte in die weniger färbende dreiwertige Oxidationsstufe umwandeln. Höhere Eisenoxidgehalte entfärbt man
Homogenisieren und Läutern (1600 °C)
Abstehen (1200…900 °C)
Glasverarbeitung
physikalisch durch optische Kompensation mit anderen färbenden Oxiden (Manganoxid, Selen).
7.1.2
Einsatz von Altglasscherben
Aus der Erläuterung des Glasschmelzprozesses in 7 Abschn. 7.1.1 leiten sich die offensichtlichen Vorteile des Einsatzes von Scherben (Einsparung von primären Rohstoffen und Einsparung von Energie), aber auch die notwendigen Anforderungen an deren Qualität ab. In der Glasindustrie unterscheidet man aus Qualitätsgründen grundsätzlich zwischen Eigen-, Fremd- und Altglasscherben. Fremdscherben sind die sauberen Produktionsabfälle der glasverarbeitenden Industrie, deren stoffliche Zusammensetzung gut bekannt ist. Dagegen bestehen Altglasscherben häufig aus verschiedenen und unbekannten Glassorten, so dass eine exakte Gemengeberechnung schwierig ist. Vor allem aber enthalten Altglasscherben störende Beimengungen und Gebrauchsverunreinigungen. Die Art und Wirkung der wesentlichen Störstoffe sind bekannt [120]: 5 Verschieden gefärbtes Altglas und eine Reihe von evtl. beigemengten Metalloxiden verfärben die Schmelzen. 5 Keramisches Material, sog. KSP (Keramik, Steine, Porzellan), und Glaskeramik lösen sich in Abhängigkeit von der Korngröße in der Glasschmelze nur sehr langsam oder überhaupt nicht auf. KSP zerspringt z. T. und bildet feine, schwimmende Partikel [123].
206
7
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
5 Metallische Werkstoffe beeinflussen die Schmelze und die Schmelzöfen. Sn-, Pb- und Cu-Werkstoffe schmelzen bei den herrschenden Temperaturen und sinken auf den Wannenboden, wo sie eine verstärkte Bodenkorrosion hervorrufen. Al- und Zn-Werkstoffe werden vollständig und Fe-Werkstoffe z. T. oxidiert und als Oxide in der Glasschmelze gelöst. Al reduziert dabei geringe Mengen an SiO2 zu Si, das als Si-Einschluss zu Glasbruch bei den Erzeugnissen führt. 5 Organische Stoffe (Papier, Kunststoffe, Lebensmittelreste) verbrennen überwiegend, doch es ist auch eine Auswirkung auf die Redoxbedingungen in der Schmelze und damit auf die Färbung und Läuterung vorhanden. Aus dieser Zusammenstellung ergeben sich die notwendigen Anforderungen an die Sammellogistik und die Aufbereitung von Altglas: 5 getrennte Sammlung von verschiedenen Glassorten an den Anfallstellen, 5 getrennte Sammlung nach Glasfarben, 5 Zerkleinerung auf Korngrößen von ca. 20 mm, die für die Sortierverfahren und die Beschickung des Schmelzofens erforderlich sind, 5 Abtrennung von Fehlfarben, Metallen, Oxiden und KSP sowie organischen Stoffen durch Sortierverfahren. Für das überwiegend zum Recycling eingesetzte gebrauchte und gesammelte Behälterglas (Hohlglas) hat die Gesellschaft für Glasrecycling und Abfallvermeidung mbH (GGAmbH) Produktspezifikationen ausgearbeitet, die eine Wiederverwendung als Behälterglas sicherstellen. Diese Qualitätsanforderungen an schmelzfertig aufbereitete Hohlglasscherben enthält . Tab. 7.3. In neueren Quellen gibt der Bundesverband Sekundärstoffe und Entsorgung e. V. (bvse) folgende zugelassene Werte an: KSP 25 g/t (künftig unter 10 g/t), NE-Metalle 5 g/t. Das aufbereitete Altglas erreicht heute einen Reinheitsgrad von 99,5 %, für Weißglas wird eine Reinheit von 99,7 % gefordert. Neben dem häufigen braunen und grünen Behälterglas sind auch geringe Mengen an tiefblauen und roten Glasflaschen im Gebrauch. Diese müssen zusammen mit dem Grünglas recycelt werden, da nur
die Grünfärbung in der Lage ist, andere Farben wie z. B. Blau (erzeugt durch Zusätze von Oxiden des Co, Cu und Ni) zu überdecken. Die grüne Färbung entsteht durch Gehalte an Chrom- und Eisenoxid. In . Tab. 7.3 erkennt man nochmals sehr konkret, welche Altglasgegenstände mit den dazu eingesetzten Glassorten für die Zumischung zu dem typischen Behälterglas (Alkali-Erdalkali-Silikatglas) nicht geeignet sind. Das sind besonders B2O3-haltige Gläser (Feuerfest- und Geräteglas), PbO-haltige Gläser (Monitore, Bleikristall), aber auch gewisse Sorten und Anteile an Flachglasabfällen. Da die Qualitätsanforderungen an Behälterglas aber nicht extrem hoch sind, können Altglasscherben in sehr großen Mengen und Anteilen in der Behälterglasherstellung recycelt werden (Recyclingquote ca. 90 %). Der Einsatz von Flachglasaltglasscherben in der Floatglasproduktion hat sich aufgrund der sehr hohen Qualitätsanforderungen für Floatglas sowie technisch aufwendiger und damit teurer Demontageverfahren in den verschiedenen Anwendungsfällen sowie verschiedener Veredlungen (Beschichtungen, Färbungen) und komplizierter Aufbereitungsmethoden bisher nicht durchgesetzt. Das Floatglas umfasst 95 % der Flachglasproduktion (Restmenge gegossenes oder gewalztes Glas). Floatglas wird durch das Floatverfahren hergestellt, bei dem die Glasschmelze auf ein Bad von geschmolzenem Zinn fließt, sich auf diesem ausbreitet und an der Austragsseite mit Transportrollen als Glasband abgehoben und abgezogen wird. Mit dem Floatverfahren erhält man ein Flachglas von ausgezeichneter Oberflächenqualität (beidseitig feuerpoliertes, planparalleles Glasband, Glasstärke wahlweise 0,4…25 mm). Das Floatglas ist frei von optischen Verzerrungen und Fehlern. Bei der Floatglasherstellung kommen auch ca. 30 % Eigenscherben zum Einsatz sowie geringe Mengen garantiert reiner Scherben mit Eigenscherbenqualität von direkten Floatglasabnehmern. Floatglas kommt zu 70 % für Gebäude, zu 10 % für Fahrzeugscheiben und zu 20 % für Möbel und Innenanwendung zum Einsatz [124]. Zur Verdeutlichung der Recyclingschwierigkeiten von Floatglas ist es erforderlich, noch einige Anwendungsfälle und Veredlungsmethoden anzuführen:
207
7.1 • Recycling von Glas
. Tab. 7.3 Produktspezifikation für schmelzfertig aufbereitete Hohlglasscherben nach GGAmbH Ravensburg (1998) und bvse (2003) A Spezifikation
Behälterglas, weiß, grün oder braun nach Farben getrennt (Flaschen, Gläser, Pharmazie- und Kosmetikglas aus VerpackungsglasSammmelstellen)
Anteil
B1 Reinheit von Weißglas
Weißglas
min. 97 %
Ausgeschlossene Fremdstoffe
max. 1 %
Ausgeschlossene Glasqualitäten
max. 2 %
Fehlfarbanteil
max. 3 %
– davon grün
max. 1 %
– davon braun
max. 2 %
Grünglas
min. 97 %
Ausgeschlossene Fremdstoffe
max. 1 %
Ausgeschlossene Glasqualitäten
max. 2 %
Fehlfarbanteil
max. 15 %
Braunglas
min. 97 %
Ausgeschlossene Fremdstoffe
max. 1 %
Ausgeschlossene Glasqualitäten
max. 2 %
Fehlfarbanteil
max. 8 %
Quarzglas, Feuerfestglas, Geräteglas, Glaskeramik (Kochplatten)
max. 0,01 %
Glas aus elektronischen Geräten, besonders Fernsehröhren
max. 0,005 %
Bleikristallglas
max. 0,01 %
Leuchtstoffröhren und Glühlampen
max. 0,5 %
Autoglas (insbesondere Verbundglas)
max. 0,2 %
Flachglas (Fensterglas, Isolierglas)
max. 2 %
Ampullen, Spritzen, Röhren
max. 2 %
Tongefäße, Porzellan, sonstige Keramik, Steine, Schlacken, Erde
max. 0,15 %
Metallverschlüsse, Bleikappen, Banderolen
max. 0,35 %
Sonstige Dosen, Kunststoffe, Karton
max. 0,1 %
B2 Reinheit von Grünglas
B3 Reinheit von Braunglas
C Ausgeschlossene Glasqualitäten
D Ausgeschlossene Fremdstoffe
Hygienisch bedenkliche Abfälle E Korngrößenverteilung
<4 mm
max. 5 %
0…8 mm
10 %
8…16 mm
30 %
16…60 mm
50 %
Rest bis max. 80 mm
10 %
7
208
7
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
5 Bauglas (Fenster, Fassaden, Dächer, Kuppeln): z. T. mit Drahtnetzeinlage (Drahtglas) oder zur Wärmedämmung bzw. Sonnenschutz beschichtet oder eingefärbt bzw. als Isolierglaseinheiten (Doppel- oder Dreifachverglasung in Metallrahmen). Zur Einfärbung (Tönung) setzt man dem Gemenge Oxide von Co, Ni oder Fe zu. 5 Fahrzeugglas: Einscheibensicherheitsglas (thermisch vorgespanntes Glas; »tempered glass«); Verbundsicherheitsglas aus zwei oder mehreren Glasscheiben, die mit einer Zwischenschicht aus Polyvinylbutyrat (PVB) verbunden sind (»laminated safety glass«). Fahrzeugglas besitzt häufig eine schwarze Randbeschichtung (»black border enamel«). Verbundsicherheitsglas mit mehreren Schichten kommt auch als Panzerglas zur Anwendung. Außerdem muss auf verschiedene Montagematerialien für die Flachgläser hingewiesen werden (Kitte, Kunststoffdichtungen, Al-Rahmen). Zu den Spezialgläsern (Glassorten und Einsatzgebiete) und deren Recyclingproblemen werden bei den Aufbereitungsverfahren im folgenden Abschnitt einige Ausführungen gemacht.
7.1.3
Aufbereitung von Behälterglas
Die Behälterglasaufbereitung erfolgt grundsätzlich getrennt für die drei Behälterfarben Weiß, Grün und Braun. Dabei muss man aber mit einer Fehlfarbquote von etwa 7 % rechnen. Das Aufbereitungsverfahren erfordert zunächst eine Zerkleinerung der Behälter auf die für Sortierverfahren optimalen Korngrößen von 5…60 mm in einer Prallmühle. Als Sortierverfahren sind folgende Verfahren im Einsatz [120]: 5 Magnetscheidung (Eisenwerkstoffe), 5 Windsichten (Papier, Kunststoffe, Folien), 5 Wirbelstromsortierung (NE-Metalle, legierter Stahl), 5 Siebtrennung (Feinstkorn, Folien), 5 sensorgestützte Sortiertechnik (KSP-Abscheider, NE-Metall-Abscheider, Farbsortiertechnik).
Diese Verfahren und die zugehörige Apparatetechnik sind in 7 Abschn. 3.4 ausführlich beschrieben. Für die Glassortierung sind an dieser Stelle einige Ergänzungen zu speziellen Detektionsmethoden notwendig. Die KSP-Abscheider arbeiten entweder mit einem Kamerasystem, das verschiedene Farben, Helligkeiten und Reflexionen erkennt, oder verwenden einen Detektor, der die Nichttransparenz erfasst. Die NE-Metall-Abscheider verwenden eine Hochfrequenz-Multikanal-Detektionsspule oder die bereits oben angeführte Wirbelstromsortierung. Die Farbsortierung benutzt eine Farbzeilenkamera oder Multicolor-Laserstrahlen [127]. Dazu kommt als Vorabtrennung die Handauslese. Bei bestimmtem Gebrauchsverunreinigungen und Etiketten kann zudem ein Waschprozess erforderlich sein. Der Wäsche muss aber eine Trocknung folgen, da feuchte Scherben die Vereinzelung der Partikel in den Sortierapparaten behindern. Eine gute Sortierung erreicht man aber auch nur bei Verwendung enger Korngrößenbereiche. Deshalb ist die Aufteilung des Brechgutes in mindestens drei Kornfraktionen durch Siebklassierung notwendig. Eine saubere Klassierung ist nur durch Verwendung hochwertiger Siebtechnik zu erreichen. Große Probleme entstehen durch zunehmende Verunreinigungen des Sammelglases mit Glaskeramik, Feuerfestgeschirr und Bleikristall, die auf Grund ihrer Transparenz und Farblosigkeit von den optischen Sensoren nicht erfasst werden können. Für deren Detektion muss die Röntgenspektralanalyse eingesetzt werden [125]. Die Wirbelstromsortierung arbeitet mit Korngrößen >10 mm effektiv, die sensorgestützte Sortierung >6 mm. Bei kleineren Korngrößen ist bei dem ersten Verfahren die Abstoßungskraft nicht mehr ausreichend und im zweiten Fall sind die Identifikation und das Ausblasen nicht mehr optimal. Die kleineren Korngrößen werden deshalb nicht mehr ausreichend sortiert und sind auch im Gemenge nicht erwünscht. Deshalb trennt man die Korngrößen unter ca. 4 mm durch Siebung ab (Deponie oder evtl. Strahlmittel). Eine Verbesserung des Trenneffektes auch bei kleineren Kornfraktionen ist durch Klassierung in fünf Korngrößenklassen zu erreichen, weil dann die Sortiersensorik genauer einzustellen ist [125]. In . Abb. 7.2 ist ein Beispiel für eine Behälterglasaufbereitung angegeben [120].
7.1.4
Flachglasaufbereitung
Flachglasabfälle fallen ausschließlich in Gewerbebetrieben an (Konfektionierbetriebe für Bauglas, Bauindustrie, Handwerk, Herstellung von Fahrzeugverglasungen, Fensteraufbereitung) und werden von den Flachglasaufbereitungsbetrieben sortenrein direkt eingesammelt. Die Aufbereitungsprodukte sind verschiedene Qualitäten von Flachglasgranulat. Wegen der extremen Qualitätsanforderungen des Floatverfahrens können nur geringe Mengen des Flachglasgranulats in der Floatglasherstellung recycelt werden. Die größte Menge verwendet man als Scherben zur Herstellung von Behälterglas, das eine identische Zusammensetzung (Alkali-Kalk-Glas; . Tab. 7.1) besitzt und eine geringere Scherbenqualität erlaubt. Daneben kommt der Einsatz für Gussglas, Dämmwolle, Glasbausteine, Schaumglas (Glasschaumdämmstoff ) und zunehmend auch für die Glasfaserherstellung in Betracht [126]. In . Abb. 7.3 ist eine industrielle Flachglasaufbereitungsanlage dargestellt [126]. Auf Grund des zunehmenden Einsatzes umfangreicher Glasfassaden und Glaskuppeln bei Gebäuden ist künftig auch das Recycling von Flachglas aus dem Rückbau von Gebäuden notwendig. Das Recycling von Flachglas aus Altfahrzeugen bereitet erhebliche Probleme, die nachfolgend erläutert werden. Die Autoverglasung besteht heute nicht nur aus Flachglas verschiedener Einfärbungen (dunkel, grau, braun, grün), sondern ist durch Integration anderer Materialien ein komplexes Produkt. Die wichtigsten Fremdmaterialien sind Kunststofffolien (Verbundsicherheitsglas), dunkle Einbrennemails an den Scheibenrändern, Ag-CuLeiterbahnen (Heiz- und Antennendrähte) und Spiegel. Untersuchungen haben gezeigt, dass die feinen Ag-Teile sich in einer Glasschmelze rasch und vollständig auflösen [128]. Erhebliche Schwierigkeiten für ein Recycling bereitet aber die dunkle Einfärbung der Scheibenränder mit Einbrennemail. Diese Einfärbung ist bei allen eingeklebten Scheiben zum Schutz der Klebestoffe vor der zerstörenden Wirkung der UV-Strahlung erforderlich. Die beweglichen Scheiben der Fahrzeugtüren besitzen deshalb nicht diese Randeinfärbung. Die Einfärbung der Scheibenränder erfolgt durch das
7
209
7.1 • Recycling von Glas
Behälteraltglas (z. B. Weißglas) 1. Handausleseband
Grober Abfall
1. Siebklassierung < 45 mm
> 45 mm
1. Magnetscheidung
2. Handausleseband
Fe
Prallmühle 1. Sortiertechnik
KSP, feine Metallteile, Fehlfarben Leichtstoffe
2. Magnetscheidung
Fe
2. Siebklassierung
31…45 mm
16…31 mm
4…16 mm
2. Sortiertechnik
3. Magnetscheidung
Aufbereitetes Altglasgranulat (ca. 92 % v. V.)
<4 mm
Abfall
Eisen
Behälterherstellung
. Abb. 7.2 Aufbereitungsanlage für Behälterglas [120].
Bedrucken der Ränder mit einer Paste, die aus einer leicht schmelzbaren Glasfritte mit anorganischen Pigmenten (Kupferchromat, Oxide von Cu, Ni und Fe) und einem organischen Binder besteht. Durch Aufheizen auf Temperaturen über 500 °C schmilzt die Glasfritte auf, löst die Pigmente und verbindet sich mit der Glasscheibe. Die Glasfritte besteht in Altautos aus Bleisilikat und in Neuwagen ab 2003 aus Bi/Zn-Silikaten (Verwendungsverbot von Pb!).
210
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
Flachglasabfälle
Vorbrecher
Glasbruch (ca. 80 mm)
Handausleseband
7
Grobe Anteile Kunststoffe, Metalle, Keramik
Eisen
Magnetscheidung
Feinbrecher
Granulat (0…40 mm)
Feinkorn, Folien
NE-Metalle Folien
Fehlfarbenglas
Siebmaschine
Wirbelstromscheider
Windsichter
Optoelektronische Farbsortierung
Automatische Probenahme
Flachglasgranulat . Abb. 7.3 Aufbereitungsanlage für Flachglas [126].
Das Recycling von Altglasscherben mit eingefärbten Rändern ist nur beschränkt für braunes oder grünes Behälterglas und für Glasfasern möglich. Die Aufnahmekapazitäten dieser Glassorten sind aber beschränkt. Ein umfassendes Recycling würde deshalb die Abtrennung der gefärbten Glasscherben durch die bekannten optischen Sortierverfahren voraussetzen. Eingeklebte Scheiben mit dunklen Randeinfärbungen finden heute auch in Straßenbahnen und Eisenbahnwaggons Verwendung. Verbundsicherheitsglas findet für Windschutzscheiben Verwendung und besteht aus zwei Glasscheiben, zwischen denen sich eine Kunststofffolie befindet. Die PVB-Folie macht ca. 10 % der Verbundscheibe aus und hätte in einer Glasschmelze die Wirkung eines starken Reduktionsmittels. Deshalb ist vor dem Recycling eine Abtrennung der PVB-Folie notwendig. Das erfolgt durch einen Delaminationsprozess [128]. In . Abb. 7.4 ist ein technischer Vorschlag für die Delamination angegeben [128]. Die erzeugten Glasgranulate enthalten weniger als 0,1 % PVB und sind nach Abtrennung der dunklen Scherben für das Recycling geeignet. Einscheibensicherheitsglas scheint zunächst günstigere Bedingungen für das Recycling zu besitzen. Da dieses getemperte Glas aber bei der Zerkleinerung in sehr kleine Würfel (<10 mm) zerbricht, ist der Aufwand für die sensorgestützte Sortiertechnik (Abtrennung der dunklen Glasteile und anderer Verunreinigungen) hoch und meist nicht wirtschaftlich. Aus den Beschreibungen muss man ableiten, dass ein erheblicher Aufwand an Handarbeit, Logistik und Technik für die Erzeugung recyclingfähigen Glasbruchs aus Altautoglas erforderlich ist [128]. Es müssen unbedingt folgende Arbeitsstufen vorgesehen werden: 5 Ausbau der Scheiben, 5 getrennte Sammlung nach Färbungen, Verbundsicherheitsglas, dunkler Randbeschichtung, Funktionselementen, 5 Delamination bei Verbundglas, 5 Zerkleinerung der einzelnen Fraktionen, 5 Abtrennung von Metallteilen durch Magnetund Wirbelstromsortierung, 5 Abtrennung gefärbter Glaspartikel durch spezielle sensorgestützte Sortierung, 5 getrennter Transport der verschiedenen Bruchglasqualitäten zu den Glasfabriken.
. Abb. 7.4 Vorschlag für eine Apparatur zur Delamination von Verbundsicherheitsglas [128].
Impulsbrecher
Verbundsicherheitsscheiben Granulat 1
Für diesen Aufwand schätzt man Kosten von 60…300 €/t Scherben [128], die erheblich über den marktüblichen Preisen für Bruchglas anderer Herkunft und über den Preisen für Originalrohstoffe liegen. Diese Originalrohstoffe sind außerdem weltweit in großen Reserven verfügbar. Zusätzlich entsteht ein erheblicher Energieverbrauch für die Apparate und Transporte, so dass die Forderung nach weitgehendem Recycling von Altautoglas ökologisch nicht gerechtfertigt ist. Die geforderten hohen Recyclingquoten der Altautoverordnung (7 Kap. 10) berücksichtigen offensichtlich die Problematik des Recyclings von Altautoglas nicht genügend.
7.1.5
7
211
7.1 • Recycling von Glas
Aufbereitung von Spezialgläsern
Unter den Spezialgläsern spielt die Aufbereitung von Bildschirmgläsern eine größere Rolle. Diese Gläser sind durch die Gehalte an PbO, BaO und SrO charakterisiert (. Tab. 7.1). Seit dem Jahr 2006 nimmt allerdings die Herstellung von Bildröhrengeräten zugunsten von Flachdisplaygeräten international sehr schnell ab und ist bereits weitgehend eingestellt. Dadurch ist die Rückführung von Bildschirmaltgläsern in die Neuproduktion von Bildschirmgläsern zusammengebrochen. In den nächsten Jahren ist aber von den Anwendern noch ein verstärkter Rücklauf von Bildröhrenaltgeräten in die Abfallsammlungen zu erwarten. Es müssen deshalb die alternativen Verwertungswege für Bildschirmglas ausgeweitet und noch einige Jahre vorgehalten werden. Aus diesem Grund wird auf die Aufbereitung von Bildröhren nochmals kurz eingegangen. Dafür muss der genauere Aufbau der Bildröhren vorgestellt werden.
5 5 5 5 5 5
Wasserbad 40…70 °C
Hochdruckwasserstrahl
Granulat 2
PVBFolien
Zusammensetzung einer Farbbildröhre [120]: Schirmglas (Ba-Sr-Silikatglas): 63,2 %, Trichter-/Halsglas (22 % PbO): 23,7 %, Metallteile: 12,5 %, Glasfritte (80 % PbO, B2O3): 0,4 %, Beschichtungen an Trichter und Hals: 0,05 %, Leuchtstoffe am Schirmglas: 0,04 %.
Die Leuchtstoffe sind überwiegend Metallsulfide, die als Schadstoffe abzutrennen sind. Die Trichterbeschichtung besteht aus Polyvinylazetat und Graphit. Der Bildröhrenaufbereitung ist eine Demontage der Bildröhrengeräte vorgeschaltet, die die separierte Bildröhre zur Verfügung stellt. Für das Glasrecycling sind auf Grund des Massenanteils nur Schirm- und Trichterglas von Bedeutung. Bei der Aufbereitung unterscheidet man grundsätzlich zwischen dem Verfahren mit Bildröhrentrennung in Schirm und Trichter (Sägen oder Erhitzen an der Verbindungsstelle) und dem Verfahren ohne Bildröhrentrennung (Zerkleinerung der kompletten Röhre). An die erste Stufe der Trennung oder Zerkleinerung schließt sich als zweite Stufe die Entfernung der Leuchtstoffe an (beim Schirm durch Abbürsten oder Wasserstrahl, bei den Scherben durch Absiebung) sowie die Abtrennung der Metalle. Bei dem Verfahren der Bildröhrentrennung erhält man danach unmittelbar in sortenreiner Form das BaSr-Silikatglas der Schirme und das PbO-haltige Trichterglas. Bei dem kompletten Zerkleinerungsverfahren muss eine weitere sensorgestützte Sortierstufe für die Scherben angeschlossen werden, die mittels röntgenographischer Detektion die Sortierung in die beiden Glassorten vornimmt. Bei extrem sauberer Trennung der beiden Glassorten konnten diese als Scherben in den Schmelzprozess für neue Bildschirmgläser zurückgeführt werden.
212
7
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
Es waren Altglasscherbenzusätze von 15 % bei der Schirmglasproduktion und von 50 % bei der Trichterglasherstellung möglich. Nach Einstellung der Bildröhrenproduktion stehen folgende alternative Verwertungswege für die aufbereiteten Scherben zur Verfügung: 5 Verwertung des hohen Pb-Gehaltes von Trichterglas durch Einsatz dieser Glassorte in Bleihütten (vollständiges Pb-Ausbringen als Bleimetall, Bindung der Glasoxide in der Schlacke), 5 Einsatz des hochwertigen Schirmglases zur Herstellung von Gussglas, 5 Anwendung des Altglases als Zuschlagstoff in der Keramikindustrie und in Asphaltmischungen, 5 Verwendung für Verglasungsverfahren, d. h. Einbindung von schwermetallhaltigen, radioaktiven oder anderen anorganischen toxischen Abfällen in einer Glasmatrix zur Deponierung. Diese Verwertungswege stellen an die Bildröhrenaufbereitung deutlich geringere Aufbereitungsanforderungen als das Recycling zu den Bildschirmgläsern. Die Aufbereitung von Leuchtstofflampen erfolgt primär mit dem Ziel der Abtrennung von Schadstoffen (Hg und Leuchtstoffe). Da aber die Leuchtstofflampen zu 85 % aus einem Glaszylinder bestehen, liefert die Aufbereitung erhebliche Mengen verwertbarer Altglasscherben. Diese Altglasscherben werden für die Herstellung neuer Glasröhren für Leuchtstofflampen verwendet und in der Glasfaserproduktion sowie in der Bauindustrie eingesetzt. Sowohl das Aufbereitungsverfahren für Leuchtstofflampen als auch die mögliche Verwertung der Glaskomponenten von Flachbildschirmen (LCD, Plasma) werden in 7 Kap. 11 besprochen. Alternative Altglasverwertungsverfahren befinden sich in der technischen Prüfung. Dazu zählt das Verglasungsverfahren, das der Einbindung schwermetallhaltiger, toxischer und radioaktiver Abfälle in eine Glasmatrix dient. Dabei könnten 10…30 % Altglasscherben geringer Qualität dem Schmelzprozess zugesetzt werden. Die Arbeitstemperaturen beim Verglasungsverfahren liegen über 1400 °C, so dass alle organischen Verunreinigungen verbrennen, flüchtige Bestandteile im Abgas-
system zur Abscheidung kommen und die nichtflüchtigen Schwermetalle in der Glasmatrix gelöst und gebunden werden. Die Glasmatrix zeichnet sich durch eine hohe hydrolytische Beständigkeit aus und ist deponiefähig oder auch als Straßenbaumaterial einsetzbar [120]. Leichtbeton kann unter Zusatz von 25 % Blähglasgranulat aus Altglas hergestellt werden [120]. Im Straßenbau kann Altglas sowohl im Asphalt als auch in den ungebundenen Tragschichten Verwendung finden [120]. In der Keramikindustrie sind geringere Massenanteile an Altglasscherben (<2 mm) ebenfalls als Zusatz einsetzbar und ergeben bei Tonziegeln und Keramikfliesen verbesserte Eigenschaften.
7.2
Recycling von Keramik und mineralischen Baustoffen
Als Keramik bezeichnet man Produkte, die aus nichtmetallischem anorganischen Material (meist Silikate oder Oxide) durch einen Sintervorgang bei höheren Temperaturen hergestellt sind (Formsteine, Platten, Rohre und Gefäße). Die keramischen Produkte bestehen zum großen Teil oder vollständig aus kristalliner Phase. Unter mineralischen Baustoffen fasst man unterschiedliche nichtmetallische anorganische Produkte und Materialien zusammen, die für die Errichtung von Gebäuden, Brücken, Straßen, Staudämmen, Mauern, Öfen usw. Anwendung finden. Einige dieser Produkte (Ziegel, Fliesen, Tonrohre) zählen zur Keramik und werden dort besprochen. Eine zweite Gruppe besteht aus natürlichen ungebundenen Gesteinen (Schotter, Natursteine, Kies) und wird in diesem Buch vorwiegend nur in Verbindung mit dem Einsatz von Recyclingbaustoffen behandelt. Die für das Recycling wichtige dritte Gruppe sind die Bindebaustoffe, die durch hydraulische oder hydrothermale Erhärtungsvorgänge silikatischer Materialien (Zement, Kalkstein, Sand, Kies, Schlackengranalien) zu Formteilen (Kalksandstein) oder ganzen Baugruppen (Beton) verfestigen [129]. Die Motivation für das Recycling von Keramik und mineralischen Baustoffen liegt schwerpunktmäßig auf der Minimierung des notwendigen Deponievolumens und der Vermeidung von Schadstoffeinträgen in die Böden.
213
7.2 • Recycling von Keramik und mineralischen Baustoffen
Das betrifft insbesondere die mineralischen Baustoffe, die in der Vergangenheit überwiegend in speziellen Baustoffdeponien abgelagert wurden. Die Motive der Einsparung natürlicher Rohstoffe und Energie und der Verminderung des Eingriffs in die Natur mit Rohstofftagebauen stehen dagegen erst an zweiter Stelle. Die Diskussion der Recyclingmöglichkeiten setzt einige Kenntnisse über die wichtigsten Werkstoffe, Produkte, Rohstoffe und Herstellungsprozesse von Keramik und mineralischen Baustoffen voraus (. Tab. 7.4, . Tab. 7.5, . Tab. 7.6). Die dort angeführte Unterteilung in Grob- und Feinkeramik bezieht sich auf die Reinheit und die Korngrößen der eingesetzten, aufbereiteten Rohstoffe (Grobkeramik 2…0,2 mm; Feinkeramik <0,2 mm). Der Herstellungsprozess von Keramik besteht aus den Stufen der Aufbereitung (Zerkleinerung, Abtrennung von Verunreinigungen, Homogenisierung), Mischung der Komponenten, Formgebung, Trocknen und Brennen (Sintern der Silikate und Oxide). Bei der Herstellung von Schamotteerzeugnissen aus Tonen sind Zuschläge von vorgebrannten Tonpartikeln erforderlich, um die Schwindung zu vermindern. Die hydraulisch oder bituminös gebundenen mineralischen Baustoffe produziert man aus speziellen Materialmischungen [129]: 5 Beton erhält man aus einer Mischung von Zement (Kalziumsilikat, Kalziumaluminat, Ferrit) mit Sand und Zuschlagstoffen (Kies), die mit Wasser zu Silikathydraten abbindet. Stahlbeton ist ein Verbundbaustoff aus Beton und Stabstahl. Er enthält Einlagen aus Stahlstangen (Betonrippenstahl) oder verschweißten Stahlmatten. 5 Luftmörtel ist eine Mischung aus gebranntem Kalk (CaO) mit Sand und Wasser, die durch das CO2 der Luft zu CaCO3 abbindet. 5 Gipsbauteile entstehen durch Erhärten von gebranntem Gips mit Wasser zum Hydrat (CaSO4 ⋅ 2 H2O). 5 Kalksandstein entsteht aus einer Mischung von hochwertigem gebrannten Kalk und Sand mit Wasser, die bei ca. 200 °C im Autoklaven erhärtet (Kalziumsilikathydrate). 5 Asphalt stellt man aus einer erhitzten Mischung von Bitumen mit Gesteinssplitt oder Kies her.
7
. Tab. 7.4 Keramische Werkstoffe und Produkte [129] Keramik
Produkte
Grobkeramik Baukeramik
Ziegel, Tonrohre
Steinzeug
Fliesen, Klinker, Kanalrohre, säurefeste Steine
Feuerfeststeine
Schamotte, Silika, Magnesit, Chromit, gegossene Steine (Korund, Schmelzbasalt)
Feinkeramik Steingut
Geschirr, Gefäße
Porzellan
Geschirr-, Sanitärporzellan
Technische Keramik
Silikatisch: Elektrokeramik, Steatit, Forsterit u. a. Nichtsilikatisch: magnetische Werkstoffe, Katalysatorträger, keramische Filter, keramische Maschinenteile (Oxide, Karbide, Nitride, Kohlenstoffwerkstoffe u. a)
Aus den beschriebenen Zusammensetzungen und Herstellungsverfahren von Keramik und mineralischen Baustoffen ergeben sich für die Verwertung von Abfällen zwei grundsätzliche Möglichkeiten des Recyclings: 1. Die Abfälle können durch Recyclingprozesse in Materialien bzw. Produkte der gleichen Wertigkeit (Keramik, Baustoff, Schotter) zurückverwandelt werden. Diese erste Möglichkeit eröffnet sich bei Verwendung der zerkleinerten und aufbereiteten Altmaterialien als Zuschlagstoffe zu neuen Materialmischungen (z. B. als grobkörniger Zuschlag bei Beton im Austausch gegen Kies oder als feinkörniger Zuschlag bei Grobkeramikmischungen oder in Asphaltmischungen). 2. Die Abfälle verarbeitet man zu Materialien, die einer andersartigen Verwertung zugeführt werden. Diese zweite Verwertungsstrategie ist der Einsatz zerkleinerter und aufbereiteter Altmaterialien als ungebundene Schüttschichten (Trag- und Frostschutzschichten im Straßen-, Wege- und Sportplatzbau, Verfüllmaterial, Ve-
214
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
. Tab. 7.5 Mineralische Baustoffe [130] Mineralischer Baustoff
Produkte
Ungebunden Naturwerksteine, Natursteine, Kies, Sand
Dammbau, Gleisschotter, Frostschutzschichten, Tragschichten im Straßenbau, Fassadenplatten aus Naturstein
Hydraulisch gebunden
7
Beton
Stahlbetontragelemente und -decken, Betonfahrbahnen, Betonsteine, Porenbeton, Betondachsteine, Zementestriche
Mörtel
Mauerwerkbinder, Putzschichten
Kalksandstein
Mauerwerk
Gips
Gipskartonplatten, Gipsputz
Bituminös gebunden Asphalt
Straßenbelag, Asphaltestrich
Keramisch gebunden Silikatbindung oder Oxidbindung
Tonmauerziegel, Tondachziegel, Klinker, Fliesen, Feuerfeststeine
. Tab. 7.6 Wichtige mineralische Rohstoffe für die Herstellung von Grobkeramik und Bindebaustoffen [129] Mineralischer Rohstoff
Hauptbestandteile
Erzeugnisse
Kalkstein
Kalziumkarbonat
Luftmörtel, Weißkalk, Kalksandstein
Ton
Alumosilikat, Eisenoxide
Ziegel, Steinzeug, Feuerfeststeine
Kaolin
Alumosilikat
Porzellan
Mergelton
Kalkstein/Tongemisch
Zement
Quarzsand
Siliziumdioxid
Mörtel, Beton, Feuerfeststeine, Kalksandstein
Dolomit
Kalzium-Magnesium-Karbonat
Feuerfeststeine
Magnesit
Magnesiumkarbonat
Feuerfeststeine
getationssubstrat). Wegen der erforderlichen hohen Qualitätsansprüche an die Rohstoffmischungen für die Herstellung von Feinkeramik (Reinheit, Kornspektrum) sowie Oxid-, Nitrid- und Karbidkeramik ist auf diesem Gebiet der Einsatz von gesintertem Recyclingmaterial grundsätzlich nicht möglich. Diese Werkstoffe müssen deshalb bei den folgenden Betrachtungen nicht mehr berücksichtigt werden.
7.2.1
Ausbau, Zerkleinerung und Aufbereitung von Keramik
Eine wichtige Maßnahme für das Recycling von gebrauchter Grobkeramik ist der getrennte Ausbau der Materialien nach Stoffarten (Rückbau). Durch eine solche Maßnahme kann die nachfolgende Aufbereitung ganz wesentlich erleichtert werden,
215
7.2 • Recycling von Keramik und mineralischen Baustoffen
und die Herstellung qualitätsgerechter Recyclingmaterialien ist oft nur dann möglich. Von großer Bedeutung für die Ressourcenausnutzung sind aber die Produktionsabfälle der Grobkeramikherstellung. Dabei muss man zwei vollständig verschiedene Materialien unterscheiden: 1. ungebrannte Massen und Formkörper (sog. Grünkörper), 2. gebrannte Formkörper (Bruch). Das ungebrannte Material geht vollständig in den eigenen Produktionskreislauf ohne Behandlung zurück. Die gebrannten Bruchstücke müssen zunächst auf die erforderlichen Korngrößen zerkleinert werden und können danach der eigenen Masseaufbereitung zugesetzt werden. Damit erreicht man eine geringere Schwindung der neuen Masse beim Brennen (sog. Magerung der Masse). z
Feuerfeststeine
Feuerfeststeine oder Feuerfeststampfmassen finden vielfältigen Einsatz zur Ausmauerung/Auskleidung von Reaktoren und Öfen in der Stahlgewinnung, der NE-Metall-, der Keramik-, Glas- und Zementindustrie, in Verbrennungsanlagen usw. Die Ausmauerungen haben Standzeiten von wenigen Monaten bis zu Jahren. Infolge der spezifischen industriellen Anfallstellen von Altsteinen sind der sortengerechte Ausbau des Ofenausbruchs und die sortenspezifische Anlieferung (Schamotte, Silika, Magnesit usw.) an die Recyclingunternehmen prinzipiell möglich. Bei Ofenausbruch aus metallurgischen Öfen sind die Steine oft erheblich mit Metallschmelze behaftet, so dass auch die Metallrückgewinnung eine wesentliche Zielstellung des Recyclingprozesses sein muss. Voraussetzung für die Herstellung einsatzfähiger Recyclingmaterialien ist eine weitgehende Sortenreinheit. Bisher erfolgten die Sortierung und Klassifizierung des Ofenausbruchs durch Handsortierung. Durch Entwicklung der laserinduzierten Plasmaspektroskopie können Feuerfeststeine unterschiedlicher Formen und Größen schnell und zuverlässig klassifiziert und nachfolgende spezifisch aussortiert werden [131]. Die Aufbereitung der sortierten Steine erfolgt durch Zerkleinerung, Vermahlung und Trocknung zu Feuerfestmassen [131].
7.2.2
7
Aufbereitung von mineralischen Baustoffen
Bei Rückbau, Umbau, Sanierung und Neubau von Bauwerken des Hoch- und Ingenieurbaus muss man zunächst zwischen verschiedenen Sorten von Bauabfällen unterscheiden, die wie folgt definiert sind [130]: 5 Bodenaushub: Natürlich anstehendes oder umgelagertes Locker- und Felsgestein sowie Kies, Ton und Mutterboden. 5 Bauschutt: Mineralisches Material, das bei Abbruch, Umbau und Sanierung stofflich gemischt oder sortenrein anfällt (Beton, Stahlbeton, Ziegel, Kalksandstein, Dachsteine, Gips, Fliesen Keramik, Mörtel, Naturstein usw.). 5 Straßenaufbruch: Asphalt, Betonfahrbahn, Pflaster und Randsteine, Schotter, Kies, Sand. 5 Baustellenabfälle: Holz, Metall, Kunststoff, Kabel, Glas, Papier/Pappe, Fußbodenbeläge, Farben. Die überwiegende Masse der Bauabfälle ist Bodenaushub (2/3 des Anfalls [133]). Der Bodenaushub kann zu 70 % ohne jegliche Behandlung an Ort und Stelle oder an anderen Orten wieder eingebaut werden [133]. Es sind also nur geringe Aufbereitungsmaßnahmen erforderlich und der Bodenaushub wird deshalb in diesem Buch nicht näher besprochen. Unter Bauschutt fallen bei ungenügender Trennung oft auch Mischungen mit Bodenaushub und Baustellenabfällen an, was unter Recyclinggesichtspunkten und abfallrechtlichen Vorschriften möglichst zu verhindern ist. Die Vermischung des Bauschutts mit Baustellenabfällen ist allerdings selten vermeidbar, da ein vorgeschalteter vollständiger Ausbau der Materialien kaum möglich und sehr kostenaufwendig ist. Man spricht dann von Baumischabfällen. Die sortenreinen Baustellenabfälle bzw. die bei der Bauschuttsortierung abgetrennten Materialien können sortenspezifisch den entsprechenden Recyclingprozessen für z. B. Baustoffe, Metalle und Kunststoffe bzw. der energetischen Verwertung zugeführt werden. Der Bauschutt erfordert immer eine Aufbereitung, um in erster Linie die restlichen Materialien der Baustellenabfälle (Holz, Metall, Kunststoffe usw.) abzutrennen und danach evtl. die verschiedenen
216
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
. Tab. 7.7 Grenzwerte für die stoffliche Zusammensetzung von recycelten Gesteinskörnungen (Einsatz als Betonzuschlag) [134] Typ 1
Typ 2
Typ 3
Typ 4
Beton
>90 %
>70 %
<20 %
>80 %
Klinker, nichtporöse Ziegel
<10 %
<30 %
>80 %
Bestandteile, Zusammensetzung
<5 %
Kalksandstein <2 %
<3 %
<5 %
Asphalt
<1 %
<1 %
<1 %
Fremdbestandteile**
<0,5 %
<0,5 %
<0,5 %
<1 %
Minimale Kornrohdichte
2 000 kg/m3
2 000 kg/m3
1 800 kg/m3
1 500 kg/m3
Maximale Wasseraufnahme
10 %
15 %
20 %
k. A.
Andere mineralische
7
Bestandteile*
<20 %
Spezifische Eigenschaften
* **
Porosierte Ziegel, Leichtbeton, Ziegel, Putz, Mörtel, Schlacke Glas, Keramik, Stückgips, Kunststoffe, Metalle, Holz, Papier, Pflanzenreste
Baustoffsorten zu trennen, um die angestrebten Recyclingbaustoffe zu gewinnen. Der Straßenaufbruch kann meist unmittelbar sortenrein ausgebaut werden, so dass dieser ohne weitere Sortiermaßnahmen der Asphalt- bzw. der Betonaufbereitung zugeführt werden kann. Die Auswahl und Gestaltung der Recyclingverfahren werden entscheidend von den Einsatzgebieten der Recyclingbaustoffe (RC-Baustoffe) und den dafür festgelegten Qualitäten der Stoffart, Korngröße und Reinheit bestimmt. Die mineralischen RC-Baustoffe bestehen dabei in der Regel aus Gesteinskörnungen (Granulate) verschiedener Körngrößenfraktionen. z
Einsatzgebiete für Recyclingbaustoffe [130]
5 Tragschichten und Frostschutzschichten im Straßen- und Wegebau (RC-Stra; RC-Wege), 5 Dammbaustoffe, Verfüllbaustoffe, Verfüllmassen im Kanal- und Leitungsbau, 5 Asphaltstraßenbau (RC-Asphalt), 5 Betonzuschlag für Betonwaren, Betonwerksteine, Betondachsteine, konstruktive und nichtkonstruktive Betonbauteile (RC-Beton), 5 Vegetationsschichten (poröse Bodensubstrate; RC-Vegetra).
Für Feinsande der Bauschuttaufbereitung, insbesondere Betonbrechsande, konnte infolge der Gehalte an Silikaten und Kalziumverbindungen ein technisch nutzbares Härtungspotenzial bei Autoklavenbehandlung ermittelt werden, so dass die bautechnische Nutzung als Mauersteine möglich erscheint [133]. z
Anforderungen an die Recyclingbaustoffe [130]
Die geforderten Korngrößen und Korngrößenfraktionen stellt man durch entsprechende Zerkleinerungs- und Klassierprozesse (Siebung, Windsichtung) her. Typische Gesteinskörnungen sind folgende: 5 feine Gesteinskörnung (Korngruppe 0/4): <1 mm 50 %; <4 mm 94 %; 5 grobe Gesteinskörnung (Korngruppe 8/31): <8 mm 2 %; <31,5 mm 100 %; 5 Korngemisch 0/45: <0,5 mm 10 %; <2 mm 32 %; <45 mm 97 %. Neben der Korngruppe sind weitere Kennwerte zu beachten: Kornrohdichte, Feinanteil (ausschlämmbare Anteile), Widerstand gegen Zertrümmerung
217
7.2 • Recycling von Keramik und mineralischen Baustoffen
. Abb. 7.5 Stationäre Bauschuttaufbereitungsanlage [132].
7
Bauschutt
Feinkorn
Siebmaschine
Überkorn
Mittelkorn
Backenbrecher
Magnetscheider
Eisen
Siebmaschine
Feinkorn
Prallmühle
Magnetscheider
Eisen
3-DeckSiebmaschine
Windsichter
Windsichter
RCBaustoff 1. Korngruppe
und Abrieb, Sulfatgehalt (Gips), Freisetzung von PAK, Wasseraufnahme/Saugwirkung, Chloride. Für den Nachweis wasserlöslicher Schadstoffe ist ein Elutionstest vorgeschrieben mit nachfolgender analytischer Bestimmung von pH-Wert, Chlorid, Sulfat, As, Pb, Cd, Cr, Cu, PAK und PCB im Eluat. Genaue Vorschriften bestehen für »RC-Gesteinskörnungen für hydraulisch gebundene und ungebundene Gemische« (z. B. 16/45) sowie für grobe »Recyclierte Gesteinskörnungen für Beton« (z. B. 8/16) (Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe e.V.
RCBaustoff 2. Korngruppe
Windsichter
Leichtstoffe (Papier, Holz, Kunststoffe)
RCBaustoff 3. Korngruppe
2006; Europäische Regelwerke). Für Betonzuschlag mit recycelten Gesteinskörnungen verwendet man eine Unterscheidung in vier Liefertypen, die in . Tab. 7.7 angegeben sind. z
Recyclingverfahren für Bauschutt
Die geforderten Kornklassen stellt man durch den Einsatz geeigneter Zerkleinerungsapparate (Backenbrecher, Prallmühlen) in Kombination mit Siebstufen und Windsichtung her (7 Abschn. 3.2, 7 Abschn. 3.3, 7 Abschn. 3.4). Für die Abtrennung
218
Kapitel 7 • Recycling von Glas, Keramik und mineralischen Baustoffen
Baustellenabfälle (mineralische Baustoffe, Holz, Stahl, Papier, Kunststoffe)
Störstoffe
Bagger, Greifer Vorsortierung
Trommelsieb
Inertes
Handsortierband
Wertstoffe
Abfälle
7
Magnetscheider
Eisen
Papier
Kunststoffe
Holz
Windsichter Presse Containerpresse
Verbrennung, Deponie
Leichtfraktion
Schwerfraktion
Baustoffrecycling
Stahlwerk
Recyclinganlagen
Presse
Zerkleinern
Energetische Verwertung
. Abb. 7.6 Sortieranlage für Baustellenabfälle [132].
von Verunreinigungen sind folgende weitere Verfahrensstufen in Anwendung: 5 Lesebänder für Handauslese, 5 Magnetscheidung zur Eisenabtrennung, 5 Vibrationssiebung und Windsichtung zur Abtrennung von Leichtstoffen und Feingut (Papier, Pappe, Holz, Kunststoffe), 5 Schwimm-Sink-Sortierung zur Abtrennung von Leichtstoffen und wasserlöslichen Stoffen (Nachteil ist die notwendige Wasseraufbereitung). Erläuterungen zu diesen Sortierverfahren finden sich in 7 Abschn. 3.4. Die Automatisierung der Handauslese durch sensorgestützter Sortiertechnik ist technisch möglich, aber aus Kostengründen bisher nicht eingeführt. Es wird z. B. die NIR-Spektroskopie zur Unterscheidung von Mineralstof-
fen, Holz/Papier und Kunststoffen empfohlen, die nachfolgend ein Greifersystem für die Auslese der relativ groben Körnungen ansteuert. Entsprechend den Anfallstellen von Bauschutt kommen mobile, semimobile und stationäre Anlagen zum Einsatz. In . Abb. 7.5 ist beispielhaft eine Aufbereitungstechnologie angegeben. Der Bauschuttaufbereitung geht der Abbruch der jeweiligen Bauwerke (Gebäude, Brücken, Bunker) voraus. Dabei ist der baustoffspezifische Abbruch von großem Einfluss auf die nachfolgende Bauschuttaufbereitung. Beim Abbruch von Stahlbetonbauwerken (Brücken, Betondecken) mittels Sprengung, Hydraulikhammer und Stahlbetonscheren finden bereits eine Vorzerkleinerung und teilweise Abtrennung des Bewehrungsstahls statt. Die Verwertung des Bauschutts ist in Deutschland eine Erfolgsgeschichte, da im Jahr 2007 90 %
219
7.2 • Recycling von Keramik und mineralischen Baustoffen
. Abb. 7.7 Asphaltaufbereitung [132].
Asphaltschollen (Straßenaufbruch)
Asphaltfräsgut
Abtransport, Lagern
Abtransport, Lagern
Zerkleinerung
Absieben
7
Neuwertige Mineralstoffe, Bitumen
Absieben
Lagern
Dosieren
Trommelmischer (beheizt) Asphaltmischung
wiederverwertet wurden. 1997 waren es nur 50 % [133]. z
Recyclingverfahren für Baustellenabfälle
Die Baustellenabfälle enthalten neben den oben genannten Materialien meist noch gewisse Anteile mineralischer Baustoffe und evtl. auch Erdaushub. Die Verfahrenstechnik versucht vor allem die Abtrennung der Wertstoffe (Metalle, kompakte Kunststoffe) und die Gewinnung eines energetisch verwertbaren Anteils (Holz, Papier, Fußbodenbeläge, Farben). Daneben fällt mineralisches Material an, das zum Bauschuttrecycling oder für die Deponie geeignet ist (. Abb. 7.6). z
Asphaltaufbereitung
Bei der Asphaltaufbereitung gewinnt man die Bindemittel (Bitumen, Teer) und auch die Mineral-
stoffe (Kies, Sand, Füller) vollständig zurück. Der Ausbauasphalt fällt als Fräsgut oder als Schollenaufbruch an. Der Schollenaufbruch muss in Prallbrechern zerkleinert werden. Das erhaltene Asphaltgranulat kann in Anteilen von 20…40 % bei der Herstellung neuer Asphaltmischungen zugesetzt werden (. Abb. 7.7). z
Aufbereitung von Gleisschotter
Die Aufbereitung von Gleisschotter (Abtrennung von Schmutz und Feingut) findet vollmechanisiert an Ort und Stelle mit einem gleisgebundenen Gleisbehandlungszug statt, der auch den Wiedereinbau vornimmt. Diese Schotteraufbereitung ist z. T. mit einer Schotterwäsche und einer Waschwasseraufbereitung in dem Gleisbehandlungszug ausgestattet [133].
221
8
Recycling von Papier und Pappe 8.1
Altpapiersorten und Sammlung von Altpapier – 222
8.2
Trockensortierung von gesammeltem Altpapier – 223
8.3
Nassaufbereitung der Altpapiersorten – 224
8.4
Recycling von Verbundverpackungen – 226
8.5
Grenzen und Chancen des Altpapierrecyclings – 227
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_8, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
222
8
Kapitel 8 • Recycling von Papier und Pappe
Papier ist ein Werkstoff aus Pflanzenfasern, der in dünnen Schichten (Blätter) verwendet wird. Der Zusammenhalt der Fasern entsteht durch Verfilzung und Eigenverklebung. Das unbehandelte Naturpapier wird meist durch Beschichtungen (Streichen, Imprägnieren, Pergamentieren, Kaschieren) veredelt. Pappe unterscheidet sich von Papier durch die Stärke der Schicht und die ungebleichten Fasern (braune Ware). Die eingesetzten Pflanzenfasern sind Holzschliff, Zellstoff und Altpapierfasern. Holzschliff stellt man durch das mechanische Zerfasern von Holz her. Zellstoff gewinnt man aus Holzschnitzeln durch eine nasschemische Behandlung (Soda, Natriumsulfit) bei ca. 160 °C. Dabei trennt man die Zellstofffasern vom Lignin. An dieses Kochen schließen sich Waschund Bleichprozesse (Sauerstoff, H2O2) an. Bleichmittel aus Chlorverbindungen kommen nicht mehr zur Anwendung (Bildung giftiger chlororganischer Verbindungen). Die Verwendung der Altpapierfasern erfordert eine vorausgehende mehrstufige Aufbereitung des Altpapiers (Aussortierung von Fremdstoffen, Zerfasern, Bleichen, Reinigen), um die Sekundärfasern zu erhalten. In deutschen Papierfabriken deckte Altpapier im Jahr 2003 ca. 67 % des Rohstoffeinsatzes ab. Entsprechend der angestrebten Papierqualität stellt man eine Mischung aus Primär- und Sekundärfasern her, die man in Wasser suspendiert (Stofflöser) und einem Mahlprozess unterwirft. Das »Mahlen« hat die Aufgabe, die Fasern zu quetschen und zu fibrillieren (Spaltung in der Längsrichtung), um die Verfilzung und Eigenverklebung der Papierschicht zu gewährleisten. Dieser Pulpe setzt man verschiedene Hilfsstoffe zu. Solche Hilfsstoffe sind Füllstoffe (Kaolin, Kalziumkarbonat, Titandioxid), Leimstoffe und Farben (Pigmente, Farbstoffe). Nach einer weiteren Verdünnung mit Wasser gelangt diese Faserstoffsuspension zur Papiermaschine (Stoffauflauf). Die Papierbildung erfolgt auf dem Endlossieb der Maschine durch Absaugen des Wassers und Verfilzung der Fasern. Die weitere Entwässerung erfolgt mit Presswalzen und abschließend durch Trocknung. Nach der Papierbildung findet die Veredelung statt, die der Erzeugung einer glatten, weißen Papieroberfläche dient und durch das »Streichen« der Oberfläche mit einer Masse aus Pigmenten (Kaolin, Kreide,
Kalziumsilikat) und Bindemitteln stattfindet (gestrichenes Papier). Die reinen Altpapiere enthalten also neben den Fasern eine Reihe unterschiedlicher Zusatzstoffe, die zu berücksichtigen sind. Die problematischsten Bestandteile vieler Altpapiere sind aber die Druckfarben, die durch einen besonderen Deinking-Prozess entfernt werden müssen. Dazu kommen vielfältige anhaftende Verunreinigungen (Leime, Textilien, Büroklammern, Kunststofffolien, Metallfolien usw.).
8.1
Altpapiersorten und Sammlung von Altpapier
Das Altpapier ist zum wichtigsten Rohstoff der Papierindustrie geworden und demzufolge eine internationale Handelsware. Auf Grund der technisch unterschiedlich ausgerüsteten Altpapierverarbeitungsbetriebe, der verschiedenen Altpapierqualitäten und vor allem der Verunreinigungen war es erforderlich, eine Vielzahl von Altpapiersorten für das Recycling und den Altpapierhandel festzulegen (in Europa sind ab dem Jahr 2000 etwa 67 Altpapiersorten definiert). Diese Sorten sind in fünf Gruppen zusammengefasst und nummeriert. In . Tab. 8.1 sind wenige Beispiele aus dieser Sortenliste angeführt. Die Sammlung von Altpapier ist eine wichtige erste Recyclingstufe. Die technisch und wirtschaftlich notwendige Unterteilung in die Altpapiersorten erfordert bereits bei der Erfassung eine sortenspezifische Arbeitsweise. Die Anfallstellen für Altpapier sind folgende (Massenanteil in Deutschland 2002): 5 Papierverarbeitung (Druckerzeugnisse, Verpackungen): 12,6 %; 5 gewerblicher Bereich (Industrie, Kleingewerbe, Handel): 47,7 %; 5 Haushaltsbereich: 39,7 %. Dabei haben sich spezifische Sammelsysteme bewährt. Im Gewerbebereich kommen Presscontainer, Gitterboxen und andere Container zum Einsatz. Im Haushaltsbereich verwendet man Hol- und Bringsysteme (Monotonne, Sacksystem, Bündelsammlung) [135].
223
8.2 • Trockensortierung von gesammeltem Altpapier
8
. Tab. 8.1 Beispiele aus der europäischen Altpapiersortenliste Papiersorten
Nr.
Definition
1. Untere Sorten
1.01
Unsortiertes gemischtes Altpapier, unerwünschte Stoffe entfernt
1.06
Unverkaufte Illustrierte
1.07
Telefonbücher
1.11
Deinking-Ware
2.01
Zeitungen
2.03
Weiße Späne
2.07
Weiße Bücher, holzfrei, ohne Buchdeckel
3.03
Buchbinderspäne
3.14
Weißes Zeitungspapier, unbedruckt
4.01
Neue Späne aus Wellpappe
4.05
Unbenutzte Kraftpapiersäcke*
5.01
Altpapier gemischt, unsortiert
5.03
Getränkekartons mit Kunststoff und Al-Beschichtung
2. Mittlere Sorten
3. Bessere Sorten
4. Krafthaltige Sorten
5. Sondersorten
*
8.2
Kraftpapier: Papiersorte hoher Zugfestigkeit, 100 % Zellstoff, keine Sekundärfasern, keine Füllstoffe
Trockensortierung von gesammeltem Altpapier
Die nach Anfallstellen getrennt gesammelten Altpapiere verarbeitet das klein- und mittelständisch strukturierte Sekundärstoffgewerbe mit Hilfe von Sortierlinien zu den definierten Altpapiersorten (Ballen). Das Sortieren erfolgt auf Handlesebändern und teilautomatisiert, in neueren Anlagen weitgehend automatisch mit manueller Nachkontrolle. Die automatischen Verfahren verwenden die sensorgestützte Sortierung mit mehreren Identifikationsmethoden: 5 bildverarbeitende Verfahren (Erkennen des äußeren Bildes; Fehler bei papierbeschichteten Pappen oder Kartonagen), 5 Nahinfrarotspektrometrie (NIR) (Identifikation von Papiersorten nach unterschiedlichen Inhaltsstoffen und Beschichtungen sowie Störstoffen).
z
Verfahrensstufen einer automatischen Sortieranlage [136]
5 Materialentzerrung, 5 Grobsiebung (300 mm) zur Abtrennung großer Pappen, 5 Feinsiebung (100 mm) zur Abtrennung der Fraktion Mischpapier, 5 NIR-Sensor mit Bildverarbeitung, 5 Ausblaseinheit für Störstoffe und unerwünschte Papiersorten, 5 manuelle Nachsortierung am Leseband, 5 Papierpresse zur Herstellung der handelsüblichen Papierballen. Störstoffe sind alle Kunststoffe, Textilien, Holz, Metalle und beschichtete Papiere. Unerwünschte Papiersorten für Deinking-Ware sind braune, graue, bedruckte und beschichtete Pappen und Kartonagen sowie bunte Papiere. Die Arbeitsweise der sensorgestützten Sortierung ist in 7 Abschn. 3.4.6 beschrieben und dort mit . Abb. 3.13 demonstriert.
224
Kapitel 8 • Recycling von Papier und Pappe
. Abb. 8.1 Technologie der Papierherstellung mit Altpapier [136] [139].
Altpapier (sekundäre Rohstoffe) Sammelsysteme Fremdstoffe Wasser Störstoffe, Schlämme
Trockensortierung (Altstoffhandel)
Holz, verschiedene Pflanzen (primäre Rohstoffe)
Faserstofferzeugung (Holzschliff, Kochen, Bleichen, Waschen)
Altpapiersorten Ablauge Nassaufbereitung Primärfasern (Zellstoff)
Sekundärfasern
Abwässer
8
Suspendieren
Wasser Papierhilfsstoffe
Fasersuspension Abwasseraufbereitung Schlämme
Papierherstellung Papierveredelung
Streichmasse
Papiersorten
8.3
Nassaufbereitung der Altpapiersorten
Die Nassaufbereitung hat die Aufgabe, das Altpapier durch die Einwirkung von Wasser und mechanischer Beanspruchung (Rührer, Drehtrommel mit stationären Einbauten) in die Einzelfasern aufzulösen und nachfolgend die Papierhilfsmittel und die Fremdstoffe durch nasse Sortierverfahren abzutrennen. In . Abb. 8.1 sind zunächst das Gesamtsystem der Papierherstellung mit Altpapier und die Einordnung der Trockensortierung und der Nassaufbereitung des Altpapiers schematisch dargestellt. Die komplette Nassaufbereitung einschließlich Deinking ist nur für die Erzeugung graphischer Papiere (»weiße Ware«) erforderlich. Für das Recycling zu »brauner Ware« (Pappe und Kartonage) kann das Deinking eingespart werden. Graphische Papiere z. B. für Zeitungen können zu 100 % aus Altpapier hergestellt werden. Für bestimmte Papiersorten mischt man den Sekundärfasern Primärfasern (Zellstoff ) zu. Das Fließschema lässt erkennen, dass für die Papierherstellung
aus Altpapier und aus Primärrohstoffen größere Mengen Wasser technologisch notwendig sind. Das zwingt die Unternehmen zum Betreiben einer umfangreichen Abwasserbehandlung, wobei erhebliche Massen an Schlämmen anfallen. Das Wassermanagement (Wasserkreisläufe, Abwasserreinigung, Wassereinsparung) spielt deshalb in Papierfabriken eine wichtige Rolle. In . Abb. 8.2 ist die Technologie der Nassaufbereitung von Altpapier eines ausgewählten Unternehmens dargestellt [137]. Das Einsatzmaterial sind in diesem Unternehmen die Altpapiersorten 1.11, 1.06 und 2.03 (. Tab. 8.1). Für die Auflösung stehen große rotierende Trommeln zur Verfügung, die durch die auflösende Wirkung des Wassers und die Scherkräfte stationärer Einbauten aus dem Altpapier eine pumpfähige Faserpulpe erzeugen. Gleichzeitig werden durch die Zentrifugalkräfte gröbere Fremdkörper an die Trommelwand geschleudert und dadurch aus der Pulpe abgetrennt. Beim Löseprozess setzt man Chemikalien (NaOH, Fettsäuren) zu, die eine Ablösung der Druckfarben von den Fasern bewirken. Alternative Löseapparate
225
8.3 • Nassaufbereitung der Altpapiersorten
. Abb. 8.2 Aufbereitung von Altpapier durch Trockensortierung, Nassaufbereitung und Flotation (Deinking) [136] [137] [138].
8
Altpapier Sammelsysteme
Fremdstoffe Wasser NaOH, Fettsäuren
Trockenaufbereitung (Handausleseband, NIR-Sortierung)
Auflösen (Drehtrommel)
Spuckstoffe
Sand, Glas
Schwerteilreinigung (Hydrozyklone)
Kleber, Kunststoff, Holz
Schlitzsortierung (Schlitztrommelsieb)
Chemiekalien
Vorflotation (Flotationszellen)
DeinkingSchlamm
Eindickung (Scheibenfilter)
H2O2 Wasser
Verdünnung Flotationschemikalien
Altpapiersorten
Grobsortierung 1. Dickstoffreinigen (Hydrozyklone) 2. Drucksortierung (Lochtrommelsiebe)
Abwasser
Dispergierung, Bleiche 1
Nachflotation (Flotationszellen) DeinkingSchlamm Eindickung Dispergierung, Bleiche 2
H2O2
Sekundärfasersuspension
Faserstoff
sind Rührkessel mit schnell laufendem Rührwerk (Pulper). Der nachgeschaltete Dickstoffreiniger verwendet Hydrozyklone, die kleinere schwere Fremdstoffe (Glas, Steinchen, Metallklammern) abscheiden. Danach hält das gelochte Sieb des Drucksortierers flächige Fremdstoffe (Kunststofffolien, Al-Folien, Klebstreifen) zurück, während die Faserpulpe durchgedrückt wird. Diese Faserpulpe durchläuft nach einer Verdünnung zwei weitere Reinigungsstufen mit Hydrozyklonen und Schlitztrommelsieben, die kleinere Schwerteilchen (Sand, Kleber) und flächige Teilchen eliminieren. In der folgenden Vorflotation entfernt man die bereits abgelösten Farbpartikel. Das Wirkprinzip der Flotation zeigt . Abb. 8.3. Durch Zusatz von Flotationschemikalien werden die Benetzbarkeit der Farbpartikel und die Oberflächenspannung des Wassers verändert. Dadurch erreicht man beim Eintrag von Luft in die Fasersuspension eine Anheftung von freien Farbpartikeln
an die Luftblasen und die Bildung eines Schaums, der die Farbpartikel enthält und abtrennbar ist. Die vorgereinigte Fasersuspension wird entwässert (Filtration auf Scheibenfiltern, Abtrennung des Schmutzwassers) und der Faserstoff im Disperger einer Reibungsbeanspruchung unterzogen. Durch die intensive Faser-Faser-Reibung werden restliche Druckfarben abgeschlagen, Faserbündel aufgelöst und Störstoffe zerkleinert. Außerdem erfolgt in dieser Stufe eine erste Faserbleiche. Durch eine Nachflotation entfernt man die im Disperger abgelösten Farbpartikel. Nach erneuter Eindickung wird ein zweites Mal dispergiert, um Kleberreste, Wachs und Farbrückstände so fein zu verteilen, dass sie den optischen Eindruck des Produktes nicht mehr stören, was auch eine zweite Bleiche unterstützt [137] [138]. Anstelle der Flotation kommen für den Deinking-Prozess auch Waschverfahren zur Anwendung.
226
Kapitel 8 • Recycling von Papier und Pappe
Motor Rührer
Luft Schaumschicht
Schaumschicht
Pulpe
Fasersuspension (Pulpe)
Farbpartikel Faser
Luft
Luftblase
8
. Abb. 8.3 Deinking durch Flotation.
Flotationszelle
Wirkprinzip der Flotation von Farbpartikeln
In der Nassaufbereitung fallen mehrere Fraktionen an Fremdstoffen an (. Abb. 8.2), die aus technischen Gründen auch immer höhere Gehalte an Faserstoff enthalten. Die technologischen Bemühungen sind deshalb neben der effektiven Abtrennung der Fremdstoffe ebenso auf die Verringerung der Faserverluste (Erhöhung des Faserausbringens) gerichtet. Die Größenordnung des Fasergehaltes in den Fraktionen wird durch den Heizwert der Trockensubstanz (TS) (5…26 MJ/kg TS) sowie durch die Höhe der Glühverluste deutlich. Man unterscheidet drei Fraktionen an Fremdstoffen [139]: 1. Spuckstoffe (Metallklammern, Kunststoffe, Folien, Textilien, Papierreste etc.): Wassergehalt ca. 41 %, Heizwert ca. 24 MJ/kg TS, Glühverlust ca. 90 %; 2. Papierschlämme (Farb-, Pigment-, Füllstoffund Klebstoffpartikel, Fasern): Wassergehalt ca. 59 %, Heizwert ca. 8,6 MJ/kg TS, Glühverlust ca. 49 %; 3. Deinking-Schlämme (Druckfarben, Pigmente, Füllstoffe, Fasern): Wassergehalt ca. 58 %, Heizwert ca. 6 MJ/kg TS, Glühverlust ca. 50 %. Die Heizwerte dieser Abfälle erreichen in der Trockensubstanz häufig die Heizwerte von Holz (12…16 MJ/kg), so dass nach einer Trocknung die energetische Verwertung angezeigt ist. Für die energetische Verwertung ist ein Heizwert größer 11 MJ/kg vorgeschrieben (§6 KrW-/AbfG). Das nutzen auch die Papierwerke zur Deckung ihres eigenen Dampfbedarfs. Die direkte Verbrennung der Papierschlämme ist aber auf Grund ihrer Konsistenz schwierig und erfordert eine Aufbereitung.
Pulpezulauf
Die direkte Verbrennung ist allerdings in Wirbelschichtreaktoren mit Sandfremdbett realisierbar (7 Kap. 12). Bei den Spuckstoffen ist eine Nachsortierung zur Gewinnung der Metallinhalte (Stahl) möglich. Eine Deponierung der Abfälle der Nassaufbereitung ist auf Grund des hohen Organikanteils in Deutschland ohne Aufbereitung nicht mehr möglich. Es werden deshalb verschiedene Verwertungswege genutzt [139]: 5 energetische Verwertung in der Papierfabrik, 5 Aufbereitung zu Ersatzbrennstoffen (7 Kap. 12), 5 Zusatz der Papierschlämme in Kompostieranlagen, 5 Strukturverbesserung von Böden (Papierschlämme), 5 Zusatz bei der Ziegelherstellung (Porosierungsmittel). Ein gewisser Teil der Fremdstoffe und feine Fasern finden sich auch in den Kreislaufwässern und im Abwasser. Die erforderliche Kreislaufwasserund Abwasseraufbereitung liefert deshalb weitere Schlämme, die ebenfalls höhere Organikanteile aufweisen.
8.4
Recycling von Verbundverpackungen
Verbunde sind Materialkombinationen. Der überwiegende Teil der verwendeten Verbundverpackungen sind die Getränkekartons, die zu 75 % aus Papier/Pappe bestehen und beidseitig mit einer PEFolie (Masseanteil 20 %) sowie auf der Innenseite
zusätzlich mit einer Al-Folie (ca. 6 μm stark, 5 % Masseanteil) beschichtet sind. Das Recycling konzentriert sich auf die Gewinnung der hochwertigen, reißfesten Zellstofffasern. Voraussetzung für das Recycling von Getränkekartons ist der Einsatz einer von Fremdabfall befreiten Getränkekartonfraktion. Das erreicht man durch die getrennte Erfassung der DSD-Materialien und eine nachfolgende Aussortierung der Getränkekartons. Diese Trockensortierung erfolgt auf Lesebändern, die zunehmend mit einer automatischen Sortiertechnik auf Basis von NIR-Sensorik ausgerüstet sind (7 Abschn. 8.2 und 7 Abschn. 3.4.6 sowie . Abb. 3.13). Die aussortierten Getränkekartons werden zu Ballen gepresst und dann in Papierfabriken verarbeitet. Die Recyclingtechnologie entspricht weitgehend der erprobten Nassaufbereitung von Altpapier. In einer Vorstufe müssen die Getränkekartons aber geshreddert werden, um das von den PE- und Al-Folien umhüllte Papier für den Löseprozess zugängig zu machen. Für das Auflösen des Verbundes und des Papieranteils in Wasser verwendet man Trommelpulper. Durch die Drehbewegung und die Scherkräfte von stationären Einbauten wird der Materialverbund von PE- und Al-Folie vom Papier getrennt und das Papier in einen Faserbrei verwandelt. Dieser Faserbrei wird durch kleine Öffnungen in der Trommelwand ausgeschwemmt, während der Restverbund PE/Al in der Trommel verbleibt und am Trommelende getrennt ausgetragen wird. Die Verarbeitung des gewonnenen Faserbreis erfolgt dann nach den oben beschriebenen Methoden der Nassaufbereitung von Altpapier, wobei ein geringerer Aufwand für Sortierung und Reinigung, z. B. kein Deinking, erforderlich ist. Für die Verwertung des Restverbundes PE/Al sind zwei Verfahren im Einsatz. In Deutschland setzt man diesen Abfall im Zementofen zu und nutzt den Heizwert des PE. Das Al wird dabei im Zementofen zu Oxid oxidiert und als Zementrohstoff genutzt. Eine finnische Firma unterwirft den Restverbund PE/Al einer thermischen Behandlung bei 400 °C, vergast dabei das PE und verwendet das Gas zur Erzeugung von Prozesswärme. Die Al-Folie bleibt in metallischer Form zurück und ist als Al-Schrott vermarktbar [40]. Die aufwendige Trennung des Verbundkartons kann man vermeiden, wenn man auf die Herstellung von Pressplatten für die Möbelindustrie orientiert. Da-
8
227
8.5 • Grenzen und Chancen des Altpapierrecyclings
. Tab. 8.2 Rohstoff- und Energieeinsatz für Frischfaserpapier und Recyclingpapier Rohstoff- und Energieverbrauch
Recyclingpapier 500 Blatt
Altpapier
2,8 kg
Holz
Frischfaserpapier 500 Blatt
7,5 kg
Wasser
51,1 l
130,2 l
Energie
10,5 kWh
26,8 kWh
CO2-Emissionen
2,2 kg
2,6 kg
für muss man die Getränkekartons häckseln und zu 5 mm kleinen Chips aufmahlen. Durch gleichzeitiges Erhitzen und Pressen der Chips erhält man Pressplatten unterschiedlicher Stärke.
8.5
Grenzen und Chancen des Altpapierrecyclings
Die ständige Steigerung der Altpapiereinsatzquote in der Papierindustrie ist eine Erfolgsgeschichte des Recyclings. Für Deutschland sind 2003 ca. 67 % Altpapieranteil im Rohstoffeinsatz ermittelt. Es existieren allerdings technische Grenzen, da jeder Recyclingzyklus die Faserqualität vermindert. Die Faserlänge nimmt ab und die Festigkeit der Fasern verringert sich. Man schätzt, dass 5…8 Recyclingdurchläufe möglich sind. Außerdem ist der Einsatz von Sekundärfasern bei einigen Papierqualitäten beschränkt. Bei Zeitungen können 100 % und bei Pappen und Kartonagen 95 % Sekundärfasern Verwendung finden. Hygienepapiere lassen 74 % und Spezialpapiere bis 40 % zu. Bei graphischen Papieren sind Einsatzquoten von 44 % erreicht, die noch ein Erhöhungspotential besitzen, was vor allem durch bessere sortenreine Sammlung und die weitere Verbesserung der Aufbereitungstechnologien möglich wäre [135]. Der Nutzen des Papierrecyclings besteht vorrangig in der Ressourcenschonung (Holz) und zusätzlich ergeben sich Einsparungen an Wasser und Energie und damit geringere CO2Emissionen (. Tab. 8.2).
229
9
Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen 9.1
Recycling von organischen Lösemitteln und lösemittelhaltigen Abfällen – 230
9.1.1 9.1.2
Destillation von Lösemitteln – 231 Recycling von Lacken – 233
9.2
Recycling von Mineralölen – 236
9.2.1 9.2.2
9.2.5
Mechanische Rekonditionierung gering verunreinigter Altöle – 237 Physikalisch-chemische Verfahren zur Regeneration von Altölen zu Grundölen – 238 Aufarbeitung von Altöl zu Heizöl und Fluxöl – 240 Umarbeitung von Altöl in Synthesegas oder Einsatz als Reduktionsmittel im Hochofen – 241 Auftrennung von Mineralöl-Wasser-Mischungen und Emulsionen – 241
9.3
Lösemittelrückgewinnung aus Dämpfen und Abluft – 244
9.3.1 9.3.2 9.3.3 9.3.4
Rückgewinnung durch Kondensation – 244 Rückgewinnung durch Absorption – 245 Rückgewinnung durch Adsorption – 246 Rückgewinnung durch Gaspermeation – 246
9.4
Recycling von Abfallsäuren und Beizlösungen – 247
9.2.3 9.2.4
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_9, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
230
9
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
In diesem Abschnitt wird die Recyclingtechnik von Stoffen behandelt, die den Stoffgruppen metallische Werkstoffe, metallhaltige Abfälle und metallhaltige Lösungen sowie Polymere, Glas, Keramik, Baustoffe und Papier/Pappe nicht zuzuordnen sind. Es handelt sich dabei in einer ersten Gruppe um organische Stoffe (organische Lösemittel, Mineralöle, Alkohole, Kältemittel, Treibmittel usw.) und um Mischungen organischer Lösemittel oder Öle mit Klebstoffen, Fetten, Harzen, Pigmenten, Tensiden, Additiven und Wasser (Farben, Lacke, Kühlschmiermittel, Emulsionen, Gefrierschutzmittel). In einer zweiten Gruppe sollen ausgewählte anorganische Stoffe besprochen werden, wie Abfallsäuren und Beizlösungen. In beiden Gruppen fallen die Stoffe ganz überwiegend im flüssigen Zustand an, aber auch als Schlämme. In wenigen Fällen sind auch Gase und Dämpfe zu betrachten. Es wird in diesem Buch nur auf solche Stoffe eingegangen, die von der chemischen Industrie in größeren Mengen für die Verwendung im Gewerbe und bei Konsumenten produziert werden. Spezielle Lösemittel, die in der Industrie im inneren Kreislauf verbleiben, finden keine Berücksichtigung. Die wässrigen Lösungen von Metallverbindungen wurden zweckmäßigerweise bereits in den Abschnitten für die jeweiligen Metalle mit behandelt, weil es sich dabei überwiegend um die Abtrennung und das Recycling der Metalle oder der Metallverbindungen aus diesen wässrigen Lösungen handelt und nicht um die Regeneration oder das Recycling einer Flüssigkeit, Suspension oder Emulsion.
9.1
Recycling von organischen Lösemitteln und lösemittelhaltigen Abfällen
Wie allgemein üblich wird im weiteren Text für die exakte Bezeichnung »organische Lösemittel« nur noch der verkürzte Begriff »Lösemittel« verwendet. Lösemittel sind für eine Vielzahl von Anwendungsfällen unverzichtbar. Für den deutschen Lösemittelmarkt ist eine Masseverteilung auf die Einsatzgebiete bekannt [143]: 5 46 % Lacke und andere Beschichtungsmittel, 5 12 % Kosmetika, Haushalt- und Autopflegemittel,
5 5 5 5
9 % pharmazeutische Produkte, 6 % Druckfarben, 6 % Klebstoffe, 4 % Reinigungsmittel, Abbeizmittel.
Auf Grund der großen Anzahl der verschiedenen Lösemittel ist deren vollständige Berücksichtigung im Rahmen dieses Buches nicht möglich und auch nicht sinnvoll. In . Tab. 9.1 sind deshalb nur ausgewählte Lösemittel aufgeführt. Die Angaben zu den bevorzugten Einsatzgebieten ermöglichen eine weitere Einschätzung der eingesetzten Mengen und liefern damit die erforderliche Information für die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Recyclings. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Notwendigkeit eines Recyclings ist die Bewertung der Giftigkeit und des Umweltverhaltens (Persistenz, Klimaschädigung, Ozonloch). In dieser Hinsicht sind alle halogenierten organischen Stoffe (organische Cl-, F- und Br-Verbindungen) sehr negativ einzustufen. Das führte zu einer ganzen Reihe von Verboten und Beschränkungen für diese halogenierten organischen Stoffe (FCKW, TRI, PCB usw.). Wegen dieser Umweltschädigung stand zunächst die Vermeidung des Eintrages der Lösemittel in Gewässer, Boden und Luft im Vordergrund. Erst allmählich gewann der Recyclingaspekt an Bedeutung, der zur Ressourcenschonung dient und auch einen finanziellen Deckungsbeitrag (Erlöse für die Recyclingprodukte) für die häufig teuren Verfahren der Behandlung der Abfalllösungen und Abgase liefert. Die möglichen und eingesetzten Verfahrenstechniken für das Recycling von Lösemitteln wurden bereits im verfahrenstechnischen 7 Abschn. 4.2.3 vorgestellt. Folgende Verfahrenstechniken sind dort angeführt: 5 Filtration (Abtrennung fester Verunreinigungen), 5 Ultrafiltration (Emulsionstrennung, Aufbereitung von Lacken), 5 Emulsionsspaltung, 5 Destillation und Rektifikation (Trennung und Reinigung von Lösemitteln), 5 Sorptionsverfahren für flüssige und gasförmige Stoffe. Für diese Verfahren wurden in 7 Abschn. 4.2.3 auch die physikalisch-chemischen Grundlagen und die
9.1 • Recycling von organischen Lösemitteln und lösemittelhaltigen Abfällen
231
9
. Tab. 9.1 Wichtige verwendete Lösemittel und deren Einsatzgebiete [140] [141] Organische Lösemittel
Einsatzgebiete
Benzine, TRI, PER, ME, TCE
Entfettung von Metall, Leder, Wolle
Benzine, TRI, Tetra
Chemische Reinigung
Ethylazetat, Butylazetat, ME, Ketone, Ethanol, Propanol, Benzol, Toluol, Xylol, Tetrahydrofuran
Lackindustrie, Klebstoffherstellung, Druckindustrie
FCKW
Kältemaschinen, Treibgas für Spray, Treibmittel (PURSchaum)
Alkohole, Ester
Kosmetikprodukte, Gefrierschutzmittel
Hexan, ME
Lebensmittelextraktion, Schleifspanentölung, Pulverspritzgießen
ME
Treibmittel (PUR-Schaum)
TRI = Trichlorethylen; PER = Perchlorethylen; ME = Methylenchlorid; TCE = Trichlorethan; Tetra = Tetrachlorkohlenstoff ; FCKW = Fluorchlorkohlenwasserstoff
prinzipielle apparative Gestaltung beschrieben. Die Adsorptionsverfahren für Lösemittel wurden ebenfalls in 7 Abschn. 4.2.3 ausreichend abgehandelt und bedürfen im vorliegenden Abschnitt keiner weiteren Spezifikation.
9.1.1
Destillation von Lösemitteln
Die Destillation ist das am häufigsten eingesetzte Recyclingverfahren für verunreinigte Lösemittel, weil auf Grund sehr unterschiedlicher Siedepunkte der Lösemittel und des Wassers eine effektive spezifische Abtrennung der Lösemittel gelingt und gleichzeitig vorhandene Verunreinigungen (Feststoffe oder gelöste Stoffe) im Destillationssumpf zurückbleiben. Die physikalischen Grundlagen der Destillation und Rektifikation sind in 7 Abschn. 4.2.3 und . Abb. 4.11 erläutert. Die Verfahrenstechnik und die Apparatetechnik sind in . Abb. 4.12 skizziert. Für verunreinigte sortenreine Lösemittel kommt die einfache Destillation zum Einsatz. Für die notwendige Beheizung der Destillationsblase setzt man Wärmeträger (Thermoöl, Heißwasser, Dampf) ein. Bei der Erhitzung der verunreinigten Lösemittel in der Destillationsblase kann bei empfindlichen Stoffkomponenten eine thermische Zersetzung stattfinden. Um solche Zersetzungen
zu vermeiden, arbeitet man unter Vakuum, erreicht dadurch eine Absenkung der Siedetemperatur der Lösemittel und die notwendige Arbeitstemperatur in der Destillationsblase wird deutlich erniedrigt. Das Vakuum erzeugt man mit einer geeigneten Vakuumpumpe, die die Lösemitteldämpfe über einen Kondensator absaugt. Durch die Abwesenheit von störenden Komponenten (Luft, Inertgas) ergibt sich zusätzlich ein idealer Wärmeübergang im Kühler und damit eine effiziente Kondensation des Lösemittels. Den apparativen Aufbau einer Vakuumdestillation zeigt . Abb. 9.1. Die Vakuumdestillation ermöglicht die Destillation von Lösemitteln bis zu einem Siedepunkt von 290 °C. Bei weitgehend feststofffreien Altlösemitteln kann anstelle einer Destillationsblase ein Dünnschichtverdampfer zur Anwendung kommen. Dabei erfolgt die Verdampfung aus einem mechanisch erzeugten, turbulenten Flüssigkeitsfilm, der auf der Innenfläche eines von außen beheizten Hohlzylinders erzeugt wird. Die kompletten Vakuumdestillationsanlagen werden von den Apparatebaufirmen in sehr unterschiedlichen Größen angeboten, um ein unmittelbares Recycling der gebrauchten Lösemittel in den Unternehmen (am Anfallort) zu ermöglichen. Eine kleine Anlage besitzt z. B. eine Blase für 30 Liter Füllmenge und erreicht mit 5 kW Heizleistung eine Destillationsleistung von 8…20 l/h [141]. Kom-
232
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
Verschmutzte Lösemittel
Vorwärmer
Vakuumpumpe
Dampf Kühler
Destillationsblase
Rückstand (Sumpf)
Heizung Destillat
. Abb. 9.1 Vakuumdestillation für verschmutzte organische Lösemittel [141].
9
paktanlagen mit einer 3000-Liter-Blase (100 kW Heizleistung) gestatten Destillationsleistungen von 300…800 l/h [141]. Die Destillation direkt am Anfallort hat erhebliche Vorteile: 5 keine Vermischung mit betriebsfremden Stoffen und Lösemitteln, 5 Minimierung der Lösemittelvorräte, 5 Einsparung von Lagerbehältern für verschmutzte Lösemittel. In Unterschied dazu verlangt die zentralisierte Lösemitteldestillation durch Recyclingfirmen neben der Zwischenlagerung am Anfallort stoffspezifische Transportlogistik, analytische Untersuchung der Lösemittelposten und der Destillate sowie evtl. zusätzliche Aufwendungen für die destillative Trennung von vermischten Lösemitteln. Bei der Destillation verschmutzter Lösemittel gewinnt man im Durchschnitt 70 % der Lösemittel in verwendungsfähiger Qualität. In den Destillationsrückständen verbleiben ca. 30 % der Lösemittel. Dieser Rückstand wird der energetischen Verwertung zugeführt. Der effektive Einsatz der Lösemitteldestillation soll anhand von einigen industriellen Anwendungen deutlich gemacht werden. z
Recycling von Gefrierschutzmittel
Als Gefrierschutzmittel sind Mischungen aus Ethylenglykol und Wasser für Kfz-Kühlwasser, Enteisungsmittel und Bremsflüssigkeit im Einsatz. Als
Abfalllösung fallen sie überwiegend in Kfz-Werkstätten an. Gebrauchtes Kühlwasser besteht zu 60 % aus Wasser, 35 % aus Glykol sowie 5 % aus Korrosionsinhibitoren, Öl und Schlamm. Ethylenglykol hat einen Siedepunkt von 197,3 °C und ist mit Wasser unbegrenzt mischbar. Durch Destillation ist aus der Mischung das Wasser vollständig abzutrennen. Die Verwertung erfordert allerdings eine weitgehend sortenreine Sammlung (Aushaltung von Reinigungsmitteln, Lösemitteln, Öl). Das Recyclingverfahren besteht aus folgenden Verfahrensstufen: 5 mechanische Abtrennung von Feststoffen und Schlämmen sowie Altöl, 5 zweistufige Destillation im Dünnschichtverdampfer, 5 Nachreinigung der Produkte Glykol und Wasser. Die Destillation liefert ein 99%iges Glykol, das als Gefrierschutzmittel erneut verwendbar ist [142]. z
Lösemitteleinsatz und destillative Rückgewinnung bei der Abtrennung von Kühlschmierstoffen aus Metallspänen
Bei jeder spanenden Bearbeitung von Metallen (Bohren, Drehen, Schleifen) entstehen Metallspäne und Schleifschlämme mit erheblichen Gehalten an Kühlschmierstoffen (KSS). Die Trennung der Metallspäne von den KSS gelingt durch Filtration nur unvollständig (Restölgehalt ca. 40 %). Zur Rückgewinnung der Metalle sind vor dem Einschmelzen eine vollständige Entölung und nachfolgende Kompaktierung (Herstellung von Presslingen) der Späne erforderlich (7 Abschn. 3.5). Eine vollständige Entölung erreicht man durch Extraktion des Öls mit dem Lösemittel Hexan, das alle auf Ölen und Estern (auch nativen) basierende KSS löst. Für diese Extraktion verwendet man eine verschließbare Extraktionskammer, in die ein Korb mit den KSShaltigen Metallspänen eingeschoben und danach mit Hexan geflutet wird. Nach einer bestimmten Einwirkzeit kann ein Hexan-Öl-Gemisch in eine Destillationsblase abgelassen werden. Durch Vakuumdestillation ist nachfolgend das Öl-Hexan-Gemisch vollständig trennbar und man gewinnt als Destillationsrückstand einen Kühlschmierstoff mit unveränderter Qualität einschließlich Erhaltung der Additive. Das abgetrennte Hexan kann unbe-
9.1 • Recycling von organischen Lösemitteln und lösemittelhaltigen Abfällen
grenzt im Kreislauf verwendet werden. Die Extraktionsstufe muss bis zu dreimal wiederholt werden. Danach erhitzt man die Extraktionskammer und verdampft das an den Metallspänen noch anhaftende Lösemittel [141]. z
Lösemitteleinsatz und destillative Rückgewinnung bei der Extraktion organischer Binder beim Pulverspritzgießen
Beim Pulverspritzgießen (Powder Injection Molding, PIM) müssen die Metall- oder Keramikpulver mit einem organischen Binder ummantelt werden. Anschließend kann das Einspritzen der Masse in die Formen stattfinden und danach das Erstarren zu den »Grünlingen«. Vor der abschließenden Sinterung muss der Binder aus den »Grünlingen« durch Lösemittelextraktion entfernt werden. Aus dem Extrakt gelingt das Recycling des Lösemittels durch Vakuumdestillation.
9.1.2
Recycling von Lacken
Lacke sind wichtige Beschichtungsstoffe für Oberflächen. Bei den Beschichtungsverfahren (Spritzen, Tauchen, Streichen) fallen erhebliche Anteile der Lacke als flüssige Lackabfälle in Emballagen, als Overspray und bei Tauchbadwechsel an. Mit Overspray bezeichnet man den beim Spritzverfahren nicht auf dem Werkstück haftenden Lacktröpfchenanteil. Dazu kommen Reinigungsflüssigkeiten aus der Reinigung der Lackiergeräte und der Behälter sowie vor allem lösemittelhaltige Abluft aus der Lackierstufe und der Lacktrocknung. Alle diese Abfälle müssen entsorgt bzw. möglichst recycelt werden. Die Lacke bestehen aus einer Vielzahl von Komponenten [143]: 5 Bindemittel: Das sind vor allem die Filmbildner, die durch chemische Veränderung den Film ausbilden (Alkydharze und Öle) oder eine physikalische Filmbildung gewährleisten (Zellulosederivate, Vinylpolimerisate, Acrylpolimerisate, Silikonharze, Chlorkautschuk). Zu den Bindemitteln gehören auch Weichmacher (Phtalate) und Additive (Netzmittel, Emulgatoren). Die Bindemittel sind in den organischen Lösemitteln löslich. Bei Wasser-
233
9
lacken müssen wasserlösliche Kunstharze verwendet werden. 5 Farbmittel: Das sind unlösliche anorganische und organische Stoffe (z. B. Titandioxid) sowie organische Farbstoffe. 5 Füllstoffe (z. B. Schwerspat), Korrosionsschutzmittel (Zinkphosphat, Zinkstaub) und Effektkomponenten (Aluminiumpulver, Glaskügelchen). 5 Lösemittel (ca. 80 % der Lackmasse) für die Binder und Verdünnungsmittel für die Lacksuspension sowie als Hilfsmittel der Filmbildung. Man verwendet vorwiegend organische Lösemittel (aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, Ester, Alkohole, Ketone, Ether, Chlorkohlenwasserstoffe) und z. T. Wasser (Wasserlacke, wässrige Dispersionsfarben). Zur Reduzierung der Mengen an organischen Lösemitteln und vor allem der lösemittelhaltigen Abluft aus der Lacktrocknung wurden die »umweltfreundlichen« Wasserlacke entwickelt. Diese enthalten als verdunstende Komponenten nur 5…20 % organische Lösemittel und mindestens 80 % Wasser. Die Wasserlacke haben außerdem den Vorteil einer einfacheren Rückgewinnung des Oversprays bzw. dessen Verarbeitung, weil der Overspray mit Wasser ausgewaschen wird. Letzteres wird unten erläutert. z
Lackrecycling bei der Spritzapplikation
Das Spritzverfahren ist das verbreitetste Beschichtungsverfahren für wasserfreie Lacke und Wasserlacke. Der Auftragswirkungsgrad auf die zu lackierenden Teile beträgt zwischen 25 % (Druckluftverdüsung) und 70 % (Verdüsung ohne Luft, Airless), d. h., es fallen erhebliche Anteile des Lackes als Overspray an. In . Abb. 9.2 ist der prinzipielle Aufbau einer Spritzkabine mit Abscheidevorrichtungen für Overspray skizziert, wie sie für die Verarbeitung von wasserfreien Lacken typisch ist [140] [142]. Ein Teil des Oversprays kann auf Flächen aufgefangen werden, die hinter dem Werkstück angeordnet sind. Diese Flächen bildet man als rotierende Scheiben, rotierende Zylinder oder umlaufende Bänder aus, die mit einem Lackabstreifer versehen sind. Zusätzlich kann man auf diese Flächen Lösemittel aufsprühen, um den Overspray flüssig zu halten. Dieser Anteil des Oversprays kann nach
234
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
Abluft
Wasser Wäscher
Luft Wasserschleier
Luftschleier
. Abb. 9.2 Spritzkabine mit Abscheidevorrichtungen für Overspray [140] [142].
Lösemittel Lackabscheider Werkstück
Frischlack Spritzdüse Spritzkabine Wasserrücklauf
Lackaufbereitung
Filterwand Klärbehälter
Lackkoagulat
9 Konditionierung direkt wieder dem Frischlack zugesetzt werden. Ein weiterer Teil des Oversprays wird durch einen Wasserschleier aus der Kabinenabluft abgeschieden. Diesem Waschwasser sind zum Entkleben des Lacks Koagulierungsmittel zugesetzt, so dass sich ein Lackkoagulat bildet. Das Waschwasser und das Koagulat sammeln sich im Klärsee. Die Teilentwässerung ergibt dann ein Lackkoagulat mit ca. 60 % Wasser (sog. »Lackschlamm«). Die in der Spritzkabine entstehenden Lacknebel nimmt die Abluft auf. Die Abluft wird dann in einem Wäscher gereinigt. . Abb. 9.3 zeigt eine Massenverteilung der Lackkomponenten unter der Annahme eines 50%igen Auftragswirkungsgrads [142] [132].
Da bei Wasserlacken durch die wässrigen Auswaschverfahren keine Verklebung von Lackteilchen auftreten kann, ist auch der Zusatz von Koagulationsmitteln zum Waschwasser nicht erforderlich. Dadurch verändert man auch nicht die Lackzusammensetzung und die Lackrückgewinnung erfordert ausschließlich eine Aufkonzentrierung. Dafür kann sehr effektiv die Ultrafiltration Anwendung finden. Eine grundlegende Vorbedingung für das Recycling von Lackabfällen (wasserfreie Lacke und Wasserlacke) zu Recyclinglacken ist allerdings die konsequente Trennung unterschiedlicher Lackfarben und verschiedener Lacktypen, was einen hohen Aufwand erfordert. z
z
Rückgewinnung des Oversprays bei der Verarbeitung von Wasserlacken
Bei Wasserlacken sind folgende Maßnahmen anwendbar [143]: 5 lackbeflutete Spritzkabinenwände (Lack-inLack-Auffangtechnik), die die Overspraytröpfchen sehr effektiv binden und nur noch einen Lacknebel in die Abluft eintragen; 5 gekühlte Auffangflächen, die durch Kondensation der Luftfeuchtigkeit einen geschlossenen Wasserfilm auf den Auffangflächen bilden.
Stoffliche Verwertung der Lackkoagulate
Die Verwertung des Oversprays wasserfreier Lacke erfordert erhebliche Aufwendungen. Man unterscheidet zwischen zwei grundsätzlichen Wegen: 1. die Verarbeitung zu Recyclinglacken oder Lackrohstoffen (Bindemittel und Pigmente/ Füllstoffe), 2. die externe Verwertung. Beide Wege übernehmen meist spezielle Recyclingfirmen. Die Verwertung zu Recyclinglack und Lackrohstoffen erfordert eine enge Zusammenarbeit der Recyclingfirmen mit den Lackierbetrieben und den
9.1 • Recycling von organischen Lösemitteln und lösemittelhaltigen Abfällen
. Abb. 9.3 Massenverteilung bei der Spritzlackierung wasserfreier Lacke [142] [132].
Lackvorlaufen 25 kg/h mit Feststoff 12,5 kg/h, Lösemittel 12,5 kg/h
Feststoff auf das Werkstück 6,25 kg/h
9
235
Werkstück mit 6,25 kg/h Lack
Lösemittel in die Abluft 11,6 kg/h Overspray mit 6,25 kg/h Feststoff und 0,8 kg/h Lösemittel
Lackherstellern zur garantierten Trennung unterschiedlicher Lacksorten. Bei den Lackierbetrieben müssen z. B. spezielle Koagulationsmittel eingesetzt werden, die mit den Bindemitteln nicht reagieren (Metallsalze, Polyelektrolyte) [143]. Herstellung von Recyclinglack aus Lackkoagulaten
Dafür ist z. B. das Envilack-Verfahren geeignet [142], das mit den Stufen Koagulatentwässerung durch Auskneten des Wassers in Knetapparaten, Zumischung von organischem Lösemittel, Abfiltration von gröberen Feststoffen arbeitet. Das Produkt ist ein Recyclinglack. Das Repaint-Verfahren [144] kann Recyclinglacke erzeugen, wenn sortenreine Lackkoagulate (nach Bindemitteltypen getrennt und unter Verwendung bindemittelverträglicher Koagulierungsmittel) eingesetzt werden. Die speziellen Aufbereitungsschritte sind nicht veröffentlicht. Komponentenverwertung der Lackkoagulate aus vermischten Lacksorten Für solche Mischabfälle
kommt das Isodry-Verfahren [144] zum Einsatz. Es nutzt einen speziellen Trocknungsprozess, bei dem ein Lösemittel/Wassergemisch abgedampft wird und ein Trockengut (Bindemittel, Pigmente, Füllstoffe) entsteht. Nach Vermahlung des Trockengutes ist dieses als Ersatzbrennstoff und Mineralzuschlag in Zementöfen verwendbar oder als Reduktionsmittel in Hochöfen (7 Abschn. 6.5.5). Das Lösemittel/Wassergemisch wird stofflich genutzt. Die beschriebenen Verfahren der stofflichen Verwertung von Lackkoagulaten reduzieren die Notwendigkeit der Verbrennung von Lackkoagulaten in Sonderabfall-Verbrennungsanlagen deutlich. Dort nutzt man nur den Energieinhalt der
Lackkoagulat 17,4 kg/h (54 % Wasser)
Abluft mit 11,6 kg/h Lösemittel Wasser 9,38 kg/h, Koagulationsmittel 1 kg/h
Löse- und Bindemittel und produziert außerdem eine deponiebedürftige Asche oder Schlacke. z
Konditionierung von Lackkoagulaten
Die direkte Verbrennung von gemischten Lackkoagulaten ist wegen der schlammförmigen Konsistenz und dem Anteil an Lösemitten nur in Drehrohröfen von Sonderabfall-Verbrennungsanlagen technisch und abfallrechtlich möglich. Die energetische Verwertung in einem Kohlekraftwerk erfordert dagegen eine Konditionierung der Lackkoagulate zu einem dosierfähigen Feststoffpulver und die Abtrennung der Lösemittel. Ein solches Aufbereitungsverfahren hat die Volkswagen AG entwickelt, um die konditionierten Lackkoagulate in einem betriebseigenen Kohlekraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung energetisch zu verwerten. Die Aufbereitung der »Lackschlämme« verwendet folgende Verfahrensstufen und Apparate [145]: 5 mechanische Vorentwässerung und Homogenisierung in Rührwerken, 5 kontinuierliche Trocknung in einem indirekt beheizten Knetkontakttrockner mit Selbstreinigung bei ca. 200 °C, Kühlung des Produktes in einer gekühlten Austragsschnecke auf ca. 50 °C, 5 Kondensation der Dämpfe, Nachverbrennung der Abluft, 5 Phasentrennung des Kondensates in einem Dekanter in eine organische Phase und eine Wasser-Alkohol-Phase, 5 Verwertung der Wasser-Alkohol-Phase in der Denitrifikationsstufe einer Kläranlage, 5 Siebung und Aufmahlung des Trockengutes zu einem Pulver,
236
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
5 Verbrennung des Pulvers (23 MJ/kg) und der organischen Phase (35 MJ/kg) in einer Staubfeuerung. Der Energiebedarf der Aufbereitung beträgt nur 9 % des Heizwertes der Produkte. Die verbleibenden 91 % werden energetisch genutzt. Diese energetische Ausbeute ergibt sich aus der Massenverteilung des Aufbereitungsverfahrens und dem Heizwert der Produkte nach folgendem Beispiel [145]: 5 Vorlaufen: 1 t Lackschlamm mit ca. 350 kg Feststoff und 650 kg Wasser + Lösemittel. 5 Ausbringen: 417 kg Wasser in der Vorentwässerung; 215 kg Wasser/Lösemitteldampf; 368 kg Granulat (4,9 % Wasser + Lösemittel); 18 kg Lösemittel bei der Kondensation des Dampfes.
9
z
Recycling der Spül- und Reinigungslösungen der Lackierbetriebe
Als Reinigungslösungen dienen organische Lösemittel, die danach mit ca. 10 % Lack belastet sind. Mit einer einfachen Destillation solcher Spüllösungen kann man nur 80 % des Lösemittels austreiben, um eine Anbackung des Sumpfes in der Blase sicher zu vermeiden. Deshalb trennt man beim Recoat-Verfahren [144] zunächst sedimentierbare Feststoffe ab, setzt danach Koagulationsmittel zu und erhält nochmals eine abtrennbare Feststofffraktion. Es verbleibt ein völlig pigmentfreies Lösemittel/ Bindemittelgemisch, aus dem der Überschuss des Lösemittels durch Vakuumdestillation gewonnen wird, bei der durch Temperaturen unter 50 °C Zersetzungsprozesse des Bindemittels ausgeschlossen sind. Der Sumpf ist ein verkaufsfähiges Bindemittel/Lösemittel-Gemisch. Es wird folgende Massenbilanz für das Recoat-Verfahren angegeben [144]: 5 Vorlaufen: Reinigungslösung mit 10 % Lack, 1000 kg. 5 Ausbringen: Organische Lösemittel 800 kg; Lösemittel/Bindemittel-Gemisch mit 40 % Bindemittel, 150 kg; Pigment/Füllstoff-Gemisch 50 kg. Eine weitere Variante der Vakuumdestillation von lackbelasteten Lösemitteln ist das Resolve-T-Verfahren [144]. Durch Zusatz eines speziellen Additivs in die Destillationsblase wird das Verkleben der Lack-
partikel verhindert. Man kann dadurch das Lösemittel vollständig ausdampfen und erhält einen rieselfähigen, völlig entklebten Lackrückstand. Dieser Trockenrückstand besteht aus den energiereichen Bindemitteln (ca. 25 MJ/kg), den Pigmenten und Füllstoffen und kann als Reduktionsmittel in Hochöfen eingeblasen werden (7 Abschn. 6.5.5). Der Trockenrückstand ist auch als Energieträger in Zementöfen oder für die Synthesegaserzeugung nutzbar.
9.2
Recycling von Mineralölen
Mineralöle bestehen im Wesentlichen aus flüssigen Gemischen gesättigter Kohlenwasserstoffe, die durch Destillation und Raffination aus mineralischen Rohstoffen (Erdöl, Kohlen) gewonnen wurden. Man unterscheidet zwei Grundtypen von Grundölen (auch Basisöle): 1. paraffinbasische Grundöle (Paraffinkohlenwasserstoffe), 2. naphtenbasische Grundöle (aromatische Kohlenwasserstoffe und Cycloparaffine). Die Mineralöle muss man grundsätzlich von den Pflanzenölen unterscheiden, die aus flüssigen Triglyceriden (Fettsäureester des Glycerol) bestehen. Für die vielfältigen Einsatzgebiete der Mineralöle als Schmierstoffe sind zahlreiche spezifische Ölsorten entwickelt worden: Maschinenschmieröl, Motorenöl, Getriebeöl, Walzöl, Kompressorenöl, Hydrauliköl, Elektroisolieröl (Trafoöl, Schalteröl), Wärmeträgeröl, Metallbearbeitungsöl (Kühlschmierstoffe), Korrosionsschutzöl. Diese Ölsorten unterscheiden sich in ihrer stofflichen Zusammensetzung (Art der Kohlenwasserstoffe) und den zugesetzten Additiven und Wirkstoffen, um vor allem bestimmte Viskositäten und thermische bzw. Oxidationsbeständigkeiten zu erreichen. Als Additive kommen verschiedene chemische Verbindungsgruppen zum Einsatz: organische Polymere, polare organische Verbindungen (Phenole, Amine), metallorganische Verbindungen (Zinkdialkyldithiophosphat), organische Heteroelementverbindungen (organische Schwefelverbindungen). Auch die Pflanzenöle gewinnen als Grundöle für Schmierstoffe immer mehr an Bedeutung, da sie
237
9.2 • Recycling von Mineralölen
eine gute biologische Abbaubarkeit besitzen. Eine weitere Sorte von Grundölen basiert auf synthetischen Estern (Di-Ester aus Dikarbonsäuren und primären Alkoholen), die für hohe Beanspruchungen geeignet sind und ebenfalls gute biologische Abbaubarkeit besitzen [146]. Der Gebrauch der Öle führt zu ihrer Alterung durch Entstehung von thermischen Crackprodukten, Ruß und verschiedenen Oxidationsprodukten. Außerdem nehmen die Öle Fremdstoffe aus den Einsatzprozessen und den verwendeten Apparaten auf. Solche Fremdstoffe sind partikuläre, emulgierte oder gelöste Verunreinigungen (Metallabrieb, Sand, Wasser, Benzin, Lösemittel, pflanzliche Öle). Infolge zugesetzter Additive weisen Mineralöle außerdem unterschiedliche Gehalte an Schwermetall-, Phosphor-, Schwefel- und Chlorverbindungen auf. Die Aufarbeitung von Ölen mit Chlorgehalten größer 2 g Gesamthalogen/kg oder mehr als 20 mg PCB/kg darf nur erfolgen, wenn diese Schadstoffe dabei nachweisbar zerstört werden (Altölverordnung). Derart verunreinigte und nicht mehr verwendungsfähige Abfallöle bezeichnet man als Altöle. Nach der deutschen Altölverordnung (AltölV) von 2002 sind Altöle Abfälle, die ganz oder teilweise aus Mineralöl, synthetischem oder biogenem Öl bestehen. Im Unterschied dazu sind nach EU-Definition nur mineralische Schmier- und Industrieöle Altöle [146]. Die Altöle sind als Kohlenwasserstoffe oder Ester in erster Linie wertvolle Rohstoffe mit einem hohen Anreiz zur Sammlung, zur Regenerierung, zum Recycling oder zur energetischen Verwertung (Heizwert 40…42 MJ/kg). Andererseits besitzen die Altöle ein hohes Schadstoffpotential beim Eintrag in Gewässer und Böden. Es bestehen also erhebliche ökonomische und ökologische Forderungen zur Sammlung und Verwertung von Altölen, die Veranlassung für Abfallverordnungen waren (europäische Altölrichtlinie, deutsche Altölverordnung, deutsche Förderrichtlinie zur Altölaufbereitung). Die wichtigsten Verwertungswege für Altöle sind folgende: 5 direkte energetische Verwertung als Sekundärbrennstoff in Zementöfen, 5 direkte energetische Verwertung in betrieblichen Altölverbrennungsanlagen bzw. Sonderabfallverbrennungsanlagen, 5 Aufbereitung zu verkaufsfähigem Heizöl, 5 Regeneration zu Grundölen.
9
Die energetische Verwertung wird in 7 Kap. 12 besprochen. z
Sammlung, Lagerung und Transport von Altöl:
Die Mineralöle und mineralölhaltige Flüssigkeiten (z. B. Emulsionen) zählen zu den wassergefährdenden Stoffen und es bestehen deshalb Vorschriften zur vollständigen Sammlung an allen Einsatzstellen, zur Lagerung und zum Transport. Für die Lagerung besteht z. B. die Forderung nach Aufstellung der Behälter in Auffangwannen oder die Verwendung von doppelwandigen Gefäßen. Außerdem sind besondere Maßnahmen zur Verhinderung von Ölbränden notwendig.
9.2.1
Mechanische Rekonditionierung gering verunreinigter Altöle
Wenn das gebrauchte Öl keine Verschlechterung der Öleigenschaften aufweist und nur Verunreinigungen durch Feststoffe (Metallabrieb), Wasser und Schlämme vorliegen, ist eine Rekonditionierung durch mechanische oder adsorptive Reinigung oft ausreichend. Für die mechanische Reinigung kommen die bekannten Verfahren der Fest-FlüssigTrennung zum Einsatz (Sedimentieren, Filtrieren, Zentrifugieren). Im einfachsten Fall verwendet man eine Sedimentation für gröbere Feststoffe. Die Abtrennung feiner Feststoffpartikel lässt sich nur durch eine Filtration (Papierfilter) erreichen. Diese Reinigungsmethode durch Filtrationen ist häufig in die Ölkreisläufe der Maschinen integriert. Ein Nachteil ist dabei die Entstehung stark ölhaltiger Filterelemente, die einer besonderen Abfallentsorgung bedürfen. Die Filtrationsgeschwindigkeit ist durch Erwärmen des Öls auf 50…80 °C deutlich zu erhöhen, wobei gleichzeitig ölärmere Filterelemente bzw. Rückstände anfallen. Ein optimales Behandlungsverfahren stellt die apparativ aufwendigere Zentrifugiertechnik (Zentrifugen, Dekanter, Separatoren) dar, die neben den Feststoffen auch das Wasser abtrennt. Die zentrifugale Trenntechnik kommt auch als mechanische Vorstufe anschließender Veredlungsverfahren (Destillation) und für die Umarbeitung zu Heizöl (Erhöhung des Heizwertes) in Betracht. Für die adsorptive Reinigung sind Bleicherden (natürliche Silikate) in
238
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
Altöl
Entwässerungskolonne
Thermocrackkolonne
Raffination
H2SO4
Bleichung
. Abb. 9.4 Altölraffination nach dem Schwefelsäure/BleicherdeVerfahren mit Thermocrackstufe [146].
Fraktionierkolonne
Bleicherde
Verdampfer Wasser, Fluxöl Leichtsieder
Säureharz
Filterpresse
Grundöl
Neutralöl
Gasöl
9 Anwendung. Die Adsorption verwendet ebenfalls Temperaturen von 50…80 °C und hat allerdings den Nachteil, dass auch Additive des Altöls mit abgetrennt werden. Die Regeneration der Bleicherden ist durch eine Glühbehandlung in Wirbelschichtreaktoren möglich.
9.2.2
Physikalisch-chemische Verfahren zur Regeneration von Altölen zu Grundölen
Oxidativ veränderte und stark verschmutzte Altöle müssen in industriellen Raffinationsanlagen behandelt werden, um daraus wieder Grundöle zu gewinnen. Man bezeichnet diese Behandlung als »Zweitraffination«, da sie praktisch dem Verfahren der Primärraffination von Erdöl entspricht. z
Schwefelsäure/Bleicherde-Verfahren
Dieser klassische Prozess besteht aus sechs Stufen [146] (. Abb. 9.4): 1. Sedimentation (Grobentfernung von gröberen Feststoffen und Wasser), 2. atmosphärische Destillation (<250 °C) (Verdampfung von Leichtsiedern und Wasser),
3. Schwefelsäureraffination (konz. H2SO4) unter Ausscheidung eines Säureharzes mit anschließender Kalkneutralisation (Entfernung von Oxidationsprodukten und Additiven), 4. Dekantieren und Filtrieren zur Entfernung des Raffinationsschlammes (Säureharz), 5. Vakuumdestillation (ca. 100 mbar) (fraktionierte Destillation in ein bis zwei leicht- bis mittelviskose Destillatfraktionen und einen Destillationsrückstand), 6. Behandlung der Destillate mit Bleicherde (Nachreinigung, Aufhellung). Die Ausbeute an Recyclingöl beträgt 75…80 %. Dabei entstehen die Sonderabfälle Säureharz und ölbeladene Bleicherde. Letztere kann durch Glühen regeneriert werden. Das Säureharz besteht aus 50 % Öl, Harzen und Asphaltenen und bis 45 % Schwefelsäure. Die Verarbeitung des Säureharzes kann nur in Verbrennungsanlagen erfolgen, die eine nachgeschaltete Verwertung des SO2 ermöglichen [158]. Die Verbesserung des Schwefelsäure/Bleicherde-Verfahrens erreichte man durch eine Thermocrackstufe. Eine Weiterentwicklung dieses Raffinationsverfahrens ist das Verfahren der primären Totalverdampfung [146] mit folgenden Verfahrensstufen:
9
239
9.2 • Recycling von Mineralölen
. Abb. 9.5 Direktkontakthydrierung von Altöl (HyLubeVerfahren) [147].
Altöl Wasserstoff
Mischer
Gaserhitzer
Kreislaufgas
Vorabscheider
Sumpf
Dampf
Vakuumrückstandsstripper
NaOH
Öldämpfe 70…80 %
Wäscher
Hydrierreaktor 60 bar, 300 °C
Heißabscheider
Gas Abwasser
Produktstripper
Fraktionierkolonne
Schweröl
5 Entwässerung des Altöls; 5 Totalverdampfung in einem Rohrreaktor (ca. 340 °C, hohes Vakuum) unter Zusatz von NaOH-Lösung zur Zerstörung von organischen Chlorverbindungen; das Destillat ist ein Schmieröl/Gasöl, der Sumpf ein Heizöl oder Bitumenzuschlagstoff; 5 Schwefelsäureraffination und Bleicherdebehandlung des Destillats (Schmieröl/Gasöl). Diese Verfahrensverbesserung verringert die Menge an Sonderabfall (Säureharz, ölbelastete Bleicherde) auf 13 % des bisherigen Anfalls. z
Hochdruck-Hydrierverfahren [147]
Die Direktkontakthydrierung (HyLube-Prozess) arbeitet in einem Hydrierreaktor mit speziellen Katalysatoren bei Drücken von 60…80 bar und 300…350 °C. Durch chemische und physikalische
Schmieröle
Diesel
Benzin
Umsetzungen werden die Metallverbindungen und die Schwefel-, Stickstoff- und Chlorverbindungen der Additive entfernt und aromatische Verbindungen abgesättigt. Vor dem Hydrierreaktor vermischt man das Altöl mit aufgeheiztem Wasserstoff, wobei 50…70 % des Altöls in die Gasphase übertreten. Ein Separator trennt den Öldampf von dem Verdampfungsrückstand (Sumpf). Die Öldämpfe treten dann in den Hochdruck-Hydrierreaktor ein. Der Sumpf wird in einer Strippkolonne mit Wasserdampf in ein Schweröl und weitere Öldämpfe separiert. Nach der Hydrierstufe trennt man die Ölkomponenten von den Reaktionsprodukten und dem Kreislaufgas, wobei H2S und HCl durch NaOH-Lösung aus dem Gas ausgewaschen werden. Die erhaltene Ölmischung gelangt in eine Fraktionierkolonne, die Schmierölfraktionen unterschiedlicher Viskositäten und als Nebenprodukte Benzin und Diesel liefert (. Abb. 9.5).
240
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
Altöl
Leichtsieder
Hydrierreaktor 250 °C, 95 bar
Wasserstoff NaOH Wäscher
. Abb. 9.6 Altölraffination mit dem Propanextraktionsverfahren [148].
Wasserstoff Separator
Verdampfer Extraktionskolonne 195 °C, 95 bar
Salz
Wasser
Abscheider 110 °C, 18 bar Propan Propan Schweröl
9 z
Grundöl
Extraktionsverfahren mit verdichtetem Propan [148]
Nach einer Vorabtrennung von Leichtsiedern und Wasser leitet man das Altöl mit Hochdruckpumpen in eine Gegenstromextraktionskolonne. Als Extraktionsmittel dient verdichtetes Propan, das bei 95 bar und 150 °C die Ölkomponente extrahiert und von den Feststoffen und einem Schweröl abtrennt. Der am Kopf der Kolonne austretende Extrakt wird danach in einer Hydrierkolonne bei 250 °C mit Wasserstoff vermischt und mit Hilfe eines Katalysators werden die organischen Chlorund die Schwefelverbindungen in HCl und H2S konvertiert. In einem Abscheider reduziert man den Druck auf 18 bar und es bildet sich eine reine Ölphase als Recyclingprodukt und eine Gasphase. Die Gasphase muss in einer Absorptionskolonne mit NaOH-Lösung von den Chlor- und Schwefelverbindungen befreit und in einem Separator in Wasser, Wasserstoff und Propankreislaufgas getrennt werden (. Abb. 9.6).
9.2.3
Aufarbeitung von Altöl zu Heizöl und Fluxöl
Die Verwendung von aufbereiteten Altölen als Heizöle ist in vielen Ländern der weit überwiegende Verwertungsweg. Die verschiedenen anfallenden Altöle entsprechen aber nicht den Qualitätsanforderungen an Heizöle (DIN 51 603-4), da die Gehalte an Schadstoffen (As, Pb, Cd, Cr, Co, Ni und anderen Verbindungen) die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte der Feuerungsanlagen nicht gewährleisten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Aufbereitung. Das Aufbereitungsverfahren muss die Abtrennung des Wassers, der Leichtsieder, der Feststoffe und der Metallverbindungen der Additive ermöglichen und ein Heizöl mit bestimmten Qualitätsanforderungen garantieren: Flammpunkt >61 °C, Heizwert >42 MJ/kg, Wassergehalt <0,2 %, Viskosität (50 °C) <30 mm2/s, Asche <0,05 %. Die Zerstörung der Metallverbindungen erfordert wie bei der Herstellung von Grundölen eine Behandlung mit Schwefelsäure. Das BKM-Verfahren [146] der Altölaufbereitung zu Regelbrennstoff besteht aus vier Verfahrensstufen: 1. Vermischung des erwärmten Altöls mit verdünnter Schwefelsäure und kationischen
241
9.2 • Recycling von Mineralölen
Tensiden zur Bildung einer Drei-Phasen-Dispersion, 2. Dichtetrennung der Dispersion in einem Dekanter in die Phasen Öl, wässrige Lösung (Metallsulfate) und Ölschlamm (Feststoffe und ausgefällte Stoffe), 3. Destillation der Leichtsieder und des Restwassers aus der Ölphase bei <160 °C, 4. Behandlung des Öls mit Bleicherde und Filtration der Bleicherde. Dabei entstehen Ölschlämme und ölbeladene Bleicherde als Abfälle, die in Zementöfen verbrannt werden. Die wässrige Abfalllösung wird in eine Abwasseranlage eingeschleust. Das Ausbringen an verkaufsfähigem Heizöl nach diesem Verfahren beträgt ca. 85 %. An Leichtsiedern fallen 4,3 % an und an Bleicherde und Ölschlamm ca. 4,5 %. Unter Fluxöl versteht man die Fraktionen des Altöls, die über 320 °C sieden und eine hohe Viskosität besitzen (Viskosität bei 50 °C ca. 45…120 mm2/s). Die Fluxöle entstehen z. T. bei der Zweitraffination von Altöl zu Grundöl und/oder werden gezielt aus Altöl hergestellt. Die Einsatzgebiete der Fluxöle sind die Herstellung von Industriebitumen für Dach- und Dichtungsbahnen und Zusatzmaterial bei der Regenerierung von Ausbauasphalt. Für die gezielte Herstellung von Fluxöl aus Altöl sind folgende Verfahrensschritte üblich [146]: 5 mechanische Abtrennung von Feststoffen und Wasser, 5 Abdampfen der Leichtsieder und des Restwassers bei 170 °C, 5 Wasserdampfdestillation (Zusatz von Ammoniakwasser) bis 320 °C. Als Destillat fallen Gasöle und Spindelöle an. Der Sumpf ist das Fluxöl.
9.2.4
Umarbeitung von Altöl in Synthesegas oder Einsatz als Reduktionsmittel im Hochofen
Diese alternativen Verwertungswege entsprechen vollständig den bereits für Abfallkunststoffe ausführlich beschriebenen Verfahren in 7 Abschn. 6.5.4 und 7 Abschn. 6.5.5. Für die Vergasung von Altöl kommt das Flugstromverfahren in Betracht, das in
9
. Abb. 6.19 bereits vorgestellt wurde. Das Einblasen von Altöl in den Hochofen ist dosiertechnisch deutlich einfacher als bei Kunststoffgranulaten (. Abb. 6.20). Für beide Verwertungsverfahren mit Altöleinsatz wurden der Verbleib und die Auswirkungen der Verunreinigungen des Altöls (Metallverbindungen, chlororganische Verbindungen) ausführlich überprüft. Die Metallverbindungen werden vollständig gespalten, der organische Anteil wird vergast und die Metalle werden als Oxide in die Schlacken eingebunden. Die mögliche Bildung von Dioxinen und Furanen wurde eingehend untersucht. Infolge der hohen Prozesstemperaturen und der reduzierenden Gasatmosphäre ist die Bildung von Dioxinen und Furanen ausgeschlossen [146].
9.2.5
Auftrennung von MineralölWasser-Mischungen und Emulsionen
Mineralöle und Wasser sind Flüssigkeiten, die sich nicht ineinander lösen. Mischungen von Mineralölen und Wasser stammen aus der metallverarbeitenden Industrie (Kühlschmierstoffe bei Zerspanungs- und Schleifoperationen) und aus Reparatur-, Reinigungs- und Waschanlagen für Maschinen und Autos sowie aus Entfettungsbädern. Die Altölverordnung (AltölV) rechnet die Bearbeitungsemulsionen, Öle aus Ölabscheidern, ölhaltige Schlämme u. Ä. nicht zu den Altölen. Bei den Mischungen von Mineralölen mit Wasser sind prinzipiell zwei Zustände zu unterscheiden: 1. freie Öle, die als getrennte Phase im Wasser auftreten (ölverunreinigtes Wasser oder wasserverunreinigtes Öl), 2. Emulsionen. Eine Emulsion ist eine Mischung aus zwei ineinander nicht löslichen Flüssigkeiten, wobei die eine Flüssigkeit in Form feinster Tröpfchen (disperse Phase) in der anderen Flüssigkeit (Dispersionsmittel) dispergiert ist. Bei Mineralöl-Wasser-Mischungen muss man zwei Emulsionsformen unterscheiden: Öl-in-Wasser- und Wasser-in-Öl-Emulsionen. Die häufigste Form sind die Öl-in-Wasser-Emulsionen. Die Herstellung der Emulsionen erfolgt durch in-
242
9
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
tensive Vermischung der Flüssigkeiten. Um die Beständigkeit von Emulsionen zu erhöhen oder überhaupt ihre Ausbildung zu ermöglichen, setzt man Emulgatoren (z. B. Natrium-Alkylsulfonat, Fettsäureethylester etc.) zu, die sich an den Grenzflächen der Tröpfchen anlagern und ein Koagulieren der Tröpfchen verhindern. An den Phasengrenzschichten bildet sich zudem eine gleichsinnige elektrische Ladung aus. Außerdem entstehen Emulsionen unbeabsichtigt bei starker Vermischung von Ölen und Wasser in Gegenwart emulsionsfördernder Stoffe (Waschmittel usw.). Abfallemulsionen enthalten etwa 2…10 % Öl. Zwischen den idealen Zuständen »freies Öl« und »Emulsion« existieren in der Praxis vielfältige Übergangszustände und Mischungen. Die für das Recycling der Mineralöle notwendige Emulsionstrennung gelingt vor allem mit Hilfe folgender Methoden: 5 chemische Verfahren, die durch Zusatz von Elektrolytlösungen (Säuren, Eisen- oder Magnesiumsalze) eine Neutralisation der elektrischen Ladungen an den Grenzflächen bewirken, 5 Ultrafiltration, 5 Verdampfung des Wasseranteils nach verschiedenen Techniken.
verwendet man anschließend Koaleszenzabscheider (Restölgehalte von 5 ppm). In diesen Apparaten strömt das noch ölhaltige Wasser in einen Filterzylinder, der an der Eintrittsseite eine oleophile Oberfläche besitzt. Diese Oberfläche veranlasst die Öltröpfchen zu koalieren und aufzuschwimmen. Bei beiden Verfahren sollten feststofffreie Mischungen eingeleitet werden, da sonst zusätzlich ölhaltige Schlämme anfallen. z
z
Die Emulsionsspaltung ist neben dem an dieser Stelle interessanten Ölrecycling vor allem für die Beseitigung emulsionshaltiger Abwässer von großer Bedeutung. Für diesen Zweck sind auch organische Polymere (tertiäre Polyaminverbindungen), Adsorptionsmittel (Aktivkohle) oder die Elektrokoagulation zur Emulsionsspaltung einsetzbar. z
Ölabscheidung aus Mischungen mit freien Ölen
Die Hauptmenge von Öl trennt man in sog. Ölabscheidern ab. Auf Grund des Dichteunterschiedes Öl/Wasser findet durch Herabsetzung der Strömungsgeschwindigkeit in einer Abscheidekammer die Trennung statt. Solche Leichtflüssigkeitsabscheider sind genauso für Benzin und andere nicht wasserlösliche Lösemittel in Anwendung. Der Restölgehalt im Wasser erreicht 100…500 ppm. Als alternative Verfahren kommen auch das Abschöpfen aufschwimmenden Öls mit Skimmern und selbstverständlich eine kostenintensive zentrifugale Technik in Betracht. Für die weitere Ölentfernung
Chemische Emulsionsspaltung
Beim Zusatz von Säuren oder Salzlösungen (Eisenoder Magnesiumsalze) zu Emulsionen lagern sich die Säureprotonen bzw. die Kationen an die anionenaktiven Gruppen der Emulgatoren an und machen sie inaktiv. Dadurch werden ein Zusammenfließen der Öltröpfchen und deren Aufschwimmen möglich. Das Aufsteigen der Öltröpfchen ist durch Einblasen feiner Luftblasen unter Ausnutzung des Flotationseffekts sehr wirksam zu verbessern. Eine Erwärmung der Emulsion unterstützt die Spaltvorgänge. Die Nachteile dieses Verfahrens sind der Chemikalienbedarf und die Notwendigkeit einer nachfolgenden Neutralisation der Wasserphase (Aufsalzung, Hydroxidfällung) (. Abb. 9.7). Verdampfungsverfahren nung [145]
zur
Emulsionstren-
Eine Erhitzung bewirkt bereits eine geringe Emulsionsspaltung. Durch eine Vakuumverdampfung gelingt aber die Abtrennung der Hauptmenge des Wassers und die Konzentrierung der Emulsion auf ca. 20 % Ölgehalt. Für die weitere Behandlung des Ölkonzentrates setzt man eine Zentrifuge ein, die eine Ölphase mit 25 % Restwasser liefert. Die Restentwässerung erfolgt in einem Phasentrennbehälter (Desorber), in dem über einen Düsenboden erhitzte Luft eingeblasen wird, die sich mit Wasserdampf sättigt und dadurch das Öl auf 5 % Wasser entwässert. In dieser Qualität ist das Öl energetisch verwertbar. Die Wasserdestillate müssen von Restöl befreit werden (mechanisch und durch Ansäuern). Das behandelte Destillat kann dann in die Herstellung neuer KSS zurückgeführt werden (. Abb. 9.8). Das Verdampfungsverfahren ist vor allem für Mischemulsionen in Anwendung, die unterschiedliche Tenside enthalten. Als Verdampfer kommen
9
243
9.2 • Recycling von Mineralölen
Öl-Wasser-Emulsion
Öl-Wasser-Emulsion
Vorfilter
Erhitzer Säure
Kerzenfilter
Neutralisation Spaltbehälter mit Füllkörpern
Sprühfilmverdampfer
Destillat
Säure
Lauge Konzentrat
Zentrifuge
Mischer
Leichtölabscheider
Desorber Wasser Abwasser
Lauge Neutralisation
Öl
Wasser
Öl Abwasser
. Abb. 9.7 Anlage zur Emulsionsspaltung mit Säure [142].
bevorzugt Dünnschicht- oder Umlaufverdampfer zum Einsatz. Infolge vorlaufender Verunreinigungen entstehen häufig auch Ausscheidungen an Salzen oder Schlämmen. z
Ultrafiltration von Emulsionen
Die Ultrafiltration arbeitet mit Membranen, die teildurchlässige Eigenschaften besitzen und dadurch feinste Feststoffe, Kolloide und Öltröpfchen herausfiltrieren. Die Membranwerkstoffe sind häufig Polyamide oder Zelluloseazetat. Sie kommen in Modulbauweise zur Anwendung. Das Verfahrensprinzip wurde bereits in 7 Abschn. 4.2.2 (»Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«) und . Abb. 4.10 ausführlich erläutert. Bei der Trennung von Öl-Wasser-Emulsionen spielen neben der Tröpfchengröße auch die hydrophoben bzw. hydrophilen Eigenschaften der Inhaltsstoffe eine Rolle. Das Prinzip der Ultrafiltration ist also kei-
. Abb. 9.8 Verdampfungsverfahren für die Aufarbeitung von Öl-Wasser-Emulsionen [145].
ne Emulsionsspaltung, sondern eine Entwässerung der Emulsion mit Aufkonzentrierung der ölhaltigen Phase (Retentat). Es werden folgende Trenneffekte für Abfallemulsionen angegeben [142]: 5 Permeat: Wasser, Nitrite, Phosphate, Metallionen, Säuren, Netzmittel, Tenside, Emulgatoren, Korrosionsschutzmittel; 5 Retentat: Öle, Fette, hydrophobe Emulgatoren, Metallhydroxide, Schleifabrieb. Die Ultrafiltration (. Abb. 9.9) erreicht z. B. die Konzentrierung einer Emulsion mit 2…5 % Öl auf ca. 35 % Öl in der Retentatphase. Das Retentat ist danach mittels Dünnschichtverdampfung oder Zentrifugieren weiter auf ca. 90 % Öl anzureichern. Die Ölrestgehalte im Permeat betragen ca. 20 mg/l [142].
244
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
Öl-Wasser-Emulsion 2…5 % Öl
Vorfiltration
Ultrafiltration
Retentat ca. 35 % Öl
Permeat ca. 20 mg/l Öl
Flockung, Neutralisation Abwasser
Dünnschichtverdampfer Wasser Öl < 10 % Wasser
. Abb. 9.9 Ultrafiltrationsverfahren für Emulsionen [142].
9 9.3
Lösemittelrückgewinnung aus Dämpfen und Abluft
Bei allen in . Tab. 9.1 aufgeführten Einsatzgebieten für Lösemittel werden Lösemitteldämpfe freigesetzt. Dadurch entstehen in Anlagenteilen z. T. erhebliche Lösemittelkonzentrationen im Gasraum. Auch die als Kälte- und Treibmittel eingesetzten FCKW sind bei Raumtemperatur überwiegend gasförmig. Es treten aber auch Lösemitteldämpfe in die Arbeitsräume aus und durch Absauganlagen werden Mischungen von Luft und Lösemitteldämpfen abgesaugt. Aus Gründen des Arbeitsschutzes, des Explosionsschutzes und der Auflagen der Luftreinhaltung (Emissionen) ist eine Entsorgung der Dämpfe und der Abluft unverzichtbar. Dabei standen zunächst die Beseitigung sowie der individuelle Schutz des Personals im Vordergrund. Zunehmend wurden aber Verfahren der Verwertung und des Recyclings entwickelt. Eine entscheidende Voraussetzung für Verwertung und Recycling ist die möglichst geringe Verdünnung der Lösemitteldämpfe durch Absaugluft oder andere Gase. Auch aus diesem Grunde haben sich heute meist gekapselte Anlagen durchgesetzt, die evtl. auch mit Kreislaufführung der Gase arbeiten. Allerdings sind bei Luft als Trägergas der Lösemittelkonzentration deutli-
che Beschränkungen durch die Explosionsgrenzen gesetzt. Gegebenenfalls ist also mit kostenintensiven Inertgasen zu arbeiten. Diese Arbeitsweise empfiehlt sich bei Trocknungsanlagen, die hohe Lösemittelkonzentrationen aufweisen und dann zweckmäßigerweise im Kreislaufbetrieb arbeiten, um das Inertgas mehrfach zu nutzen. Das bevorzugte Behandlungsverfahren ist immer noch die Verbrennung (evtl. mit energetischer Verwertung). Diese erfolgt durch direkte Verbrennung meist unter Zusatz von Heizgas oder durch katalytische Verbrennung. Für die stoffliche Rückgewinnung der flüssigen Lösemittel aus Dämpfen oder Abluft stehen vier Verfahren zur Auswahl: 1. Kondensation, 2. Adsorption, 3. Absorption, 4. Membranverfahren (Gaspermeation).
9.3.1
Rückgewinnung durch Kondensation
Die Kondensation einer Gaskomponente aus einer Gasmischung kann durch Abkühlung erzwungen werden. Voraussetzung für die Anwendung des Kondensationsverfahrens ist allerdings eine hohe Lösemittelkonzentration (in der Nähe der Sättigungskonzentration), um beim Abkühlen die Kondensation auch zu erreichen. Die Abkühlung kann indirekt durch Wärmetauscherflächen erfolgen oder direkt durch Kontakt mit dem gekühlten flüssigen Lösemittel (Sprudelkühler, Sprühkondensation). Auch flüssiger Stickstoff kommt als Kühlmittel in Lacktrockenanlagen in Betracht, da das entstehende Stickstoffgas anschließend als Inertgas nutzbar ist (. Abb. 9.10). Problematisch sind beim Kondensationsverfahren meist Gehalte an Wasserdampf (Vereisung). Der energetische Aufwand für die Kühlung ist immer hoch. Besondere Maßnahmen sind für die Kondensation von FCKW-Dämpfen erforderlich, wie sie bei der Demontage von Kühlgeräten anfallen. FCKW stammt dabei aus dem Treibgas der PUR-Isolation und aus dem Kältekreislauf. Die FCKW-Dämpfe werden getrennt aufgefangen,
245
9.3 • Lösemittelrückgewinnung aus Dämpfen und Abluft
. Abb. 9.10 Lösemittelrückgewinnung durch Kondensation bei einer Lacktrocknung mit Inertgaskreislauf (LM = Lösemittel) [140].
9
Material mit LM
Trockner Inertgas LM-beladen
Inertgas LM-arm
Material, getrocknet
Wärmetauscher
Kondensator Separator Lösemittel
gewaschen (Entsäuerung, Trocknung) und dann durch Kühlung und Verdichtung verflüssigt. Die FCKW-Flüssigkeit ist danach durch Destillation in reines FCKW und höher siedende Verunreinigungen trennbar [132]. Wegen des Verwendungsverbots für FCKW in den Industrieländern ist heute nur noch eine Beseitigung durch Verbrennung möglich.
9.3.2
Rückgewinnung durch Absorption
Unter Absorption einer Gaskomponente aus einer Mischung versteht man deren Auflösung in einer Flüssigkeit (Waschlösung). Für Lösemittel kommt nur ein physikalischer Auflöseeffekt in Betracht (physikalische Gaswäsche). Die Art der Waschlösung wird von der Spezifik des zu absorbierenden Gases bestimmt. Für wasserlösliche Stoffe (Alkohole, Azeton) ist Wasser die Waschflüssigkeit. Für die häufigeren wasserunlöslichen Lösemittel sind hoch
siedende organische Flüssigkeiten verwendbar (Silikonöle). Die Wirksamkeit der physikalischen Absorption nimmt mit höheren Gasdrücken und niedrigen Temperaturen zu. Die Exsorption des absorbierten Lösemittels und die Regenerierung des Waschmittels gelingen deshalb relativ einfach durch Erwärmen des beladenen Waschmittels. Die wichtigste Methode ist aber die destillative Trennung Lösemittel/Waschmittel. Eine weitere Methode der Exsorption ist das »Strippen« mit Wasserdampf als Trägergas mit nachfolgender Kondensation des Dampfgemisches und einer Phasentrennung Wasser/Lösemittel (. Abb. 9.11). Die Absorptionsgeschwindigkeit wird durch den Stoffübergang Gas/Waschlösung bestimmt. Deshalb müssen die Absorptionsapparate große und sich ständig erneuernde Grenzflächen zwischen Gas und Waschlösung verwirklichen. Das realisiert man durch Versprühen des Waschmittels in den Gasstrom (Sprühtürme, Rieseltürme) oder die Verteilung von Gasblasen in der Waschlösung (Füllkörperkolonnen).
246
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
Kreislauf Waschflüssigkeit
Gereinigte Abluft
Heizer Kondensator
Kühler
Absorptionskolonne
9
Wärmetauscher
Lösemittelbeladene Abluft
9.3.3
. Abb. 9.11 Lösemittelrückgewinnung durch physikalische Absorption in einer Waschflüssigkeit und Desorption/Kondensation [140].
Zusatzverdampfer
Desorptionskolonne
Rückgewinnung durch Adsorption
Adsorption ist die Anlagerung von Gasen an der Oberfläche poriger Stoffe durch vorwiegend physikalische Kräfte. In 7 Abschn. 4.2.4 wurden bereits die wesentlichen Gesetzmäßigkeiten der Adsorption (Selektivität, Adsorptionsisotherme, Adsorptionswärme) und die apparativen Ausführungen (Festbettadsorber, Adsorptionskolonnen, Wanderbetten, Wirbelschichtadsorber) beschrieben. Das Adsorptionsverfahren ist für die Lösemittelabtrennung aus stark verdünnter Abluft besonders geeignet, da die Adsorptionskolonnen mit sehr großen Abluftströmen beaufschlagt werden können. Die wichtigsten Adsorptionsmittel für Lösemittel sind Aktivkohle und Molekularsiebe. Die Desorption gelingt durch Erwärmung oder durch Verdrängungsdesorption mit einem Fremdgas (z. B. Wasserdampf). Ein Anlagenprinzip für eine FestbettAdsorptions-Desorptions-Anlage ist in . Abb. 4.13 vorgestellt. Das Adsorptionsverfahren ist für alle wesentlichen Gruppen an Lösemitteln gut geeignet (CKW, FCKW, Aromaten, Aliphaten, Alkohole, Ester, Ketone). Probleme treten allerdings auf, wenn
Lösemittel, recycelt
die Abluft zusätzlich mit feinen Feststoffpartikeln belastet ist, die sich an der Oberfläche der Adsorptionsmittel festsetzen. Das tritt z. B. bei Abluft aus Lackierkabinen auf. Die geringsten Schwierigkeiten entstehen dabei in bewegten Adsorptionsmitteln (Wirbelschichtadsorber). Gegebenenfalls ist eine der Adsorption vorgeschaltete Entstaubung (Nasselektrofilter, Venturi-Wäscher) notwendig [140].
9.3.4
Rückgewinnung durch Gaspermeation
Die Gaspermation gehört zu den Membranverfahren, deren Wirkprinzip bereits in 7 Abschn. 4.2.2 (»Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«) und . Abb. 4.10 als Trennverfahren für Lösungskomponenten erläutert wurde. Das Prinzip ist analog für Gasgemische nutzbar. Die Gaspermeation ermöglicht die Trennung einer mit Lösemitteldämpfen beladenen Abluft in ein lösemittelreiches Gas (Permeat) und eine lösemittelarme Abluft, wie dies in . Abb. 9.12 skizziert ist. Das Verfahren ist vorwiegend für hohe Lösemittelkon-
247
9.4 • Recycling von Abfallsäuren und Beizlösungen
zentrationen in der Abluft geeignet. Dabei entsteht aber zunächst nur ein lösemittelreiches Permeat als Gas, aus dem erst in einer Nachbehandlungsstufe z. B. durch Kondensation ein flüssiges Lösemittel als Rezyklat gewonnen wird. Auch für das Retentat ist eine Nachreinigung anzuschließen, um die geforderten Emissionswerte zu gewährleisten. Dafür ist ein Adsorptionsverfahren besonders geeignet.
9.4
Abluft LM-beladen
9
Permeat LM-reich
Recycling von Abfallsäuren und Beizlösungen
Bei einigen industriellen Prozessen entstehen verdünnte Säuren bzw. bei der Bearbeitung von Metallen oder Leiterplatten auch Beizlösungen, die nicht immer im Kreislauf geführt werden können, da sie mit Metallsalzen angereichert sind und/oder infolge der Reaktionen der konzentrierten Vorlaufsäure/ Beizlösung eine erheblich verminderte Konzentration aufweisen. Solche Prozesse sind z. B. Säureaufschlussverfahren und die bereits genannten Metallbeizverfahren. Das Recycling der Abfallsäuren und der verbrauchten Beizlösungen erfordert deshalb eine Aufkonzentrierung und/oder Ausscheidung der Metallsalze. Als charakteristische Beispiele sollen die Aufkonzentrierung und Reinigung von Abfallschwefelsäure und verdünnter Salzsäuren sowie einiger Beizlösungen behandelt werden.
Heizmantel Abluft LM-arm
Membran
. Abb. 9.12 Apparative Anordnung zur Rückgewinnung von Lösemitteln aus einer lösemittelbeladenen Abluft durch Gaspermeation (LM = Lösemittel).
Recycling von Abfallschwefelsäure (Dünnsäure)
H2SO4. Das gewonnene Grünsalz (FeSO4 ⋅ 7 H2O) spaltet man unter Zusatz von Kohle und Pyrit bei 800…1000 °C im Wirbelschichtreaktor in SO2 und Fe2O3. Das SO2 wird durch das bekannte Kontaktverfahren zu konz. Schwefelsäure umgesetzt. Die Mischung der beiden gewonnenen Schwefelsäuren liefert eine ausreichende Säurekonzentration für den Wiedereinsatz im Aufschlussprozess.
Für die Herstellung von Titandioxid durch Säureaufschluss von Ilmenit (FeTiO3) ist konz. H2SO4 erforderlich. Dabei entsteht eine verdünnte Säure mit etwa 20 % H2SO4 und höheren FeSO4-Gehalten, die allgemein als Dünnsäure bezeichnet wird. Bis etwa 1990 war es international üblich, diese Dünnsäure in die Weltmeere abzuleiten (sog. Verklappung). Danach entwickelte man ein Recyclingverfahren. Dieses Verfahren besteht im Wesentlichen aus einer zweistufigen Vakuumverdampfung und einer thermischen Spaltung des FeSO4 (. Abb. 9.13). In einer ersten Verdampfungsstufe konzentriert man auf 70 % H2SO4, da bei dieser Konzentration das FeSO4 ein Löslichkeitsminimum besitzt und abfiltrierbar ist. In der zweiten Verdampfungsstufe erreicht man dann eine Konzentration von 80 %
Salzsäure ist auf Grund niedriger Siedepunkte relativ unkompliziert durch Verdampfung und Destillation zu regenerieren. Dabei spielt aber der Azeotroppunkt der reinen Salzsäure bei 110 °C mit einer Konzentration von 20,2 % HCl und 79,8 % Wasser eine entscheidende Rolle. Am Azeotroppunkt von Mischungen entsteht eine Dampfphase mit der Azeotropkonzentration und es findet keine Trennung der Komponenten mehr statt. Das heißt, verdünnte Salzsäure mit unterazeotroper Konzentration kann durch Verdampfung von Wasser maximal auf eine HCl-Konzentration von 20,2 % HCl im Sumpf aufkonzentriert werden. Die weitere Konzentrierung gelingt aber durch Absenkung des
z
z
Aufkonzentrierung von verdünnter Salzsäure
248
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
. Abb. 9.13 Recyclingverfahren von Abfallschwefelsäure (Dünnsäure) aus der Titandioxidherstellung.
Dünnsäure (20 % H2SO4, FeSO4)
Pyrit (FeS2)
1. Vakuumverdampfung
Säure 70%ig + Grünsalz
Filtration
Kohle
Grünsalz (FeSO4 · 7 H2O)
Säure 70%ig
2. Vakuumverdampfung
9
H2SO4 80%ig
Mischen
Konzentrierte Aufschlusssäure
Thermische Spaltung (800…1 000 °C)
Fe2O3
SO2
H2SO4 Kontaktanlage
H2SO4 99%ig
Azeotroppunktes mit Hilfe eines großen Zusatzes an CaCl2 (40…50 %). Das CaCl2 »bindet« das Wasser und erniedrigt den Azeotroppunkt auf ca. 10 % HCl. Damit wird es möglich, aus dem azeotropen Salzsäuresumpf einer ersten Destillation in einer nachgeschalteten zweiten Destillation mit CaCl2Zusatz ein HCl-reiches Gas auszutreiben. Durch Absorption dieses Gases in Wasser erhält man eine Recyclingsalzsäure von ca. 30 % HCl. z
Säureregenerierung von Beizlösungen durch Dialyse oder Retardation
Die möglichen Verfahren der Säuredialyse, der Elektrodialyse und der Retardation wurden in 7 Abschn. 4.2.2 (»Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«) und . Abb. 4.10 mit ihren Wirkprinzipien bereits vorgestellt. Bei
der Anwendung auf Beizlösungen dienen sie sowohl der Trennung der Säurereste von den Metallsalzen als auch der Konzentrierung der Säuren. An dieser Stelle soll das Retardationsverfahren nochmals mit einem Beispiel vertieft werden [150] [21]. Das Verfahren verwendet spezielle Anionenaustauscherharze (7 Abschn. 4.2.2, »Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«), die die Eigenschaft besitzen, freie undissoziierte Säuren zu adsorbieren und die Metallsalze passieren zu lassen. Nach der vollständigen Säurebeladung des Harzes wird die Säure mit Wasser eluiert. Dabei entsteht ein säurereiches, metallsalzarmes Eluat, das in einem Beizprozess erneut einsetzbar ist. Die Beladung der Ionenaustauschersäule erfolgt im Abstrom und die Elution im Aufstrom (. Abb. 9.14).
. Abb. 9.14 Regenerieranlage für eine Edelstahlbeize mit dem Retardationsverfahren [150].
9
249
9.4 • Recycling von Abfallsäuren und Beizlösungen
Eluat
77 l/h
HNO3
167 g/l
H2F2
33 g/l
Metall
13 g/l
Ionenaustauscherkolonne
80 l/h
Sparwasser
Beizbad HNO3
180 g/l
H2F2
40 g/l
Metall
25 g/l
Abwasser 50 l/h HNO3
30 g/l
H 2 F2
12 g/l
Metall
20 g/l
Die bei der Beladung anfallende säurearme Metallsalzlösung gelangt in eine Abwasserbehandlung oder kann z. B. bei einer Al-Beize als Flockungsmittel genutzt werden. Typische Anwendungsfälle sind salzsaure Al-Beizen, schwefelsaure Anodisierbäder und Edelstahlbeizen mit Mischsäuren. z
Regenerierung von oxidierenden Beizlösungen durch elektrolytische Reoxidation
Häufig verwendete oxidierende Beizlösungen enthalten Persulfat, Chromsäure und Permanganat. Durch die Beizreaktion finden einerseits die Ablösung bestimmter Metall- oder Metalloxidschichten und andererseits eine Reduktion von Persulfat, Chromsäure oder Permanganat zu Sulfat, Chrom(III) und Manganat oder MnO2 statt. Für die Regenerierung dieser Beizlösungen ist eine anodische Oxidation in einer Elektrolysezelle geeignet. Parallel dazu findet eine kathodische Reduktion der Metallkationen statt (Cu2+ zu Cu; Fe3+ zu Fe2+). Die Gewinnung wertvoller Metalle (Kupfer, 7 Abschn. 5.4.4) oder verwertbarer Metallverbindungen (Eisensalze, 7 Abschn. 5.2.5; Aluminiumsalze, 7 Abschn. 5.3.5) aus den Beizlösungen wurde bereits in den entsprechenden Stoffabschnit-
Wasser 47 l/h
ten besprochen. Für die anodische Reoxidation von Sulfat zu Persulfat muss die Elektrolysezelle mit Hilfe einer Kationenaustauschermembran und einer Anionenaustauschermembran in drei getrennte Räume unterteilt werden. Die elektrochemischen Vorgänge in einer Elektrolysezelle und die Transportvorgänge an Ionenaustauschermembranen wurden in 7 Abschn. 4.2.2 (»Elektrochemische Prozesse« und »Konzentrierung und Reinigung von Lösungen durch Ionenaustausch, Solventextraktion und Membranverfahren«) sowie in . Abb. 4.6 und . Abb. 4.10 bereits erläutert. In . Abb. 9.15 ist der Wirkungsmechanismus für die Reoxidation der Sulfat-Anionen zu Persulfat-Anionen in einer solchen Elektrolysezelle für eine Kupferbeizlösung dargestellt [16]. Die Anionenmembran lässt nur die gebildeten Sulfat-Anionen und die restlichen Persulfat-Anionen passieren, während die Kationenmembran den Durchgang der Kupfer-Ionen gestattet. Anodenreaktion: 2 SO4 2− → S2 O8 2− + 2 e
250
Kapitel 9 • Recycling von speziellen flüssigen und gasförmigen Stoffen
Verbrauchte Chromsäurelösung (Cr2O72-, H+, Cr3+, Mez+)
Verbrauchte Beizlösung (Cu2+, S2O82–, SO42–) Anode 2 SO42– → S2O82– + 2e
Kathode Cu2+ + 2e → Cu (–)
Elektrolysezelle
Kationenaustauschermembran (+)
Anode (+)
Kathode (-)
SO42– Cr3+
Cu2+
Cr2O72-
S2O82–
(H2SO4) Mez+
Elektrolysezelle Kationenaustauschermembran
9
Anionenaustauschermembran
Regenerierte Beizlösung
. Abb. 9.15 Regenerierung einer Persulfat-Beize durch anodische Oxidation [16].
Kathodenreaktion: Cu2+ + 2 e → Cu0
Eine andere Verfahrensvariante des Recyclings einer Persulfat-Beize mit Kupfer-Ionen sind die primäre elektrolytische Entkupferung in einer Rollschichtelektrolysezelle auf sehr geringe Kupfergehalte und die nachfolgende anodische Reoxidation des Sulfats der entkupferten Lösung in einer getrennten Oxidationszelle. Dabei entsteht allerdings als Abfall kathodisch Wasserstoff [142]. In analoger Weise können verbrauchte Beizlösungen auf Permanganat-Basis regeneriert werden. Für die elektrolytische Regeneration von chromsauren Beizen und Chromelektrolyten verwendet man eine Elektrolysezelle mit einer Kationenaustauschermembran, wie sie in . Abb. 9.16 skizziert ist. Die verbrauchte Lösung wird der Anodenkammer der Zelle zugeleitet. An der Anode erfolgt die Oxidation der Chrom(III)-Ionen zu Chromat-Ionen, die durch die Kationenmembran in der Anodenkammer zurückgehalten werden.
Kathodenreaktionen: 1. Mez+ + z e → Me0 2. H2O + e → OH- + 1/2 H2 3. Mez+ + z OH-→ Me(OH)z
Regenerierte Chromsäure
Anodenreaktionen: 1. 2 Cr3+ + 7 H2O - 6 e → Cr2O72- + 14 H+ 2. H2O - 2 e → 1/2 O2 + 2 H+ . Abb. 9.16 Elektrolytische Regeneration chromsaurer Prozesslösungen (Mez+ = mehrwertiges Metallion) [21] [151].
Anodische Oxidation: 2 Cr3+ + 7 H2 O − 6 e → Cr2 O7 2− + 14 H+
Dagegen ist diese Membran für die Fremdkationen (Cu2+, Ni2+, Zn2+, Fe3+) durchlässig. Die Chrom(III)-Kationen werden an der Anode sehr schnell mit guter Stromausbeute oxidiert, so dass die Chrom(III)-Verluste durch Migration in den Katolyt gering sind. Als Katolyt verwendet man eine verdünnte Schwefelsäure. Aus dieser Lösung scheidet man die edleren Kationen (Cu2+) als Metalle an der Kathode ab, während die unedlen (Zn2+, Fe3+) in der Lösung verbleiben oder als Hydroxid ausfallen. Als Nebenreaktionen sind die Bildung von Sauerstoff an der Anode und Wasserstoff an der Kathode nicht vermeidbar. Die möglichen Reaktionen sind in . Abb. 9.16 angegeben.
251
Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen 10.1
EU-Altfahrzeug-Richtline und deutsche Altfahrzeugverordnung – 253
10.2
Demontage von Altfahrzeugen – 254
10.3
Shredderanlage – 261
10.4
Aufbereitung und Verwertung der Shredderschwerfraktion – 263
10.5
Verwertung und Beseitigung der Shredderleichtfraktion – 266
10.5.1 10.5.2 10.5.3
VW-SiCon-Technologie – 266 Technologievorschläge für mechanische Verfahren zur SLF-Behandlung – 268 Thermische Verfahren für die SLF-Behandlung – 270
10.6
Metallurgisches Recycling – 272
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_10, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
10
252
10
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
Auf Grund der international ständig steigenden Anzahl an produzierten und betriebenen Kraftfahrzeugen und des deshalb steigenden Anfalls an stillgelegten Fahrzeugen ergibt sich in allen Ländern ein erheblicher Handlungsbedarf zur Nutzung der Materialressource Altfahrzeug und zur Neutralisation des enthaltenen Schadstoffpotentials. Weltweit wurden 2006 fast 68 Mio. Fahrzeuge produziert, in Deutschland 5,4 Mio. In Deutschland fahren zurzeit etwa 40 Mio. Fahrzeuge, von denen jährlich ca. 3 Mio. abgemeldet werden. Das ergibt eine Stilllegungsrate von 7,5 %. Die Nutzungsdauer der abgemeldeten Fahrzeuge beträgt im Durchschnitt zwölf Jahre. In einigen anderen Industriestaaten sind die Verhältnisse analog (EU, Japan). Von den in Deutschland stillgelegten 3 Mio. Fahrzeugen gelangen aber nur ca. 0,5 Mio. zu einer effektiven inländischen Verwertung. Bis zu 80 % der Altautos werden als Gebraucht-PKW exportiert [155] [156]. Dieser Export von Altautos bedeutet allerdings für die Industrieländer einen erheblichen Verlust an Sekundärrohstoffen, der oft auch ein globaler Verlust ist, da in der Dritten Welt häufig keinerlei Recycling stattfindet. Bei den besonders knappen Edelmetallressourcen (Platinmetalle) ist das unverantwortlich. Die Exportströme von Altautos und ihrer edelmetallhaltigen Bauteile bedürfen deshalb dringend einer Regulierung (Exportverbot von fahruntüchtigen PKW, Rückholpflicht von Katalysatoren). Die Altfahrzeuge sind ein typisches Beispiel für ein komplexes Altprodukt. Deren Recycling unterscheidet sich grundlegend vom Recycling einzelner Werkstoffe, Werkstoffverbunde oder spezieller Flüssigkeiten, die in 7 Kap. 5 bis 7 Kap. 9 besprochen wurden. In einem solchen komplexen Altprodukt (Maschinen, Geräte, Möbel, Einrichtungsgegenstände, Gebäude usw.) sind eine Vielzahl von Bauteilen, Funktionsteilen und Werkstoffen durch Zusammenbau oder andere Fügetechnik zu einem Produkt integriert. Dadurch eröffnet sich zunächst die Möglichkeit, durch Demontage einzelne Bauteile oder getrennte Werkstoffe zu gewinnen. Die Bauteile können direkt oder nach einer Regenerierung einer Wiederverwendung zugeführt werden, was man als Produktrecycling bezeichnet. Eine Weiterverwendung ist auch für das gesamte Altfahrzeug möglich, wenn ein Export in eine andere
Nutzungsregion zur Gesamtnutzung oder auch zur Bauteilnutzung stattfindet, das aber mit den oben benannten Nachteilen eines Verlustes von Sekundärrohstoffen verbunden ist. Erst nach der Demontage in die einzelnen Bauteile, die meist bestimmten Werkstoffgruppen zugehörig sind, ist der Ansatz von speziellen Recyclingtechnologien zur Materialverwertung technisch und kostenseitig sinnvoll. Dann kann die Forderung des Krw/AbfG nach einer vorzugsweise stofflichen Verwertung des Produktes realisiert werden. Zur Einschätzung der bestehenden Aufgabe ist ein Überblick über die wichtigsten Bauteile und Werkstoffe von Altfahrzeugen erforderlich (. Tab. 10.1). Schätzungsweise besteht ein Kraftfahrzeug aus ca. 10 000 Teilen unter Verwendung von 40 verschiedenen Werkstoffen. Hauptwerkstoffe sind Stahl und Gusseisen, aber auch die NE-Metalle sind von zunehmender Bedeutung. In jedem Auto sind 2007 durchschnittlich 130…150 kg Al, 25 kg Cu und 10 kg Zn verbaut. Bemerkenswert ist die fortschreitende Veränderung der eingesetzten Werkstoffanteile. Aus Gründen der Gewichtsreduzierung wird Stahl z. T. durch Aluminium, Magnesium und Kunststoffe ersetzt und die Stahlkarosse ist in korrosionsgefährdeten Bereichen verzinkt bzw. mit PVC beschichtet. Bei den Kunststoffen kommen typische Massenkunststoffsorten zum Einsatz: 5 PP, PP/EPDM (Stoßfänger, Armaturenbrett, Radhausverkleidung, Heizkanäle, Rammschutzleisten), 5 PE (Wasserbehälter, Tank, Bremsflüssigkeitsbehälter), 5 PA (Kühlerwasserkasten, Sitzlehnen, Radkappen, Lüfterrad, Luftführungen), 5 PMMA (Heckleuchten), 5 PUR (Sitzpolster, Armaturentafelpolsterung, Dachhimmel), 5 ABS (Kühlergrill, Handschuhkasten, Innenverkleidung), 5 PVC (Unterbodenschutz, Kabelisolierung, Kunstleder). Der Werkstoffeinsatz und die Größe der Einzelteile haben einen großen Einfluss auf die Möglichkeiten der werkstofflichen oder stofflichen Verwertung. Insbesondere bei den Kunststoffen ist deshalb wegen der ungünstigeren Recyclingeigenschaften eine
10
253
10.1 • EU-Altfahrzeug-Richtline und deutsche Altfahrzeugverordnung
. Tab. 10.1 Bestandteile eines Kraftfahrzeuges an Betriebsflüssigkeiten, wieder verwendbaren Bauteilen und Werkstoffen sowie Veränderung des Werkstoffeinsatzes in den Herstellungsjahren 2000 und 2005 [16] [132] 1. Betriebsflüssigkeiten
Kraftstoffe (Benzin, Diesel), Motorenöl, Getriebeöl, Hydrauliköl, Stoßdämpferöl, Kühlerflüssigkeit, Bremsflüssigkeit, Kältemittel, Scheibenreiniger, Batteriesäure
2. Bauteile wiederverwendbar
Motor, Getriebe, Anlasser, Lichtmaschine, elektrische/elektronische Bauteile, Kühler, Felgen, Reifen, Kunststoff-Stoßfänger, Stoßdämpfer, Glasscheiben, Tank, Türen, Heckklappe, Motoraumklappe
Kennzeichnung der Sorten bei größeren Bauteilen hilfreich. Bezüglich der möglichen Erlöse bei der Altfahrzeugverwertung stehen die Wiederverwendung von Bauteilen und alle Metalle mit ihren hervorragenden Recyclingeigenschaften (Eisenschrotte, Aluminiumschrotte, Kupferschrotte) an erster Stelle, wofür in den weiteren Ausführungen der Nachweis geführt wird.
10.1
EU-AltfahrzeugRichtline und deutsche Altfahrzeugverordnung
Die Altautoverwertung ist in der EU durch eine Richtlinie (2000) geregelt, die in Deutschland in ein Gesetz mit zugehöriger Verordnung (AltfahrzeugV vom 21. Juni 2002) umgesetzt ist. Die Verordnung gilt für PKW und leichte Nutzfahrzeuge. Kern der Verordnung sind die Produktverantwortung und Rücknahmepflicht der Hersteller und Importeure, d. h., die Hersteller haben recyclinggerechte Produkte zu konstruieren und zu produzieren sowie gefährliche Stoffe zu vermeiden. Ab 1. Juli 2003 dürfen Fahrzeuge kein Blei, Quecksilber, Kadmium oder sechswertiges Chrom mehr enthalten. Allerdings gelten für Blei und Bleilegierungen einige Ausnahmen (Bleibatterien, Schwingungsdämpfer,
3. Werkstoffe
Masseanteil der Werkstoffe (%) 2000
2005
48
45
Gusseisen
11
10
Aluminium
8
10
NE-Metalle (Cu, Pb, Zn, Mg)
5
6
Kunststoffe
14
15
Elastomere
5
5
Glas
4
4
Textilien, Lack u. a.
4
4
Stahl
Lötlegierungen), die z. T. auch zeitlich bis 2008 begrenzt sind (Lagerschalen, Pb in Al-Legierungen und Kunststoffstabilisatoren). Geringe Ausnahmen sind auch noch für NiCd-Batterien in Altfahrzeugen und chromhaltige Korrosionsschutzschichten sowie für sehr niedrige Konzentrationen (0,1 % Pb; 0,01 % Cd) zulässig (EG-Richtline 2005/438/ EG). Für die Demontagebetriebe sind davon nur die Bleibatterien, die Auswuchtgewichte und die NiCd-Batterien von Bedeutung. Die Rangfolge der Altfahrzeugbehandlung ist vorgegeben: 5 Wiederverwendung von Bauteilen, 5 stoffliche Verwertung (werkstofflich oder rohstofflich), 5 energetische Verwertung, 5 Beseitigung. Die AltfahrzeugV legt auch bereits wesentliche Verfahrensschritte der Altautoverwertung fest: 1. Einrichtung von Annahmestellen mit flüssigkeitsdichten Lagerflächen; 2. Durchführung der Demontage: 5 Vorbehandlung: Entnahme der Batterie, der pyrotechnischen Bauteile, der Betriebsflüssigkeiten (. Tab. 10.1) und der Ölfilter; 5 Ausbau von Schadstoffträgern (asbesthaltige Bauteile, Hg-haltige Schalter, Latentwärmespeicher, nicht entölte Stoßdämpfer);
254
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
5 Demontage von wiederverwendbaren Bauteilen (. Tab. 10.1) und Bauteilen mit vorteilhafter getrennter werkstofflicher Verwertung (Katalysatoren, Auswuchtgewichte, Al-Felgen, Glasscheiben, Reifen, große Kunststoffteile, Cu-, Al- und Mg-Bauteile); große Kunststoffteile sowie Cu-, Al-, MgTeile können in der Restkarosse verbleiben, wenn die Abtrennung in der Shredderanlage erfolgt; 3. Verdichtung der demontierten Restkarosse (Paketierpresse, Schrottschere); 4. Shreddern der Restkarosse und Sortierung der Shredderfraktionen. Die effektive Durchführung der Demontagen ist durch Demontagevorschriften der Hersteller sicherzustellen (Recyclingpass). Für die benannten Verfahrensschritte sind feste Verwertungsquoten vorgeschrieben:
10
Ab 1. Januar 2006: 5 Wiederverwendung und Verwertung >85 Gewichts-%, 5 Wiederverwendung und stoffliche Verwertung >80 Gewichts-%, 5 Ausbau von Bauteilen, Materialien, Flüssigkeiten vor dem Shreddern mindestens 10 Gewichts-%, wobei metallische Bauteile und Materialien, wie z. B. Restkarossen, Kernschrott, Ersatzteile sowie Kraftstoff nicht in die Berechnung eingehen dürfen, 5 Verwertung der nichtmetallischen Shredderfraktion zu 5 Gewichts-%. Ab 1. Januar 2015: 5 Wiederverwendung und Verwertung >95 Gewichts-%, 5 Wiederverwendung und stoffliche Verwertung >85 Gewichts-%, 5 stoffliche Verwertung der nichtmetallischen Shredderfraktion zu 5 Gewichts-% und weitere 10 Gewichts-% einer Verwertung zuführen. Die Einhaltung und der Nachweis dieser vorgeschriebenen Verwertungsquoten bereiten den deutschen Demontage- und Shredderunternehmen beträchtliche Schwierigkeiten. Die Gründe dafür
werden am Ende von 7 Abschn.10.4 als Ergebnis der technischen Erläuterungen zusammengefasst.
10.2
Demontage von Altfahrzeugen
Die Hauptzielsetzung der Demontage ist die Gewinnung einer Restkarosse, die vorwiegend aus wertvollem Stahlschrott besteht und bereits möglichst geringe Reste an Werkstoffen enthält, die beim Stahlschrottschmelzen unerwünscht sind (Cu, Sn). Nähere Angaben dazu sind in 7 Abschn. 5.2 und . Tab. 5.6 zu finden. Die notwendigen Verfahrensschritte zur Erreichung dieses Ziels sind in der AltfahrzeugV bereits sehr konkret vorgegeben (7 Abschn. 10.1). In den 1990er Jahren wurden mehrere Pilotprojekte für zentrale, industrielle und typgebundene Demontagebetriebe durchgeführt, die aber auf Grund der Kosten für den Antransport der Altautos, der Investitionskosten der Anlagen, der ungenügenden Auslastung der Anlagen, der Typenvielfalt, der schwierigen Vermarktung von Gebrauchtteilen etc. zu keinem positiven Ergebnis führten. Es hat sich deshalb in Deutschland eine dezentrale und typoffene Altautodemontage durchgesetzt. Die Betriebe arbeiten überwiegend nach dem Prinzip der Inseldemontage. Bei der Inseldemontage wird nach der Trockenlegung des Autos das komplette Fahrzeug an zwei bis fünf Arbeitsstationen manuell demontiert. Der Aufwand an technischen Einrichtungen (Hebebühne, Deckenkran, Gabelstapler, Transportwagen, Werkzeuge) ist gering. Der Zerlegungsgrad (Demontagetiefe) kann bei jedem Fahrzeug an die Erfordernisse des Bedarfs an Bauteilen und speziellen Werkstoffen (Al-Teile) angepasst werden. Dagegen verlangt die Fließdemontage auf einer mechanisierten Demontagelinie (Förderband, Manipulatoren, Wendemaschine) erhebliche Investitionen und hat wegen des individuellen Zustandes der Autos Probleme mit den erforderlichen Taktzeiten. Die Demontageeigenschaften der Fahrzeuge und damit das Demontageergebnis werden in jedem Fall sehr wesentlich beeinflusst durch 5 die Art der Verbindungstechnik der Bauteile und Werkstoffe (Fügetechnik) und 5 die räumliche Anordnung und die Zugänglichkeit zu Bauteilen und Verbindungselementen.
10.2 • Demontage von Altfahrzeugen
Bei den Verbindungstechniken sind lösbare Verbindungen (Gewinde, Schrauben, Stifte, Welle-NabeVerbindungen, Schnappverbindungen) günstig. Nicht lösbare Verbindungen (Niet-, Schweiß- und Klebverbindungen, Pressverbindungen) erfordern Erwärmung oder zerstörende Zerlegemethoden (Schneiden, Brennschweißen). Diese Erkenntnisse sind in der Produktverantwortung (»recyclinggerechte Konstruktion und Produktion«) zu berücksichtigen (7 Kap. 13). Der Zerlegungsgrad richtet sich nach den Vorgaben der AltfahrzeugV (7 Abschn. 10.1), aber auch nach den Möglichkeiten der Vermarktung von Bauteilen und Werkstoffen. Deshalb erfolgt vorwiegend eine selektive Demontage und die nicht direkt verwertbaren Bauteile (die Mehrzahl der Kunststoffe und Textilien, Teile der Elektrik, Glas etc.) verbleiben in der Karosse. Beim nachfolgenden Shreddern der Karosse entsteht aus diesen Fremdstoffen eine Shredderleichtfraktion, deren Entsorgung erhebliche Probleme bereitet. Nach Beendigung der Demontage werden die Restkarossen aber zunächst gepresst, um einen kostengünstigen Transport und den Eintrag in die Shredder zu ermöglichen. In . Abb. 10.1 ist der prinzipielle Arbeitsablauf einer Demontage wiedergegeben. Die Einhaltung und der Nachweis der in Deutschland vorgeschriebenen Ausbauquoten bei der Demontage sind für die Unternehmen z. T. schwierig, da Fahrzeuge oft bereits vordemontiert sind, Müll enthalten und die Festlegung des Leergewichtes unsicher ist. Es werden deshalb von den Unternehmen auch abweichende Ausbauquoten angegeben (. Abb. 10.1 und . Tab. 10.2). Grundsätzlich sollte man aber anstreben, sortenreine NE-Werkstoffe (Cu-Kabel, Al-Gussschrott, Al-Blech, Zn-Druckguss, Mg-Teile) und Gusseisen vor dem Shreddern auszubauen, weil dann deren Recycling optimal ist und auch höhere Schrotterlöse realisierbar sind. In . Abb. 10.2 und . Abb. 10.3 sind nochmals Firmenvarianten für die Altfahrzeugdemontage zusammengestellt. Das Recycling und Demontage Zentrum (RDZ) der BMW Group ist in erster Linie ein Entwicklungszentrum für Recyclingtechnologien (z. B. Entnahmegerät für Stoßdämpferöl, Geräte zum Ausbau der Pyrotechnik und der Glasscheiben)
255
10
und zur Ermittlung der Recyclingfähigkeit neuer BMW-Modelle. Erst sekundär ist das Zentrum ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb. Das Tauschteileprogramm der BMW Group bietet aufbereitete Motoren und weitere mechanische Bauteile (Getriebe, Kupplungen, Differential) sowie Lichtmaschinen, Anlasser und elektronische Bauteile an. Außerdem wurden Kreisläufe für PUR-Schäume und verschiedene Thermoplaste geschaffen, so dass in den BMW-Modellen zurzeit bis 15 % der Kunststoffe aus Rezyklaten hergestellt sind [161]. Renault hat bei einigen Modellen 17 % Kunststoffe aus Rezyklat erreicht und will diesen Anteil bis 2015 auf 20 % steigern. Das Mercedes-Benz Gebrauchtteile Center ist auf die Demontage und den Vertrieb von qualitätsgeprüften gebrauchten Mercedes-Benz-Teilen spezialisiert [162] (. Abb. 10.3). Ein weiterer Anbieter vollständig regenerierter Gebrauchtteile ist in Deutschland die Robert Bosch GmbH mit der Marke »Bosch eX-change« (im Jahr 2005 21 Programmgruppen mit 5800 Sachnummern, z. B. Einspritzsysteme, Bremssysteme, Starter)[165]. In den Niederlanden, den USA und Frankreich sind auch Demontageverfahren erprobt und eingeführt, die nach dem Prinzip der vollständigen Demontage arbeiten. Mit dieser Arbeitsweise kann man den Anfall an Shredderleichtmüll (und dessen problematische Entsorgung) fast vollständig vermeiden und die stoffliche Verwertung außerordentlich fördern (z. B. für sortenreine NE-Metalle und Kunststoffe sowie Glas). Auf das Shreddern kann man auch ganz verzichten, weil die Sortierung in verschiedene Shredderfraktionen (Stahl, NE-Metalle, Leichtmüll) nicht mehr erforderlich ist. Ein Nachteil ist allerdings der Verbleib von Unterbodenschutz (PVC) und Lack am Stahlblech. Die vollständig ausgeschlachteten Restkarossen bestehen nur aus Stahlblech, werden zu Paketen gepresst, auf Schrottscheren geschnitten und sind in dieser Form direkt in die Schmelzöfen einsetzbar. Die »vollständige Demontage« verwendet die Fließdemontage auf einem Förderband einschließlich einer Wendemaschine. In einer niederländischen Fließbandanlage arbeitet man z. B. mit acht Demontagestationen [158]: 5 Station 1: Positionierung des Autos auf dem Transportwagen, Abbau der Räder.
256
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
Altfahrzeuge
Fahrzeugannahme (EDV-Erfassung, Entnahme loser Gegenstände)
Vorbehandlung (Entnahme von Pyrotechnik und Betriebsflüssigkeiten)
2%
Betriebsflüssigkeiten Kraftstoffe
Bremsflüssigkeit
Öle
Kältemittel
Kühlerflüssigkeit
Reinigungsmittel
11 %
Ersatzteile Motor/Getriebe
Kühler
Anlasser
Felgen
Lichtmaschine
Blechteile
Demontage
9%
Metallische Wertstoffe Wiederverwendungsteile Verwertbare Werkstoffe
10
Motorenschrott
Zinkdruckguss
Getriebeschrott
Katalysatoren
Bleibatterie
4%
Glas Scheiben
Scheinwerfer
Dächer 66 % 3%
Große Kunststoffteile Stoßfänger
Kühlergrill
Tank
Wasserbehälter
3%
Elastomere Schaumstoffe Karossenpresse
Restkarosse
Dichtungen
Reifen
2%
Elektrik/Elektronik Kabelbäume
E-Motoren
Radio, CD-Player
Steuergeräte
Shredderanlage . Abb. 10.1 Flussdiagramm der selektiven Demontage von Altfahrzeugen [132] [152].
5 Station 2: Demontage von Türen, Motorhaube und Kofferraumdeckel, Entfernung der Türverkleidung, Ausbau der Seitenscheiben, Windschutzscheibe und Heckfenster sowie
der Gummidichtungen, Abbau der Kunststoffaußenteile (Stoßfänger). 5 Station 3: Entfernung der Sitzbezüge, des PUR-Schaumstoffs und des Sitzgestells.
257
10.2 • Demontage von Altfahrzeugen
5 Station 4: Ausbau Instrumententafel (Entnahme Instrumente, Kabel) und Innenverkleidung. 5 Station 5: Drehvorrichtung (180 °), Lösen aller Befestigungen, Abbau Auspuff, Rückdrehen in Normalposition. 5 Station 6: Lösen der Stoßdämpfer, Abheben der abgetrennten Karosse; der komplette Antriebsstrang (Motor, Getriebe, Achsen) verbleibt auf dem Transportsystem. 5 Station 7: Ausbau restlicher Teile (Kabel, Heizung, Kühler, Scheibenwaschanlage), Kontrolle der vollständigen Demontage. 5 Station 8: Pressen der leeren Karosse. Die ausgebauten Teile und Werkstoffe werden der Wiederverwendung, der Verwertung oder der Beseitigung zugeführt. Zur unproblematischen und wirtschaftlichen Demontage von insbesondere Kunststoffbauteilen, die mehr als 100 g wiegen, ist das internationale Informationssystem IDIS gegründet worden (IDIS = International Dismantling Information System; www.idis2.com). IDIS-2 erhält die Informationen von mehr als 20 Autoherstellern zu 61 Automarken. Der Zugriff auf IDIS ist für Altauto-Entsorgungsbetriebe kostenlos. Es ist in 33 Ländern verfügbar und wird in 24 Sprachen angeboten. z
Verwertung der abgezogenen Betriebsflüssigkeiten und der Bauteile Altöl Die Verwertung von Altölen wurde für das
stoffliche Recycling (Raffination, Reduktionsmittel im Hochofen) bereits in 7 Abschn. 9.2 ausführlich dargestellt. Die energetische Verwertung vermischter Altöle wird in 7 Abschn. 12.6 behandelt. Besondere Erwähnung bedürfen die Ölfilter. Sie bestehen aus einem Stahlgehäuse (30…60 %), Filterpapier (5…10 %) und dem restlichen Altöl (10…30 %). Durch Shreddern, Waschen und Magnetsortieren kann man einen hochwertigen Stahlschrott gewinnen. Das Filterpapier ist energetisch zu verwerten. Altkraftstoffe Bei getrennter und sauberer Entnah-
me dienen sie dem Eigenbedarf der Demontagebetriebe. Wegen möglicher Verunreinigungen sind
10
. Tab. 10.2 Demontageergebnis eines Demontagebetriebs (1478 Fahrzeuge) unter besonderer Berücksichtigung der Ausbauquote von >10 % ohne Kernschrott, Ersatzteilen und Kraftstoff [155] Bauteile/Stoffe
Masseanteil
Altreifen
3,28 %
Ölfilter
0,03 %
Batterien
1,58 %
Bremsflüssigkeit
0,31 %
Kraftstoffe
0,20 %
Bauteile
10,13 %
Kältemittel u. a. Abfälle
0,51 %
Restkarossen
83,96 %
sie nicht verkäuflich und müssen energetisch verwertet werden [154]. Kühlerflüssigkeit Die Verwertung der Wasser/ Ethylenglykol-Mischungen wurde in 7 Abschn. 9.1. behandelt. Bremsflüssigkeit Die Bremsflüssigkeit besteht aus
hochsiedendem Glykol (Siedetemperatur >250 °C), das im Laufe der Verwendung durch Wasseraufnahme (2…3 %) unbrauchbar wird. Eine einfache Art der Regenerierung ist nach einer Filtration die destillative Abtrennung des Wassers. Ein zweites Verfahren führt nach Filtration fester Verunreinigungen eine Umesterung durch (Gewinnung von Glykolether und Borsäure) und reinigt den Glykolether destillativ [154]. Etwa 50 % der entnommenen Bremsflüssigkeiten werden aber energetisch verwertet oder in Sonderabfallverbrennungsanlagen entsorgt. Kältemittel In Altautos sind Kältemittel vom FCKW-Typ (CF2Cl2) oder der chlorfreie Typ (CH2FCF3) zu erwarten. Wegen des starken Schädigungspotentials der Ozonschicht sind diese Kältemittel vollständig zu erfassen und am günstigsten den Primärherstellern zur Verwertung anzubieten [154].
258
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
Altfahrzeuge
Fahrzeugannahme (Fahrzeugbegutachtung, Ausgabe Verwertungsnachweis)
Fahrzeugerfassung (Erstellen FahrzeugBegleitscheine, Vorgabe Demontageumfang)
Freigabe zur Vorbehandlung
Neutralisation der pyrotechnischen Einheiten (Airbags, Gurtstrammer)
Schadstoffentfrachtung (Entnahme Batterie, Latentwärmespeicher, Halogenlampen, Hg-Teile)
Freigabe zur Demontage
Vermarktung gebrauchte Ersatzeile
Demontage (Gebrauchte Ersatzteile, Materialien gemäß AltfahrzeugV - Anhang II)
Freigabe zur Verdichtung
Recycling Wertstoffe
10 Fahrzeugtrockenlegung (Entnahme Betriebsflüssigkeiten, Verschließen Entnahmeöffnung)
Entnahme Kernschrott (Motor, Getriebe, Achsen)
Kernschrott
Verdichtung Betriebsflüssigkeiten (Öle, Kältemittel, Bremsflüssigkeit)
Restkarosse, gepresst
Transfer zur Shredderanlage . Abb. 10.2 Recycling und Demontage Zentrum (RDZ) der BMW Group [161].
Batteriesäure und Bleibatterie Die Batteriesäure
(Schwefelsäure) verbleibt meist in der Bleibatterie und wird zusammen mit dieser den Bleirecyclinghütten zugeführt. Die Verwertung der Batteriesäure erfolgt dort durch Umsetzung mit Soda zu kristallinem Natriumsulfat. Das wichtige Recycling der Bleibatterien wird in 7 Abschn. 5.5 erläutert. Kunststoffe Die Wiederverwendung von Kunststoffgebrauchtteilen ist sehr gering, da eine Beschädigung beim Ausbau häufig ist. Gelegentlich sind demontierte Stoßfänger verkäuflich. Der ge-
trennte sortenreine Ausbau (Kennzeichnung der Kunststoffsorte durch den Hersteller) von größeren Kunststoffbauteilen ist aber auch für das werkstoffliche Recycling von grundlegender Bedeutung. Bei Vermischung der vielen Kunststoffsorten und Verbunde ist auch durch nachfolgende Sortierprozesse nur schwierig ein qualitativ ausreichendes Rezyklat zu gewinnen. Eine Besonderheit der Altkunststoffe aus Automobilen ist häufig die Lackierung (besonders Stoßfänger). Die Lackschicht schützt zwar den Kunststoff vor der UV-Strahlung, führt aber beim Werkstoffrecycling zu einer Qualitätsvermin-
10
259
10.2 • Demontage von Altfahrzeugen
Altfahrzeuge Demontagestation Altfahrzeugannahme Gebrauchtteile Räder/Reifen Kunststoffe
Prüfstand (Motorendiagnose, Funktions-/ Qualitätsprüfung von Bauteilen und Komponenten)
Glasscheiben Katalysatoren Pyrotechnische Teile Batterien Stoßdämpfer Al-Kernschrott
Betriebsmittelentnahmestation (Tank und Getriebe anbohren, Kraftstoffe, Öle, Kühlflüssigkeit, Scheibenwasser abpumpen, Bremsflüssigkeit absaugen)
Fe-Kernschrott
Gebrauchtteilelager
Multitankanlage Verdichtungsanlage Restkarosse
Recycling Wertstoffe
Fahrzeugzwischenlager Restkarosse, gepresst
Transport zur Shredderanlage . Abb. 10.3 Mercedes-Benz Gebrauchtteile Center [162].
derung. Es ist deshalb eine Entlackung erforderlich. Die Versuche zur mechanischen Entlackung von Stoßfängern mittels Strahlmitteln führten zum Einbau von Strahlmitteln in die Kunststoffoberfläche. Deshalb ist nur ein Ablösen der Lackschichten nach Zerkleinerung der Teile einsetzbar. Als Lösemittel ist eine Mischung von Diethylenglykol mit KOH geeignet [159]. In einer halbtechnischen Untersuchung [159] konnte eine Gesamttechnologie zur Aufarbeitung von lackierten Stoßfängern ausgearbeitet werden. In einer ersten Stufe wurden
eine Rotorschere und ein Sieb zur Zerkleinerung und Klassierung auf 10…50 mm eingesetzt. Dieses zerkleinerte Gut enthielt 88 % Hartkunststoffe, 6 % Kunststoffschäume, 5 % Stahl und 1 % KunststoffMetall-Verbunde. Es wurde durch Magnetscheidung und Windsichtung gereinigt und danach der chemischen Entlackung zugeführt. Daran schloss sich eine zweistufige NIR- und MIR-Sortierung an, die zu sehr guten Kunststoffqualitäten führte: PA 97,1 %; PE 95,6 %; PMMA 99,2 %; PC-PBT 98,7 %. Weitere umfangreiche Angaben zum Kunststoff-
260
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
recycling findet man in 7 Kap. 6. Dort wird auch die getrennte Aufarbeitung einiger Autobauteile in 7 Abschn. 6.4.1 (»Industrielle Verfahren des Werkstoffrecyclings von Thermoplasten«) kurz beschrieben (ABS-Kühlerschutzgitter, PA-Kühlwasserkästen, PP-Stoßfänger, PUR-Armaturentafeln). Die Demontage von Kunststoffbauteilen mit nachfolgender werkstofflicher Verarbeitung steht allerdings in Konkurrenz zum Verbleib in der Restkarosse und einer Kunststoffgewinnung aus der Shredderleichtfraktion (VW-SiCon-Verfahren), dessen Kunststoffgranulat dann nur zur stofflichen Verwertung als Reduktionsmittel im Hochofen geeignet ist (7 Abschn. 10.5) [163] [164]. Abgaskatalysator Der Wert der Altkatalysatoren
10
besteht in dem Anteil an Edelmetallen (Pt, Pd, Rh) in der aktiven Schicht. Für das Recycling müssen die Altkatalysatoren zunächst von dem Stahlmantel befreit werden. Aus dem Katalysatorträger können anschließend die Edelmetalle durch Shreddern und Sichten oder durch Kupferschmelzen herausgelöst werden. Das Verfahren ist in 7 Abschn. 5.7.3 erläutert. Das Edelmetallrecycling aus den Altkatalysatoren ist von überragender Bedeutung, da wesentliche Anteile der Weltedelmetallproduktion in diesen Katalysatoren im Einsatz sind [83] [56]. Altreifen Die werk- und rohstoffliche Verwertung von Altreifen wurde in 7 Abschn. 6.4.2 (Kunststoffe) besprochen. Angaben zur energetischen Verwertung findet man in 7 Kap. 12, ergänzende Ausführungen in [154]. Glasscheiben Die Glasscheiben gehören zum Glastyp Flachglas. Beim Auto muss man außerdem drei Flachglassorten unterscheiden: Einscheibensicherheitsglas, Verbundsicherheitsglas (mit einer PVB-Kunststofffolie), eingeklebte Scheiben mit einer schwarzen Randbeschichtung (»black border enamel«) (7 Abschn. 7.1.2). Eine Wiederverwendung ausgebauter Scheiben findet praktisch nicht statt. Die werkstoffliche Verwertung ausgebauter Scheiben oder Scherben durch Aufbereitung und Umschmelzen ist technisch gelöst und wird in 7 Abschn. 7.1.3. ausführlich beschrieben [128]. Wegen verschiedener Qualitätsprobleme ist der Anteil aber noch gering. Die größere Menge der Scheiben
verbleibt in der Karosse, wird mit geshreddert, findet sich in der Shredderschwerfraktion und wird schließlich deponiert oder als Bergeversatz verwendet. Die Erfüllung der hohen Verwertungsquoten ab 2015 wird einen erheblichen Druck auf die Erhöhung der Scheibenverwertung ausüben [154]. z
Recycling von Aluminiumkarossen
Aluminiumkarosserien sind seit den 1990er Jahren in geringer Stückzahl produziert worden. Das Recycling von Fahrzeugen mit einer Al-Karosse ist selbstverständlich auf die Gewinnung eines recyclinggerechten Al-Schrottes zu konzentrieren und vollkommen getrennt vom Recycling der Stahlkarossen durchzuführen. Der mögliche Recyclingweg soll auf Basis der beim Audi A8 eingesetzten Space-Frame-Bauweise kurz skizziert werden. Diese Bauweise verwendet eine Rahmenstruktur aus gebogenen Strangpressprofilen, die an Verbindungspunkten mit Druckgussteilen verschweißt sind. Die Rahmenstruktur ist durch Flächen schließende und versteifende Blechteile komplettiert. Die Blechteile sind vorwiegend genietet (Stahlnieten) und z. T. punktgeschweißt oder geklebt. Für das Recycling ist die Kenntnis der eingesetzten AlLegierungen von Bedeutung. Das sind nach [160] Gusslegierungen (AlSi7Mg) und Knetlegierungen (AlMg0,4Si1,2 und AlMg5Mn). In 7 Abschn. 5.3 sind die Vorteile einer getrennten Behandlung von Guss- und Knetlegierungen sowie der Einfluss von Verunreinigungen (Fe, Cu) ausführlich erläutert. Das bedeutet für die Al-Altkarossen, dass eine Demontage- und Aufschlusstechnologie einzusetzen ist, die Eisen- und Kupferteile weitgehend abtrennt und die Guss- und Knetlegierungen nach Möglichkeit separiert. Nach der Demontage von Eisenteilen und Kupferkabeln besteht die Möglichkeit, die Gussteile und die Blechbeplankungen mechanisch herauszutrennen und anschließend zu shreddern. Bei einem gemeinsamen Shreddern der Gesamtkarosse sind nach Abtrennung von Eisenresten (Magnetsortierung) und Kunststoffen (Windsichtung) Verfahrensstufen zur Sortierung in Guss- und Knetlegierungen einsetzbar (Hot-Crush-Technik; sensorgestützte Sortierung, Wirbelstromscheider) [160].
261
10.3 • Shredderanlage
10.3
Shredderanlage
Das Shreddern ist ein Verfahren der Aufschlusszerkleinerung mit dem Ziel, die Karosse in sortierfähige Stückgrößen von <150 mm zu zerkleinern und durch die besondere Art der Beanspruchung die Werkstoffverbindungen auseinanderzureißen, d. h. einen Aufschluss zu bewirken (siehe dazu die Ausführungen in 7 Abschn. 3.2). Der prinzipielle Aufbau eines Shredders ist in . Abb. 3.2 angegeben. Zur Shredderanlage gehören neben dem Shredder die Sortierapparate für die Shredderfraktionen, deren Weiterverarbeitung in Post-Shredder-Anlagen stattfindet. Der Shredder ist so dimensioniert, dass komplette gepresste Restkarossen, aber auch ungepresste Altautos zugeführt werden können. Im Aufgabebereich des Shredders sorgen Einzugsrollen für die Zuführung der Restkarossen in den Zerkleinerungsraum. Das Zerreißen übernehmen dann an einem massiven Rotor pendelnd aufgehängte Hämmer und ein Amboss. Eine weitere Zerkleinerung und auch Verdichtung finden durch Prallvorgänge mit dem Shreddergehäuse und zwischen den Stücken statt. Ein im Gehäuse eingebauter Rost (oberhalb oder seitlich) gestattet nur den Austrag ausreichend zerkleinerter Stücke, so dass im Shredder auch eine Materialklassierung stattfindet. Schmutz, Lackpartikel, Textilien und Kunststoffe werden dabei z. T. so fein zerkleinert, dass im Shredder auch staubförmiges Material entsteht und sofort abgesaugt wird. z
Windsichtung, Shredderleichtfraktion (SLF)
Von dem Shredderaustrag wird in einer ersten Sortierstufe durch Windsichtung eine flugfähige Leichtfraktion abgetrennt. Das Funktionsprinzip einer Windsichtung ist in 7 Abschn. 3.3 (Stromklassierung) ausführlich erläutert und in . Abb. 3.8 skizziert. An dieser Stelle werden nur nochmals die wesentlichen Zusammenhänge benannt. Die Windsichter sind Aerostromsortierer, bei denen ein Körnerkollektiv in einen Luftstrom eingetragen wird. Dieser Luftstrom nimmt die kleinen und leichten Körner mit, während die schweren und großen Partikel im Luftstrom absinken. Neben der Dichte und der Korngröße der Partikel beeinflusst auch noch die Kornform (Kugeln, Platten, Fasern) den
10
. Tab. 10.3 Zusammensetzung der Shredderleichtfraktion (SLF) [154] Material
Massenanteile
Kunststoffe
25…40 %
Elastomere, Reifen
10…30 %
Holz, Zellulosestoffe
3…8 %
Fasern, Bezugsstoffe
5…16 %
Lack, Unterbodenschutz
3…5 %
Glas, Keramik
10…16 %
Metalle – Eisen
5…15 %
– Kupfer
1…3 %
– Aluminium
2…3 %
Sonstige (Rost, Sand, Staub)
2…5 %
Schadstoffe – Kohlenwasserstoffe
2%
– PCB
10…25 ppm
– Dioxine, Pb, Ni, Cd
Trenneffekt. Die Dichten wichtiger Werkstoffe sind in . Tab. 3.5 zusammengestellt. Die erzeugte Shredderleichtfraktion (SLF) wird aus dem Luftstrom mit einem Zyklon ausgeschieden. Die verbleibende Abluft muss noch durch ein Nassabscheidesystem (Venturi-Düse und Tropfenabscheider) nachgereinigt werden. Eine durchschnittliche Zusammensetzung der SLF ist in . Tab. 10.3 angegeben. Andere Bezeichnungen für SLF sind folgende: Shredderrückstände, Shredderabfälle, Shreddermüll, Residue Shredder (RESH), Fluff, Auto Shredder Residue (ASR). Weitere Materialkenngrößen der SLF: Heizwert 13 000…14 000 kJ/kg; Korngrößen 1…80 mm (6 % >80; 24 % 20…80; 40 % 2…20; 30 % <1). Von anderen Autoren wird ein Feinkornanteil <10 mm von etwa 50 % angegeben. Dabei muss aber ausdrücklich vermerkt werden, dass die Shredderanlagen zusammen mit Autokarossen auch anderen großstückigen Sammelschrott (z. B. Waschmaschinen- und Kühlschrankgehäuse)
262
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
. Tab. 10.4 Shreddergroßversuch mit 501 Altfahrzeugen [168]
10
Input/Produkte
Masse t
Masse %
Input 501 Altfahrzeuge
762,8
100
Vorbehandlung/Demontage
115,4
15,1
Input Kondirator
646,4
84,9
Shredderschrott (Fe)
382,6
50,2
Cu-Verbund (Handauslese)
4,0
0,6
Ersatzbrennstoffe (Gummi, Textilien, Stahl-KunststoffVerbunde)
1,4
0,2
Shredderschwerfraktion (SSF)
146,0
19,2
Shredderleichtfraktion (SLF)
110,1
14,5
Verluste
2,2
0,3
Ergebnisse eines Shreddergroßversuchs mit 501 Altfahrzeugen (BMW und Mini) [168] Bei der De-
montage entfernte man Scheinwerfer, Stoßfänger und Karosserieteile. Für die anschließende Zerkleinerung wurde ein Kondirator (Metso Lindemann GmbH) verwendet und die übliche Sortierung in Shredderschrott, SLF, Shredderschwerfraktion (SSF) und handausgelesene Kleinmengen durchgeführt. Die Ergebnisse enthält . Tab. 10.4. Durch die Verwendung eines Kondirators (Shredder mit niedriger Drehzahl) wurde allerdings ein geringerer Aufschlussgrad erreicht, der sich besonders auf die Werkstoffverbunde auswirkt. z
verarbeiten, der erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Shredderfraktionen hat. Nach unterschiedlichen Quellen [154] [166] ergab sich in Deutschland in den 1990er Jahren folgende Aufteilung der Shreddervorlaufmaterialien: Mischschrott 43…51 %; Altautos 27…33 %; weiße Ware 14…16 %; Sonstiges 8…16 %. Im Jahr 2003 hatten deutsche Shredderanlagen folgenden Input [167]: Mischschrott 60,5 %; Altkarossen 22,3 %; Elektrogroßgeräte 8,6 %; sonstige Elektrogeräte 4,5 %; Sonstiges (Stahlblech, CrNi-Stahl, Al-Schrott). Im Jahr 2007 war der Anteil der Altautos weiter auf 15 % gesunken. Dabei enthielten 40 % der Altkarossen keinen Motor. Die Motoren werden häufig für die Regenerierung ausgebaut oder zusammen mit Getriebe und Achsen als Kernschrott entnommen, da diese Kompaktschrotte in getrennter Form einen höheren Schrotterlös erzielen. Der Kernschrott wird dann separat geshreddert. Auf Grund des geringen Anteils der Altautos am Shredder-Input ist ein Nachweis der Verwertungsquoten der Altautos für die Unternehmen problematisch. Gute Aussagen lieferte aber ein Großversuch mit ausschließlich Altfahrzeugen bei der Scholz Recycling AG & Co. KG, der nachfolgend angeführt ist [168].
Magnetscheidung, Shredderschrott Shredderschwerfraktion (SSF)
(Eisen),
Aus der bei der Windsichtung anfallenden schweren Fraktion trennt ein Trommelmagnetscheider (7 Abschn. 3.4.2; . Abb. 3.9) die Stahl- und Gusseisenstücke ab. Die stark kupferhaltigen Eisenteile (Lichtmaschinenanker) sowie Gummi- und Polsterteile mit Eisenkern werden manuell aussortiert (0,6 %). Die abgetrennte Eisenfraktion bezeichnet man als Shredderschrott, die verbleibende unmagnetische Fraktion aus NE-Metallen, CrNi-Stahl, Glas, Gummi, Kunststoffen nennt man Shredderschwerfraktion (SSF) oder NE-Fraktion. Es wird z. B. folgende durchschnittliche Massenverteilung der Shredderfraktionen angegeben [155]: 5 Shredderschrott (Stahl, Gusseisen): 70…75 %, 5 Shredderschwerfraktion (NE-Metalle, Kunststoff, Glas): 5…7 %, 5 Shredderleichtfraktion (Kunststoffe, Glas, Textilien): 18…23 %. Die Verfahrenstechnik in einer Shredderanlage und die anfallenden Fraktionen sind in . Abb. 10.4 dargestellt. Der Shredderschrott ist ein wertvoller Eisenschrott (>95 % Fe), der in den Stahlwerken zum Einsatz kommt. Durch die mechanische Beanspruchung beim Shreddervorgang sind auch Lacke, Unterbodenschutz, Rost und Verunreinigungen von den Stahlteilen abgeplatzt, so dass metallisch glänzende, verdichtete Schrottstücke homogener Stückgröße (50…150 mm) vorliegen. Dieses Material ist gut dosierfähig. Nach der europäischen Stahlschrottsortenliste werden Stückgrößen von
. Abb. 10.4 Technologie einer Shredderanlage.
10
263
10.4 • Aufbereitung und Verwertung der Shredderschwerfraktion
Altauto-Restkarossen Shredder
Windsichter
Stäube
Leichtfraktion
Zyklon
Schwerfraktion
Trommelmagnetscheider
Stäube Nassabscheider Handsortierung Abfall Fe-CuVerbunde
NE-Fraktion
95 % <200 mm, 5 % < 1000 mm und Freiheit von sichtbarem Cu, Sn, Pb und deren Legierungen gefordert. Die beim Stahlschmelzen notwendigen Schrottqualitäten und die Verfahrenstechnik wurden in 7 Abschn. 5.2.2 (»Entfernung von Verunreinigungen …«) besprochen. An diese Stelle muss aber nochmals auf die Anforderung der Stahlmetallurgie nach geringen Cu-Gehalten im Shredderschrott hingewiesen werden, da bei der Stahlraffination keine Abtrennung von Cu möglich ist. Das bedeutet für die Demontage- und Shreddertechnologie, dass eine effektive Aufschlusszerkleinerung und eine gute Handnachsortierung nach der Magnetscheidung notwendig sind. Der Restgehalt an Cu im Shredderschrott beträgt ca. 0,2 %. Dieser Gehalt muss beim Stahlschmelzen durch Verdünnung mit Cu-armen Schrotten oder Roheisen auf ca. 0,1 % gesenkt werden. Andere Restgehalte an NE-Metallen (Al, Zn) sind unproblematisch.
10.4
Aufbereitung und Verwertung der Shredderschwerfraktion
Die Shredderschwerfraktion (NE-Fraktion) enthält aus dem Input des Shredders die Hauptmenge an NE-Metallen und deren Legierungen (Al, Mg, Cu, Zn, Messing, Bronze, Pb, Sn) und nichtmagnetischen CrNi-Stahl sowie Kunststoffe, Gummi, Glas und Holz. Der Metallgehalt von ca. 50 % ist ein beachtenswertes Wertstoffpotential. Allerdings wer-
Shredderschrott (Fe)
Shredderleichtfraktion
den nur 77 % v. V. der NE-Metalle in dieser Fraktion ausgebracht, denn 21 % v. V. werden in die SLF geblasen und 2 % sind Verluste (Shredderschrott, Stäube) [154]. Beim Windsichten wurde z. B. folgende Verteilung der einzelnen NE-Metalle bezogen auf den Input (100 % v. V.) ermittelt: 5 Shredderschwerfraktion: Al 81,6 % v. V.; Cu 40,4 % v. V.; Zn 89,1 % v. V. 5 Shredderleichtfraktion: Al 17,6 % v. V.; Cu 48,8 % v. V.; Zn 10,9 % v. V. Der große Anteil von Cu im SLF ist wahrscheinlich auf das Ausblasen feiner Cu-Litze zurückzuführen. Für die Aufbereitung der NE-Fraktion ist auch die Massenverteilung der Stückgrößen von Bedeutung: >65 mm 14 %; 15…65 mm 61 %; <15 mm 25 % [154]. Für die Rückgewinnung der wertvollen NEMetalle aus dieser Mischfraktion ist ein besonderer Aufbereitungsprozess erforderlich, der entscheidende Aufgaben zu erfüllen hat: 5 weitgehende Abtrennung der nichtmetallischen Bestandteile und des Schmutzes, 5 Sortierung der Metalle und Legierungen in recyclingverträgliche Fraktionen, die z. B. im Cu- oder Al-Kreislauf verarbeitbar sind, 5 Konditionierung der nichtmetallischen Bestandteile in eine verwertbare Form. Für die Erfüllung dieser Aufgabenstellung stehen eine Reihe praktizierter bzw. erforschter Verfahren zur Verfügung, von denen eine Auswahl vorgestellt wird.
264
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
NE-Metall-Fraktion > 80 mm
Handsortierung
< 16 mm
Wirbelstromscheider
Trommelsieb 80…16 mm Magnetscheider
Fe-Verbunde
Al-Legierungen Cr-Ni-Stahl Fe; Fe-Verbunde Gummi
. Abb. 10.5 Aufbereitung der NE-Metall-Fraktion des Shredders mit dem Verfahren der nassen Dichtetrennung [154].
Metalle
Abfall
Waschtrommel Schwimm-SinkStufe I; 1,9 g /cm3
Schwimm-SinkStufe II; 3,0 g /cm3
> 1,9
< 1,9 g/cm3 Schlamm, Flusen
Wirbelstromscheider Mg
z
10
< 3,0 g/cm3
Gummi
Nasse Dichtesortierung mit Schwertrüben [154]
Dieses industriell eingesetzte Verfahren verwendet in der ersten Stufe ein Trommelsieb, das aus der NEFraktion drei Siebschnitte (<16 mm; 16…80 mm; >80 mm) herstellt. Die Feinfraktion enthält nur wenige Prozente an Metallen und wird häufig zur weiteren Aufbereitung nach Fernost verkauft. Aus der Grobfraktion gewinnt man durch Handsortierung verschiedene NE-Metall-Schrotte (Cu, Zn, Al). Der größte Massenanteil der Siebschnitte ist mit 70 % v. V. die Fraktion 16…80 mm. Für die Sortierung dieser Hauptfraktion in verwertbare NE-Metall-Schrotte verwendet man die SchwimmSink-Sortierung mit einer FeSi-Schwertrübe. Das Funktionsprinzip dieses Sortierverfahrens ist in 7 Abschn. 3.4.1 und . Abb. 3.6 beschrieben. Die Dichtewerte der Metalle enthält . Tab. 3.5. Vor dieser Sortierstufe entfernt man nochmals Reste von magnetischen Eisenwerkstoffen durch Magnetscheidung und den Schmutz mit einem Waschprozess. Die Schwimm-Sink-Sortierung wird in zwei Dichtestufen der FeSi-Trübe durchgeführt (1. Stufe 1,9 g/cm3; 2. Stufe 3,0 g/cm3). In der ersten Stufe bilden Mg, Gummi und Kunststoffe die Schwimmfraktion. In der zweiten Stufe behandelt man die Sinkfraktion und trennt daraus eine Al-Schwimmfraktion von den schweren NE-Metallen ab. Beide Schwimmfraktionen unterwirft man einer weiteren Sortierung mit Wirbelstromscheidern (Funk-
> 3,0 g /cm3
Wirbelstromscheider Kabel
Al
Cu; Zn
tionsprinzip siehe 7 Abschn. 3.4.2, . Tab. 3.7 und . Abb. 3.10) (. Abb. 10.5). Mit dieser Technologie erhält man verwertbare Mg- und Al-Fraktionen sowie eine Fraktion schwerer NE-Metalle. Letztere enthält vor allem Cu, Messing und Zn sowie wenig Sn, Pb und evtl. CrNi-Stahl. Sie kann in Cu-Recyclinghütten – evtl. mit einer zusätzlichen Nachsortierung – verwertet werden (7 Abschn. 5.4). Spezielle Seigerverfahren für die Abtrennung der Zn-Werkstoffe von Cu sind wegen der geringen Massen kaum ökonomisch. z
Trockenmechanische Sortierung [168]
Dieses Verfahren kam beim Großversuch der Scholz Recycling GmbH mit NE-Fraktion aus 501 Altautos zum Einsatz. Mit den Stufen Magnetscheidung, Siebklassierung und Wirbelstromsortierung gewann man folgende Produkte: 5 Metalle, direkt verwertbar: Fe, Al, Cu, legierter Stahl, Al-Fe-Verbunde; 5 metallhaltige Verbunde: Cu-Produkt, Fe-Produkt, Kabel, Leiterplatten; Verbunde zur weiteren Aufbereitung; 5 Kunststoffe und kunststoffreiche Produkte; 5 Ersatzbrennstoffe. Außerdem fielen Flusen, Staub und mineralisches Feingut als Abfälle an. Durch weitere Aufbereitung der kunststoffreichen Fraktion (zusammen mit der
gleichartigen Fraktion aus der SLF-Aufbereitung) gelang zunächst eine Abtrennung restlicher Metalle durch zwei Schwimm-Sink-Stufen (1,5 und 3,2 g/cm3) unter Zwischenschaltung einer Wirbelstromsortierung. Anschließend untersuchte man die Trennung der Kunststofffraktionen ebenfalls mit der Schwimm-Sink-Technologie und konnte sortenreine Fraktionen von PP (<0,93 g/cm3), PE (0,93…1,0 g/cm3), ABS (1,05…1,1 g/cm3) und PS (1.05…1,1 g/cm3) in kleinen Anteilen (3…10 %) erhalten. Die Hauptmasse waren Polyolefine für den Reduktionsprozess im Hochofen (1,1…1,25 g/cm3) mit 30 % Anteil und die Dichtefraktion 1,25…1,5 g/cm3 (PVC u. a.) mit 47 % Anteil zur Beseitigung. In diesem Großversuch erfolgte auch die Aufbereitung der SLF durch Magnetscheidung und mehrstufige Sichtung, wobei die Fraktionen Fe, Al, Metallverbunde, kunststoffreiches Material erhalten wurden. Durch diesen Großversuch konnte nachgewiesen werden, dass für Kunststoffe eine stoffliche Verwertungsquote von fast 50 % aus SSF und SLF technisch möglich ist, d. h., eine aufwendige Demontage ist wahrscheinlich nicht erforderlich. Im Unterschied zur Demontage sind aber für dieses vielstufige Verfahren ausreichend große Massen an Input-Material notwendig, um den Aufwand an Apparaten, Energie, Arbeitskraft, Hilfsstoffen usw. ökonomisch und ökologisch sinnvoll zu machen. z
Bewertung des Kupferrecyclings
Ein Mittelklasseauto enthält 15…60 kg Cu, ein Kleinwagen ca. 10 kg Cu. Die Jahresproduktion von 50 Mio. Autos verbraucht 1,25 Mio. t Cu/Jahr [166]. Die Rückgewinnung dieser Cu-Mengen ist aus zwei Gründen von erheblicher Bedeutung: 1. der hohe Materialwert des Cu und die Ressourcenschonung, 2. der negative Einfluss des Cu auf die Materialeigenschaften des aus Shredderschrott hergestellten Stahls und der recycelten Kunststoffe bereits bei sehr geringen Cu-Konzentrationen. Die technischen Möglichkeiten und die entstehenden Kosten einer weitgehenden Cu-Rückgewinnung aus Altfahrzeugen sind deshalb immer erneut zu überprüfen. Dabei müssen zunächst die wichtigsten Verwendungsgebiete des Cu im Auto
10
265
10.4 • Aufbereitung und Verwertung der Shredderschwerfraktion
. Tab. 10.5 Kupferverwendung in einem Kleinauto [166] Bauteil
Gewicht kg
Cu-Gehalt %
CuMasse kg
Kabelbaum
15,50
40
6,20
Lichtmaschine
4,76
33
1,57
Anlasser
2,65
20
0,53
Motoren für Ventilatoren, Scheibenwischer und Fensterheber
4,67
8…36
1,10
Zündspule
0,62
17
0,11
Gesamt
28,20
34
9,51
bekannt sein, die in . Tab. 10.5 für ein Kleinauto angegeben sind. Der selektive Ausbau von Lichtmaschine, Anlasser und Zündspule ist gut zu realisieren. Aber der Ausbau des Kabelbaums ist sehr arbeits- und kostenintensiv. Beim gemeinsamen Shreddern des Kabelbaums mit der Karosse und der nachfolgenden Trennung Fe/Cu erreicht man nur ein Cu-Ausbringen von 40…60 %. Man hat deshalb immer wieder vorgeschlagen, einen größeren Teil des Kabelbaums auszubauen (22…36 %) und man kann dann ein Cu-Ausbringen von 50…70 % des Kabelbaums erzielen [166]. Der ausgebaute Teil des Kabelbaums ist zusammen mit anderen Cu-Kabeln (Litzen) gut zu verarbeiten. Die hohen Kosten für den Ausbau der Kabelbäume vor allem bei unterschiedlichen Fahrzeugtypen und die ständigen Verbesserungen der Sortiertechnologien haben zur Veränderung dieser Auffassung geführt. Man bevorzugt zunehmend eine Abtrennung der Cu-Litzen aus der SSF und SLF. Besonders die Sensorsortierung mit der Röntgentransmissionsmethode in Kombination mit schnellen Prozessrechnern und der Einsatz von Luftherden garantieren auch damit ein gutes CuAusbringen. Sortierprobleme bereiten aber weiterhin die Cu/Fe-Verbunde in Kleinmotoren. In den folgenden Abschnitten sind mehrere Beispiele für die Abtrennung von Cu-Litzen aus SLF aufgeführt. Als Alternative für die Cu-Abtrennung aus Cu/Fe-
266
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
. Abb. 10.6 Hauptprozess der Aufbereitung von Shredderleichtfraktion nach dem VW-SiConVerfahren (LE = Leichtgut; SG = Schwergut) [164].
Shredderleichtfraktion Sieb > 12 mm
Sieb < 12 mm < 4 mm
Hammermühle
> 4 mm LG
Sichter
< 7 mm
Rohflusen
Schneidmühle
Magnetscheider Luftherd
Fe-Konzentrat
Rohsand
LG
SG
NE-Konzentrat
Rohgranulat (Kunststoffe)
10
Verbunden steht noch die selektive Auflösung des Cu mit ammoniakalischer Ammoniumkarbonatlösung zur Verfügung (7 Abschn. 5.4.4).
10.5
Verwertung und Beseitigung der Shredderleichtfraktion
Die Zusammensetzung, die Stückgrößenfraktionen und der Heizwert der SLF sind in 7 Abschn. 10.3 und . Tab. 10.3 angegeben. Auf Grund des hohen Organikanteils und der Schadstoffgehalte ist in Deutschland seit 2005 eine Deponierung der SLF ohne Vorbehandlung auf einer Hausmülldeponie (Glühverlust <3 bzw. 5 % vorgeschrieben) nicht mehr gestattet. In den Niederlanden wurde ab 2008 eine Deponiesteuer für SLF erhoben und ab 2009 die Deponierung von SLF verboten. Die thermische Behandlung bzw. energetische Nutzung ist in einer Müllverbrennungsanlage (MVA) oder in Sonderabfallverbrennungsanlagen bei Einhaltung der strengen Anforderungen der 17. BImschV möglich. Auf Grund des hohen Kunststoffanteils von ca. 30 % wird aber deren Rückgewinnung zur stofflichen oder energetischen Verwertung (Ersatzbrennstoffe) ab 2006 gefordert (AltfahrzeugV). Gegebenenfalls können dabei auch Metallreste
ausgebracht werden und einen Deckungsbeitrag erbringen. Infolge des hohen Masseanteils der SLF an den Shredderprodukten von ca. 20 % wurde die Lösung des SLF-Problems in den Labors und halbtechnisch umfangreich untersucht. In den folgenden Ausführungen werden ausgewählte Beispiele von Industrieanlagen und Pilotanlagen und weitere Verfahrensvorschläge vorgestellt.
10.5.1
VW-SiCon-Technologie
Dieses Verfahren ist in mehreren Anlagen industriell eingeführt. Das mehrstufige Verfahren arbeitet mit mechanischen Trenntechniken: »mehrstufige Zerkleinerung, Klassierung, Sortiertechnik auf Basis von Dichte, Kornform, Magnetisierbarkeit, elektrischer Leitfähigkeit und optischer Eigenschaften« [169]. Der Hauptprozess des Verfahrens ist in . Abb. 10.6 angegeben [164]. Die Produkte dieses Prozesses (Kunststoffrohgranulat, NE-Metall-Konzentrat, Flusen, Sand, Fe-Konzentrat) sind direkt verwertbar oder können in weiteren Stufen veredelt werden. Für das Hauptprodukt Kunststoff-Rohgranulat veredelt man durch eine zweistufige nasse Dichtesortierung (. Abb. 10.7). Zunächst erfolgt eine Oberflächenrei-
. Abb. 10.7 Veredelung der Kunststofffraktion »Rohgranulat« des VW-SiCon-Verfahrens [164].
10
267
10.5 • Verwertung und Beseitigung der Shredderleichtfraktion
KunststoffRohgranulat
Oberflächenreinigung
Dichtesortierung 2 1,24 g/cm3
< 1,24 g/cm3
Dichtesortierung 1 1,0 g/cm3
> 1,24 g/cm3 > 1,0 g/cm < 1,0 g/cm3
Schlamm
3
Trocknung
Nachvermahlung
PVCKonzentrat (Metallreste)
Veredeltes Kunststoffgranulat
nigung des Granulats in einem Friktionswäscher, die dem Abwaschen Pb/Zn-haltiger Stäube dient und eine maximale Oberflächenbenetzung für die Dichtesortierung garantiert. In der Dichtetrennung setzt man wässrige MgSO4-Lösungen ein. Hauptziel ist die Abtrennung von PVC. Das veredelte Kunststoffgranulat erfüllt die Qualitätsanforderungen für das Einblasen als Reduktionsmittel im Hochofenprozess [164] (Heizwert 30…35 MJ/kg; Glühverlust 91 %; Cl <1,2 %; Na2O <1 g/kg; Zn <0,5 g/kg). Dieser Einsatz im Hochofen ist in 7 Abschn. 6.5.5, . Abb. 6.20 sowie . Tab. 6.12 und . Tab. 6.13 ausführlich beschrieben. Ein weiterer Verwertungsweg für die Kunststoffgranulate ist die Vergasung zu Synthesegas (7 Abschn. 6.5.4; . Abb. 6.18, . Abb. 6.19), das zu Methanol verarbeitet wird. Die Möglichkeit der Kunststoffverwertung zu Kraftstoffen befindet sich in der halbtechnischen Erprobung. Dabei setzt man das Verfahren der katalytischen Spaltung oder Depolymerisation ein, das bereits in 7 Abschn. 6.5.1 und . Abb. 6.14 vorgestellt wurde [111]. Das NEKonzentrat ist durch Dichtesortierung in eine CuFraktion und eine Al/Mg-Fraktion zu trennen, die
für das jeweilige Metallrecycling geeignet sind. Die Shredderflusen (PUR-Schaum, Textilfasern) eignen sich als Entwässerungsmittel in der Klärschlammkonditionierung. Der Shreddersand (Glas, Rost, Lack, Metallpartikel) wird als Bergversatz oder Schlackenbildner in der Metallurgie eingesetzt. Veredlungsverfahren für den Shreddersand (Herdsortierung, Metallflotation) werden untersucht. Die noch weitergehende Veredlung der Kunststofffraktion wird ebenfalls geprüft (Gewinnung einer Polyolefinfraktion und deren Reinigung mit dem CreaSolv-Prozess; 7 Abschn. 6.4.1, »Sammellogistik, Aufschlusszerkleinerung, Waschprozesse, Sortier- und Löseverfahren«; . Abb. 6.2). Für das VW-SiCon-Verfahren erarbeiteten die Entwickler eine Ökobilanz, die einen Vorteil des Verfahrens gegenüber einer weitgehenden Demontage der Kunststoffe aus den Altautos ausweist [163]. Das VW-SiCon-Verfahren ist mit mehreren Umweltpreisen ausgezeichnet worden.
268
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
10.5.2
Technologievorschläge für mechanische Verfahren zur SLF-Behandlung
z
Sortec-Verfahren der LSD GmbH
Dieses trockenmechanische Aufbereitungsverfahren wurde in einer Pilotanlage mit der Zielstellung erprobt, die SLF in eine organische und eine anorganische Fraktion zu separieren. Es waren folgende Verarbeitungsstufen installiert: zweistufige Zerkleinerung unter 7 mm, Trocknung, Siebung, Windsichtung, Magnetscheidung und Zick-ZackSichter. Erzeugte Produkte: Eisenfraktion, Kupferhäcksel (95 % rein), Mineralien-Metall-Gemisch und eine homogene qualitätsgerechte organische Fraktion (60 % des SLF-Einsatzes; Heizwert 23 MJ/ kg) [170] [167]. z
10
Trockenmechanischer SRP-Prozess (Sult GmbH)
Das Verfahren verwendet folgende Trennapparate [174]: 5 Vorsieb (Trennung in Feinsand, Mittelkorn, Überkorn), 5 Rotorschere (Aufschlusszerkleinerung des Überkorns auf <24 mm), 5 Magnetscheider (Abtrennung Stahl und Eisen), 5 sensorgestützter Sortierer MESORT® (Abtrennung von Cr-Ni-Stahl und groben NE-MetallStücken), 5 Granulator (vollständiger Aufschluss aller Verbundteile, z. B. Kupferkabel, Feinheit 12 mm), 5 Bandtrockner (Endfeuchte ca. 2 % zur Vermeidung von Verklebungen in den nachfolgenden Sieben und Sichtern), 5 Kegelsichter (Abtrennung der Schaumstoffe und Flusen), 5 Hauptsieb (Auftrennung in fünf Kornklassen; Grobkorn gehört zur organischen Fraktion), 5 Zick-Zack-Sichter (Abtrennung der Organik aus den drei mittleren Kornklassen als Leichgut), 5 Luftherd (Gewinnung der NE-Metalle aus dem Feinkorn des Hauptsiebes und der Schwerfraktion des Zick-Zack-Sichters; zur Herdsortierung siehe 7 Abschn. 3.4.1 und . Abb. 3.7).
Hergestellte Produkte: 5 kleinstückige Stahl-Eisen-Fraktion, 5 NE-Metall-Fraktion (überwiegend Cu-Drähte), 5 organische Fraktion, Heizwert ca. 23 MJ/kg, Aschegehalt <5 % (Grobkorn des Hauptsiebes, Schaumstoffe, Flusen, Leichtfraktion der ZickZack-Sichter). z
RWTH-Verfahren
Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) hat einen Prozess im Technikumsmaßstab erprobt mit dem Ziel, ein kunststoffreiches Zwischenprodukt zu erzeugen, das für eine sensorgestützte Sortierung in reine Kunststoffsorten geeignet ist [175]. Die Einzelheiten der Technologie enthält . Abb. 10.8. In dem Kunststoffkonzentrat reichern sich PE und PP zu ca. 50 % an und PS, ABS zu ca. 25 %. Nur diese Kunststoffsorten könnten demnach durch Sensorsortierung gewonnen werden. Das Ausbringen in dieser Zielfraktion ist aber mit 19 % v. V. ungenügend und das Ausbringen im Feinkornabfall zu hoch. Das Verfahren ist nach diesen Ergebnissen kaum ökonomisch. Im Vergleich mit den anderen Verfahren fehlen offenbar ein bis zwei Stufen der Aufschlusszerkleinerung. z
Method for (EP1721676)
processing
shredder
residue
Das Patent schützt die wesentlichen Elemente der VW-SiCon-Technologie ohne die nasse Dichtesortierung. Es schlägt die gemeinsame Aufbereitung der SLF und SSF nach einer Vorbehandlung dieser Fraktionen vor. Die SLF wird einer Aufschlusszerkleinerung, einer Magnetscheidung, einer zweiten Zerkleinerung, einer Klassierung (Sandabtrennung) und einer Dichtesortierung (Rohflusenfraktion und Schwerfraktion) unterworfen. Die SSF wird in einem Vorprozess (Metallabscheider, Klassierung) in eine NE-Metall-Fraktion, eine Schwergutfraktion und eine Sandfraktion getrennt. Danach können die Sandfraktionen und die Schwergutfraktionen gemeinsam aufbereitet werden. Eine besondere Prozessstufe ist optional die Aufbereitung der NE-Metall-Fraktion durch eine »Sandflotation«, wobei in einem fluidisierten Sandbett die Leichtmetalle (Al, Mg) aufschwimmen und die Schwermetalle absinken (7 Abschn. 3.4.1, »Setzpro-
. Abb. 10.8 RWTH-Technologie der SLF-Aufbereitung (LG = Leichtgut; SG = Schwergut) [175].
10
269
10.5 • Verwertung und Beseitigung der Shredderleichtfraktion
Shredderleichtfraktion 100 Ma.-% > 20 mm, 42 Ma.-%
Spannwellensieb < 10 mm
Schwingsieb
10…20 mm, 14 Ma.-% Windsichter
LG
> 60 mm, 13 Ma.-%
20…60 mm
Windsichter
SG, 7 Ma.-% LG
SG, 13 Ma.-% Magnetscheider Wirbelstromscheider
Feinkorn < 10 mm 44 Ma.-%
Stahl, Eisen 0,7 Ma.-%
Bergversatz
zess«). Die Schwermetalle können durch optische Sortierung weiter getrennt werden. Alle Kunststoffe sammeln sich in der »Granulatfraktion«. z
Technologien mit sensorgestützter Sortierung
Durch die ständige Weiterentwicklung der verschiedenen Verfahren der sensorgestützten Sortierung treten diese in Konkurrenz zu den Verfahren der nassen und trockenen Dichtetrennung. Insbesondere die Entwicklungen zur Sortierung auch sehr kleiner Stückgrößen macht eine Sortierung von Metallen, Kunststoffen und Glas aus Siebfraktionen von 10…40 mm (nach anderen Angaben auch von 1…10 mm) möglich. Voraussetzung für gute Sortiereffekte kleiner Stückgrößen ist immer die Klassierung in enge Kornbänder unter Verwendung moderner Mehrdeck-Klassierapparate. Diese Mehrdeckapparate sind vorzugsweise aus einer Kombination von Stangensystemen im oberen Bereich (Abtrennung des Grobgutes) und Siebgeweben im unteren Bereich aufgebaut. Damit erreicht man eine höhere Klassiergüte und eine Entlastung der Siebe. Das Funktionsprinzip der sensorgestützten Sortierung ist in 7 Abschn. 3.4.6 mit . Abb. 3.13
Kunststoffkonzentrat 19 Ma.-%
Organikfraktion 36 Ma.-%
Kunststoffsortierung
NE-Metallfraktion 0,3 Ma.-%
Ersatzbrennstoff
ausführlich beschrieben. Speziell für die Sortierung von Kunststoffen nach dieser Methode sind nochmals Ausführungen in 7 Abschn. 6.4.1 (»Sammellogistik, Aufschlusszerkleinerung, Waschprozesse, Sortier- und Löseverfahren«) ergänzt. Es sind erprobte Sensoren für Metalle (Induktion, Röntgenfluoreszenz, Röntgentransmission, Optoelektronik) und Kunststoffe (NIR, MIR, Röntgenfluoreszenz, Röntgenstrahlenabsorption, Optoelektronik) verfügbar, die auch zur Identifikation von Polymeren mit erhöhten Schwermetall- und Chloranteilen sowie für Glas und Holz geeignet sind. Die modernsten Sortierer (2008) können bis 40 000 Einzelstücke pro Sekunde und Meter Arbeitsbreite erkennen, rechentechnisch auswerten und maximal 2000 Einzelstücke pro Sekunde und Meter Arbeitsbreite ausblasen, d. h. also, dass die Leistungsfähigkeit durch mechanische Probleme (Vereinzelung der Stücke und Luftwirbel beim Ausblasen) begrenzt ist. Die sensorgestützten Sortierapparate werden zunehmend in vorhandenen oder geplanten Aufbereitungsverfahren für SLF und SSF zusätzlich installiert.
270
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
. Abb. 10.9 Verfahrensschema des TwinRec-Verfahrens [179].
Shredderleichtfraktion Wirbelschichtvergaser
Schmelz- Kessel zyklon
Filter 1
Filter 2 Absorbens
Wirbelbett Siebung
10.5.3
Metalle, Inerte
Glasgranulat
Absorptionsprodukt
Flugaschen
Thermische Verfahren für die SLF-Behandlung
10 Auf Grund des hohen mittleren Heizwertes der SLF (ca. 70 % Kunststoffe, Textilien und Holz; . Tab. 10.3) ist der Einsatz thermischer Verfahren zur Verwertung oder Beseitigung naheliegend. Dagegen sprechen allerdings eventuelle Schadstoffgehalte und der Gehalt an PVC, die eine intensive Abgasbehandlung erfordern, sowie die geforderten stofflichen Verwertungsquoten der EURichtlinie bzw. AltfahrzeugV ab 2006 bzw. 2015 (7 Abschn. 10.1). Die thermischen Verfahren verfügen aber durchaus auch über das Potential zur Verwertung der Metallinhalte der SLF (z. B. bei einem Pyrolyseprozess oder einer Vergasungstechnologie) oder bei Kombination mit mechanischen Verfahren. Für die künftige Einschätzung der thermischen Behandlung sind vor allem die Festlegungen der im Jahr 2008 verabschiedeten EU-Abfallrahmenrichtlinie von Bedeutung. Danach kann eine Abfallverbrennung als energetische Verwertung eingestuft werden, wenn der Bruttowirkungsgrad (Effizienzkriterium R1) über 60 % liegt (seit 2009 über 65 %). Das entspricht einem Nettowirkungsgrad (elektr.) von etwa 20 % [177]. Die notwendigen technischen Einrichtungen zur Reinigung der Abgase werden in 7 Kap. 12 ausführlich besprochen.
z
Kombiniertes mechanisch-thermisches Verfahren (RESHMENT)
Die SLF wird in der Schweiz mit RESH (von »Residue Shredder«) bezeichnet. Ein kombiniert mechanisch-thermisches Verfahren (RESHMENTProzess) wurde bis zur Generalplanung einer Industrieanlage entwickelt, aber nicht realisiert [171]. Diese Technologie sah nach mechanischer Vorbehandlung [167] (Aussortierung von Al-, Cuund Fe-Schrott) die kombinierte Verarbeitung von RESH mit Flugaschen aus MVA in einem Schmelzzyklon (VAI CONTOP®) bei 2000 °C vor. Dabei sollten der Energieinhalt vollständig verwertet, die Metalle Zn, Pb und Cd als Metalloxidstäube sowie eine Cu/Fe-Legierung gewonnen werden und eine Prozessschlacke mit Verwertungspotential für die Bauindustrie entstehen [173]. Ein ähnliches thermisches Verfahren untersucht man an der Montanuniversität Leoben durch Einschmelzen in einem Kupferbadreaktor. Wie in 7 Abschn. 5.4 (Kupferrecycling) und 7 Abschn. 5.7 (Edelmetallrecycling) ausführlich erläutert, übernimmt dabei die Kupferschmelze eine Sammlerfunktion für viele wertvolle NE-Metalle (Cu, Ni, Pb, Zn, Sn) und die Edelmetalle, die alle in den industriell vorhandenen Kupferrecyclingprozessen ausbringbar sind. Vor einem Schmelzprozess müssen allerdings immer die Eisenschrotte sowie die Al- und Mg-Schrotte abgetrennt werden, da diese Metalle das Cu-Recyc-
10.5 • Verwertung und Beseitigung der Shredderleichtfraktion
ling belasten (Fe) bzw. beim Schmelzen als Oxide verschlackt (Al, Mg) werden. Ein ausschließlich mechanisches Trennverfahren wird noch in einer RESH-Versuchsanlage geprüft. Als Technologie werden »neuartig kombinierte aktive, passive und mechanische Trennsysteme« [172] von am Markt verfügbaren Komponenten genannt. In der Praxis hat sich aber in der Schweiz bisher die Verbrennung in einer MVA (in der Schweiz »Kehrichtverbrennungsanlagen«) als eine gute Lösung bewährt [171]. z
Mitverbrennung in einer MVA
Die Mitverbrennung ist in Abfallverbrennungsanlagen mit Rostfeuerung in Anwendung. Auf Grund des hohen Feinkornanteils der SLF (bis 50 % <10 mm) ist aber die Verbrennung für den Feuerrost nicht optimal. Es muss eine intensive Mischung mit dem groben Hausmüll erfolgen. Bis 10 % Masseanteil der SLF ist dann möglich. Außerdem beeinflusst der SLF-Zusatz infolge hoher Schwermetallgehalte die Qualität der Rostasche bzw. der Filterstäube und erhöht den Reinigungsaufwand der Abgase (Gehalte an Chlor und anderen Schadstoffen in der SLF) [178]. Rostasche und Filterstäube sind aber bei SLF-Zusatz generell als Sonderabfälle zu entsorgen. Eine Aufbereitung der Rostaschen zur Metallabtrennung erfasst nur die gröberen Metallteile der Abfälle (Stahl, Eisen, Kupfer) und hat für die feinen Metallteile der SLF geringe Effekte. Insbesondere ist ein Ausbringen von Aluminium mittels Wirbelstromabscheider kaum möglich, da die Temperaturen auf dem Rost (ca. 850 °C) über dem Schmelzpunkt des Al (630 °C) liegen. Im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen sind in einer MVA mit Rostfeuerung SLFAnteile von 24…31 % eingesetzt worden, die ohne Beeinträchtigung des Anlagenbetriebes und der Reingasemissionen verliefen [176]. z
TwinRec-Verfahren
Das Verfahren ist eine Kombination von Wirbelschichtvergasung in einem Sandfremdbett mit einer nachgeschalteten Zyklonschmelzkammer [179]. SLF kann mit einer Stückgröße bis 300 mm in die Wirbelschicht eingebracht werden. Mit entsprechendem Luftunterschuss (20…30 %) finden dort eine Vergasung und Entgasung der organischen
271
10
Bestandteile bei etwa 580 °C statt. Dabei entsteht ein Gasgemisch aus CO und H2 (. Abb. 10.9). Nähere Ausführungen zu den Vergasungsreaktionen findet man in 7 Abschn. 6.5.4 und . Abb. 6.18. Nur in einer Wirbelschicht können infolge des schnellen Wärme- und Stoffaustauschs außerordentlich homogene Bedingungen im gesamten Wirbelbett realisiert und hohe Reaktionsgeschwindigkeiten erreicht werden. Diese verfahrensspezifischen Bedingungen garantieren bereits bei diesen niedrigen 580 °C eine ausreichende Vergasungsgeschwindigkeit und vermeiden das Sintern oder Aufschmelzen von anorganischen Materialien (Glas, Keramik) und Metallen (Al). Das Sandbett wird kontinuierlich abgezogen, Aluminium, Glas, Inertmaterial und grobe Aschen werden abgesiebt und der Sand in das Bett zurückgeführt. Die entstehende feine Asche transportiert der Gasstrom in die Zyklonschmelzkammer. Hier erfolgen durch Luftzuführung die vollständige Verbrennung des erzeugten Gases (ca. 1400 °C) und das Schmelzen der Feinasche. Der Wärmeinhalt der Verbrennungsgase wird in einem Dampfkessel ausgekoppelt und energetisch verwertet. Die Ascheschmelze wird im Wasserbad granuliert, besitzt einen hohen Verglasungsgrad, ist dadurch elutionsfest und als Baustoff verwertbar. An den Dampfkessel schließt sich eine konventionelle Rauchgasreinigung an. Die dabei anfallende Flugasche enthält häufig höhere Gehalte an NE-Metallen (Zn, Sn), die gewinnbar sind. Für das TwinRec-Verfahren liegen auf Basis einiger industrieller Referenzanlagen (z. B. 80 MW Leistung) bereits Verwertungsquoten für Altfahrzeuge vor [179]: 5 Demontage und Trockenlegung (Wiederverwendungsteile, stoffliche Verwertung): 10 %; 5 Shredderanlage (magnetische Metalle, NE-Metalle): 70 %; 5 TwinRec-Vergaser und Schmelzzyklon: 5 magnetische Metalle, NE-Metalle: 2,5 %; 5 Baustoffe: 5,5 %; 5 TwinRec-Energieverwertung: 10 %; 5 Rauchgasreinigung (Recycling von Metallsalzen): 1,0 %; 5 Deponieanteil: 1,0 %. Damit ergibt sich eine Gesamtverwertungsquote von 99 %.
272
z
Kapitel 10 • Verwertung und Recycling von Altfahrzeugen
Vergasungsverfahren
Ein industrielles Vergasungsverfahren für Altkunststoffe (DSD-Sortierreste) wurde jahrelang großindustriell mit einem Festbettvergaser betrieben (SVZ Schwarze Pumpe). Bei entsprechender Vorbereitung (Vermischung mit Altkunststoffen und Brikettierung) ist in einem solchen Festbettvergaser auch die SLF gut zu verarbeiten. Dabei muss eine Mischung aus den brikettierten Abfällen mit Kohlebriketts eingesetzt werden. Gegebenenfalls kann auch das Feinkorn der SLF abgetrennt werden und ist für den Einsatz in einem Flugstromvergaser ohne weitere Aufbereitung besser geeignet. Die Grundlagen und die apparative Ausgestaltung des Vergasungsprozesses sind in 7 Abschn. 6.5.4 bereits ausführlich behandelt und in . Abb. 6.18 und . Abb. 6.19 dargestellt. Das Produkt der Vergasung ist ein sog. Synthesegas (Mischung aus CO und H2), das nach intensiver Reinigung vorzugsweise zu Methanol umgewandelt (stoffliche Verwertung) oder in einem Kraftwerk energetisch genutzt wird.
10
z
Pyrolysetechnologie
Die grundlegende Reaktion eines Pyrolyseprozesses ist die Erhitzung von organischen Materialien unter vollständigem Luftabschluss, wobei eine thermische Zersetzung in ein Pyrolysegas und Pyrolysekoks stattfindet. Die Pyrolyse findet mit hoher Geschwindigkeit bei Temperaturen von 600…700 °C statt. Sie kann aber bereits in einem niedrigeren Temperaturbereich von 450…550 °C durchgeführt werden, wenn das für die thermischen Eigenschaften der Begleitstoffe (z. B. keine Überschreitung der Schmelzpunkte von Al und Glas) angezeigt ist. Die anorganischen Bestandteile des Eintragmaterials bilden mit dem Pyrolysekoks eine Mischung. Grundlegende Ausführungen zu der Pyrolysetechnologie wurden bereits in 7 Abschn. 4.1.3 und . Abb. 4.3 gemacht. Spezielle Angaben zur Pyrolyse von Altkunststoffen findet man außerdem in 7 Abschn. 6.5.3 und . Abb. 6.17. Für die Mitverbrennung von SLF, DSD-Sortierresten, MBA-Leichtfraktion, Spuckstoffen usw. in einem Kraftwerk erbaute man als Vorbehandlungsstufe eine Pyrolyseanlage (ConTherm-Anlage), die einen Drehrohrreaktor verwendet. Die Kopplung dieser Anlage mit einem Kraftwerk ist in . Abb. 12.9 skizziert. Man arbeitet im Temperaturbereich um 500 °C und setzt Abfälle bis 200 mm Kantenlänge ein. Der feste Pyrolyserückstand wird mittels Sieb-
stufen in Feinkoks, Metalle und Inertmaterial sortiert. Der Koks und die Pyrolysegase werden in der Kraftwerksfeuerung sehr effektiv thermisch verwertet [176].
10.6
Metallurgisches Recycling
In den 1990er Jahren wurde von der Stahlindustrie (Voest-Alpine Stahl AG) ein alternatives Konzept zur Verwertung von Altfahrzeugen erarbeitet, das auf einem direkten Einschmelzprozess der gepressten Altautos in einem Schmelzreaktor beruht. Dabei wollte man den Shredderprozess einsparen und die Kunststoffteile der Fahrzeuge als Brennstoff für den Schmelzprozess nutzen. Aber auch dieser Prozess verlangt eine Trockenlegung (Betriebsflüssigkeiten) und den vorgeschalteten Ausbau der Bleibatterien, der kupferhaltigen Bauteile, der Katalysatoren und des Al-Kernschrotts. Die Bleibatterien, die Katalysatoren und der Al-Kernschrott sind sehr wirtschaftlich getrennt zu recyceln. Kupfer würde sich mit dem Stahl legieren, ist bei der Raffination nicht abzutrennen und würde die Stahleigenschaften verschlechtern (7 Abschn. 5.2). Al würde im Stahlprozess vollständig verschlackt und wäre damit verloren. Das Verfahren verlangt mehrere aufwendige Prozessstufen: 5 Teildemontage (Betriebsflüssigkeiten, Bleibatterie, kupferhaltige Bauteile, Al-Kernschrott), 5 Pressen der Restkarosse zu Paketen, 5 Schmelzen der Pakete in einem speziellen Schmelzreaktor mit Erdgas und Sauerstoff, 5 Raffination der Eisenschmelze nach konventionellen Verfahren, 5 Nachverbrennung der Rauchgase des Schmelzreaktors und Wärmenutzung in einem Abhitzekessel, 5 Quenchen der Abgase auf 150 °C (Vermeidung der Dioxinbildung) und Entstaubung mit einem Gewebefilter (Gewinnung eines ZnOStaubes), 5 mehrstufige Abgasreinigung (Kalkwäsche, Aktivkoksadsorption), 5 Verbrennung von verunreinigtem Aktivkoks im Schmelzreaktor. Das metallurgische Recycling kam bisher wahrscheinlich aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen nicht zum Einsatz.
273
Recycling von Elektround Elektronikgeräten 11.1
EU-Richtlinie und deutsches Elektrogesetz – 276
11.2
Mechanische Aufbereitung der Elektro(nik)-Altgeräte – 281
11.2.1 11.2.2
Vorsortierung nach Verwertungsgruppen – 281 Verfahrenstechnik der mechanischen Aufbereitung – 282
11.3
Recycling von Elektro(nik)-Altgeräten durch Schmelztechnik, Pyrolyse und Löseprozesse – 286
11.3.1 11.3.2 11.3.3
Schmelztechnische Verfahren – 286 Pyrolyseverfahren – 286 Löseverfahren – 287
11.4
Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)Altgerätegruppen und -Bauteile – 288
11.4.1 11.4.2 11.4.3 11.4.4 11.4.5
Kühlgeräterecycling – 288 Lampenrecycling – 288 Recycling von Gerätebatterien – 291 Flüssigkristallbildschirme (LCD) – 298 Solarmodule – 299
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_11, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
11
274
11
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
Die zunehmende Anwendung von Haushaltsgeräten mit elektrischen und elektronischen Bauteilen und die steigende Ausstattung von Gewerbe und Haushalten mit Geräten zum Messen, Steuern, Überwachen, mit Informationstechnik und Unterhaltungselektronik führen zu einem erhöhten Anfall von defekten und ausgesonderten Altgeräten. Diese Geräte fallen in einer enormen Typenvielfalt und mit extremen Größenunterschieden – vom Kühlschrank bis zur Knopfzelle – an. Der Anfall an Elektro(nik)-Schrott wird in Deutschland auf 2 Mio. t und weltweit auf 40 Mio. t pro Jahr geschätzt. Durch immer kürzere Produktzyklen besonders in der Informations- und Kommunikationstechnik (ICT) (Computer, Monitore, Handys), bei Geräten für Therapie und Analytik sowie der Unterhaltungselektronik (UE) wächst diese Schrottmenge ständig. Diese Altgeräte stellen einerseits ein umweltbelastendes Schadstoffpotential dar und beinhalten andererseits ein beachtenswertes Wertstoffpotential an Metallen und Kunststoffen. Es besteht also erhebliche Veranlassung, diese Altgeräte zu sammeln, zu verwerten oder sachgerecht zu beseitigen und dadurch die Vermengung mit Hausmüll (Deponie, Verbrennung) effektiv zu vermeiden. Auch eine Wiederverwendung von Bauteilen ist sinnvoll. Parallel zu dieser Sammlung und Verwertung im Inland werden größere Mengen an Altgeräten exportiert. Das erfolgt z. B. durch illegale Entnahme der Geräte bei Straßensammlungen oder an Sammelstellen zum Zweck der Verbringung nach Osteuropa. Außerdem wächst die Tendenz, Altgeräte zur angeblichen Zweitnutzung über Überseehäfen in Entwicklungsländer zu verbringen. Die letzteren Geräte sind häufig nicht mehr funktionstüchtig und werden dort illegal entsorgt oder unter die umweltschädigenden Bedingungen und unter Gesundheitsgefahren durch »Hinterhof-Recycling« (Gold aus Platinen) verwertet. In Deutschland wurde für 2007 die in . Tab. 11.1 dargestellte Verteilung der Altgerätemengen auf Rücknahme, Exporte und Hausmüll ermittelt und danach ein unklarer Verbleib von 36…47 % festgestellt [195]. Es bestand und besteht also die dringende Notwendigkeit, geeignete nationale und interna-
. Tab. 11.1 Verteilung der Elektro(nik)-Altgeräte auf verschiedene Entsorgungswege in Deutschland 2007 [195] Verteilung
Menge
Rücknahme (registriert bei EAR)
565 000…754 000 t/a
Export Hafen Hamburg
12 000 t/a
Export Osteuropa
122 000 t/a
Entsorgung über Hausmüll
142 000 t/a
Summe (bekannter Verbleib)
841 000…1030 000 t/a
Gesamtanfall an Geräten
ca. 16 00 000 t/a
Unklarer Verbleib (Differenz)
7 59 000…5 70 000 t/a
EAR = Stiftung Elektro-Altgeräte Register
tionale rechtliche Vorschriften zu erlassen, die in 7 Abschn. 11.1 vorgestellt werden. Zunächst sollen
die wichtigsten Schadstoffe und Wertstoffe genannt werden [157] [182] [180] [181]. z
Schadstoffpotential
5 Polychlorierte Biphenyle (PCB) in Kondensatoren und Transformatoren, 5 polybromierte Diphenylether (PBDE) als Flammschutzmittel in PC-Gehäusen, Platinen und Kabeln, 5 Quecksilber in Schaltern, Leuchtstoffröhren, Batterien und Hintergrundbeleuchtung von LCDs, 5 Blei und Kadmium in Akkumulatoren, im Bildschirmglas und z. T. in Kunststoffen, 5 Chromverbindungen, 5 FCKW als Kältemittel und als Treibmittel in PUR-Schäumen. In den EU-Staaten sind seit 2005 Beschränkungen für einige Schadstoffe gültig. Bei der Einschleusung unbehandelter Altgeräte in Verbrennungsprozesse können weitere Schadstoffe entstehen (Dioxine, PAK).
11
275
Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
. Tab. 11.2 Stoffrelevanz verschiedener Gerätetypen 2008 [180] Gerätegruppe
Gerätetyp
Werkstoffe (Ressourcen)
Schadstoffe Kunststoffe
Metalle Fe Kleingeräte mit Kunststoff
Al
Cu
EM
ABS
Bügeleisen
++
+
Kaffeemaschine
+
++
+
++
Wasserkocher
+
Föhn
+
+
+
Handmixer
+
++
+
Rasierer
+
+
Staubsauger
+
++
Werkzeug
Bohrmaschine
+
++
IT-Technik
PC-Maus
Kleingeräte mit Motor
+ ++
Batterie
Leiterplatte
+
+
+ ++
+
+
+
+
++
+
Laptop
++
+
++
++
Handy
++
+
++
+
++
+
+
++
Telefon
+
++
+
++
Radio
+
++
+
++
PC-Tastatur
PC
Unterhaltungselektronik
PP
+
++
EM = Edelmetalle
z
Wertstoffpotential
5 Stahl in Gehäusen und Funktionsteilen (Waschmaschinen, Kühlschränke, Elektrowerkzeuge), 5 Kupfer in Motoren, Trafos, Spulen, Kabeln, Leiterbahnen, 5 Aluminium in Chassis, Kühlelementen, 5 Gold, Palladium, Silber in Kontakten, Bonddrähten, Batterien, 5 Zinn, Blei, Silber, Wismut in Loten, 5 Zink, Nickel, Kobalt und Mangan in Batterien; Zink in Leuchtschichten, 5 seltene Metalle/Halbmetalle (Tantal in Kondensatoren; Indium in LCD-Bildschirmen, Handys, LEDs und Dünnschichtsolarzellen;
Ruthenium in Festplattenlaufwerken und Widerständen, Selen in Kopiergeräten), 5 seltene Erden in Leuchtstoffen (Y, Eu) und Batterien (La), 5 Kunststoffe (ABS, PP) in Gehäusen und Formteilen. Für das Vorkommen und die Massenanteile von Wert- und Schadstoffen sind beispielhaft die Ergebnisse von zwei Untersuchungen aus den Jahren 2008 (. Tab. 11.2) und 1997 (. Tab. 11.3) angeführt [180] [181]. In den Gerätegruppen IT-Technik und Unterhaltungselektronik sind aktuell wesentliche Ergänzungen (Digitalkamera, Camcorder, MP3-
276
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
. Tab. 11.3 Massenanteile von metallischen Werkstoffen in Haushaltsgroßgeräten 1997 (weiße Ware nach manueller Zerlegung) [181] Metallischer Werkstoff
Waschmaschine %
Fe
13,3
Fe im Verbund
Geschirrspüler %
Schleuder %
0,6
10,5
27,0
64,9
87,3
66,5
62,0
Al
1,4
0,2
0,8
1,2
NE-Gemisch im Verbund
1,1
0,4
1,2
5,6
80,7
88,5
79,0
95,6
Summe
Player, iPhone, LCD-Fernsehgeräte, Navigationsgerät usw.) erforderlich. z
11
Leiterplatten
Wesentliche Bauteile der elektronischen Geräte (und zunehmend auch der elektrischen Geräte) sind die Leiterplatten (Platinen) mit den darauf fixierten elektronischen Bauelementen. Die Platinen bestehen überwiegend aus mit Epoxidharz getränkten Glasfasermatten (Basismaterial) mit flammenhemmenden Additiven, in denen eine oder mehrere Schichten Cu-Leiterbahnen eingebracht sind (Dicke der Cu-Bahnen ca. 35…70 μm, bei höheren Stromstärken bis 400 μm). Auf diesen Platinen sind die elektronischen Bauelemente aufgelötet. Lotmaterialien sind SnPb-Lote und nach neuen Vorschriften Pb-freie Lote auf Basis SnBi, SnAg oder SnAgCu. Häufige Elektro(nik)-Bauteile sind Transformatoren, Spulen, Widerstände, IC, Transistoren, Dioden, Potentiometer usw., die durch weitere Bauteile (Kühlelemente aus Al, Kontakte, Stecker, Schalter, Sicherungen) komplettiert werden. Neben den für die Leiterplatte und die Bauteile eingesetzten Metallen (Cu, Fe, Ni, Al, Zn, Sn, Au, Ag etc.), den Metallverbindungen und Kunststoffen kommen auch keramische Werkstoffe (Al2O3) zur Anwendung. Die Halbleiterwerkstoffe sind Si, GaAs und Ge, die mit geringsten Mengen anderer Elemente dotiert sind. Als durchschnittliche Zusammensetzung bestückter Platinen kann Folgendes angenommen werden [182]: Basismaterial 23 %; Halbleiterbauelemente 33 %; Kondensatoren 24 %; Widerstände 12 %; Sonstiges 8 %.
Elektroherd %
Die große Anzahl der Werkstoffsysteme und die Miniaturisierung der Bauteile sind für das Recycling außerordentlich erschwerend. Auf Grund der Vielfalt der Batterien und besonderer Rechtsverordnungen dafür werden diese in einem eigenen Abschnitt (7 Abschn. 11.4.3) besprochen. Für die Gasentladungslampen und die LCD-Monitore sind ebenfalls eigene Abschnitte (7 Abschn. 11.4.2 und 7 Abschn. 11.4.4) vorgesehen.
11.1
EU-Richtlinie und deutsches Elektrogesetz
Die EU-Richtlinien über »Elektro- und Elektronik-Altgeräte« (Waste Electrical and Electronic Equipment, WEEE) (2002/96/EG) und zur »Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in elektrischen und elektronischen Geräten« (Restriction of the Use of Certain Hazardous Substances, RoHS) (2002/95/EG) wurden in den EU-Ländern in nationale Gesetze umgesetzt. In Deutschland gilt seit 2005 (z. T. 2006) für beide Richtlinien das »Elektro- und Elektronikgerätegesetz« (ElektroG) [183], welches das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten regelt. Das ElektroG verfolgt drei wesentliche Ziele: 1. Vermeidung von Elektro- und Elektronikschrott, 2. Reduzierung von Abfallmengen durch Wiederverwendung sowie Sammel- und Verwertungsquoten,
277
11.1 • EU-Richtlinie und deutsches Elektrogesetz
3. Verringerung des Schadstoffgehalts in Elektround Elektronikgeräten. Das ElektroG gilt für bestimmte Geräte: 5 Geräte, die zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb elektrische Ströme oder elektromagnetische Felder benötigen, 5 Geräte zur Erzeugung, Übertragung und Messung solcher Ströme und Felder, die für den Betrieb mit Wechselspannung von höchstens 1000 Volt oder Gleichspannung von höchstens 1500 Volt ausgelegt sind. Die betreffenden Geräte sind in zehn Kategorien aufgeschlüsselt. z
Gerätekategorien (WEEE; ElektroG)
5 Kategorie 1: Haushaltsgroßgeräte (Waschmaschinen, Kühlgeräte, Klimageräte, Heizgeräte usw.). 5 Kategorie 2: Haushaltskleingeräte (Staubsauger, Bügeleisen, Rasierapparate usw.). 5 Kategorie 3: Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik (PC, Drucker, Telefone, Taschenrechner, Großrechner usw.). 5 Kategorie 4: Geräte der Unterhaltungselektronik (Radio, Fernseher, Videokamera usw.). 5 Kategorie 5: Beleuchtungskörper (Leuchten für Leuchtstofflampen, Leuchtstofflampen, Natriumdampflampen usw.). 5 Kategorie 6: Elektrische und elektronische Werkzeuge (Bohrmaschinen, Nähmaschinen, Schweißgeräte usw.). 5 Kategorie 7: Spielzeug, Sport- und Freizeitgeräte. 5 Kategorie 8: Medizinprodukte (Geräte für Analysen, Strahlentherapie, Dialyse usw.). 5 Kategorie 9: Überwachungs- und Kontrollinstrumente (Thermostate, Waagen, Kontrollgeräte in Bedienpulten usw.). 5 Kategorie 10: Automatische Ausgabegeräte (Geldautomaten, Getränkeautomaten usw.). Zur Überwachung des Inverkehrbringens und der Rücknahme wurde die Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR) gegründet, bei der sich alle Hersteller (Vertreiber) mit ihren Gerätearten registrieren müssen. Dabei ist zwischen Konsumgütern für
11
Privatnutzer (Business to Consumer, B2C) und Investitionsgütern für Gewerbe (Busines to Business, B2B) zu unterscheiden. Die Hersteller (Vertreiber) müssen die nach 2005 entworfenen Elektro(nik)Geräte so konzipieren, dass ihre Demontage und Verwertung, insbesondere ihre Wiederverwendung und die stoffliche Verwertung von Altgeräten, ihren Bauteilen und Werkstoffen durch die Entsorger berücksichtigt und erleichtert werden (recyclinggerechte Produktkonzeption!). Dabei sind die Beschränkungen für bestimmte Schadstoffe (Pb, Hg, Cr(VI), Cd, PBB, PBDE) einzuhalten. Die Hersteller sind ebenfalls für die Rücknahme und Entsorgung verantwortlich, müssen diese Aufgaben organisieren und dem EAR gegenüber nachweisen. Für private Nutzer übernehmen die öffentlichrechtlichen Entsorger die Sammlung nach fünf entsorgungsrelevanten Sammelgruppen und melden dann gefüllte Sammelbehälter dem EAR, der sie zertifizierten Entsorgungsunternehmen zuweist. Dieses Sammel- und Erfassungssystem erweist sich aber als störanfällig, da den »Erstbehandlern« (7 Abschn. 11.2) in den Sammelcontainern häufig bereits z. T. ausgeschlachtete Geräte (Kompressoren aus Kühlschränken entfernt) oder zerstörte Geräte (Monitore) übergeben werden, die zu stark verminderten Erlösen führen. Außerdem besteht eine erhebliche Abhängigkeit von den Preisen am Metallmarkt (Eisen, Kupfer, Aluminium usw.), da die Behandlungskosten vor allem durch den Verkauf der Altmetalle gedeckt werden müssen. z
Sammelgruppen (SG) für Altgeräte
5 Haushaltsgroßgeräte (HHGG) und automatische Ausgabegeräte, 5 Kühl- und Klimageräte, Ölradiatoren, 5 Informations- und Telekommunikationsgeräte (IT), 5 Unterhaltungselektronik (UE), 5 Gasentladungslampen, 5 Haushaltskleingeräte, Beleuchtungskörper, Werkzeuge, Spielzeuge, medizinische, Sportund Freizeitgeräte, Überwachungs- und Kontrollinstrumente. Der Anteil der Gerätearten in den Sammelgruppen ist für Deutschland 2007 (EAR) in . Tab. 11.4 wiedergegeben.
278
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
. Tab. 11.4 Anteil der Gerätearten und Gerätekategorien in den Sammelgruppen (Deutschland EAR 2007) [184] Sammelgruppe
Kategorie
Geräteart
Nr.
Bezeichnung
Bezeichnung
Kat. 1
HHGG
HHGG
Kat. 10
Automaten
Automaten
5
SG 2
Kat. 1
Kältegeräte
Kältegeräte
100
SG 3
Kat. 3
IT
Monitore
51
Restliche IT
49
TV
76
Restliche UE
24
SG 1
Kat. 4
UE
Masse-% 95
SG 4
Kat. 5
Gasentladungslampen
Gasentladungslampen
SG 5
Kat. 2
HHKG
HHKG
Kat. 5
Leuchten
Leuchten
Kat. 6
Werkzeuge
Werkzeuge
19
Kat. 7
Spiel/Sport
Spielzeug
1
Sport/Freizeit
0,7
11
100 77 …
Kat. 8
Medizin
Medizin
0,8
Kat. 9
Überwachung
Überwachung
0,8
HHGG = Haushaltsgroßgeräte; IT = Informationstechnik; UE = Unterhaltungselektronik; HHKG = Haushaltskleingeräte
. Tab. 11.5 Verwertungsquoten für Elektro(nik)-Altgeräte nach ElektroG [183] Gerätekategorie
Gesamtverwertungsquote %
Anteil Wiederverwendung, davon stoffliche Verwertung %
1 und 10
80
75
3 und 4
75
65
2, 5, 6, 7 und 9
70
50
Gasentladungslampen
z
80
Verwertungsquoten
Das ElektroG [183] schreibt für die einzelnen Kategorien von Altgeräten Verwertungsquoten bezogen
auf das durchschnittliche Gerätegewicht vor und unterscheidet dabei zwischen Gesamtverwertung, Wiederverwendung (Bauteile) und stofflicher Verwertung (Werk- und andere Stoffe) (. Tab. 11.5). Der Differenzbetrag zwischen Gesamtverwertung und stofflicher Verwertung/Wiederverwendung kann als energetische Verwertung genutzt werden. In einem Expertenvorschlag sind die Verwertungsquoten für einzelne Geräte in . Tab. 11.6 weiter untersetzt. z
Behandlungsvorschriften
Das ElektroG [183] schreibt eine Behandlung nach dem Stand der Technik vor und fordert dazu mindestens die Entnahme aller Flüssigkeiten sowie die selektive Behandlung (Ausbau) der in . Tab. 11.7 angeführten Bauteile und Werkstoffe. Für einige in . Tab. 11.7 aufgeführten Bauteile gelten die nach-
11
279
11.1 • EU-Richtlinie und deutsches Elektrogesetz
. Tab. 11.6 Expertenvorschlag für Verwertungsquoten häufiger Elektro(nik)-Geräte auf Basis des ElektroG [184] Bauteile/Werkstoffe
Stoffliche Verwertung
Wiederverwendete Bauteile
100
Sonstige Bauteile
Batterien, Akkus (sortenrein)
Energetische Verwertung
Gesamt verwertung
Beseitigung
100
0
Motoren
95
5
100
0
Trafos, Netzteile
90
10
100
0
Laufwerke, Festplatten
80
20
100
0
Lautsprecher
95
5
100
0
Kompressoren
90
5
95
5
Kathodenstrahler
80
80
20
NiCd, NiMH
75
75
25
ZnC, AlMn, Zn-Luft
75
75
25
Bleiakku
90
100
0
10
NE-Metalle (sortenrein)
Al, Cu, Messing, Zn
100
100
0
Sonstige NE-Metalle
100
100
0
Eisen
Fe-Schrott, Legierungsschrott
100
100
0
35
0
35
65
90
10
100
0
50
50
100
0
100
100
0
90
10
100
0
Kondensatoren, Hg-haltige Teile, CdSe-Fotoleitertrommel, Leuchtstoffe
0
100
Treibgas aus PUR, Kältemittel FCKW
0
100
Untertagedeponie
0
100
90
10
Kabel zur Kabelaufbereitung Sortenreine Kunststoffe
ABS, PS, PP etc.
Leiterplatten Mischkunststoffe Abfälle zur Verwertung Abfälle zur Beseitigung
Altglas aus Bildröhren
Leuchtstoffröhren
90 100
Maschinenöl
Pb-Glas (Bleihütte)
90
Flüssigkristalldisplay (LCD), Flachbildschirme
Noch keine Angaben
Batteriegemisch
65
PUR-Isolierung
5
70
30
100
100
0
280
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
. Tab. 11.7 Aufstellung der im ElektroG angeführten Bauteile und Werkstoffe, die getrennt auszubauen sind (1a bis 1n, 2, 3) und deren Vorkommen in den Sammelgruppen (SG 1 bis SG 5) und Kategorien [189] Sammelgruppe Bauteile
SG1 HG
SG2 KAE
SG5 KG
SG3 IT
SG3 UE
1a Hg-Bauteile
z
x
x
o
o
z
x
o
z
z
z
o
x
x
o
o
o
z
x
x
x
o
o
z
z
1b Batterie, Akku 1c Leiterplatten, Mobiltelefon
z
o
SG5 EW
1e Kunststoffe mit Br-FH
x
1f Asbestteile
o
o
SG5 KI
SG1 AA z
o
1g Kathodenstrahlröhren
?
?
z
1h FCKW, KW
z
1i Gasentladungslampen
?
?
x
1j Flüssigkristallanzeigen
o
o
x
x
1k Kabel, extern
x
x
x
x
1l Keramische Fasern
o
1m Elektrolytkondensatoren
x
x o
o
x
x
x
o
o
x
o
x
1n Cd/Se-Fototrommeln
x
x
2 Teile mit radioaktiven Stoffen 3. PCB-Kondensatoren
SG5 MP
x
1d Tonerkartuschen
11
SG4 GL
z
x
o
o
o
z
HG = Haushaltsgroßgeräte; KAE = Kältegeräte; KG = Kleingeräte; IT = Informations- und Telekommunikationsgeräte; UE = Unterhaltungselektronik; GL = Gasentladungslampen; EW = Elektrowerkzeuge; MP = Medizinprodukte; KI = Kontrollinstrumente; AA = automatische Ausgabegeräte Wichtungen: o = gering; x = häufig; z = überwiegend
folgend genannten spezifischen Behandlungsvorschriften: 5 Bauteile mit radioaktiven Stoffen: Entsorgung nach Strahlenschutzverordnung, 5 Kondensatoren mit PCB: Behandlung nach PCB/PCT-Abfallverordnung, 5 Kathodenstrahlröhren: Entfernung der Leuchtschicht, Trennung von Schirm- und Konusglas,
5 Gasentladungslampen: bruchsichere Lagerung und Transport, Abtrennung des Hg aus dem Altglas (<5 mg Hg pro kg Altglas). z
Spezifik der Elektro(nik)-Altgeräte
Die EU-Richtlinie und das ElektroG stellen eine außerordentliche Herausforderung für die Recyclingtechnologien dar. Die vielfältigen technischen
281
11.2 • Mechanische Aufbereitung der Elektro(nik)-Altgeräte
Probleme und die Anforderungen sind nachfolgend nochmals zusammengestellt: 5 Vielfalt der Gerätetypen und der Hersteller sowie schneller Produktwechsel, 5 große Unterschiede der Abmessungen (Knopfzelle bis Waschmaschine), 5 Vielfalt der Konstruktions- und Funktionsbauteile, 5 große Anzahl an Konstruktions-, Verbundund Funktionsstoffen, 5 ständige weitere Miniaturisierung der Bauteile, sehr dünne Funktionsschichten, 5 geforderte hohe Verwertungsquoten, 5 spezifische Abtrennung von Schadstoffen, 5 Spezifik der gesetzlichen Behandlungsvorschriften.
11.2
11
5 Erfassung der Sortierfraktionen (Verwertungsquoten), 5 Verwertung der Sortierfraktionen in Metallschmelzen, Glashütten, Kunststoffverarbeitungsbetrieben oder durch energetische Verwertung. Die Festlegung auf bestimmte Sortierfraktionen und deren Erzeugung ergeben sich dabei ausschließlich aus deren möglichen Verwertungstechnologien bzw. dem Verwertungsmarkt. Diese fordern aus technischen, ökologischen und Kostengründen bestimmte Qualitäten der Sortierfraktionen (Wertstoffgehalt, Fremdstoffgehalt, Schadstoffbegrenzung). Daraus leiten sich dann auch unmittelbar die notwendigen Verfahrensschritte in den Stufen der Vorsortierung, Zerlegung, Aufschlusszerkleinerung und Sortierung ab.
Mechanische Aufbereitung der Elektro(nik)-Altgeräte 11.2.1
Das Standardrecyclingverfahren für Elektro(nik)Altgeräte ist die mechanische Aufbereitung (Demontage, Aufschlusszerkleinerung, Sortierung). Daneben spielen thermische Verfahren (Schmelzprozesse, Pyrolyse) und spezifische Löseprozesse eine Rolle. Oft sind diese Techniken auch kombiniert. Trotz der Spezifik der Altgeräte kann ein allgemeiner Behandlungsablauf für die mechanische Aufbereitung von Elektro(nik)-Geräten angegeben werden: 5 Eingangsverwiegung, Datenerfassung nach ElektroG, Entfernung externer Kabel und z. T. Schadstoffe (sog. Erstbehandlung), 5 manuelle oder automatische Sortierung in Verwertungsgruppen, 5 Abtrennung von Gasen und Flüssigkeiten, 5 Zerlegung (Demontage) der Geräte mit den Zielen Gewinnung von wiederverwendbaren Bauteilen, vollständige Schadstoffentfrachtung und Erzeugung bestimmter Werkstofffraktionen (Metalle, Kunststoffe) bzw. spezifischer Bauteile (Bildschirme), 5 Aufschlusszerkleinerung und Klassierung, 5 Sortierung der Werkstoffe (Dichtesortierung, Magnetscheidung, Wirbelstromsortierung, sensorgestützte Sortierung),
Vorsortierung nach Verwertungsgruppen
Für viele Altgeräte sind identische Recyclingtechnologien möglich und aus technischen und Kostengründen unbedingt anzustreben. Man vorsortiert deshalb in den Recyclingunternehmen meist in die folgenden fünf Verwertungsgruppen: 5 Verwertungsgruppe 1: Großgeräte mit hohem Anteil von Fe-Werkstoffen (60…80 % Fe) ohne Kältemittel (Haushaltsgroßgeräte und Automaten wie Waschmaschinen, Elektroherde, Geschirrspüler, Getränkeautomaten). 5 Verwertungsgruppe 2: Großgeräte mit Kältemitteln und hohem Anteil an Fe-Werkstoffen und Kunststoffen (Kühlschränke, Gefriertruhen, Klimaanlagen). 5 Verwertungsgruppe 3: Kleingeräte mit elektrischen und elektronischen Funktionsteilen (Motoren, Netzteile, Trafo, Leiterplatten, Heizelemente etc.) wie Computer, Radio, DVDPlayer, Handy, Telefonanlagen, Staubsauger, Mikrowelle, Werkzeuge, Spielzeug, Kontrollinstrumente usw. 5 Verwertungsgruppe 4: Geräte mit hohem Anteil an Glaswerkstoffen (Bildschirmgeräte). 5 Verwertungsgruppe 5: Hg-haltige Lampen.
282
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
Elektro(nik)-Altgeräte Verwertungsgruppe 3 (kleine Haushaltsgeräte, Audio, IT-/TK-Technik, …)
1. Aufschlusszerkleinerung < 60 mm Magnetscheidung
Vorsortierung Vordemontage, manuell
Wirbelstromsortierung
Kunststoffe Elektro(nik)Komponenten
2. Aufschlusszerkleinerung 10…15 mm
Zerkleinerung Schadstoffe
Sortierung
. Abb. 11.1 Standardverfahren für das Recycling von Elektro(nik)Geräten der Verwertungsgruppe 3 (Haushaltskleingeräte, Mikrowelle, Audio, IT-/TK-Technik usw.) mit manueller Vordemontage (Fa. Electrocycling GmbH) [186].
Klassierung
Entstaubung
> 5 mm < 5 mm Dichtesortierung Funktionsbauteile Kunststoffmahlgut, sortenrein
11
Al Eisen, Stahl
Abfälle (Mischkunststoffe, Gummi, Keramik)
NE-Metall-Konzentrat (Cu, Messing, Zn, Edelmetalle, Sn, Pb)
Eine wesentliche Verbesserung der Vorsortierung wäre zukünftig möglich, wenn durch Ausnutzung der Radio Frequency Identification (RFID) eine exakte Charakterisierung der Elektrogeräte stattfände. Auf den Elektrogeräten dauerhaft angebrachte RFID-Transponder (RFID-Tags) könnten alle recyclingrelevanten Informationen (nutzbare Bauteile, Wertstoffe, Schadstoffe) enthalten. Für die Hersteller ergäben sich zusätzliche Vorteile (Nachweis und Verbleib ihrer Geräte, Recyclingempfehlungen) und ebenso für die Gerätenutzer (über Internet abrufbare Information zu Wartung, Austausch usw.) [196]. Von anderer Seite wird dagegen gewarnt, dass die RFID-Tags in die Recyclinglinien für Glas, Aluminium und Stahl Fremdstoffe (Cu, Al und Si) einbringen können, wo sie eine schädliche Wirkung besitzen.
11.2.2
Dichtesortierung
Verfahrenstechnik der mechanischen Aufbereitung
Standardverfahren für das Recycling der Verwertungsgruppe 3 mit manueller Vordemontage und
für Elektro(nik)-Schrott sind in . Abb. 11.1 und . Abb. 11.2 angegeben. Die technologische Weiterentwicklung der Verfahrensstufen Vorzerlegung (Querstromzerspaner) und sensorgestützte Sortierung werden dann in . Abb. 11.3 und . Abb. 11.4 vorgestellt. z
Zerlegung der Altgeräte
Die Zerlegung erfolgte und erfolgt z. T. noch überwiegend manuell unter Verwendung einfacher Werkzeuge (Motorschrauber, Zangen, Seitenschneider, Motorsägen, Saugheber usw.) auf Rollbahnen, Schwenktischen und Arbeitsbändern mit unterschiedlicher Zerlegetiefe im Inselverfahren. Das erfordert besondere Kenntnisse des Personals bezüglich der Schadstoffbauteile und wird durch Mustergeräte, Muster- und Zerlegelisten abgesichert. Es sind auch für bestimmte Gerätetypen teilautomatisierte Zerlegelinien im Einsatz [132] [157]. Die Zerlegeprodukte sind neben den umweltschädigenden Bauteilen und Stoffen (. Tab. 11.7) z. B. Elektronikbauteile, Bildschirme, Gehäuse (Kunststoff, Stahl), Motoren, Trafos usw. Eine entscheidende Automatisierung gelang durch
11
283
11.2 • Mechanische Aufbereitung der Elektro(nik)-Altgeräte
Elektro(nik)-Schrott
Shredder
Magnetscheider
Eisen
Siebanlage
> 12 mm
Papier, Holz, Kunststoffe
< 12 mm
Feinkorntrennanlage
Wasch- und Schwimmanlage
Hammermühle 1. SchwimmSink-Anlage (Dichte 2 g/cm3)
1. Lufttrennherd Müll NE-Scheider
Schwimmgut (Kunststoff, Gummi, Al-Blech, Mg)
2. SchwimmSink-Anlage (Dichte 3 g/cm3)
Wirbelstromscheider
Sinkgut (Cu, Messing, Sn, EM )
Schwimmgut
Mischmaterial
Mikrosortanlage (Farbsensorik)
Metalle
Kunststoff
2. Lufttrennherd
Al-Guss
Cu
Messing
Pb, Sn
Al
. Abb. 11.2 Recyclingverfahren für Elektro(nik)-Schrott bei der Fa. METRAN [207].
Einführung der Vorzerlegemaschine Smash Boom Bang SB2 [187] [188]. Diese Maschine besteht aus einer Drehtrommel mit eingebauten Mitnehmern und einer separaten Wurfvorrichtung im Trommelinneren (. Abb. 11.3). Durch die Drehbewegung
und die Wurfvorrichtung werden die Geräte in ihre einzelnen Bauteile mechanisch zerlegt. Die Bauteile wie Elektromotoren, Trafos, Batterien, Kondensatoren, Elektronikbauteile, Farbpatronen und Werkstoffverbunde werden aber nicht beschädigt oder
284
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
. Abb. 11.3 Zerlegemaschinen für Elektro(nik)-Geräte (Vorzerlegemaschine Smash Boom Bang SB2; Querstromzerspaner (QZ)) [190] [192] [188].
1. Vorzerlegemaschine Smash Boom Bang SB2 Eintrag
Aufgabetrichter
A
B Trommelantrieb Trommel
Schnitt A-B
Austrag
Wurfvorrichtung
2. Querstromzerspaner
Eintrag
Kessel Schleusen Bewegungsbahnen der Aufgabeteile Beschleunigungselement (Antriebskopf, Ketten)
11
Antriebsmotor Austrag
Elektroaltgeräte CrNi-StahlSensor
Querstromzerspaner Schadstoffe
CrNi-Stahl
Shredder Magnetscheider
Eisen, Stahl
Wirbelstromscheider
NE-Metalle, CrNi-Stahl
NIR-Spektrometer
ABS, PS u. a. Kunststoffe
Allmetallsensor (induktiv) Schwarze Kunststoffe, Abfälle
NE-Metalle, Materialverbunde
Farbsensor Cu, Messing
Al, Zn
NIR-Spektrometer, X-Ray Kunststoffe
Kunststoffe + FSM
Farbsensor Printed Circuit Boards
Kabel
. Abb. 11.4 Möglichkeiten der Verbesserung der Sortiertechnologie für Elektro(nik)-Altgeräte durch weiterentwickelte Sensortechnik mit Angabe zusätzlicher Sortierfraktionen (kursiv); Zerlegung mit dem Querstromzerspaner (FSM = Flammschutzmittel) [190] [192] [198].
285
11.2 • Mechanische Aufbereitung der Elektro(nik)-Altgeräte
zerstört und können anschließend entsprechend sortiert werden. Das heißt, auch eine Reihe schadstoffhaltige Bauteile (Kondensatoren, Batterien, Fototrommeln, Farbpatronen), die nach ElektroG getrennt zu behandeln sind (. Tab. 11.7), müssen nicht durch aufwendige Vordemontage entfernt werden. Die Vorzerlegemaschine ist deshalb für kleine Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, Computer, Drucker, Scanner etc. hervorragend einsetzbar. Für Bauteile mit Glasgehäuse (Hg-Schalter, Bildschirme) ist die Maschine selbstverständlich nicht nutzbar. Mit dem Querstromzerspaner QZ (Dismantler) steht eine weitere Maschine für die Vorzerlegung und Zerlegung ohne Schneid- oder Schlagelemente zur Verfügung [185] [188]. Der Apparat besteht aus einem Kessel, an dessen Boden eine rotierende Kette angebracht ist, die die eingebrachten Geräte auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt und dadurch eine autogene gegenseitige Prallzerlegung der Geräte bewirkt sowie die durch die Verformungen entstehende Wärme gleichzeitig zur Auflösung von Verbunden ausnutzt (. Abb. 11.3). Individuell einstellbare Verweilzeiten bestimmen den Aufschlussgrad und die Größe und Form der Produkte. Dadurch können auch in dieser Maschine wesentliche Bauteile (Elektromotoren, Trafos, Elektronikbauteile, Kabel) in kompakter Form gewonnen werden und gefährliche Bauteile (Batterien, Kondensatoren) bleiben unzerstört [188]. Der Querstromzerspaner steht in fünf Baugrößen zur Verfügung (Kesseldurchmesser von 0,9 bis 3,0 m), die für entsprechende Gerätegrößen (auch vorzerkleinerte Kühlgeräte) auswählbar sind [188]. Auf nachgeschalteten Bändern erfolgen der weitere manuelle Ausbau bzw. die Aussortierung der in den Behandlungsvorschriften des ElektroG benannten umweltschädigenden Bauteile bzw. Stoffe (Batterien, Kondensatoren, Leiterplatten, LCD, Kunststoffe mit bromierten Flammschutzmitteln usw.) (. Tab. 11.7). Daran schließt sich eine manuelle Sortierung oder eine automatische Sortierung der Wertstoffbauteile mit Sieben, Magneten oder Sensoren an, die in entsprechenden Paletten abgelegt werden (wiederverwendbare Funktionsteile, Kunststoffe, Motoren, Kabel, Elektronik usw.) [185].
z
11
Aufschlusszerkleinerung und Klassierung
Für die weitere Zerkleinerung kommen angepasst an die Größe der Geräte oder Bauteile und den gewünschten Aufschlussgrad verschiedenartige Shredder (Hammerreißer), Rotorscheren oder Mühlen zum Einsatz (7 Abschn. 3.2). Die zwei bis drei Zerkleinerungsstufen (z. B. <60 mm; <15 mm; <5 mm) sind bei der Feinzerkleinerung meist mit entsprechenden Siebstufen kombiniert, um die für die automatischen Sortierprozesse erforderlichen engen Kornklassen zu erzielen (7 Abschn. 3.3). Große Geräte (Waschmaschinen, Kühlgeräte) erfordern nur eine Grobzerkleinerung, während für den Aufschluss von Elektronik eine Feinzerkleinerung unerlässlich ist. Speziell für die Aufbereitung von Kabeln muss eine Verkugelung des Litzenmaterials erfolgen, um danach die Dichtesortierung der verkugelten Cu-Litze von den Leichtstoffen zu ermöglichen. z
Sortierverfahren
Eine erste Verfahrensstufe nach der Zerkleinerung ist die Abtrennung von Staub und Feinstteilen (Lackteile, Fasern, Pappe, Kunststoffpartikel) durch Windsichtung, die meist bereits im Shredder integriert ist. Als Sortierverfahren folgen danach die Magnetscheidung (Fe-Metalle) und die Wirbelstromsortierung für Al, andere NE-Metalle und CrNi-Stahl. Außerdem werden verschiedene Methoden der sensorgestützten Sortierung eingesetzt (NIR für Kunststoffe, induktive Metallerkennung, Röntgenverfahren). Diese Methoden werden auch als kombinierte Sensoren angewandt. Für die Identifikation der wertvollen Leiterplatten (Edelmetalle) benutzt man einen speziellen Metallsensor (unter dem Förderband) zusammen mit einer hochauflösenden optischen Kamera (über dem Förderband) und erkennt damit die Leiterplatten mit den Kriterien Farbe und Metalleigenschaft [191]. Für die Wirbelstromsortierung und die sensorgestützten Methoden sind sehr gleichmäßige Stückgrößen für eine genaue Trennung notwendig und deshalb ist die oben behandelte Klassierung sehr wichtig. Für weitere Sortierungen der erhaltenen Konzentrate (Kunststoffe, Fe-Konzentrat, Al-Konzentrat, NEMetall-Konzentrat mit Cu, Messing, Zn, Pb, EM) oder deren Reinigung setzt man die Dichtesortie-
286
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
rung (z. B. Lufttrennherd) ein. Die Grundlagen der genannten Sortierverfahren und die apparativen Ausführungen wurden in 7 Kap. 3 bereits ausführlich erläutert und dargestellt: Sortierverfahren (7 Abschn. 3.4); Dichtesortierung (7 Abschn. 3.4.1, . Abb. 3.8); Magnetsortieren (7 Abschn. 3.4.2, . Abb. 3.9 und . Abb. 3.10); sensorgestützte Sortierung (7 Abschn. 3.4.6, . Abb. 3.13). Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Sortiertechnologie für Elektro(nik)-Altgeräte bestehen durch die Kombination verschiedener neuer Metall-, Kunststoff- und Farbsensoren, wie dies in . Abb. 11.4 ausführlich vorgestellt wird [190]. Damit ist es auch möglich, in den Kunststoffen die Flammschutzmittel und andere Zusatzstoffe zu erkennen und die Kunststoffe danach zu selektieren.
11
11.3
Recycling von Elektro(nik)Altgeräten durch Schmelztechnik, Pyrolyse und Löseprozesse
11.3.1
Schmelztechnische Verfahren
Mit den Schmelzverfahren können die Metallinhalte (Cu, Ni, Zn, Edelmetalle) in einer Schmelzphase konzentriert werden. Die unedleren Metalle (Fe, Al) müssen allerdings vorher abgetrennt werden. Durch Anwendung reduzierender Schmelzbedingungen erreicht man gleichzeitig die Reduktion von Metallverbindungen (z. B. Ni(OH)2, LiCoO2) zu den Metallen. Die erzeugten Rohmetalle oder Legierungen müssen nachfolgend separiert und raffiniert werden. Die Kunststoffe sind beim Schmelzen im Prinzip energetisch nutzbar. Aus unterschiedlichen Gründen der Verfahrenstechnik sowie wegen der Schadstoffgehalte und der Dioxinbildung ist aber meist die vorgeschaltete Abtrennung der Kunststoffe erwünscht. Die Grundlagen und Technologien der Schmelzverfahren sind ausführlich in den Abschnitten für das Recycling von Kupfer, Nickel und Edelmetallen abgehandelt ( 7 Abschn. 5.4.3 , 7 Abschn. 5.4.6 , 7 Abschn. 5.7 ) und müssen hier nicht nochmals erläutert werden. Die Kenntnis ist aber für das Verständnis komplexer Technologien (mechanische Aufbereitung und
Schmelzen) sowie für die Weiterverarbeitung der Aufbereitungsfraktionen unbedingt erforderlich.
11.3.2
Pyrolyseverfahren
Die thermische Zersetzung organischer Substanzen (Depolymerisation, Aufbrechen der Bindungen, Cracken) bezeichnet man als Pyrolyse. Die mindestens erforderlichen Temperaturen sind 450…550 °C. Die Produkte der Zersetzung sind Pyrolyseöle und Pyrolysegase sowie Koks. Bei den erforderlichen Temperaturen werden die Schmelzpunkte der meisten Metalle (Mg, Al, Cu, Ag, Messing, Bronzen, Stahl, Ni) und vieler anorganischer Stoffe nicht erreicht. Diese Technik bietet also die Möglichkeit, die in den Elektro(nik)-Altgeräten enthaltenen Kunststoffbauteile zu zerstören und damit von den Metallen und anorganischen Stoffen weitgehend zu trennen. Es verbleibt dann nur die Notwendigkeit der relativ einfachen Abtrennung von Koks. Die Pyrolysetechnologie wurde bereits in 7 Abschn. 4.1.3 als Hochtemperaturverfahren zur Abfallvorbehandlung näher beschrieben. In . Abb. 4.3 ist das Apparateschema eines Drehrohrreaktors für eine Pyrolyse dargestellt. Der Drehrohrreaktor mit äußerem Heizmantel ist der Standardapparat für Pyrolyseverfahren. Speziell zu Prozessen der Kunststoffpyrolyse finden sich nochmals Ausführungen in 7 Abschn. 6.5.3 mit . Abb. 6.16 (Drehrohrreaktor) und . Abb. 6.17 (Wirbelschichtreaktor). Für die Verwertung von Elektro(nik)Schrott wurden mehrere Pyrolyseverfahren halbtechnisch erprobt (Pyrocom-, Pyromaat-, Haloclean-Prozess). Ein industrieller Einsatz ist bisher nicht bekannt. Diese Prozesse werden deshalb nachfolgend nur kurz skizziert [204]. z
Pyrocom-Verfahren
Das Verfahren verwendet wie üblich einen gasdichten Drehrohrreaktor, der durch einen Heizmantel indirekt beheizt wird (650…850 °C). Im gasdichten Reaktor entsteht eine reduzierende Atmosphäre. Dadurch wird die Bildung von Dioxinen verhindert. Der abgeleitete Pyrolysedampf lässt sich in ein Öl (halogenhaltig) und ein Heizgas (aufwendige Gasreinigung) trennen. Der feste Pyrolyserückstand wird zerkleinert und z. B. durch Wind-
11.3 • Recycling von Elektro(nik)-Altgeräten durch Schmelztechnik, Pyrolyse
sichtung der feinkörnige Koks abgetrennt. Weitere Sortierverfahren ermöglichen die Auftrennung in verschiedene Metallfraktionen (Fe, NE-Metalle) und eine Inertfraktion. z
Pyromaat-Verfahren
Das vorrangige Ziel dieses Prozesses war die Rückgewinnung von Brom aus der Kunststofffraktion der Elektro(nik)-Altgeräte. Brom ist wesentlicher Bestandteil der Flammschutzmittel von Kunststoffen (polybromierte Biphenyle, PBB; polybromierte Diphenylether, PBDE). Die Pyrolse erfolgte bei 550 °C und der entstehende Pyrolysedampf wurde bei 1230 °C zu einem Synthesegas vergast. Mit einer alkalischen Wäsche des Synthesegases konnte Brom zu 95 % ausgewaschen werden. z
Haloclean-Prozess
Durch Anwendung einer zweistufigen Pyrolyse erhoffte man, zunächst eine Konzentrierung der Halogene in einem Öl zu erreichen, was sich als nicht realisierbar erwies. Man behielt aber die gestufte Pyrolyse (1. Stufe 300…400 °C; 2. Stufe 400…500 °C) bei und erzeugte dann durch thermisch-chemische Aufbereitung des Pyrolysedampfes ein halogenabgereichertes Pyrolyseöl für die chemische Verwertung, ein Pyrolysegas (Heizgas) und Brom.
11.3.3
Löseverfahren
Die selektive Auflösung bestimmter Anteile der Elektro(nik)-Altgeräte eröffnet eine weitere Möglichkeit einer ersten stofflichen Trennung. Grundsätzlich sind technische Prozesse verfügbar, die einerseits eine Auflösung von Metallen durch chemische Reaktionen gestatten oder eine Auflösung von Kunststoffen durch bestimmte organische Lösemittel erlauben. Für die Auflösung von Metallen kommen anorganische Chemikalien zur Anwendung, die die Kunststoffe nicht angreifen. Die Kunststoffe sind dagegen nur in organischen Lösemitteln löslich, die wiederum keine Metallauflösung bewirken. Diese günstigen Verhältnisse sind die Grundlage für das selektive Herauslösen von Metallen oder von Kunststoffen aus Elektro(nik)-Altgeräten. Die chemische Auflösung von
287
11
Metallinhalten beinhaltet allerdings eine Reihe von Problemen. Man gewinnt dabei meist Metallsalzlösungen mit sehr geringer Metallkonzentration, die aufwendig weiterverarbeitet werden müssen. Die eingesetzten Chemikalien, die Apparate und die Verfahrenstechniken sind kostenintensiv, in den ungelösten Rückständen verbleiben immer Reste der Lösechemikalien und häufig entstehen Reaktionsgase. Deshalb ist die Anwendung chemischer Löseverfahren für Metalle nur für hochwertige Metalle (Edelmetalle, Nickel, Kobalt, Kupfer) wirtschaftlich vertretbar. Die technisch nutzbaren selektiven Metalllöseprozesse sind in den stoffspezifischen Abschnitten der Metalle (7 Abschn. 5.7, 7 Abschn. 5.4.4, 7 Abschn. 5.4.7) bereits ausführlich beschrieben und müssen hier nicht weiter ergänzt werden. Die Auflösung von Kunststoffen ist sehr sortenspezifisch und ermöglicht damit auch die Trennung verschiedener Kunststoffsorten. Löslich sind fast ausschließlich die Thermoplaste. Als Lösemittel sind bisher Methylethylketon, Tetrahydrofuran, Xylol und Dichlormethan untersucht. Die Grundlagen und Anwendungen dieser Technologien sind bereits in 7 Abschn. 6.4.1 (»Sammellogistik, Aufschlusszerkleinerung, Waschprozesse, Sortier- und Löseverfahren«) ausführlich behandelt. Ein besonderer Vorteil dieser Technik ist, dass die erzeugten Recyclingkunststoffe die Qualität von Primärkunststoffen erreichen. Die Nachteile dieser Technik sind die technologisch ungünstigen Eigenschaften der Lösemittel (hoher Dampfdruck, Brennbarkeit, Toxizität), die einer industriellen Anwendung bisher entgegenstanden. Die genannten Nachteile soll ein deutlich günstigeres Lösemittel (hoher Flammpunkt, biologisch abbaubar) beseitigen, das vom CreaSolv-Verfahren verwendet wird. Nähere Angaben zu diesem Lösemittel sind aber bisher nicht veröffentlicht. Weitere technische Angaben zu diesem Verfahren sind ebenfalls in 7 Abschn. 6.4.1 (»Sammellogistik, Aufschlusszerkleinerung, Waschprozesse, Sortier- und Löseverfahren«) und in . Abb. 6.2 verfügbar. Von den Entwicklern des CreaSolv-Verfahrens wird auf den vorteilhaften Einsatz zum Recycling von Elektroschrott (besonders Mobiltelefonen) hingewiesen, da die verwendeten Kunststoffe PS, ABS und PC günstige Löslichkeiten aufweisen und zusätzlich eine Aus-
288
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
schleusung von PBB bzw. PBDE (Flammschutzmittel) garantiert ist. Das britische WRAP-Programm (The Waste and Resources Action Program) hat das Verfahren als Testsieger für das Kunststoffrecycling aus Elektro(nik)-Schrott ermittelt. Eine industrielle Anwendung ist bisher nicht bekannt.
11.4
Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)Altgerätegruppen und -Bauteile
11.4.1
Kühlgeräterecycling
rial wird durch Siebung vom Metallanteil getrennt und in einer Heizschnecke nochmals entgast. Für die Sortierung der Metallfraktion kommen die üblichen Verfahren (Magnetscheidung, Wirbelstromsortierung) zum Einsatz und liefern die Produkte Fe-Fraktion, Al-Fraktion, Cu-Fraktion und eine Gummi/Kunststofffraktion. Die PUR-Fraktion unterzieht man einer Sortierung in ein PUR-Mehl und ein PS-Kunststoffprodukt [192] [188]. Die FCKW/Pentan-Rückgewinnungsquote erreicht nahezu 100 % und sichert eine sehr geringe FCKWKonzentration in der Abluft (20 mg/m3).
11.4.2
11
Die Kühlgeräte sind in einer eigenen Verwertungsgruppe (Gruppe 2) zusammengefasst, da sie einer speziellen Behandlung bedürfen. Die Gründe dafür sind die Kältemittel im Kältekreislauf, gelöste Kältemittel im Kältemaschinenöl und Treibgase im PUR-Isolierschaum. Als Kältemittel und Treibgas kamen jahrzehntelang die schädlichen FCKW zum Einsatz, die seit einigen Jahren durch Pentan ersetzt wurden. Die erste Behandlungsstufe für Kühlgeräte ist deshalb immer die Entleerung des Kältekreislaufs. Mit flexibler Bohrkopf- und Zangentechnik werden Kältemittel und Kältemaschinenöl gemeinsam möglichst leckagefrei abgezogen. Öl und Kältemittel werden anschließend thermisch getrennt und einer Weiterverwendung zugeführt. Evtl. vorhandene Hg-haltige Schalter sind ebenfalls auszubauen. Das treibgashaltige Isoliermaterial kann getrennt ausgebaut und nach Zerkleinerung entgast werden. Die Gase werden durch Aktivkohleadsorption oder Kryokondensation zurückgewonnen. Neuere Anlagen können auf den Ausbau des Isoliermaterials durch Verwendung einer gasdichten Zerkleinerung verzichten. Die Nutzung einer Stickstoffatmosphäre in der Zerkleinerung ermöglicht diese Technologie auch für pentangeschäumtes PUR. Die Gase aus der Zerkleinerung werden durch Kryokondensation mit flüssigem Stickstoff kondensiert und ausgebracht und das entstehende Stickstoffgas für die Inertisierung der Atmosphäre in der Zerkleinerung genutzt. Die Zerlegung der vorbehandelten Kühlschränke erfolgt meist im Querstromzerspaner in Stickstoffatmosphäre (. Abb. 11.5). Das zerkleinerte PUR-Mate-
Lampenrecycling
Die technische Entwicklung zur Verbesserung der Energieeffizienz elektrischer Lichtquellen führte von der klassischen Glühlampe (Wolframglühfaden im edelgasgefüllten Glaskolben) und den Halogenglühlampen zu den Gasentladungslampen (Quecksilberdampf, Argon und Leuchtstoffe in Glasröhren bzw. -kolben). Die nächste Generation der Lichtquellen, die Halbleiterlichtquellen (Leuchtdioden, LED), wird für den Masseneinsatz ab 2012 verfügbar sein. Die geringe Glas- und Metallmasse der Glühlampen, die Abwesenheit von Schadstoffen und die Problematik eines W-Recyclings erfordern kein Recycling. Dagegen zwingen bei gebrauchten Gasentladungslampen die Schadstoffgehalte (Hg und Leuchtstoffe) zu einer Sonderbehandlung, die damit gekoppelt auch ein Recycling der relativ großen Massenanteile an Glas und z. T an Leuchtstoffen und an Metallen ermöglicht. Aus dem Verkauf der gewonnenen Altglasscherben erlöst man einen Deckungsbeitrag für die Lampenaufbereitung. z
Typen von Gasentladungslampen
Es sind verschiedene Typen von Gasentladungslampen auf dem Markt, die wegen ihrer verschiedenen Marktanteile und Hg-Gehalte von sehr unterschiedlicher Bedeutung für die Schadstoffbeseitigung und das Recycling sind (. Tab. 11.8). Die stabförmigen Leuchtstofflampen und die Kompaktleuchtstofflampen (Energiesparlampen) bilden den Schwerpunkt des Lampenrecyclings. Bei den Hochdruckentladungslampen muss man noch zwischen mehreren Typen unterscheiden [194]:
. Abb. 11.5 Prozessschema einer KühlgeräteRecyclinganlage [192].
11
289
11.4 • Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)-Altgerätegruppen und -Bauteile
Altkühlgeräte Absaugung (Kältemittel, Öl)
Kältemittel, Maschinenöl N2 flüssig
Querstromzerspaner
Kryokondensation
PUR-Sieb N2-Gas
PUR/Kunststoff
FCKW/ Pentan
Heizschnecke Zick-Zack-Sichter Schwergut
PUR/Kunststoff
Staubfilter
Zyklon
Magnetscheider Umlenksichter Wirbelstromscheider AlFraktion
CuFraktion
5 Quecksilberhochdrucklampen: Hg und Ar in einem Quarzgefäß, 5 Metallhalogenidlampen: Hg, Ar, Jodverbindungen in einem Quarz- oder Al2O3-Gefäß, 5 Natriumdampflampen: Na, Al2O3-Gefäß. Die stabförmigen Leuchtstofflampen bestehen aus dem Glasrohr (Alkali-Erdalkali-Silikatglas) mit einer inneren Leuchtstoffschicht, der Hg-Ar-Gasfüllung und den Wolframelektroden sowie Bleiglas an den Rohrenden. Den Rohrverschluss bildet eine Metallkappe mit Kontakten. Das für die Zündung erforderliche konventionelle Vorschaltgerät KVG (Drossel, Starter) ist außerhalb der Leuchtstofflampe im Lampengestell installiert. Bei den Kompaktleuchtstofflampen (vorwiegend Energiesparlampen mit Gewindesockel) verwendet man ein elektronisches Vorschaltgerät (EVG), das in den Lampensockel (Kunststoff + Metallgewinde) integriert ist. Das EVG besteht aus kleinen elektronischen Bauteilen (Kondensator, Transformator, Drossel, Hochfrequenzgenerator), die auf einer Leiterplatte platziert sind. Für die verschiedenen gewünschten
Kunststoff, Gummi FeFraktion
Zyklon PS/ Kunststoff
PURMehl
Staub
. Tab. 11.8 Marktanteil und Hg-Gehalt verschiedener Gasentladungslampen [193] Lampentyp
Marktanteil
Hg-Gehalt pro Lampe
Leuchtstofflampen, stabförmig und nicht stabförmig
66 %
<10 mg
Kompaktleuchtstofflampen
28 %
<5 mg
Hochdruckentladungslampen
6%
30 mg
Lichtfarben (Blau, Cyan, Grün, Orange, Rot, UV) kommen unterschiedliche Leuchtstoffzusammensetzungen zum Einsatz. Die Leuchtstoffe bestehen aus Oxiden (BaO, Al2O3, MgO, Y2O3 etc.), Phosphaten (LaPO4) oder Silikaten (BaSi2O5), die mit Aktivatoren (Eu2+, Mn2+, Tb3+) dotiert sind [194]. Stoffliche Zusammensetzung und Hg-Verteilung in
290
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
Leuchtstofflampen, stabförmig Bestimmung der Leuchtstoffart Abtrennung der Kappen
. Abb. 11.6 Fließbild des KappTrennverfahrens für stabförmige Leuchtstofflampen.
Kappen Aufbereitung Mischglas
Al, Stahl
Bleihütte Ausblasen der Leuchtstoffe Zerkleinerung der Röhren (1…2 cm) Nachreinigung der Scherben Scherben Natron-Kalk-Silikatglas
11
Zyklon
Leuchtstoffpulver (Wiederverwendung)
Stäube, Hg Staubfilter
Stäube
Aktivkohlefilter (Hg-Adsorption)
Sonderabfall
einer gebrauchten stabförmigen Leuchtstofflampe [120]: 5 Zylinderglas (Na2O-CaO-Glas): 85,0 % (Hg ca. 1,2 mg), 5 Kappen, Elektroden, Bleiglas: 12,9 %, 5 Leuchtstoff: 2,1 % (Hg ca. 7,5 mg), 5 Gasfüllung: Hg ca. 1,3 mg. Für die Gasentladungslampen stehen drei Recyclingverfahren zur Auswahl: 1. produktspezifische Zerlegeverfahren, 2. Shredderverfahren (für alle Lampentypen geeignet), 3. Trocken- und Nassverfahren für die Leuchtstoffabtrennung. z
Kapp-Trennverfahren für stabförmige Leuchstofflampen
In einem ersten Schritt analysiert man die Leuchtstoffart, um deren Wiederverwendung zu ermöglichen. Die unter Unterdruck stehenden Röhren werden zunächst belüftet. Bei den stabförmigen Leuchtstofflampen sind dann die Lampenenden (Metallkappen + Bleiglas) durch Schneiden oder Absprengen technisch unkompliziert abzutrennen.
Alle Verarbeitungsstufen arbeiten mit geschlossenen Apparaten im Unterdruckbereich, um den freigesetzten Hg-Dampf und die Stäube vollständig abzusaugen und über Filter zu reinigen. Hg-Dampf wird an Aktivkohle adsorbiert. Die abgetrennten Enden kann man aufbereiten und in verwertbare Metalle (Stahl, Al) und ein Mischglas separieren. Aus dem Mischglas kann in einer Bleihütte das Blei recycelt werden. Aus dem Glasrohr wird der Leuchtstoff ausgeblasen und in einem Zyklon abgeschieden (Hg zusätzlich in Aktivkohlefiltern). Die gereinigte Glasröhre wird danach zu Scherben (1…2 cm Stückgröße) zerkleinert und der Staub (Glasstaub, Leuchtstoffreste) sowie geringe Metallteile abgetrennt. Die Scherben (85 % der Lampenmasse) können direkt wieder in der Röhrenherstellung eingesetzt werden. Die Leuchtstoffe sind bei bekannter Zusammensetzung zu 60 % in der Lampenindustrie wieder verwendbar. Optional ist die destillative Abtrennung von Hg-Resten aus Leuchtstoffen und Stäuben durchführbar [193]. Ein Fließbild des Kapp-Trennverfahrens zeigt . Abb. 11.6. Ein modifiziertes Kapp-Trennverfahren ist auch für ausgewählte Typen von Kompaktleuchten einsetzbar.
11.4 • Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)-Altgerätegruppen und -Bauteile
z
Zentrifugal-Separationsverfahren
Dieses Verfahren ist ebenfalls produktspezifisch nur für Lampen ähnlicher Bauart einsetzbar (für Energiesparlampen, nicht für stabförmige Gasentladungslampen). Das Zentrifugal-Separationssystem gewährleistet in der ersten Verfahrensstufe eine schonende Zerlegung in die Bauteile Glas, Metall-Kunststoff-Sockel und EVG (elektronisches Vorschaltgerät), wie dies in 7 Abschn. 11.2.2 für den Querstromzerspaner bereits beschrieben wurde. Der Leuchtstoff und die Stäube werden abgesaugt und über Filter abgeschieden. Durch Siebsortierung trennt man das Glas ab, das durch Ausheizen von Hg gereinigt wird. Die Fraktion Lampenfassung, Kunststoffe und Elektronikbauteile wird geshreddert, über Magnetscheidung getrennt und recycelt (Metalle) bzw. energetisch verwertet (Kunststoffe) oder untertägig deponiert (Leuchtstoffe, Glasstaub) [193]. z
Glasbruchwaschverfahren
Das Verfahren arbeitet in der ersten Stufe mit einer vollständig trockenen Zerkleinerung, so dass alle Lampentypen sowie Lampenbruch und Produktionsausschuss verarbeitbar sind. Das Zerkleinerungsgut gelangt danach in eine Vibrationswäsche, die dem weiteren Aufschluss des Gutes und besonders der Ablösung der Leuchtstoffe dient. Das Waschwasser mit den suspendierten Leuchtstoffen (+ kleine Glaspartikel + Hg) reinigt man durch Sedimentation und erhält einen Leuchtstoffschlamm. Dieser Schlamm wird in einem Drehrohr erhitzt, wobei Wasser und Hg vollständig verdampfen. Das kondensierte Hg hat eine Reinheit von 99,99 %. Das Glasbruch-Metall-Gemisch wird unter Verwendung von Sieben, einem Metallabscheider und einer sensorgestützten Aufbereitung in die recycelfähigen Fraktionen Na2O-CaO-Glas, Bleiglas und Metalle sortiert [193]. z
Shredderverfahren
Beim Shredderverfahren erfolgt ebenfalls eine vollständig trockene Aufschlusszerkleinerung, die alle Lampentypen zu verarbeiten gestattet. Die weitere Verarbeitung erfolgt ebenfalls trocken. Durch mehrstufige Siebsortierung entstehen drei Korngrößenfraktionen. Die Grobfraktion enthält die verformten Metallteile (Recycling). Die mittlere Fraktion (Glas, Kunststoffe) wird durch Windsich-
291
11
tung getrennt. Die Feinfraktion enthält die Leuchtstoffe, Glasstaub und Hg und muss als Sonderabfall deponiert werden (evtl. Abtrennung von Hg durch Destillation). Die Qualität der getrennten Produkte ist relativ niedrig, so dass z. B. der Glasbruch nur für Bauglas einsetzbar ist [193].
11.4.3
Recycling von Gerätebatterien
Batterien sind transportable elektrische Energiequellen. Die ständig zunehmende Stückzahl und Art mobiler Elektro(nik)-Geräte hat den Bedarf an Batterien zur Stromversorgung dieser Geräte unaufhaltsam ansteigen lassen und damit die Notwendigkeit ihrer Entsorgung verschärft (Gefahr des Eintrags von Schadstoffen in Abfälle; Motivation zum Recycling). In Deutschland wurden im Jahr 2007 rund 1,5 Mrd. Gerätebatterien (davon 940 Mio. Alkali-Mangan-Batterien) in Verkehr gebracht. Im Jahr 2004 waren es noch 1,3 Mrd. Gerätebatterien. Weltweit geht man von 50 Mrd. Gerätebatterien (ca. 2 Mio. t) aus [200]. In dieser Zahl sind die Starterbatterien (Bleiakkumulatoren) und die Industriebatterien (Antriebsbatterien, ortsfeste Batterien) – überwiegend Bleiakkumulatoren und Nickel-Kadmium-Akkumulatoren – nicht enthalten. Das Recycling von Blei-Starterbatterien und BleiIndustriebatterien ist in 7 Abschn. 5.5.2 behandelt. Das Recycling von Bleiakkumulatoren ist seit ihrem Einsatz weltweit eingeführt, da die hohe Einzelmasse, der große Bleigehalt und die einfache Rückgewinnungstechnik durch Einschmelzen eine sehr günstige Wirtschaftlichkeit garantieren. Das Recycling von Nickel-Kadmium-Industrieakkumulatoren entspricht dem Verfahren für die entsprechenden Gerätebatterien. 7 Abschn. 11.4.3 beschreibt deshalb nur das Recycling von Gerätebatterien. z
Aufbau und Funktionsweise von Batterien
In den Batterien ist mit Hilfe spezieller Stoffkombinationen chemische Energie gespeichert, die auf direktem Weg in elektrische Energie umzuwandeln ist (elektrochemischer Energiewandler). Im Grundaufbau besteht eine Batteriezelle aus einer positiven Elektrode (Kathode, Pluspol), einer negativen Elektrode (Anode, Minuspol), einer Elektrolytflüssigkeit und der Trennmembran (Separator) zwischen den
292
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
. Tab. 11.9 Gerätebatterietypen und -formen, Einsatzgebiete sowie in Deutschland im Jahr 2004 von den Herstellern der Stiftung GRS verkaufte Mengen [197] Elektrochemisches System
Batterieform
Mengen 2004 Mio. Stück
Verwendungsbeispiele Tonnen
Primärbatterien Alkali-Mangan (primär)
Rundzelle
799
20 771
Zink-Kohle
Rundzelle
210
5633
Zink-Luft
Rundzelle
Lithium
Rundzelle
16
251
Kamera, Sensorik
Lithium
Knopfzelle
43
131
Taschenrechner, Uhren
Alkali-Mangan (primär)
Knopfzelle
41
114
Zink-Luft
Knopfzelle
59
51
Silberoxid
Knopfzelle
28
36
1 196
27 044
Summe Primärzellen
57
Leuchten, Spielzeug Taschelampen Hörgeräte
Uhren, Taschenrechner
Sekundärzellen (Akku)
11
Nickel-Metallhydrid
Rundzelle
55
1 483
Digitalkamera, Handy
Lithium-Ion
Rundzelle
23
1 737
Camcorder, Handy
Nickel-Kadmium
Rundzelle
21
2028
Laptop, Akkuschrauber
Alkali-Mangan (sekundär)
Rundzelle
3
66
MP3-Player
Klein-Bleiakku
Rundzelle
1
72
Spielzeug
Nickel-Kadmium
Knopfzelle
Nickel-Metallhydrid
Knopfzelle
2
7
Lithium-Ion
Knopfzelle
2
7
107
6301
Summe Sekundärzellen (Akku)
1
Elektroden. Der Elektrolyt übernimmt den Ionentransport zwischen den Elektroden (Ionenstrom). Der Elektrolyt kann in flüssiger, pastöser oder fester Form vorliegen. Die Elektrodenmaterialien (»aktive Masse«) sind häufig Metalle. Die Stoffart der »aktiven Massen« bestimmt die Spannung (V) einer Batteriezelle, die Menge der »aktiven Massen« die Kapazität in Amperestunden (Ah). Durch Zusammenschalten mehrerer Zellen addiert sich die Spannung. Eine weitere Kennziffer von Batterien ist die gewichts- oder volumenbezogene Energiedichte (gespeicherte Energie in Wattstunden pro Gramm
Elektroauto
oder Kubikzentimeter). Man muss zwischen zwei Batterietypen unterscheiden. Die Primärbatterien besitzen ihren Energieinhalt von Anfang an und sind nur einmal zu entladen. Die Sekundärbatterien (Akkumulatoren) sind im Unterschied dazu wieder aufzuladen und deshalb mehrmals zu entladen. Auf Grund der unterschiedlichen Anforderungen der Elektro(nik)-Geräte bezüglich Spannung, Kapazität, Energiedichte, Selbstentladung etc. sind eine Vielzahl von Batterietypen und Batteriegrößen in Verwendung, was natürlich das Recycling deutlich erschwert. In . Tab. 11.9 sind die wichtigsten Batte-
11.4 • Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)-Altgerätegruppen und -Bauteile
rietypen mit ihren Einsatzgebieten und Mengenanteilen in Deutschland aufgelistet. Die Mengen berücksichtigen nur die Hersteller, die der »Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien« (GRS) angeschlossen sind. Diese decken allerdings 85 % des Gerätebatteriemarktes ab. Die überwiegende Form der Gerätebatterien sind die Rundzellen verschiedener Größen (Micro-AAA; MignonAA; Baby-C; Mono-D) und der 9-V-Block. z
Entsorgung, Recycling
Aus der Benennung der Batterietypen in . Tab. 11.9 ist bereits ein mögliches Wertstoffpotential an Ni, Zn, Pb, Li, Mn, Ag und Cd ableitbar. Dazu kommen noch die Gefäßmaterialien. Die Schadstoffe (Hg, Cd, Pb, Kalilauge, Schwefelsäure) sind dagegen nicht immer direkt erkennbar, müssen aber bei Hg, Cd, Pb auf den Batterien deklariert sein. Die Motivation zur Erfassung und Entsorgung von Altbatterien ergab sich zunächst aus der Notwendigkeit der Vermeidung von Umwelt- und Gesundheitsschäden. Bis zum Erlass von Batterieverordnungen wurden Gerätebatterien überwiegend im Hausmüll beseitigt. Danach erfolgten in den wichtigsten Ländern eine getrennte Sammlung und eine Untertagedeponierung. Das komplizierte Recycling fand anfangs wenig Anwendung. Der enorm gestiegene Anfall an Altbatterien und die Möglichkeit der Schadstoffausschleusung beim Recycling haben dann die Bedeutung des Recyclings verstärkt. Aus den in . Tab. 11.9 für Deutschland angeführten Tonnagen leitet sich direkt ab, dass für das Recycling einige der genannten Batterietypen besonders zu berücksichtigen sind: 5 Primärzellen: Alkali-Mangan (prim., Rundzelle), Zink-Kohle (Rundzelle), 5 Sekundärzellen (Akku): Nickel-Kadmium (Rundzelle), Lithium-Ion (Rundzelle), NickelMetallhydrid (Rundzelle), Klein-Bleiakku (Rundzelle).
293
11
setz und die Verordnung enthalten folgende für das Recycling wichtige Festlegungen: 5 Unterscheidung der Batterien nach Fahrzeugbatterien (Batterien für Anlasser, Zündung, Beleuchtung usw.), Industriebatterien (Batterien für Gewerbe, Elektrofahrzeuge, Hybridfahrzeuge) und Gerätebatterien; 5 Verbot von Batterien mit mehr als 0,0005 % Hg (Knopfzellen bis 2 % Hg); Verbot von Gerätebatterien mit mehr als 0,002 % Cd (Ausnahme für Alarmsysteme und medizinische Geräte); 5 Kennzeichnungspflicht, wenn mehr als 0,0005 % Hg, 0,002 % Cd oder 0,004 % Pb enthalten sind; 5 Rücknahmepflicht der Hersteller, Vertreiber oder öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für alle Batterien (bisher Stiftung gemeinsames Rücknahmesystem Batterien, GRS); Abgabepflicht der Endnutzer; 5 Vorgabe von Sammelquoten für die Rücknahmesysteme (bis September 2012 35 %; bis September 2016 45 %); 5 Verwertung und Beseitigung: Soweit technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar sind Altbatterien zu behandeln und stofflich zu verwerten. Die Beseitigung durch Verbrennung oder Deponierung ist untersagt. Ab September 2011 sind Verwertungsquoten für die stoffliche Verwertung einzuhalten (Blei-Säure-Altbatterien 65 % bei maximaler Verwertung des PbGehaltes; Nickel-Kadmium-Altbatterien 75 % bei maximaler Verwertung des Cd-Gehaltes; sonstige Altbatterien 50 %).
Stofflicher Aufbau der Gerätebatterien Die Durchführung des Recyclings und insbesondere die stoffliche Verwertung sind ohne genaue Kenntnisse des spezifischen stofflichen Aufbaus der Batterien nicht möglich, der deshalb nachfolgend vorgestellt wird.
Batteriegesetz Die bisher gültige Batterieverordnung von 1998 (Novellierung 2001) [199] wurde im Dezember 2009 durch ein Batteriegesetz (BattG) [233] ersetzt und durch eine Verordnung zur Durchführung des Batteriegesetzes (BattGDV) [233] ergänzt. Das Ge-
z Primärbatteriesysteme Zink-Kohle (ZnC) Die innere positive Elektrode
(Kathode) besteht aus Braunstein (MnO2), die einen Kohlestift als Ableitelektrode umschließt. Die äußere negative Elektrode (Anode) bildet ein Zinkbecher. Als Elektrolyt dient NH4Cl- oder
294
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
ZnCl2-Lösung. Den Zinkbecher umschließt eine Isolierhülse und das Zellengefäß besteht dann wieder aus Zink. Metallinhalt: 15…20 % Fe, 15…30 % Zn, 10…25 % Mn [200].
satz) und den alkalischen Elektrolyt. Metallinhalt: 36…42 % Ni, 22…25 % Fe, 8…10 % Seltene Erden, 3…4 % Co [200]. Lithium-Ion (Li-Ion) Als Kathodenmaterial kommt
Alkali-Mangan (AlMn) Dieser Typ ist ebenfalls eine
Braunstein-Zink-Batterie, die aber einen alkalischen Elektrolyt (KOH) verwendet. Die Kathode besteht aus einer Mischung von MnO2 und Graphit und die Anode aus Zinkpulver. Die Trennung übernimmt ein Separator. Kathode, Separator und Anode sind mit KOH getränkt. Die äußere Hülle ist ein Stahlbecher. Ältere Batterien können noch etwas Hg enthalten. Metallinhalte: 15…25 % Fe, 6…18 % Zn, 10…25 % Mn, 1….3 % Cu. Zink-Luft Eine sehr dünne katalytische Kathode, eine Zinkpulveranode und ein alkalischer Elektrolyt bilden dieses Element (häufig als Knopfzellen).
vorwiegend Kobaltoxid zum Einsatz, die Anode besteht aus Graphit. In beiden Elektroden sind LiIonen eingelagert, die zwischen Kathode (LiCoO2) und Anode (LixC) ausgetauscht werden. Metallinhalt: 15…20 % Co+Mn, 7 % Cu, 5 % Al, 2…3 % Li [200]. Die Li-Ionen-Zellen sind u. a. wegen der hohen Zellenspannung von 3,6 V die Basis für Hybrid- und Elektroautos. Für diese Anwendung schaltet man viele Zellen zu einem Batterieblock von z. B. 120 V zusammen (HEV-Li-Ion-Batterie). Lithium-Ion-Polymer Dieser Typ ist eine Li-Ion-
Zelle mit einem festen Polymerelktrolyt, was Auslaufsicherheit und extrem dünne Bauweise ermöglicht.
Silberoxid (AgO) AgO bildet die Kathode und
Zinkpulver die Anode. Der Elektrolyt ist alkalisch, die Hülle aus Stahl (überwiegend als Knopfzellen).
11
Klein-Bleiakku Siehe dazu 7 Abschn. 5.5.2. Silber-Zink-Akku Dieses System befindet sich in
Lithium-Mangandioxid (LiMnO2) Li ist die negative
Elektrode, MnO2 die Kathode. Wegen der Reaktionsfähigkeit von Li mit Wasser können nur wasserfreie Elektrolyte verwendet werden. Dazu dienen organische Lösemittel mit Salzzusätzen oder anorganische Lösemittel (Thionylchlorid, SOCl2). Man stellt verschiedene Bauweisen und Größensysteme her sowie z. B. auch eine Flachzelle von 0,4 mm Dicke. Nickel-Zink Das ist ein Batterietyp mit Ni(OH)2-
Kathode, Zinkanode und alkalischem Elektrolyt. z Sekundärbatteriesysteme Nickel-Kadmium (NiCd) Der Akkumulator besteht
aus einer Ni(OH)2-Kathode, einer Cd-Anode, dem KOH-Elektrolyt und einer Stahlhülle. Metallinhalt: 40…45 % Fe, 18…22 % Ni, 16…18 % Cd [200]. Nickel-Metallhydrid (NiMH) Dieser Typ ersetzt das giftige Cd der NiCd-Akkus durch eine Wasserstoffspeicherlegierung, z. B. La(Ni, Co, Mn), und verwendet ebenfalls eine Ni(OH)2-Kathode (Co-Zu-
der Vorbereitung und könnte den Li-Ion-Akku verdrängen, da eine günstigere Recyclingmöglichkeit besteht. Aus dieser Auflistung mit den angegebenen Metallinhalten ergibt sich, dass als wesentliche Wertmetallinhalte die Mengen an Ni, Zn, Co, Cu und SE zu berücksichtigen sind und parallel dazu ein Ausbringen der weniger wertvollen Bestandteile Mn und Fe (siehe dazu die Metallpreise in . Tab. 5.2) wünschenswert erscheint. Daneben existieren aber erhebliche Problemstoffe wie Cd, z. T. Hg in Knopfzellen, organische und anorganische Bestandteile der Elektrolyte, Leitsalze, Separatoren und Gehäuse.
Recyclingverfahren für Gerätebatterien z
Sortierverfahren [198]
Die Sammlung der Gerätebatterien liefert ein Gemisch aller Batteriesysteme. Dieses Gemisch kann in einem einzigen Recyclingprozess nicht verarbeitet werden. Deshalb sind als Vorstufe Sortierverfahren erforderlich. Eine sehr einfache Sortierung kann nach der Größe durch Siebung erfolgen (Abtrennung von Knopfzellen). Die Recyclingver-
11.4 • Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)-Altgerätegruppen und -Bauteile
fahren erfordern aber eine Sortierung in die verschiedenen Werkstoffsysteme. Dafür kommen zwei Sortierverfahren zum Einsatz: 5 Elektromagnetisches Sortierverfahren: Ein elektromagnetischer Sensor erkennt die verschiedenen Werkstoffsysteme magnetischer Rundzellen auf Grund unterschiedlicher Störungen des Magnetfeldes. Diese Identifikation steuert dann den Auswurfmechanismus (Sortierleistung sechs Batterien pro Sekunde; Sortierreinheit 98 %). 5 Röntgenverfahren: Nach einer Größensortierung erkennt ein Röntgensensor das Batteriesystem von Rundzellen und steuert das Auswurfsystem (Sortierleistung 26 Batterien pro Sekunde; Sortierreinheit 98 %). Eine zusätzliche Sortierung nach Hg-freien Batterien kann durch Erkennung eines aufgebrachten UV-sensiblen Lackpigments erreicht werden, wenn noch Hg-haltige Batterien zu erwarten sind. z
Verarbeitung von Alkali-Mangan-, Zink-Kohleund Zink-Luft-Batterien
Das Recycling dieser Systeme konzentrierte sich zunächst auf die Verwertung des Zn-Inhalts. Dabei nutzt man die Eigenschaft des Zn, bei thermischen Prozessen zu verdampfen (Siedepunkt 906 °C), und kann auf eingeführte metallurgische Verfahrenstechniken zurückgreifen. Ein günstiges Verfahren ist der Imperial-Smelting-Prozess (IS) für BleiZink-Rohstoffe. In den IS-Schachtofen kann man die Batterien direkt aufgeben und es entsteht u. a. ein CO-reiches Abgas, aus dem metallisches Zink kondensierbar ist. Ein weiteres nutzbares Verfahren ist das Wälzverfahren im Drehrohrofen [198] für Zn-reiche Stahlwerksstäube (7 Abschn. 5.6). In einer ersten Verfahrensstufe erfolgen eine Aufschlusszerkleinerung der Batterien und eine Abtrennung der Eisenanteile als Eisenschrott durch Magnetscheidung. Dadurch erhält man ein Gemisch aus Zn, MnO2, Kohle und Elektrolyt. Der Chloridelektrolyt sollte weitgehend ausgewaschen werden, während der KOH-Elektrolyt die weitere Verarbeitung nicht stört. Dieses Gemisch aus Zn, MnO2 und Kohle ist für die Verarbeitung im Drehrohrofen zusam-
295
11
men mit zinkhaltigen Stahlwerksstäuben gut geeignet. Dabei wird das Mn verschlackt, die Kohle als Reduktionsmittel genutzt und das Zn als ZnO im Wälzoxid ausgebracht. Eine vollständige Chloridabtrennung aus dem Wälzoxid erreicht man durch eine Sodalaugung (7 Abschn. 5.6), so dass nachfolgend durch Elektrolyse hochreines metallisches Zink gewonnen werden kann. Eine Variante dieser Zinkverdampfung ist das Schmelzen der zerkleinerten Batterien im Elektrolichtbogenofen zusammen mit Stahlschrott [198]. Dabei erhält man einen Zn-reichen Stahlwerksstaub und z. T. auch ein Mn-Ausbringen im Stahl. Aus dem Zn-reichen Stahlwerksstaub gewinnt man dann wie oben beschrieben ein ZnO-Wälzoxid. Eine spezielle Verfahrenstechnik für Batterien ist das Sumitomo-Batrec-Verfahren (. Abb. 11.7). Diese Technik verwendet eine vorgeschaltete Pyrolyse der Batterien in einem Schachtofen der mit CO-reichem Abgas aus dem Schmelzofen auf 600…750 °C erhitzt wird. Diese Behandlung zerstört die organischen Materialien und verdampft evtl. vorhandenes Hg (Siedepunkt 357 °C), das aus dem Pyrolysegas kondensiert und gewonnen werden kann. Der Pyrolserückstand gelangt in einen induktiv beheizten, geschlossenen Schmelzofen zusammen mit Reduktionskohle und Schlackenbildnern und wird auf eine Arbeitstemperatur von 1500 °C erhitzt. Das Zn verdampft und wird aus dem CO-reichen Abgas als flüssiges Zn kondensiert. Im Ofen verbleiben zwei Schmelzphasen (Schlacke und verwertbares Ferromangan). Durch Optimierung (RWTH) des Lichtbogenofenverfahrens mit vorgeschalteter Pyrolyse konnte durch optimale Schlackenführung eine weitgehende MnO2-Reduktion erreicht werden. Man erhielt bei halbtechnischen Versuchen ein Mn-Ausbringen von 62,4 % in einer hochwertigen Ferromanganlegierung (bis 50 % Mn). Das Zn wird vollständig verflüchtigt und als ZnO-Flugstaub gewonnen (. Abb. 11.7) [203]. Als Alternative wurde auch ein hydrometallurgisches Verfahren entwickelt. Nach einer Vorbehandlungsstufe zur Abtrennung von Stahl und Papier verwendet man eine Laugung mit Schwefelsäure und erhält eine Lösung aus Manganund Zinksulfat. Damit wird für Mn und Zn eine stoffliche Verwertungsquote von 100 % erzielt.
296
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
Altbatterien Alkali-Mangan/Zink-Kohle
Sumitomo-BatrecVerfahren
RWTH-Optimierung Pyrolysegas (Elektrolyt, organische Komponenten, Hg)
Schachtofen Pyrolyse (600…750 °C)
Schachtofen Pyrolyse (300…750 °C)
Pyrolyserückstand
Pyrolyserückstand
Schlackebildner COAbgas
Kohle
. Abb. 11.7 Recycling von Alkali-Mangan- und Zink-KohleBatterien nach dem SumitomoBatrec- Verfahren und dessen Optimierung durch die RWTHUntersuchungen [203].
Holzkohle CaO, SiO2, Al2O3, MgO
Abgasfilter
Zn-DampfKondensator
Lichtbogenofen (Hohlelektrode, 1 500 °C)
Schmelzofen (Induktionsheizung, 1 500 °C)
Schlacke Schlacke Mn-legiertes Eisen
11 z
Zn-Metall, flüssig
ZnOKonzentrat
Verwertung von Nickel-Kadmium-Batterien
Zur Stofftrennung nutzt man den hohen Dampfdruck von Cd bei erhöhter Temperatur aus (Siedepunkt 765 °C). Nach einer Batteriezerlegung beschickt man das Material in einen Vakuumdestillationsofen (Druck 0,1 mbar) und erreicht bei 100…150 °C zunächst die Verdampfung von Wasser und flüchtigen organischen Stoffen. Durch weitere Erhitzung auf 750 °C und Zusatz von Reduktionsmitteln (Reduktion von Anteilen an CdO) verdampft das Cd-Metall vollständig und ist als hochreines Kadmium (99,9 %) kondensierbar. Als Rückstand verbleibt im Ofen ein festes Ni-Fe-Gemisch (5…300 ppm Cd), das für die Stahlmetallurgie geeignet ist. Alternativ ist auch ein hydrometallurgisches Verfahren untersucht. Nach einer Batteriezerlegung wendet man eine Laugung mit Schwefelsäure unter H2O2-Zusatz an. Damit löst man Fe, Ni und Cd als Sulfate und fällt danach Fe3+ als Hydroxid aus. Cd und Ni werden elektrolytisch aus den Lösungen mit hoher Reinheit abgeschieden.
Ferromangan (50 % Mn)
z
Recycling von Nickel-Metallhydrid-Batterien
Die bestehenden industriellen Verfahren verwerten zurzeit nur den hohen Ni-Inhalt. Die Batterien werden geshreddert, wobei die Freisetzung von Wasserstoff zu beachten ist (überwachte Atmosphäre). Der erhaltene Ni-Fe-Schrott kann nach Abtrennung der Kunststoffe in starker Verdünnung zur Herstellung Ni-legierter Stähle zugesetzt werden. Der Nachteil dieser Technik ist, dass keine Nutzung des Inhaltes an Co und Seltenen Erden (SE) stattfindet. Der Umicore-Batterie-Recycling-Prozess setzt die Batterien ohne Vorbehandlung in einen Plasmaschmelzofen ein und erschmilzt eine CoNiLegierung sowie eine Schlacke. Der Plastikanteil wird im Prozess energetisch genutzt. Die CoNiLegierung raffiniert und trennt man in den vorhandenen Anlagen zu Ni- und Co-Verbindungen [201]. Von großer Bedeutung ist eine Verfahrensentwicklung der RWTH-Aachen und des UVR-FIA, die auch Co und SE gewinnbar macht (. Abb. 11.8). Das gelingt durch Kombination mechanischer, pyro- und hydrometallurgischer Verfahrenstechniken. Zur Aufschlusszerkleinerung dient eine Ham-
11.4 • Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)-Altgerätegruppen und -Bauteile
. Abb. 11.8 Recycling von Nickel-Metallhydrid-Batterien nach dem RWTH-UVR-Verfahrensvorschlag [202].
11
297
Altbatterien Nickel-Metallhydrid
Aufschlusszerkleinerung (Hammermühle)
Grobfraktion (Stahlblech, Kunststoff)
Nasssiebung (0,5 mm)
Feinfraktion (Ni, Co, SE)
Windsichtung
Zusätze
Stahl Schmelzen (Lichtbogenofen)
SE-Schlacke
Schmelzflusselektrolyse Ni-CoLegierung
mermühle, der eine Nasssiebung bei 0,5 mm nachgeschaltet ist. Die Grobfraktion enthält die Anteile an Stahlblech, Elektroden, Kunststoffen und Papier und kann durch Windsichtung oder Pyrolyse weiter sortiert werden. In der Feinfraktion sind die wertvollen Komponenten Ni, Co und SE angereichert. Diese Feinfraktion wird im Lichtbogenofen mit speziellen Schlackenbildnern aufgeschmolzen und dabei werden eine NiCo-Legierung und eine SE-haltige Schlacke erzeugt. Aus der Schlacke gewinnt man mittels hydrometallurgischer Prozesse zunächst die SE-Chloride und nachfolgend über eine Schmelzflusselektrolyse die SE-Metalle als Mischmetall [202] [200]. Die Verfahrensstufen zur Rückgewinnung der SE-Metalle konnten wegen unzureichender Mengen bis 2010 noch nicht in den Produktionsmaßstab umgesetzt werden [234].
Leichtstoffe
Hydrometallurgische Verarbeitung
SE-Chloride
SE-Mischmetall
z
Verarbeitung von Lithium-Mangandioxid-Batterien
Durch einen thermischen Prozess kann die Verwertung zu einem Ni-haltigen Eisen und Ferromangan erreicht werden. z
Recycling von Lithium-Ionen-Batterien
Der Umicore-Batterie-Recycling-Prozess schmilzt die Batterien ohne Vorbehandlung unter Verwendung der Plasmaschmelztechnologie zu einer CoLegierung (Ni, Cu) und einer Schlacke [201]. Eine deutlich günstigere stoffliche Verwertung könnte die Verfahrensentwicklung RWTH/ACCUREC/ UVR ergeben. Durch Zerkleinerung und mechanische Aufbereitungsoperationen gewinnt man in qualitativ hochwertiger Form eine reine Al-Fraktion und eine Fe-Ni-Fraktion. Die verbleibende Co-Li-Fraktion verarbeitet man im Lichtbogenofen zu einer CoMn-Legierung. In der anfallenden
298
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
Altbatterien Lithium-Ionen HCl, Cl2
. Abb. 11.9 Recyclingprozess der Firma Sony für Lithium-Ionen-Batterien.
Kalzination Säurelaugung Shreddern
Siebung
Siebdurchgang (LiCoO2, Metalloxide, Kohlepulver)
Siebrückstand (Fe-, Cu-, Al-Teile) Schmelzen Magnetscheidung
Fe-Solventextraktion FeLösung Co-Solventextraktion Co-Lösung
Co-Legierung Kristallisation
Fe-Schrott
11
Cu-/Al-Schrott
Schlacke und im Flugstaub ist der Li-Inhalt angereichert (Li-Konzentrat). Daraus gewinnt man ein reines Li-Karbonat. Die CoMn-Legierung kann als Vorlegierung für Co-Superlegierungen eingesetzt werden [200]. Die Firma Sony beschreibt ebenfalls eine Verfahrenskombination aus mechanischer Aufbereitung, Schmelzprozess und hydrometallurgischer Verarbeitung. Die Verfahrensstufen sind in . Abb. 11.9 dargestellt. Eine Rückgewinnung von Li ist allerdings nicht angegeben. z
Verarbeitung Hg-haltiger Knopfzellen
Aus Hg-haltigen Knopfzellen muss aus ökologischen Gründen vor allem Hg abgetrennt und zurückgewonnen werden. Das ist auf Grund des niedrigen Siedepunkts von Hg (357 °C) durch Erhitzen in geschlossenen Apparaten einfach und sehr vollständig zu realisieren. Vorzugsweise kommen thermische Techniken bei 350…650 °C zur Anwendung. Der Ausdampfungsrückstand ist als vollständig Hg-freier Stahlschrott nutzbar [198].
11.4.4
Flüssigkristallbildschirme (LCD)
Flüssigkristallbildschirme oder -anzeigen finden in Fernsehgeräten, PC-Monitoren, Mobiltelefonen,
Co-Chlorid
Uhren, Taschenrechnern, Messgeräten etc. Anwendung. Bei den Fernsehgeräten und Monitoren haben sie die Röhrengeräte weitgehend verdrängt und werden in Zukunft in sehr großen Mengen als Altgeräte anfallen. Das Funktionsprinzip des Liquid Crystal Display (LCD) beruht auf der Eigenschaft der Flüssigkristalle, die Polarisationsrichtung von Licht zu beeinflussen, wenn eine elektrische Spannung angelegt wird. Ein LCD-Monitor besteht aus dem eigentlichen Funktionsbauteil (LCD-Panel), Elektronikkomponenten, Metallrahmen, Metallchassis und Kunststoffgehäuse. Für das Recycling sind der Aufbau des LCD-Panels und die verwendeten Materialien von Interesse. Die LCDs haben einen Schichtaufbau. Die viskose Flüssigkristallschicht befindet sich zwischen zwei Glasplatten (Substrate), die an den Innenseiten mit einer transparenten Elektrodenschicht aus Indium-ZinnOxid (ITO) überzogen sind. An den Außenseiten der Glasplatten sind die Polarisationsfilter (Kunststofffolie) aufgeklebt. Die Flüssigkristallschicht ist eine Mischung von 15…20 verschiedenen organischen Verbindungen mit einem gewissen Schadstoffpotential (. Tab. 11.10). Zum Display gehört außerdem eine Hintergrundbeleuchtung (bei älteren Geräten Hg-haltige Lampen; bei neueren Geräten LEDs).
299
11.4 • Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)-Altgerätegruppen und -Bauteile
Die LCD-Panels sind in den Elektrogeräten als getrennte Bauteile vorhanden. Für das Recycling ist also die übliche Demontage der Geräte in die Fraktionen Kunststoffgehäuse, Elektronik, Metallrahmen, Hintergrundbeleuchtung und LCD-Panel vorzusehen. In diesem Abschnitt ist somit zusätzlich zu den Ausführungen in 7 Abschn. 11.2 und 7 Abschn. 11.4.2 nur die Entsorgung der LCD-Panels zu betrachten. Als eine Möglichkeit ergibt sich die Wiederverwendung intakter LCD-Panels. Das gegenwärtig vorherrschende Recyclingverfahren ist die thermische Behandlung der LCDPanels in Abfallverbrennungsanlagen oder im Wälzverfahren für Stahlwerksstäube (Nutzung des Glasanteils als Silikatzuschlag). Bei diesen Technologien werden die organischen Bestandteile (Flüssigkristalle, Polarisationsfilter, Harze) vollständig verbrannt und das Glas zusammen mit den oxidierten Metallen und dem Si in einer inerten Schlacke (z. T. nutzbar als Baustoff ) eingebunden. Eine weitere Verfahrensentwicklung verwendet die Stufen Glasschneiden, Ultraschallreinigung und Eintränken in flüssigen Stickstoff und erreicht damit eine Separation der Flüssigkristalle (Schadstoffpotential) von den anderen Materialien, so dass das Glas dem Glasrecycling zugeführt werden kann. Mit diesen Technologien können aber die Forderungen der WEEE-Richtlinie nach 75 % Gesamtverwertung bzw. 65 % stofflicher Verwertung künftig für LCD-Panels nicht garantiert werden. Außerdem haben die Bestandteile Indium und Flüssigkristalle einen erheblichen Wert, der besonders bei Indium wegen der befürchteten Verknappung deutlich zunehmen wird (zehnfache Preissteigerung bis 2020 prognostiziert). In den USA ist deshalb ein Prozess entwickelt worden, der eine saubere und effiziente Rückgewinnung der Flüssigkristallmischung aus den Alt-LCDs und auch die Trennung in die Einzelkomponenten garantiert. In Schweden wird 2010 eine erste industrielle Recyclinganlage für LCD-Panels in Betrieb gehen. Diese Technologie arbeitet unter Vermeidung von Shreddern, Verbrennung und Chemikalieneinsatz und gewährleistet die Gewinnung der einzelnen Komponenten in hoher Qualität. Dadurch ist deren Wiedereinsatz für neue LCD-Panels oder ähnliche Produkte sichergestellt [206]. Für die angeführten Techno-
11
. Tab. 11.10 Zusammensetzung eines TFT-LCD-Panels [205] Bauteil/Material
Gewichtsanteil %
Stoffe
Glassubstrat
86,1
nichtalkalisches Glas
Polarisatoren
13,6
PVAL, TAC
Flüssigkristall
<0,1
polyzyklische aromatische und aliphatische Kohlenwasserstoffe
Kleber
<0,1
Epoxidharz, Acrylharz
Farbfilterschicht
<0,1
Acrylharz, Cr
Transparenter Leitfilm
<0,1
In-Sn-Oxid (ITO)
TFT (thin film transistor)
<0,1
Si, Al, Ta, Cr, In, Sn, Mo, W, C, H, O, N
IC-Chip
ca. 0,4
Si
Sonstige
0,3
PVAL = Polyvinylalkohol; TAC = Trizelluloseazetat
logien sind bisher keine näheren Angaben zu den Verfahrensstufen veröffentlicht.
11.4.5
Solarmodule
Solarmodule dienen zur direkten Umwandlung von Sonnenlicht in Elektroenergie. Es kommen dafür weltweit überwiegend Dickschicht-Solarzellen aus Silizium zur Anwendung. Diese Module haben eine Lebensdauer von etwa 20…30 Jahren. Es erfolgt seit einigen Jahren der Rückbau der ersten Solardächer. Zusätzlich fallen ständig defekte Module bei der Produktion, bei Transport und Montage sowie durch Witterungsschäden (Hagel, Sturm, Schneebruch) an. Diese Schrottmodule enthalten verwertbares Silizium und verschiedene recycelbare Metalle (Stahl, Al, Cu, Ag). Neben den überwiegend verwendeten Dickschicht-Siliziumzellen sind weitere Halbleitermaterialien für Solar-
300
Kapitel 11 • Recycling von Elektro- und Elektronikgeräten
Frontkontakt AR-Schicht
AR-Schicht
Emitter
Emitter
Wafer
Wafer
Rückkontakt
Rückkontakt
Emitter Wafer
Wafer
. Abb. 11.10 Beschichtungsaufbau der Si-Solarzellen und Prozessablauf der Ätzung zur Freilegung des Si-Wafers [208].
zellen geeignet, die vor allem als Dünnschichtzellen für Spezialgebiete (z. B. Raumfahrt) genutzt werden. Das sind z. B. folgende Halbleitermaterialien: GaAs-Zellen, CdTe-Zellen, CuInSe-Zellen und CuInGaSe-Zellen. z
11
Aufbau eines Solarmoduls aus Siliziumzellen
Die photovoltaische Zelle ist eine dünne Scheibe aus hochreinem polykristallinen Silizium (Wafer). Der Wafer ist auf der optisch aktiven Seite beschichtet (Dotierung, Antireflexion) und mit einem Gitterkontakt bzw. auf der Unterseite einer Kontaktschicht (Silber) versehen (. Abb. 11.10). Die einzelnen Zellen sind mit Lötbändchen (Zinn) verbunden. Die Oberseite erhält eine Belegung mit EVA-Folie (Ethylenvinylazetat) und einer dünnen Glasscheibe. Die Rückseite besitzt ebenfalls eine Kunststoffbeschichtung (Polyvinylfluoridfolie). Durch eine Wärmebehandlung verschmelzen die Kunststofffolien und hüllen die Solarzelle vollständig ein. Eine Installationsdose übernimmt den Anschluss des Elements. Das Element ist in einem Rahmen aus Aluminium- oder Stahlprofilen gefasst. z
Recyclingkonzepte für Si-Module
Mechanisch unbeschädigte Module und Produktionsabfälle können durch sorgfältige Behandlung zu wieder einsatzfähigen Wafern recycelt werden. Dadurch werden die hohen Kosten der Waferherstellung aus Si-Blöcken eingespart. Größtenteils fällt allerdings Zellenbruch an, der nach verschiedenen Reinigungsoperationen zu Si-Granulat und nach Umschmelzen zu Si-Blöcken verarbeitet wird,
aus denen dann neue Wafer gesägt werden müssen. z
Recyclingverfahren für Si-Module
Das Recyclingverfahren hat folgende Aufgaben zu realisieren: 5 Entfernung der elektrischen Anschlüsse und der Metallrahmen und Zuführung zu den vorhandenen Recyclingwegen für Stahl, Cu oder Al, 5 Entfernung der Kunststoffschichten und der Glasscheibe, 5 Freilegung des Wafers durch Abätzen der Beschichtungen. Für die praktische Durchführung des Modulrecyclings sind sechs Arbeitsschritte vorzusehen [209] [210]: 1. Abtrennung der Kabel und Anschlussdosen, 2. Einlegen der Module mit Rahmen in ein Stapelgestell und Einfahren in einen Verbrennungsofen, 3. Verbrennung der Kunststofffolien bei Temperaturen bis 600 °C, 4. manuelle Sortierung des Verbrennungsrückstandes aus Solarzellen, Metallen und Glas, 5. Aussortierung intakter Solarzellen aus dem Zellenbruch, 6. Entfernung der gesamten Beschichtung der Solarzellen bzw. des Zellenbruchs durch mehrere Ätzschritte mit Mineralsäuren und alkalischen Lösungen (. Abb. 11.10).
11.4 • Recyclingtechnologien für spezielle Elektro(nik)-Altgerätegruppen und -Bauteile
Die unbeschädigten Wafer werden wieder verwendet. Der geätzte Zellenbruch ist ein hochreines Si-Granulat, aus dem Si-Blöcke erschmolzen werden, die zur Herstellung neuer Wafer Verwendung finden. Das aussortierte Glas ist ausreichend rein, so dass es im Floatglasrecycling einsetzbar ist. Die Metalle werden den vorhandenen Recyclingwegen zugeleitet. z
Recycling von CdTe-Dünnschichtmodulen
Diese häufig eingesetzten Module bestehen aus 96 % Glas und 0,11 % CdTe eingebettet in einem Laminatverbund. Als erste Behandlungsstufe ist
301
11
ein Trocknungsprozess zur Zerstörung des Laminatverbundes erforderlich. Dadurch wird das Halbleitermaterial einer oxidierenden sauren Laugung zugänglich gemacht. Man erhält eine halbleitermetallhaltige Lösung und einen festen Rückstand aus Glas und Laminat. Aus der abfiltrierten Lösung fällt man die gelösten Halbleiter mit NaOH, filtriert und gewinnt einen Filterkuchen, der 96 % der Wertstoffe enthält. Der Löserückstand kann auf einem Rütteltisch in Glas und Laminat sortiert werden. Das Glas ist für die Fiberglasherstellung gut geeignet [234].
303
12
Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen 12.1
Monoverbrennung von festen Abfällen – 308
12.1.1 12.1.2 12.1.3
Rostverbrennung – 308 Wirbelschichtverbrennung – 310 Verbrennungsöfen für Biomasse – 312
12.2
Abgasreinigung nach Verbrennungsprozessen von Abfällen – 312
12.3
Thermische Abfallbehandlung durch Pyrolyse oder Vergasung – 315
12.4
Mechanische Aufbereitung fester Abfälle zu Ersatzbrennstoffen – 316
12.5
Mitverbrennung von Abfällen und Ersatzbrennstoffen in Feuerungsanlagen – 318
12.5.1 12.5.2
Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie – 320 Mitverbrennung in Kraftwerken – 323
12.6
Altöle als Ersatzbrennstoffe – 324
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_12, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
304
12
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
Das entscheidende Kriterium für eine energetische Verwertung ist der untere Heizwert Hu. Dieser Wert kann bei festen Abfällen den Heizwerten von Primärbrennstoffen (Heizöl 40 MJ/kg; Steinkohle 30 MJ/kg; Rohbraunkohle 8…12 MJ/kg) nahekommen, wie z. B. die Hu für Kunststoffabfälle zeigen (PE, PS 40 MJ/kg, Autoreifen 36 MJ/kg, Verbundverpackungen 22 MJ/kg, Papier 17 MJ/kg und Textilien 16 MJ/kg). Gemischte Siedlungsabfälle erreichen dagegen nur 8…11 MJ/kg und Klärschlamm 10 MJ/kg. In Deutschland sind im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) die Einordnung und die grundsätzlichen Anforderungen an die energetische Verwertung von Abfällen festgelegt [1]. In § 6(1) ist zunächst die Gleichwertigkeit von energetischer Verwertung und stofflicher Verwertung hervorgehoben. Dabei hat die besser umweltverträgliche Verwertungsart den Vorrang, die im Bedarfsfall durch Verordnungen der Bundesregierung bestimmt werden kann. Nach § 6(2) ist allerdings eine energetische Verwertung nur dann gegeben, wenn 5 der Heizwert des Abfalls, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, mindestens 11 000 kJ/kg beträgt, 5 ein Feuerungswirkungsgrad von mindestens 75 % erzielt wird, 5 entstehende Wärme selbst genutzt oder an Dritte abgegeben wird und 5 die im Rahmen der Verwertung anfallenden weiteren Abfälle möglichst ohne weitere Behandlung abgelagert werden können. Nach der EU-Abfallrahmenrichtlinie von 2008 [2] können auch Müllverbrennungsanlagen als energetische Verwertungsanlagen anerkannt werden, wenn sie über eine sehr hohe Energieeffizienz (65 % bei Neuanlagen; 60 % bei Altanlagen) verfügen. Diese Energieeffizienz wird durch das sog. R1-Kriterium zum Ausdruck gebracht. Feste Abfälle können auch nach einer mechanischen Aufbereitung als Ersatzbrennstoffe (EBS) zur Herstellung von Warmwasser, Dampf oder Elektroenergie bzw. zur Substitution von Primärenergieträgern bei thermischen Verfahren Anwendung finden ([1] § 4(4)). Die Hauptabnehmer der EBS sind spezielle EBS-Kraftwerke, Zementwerke und konventionelle Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke sowie an-
dere Industriebetriebe mit hohem Wärme- oder Dampfbedarf (z. B. Papierfabriken). Für die im deutschen Gesetz verwendete Bezeichnung »energetische Verwertung« wird international und zunehmend auch national der Begriff »thermisches Recycling« angewendet. Die energetische Verwertung ist aber grundsätzlich von der »thermischen Behandlung von Abfällen« zu deren Beseitigung abzugrenzen. Für diese Abgrenzung ist der Hauptzweck der »thermischen Behandlung« – die Beseitigung der Abfälle mit der Zerstörung des Schadstoffpotentials – das Entscheidungskriterium ([1] § 4(4)). Von dieser Abgrenzung bleibt selbstverständlich die Tatsache unberührt, dass auch in den Abfallverbrennungsanlagen mit ihrer Zweckbestimmung der Abfallbeseitigung die aus dem Heizwert der Abfälle entstehende Wärme energetisch als Dampf, Fernwärme oder zur Stromerzeugung genutzt wird. Die Anlagen zur energetischen Verwertung von Abfällen und Ersatzbrennstoffen benötigen außerdem nach Bundesimmissionsgesetz eine Genehmigung und müssen strenge Anforderungen hinsichtlich staubförmiger und gasförmiger Emissionen einhalten, die in der TA Luft [214] und der 17. BImSchV (Verordnung über die Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen, 2009) [213] festgelegt sind. Zum Verständnis dieser Maßnahmen sollen die Vorgänge bei Verbrennungsverfahren näher betrachtet werden. z
Grundlagen der Verbrennungsprozesse von Abfällen
Ausgangspunkt der Betrachtungen muss immer die Zusammensetzung der eingesetzten Abfälle sein. Die Abfallverbrennungsanlagen verarbeiten vorwiegend Hausmüll, Sperrmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle. Für den Verbrennungsprozess sind die organischen Verbindungen entscheidend, die durch ihren Inhalt an C und H den Heizwert bestimmen. . Tab. 12.1 bietet eine Übersicht über die in Hausmüll, Sperrmüll und hausmüllähnlichem Gewerbemüll vorliegenden Bestandteile und deren grundlegende stoffliche Zusammensetzung. Daraus kann deren Verhalten bei der Verbrennung abgeleitet werden. Die Verbrennungsanlagen sind immer mit effektiven Abgasreinigungsanlagen ausgerüstet. In der Fassung 2009 der 17. BImSchV [213] sind auch
Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
305
12
. Tab. 12.1 Hauptbestandteile von Hausmüll, Sperrmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen; stoffliche Zusammensetzung und wichtige Verbrennungsprodukte Bestandteile
Stoffe bzw. Stoffgruppen
Verbrennungsprodukte Feste Rückstände
Gase, Stäube
Polysaccharide, Zellulose, Glucose, Kohlehydrate, Glyzerinester
Asche
CO2, H2O
Eiweiß (Aminosäuren), Glyzerinester
Asche
CO2, H2O, NOx, SO2
SBR, PUR, PE, PP, PET, PVC, PC, PMMA, PS, PF, UP …, Polyacrylnitril, Caprolactam
ZnO, Fe, Asche
CO2, H2O, SO2, NOx, HCl, HF, Chloride, ZnO, BaO, Dioxine
Zellulose, Aluminium, Kunststoffe, Glas
Al-Oxid, Asche, Schlacke
CO2, H2O
Alkydharze, Ketone, organische Lösemittel, Pigmente (TiO2, Fe2O3 u. a. Oxide)
Metalloxide
CO2, H2O
Metalle
Metalle, Metalloxide
Metalloxide
Na-Al-Silikate, Alkylsulfonate, Alkylchloride, Phosphate, Seifen, Borate, Alkohole
Asche, Schlacke
CO2, H2O, SO2
Na-Ca-Silikat, Silikate, Al-Oxid, CaSulfat, Ca-Karbonat
Schlacke, Asche, Oxide, Silikate
SO2, CO2
Fe, Cu, Zn, Ni, Al, Sn, Pb, Chloride, Mn, Hg, W, Si, Edelmetalle, Glas, Keramik, Kunststoffe
Fe, Cu, Al, Ni, EM, Oxide, Asche, Schlacke
ZnO, ZnCl2, Hg, Chloride, Dioxine, CO2, H2O
Pflanzliche Stoffe Holz, Papier, Pappe, Baumwolle, Zucker, Backwaren, Öle, Fette Tierische Stoffe Wolle, Leder, Fleisch, Fette Kunststoffe* Gummi, Schaumstoff, Kanister, Flaschen, Rohre, Folien, Planen, Gewebe, Chemiefasern Verbundstoffe Getränkekartons, Papierverbunde, Kunststoffverbunde Kleber, Farben Klebstoffe, Farben, Lacke, organische Lösemittel Metalle Eisen, Edelstahl, Aluminium, Kupfer, Messing Haushaltsmittel Waschmittel, Pflegemittel, Medikamente Baustoffe, Keramik, Glas Altglas, Porzellan, Keramik, Baustoffe Kleingeräte Elektrische/elektronische Geräte, Batterien, Lampen, Cu-Kabel, CD *
Vgl. auch . Tab. 6.1
306
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
. Tab. 12.2 Emissionsgrenzwerte (Tagesmittelwerte) für Feuerungsanlagen und Abfallverbrennungsanlagen in Deutschland [213] [214] [215] Emissionsart
Verbrennungsanlagen für Abfälle 17. BImSchV mg/m3
Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe >50 MW 13. BImSchV mg/m3
Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe <50 MW TA-Luft mg/m3
Staub
10
20
20
C (organische Stoffe)
10
HCl (anorganisches Cl)
10
HF (anorganisches F)
1
SO2 (SO3)
50
200*…850
350*…1 300
NO2 (NOx)
200
200*…400
300*…400
Hg (Hg-Verbindung)
0,03
0,03
CO
50
150…200
Σ Cd, Tl
0,05
0,05
Σ Sb, As, Pb, Cr, Co, Cu, Mn, Ni, V, Sn
0,5
0,5
Dioxine, Furane
0,1 ng/m3
0,1 ng/m3
*
150
Die niedrigeren Werte gelten für Biobrennstoffe bzw. Wirbelschichtfeuerungen.
12 neue Vorschriften für die Mitverbrennung von Abfällen festgelegt und die Emissionsgrenzwerte denen der Abfallverbrennungsanlagen (Monoverbrennung) weitgehend angeglichen. Unbeschadet dieser existierenden Rechtsvorschriften und der ständigen Kontrollen durch Betreiber und Behörden wird in der Öffentlichkeit die energetische Verwertung von Abfällen immer wieder als stark umweltgefährdend diskutiert, abgelehnt und mit Bevölkerungsprotesten dagegen vorgegangen. Das entscheidende Gegenargument sind dabei ausschließlich die Belästigungen und Gefährdungen, die von den staub- und gasförmigen Emissionen ausgehen, obwohl die Auflagen aus der 17. BImschV deutlich niedrigere Grenzwerte als für Feuerungsanlagen und Kraftwerke (TA Luft, 13. BImSchV) vorschreiben (. Tab. 12.2). Es beinhalten aber auch die Hauptbrennstoffe von Kraftwerken (Steinkohlen und Braunkohlen) merkliche Gehalte an Schadstoffen, die z. T. emittiert werden. Auch die aus Abfällen durch Aufbe-
reitung hergestellten Ersatzbrennstoffe enthalten Reste an Schadstoffen. Die energetische Nutzung der EBS und von Biobrennstoffen wird aber von der Öffentlichkeit überwiegend toleriert. In . Tab. 12.3 sind Vergleichswerte für Emissionsfrachten angegeben [216]. Wie schwierig eine objektive Bewertung ist, zeigt das Problem der Feinstaubemission bei häuslichen Holzheizungen, das wegen der positiven ökologischen Einstufung des Holzes sehr lange nicht wahrgenommen wurde. Erst die Feinstaubmessungen an Dieselmotoren haben zu entsprechenden Empfehlungen auch für häusliche Holzheizungen geführt. Zur Objektivierung der Emissionsproblematik soll 7 Abschn. 12.2 beitragen. Der stofflichen Verwertung wird aber von der Bevölkerung stets der Vorrang eingeräumt, auch wenn Ökobilanzen eine andere Aussage haben. Die stoffliche Verwertung muss aber gegenüber der energetischen Verwertung objektiv dann als nachrangig eingeordnet werden, wenn hohe Aufwendungen an Hilfsstof-
307
Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
12
. Tab. 12.3 Emissionsfrachtenvergleich für 1 MWh Strom von Müllverbrennungsanlagen (MVA) und Biobrennstoffeinsatz (Deutschland 2003) [216] Emissionsart
MVA 17. BImSchV g
Holzkraftwerk TA-Luft g
Biogasmotor TA-Luft g
Biogas-Gasturbine TA-Luft g
Staub
0,4
105
10
19
CO
14
780
1 600
770
C gesamt
2
780
3
5
SO2
3
10
6
10
NOx
90
1 040
1 290
670
Schwermetalle (Cd, Tl, Hg)
0,1
0,03
0,02
0,03
Dioxine
18 (ng)
210 (ng)
18 (ng)
20 (ng)
fen, Energie und Apparaten notwendig sind und belastete sekundäre Abfälle entstehen. Ein weiterer ökologischer Aspekt der energetischen Verwertung von Abfällen – der bremsende Einfluss auf den Klimawandel – findet in der kritischen Öffentlichkeit kaum Beachtung. Dieser positive Einfluss auf das Weltklima entsteht durch die Verringerung der Bildung des Treibhausgases Methan, das bei der Deponierung oder Kompostierung von organischen Abfällen entsteht. Neben der Bezeichnung Ersatzbrennstoff verwendet man für hochwertige, heizwertreiche und gütegesicherte Qualitäten auch die Bezeichnung Sekundärbrennstoff (SBS). Auf Grund der starken Kritik an Abfallverbrennungsanlagen wurden als Alternative die Verfahrenstechniken Pyrolyse und Vergasung mit nachfolgender energetischer Verwertung der Zwischenprodukte technisch und ökonomisch geprüft. Zu diesen Verfahren werden einige Ausführungen in 7 Abschn. 12.3 gemacht. Als zweite Alternative zur Verbrennung wurde die mechanisch-biologische Aufbereitung (MBA) von Abfällen installiert. Dabei entsteht eine heizwertreiche Fraktion (Ersatzbrennstoff ) und eine heizwertarme MBA-Fraktion, für die eine Deponierung bis 18 % TOC (total organic carbon) zugelassen wird. Dies widerspricht eigentlich der Forderung der Technischen Anleitung Siedlungsabfall (TASi) [217], die 1…3 % Restkohlenstoffgehalt für eine Deponierung fordert.
Deshalb erfolgt zunehmend eine thermische Nachbehandlung dieser heizwertarmen Fraktion. Man erkennt, dass die Einführung der MBA technisch und wirtschaftlich deutliche Nachteile besitzt. Dazu kommen noch die Entstehung und notwendige Behandlung gasförmiger Schadstoffe beim MBAProzess. Das national und international weit überwiegend eingesetzte Verfahren zur thermischen Behandlung von Hausmüll und Sperrmüll ist das Verbrennungsverfahren auf dem Rost geblieben (in einigen Anwendungen in der Wirbelschicht), das durch hocheffiziente Abgasreinigungsverfahren und energetische Verwertung entscheidend verbessert wurde. Die im vorliegenden Kapitel betrachteten festen Abfälle sind grundsätzlich von den »besonders überwachungsbedürftigen Abfällen« zu unterscheiden, die durch definierte »gefahrenrelevante Eigenschaften« charakterisiert und einer getrennten Behandlung zu unterziehen sind. Es sind 15 gefahrenrelevante Eigenschaften in der Abfallrahmenrichtlinie [2] festgeschrieben (giftig, explosiv, brandfördernd, leicht entzündbar, krebserregend, ätzend, infektiös, mutagen usw.). Diese »gefährlichen Abfälle« [2] (auch als »Sonderabfälle« bezeichnet) sind nur in geringen Ausnahmefällen für eine energetische Verwertung geeignet. Sie müssen fast ausschließlich Beseitigungsverfahren unterworfen werden (Zersetzung, Spaltung, Verbrennung). Im
308
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
Falle von flüssigen, schlammigen und besonderen festen Sonderabfällen wurden dazu bereits in mehreren Abschnitten dieses Buches die notwendigen Ausführungen gemacht (7 Abschn. 4.1.3; 7 Kap. 9). Dort sind auch Angaben zu den bevorzugten Apparaten (Brennkammer, Drehrohrofen) zu finden.
12.1
12
Monoverbrennung von festen Abfällen
Bei der Verbrennung von Abfällen ist zwischen der alleinigen Verbrennung (Monoverbrennung) von unbehandelten Abfällen oder Aufbereitungsprodukten (EBS) einerseits und der Mitverbrennung von Abfällen oder EBS zusammen mit Primärbrennstoffen andererseits zu unterscheiden. Die Mitverbrennung stellt höhere Anforderungen an die Homogenität und Qualität der Abfälle und fordert geringfügig niedrigere Emissionsgrenzwerte. Für die Monoverbrennung fester Abfälle besteht folgende Zielstellung: 5 vollständige Zersetzung der organischen Stoffe in anorganische Stoffe, 5 vollständige Oxidation der organischen Stoffe und Kohlenstoff zu CO2 und H2O (in geringem Umfang HCl, SO2, NOx), 5 Bildung eines deponiefähigen mineralischen Verbrennungsrückstandes (Asche, Sinter oder Schlacke) mit sehr geringem C-Gehalt (<1 bzw. <3 % Restkohlenstoff ), 5 Abführung von heißen Rauchgasen zur energetischen Nutzung und nachfolgender Intensivreinigung. Die Verbrennung findet in mehreren ineinander übergreifenden Prozessstufen statt: 5 Trocknung durch Strahlung, Verbrennungsluft und Verbrennungsgas, 5 Entgasung und Schwelung bei 250…600 °C, 5 Zündung und Verbrennung von brennbaren Gasen ab ca. 500 °C (CmHn + (m + n/4) O2 → m CO2 + n/2 H2O), 5 Verbrennung von Kohlenstoff (800…1200 °C) direkt zu CO2 oder indirekt über die Vergasungsreaktion (2 C + O2 → 2 CO), 5 Bildung gasförmiger anorganischer Stoffe (H2O, SO2, HCl, NOx, Hg, Metallchloride etc.),
5 Ausbrand des Restkohlenstoffs aus der Asche. Zur Realisierung dieser physikalischen und chemischen Vorgänge sind die Erhitzung der Abfälle und ein Angebot an Verbrennungsluft für die Oxidationsreaktionen Grundvoraussetzung. Es sind also zuerst die Prozesse des Wärmetransports und nachfolgend die des Stofftransports für den Verbrennungsablauf bestimmend. Die chargierten festen Abfälle (überwiegend unsortierter Müll) weisen aber im Unterschied zur Kohleverbrennung folgende gravierende Besonderheiten auf: extrem unterschiedliche vermischte Stoffe (Kunststoffe, Holz, Textilien, Bioabfall, Stroh, Metalle, Papier, Pappe, mineralische Stoffe, Glas usw.) mit sehr verschiedenen Verbrennungseigenschaften, sehr verschiedene Stückgrößen, verschiedenste geometrische Formen und schwankende Feuchtigkeit. Diese Besonderheiten führen zu außerordentlich veränderlichen Bedingungen für die Chargierung sowie den Wärme- und Stofftransport und damit zu unterschiedlicher Verbrennungsdauer. Deshalb müssen die Reaktoren eine gute Vermischung von Abfall und Luft, eine ständige mechanische Freilegung neuer Abfalloberflächen und lange Verweilzeiten gewährleisten.
12.1.1
Rostverbrennung
Den Rostverbrennungsanlagen sind Müllbunker zur Lagerung und Vermischung des Mülls vorgelagert. Die Krananlage des Müllbunkers beschickt mittels Greifer einen Beschickungstrichter, aus dem durch Aufgabestößel der Müll in den Feuerraum dosiert wird. Die Beschickungseinrichtungen sind den häufig vorlaufenden größeren Stückgrößen angepasst. Die Vermischung der Feststoffe untereinander im Feuerraum und mit der Verbrennungsluft sowie den Transport des Materials zum Ofenende und den vollständigen Ausbrand realisieren die Rostsysteme durch bewegte Roste (Rückschubrost, Walzenrost, Drehrost), Schrägroste und Stufenroste und das Einblasen von Primärluft unter den Rost. Die Primärluft wird dabei den verschiedenen Abschnitten der Rostlänge entsprechend dem Luftbedarf für Trocknung, Vergasung, Hauptverbrennung und Ausbrand geregelt zugeführt. Gleichzeitig er-
12.1 • Monoverbrennung von festen Abfällen
. Abb. 12.1 Rostverbrennungsreaktor mit geneigtem Rückschubrost und Dampfkessel [218] [219].
12
309
Dampfkessel (Strahlungsüberhitzer)
Rauchgasreinigung
Feuerraum, Nachbrennzone
Speisewasser Vorwärmer
Sekundärluft Abfälle (Eintrag) Abfälle
Verdampfer Überhitzer Abgasrückführung Austragsvorrichtung
Rückschubrost Primärluftzuführung
füllt die Primärluft die Funktion einer Rostkühlung. Mehrere Hersteller entwickelten dafür auch wassergekühlte Rostsysteme. In . Abb. 12.1 ist die prinzipielle Konstruktion eines Rostverbrennungsreaktors mit Rückschubrost angegeben. Der Rost besteht aus treppenförmig angeordneten Roststufen, von denen einige entgegen der Rostneigung bewegt werden und dadurch einen Schüreffekt bewirken (Vermischung des Glutbetts mit frischem Abfall). Im Glutbett erreicht man Temperaturen über 1000 °C. Im Feuerraum erfolgen die Verbrennung der Schwelgase sowie eine Nachverbrennung bei 1000…1200 °C durch zugeführte Sekundärluft und ungereinigtes rückgeführtes Abgas (die Forderungen der 17. BImSchV sind 850 °C und 2 s Verweilzeit). Der inhomogene Verbrennungsrückstand (Oxide, Metallteile) ist eine inhomogene Asche mit gesinterten Anteilen, die am Rostende in einen Nassaustrag fällt. Die Bezeichnung für diesen Verbrennungsrückstand ist allerdings häufig Schlacke, obwohl keine vollständige Sinterung oder eine Homogenisierung durch Aufschmelzen vorliegt (siehe Eigenschaften von Schlacken in 7 Abschn. 5.1.1). Übliche Rostgrößen sind 50 m2. Bei 8 m Rostlänge erreicht man eine Verweilzeit der Abfälle von 60…80 min und garantiert damit eine Aschequalität mit <2 % Glühverlust [218] [219]. Durch die Größe der Roste, die Dimension der Beschickungseinrichtungen und den unkomplizierten Ascheaustrag sind auch sehr große Müllbestandteile (bis 0,5 m Stückgröße) zu verarbeiten. Auch Anteile an Eisenschrott verur-
Asche, Sinter
sachen kaum Störungen. Der Dampfkessel ist unmittelbar über dem Rost angeordnet (Kühlung der Feuerraumwände). Der erste Kesselzug ist meist ein Leerzug mit geringer Abgasgeschwindigkeit, um die Abscheidung von Flugasche zu gewährleisten. Bei Anwendung einer Kraft-Wärme-Kopplung sind Brennstoffwärmenutzungsgrade von 70 % erreichbar (elektrischer Wirkungsgrad 20 %) [220]. Eine Verbesserung der Standardrostverbrennung erreicht man mit dem Syncom-Verfahren. Dieses Verfahren verwendet sauerstoffangereicherte Primärluft (24…35 % O2) und eine Feuerungsregelung mit IR-Thermographie. Im Ergebnis erhält man im Brennbett Temperaturen von über 1150 °C und dadurch einen verbesserten Ausbrand mit teilweise Sinterung der Asche sowie Verringerung der Abgasmenge um 35 % und einen höheren Kesselwirkungsgrad. Eine weitere Verbesserung ermöglicht das Syncom-Plus-Verfahren, das zusätzlich eine Abtrennung der ungesinterten Aschefeinfraktion und deren Rückführung in das Brennbett vorsieht. Diese Verfahrensvariante gewährleistet eine vollständige Sinterung der Asche zu einem Schlackengranulat mit <0,1 % Glühverlust und sehr geringen Elutionswerten. Auch eine Dioxinzerstörung von >90 % ist zu beobachten [218].
310
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
12.1.2
Wirbelschichtverbrennung
Die Verbrennung in einer Wirbelschicht (WS) bietet eine Reihe reaktionstechnischer Vorteile gegenüber der Rosttechnologie (hohe Reaktionsgeschwindigkeit, niedrigere Verbrennungstemperatur). Der Einsatz hat allerdings die Voraussetzung, dass die entstehenden Verbrennungsrückstande in feinkörniger, ungesinterter Form anfallen, um Störungen beim Austrag zu vermeiden. D. h., dass z. B. Eisenschrotte vorher abgetrennt werden müssen. Besonders vorteilhaft ist die Wirbelschicht für feinkörnige Abfälle einsetzbar (Schlämme, Holzabfälle, Stäube). Die genannten Besonderheiten dieser Technologie ergeben sich aus den spezifischen Eigenschaften einer Wirbelschicht. z
12
Aufbau und Funktion eines Wirbelschichtreaktors
Eine Feststoff-Gas-Wirbelschicht entsteht aus körnigem Feststoff, wenn dieser von unten von einem Gas durchströmt wird. Das Gas wird unter dem Feststoffbett über einen Düsenboden zugeführt. Bei Verbrennungsprozessen übernimmt die Primärverbrennungsluft diese Aufgabe. Mit gesteigerter Luftmenge (Strömungsgeschwindigkeit) wird die Feststoffschüttung zunehmend aufgelockert und erreicht am Wirbelpunkt (Lockerungspunkt) die Eigenschaften einer Flüssigkeit (Fluidisierungspunkt). Die Wirbelschicht ist über einen größeren Bereich der Luftströmungsgeschwindigkeit stabil. Erst bei starker Erhöhung der Luftströmungsgeschwindigkeit erreicht man die Bedingungen für den pneumatischen Austrag von Feststoffkörnern (Austragspunkt). Dieser pneumatische Austrag unterliegt den physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Stromklassierung oder Sichtung (7 Abschn. 3.3) und ist von Korngröße, Korndichte und Kornform abhängig. Im expandierten Wirbelbett entsteht eine intensive Vermischung von Luft und Feststoffkörnern in vertikaler und horizontaler Richtung, die zu einem optimalen Stoff- und Wärmeaustausch zwischen dem Gas (Mischung aus Luft und Verbrennungsgasen) und Feststoffen und zwischen den Feststoffkörnern führt. Auf diese Weise entstehen die hohen Reaktionsgeschwindigkeiten der Wirbelschichten. Diese nahezu homogenen Bedingungen gestatten die Einhaltung einer
gleichmäßigen Temperatur im Wirbelbett. Die Verbrennungsprozesse verlaufen dadurch schon bei 850 °C und ohne Luftüberschuss vollständig ab. In speziellen Fällen ist bereits bei 650 °C eine Kohlenstoffverbrennung möglich, wenn eine so niedrige Temperatur wegen eines niedrigen Schmelzpunktes der Asche erforderlich ist. Die Bildung einer Wirbelschicht setzt außerdem bestimmte Eigenschaften des körnigen Feststoffes voraus. Das sind eine gleichmäßige und geringe Korngröße (z. B. 2…20 mm) und eine weitgehend sphärische Kornform. Die Wirbelschicht kann in Ausnahmefällen aus noch nicht verbrannten Abfällen und der entstehenden Asche bestehen. Bei der Verbrennung der meist inhomogenen Abfälle ist aber ein Wirbelbett aus Quarzsand üblich (Fremdbett aus Inertmaterial). In dem fluidisierten Sandbett schwimmen die Abfälle wie in einer Flüssigkeit, werden homogen im Bett verteilt und verbrennen im Bett zu Asche. Das Sandbett gestattet auch den Eintrag größerer Stücke bis etwa 80 mm, die im Bett bis zum Ausbrand schwimmen. Das Sandbett verbleibt überwiegend im Reaktor und wird nur teilweise zum Austrag der Asche mit dieser abgezogen. Große Teile der Asche erreichen Korngrößen für einen pneumatischen Austrag und werden im Heißgaszyklon als Flugstaub abgeschieden (. Abb. 12.2). Aus der dargestellten Funktionsweise des WS-Reaktors wird deutlich, dass nicht brennbare Stoffe größerer Stückgröße (Metallteile) sowie schmelzendes oder sinterndes Material nicht eingetragen werden dürfen und eine gleichmäßige Körnung des Aufgabegutes für die Dosierung und die Reaktion optimal sind (Notwendigkeit einer Aufbereitung). In . Abb. 12.2 ist der Aufbau eines WS-Reaktors mit stationärer Wirbelschicht angegeben. Der Ofenschacht ist zylindrisch oder rechteckig. Für die Abfallzuführung verwendet man schräge Schleusen oder Schnecken. Unterhalb des Düsenbodens befindet sich die Luftverteilung. Der Ascheaustrag kann am Bettboden mit Schnecke oder auch als Überlauf am Bettspiegel realisiert werden. Das Freeboard oberhalb des WS-Betts dient als Nachbrennkammer (Ausbrand der Asche und Verbrennung von Gasen) und hat deshalb eine Sekundärluftzuführung.
. Abb. 12.2 Aufbau eines Wirbelschichtreaktors (stationäre Wirbelschicht).
Heißes Rauchgas (Kessel, Gasreinigung)
Nachverbrennungskammer (Freeboard) Ausmauerung
Heißgaszyklon Flugstaub
Abfälle (Eintrag)
Sekundärluft Anfahr-/Stützbrenner
Expandiertes Wirbelbett Ruhendes Bett
Asche
Primäre Verbrennungsluft (Unterwind)
z
12
311
12.1 • Monoverbrennung von festen Abfällen
Rotierende und zirkulierende Wirbelschichten
Eine rotierende Wirbelschicht erhält man durch einen geneigten Düsenboden und eine Deflektorplatte und erzielt dadurch eine bessere Vermischung im Bett und einen günstigeren Ascheaustrag. Dieser geneigte Düsenboden kann auch schirmartig ausgebildet sein. Die zirkulierende Wirbelschicht (ZWS) arbeitet mit einer Luftströmungsgeschwindigkeit oberhalb des Austragspunktes. Dadurch dehnen sich die Wirbelschicht und die Verbrennungszone über die gesamte Schachthöhe (20…30 m) aus. Das Aufgabematerial muss also aufgemahlen sein (<40 mm), aber noch nicht auf die Korngrößen von Staubfeuerungen. Auch bei der ZWS verwendet man Zuschläge von Quarzsand und bewirkt damit einen intensiveren Wärmeübergang zwischen den Reaktionspartnern (Abfall, Verbrennungsluft), der einen optimalen Ausbrand garantiert. Der Ascheaustrag erfolgt mit dem Abgasstrom. Ein unmittelbar nachgeschalteter Heißgaszyklon trennt die Asche vom Verbrennungsgas, die teilweise direkt in den Reaktionsraum zurückgeführt (zirkuliert) wird. Die Vorteile dieser Verfahrensvariante sind hohe Reaktionsgeschwindigkeit, gleichmäßige Temperaturverteilung, längere Verweilzeit und vollständigerer Ausbrand. Von Nachteil ist eine höhere Staubbeladung der Rauchgase. In . Abb. 12.3 ist der Aufbau eines zirkulierenden Wirbelschichtreaktors skizziert.
Düsenboden Luftverteiler
z
Bevorzugte Abfallarten für die Wirbelschichtverbrennung
Feinkörnige Abfälle und Stäube sind für eine WS-Verbrennung mit Sandbett gut geeignet. Solche Materialien können dagegen auf Rosten nicht oder nur in geringen Anteilen mitverbrannt werden (Rostdurchfall, pneumatischer Austrag). Auch heizwertreiche Abfallfraktionen (Holz) verbrennt man überwiegend in WS-Reaktoren. Folgende Abfallarten kommen in aufbereiteter oder vorgetrockneter Form in WS-Reaktoren zum Einsatz: heizwertreiche Abfallfraktionen, EBS, Altholz, Holzabfälle, Papierschlamm, Klärschlamm, Pyrolysekoks, Biomasse und Wasserwerksschlämme. Die Aufbereitung umfasst dabei zunächst die Zerkleinerung (etwa 20…40 mm) sowie die Vortrocknung und anschließend eine Aussortierung von Eisenwerkstoffen, NE-Metallen, Keramik und Glas. Auch besondere Abfallarten wie Ölschlämme, Teeröle und Schlammkohle können in WS-Reaktoren mitverbrannt werden [157]. Wegen der guten Regelbarkeit und den niedrigen Verbrennungstemperaturen eignet sich die Wirbelschicht auch für die Regenerierung feinkörniger Materialien wie Kieselgur und Gießereisand. Dabei brennt man aus Kieselgur die angelagerten organischen Bierschlämme und bei Gießereisand die Kunstharzbinder ab und erhält widereinsetzbare Materialien.
312
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
ZWS-Reaktor Sekundärluft
Abfälle (Eintrag)
Heißes Rauchgas (Kessel,Gasreinigung) Heißgaszyklon
durch einen waagerechten, abgedichteten, längeren Beschickungskanal in den Feuerraum (sog. Zigarrenbrenner). Man verwendet auch einen Schachtofen mit kaltem Oberofen, der von oben beschickt wird und die Brennzone am Schachtfuß mit seitlicher Ableitung der heißen Rauchgase realisiert.
Materialrücklauf
12.2
Primärluft Asche Bettasche . Abb. 12.3 Reaktor für zirkulierende Wirbelschicht (zws).
z
12
Emissionsbedingungen bei der Wirbelschichtverbrennung [219]
Infolge der im Vergleich zum Rost niedrigeren Verbrennungstemperaturen (um 850 °C) findet eine Reaktion des Luftstickstoffs mit dem Luftsauerstoff zu NOx nicht statt (erforderliche Temperaturen um 1200 °C). Eine NOx-Belastung der Rauchgase entsteht deshalb nur über die Reaktion des Brennstoffstickstoffs mit dem Luftsauerstoff. Auch die Emission von Schwefeloxiden kann verringert werden, wenn man dem Wirbelbett direkt Kalkstein zusetzt. Die Emission von Schadstoffen (z. B. Cl, Schwermetalle) hängt sehr von der Abfallaufbereitung ab. Infolge der hohen Strömungsgeschwindigkeiten der Gase entstehen größere Mengen an Flugasche und Flugstaub, die evtl. flüchtige Metallverbindungen adsorbieren und auch die De-novo-Synthese von Dioxinen begünstigen.
12.1.3
Abgasreinigung nach Verbrennungsprozessen von Abfällen
Die Thematisierung der Gefährlichkeit der Emissionen aus Abfallverbrennungsanlagen durch Umweltverbände und ständige Bevölkerungsproteste veranlassten die Industrie zur Entwicklung sehr effektiver Rauchgasreinigungssysteme. Der hohe Standard der Reinigungssysteme ermöglichte in Deutschland die Festlegung sehr niedriger Emissionsgrenzwerte in der 17. BImSchV 2009 [213] (. Tab. 12.2) durch den Gesetzgeber. Die Schadstoffemissionen können bereits im Feuerraum durch Primärmaßnahmen reduziert werden. Primärmaßnahmen sind die Optimierung der Oxidation aller eingetragenen organischen Stoffe und die Vermeidung der Neubildung organischer Schadstoffe (Dioxine) im Kessel. Die nachgeschalteten Rauchgasreinigungsstufen müssen dann die weiteren notwendigen Reinigungsaufgaben gewährleisten: 5 Entstaubung (Primärstäube und Kondensate von Schwermetallverbindungen), 5 Abscheidung gasförmiger anorganischer Schadstoffe (SO2, NOx, HCl, HF, Hg), 5 Abscheidung organischer Spurenstoffe (Dioxine, Furane, Kohlenwasserstoffe).
Verbrennungsöfen für Biomasse
Als energetisch verwertbare Biomasse kommen Stroh, Schilf und verschiedene Energiepflanzen in Betracht. Diese Materialien besitzen Heizwerte Hu von ca. 15 MJ/kg TS. Die stoffliche Struktur dieser Stoffe und ihre Entflammbarkeit sowie der z. T. höhere Feuchtigkeitsgehalt erlauben keine Verbrennung auf dem Rost, im Drehrohrofen oder in der Wirbelschicht. Es sind besondere Öfen verfügbar, die diese Stoffstruktur bei der Beschickung und der Verbrennung berücksichtigen. Die verdichteten Strohballen fördert man z. B. mit einem Kolben
Für diese Reinigungsaufgaben stehen verschiedene Prozesse und Apparate zur Verfügung, die in Varianten zu den mehrstufigen Rauchgasreinigungsanlagen zusammengesetzt sind. Es ist deshalb sinnvoll, zunächst die speziellen Prozesse und Apparate kurz zu beschreiben. z
Entstaubung
Für die Grobentstaubung kommen Zyklone zum Einsatz, die als Fliehkraftabscheider arbeiten und bei Gastemperaturen bis 1000 °C einsetzbar sind, aber nur Abscheidegrade bis 80 % ermöglichen. Mit
313
12.2 • Abgasreinigung nach Verbrennungsprozessen von Abfällen
Trockenelektrofiltern erzielt man Abscheidegrade über 99 %. Sie bestehen aus einem großen Gehäuse, in dem Sprühelektroden eine Aufladung von Staubteilchen bewirken, die dann an Niederschlagselektroden zur Abscheidung kommen. Mittels Klopfvorrichtungen wird der Staub dann zum Abfallen von den Elektroden gebracht. Die Arbeitstemperatur kann bis 300 °C betragen. Dieses Reinigungsprinzip ist auch als Nasselektrofilter bei 60…70 °C verfügbar. Es dient dann vorwiegend zur Endreinigung (Feinststaub, Aerosole). Gewebefilter verwenden Filterschläuche aus verschiedenen Geweben (Natur-, Kunst- oder Glasfasern) und müssen deshalb überwiegend Temperaturen unter 100 °C einhalten. Auf den Gewebeoberflächen bildet sich ein Filterkuchen aus, der auch direkt als Filtermaterial wirkt und hohe Abscheidegrade ermöglicht. Solche Filterkuchen werden durch zusätzliches Eindüsen von Kalkstaub oder Aktivkohle auch zur Absorption/Adsorption gasförmiger Schadstoffe genutzt (sog. Flugstromadsorptionsverfahren). z
Abscheidung der Schadgase SO2, HCl, HF und Hg-Chloride durch Absorption
Als Vorstufe ist eine intensive Trockenentstaubung notwendig. In einer zweiten Vorstufe wird das Rauchgas durch Eindüsen von Wasser gekühlt und mit Wasserdampf gesättigt (Quenchen). Die Sprühabsorber oder Nasswäscher sind Stahlbehälter, in denen das Rauchgas (Eintritt ca. 220 °C) mit einer verdüsten Absorptionslösung (Kalkmilch) intensiv vermischt wird. Die Kalkmilch (Ca(OH)2) reagiert mit den sauren Schadgasen (SO2, HCl, HF) unter Bildung von CaSO4 (Gips), CaCl2 und CaF2. Durch die Rauchgaswärme verdampft das Wasser der Lösung und es fällt ein trockenes Feststoffpulver an. Die Gastemperatur sinkt dadurch auf ca. 150 °C. Wenn man der Absorptionslösung Aktivkohle zumischt, erreicht man eine simultane Adsorption von Dioxinen und Hg. Das Feststoffpulver wird in einem nachgeschalteten Entstauber (Gewebeoder Elektrofilter) abgeschieden. Durch zweistufige Nasswäsche ist eine getrennte Abscheidung der Komponenten möglich. Mit Wasser als Waschlösung erfolgt in einer ersten Waschstufe bei pHWerten um pH 1 die Absorption von HCl und HF (Erzeugung einer Dünnsäure mit bis 10 g/l HCl). Die Dünnsäure kann zu einer verkaufsfähigen
12
Säure aufkonzentriert werden oder es erfolgt eine Neutralisation zu NaCl. In dieser Stufe lösen sich auch die Hg-Verbindungen (HgCl2, Hg2Cl2), die 95 % der Hg-Gehalte des Rauchgases ausmachen. In der zweiten Waschstufe stellt man einen neutralen oder basischen pH-Wert ein. Das erreicht man durch Zugabe von Kalksteinmehl (CaCO3) oder Kalkmilch (Ca(OH)2) (seltener NaOH) und bindet damit das SO2 zu Gips (CaSO4 ⋅ 2 H2O) (bzw. Na2SO4). Der Gips hat eine geringe Löslichkeit und ist durch Filtration der Suspension abzutrennen. Alle anfallenden Abwässer werden in einen Sprühtrockner zurückgeführt und die Feststoffe dann im Entstauber abgeschieden. z
NOx-Zerstörung
Die verbrennungstechnischen Maßnahmen zur Minimierung der NOx-Bildung unterschreiten meist nicht eine Konzentration von 400 mg/m3. Bei der Abfallverbrennung ist aber ein Grenzwert von 200 mg/m3 gefordert (17. BImSchV; . Tab. 12.2). Für die Zerstörung des NOx wird die Reduktionsreaktion mit NH3 zu Stickstoff und Wasser benutzt. 4 NO + 4 NH3 + O2 → 4 N2 + 6 H2 O; 2 NO2 + 4 NH3 + O2 → 3 N2 + 6 H2 O
Als Reduktionsmittel ist auch Harnstofflösung (CO(NH2)2) verwendbar. Der Reduktionsprozess ist als selektive katalytische Reduktion (SCR-Verfahren) oder als selektive nichtkatalytische Reduktion (SNCR-Verfahren) technisch realisiert. Das SCR-Verfahren verwendet einen Reaktorturm mit Katalysatormasse (V2O5 auf wabenförmigen Keramikträgern) und benötigt Temperaturen von 200…300 °C. Das Rauchgas muss staubfrei sein. Der Katalysator kann deshalb auf der Heißgasseite direkt hinter dem Elektrofilter angeordnet werden. Häufiger kommt die »Reingasschaltung« hinter der Nasswäsche zur Anwendung, was aber die Aufheizung der Rauchgase von 70 °C auf 300 °C erfordert. Der NOx-Reduktionsgrad des SCR-Verfahrens ist 80…90 %. Das SNCR-Verfahren funktioniert nur im Temperaturbereich 850…1000 °C und wird deshalb direkt im Nachverbrennungsraum durchgeführt. Dort versprüht man eine NH3-Lösung und erzielt aber ohne NH3-Überschuss nur 50 % Reduktionsgrad.
314
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
210 °C
220 °C Abfälle Luft
Verbrennung
Dampfkessel
Zyklon oder EGR Flugasche
Kalkmilch
Kamin
150 °C
Wasser 140 °C
NH3-Lösung 70 °C SO2Absorber
Wärme
Sprühtrockner
. Abb. 12.4 Rauchgasreinigung einer Müllverbrennungsanlage mit Nasswäsche und SCR-Verfahren.
HClAbsorber
Gewebefilter
Wärmetauscher 350 °C SCRKatalysator + Katalytische Oxidation
Gipssuspension
Salzsäure
Flugstaub
Filtration REA-Gips
Abwasser
320 °C
z
12
Abscheidung von Dioxinen, Furanen und HgDampf
Das überwiegend eingesetzte Verfahren ist die Adsorption an Aktivkohle/Aktivkoks (z. B. Herdofenkoks, HOK). Diese Stufe wird für das bereits weitgehend gereinigte Rauchgas als Endreinigung eingesetzt. Das hochporöse Material (spezifische Oberfläche 300…2000 m2/g) adsorbiert fast alle noch enthaltenen gasförmigen und partikelgebundenen Schadstoffe (Dioxine, Furane, organische Stoffe, Hg-Dampf, Restgehalte an Schwermetallverbindungen). Die Aktivkohle wird beim Flugstromadsorptionsverfahren als Mischung mit Kalkhydrat in den Rauchgasstrom eingeblasen und dann in einem Gewebefilter abgeschieden. Das Kalkhydrat hat die Funktion einer tragenden Filterschicht und kann zusätzlich Reste an sauren Gasen absorbieren und Feinstäube abscheiden. Andere apparative Varianten sind Festbett-, Wanderbett- und Wirbelschichtadsorber. Die beladene Aktivkohle kann rezirkuliert werden und muss danach als Sonderabfall verbrannt werden. Eine Zerstörung der Dioxine und Furane ist mittels katalytischer Oxidation bei ca. 350 °C möglich. z
Rauchgasreinigungsanlagen
Aus den oben beschriebenen Prozessstufen werden die Rauchgasreinigungsanlagen zusammengestellt
oder ältere Anlagen aufgerüstet. In . Abb. 12.4 und . Abb. 12.5 sind zwei ausgewählte Beispiele für komplette Rauchgasreinigungsanlagen nach Abfallverbrennungsanlagen angeführt [157] [219]. Dabei sind in . Abb. 12.4 auch die durchschnittlich entstehenden bzw. erforderlichen Rauchgastemperaturen zwischen den Verfahrensstufen vermerkt. Die Verwertung der CaSO4-Suspension des SO2-Absorbers als REA-Gips (. Abb. 12.4) ist Stand der Technik, da große Mengen des REA-Gipses in Rauchgasreinigungsanlagen von Kohlekraftwerken anfallen (REA = Rauchgasentschwefelungsanlage). Die in . Abb. 12.4 angeführte Erzeugung von verkaufsfähiger Salzsäure ist ein mögliches Recyclingverfahren, das unter dem gesellschaftlichen Druck der vollständigen Verwertung von Inhaltsstoffen gegenüber der Beseitigung als NaCl entwickelt wurde. Die Ökobilanz ist umstritten, da geringe HCl-Konzentration in den Rauchgasen (500…2000 mg/m3) vorliegen und hohe Aufwendungen an Energie und Werkstoffen notwendig sind. Die HCl-Recyclingtechnologie soll hier kurz erläutert werden. Durch zweistufige Gegenstromabsorption in der sauren Waschstufe erhält man eine Rohsäure mit 8 % HCl. In einer besonderen Anlage destilliert man aus der Rohsäure Wasser ab bis zur azeotropen Konzentration (20,2 % HCl) im Sumpf. Durch Zusatz von CaCl2 zum Sumpf gelingt
. Abb. 12.5 Rauchgasreinigung einer Müllverbrennungsanlage mit SNCR, Nasswäsche und Flugstromadsorption (HOK = Herdofenkoks).
Abfälle Luft
Verbrennung
NH3-Lösung (SNCR)
12
315
12.3 • Thermische Abfallbehandlung durch Pyrolyse oder Vergasung
Zyklon
Sprühadsorber
Gewebefilter
Flugasche
HOK
Flugstaub Verglasung
Kalkmilch
HOK Kamin
Flugstromadsorber
SO2Absorber Mischer Wärmetauscher
Beladener HOK (Sonderabfall)
eine Absenkung des Azeotroppunktes und man kann nun aus dieser Lösung HCl-Gas austreiben. Durch Absorption des HCl-Gases in Wasser erhält man verkaufsfähige konzentrierte Salzsäure (31 % HCl). Die in . Abb. 12.5 angeführte Verglasung von Flugstaub ist ebenfalls eine Option. Der Flugstaub wird aber überwiegend untertägig deponiert.
12.3
Thermische Abfallbehandlung durch Pyrolyse oder Vergasung
Auf Grund der oben bereits dargestellten öffentlichen Kritik an der Abfallverbrennung wurden als Alternativen die Pyrolyse und die Vergasung von Hausmüll in Kombination mit einer nachfolgenden energetischen oder stofflichen Verwertung geprüft. Als Vorteil dieser Methoden ist die Vermeidung einer Bildung bzw. De-novo-Synthese von Dioxinen und Furanen zu nennen, die sich auf Grund der reduzierenden Bedingungen bei der Pyrolyse oder Vergasung ergibt (7 Abschn. 4.1.3 und 7 Abschn. 4.1.4). Außerdem fallen die Reststoffe (Aschen, Schlacken, Metalle) z. T. in günstiger verwertbarer bzw. deponierbarer Form an. Zu diesen Technikvarianten wurden in den 1990er Jahren in Europa außerordentlich aufwendige technische Untersuchungen durchgeführt und Versuchsanlagen errichtet und betrieben. Eine umfassende technische Anwendung konnten diese Alternativverfahren (Schwel-Brenn-Verfahren, Noell-Konversionsverfahren, Thermoselect-Technologie etc.) aber infolge hoher Investitions- und Verfahrenskosten in
Wasser VenturiWäscher
Neutralisation
Mitteleuropa nicht erreichen. Dagegen arbeiten in Asien (Japan) mehrere Anlagen nach diesen Kombinationsverfahren. Zu diesen drei Verfahren werden unten einige Ausführungen gemacht. Da die Prozesse der Pyrolyse und Vergasung bei der Behandlung vieler Abfälle eine wichtige Rolle spielen, sind die Grundlagen dieser Prozesse und spezielle technische und apparative Gestaltungen bereits in mehreren vorangehenden Abschnitten ausführlich beschrieben worden: 5 Pyrolyse: 7 Abschn. 4.1.3, . Abb. 4.3; 7 Abschn. 6.5.3 (Pyrolyse von Kunststoffen), . Abb. 6.16, . Abb. 6.17; 7 Abschn. 10.5 (Pyrolyse von Shredderleichtfraktion), . Abb. 10.9; 7 Abschn. 11.3 (Pyrolyse von Elektro(nik)-Altgeräten). 5 Vergasung: 7 Abschn. 6.5.4 (Vergasung von Kunststoffen), . Abb. 6.18, . Abb. 6.19. z
Schwel-Brenn-Verfahren
Das Verfahren kombiniert eine Pyrolyse (Verschwelung) mit einer nachgeschalteten Hochtemperaturverbrennung zur energetischen Verwertung. Die Pyrolyse verwendet die übliche beheizte Drehtrommel (. Abb. 6.16) und erzeugt bei etwa 450 °C ein Schwelgas und einen kohlenstoffhaltigen Feststoff. Durch mechanische Aufbereitung sind aus diesem Feststoff Eisen, NE-Metalle, Glas und Keramik unkompliziert abzutrennen. Man erhält einen feinkörnigen Schwelkoks. Das Schwelgas und der Schwelkoks werden gemeinsam in einer Hochtemperaturbrennkammer bei 1300 °C verbrannt und die heißen Abgase dem Kessel zur
316
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
Energieerzeugung zugeführt. Daran schließt sich die in 7 Abschn. 12.2 beschriebene Rauchgasreinigung an. Infolge der Hochtemperaturverbrennung entsteht ein sehr elutionsbeständiges, deponiefähiges Schmelzgranulat [219]. z
12
Noell-Konversionsverfahren
Auch dieses Verfahren verwendet als erste Stufe eine Pyrolyse in einer beheizten Drehtrommel (. Abb. 6.16) bei ca. 550 °C. Die Produkte sind ein Pyrolyserohgas und der Pyrolysekoks. Das Rohgas durchläuft einen Quencher zur Abscheidung von Feinstaub und Kohlenwasserstoffen. Aus dem Koks trennt man die Metalle ab und vermahlt ihn in einer Mühle. Als zweite Verfahrensstufe verwendet man eine Flugstrom-Hochdruck-Vergasung des Kokses und des Pyrolysegases mit Sauerstoff bei 1400…1700 °C, um ein CO- und H2-reiches Synthesegas zu erhalten. Die Vergasungsreaktionen sind in . Abb. 6.18 und ein Flugstromvergaser in . Abb. 6.19 dargestellt. Die mineralischen Bestandteile sammeln sich in einer flüssigen Schlacke. Das Syntheserohgas durchläuft eine intensive Gaswäsche (Venturi-Wäscher, Entschwefelung). Die Verwertung des gereinigten Synthesegases kann wahlweise als Brenngas (Energieerzeugung) oder für Synthesen (Methanol) erfolgen [219]. z
Thermoselect-Verfahren
Dieses Verfahren kombiniert ebenfalls eine Schwelung mit einer Hochtemperaturvergasung und erzeugt auch ein CO- und H2-reiches Synthesegas. Für die Schwelung wurde ein beheizter neuartiger Entgasungskanal entwickelt. Durch diesen Kanal presst man den verdichteten Abfall, der sich bis auf 800 °C aufheizt und abschwelt. Das Schwelgut fällt in den direkt angebauten Hochtemperaturreaktor, in dem die Vergasung von Schwelgas und Schwelgut mit Sauerstoff stattfindet. Die Mineralstoffe und die Metalle fallen als Schlacke bzw. Metalllegierung an. Die Reinigung des Syntheserohgases und die Verwertung des Reingases sind mit dem NoellKonversionsverfahren weitgehend identisch [219].
12.4
Mechanische Aufbereitung fester Abfälle zu Ersatzbrennstoffen
Mit Ausnahme der besonderen Bedingungen der Vermischung, der Verbrennung und Einbindung der Aschen in den Klinker im Zementdrehrohrofen erfordern alle anderen Einsatzfälle für Ersatzbrennstoffe eine Aufbereitung der festen Abfälle. Diese Notwendigkeit der Aufbereitung fester Abfälle zu Ersatzbrennstoffen ergibt sich aus den spezifischen Bedingungen eines Verbrennungsprozesses. Ein Verbrennungsprozess in einem geschlossenen Brennraum stellt folgende Anforderungen an die Brennstoffe (7 Abschn. 12.1): 5 Förderfähigkeit und Dosierfähigkeit (Korngröße, Kornform), 5 hoher Heizwert (geringer Ascheanfall, geringer Wassergehalt), 5 geringe Schwankungen des Heizwertes (Homogenität, Regelbarkeit), 5 gute Vermischbarkeit mit der Verbrennungsluft (Korngröße), 5 ausreichende Verbrennungsgeschwindigkeit der Einzelkörner und damit begrenzte Verweilzeit im Brennraum (Korngröße, Porosität), 5 ausreichende Wärmeentwicklung pro m2 Rostfläche bzw. pro m3 Feuerraum, 5 technische Beherrschbarkeit der Verbrennungsrückstände (Metallteile) und Aschen (Schlackenbildung), 5 limitierte Schadstoffgehalte (Cl, S, Hg, Cd, Pb etc.). Man erkennt, dass die Korngröße von mehrfacher Bedeutung ist. Der Einfluss der Korngröße und Porosität auf die Verbrennungsgeschwindigkeit ergibt sich auf Grund der geschwindigkeitsbestimmenden heterogenen Reaktion an der Phasengrenze Brennstoffpartikel–Luft. Daraus ergeben sich als Zielstellungen für eine Aufbereitungstechnologie: 5 die Herstellung einer bestimmtem Korngröße, Kornform mit hoher Porosität, 5 die Erzeugung einer ausreichenden Qualität und Homogenität, 5 die Erhöhung des Heizwertes durch Aussortierung einer heizwertreichen Fraktion und durch Trocknung.
12.4 • Mechanische Aufbereitung fester Abfälle zu Ersatzbrennstoffen
Bezüglich der notwendigen Korngröße kann man davon ausgehen, dass vorwiegend Rostfeuerungen in Betracht kommen, die Korngrößen von 10…50 mm beanspruchen. Staubförmige Sekundärbrennstoffe (Korngröße <1 mm) kann man aus Abfällen nur sehr schwierig herstellen. Sehr günstige Eigenschaften für die Verbrennung von Abfällen verschiedener Korngrößen und Kornformen besitzen allerdings Wirbelschichtverbrennungsanlagen mit Sandfremdbett, die auch inhomogene gröbere und feine Abfälle verarbeiten können. Das ergibt sich auf Grund des charakteristischen Schwebezustandes der Abfallteile in dem fluidisierten Sandbett (7 Abschn. 12.1.2). z
Bevorzugte Abfallsorten für die Aufbereitung
Für die Herstellung von Ersatzbrennstoffen kommen vor allem folgende Abfallsorten in Betracht: 5 produktionsspezifische Abfälle, 5 Gewerbemüll, 5 Sperrmüll, 5 Altholz, 5 heizwertreiche Fraktionen aus MBA und MBS, 5 DSD-Reste, 5 Altreifen, 5 sortierte Bauabfälle, 5 Spuckstoffe (Altpapieraufbereitung). Die genannten Abfälle sind in Deutschland frei handelbare Gewerbeabfälle, die privaten Dritten zur Verwertung überlassen werden (Verwertungsabfälle). Davon abzugrenzen sind Hausmüll (graue Tonne), Sperrmüll der Haushalte, Straßenkehricht und Sortierabfälle der Hausmüllaufbereitung, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern anzudienen sind (Beseitigungsabfälle). Der andienungspflichtige Hausmüll ist schon wegen seiner extremen Inhomogenität für eine unmittelbare Aufbereitung zu Ersatzbrennstoffen vollkommen ungeeignet. Erst die aus diesem Hausmüll in MBA (mechanisch-biologische Abfallbehandlung) oder MBS (mechanisch-biologische Stabilisierung) gewonnenen heizwertreichen Fraktionen sind einsetzbar. Für die Aufbereitung der Abfälle gilt selbstverständlich, dass eine sortenspezifische Sammlung und Anlieferung den technischen und Kostenaufwand der Aufbereitung der Abfälle wesentlich senken können. Der in diesem Buch verwendete Ober-
317
12
begriff Ersatzbrennstoff (EBS) ist nicht eindeutig definiert. Man verwendet auch die Bezeichnungen Sekundärbrennstoff (SBS) oder Substitutbrennstoff. Die Bezeichnung Sekundärbrennstoff ist vorwiegend für höhere Qualitäten im Gebrauch und die Gütegemeinschaft Sekundärbrennstoffe und Recyclingholz e.V. (BGS) kontrolliert diese Qualitäten durch Güte- und Prüfbestimmungen (RALGZ 724). Nachfolgend aufgeführte Zuordnungen von Abfallsorten sind üblich. Ersatzbrennstoffe (EBS) EBS sind nicht getrennt erfasste Abfälle aus Industrie, Gewerbe und Haushalten mit mittlerem Heizwert (dazu sind auch die sortenhomogenen EBS Tiermehl, Klärschlamm und Papierschlamm zu rechnen) und niedrigem Qualitätsanforderungen (hergestellt mit geringem Aufbereitungsaufwand). Sekundärbrennstoffe (SBS) SBS sind gütegesicherte, schadstoffarme, ofenfertige Brennstoffe, die aus heizwertreichen Gewerbeabfällen oder heizwertreichen Fraktionen durch effektive Aufbereitung gewonnen werden und damit hohe Heizwerte von 15…20 MJ/kg besitzen. z
Aufbereitungstechnolgien
Für die oben genannten Zielstellungen einer Aufbereitung von Abfällen zu Ersatzbrennstoffen stehen verschiedene Verfahrenstechniken zur Verfügung: 5 Vorzerkleinerung mit Rotorschere oder Einwellenzerkleinerer, 5 Nachzerkleinerung mit Hammermühle, 5 verschiedene Siebklassiertechnologien und Siebschnitte, 5 ballistische Sortiertechnik, 5 Aussortierung von Metallen und Fremdstoffen durch Magnetsortierung, Wirbelstromscheidung, Windsichtung und sensorgestützte Sortierung (NIR-Technik, Induktionsverfahren), 5 ggf. Pelletierung oder Herstellung von Presslingen. Die Funktionsweise der Maschinen ist in 7 Kap. 3 beschrieben. Für die Nachzerkleinerung wurde auch eine spezielle Hammermühle entwickelt, in die ein sensorgestütztes Ausschleusungssystem für Störstoffe integriert ist [221]. Gute Sortierergeb-
318
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
. Tab. 12.4 Qualitätsbeispiel für einen Ersatzbrennstoff für den Hauptbrenner eines Zementdrehrohrofens (Herstellung aus Verpackungsmaterial und Gewerbemüll) [211]
12
1. Qualitätskriterien
2. Verunreinigungen mg/kg TS
Pneumatisch förderbar
Hg
0,6
Kantenlänge ≤5 mm
Cd
4
Dichte 0,2…0,3 t/m3
As
5
Heizwert ≥21 MJ/kg
Pb
70
Körnung ≥25 mm
Be
0,5
Chlor ≤1 %
Se
3
nisse erhält man auch durch Feinklassierprozesse, da metallische Verunreinigungen in den feinsten Partikeln angereichert werden [222]. Eine wichtige Qualitätsforderung ist ein geringer Chlorgehalt, der aus PVC-Verunreinigungen resultiert. Die Aussortierung von PVC ist mittels sensorgestützter Sortierung effektiv. Diese Einzelkornsortiertechnik stellt aber hohe Anforderungen an die Vereinzelungstechnik [222]. Die Abtrennung von Metallen hat für die EBS-Aufbereitung eine zunehmende Bedeutung erlangt, weil die Feuerungsanlagen für Mitverbrennung keine Metallteile vertragen, die Maschinentechnik der Pressprozesse geschützt werden muss und die Erlöse aus abgetrennten Metallen einen Deckungsbeitrag für die Aufbereitungskosten leisten. Für diese Metallabtrennung setzt man zunehmend die induktive Sortiertechnik ein. Die Herstellung von Presslingen erzeugt verdichtete sphärische Körper und hat dadurch für die EBS Vorteile hinsichtlich höheren Schüttgewichts, besserer Dosierfähigkeit, gleichmäßiger Verbrennungsbedingungen und Vermeidung von Staubaustrag. Deshalb kommt das Verpressen für spezifisch leichte Abfälle mit unterschiedlichen Kantenlängen wie Stroh, Holz, flächige Kunststoffe und aussortierte Müllfraktionen zur Anwendung. Als Apparate werden Flachmatrizenpressen empfohlen. Altreifen, die nicht in Zementöfen eingesetzt werden, müssen ebenfalls aufbereitet werden. Diese Aufbereitung beschränkt sich aber auf eine Grob- und Mittelzerkleinerung mit Abtrennung
des Stahls durch Magnetsortierung (nähere Ausführungen in 7 Abschn. 6.4.2). Die hier beschriebene Abtrennung von Störstoffen bezeichnet man als Negativsortierung. Bei der Herstellung von EBS kann aber auch eine Positivsortierung, d. h. die Abtrennung der heizwertreichen Materialien, sehr sinnvoll sein [223]. Die Positivsortierung mit Hilfe der NIR-Technik findet vor allem für die Gewinnung hochwertiger Sekundärbrennstoffe Anwendung [226]. Die Auswahl und Zusammenstellung der Aufbereitungstechnologie werden ausschließlich von den Einsatzstoffen (Art, Homogenität, gleichmäßige Anlieferung) und der vom Abnehmer geforderten Produktqualität bestimmt. Diese Produktqualität ergibt sich beim Abnehmer aus der dort vorhandenen Anlagentechnik (Fördertechnik, Feuerungssystem, Abgasreinigung). Aus diesen Bedingungen leitet sich die Notwendigkeit umfassender Analysenprogramme für Input und Output ab. Dabei ist die Probenahme bei dem relativ inhomogenen Input immer sehr problematisch. Die Anforderungen an die Qualität von Input und Aufbereitungsverfahren werden an einem Qualitätsbeispiel für einen Ersatzbrennstoff für den Hauptbrenner eines Zementdrehrohrofens demonstriert (. Tab. 12.4) [211]. Die Gütegemeinschaft Sekundärbrennstoffe gibt mit RAL-GZ 724 z. B. folgende Qualitätsvorgaben für SBS an [223]: Hu TS 17,5 MJ/kg; Cl 0,5 …1 %; Pb 190 mg/kg; Cu 350 mg/kg; Ni 80 mg/kg; Cd 4 mg/kg; Hg 0,6 mg/kg. Die Hg-Verunreinigungen sind außerordentlich kritisch zu sehen, da eine Mehrzahl der Mitverbrennungsanlagen über keine Aktivkohleadsorptionstechnik verfügt, die für die Hg-Abtrennung aus den Rauchgasen notwendig ist. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu AbfallMonoverbrennungsanlagen, die diese Technik alle besitzen. In . Abb. 12.6 ist ein Aufbereitungsvorschlag mit hoher Sortiertiefe dargestellt [223].
12.5
Mitverbrennung von Abfällen und Ersatzbrennstoffen in Feuerungsanlagen
Mitverbrennung liegt dann vor, wenn der Hauptzweck der Feuerungsanlage die Energiebereitstellung (Elektroenergie, Dampf, Wärme) oder
12.5 • Mitverbrennung von Abfällen und Ersatzbrennstoffen in Feuerungsanlagen
die stoffliche Produktion (Zementherstellung) ist und dabei Abfälle als Austauschbrennstoff für Primärbrennstoffe (Kohle, Heizöl, Erdgas) eingesetzt werden. Dabei kann in Bezug auf die Abfälle auch deren Beseitigung durch den Verbrennungsprozess ein Teilziel sein (z. B. Klärschlamm, Tiermehl, Altreifen). Zur Mitverbrennung zählen auch die energetische Verwertung von ungereinigten Pyrolyseprodukten (Gas, Öl, Koks) und Rohgas aus Vergasungsprozessen, wenn diese aus Abfällen hergestellt sind [223]. Die Mitverbrennung ist mit 25 % der Feuerwärmeleistung (FWL) der Gesamtverbrennung limitiert. Ausnahmen sind Zement- und Kalkbrennöfen, für die auch 40 % und mehr der FWL zulässig sind. Die dafür gültigen Emissionsgrenzwerte sind in . Tab. 12.5 aufgeführt. Man erkennt, dass die zulässigen Emissionen bei Mitverbrennungen in der 17. BImSchV von 2009 weitgehend an die Forderungen der klassischen Monoverbrennung angenähert wurden. Ein Vorteil bei der Mitverbrennung mit Braunkohle ergibt sich durch eine starke Einbindung von Schadstoffen in die Braunkohleasche [226]. Für alle Mitverbrennungstechnologien gelten eine Reihe allgemeingültiger Anforderungen: 5 Anpassung des EBS/SBS an die Verbrennungstechnologie des Primärbrennstoffs (Staubfeuerung, Rostfeuerung), 5 hoher Heizwert, 5 geringe Gehalte an Schadstoffen, Balaststoffen (Ascheanfall) und Feuchte, 5 Abwesenheit von Metallen, 5 geeignete Korngröße (häufig geringe Korngröße). Damit besteht ein wesentlicher Unterschied zur Monoverbrennung, die für den Einsatz von unbehandelten grobstückigen Abfällen mit hohen Gehalten an Ballaststoffen, Feuchte und auch Schadstoffen (bei Rostverbrennung auch mit Metallstücken) ausgelegt ist. Bei der Mitverbrennung, die z. B. in Kraftwerken überwiegend weniger als 5 % beträgt, leiten sich aus der vorliegenden Anlagentechnik für den Primärbrennstoff (Staubfeuerung, zirkulierende Wirbelschichtfeuerung) die Anforderungen an den EBS/SBS direkt ab [157]. Bei einem Einsatz von Ersatzbrennstoffen erzielen die einzelnen Anwenderbetriebe einen zwei-
12
319
Gemischte Abfälle
Grobzerkleinerung
1. Siebklassierung (150 mm)
Magnetsortierung
2. Siebklassierung (20 mm)
Windsichtung Störstoffe
Sensorgestützte Sortierung
Ersatzbrennstoff
Eisen
Feingut
Schwergut
Induktive Sortierung
Kunststoffe
NE-Metalle
. Abb. 12.6 Vorschlag einer Abfallaufbereitung zu Ersatzbrennstoff mit hoher Sortiertiefe [223].
fachen finanziellen Vorteil, da sie zum einen Primärbrennstoffe sparen und zum anderen von den Lieferanten eine Zuzahlung erhalten, die z. B. in Deutschland 2006 40…90 €/t betrug [212]. Diese Zuzahlung ergibt sich dadurch, dass die primären Abfallerzeuger für die Abfallbehandlung in Müllverbrennungsanlagen (MVA) einen Preis entrichten müssen (in Deutschland 2006 130…180 €/t [212]). Wenn aus einem Teil des Abfalls durch Aufbereitungsverfahren ein Ersatzbrennstoff hergestellt wird (Aufbereitungskosten 2006 30…50 €/t), dann verblieb für diesen Anteil 2006 die oben genannte Zuzahlung von 40…90 €/t. Diese Zuzahlung bei Einsatz von EBS ist nicht unproblematisch, da z. B. Zementwerke z. T. energetisch unnötige Mengen an Ersatzbrennstoffen verwenden. Die überschüssige Wärme führen die Zementwerke über die Außenwand der Drehrohröfen an die Atmosphäre ab (Manteltemperaturen
320
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
. Tab. 12.5 Anforderungen der 17. BImSchV (2009) an die Emissionsgrenzwerte (Tagesmittelwerte) von Abfallverbrennungsanlagen, von Mitverbrennungsanlagen und den Abfalleinsatz in Zementöfen und Kalkbrennöfen [213] Emissionsart
Abfallverbrennung und Mitverbrennung >25 % FWL* mg/m3
Abfallmitverbrennung <25 % FWL* mg/m3
Zementöfen, Kalkbrennöfen (auch >25 % FWL*) mg/m3
Gesamtstaub
10
10 (WS 100)
20
C (organische Stoffe)
10
10
10
HCl (gasf.örmiges anorganisches Cl)
10
20
10
HF (gasförmiges anorganisches F)
1
1
1
SO2
50
850…200
50
NO2 (NOx)
200
400…200
500
Hg (Hg-Verbindung)
0,03
0,03
0,03 (0,05)
CO
50
150…200
50
Schwermetalle Σ Cd, Tl
0,05
0,05
0,05
Σ Sb, As, Pb, Cr, Co
0,5
0,5
0,5
Σ As, Cd, Benzopyren
0,05
Dioxine, Furane
12
*
0,05 3
0,1 ng/m
0,1 ng/m
0,05 3
0,1 ng/m3
FWL = Feuerwärmeleistung
bis 300 °C). Die finanziellen Vorteile sind dabei offenbar so hoch, dass eine verbesserte Wärmeableitung zum Ofenmantel z. T. durch Ausmauerung mit Siliziumkarbid sowie aggressive dünnflüssigere Schmelzphasen als Folge höherer Chlorid- und Fluoridgehalte der EBS in Kauf genommen werden. Die Preisbildung soll anhand der Angaben in . Tab. 12.6 zu den Kostenbestandteilen für die Aufbereitung und Verwertung in Deutschland (2006) nochmals verdeutlicht werden [212]. Auf die Preisbildung haben weitere Faktoren einen erheblichen Einfluss: Preis für Verbrennung in MVA (in Deutschland 2010 ca. 60 … 70 €/t); Situation zwischen Angebot und Nachfrage von EBS; Preis für Primärenergieträger; Emissionshandel für CO2. Zur weiteren Verbesserung der Mitverbrennung von EBS wird eine Vorvergasung technisch geprüft. Dadurch können problematische Abfälle thermisch aufbereitet werden. Im Großversuch
haben sich ZWS-Reaktoren für die Vergasung bewährt. Der Vergasungsreaktor ist unmittelbar vor der Feuerungseinrichtung anzuordnen. Das erzeugte Brenngas aus CO und H2 kann dann ungereinigt und heiß der Feuerungsanlage zugeführt werden [227].
12.5.1
Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie [146]
Die weitgehend unbeschränkte Zulassung von unbehandelten Ölen, Altreifen, Kunststoffen und anderen Abfällen als Ersatzbrennstoff in Zementöfen beruht auf den verfahrenstechnischen Bedingungen in diesen Öfen (Abmessung, Temperatur und Verweilzeit) und der stofflichen Zusammensetzung des Zementrohmehls (. Tab. 12.7).
12
321
12.5 • Mitverbrennung von Abfällen und Ersatzbrennstoffen in Feuerungsanlagen
. Tab. 12.6 Kostenbestandteile für Aufbereitung, Verwertung und Beseitigung gemischt anfallender Gewerbeabfälle bei verschiedenen Verwertungswegen in Deutschland 2006 [212] Kostenbestandteil
EBS-Kraftwerk Wirbelschicht €/t
EBS-Kraftwerk Rostfeuerung €/t
Zementwerk €/t
Braunkohlekraftwerk €/t
Aufbereitung
33
23
48
48
Energetische Verwertung mittelkalorischer Fraktion (EBS)
44
60
34
34
Energetische Verwertung hochkalorischer Fraktion (SBS)
–
–
10
18
Reststoffbeseitigung* in MVA
30
15
23
15
Reststoffbeseitigung* auf Deponie
2
2
2
2
*
Reststoffe aus der Aufbereitung und evtl. Aschen
Das muss kurz begründet werden. Die Rohstoffe für Portlandzement sind Kalkstein, Quarzsand und Ton (Alumosilikat) und gewisse Mengen an Sekundärrohstoffen (Aschen, Bleicherden, Flugstäube), die die erforderlichen Mengenrelationen von CaO, SiO2, Al2O3 und Fe2O3 im Zementklinker (hydraulischer Modul) gewährleisten müssen. Die vorzerkleinerten und vorgemischten Rohstoffe werden in Mühlen fein zerkleinert (Rohmehl), über abgasbeheizte Vorwärmeapparate einem Drehrohrofen (55…60 m Länge) aufgegeben und bis zum Sintern erhitzt (ca. 1450 °C). Daran schließen sich eine Kühlung des Klinkers und die Vermahlung (Zusatz von ca. 3 % Gips) zu einem Pulver an. Im Vorwärmeapparat erfolgen die Trocknung und die Abspaltung des gebundenen Wassers der Tone. Im Ofen finden dann in der ersten Zone die thermische Zersetzung des Kalksteins zu CaO statt (Kalzinatorzone) und danach die Hochtemperaturreaktion zu Trikalziumsilikat sowie zu Aluminaten und Ferriten. Die als Ersatzbrennstoffe eingesetzten Abfälle müssen einen hohen Heizwert besitzen (20…35 MJ/kg) (Sekundärbrennstoffe), um die erforderlichen Flammtemperaturen (2000 °C) zu erreichen (. Tab. 12.8). Der Anteil der Ersatzbrennstoffe am Energieeinsatz in der Zementindustrie beträgt bis 40 %. Damit wird besonders deutlich, dass der »Hauptzweck der Maßnahme« (KrW-/
. Tab. 12.7 Stoffliche Zusammensetzung von Portlandzement [211] [146] Komponente
Gehalt %
SiO2
16…26
Al2O3 + TiO2
4…9
Eisenoxide, Manganoxide
2…6
CaO
59…67
MgO
0,3…3
K 2O
0,3…1,8
Na2O
<0,3
SO3
0,5…2,5
Glühverlust
0,3…3
Rest
0,1…0,8
AbfG, § 4(4)) die energetische Verwertung dieser Stoffe ist und nicht deren Beseitigung. Die Verbrennung der Ersatzbrennstoffe und das Verhalten der mitgeführten Verunreinigungen im Drehrohrofen werden durch die wesentlichen verfahrenstechnischen Bedingungen im Ofen bestimmt:
322
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
. Tab. 12.8 Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie; Heizwerte und Anteile der Abfallarten an der Gesamtkapazität [146] Ersatzbrennstoff
Heizwert MJ/kg
Anteil der Abfallarten an der Gesamtkapazität %
Altreifen
26
18
Kunststoffe
22
7
Altöl
33
14
Tiermehl/Tierfett
19
Industrie- und Gewerbeabfall
20
27
Altholz
13
11
Bleicherde
13
Lösemittel
24
3
Aufbereitete Siedlungsabfälle
15
7
Papierschlämme, Spuckstoffe
12
6
5 hohe Temperaturen (bei über 2/3 der Ofenlänge herrschen in der Beschickung Temperaturen von >1200 °C bis max. 1450 °C), 5 intensive Vermischung der Ersatzbrennstoffe mit den Zementrohstoffen durch die Ofendrehung, 5 lange Verweilzeit der Rohstoffmischung und der Asche der Ersatzbrennstoffe im Ofen (ausreichend Reaktionszeit für die Feststoffreaktionen) sowie des alkalischen Klinkermaterials, 5 oxidierende Gasatmosphäre und ausreichende Verweilzeit der Rauchgase im Ofen auf hoher Temperatur (ca. 3 s) Unter diesen Bedingungen werden alle organischen Stoffe vollständig zu CO2 und Wasser sowie SO2 und Stickoxiden oxidiert. Die organischen Halogenverbindungen (z. B. PCB) werden ebenfalls vollständig oxidiert und der Chlorinhalt bildet mit den alkalischen Oxiden des Klinkers Alkali- und Erdalkalichloride. Der Gehalt an Alkali-/Erdalkalichloriden im Zement ist allerdings limitiert und
damit auch der Chloreintrag über die Ersatzbrennstoffe. Für Kunststoffabfälle als Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie gilt deshalb eine Begrenzung für K2O + Na2O von <1 % und für Halogene von <0,3 %. In den Abgasen und im Klinker wurden nur außerordentlich geringe Gehalte an PCDD und PCDF ermittelt [146]. Das vor allem aus dem Schwefelgehalt von Altreifen entstehende SO2 bindet der Kalkstein zu CaSO4. Die Stickoxide in den Abgasen sind ein Problem. Die Schwermetallbeimengungen (z. B. Stahldraht, Zinkoxid) bzw. evtl. Schwermetallverunreinigungen werden zu den Oxiden oxidiert und in dieser Form als Silikate oder Ferrite in den Klinker fest eingebunden. Geringe Mengen flüchtiger Metallchloride können in das Rauchgas gelangen und werden dann im Vorwärmer am Rohmehl oder in den Entstaubungsanlagen absorbiert. Allerdings wird die überwiegende Menge an Schwermetallen über die Zementrohstoffe eingetragen und nicht durch die Ersatzbrennstoffe. Die intensiven Vermischungsund Verbrennungsbedingungen im Drehrohrofen und die großen Abmessungen des Ofenraumes ermöglichen es im Prinzip, heizwertreiche Abfälle in erheblicher Stückgröße und ohne Aufbereitung in den Drehrohrofen einzutragen. Diese Einsparung von Aufbereitungskosten nutzt man besonders dann, wenn die Aufbereitung technisch schwierig und kostenintensiv ist, wie dies z. B. für Altreifen, Papierschlamm und Tierfett zutrifft. Etwa 40 % der in Deutschland anfallenden Altreifen werden deshalb in unzerkleinertem Zustand in der Zementindustrie energetisch verwertet. Die kompakten Altreifen verbrennen vorwiegend bereits in der Kalzinatorzone. Die Zuführung der Altreifen übernimmt eine Transportrollbahn, auf der die Reifen vereinzelt und über Sensoren auf Größe (PKW, LKW) und Fremdkörper (z. B. Felge) untersucht und evtl. ausgeschleust werden. Über eine Waage und eine Doppelklappenschleuse werden sie dann dosiert dem Ofen aufgegeben. Bezüglich der Emission legt die 17. BImSchV (2009) für Zementöfen gesonderte Grenzwerte fest, die in . Tab. 12.4 aufgeführt sind.
. Abb. 12.7 Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen in Kohlekraftwerken mit Kohlestaubfeuerung und erforderlicher Rauchgasreinigung [224].
Dampferzeuger
12
323
12.5 • Mitverbrennung von Abfällen und Ersatzbrennstoffen in Feuerungsanlagen
Entstickung NH3
Brennkammer
SO2-Wäscher Kalkstein
Luvo
Ersatzbrennstoffe
Kamin
Kohle
Filter
Kohlemühle Kohlestaubfeuerung
12.5.2
Mitverbrennung in Kraftwerken
Die optimierten Feuerungsanlagen von Kraftwerken erfordern feuerungstechnisch genau angepasste Ersatzbrennstoffe hoher Qualität und Homogenität, die nur von intensiv aufbereiteten Abfällen zu erfüllen sind. Es müssen deshalb die verschiedenen Feuerungstechniken erläutert werden. Kraftwerke mit Erdgas oder Heizöl als Brennstoff scheiden für die Mitverbrennung aufbereiteter fester Abfälle aus. Sie wären nur für gasförmige oder flüssige Ersatzbrennstoffe aus Vergasung oder Pyrolyse technisch möglich, aber aus Gründen eingeschränkter Rauchgasreinigungsanlagen sowie der fehlenden Absorptionskapazität der Kohleaschen für Schadstoffe nicht empfehlenswert. Die Großkraftwerke mit den Primärenergieträgern Steinkohle und Braunkohle arbeiten zu 90 % mit Kohlestaubfeuerung. Die Kohlen werden durch Mahltrocknung auf eine Feinheit von ca. 0,1…0,4 mm aufgemahlen und dann in eine Brennkammer eingeblasen. Die anfallende Asche fällt als Pulver an oder kann bei der Schmelzkammerfeuerung durch Einstellung hoher Temperaturen (1300 °C) auch schmelzflüssig erhalten werden (Schlackengranulat). Die Brennkammer ist überwiegend zylindrisch, kann aber auch kegelförmig wie ein Zyklon gebaut sein (Zyklonbrennkammer). In die Zyklonbrennkammer wird der Brennstoff tangential eingeblasen und dadurch eine schraubenförmige Partikelflugbahn mit größeren Verweilzeiten in der Kammer erzielt (erhöhter Aus-
Elektrofilter
Grobasche
Luft
Flugstaub
Wirbelschichtreaktor
REA-Gips
Dampferzeuger
Rauchgasleitung
Heißgaszyklon
Klärschlamm
Braunkohle
Rauchgasreinigung
Altholz + EBS
Luft Materialrücklauf
Asche
. Abb. 12.8 Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen (EBS) in Kohlekraftwerken mit zirkulierender Wirbelschichtfeuerung [225].
brand). Die optimalen Korngrößen der Brennstoffe für Zyklonfeuerung liegen bei 1…5 mm, können aber auch höhere Staubanteile enthalten. Bei der Anwendung einer zirkulierenden Wirbelschichtfeuerung (ZWS) ist ebenfalls eine Grobmahlung der Kohlen auf ca. 2…5 mm ausreichend. Noch gröbere Kohlen sind im Prinzip bei einer stationären Wirbelschichtfeuerung möglich, doch mit Einbußen bei Verbrennungsgeschwindigkeit, Verbrennungsleistung und Ausbrand. In . Abb. 12.7 und . Abb. 12.8 sind einige der genannten Kraftwerkstechnologien skizziert.
324
Kapitel 12 • Energetische Verwertung von festen Abfällen und Einsatz von Ersatzbrennstoffen
Kesselanlage
Abgas
Ersatzbrennstoffe
Luft
Pyrolysereaktor Pyrolysegas
Aufbereitung
Heizöl/Gas Luft
Pyrolysekoks Sieb
Kohle Kohlemühle Luvo Metalle Kohlestaubfeuerung
Asche
Rauchgasreinigung
. Abb. 12.9 Kombinationsverfahren Abfall-Pyrolyse-Mitverbrennung (ConTherm-Verfahren) [225].
12
In den Kraftwerken mit Kohlestaubfeuerung können nur flugfähige und rieselfähige EBS eingeblasen werden. Das sind Klärschlamm und Tiermehl. In den ZWS-Feuerungen sind auch Papierschlamm sowie Altholz und prinzipiell auch andere sorgfältig aufbereitete Abfälle verbrennbar. Neben den genannten Anforderungen an die Korngrößen muss besonderes Augenmerk auf die Gehalte an Chlor gelegt werden, da Chlor zu erheblichen Korrosionsproblemen führen kann. Auch aus diesem Grund ist die Mitverbrennung in Kraftwerken auf etwa 5 % EBS beschränkt. Ein deutsches Energieunternehmen hat im Jahr 2006 folgende Anteile im EBS eingesetzt: aufbereitete SBS 13,5 %; Klärschlamm 50 %; Papierschlamm 25 %; Tiermehl 6,5 %; Altholz 5 % [225] [226]. Eine spezielle Lösung der Mitverbrennung von EBS in Kraftwerken ist die Verwendung einer vorgeschalteten Pyrolysetrommel. Dieses ConTherm-Verfahren ermöglicht damit auch den direkten Einsatz inhomogener pyrolysefähiger EBS großer Stückgröße, die den Qualitätsanforderungen genügen. Die entstehenden Pyrolysegase und -öle können ohne Gasreinigung direkt in die Staubfeuerung eingeleitet werden. Der
Pyrolyserückstand wird wie üblich gemahlen, von Inertstoffen und Metallen abgesiebt und dann als Feinkorn ebenfalls eingeblasen (. Abb. 12.9).
12.6
Altöle als Ersatzbrennstoffe
Die wesentlichen stofflichen Eigenschaften der Altöle (fluider Zustand, Homogenisierbarkeit, Pumpfähigkeit, Verdüsbarkeit) ermöglichen einen technisch unkomplizierten Eintrag in Verbrennungsanlagen. Sie gewährleisten eine gleichmäßige und regulierbare Verbrennung und sind damit ein idealer Ersatzbrennstoff. Die Verbrennung von Altöl erfordert deshalb nur eine einfache mechanische Vorbehandlung (Abtrennen von Wasser und evtl. Feststoffen) sowie eine Erwärmung (Viskosität) und ist danach in Standardbrennern für flüssige Brennstoffe zu verarbeiten. Damit ist diese energetische Verwertung deutlich kostengünstiger als die Regenerierverfahren für Altöl zu Grundölen oder normgerechtem Heizöl. Eine Problematik der Verbrennung von Altöl ergibt sich aber aus den Gehalten an Schadstoffen (organische Metallver-
325
12.6 • Altöle als Ersatzbrennstoffe
bindungen, chlororganische Verbindungen). Deshalb ist die Verbrennung nur dann zulässig, wenn die Abscheidung oder Zerstörung der Schadstoffe und deren Folgeprodukte (Dioxine) gewährleistet sind. Die Verbrennung ist aus diesem Grund nur in genehmigungsbedürftigen industriellen Feuerungsanlagen mit Rauchgasreinigung oder unter den speziellen Bedingungen der Zementöfen zugelassen. Für Deutschland liegt zusätzlich ein Bericht des Umweltbundesamtes vor, der die ökologische Gleichwertigkeit von vier Altölverwertungsvarianten feststellt. Dies sind die in 7 Abschn. 9.2 behandelten drei Recyclingverfahren Regenerierung zu Grundölen, Aufbereitung zu Normheizöl, Erzeugung von Synthesegas und die energetische Verwertung in Zementöfen. In Deutschland hat sich eine Aufteilung des Altöls zu etwa 30 % auf die Verbrennung und zu 70 % auf die stoffliche Auf-
12
bereitung eingestellt [146]. In Frankreich wurden 1996 ca. 56 % des Altöls verbrannt und nur 42 % aufbereitet. z
Verbrennung von Altöl in betrieblichen Feuerungsanlagen und Sonderabfallverbrennungsanlagen [146]
Der Einsatz von Altöl in immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Feuerungsanlagen ist nicht erlaubt. Das sind Feuerungsanlagen mit geringer Feuerungswärmeleistung <20 MW. In betrieblichen Feuerungsanlagen ist die Mitverbrennung von Altöl gestattet, wenn der Hauptzweck in der Energieerzeugung oder der stofflichen Produktion besteht. Die Auflagen für die Emissionsgrenzwerte ergeben sich dabei aus dem Anteil des Altöls (größer oder kleiner 25 % der Feuerungswärmeleistung, wie in . Tab. 12.5 angegeben).
327
13
Recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung von Produkten mit der Zielstellung eines Werkstoffrecyclings
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3_13, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
328
Kapitel 13 • Recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung von Produkten
Aus den Beschreibungen in 7 Kap. 1 bis 7 Kap. 12 leiten sich eine Reihe wichtiger Anforderungen des Werkstoffrecyclings an eine recyclinggerechte Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von Produkten ab. Die Anforderungen unterscheiden sich aber auch ganz erheblich von den Voraussetzungen für das Produktrecycling. Die Unterschiede werden an dieser Stelle anhand der Verfahrensstufen des Recyclings konkret benannt. z
Produktrecycling Wie in 7 Abschn. 1.2 und . Tab. 1.2 bereits näher
13
ausgeführt, ist die Zielstellung des Produktrecyclings die Wiederverwendung von Bauteilen in der vorliegenden Produktgestalt. Dafür sind Aufarbeitungs- oder Umarbeitungsschritte erforderlich. Der erste Hauptarbeitsschritt ist die beschädigungsfreie Demontage durch das Lösen von Verbindungselementen. Ein recyclinggerechtes Produkt mit der Zielstellung eines Produktrecyclings muss folgenden Anforderungen gerecht werden: 5 modularer Aufbau, standardisierte Baugruppen oder Bauteile (Elektro-, Elektronik-, Antriebs-, Heiz- und Kühlmodule usw.), 5 eindeutige Identifikation der Module, 5 demontagegerechte Baustruktur, räumliche Anordnung und Zugänglichkeit, 5 demontagegerechte Verbindungstechnik (lösbare Verbindungen wie Schrauben, Schnappverbindungen, Passfedern, Stifte), die eine beschädigungsfreie Demontage garantiert, 5 Möglichkeit der Reinigung und Nachbearbeitung der Bauteile zur Herstellung eines wieder einsatzfähigen Produkts (Regenerierung). Die werkstoffliche Zusammensetzung der Bauteile ist dagegen für das Produktrecycling weitgehend ohne Bedeutung, weil die Bauteile in der vorliegenden Werkstoffkombination wieder verwendet werden sollen. Die Anwendung und Bedeutung einer Teildemontage als Bestandteil des Werkstoffrecyclings (z. B. bei Altautos) wird im Folgenden besprochen. z
Werkstoffrecycling
Das Werkstoffrecycling zielt auf die Verwertung der Werkstoffe und anderer Materialien eines Produktes durch Zerstörung der Produktgestalt und der
Produktfunktion. Die stoffliche Zusammensetzung des zerlegten Produktes ist also von entscheidender Bedeutung. Für die Zerlegung der Altprodukte stehen zwei Verfahren zur Verfügung: 1. Teildemontage in recyclinggerechte Werkstoffgruppen, 2. Zerstörung der Werkstoffverbindungen durch Kraftwirkungen (Aufschluss). Für beide Verfahren ist die Art der vorliegenden Werkstoffkombinationen von Bedeutung. Diese Werkstoffkombinationen können Einzelwerkstoffe mit Verbindungselementen, Verbundwerkstoffe oder Beschichtungen sein. Verbundwerkstoffe und Beschichtungen sind prinzipiell schwierig zu zerlegen und deshalb häufig wenig recyclinggerecht. Verbundwerkstoffe erfahren deshalb beim Recycling häufig eine Qualitätsminderung der Komponenten. Die Verbindungstechniken und Verbindungselemente für die Einzelwerkstoffe sind von erheblichem Einfluss für die Möglichkeiten einer Demontage sowie für die Effektivität des Aufschlusses durch Krafteinwirkung. Man unterscheidet folgende Verbindungstechniken: 5 formschlüssige Verbindungen (Nieten Stifte, Passfedern, Zahnwellen, Clinchverbindungen, Falzverbindungen), 5 kraftschlüssige Verbindungen (Schraubenverbindungen, Kegel, Spannhülsen, Pressverbindungen), 5 stoffschlüssige Verbindungen (Kleben, Löten, Schweißen, Beschichten). Bei diesen Verbindungstechniken (Fügeverfahren) ist zusätzlich zwischen lösbaren Verbindungen (z. B. Schraubenverbindungen) und nichtlösbaren Verbindungen (z. B. Schweißverbindungen) zu unterscheiden. z
Einsatz der Teildemontage beim Werkstoffrecycling
Die Teildemontage ist angezeigt, wenn Umweltschutzgründe (Schadstoffe) vorliegen oder der spezifische Ausbau von Werkstoffmodulen bessere Erlöse verspricht. Das betrifft vorwiegend folgende Aufgaben: 5 Trockenlegung der Produkte (Entnahme von Ölen, Kühlmitteln, Gasen),
329
Recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung von Produkten
5 Ausbau von schadstoffhaltigen Komponenten (Batterien, Kondensatoren), 5 Ausbau besonderer Werkstoffmodule (Bleiakkus, Trafos, Elektromotoren, Al- und Mg-Bauteile, Kunststoffbauteile, Kupferkabelbäume, Bildröhren, Gummireifen etc.), die als Einzelbauteile bessere Erlöse versprechen oder die Sortierstufen des Werkstoffrecyclings günstiger gestalten (bessere Trenneffekte und ein höheres Werkstoffausbringen); diese Vorteile werden allerdings immer mit den höheren Kosten der überwiegend manuellen Teildemontage bezahlt. Die Teildemontage beim Werkstoffrecycling kann im größeren Umfang auch beschädigungsbehaftet erfolgen (entscheidender Unterschied zum Produktrecycling). z
Aufschlusszerkleinerung für das Werkstoffrecycling
Nach evtl. notwendiger Teildemontage oder Trockenlegung erfolgt die Auftrennung der Werkstoffverbindungen durch die Aufschlusszerkleinerung. Durch die aufgewandte Krafteinwirkung (Druck, Prall, Reißen) erreicht man eine Zerlegung oder den Bruch vor allem an den Verbindungsstellen mit Form- oder Kraftschluss und damit eine optimale Trennung zwischen verschiedenen Werkstoffen (d. h. ein Aufschluss nahe 100 %). Dagegen sind die Verbindungsstellen mit Stoffschluss (geschweißt) häufig kompakter und fester als die Werkstoffe, so dass der Bruch oft außerhalb der Verbindungsnaht stattfindet (d. h. der Aufschluss ist kleiner 100 % und damit der Trenneffekt bei der Sortierung geringer). z
Recyclingverträglichkeit der Werkstoffe beim Werkstoffrecycling
Die durch Teildemontage oder Aufschlusszerkleinerung und nachfolgende Sortierung gewonnenen Altstoffeinzelteile müssen in einem abschließenden Hauptprozess einer Homogenisierung und Reinigung unterzogen werden. Dieser Hauptprozess erfolgt durch Schmelzen und Raffinieren (bei Metallen, Glas, thermoplastischen Kunststoffen) oder Mahlen und Pressen (bei Kunststoffen) sowie durch Auflösen und Reinigen (bei einigen Metallen
13
und wenigen Kunststoffen). Für die genannten Prozesse des Schmelzens, des Auflösens und der Reinigung müssen die dabei wesentlichen gegenseitigen Störungen der Werkstofftypen (z. B. Gläser, Metalle, Kunststoffe) bzw. der Grundstoffe (z. B. Eisen, Kupfer, Aluminium, PVC, PET) herausgearbeitet werden und man erhält als Ergebnis die Kategorie der »Recyclingunverträglichkeit« bzw. im Umkehrschluss der »Recyclingverträglichkeit«. In . Tab. 13.1 sind wesentliche Angaben zur Recyclingverträglichkeit für wichtige Werkstoffgruppen als Übersicht zusammengefasst. In Spalte zwei sind die für eine Werkstoffgruppe häufigen Begleitstoffe (typische Legierungskomponenten und mögliche Verunreinigungen) aufgeführt, die beim Recycling der Werkstoffgruppe keine Störungen hervorrufen. Diese Begleitstoffe können beim Recyclingprozess durch Verschlacken, Verdampfen, Filtration, Auflösung oder Elektrolyse effektiv abgetrennt werden. In Spalte drei sind Legierungskomponenten und Begleitstoffe angegeben, die im Recyclingprozess als Legierungskomponente wieder genutzt (z. B. Cr und Ni in hochlegierten Stählen) oder getrennt zurückgewonnen werden (z. B. Edelmetalle und Ni aus Kupferwerkstoffen). Erheblichen Trennungsaufwand erfordern die in Spalte vier angeführten Verunreinigungen. Eine vollständige Recyclingunverträglichkeit ist für die in Spalte fünf aufgelisteten Stoffe festzustellen. z
Recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung für das Werkstoffrecycling
Erst aus den obigen Ausführungen zur Werkstoffverträglichkeit, zu den Verbindungstechniken, zur Teildemontage und zum Bruchverhalten bei der Aufschlusszerkleinerung sind die wesentlichen Anforderungen für eine recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung abzuleiten [228] [229]. Sie sind in . Tab. 13.2 zusammengefasst und in ähnlicher Form auch in der VDI 2243 »Recyclinggerechte Produktentwicklung« [231] festgehalten. Dabei wird eine Einteilung in die aufeinanderfolgenden Arbeitsschritte einer Produktkonstruktion und Fertigung verwendet. Bereits im ersten Schritt der Auswahl der Funktionsprinzipien werden Festlegungen getroffen, die Einfluss auf die Recyclingeigenschaften haben (z. B. Art der Antriebstechnik, Wahl der Konstruktions- und Funktionswerkstof-
330
Kapitel 13 • Recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung von Produkten
. Tab. 13.1 Recyclingverträglichkeit für wichtige Werkstoffgruppen
13
Werkstoffgruppe
Recyclingverträgliche Begleitstoffe
Verwertbare Legierungsmetalle bzw. Begleitstoffe
Verunreinigungen, die mit erhöhtem Aufwand abtrennbar sind
Absolut unverträgliche Begleitstoffe
Eisenwerkstoffe
Oxide, Silikate, organische Stoffe; Metalle hoher O2-Affinität (Mg, Al, Ti, Si, V, Cr, Mn) oder mit niedrigem Siedepunkt (Zn, Cd)
bei hochlegiertem Stahl: Cr, Ni, Mo, Mn
S
Für alle Stähle: PVC, Cu, Sn, (Pb); für unlegierten Stahl: Ni, Cu, Mo, Sn
Aluminiumwerkstoffe
Oxide, Silikate (geringe Anteile)
Mg, Si, Zn, Cu, Ni
Mg, Li, (Fe), Lack, organische Stoffe
Sonstige Metalle, Kunststoffe
Kupferwerkstoffe
Edelmetalle, Metalloxide, Silikate, organische Stoffe; Metalle hoher O 2-Affinität (Mg, Al, Ti, Fe)
Edelmetalle, Zn, Sn, Ni, Se
Zn, Sn, Pb, Ni, Se
PVC
Nickelwerkstoffe
Oxide, Silikate, organische Stoffe; Metalle hoher O2-Affinität (Mg, Al, Si)
Cu
Cu, Fe, (Co)
PVC
Magnesiumwerkstoffe
Keine
Li
Li
Alle Metalle, Kunststoffe
Zinkwerkstoffe
Geringe Anteile Fe, Pb, Oxide, Silikate
Al, Cu
Fe, Pb, Cd
Alle anderen Metalle
Titan-/Tantalwerkstoffe
Keine
Titan: Al, V, Sn, Pd
Geringe Anteile N, O, W
Sonstige Metalle, organische Stoffe, Oxide
Glaswerkstoffe
Spuren an Oxiden, Silikaten
Keine
Keine
Fremdfarben, fremde Glastypen (Ba, Pb, B-haltige), Keramik, Metalle, organische Stoffe
Kunststoffe
Geringe Anteile fremder Kunststoffsorten
Evtl. verträgliche Kunststoffsorten*
Geringe Anteile Metalle, Oxide
Unverträgliche Kunststoffsorten, Metalle
* Verträgliche
und mischbare Kunststoffsorten vgl. [230]
fe). Die Entscheidungen zur Produktgestaltung und zu den Werkstoffen haben selbstverständlich die größte Auswirkung auf das spätere Recycling. Aber auch die Fertigungsverfahren ermöglichen eine Berücksichtigung von Recyclingaspekten (spanende Bearbeitung oder Umformtechnik). Schließlich ist die Kombination von Werkstoffgruppen nach
anwendbaren Recyclingmethoden ein weiterer Aspekt. Einzelne Forderungen sind dabei durchaus mehreren Arbeitsschritten zuzuordnen. Zur Verdeutlichung der tabellarischen Zusammenstellungen sollen noch wenige charakteristische Beispiele angeführt werden:
331
Recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung von Produkten
13
. Tab. 13.2 Forderungskatalog für eine recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung unter Berücksichtigung eines künftigen Werkstoffrecyclings
1.
Forderungen
Hinweise für die Realisierung
Auswahl der Funktionsprinzipien
Entscheidungen für elektrische, hydraulische oder pneumatische Antriebe bzw. Steuerungen; recyclingrelevante Bewertung der Hilfsstoffe (FCKW, KW) und Energieträger
Antriebs- und Steuerungsmethoden Sensoren, Aktoren Heiz- und Kühlmethoden Energieträger 2.
Baugruppenfestlegung Modularer Aufbau Minimierung der Bauteile
Bauteilmodule (Elektrik-/Elektronikmodule, Kabelbäume); Werkstoffmodule (unlegierter oder legierter Stahl, Gusswerkstoffe, Al-Werkstoffe, Kunststoffsorten); Gehäuse und Chassis aus einheitlichen Werkstoffen
Bauteildatenbank Demontageinformationen (Recyclingpass; IDIS*) 3.
Gestaltungsoptimierung Zerlegungsgerecht Zerkleinerungsgerecht Minderung Korrosionsgefahr Demontagegerecht Kennzeichnung der Werkstoffe, besonders der Kunststoffsorten
4.
Werkstoffwahl Reduzierung der Werkstoffvielfalt Stofflich verwertbare Materialien Recyclingverträgliche Werkstoffkombinationen
Lösbare Verbindungselemente (Form- oder Kraftschluss), Minimierung stoffschlüssiger Verbindungen. Sollbruchstellen, spröde Stoffe (Gusswerkstoffe, Duroplaste); Vermeidung von Spalten und Hohlräumen; demontagegerechter Einbau von Schadstoffträgern (Batterien) und nutzbaren Bauteilen (Motoren, Getriebe, Kunststoffe); Kennzeichnung recyclingfähiger Kunststoffteile (Stoßfänger, Gehäuse)
Sicherstellung der vorgeschriebenen stofflichen Recyclingquoten; Bewertungsmatrix für Recyclingverträglichkeit, besonders zwischen Beschichtung und Trägermaterial; Reduzierung der Verwendung von PVC und Chloriden; Beachtung des Verbots von Hg, Cd, Pb
Beschränkung problembehafteter Verbundwerkstoffe Vermeidung von Schadstoffen 5.
Fertigungsverfahren Minimierung der spanenden Bearbeitung zugunsten von Gussteilen/Schmiedeteilen Einschränkung der Nachbearbeitung durch Schleifen und Beizen
Kompakte, sortenreine und saubere Werkstoffabfälle sichern ein effektives Recycling und gute Erlöse; feinteilige Werkstoffabfälle (Späne, Schleifschlämme) sind verunreinigt, neigen zur Oxidation und führen zu geringeren Recyclingausbeuten; die Verwertung oder Entsorgung von Beizlösungen ist aufwendig
Sortieren der Produktionsabfälle nach Werkstoffsorten, Bearbeitungszustand und physikalischem Zustand 6.
Berücksichtigung der Recyclingverfahren Planung von Werkstoffzusammenstellungen, die gleichartige Recyclingverfahren erfordern
*
Zusammenstellung von Werkstoffgruppen für mechanische Aufbereitung, Pyrolyse, Schmelzverfahren, chemische oder elektrochemische Verfahren
IDIS = International Dismantling Information System (Altautodemontage; 7 Abschn. 10.2)
332
13
Kapitel 13 • Recyclinggerechte Konstruktion und Fertigung von Produkten
5 Absicherung einer Demontagemöglichkeit von Kupferkabeln aus Stahlgehäusen, um die Verunreinigung von Stahl mit Kupfer zu vermeiden; 5 Ausnutzung der guten Recyclingverträglichkeit von Edelmetallen mit Kupferschrotten (z. B Steckerleisten, Leiterplatten); Kupfer wirkt als Edelmetallsammler mit gutem Edelmetallausbringen; 5 Kombination von Metallen mit Keramikwerkstoffen, da sich Keramik in Metallschmelzen nicht auflöst und meist in den Schlacken gut abzutrennen ist; 5 Gewährleistung sehr effektiver Zerlege- oder Zerkleinerungsmöglichkeiten zwischen Aluminium- und Eisenwerkstoffen, um den Eintrag von Eisen in Aluminiumschmelzen weitgehend auszuschließen; 5 Einschränkung der Verwendung von PVC in Kombination mit anderen Kunststoffen oder Metallen, weil beim Metallschmelzen oder bei einer thermischen Behandlung/Verwertung von Kunststoffen die Gefahr der Dioxinbildung besteht; 5 getrennte Anordnung von unlegierten und hochlegierten Stählen, um die Verwertung von Cr und Ni als Legierungskomponenten zu gewährleisten und hohe Schrottpreise zu realisieren; 5 Verwendung von zusammensteckbaren Kunststoffgehäusen für Elektronikgeräte (IT, UE)
(Electronic Packaging Assembly Concept, E-PAC) mit dem Effekt der Verringerung von Schraubverbindungen und einfacher Demontage sowie effektiver Aufschlusszerkleinerung [231]. Die Zielstellung einer recyclingfähigen Konstruktion und Fertigung ist allerdings ständig vor neue Herausforderungen gestellt. Diese entstehen z. B. durch die Tendenz der fortschreitenden Verkleinerung und Gewichtsreduzierung von Apparaten (Handhabbarkeit, Energieeinsparung), die Ausweitung der Funktionen, die Miniaturisierung von Funktionsbauteilen und neuartige Werkstoffe. Die Aufgabenstellung einer »recyclinggerechten Konstruktion und Fertigung von Produkten« bleibt aber immer der Entwicklung und Herstellung von wettbewerbsfähigen Spitzenerzeugnissen untergeordnet. Die Funktionalität, die Betriebssicherheit, der Komfort, das Design und die anderen Gebrauchsund Verkaufsaspekte der Erzeugnisse werden immer an erster Stelle stehen müssen. In einigen Fällen können aber auch zunehmend recyclinggerechte Produkte ein wesentliches Verkaufsargument darstellen. Bei den meisten Gestaltungsentscheidungen wird aber eine verantwortungsvolle Abwägung zwischen Produktoptimierung und Recyclingaspekt notwendig sein, um der geforderten Produktverantwortung gerecht zu werden.
333
Literaturnachweise und weiterführende Literatur
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
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Literaturnachweise und weiterführende Literatur
1 Gesetz zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, KrW-/AbfG); vom 27.09.1994 2 Richtlinie 2008/98/ EG vom 19.11.2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien 3 Weizsäcker, E. U. von; Lovins, A. B.; Lovins, L. H. (1995): Faktor vier. Doppelter Wohlstand – halbierter Naturverbrauch, Droemersche Verlagsanstalt, München 4 Maczek; Massion (1991): Erzmetall 44 5 Hütte, Grundlagen der Ingenieurwissenschaften (2004): Abschnitt D: Werkstoffe, 32. Aufl., Springer, Berlin/ Heidelberg/New York 6 Schubert, G. (1984): Aufbereitung metallischer Sekundärrohstoffe, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 7 Moeller, E. (Hrsg.) (2008): Handbuch Konstruktionswerkstoffe, Kap. 3: Recycling, Martens, H., S. 879–913, Hanser, München 8 Schubert, H. (Hrsg.) (2003): Handbuch der mechanischen Verfahrenstechnik, 2 Bände, Wiley-VCH, Weinheim 9 Schubert, H. (1996): Aufbereitung fester Stoffe, Bd. II: Sortierprozesse, 4. Aufl., Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 10 Schubert, H. (1987): Aufbereitung fester mineralischer Rohstoffe, Bd. I: Zerkleinern, Klassieren, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 11 Stieß, M. (1995): Mechanische Verfahrenstechnik, 2 Bände, 2. Aufl., Springer, Berlin/Heidelberg 12 Vauck, W.; Müller, H. (2000): Grundoperationen chemischer Verfahrenstechnik, 7. Aufl., Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Stuttgart 13 Schubert, G. (2002): Zerkleinerungstechnik für nichtspröde Abfälle und Schrotte, Aufbereitungstechnik 43/9, S. 6–23 14 Messer Griesheim GmbH, Krefeld, Firmenprospekt 15 KHD Humboldt Wedag GmbH, Köln, Firmenprospekt 16 Nickel, W. (Hrsg.) (1996): Recycling-Handbuch, VDI, Düsseldorf 17 Eckert, U. (2006): Sortiertechnik nagt am Gewerbeabfallberg, UmweltMagazin 7/8, S. 29 f., www.amb-group.de: Mehrfraktionen-Separator, Ballistische Trenntechnik 18 TiTECH GmbH (2009): Mühlheim-Kärlich, Prospekte 2009, www.titech.com 19 IMRO Maschinenbau GmbH (2009): Uffenheim, Prospekt Sensorgestützte Sortierung 20 BT-Wolfgang Binder GmbH (2009): Gleisdorf Österreich, Prospekt Redwave, www.redwave.at, www.btw-binder. com 21 Hartinger, L. (1995, 2007): Handbuch der Abwasser- und Recyclingtechnik für die metallverarbeitende Industrie, 2. Aufl., Hanser, München 22 Janke, D.; Savov, L. (1997): Recycling of scrap in steelmaking in view of the tramp element problem, TU Bergakademie Freiberg, Europa-Seminar »Ressources for tomorrow – materials recycling« 23 VCI, Verfahrensberichte zur Abwasserbehandlung (1977): 7. Bericht »Flockung und Fällung«
24 Martens, H. (1968): Anwendung der Fällungskristallisation in der Naßmetallurgie, Freiberger Forschungshefte B 128, S. 49–66 25 Martens, H.; Hoffmann, H. (1974): Anwendung der Reaktionskristallisation in der Naßmetallurgie und der anorganisch-chemischen Technik, Kristall und Technik 9, S. 789–798 26 Lange, H.; Schab, D.; Hein, K. (1975): Reinigung und Aufarbeitung von Elektrolytlösungen durch Elektrolyse mit bewegter Schüttgutkathode, Erzmetall 28, Nr. 10, S. 435–484 27 Melin, T.; Rautenbach, R. (2004): Membranverfahren, 2. Aufl., Springer, Berlin/Heidelberg 28 Hurschmann, H. (1993): Metallrückgewinnung aus Prozesswasser durch Membranelektrolyse mit Hilfe des METAL MASTER®-Verfahrens, Galvanotechnik 84, Nr. 10, S. 3429 29 Martens, H. in Technische Anorganische Chemie (Autorenkollektiv) (1990): Abschnitt 7: Metalle, 4. Aufl., Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig; Martens, H. in Emons, H.-H. (1982): Grundlagen der technischen anorganischen Chemie, Abschnitt 7: Metalle, Salle + Sauerländer, Frankfurt am Main/Berlin/München/Aarau/ Salzburg 30 Frohberg, M. (1994): Thermodynamik für Werkstoffingenieure und Metallurgen, 2. Aufl., Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 31 Merkel, M.; Thomas, K.-H. (2003): Taschenbuch der Werkstoffe, 6. Aufl., Fachbuchverlag Leipzig im Hanser Verlag, München/Wien 32 Willeke, R., Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (Hrsg.) (1998): Recycling, Fachbuch Stahlrecycling, vom Rohstoff Schrott zum Stahl, Reed Elsevier Deutschland GmbH, München-Gräfelfing 33 Kesseler, K. (2005): Energie-Bündel statt Abfall, UmweltMagazin, Nr. 4/5, S. 54 f. 34 Rentz (1996): Stoffstrommanagement in der Eisen- und Stahlindustrie, E. Schmidt Verlag. www. dk-duisburg (2005): DK Recycling und Roheisen GmbH 35 Vereinigung Deutscher Schmelzhütten e. V. (Hrsg.); Krone, K. (2000): Aluminiumrecycling – vom Vorstoff bis zur fertigen Legierung, Aluminium-Verlag, Düsseldorf 36 Rombach, G.(2000): Verhalten mineralischer Pigmente beim Aluminiumrecycling, Erzmetall 53, Nr. 2, S. 98–105 37 Tafel, V. (1954): Lehrbuch der Metallhüttenkunde, Bände I, II, III, Hirzel, Leipzig 38 Alker, K. (1992): Aluminiumrecycling – Analysengerechte Aufbereitung von Shredderschrott, Erzmetall 45, Nr. 2, S. 93–100 39 URTF – Effizientes Recycling von Schrotten und Krätzen (2001), Erzmetall 54, Nr. 6, S. 363 40 Seidel, S. (2004): Die 100%-Lösung, UmweltMagazin, Nr. 3, S. 30–32 41 Pawlek, R. P. (2001): Leichtmetallfachausschuss bei der Hauptversammlung, Erzmetall 54, Nr. 2, S. 64–70 42 Kainer, K. U. (2000): Magnesiumeigenschaften, Anwendung und Potentiale, Wiley-VCH, Weinheim
Literaturnachweise und weiterführende Literatur
43 Antrekowitsch, H.; Hanko, G. (2002): Metallurgie des Leichtmetallrecyclings bei Altautos, Erzmetall 55, Nr. 11, S. 598–605 44 Arnold, A.; Sauermann, R.; Friedrich, B. (2006): Recycling Li-haltiger Aluminium-Legierungen, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 5, S. 294–301 45 Ditze, A.; Scharf, C. (2006): Magnesium alloys for use in racing and passenger vehicle engines, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 5, S. 278–287 46 Verein Deutscher Metallhändler, VDM (1988): Klassifizierung für NE-Metall-Schrott (Fassung 1988), www. kaatsch.de 47 Schrott und Metallhandel Kaatsch GmbH (2006): Sortenliste NE-Metalle, www.kaatsch.de 48 Nolte, A. (1997): Metallurgical utilization of reusable products from the recycling industry in a secondary copper smelter, EPD Congress 49 Deutsches Kupferinstitut, DKI (2006): www. kupferinstitut.de 50 Satlow, C.; Schafer, T.; Pretz, T. (2003): Recycling quantities and times of return of copper from the building industry, Erzmetall 56, Nr. 8, S. 444–448 51 Norddeutsche Affinerie AG, Hüttenwerke Kayser (2006): 1. Präsentation, 2. TQM-Dokument, TQM 7–15 52 xstrata technology (2006): About ISASMELT: www. xstrata.com 53 Degel, R.; Kempken, J. (2006): 100 years of SMS Demag submerged arc furnace technology, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 3, S. 143–151 54 Wenzel, C.; Graller-Kettler, G.; Pesl, J. (2006): Liquid slag reduction, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 1, S. 26–33 55 Hanusch, B. (2006): Increasing performance of HK’s anode furnace, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 4, S. 211–215 56 Hagelücken, C. (2006): Recycling of electronic scrap at Umicore’s integrated metals smelter and refinery, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 3, S. 152–161 57 Anzinger, A.; Wöbking, H. (1998): Spezielle Effekte beobachtet in der Kupferraffinationselektrolyse der Montanwerke Brixlegg AG, Erzmetall 51, Nr. 11, S. 743–749 58 Pesl, J.; Anzinger, A. (2002): Treatment of anode slimes, Erzmetall 55, Nr. 5/6, S. 305–316 59 Habashi, F. (1997): Handbook of extractive metallurgy, Vol. 2, Vol. 3, Wiley-VCH, Weinheim/New York 60 Nestler, H. (1993): Recycling nickelhaltiger Rohstoffe im Erzgebirge – Die Nickelhütte Aue, Metall 47, Nr. 8, S. 756 61 Martens, H.; Müller, L.; Rudorf, M.; Löwe, D. (1988): Processing of secondary nickel raw material, Trans. Instn. Min. Metall. (Sect. C: Mineral Process. Extr. Metall.) 97, C163–166 62 Stenzel, R.; Carluß, V (2000): Das neue Schmelzwerk der Nickelhütte Aue GmbH, Erzmetall 53, Nr. 2, S. 112–122 63 Radhanat Prasad Das (2001): Production of nickel and cobalt from secondary sources – the Indian experience, Erzmetall 54, Nr. 9, S. 450–454
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64 Kramer, H.; Eckert, K. (2006): Recycling Ni, Co, Cu, Mo, V, W and PGMs at Nickelhütte Aue GmbH, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 2, S. 95–99 65 Stelter, M.; Bauer, I. (1999): Blei als Werkstoff für Elektroden, Erzmetall 52, Nr. 1, S. 21–27 66 Barrett, K., R. (1993): The Isasmelt process, Erzmetall 46, Nr. 1, S. 23–29 67 Behrendt, H.-P.; Steil, H.-U. (1997): Modernisierung der Sekundärbleihütte und der Verbrennungsanlage der Muldenhütten Recycling und Umwelttechnik GmbH Freiberg, Erzmetall 50, Nr. 6, S. 398–405 68 Behrendt, H.-P. (2001): Technology of processing of lead acid batteries, Erzmetall 54, Nr. 9, S. 439–445 69 Hanusch, K. (2006): Die Bleihütten der Berzelius Metall GmbH in Braubach und Binsfeldhammer, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 4, S. 230–234 70 Friedrich, B.; Arnold, A. (2004): Einfluss des Sauerstoffangebots auf die Mitoxidation von Sb und As bei der SnEntfernung aus Werkblei, World of Metallurgy, Erzmetall 57, Nr. 4, S. 197–210 71 Antrekowitsch, J.; Antrekowitsch, H; Seebacher, H. (2002): Aufarbeitung von Stahlwerksstäuben, Erzmetall 55, Nr. 1, S. 49–56 72 Saage, E.; Hasche, U. (2004): Optimization of the Waelz process at the B.U.S. Zinkrecycling Freiberg GmbH, World of Metallurgy, Erzmetall 57, Nr. 3, S. 138–142 73 Schneider, W.-D.; Schwab, D. (1998): Zinkerzeugung aus Sekundärmaterial, Erzmetall 51, Nr. 4, S. 266–277 74 Hanusch, K. (2006): Die Unterharzer Metallhüttenstandorte, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 2, S. 102–107 75 Witt, C. E. (2003): Der Schmelzreaktorprozess der Harzer Zink GmbH, Erzmetall 56, Nr. 2, S. 68–74 76 Toussaint, D.; Rotter, U. (1998): Rückgewinnung von Zink aus Zn-haltigen Abfällen der Feuerverzinkungsindustrie, ABAG-Abfallaufbereitungsagentur 77 Gerner, R. et al. (1989): Edelmetallscheidung, DegussaFirmenschrift 78 Edtmair, C.; Svec, P.; Disam, J. (2004): Refining behavior of platinum by pyrometallurgical means, World of Metallurgy, Erzmetall 57, Nr. 6, S. 327–324 79 Hagelücken, C.; Buchert, M.; Stahl, H. (2003): Substantial outflows of platinum group metals identified, Erzmetall 56, Nr. 9, S. 529–540 80 Grehl, M.; Meyer, H.; Kralik, J. (2006): Technological aspects in PGM refining, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 2, S. 81–86 81 Pesl, J.; Anzinger, A. (2002): Treatment of anode slimes, Erzmetall 55, Nr. 5/6, S. 305–316 82 Becker, E. (2006): Modernisation of precious metals refining at Norddeutsche Affinerie AG, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 2, S. 87–94 83 Hagelücken, C. (2005): Autoabgaskatalysatoren, 2. Aufl., expert verlag, Renningen 84 Vajsberg, L. A.; Zarogatski, L. P. (2003): Abfallfreie Technologie zur Regenerierung verbrauchter Pt-Pd-Katalysatoren, Cvetnye metally 78, Nr. 10, S. 48–51, Ref. in World of Metallurgy, Erzmetall 58, Nr. 2, S. 110
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Literaturnachweise und weiterführende Literatur
85 Knothe, M.; Kroll, H. (1992): Hydrometallurgische Verarbeitung edelmetallarmer Schrotte und keramischer Erzeugnisse, Schriftenreihe GDMB, Heft 63, S. 193–204 86 Lütjering, G.; Williams, J. C. (2003): Titanium, Springer, Berlin/Heidelberg 87 Friedrich, B. et al. (2007): ESR refining potential for titanium alloys using CaF2-based active slag, Ref. in World of Metallurgy, Erzmetall 60, Nr. 4, S. 245 88 Barin, I. (1995): Thermochemical data of pure substances, 3. Aufl., VCH, Weinheim 89 Titech (2009): Kupferschätze bergen, UmweltMagazin, Okt./Nov., S. 14 90 Dominghaus, H. (2005): Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften, 6. Aufl., Springer, Berlin/Heidelberg 91 Oberbach, K. et al. (2004): Saechtling Kunststofftaschenbuch, 29. Ausgabe, Hanser, München/Wien 92 Entsorga-Enteco Köln (2006): Hamos: Strom sortiert Plastik-Flakes, S. 36; S+S: Hell + Dunkel sortiert, S. 35; TiTech Visionsort: Mehr Stoffe erkennen, S. 35, UmweltMagazin, Nr. 10 93 Tiltmann, O. (Hrsg.) (1993): Recyclingpraxis Kunststoffe, Verlag TÜV Rheinland (Loseblattausgabe) 94 Spaniol, H.; Koch, P. (1995): Automatische Klaubung beim Werkstoffrecycling mittels Thermographie, Noel Abfall-Energietechnik GmbH 95 Mueller von der Haegen, H.: Identifikation von Kunststoffen auf Basis Pyrolyse-Massenspektrometrie, FH Flensburg 96 Kohaupt, U.; Pertius, A. B. (2007): Feinsortierung von Metall und Kunststoff beim Produktrecycling, Aufbereitungstechnik 48, Nr. 8, S. 12–20 97 Brandrup, J. (Hrsg.) (1996): Recycling and recovery of plastics, Hanser/Gardner 98 Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (2004/2005): Kunststoff-Recycling – CreaSolvProzess 99 CreaCycle GmbH (2007): www.creacycle.de 100 Köhnlechner, C. (2007): Dielektrizität als Trennkriterium, UmweltMagazin, Nr. 7/8, S. 22 f. 101 Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e. V. (2007): www. agpu.de 102 Zeiger, E. (2003): Sortierung von PET-Flakes mit Mogensen MikroSort AF0916, Aufbereitungstechnik 44, Nr. 11/12, S. 41–43 103 Friedlaender, T. (2006): PET-Flasche wird PET-Flasche, UmweltMagazin, Nr. 10/11, S. 88 104 Systec-Gesellschaft für Systemtechnologie mbH Köln (1999): Prospekt Nov. 105 Pehlken, A. (2004): Die Aufbereitung von Altreifen unter besonderer Berücksichtigung der Zerkleinerungstechnik, Aufbereitungstechnik 45, Nr. 5, S. 37–46 106 Larsson, L.; Mehlhorn, R. (1998): Altreifenzerkleinerung – entstehende Verfahrens- und Verschleißkosten, Recycling Magazin, Nr. 8, S. 10–12 107 Biedenkopf, P. (2007): Alte Reifen auf neuen Recyclingpfaden, UmweltMagazin, Nr. 3, S. 18–20 108 Zimmer AG: Technologien für Kunststoffrecycling
109 Regra Kunststofftechnik GmbH (2002): Lysen als Lösung, UmweltMagazin, Nr. 3, S. 14–15 110 Getzner Werkstoffe GmbH: Chemisches PUR-Recycling nach dem Glykolyseverfahren 111 Gutknecht, M. (2006): Kraftstoff aus Polyolefinen, UmweltMagazin, Nr. 3, S. 50 f. 112 Carl, J.; Fritz, B. P. (1996): Noell-Konversionsverfahren zur Verwertung und Entsorgung von Abfällen, EF-Verlag, Berlin 113 Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum Schwarze Pumpe GmbH, Prospekt 1996 114 N. N. (2006): Hochofen, Kunststoffpellets statt Koks und Schweröl, World of Metallurgy, Erzmetall 59, Nr. 3, S. 178 115 De, S. K.; Isayer, A. I.; Khait, K. (Hrsg.) (2005): Rubber recycling, Taylor & Francis Group 116 Gossler-Anlage zur Altkunststoffverölung (2008), UmweltMagazin, Nr. 9, S. 30 117 Steinhauer, P. (2009): Fliegen ist leicht – Recycling schwer (CFK-Recycling), Recycling Magazin Juni, S. 8 f. 118 Steinhauer, P. (2009): Qualmfreie Verbrennung (Altreifenrecycling), Recycling Magazin Juni, S. 12 f. 119 Nölle, G. (1997): Technik der Glasherstellung, 3. Aufl., Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Stuttgart 120 Hamidovic, J. (1997): Industrielle Konzepte zum Altglasrecycling, Peter Lang GmbH Europa, Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main 121 Bundesverband Glasindustrie e. V., Jahresbericht 2006 122 Bergmann, W. (2002): Werkstofftechnik, Teil 2, 3. Aufl., Hanser, München 123 Glüsing, A. K. (2004): Auflösungsverhalten von oxidischen und metallischen Verunreinigungen aus Recyclingscherben, Verlagsgruppe Mainz GmbH, Aachen 124 Pilkington (2003): Firmenprospekt, www.pilkington.com 125 Zeiger, E. (2005): Glasrecycling mit Mogensen Sortierund Siebtechnik, Aufbereitungstechnik 46, Nr. 6, S. 6–13 126 Reiling Glas Recycling GmbH (2007): Pioniere im Recycling von Flachglas, Recycling Zeitung Jan., www.reiling. de 127 Bundesverband Glasindustrie e. V./Fachvereinigung Behälterglas (2006): High-Tech in den Aufbereitungsanlagen, www.glasaktuell.de/popup.pHp3 128 Teicher, G. (2006): Handbook of automative glazing, Verlag der Deutschen Glastechnischen Gesellschaft, Offenbach 129 Emons, H.-H. (1990): Technische anorganische Chemie, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 130 Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe e. V., Recyclingbaustoffe nach europäischen Normen (2005), BRB-Richtlinien Recyclingbaustoffe (2006), www. recyclingbaustoffe.de 131 Automatische Klassifizierung von feuerfestem Recycling-Material (2006): World of Metallurgy, Erzmetall 60(2007)1, S. 51–62, www.horn-co.de 132 Bilitewski, B.; Härdtle, G.; Marek, K. (2000): Abfallwirtschaft, Springer, Berlin/Heidelberg
Literaturnachweise und weiterführende Literatur
133 Baustoffrecycling + Deponietechnik (2007): 90 % wird wieder verwendet (23, Nr. 5, S. 19–21); Autoklavgehärtete RC-Formsteine (23, Nr. 5, S. 51); Waschwasseraufbereitung einer Gleisbehandlungsanlage (23, Nr. 5, S. 42) 134 Grübl, P.; Rühl, M. (2005): Beton mit rezyklierten Gesteinskörnungen, Betonkalender – 2005 – Fertigteile – Tunnelbauwerke. Hrsg. Bergmeister und Wörner, Verlag Ernst & Sohn, Berlin 135 Bundesvereinigung Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. – Fachvereinigung Papierrecycling (2003), www. bvse.de 136 AMB Vertriebs GmbH (2003): Mit Sieben und Sensoren, UmweltMagazin, Nr. 9, S. 60 f. 137 Leipa Georg Leinfelder GmbH (2004): Altpapieraufbereitung, Standort Schwedt 138 Wegner, R. (2006): Umbau Vorsortierung AP-Anlage, Papier und Technik, Nr. 2, www.papierundtechnik.de 139 Landesamt Umwelt NRW (2004): Spuckstoffe und Papierschlämme aus der Papierindustrie, www. lanuv.nrw.de/abfall/bewertung/DBSpuckstoffe 140 Bank, M. (2007): Basiswissen Umwelttechnik, Vogel Buchverlag, Würzburg 141 Lömi GmbH: Vakuumdestillationsanlagen zum Lösemittelrecycling, www.löemi.com 142 Kunz, P. (1995): Behandlung flüssiger Abfälle, Vogel Buchverlag, Würzburg 143 Kittel, H. (2004): Lehrbuch der Lacke und Beschichtungen, 9 Bände, 2. Aufl., Hirzel, Stuttgart/Leipzig 144 Chemische Werke Kluthe GmbH: Recoat-Verfahren, Repaint-Verfahren, Isodry-Verfahren, www.kluthe.de 145 Schmidt, J.; Leithner, R. (1995): Automobilrecycling, Springer, Berlin/Heidelberg 146 Möller, U. (2004): Altölentsorgung durch Verwertung und Beseitigung, expert verlag, Renningen 147 EDL-Anlagenbau (2007): Puralube investiert weiter in die Altölaufbereitung, CHE Manager, Nr. 12, www. edl.poerner.de/279.0.html 148 Alex, M.; Hammer, E.; Kareth, S.; Petermann, M.; Weidner, E. (2003): Zurück zum goldenen Öl, Umwelt Magazin Nr. 9, S. 54 f. 149 Brauer (1996): Handbuch Umweltschutz und Umwelttechnik, Bd. 2: Produktions- und produktionsintegrierter Umweltschutz, Springer, Berlin/Heidelberg 150 Hahnewald GmbH Dresden: Prospekt Wasseraufbereitungsanlagen 151 Abwassertechnische Vereinigung e. V., ATV (Hrsg.) (1999): Handbuch Abwassertechnik, Industrieabwasser – Grundlagen, 4. Aufl., Ernst & Sohn, Berlin 152 Schmidt, J. (1995): Altautoverwertung und -entsorgung, expert verlag, Renningen 153 Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V.: Altautoentsorgung 154 Wallau, F. (2001): Kreislaufwirtschaftssystem Altauto, Deutscher Universitätsverlag GmbH, Wiesbaden 155 Bayrisches Landesamt für Umwelt (Veranstalter) (2005): Demontage und Verwertung von Altfahrzeugen (Augsburg 17.10.2005)
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156 Willeke, R. (2005): Altautorecycling – Suche nach vernünftigen Ansätzen, Recycling Magazin, Nr. 8, S. 14–16 157 Wickeren, H. von (Schriftleitg.), Bundesinstitut für Berufsbildung (2004): Handbuch für umwelttechnische Berufe, Bd. 4: Kreislauf- und Abfallwirtschaft, 5. Aufl., Hirthammer, Oberhaching/München 158 Frans van den Mosselaar, B. V.; Autodemontagebetrieb Dongen Niederlande und Car Recyclingsystem BV HD EDE Niederlande, Prospekt MIL 91032 (1994): Minimalisierung der Umweltbelastung durch Altautos 159 Stollberg, C. (2004): Entwicklung eines Verfahrens zur Aufbereitung komplexer Fahrzeugbaugruppen im Hinblick auf ein stoffliches Recycling von Kunststoffen aus automobilen Anwendungen, Cuivillier, Göttingen 160 Rink, C. (1996): Aluminium als Karosseriewerkstoff – Recycling und energetische Bewertung, Diss. Uni Hannover 161 BMW Group (2004): Recycling von Altfahrzeugen, www. bmwgroup.com 162 Mercedes-Benz Gebrauchtteile Center (MB GTC GmbH) (2008): www.mbgtc.de 163 Krinke, S.; Boßdorf-Zimmer, D.; Goldmann, D. (2005): Ökobilanz Altfahrzeug – Vergleich des VW-SiCon-Verfahrens und der Demontage von Kunststoffbauteilen mit nachfolgender werkstofflicher Verwertung, Volkswagen AG 164 PuK, TU-Clausthal (2008): Rohstoffliches Recycling – erweiterte Perspektiven, Vorlesungsreihe Recycling II, TU Clausthal-Zellerfeld, SS 2008, www.puk.tu-clausthal.de 165 Decaix, C.; Schwager, B. (2006): So gut wie neu – das 2. Leben von Fahrzeugteilen, UmweltMagazin, Nr. 12, S. 38 f. 166 Zitzewitz, A. von (2004): Recycling of copper from cars – the wiring harness as an example, World of Metallurgy, Erzmetall 57, Nr. 4, S. 211–216 167 Kummer, B. (2005): Die schwere Last mit der leichten Fraktion, Sekundärrohstoffe 22, April, S. 112 f. 168 Kummer, B. (2008): Großversuch bestätigt Wirksamkeit der Scholz-Post-Shredder-Technik, Plasticker-Fachartikel, www.plasticker.de/news/printartikel 169 N. N. (2006): Rollende Rohstoffquelle, Sekundärrohstoffe Nr. 07–08, S. 224–226 170 LSD Umwelt- und Recyclingtechnologie GmbH Hanau (2000): Ran ans üble Gemisch, UmweltMagazin Nr. 6, S. 76 f. 171 Whe (2007): Schweizer noch immer auf der Suche nach dem Königsweg, Recycling Magazin Nr. 16, S. 16 f. 172 Whe (2007): Pilotanlage für RESH-Verwertung in der Schweiz, Recycling Magazin Nr. 16, S. 18 f. 173 N. N. (2003): VAI liefert Lösung für eine umweltgerechte Wertstoff-Rückgewinnung aus Automobilschrott, Erzmetall 56, Nr. 5, S. 300–301 174 Sult GmbH (2005): Autorecycling Shredderprodukte, Firmenprospekt 175 Julius, J.; Pretz, T. (2005): Erst anreichern, dann sortieren, UmweltMagazin, Nr. 8, S. 18–21
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Literaturnachweise und weiterführende Literatur
176 Reinhardt, T.; Richers, U. (2004): Entsorgung von Shredderrückständen – ein aktueller Überblick, Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, FZKA 6940 177 Gohlke, O.; Dräger, R.; Seitz, A. (2008): EnergieeffizienzTuning in der MVA, UmweltMagazin, Nr. 12, S. 11–13 178 Kleppmann, F. (2007): Problem Shredderrückstände, Recycling Magazin, Nr. 8, S. 14 f. 179 Selinger, A.; Steiner, C. (2003): Materialrecycling und energetische Verwertung im TwinRec-Verfahren – 3 Jahre Betriebserfahrung in Japan, VDI Wissensforum, Dortmund 20./21.11.2003 180 Chancerel, P.; Rotter, V. S. (2008): Individuelle Verwertungswege für Elektrogeräte, UmweltMagazin, Nr. 3, S. 11–13 181 Krawczik, A. (1997): Mit neuem Konzept zu optimalen Stoffströmen im Recycling von Elektrogräten, Erzmetall 50, Nr. 3, S. 212–215 182 Schlögl, M. (1995): Recycling von Elektro- und Elektronikschrott, 1. Aufl., Vogel Buchverlag, Würzburg 183 Elektro- und Elektronikgerätegesetz – ElektroG 2005 184 Gallenkemper, B.; Breer, J.; Böning, Th. (2008): Praxishilfe Erstbehandlung nach ElektroG, INFA-ISFM e. V. Ahlen 185 Pandl, H. (2008): Effizient und Schadstofffrei – MeWa Recycling Maschinen und Anlagenbau GmbH, Gechingen, UmweltMagazin, Nr. 9, S. 73 186 Elektrocycling GmbH Goslar, www.electrocycling.de 187 MeWa (2008): Alternative zur manuellen Vordemontage von E-Schrott, UmweltMagazin, Nr. 6, S. 25 188 MeWa (2009): Smash Boom Bang SB2, Querstromzerspaner QZ, Kühlgeräte Recycling, Elektro(nik)-Schrott, MeWa Recycling Maschinen und Anlagenbau, Gechingen, www.mewa-recycling.de/maschinen/anlagen 189 AG Quote (2008): Konkretisierung der Erstbehandlung und Pauschalquoten von E-Altgeräten, www. umweltkanzlei.de/Upload/MediaUmwelt/3/ 190 Kulcke, A.; Stangl, S.; Burstaller, M. (2008): 2D-NIR Spetroskopie und materialselektive induktive Metallerkennung im Recycling, Sensorgestützte Sortierung 2008, Heft 114 der Schriftenreihe der GDMB 191 Schunicht, J. (2006): Edle Metalle aus elektrischem Müll, UmweltMagazin, Nr. 6, S. 62 192 Umwelttechnik Chemnitz GmbH (2005): Prospekt Kühlgeräterecycling, www.u-t-chemnitz.de 193 Fachverband elektrische Lampen – ZVEI (2008): Sammlung und Recycling von Entladungslampen, www.zvei. org 194 Born, M.; Jüstel, T. (2006): Elektrische Lichtquellen, Chemie in unserer Zeit 40, S. 294–305 195 Janz, A.; Prelle, R.; Chancerel, P. (2009): Elektrogeräte auf Abwegen, UmweltMagazin, Nr. 3, S. 46–48 196 Groh, H.; Jandt, S.; Lohle, St. (2009): Erfolgsfaktoren für RFID, UmweltMagazin, Nr. 3, S. 49–51 197 Umweltbundesamt (2006): Batterien und Akkus 198 Stiftung Gemeinsames Rücknahme-System Batterien, GRS (2007): Die Welt der Batterien – Funktion, Systeme, Entsorgung, www.grs-batterien.de
199 Verordnung über die Rücknahme und Entsorgung gebrauchter Batterien und Akkumulatoren – Batterieverordnung vom 27.03.1998 (geändert 26.06.2001) 200 Rombach, E. et al. (2008): Altbatterien als sekundäre Rohstoffressourcen für die Metallgewinnung, World of Metallurgy, Erzmetall 61, Nr. 3, S. 180–185 201 Umicore batterie recycling process (2005): www. batterierecycling.umicore.com 202 Heegn, H.-P.; Kamptner, A.; Friedrich, B. et al. (2004); Verfahren zum Recycling von NiMH-Batterien, Aufbereitungstechnik 45, Nr. 3, S. 91; Tagung »Aufbereitung und Recycling« Nov. 2003 Freiberg 203 Sanchez-Alvarado, R.; Friedrich, B. (2008): Optimisation of the FeMn and ZnO production from spent pyrolised primary batteries – feasibility of a DC-submerged arc furnace process, World of Metallurgy, Erzmetall 61, Nr. 4, S. 220–234 204 Koch, W. (2007): Entwicklung eines thermisch-chemischen Prozesses zur Verwertung von Abfällen aus Elektro-Elektronik-Altgeräten – die Haloclean-Pyrolyse, Forschungszentrum Karlsruhe, Wiss. Bericht FZKA 7301 205 Behrendt, S.; Erdmann, L. (2004): Display-Märkte im Umbruch, IZT Bericht Nr. 63, April, www.izt.de 206 Ranerup, K.; Letscher, B.; Lundholm, G. et al. (2009): Production method for recovering base materials in LCDs, www.recyclingportal.eu/artikel/19891.shtml 207 METRAN, www.mueller-guttenbrunn.at 208 Wambach, K.; Schlenker, S.; Röver, J. (2004): Recycling von Solarzellen und Photovoltaik-Modulen, www. solarworld.de 209 Neidlein, H.-C. (2008): Solarmodule – aus alt mach neu, VDI-Nachrichten 11. Jan. 2008, Nr. 2 210 Wambach, K. (2008): Recycling von kristallinen Solarmodulen, Energie 0208, S. 42 f. 211 Habel, A. (2005): Energie aus Abfall, Informationsschrift des bvse, bvse-reconsult GmbH 212 Alwast, H.; Hoffmeister, J. (2006): EBS-Verwertung im Preisvergleich, UmweltMagazin, Nr. 10/11, S. 22 f. 213 Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen, 17. BImSchV, Fassung 2009 214 Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft, TA Luft, Fassung 2002 215 Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen, 13. BImSchV, Fassung 2004 216 Interessengemeinschaft der thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland e. V., ITAD e. V., www.itad. de 217 Technische Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Entsorgung von Siedlungsabfall, TA-Siedlungsabfall 1993 (gültig ab 2005) 218 Martin GmbH, www.martingmbh.de 219 Thomé-Kozmiensky, K. J. (Hrsg.) (1994): Thermische Abfallbehandlung, EF-Verlag, Berlin 220 Stablein, C. (2008): ITAD-Konferenz, Klima- und Ressourcenschutz, Sept. 2008, www.itad.de 221 Schrader, D. (2007): Selektive Nachzerkleinerung, UmweltMagazin, Nr. 9, S. 43 f.
Literaturnachweise und weiterführende Literatur
222 Pretz, T. (2008): Sekundärbrennstoff – Aufbereitung und Verwertung, Müll und Abfall 11 223 Pretz, T. (2003): Aufbereitungsverfahren für qualitätsgerechte Ersatzbrennstoffe, VDI-Wissensforum Oberhausen 224 Rossmann, G. (2005): Einsatz von Ersatzbrennstoffen in kohlegefeuerten Kraftwerken, S+S Report Nr. 5, Okt. 225 Schükes, M. (2007): Perspektiven der Sekundärbrennstoff-Mitverbrennung in den Braun- und Steinkohlekraftwerken von NRW, MUNLV NW Symposium »Beitrag der Abfallwirtschaft zum Klimaschutz«, Duisburg, Okt. 226 Schiffer, H.-P. (2006): EBS-Einsatz im Kraftwerk, UmweltMagazin, Nr. 3, S. 45–47 227 Reimer, H. (2005): Vorvergasung steigert EBS-Potenzial, UmweltMagazin, Nr. 11, S. 17 228 Behrendt, S. (Hrsg.) (1996): Umweltgerechte Produktgestaltung – EcoDesign in der elektronischen Industrie, Springer, Berlin/Heidelberg
339
229 Weege, R.-D. (1981): Recyclinggerechtes konstruieren, VDI, Düsseldorf 230 Oberbach, K. (2004): In: Saechtling Kunststoff-Taschenbuch, Hanser, München 231 VDI 2243: Recyclinggerechte Produktentwicklung, Fassung 2002–10 232 Arbeitsentwurf für ein Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts (Kreislaufwirtschaftsgesetz, KrWG), Stand vom 23.02.2010 233 Gesetz zur Neuregelung der abfallrechtlichen Produktverantwortung für Batterien und Akkumulatoren (Batteriegesetz, BattG) vom 25.06.2009; Verordnung zur Durchführung des Batteriegesetzes (BattGDV) vom 12.11.2009 234 Kozmiensky, K.J.; Goldmann, D. (2010): Recycling und Rohstoffe, Band 3, TK Verlag Neuruppin
341
Sachwortverzeichnis
H. Martens, Recyclingtechnik, DOI 10.1007/978-3-8274-2641-3, © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
342
Sachwortverzeichnis
Kursive Seitenzahlen verweisen auf die zum jeweiligen Indexbegriff gehörenden Tabellen und Abbildungen.
A Abfallbegriff 2f Abfallhierarchie 3 Abfallrahmenrichtlinie (ABfRRL) 3, 304 Abfallsalzsäure 247 Abfallsäuren 247f Abfallschwefelsäure 247, 248 Abfallverbrennung, siehe Verordnung Abfallverbrennung Abgas 77 Abgasprobleme 43, 312–314 Abgasreinigung 312–314 Abgasreinigungsanlagen, siehe Rauchgasreinigungsanlagen Dioxin 314 Entstaubung 313 Furan 314 NOx-Zerstörung 313 Quecksilber (Hg) 313f Schadgase 313 Abluftbehandlung Absorption 245, 246 Adsorption 246, 64 Gaspermeation 246, 247 Kondensation 244, 245 Absetzgeschwindigkeit 24 Absorptionsverfahren 63 Adsorptionsverfahren 61, 63f, 64 Aerostromsortierer 27 Altfahrzeugdemontage 254–260, 256, 257, 258, 259 Altfahrzeuge Bauteile 253 Betriebsflüssigkeiten 253 Werkstoffe 253 Altglasscherben Spezifikation 206, 207 Störstoffe 205 Altöl 236, 327 Altölraffination 238f, 238, 239, 240 Altölverordnung (AltölV) 237 Altpapiereinsatzquote 227 Altpapiersortenliste 223 Altprodukte 10, 12, 12 Altreifen 184–187, 184, 185, 186, 187 Altstoffe 12, 12 Aluminiumgusslegierungen 95 Aluminiumkarosse 260 Aluminiumknetlegierungen 95 Aluminium-Krätzen 109, 110 Aluminium-Salzschlacke 111 Aluminium-Schmelzen 97–100 Schmelzsalze 98f Spülgasbehandlung 99
Aluminiumschrott-Aufbereitung 101–104, 102, 104 Aluminiumschrotte 95 Aluminiumschrott-Schmelzverfahren 105–109 Drehtrommelofen 108, 108 Kipptrommelofen 109, 109 Mehrkammerschmelzofen 107, 107 Standardverfahren für Schrotte 110, 111 Aluminiumwerkstoffe 94f Asphaltaufbereitung 219, 219 Aufschluss 12 Aufschlussgrad 12 Aufschlusszerkleinerung 17
B Backenbrecher 19 Ballistische Sortierung 31 Batteriegesetz (BattG) 293 Batteriegesetz-Durchführungsverordnung (BattGDV) 293 Batterien, siehe Gerätebatterien Batterie-Recycling 294–297 Alkali-Mangan-Batterie 295, 296 Lithium-Ionen-Batterie 297, 298 Nickel-Kadmium-Batterie 296 Nickel-Metallhydrid-Batterie 296f, 297 Bauschutt 215 Bauschutt-Recycling 217, 217 Behälterglas-Aufbereitung 208, 209 Beizlösungen 248–250 Chromsäurebeize 250, 250 elektrolytische Regeneration 249, 250 Persulfatbeize 249f, 250 Retardationsverfahren 248, 249 Beton 213 Bildschirmglas 211f Bleiakkumulatoren-Recycling 136–138, 137, 138 Bleischrotte 135f Bleiverbindungen 135f Brennkammer 65, 65
C CreaSolv-Verfahren 175f, 176
D Deinkingprozess 225f, 225, 226 Deinking-Schlamm 226 Demontage Altfahrzeuge 255–262, 256, 257, 258, 259 Demontagerichtlinien 16 Demontagetiefe 16 Destillation 60f, 60, 62 organische Lösemittel 230, 231 Dichte von Werkstoffen 25 Dichtesortierung 25–27 Kunststoffe 173 Shredderschwerfraktion 264, 264 Dioxine 44f, 44 Beschränkung der Bildung 45 Bildungsmechanismen 44 Druckfarben-Abtrennung 225f, 225, 226
E Ersatzbrennstoff (EBS) 306, 320 Edelmetallkatalysatoren-Recycling 155 Edelmetallrecycling Bleiverfahren 151 hydrometallurgische Verfahren 153 Kupferverfahren 153 Schmelzverfahren 151f, 152 Edelmetall Scheidung 149 Schrotte 148 Verbindungen 148, 154 Salze 148, 154 Eisen-/Stahlschrott-Sorten 89, 90, 91 Eisen-/Stahlschrott-Aufbereitung 89 Eisenbeizen 94, 94 Eisengussherstellung 85–88 Eisen Salze 93 Oxide 92 Werkstoffe 78–80 Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) 276 Elektro(nik)-Geräte Kategorien 277f, 278 Pyrolyse 286f Sammelgruppen 277f Schmelzen 286 thermische Behandlung 286f Verwertungsgruppen 281 Verwertungsquoten 278, 278, 279
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Sachwortverzeichnis
Elektro(nik)-Geräte-Aufbereitung 281–286 Aufschlusszerkleinerung 285 Sortierverfahren 285f, 284 Verfahren Electrocycling GmbH 282 Verfahren Fa. Metran 283 Vorsortierung 281 weiterentwickelte Sensorsortierung 284 Zerlegung 282, 284 Elektrochemische Prozesse 49–53 Elektrochemische Spannungsreihe der Metalle 49, 50 Elektrodialyse 57, 58 Elektrolyse mit löslichen Anoden 52 mit unlöslichen Anoden 50, 51 Elektrosortieren 30, 31 Kunststoffe 174 Emulsionen 241–243 Emulsionsspaltung 242f chemische Spaltung 242, 243 Ultrafiltration 243, 244 Verdampfungsverfahren 242, 243 energetische Verwertung feste Abfälle 304–312 Fluide 64, 65 Energieeinsparung 2, 2, 227 Energiesparlampe 288 Vorschaltgerät, elektronisch 289 EPS-Recycling 181f Ersatzbrennstoff (EBS) Aufbereitungsverfahren 317f, 319 Qualitätskriterien 318 Ersatzbrennstoff-Mitverbrennung 319–324 ConTherm-Verfahren 324 Kohlekraftwerke 323f, 323, 324 Zementöfen 320f, 321, 322 ZWS-Feuerung 323 Extrahieren 38, 54, 56, 57 Extraktionsverfahren, Altöl 240, 240 Extruder 177, 177
F Fahrzeugbatterien 293 Fällung, chemisch 47 Fällungskristallisation 48, 49 Fällungs-pH-Wert 48 Farbzeilenkamera 32f, 181, 181 Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) 274, 288f, 289 Feinkeramik 213, 213 Festbettvergaser 197, 197
Feuerungsanlagenverordnung 13. BImSchV 306 Flachglas-Aufbereitung 209, 210 Flotation 31 Altpapier-Deinking 225f, 225, 226 Flugstaub 77 Flugstromvergaser 197, 197 Fluxöl 240 Fügeverfahren, siehe Verbindungstechniken Furane 44f
G Gasentladungslampen-Typen 288, 292 Gefrierschutzmittel 232 Gerätebatterien 291–298 Primärbatterien 293, 292 Sekundärbatterien 293, 292 Sortierverfahren 294 stofflicher Aufbau 293 Getränkekartons 226f Gipsbauteile 213 Glasbruchwaschverfahren 291 Glasschmelzwanne 205, 205 Glassorten-Zusammensetzung 203, 203 Glastypen 203 Grobkeramik 213 Gummi-Recycling 184–187, 185, 186 Gusseisen 80
H Hammerreißer 18, 19 Heizöl 240 Heizwert (Hu) 304 Herdsortierung 27, 27 Hochdruck-Hydrierverfahren Altöl 239, 239 Hydroxidfällung 47, 48 Hydrozyklon 25
I Induktionssensor 32 Induktionstiegelofen 87, 87 Ionenaustausch 53, 54
K Kalksandstein 213 Kapp-Trennverfahren 290, 290 Karbonatfällung 48, 48
A–L
Kompaktieren 33 Konsumtionsabfälle 5 Korngrößenverteilung, siehe Stückgrößenverteilung Kreislaufwirtschafts-Abfallgesetz (KrW/ AbfG) 2f, 304 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) 3 Kristallisation 46 Kryomahlung 20, 21 Kühlgeräte-Recycling 288, 289 Kunststoffe Dichte 165 Flammschutzmittel 167 Polymerblends 164 Stabilisatoren 167 Verbundwerkstoffe 164 Verwendungsgebiete 168, 166, 169, 170 Kunststoffrecycling Recyclingeigenschaften 168, 170 Verfahrenswege 163, 163 Kupfergewinnung aus Lösungen 126–128, 54 Kupfer-Raffinationselektrolyse 122, 124, 124 Kupferrecycling-Verfahrensfließbild 123 Kupferschrott-Aufbereitung 117f, 118 Kupferschrotte 115f, 116 Altschrott 116, 118 Neuschrott 116, 118 Kupferschrotte-Schmelzverfahren 119–122, 120, 121 Elektroofen 121 ISASMELT-Reaktor 120, 120 Konverterprozess 120f, 122 Schachtofen 119, 120 Kupferschrott-Laugung 125 Kupferwerkstoffe 114f Kupolofentechnologie 86, 87
L Lacke 233 Lackkoagulat 234 Laugung 39, 39 Lebensdauer 5, 5 Leichtverpackungen 182 Leiterplatten 275 Leuchtstofflampe, stabförmig 289 Vorschaltgerät 289 Lösen, selektiv 38 Kunststoffe 175f, 176 Elektro(nik)-Geräte 287f Luftmörtel 213
344
Sachwortverzeichnis
M Magnesiumwerkstoff-Recycling 113 Magnetscheidung 28, 29, 264f, 265 Magnetsortierung 28–30 Matrizenagglomeration 178, 178 Membranelektrolyse 57, 58 Membrantrennverfahren 55, 243 Metalldetektor 33 Metallkomplexverbindungen 49 Metallpreise 78f, 79 Metallspäne (Reinigung) 231 Mineralöle 236f Mischkunststoff-Verarbeitung 178 Reduktionsmittel im Hochofen 196–199, 198
N Nahinfrarotanalyse (NIR) 32 Altpapiersortieren 223 Nickelabfälle Nasschemische Verfahren 132–134 Schmelzverfahren 130f, 131 Nickelsalze 129 Nickelschrotte 128 Nickelwerkstoffe 128 NIR-Sensor 33
Polymere 162 Produktgestaltung Baugruppen 333 Fertigungsverfahren 333 Werkstoffe 333 Produktionsabfälle 4 Produktrecycling 3, 330 Produktverantwortung 3, 255 Prozesslösungen 4 Pulper 225 PUR-Alkoholyse 189, 190 PVC-Recycling 179 Dachbahnen 179, 180 Fenster 179 Fußbodenbelag 179, 180 Pyrolysereaktor 42, 43 Wirbelschichtreaktor 194, 195 Pyrolyseverfahren 42 Elektro(nik)-Geräte 286 Feste Abfälle 315–317 Kunststoffe 192f, 194, 195 Shredderleichtfraktion 272
Q Querstromzerspaner
282, 284
R O Ökobilanz 7 optoelektronische Identifikation 32 organische Lösemittel Einsatzgebiete 230f, 231 Overspray 233 Oxidation, thermisch 43
P PA-Hydrolyse 189, 189 Papierschlamm 226 Partikelkathoden 52, 51 Partikelrecycling 187 Pentan, Kältemittel 289 PET-Alkoholyse 190f, 191 PET-Recycling 180f Alkoholyse 190, 191 Sortieren PET-Flakes 181 PGM 146 PO-katalytische Spaltung 191f, 192 Polyamid-Recycling 182 polybromierte Diphenylether (PBDE) 274 polychlorierte Biphenyle (PCB) 274
Raffination von Altöl 238f Raffination von Metallschmelzen 73 chemische Raffination 74f physikalische Raffination 73f selektive Oxidation 74f, 75 Raffinationselektrolyse 52 Rauchgas, siehe Abgas Rauchgasreinigungsanlagen 314, 314, 315 Recyclingbaustoffe 216 Recyclinglack 235 Recyclingverträglichkeit der Werkstoffe 329, 330 Regranulat 176 Reinigung von Metallschmelzen 73f Rektifikation 61, 62 Restkarosse 25, 256 Restwert 2 Retardationsverfahren 248, 249 Rezyklate 176 Restriction of the Use of Certain Hazardous Substances (RoHS) 276 Rohstoffrecycling 7 Röntgenfluoreszenzsensor 33 Rotorschere 18, 19 Rückbau 16 Rücknahmepflicht 3
S Säuredialyse 55, 58 Säuren 247f Säureregenerierung 247, 248 Sekundärbrennstoff (SBS) 317 Schadstoffeintrag 2 Schadstoffentfrachtung 13, 12 Schadstoffpotential Elektro(nik)-Geräte 274 Schlacke 75f Schmelzprozess 71f Schneidmühle 18, 19 Schrotte 72f Schrottpreise 78, 79 Schwefelsäure-Bleicherde-Verfahren für Altöl 238, 238 Schwerkraftklassierer 24 Schwertrübe Scheider 27, 26 Shredderschwerfraktion 26f, 264 Schwimm-Sink-Scheider 26, 26 Schwimm-Sink-Sortierung 27 Sekundärfasern Papier 222, 227 Sekundärstoff 3 Qualität 6f Sekundärprodukt 6, 12 Sekundärwerkstoff 6, 12 sensorgestützte Sortierung 32–34, 34 Kunststoffe 174 Shredderleichfraktion 269 Shredder 18, 19 Shredderabfall 261 Shredderanlage 261–263, 263 Shredderleichtfraktion (SLF) 261, 268 Shredderleichtfraktion-Aufbereitung 266–269 RWTH-Verfahren 268, 269 sensorgestützte Sortierung 269 Sortec-Verfahren 268 SRP-Prozess 268 VW-SiCon-Technologie 266f, 266, 267 Shredderleichtfraktion-thermische Behandlung Mitverbrennung (MVA) 271 Pyrolyse 272 Reshment-Prozess 270 TwinRec-Verfahren 271, 270 Vergasung 272 Shreddermüll, siehe Shredderleichtfraktion Shredder-Rückstand, siehe Shredderleichtfraktion Shredderschrott, siehe Shredderschwerfraktion Shredderschwerfraktion (SSF) 264f
345
Sachwortverzeichnis
Shredderschwerfraktion-Aufbereitung 263–265, 264 Dichtesortierung 264, 264 Kupferabtrennung 265, 265 Sichter 27 Siebklassierung 22 Siebmaschinen 24 Solarmodule 299f CdTe-Dünnschichtmodul 301 Siliziumzelle 300 Solventextraktion 54, 56, 57 Altöl 240 Sortechnologie 182, 183 Sortiertechnik, ballistisch 32 Sortierung 12, 24–33, 35 Sortierzentriefuge 27, 26 Sortierzyklon 27, 26 Spuckstoffe 225 Stahlbeschichtung 81, 81 Stahlbeton 213 Stähle 80 Stahlherstellung 81–85 Elektrostahlverfahren 84f, 85 Sauerstoffblasverfahren 83f, 84 zulässige Verunreinigungen 82f, 88, 83 Stahlschrottverarbeitung-Stammbaum 86, 86 Stahlwerksstäube 91, 141–145, 142, 143 stoffliche Verwertung 253 Stoffrecycling 4 Stofftrennung 38 Stromklassierung 23 Stückgrößernverteilung 21, 22 Sulfidfällung 48 Syncrude 192 Synthesegas 194f, 241
T TA-Luft 304, 306 Trommellöser 224
U Ultrafiltration 59f Umschmelztechnik 71
V Veba Combi Cracking (VCC) 192, 193 Verbindungstechniken formschlüssig 16, 328 kraftschlüssig 16, 328 stoffschlüssig 16, 328 Verbrennungsprozess Grundlagen 304 Monoverbrennung 308 Rostverbrennung 308f, 309 Wirbelschichtverbrennung, siehe Wirbelschicht Verbundsicherheitsglas 210f, 211 Verbundverpackungen 226f Verbundwerkstoffe 11, 11 Verdampfen 40 Vergasung, Kunststoffe 194–197 Shredderleichtfraktion 272 Vergasungsreaktionen 195, 196 Verglasungsverfahren 212 Verordnung Abfallverbrennung 17. BImSchV 304, 306, 307 Vinyloop-Prozess 175, 180, 181
W Waste Elektrical and Elektronic Equipment (WEEE) 276 Werkstoffgruppen, recyclingverträglich 10 Werkstoffrecycling 4, 7, 328 Werkstoffverbindungen 11, 11 Wertstoffpotential-Elektro(nik)-Geräte 275 Windsichtung 24 Shredderleichtfraktion, SLF 261
M–Z
Wirbelschicht-Pyrolyse 194, 195 Wirbelschicht-Verbrennung (WS) Abfallarten für WS-Verbrennung 311 Emissionsbedingungen 312 Funktionsweise WS 310 Papierschlamm 226 Sandfremdbett 310 WS-Reaktor 310, 311 zirkulierende Wirbelschicht (ZWS) 311, 311 Wirbelstromsortierung 29, 30
Z Zementation 49 Zerkleinerung 17–22, 18, 19, 23 Feinzerkleinerung 20 Grobzerkleinerung 17 Zerlegung 12 Elektro(nik)-Geräte 282 Zerlegemaschinen 284 Zick-Zack-Sichter 27, 28 Zinkabfälle 145f Zinkrecycling aus Stahlwerksstäuben 141–145 Imperial-Smelting-Verfahren 145, 144 Wälzverfahren 142, 143 Zinkschrotte 140 Zinkwerkstoffe 139f